Die Familie Hohenlohe: Eine europäische Dynastie im 19. und 20. Jahrhundert 9783412216320, 9783412222017


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German Pages [411] Year 2013

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Die Familie Hohenlohe: Eine europäische Dynastie im 19. und 20. Jahrhundert
 9783412216320, 9783412222017

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Hohenlohe Hohenlohe-Hohenlohe † 1412

Hohenlohe-Neuenstein † 1546

Hohenlohe-Weikersheim

Hohenlohe-Brauneck

Hohenlohe-Waldenburg

Hohenlohe-Neuenstein ( Weikersheim)

Weikersheim † 1645

Neuenstein † 1789

Hohenlohe-Langenburg

Ingelfingen

Langenburg

Ernst Christian Carl 1825–1860 Elise Carl

Friedrich Ernst 1750–1794

Viktor

Hermann 1832–1913

Fedora

Bartenstein

Ludwig Aloys 1765–1829

Friedrich Ludwig 1746–1818

Karl August † 1844

Hohenlohe - Oehringen

Hohenlohe-(Waldenburg) Schillingfürst

ältere Linie Waldenburg

jüngere Linie Schillingfürst

Jagstberg

Franz 1787–1841

Jagstberg

Adelheid Hugo 1816–1897

Karl Johann 1777–1866

4 Geschwister

Gottfried

Konstantin 1893–1973

Max Egon 1897–1968

Viktor I (Ratibor & Corvey)

Chlodwig 1819–1901

Gustav Adolf 1823–1896

Christian Kraft 1848–1926

Ludwig 1823–1866

4 Geschwister

Kirchberg † 1861

Oehringen

Ingelfingen

Hohenlohe-Bartenstein

Hohenlohe-Waldenburg † 1725

Max

Marie Therese

Gottfried 1867–1932 Philipp Ernst 1853–1915

Max Karl 1901–1943

Constantin 1828–1896

Alexander 1862–1924

4 Geschwister

5 Geschwister

Konrad 1863–1918

3 Geschwister

Alma Hannig Martina Winkelhofer-Thyri (Hg.)

Die Familie Hohenlohe Eine europäische Dynastie im 19. und 20. Jahrhundert

2013 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: /  / dnb.d-nb.de abruf bar. Umschlagabbildung: Titel: Schillingsfürst und Frankenheim/wie es war bis zum Jahr 1816 Maler: Christoph Scheibenberger/Rothenburg o. T. Ort: Schloss Schillingsfürst Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Constantin zu Hohenlohe-Schillingsfürst.

© 2013 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D–50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Korrektorat: Ulrike Burgi Druck und buchbinderische Verarbeitung: Beltz Bad Langensalza Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-412-22201-7

Inhalt Vorwort Alma Hannig und Martina Winkelhofer-Thyri . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Die Familie Hohenlohe – ein geschichtlicher Überblick Volker Stalmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 I. Hohenlohe-Waldenburg-Bartenstein

Ludwig Aloys zu Hohenlohe-Waldenburg-Bartenstein (1765–1829) Marschall und Pair von Frankreich Markus Wirth . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 II. Hohenlohe-Schillingsfürst

Deutsche Linie Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1819–1901) Der letzte Patriot Olav Zachau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 Prinz Gustav Adolf zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1823–1896) Grandezza und Opposition Carsten Schmalstieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Fürst Philipp Ernst zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1853–1915) Erster deutscher NOK-Präsident Karl Lennartz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Prinz Alexander zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1862–1924) Der adlige „Friedensfreund“ im Schweizer Exil Patrick Bormann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Österreichische Linie Prinz Constantin zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1828–1896) Der große Unbekannte am Wiener Hof Martina Winkelhofer-Thyri . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

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|  Inhalt

Prinz Konrad zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1863–1918) Vom „roten Prinzen“ zur „Adelsjunta“? Lothar Höbelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Prinz Gottfried zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1867–1932) Ein Liebling der Kaiserhöfe Alma Hannig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 III. Hohenlohe-Langenburg

Fürst Hermann zu Hohenlohe-Langenburg (1832–1913) Kolonialpolitiker und Statthalter im Reichsland Elsass-Lothringen Oliver Schulz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 Prinz Max Egon zu Hohenlohe-Langenburg (1897–1968) Ein unzeitiger Prophet der West-Bindung Lothar Höbelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 Prinz Max Karl zu Hohenlohe-Langenburg (1901–1943) Ein Leben zwischen Kunst, Literatur und Politik Peter Schiffer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 Prinz Konstantin zu Hohenlohe-Langenburg (1893–1973) Ein Leben im Widerstreit von Neigung und Pflichtgefühl Thomas Kreutzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 IV. Hohenlohe-Öhringen

Fürst Christian Kraft zu Hohenlohe-Öhringen (1848–1926) „Leben wie Lukull“ Volker Stalmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Namensregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bildnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort Alma Hannig und Martina Winkelhofer-Thyri

Die Geschichte des vorliegenden Sammelbandes beginnt im Sommer des Jahres 2008. Bei mehreren Archivaufenthalten in Wien und Brünn begegneten sich die beiden Herausgeberinnen eher zufällig und kamen letztlich ins Gespräch über die jeweiligen Quellenfunde. Schnell kristallisierten sich die Berührungspunkte heraus: beide haben innerhalb der eigenen Forschungen den Adel in der späten Habsburgermonarchie untersucht und für beide waren die verschollen geglaubten Nachlässe der Familie Hohenlohe von zentraler Bedeutung. Glücklicherweise handelte es sich dabei um unterschiedliche Personennachlässe in unterschiedlichen Privatarchiven! Nach einigen Gesprächen über die politische, soziale und militärische Bedeutung der Familie sowie über die neu entdeckten Quellen war rasch die Idee geboren, ein deutsch-österrei­ chisches „Hohenlohe-Projekt“ ins Leben zu rufen. Obwohl sich die Forschung in den letzten Jahren verstärkt den bekannten, einflussreichen adligen Familien in Form von Sammelbänden oder Familienbiographien zugewandt hat, bildet die Geschichte der Familie Hohenlohe nach wie vor ein Desiderat. Dabei handelt es sich bei den Hohenlohes um eine der einflussreichsten europäischen Dynastien, die sicherlich den Höhepunkt ihres politischen, wirtschaftlichen, diplomatischen, klerikalen und militärischen Einflusses im langen 19. Jahrhundert erreichte. Ihre Geschichte lässt sich bis ins 12. Jahrhundert zurückverfolgen und reicht bis in die Gegenwart hinein. Die fehlende Grundlagenforschung, die umfangreichen Archivbestände und die Komplexität eines Forschungsvorhabens, das knapp 900 Jahre abdecken sollte, machten letztlich eine Eingrenzung des zeitlichen und methodischen Rahmens notwendig. Anstatt einer Gesamtdarstellung vom Mittelalter bis in die Gegenwart haben wir uns in etwa auf die Zeit zwischen 1789 bis 1945 konzentriert, die Epoche also, in der die Familie Hohenlohe so viele Mitglieder in den diplomatischen, den Staats-, Militär- und Kirchendienst geschickt hat wie kaum eine andere Dynastie. Wir haben den biographischen Ansatz gewählt und ein Forscherteam aus Deutschland und Österreich rekrutiert, bestehend aus Historikern, die sich bereits in ihren früheren Arbeiten zumindest teilweise mit den einzelnen Familienmitgliedern befasst haben. Dabei haben wir uns bei der Auswahl der zu behandelnden Personen einerseits um möglichst viel Repräsentativität hinsichtlich der üblichen Betätigungsfelder des Adels bemüht: Politik und Diplo-

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|  Vorwort

matie, Militär und Geistlichkeit. Andererseits sollten die Wirtschaft, Kunst und Kultur sowie der Sport als neue Interessenssphären vorgestellt werden. Deshalb sind hier neben den beiden prominentesten Vertretern – Reichskanzler Chlodwig Hohenlohe und Obersthofmeister Constantin Hohenlohe – auch einige Familienmitglieder zu finden, die in ihrer Zeit als sehr bedeutend wahrgenommen wurden, heute jedoch fast gänzlich in Vergessenheit geraten sind. Oder fällt einem der Name Hohenlohe ein, wenn man an die Fremdenlegion oder an das erste deutsche Olympische Komitee denkt? Oder etwa wenn man den zweitreichsten Mann im Deutschen Kaiserreich oder einen „Duzfreund“ des Kaisers Wilhelm II. und zugleich des russischen Zaren benennen soll? Dass zwei Hohenloher für das künstlerische Schaffen von Franz Liszt von enormer Bedeutung waren und die erste Franz-Liszt-Stiftung nicht zufällig von Marie zu Hohenlohe-Schillingsfürst mitgegründet und mit Startkapital ausgestattet wurde, ist den Wenigsten bekannt. Unter Verwendung neuer, bisher unbekannter Quellen ist es den Autoren gelungen, neue, zum Teil überraschende Momente zu präsentieren, die nun der interessierten Öffentlichkeit übergeben und den Fachkollegen als Anregung für weitere Forschungen dienen sollen. Wenn man sich beispielsweise mit dem „skandalösen“ Verhalten einzelner Familienmitglieder beschäftigt, wirkt es in der heutigen Zeit eher befremdlich, dass man darunter auch die pazifistische Einstellung des Reichskanzlersohnes Alexander Hohenlohe während des Ersten Weltkriegs verstand. Für die Zeit des Nationalsozialismus haben wir uns bewusst für drei verschiedene Schicksale entschieden, die durchaus als repräsentativ gelten mögen, da sie sich zwischen offenem Widerstand, geschicktem Lavieren und der Suche nach Alternativen sowie gewissem Opportunismus bewegen und mit Hinrichtung, Auswanderung und erfolgreicher Integration bzw. Engagement innerhalb der demokratischen Strukturen der Bundesrepublik enden. Hier lassen sich die Namen von Konrad Henlein und Hermann Göring ebenso wie von Theodor Heuss oder Kurt Georg Kiesinger in enge Verbindung mit der Familie Hohenlohe bringen. Die vorliegenden Biographien werden mit einem historischen Überblick über die Geschichte des Hauses seit den ersten Quellenaufzeichnungen eingeleitet. Der Blick in das Inhaltsverzeichnis verrät, dass sich unter den biogra­ phischen Studien keine weibliche Vita finden lässt. Dies sollte nicht ein Bekenntnis zu „Männer machen Geschichte“ signalisieren, sondern hat seinen Grund einerseits in der notwendigen Eingrenzung des Gesamtthemas und andererseits in der Tatsache, dass im Zusammenhang mit den herausragenden Frauenpersönlichkeiten aus der Familie Hohenlohe trotz umfangreicher Quellenbestände kaum Forschungsliteratur existiert. Eine Biographie über Marie zu

Vorwort  |

Hohenlohe-Schillingsfürst, die Ehefrau des Obersthofmeisters Constantin, erscheint uns angesichts ihrer Bedeutung für die Kulturgeschichte des 19. Jahrhunderts unbedingt notwendig und die ersten Überlegungen für ein nächstes Projekt sind bereits im Gange. Nun möchten wir an dieser Stelle Prinz Karl-Albrecht zu HohenloheSchillingsfürst für die großzügige Nutzung des privaten Archivs in Wien und die Zurverfügungstellung der Bilder sowie die stets äußerst freundliche Aufnahme ganz herzlich danken. Ebenso danken wir Fürst Constantin zu Hohenlohe-Schillingsfürst, der uns die Verwendung der Bilder vom alten und neuen Schloss Schillingsfürst sowie von Chlodwig und Philipp Ernst zu HohenloheSchillingsfürst ermöglichte. Herrn Dr. Schiffer haben wir für die sehr kompetente Beratung und die unkomplizierte Benutzung des Hohenlohe-Zentral­ archivs in Neuenstein zu danken. Herrn Fischer-Colbrie gebührt unser Dank für die Einsicht in den Nachlass von Gottfried Hohenlohe in seinem Privatarchiv in Wien. Für die hervorragende und stets angenehme Betreuung beim Böhlau Verlag Köln fühlen wir uns Frau Dorothee Rheker-Wunsch sehr verbunden. Abschließend möchten wir unseren besonderen Dank an alle Autoren richten, die aufwendige Archivrecherchen in Kauf nahmen und viel Geduld bis zur Drucklegung des Werkes aufbringen mussten. Die Zusammenarbeit haben wir als bereichernd und äußerst angenehm empfunden.

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Die Familie Hohenlohe – ein geschichtlicher Überblick Volker Stalmann

Die Adelsforschung erlebt seit einiger Zeit einen beachtlichen Aufschwung. Zahlreiche Monographien und Sammelbände versuchen, diesem bisher vernachlässigten Forschungsfeld schärfere Konturen zu verleihen. Dabei gerieten auch die ehemals reichsunmittelbaren und 1806 mediatisierten Fürsten- und Grafengeschlechter, die sog. Standesherren, in den Blick. Bereits Heinz Gollwitzer versuchte in seiner 1957 erschienenen Studie eine soziale Physiognomie dieser Gesellschaftsschicht zu zeichnen, um die „Stimme des Hochadels […], die Stimme der noch nicht völlig überwundenen ständischen Hierarchie inmitten der Klassengesellschaft des 19./20. Jahrhunderts“ festzuhalten.1 Die Vielschichtigkeit der hochadligen Lebenswelt wie auch das Wechselspiel von Funktionswandel und erzwungener Anpassung einerseits, Selbstbehauptung und Identitätswahrung andererseits rückten in der Folgezeit in den Mittelpunkt des Forschungsinteresses.2 Dennoch gibt es noch zahlreiche Leerstellen und Forschungsdesiderate. So wurden gerade jene Familien des Hochadels, die im 18., 19. und frühen 20. Jahrhundert über politischen Einfluss und wirtschaftliche Macht verfügten, bisher kaum thematisiert. Auch die Familie Hohenlohe geriet bisher nur vereinzelt in den Fokus der Betrachtung.3 Dies, obwohl sie dem Reich und seinen Gliedstaaten führende Militärs und bedeutende Politiker stellte. In ihren Reihen fanden sich Bischöfe und Kardinäle, aber auch potente Unternehmer und Industrielle. Mitglieder der Familie amtierten im 19. Jahrhundert als Ministerpräsidenten in Preußen (Prinz Adolf zu Hohenlohe-Ingelfingen und Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst), in Bayern (Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst), in Österreich (Prinz Konrad zu Hohenlohe-Schillingsfürst) oder als Kaiserliche Statthalter in Elsass-Lothringen (Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst und Fürst Hermann zu Hohenlohe-Langenburg). Auch findet man sie am Wiener Hof als Obersthofmeister (Prinz Constantin zu Hohenlohe-Schillingsfürst). Der letzte österreichisch-ungarische Botschafter in Berlin war ein Hohenlohe (Prinz Gottfried zu HohenloheSchillingsfürst). Auch als Militärs wussten sie sich einen Namen zu machen. So war der preußische General Fürst Friedrich Ludwig zu Hohenlohe-Ingelfingen der Gegner Napoleons in der Schlacht von Jena 1806. Ludwig Aloys zu Hohenlohe-Bartenstein wiederum kämpfte als österreichischer Offizier gegen Napoleon, trat nach der Restauration der Bourbonen in französische Dienste

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und avancierte zum Pair und Maréchal de France. Noch im 19. Jahrhundert erklommen mehrere Mitglieder der Familie wie Prinz Alexander zu Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst und Prinz Gustav Adolf zu HohenloheSchillingsfürst führende Positionen in der katholischen Kirche. Die Mitglieder der Familie Hohenlohe-Öhringen kamen darüber hinaus als Besitzer riesiger Latifundien und als Montanunternehmer in Oberschlesien zu immensem Reichtum. Es ist nicht übertrieben, wenn man die Familie Hohenlohe als den unterhalb der regierenden Dynastien mächtigsten aristokratischen Familienverband Mitteleuropas im 19. und frühen 20. Jahrhundert bezeichnet. Der Geschichte der Familie Hohenlohe kommt deshalb ein besonderes Interesse zu. Mit den in diesem Sammelband präsentierten Lebensabrissen und Kurzbiographien einzelner Familienmitglieder soll die herausragende Bedeutung und führende Stellung der Familie im Deutschen Kaiserreich und in der österreichisch-ungarischen k. u. k. Monarchie im 19. und frühen 20. Jahrhundert herausgearbeitet werden. Da die Lebenswege dieser Persönlichkeiten auch aussagekräftig für den kollektiven Sozialtypus, für kollektive Mentalitäten, Verhaltensweisen und Dispositionen des Hochadels sind, sollen Allgemeines und Besonderes, sollen Allgemein-Soziales und Individuelles miteinander verflochten und ein konturenreiches Sozialprofil dieser Gesellschaftsformation erstellt werden.

Die Familie Hohenlohe im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit Hohenlohe ist der Name eines in Württemberg und Bayern beheimateten, zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts mediatisierten Fürstengeschlechts. Als Stammvater des Hauses Hohenlohe gilt der erstmals 1153 urkundlich bezeugte Konrad von Weikersheim, dessen Nachkommen um das Jahr 1170 ihren Stammsitz auf die bei Uffenheim in Mittelfranken gelegene Burg Hohenloch oder Holloch verlegten, nach der sich die Familie auch benannte. Hohenlohe bedeutet so viel wie Hochwald oder hochgelegener Wald, worauf besonders die alte Schreibweise Hohenloch, Hohenloh oder Hollo verweist. Das Suffix „loch“ oder „lohe“ für Wald findet sich im Übrigen auch in vielen Ortsnamen wieder. Daneben kam auch die Deutung des Namens als „hohe Flamme“ auf. Zu dieser Interpretation verleitete das hohenlohische Wappen, das seit 1360 als Helmschmuck einen den Flammen entsteigenden Phönix zeigte. Ein Phönix mit Flammen erscheint erstmals 1603 auf einer hohenlohischen Münze und 1757 wurde schließlich auch von Fürst Philipp Ernst der Hausorden zum Phönix oder zur Goldenen Flamme gestiftet, der den Wahlspruch „Ex flammis orior“ (Aus den Flammen erhebe ich mich) führte.4

Die Familie Hohenlohe  |

Für das Fortkommen der Familie war neben der Hinwendung zu ritterlichen Orden die Nähe zum herrschenden staufischen Königs- und Kaiserhaus entscheidend, die nicht nur das Selbstverständnis des Hauses begründet, sondern auch die Territorialbildung des Hauses Hohenlohe wesentlich begünstigt haben dürfte. So erwarben sie ausgehend vom Tauber- und Gollachgau die Herrschaft Langenburg und die Schutzvogtei über das Chorherrenstift Öhringen, das zum Zentrum ihrer Territorialherrschaft werden sollte. Mit dem Zusammenbruch der Stauferherrschaft vermochten sie nicht nur die Vogteirechte, sondern auch weitere königliche Rechte in Eigenrechte umzuwandeln und zu usurpieren. Mit der Verleihung der unumschränkten Gerichtsbarkeit im Jahre 1418 war ihre Landesherrschaft vollkommen, so dass es sich im Grunde von selbst verstand, dass sie 1450 in den Grafenstand erhoben wurden.5 Zur Reformation trat das Haus Hohenlohe erst relativ spät über. Das Trauma des Bauernkrieges von 1525 mag hier ebenso eine Rolle gespielt haben wie die Rücksicht auf die Politik der angrenzenden Territorien. Denn die Grafschaft Hohenlohe lag eingekeilt zwischen den Gebieten der Deutschmeister, der Prälaten in Mainz und Würzburg, der fränkischen Zollern, der Württemberger und Pfälzer. Ein wichtiger Anstoß für die Reformation in der Grafschaft waren die kritikwürdigen Zustände im Chorherrenstift Öhringen, die 1544 die Gemeinde veranlassten, einen evangelischen Theologen als Stiftsprediger nach Öhringen zu holen. 1556 wurde die neue Lehre auch offiziell in der Grafschaft eingeführt.6 Mit der Reformation wurde zum einen die Distanz zum Kaiserhof größer, die Orientierung auf die fränkischen Nachbarstaaten zwingender. Zum anderen führte die Reformation zu einer deutlichen Stärkung der staatlichen Gewalt. Die Säkularisierung der vier geistlichen Institutionen in Gnadental, Goldbach, Öhringen und Schäftersheim bedeutete einen spürbaren Zugewinn für das Haus Hohenlohe, dessen finanzielle Möglichkeiten durch den Besitzzuwachs eine deutliche Steigerung erfuhren. Das Öhringer Stiftsvermögen wurde indes gesondert verwaltet und für Bedürfnisse der Kirche und der Schule herangezogen.7 Es mag nicht überraschen, dass das Haus Hohenlohe Jahrzehnte später auf der Seite der evangelischen Union am Dreißigjährigen Krieg teilnahm. So ließ sich Georg Friedrich von Hohenlohe, der 1607 die in Böhmen reich begüterte Eva von Waldstein heiratete, nach dem Prager Fenstersturz 1618 zum Generaloberstleutnant der Stände ernennen. Nach dem Sieg der kaiserlichen Truppen am Weißen Berg bei Prag 1620 verfiel Georg Friedrich der Reichsacht, unterwarf sich jedoch wieder dem Kaiser und wurde begnadigt. Da er sich 1631 dem in Norddeutschland einfallenden Schwedenkönig Gustav Adolf anschloss, wurde er erneut geächtet, seine Grafschaft 1634 eingezogen und 1637 dem in

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Mergentheim ansässigen Deutschen Orden geschenkt. Erst 1648 wurde Weikersheim im Westfälischen Frieden wieder restituiert.8 Die Bilanz des Dreißigjährigen Krieges war für die Grafschaft Hohenlohe verheerend. Nicht nur die unmittelbaren Kriegseinwirkungen, sondern auch die Pest, die zweimal das Land heimgesucht hatte, hatten ihre Spuren hinterlassen. So belief sich der Bevölkerungsverlust auf etwa 35 bis 40 Prozent und auch der Gebäudebestand war in ähnlichem Umfang dezimiert worden. Dörfer und Städte waren entvölkert, geplündert und zerstört. Die Schlösser Bartenstein und Schillingsfürst waren niedergebrannt, die übrigen ausgeraubt worden. Die Kirchenbücher verzeichneten Tausende von Todesfällen. „Es ist besser in Gottes Hände zu fallen, dann in der Menschen Hände“, meinte damals der Langenburger Pfarrer lapidar.9 Die vergangenen Ereignisse zeigten deutlich, dass nur die Anlehnung an den Wiener Kaiserhof dem Aufstieg der Familie langfristig zugutekommen konnte. Ein wichtiger Schritt war in dieser Hinsicht die Konversion der noch im reformierten Glauben erzogenen Brüder Christian zu Hohenlohe-Bartenstein und Ludwig Gustav zu Hohenlohe-Schillingsfürst 1667 sowie die Heirat Ludwig Gustavs mit Anna Barbara von Schönborn, der Nichte des einflussreichen Kurfürsten von Mainz und Erzkanzlers, im folgenden Jahr.10 Wie sehr die Konversion und die Anbindung an den Schönbornschen Familienclan den Aufstieg der Familie begünstigten, wird an den Biographien der Nachkommen Christian von Bartensteins deutlich. So stieg Christians Sohn Philipp Karl (1668–1729) 1722 zum Reichskammerpräsidenten in Wetzlar auf und blieb sieben Jahre an der Spitze dieser Institution, der auch sein Sohn Karl Philipp (1702–1763) von 1746 bis 1763 vorstehen sollte. Allerdings misslang es, diesen hohen Reichsposten in der Familie erblich zu machen, obwohl beide sich in Wetzlar eine Klientel aufbauen konnten. Die immer offensichtlicher werdenden Missstände am Reichskammergericht, gegen die nach dem Tode Karl Philipps eine eigene Kommission ermitteln musste, verhinderten, dass Karl Albrecht I. von Schillingsfürst diese Würde für sein Haus später ein drittes Mal zuteilwerden sollte.11 Insgesamt hatte der Übertritt zum katholischen Glauben die beruflichen und politischen Chancen des Hauses spürbar vergrößert. Die Reichskirche bot Versorgungsstellen für nachgeborene Söhne, die nicht zuletzt in den dem Hochadel vorbehaltenen Kapiteln von Köln und Straßburg untergebracht werden konnten. Den Töchtern standen wiederum die adligen Damenstifte, vornehmlich in Essen und Thorn offen. Im Konnubium konnten zudem Beziehungen zum Münchner oder Wiener Hof, aber auch zu den geistlichen Reichsfürsten geknüpft werden. Und auch in beruflicher Hinsicht waren nun, wie die Beispiele Philipp Karls und Karl Philipps zeigten, die höchsten Reichsämter zugänglich.12

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Die Erhebung in den Fürstenstand 1744/64 Das Haus Hohenlohe hatte sich in all den Jahrhunderten nicht zu einer bestimmenden politischen Kraft entwickeln können, was nicht zuletzt an den beständigen Erbteilungen und der damit verbundenen Besitzzersplitterung lag. So hatte sich das Haus Hohenlohe 1555 mit der sog. Hauptlandesteilung in zwei Linien gespalten, die sich nach den bedeutendsten Burgen, Neuenstein und Walden­burg, benannten. Primogeniturordnungen setzten sich erst im 18. Jahrhundert durch, so dass erst sehr spät dem Zersplitterungsprozess begegnet werden konnte. Dennoch gab es einheits­stiftende Elemente, Klammern, die die auseinanderstrebenden Linien zusammenhielten. So war die Herrschaft Hohenlohe bereits 1511 zu einem Fideikommiss erhoben worden, das Veräußerungen von Rechten und Territorien an die Zustimmung aller Herrschaftsinhaber band und damit de facto ausschloss.13 Durch den Übertritt Waldenburgs zum Katholizismus im 17. Jahrhundert entspann sich allerdings eine Rivalität zwischen den beiden Hauptlinien, die durch die Erhebung Waldenburgs in den Reichsfürstenstand im Jahre 1744 durch Rangstreitigkeiten noch verstärkt wurde. Erst zwanzig Jahre später sollte Neuenstein diese Würde zuteilwerden. Die Standeserhebung war Folge der dramatisch veränderten Situation im Reich nach der Thronbesteigung Maria Theresias in Österreich, dem Einmarsch Friedrich II. von Preußen in Schlesien 1740 und der Wahl des baye­ rischen Kurfürsten Karl Albrecht zum deutschen Kaiser 1742. Nach seiner Wahl bemühte sich Kaiser Karl VII. eine Klientel im Reichsadel zu schaffen und umwarb die kleineren Reichsstände, die eigentlich im Lager der Habsburger standen. So wandten sich in jenem Jahr auch höhere Beamte des Wittelsbachers an das Haus Hohenlohe mit der Frage, ob nicht Interesse an einer Standeserhöhung bestünde. In der daraufhin in Kupferzell stattfindenden Hauskonferenz wurden alle politischen und wirtschaftlichen Folgen einer möglichen Erhebung durchdiskutiert. Man beschloss schließlich, auf ein derartiges Projekt wegen der finanziellen Kosten und des relativ geringen Einflussgewinns zu verzichten. Bevor man, so Karl Ludwig von Hohenlohe-Weikersheim, „das Axiomatis realis neml.: eines besondere voti et sessionis in comitis“, also Sitz und Stimme im Reichstag, nicht zugesichert bekäme, würde es sich nicht lohnen, „in diese so viele Bedenklichkeiten unterworfene Sache“ zu „entriren“.14 Lieber bleibe man auf der Grafenbank weiterhin erster, als letzter auf der Fürstenbank zu sein. Damit war die Angelegenheit vorerst erledigt.15 Doch die Einigkeit im Hause Hohenlohe währte nicht lange. 1744 brach der sogenannte Osterstreit aus, der die beiden Hauptlinien in konfessioneller und politischer Hinsicht tief spalten sollte. Auslöser war ein Kalenderstreit zwischen Protestanten und Katholiken, der in der Zeitdifferenz zwischen dem

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katholischen Gregorianischen und dem 1700 von den protestantischen Reichsständen eingeführten reformierten Julianischen Kalender gründete. Die Folge war, dass die Protestanten 1744 das Osterfest eine Woche früher begingen. Die daraus resultierenden Auseinandersetzungen zwischen den katholischen Landesherren und den protestantischen Untertanen et vice versa veranlassten die katholischen Waldenburger eine einseitige Rangerhöhung anzustreben, durch die sie einen politischen Vorrang vor der protestantischen Neuensteiner Linie zu erlangen hofften.16 Die Fürstenerhebung wurde teuer erkauft. Für ihre Standeserhöhung mussten die Grafen Philipp Ernst von Schillingsfürst, Karl Philipp von Bartenstein sowie dessen Brüder, Joseph und Ferdinand, 1744 insgesamt 120 000 Gulden aufbringen.17 Man merkte, dass sich der Kaiser in einer politisch und finanziell prekären Lage befand. Es handelte sich allerdings nur um persönliche Rangerhöhungen, um Titularwürden. Erst 1757 wurden die Waldenburger Landesteile in den Fürstenrang erhoben. Die Neuensteiner Linie zog nach. Für 60 000 Gulden erhielt auch sie 1764 die gewünschte Standeserhöhung. Sitz und Stimme auf dem Reichstag blieb jedoch beiden Linien versagt.18 Sonderlich begeistert war man über die neue Würde deshalb nicht; so stöhnte Erbgraf Christian von Hohenlohe-Langenburg, ihm sei, „als wenn mit der gräflichen Würde meine Gemütsruhe und Vergnügen begraben worden wäre.“19 Die Folgen der Standeserhöhung waren ambivalent. Einerseits brachten die zu entrichtenden Taxgebühren und der Zwang zu verstärkter Repräsentation die Familie an den Rand des finanziellen Ruins, andererseits eröffnete die Fürstenwürde neue Lebens- und Berufschancen. Sie dürfte sicherlich den Aufstieg des Fürsten Friedrich Ludwig zu Hohenlohe-Ingelfingen zum Generalfeldmarschall des preußischen Königs oder den des Fürsten Joseph Christian zu Hohenlohe-Waldenburg-Bartenstein zum Fürstbischof von Breslau begünstigt haben. Es mag verständlich erscheinen, dass die Regenten der hohenlohischen Stammeslinien ihre Standeserhöhung für jedermann sichtbar in ihrer Hofhaltung zum Ausdruck bringen wollten. So war der Hofstaat des Fürsten von Öhringen zu Ende des 18. Jahrhunderts so prachtvoll und imposant, dass selbst der keineswegs in einfachen Verhältnissen lebende Herzog Karl Eugen von Württemberg vor Neid erblasste.20 Nicht weniger als hundert Bedienstete tummelten sich am Hof in Öhringen, in einer Kleinstadt, die gerade einmal drei- bis viertausend Seelen zählte. Von Husaren und Grenadieren in bunten Uniformen, über Perückenmachern, Kammerdienern, Läufern, Heiducken und Lakaien bis hin zum Leibkutscher, einem Vorreiter, drei Hofpostillons und einem Schlosstorwart fand sich alles, was einen ordentlichen Hofstaat auszeichnete. Für das leibliche Wohl sorgten ein Mundkoch, ein Reisekoch, ein Tafeldecker, ein Hofkonditor, Küchenbo-

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ten und zahlreiche Hausknechte. Ein Musikdirektor war zusammen mit mehreren Kammer-, Hof- und Stadtmusici, einem Hoftrompeter und einem Hofpauker für die musikalischen Einlagen zuständig. Hofgärtner durften ebenso wenig wie Hofkünstler, damit waren etwa ein Dutzend Handwerker gemeint, fehlen. Dem ganzen Hofstaat stand schließlich der Haushofmeister vor, der durch die Hausmeisterin, die dem weiblichen Personal befahl, Unterstützung erhielt. Es würden im Grunde nur noch Türken und Mohren fehlen, meinte später der Hohenloher Karl Julius Weber spitz, der durch seine „Briefe eines durch Deutschland reisenden Deutschen“ bekannt geworden ist.21 Einem Vergleich mit dem Öhringer Hof hielten die übrigen hohenlohischen Residenzen nicht stand. Dies lag aber auch daran, dass Öhringen mit einem Landesgymnasium, einem Lehrerseminar und einer Zeichenschule den geistigen Mittelpunkt des Fürstentums bildete.22 Die „Öhringer“, so schrieb Karl Julius Weber rückblickend, blickten auf die anderen Hohenloher „wie die Pariser auf die übrigen Franzosen.“23 Die Ausgaben für die Hofhaltung waren erwartungsgemäß beträchtlich und machten teilweise die Hälfte der jährlichen Staatsausgaben aus.24 So hinterließ Fürst Karl Albrecht I. von Schillingsfürst bei seinem Tode 1793 über 600 000 Gulden Schulden, ein Schuldenberg, der in den folgenden zehn Jahren unter seinem Nachfolger noch auf über eine Million Gulden anwachsen sollte. Nur die Fürsten von Kirchberg und Langenburg konnten dank eher bescheidener Hofhaltungen ihre Finanzen in relativ geordnetem Zustande halten.25 Die Regenten der hohenlohischen Stammesteile waren vor 1806 der Inbegriff der Obrigkeit; sie übten die Landesherrschaft, die Grundherrschaft, die Gerichtsherrschaft und teilweise auch die Leibeigenschaft aus. Ihr Territorium sahen sie als ihr Eigentum an, oder wie es 1784 der Fürst von HohenloheÖhringen formulierte, als „Immobiliarvermögen, das ist: meine besitzende Land und Leute“26. Über die Kuriatstimme des Fränkischen Grafenkollegiums, dessen Direktorium sie als älteste der fränkischen Grafen lange Zeit inne hatten, waren die Fürsten Hohenlohe im Reichstag stimmberechtigt. Von diesem Kollegium hatten sich allerdings im 18. Jahrhundert die katholischen Waldenburger getrennt. Auf dem Fränkischen Grafentag verfügte das Haus Hohenlohe über sechs, auf dem Kreistag in Nürnberg über zwei Stimmen.27 Das Fürstentum unterlag der Besteuerung durch das Reich, es zahlte Reichsmatrikel und Kreisabgaben. Gleichzeitig musste es Reiter und Fußsoldaten für das Fränkische Kreiskontingent stellen. Die hohenlohische Diplomatie beschränkte sich freilich auf einen beim fränkischen Kreis tätigen Gesandten, der zeitweise auch andere Reichsstände wie die Grafen von Castell mitzuvertreten hatte.28 Zu Ende des achtzehnten Jahrhunderts bestanden sieben Linien des Hauses Hohenlohe: Öhringen, Langenburg und Kirchberg aus der Neuensteiner

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Stammlinie, Waldenburg, Schillingsfürst, Bartenstein und Jagstberg aus der Waldenburger Stammlinie. Unbeschadet der Differenzen zwischen den einzelnen Linien gab es genügend verbindende und einigende Momente, die ein Zusammengehörigkeitsgefühl schufen. Neben der Geschichte und der Tradition sind hier die dem Gesamthaus verliehenen Reichslehen, die zuletzt 1782 noch einmal bekräftigten Hausverträge und gemeinsamen Institutionen, wie das Seniorat, das das Gesamthaus nach außen zu vertreten hatte und dem jeweils ältesten Regenten zustand, zu nennen. Auch galt in den Hohenlohischen Besitzungen seit 1738 ein einheitliches Landrecht.29

Vom Herrschaftsstand zur Funktionselite – das 19. Jahrhundert Die napoleonische Ära und der damit verbundene Reformprozess wurden für den deutschen Adel zu einer beispiellosen Herausforderung, die seine Existenzberechtigung als bevorrechtigten Stand infrage stellte. Wenn er auch an seine überkommene Machtstellung im Alten Reich nicht mehr anzuknüpfen vermochte, so gelang es ihm doch, trotz Säkularisierung, Mediatisierung und staatlicher Modernisierung nach 1815 eine politische, rechtliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Vorrangstellung einzunehmen. Im „Kampf ums Obenbleiben“ vermochte er sich, ungeachtet des Fortgangs adligen Machtschwundes im 19. Jahrhundert, als einflussreiche soziale Formation bis zum Ende des Kaiserreichs mit Erfolg zu behaupten.30 Bereits die Revolutionskriege hatten für das Haus Hohenlohe unmittelbare Auswirkungen. Als die Franzosen die linksrheinischen Gebiete des Reichs besetzten, war davon auch die reichsunmittelbare hohenlohische Herrschaft Oberbronn im Elsaß betroffen, die Sophie Friederike von Hessen-Homburg 1727 in die Ehe mit Graf Karl Philipp zu Hohenlohe-Bartenstein eingebracht hatte. Für den Verlust der Herrschaft wurde Hohenlohe-Bartenstein im Reichsdeputationshauptschluss von 1803 mit Teilen des säkularisierten Hochstifts Würzburg, mit den Ämtern Jagstberg, Haltenbergstetten u. a., entschädigt.31 Konnte das Haus Hohenlohe damals noch territoriale Gewinne verbuchen, so wurde es mit der Mediatisierung von 1806 selbst der Landeshoheit benachbarter Territorialherren unterworfen.32 Die Deutsche Bundesakte von 1815 bestätigte die Ergebnisse der Mediatisierung, gestand den Standesherren jedoch weitreichende Sonderrechte zu. So sprach ihnen der Artikel 14 der Bundesakte die Ebenbürtigkeit mit den regierenden Häusern zu und bestimmte eigentlich erst, was man staatsrechtlich unter hohem Adel zu verstehen hatte. Mit der Ebenbürtigkeit verbunden waren Titel und Prädikate: So durften sich die ehemaligen Reichsfürsten „Durch-

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laucht“, die ehemaligen Reichsgrafen „Erlaucht“ nennen. Im Kanzleizeremoniell, das ihnen gegenüber die Landesbehörden einzuhalten hatten, in der Ehrenwache, im Kirchengebet und Trauergeläut knüpften die Standesherren noch an ihre alten Vorrechte an. Neben der Befreiung von der Militär- und Steuerpflicht, einem privilegierten Gerichtsstand besaßen sie das Recht, autonome Festsetzungen in ihren Familien- und Güterverhältnissen zu treffen. Hinzu trat als politisches Vorrecht die erbliche Mitgliedschaft in den Ersten Kammern der einzelstaatlichen Parlamente, ferner die Polizeigewalt, die Gerichtsbarkeit und das Kirchen- und Schulpatronat. Dazu kamen das Jagd- und Fischereiregal sowie Rechte im Berg- und Forstwesen.33 Der Artikel 14 der Deutschen Bundesakte begründete das, was Heinz Gollwitzer als „Unterlandesherrschaft“34 bezeichnet hat. Die Standesherren schoben sich letztlich als Zwischengewalten zwischen die regierenden Dynastien und die Untertanenschaft.35 Der Prozess der adligen Machtdeflation fand nach der Gründung des Deutschen Kaiserreiches von 1871 seinen Fortgang. Die innere Staatsbildung und die damit zusammenhängende Mediatisierung von Zwischengewalten schritten weiter und stellten vor dem Hintergrund der Durchsetzung des Systems rechtlicher Gleichheit die privilegierte Stellung des Adels als lokalen Herrschaftsstand infrage. In die Defensive geriet der Adel aber auch durch das Voranschreiten der Industrialisierung und den Aufstieg des Bürgertums, dessen Werte und Normen, wie das Leistungsprinzip, die feudal Privilegierten offen herausforderte. Die Entwicklung des Agrarkapitalismus zwang letztlich adlige Grundbesitzer, nicht zuletzt dann, wenn sie wie in Nord- und Ostdeutschland ihr Land selber bewirtschafteten, sich den Regeln der Rentabilität und der Gewinnsteigerung zu unterwerfen und zu landwirtschaftlichen Unternehmern zu werden.36 Nach 1871 verblieb den Standesherren noch eine ganze Reihe von Vorrechten. Während die richterlichen und exekutiven Funktionen den Standesherren beseitigt oder beschnitten wurden, das Jagdrecht 1848 aufgehoben wurde, verblieben den Mediatisierten noch das Berg-, Forst- und Fischereiregal.37 Sodann befreiten sie die Militärgesetze des Norddeutschen Bundes auch weiterhin von der Wehrpflicht und der Einquartierung.38 In Österreich gab es wegen des Fehlens ehemaliger reichsunmittelbarer Territorien keine Standesherrschaften. Dennoch haben sich seit dem 18. Jahrhundert zahlreiche reichsständische Familien in der Haupt- oder Nebenlinie in Österreich niedergelassen. Man denke an die Familien Fürstenberg, Schwarzenberg, Thurn und Taxis, Löwenstein oder Hohenlohe-Schillingsfürst. Sie standen meist in einem besonderen Loyalitätsverhältnis zum Hause Habsburg, mit dem sie sich auch ebenbürtig wussten. Auch spielten sie im österrei­chischen Herrenhaus eine nicht unbedeutende Rolle.39

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Das Konnubium Kern des standesherrlichen Selbstverständnisses, ihrer Ambitionen und Prätentionen war die in der Bundesakte von 1815 festgehaltene Ebenbürtigkeit mit den regierenden Fürsten, die auch in den Verfassungsurkunden der Länder und den einzelnen standesherrlichen Hausgesetzen ihren Niederschlag fand. Die Ebenbürtigkeit hatte weitreichende Auswirkungen auf die gesellschaftliche Position, das Selbstbewusstsein und Verhalten, auf Heirats- und Verkehrskreise der ehemaligen Reichsfürsten. So beschränkte sich der gesellschaftliche Umgang weitgehend auf Familien der europäischen Hocharistokratie. Auch im Konnubium zog man einen deutlichen Trennungsstrich nach unten und schloss sich von weiten Teilen des nichtstandesherrlichen Adels ab. Die Familie Hohenlohe sah bis zum Erlass des Hausgesetzes von 1910 nur Personen des hohen Adels, ausnahmsweise auch Mitglieder sonstiger fürstlicher und altgräflicher Personen als standesgemäß an. Grundlage war der UjestBitschiner-Vertrag von 1841, ein Familien- und Verwaltungsstatut des Hauses Hohenlohe-Öhringen, der von allen Fürsten und Prinzen des Gesamthauses feierlich beschworen worden war und somit auch für die gesamte Familie Gültigkeit besaß.40 Strengstens achtete man im Hause Hohenlohe auf die eherechtliche Ebenbürtigkeit. So vermählten sich allein drei Chefs der hohenlohischen Stammesteile, Fürst August von Öhringen, Fürst Karl Joseph zu Jagstberg und Fürst Karl zu Kirchberg, im Vormärz mit württembergischen Prinzessinnen der herzoglichen Linie, während die übrigen in reichsfürstliche Familien wie Leiningen (Fürst Ernst zu Langenburg) und Fürstenberg (Fürst Karl Albrecht III. zu Waldenburg, Erbprinz Hugo zu Öhringen) oder in reichsgräfliche Familien wie Solms-Laubach (Fürst Karl Ludwig zu Langenburg), Isenburg-Philippstein (Fürst Christian Friedrich Karl zu Kirchberg) und Auersperg (Fürst Ludwig zu Jagstberg und Bartenstein) einheirateten. Bedeutung erlangte die Ehe des Fürsten Ernst zu Hohenlohe-Langenburg mit einer Halbschwester der Queen Victoria (Leiningen).41 Die Einhaltung standesgemäßer Heiratsverbindungen sollte die Attraktivität der Familie für regierende Häuser erhalten und den eigenen herausgehobenen sozialen Status betonen. Nur Mitglieder regierender, reichsfürstlicher und reichsgräflicher Häuser wurden als ebenbürtig angesehen. Dem Ujest-Bitschiner Vertrag zufolge galten Mitglieder des niederen Adels, Reichsritter und landsässiger Adel, nicht als ebenbürtig und somit auch nicht als heiratsfähig. Die Gattin aus einer nicht standesgemäßen Ehe konnte deshalb kein Wittum42, ihre Kinder wiederum kein Anrecht auf das Haus- und Stammvermögen oder auf die Nachfolge beanspruchen. Zur hausrechtlichen Gültigkeit einer

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Ehe war zusätzlich noch die Zustimmung der jeweiligen Familienoberhäupter notwendig. So wurde 1889 beispielsweise dem Fürsten Friedrich Karl II. zu Hohenlohe-Waldenburg der agnatische Konsens zur Heirat mit der Baronesse Elisabeth von Berlichingen wegen deren freiherrlichen Abstammung verweigert.43 Eine Missachtung dieser hausrechtlichen Grundsätze durch Familienangehörige wurde in der Regel hart bestraft. So musste Fürst Karl zu Langenburg 1860 vor seiner Heirat mit einer bürgerlichen Metzgerstochter sein Erstgeburtsrecht an seinen Bruder Hermann abtreten und in den Rang eines apanagierten44 Prinzen zurücktreten. Auch musste er aus dem Langenburger Schloss ausziehen. Seiner Frau verschaffte man immerhin einen Adelstitel – sie durfte sich seitdem „Freifrau von Bronn“ nennen. Das Paar kam schließlich im Weikersheimer Schloss unter.45 Während Missheiraten der männlichen Familienangehörigen nur für die Erstgeborenen mit weitreichenden Konsequenzen behaftet waren, mussten die weiblichen Familienmitglieder im Falle einer bürgerlichen Heirat mit dem Verlust ihres Titels und ihrer familiären Rechte rechnen. Wegen des drohenden Verlustes des Adels verzichteten viele adlige Töchter auf eine Eheschließung. Bürgerliche Ehen von Prinzessinnen waren deshalb im 19. Jahrhundert äußerst selten.46 Aber sie kamen vor. Als Prinzessin Amalie, die Schwester des späteren Reichskanzlers Chlodwig Hohenlohe, 1857 ihrer Familie eröffnete, dass sie den Maler Richard Lauchert heiraten wolle, stieß sie auf vollkommene Ablehnung. „Was sollte daraus werden“, so schrieb ihr Chlodwig, „wenn Du selbst kochen, einkaufen, Kinder pflegen und Rechnungen führen müsstest.“ Lauchert könne ihr nie den ihr gewohnten, standesgemäßen Lebensstil bieten. „Unsere ganze soziale Weltordnung ist auf Standesunterschiede begründet und wie kann man sich unterfangen, selbst wenn eigne Überzeugungen uns dazu aufzufordern scheinen, den Kampf gegen alle bestehenden Verhältnisse aufzunehmen. Das ist nur dann zu entschuldigen, wenn es ein gottbegeisterter Mann thut, der in seinem Genius den Plan zur Verbesserung der Menschheit gefasst hat. Aber wenn sich ein schwaches Weib, das genug zu thun hat, um sich selbst in den Fugen zu halten, gegen die bestehenden Verhältnisse auflehnen will, so thut sie Unrecht, denn sie begeht etwas, was dem Selbstmord, wenigstens dem moralischen gleichkommt.“47 Was man Männern noch verzeihen wollte, konnte man Frauen nicht durchgehen lassen. Der Verkehr mit Prinzessin Amalie wurde nach ihrer Eheschließung mit dem Maler 1857 umgehend abgebrochen.48 Heiraten mit Bürgerlichen waren indiskutabel. So berichtete Chlodwigs Frau Marie einmal ihrem Sohn mit Entsetzen, „wie unangenehm es ihr gewesen sei, als sie nach irgendeinem Hofdiner erfahren habe, daß ein Lakai, der

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hinter ihrem Stuhl gestanden habe, infolge irgendeiner Mesalliance eines Familienmitgliedes eigentlich ein Verwandter von uns gewesen sei.“49 Die Familie Hohenlohe gab sich erst 1910 ein neues Hausgesetz, dessen Bestimmungen den gewandelten Verhältnissen Rechnung tragen wollten. Als ebenbürtig wurden, nach Paragraph 6, nunmehr nicht nur Ehen mit „christlichen“ Herrscherhäusern, mit reichsfürstlichen und reichsgräflichen oder sonstigen fürstlichen und altgräflichen Häusern angesehen, sondern auch jene, die der Familienrat, d. h. das Oberhaupt und die zwei jeweils nächst erbberechtigten Agnaten sowie die an der Ehe nicht beteiligten Fürsten mit Mehrheitsbeschluss für ebenbürtig erklärten. Auch sollte Paragraph 8 zufolge ein Fürst oder Prinz keine hausrechtlichen Ansprüche mehr verlieren; seine Gemahlin und seine aus dieser Ehe stammenden Kinder sollten aber auch weiterhin eine Hausmitgliedschaft und die damit verbundenen Rechte erwerben können. Diese Regelung stellte eindeutig einen Fortschritt gegenüber dem bisherigen Zustand dar, da er den Heiratskreis der Familie merklich weiter zog und, zumindest theoretisch, auch Ehen mit Bürgerlichen nicht mehr ausschloss. Auch waren die Fürsten bzw. Prinzen einer hausgesetzlichen Ehe rechtlich besser gestellt, da sie nicht mehr Verzicht auf die mit ihrer Stellung verbundenen Rechte leisten mussten.50 An dieser Stelle muss die Bedeutung der Familie, ihre Strukturen und Werte für den Adel im Allgemeinen und für das adlige Kulturmodell im Besonderen betont werden. Familie meinte anders als im Bürgertum nicht die Kernfamilie, sondern den Familienverband, den man auch mit Begriffen wie Sippe, Geschlecht oder Haus umschreiben kann. Grundlage des hohenlohischen Familienverbandes war die bereits 1511 zum Fideikommiss erhobene Herrschaft. Zudem gab es gemeinsame Institutionen, die noch im 19. und frühen 20. Jahrhundert die einzelnen Linien zusammenhielten. Zu nennen ist hier vor allem das Seniorat. Daneben spielte auch das gemeinsame Archiv angesichts der identitätsstiftenden Bedeutung der adelsspezifischen Erinnerungsarbeit in Familiengeschichten eine wichtige Rolle. In regelmäßigen Abständen hielt der Familienverband auch Hauskonferenzen ab, auf denen wichtige, die Familie als Ganzes betreffende Fragen besprochen wurden, aber auch die Unterstützung bedürftiger Familienmitglieder geregelt wurde.51

Die Erziehung Die Erziehung der Kinder folgte auch weiterhin noch den tradierten Sozialisationsmustern. Während im Bürgertum ein spezifisches Leistungsethos vermittelt und verinnerlicht werden sollte, wurde Adligen ein standestypisches Ver-

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halten anerzogen. Es galt, überkommenes Standesbewusstsein zu kultivieren und gleichzeitig die soziale Distanz zu den übrigen Bevölkerungsschichten herauszustreichen. Dennoch gewannen bürgerliche Erziehungsprinzipien und Bildungsinhalte im Adel an Bedeutung.52 Die Kinder wurden in der Regel mit dem sechsten Lebensjahr der Obhut von Hofmeistern oder Privatlehrern anvertraut, die ihnen Grundfertigkeiten, Lesen, Schreiben, Rechnen, Religion, beibrachten. Auch wenn die Hofmeister ihre Eleven standesgemäße Umgangsformen vermitteln sollten, gaben die dem Bürgertum Entstammenden doch auch bürgerliche Werte und Normen weiter. Ein Hofmeister des Kanzlersohnes Prinz Alexander zu Hohenlohe-Schillingsfürst, Dr. Rüdt, damals noch Kandidat der Philologie aus Baden, machte später sogar als sozialdemokratischer Landtagsabgeordneter in Baden Karriere – ein Umstand, der 1894, als Chlodwig in seiner Eigenschaft als Reichskanzler die antisozialdemokratische Umsturzvorlage in den Reichstag einbrachte, manche Gazette zu hämischen Kommentaren veranlasste.53 Die Erziehung durch Privatlehrer war zwar standesgemäß, barg jedoch viele Nachteile. So konnte im Falle des Prinzen Alexander ein regelmäßiger Unterricht durch die ständigen Reisen und Wohnortswechsel nicht stattfinden. Die Lehrer kamen und gingen und die Lehrmethode änderte sich ständig. Bei seiner Aufnahme ins Wiesbadener Gymnasium zeigten sich die Folgen dieses mangelhaften Unterrichts in erschreckender Klarheit. Entgegen allen Erwartungen wurde Alexander nicht für die Untersekunda, sondern nur für die Untertertia für reif erklärt. Auch zeigte sich bald ein Mangel an Fleiß und Arbeitseifer, der sich besonders in griechischer Grammatik und Mathematik auswirkte, so dass Alexander die Obersekunda und die Unterprima wiederholen musste. Es überrascht denn auch nicht, dass Alexander an seine Gymnasialzeit keine allzu guten Erinnerungen zurückbehielt.54 Dennoch bleibt festzuhalten, dass sich der gymnasiale Bildungsweg im Hochadel im 19. Jahrhundert durchsetzte. Bereits Alexanders Vater Chlodwig hatte in den 1830er Jahren die Gymnasien in Ansbach und Erfurt besucht. Als er 1837 in Erfurt sein Abitur bestand, fand der damalige Gymnasialdirektor bei der Abschiedszeremonie lobende Worte für die hochadligen Zöglinge: „Es ist der Triumph des Jahrhunderts und der Wissenschaften, daß deutsche Fürstensöhne, weit entfernt, nur die Verdienste großer Ahnen statt eignen Werts für sich geltend machen zu wollen, durch rastloses Streben nach eignem wahren Wert sich ihrer Ahnen würdig zeigen […]. Indem sie mit jedem in die Schranken treten, […] erwerben [sie] selbst einen höheren Rang unter den ihnen Ebenbürtigen.“55 Neben Gymnasien erfreuten sich auch exklusive Bildungsinstitute wie die den gymnasialen Lehranstalten gleichgestellte Ritterakademie in Bedburg

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großer Beliebtheit. 1841 von den katholischen Mitgliedern der Genossenschaft des Rheinischen ritterbürtigen Adels gegründet, stand die Ritterakademie zunächst vornehmlich den Söhnen der stiftenden Familien, später aber auch der katholischen Jugend überhaupt offen. Im Vordergrund der Ausbildung stand vor allem die religiös-sittliche Unterweisung der Zöglinge. Zu den Schülern der Akademie zählte unter anderem auch Chlodwigs Sohn Erbprinz Philipp Ernst (1853–1915), der von 1859 bis 1872 in Bedburg weilte.56 Der Universitätsbesuch entsprach zwar damals dem allgemeinen Usus, doch war der Erwerb eines Bildungspatents selten. Noch schien bei der Besetzung von Führungspositionen, nicht zuletzt, wenn sie repräsentativer Natur waren, Herkunft wichtiger als Fachwissen zu sein. Darauf setzte auch Alexander, der sein Studium nicht mit der erforderlichen Ernsthaftigkeit zu betreiben schien. Chlodwig musste deshalb seinen Sohn öfter dazu ermahnen, sein Studium ernster zu nehmen und sich vom Mitkneipantenwesen, dem Biertrinken und Skatspielen, fernzuhalten. Diese Mahnungen schienen allerdings kein rechtes Gehör gefunden zu haben. Im Juli 1886 fiel Alexander zum Entsetzen der Familie durch die erste juristische Prüfung. Notgedrungen musste er das Examen wiederholen – diesmal mit Erfolg.57 Die Erziehung der Töchter unterschied sich deutlich von der der Söhne. Sie sollten nicht auf einen Beruf vorbereitet werden, sondern durch das Erlernen standesgemäßer Umgangsformen und künstlerischer, musischer und sprachlicher Fertigkeiten sich in der ersten Gesellschaft bewegen können. Die Erziehung durch Gouvernanten und Privatlehrer galt allgemein als ausreichend.58

Karrierewege Die Berufs- und Karrierewege der Familie waren im 19. und frühen 20. Jahrhundert ausgesprochen vielfältig. Viele engagierten sich in der Politik als Abgeordnete der Ersten, teilweise auch der Zweiten Kammern der Einzelstaaten und nach 1871 auch des Reichstags. Nicht wenige krönten ihre parlamentarische Tätigkeit mit einem höheren Verwaltungsamt, wurden doch noch die höheren, meist repräsentativen Posten bevorzugt mit Aristokraten besetzt. Dagegen verlor der Militärdienst ebenso wie die geistliche Laufbahn allmählich an Beliebtheit. Interesse verdient schließlich das unternehmerische Engagement der Familie, die im Kaiserreich einen beispiellosen wirtschaftlichen Aufstieg erleben sollte. In Oberschlesien entwickelte sie sich zu einem der bedeutendsten Wirtschaftsfaktoren. Der Reichtum des Fürsten zu Hohenlohe-Öhringen und Herzogs von Ujest in Slawentzitz war legendär.

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Politik Als Kompensation für den Verlust der Mitgliedschaft in Kreistag und Grafenkollegium und der Reichsstandschaft hatte Artikel XIV der Bundesakte den Standesherren die erbliche Landstandschaft in den Ersten Kammern zugestanden.59 Die erbliche Mitgliedschaft in der Ersten Kammer Württembergs kam allen Chefs der sechs in Württemberg gelegenen hohenlohischen Stammesteilen zu. Rasch erlangten sie als Präsidenten der Kammer, wie Fürst August von Öhringen von 1820 bis 1835, einige Bedeutung. Auch stellten die Chefs des Hauses Hohenlohe wiederholt den Vizepräsidenten. So wurde Fürst Ernst zu Langenburg auf Vorschlag der Kammer 1833 in dieses Ehrenamt berufen. 1835 sollte ihm sein Vetter Fürst Ludwig zu Hohenlohe-Kirchberg für ein Jahr folgen.60 Mochte auch die parlamentarische Politik der Fürsten in ihrer schroffen Betonung des monarchischen Prinzips, der kompromisslosen Verteidigung der eigenen Vorrechte und ihrer harten Haltung gegenüber der liberalen Bewegung letztlich polarisierend wirken, so hieße es doch, den historischen Fakten unnötig Gewalt anzutun, wenn man die Fürsten Hohenlohe als Ganzes dem konservativen Lager zurechnen würde. Denn in der bayerischen Ersten Kammer, der Kammer der Reichsräte, saß seit 1846 mit Fürst Chlodwig zu HohenloheSchillingsfürst (1819–1901) ein Mitglied der Familie, der als Exponent einer gemäßigt-liberalen und betont nationalen Politik bald von sich reden machen sollte.61 Nach der Reichsgründung spielten Aristokraten in der Politik noch eine dominierende, wenn auch langsam schwindende Rolle. Ungebrochene Bastionen hatte der Adel nach wie vor noch in den Ersten und mit einigen Abstrichen auch den Zweiten Kammern der einzelnen deutschen Bundesstaaten. Im Reichstag stellten Aristokraten 1871 fast vierzig Prozent der Mandate. Die wachsende Politisierung und Mobilisierung der Bevölkerung und die damit verbundene Infragestellung der gesellschaftlichen Rollen ließen diesen Wert indes bis 1912 auf vierzehn Prozent schwinden. Berücksichtigt man die Tatsache, dass der Adel noch nicht einmal ein Prozent der Bevölkerung ausmachte, war dieser Wert unverhältnismäßig hoch.62 Nicht wenige Standesherren, wie Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, bevorzugten 1871 als politische Interessenvertretung die neu gegründete Liberale Reichspartei. Die Partei hatte ihre regionalen Schwerpunkte in den Königreichen Bayern und Sachsen. Sie war eine Honoratiorenpartei par excellence, die über nahezu keine Organisation verfügte und nur als Zusammenschluss von Abgeordneten gleicher politischer Orientierung bestand. Der Anteil der adligen Abgeordneten in der Fraktion lag bei 40,6 Prozent und ent-

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sprach damit in etwa dem des ersten deutschen Reichstags. Nur bei den Konservativen (87,3%) und der Deutschen Reichspartei (82,5%) war der Adel stärker vertreten.63 Die in sozialer, politischer und regionaler Hinsicht sehr heterogene Partei hielt neben ihrer föderalistischen Grundausrichtung der Kampf gegen Rom zusammen. An der Entstehung des Kanzelparagraphen, des Jesuitengesetzes und am Zivilehegesetz war Fürst Chlodwig maßgeblich beteiligt.64 Da die Liberale Reichspartei für ihre kulturkämpferische Haltung bei den Reichstagswahlen von 1874 von ihrer katholischen Wählerschaft bitter abgestraft wurde und sich daraufhin auflöste, schloss sich Fürst Chlodwig 1874 der Deutschen Reichspartei oder Freikonservativen Partei, wie sie in Preußen genannt wurde, an.65 Die 1867 von Graf Bethusy-Huc und Wilhelm von Kardorff gegründete Partei war die Partei Bismarcks, die auf den Namen des Kanzlers gewählt wurde und deren Handeln letztlich im Wollen dieses Mannes endete. Sie nahm aufgrund ihrer gemäßigt konservativen Haltung eine Mittelstellung zwischen Deutschkonservativen und Nationalliberalen ein. Im Gegensatz zur Deutschkonservativen Partei fanden sich in der Freikonservativen Partei vor allem Hocharistokraten, schlesische Magnaten und süddeutsche Standesherren, die lange Zeit das Selbstverständnis der Partei prägten und federführend beim inneren Ausbau des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reiches mitwirkten.66 Zahlreiche Mitglieder der Familie Hohenlohe spielten in der Partei eine herausgehobene Rolle. Der Fraktionsvorsitz der Deutschen Reichspartei im Reichstag schien die Familie geradezu zu monopolisieren. So stand Fürst Hugo zu Hohenlohe-Öhringen und Herzog von Ujest der Fraktion von 1867 bis 1871, Fürst Hermann zu Hohenlohe-Langenburg von 1874 bis 1881 und Herzog Viktor von Ratibor aus der Linie Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst bis 1890 vor.67 Bisweilen, wie in der zweiten Legislaturperiode des Reichstages, saßen nicht weniger als sechs Mitglieder der Familie in der Fraktion der Reichspartei.68 Wie groß das Ansehen der Familienmitglieder auch jenseits der Parteigrenzen war, reflektiert ihre Wahl ins Parlamentspräsidium, in dem der Herzog von Ujest von 1867 bis 1870 als erster und Fürst Hermann zu Hohenlohe-Langenburg von 1877–1879 als zweiter Vizepräsident amtierte.69

Die Verwaltung Angesichts des begrenzten territorialen Umfangs, der geringen Einkünfte und der beschränkten politischen und wirtschaftlichen Machtstellung des Hauses haben nicht wenige Mitglieder der Familie ihr Glück im Dienste des Reiches oder bedeutender deutscher Reichsstände gesucht. Man findet sie seit dem 13.

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Jahrhundert als Vertraute des Kaisers, als kaiserliche Räte, Kanzler oder Richter. Für das Selbstverständnis und das Selbstbewusstsein der Familie war somit nicht nur adliges Herkommen, sondern auch persönliche Leistung und Erfolg im Staats- und Kriegsdienst des Reiches oder seiner führenden Reichsstände maßgebend. Die Einsicht in die Beschränktheit der eigenen Mittel und die Überzeugung, die eigene soziale Vorrangstellung durch die Nützlichkeit für das Allgemeinwohl rechtfertigen zu müssen, war selbst im 19. Jahrhundert ungebrochen und beeinflusste auch Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, den späteren Reichskanzler, seine Brüder und deren Nachkommen in ihrer Lebensplanung.70 Namentlich Mitglieder der Linien Waldenburg-Schillingsfürst und Bartenstein wählten seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts die Beamtenlaufbahn, nachdem der Übertritt der Grafen Christian und Ludwig Gustav von Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst zur katholischen Kirche und die Einheirat in den einflussreichen Schönbornschen Familienverband im Jahre 1667/68 die Verbindung zum Wiener Hof wiederhergestellt und die Waldenburger Linie für höhere Verwaltungsaufgaben im Reich hatte akzeptabel erscheinen lassen. Bedeutung erlangten vor allem die Nachkommen des Grafen Christian, sein Sohn Philipp Karl (1668–1729) und sein Enkel Karl Philipp (1702–1763), die von 1722 bis 1729 und von 1746 bis 1763 als Präsidenten des Reichskammergerichts in Wetzlar amtierten.71 Die Beamtenlaufbahn wurde durch die Verwaltungsreformen im Zuge der allgemeinen Modernisierungsmaßnahmen von Wirtschaft, Gesellschaft und Staat im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert deutlich erschwert. So trat an die Stelle des bisherigen adligen Ämterprivilegs, das in Preußen 1794 noch ein letztes Mal durch das Allgemeine Landrecht bestätigt worden war, das individuelle Leistungsprinzip, dem sich auch die feudal Privilegierten beugen mussten. Die Neigung, sich bürgerlichen Leistungsprinzipien zu unterwerfen und in den Dienst eines neuen Souveräns zu treten, war allerdings nicht sehr groß. Mit einem derartigen Dienstverhältnis konnte man nur schwer die Fiktion der Ebenbürtigkeit aufrechterhalten. Eine große Ausnahme stellt in dieser Hinsicht der Bildungsgang und der Berufsweg des Fürsten Chlodwig dar, der nach seinem Jurastudium 1842 seinen Gerichtsdienst als Auskultator72 in Koblenz antrat. Mit „einer Art von Staunen“ wurde Chlodwig unter seinesgleichen, „als ein besonders merkwürdiges Subjekt“ angesehen, weil er sich den staatlichen Reglements und den Normen des Bürgertums unterwarf.73 Nach seinem bestandenen zweiten juristischen Examen trat er im Mai 1844 seine Referendarausbildung bei der Potsdamer Regierung an. Die langweilige Schreibtischarbeit schien Chlodwig allerdings nicht recht zu munden. Als er nach dem Tode seines Bruders 1845

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die bayerische Standesherrschaft Schillingsfürst erbte, schied er denn auch ohne großes Bedauern aus dem preußischen Staatsdienst aus.74 Ende 1866 wurde Fürst Chlodwig bayerischer Ministerpräsident. Nach seinem Rücktritt 1870 ließ er sich im darauffolgenden Jahr in den Deutschen Reichstag wählen. Wenn er auch sein Reichstagsmandat bis 1881 behielt, wurde er doch schon 1874 zum deutschen Botschafter in Paris ernannt. Dass Bismarck einen Aristokraten, einen Hocharistokraten zumal, zum Botschafter ernannte, war im Kaiserreich nichts Außergewöhnliches. Fast alle deutschen Botschaften wurden mit Adligen besetzt, nur die zweitrangigen Stellen in Südamerika oder Asien wurden Bürgerlichen anvertraut. Acht der zehn höchsten Beamten des Auswärtigen Amtes trugen einen Adelstitel. Aber nicht nur die oberste Spitze der Diplomatie, sondern auch diejenigen der Verwaltung und des Militärs wurden von Adligen usurpiert. Alle deutschen Kanzler und 75 Prozent der preußischen Minister gehörten zwischen 1871 und 1914 dem Adelsstand an. Auf der Ebene der Provinzialverwaltungen sah es nicht anders aus: 1907 gab es unter den zwölf Oberpräsidenten der preußischen Provinzen nur einen, unter den sechsunddreißig Regierungspräsidenten des Reiches nur elf Bürgerliche. Zwar gelang es Bürgerlichen immer häufiger, im Staatsdienst Karriere zu machen, doch an den Schalthebeln der Macht waren adlige Namensträger weiterhin überproportional vertreten.75 1885 wurde Chlodwig Hohenlohe zum kaiserlichen Statthalter von ElsassLothringen ernannt. Es war der begehrteste Posten in der Reichsverwaltung. Dies nicht nur, weil dieser als Vertreter des Kaisers landesherrliche und ministerielle Rechte im Reichsland ausübte und damit die Stellung eines Landesherrn einnahm, sondern, und vor allem, weil die Stelle aufgrund der Repräsentationsverpflichtungen der bestbezahlte Verwaltungsposten im Reich war. So bezog der Statthalter 254 000 Mark an Gehalt und Repräsentationsgeldern, während der Kanzler mit 103 870 Mark weniger als die Hälfte erhielt.76 Chlodwigs Nachfolger in Elsass-Lothringen wurde sein Vetter Fürst Hermann zu Hohenlohe-Langenburg (1832–1913). Das 1871 von Frankreich annektierte Reichsland Elsass-Lothringen schien zu einem Fürstentum Hohenlohe zu werden. Bereits im 18. Jahrhundert hatte die Familie im Elsass, genauer gesagt in Oberbronn, Herrschaft ausgeübt. Fürst Hermann gebührt allerdings nicht nur als Statthalter, sondern auch als Politiker das Interesse der Forschung. So war er nicht nur Mitglied und Vizepräsident der Württembergischen Ersten Kammer, sondern gehörte auch von 1871 bis 1881 als Abgeordneter der Deutschen Reichspartei dem Reichstag an. Zudem zählte Hermann Hohenlohe zu den maßgeblichen Gründern des Deutschen Kolonialvereins und später der Kolonialgesellschaft, denen er bis 1894 vorstehen sollte.

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Den Klimax seiner politischen Karriere erreichte Fürst Chlodwig, als er 1894 von Kaiser Wilhelm II. zum deutschen Reichskanzler und, wohlgemerkt als Bayer, zum preußischen Ministerpräsidenten ernannt wurde. Fürst Chlodwig war nicht der erste preußische Ministerpräsident aus dem Hause Hohenlohe. Bereits im März 1862 war Prinz Adolf zu Hohenlohe-Ingelfingen auf dem Höhepunkt des Heereskonflikts mit der preußischen Ministerpräsidentschaft betraut worden. Der nachgeborene Sohn des Fürsten Friedrich Ludwig hatte bereits als Abgeordneter des Vereinigten Landtags, des Erfurter Parlaments und der preußischen Ersten Kammer, dem Herrenhaus parlamentarische Erfahrungen sammeln können.77 Prinz Adolf war gleichwohl nicht sehr ambitiös. Im Verfassungsstreit zwischen Krone und Parlament vernahm man seine Stimme nur selten, so dass es nicht überraschen mag, dass er im September 1862 durch Bismarck abgelöst wurde.78 Als dritter deutscher Reichskanzler amtierte Fürst Chlodwig in einer schwierigen Umbruchszeit (1894–1900), in der Deutschland die Schwelle vom Agrar- zum Industriestaat überschritt und in der die Weichen zwischen der Bismarckära und dem Ersten Weltkrieg gestellt wurden, Begriffe wie Flottenund Weltpolitik mögen hierfür stehen. Verfassungspolitisch war die Kanzlerschaft durch die Versuche Kaiser Wilhelms II. gekennzeichnet, unmittelbare Macht auszuüben und ein „persönliches Regiment“ zu errichten. Fürst Hohenlohe galt gemeinhin als schwacher Kanzler, der bedingt durch sein hohes Alter und seine finanziellen Probleme zur Durchsetzung einer konsequenten Politik gegenüber dem jugendlichen und eigenwilligen Kaiser Wilhelm II. nicht fähig schien. Dennoch vermochte er mit einem bezeichnenden Altersstarrsinn dem Kaiser verschiedene Maßnahmen abzutrotzen und ihn von überzogenen Entschlüssen abzuhalten.

Die militärische Laufbahn In der Familie Hohenlohe war der Kriegsdienst hoch angesehen und lange Zeit das mit Abstand beliebteste Betätigungsfeld für die männlichen Mitglieder des Hauses. Nicht nur allgemeine ständische Dispositionen, sondern auch familiäre Traditionen waren in dieser Hinsicht von prägender Wirkung. Die Leistungen der Vorfahren, der Großväter und Väter hatten das Ansehen und das Selbstverständnis der Familie wesentlich geformt und den Nachgeborenen des Hauses den zukünftigen Berufsweg nahegelegt. Bedeutende Militärs waren im 18. und frühen 19. Jahrhundert Prinz Friedrich Wilhelm zu Hohenlohe-Kirchberg (1732–1796), Fürst Friedrich Ludwig zu Hohenlohe-Ingelfingen (1746–1818) oder Fürst Ludwig Aloys zu Hohenlohe-Bartenstein (1765–1829).

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In der Militärverwaltung spielte das feudale Element auch nach der Reformzeit im 19. Jahrhundert noch eine vorherrschende Rolle. Zwar gewannen Bürgerliche langsam an Boden und erklommen die höchsten Stufen der Karriereleiter, doch gelang es ihnen nicht, die dominante Stellung des Adels auf diesem Gebiet zu brechen. Das Ansehen und die Leitbildfunktion der feudal Privilegierten hatte nur wenig von ihrer Wirkungsmächtigkeit verloren. So nahm zwar der Anteil des Adels am preußischen Offizierskorps von 1860 bis 1913 von 65 auf 30 Prozent ab, doch fiel der Rückgang auf den höheren Rängen, bei den Generalen und Obersten, von 86 auf 52 Prozent weitaus schwächer aus. Generell lässt sich sagen: je höher der Rang, desto höher auch der Anteil adliger Namensträger.79 Hocharistokraten zog es vor allem zur Kavallerie, die den feudalen Ritterund Reitertraditionen am ehesten entsprach. Besonderer Beliebtheit erfreuten sich einige exklusive Regimenter wie das Leibgardehusarenregiment in Potsdam oder die bayerischen Kaiserulanen in Bamberg. Die meisten strebten nur militärische Ehrenränge, d. h. „Charaktere“ an, die kein persönliches Engagement erforderten, aber einen imposanten Titel und hübsche Uniformen mit sich brachten und dem Bedürfnis nach Repräsentation, Eleganz und Grandezza entgegenkamen. Viele ließen sich auch à la suite stellen. So waren zum Beispiel der Fürst Hermann zu Hohenlohe-Langenburg und der Herzog von Ujest aus der Familie Hohenlohe-Öhringen Generale à la suite. Auch fanden sich viele Mediatisierte in den Einigungskriegen und im Ersten Weltkrieg als Führer von Malteser-, Johanniter- und Rotkreuzzügen wieder.80 Nur wenige Mediatisierte stiegen wie Prinz Kraft zu Hohenlohe-Ingelfingen (1827–1892) in wirklich bedeutsame militärische Führungspositionen auf, die eine langjährige Ausbildung, eine genaue Fachkenntnis und zähe Ausdauer verlangten. 1845 wurde Prinz Kraft Secondelieutenant der Garde-Artilleriebrigade. Seine Prüfung zum Artillerieoffizier schloss er mit derart guten Leistungen ab, dass ihn seine Standesgenossen damals, so schrieb Kraft später in seinen Lebenserinnerungen, „wenn auch nur im Scherz, einen Demokraten genannt“ hätten, allein deshalb, weil er „etwas gelernt hatte und nicht nur etwas werden, sondern auch etwas leisten wollte.“81 Kraft, der 1854 zur preußischen Gesandtschaft in Wien abkommandiert und später zum Hauptmann im Generalstab ernannt wurde, avancierte 1856 zum Flügeladjutanten des preußischen Königs Friedrich Wilhelm  IV. und wurde im April 1861 vom neuen König und späteren deutschen Kaiser Wilhelm I. übernommen. Seine Erlebnisse während der deutschen Einigungskriege von 1864 bis 1871 fanden später Eingang in seinen posthum veröffentlichten Erinnerungen. 1871 wurde er zum Inspekteur der 2. Artillerie-Inspektion, zwei Jahre später zum Kommandeur der 12. Division in Neiße ernannt. 1876 wurde

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er Generaladjutant des Königs. Doch bereits vier Jahre später nahm er seinen Abschied, was nicht zuletzt mit seiner unstandesgemäßen Ehe mit einer Bürgerlichen zusammenhing, die ihn in den Augen seiner Standesgenossen unmöglich machte.82

Die kirchliche Laufbahn Die Reichskirche war vor 1806 eine Adelskirche. Fast alle höheren Stellen waren dem Adel zur Versorgung seiner nachgeborenen Söhne und Töchter vorbehalten. So kamen die geistlichen Kurfürsten und Fürstbischöfe aus den Reihen der reichsfürstlichen oder reichsritterschaftlichen Familien, waren oftmals nicht zum Priester geweiht und beschränkten sich in der Regel auf die Verwaltung ihrer Staaten. Die geistlichen Aufgaben, die theologischen und seelsorgerischen Verpflichtungen in ihren Diözesen übernahmen in der Regel die meist aus dem Bürgertum stammenden Generalvikare. Dem Adel waren auch die Domkapitel und Damenstifte vorbehalten, für die der Nachweis von vier bis 16 adligen Vorfahren (Ahnenprobe) erbracht werden musste. Eine Versorgungsinstitution besonderer Art waren für den katholischen Adel die beiden geistlichen Ritterorden, der Deutsche Orden und der Johanniterorden. Während dem katholischen Reichs- und landsässigen Adel die Domkapitel, Reichsabteien und Stifte offen standen, konnte der protestantische Adel nur auf wenige kirchliche Präbenden und Sinekuren, wie die Erzstifte Bremen und Magdeburg oder die Fürstbistümer Minden, Verden und Halberstadt, zurückgreifen. Die geistliche Laufbahn wählten nicht wenige nachgeborene Söhne der Familie Hohenlohe. Bereits im 14. Jahrhundert finden wir drei hohenlohische Bischöfe: Gottfried 1307 und Albrecht 1345 in Würzburg, Friedrich 1344 in Bamberg. Unter den jüngeren Brüdern wurde auch der Deutsche Orden geschätzt, dem im 13. Jahrhundert drei Hohenlohe ihre Besitzungen in Mergentheim überschrieben. Mergentheim sollte schließlich zur bedeutendsten Kommende des Ordens werden. Von jenen drei Brüdern stieg Heinrich von Hohenlohe 1232 zum Deutschmeister und 1244 zum Hochmeister, der höchs­ ten Stelle des Ordens, auf. 1297 konnte Gottfried als zweiter Hohenlohe diese Würde bekleiden. Auch im 18. und frühen 19. Jahrhundert fanden sich zahlreiche Mitglieder der Familie Hohenlohe in hervorragenden Positionen der katholischen Kirche. Zu nennen sind Johann Anton Friedrich von Bartenstein (1707–1764), Salzburger Chorbischof und Domscholasticus, Joseph Christian zu Bartenstein (1740–1817), Fürstbischof von Breslau, oder Franz Karl Joseph zu Walden-

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burg-Schillingsfürst (1745–1819), Weihbischof von Augsburg und Bischof von Tempe. Geistliche Ämter wurden auch weiterhin von Nachgeborenen der Familie angestrebt. Vielleicht weniger das Vorbild bedeutender Vorfahren, als vor allem die weit über den Einkommen höchster militärischer Chargen liegenden kirchlichen Pfründen und Sinekuren spielten bei der Lebensplanung der jüngeren Söhne und der Töchter eine wichtige Rolle und ließen selbst die mit dem Amt verbundenen Einschränkungen wie das Zölibat in einem anderen Licht erscheinen. Im 19. Jahrhundert verlor die kirchliche Laufbahn für Adlige an Attraktivität. Denn die auf dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 beschlossene Aufhebung der geistlichen Reichsstände und die damit verbundene Enteignung des kirchlichen Besitzes leiteten die Entfeudalisierung der katholischen Kirche ein. Die enge Verquickung mit der politischen Ordnung und der Sozialund Wirtschaftsverfassung des Ancien Regimes wurde aufgehoben. Die Kirche verlor ihre politischen Herrschaftsrechte und durch die Enteignung ihres Besitzes auch ihr materielles Substrat. Die katholische Kirche hörte auf, Adelskirche zu sein. Die Bischofsämter und Domkapitel wurden von immer mehr Bürgerlichen besetzt, die Kirche verbürgerlichte, womit sie am „Jahrhunderttrend der bürgerlichen Gesellschaft, der Tendenz zur sozialen Egalisierung“ teilnahm.83 Dennoch besetzte der Adel auch im 19. Jahrhundert noch führende Positionen in der katholischen Kirche.84 Besondere Bedeutung erlangte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Prinz Alexander zu Hohenlohe-WaldenburgSchillingsfürst (1794–1849). Als nachgeborener Sohn des Erbprinzen Karl Albrecht war er für die geistliche Laufbahn vorbestimmt, erhielt 1815 die Priesterweihe und wurde 1817 Priester in München. Dort und in Bamberg, wo er Geistlicher Rat beim Generalvikariat wurde, machte er bald durch aufsehenerregende Wunderheilungen auf sich aufmerksam. Da dieser „Afterwunderkram“85 dem Bamberger Magistrat nicht geheuer war und auch der Papst den Prinzen um Zurückhaltung bat, zog sich Alexander 1822 nach Wien und später nach Ungarn zurück, wo er Domherr in Großwardein, Großpropst und 1844 Titularbischof wurde. Sein Standesbewusstsein war sehr ausgeprägt. So schickte er einmal dem Bamberger Magistrat ein Schreiben wieder zurück, in dem der Titel „Durchlaucht“ fehlte, mit der Erklärung, dass er sein Recht auf die ihm zustehende Anredeform nie aufgeben werde.86 Aufgrund seines fürstlichen Ranges müsse ihm, so glaubte er, ein Bischofsstuhl oder, wie er sich selber ausdrückte, eine seiner „Würde angemessene Anstellung“87 zustehen. Doch die Zeiten hatten sich geändert. Ein Bischofsamt sollte ihm zeit seines Lebens versagt bleiben.

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Dies lag nicht nur an seinen Wunderheilungen, sondern auch an seinen fehlenden akademischen Weihen. Intellektuelle Gymnastik zählte nicht zu den Vorlieben des Prinzen. Selbst seine Predigten verfasste er größtenteils nicht selbst, sondern überließ dies anderen – pikanterweise einem protestantischen Arzt und Dichter. Problematisch war auch sein repräsentativer Lebensstil, den er seinem Stand zu schulden glaubte, der jedoch seine finanziellen Möglichkeiten bei Weitem überstieg.88 In Großwardein führte er „ein großes Haus“. „Die Offiziere der Garnison waren bei ihm oft und gern zu Gaste. Es gab da vortreffliche Atzung, denn Hohenlohe führte eine gute Gabel und liebte, trotzdem er zu Bacchus nur lose Beziehungen unterhielt, einen besseren Tropfen“.89 Der Lebensweg des Prinzen ist letztlich exemplarisch für die Schwierigkeiten des Adels jener Zeit, sich den veränderten Verhältnissen anzupassen und sich den geforderten Leistungs- und Bildungsprinzipien zu unterwerfen. Die Biographie des Prinzen zeigt deutlich die Prägekraft der sozialen Abkunft, die ihren Ausdruck im standesbewussten Auftreten, dem Hang zum repräsentativen Lebensstil und zum demonstrativen Konsum fand. Die hohen Posten in der katholischen Kirche waren nicht mehr nachgeborenen Adelssöhnen vorbehalten, religiöse Überzeugung und Bildung gewannen rasch einen größeren Stellenwert als Geburt und Rang. Neben Prinz Alexander erklomm im 19. Jahrhundert ein weiteres Mitglied der Familie Hohenlohe führende Positionen in der katholischen Kirche: Prinz Gustav Adolf zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1823–1896). Im Gegensatz zu Prinz Alexander wurde der Bruder des späteren Reichskanzlers in seiner Berufswahl weniger durch Herkommen und Tradition als durch eigene religiöse Überzeugung und den Einfluss bedeutender Lehrer und Geistlicher geleitet. 1849 zum Priester geweiht, avancierte er zum päpstlichen Großalmosenier und zum Titularbischof von Edessa und erhielt 1866 die Kardinalswürde. Als Kritiker des Unfehlbarkeitsdogmas geriet er in der Kurie jedoch bald ins Abseits. Durch seine aufgeklärt-liberale Gesinnung und seine Toleranz unterschied er sich deutlich vom Gros der damaligen katholischen Würdenträger.90

Die Wirtschaft Die Fürstentümer und späteren Standesherrschaften Hohenlohe blieben insgesamt wirtschaftlich rückständige Gebiete, in denen Industrie und Handel unterentwickelt blieben. Für die wirtschaftliche Zukunft des Hauses war deshalb die Heirat des Fürsten Friedrich Ludwig zu Hohenlohe-Ingelfingen mit der Gräfin Marianne von Hoym im April 1782 von entscheidender Bedeutung, durch die das Haus Hohenlohe in den Besitz umfangreicher Besitzungen in

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Sachsen und Schlesien gelangte. In die Ehe brachte die Gräfin Hoym neben einigen sächsischen Rittergütern die schlesischen Herrschaften Slawentzitz, Birawa, Althammer und Lassowitz. In der Herrschaft Slawentzitz war bereits 1620 ein Werk zur Eisenverhüttung und –verarbeitung errichtet, 1703 in Althammer der erste Hochofen in Betrieb genommen worden, wenige Jahre später ein Messinghammer, ein Blechhammer und eine Lüstermanufaktur. Der Aufschwung der Montanindustrie im 18. Jahrhundert wurde wesentlich durch die reichen Erz- und Kohlevorkommen, die umfangreichen Waldbestände wie auch durch den fast kostenlosen Einsatz der frondienstabhängigen Bauernschaft begünstigt.91 Dies änderte sich im Zuge der Bauernbefreiung Anfang des 19. Jahrhunderts. Die Überwindung der feudalen Agrarverfassung, d. h. die Trennung der jahrhundertealten Verbindung von „Land und Herrschaft“ und damit der Übergang zum Agrarkapitalismus gestaltete sich in den standesherrlichen Gebieten als ein sehr langwieriger Prozess. Da die Ablösungsgesetzgebung in den Standesherrschaften nach 1815 kaum vorankam, mag es nicht überraschen, dass diese Gebiete, wie die hohenlohischen Herrschaften, von den Bauernunruhen im März 1848 besonders betroffen waren. Unter dem Druck der Verhältnisse stimmten die Fürsten 1848/49 den Ablösungsgesetzen zu. Die damit verbundenen Entschädigungszahlungen waren für die Fürsten indes ein wahrer Segen. In der Regel hoch verschuldet, konnten sie sich mit diesen Summen finanziell sanieren und das ihnen verbliebene Kapital zum Erwerb von Grundbesitz, in Industrieunternehmen, in Immobilien oder in Staatsanleihen investieren. Die den hohenlohischen Stammesteilen zugesprochenen Entschädigungsbeträge summierten sich schließlich auf 4,4 Millionen Gulden – dies war nach der der Familie Thurn und Taxis gezahlten Summe (5,4 Mio.) die deutschlandweit höchste Entschädigung.92 Während Bartenstein und Waldenburg die Entschädigungsgelder in erster Linie zur Tilgung ihrer Schulden verwandten, erwarb Fürst August von Öhringen ein ausgedehntes Waldgebiet im Hohenlohischen und vermochte seinen Besitz in Oberschlesien durch den Kauf der Herrschaften Ujest und Bitschin abzurunden.93 Sein Sohn Fürst Hugo, der 1849 die Erbschaft seines Vaters antrat, stieg zum führenden Unternehmer Oberschlesiens und zu einem der bedeutendsten des Kaiserreichs auf.94 Als Zweitgeborener wäre er eigentlich leer ausgegangen, doch sein ältester Bruder Friedrich musste wegen einer nicht standesgemäßen Heirat das Erstgeburtsrecht an seinen Bruder abtreten. Hugo war ein politischer Unternehmer, der gestaltend auf die politischen Verhältnisse seines Landes einwirken wollte. Obwohl er nie die preußische Staatsangehörigkeit erhielt, gehörte er in den Jahren 1852 und 1854 dem preußischen Landtag und nach seiner Erhebung in den Herzogstand 1861 auch als erbliches Mit-

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glied dem preußischen Herrenhaus an. 1867 ließ er sich von seinen Untertanen in den Norddeutschen Reichstag wählen, dem er ebenso wie dem Deutschen Reichstag bis 1875 als Vizepräsident vorstehen sollte. Im Reichstag gehörte er der neugegründeten Deutschen Reichs- und Freikonservativen Partei an, die im frühen Kaiserreich als Heimstatt vieler liberalkonservativer Hocharistokraten fungieren sollte. Hugo trat jedoch nicht nur als Homo politicus, sondern vor allem auch als bedeutender Unternehmer hervor. Er gebot über zahlreiche Steinkohlegruben, Unternehmen der Roh- und Stabeisenproduktion sowie eine damals schon beachtliche Zinkindustrie. Fürst Hugo profitierte vor allem von der großen Eisennachfrage im Zuge des Eisenbahnbaus. So erzielten die HohenloheWerke 1857 mit fast 90 000 Zentner Roh-, Kolben- und Stabeisen einen Produktionsrekord. Die Fertigstellung der Haupteisenbahnlinien in den sechziger Jahren, die billigere englische und schwedische Konkurrenz, aber auch zunehmender Holzmangel führten seit Ende der siebziger Jahren zu einem starken Preisverfall für Eisenwaren, der den Fürsten veranlasste, sich sukzessive aus der Eisenherstellung zurückzuziehen. Dies erlaubte ihm vor allem der Aufstieg der lukrativen Zinkindustrie. So ließ er 1871 die Zinkhütte in Bittkow errichten und gliederte ihr 1888 ein Zinkwalzwerk an. Vier Jahre später wurde die Theresien-Zinkhütte in Michalkowitz erworben und drei Jahre darauf die Godulla-Hütte der Gräfin Schaffgotsch gepachtet. Damit avancierte Fürst Hugo in den 1890er Jahren zum größten Zinkproduzenten der Welt. Mit seinen 41 587 ha war er ohnehin einer der größten Grundbesitzer Oberschlesiens. Mit dem Erwerb von Steinkohlegruben seit 1869, der Hoym-Laura-Grube, von Rheinbaben, Fanny, Chassée und der Georgsgrube sowie dem Ausbau seiner Hüttenwerke seit 1871 verfügte er über ein imponierendes Wirtschaftsimperium. Sein 1848 geborener Sohn Christian Kraft sollte den Pfaden seines Vaters folgen. Sein politisches Engagement verband er mit dem weiteren Ausbau der oberschlesischen Montanindustrie. Die Gründung der Hohenlohe-Werke AG im Jahre 1905 bildete einen ersten unternehmerischen Höhepunkt, der bald darauf im sog. Fürstentrust, der wirtschaftlich engen Kooperation mit dem Fürsten Fürstenberg, münden sollte. Vom finanziellen Zusammenbruch des Fürstentrusts konnte sich Christian Kraft nur langsam erholen. Eine ausführliche Würdigung seiner Person findet sich weiter unten. 1887 kam die Familie Hohenlohe in den Besitz einer riesigen Landmasse in Russland. In jenem Jahr war der Schwager des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, des späteren Reichskanzlers, Fürst Peter zu Sayn-Wittgenstein, gestorben. Fürst Peter hatte der Familientradition folgend die Position eines Flügeladjutanten beim Zaren und den Grad eines Generalleutnants aus-

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geübt und war in den siebziger Jahren zum Militärattaché an der russischen Botschaft in Paris ernannt worden. Mit seinem Tod im August 1887 hinterließ er seiner Schwester, der Fürstin Marie, einen Güterkomplex im Zarenreich, der mit 934 000 Hektar wohl der größte und umfassendste private Grundbesitz Europas war.95 Der Wert der russischen Immobilien summierte sich auf 11 644 443 Silberrubel oder 37 262 217 Mark. Doch waren diese Besitzungen mit Hypothekarverbindlichkeiten und nicht abgesicherten Schulden belastet, so dass sich das Nettovermögen auf etwa 11 Mill. Mark reduzierte.96 Die Freude über die Erbschaft währte indes nicht lange. Denn im März 1887 hatte ein Ukas des Zaren Alexander III. Ausländern den Erwerb oder die Bewirtschaftung von Grundbesitz in den russischen Westprovinzen verboten. Der Verkauf musste innerhalb einer Frist von drei Jahren erfolgen, wollte man nicht den Besitz vom Staat beschlagnahmt und zwangsweise verkauft sehen. Da ein kurzfristiger Verkauf dieser Landmasse den Marktwert deutlich gedrückt hätte, bemühten sich Chlodwig und Marie in den folgenden Monaten um eine Fristverlängerung, die ihnen auch wiederholt gewährt wurde. Anläss­ lich der Goldenen Hochzeit des fürstlichen Ehepaars im Februar 1897 sprach der Zar der Fürstin den Besitz der Güter Lubcz und Naliboki auf Lebenszeit zu. Gleiches galt auch für die kleineren, benachbarten Herrschaften wie Werki. Mit dem Tode der Fürstin Marie im Dezember 1897 mussten die russischen Güter schließlich verkauft werden. Als Chlodwig im Juli 1901 starb, hinterließ er seinen Kindern ein Nettovermögen aus dem Verkauf der russischen Güter von 10,7 Millionen Mark.97

Die österreichische Linie – Prinz Constantin als Oberhofmeister am Wiener Hof Chlodwigs jüngster Bruder war der am 8. September 1828 in Wildeck geborene Prinz Constantin zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Wie seine Brüder sollte er es, zwar nicht in München, Berlin oder Rom, aber in Wien zu hohen Ehren bringen. Dem Vorbild seines Onkels, Fürst Ludwig Aloys zu Hohenlohe-Bartenstein, dem österreichischen General und Sieger der Leipziger Völkerschlacht von 1813, dem späteren Marschall und Pair Frankreichs, folgend, trat der zwanzigjährige Constantin der österreichischen Armee bei. Viele Mitglieder der Familie Hohenlohe hatten in der Vergangenheit ihr Glück in den österreichischen Erblanden (Böhmen, Mähren, Schlesien und Österreich) gesucht und das Niederlassungs-, Staats- und Heimatrecht erworben. Die Beziehungen des Hauses Hohenlohe zu Österreich lassen sich bis ins 14. Jahrhundert zurückverfolgen, als Georg von Hohenlohe 1388 Bischof von

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Passau und 1423 Erzbischof von Gran in Ungarn wurde. Größere Bedeutung gewann Georg Friedrich zu Hohenlohe-Weikersheim (1549–1645), der durch seine Heirat mit Eva von Waldstein 1607 in den Besitz mehrerer Herrschaften in Böhmen kam. Da er sich im Dreißigjährigen Krieg gegen den Kaiser wandte, gingen diese der Familie wieder verloren. Mit Georg Friedrich riss die Verbindung zu Österreich keineswegs ab, vielmehr traten in der Folgezeit mehrere Mitglieder in kaiserliche Dienste und erwarben als Militärs, sei es gegen Türken oder gegen Franzosen, große Verdienste. Zu ihnen gehört Prinz Gustav zu Hohenlohe-Langenburg (1777– 1866), der Begründer der böhmischen Linie der Hohenlohe-Langenburg. Im Kampf gegen Napoleon hatte er zuerst auf holländischer Seite gekämpft, bis er 1799 in österreichische Dienste trat. Nach den Befreiungskriegen sollte er zum Feldmarschall und später zum Mitglied des Hofkriegsrates avancieren. Nach seiner Pensionierung ließ er sich in Brünn nieder. Seine Tochter Constanze heiratete 1855 den Grafen Karl von Blankenstein, dessen Schloss Battelau in Mähren bis 1945 im Besitz der Familie war. Gustavs zweiter Sohn, Prinz Ludwig (1823–1866), wiederum heiratete 1857 Gabriele von Trauttmannsdorff-Weinsberg, deren Urgroßvater mütterlicherseits Graf Rothenhan gewesen war, der Besitzer von Schloss Rothenhaus bei Görkau in der Nähe von Komotau in Böhmen. 1892 fiel die Herrschaft Rothenhaus mit ihren 12 000 ha an Ludwigs Sohn Gottfried. Prinz Gottfried, Rittmeister, k. u. k. Reichsrat, Kammerherr und Mitglied des österreichischen Herrenhauses, gehörte nicht zuletzt nach seiner Heirat mit Anna Gräfin von Schönborn-Buchheim 1890 zu den größten Grundbesitzern der k. u. k. Monarchie und gebot neben der Herrschaft Rothenhaus auch über umfangreiche Ländereien in Ungarn. Auch Mitglieder anderer Linien brachten es im Dienste des österreichischen Kaiserhauses zu hohen Ämtern und Würden. Erwähnt werden müssen an dieser Stelle die österreichischen Generäle Friedrich Wilhelm Fürst zu Hohenlohe-Kirchberg (1732–1796) und Prinz Ludwig Aloys zu Hohenlohe-Bartenstein (1765–1829). Besondere Bedeutung erlangte die Schillingsfürster Linie. Mit Prinz Constantin (1828–1896), dem Neffen Karl Albrechts III., wurden sie schließlich auch in Österreich heimisch. „Ich werde nach Österreich gehen, wo es einen Kaiser gibt“, so meinte der junge Prinz Constantin, als er noch in Stuttgart aufs Gymnasium ging. „Ich werde mich bemühen, ihm zu gefallen, werde sein Adjutant, heirate eine reiche Frau und so werde ich schließlich zu höchstmöglicher Stellung gelangen.“98 Es sollte sich im Grunde alles bewahrheiten. 1848 trat Prinz Constantin als Leutnant in die österreichische Armee ein und avancierte 1859 zum Major und Flügeladjutanten des Kaisers, 1865 zum Hofmarschall und im November 1867 zum Obersthofmeister des Kaisers.

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1859 heiratete Constantin Prinzessin Marie zu Sayn-Wittgenstein, eine Cousine der Frau Chlodwigs.99 „Ich bin ganz beschämt um der Gnade S.M. u wenn man bedenkt, daß ich vor 19 Jahren als armer Lieutenant u „Fremder“ hierhergekommen, u jetzt der Erste Diener S.M. des Kaisers in der ganzen Monarchie bin, so ist es wirklich Alles was ein Mensch erreichen kann.“100 Prinz Constantin begründete die österreichische Linie der Familie Hohenlohe. Seine Kinder blieben nicht nur in Österreich, sondern begannen auch, eine herausragende Rolle in der Politik ihres Landes zu spielen. Dies betrifft nicht zuletzt Fürst Konrad (1863–1918). Konrads Karriere ging zielstrebig nach oben. Er wurde Statthalter von Triest und 1906 österreichischer Ministerpräsident. Während des Krieges wurde er sowohl 1915 als Innenminister in das Kabinett Stürgkh als auch nach dem Tode des Kaisers Franz Joseph 1916 als Finanzminister in die Regierung berufen. Im Februar 1917 wurde Fürst Konrad von Kaiser Karl mit dem Amt des Ersten Obersthofmeisters betraut – fünfzig Jahre nach dem Amtsantritt seines Vaters. Diese Vertrauensstellung sollte er zum Ärger vieler Konservativer ein gutes Jahr lang innehaben. Sein enges Verhältnis zum Kaiserhaus reflektierte auch die Heirat seiner jüngsten Tochter Franziska mit dem Bruder Kaiser Karls, Erzherzog Max von Österreich, im November 1917.101 Eine bedeutende Rolle sollte während des Weltkrieges auch sein jüngster Bruder Gottfried (1867–1932) spielen. Gottfrieds Karriere begann im österreichischen Militär. 1895 wurde er dem Generalstab zugeteilt, 1902 wurde er Militärattaché in Petersburg, 1906 Major und Flügeladjutant des Kaisers, 1907 wechselte er schließlich in den diplomatischen Dienst. Verheiratet war er mit keiner geringeren als Marie Henriette von Habsburg, der Tochter des Erzherzogs Friedrich. 1914 wurde er schließlich zum österreichischen Botschafter in Berlin ernannt, einen Posten, den er bis zum Kriegsende innehaben sollte. Nichts konnte so gut die Verbundenheit der k. u. k. Monarchie zum Deutschen Kaiserreich zum Ausdruck bringen, wie die Ernennung eines Angehörigen jener Familie, die an der Spitze beider Staaten gestanden hatte.102 Kaum ein Standesherr zeigte bei Kriegsausbruch Begeisterung. Vielmehr überwog ein Gefühl der Angst und der Ungewissheit über das, was kommen mochte. Gleichwohl war man davon überzeugt, für eine gerechte Sache zu kämpfen. Man stellte sich sofort dem Staate zur Verfügung und arbeitete wie Fürst Ernst zu Hohenlohe-Langenburg in der Krankenpflege, wenn man nicht schon vorher, wie die Mitglieder der Schillingsfürster Linie in Österreich, in der Verwaltung oder im Militär führende Positionen bekleidete. Eine Ausnahme stellte in dieser Hinsicht der Sohn des Reichskanzlers Fürst Chlodwig, Prinz Alexander zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1862–1924), dar, der sich zu einem dezidierten Kriegsgegner und Kritiker der regierenden Führungsschich-

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ten entwickelte. Nach 1894 hatte er seinem Vater als Reichstagsabgeordneter und Hilfsarbeiter im Auswärtigen Amt zugearbeitet und war 1898 zum Bezirkspräsidenten des Oberelsass ernannt worden. Durch die Veröffentlichung der „Denkwürdigkeiten“ seines Vaters (1906/07) verlor er die Gunst des Kaisers und musste von seinem Amt zurücktreten. Nach Ausbruch des Krieges bekannte er sich zum Pazifismus und setzte sich als Publizist in der Schweiz für einen Verständigungsfrieden ein.103

Die Familie nach 1918 Die deutsche Niederlage im Ersten Weltkrieg und die damit verbundene Abdankung des deutschen Kaisers und der übrigen deutschen Monarchen stellt in der Geschichte des deutschen Adels eine einschneidende Zäsur dar. Mit dem deutschen Kaiser verloren die feudal Privilegierten ihre wichtigste Stütze im politischen Herrschaftssystem des Reiches. Mit der Abschaffung der Monarchie und dem Übergang zur republikanischen Staatsform wurde dem Adel der Zugang zur politischen Macht wesentlich erschwert. Hinzu kam, dass die Weimarer Reichsverfassung im Artikel 109 die öffentlich-rechtlichen Vorrechte der Geburt und des Standes aufhob. Damit wurde das Prinzip politischer und rechtlicher Gleichberechtigung festgeschrieben. Der Adelsname konnte allerdings weiter geführt werden, doch galten Adelsbezeichnungen fortan nur mehr als Bestandteil des Namens und durften nicht mehr verliehen werden. Der Verlust der öffentlichen Sonderrechte führte auch zur Auflösung der Fideikommisse (RV Art. 155, Absatz 2), die den Adel vermögensrechtlich gegenüber den übrigen Staatsbürgern bisher begünstigt hatten. Österreich ging mit dem Adelsaufhebungsgesetz von 1919, durch das das Tragen von Adelstitel und Adelswappen verboten wurde, noch einen Schritt weiter.104 Insgesamt gesehen, führten die Einführung der Republik und die in der Weimarer Reichsverfassung festgelegte endgültige Beseitigung der feudalen Vorrechte zu einem drastischen adligen Machtschwund. Die Präponderanz des Adels in der Staatsverwaltung, in Diplomatie und Militär sowie in der Politik gehörte fortan der Vergangenheit an. Neben der Abschaffung der Monarchie und der Beseitigung der verfassungsrechtlichen Sonderstellung des Adels durch die Weimarer Reichsverfassung bildeten die Pariser Vorortverträge, der Vertrag von Versailles für Deutschland und der Vertrag von Saint-Germain für Österreich, die dritte Zäsur in der Geschichte des mitteleuropäischen Adels. Österreich musste im Frieden von Saint-Germain auf Südtirol und die sudetendeutschen Gebiete verzichten, die neuen Staaten Tschechoslowakei, Polen, Ungarn und Jugosla-

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wien anerkennen und den Verzicht auf den Anschluss an das Deutsche Reich aussprechen. Die für Deutschland geltenden Bestimmungen des Versailler Vertrags waren nicht minder einschneidend. Insbesondere die vorgeschriebenen Gebietsabtretungen im Osten hatten weitreichende Folgen. Obwohl sich in der Volksabstimmung 1921 fast sechzig Prozent der Abstimmungsberechtigten für den Verbleib bei Deutschland aussprachen, wurde Oberschlesien geteilt. Dabei wurde der Großteil des dortigen Industriereviers dem polnischen Staat zugeschlagen. Firmenverbunde und Konzernverflechtungen wurden brüsk ausei­ nandergerissen. Die Hohenlohe-Werke AG musste nach 1922 in die Öhringer Bergbau AG auf deutscher Seite und die Hohenlohe-Werke auf polnischer Seite aufgeteilt werden. An beiden Gesellschaften blieb die Familie Hohenlohe beteiligt. In der Tschechoslowakei wiederum bemühte sich Prinz Max Egon (1897– 1968) um eine innerstaatlich-föderalistische Lösung für das deutsche Minderheitenproblem. Auf Schloss Rothenhaus, das sich in den dreißiger Jahren zu einem kulturellen Mittelpunkt entwickeln sollte, brachte er den Führer der Sudetendeutschen Partei, Konrad Henlein, mit dem tschechoslowakischen Ministerpräsidenten und englischen Politikern zusammen. Die dafür erforderliche Unabhängigkeit schuf die Heirat mit der Tochter des mexikanischen Botschafters in Paris, Maria Piedad de Yturbe, Marquesa de Belvis de las Navas, die umfangreiche Besitzungen in Spanien und Mexiko in die Ehe brachte. Aus der österreichisch-böhmischen Linie des Hauses Hohenlohe-Langenburg stammten auch Prinz Konstantin (1893–1973) und Prinz Max Karl (1901–1943), die in gewisser Weise repräsentativ für das zwischen aktiver Unterstützung und offenem Widerstand oszillierende Verhältnis der Familie zum NS-Regime waren. Die Notwendigkeit, sich bürgerlichen Bildungs- und Leistungsprinzipien anzupassen, erwies sich nach dem Sturz der Monarchie und der Gründung der Weimarer Republik als zwingend. Die bisherigen Einflusskanäle am Hofe und, mit dem Wegfall der entsprechenden Privilegien, auch in der Politik standen nach 1918 nicht mehr zur Verfügung, auch entbehrte der Dienst für die Republik jedweder Attraktivität. Man zog sich auf die ererbten Ländereien zurück, die sich im Laufe der Zeit durch Kauf oder Heirat stark vermehrt hatten und sich über ganz Europa erstreckten. Die letzte einschneidende Zäsur in der Geschichte der Familie stellte nach der Abtretung Ostoberschlesiens 1921 schließlich 1945 die der Ostgebiete dar. Die erheblichen wirtschaftlichen Verluste konnten zum Teil durch die Zuwendungen aus dem Lastenausgleich nach 1952 kompensiert werden, auch der Verkauf der Schlösser Ingelfingen, Kirchberg, Öhringen, Schrozberg und Weikersheim an den württembergischen Staat

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brachte eine Entlastung der fürstlichen Kassen. Insgesamt konnte sich die Familie den Herausforderungen und Widrigkeiten im Laufe der Jahrhunderte mit einigem Erfolg stellen und sich den veränderten Verhältnissen relativ geschickt anpassen. Auch die Zeit nach 1945 demonstriert auf ihre Weise, dass das Familienmotto „Ex flammis orior“ (Aus den Flammen erhebe ich mich) nicht zu Unrecht gewählt wurde. Anmerkungen 1 2

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Heinz Gollwitzer, Die Standesherren. Die politische und gesellschaftliche Stellung der Mediatisierten 1815–1918, Stuttgart 1957, S. 9. Vgl. beispielsweise Rolf Schier, Standesherren. Zur Auflösung der Adelsvorherrschaft in Deutschland 1815–1918, Heidelberg/Karlsruhe 1977; Heinz Reif, Westfälischer Adel 1770–1860. Vom Herrschaftsstand zur regionalen Elite, Göttingen 1979; Andreas Dornheim, Adel in der bürgerlich-industrialisierten Gesellschaft. Eine sozialwissenschaftlich-historische Fallstudie über die Familie Waldburg-Zeil, Frankfurt/M. u. a. 1993; Erwein H. Eltz, Die Modernisierung einer Standesherrschaft. Karl Egon III. und das Haus Fürstenberg in den Jahren nach 1848/49, Sigmaringen 1980; Eckart Conze, Von deutschem Adel. Die Grafen von Bernstorff im zwanzigsten Jahrhundert, Stuttgart/München 2000; Ewald Frie, Friedrich August Ludwig von der Marwitz 1777–1837. Biographien eines Preußen, Paderborn/München/Wien/Zürich 2001; Monika Wienfort, Der Adel in der Moderne, Göttingen 2006. Vgl. Bihl, Die fürstliche Herrschaft Hohenlohe-Kirchberg bis zu ihrer Mediatisierung 1764–1806, in: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte 1884, S. 71–76, 149–157, 289–297; Hermann Rust, Reichskanzler Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst und seine Brüder Herzog von Ratibor, Cardinal Hohenlohe und Prinz Constantin Hohenlohe, Düsseldorf 1897; Karl Weller, Geschichte des Hauses Hohenlohe. Zwei Teile, Stuttgart 1903/1908; ders., Hohenlohe, in: Herzog Karl Eugen von Württemberg und seine Zeit. Hrsg. vom Württembergischen Geschichtsund Altertumsverein, Band 2. Eßlingen 1909, S. 425–433; ders., Hohenlohisches Urkundenbuch. Im Auftrag des Gesamthauses der Fürsten zu Hohenlohe, 3 Bde., Stuttgart 1899–1912; Adolf Fischer, Geschichte des Hauses Hohenlohe. Zunächst als Leitfaden beim Unterricht in hohem Auftrag entworfen, und den Prinzen und Prinzessinnen des durchlauchtigsten Gesamthauses gewidmet, 2 Teile, Stuttgart 1866– 1871; Friedrich Bechstein, Die Beziehungen zwischen Lehensherrn und Lehensträger in Hohenlohe seit dem 13. Jahrhundert, Tübingen 1965; Friedrich Karl Fürst zu Hohenlohe-Waldenburg, Hohenlohe. Bilder aus der Geschichte von Haus und Land, Neuenstein 41983; Wolfram Fischer, Das Fürstentum Hohenlohe im Zeitalter der Aufklärung, 1954; Hartmut Weber, Die Fürsten von Hohenlohe im Vormärz. Politische und soziale Verhaltensweisen württembergischer Standesherren in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Schwäbisch Hall 1977; Carlheinz Gräter/Peter Fuchs, Hohenlohe – Bilder eines alten Landes, Bindlach 1991; Gerhard Taddey, Hohenlohe –

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ein geschichtlicher Überblick, in: Otto Bauschert (Hrsg.), Hohenlohe, Stuttgart u. a. 1993, S. 21–53; Volker Press, Das Haus Hohenlohe in der Frühen Neuzeit, in: ders., Adel im Alten Reich. Gesammelte Vorträge und Aufsätze, hrsg. von Franz Brendle und Anton Schindling in Verbindung mit Manfred Rudersdorf und Georg Schmidt, Tübingen 1998, S. 167–188. Vgl. Fischer, Hohenlohische Geschichte, Bd. 1, Teil 1, S. 19–30; Taddey, Hohenlohe, S. 21–23; Schillingsfürst. Ein Heimatbuch, Schillingsfürst 2000, S. 31–33; Gerd Wunder, Die Anfänge des Hauses Hohenlohe, in: Der Herold 10 (1981), S. 41–44; ders., Die Edelherren von Weikersheim und Pfitzingen und die Anfänge des Hauses Hohenlohe, in: Württembergisch Franken 63 (1979), S. 3–12. Zur Reichsgrafenwürde vgl. Gerhard Taddey, Macht und Recht im späten Mittelalter. Die Auseinandersetzungen zwischen Hohenlohe und Hessen um die Grafschaften Ziegenhain und Nidda, in: Württembergisch Franken 61 (1977), S. 79–110. Zum Bauernkrieg und zur Reformation in Hohenlohe vgl. Taddey, Hohenlohe, S. 27– 32. Vgl. Fischer, Geschichte des Hauses Hohenlohe, Bd. 1, Teil 1, S. 151–157; HohenloheWaldenburg, Hohenlohe, S. 18–26. Zu Georg Friedrich und dem Dreißigjährigen Krieg vgl. Fischer, Geschichte des Hauses Hohenlohe, Bd. 2, S. 48–80, 188–255. Zit. n. Gräter/Fuchs, Hohenlohe, S. 34. Vgl. Fischer, Geschichte des Hauses Hohenlohe, Bd. 2, S. 116–124; Press, Hohenlohe, S. 180 f.; Norbert Schoch, Eine Gegenreformation in Hohenlohe, in: Festschrift für Karl Schumm, Württembergisch Franken 50, NF 40 (1966), S. 304–333, hier S. 304–306. Vgl. Rudolf Smend, Das Reichskammergericht. Geschichte und Verfassung. Weimar 1911, S. 244–246; Fischer, Geschichte des Hauses Hohenlohe, Bd. 2, S. 143. Vgl. Rudolf Endres, Adel in der Frühen Neuzeit, München 1993, S. 14–16, 44–46; zu den Damenstiften vgl. auch Kurt Andermann (Hrsg.), Geistliches Leben und standesgemäßes Auskommen: Adlige Damenstifte in Vergangenheit und Gegenwart, Tübingen 1998; Ute Küppers-Braun, Macht in Frauenhand. 1000 Jahre Herrschaft adliger Herrschaft in Essen, Essen 2002, dies./Thomas Schilp (Hrsg.), Katholisch-lutherischcalvinistisch. Frauenkonvente im Zeitalter der Konfessionalisierung, Essen 2010. Vgl. Taddey, Hohenlohe, S. 27, 29 f. Karl Ludwig zu Hohenlohe-Weikersheim an Philipp Ernst zu Hohenlohe-Schillingsfürst, Weikersheim, 23.7.1742, in: HZA Neuenstein, Gemeinschaftliche Regierung Waldenburg, Bü 8. Vgl. auch Press, Das Haus Hohenlohe, S. 181. Zum Osterstreit vgl. HZA Neuenstein, Archiv Schillingsfürst, Gemeinschaftliche Regierung Waldenburg, Bü 280–297, 365–366, 415, hier Bü 365: Zitat aus dem Dekret der Waldenburger Grafen vom 4.2.1744 an alle evangelischen Pfarrgemeinden der drei Grafschaften Schillingsfürst, Bartenstein und Pfedelbach. Zum Osterstreit auch Fischer, Geschichte des Hauses Hohenlohe, Bd. 2, S. 3–11; Norbert Schoch, Die Wiedereinführung und Ausübung des öffentlichen römisch-katholischen Gottesdienstes in der Grafschaft Hohenlohe-Waldenburg. Diss. Tübingen 1958, ders., Eine Gegenreformation in Hohenlohe, 1966.

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17 Vgl. Geheimer Rat Philipp Heinrich Reuss an Graf Philipp Ernst zu HohenloheSchillingsfürst, Frankfurt, 22.5.1744, in: HZA Neuenstein, Gemeinschaftliche Regierung Waldenburg, Bü 9. 18 Vgl. das Reskript des Kaisers vom 1. August 1763 über die Zustimmung zur Standeserhebung des Gesamthauses. Über die Taxgebühren vgl. HZA Neuenstein, Archiv Langenburg, Kammer II, Bü 33 und 34. Ferner das Schreiben vom 13.6.1763, in: ebd., Privatregistratur Bü 207. Vgl. auch Gerhard Taddey, Jus armorum. Ein Wappenstreit zwischen Hohenlohe-Waldenburg und Würzburg, in: Der Herold 24 (1981), S. 69–88; Thomas Klein, Die Erhebungen in den weltlichen Reichsfürstenstand 1550–1806, in: Walter Heinemeyer (Hrsg.), Vom Reichsfürstenstande, Köln u. a. 1987, S. 137–192, hier S. 137–140; Volker Press, Reichsgrafenstand und Reich. Zur Sozial- und Verfassungsgeschichte des deutschen Hochadels in der Frühen Neuzeit, in: ders., Adel im Alten Reich. Gesammelte Vorträge und Aufsätze, hrsg. von Franz Brendle und Anton Schindling in Verbindung mit Manfred Rudersdorf und Georg Schmidt, Tübingen 1998, S. 113–138, hier S. 126. 19 Schreiben des Erbgrafen Christian von Hohenlohe-Langenburg vom 13.6.1763, in: HZA Neuenstein, Archiv Langenburg, Privatregistratur Bü 207. 20 Eduard Vehse, Geschichte der deutschen Höfe seit der Reformation, Bd. 9, Hamburg 1858, S. 272f. 21 Karl Julius Weber, Deutschland oder Briefe eines durch Deutschland reisenden Deutschen, Bd. 1, Stuttgart 1826, S. 310 f.; Fischer, Geschichte des Hauses Hohenlohe, Bd. 2, S. 45. 22 Fischer, Hohenlohe im Zeitalter der Aufklärung, S. 157–165, 195–198. 23 Weber, Briefe eines durch Deutschland reisenden Deutschen, Bd. 1, S. 311. Von den Höfen zu Langenburg und Kirchberg, berichtete Eduard Vehse in seiner „Geschichte der deutschen Höfe“ Mitte des 19. Jahrhunderts, „habe ich wenig oder nichts Aufzeichnenswerthes gefunden“. Vgl. Eduard Vehse, Geschichte der deutschen Höfe, Bd. 9, 1858, S. 293. Das Gleiche mochte auch für die anderen Residenzen gelten. 24 Vgl. HZA Neuenstein, Archiv Bartenstein, II/165/1: Besoldungsstand des Jahres 1798 und General-Cassa-Rechnung 1797/98. Vgl. auch Weber, Hohenlohe im Vormärz, S. 32. Ferner Rep. 200, Bü 6: Entwurf über eine Neuorganisation des Hofstaats, der jedoch von einschneidenden Änderungen absah. 25 Vgl. Horst Trumpfheller, Die Finanzwirtschaft in Hohenlohe zur Zeit des Kameralismus (um 1700 bis zur Mediatisierung 1806) Diss. Tübingen 1959, S. 189–193; Weber, Hohenlohe im Vormärz, S. 37. 26 Abschrift des Testaments vom 14.8.1784, in: HZA Neuenstein, Partikulararchiv Öhringen, 55/6/6; ähnliche Formulierungen finden sich im Patent zur Regierungsübernahme Friedrich Ludwigs von Hohenlohe-Ingelfingen von 1796, in dem über „Unsere Fürstliche Lande“ verfügt wurde, HZA Neuenstein, Archiv Kirchberg, 50 A, Nr. 85. Vgl. auch Weller, Hohenlohe, 1909, S. 428; Fischer, Hohenlohe, Bd. 2, S. 22. 27 Vgl. Fischer, Hohenlohe im Zeitalter der Aufklärung, S. 199; Taddey, Hohenlohe – ein geschichtlicher Überblick, S. 42; ferner „Vom inneren Zustand des fränkischen Grafenkollegiums“, in: HZA Neuenstein, Bibliothek Ho B, Nr. 2.

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28 Vgl. Fischer, Geschichte des Hauses Hohenlohe, Bd. 2, S. 42–46; Fischer, Hohenlohe im Zeitalter der Aufklärung, S. 200; Bihl, Die fürstliche Herrschaft Hohenlohe-Kirchberg, S. 297. Vgl. auch HZA Neuenstein, Archiv Waldenburg, Bü 1027–1048, besonders Bü 1033: Stellung des waldenburgischen Anteils am Kreiskontingent, 1745. 29 Vgl. Fischer, Hohenlohe im Zeitalter der Aufklärung, S. 47–53; Weber, Hohenlohe im Vormärz, S. 23–25. 30 Rudolf Braun, Konzeptionelle Bemerkungen zum Obenbleiben: Adel im 19. Jahrhundert, in: Hans-Ulrich Wehler (Hrsg.), Europäischer Adel 1750–1950, Göttingen 1990, S. 87–95, hier S. 95. Ferner Horst Möller, Fürstenstaat oder Bürgernation. Deutschland 1763–1815, Berlin 1989, S. 101–103; Volker Press, Kriege und Krisen. Deutschland 1600–1715, München 1991, S. 56–65, 282–285. 31 Vgl. Taddey, Hohenlohe – ein geschichtlicher Überblick, S. 44–46; zur Säkularisierung vgl. Wolfram Siemann, Vom Staatenbund zum Nationalstaat 1806–1871, München 1995, S. 278–281. 32 Zur Mediatisierung allgemein vgl. Thomas Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800– 1866. Bürgerwelt und starker Staat, München 1983, S. 11f.; Gollwitzer, Standesherren, S. 36. Gollwitzer, S. 54, bezeichnet Württemberg als „purgatorio der Standesherren“. Zu Hohenlohe vgl. Hanns Hubert Hofmann, Adelige Herrschaft und souveräner Staat. Studien über Staat und Gesellschaft in Franken und Bayern im 18. und 19. Jahrhundert, München 1962, S. 380–384. 33 Vgl. Schier, Standesherren, S. 12–19. 34 Vgl. Gollwitzer, Standesherren, S. 73. 35 Vgl. auch Hartmut Weber, Hohenlohische Unterlandesherrschaft, Politik und Verwaltung, in: Otto Bauschert (Hrsg.), Hohenlohe, Stuttgart u. a. 1993, S. 54–85. 36 Vgl. Gollwitzer, Standesherren, S. 34, 46–60, 152–156; Schier, Standesherren, S. 126– 135. 37 Vgl. Gollwitzer, Standesherren, S. 34 f. 38 Vgl. ebd., S. 296–299. 39 Vgl. ebd., S.  37–39, 109–111, 186–190. Vgl. auch Gudula Walterskirchen, Adel in Österreich heute. Der verborgene Stand, Wien 1999, passim. 40 Der Ujest-Bitschiner-Vertrag von 1841, in: HZA Neuenstein, Archiv Schillingsfürst, Domänenkanzlei, Bü 1. 41 Vgl. Gollwitzer, Standesherren, S. 265; E. Abt, Mißheiraten in den deutschen Fürstenhäusern unter besonderer Berücksichtigung der standesherrlichen Familien (Deutschrechtliche Beiträge, Bd. 7 H. 2), Heidelberg 1911, S. 158. 42 Der Witwe zustehende Versorgung. 43 HZA Neuenstein, NL Fürst Hermann zu Hohenlohe-Langenburg, Bü 29: Projektierte (nicht durchgeführte) Heirat des Fürsten Friedrich Karl II. zu Hohenlohe-Waldenburg mit der Baronesse Elisabeth von Berlichingen, 1889: vor allem das Schreiben des Fürsten Hermann zu Hohenlohe-Langenburg an Fürst Friedrich Karl, Langenburg, 15.8.1889. 44 Bei der Apanage handelte es sich um die Abfindung der nichtregierenden Mitglieder eines Adelsgeschlechts mit Landbesitz oder Geld.

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45 Vgl. HZA Neuenstein, NL Fürst Hermann zu Hohenlohe-Langenburg, Bü 23, 45, 48. Ferner Franz Josef Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst, Monarchen-Edelleute-Bürger, Neustadt/Aisch 1963, S. XI f.; Julie Schlosser, Aus dem Leben meiner Mutter, Hamburg 1951. 46 Vgl. Wienfort, Der Adel in der Moderne, S. 111–119. 47 Briefentwurf des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe an Prinzessin Amalie, Schillingsfürst, 24.12.1853, in: BA Koblenz, NL Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, N 1007, Nr. 857, Bl. 12–18, hier Bl. 14–16. 48 Concept einer Erklärung zur Heirat der Prinzessin Amalie, o. D., in: ebd., Bl. 34. 49 Prinz Alexander von Hohenlohe, Aus meinem Leben, Frankfurt a.M. 1925, S. 99. 50 Hausgesetz für das Gesamthaus Hohenlohe, Strassburg 1910. 51 Zur Bedeutung der adligen Familie vgl. Wienfort, Der Adel in der Moderne, S. 119– 122. 52 Vgl. Wienfort, Der Adel in der Moderne, S. 122–129. 53 Vgl. Die Freisinnige Zeitung, 271, 18.11.1894, in: Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes, Berlin, Personalakte des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, Nr. 6283; BA Koblenz, NL Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, N 1007, Nr. 1745. 54 Vgl. Curriculum vitae des Oberprimaners Alexander Hohenlohe. Bitte um Zulassung zur Abiturientenprüfung, Wiesbaden, 27.3.1883, in: BA Koblenz, NL Prinz Alexander zu Hohenlohe-Schillingsfürst, N 1008, Nr. 1. 55 Die Rede des Gymnasialdirektors Straß, in: Friedrich Curtius (Hrsg.), Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, 2 Bde., Stuttgart/Leipzig 1907, hier Bd. 1, S. 5. 56 HZA Neuenstein, Bestand GA Sf 105, Archiv Schillingsfürst, NL Fürst Philipp Ernst zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1853–1915), Bü 1: Erziehung auf der Rheinischen Ritterakademie in Bedburg, 1859–1872. 57 Vgl. Volker Stalmann, Der „rote“ Prinz. Prinz Alexander zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1862–1924), in: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 63 (2004), S. 271–307. 58 Vgl. Marie von Thurn und Taxis-Hohenlohe, Jugenderinnerungen (1855–1875), Wien 1936, S. 33f.; allgemein dazu auch Hannes Stekl, Österreichs Aristokratie im Vormärz. Herrschaftsstil und Lebensformen der Fürstenhäuser Liechtenstein und Schwarzenberg, Wien 1973, S. 114. 59 Zu Bayern vgl. Andreas Kraus, Geschichte Bayerns. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, 2., unveränderte Auflage, München 1988, S.  436–443; Bernhard Löffler, Die bayerische Kammer der Reichsräte 1848 bis 1918. Grundlagen, Zusammensetzung, Politik, München 1996; zu Baden: Martin Furtwängler, Die Standesherren in Baden (1806–1848). Politische und soziale Verhaltensweisen einer bedrängten Elite, Frankfurt a. M. 1996, S. 209–225. 60 Vgl. Weber, Hohenlohe im Vormärz, S. 189 f. 61 Zu Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst vgl. die Biographie von Volker Stalmann, Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst 1819–1901. Ein deutscher Reichskanzler, Paderborn u. a. 2009.

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62 Vgl. James J. Sheehan, Politische Führung im Deutschen Reichstag, 1871–1918, in: G. A. Ritter (Hrsg.), Deutsche Parteien vor 1918, Köln 1973, S. 81–99, hier S. 96, Anm. 19. 63 Vgl. Winfried Grohs, Die Liberale Reichspartei 1871–1874. Liberale Katholiken und föderalistische Protestanten im ersten Deutschen Reichstag, Frankfurt a. M./Bern/ New York 1990, S. 71. 64 Vgl. ebd., passim. 65 Zur Deutschen Reichs- und Freikonservativen Partei vgl. Volker Stalmann, Die Partei Bismarcks. Die Deutsche Reichs- und Freikonservative Partei 1866–1890, Düsseldorf 2000. 66 Gollwitzer, Standesherren, S. 161–207; Heinrich Heffter, Die deutsche Selbstverwaltung im 19. Jahrhundert. Geschichte der Ideen und Institutionen, Stuttgart 21969, S. 532. 67 Vgl. Post, 106, 27.2.1870; 236, 9.5.1871; 265, 12.11.1874; 50, 20.2.1878; 324, 25.11.1881; 68, 10.3.1887. 68 Die sechs Mitglieder der Hohenlohes waren: Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, Prinz Carl zu Hohenlohe, Herzog von Ujest, Herzog von Ratibor, Fürst Hermann zu Hohenlohe-Langenburg und Graf Frankenberg, der Schwiegersohn des Herzogs von Ujest, vgl. Siegfried von Kardorff, Wilhelm von Kardorff. Ein nationaler Parlamentarier im Zeitalter Bismarcks und Wilhelms II. 1828–1907, Berlin 1936, S. 32. 69 Zur Wahl des Herzogs von Ujest und des Fürsten zu Hohenlohe-Langenburg in den Reichstagsvorstand: SBNR 1867, I. Lp., Bd. 1 (67), S. 39; SBNR 1869, Bd. 1, S. 14; SBR 1877, III/I, Bd. 1 (44), S. 10; SBR 1878, III/II, Bd. 1 (47), S. 7; SBR 1879; IV/II, Bd. 1 (52), S. 15 f. 70 Vgl. Weber, Hohenlohe im Vormärz, S. 24 f.; Rust, Hohenlohe, S. 2; Hohenlohe, Aus meinem Leben, S. 248–251. 71 Vgl. auch HZA Neuenstein, Ba 125: Archiv Bartenstein: Graf Philipp Karl zu Hohenlohe-Bartenstein (1688–1729): Bü 13: Kaiserliche Ernennungen. 72 Die Auskultation war die erste gerichtliche, unbezahlte Ausbildungsstufe für Juristen nach der Universität vor dem Gerichtsreferendariat. 1869 wurde sie mit dem Gerichtsreferendariat verschmolzen. 73 Prinz Chlodwig an Prinzessin Amalie von Hohenlohe, Koblenz, 3.5.1842, in: Curtius, Denkwürdigkeiten, Bd. 1, S. 1720, hier S. 18. 74 „Alles möchte´ ich“, so dichtete Chlodwig damals: „nur nicht einsam/Hinter staub’gen Akten sitzen/Und in Schlafrock und Pantoffeln/Gähnend mir die Feder spitzen.“ Chlodwig an Amalie Hohenlohe, Schillingsfürst, 4.3.1846, in: Curtius, Denkwürdigkeiten, Bd. 1, S. 28f., hier S. 28. 75 Vgl. Arno J. Mayer, Adelsmacht und Bürgertum. Die Krise der europäischen Gesellschaft 1848–1914, München 1988, S. 178–180. 76 Die Zahlen nach dem Etat von 1879/80. Vgl. Wilhelm Seydler, Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst als Statthalter im Reichslande Elsaß-Lothringen 1885– 1894, Frankfurt a. M. 1929, S. 4, Anm. 1; Alfons Rudolph, Der Statthalter in ElsassLothingen, Diss. jur., Göttingen 1905, S. 35.

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77 1856 war er zum Präsidenten des Herrenhauses gewählt worden. 78 Vgl. Günter Richter, Hohenlohe-Ingelfingen, Adolf zu, in: NDB, Bd. 9, Berlin 1972, S.  486; Die Protokolle des Preußischen Staatsministeriums. Hrsg. von der BerlinBrandenburgischen Akademie der Wissenschaften unter der Leitung von Jürgen Kocka, Bd. 5: 10. November 1858 bis 28. Dezember 1866. Bearb. von Rainer Paetau, Hildesheim u. a. 2001, passim; Meyers Großes Konversations-Lexikon, Bd. 9, 1908, S. 446. 79 Vgl. Mayer, Adelsmacht und Bürgertum, S. 178–180. 80 Vgl. Prinzessin Felix zu Salm-Salm: Zehn Jahre aus meinem Leben: 1862 bis 1872, Bd. 3, Stuttgart 1875, S. 190–194; zum Problem Militär und Standesherren: Schier, Standesherren, S. 124; Gollwitzer, Standesherren, S. 296–299. 81 Prinz Kraft zu Hohenlohe-Ingelfingen: Aufzeichnungen „Aus meinem Leben“, 4 Bde., Berlin 1897/1904, hier Bd. 1, S. 4. 82 Zu Prinz Kraft vgl. Wilhelm Möllmann, Kraft Prinz zu Hohenlohe-Ingelfingen, in: Schlesische Lebensbilder, Bd. 2, 1926, S. 318–323; B. Poten, Kraft Prinz zu Hohenlohe-Ingelfingen, in: ADB, Bd. 50, 1905, S. 444–446; Kraft Prinz zu Hohenlohe-Ingelfingen, Aus meinem Leben, 4 Bde. 83 Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800–1866, S. 407. 84 Vgl. Iris Freifrau v. Hoyningen-Huene: Adel in der Weimarer Republik. Die rechtlichsoziale Situation des reichsdeutschen Adels 1918–1933, Limburg 1992, S. 327–330. 85 So der Bamberger Bürgermeister, zit. n. Karl Reichert, Prinz Alexander von Hohenlohe. Ein „Wunderdoktor“ zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Medizingeschichte Frankens. Med. Diss. Würzburg 1955, S. 31. 86 Sebastian Merkle, Zur Beurteilung des Wundertäters Alexander v. Hohenlohe, in: Historisches Jahrbuch, 55 (1935), S. 371–391, hier S. 387. 87 Brief Hohenlohes an das Bamberger Metropolitankapitel, Wien, 7.1.1823, zit. n. Reichert, Hohenlohe, S. 67, Anm. 1. 88 Vgl. den Brief Alexander von Hohenlohes an seine Schwester Eleonore, 15.6.1839, in: HZA Neuenstein, Archiv Schillingsfürst, Kleinere Nachlässe, Bü 107; ferner den Brief Alexander von Hohenlohes an seine Schwester Eleonore, Großwardein, 8.4.1843, in: ebd., in dem er darüber berichtet, dass er 72 arme Familien aus dem Badischen aufgenommen habe, die ihn 10 000 fl gekostet hätten. 89 Zit. n. B. Reiner, Aristokratische Wunderdoktoren. I. Prinz Alexander Hohenlohe. Feuilleton der Wiener „Neuen Freien Presse“ vom 27. 8.1889. 90 Vgl. Hubert Wolf, Gustav Adolf zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Kurienkardinal, Freiburger Erzbischofskandidat und Mäzen 1823–1896, in: Lebensbilder aus BadenWürttemberg, Bd. 18, Stuttgart 1994, S. 350–375. 91 Vgl. auch Hohenlohe in Oberschlesien. Fürsten-Bauern-Bergleute. Historische und volkskundliche Momentaufnahmen 1782–1945. Begleitheft mit Aufsätzen zur Ausstellung des Hauses der Heimat des Landes Baden-Württemberg, Stuttgart 1993, dort der Aufsatz von Gerhard Taddey, Hohenlohe und Schlesien, S. 7–15. 92 Vgl. Walter Demel, Der europäische Adel. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, München 2005, S. 110; Weber, Hohenlohe im Vormärz, S. 282–290.

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93 Zusammenstellung des Grunderwerbs des Stammesteils Öhringen, in: HZA GA Seniorat II, Bü 29, Anlage zum Protokoll vom 16./17.9.1839; Weber, Hohenlohe im Vormärz, S. 282–290. 94 Zu Fürst Hugo zu Hohenlohe-Öhringen und Herzog von Ujest vgl. Alfons Perlick, Hugo Fürst zu Hohenlohe-Öhringen, in: NDB, Bd. 9, S. 492; ders., Oberschlesische Berg- und Hüttenleute. Lebensbilder aus dem oberschlesischen Industrierevier, Kitzingen/Main 1953, S. 47 f.; Konrad Fuchs, Vom Dirgismus zum Liberalismus. Die Entwicklung Oberschlesiens als preußisches Berg- und Hüttenrevier, Wiesbaden 1970, S. 256; Gollwitzer, Standesherren, S. 258. 95 Zu Fürst Peter zu Sayn-Wittgenstein vgl. Gerhard Seibold, Die Radziwillsche Masse. Ein Beitrag zur Geschichte der Familie Hohenlohe im 19. Jahrhundert, Gerabronn und Crailsheim 1988, S. 52–55 und passim. 96 Vgl. ebd., S. 56–59. 97 Vgl. ebd., S. 66–79. 98 Zit. n. Rust, Hohenlohe, S. 913. 99 Vgl. Rust, Hohenlohe, S. 913–931; Franz Herre, Kaiser Franz Joseph von Österreich. Sein Leben – seine Zeit, Berlin/Darmstadt/Wien 1980, S. 290; Wilhelm Pfeifer, Die Hohenlohe in Böhmen, Mähren und Österreich, in: Württembergisch Franken 63 (1979), S. 88–177, hier S. 131–140. 100 Prinz Konstantin an Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, 26.5.1867, in: BA Koblenz, NL Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, N 1007, Nr. 272, Bl. 78 f., Zitat Bl. 78 v und r. 101 Zu Prinz Konrad zu Hohenlohe-Schillingsfürst vgl. Die Habsburgermonarchie 1848– 1918. Hrsg v. Adam Wandruszka und Peter Urbanitsch, Bd. 6/2, Wien 1993, S. 237; Pfeifer, Die Hohenlohe in Böhmen, Mähren und Österreich, S. 144–150. 102 Vgl. zu Prinz Gottfried zu Hohenlohe vgl. auch Anonymus, Kaiser Franz Joseph I. und sein Hof. Erinnerungen und Schilderungen aus den nachgelassenen Papieren eines persönlichen Ratgebers. Übersetzt und herausgegeben von Dr. Josef Schneider, Wien/ Hamburg 1984, S. 187; Pfeifer, Die Hohenlohe in Böhmen, Mähren und Österreich, S. 150; ferner die Briefe des Prinzen Gottfried zu Hohenlohe-Schillingsfürst an Fürst Max Egon II. zu Fürstenberg, in: Fürstenberg-Archiv Donaueschingen. 103 Vgl. Stalmann, Der „rote“ Prinz. 104 Vgl. Stephan Malinowski, Vom König zum Führer. Deutscher Adel und Nationalsozialismus, Berlin 2003, S. 200–202; Hoyningen-Huene, Adel, S. 30–40.

Ludwig Aloys zu Hohenlohe-Waldenburg-Bartenstein (1765–1829) Marschall und Pair von Frankreich Markus Wirth

„… auf daß ich bis ans Ende meines Lebens für Gott und den König streite und mein Schuldigkeit erfüllen möge.“1

Mit der Juli-Revolution 1830 endete die Herrschaft der älteren Linie des Hauses Bourbon in Frankreich. Sie war das Ergebnis einer anderthalb Jahrzehnte andauernden Restaurationsperiode, in der die Brüder des 1793 hingerichteten Königs Ludwig XVI. den Versuch unternahmen, die Monarchie wieder als alleinigen Träger von Souveränität und Staatsgewalt zu etablieren.2 Der Wahlfranzose Ludwig Aloys zu Hohenlohe-Bartenstein hatte diesen erneuten Umsturz schon seit einiger Zeit befürchtet. Bezüglich der Situation in Frankreich schrieb er in einem Brief vom November 1828 an seinen Bruder Karl Joseph: „Wir gehen dem Verderben entgegen, wann Gott nicht ein Miracle macht ist alles verloren, vielleicht dauert es zwey Jahre bis alles aus ist, die armen Bourbonen sind zu schwach und zu nachgiebig dieses Volk, welches eine bessere Rute braucht, zu regieren, ich befürchte großes Unheil für Europa.“3

Der aufkeimende Widerstand gegen das monarchische Prinzip musste für Ludwig Aloys verdrießlich sein. Sein Leben lang war der Hohenloher für dieses Prinzip eingestanden, hatte es gegen bürgerliche Ansprüche verteidigt und war als Militär auf den Schlachtfeldern Europas für dessen Erhaltung in den Kampf gezogen. Eine drohende Revolution war also nicht nur ein Anschlag auf seine staatlich-politische Weltsicht. Für Ludwig Aloys, den mittlerweile zum Marschall und Pair von Frankreich avancierten Exponenten der bourbonischen Restauration, war dieser voraussichtliche Umsturz ganz entschieden auch ein Angriff auf seine persönliche Lebensleistung und seine wirtschaftlichen Per­ spektiven. Bei seinem Bruder erkundigte sich der durch die Entwicklungen in Frankreich alarmierte Marschall im Frühling desselben Jahres nach ausstehenden Zahlungen aus Bartenstein. Diese seien, so schrieb er, „um so nothwendiger für mich als hier alles einer Revolution entgegen sieht, die mich vielleicht aus Diensten setzen wird und mich auf das meinige zum Leben reduciren kann. Es

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seye denn, daß ich Selbes verliere, wo als dann alle Sorgen sich enden und mir die Ewigkeit die größte Sorge bleibt.“4 Geradeso wie Ludwig Aloys mit seiner Prophezeiung einer zweijährigen Schonfrist für die Monarchie alten Schlages Recht behalten sollte, so waren auch die Ahnungen bezüglich seines persönlichen Schicksals nicht ohne Substanz: Bereits im Mai 1829, also noch unter der Regentschaft Charles X., starb der ehemals regierende Fürst zu Hohenlohe-Bartenstein in Paris.

Der Werdegang bis zur Französischen Revolution „Ludovicus, Aloysius, Josephus, Joachimus, Franciscus, Xaverius Antonius Princeps ab Hohenlohe Bartenstein et Waldenburg“, wie sein voller Name lautete5, hatte seine Lebensjahre im Zentrum eines historischen Umbruchs verbracht. Dieser war dadurch gekennzeichnet, dass sich die seit Längerem keimende Idee einer Bürgernation radikalisiert hatte und in der Folge mit dem Fürstenstaat alter Prägung um die Vorherrschaft in Europa konkurrierte. Der Hohenloher Fürst erwies sich in diesem Kontext als ein Repräsentant der alten europäischen Adelsgesellschaft, welcher mit einer nicht alltäglichen Militärkarriere auf die Erfordernisse seiner sich extrem verändernden Umgebung reagierte. Um die gesellschaftstheoretischen Positionen Ludwig Aloys’ nachvollziehen zu können und um seinen erfolgreichen Werdegang während der Restaurationszeit zu verstehen, muss man sich zuvor die Verhältnisse vergegenwärtigen, gegen die sich die Französische Revolution von 1789 wandte. Die liberalen Ideen der Aufklärung hatten in den meisten reichsfürstlichen Häusern auf der rechten Rheinseite nur eine sehr eingeschränkte Verbreitung gefunden. Wer im Jahre 1765 als Prinz eines hohenlohischen Stammesteils geboren wurde, dessen Prägung und Erziehung, dessen Weltsicht und Denken hatten im Wesentlichen nur einen festen Ursprung: die Tradition des Alten Reiches.6 Die Geschichte der Teillinie Hohenlohe-Bartenstein im 18. Jahrhundert belegt eine enge Verzahnung der Familie mit dem Reich und seinen Instituti­ onen. Dabei ist von besonderer Bedeutung, dass im Jahre 1667 der Regent der Linie Schillingsfürst – aus der die Linie Bartenstein 1688 hervorging – wieder zum Katholizismus übergetreten war. Eine Anbindung an den habsburgischen Kaiser und dessen Hof in Wien, wie sie schließlich in den darauf folgenden Jahren entstehen sollte, wurde dadurch bereits vorgezeichnet.7 Wenn Ludwig Aloys sich um 1795 in österreichische Militärdienste begab, so sind die Motive dafür also nicht nur in den aktuellen politischen Verhältnissen jener Zeit zu suchen, sondern auch vor dem Hintergrund der Geschichte seiner Familie. Die Bindung der Hohenlohe-Bartenstein an die Habsburger hatte Tradition. Lud-

Ludwig Aloys zu Hohenlohe-Waldenburg-Bartenstein  |

wig Aloys’ Ur-Großvater und Großvater waren beide Reichskammerrichter in Wetzlar und unter der Ägide des Letztgenannten erhielt die Familie 1744 schließlich die erbliche Fürstenwürde. So wurde bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts eine Summe dynastischer Erfolge akkumuliert, die im Bewusstsein der Familie wie auch in der Öffentlichkeit fortwirkten. Im Jahr 1763, zwei Jahre vor der Geburt des Stammhalters Ludwig Aloys, war man sich in Bartenstein sicher: „Fortes creantur Fortibus, Loewen werden von Loewen, und Helden von Helden gebohren.“8 An diesem Credo orientierten sich die künftigen Fürsten zu Hohenlohe-Bartenstein und mussten sich folglich auch daran messen lassen. Hinsichtlich hoher Ämter konnte Ludwig Aloys’ Vater, Ludwig Leopold (1731–1799), diesen familiären Ansprüchen nicht genügen und man könnte ihn daher leicht zu denjenigen Hohenloher Persönlichkeiten rechnen, von welchen Adolf Fischer sagte, „sie widmen sich in patriarchalischer Einfachheit ihren Angehörigen in der Familie und Land, und ihr Leben, schlicht und genügsam, nimmt keinen besonders bewegten Gang.“9 Doch auch Ludwig Leopold setzte während seiner Regentschaft Akzente. Von Schlichtheit und Genügsamkeit kann in diesem Zusammenhang keine Rede sein. Sein Werk war vor allem die höfisch-gesellschaftliche Entfaltung seines 1757 zum Reichsfürstentum erhobenen Territoriums. Neben dem Ausbau des Schlosses zu Bartenstein und der Erweiterung der Regierungs- und Verwaltungsstellen zählte hierzu auch die Ausformung einer nach damaligem Ermessen notwendigen Selbstdarstellung des Fürstenhofes.10 Bartenstein war unter Ludwig Leopold zu einer stattlichen Residenz mutiert, deren aufwendige Hofhaltung darauf abzielte, die großen Fürstenhöfe Europas zu imitieren. Dazu gehörten selbstredend auch die „wahren Annehmlichkeiten des geselligen Lebens“, worunter Karl Joseph (1766–1838), der Bruder Ludwig Aloys’, vor allem die Konzerte des dortigen internationalen Orchesters und die Theaterstücke unter Mitwirkung der fürstlichen Familie verstand.11 Diese höfische Repräsentation war, wie an vielen anderen mindermächtigen Höfen jener Zeit, ein ebenso wichtiger Bestandteil des aristokratischen Selbstverständnisses wie die Partizipation an reichspolitischen Entscheidungsprozessen durch Einnahme wichtiger Funktionsstellen. Nach seiner Regierungsübernahme 1798 erkannte Ludwig Aloys jedoch die Notwendigkeit, die durch eine aufwendige Hofhaltung in der Vergangenheit in seinem Land angehäuften Verbindlichkeiten zu reduzieren. Im Jahr 1818 betonte er: „Schulden mit Schulden abzuzahlen ist die schlechteste Arth sich zu betragen, durch Economie in Hereintreibung der Renten und seyne Ausgaben nach der Einnahme zu richten ist das wahre, denn das quantum zur Ausgabe muß immer zur Hälfte als netto sein, sonsten kommt man zu kurtz“.12

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Ob sich Fürst Ludwig Aloys schon während seiner eigenen Regierungszeit an diesen, im Hinblick auf das Wirtschaften seines Sohnes formulierten Grundsatz gehalten hat, ist nicht überliefert. Dass er aber, zumindest teilweise, damit erfolgreich war, die Finanzen in Bartenstein zu konsolidieren, zeigt seine später gemachte Aussage, ein Sohn könne sich nicht beschweren, „wann ein Vatter alles was er vom väterlichen Erbe hatte seinem Sohn cediert hat […], besonders wann er die Güther um 450.000 fl abgetragene Schulden liberieret erhält, wie ich es meinem Sohn übergeben.“13 Der Bankrott Hohenlohe-Bartensteins war dennoch spätestens seit der Mediatisierung 1806 kaum mehr abzuwenden. Nach dem Wegfall der Eigenständigkeit und dem Entzug der an diese Souveränität gekoppelten Renten und Gefälle war der Weg des Fürstentums in ein Debit-Verfahren unter Aufsicht der übergeordneten württembergischen Finanzbehörden vorgezeichnet.14 Bartensteins marode Finanzlage war ein Faktum, das Ludwig Aloys zeitlebens, egal ob in Wien oder in Paris, immer wieder einholte und sein Handeln beeinflusste. Dass eine kontinuierliche Finanzknappheit seine Biographie wie ein roter Faden durchzog, lag nicht zuletzt am unregelmäßigen Eingang von Zahlungen aus Bartenstein, welche er sich im Zuge der Regierungsabgabe an seinen Sohn hatte zusichern lassen. Ob es am Ende allerdings gar so weit war, dass der Marschall „bei seinem Tode nicht einmal so viel hinterließ, daß seine Bestattung bezahlt werden konnte“15, muss hier dahingestellt bleiben. Den jungen Prinzen Ludwig Aloys dürfte das heikle Thema „Finanzknappheit“ jedoch zunächst nicht sonderlich berührt haben. Seine Knabenzeit verlief in den geordneten Bahnen einer standesüblichen Prinzenerziehung im Alten Reich. Dass er dabei, zumindest während der Anfangsjahre, die Gesellschaft seines nur sechzehn Monate jüngeren Bruders Karl Joseph genoss, mag einer der Gründe sein, warum zeitlebens zwischen den beiden Brüdern ein inniges und vertrauensvolles Verhältnis herrschte. Die gemeinsame Unterrichtszeit der Prinzen fand schließlich um das Jahr 1773 herum mit deren Firmung beim Suffraganbischof Gebsattel in Würzburg ihr Ende.16 Ludwig Aloys führte seine weitergehende schulische und akademische Ausbildung weg aus dem heimatlichen Bartenstein in die Städte Lüttich, Köln und Straßburg. Vor allem die elsässische Metropole war mit ihrem Domkapitel für die katholischen Linien des Hauses Hohenlohe die traditionelle Bezugsquelle für Versorgungsstellen der nachgeborenen Söhne und zentraler Ausbildungsort auf dem Weg zum Baccalauréat.17 Der genaue Gang der Ausbildung Ludwig Aloys’ lässt sich nicht mehr im Detail rekonstruieren. Von seinem Bruder, der nach siebenjähriger Seminarzeit 1781 im Elsass sein Baccalauréat erworben hatte, hören wir jedoch, dass sich sein älterer Bruder 1785 noch einmal für ein Jahr in Straßburg aufhielt. Ludwig Aloys „frequentierte die Vorlesungen aus jure publico germaniä, hatte

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Kutscher und drei Pferde von [zu] Haus mitgenommen und wurde in allen Gesellschaften aufgeführt.“18 Während dieses langen Aufenthalts im Elsass muss Ludwig Aloys viel Zeit in der nahe gelegenen bartensteinischen Besitzung Oberbronn verbracht haben, die seit 1777 unter der Administration seines Onkels Joseph Christian zu Hohenlohe-Bartenstein (1740–1817) stand. Diese als „Herrschaft Oberbronn“19 bezeichneten Territorien seiner Familie spielten eine wichtige Rolle in Ludwig Aloys’ Werdegang. Durch Erbbestimmungen spätestens seit 1763 dazu auserkoren, die Basis für die Gründung einer Sekundogenitur abzugeben, waren die linksrheinischen Besitzungen ein zentraler Baustein im dynastischen Denken seiner Familie. Nachdem der dem geistlichen Stand angehörende Joseph Christian zum Koadjutor des Bistums Breslau gewählt worden war, übergab er die Herrschaft Oberbronn im Mai 1788 an seinen zweitgeborenen Neffen Karl Joseph zu Hohenlohe-Bartenstein. Damit fiel Ludwig Aloys’ vielgeliebtem jüngeren Bruder das Los zu, Territorien in einem Land zu besitzen, das nur wenige Monate später im Chaos einer epochemachenden Revolution versinken sollte.20 Der Verlust der Herrschaft im Zuge der Revolution hatte selbstredend Auswirkungen. Die wohlwollende bis großzügige Haltung, die Ludwig Aloys und seine Familie gegenüber den französischen Emigranten und ihrer Sache in der Folgezeit an den Tag legten, ist zweifelsohne direkt auf den Umstand zurückzuführen, dass man selbst durch den Umsturz einen großen Schaden erlitten hatte und deshalb mit Verve darauf bedacht war, den status quo ante wieder herbeizuführen. Vor allem Joseph Christian, der Onkel Ludwig Aloys’ und ehemalige Administrator der elsässischen Besitzungen, befürwortete eine aktive Unterstützung der französischen Krone und hatte offensichtlich großes Vertrauen in deren baldige Restauration. Trotz dieser Parteinahme ließ man vorerst jedoch keine Alternative ungenutzt: Parallel verhandelte man noch auf eigene Faust mit dem revolutionären Frankreich über eventuelle Entschädigungen für die verloren gegangenen Feudalrechte.21 Mit der 1792 erfolgten endgültigen Beschlagnahmung der Herrschaft Oberbronn durch Frankreich musste man jedoch erkennen, dass dieser Weg zu keiner Lösung mehr führen würde. Auch ließ die zögerliche Haltung Österreichs und Preußens nicht wirklich darauf hoffen, dass die Diplomatie der deutschen Reichsstände in absehbarer Zeit den Wiedergutmachungsforderungen der ehedem linksrheinisch begüterten Häuser zum Erfolg verhelfen würde. Um wie viel konsequenter und vielversprechender musste da den Hohenlohern der umtriebige Eifer der französischen Emigranten und ihrer Armee erscheinen. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände kann es nur wenig verwundern, wenn die Hohenlohe-Bartenstein ihr Glück schließlich in der Konterrevolution unter dem Lilienbanner des Hauses Bourbon suchten.

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Die im Frühjahr 1792 erfolgte Aufnahme der Legion Mirabeau in den hohenlohischen Territorien sowie die Aufstellung von zwei Regimentern für die Sache der französischen Royalisten muss aus diesem Kontext heraus gedeutet werden.22 Für Ludwig Aloys persönlich wurde diese Entwicklung entscheidend, indem er durch den Vertrag über die hohenlohischen Truppenkontingente zum kommandierenden Obersten des Bartensteiner Jägerregiments berufen wurde. Das ihm am 17. Juni 1792 zugefertigte Brevet ist von den beiden Brüdern Ludwigs XVI. unterschrieben.23 Zum Ausstellungszeitpunkt dieser Ernennungsurkunde waren die Unterzeichner im Grunde genommen umherirrende Emigranten ohne übergroße Aussichten auf eine schnelle Rückkehr in ihre Heimat. Im revolutionären Frankreich galten sie per Dekret vom November 1791 als zum Tode verurteilte Verschwörer gegen das Vaterland. Dass beide einmal, der Comte de Provence als Ludwig XVIII. und der Comte de Artois als Charles X., den französischen Thron besteigen sollten, war zu diesem Zeitpunkt nicht abzusehen. Umso bemerkenswerter erscheint deshalb die Unterstützung, die den Royalisten in Hohenlohe – durchaus auch gegen den starken Widerstand der größeren Reichsstände und des fränkischen Kreises24 – zuteil wurde. Im revolutionären Frankreich wird die Rolle, welche die Hohenloher zu jener Zeit gespielt hatten, auch Jahre später nicht vergessen sein. Ein Schreiben des Direktoriums vom 12. August 1796 an den auf fränkisches Kreisgebiet vorrückenden General Jourdan macht dieses deutlich. Darin: „N’oubliez pas surtout de raser le château de Hohenlohe et de punir l’animosité personnelle de ce petit prince.“25 Aber auch die spätere Gewogenheit des Hauses Bourbon für Belange der Hohenloher und die Förderung der Karriere Ludwig Aloys’ in Frankreich nach 1816 werden durch die Unterstützung während der Revolutionszeit erst erklärbar. Erneut auf dem französischen Thron installiert, fühlte man sich den ehemaligen Helfern gegenüber zu Dank verpflichtet. Dies, obwohl die Bourbonen sicherlich darum wussten, dass Bartenstein durch den Verlust der elsässischen Herrschaft Oberbronn auch ein gewisses Eigeninteresse daran gehabt haben muss, die Armee des revolutionären Frankreich wieder hinter die Höhen des Vogesenkamms zurückzuwerfen.

Eine Militärkarriere in Zeiten von Mediatisierung und Restauration Bevor Ludwig Aloys sich anschicken konnte, an der Spitze seines Regiments aktiv am Krieg gegen das republikanische Frankreich mitzuwirken, hatte es in den Jahren zuvor noch einige wichtige Änderungen im Privatleben des Prinzen gegeben. Zunächst heiratete Ludwig Aloys am 18. Juni 1786 Franziska Wilhelmina Augusta Gräfin von Manderscheid-Blankenheim. Zwei Jahre darauf, am

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9. Juni 1788, wurde dem Paar ein Stammhalter geboren, den man auf den Namen Karl August Theodor taufte. Als seine Frau im August des darauf folgenden Jahres früh verstarb, vermählte sich Ludwig Aloys umgehend erneut. Am 19. Januar 1790 wurde die Ehe zwischen ihm und Maria Crezentia Altgräfin zu Salm-Reifferscheidt-Bedburg geschlossen. Aus dieser Verbindung gingen noch zwei Töchter hervor, von denen die Ältere jedoch noch im Säuglingsalter starb. Parallel zu diesen privaten Entwicklungen hatte sich der Erbprinz aus Bartenstein zwischen 1784 und 1792 auf verschiedenen Offiziersposten seine militärische Befähigung erworben.26 Einem Auftakt als Kapitän beim Ansbacher Kürrasierregiment folgte 1786 der Wechsel zum kurpfälzisch-bayerischen Militär. Die Verleihung des Hubertus-Ordens durch den bayerischen Kurfürst, so schreibt Ludwig Aloys in seinem Anstellungsgesuch, „erreget in mir den sehnlichsten Wunsch mich dem Dienst des durchlauchtigsten Hauses Pfalz Bayern gänzlich zu widmen, und unter höchstdero Militair meinen Diensteyfer würcklich bethätigen zu können.“27 1788 finden wir den Prinzen, inzwischen im Rang eines Obersten, dann beim Chevau-légers Regiment Leiningen. Mit diesem ist er im Herbst 1790 in Neustadt an der Hardt in unmittelbarer Nähe zu Frankreich stationiert, wo bereits die Revolution den Pulsschlag der Zeit bestimmte. Ludwig Aloys konnte sich demnach vor Ort über die nicht unbegründete Furcht vor einem Einsickern dieser Revolution in die Territorien des Reiches überzeugen. Doch wurde diese Furcht im Herbst 1790 noch nicht von jedermann geteilt. Der Drang der europäischen Mächte, allen voran der beiden deutschen Großmächte Österreich und Preußen, sich auch mit militärischen Mitteln jenseits des Rheins für das monarchische Prinzip und die Wiederherstellung der alten Ordnung zu engagieren, war zu diesem Zeitpunkt eher mäßig ausgeprägt. Mit der Kriegserklärung Frankreichs an Österreich vom 20. April 1792 mussten die Koalitionäre ihr eher abwartendes Taktieren aber schließlich aufgeben. Im Fürstentum Hohenlohe-Bartenstein war der Vertrag über die Aufstellung von zwei Regimentern für die Royalisten zu diesem Zeitpunkt bereits seit zwei Monaten ratifiziert.28 Ende Juli 1792 rückten die beiden Kontingente aus Hohenlohe ab, um sich der Emigrantenarmee des Prinzen Condé anzuschließen. Wegen akuter Rekrutierungsschwierigkeiten hatte man das Jägerregiment unter Ludwig Aloys von 600 auf 300 Mann und das Infanterieregiment unter Karl Joseph von 1 080 auf 600 Mann reduziert. In der 2. Division des Prinzen Rohan-Rochefort bildeten sie fortan zusammen mit dem Regiment RohanEtranger die 3. Brigade unter dem Kommando des Maréchal de Camp Comte de Béthizy. ������������������������������������������������������������� „Im Gegensatz zu den Soldaten der hohenlohischen Kreiskontingente und des ‚Landmilitärs‘ erfuhren die Männer, die sich zum Dienst in den neuen Regimentern meldeten, schon bald den blutigen Ernst des Kriegsle-

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bens.“29 Mit ziemlicher Sicherheit hat dies auch für den kommandierenden Oberst Ludwig Aloys gegolten. Es ist nicht anzunehmen, dass er in seiner bisherigen Militärkarriere Vergleichbares erlebt hatte. Richtig ernst wurde es für die Hohenloher im Ersten Koalitionskrieg im Sommer 1793, als die Armee des Prinzen Condé Befehl erhielt, in die Pfalz auf das linke Rheinufer vorzurücken, um dort die südliche Flanke der preußischen Armee, die Mainz belagerte, gegen französische Angriffe zu decken. Am 17. Mai kam es bei Hördt zu schweren Gefechten und Prinz Ludwig Aloys wurde während einer Attacke des Gegners „nur durch die Geistesgegenwart des Sergeanten Obermesser gerettet.“30 Danach gab es weitere Kämpfe der Truppe bei Bellheim (19. Juli), bevor die Hohenloher an der Erstürmung der stark be­festigten Weißenburger Linien beteiligt waren. In einem Tagesbefehl der Emigrantenarmee wurde die Tapferkeit der beiden hohenlohischen Regimenter bei dieser Aktion gerühmt. Ludwig Aloys selbst hatte bei diesen alles in allem erfolgreich, aber auch verlustreich verlaufenden Kämpfen abermals persönliches Glück. Beim Angriff auf eine gegnerische Stellung wurde sein Hut von einem Geschoss durchlöchert. Und nur wenige Tage später, so berichtet uns Karl Joseph, streckte eine Kugel den zwischen Ludwig Aloys und einem anderen Offizier gehenden Oberstlieutenant Baron von Kaiserling nieder.31 Fronterlebnisse wie diese waren von nun an ständige Begleiter im Leben Ludwig Aloys’. Sie ließen in ihm während der kommenden Jahre als Militär die Erkenntnis reifen, dass „das menschliche Leben so mancherlei Zufällen unterworfen und der Soldatenstand mehr als jeder andere den Gefahren des Todes ausgesetzt ist.“32 Noch bis zum Frühjahr 1795 trotzte Ludwig Aloys diesen Gefahren als Kommandeur seines bartensteinischen Regiments. Seit dessen Aufstellung war es immer wieder zu Engpässen bei der Finanzierung der Truppe gekommen und die Verantwortung dafür wurde zwischen den Brüdern des französischen Königs, dem Prinzen Condé und dem Hohenloher Fürstenhaus hin und her geschoben. Nachdem Hohenlohe-Schillingsfürst 1793 aus der Verantwortung für die Regimenter ausgeschieden war und auch von den französischen Prinzen keine finanziellen Mittel mehr zu erwarten waren, wurden die Lasten zunehmend auch für Bartenstein untragbar. In dieser Situation bot Fürst Ludwig Leopold zu Hohenlohe-Bartenstein dem Kaiser in Wien die beiden Regimenter an und widmete sie „[allerunterthänigst] mit Allerhöchster Genehmigung dem Höchsten Dienst nach Selbsteigens gnädigst zu bestimmender Art, Zeit und Weiß.“33 Die Antwort vom Kaiserhof ließ jedoch auf sich warten34 und so willigte man alternativ schließlich in einen Plan ein, der vorsah, die beiden Regimenter zu einem zusammenzuschließen und dieses dann künftig in niederländische Dienste zu überstellen. Für Ludwig Aloys endete der sich daran an-

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schließende niederländische Feldzug des Regiments im Winter 1794/95 mit einer verlustreichen Niederlage gegen die Franzosen unter General Pichegru. Obwohl man Ludwig Aloys beim Rückzug ein geschicktes taktisches Verhalten attestierte, konnte sich nur ein kleiner Rest der Truppe vor dem nachrückenden Gegner ins heimatliche Hohenlohe retten. Daraufhin wurde im Juli 1795 der Vertrag mit den Generalstaaten wieder annulliert.35 Während Karl Joseph anschließend mit dem Prinzen Condé eine weitere Kapitulation abschloß und erneut in den hohenlohischen Territorien Regimenter anwarb, schlug Ludwig Aloys nun einen anderen Weg ein. Die offensichtlich ihm noch immer vorbehaltene Führung eines der beiden Regimenter trat er an seinen Bruder ab.36 Er selbst „hatte unterdessen durch eine Übereinkunft mit dem Generalquartiermeister des fränkischen Kreises Baron von Ekhardt, die Stellung des Quintuplums für den fränkischen Kreis übernommen; nahm also die angekommene Mannschaft unter sein Kommando, als Generalmajor des Kreises, und vereinigte sich mit der kaiserlichen Armee des Generals Clairfait, die bei Höchst unweit Frankfurt, im Lager stand, und kurz darauf Mainz überrumpelte.“37 Eine engere Anbindung an das Haus Habsburg hatte sich bereits 1793 angebahnt. Damals hatte Ludwig Leopold die Aussichten für eine österreichische Militärkarriere seiner Söhne ausgelotet. An den Kaiserhof in Wien schrieb er: „Ich würde es mir für eine unschätzbare Gnade rechnen […], wenn auch meine beiden Söhne sich fertig machen könnten, in Euer Kayserl. Königl. Apostol. Mayestät Militair Allerhöchst Dero Zufriedenheit und Gnad zu verdienen.“38 Damals vertröstete man den Vater in dieser Angelegenheit auf die Zeit nach dem Krieg. Doch die Auseinandersetzung mit Frankreich dauerte an und der Bedarf an fähigen Offizieren musste gedeckt werden. Im Juli 1797 entschloss sich schließlich „Seine Mayestät den bisherigen Generalmajor des fränkischen Kreises Prinzen von Hohenlohe Bartenstein als Obristen in allerhöchst Ihre Diensten zu nehmen.“ Wien überließ es dem kommandierenden Erzherzog Karl, „ihn bei einem Infanterie Regiment der Rhein Armée unter einem tüchtigen und erfahrenen Regiments Commandanten als zweyten Obristen anzustellen.“39 Ludwig Aloys wurde daraufhin dem Regiment Kerpen Nr. 49 beigeordnet. In diesem diente er noch 1799, als ihn am 17. September seine Ernennung zum Oberstfeldwachtmeister erreichte. Im darauf folgenden Jahr bekleidete der Hohenloher den Rang eines Generalmajors und war als Brigadier in Klagenfurt stationiert.40 1803 ist Ludwig Aloys Inhaber des Infanterie Regiments Nr. 26, mit dem er, abermals unter dem Oberbefehl Erzherzog Karls’, am Italienfeldzug von 1805 beteiligt war. Bei Kämpfen um Verona und Caldiero konnte sich das Regiment des Fürsten zwar auszeichnen, der Vormarsch der Franzosen war jedoch nicht aufzuhalten. Zu Beginn des Jahres 1806 mussten sich die österrei-

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chischen Truppen schließlich nach Raab (Győr) an der Donau zurückziehen, wo eine ausgebrochene Epidemie täglich sechzig bis achtzig Menschen dahinraffte. Ludwig Aloys selbst, so sein Hauptmann Bequignoll, visitierte damals persönlich die Anstalten und Spitäler, wodurch er sich „die größte Verehrung aller Bewohner Raabs und unterstehenden Militaire in höchstem Grad erworben.“41 Am 20. Januar 1806 reiste der Fürst nach Wien ab, wo er vom Kaiser in einer Privataudienz empfangen wurde. Am 22. Februar ernannte man ihn zum Feldmarschall-Lieutenant.42 Ein Jahr später wurde er Gouverneur in Galizien.43 Während Ludwig Aloys die Karriereleiter in der österreichischen Armee erklomm, entwickelten sich die Dinge im heimatlichen Bartenstein vergleichsweise ungünstig. Mit dem Frieden von Campo Formio (Oktober 1797) und der damit einhergehenden Anerkennung der Rheingrenze hatte der Kampf des Fürstenhauses um seine linksrheinischen Besitzungen einen schweren Rückschlag erlitten. Auf eine Restitution der Herrschaft Oberbronn, wie sie noch im September 1795 in einem gedruckten Memorandum an den Reichstag zu Regensburg begehrt wurde44, war nun kaum mehr zu hoffen. Möglicherweise war diese negative Entwicklung mit ein Grund dafür, dass Fürst Ludwig Leopold im Jahr 1798 die Regierung des Fürstentums an seinen Sohn Ludwig Aloys abtrat. Während dessen Regentschaft räumte der Friedensschluss von Lunéville (1801) den ehemals linksrheinischen Reichsständen immerhin einen Entschädigungsanspruch ein. Und als diese Ansprüche schließlich vom Reichsdeputationshauptschluss (1803) umgesetzt wurden, konnten die Hohenlohe-Bartenstein sogar ihren seit Langem verfolgten Plan von der Gründung einer Sekundogenitur verwirklichen. Ludwig Aloys’ Bruder Karl Joseph wurde im Zuge dessen der erste Fürst zu Hohenlohe-Bartenstein-Jagstberg.45 Die Inte­ grität des deutschen Reiches hatte unter diesen Vorgängen jedoch immens gelitten. So war es weitgehend nur noch eine Frage der Zeit, wann kleinere Reichsterritorien das Schicksal der bereits aufgelösten geistlichen Herrschaften teilen würden. Als Hohenlohe-Bartenstein durch die Mediatisierung von 1806 an das neu gegründete Königreich Württemberg fiel, bedeutete dies für den noch immer in österreichischen Diensten stehenden Ludwig Aloys eine tiefe Zäsur. Gezwungen durch die in der Rheinbundakte festgelegten Bestimmungen, trat er die Regierung an seinen Sohn ab, weil ansonsten das Fürstentum aufgrund seiner Abwesenheit im Ausland an Württemberg gefallen wäre. An König Friedrich schrieb er unter dem Datum des 22. November 1806 sehr offen, „daß auf der einen Seite die tiefe innere Empfindungen über den mir und meinem Fürstl. Hauße unverschuldet durch den Pariser Confoederationsvertrag gebieterisch zu-

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gedrungenen Verlust der schon seit tausend Jahren von meinen Fürstlichen Altvordern bis auf mich vererbten illustren, eigentümlichen Rechte mich niederdrücken, auf der anderen Seite aber das in mir erwachsene Attachement für das Allerhöchste Oesterreichische Kayser Hauß, bei welchem ich bis zum General Lieut. gedient, und die Allerhöchstdemselben für die mir und vielen meiner Fürstlichen Voreltern erwiesene allergnädigste Zuneigung schuldigste Erkanntlichkeit in der Maaße an meine Dienstverhältnisse mich anketten, daß ich mir bey den dermaligen Drange der Zeit Umstände des bittern Entschluß nicht versagen kann, meines einzigen, nach der Fürstlich Hohenlohischen Hauß Verfassung und Observanz bereits volljährigen Sohnes und Erbprinzen Carl August Theodor Liebden die Regirung und Verwaltung meiner Fürstlich Hohenlohischen Lande nach dem strengen unabänderlichen Gebotte des Confoederations Vertrags abzutretten.“46

Die sich ihm bietenden Alternativen zu der von ihm hier dargelegten Vorgehensweise hat Ludwig Aloys offensichtlich erst gar nicht in Erwägung gezogen. Weder das Standesherrentum unter dem württembergischen König noch eine Militärkarriere unter Napoleon kamen für den Hohenloher ernsthaft in Frage.47 Von allen Herrschern, deren Länder sich nach 1806 kleinere Reichsterritorien einverleibt hatten, erwies sich der württembergische König als besonders schonungslos. Seinem Bruder gegenüber beklagte sich Ludwig Aloys wegen dem „tirannischen Verfahren des Königs von Würtemberg“ und je weiter die Zeit fortschritt, umso missmutiger wurde er.48 Die „beklagens würdige Lage von Teutschland und besonders denen mediatirten Fürsten“ brachte ihn im Dezember 1808 sogar so weit, seinem Bruder und seinem Sohn dahingehend zu raten: „Wäre keine Hoffnung je eine andere Ordnung der Dinge zu erhalten so wäre das beste Ihr verkaufet alles was Ihr im Reich habt und etablieret euch in Ungarn.“49 Die Basis eines solchen Vorschlags war 1808 zweifelsohne noch die schützende Hand des österreichischen Kaisers. Doch dann folgten im Herbst des Jahres 1809 die Schlachten von Aspern und Wagram, an denen Ludwig Aloys selbst im Verbund des vierten österreichischen Armeekorpses beteiligt war.50 Durch die Niederlage Österreichs und die Friedensschlüsse von Schönbrunn und Wien war der Erfolg Napoleons in Europa komplett. Pessimistisch kommentierte Ludwig Aloys aus Wien: „ich fürchte nach allen Anschein die es nimmt, daß wir nichts als Schröckliches zu erwarten haben […] und alle kluge Männer sind bey nahe gewiß, daß es zu einer baldigen Revolution kommen muß.“51 Ein Arrangement mit den vom Kaiser der Franzosen geschaffenen Verhältnissen musste dem Hohenloher unter diesen Eindrücken fast unausweichlich erscheinen. Seinem Sohn Karl August jedenfalls hatte Ludwig Aloys ein paar Monate zuvor dahingehend geraten:

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„Die politische Lage von Europa ist nun von der Art, daß an Selbständigkeit nicht mehr zu denken ist […], so musst du um dich einigermaßen wieder in eine Würde zu bringen, die Rolle eines dem Staat nützlichen Mannes […] suchen als Soldat oder Staatsmann, eines von beyden musst du ergreifen […] lediglich nichts thun als mit seiner Frau leben und seine Revenuen zu verprassen ist keine Kunst und bringt kein große Ehre, trachte dich also in einem Fach nützlich zu werden so wirst du Achtung in der Welt erhalten und deinem Nahmen Ehre machen, sonst bleibst du ein verächtlicher Landjuncker, ich hoffe du wirst meine Lehre beherzigen und mir Ehre machen.“52

Offensichtlich bemühte sich Karl August in der Folgezeit, den Rat seines Vaters zu befolgen. Als „Regent“ des Fürstentums Hohenlohe-Bartenstein war er per Verordnung des Königs ohnehin dazu angehalten, einen Teil des Jahres bei Hofe zu verbringen. Der Einundzwanzigjährige schien sich durchaus gut mit dieser Situation zu arrangieren. Er trat in das württembergische Militär ein und teilte in einem Brief aus Ludwigsburg vom Juli 1810 seinem Vater mit: „Übrigens bin ich hier sehr vergnügt und ruhig; der König hat viel Gnaden für mich und spricht immer bey Tische sehr viel mit mir.“53 Gänzlich zufrieden war Ludwig Aloys mit seinem Sohn dennoch nicht. Die Art und Weise wie Karl August die Geschäfte des Fürstentums Bartenstein – zugegebenermaßen unter sehr schwierigen Bedingungen – besorgte, waren in den Jahren, die folgten, ein ständiges Ärgernis für ihn. Besonders in Rage war Ludwig Aloys immer dann, wenn die in seiner Abtretungsurkunde vereinbarten Zahlungen an seine Frau Crezentia wieder einmal überfällig waren.54 Bis zum Tode des Marschalls 1829 wird der Sohn dem Vater eine Quelle andauernder Kümmernis bleiben. Etwa zur gleichen Zeit beschäftigte Ludwig Aloys auch noch ein weiteres finanzielles Problem. Die Rückabwicklung des zwischen ihm und dem Fürsten zu Colloredo-Mannsfeld vor einigen Jahren vorgenommenen Tauschs der böhmischen Herrschaften Duppau und Sachsengrün gegen das bartensteinische Untergröningen lief recht beschwerlich. Ein Vergleich im dabei notwendig gewordenen Gerichtsverfahren mit dem Hause Colloredo regelte die Angelegenheit schließlich. Bevor Ludwig Aloys jedoch die vereinbarten Zahlungen von seinem Widersacher erhielt, musste er offensichtlich im Verlauf des Jahres 1812 noch eine ernstzunehmende Durststrecke überstehen. „Der verdambte Colloredo bringt mich vor Kummer ins Grab, Ich bekomm keinen Groschen“, schrieb er an seinen Bruder Karl Joseph. Er schloss jedoch: „zum Glück habe ich gute Freunde die mir doch noch vorstrecken können. Lebe wohl.“55 Ludwig Aloys’ Situation in Österreich war allerdings, trotz all der vorhandenen Schwierigkeiten, nicht so dramatisch, wie es scheint. Im Jahr 1810 noch mit dem Charakter eines „Wirklichen Kämmerer“56 ausgestattet, berichtete er über seine gesellschaftliche und militärische Stellung: „Sr. Majestät sind mir besonders

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gnädig so wie ich sehr freundschaftlich von allen hier wohnenden Ersten des Landes behandelt werde. Meine Anstellung ist eine der Ersten in der Monarchie und die angenehmste wegen der Nähe der Stadt Wien.“57 Ludwig Aloys beschreibt hier die Zeitspanne zwischen den beiden Sommern 1811 und 1813, während der er größtenteils als Divisionär in Pressburg (Bratislava) stationiert war. Mit dem Beginn der Befreiungskriege war diese militärisch vergleichsweise ruhige Zeit vorbei. Ludwig Aloys befehligte nun eine Division in der Hauptarmee der Österreicher. Er verteidigte am 18. Oktober 1813 Seifertshain nahe Leipzig, war anschließend dem Korps zur Verteidigung von Dresden beigeordnet und fiel dann gegen Ende des Jahres mit der Hauptarmee in Frankreich ein.58 Was Ludwig Aloys an der Spitze seines hohenlohischen Regiments im Revolutionsjahr 1793 verwehrt blieb, gelang jetzt endlich: „Unsere Armee bricht nun in Frankreich ein“, schrieb er an seinen Bruder unter dem Datum vom 30. Dezember 1813. Welche Begeisterung ihn dabei befiel, wird deutlich, wenn er von dem Gerücht einer Revolution in Bordeaux berichtete, „wo man rufe à bas le tirent vive notre roi Louis 18.“59 Scheinbar verknüpfte Ludwig Aloys damals seine eigene Zukunft explizit mit dem Ausgang des Ringens in Frankreich. Nach der Schlacht von La Rothière am 1. Februar 1814 äußerte er sich Karl Joseph gegenüber: „Alles hier wünscht den Herzog Angoulême zum König, was geschehen wird, weiß ich nicht, wann Gott uns günstig ist, so hoffe ich ein baldiges Ende wo als dann unser Schicksal wegen dem Hohenlohischen entschieden wird.“60 Für diesen positiven Ausgang kämpfte Ludwig Aloys. Auf dem weiteren Vormarsch besetzte er im Namen der Alliierten Troyes und wurde Gouverneur der Stadt.61 Die Überlegungen, nach gewonnenem Kampf in französische Dienste zu treten, waren zu dieser Zeit bereits gemacht. Wenn Ludwig Aloys seinem Bruder Anfang April schrieb, dass es nun an der Zeit sei, sich beim Grafen Artois zu melden, „wann du noch gedenkest in Französischen Dienst zu treten“, so kann man davon ausgehen, dass er seine eigene Zukunft bereits dahingehend geplant hatte.62 Nicht zufällig wurde mit der Ernennung Ludwig Aloys’ zum österreichischen Feldzeugmeister gleichzeitig auch dessen „Austritt aus der Dienstleistung und seine Übersetzung in den Ruhestand“ vom Kaiser bewilligt.63 Der ehemalige Emigrant, der Comte de Provence aus dem Hause Bourbon, saß zu diesem Zeitpunkt bereits als Ludwig XVIII. auf dem französischen Königsthron. Nicht von der Hand zu weisen ist die Möglichkeit, dass die erfolgreiche Rückkehr des bourbonischen Königs, welche dieser mit Beharrlichkeit und Entschlossenheit während seines langen Exils verfolgt hatte, für Ludwig Aloys Anlass gab, seine eigenen Chancen nicht als gänzlich hoffnungslos einzuschätzen.

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In den darauf folgenden Monaten versuchte Ludwig Aloys jedenfalls, das gewachsene restaurative Moment für die Sache Hohenlohe-Bartensteins zu nutzen. Er ernannte einen Bevollmächtigten für den Kongress in Wien und versuchte, vom Prinzen von Oranien aufgrund seines früheren Engagements eine Leibrente zu erhalten. Auch suchte er Kontakt zum französischen Minister Talleyrand. Seine Hohenloher Vettern bauten in jener Zeit auf Ludwig Aloys, auch sie erhofften sich Vorteile aus den Beziehungen, die dieser in Frankreich und Österreich geknüpft hatte. Um diese Kontakte zu pflegen und zu nutzen, hielt er sich während des Kongresses in der österreichischen Hauptstadt auf. Im Verbund mit weiteren Häuptern ehemals reichsunmittelbarer Häuser versuchte Ludwig Aloys, auf den Kaiser von Österreich und die Vertreter der anderen Hauptmächte Einfluss zu nehmen.64 Noch in Wien musste er jedoch im Februar 1815 erkennen, dass eine angestrebte Wiederherstellung Hohenloher Souveränität bei allen wohlwollenden Versicherungen von verschiedenen Seiten ein illusorisches Ziel war. An seinen Bruder Karl Joseph schrieb er: „mit unserem Geschäft allhier sieht es windig aus, ich befürchte wir müssen Landstand von Württemberg bleiben und das wäre schröcklich, weilen alsdann wir durch den Eisernen Zepter fortan so geblagt sein werden, daß dieser Stand ärger als der vorherige wird.“65 Der Wiener Kongress war im Begriff, das Standesherrentum in den ehemaligen Territorien des Reiches zu zementieren. Damit war Ludwig Aloys auch zukünftig vom Erfolg seiner Militärkarriere abhängig. „Ich habe bereits zweymahl an König L. 18ten geschrieben und meine Dienste angetragen aber keine Antwort erhalten“, äußerte er sich im Juni 1815.66 Wohl hauptsächlich deshalb, weil eine positive Reaktion aus Paris vorerst ausblieb, übernahm Ludwig Aloys im Oktober desselben Jahres das vakante österreichische Infanterieregiment Nr. 41. Dies war aber nur noch ein kurzes Intermezzo. Im darauf folgenden Sommer bewilligte der österreichische Kaiser erneut den Austritt des Hohenlohers aus seiner Armee. Ludwig Aloys zu Hohenlohe-Bartenstein wechselte nach fast zwei Jahrzehnten wieder in französische Dienste. Dass er sich durch diesen Schritt auch eine Verbesserung seiner Position hinsichtlich der Rückerstattung der Kosten für die hohenlohischen Regimenter während der Koalitionskriege erwartete, versteht sich von selbst. Unter der Federführung seines Bruders Karl Joseph wurde dieses Ziel von da an kontinuierlich verfolgt und zumindest teilweise auch erreicht. Die von der Commission pour la liquidation des dettes du Roi letztendlich gezahlten Beträge sind jedoch nicht mehr exakt zu ermitteln.67

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In Diensten der bourbonischen Könige zum Marschall und Pair von Frankreich Bereits 1795 hatte der spätere Ludwig XVIII. dem Hause Hohenlohe für den Fall, dass sein Neffe als Ludwig XVII. wieder auf den französischen Thron zurückkehren würde, in Aussicht gestellt, fortan ständig ein Regiment Hohenlohe unterhalten zu wollen.68 Nun, im Sommer 1816, war der Bourbone selbst König und in der Lage, seinen Worten Taten folgen zu lassen. Er nahm Ludwig Aloys en qualité de Lieutenant Général in französische Dienste und übertrug ihm die Aufgaben eines inspecteur d’infanterie mit einem Einkommen von 12 000 Francs, das wenig später auf 24 000 Francs erhöht wurde. Der Hohenloher wurde zum Chevalier-Commandeur de nos Ordres de St. Michel & du Saint Esprit ernannt und bekam einen Teil des Schlosses in Lunéville als Wohnsitz zugewiesen. Die bisherige Légion étrangère69 erhielt fortan den Namen Légion d’Hohenlohe und Ludwig Aloys wurde ihr Colonel Supérieur.70 In seinem Anstellungsdekret machte der König die Gründe für diese Gunstbezeugungen noch einmal eindrücklich deutlich. Das Haus Hohenlohe im Allgemeinen und Ludwig Aloys im Besonderen, so Ludwig XVIII., « n’ont cessé de témoigner depuis 1792 à nous & à notre Famille le Dévouement le plus vrai. Dès cette époque les Princes d’Hohenlohe Waldenbourg Bartenstein […] n’ont point hésité à contribuer en tout ce qui dépendait d’eux à défendre nos droits [et] augmentèrent le nombre par la levée dans leurs états de deux régiments à notre service qui ont porté dignement leur noms & ont combattu glorieusement pour nos droits pendant plusieurs années & aussi longtemps que l’état de la Guerre en Europe a pu le permettre. »71

Um seine neue Position nicht allein auf das Wohlwollen des Königs zu gründen, und um „denen Herren Generäls der Napoleonischen Armée zu zeigen, daß wir im Östreichischen Dienst formierte Generäls eben so gut im Dienst [als] auch in der Militair Schule bewandert sind wie sie“, verfasste Ludwig Aloys die Druckschrift Réflexions Militaires.72 Eine weitgehend positive Reaktion der Generalität auf dieses Werk trug schließlich im Verlauf des Jahres 1818 dazu bei, dass der Hohenloher seine anfänglichen Vorbehalte gegen die allgemeinen Bedingungen in Frankreich schnell überwand. Sein Werk, so Ludwig Aloys, hätte in Frankreich seinen Zweck erfüllt, nämlich den, „daß die den Krieg zu führen im Stand wissen, daß ich es auch bin.“73 Doch gab es vorerst keinen Krieg zu führen. Ludwig Aloys war in den nächsten Jahren mit seinen Aufgaben als Inspekteur der Infanterie vollauf beschäftigt, zunächst im nahen Elsass, später dann auch auf Reisen bis nach Südfrankreich. So rüstete sich der

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mittlerweile Fünfundfünfzigjährige beispielsweise im September 1820 zu einer Mission, welche ihn „auf Besançon, Lons le Saunier, Macon, Bourg, Grenoble et Avignon bestimmt.“74 Erst der Aufstand gegen den repressiv-absolutistisch regierenden König Ferdinand II. in Spanien gab Ludwig Aloys 1823 wieder die Möglichkeit, seine theoretisch nachgewiesenen Kenntnisse im Feld unter Beweis zu stellen. Der Hohenloher wird in diesem Zusammenhang beauftragt, unter dem Oberbefehl des zum Generalissimus ernannten Herzog von Angoulême „ein Armée Corps von 3 Divisionen bey der Armée als Comandierender General zu übernehmen.“75 Der sich anschließende Feldzug verlief für die französischen Truppen, die im Namen der Heiligen Allianz den Aufstand in Spanien niederschlagen sollten, erfolgreich. Für Ludwig Aloys selbst brachte dieser Kriegszug, der sein letzter großer sein sollte, einigen Verdruss. Zum einen ignorierte die Militärführung seine Vorschläge, zum anderen strapazierte das raue Klima seine Gesundheit doch sehr. Nachdem der spanische König dem Corps Kommandanten zu Hohenlohe-Bartenstein den Großen Carls-Orden verliehen hatte, schrieb er seinem Bruder hierüber: „diese weltliche Sachen kommen mir wie Kinderspiel vor, ich denke an die schöne Ewigkeit, wann Gott in seiner Barmherzigkeit mich gnädig aufrufen will, das wäre das größte Glück für mich.“76 Seine Militärkarriere verlor Ludwig Aloys jedoch trotz dieser düsteren Stimmung nicht aus den Augen. Zwar schätzte er selbst rückblickend seine Verdienste im spanischen Feldzug nicht allzu hoch ein, doch die Welle der allgemeinen Begeisterung für dieses erfolgreiche Unternehmen und ein enthusiastischer Empfang der Truppen in Frankreich77 brachten auch dem Hohenloher Ruhm und Ehre. In seinem Wohnort Lunéville wurde der General ausladend gefeiert. Eine gedruckte Sammlung von Gedichten und Liedern anlässlich seiner Rückkehr legt davon Zeugnis ab.78 Als im September 1824 Ludwig XVIII. starb und Charles X. den französischen Thron bestieg, hegte Ludwig Aloys durchaus Hoffnungen auf eine Beförderung. Bei den Krönungsfeierlichkeiten im darauf folgenden Jahr wurden diese Hoffnungen jedoch nicht erfüllt. Man muss weiter warten, so schrieb er, „bis es beliebt unserem Lieben Herrgott ein paar Marschälle zu sich zu nehmen.“79 Doch dies sollte noch eine Weile dauern. Zwischenzeitlich, im Januar 1827, war diese Erkenntnis auch in Ludwig Aloys gereift: „die Marschälle haben wie es scheint ein zehes Leben, keiner will so gefällig sein, Platz zu machen, man muß es dem Göttlichen Willen überlassen und Geduld haben.“80 Der Hohenloher scheint ob der Stagnation seiner Militärkarriere zu dieser Zeit ziemlich niedergeschlagen und müde gewesen zu sein, was sicherlich auch dem Umstand geschuldet ist, dass seine Frau nach langer Krankheit im April 1826 verstorben war. Sogar ein Rückzug in die hohenlohische Heimat wurde von Ludwig Aloys in Erwägung gezogen. Sollte er entgegen aller Wahr-

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scheinlichkeit beim nächsten Beförderungsschub übergangen werden, teilte er seinem Bruder mit, so „komme ich zu dir und bitte dich, [mir] ein Obdach in Lautenbach zu Beschließung meines Lebens als Eremit zu bewilligen.“81 Doch diesmal vergaß man den verdienten General und langjährigen Streiter für die Sache der Bourbonen nicht. In einem Brief vom 8. März 1827 teilte ihm der Kriegsminister seine Ernennung zum Marschall von Frankreich mit.82 Ein halbes Jahr später verlieh ihm der König die Würde eines Pair du Royaume.83 Im Mai des darauf folgenden Jahres erhielt der Hohenloher seine lettres patentes de grande naturalisation, in denen seine Anerkennung als französischer Citoyen verbrieft war.84 Ludwig Aloys’ Berufung zum Pair von Frankreich war vor dem innenpolitischen Hintergrund erfolgt, dass die stetig deutlicher zutage tretende Orientierung Charles X. am monarchischen Herrschaftsverständnis des Ancien Régime der liberalen Opposition einen immer größer werdenden Zulauf bescherte. Indem „er das Rad der Geschichte hatte zurückdrehen wollen“85, zerstörte Charles X. die konstitutionelle Basis seiner Monarchie, welche die auf Ausgleich hin orientierte Politik seines 1824 verstorbenen Bruders geschaffen hatte. Durch umstrittene Gesetzesvorlagen zur Emigrantenentschädigung und zur Pressefreiheit sowie durch die im April verfügte Auflösung der Nationalgarde war gegen Ende des Jahres 1827 in Paris eine explosive Stimmung entstanden. Ein weiterer Schritt des Königs und der Regierung Villèle zu diesem Zeitpunkt war die Ernennung von achtundachtzig neuen Pairs, um die Zusammensetzung der Pairskammer zugunsten der Monarchie zu verändern. Der Marschall Hohenlohe-Bartenstein war unter diesem Gesichtspunkt zweifelsohne eine sichere Wahl. Eine Biographie über Mitglieder der Pairskammer, die wohl eher aus der Feder eines seiner Kritiker stammen dürfte, beschreibt Ludwig Aloys als „ultraféodal par état, par principes, pare sentiment inné. �������������������������� C’est l’Ancien Régime personnifié avec ses erreurs, ses abus, ses préjugés, et à tel point que, s’il était possible que ces lignes parvinssent sous les yeux du noble pair, il serait loin, sans doute d’y trouver autre chose qu’un éloge flatteur“.86 Aber auch dieser treue Verfechter der Monarchie stand den Strömungen der Zeit sichtlich resigniert gegenüber. Von einer wenig später stattfindenden Sitzung der Pairskammer berichtete er: „im übrigen habe ich die Kammer früher verlassen als ich es sonsten gethan hätte, da ich gesehen, daß die gute Partei überstimbt war und wir nichts machen konnten. Das Wahlgesetz ist mit 130 gegen 88 durchgegangen und das Pressegesetz mit 139 gegen 71 gleichfalls. Folglich wäre meine Gegenwarth ohn Nutzen gewesen, indem 72 oder 71 Minorität immer dasselbe ist. Künftige Sitzung dürfte es los gehen und der Umsturz bewirkt werden, wann Gott der allmächtige uns nicht zu hülfe kombt.“87

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Ludwig Aloys’ Wunsch nach göttlichem Eingreifen, der immer öfter in seinen Briefen zu finden ist, zeigt den Vertrauensverlust in eine eigenhändige Rettung der Monarchie. Gut ein Jahr bevor die Revolution sich schließlich entlud, am 31. Mai 1829, starb der Marschall zu Hohenlohe-Bartenstein in Paris.

Streiter für Gott, den König und ein moribundes Gesellschaftsprinzip An der Zusammengehörigkeit von Religion und Monarchie bestand für Ludwig Aloys zeitlebens nie ein Zweifel. Ganz selbstverständlich nahm er denn auch das Gottesgnadentum, welches das Produkt dieser Allianz war, für seine Person in Anspruch. „Louis, par la grâce de Dieu, Prince de Hohenlohe et Waldenbourg-Bartenstein“ steht auf dem Vordruck des Brevets, mittels welchem er in seiner Funktion als Grand-Maître den auch in Frankreich zugelassenen Hohenloher Phönixorden zu verleihen pflegte88; eine Titulatur, die sich kein Standesherr in deutschen Territorien mehr hätte herausnehmen dürfen. Ludwig Aloys war ein Verfechter der alten Ordnung und der alten Werte, ohne jedoch die Weitsicht Metternichs zu teilen, dass um 1815 der Anfang vom Ende des monarchischen Prinzips gekommen war und die Restauration nur dazu dienen konnte, ein Chaos während der Übergangszeit zu einer bürgerlichen Beteiligung an der Macht zu verhindern. Etwas Tragisches haftete der erfolgreichen persönlichen Karriere Ludwig Aloys’ in Frankreich an, wenn man bedenkt, dass seine Unterstützung zuletzt einer Politik galt, die in Verkennung der realen Umstände das monarchische Prinzip, das der Hohenloher ja zu erhalten suchte, mehr und mehr diskreditierte. Vielleicht war Ludwig Aloys seinem an den Traditionen des Alten Reiches ausgerichteten Herrschaftsideal auch wider besseres Wissen treu geblieben. Schon früh hatte er seinen Sohn vor einem bloßen Dasein als adeligem Junker gewarnt und ihm alternativ dazu den Staats- oder Militärdienst angeraten. Zu einem recht frühen Zeitpunkt hatte er sich im Grunde genommen auch von der Vorstellung verabschiedet, jemals wieder in ein souveränes Fürstentum Hohenlohe zurückkehren zu können. Mit diesen Ansichten hatte sich Ludwig Aloys durchaus als wandlungsfähig gezeigt und die Neuausrichtung des ehemals selbstständigen Reichsadels im 19. Jahrhundert vorgezeichnet. Wenn sein Beharren auf alten Rechten und seine Verfolgung dynastischer Interessen im Nachhinein anachronistisch anmuten, so muss doch die Geschwindigkeit und Radikalität des gesellschaftlichen Wandels jener Jahre als erschwerender Umstand bei der akkuraten Einschätzung zukünftiger Entwicklungen anerkannt werden.

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Es waren Ludwig Aloys’ militärische Fähigkeiten und seine Karriere in diesem Bereich, die dem Namen Hohenlohe über die Mediatisierung des Fürstenhauses hinaus in Europa Prestige verliehen. Von „in den Annalen der Kriegsgeschichte denkwürdig bleibenden“ Operationen und einer „rühmlichen Thätigkeit“ berichtet uns beispielsweise das „Biographische Lexikon des Kaiserthums Österreich“ aus dem Jahr 1863.89 Ludwig Aloys’ militärische Erfolge bilden so gesehen durchaus ein gewisses Gegengewicht zur schlechten Publicity, welche sein in preußischen Diensten stehender Vetter, Friedrich Ludwig zu Hohenlohe-Ingelfingen (1746–1818), dem Hause durch seine unglückliche Rolle in der Niederlage bei Jena beschert hatte. Immer stellte Ludwig Aloys sein militärisches Können in den Dienst des monarchischen Prinzips. Es verwundert deswegen nicht, dass man das Regiment Hohenlohe nach der Juli-Revolution 1830 nicht zuletzt deswegen auflöste, weil man in dieser Truppe noch immer Sympathien für den gestürzten König Charles X. vermutete – man kannte natürlich die Denkungsart ihres ehemaligen Colonel Supérieur. Trotz dieser Vorbehalte bildeten Soldaten des Regiments Hohenlohe, welche die ihnen angebotene französische Staatsbürgerschaft ausschlugen, schließlich 1831 einen der Zellkerne der Fremdenlegion. Deshalb von Ludwig Aloys als einem der Gründungsväter der Legion zu sprechen, ist eine Übertreibung. Diese Rolle gebührt zweifelsfrei dem neuen König Louis Philippe. Ludwig Aloys hatte jedoch mit der jahrzehntelangen Treue gegenüber der französischen Krone beispielhaft dafür geworben, die lange Tradition ausländischer Militärs und Regimenter in französischen Diensten auch nach 1830 fortzuführen. Auch auf der militärisch-handwerklichen Ebene profitierte die Fremdenlegion von der Erfahrung und Disziplin, die Ludwig Aloys in seinem ehemaligen Regiment etabliert hatte. Während der ersten Bewährungsprobe in Nordafrika fanden neben den Schweizern vor allem die alten Kader der Legion Hohenlohe Erwähnung, wenn ein robustes und militärisches Auftreten der anfänglich dort wenig erfolgreichen Legion gefragt war. In der Regimentsgeschichte verweist man auf die Legion Hohenlohe als „la souche de notre actuelle Légion Étrangère.“90 Und man gemahnt daran, die Namen derer nicht zu vergessen, die durch ihren Dienst im französischen Militär über Jahrhunderte hinweg die Geschicke des Landes mitgeprägt haben.91 Ludwig-Aloys zu Hohenlohe-Bartenstein ist einer dieser Männer. Der Nachhall seines militärischen Wirkens ist also auch in unseren Tagen noch immer vernehmbar.

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HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü 108. Ludwig Aloys an seinen Bruder Karl Joseph vom 26. November 1827. Siehe dazu Klaus Malettke, Die Bourbonen, Bd. III. Von Ludwig XVIII. bis zu Louis Philippe 1814–1848, Stuttgart 2009. HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü 108. Ludwig Aloys an Karl Joseph, 1. November 1828. Zum besseren Verständnis sind Quellenzitate an die heutige Rechtschreibung angepasst. HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü 108. Ludwig Aloys an Karl Joseph, 14. März 1828. HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 2. Geburts- und Taufzeugnis des Fürsten, 1773. Siehe Wolfram Fischer, Das Fürstentum Hohenlohe im Zeitalter der Aufklärung, Tübingen 1958. Dass diese Verbindung nach Wien keineswegs eine ausschließliche Angelegenheit der katholischen Linien war, verdeutlichen die Lebensbilder in: Wilhelm Pfeifer, Die Hohenlohe in Böhmen, Mähren und Österreich, in: Württembergisch Franken 63 (1979), S. 88–177. HZAN Gemeinschaftliche Archive GA 90, Leichenpredigten, I.1 Hohenlohe-Bartenstein, 3 Hohenlohe-Bartenstein, Karl Philipp; Nr. 199. S. 6. Adolf Fischer, Geschichte des Hauses Hohenlohe: Zunächst als Leitfaden beim Unterricht in hohem Auftrag entworfen und den Prinzen und Prinzessinnen des durchlauchtigen Gesamthauses gewidmet, 2 Bde. zu 2 Teilen, Öhringen 1866 (Band I), 1868 (Band II,1), 1871 (Band II,2). Hier: Band II, 2, S. 116. Hartmut Weber, Die Fürsten von Hohenlohe im Vormärz. Politische und soziale Verhaltensweisen württembergischer Standesherren in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Schwäbisch Hall 1977, S. 32. Aus dem Leben des Fürsten Karl Joseph zu Hohenlohe-Waldenburg-BartenteinJagstberg (Von ihm selbst dictiert im Jahre 1837, dem Hausgeistlichen Professor Schelkle), in: Archiv für Hohenlohische Geschichte, herausgegeben von Joseph Albrecht, Bd. 2, Öhringen 1870, S. 318 f. Auf S. 342 erwähnt Karl Joseph auch die 1796/97er Aufführung von Mozarts Zauberflöte in Bartenstein. Er selbst hatte darin den Part des Sarastro übernommen, während Ludwig Aloys in der Rolle des Tamino glänzte. HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 108. Ludwig Aloys an Karl Joseph, 10. August 1818. HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 87. Ludwig Aloys an Karl Joseph, 18. März 1816. Weber, Hohenlohe im Vormärz, S. 264 f. Pfeifer, Die Hohenlohe in Böhmen, Mähren und Österreich, S. 164. Vermutlich übernahm der Autor diese Formulierung aus: Constant von Wurzbach (Hg.), Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, Wien 1863. S.  193 f. Dort wird dieser Umstand allerdings in einer eher anerkennenswerten Weise darauf zurückgeführt, dass Ludwig Aloys zeitlebens ein frommer und wohltätiger Mann war.

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16 Aus dem Leben des Fürsten Karl Joseph, S. 314. 17 Gerhard Seibold, Hohenlohe und Frankreich. Ein Beitrag zur Geschichte des Fürstenhauses im 19. Jahrhundert, in: Württembergisch Franken 71 (1987), S. 21–57, hier S. 22. 18 Aus dem Leben des Fürsten Karl Joseph, S. 318. 19 Zu Oberbronn siehe Markus Wirth, Hohenloher Herrschaft im Elsass. Handlungsspielräume eines mindermächtigen Reichsstandes in geographisch entlegenen Besitzungen am Beispiel der Seigneurie Oberbronn, 1727–1789/93, Münster 2009; vgl. Eduard Haug, Aspekte der Französischen Revolution. Zu deren Ablauf im ehemals hohenlohischen Oberbronn (Unterelsaß), in: Württembergisch Franken 74 (1990), S. 295–403. 20 Wirth, Hohenloher Herrschaft im Elsass, S. 254 ff. 21 Ebda., S. 287 ff. 22 Die Legion Mirabeau war eine von Boniface Mirabeau geführte Emigrantenarmee, die sich während des Jahres 1791 auf den rechtsrheinischen Territorien des Bistums Straßburg formierte. Die Linien Hohenlohe-Bartenstein und Hohenlohe-Schillingsfürst übernahmen jeweils die Aufstellung eines Regiments. Bartenstein stellte ein Jägerregiment, Schillingsfürst ein Infanterieregiment. HZAN Archiv Niederstetten Ni 50 Bü. 83 und 84. Vgl. Seibold, Hohenlohe und Frankreich, S. 26 ff; Friedrich Karl zu Hohenlohe-Waldenburg, Über hohenlohisches Militärwesen, in: Württembergisch Franken 50, NF 40 (1966), S. 213–241, hier: S. 225 ff; Theodor Osterritter, Die französische Emigrantenlegion Mirabeau im Hohenloheschen, in: Württembergisch Franken 19 (1938), S. 105–112. 23 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 8, 1. 24 Im Fall des Fränkischen Kreises war es Ludwig Aloys selbst, der von seinem Vater nach Ansbach beordert wurde, um dort bei von Hardenberg, dem preußischen Minister und Kreisdirektor, für Aufnahme der Emigrantenkontingente zu werben. Eine erfolgreiche Mission, wie ein Brief von Hardenbergs an Ludwig Aloys vom 11. März 1792 beweist. HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 9. 25 Zitiert nach A. Debidour (Hg.), Recueil des Actes du Directoire Exécutif (ProcèsVerbaux, Arrêtés Instructions, Lettres et Actes Divers. Tome Troisième du 16 Messidor An IV au 15 Vendémiaire An V (4. Juillet – 6. Octobre 1796), Paris 1913, S. 339. 26 Für diesen Zeitraum sind nur wenige Lebensdokumente Ludwig Aloys’ erhalten. Die hier angegebenen Eckdaten stützen sich, so nichts anderes erwähnt, auf: Seibold, Hohenlohe und Frankreich, S. 35 f. 27 HZAN Archiv Bartenstein Ba 125, Bü. 166. Kopie des Gesuchs, ohne Ortsangabe und Datum. 28 Eine Abschrift des Vertrages, der auf den 3. Februar 1792 datiert ist, befindet sich in: HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 9,1. 29 Hohenlohe-Waldenburg, Über hohenlohisches Militärwesen, S. 228. 30 Ebda., S. 230. 31 Siehe Aus dem Leben des Fürsten Karl Joseph, S. 330. 32 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 26. Brief aus Prag vom 6. Dezember 1806.

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33 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 83, 17. Brief Ludwig Leopolds aus Bartenstein vom 4. März 1793. 34 Feldmarschall Graf von Ferraris lehnte im Namen des Kaisers den Vorschlag Ludwig Leopolds schließlich ab. HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 83, 17. Brief vom 12. Januar 1794. 35 Hohenlohe-Waldenburg, Über hohenlohisches Militärwesen, S. 232. 36 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 83, 21. Unter dem Datum vom 21. November 1795. 37 Aus dem Leben des Fürsten Karl Joseph, S. 337. Quintuplum: Das Fünfache der für einen Reichsstand festgelegten Reichsmatrikel, also dessen militärischen Beitrags im Kriegsfall. 38 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 83, 17. Brief Ludwig Leopolds aus Bartenstein vom 4. März 1793. 39 HZAN Archiv Bartenstein Ba 125, Bü. 170. Schreiben des Hofkriegsrats aus Wien vom 13. Juli 1799. 40 Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, S. 193 f. 41 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 10. Marche-Journal während des letzten Feldzugs in Italien vom 30. September 1805 bis 11. März 1806, verfasst von Hauptmann von Bequignoll. 42 HZAN Archiv Bartenstein Ba 125, Bü. 170. Ernennungsurkunde aus Wien vom 22. Februar 1806. 43 Georg von Alten (Hg.), Handbuch für Heer und Flotte, Bd. 4, Berlin u. a. 1912, S. 799. 44 HZAN Archiv Bartenstein Ba 30, Bü. 127. Denkschrift vom September 1795. 45 Vgl. dazu: Wirth, Hohenloher Herrschaft im Elsass, S. 45 ff. 46 Zitiert nach: Hans Bernhard Graf von Schweinitz, Die staatsrechtliche Stellung der Mediatisierten unter der Rheinbundverfassung in Württemberg, in: Württembergisch Franken NF 28/29 (1953/54), S. 269–286, hier S. 278. 47 Laut Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, S. 194, lehnte Ludwig Aloys sogar die Aufforderung Napoleons ab, dem Rheinbund beizutreten und so die Souveränität seines Fürstentums zu erhalten. Seibold, Hohenlohe und Frankreich, S. 36, erwähnt lediglich Versuche Napoleons, den Fürsten wegen seiner militärischen Fähigkeiten auf seine Seite zu ziehen. 48 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 108. Ludwig Aloys an Karl Joseph, 29. September 1806. 49 Ebda., Ludwig Aloys an Karl Joseph, 12. Dezember 1808. 50 Siehe Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, S. 194. 51 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 108. Ludwig Aloys an Karl Joseph, 22. Oktober 1810. 52 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 17. Ludwig Aloys an Karl August, 21. Februar 1810. 53 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 16. Karl August an Ludwig Aloys, 12. Juli 1810. 54 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 108. Ludwig Aloys an Karl August, 9. September 1811.

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55 Ebda., Ludwig Aloys an Karl Joseph, 12. Juni 1812. In einem Brief vom 20. Juni berichtete Ludwig Aloys jedoch, dass Zahlungen erfolgt sind und er mit Colloredo „gänzlich im reinen“ sei. 56 HZAN Archiv Bartenstein Ba. 125, Bü. 170. Ernennungsurkunde zum „Wirklichen Kämmerer“ vom 22. Dezember 1810. 57 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 108. Brief ohne Ortsangabe und Datum, wahrscheinlich um 1811. 58 Siehe Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, S. 194. 59 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 108. Ludwig Aloys an Karl Joseph, 30. ­Dezember 1813. 60 Ebda., Ludwig Aloys an Karl Joseph, 3. Februar 1814. Von Ludwig Aloys irrtümlich auf den 3. Januar datiert. 61 Siehe Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, S. 194. 62 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 108. Ludwig Aloys an Karl Joseph, 6. April 1814. 63 HZAN Archiv Bartenstein Ba 125, Bü. 170. Ernennungsurkunde zum Feldzeugmeister, ausgefertigt in Wien am 11. Mai 1814. 64 Vgl. dazu Carl Vollgraff, Die deutschen Standesherren. Ein historisch publicistischer Versuch, Giessen 1824, S. 431 f. 65 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 108, Ludwig Aloys an Karl Joseph, 17. Februar 1815. 66 Ebda., 23. Juni 1815. 67 Seibold, Hohenlohe und Frankreich, S.  40, geht von Zahlungen von weit mehr als 100 000 Livres aus. 68 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 84. Kopie eines Briefes des späteren Louis XVIII. an Ludwig Leopold zu Hohenlohe-Bartenstein vom 28. Mai 1795 aus Verona. 69 Die Bezeichnung Légion étrangère gibt es seit 1792. Ausländische Verbände hatten aber schon immer für die Krone Frankreichs gekämpft. Siehe dazu Jean Brunon et al., Le livre d’or de la Légion Étrangère (1831–1976), Paris 1976. S.19 ff. 70 Zur Geschichte und Zusammensetzung dieses Verbandes: Jean Vidalenc, Une formation originale dans l’Armée de la Restauration : La « Légion-Régiment-de-Hohenlohe », in: Revue d’Histoire Moderne et Contemporaine XI (1964), S. 31–56. 71 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 12. Schreiben aus dem Ministère de la Guerre mit der Ordonannce des Königs vom 9. Juni 1816. 72 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 108. Ludwig Aloys an Karl Joseph, 23. April 1818. 73 Ebda., Ludwig Aloys an Karl Joseph, 30. September 1818. 74 Ebda., Ludwig Aloys an Karl Joseph, 14. September 1820. 75 Ebda., Ludwig Aloys an Karl Joseph, 30. Januar 1823. 76 Ebda., Ludwig Aloys an Karl Joseph, Brief vom 6. September 1823. 77 Siehe Malettke, Die Bourbonen, S. 70. 78 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 6. Recueil des vers faits à l’occasion de l’heureux retour de S. A. S. le prince de Hohenlohe-Bartenstein. A Lunéville, de l’imprimerie de Guibal, 1824.

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79 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 108. Ludwig Aloys an Karl Joseph, 5. Juni 1825. 80 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 108. Brief vom 5. Januar 1827 aus Paris. Das „zähe Leben“, auf das Ludwig Aloys hier abhebt, bezieht sich auf den damals dreiundneunzigjährigen Charles du Houx, Marquis de Viomesnil (1734–1827), dessen Tod schließlich den Weg für den Hohenloher freimachte. 81 Ebda., Ludwig Aloys an Karl Joseph, 22. Februar 1827. 82 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 15. Brief des Kriegsministers Marquis Clermont Tonneree vom 8. März 1827. HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 108. Ludwig Aloys an Karl Joseph, 5. Januar 1827. 83 HZAN Archiv Bartenstein 125, Bü. 182. Brief des Präsidenten des Ministerrates de Villèle vom 5. November 1827. Der Titel war vererbbar und ging somit später auf Ludwig Aloys’ Sohn über. Dieser nahm jedoch aus nachvollziehbaren Gründen niemals an einer Sitzung der Kammer in Paris teil. Vgl. dazu A. Reverend, Titres, Anoblissements et Pairies de la Restauration 1814–1830, tome quartième, Paris 1904, S. 5 f. 84 HZAN Archiv Bartenstein 125, Bü. 182. Schreiben des Justizministers vom 2. Mai 1828. 85 Malettke, Die Bourbonen, S. 117. 86 Zitiert nach: Vidalenc, Une formation originale dans l’Armée de la Restauration : La « Légion-Régiment-de-Hohenlohe », S. 32. 87 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 108. Ludwig Aloys an Karl Joseph, 17. Juli 1828. 88 HZAN Archiv Niederstetten Ni 50, Bü. 27. Blankovordruck zur Verleihung des Phönixordens. Zur Bedeutung des Hohenloher Phönixordens in Frankreich siehe: Philippe Gain, Symbole d’une double fidélité monarchique et catholique : l’ordre allemand du Phénix de Hohenlohe ou la contre-révolution institutionnalisée, in : Revue Historique 293 ( Janvier – Mars 1995), S. 109–118. 89 Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, S. 193 f. 90 Brunon, Le livre d’or de la Légion Étrangère, S. 26. 91 Ebda., S. 20 f.

Deutsche Linie

Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1819–1901) Der letzte Patriot Olav Zachau

Chlodwig Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst war der zweite Nachfolger Bismarcks im Amt des Reichskanzlers. Als er 1900 in Ruhestand ging, waren die Reaktionen gespalten. Die Presse zeigte seine Verdienste auf, doch viele zeitgenössische Beobachter entwarfen nicht zuletzt in ihren Erinnerungen das Bild eines passiven Greises.1 Letzteres ist in der Forschung vielfach übernommen worden und beeinflusst das Bild des Fürsten bis heute2 – zu Unrecht: Unter den Hohenlohes hatte nur Constantin Hohenlohe als Oberhofmeister am habsburgischen Hof eine annähernd vergleichbare Karriere vorzuweisen, und bei näherer Betrachtung zeigt sich der Reichskanzler Chlodwig Hohenlohe als pflichtbewusster Patriot, der zum Schaden des eigenen Ansehens auf seinem Posten blieb, bis eine Nachfolgeregelung in seinem Sinne möglich war.

Jugend, Ausbildung und Familiengründung Chlodwig Carl Victor zu Hohenlohe-Schillingsfürst wurde 1819 in eine gemischt konfessionelle Familie geboren, Religion war für ihn daher stets etwas sehr persönliches, während er Politik aus säkularer Perspektive sah. Als jüngerer Sohn einer – für hochadelige Verhältnisse – nicht eben wohlhabenden Familie hatte er keine Aussicht auf ein reichliches Erbe und strebte eine Karriere im Staatsdienst an. Studien in Göttingen, Bonn und Heidelberg folgte ein juristisches Referendariat in Koblenz als Vorbereitung für den preußischen Staatsdienst. Dabei entwickelte der Prinz ein höchst charakteristisches, eher bürgerliches Arbeitsethos: „Nichts aber läßt einen gescheuten [sic], denkenden Menschen leichter in Melancholie verfallen, als das Bewußtsein, nichts mehr erstreben, wirken und schaffen zu können.“3 Chlodwig Hohenlohes Leben nahm eine abrupte Wende, als 1845 sein älterer Bruder Philipp Ernst starb und das Familienerbe neu aufgeteilt wurde.

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Während die jüngeren Brüder, Constantin und Gustav, sich anschickten, am Wiener Hof und in der Kurie Karriere zu machen, vereinbarten Chlodwig und Viktor Hohenlohe, dass Chlodwig das Fürstentum Schillingsfürst, Viktor das Herzogtum Ratibor und das Fürstentum Corvey übernehmen solle. Den Winter 1845/46 verbrachte Chlodwig Hohenlohe in tiefer Einsamkeit auf Schloss Schillingsfürst. Dort versank er ob der Trauer um Philipp Ernst, der ihm sehr nahegestanden hatte, und angesichts der Ungewissheit seines weiteren Lebensweges nach dem Ausscheiden aus dem preußischen Staatsdienst in eine zutiefst depressive Stimmung.4 Nicht zuletzt die Bekanntschaft der Prinzessin Marie zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg, die er 1847 ehelichte, sorgte dafür, dass der junge Fürst diesen inneren Tiefpunkt überwinden konnte.

Die Revolution 1848 und die Deutsche Frage Die Übernahme der Herrschaft Schillingsfürst gab neben Hohenlohes Privatauch seinem Berufsleben eine neue Richtung. Als Standesherr nahm er einen Sitz in der Bayerischen Kammer der Reichsräte ein, wo er schon bald in Gegensatz zur ultramontanen Partei geriet. Die Kompromisse, die ein Elternhaus mit einem katholischen Vater und einer protestantischen Mutter erforderte, ließen Chlodwig Hohenlohe die Positionen der Ultramontanen als Intoleranz und Leugnung der Leistungen der Aufklärung empfinden. Eine Zusammenarbeit mit dieser Partei würde bedeutetet haben, seine „theuersten Ueberzeugungen zu verleugnen“5. Stattdessen schloss er sich einer Gruppe liberaler Adeliger an. In diesen Kreisen befürwortete man auch eine Einigung Deutschlands, die Hohenlohe 1847 in einer Denkschrift als Voraussetzung für eine internationale Machtstellung des deutschen Volkes bezeichnete. Die Revolution von 1848 wurde für den Fürsten zum Erweckungserlebnis. Er begleitete die Vorgänge in Frankfurt vor Ort, misstraute dem Reformwillen der Fürsten einerseits und dem Hang des Bürgertums zur Radikalisierung6 andererseits. Er verzweifelte am sich abzeichnenden Scheitern der Revolution7, und befürchtete, die Zeit werde mit „einfältigen Schwätzereien“8 vertan. Schließlich übernahm er eine diplomatische Mission der Revolutionsregierung, um Staaten im Mittelmeerraum vom Amtsantritt des Reichsverwesers zu unterrichten. Erst im Ausland erlebte er deutlich den Unterschied zwischen den europäischen Großmächten und dem ungeeinten Deutschland, denn er fand bestenfalls diplomatische Vertretungen der Teilstaaten vor. Dies ließ ihn den Gedanken der Einheit doppelt hoch schätzen.9 Daran hielt Hohenlohe auch nach dem Scheitern der Revolution fest, denn „alle übrigen Fragen verschwinden vor der deutschen Frage“10. Eine großdeut-

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sche Lösung hielt er für „unpraktisch und unmöglich“11. Die einzige gangbare Alternative sei ein „Bundesstaat unter Preußen und Bündnis mit Österreich“12. Neben dem politischen schmerzte den Fürsten auch der berufliche Stillstand der 1850er Jahre. Später bekannte er, er habe befürchtet, sein Leben mit der „Sortierung von goldenen Dosen und Weihnachtsgeschenken“13 beschließen zu müssen. Aus landespolitischer Perspektive betrachtete er die deutsche Frage zunehmend unter dem Aspekt der Rolle Bayerns, besonders beschäftigte ihn die Idee einer „Trias“: einer Reform des Deutschen Bundes mit Österreich, Preußen und den Mittelstaaten unter bayerischer Führung als dritter Kraft. Als die britische Königin Victoria sich mit der Bitte um Informationen über die Lage in Deutschland an Chlodwig Hohenlohe wandte, tat sie das nicht nur, weil er ein Freund ihres verstorbenen Mannes gewesen war14, sondern auch weil er ein Kenner der sich nun rasch verändernden Situation war. Folgerichtig konzentrierte er sich in seiner an sie gerichteten Darstellung auf die deutsche Frage und deren Brennpunkt, Schleswig-Holstein.15 Überdies behandelte er detailliert die Machtentwicklung in Deutschland und die Rolle der Mittelstaaten. Die Trias hielt er 1865 für unrealistisch ebenso wie die Chancen für eine deutsche Einigung unter Preußen: dies wäre nur möglich „infolge einer ganz besonders günstigen Konstellation der europäischen Lage […] und nur dann, wenn Oesterreich von der Karte von Europa verschwände“16. Einerseits sah Chlodwig Hohenlohe ganz zutreffend die Hindernisse, die sich Preußen auf dem Wege der Einigung entgegenstellten, andererseits unterschätzte er – so wie viele – den Willen und die Fähigkeiten des preußischen Ministerpräsidenten Bismarck, diese Hindernisse zu überwinden. Der Fürst Hohenlohe musste nun die Neuordnung der politischen Verhältnisse begleiten. Dabei wollte er ein preußisches Übergewicht vermeiden und war daher auch nicht bereit, eine Verdrängung Österreichs aus Deutschland hinzunehmen. Die Trias erschien daher als erstrebenswert, und noch kurz vor Ausbruch des deutsch-österreichischen Krieges 1866 hatte Hohenlohe angesichts der Konfrontation der beiden deutschen Großmächte die Mittelstaaten – das „dritte Deutschland“ – im Aufwind gesehen.17 In der bayerischen Kammer der Abgeordneten unterstützte er jedoch einen Antrag, der im Hinblick auf eine deutsche Einigung einen engen Anschluss an Preußen mit einer einheitlichen parlamentarischen Vertretung forderte. Zwar befürchtete Hohenlohe, damit die Chancen auf seine Berufung in die Regierung zu schmälern, weil bei Hofe eine partikularistisch-bayerische Strömung vorherrschte, doch hielt er sich charakteristischerweise dazu verpflichtet, nicht gegen seine bekannte Überzeugung zu stimmen.18 Offenbar war es ihm auch wichtiger, seine Stimme zugunsten der Einheit zu erheben, als am Konzept der Trias festzuhalten. Die angesichts der preußischerseits geschaffenen Realitäten alternativlose

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Anlehnung an Norddeutschland vertrat Chlodwig Hohenlohe auch noch im November 1866 in einem Gutachten, das sich gegen die abwartende Politik des Ministerpräsidenten v. d. Pfordten richtete.19 Auch wenn sich die Einigung Deutschlands zu dieser Zeit am historischen Horizont abzuzeichnen begann, war der Weg dorthin noch unklar. Im Sinne einer Vorbereitung für die Einigung sah Chlodwig Hohenlohe für Bayern zwei Aufgaben: Erstens eine Allianz mit einer europäischen Großmacht, nämlich Preußen, und zweitens eine Vereinheitlichung der gesetzlichen Bestimmungen auf allen Gebieten in allen deutschen Staaten.20 Zugleich machte die sich immer mehr zugunsten Preußens verschiebende Machtbalance den in Bayern als Preußenfreund verschrienen Fürsten zunehmend hoffähig, und nach dem verlorenen Waffengang an Österreichs Seite verlangte auch die Öffentlichkeit eine stärkere Anlehnung Bayerns an den erstarkenden Staat im Norden. Am 31.12.1866 ernannte König Ludwig II. Hohenlohe zum bayerischen Ministerpräsidenten und Minister des Auswärtigen.

Bayerischer Ministerpräsident 1866–1870 Nach seiner Ernennung erfuhr Hohenlohe, dass der erste Punkt seines Programms durch die Defensivbündnisse Preußens mit den Mittelstaaten bereits erfüllt war. Er ging nun daran, auch den zweiten Punkt umzusetzen. Bei den Stuttgarter Konferenzen Anfang Februar 1867 erreichte Hohenlohe eine Verständigung der süddeutschen Staaten darauf, deren Wehrverfassungen nach preußischem Vorbild neuzugestalten. Dabei fand er im Großherzog Friedrich von Baden einen Verbündeten, der ihm bis ans Lebensende erhalten bleiben sollte. Im Zuge der Vereinheitlichung galt es auch, die bayerische Militärstrafprozessordnung zu reformieren. Nach modernen juristischen Prinzipien erlaubte sie erstmalig eine öffentliche Verhandlung, in der sich Beschuldigter und Ankläger begegneten21. Dies muss aus zwei Gründen erwähnt werden. Das bayerische Zentrum wandte sich gegen die mit der Reform verbundene liberale Rechtsauffassung, was ein Vorgeschmack der ultramontanen Opposition gegen Hohenlohe war. Außerdem sollte diese Reform als Teil der bayerischen Reservatrechte im Kaiserreich bestehen bleiben und bei der Diskussion um eine Strafprozessordnung für das Reichsheer ein Leitthema der Kanzlerschaft Hohenlohes sein. Auch in der Folgezeit gab Chlodwig Hohenlohe den Gedanken an die Trias nicht auf. Er hoffte vielmehr, Österreich den Weg nach Deutschland offenhalten zu können.22 Darin waren sich die württembergische und die bayerische

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Regierung einig.23 Allerdings war ihm auch klar, dass weder Baden noch Hessen ohne die Zustimmung Preußens einem süddeutschen Bund beitreten würden.24 Der Fürst war dabei im Widerspruch zwischen der relativen Schwäche Bayerns einerseits und dem partikularen Stolz auf die eigene, bayerische Identität andererseits gefangen. Der zweite Gesichtspunkt war in der bayerischen Öffentlichkeit und bei Hofe weit verbreitet. In der Umgebung des Königs Ludwig II. hatte der „Preußenfreund“ Hohenlohe kaum Freunde. Dennoch hoffte Hohenlohe, Süddeutschland zum Bindeglied zwischen Österreich und Preußen machen zu können, so dass ein wenn auch lose organisiertes Deutschland militärisch imposant genug wäre, um „dem gegenwärtigen Kriegsschwindel dauernd ein Ende zu machen“25, also einen drohenden Krieg mit Frankreich zu verhindern. Letztlich musste er jedoch erkennen, dass ein Bund der süddeutschen Staaten nicht zu erreichen war, obwohl er auch 1870 noch „das eigentliche Ziel, welches ein bayerischer Minister erstreben muß, [darin sah,] eine möglichst nahe Verbindung der süddeutschen Staaten [im Sinne der Trias] und ein gemeinsames Handeln derselben in allen politischen Fragen anzubahnen.“26 Dem standen in Bayern nicht zuletzt die ultramontanen Katholiken als politische Hauptgegner des Ministerpräsidenten Hohenlohe entgegen, da sie in der deutschen Frage eine bayerisch-partikularistische Position vertraten. Die Gegensätze waren unüberbrückbar. Chlodwig Hohenlohe äußerte 1866: „Während meiner nun zwanzigjährigen politischen Laufbahn habe ich mich in manchen politischen Fragen mit der Parthei, die bisher i.[n] B.[ayern] als die katholische galt, in Widerspruch befunden; ich muß befürchten, dass dies auch in Zukunft der Fall sein wird.“27 Im Gegenzug warf die klerikale Seite dem Fürsten vor, sein Programm bestehe aus Phrasen und er selbst sei ein politischer „Dilettant“28. Sie konzentrierte sich auf die „Selbständigkeitsfrage“ Bayerns, um „die innere Politik in den Hintergrund zu drängen“29, was Hohenlohe politisch in Bedrängnis brachte. Er vermutete zudem, die Ultramontanen wollten Bayern einseitig mit der katholischen Schutzmacht Österreich – und nicht Preußen – verbinden.30 Es kam erschwerend hinzu, dass die Kirchenpolitik zusätzlichen Konfliktstoff lieferte. Der jüngere Bruder des Fürsten, Kardinal Gustav Hohenlohe, hatte sich von Papst Pius IX. entfremdet und bestärkte Chlodwig Hohenlohe in seiner kritischen Sicht der Kirche, insbesondere des Jesuitenordens. 1864 hatte Hohenlohe gegen den päpstlichen Syllabus Errorum, der sich unter anderem gegen die säkulare Entwicklung des modernen Staates richtete, Stellung bezogen. Als 1867 die katholischen Mächte eine Initiative starteten, um die territorialen Rechte des Papstes zu wahren, unterstützte das von Hohenlohe regierte Bayern dieselbe nur pro forma.31 Und nach Ankündigung jenes Kon-

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zils, das das Unfehlbarkeitsdogma beschließen sollte, rief Chlodwig Hohenlohe öffentlich zu einer europäischen Gegenaktion auf. Der scharfe Gegensatz Chlodwig Hohenlohes zu den bayerischen Ultramontanen überschattete seine Regierungszeit und läutete auch deren Ende ein. Der Wahlkampf 1869 wurde seitens der katholischen Partei gegen das neue liberale Schulgesetz geführt und führte zu einer Niederlage der Regierung. Dabei verdichtete sich ein weitverbreitetes Unbehagen jener, die jegliche Veränderung – gesellschaftlicher ebenso wie politischer Art – fürchteten. Hohenlohe sah sich genötigt, sein Amt aufzugeben, hoffte jedoch, ministrabel zu bleiben.32 Es gehörte sicherlich zu seinen bitteren Erfahrungen, dass seine Bemühungen, die Einheit mit einem Mindestmaß an Eigenständigkeit für die deutschen Mittelstaaten zu verbinden, an der Politik Bismarcks scheiterten und ihr zugleich den Weg bereiten halfen, während er selbst im entscheidenden Moment abseits stand. Das Ansinnen, Ludwig II. solle dem Preußenkönig die Kaiserkrone anbieten, hielt er für „Komödie“33, die zu spielen nur lohne, wenn es dafür Konzessionen gebe. Die Art und Weise, wie Bayern sich seinem Schicksal ergab, sah Hohenlohe als Demütigung34, doch fand er auch, „dass wir uns unsäglich blamieren würden, wenn wir in Deutschland den Moment der endlichen Einigung ungenutzt vorübergehen ließen“35. Die Einigung war Hohenlohe letztlich doch wichtiger als die Gleichberechtigung der Mittelstaaten. Die Politik des preußischen Ministerpräsidenten Bismarck war zu wirkungsmächtig und das dritte Deutschland zu uneins, als dass mehr als einige Reservatrechte zu haben waren.

Botschafter und Statthalter 1874–1894 Hohenlohes Hoffnung, bald wieder ein Regierungsamt in Bayern zu erhalten, erfüllte sich nicht. Stattdessen ging er als Reichstagsabgeordneter nach Berlin. Seine Chance kam erst vier Jahre nach seiner Entlassung in München, als sich der deutsche Botschafter in Paris mit Bismarck überwarf. Der Botschafter in Paris vertrat das junge Reich bei einer gedemütigten und gelegentlich revanchelüsternen Großmacht, was besonderen Takt verlangte. Chlodwig Hohenlohe erfüllte diese Aufgabe mit dem ihm eigenen weltläufigen Charme und Diskretion. Dass er das Französische mühelos beherrschte, erleichterte ihm seine Aufgabe. Bismarck wusste diese Leistung und den Fürsten zu schätzen36, Kaiser Wilhelm I. ebenfalls.37 So war er nicht nur als Botschafter, sondern auch als Vertreter des Reichskanzlers im Gespräch.38 1878 begleitete Hohenlohe als deutscher Vertreter den Berliner Kongress und 1880 war er mehrere Monate als Interimsstaatssekretär im Auswärtigen Amt, kehrte dann aber nicht zuletzt aus

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finanziellen Erwägungen nach Paris zurück, obwohl Bismarck ihn wohl gerne in Berlin gehalten hätte. Die Pariser Zeit erlaubte es Hohenlohe, personelle Kontakte zu knüpfen, die sich für seine weitere Laufbahn als entscheidend erweisen sollten. Zu seinen Mitarbeitern zählten zeitweise Friedrich v. Holstein, später die „graue Eminenz“ des Auswärtigen Amtes, Philipp zu Eulenburg, einer der Protagonisten des „persönlichen Regiments“39 Wilhelms II., Bernhard v. Bülow, später Staatssekretär des Äußeren und Hohenlohes Nachfolger als Reichskanzler, Max v. Thielmann, der 1897 Staatssekretär des Reichsschatzamtes wurde, und schließlich Bogdan v. Hutten-Czapski, ein Graf polnischer Abstammung, der die Nähe Hohenlohes suchte und diesem wiederholt weniger als Ratgeber denn als Helfer diente.40 Nach dem Tod des Statthalters der Reichslande Elsaß-Lothringen, Generalfeldmarschall Manteuffel, 1885 wechselte Chlodwig Hohenlohe als dessen Nachfolger von Paris nach Straßburg. Dies erlaubte ein größeres personelles Revirement im diplomatischen Dienst zugunsten von Bismarcks Sohn Herbert, der die Leitung des Auswärtigen Amtes übernahm. Für Hohenlohe war der Wechsel dienstlich ein Aufstieg zur höchsten – auch höchstbesoldeten – Beamtenstelle des Reiches, den er persönlich jedoch nicht ohne Vorbehalte unternahm. Schließlich war er bereits 66 Jahre alt und bedauerte, die Weltstadt mit der Provinz vertauschen und sich noch einmal ganz neu orientieren zu müssen.41 Seine repräsentativen Aufgaben fand er zunächst anstrengend, „das métier de roi [ist] ein fichu métier“42. Doch bald machte er sich durch eine leichte Hand bei den Regierungsgeschäften und durch seine Liebenswürdigkeit beliebt43 und entwickelte eine große Zuneigung zu Elsaß-Lothringen, indem er Patriotismus mit landesväterlicher Güte verband.44 Allerdings musste er auch feststellen, dass die politische Situation in dem Frankreich entrissenen Land nicht ohne Tücken war, insbesondere wenn man unter einem Bismarck Statthalter war. Angesichts der Proteststimmung im Land, die sich 1887 in einem für die Reichsleitung desaströsen Wahlergebnis niederschlug, forderten konservative, nicht zuletzt militärische Kreise in Berlin ein energisches Durchgreifen in den Reichslanden: Aufteilung des Landes unter die süddeutschen Bundesstaaten oder Abschaffung des Wahlrechts. Auch Bismarck schien dazu zu neigen, die Verwaltungsdiktatur der 1870er Jahre zu erneuern, was zugleich die Abschaffung des Statthalterpostens bedeutet hätte. In einer Unterredung Hohenlohes mit dem Reichskanzler konnte allerdings eine weitgehende Einigkeit bezüglich der notwendigen Maßnahmen erzielt werden, ohne dass eine Verfassungsänderung ins Auge gefasst wurde. Jene Maßnahmen zielten insbesondere darauf, den französischen Einfluss in ElsaßLothringen einzudämmen. Diese Einigung erleichterte nicht zuletzt den Kai-

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ser. Wilhelm I. äußerte gegenüber Hohenlohe, „nur weil die Wahlen schlecht ausgefallen sind“, lohne es nicht, „alles wieder umzustürzen“45. Es war dann auch die fortgesetzte Unterstützung Wilhelms I., die es Hohenlohe ermöglichte, die mit Bismarck besprochene Vorgehensweise umzusetzen. Dies stellte nicht nur für Hohenlohe einen Erfolg dar, sondern auch für die Integrationsarbeit in Elsaß-Lothringen. Ein Umsturz des politischen Systems dort hätte erhebliche negative Folgen gehabt.46 Allerdings titulierten radikale Kreise den Fürsten Hohenlohe wegen des schärferen Regierungskurses in Anlehnung an die spanische Schreckensherrschaft in den Niederlanden im 16. Jahrhundert als „Herzog von Alba“47, obwohl er sich dem Wunsch Bismarcks nach der Einführung eines Passzwangs als einer zu harten Maßnahme widersetzte. Die Möglichkeit eines Rücktritts verwarf er, weil er hoffte, in der Position des Statthalters der Regelung die Spitze nehmen zu können und Schlimmeres verhüten zu können.48 Letzteres war ein wiederkehrendes Motiv, das auch Hohenlohes Kanzlerschaft beeinflussen sollte. Zunächst sah es so aus, als sollte Chlodwig Hohenlohe seine Laufbahn auf diesem ehrenvollen und hochdotierten Posten beschließen. Den Thronwechsel von 1888 begleitete er mit Bangen49 und dann wachsender Hoffnung bezüglich Wilhelms II.50, den Kanzlerwechsel 1890 einerseits unsentimental, andererseits in Sorge bezüglich eines Wechsels des auswärtigen Kurses. Zugleich machte er deutlich, dass er für dieses Amt zu alt sei51 und war mit der Ernennung des Generals Caprivi, der ihn um seinen Rat bei der Besetzung des Auswärtigen Amtes bat, sehr zufrieden.52 Das Verhältnis Chlodwig Hohenlohes zum Kaiser war auf persönlicher Ebene sehr positiv: Hohenlohe fühlte sich von Wilhelms II. lebendiger Art an dessen Großvater, seinen Studienfreund, Prinz Albert, erinnert53, und der Kaiser seinerseits zeigte sich dem Fürsten gegenüber ausgesprochen freundlich.54 Dienstlich hingegen fand Hohenlohe es zunächst schwierig, mit seinen Ansichten durchzudringen, und machte dafür den Einfluss Bismarcks verantwortlich.55 In den folgenden Jahren musste Hohenlohe zudem die weniger erfreulichen Seiten der „allerhöchsten“ Persönlichkeit erkennen, so z. B. anlässlich der sogenannten Erfurter Rede Wilhelms II., in der er unpassende Bemerkungen zur deutsch-französischen Geschichte machte. Beim Statthalter löste derlei Leichtsinn „Bestürzung“56 aus. Als Hohenlohe am 26.10.1894 zusammen mit Ernst Matthias von Köller, Unterstaatssekretär für Elsaß-Lothringen, telegrafisch nach Berlin beordert wurde, erfuhr er erst in Frankfurt aus einem Extrablatt, dass der Reichskanzler Caprivi entlassen worden war.

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Reichskanzler 1894–1900 Bereits die Vorgänge bei Chlodwig Hohenlohes Ernennung deuten auf die Schwierigkeiten hin, die ihm bei seiner Tätigkeit begegnen sollten. Seine Berufung hatte er der Fürsprache verschiedenster Personen zu verdanken. Die vielzitierte „graue Eminenz“ der Außenpolitik, Friedrich von Holstein, war ebenso darunter wie der Kaiser-Intimus Philipp Eulenburg sowie der Großherzog Friedrich von Baden. Sogenannte „unverantwortliche“57 Ratgeber nahmen auch im Folgenden Einfluss auf die offizielle Politik. So versuchte Holstein, den Fürsten noch während seiner Reise nach Berlin zu erreichen, um Einfluss auf die Zusammensetzung des Staatsministeriums und der Reichsleitung zu nehmen.58 Wilhelm II. seinerseits verkündete schon am 26.10.1894 die Bestallung Köllers zum preußischen Innenminister, noch bevor Hohenlohe die eigene Ernennung hatte annehmen können. Bei den Personalfragen zeigten sich grundsätzliche Verwerfungen zwischen Kaiser und Kanzler. Wilhelm  II. hoffte, eine konservative Regierung würde gegen die Umsturzgefahr von links handeln. Hohenlohe dagegen wünschte sich eher gemäßigte Mitarbeiter. Er konnte den Staatssekretär des Äußeren, Marschall von Biberstein, den weder die Konservativen noch der Kaiser schätzte59, halten. Dagegen setzte sich Wilhelm II. im Falle des preußischen Innenministers, Köller, durch, obwohl Hohenlohe dessen Eignung für ein hohes Amt bezweifelte.60 Bezeichnenderweise legte Wilhelm II. auf die Ernennung Köllers wert, weil er auf ihn zählte, „wenn einmal mit Gewalt eingeschritten werden müsse“61. Der Gegensatz zwischen Preußen als weitaus größtem deutschen Staat und dem Reich verdichtete sich im Zwiespalt zwischen dem Reichskanzler, Hohenlohe, und dem preußischen Finanzminister, Miquel. Jener stand konservativ-preußischen Kreisen nahe, die einen süddeutschen Katholiken als Reichskanzler und preußischen Ministerpräsidenten äußerst skeptisch sahen, und er war bemüht, seinen Einfluss auf die Reichspolitik auszudehnen. So versuchte er im Mai 1895 durchzusetzen, dass Mehrbedürfnisse der Reichsressorts dem Reichsschatzamt und dem preußischen Finanzministerium zugleich vorzulegen seien. Hohenlohes Position war also problematisch, was sich bei den verschiedensten Gelegenheiten zeigen sollte. Damit Chlodwig Hohenlohe das Amt annahm, bedurfte es einer Regelung, die den Unterschied zwischen der hochdotierten Position des Statthalters und dem deutlich schlechter bezahlten Kanzlerposten ausglich. Hohenlohes Leben war von finanziellen Sorgen geprägt: Zwar verfügte seine Frau über ein erhebliches Vermögen, aber sie sorgte auch für erhebliche Ausgaben.62 Hinzu kam die finanzielle Unterstützung mehrerer Kinder und auch des Kardinals Hohenlohe, der dazu neigte, über seine Verhältnisse zu leben.63 Die gewaltigen Lände-

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reien, die die Fürstin Ende der 1880er Jahre im Westen Russlands erbte, mussten, weil Ausländern Landbesitz dort nicht erlaubt war, innerhalb kurzer Zeit und daher mit deutlichem Wertverlust verkauft werden, so dass Chlodwig Hohenlohe ausschloss, vom Reichskanzlergehalt in Berlin leben zu können. Die tatsächliche Lösung ist nicht mehr ganz zu rekonstruieren. Eine Schenkung des Kaisers an Hohenlohe wurde wohl vermieden. Stattdessen scheint er auf Kredit gelebt zu haben mit dem Versprechen, dass seine Verluste nach seiner Entlassung ausgeglichen würden. Er zog daher keinen finanziellen Gewinn aus seiner Amtszeit, allerdings wurde Chlodwig Hohenlohes gering entwickelte Konfliktfreudigkeit dadurch zusätzlich gezügelt, zumal ihn seine Familie bedrängte, seinen Einfluss in ihrem Sinne zu nutzen.64 Ein zentrales Thema der Zeit war die Kolonialpolitik. Hohenlohe sah die Kolonialfrage als „eine nationale“: „Sie ist dem erstarkten Nationalgefühl entsprungen, welches nach Gründung des Reichs ein Feld der Thätigkeit für das gekräftigte nationale Empfinden suchte.“65 Dabei ging es Chlodwig Hohenlohe um die Bewahrung des deutschen Kolonialbesitzes, nicht um seine Erweiterung. Der aggressive Nationalismus, der zum Beispiel den Alldeutschen Verband umtrieb, war Hohenlohe fremd. Bei der Entstehung der berüchtigten Krügerdepesche66, die das anglo-deutsche Verhältnis nachhaltig schädigte, sind die Verantwortlichkeiten innerhalb der deutschen Führung kaum noch rekonstruierbar67, allerdings war das so unklug formulierte Telegramm wohl das „kleinere Übel“68 angesichts der von Wilhelm II. geforderten Maßnahmen bis hin zu militärischer Intervention. Hohenlohe hat allem Anschein nach versucht, den Kaiser zu besänftigen und die endgültige Version des Telegramms nicht einmal gegengezeichnet.69 Selbst den von Wilhelm II. geforderten Erwerb einer Kohlestation in Ostasien behandelte Chlodwig Hohenlohe eher zögerlich.70 Ausweiten wollte Hohenlohe nur den deutschen Außenhandel71, ein Motiv, das seine Einstellung zur Kolonialpolitik bereits auf seiner Mittelmeerreise 1848/49 geprägt hatte. Eng mit der Kolonialpolitik verbunden war die Flottenfrage. Hohenlohe bezeichnete die Flotte als notwendiges Instrument für den Schutz des deutschen Außenhandels und plädierte für eine Erweiterung des Flottenbestandes auf eine gewisse Mindeststärke.72 Ähnlich moderat warb Hohenlohe 1895 für die Flottenvorlage seines Staatssekretärs Hollmann. Die deutsche Machtstellung sei ohne eine Flotte errungen worden, doch zu ihrer Aufrechterhaltung sei sie unabdingbar. „Wollen wir unsere weitere gedeihliche Entwicklung auf wirthschaftlichem Gebiete und unsere Stellung im Konzert der Mächte sichern, so müssen wir auch hier ein wenn auch bescheidenes Wort, jedenfalls aber ein deutsches Wort mitzureden haben.“73 In der Flottenfrage vereinigten sich für Hohenlohe die Motive Handel, Macht und Prestige. Dennoch wollte

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er sich nicht durch populäre Forderungen nach einer Flottenvermehrung vereinnahmen lassen. Als Wilhelm II. die aufgeheizte Stimmung nach der Krügerdepesche benutzen wollte, um der Flottenidee die Unterstützung des breiten Publikums zu verschaffen, machte Hohenlohe Bedenken geltend. Stimmungsmache war nicht Chlodwig Hohenlohes Sache. Zudem befürchtete er im Zusammenhang mit der Flottenfrage, vorhandene Staatsstreichtendenzen74 zu verstärken.75 Hohenlohe schauderte vor dem, was Wilhelm II. unter dem Einfluss seiner preußisch-militärischen Umgebung womöglich tun würde. Angesichts des Temperaments Wilhelms II. stand weniger ein konsequenter Coup d’État als ein spontaner Handstreich zu befürchten. Die Folgen waren für Hohenlohe unzweifelhaft: ein Bürgerkrieg, der Frankreich Gelegenheit zur Revanche gäbe, und letztlich der Zerfall des Reiches.76 Die Art und Weise, wie er sich gegen die Wünsche des Kaisers zur Wehr setzte, ist ein typisches Beispiel für den Umgang Hohenlohes mit seinem ungeduldigen Herrn.77 Der Kanzler bat meist um Bedenkzeit und legte Einwände erst später vor in der Hoffnung, dass sich die kaiserliche Aufregung bis dahin etwas gelegt hatte. In der Flottenfrage beriet sich Chlodwig Hohenlohe mit dem Staatssekretär Hollmann sowie führenden Reichstagsmitgliedern und machte dann dem Kaiser klar, dass Sonderforderungen die Annahme des regulären Marineetats gefährden würden.78 Wilhelm II. war enttäuscht, aber Hohenlohe konnte sich durchsetzen.79 Anders ging er im Falle der sogenannten Umsturzvorlage, einem gegen die Sozialdemokratie gerichteten Ausnahmegesetz vor. Innenminister Köller engagierte sich in besonderer Weise für die Vorlage, während Hohenlohe es ablehnte, „Konfliktspolitik [sic]“80, d. h. eine gegen den Reichstag gerichtete Politik, zu betreiben. Dennoch trat er offiziell für den Entwurf ein, auch um die Stimmen der Konservativen für eine Reform der Militärstrafprozessordnung zu gewinnen. Nachdem das Zentrum, zu dem Hohenlohe stets ein gespaltenes Verhältnis hatte, aus der Umsturzvorlage ein Gesetz zum Schutz der Kirche gemacht und dessen ursprünglichen Zweck verwässert hatte, konnte Hohenlohe die Differenz zwischen den Entwürfen betonen, anstatt zu vermitteln, wie es sonst seine Art war. Schließlich fielen alte und neue Versionen der Vorlage bei wechselnden Mehrheiten im Reichstag durch. Hohenlohe war die unliebsame Vorlage los und hatte zugleich demonstriert, wie zerstritten der Reichstag war. Dieses Taktieren war charakteristisch für Chlodwig Hohenlohes zwiespältiges Verhältnis zum Reichstag. Das allgemeine Wahlrecht, für Hohenlohe die „Knechtschaft des Massenstimmrechts“81, hatte der Bevölkerung einen Einfluss gegeben, den der Fürst nicht guthieß. Überdies waren die sogenannten „nationalen Parteien“, insbesondere die Konservativen, nur bedingt kompromissfähig,

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so dass er versuchte, das Zentrum, auf seine Seite zu ziehen, weil es im Reichstag eine entscheidende Position hatte und zumindest mehrheitlich „monarchisch gesinnt“82 sei. Ironischerweise beschleunigte Hohenlohe damit die Demokratisierung des politischen Systems, die er gerne revidiert hätte, wobei er hoffte, der Reichstag würde sich letztlich durch seine Uneinigkeit desavouieren.83 Doch zunächst steigerten sich die Gegensätze innerhalb des preußischen Staatsministeriums84 zur Köllerkrise. Im Zusammenhang mit der Umsturz­ vorlage hatte Köller, ganz Günstling Wilhelms II., mehrfach ein strenges Vorgehen gegen die Sozialdemokratie gefordert, ohne dafür im Ministerium Unterstützung zu finden85, und bremste seinerseits die Reform der Militärstrafprozessordnung. Diese beschäftigte Reichsleitung und Reichstag schon seit 1869, doch mit Rücksicht auf das Militär und die Monarchen war bis dahin jegliche Modernisierung unterblieben. In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre wurde das Problem akut, weil die Öffentlichkeit die Intransigenz der Reichsleitung immer heftiger kritisierte. Zudem hatte Hohenlohe als bayerischer Ministerpräsident bereits 1869 eine entsprechende Reform für die bayerische Armee durchgeführt. Er fühlte sich verpflichtet, den diesbezüglichen Erwartungen zu entsprechen86, aber Wilhelm II. lehnte jede Einschränkung seiner königlichen Rechte ab, da er die Armee als einen Grundpfeiler seiner Herrschaft betrachtete. Besonders der Teil des Entwurfs, der die Öffentlichkeit der militärischen Rechtsprechung regelte, erregte seinen Unwillen. Hohenlohe seinerseits war aber fest entschlossen, die Reform zu verwirklichen, und versprach am 18.5.1896 im Reichstag eine Reform der Militärstrafprozessordnung nach den „Grundsätzen der modernen Rechtsanschauungen“.87 Dies trug ihm einen kaiserlichen Tadel88 ein, weil die Erklärung Hohenlohes im Wortlaut von einer Vorgabe Wilhelms II. abwich. Doch während Hohenlohe sonst jedes undiplomatische Wort vermied, ließ er den Kaiser nun unmissverständlich wissen: „Ich bin nicht Kanzleirat, sondern Reichskanzler und muß wissen, was ich zu sagen habe.“89 In seiner Ablehnung der Reform fand Wilhelm II. Unterstützung bei Köller, der versuchte, sich auf Kosten seiner Kollegen zu profilieren.90 Dies vergiftete die Atmosphäre im Ministerium und durch einen Artikel in den Münchener Neuesten Nachrichten vom 4.11.1895, der detaillierte Informationen über eine geheime Sitzung des preußischen Staatsministeriums enthielt, kam es zum Eklat. Wilhelm  II. vermutete, Kriegsminister Bronsart wolle ihn durch die Presse unter Druck setzen. Tatsächlich war das Leck ausgerechnet im Innenministerium gewesen, und Köller musste Indiskretionen eingestehen. Auf Beschluss des Ministeriums bat Hohenlohe den Kaiser, Köller zu entlassen, weil seine Kollegen ihm nicht mehr vertrauten.

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Diese Forderung führte nun zu einer Vertrauenskrise zwischen Wilhelm II. und Hohenlohe. Ersterer lehnte es brüsk ab, sich dem Willen des Ministeriums zu beugen, und betrachtete dessen Ansinnen als erneuten Vorstoß gegen seine königlichen Prärogative. Hohenlohe schrieb daraufhin sein Entlassungsgesuch91, das er aber nicht abschickte, um dem Kaiser kurz vor der Eröffnung des Reichstags „Verlegenheiten“92 zu ersparen. Allerdings blieb Köller durch die Haltung seiner Kollegen kaum eine Wahl, als selbst seinen Abschied zu nehmen. Die Enttäuschung des Kaisers über Hohenlohe und das Ministerium entlud sich in einer scharfen Rüge93, obwohl Hohenlohes Pflichtgefühl eine Steigerung der Köller- zur Kanzlerkrise verhindert hatte.94 Die Auseinandersetzungen zwischen Kaiser und Ministerium spiegeln sich in den gegensätzlichen Positionen unverantwortlicher Ratgeber hinter den Kulissen. Im Auswärtigen Amt drängte Holstein immer wieder zur Härte gegenüber dem Kaiser95, man müsse Hohenlohe dazu bringen, „dem Kaiser gegenüber den Reichskanzler herauszukehren“96. Eulenburg fürchtete dagegen, dass das Ministerium den Sieg in der Köllerkrise „ausbeuten“97 und mehr Druck auf Wilhelm II. ausüben könnte. Er schrieb an Holstein: „Um Gottes Willen vermeiden Sie das!“98 Hohenlohe, dem schon von Natur aus wenig an einer Konfrontation mit dem Kaiser lag, hielt sich mehr an die Empfehlung Eulenburgs, der zu jener Zeit ein wichtiger Vermittler zwischen Kaiser und Kanzler war. Später allerdings wandte sich Hohenlohe vehement gegen dessen Einflussnahme und hielt ihn für einen „Erzlump“99. Das Pflichtbewusstsein, das Hohenlohe während der Köllerkrise zeigte, war nicht nur ein wichtiger Grund gewesen, sein Amt anzunehmen100, sondern auch, es nicht wieder abzugeben. Die häufigen Überreaktionen des Kaisers erschwerten die Regierungsarbeit, doch war die Köllerkrise ein seltenes Beispiel für eine einheitliche Haltung der Minister.101 Hohenlohes Auffassung von Ehre, die von der Treue zu seinem Dienstherrn abhing, ließ ihn eine Konfrontation mit dem Kaiser vermeiden: Eine solche wäre angesichts der Abhängigkeit des Kanzlers vom Vertrauen des Kaisers entweder fehlgeschlagen oder hätte zu einer Unterwerfung des Monarchen führen müssen. Doch „gewissermaßen als Sieger über den besiegten Kaiser zu regieren“, dafür war der Monarchist Hohenlohe „nicht gemacht“102. Daher zeugt es von einer realistischen Einschätzung der Lage und auch einer gewissen Alternativlosigkeit, wenn Hohenlohe es nicht wagte, Wilhelm II. allein entgegenzutreten103, selbst um den Preis einer Schädigung seines Ansehens.104 Bronsart hatte als Kriegsminister unter den kaiserlichen Launen besonders zu leiden. Zu Beginn des Jahres 1896 kam es zwischen ihm und Wilhelm II. zu einer so heftigen Auseinandersetzung, dass Bronsart am Verstand des Monarchen zweifelte.105 Doch Hohenlohe erklärte ihm, dass sie gerade deshalb die

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Pflicht hätten, „im Interesse des Landes auszuharren“106, um die Unbeherrschtheit des Kaisers in ungefährliche Bahnen zu lenken. Hier tritt ein für Hohenlohe entscheidendes Motiv hervor: angesichts der Unberechenbarkeit Wilhelms II. hatte er stets das Gefühl, als ausgleichender Faktor wirken zu müssen, „übereilte Beschlüsse hintan zu halten“107. Diese wenigen Ausschnitte aus den ersten Jahren von Chlodwig Hohenlohes Kanzlerschaft zeigen mehrere Faktoren, die für die Amtszeit des Fürsten bestimmend waren. Von vornherein musste er mit der Einflussnahme unverantwortlicher Kreise leben. Diese hatten oft persönlichen Zugang zum Kaiser, während Hohenlohe mehr indirekt durch seine Berichte wirken und immer seltener direkt mit Wilhelm II. sprechen konnte. Zudem war das Ministerium in seinen Auffassungen gespalten. Es ging dabei nicht nur um Kompetenzen (Miquel), sondern auch um die Gunst des Kaisers verknüpft mit grundsätzlichen politischen Differenzen (Köller). Ein weiterer Faktor der Unsicherheit war Wilhelm II. selbst. Er neigte zu übertriebenen Reaktionen, die Chlodwig Hohenlohe wiederholt in die Verlegenheit brachten, dem Kaiser widersprechen zu müssen. Er leistete dabei abgestuften Widerstand mit dem Ziel, Wilhelm II. nicht vor den Kopf zu stoßen. In der Köllerkrise zeigte er sich dennoch als pflichttreuer Anhänger des Kaisers, indem er es so lange wie möglich vermied, diesen unter Druck zu setzen. Darüber hinaus lässt sich aus dieser Krisenstrategie zweierlei ablesen: Erstens der Wille Chlodwig Hohenlohes, seinen Prinzipien treu zu bleiben, und zweitens eine durch Erfahrung genährte Geduld, die auch sein Festhalten an der Militärstrafprozessordnung bestimmte. An diesem Punkt, aber auch an der Kolonial- und Flottenpolitik zeigte sich, in welchem Maße Hohenlohe seine Orientierung aus der Vergangenheit bezog und wie wenig Verständnis er für die aggressive Motivation der Weltpolitik hatte. Als Hohenlohe im Herbst 1894 das Amt des Reichskanzlers übernahm, tat er das als Interimskanzler108, und im Sommer 1897 begann der Prozess des Wechsels mit einem Ministerrevirement zu Hohenlohes Ungunsten. Für diese Veränderung stehen die Namen Tirpitz und Bülow. Vor allem der Letztere sorgte als designierter Nachfolger des Fürsten dafür, dass Hohenlohe sich aus der Außenpolitik fast ganz zurückzog. In mancher Hinsicht ist Hohenlohes Rolle in dieser Zeit eine unrühmliche, was ihm durchaus bewusst war. Die Hauptfrage lautet daher, warum er im Amt blieb, obwohl er nicht die „Strohpuppe“109 des Kaisers hatte sein wollen. Eine Antwort darauf ist vielschichtig. Zunächst wurde Chlodwig Hohenlohe sowohl von Wilhelm II. als auch von Bülow gedrängt, im Amt zu bleiben.110 Dass er dem neuen Staatssekretär das Hineinwachsen in die Aufgaben des Reichskanzlers ermöglichen sollte, ihm „das Nest warm halten“111, war

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Hohenlohe klar.112 Dies war keine dankbare Aufgabe, doch im Vergleich mit den anderen Kandidaten, die für seine Nachfolge im Gespräch waren, hatte Bülow aus Hohenlohes Sicht einen entscheidenden Vorzug: eine gegen den Reichstag gerichtete Gewaltpolitik war von ihm nicht zu erwarten. Insbesondere der General Waldersee und der ehemalige preußische Ministerpräsident Botho Eulenburg standen für die Möglichkeit eines Staatsstreichs113, der nach Hohenlohes Ansicht das Ende für das Deutsche Reich bedeutet hätte. Er ertrug es daher, in der Außenpolitik von Bülow verdrängt zu werden, während dieser mit „berechnende[r] Liebdienerei“114 die Gunst des Kaisers eroberte. Hohenlohe schätzte die politische Begabung Bülows schon seit ihrer gemeinsamen Zeit in Paris115, war sich aber auch über dessen berechnende Natur im Klaren.116 Auch die Art seines Abschieds war Chlodwig Hohenlohe wichtig. Im Streit mit seinem Dienstherren zu gehen, war für den Diplomaten und Grandseigneur kaum denkbar117, obschon er bei Gelegenheit durchaus damit zu drohen verstand. Solange also der Kaiser Hohenlohe nicht wegschickte, war dieser selbst unter schwierigen Bedingungen zum Durchhalten entschlossen.118 Ein „würdiger Abgang“ war ein „sensibler Gesichtspunkt“119 für ihn. Zugleich eröffnete ihm das Verbleiben im Amt die Möglichkeit, seine nachlassenden Kräfte auf die unerledigten innenpolitischen Fragen zu konzentrieren, insbesondere die Reform der Militärstrafprozessordnung, die er unbedingt durchbringen wollte.120 Da der Kaiser sich nach wie vor gegen die Reform sträubte, blieb Hohenlohe über den Herbst 1897 im Amt. Kurz vor Weihnachten starb die Fürstin Hohenlohe, was für den Reichskanzler ein schlimmer Schlag war. Auch wenn Chlodwig Hohenlohe über Jahrzehnte hinweg eine Geliebte hatte121 und das Verhältnis der Eheleute recht pragmatisch war, darf die Bedeutung seiner Frau für den Fürsten nicht unterschätzt werden. Seine Ehe war für ihn nicht zuletzt sinnstiftend gewesen, nachdem er 1845 seinen Bruder Philipp Ernst verloren hatte, was durch die Annahme des Titels auch das Ende seiner bis dahin verfolgten beruflichen Pläne bedeutet hatte. Für ein halbes Jahrhundert bedeutete Chlodwig Hohenlohe die Ehe mit der Fürstin Marie eine familiäre Sicherheit, die ihm nun genommen wurde, zumal im Februar 1896 sein Bruder Constantin und im Oktober der Kardinal Hohenlohe gestorben waren. Der Tod seiner Ehefrau hinterließ bei Hohenlohe eine bleibende Wunde: „Das Leben ist mir so zerrissen, daß ich zu keiner fröhlichen Stimmung mehr kommen kann.“122 Die Angst vor der Leere des Alleinseins griff erneut nach Hohenlohe, und so suchte er, wie auch 1882, als eine seiner Töchter gestorben war123, wieder Ablenkung in seiner Arbeit: „Die Vereinsamung, in die ich durch den Tod meiner Frau gekommen bin, zehrt an meinem Leben. An die Stelle der Lebensfreudigkeit ist die Arbeit getreten.“124 Zudem

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ging Wilhelm II. auf eine längere Orientreise und 1898 standen Wahlen an, was einen Kanzlerwechsel inopportun erscheinen ließ.125 Das politische Tagesgeschäft stellte stets Anforderungen an den Kanzler. Da Bülow die Außenpolitik nahezu vollständig übernommen hatte, nahm Hohenlohe auf diesem Gebiet kaum Stellung. Die außenpolitische Aggressivität, welche sich beispielsweise in der Hunnenrede des Kaisers126 niederschlug, war ihm jedoch fremd.127 Die Flottenpolitik Tirpitz’ unterstützte Hohenlohe.128 Der strategische Unterschied zwischen Kreuzer- und Schlachtflotte und dessen politische Konsequenzen waren ihm allerdings nicht klar. Er beschwor vielmehr die Flottenbewegung der Revolutionsjahre 1848/49 als Vorbild129 und hoffte vor allem darauf, dass die Flotte die innere Einheit Deutschlands fördern würde. Das eine war für Hohenlohe unauflöslich mit dem anderen verbunden: „Die Geschichte des vergangenen Jahrhunderts zeigt, daß der Ruf nach einer Flotte stets dann hervorgetreten ist, wenn sich das Streben nach einheitlicher Gestaltung Deutschlands geltend machte.“130 Hohenlohe verstand eine starke Flotte als Ausdruck der Einheit und Würde Deutschlands. „Das Axiom ,noblesse oblige‘ gilt auch für Nationen.“131 Hohenlohes Mangel an Verständnis für die politischen Beweggründe seiner Umgebung, der sich im Rückgriff auf seine politische Vergangenheit spiegelt, hing auch mit seinem Alter zusammen. 1899 vollendete er sein achtzigstes Lebensjahr. Er spürte die Einschränkungen des Alters132 ebenso wie eine tiefgehende Trauer nach dem Tod seiner Frau, die ihn wiederholt das eigene Ende herbeisehnen ließ133. Zudem erfuhr Hohenlohe eine gravierende Diskrepanz zwischen den eigenen Erfahrungen und der ihn umgebenden Moderne. Aufgewachsen in einer Zeit, als selbst die Heimreise von der Universität noch eine längere Reise zu Pferd oder mit der Kutsche bedeutete, fühlte er den technischen Wandel fast als etwas Bedrohliches: „Ich freue mich, dass ich längst den Schlaf der Gerechten schlafen werde, wenn einmal Flugmaschinen erfunden sein werden. Gott, wird das unausstehlich sein!“134 Andererseits war Hohenlohe sehr interessiert an zeitgenössischer Kunst: Literatur, Theater, Malerei, Bildhauerei – in dieser Hinsicht hob sich der greise Fürst deutlich von der Oberflächlichkeit des jungen Kaisers ab.135 Selbst wenn nun der pessimistische Wesenszug seiner Jugend wieder hervortrat, war der Fürst doch kein todessehnsüchtiger Greis ohne Orientierung. Vielmehr bemühte er sich, nachdem ihm Bülow die Außenpolitik abgenommen hatte und vom Kaiser unverhohlen bevorzugt wurde136, innenpolitische Vorhaben zu erledigen, und sein Nachlass belegt ein beachtliches Arbeitspensum. Dabei war er sich seiner Lage und seines Alters bewusst und betrachtete sie mit Selbstironie und dem ihm eigenen trockenen Humor. Als sich z. B. die Zumutungen seiner Verwandtschaft, die von seiner

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Stellung zu profitieren suchte, mehrten, bemerkte er: „Der Tod der armen Mama hat für mich noch neben Allem den großen Nachtheil, daß ich unbeschützt gegen verwandtschaftliche Ueberfälle und Ueberflutungen bin. […] Es ist gut, daß ich im 81[.] Jahr bin, sonst könnte ich auf den Gedanken kommen, eine handfeste Frau im Genre der Gräfin Posadowsky als weiblichen Schutzmann zu ehelichen.“137 Die Gräfin Elise Posadowsky, die Ehefrau des Staatssekretärs des Inneren, Arthur Graf v. Posadowsky-Wehner, galt als „merkwürdig[…], laut[…] und sich überall vordringend[…]“138. In jenen Angelegenheiten, in denen Chlodwig Hohenlohe eine persönliche Verpflichtung fühlte, war er bei allen Einschränkungen durchaus erfolgreich – wenn ihn auch die Verhältnisse teilweise zu politischen Verrenkungen zwangen, wie zum Beispiel im Falle der „Lex Heinze“139, die unter dem Deckmantel des Jugendschutzes ein vor allem durch das Zentrum betriebener Versuch war, der Gesellschaft die Moralvorstellungen einer konservativ-religiösen Minderheit qua Zensurbestimmungen aufzuzwingen. Als Liberaler hielt Hohenlohe Versuche, die menschliche Moral durch Gesetze zu regulieren, für einen „krankhafte[n] Zug“140, konnte aber das Zentrum im Hinblick auf seine parlamentarische Schlüsselstellung nicht brüskieren. Dass Hohenlohes Sohn Alexander im Reichstag gegen die Vorlage Stellung nahm, konnte aber als Unterstützung des Kanzlers für eine Opposition verstanden werden, die dem Gesetz schließlich die Spitze nahm. Hohenlohe agierte oft dezent, manchmal indirekt, aber deshalb nicht unwirksam – wie auch bei der Reform der Militärstrafprozessordnung. Deren Gelingen war mehreren Ministern und Staatssekretären ein Anliegen, weil die Reform die Annahme ihrer Budgets im Reichstag gefährdete. Der Reichstag war mehrheitlich dafür, die Sonderstellung des Militärs durch eine auf modernen Rechtsprinzipien basierende Strafprozessordnung zu beschränken, und es bestand die Gefahr, dass er sein Budgetrecht als Druckmittel gegen die Reichsleitung einsetzte. Sollte die Reform der Militärstrafprozessordnung misslingen, war Hohenlohe entschlossen, sein Amt aufzugeben141, was sogar seinen Konkurrenten, den Finanzminister Miquel, in Schrecken versetzte, weil er fürchtete, dass der Kaiser dann auf eine „Gewaltpolitik“142 zurückgreifen würde. Durch geduldiges und bestimmtes Verhandeln, gelegentlich sagte er dem Kaiser auch unangenehme Wahrheiten143, konnte Chlodwig Hohenlohe die Gefahren eines Zerwürfnisses bis hin zu einer Spaltung des Reiches durch den Gegensatz zwischen Preußen und den übrigen Staaten entschärfen. Im Oktober 1897 stimmte er zunächst der von Wilhelm  II. zugestandenen eingeschränkten Öffentlichkeit des Verfahrens und der Verschiebung der Regelung der bayerischen Reservatrechte zu. Die kaum veränderte Regierungsvorlage wurde im Mai 1898 vom Reichstag angenommen, aber im Bundesrat gab es

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erneut Schwierigkeiten mit Bayern, und der Kaiser versuchte, die Vollziehung des Gesetzes hinauszuschieben. Da sich das Ministerium einig war, befürchtete Wilhelm II., wie in der Köller-Krise in eine Zwangslage zu geraten, und beklagte sich bitter über seine Minister. Hohenlohe kommentierte: „Hätte ich es mit einem vernünftigen Menschen zu thun, so müßte ich und müßten alle Minister sofort ihre Entlassung einreichen.“144 Allerdings konnte er den Kaiser wohl nicht mehr ganz ernstnehmen. Schließlich stimmte Bayern einem Kompromiss zu, mit dem Wilhelm II. glaubte, das Gesicht wahren zu können. Am 6.3.1899 wurde das Gesetz endgültig angenommen, womit zum ersten Mal eine reichseinheitliche Regelung für militärische Strafgerichtsverfahren in Kraft treten konnte, die zugleich modernen rechtsstaatlichen Prinzipien verpflichtet war. Nahezu parallel konnte Hohenlohe auch in der Frage der Heeresvermehrung zwischen dem Kaiser und dem Reichstag, besonders der Zentrumsfraktion, vermitteln, so dass am 16.3.1899 die Erhöhung der Friedenspräsenzstärke beschlossen wurde. Dabei war die Zusammenarbeit des Reichskanzlers mit dem Zentrum von entscheidender Bedeutung, denn sie bildete zugleich die Grundlage für Tirpitz‘ Flottenpolitik. Ohne Berücksichtigung der bayerischen Bedingungen bei der Reform der Militärstrafprozessordnung hätte das Zentrum seine – ausschlaggebende – Zustimmung zur Flottenvergrößerung nicht gegeben. Dennoch nutzte Hohenlohe diese Gelegenheit nicht, von der politischen Bühne abzutreten. Abgesehen von den oben erwähnten Gründen fürchtete der Fürst nach wie vor den preußischen Partikularismus.145 Als Süddeutscher im höchsten Amt des Reiches verstand er sich selbst und verstanden andere ihn als Garant für eine ruhige Weiterentwicklung146 der Einheit, als „lebendige MainBrücke“147. Diese ruhige Entwicklung wurde aber durch Wilhelm II. gefährdet. Der Kaiser drohte wegen der sogenannten Zuchthausvorlage, die die Möglichkeiten des Arbeitskampfes per Strafgesetz erheblich einschränken sollte, den Reichstag aufzulösen. Auch das Schicksal der Kanalvorlage, einer Erweiterung des deutschen Kanalnetzes, war ungeklärt. Wiederum erwies sich der Kaiser als wenig hilfreich, als er sich entgegen Hohenlohes Rat weigerte, nun den Landtag zuungunsten der preußischen Konservativen aufzulösen, obwohl sie dem von ihm gewünschten Kanalbau die Unterstützung versagten. Stattdessen wollte er mit radikalen Maßnahmen gegen die sogenannten „Kanalrebellen“ vorgehen.148 Kurz: Die politische Agenda war stets voll und der Aktionismus Wilhelms II. war mehr als geeignet, jüngere Männer in Atem zu halten. Doch bei aller Einsicht in die Notwendigkeit eines nahenden Rückzugs, wollte Hohenlohe die politische Landschaft nicht durch einen Kanzlerwechsel zusätzlich beunruhigen149, und so lange der Kaiser nicht zu erkennen gab, dass er einen Wechsel

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wünschte, fühlte sich der greise Fürst zum Bleiben verpflichtet. Als Hohenlohe anlässlich seines 80. Geburtstags abtreten wollte, bat ihn Wilhelm II. zu bleiben, und Hohenlohe fügte sich – eher schicksalsergeben als erfreut.150 Nach Erledigung der Militärstrafprozessordnung und der Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches zu Beginn des Jahres 1900151 wuchs Hohenlohes Amtsmüdigkeit152, während seine Bedenken wegen eines guten Abgangs übertriebene Züge annahmen. Als er im Herbst 1900 sein Entlassungsgesuch vorbereitete, plagten ihn zwei Gedanken: Erstens man könne ihm vorwerfen, die Debatten im kommenden Reichstag zu fürchten153, und zweitens, dass Wilhelm  II. Pläne bezüglich Chinas hegte, denen er entgegentreten musste.154 Doch schließlich überwogen die Gründe für einen Rücktritt.155 Ein Freund Hohenlohes traf den richtigen Ton, als er, statt Hohenlohes Ausscheiden höflich zu bedauern, ihm zu seiner Befreiung gratulierte.156 Dieser Schritt kam spät, aber im Vergleich zu seinen Vorgängern und Nachfolgern sticht Hohenlohe als der einzige Reichskanzler heraus, der zu eigenen Bedingungen und nicht als Resultat einer Krise sein Amt aufgab.

Ruhestand und Fazit Auch im Ruhestand ließ die Politik den Fürsten nicht los. Mehrfach traf er seinen Nachfolger, Bülow, und Holstein unterrichtete ihn laufend über die außenpolitischen Entwicklungen.157 Der Rat des Fürsten war nach wie vor gefragt.158 Mit Abstand zum Geschehen sah er nun klarer als zuvor die Gefahren, die der außenpolitische Kurs des Reiches barg. Gerne hätte er eine Rückkehr zu einer Politik gesehen, die realistischen Interessen, nicht dem Prestige verpflichtet war.159 Allerdings hatte Hohenlohe vorhergesehen, dass er den Abschied aus dem Dienst nicht lange überleben würde160, und so ging am 6.7.1901 ein Leben zu Ende, das über lange Zeit eng mit der deutschen Frage verbunden war – von der Revolution 1848 über die Reichseinigungszeit der zweiten Hälfte der 1860er Jahre als bayerischer Ministerpräsident, und schließlich mehr als ein Vierteljahrhundert im Dienst des Reiches als Abgeordneter, Botschafter, Statthalter und zuletzt als Reichskanzler. Die Leidenschaft für den Reichsgedanken ließ Hohenlohe nicht los und bezeichnet zugleich ein wesentliches Problem seiner Kanzlerschaft. Hohenlohe gehörte zu einer Generation, der die Existenz eines geeinten Deutschlands noch nicht als Selbstverständlichkeit galt. In vielem, was Wilhelm II. leichtherzig unternahm, sah Hohenlohe vor allem die Gefährdung des Werks, für das er ein Leben lang gearbeitet hatte. Dies erklärt auch zum Teil, warum Hohenlohe die vielen Provokationen und Demütigungen, die er als Kanzler seitens des Kaisers erfuhr, ertrug, statt sich ins Privatle-

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ben zurückzuziehen. Er entschied sich früh, sich nicht ärgern zu lassen, weil er sonst wöchentliche Gelegenheiten zum Rücktritt gehabt hätte161, und versuchte auf eine ruhige, unaufgeregte Art, das Reich vor Schaden durch die Übereilungen Wilhelms II. zu bewahren und zudem eigene politische Vorstellungen zu verwirklichen. Sollte ihm das nicht gelingen, so war er entschlossen, sein Amt abzugeben.162 Er drohte auch mehrfach damit, aber Wilhelm II. war an einem Kanzlerwechsel nicht inte­ressiert. Erst war es die Sorge, dass ein Abgang Hohenlohes, dessen Kanzlerschaft „den Stempel der Beruhigung“163 trug, als Krisensymptom gedeutet würde, dann die taktische Erwägung, Bülow in Hohenlohes Schatten zum Kanzler aufzubauen. Dies war schließlich auch aus Hohenlohes Perspektive die beste Lösung der Nachfolgefrage, so dass hier die Motive von Kanzler und Kaiser ineinandergriffen. In der Innenpolitik hingegen standen sich die Staatsauffassungen Hohenlohes und Wilhelms II. unversöhnlich gegenüber. Als Monarchist sah Hohenlohe das allgemeine Wahlrecht mit Skepsis, als Liberaler war er aber verfassungstreu und setzte auf die durch einen modernen, institutionellen und säkularen Staat verbürgte Rechtssicherheit. Dem gegenüber hatte Wilhelm II. in das Goldene Buch der Stadt München geschrieben „suprema lex regis voluntas“164, und damit eine absolutistische Herrschaftsauffassung bekundet, die jeder Verfassung Hohn sprach. Auch bediente sich Wilhelms Regierungsstil gerade nicht der Institutionen, sondern der Personen. Der Kaiser umgab sich mit Günstlingen wie mit „Vasallen“165 und betonte in allen Beziehungen vor allem das persönliche Element: Den mit der Kaiserin verwandten Hohenlohe sprach er mit „Onkel Chlodwig“ und „Du“ an. Widerspruch verstand Wilhelm II. daher als persönliche Kränkung.166 Der Charakter der wilhelminischen Zeit, „die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“167 spiegelte sich in der Gegensätzlichkeit der beiden Protagonisten: ein süddeutscher, katholischer Liberaler, ein feinsinniger Diplomat und Grandseigneur, der den Einigungsprozess in Deutschland weitgehend begleitet und zum Teil auch gestaltet hatte, der eine moderne Staatsauffassung vertrat, aber die moderne Technik verabscheute, und im Kontrast dazu ein preußischer, protestantischer Konservativer, ein großspuriger Kleingeist mit Weltmachtsträumen, der sich für moderne Technologie begeisterte, aber in feudalistischen Kategorien dachte. Angesichts solcher Voraussetzungen ist es erstaunlich, dass Hohenlohe sechs Jahre im Amt blieb. Sich selbst und seinem Bild in der Nachwelt hat er damit keinen Gefallen getan. Der Vergleich mit dem Reichsgründer Bismarck, bereits unter Zeitgenossen zum Topos geworden168, hilft nicht weiter. Bismarck hatte gehen müssen, weil er gegenüber Wilhelm II. auf Konfrontation gesetzt hatte, und die personellen Alternativen zu Hohenlohe wären unter Umständen auf einen innerdeutschen und schließlich europäischen Konflikt hinausgelaufen, da

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sie dem Kaiser eher weniger Steine in den Weg gelegt hätten. Hohenlohes Sichtweise, dass er unter den Umständen „trotz aller Mängel doch immer noch der beste Reichskanzler“169 war, hat vieles für sich. Nicht nur verhinderte er Gesetze, die eine Verschärfung der sozialen und politischen Gegensätze innerhalb des Reiches bewirkt hätten – die Umsturzvorlage, die Lex Heinze, nicht zuletzt einen Staatsstreich – sondern am Ende seiner Kanzlerschaft standen auch mehrere bedeutende Reformwerke: ein liberales Vereinsgesetz170, die Reform der Militärstrafprozessordnung und das reichseinheitliche Bürgerliche Gesetzbuch. Ein „Zwerg unter Riesen“, wie ihn eine zeitgenössische Karikatur nannte, war Hohenlohe also nicht, sondern ein pflichtbewusster Mann, der sich zwar letztlich überlebte, der sich aber durch das, was er verhinderte, Verdienste erwarb.171 Chlodwig Hohenlohe war Franke durch Geburt, Bayer durch Staatsangehörigkeit, Weltbürger durch Erziehung und Deutscher aus Überzeugung. Er war kein Nationalist wilhelminischen Stils, sondern vielleicht der letzte Patriot in der Führung des Reiches, der nicht von der Weltmacht träumte, sondern für den das Wort Bismarcks von der Saturiertheit des Reiches noch Bedeutung besaß, und somit war er eine wohltuende Ausnahmeerscheinung zu der Zeit, als sich Deutschland anschickte, unter den Großmächten vor allem als säbelrasselnder Querulant aufzufallen. Anmerkungen 1

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Besonders wirksam ist in dieser Hinsicht ein Zitat von Hohenlohes Nachfolger Bülow – Hohenlohe sei ein „müder, kranker, ganz indolenter, völlig passiver Greis“ gewesen – obwohl Bülow für seine hemmungslose Selbstdarstellung nachgerade notorisch war. Der Verlag, in dem seine Erinnerungen erschienen, stellte dem Werk ein Vorwort voran, um sich von Bülows Charakterisierungen ausdrücklich zu distanzieren. Bülow an Philipp Eulenburg, 20.7.1898. Philipp Eulenburgs Politische Korrespondenz, hg. v. John C. G. Röhl, Boppard a. Rh. 1979, (3 Bde.) III, S. 1910–1913, hier S. 1911. Bernhard Fürst von Bülow, Denkwürdigkeiten, Berlin 1930–1931, (4 Bde.), I, S. XV. Dies gilt auch für die erst kürzlich veröffentlichte, erste Biographie des Fürsten. Volker Stalmann, Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst 1819–1901. Ein deutscher Reichskanzler, Paderborn 2009. Tagebuch Chlodwig Hohenlohes, 10.4.1846. NL Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, BA Koblenz, 1130, 37v[erso]–38r[ecto], hier 37v. Chlodwig Hohenlohe an seine Schwester Amalie, 1.7.1846. Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, hg. v. Friedrich Curtius, Stuttgart und Leipzig 1906, (2 Bde.) I, S. 32 f. Tagebuch Chlodwig Hohenlohes, 9.5.1846. Ebd., S. 31.

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Aufzeichnung Chlodwig Hohenlohes, 7.4.1848. Ebd., S. 42 f. Chlodwig Hohenlohe an seine Schwester Amalie, 23.9.1848. Ebd., S. 45. Angesichts des drohenden Scheiterns der Revolution entwickelte Hohenlohe ein detailliertes Konzept zum Anschluss der deutschen Staaten an Belgien, das das konstitutionelle Projekt retten sollte. Dabei war er sich der „Abenteuerlichkeit dieses Plans“ völlig bewusst: „Der dem Ertrinken Nahe ergreift jeden Halm.“ Aufzeichnung Chlodwig Hohenlohes, 7.6.1848. NL Chlodwig Hohenlohe, 1160, 14r–16v, hier 16r–16v. Brief Chlodwig Hohenlohes, 31.8.1848. Denkwürdigkeiten, I, S. 45. Journal Chlodwig Hohenlohes, 16.1.1849. Ebd., S. 52. Chlodwig Hohenlohe an den Grafen Giech, 9.8.1849. NL Chlodwig Hohenlohe, 205, 78r–79v, hier 78r. Journal Chlodwig Hohenlohes, 9.3.1862. Denkwürdigkeiten, I, S. 122 ff., hier S. 123. Ebd., hier S. 124. Rede Chlodwig Hohenlohes, 19.5.1872. Zitiert nach: Friedrich Curtius, Fürst Chlodwig zu Hohenlohe‑Schillingsfürst. Zu seinem 100. Geburtstag 31. März 1919, Stuttgart, Berlin 1919, S. 27. Bericht Chlodwig Hohenlohes über seine Englandreise 1859. Denkwürdigkeiten, I, S. 84–92. Chlodwig Hohenlohe an Queen Victoria, 4.5.1864 und 9.5.1864. Ebd., S. 140–143. Chlodwig Hohenlohe an Queen Victoria, 15.4.1865. Ebd., S. 143–147, hier S. 145. Chlodwig Hohenlohe an Friedrich Karl v. Hohenlohe-Waldenburg, 14.6.1866. NL Chlodwig Hohenlohe, 265, 137r–138v. Journal Chlodwig Hohenlohes, 1.9.1866. Denkwürdigkeiten, I, S. 174 f. Gutachten Chlodwig Hohenlohes, o. D. Ebd., S. 179 ff. Rede Chlodwig Hohenlohes in der bayerischen Kammer der Abgeordneten, 19.1.1867. Ebd., S. 195–198. Rede Chlodwig Hohenlohes, 23.1.1867. NL Chlodwig Hohenlohe, 1248, 3r–4r. Fraley, Domestic Policy, S. 131. Chlodwig Hohenlohe an Friedrich v. Baden, 19.2.1867. Denkwürdigkeiten, I, S. 201. Bayerisch-Württembergische Ministerialerklärung, 6.5.1867 bzw. 16.5.1867. Ebd., S. 232 ff. Bericht Chlodwig Hohenlohes an Ludwig II., 23.11.1867. Ebd., S. 279 ff. Chlodwig Hohenlohe an Franz v. Roggenbach, 22.3.1869. NL Chlodwig Hohenlohe, 1261, 20r–21v, hier 20v. Rede Chlodwig Hohenlohes vor dem bayerischen Landtag, Januar 1870. Denkwürdigkeiten, I, S. 418–422, hier S. 421 f. Chlodwig Hohenlohe an Ludwig Graf Arco Zinnenberg, 9.1.1866. NL Chlodwig Hohenlohe, 29, 17r. Bayerischer Kurier, 4.2.1867, S. 1. Ebd., 30, 70r. Chlodwig Hohenlohe an Frhr. Ernst August v. Gölen, 5.10.1868. Ebd., 1255, 11r–11v, hier 11v. Journal Chlodwig Hohenlohes, 15.6.1868. Denkwürdigkeiten, I, S. 318 ff., hier S. 319. Bericht Chlodwig Hohenlohes an Ludwig II., 12.1.1867. NL Chlodwig Hohenlohe, 1720, 7r–8v.

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Journal Chlodwig Hohenlohes, 28.11.1869. Denkwürdigkeiten, I, S. 407. Journal Chlodwig Hohenlohes, 29.9.1870. Ebd., II, S. 24 f., hier S. 25. Journal Chlodwig Hohenlohes, 5.12.1870. Ebd., S. 32. Journal Chlodwig Hohenlohes, 8.12.1870. Ebd., S. 33 ff., hier S. 34. Bismarck an Chlodwig Hohenlohe, 1.1.1878. Ebd., S. 225 f. Journal Chlodwig Hohenlohes, 21.4.1873. Ebd., S. 97 f., hier S. 97. 1879 verlieh Wilhelm I. Hohenlohe den Schwarzen Adlerorden mit dem Kommentar „Wohlverdient“. Journal Chlodwig Hohenlohes, 27.1.1879. Ebd., S. 263. Journal Chlodwig Hohenlohes, 26.3.1874. Ebd., S. 112. John C. G. Röhl, Kaiser, Hof und Staat. Wilhelm II. und die deutsche Politik, o. O. 2002, S. 125. Zum Verhältnis Hohenlohes zu Hutten siehe: Olav Zachau, Die Kanzlerschaft des Fürsten Hohenlohe 1894–1900. Politik unter dem „Stempel der Beruhigung“ im Zeitalter der Nervosität, Hamburg 2007, S. 401 f. Alexander von Hohenlohe, Aus meinem Leben, Frankfurt a. M. 1925, S. 32. Chlodwig Hohenlohe an Amalie Hohenlohe, 18.8.1885. Denkwürdigkeiten, II, S. 367. Journal Chlodwig Hohenlohes, 14.11.1885. Denkwürdigkeiten, II, S. 372. Gunther Blieffert, Die Innenpolitik des Reichskanzlers Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst 1894–1900, Diss. phil. Kiel 1949, (Masch.-schr.) S. 16 f. Curtius, Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, S. 30 f. Journal Chlodwig Hohenlohes, 19.3.1887. Denkwürdigkeiten, II, S. 412 ff., hier S. 414. Stalmann, Hohenlohe, S. 181. Journal Chlodwig Hohenlohes, 9.9.1887. Denkwürdigkeiten, II, S. 425 f., hier S. 425. Alexander Hohenlohe, Aus meinem Leben, S. 61. Journal Chlodwig Hohenlohes, 6.7.1887. Denkwürdigkeiten, II, S. 422 f., hier S. 422. Journal Chlodwig Hohenlohes, 7.3.1888. Ebd., S. 428 f. Chlodwig Hohenlohe an Elise Hohenlohe, 3.8.1888. Ebd., S. 445. Journal Chlodwig Hohenlohes, 24.3.1890. Ebd., S. 464. Journal Chlodwig Hohenlohes, 22.3.1890. Ebd., S. 463. Auch später noch hielt Hohenlohe Caprivi für alternativlos, rückblickend sah er seinen Vorgänger aber deutlich skeptischer. Chlodwig Hohenlohe an seinen Neffen, Viktor Hohenlohe, 16.11.1893. NL Chlodwig Hohenlohe, 459, 1r–2v, hier 1r–1v. Chlodwig Hohenlohe an Alexander Hohenlohe, 17.10.1896. Denkwürdigkeiten, III, S. 268 ff., hier S. 269. Journal Chlodwig Hohenlohes, 23.1.1889. Denkwürdigkeiten, II, S. 448 f., hier S. 449. Anlässlich einer Begegnung beim Markgrafen von Baden in Karlsruhe sagte Willhelm II. zu Hohenlohe: „Bei Ihnen habe ich nur zu loben.“ Journal Chlodwig Hohenlohes, 9.5.1891. NL Chlodwig Hohenlohe, 1455, 29r–29v, hier 29v. Journal Chlodwig Hohenlohes, 21.1.1889. Denkwürdigkeiten, II, S. 448. Chlodwig Hohenlohe an seinen Bruder Viktor Hohenlohe, Herzog von Ratibor, 17.9.1891. NL Chlodwig Hohenlohe, 653, 137r–138r, hier 137r–137v. Dieser Begriff wurde schon von Zeitgenossen benutzt, um z. B. Günstlinge des Kaisers zu bezeichnen, die – ohne amtliche Stellung – z. T. erheblichen Einfluss auf Entscheidungen des Monarchen nahmen – sehr zum Ärger der Reichsleitung. So zitiert Röhl den Kriegsminister Bronsart mit den Worten: „Die unverantwortlichen Ratgeber gehö-

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ren alle aufs Schafott!“ „Unverantwortlich“ ist hier aber keine moralische Bewertung, sondern bezeichnet Personen, die nicht in verantwortlichen Positionen waren. C. G. Röhl, Deutschland ohne Bismarck. Die Regierungskrise im zweiten Kaiserreich 1890‑1900, Tübingen 1969, S. 125. Holstein an Chlodwig Hohenlohe, 26.10.1894. Denkwürdigkeiten, III, S. 1 f. Holstein an Chlodwig Hohenlohe, 11.11.1894. Ebd., S. 11 f., hier S. 11. Holstein an Chlodwig Hohenlohe, 17.11.1894. Ebd., S.  15. Röhl, Deutschland ohne Bismarck, S. 124 f. Fraley, Domestic Policy, S. 37. Journal Hohenlohes, 28.11.1895. Denkwürdigkeiten, III, S. 126. Siehe dazu auch die einleitenden Bemerkungen von Volker Stalmann. Siehe dazu auch den Beitrag Carsten Schmalstiegs über den Kardinal Gustav Hohenlohe. Stalmann, Hohenlohe, S. 213 f. Zachau, Hohenlohe, S. 47–50, S. 281 ff. Rede Chlodwig Hohenlohes, wahrscheinlich 11.12.1894. NL Chlodwig Hohenlohe, 1596, 103r–117r, hier 105r. Ende 1895 drang der Verwalter der British South Africa Company für Rhodesien, Dr. Jameson, mit einer kleinen Truppe auf das Gebiet der südafrikanischen Burenrepublik Transvaal vor. Jameson wollte einen Aufstand entfachen, nach dem die goldreichen Gebiete an die britische Kapkolonie fallen konnten. Der „Jameson-Raid“ wurde jedoch abgewehrt, und die Begeisterung für den heldenhaften Kampf der Buren gegen das mächtige Empire schlug in Deutschland hohe publizistische Wellen. Wilhelm  II. schickte ein Telegramm an den Präsidenten der Republik, Paulus „Ohm“ Krüger, in dem er andeutete, das Deutsche Reich hätte den Buren mit Truppen beistehen können. Dies wiederum löste auf britischer Seite Empörung aus. Klaus Hildebrand, Das vergangene Reich. Deutsche Außenpolitik von Bismarck bis Hitler 1871–1945, München 2008, S. 179 f. Wolfgang Graf, Die Persönlichkeit des Reichskanzlers Fürst Chlodwig zu HohenloheSchillingsfürst und die deutsche Außenpolitik der Jahre 1894–1900, Diss. phil. Heidelberg 1949, (Masch.-schr.) S. 78 ff. Hildebrand, Das vergangene Reich, S. 180. Zachau, Hohenlohe, S. 291–308. Chlodwig Hohenlohe an Marschall, 1.9.1895. NL Chlodwig Hohenlohe, 1600, 37r– 38v, hier 38r. Rede Chlodwig Hohenlohes, wahrscheinlich 11.12.1894. Ebd., 1596, 103r–117r, hier 104r. Ebd., hier 109r. Rede Chlodwig Hohenlohes vor dem Reichstag, 6.12.1897. Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstages, IX. Legislaturperiode, V. Session 1897/98, 1. Bd., S. 42 (A)–43 (A), hier S. 43 (A). Staatsstreichgerüchte, d. h. Befürchtungen, der Reichstag könne durch oder für den Kaiser gewaltsam beseitigt oder in seinen Rechten wesentlich beschnitten werden, begleiteten das Deutsche Reich schon seit den Tagen Bismarcks. Insbesondere in preußisch-konservativen Kreisen, in denen das „alte“ Preußen höher geschätzt wurde

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als das „neue“ Reich, wurde diese Möglichkeit wiederholt erörtert. Als Exponenten solcher Ideen galten der General Graf Alfred v. Waldersee und der ehemalige preußische Ministerpräsident (1892–94) Graf Botho Eulenburg. Aber auch Wilhelm  II. selbst zeigte immer wieder, dass er den Reichstag für ein „Reichsaffenhaus[…]“ hielt. Volker Ullrich, Die nervöse Großmacht. Aufstieg und Untergang des deutschen Kaiserreichs 1871–1918, Frankfurt a. M. 1997, S. 163 f. John C. G. Röhl, Wilhelm II. Der Aufbau der persönlichen Monarchie 1888–1900, München 2001, S. 298 ff., S. 329– 333, S. 679, S. 781. Notiz Chlodwig Hohenlohes, o. D. Denkwürdigkeiten, III, S. 158. Aufzeichnung Chlodwig Hohenlohes, o. D. Ebd., S. 325. Alexander Hohenlohe, Aus meinem Leben, S. 352. Chlodwig Hohenlohe an Wilhelm II., 14.1.1896. Denkwürdigkeiten, III, S. 156 ff. Blieffert, Innenpolitik, S. 86 ff. Aufzeichnung Chlodwig Hohenlohes, o. D. Denkwürdigkeiten, III, S. 21 f., hier S. 21. Aufzeichnung Chlodwig Hohenlohes, 17.4.1898. Ebd., S. 440 f., hier S. 441. Memorandum Chlodwig Hohenlohes über die innenpolitische Lage, wahrscheinlich 1898. Ebd., S. 451 ff., hier S. 453. Aufzeichnung Chlodwig Hohenlohes, 17.5.1895. Ebd., S. 65 ff., hier S. 67. Unter dem „(Staats-)Ministerium“ ist das preußische Kabinett zu verstehen. Edward Herman Glas, The Struggle for the Reform of the Court-Martial Procedure under Chancellor Hohenlohe 1894–1898, Diss. phil. New Brunswick 1970, S. 148 ff. und S. 160. Fraley, Domestic Policy, S. 133. Blieffert, Innenpolitik, S. 63. Chlodwig Hohenlohe an Wilhelm II., 18.5.1896. Denkwürdigkeiten, III, S. 228 f., hier S. 229. Eulenburg an Chlodwig Hohenlohe, 18.5.1896. Ebd., S. 229. Der gemäßigte Tonfall des Briefes täuscht darüber hinweg, dass der Kaiser außer sich geraten war. Die Formulierung stammt von Eulenburg. Röhl, Deutschland ohne Bismarck, S. 174. Chlodwig Hohenlohe an Wilhelm II., 19.5.1896. Denkwürdigkeiten, III, S. 231. Hutten-Czapski an Holstein, 15.11.1895. Nachlass Friedrich von Holstein, Bd. 9, 72r– 74r, hier 72v–73r. Entwurf eines Entlassungsgesuchs, 29.11.1895. Denkwürdigkeiten, III, S. 126 f. Ebd., S. 127. Wilhelm II. an Lucanus, 2.12.1895. Heinrich Otto Meisner, Der Kanzler Hohenlohe und die Mächte seiner Zeit, in: Preußische Jahrbücher 230 (1932), S.  35–50 und S. 131–148, hier S. 46. Fraley, Domestic Policy, S. 141. Holstein an Chlodwig Hohenlohe, 11.11.1894. Denkwürdigkeiten, III, S. 11 f., hier S. 12. Holstein an Eulenburg, 21.12.1895. Die geheimen Papiere Friedrich von Holsteins, hg. v. Norman Rich, M. H. Fisher, deutsche Ausgabe v. Werner Frauendienst, Göttingen, Berlin, Frankfurt 1956–1963, (4 Bde.), III, S. 516 f., hier S. 517. Eulenburg an Holstein, 7.12.1895. Ebd., S. 510 ff., hier S. 511.

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98 Eulenburg an Holstein, 6.12.1895. NL Holstein, Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes, Berlin, Bd. 38, 63r–v. 99 Chlodwig Hohenlohe an Alexander Hohenlohe, 7.1.1900. NL Chlodwig Hohenlohe, 1615, 242r–243v, hier 243v. Ausgelassen in: Denkwürdigkeiten, III, S. 554. 100 Redeentwurf Chlodwig Hohenlohes für den Landtag, 16.1.1895. Ebd., 1597, 156r– 157r, hier 157r. Redeentwurf für den Reichstag, 1894. Ebd., 1659, 2r–4r, hier 3r. 101 Christopher M. Clark, Kaiser Wilhelm II, London 2000, S. 79. 102 Journal Hohenlohes, 2.3.1896. Denkwürdigkeiten, III, S. 186. 103 Stalmann, Hohenlohe, S. 259. 104 Vgl. Röhl, Deutschland ohne Bismarck, S. 112. 105 Die geistige Gesundheit Wilhelms II. wurde mehrfach in Zweifel gezogen. Röhl, Kaiser, Hof und Staat, S. 19–34. Journal Chlodwig Hohenlohes, 3.1.1896. Denkwürdigkeiten, III, S. 151. Holstein an P. Eulenburg, 24.11.1896. NL Bülow, 92, 24–35, hier 32. Zur medizinischen Seite siehe: John C. G. Röhl, Wilhelm II. Die Jugend des Kaisers 1859–1888, München 1993, S. 36. 106 Journal Chlodwig Hohenlohes, 3.1.1896. Denkwürdigkeiten, III, S. 151. 107 Aufzeichnung Chlodwig Hohenlohes, 28.2.1896. Ebd., S. 181 f., hier S. 182. 108 Fraley, Domestic Policy, S. iv. 109 Chlodwig Hohenlohe an Otto v. Völderndorff, o. D. Denkwürdigkeiten, III, S. 344. 110 Chlodwig Hohenlohe an Völderndorff, 29.7.1897. NL Chlodwig Hohenlohe, 1603, 327r–332v, hier 330v. 111 Alexander Hohenlohe an Chlodwig Hohenlohe, 20.7.1897. Denkwürdigkeiten, III, S. 371. 112 Chlodwig Hohenlohe an Völderndorff, 29.7.1897. NL Chlodwig Hohenlohe, 1606, 327r–332v, hier 330v. 113 Holstein an P. Eulenburg, 3.2.1897. Die geheimen Papiere Holsteins, IV, S. 8–11, hier S. 10 f. 114 Ullrich, Die nervöse Großmacht, S. 158. 115 Chlodwig Hohenlohe an Holstein, 7.11.1881. NL Holstein, Bd. 52, 17r–18v, hier 18r. 116 Chlodwig Hohenlohe an Hermann zu Hohenlohe-Langenburg, 17.4.1901. NL Hermann zu Hohenlohe‑Langenburg, Hohenlohe Zentralarchiv Neuenstein, Bü. 87. 117 Notiz Chlodwig Hohenlohes, o. D. NL Chlodwig Hohenlohe, 1601, 218r. Auch Hohenlohes ehemaliger Mitarbeiter und Vertrauter Völderndorff äußerte sich mehrfach in dem Sinne, dass Hohenlohe nicht als „Konflikts-Reichskanzler“ gehen dürfe. Völderndorff an Chlodwig Hohenlohe, 21.6.1899. Denkwürdigkeiten, III, S. 507 f., hier S. 507. Völderndorff an Chlodwig Hohenlohe, 30.12.1898. Ebd., S. 476. 118 Chlodwig Hohenlohe an Holstein, 5.8.1896. Denkwürdigkeiten, III, S. 250 f. 119 Chlodwig Hohenlohe an Alexander Hohenlohe, 26.9.1900. Ebd., S. 587 f., hier S. 587. 120 Chlodwig Hohenlohe an Alexander Hohenlohe, 28.10.1897. Ebd., S. 396. 121 Stalmann, Hohenlohe, S. 129–134, S. 366. Vgl.: Zachau, Hohenlohe, S. 341–345. 122 Chlodwig Hohenlohe an seine Schwester Amalie, 5.4.1898. NL Chlodwig Hohenlohe, 651, 385r–386v, hier 386r. 123 Chlodwig Hohenlohe an Holstein, 2.4.1882. NL Holstein, Bd. 52, 34r–35v, hier 34r.

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124 Chlodwig Hohenlohe an Völderndorff, 25.10.1898. Denkwürdigkeiten, III, S. 464 f., hier S. 465. 125 Blieffert, Innenpolitik, S. 194. 126 Als die europäischen Großmächte in China militärisch gegen den Boxeraufstand vorgingen, verabschiedete Wilhelm II. am 24.7.1900 das deutsche Expeditionskorps in Wilhelmshaven mit einer Rede. Dabei verstieg er sich angesichts der Ermordung des deutschen Gesandten v. Ketteler unter Verweis auf das sprichwörtliche Wüten der Hunnen zu der Aufforderung, keine Gefangenen zu machen. Der Kaiser wurde dafür sowohl im Aus- als auch im Inland scharf kritisiert. Er lieferte damit die Metapher, mit der die britische Presse im Ersten Weltkrieg die deutsche Kriegsführung als barbarisch darstellte, indem die Deutschen als „Hunnen“ bezeichnet wurden. Bernd Sösemann, Die sog. Hunnenrede Wilhelms II. Textkritische und interpretatorische Bemerkungen zur Ansprache des Kaisers vom 27. Juli 1900 in Bremerhaven, in: HZ 222 (1976), S. 342–358. 127 Bülow, Denkwürdigkeiten, I, S. 359. Graf, Persönlichkeit und Außenpolitik, S. 132 f. 128 Chlodwig Hohenlohe an Völderndorff, 31.10.1897. Denkwürdigkeiten, II, S. 531. 129 Redeentwurf Chlodwig Hohenlohes, [1895]. NL Chlodwig Hohenlohe, 1659, 9r–13r, hier 9r–10r. 130 Rede Chlodwig Hohenlohes vor dem Reichstag, 12.6.1900. Denkwürdigkeiten, III, S. 573 ff., hier S. 574. 131 Entwurf einer Reichstagsrede Chlodwig Hohenlohes, 14.3.1897. Ebd., S. 320. 132 Journal Chlodwig Hohenlohes, 6.9.1897. Ebd., S. 381 ff., hier S. 383. Chlodwig Hohenlohe an Alexander Hohenlohe, 6.10.1899. NL Chlodwig Hohenlohe, 1614, 181r– 182v, hier 182r–182v. 133 Chlodwig Hohenlohe an Alexander Hohenlohe, 4.11.1898. Denkwürdigkeiten, III, S. 466 f., hier S. 466. 134 Chlodwig Hohenlohe an Alexander Hohenlohe, 24.7.1899. Ebd., S. 513. 135 Stalmann, Hohenlohe, S. 344. 136 Journal Chlodwig Hohenlohes, 17.10.1900. Denkwürdigkeiten, III, S. 592. 137 Chlodwig Hohenlohe an Alexander Hohenlohe, 17.5.1899. NL Chlodwig Hohenlohe, 1611, 121r–122v, hier 122r–122v. Nicht in: Denkwürdigkeiten, III, S. 501 f. 138 So der badische Gesandte in Berlin (1903–1915), Sigmund v. Berckheim. Zitiert nach: Röhl, Kaiser, Hof und Staat, S. 136. 139 Der Mordprozess gegen einen Berliner Zuhälter namens Heinze 1891 war für Wilhelm II. Anlass, ein Gesetz zu fordern, das moralischen Missständen wie der Zuhälterei begegnen sollte. Im Laufe der Verhandlungen formte die Zentrumspartei ab 1897 daraus eine Vorlage, die sich vordergründig gegen öffentliche Darstellungen von Unzüchtigkeit richtete, de facto jedoch ein Zensurgesetz darstellte, das wegen seiner dehnbaren Begrifflichkeiten eine Bedrohung für künstlerisches Schaffen jeder Art darstellte. Die Auseinandersetzung zwischen Gegnern und Befürwortern der Zensur wurde auch in der Presse mit großer Vehemenz geführt und spiegelte das weitverbreitete Unbehagen gegenüber der Moderne am Fin de siècle wider. R. J. V. Lenman, Art, Society, and the Law in Wilhelmine Germany. The Lex Heinze, in: Oxford German Studies 8 (1973), S. 86–113.

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140 Aufzeichnung Chlodwig Hohenlohes für das Staatsministerium, wohl Januar 1900. NL Chlodwig Hohenlohe, 1615, 7r–8r, hier 7r. 141 Chlodwig Hohenlohe an Wilhelm  II. (Entw.), 23.6.1897. Denkwürdigkeiten, III, S. 360 f. 142 Hutten-Czapski an Chlodwig Hohenlohe, 23.8.1897. Ebd., S. 378 f., hier S. 378. 143 Journal Chlodwig Hohenlohes, 20.11.1898. Ebd., S. 469 f., hier S. 469. 144 Chlodwig Hohenlohe an Alexander Hohenlohe, 9.9.1898. NL Chlodwig Hohenlohe, 1667, 14r–15v, hier 15r–15v. Vgl. Denkwürdigkeiten, III, S. 458. 145 Journal Chlodwig Hohenlohes, 15.12.1898. Denkwürdigkeiten, III, S.  473 f., hier S. 474. 146 Großherzog Friedrich v. Baden an Chlodwig Hohenlohe, 9.1.1900. Ebd., S. 555. 147 Holstein an Chlodwig Hohenlohe, 19.10.1900. Ebd., S. 594 f., hier S. 594. 148 Blieffert, Innenpolitik, S. 212 f. 149 Chlodwig Hohenlohe an Alexander Hohenlohe, 7.1.1900. Denkwürdigkeiten, III, S. 554. 150 Chlodwig Hohenlohe an Alexander Hohenlohe, 13.4.1899. Ebd., S. 495. 151 Die Bemühungen um eine einheitliche zivile Rechtsgrundlage im Reich gingen bis auf das Jahr 1888 zurück. 1896 hatte Hohenlohe erstmals eine entsprechende Vorlage im Reichstag eingebracht und dabei die Stunde der Reichseinigung 25 Jahre zuvor beschworen. Im Juli desselben Jahres war die Vorlage dank der Kooperationsbereitschaft von Reichskanzler und Zentrumspartei angenommen worden. Chlodwig Hohenlohe war es somit vergönnt gewesen, die Entstehung eines bedeutenden Gesetzwerkes, das die rechtlichen Bestimmungen innerhalb des Reiches vereinheitlichte, erfolgreich zu moderieren. Stalmann, Hohenlohe, S. 260–264. Zachau, Hohenlohe, S. 81–107. 152 Alexander Hohenlohe an Chlodwig Hohenlohe, 12.1.1900. NL Chlodwig Hohenlohe, 1615, 157r–158r, hier 157r. 153 Chlodwig Hohenlohe an Alexander Hohenlohe, 26.9.1900. Denkwürdigkeiten, III, S. 586 f., hier S. 587. 154 Chlodwig Hohenlohe an Alexander Hohenlohe, 18.9.1900. Ebd., S. 583. 155 Aufzeichnung Chlodwig Hohenlohes, wohl September 1900. Ebd., S. 582. 156 Dacheux, Superior des Straßburger Priesterseminars, an Chlodwig Hohenlohe, 22.10.1900. Ebd., S. 596. 157 Stalmann, Hohenlohe, S. 365. 158 Zachau, Hohenlohe, S. 536. 159 Chlodwig Hohenlohe an seinen Schwager, Karl zu Salm-Horstmar, 5.5.1901. Denkwürdigkeiten, III, S. 607. 160 Chlodwig Hohenlohe an Völderndorff, 25.10.1898. Ebd., S. 464 f., hier S. 465. 161 Tagebuch Waldersees, 21.1.1896, in: Denkwürdigkeiten des Generalfeldmarschalls Alfred Graf von Waldersee, hg. v. Heinrich Otto Meisner, Stuttgart, Berlin 1922–23, (3 Bde.) II, S. 365. Alexander Hohenlohe, Aus meinem Leben, S. 352 f. 162 Chlodwig Hohenlohe an Wilhelm  II., o. D. Denkwürdigkeiten, III, S.  547 f., hier S. 548. 163 Memorandum Philipp Eulenburgs für Wilhelm II., 20.2.1895. NL Holstein, Bd. 37, 170r–171v, hier 170r.

Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst  |

164 Röhl, Deutschland ohne Bismarck, S. 73. 165 Holstein an Eulenburg, 5.5.1896. NL Holstein, Bd. 39, 38r–42v, hier 42r. 166 Selbst der Freund des Kaisers, Philipp Eulenburg, bat in kniefälligem Ton zweifach um Verzeihung für seine Aufrichtigkeit, als er Wilhelm II. seine eigene Meinung darlegte. Memorandum Eulenburgs für Wilhelm II. NL Holstein, Bd. 37, 170r–171v, hier 171v. 167 Ullrich, Die nervöse Großmacht, S. 14. 168 Hohenlohe an Alexander Hohenlohe, 8.8.1895. Denkwürdigkeiten, III, S. 87 f. 169 Hohenlohe an Völderndorff, 26.1.1896. Ebd., S. 162 f., hier S. 163. 170 Das alte preußische Koalitionsverbot hinderte politische Vereine daran, miteinander in Verbindung zu treten, behinderte also die Organisation von Parteien. 1896 hatte Hohenlohe dessen Aufhebung versprochen, allerdings wehrten sich vor allem konservative Kreise in Preußen gegen eine vollständige Koalitionsfreiheit. Im Ministerium konnte sich Hohenlohe mit dem Gedanken einer Aufhebung des Koalitionsverbots und Einbringung eines modernen Vereinsgesetzes durchsetzen. Wilhelm II. allerdings wollte auf eine mögliche Handhabe gegen die Sozialdemokratie nicht verzichten. Erst mit der Flottenvermehrung in Verbindung mit einer Rücktrittsdrohung Hohenlohes konnte 1899 ein Hebel gefunden werden, der Wilhelm II. der „Lex Hohenlohe“ zustimmen ließ. Zachau, Hohenlohe, S. 92–98 und S. 396–398. Stalmann, Hohenlohe, S. 260–264. 171 Blieffert, Innenpolitik, S. 251.

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Prinz Gustav Adolf zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1823–1896).

Prinz Gustav Adolf zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1823–1896) Grandezza und Opposition Carsten Schmalstieg

„Er war ein Verlierer-Typ, kein strahlender Held. Er war keine faszinierende, demagogisch begabte Gestalt, sondern vertrauensselig und politisch naiv. Er war keine Persönlichkeit, die sich im machtpolitischen Räderwerk der Kurie und ihrer inter­nationalen Beziehungen hätte behaupten können. Er war eine Taube, kein Falke – daher, was seine Durchsetzungsfähigkeit in den Ellbogengesellschaften von Kirche und Welt angeht, eine ,Nicht-Persönlichkeit‘.“1 „Er war der typische Grandseigneur, mehr Grandseigneur als Geistlicher, um die Wahrheit zu sagen…“2 „Hohenlohe darf wohl als eine tragische Gestalt bezeichnet werden.“3 „…einer der besten Menschen, die auf dieser Erde spazieren gehen…“4

Die Meinungen über Gustav Adolf von Hohenlohe-Schillingsfürst gehen weit auseinander. Bei ihm handelt es sich um einen Menschen, der sich nur schwer in einer Denk-Schublade ablegen lässt. Verfolgt man seinen Lebenslauf anhand der Quellen, so ergibt sich daraus das Bild einer schillernden und nur schwer fassbaren Persönlichkeit.

Ausbildung und rascher Aufstieg in Rom Gustav Adolf zu Hohenlohe-Schillingsfürst wurde am 26. Februar 1823 in Rotenburg an der Fulda (Hessen) geboren. Er war der dritte Sohn des katholischen Fürsten Franz Josef zu Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst und der evangelischen Prinzessin Constanze zu Hohenlohe-Langenburg. Gustav Adolf entstammte also einer gemischt-konfessionellen Ehe, und seine Familie bot „zu Befürchtungen wegen ungestümer Katholizität wahrhaftig keinen Anlaß“5. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Ansbach und Erfurt, einem juristischen Studium in Bonn und einem Theologiestudium in Breslau und München

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schlug er unter dem Einfluss seiner Lehrer6 die geistliche Laufbahn ein – gegen die Bedenken seiner evangelischen Mutter. Constanze von Hohenlohe zeigte sich besorgt über den Einfluss der Jesuiten auf ihren Sohn, der in der Kurie in Rom seine Karriere begann. Ein stark ausgebildetes Misstrauen gegen Jesuiten hatte in der Familie Hohenlohe Tradition. Auch Gustavs Bruder Chlodwig bildete hierin keine Ausnahme.7 Es gelang dem Bruder dennoch, Constanzes Sorgen zu zerstreuen. Darüber berichtete er in einem Brief an Prinzessin Amalie von Fürstenberg am 1. Juli 1846: „[…] Dann wollte ich auch der lieben Mama ihre Sorgen möglichst verscheuchen und ihr sagen, daß Gustavs Plan, den Winter nach Italien zu gehen, gar nicht gefährlich ist, daß es zweierlei Menschen gibt und geben muß: die, welche sich und der Welt durch den freien Gedanken in der Wissenschaft und im Staat nützen, und andre, die, an das Gegebene sich haltend, für den positiven Glauben arbeiten, dessen Kulminationspunkt die katholische Kirche ist. Daß man aber eines oder das andere ergreifen könne, wenn man es aber ergriffen hat, auch ganz durchführen müsse, daß deshalb auch der Aufenthalt in Rom Gustav nicht zu einem Jesuiten, sondern zum klaren und steten katholischen Geistlichen machen werde, wie es Diepenbrock und Schwarzenberg, welche auch in Rom waren, geworden sind.“8 Die „liebe Mama“ musste sich in der Tat keine Sorgen machen, denn Gustav Adolf hatte von seiner evangelischen Mutter „einen großen Hang zum Protestieren in allen religiösen Fragen geerbt“9. In dieser Charaktereigenschaft liegt ein Schlüssel für das Verständnis der Persönlichkeit des späteren Kardinals. 1846 ging Gustav Adolf nach Rom, wo er Mitglied der Academia dei Nobili ecclesiastici10 wurde und sich bald der besonderen Gunst des im selben Jahr gewählten Papstes Pius IX. erfreute, der „ihn wie wenige in sein Herz geschlossen [hatte]“11. Dazu trug unter anderem sein „einnehmendes Wesen“12 und seine äußere Erscheinung bei, die als „stattlich und sehr distinguirt“13 geschildert wird. Ein präzises Bild Hohenlohes zeichnete der Jurist Johann Friedrich von Schulte, der ihn 1854 in Rom in seiner Wohnung im Vatikan kennenlernte.14 „Hohenlohe war damals von zarter, schöner Gestalt, schlank, ausgesucht feinem Benehmen; seine Sprache und sein ganzes Auftreten hatten etwas Zierliches, Sentimentales, er sprach so leise und sanft, daß man schon aufpassen mußte, um ihn zu verstehen; ich begreife vollkommen, wie Pius IX. ihn persönlich liebte und zu seinem liebsten Begleiter hatte.“ Über Gustav Adolfs Bildung schrieb von Schulte: „Hohenlohe besaß eine sehr gute allgemeine Bildung, überragte die meisten römischen Monsignori durch solche, vor allem durch seine Beherrschung mehrerer Sprachen. Italienisch und Französisch beherrschte er vollkommen, sprach geläufig englisch [sic!] und war des Spanischen kundig. Auch dieses gab ihm in seiner Stellung einen festen Halt.“ Nicht unerwähnt ließ von Schulte auch die Schwächen

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Hohenlohes und schilderte ihn als einen eher durchschnittlichen Menschen: „Er war ein Schwärmer und neigte zur Frömmelei. […] Menschenkenntnis und psychologische […] Beurteilungsfähigkeit […] waren denn auch in der Tat nicht seine starke Seite. Er war übrigens teils aus natürlicher Anlage, teils durch seine Stellung nicht geneigt, über Personen irgendwie hart oder überhaupt zu urteilen; fällte er aber eins, so habe ich es regelmäßig unrichtig gefunden, Menschenkenntnis ging ihm ab.[…] Unfähig […] war Hohenlohe keineswegs, er besaß unzweifelhaft das Zeug, im Kreise seiner Geburtsstandesgenossen zu glänzen, […] aber er war allerdings weder hervorragend noch von geistiger Bedeutung. Ich habe aber auch nie bemerkt, daß er sich dies zu sein einbildete, überhaupt ihn als einen sehr bescheidenen Mann kennen lernen [sic!].“ Von Schultes Urteil über Gustav Adolf wurde nicht nur von Jesuiten wie Pater Passaglia, sondern auch von anderen aus dem Umfeld des Kardinals bestätigt. So versicherte man ihm „daß Hohenlohe seine Meinung stets nach dem gestalte, was ihm gerade gesagt werde, persönliches Urteil und selbständige Kenntnisse in rechtlichen und theologischen Dingen habe er nicht. Ich habe diese Schätzung aus eigner Erfahrung bestätigt gefunden und in meinem Tagebuche als gesamten Eindruck von seiner Person bemerkt: ‚Von seiner Vertretung ist für die Kirche im ganzen nichts zu erwarten‘. Dies Urteil bildete sich bei mir auch durch die Erfahrung, daß Hohenlohe in liebenswürdigster Weise versprach, aber vergaß.“ Als 1848 wie in anderen Staaten Europas auch im Kirchenstaat die Revolution ausbrach, floh Pius IX. inkognito auf neapolitanisches Gebiet nach Gaëta. Dorthin, ins Exil, war ihm Gustav Adolf bereitwillig gefolgt, und dort empfing er auch im Januar 1849 die Priesterweihe. Der Papst drückte nach seiner Rückkehr nach Rom 1850 seine Dankbarkeit dadurch aus, daß er den Neupriester Hohenlohe zum päpstlichen Kammerherren (cameriere partecipante), Geheimkämmerer und Großalmosenier (elemosiniere segreto) des Vatikans ernannte. Als solcher war er für die Sammlung von Almosen, für die Kollekte und die Armenpflege zuständig. Dieses Amt schien wie auf ihn zugeschnitten zu sein, denn es kam „seiner Neigung zum Wohlthun und allen Werken der Barmherzigkeit“15 entgegen. Allerdings zeigte sich bereits hier die mangelnde Fähigkeit, mit Geld umzugehen: „Diese edle Neigung führte ihn nicht selten über die Grenzen seiner Mittel hinaus und legte den Grund zu manchen Verdrießlichkeiten, welche die späteren Jahre des Cardinals [sic!] verdüsterten.“16 Immer wieder sah sich Gustav Adolf in späteren Jahren dazu gezwungen, seine Brüder, besonders Chlodwig, um Hilfe zu bitten, um „seine adeligen Allüren“17, d. h. seinen aufwändigen Lebensstil zu finanzieren. Seine Nichte Marie von Thurn und Taxis-Hohenlohe erinnerte sich, daß ihr Onkel stets „sehr freigiebig

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und verschwenderisch und infolgedessen tief verschuldet“18 war. Noch ein Jahr nach Gustav Adolfs Tod erhielt sein Bruder Chlodwig den Mahnbrief eines römischen Buchhändlers: „Ihr seliger Herr Bruder Cardinal von Hohenlohe hatte seit Jahren meine Rechnung, […] unbezahlt gelassen[…].“19 Im Jahr 1857, mit nur 34 Jahren, wurde Gustav Adolf zum Titularbischof20 von Edessa geweiht. Hierin kann man einen gewissen Ausgleich erkennen für die zahlreichen erfolglosen Bemühungen, in Deutschland ein eigenes Bistum zu erlangen.21 Hohenlohes Scheitern vollzog sich dabei fast in allen Fällen nach dem gleichen Schema: Er wurde von den jeweiligen Landesregierungen „als staatstreues, liberales enfant terrible ins Rennen geschickt“22, woraufhin die Ultramontanen (papsttreuen) Mitglieder der Domkapitel und der römischen Kurie stets einen radikal-romtreuen Gegenkandidaten zur Wahl stellten. Anschließend verzichteten nach Verhandlungen beide Seiten auf ihre Bewerber und gewählt wurde ein Kompromisskandidat. Diese Rolle als „Bauernopfer auf dem Schachbrett der Kirchenpolitik der Regierungen“23 lässt sich anhand der folgenden Beispiele verdeutlichen: 1853, nach dem Tod des Breslauer Fürstbischofs Melchior von Diepenbrock, war Hohenlohe im Gespräch, dessen Nachfolger zu werden. Bereits einige Jahrzehnte zuvor war zwischen 1795 und 1817 ein Mitglied der Familie in Breslau Bischof gewesen, nämlich Joseph zu Hohenlohe-Waldenburg-Bartenstein. Seitens des Breslauer Domkapitels begegnete man Gustav Adolf allerdings mit „dem entschiedensten Widerspruch“24 und auch der einflussreiche und antiliberale päpstliche Nuntius in Wien, Michele Kardinal Viale-Prelà, hintertrieb eine Kandidatur Hohenlohes, dessen Name dann auch nicht auf der Kandidatenliste stand. Elf Jahre später wurde Hohenlohe, unterstützt von der preußischen Regierung, als Nachfolger des verstorbenen Kölner Erzbischofs Johannes Kardinal von Geissel gehandelt. Dieser soll sich allerdings kurz vor seinem Tode dem Papst gegenüber deutlich gegen Gustav Adolf ausgesprochen haben.25 Einer der Hauptkandidaten war neben Gustav Adolf der Mainzer Bischof und Mitbegründer der Zentrumspartei Wilhelm Emmanuel von Ketteler. Dieser war ultramontan eingestellt, ein entschiedener Gegner der Trennung von Kirche und Staat und sollte einige Jahre später zu einem der Gegenspieler Bismarcks im sog. Kulturkampf werden. Der Kölner Wahlstreit endete erst am 8. Januar 1866 mit der Ernennung des Kompromisskandidaten Paulus Melchers.26 Gustav Adolf wurde schließlich im Sommer 1866 vom Papst zum Kardinalpriester mit der Titelkirche Santa Maria in Traspontina in Rom erhoben – eine Geste des Papstes, die als Entschädi­gung für das Scheitern in Köln gedacht war.27 Zwei Jahre später, nach dem Tode des Freiburger Erzbischofs Hermann von Vicari, scheiterte der Versuch, Hohenlohe in Freiburg die Nachfolge antreten zu lassen, denn auch hier galt dieser als zu liberal und staatsnah. Alle Bemü-

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hungen des badischen Regierungschefs Julius August Isaak Jolly, Hohenlohe auf die Kandidatenliste zu setzen, scheiterten am Widerstand des Freiburger Domkapitels. Der erzbischöfliche Stuhl blieb schließlich für die kommenden 13 Jahre vakant. Als offizielle Ablehnungsgründe wurden stets Behauptungen vorgebracht, wie etwa Hohenlohes mangelnde Eignung oder seine fehlende Tatkraft und Umsicht. Seine zweite Bewerbung für Breslau im Jahre 1881 etwa wurde zurückgewiesen, da es ihm angeblich an „Tugend und Wissenschaft, Erfahrung und Hingebung“28 mangelte. Weitere erfolglose Bewerbungen um einen Bischofssitz erfolgten in Posen (1865), Bamberg (1875), Salzburg (1876), Olmütz (1883) sowie zum zweiten Mal in Freiburg (1880). Die 1866 erfolgte Ernennung zum Kardinal darf nicht darüber hinwegtäusche, dass sich das Verhältnis Gustav Adolfs zu Papst Pius IX. bereits seit dem Jahr 1862 deutlich abgekühlt hatte. Grund dafür war insbesondere der Skandal um das römische Kloster Sant’ Ambrogio, der zu einem Inquisitionsprozess führte, bei dem u.a. der Beichtvater des Klosters, der Jesuit und Theologe Josef Kleutgen29 zur Rechenschaft gezogen wurde.30 Hohenlohe selbst hatte seine Cousine Katharina Fürstin von Hohenzollern-Sigmaringen31 aus dem Kloster gerettet, da ihr Leben dort in Gefahr war. Da Hohenlohe als Liberaler und Gegner der Neuscholastik und der Jesuiten Stellung bezog, stand er im fortschreitenden Maße in Opposition zum jesuitisch beeinflussten Papst.

Gustav Adolf und das I. Vatikanische Konzil 1869/70 – der Kardinal als „liebenswürdiger Frondeur“32 Am 8. Dezember 1869 eröffnete Papst Pius IX. das erste Vatikanische Konzil, das zwei dogmatische Konstitutionen verabschiedete: die erste vom 24. April 1870 betraf die katholische Glaubenslehre, die zweite vom 18. Juli 1870 mit dem Titel Pastor aeternus erklärte – ex cathedra – Äußerungen des Papstes in Glaubens- und Sittenfragen für unfehlbar und legte den päpstlichen Primat fest. Gustav Adolf gehörte zu den Geg­nern der Lehre von der päpstlichen Unfehlbarkeit, da er sie als „typisches Projekt der Jesuitenpartei“33 ansah. Sein Widerstand und seine Abneigung gegen das bevorstehende Konzil wuchsen. Bereits im Vorfeld hatte er am 15. September 1869 besorgt und ratlos an seinen Bruder Chlodwig geschrieben: „[…] Vielleicht besinnt sich der Heilige Vater noch, doch zweifle ich daran. Bei allem Respekt für das Oberhaupt der Kirche wird mein Gehorsam auf eine harte Probe gestellt. […] Oft frage ich mich, was soll ich tun in diesen Stürmen? Man hat mich so viel als möglich isoliert […]“34. An den Sitzungen des Konzils nahm er nach eigenem Bekunden selten

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teil.35 Später wird Gustav Adolf seinem Bruder Chlodwig, nachdem dieser zum Reichskanzler berufen worden war, analog zu seiner eigenen Einstellung zum Konzil folgenden Rat mit auf den Weg geben: „Sowenig wie möglich in den Reichstag gehen, […] andere anschimpfen lassen, nur bei wichtigsten Gelegenheiten sich zeigen, – das wäre mein Plan. Im Übrigen Schweigen und Verachten.“36 Wie gespannt die Konzilsatmosphäre war, lässt ein Brief Gustav Adolfs an Chlodwig am 18. März 1870 erkennen. Man merkt Gustav Adolf seine Wut, Verärgerung und Enttäuschung über das Konzil an, wenn er schreibt: „[…] Es ist eine schlimme Zeit jetzt, namentlich hier[…]. Was nun in den großen Fragen entschieden werden wird, ist gar nicht abzusehen. Stupidität und Fanatismus reichen sich die Hand und tanzen die Tarantella und machen dazu eine Katzenmusik, daß einem Hören und Sehen vergeht. […] Wer bei allem am meisten leidet und verliert, ist die Kirche […].“37 Gustav Adolfs offene Ablehnung des Konzils und des Unfehlbarkeitsdogmas isolierte ihn bis zur öffentlichen Verachtung“38. Auch die Tatsache, daß er sich der Entscheidung des Konzils schließlich doch unterwarf, verbesserte nicht seine Position innerhalb des Vatikan. Es lässt sich nur schwer beurteilen, ob diese nachträgliche Unterwerfung unter die Beschlüsse des Konzils ein Zeichen von Wankelmut oder Kompromissfähigkeit war. Möglich ist, dass die Situation in Rom Gustav Adolf überforderte und er sich in das Unvermeidliche fügte, um wieder Ruhe, Frieden und Harmonie in seinem Leben einkehren zu lassen: „Ich konnte das Treiben in Rom nicht mehr ansehen. […] Ich habe auch, was speziell die Infallibilität betrifft, immer daran festgehalten, was man mir in der Schule von San Apollinare schon vor zweiundzwanzig Jahren gesagt hat: ‚Papam ex cathedra loquentem esse infallibilem‘. […] Ich halte nur meine Ansicht über die Unfehlbarkeit fest. […] Daraufhin schrieb ich ihm [Monsignore Cenni, Privatsekretär des Papstes, C.S.] […] und sagte: […] ‚Von dem übrigen weiß jedermann, daß ich an die Unfehlbarkeit des Papstes geglaubt habe, daran glaube und mit Gottes Hilfe immer daran glauben werde‘.“39 Aus demselben Brief kann man allerdings ersehen, dass er die Gültigkeit der Beschlüsse des Konzils nicht anerkannte.40 Wahrscheinlich hatte Hohenlohe auch sachliche Bedenken gegen die Lehre von der Unfehlbarkeit des Papstes, so dass seine Unterwerfung unter die Konzilsbeschlüsse eher ein äußeres Bekenntnis war.41 Gustav Adolf war mit seiner schwankenden Haltung zwischen die Fronten geraten, denn den Liberalen war er als ehemaliger Günstling des Papstes verdächtig und vielen Katholiken galt er als staatstreuer Liberaler. Sein Verhältnis zu Papst Pius IX. war daher „gründ­lich verdorben“42.

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Gustav Adolf und der „Kulturkampf“–- wird der Kardinal zum Werkzeug Bismarcks? Mit Erlaubnis des Papstes verließ Gustav Adolf Rom am 22. September 1870, also zwei Tage nach dem Einmarsch italienischer Truppen in den Kirchenstaat. Obwohl der Papst dies gestattete, hatte dieser es ihm „sehr übelgenommen, daß er in der Stunde der Gefahr nicht bei ihm geblieben war“.43 Gustav Adolf verlebte die kommenden sechs Jahre in Schillingsfürst, wo er Grundstücke und Häuser kaufte und viel Geld für karitative Zwecke ausgab. Allerdings war es nicht immer sein eigenes Geld, sondern oft das seines Bruders Chlodwig. Auch aus diesem Grunde wünschte sich Chlodwig für Gustav Adolf ein eigenes Bistum, um ihn versorgt zu sehen. Bereits 1869 hatte sein zweiter Bruder Viktor in einem Brief an Chlodwig diesem Wunsch Ausdruck verliehen: „Es ist schauderhaft was G[ustav] für Geld ausgegeben hat. […] Aber ohne [ihm einen] Bischofssitz zu verschaffen geht es nicht.“44 Gustav Adolf bemühte sich indessen weiterhin um eine Versöhnung zwischen der katholischen Kirche und dem Staat. Für den deutschen Kanzler Otto von Bismarck war er durch diese vermittelnde Haltung und als römischer Außenseiter ein ideales Werkzeug in seinem Kampf gegen den römischen Katholizismus und die ihn vertretende Zentrumspartei, dem sog. „Kulturkampf“45, der zwischen 1871 und 1887 ausgetragen wurde. Bismarcks Hauptanliegen war dabei die absolute Autorität des Staates, der auch für die Beziehungen von Staat und Kirche zuständig sein sollte. Das Unfehlbarkeitsdogma selbst war für ihn verglichen mit den machtpoliti­schen Gesichtspunkten nebensächlich.46 Der Kanzler stand vielmehr in einer diffusen Gegnerschaft zu Katholiken und der Zentrumspartei „weil er die [mehrheitlich katholischen] Polen hauen wollte, oder weil er ernsthaft glaubte, sie seien Agenten des Papstes, oder um den Liberalen einen Gefallen zu tun, oder weil er irgend etwas unternehmen wollte […]. Jeder der Bismarck widersprach, ein Reichsfeind.“47 In dieser gespannten Situation war Gustav Adolf die Idealbesetzung Bismarcks als Botschafter des neu gegründeten Deutschen Reiches beim Heiligen Stuhl. Otto von Bismarck suchte nach einem Vorwand, um den Konflikt mit der katholischen Kirche auszuweiten. Für eine „gezielte Brüskierung des Vatikans“48 brauchte er einen „hochfahrende[n], deutsche[n], jesuitenfeindliche[n] Prälat[en], der die römischen Verhältnisse kenne, das Unabhängigkeitsgefühl der deutschen Kirche gegenüber dem Vatikan zu repräsentieren vermöge und zugleich präpotent genug sei, um den diplomatischen Einfluß Frankreichs zu neutralisieren.“49 Bismarck schätzte an Gustav Adolf dessen „Ehrlichkeit und Vornehmheit [mehr] als die nicht sehr entwickelte Gabe, Menschen und Verhältnisse zu beurteilen.“50 Umgekehrt zeigte Hohenlohe große Sympathie für den Reichskanzler. Daran erinnerte

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sich der spätere Kaiser Wilhelm II., der sich mit Gustav Adolf ,,dem geistvollen, etwas schwärmerisch weichen Manne ausgezeichnet gestanden“ hatte, und den er in die „Reihe prachtvoller katholischer Männer“ stellte, die er kennengelernt hatte. Wilhelm erschien der Kardinal, mit dem er entfernt verwandt war, als „ein liebenswürdiger, feiner Mann, konfessionell sehr frei, ganz positiv zum deutschen Staate eingestellt und auch durchaus bereit, die Vertretung Deutschlands beim Vatikan zu übernehmen; in seinem Arbeitszimmer hing sogar ein Bild Bismarcks mit dessen eigenhändiger Unterschrift!“51 Am 25. April 1872 erfolgte die Anfrage beim Heiligen Stuhl, ob die Ernennung des Kardi­nals zum preußischen Gesandten beim Vatikan genehmigt werden würde. Für den Papst und die rö­mische Kurie war dies, „man mochte es einkleiden und begründen, wie man wollte, ein Affront er­sten Ranges“52, denn die Kurie konnte hierin eine Einmischung in innerkirchliche Angelegenheiten erkennen. Da die Ernennung des Kardinals bereits in den Zeitungen veröffentlicht worden war und Gustav Adolf bereits angenommen hatte, ohne den Papst zu konsultieren und das sog. Agrément einzuholen, lehnte die Kurie ab. Die Ablehnung, die Hohenlohe durch den Kardinalstaatssekretär Giacomo Antonelli am 2. Mai 1872 mitgeteilt wurde, erfolgte in relativ moderater Form: Gustav Adolf wurde „nur“ die Übernahme eines Staatsamtes untersagt; ein offizielles Verweigern des Agrément – in der Diplomatie ein unfreundlicher Akt – erfolgte nicht. Die von Bismarck kalkulierte Ablehnung benutzte dieser als Beweis für die feindlichen Absichten des Papstes und als Vorwand, um weiterhin gegen die katholische Kirche vorgehen zu können. Wie durchsichtig das Handeln Bismarcks war, zeigte auch ein Brief der deutschen Kaiserin Augusta an den Kaiser vom 9. Mai 1872: „[…] Dein letzter Brief bespricht die Ablehnung des Kardinals Hohenlohe. Überrascht ist von derselben wohl niemand gewesen, der die Verhältnisse näher beurteilen konnte, und man glaubt daher, daß der Effekt der Ablehnung beabsichtigt war, um der Öffentlichkeit gegenüber daraus Kapital zu machen. Wäre die Kombination ernstlich gemeint gewesen, so würde man, dem allgemeinen Usus gemäß, vor der Ernennung und der Publizität derselben auf vertraulichem Wege die nötige Verständigung erlangt resp. die Ablehnung im Interesse aller Teile geheimgehalten haben. Da man gerade das Gegenteil getan, ist anzunehmen, daß man die Antwort des Papstes vorhergesehen und von vornherein auf dieselbe gerechnet hat, um dieselbe für andere Zwecke zu verwerten. Dies wird aber nur in betreff desjenigen Teils der öffentlichen Meinung gelingen, der ohnehin gegen Rom ist, während die Katholiken durch den Schritt, den sie als einen Kunstgriff be­trachten, im Mißtrauen und in der Opposition nur bestärkt werden. Gewiß hätte man in Berlin ge­wünscht, daß Hohenlohe angenommen worden wäre, weil darin ein Mittelpunkt für eine künftige Stellung Deutschlands in der kirchlichen Frage

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gewonnen hätte werden können; nun aber wird man das Scheitern seiner Wahl als Vorwand benutzen, um den Botschafterposten unbenutzt zu lassen, ja die ultraliberale Seite des Reichstags wird sogar die gänzliche Streichung des Postens vom Budget beantragen und dadurch unklugerweise die Regierung ihres künftigen Einflusses auf die Entwick­lung der Dinge in Rom berauben! […]“53 Gustav Adolfs Bruder Chlodwig, damals Reichstagsabge­ordneter, reagierte auf die Affäre nur mit kalter Gleichgültigkeit, denn „man konnte es voraussehen, daß er [Bismarck, C.S.] es so machen würde.“54 Der „Fall Hohenlohe“ kam am 14. Mai 1872 im Reichstag zur Sprache. In jener Sitzung machte Bismarck deutlich, daß es gegenüber der katholischen Kirche kein Einlenken geben werde: „Seien sie außer Sorge, nach Canossa gehen wir nicht, weder körperlich noch geistig“55. Folgerichtig endeten die diplomatischen Beziehungen, der Gesandtschaftsposten blieb unbesetzt, wurde schließlich am 4. Dezember 1874 förmlich aufgehoben und damit ein weiteres „Kapitel in Bismarcks Kampf gegen die katholische Kirche in Preußen und Deutschland“56 aufgeschlagen. Gustav Adolf stand seit diesen Ereignissen noch mehr als zuvor im Abseits. Die Haltung gegenüber seinen Mitbrüdern im geistlichen Amt wurde in dieser Zeit geradezu feindselig. Das bemerkte auch der wichtigste Berater des Großherzogs Friedrich I. von Baden, der Schweizer Historiker, Diplomat und Publizist Johann Heinrich Gelzer-Sarasin. Dieser notierte in seinem Tagebuch einen Kommentar Gustav Adolfs57: „Am besten wäre es, wenn der ganze Vatikan (d. h. die jetzige dortige Intrigen-Sippschaft) in Flammen aufginge!“. Er gab Gelzer den Rat, „den römischen Prälaten […] mit der Überlegenheit eines väterlichen Ratgebers gegenüber[zu]treten“, sie „ja nicht […] allzu wichtig [zu] behandeln; das sei ihnen schädlich!“. Über Papst Pius IX. äußerte er sich Gelzer gegenüber mit schonungsloser Offenheit: „[…] bei seiner Wahl [1846, C.S.] habe seine Schwester geäußert, er habe seine Familie ruiniert, nun werde er auch die Kirche ruinieren! Sein frommer Beichtvater, der vor einigen Jahren starb, rief einmal in Verzweiflung: ‚Pius habe den Teufel im Leib!‘“ Bedenkt man diese indiskreten Äußerungen des Kardinals, so wird verständlich, warum Gelzer ihn als eine reichlich fließende inoffizielle Informationsquelle „wie eine Goldmine oder wie eine Schatzkammer“58 behandelte. Der bayerische Gesandte in Rom, Freiherr Anton von Cetto erwähnte Hohenlohe in dem von ihm angefertigten „Tableau des Cardinaux“, in dem er kurz die Mitglieder des damaligen Kardinalskollegiums skizziert. Über Hohenlohe berichtet er: „Nr. 28. Cardinal Hohenlohe, 50 Jahre alt. Zählt im Cardinalscollegium und in der Curie zahlreiche und erbitterte Feinde. Seine plötzliche Abreise und seine dauernde Abwesenheit von Rom sowie seine hier rätselhaft erscheinende Haltung geben zu den schärfsten Beurtheilungen Anlaß und sollen den heiligen Vater persönlich tief verletzt haben“.59 Ein ähnliches „Tableau“ hat 1875 auch der

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Prälat Tancredi Bellà angefertigt. Die Übersetzung des italienischen Originals wurde am 9. Oktober 1875 von Robert von Keudell, dem deutschen Botschafter in Italien, an den Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Bernhard Ernst von Bülow, übersandt. Bellà schreibt über Hohenlohe: „[Nummer] 39: Hohenlohe, Fürst Gustav von, von Rothenburg. Gehört verschiedenen Con­gregationen an. [Nummer] 53: – Gemäßigt, aber dem hl. Stuhle attachiert. Machte geringe Studien und hat wenig Talent. […] Er befehdete alles das, was vom gegenwärtigen Papst in Betreff des Syllabus60 und der Unfehlbarkeit gethan worden ist. Er ist ein Feind der Jesuiten; hat keinen Einfluß im hl. Collegium.“61 Für den Prälaten Tancredi Bellà war Hohenlohe ein Vertreter des Deutschen Kaisers „Wilhelms des Siegreichen“62. Berücksichtigt man diese Einschätzungen, scheint es geradezu paradox, wie häufig Gustav Adolfs Name seit Beginn des Jahrzehnts immer wieder im Zusammenhang mit dem nächsten Konklave erwähnt und Hohenlohe gar als „der Papst der Zukunft“63 bezeichnet wurde. Es galt geradezu als ein Gebot der Stunde, Gustav Adolf dazu zu bewegen, nach Rom zurückzukehren, um bei einem plötzlichen Tod des Papstes für das Konklave bereit zu stehen.64 Der polnische Graf Ladislaus Kulczycki schrieb zu diesem Thema am 11. Juni 1871 an ein unbekanntes Mitglied der italienischen Regierung. Er erwähnte darin als möglichen Kandidaten, „un cardinal étranger“, mit dem nach Aussage des Tancredi Bellàs Gustav Adolf gemeint war.65

„Der Prinz alterte ziemlich tatenlos“66: Rückkehr nach Rom Im Jahre 1876 drängten die diplomatischen Kreise in Berlin den Kardinal dazu, nach fünfjähriger Abwesenheit nach Rom zurückzukehren, um dort erneut politischen Einfluss zu gewinnen. Umgekehrt wollte Pius IX. Hohenlohe wieder in seiner Nähe wissen. Sein Verhältnis zum nunmehr greisen Pius IX. war zwiespältig und läßt sich mit letzter Sicherheit nicht klären: Die einstige Freundschaft der beiden hatte in den zurückliegenden Jahren großen Schaden genommen – der Papst konnte es Hohenlohe beispielsweise nie verzeihen, daß er Rom im Augenblick der Annexion durch Italien verlassen hatte. Auf der anderen Seite war der Kardinal 1876 auch deshalb nach Rom zurückgekehrt, da er vom schlechten Gesundheitszustand des Papstes erfahren hatte67; er ließ sogar für den schwer erkrankten Pontifex ein in Deutschland hergestelltes Spezialbett nach Rom bringen.68 Papst Pius IX., den der Historiker Thomas Nipperdey aufgrund seiner Starrheit und Unnachgiebigkeit den „Papst der Militanz“69 nannte, starb 1878 nach dem längsten Pontifikat in der bisherigen Papstgeschichte, dem „dramatischste[n] […] der Neuzeit“70. Der neu gewählte Papst Leo XIII. war wie sein Vorgänger

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ein Verfechter der Wiederherstellung des Kirchenstaates und der weltlichen Gewalt des Papsttums, doch gleichzeitig erwies er sich als diplomatischer und konzilianter: „Im Gegensatz zu Pius war er ein politischer Papst, der den Starrsinn seines Vorgängers durch flexible und geschickte Diplomatie ersetzte und mehrere Erfolge für sich verbuchen konnte.“71 Einer der ersten war die sich anbahnende Verständigung mit Bismarck und der schrittweise Abbau der Kulturkampfgesetze in Preußen. Von Leo XIII. empfing Bismarck einige Jahre später sogar den höchsten Orden des Vatikans „und [der Papst] nannte ihn einen großen, guten Mann“.72 Auch Gustav Adolf, der Leo XIII. bei dessen Wahl im Konklave unterstützt hatte, profitierte vom neuen Klima in Rom. So wurden ihm zunächst einige bemerkenswerte Auszeich­nungen zuteil. Der Papst ernannte ihn im Juli 1878 zum Erzpriester an Santa Maria Maggiore, einer der bedeutendsten römischen Kirchen, in deren Nähe er auch eine Dienstwohnung bezog. Im Jahr darauf folgte die Erhebung zum Kardinalbischof des sububikarischen Bistums von Albano, wo er mit der Hymne „Heil Dir im Siegerkranz“ von den dortigen Stadtmusikanten begrüßt wurde.73 Gu­stav Adolf schien zunächst wieder neuen Handlungsspielraum gewinnen zu können und erreichte einen neuen Gipfel seiner Laufbahn. Da Hohenlohe aber für den neuen italienischen Nationalstaat offen Sympathien zeigte, trübte sich zunehmend sein Verhältnis zum Papst. Hinzu kam, daß er resignierend und verbittert am 3. Oktober 1883 auf das Bistum Albano verzichtete, in den Stand der Kardinalpriester zurücktrat und Rom erneut verließ, um nach Deutschland zu reisen. Die Gründe für diesen Verzicht lagen in anhaltenden Differenzen mit der Kurie; außerdem war das Bistum Albano nur schlecht dotiert und soll sogar Zuschüsse erfordert haben. 74 In Deutschland traf Hohenlohe nicht nur mit dem italienischen Gesandten Graf Barbolani zusammen; weitaus mehr Aufsehen er­regte seine Zusammenkunft mit dem exkommunizierten Theologen Ignaz von Döllinger, der von den Liberalen als einer der „neuen Reformatoren“75 gefeiert wurde. Hohenlohe war nach diesen Ereignissen in Rom „völlig isoliert“76. Dies drückte sich auch darin aus, daß er zu dem Drittel der Kurienkardinäle gerechnet wurde, die zu keiner der Kongregationen gehörten und die von allen politischen und kirchlichen Entscheidungen ausgeschlossen waren. Christoph Weber nennt vier Gründe, die einen Kardinal in dieses untere Drittel, gleichsam in die vatikanische Randgruppe, verwiesen: wenn sie „aus dem bloßen Hofdienst (1) oder wegen ihres Namens (2) den roten Hut erhalten hatten, ohne daß ihre theologische oder sonstige Bildung ihre Verwendung in wichtigeren Angelegenheiten erlaubt hätte […] persönliche Gründe (3), wie beim Kardinal Bonaparte, der so skrupulös war, daß er täglich beichtete, oder politische Ungnade (4), wie beim Kardinal Hohenlohe […].“77 Im Jahre 1892 fertigte der Legationssekretär an der preußischen Gesandtschaft am Hl. Stuhl Franz von Reiche-

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nau einen Bericht über die Kardinäle an.78 Es ist bezeichnend, daß er den Kardinal Hohenlohe ganz an den Schluss seiner Betrachtungen setzte und ihn, wie er freimütig zugab, überhaupt nur widerstrebend erwähnte, aus dem einzigen Grund „weil er außer den vorgenannten der einzige deutsche Cardinal ist.“ Sein lapidares Urteil schließlich ist von verletzender Ironie geprägt: „Irgendeine Bedeutung, sei es auch nur als Informationsquelle, besitzt der fürstliche Purpurträger nicht, ist aber ein selten unter­haltender und geistreicher Grandseigneur.“ Leopold von Schlözer79, der Neffe des preußischen Gesandten beim Vatikan, Kurd von Schlözer80, umschrieb Gustav Adolfs Weg in die Bedeutungslosigkeit ebenso diplomatisch wie deutlich: „Für die Aufgabe von heute konnte Hohenlohe wohl hier und da Winke geben und Verbindungen anknüpfen, im übrigen aber, ohne politischen Ehrgeiz und von der Prälatur beargwöhnt, wenig helfen. [Kurd von, C.S.] Schlözer mußte sich nach anderen, einflußreicheren Stützen umsehen.“81 Schlözer befand sich in der Rolle eines Vermittlers zwischen dem Vatikan und dem preußischen Staat und brauchte insbesondere in der Phase der Beilegung des Kulturkampfes (1878–1887) einen Mittelsmann, der „von der Vergangenheit nicht belastet war“.82 Gerade Hohenlohe aber „[scheiterte] […] an [seiner] Vergangenheit, die [ihn] zu sehr in die Nähe einseitig staatlicher Interessen rückte“83; er galt im Vatikan als „Werkzeug der Berliner Kirchenpolitik“84. Kaiser Wilhelm II., der mit Hohenlohe in Briefwechsel stand, fühlte sich hingegen von ihm „gut über die kirchlichen und politischen Strömungen in Rom unterrichtet,“85 und war dankbar für die „wertvolle[n] Informationen, die des klugen Schlözers Instruktionen vortrefflich ergänzten.“86 Die unterschiedlichen Aussagen zeigen erneut, wie schwer die wirkliche Bedeutung und der Einfluß des Kardinals zu beurteilen sind. Man kann allerdings annehmen, daß ihn die verschiedenen Konflikte in Rom in zunehmendem Maße zermürbten und deprimierten – man betrachte nur die gegen Ende seines Lebens entstandenen Photographien. Und auch sein fortschreitendes Alter und sein sich verschlechternder Gesundheitszustand führten zu einem Rückzug ins Private.

Rückzug und Resignation Gustav Adolf, nachdem er nun wieder dem Stand der Kardinalpriester angehörte, verbrachte seine letzten Lebensjahre abwechselnd in Rom und vor allem in der Villa d’Este in Tivoli. Es begann das, was Hermann Rust treffend als das „Stillleben“ des Kardinals bezeichnete.87 Die Villa d’Este hatte ihm Herzog Franz V. von Modena, Massa, Carrara und Guastalla rund 30 Jahre zuvor zur lebenslan­gen Nutzung überlassen. Geradezu legendär wurde Hohenlohes Gast-

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freundschaft, von welcher der Kirchenhistoriker Franz Xaver Kraus berichtete, und Hohenlohes Loyalität mit viel Pathos rühmte: „Wie denn überhaupt die Treue gegen die Freunde zu den besten Eigenschaften dieses Kirchenfürsten zählte, dessen ganze Erscheinung wie ein Stück vergangener Welt in diese Gegen­wart hineinragt.“88 Zu seinen Gästen in der Villa d’Este gehörte der Komponist Franz Liszt, der am 25. April 1865 von Gustav Adolf in dessen Privatkapelle im Vatikan die Tonsur und die niederen Weihen zum Weltgeistlichen (Abbé) erhalten hatte. Hohenlohe war einige Jahre zuvor in Liszts Heiratspläne involviert gewesen und spielte dabei eine „dubiose Rolle“. Sein Bruder Constantin hatte 1859 Marie, die Tochter der Fürstin Carolyne von SaynWittgenstein geheiratet, welche Liszt 1847 kennen- und kurze Zeit später lieben gelernt hatte. Die Fürstin hatte die zivilrechtliche Scheidung von ihrem bereits seit Jahren von ihr getrennt lebenden Ehemann eingereicht und beabsichtigte, Liszt zu heiraten. Auch fehlte zu einer Annullierung die kirchliche Genehmigung, die sie durch eine von Hohenlohe vermittelte Audienz bei Pius IX. zu erlangen hoffte. Obwohl Gustav Adolf sie schlecht gemacht hatte, erlangte sie die Audienz. Einer Trauung stimmte der Vatikan schließlich zu; sie sollte am 22. Oktober 1861 in Rom stattfinden. Am Vorabend der Trauung, die Gustav Adolf vornehmen sollte, verlangte der Vatikan allerdings unter dem Einfluss missgünstiger Verwandter der Fürstin einen Aufschub und Einsicht in die Akten von Carolynes Scheidungsprozess. Diese sah darin, wie ihre Tochter Marie berichtete, einen Wink des Schicksals: „Die Akten werden von ihr [Carolyne, C.S.] verweigert – und sie verzichtet!“89 Drei Jahre später, nach dem Tod ihres geschiedenen Ehemannes Fürst Nikolaus von Sayn-Wittgenstein, verzichtete Carolyne noch immer auf eine Eheschließung mit Liszt. Vielmehr ermunterte sie nunmehr Liszt zu einer kirchlichen Karriere, und sie selber begann mit intensiven theologischen Studien. Hohenlohes Verhalten im Zusammenhang mit diesen Ereignissen ist ambivalent. Zum einen war er ein großer Freund und Förderer Liszts90, zum anderen wird vermutet, dass Hohenlohe Fürstin Carolyne davon überzeugt hat, „für die Kirche Großes zu leisten“91. Hier gab Gustav Adolf dem Wunsch seiner Familie nach, die einer Ehe der Fürstin Carolyne (der Schwiegermutter Constantins von Hohenlohe) mit dem skandalumwitterten Freigeist Franz Liszt ablehnend gegenüberstand. Die Freundschaft mit Hohenlohe war für Franz Liszt gewinnbringend, denn durch Gustav Adolfs Vermittlung musizierte der Komponist trotz seines Rufes vor Papst Pius IX., und die Villa d’Este wurde ihm zum zweiten Zuhause. Im Garten der Villa erhielt Liszt Anregungen zu seinen Kompositionen Die Zypressen der Villa d’Este und Die Wasserspiele der Villa d’Este, die später in die Sammlung Années de pèlerinage III aufgenommen wurden.

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Ein weiterer Aufenthaltsort des Kardinals war die Villa Carlotta bei Tremezzo am Comer See, die sich damals im Eigentum der Familie von SachsenMeiningen befand. Auch hier traf Gustav Adolf mit Künstlern zusammen, wie etwa Adolf von Hildebrandt, einem der führenden deutschen Bildhauer des 19. Jahrhunderts. Der Kardinal hatte nichts von seinem gewinnenden Wesen eingebüßt und verstand es immer noch, Menschen für sich einzunehmen. Davon zeugt ein Brief vom 19. Mai 1893, den Adolf von Hildebrandt gemeinsam mit seiner Tochter Irene an den führenden deutschen Kunsttheoretiker Konrad Fiedler verfasste: „Es ist wirklich ein Paradies, welches der Cardinal Hohenlohe durch geistliche Witze pikant macht […] Der alte Cardinal Hohenlohe hat unsere Herzen ganz erobert. Seine feinen Witzchen und halb verschluckten Zweideutigkeiten machen sich zu dem geistlichen Gewande sehr nett. Dazwischen erzählt er manche sehr ernste und sehr interessante Geschichten aus dem intimen Leben der römischen Geistlichkeit.“92 Die Bedeutungslosigkeit Gustav Adolfs bei der Kurie entsprach auch dem schwindenden deutschen und österreichischen Einfluß im Vatikan. Der Senator, Historiker und Journalist Raffaele De Cesare, ein Vatikankenner, berichtet über die Situation in einem Aufsatz vom Januar 1893: „Unter den drei deutschen Kurienkardinälen war auch nicht einer, auf den Deutschland wirklich hätte zählen können: Melchers, achtzigjährig und erblindet, Ledochowski, auch er schon alt und ohne Anhang, und Hohenlohe, ein Freund Deutschlands gewiß, aber ohne gehört zu werden.“93 Nach Deutschland kehrte Hohenlohe zum letzten Mal in seinem Leben im Jahre 1893 zurück. In seinen letzten Lebensjahren verstärkte sich sein Misstrauen gegen die Gesellschaft Jesu. Spätestens seit dem Konzil galt er als der Wortführer der antijesuitisch gesinnten Kardinäle. Dabei erfüllte ihn ein regelrechter Verfolgungswahn und er verbreitete Geschichten, nach denen immer wieder liberale Kardinäle, Prälaten und auch sein Sekretär und Diener Gustavo Nobili von Jesuiten vergiftet worden seien: „der psychisch Labile sah allenthalben einen Pater Societatis Jesu mit einem Giftfläschchen umherschleichen“94. Nobili musste nicht nur alle Speisen und Getränke, sondern auch die Hostien und den Wein vor jeder vom Kardinal zelebrierten Messe vorkosten.95 Während des Konklaves von 1878 war Hohenlohe der Einzige, der sich sein Essen von auswärts kommen ließ.96 Es gilt vor dem Hintergrund seines Antijesuitismus sogar als wahrscheinlich, daß Gustav Adolf an der Durchsetzung des Jesuitengesetzes97 mitgewirkt hat. Er selber unternahm nichts, um sein Verhältnis zum Papst und zur Kurie zu verbessern – ganz im Gegenteil: „Seinerseits war er freilich auch nicht von manchen Unklugheiten freizusprechen. […] Auch manches Bonmot, das der Cardinal nicht zu unterdrücken vermochte und das seiner witzigen und munteren Zunge entfloh, machte seinen

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Weg durch Rom und brachte ihm reichliche Feindschaft zu.“98 In den letzten Lebensjahren litt Gustav Adolf an verschiedenen Krankheiten. So musste er sich 1894 ein Geschwür an der Brust entfernen lassen. Trotz aller Resignation und Enttäuschungen schien sich Gustav Adolf einen Rest an Lebensmut bis zum Ende erhalten zu haben. Franz Xaver Kraus stellte fest, dass „auch im Alter […] auf seinen Lippen und in seinen Augen ein Zug schalkhaften Humors [wohnte], der ihm über manche materiellen Sorgen und über die Angriffe seiner Gegner hinweghalf.“99 Das Verhältnis zum Papst und zu dessen Staatssekretär Mariano Rampolla war in der Zwischenzeit an einem Tiefpunkt angelangt, da Gustav Adolf offen Umgang mit dem italienischen Ministerpräsidenten Crispi100 pflegte und dessen Politik unterstützte. Als am 26. Oktober 1894 Chlodwig zum Reichskanzler berufen wurde, schien allerdings dessen neue Würde auch auf Gustav Adolf auszustrahlen, denn Crispi sagte dem deutschen Botschafter beim Königreich Italien, Bernhard von Bülow, daß die römischen Geistlichen Gustav Adolf seit der Ernennung seines Bruders den Hof machten, denn die Priester seien wie die Frauen – nichts ziehe sie mehr an, als die Macht.101 Am 22. Mai 1895 erschien in der Berliner Rundschau ein von Hans von Basedow verfasster Artikel mit dem Titel „Papst Hohenlohe“, in dem Basedow Hohenlohe aufforderte, als möglicher Gegenpapst bereit zu stehen. Das Thema Gegenpapst spielte auch eine Rolle in einer undatierten Notiz102, die der preußische Gesandte in München, Philipp Graf von Eulenburg, verfasst hat. Von Eulenburg charakterisiert Gustav Adolf darin als einen Kenner des Vatikans, der sich niemals auf ein „so aussichtsloses Abenteuer“ einlassen würde. Allerdings beruhe dies vor allem auf Hohenlohes Wissen um seine intellektuellen Unzulänglichkeiten und auf Eitelkeit und Angst: „Dieser sehr eitele kleine fürstliche Kardinal, der mit so viel Koketterie sein großes Bischofskreuz mit Smaragden auf dem Purpur seiner Soutane trug und so gern den großen Smaragden seines Bischofsringes auf den feinen weißen Händen glänzen ließ, – war auch deshalb klug gewesen, den großen Krach in Rom nicht zu machen, weil er sich geistig einer solchen Aufgabe absolut nicht gewachsen fühlte. Er war mir sehr nahe gekommen, und wir behandelten sehr intim die Interna des Vatikans miteinander. Er war auch ehrlich genug, mir einzugestehen, daß ihn die Angst vor einer gewissen Schokolade, an der so manche seiner Kollegen gestorben seien, wesentlich davon abgehalten habe, in die, im übrigen ganz klanglose, Bismarcksche Trompete des Kulturkampfes und gar des ‚Altkatholizismus‘ zu blasen.“ Hierin kann man ein weiteres Beispiel dafür erkennen, daß sich der Kardinal zumindest selber richtig einschätzen konnte und mit seinen Fehlern zu leben verstand.103

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Tod und Nachleben Gustav Adolf starb nach langem Leiden am 30. Oktober 1896 in Rom. Noch am gleichen Tag sandte Bernhard von Bülow ein Telegramm an Chlodwig, in dem er von den letzten Minuten des Kardinals berichtet: „Seit vier Wochen leidend […] nachdem derselbe diese Nacht ruhig geschlafen hatte, wurde er heute morgen beim Aufstehen von einer Ohnmacht befallen. Der Tod trat schmerzlos nach nur zwei Minuten langer Agonie ein. Der Arzt konstatierte Herzschlag als Todesursache. Dem sterbenden die heiligen Sakramente zu reichen war nicht mehr möglich, doch hatte der verewigte Kardinal dieselben noch vor seiner Abreise von Tivoli empfangen“.104 Chlodwig war sich allerdings nicht sicher, ob sein Bruder wirklich eines natürlichen Todes gestorben war und dieser womöglich durch „Vernachlässigung oder noch Schlimmeres herbeigeführt wurde“105. Gustav Adolfs Tod fand ein bemerkenswertes Echo nicht nur in insgesamt 18 Briefen und 137 an seinen Bruder Chlodwig gerichteten Kondolenztelegrammen, sondern auch in der Korrespondenz, in Tagebüchern und in den Memoiren der Zeitgenossen Hohenlohes: Bogdan Graf von HuttenCzapski, ein Mitglied des preußischen Herrenhauses und Freund der Familie Hohenlohe, lobte die Unabhängigkeit des Kardinals, den er den „letzte[n] Grandseigneur des Kardinalkollegiums“106 nannte. Franz Xaver Kraus gelang eine feine, äußerst differenzierte Charakterisierung107. Er beschrieb den Kardinal als eine „sich wenigen aufschließende Persönlichkeit“; er sei „kein Gelehrter“, aber war „Gelehrten und Künstlern in allweg behülflich und unterstützte Jeden, der sich an ihn wandte“. Er galt als mildtätig, war „[d]en Armen […] ein wahrer Vater“. Für Kraus war Gustav Adolf außerdem „persönlich bescheiden“ und „einfachen Wesens, unendlich frei von jedem geistlichen Hochmuth […] stets der echte Grandseigneur“. Als entscheidende Schwäche des Kardinals aber sah Kraus den Mangel an Führungsstärke, Durchsetzungs- und Entschlusskraft: „Die weiche, mehr receptive [sic!] als impulsive Natur des Cardinals war nicht dazu angethan [sic!], aus ihm den Führer einer Partei oder überhaupt eine leitende Persönlichkeit zu machen. Zum tonangebenden Staatsmann war er nicht angelegt“. In einem Brief an den damaligen Präsidenten des badischen Staatsministeriums Wilhelm Nokk beklagte Kraus einen Tag nach dem Tod des Kardinals aber den schwerwiegenden Verlust für die deutsche Politik, „auch für die schwebenden Fragen“. Kraus „bewegt“ und „entmutigt“ das „Hinfallen all dieser Beziehungen und Stützen“. Er verlieh so seiner persönlichen Trauer Ausdruck, und er würdigte Gustav Adolf als die „Augen und Ohren Deutschlands“ im Mittelpunkt der katholischen Kirche.108

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Der österreichische Diplomat und katholische Historiker Ludwig von Pastor erwähnt in seinem Tagebuch unter dem Datum 10. November 1896 einen an ihn gerichteten Brief des österreichischen Botschaftsrates Johannes de Montel. Dieser bezeichnete Hohenlohe als „interessante Persönlichkeit“ und kam zu dem Urteil: „[…] Durch seine [Hohenlohes, C.S.] Abstammung standen ihm alle Wege offen, doch hat er sich in dem von ihm selbst gewählten Beruf niemals glücklich gefühlt. Hochbegabt, aber ein unsteter Kopf, erregte er in seinen Kreisen häufig durch seine bizarren und satirischen Ideen Anstoß, so daß er in den letzten Jahren im Kardinalskollegium vereinsamt war […].“109 Johannes de Montel beschrieb am deutlichsten die Tragik in Hohenlohes Leben, der die an ihn gestellten Erwartungen nicht erfüllen konnte und eine Rolle ausfüllen musste, für die er nicht geschaffen war. Mit dem Abstand eines Jahrhunderts steht heute bei einer Einordnung Hohenlohes weniger seine Tragik als vielmehr seine Bedeutung als „alternativer Katholik“ im Vordergrund. Der Historiker Hubert Wolf etwa spricht vom „Modell“ Hohenlohe, dem Vertreter „eines Katholizismus, der auf eine Versöhnung mit den Protestanten und den modernen Nationalstaaten, auf eine pragmatische Lösung der Römischen Frage und vor allem auf eine schlichte und spätaufgeklärte Religiosität setzte, der jeder Hang zum übersteigerten Mystizismus, pseudokatholischen Irrationalismus und zu exaltierten Frömmigkeitsformen suspekt war“110. Gustav Adolfs Grab befindet sich auf dem Campo Santo Teutonico, dem deutschen Friedhof im Vatikan. Für Primo Levi, einen römischen Publizisten und Freund des Kardinals, war dies der richtige Ruheplatz, „so ganz Poesie und wirklich seiner edeln [sic!] Seele würdig“.111 Das Grabmal112 führte 1898 der Bildhauer Adolf von Hildebrand aus, den der Kardinal 1893 in der Villa Carlotta am Comer See kennengelernt hatte. Gustav Adolfs Bruder Chlodwig beauftragte Bogdan Graf von Hutten-Czapski, dem Gustav Adolf „menschlich sehr zugetan“113 war, mit dem Verfassen der Inschrift. Sie lautet übersetzt: „Hier ruht in Frieden Seine Eminenz der durchlauchtige Prinz Gu­stav von Hohenlohe, Kardinal der heiligen römischen Kirche, edel von Abkunft, edler an Ge­sinnung, der Gott allein diente, die Ungerechtigkeit haßte, der Kirche, dem Vaterland und den Freunden unbestechliche Treue bewahrte, ein Liebhaber der Künste und ein Tröster der Armen, geboren 26. Februar 1823, gestorben 30. Oktober 1896. Dies Denkmal setzte zur dauernden Erinnerung seines geliebten Bruders Chlodwig Fürst von Hohenlohe, des deutschen Reiches Kanzler.“114 Zwischen dem 29. März und dem 3. April 1897 wurden in einem „Vente Hohenlohe-Schillingsfürst“ die persönlichen Gegenstände des Kardinals in Rom verkauft. Darunter war nicht nur ein Fußwärmer im Wert von 7,70 Pfund aus grauem Tierhaar mit einer gestickten Borte, sondern vor allem eine wert-

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volle Kunstsammlung. Der Katalog nennt folgende Objekte: Ölgemälde, antike und moderne Kunstgegenstände, Möbel, Porzellan, Marmorobjekte, Spitzen, Bronzeobjekte, Stoffe, Miniaturen, Pretiosen etc.115 Dieser Verkauf verdeutlichte nochmals die große Sammelleidenschaft des Kardinals und sein Interesse an Kunstgegenständen. Zu Gustav Adolfs Sammlung gehörten als besondere Kostbarkeit auch die Briefe, die Cosima Wagner an ihren Vater Franz Liszt gerichtet hatte.116 So rege die Anteilnahme an Gustav Adolfs Tod auch war – er fiel bald dem Vergessen anheim. Davon zeugt ein Brief an Chlodwig, den die schwedische Kronprinzessin Viktoria, eine geborene Prinzessin von Baden, am 24. Januar 1899 in Rom verfasste. Sie hatte das Grab des Kardinals auf dem Campo Santo besucht und war entsetzt über dessen Zustand: „[…] ich fand die Grabstätte ebenso verwahrlost wie beim letzten Mal; kaum mehr eine Pflanze, ein einziger Rosenstock noch übrig, die Zypresse, die ich pflanzte, entfernt, das schlichte schwarze Holzkreuz ohne Namen mit einigen schwarzen Fetzen behängt, wohl Überbleibsel eines Kranzes. Nein, es war tief wehmütig, und ich kann diesen Eindruck von Verlassensein in fremder Erde nicht loswerden. Wieviel schöner wäre es, und Ihrem Herzen eine so viel wohltuendere Empfindung, die Überreste dieses geliebten Bruders in heimatlicher Erde gebettet zu wissen! Ich hoffe immer noch, daß Sie sich dazu entschließen werden. Diese sonnenlose, feuchte Ecke, in der er hier ruht, ist gar zu traurig.“117 Kurz darauf veranlasste Chlodwig zwar die Erneuerung der Grabstätte; aber es blieb eine sonnenlose und feuchte Ecke.

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Hubert Wolf, Gustav Adolf zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Kurienkardinal, Freiburger Erzbischofskandidat und Mäzen, 1823–1896, in: Gerhard Taddey/Joachim Fischer (Hg.), Lebensbilder aus Baden-Württemberg, Stuttgart 1994, S. 350–375, hier S. 373. Marie von Thurn und Taxis-Hohenlohe, Jugenderinnerungen (1855–1875), Wien 1936, S. 90. Norbert Trippen, Das Domkapitel und die Erzbischofswahlen in Köln 1821–1929, Köln/Wien 1972. Der preußische Gesandte beim Vatikan Kurd von Schlözer über den mit ihm befreundeten Kardinal Hohenlohe in: Karl von Schlözer (Hrsg.), Römische Briefe von Kurd von Schlözer 1864–1869, Stuttgart/Berlin 21913, S. 262. Karl Bachem, Vorgeschichte, Geschichte und Politik der deutschen Zentrumspartei. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte der katholischen Bewegung sowie zur allgemei-

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nen Geschichte des neueren und neuesten Deutschland 1815–1914, Fünfter Band (Das Zentrum in Berlin, 1887–1898) Köln 1929, S. 367. Den entscheidenden Einfluß hatten wohl der Kirchenhistoriker Ignaz von Döllinger und der Breslauer Fürstbischof Melchior Kardinal Diepenbrock ausgeübt. Volker Stalmann, Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1819–1901). Ein deutscher Reichskanzler. Paderborn/München/Wien/Zürich 2009, S. 36. Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, hrsg. v. Friedrich Curtius, Band 1, Stuttgart/Leipzig 1906, S. 33. Bogdan Graf von Hutten-Czapski, Sechzig Jahre Politik und Gesellschaft, Band 1, Berlin 1936, S. 69/70. Die Academia dei Nobili ecclesiastici war eine Adeligen vorbehaltene Ausbildungsstätte für päpstliche Diplomaten und Führungskräfte in der römischen Kurie. Johann Friedrich von Schulte, Lebenserinnerungen. Band 1 (Mein Wirken als Rechtslehrer, mein Anteil an der Politik in Kirche und Staat), Gießen 1908, S. 47. Hubert Jedin, Augustin Theiner. Zum 100. Jahrestag seines Todes am 9. August 1874, in: Archiv für schlesische Kirchengeschichte, 31. Band (1973), S. 151. Franz Xaver Kraus, Essays, zweite Sammlung, Berlin 1901, S. 174. Franz Xaver Kraus (1840–1901) war Geistlicher und Professor für Kirchengeschichte in Freiburg im Breisgau, für christliche Kunstgeschichte in Straßburg und gilt als bedeutendster Vertreter der liberal-historischen Schule im deutschen Katholizismus nach dem Ausscheiden der Altkatholiken aus der katholischen Kirche. Die nachfolgenden Zitate in: von Schulte, Lebenserinnerungen Bd. 1, S. 48–50. Kraus, Essays, S. 166. Kraus, Essays, S. 166. Hubert Jedin, Gustav Hohenlohe und Augustin Theiner 1850–1870, in: Römische Quartalsschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte, 66. Band (1971), S. 177. Thurn und Taxis-Hohenlohe, Jugenderinnerungen S. 90. Wilhelm Haass, Inhaber der Buchhandlung Spithöver in Rom an Chlodwig, 16. Juli 1897, Bundesarchiv Koblenz, Nachlaß Chlodwig von Hohenlohe, N 1007, Nr. 862, fol. 21. Titularbischöfe leiten kein eigenes Bistum, sondern werden auf den Titel eines nicht mehr bestehenden Bistums geweiht. Beispiele sind die durch die Ausbreitung des Islam untergegangenen Bistümer in Nordafrika und im Orient. Wolf, Gustav Adolf zu Hohenlohe-Schillingsfürst, S. 354. Ebd., S. 358. Ebd., S. 358. Bachem, Zentrumspartei 1, S. 334. Dies geht aus einer Bemerkung des Theologieprofessors Johannes Friedrich hervor. Friedrich war beim I. Vatikanischen Konzil Hohenlohes Sekretär und ging nach seiner Exkommunikation an die altkatholische Fakultät in Bern. Der Erzbischof von Bamberg, Michael von Deinlein, äußerte gegenüber Friedrich, dass Hohenlohe für das Kölner Bischofsamt ungeeignet sei. Vgl. Hermann Rust, Reichskanzler Fürst Chlod-

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wig zu Hohenlohe-Schillingsfürst und seine Brüder Herzog von Ratibor, Cardinal Hohenlohe und Prinz Constantin Hohenlohe, Düsseldorf 1897, S. 838. 26 Zum Streit um die Erzbischofswahl in Köln vgl. Norbert Trippen, Das Domkapitel und die Erzbischofswahlen in Köln 1821–1929, Köln/Wien 1972, S. 157–254. 27 Kraus, Essays, S. 167. 28 Artikel in der „Schlesischen Volkszeitung“, ohne Datum, zitiert nach: Rust, Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, S. 884. 29 1811 – 1883. Kleutgen war Neuscholastiker, Berater Papst Pius IX. und als solcher maßgeblich an der Formulierung des Unfehlbarkeitsdogmas beteiligt. Er erhielt im Urteil von 1862 nur eine milde Strafe. 30 Zum Skandal um das Kloster und zum Prozess gegen Nonnen und Beichtväter, den Hubert Wolf aus den Protokollen rekonstruiert hat vgl.: Wolf, Die Nonnen von Sant’ Ambrogio. Eine wahre Geschichte. München 2013. 31 1817–1893 32 Heinz Gollwitzer, Standesherren, S. 174. 33 Wolf, Die Nonnen von Sant’ Ambrogio. Eine wahre Geschichte, München 2013, S. 406. 34 Denkwürdigkeiten Bd. 1, S. 393. 35 „Ich gehe so wenig wie möglich in die Konzilkongregationen“, in: Denkwürdigkeiten, zweiter Band, S. 8. 36 Gustav Adolf an Chlodwig, 6. Dezember 1894, in: Bundesarchiv Koblenz, Nachlaß Chlodwig von Hohenlohe, N 1007, Nr. 269, fol. 130. 37 Denkwürdigkeiten Bd. 2, S. 1. 38 Ernst Deuerlein, Bismarck und die Reichsvertretung beim Hl. Stuhl. Der „Fall Hohenlohe-Schillingsfürst“, in: Stimmen der Zeit. Monatsschrift für das Geistesleben der Gegenwart 164. Band (1958/59), S. 261 f. 39 „Del resto tutto il mondo sa, ch’io ho creduto, credo e col ajuto di Dio crederò sempre nell’ infallibilità del Papa“, Brief Gustav Adolfs an Chlodwig vom 9. August 1870, in: Denkwürdigkeiten Bd. 2, S. 16. 40 „Solange ich nicht überzeugt bin, daß das Konzil gültig ist, so lange kann ich nicht mehr tun, da ich doch auch einmal Rechenschaft vor Gott abzulegen habe und da nicht in eine unangenehme Lage kommen möchte.“Ebd., S. 16. 41 August Bernhard Hasler, Pius IX. (1846–1878), Päpstliche Unfehlbarkeit und 1. Vatikanisches Konzil. Dogmatisierung und Durchsetzung einer Ideologie, 2. Halbband, Stuttgart 1977, S. 503 f. 42 Kraus, Essays, S. 168. 43 Bericht des stellvertretenden deutschen Geschäftsträgers beim Vatikan von Derenthall vom 11. Mai 1872. Zitiert nach: Erich Schmidt-Volkmar, Der Kulturkampf in Deutschland 1871–1890, Göttingen/Berlin/Frankfurt 1962, S. 100. 44 Bundesarchiv Koblenz, Nachlaß Chlodwig von Hohenlohe, N 1007, Nr. 457, fol. 77. 45 Die Kulturkampfgesetze des Deutschen Reiches und Preußens 1871–1887 sind abgedruckt in: Rudolf Lill, Der Kulturkampf, Paderborn/München/Wien/Zürich 1997 (= Beiträge zur Katholizismusforschung, hrsg. v. Anton Rauscher, Reihe A: Quellentexte zur Geschichte des Katholizismus Band 10), S. 81–121.

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46 Georg Franz, Kulturkampf. Staat und katholische Kirche in Mitteleuropa von der Säkularisation bis zum Abschluss des preußischen Kulturkampfes, München 1955, S. 221. 47 Rudolf Augstein, Otto von Bismarck, in: Wilhelm von Sternburg, Die deutschen Kanzler von Bismarck bis Schmidt, Königstein im Taunus 1985, S. 28/29. 48 Rudolf Morsey, Der Kulturkampf, in: Anton Rauscher (Hg.), Der soziale und politische Katholizismus. Entwicklungslinien in Deutschland 1803–1963, Band I, S. 82. 49 Ernst Deuerlein, Reichsvertretung, S. 219. 50 Johannes Heckel, Die Beilegung des Kulturkampfes in Preußen, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Kanonistische Abteilung , 19. Band (1930), S. 289. 51 Wilhelm II., Aus meinem Leben (1859–1888), Berlin und Leipzig 1927, S. 249. 52 Lothar Gall, Bismarck. Der weisse Revolutionär, Berlin 32008, S. 563. 53 Die Vorgeschichte des Kulturkampfes. Quellenveröffentlichung aus dem Deutschen Zentralarchiv, hrsg. v. der Staatlichen Archivverwaltung im Ministerium des Innern, Berlin 21957, S. 243/244. 54 Denkwürdigkeiten Bd. 2, S. 79. 55 Horst Kohl (Hrsg.), Die politischen Reden des Fürsten Bismarck 1847–1897, Band 5, Stuttgart 1893, S. 338. 56 Franciscus Hanus, Die preußische Vatikangesandtschaft 1747–1920, München 1954, S. 315. 57 Die folgenden Zitate aus: Walther Peter Fuchs, Großherzog Friedrich I. von Baden und die Reichspolitik 1871–1907, 1. Band: 1871–1879, Stuttgart 1968 (= Veröffentlichungen der Kommission für zeitgeschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe A, Quellen, 15. Band), S. 113. 58 Fuchs, Friedrich I. von Baden 1, S. 188. 59 Christoph Weber, Kardinäle und Prälaten in den letzten Jahrzehnten des Kirchenstaates. Elite-Rekrutierung, Karriere-Muster und soziale Zusammensetzung der kurialen Führungsschicht zur Zeit Pius’ IX. (1846–1878), zweiter Halbband, Stuttgart 1978 (= Päpste und Papsttum, hrsg. v. Georg Denzler, Band 13,2), S. 690. 60 „Syllabus Errorum“ („Verzeichnis der Irrtümer“): Liste von 80 Thesen, die Pius IX. als falsch verurteilte. Der „Syllabus“ wurde am 8. Dezember 1864 zusammen mit der Enzyklika „Quanta cura“ veröffentlicht. 61 Ebd., S. 728. 62 „In Conclave quest’uomo sarà riguardato come il rappresentante di Guglielmo il Vittorioso […]“. Tancredi Bellà, Tableau des Cardinaux ( Januar 1878) in: Weber, Kardinäle, S. 762. 63 Bericht in der Zeitschrift „Germania“; am 26. Februar 1875 aus Neapel eingesandt. Zitiert nach: Rust, Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, S. 873. 64 Fuchs, Friedrich I. von Baden 1, S. 176. 65 Weber, Kardinäle, S. 703/704. 66 Hutten-Czapski, Politik und Gesellschaft, S. 70. 67 „Udito il rumore dell’infermità del Pontefice è tornato in Roma da poco tempo …“. Tancredi Bellà, Tableau des Cardinaux ( Januar 1878) in: Weber, Kardinäle, S. 762.

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68 Hermann Rust, Reichskanzler Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst und seine Brüder, S. 878. 69 Thomas Nipperdey, Deutsche Geschichte 1866–1918, Band 2, Machtstaat vor der Demokratie, München 31995, S. 381. 70 Hans Kühner, Das Imperium der Päpste. Kirchengeschichte, Weltgeschichte, Zeitgeschichte von Petrus bis heute, Frankfurt am Main 1980, S. 338. 71 John Norman Davidson Kelly, Reclams Lexikon der Päpste, Stuttgart 22005, S. 329 f. 72 Golo Mann, Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, Frankfurt am Main 1985, S. 442. 73 Hermann Rust, Reichskanzler Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst und seine Brüder, S. 878. 74 Karl August Fink, Kardinal Hohenlohe und das römische Milieu in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in: Martin Schmidt/Georg Schwaiger (Hgg.), Kirchen und Liberalismus im 19. Jahrhundert, Göttingen 1976 (= Studien zur Theologie und Geistesgeschichte des Neunzehnten Jahrhunderts, Band 19), S. 165. 75 Lothar Gall, Bismarck. Der weisse Revolutionär, Berlin 32008, S. 548. 76 Hegel, Eduard (Hg.), Das Erzbistum Köln zwischen der Restauration des 19. Jahrhunderts und der Restauration des 20. Jahrhunderts (1815–1962), Köln 1987 (= Geschichte des Erzbistums Köln, Band 5), S. 74. 77 Christoph Weber, Quellen und Studien zur Kurie und zur vatikanischen Politik unter Leo XIII. mit Berücksichtigung der Beziehungen des Hl. Stuhles zu den Dreibundmächten. Tübingen 1973 (= Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom, Band 45), S. 475. 78 Die beiden folgenden Zitate stammen aus diesem Bericht. Weber, Quellen und Studien, S. 488. 79 Leopold von Schlözer (1863–1946) gab zusammen mit seinem Bruder Karl (1854– 1916) die Briefe seines Onkels heraus. 80 Kurd von Schlözer, eigtl. Conrad Nestor von Schlözer (1822–1894), Diplomat und Historiker, preußischer Gesandter beim Vatikan 1882–1892, war in den Jahren 1886/87 wesentlich an der Vorbereitung und Umsetzung der Friedensgesetze zur Beendigung des Kulturkampfes beteiligt. 81 Leopold von Schlözer (Hrsg.), Kurd von Schlözer. Letzte römische Briefe 1882–1894, Stuttgart/Berlin/Leipzig 1924, S. 23. 82 Christoph Weber, Kirchliche Politik zwischen Rom, Berlin und Trier 1876–1888. Die Beilegung des preußischen Kulturkampfes, Mainz 1970, S. 191. 83 Ebd., S. 191. 84 Rudolf Lill, Die Wende im Kulturkampf, in: Deutsches Historisches Institut in Rom (Hg.), Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken, 50. Band (1971), S. 227–283. 85 Wilhelm II., Aus meinem Leben , S. 250. 86 Ebd., S. 250. 87 Hermann Rust, Reichskanzler Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst und seine Brüder, S. 899. 88 Kraus, Essays, S. 171.

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89 Zitiert nach: Paula Rehberg, Liszt. Die Geschichte seines Lebens, Schaffens und Wirkens, München 1978, S. 382. Vgl. Oliver Hilmes, Franz Liszt. Biographie eines Superstars. München 2011, S. 221, 229. 90 1859 hatte Hohenlohe an Liszt geschrieben: „Der Herr hat sie berufen, um seinen Namen in der geistlichen Musik zu verherrlichen; es ist die Rolle der Engel, die mit ihrem Hosiannah Gott preisen […].“ Zitiert nach: Christoph Rueger, Franz Liszt. Eine Biographie, Frankfurt am Main 1990, S. 141. 91 Wolfgang Dömling, Franz Liszt und seine Zeit, Laaber bei Regensburg 1985, S. 34. 92 Adolf von Hildebrandt, Adolf von Hildebrand und seine Welt. Briefe und Erinnerungen, hrsg. von der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, München 1962, S. 404. 93 Raffaele De Cesare, I nuovi Cardinali, in: Nuova Antologia di lettere, science ed arti, 127 (1893), S. 417. 94 Weber, Kardinäle und Prälaten in den letzten Jahrzehnten des Kirchenstaates. EliteRekrutierung, Karriere-Muster und soziale Zusammensetzung der kurialen Führungsschicht zur Zeit Pius’ IX. (1846–1878), Erster Halbband, Stuttgart 1978 (= Päpste und Papsttum, hrsg. v. Georg Denzler, Band 13,1), S. 330. Vgl. auch Eugen von Jagemann, Fünfundsiebzig Jahre des Erlebens und Erfahrens (1849–1924), Heidelberg 1925, S. 94 und von Hutten-Czapski, Politik und Gesellschaft, S. 70. 95 Bülow, Denkwürdigkeiten, hrsg. v. Franz von Stockhammern, Berlin 1930/31, Band 1, S.11; Weber, Quellen und Studien zur Kurie und zur vatikanischen Politik unter Leo XIII. Mit Berücksichtigung der Beziehungen des Heiligen Stuhles zu den Dreibundmächten, Tübingen 1973, S. 141, Anm. 203. 96 Raffaele de Cesare, Dal Conclave di Leone XIII all’ultimo Concistorio, Città di Cas­ tello 1899, S. 283. 97 Das Jesuitengesetz vom 4. Juli 1872 verbot den Jesuitenorden im Deutschen Reich und gehörte zu den im Rahmen des Kulturkampfes erlassenen Gesetzen gegen die katholische Kirche. Das Jesuitengesetz wurde erst 1917 aufgehoben. 98 Kraus, Essays, S. 172. 99 Kraus, Essays, S. 174. 100 Francesco Crispi (1818–1901), links-liberal-nationalistischer Politiker, Ministerpräsident 1887–1891 und 1893–1896. 101 „Depuis que le Prince-Statthalter est devenu Chancelier, tous les Monsignori font la Cour à son frère, le Cardinal. Les prêtres sont comme les femmes, rien ne les attire comme le pouvoir.“ Zitiert von Bernhard von Bülow in einem Brief an Chlodwig vom 4. November 1894, in: Chlodwig Hohenlohe-Schillingsfürst, Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Denkwürdigkeiten der Reichskanzlerzeit, hrsg. v. Karl Alexander von Müller, Stuttgart/Berlin 1931, S. 9. 102 Weber, Quellen und Studien, S. 444/445. 103 Vgl. dazu auch: Brief Johann Heinrich Gelzers an Großherzog Friedrich von Baden vom 25. Mai 1878, in: Fuchs, Friedrich I. von Baden 1, S. 290 („Was Hohenlohe betrifft: Sie kennen den Mann, die Reinheit seiner Gesinnung und Absichten; aber Sie wissen auch, in welch hohem Maße er der Ergänzung seiner Mittel, im wesentlichen also der geistigen Leistung bedarf. Er fühlt das selbst …“).

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104 Bundesarchiv Koblenz, Nachlaß Chlodwig von Hohenlohe, N 1007, Nr. 860, fol. 78. 105 Franz Xaver Kraus, Tagebücher, hrsg. v. Hubert Schiel, Köln 1957, S. 692. 106 Hutten-Czapski an Chlodwig, 31. Oktober 1896, in: Hohenlohe-Schillingsfürst, Denkwürdigkeiten der Reichskanzlerzeit, S. 272. 107 Kraus, Essays, S. 172 f. 108 Fuchs, Friedrich I. von Baden 3, S. 566. 109 Wilhelm Wühr (Hrsg.), Ludwig Freiherr von Pastor (1854–1928). Tagebücher, Briefe, Erinnerungen, Heidelberg 1950, S. 297. 110 Wolf, Die Nonnen von Sant’ Ambrogio, S. 410. 111 Primo Levi, Kardinal Prinz Hohenlohe. Persönliche Erinnerungen eines Italieners, in: Deutsche Revue, 32. Jahrgang, Erster Band ( Januar bis März 1907), S. 142. 112 Eine Abbildung des lebensgroßen Marmorreliefs, das den Kopf Gustav Adolfs im Profil nach rechts zeigt, befindet sich in: Angela Hass, Adolf von Hildebrandt. Das plastische Portrait, München 1984, S. 136. 113 Hutten-Czapski, Politik und Gesellschaft, S. 71. 114 „Heic in pace quiescit Eminentissimus DD Gustavus de Hohenlohe S R E presb. Cardinalis tit.s Callisti Basilicae Liberianae archipresbyter Imperii Germanici princeps qui nobilis genere mente nobilior Ecclesiae Patriae Amicis fidelis artium amator pauperum pater LXXIII annorum Romae in Dno obiit III kal nov. MDCCCIVC Chlodovicus princeps de Hohenlohe imperii Germanici cancellarius fratris memoriae M P.“ Zitiert nach: Karl August Fink, Kardinal Hohenlohe und das römische Milieu in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in: Martin Schmidt/Georg Schwaiger (Hgg.), Kirchen und Liberalismus im 19. Jahrhundert, Göttingen 1976 (= Studien zur Theologie und Geistesgeschichte des Neunzehnten Jahrhunderts, Band 19), S. 171. 115 „Peintures à l’huile, objets d’art anciens et modernes, meubles, porcelaines, marbres, dentelles, bronzes, étoffes, miniatures, objets precieux, etc.“ Bundesarchiv Koblenz, Nachlaß Chlodwig von Hohenlohe, N 1007, Nr. 861, fol. 64. 116 Ebd., fol. 61. 117 Hohenlohe-Schillingsfürst, Denkwürdigkeiten der Reichskanzlerzeit, S. 481.

Fürst Philipp Ernst zu Hohenlohe-Schillingsfürst.

Fürst Philipp Ernst zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1853–1915) Erster deutscher NOK-Präsident Karl Lennartz

Zum Stand der Forschung Politik beeinflusst nicht erst, wie seit den Olympischen Spielen 1936 in Berlin oft geklagt wird, die Olympische Bewegung. Sport war immer ein Bereich des politischen Lebens, schon seit dem olympischen Gründungskongress 1894 und den Olympischen Spielen 1896 in Athen. Der Franzose Coubertin, sein Verhältnis zu Deutschland, die europäischen und besonders die deutschen Turner und deren Ablehnung des Sports, ein wegen der Spiele zurückgetretener griechischer Ministerpräsident, die griechische Königsfamilie, der deutsche Kaiser und seine Familie, der deutsche Reichskanzler und viele andere spielen in dem Beziehungsgeflecht um die Durchführung der ersten Olympischen Spiele und um die Teilnahme einer deutschen Mannschaft eine Rolle. Irgendwo darin befindet sich der Erbprinz Philipp Ernst zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Wie in seiner Biographie liegt auch hier einiges im Dunkeln. Persönliche Aussagen zu seiner Präsidentschaft des deutschen Komitees sind bisher nicht aufgetaucht. Die Sporthistoriker waren seit Langem darüber informiert,1 dass er dem ersten deutschen NOK vorstand, viel mehr wussten sie über ihn aber nicht. Den Zeithistorikern war der sportliche „Ausflug“ des Erbprinzen kaum bekannt. Da olympische Geschichte bis vor Kurzem kaum ein Thema der Zeitgeschichte war und nur von den Sporthistorikern beackert wurde, soll in diesem Beitrag auf die Bereiche der Sportgeschichte, soweit sie für die Beteiligung Deutschlands und die Tätigkeit des Erbprinzen wichtig sind, etwas ausführlicher eingegangen werden. Die Quellen sind einerseits bequem zu finden, anderseits nicht mehr vorhanden oder nicht zugänglich. Was die olympische Geschichte betrifft, kann im Wesentlichen auf drei größere Bereiche zugegriffen werden: Die Broschüre von Willibald Gebhardt, Soll Deutschland sich an den Olympischen Spielen beteiligen2, in der fast alle relevanten Briefe und die Zeitungs- und Sportzeitschriftenartikel komplett abgedruckt sind, die die Bildung eines deutschen Komitees und die Aufstellung einer deutschen Mannschaft betreffen. Viele dieser Nachweise und Quellen, die sich mit Coubertin befassen, finden sich in der Samm-

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lung Dokumente zur Frühgeschichte der Olympischen Spiele, die das Carl-DiemInstitut herausgegeben hat.3 Als Dritter muss eine Akte im Archiv des Auswärtigen Amtes genannt werden, die im Wesentlichen den Schriftverkehr zwischen der deutschen Botschaft in Athen und dem Amt des Reichskanzlers enthält. Bezüglich seiner sonstigen Biographie ist die Quellenlage über Philipp Ernst mehr als bescheiden. Informationen sind gesammelt im Bundesarchiv in Koblenz und im Familienarchiv in Neuenstein.4

Versuch einer unvollständigen biographischen Skizze Der Erbprinz Philipp Ernst zu Hohenlohe-Schillingsfürst wurde am 5. Juni 1853 als drittes Kind und ältester Sohn des regierenden Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1819–1901) in Schillingsfürst geboren. Vater Chlodwig war von 1866 bis 1870 bayrischer Ministerpräsident und von 1894 bis 1900 Kanzler des Deutschen Reiches. Aus den erhaltenen Dokumenten und Briefen des Nachlasses von Philipp Ernst ist zu entnehmen, daß er ein schlechter Schüler war. Er wurde auf der Rheinischen Ritterakademie zu Bedburg erzogen. Die Zeugnisse waren ziemlich schlecht, er mußte Nachprüfungen machen (1866, 1867). Im Zeug­nis von 1869 wurde ihm „ein starker Hang zur Trägheit“ vorgeworfen“. 1870 war von „Theilnahmslosigkeit und Mangel an Energie“ die Rede. Im August 1872 bestand er die Abiturprüfung fast überall mit „befriedigend“. Er hielt die Abschlußrede zum Schulabschluß, schrieb sich für das Fach Jura in Göttingen und Straßburg ein, wurde Offizier, erst Leutnant, dann 1875 Rittmeister. Im Jahr 1878 erhielt er den Orden der Ehrenlegion, später noch weitere Orden. Philipp Ernst heiratete am 10. Januar 1882 in Wien die griechische Prinzessin Chariclée Ypsilanti (*8.10.1863 in der Ile de France, Paris, † 22.6.1812 auf Schloß Schillingsfürst). Die Verlobung mit Prinzessin Chariclée fand Ende 1881 statt. Im Ehevertrag wurde festgelegt, daß die Kinder, die aus der Ehe hervorgehen, katholisch getauft werden sollen. Dies musste Prinzessin Chariclée am 27. Oktober 1881 unterschreiben.5 Der Vater von Chariclée war Fürst Gregor Gregorowitsch Ypsilanti (1836–1885), Gesandter Griechenlands in Wien, ein bekannter Kunstsammler. Möglicherweise war er verwandt mit dem griechischen Freiheitskämpfer Gregor von Ypsilanti. Kurze Zeit vorher, am 20. Oktober 1881, erhielt Fürst Chlodwig von einem befreundeten Baron eine interessante Beschreibung seiner zukünftigen Schwiegertochter: Philipp Ernst „hat eine wirklich sehr gute Wahl getroffen. Die junge Dame ist ganz ausgezeichnet, eine kluge, ruhige, feine Dame, ernst und vernünftig, dabei sehr stattlich, wenn auch nicht gerade schön. Ich hätte mir eine

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bessere Schwiegertochter nicht ausdenken können. Daß Philipp Ernst sich durch den eben ausgebrochenen Krach des Fürsten nicht hat abhalten lassen, hat ihm das Herz der jungen Dame gewonnen.“ Bei der Auseinandersetzung musste es sich wohl um die Mitgift gehandelt haben. Anscheinend war sie nicht so üppig wie erwartet. Etwas weiter schrieb der Baron, dass beim Tod einer alten Tante ein reiches Erbe sicher wäre.6 Kurz vor der Hochzeit erkrankte Philipp Ernst für kurze Zeit, wie aus einem Brief von Bruder Alexander vom 18. Oktober zu entnehmen ist.7 Mit ihm verstand sich Philipp Ernst wohl am besten. Die Ehe mit Prinzessin Chariclée hatte zwei Kinder: Stephanie, Prinzessin zu Hohenlohe-Schillingsfürst, gestorben am 18. März 1883, wahrscheinlich an Masern, und Maria Prinzessin zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1886–1897, jeweils auf Schloss Poděbrady in Böhmen). Das Paar lebte dort sehr oft, wenn es nicht auf Reisen war.8 Nach dem Tod seiner Frau heiratete Fürst Philipp Ernst am 6. August 1913 in Edinburgh die bürgerliche Henriette Gindra (7.10.1884 in Wien–14.2.1952 in Innsbruck). Es erfolgte eine Ernennung zur Frau von Hellberg. 1914 wurde Alexander zu Hellberg geboren.9 Da Fürst Philipp Ernst keine Nachkommen aus seiner standesgemäßen ersten Ehe hatte, wurde nach seinem Tod sein Bruder Moritz Regierender des Hauses (bis 1940). Fürst Philipp Ernst II. starb am 26. Dezember 1915 in Bad Reichenhall. Da er eine nicht standesgemäße Ehe geschlossen und wahrscheinlich schon zu Lebzeiten der Prinzessin Chariclée ein Verhältnis mit Henriette Gindra gehabt hatte, wurde nach seinem Tod von der Familie über ihn eine Art damnatio memoriae ausgesprochen. Anscheinend wurden Informationen über sein Leben nicht aufbewahrt oder möglicherweise vernichtet. Es ist anzunehmen, dass es sich hauptsächlich um sein zunächst von ihm geleugnetes Verhältnis zu Henriette Gindra handelte, das die Familie kritisierte. Philipp Ernst scheint noch andere Liebschaften gehabt zu haben. In der Schrift von Eberhard Straub Albert Ballin, der Reeder des Kaisers, findet sich eine wenig schmeichelhafte Charakterisierung. Ballin10 berief zum Nutzen des Unternehmens Adelige in den Aufsichtsrat und ins Direktorium der Hapag. Dazu gehörte 1899 auch Philipp Ernst. „Er war eine elegante Null. Aber er war der Sohn des Reichskanzlers, verfügte darüber hinaus über nicht zu unterschätzende Möglichkeiten, auf indirektem Weg Einfluß zum Vorteil der Hapag zu nehmen. Er wurde allerdings bald Opfer seiner Leidenschaft für eine Kokotte.“11 Philipp Ernst lebte auf zu großem Fuß, war ständig in finanziellen Nöten, so dass sein Vater oft aushelfen musste. Im Hohenloher Zentralarchiv in Neuenstein finden sich für die Zeit von 1866 bis 1899 zahlreiche Briefe zwischen Philipp Ernst und seinem Bruder Moritz, weitere Briefe von 1900 bis 1911

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sowie die Korrespondenz mit anderen Familienmitgliedern. Sie erhalten oft nur banales Privates, Informationen über Reisen, das Wetter und die Gesundheit, vor allem geht es aber immer wieder um Auseinandersetzungen über knappe Finanzen. Auch im Nachlaß von Alexander sind Briefe (1877–1913, nicht 1890–1900) erhalten. Aus einem Schreiben von Schwester Elisabeth an Alexander vom 27. Januar 1885 aus Paris geht hervor: „Jedenfalls wiegt sich Philipp Ernst noch in Illusionen ein reicher Mann zu sein, aber Papa erhielt neulich einen Bericht über das Vermögen […], woraus man ersieht, daß Ch.[Chariclée, K.L.] jetzt nicht mehr Renten wie früher hat, sondern weniger.“12 Vorhanden sind auch Belege über Ein- und Ausgaben der Domäne Poděbrady. Insgesamt läßt sich aus den vielen Mosaiksteinchen kaum eine geschlossene Biographie rekonstruieren. Über seine olympischen Tätigkeiten findet sich nichts.

Der Pariser Olympische Gründungskongress und seine Folgen Nach dem Aufstand der Griechen gegen die türkische Herrschaft und nach Entstehung des griechischen Staates wurde sich, vor allem in Europa in philhellenistischen Kreisen, noch mehr als zuvor an die antike griechische Kultur und auch an die großen periodischen Feste mit ihren sportlichen Veranstaltungen erinnert. Seit den 1830er Jahren fanden zahllose olympische Spiele lokaler oder regionaler Art statt.13 Der junge französische Baron Pierre de Coubertin14, Kulturhistoriker, Journalist und vielseitiger Sportler, hatte die Idee, diese regionalen Spiele in internationale olympische Spiele umzuwandeln. Ein Grund lag auch darin, dass Coubertin der internationalen Friedensbewegung nahestand. 1892 stellte er seine Idee in einem Vortrag in der Sorbonne in Paris zum ersten Mal der Öffentlichkeit vor. Zwei Jahre später lud er – z. T. auf eigene Kosten – Sportfunktionäre aus aller Welt zu einer Konferenz nach Paris ein. Dort sollten vom 16. bis 23. Juni eine moderne Amateurdefinition und die Einführung Internationaler Olympischer Spiele beschlossen werden. Coubertin lud keine deutschen Vertreter ein. Er behauptete, in Deutschland niemand zu kennen15. Dies muss bezweifelt werden. Er wollte vermeiden, daß Vertreter der Deutschen Turnerschaft (DT)16 kommen würden. Die Olympischen Spiele waren in der Tat von Anfang an eine Veranstaltung auf der Basis Sport. Das Turnen mit seinen staatsbürgerlichen, nationalen, pädagogischen und wehrpolitischen Elementen musste einer Idee von Olympischen Spielen mit internationaler Zielsetzung, Auswahl der besten als Vorbild und Ansporn für viele und seiner Friedensvorstellung entgegenstehen. Der feindlichen Einstellung der Franzosen gegenüber den Deutschen konnte sich Coubertin nicht

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so ohne weiteres entziehen. Dafür war Coubertin zu sehr Franzose und ein Kind seiner Zeit, aufgewachsen und erzogen „im Schatten von Sedan“. Seine Intention war aber nicht die Revanche, sondern die Schaffung eines eigenen neuen bedeutenden Werks. Wenn die Deutschen Olympia ausgegraben haben, sollen die Franzosen etwas ähnlich Großes schaffen, die Olympischen Spiele erneuern,17 basierend auf der Idee, den Menschen geistig und körperlich in einer besseren Weise zu erziehen. Die Deutschen hatten etwas Vergangenes wieder ans Licht geholt. Der Franzose Coubertin schuf etwas Zukünftiges. Der Kongress, an dem 78 Vertreter aus zehn Ländern, darunter 58 Franzosen teilnahmen, bildete zwei Arbeitskreise. Der erste erarbeitete eine neue Amateurdefinition, der zweite Regeln zur Durchführung Internationaler Olympischer Spiele.18 Ihm stand der reiche griechische ehemalige Kaufmann Demitrios Vikelas19 vor. Am 23. Juni gab es eine Schlusssitzung des Plenums, bei der die neue Amateurregel und die Einführung der Olympischen Spiele beschlossen wurden. Entgegen dem Wunsch von Coubertin, die ersten Spiele 1900 in Verbindung mit der dort geplanten Weltausstellung durchzuführen, kam die Versammlung auf Antrag von Vikelas zu dem Beschluss, schon 1896 in Athen, im Land der antiken Spiele, zu beginnen.20 Coubertin schlug dann mit Zustimmung der Versammlung ein Komitee von 13 Personen vor, später als Comité International Olympique (CIO bzw. IOC) bezeichnet, das mit den Vertretern vor Ort die Spiele organisieren sollte. Präsident wurde Vikelas, Schriftführer Coubertin. Dieser im Nachhinein als I. Olympischer bezeichnete Kongress war sicherlich Anstoß zu der bedeutendsten sportlichen Bewegung des 20. Jahrhunderts. Sein Stellenwert in der damaligen Zeit muss aber eher als gering angesehen werden. Es war doch mehr das Werk eines Einzelnen bzw. von wenigen, die eine Wiederaufnahme der Olympischen Spiele in die Wege leiteten.

Die Vorbereitungen in Griechenland Die Regierung unter Charilaos Trikoupis21 stand den Spielen ablehnend gegenüber. Der Staat war faktisch bankrott und war unter europäischer Bankenaufsicht. Zahlreiche Gläubiger, vor allem in Deutschenland, fühlten sich betrogen.22 Vergeblich reisten Coubertin und Vikelas (zweimal) nach Athen, um für die Spiele zu werben. Erst als sich die Opposition unter Theodor Deligiannis23 zum Advokaten der Spiele machte, wendete sich das Blatt. Im Januar 1895 musste Trikoupis zurücktreten, und Deligiannis bildete eine Übergangsregierung. Neuwahlen bestätigten die neue Regierung. Das neue Comité für die ersten internationalen olympischen Spiele nahm am 13. Januar 1895 seine Arbeit auf.24

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Ihm gelang es, durch einen erfolgreichen Spendenaufruf, die Ausgabe der ersten Sportbriefmarken mit Aufschlag und einer Lotterie die Spiele ohne Probleme zu finanzieren. Im Juni 1895 wurden die Einladungen zu den Spielen verschickt, u. a in Deutschland am 11. Juni an den Zentral-Ausschuß zur Förderung der Jugend- und Volksspiele.25

Die deutschen Absagen Als die DT über das von Coubertin herausgegebene Bulletin du Comité International des Jeux Olympiques von den Beschlüssen des Pariser Kongresses erfuhr und Nachrichten über ein Vorbereitungskomitee in Athen, Adressenlisten von Sportvereinen für Einladungen und die Finanzierung eines Stadions in Athen bekannt wurden,26 reagierte sie, um von vornherein eine Teilnahme deutscher Turner verhindern zu können. Dem griechischen Gesandten in Berlin Kléon Rangavis (Rangabe)27 gelang es, den sportbegeisterten Willibald Gebhardt28 davon zu überzeugen, sich für eine Teilnahme deutscher Sportler einzusetzen. Gebhardt gründete mit anderen 1895 in Berlin einen Deutschen Bund für Sport, Spiele und Turnern. Auf einer Sitzung dieses Bundes berichtete Gebhardt, dass Kontakte mit der Leitung der Spiele in Athen aufgenommen worden seien. Dagegen wandte sich ein Vertreter der DT: „Wir deutschen Turner wollen und können uns nicht an die Franzosen heranschmeißen, dafür stehen wir zu hoch!“29 Nach einem weiteren vergeblichen Versuch, die Mitglieder für die olympische Idee zu überzeugen, verließ Gebhardt den Bund. Am 29. Juni 1895 beschloss der Zentral-Ausschuß für Volks- und Jugendspiele, „die bisher innegehaltene Richtung […] auch in Zukunft zu bewahren und von einer Beteiligung abzusehen.“30 Am 24. Oktober 1894 erschien in der Deutschen Turn-Zeitung der erste Teil des umfangreichen Aufsatzes von Ferdinand August Schmidt31 „Die Wiederbelebung der olympischen Spiele nebst zeitgemäßen Betrachtungen über Turnen und Spiel“32. Als Mitglied des Ausschusses der Deutschen Turnerschaft33 und zweiter Vorsitzender des Zentralausschusses war er der richtige Mann, der als Kenner von Turnen und Spiel (Sport) die Ablehnung auch ideologisch begründen konnte. Schmidts Aufsatz endete mit dem Aufruf „Bahn frei für das deutsche Olympia“34. Vom Erscheinen dieses Aufsatzes an lehnten die Turner eine Beteiligung an den Spielen in Athen strikt ab und versuchten mit allen Mitteln, die Teilnahme von Deutschen an den Spielen zu verhindern. Am 16. Juni 1895 erschien in dem Pariser Boulevard-Blatt Gil-Blas ein Interview des Journalisten Albert Cellarius mit Coubertin „Die Olympischen Spiele“.35 Einige Passagen führten in Deutschland zu einem Proteststurm gegen

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Coubertin, den vor allem die Turner und jetzt auch die nationalistische deutsche Presse für ihre Argumentation gegen eine deutsche Beteiligung ausnutzten. Dort hieß es u. a.: „Nur allein Deutschland, welches – vielleicht mit Absicht – sehr spät eingeladen worden war, machte uns ein saures Gesicht und lehnte es ab, an dem Kongresse teilzunehmen. Dieses Fernbleiben wurde besprochen, erweckte aber Niemandes Unzufriedenheit“. Vergeblich dementierte Coubertin seine Aussagen. Er konnte lediglich die griechische Presse einigermaßen besänftigen. Als er dann auch noch zögerte, einen deutschen Vertreter ins IOC aufzunehmen, gab er seinen Kritikern erneut Argumente in die Hand. Jetzt griff Vikelas ein und sorgte für die Aufnahme von Gebhardt. Mehrmals muss man nach dem Sinn der Taktik, die Coubertin einschlug, fragen. Wenn es um deutsche Angelegenheiten ging, trat Coubertin „in jedes irgendwie zu erreichende Fettnäpfchen“. Nach seinen „Problemen“ bei der Einladung zum Pariser Kongress und nach der Gil-Blas-Affäre hätte Coubertin merken müssen, dass er sich so nicht verhalten durfte. Nach diesem zum dritten Mal merkwürdigen Verhalten fällt es noch schwerer zu glauben, daß Coubertin die Deutschen nicht doch aus der Olympischen Bewegung hatte heraushalten wollen. Dies alles hatte zur Folge, daß Mitte Dezember 1895 der Zentralausschuß und die Deutsche Turnerschaft ihre mehr oder minder endgültigen Absagen nach Athen schickten. Die Deutsche Turnerschaft schrieb, „nachdem die Hauptleitung der Feste von vornherein uns Deutschen gegenüber eine Stellung mit Wort und That eingenommen hat, die es mit deutscher Ehre unverträglich macht, an den Wettkämpfen in Athen teilzunehmen.“36

Die Unterstützung des deutschen Hochadels Die erste Initiative des am 13. Dezember 1895 gegründeten Komitees zur Teilnahme an den Spielen in Athen war es gewesen, ein repräsentationsfähiges Präsidium zu finden. 37 Erbprinz Philipp Ernst zu Hohenlohe-Schillingsfürst und Prinz Albert zu Schleswig-Holstein38 stimmten beide zu.39 Möglicherweise hatte hier der Botschafter Rangavis beim Reichskanzler, dem Vater des Erbprinzen vermittelt. Rangavis hatte auch den Prinzen Heinrich von Preußen40, den Prinzen Georg von Sachsen41 und den Fürsten von Sachsen-Meiningen42 gebeten, die Tätigkeit des Komitees zu unterstützen, wie er Coubertin am 5. Januar 1895 mitteilte.43 Die Übernahme der Präsidentschaft durch zwei Persönlichkeiten des Hochadels bzw. des politischen Lebens hatte Gebhardt seinem Ziel ein gutes Stück näher gebracht.

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Trotzdem ist es auf den ersten Blick erstaunlich, daß sich der Hochadel für den Sport einsetzte, obwohl doch bekannt war, daß die bei weitem größte Organisation der Leibesübungen in Deutschland, die Turner, gegen den Sport waren, vor allem aus nationalen Gründen. Dieses Phänomen ist in den folgenden zwanzig Jahren noch öfter zu beobachten. Die einzelnen Komitees, später der Deutsche Reichsausschuß für Olympische Spiele, hatten nie Schwierigkeiten, Präsidenten aus der regierenden Schicht mit zusätzlicher Unterstützung des Herrscherhauses zu finden.44 Verständlich wird dies, wenn man einmal die Mitgliederlisten der Turn- und Sportvereine einsieht. Die Turner, vor allem ihre Funktionäre, kamen überwiegend aus dem bürgerlichen Mittelstand: Beamte, Angestellte, Handwerker, Lehrer, Ärzte. Ihre politische Einstellung war national-konservativ, staatstreu, aber sich in einem mittelmäßigen Niveau bewegend, starr, langweilig, nicht flexibel. Beim Sport musste erst nach Sportarten differenziert werden. Führend waren Tennis, Reiten, Eislaufen, Fechten, Rudern und später auch Fußball und die Leichtathletik. Mitglieder dieser Vereine waren Studenten, spätere Vollakademiker, Offiziere, der Adel. Von hundert in den Clubnachrichten von 1913 des Berliner SC mit Beruf genannten Mitgliedern waren 25 Studenten, 15 Akademiker, 30 Kaufleute, 16 Offiziere, 14 trugen ein Adelsprädikat. Daneben gab es Schützen- und Schwimmvereine, die aber den Turnern nahestanden, Schwerathleten und Radfahrer. Die beiden letzteren sind z. T. in der Nähe des Arbeitersports anzusiedeln. Viele Schwerathleten und Radrennfahrer waren Berufssportler. Nachdem die Mitarbeit der beiden Präsidenten gesichert war, bemühte sich das Komitee um sog. Ehrenförderschaften bei weiteren Persönlichkeiten aus dem Hochadel, um sich in der Öffentlichkeit und besonders gegenüber den Turnern aufzuwerten. Gebhardt zitierte in seiner Broschüre zustimmende Telegramme des Großherzogs Friedrich Franz III. zu Mecklenburg-Schwerin45, der Kronprinzessin Sophia von Griechenland und des Prinzen Friedrich Karl von Hessen46. Friedrich Franz schickte ein Telegramm mit dem Wortlaut: „Mit den Bestrebungen des Komitees vollkommen einverstanden und von der Wichtigkeit des Unternehmens durchdrungen, nehme ich gern die mir angetragene Ehrenförderschaft an.“47 Friedrich Karl äußerte sich ähnlich. Die Initiative könnte von Kronprinzessin Sophia ausgegangen sein. Ihr Mann war Präsident des griechischen Organisationskomitees. Beide waren daran interessiert, daß auch deutsche Sportler nach Athen kamen. Der Weg könnte über ihre Mutter, Kaiserin Viktoria48 oder ihren Bruder, den Kaiser, geführt haben.49 Nachweise gibt es dazu bisher nicht.

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Die deutsche Botschaft in Athen und der Reichskanzler50 Am 30. Januar 1895 informierte Botschafter Freiherr Ludwig von Plessen51 den Reichskanzler über den Pariser Kongress, die Reise Coubertins und von Vikelas nach Athen und die ersten Versuche des Kronprinzen als Vorsitzenden des griechischen Komitees, die Spiele über Spenden zu finanzieren. Der Brief endete: „Ob es möglich sein wird, die Idee zu verwirklichen, ist heute noch nicht zu übersehen; es dürfte zum großen Theile von der Opferwilligkeit der im Ausland lebenden Griechen abhängen.“52 Die Bemühungen von Rangavis waren auch der Athener Presse bekannt geworden, wie Plessen am 27. Oktober seinem Kanzler schrieb. Dort wurde auch berichtet, daß die „Kaiserin Friedrich ein lebhaftes Interesse für die Sache bekunde und daß derselben auch seitens der Kaiserlichen Regierung mehr Wohlwollen entgegengebracht werde als bisher.“53 Man rechnete inzwischen mit einer Beteiligung deutscher Sportler. Plessen empfahl aber wegen „dem bisherigen Vorgehen Griechenlands in der Staatsschuldenfrage, durch das ja vor allen Dingen deutsche Staatsangehörige so hart betroffen worden sind“, von einer Beteiligung abzusehen. Es bestünde keine Gefahr, dass deswegen Frankreich „auf Kosten Deutschlands durch die hiesige Bevölkerung bevorzugt werde.“54 Einen Tag davor hatte der Athener Generalkonsul Otto Lüders55 den Kanzler ausführlich über den Bau des Stadions informiert. Auch berichtete er über die Tätigkeit von Coubertin und Vikelas und meldete, dass in Athen die Ablehnung der deutschen Turnorganisationen bekannt geworden war. Er war besorgt wegen des französischen Einflusses. Er hätte „vertraulich“ erfahren, dass der „Erbprinz von Sachsen-Meiningen, an dessen bekannte philhellenische Gesinnungen appelliert worden war“, Vikelas mitgeteilt hätte, dass er „jedes Interesse an der Sache mit Berufung auf den Finanzkonflikt“ ablehne.56 Lüders berichtete aber auch, dass er wie der Archäologe Wilhelm Dörpfeld57 in Kommissionen des griechischen Komitees mitarbeitete. Bernhard von SachsenMeinigen war mit der älteren Schwester des Kaisers, Charlotte, verheiratet. Sie und ihre Schwester, die Kronprinzessin Sophia, verstanden sich nicht besonders gut. Am 6. Dezember meldete Lüders dem Reichskanzler, dass er ein Gespräch mit dem Kronprinzen und der Kronprinzessin gehabt hätte. Konstantin hätte durch Rangavis von der Opposition gegen die Spiele in Deutschland erfahren. Ihnen schien dies unerklärlich. Sie wüßten, daß unter Mithilfe von Rangavis ein besonderes Komitee gegründet worden wäre.58 Eine Woche später informierte der kaiserliche Korrespondenzsekretär und Schatullenverwalter Geheimrat Miessner59 den Kaiser, dass in einem Artikel in

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der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung geschrieben worden war, daß der Erbprinz zu Hohenlohe-Schillingsfürst Beisitzer60 „bei einem Komité zu Gunsten der sogen. Olympischen Festspiele“ geworden wäre. Miessner will darüber Freiherr Friedrich von Wilmowski61, den Chef der Reichskanzlei, informieren, damit dieser den Kanzler darauf aufmerksam machen kann, dass es nun in der Presse Angriffe der deutschen Gläubiger gegen Chlodwig zu HohenloheSchillingsfürst kommen könnte.62 Er schrieb weiter, dass viele deutsche Sportvereine eine Beteiligung an den Spielen abgelehnt hätten und dass Professor Curtius keinen Vorsitz in dem deutschen Komitee annehmen wolle.63 Am 16. Dezember schrieb Miessner dem Kaiser, von Wilmowski hätte ihm mündlich mitgeteilt, dass der „Herr Reichkanzler an den Erbprinzen von Hohenlohe telegrafiert habe, um denselben vor der Betheiligung an dem Komité zu Gunsten der olympischen Spiele zu warnen“. Ein Grund wäre ein zu erwartendes Defizit von „200  000 Francs“.64 Von dieser Summe war auch in den vorher zitierten Briefen immer die Rede. Dieses Geld hatte die Regierung dem griechischen Komitee zugesagt, wenn diese Summe aus dem Verkauf der Sonderbriefmarken eingenommen würde.65 Dies hatte auch Lüders in seinem Schreiben am 26. Oktober 1895 an den Kanzler genauso berichtet. Miessner legt auch Ausschnitte vieler Zeitungsberichte seinem Schreiben an den Kaiser bei, vor allem diejenigen, die über die Kritik der Turnverbände und die Angriffe gegen Coubertin berichteten. Man hat den Eindruck, dass einige Mitglieder der kaiserlichen Familie und hohe Beamte an einem Fernbleiben deutscher Sportler interessiert waren. In der Akte des Außenministeriums findet sich dann ein Schreiben von Miessner an Otto Hammann66 ohne Datum: „Prinz Hohenlohe hat dem Prinzen Georg v. Sachsen geschrieben, um ihn zur Betheiligung aufzufordern und dabei gesagt, Prinz Ludwig von Bayern und Prinz Heinrich von Preußen hätten wir gleichfalls zur Betheiligung aufzufordern. Von letzterem wissen wir nichts.“ Prinz Ludwig scheint indessen nach den Äußerungen des Grafen Lerchenfeldt67 entschlossen, abzukehren. Als Grund wird dann wieder die finanzielle Situation Griechenlands genannt.68 Am 4. Januar 1896 teilte Plessen dem Kanzler mit, daß das griechische Komitee den Zentral-Ausschuß eingeladen und dessen Ablehnung Verstimmung in Griechenland hervorgerufen hätte. Am 15. März schrieb Prinz Albert von Schleswig-Holstein – handschriftlich persönlich – an den Kanzler, informierte ihn, daß es ein Komitee gäbe, „um eine Betheiligung Deutschlands an den internationalen olympischen Spielen in Athen herbeizuführen. Der I President des Komitees ist S. D. Erbprinz zu Hohenlohe-Schillingsfürst, die Stelle des II Presidenten bekleide ich.“ Wegen der Erkrankung des Präsidenten hätte er die Leitung übernommen. Er berichtete dann von einer bevorstehenden Werbeve-

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ranstaltung, um mit dem Überschuss einen Teil der Reise der Sportler finanzieren zu können. Er bat dann den Kanzler, „bei S. Majestät alleruntertänigst anzufragen, ob S. Majestät diesem Fest sein Protektorat schenken würde.“69 Vier Tage später wiederholte er seine Bitte und legte das Programm bei, das von ihm, dem Erbprinzen und Gebhardt unterschrieben war.70 Am gleichen Tag antwortete der Kanzler, er habe den Kaiser informiert. Dieser habe sich über das Komitee „zu dem Zwecke der Beteiligung Deutschlands“ an den Spielen „gefreut und hatte die Gnade Allerhöchstihre Theilnahme an den Bestrebungen desselben dadurch zu besthätigen, daß Allerhöchstdieselben den Ankauf einer Anzahl Billets […] zu bezahlen geruhen.“ Die Übernahme eines Protektorats „haben Seine Maj. sich grundsätzlich versagen müssen.“71 Am 9. April schrieb dann Plessen dem Kanzler, berichtete detailliert über die Eröffnungsfeier der Spiele und die Ankunft der deutschen Sportler und fügte ein Programm der Spiele bei.72 Am 16. April wurde ein ausführlicher Bericht über den Ablauf der Spiele nach Berlin geschickt.73

Das Komitee für die Beteiligung Deutschlands an den Olympischen Spielen zu Athen 1896 Für den 13. Dezember 1895 lud Gebhardt „zum Zwecke der Bildung eines deutschen Komitees“ in das Berliner Hotel Zu den vier Jahreszeiten ein. Vierzig Personen „zur größeren Hälfte jüngere Sportsmänner“74 waren der Einladung gefolgt. Zu Beginn der Versammlung sprach Gebhardt, begründete seinen Austritt aus dem Deutschen Bund und wies die Anschuldigungen gegen Coubertin als grundlos zurück. Nach Gebhardt redete Rangavis. Er ging zunächst auf die Bedeutung der antiken Spiele ein, erklärte dann, daß die modernen Spiele international sein sollten – veranstaltet an wechselnden Orten „in Athen, in London, in Paris, in Berlin, in New York, in Calcutta usw.“75 Rangavis schilderte den Stand der Vorbereitungen, ging dann auf die Verdienste der deutschen Schützen und Turner ein.76 Auch die folgenden Redner warben für eine Teilnahme Deutschlands. Sie kritisierten die Haltung des Deutschen Bundes und des Zentralausschusses. Die Griechen als einladende und veranstaltende Nation würden gekränkt werden. Den Franzosen wäre ein Wegbleiben Deutschlands nur recht, nicht aber den Griechen. Wenn man hinfährt, ärgerten sich die Franzosen, und die Griechen freuten sich über einen Besuch Deutschlands. Dies wurde noch dadurch untermauert, daß Gebhardt jetzt einen Brief Georg von Streits77 vorlas, in dem dieser erklärte, daß die Franzosen „keine bevorzugte Stellung in Athen genießen würde[n].“78 Gebhardt stand also schon mit dem Organisationskomitee in Briefkontakt.

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Am Ende der Versammlung wurde ein Beschluss gefaßt, nach dem sich die Teilnehmer mit allen Kräften für eine starke Beteiligung Deutschlands an den Spielen einsetzen wollten. Dann sollte eine „Vereinigung (Komitee) gegründet werden, welche […] alle geeigneten und nötigen Schritte zu thun hat, um eine würdige Vertretung der Deutschen bei den Spielen in Athen herbeizuführen.“79 Die Organisation gab sich den Namen Komitee für die Beteiligung Deutschlands an den olympischen Spielen zu Athen 1896. Die erste wichtige Amtshandlung war ein Brief Gebhardts an Ferdinand Goetz80, mit einer Einladung zu den Spielen in Athen.81 Gebhardt machte Goetz auf die vielen Persönlichkeiten des Hochadels aufmerksam, die die Organisation stützten. Er bat Goetz um persönliche Rücksprache, um eventuelle Mißverständnisse zu klären. Man kann Gebhardt kaum glauben, daß er von den bisherigen Absagen der Turner wirklich nichts wußte. Außerdem konnte er ihnen gar keine Einladung schicken. Das war die Aufgabe der Griechen. Der Brief war vermutlich rein taktischer Natur: Die Turner sollten in die Defensive gedrängt werden, als Nein-Sager dastehen gegenüber einer Sache, die von bedeutenden Persönlichkeiten gestützt wurde. Goetz reagierte entsprechend. Schon wenige Tage später sagte er mit brüsken Worten ab. „Die bekannt gewordenen Thatsachen über das Verhalten des französischen Leiters des Festes machen es mit der Ehre eines deutschen Mannes unverträglich, Teil zu nehmen. Ich kann nur bedauern, daß Ihr Komitee für die dem deutschen Volk angethane Schmach ein Gefühl nicht hat“.82 Und an anderer Stelle: „Das Wahre an dieser Sache ist, daß […] Rangabe es verstanden hat, den Vorsitzenden der […] Ausstellung für Sport, Spiel und Turnen für eine deutsche Agitation zu Gunsten der Olympischen Spiele zu interessieren und daß der Erbprinz zu Hohenlohe-Schillingsfürst den Vorsitz in dem Agitationsausschuß übernommen hat, über dessen nationale Stellung er offenbar nicht genügend unterrichtet gewesen ist […] Die Krone setzt dem Ganzen der leider vom Prinzen Philipp von Hohenlohe-Schillingsfürst wohl in voller Unkenntnis der Verhältnisse unterzeichnete, von Dr. W. Gebhardt in leichtfertiger Weise, verfaßte Aufruf des ,Komitees‘ […] auf.“83 Die Wut über das Komitee steigerte sich sogar so weit, dass der Adel angegriffen wurde. Dieses Vorgehen war sonst eigentlich nicht üblich. Es gab dann erneut Einladungen der Griechen, die wiederum abgelehnt wurden. Ende Februar 189684 erschien die Broschüre von Gebhardt „Soll Deutschland sich an den Olympischen Spielen beteiligen? Ein Mahnruf an die Deutschen Turner und Sportmänner“. „In tiefer Verehrung gewidmet“ ist die Schrift „Sr. Durchlaucht dem Erbprinzen Philipp Ernst zu Hohenlohe-Schillingsfürst und Sr. Excellenz Rangabé, königlich griechischem Gesandten zu Berlin“.85 Die Broschüre, die auch an viele Turnvereine verschickt wurde,86 druckte Briefe, Protokolle, Ausschrei-

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bungen u. ä. ab, um in der Öffentlichkeit für die Spiele zu werben, um Coubertin zu verteidigen und den Turnorganisationen die volle Schuld an den Streitigkeiten zu geben. Durch die Absage der Turner hatte Gebhardt nun freie Hand, für sein Komitee zu werben. Noch vor Ende des Jahres 1895 erging ein Aufruf, um „sich auch an weitere Schichten des deutschen Volkes zu wenden und für eine Beteiligung Deutschlands an der geplanten Feier Sympathien zu sammeln“. Der Text schilderte die bisher geleistete Arbeit der Griechen, die Idee Coubertins, den Pariser Kongress, das auf Missverständnissen beruhende Fehlen Deutschlands, die Arbeit des am 13. Dezember 1895 gebildeten Komitees, dessen Gründung „in Griechenland Jubel und Begeisterung“ hervorgerufen habe. Der Text endete mit der Bitte an Turner und Sportler „unsere vaterländische Sache zu unterstützen“ und lud zu einer zweiten Versammlung am 16. Januar 1896 ein, „in der das vorläufige Komitee […] in ein endgültiges, weit umfangreicheres umgewandelt werden soll“. Der Aufruf war allein unterzeichnet von „Prinz Philipp Ernst zu Hohenlohe-Schillingsfürst, I. Präsident“87. Für den 7. Januar vermittelte Philipp Ernst, der, wie die folgenden Monate zeigten, mehr tat, als nur seinen Namen herzugeben, für Gebhardt eine Audienz bei seinem Vater, dem Reichskanzler.88 Dieses Gespräch dauerte etwa eine Stunde. Gebhardt versuchte offenbar, die Gil-Blas-Affäre zu erläutern. „Der Herr Reichskanzler versicherte mich zum Schluß seiner lebhaften Anteilnahme an dem Unternehmen, dem er vollen Erfolg wünschte.“ Er teilte Gebhardt auch das Wohlwollen des Kaisers in dieser Sache mit. „Diesem freundlichen Interesse für die olympischen Spiele hat übrigens S. Majestät auch später bei verschiedenen Gelegenheiten Ausdruck verliehen.“89 Dies war glaubhaft. Warum sollte das Deutsche Reich auch wegen einer ablehnenden Haltung gegenüber der griechischen Königsfamilie außenpolitische Probleme heraufbeschwören? Anfang Januar fand wahrscheinlich ein Treffen im engeren Kreis statt. Es gab Zweifel, in der kurzen Vorbereitungszeit noch eine Mannschaft aufstellen zu können. Gebhardt erhielt den Auftrag, sich an das griechische Organisationskomitee mit der Bitte um Verschiebung der Spiele auf den Herbst 1896 zu wenden. Er teilte dies am 12. Januar 1896 von Streit mit. Erbprinz Philipp Ernst fügte ein Begleitschreiben bei.90 Am 23. Januar antwortete von Streit dem Erbprinzen. Er hätte die beiden Briefe dem Kronprinzen vorgelegt, der daraufhin zur Beratung das Organisationskomitee einberufen hätte. Dieses kam zu dem Ergebnis, ein Aufschub der Spiele wäre nicht möglich. Der Herbst wäre zu heiß, zudem könnten im Sommer keine Vorbereitungen getroffen werden. Schließlich würde der König an der Zarenkrönung in Russland teilnehmen.91 Außerdem wäre man aufgrund der Pariser Beschlüsse terminlich gebunden.92

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So vorbereitet – Rückhalt in der Politik und beim Hochadel, die Turner in der Defensive, Beilegung der Gil-Blas-Affäre, Antrag auf Verschiebung der Spiele, Klärung der Mitgliedschaft im IOC und der Position des hellenischen Komitees – konnte Gebhardt ruhig in die zweite Versammlung des deutschen Komitees gehen.93 Über die Zusammenkunft am 16. Januar im Norddeutschen Hof in Berlin gab es zwei Berichte: Einen mit „K. D.“94 unterzeichneten in Sport im Bild“ 95 und eine Art Protokoll in Gebhardts Werbebroschüre96. Die Versammlung war mit 150 Teilnehmern gut besucht. Anstelle des Erbprinzen von Hohenlohe-Schillingsfürst, der sich entschuldigt hatte, leitete Gebhardt die Versammlung. Philipp Ernst war, wie er Gebhardt mitteilte, in dieser Zeit „auf seinem Schloß in Böhmen“, also in Poděbrady. Er schrieb Gebhardt, dass er beabsichtigt hätte, seinen Bruder zu schicken.97 An anderer Stelle bemerkte Gebhardt „Prinz Alexander zu Hohenlohe, welcher gleichfalls an unseren Bestrebungen lebhaft Anteil nimmt und seinen Bruder in dem Präsidium vertreten wollte, [war] im letzten Moment verhindert.“98 Gebhardt verteidigte vor allem Coubertin in Bezug auf die Nichteinladung Deutschlands zum Pariser Kongress und die Gil-Blas-Affäre. Er erwähnte die Audienz beim Reichskanzler und die Anteilnahme des Kaisers. Am Ende ließ er sich dazu beauftragen, Coubertin, dem Erbprinzen und dem griechischen Komitee ein Telegramm über den erfolgreichen Verlauf der Versammlung zu schicken.99 Das Komitee hatte sich endgültig konstituiert, und die anderen Verbände gerieten in Zugzwang bzw. standen als Störenfriede da, wenn sie weiter gegen die Spiele argumentierten. Das deutsche Komitee konnte nun darangehen, die Teilnahme an den Spielen vorzubereiten. Bis dahin waren es aber nur noch drei Monate. Im Februar oder März 1896 war es dem deutschen Komitee endlich gelungen, eine Mannschaft für Athen aufzustellen, auch wenn es nur „eine kleine Achtungsvertretung“ sein konnte, wie Gebhardt Coubertin am 25. Februar 1896 mitteilte: „Von Deutschland hoffe ich selbst nach Athen zu führen: 1) Eine Fußballmannschaft von 11 Personen mit einigen Reservemännern. 2) Eine, vielleicht auch zwei turnerische Riegen à 10 Personen. 3) Einige Athleten, Läufer und Springer. 4) Einige Ruderer […].“100 Wieso war auf einmal von Turnern die Rede? Was geschehen war, kann man aus einer Reihe von wütenden Artikeln in der Deutschen Turn-Zeitung101 rekonstruieren. „In geheim gehaltener Verhandlung mit dem Komitee für die Beteiligung Deutschlands an den olympischen Spielen zu Athen 1896 haben zehn hiesige Turner, […]sich zur Teilnahme an den Athener Veranstaltungen anwerben lassen,“ war am 9. April in der Deutschen Turn-Zeitung zu lesen. 102 Gebhardt oder andere hatten also persönliche Gespräche mit Turnern geführt,103 um sie auch gegen das Votum ihres Verbandes zur Teilnahme zu bewe-

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gen. Dass es sich um wirklich gute Turner handelte, bewies Goetz mit seinen Beschimpfungen gegen die Riege. Ein Teil der Turner gehörte der offiziellen Riege der DT beim italienischen Bundesturnfest in Rom 1895 an.104 Ihnen wäre Italien wohl zu Kopf gestiegen. Sie turnten nicht mehr für die Ehre, sondern „für das Geschäft, ihr Vergnügen“. In der Turn-Zeitung wurde den Turnern jedes „Deutschsein“ abgesprochen. „Sie werden gemietet und stellen ihre turnerischen Leistungen für Geld zur Verfügung. Sie würdigen sich also herab zu berufsmäßigen Athleten und Akrobaten.“105 Mit dem Erlös einer Gala in den Kroll-Sälen, bei der vor allem die Turner glänzten,106 wurde ein Teil der Reise finanziert. Es wurde ein finanzielles Desaster befürchtet. Da aber Wilhelm II. und seine Mutter Viktoria viele Karten aufkauften und der Kaiser Prinz Albert in einem Brief ein „gutes Gelingen“ des Festes wünschte, war der Besuch durch Adel und Militärs entsprechend107. Die Eintrittspreise waren recht hoch, sechs Mark für einen Sitz- und drei für einen Stehplatz108. Die deutsche Mannschaft, die dann erfolgreich an den Olympischen Spielen in Athen teilnahm, bestand aus 21 Sportlern und acht Betreuern.

Prinz Philip Ernst nach 1896 Einige Zeit nach der Rückkehr von den Olympischen Spielen in Athen muss es wohl eine Versammlung des deutschen Komitees gegeben haben. Jedenfalls kündigte Gebhardt eine solche in einem Schreiben an die Mitglieder an. Er teilte dabei mit, dass Philipp Ernst „aus dem Vorstande auszuscheiden gezwungen ist. S. D. wird für längere Zeit von Deutschland abwesend sein und kann sich nicht in der von ihm gewünschten Weise um die Leitung bekümmern. Der Erbprinz schreibt mir, daß er indes mit vollem Interesse die weiteren Arbeiten des Komitees verfolgen und mir mit Rat und Tat zur Seite stehen werde.“109 Am 30. Oktober informierte Coubertin Gebhardt über eine geplante Reise nach Berlin. Er hoffte, vom Kaiser empfangen zu werden. Gebhardt schrieb erst am 4. Januar 1898 zurück. Er entschuldigte sich mit Zeitmangel und begrüßte den Plan Coubertins, nach Berlin zu kommen. „Das Olympische Komitee schläft zur Zeit und muß zu neuem Leben wachgerüttelt werden.“110 Prinz von Hohenlohe stände wegen Todesfällen111 in seiner Familie nicht mehr zur Verfügung. Der Vizepräsident des ehemaligen Komitees, Prinz Albert zu Schleswig-Holstein, lebe nicht mehr in Berlin. Man müsse also ganz von vorne anfangen. Gebhardt hoffte auf die Unterstützung des Kaisers, sah aber wegen der auch für das Jahr 1900 geplanten „Nationalen Olympischen Spiele“ Schwierigkeiten.112

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Im April 1898 wurde Gebhardt erneut vom Vater des Erbprinzen empfangen. Es ging um die Frage einer Teilnahme Deutschlands an den Olympischen Spielen 1900 in Paris, die im Rahmen der dortigen Weltausstellung stattfinden sollten. Das Deutsche Reich wollte sich in allen Bereichen auf der Weltausstellung präsentieren. Gebhardt hoffte auf eine Unterstützung in Höhe von 10 000 bis 20 000 Mark. Der Kanzler schien dem nicht abgeneigt zu sein und verwies Gebhardt an Geheimrat August Schricker113, den zweiten deutschen Beauftragten für die Weltausstellung.114 Gebhardt bat den Kanzler, für Coubertin, der nach Berlin kommen wollte, beim Kaiser eine Audienz zu vermitteln.115 Im Juli schlug Gebhardt Coubertin vor, sich wegen seiner Berlinreise auch an den Erbprinzen, der sich in diesen Tagen entweder in München oder in Karlsbad (Hotel Metropol) aufhielt, zu wenden.116 Im Januar 1899 teilte Gebhardt dann Coubertin mit, dass er sich mit dem Erbprinzen getroffen hätte, der aber nicht mehr Präsident für das für 1900 zu bildende Komitee zur Verfügung stehen wolle. Er würde ihn aber noch einmal fragen. Bereit wären aber Prinz Albert von Schleswig-Holstein und Prinz Aribert von Anhalt.117 Im April konnte er dann Coubertin informieren, dass der Erbprinz zwar nicht mehr Präsident werden wolle, aber als Mitglied zur Verfügung stünde. In dem von Gebhardt verfassten Bericht über Die Beteiligung Deutschlands an den olympischen Spielen zu Paris 1900 fehlt allerdings bei der Aufzählung der Mitglieder des Komitees der Name des Erbprinzen.118 Nach den so erfolgreich verlaufenen Olympischen Spielen 1896 in Athen gab es im griechischen Königshaus, bei den amerikanischen Sportlern und bei einigen IOC-Mitgliedern Überlegungen, die Spiele auf Dauer in Athen zu veranstalten. Coubertin war strikt dagegen, sah er doch seine Idee von Spielen in den Metropolen der Welt in großer Gefahr. 1901 beschloss dann das IOC bei seiner Session in Paris auf Antrag der deutschen Mitglieder und gegen den Willen Coubertins, als Kompromiss eine zweite Reihe Olympischer Spiele in der Mitte der Olympiade in Athen durchzuführen.119 Coubertin war in dieser Zeit weder mit Gebhardt, der ihm zu idealistisch olympisch dachte, noch mit den anderen von ihm ernannten IOC-Mitgliedern, dem Grafen Talleyrand Périgord120 und dem Fürsten zu Salm-Horstmar121, die sich alle für die „Zusatzspiele“ in Athen ausgesprochen hatten, zufrieden. Über den Mittelsmann d’Aubigny122, der in München lebte, ließ er den inzwischen Fürsten123 Philipp Ernst fragen, ob er Mitglied des IOC werden wolle. D’Aubigny: „Leider bin ich beim Fürsten Hohenlohe vollkommen gescheitert. Er kennt die olympischen Spiele bestens, […] aber nunmehr, da das Komitee und die Austragungsorte der Spiele einen weltweiten Charakter angenommen haben, hat er sich vollkommen davon losgesagt. Zu meinem großen Bedauern ist es mir nicht gelungen, ihn für unsere Wünsche zu gewinnen. […] Er will nicht, daß die

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olympischen Spiele nach Chikago, Paris oder wohin auch immer verpflanzt werden, sie sollen weiter im Schatten der Akropolis stattfinden. Vor dieser engstirnigen Auffassung mußte ich den Rückzug antreten.“124 Damit kennen wir auch den Grund der Zurückhaltung von Philipp Ernst, dem Komitee für 1900 vorzustehen bzw. Mitglied zu werden.

Zusammenfassung Die deutschen Turner äußerten drei Gründe, nicht an den Olympischen Spielen 1896 in Athen teilzunehmen. Kein Deutscher war von Coubertin 1894 zum Gründungskongress nach Paris eingeladen worden. Ideengeber Coubertin war Franzose. Turnen und Sport waren zwei sich ausschließende Formen von Leibesübungen. Das griechische Königshaus unterstützte die Spiele. Kronprinz Konstantin war mit Sophia, der Tochter der Kaiserinmutter und Schwester des Kaisers, verheiratet. Der deutsche und europäische Adel war dem Sport in vielen Bereichen zugetan. Um einem deutschen Komitee zur Teilnahme mehr Gewicht zu geben, übernahm Erbprinz Philipp Ernst zu Hohenlohe-Schillingsfürst, der Sohn des Reichskanzlers, die Präsidentschaft. Weitere Mitglieder aus dem deutschen Hochadel unterstützten auf vielfältige Weise das deutsche Komitee. Wegen der wechselnden Veranstaltungsorte war Philipp Ernst nach 1896 nicht mehr bereit, sich olympisch zu engagieren. Er hätte gerne die Olympischen Spiele auf Dauer in Athen gesehen. Anmerkungen 1

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Karl Lennartz, Die Geschichte des Deutschen Reichsausschusses für Olympische Spiele, Bd.  1, Die Beteiligung Deutschlands an den Olympischen Spielen 1896 in Athen, hg. vom Carl-Diem-Institut, Bonn 1981. Karl Lennartz und Mitarbeiter, Die Olympischen Spiele 1896 in Athen. Erläuterungen zum Neudruck des Offiziellen Berichtes, Kassel 1996. Dort auch weitere Nachweise. Willibald Gebhardt, Soll Deutschland sich an den Olympischen Spielen beteiligen, Berlin 1896. Dokumente zur Frühgeschichte der Olympischen Spiele, hg. von Carl-Diem-Institut, Köln 1970 BA Koblenz, NL Chlodwig und Alexander Hohenlohe und HZNA, NL Philipp Ernst Hohenlohe. Der Autor versuchte für seine Buch- oder Zeitschriftenpublikationen zur Frühzeit der Olympischen Bewegung früher vergeblich, Informationen zur Biographie des Erbprinzen im Familienarchiv in Neuenstein zu erhalten. Nun wurde der Nachlass zum ersten Mal bearbeitet.

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BA Koblenz Nr. 884 betr. Verlobung, Revers 27.10.1881. BA Koblenz Nr. 884, Brief betr. Verlobung, 27.10.1881. BA Koblenz Nr. 844, Briefe von Alexander und Moritz an Philipp Ernst 1867–1882. Hier Alexander an Philipp Ernst, 18.10.1881. 8 Der Autor war dort im August 2010. Das Schloss scheint gut erhalten zu sein, war aber für Besucher nicht zugänglich. In einem Nebengebäude befindet sich eine Forschungsstelle der Karls-Universität Prag. Auch deren Räume waren geschlossen. In einem Schaukasten waren einige Fotos von Philipp Ernst und seiner Familie zu sehen. Beim Fremdenverkehrsamt gibt es eine Broschüre über den Ort, in der auch das Ehepaar als Bewohner des Schlosses erwähnt wird. 9 Dieser heiratete 1937 Helga Lüth (* 1913). Die Ehe hatte vier Kinder: Peter zu Hellberg (* 1937), Alexander Michael zu Hellberg (* 1943), Mónica zu Hellberg (* 1940) und Christina zu Hellberg (* 1944). Es leben weitere Nachkommen. 10 Ballin, Albert (1857–1918), Hamburger Reeder jüdischer Abstammung, baute Schiffe für Auswanderer und später für Kreuzfahrten, seit 1998 Generaldirektor der Hapag, der bald größten Schifffahrtslinie der Welt, Freund des Kaisers. 11 Eberhard Straub, Albert Ballin. Der Reeder des Kaiser, Berlin 2002, S. 146. 12 Elisabeth an Alexander Hohenlohe, 27.1.1885, in: HZNA NL Alexander Hohenlohe. 13 Wolfgang Decker/Georgios Dolianitis/Karl Lennartz (Hg.), 100 Jahre Olympische Spiele. Der neugriechische Ursprung, Würzburg 1996, S. 152 (=Katalog zur gleichnamigen Ausstellung). 14 Coubertin, Pierre de (1867–1937), 1894 Schriftführer, 1896–1925 Präsident des IOC, verfaßte zahlreiche Schriften zu olympischen, pädagogischen und historischen Fragen. 15 Coubertin war wohl vorher nie in Deutschland gewesen und hatte auch keine verwandtschaftlichen Beziehungen zu irgendeiner deutschen Familie. Vgl. Carl Diem, „Die Ahnen Coubertins“, in: Olympische Rundschau 5 (1939), S. 3f.. Allerdings stammte seine Frau Marie Rothan aus dem Elsaß. Ihr Vater war in vielen deutschen Städten Konsulatsbeamter gewesen. In Coubertins Adreßbuch im IOC-Archiv in Lausanne finden sich allerdings einige Anschriften deutscher Sportvereine. 16 Die DT war 1897 mit 578 000 Mitgliedern in 5 800 Vereinen der größte Leibesübungen treibende Verband der Welt. 17 Coubertin, Einundzwanzig Jahre Sportkampagne (1887–1908), Ratingen 1974, S. 21. 18 Amateure waren bisher nur Gentlemen, die nicht durch ihrer Hände Arbeit Geld verdienten; Profis waren Arbeiter und Handwerker, die Geld oder auch kein Geld für ihre sportlichen Leistungen nahmen. Amateur sollte jetzt jeder sein, der nicht für Geld an den Start ging. 19 Vikelas, Demetrius (1835–1908), 1894–1896 Präsident des IOC. Er lebte in Paris und verfaßte erfolgreiche Romane und übersetzte Shakespeare und andere Klassiker ins Griechische. 20 Vikelas hatte sich am 24. Juli bei Kronprinz Konstantin, der in Deutschland zur Kur war, Unterstützung für seine Idee geholt. Ein Adjutant des Kronprinzen antwortete: „Der Herzog von Sparta hat mit viel Freude zur Kenntnis genommen, daß die internationalen Olympischen Spiele in Athen erstmals begangen werden sollen. Ich kann Sie versichern, daß der König und der Thronfolger der Feier dieser Spiele ihre Schirmherr-

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schaft angedeihen lassen.“ Konstantin leitete später aktiv das griechische Organisationskomitee, das die Spiele vorbereitete und durchführte. 21 Trikoupis Charilaos (1832–1896), war zwischen 1875 und 1895 siebenmal Ministerpräsident. 22 Im Sommer 1893 war der griechische Staat zahlungsunfähig. Er konnte seinen Gläubigern nur noch 30% der anfallenden Zinsen geben. Siehe Melas, Spiele, S. 14. 23 Deligiannis Theodor (1826–1905) war zwischen 1885 und 1904 viermal Ministerpräsident, öfter auch Außenminister. 24 Central-Comité der internationalen Olympischen Spiele in Athen 1896 (Hg.), Die Olympischen Spiele. 776 v. Chr. – 1896 n. Chr., Athen 1896–1897, Bd. 2, S. 8. 25 Abgedruckt in Monatszeitschrift für das Turnwesen 11 (1895)11, S. 347–349. 26 Der Turner 10(1895)1, S.  15–16. Deutsche Turn-Zeitung 40 (1895)11, S.  236, 29, S.  625, 33, S.  723, 40, S.  879; auch in: Der Turner aus Sachsen 1 (20.11.1895)24, S. 366–368, in: Der Turner 10 (1895)18, S. 345–349, Monatszeitschrift für das Turnwesen 14 (1895)11, S. 247–348. 27 Rangavis (Rangabe), Kléon 1842–1917, Diplomat und Dichter, studierte in Berlin und Heidelberg, seit 1891 griechischer Gesandter in Berlin, verfaßte Tragödien, Lustspiele und Novellen. Dessen Vater Alexandros Rangavis war Mitglied der Commission für Rasenspiele und bei den Spielen Kampfrichter für Tennis, sein Onkel, Alexandros Risos Rangavis (1810–1892), war Offizier in der bayerischen Armee gewesen, 1856–1859 Außenminister und 1874–1886 Botschafter in Berlin, Archäologe und Schriftsteller. Die Familie stand noch ganz in der bayrischen philhellenischen Tradition und sah in den Olympischen Spielen des Coubertin eine Erweiterung der griechischen Olympien. 28 Gebhardt, Willibald (1861–1921), Chemiker, 1896–1906 Schriftführer des deutschen Olympischen Komitees, 1896–1909 IOC-Mitglied. 29 Deutsche Turn-Zeitung 20 (16.5.1895), S. 429; 21 (23.5.1895), S. 452. 30 Monatsschrift für das Turnwesen 7 (1895), S. 219. 31 Schmidt, Ferdinand August (1852–1929), in Bonn lebender Arzt, seit 1883 Vorsitzender des Bonner Turnvereins, Mitglied im Ausschuß der DT. 32 Deutsche Turn-Zeitung 43 (24.10.1895), S. 937–939; 44 (31.10.1895), S. 961–965; 45 (7.11.1895), S. 985–988; 46 (14.11.1895), S. 1009–1012, jedesmal als Leitartikel. 33 Der aus 15 Mitgliedern bestehende Vorstand der Deutschen Turnerschaft. 34 Deutsche Turn-Zeitung 46 (14.11.1895), S. 1012. 35 Die seit 1879 täglich erscheinende Zeitung gehörte in ihrer politischen Ausrichtung der linken Mitte an. Seit 1892 hatte sie wöchentlich eine illustrierte Beilage. Juli 1914 stellte sie ihr Erscheinen ein. Heute gibt es sie wieder. 36 Willibald Gebhardt: Soll Deutschland sich an den Olympischen Spielen beteiligen? Ein Mahnruf an die Deutschen Turner und Sportmänner, Berlin 1896, S. 18. 37 Sport im Bild 1 (3.1.1896), S. 10. 38 Prinz Albert von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg, (1869–1931), preußischer Offizier, wurde 1921 Titularherzog von Schleswig-Holstein, Präsident des Armee- und Marine-Lawn-Tennis-Turniers in Homburg v. d. Höhe. 39 Erwähnt im Brief Gebhardts an Goetz vom 27. Dezember und im Schreiben an Coubertin vom 30. Dezember 1895 , in: Dokumente, S. 33, 38.

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40 Prinz Heinrich von Preußen (1862–1929), jüngerer Bruder von Kaiser Wilhelm II. 41 Prinz Georg von Sachsen (1869–1935), Student, später General, unternahm Weltreisen, Kunstsammler. 42 Der spätere Herzog Bernhard III. von Sachsen-Meiningen (1851–1928), preußischer Generalfeldmarschall und Philologe. Zwischen 1873 und 1894 unternahm er zahlreiche Studienreisen nach Griechenland und Kleinasien, wo er auch Ausgrabungsstätten besuchte. Er erhielt 1889 von der Universität Athen den Titel „Philhellene“. 43 Dokumente, S. 46. 44 Zum Verhältnis des preußischen Adels zum Sport siehe Hans-Joachim Teichler, Das sportliche Preußen, in: Stadion 37 (2011), S. 211–242. 45 Großherzog Friedrich Franz III. zu Mecklenburg-Schwerin (1851–1897), Onkel des späteren deutschen IOC-Mitgliedes (1926–1956) und Vorsitzenden des NOK für Deutschland (1949–1951) Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg-Schwerin (1873– 1969). 46 Prinz Friedrich Karl von Hessen (1868–1940), verheiratet mit Margarete von Preußen, der jüngeren Schwester Wilhelm II., war 1918 für zwei Monate nominell König von Finnland. 47 Brief Gebhardt an Coubertin vom 8. Januar 1896, in: Dokumente, S. 50. 48 Viktoria (1840–1901), älteste Tochter der britischen Königin Victoria, Ehefrau Kaiser Friedrich III., wurde nach dem Tod ihres Mannes 1888 „Kaiserin Friedrich“ genannt. 49 Wilhelm II. machte später des öfteren Urlaub auf Korfu und hatte 1898 das Achilleion, das ehemalige Haus der Kaiserin Elisabeth von Österreich (Sissi) gekauft. Die Anlegestelle für die kaiserliche Yacht heißt heute noch Kaisersbridge. Er hatte 1889 seine Schwester zur Hochzeit mit dem Kronprinzen nach Athen begleitet. Sein Verhältnis zu seiner Schwester hatte sich allerdings abgekühlt, weil sie 1891 zum orthodoxen Glauben übergetreten war. Er verbot ihr die Einreise nach Deutschland. Nach drei Jahren verbesserte sich das Verhältnis wieder. 1905 besuchte Wilhelm II. die griechische Königsfamilie. 50 Vor 20 Jahren fand der Autor im Archiv des Auswärtigen Amtes in Bonn die Akte mit dem Schriftverkehr zwischen der deutschen Botschaft in Athen und dem Reichskanzler und weitere Schriftstücke, die die Olympischen Spiele 1896 in Athen betrafen. Die Akte wurde komplett kopiert. Holger Melas transkribierte in seiner Diplomarbeit (Über die Olympischen Spiele 1896 in Athen. Eine textkritische und kommentierte Edition, Sporthochschule Köln 2002) die handschriftlichen Briefe und kommentierte sie. Daraus wird im Folgenden zitiert. 51 Plessen, Ludwig von (1848–1929), Legationsrath, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister zu Athen. 52 Melas, Spiele, S. 8–11. 53 Melas, Spiele, S. 13. Die Kaiserin Witwe und ihre Tochter hatten ein enges Verhältnis. Als Sophia mit ihrem ersten Kind schwanger war, reiste Viktoria nach Griechenland: „Das liebe Kind freut sich so, daß ich gekommen bin!“ (bei Melas nach Hannah Pakula, Victoria, Diss. München 1999, S. 579). 54 Melas, Spiele, S. 14–15. 55 Lüders, Otto (1844–1912), Erzieher der Söhne des griechischen Königs.

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56 Melas, Spiele, S. 31. 57 Dörpfeld, Wilhelm (1853–1940), hatte als junger Archäologe unter Curtius Olympia mitausgegraben, war von 1886 bis 1912 Direktor des Deutschen Archäologischen Instituts in Athen. 58 Melas, Spiele, S. 37–38. 59 Miessner, Albert (1837–1909), Korrespondenzsekretär und Schatullenverwalter Seiner Majestät des Königs und Kaisers, geheimer Regierungsrat. 60 In dem Zeitungsartikel vom 11. Dezember ist aber von „Vorsitz“ die Rede. 61 Wilmowski, Freiherr Friedrich von (1850–1909), seit 1894 Chef der Reichskanzlei, später Oberpräsident von Schleswig-Holstein und später Führer der Konservativen im preußischen Herrenhaus. 62 Melas, Spiele, S. 39–42. 63 Damit kann nur Ernst Curtius gemeint sein. Curtius war Erzieher des späteren Kaisers Friedrich III. gewesen und hatte mit Unterstützung des Deutschen Reiches von 1875 bis 1881 Olympia ausgegraben. Curtius war begeisterter Turner und hat möglicherweise deshalb das Angebot, das Komitee zu leiten, ausgeschlagen. Curtius war zudem krank. Er starb am 11. Juli 1896. 64 Melas, Spiele, S. 42. 65 Kluge, Volker, „100 Jahre Olympische Spiele auch 100 Jahre olympische Philatelie“, in: Lennartz, Erläuterungen, S. 71–72. 66 Hammann, Otto, Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes, später Chef des Presseamtes. 67 Lerchenberg auf Koefering und Schönberg, Graf Hugo von und zu (1843–1912), Gesandter Bayerns und der deutschen Bundesstaaten am Hof des Kaisers. 68 Melas, Spiele, S. 57. 69 Ebda., S. 75–77. 70 Ebda., S. 79–80. 71 Melas, Spiele, S. 81–82. 72 Ebda., S. 84–91. 73 Ebda., S. 92–107. 74 Gebhardt, Soll Deutschland, S. 27. 75 Ebda., S. 28. 76 Auch viele Turnvereine hatten Einladungen bekommen. 77 Streit, Georg von (1868–1948), Sekretär des griechischen Organisationskomitees, während der Spiele auch Attaché der deutschen Mannschaft, Jurist, später Professor, Minister und Botschafter Griechenlands in Wien, Mitglied des Haager Gerichtshofs, stand auch der Friedenbewegung nahe. 78 Gebhardt, Soll Deutschland, S. 31. 79 Gebhardt, Soll Deutschland, S. 34. 80 Goetz, Ferdinand (1826–1915), Arzt, 1895–1915 Vorsitzender der DT, 1887 und 1890 direkt in den Deutschen Reichstag gewählt. 81 Abdruck in: Gebhardt, Soll Deutschland, S. 49–50. 82 Abdruck in: Gebhardt, Soll Deutschland, S. 51. 83 Deutsche Turn-Zeitung 41 (23.1.1896)4, S. 72. Es läßt sich nur schwer beurteilen, inwiefern dieses Engagement des Erbprinzen Hohenlohe-Schillingsfürst der allgemei-

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nen Öffentlichkeit bekannt war und wie es von dieser beurteilt wurde. In einer populären Publikation aus dem Jahr 1898 wird auf das sportliche Engagement der Familie Hohenlohe grundsätzlich eingegangen, jenes von Philipp Ernst für das Olympische Komitee jedoch mit keinem Wort erwähnt. Siehe Brehmer Arthur (Hg.): Am Hofe Kaiser Wilhelms II., Berlin 1898, S. 825f. Gebhardt schickte Coubertin am 25. Februar 1896 Exemplare der Broschüre. Siehe Brief Gebhardts an Coubertin, abgedruckt in: Dokumente, S. 79–80). 128 Seiten, erschienen 1896 in Berlin im „Verlag von Karl Siegismund“, einem Freund von Gebhardt, der auch Mitglied im deutschen Komitee war. Von der Broschüre sind nur noch ganz wenige Exemplare erhalten. Anläßlich der Hundertjahrfeier des Nationalen Olympischen Komitees für Deutschland im Dezember 1995 in Berlin erschien im Agon Sportverlag in Kassel ein unveränderter Nachdruck mit einem Nachwort herausgegeben von Manfred Lämmer und Karl Lennartz. In der Sportpresse positiv besprochen. „Die Broschüre wird auf Verlangen jedem Interessierten […] kostenlos zugeschickt“ (in: Rad-Welt 19 (4.3.1896), Bl. 2, S. 1. Auch in: Sport im Bild 9 [28.2.1896], S. 338). Sport im Bild 2 (20.1.1896), S. 26, auch in Gebhardt, Soll Deutschland, S. 70–73, auch in: Dokumente, S. 48–50. Brief Gebhardts an Coubertin vom 8. Januar 1896 (Dokumente, S. 47). Gebhardt, Soll Deutschland, S. 74. Nicht erhalten, nur zu entnehmen aus der Antwort von von Streit an den Erbprinzen vom 23. Januar. Die Krönung Zar Nikolaus II. Dokumente, S. 58–60. In der Einladung hieß es: „Der Eintritt ist jedermann gestattet, welcher der Bewegung vorurtheilsfrei gegenüber steht“ (Rad-Welt 2 (1896)5, Bl. 1, S. 1). Wahrscheinlich Kurt Doerry (1974–1947), erster deutscher Sportjournalist, Sprinter, Olympiateilnehmer 1896 und 1900. Sport im Bild 2 (24.1.1896) 4, S. 55. Auch abgedruckt in: Dokumente, S. 54–56. Gebhardt, Soll Deutschland, S. 75–77. Gebhardt an Coubertin am 14. Januar 1896, in: Dokumente, S. 53. Gebhardt, Soll Deutschland, S. 76. Dies meldete dann auch die Sportpresse: Rad-Welt 6 (18.1.1896), Bl. 1, S. 1). Dokumente, S. 79–80. Deutsche Turn-Zeitung 41 (19.3.1896) 12, S.  232. (26.3.1896) 13, S.  252, S.  254. (2.4.1896) 14, S. 276. (9.4.1896) 15, S. 296/97 (3 Artikel). (23.4.1896) 17, S. 339–40. (4 Artikel), S. 343. Deutsche Turn-Zeitung 41 (9.4.1896)15, S. 297. Wahrscheinlich hatte Fritz Hofmann von der Turngemeinde in Berlin, der in Athen auch in der Leichtathletik startete, die Riege aufgestellt. Er war in Athen Vorturner der Riege. Die Mitglieder der Olympiariege gewannen insgesamt sieben Preise auf dem Deutschen Turnfest 1894 in Breslau. Deutsche Turn-Zeitung 41 (9.4.1896)15, S. 296.

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106 Das Programm bestand aus musikalischen Vorführungen, lebenden Bildern aus der Antike und Sport (Rad-Reigen, Fechten, Rollschuhlauf, Turnen der Olympia-Riege, Keulenübungen und Tauziehen). 107 Sport im Bild 2 (3.4.1896)14, S. 214. 108 Rad-Welt 2 (18.3.1896)29, Bl. 1, S. 1. 109 Dokumente, S. 91. 110 Abgedruckt in: Dokumente, S. 99. 111 Seine Mutter starb am 21. Dezember 1897, kurz davor war sein einziges Kind gestorben. 112 Dokumente, S. 99. 113 Schricker, August (1838–1912), Schriftsteller, Museumsdirektor in Straßburg, geheimer Regierungsrat im Ministerium des Innern, verfasste einen Nachruf auf Reichskanzler Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. 114 Das Deutsche Reich hat tatsächlich 10  000 Mark zur Verfügung gestellt. Davon konnte die Reise und Teilnahme von 64 Sportlern finanziert werden. Seitdem unterstützen bis heute die Regierungen die deutsche Teilnahme an den Olympischen Spielen. 115 Gebhardt an Coubertin am 8. April 1898. 116 Gebhardt an Coubertin am 12. Juli 1898. 117 Gebhardt an Coubertin am 11./12. Januar 1899. Aribert wurde dann Präsident des Komitees. 118 Dokumente, S. 123. 119 Die Veranstaltung fand einmal als „Zweite Internationale Olympische Spiele 1906 in Athen“ statt. Zu den Dritten und Vierten Spielen wurde eingeladen, sie fielen aber wegen kriegerischer Auseinandersetzungen im Balkan aus. 120 Talleyrand Périgord, Count Archambauld de (1845–1918), Offizier in der preußischen Armee, im IOC von 1899–1903. 121 Salm-Horstmar, Prinz Eduard zu (1841–1923), preußischer General, im IOC von 1901 bis 1905. 122 Es könnte sich um den französischen Gesandten in München handeln. 123 Vater Chlodwig war am 6. Juli 1901 verstorben. 124 Dokumente, S. 146–147.

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Prinz Alexander zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1862–1924).

Prinz Alexander zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1862–1924) Der adlige „Friedensfreund“ im Schweizer Exil Patrick Bormann

Einführung1 Die politische Karriere des Prinzen Alexander von Hohenlohe-Schillingsfürst glich einer Achterbahnfahrt, die ihn am Ende in die gesellschaftliche Isolierung führte, als er sich während des Ersten Weltkriegs mit seinem Eintreten für einen Verständigungsfrieden der im militaristischen deutschen Kaiserreich wenig geschätzten Friedensbewegung anschloss. Als engster Berater seines Vaters, Reichskanzler Chlodwig von Hohenlohe-Schillingsfürst, sowie als Reichstagsabgeordneter und Bezirkspräsident in Colmar strebte er in seinen jungen Jahren eine Karriere im deutschen Staatsdienst an2, die jedoch nach dem Tod seines Vaters 1901 und damit ohne dessen Protektion ins Stocken geriet. Er verlor zunächst 1903 sein zehn Jahre zuvor erlangtes Reichstagsmandat an einen Zentrumsmann und verspielte 1906 schließlich durch die Veröffentlichung der Memoiren seines Vaters, bei der er und der Herausgeber Friedrich Curtius3 recht sorglos mit dem nachgelassenen Material umgingen und wenig Rücksicht auf den Monarchen nahmen, das ohnehin begrenzte Wohlwollen des Kaisers. Der folgende öffentliche Skandal4 zwang Hohenlohe zum Rücktritt vom Amt des Bezirkspräsidenten und letztlich zur Aufgabe möglicher weiterer Karrierepläne. In dieser ersten Phase seines politischen Lebens zeigte Hohenlohe bereits die Bereitschaft, gegen die kaiserliche Politik zu opponieren und stimmte gar 1897 gegen einen von seinem Vater eingebrachten Gesetzesentwurf zum preußischen Vereinsrecht, in dem zahlreiche restriktive Maßnahmen enthalten waren. Als drei Jahre später grobe Verletzungen des Schamgefühls durch theatralische Aufführungen mit einer Gefängnisstrafe bestraft werden sollten, kritisierte Hohenlohe dieses maßgeblich von Zentrumskreisen vorangetriebene Vorhaben in einer aufsehenerregenden Rede scharf. Dem obrigkeitsstaatlichen System des Deutschen Reichs stand der Sohn des Reichskanzlers schon früh fern. Bereits vor seinem Rücktritt vom Amt als Bezirkspräsident hatte er ein Haus in Beaulieu erworben, das nun neben Paris zum Lebensmittelpunkt wurde. Seine ohnehin ausgeprägte Vorliebe für die französische Kultur und Lebensart nahm in den Jahren bis zum Kriegsausbruch noch zu und ebbte

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auch danach trotz seines klaren Bekenntnisses zu seiner deutschen Herkunft nicht ab. Erst während des Ersten Weltkriegs wurde Hohenlohe erneut politisch aktiv. Weil der Zug, mit dem er am 31. Juli 1914 von Paris nach München fahren wollte, die Grenze schon nicht mehr passieren konnte, verschlug es ihn zu Kriegsbeginn in die Schweiz, wo er für die gesamte Kriegsdauer blieb.5 Während er das Kriegsgeschehen zunächst mit gemischten Gefühlen, wenn auch in seiner Positionierung eindeutig prodeutsch verfolgte, näherte sich Hohenlohe mit zunehmender Kriegsdauer immer weiter pazifistischen Überzeugungen an und veröffentlichte seit dem Frühjahr 1915 politische Artikel, in denen er den raschen Beginn von Friedensverhandlungen einforderte. In dieser Lebensphase, die im Folgenden in den Blick genommen werden soll, wurde er durch seinen Namen, aber auch kraft seiner Argumente zu einer wichtigen Stimme der deutschen Exil-Pazifisten. Die Konzentration auf die Zeit des Ersten Weltkrieges erscheint zum einen sinnvoll, weil Hohenlohe hier seine größte Bedeutung erlangte: Zuvor stand er erkennbar im Schatten seines Vaters und entwickelte nur in Ansätzen ein eigenständiges Profil. Selbst seine obrigkeitskritischen Taten erfolgten stets mit Billigung des Reichskanzlers. Erst die gesellschaftliche und geografische Isolierung im Schweizer Exil ermöglichte es ihm, eigenständige Vorstellungen zu entwickeln. Zum anderen hat Volker Stalmann die erste politische Phase in seinem Leben in einer grundlegenden biographischen Skizze bereits erschöpfend behandelt.6 Zudem ist der biographische Zugang für die Erforschung der Friedensbewegung vielversprechend, weil der Pazifismus gerade in der Anfangsphase keine mitgliederstarke Massenbewegung war, sondern von einzelnen Persönlichkeiten geprägt wurde.7 Alexander von Hohenlohe-Schillingsfürst ist heute weitgehend vergessen, die Forschungsliteratur über ihn daher überschaubar. Neben dem bereits genannten Aufsatz von Volker Stalmann widmet vor allem die ältere Studie von Gustav A. Lang über die Diskussion von Kriegsursachen und Friedensmöglichkeiten in der Neuen Zürcher Zeitung Hohenlohe viel Raum.8 Lang bietet zwar keine kompakte Analyse von dessen pazifistischen Grundanschauungen, kann ihn aber überzeugend in den zeitgenössischen Diskussionen verorten und vor allem die Wirkmächtigkeit seiner Artikel nachzeichnen, die mehrfach im Deutschen Reich oder im Lager der Pazifisten erregte Debatten auslösten. Als wichtigste Basis für die folgenden Ausführungen dient der Nachlass Hohenlohes im Bundesarchiv Koblenz, der so umfangreich ist, dass eine vollständige Sichtung im Rahmen dieser Studie nicht möglich war. Daher wurde vor allem das aus einer Sammlung von unverbundenen Notizen bestehende Kriegstagebuch ausgewertet, ergänzt durch den der Forschung bislang offenbar un­ bekannten Briefwechsel zwischen Hohenlohe und dem Pazifisten Wilhelm

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Muehlon9, der im Institut für Zeitgeschichte liegt. Hinzu kommen noch seine posthum veröffentlichten Lebenserinnerungen.10

Alexander von Hohenlohe und der deutsche Pazifismus Seine grundsätzliche Haltung zum Krieg brachte Hohenlohe im Mai 1916 mit der Feststellung zum Ausdruck, er sei „kein Pazifist im gewöhnlichen Sinn des Worts und doch ein Friedensfreund, d. h. ich verabscheue den Krieg, seitdem ich gesehen habe, was mit Hülfe der modernen Technik aus dem Kriegshandwerk Widerwärtiges geworden ist und wie sinnlos das Vermögen der Völker und ihr Leben geopfert wird, ohne dass dadurch eine Entscheidung herbeigeführt wird.“ Der Krieg in der Gegenwart sei Unsinn, da es den Anschein habe, als könnten Differenzen zwischen gleich starken Machtgruppen nicht mehr mit dem Schwert entschieden werden. Es werde daher in Zukunft „praktischer[,] schneller u. billiger“ sein, den Weg der internationalen Verständigung zu beschreiten, wofür im Frieden Institutionen, also zwischenstaatliche Organisationen geschaffen werden müssten: „Ich bin also hauptsächlich gegen den Krieg aus praktischen[,] nüchternen Erwägungen heraus.“11 Wie diese Ausführungen nahelegen, waren es vor allem die Erfahrungen des Ersten Weltkriegs, die aus Hohenlohe einen Pazifisten12 machten. Allerdings war der Krieg kein Damaskuserlebnis für den Standesherrn, den nicht nur familiäre Verbindungen vor allem nach Russland, sondern auch sein mehrjähriger Aufenthalt in Frankreich vor nationaler Engstirnigkeit bewahrt hatten. Hohenlohe gehörte nicht zu den Hurrapatrioten, die der deutschen Weltpolitik ihre aggressive und zugleich unstete Note gaben. Der frühere Reichskanzler Bernhard von Bülow warf ihm denn auch in seinen Memoiren vor, es habe ihm an „festem und unbeirrbarem Patriotismus“ gefehlt, stattdessen sei der „internationale Zug, den so manche deutsche Fürstenhäuser […] zeigen, […] in ihm besonders stark ausgeprägt“ gewesen.13 Besonders seine Zeit in Elsass-Lothringen und wohl auch seine Beziehung zum Pazifisten Friedrich Curtius – dem Herausgeber der Memoiren seines Vaters – machten ihn bereits in der Vorkriegszeit zu einem Kritiker des preu­ ßischen Militarismus und einem Anhänger der deutsch-französischen Verständigung. Besagter Curtius engagierte sich insbesondere für den Ausgleich in Elsass-Lothringen und wurde 1913 zum Vorsitzenden des Verbandes für internationale Verständigung gewählt. In der Frankfurter Zeitung kritisierte er die „brutale“ Politik der Deutschen im Reichsland,14 eine Kritik, die Hohenlohe später in seinen Memoiren aufgriff.15 In ihrer Korrespondenz diskutierten sie die dortige politische Lage. Insbesondere die Kriegsbereitschaft der deutschen

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Militärs bereitete ihnen Sorgen, zumal sie von einem Krieg nur eine Verschlimmerung der dortigen Situation erwarteten.16 Hohenlohe beließ es schon vor dem Krieg nicht bei privater Kritik, sondern sprach sich in mindestens einem, möglicherweise mit Rücksicht auf seine Familie, die ihn nach unglücklichen Börsenspekulationen finanziell unterstützte, anonym verfassten Artikel für eine Verständigungspolitik aus und deutete dabei einige Grundzüge seines späteren Pazifismus an. So kritisierte er den „lärmenden“ deutschen Patriotismus, der bei ihm als einem im Ausland lebenden Deutschen ein peinliches Gefühl auslöse. Die deutsche Presse habe keinen Sinn dafür, dass die ständige Betonung der eigenen Stärke „Unruhe in die Welt“ trage, und zwar „zwecklose Unruhe“, die jedes Mal einen Stachel zurücklasse. Die Sympathien für Deutschland seien daher im Ausland sehr gering, ein Faktor, den Hohenlohe auch während des Krieges immer wieder betonte. Den Militärs unterstellte er den Willen zum Krieg und appellierte an die Redakteure der Zeitungen, Pressekampagnen wie die gegen Russland im Frühjahr 1914, bei der Journalisten ihre Feder den Militärs zur Verfügung gestellt hätten, zu verhindern. Andernfalls würde Deutschland unweigerlich in einen „grundund zwecklose[n] Krieg“ steuern.17 Als der Kriegsausbruch Hohenlohe in die Schweiz verschlug, war er keineswegs überzeugter Kriegsgegner, aber er fing doch an, sich „zu fragen, ob an sich, der Krieg eine Nothwendigkeit ist und ob ein Volk seine Kraft und seine Gesundheit nicht doch auf andere Weise documentieren kann.“18 Eine endgültige Antwort auf diese Frage fand Hohenlohe zunächst nicht, wie die ambivalente Haltung der ersten Kriegsjahre zeigt, die einerseits von Annäherungen an Pazifisten und andererseits von nationalistischen Äußerungen gekennzeichnet war. Hohenlohe thematisierte in einer Notiz diese Schwankungen selbst und brachte sie mit seiner eigenen körperlichen Verfassung in Verbindung.19 Ganz offenkundig hatte er die tiefe Sorge, dass seine pazifistischen Neigungen auf eine physische Schwäche zurückgeführt werden könnten. Früher habe er immer die Meinung vertreten, so führte er in seinem Kriegstagebuch aus, „die für den  Frieden schwärmenden[,] die Pacifisten wie die verstorbene Frau Berta Suttner u. andere seien schwächliche kranke Menschen, die weil sie selber schwach u. ängstlich seien, verlangen, daß die ganze Welt so sei“. Er selbst habe geglaubt, der Krieg sei ein Zeichen von Gesundheit und Kraft und „weil ich krank bin u. physisch nicht mehr die Kraft habe, das zu leisten[,] habe ich immer noch diese Meinung beibehalten, denn es wäre mir sehr unangenehm gewesen, wenn man geglaubt hätte, ich gehe zu den Friedensfreunden aus Angst vor dem Kriege“.20 Diese Verbindung zwischen der Schwächlichkeit des Körpers und der pazifistischen Grundeinstellung findet sich auch in einem Schreiben aus dem Oktober 1914: Er würde über den Krieg sicher anders denken,

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wenn er noch jung wäre, so wie sein Neffe, der zweite Sohn seines Bruders Moritz, „der als 17-jähriger Ulanenleutnant jetzt ins Feld gezogen ist / etwas Schöneres kann es ja für einen so jungen Burschen nicht geben!“ Aber mit 50 Jahren habe man lieber seine Ruhe und verzichte auf das „Schauspiel des grossen Krieges“.21 Allerdings sind die schwankenden Urteile nicht nur Folge eines die eigenen Motive betreffenden Zweifels. Der Pazifismus der Vorkriegszeit hatte sich der Kriegsvermeidung verschrieben und geriet mit Kriegsausbruch in eine tiefe Sinnkrise. Es schlug die Zeit des „patriotischen Pazifismus“22, also des Versuchs, weiterhin dem Friedensideal zu dienen und zugleich loyal zur eigenen Nation zu sein. Die zuvor dem internationalen Gedanken verschriebene Friedensbewegung nationalisierte sich, viele deutsche Pazifisten, die in der Regel ohnehin nie das Recht auf Selbstverteidigung geleugnet hatten, erkannten die Propaganda vom Verteidigungskrieg an. Hohenlohe entsprach ganz diesem Muster, zumal er sich vor dem Krieg für eine Verständigungspolitik eingesetzt hatte. Er hielt den Krieg für vermeidbar und für ein großes Unglück, stellte sich nun jedoch hinter das Deutsche Reich und hoffte auf dessen Sieg, ohne gleichzeitig den chauvinistischen Taumel gut zu heißen. Erst als der Krieg kein Ende nehmen wollte und die zuvor unvorstellbaren Opferzahlen den Wahnsinn des Krieges offensichtlich machten, verdrängte die Suche nach einem baldigen Frieden und die Hoffnung auf eine dauerhafte Friedensordnung weitgehend die nationalistischen Gefühle. Nach und nach baute sich Hohenlohe einen Kreis von Vertrauten aus der pazifistischen Bewegung auf. Aufgrund einer Lähmung war Hohenlohe zwar auf einen Rollstuhl angewiesen und entsprechend eingeschränkt in seiner Bewegungsfreiheit. Ausflüge und Reisen waren ihm daher ohne Bedienstete nicht möglich, an Kongressen und Veranstaltungen der Friedensbewegung nahm er selten teil.23 Sein Hotelzimmer in Zürich wurde jedoch zu einer häufig besuchten Adresse für verschiedene Pazifisten – unter ihnen Wilhelm Muehlon, Friedrich Wilhelm Foerster24, Max von Montgelas25 oder der Friedensnobelpreisträger Alfred Hermann Fried26 –, mit denen er auch teils intensive Briefwechsel führte. Nach außen trat Hohenlohe spätestens seit dem Frühjahr 1915 mit Zeitungsartikeln in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften hervor, in erster Linie in der angesehenen Neuen Zürcher Zeitung27, aber auch in der von Fried herausgegebenen Friedenswarte. Die Artikel lösten in den Kreisen der Pazifisten mehrfach Debatten aus, die Nationalisten fühlten sich herausgefordert, wobei vor allem der prominente Name den Vertretern der deutschen Regierung Kopfzerbrechen bereitete. „Wenn ein Professor oder ein Herr X.X. etwas politisches schreibt, so kann es nicht viel bedeuten“, führte der deutsche Gesandte in Bern, Giesbert von Romberg, gegenüber Wilhelm Muehlon aus:

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„Wenn aber der Prinz Hohenlohe uns kritisiert, so schreit gleich jeder im Ausland und Inland, der muß recht haben, der muß es ja wissen, da steckt eine große Bewegung dahinter.“28 Tatsächlich taten die Behörden einiges, um Hohenlohe vom Verfassen weiterer Artikel abzuhalten. So versuchte der Statthalter in Elsass-Lothringen, Johann von Dallwitz, Hohenlohe nach Deutschland zurückzubeordern, da dieser nach seiner Tätigkeit als Bezirkspräsident formal noch immer im Reichsdienst stand. Das formale Ausscheiden hätte für ihn den Verlust seiner Pension mit sich gebracht, auf die er nach seinen unglücklichen Börsenspekulationen angewiesen war. Dennoch weigerte er sich, der Anordnung Folge zu leisten, indem er auf seinen Gesundheitszustand verwies.29 Eine amtliche ärztliche Untersuchung stellte tatsächlich die Dienstunfähigkeit fest, woraufhin Hohenlohe der Verbleib in der Schweiz erlaubt, die schriftstellerische Tätigkeit aber untersagt wurde.30 Hohenlohe ignorierte diese Anweisung, ob er sich darüber hinaus einer Empfehlung Muehlons folgend an den Reichskanzler Georg von Hertling wandte, bleibt im Dunkeln.31 Auch versuchte man, den Pazifisten durch die Einberufung eines langjährigen Dieners für seine deutschkritischen Artikel zu maßregeln. Prinz Max von Baden hatte dies in einem ersten Anlauf verhindert, „weil das Motiv, das man in Anwendung brachte, mir missfiel“,32 war bei dem zweiten Einberufungsbefehl aber machtlos: „Sehr betrübt, Entscheidung fiel überraschend an oberster Stelle. Kann nichts thun.“33 Der Diener weigerte sich jedoch standhaft, Hohenlohe zu verlassen und wieder überlegte dieser, ob er sich an höhere Stellen wenden sollte.34 Wenn Hohenlohe Schikanen ausgesetzt war, so gingen sie offenbar vor allem von subalternen, vielleicht von militärischer Seite inspirierten Beamten aus,35 während seine Korrespondenzen mit Max von Baden, Georg von Hertling oder Theobald von Bethmann Hollweg36 zeigen, dass er aufgrund seines Familienhintergrundes noch immer eine gewisse Wertschätzung in Deutschland genoss.

Kriegsbilder Da Hohenlohe weder selbst Soldat war noch je die Front besuchte, fehlen in seinen Reflexionen weitgehend die geradezu klassisch gewordenen Motive der Mechanisierung des Krieges, wie sie beispielsweise Erich Maria Remarque in seinem Roman „Im Westen nichts Neues“ beschrieb.37 Nur in Nebenbemerkungen wird deutlich, dass Hohenlohe im Krieg und in der Art der Kriegsführung ein Ergebnis der von ihm abgelehnten Moderne sah.38 Weit häufiger finden sich Reflexionen über die moralischen Folgen des Krieges. So schrieb er im Oktober 1914 an den ungarischen Adligen Gyula von Végh, vielleicht habe er

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Unrecht, wenn er den Krieg bedauere: „Vielleicht war es für die Menschheit nöthig, dass das Leben wieder etwas Gefährliches wurde, vielleicht ist es nothwendig wenn die Menschen von Zeit zu Zeit etwas aufgerüttelt werden, damit sie nicht im Wohlleben verweichlichen –. Manchmal ist mir schon dieser Gedanke gekommen in den letzten Jahren, wenn man sah, bis zu welchem Grade der Luxus und die Verwöhnung gestiegen war.“39 Ähnlich hatte er sich bereits im August des Jahres geäußert, wobei er spekulierte, dass es von der Natur bestimmt sein könnte, „dass von Zeit zu Zeit eine große saignée stattfindet und einige 100.000 Menschen verschwinden. Es ist nur schade, dass es gerade die gesündesten u. kräftigsten sind.“40 Hohenlohes Kommentierungen des deutschen Vormarschs durch Belgien und Nordfrankreich waren zudem von einem ausgeprägten Chauvinismus geprägt.41 Die Niederbrennung Löwens, bei der unter anderem 248 Einwohner ums Leben kamen, war nach Ansicht Hohenlohes „nicht zu vermeiden“42. Nach der Beschießung der Kathedrale von Reims mokierte er sich über das „Gejammer der Kunstsachverständigen, der Künstler, der frommen Damen“: „Krieg ist Krieg“ und „im Krieg wird mit Kugeln, Schrapnells u. Bomben und nicht mit Chocoladepralinés oder Lemon Drops“ geschossen.43 Nachdem ihm klar geworden sei, „wie unendlich viel Hypokrisie, Pose, Snobismus etc.“ bei diesen Klagen dabei sei, „komme ich beinahe zu dem Wunsch unsere Kanonen möchten auch noch die Notredame über dem Haufen schießen oder lieber die Sacrécoeurkirche in Montmatre. […] Dieser übertriebene Respekt vor alten Steinen ist etwas Decadentes. Eine starke Nation kann Altes zerstören, denn sie trägt in sich die Hoffnung, daß sie dereinst selbst Schönes Neues hervorbringen wird.“44 Selbst die Erschießung von Personen, die sich in Häusern aufhielten, aus denen auf deutsche Truppen geschossen wurde, war er bereit zu akzeptieren, denn es sei schwer zu vermeiden, dass „mit den Schuldigen oder statt des Schuldigen manchmal Unschuldige ergriffen werden“.45 Hohenlohe war mit diesen Aussagen inhaltlich nicht weit entfernt von dem chauvinistischen Aufruf „An die Kulturwelt“,46 in dem 93 Wissenschaftler, Künstler und Schriftsteller das deutsche Vorgehen verteidigten. Diese ostentative Kriegsverherrlichung zielte wohl weniger auf das von ihm verehrte Frankreich als auf die Verteidigung der deutschen Kriegsstrategie, wobei die für seine gemäßigten Ansichten ungewöhnlich drastische Sprache möglicherweise bereits einen inneren Zweifel überdecken sollte. Denn neben diesen eher verstörenden Stellungnahmen finden sich auch in den frühen Reflexionen immer wieder kritische Betrachtungen zum Krieg, zum Chauvinismus in Deutschland oder zur deutschen Politik.47 Einem unbedingten Friedenswunsch, für den er sich dann mit Leidenschaft einsetzte, entwickelte Hohenlohe aber erst nach mehreren Kriegsmonaten. Nun bezeichnete er die deutsche

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Kriegs­politik wiederholt als barbarisch48 und kritisierte die Phrase von der „großen Zeit“, die in kaum einer Ansprache im Deutschen Reich fehlte. Ihr entgegnete er in seinen Notizen im Dezember 1915 eine ganze Suada, die eindrucksvoll seine mittlerweile tiefe Abscheu für den Krieg zum Ausdruck brachte: „Das soll ich gross finden, dass tagtäglich, seit bald 600 Tagen, Tausende junger kräftiger Männer todtgeschlagen u. noch mehr zu Krüppeln gemacht werden, dass diese Männer aus den verschiedensten Nationen sich gegenseitig auf Befehl einiger weniger Leute umbringen, trotzdem sie gegeneinander persönlich gar keinen Hass empfinden und an diesem Mörderhandwerk gar kein Vergnügen finden und obgleich sie gar nicht einmal wissen, warum sie eigentlich auf einander schiessen! Das soll ich als gross bewundern, dass jeden Tag hunderte von Millionen an Geld vergeudet werden zu dem löblichen Zweck nur so viel wie möglich un­schuldigen jungen Menschenleben, das Glück u. den Wohlstand von Millionen von Menschen zu vernichten, hunderte von Millionen, die für friedliche Zwecke verwendet, allem Elend, aller Armuth des Menschen ein Ende machen, die grossartigsten, nützlichsten Werke der Civilisation hervorbringen könnten. Das soll eine grosse Zeit sein, in der unersetzliche Kunstschätze zwecklos zerstört, der Ruin über ganze Völker, Noth, Krankheit u. Trauer über Millionen von Menschen gebracht werden, ohne irgend einen erkennbaren Nutzen für die Zukunft der Allgemeinheit. Ich nenne das verrückt, wahnsinnig, absurd, aber gross kann ich das nicht finden.“49 Es war die zunehmende Abscheu vor dem sinnlosen Tod von Millionen von Menschen, die den Wandel in seinen Ansichten maßgeblich herbeiführte. Doch auch andere Gründe erleichterten den Übergang ins pazifistische Lager. So war die Stimmung in der Schweiz natürlich weniger erhitzt als in den kriegsführenden Staaten, und die Debatten über Kriegsausbruch, -verlauf und -ende verliefen gemäßigter. Zudem trafen hier Vertreter beider Kriegsparteien aufeinander, was die Verständigungsbereitschaft unter den Exilanten förderte. Ganz persönliche Gründe mochten hinzutreten. So genoss Hohenlohe im Kreis der Pazifisten erstmals wieder eine Anerkennung, die ihm zuvor jahrelang versagt geblieben war. Nachdem seine erste politische Karriere versandet war, fand er in der pazifistischen Bewegung nun doch endlich Platz. Zwar hatte sie keinerlei Pfründe zu verteilen, doch die Prominenz des Prinzen sicherte ihm die erstrebte Aufmerksamkeit und Wertschätzung. Dem entsprach es auch, dass sich Hohenlohe immer häufiger entschloss, unter eigenem Namen zu veröffentlichen.

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Hohenlohes Haltung zum Deutschen Reich Mit der Hinwendung zu pazifistischen Ideen ging auch eine zunehmende Distanzierung Hohenlohes von der Politik des Deutschen Reichs einher. Ein „Augusterlebnis“,50 wie es so viele Reichsdeutsche bei Kriegsausbruch empfanden, ist bei ihm nicht zu finden. Die chaotische Abreise aus Frankreich und die Unmöglichkeit, direkt nach Deutschland zu reisen, verunsicherte den körperlich eingeschränkten Hohenlohe anscheinend sehr,51 und der anschließende Aufenthalt in der Schweiz verhinderte ein völliges Abgleiten in den nun in allen Ländern um sich greifenden rauschhaften Nationalismus, obwohl er von ihm keineswegs unberührt blieb. So erhoffte er sich in den ersten Monaten uneingeschränkt einen deutschen Sieg über die Entente. Er zeigte sich „definitiv überzeugt“, dass „unsere Sache eine gerechte“ sei. Von allen Seiten sei dem Deutschen Reich Hass und Neid entgegengeschlagen, weshalb „ein ruhiges Leben für uns nicht mehr möglich war“. Das Deutsche Reich kämpfe daher um seine „Existenz“.52 Zwar ärgerte er sich über sich selbst, weil er bei jeder Gelegenheit, bei der über Deutsches gespottet oder Deutsche lächerlich gemacht würden, in Wut geriet,53 zeigte damit aber auch seine emotionale Bindung an das kriegführende Deutsche Reich, dessen baldiger Einmarsch in Paris er wie viele andere Deutsche Ende August bereits als sicher annahm.54 Dabei war er sehr gespannt, „was für ein Gesicht die Franzosen machen werden wenn die Deutschen vor Paris erscheinen werden […] dann ist die Panik da“ und er fühlte eine „gewisse Befriedigung ein Deutscher zu sein“.55 Obwohl er selbst in den ersten Wochen einem deutschen Sieg entgegenfieberte, verurteilte er den Chauvinismus in den kriegführenden Staaten, allen voran im Deutschen Reich. Es kam ihm vor, als sei die Welt zu einem „Narrenhaus“ geworden: „der Chauvinismus, der Patriotismus alles das ist Narrethei“.56 Er konnte und wollte nicht glauben, dass die Kriegsbegeisterung im Deutschen Reich tatsächlich so allgemein war, wie es die Zeitungen behaupteten und entsprechende Berichte ließen ihn verzweifeln: „Wenn ich nur wüsste woher diese Begeisterung kommt? […] Ich kann mir nicht helfen, aber nach wie vor bleibe ich dabei: Es ist eine riesenhafte Massensuggestion, und nichts anderes.“57 Besonders verabscheute er das Gerede von der Überlegenheit der deutschen Kultur, der er prophezeite, sie werde auch nach dem Krieg „nicht die maßgebende sein, u. z. einfach deshalb nicht, weil sie kein Recht dazu hat, denn sie ist noch viel zu jung u. hat selbst viel zu viel zu lernen“.58 Aber das deutsche Volk sei so sehr von sich und seiner Kultur überzeugt, dass es nicht merke, „dass die anderen Völker eine eigene u. viel ältere Kultur haben, die sie gar nicht gegen die deutsche einzutauschen wünschen und dass es mit seinen déplacierten guten Lehren allen Völkern des Erdballs auf die Nerven geht u. z. schon seit einiger

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Zeit“59. Mit der Kriegsbegeisterung war ihm auch die Geringschätzung der alten Kultur, über die er sich früher lustig gemacht hatte, abhandengekommen. Die Ursachen für den deutschen Chauvinismus machte er in der politischen Kultur des Kaiserreichs aus. So kritisierte er das Korpswesen, durch welches die Studenten sich nur im „engen Geiste ihrer Kaste beherrschten Milieu bewegen“ und nicht mit Menschen aus anderen Kreisen verkehrten. Dies sei eine schlechte Vorbereitung für das Leben, gerade für diejenigen aus ihrer Mitte, die „Führer und Lenker des deutschen Volkes“ werden sollten.60 Hier sprach er aus eigener Erfahrung, denn zum Verdruss seines Vaters hatte er sich selbst während der Studentenzeit dem Korpsleben ausgiebig hingegeben. Nun kritisierte er, das Korpswesen habe bei seinen Mitgliedern einen „unausstehliche[n] Dünkel und ein falsches oder falschverstandenes, übertriebenes Ehrgefühl großgezogen“. Nur der Deutsche sei in der Lage gewesen, sich „mit einer gewissen Wollust in seinen Jünglingsjahren der Fuchtel einer solchen Disziplin ein- und unter[zu]ordnen“.61 Als besonders schädlich sah Hohenlohe den Militarismus an, der für den Untertanencharakter der Deutschen verantwortlich sei. Nach seinem Militärdienst sei der Deutsche „nur mehr ein minimales, willenloses Teilchen des sogenannten ‚Menschenmaterials‘, mit dem im Kriege der unersättliche Gott Baal gefüttert werden sollte“.62 Als im Januar 1915 Reichstagsabgeordnete in Militäruniformen für Zeitungsbilder posierten, weigerte Hohenlohe sich, dies als harmlosen Spaß abzutun, da die Abgeordneten nicht nur das Kleid, sondern auch den darin steckenden Geist, „servil nach oben, brutal nach unten“, übergezogen hätten. Deutschland werde nach einem siegreichen Krieg „für einen civilisierten europaeisch denkenden Menschen einfach ‚inhabitable‘“ werden.63 Den von der Ententepropaganda formulierten Gegensatz zwischen der freiheitlichen Demokratie auf der einen Seite und der militärischen Autokratie auf der anderen Seite empfand er als nicht „ganz unbegründet“.64 Das Kriegsziel der Entente, den deutschen Militarismus zu beseitigen, hielt er jedoch für kontraproduktiv, denn nichts sei mehr geeignet, den Militarismus zu fördern und dem Liberalismus zu schaden als der Krieg. 65 Die militaristische Stimmung wie auch die Politik des Deutschen Reichs wurden Hohenlohe immer unerträglicher und mit zunehmender Kriegsdauer äußerte er häufiger die Sorge, ein Sieg Deutschlands würde zu einer großen Gefahr für die europäische Zivilisation werden: „Wo der Deutsche hinkommt wird alles trivial und gemein“, schrieb er Anfang 1918.66 Die Vorbereitungen für die deutsche Frühjahrsoffensive67 im selben Jahr ließen Hohenlohe endgültig die Hoffnung verlieren. Angesichts der kalkulierten 250 000 Opfer allein auf deutscher Seite klagte er, man „könnte verzweifeln, wenn man sieht, dass man machtlos solche Verbrechen geschehen lassen“ müsse.68 Es sei nun klarer

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denn je, „was der deutsche resp. preussische ‚Militarismus‘ ist und wessen diese beiden Kerle [Hindenburg und Ludendorff, P.B.] fähig sind“.69 Deutschland werde durch sie „auf Jahrhunderte der Abschaum der Menschheit“ bleiben.70 Langsam frage er sich, ob „die Rettung von einer grossen deutschen Niederlage kommen“ würde,71 die er bei fortwährender Kriegsdauer aufgrund des amerikanischen Potentials für immer wahrscheinlicher hielt.72 Von der anfänglichen Unterstützung Deutschlands war in Hohenlohes Aufzeichnungen aus dem Jahr 1918 kaum noch etwas zu spüren. Die militaristische Politik ekelte ihn an und er suchte immer verzweifelter nach einem Weg, dem Krieg und auch dem Regime in Deutschland ein Ende zu bereiten.

Auf der Suche nach Frieden Von Beginn an erkannte Alexander von Hohenlohe, wie schwer ein Friedensschluss sein würde. Selbst als er Anfang September 1914 von einem Einmarsch deutscher Truppen in Paris träumte, sah er darin keine mögliche Kriegsentscheidung, da England und Russland den Krieg weiterführen würden.73 Mögliche Friedensbedingungen, auf die auch diese beiden Mächte eingehen könnten, konnte er sich nicht vorstellen.74 Überhaupt sind detaillierte Überlegungen zu Friedensbedingungen sowohl in seinen privaten wie in den öffentlichen Äußerungen rar. Allein bezüglich Elsass-Lothringens, mit dessen Verhältnissen er sich seit der Statthalterschaft seines Vaters und seiner eigenen Tätigkeit in Colmar bestens auskannte, wurde er wiederholt konkret. Die umstrittene Provinz sei das „Krebsgeschwür am europäischen Körper“75 und ein Referendum über die Zugehörigkeit die sinnvollste Lösung. Da ein solches aber von deutscher Seite aufgrund der Erzvorkommen in der Region nicht akzeptiert werden würde, favorisierte Hohenlohe die Neutralisierung Elsass-Lothringens. Die Erzlager sollten privatisiert und so im deutschen Besitz bleiben. Dass sich im Falle eines Referendums die Bevölkerung für einen Verbleib bei Deutschland aussprechen würde, schloss er aus. Der Krieg sei zwar eine gute Gelegenheit gewesen, die Elsass-Lothringer für immer für Deutschland zu gewinnen, stattdessen aber habe man nur „Hass u. Wuth gesät“.76 Die Herbeiführung des Friedens erhoffte er sich von einem „großen Mann“, der die Geschicke in die Hand nehmen und den Gordischen Knoten durchschlagen würde. „Wird sich ein Führer finden, der diese blinde Herde rettet, ich sehe keinen“, klagte er jedoch am Ende des Krieges.77 Für das Fehlen großer Männer in Europa machte er die Demokratie verantwortlich, die es nicht zuließe, dass eine Individualität hochkomme.78 Hohenlohe erkannte dabei nicht den Widerspruch zu seiner in den demokratischen US-Präsidenten

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Woodrow Wilson gesetzte Hoffnung. Diesen hielt er für einen anständigen Mann, der „wirklich aufrichtig das Beste der Menschheit will“.79 Mit seiner Hoffnung auf Wilsons Eingreifen lag der Exilpolitiker ganz auf der Linie der deutschen Pazifisten, die in der vom amerikanischen Präsidenten betriebenen Politik, wie es Ernst Bloch ausdrückte, einen „Erfolg der Emigration“80 erkannten. Wilson erhob klassische Forderungen wie die nach einer internationalen Organisation zur Sicherung des Friedens81 in den Status einer Regierungspolitik und enthob sie damit dem Vorwurf der Realitätsferne. Bereits im September 1916 hatte Hohenlohe Wilson neben Papst Benedikt XV. als möglichen Retter ausgemacht. Ein Wort von ihm würde reichen und die von den US-Lieferungen abhängigen Ententestaaten seien zum Frieden gezwungen.82 Durch Wilsons Note an die kriegführenden Parteien im Dezember 1916 fühlte er sich in seiner Ansicht bestätigt. Der Präsident forderte darin die Kriegsparteien auf, ihm ihre Friedensbedingungen mitzuteilen, um auf diesem Weg den Prozess der Friedensverhandlungen zu beginnen.83 Hohenlohe hatte schon lange in der offenen Diskussion der Kriegsziele eine notwendige Voraussetzung für die Einleitung von Friedensverhandlungen gesehen. Die Geheimdiplomatie früherer Zeiten war seiner Ansicht nach endgültig an ihre Grenze gestoßen und eine neue „Friedenstechnik“84 schien ihm dringend geboten. Die Zeit der „Geheimniskrämerei und des Feilschens der Kabinette“ jedenfalls sei vorbei: „Heute ist die Öffentlichkeit nicht mehr zu vermeiden.“85 Diese durchaus in die Zukunft weisenden Überlegungen wurden jedoch bald erst mal obsolet: Die Eröffnung des U-Boot-Krieges durch das Deutsche Reich zerstörte die Hoffnung, binnen drei Wochen einen Frieden zu erreichen.86 Zwar war diese im Rückblick geäußerte Erwartung ohnehin unrealistisch, aber für Hohenlohe war nun klarer denn je, dass „Berlin ganz einfach alldeutsche Politik macht“.87 Der Kriegseintritt der USA im April 1917 änderte nichts an seiner hohen Meinung vom amerikanischen Präsidenten. Wilsons im Januar 1918 verkündetes 14- Punkte-Programm begrüßte er öffentlich als Rückkehr zu dessen „ur­sprüng­liche[r] Rolle als Friedensbringer“.88 Zwar glaubte Hohenlohe nicht, dass alle Punkte für das Deutsche Reich annehmbar seien, er erkannte in ihnen aber eine mögliche Grundlage für die Aufnahme von Verhandlungen. So fand er es bemerkenswert, dass sich Wilson bezüglich Elsass-Lothringens nur recht allgemein ausgesprochen hatte, Preußen müsse das 1871 gegenüber Frankreich verübte Unrecht wiedergutmachen. Da der US-Präsident Details vermied, interpretierte Hohenlohe dies dahingehend, dass auch eine Autonomie oder ein Referendum eine denkbare Lösung wären, zwei Wege, die er selbst bevorzugte. Aber er musste schon bald erkennen, dass sämtliche Hoffnungen auf Friedensverhandlungen an der intransigenten Haltung der deutschen Militärs scheitern würden, die noch immer auf einen Sieg-

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frieden setzten. Im Laufe des Jahres 1918 setzte er daher seine Hoffnungen ganz auf einen inneren Umsturz.

Die Hoffnung auf einen innenpolitischen Neuanfang In seiner Einschätzung, mit den einflussreichen deutschen Militärs sei ein Friede nicht zu erreichen, war Hohenlohe typisch für die deutschen Pazifisten. Für diese macht der Historiker Dieter Riesenberger eine „Entdeckung“ der Innenpolitik während des Ersten Weltkrieges aus, die erst die Voraussetzung für die Verständigung zwischen dem bürgerlichen Pazifismus und der Sozialdemokratie geschaffen habe.89 Hohenlohes eigene Haltung zur Demokratisierung blieb allerdings ambivalent. Im Juni 1916 gestand er in seinem Kriegstagebuch, er sei als junger Mensch Republikaner gewesen und fange an, es auf seine alten Tage wieder zu werden. Aber eine deutsche Republik blieb ihm „unsympathisch und widerwärtig“. Es wäre ihm angenehmer, „einem Souverän u. selbst wenn es ein solch inconsequenter Dilettant, ein so mangelhafter Charakter und ein so wenig sympathisches Individuum ist wie W. II., als einem Herrn Bassermann, Erzberger od. Spahn zu gehorchen“.90 Hohenlohe spekulierte aber auch, dass der Reichstag vielleicht anders aussehen und sich dort Persönlichkeiten mit Fähigkeiten und Charakter herausbilden würden, wenn das Parlament mehr Rechte bekäme. Seine Stellung zur Republik blieb in den folgenden Jahren widersprüchlich und schwankte zwischen der Notwendigkeit zur inneren Neuordnung und der aus einem adligen Selbstverständnis heraus entwickelten Antipathie für die Demokratie. Wenn er auch nicht mit ganzem Herzen für die Republik eintrat, so war er aber doch so etwas wie ein früher Vernunftrepublikaner der noch nicht gegründeten Weimarer Republik. Vor dem Hintergrund dieser Skepsis gegenüber der Demokratie war es nur folgerichtig, dass Hohenlohe große Hoffnung in den Prinzen Max von Baden setzte, mit dem er schon seit Jahren bekannt war und mit dem er auch während des Krieges im Kontakt blieb.91 Max von Badens politisches Programm der inneren Reform aus einem konservativen Antrieb heraus erinnert sehr an die innenpolitischen Vorstellungen Hohenlohes. Dieser schrieb im Mai 1917 an den berühmten Chirurgen Ferdinand Sauerbruch, er sei kein roter Demokrat, sondern ihm sei an sich „die demokratische Welle, die jetzt die ganze Welt überflutet, wenig sympathisch“.92 Er habe aber eingesehen, dass es ein vergebliches Bemühen sei, sich ihr entgegenzustemmen. Es sei politisch richtiger, wenn die Konservativen, statt in starrer Opposition gegen jede Änderung im liberalen und demokratischen Sinn zu verharren, an der Verfassungsänderung mitarbeiten würden. So gäbe es die Möglichkeit, manches Erhaltenswerte zu retten.93

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Im Januar 1918 begann Hohenlohe, Prinz Max politisch zu unterstützen, indem er dessen innen- wie außenpolitisch gemäßigtes Programm öffentlich lobte.94 Zwar teilte er nicht alle inhaltlichen Auffassungen, er hielt sie aber doch für bemerkens- und anerkennenswert.95 Allerdings wurde er rasch durch ein Schreiben Max von Badens ernüchtert, in dem dieser Hohenlohe zwar für die Unterstützung dankte, sich ansonsten aber recht deutlich von den Zielen der Friedensbewegung distanzierte. Die Friedensresolution des Reichstags aus dem Juli 1917 bezeichnete er als „scheußliches Kind der Angst und der Berliner Hundstage“, und annexionistischen Wünschen verschloss er sich nicht ausdrücklich, sondern sprach von „möglichst großen Vergütungen […], damit wir nach dem Kriege nicht zu arm werden“.96 Hohenlohe war enttäuscht, ohne sich allerdings völlig von ihm abzuwenden. Dennoch empfand er eine große Hoffnungslosigkeit darüber, dass selbst Max von Baden dachte, die Deutschen seien die einzigen moralisch Handelnden und „im Recht befindlichen“.97 Er schilderte Muehlon den Eindruck, dass der Prinz ein „unklarer Kopf“ sei, „in dem die verschiedensten Ideen mit einander streiten, die zu verdauen resp. zu ordnen, er nicht stark genug ist“.98 Als dieser gut neun Monate später zum Reichskanzler ernannt wurde, bedauerte Hohenlohe, nicht mehr vorher mit ihm gesprochen zu haben, „denn da hätte ich ihm manches Nützliche für sein Programm sagen und es etwas verbessern können“.99 Trotzdem hielt Hohenlohe an ihm fest, wenn auch vor allem aus Mangel an besseren Alternativen.100 Das erwähnte Schreiben Max von Badens hatte Hohenlohe besonders hart getroffen, weil er Anfang 1918 einen Entscheidungskampf in Berlin heraufziehen sah, an dessen Ende er die vollkommene Herrschaft Ludendorffs und Hindenburgs befürchtete und in dem er auf ein Eingreifen des badischen Prinzen zugunsten der gemäßigten Kräfte gehofft hatte.101 Eine Alternative sah er nicht. In die zivile Reichsleitung setzte er wenig Hoffnung, da ihm der „alte Jesuit Hertling“ mit der OHL in „Autokratismus concurrieren zu wollen“ schien. Staatssekretär Richard von Kühlmann bezeichnete er als eine „schlechte zweite Auflage des Schwindlers Bülow“,102 und auch vom Reichstag erwartete er nichts: Ein Besuch des liberalen Abgeordneten Conrad Haussmann enttäuschte ihn103 und den Sozialdemokraten traute er die nötige Courage gegen die Regierung nicht zu.104 Er machte den Reichstag sogar ausdrücklich für das Scheitern sämtlicher Friedenssondierungen verantwortlich, weil sich die Abgeordneten immer wieder „mit Füßen treten“ ließen und nicht den Mut hätten, gegen die annexionistischen Gelüste der Alldeutschen vorzugehen.105 Den letzten Ausweg stellte demnach die militärische Niederlage Deutschlands dar, die Hohenlohe sich jedoch nicht wünschen wollte und vorerst auch nicht für wahrscheinlich hielt. In seinem Kriegstagebuch ging er im Juli 1918 noch immer eher davon aus, dass Deutschland militärisch die Oberhand behal-

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ten, jedenfalls aber nicht endgültig besiegt werden würde. Zugleich spekulierte er andererseits bereits auf eine Hungerrevolte im Deutschen Reich, sollte der Krieg noch länger andauern.106 Erst nach der Schlacht an der Marne vom 8. August 1918 und dem nun deutlich sichtbaren Beitrag der amerikanischen Truppen scheint Hohenlohe erkannt zu haben, dass der Krieg für die Mittelmächte nicht mehr zu gewinnen war. Er empfand dies aber keineswegs als Befreiung, sondern blickte sehr schwarz in die Zukunft. Durch die alldeutsche Politik der Annexionen, so führte er im August aus, existiere für Deutschland nur noch die Alternative Sieg oder Untergang, ein dritter Weg, den er selbst mit seiner Forderung nach einem Verständigungsfrieden beschreiten wollte, sei nun nicht mehr möglich.107 Im Angesicht der Kriegsniederlage forderte Hohenlohe erneut einen entschiedenen Neuanfang in der inneren und äußeren Politik des Deutschen Reichs. Den Rücktritt des Reichskanzlers Hertling nahm er zum Anlass, ein neues Regierungssystem mit neuen Männern einzufordern. Eine radikale Änderung der Verfassung allein reiche dabei nicht aus, auch die auswärtige Politik müsse eine andere werden. Man müsse auch in Deutschland erkennen, dass der gegenwärtige Krieg „mehr [ist] als ein Krieg, er ist eine Revolution“.108 Eine solche hielt er in Deutschland für dringend notwendig und im November 1918 verfasste er – bezeichnenderweise anonym – einen Artikel mit der Überschrift „Wie lange noch?“, in dem er den Thronverzicht Kaiser Wilhelms forderte und feststellte, dass das alte Regime „definitiv todt“ sei und auch „nicht wieder auferstehen“ werde.109 Hohenlohe bezog explizit Stellung gegen alle Argumente, die im Verbleib des Kaisers auf dem Thron einen Garanten der Stabilität gegen die Gefahr des Bolschewismus und der Anarchie sahen. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall, die Unzufriedenheit und die Empörung des deutschen Volkes werde durch Wilhelm nur vergrößert, und auch die Achtung des Auslandes könne Deutschland nicht zurückgewinnen, solange es diesen Kaiser weiter an seiner Spitze dulde. Den Thronverzicht kommentierte Hohenlohe in seinem Tagebuch mit den Worten: „Also endlich!“110

Ausklang Hohenlohe erkannte sehr genau die Schwäche der neugegründeten Demokratie und fürchtete stets die Rückkehr zur alldeutschen Politik oder aber ein Abgleiten in den Bolschewismus.111 Dass er das Kriegstagebuch noch 1919 fortführte, ist ein Indiz für seine Skepsis bezüglich des Friedensschlusses. In der Ablehnung des Völkerbundes durch die deutsche Bevölkerung meinte er zu erkennen, dass die Deutschen aus dem Krieg noch immer nichts gelernt hät-

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ten.112 Ähnlich urteilte er über die Politik der Westmächte, weshalb er gegen den Versailler Friedensvertrag protestierte, auch wenn er nach langem inneren Ringen die Notwendigkeit für Deutschland erkannte, ihn zu unterzeichnen.113 Für ihn entbehrte der Vertrag des versöhnlichen Grundgedankens, den Hohenlohe stets als Notwendigkeit für einen dauerhaften Frieden skizziert hatte. Vielmehr verewige er den Krieg und erhalte den Hass.114 An der Neuordnung der inneren Verhältnisse Deutschlands hatte Hohenlohe keinen Anteil. Wie alle deutschen Emigranten in der Schweiz fand er keine Gestaltungsmöglichkeit in der neuen Republik.115 Dies lag nicht nur an seinen körperlichen Gebrechen, sondern auch nicht zuletzt an seinen politischen Überzeugungen, die ihn in den Augen vieler verdächtig machten. Wilhelm Solf, unter anderem Staatssekretär im Auswärtigen Amt unter Max von Baden, der den Übergang vom alten zum neuen Regime verhältnismäßig problemlos bewältigte, urteilte vernichtend über Hohenlohe: „Alexander ist von ganz verrückter pazifistischer Gesinnung. Der Mann ist nicht antideutsch, aber anational.“116 Diese Abrechnung war ungerecht, spiegelt aber die Distanz der politischen Elite in Berlin gegenüber dem Pazifisten Hohenlohe wider. Die rasch verbreitete Legende, das Reich sei nicht durch den äußeren Feind, sondern durch den inneren besiegt worden, zu dem auch die Pazifisten gezählt wurden, vertiefte die Entfremdung weiter.117 Hohenlohe war durch diese Anfeindungen zutiefst verletzt und flüchtete sich angesichts der weiter fortdauernden gesellschaftlichen Isolation in eine immer größer werdende Abneigung gegen die Menschen im Allgemeinen, die er in ihrer Majorität als „moralisch […] minderwertige, verächtliche, uninteressante, traurige Wesen“118 bezeichnete. Hohenlohe starb 1924 im süddeutschen Badenweiler unweit der neuen deutsch-französischen Grenze. Das ehemalige „Krebsgeschwür Europas“ Elsass-Lothringen hatte seinen Platz gefunden, und wie Hohenlohe es vermutet hatte, lag und liegt er in Frankreich, während viele andere von ihm angeprangerte Probleme ungelöst blieben. Hohenlohe war sicherlich kein Mann, der auf alle Gefahren eine adäquate Antwort hatte, und sein immer wieder schwankendes Urteil zeigt, dass er als praktischer Politiker vermutlich ungeeignet gewesen wäre. Aber er hatte ein gewisses Gespür für langfristige Entwicklungslinien, die sich in der aktuellen Politik erkennbar machten. So hatte er bereits vor dem Krieg betont, dass ein solcher verheerend für die Staaten Europas sein würde, gerade auch mit Blick auf die Mentalitäten der Völker. Er sah das Ende der Geheimdiplomatie und die Notwendigkeit für eine Modernisierung der Außenpolitik, insbesondere auch den Wert internationaler Organisationen für den Erhalt des Friedens. Den preußischen Militarismus gerade in seiner letzten Ausprägung unter Ludendorff geißelte er zu Recht als Hindernis für einen

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Friedensschluss, allerdings vernachlässigte er ähnliche Dispositionen bei den anderen kriegsführenden Mächten. Hohenlohe hatte das Rückgrat, diese Position auch auf die Gefahr der gesellschaftlichen Isolierung hin offen auszusprechen. Wenngleich manche Passage in seinem Kriegstagebuch, wie der immer wieder deutlich werdende Antisemitismus oder die Sorge vor der „gelben Gefahr“, die hier nicht thematisiert wurden, heute verstörend wirken, hätte es der deutschen Politik gut getan, wenn sie manchem Argument Hohenlohes größere Aufmerksamkeit gewidmet hätte. Anmerkungen 1

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Ich danke Holger Löttel für seine außerordentliche Unterstützung bei der Quellenrecherche. Judith Michel, Nina Schnutz und Johannes Tröger haben das Manuskript gelesen und mit ihren Anmerkungen wesentlich verbessert. Sämtliche Hervorhebungen in den Zitaten stammen von Hohenlohe. Einen biographischen Überblick bietet Volker Stalmann, Der „rote“ Prinz. Prinz Alexander zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1862–1924), in: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 63 (2004), S. 271–307. Zu Curtius vgl. Rudolf von Thadden, Deutsche Identität in der Sackgasse. Friedrich Curtius, Elsaß-Lothringen und das Kaiserreich, in: Ders., Nicht Vaterland, nicht Fremde. Essays zu Geschichte und Gegenwart, München 1989, S. 68–87. Vgl. zu den Memoiren und ihrer Wirkung Stalmann, Der „rote“ Prinz, S. 287–289; Hans-Christof Kraus, Von Hohenlohe zu Papen. Bemerkungen zu den Memoiren deutscher Reichskanzler zwischen der wilhelminischen Ära und dem Ende der Weimarer Republik, in: Franz Bosbach (Hg.), Politische Memoiren in deutscher und britischer Perspektive, München 2005, S. 87–112, hier S. 90–92. Zur Schweiz als Zufluchtsort deutscher Pazifisten vgl. Wolfgang Benz, Asyl und Meinungsfreiheit. Deutsche politische Emigration und eidgenössische Politik im Ersten Weltkrieg, in: Wolfram Pyta (Hg.), Gestaltungskraft des Politischen. Festschrift für Eberhard Kolb, Berlin 1998, S. 87–108; Dieter Riesenberger, Deutsche Emigration und Schweizer Neutralität im Ersten Weltkrieg, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 38 (1988), S. 127–150. Vgl. Stalmann, Der „rote“ Prinz. Vgl. Jeffrey Verhey, Die Geschichtsschreibung des Pazifismus und die Friedensbewegung, in: Benjamin Ziemann (Hg.), Perspektiven der historischen Friedensforschung, Essen 2002, S. 272–285, hier S. 275 f. Als ein gelungenes Beispiel der letzten Zeit kann gelten Karl Holl, Ludwig Quidde (1858–1941). Eine Biographie, Düsseldorf 2007. Gustav A. Lang, Kampfplatz der Meinungen. Die Kontroverse um Kriegsursachen und Friedensmöglichkeiten 1914–1919 im Rahmen der „Neuen Zürcher Zeitung“. Ein Beitrag zu Geschichte der öffentlichen Meinung im geistigen Kampf des Ersten Weltkriegs, Zürich 1968.

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Vgl. zu Muehlon Wolfgang Benz, Der „Fall Muehlon“ – bürgerliche Opposition im Obrigkeitsstaat während des Ersten Weltkrieges, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 18 (1970), S. 343–365. 10 Alexander von Hohenlohe, Aus meinem Leben, Frankfurt/Main 1925. Ergänzt wird dies durch eine von Hohenlohe 1919 herausgegebene Artikelsammlung [Alexander von Hohenlohe, Vergebliche Warnungen, München 1919]. 11 Alle Zitate aus dem Kriegstagebuch, Mai 1916, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/57. 12 Der Begriff soll an dieser Stelle trotz der Differenzierung von Hohenlohe beibehalten werden, da er zeitgenössisch ist und in der Wissenschaft auch für Hohenlohe verwendet wurde. 13 Bernhard von Bülow, Denkwürdigkeiten, 1. Bd.: Vom Staatssekretariat bis zur Marokkokrise, Berlin o. J. [1930], S. 12. 14 Vgl. Philippe Alexandre, Pazifismus und Friedensdiskussion in den protestantischen Kreisen des Elsaß am Vorabend des Ersten Weltkrieges, in: Kirchliche Zeitgeschichte 14 (2001), S. 421–441, hier S. 431–433. Ausführlich auch Thadden, Deutsche Identität, S. 79–84. 15 Vgl. insbesondere Hohenlohe, Aus meinem Leben, S. 35–64. 16 Vgl. insbesondere Curtius an Hohenlohe, 3. Februar 1914 und 19. Februar 1914, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/62. 17 Von einem Deutschen im Auslande [Alexander von Hohenlohe], Krieg oder Friede?, Manuskript, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/62. Aus den Unterlagen geht nicht hervor, wo der Artikel gedruckt wurde. Der Inhalt legt ein Datum Ende März, Anfang April 1914 nahe. 18 Notiz vom 11. August 1914, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/54. 19 Vgl. Notiz „Über den Krieg“, Februar 1916, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/56. 20 Ebenda. 21 Beide Zitate ebenda. 22 Holl, Ludwig Quidde, S. 159. 23 Vgl. die Nachrufe auf Hohenlohe von René Schickele, Matratzengruft, in: Neue Zürcher Zeitung, 16. Juni 1924 und Emil Ludwig, Erinnerung an Hohenlohe, in: Neue Zürcher Zeitung, 21. Mai 1924. So musste er z. B. seine Teilnahme an der Konferenz des Anti-Oorlog Raades im November 1917 in Bern absagen [vgl. Hohenlohe an Muehlon, 8. November 1917, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/9]. Vgl. zu dieser Konferenz, die bei den deutschen Behörden aufgrund der deutschen Teilnehmer große Sorge auslöste, Riesenberger, Deutsche Emigration, S. 144 f. 24 Zu diesem bedeutenden Pazifisten fehlt noch immer eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Biographie, vgl. aber Maria Hoschek, Friedrich Wilhelm Foerster (1869–1966). Mit besonderer Berücksichtigung seiner Beziehungen zu Österreich, 3. durchgesehene Aufl., Frankfurt/Main u. a. 2006. 25 Vgl. Detlef Vogel, Max Graf Montgelas (1860–1944). Ein Offizier im Spannungsfeld zwischen nationalen Ansprüchen und Menschlichkeit, in: Wolfram Wette (Hg.), Pazifistische Offiziere in Deutschland 1871–1933, Bremen 1999, S. 82–97. 26 Vgl. Walter Göhring, Verdrängt und vergessen. Friedensnobelpreisträger Alfred Hermann Fried, Wien u. a. 2006.

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27 Hier gehörte er seit Mai 1915 zu den Stammautoren, vgl. Lang, Kampfplatz der Meinungen, S. 14. 28 Muehlon an Hohenlohe, 8. Dezember 1917, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/65. 29 Vgl. Hohenlohe an Muehlon, 13. November 1917, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/9; zu Hohenlohes geringem finanziellen Spielraum: Stalmann, Der „rote“ Prinz, S. 289 f. Hohenlohe geißelte sich selbst für seine mangelnde Bereitschaft, auf die materielle Sicherheit zu verzichten und endgültig mit dem Reich zu brechen, vgl. hierzu das Kriegstagebuch, Juni 1918, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/59. 30 Vgl. Hohenlohe an Muehlon, 7. Dezember 1917, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/9. 31 Vgl. Muehlon an Hohenlohe, 8. Dezember 1917, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/65. 32 Hohenlohe an Muehlon, 13. November 1917, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/9. Hohenlohe zitiert hier aus einem an ihn selbst gerichteten Brief Max von Badens. 33 Wiedergegeben von Hohenlohe ebenda. 34 Vgl. Hohenlohe an Muehlon, 25. November 1917, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/9. 35 Gleiches dürfte auch für die Zensurmaßnahmen gelten, vgl. hierzu Martin Kohol, Deutsches Präexil in der Schweiz 1916–1918. Hugo Balls Dadaismus und Ernst Blochs Opposition von außen gegen die deutsche Politik in der Schweiz während des Ersten Weltkrieges, Bremen 1999, S. 232, FN 521. 36 Diesen hatte er um einen Pass für seine 100-jährige Großmutter gebeten, vgl. Hohenlohe an Muehlon, 1. und 18. Februar 1917, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/9. 37 Vgl. Helmuth Kiesel, Ernst Jünger. Die Biographie, München 2007, S. 138–261. 38 Vgl. die Notiz „Vom Kriege“, 15. Januar 1915, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/55; Notiz aus dem März 1915, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/55. 39 Hohenlohe an Gyula von Végh, 17. Oktober 1914, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/54. 40 Notiz vom 14. August 1914, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/54. Vgl. auch die Notiz vom 10. August 1914, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/54. Positive moralische Folgen verneinend hingegen die Notiz vom 11. August 1914, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/54. 41 Vgl. zu den deutschen Kriegsverbrechen bei dem Vormarsch John N. Horne/Alan Kramer, Deutsche Kriegsgreuel 1914. Die umstrittene Wahrheit, Hamburg 2004; ferner Steffen Bruendel, Kriegsgreuel 1914–18. Rezeption und Aufarbeitung deutscher Kriegsverbrechen im Spannungsfeld von Völkerrecht und Kriegspropaganda, in: Sönke Neitzel/Daniel Hohrath (Hg.), Kriegsgreuel. Die Entgrenzung der Gewalt in kriegerischen Konflikten vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert, Paderborn u. a. 2008, S. 293– 316. 42 Notiz „Über den Krieg. Anmerkung – Meine Ansicht über die Beschießung der Kathedrale v. Rheims“ [sic!], September 1914, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/54. 43 Alle Zitate ebenda. 44 Notiz vom 19. Oktober 1914, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/54. 45 Kriegstagebuch, 15. November 1914, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/54. 46 Vgl. Jürgen von Ungern-Sternberg/Wolfgang von Ungern-Sternberg, Der Aufruf „An die Kulturwelt!“. Das Manifest der 93 und die Anfänge der Kriegspropaganda im Ersten Weltkrieg, Stuttgart 1996.

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47 Vgl. hierzu Stalmann, Der „rote“ Prinz, S. 291 f. 48 Vgl. nur beispielhaft die Notiz vom 22. März 1915, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/55; Hohenlohe an Muehlon, 13. November 1917, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/9. Im Kontext des Fliegerangriffs auf Padua am 28. Dezember 1917 bezeichnete Hohenlohe Ludendorff als „Verbrecher und Barbaren“ [Hohenlohe an Muehlon, 5. Januar 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11]. 49 Notiz „Vom Kriege – Unzeitgemäße Betrachtungen“, Dezember 1915, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/54. 50 Die Allgemeingültigkeit dieses Topos für die gesamte deutsche Bevölkerung wird ohnehin schon lange infrage gestellt, vgl. z. B. Jeffrey Verhey, „Der Geist von 1914“ und die Erfindung der Volksgemeinschaft, Hamburg 2000. 51 So wirkt jedenfalls die Schilderung der Reise in seinem Kriegstagebuch: „Plötzlich Gerücht, der Zug gehe nicht weiter, alles müsse aussteigen. Eine wenig erfreuliche Aussicht, denn wie wäre ich, lahm wie ich bin, mit meinem Gepäck ohne Wagen, ohne Automobil weggekommen? Dabei heißt es, es werde schon in der Gegend gekämpft!“ [Kriegstagebuch, 1. August 1914, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/54]. 52 Alle Zitate aus dem Kriegstagebuch, 5. September 1914, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/54. Der Glaube, Deutschland führe einen Verteidigungskrieg, war unter Pazifisten weit verbreitet, vgl. Dieter Riesenberger, Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933, Göttingen 1985, S. 98. 53 Vgl. Notiz „Über den Krieg“, September 1914, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/54. 54 Vgl. Tagebucheintrag vom 26. August 1914, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/54. 55 Tagebucheintrag vom 27. August 1914, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/54. 56 Notiz „Die Welt ein Narrenhaus“, 11. August 1914, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/54. Seinen Schock über den europaweiten Begeisterungstaumel teilte Hohenlohe mit anderen Pazifisten, vgl. Holl, Ludwig Quidde, S. 158. 57 Notiz „Patriotismus“, 22. August 1914, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/54. Vgl. auch Hohenlohe an Gyula von Végh, 17. Oktober 1914, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/54. Einige Monate später sprach Hohenlohe von „Massenhypnose“ [Notiz vom 8. Januar 1915, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/55]. 58 Notiz „Über den Krieg“, Februar 1915, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/55. 59 Alle Zitate Kriegstagebuch, 15. Februar 1915, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/55. 60 Hohenlohe, Aus meinem Leben, S. 25. Hohenlohe spielt darauf an, dass es bei Wilhelm II. immer ein gutes Zeugnis war, Mitglied der Bonner Borussen gewesen zu sein. Vgl. John C. G. Röhl, Wilhelm II. Die Jugend des Kaisers, 2. durchgesehene Aufl., München 2001, S. 299–305. 61 Vgl. Hohenlohe, Aus meinem Leben, S. 25. 62 Ebenda, S. 26. 63 Notiz aus dem Januar 1915, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/55. 64 Notiz „Vom Kriege“, Januar 1915, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/55. 65 Vgl. Alexander von Hohenlohe, Eine Antwort auf Lord Cromers Brief an die „Times“, in: Neue Zürcher Zeitung, 25.  April 1916. Ähnlich sah es auch Theodor Heuss, vgl. Torsten Oppelland, Wilsons Politik im Ersten Weltkrieg aus der Sicht der liberalen Parteien in Deutschland, in: Ragnhild Fiebig-von Hase/Jürgen Heideking (Hg.), Zwei

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Wege in die Moderne. Aspekte der deutsch-amerikanischen Beziehungen 1900–1918, Trier 1998, S. 129–158, hier S. 152. Hohenlohe an Muehlon, 7. Januar 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11. Vgl. Sönke Neitzel, Weltkrieg und Revolution 1914–1918/19, Berlin 2008, S. 76–80. Hohenlohe an Muehlon, 26. Dezember 1917, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/9. Vgl. auch Hohenlohe an Hesse, 30. Dezember 1917, Deutsches Literaturarchiv Marbach, NL Hermann Hesse, D: Hesse. Tatsächlich kamen 500 000 Menschen auf deutscher Seite ums Leben, vgl. Roger Chickering. Das Deutsche Reich und der Erste Weltkrieg, 2. Aufl., München 2005, S. 215–221. Hohenlohe an Muehlon, 9. Januar 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11. Hohenlohe an Muehlon, 13. Januar 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11. Hohenlohe an Muehlon, 9. Januar 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11. Vgl. Hohenlohe an Muehlon, 13. Januar 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11; Hohenlohe an Muehlon, 16. Januar 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11. Hohenlohes Erwartung bezüglich des Kriegsausgangs blieb jedoch stets schwankend. Vgl. Kriegstagebuch, 5. September 1914, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/54. Vgl. Kriegstagebuch, 3. September 1914, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/54. Hohenlohe an Muehlon, 7. Januar 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11. Ebenda. Bereits vor dem Krieg hatte sich Hohenlohe für eine Autonomie ElsassLothringens ausgesprochen, vgl. Hohenlohe an Wolf, 12. Februar 1914, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/62. Hohenlohe an Muehlon, 2. Oktober 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11. Das Bild der „Herde“ zieht sich durch die gesamten Kriegsaufzeichnungen, vgl. Notiz vom 14. August 1914, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/54. Vgl. Kriegstagebuch, 26. Mai 1916, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/56. Hohenlohe an Muehlon, 8. [fälschlich 9.] Januar 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11. Vgl. auch Alexander von Hohenlohe, Präsident Wilson, seine Note und seine Persönlichkeit, in: Neue Freie Presse, 14. Januar 1917, abgedruckt in: Hohenlohe, Vergebliche Warnungen, S. 70–74. Zitiert nach Kohol, Deutsches Präexil, S. 15. Vgl. Holl, Pazifismus, S. 128; Riesenberger, Geschichte, S. 117 f. Vgl. Alexander von Hohenlohe, Europas Selbstmord, in: Neue Zürcher Zeitung, 20. September 1916, abgedruckt in: Hohenlohe, Vergebliche Warnungen, S. 47–50. Vgl. zu dieser Friedensinitiative und zur deutschen Eröffnung des U-Boot-Krieges, der die Initiative endgültig beendete, Neitzel, Weltkrieg, S. 98–103. Alexander von Hohenlohe, Zur Erörterung der Friedensbedingungen, in: Die Friedenswarte, 18. Februar 1916, abgedruckt in: Hohenlohe, Vergebliche Warnungen. München, S. 9–13, hier S. 13. Artikelmanuskript Hohenlohes ohne Titel, Januar 1916, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/56. Als Bethmann Hollweg im Mai 1917 in einer groß angekündigten Reichstagsrede, von der sich Hohenlohe offenbar einiges versprach, erneut darauf verzichtete, öffentlich die deutschen Kriegsziele zu benennen, geißelte Hohenlohe dies in einer scharf formulierten Artikelserie [Alexander von Hohenlohe, Eine bittere Enttäu-

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schung, in: Neue Zürcher Zeitung, 20., 21. u. 23. Mai 1917, abgedruckt in: Hohenlohe, Vergebliche Warnungen, S. 103–116]. Vgl. Hohenlohe an Muehlon, 26. April 1917, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/9; Lang, Kampfplatz der Meinungen, S. 165. Hohenlohe an Muehlon, 3. Februar 1917, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/9. Alexander von Hohenlohe, Die 14 Friedensthesen des Präsidenten Wilson, in: Neue Zürcher Zeitung, 29. Januar 1918, abgedruckt in: Hohenlohe, Vergebliche Warnungen, S. 126–131, hier S. 126. Die folgenden Ausführungen stammen alle aus diesem Artikel. Riesenberger, Geschichte, S. 99. Kriegstagebuch, 17. Juni 1916, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/56; ähnlich Kriegstagebuch, 27. Juni 1915, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/55. Vgl. Hohenlohe an Muehlon, 8. Oktober 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11. Hohenlohe an Sauerbruch, 21. Mai 1917, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/62. So auch schon in seinem Kriegstagebuch, 29. Oktober 1916, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/57. Vgl. zum Briefwechsel der beiden Lang, Kampfplatz der Meinungen, S. 73–75. Vgl. Alexander von Hohenlohe, Ein rechtes Wort zur rechten Zeit, in: Neue Zürcher Zeitung, 29. Dezember 1917, abgedruckt in: Hohenlohe, Vergebliche Warnungen, S. 122–125. Die Rede vom 14. Dezember 1917 ist abgedruckt in: Max von Baden, Erinnerungen und Dokumente, neu herausgegeben von Golo Mann und Andreas Burckhardt, Stuttgart 1968, S. 194–201. Die Rede stieß im liberalen Lager auf breite Unterstützung, vgl. z. B. die Stimmen von Friedrich Meinecke und Friedrich Naumann, ebenda, S. 203. Vgl. Hohenlohe an Muehlon, 26. Dezember 1917, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/9. Max von Baden an Hohenlohe, 12. Januar 1918, in: Max von Baden, Erinnerungen und Dokumente, S. 205–207. Das Schreiben gelangte nach Amtsantritt Max von Badens auf ungeklärtem Weg in die Öffentlichkeit und erregte aufgrund des Widerspruchs zu den öffentlich geäußerten, gemäßigten Zielen des neuen Reichskanzlers großes Aufsehen [vgl. Erich Matthias/Rudolf Morsey (Hg.), Die Regierung des Prinzen Max von Baden, Düsseldorf 1962, S. 136 f., S. 148–162] . Golo Mann machte für die Veröffentlichung Hohenlohe und Muehlon verantwortlich [Max von Baden, Erinnerungen und Dokumente, S. 379, Anmerkung a], was nach Kenntnis des Briefwechsels der beiden aber ausgeschlossen werden kann. Hohenlohe an Muehlon, 19. Januar 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11. Hohenlohe an Muehlon, 31. Januar 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11. Vgl. auch Hohenlohe an Muehlon, 10. November 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11. Hohenlohe an Muehlon, 8. Oktober 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11. Vgl. Hohenlohe an Muehlon, 10. November 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11. Vgl. Hohenlohe an Muehlon, 16. Januar 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11. Beide Zitate Hohenlohe an Muehlon, 7. Januar 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11.

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103 Vgl. Hohenlohe an Muehlon, 19. Januar 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11. 104 Vgl. Hohenlohe an Muehlon, 13. Januar 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11. Im Oktober des Jahres nannte er den Reichstag eine „jammervolle Gesellschaft“ [Hohenlohe an Muehlon, 2. Oktober 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11]. 105 Kriegstagebuch, Mai 1918, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/59. Der frühere Botschafter in London Karl Max von Lichnowsky und Muehlon hatten unabhängig voneinander in Denkschriften der deutschen Reichsleitung vorgeworfen, den Krieg vorsätzlich herbeigeführt zu haben, und wurden von deutschen Behörden als geistesgestört dargestellt. Vgl. Riesenberger, Geschichte, S. 109. 106 Vgl. Kriegstagebuch, 22. Juli 1918, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/59. 107 Vgl. Kriegstagebuch, 10. August 1918, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/59. Das Ende der Hoffnungen auf einen Verständigungsfrieden betonte er auch in einem Brief an Muehlon, 8. Oktober 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11. 108 Alexander von Hohenlohe, Die Schicksalsstunde, nicht gedrucktes Manuskript, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/59; vgl. ähnlich Hohenlohe an Muehlon, 16. Oktober 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11. 109 Ein guter Deutscher [Alexander von Hohenlohe], Wie lange noch?, nicht gedrucktes Manuskript, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/59; hier auch das Folgende. Das Manuskript wurde nicht gedruckt, da zwischenzeitlich die Meldung von der Abdankung des Kaisers eingetroffen war. 110 Kriegstagebuch, 10. November 1918, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/59. 111 Vgl. z. B. Hohenlohe an Muehlon, 11. November 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11; Kriegstagebuch, Ende März 1919, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/61. 112 Vgl. z. B. Notiz „Über den Völkerbund“, Februar 1919, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/61; Hohenlohe an Muehlon, 24. Februar 1919, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/10; Hohenlohe, Vergebliche Warnungen, S. 137. 113 Vgl. Hohenlohe an Muehlon, 6. Mai 1919, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/10. In diesem Brief skizziert Hohenlohe bereits Grundzüge der späteren Strategie der Erfüllungspolitik. Gegen die Unterzeichnung sprach er sich in einem Brief an Muehlon aus [Hohenlohe an Muehlon, 12. Mai 1919, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/10]. Am folgenden Tag war er wieder unentschlossen [vgl. Hohenlohe an Muehlon, 12. Mai 1919, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/10]. Letztlich aber hielt er die Unterzeichnung für richtig [vgl. Hohenlohe an Muehlon, 2. Juli 1919, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/10]. 114 Vgl. Hohenlohe an Muehlon, 11. März 1919, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/10; Kriegstagebuch, 28. Mai 1919, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/61. 115 Dies auch, obwohl er ganz vereinzelt als potentieller Staatssekretär für die Auswärtigen Angelegenheiten genannt wurde, vgl. Lang, Kampfplatz der Meinungen, S. 89, FN 74. 116 Solf auf der Sitzung des Interfraktionellen Ausschusses vom 13. Oktober 1918, in: Matthias/Morsey, Regierung des Prinzen, S. 171. 117 Tatsächlich wurde Hohenlohe mit diesem Vorwurf von einem Vetter konfrontiert, vgl. Hohenlohe an Muehlon, 13. Dezember 1918, IfZ-Archiv, NL Muehlon, ED 142/11. 118 Kriegstagebuch, Mai 1919, BArch, NL Hohenlohe, N 1008/61.

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Prinz Constantin zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1828–1896).

Österreichische Linie

Prinz Constantin zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1828–1896) Der große Unbekannte am Wiener Hof Martina Winkelhofer-Thyri

Constantin Hohenlohe ist bis heute der große Unbekannte der franziskojosephinischen Ära des Habsburgischen Reiches.1 Er bekleidete fast dreißig Jahre lang das Amt des Obersthofmeisters des Wiener Hofes, des ältesten und vornehmsten Hofes Europas. Während Hohenlohes Wirkungszeit kam es zu einer endgültigen Trennung von Hof- und Staatsgewalt, den friktionslosen Übergang gestaltete er entscheidend mit: Er führte den Wiener Hof in die Moderne, reformierte veraltete Strukturen der Hoforganisation und führte ein bis dahin unbekanntes Leistungsprinzip bei den Hofstaatsbeschäftigten ein. Constantin Hohenlohe war aber auch der bedeutendste Kulturpolitiker seiner Zeit – wenn er diesen Titel offiziell auch nie trug. Er drückte der Wiener Stadterweiterung, die ihren kulturellen Höhepunkt in der Errichtung der prächtigen Wiener Ringstraße fand, seinen Stempel auf. Er begleitete die endgültige Umwandlung der vormals rein privaten kaiserlichen Sammlungen auf ihrem Weg zu modernen Museen mit öffentlichem Bildungsauftrag. Und er modernisierte die Hoftheater, die unter seiner Wirkung die später weltweit bekannten Autoren hervorbrachten. Nicht zuletzt war Constantin Hohenlohe unmittelbarer und engster Zeitzeuge von Habsburgs längst regierendem Kaiser: Franz Joseph I. Und doch erinnert heute nichts mehr an Constantin Hohenlohe als ein kleiner bewaldeter Hügel in einem Wiener Erholungsgebiet – der „Konstantinhügel“ im Wiener Prater. Es gibt wenige historische Persönlichkeiten, deren zeitgenössische Position und Einfluss auf eine Residenzstadt derart bedeutend war und deren Erinnerung derart verblasst wie bei Constantin Hohenlohe. Auch die wichtigsten Biographien über Kaiser Franz Joseph und seine Zeit enthalten eine merkwürdige Lücke was die Bedeutung Hohenlohes betrifft.2 Wer war dieser Mann, dessen kultureller Einfluss in Wien nachweisbar ist, der den Wiener Hof modernisierte und der zurückhaltendste aller Weggefährten Kaiser Franz Josephs war?

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Constantin Prinz zu Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst von Ratibor und Corvey, wurde am 8. September 1828 auf Schloss Wildegg in Kurhessen geboren.3 Er war der Jüngste einer Brüderschar, die alle große Karrieren vor sich hatten: Der älteste Bruder, Fürst Chlodwig , wurde deutscher Reichskanzler, Bruder Viktor, Herzog von Ratibor, Mitglied des preußischen Herrenhauses und der jüngste Bruder, Prinz Gustav, wurde Kardinal der katholischen Kirche. Prinz Constantin darf durchaus als Begründer eines „neuen“, österreichischen, vor allem aber mächtigen Zweiges des Haues Hohenlohe gelten. Mitglieder des Hauses Hohenlohe, so mag man einwenden, waren freilich schon seit langer Zeit an bedeutenden Positionen des Wiener Hofes und der Wiener Gesellschaft zu finden. Doch erst Prinz Constantin sollte es schaffen, die Hohenlohes zu einem fixen, wenn nicht gar dem engsten Familienverband rund um das politische Zentrum des Habsburgerreiches – Kaiser Franz Joseph – zu installieren. Schon in jungen Jahren kam Constantin Hohenlohe nach Wien, er trat 1848 mit zwanzig Jahren in die österreichische Armee ein, machte den oberitalienischen Feldzug mit und wurde 1854 in das Adjutantencorps eingereiht.4 1859 wurde er Flügeladjutant bei Kaiser Franz Joseph, die erste Position, die ihn in die engste Umgebung des Kaisers brachte und die der Ausgangspunkt für eine unvergleichliche Karriere wurde.5 Im gleichen Jahr heiratete Prinz Constantin in Weimar Prinzessin Marie zu Sayn-Wittgenstein (1837–1920), eine Cousine von Chlodwigs Ehefrau und Tochter der Fürstin Carolyne zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), die seit 1849 mit Franz Liszt zusammenlebte. Prinzessin Marie hatte ihre Jugend in Weimar und auf Reisen im Kreise von Dichtern und Künstlern verbracht, u.a. Richard Wagner, Hoffmann von Fallersleben, Hans v. Bülow und Hector Berlioz. In Wien war sie Förderin des Kunst- und Kulturlebens und später eine wichtige Beraterin ihres Mannes in Kunstfragen. Dass Constantin Hohenlohe gerade im Jahr 1859 seine Karriere als persönlicher Berater, oder besser Mitarbeiter, an der Seite Franz Josephs begann, ist alles andere als ein Zufall. Das Jahr 1859 bedeutete in der persönlichen Geschichte des Kaisers nicht nur eine Zäsur, sondern war geradezu ein annus horribilis: Er stand einerseits am Wendepunkt seiner Herrschaft (das desaströse Ende des Italienfeldzugs läutete nun endgültig den Beginn der Entwicklung Österreichs zum Verfassungsstaat ein, eine Entwicklung, der der Kaiser lange Zeit gegensteuerte), andererseits erfuhr Franz Josephs Beziehung zu seiner nächsten Umgebung eine völlige – und bis ans Lebensende dauerhafte – Neuorientierung. Das Jahr 1859 brachte am Wiener Hof den Sturz des Favoriten des Kaisers, des allmächtigen Graf Karl Grünne, offiziell nur Vorstand der Militärkanzlei,

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inoffiziell der einflussreichste Mann des Neoabsolutismus.6 Dieser väterliche Freund des Kaisers, der alle wichtigen Agenden der Hofverwaltung an sich zog, gleichzeitig aber jede persönliche Verantwortung vermied, war der heimliche Herrscher des Wiener Hofes zur Zeit des österreichischen Neoabsolutismus von 1848 bis 1859. Der Hof des jungen Kaiser Franz Josephs war ganz in der Hand des blitzschlauen Grafen Grünne.7 Die mächtige Position des alten Militärs ist schnell erklärt: Er gehörte zu jenen, die während des inneren Exils des Wiener Hofes in Innsbruck und Olmütz – eine Folge der Revolution von 1848 – Stimmung machten gegen den gutmeinenden, aber politisch schwachen (man könnte auch sagen politisch im Stich gelassenen) Kaiser Ferdinand und sich für einen Thronverzicht zugunsten dessen achtzehnjährigen Neffen Franz Joseph einsetzten. Zudem war Grünne exzellent vernetzt. Mit der sogenannten KarlLinie der Dynastie, dem reichsten und militärisch bedeutsamsten Zweig der Habsburger, der großen Einfluss auf die regierende Linie hatte, stand er auf gutem Fuß. So viel Einsatz und Networking, aber auch der raue Charme des Grafen, der dem blutjungen Kaiser Franz Joseph mit einer Mischung aus Respekt, Beschützerdrang und Liebdienerei entgegen trat, machten sich bezahlt: Der Graf agierte als Obersthofmeister, persönlicher Berater und Hüter der kaiserlichen Privatschatulle in einem. Der junge Kaiser vertraute Grünne völlig und tolerierte die ständigen Ressortübertretungen und Einmischungen seines Beraters. Grünnes Sturz kam schnell und jäh. Die Niederlage des Italienfeldzugs von 1859 verdeutlichte die Unfähigkeit der Militärkanzlei, das Versagen der Militärleitung wurde mit einem Schlag offen gelegt. Diese hatte es nicht einmal geschafft¸ die Versorgung der Soldaten zu gewährleisten, trotz der enormen Kosten, die dafür aufgewendet wurden. Die Folgen für Kaiser Franz Joseph persönlich waren fatal: Die Öffentlichkeit rief immer lauter nach einer Machtbeschneidung des Monarchen. Die Angst vor einer weiteren Revolution ließ ihn handeln: Der Weg der Habsburgermonarchie zu einer Verfassung konnte nicht mehr aufgehalten werden. Auch auf persönlicher Ebene musste Kaiser Franz Joseph Konsequenzen ziehen: Er zog abrupt eine deutliche Trennlinie zwischen sich und seinem ehemaligen Vertrauten. Graf Grünne wurde sofort auf den politisch unbedeutenden Posten eines Oberststallmeisters verbannt. Der Kaiser ließ nie wieder eine allzu große persönliche Nähe zu, er überprüfte ab sofort jede kleinste Änderung in Administrationsabläufen noch akribischer, vor allem aber sollte er geradezu allergisch auf Ressortübertretungen reagieren.8 Constantin Hohenlohe war Zeuge des tiefen Falls eines ehemaligen Günstlings am Wiener Hof und er hatte die richtigen Schlüsse gezogen: Wer ab jetzt langfristig bei Hof Karriere machen wollte, musste sich ausschließlich über seine Arbeit definieren, jegliche Versuche einer Einflussnahme auf den Kaiser

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unterlassen und zurückhaltend auftreten. Franz Joseph und Hohenlohe passten zueinander: Hier der menschlich enttäuschte Kaiser, dessen – bis dato – fehlende Menschenkenntnis den Hof zur Zielscheibe der Kritik gemacht hatte und der ab nun weniger schillernde, dafür kompetente Verwalter an sich zog. Dort der äußerst zurückhaltende, fast schon spröde zu nennende Hohenlohe, dem jegliche Fähigkeit zu glänzen oder sich einzuschmeicheln fehlte. Die Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Männern sollte hervorragend und zum Wohle des Hofes verlaufen. Allzu große Nähe wurde bei allem Respekt, den die beiden zueinander empfanden, vermieden. Dafür verliefen die nun kommenden knapp vierzig Jahre friktionsfrei und dürfen als „goldenes Zeitalter“ des Wiener Hofes verbucht werden. 1865 folgte Constantin Hohenlohe dem verstorbenen Obersthofmeister Fürst Karl Liechtenstein als oberster Verwalter des Wiener Hofes nach – allerdings nicht mit der vollen Titulatur, sondern einstweilen als „Hofmarschall“, der mit der Leitung des Obersthofmeisterstabes betraut ist,9 eine Position die es bis dato noch nicht gegeben hatte.10 Während des österreichisch-preußischen Krieges, unmittelbar nach Königgrätz, wurde Hohenlohe am 6. Juni 1866 „provisorischer Obersthofmeister“11 und erhielt die „allerhöchste Instruktion zur Leitung des Obersthofmeisterstabes“.12 Erst am 8. November 186713 wurde Hohenlohe definitiv Erster Obersthofmeister mit einem Jahresgehalt – bei Hof Repräsentationsausgaben genannt – von 12 600 Gulden jährlich.14 Außerdem stellte der Kaiser seinem neuen Obersthofmeister das repräsentative AugartenPalais zur Verfügung.15 Prinz Constantin übernahm das Steuerruder in der schwierigsten Phase der Geschichte des Wiener Hofes. Er übernahm die Verantwortung für einen zutiefst patriarchalisch geprägten Hof, dessen Selbstverständnis noch ganz im Absolutismus verwurzelt war, während der Staat gleichzeitig an der Schwelle zur Umwandlung in eine konstitutionelle Monarchie stand. Konkret bedeutete dies für Hohenlohes Aufgaben als Obersthofmeister: Die Würde des jahrhundertealten Hofes galt es zu wahren, gleichzeitig musste dieser aber nach wirtschaftlichen Kriterien in die Moderne geführt werden. Denn die wesentlichste Konsequenz der (wenn auch partiellen) Mitbestimmung der Volksvertreter ab 1867 in Österreich-Ungarn für den kaiserlichen Hof war nun, dass das Hofbudget von nun an nicht mehr nur vom Kaiser, sondern auch vom Parlament bewilligt werden musste.16 Eine tiefe Schmach für den habsburgischen Kaiser, musste doch die altehrwürdige Institution nun über seine Kosten Rede und Antwort stehen und dies auch noch vor zum Teil bürgerlichen Abgeordneten. Hohenlohe hatte dieser ersten Abstimmung des Hofstaatsbudgets durch das Parlament aber vorgesorgt: Damit sich die Hofhaltung seines Herrn vor den strengen Augen der Abgeordneten nicht als finanzielles Fass ohne Boden dar-

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stellte (was er jedoch bis dato durchaus war), verordnete der neue Obersthofmeister dem Kaiserhof ein Sparpaket, das es in dieser Form noch nicht gegeben hatte. Das große Sparpaket von 1866, das größte, das es in der Wirtschaftsgeschichte des Wiener Hofes jemals gab, kann als Initialzündung für den neuen Kurs bei Hof gelten.17 Der neue Obersthofmeister kündigte mitten im Jahr für das kommende Bilanzjahr (also erstaunlich spät und kurzfristig) einen dramatischen Sparkurs an und schaffte es zum Erstaunen vieler, diesen auch wirklich in so kurzer Zeit umzusetzen. Hohenlohe forderte sämtliche Stäbe und Abteilungen des kaiserlichen Hofes, die eine Auszahlung aus dem Hofzahlamt erhielten, auf, innerhalb weniger Monate ihre Ausgaben um 36 Prozent zu kürzen. Doch es zeigten sich bald die Grenzen einer so drastischen Einsparungspolitik: Denn bei den unzeitgemäßen Löhnen und Pensionen der Hofstaatsbeamten und Hofstaatsdiener (die doch den größten Anteil des Hofbudgets ausmachten) war schlichtweg nichts mehr zu holen. Diese Beschäftigungsgruppen, deren Löhne seit dem frühen 19. Jahrhundert durch die „Dauerinflation“ des Kaiserreiches rasant an Wert verloren, konnten keinen Beitrag zum „Hohenlohe´schen Sparpaket“ leisten. Der neue Obersthofmeister versuchte nun von anderer Seite einzusparen: nämlich „von oben“. Er war der Erste in der Geschichte des Wiener Hofes, der – salopp gesprochen – nun auch die hohen Herrschaften zur Kasse bat. Denn Hohenlohe holte sich von allen Erzherzögen einen schriftlichen Verzicht auf fünfundzwanzig Prozent der Apanagen, die dem Hofbudget als eigener Posten mitgerechnet wurden. Der Kaiser berichtete an seine Frau Elisabeth: „Hohenlohe reist heute nach Ischl, Salzburg und Innsbruck, um die Herrschaften zu einer Verzichtleistung auf einen Theil ihrer Apanage zu bewegen“.18 Mit den Verzichtserklärungen der allerhöchsten Familie in der Tasche reiste der Obersthofmeister zurück nach Wien.19 Zum ersten Mal wurde nicht nur ausschließlich von unten, sondern auch von oben herab am Wiener Hof gespart.20 Constantin Hohenlohes großes Sparpaket, dieser erfolgreiche und glänzende Start seiner Karriere als Obersthofmeister umfasste die folgenden Punkte: Die Apanagen und Repräsentationskosten wurden herabgesetzt, regelmäßige Ankäufe des Hofes (etwa durch die kaiserlichen Sammlungen) wurden eingefroren, das Hofvermögen wurde teilweise verkauft (etwa große Teile des kaiserlichen Marstalls), die enormen Kosten der Hoftheater, der Hofreisen, der Hofwirtschaft im Bereich der Ausrichtung der teuren Galadiners sowie der Hofadministrationen wurde drastisch zurückgefahren und durch ein zusätzliches Konglomerat an verschiedenen kleineren Kürzungen in jeder Abteilung konnte insgesamt noch ein größerer Betrag eingespart werden.21 Der Wiener Hof hatte die Feuerprobe bestanden. Das Parlament verabschiedete die Hofstaatsdotation, der Hof konnte relativ gute Zahlen vorweisen.

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Peinliche Fragen nach der genauen Verwendung der Steuermittel durch die Abgeordneten blieben aus, ebenso die Veröffentlichung der genauen Höhe der Apanagen der kaiserlichen Familie. Dem hatte man vorgesorgt: Es wurde von Beginn an klar festgelegt, dass die Hofstaatsdotation ausschließlich als Ganzes angenommen werden kann, ohne Abstimmung über die Details. Die Verwendung der Gelder wurde als interne Angelegenheit des Kaiserhauses betrachtet. Mit der Begründung, dass es mit der Würde der Krone nicht vereinbar wäre, jeden Posten einzeln bewilligen zu lassen, hat man jedem Versuch, die genauen Kosten für den Hof beziehungsweise jedem Versuch, die Höhe der kaiserlichen Apanagen zu eruieren, den Riegel vorgeschoben.22 Das „Hohenlohe´sche Sparpaket“ für ein ausgeglichenes Budget 1867 war erst der Anfang gewesen. Ein kurzfristiges Herunterschrauben der Kosten hatte die Bilanzen des Hofes optisch verbessert. Um langfristig ausgeglichen bilanzieren zu können, musste endlich eine Finanzübersicht hergestellt werden. Denn das wesentliche Problem aller Obersthofmeister der Vergangenheit war: Niemand hatte eine Übersicht über die zweckmäßige Verwendung des Hofbudgets. Es fehlte eine „Controllingabteilung“ im heutigen Sinne. Es existierte zwar eine Hofkassa, welche die dem Hof zustehenden Gelder erhielt und an die einzelnen Hofabteilungen weiterreichte, es existierte jedoch keine Kontrolle der zweckmäßigen Verwendung der Gelder. Erst durch die Errichtung des „Rechnungsdepartements“23 (das man als Controllingabteilung des Hofes bezeichnen darf ) hatte Obersthofmeister Constantin Hohenlohe ein wirksames Instrument zur Kostenüberprüfung in der Hand. Ein geordneter Finanzhaushalt und eine effiziente Ausgabenpolitik war die eine Seite. Was es aber noch brauchte, um eine riesige Institution wie den Wiener Hof (immerhin das Herzstück des 50-Millionen Reiches der Habsburgermonarchie, das zur Zeit Constantin Hohenlohes an die 2 000 Personen zählte) zu modernisieren oder bestenfalls ordentlich zu verwalten, waren die richtigen „Mitarbeiter“. Hier nun musste Constantin Hohenlohe mit dem arbeiten, was er vorfand – und das war nicht gerade das, was sich ein motivierter Erneuerer vorstellte. Denn die Personalpolitik des Wiener Hofes (sofern man von einer wirklich durchdachten „Politik“ sprechen kann) stand in krassem Gegensatz zu jeglicher betriebswirtschaftlichen Logik. Ein Leistungsnachweis war kein Kriterium, wer einmal bei Hof angestellt war, blieb auch hier. Entlassungen gab es in der Regel nicht. Denn was die Arbeit von Hofbeamten und Hofdienern von einem normalen Dienstverhältnis unterschied, war die Tatsache, dass es sich eben nicht um ein reines Arbeitsverhältnis handelte, sondern um eine Hausgemeinschaft im ursprünglichen Sinne des Wortes. Auch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, auch im Zeitalter des Konstitutionalismus war Kaiser Franz Joseph immer noch ein zutiefst patriarchaler Herrscher, dessen Stellung

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als „Herr über seine Hausgemeinschaft“ noch ganz im Sinne Otto Brunners als Herr des „ganzen Hauses“24 zu sehen ist. Für den Obersthofmeister bedeutete dies, dass er keine Änderungen in der Personalstruktur vornehmen konnte. Selbst bei offensichtlichem Fehlverhalten und mangelnder Qualifikation hatte er keine Möglichkeit, Personal auszutauschen. Strikt vorgegebene Diensthie­ rarchien und automatische Vorrückungen verhinderten, dass qualifizierte Personen vorgereiht werden durften. Constantin Hohenlohe musste also mit einem mäßig bis gar nicht motivierten Personalpool in neue Zeiten aufbrechen. Nur in einem einzigen Ressort, dem Obersthofmeisteramt (das man sich als Direktion des riesigen Obersthofmeisterstabes vorstellen darf ) setzte Hohenlohe einen Personalwechsel durch. Er pensionierte langgediente Beamte25, denen er die Umsetzung der anstehenden Reformen nicht zutraute (freilich wurden diese Beamte mit einem goldenen handshake verabschiedet, meist eine Erhebung in den niedrigsten Dienstadel), und rekrutierte gut ausgebildete, fähige Fachkräfte aus den Wirtschaftskanzleien seiner adeligen Standesgenossen. Zum ersten Mal in der Geschichte des Wiener Hofes wurde Personal explizit nach Leistung, vor allem aber extern angeworben – bis dahin hatte sich der Hof ausschließlich aus sich selbst heraus rekrutiert. Nur für einen kurzen Zeitraum in der Geschichte des Habsburgerhofes hatten leistungsorientierte Anfänger die Chance, Karriere zu machen.26 Mit einer Handvoll fähiger, gut ausgebildeter Direktionsmitarbeiter manövrierte Hohenlohe den Wiener Hof erfolgreich durch die nächsten Jahrzehnte.27 Die nächste große Hürde, die der Obersthofmeister auf dem Weg zu einer modernen Hofführung nehmen musste, war die Einführung eines zeitgemäßen Besoldungsschemas der Hofbeamten und Hofbediensteten. Bei diesem Riesenprojekt ging es nicht mehr nur um eine Anhebung der seit Jahrzehnten eingefrorenen Löhne. Es ging in erster Linie um eine transparente Gehaltspolitik, die unfaire und demotivierende Aspekte revidieren sollte. Denn das Grundproblem jeglichen Motivationsmangels innerhalb der Bediensteten war die Tatsache, dass die Löhne seit fünfzig Jahren nicht mehr auf reale Verhältnisse angepasst wurden. Abgefedert wurde die prekäre Situation durch ein umfassendes „Zuschusssystem.“ Die Bezahlung der Hofbediensteten setzte sich traditionell aus einem niedrigen Grundlohn und diversen fixen Zusatzzahlungen wie Quartiergeld, Kostgeld etc. zusammen. Es gab unzählige Extrazulagen, die ausgezahlt wurden, sofern man wusste, bei welcher Stelle man um diese ansuchen musste. Die Besoldungsrangklassen wurden dadurch völlig aufgeweicht. So kam es zur absurden Situation, dass Beamte oder Diener einer niederen Rangklasse durch solche zusätzlichen Zahlungen mehr verdienten als ranghöhere Kollegen. Der schon grundsätzlich schwach ausgeprägte Leistungswille bei Hof verschwand dadurch völlig. Denn mehr Bezahlung gab es nicht für mehr

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Leistung, sondern für das Wissen, bei welcher Stelle man um eine der vielen Extrazulagen ansuchen konnte. Constantin Hohenlohe wollte den Arbeitswillen der Hofbediensteten stärken und die Ungerechtigkeiten beseitigen, die sich in das bisherige System eingeschlichen hatten. Er führte bei Hof ein völlig neues, einheitliches Rangklassen- und Gehaltssystem ein – die bedeutende Regulierungsreform von 1873.28 Ab nun gab es ein vereinfachtes und transparentes Gehaltsschema für alle Positionen der Beamten und Hofdiener. Die Besoldungen wurden deutlich angehoben, das Zuschusssystem wurde deutlich verringert. Bis zum Ende der Habsburgermonarchie 1918 sollten die Ergebnisse dieser „Hohenlohe´schen Regulierungsreform“ die Grundzüge des Rangklassensystems des Wiener Hofes bleiben. Ein Detail am Rande: Auch die Bezüge der obersten Hofchargen wurden deutlich angehoben, man ging dabei aber äußerst dezent vor. Erst zwei Jahre nach der Regulierungsreform erhöhte man still und leise die – auch vorher bereits angemessenen – „Repräsentationsgehälter“, wie die Entlohnung auf höchster Ebene genannt wurde, der höchsten Würdenträger.29 Gleichzeitig mit der Einführung eines modernen Rangklassensystems, nahm Constantin Hohenlohe eine Pensionsreform in Angriff. Oberste Priorität hatte für ihn die Erhöhung der Witwen- und Waisenpensionen. Die Hinterbliebenenpensionen waren am Wiener Hof traditionell niedrig, sie betrugen nur ein Drittel der an sich schon niedrigen Löhne. Der Großteil der Hinterbliebenen der Dienerschaft lebte unter mehr als prekären Verhältnissen. Hier zeigte der harte Sanierer, dass ihn die zum Teil unwürdige Lebenssituation von Witwen mit Kindern nicht kalt ließ. Mit deutlichen Worten forderte er eine Erhöhung der Pensionen und er brachte das große Problem der Witwen auf den Punkt: Denn sie erhielten vom Hof zu wenig, um überleben zu können, durften aber – weil sie eine offizielle Pension erhielten – nicht um die deutlich höheren Pfarr- und Kommunalalmosen ansuchen.30 Die Erhöhung der Witwen- und Waisenpensionen, die Hohenlohe so energisch einforderte, wurde vom Kaiser sofort bewilligt. Höchst aufschlussreich ist ein Vorschlag Hohenlohes, der sich ebenfalls im Schriftverkehr zur Regulierungs- und Pensionsreform findet. Denn Constantin Hohenlohes Herzstück der Pensionsreform war die Gründung eines „Pensionsfonds“ in modernem Sinn. Um das Hofbudget vor der drohenden Überlastung zu bewahren (offenbar stellten damals die Pensionen ein Problem dar), müsse der Hof versuchen, über die kommenden Jahrzehnte so viel Kapital anzuhäufen, dass bei guter Anlage der Gelder langfristig die Pensionszahlungen aus den jährlichen Ausschüttungen des Fonds beglichen werden konnten. In diesen Fond sollte nach Hohenlohes Überlegungen jährlich nicht nur der Gesamtbetrag aller auszuzahlenden Pensionen einfließen, sondern auch alle Gebühren

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(wie Diensttaxen) die der Hof einhob sowie Prämienzahlungen. Nach einigen Jahrzehnten sollte das oben beschriebene Ziel, den Topf soweit zu füllen, dass aus den jährlichen Zinsausschüttungen die Pensionen finanziert werden konnten, erreicht werden. Genauere Beschreibung zum Pensionsfonds fehlen leider, so dass nachträglich nicht geprüft werden kann31, ob nach Jahrzehnten der Gewinn und die Ausschüttungen dieses Fonds wirklich so groß gewesen wären, dass davon sämtliche Pensionen hätten bezahlt werden können – Zweifel sind angebracht.32 Sparpaket, Rangklassen- und Regulierungsreform, Pensionsreform: Bereits in den ersten fünfzehn Jahren als Obersthofmeister musste sich Constantin Hohenlohe der größten Baustellen des Wiener Hofes annehmen. Der Anspruch, der an Constantin Hohenlohe gestellt wurde, unterschied sich deutlich von jenen an seine Vorgänger: Verstanden sich Hohenlohes Vorgänger als Obersthofmeister noch ganz in altem Sinn als Verwalter des Hofes, als hocharistokratische Aushängeschilder, als Hüter und Repräsentanten für den allerhöchsten Zutritt, so war das Anforderungsprofil an Hohenlohe ein gänzlich anderes: Er musste vor allem Manager sein. Wirtschaftlichkeit war nun gefragt, aber auch Visionen, Innovation, Ideen, wie man das altehrwürdige, aber völlig unökonomische Schlachtschiff Hof in die modernen Zeiten manövrieren würde. Hohenlohe musste innerhalb eines kurzen Zeitrahmens Projekte in Angriff nehmen, die seine Vorgänger seit Jahrzehnten vor sich hergeschoben hatten. Dass er seine Reformen so schnell umsetzen konnte, lag an zweierlei: Einerseits hatte der Obersthofmeister den Zeitgeist hinter sich gewusst. Er konnte vieles durchsetzen, weil er den politischen Druck der Öffentlichkeit nur erwähnen musste, um ans Ziel zu kommen. Schließlich nahm der Staat in den Jahren von Constantin Hohenlohes größten Umstrukturierungen gerade einen Kurswechsel vor – hin zu einer konstitutionellen Monarchie und einem Parlament, das die Budgethoheit innehatte. Der Hof, für viele Beobachter ein reaktionärer Sammelplatz und Inbegriff der Verschwendung, musste erstmals penibel auf seinen Außenauftritt – heute würde man von PR sprechen – achten. Andererseits wusste der Obersthofmeister auch bei unbeliebten Maßnahmen, die er durchsetzen musste, stets den Kaiser hinter sich. Franz Joseph, der seinem Obersthofmeister komplett vertraute und all dessen Verbesserungsvorschläge durchwinkte, schätzte die Arbeit Hohenlohes sehr. So schrieb er etwa Kaiserin Elisabeth, als der Obersthofmeister beim Budapester Sejour wegen der Erkrankung seiner Söhne nicht anwesend sein konnte: „Wenn wir wieder Diners und Soireen geben können, wird mir Hohenlohe sehr abgehen, denn er ist über alles Lob erhaben in Eifer und Takt“.33 Ein weiterer Grund für Constantin Hohenlohes Erfolg als Obersthofmeister beruhte sicherlich auch auf der Tatsache, dass Kaiser Franz Joseph niemals di-

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rekt in das Ressort seines obersten Würdenträgers eingriff, sondern auch bei Sonderwünschen aus seinem engsten privaten Umfeld stets auf die Einhaltung des Amtsweges pochte. Dadurch untergrub er niemals die Stellung seines Obersthofmeisters, sondern stärkte noch dessen Autorität. Der Obersthofmeister konnte also frei agieren und war in seinen wirtschaftlichen und personellen Entscheidungen ungebunden. Als etwa die engste Vertraute Kaiser Franz Joseph, die Burgschauspielerin Katharina Schratt, versuchte, über ihren kaiserlichen Verehrer Sonderkonditionen für ihren Vertrag am Wiener Burgtheater durchzusetzen, biss sie auf Granit. Katharina Schratt hatte dem Kaiser selbst ihr Anliegen vorgetragen, dieser verwies sie jedoch auf den üblichen Amtsweg. Der Direktor des Hofburgtheaters müsse die gewünschten Sonderkonditionen dem Obersthofmeister darlegen,34 erst wenn dieser informiert sei, könne Franz Joseph einen „etwa nothwendigen Nachdruck […] geben.“35 Über Constantin Hohenlohes Führungsstil seinen Untergebenen gegenüber lässt sich den offiziellen Quellen der Hofarchive des Wiener Haus- Hof- und Staatsarchivs wenig entnehmen. Die wenigen Hinweise, die herauszufiltern sind, zeichnen einen engagierten Vorgesetzten, der sich – zumindest bei seinen engsten Mitarbeitern – die Mühe machte, neu angeworbenes Personal seiner Direktion persönlich mit den wichtigsten Gepflogenheiten des Obersthofmeisteramtes vertraut zu machen. So schrieb etwa Kaiser Franz Joseph an seine Mutter: „[…] Hohenlohe selbst wollte diesmal den anderen Beamten Heydt mitnehmen, um ihn auch einzuüben“.36 Interessanterweise findet sich selbst im offiziellen Nachruf Constantin Hohenlohes ein Hinweis auf dessen engste Mitarbeiter und den freundlichen Ton seiner Direktionsmitarbeiter (was doch einigermaßen verwundert, denn Hofbeamte wurden in der Regel weder als freundlich noch als zuvorkommend beschrieben, sondern zeichneten sich eher durch ruppiges Verhalten aus) 37 Constantin Hohenlohe dürfte aber auch auf die penible Einhaltung der Hofvorschriften geachtet haben und ahndete Fehlverhalten sofort mit Beschwerdebriefen. Er scheute sich auch nicht, selbst Bagatellvergehen zur Anzeige zu bringen.38 Seinen hohen Ansprüchen, dass man als Mitglied des kaiserlichen Hofes tadelloses Verhalten und penible Einhaltung aller Vorschriften leisten musste, wurde er aber auch selbst gerecht – Bestechungsversuche in Form hochexklusiver Luxusartikel wies er kühl (aber mit Aktenvermerk!) zurück.39 Nepotismus und Protektionismus waren in Constantin Hohenlohes Amtszeit kein Thema – im Gegensatz zu seinen Vorgängern und Nachfolgern.40 Dass Nepotismus unter Constantin nicht stattfand, belegen die Hofkalender, die jährlich die Inhaber sämtlicher Stellen des Wiener Hofes auflisteten: Verwandtschaftliche Beziehungen zu Constantin Hohenlohe sind bei keiner neuen Postenbesetzung auf höchstem Niveau nachzuweisen.41 Protektion gab es frei-

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lich auch unter Hohenlohe, wenngleich deutlich dezenter als bei seinen Nachfolgern. In den Erinnerungen Graf Hans Wilczeks, seines engsten Freundes, findet sich ein deutlicher Hinweis darauf. Wilczek wollte den Onkel eines Freundes für das bedeutende Amt des Oberstküchenmeisters in Stellung bringen: „[…] Mit Rücksicht auf seine schwärmerische Verehrung für Kaiser Franz Joseph gelang es mir, Hohenlohe für ihn so einzunehmen, dass der Kaiser ihm das gerade vakant gewordene Amt eines Oberstküchenmeisters verlieh, wozu er alle Eigenschaften besaß, um bei den großen Hofdiners alles auf das herrlichste zu bestellen.“42 Politisch war Constantin Hohenlohe nicht den Konservativen, sondern eindeutig dem zentralistisch-verfassungstreuen Lager zuzurechnen.43 In der Tagespolitik wurde Hohenlohes Name nur im Zusammenhang mit kirchenpolitischen Fragen der sechziger und siebziger Jahre erwähnt – wobei man freilich dieses Faktum richtig deuten muss. Denn generell hatten sich die obersten Würdenträger des Hofes aus dem tagespolitischen Geschehen herauszuhalten. Erschien aber der höchste aller Würdenträger, der Obersthofmeister, im Herrenhaus des Parlaments, um einem Gesetzesantrag zuzustimmen oder diesen abzulehnen, dann bedeutete das nichts anderes, als dass der Kaiser höchstpersönlich den Pairs indirekt seinen Wunsch über den Ausgang des Votums mitteilte. Als es etwa um die heikle Abstimmung der Verabschiedung der Ehegesetze vom 21. Mai 1868 ging (die das Ende des Konkordates einläuteten), bei der alles auf eine Kampfabstimmung hinauslief, gab Constantin Hohenlohes Abstimmungsverhalten den Ausschlag für die Annahme der Gesetze.44 Die erblichen Mitglieder des Herrenhauses wussten genau, welchen Ausgang der Kaiser erwartete, denn hohe Würdenträger erschienen im Herrenhaus wie oben beschrieben nur dann, wenn der Monarch indirekt das gewünschte Abstimmungsergebnis mitteilen ließ. Aus den seltenen politischen Demonstrationen lässt sich also nicht auf die politischen Einstellungen Constantin Hohenlohes schließen. Während Hohenlohes Amtszeit kam es zu den größten kulturpolitischen Umwälzungen in Kaiser Franz Josephs Regierungszeit. Die Wiener Stadterweiterung (die größte bauliche Stadtveränderung des 19. Jahrhunderts in Europa) war nach der Sprengung der alten Basteien der Residenzstadt in vollem Gang.45 Die neuen Monumentalbauten – Oper, Museen, Burgtheater und die neue Hofburg – erforderten noch nie da gewesenen Aufwand der Institutionen des Obersthofmeisterstabes. Die kaiserlichen Sammlungen wurden nun in die neu gebauten Museen überführt – aus einer ursprünglichen Privatsammlung wurden nun öffentliche Museen, deren Organisation in Händen des Obersthofmeisters lag.46 Oberster Bauherr und logistischer Leiter all dieser Großprojekte

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war Constantin Hohenlohe.47 Auch die Neuorganisation der kaiserlichen Theater, ebenfalls dem Obersthofmeisterstab unterstellt, erforderte eine völlige Umstrukturierung – auch hier war Hohenlohe der Mastermind. Der wichtigsten Bühne des deutschsprachigen Raums, dem Hofburgtheater (heute nur Burgtheater genannt) drückte der Obersthofmeister seinen Stempel auf: Durch außergewöhnliche Intendantenbesetzungen, einer Öffnung des Theaters für moderne Strömungen (man denke nur an Hugo von Hofmannsthal oder Arthur Schnitzler, dessen Skandalstück Liebelei 1895 am Hofburgtheater uraufgeführt wurde) sowie einer konsequenten Öffnung des Hofburgtheaters für breitere Schichten durch preisgünstige, sonntägliche Nachmittagsvorstellungen, trug Hohenlohe während seiner Amtszeit zur Manifestation des Hofburgthe­ aters als Olymp der deutschsprachigen Sprechbühnen bei.48 Dass die Arbeit rund um die Oberaufsicht der Intendanz des Hofburgtheaters häufig von In­ trigen begleitet war – und zwar deutlich gehäufter als in anderen Bereichen des Obersthofmeisterstabes, bestätigen auch unzählige Stellen im Briefwechsel Kaiser Franz Josephs mit der Hofschauspielerin Katharina Schratt.49 Einunddreißig Jahre diente Prinz Constantin zu Hohenlohe-Schillingsfürst dem Kaiser als dessen Obersthofmeister. Sein Dienst endete erst mit seinem Tod – wie es am altehrwürdigen Wiener Hof üblich war, man ging nicht in den wohlverdienten Ruhestand, sondern diente bis zum Ende. Dass der Kaiser einen seiner fähigsten Männer und einen Vertrauten verloren hatte, war allgemein bekannt. Der deutsche Botschafter Philipp Eulenburg schrieb nach der Todesnachricht in sein Tagebuch: „Ein schwerer Schlag für Kaiser Franz Joseph, dessen Freund er durch alle traurigen Zeiten seiner Regierung war.“50 Am 14. Februar 1896 starb Constantin Hohenlohe51, das pompöses Begräbnis, das Kaiser Franz Joseph für ihn ausrichten ließ52, fand am 18. Februar in Wien statt. Das Protokoll zu den Begräbnisfeierlichkeiten wurde in der Wiener Zeitung veröffentlicht.53 Was war sein Vermächtnis? Seine Leistungen als Verwalter des Wiener Hofes sind am besten dokumentiert: Er kann als einer der bedeutendsten Obersthofmeister der Geschichte des Wiener Hofes bezeichnet werden. Constantin Hohenlohes Beitrag zum erfolgreichen Übergang des Wiener Hofes in das neue, konstitutionelle Zeitalter ist nicht hoch genug einzuschätzen. Ein weniger konsequenter Obersthofmeister hätte es wahrscheinlich nicht geschafft, den Hof innerhalb eines Jahres fit zu machen. Mit seinen Reformen im Bereich der Personalstruktur und der Besoldung legte er die Grundlagen für einen Weg in die Moderne. Hohenlohes bedeutender Beitrag zur Kulturpolitik seiner Amtszeit kann als sicher angenommen werden, ist aber wegen ausständiger Aufarbeitung nicht definitiv zu belegen.

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Interessant sind die zeitgenössischen Urteile über Constantin Hohenlohe. Dass Hohenlohe, ein hochkultivierter Mann mit tiefem Verständnis für Künste und neue Strömungen, der selbst als Komponist hervortrat54 und mit seiner Frau einen hochanspruchsvollen Salon pflegte55, zu dem Künstler der verschiedensten Gattungen geladen und unterstützt wurden, ein derart schlechtes Bild in der Erinnerung seiner Zeitgenossen hinterließ, irritiert. Constantin Hohenlohe wurde von den Menschen seiner Umgebung (ausgenommen seine engsten Freunde56) ausschließlich als spröder, humorloser und kleingeistiger Mensch wahrgenommen. Marie Festetics, als Hofdame Kaiserin Elisabeths fast zeitgleich mit Hohenlohe dreißig Jahre bei Hof tätig, erinnert sich an Hohenlohe als einen Mann, der „klein in seinen Auffassungen“ war, „aber von einer Genauigkeit und Sorgfalt in der Handhabung der Etikette, die nichts zu wünschen übrig ließ“.57 Und Fürstin Pauline Metternich, die erste Dame der Wiener Hocharistokratie meinte nach dem Tod des Prinzen vernichtend: „Der Dahingeschiedene war ein Ehrenmann– seinem Kaiser treu ergeben. Leider hatte die Seele nicht Platz, in dem kleinen Körper groß zu werden!“58 Diese widersprüchlichen Beurteilungen über Constantin Hohenlohe aufzulösen und neben der hofgeschichtlichen Bedeutung auch noch die große kulturhistorische Bedeutung diese Mannes für die ehemalige Residenzstadt Wien in allen Facetten zu beleuchten, verlangt nach einer umfassenden Biographie einer der interessantesten Persönlichkeiten der österreichischen Hofgeschichtsforschung. Doch bis dahin bleibt Prinz Constantin zu Hohenlohe-Schillingsfürst der große Unbekannte der franzisko-josephinischen Ära. Anmerkungen 1 2

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Es existiert bis heute weder ein Biographie noch ein wissenschaftlicher Artikel zu Constantin Hohenlohe. Ein Grund mag sicherlich sein, dass wesentliche Teile des Nachlasses von Constantin Hohenlohe der Wissenschaft nicht verfügbar waren. Erst Constantin Hohenlohes Nachkomme Karl-Albrecht Hohenlohe-Schillingsfürst hat in der jüngeren Vergangenheit durch eine durchdachte Sammlungspolitik und gezielte Rück- und Ankäufe das österreichische Archiv der Fürsten Hohenlohe wieder aufgebaut. Familienarchiv der Fürsten Hohenlohe Wien (ab nun FA Hohenlohe) Karton 4A Konstantin Hohenlohe I: Druckschrift von Julius Lang, Ein Immortellenkranz auf das Grab Seiner Durchlaucht des hochgeborenen Herrn Prinzen Constantin HohenloheSchillingsfürst, Wien 1896, S. 3–12; Detlev Schwennicke (Hg.), Europäische Stammtafeln. Stammtafel zur Geschichte der europäischen Staaten. Band 5, Marburg 1978, Tafel 12,15, ohne Seitenzahl sowie Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der adeligen Häuser, Fürstliche Häuser Bd. 1, 1951, S. 228–251. Österreichisches Biogra-

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phisches Lexikon, Bd. 3, Wien 1959, S. 393 sowie Constant de Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthumes Österreich, Bd. 9, Wien 1863,S. 202. 4 Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien (ab nun: HHStA) Bestand Obersthofmeisteramt (ab nun: OMeA) Rubrik (ab nun: r ) r 61/2 x 1854 Ernennung zum Adjutanten. 5 HHStA OMeA r 61/15 ex 1859 Ernennung zum Flügeladjutanten sowie gleichzeitig HHStA OMeA r61/7 ex 1864 Ernennung zum Oberst und schließlich HHStA OMeA 1866 r121/6 ex 1866Ernennung zum Generalmajor. 6 MartinaWinkelhofer, Die obersten Hofbeamten unter Kaiser Franz Joseph, unveröff. Diplomarbeit Wien 2005, S. 21–28; Wurzbach, Biographisches Lexikon, Bd. 5, Wien 1859, S.  394f.; Salonblatt vom 5.1.1873; Österreichisches Biographisches Lexikon, Bd. 3, Wien 1959, S. 91, Wiener Abendpost (Beilage zur Wiener Zeitung), 16.6.1884, S. 2f. sowie, wenn auch mit manchen Mängeln im Quellennachweis: Marianne Gräfin Szápary, Carl Graf Grünne. Generaladjutant des Kaisers Franz Josephs 1848–1859. Diss. phil., Wien 1935. 7 So etwa das Urteil der Landgräfin Therese Fürstenberg: „Ich habe in meinem Leben drei sehr schlaue Menschen am Hofe kennen gelernt. Der erste war Graf Grünne. Er war in höchstem Grade ungebildet wie so viele Offiziere seiner Zeit, aber ein Pfiffikus ohnegleichen, ein wahrer Fuchs. Schlau im Verkehr am Hofe, grob und rücksichtslos dagegen Leuten gegenüber, die er nicht zu schonen brauchte. Seine Freunde nannten ihn deshalb einen ungeschliffenen Diamanten.“ siehe Wiener Stadtbibliothek, Handschriftensammlung, Nachlass Friedjung, Karton 2 (97/2) Handschriftliche Zusammenfassung des Interviews von Heinrich Friedjung mit Therese Landgräfin Fürstenberg im Februar 1908. 8 Siehe etwa die Erinnerungen des Grafen Erich Kielmannsegg über eine Ressortübertretung des späteren Obersthofmeisters Fürst Rudolf Liechtenstein: „Ich erfuhr es erstmals aus dem Munde seines Neffen, des Ersten Obersthofmeisters Fürst Alfred Montenuovo, dem Liechtenstein, als er als Erster Obersthofmeister den Neffen zum Zweiten Obersthofmeister einsetzte, ebenfalls einschärfte, dem Kaiser niemals von Dingen zu reden, die nicht den Wirkungsbereich seines Hofamtes beträfen. Liechtenstein tat dieses mit dem charakteristischen Bemerken, er habe ein einziges Mal über dringende Bitte hoch stehender Freunde Seine Majestät auf einen Würdenträger aufmerksam gemacht, der sich schon manche Verdienste um öffentliche Interessen erworben habe und nun sehnlichst eine Allerhöchste Auszeichnung erwarte. Der Kaiser habe ihn ruhig angehört, ihm dann aber trocken gesagt: ‚Sagen Sie mir zunächst, wieso diese Angelegenheit Sie angeht.‘ Nie wieder habe er gewagt, unberufen etwas vorzubringen.“ In: Walter Goldinger (Hg.), Kaiserhaus, Staatsmänner und Politiker. Aufzeichnungen des k.k. Statthalters Erich Graf Kielmansegg, Wien 1966, S. 32. 9 HHStA OMeA Hofmarschalldienst 1865 r 97/1. 10 Was es mit dieser Vorstufe zur Ernennung zum Obersthofmeister, jener zum Hofmarschall, einer Position die es bisher in der Führungsriege des Wiener Hofes nicht gegeben sowie mit der Ernennung zum stellvertretenden Obersthofmeister auf sich hat, konnte weder den Quellen des HHStA noch jenen des FA Hohenlohe entnommen werden. Es war bis dahin nicht üblich, einen Obersthofmeister „schrittweise“ in sein Amt einzuführen.

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11 HHStA OMeA r 121/6 ex 1866 interimistische Leitung des Obersthofmeisterstabes sowie HHStA OMeA Obersthofmeisterdienst-Erklärung über diese Stellvertreterwürde 1866 r 121/14,9. 12 Ein interessantes Detail in Hohenlohes Karriere kann bis heute nicht wirklich geklärt werden, nämlich der merkwürdige Zeitpunkt der Ernennung Hohenlohes zum „provisorischen“ Obersthofmeister: Drei Tage nach der Schlacht von Königgrätz, deren Folge der Ausschluss Österreichs aus dem deutschen Bund war, das erzwungene Ende der jahrhundertealten Allianz zwischen Habsburg und dem alten Reich. Der österreichische Kaiser, der in großer Schmach aus dem deutschen Bund gedrängt wurde, ernennt einen deutschen Fürsten zum ersten Mann seines Hofes und damit zu seinem offiziellen Stellvertreter. Da bis dato alle Obersthofmeister, mögen sie auch ursprünglich dem Reichsadel zuzurechnen sein, durchaus als „österreichische“ Fürsten durchgehen, war diese offizielle Ernennung eines „deutschen“ Fürsten, dessen Bruder auch noch als Ministerpräsident von Bayern, gemäß des Vertrags des Friedens zu Prag, Artikel 4 („Deutschland ist ohne Beteiligung und mit Ausschluß Österreichs zu constituieren“ den Eintritt in die Verhandlungen mit Preußen über das Verhältnis der süddeutschen Staaten zum norddeutschen Bund), dringend empfahl, extrem ungewöhnlich. Sollte dies eine deutliche Demonstration in Richtung Preußen sein? Vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass es einen „provisorischen“ Obersthofmeister bis dato nie am Wiener Hofgegeben hatte. 13 HHStA OMeA Ernennung zum Obersthofmeister 1867 r 121/14;9 sowie HHStA OMeA 1867 r 24/9 ex 1867 Eidablegung. 14 HHStA OMeA Gehaltseinstufung r 121//4 ex 1867 Gehalt. 15 HHStA OMeA r 24/E/13 ex 1867 Norma über die Quartierauslagen, Quartier im Augarten. 16 Zu dieser Entwicklung siehe Ivan von Zolger, Der Hofstaat des Hauses Österreich (=Wiener Staatswissenschaftliche Studien, Bd. 14), Wien 1917, S. 239–259. 17 Das von Hohenlohe errechnete und durchkalkulierte Sparpaket ging direkt auf Kaiser Franz Joseph zurück, siehe dessen Anordnung an Hohenlohe: HHStA OMeA r121/7 ex 1866 – Ah. Schreiben vom 5.8.1866: „Lieber Fürst Hohenlohe-Schillingsfürst! Es ist mein Wille, dass der gesamte Aufwand für meinen Hofstaat im Verwaltungsjahre 1867 auf die Summe von fünf Millionen Gulden ÖW [Österreichischer Währung, M.W.] beschränkt werde. Um die hiernach in den einzelnen Zweigen des Hofdienstes nöthig werdenden Ersparungen in der wirksamsten und zugleich möglichst schonenden Weise eintreten lassen zu können, beauftrage ich Sie dieserwegen mit den Chefs Meiner übrigen Hofstäbe in commissionelle Beratungen zu treten, und mir die diesfälligen Anträge zur Genehmigung vorzulegen. Franz Joseph“. 18 Franz Joseph an Elisabeth, 10.8.1866, in: Georg Nostitz-Rieneck, Briefe Kaiser Franz Josephs an Kaiserin Elisabeth 1859–1898, Wien 1966, 2 Bde., hier Bd. 1, S. 429. 19 Siehe etwa HHStA OMeA r121/7 ex 1866 – Verzichtserklärung Erzherzog Karl Ludwigs vom 13.8.1866 sowie HHStA OMeA r121/7 ex 1866, Verzichtserklärung Erzherzogs Ludwigs, ohne Datum und HHStA OMeA r121/7 ex 1866 – Verzichtserklärung Kaiserin Caroline Augustes vom 14.8.1866.

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20 Diese Maßnahme Hohenlohes stand in krassem Gegensatz zu jenem Maßnahmenpaket des Wiener Hofes an Einsparung des Jahres 1849 durch Karl Graf Grünne, als der Hof vorwiegend bei den Angestellten des Wiener Hofes einsparte, v. a. durch Kürzung vieler Sozialmaßnahmen, Einsparungen von Posten und Pensionierungen, siehe dazu: Martina Winkelhofer, Der Hof unter Kaiser Franz Joseph, Diss. phil, Wien 2010, S. 56–66. 21 Winkelhofer, Hof, S. 119–122. 22 Zolger, Hofstaat, S. 239–269. Nur ein einziges Mal, 1908, wurde im Budgetausschuss des Abgeordnetenhauses eine Spezifikation der Verwendung der Hofstaatsdotation verlangt; mit Hinweis, dass die Verwendung ausschließlich der Disposition des Kaisers vorbehalten sei, wurde die Anfrage abgewiesen. Siehe dazu: Ausschussbericht 28. Jänner 1906. Beilage des Sten. Protokolls des A.H, 18. Session. 23 HHStA OMeA r121/9 ex 1866 – 120/2/h „Instruktionen für die Verrechnung der bei dem k. u. k. Hofzahlamte vorkommenden Gebarungen“, §1-§24. 24 Otto Brunner, Das „Ganze Haus“ und die alteuropäische „Ökonomik“, in: Ders., Neue Wege der Verfassungs- und Sozialgeschichte,Göttingen ²1968, S. 103–127. 25 HHStA OMeA r121/1/ ex 1871 vom 7.1.1871 – 1.Teil: Über die Pensionierung des bisherigen Direktors des Obersthofmeisteramtes sowie die Neueinsetzung einiger Hofsekretäre und HHStA OMeA r121/1/b ex 1872: Gesamtneuaufstellung des Obersthofmeisterstabes. 26 Siehe exemplarisch die Karriere des Kanzleidirektors Franz Edler von Raymond. Seinen Aufstieg belegen folgende Quellen im HHStA: OMeA r27/9 ex 1839, r121/6 ex 1845, 121/2 ex 1850, r121/6 ex 1855, r121/6 ex 1865, r120/2/c ex 1867, r67/15 ex 1869, r121/1 ex 1871, r 121/7 ex 1871. 27 Constantin Hohenlohe war quasi der Vater der künftigen Verwaltungselite des Wiener Hofes. Denn jene Gruppe an jungen und hoch qualifizierten Sekretären, die er von den Wirtschaftskanzleien der hochadeligen Verwaltungsbetriebe seiner unmittelbaren Umgebung um das Jahr 1870 abwarb, sollte in den kommenden 50 Jahren an die Spitze des Wiener Hofes drängen und die bedeutendsten Wirtschaftspositionen einnehmen. Aus diesem Neuzugang bei Hof (der von Hohenlohe stark gefördert wurde) entstanden Beamtendynastien, auf deren Mitglieder auch die Erste Republik nicht verzichten wollte, die nach dem Systemwechsel höchste Positionen in Verwaltung und Staatsbetrieben einnehmen sollten. Mancher dieser direkten Nachkommen sind auch noch in der 2. Republik in Österreich in hohen staatlichen Verwaltungspositionen zu finden. 28 HHStA OMeA r 121/1/b ex 1872 – „Allerunterthänigster Vortrag der Treugehorsamsten Obersten Hofämter vom 6. Dezember 1872, Wien, Anhänge A-D zur Regulierungsreform sowie dazu das Antwortschreiben des Kaisers: HHStA OMeA r121/1/b ex 1872 – 2Ah. Schreiben vom 9.Dezember 1872 – Bewilligung sämtlicher Hohenlohe’scher Ausführungen. 29 HHStA OMeA r 121/13 ex 1875 – so erhält etwa Constantin Hohenlohe nach der Regulierung der Bezüge der Hofchargen das Funktionsgehalt von 6 000 Gulden und das Repräsentationsgehalt von 18 000 Gulden. 30 HHStA OMeA r121/1/b ex 1872 – Anhang: „Erhöhung der Pensionen und Provisionen für die Witwen und Waisen der Hofstaatsbediensteten“.

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31 Nähere Details zum geplanten Pensionsfonds lassen sich im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv nicht finden. Die wichtigen „Hofzahlbücher“, die über die genaue Buchführung der Finanzgebarung des Wiener Hofes Aufschluss geben könnten, wurden in der 1. Republik skartiert, siehe Ludwig Bittner (Hrsg.), Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs, Wien 1936–1940, Bd. 5, S. 346. 32 Interessant ist dieser Vorschlag aber allemal, zeigt er doch, dass auch Constantin Hohenlohe den großen Glauben der Gründerzeit in die Möglichkeiten der Kapitalmärkte und Börsen teilte, ein Vertrauen, das ein Jahr später – 1873 – durch den großen Börsenkrach in Wien gründlich erschüttert werden sollte. 33 Kaiser Franz Joseph an Kaiserin Elisabeth, 17. 2.1866, in: Nostitz-Rieneck, Briefe, S. 349 f. 34 Der Obersthofmeister des Wiener Hofes hatte im Zeitalter Kaiser Franz Josephs in seinem Obersthofmeisterstab auch die Verantwortung für die Hoftheater inne. Ein Organigramm, das die vier Hofstäbe und den Verantwortungsbereich des Obersthofmeister zeigt, findet sich in: Martina Winkelhofer, Viribus Unitis. Der Kaiser und sein Hof. Ein neues Franz Joseph Bild. Wien 2008, S. 74f. 35 Kaiser Franz Joseph an Katharina Schratt, 15.10.1893 sowie vom 26.10.1893, in:Brigitte Hamann (Hg.), Fast jede Nacht träume ich von Ihnen. Die Briefe Kaiser Franz Josephs an Katharina Schratt, München 2011 (Erstausgabe Wien 1992), S. 289f. 36 Kaiser Franz Joseph an seine Mutter, 3.2.1866, in: Franz Schnürer, Briefe Kaiser Franz Josephs an seine Mutter, 1838–1872, München 1930, S. 241 f. 37 Lang, Immortellen, S. 7: „Wer jemals Gelegenheit hatte, im k.k. Obersthofmeisteramte amtlich oder geschäftlich oder auch nur in Privatangelegenheiten zu verkehren, wird gewiss von der zuvorkommenden, liebenswürdigen und gefälligen Haltung der Beamten auf das Angenehmste berührt worden sein“. 38 OMeA r 121/3 ex 1877 „Beschwerde wegen verspäteter Zustellung eines Dienstpaketes“ oder OMeA r 53/4 ex 1895 „Anzeige wegen Herumlaufen eines Hundes ohne Maulkorb“. 39 OMeA r 15/21 ex 1889: Als Hohenlohe eine Kiste Porzellan von J. Fischer aus Budapest zugestellt wurde, wird vermerkt: „wird nicht angenommen.“ 40 Zu den Vorwürfen an Hohenlohes Vorgänger siehe HHStA OMeA r121/12 ex 1849: „Allerunterthänigster Vortrag des treugehorsamsten Ersten Obersthofmeisters-Stellvertreters Grafen von Grünne – Eine Reorganisierung des Hofhaushalts betreffend Olmütz am 20sten April 1849“. Ein Beispiel zu den Vorwürfen an den letzten Obersthofmeister unter Kaiser Franz Joseph siehe Nora Fürstin von Fugger, Im Glanz der Kaiserzeit, Wien ²1980, durchgehend. 41 „Hof- und Staats-Handbuch des Kaiserthumes Österreich“ für die Jahre: 1847–1848, 1856–1860, 1866, 1868, 1874, 1876–1882, 1884–1916 (die Jahre 1849–1852, 1855, 1861–1865, 1897, 1869–1873, 1875 sind nicht erschienen). 42 Privates Familienarchiv Abensperg-Traun, Maissau „Aufzeichnungen für Gina Gräfin Liechtenstein von ihrem Vater Ferdinand Wilczek“, unveröffentlichte Druckschrift, S. 370. 43 Siehe dazu: Lothar Höbelt, „Verfassungstreue“ und „Feudale“. Die beiden österreichischen Adelsparteien 1861–1918, in: Etudes Danubiennes 7 (1991), S. 103–114.

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Friedrich-Ferdinand Graf von Beust, Aus drei Viertel Jahrhunderten. Erinnerungen und Aufzeichnungen, 2 Bde., Stuttgart 1887, hier Bd. 2, S. 184. vgl. dazu das Standardwerk: Elisabeth Springer, Geschichte und Kulturleben der Wiener Ringstraße, Wiesbaden 1979. Die Autorin konnte für diesen Band auch Teile von Constantin Hohenlohes Nachlass einsehen, bevor dieser verschwand. Siehe dazu das Standardwerk: Alphons Lhotsky, Die Geschichte der Sammlungen, Bd. 2: Von Maria Theresia bis zum Ende der Monarchie (=Festschrift des Kunsthistorischen Museums zur Feier des fünfzigjährigen Bestandes), Wien 1945 sowie HHStA OMeA 1873 r 90/1 ex 1873, Präsident des Beirates zur Errichtung eines Maria Theresien Denkmals zwischen den beiden Hofmuseen. HHSta OMeA r 89/3 ex 1871: Obersthofmeister wird Leiter der obersten Baubehörde bei den beiden Museen u. d. Hofschauspielhauses. Die außergewöhnliche Rolle Hohenlohes bei all diesen Projekten ist bis heute völlig unaufgearbeitet und harrt einer Auswertung der relevanten Quellen im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv. Vgl. Heinz Kindermann, Theatergeschichte Europas, Bd. 8, Wien 1968 sowie Ulrike Riss, Theatergeschichtliche Aspekte 1880–1916, Wien 1987. Kaiser Franz Joseph an Katharina Schratt, 24.3. 1891, in: Hamann (Hg.), Briefe, S. 247. Philipp Fürst zu Eulenburg-Hertefeld, Erlebnisse an deutschen und fremden Höfen, 2 Bde., Leipzig 1934, hier Bd. 2, Tagebuchnotiz vom 14.2.1896, S. 100. HHStA r 37/16 ex 1896 Ableben S. D. des Fürsten Hohenlohe sowie FA Hohenlohe Karton 4A Constantin Hohenlohe II Mappe Memorabilia Tod Constantin Hohenlohes. HHStA OMeA r 121/10 ex 1896, Abrechnung der Burghauptmannschaft anl. der Leichenfeier. Wiener Zeitung vom 17.2.1896. FA Hohenlohe Karton 6 Constantin Hohenlohe 5 – eigene Kompositionen Constantin Hohenlohes. Anton Bettelheim, Marie Fürstin zu Hohenlohe-Schillingsfürst, in: Neue Österreichische Biographie 1815–1918, Biographien, 4.Band, Wien 1927, S. 58–76. Elisabeth Kinsky-Wilczek (Hg.), Hans Wilczek erzählt seinen Enkeln Erinnerungen aus seinem Leben, Graz 1933, S. 197. Wiener Stadtbibliothek, Handschriftensammlung, Nachlass Heinrich Friedjung, Karton 2 (97/2), Blatt 83–168, Interview mit Gräfin Festetics am 27. und 28. 5. 1909 in Campiglio. Eulenburg, Erlebnisse an deutschen und fremden Höfen, Bd. 2, Leipzig 1934, Pauline Metternich an Eulenburg, Meran 18.2. 1896, S. 101.

Prinz Konrad zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1863–1918).

Prinz Konrad zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1863–1918) Vom „roten Prinzen“ zur „Adelsjunta“?1 Lothar Höbelt

Der „rote Prinz“: Genesis eines Spitznamens Man kann die Vorteile – und die Vorurteile – , die einem Hocharistokraten in die Wiege gelegt waren – kaum besser skizzieren als mit einer kleinen, vermutlich apokryphen Anekdote. Der Jurist Professor Edmund Bernatzik, eine Koryphäe der österreichischen Staatsrechtslehrer, beendete die Prüfung eines Grafen mit den Worten: „Ich kann es zwar nicht verhindern, daß Sie Statthalter von Böhmen werden, aber ich kann es verzögern. Sie sind durchgefallen.“ Die Wahrnehmung des Adels durch „die bürgerliche Öffentlichkeit“, die Presse, die akademische Welt (damals und heute), war geprägt von gewissen Klischees, wie man sich einen Hochadeligen, ja schon gar einen Prinzen und Sohn des langjährigen kaiserlichen Obersthofmeisters vorzustellen habe. Abweichungen wurden erstaunt zur Kenntnis genommen – nicht als Indiz, dass die Klischees eben doch nicht so ganz stimmten, sondern als Ausnahme, welche die Regel bestätigt. Deshalb lief ein Hoch­adeliger, wenn er den Klischees der Junkerfresser nicht entsprach, immer wieder Gefahr, als „roter Prinz“ apostrophiert, gelobt oder verdammt zu werden. Immerhin, eines bestätigt uns selbst das harte Urteil Bernatziks: Der Adel studierte, nicht mehr bloß an Ritterakademien und Kavalierstouren, wie es noch die Metternichs und Schwarzenbergs vor 1848 praktiziert hatten, sondern regulär an der Universität. Konrad absolvierte das Schotten-Gymnasium, dann 1887 das Jus-Studium (Bernatzik lehrte damals noch nicht in Wien!) und trat mit dem 25. Mai 1888 in den „Konzeptsdienst“ der „politischen“ Verwaltung ein, als „A-Beamter“, wie es heute heißen würde, mit dem feinen Unterschied freilich, dass Anwärter damals – ob adelig oder nicht – zunächst einmal probeweise auf ein Jahr ohne Bezüge zu dienen hatten. An der Wahl der Laufbahn war vielleicht auch auffällig, dass Konrad nicht die (militär)diplomatische Karriere einschlug wie sein Bruder Gottfried, oder einfach nur einige Jahre in einem der vornehmen Kavallerieregimenter diente, wie es viele seiner Standesgenossen taten, um sich dann auf ihre Güter zurückzuziehen. 1889 wurde Konrad nach Prag versetzt – zweifellos ein interessanter Posten, denn damals wurde gerade wieder einmal intensiv um den böhmischen „Aus-

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gleich“ gerungen; 1893 kam er zurück ins Ministerium des Inneren. Doch schon im Mai 1894 erhielt er seinen ersten selbstständigen Posten, als Amtsleiter, im Oktober dann definitiver Bezirkshauptmann in Teplitz – mit knapp 31 Jahren. Der Verdacht ist nicht von der Hand zu weisen: So schnell avancierte man normalerweise nicht. Prompt wurde im Abgeordnetenhaus eine Interpellation eingebracht, warum das „Protektionskind“ bei seiner Beförderung 72 Bezirkskommissäre und 15 Statthaltereisekretäre übersprungen habe.2 Zweifellos, da spielte die Herkunft eine Rolle. Ein bürgerlicher Bewerber ohne Verbindungen hätte wohl mehr Vordienstzeiten haben müssen. Doch aus dem vorauseilenden „Crucifige“ wurde überraschend schnell ein „Hosianna“ – ein Hosianna freilich, dass Rechtgläubige mitunter für Applaus von der falschen Seite halten konnten. Schon in Teplitz erwarb sich Hohenlohe den Ruf als „roter Prinz“. Das muss man nicht ganz so wörtlich nehmen; es war zweifelsohne nicht mit Marxismus gleichzusetzen, oder mit den Bismarck-Urenkeln, die stolz SP-Parteibücher schwenken. Rote Prinzen hatte es schon vor ihm gegeben und sollte es nach ihm geben, z. B. den Fürsten Camillo Starhemberg;3 oder Lajos Windischgraetz. „Rot“ hieß auch damals zuallererst, nicht „schwarz“ zu sein. Der Adel stand im Ruf, katholisch und konservativ zu sein. Beides stimmte zumeist auch, freilich in einem vor-politischen Sinne (Konrads Bruder Philipp z. B. trat 1896 als Pater Konstantin in den Benediktinerorden ein und lehrte ab 1918 als Kollege Bernatziks an der Wiener Universität Kirchenrecht). Den katholisch-konservativen Parteien hingegen, dem politischen Katholizismus, mit seinem Populismus der Kapläne und Kleinbauern, stand der Großteil des politisch aktiven Hochadels – insbesondere die sogenannten „Verfassungstreuen“ – mit einer gewissen Reserve gegenüber.4 Es war daher vielleicht nicht gar so verwunderlich, wenn der neue Bezirkshauptmann zur 25-Jahr-Feier des Reichsvolksschulgesetzes eine Ansprache hielt;5 doch die Liberalen, nach einem langen Marsch durch die dürren Gefilde der Opposition 1893/94 in einer Großen Koalition eben erst an die Macht zurückgekehrt, oder zumindest einen Zipfel davon, vermerkten es dankbar. Der Ruf, den Konrad sich in Teplitz erwarb, beruhte freilich auf einer Toleranz auch gegenüber den Oppositionellen, die Oppositionelle geblieben waren – und stolz verkündeten, dass sie es auch weiterhin zu bleiben gedachten, Sozialdemokraten und Alldeutschen, beide gleichermaßen misstrauisch gegen alle Anzeichen des vermeintlichen Bündnisses von Thron und Altar. Wie immer, wenn es um Reputationen und Image geht, wäre es faszinierend, im Detail nachzuzeichnen, wann und wo genau die Legende ihren Ursprung nahm – auch wenn es in dem Fall keine „leyenda negra“ war, sondern das Gegenteil. Leider ist der Aktenberg der k.k.-Bürokratie der Zeitgeschichte zum

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Opfer gefallen, dem Wiener Justizpalastbrand vom 15. Juli 1927. Man muss die Tätigkeit Konrads deshalb umständlich zu rekonstruieren versuchen. Dabei fällt es nicht immer leicht, die Episoden zu belegen, die später in diesem Zusammenhang gern zitiert wurden. Schon im ersten Jahr als Bezirkshauptmann soll er einen Streik geschlichtet haben, denn die elegante Badestadt Teplitz lag unmittelbar neben dem nordwestböhmischen Braunkohlenrevier; kurioserweise finden sich in den zeitgenössischen Blättern wenig zweckdienliche Angaben, sondern erst ein Dutzend Jahre später.6 Vielleicht finden erfolgreiche Schlichtungsfälle eben auch abseits der Öffentlichkeit statt. Gerhart Hauptmanns „Weber“, von der Theaterzensur der Metropolen misstrauisch beäugt, ließ er in Teplitz angeblich unbeschadet aufführen.7 Nordwestböhmen war ein heißes Pflaster, nicht bloß wegen des Klassenkampfes; es war ein Zentrum, ja vielleicht das Zentrum des Nationalitätenkonfliktes in der Habsburgermonarchie. Der politische Bezirk Teplitz, mit Dux und Brüx, zählte ursprünglich zum geschlossenen deutschen Sprachgebiet; doch die Sprachgrenze, der sogenannte „nationale Besitzstand“, wurde unterspült durch tschechische Arbeiter, die ins Kohlenrevier strömten; bei allen Beratungen um den böhmischen Ausgleich, bereitete die Region besonderes Kopfzerbrechen. Hohenlohes Bezirk war nicht bloß ein neuralgischer Punkt; seine Amtsperiode fiel auch in die berüchtigten „interessanten Zeiten“. 1897 brach die sogenannte „Badeni-Krise“ los.8 Deutscher Unmut über die Sprachenverordnungen des Ministerpräsidenten führte zu Massendemonstrationen und Ausschreitungen, Militäreinsatz und Repressalien. In dem Fall waren „no news good news“. Während Kollegen mit Gendarmerie und Landwehr, Bajonetten und Kavallerie gegen Demonstranten vorgingen, bis hin zu diplomatischen Zwischenfällen um Redner, die sich vorsorglich um die bayerischen Grenzpfähle aufstellten, zollte Hohenlohe auf dem Höhepunkt der Krise die radikalnationale Zeitung das Kompliment: „Im Teplitzer Bezirke gedenken die Deutschen ihres Bezirkshauptmannes … lobend, da bisher kein Hindernis der deutschen Bewegung weder durch Versammlungsverbote noch durch Zeitungsbeschlagnahme von seiner Seite erfolgte.“9 Die Opposition aller Schattierungen stimmte überein, Hohenlohe sei ein Feind des Polizeiaufgebotes; er habe nur eine einzige Versammlung verboten; außerdem mit den Führern der Opposition immer persönlich verhandelt. Er „wußte so die politische Betätigung im Rahmen der Ordnung zu halten“. Man habe „jederzeit auf seine Gerechtigkeit rechnen können“; ja, schließlich hieß es, er sei wegen seiner Toleranz sogar Anfeindungen ausgesetzt gewesen und habe es sich mit den Liberalen verdorben: Der Stadtrat Stradal, als Präsident der Aussig-Teplitzer Bahn ein mächtiger Mann, habe ein Konvolut anstößiger Artikel, die in der „Freiheit“, dem Blatt des Arbeiterführers Seliger, abgedruckt und von Hohenlohe

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nicht konfisziert worden waren, gesammelt und mit einer Beschwerde an den Statthalter Coudenhove geschickt.10 Mag sein, dass hier wie so oft das alte Sprichwort zutrifft: Fama crescit eundo. Auf alle Fälle bewies Hohenlohe größere Gelassenheit als viele seiner Kollegen im Umgang mit der Opposition. Die Frage stellt sich, ob man in seinem Falle Gagerns berühmte Formulierung nicht umkehren müsste, die 1848 in der Paulskirche solche Furore machte – konnte Hohenlohe sich diese Nonchalance leisten, nicht obwohl, sondern weil er ein Prinz war? Ein 08/15-Beamter wäre deshalb vielleicht Zielscheibe von Verdächtigungen geworden, er sympathisiere tatsächlich mit den „Reichsfeinden“, der Sohn des Obersthofmeisters war darüber erhaben, genauso wie über die Kritik des Statthalters Coudenhove, wenn es denn tatsächlich soweit kam. Es folgten einige Jahre in der „Zentrale“: Ein Untergebener erinnerte sich, es sei „eine Freude gewesen, unter ihm zu arbeiten; denn er war das Gegenteil eines Bürokraten. Gesetzeskenntnis beschwerte ihn nicht sonderlich [was hätte der gestrenge Bernatzik dazu wohl gesagt!, L.H.]; aber er hatte Verständnis für die Menschen, für das pulsierende Leben, das hinter den Akten steckt. Ihn interessierte mehr die Sache […] als der juristische Fall.“11 Mit den Worten eines anderen Mitarbeiters – und langjährigen Gegners – lasen sich dieselben Eigenschaften dann freilich ganz anders: Er sei „ein schonungsloser Kritiker aller seiner Vorgesetzten“ gewesen, mit einer „merkwürdigen Mischung von innerlichem aristokratischem Dünkel und äußerlich demokratischem Gehaben.“12 Das Epitheton „roter Prinz“ jedenfalls erfuhr eine gewisse Renaissance auch auf Konrads nächsten „Außenposten“, jetzt schon als Landeschef, nämlich in Czernowitz, im „Fernen Osten“ der Monarchie, in einem Land, wo es keine dominante ethnische Gruppe gab, nur Minderheiten, die einander laut Gregor v. Rezzori mit „fröhlicher Verachtung“ begegneten. Hohenlohes Aufenthalt in der Bukowina war kurz, seine Amtsperiode dauerte nur anderthalb Jahre, vom 4. April 1903 bis zum 1. Oktober 1904.13 Konrads Tätigkeit in der Bukowina stand in einem gewissen Zusammenhang mit den Herausforderungen, die bald darauf auf einer größeren Bühne auf ihn zukamen, nämlich die Vorbereitung einer Wahlreform für den Landtag. Hohenlohe brachte im Landtag eine übernationale deutsch-jüdisch, rumänisch-ruthenische Reformkoalition zustande gegen die ebenfalls übernationale, weil nur zum Teil rumänische, daneben griechisch-phanariotische und armeno-polnische Front der konservativen Bojaren. Zum ersten Mal seien in diesem Lande, wo die Verwaltung gewohnheitsmäßig mit obrigkeitlichem Druck Wahlen „machte“, unter seiner Ägide tatsächlich „reine Wahlen“ abgehalten worden. 14 Die nächste Station seiner Karriere sollte sich als dauerhafter erweisen. Hohenlohe übersiedelte für über ein Jahrzehnt nach Triest, als Statthalter des

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Küstenlandes – immer schon ein Sprungbrett für Karrieren. Das Küstenland, eigentlich: die Küstenländer, war(en) ein komplexes Aufgabengebiet – es gab hier einen Statthalter für drei Länder, mit unterschiedlichen Mischungsverhältnissen zwischen Italienern und Slawen; am friedlichsten ging es in Görz und Gradisca zu, mit seinen gut katholischen Friulanern, während Istrien ein heiß umkämpfter Boden war; schließlich war da Triest, Stadt und Land in einem, mit einem eigenwilligen Magistrat und städtischen Intellektuellen mit überschäumendem, irredentistisch angehauchten Temperament, die beide wiederum der Wiener Zentrale, insbesondere dem Militär, ein Dorn im Auge waren, weshalb man dort immer wieder Pläne schmiedete, Triest zur reichsunmittelbaren Stadt zu erheben, oder vielleicht besser (oder schlimmer) zu degradieren. Dazu kam in der Hafen- und Industriestadt eine militante Arbeiterbewegung; alles noch dazu überschattet von der Verschlechterung der Beziehungen zum Dreibundpartner Italien 1903/04. In Nachschlagewerken findet sich Hohenlohes Triestiner Zeit dann zusammengefasst, er sei „entschieden gegen den Irredentismus einer Oberschicht“ aufgetreten;15 doch auch dieses Urteil bezieht sich in erster Linie auf eine spätere Episode. In den ersten Jahren war von einer Gegnerschaft zu den tonangebenden Italienern wenig zu spüren. Hohenlohe hatte in drei Monaten Italienisch gelernt;16 er fand, das Militär übertreibe die Gefahr des Irredentismus und war anfangs angeblich auch kein Gegner der Errichtung einer italienischen Rechtsfakultät in Triest; erst später kam er zu dem Schluss, der einzig passende Standort dafür sei Wien.17 Als Konrad 1906 Triest kurzfristig verließ, widmete man ihm in italienischen politischen Zirkeln jedenfalls noch einen recht freundlichen Nachruf: Man sei mit ihm im Allgemeinen zufrieden gewesen; alle Schikanen – der Stadtverwaltung waren kurz davor die Kompetenzen im sogenannten „übertragenen Wirkungskreis“ entzogen worden – gingen auf das Konto der Militärbehörden.18

Ministerpräsident: „Dem Kaiser durch eine Triumphpforte entschlüpft“ Der Abstecher, den Hohenlohe von Triest aus 1906 unternahm, stellte formal den Höhepunkt seiner Karriere dar, aber vielleicht immer noch nicht die wichtigste Stufe seiner Laufbahn. Am 2. Mai 1906 ernannte Franz Joseph I. ihn zum Ministerpräsidenten der „im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder“ (erst 1915 erhielt dieses Gebilde offiziell den Titel Österreich). Konrad übernahm dieses Amt nicht mit der Perspektive des „Durchgfrettens“, wie es einer seiner Vorgänger – nicht zufällig der langlebigste – lächelnd bezeichnet hatte, des Überlebens und Aussitzens, sondern mit einer ganz spezifischen, klar

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umrissenen Aufgabe, einer „gebundenen Marschroute“19: die Verabschiedung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts durchzusetzen. In dieser Beziehung war Hohenlohe ein Überzeugungstäter und doch nicht ganz zufrieden mit seiner Erbschaft. Er habe, schrieb er wenige Monate zuvor, „die Wahlreform immer für das geeignete Mittel gehalten, unsere verfassungsmäßigen Verhältnisse zu sanieren. Aber gegeben müßte sie werden und nicht entrissen dürfte sie werden.“ Dazu gehörte das rechte Timing: Das allgemeine Wahlrecht sei „ein großer Schlager“ – aber der richtige Moment dafür sei verpaßt worden, als „Kristoffy damit in Ungarn vorfuhr.“20 Die „Sanierung“ unserer parlamentarischen Zustände, das war ein Motiv nicht bloß für Hohenlohe, sondern auch für den Kaiser. Denn gerade das alte Kurienparlament, diese Kreuzung aus liberalen Idealen und konservativen Sicherungen, war „geschäftsmäßig“ nichts wert – weil sich die nationalen Parteien schon jahrelang in wechselseitiger Obstruktion ergingen.21 Ungarn, das war das zweite Stichwort in Bezug auf die Wahlreform. Dort hatte 1905 erstmals die oppositionelle Unabhängigkeitspartei die Wahlen gewonnen, angeführt vom leibhaftigen Sohn des 48er-Revolutionärs Kossuth (der sich freilich als Schaf im Wolfspelz erwies). Die Unabhängigkeitspartei erhob Forderungen, die ihrem Namen Ehre einlegen sollten; Franz Joseph – und sein gegen die Parlamentsmehrheit eingesetzter Innenminister Kristoffy –– konterten mit der Drohung, in Ungarn das allgemeine Wahlrecht zu „oktroyieren“: Dann würde die Hälfte des ungarischen Reichstages das nächste Mal eben nicht mehr aus Magyaren bestehen. Diese Drohung war umso glaubwürdiger, wenn das allgemeine Wahlrecht auch in der anderen Reichshälfte eingebracht würde. Im November 1905 hatte Franz Joseph sich zu dieser Reform entschlossen. Doch der Anlassfall war inzwischen Geschichte: Anfang April 1906 fand man in Ungarn zu einer Kompromisslösung. Die Unabhängigen wurden trotz absoluter Mehrheit mit einigen Ressorts abgefunden und in einer Koalitionsregierung domestiziert; mit Sandor Wekerle übernahm ein Mann für alle Jahreszeiten den Posten des ungarischen Premier­ ministers.22 Hohenlohes Vorgänger Paul v. Gautsch war zwar kein prinzipieller Verfechter des „one man, one vote“ gewesen, aber ein treuer Diener seines Herrn. Er führte dessen Aufträge aus, auch wenn man ihm vielleicht zuweilen ansah, dass er „wider Willen in eine andere Richtung gedrängt worden[war], die zu seiner ganzen Veranlagung nicht paßt.“23 Als vermeintlicher Vertrauensmann der Slawen stand Gautsch allerdings vor einem Problem: Von den beiden großen Blöcken auf der slawischen Rechten waren die Jungtschechen Anhänger der Wahlreform, die Polen strikte Gegner. Am 28. April 1906 erteilte der Polen­ klub Gautsch’ Vorschlägen eine Absage.24

Prinz Konrad zu Hohenlohe-Schillingsfürst  | Der „rote Prinz“ in der Karikatur, aus: Der Floh, 6.5.1906.

Hohenlohe als Ministerpräsident war eine auf den ersten Blick überraschende Wahl – doch nicht für Insider. Schon im Dezember 1905 schrieb der Obersthofmeister Rudolf Liechtenstein, der Nachfolger seines Vaters und Freund der Familie: „Wenn ein etwaiger Sturz des Gautsch ventiliert wird, spricht man von Konrad als Nachfolger.“25 Hohenlohes Ernennung folgte auch einer politischen Logik. Die Christlichsozialen und die Tschechen waren aus Überzeugung für die Wahlreform; wollte man sie im Parlament durchbringen, so musste man einen Premier finden, der in der Lage war, den Skeptikern die bittere Pille zu versüßen, nicht nur den Polen, sondern auch den Deutschen, dem Adel, den Großgrundbesitzerklubs, schließlich auch dem Herrenhaus, der Zweiten Kammer. Max Wladimir Beck, wenige Wochen später Konrads Nachfolger, sagte voraus: „Hohenlohe wird es bei den Deutschen leichter, bei den Tschechen etwas schwieriger haben als Gautsch.“26 Es waren auch die Tschechen, die prompt den Topos vom „roten Prinzen“ bemühten, verbunden mit historisch-literarischen Anspielungen, die heutigen

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Parlamenten weitgehend fremd sind. Der Abgeordnete von Leitomischl, Ritter Boleslav von Placek, ging deshalb bis zur Schlacht von Crecy 1346 zurück. Damals war der blinde König Johann von Böhmen als französischer Lehnsmann gegen die Engländer gefallen. Placek entwickelte daraus seine Parallelen zur Gegenwart. Die tschechische Politik habe infolge ihres „blinden Vertrauens“ zu Gautsch eine Niederlage erlitten; am Tage nach der Schlacht von Crecy habe der „schwarze Prinz“, der Sohn des englischen Königs, das Schlachtfeld besichtigt und den toten König an seiner Devise „Ich dien“ erkannt, die zum Motto des Hosenbandordens wurde. Da sei „kein so großer Unterschied; diesmal haben wir es der allgemeinen Fama nach mit einem roten Prinzen zu tun.“27 Andere Redner hielten sich weniger lang mit gelehrten Anspielungen auf. Die Debatte wurde eingeleitet von zwei Gegnern der Wahlreform: Der Alldeutsche Herzog sprach von dem Hochadeligen, der sich nicht scheut, zum „Genossen der Genossen“ zu werden;28 Graf Adalbert („Montschi“) Sternberg, eine schlechtere Empfehlung für uns „katholische Slawen“ könne er sich nicht vorstellen.29 Der Ministerpräsident stand zunächst bei Freund und Feind im Ruf des Idealisten, des Enthusiasten, wie Kritiker betonten: „oberflächlichen“ Enthusiasten (Placek), des „pathologischen Optimisten“ (Sternberg), ja der „Naiven vom Burgtheater“, wie es Ottokar Czernin ausdrückte, der sich „als aufrichtiger persönlicher Freund“, aber „Todfeind der ganzen Tendenz“ bezeichnete, und deshalb hoffte, dass Konrad „schnell geht und nicht zu viel leidet.“30 Die Kritik war freilich genausowenig zufrieden, als Hohenlohe bei seinem zweiten Auftritt im Parlament bat, „mir aber doch soviel praktischen Sinn zuzutrauen, daß ich nur das Mögliche anstrebe.“31 Denn dieser Rückzug auf das praktisch Durchführbare verwandle die Wahlreform in eine „Mandatsbörse“. Man lobte, „S.D. sei bekannt durch seine sehr süßen, sehr höflichen Worte und durch sein sehr konziliantes Benehmen“, werde den Verdacht aber nicht los, dass doch eine Wendung eingetreten sei, und zwar nach links.32 Bei dieser Wendung nach links, hin zu den Deutschen, ging es um die Wahlkreiseinteilung, die nicht bloß die Bevölkerung, sondern auch die Steuerleistung berücksichtigen sollte.33 Die Wahlkreisgeometrie gipfelte in dem Ringen um die sogenannte „Spannung“: Wie groß durfte die Majorität der Slawen im künftigen „Volkshaus“ sein? Nach Gautsch’ Entwürfen hätte sie fünf Mandate betragen; Hohenlohe handelte sie auf drei herab – dabei wurden vor allem seinen bisherigen Schützlingen, den Italienern und der Bukowina, ein paar Sitze mehr zugestanden! Bei der „Spannung“ handelte es sich um ein Prestigeprojekt der Parteien – die Slawen, z. B. die Polen und Ukrainer, waren sich nach der Wahlreform noch weniger einig als zuvor, die slawische Mehrheit ein Popanz. Ernsthafter war da

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schon die zweite Kardinalforderung der Deutschen: Hohenlohe verbürgte sich, „unbedingt daran festhalten“ zu wollen, „die Wahlkreiseinteilung gegen spätere Abänderungen unter den Schutz einer Zweidrittel-Majorität zu stellen, was in der alten Vorlage nicht enthalten ist und eine sichere Gewähr gegen slawische Eroberungsgelüste wäre.“ 34 Dieser Forderung hinreichende Akzeptanz verschafft zu haben, war das bleibende Verdienst der Regierung Hohenlohe. Der Paragraph – für die Tschechen „eine Versteinerung des deutschen Vetos“ – sollte eine Garantie gegen eine künftige „Vergewaltigung der Deutschen“ bieten. Kaiser Wilhelm II. kommentierte den entsprechenden Bericht seines Botschafters in Wien dennoch mit einer empörten Marginalie: „Also er sieht sie [die Vergewaltigung, L.H.] voraus und dennoch!“ 35 Im Mai besuchte er Hohenlohes Schwager Max Egon Fürstenberg – auch er hatte eine der Schwestern Schönborn-Buchheim geheiratet – in Donaueschingen und sagte, „er könne es nicht begreifen, daß ein Hohenlohe seine Hand dazu biete, um das allgemeine Wahlrecht einzuführen, welches der Todesstoß für das Deutschtum in Österreich sei.“36 Konrad hatte diese Widerstände vorausgesehen. Wiederum berief er sich auf den kaiserlichen Auftrag: „Das Programm, das ich übernehme, ist ein solches, bei dem es ein Zurück wohl nicht mehr gibt. Wenn uns die Reichsdeutschen jetzt mit ihren schlechten Erfahrungen warnen, so sollen sie uns auch zeigen, wie man das allgemeine Wahlrecht zurücknimmt. Und als gegeben ist es von dem Moment an zu betrachten, wo sich die Krone dafür ausspricht.“37 Für den 6. Juni 1906 hatte sich Wilhelm II. in Wien angesagt; in der Öffentlichkeit machte man sich bereits Gedanken, wie das Treffen ausfallen würde. Doch zur klärenden Aussprache mit Wilhelm II. kam es nicht mehr. Die Spekulationen, dass es sich beim Kabinett Hohenlohe38 um ein kurzes Intermezzo handeln würde, gingen anfangs immer von der Hypothese aus, Hohenlohe würde von den Gegnern der Wahlreform gestürzt, die es in fast allen Parteien gab. So schrieb Czernin, die Polen und der Großgrundbesitz hofften, dass er „schon im Strudel der Volksparteien umkomme, damit sie sich nicht auf ihn stürzen müssen.“39 Doch überall werde ‚Schwarzer Peter‘ gespielt: „Einer will das Odium des Scheiterns auf den anderen schieben.“40 Man brauchte den Widerstand bloß in Verzögerungen umzumünzen, denn die Legislaturperiode lief in wenigen Monaten ab. War das Parlament erst einmal nach dem alten Modus neugewählt, war für die Gegner der Reform schon viel gewonnen.41 Offene Gegner der Wahlreform waren hingegen gerade Hohenlohes Freunde und Verwandte im Hochadel, der am meisten zu verlieren hatte. Hohenlohe selbst zeigte dafür sogar durchaus Verständnis.42 In den Städten und Landgemeinden würde die Wählerschaft mit der Aufhebung des Zensus mehr als verdoppelt; doch die Kurie des Großgrundbesitzes, die bisher immerhin 85 von 425 Abgeordneten stellte, würde komplett verschwinden. Empört reagierten die

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Standesgenossen insbesondere auf die als Zumutung empfundene Anregung, es könne ihnen bei ihrer gesellschaftlichen Stellung doch nicht schwerfallen, auch im Zeichen des allgemeinen Stimmrechts gewählt zu werden. Denn gerade in Böhmen müsse, wer kandidiert, „schroff national auftreten“. Für Grandseigneurs, die auf beiden Seiten der Sprachgrenze zu Hause seien, wäre das unmöglich.43 Der Chef der Verfassungstreuen, Graf Oswald Thun-Salm, kommentierte resigniert: Hohenlohes „Name sollte eine Garantie sein, daß er dem Deutschtum so weit die Stange hält, als wir es im Interesse des Staates für nötig halten, aber leider gibt in Österreich kein Name eine unbedingte Garantie.“ Für die Konservativen befürchtete Franz Thun, ein Cousin Oswalds, Hohenlohe „wirtschaftet mit seinem Idealismus bald ab und dann kann er ein sehr gefährlicher Ministerpräsident sein“. Für Hohenlohe gefährliche Pläne wälzte wiederum sein „Freund“ Ottokar Czernin, der mit beiden Parteien engen Kontakt hielt. Czernin zeigte sich zwar zuversichtlich, dass Hohenlohe keine Mehrheit im Abgeordnetenhaus finden werde; aber er fürchtete einen Staatsstreich von oben, „im Sinne der großen Massen und der öffentlichen Meinung.“ Wenn „der Allerhöchste einmal überzeugt ist, daß die Straße diesen Akt bejubeln wird, halte ich es für eine äußerst kritische Situation!“ In seiner gewohnt burschikosen Art folgerte er: „Ich bin daher nicht der allgemeinen Meinung, daß Konrad ungefährlich ist und man ihn leben lassen soll, sondern im Gegenteil der Ansicht, ihn sobald wie möglich umzubringen, womöglich in der ungarischen Frage.“ 44 Der Hinweis traf ins Schwarze. In Ungarn stand die nächste Krise bevor, zum Unterschied vom unerwarteten Wahlsieg der Opposition 1905 diesmal „eine angesagte Revolution“. Denn 1907 stand – wie alle zehn Jahre – die Erneuerung des Zoll- und Handelsbündnisses bevor, das beide Reichshälften wirtschaftlich miteinander verband. Wekerle handelte dem Kaiser am 27. Mai die Zustimmung ab, in Ungarn prophylaktisch schon einmal einen autonomen Zolltarif einzubringen, ganz so, als ob man ein Scheitern dieser Verhandlungen erwarte – eine Eventualität, die unter dem Schlagwort „Monarchie auf Kündigung“ alle zehn Jahre wieder an die Wand gemalt wurde. Besondere Brisanz erhielt diese zunächst noch rein formale oder symbolische Maßnahme durch eine Boykottbewegung gegen „cisleithanische“ Waren in Ungarn. Der Kaiser wiederum, so urteilte Koerber einmal, maß wirtschaftlichen Fragen keine besondere Bedeutung bei: „It’s out of his line…“45 Czernin hatte offenbar damit spekuliert, Hohenlohe werde die Ungarn verteidigen und sich damit die Feindschaft des Hauses zuziehen; das Gegenteil trat ein: Hohenlohe war nicht bereit, das unilaterale Vorgehen Ungarns zu decken – und reichte am 28. Mai seine Demission ein. Schon zehn Tage vorher hatte Konrads Bruder Gottfried geschrieben: Wenn der Kaiser den ungarischen

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Forderungen nachgebe, „wird Konrad mit seinem Ministerium einen schönen Abgang haben. Daß er dazu fest entschlossen ist, weiß ich.“46 Gegner warfen ihm später sogar vor, er habe „einen sonst nicht ausreichenden Grund“ zum Rückzug benützt, um sich mit der Wahlreform nicht den Adel zum Feind machen zu müssen. Alois Liechtenstein prägte den Spruch, der bald zum geflügelten Wort wurde: Konrad Hohenlohe sei „dem Kaiser durch eine Triumphpforte entschlüpft.“ 47 Denn das ungarische Vorgehen wurde in Österreich ganz allgemein als Provokation empfunden. Dementsprechend stieß Konrads Reaktion auf begeisterten Widerhall. Diese Popularität war nicht ohne ihre Tücken. Im Reichsrat fand eine einmalige Solidaritätskundgebung statt. Als der Präsident das Abgeordnetenhaus wegen des Rücktritts des Kabinetts vertagen wollte, veranstalteten die Parlamentarier unter dem Vorsitz eines Alterspräsidenten an Ort und Stelle eine „wilde Sitzung“.48 Auch Parteien, die selbst für die Zolltrennung agitiert hatten, heuchelten plötzlich Empörung über die ungarischen Bestrebungen. Am nächsten Tag, dem 30. Mai, legten die Obmänner einen Dringlichkeitsantrag vor, unterschrieben von allen Klubs des Hauses (mit Ausnahme der tschechischen National-Sozialisten). Die Szene erinnerte an die Schilderungen Ovids vom Goldenen Zeitalter. Selbst erbitterte politische Gegner ergingen sich in gutmütigen Anzüglichkeiten. Der Wiener Bürgermeister Lueger scherzte mit den „Sozis“, sie seien doch längst nicht mehr so rabiat und möchten nicht so strenge mit ihm sein; Kramar meinte versöhnlich zu den Deutschen, die Umrisse des böhmischen Ausgleichs seien doch ohnehin klar: „Es gibt viele, welche den Willen zum Frieden haben, leider zu wenige, welche den Mut zum Frieden haben.“49 Freilich, wenn sich das diskreditierte Parlament darauf berief, die Reichskrise „kann nur mit uns, nie aber gegen uns, ebenso wenig ohne uns“50 gelöst werden; war darin eine Spitze nicht bloß gegen Ungarn, sondern auch gegen den Kaiser verborgen. Sprach sich das Kurienparlament wenige Monate vor seinem Hinscheiden Mut zu für einen Verfassungskonflikt? Selbst die Regel, dass die Krone in parlamentarischen Auseinandersetzungen aus dem Spiel zu bleiben habe, wurde immer öfter durchlöchert. Von den Alldeutschen war man es gewohnt zu hören, daß ihnen die Wünsche der Krone (wörtlich!) „Wurst“ seien; raffinierter formulierte es Lueger, der bloß den „König von Ungarn“ ins Visier nahm, „über den werde ich ja ungeniert reden können“ – um dann doch mit dem Schlußakkord zu enden: Es dränge sich unwillkürlich die Frage auf: „Kaiser, willst Du die Verantwortung dafür übernehmen, daß das alte Reich in so erbärmlicher Weise zugrunde geht?“51 Schlimmer noch, Lueger lieferte das Stichwort für das ‚enfant terrible‘ Sternberg, den Skandal auf die Spitze zu treiben. Sternberg hielt die Resolution

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des Hauses immer noch für „servil“, schlug aber keine Alternative vor, denn: „Es gibt Anträge, die man gerne stellen möchte, welche aber verfassungsmäßig in diesem Hause nicht eingebracht werden können.“ Konjunktivisch formulierte er weiter, seine Lösung würde lauten: „Das hohe Haus möge beschließen, in huldvollster Weise S.M. den Kaiser zu bitten, seine Regierungsgeschäfte jüngeren Händen zu überweisen.“52 Wenn an diesem 30. Mai schon Viktor Adler, der Führer der Sozialdemokratie und „Hofrat der Revolution“, den Kaiser vor den aufgebrachten „Bourgeois“ in Schutz nehmen musste, so schuf die aufgeheizte Stimmung für Hohenlohe erst recht eine peinliche Situation. Der Kaiser war nicht davon angetan, von pfiffigen Demagogen öffentliche Lektionen in Patriotismus entgegen zu nehmen. Es ist durchaus plausibel, dass er Hohenlohe den Rücktritt übel nahm.53 Der Kommentar des Radikalnationalen K. H. Wolf traf den Nagel auf den Kopf: „Wahrscheinlich ist S. Exz., Prinz Hohenlohe, so bescheiden, daß er sich nicht einer Ovation aussetzen will.“ Konrad selbst lehnte mit ganz ähnlichen Worten am selben Tag ab, sich an die Spitze eines neuen, parlamentarischen Kabinetts zu stellen: „Ich werde mich unter allen Umständen weigern, weil ich nicht für einen kurzen Rausch von Ovationen den un­vermeidlichen, sehr rasch nachkommenden Katzenjammer eintauschen werde.“54 Er schloss: „Ich freue mich wie ein Kind nach Triest zurück.“ Wieder machte sich die besondere Stellung eines Prinzen bemerkbar. Der tschechische Nationalsozialist Vaclav Choc hatte Konrad als lebenden Beweis der Ungleichheit apostrophiert. Denn wäre er nicht ein Fürst, so wäre er gewiss kein Ministerpräsident.55 Freilich: Ein x-beliebiger Beamtenminister wäre dem Kaiser wohl kaum „durch die Triumphpforte entschlüpft“ – und deshalb auch im Juni noch Ministerpräsident gewesen. Fazit: Ein Prinz konnte sich selbst in der Politik Prinzipientreue leisten. Fazit aber freilich auch: Der bei dieser Gelegenheit zwischen den Zeilen als senil abqualifizierte Kaiser behielt mit seiner Strategie wieder einmal recht. Über Hohenlohes Nachfolger Beck urteilte Wilhelm II., Anglizismen keineswegs abhold: „confusion worse confounded.“56 Doch als Resultat von Becks Verhandlungen zahlte Ungarn – gegen symbolische Zugeständnisse bei Fahnen und Formeln – ab 1907 sogar eine um 2 % höhere Quote zum Heeresaufwand. In Budapest stöhnte Wekerle: „Der Kossuth, dieser Esel, gibt gutes Geld gegen Glasperlen.“57 Die ungeliebte ungarische Koalition zerfiel wenig später; 1910/12 kehrten Tisza und seine Partei an die Macht zurück, der status quo ante 1905 war wiederhergestellt. In „Österreich“ freilich war inzwischen das allgemeine Wahlrecht in Kraft getreten, der Hochadel mit wenigen Ausnahmen aus dem Unterhaus verschwunden.

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Innenminister im Krieg: Schutzschild oder Aufpasser Stürgkhs? Es entsprach den Usancen des alten Österreich, dass Hohenlohe als „ehemaliger“ Ministerpräsident immer wieder auch als künftiger gehandelt wurde, daneben auch als Kandidat für diverse andere Posten.58 Im Frühjahr 1914, wenige Wochen vor Kriegsausbruch prophezeihte der Innenminister Heinold, der Thronfolger Franz Ferdinand werde Konrad Hohenlohe zu seinem ersten Ministerpräsidenten machen.59 Hohenlohe und Franz Ferdinand – das ergab auf den ersten Blick ein unwahrscheinliches Duo: Der „rote Prinz“ und der konservative Erzherzog, der berufene Verfechter und der erklärte Gegner des allgemeinen Wahlrechts? Obersthofmeister Rudolf Liechtenstein hatte sich schon 1905 gewundert, als Hohenlohe in Konopiste zur Jagd eingeladen war: „Die zwei Menschen passen ganz besonders nicht zusammen – aber ich glaube, daß der Erzherzog etwas auf Konrad hält.“60 Man sollte sich da nicht von ideologischen Schablonen irreführen lassen. Es gab eine Reihe von gemeinsamen Freunden (wie z. B. den Grafen Czernin) und, vielleicht wichtiger noch, gemeinsame Feindbilder. Ein ganz spezieller Intim-Feind des Thronfolgers (und nebenbei auch des Barons Rothschild) innerhalb der altösterreichischen Elite war zum Beispiel Rudolf Sieghart, einst Leiter des Preßbureaus der „Vereinigten Deutschen Linken“, wie sich die Liberalen des zu Ende gehenden 19. Jahrhunderts nannten, dann als Sekretär des Ministerratspräsidiums eine graue Eminenz der österreichischen Politik, von Koerber (1900-04) über Beck (1906-08) bis zu Stürgkh (1911–16). Sternberg formulierte einmal gewohnt provokant, das Wirken Siegharts sei der einzige rote Faden, den er in der österreichischen Politik gefunden habe.61 1910 wechselte Sieghart dann als Gouverneur in die Bodencreditanstalt – eine Privatbank, doch eine, die ihren Gouverneur nur mit kaiserlicher Zustimmung ernannte – und war erst recht ein mächtiger Mann, „mächtiger als der Kaiser“, wie Graf Berchtold einmal klagte.62 Sieghart baute ein Presse-Imperium auf (das gern mit der britischen Northcliffe-Presse verglichen wurde) und galt als Drahtzieher politischer Korruption mit den sprichwörtlich protzigen Allüren eines Neureichen. Auch Hohenlohe sah sich während seiner Amtszeit als Ministerpräsident mit dem Vorwurf konfrontiert, bloß das Sprachrohr Siegharts zu sein. Doch hier irrten die Kritiker zweifellos. Im Gegenteil: Zurück blieb eine Gegnerschaft, die weiterwirkte, bis in die Kriegsjahre – und in die Memoirenliteratur – hinein.63 Hohenlohes Widerstand gegen den ungarischen „Hochmut“ war beim Thronfolger zweifellos gut angekommen, ebenso wie sein berühmt-berüchtigter Erlass vom 22. August 1913 gegen die Anstellung von „Reichsitalienern“ – angeblich über 500, nach anderen Angaben doch nur 40 – beim Triestiner

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Magistrat. Der Erlass, der bloß geltendes Recht umsetzte – aber zu einem ungünstigen Zeitpunkt – verursachte große Aufregung und schlug sogar diplomatische Wellen. Die Stadt zog sich mit der sehr österreichischen Unterscheidung aus der Affäre, die besagten „Reichsitaliener“ seien ja ohnehin keine Beamten, sondern bloß „Munizipal-Angestellte“. Der Fall war bis zum Juli 1914 vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängig; niemand verlor bis dahin seinen Posten, weil der Beschwerde vom Innenministerium aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde.64 Mit Kriegsausbruch verschoben sich die Prioritäten, zunächst einmal in Richtung auf ein „Appeasement“ Italiens. In diesem Sinn kann durchaus auch die Abberufung Hohenlohes am 3. Februar 1915 verstanden werden.65 Der Posten eines Präsidenten des Obersten Rechnungshofes, den Hohenlohe danach bekleidete, war ganz offenkundig nur als Wartestellung gedacht. Er ließ sich sogar mit einer Bewährungsprobe an der Ostfront als Major einer Wiener Landwehrdivision kombinieren. Doch schon im Herbst befahl der Kaiser Konrad, in Wien zu bleiben.66 Die österreichische Politik war an einem kritischen Punkt angekommen: Nach außen schien die Monarchie auf dem Höhepunkt ihrer Erfolge zu stehen: Warschau war erobert, demnächst auch Serbien; entgegen allen düsteren Prophezeiungen, dass die Monarchie jetzt eben anständig zugrunde gehen werde, hielt auch die Front gegen Italien. Im Hinterland machten sich hingegen immer größere Schwierigkeiten bemerkbar: Die „Approvisionierungsfrage“, die Versorgung der Bevölkerung, verschärfte die Spannungen mit Ungarn, das kein Getreide mehr liefere; das Armee-Oberkommando (AOK) forderte schärfere Maßnahmen gegen ‚Verräter‘; als Siegespreis erwarteten Politiker aller Nationalitäten die Erfüllung lang gehegter Wünsche, besonders die Deutschnationalen witterten Oberwasser; in der Außenpolitik wiederum standen Entscheidungen an, gerade weil die militärische Situation nach den Krisen des Winters 1914/15 auf einmal so rosig erschien: Sollte das eroberte Russisch-Polen an Österreich fallen, Österreich dafür mit Deutschland einen festen Mitteleuropa-Block bilden? Stoff genug also für Debatten und Reformen, die jedoch nach Ansicht des Ministerpräsidenten Stürgkh allesamt besser zu unterbleiben hatten. Stürgkh hielt sich an die preußische Devise von 1806: „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht“. Reformen brächten zwangsläufig Erschütterungen mit sich. Damit würden bloß kontraproduktive Konflikte angeheizt. Die Einberufung des Reichsrates während des Krieges hielt er deshalb für unmöglich.67 Stattdessen teilte der Ministerpräsident mit einer gewissen Virtuosität nach allen Seiten hin Versprechungen aus – gleichsam ungedeckte politische Wechsel, die jedoch erst nach Kriegsende fällig wurden, „wenn der letzte Schuß gefallen ist“.68 Diese Vertagung aller Konflikte war eine Strategie, die in einem kurzen Krieg durchaus Erfolg versprechend schien. Doch im zweiten Kriegsjahr wuchs

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der Problemdruck. Im Herbst 1915 fand dieser Druck dann an unerwarteter Stelle ein Ventil, nämlich unter den Herrenhausmitgliedern, wo die Fäden zwischen dem reichsdeutschen Verbündeten in Berlin, dem AOK in Teschen und den unterbeschäftigten Parlamentariern in Wien zusammenliefen. Eine Fronde aller drei Herrenhaus-Parteien erwirkte am 27. Oktober 1915 eine Audienz beim Kaiser, führte beredte Klage über die Untätigkeit der Regierung und sprach Stürgkh das Misstrauen aus. 69 Wer sollte Stürgkh beerben? In dem Zusammenhang wurde vielfach auch Hohenlohes Name genannt. Sein Stellvertreter im Rechnungshof schrieb: „Hohenlohe als Ministerpräsident mit Beck als Approvisionierungsminister ist die einzige Rettung für Österreich.“70 Bedeutsamer war, dass auch FML Marterer aus der Militärkanzlei Franz Josephs in Konrad den geeigneten Mann sah, „das bestehende Vakuum, genannt österreichische Regierung“ auszufüllen.71 Botschafter Tschirschky bestätigte, dass Hohenlohe wirklich kandidiert werde, sprach sich aber für Graf Ernst Sylva-Tarouca aus, der nicht mit „dem Bleigewicht der alten Parteiwirtschaft“ belastet sei.72 Sylva-Tarouca war in gewisser Weise ein Pendant – oder ein Gegenpol – des „roten Prinzen“, ein Hocharistokrat, der als Klerikaler, als Ideengeber der Christlichsozialen begonnen hatte, als „kohlrabenschwarzer Graf“ sozusagen, inzwischen aber vom freisinnigen Nationalverband als Retter des Vaterlands gehandelt wurde.73 Freilich: All diese Kombinationen scheiterten – wenn auch vielleicht erst im letzten Moment – am Veto des Kaisers, der sich keinen Premier von außen aufdrängen lassen wollte.74 Dennoch blieb die Herrenhaus-Fronde nicht ohne Folgen: Am 27. November 1915 fand zumindest eine Regierungsumbildung statt, bei der Hohenlohe an die Stelle des Stürgkh-Vertrauten Heinold als Innenminister trat; der Generaldirektor der Creditanstalt, Alexander Spitzmüller – ein alter Rivale Siegharts – übernahm das Handelsministerium.75 Das neue Kabinett stellte eine halbe Drehung, eine Geste des Entgegenkommens an die Kritiker dar. Konrad fiel dabei offenbar eine Schlüsselrolle zu. Der Generalstabschef Conrad erwartete sich von ihm „endlich auch in Cis die starke Hand“; Stürgkh setzte ganz offenbar auf dieses Image und meinte rückblickend, er habe Hohenlohe „genommen, um im AOK besser angeschrieben zu sein.“76 Dieses Kalkül kam nicht von ungefähr: Immerhin war Konrads Bruder Gottfried der Schwiegersohn des Armeekommandanten Erzherzog Friedrich, dazu als Botschafter in Berlin auch noch erster Ansprechpartner des reichsdeutschen Verbündeten. Während Stürgkh die verwandtschaftlichen Kontakte Konrads als Frühwarnsystem und Schutzschild zu nützen gedachte, war Hohenlohe von der Gegenseite die Rolle eines Aufpassers und Anstoßgebers zugedacht, der Stürgkh aus seiner kalkulierten Lethargie reißen sollte.

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Pikanterweise richteten sich auf den neuen Innenminister in erster Linie außenpolitische Erwartungen. Als Neffe eines deutschen Reichskanzlers galt er als Symbolfigur der Bundesgenossenschaft mit dem Reich. Er sollte die passive Resistenz Stürgkhs in Bezug auf den Ausbau des Zweibundes zu einem Mitteleuropa-Block überwinden helfen – eine Aufgabe, die seinen Überzeugungen entsprach. 77 In Österreich wiederum weckte die Erinnerung an die Umstände seines Abgangs fast zehn Jahre zuvor die Hoffnung, Hohenlohe werde auch diesmal den Ungarn energisch Paroli bieten und der Vorherrschaft Tiszas in der Doppelmonarchie ein Ende bereiten. Im Hintergrund spekulierte man sogar mit Ideen, die auf das Konzept des Trialismus zurückgingen – nämlich einen „illyrischen“, sprich: südslawischen Reichsteil, der jetzt – zusammen mit einem künftigen „Austro-Polen“ – freilich schon als Teil eines „Quadralismus“ ventiliert wurde.78 Unmittelbar ging es im Verhältnis zu Ungarn um handfeste materielle Interessen, nämlich wie schon 1906, auch 1916/17 wieder um den „Ausgleich“, sprich: die Verlängerung des Zoll- und Handelsbündnisses zwischen den beiden Reichshälften. Bloß hatte der Krieg die ökonomischen Fronten verkehrt: 1906 hatten die österreichischen Agrarier gegen die übermächtige ungarische Konkurrenz die Zolltrennung klammheimlich herbeigesehnt; 1916 schrien die österreichischen Beinahe-schon-nicht-mehr-Konsumenten nach mehr ungarischem Getreide, vom Schweinespeck gar nicht erst zu reden! Die Abmachungen, die Stürgkh mit Tisza getroffen hatte, wollten Hohenlohe und Spitzmüller nicht akzeptieren. Konrad suchte deshalb in Ungarn die Verbindung mit der Opposition, insbesondere mit Andrassy, dem Sohn des legendären Außenministers, der sich viel zugänglicher zeigte und sich schon vergebliche Hoffnungen machte, das Erbe Tiszas antreten zu können.79 In Österreich drängte Hohenlohe – im Gegensatz zu Stürgkh – auf die Einberufung des Reichsrats.80 Als Innenminister war er auch für eine Materie verantwortlich, die vielfach als Voraussetzung für einen solchen Schritt angesehen wurde. Denn vor dem Zusammentritt des Parlaments sollte die Verfassung novelliert und abgeändert werden, nicht bloß eine neue Geschäftsordnung (zur Verhinderung der Obstruktion), sondern auch der „böhmische Ausgleich“ oktroyiert werden. „Oktroi“ bedeutete Staatsstreich von oben: Der Freiherr Erasmus von Handel, den Hohenlohe im Januar 1916 ins Ministerium berufen hatte, um die Entwürfe dafür auszuarbeiten, begegnete allfälligen Skrupeln des Kaisers mit dem Argument, Franz Joseph habe seinen Völkern einst die Verfassung geschenkt; er könne sie deshalb auch wieder „an sich nehmen“ – und „repariert“ zurückstellen. „Seine Majestät schwieg eine Weile, nickte dazu sinnend mit dem Haupte: ‚Und deshalb muß Ich es machen!‘“ 81 Man ging dabei von den Resultaten der Verhandlungen zwischen Deutschen und Tschechen aus, zu

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deren politischer Umsetzung vor dem Krieg der Mut gefehlt hatte.82 Dennoch trug das Programm Handels eine stark deutsch-zentralistische Handschrift. Den Deutschböhmen wurde im Zuge der „nationalen Autonomie“ die Kreisverfassung zugebilligt, die sie gefordert hatten; den Tschechen jedoch die vorgesehene Gegenleistung verweigert, die „innere Amtssprache“, die im Zeichen des militärischen Zentralismus und der geplanten Einführung der deutschen „Staatssprache“ 1916 Anathema war.83 Während all diese Arbeiten in Schwebe waren, brach Mitte 1916 mit der russischen Brussilow-Offensive, dann der rumänischen Kriegserklärung, eine Krise über die Habsburgermonarchie herein, die sie bis an den Rand des militärischen Zusammenbruchs führte. Die militärische Krise, die auch das vorläufige Ende der „austro-polnischen“ Lösung einläutete, hatte zur Folge, dass alle Reformprojekte im Inneren ein weiteres Mal auf die lange Bank geschoben wurden. Die Krise fiel zusammen mit einer gesundheitlichen Krise des Innenministers, der am 25. August einen Zusammenbruch erlitt, bei dem es sich um keine „diplomatische Krankheit“ handelte. Hohenlohe wurde in Johnsbach bei Festetics angeblich schon „ganz blau“ im Bett gefunden;84 er musste Urlaub nehmen, sich zur Kur nach Franzensbad begeben und fiel als Mahner im Kabinett vorerst aus. Stürgkh hatte seinen reformfreudigen Innenminister gern als Romantiker abqualifiziert: „Du hast in Deiner Jugend gerne Victor Hugo gelesen […].“ 85 Konrads zeitweiliges Ausscheiden quittierte er jovial-ungerührt: Es ist „bei uns wie im Omnibus: Der eine steigt aus, der andere steigt ein.“86 Konrad seinerseits schien „von den Regierungsgeschäften vergraust“. Er teile Stürgkhs Ansichten nicht und „es verlange ihn nicht, mit ihm vom Pöbel gehenkt zu werden“.87 Tatsächlich wurde Stürgkh am 21. Oktober 1916 durch den Sohn Viktor Adlers erschossen. Stürgkhs Nachfolger und ehemaliger Mentor, Koerber, ein Alliierter Siegharts, nahm Hohenlohe – der „nicht sehr zufrieden ist mit der Art, wie er behandelt wurde, sowohl von Stürgkh als seit seinem Tod“ – nicht mehr in sein Kabinett auf.88

Der Obersthofmeister und die „adelige Junta“ Ein Monat nach der Ermordung Stürgkhs starb Franz Joseph I., der die Monarchie aus den Zeiten Radetzkys und Metternichs in die Ära Ludendorffs und Lenins geführt hatte. Kaiser Karl I. brach mit Paladinen seines Großonkels und griff auf den Zirkel um Franz Ferdinand zurück. Zu den Persönlichkeiten, denen man großen Einfluss auf den jungen, hochkatholischen Herrscher zubilligte, zählte 1916/17 in erster Linie auch der „rote Prinz“, mit seiner guten Gesprächsbasis zu den Sozialisten und seinen Vorarbeiten für das „Oktroi“

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nach dem Geschmack der Deutschnationalen. Hohenlohe „ist mehr denn je Günstling und dirigiert.“ Der Kaiser sei mit ihm befreundet, seit er als Statthalter oft bei Karls Mutter in Miramar zu Gast war, hieß es. Nicht bloß Tisza war ungehalten über den Einfluss Konrads auf den jungen Kaiser. 89 Bei missgünstigen Beobachtern verdichtete sich dieses Image zur Personifikation einer „adeligen Junta.“90 Ministerpräsident wurde – nach einem Versuch mit Spitzmüller, Hohenlohes altem Verbündeten aus dem Kabinett Stürgkh – Graf Heinrich ClamMartinic, Außenminister Ottokar Czernin. „Czernin und Clam [haben] als Dank dafür, daß er sie in den Sattel gesetzt hat, ihn [Konrad, L.H.] aus der Politik herausgewimmelt,“91 kolportierte ein gossip. Näher an der Wahrheit war vielleicht, Konrad strebte keine Stelle an, die mit öffentlichen Auftritten verbunden war. Der Kaiser selbst formulierte, er habe den Prinzen viel zu gern, um ihn den Fährnissen der großen Politik auszusetzen; er wolle ihm vielmehr einen Vertrauensposten in seiner unmittelbaren Umgebung vorbehalten.92 So übernahm Konrad bloß für einige Wochen den Posten des Gemeinsamen Finanzministers, ein Ressort, das – entgegen seiner Bezeichnung – in erster Linie mit der Verwaltung Bosniens befasst war; es wurde gemunkelt, er meide nur deshalb eine Hofstelle, weil sich der jüngere Bruder des Kaisers, Erzherzog Max, in seine Tochter verliebt habe.93 Im Februar 1917 erfolgte dann doch die Ernennung zum Obersthofmeister; Konrads Frau Franziska, einer geborenen Gräfin Schönborn, die schon 1906 die Aufmerksamkeit der Journalisten erregt hatte, weil sie ihren Mann in seiner politischen Tätigkeit aktiv unterstützte, wurde schon eine ähnliche Rolle bei Kaiserin Zita vorhergesagt.94 Wiederum schien Konrad berufen, zwischen gegensätzlichen Positionen zu vermitteln. Der Kaiser wollte sich vom deutschen Bundesgenossen emanzipieren und die Hohenlohes waren die Symbolfigur der „Nibelungentreue“; ganz zu schweigen von der Rivalität der verschiedenen Zweige des Erzhauses, oder wie es einer ausdrückte, der es wissen musste: „Familie Parma ist ja seit langer Zeit mit Familie Erzherzog Friedrich auf einer Art Kriegsfuß.“95 Konrads Bruder war der Schwiegersohn Friedrichs; hier machte sich eine Schlagseite gegen die Parmas vielleicht schon relativ bald bemerkbar.96 Er empfahl dem Kaiser Czernin als Minister und schloss einen „eisernen Bund gegenseitigen Vertrauens“ mit dem Kabinettschef Karls, dem Grafen Arthur Polzer-Hoditz, der einst im Innenministerium unter Hohenlohe gearbeitet hatte – und bald zum Stein des Anstoßes für Czernin avancierte.97 Diese Version der „Monarchie der Gegensätze“, wie sie sich im Laufe der Zeit herauskristallisierten, vertrug sich gut mit dem Naturell des jungen Kaisers, der nach verschiedenen Richtungen sondierte, ohne dabei – wie Franz Joseph – peinlich genau auf Ressortgrenzen zu achten. Diese Offenheit wirkte auf seine Gesprächspartner

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durchwegs sympathisch, rief freilich oft auch den Eindruck der Unentschlossenheit hervor. Hohenlohe hatte die Entwürfe zur Revision der Verfassung ausarbeiten lassen; doch er war der erste, der 1917 zum Schluss kam, dass ein Oktroi unter den veränderten Umständen nicht mehr möglich sei.98 Ein Diplomat kommentierte, der Prinz sei immer ein Sanguiniker gewesen und nie ein Mann des Durchhaltens.99 Der Reichsrat wurde Ende Mai wieder einberufen; die ungedeckten Wechsel Stürgkhs platzten, die Regierung kam zwischen alle Stühle zu sitzen. Als Clam zurücktrat, wollte Hohenlohe im Sommer 1917 ein Konzentrationskabinett, ein multinationales „National Government“, auf die Beine stellen: „Man müsse alle Völker hineinnehmen, indem man zwischen den Radikalen und den Gemäßigten die Grenze zieht“ – der Plan zielte auf Beck als Ministerpräsidenten, scheiterte jedoch.100 So erwies sich einmal mehr ein Provisorium, nämlich das Übergangskabinett unter Ernst v. Seidler, das ein Jahr lang amtierte, als ziemlich dauerhaft. Das Jahr 1917, mit dem Kriegseintritt der USA und der Russischen Revolution, ist als „Weltwende“ bezeichnet worden. Für die Zeitgenossen war bloß nicht klar, in welche Richtung sich die Wende bewegte? Die unzeitige Provokation der USA durch den uneingeschränkten U-Boot-Krieg bedeutete eine tödliche Hypothek für die Mittelmächte101; doch das Ausscheiden Russlands, der „Siegfrieden“ im Osten, für die Wiener zum „Brotfrieden“ stilisiert, sorgte zwischenzeitig für Euphorie. Für die Mittelmächte schien sich noch einmal ein „window of opportunity“ abzuzeichnen. Vor diesem Hintergrund platzte im April 1918 die sogenannte „Sixtus-Affäre“. Czernin forderte durch unvorsichtige Reden die Franzosen heraus, die daraufhin Details der Friedenssondierungen aus dem Vorjahr publik machten, die Karl über seinen Schwager, den Prinzen Sixtus von Bourbon-Parma, eingefädelt hatte. Czernin praktizierte ein weiteres Mal seine dialektische Version von Loyalität. Er stellte die Formel der Ministerverantwortlichkeit auf den Kopf: Nicht der Minister sollte den Kaiser decken, sondern umgekehrt – er rettete seine Popularität auf Kosten des Souveräns. Als Hohenlohe dem alten Kaiser durch die sprichwörtliche Triumphpforte entwischt war, zog er sich nach Triest zurück; Czernin hingegen wich den Ovationen 1918 nicht aus, sondern mobilisierte seine Anhänger. Sogar die Mehrheit des Herrenhauses versicherte ihn ihrer Unterstützung. Seine Popularität in Wien, so hieß es, übertraf selbst die Luegers in seinen besten Zeiten. Der Bruch zwischen dem Kaiser und Czernin war perfekt; genau an dieser Sollbruchstelle aber war Konrad angesiedelt: Czernin trat am 14. April zurück, Hohenlohe nahm am selben Tag Urlaub und trat am 9. Mai definitiv in den Ruhestand. Konrad gab nicht in der Form, doch in der Sache Czernin recht, was die Orientierung an Berlin, den „deutschen

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Kurs“ betraf. Er sprach „bitter und scharf“ über den Kaiser. Czernins Vorschlag, den Kaiser aus der Schusslinie zu nehmen und dem populären Heerführer Erzherzog Eugen die Regentschaft anzutragen, billigte er durchaus Meriten zu.102 Die politischen-gesellschaftlichen Gegensätze, die zu überwinden Konrad nie schwergefallen war, waren bis zu einem gewissen Grad auch im Privatleben präsent. Seine engere Familie erweiterte sich 1917/18 um zwei Schwiegersöhne: Erzherzog Max (an der Hochzeit im November 1917 konnte Konrad wegen Krankheit nicht teilnehmen 103) und den Gutsnachbarn, Baron Franz Mayr-Melnhof, aus einer „neureichen“, erst zu Beginn der Verfassungsära 1861 geadelten Gewerkenfamilie, der im September 1918 Konrads Tochter Marie (1895–1946) heiratete – und von dem es hieß, er habe dem Ärar das Haus des Obersthofmeisters abgekauft, um seinem Schwiegervater einen Umzug zu ersparen. Mayr-Melnhof zählte zu den größten Grundbesitzern der Steiermark. In seinem Revier erlag Konrad Hohenlohe, wenige Wochen nach dem Zerfall der Monarchie, am 21. Dezember 1918, auf einem Jagdausflug einer Herzattacke: Man fand ihn tot auf einem Stand bei Trofaiach, in der Nähe von Leoben, mit dem Gewehr im Anschlag. Er wurde in der Familiengruft in Friedstein bei Stainach-Irdning beigesetzt.104 Konrad Hohenlohe war in der altösterreichischen Politik in einem Maße ein „insider“, das ihn schon wieder zum Außenseiter stempelte. Wenn es eine „Hofkamarilla“ gab, dann gehörte niemand mehr dazu als der Sohn des alten, der Freund des neuen Obersthofmeisters, der schließlich selbst auf dieser Stelle landen sollte. Doch im Auge des Sturms sah diese Hofgesellschaft ganz anders aus, als kämpferische Liberale sich das vorstellten – Konrad war kein hochkonservativer „Tory“, sondern einer, der bei Bedarf auch die Liberalen links überholen konnte. Er war ein Zentralist, aber einer, der es ehrlich meinte, wenn er bei seiner Vorstellung im Abgeordnetenhaus betonte, dass er „jedes nationale Empfinden“ schätze. Als Angehöriger einer Familie, die ursprünglich weder Österreicher noch Preußen waren, aber inzwischen in den Reichen der Habsburger wie der Hohenzollern fest verankert, war er ein Anhänger des „deutschen Kurses“, weil ein Mitteleuropäer. Anmerkungen 1 2 3

Für die großzügige Überlassung bisher unveröffentlichter Quellen möchte ich mich bei Ernst v. Rutkowski und Martina Winkelhofer herzlich bedanken. Aussiger Anzeiger, 28.11.1894, S. 5; Stenographische Protokolle des Abgeordnetenhauses (StPAH), XI. Session, S. 15835 (24.11.1894). Ein Hinweis darauf findet sich z. B. auch in den Innsbrucker Nachrichten, 1.6.1906; vgl. den Titel der Erinnerungen von Ludwig Windischgraetz, Vom roten zum schwar-

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zen Prinzen. Mein Kampf gegen das k.k.-System, Berlin 1920; zu Camillo Starhemberg, der wegen seiner Jungfern-Rede im Herrenhaus auch diesen Beinamen verliehen bekam, vgl. die Reminiszenz in Neues Wiener Journal, 1.12.1929. Vgl. Rudi Liechtenstein, den die Perspektive mit Wehmut erfüllte, „Wenn der Wahlzwang durchgeht, werde ich vielleicht einmal genöthigt sein, für einen clericalen Candidaten zu stimmen, denn für die Bande, die mit Steinen auf mich werfen, kann ich unmöglich stimmen und etwas drittes wird es vielleicht nicht geben.“ (Familienarchiv Hohenlohe, Wien, Brief an Gottfried Hohenlohe, 5.12.1905). Dem Fürsten waren bei einer Wahlrechtsdemonstration in der Mariahilferstraße die Wagenfenster eingeschlagen worden (ebd., 3.11.1905). Ein Cousin Konrads, Egon Hohenlohe (1853–1896), ein jüngerer Sohn des 1. Herzogs von Ratibor, vertrat ab 1891 für die „Verfassungstreuen“ den Görzer Großgrundbesitz im Abgeordnetenhaus. Illustriertes Teplitzer Volksblatt, 1.12.1894. So lobte die „Freiheit“, das Blatt Seligers, am 3.5.1906, Hohenlohe habe sich einer „bisher nie gekannten Objektivität“ befleißigt; als gewissenhaft, vorurteilslos und menschenfreundlich erwiesen. Für das Verdienst an der Beilegung des Streiks vgl. Neue Freie Presse 30.4.1906, Abendblatt, S.  1; dabei könnte es sich um den im Brüxer „Glück auf !“ vom 12.7.1894 erwähnten Streik im Duxer Revier handeln. Zum Hintergrund vgl. Norbert Englisch, Braunkohlenbergbau und Arbeiterbewegung, München 1982; Max Türp, Die Entwicklung des Kohlenbergbaues im Braunkohlenrevier Teplitz – Brüx – Komotau, München 1975. Arthur Graf Polzer-Hoditz, Kaiser Karl. Aus der Geheimappe seines Kabinettschefs, Zürich 1929, S. 178. Lothar Höbelt, Kornblume und Kaiseradler, Wien 1993, S. 150–168. Duxer Deutsche Zeitung, 7.8.1897, S.7, unter Berufung auf die Ostdeutsche Rundschau K.H. Wolfs. Zu den Zwischenfällen in Nordböhmen vgl. jüngst auch Nancy Wingfield, Flag Wars and Stone Saints. How the Bohemian Lands became Czech, Cambridge, Mass. 2007, S. 54–59. Grazer Tagblatt, 17.5.1906 unter Berufung auf deutschradikale Korrespondenz; eine gewisse Spannung mit Coudenhove mag tatsächlich bestanden haben, vgl. Fritz Fellner (Hg.), Schicksalsjahre Österreichs 1908–1919. Das politische Tagebuch Josef Redlichs, Graz 1953, 6.6.1910; Compass 1895, S. 636. Polzer-Hoditz, Kaiser Karl, S. 181. Rudolf Sieghart, Die letzten Jahrzehnte einer Großmacht, Berlin 1932, S. 90. Vgl. Johanna Ott, Die Landespolitik in der Bukowina an den Beispielen der Reichsrats- und Landtagswahlen zwischen 1900 und 1907, unveröff. Diplomarbeit Wien 2005, S. 48–68. Grazer Tagblatt 2.5.1906; Alois Frh. v. Czedik, Zur Geschichte der k.k.-Ministerien, Bd.  3, Teschen 1920, S.  59; Ott, Landespolitik, S.  66 f., 91–96 (laut Czernowitzer Tagblatt 17.5. u. 10.7.1904). Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Bd. 2, Graz 1959, S. 392. Fürstlich Fürstenbergisches Archiv Donaueschingen (FFA), H. an Max Egon Fürstenberg, 22.10.1904; vgl. Solomon Wank (Hg.), Aus dem Nachlass Aehrenthal, Bd. 1, Graz 1994, S. 343: „…lernt jetzt Hals über Kopf italienisch.“ (Franz Thun, 23.9.1904).

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17 Redlich-Tb. 10.11.1909; Angelo Ara, Fra Nazione e Impero. Trieste, gli Habsburgi, le Mitteleuropa, Mailand 2009, S. 306; Adalbert Schusser, Zur Entwicklung der italienischen Universitätsfrage in Österreich (1861–1918), ungedr. Diss. phil.Wien 1972, S. 289–296, 329 f., 341, 384 f. Hohenlohe schrieb, Lueger habe ihm versprochen, die Fakultät in Wien durchzusetzen; doch seine Nachfolger seien dazu nicht imstande. 18 Grazer Tagblatt 2.5.1906; wenig aufschlußreich über Hohenlohes Amtszeit Eduard Winkler, Wahlrechtsreform und Wahlen in Triest 1905–1909, München 2000; Almerigo Apollonio, Dagli Asburgo a Mussolini. Veneza Giulia 1918–1922, Gorizia 2001, S. 32 zitiert wiederum das Schlagwort ‚Socialisti alla Hohenlohe‘. 19 Ernst v. Rutkowski (Hg.), Briefe und Dokumente zur Geschichte der österreichischungarischen Monarchie, Teil III: Der Verfassungstreue Großgrundbesitz 1905–1908, München 2011, S. 393 (Franz Thun an Max Egon Fürstenberg, 11.5.1906). 20 Ebd. S. 195 (K. Hohenlohe an Max Egon Fürstenberg 1.12.1905); vgl. auch Familienarchiv (FA) Hohenlohe (Wien), Rudolf Liechtenstein an Gottfried Hohenlohe, 23.9.1905: „Konrad ist für Kristoffy und das allgemeine Wahlrecht.“ 21 Lothar Höbelt, Kornblume und Kaiseradler, Wien 1993, S. 252. 22 Geza Andreas von Geyr, Sandor Wekerle 1848–1921, München 1993, S. 214–221. 23 Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes (PA/AA), Österreich 88/6, 29.4.1906. 24 Zu den Auswirkungen der Wahlreform vgl. Lothar Höbelt, Die Wechselwirkung von Wahlrecht und Parteienstruktur. In: Thomas Simon (Hg.), Hundert Jahre allgemeines und gleiches Wahlrecht in Österreich, Frankfurt/M. 2010, S. 157–168. 25 FA Hohenlohe, Wien, Rudolf Liechtenstein, 5.12.1905 (fol. 253); vgl. auch Wank (Hg.), Nachlass Aehrenthal, S. 377 (Merey, 21.2.1906). 26 HHStA, Nl. Franz Ferdinand 9, fol. 123, 7.5.1906. 27 StPAH XVII 36256 (18.5.1906). 28 StPAH XVII 36258 (18.5.1906). Die sozialdemokratische Presse konterte mit pikanten Enthüllungen aus Herzogs Privatleben (vgl. Freiheit, 29.5.1906). Tatsächlich sprach sich Engelbert Pernerstorfer, der „im Namen des Ministerpräsidenten eine genügende Gewähr“ sah, als Einziger unumwunden für die Regierungsvorlagen aus (36352, 22.5.1906). 29 StPAH XVII 36179 (15.5.). Bei nächster Gelegenheit übersetzte Sternberg Hohenlohes Wunsch nach sozialer und nationaler Einigung mit „Sozialismus und Zentralismus“ – „für uns sogenannte konservative Elemente eine charmante Perspektive“ (36353, 22.5.). 30 FFA, Mappe Politika 1906/07, Czernin 22.5.1906 (= Rutkowski III 405). 31 StPAH XVII 36331 (22.5.1906). 32 StPAH XVII 36464 (Stransky 25.5.1906). 33 Freilich nicht die Steuerleistung des individuellen Wählers, wie beim alten Zensus, sondern des Wahlkreises, was dazu führte, dass z. B. „ein Kellner von der Inneren Stadt, siebenmal so viel Wahlrecht besitzt wie der Fürst Schwarzenberg, der 370.000 Joch besitzt.“ StPAH XVII 36352 (22.5.1906). 34 FFA, Hohenlohe an Fürstenberg, 18.5.1906 (= Rutkowski III 400); Grazer Tagblatt, 26.6.1906. 35 PA/AA, Österreich 91/12, 25.5.1906.

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36 FFA, Fürstenberg an Baernreither, 15.5.1906 (= Rutkowski III 395); vgl. auch John C. G. Röhl, Wilhelm II. Der Weg in den Abgrund 1900–1941, München 2008, S. 691 f. 37 FFA, Hohenlohe an Fürstenberg, 1.5.1906 (= Rutkowski III 386). 38 Die Ressortchefs übernahm Hohenlohe alle von seinem Vorgänger, mit Ausnahme des Innenministers Bylandt-Rheidt, über den er sich schon früher abfällig geäußert hatte („der ekelhafteste Kerl ist Bylandt, der mit seinem schäbigen Barte jetzt, in der Zeit der Gamsbrunst am besten abgeschossen werden könnte“; an Fürstenberg 1.12.1905; Rutkowski III Nr. 1225). Von den übrigen Ministern besaß allein der Landwirtschaftsminister Graf Buquoy politisches Gewicht, ein prononcierter Agrarier, doch ohne klerikalen Einschlag, was den Konservativen und Christlichsozialen ein Dorn im Auge war; vgl. Allgemeines Verwaltungsarchiv (AVA), Nl. Beck, Brief Morseys 1.6.1906. 39 FFA, Mappe Politika 1906/07, Czernin 22.5.1906 (= Rutkowski III 405). 40 FFA, Baernreither 13.5.1906 (= Rutkowski III 393). 41 Insbesondere den Jungtschechen als Befürwortern der Reform drohten in diesem Fall schwere Verluste seitens der neu gegründeten Agrarpartei. 42 Vgl. seine Briefe an Fürstenberg; eine Ausnahme machte er nur bei Fürstenbergs umtriebigem Vertrauten J.M. Baernreither, der einzige Abgeordnete, über den er sich zu beklagen habe: „Ich achte jede Gegnerschaft, aber es kommt doch auch darauf an, wie sie gemacht wird.“ (30.5.; Rutkowski III 417); vgl. Oskar v. Mitis (Hg.), Joseph M. Baernreither, Der Verfall des Habsburgerreiches und die Deutschen. Fragmente eines politischen Tagebuches, Wien 1939, S. 176 f., der Hohenlohe nachträglich Blumen streute: „Er ging als aufrechter Mann aus einer Schlacht, die der Kaiser schon verloren hatte“. 43 StPHH XVII 1233 (16.5.1906); abgedruckt auch bei Czedik, Ministerien III, S. 60– 62; vgl. auch Rutkowski III 398, Oswald Thun-Salm an Fürstenberg, 18.5.1906. 44 Czernin an Karl IV. Schwarzenberg, 22.5.1906 (= Rutkowski III 405); SOA Decin, Familienarchiv Thun A3 XXVII–4, Franz Thun an Jaroslav, 11.5.1906. Als Alternative dachte Thun an ein Abgeordnetenhaus, das sich zur einen Hälfte aus dem allgemeinen Wahlrecht rekrutiere, zur anderen Hälfte von den nach dem Zensus zusammengesetzten Landtagen beschickt werde (wie bis 1873); Czernin schwebte ein „mehrfach abgestuftes“ Pluralwahlrecht vor. 45 Redlich-Tb II 126 (9.7.1916); vgl. auch Wank (Hg.), Nachlass Aehrenthal, S. 382 f. (Friedjung 20.6.1906); Geyr, Wekerle, S. 235. 46 Wank (Hg.), Nachlass Aehrenthal, S. 380 (18.5.1906). 47 Sieghart, Großmacht, S. 91; Czedik, Ministerien III, S. 63. 48 Reichspost 30.5.1906, S. 5. 49 StPAH XVII 36580, 26583 (30.5.1906). 50 So der Obmann der stärksten Fraktion, der Deutschen Volkspartei, Julius v. Derschatta (StPAH XVII 36568). 51 StPAH XVII 36580 f.; vgl. auch den Leitartikel der Reichspost vom 31.5.1906: „Der Verfassungskonflikt“. 52 StPAH XVII 36602; wenige Tage vorher hatte er den Appell gerichtet, „etwas zu schaffen, was die Gewalt der Krone ersetzen soll!“ (36179). Die Ironie bestand nicht zuletzt darin, daß Sternberg nach 1918 die legitimistische Fahne hochhielt und insbe-

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sondere Ks. Karl gegen Czernin in Schutz nahm. Vgl. Hans Rochelt (Hg.), Adalbert Graf Sternberg 1868–1930. Aus den Memoiren eines konservativen Rebellen, Wien 1997. Vgl. Sieghart, Großmacht, S. 95. StPAH XVII 36685 (30.5.1906); H. an Fürstenberg, 30.5.1906 (= Rutkowski III 417). StPAH XVII 36267 (18.5.) PA/AA, Österreich 88/6, 31.5.1906. Eine Zeitlang war – neben Coudenhove – auch ein entfernter Verwandter von Konrads Frau, Graf Friedrich Schönborn, als Nachfolger im Gespräch (SOA Decin, FA Thun A3 XXVII–4, Franz an Jaroslav Thun, 22.6.1906). Stürgkh schrieb bald danach, in einer Wendung, die für sein abschätziges Urteil über Hohenlohe bezeichnend ist: „Was gäbe ich darum, wenn wir noch den guten Konrad H. da hätten, der sich jeden zweiten Tag als überzeugter Sozialdemokrat bekannt und dabei durch seine Ungeschicklichkeit die Vorlage bestimmt umgebracht hätte.“ (Rutkowski III 472, 17.8.1906). Alexander Spitzmüller, „… und hat auch Ursach, es zu lieben.“, Wien 1955, S. 63; Johann Christoph Allmayer-Beck, Ministerpräsident Baron Beck, Wien 1956, S. 168– 193; Sieghart, Großmacht, S. 104 ff. Redlich-Tb. 11.2.u.16.9.1912. Redlich-Tb. 29.4.1914; vgl. Polzer-Hoditz, Kaiser Karl, S. 175. „Er stand auf der Kandidatenliste des Erzherzogs Franz Ferdinand für die Stelle des Ersten Obersthofmeisters, als auch für jene eines Ministerpräsidenten verzeichnet.“ FA Hohenlohe, Wien, Rudolf Liechtenstein an Gottfried Hohenlohe, 23.9.1905 (fol. 200). StPAH XVII 36352 (22.5.1906). Für Rothschilds Gegnerschaft zu Sieghart vgl. Kriegsarchiv Wien, Militärkanzlei Franz Ferdinand, 1911 Pö–24, Brosch 25.1.1911. HHStA, Nl. Berchtold 5, Tagebuch 4.3.1916; Bernard Michel, Banque et Banquiers en Autriche au Debut du 20e Siècle, Paris 1976, S. 128 f., 152–159, 346 f. StPAH XVII 36260 (Herzog, 18.5.1906); Redlich-Tb. 10.11.1909; Allmayer-Beck, Ministerpräsident Beck, S.  198–202; Spitzmüller, Ursach, S.  83–86, 239 f.; PolzerHoditz, Kaiser Karl, S. 183. Alldeutsches Tagblatt, 23.7.1914, S. 5; Moana Faleschini, Irredenta und Diplomatie: Österreich-Ungarn und Italien, ungedr. Diss. phil. Wien 2001, S. 138–148; Holger Afflerbach, Der Dreibund, Wien 2002, S. 793–800; vgl. auch Czedik, Ministerien III, S. 64, IV, S. 382. Vgl. Erwein Eltz & Elisabeth Kaindl-Schönborn (Hgg.), „Wie sehr das Leben jeden verändert“. Tagebuchaufzeichnungen der Johanna Gräfin von und zu Eltz, geb. Gräfin von Schönborn-Wiesentheid aus den Jahren 1896–1943 (München 2011) 28.4.1915: Konrads Mutter erzählte, der ehemalige deutsche Reichskanzler – und Sonderbotschafter in Rom – Fürst Bülow „hatte beantragt, daß Konrad von Triest wegkommt als Conzession für die Italiener“, obwohl Hohenlohe 1914/15 intern durchaus für ein konziliantes Vorgehen gegenüber Italien plädierte (vgl. Spitzmüller, Ursach, S. 126 f.). Redlich-Tb. II 63 (29.9.1915). Redlich-Tb. II 65 (18.10.1915), 104 (11.3.1916).

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68 Max Frh. Hussarek v. Heinlein (Hg.), Erinnerungen des Erasmus Freiherrn von Handel, in: Handbuch der Leo-Gesellschaft, Jgg. 1930, S. 39–116, hier: 68; das Original in HHStA, Nl. Handel 1. 69 FFA, Mappe: Politik im Kriege 14–18, Notizen 14.–21.10.1915; Briefe, Baernreither 10.10.1915; Nl. Beck 33, Briefe von Julius Benesch, 24. & 27.7., 29.10.1915; Czedik, Ministerien IV, S. 453–456; Christian Führ, Das k. u. k. Armeeoberkommando und die Innenpolitik Österreichs 1914–1917, Graz 1968, S. 163–170. 70 AVA, Nl. Wassilko 3, Konvolut 6, Paul Schulz, o.D. (Herbst 1915). 71 Führ, Armeeoberkommando, S. 164. 72 PA/AA, Österreich 88/7, Tschirschky 16.10.1915. 73 Redlich-Tb II 74 (11.11.1915). 74 Auch Kaiser Wilhelm wiegte bedenklich das Haupt über die Demarche des Herrenhauses: „Ein starker Schritt, aber er ist notwendig, bedauerlich, daß es soweit hat kommen müssen. (PA/AA, Österreich 88/7, 23.10.1915). Nur eine kleine Gruppe am rechten Flügel (um Walterskirchen und Prinz „Fido“ Schwarzenberg) hatte sich nicht an der Aktion beteiligt; die Polen (Goluchowski) hingegen sehr wohl. Kontrovers war die Rolle des Obersthofmeisters Montenuovo; vom Wiener Polittratsch eindeutig zugeordnet wurden jedoch Katharina Schratt, die für, und Sieghart, der gegen einen Wechsel auftrat (vgl. Führ, Armeeoberkommando, S. 169). 75 Spitzmüller als ehemaliger Spitzenbeamter zählte laut Czedik (Ministerien IV, S. 514) zum „Intelligenzinventar“ der österreichischen Finanzpolitik. Der dezidiert christliche Bankdirektor war ebenfalls eine Gestalt, die schlecht in herkömmliche Lagerschablonen passte, denn sein Wirken zeichnete sich durch Verständnis für die Sozialdemokratie und gute Kontakte zu den Großdeutschen aus, begleitet von ständigen Konflikten mit den Christlichsozialen (Spitzmüller, Ursach, S. 337 f., 343, 348, 350, 362). 76 Redlich-Tb. II 143 (20.9.1916); Führ, Armeeoberkommando, S. 170. Gegen die Ingerenz des Militärs fand Stürgkh an dem Team Hohenlohe-Handel tatsächlich eine Stütze (vgl. Handel-Erinnerungen, S. 95–97). Hohenlohe wiederum meinte, Stürgkh hätte zurücktreten müssen, als das Militär – im Mai 1915 – über seinen Kopf hinweg den tschechischen Oppositionsführer Kramar verhaften ließ (HHStA, Berchtold-Tb. 23.1.1916). 77 PA/AA, Österreich 88/7, 30.11.1915; Koerber hatte Spitzmüller eingeschärft, er müsse „im Ministerat ein Gegengewicht gegen jene bilden, die jetzt gegen Deutschland hetzen.“ (Spitzmüller, Ursach, S. 137). Vgl. Achim Müller, Zwischen Annäherung und Abgrenzung. Österreich-Ungarn und die Diskussion um Mitteleuropa im Ersten Weltkrieg, Marburg 2001. 78 Berchtold-Tb. 17.5.1916; vgl. Hantsch, Berchtold II, S.  770; Spitzmüller, Ursach, S. 159. 79 Redlich-Tb. II 112 (28.4.1916); Spitzmüller, Ursach, S. 150–157; Vermes, Tisza, S. 345 f.; Jozsef Galantai, Hungary in the First World War, Budapest 1989, S. 183–5; Michael Graf Karolyi, Gegen eine ganze Welt, München 1924, S. 169. Tisza machte Andrassy im Juni 1916 Avancen in Richtung einer informellen Beteiligung an der Macht, einem „Senat“, ließ ihn im August aber wieder fallen. Die ungarische Opposition spaltete sich

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damals in eine Zweibund-freundliche Partei unter Andrassy und eine Zweibundskeptische unter seinem Schwiegersohn Karolyi (vgl. Spitzmüller, Ursach, S. 279). Redlich-Tb. II, S. 91 (24.12.1915); Czedik, Ministerien IV, S. 442, 457. Handel-Erinnerungen 67 f., 99; Redlich-Tb. II, S. 93 (13.1.1916), 111 (23./25.4.1916); zugleich soll der „rote Prinz“ übrigens auch Karl Renner mit Studien zur Verwaltungsreform betraut haben (ebd. II, S.  102, 8.3.1916). Der sächsische Gesandte schrieb später, Renner sei von Hohenlohe schon immer sehr geschätzt worden „und es ist nicht unmöglich, daß man ihn eines schönen Tages sogar noch als österreichischen Minister sieht“ (Alfred Opitz & Franz Adlgasser (Hgg.), Der Zerfall der europäischen Mitte. Berichte der Sächsischen Gesandtschaft in Wien, 1917–1919 (Graz 1990), S.  34 (15.5.1917). Am nächsten kam Renner dieser Eventualität allerdings erst nach Hohenlohes Rücktritt im Sommer 1918; vgl. Lothar Höbelt, Karl I., der „Teufelspuk“ und die Deutschböhmen, in: Andreas Gottsmann (Hg.), Karl I. (IV.), der Erste Weltkrieg und das Ende der Donaumonarchie, Wien 2007, S. 47–58; hier S. 53. Vgl. dazu die umfangreiche Edition (mit großteils deutschsprachigen Dokumenten!): Eva Drasarova et alii (Hg.), Promarnena Sance. Edice dokumentu k cesko-nemeckemu vyrovnani pred prvni svetvou valkou. Korrespondence a protokoly 1911–1912, 2 Bde., Prag 2008. Redlich-Tb. II, S. 102 (8.3.1916); die verschiedenen Entwürfe in HHStA, Nl. Handel 2; kurz zusammengefaßt in den Erinnerungen, S, 70–95, hier insbes. S. 79, 89 f. Redlich-Tb. II, S. 137 (27.8.1916). Nl. Berchtold 5, Tb. 4.3.1916. Redlich-Tb. II, S. 137 (27.8.1916), 143 (20.9.1916), Handel-Erinnerungen, S. 97. Die Krankheit verhinderte nicht, dass im Oktober über ein Übergangskabinett Hohenlohe spekuliert wurde (Nl. Beck 37, Reichenauer 11.10.1916). Eltz-Schönborn Tb. 28.10.1916. Redlich-Tb. II, S. 166 (13.1.1917); Mensdorff-Tb. 29.10.1916, in HHStA, NL Mensdorff. Redlich-Tb. II, S. 160 (26.11.1916), 188 (2.2.1917); Nl. Berchtold 5, Tb. 21.12.1916. Redlich-Tb. II, S. 194 (2.3.1917); Hohenlohe erwiderte die Antipathie des Tagebuchschreibers nicht; er stand der Betrauung Redlichs mit der Regierungsbildung im Juli 1917 sympathisch gegenüber, kam jedoch bald davon ab (Polzer-Hoditz, Kaiser Karl, S. 434, 453, 456); ähnlich kritisch („kleine Clique“) Sieghart, Großmacht, S. 178. Nl. Wassilko 3/6, Schulz 15.2.1917; ähnlich bei Elisabeth Kovacs, Untergang oder Rettung der Donaumonarchie? Bd. 1, Wien 2004, S. 381. Allenfalls die Ernennung Baernreithers zum Minister ohne Portefeuille, der die Verfassungsentwürfe perfektionieren sollte, mag Hohenlohe mit gemischten Gefühlen betrachtet haben. Spitzmüller, Ursach, S. 204; vgl. auch Nl. Wassilko 3/6, 30.11. 1916; Redlich-Tb. II, S. 243 (21.11.1917). Berchtold meinte, Hohenlohe wäre lieber Statthalter in der Steiermark oder Salzburg geworden (Hantsch II, S. 795). Redlich-Tb. II, S. 177 (9.1.1917). Redlich-Tb. II, S. 174 (29.12.1916), unter Berufung auf Koerber; vgl. allerdings Emmerich Zeno v. Schonta, Aus den Erinnerungen eines Flügeladjutanten, Wien 1928, S. 35: „Eine ernannte Obersthofmeisterin hatte die Kaiserin nicht, sondern es wurden

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nur zeitweise hohe Damen zu diesem Dienste herangezogen.“ Die Hof- und Staatshandbücher für die Jahre 1917/18 weisen tatsächlich die Stelle einer Obersthofmeisterin als „unbesetzt“ aus; unter den zwei Hofdamen findet sich allerdings die verwitwete Gräfin Agnes Schönborn, aus der konservativen böhmischen Hauptlinie, die Urgroßmutter des Wiener Erzbischofs Grafen Christof (* 1945). StLA, Familienarchiv Herberstein 52, Sign. 64–4, Kriegserinnerungen Gf. Herbert H., fol. 415 (14.9.1916). Herberstein war 1909/10 der Regimentskommandant von Gottfried Hohenlohe im Husarenregiment 9 gewesen. Vgl. das Tagebuch des Vorstands der Militärkanzlei des Kaisers, FML Marterer (KA Wien, B.16) vom 6.6.1917 über ein Gespräch mit „H.“, dessen Vorbehalte gegen Zita und den „nicht vorteilhaften Einfluß ihrer Familie“; ähnlich Eltz-Schönborn-Tb. 24.7.1918: Konrad meine, die Kaiserin „beeinflusst den Kaiser schlecht … sei nicht gescheit, hätte aber eine gewisse Schlauheit … ihre Mutter mischt sich in alles ein.“ Polzer-Hoditz, Kaiser Karl, S. 181–184, 279 f. Redlich-Tb. II, S.  196 (15.3.1917); Adolf Bachmann, Joseph Maria Baernreither (1845–1923), Neustadt/Aisch 1977, S. 159–162. Opitz, Adlgasser (Hgg.), Zerfall, S. 19 (10.4.1917); ähnlich ein Zitat Wedels: Hohenlohe „wirft bekanntlich immer die Flinte ins Korn, wenn’s brenzlich wird“ (8.4.1917, zitiert bei Kovacs, Untergang oder Rettung I, S. 167). Redlich-Tb. II, S. 210 (18.6.1917); Polzer, Kaiser Karl, S. 468–474 meint, Becks gutes Verhältnis zu Sieghart hätte Karl irritiert; vgl. dagegen Allmayer-Beck, Ministerpräsident Beck, S. 269–275. Marterer-Tb. verweist allerdings immer wieder auf Personen (z. B. 9.4.1917 auf den Fürsten Schönburg-Hartenstein), die der Kaiser wegen (angeblicher) Verbindungen zu Sieghart nicht heranzog. Für die Familie Hohenlohe vermutlich auch eine persönliche Belastung: Konrads Sohn Alfred, der eine diplomatische Karriere eingeschlagen, hatte gerade erst in Washington – morganatisch – geheiratet. Redlich-Tb. II, S. 285 (10.7.1918), 290 (21.8.1918); Marterer-Tb. 14.4.1918; vgl. August Demblin, Minister gegen Kaiser. Aufzeichnungen eines österreichisch-ungarischen Diplomaten über Außenminister Czernin und Kaiser Karl, Wien 1997, S. 78 f.; bei Kovacs, Untergang oder Rettung I, S. 405 wird der Rücktritt mit der schlechten finanziellen Lage des Hofes in Verbindung gebracht (vgl. auch Montenuovos diesbezügliche Klagen in Marterer-Tb. 12.5.1918), ein Umstand, der neben der Kriegsinflation vermutlich auf das höhere Maß von Aktivitäten unter dem jungen Kaiser zurückzuführen ist. Berchtold-Tb. 29.11.1917; Marterer-Tb. 25.11.1918; vgl. auch Eltz-Schönborn Tb. 20.8.1917: „Fanny erzählte mir von ihrer Verlobung mit Eh. Max. Ihr erschien seine Courmacherei immer nur als eine kindliche Schwärmerei und sowohl sie als auch Konrad waren sprachlos, als der Kaiser ihm zum 22. Dezember vorigen Jahres plötzlich eröffnete, daß sein Bruder um die Hand seiner Fanny bitte.“ Eltz-Schönborn-Tb. 28.8.1918; Peter Frank-Döfering (Hg.), Adelslexikon des österreichischen Kaisertums, Wien 1989, S. 413; Neue Freie Presse, 23.12.1918, S. 4.

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Prinz Gottfried zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1867–1932).

Prinz Gottfried zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1867–1932) Ein Liebling der Kaiserhöfe Alma Hannig

Prinz Gottfried zu Hohenlohe-Schillingsfürst, einer der begabtesten Diplomaten der späten Habsburger Monarchie, erreichte den Höhepunkt seiner Karriere kurz nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs, als er die Leitung der Botschaft in Berlin übernahm. Vier Jahre lang hatte Hohenlohe die schwierigen Beziehungen zwischen den beiden Bündnispartnern mitgestaltet, stets bemüht, die Rolle der Donaumonarchie als Juniorpartner nicht in die völlige Abhängigkeit vom Deutschen Kaiserreich abgleiten zu lassen. Seine Aussage, dass er vom Botschafterposten zurücktreten würde, wenn „‚man an diesem Bündnis mäkelt‘“1, sollte sich erst in den Novembertagen des Jahres 1918 bewahrheiten. Damals verließ Gottfried Hohenlohe nicht nur Berlin, sondern allgemein die politische und diplomatische Bühne. Obwohl zahlreiche Studien zur Geschichte Österreich-Ungarns vor und während des Ersten Weltkriegs sowie zur Rolle der Diplomaten erschienen sind, endet die Suche nach dem Namen Gottfried Hohenlohe häufig ergebnislos. Lediglich im Österreichischen Biographischen Lexikon und im Jahrbuch des k. u. k. Auswärtigen Dienstes wird Prinz Gottfried Hohenlohe in seiner Funktion als Diplomat und General der k. u. k. Monarchie biographisch kurz vorgestellt.2 Dabei bekleidete er im Laufe seiner Karriere verschiedene bedeutende Ämter und nahm nicht zuletzt wegen seiner ausgezeichneten privaten Beziehungen zu den Herrscherfamilien in den drei konservativen Monarchien, Österreich-Ungarn, Deutschland und Russland, Einfluss auf die Gestaltung der Politik. Aus den Erinnerungen zahlreicher Zeitgenossen geht hervor, dass er ein humorvoller und beliebter Gesprächs- und Jagdpartner, Beobachter und scharfer Analytiker war.3 Obwohl er sogar mehrmals als Kandidat für den Außenministerposten gehandelt wurde, hat die Forschung ihn bisher kaum beachtet. Lange Zeit galt sein Nachlass als verschollen.4 Dessen Auffinden in zwei privaten Archiven in Wien sowie eine genaue Recherche in zahlreichen Archiven in Deutschland, Österreich und der Tschechischen Republik ermöglichten die Entstehung dieser Arbeit, die nun eine erste biographische Skizze bieten und als Anregung für weitere Untersuchungen dienen soll.5

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Jugend und Ausbildung Gottfried Hohenlohe wurde am 8. November 1867 als vierter Sohn des Obersthofmeisters Constantin und dessen Frau Marie geb. zu Sayn-Wittgenstein in Wien geboren.6 Zusammen mit seinen Geschwistern wuchs er im Wiener Augartenpalais auf und absolvierte wie in der Familie üblich das Schottengymnasium.7 Im Gegensatz zu seinen Brüdern, welche Jura studierten und später die politische, universitäre und geistliche Laufbahn einschlugen, begann Gottfried seine Karriere beim Militär. Nach Ablegen der Kadettenprüfung trat er 1887 in das Husarenregiment Nr. 9 ein, wo er zwei Jahre später Leutnant wurde. In den offiziellen Qualifikationslisten wurden seine hohe Bildung und die „vielen Geistesgaben“ besonders hervorgehoben.8 Zudem war er ein hervorragender Reiter; die Begeisterung für den Pferdesport sollte er zeit seines Lebens behalten.9 Im Winter 1891 begleitete er den Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand bei dessen erster selbstständiger diplomatischer Mission nach Russland.10 Zwei Jahre später sollte er als Ehrenattaché der österreich-ungarischen Botschaft in St. Petersburg an den Krönungsfeierlichkeiten teilnehmen.11 Von 1893 bis 1895 besuchte Hohenlohe die Kriegsschule und wurde nach einem sehr guten Abschluss zunächst dem Generalstab und 1900 als Generalstabshauptmann dem Kommando der Kavallerietruppendivision in Krakau zugeteilt.12 Sein Karrierewunsch, Militärattaché zu werden, ging bereits im Jahr 1902 in Erfüllung, allerdings nicht auf dem von ihm favorisierten Berliner Posten, für den er ursprünglich vorgesehen war.13 Wegen einer Spionageaffäre um den k. u. k. Militärattaché in Russland, Major Müller, erschien es sinnvoll, zur Beruhigung der Lage einen „grossen Namen nach Petersburg“14 zu entsenden.

Militärattaché in St. Petersburg Die Ernennung Gottfried Hohenlohes zum Militärattaché bedeutete eine außerordentliche Auszeichnung und Beförderung, da in der Regel eine wesentlich längere Zugehörigkeit zum Generalstab bzw. höhere militärische Ränge sowie zumindest passive Kenntnisse der Landessprache erforderlich waren.15 Hohenlohe reagierte jedoch mit „Bestürzung“16, brachte verschiedene Argumente gegen die eigene Ernennung vor und bat Thronfolger Franz Ferdinand um Hilfe. Dieser konnte gegen den Wunsch des Kaisers und des Außenministers Goluchowski nichts bewirken, da „S. Majestät solche Stücke auf Sie hält und daß Allerhöchst derselbe überzeugt ist, daß Sie auf dem Posten voll entsprechen werden. Dies ist auch meine Meinung.“17 Auch die Intervention des deutschen

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Kaisers, der sich Hohenlohe explizit als Militärattaché in Berlin gewünscht hatte, blieb erfolglos.18 In den folgenden Wochen versuchte Gottfried Hohenlohe, sich „ein Bild über die Tätigkeit des Militär-Attachés in Petersburg zu machen“ und über die russische Armee zu informieren.19 Beim Lesen der Berichte seiner Vorgänger sah er aufgrund der mangelnden Russischkenntnisse „die allergrößten Schwierigkeiten“ auf sich zukommen. Denn während die Vorgänger Russisch sprachen, kannte der Prinz „kaum das russische Alphabet […]!“20 Sogar in der Audienz bei Kaiser Franz Joseph sprach er dieses Thema an, worauf der Monarch recht pragmatisch reagierte und ihm einen Russisch sprechenden Sekretär zuteilte.21Hohenlohes wichtigste Aufgabe sei es, „sich mit den maßgebenden Persönlichkeiten gut zu stellen und im Einvernehmen mit dem Botschafter alles aufzubieten, um unsere Beziehungen nach Möglichkeit zu festigen.“22 Die Militärattachés haben Informationen über die militärischen Verhältnisse und Vorgänge in fremden Staaten gesammelt und dem Kriegsministerium berichtet, über welche Machtmittel das jeweilige Land verfüge, um seine politischen Absichten durchzusetzen.23 Als Mitglieder der k. u. k. Missionen unterstanden sie in allen politischen und diplomatischen Beziehungen dem Botschafter, den sie wiederum in militärischen Angelegenheiten beraten und unterstützen sollten. Da die Botschafter in den diplomatischen, die Militärattachés und -bevollmächtigten vorwiegend in den militärischen bzw. den Hofkreisen verkehrten, leisteten die Letzteren einen eigenen Beitrag zur Gestaltung der zwischenstaatlichen Beziehungen und stellten ein „unmittelbares Bindeglied“ zwischen den Monarchen dar.24 Finanziell war das Amt des Militärattachés in St. Petersburg durchaus attraktiv.27 Im Januar 1903 wurden Gottfried Hohenlohe aus Mitteln des Außenministeriums nicht nur eine außerordentliche Personalzulage, sondern auch ein jährlicher Zuschuss von 2 400 Kronen Gold gewährt.28 Diese Zuwendung wurde ausschließlich für seine Person und nur in der Rolle des Militärattachés in St. Petersburg genehmigt.29 Als Gottfried Hohenlohe im Juli 1902 in St. Petersburg seinen Dienst antrat, leitete Baron Aehrenthal die dortige k. u. k. Botschaft.25 Bei der Erledigung der ersten Aufgaben und der Einführung in die wichtigsten gesellschaftlichen Kreise halfen dem neuen Militärattaché der russischsprechende Kanzleisekretär Graf Kinsky sowie sein deutscher Kollege Lüttwitz.26 Relativ bald nach seiner Ankunft wurde Prinz Hohenlohe vom Zaren empfangen. Im Laufe der nächsten Jahre sah der Militärattaché den russischen Monarchen nicht nur in Audienzen, sondern auch bei den Manövern und auf Jagden, wo sich stets Gelegenheiten für längere Unterredungen ergaben.30 Sein Verhältnis zum Zaren wurde von zahlreichen Zeitgenossen und Historikern als freundschaftlich bezeichnet.31 Der Prinz beschrieb den Monarchen als

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einen „ganz ungewöhnlich schwach[en]“, wenig entschlussfreudigen, „schüch­ ternen, undezidierten Charakter“, dem alle Regierungsgeschäfte und Repräsentationspflichten „ein Greuel“ waren und der sich am liebsten seinem Familienleben und der Jagd gewidmet hätte.32 „Mißtrauisch wie alle Russen“ und nicht dazu in der Lage, einen „wie immer gearteten Widerstand [zu] leisten“, erschien er ihm wie „ein kleiner unscheinbarer Mann in der bescheidenen Oberstenuniform eines Gardekavallerieregimentes“. Auf der anderen Seite erlebte Hohenlohe den Zaren bei den intimen Winterjagden mit meist nicht mehr als 5 Personen „wirklich ungezwungen heiter und gesprächig“, liebenswürdig, sehr sympathisch und als „eine der positivsten Naturen“.33 Durch seine Nähe zum Zarenhof bekam der Prinz einen außergewöhnlichen Einblick in die russische Hofgesellschaft. Seine ausführlichen Beschreibungen von politischen und militärischen Vorgängen, kulturellen und zeremoniellen Besonderheiten sowie einige „Klatsch und Tratsch“-Geschichten lassen ein vielfältiges Bild des Zarenhofes, der Diplomatie und des Militärs in Russland in der Zeit von 1902 bis 1907 entstehen.34 Die Hauptbezugsperson aus der russischen Herrscherfamilie war für Hohenlohe Großfürst Wladimir, dessen Haus aufgrund der Öffentlichkeitsscheu des Zaren den Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens in Petersburg bildete.35 Großfürst Wladimir lud ihn nicht nur zur Tafel und zum Whistspiel ein, sondern wies ihm in seinem Palais in Zarskoe Selo ein ständiges Absteigequartier zu. Das besondere Vertrauensverhältnis wird deutlich, wenn man bedenkt, dass Hohenlohe sich während der Revolution 1905 dort aufhielt und der Großfürst ihm manchmal die geheimen Marineberichte über die Meutereien im Schwarzen Meer vorlas und übersetzte, wenn jener sie nicht verstanden hatte.36 Gottfried schätzte den „Ehrenmann“ Wladimir vor allem für sein „goldenes Herz“ und die hohe Bildung.37 Der deutsche Militärattaché Jacobi hielt in einem Bericht fest: „Er [Hohenlohe, A.H.] hat es vor allem verstanden, am Großfürst Wladimirschen Hofe, zur Zeit, als derselbe politisch und gesellschaftlich tonangebend war, eine geradezu einzige Stellung zu gewinnen, und war die österreichische Botschaft durch ihn – einige behaupten sogar ‚nur‘ durch ihn stets ausgezeichnet über alles, was bei Hofe vorging, unterrichtet“38. Zusätzlich bezog Hohenlohe seine Informationen aus dem Yachtklub, dem „Treffpunkt der Großfürsten, der hohen Würdenträger des Hofes und der Diplomaten“.39 Mithilfe seines deutschen Kollegen Lambsdorff, der ihn mit militärischen Nachrichten versorgte und mit dem ihn eine „Gemeinschaft auf Leistung und Gegenleistung verband“40, galt er als „zweifellos der beste Militärattaché, den die österreichisch-ungarische Regierung sich in Petersburg nur wünschen konnte[…]“.41

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Während des russisch-japanischen Krieges und der Revolution von 1905 hielt sich Gottfried Hohenlohe hauptsächlich in Zarskoje Selo bzw. in St. Petersburg auf. Im Gegensatz zu den Kriegsattachés Csicserics oder Szeptycki, die als militärische Beobachter an Kriegsschauplätzen tätig waren, war er niemals in Ostasien.42 Seine Berichte und Briefe aus dieser Zeit sind also im Zusammenhang mit dem konkreten Kriegsgeschehen wenig aufschlussreich.43 Sie bieten allerdings interessante Einblicke in die Wahrnehmung dieser Ereignisse durch die russischen Eliten sowie die Entwicklungen in politischen, militärischen und Personalfragen am Zarenhof. Eine genaue Analyse dieser Schriftstücke würde den Rahmen der vorliegenden Darstellung sprengen.44 Nur so viel: Die russische Niederlage im Krieg führte Hohenlohe auf die „unzulängliche Führung“, die ungeklärten Kommandoverhältnisse sowie zahlreiche Intrigen zurück.45 Die politischen und militärischen Themen waren Gegenstand der offiziellen Berichterstattung, die gesellschaftlichen Ereignisse schilderte der Militärdiplomat in seinen privaten Briefen. Übertreibungen und Zuspitzungen bei Personenbeschreibungen sowie Klatsch und Tratsch jeglicher Art wurden von seinen Korrespondenzpartnern besonders gern gelesen.46 Die Frage, inwiefern Hohenlohes Berichte und Privatbriefe das Bild des Zarenreiches in der Donaumonarchie im Vorfeld des Ersten Welt­krieges prägten, wird im Rahmen einer späteren Untersuchung geklärt werden. Festzuhalten ist, dass Hohenlohe „sich durch seine Berichte aus­zeichne[te]“47 und die entsprechende Anerkennung durch Kaiser Franz Joseph erfuhr. Am 1. Mai 1906 stieg er zum Major auf und wurde Flügel­adjutant und Militärbevollmächtigter des Kaisers.48 Für sein Engagement für die österreichisch-ungarische Industrie hinsichtlich der russischen Muni­ tionskäufe, erhielt er 1905 eine Belobigung durch Generalstabschef Beck.49 Während seiner Militärattachézeit war Gottfried Hohenlohe nicht nur über die Vorgänge in Russland bestens informiert, sondern auch über die wesentlichen Entwicklungen im Deutschen Kaiserreich und der Donaumonarchie. Bei Jagden in Donaueschingen traf er regelmäßig den deutschen Kaiser und den österreichisch-ungarischen Thronfolger. Lambsdorff schrieb rückblickend, dass der Prinz über die Veränderungen bei den deutschen Militärbevollmächtigten in St. Petersburg besser informiert war als der deutsche Botschafter bzw. der Militärbevollmächtigte selbst. Er sei sogar von Hohenlohe über den eigenen bevorstehenden Wechsel aufgeklärt worden.50 Reichskanzler Bülow berichtete, dass Kaiser Wilhelm II. nach einer Jagd bei Christian Kraft zu Hohenlohe im Jahr 1906 seinen eigenen Militärbevollmächtigten in St. Petersburg umgangen habe, als er Gottfried Hohenlohe einen Brief für den Zaren mitgab und sogar „sein Herz dem genannten österreichischen Militärattaché ausschüttete“.51 Das Verhältnis zum Missionschef Aehrenthal beschrieb Gottfried Hohenlohe als „von Haus aus ein sehr freundschaftliches“52, was sich anhand ihrer

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Korrespondenz belegen lässt.53 Obwohl es keine Verpflichtung für den Militärattaché gab, die Berichte dem Botschafter vorzulegen, zeigte Hohenlohe alle Schreiben politischen Inhalts dem russlanderfahrenen Aehrenthal, der ihn wiederum über alles Wichtige in der Diplomatie unterrichtete. Bei unterschiedlichen Ansichten berieten sie sich, um anschließend die verschiedenen Stellen, denen sie unterstanden, möglichst im gleichen Sinne zu informieren.54 Die Absprachen zwischen Hohenlohe und Aehrenthal und die weitgehende Einigkeit in politischen Fragen hatten ihren vorläufigen Höhepunkt in der gemeinsamen Initiierung des Kaisertreffens in Mürzsteg, bei dem sie Anfang Oktober 1903 anwesend waren.55 Aehrenthal benutzte in seinen Schreiben an Außenminister Goluchowski die vertrauliche Beziehung zwischen Hohenlohe und dem russischen Zaren, um eigene Argumentationen zu unterstreichen, so beispielsweise 1904, als er für bessere Beziehungen mit Russland plädierte und sich dabei auf „die beachtenswerten Äußerungen, welche Seine Majestät Kaiser Nikolaus vor Kurzem im Gespräche mit Prinz Hohenlohe fallen ließ“.56 Bei seinen Aufenthalten in Wien fungierte Hohenlohe als Vermittler zwischen Außenminister Goluchowski und Aehrenthal bezüglich der Russlandpolitik. Anschließend informierte er den Botschafter über die Inhalte aller Unterredungen.57 Immer wieder bemühten sich Aehrenthal und Hohenlohe um eine Wiederherstellung des Dreikaiserbündnisses.58 Nach den außenpolitisch motivierten Versuchen von 1904 setzten sie sich 1906 für ein Bündnis ein, um die Solidarität der Monarchien zu unterstreichen und damit diese vor Revolutionen zu schützen. Zugleich sollte dadurch die Position des Zaren gegenüber der Duma gestärkt werden.59 Nach den ablehnenden Antworten aus Wien und Berlin empfahlen Aehrenthal und Hohenlohe eine Aussprache bzw. Annäherung der drei Kaiser vor dem Beginn der Haager Konferenz 1907, was von Russland abgelehnt wurde.60 Als Gottfried Hohenlohe am 23. April 1907 aus St. Petersburg abberufen wurde, um als Botschaftsrat nach Berlin zu gehen, formulierte er eher düstere Prognosen für Russland: Die Situation erschien ihm „desolat“, die Duma „grotesk“; aufgrund von Unruhen, Morden, Überfällen und der schwachen politischen Lage müsse es „finalement meiner Ansicht nach zu einem wirklichen Zusammenbruch des heutigen Rußland kommen“61. Für seine eigene Karriere zog er rückblickend ein positives Resümee, nämlich dass er das Zarenreich „überreich an interessanten Erinnerungen und mit den Gefühlen herzlichster und aufrichtigster Dankbarkeit verliess – für die stets freundliche und entgegenkommende Aufnahme, die ich während meines ganzen Aufenthaltes jederzeit und in allen Kreisen gefunden hatte.“62 Im Jahr 1911 profitierte noch sein Vetter Franz Hohenlohe von der „ganz besonders gute[n] und freund­schaft­

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liche[n] Erinnerung, die man […] Gottfried Hohenlohe hier bewahrt“63. Die deutschen Militärattachés Lambsdorff und Jacobi hielten Gottfried für erfolgreicher als alle übrigen Mitglieder der k. u. k. Botschaft in St. Petersburg: „Die hohe Meinung, die man in Wien von den diplomatischen Fähigkeiten des Prinzen Hohenlohe zu haben scheint, und die in den vielen ihm im letzten Jahre zuteilgewordenen Auszeichnungen zutage tritt, ist zweifellos voll berechtigt.“64 Nach der herzlichen Abschiedsaudienz beim Zaren galt es in den diplomatischen Kreisen als wahrscheinlich, dass Gottfried Hohenlohe nach kurzem Aufenthalt in Berlin und im Ministerium in Wien bald als Botschafter nach St. Petersburg zurückkehren würde.65 In der Tat schlug ihn der inzwischen zum Außenminister avancierte Aehrenthal im Gespräch mit Kaiser Franz Joseph als einen möglichen Kandidaten für den Botschafterposten in Russland vor. Der Kaiser ernannte letztlich Berchtold zum Botschafter und äußerte gleichzeitig den Wunsch, dass Gottfried „weiter in militärischen Diensten verbleibe“. Aehrenthal hingegen riet Hohenlohe im Vertrauen, er solle „ehetunlichst in die Diplomatie übertrete[n], um binnen kurzem Berchtold in Petersburg zu ersetzen, der für den Berliner Posten in Aussicht genommen sei.“66

Wechsel in die Diplomatie Die Ernennung Gottfried Hohenlohes am 2. Mai 1907 zum Legationsrat I. Kategorie und Botschaftsrat in Berlin sollte dem Prinzen die Möglichkeit bieten, die entscheidenden Erfahrungen auf dem diplomatischen Parkett zu sammeln, bevor er nach St. Petersburg als Botschafter versetzt würde.67 In den letzten Jahren vor dem Krieg war er einer von lediglich zwei Militärattachés, die in den diplomatischen Dienst übernommen wurden.68 Außer den Erfahrungen, die er in St. Petersburg gesammelt hatte, konnte er keinerlei diplomatische Ausbildung vorweisen. Es ist davon auszugehen, dass Aehrenthal und Erzherzog Franz Ferdinand bei Gottfrieds Wechsel in die Diplomatie die entscheidende Rolle gespielt haben.69 Mit dem Thronfolger pflegte Hohenlohe seit seinen jungen Jahren engen Kontakt. Bei Jagden und offiziellen Audienzen tauschten sie sich regelmäßig über politische und militärische Fragen aus. Während Franz Ferdinand „enorm freundlich und nett“70 zu ihm gewesen sein soll, war Hohenlohe nach solchen Gesprächen in der Regel vom Thronfolger enttäuscht: „Vorgefaßte Meinungen, oberflächliche Urteile, und eine geradezu kindliche Naivität in der Beurteilung der ernstesten Fragen.“71 Hohenlohes familiärer Hintergrund, das Ansehen, das er in Russland genoss sowie das selbstbewusste, standesgemäße Auftreten erleichterten sicherlich den Quereinstieg in

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die Diplomatie.72 Der österreichisch-ungarische Botschafter in Berlin, Szögyény, wünschte sich ebenfalls Ende Dezember 1906 Hohenlohes Versetzung nach Berlin: „[…] ich gestehe Dir offen, daß ich ganz unter seinem Charme stehe. – Es wäre wirklich eine Wohltat für mich,- wenn ich wieder einmal einen ersten Beamten bekommen würde,- mit dem ich ernstlich über die Vorkommnisse in der politischen Welt einen Gedankenaustausch pflegen könnte.- Hoffentlich wird dies nicht gar zu lange auf sich warten lassen.- Hohenlohe versichert mir, er wünsche sich nichts sehnlicher, als recht bald hierher ernannt zu werden.“73 Kurz nach Hohenlohes Ankunft in Berlin im Juni 1907 begab sich Szögyény auf einen längeren Urlaub, sodass ihn der neue Botschaftsrat für fast fünf Monate vertrat. Hohenlohes Privatbriefe an Aehrenthal und Berchtold aus dieser Zeit zeichnen sich vor allem durch interessante Personenbeschreibungen aus. Über seinen Vorgesetzten, Botschafter Szögyény, den er – wie fast alle Diplomaten – stets „Zigeunerbaron“ nannte, hielt er zahlreiche Anekdoten fest.74 Die erste betraf die Nervosität Szögyénys vor seinem Urlaubsantritt. Hohenlohe soll dem „rasend aufgeregten Zigeunerbaron“ den Vorschlag gemacht haben, bei wichtigen Angelegenheiten, ihn telefonisch zu konsultieren, worauf dieser geantwortet haben soll: „‚Telegraphieren Sie- so viel Sie wollen aber nur nicht Telephonieren- denn dos konn ich nicht‘ und auf mein verblüfftes Gesicht wiederholte er ‚ich konn dos nicht und bin wirklich schon zu olt um sowos zu lernen.‘“ Hohenlohes süffisanter Kommentar dazu lautete: „Es war mir neudass auch das Telephonieren eine Kunst sei- die erlernt & gepflegt sein müsse.“75 Über die anderen Mitglieder der damaligen österreichisch-ungarischen Mission in Berlin schrieb Hohenlohe „nur das Allerbeste“76. Während Gottfrieds Tätigkeit in Berlin bestimmte die Eulenburg-Affäre die Gespräche auf dem politischen und gesellschaftlichen Parkett.77 Hohenlohe bezeichnete die gesamte Atmosphäre in Berlin – vor allem die „sexuellen Perversitäten“, „Eifersüchteleien“ und „Missgunst“ – als ungesund und stellte fest, dass sie „einen ordentlich anekelt.“78 Die ersten Treffen mit Kaiser Wilhelm II. und Reichskanzler Bülow desillusionierten den Botschaftsrat. Mit dem Monarchen, mit dem er sich stets duzte, führte er Gespräche über „alles Mögliche“, die er anschließend als „sehr merkwürdig“ bezeichnete.79 Den deutschen Reichskanzler beschrieb er als unsympathisch, als „eine Figur, die Lust zur In­ trigue nur so atmet“.80 Er betonte Bülows enorme Schlauheit und warnte vor seiner „verblüffenden Charakterlosigkeit“ und Unzuverlässigkeit bezüglich des Bündnisses mit der Donaumonarchie.81 Innerhalb kürzester Zeit hatte sich der k. u. k. Diplomat mit „verschiedenen Geheimen, Wirklichen und Nicht-Wirklichen Legationsräten und anderen ‚Räten‘ befreundet“82 und genoss das Vertrauen mehrerer Mitarbeiter des Aus-

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wärtigen Amtes, allen voran Mühlbergs, der ihm teilweise Einsicht in die geheimen Berichte der deutschen Diplomaten gewährte.83 Hohenlohes Urteile über die wichtigsten deutschen Vertreter fielen vernichtend aus: Staatssekretär des Auswärtigen Tschirschky gehe „Freitag schon immer ‚über´n Sonntag‘ aufs Land, von wo er am Montag oder Dienstag zurückkommt; wenn er da ist, weiß er so ziemlich von gar nichts und muß sich immer erst ‚Orientieren‘, was ihm aber selten zu gelingen scheint.“ Ähnlich schlecht informiert sei Pourtalès gewesen, der zwar „sehr nett und freundlich“ sei, „aber ungefähr so viel [weiß] wie der letzte Amtsdiener, vielleicht noch weniger […].“ Jagow, „ein großes Tier im Auswärtigen Amte“ sei „voll von Weltschmerz und Kummer“ und zudem „leberleidend“.84 Aehrenthal und Szögyény waren mit Hohenlohes Arbeit zufrieden. Szögyény bezeichnete ihn als „sehr fleißig“, jedoch auch „etwas zu impressionabel“ und äußerte die Erwartung, dass sich „dies bessern [wird], wenn er das Terrain in Berlin, welches infolge des überwuchernden sozialen und politischen ‚Tratsches‘ nicht leicht zu beherrschen ist, besser kennen wird.“85 Hohenlohes Kollege in St. Petersburg, Karl Emil zu Fürstenberg, der größtenteils über Berchtold von Gottfrieds Arbeit in Berlin erfuhr, machte sich über dessen Selbstwahrnehmung lustig: „Der Botschaftsposten in Berlin ist bei weitem der schwierigste, verantwortungsreichste den es giebt! Täglich türmen sich ungeahnte Schwierigkeiten auf ! Dieselben werden mit Leichtigkeit und Glanz vom Botschaftsrath Pr. Hohenlohe überwältigt. Also sprach Gottfried!“86 Berlin, der langjährige Wunschdienstort des Prinzen, erfüllte seine Erwartungen nicht. Bereits im November 1907 äußerte der Prinz den Wunsch, möglichst bald „/noch heterosexuell/ dem Sodom an der Spree den Rücken“87 kehren zu können. Wenig später, im Februar 1908, gestand er in einem Gespräch mit Fürstenberg, „er werde froh sein, wenn er den Berliner Staub von seinen Füßen geschüttelt haben wird!! (…)“88 Dies sollte in der Tat bald geschehen.

Heirat Ende Januar 1908 verlobte sich Gottfried Hohenlohe mit Erzherzogin Henriette Maria Carolina Gabriele (1883–1956), dessen Vater, Erzherzog Friedrich, der reichste Habsburger war. Die Familie des Erzherzogs lebte größtenteils in Preßburg, sprach vorwiegend Ungarisch, befasste sich mit dem ungarischen Brauchtum und erzog die Kinder „einfach und schlicht“89. Am 3. Juni 1908 fand die Trauung in Weilburg/Baden bei Wien statt, nachdem wenige Tage zuvor die Ehepakte unterzeichnet und der Renuntiationseid von der Erzherzogin geleistet worden waren.90 Ob es sich ursprünglich um eine Liebesheirat

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gehandelt hat, kann schwerlich beurteilt werden. Später wurde die Ehe von allen Seiten als „die denkbarst glückliche“91 beschrieben, was durch die liebe- und respektvolle Korrespondenz zwischen den Ehepartnern bestätigt wird. Laut Karl Emil zu Fürstenberg waren das Vermögen der Braut und die materielle Unterstützung des wohlhabendsten Hohenlohe ausschlaggebend: „Nachdem er [Hohenlohe, A.H.] alle Vor- und Nachteile einer derartigen Verbindung auf der Karatwaage abgewogen, /ich denke die materielle Unterstützung Christian Krafts wird schwer in die Waagschale gefallen sein/ entbrannte er plötzlich in heisser, inniger Liebe!!“92 In der Tat war die finanzielle Ausstattung der Erzherzogin Henriette sogar für die Habsburger Verhältnisse besonders hoch.93 Dass dieses „illustrious match“94 Hohenlohes diplomatischer Karriere keineswegs förderlich war, sollte sich nach der Bekanntgabe der Verlobung herausstellen. Außenminister Aehrenthal machte Kaiser Franz Joseph und Botschafter Szögyény auf das Problem aufmerksam, dass eine kaiserliche Prinzessin nach „höfischen Etikette-Rücksichten“95 den Vortritt vor den Gemahlinnen aller übrigen Auslandsvertreter hatte, was diese düpieren könnte.96 Sofort war man sich einig, dass ein Verbleiben Hohenlohes im aktiven diplomatischen Dienst unmöglich sei und zu „großen Schwierigkeiten“ führen würde.97 Gottfried Hohenlohe zeigte sich enttäuscht.98 Laut Lambsdorff soll Kaiser Franz Joseph den Prinzen damit getröstet haben, „daß der geeignetste Platz für einen Hohenlohe im Kaiserlichen und Königlichen Heere sei, und machte ihn zum Kommandeur zweier Schwadronen in einem winzigen Standort.“99 Im Jahr 1912 wurde Gottfried als Oberstleutnant in die Reserve übersetzt und lebte seitdem in Mariazell.100 Die Vermutung Fürstenbergs, dass sein Abschied aus der diplomatischen Karriere eher „1–2 Jahre ruhiges Liebesleben und dann Entrée triomphale in der Sergewskaia 10“101 bedeuten würde, sollte sich nicht bewahrheiten. Dies wäre nur bei Verzicht der Erzherzogin auf das Prädikat „k. u. k. Hoheit“ möglich gewesen, was Hohenlohe ablehnte. Während dieser Zeit verfolgte Gottfried alle politischen Entwicklungen und tauschte sich mit Berchtold und Aehrenthal aus. Nach der Annexion Bosniens und der Herzegowina 1908 äußerte er die Hoffnung, dass Aehrenthal „trotz aller Mühen und Schwierigkeiten das Staatsschiff in dem einmal eingeschlagenen Kurse erhalten“102 werde. Ein Umfallen unter dem Druck des Auslandes würde eine „Demütigung der Monarchie“ und Demoralisierung der Armee bedeuten, was ihm „viel unheilvoller“ erschien „als ein[…] verlorene[r] Feldzug.“103 Die anschließende Politik der Beruhigung begrüßte Hohenlohe, denn „ein normaler Fuss mit Russland“ sei für die Donaumonarchie „eine conditio sine qua non & ich würde mich sehr freuen- wenn dies wieder gelingen würde […]. Dass es nicht zum Kriege gekommen ist- ist finalment doch sehr erfreulich.“104 Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und der Lektüre der deutschen

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Aktenpublikation kam Hohenlohe zu einem gänzlich anderen Urteil, dass nämlich „Inscenierung und Regie in der Annexions-Frage so gut wie alles zu wünschen übrig liessen.“105 Er verurteilte Aehrenthals Geheimhaltungspolitik und stellte fest, dass die Annexion „keinerlei Früchte“ getragen habe und die Folgen für die Donaumonarchie im internationalen Beziehungsgeflecht fatal waren.106 Über Thronfolger Franz Ferdinand äußerte er sich immer noch kritisch: Das Belvedere sei stets damit beschäftigt, „Unordnung zu machen & zu kritisieren“ und es stehe „allem Schaffen oder Schaffen helfen aber fremd oder gar feindlich gegenüber“107. Wegen seiner Abwesenheit aus Wien konnte Hohenlohe viele Entwicklungen dieser Jahre nicht hautnah miterleben. Dass ihn der Ausschluss aus der Diplomatie und teilweise aus dem gewohnten gesellschaftlichen Leben sehr kränkte, wurde Ende 1912 deutlich, als er für eine diplomatische Sondermission nach St. Petersburg ausgesucht wurde. Gegenüber Erzherzog Franz Ferdinand äußerte er seinen Unmut, dass während der gesamten Zeit weder ihm noch Henriette eine Auszeichnung oder zumindest ein „Zeichen des Wohlwollens“108 zuteilwurden.

St. Petersburger Mission 1912/13 Nach dem Ausbruch des ersten Balkankrieges und der schnellen territorialen Expansion Serbiens im Herbst 1912 stand Wien unter Handlungszwang. Während am Ballhausplatz verschiedene diplomatische Schritte diskutiert wurden, beschloss Thronfolger Franz Ferdinand Mitte November 1912, militärisch gegen Serbien vorzugehen.109 Zuvor wollte er sich im Rahmen diplomatischer Missionen der Bündnistreue Deutschlands und Rumäniens versichern sowie Russland vom Kriegseintritt abhalten: Der Erzherzog reiste mit Generalstabschef Schemua nach Berlin und der ehemalige Generalstabschef Conrad von Hötzendorf nach Rumänien. Für die heikelste Mission – Verhandlungen mit Russland – war der ehemalige Militärattaché Gottfried Hohenlohe vorgesehen, der während seiner Tätigkeit in Russland „persona gratissima“110 geworden war. Seit 1909 galt dieser laut Personalakte „[f ]ür diplomatische Verwendungen auf Grund seiner Ausbildung und seiner Verwendungen“111 als geeignet. Außerdem zählte er seit Jahren zu den Befürwortern eines Krieges gegen Serbien und zugleich zu den Gegnern eines Krieges gegen Russland.112 Am 20. Oktober 1912 – einen Monat vor der geplanten Aktion des Thronfolgers – riet Hohenlohe dem Außenminister Berchtold dazu, „alle für den Kriegsfall Serbien bestimmten Corps auf Kriegsstand“ zu bringen, da die Bedingungen für eine Politik „der gewaltsamen Abrechnung mit Serbien“ nun die „denkbar günstigsten“113

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seien. Schon im Jahr 1906 plädierte er für den Krieg als Mittel der Politik: „Ein Krieg ist sicher etwas Entsetzliches und gewiß wird eine gute Diplomatie alles aufbieten, damit diese ultima ratio nicht zur Anwendung kommt; es ist aber auch Sache einer guten Diplomatie, gegen eine Konstellation zu sein, die es ermöglicht, einen unversöhnlichen Gegner separat abzuklopfen.“114 Um seine Argumentation gegen die friedliche Politik Berchtolds zu unterstreichen, behauptete er, dass Aehrenthal „ganz anders gehandelt hätte.“115 Dieser hätte weder am Status quo festgehalten noch die Expansionen Serbiens und Montenegros akzeptiert.116 Auch wenn Gottfried Hohenlohe es schwierig fand, nach einer längeren Unterbrechung „in einer so wichtigen Angelegenheit, mitten im politischen Leben [sic!] hineingestossen zu werden“, freute er sich über die ihm übertragene Aufgabe, dem Zaren, der ihm „stets sehr gnädig gesinnt“ war, zu versichern, dass „in unserem notgedrungenen Vorgehen gegen Serbien absolut keine aggressiven Absichten Russland vis à vis lägen.“117 Die Mission wurde allerdings durch den sogenannten „kalten Wasserstrahl“ aus Berlin verhindert, als der deutsche Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Kiderlen-Wächter, Wiens Außenpolitik kritisierte und vor weiteren Schritten warnte.118 Die Spannungen zwischen der Doppelmonarchie und dem Zarenreich ließen auch bei Beginn der Londoner Botschafterkonferenz nicht nach, da die beiden Staaten an den erhöhten Militärständen an der Grenze festhielten. Um die Situation zu entspannen und den Frieden zu erhalten, beschloss Kaiser Franz Joseph, mit einer Sonderbotschaft an den Zaren persönlich zu appellieren und entsandte Prinz Gottfried Hohenlohe nach St. Petersburg.119 Neben dem Handschreiben des Kaisers an den Zaren, in dem die friedlichen Absichten der Habsburgermonarchie und der Wunsch nach der Erhaltung der freundschaftlichen Beziehungen zu Russland geäußert wurden120, sollte Hohenlohe den Zaren vor revolutionären Gefahren warnen, an die monarchische Solidarität appellieren und ihn im persönlichen Gespräch überzeugen.121 Zudem waren Gespräche mit den maßgeblichen russischen Persönlichkeiten über Abrüstungen geplant.122 Dass Hohenlohe für diese Mission ausgesucht wurde, hing zum einen mit dem „ungewöhnliche[n] Vertrauen“123, das er beim Zaren genoss sowie mit seiner Herkunft und den durch seine Heirat entstandenen verwandtschaftlichen Beziehungen zum Haus Habsburg zusammen. Zum anderen verfügte er über die notwendigen militärischen Kenntnisse, um die Verhandlungen führen zu können. Thronfolger Franz Ferdinand, der inzwischen von seinem kriegerischen Kurs abgekommen war, hat auch dieses Mal die Entsendung Gottfrieds initiiert, was zunächst paradox erscheint, da Hohenlohe nach wie vor für den Krieg gegen Serbien plädierte.124 Es sollte sich im Verlauf der Mission dennoch

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herausstellen, dass er „an ideal candidate“125 war. In zwei Audienzen am 4. und 8. Februar trug er dem Zaren das Anliegen vor126 und besprach anschließend mit Außenminister Sazonow, Ministerpräsident Kokowzow, Kriegsminister Suchomlinow und Großfürst Sergej die Fragen der Abrüstungen und der möglichen Grenzen auf dem Balkan.127 Auch wenn Hohenlohe den Eindruck gewann, dass seine Gesprächspartner einen Krieg mit der Donaumonarchie verhindern wollten, stellte er fest, dass in den maßgebenden Kreisen St. Petersburgs eine „überaus gereizte Stimmung gegen die Monarchie und gegen Deutschland“ herrschte. Nach seiner Rückkehr nach Wien am 10. Februar 1913 betonte er, dass ohne ein Entgegenkommen Österreich-Ungarns in der Albanienfrage und ohne die Abrüstung „der Krieg in sechs bis acht Wochen unvermeidlich ausbrechen wird“.128 Berchtold betrachtete die Krise als beendet, als am 21. Februar 1913 Gottfried Hohenlohe dem Kaiser Bericht erstattete und dieser daraufhin eine Reduktion der Militärstände in Galizien verfügte, in der Erwartung, dass Russland diesem Schritt folgen würde.129 Auch wenn Hohenlohe früher die allgemeine Abrüstungsfrage für „Utopien“130 hielt, den Krieg gegen Serbien immer noch befürwortete131 und an der Durchsetzungsfähigkeit der russischen Hofpartei gegenüber den panslawistischen Kreisen zweifelte, erschien ihm nun in der akuten Krise die Abrüstung der beiden Kaiserreiche als notwendige Vo­ raussetzung zur Friedenserhaltung, weshalb er versuchte, Generalstabschef Conrad in diesem Sinne zu beeinflussen: „‚Wenn wir die Rüstungen fortsetzen, wie es jetzt geschieht, so haben wir in zwei Monaten unweigerlich den Krieg mit Rußland. […] Wenn wir abrüsten, wird Rußland friedliche Wege einschlagen.“132 Am 11. März 1913 wurde das Ergebnis der Mission bekanntgegeben: In den folgenden Wochen entließ Russland 370 000 und Österreich-Ungarn 40 000 Soldaten. Da die russische Presse und die panslawistischen Kreise trotzdem ihren antiösterreichischen Kurs fortsetzten, stellte sich die Frage nach dem Erfolg der Mission. Berchtold zeigte sich zufrieden und nicht wenige Zeitgenossen betonten die „günstige […] Wirkung der Mission“133. Als „keineswegs ganz zufriedenstellend“134 bzw. gescheitert bezeichneten sie vor allem einige deutsche Diplomaten und vereinzelt auch Historiker.135 In den letzten Jahren überwog jedoch die positive Interpretation als „the vehicle for moderating Austro-Russian tensions“.136 Fakt ist, dass nach der Mission eine vorübergehende Beruhigung der Lage eingetreten war, die dauerhafte Stabilität und Ruhe allerdings nicht erreicht wurden. Es ist fraglich, ob angesichts der Stimmung in Russland mehr hätte erreicht werden können. Feste Zusagen über die Nichteinmischung auf dem Balkan oder gar freie Hand in Bezug auf Serbien waren sicherlich zu diesem Zeitpunkt von Russland nicht zu bekom-

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men. Eine offizielle Würdigung der Verdienste des Sonderemissärs ließ auf sich warten. Mit einer deutlichen zeitlichen Verzögerung wurde im Juni 1913 dem Prinzen Gottfried Hohenlohe „in Anerkennung der ausgezeichneten Weise, in der er sich der ihm im vorigen Winter übertragenen politischen Mission in St. Petersburg entledigt hat“, die Würde eines Geheimrats verliehen.137

Botschafter in Berlin138 Fast ein Jahr nach der Petersburger Mission wurde die Rückkehr Gottfried Hohenlohes in die Diplomatie diskutiert, und zwar als Botschafter in Berlin.139 Erneut war es Thronfolger Franz Ferdinand, der die Ernennung des Prinzen forcierte und sich explizit bei Kaiser Wilhelm II. für ihn einsetzte.140 Dass der pensionsreife Szögyény im Jahr 1914 endgültig abgelöst werden sollte, stand bereits seit Anfang des Jahres fest.141 Nach wie vor war jedoch Hohenlohes Verwendung in der Diplomatie vom Ablegen des Prädikats seiner Frau abhängig, welches im April 1914 erfolgte.142 Das Agrément für den neuen Botschafter wurde erst am 12. Juni 1914 erteilt, da Szögyény „mit großer Beharrlichkeit an seiner Stellung festhielt“.143 Hohenlohe rechnete mit „Unannehmlichkeiten und Schwierigkeiten“ in Berlin, da seit Jahren „das Aussprechen irgendeiner anderen Meinung als jener, die man dort hören wollte, sorgfältig vermieden worden ist“.144 Mitten in die Umzugsvorbereitungen des Ehepaars Hohenlohe platzte am 28. Juni 1914 die Nachricht von der Ermordung des Thronfolgerehepaares in Sarajevo. Gottfried Hohenlohe hielt sich an diesem Sonntag am Ballhausplatz auf und besprach die Situation mit Graf Kinsky, Alexander von Musulin und zu „vorgerückter nächtlicher Stunde“145 mit Außenminister Berchtold. Am nächsten Morgen forderte er von Berchtold „schärfste Maßnahmen und drohte mit Verzicht auf den Berliner Posten, falls diesmal nicht Ernst gemacht würde.“146 Hohenlohe gehörte zweifelsohne zu den Befürwortern eines sofortigen militärischen Schlags gegen Serbien. Seit einiger Zeit von der Unvermeidbarkeit „eines grossen, eines Weltconflictes“147 überzeugt, hat er sowohl mit Kaiser Franz Joseph als auch mit dem deutschen Botschafter Tschirschky „von der Notwendigkeit gesprochen, mit Serbien abzurechnen.“148 Als er wenige Tage später vom „Blankoscheck“ Deutschlands erfahren hatte, galt Hohenlohes einzige Sorge der Standhaftigkeit Berchtolds: „Ich komme mir vor, wie wenn jemand ein Auto ankurbelt – ich bin neugierig, ob der Motor angehen wird und noch viel neugieriger, ob der Chauffeur fahren kann.“149

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Mitte Juli fuhr Gottfried Hohenlohe mit Erzherzogin Henriette nach Berlin, um seine künftige Arbeitsstätte in Augenschein zu nehmen und mit den Botschaftsmitgliedern zu sprechen.150 Am 19. August 1914 bezog die Familie Hohenlohe das Palais Ratibor, das auf deren Veranlassung in den nächsten Monaten restauriert wurde.151 Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die Mittelmächte bereits im Krieg mit Serbien, Montenegro, Russland, Frankreich und Großbritannien. Die Berichte der deutschen Presse über die Ankunft des neuen Botschafters fielen verhältnismäßig bescheiden aus. Die Vossische Zeitung schrieb am 21. August, dass Hohenlohe stets „eifrig mitgewirkt [hat], den gewaltigen Block der beiden mitteleuropäischen Großmächte fest zusammenzuschmieden.“152 In dem sich daran anschließenden Interview bezeichnete der k. u. k. Diplomat die Erhaltung des Bündnisses zwischen Wien und Berlin als seine „heiligste Aufgabe“.153 In der Wilhelmstraße begegnete man dem Prinzen, der für seine offene und freimütige Art bekannt war, zunächst mit „gemischten Gefühlen“.154 Den engen Kontakt mit Kaiser Wilhelm II., mit dem er „stets auf dem besten Fuß“155 war, kritisierte der spätere Kaiser Karl I., der in Hohenlohe einen „überzeugte[n] Anhänger Deutschlands und Duzbruder des deutschen Kaisers“156 sah. Der Botschafter war „dank seiner ausgezeichneten Konnexionen stets sehr gut informiert“.157 Laut Bülow bekam er die meisten Informationen von Staatssekretär Jagow und Hofmarschall Reischach, die ihm sogar vertrauliche Berichte gegeben hätten.158 Die erste Feuerprobe hatte Gottfried Hohenlohe bereits einen Monat nach dem Kriegsausbruch zu bestehen: Aufgrund von Niederlagen im Osten, für die Conrad und Berchtold das Deutsche Kaiserreich verantwortlich machten, verlangte Wien mehr Hilfe aus Berlin.159 Während der Verhandlungen mit Unterstaatssekretär Zimmermann, der dem Botschafter nicht gewachsen war160, drohte der k. u. k. Diplomat mit dem Separatfrieden mit Russland, falls die deutsche Waffenhilfe an der Ostfront ausbleibe.161 Hohenlohe beendete die Gespräche mit dem Hinweis, dass sie als Diplomaten bezüglich der militärischen Entwicklungen ungenügend informiert seien und ohnehin zu wenig davon verstünden,162 und fuhr anschließend ins deutsche Hauptquartier, um die Verhandlungen mit den Militärs fortzusetzen.163 Gegenüber dem eigenen Außenminister klagte Hohenlohe über den Mangel an Informationen und die fehlende Entschlossenheit Wiens, Berlin die eigenen Kriegsziele mitzuteilen.164 Um die Position der Donaumonarchie bezüglich des Balkans zu verdeutlichen und den Druck auf den Bündnispartner zu erhöhen, entsandte Berchtold den ungarischen Ministerpräsidenten Tisza nach Berlin. Deutschland lenkte ein und verlegte zusätzliche Truppen an die Ostfront.165 Danach plädierte Hohen-

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lohe, der nie an der Loyalität Wilhelms II. und der maßgebenden Staatsmänner in Deutschland zweifelte, für weniger energische Auftritte der Donaumonarchie gegenüber dem Bündnispartner, da Wien vielmehr auf Berlin angewiesen sei als umgekehrt.166 Zur gleichen Zeit führte er Verhandlungen mit dem designierten deutschen Botschafter in Rom, dem ehemaligen Reichskanzler Bernhard von Bülow. Dieser forderte territoriale Kompensationen der Donaumonarchie an Italien, um Rom vom Kriegseintritt abzuhalten, was Hohenlohe strikt ablehnte.167 Später warfen sich Bülow und Hohenlohe gegenseitig vor, die Interessen des eigenen Staates auf Kosten des Bündnispartners vertreten zu haben.168 Schließlich trat wegen der Italienfrage der österreichisch-ungarische Außenminister Berchtold auf Anraten Tiszas Mitte Januar 1915 zurück, was Hohenlohe mit der „allgemeine[n] Magyarisierung“169 der Ballhauspolitik erklärte: „wir tanzen daher auf der internationalen Bühne Csárdás & wundern unswenn man diesem Tanze- den wir in ‚Cis‘ auch noch schlecht tanzen- an der Spree ganz verständnislos gegenübersteht.“170 Es ist weder Bülow noch dem neuen Außenminister Burián gelungen, Italien vom Kriegseintritt im Mai 1915 abzuhalten. Die größten Rivalitäten innerhalb des deutsch-österreichisch-ungarischen Bündnisses ergaben sich aus den unterschiedlichen Vorstellungen über die Zukunft Polens: Während die Donaumonarchie die austro-polnische Lösung favorisierte, änderte das Deutsche Reich mehrmals die Meinung: Es verlangte große Teile des polnischen Territoriums oder einen selbstständigen polnischen „Pufferstaat“ oder für den Fall der österreichisch-ungarischen Annexion der polnischen Gebiete eine enge Union der Habsburgermonarchie mit Deutschland.171 Hohenlohe kritisierte zwar die annexionistischen Pläne Berlins172, wies aber gleichzeitig auf die große finanzielle und militärische Abhängigkeit der Donaumonarchie von Deutschland hin und unterstrich die Notwendigkeit des Bündnisses.173 Erst nach dem Krieg könne man ein starkes Österreich-Ungarn anstreben, welches „jede Politik machen könne […] und machen müsse […], die uns zweckdienlich erscheint […]“, sodass das Bündnis mit Deutschland nicht „die einzige und alleinseligmachende Politik“ bleiben müsse.174 Zum ersten Mal seit seiner Ernennung beantragte Prinz Hohenlohe im September 1916 einen Urlaub, um seine Mutter nach zwei Jahren wiederzusehen und um einige private Angelegenheiten – damit sind in der Regel finanzielle gemeint – zu erledigen.175 Wie sich die finanzielle Lage gestaltete, über welches Vermögen er und seine Frau verfügten, lässt sich schwer nachvollziehen.176 Wegen der zunehmenden Verschlechterung der Lebensbedingungen während des Kriegs stellte die Botschaft in Berlin zahlreiche Anträge auf Erhöhung der Bezüge.177 Der vermehrte Arbeitsanfall lieferte für Hohenlohe die

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Begründung für ein starkes Ansteigen des Personalstandes, wobei Agstner feststellte, „daß auch in der k. u. k. Diplomatie die Missionschefs die meisten Mitarbeiter erhielten, die den größten Einfluß hatten und am lautesten riefen.“178 Im Laufe des Krieges ist Hohenlohe vielfach geehrt und ausgezeichnet worden: 1916 wurde er zum Oberst, 1917 zum Generalmajor der Reserve und zum Ritter des Goldenen Vlieses ernannt.179 Unzufrieden mit der Arbeit seines Außenministers Burián ließ sich Kaiser Franz Joseph im September 1916 von Berchtold neue Kandidaten vorschlagen: Miklos Szécsen und Gottfried Hohenlohe.180 Zu einem Wechsel kam es aber erst unter dem jungen Kaiser Karl, der im November 1916 den Thron bestieg und den Grafen Ottokar Czernin zum Außenminister ernannte.181 Trotz der scheinbar gut funktionierenden Zusammenarbeit zwischen Czernin und Hohenlohe, spielte die Frage des gegenseitigen Vertrauens und der Loyalität immer wieder eine Rolle – zum ersten Mal im Januar 1917, als Hohenlohes zunehmendes Verständnis für die deutsche Argumentation von der Notwendigkeit und Unausweichlichkeit des U-Boot-Kriegs Misstrauen beim Außenminister weckte.182 Czernin entsandte deshalb Sektionschef Baron Flotow als Sonderbotschafter nach Berlin, um „die gegen den verschärften U-Boot-Krieg sprechenden Argumente erneut geltend [zu] machen […] und einen neuerlichen Versuch zu unternehmen, die deutsche Entscheidung zu beeinflussen.“183 Ohne Erfolg – der uneingeschränkte U-Boot-Krieg wurde am 1. Februar 1917 wieder eröffnet. Hohenlohes Wahrnehmung der militärischen Lage an der Westfront war damals zu positiv.184 Überzeugt vom „Siegeswillen“ und von der „Entschlossenheit des Deutschen Volkes, bis aufs äusserste zu kämpfen“185, erschien ihm die deutsche Front „unerschüttert“ und die Verteidigungstaktik „glänzend“.186 Schließlich gelangte er zur totalen Fehleinschätzung, dass auch ein Eingreifen der USA in den Krieg „in militärischer Hinsicht wohl kaum eine Kräfteverschiebung zugunsten der Entente mit sich bringen“187 werde. Die nächste Vertrauenskrise zwischen dem Außenminister und seinem Botschafter kündigte sich im Zusammenhang mit der Kanzlerfrage in Deutschland im Frühjahr 1917 an. Hohenlohe warf Czernin „Zweigleisigkeit“188 vor, da dieser von der bisherigen Politik der Unterstützung Bethmann Hollwegs abgewichen war und mit dessen Widersachern, Admiral Holtzendorff und Ludendorff, verhandelte. Die eigene Gewissenhaftigkeit und Loyalität unterstreichend, kritisierte Hohenlohe außerdem die Tatsache, dass Czernin die Kommunikation mit Berlin über den bayerischen Ministerpräsidenten Hertling pflegte und somit ihn umging. Die Kompetenzüberschreitung und Direktheit Hohenlohes tat Czernin als „Missverständnisse“189 ab und unterstützte anschließend dessen Bemühungen in der Kanzlerkrise im Juli 1917.

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Dass Kaiser Wilhelm II. trotz der Kritik an Reichskanzler Bethmann Hollweg sehr lang an ihm festhielt, ist nicht zuletzt dem Einsatz Hohenlohes zu verdanken. Glaubwürdig vermittelte der Botschafter, dass ein Rücktritt Bethmann Hollwegs in Wien als „geradezu verhängnisvoll“ gelte.190 Denn seit Ende 1916 befürchtete man dort eine Wiederernennung Bülows, des „Meister[s] der Intrigue“191, der laut Hohenlohe den Frieden, „wo irgend tunlich, auf Kosten unserer Monarchie […] schliessen“192 würde. Der k. u. k. Diplomat versuchte deshalb, Berlin vor der Entlassung des loyalen und verlässlichen Bethmann Hollweg mit stärkstem Nachdruck zu warnen. Als die Angelegenheit dringend wurde, schreckte Hohenlohe nicht einmal vor „Eigenmächtigkeiten“ und „Notlügen“ zurück, um eine Audienz bei Kaiser Wilhelm II. zu bekommen.193 Laut Gerhard Ritter hat dieses Gespräch einen großen Eindruck auf den Kaiser gemacht und ihm vermittelt, „welches starke persönliche Vertrauenskapital Bethmann Hollweg bei den Verbündeten besaß“194. Auch als der deutsche Kronprinz zugunsten Bülows intervenierte, hielt Hohenlohe zu Bethmann Hollweg und warnte vor dem „Charlatan, dessen ganz verfehlte Politik den Weltkrieg glänzend vorbereitet habe und dem schließlich kein anderer Abgang übrig blieb, als unter Preisgabe seines kaiserlichen Herrn von der Weltbühne abzutreten.“195 Als aber nicht nur die Oberste Heeresleitung, der Kronprinz, die Alldeutschen, sondern auch die Abgeordneten der Nationalliberalen, Konservativen und des Zentrums den Rücktritt Bethmann Hollwegs forderten, vermochte es der österreichisch-ungarische Botschafter nicht, diesen zu verhindern.196 Hohenlohes persönliche Wertschätzung für Bethmann Hollweg wird aus seinem Schreiben an Czernin deutlich, in dem er mehrmals Bethmanns Scheiden als einen „großen Verlust“ für die Donaumonarchie bezeichnete, da er „ein warmer und […] verständnisvoller Freund war.“ Er habe ihn als einen „anständigen, ehrlichen Menschen in allen und auch den heikelsten und schwierigsten Situationen dieses Weltkrieges schätzen gelernt.“197 Das Handeln Gottfried Hohenlohes in dieser Angelegenheit war insgesamt sehr ungewöhnlich für einen Botschafter: Aus „Angst vor Kräften, von denen sich die österreich-ungarische Monarchie nichts Gutes versprechen konnte“198, versuchte er mit allen Mitteln das Verbleiben des Reichskanzlers Bethmann Hollweg im Amt zu sichern und mischte sich somit aktiv in die Innenpolitik des Verbündeten ein. Als Erfolg konnte Hohenlohe verbuchen, dass er eine Wiederernennung Bülows unmöglich gemacht hat.199 Im Dezember 1917 entbrannte zum letzten Mal die Frage der Loyalität zwischen Czernin und Hohenlohe, als der österreichisch-ungarische Außenminister den Botschafter mit der Behauptung konfrontierte, dass „in polnischen Kreisen die Überzeugung herrscht, Du seiest kein Freund der austro-polnischen Lösung, welche gegenwärtig als eines der Hauptziele meiner Politik an-

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gesehen wird.“200 Auch wenn Hohenlohe bei den Verhandlungen in Berlin „mit allen Mitteln“201 den österreichisch-ungarischen Standpunkt zu vermitteln versuchte und mit dem Abfall vom Bündnis drohte, galt er wegen seiner Bemühungen, eine einheitliche Linie zwischen den Mittelmächten zu erreichen, als deutschfreundlich und in der Polenfrage als konziliant.202 Czernin machte deutlich, dass ein Krieg ohne territoriale Erwerbungen einen Prestigeverlust bedeute und eine enge Allianz mit Deutschland ohne eine Angliederung Polens an die Donaumonarchie unmöglich sei.203 Im Februar 1918 nahm der Außenminister zusammen mit dem „ziemlich hochmütigen“204 Hohenlohe an den Verhandlungen in Berlin teil – mit zweifelhaftem Erfolg: „[…] ein Königreich hätten wir ja, ohne Grenzen, ohne Verfassung, ohne Dynastie, jedenfalls eine der wunderbarsten Schöpfungen der Weltgeschichte.“205

Exkurs: Hohenlohe und Bülow. Ein besonderes Verhältnis Das Verhältnis zwischen Hohenlohe und Bülow war von gegenseitigem Misstrauen geprägt. Ein vorläufiger Tiefpunkt war während der Verhandlungen bezüglich Italiens erreicht, der nächste während der Kanzlerkrise 1917. In der Nachkriegszeit kam es schließlich zu einer verbalen Abrechnung.206 Bekannt für seine boshaften Charakterisierungen der Personen, die in seine Ungunst gefallen waren, verwundert es kaum, dass Bülow in seinen „Denkwürdigkeiten“ Gottfried Hohenlohe diffamierte, da er in ihm und dem deutschen Botschafter in Wien, Graf Botho Wedel, die Hauptverantwortlichen für das Scheitern seiner Wiederernennung 1917 sah.207 Bülow beschrieb ihn als einen „nur von höfischen Erwägungen und kleinlichen Gesichtspunkten beherrschten, dabei leichtsinnigen und oberflächlichen ‚Kavalier‘“, der aus „rücksichtslosem Egoismus“, um „nicht wegen seiner reichsdeutschen Herkunft den Wiener Hof- und Adelskreisen verdächtig zu werden“208, die Interessen der Donaumonarchie auf Kosten der Deutschen betrieben habe. Zudem warf er ihm Unfähigkeit und Deutschfeindlichkeit vor209 und machte ihn zusammen mit seinem Bruder Konrad für die antiitalienische Politik und damit indirekt für den „Sturz des habsburgischen Reiches“ verantwortlich.210 Bülow ließ nicht einmal das Privatleben Gottfrieds aus: Fälschlicherweise behauptete er, dass der Prinz für Erzherzogin Isabella als Schwiegersohn nur ein „ziemlich dürftige[r] Ersatz“ für Thronfolger Franz Ferdinand war.211 Da Bülows Memoiren erst nach dessen Tod erschienen waren, konnte Gottfried Hohenlohe lediglich das Mittel eines offenen Briefs benutzen, um zumindest vor einer begrenzten Öffentlichkeit Stellung zu beziehen.212 Er versuchte, Bülows falsche Behauptungen zu entkräften und gleichzeitig dessen Glaubwür-

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digkeit infrage zu stellen, indem er die Oberflächlichkeit, Verlogenheit, Rücksichtslosigkeit und die „Selbstüberhebung und Taktlosigkeit“, die Bülow auch von anderen Zeitgenossen vorgeworfen wurden, an verschiedenen Beispielen zu verdeutlichen versuchte.213 Schließlich bezeichnete Hohenlohe die Durchsetzung der österreichisch-ungarischen Interessen – im Zweifelsfall auch gegen die deutschen – als seine eigentliche Aufgabe, „[…] weil ich eben die Ehre hatte die österreichisch-ungarische Monarchie vertreten zu dürfen und dies soweit meine Kräfte reichten auch immer auf das Energischste getan habe[…].“214 Im Jahr 1918 sorgte die „Sixtus-Affäre“ für die größte Vertrauenskrise zwischen Berlin und Wien. Ihren Ursprung hatte sie im geheimen Briefwechsel Kaiser Karls mit den Alliierten im Dezember 1916: über seinen Schwager Prinz Sixtus von Bourbon-Parma stellte Kaiser Karl Frankreich die Wiederherstellung der Integrität Belgiens in Aussicht und bezeichnete die französischen Ansprüche auf Elsass-Lothringen als gerecht (justes révendications).215 Die Veröffentlichung eines der Sixtus-Briefe im April 1918 und das Bekanntwerden der Hintergründe erschütterte das Vertrauen des deutschen Kaisers in die Bündnistreue Österreichs und führte letztlich zum Sturz Czernins und einer deutlichen Schwächung der Doppelmonarchie gegenüber Deutschland.216 Gottfried Hohenlohe, der von den Sixtus-Briefen nichts gewusst hatte, solidarisierte sich mit Czernin und bat um seinen Rücktritt, da er aufgrund der „irreführenden Angaben Seiner Majestät nicht im Amte bleiben könne.“217 Bereits im Sommer 1917 sorgte die „Erzberger-Affäre“ für die ersten Rücktrittsgesuche Czernins und Hohenlohes.218 Der Kaiser lehnte ab, da man damit „alles bestätigt hätte und dies noch mehr Schaden angerichtet hätte.“219 Hohenlohe zeigte sich in beiden Krisen persönlich enttäuscht und machte auf die Schwierigkeit seiner Verhandlungsposition in Berlin aufmerksam.220 Beide Male wurde in Verbindung mit Czernins Rücktritt Hohenlohes Ernennung zum neuen Außenminister diskutiert, was dieser jedoch ablehnte.221 Auf Wunsch des Kaisers kehrte er Ende April 1918 nach Berlin zurück, wo er die eigene Empörung über das Verhalten des Monarchen kundtat und von der allgemeinen Aufregung in Wien berichtete.222 Bereits seit März 1917 plädierte die politische Führung der Donaumonarchie angesichts der schlechten Ernährungs- und Wirtschaftslage für einen möglichst raschen Friedensschluss.223 Ständige Streiks und Arbeiterunruhen, das Scheitern der Westofensive sowie die Radikalisierung der nationalistischen Bewegungen veranlassten die politische Führung der Donaumonarchie dazu, im Herbst 1918 um einen Sonderfrieden oder Waffenstillstand zu bitten.224 Als Botschafter Hohenlohe das Schreiben Kaiser Karls an Wilhelm II. über den Abschluss eines Separatfriedens Ende Oktober 1918 dem Reichskanzler Max

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von Baden überreichen sollte, war er „tief erschüttert […]. ‚Die Menschen‘, klagte er, ‚werden vor mir ausspucken, ich kann mich nicht mehr auf der Straße sehen lassen.‘“225 Kurz nach dem Manifest Kaiser Karls vom 11. November 1918, in dem jener auf die Ausübung der Regierungsgeschäfte verzichtete, reichte Prinz Gottfried Hohenlohe sein Demissionsgesuch ein.226

Nach dem Krieg Mit der Abreise aus Berlin im November 1918 betrachtete Hohenlohe seine Tätigkeit im öffentlichen Leben „als dauernd abgeschlossen“227. Nach dem Zusammenbruch der Monarchie lebte er in Mariazell und Wien. Anfang 1919 begann er mit dem Schreiben seiner Erinnerungen. Da ihm der Abstand und die „nötige Objektivität“ zu den Ereignissen aus dem Weltkrieg fehlten, schrieb er zunächst über seine Petersburger Zeit. Den Erinnerungen lagen seine Aufzeichnungen und Tagebücher sowie die bereits erschienenen Memoiren und wissenschaftliche Literatur zugrunde. Das umfangreiche Manuskript bot er verschiedenen Verlagen an, die ihm zwar bescheinigten, dass es neue, wichtige Einsichten zur politischen Geschichte biete, und dass seine „Schilderungen über politische Persönlichkeiten von großem Reiz“ seien, dass es aber um die Hälfte gekürzt werden müsse, was Gottfried jedoch ablehnte.228 Die Erinnerungen an seine Botschaftertätigkeit während des Weltkrieges hat er nie verfasst. Dass er sich letztlich nicht in „das Heer der Memoirenschreiber“229 eingereiht hatte, lag möglicherweise daran, dass er mit der Veröffentlichung der Erinnerungen an die Militärattachézeit keinen Erfolg gehabt hat. Er verfolgte alle Neuerscheinungen zur (Vor)Geschichte des Ersten Weltkriegs und tauschte sich mit ehemaligen Kollegen, insbesondere Graf Berchtold, aus. Eine öffentliche Beteiligung an den Diskussionen um die Kriegsschuldfrage vermied er. In den späten 1920er-Jahren frönte Hohenlohe vor allem seiner großen Leidenschaft für den Pferdesport. Er bemühte sich seit 1927 als Mitglied des Direktoriums und seit 1929 als Präsident des Jockeyclubs, den Niedergang des Pferdesports aufgrund der finanziellen Schwierigkeiten aufzuhalten.230 Als Gottfried Hohenlohe am 7. November 1932, einen Tag vor seinem 65. Geburtstag, in seiner Wiener Wohnung starb, veröffentlichten einige führende österreichische Blätter Nekrologe von ungenannten Autoren.231 Die meisten bescheinigten ihm sehr große Beliebtheit und lobten seine soldatischen und diplomatischen Fähigkeiten.232 Die Leichenfeier fand unter großer Beteiligung des Adels und des diplomatischen Korps in der Karlskirche statt und sein Bruder, Pater Hohenlohe, las das Requiem. Außer der engsten Familie haben Kaiserin Zita, ihr Sohn Otto, König Alfonso von Spanien und fast alle diplomati-

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schen Vertreter Kränze niedergelegt.233 Der Sarg wurde nach Mariazell überführt und in der Familiengruft bestattet.

„Ein Kavalier sans peur et sans reproche“234 – ein vorläufiges Fazit Nicht untypisch für adlige Familien war die Entscheidung des vierten Sohnes des Obersthofmeisters Constantin, eine militärische Laufbahn einzuschlagen. Dass Gottfried Hohenlohe schließlich eine glänzende militärische und diplomatische Karriere gemacht hat, lag nicht nur an seiner außergewöhnlichen Bildung, Begabung und Herkunft, sondern auch an der Förderung durch Erzherzog Franz Ferdinand und Außenminister Aehrenthal. Im Jahr 1891 reiste er zum ersten Mal nach Russland, wo er circa zehn Jahre später als Militärattaché den russisch-japanischen Krieg und die Revolution von 1905 am Zarenhof erlebte. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges spielte Russland eine zentrale Rolle in seinen politischen Überlegungen, wobei die monarchische Solidarität und eine friedliche Koexistenz auf dem Balkan stets die Grundlage bildeten. Die nächsten Stationen seiner Karriere – den Wechsel in die Diplomatie, die Entsendung als Sonderbotschafter nach St. Petersburg 1913 sowie die Ernennung zum Botschafter in Berlin verdankte er in erster Linie Franz Ferdinand. Eine gewisse freundschaftliche Verbundenheit, die Wertschätzung der Qualitäten Hohenlohes vonseiten des Thronfolgers und vor allem ein ähnliches Weltbild waren dabei ausschlaggebend: Beide sahen Serbien und Italien als Gegner der Donaumonarchie an und wollten sie grundsätzlich bekämpfen, beide waren skeptisch in Bezug auf die Verlässlichkeit des Deutschen Kaiserreichs sowie der eigenen Ungarn, beide waren überzeugte Anhänger der konservativen Monarchien und setzten auf ein friedliches Miteinander mit Russland. Und beide hatten grundsätzlich stets das gleiche Ziel verfolgt – ein starkes, handlungsfähiges Österreich-Ungarn.235 Das Verhältnis zwischen Aehrenthal und Hohenlohe war freundschaftlich, von gegenseitigem Respekt und hoher Wertschätzung sowie von weitgehender Übereinstimmung hinsichtlich der politischen Fragen geprägt. Mit Aehrenthals Nachfolger Berchtold verband ihn eine enge Freundschaft, die bei allen Unterschieden bezüglich der außenpolitischen Konzepte bis ans Lebensende hielt. Zu Hohenlohes Förderern zählte auch der deutsche Kaiser Wilhelm II., der sich seit 1902 für dessen Versetzung nach Berlin eingesetzt hatte. Der Prinz schaffte es, zu den beiden Monarchen Wilhelm II. und Nikolaus II. ein vertrauliches Verhältnis aufzubauen, ebenso zu den wichtigsten Diplomaten in Berlin. Die meisten Zeitgenossen beschrieben ihn als außerordentlich gebildet, klug, kritisch, selbstbewusst, „von bestrickenden Umgangsformen,

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heiter, witzig bis zum Spott“236 und sehr beliebt. Er war „ungemein beweglichen Geistes, von einer sehr raschen Auffassung und ein glänzender Redner“.237 Einige wenige unterstellten dem Prinzen eine zu große Nähe und Kritiklosigkeit gegenüber den deutschen Positionen und behaupteten, dass er die österreichisch-ungarischen Interessen nicht ausreichend vertreten habe.238 Inwiefern die österreichisch-ungarische Diplomatie von Hohenlohes guten Kontakten tatsächlich profitiert hat, müsste noch genauer untersucht werden. Festzuhalten ist, dass man in Wien grundsätzlich mit seiner Arbeit zufrieden war.239 Eine besondere Rolle spielte Gottfried Hohenlohe während der Balkankrise im November 1912 sowie in der Julikrise 1914, als er entschieden für den Krieg gegen Serbien plädierte. Nach dem Attentat auf den Thronfolger Franz Ferdinand gehörte er zweifelsohne zu den wichtigsten treibenden Kräften in Richtung Krieg am Wiener Ballhausplatz. Über sein Wirken als Botschafter in Berlin lässt sich kein eindeutiges Urteil fällen. In der Literatur gehen die Meinungen über Hohenlohes Wirkungsgrad, seine Selbstständigkeit und auch seinen Erfolg stark auseinander.240 Auch wenn ein Botschafter in der Regel hauptsächlich durch seine Berichte auf die politische Haltung in seiner Heimat Einfluss nahm, hat Hohenlohe seine Handlungsspielräume genutzt und zumindest in der Kanzlerkrise in Deutschland 1917 teilweise selbstständig gehandelt.241 Sein Verhältnis zu Deutschland war zwiespältig: Einerseits war er von der Notwendigkeit und Richtigkeit des Bündnisses überzeugt, andererseits bemühte er sich um eine starke Position und die gleichberechtigte Behandlung Österreich-Ungarns, was ihm aufgrund des Kriegsverlaufs und der Affären unter Kaiser Karl I. immer seltener gelang.242 Trotz vereinzelter Kritik galt er als der „beste Freund des deutsch-österreichischen Bündnisses“243. Als dieses zerbrach, gab er seinen Posten auf. Anmerkungen 1 2

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Victor Naumann, Konrad und Gottfried Hohenlohe, in: Ders., Profile. 30 PorträtSkizzen aus den Jahren des Weltkrieges nach persönlichen Begegnungen, München/ Leipzig 1925, S. 268–280, hier S. 279. N.N., Gottfried Prinz zu Hohenlohe-Schillingsfürst, in: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Bd. 2, Wien 1959, S. 392 [im Folgenden als ÖNB 2 zitiert]. Jahrbuch des k. u. k. Auswärtigen Dienstes 1914, Wien 1914, S. 307. In der umfangreichen Enzyklopädie zum Ersten Weltkrieg findet sich kein Eintrag. Gerhard Hirschfeld/Gerd Krumeich/Irina Renz (Hg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg, Paderborn u. a. 2009. Siehe Eva-Maria Csáky (Hg.), Vom Geachteten zum Geächteten. Erinnerungen des k.und k. Diplomaten und k. Ungarischen Außenministers Emerich Csáky (1882–

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1961), Wien/Köln/Weimar ²1994, S. 130. Vgl. Gustav Graf von Lambsdorff, Die Militärbevöllmächtigten Kaiser Wilhelms II. am Zarenhof 1904–1914, Berlin 1937, S. 181, 231. Siehe Nachlassdatenbank, in: http://www.nachlassdatenbank.de/viewsingle.php? category=H&person_id=6248&asset_id=6831&sid=21d6e06f51d9dea92e27f [zuletzt abgerufen am 29.8.2013]. Die einzige Studie, welche den Nachlass vor seinem Verschwinden teilweise zurate gezogen hatte, war W. M. Carlgren, Iswolsky und Aehrenthal vor der bosnischen Annexionskrise. Russische und österreichische Balkanpolitik 1906–1908, Uppsala 1955, S. IX. Haus-, Hof- und Staatsarchiv (HHStA) sowie Kriegsarchiv (KA) in Wien, Liechtenstein Archiv Wien, Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes (PA AA) und Bundesarchive (BA) in Berlin und Koblenz, Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Landesarchiv Brünn. Bei den privaten Archiven handelt es sich um das Familienarchiv Hohenlohe und das Privatarchiv Fischer-Colbrie, beide in Wien. ÖNB 2. Vgl. Wiener Zeitung, 9.11.1932, S. 6. Die Maturaprüfung hat er „mit Auszeichnung“ abgelegt. Qualifikationsliste Gottfried Hohenlohe, in: Kriegsarchiv (KA), Pers Quall, Karton 1111. Ebda.. Unter weiteren Geschicklichkeiten findet sich: „Radfahrer, sehr guter Schütze“ und später: „Turner, Schwimmer, sehr guter Musiker“. Seine charakterlichen Eigenschaften wurden in höchsten Tönen gelobt. Hauptbericht 1911, in: KA Pers Quall, K 1111. Siehe Qualifikationsliste. Vgl. auch Neue Freie Presse (NFP), 8.11.1932, S. 6, Reichspost, 9.11.1932, S. 5. Siehe HHStA Obersthofmeisteramt (OmeA) K. 1212 Russland 65 und r 65/C/2 ex. 1891. Vgl. auch Rudolf Kiszling, Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este. Leben, Pläne und Wirken am Schicksalsweg der Donaumonarchie, Graz/Köln 1953, S. 24. Siehe Marija Wakounig, Ein Grandseigneur der Diplomatie. Die Mission von Franz de Paula Prinz von und zu Liechtenstein in St. Petersburg 1894–1898, Wien 2007, S. 259. Botschafter Liechtenstein hat Hohenlohes Teilnahme aus privaten Gründen verhindert. Siehe Qualifikationsliste. Für einen Offizier gab es laut Militärattaché Stürgkh „keinen erstrebenswerteren [Posten] […], als jenen in Berlin.“ Josef Stürgkh, Politische und militärische Erinnerungen, Leipzig 1922, S. 166. Tagebuch Hohenlohe, Ende Juni 1902, in: PA Fischer-Colbrie [im Folgenden zitiert als TB Gottfried Hohenlohe]. Seine Sprachkenntnisse wurden 1902 folgendermaßen eingestuft: Deutsch und Französisch „vollkommen“, Ungarisch „notdürftig“. Im Jahr 1909 Englisch „gut“ und Russisch „ziemlich gut“. Siehe Hauptbericht 1911. Kronenbitter nennt weitere Qualifikationen, die bei Gottfried Hohenlohe als erfüllt angesehen werden können: der gesellschaftliche Schliff, Menschenkenntnis und rasche Auffassungsgabe. Vgl. Günther Kronenbitter, „Krieg im Frieden“. Die Führung der k. u. k. Armee und die Großmachtpolitik Österreich-Ungarns 1906–1914, München 2003, S. 269.

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16 Gottfried Hohenlohe, Erinnerungen, unveröffentlichtes Manuskript, in: NL Hohenlohe, FA Hohenlohe Wien (im Folgenden zitiert als MS Hohenlohe). Vgl. auch TB Gottfried Hohenlohe, Ende Juni 1902. 17 Franz Ferdinand an Hohenlohe, 29.4.1902, in: NL Gottfried Hohenlohe, PA FischerColbrie. Zur Ernennungspraxis siehe Kronenbitter, „Krieg im Frieden“, S. 269. Vgl. Joseph Pomiankowski, Der Zusammenbruch des Ottomanischen Reiches. Erinnerungen an die Türkei aus der Zeit des Weltkrieges, Zürich/Leipzig/Wien 1928, S. 45 f. 18 MS Hohenlohe. Dort heißt es wörtlich: „Als ich im Herbste desselben Jahres Kaiser Wilhelm in Schlesien wiedersah, bemerkte er, er hätte um mich mit der gleichen Hartnäckigkeit gekämpft wie Leonidas um die Thermopylen, leider aber auch mit dem gleichen Misserfolge!“ 19 TB Gottfried Hohenlohe, Ende Juni 1902. Grundsätzlich bereiteten sich alle Militärattachés auf das neue Land mithilfe der Berichte ihrer Vorgänger vor. Siehe Wladimir Giesl von Gieslingen, Zwei Jahrzehnte im nahen Orient. Aufzeichnungen des Generals der Kavallerie, hg. von Ritter von Steinitz, Berlin 1927, S. 19. 20 TB Gottfried Hohenlohe, Ende Juni 1902. Vgl. MS Hohenlohe. 21 Der deutsche Militärattaché Jacobi sprach ebenfalls kein Russisch. Dessen Vorgänger Lambsdorff betrachtete dies als einen „geringe[n] Schönheitsfehler“, denn die russische Gesellschaft sprach Französisch, sogar manchmal Deutsch. Siehe Lambsdorff, Die Militärbevollmächtigten, S. 141. Vgl. auch Anibal Morillo y Pérez, Graf von Cartagena, Erinnerungen an meine Botschafterzeit in Rußland 1914, Berlin 1934, S. 56 und Peter Malina, Die Berichte des österreichisch-ungarischen Militärattachés in Stockholm, Oberst Eugen Straub, von der Errichtung des Postens im Mai 1913 bis zur Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien am 28. Juli 1914. Ein Beitrag zur Geschichte der Militärdiplomatie Österreich-Ungarns, Diss., Wien 1969, S. 212. 22 MS Hohenlohe. Solche kaiserlichen Instruktionen, die zumeist als „vage Richtlinien“ formuliert waren, waren üblich. Siehe Giesl, Zwei Jahrzehnte, S.  19. Vgl. Erwin Schmidl, Österreicher im Burenkrieg 1899–1902, Diss. Wien 1980, S. 319. 23 Siehe: Dienstinstruction für die k.k. Militärbevollmächtigten und Militär-(Marine) Attachés, in: KA KM 1873 Präs 47–38/1, K. 395. Vgl. Kronenbitter, „Krieg im Frieden“, S. 248–276. Johann Christoph Allmayer–Beck, Die Archive der k. u. k. Militärbevollmächtigten und Militär – Adjoints im Kriegsarchiv Wien. Ein Beitrag zur militärgeschichtlichen Quellenkunde, in: Österreich und Europa. Festgabe für Hugo Hantsch zum 70. Geburtstag, Graz/Wien/Köln 1965, 351–378, hier S. 353 f. Oskar Regele, Die Entwicklung der habsburgisch (-lothringischen) Militär-Diplomatie, in: MÖSTA 14 (1961), S. 300–316, hier S. 311. Die meisten Militärattachés kannten die Dienstinstruktion nicht. Siehe Giesl, Zwei Jahrzehnte, S. 19 f.; Stürgkh, Erinnerungen, S. 100; Pomiankowski, Zusammenbruch, S. 47. Giesl bezeichnete die Tatsache, dass die meisten Berichte auch noch dem Generalstabschef, dem Thronfolger Franz Ferdinand und vor allem dem Kaiser vorgelegt wurden, als besonders heikel, da dadurch eine gewisse Voreingenommenheit entstand. 24 Lambsdorff, Die Militärbevollmächtigten, S. 21, 26, 95. Vgl. auch Stürgkh, Erinnerungen, S. 100 f. Allmayer-Beck, Archive, S. 354. Regele, Entwicklung, S. 311.

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25 Als Quellen für Hohenlohes Tätigkeit als Militärattaché dienen offizielle Schreiben ans Kriegs- sowie Außenministerium und den Generalstabschef, zahlreiche private Briefe an Aehrenthal und Berchtold, fünf umfangreiche Tagebuchbände sowie ein fast tausend Seiten starkes Manuskript der geplanten Veröffentlichung seiner Erinnerungen. Lediglich ein kleiner Ausschnitt aus den Erinnerungen wurde in einer Zeitschrift veröffentlicht: Gottfried zu Hohenlohe-Schillingsfürst, Erinnerungen aus meinem Leben, in: Deutsche Revue 45 ( Januar 1920), S. 33–49 [im Folgenden zitiert als Hohenlohe, Erinnerungen 1], Deutsche Revue 45 (April 1920), S. 23–36 [im Folgenden zitiert als Hohenlohe, Erinnerungen 2]. 26 Siehe Hohenlohe, Erinnerungen 1, S. 35. 27 Siehe Kronenbitter, „Krieg im Frieden“, S. 271. Es gab einen Pauschalbetrag und Kostenerstattung für den Umzug. Im Jahr 1910 betrug der Pauschalbetrag für St. Petersburg 35 700 Kronen, für London, Paris oder Berlin 28 560. Vgl. Stürgkh, Erinnerungen, S. 99. 28 Auch der deutsche Militärattaché Lambsdorff erhielt Sonderzulagen. Siehe: Von Einem an Bülow, 19.7.1904, in: PA AA, R131102. Dies hing mit den sehr hohen Kosten für die repräsentativen Aufgaben in Russland zusammen. 29 Siehe Goluchowski an Pittreich, 24.1.1903, in: Kriegsarchiv Wien, Kriegsministerium Präs 1903 1120 (32/2/15–36/10). 30 Siehe ebda., S. 38f. 31 Siehe Luigi Albertini, The Origins of the War of 1914, Vol. 1, London 1952, S. 435, 440. Samuel R. Williamson, Austria-Hungary and the Origins of the First World War, New York 1991, S. 134. Hugo Hantsch, Leopold Graf Berchtold. Grandseigneur und Staatsmann, 2Bde. Graz/Wien/Köln 1963, hier Bd. 1, S. 383. 32 Hohenlohe, Erinnerungen 1, S.  39f. Es finden sich in den Tagebüchern zahlreiche ähnliche Einträge. 33 Ebda., S. 40, 44. 34 Auch wenn er selbst schrieb, dass er es „prinzipiell vermieden [habe], irgend welchen Klatsch zu wiederholen“, lassen sich viele solcher Stellen finden. Vorrede, in: MS Hohenlohe. Vgl. Hohenlohe, Erinnerungen 1, S. 34. Eine solche Beschreibung findet sich z. B. auf S. 44: „Der ganze Hof und die gesamte Generalität waren anwesend, um die ‚göttliche‘ Krzesinskaja zu bewundern, die ihre Kunst in einem oder zwei Balletts zum besten gab. Daß der Kaiser ihr in seinen jungen Jahren wohlgesinnt war und daß diese Gefühle dann abwechselnd oder auch zugleich auf einen oder mehrere seiner großfürstlichen Vettern, die nun alle im besten Einvernehmen nebeneinander in der Hofloge saßen, übergegangen waren, erhöhte nur das Interesse, das man den choreographischen Leistungen dieser gefeierten Primaballerina entgegenbrachte.“ 35 Siehe ebda., S. 47. Vgl. auch Szögyény an Aehrenthal, 18.12.1906, in: Solomon Wank (Hg.), Aus dem Nachlaß Aehrenthal. Briefe und Dokumente zur österreichisch-ungarischen Innen- und Außenpolitik 1885–1912, 2 Bde., Graz 1994, hier Bd. 1, Nr. 325, S. 425; Cartagena, Erinnerungen, S. 32. 36 Siehe ebda. Vgl. Lambsdorff, Die Militärbevollmächtigten, S. 33. 37 Hohenlohe, Erinnerungen 1, S. 45.

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38 Bericht Jacobis betreffend den Botschaftsrat bei der österreichischen Botschaft in Berlin, Prinzen Gottfried zu Hohenlohe-Schillingsfürst, 17.5.1907, in: Lambsdorff, Die Militärbevollmächtigten, S. 260 f. 39 Cartagena, Erinnerungen, S. 87, 38. 40 Lambsdorff, Die Militärbevollmächtigten, S. 92. Hohenlohe informierte Lambsdorff über alle höfischen und gesellschaftlichen Angelegenheiten. 41 Ebda., S. 34. 42 Zu den Kriegsattachés siehe Allmayer-Beck, Archive, S. 354. Zu den Berichten der beiden Kriegsattachés siehe Broucek, Peter: Taktische Erkenntnisse aus dem russischjapanischen Krieg und deren Beachtung in Österreich-Ungarn, in: MÖSTA 30 (1977), S. 191–220. Hans Eder, Der General der k. u. k. Armee und Geheime Rat Maximilian Csicserics von Bacsány, Diss.,Wien 2010, S. 205–217, 305–324. Maximilian Csicserics von Bacsány, Die Schlacht. Studie auf Grund des Krieges in Ostasien 1904/05, Wien 1908. Vgl. Der russisch-japanische Krieg 1904–1905. Augenzeugenberichte schweizerischer Militärbeobachter an den Fronten, bearbeitet von Leonhard Haas, in: Schweizer Monatshefte, Sonderbeilage, Juni 1968. 43 Erwin Meisl schrieb in seiner Dissertation, dass Hohenlohes Berichte für eine Untersuchung der militärischen Ereignisse „unergiebig“ seien. Siehe Meisl, Hans: Der Russisch-japanische Krieg 1904/05 und die Balkankriege 1912/13 in den Berichten der österreichisch-ungarischen Kriegs-, Militär- und Marineattachés, Diss. Innsbruck 1964, S.  25. Kürzlich wurden diese für eine sehr gute Diplomarbeit herangezogen: Stefan Kurz, Die Wahrnehmung des russischen Offizierskorps durch k. u. k. Offiziere in den Jahren 1904–1906, Dipl. Wien 2009. In seinen Tagebüchern und Erinnerungen schrieb Hohenlohe sehr ausführlich über das Kriegsgeschehen, wahrscheinlich auf den Berichten der Kriegsattachés bzw. den Informationen des Großfürsten Wladimir basierend. Siehe auch Gottfried zu Hohenlohe-Schillingsfürst, Erinnerungen aus meinem Leben, in: Deutsche Revue 45 (1920), S. 256–268. 44 Allein im Jahr 1905 schickte Hohenlohe mehr als 200 offizielle Berichte nach Wien. Siehe KA AhOb Gst Allg. Reihe K 436. Für den behandelten Zeitraum auch relevant K. 406, 407, 418, 420, 423, 424, 427, 438. 45 Bericht Hohenlohes an Schemua, 25.12.1911, in: NL Gottfried Hohenlohe, in: PA Fischer-Colbrie. 46 Siehe Kronenbitter, „Krieg im Frieden“, S. 274. Eine solche Schilderung ist beispielsweise, dass Großfürst Nicolai Nicolaevic „seine alte montenegrinische Schachtel“ bald heiraten würde, nachdem einige Schwierigkeiten mit der Kirche auf höchst ungewöhnliche Weise beseitigt worden waren. Gottfried Hohenlohe an Aehrenthal, 24.3.1907, in: Wank (Hg.), Briefe, Bd. 2, Nr. 348, S. 485. 47 NFP, 8.11.1932, S. 6. Vgl. Österreichische Wehrzeitung (ÖWZ), 2.12.1932. 48 Siehe Qualifikationsliste. 49 Siehe Meisl, Der russisch-japanische Krieg, S. 25. Die Förderung der Rüstungsexporte gehörte zum inoffiziellen Aufgabengebiet der Militärattachés. Siehe auch Kurz, Wahrnehmung des russischen Offizierskorps, S. 18.; Reinpare zur Qualifikationsliste des Gottfried Prinz zu Hohenlohe-Schillingsfürst, KA Pers Quall K 1111. 50 Lambsdorff, Die Militärbevollmächtigten, S. 120.

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51 Bernhard von Bülow, Denkwürdigkeiten, 4 Bde., Berlin 1930, hier Bd. 2, S. 260. Fürstin Pless berichtet allerdings von Taktlosigkeiten Kaiser Wilhelms  II. bei solchen Jagden gegenüber Gottfried. Siehe Fürstin von Pless, Tanz auf dem Vulkan, Erinnerungen an Deutschlands und Englands Schicksalswende, Bd. 1, Dresden ²1930, S. 353. 52 Hohenlohe, Erinnerungen 2, S. 25. Vgl. auch NFP, 8.11.1932, S. 6. 53 Siehe beispielsweise Gottfried Hohenlohe an Aehrenthal, 24.3.1907, in: Wank, Briefe, Bd. 2, Nr. 348, S. 485. 54 Siehe Hohenlohe, Erinnerungen 2, S. 26. Diese Vorgehensweise war durchaus üblich. Siehe Pomiankowski, Zusammenbruch, S. 44. Vgl. auch Regele, Entwicklung, S. 313. Conrad erwartete deshalb von den Militärattachés weitere Informationen über die politischen Vorgänge in Form von privaten Briefen. Siehe Kronenbitter, „Krieg im Frieden“, S. 274; Allmayer-Beck, Archive, S. 354. 55 Siehe Gottfried zu Hohenlohe, Die Jagd in Mürzsteg, in: Eduard von Steinitz, Erinnerungen an Franz Joseph I. Kaiser von Österreich. Apostolischer König von Ungarn, Berlin 1932, S. 244–250 und Hohenlohe, Erinnerungen 2, S. 30–33. Dort einigten sich Kaiser Franz Joseph und Zar Nikolaus II. auf eine gemeinsame Linie in der Balkanpolitik. Siehe Carlgren, Iswolsky und Aehrenthal, S. 38–43. 56 Aehrenthal an Goluchowski, 11.3.1904, in: Wank, Briefe, Bd. 1, S. 331. Vgl. auch Aehrenthal an Goluchowski, 25.4.1903, in: HHStA Wien, PA X 119 Russland: Berichte 1903 I-VII. Siehe auch Solomon Wank, In the Twilight of Empire. Count Alois Lexa von Aehrenthal (1854–1912), Imperial Habsburg Patriot and Statesman, Bd. 1, Wien/ Köln/Weimar 2009, S. 202 und Isabel Pantenburg, Im Schatten des Zweibundes. Probleme österreichisch-ungarischer Bündnispolitik 1897 – 1908, Wien/Köln/Weimar 1993, S. 333. 57 Siehe Gottfried Hohenlohe an Aehrenthal, 24.11.1904, in: Wank, Briefe, Bd. 1, Nr. 258, S.  350. In der Regel sollten die Militärattachés während ihrer Aufenthalte in Wien bei Kaiser Franz Joseph, bei den Kriegs- und Außenministern sowie beim Generalstabschef und dem Thronfolger vorsprechen. Vgl. Gottfried Hohenlohe an Aehrenthal, 18.5.1906 und 11.11.1906, in: Wank, Briefe, Bd. 1, S. 379f., 417. Pomiankowski, Zusammenbruch, S. 47. Häufig ging es dabei um die Fragen der Innenpolitik und des Dualismus. 58 Siehe Wank, Aehrenthal, S. 201–219. Vgl. W. M.Carlgren, Die Renaissance des Dreikaiserbundes. Ein großpolitischer Plan Aehrenthals im Jahre 1906, in: Historiskt Arkiv 2 (1954), S. 1–26. Für die Rolle Gottfrieds aufschlussreich: Gottfried Hohenlohe an Aehrenthal, zw. 15.–20.9.1906 und Aehrenthal an Goluchowski, 20.9.1906, in: Wank, Briefe, Bd. 1, Nr. 307, S. 406–408. 59 Siehe Carlgren, Renaissance, S. 16 ff. Gottfried war sogar davon überzeugt, dass die russische Revolution 1905 hätte gestoppt werden können, wenn Deutschland und Österreich-Ungarn sich für die Erhaltung des monarchischen Systems öffentlich ausgesprochen und mit Russland solidarisch erklärt hätten. 60 Hohenlohe an Aehrenthal, zw. 15.–20.9.1906 und Aehrenthal an Goluchowski, 20.9.1906, in: Wank, Briefe, Bd. 1, Nr. 307, S. 406–408. Vgl. Carlgren, Renaissance, S. 20.

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61 Gottfried Hohenlohe an Aehrenthal, 24.4.1907, in: Wank, Briefe, Bd.  1, Nr. 355, S. 493 f. 62 Bericht Hohenlohes an Schemua, 25.12.1911, in: NL Gottfried Hohenlohe, PA Fischer-Colbrie. 63 Franz Hohenlohe an Conrad, 14.3.1911, in: Conrad von Hötzendorf, Aus meiner Dienstzeit 1906–1918, 5 Bde., Wien/Leipzig/München 1921–1925, hier Bd. 2, S. 212. 64 Bericht Jacobis, a.a.O., S. 260. Vgl. auch S. 181. 65 Siehe ebda. 66 MS Hohenlohe, 26. Kapitel. Vgl. auch Carlgren, Iswolsky, S. 133. 67 Siehe Tagebuch Berchtold, 10.11.1906 und Gottfried Hohenlohe an Berchtold, 11.11.1906, in HHStA, NL Berchtold, K.11. Vgl. NFP, 8.11.1932, S. 6. 68 Personalakte Gottfried Hohenlohe, Ernennungsurkunde vom 2.5.1907 und Übertritt in den diplomatischen Dienst 23.4.1907, in: HHStA Wien, AR F4 139 Personalia Hoh-Hol. Während der gesamten Zeit der Donaumonarchie gab es lediglich acht Personen, die den Wechsel von der militärischen zur diplomatischen Karriere schafften. Siehe Regele, Entwicklung, S. 302. 69 Siehe Kronenbitter, „Krieg im Frieden“, S. 253. 70 Siehe Gottfried Hohenlohe an Aehrenthal, 11.11.1906, in: Wank, Briefe, Bd. 1, S. 417. 71 Gottfried Hohenlohe an Aehrenthal, 13.11.1907, in: Wank, Briefe, Bd. 2, Graz 1994, Nr. 404, S. 555. Vgl. Gottfried Hohenlohe an Aehrenthal, 11.9.1907, in: ebda, Nr. 396, S. 542. 72 Siehe Kronenbitter, „Krieg im Frieden“, S. 254. Vgl. William D. Godsey Jr.: Aristocratic Redoubt. The Austro-Hungarian Foreign Office on the Eve of the First World War, West Lafayette 2003, S. 73. 73 Szögyény an Aehrenthal, 18.12.1906, in: Wank, Briefe, Bd. 1, Nr. 325, S. 425. 74 Während Gottfried es für „ultra geschmacklos“ hielt, sich über den Botschafter offen lustig zu machen, tat er dies in seinen Briefen an Berchtold mit dem Hinweis, dass „es sicherlich nicht böse gemeint ist“. Hohenlohe an Berchtold, 17.6.1907, in: NL Berchtold, Inv 464 K. 134, Landesarchiv Brünn [im Folgenden als NL Berchtold zitiert]. 75 Gottfried Hohenlohe an Berchtold, 17.6.1907, in: NL Berchtold. 76 Hohenlohe an Aehrenthal, 13.11.1907, in: Wank, Briefe, Bd. 2, Nr. 404, S. 555. 77 Zur Eulenburg-Affäre siehe Martin Kohlrausch, Der Monarch im Skandal. Die Logik der Massenmedien und die Transformation der wilhelminischen Monarchie, Berlin 2005, S. 156–242. 78 Gottfried Hohenlohe an Berchtold, 17.6.1907, a.a.O. 79 Gottfried Hohenlohe an Berchtold, 18.9.1907, in: NL Berchtold. 80 Gottfried Hohenlohe an Berchtold, 17.6.1907, a.a.O. 81 Hohenlohe an Aehrenthal, 13.11.1907, a.a.O. Umgekehrt wurde Hohenlohes Deutschfreundlichkeit auch angezweifelt. Siehe Ottokar Graf Czernin, Aufzeichnung, Ende Februar 1908, in: Ernst Rutkowski (Hg.), Briefe und Dokumente zur Geschichte der österreichisch-ungarischen Monarchie unter besonderer Berücksichtigung des böhmisch-mährischen Raumes, Bd. 3: Der Verfassungstreue Großgrundbesitz 1905–

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1908, München 2011, S. 916. Vgl. Bülow, Denkwürdigkeiten, Bd. 2, S. 260. Bericht Jacobis, a.a.O., S. 261. 82 Gottfried Hohenlohe an Aehrenthal, 11.9.1907, in: Wank, Briefe, Bd.  2, Nr. 396, S. 541–543, hier S. 541. 83 Gottfried Hohenlohe an Aehrenthal, 13.11.1907, in: Wank, Briefe, Bd.  2, Nr. 404, S. 554f. 84 Gottfried Hohenlohe an Aehrenthal, 11.9.1907, a.a.O. 85 Szögyény an Aehrenthal, 24.9.1907, in: Rutkowski, Briefe 3, S. 807. 86 Karl Emil zu Fürstenberg an Berchtold, 14.7.1907, in: NL Berchtold. 87 Gottfried Hohenlohe an Berchtold, 25.11.1907, in: NL Berchtold. 88 Karl Emil zu Fürstenberg an Berchtold, 2.2.1908, in: NL Berchtold 89 Gabriele Helga Steier, Die Erzherzogin. Studien zu ihrer Erziehung und gesellschaftspolitischen Funktion im 19. Jahrhundert, Diss. Wien 1990, S. 173. 90 AR F 1 Karton 78, 138, 143. Vor jeder Eheschließung einer Erzherzogin wurde ein Ehevertrag unterzeichnet, der v. a. die finanziellen Fragen regelte. Da sich am Wiener Hof der Rang einer verheirateten Frau nach dem ihres Mannes richtete, verlor Henriette viele ihrer Vorrechte. Siehe Peter Wiesflecker, „Da war viel Familie anwesend, Windischgrätz, Liechtenstein, Chotek“. Notizen zum Heiratsverhalten österreichischer Erzherzoginnen im ausgehenden 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, in: MÖSTA 55.2 (2011), S. 1057–1103, hier S. 1082, 1088, 1090. 91 NFP, 8.11.1932, S. 6. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor. 92 Karl Emil zu Fürstenberg an Berchtold, 2.2.1908, in: NL Berchtold. 93 Siehe Wiesflecker, Notizen, S. 1083. 94 Godsey, Aristocratic Redoubt, S. 95. 95 ÖWZ, 2.12.1932. 96 Aehrenthal an Szögyény, Entwurf vom 22.2.1908 und Aehrenthal an Kaiser Franz Joseph, 5.3.1908 sowie die Anmerkung zum Entwurf dieses Schreibens von Schlechta, in: Personalakte Gottfried Hohenlohe, a.a.O. 97 Ebda. 98 Siehe Gottfried Hohenlohe an Berchtold, 21.2.1908, in: NL Berchtold. 99 Lambsdorff, Die Militärbevollmächtigten, S. 34. Am 1.11.1908 ist Hohenlohe in sein Regiment zurückgekehrt und verbrachte mehrere Jahre in Ödenburg. Siehe Hauptbericht Hohenlohe, 1911, in: Qualifikationsliste. 100 Siehe ÖWZ, 2.12.1932. 101 Karl Emil zu Fürstenberg an Berchtold, 2.2.1908, in: NL Berchtold. 102 Hohenlohe an Aehrenthal, 7.12.1908, in: Wank, Briefe, Bd. 2, Nr. 484, S. 639 f.. 103 Ebda. 104 Gottfried Hohenlohe an Berchtold, 13.4.1909, in: NL Berchtold. 105 Hohenlohe, Erinnerungen 2, S. 27. 106 Gottfried Hohenlohe, Manuskript „Annexion“, ms, o.D. [nach 1922], in: NL Gottfried Hohenlohe, FA Hohenlohe. 107 Gottfried Hohenlohe an Berchtold, 20.1.1910, in: NL Berchtold. 108 TB Gottfried Hohenlohe, 15.11.1912. 109 Ebda.

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Kronenbitter, „Krieg im Frieden“, S. 253 f. Reinpare zur Qualifikationsliste. Hohenlohe, Erinnerungen 2, S. 32. TB Gottfried Hohenlohe, 17.11.1912. Hohenlohe glaubte, dass Russland und Italien sich aus dem Konflikt heraushalten würden. Hohenlohe an Aehrenthal, zw. 15.–20.9.1906, in: Wank, Briefe, Bd. 1, Nr. 307, S. 406. Damals ging es ihm um einen Krieg gegen Italien. Vgl. auch Carlgren, Renaissance, S. 15. TB Gottfried Hohenlohe, 17.11.1912. Vgl. Hantsch, Berchtold, Bd. 1, S. 352. Siehe TB Gottfried Hohenlohe, 17.11.1912. Vgl. auch Hohenlohe, Erinnerungen 2, S. 27. TB Gottfried Hohenlohe, 15.11.1912. Siehe Alma Hannig, Die Balkanpolitik Österreich-Ungarns vor 1914, in: Jürgen Angelow (Hg.), Der Erste Weltkrieg auf dem Balkan. Perspektiven der Forschung, Berlin 2011, S. 35–56, hier S. 43 f. Siehe Williamson, Austria-Hungary, S. 134; Manfried Rauchensteiner, Der Tod des Doppeladlers. Österreich-Ungarn und der Erste Weltkrieg, Graz/Wien/Köln ²1994, S. 22; Kronenbitter, „Krieg im Frieden“, S 396–413. Jürgen Angelow: Kalkül und Prestige. Der Zweibund am Vorabend des Ersten Weltkrieges, Köln/Weimar/Wien 2000, S. 310–329. Siehe Handschreiben Kaiser Franz Josef I. an Kaiser Nikolaus II., 1.2.1913, in: Österreich-Ungarns Außenpolitik von der Bosnischen Krise 1908 bis zum Kriegsausbruch 1914 (=ÖUA), Wien/Leipzig 1930, Bd. 6, Nr. 5653, S.620 f. Telegramm aus St. Petersburg, 4.2.1913, in: ÖUA 6, Nr. 5676, S. 635. Siehe Hantsch, Berchtold, Bd. 1, S. 384. Laut Kießling war der eigentliche Zweck der Mission, eine neue Form der Kommunikation zu finden und ein russisches Entgegenkommen zu ermöglichen, um „den toten Punkt auf der Londoner Reunion“ zu überwinden. Friedrich Kießling, Gegen den ‚großen Krieg‘? Entspannung in den internationalen Beziehungen 1911–1914, München 2002, S. 255. Hantsch, Berchtold, Bd. 1, S. 383. Siehe Kiszling, Erzherzog, S. 194 und TB Hohenlohe, 20.1.1913. Godsey, Aristocratic Redoubt, S. 74. Telegramme aus St. Petersburg, 4.2.1913, ÖUA 6, Nr. 5675 und 5676, S. 634–636 und 8.2.1913, Nr. 5721, S. 672 f. Telegramme aus St. Petersburg, 6.2.1913, in: ÖUA 6, Nr. 5697, 5698, 5699, S. 651–654. Tagesbericht über eine Unterredung zwischen dem Prinzen Gottfried Hohenlohe und dem Legationsrat Alexander Hoyos, 10.2.1913, in: ÖUA 6, Nr. 5751, S. 697f. Vgl. auch Telegramm aus St. Petersburg, 6.2.1913, in: ÖUA 6, Nr. 5699, S.653. Zur positiven Aufnahme am Zarenhof siehe auch Bericht des Militärattachés Franz Hohenlohe, 17.2.1913, in: Conrad, Aus meiner Dienstzeit, Bd. 3, S. 123. Hantsch, Berchtold, Bd. 1, S. 392. Dass Hohenlohe erst 10 Tage später vom Kaiser empfangen wurde, lag daran, dass er krank aus St. Petersburg zurückgekehrt war. Gottfried Hohenlohe an Aehrenthal, 24.3.1907, in: Wank, Briefe, Bd.  2, Nr. 348, S. 486.

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131 TB Hohenlohe, 4.3.1913. Vgl. Conrad, Aus meiner Dienstzeit, Bd. 3, S. 125. 132 Conrad, Aus meiner Dienstzeit, Bd. 3, S. 127. Vgl. S. 121 f., 126. 133 Alfred von Wegerer, Der Ausbruch des Weltkriegs 1914, Bd. 1, S. 59. Vgl. auch ÖNB 2, S. 392. Max Ronge, Kriegs- und Industriespionage. Zwölf Jahre Kundschaftsdienst, Zürich/Leipzig/Wien 1930, S. 65. Hantsch, Berchtold, Bd. 1, S. 384. 134 Kiszling, Erzherzog, S. 197, 194; Naumann, Konrad und Gottfried Hohenlohe, S. 279. 135 Siehe Fritz Fellner (Hg.), Schicksalsjahre Österreichs 1908–1919. Das politische Tagebuch Josef Redlichs, 2 Bde., Graz/Köln 1953 [im Folgenden zitiert als TB Redlich], hier 11.2.1913, in: Bd. 1, S. 528; Pourtalès an Jagow, 6.2.1913, in: NL Pourtalès, PA AA. Stephan Verosta, Theorie und Realität von Bündnissen. Heinrich Lammasch, Karl Renner und der Zweibund (1897–1914), Wien 1971, S. 423. Ales Skrivan, Schwierige Partner. Deutschland und Österreich in der europäischen Politik der Jahre 1906–1914, Hamburg 1999, S. 317. 136 Williamson, Austria-Hungary, S. 134 und Kronenbitter, „Krieg im Frieden“, S. 253. Vgl. auch Kießling, Gegen den ‚großen Krieg‘, S. 255. 137 Berchtold an Kaiser Franz Joseph, 11.6.1913, in: Personalakte Gottfried Hohenlohe, a.a.O. Vgl. auch OmeA 2044 r28/2 ex 1913. 138 Für Hohenlohes Botschafterzeit dienen die offiziellen Schreiben und Berichte an den Ballhauplatz als Hauptquellen. Wie er selbst 1927 anmerkte, sind seine Aufzeichnungen während des Krieges „spärlich“ gewesen. Hohenlohe an Zech, 15.2.1927, in: Nachlass Thimme, Bundesarchiv Koblenz, N 1058/60 Schriftwechsel. Die elf Tagebuchbände aus dieser Zeit beinhalten im Wesentlichen Einträge seiner Frau. 139 Siehe Joseph M. Baernreither, Fragmente eines politischen Tagebuches. Die südslawische Frage und Österreich-Ungarn vor dem Weltkrieg, hg. und eingeleitet von Joseph Redlich, Berlin 1928, S. 221. 140 Siehe Lerchenfeld an Hertling, 29.6.1914, in: Briefwechsel Hertling- Lerchenfeld 1912–1917. Dienstliche Privatkorrespondenz zwischen dem bayerischen Ministerpräsidenten Georg Graf von Hertling und dem bayerischen Gesandten in Berlin Hugo Graf von und zu Lerchenfeld, hg. von Ernst Deuerlein, 2 Bde., Boppard am Rhein 1973, Nr. 101, S.  301f., hier S.  302. Vgl. auch Konsul Franklin an San Giuliano, 8.7.1914, in: DDI, 4.ser. Vol. XII, Rom 1964, Nr. 121, S. 83–86, hier S. 85. 141 Tschirschky an Jagow, 22.5.1914, in: Die Große Politik der Europäischen Kabinette 1871–1914. Sammlung der Diplomatischen Akten des Auswärtigen Amtes (=GP), 40 Bde., Berlin 1922–1927, hier Bd. 39, Nr. 15734, S. 362 f. 142 Henriette zu Hohenlohe-Schillingsfürst an Kaiser Franz Joseph, 7.4.1914 und Kaiser Franz Joseph an Henriette zu Hohenlohe-Schillingsfürst, 9.4.1914, in: FA Hohenlohe, NL Gottfried. Seine „liebe Nichte“ sollte das Prädikat wiederverwenden dürfen, wenn Gottfried die diplomatische Karriere verlasse. 143 Kronenbitter, „Krieg im Frieden“, S. 253 f. 144 Hohenlohe an Liechtenstein, 24.6.1914, in: NL Franz I. Liechtenstein, K 220: Korrespondenz mit Hohenlohe, Familienarchiv Liechtenstein Wien (im Folgenden zitiert als NL Liechtenstein).

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145 Hantsch, Berchtold, Bd. 2, S. 552. Vgl. Alexander von Musulin, Das Haus am Ballplatz. Erinnerungen eines österreichisch-ungarischen Diplomaten, München 1924 S. 214. 146 Hantsch, Berchtold, Bd. 2, S. 557. Vgl. auch S. 570. 147 Hohenlohe an Liechtenstein, 28.12.1913, in: NL Liechtenstein. 148 Tagesbericht über eine Unterredung mit dem deutschen Botschafter, 3.7.1914, in: ÖUA 8, Nr. 10006, S. 277. Vgl. auch Tschirschky an Bethmann Hollweg, 2.7.1914, in: Imanuel Geiss (Hg.), Julikrise 1914 und der Kriegsausbruch. Eine Dokumentensammlung, Bd. 1, Hannover 1963, Nr. 11, S. 70. Vgl. Gottfried Hohenlohe an Henriette Hohenlohe, 6.7.1914, in: NL Gottfried Hohenlohe, FA Hohenlohe. 149 Gottfried Hohenlohe an Henriette Hohenlohe, 6.7.1914, a.a.O. 150 Siehe Szögyény an Berchtold, 13.7.1914, in: ÖUA 8, Nr. 10238, S. 431. 151 Ernennung am 4.8.1914, Personalakte Gottfried Hohenlohe, a.a.O. Zum Botschaftsgebäude und dessen Restauration siehe Rudolf Agstner, Von der Moltkestraße zur Stauffenbergstraße. 130 Jahre Österreichische Botschaft Berlin. Handbuch der Vertretungsbehörden von Österreich-Ungarn in Deutschland seit 1720, Wien 2003, S. 42 f. Hohenlohe stellte im Februar 1917 einen Antrag für eine weitere aufwendige Renovierung. Siehe ebda., S. 44. 152 Emil Leimdörfer, Prinz Hohenlohe über die deutsch-österreichische Waffenbrüderschaft, in: Vossische Zeitung, 21.8.1914, S. 10. Dort erschien bereits am 12.8.1914 die erste Meldung mit der Biographie Hohenlohes, S. 8. 153 Ebda. 154 Naumann, Konrad und Gottfried Hohenlohe, S. 279. Extrem negativ äußerte sich der ehemalige Botschafter in Rom und Freund Jagows, Graf Monts. Er bezeichnete Hohenlohe als „Flaumacher“ und einen „Mißgriff“, der „faul, schlaff, ohne Takt“ sei. Monts an Redlich, 31.10.1914, in: Fritz Fellner, Aus der Denkwelt eines kaiserlichen Botschafters a.D. Die Briefe des Grafen Monts an Josef Redlich aus den Jahren 1914/15, in: Ders., Vom Dreibund zum Völkerbund. Studien zur Geschichte der internationalen Beziehungen 1882–1919, Wien/München 1994, S. 154–167, hier S. 166. 155 Czernin, Ottokar: Im Weltkriege, Berlin/Wien 1919, S. 85.Vgl. auch Naumann, Konrad und Gottfried Hohenlohe, S. 279. Der bayerische Gesandte in Berlin behauptete, dass Wilhelm II. dem Prinzen „nicht sehr geneigt“ schien. Siehe Lerchenfeld an Hertling, 29.6.1914, in: Briefwechsel Hertling- Lerchenfeld, Bd. 1, S. 302. 156 Persönliche Aufzeichnungen Kaiser und König Karls (21. November 1916 bis 24. März 1919), in: Elisabeth Kovács (Hg.): Untergang oder Rettung der Donaumonarchie? Politische Dokumente zu Kaiser und König Karl I. (IV.) aus internationalen Archiven, Bd. 2, Wien/Köln/Weimar 2004, S. 604–694, hier S. 619 f. Dessen Vorwurf der mangelnden Aktivität und Informiertheit Hohenlohes lässt sich durch keine Quelle belegen. 157 Czernin, Im Weltkriege, S. 152 und Bülow, Denkwürdigkeiten, Bd. 1, S. 143. Vgl. auch Ladislaus Singer, Ottokar Graf Czernin, Staatsmann einer Zeitenwende, Graz/Wien/ Köln 1965, S. 93. 158 Bülow, Denkwürdigkeiten, Bd. 3, S. 217.

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159 Siehe Telegramm Conrads und Schreiben Berchtolds an Hohenlohe, beide vom 8.9.1914, in: HHStA PA I 500. Holger Herwig, The First World War. Germany and Austria-Hungary 1914–1918, London u. a. 1997, S. 87–96. 160 Varnbüler an Weizsäcker, 13.1.1915, in: Nachlass Weizsäcker, Q 1/18 Nr. 116 Berichte des Gesandten v. Varnbüler an Weizsäcker 1914–1918, Hauptstaatsarchiv Stuttgart. 161 Zur gleichen Zeit sprach Berchtold mit Tschirschky in Wien. Siehe Tagesbericht Berchtolds, 9.9.1914, in: HHStA PA I 500.Tagesbericht des Grafen Berchtold, 8.9.1914, in: HHStA PA I 500. Vgl. Egmont Zechlin, Österreich-Ungarn und die Bemühungen um einen russischen Sonderfrieden 1915, in: Alexander Fischer/Günter Moltmann/Klaus Schwabe (Hg.): Russland, Deutschland, Amerika. Festschrift für Fritz T. Epstein zum 80. Geburtstag, Wiesbaden 1978, S. 163–183, hier S. 165; Rauchensteiner, Tod, S. 165. Zu den großen militärischen Verlusten der Donaumonarchie siehe David Stevenson, 1914–1918. Der Erste Weltkrieg, Mannheim 2010, S. 88–100. 162 Siehe Telegramm Hohenlohes, 9.9.1914 und Bericht Hohenlohes vom 14.9.1914, beide in: HHStA PA I 500. Dies entsprach nicht den Tatsachen, sondern diente zur Verkürzung der Diskussion. Hohenlohe verfügte über sehr gute militärische Kenntnisse und bekam von seinem Schwiegervater, Erzherzog Friedrich, direkte Informationen aus dem AOK. Siehe falsche Interpretation bei Gerard E. Silberstein, The Troubled Alliance. German-Austrian Relations 1914 to 1917, Lexington 1970, S. 255f. Vgl. Giesl an Berchtold, 11.9.1914, in: HHStA PA I 500. 163 Hohenlohe an Berchtold, 14.9.1914. Hohenlohe legte Wert auf die Anwesenheit des Feldmarschallleutnants Marterer, um sich über die militärische Lage nicht „eines Besseren belehren lassen zu müssen.“ Gottfried Hohenlohe an Berchtold, 4.1.1915, in: NL Berchtold. Vgl. Kriegserinnerungen Kaiser Karls, Kriegsjahr 1914, in: Kovács (Hg.), Untergang, Bd. 2, S. 49–87, hier S. 70 und Brief Bolfras an Conrad, 17.9.1914, in: Conrad, Aus meiner Dienstzeit, Bd. 4, S. 809. 164 Siehe Gottfried Hohenlohe an Berchtold, 4.1.1915, in: NL Berchtold. 165 Siehe Silberstein, Troubled Alliance, S. 172. Vgl. auch S. 192f., 235, 241. Vgl. Bericht Tiszas und Telegramm Tiszas an Czernin, beide vom 26.11.1914 sowie Haymerle an Berchtold, 23.11.1914, in: PA I 500. 166 Siehe Bericht Hohenlohes an Berchtold, 21.12.1914, in HHStA PA I 500. Vgl. Berchtold an Conrad, 23.12.1914, in: Conrad, Aus meiner Dienstzeit, Bd. 5, S. 898f. Diese Meinung kritisierte später Kaiser Karl, der ansonsten Hohenlohe für einen „sehr gescheite[n] Mann“ hielt. Kriegserinnerungen Kaiser Karls, a.a.O., S. 72. 167 Die italienische Frage dominierte fast alle Verhandlungen zwischen Berlin und Wien in den ersten Monaten des Krieges. Siehe Jiří Kořalka, Deutschland und die Habsburgermonarchie 1848–1918, in: Adam Wandruszka/Peter Urbanitsch (Hg.): Die Habsburgermonarchie 1848–1918, Bd. VI.2, Wien 1993, S. 1–158, hier S. 139 f. 168 Antwort Gottfried Hohenlohes auf Bülows ersten Band. Vgl. Bülow, Denkwürdigkeiten, Bd. 1, S. 143. 169 Hohenlohe an Berchtold, 14.1.1915, in: NL Berchtold, K.10, HHStAt Wien. 170 Gottfried Hohenlohe an Berchtold, 18.10.1915, in: NL Berchtold. 171 Joachim Lilla, Innen- und außenpolitischen Aspekte der austropolnischen Lösung, 1914–1916, in: MÖSTA 30 (1977), S. 221- 250, v.a. S. 227–250. Vgl. auch Kořalka,

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Deutschland, S. 142 f. und Aufzeichnungen Buriáns über die Beratungen in Berlin bzgl. der Polenfrage vom 14.8.1915 und vom 14. /15.4.1916, in: HHStA PA I 500; Conrad an Berchtold, 20.10.1914, in: Conrad, Aus meiner Dienstzeit, Bd. 5, S. 216 f. Siehe Ritter, Gerhard: Staatskunst und Kriegshandwerk. Das Problem des „Militarismus“ in Deutschland, 4 Bde., München 1954–1968, hier Bd. 3, S. 90. Vgl. Lilla, Austropolnische Lösung, S. 234f.; Fritz Fischer, Griff nach der Weltmacht. Die Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschland 1914/18, Düsseldorf 1994 (Nachdruck von 1967), S. 167. Die Lebensmittelknappheit, Hungerrevolten und die Verluste auf den Kriegsschauplätzen Ende 1915/1916 schwächten die Position der Donaumonarchie. Siehe Wolfgang Mommsen, Die Mitteleuropaidee und die Mitteleuropaplanungen im Deutschen Reich vor und während des Ersten Weltkrieges, in: Richarda Plaschka u. a. (Hg.), Mitteleuropa-Konzeptionen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Wien 1995, S. 3–24, hier S. 16 f.; Lilla, S. 240 f. Francis R. Bridge, Die Außenpolitik der Donaumonarchie, in: Mark Cornwall (Hg.), Die letzten Jahre der Donaumonarchie. Der erste Vielvölkerstaat im Europa des frühen 20. Jahrhunderts, o.O. 2004, S. 24–57, hier S. 51. Kurzer Überblick über die Kriegshandlungen Österreich-Ungarns bei Rudolf Jerábek, Die Ostfront, in: Cornwall (Hg.), Die letzten Jahre, S. 155–173. Vgl. auch Herwig, The First World War, S. 230–244, 272–283. Hohenlohe an Burián, 13.9.1916, in: HHStA, PA III Preußen 172. Weitere Themen seiner Berichte im Herbst 1916 waren die innenpolitische Lage in Deutschland, der verschärfte U-Boot-Krieg und die Neubesetzung der deutschen Botschaft in Wien. Siehe Hohenlohe an Burián, 18.9.1916, 10.9.1916, 22.9.1916, 25.10.1915 in: PA III Preußen 172. Vgl. auch I. Gonda, Über das Verhältnis Deutschlands zur österreichischungarischen Monarchie in den Kriegsjahren 1916 bis 1917 (Nach den Berichten des Botschafters Prinzen G. zu Hohenlohe-Schillingsfürst), in: Österreich-Ungarn in der Weltpolitik, Berlin 1965, S. 163–183, hier S. 166 f. Hohenlohe an Burián, 20.9.1916, in: Personalakte Gottfried Hohenlohe. Zurückgekehrt ist er bereits am 17.10.1916, Hohenlohe an Burián, 17.10.1916, in: PA III Preußen 172. Es befinden sich durchaus einige Urlaubsgesuche in der Personalakte im Zeitraum von 1914–1918, aber die meisten für wenige Tage. Wenige Monate später reichte er erneut ein Urlaubsgesuch ein, da er „nunmehr dringend einer gewissen Erholung in gesundheitlicher Beziehung bedarf.“ Hohenlohe an Czernin, 24.5.1917, in: Personalakte Gottfried Hohenlohe, a.a.O. Seine Frau verfügte sicherlich über ein großes Vermögen, er selbst soll „nie einen Quadratzentimeter an Grund und Boden besessen habe[n] und […] [seine] Kapitalien [bedurften] keiner komplizierten Verwaltung!“Antwort Gottfrieds auf Bülows ersten Band. Unveröffentlichtes, undatiertes Schreiben, in: Privatarchiv Hohenlohe Wien, NL Gottfried Hohenlohe. Agstner, Österreichische Botschaft, S. 48 ff. Ebda., S. 50. Siehe Personalakte Gottfried Hohenlohe, a.a.O. Vgl. ÖWZ, 2.12.1932. Im Jahr 1918 erhielt er noch von Kaiser Karl den Leopoldorden. Hantsch, Berchtold, Band 2, S. 786.

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181 Czernin war einer der Vertrauensmänner des ermordeten Thronfolgers Franz Ferdinand, auf die Kaiser Karl setzte. Hohenlohe gehörte ebenfalls dazu. Siehe Kovács, Untergang, Bd. 1, S. 286. 182 Siehe zwei Briefe von Hohenlohe vom Januar 1917, in: Czernin, Im Weltkriege, S. 153 ff. 183 November 1918 auf dem Ballhausplatz. Erinnerungen Ludwigs Freiherrn von Flotow des letzten Chefs des österreichisch-ungarischen Auswärtigen Dienstes 1895–1920, bearbeitet von Erwin Matsch, Wien/Köln/Graz 1982, S. 322. Vgl. auch Ritter, Bd. 3, S. 394. Flotow änderte jedoch vor Ort ebenfalls seine Meinung und fand Argumente für den Einsatz des uneingeschränkten U-Boot-Krieges. Siehe Ingeborg Meckling, Die Außenpolitik des Grafen Czernin, München 1969, S. 17; Gonda, Verhältnis S. 172 ff. Die Entscheidung für den uneingeschränkten U-Boot-Krieg war bereits am 9.1.1917 im deutschen Hauptquartier in Pleß gefallen. Laut Bridge war die Monarchie „nur hilfloser Zuschauer der Ereignisse“. Bridge, Außenpolitik, S. 51. 184 Hohenlohe an Czernin, 22.1.1917, in: HHStA Wien, PA I 840 Liasse Krieg 4a: Deutschland 1917. Vgl. 13.4.1917, 16.5.1917. Vgl. auch 22.2.1917. Kaiser Karl äußerte nach dem Krieg die Kritik, dass Hohenlohe nicht „seriös“ genug über die katastrophale Lage Deutschlands berichtet habe. Siehe Persönliche Aufzeichnungen Kaiser Karls, a.a.O., S. 619. 185 Hohenlohe an Czernin, 22.1.1917, in. HHStA Wien, PA I 840 Liasse Krieg 4a: Deutschland 1917. 186 Hohenlohe an Czernin, 16.5.1917, in: HHStA Wien, PA I 840 Liasse Krieg 4a: Deutschland 1917. 187 Hohenlohe an Czernin, 13.4.1917, in: HHStA Wien, PA I 840 Liasse Krieg 4a: Deutschland 1917. 188 Hohenlohe an Czernin, 4.5.1917, in: HHStA Wien, PA I 1092a: Nachlass Czernin. Bereits damals erkannte Schoen, dass Czernin die gespannten Beziehungen zwischen dem deutschen Reichskanzler und der Obersten Heeresleitung ausgenutzt hat, um seine eigenen Ideen zu verwirklichen. Siehe Schoen an Hertling, 21.2.1917, in: Briefwechsel Hertling, Bd.  2, S.  811. Vgl. Meckling, Aussenpolitik, S.  236. Stevenson schreibt von „‚paradiplomatische[n]‘“ Maßnahmen, mit denen Czernin versucht hat, den deutschen Reichskanzler bezüglich der Kriegsziele umzustimmen. Stevenson, Der Erste Weltkrieg, S.411. 189 Czernin an Hohenlohe, 8.5.1917, in: HHStA Wien, PA I 840 Liasse Krieg 4a: Deutschland 1917. 190 Lerchenfeld an König Ludwig III., 22.7.1917, in: Briefwechsel Hertling-Lerchenfeld, Bd.2, S. 876. 191 Hohenlohe an Burián, 23.11.1916. Vgl. auch 25.11.1916, 29.10.1916, 20.9.1916, in: HHStA PA III Preußen 172. 192 Hohenlohe an Burián, 22.12.1916, in: HHStA PA III Preußen 172. 193 Telegramm Hohenlohes an Czernin, 10.7.1917, in: HHStA Wien, PA I 504: Liasse XLVII/3 (17–22): Krieg 1914–1918. 194 Ritter, Bd. 3, S. 575. Vgl. auch S. 579. Siehe außerdem Lerchenfeld an König Ludwig III., 12.7.1917, in: Briefwechsel, Bd. 1, S. 875–877.

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195 Gottfried Hohenlohe an Czernin, 12.7.1917, in: HHStA Wien, PA I 504: Liasse XLVII/3 (17–22): Krieg 1914–1918. 196 Bei diesem „Schauspiel der parlamentarischen Intrigen“ ging es hauptsächlich um die Wahlreform und die Kriegsziele. Ritter, Bd. 3, S. 570. Vgl. Klaus Hildebrand, Vergangenes Reich, S. 342; Volker Ullrich, Die nervöse Großmacht. Aufstieg und Untergang des Deutschen Kaiserreichs 1871–1918, Frankfurt am Main 1997, S. 526. Lerchenfeld an König Ludwig III, 22.7.1917, a.a.O., S. 877. 197 Gottfried Hohenlohe an Czernin, 16.7.1917, in: HHStA Wien, PA I 504: Liasse XLVII/3 (17–22): Krieg 1914–1918. Vgl. auch Hohenlohe an Czernin, 15.11.1917, in: HHStA Wien, PA I 840 Liasse Krieg 4a: Deutschland 1917. Kessler hielt in seinem Tagebuch fest, dass Bethmann Hollweg während seiner Gespräche mit Hohenlohe weine, was für ein besonders vertrauliches Verhältnis zwischen Hohenlohe und dem deutschen Kanzler sprechen würde. Siehe Harry Graf Kessler, Das Tagebuch 1880– 1937, 8 Bde., Stuttgart 2004–2010, hier Bd. 5, 25.2.1915, S. 243. 198 Gonda, Verhältnis, S. 163. 199 Gottfried Hohenlohe an Czernin, 16.7.1917, ebda. Der neue Reichskanzler Michaelis erschien ihm wegen der fehlenden außenpolitischen Erfahrung problematisch. Siehe Telegramm Hohenlohe an Czernin, 13.7.1917 und Gottfried Hohenlohe an Czernin, 14.7.1917, in: HHStA Wien, PA I 504: Liasse XLVII/3 (17–22): Krieg 1914–1918. 200 Abschrift eines Privatschreibens Czernins an Gottfried Hohenlohe, 2.1.1918, in: HHStA Wien, PA I 504: Liasse XLVII/3 (17–22): Krieg 1914–1918. 201 Gottfried Hohenlohe an Czernin, 17.12.1917, in: HHStA, PA I 504: Liasse XLVII/3 (17–22): Krieg 1914–1918. Vgl. Telegramm Gottfried Hohenlohes, 10.12.1917, in: ebda.. Demblin bestätigte, dass Hohenlohe bei den Verhandlungen „sehr energisch“ den Standpunkt der Donaumonarchie vertreten habe. August Demblin, Minister gegen Kaiser. Aufzeichnungen eines österreichisch-ungarischen Diplomaten über Außenminister Czernin und Kaiser Karl, hg. von Alexander Demblin, Wien/Köln/Weimar 1997, 5.2.1918, S.  67. Zu den Verhandlungen siehe Erlass an Hohenlohe, 18.11.1917 und Gottfried Hohenlohe an Czernin, 13.12.1917, in: ebda.. Vgl. auch Ritter, Staatskunst, Bd. 4, S. 183–215. 202 Leopold von Andrian (1875–1951). Korrespondenzen, Notizen, Essays, Berichte, hg. von U. Prutsch/K.Zeyringer, Wien/Köln/Weimar 2003, hier Einleitung zu 1915–1918, S.  243 f. Vgl. Viktor Naumann, Dokumente und Argumente, Berlin 1928, S.  452; Meckling, Außenpolitik, S. 210 und 227 f. Hohenlohe legte bei allen Fragen stets Wert auf eine gemeinsame Linie der Mittelmächte, vor allem gegenüber dem Zarenreich. Für weitere Beispiele siehe Rauchensteiner, Tod, S. 169. Silberstein, Troubled Alliance, S. 259 f.; Hohenlohe an Berchtold 1.11.1914, Berchtold an Franz Joseph, 3.11.1914, in: HHStA PAI 500. 203 Siehe Abschrift eines Privatschreibens Czernins an Gottfried Hohenlohe, 2.1.1918, a.a.O. Vgl. Heinz Lemke, Allianz und Rivalität. Die Mittelmächte und Polen im Ersten Weltkrieg (Bis zur Februarrevolution), Wien/Köln/Graz 1977, S. 460 ff. 204 Peter Broucek, Ein General im Zwielicht. Die Erinnerungen Edmund Glaises von Horstenau, Bd. 1:K.u.k. Generalstabsoffizier und Historiker, Wien/Köln/Graz 1980, S. 457. Hohenlohe war bei den meisten Besprechungen dabei, die in Wien und Berlin

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in den Jahren 1917/18 stattgefunden haben. Siehe Protokolle der Besprechungen aus den Jahren 1917 und 1918, in: HHStA Wien, PA I 840 Liasse Krieg 4a: Deutschland 1917. 205 Naumann, Dokumente, S. 452. Vgl. Lilla, Austropolnische Lösung, S. 250; Tagebuch Wolff, 30.4.1918, S. 594; TB Kessler, Bd. 6, S. 362, 20.4.1918. 206 Bülow, Denkwürdigkeiten, Bd. 3, S. 115. Vgl. Tagebuch Wolff, 30.4.1918, in: Bernd Sösemann (Hg.), Theodor Wolff. Tagebücher 1914–1919. Der Erste Weltkrieg und die Entstehung der Weimarer Republik in Tagebüchern, Leitartikel und Briefen des Chefredakteurs am „Berliner Tageblatt“ und Mitbegründers der „Deutschen Demokratischen Partei“, Bd.1, Boppard am Rhein 1984, S. 594. 207 Siehe TB Kessler, 28.4.1932, Bd. 9, S. 416. 208 Bülow, Denkwürdigkeiten, Bd. 1, S. 143. 209 Bülow, Denkwürdigkeiten, Bd. 2, S. 261. 210 Bülow, Denkwürdigkeiten, Bd. 3, S. 221. 211 Ebda. Es ist nicht klar, ob Bülow im Falle der Erzherzogin Marie Henriette ein Fehler unterlaufen ist oder ob es sich um eine bewusst verbreitete Unwahrheit handelt. Sie war niemals für Erzherzog Franz Ferdinand vorgesehen. 212 Dieser „offene Brief“ ist wahrscheinlich unveröffentlicht geblieben. Recherchen in den großen deutschsprachigen Zeitungen erbrachten kein Ergebnis diesbezüglich. Hohenlohe hat ihn an zahlreiche Persönlichkeiten aus Deutschland und Österreich-Ungarn versandt. 213 Siehe Antwort Gottfried Hohenlohes auf Bülows ersten Band, a.a.O. Dort gibt er beispielsweise das erste Gespräch, das er mit Bülow über das Wetter geführt hatte, wieder. Dieses beendete Bülow in typischer Manier: „‚Mein lieber Prinz, ich habe schon oft und mit vielen Menschen das Thema, das Sie heute berührten, besprochen, aber so klar, so überzeugend wie Sie hat es noch keiner zu behandeln gewußt.‘“ Vgl. auch Antwort Gottfried Hohenlohes auf Bülows dritten Band. 214 Antwort Gottfried Hohenlohes auf Bülows zweiten Band. 215 Zur Sixtus-Affäre siehe Tamara Griesser-Pečar, Die Mission Sixtus. Österreichs Friedensversuch im Ersten Weltkrieg, Wien/München 1988 und Robert A. Kann, Die Sixtusaffäre und die geheimen Friedensverhandlungen Österreich-Ungarns im Ersten Weltkrieg, München 1966. Vgl. auch Meckling, Außenpolitik, S. 120–128, 340–354. In zahlreichen Standardwerken zur deutschen Geschichte fehlt völlig der Hinweis auf die Sixtusaffäre. Siehe z. B. Ullrich, Die nervöse Großmacht. Hildebrand, Das vergangene Reich. Auch die Enzyklopädie zum Ersten Weltkrieg enthält keinen Eintrag zur Sixtus-Affäre. Im Gegensatz dazu bei Stevenson, Der Erste Weltkrieg, S. 408f., 490 f. 216 Griesser-Pečar, Mission Sixtus, S. 11–16 und S. 259–318. 217 Aktenmäßige Zusammenstellung der „Brief-Affaire“ 1917 und 1918 von Ottokar Czernin, in: HHStA Wien, PA I 840 Liasse Krieg 4a: Deutschland 1917. Vollständiger Abdruck in: Kann, Sixtusaffäre, S. 30–50. Vgl. Rauchensteiner, Tod S. 556. Die Nachricht von der Demission Hohenlohes wurde verbreitet. Siehe Meckling, Außenpolitik, S.  352. Vgl. Griesser-Pecar, Mission Sixtus, S.  328. Vgl. TB Kessler, Bd.  6, 13.5.1918S. 382 ff.

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218 Siehe Griesser-Pečar, Mission Sixtus, S. 237. Der deutsche Reichstagspolitiker und Friedensbefürworter Matthias Erzberger wurde bei seinem Aufenthalt in Wien von Czernin und von Kaiser Karl empfangen, was der Letztere leugnete. Erzberger konnte jedoch eindeutige Beweise vorlegen. 219 Kann, Sixtusaffäre, 66 f. 220 Siehe Hantsch, Berchtold, Bd. 2, TB 27.2.1918 und 20.4.1918, S. 811f., 821. Vgl. Gordon Brook-Shepherd, Um Krone und Reich. Die Tragödie des letzten Habsburgerkaisers, Wien/München/Zürich 1968, S. 187. Pfeifer übernahm wörtlich Passagen von Brook-Shepherd und von der ÖNB. Wilhelm Pfeifer, Die Hohenlohe in Böhmen, Mähren und Österreich, in: Württembergisch Franken 1979, S. 88–177, hier S. 152. Vgl. HHStA 174 P.A. III, Preußen 1918, 24.4.1918. Das Verhältnis zwischen Berlin und Wien war in dieser Zeit vom Misstrauen geprägt. Bei einigen Berichten findet sich der Vermerk: „nicht an die Deutschen weitergeben.“ Siehe Bericht des Evidenzbureaus des k. u. k. Generalstabes vom 13.9.1917, in: HHStA Wien, PA I 840 Liasse Krieg 4a: Deutschland 1917. 221 TB Redlich, Band 2, 6.9.1917, S. 339. Demblin, 23.1.1918 und Demblin an Czernin, 16.4.1918, in: Demblin, Minister, S. 63, 266. Vgl. auch HHStA, PA XL, K. 263. Berlin soll sich auch für Hohenlohe als Außenminister ausgesprochen habe. Siehe Naumann, Konrad und Gottfried Hohenlohe, S. 280. 222 Siehe Tagebuch Wolff, 30.4.1918, in: Sösemann (Hg.), Theodor Wolff, Bd.1, S. 594. 223 Aufzeichnung über eine am 16.3.1917 unter dem Vorsitz Czernins stattgefundene Besprechung, in: HHStA Wien, PA I 840 Liasse Krieg 4a: Deutschland 1917. Vgl. Meckling, Außenpolitik, S. 116. Im November 1917 betonte Czernin die Notwendigkeit eines schnellen Friedensschlusses. Hohenlohe zeigte sich im Dezember 1917 optimistisch bezüglich der möglichen Friedensverhandlungen. Siehe TB Wolff, 19.12.1917, Bd.1, S. 571. 224 Siehe Jiří Kořalka, Deutschland, S. 158. Vgl. Mark Cornwall, Auflösung und Niederlage. Die österreichisch-ungarische Revolution, in Cornwall, S. 174–201 und Rauchensteiner, Tod S. 615. 225 Edmund von Glaise-Horstenau, Die Katastrophe. Die Zertrümmerung ÖsterreichUngarns und das Werden der Nachfolgestaaten, Zürich/Leipzig/Wien 1929, S. 357. 226 Am 14.11.1918. Agstner, S. 51. 227 Hohenlohe, Erinnerungen 1, S. 33 f. Am 31.1.1919 erfolgte die offizielle Versetzung in den Ruhestand. Siehe Personalakte Gottfried Hohenlohe, a.a.O. 228 Deutsche Verlagsanstalt an Gottfried Hohenlohe, 24.7.1920, in: NL Hohenlohe, in: PA Fischer-Colbrie. Siehe auch Hohenlohes Antwort, 28.7.1920, in: ebda. Weitere Publikationsversuche lassen sich nicht feststellen. 229 Hohenlohe an Zech, 15.2.1927, in: Nachlass Thimme, Bundesarchiv Koblenz, N 1058/60 Schriftwechsel. 230 Siehe ÖNB 2, S. 392. Vgl. NFP, 8.11.1932, S. 6. 231 NFP, 8.11.1932, S. 6 (o. Autor). 232 Siehe Reichspost, 9.11.1932, S.  5. Vgl. auch NFP, 8.11.1932, S.  6. Österreichische Wehrzeitung, 2.12.1932. 233 o.A., in: NFP, 11.11.1932, S. 5.

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234 Österreichische Wehrzeitung, 2.12.1932. 235 Bülows Behauptung, dass Franz Ferdinand dem Prinzen nicht wohl gesonnen war, lässt sich leicht durch zahlreichen Korrespondenzen sowie Erinnerungen verschiedener Zeitzeugen widerlegen. Siehe Bülow, Bd. 3, S. 221. 236 Lambsdorff, Die Militärbevollmächtigten, S. 33. Vgl. Naumann, Konrad und Gottfried Hohenlohe, S. 280. Pless, Tanz, Bd. 1, S. 132 f,193. Ernest Cormons, Schicksale und Schatten. Eine österreichische Autobiographie, Salzburg 1951, S. 154. 237 Friedrich Larisch, Gottfried Hohenlohe, in: NFP, 10.11.1932, S. 5. 238 Vgl. Tagebuch Redlich, Bd. 2, 9.3.1915, S. 26. Kovács, Untergang, Bd.1, S. 309. 239 Friedrich Larisch: Gottfried Hohenlohe, in: NFP, 10.11.1932, S. 5 240 Ritter stellte ihn als einen selbstständigen Akteur dar, während Bihl und Werkmann in ihm ein ausführendes Organ sahen. Siehe Ritter, Staatskunst, Bd. 3, S. 198f. Vgl. Karl von Werkmann: Deutschland als Verbündeter. Kaiser Karls Kampf um den Frieden, Berlin 1931. Wolfdieter Bihl, Die Kaukasus-Politik der Mittelmächte, Bd. 2: Die Zeit der versuchten kaukasischen Staatlichkeit (1917–1918), Wien/Köln/Weimar 1992. Ritter, Fischer und Meckling betonten seine vermittelnde Art. Ritter, Staatskunst, Bd.  3, S.  466–470, 511–513. Fritz Fischer, Griff nach der Weltmacht, S.  161, 167, 378–380. 241 Siehe Naumann, Victor: Profile. 30 Porträt-Skizzen aus den Jahren des Weltkrieges nach persönlichen Begegnungen, München/Leipzig 1925, S. 280. 242 ÖNB 2, S. 392. Vgl. Meckling, Außenpolitik, S. 294 f. 243 Naumann, Konrad und Gottfried Hohenlohe, S. 279. Vgl. Glaise, Katastrophe, S. 148 und 394. Friedrich Larisch, Gottfried Hohenlohe, in: NFP, 10.11.1932, S. 5.

Fürst Hermann zu Hohenlohe-Langenburg (1832–1913) Kolonialpolitiker und Statthalter im Reichsland Elsass-Lothringen Oliver Schulz

Einleitung Wer das Leben und Wirken des Fürsten Hermann zu Hohenlohe-Langenburg in einer Kurzbiografie zusammenfassen soll, sieht sich mit einer sowohl reizvollen als auch undankbaren Aufgabe konfrontiert. Angesichts eines langen Lebens und vielfältiger Tätigkeiten, unter denen der Vorsitz im „Deutschen Kolonialverein“ bzw. in der „Deutschen Kolonialgesellschaft“ sowie die Tätigkeit als Statthalter im Reichsland Elsass-Lothringen (1897–1907) sicherlich die bedeutendsten darstellen, kann der vorliegende Beitrag die Biografie des Fürsten nur im Überblick streifen und hierbei versuchen, einen Schwerpunkt auf zwei Aspekte seines politischen Wirkens zu setzen.1 Tatsächlich sind – abgesehen von einem Aufsatz Hans Peter Müllers über Hohenlohe-Langenburg als Präsident des Deutschen Kolonialvereins und der Deutschen Kolonialgesellschaft – weite Teile seiner Tätigkeit noch nicht in neueren Studien systematisch untersucht worden.2 Auch seine Zeit als Statthalter im Reichsland Elsass-Lothringen ist zwar im Rahmen einer leider ungedruckt gebliebenen älteren Dissertation von Kurt Eißele behandelt worden, bedürfte aber ebenfalls einer neueren Darstellung.3 Kurzum: Eine wissenschaftliche Studie über Hermann zu Hohenlohe-Langenburg, die neben den biografischen Stationen vor allem sein politisches und gesellschaftliches Wirken in den Blick nimmt, ist als Desiderat anzusehen. Andererseits steht für eine solche Studie im Hohenlohe-Zentralarchiv in Neuenstein mit dem Nachlass des Fürsten ein sehr umfangreicher Quellenbestand zur Verfügung, der in Auszügen eingesehen werden konnte. Vielleicht kann der vorliegende Artikel zu dieser Beschäftigung und zur Erschließung weiterer Archivbestände beitragen. Zu denken ist hier an Quellen zur deutschen Kolonialpolitik im Bundesarchiv in BerlinLichterfelde oder zu seiner Tätigkeit im württembergischen Landtag, die für diesen Beitrag nicht benutzt werden konnten.4 Das Leben Hermanns zu Hohenlohe-Langenburg vor seinem Einstieg in die deutsche Kolonialpolitik und seiner Zeit als Statthalter im Reichsland El-

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sass-Lothringen ist rasch berichtet. Der 1832 in Langenburg geborene, spätere Fürst Hermann entstammte der Langenburger Linie der Hohenlohes. Sein Vater Ernst zu Hohenlohe-Langenburg (1794–1860) hatte als Standesherr in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Württemberg unter anderem eine bedeutende Rolle in der Ersten Kammer des württembergischen Landtages gespielt.5 Eine Tante Hermann zu Hohenlohe-Langenburgs hatte den Vater von Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1819–1901) geheiratet, wodurch eine enge Verwandtschaft zwischen den beiden Linien entstand, die später wie im Falle der Ernennung zum Statthalter im Reichsland Elsass-Lothringen auch für seine eigene Karriere von Nutzen sein sollte. Daneben bestand über die Mutter, Feodora zu Leiningen, die eine Halbschwester von Königin Viktoria war, eine enge verwandtschaftliche Beziehung zum englischen Königshaus sowie zu Wilhelm II.6 Nach dem Ende seines rechtswissenschaftlichen Studiums im Jahre 1851 diente der Fürst kurze Zeit als Offizier in der württembergischen Armee. Bereits 1854 nahm er dort seinen Abschied und trat in österreichische Dienste. Als österreichischer Offizier nahm er 1859 an der Schlacht von Solferino teil.7 Das Jahr 1860 erwies sich als entscheidend für ihn, denn in diesem Jahr verstarb sein Vater Ernst. Da sein älterer Bruder eine nicht standesgemäße Ehe schloss, musste er auf die Standesherrschaft verzichten, die nun sein jüngerer Bruder übernahm. Obwohl hiermit auch die Bewirtschaftung der Besitzungen seiner Standesherrschaft einherging, fand Fürst Hermann dennoch im Jahr 1862 die Zeit, eine Reise nach Afrika zu unternehmen. In diesem Jahr bereiste er unter anderem mit Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg-Gotha und dem Tierforscher Brehm Abessinien.8 Wie sein Vater war auch Hermann zu Hohenlohe-Langenburg Mitglied des württembergischen Landtages und vertrat seine Standesherrschaft. In die Zeit als württembergischer Abgeordneter und Vizepräsident der Kammer fiel sein Werben für ein Bündnis der süddeutschen Staaten mit Preußen. Später war er nicht überraschend auch Anhänger der Bismarck’schen Reichsgründung. Im Zeitraum 1871–1881 gehörte er als freikonservativer Abgeordneter dem Reichstag an.9 Im Gegensatz zu seinem älteren Bruder respektierte Fürst Hermann auch bei der Wahl seiner Ehepartnerin den Rahmen, der ihm von seinem Rang als Standesherr vorgegeben wurde. Er heiratete am 24. November 1862 in Karlsruhe Leopoldine von Baden und damit in eine der regierenden Familien in Deutschland ein.10

Fürst Hermann zu Hohenlohe-Langenburg  |

Hermann zu Hohenlohe-Langenburg als Verfechter der deutschen Kolonialpolitik (1882–1894) Die Hinwendung Hermann zu Hohenlohe-Langenburgs zur Kolonialpolitik, die sich bei ihm nicht nur als bloßes Sympathisieren zeigte, sondern ihn zu einem führenden Befürworter kolonialer Unternehmungen werden ließ, kann mit seiner prinzipiellen Unterstützung der Bismarck’schen Politik erklärt werden.11 Außerdem scheinen verschiedene Auslandsreisen die Überzeugung des Fürsten bekräftigt zu haben, dass deutsche Interessen weltweit besser vertreten werden sollten.12 Konkret wurde die Kolonialfrage für die deutsche Politik mit der Bismarck’schen Samoavorlage im April 1880. Der Reichstag sollte einer staatlichen Zinsgarantie für eine Auffanggesellschaft zustimmen mit dem Ziel, die Besitzungen und das Handelsmonopol eines zahlungsunfähig gewordenen Hamburger Handelshauses vor dem Zugriff der englischen Politik zu schützen. In dieser Frage konnte sich Hermann zu Hohenlohe-Langenburg in einer Reichstagsdebatte als Befürworter einer deutschen Kolonialpolitik profilieren. In einer Rede am 22. April 1880 stellte Hermann zu Hohenlohe-Langenburg die Samoavorlage als wichtiges handelspolitisches Ziel dar, das über die Inte­ ressen eines einzelnen Handelshauses weit hinausreiche. Der im Moment domi­nierende deutsche Handel in der Südsee dürfe diese Stellung nicht gegenüber dem englischen Handel verlieren, da dies „unpatriotisch“ und „unpolitisch“ sei. Hohenlohe-Langenburg äußerte sich aber nicht nur zu wirtschaftspolitischen Aspekten, sondern argumentierte auch bereits mit der Kolonialpolitik als Instrument zur Ableitung von Spannungen, da die Schaffung von deutschen Niederlassungen für das „überschießende Menschenkapital“ immer notwendiger werde. In einer weiteren Rede am 27. April 1880 betonte er seine Anhänglichkeit an Bismarck, dem er attestierte, die deutsche Außenpolitik könne in keinen besseren Händen sein, und warb für die Zustimmung zur Vorlage, damit die deutsche Flagge hochgehalten werde. Auch wenn die Vorlage letztendlich scheiterte, ist sie als kolonialpolitischer Versuchsballon Bismarcks zu deuten. Von Interesse ist hierbei ebenfalls das Auseinanderklaffen der Positionen der politischen Eliten, wie sie im vorliegenden Fall von Hermann zu HohenloheLangenburg vertreten worden waren, und Teilen der öffentlichen Meinung. Eine Zeitung aus Gerabronn in Hohenlohes Heimat hatte die Samoavorlage ganz anders als der Fürst als Zumutung aufgefasst, da das Deutsche Reich „in die Fußstapfen eines verkrachten Kaufhauses treten“ solle. Im Gegensatz zu Hohenlohe-Langenburg war die Zeitung auch der Ansicht, fast überall sei zwar die Rede von Deutschlands zukünftigen Kolonien, man komme jedoch zu spät, da die Welt bereits aufgeteilt sei.13

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Die Unterstützung kolonialpolitischer Ambitionen auch im Hinterland blieb indes ungebrochen. So sprachen sich im Jahr 1881 die württembergischen Nationalliberalen für Kolonialerwerbungen aus und nationalliberale Blätter thematisierten die Möglichkeiten, die deutsche Auswanderung über Kolonialpolitik zu steuern. Auch die Stuttgarter Handelskammer spielte ab 1881/1882 eine wichtige Rolle, da sie die Initiative hinsichtlich der Exportförderung und Auswanderungs- und Kolonialpolitik übernahm. Im Februar 1882 schließlich wurde sogar der „Württembergische Verein für Handelsgeographie und Förderung deutscher Interessen im Auslande“ in Stuttgart gegründet.14 Hohenlohe trat aber nicht nur für eine deutsche Kolonialpolitik ein, sondern engagierte sich auch in der Gründung eines entsprechenden Verbandes.15 Der „Deutsche Kolonialverein“, dessen Präsident er werden sollte, wurde von ihm mit gegründet, und er hatte später auch den Vorsitz der „Deutschen Kolonialgesellschaft“ inne, die aus dem Zusammenschluss des Kolonialvereins mit dem „Verein für Deutsche Kolonisation“ von Carl Peters entstanden war. Das Amt des Präsidenten übte er bis 1894 aus, als er zum Statthalter in Elsass-Lothringen ernannt wurde. Die Geschichte des „Deutschen Kolonialvereins“ begann am 26.8.1882, als sich auf Anregung Hohenlohes und des mecklenburgischen Freiherrn Hermann von Maltzan in Frankfurt Vertreter der Handelskammern von Frankfurt und Offenbach, Großindustrielle und Mitglieder des Vereins für Geografie und Statistik trafen, um zu beraten, wie koloniale Bestrebungen Deutschlands besser als bisher gefördert werden könnten.16 Der Verein sollte als Lobbygruppe gegründet werden, die den Kolonialgedanken zu stärken hatte. So sollte unter anderem die Errichtung deutscher Handelsstationen als Ausgangspunkte für weitere kolonialpolitische Aktivitäten vorangetrieben werden. In dieser Vorbereitungsphase wurde Hohenlohe bereits zum Vorsitzenden eines Komitees gewählt, das zu ähnlichen Vereinen den Kontakt suchen und in den für den Überseehandel wichtigen Hansestädten Unterstützung finden sollte.17 Maltzan legte im Jahr 1882 die Publikation „Handelskolonien“ vor, die in Berlin veröffentlicht wurde. Hierbei handelte es sich um eine Sammlung von Aufsätzen über seine Reise in den Senegal, die er in der „Augsburger Allgemeinen Zeitung“ veröffentlicht hatte. In Afrika war Maltzan bei Friedrich Colin zu Gast gewesen, der ihn zu einer Veröffentlichung ermuntert hatte und der später eine Rolle als Geschäftspartner Hohenlohe-Langenburgs spielen sollte. Hohenlohe-Langenburg wiederum hatte die Publikation Maltzans gelesen und die Besprechung in Frankfurt am Main angeregt.18 Am 6.12.1882 kam es in Frankfurt zur konstituierenden Sitzung des Vereins, zu der Staatsmänner, Parlamentarier, Nationalökonomen, Historiker, Geografen, Forschungsreisende, Wissenschaftler aller Disziplinen, Mitglieder von Handelskammern, Reeder und Industrielle erschienen waren.19 Das Plakat zur

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Gründungsversammlung sprach vom „Verständniß der Nothwendigkeit, die nationale Arbeit der Colonisation zuzuwenden“, das durch die Vereinsarbeit erreicht werden sollte.20 Mit Blick auf die Sozialdemokratie wurde eine dynamische Kolonialpolitik als Mittel zur Einigung der deutschen Nation, nicht zuletzt gegenüber dem Ausland, gesehen.21 In einem Schreiben an Maltzan hatte Hermann zu Hohenlohe-Langenburg mit der Überbevölkerung Deutschlands und dem deutschen Drang zur Auswanderung argumentiert, um eine deutsche Kolonialpolitik zu legitimieren. In dieser Perspektive war Kolonialpolitik eine Möglichkeit, die Auswanderung zu steuern bzw. zu verhindern, dass die Auswanderer Deutschland nicht vollständig verloren gingen. Da in dieser Frühphase noch ein mangelnder politischer Willen in Deutschland festzustellen war, sprach sich Hohenlohe-Langenburg dafür aus, dass deutsche Ansiedlungen in Übersee in privater Initiative angelegt wurden. Die koloniale Ansiedlung wurde hierbei gezielt als Gegenentwurf zu den deutschen Auswanderern verstanden, die sich zerstreut unter Amerikanern und Engländern wiederfanden und sich ihrer Nationalität entfremdeten.22 Die innenpolitische Stoßrichtung der Kolonialpolitik, die sich im Sinne Hans-Ulrich Wehlers als Ableitung der Spannungen an die Peripherie manifestierte, äußerte sich unter anderem in der Einschätzung Hohenlohes, dass nur eine solche Politik den Einfluss der Sozialdemokraten in Deutschland wirksam zurückdrängen könne.23 Der Aspekt der „nationalen Einigung“ als Ergebnis der Kolonialpolitik zeigte sich in einem Trinkspruch des Fürsten, den er bei einem Abendessen mit Mitgliedern des Kolonialvereins ausbrachte und in dem er äußerte, der Verein müsse sich von den Parteien fernhalten und für Mitglieder aller Parteien offen stehen.24 In der konstituierenden Sitzung des „Deutschen Kolonialvereins“ wurde Hohenlohe zum Vorsitzenden gewählt. Interessant an der Zusammensetzung des Vereins und seiner Spitze sind weitere Adelige, die eine wichtige Rolle spielen konnten und zudem persönliche Kontakte zu Hohenlohe pflegten wie Graf Friedrich von Frankenberg-Ludwigsdorf-Tillowitz.25 Die Verbindung zur Wissenschaft, die der Kolonialpolitik die argumentative Grundlage zu liefern hatte, wurde unter anderem in der Mitarbeit des Geografen und Vertreters der Geopolitik, Friedrich Ratzel aus München, deutlich.26 Daneben wurden im ersten Jahr des Bestehens des Vereins weitere Mitglieder kooptiert, von denen einer für die persönlichen Geschäftsaktivitäten Hohenlohes von großer Bedeutung sein sollte. Es handelte sich um Ludwig Colin, der einer der Direktoren der Württembergischen Vereinsbank in Stuttgart war und dessen Bruder Friedrich als Kaufmann in Westafrika aktiv war.27 Der Verein hatte in Württemberg eine starke Basis, und an der konstituierenden Sitzung hatten aus Württemberg der Präsident der Stuttgarter Handelskammer von Jobst, Ludwig und Friedrich

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Colin, Kommerzienrat Gustav Siegle und der frühere Minister Karl von Varnbüler teilgenommen.28 Die Erwartungen, die an den Verein herangetragen wurden, lassen sich an den Aktivitäten Friedrich Colins in Westafrika verdeutlichen. Im September 1883 gründete er zusammen mit Industriellen eine Handelsstation im heutigen Guinea. Die von Friedrich Colin in Westafrika gegründete Handelsstation sah sich aus ihrer Sicht willkürlichen Handlungen des örtlichen Herrschers ausgesetzt und bat um ein wirksames Eingreifen der deutschen Regierung zugunsten der Geschäftsinteressen, das Hohenlohe in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Vereins mit weitläufigen Kontakten und Verwandtschaftsbeziehungen sicherstellen sollte.29 Hohenlohe-Langenburg unterstützte dieses Unternehmen, das letztendlich jedoch scheiterte, da die afrikanische Seite die Deutschen von einem seit 1880 bestehenden Abkommen mit Frankreich überzeugen konnte. Colin musste seine Unternehmungen letztendlich eigenständig durchführen, da ihn der Kolonialverein nicht wirksam unterstützen konnte.30 Am 28. April 1884 kam es zu einer Besprechung Friedrich Colins bei Bismarck im Beisein von Lüderitz und Woermann. Hierbei wurde eine Expedition des Reichskommissars Gustav Nachtigal vorbereitet. In der zweiten Hälfte des Jahres 1884 ließ Friedrich Colin Stationen in den angrenzenden Gebieten erwerben, und Hohenlohe-Langenburg unterstützte das Schutzgesuch in Berlin erneut, wobei er auf seine eigene Beteiligung an einer noch zu gründenden Gesellschaft verwies. Die Unternehmung sah sich aber auch Kritik aus der Politik ausgesetzt. Bismarck hatte sich zu Colins Unternehmen und der Reise Gustav Nachtigals nach Westafrika 1884 geäußert und Colins „Unzuverlässigkeit“ kritisiert. So habe sich ein afrikanischer Stamm, mit dem Nachtigal einen Vertrag zum Schutz der Aktivitäten Colins hatte abschließen sollen, bereits unter französischem Schutz befunden. Dies stellte eine beachtliche Kehrtwende aufgrund der Entwicklungen in Westafrika dar, da Bismarck zuvor betont hatte, dass die koloniale Unternehmung eines Süddeutschen unter den Schutz des Reiches gestellt werden sollte.31 Aber auch das Geschäft Colins, das den Zugang zum oberen Niger eröffnet hätte und zur Entsendung einer deutschen Korvette führte, hatte keinen dauerhaften Erfolg. Anfang Januar 1885 wurden die Gebiete unter kaiserlichen Schutz gestellt. Friedrich Colin, der von sicheren Rechtsverhältnissen ausging, vergrößerte seine Gesellschaft und Hohenlohe-Langenburg gehörte dem Verwaltungsrat des Unternehmens an. Neben Hohenlohe-Langenburg traten auch Graf von Frankenberg, der württembergische Staatsminister Karl von Varn­büler oder der Unternehmer Gustav Siegle von der BASF als Förderer des „DeutschAfrikanischen Geschäfts“ auf. Die Lobbyarbeit Hohenlohes für Friedrich Colins Unternehmungen, an denen ihm aufgrund seiner eigenen Beteiligung sehr

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gelegen war, bediente sich auch der eigenen Verwandtschaft, so 1885, als Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, der als Botschafter in Paris eingesetzt gewesen war und in diesem Jahr auf den Posten des Statthalters in Elsass-Lothringen wechseln sollte, in Paris Gespräche mit dem Unterstaatssekretär des französischen Marineministeriums führte.32 Trotz der Fürsprache Hohenlohe-Langenburgs und der Kontakte, die er hierfür mobilisierte, verzichtete die Reichsregierung jedoch letztendlich aus Rücksicht auf Frankreich auf die Inbesitznahme, und Colin führte sein Geschäft unter französischer Herrschaft weiter. Hohenlohe-Langenburg wiederum konnte sein Engagement in der Handelsfirma Colin noch rechtzeitig beenden und beteiligte sich später an einem weiteren, allerdings ebenfalls kurzfristigen Unternehmen in Ost­afrika.33 Neben der Bedeutung regionaler und nationaler Kontakte und Netzwerke erscheinen hier weitere Aspekte, die zusätzlicher Erforschung bedürfen und über eine Biographie Hohenlohes weit hinausreichen. Neben der lange in der Forschung ausgeblendeten Frage nach der Bedeutung Adeliger als Unternehmer im Zeitalter der Industrialisierung und dem Unternehmertum als Komponente in einer Strategie des „Obenbleibens“ tritt hier die Frage nach der Rolle Adeliger für unternehmerische Aktivitäten in den Kolonien in den Vordergrund.34 Hinzu kommt, dass das Beispiel Württemberg als Binnenregion in Süddeutschland und die Rolle süddeutscher Industrieller und Adeliger in der deutschen Kolonialpolitik darauf verweist, dass in künftigen Arbeiten die Rolle des „Hinterlandes“ für den deutschen Kolonialismus in die Untersuchung einzubeziehen ist, so wie es beispielsweise für den atlantischen Dreieckshandel der Frühen Neuzeit bereits geleistet worden ist.35 Manfred Rasch hat am Beispiel der Schlosskellerei Fürst zu Hohenlohe-Öhringen auf die Bedeutung der Mediatisierung des reichsunmittelbaren Adels in Baden und Württemberg hingewiesen, die unter anderem zum Verlust der Einnahmen aus der Landesherrschaft geführt hatte. Am Beispiel des im Jahre 1842 von Carl Graf zu Castell angestoßenen „Vereins deutscher Fürsten und Edelleute zum Schutz deutscher Einwanderer in Texas“, der 1844 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde und der die Förderung von deutschen Siedlungen im vom Mexiko abgefallenen Texas zum Ziel hatte, lässt sich dieselbe Motivation wie bei Hermann zu Hohenlohe-Langenburg wiederfinden, der den Pauperismus in Deutschland durch Auswanderung bekämpfen und gleichzeitig einen Exportmarkt in Übersee schaffen wollte. Kolonialpolitik präsentiert sich in dieser Perspektive als Mischung aus der Verfolgung wirtschaftlicher Interessen und der Ablenkung von Spannungen an die Peripherie.36 Es würde hier zu weit führen, alle kolonialpolitischen Aktivitäten im Detail nachzuzeichnen, die Hermann Hohenlohe in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Kolonialvereins und der „Deutschen Kolonialgesellschaft“ verfolgte,

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deutlich geworden ist aber sicherlich die Bedeutung der persönlichen Netzwerke sowie der geschäftlichen Eigeninteressen, die ihn hier antrieben und die weiterer Erforschung bedürfen. Auf die Komponente der innenpolitischen Konsolidierung über kolonialpolitische Aktivität wurde ebenso hingewiesen, wie auf seine Gefolgschaft der Politik Bismarcks. Ein interessanter Nebenaspekt besteht darin, dass sein Sohn, Erbprinz Ernst zu Hohenlohe-Langenburg, 1905–1906 als Leiter der Kolonialabteilung im Auswärtigen Amt tätig war, wobei noch nicht geklärt werden konnte, inwiefern die frühere Tätigkeit seines Vaters im Kolonialverein hier eine Rolle spielte.37 Die „Deutsche Kolonialgesellschaft“ wiederum war 1887 gegründet worden, um den „Kolonialverein“ und die „Gesellschaft für deutsche Kolonisation“ von Carl Peters zu vereinen und die Konkurrenz zwischen beiden Vereinen zu beenden.38 Die Konkurrenzsituation war zuvor deutlich geworden. So hatte Hohenlohe-Langenburg als Vorsitzender des Kolonialvereins 1884 die Pläne von Carl Peters, in Südafrika eine Ackerbau- und Siedlungskolonie für deutsche Auswanderer zu gründen, als „unpraktisch und beinahe leichtsinnig“ abgelehnt und den Vorwurf erhoben, diese Strategie ähnele der von Auswanderungsagenten, die schon viele deutsche Auswanderer ins Unglück gestürzt hätten.39 In der Kolonialgesellschaft, in der Hohenlohe-Langenburg den Vorsitz innehatte und Peters 2. Präsident war, interessierte er sich weiterhin für Afrika. So forderte er 1893, die Situation in Südwestafrika müsse verbessert werden, indem eine Schutztruppe und Experten für die Besiedlung der Kolonie dorthin entsandt werden. Hohenlohe-Langenburg ging konform mit einer Reihe von Forderungen Friedrich Fabris, der 1889 ein vernichtendes Fazit der deutschen Kolonialpolitik veröffentlicht hatte. Zu diesen Forderungen zählte die Einrichtung eines eigenen Kolonialamtes, um das Auswärtige Amt zu entlasten. Zwar wurde letztendlich nur eine Kolonialabteilung innerhalb des Auswärtigen Amtes eingerichtet, dennoch muss dies als Teilerfolg der Bemühungen HohenloheLangenburgs gesehen werden.40

Hermann zu Hohenlohe-Langenburg als Statthalter im Reichsland Elsass-Lothringen (1894–1907) Der Wert der Verwandtschaft zeigte sich Ende Oktober 1894 erneut, als der bisherige Statthalter in Elsass-Lothringen, Fürst Chlodwig zu HohenloheSchillingsfürst, nach Berlin gerufen wurde und dort die Nachfolge des Reichskanzlers Caprivi antrat.41 Wurde sein Weggang in Elsass-Lothringen einerseits bedauert, wurde es andererseits auch als Vorteil angesehen, wenn eine Persönlichkeit, die die Verhältnisse im Reichsland bestens kannte, in hoher Funktion

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in Berlin tätig war. Die Vorbehalte gegen norddeutsche Statthalter zeigten sich in der Nachfolgediskussion. In Elsass-Lothringen wurde der Wunsch geäußert, dass der Nachfolger katholisch sein solle und dass man hohen Bürokraten und berühmten Generälen einen süddeutschen Standesherrn vorziehe, da sich ein solcher besser in die Verhältnisse des von ihm zu verwaltenden Landes einfühlen könne.42 Die Personalpolitik bei der Auswahl des Statthalters zeigte außerdem an, welchen Stellenwert Kaiser und Reichskanzler dem Amt zuschreiben wollten. Wenn sich der Kaiser selbst in Elsass-Lothringen betreffenden Fragen enthalten wollte, ernannte er eine starke Persönlichkeit, wohingegen er im anderen Fall eine unerfahrene Persönlichkeit auswählen würde.43 In der Nachfolgediskussion bezog Chlodwig von Hohenlohe-Schillingsfürst erst Stellung zugunsten seines Verwandten Hermann zu Hohenlohe-Langenburg, als sich Philipp von Eulenburg gegen die Kandidatur seines Vetters Botho von Eulenburg ausgesprochen hatte. Interessant ist, dass Hohenlohe-Schillingsfürst in dieser neuen Konstellation die Frage der Neubesetzung des Statthalterpostens in Straßburg dann sogar zu einer Bedingung für die Übernahme des Amtes des Reichskanzlers machte. Ein Kandidat für den Posten war Fürst Karl Egon von Fürstenberg, der zwar Süddeutscher war, allerdings auch mit einer Französin verheiratet war. Für Hohenlohe-Schillingsfürst war dies der Grund für die Ablehnung, um Interessenskonflikte mit zugewanderter „altdeutscher“ Bevölkerung zu vermeiden. Am Ende blieb nur noch Hermann zu Hohenlohe-Langenburg übrig, wobei die Frage, ob er die Nachfolge als Statthalter antreten solle, vom Kaiser gestellt und von Hohenlohe-Schillingsfürst selbst nicht angesprochen worden war. Der Wert der Verwandtschaft zeigte sich bei Hohenlohe-Langenburg sogar in doppelter Hinsicht, da er einerseits ein Vetter des neuen Reichskanzlers war und andererseits aber auch ein Onkel Wilhelms II. Daher verwundert es auch nicht, dass der Kaiser in einem sehr familiären Ton an Hermann zu Hohenlohe-Langenburg schrieb: „Habe Dich zu meinem Statthalter in Elsaß-Lothringen gemacht. Ablehnen gibt’s nicht.“44 Hohenlohe-Langenburg erhielt das Telegramm am 29.10.1894 um 10 Uhr vormittags und fuhr noch am selben Tag mit dem Abendzug nach Berlin. Am 5.11.1894 wurde er dann offiziell zum neuen Statthalter ernannt. Auch wenn er protestantischen Bekenntnisses war, konnte sichergestellt werden, dass mit ihm ein besser in das Reichsland passender Süddeutscher diesen Posten bekleidete.45 Hermann zu Hohenlohe-Langenburg brachte vor allem repräsentative Fähigkeiten mit, wohingegen ihm Verwaltungserfahrung fehlte, was zu Kommentaren nach seiner Ernennung Anlass gab. Angesichts der zuvor genannten Kriterien bei der Ernennung des Statthalters konnte man sich nun berechtigterweise die Frage stellen, wer bei einem auf Repräsentativität ausgerichteten Kandidaten die Politik im Reichsland bestimmte und die Verwaltung leitete, zumal

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Hohenlohe-Schillingsfürst selbst über Hohenlohe-Langenburg gesagt haben soll: „Nur als Fassade zu gebrauchen!“46 In seiner Amtstätigkeit in Elsass-Lothringen hat Hohenlohe-Langenburg vor allem in wirtschaftspolitischer Hinsicht Akzente gesetzt. Neben dem allgemeinen Ziel der Hebung des wirtschaftlichen Wohlstandes und der Anbindung des Reichslandes an den deutschen Wirtschaftsraum ist hier vor allem die Landwirtschaft zu nennen, an der er sich auch schon früher auf seinem Besitz im Hohenlohischen sehr interessiert gezeigt hatte. So erreichte er eine kaiserliche Verordnung, mit der die landwirtschaftlichen Vereine die Rechte einer juristischen Person erhielten und geschäfts- sowie handlungsfähig wurden. Die Verbreitung des Genossenschaftswesens konnte Hohenlohe allerdings wegen Widerstands in der breiten Masse nicht flächendeckend durchsetzen. Hohenlohe-Langenburg konnte sich auch in einer personalpolitischen Frage behaupten, als er 1898 einen Elsässer als Unterstaatssekretär für die Ministerialabteilung für Justiz und Kultus einsetzte.47 Trotz häufiger Rücktrittsabsichten blieb Hermann Hohenlohe bis 1907 im Amt, als er im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der „Denkwürdigkeiten“ des Reichskanzlers Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst zum Rücktritt gezwungen wurde. Diese Publikation und die Erregung am Kaiserhof über die Veröffentlichung und die daraus entstandenen Indiskretionen nicht zuletzt im Hinblick auf Wilhelm II. selbst sorgten dafür, dass die Familie Hohenlohe insgesamt beim Kaiser in Ungnade fiel. Neben Alexander von Hohenlohe, der die Aufzeichnungen seines Vaters bereits fünf Jahre statt der gewünschten zehn Jahre nach dessen Tod veröffentlichte und infolgedessen von seinem Amt als Bezirkspräsident in Colmar zurücktreten musste, erhielt auch Hermann zu Hohenlohe-Langenburg am 18. Oktober 1907 seine Entlassungsurkunde. Die oppositionelle Presse begann anschließend sofort damit, Hohenlohe im Hinblick auf die Verfassungspolitik und für seine Amtsführung zu kritisieren. Hohenlohe hatte mit den Notabeln im Elsass regiert und keine Verfassung erlassen. Zudem hatte er 1897 den sogenannten Diktaturparagrafen eingesetzt, um zwei profranzösische Zeitungen im Elsass verbieten zu lassen. Auch wenn er 1902 letztendlich diesen Paragrafen aufheben ließ, war es zu einem Konflikt und zur Vergiftung der Atmosphäre zwischen Statthalter und Bevölkerung im Reichsland gekommen.48 Nach seiner Abberufung und bis zu seinem Tod nahm Hohenlohe noch sein Stimmrecht in der württembergischen Kammer wahr, sah aber von weiterer politischer Betätigung ab. Er starb am 9.3.1913 in seinem Geburtsort Langenburg.49

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Schlussbetrachtung Trotz des sehr kursorischen Charakters des vorliegenden Beitrages sollen abschließend einige Punkte genannt werden, die für die Persönlichkeit des Fürsten Hermann zu Hohenlohe-Langenburg charakteristisch zu sein scheinen und in weiteren Arbeiten genauer herausgearbeitet werden müssen. In seiner Tätigkeit als Vorsitzender für den Kolonialverein und die Kolonialgesellschaft scheint er insgesamt eher zurückhaltend gewirkt zu haben. Hinweise auf eine ausgedehnte publizistische Tätigkeit etwa für die „Deutsche Kolonialzeitung“ haben sich bisher nicht finden lassen, und auch die Redebeiträge, die ermittelt werden konnten, bewegten sich im Rahmen der gängigen Ansprachen, die von Verbandsfunktionären bei entsprechenden Anlässen gehalten wurden. Wenn diese Einschätzung zutreffen sollte, konnte Hohenlohe der Sache der Kolonialpolitik sicherlich vor allem dienen, indem sein persönliches Netzwerk aktiviert werden konnte, um Kontakte herzustellen. Diese waren für ihn selbst auch von geschäftlichem Interesse, wie der Hinweis auf das Handelsgeschäft Friedrich Colins gezeigt hat. Im Hinblick auf seine Tätigkeit als Statthalter im Reichsland Elsass-Lothringen lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein ähnlicher Befund machen. Auch hier scheint sich Hohenlohe nicht in die erste Reihe gedrängt, sondern in erster Linie als Repräsentationsfigur verstanden zu haben. Seine süddeutsche Herkunft, die ihn für das Amt sicherlich viel eher qualifizierte als Bewerber aus anderen Regionen Deutschlands hat indes nicht verhindert, dass er sich in der Frage der Anwendung des „Diktaturparagrafen“ gegen elsässische Zeitungen bei der Bevölkerung unbeliebt machte und es zu Konflikten kam. Hinzu kam, dass er keine Verfassungspolitik angestoßen hat, sondern vielmehr in einem adeligen, paternalistisch-fürsorglichen Politikverständnis verharrte.50 Im Großen und Ganzen wird man sich wohl den negativen Urteilen der Zeitgenossen und in der Forschung anschließen müssen. Sein Neffe Alexander von Hohenlohe-Schillingsfürst äußerte sich zwar sehr scharf, aber nicht unzutreffend über seinen Onkel und dessen Amtsführung in Elsass-Lothringen. Er war der Ansicht, sein Onkel sei dem Amt des Statthalters in Elsass-Lothringen nicht gewachsen gewesen und habe aufgrund eines begrenzten Horizonts, der von Jagd, Landwirtschaft und Kolonialpolitik dominiert worden sei, ohnehin nicht die Fähigkeiten eines Staatsmannes.51 Ähnliches lässt sich über seine kolonialpolitische Bilanz sagen, denn auch in diesem Bereich hatte seine Tätigkeit nur eine begrenzte Reichweite, sodass man Wehlers harscher Einschätzung, Hohenlohe-Langenburg sei „zum Spezialisten für erfolglose Kolonialprojekte“ geworden, folgen kann.52

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Mehr ließen seine Persönlichkeit und sein begrenztes politisches Geschick offensichtlich nicht zu, und in der Kolonialpolitik sowie als Statthalter hinterließ er ein ambivalentes, aber auch recht blasses und farbloses Bild, das vielleicht in zukünftigen Arbeiten auf breiterer Quellengrundlage einen kräftigeren Farbton und deutlichere Konturen erhalten könnte. Anmerkungen 1

Einen guten Kurzüberblick vermittelt Günther Richter, Hermann Fürst zu Hohenlohe-Langenburg, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 9, Berlin 1972, S. 491–492. 2 Siehe Maximilian von Hagen, Bismarcks Kolonialpolitik, Stuttgart/Gotha 1923; Alfred Zimmermann, Geschichte der deutschen Kolonialpolitik, Berlin 1914. Eine grundlegende neuere Darstellung ist zu finden bei Axel Riehl, Der „Tanz um den Äquator“: Bismarcks antienglische Kolonialpolitik und die Erwartung des Thronwechsels in Deutschland 1883 bis 1885, Berlin 1993. Speziell zu Hohenlohe-Langenburg siehe Hans Peter Müller, Fürst Hermann zu Hohenlohe-Langenburg als Präsident des Deutschen Kolonialvereins und der Deutschen Kolonialgesellschaft (1882–1894), in: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 70 (2011), S. 391–429. Außerdem wurden kursorisch Bände der „Deutschen Kolonialzeitung“ durchgesehen und insbesondere Artikel herangezogen, die sich mit der Gründungsphase des Kolonialvereins befassen. 3 Siehe Kurt Eißele, Fürst Hermann zu Hohenlohe-Langenburg als Statthalter im Reichsland Elsaß-Lothringen 1894–1907, Diss., Tübingen 1950. 4 Ich danke Herrn Dr. Peter Schiffer und seinen Mitarbeitern im Hohenlohe-Zentralarchiv in Neuenstein für die gewährte Hilfe und Unterstützung. 5 Zu den Verwandtschaftsverhältnissen und den Nachkommen Ernsts zu HohenloheLangenburg (1794–1860) siehe Franz Josef Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst, Monarchen, Edelleute, Bürger. Die Nachkommen des Fürsten Carl Ludwig zu HohenloheLangenburg 1762–1825, Schellenberg bei Berchtesgaden 1952, S.  61–81. Zu den Standesherren siehe Heinz Gollwitzer, Die Standesherren: die politische und gesellschaftliche Stellung der Mediatisierten 1815–1918. Ein Beitrag zur deutschen Sozialgeschichte. Göttingen 1964. 6 Siehe Karl Weller, Fürst zu Hohenlohe-Langenburg, Hermann, Kaiserlicher Statthalter von Elsaß-Lothringen, in: Ders./ Viktor Ernst (Hg.), Württembergischer Nekrolog für das Jahr 1913, Stuttgart 1916, S. 29–50, hier S. 29. 7 Siehe ebd., S. 30–31. 8 Siehe ebd., S. 31. 9 Siehe Richter, S. 491. 10 Siehe Weller, Fürst zu Hohenlohe-Langenburg, S. 31. Er handelte damit sehr standesbewusst und stellte sich auch in dieser Hinsicht in die Tradition der süddeutschen Standesherren. Dieses Standesbewusstsein zeigte sich offenbar auch, als er Nachfolger Chlodwigs zu Hohenlohe-Schillingfürst im Amt des Statthalters im Reichsland El-

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sass-Lothringen wurde. In diesem Amt habe Hermann zu Hohenlohe-Langenburg es genossen, den Souverän zu spielen und den Standesunterschied gegenüber den Untertanen zu betonen. Vgl. Volker Stalmann, Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst 1819–1901. Ein deutscher Reichskanzler, Paderborn [u.a.] 2009, S. 204. 11 Ein Überblick über die neuere Forschung findet sich bei Ulrike Lindner, Plätze an der Sonne? Die Geschichtsschreibung auf dem Weg in die deutschen Kolonien, in: Archiv für Sozialgeschichte 48 (2008), S. 487–510 und Jürgen Zimmerer, Deutsche Kolonialgeschichte in neuerer Forschung, in: Archiv für Sozialgeschichte 43 (2003), S. 475–485. 12 Siehe Weller, Fürst zu Hohenlohe-Langenburg, S. 37. 13 Hans-Peter Müller, Das Königreich Württemberg und die Anfänge deutscher Kolonialpolitik (1879/80–1890), in: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 66 (2007), S. 421–456, hier S. 423. 14 Siehe ebda., S. 424 und 426. 15 Hinzu kam, dass er 1881 bei den Reichstagswahlen unterlegen war, er daher keine Verpflichtungen als Abgeordneter mehr hatte und sich anderen Themen widmen konnte. Zu der Wahl 1881 vgl. Eißele, S. 11. Die Grenzen des Engagements Hohenlohe-Langenburgs und vielleicht auch seiner Eignung für entsprechende Ämter zeigten sich allerdings bereits früh, als er sich längere Zeit in Tirol zum Jagen aufhielt, anstatt bei der Vorbereitung der Gründungsversammlung in Frankfurt am Main mitzuwirken. Vgl. Müller, Kolonialverein, S. 399. 16 Maltzan verfügte über Erfahrungen aus erster Hand, da er Afrika bereist hatte. Zu seiner Biografie siehe N.N., Hermann von Maltzan, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 52, Leipzig 1906, S. 165–167. 17 Siehe Deutsche Kolonialzeitung, Heft 2, 1884, S. 25 Sp. 1. 18 Siehe Alfred Zimmermann, Geschichte der deutschen Kolonialpolitik, Berlin 1914, S. 26. Vgl. Hans-Ulrich Wehler, Bismarck und der Imperialismus, Köln/Berlin 1969, S. 163. 19 Siehe Deutsche Kolonialzeitung, Heft 2, 1884, S. 25 Sp. 1. 20 Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein (nachstehend: HZA) La 140 Nr. 159. 21 Siehe Deutsche Kolonialzeitung, Heft 2, 1884, S. 25 Sp. 2. 22 Siehe Zimmermann, S. 28–29. 23 Vgl. Wehler, S. 163. 24 Siehe Deutsche Kolonialzeitung, Heft 3, 1884, S. 51. 25 Siehe HZA La 140 Nr. 184. 26 Siehe Deutsche Kolonialzeitung, Heft 2, 1884, S. 25 Sp. 2. 27 Zur kolonialpolitischen Auseinandersetzung um Westafrika und zu ihrem Stellenwert in der Politik Bismarcks siehe Wolfgang J. Mommsen, Bismarck, das Europäische Konzert und die Zukunft Westafrikas 1883–1885, in: Ders., Der autoritäre Nationalstaat. Verfassung, Gesellschaft und Kultur im deutschen Kaiserreich, Frankfurt am Main 1990, S.  109–139. Zu Ludwig Colin vgl. Deutsche Kolonialzeitung, Heft 2, 1884, S. 25 Sp. 2. Ludwig Colin war 1872 in den Vorstand der Württembergischen Vereinsbank eingetreten und gehörte der Bank bis 1896 als Führungsorgan an. Zu den Kunden gehörte unter anderem die BASF, was die Kontaktaufnahme zu Gustav Siegle erleichtern musste, der für die Unternehmung Friedrich Colins als Geldgeber von Be-

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deutung sein sollte. Vgl. Otto K. Deutelmoser, Kilian Steiner und die Württembergische Vereinsbank, Ostfildern 2003, S. 128 und 286–297. Siehe Müller, Königreich Württemberg, S. 427. Vgl. HZA La 140 Nr. 256. Im Hohenlohe-Archiv sind entsprechende Schreiben zu finden, mit denen sich Hohenlohe-Langenburg an das Auswärtige Amt wandte, um für eine entsprechende Außenpolitik des Deutschen Reichs in Afrika zu werben. So sandte er 1894 eine Eingabe zur Ostgrenze Kameruns an Reichskanzler Caprivi. Vgl. Hohenlohe-Langenburg an Caprivi, 26.2.1894, HZA La 140 Nr. 189. Vgl. Riehl, S. 445f.. Es ist ein Brief an Bismarck vom 12. Oktober 1884 überliefert, in dem Hohenlohe-Langenburg seine eigenen wirtschaftlichen Interessen an der Unternehmung Colins in Westafrika und seine Absicht, sich an diesem Unternehmen zu beteiligen, schildert. Dieser Brief ist abgedruckt in der marxistischen Studie von Manfred Nussbaum, Vom „Kolonialenthusiasmus“ zur Kolonialpolitik der Monopole. Zur deutschen Kolonialpolitik unter Bismarck, Caprivi, Hohenlohe, Berlin (Ost) 1962, S. 106. Vgl. Hohenlohe-Schillingsfürst an Hohenlohe-Langenburg, 28.8.1885, HZA La 140 Nr. 256. Vgl. Müller, Königreich Württemberg, S. 440–442. Zur Geschichte des Unternehmens siehe Wehler, S. 330–333. Zur Biographie des schlesischen Adeligen Frankenberg, der wie Hohenlohe im Reichstag der Reichspartei angehörte, siehe den älteren Überblick von Hermann von Petersdorff, Frankenberg, Friedrich Graf von, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd.  48, Leipzig 1904, S.  703–706. Zu Colins Unternehmung vgl. Müller, Kolonialverein, S. 401. Zur Rolle badischer und württembergischer Adeliger als Unternehmer in der Zeit der Industrialisierung siehe Manfred Rasch, Adelige als Unternehmer zwischen Industrialisierung und Ende des deutschen Kaiserreichs. Beispiele aus Württemberg und Baden, in: Eckart Conze/Sönke Neitzel (Hg.), Die Herausforderung der Moderne: Adel in Südwestdeutschland im 19. und 20. Jahrhundert, Ostfildern 2010, S. 83–110. Rasch hat ebenfalls die Forschung zum adeligen Unternehmertum zusammengefasst und Fragen für künftige Arbeiten zu diesem Thema entworfen, das lange Zeit durch eine bürgerlich geprägte Historiographie vernachlässigt wurde. Siehe Manfred Rasch, Adel als Unternehmer in der Industriellen Revolution. Ein Forschungsdesiderat, in: Der Märker 57 (2008), S. 144–155. Fritz Redlich, der das wissenschaftliche Potential der Erforschung des adeligen Unternehmertums erkannt hatte, führte diese Vernachlässigung nicht zuletzt auf Ressentiments bürgerlicher Historiker des 19. Jahrhundert zurück, die dem Adel grundsätzlich jegliche ökonomische Neigung und Betätigung absprechen wollten. Vgl. Fritz Redlich, Europäische Aristokratie und wirtschaftliche Entwicklung, in: Ders., Der Unternehmer. Wirtschafts- und sozialgeschichtliche Studien. Göttingen 1964, S. 280–298, hier S. 283. Neuere Fallstudien sind zu finden in: Manfred Rasch/Toni Pierenkemper/Norbert Reimann (Hg.), Adel als Unternehmer im bürgerlichen Zeitalter, Münster 2006. Bereits die Zeitgenossen hatten erklärt, dass die Kolonialpolitik in Württemberg einen besonders reichen Niederschlag gefunden habe. Zu diesem Zusammenhang vgl. Mül-

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ler, Königreich Württemberg, S. 421. Zur Haltung der württembergischen Presse zur Kolonialpolitik siehe Hugo Eisenbacher, Stellung der württembergischen Presse zu den Anfängen von Bismarcks Kolonialpolitik in den Jahren 1878/1885, Diss., Tübingen/Stuttgart 1926. Siehe Rasch, Baden und Württemberg, hier S. 83 und 94. Siehe Stalmann, S. 208. Die Einrichtung eines eigenen Kolonialamts zur Entlastung des Auswärtigen Amts war auch von Hohenlohe-Langenburg gefordert worden. Letztendlich erzielte er in dieser Frage einen Teilerfolg, da eine Kolonialabteilung im Auswärtigen Amt gegründet wurde. Vgl. Müller, Kolonialverein, S. 416. Siehe Weller, S. 40. Zitiert nach Riehl, S. 666. Vgl. Müller, Kolonialverein, S. 415–416 und 420–421. Abgesehen von der maßgeblichen und ausführlichen Biographie von Volker Stalmann findet sich eine Kurzbiographie bei: Günter Richter, Hohenlohe-Schillingsfürst, Chlodwig Fürst zu, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 9, Berlin 1972, S. 487–489. Zum abnehmenden Interesse an der Kolonialgesellschaft vgl. Müller, Kolonialverein, S. 424–425. Siehe Eißele, S. 1–2. Siehe ebd., S. 4–5. Siehe ebd., S. 5–6. Vgl. Alexander von Hohenlohe, Aus meinem Leben, Frankfurt am Main 1925, S. 226–228. Vgl. Eißele, S. 7. Ein weiteres Argument bestand sicherlich darin, dass ein eher unerfahrener Statthalter wie Hohenlohe-Langenburg Rat bei seinem Verwandten Hohenlohe-Schillingsfürst einholen und dieser daher auch als Reichskanzler noch einen sehr großen Einfluss auf die Politik in Elsass-Lothringen würde ausüben können. Vgl. ebd., S. 13–15. Zur Meinung Hohenlohe-Schillingsfürsts zu den staatsmännischen Fähigkeiten seines Vetters vgl. außerdem Hohenlohe, Aus meinem Leben, S.  228. Chlodwig zu HohenloheSchillingsfürst hat auch seinem eigenen Sohn Alexander trotz des fehlenden ju­ris­tischen Examens zum Eintritt in den Staatsdienst verholfen. So konnte er 1898 Bezirkspräsident des Oberelsasses werden, zu einer Zeit, als Hermann zu HohenloheLangenburg bereits Statthalter in Elsass-Lothringen war. Die im Falle von Alexander von Hohenlohe-Schillingsfürst sichtbar werdende Patronage wurde von vielen Beamten als Skandal aufgefasst. Vgl. Stalmann, S. 197. Siehe Eißele, S. 29–31, 52–64 und 135–138. Der „Diktaturparagraf“ hatte der Verwaltung in Elsass-Lothringen ein Mittel gegen unerwünschte Umtriebe in die Hand gegeben und konnte wie im vorliegenden Fall gegen die Presse eingesetzt werden. Vgl. ebd., S. 152–164, für den Vorfall im Jahr 1897: S. 163–164. Vgl. Richter, S. 492. Zum Paternalismus vgl. Eißele, S. 166. Vgl. hierzu Müller, Kolonialverein, S. 425–426. Wehler, S. 369. Vgl. außerdem Müller, Kolonialverein, S. 410 Anm. 79.

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Prinz Max Egon zu Hohenlohe-Langenburg (1897–1968) Ein unzeitiger Prophet der West-Bindung Lothar Höbelt

Ein Schloss in Böhmen In gewisser Weise ist Prinz Max Egon („Mappel“) Hohenlohe als Vater in die Geschichte eingegangen, zumindest in die Geschichte der High Society und der Regenbogenpresse, denn es war sein Sohn Alfonso, der 1954 den ‚Club Marbella‘ ins Leben rief, ein Jahr vor seiner aufsehenerregenden Hochzeit mit der damals bloß fünfzehnjährigen Prinzessin Ira Fürstenberg. Cherchez la femme: „Gute Partien“ haben das Schicksal seines Familienzweigs in den letzten zwei, drei Generationen sehr wohl geprägt. Die jüngere, katholische Linie der Hohenlohe-Langenburgs hatte nach der Auflösung des Heiligen Römischen Reichs – und einigen Irrfahrten – ihre Zuflucht beim Kaiser gesucht, der jetzt bloß noch als Kaiser von Österreich auftrat.1 Prinz Ludwig, Max Egons Großvater, heiratete 1857 eine Gräfin Trauttmansdorff – und fiel als Ordonnanzoffizier Benedeks 1866 bei Königgrätz gegen die Preußen.2 Seine Witwe Gabriele „Yelli“ (1840–1923) schloß eine zweite Ehe mit Graf Ladislaus („Lato“) Thun-Hohenstein, dem Onkel des späteren k. u. k. Außenministers Aehrenthal. 1887 überließ „Yelli“ ihrem Sohn Gottfried – seit 1909 erbliches Mitglied des österreichischen Herrenhauses – die Herrschaft Rothenhaus im böhmischen Erzgebirge, die vorher beinahe schon an Kronprinz Rudolf verkauft werden sollte.3 Das frühbarocke Juwel mit seinen Gärten galt als das „bedeutendste Schloß des böhmischen Erzgebirges“, mit 11 000 Hektar Grund und einem Bräuhaus in Görkau. Im benachbarten Komotau besuchten Max und sein Bruder Konstantin das Gymnasium, ursprünglich eine der ersten Gründungen der Jesuiten in Böhmen.4 Max Egon war weitschichtig verwandt mit den Ministerpräsidenten der Schillingsfürst-Linie, dem deutschen Reichskanzler Chlodwig und dem „cisleithanischen“ Premier Konrad; näher noch über seine Mutter Anna Schönborn-Buchheim (1865–1954), die Schwester von Konrads Frau Franziska; sein älterer Bruder Ludwig (1892–1945) heiratete 1921 eine Tochter des ehemaligen ungarischen Premiers, sein jüngerer Bruder Karl Erwin heiratete 1934 die Tochter des kurz zuvor verstorbenen ehemaligen k. u. k. Außenministers Ottokar Czernin; seiner älteren Schwester Isabella (1891–1982) sagte man nach,

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einst habe sogar der Thronfolger, der spätere Kaiser Karl, ein Auge auf sie geworfen – zur Freude des alten Kaisers, der nach all den Schwierigkeiten mit seinem Neffen Franz Ferdinand und der Gräfin Sophie Chotek in „Bella“ in erster Linie eine standesgemäße Partie sah, die keinerlei Schwierigkeiten für die Erbfolge heraufbeschwor!5 Diese Verankerung in der altösterreichischen Elite wurde ergänzt durch die Verbindung mit einer Familie der Neuen Welt, oder besser: einer Familie von Weltbürgern, all ihren aristokratischen Titeln zum Trotz. 1921 heiratete „Mappel“ Maria Piedad, die Tochter des verstorbenen mexikanischen Diplomaten Manuel Yturbe y del Villar (1844–1904) und seiner Frau Maria de la Trinidad (1867–1937), die zwar den Titel einer spanischen Marquesa de Belvis de las Nevas trug und in zweiter Ehe 1914 den Herzog von Parsent heiratete –, ihren Stammbaum aber auf die schlesische Familie von Hermersdorff zurückführte – und ihre Tochter in Frankreich zur Welt gebracht hatte. Die baskischen Yturbes waren um die Mitte des 19. Jahrhunderts nach Mexiko gegangen, die schlesischen Hermersdorffs angeblich wegen eines Duells nach Andalusien ausgewandert, wo Piedads Mutter in Ronda ein Anwesen „Casa del Rey Moro“ besaß. Mutter und Tochter Yturbe waren immerhin so gut vernetzt, dass sie 1920 in einer Krise zwischen der Regierung in Madrid und der katalanischen Opposition vermitteln konnten und der Ministerpräsident Dato, „Tio Eduardo“, höchstpersönlich mit der jungen Braut vor ihrer Abreise nach Wien telefonierte.6 Die Yturbes waren mit den Hohenlohes schon aus der Vorkriegszeit bekannt. Die Mutter hatte 1905 in Wien ein Appartement im Philippshof gemietet, zwei Stockwerke über dem Jockey-Club; beide Familien verbrachten den Sommer in Karlsbad, als sie 1914 vom Mord in Sarajewo erfuhren; nach dem Krieg veranstaltete die Herzogin in Spanien Wohltätigkeitsveranstaltungen und übergab dem Wiener Erzbischof Piffl 24 000 Peseten für notleidende österreichische Kinder;7 Piedad traf „Mappel“ im Herbst 1920 in Wien bei einem Diner bei Rothschild wieder. Sein Cousin, der Benediktiner Konstantin, zelebrierte die Trauungsmesse in Madrid. Die triste Lage in Mitteleuropa hätte eine Verlegung des „Schwerpunkts seiner Lebensinteressen“ in die atlantische Welt nahegelegt: 1923 besuchte das junge Paar auch Mexiko; doch Max Egon investierte in die alte, nicht ganz so alte Heimat. Er zahlte seine Geschwister aus und übernahm Rothenhaus.8 Der Besitz lag damals freilich – staatsrechtlich betrachtet – nicht mehr im Königreich Böhmen, sondern in der Tschechoslowakischen Republik (CSR); im ehemaligen Schloss von „Mappels“ Tante Fürstenberg, in Lana, residierte Staatspräsident T.G. Masaryk.9 Wenn die Sudetendeutschen nicht in einem tschechoslowakischen Staat leben wollten, so war der Adel unglücklich über die

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Republik. Gewiss, die Querelen der Ersten Tschechoslowakischen Republik nehmen sich im Rückblick harmlos aus im Vergleich mit den totalitären Regimes, die auf sie folgten. Aber für die Zeitgenossen, die von der Bodenreform bedrohten Erben imperialen Glanzes, musste sie wenig attraktiv erscheinen. Wien freilich bot keine wirkliche Alternative mehr; Anhänger der Reichsidee setzten nicht auf eine Restauration der Habsburger als Duodezfürsten, sondern auf eine Rückkehr zum „alten Reich“, das ganz Mitteleuropa umfasst hatte.10 Familien wie die Hohenlohes oder die Kinskys unterstützten daher im Prinzip deutsche Revisionswünsche; mit einer entscheidenden Einschränkung: Sie mussten friedlich vor sich gehen, weil ein weiterer großer Krieg nur in die Katastrophe münden könne. Fürst Adolf Schwarzenberg hatte es schon 1933 auf den Punkt gebracht: „A great war is sure to end in bolshevism.“11 Andererseits war dem mitteleuropäischen Adel immer schon eine gewisse Vorliebe für England in die Wiege gelegt, als Land des Pferdesports und der „manor houses“. Dieser Vorliebe für das „Empire“ wurde nach 1918 auch ein außenpolitisches Kalkül unterlegt: Frankreich war der militärische Verbündete der „Kleinen Entente“, der Sieger von 1918; London hingegen war bemüht, eine Position als „ehrlicher Makler“ aufzubauen, die ein gewisses Verständnis für Revisionswünsche keineswegs ausschloss. Diese Chance wurde aufgegriffen von einer Runde böhmischer Adeliger, die in den dreißiger Jahren eine diagonale Schiene nach England legten. Dieser Kreis, dem auch Max Egon nahestand, die sogenannten Grusbacher Herren, benannt nach dem Schloß von Graf Karl Khuen in Südmähren,12 verfügte über einen speziellen Draht zu Sir Robert Vansittart, dem höchsten Beamten („Permanent Head“) des Londoner Foreign Office. Dieser Kontaktmann war Oberst Malcolm Graham Christie, ein internationaler Geschäftsmann und ehemaliger britischer Luftattaché in Washington und Berlin, der ohne eine offizielle Funktion zu bekleiden, seine Eindrücke laufend an Vansittart weitergab.13 Über Christie konnte Konrad Henlein als Chef der Sudetendeutschen Partei (SdP) bereits im Dezember 1935 seine Ansichten in England vortragen; im Mai 1938 arrangierte er sogar ein Treffen mit Churchill.14 Die Verbindung zu Churchill, vor allem aber zu Vansittart, der keineswegs als besonderer Freund der Deutschen galt, entsprach den Regeln des effektiven Lobbying: Dabei ging es nicht um ein „preaching to the converted“, sondern um die Neutralisierung potentieller Gegner. Spätestens mit dem „Anschluß“ Österreichs im März 1938 war die Situation der Tschechoslowakei – auf allen Seiten von Gegnern umgeben – äußerst prekär geworden. Wenn das Deutsche Reich die Forderungen der Sudetendeutschen zum Vorwand für einen Angriff nahm, war Frankreich freilich zur Hilfeleistung verpflichtet; die britische Regierung war zwar von Anfang an der

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Meinung, dass die CSR – wie man es in Bismarck’schen Termini ausdrückte – nicht die Knochen eines einzigen britischen Grenadiers wert sei, aber sobald Frankreich einmal in den Krieg verwickelt sei, werde man vermutlich nicht abseits stehen können, obwohl die CSR – in den Worten des britischen Premiers Sir Neville Chamberlain „ein kleines Landes“ sei, „von dem wir nichts wissen.“ Als ideale Lösung für die Probleme der CSR erschien vielen Beobachtern das Schweizer Modell: Ein Kantonalsystem mit weitgehender Autonomie im Innern, eine Neutralisierung nach außen. Freilich: Welche Lösung der Konflikt fand, war aus der Sicht Londons sekundär; die Hauptsache war, dass alles friedlich vor sich ging.

Good Lord Runciman and Prince Max Max Egon Hohenlohe hatte sich bis 1937 politisch kaum engagiert.15 Doch er stand mit seinen Sympathien eindeutig aufseiten seiner sudetendeutschen Landsleute und protegierte Henlein, den er auch zu seinem Treffen mit Hitler begleitete;16 gerade damit geriet er im Sommer 1938 jedoch in einen latenten Konflikt mit der Linie Berlins. Hitler forderte freie Hand im Osten, eine „deutsche Monroe-Doktrin“, die auf eine Teilung der Welt in Interessenssphären hinauslief; Hohenlohe hingegen setzte im Sinne seiner Kontakte auf eine britische Intervention, selbstverständlich eine wohlwollende, doch immer noch eine Intervention, die von Hitler als „Einmischung“ verstanden wurde. Am 21. Juli sprach Max Egon bei Vansittart mit einer durchaus zutreffenden Analyse vor. Hitler wolle die CSR vollkommen zerschlagen. Er habe bereits verlauten lassen: Dazu bedürfe es „eines Hahnes, keines Henleins“.17 Henlein stehe deshalb knapp davor, die Flucht nach vorne anzutreten und nicht mehr bloß eine weitgehende Autonomie zu fordern, sondern eine Volksabstimmung über den Anschluß der Sudetengebiete ans Reich. Um eine Eskalation hintanzuhalten, sei eine britische Vermittlung dringend nötig. Britischer Druck käme übrigens – so berichtete er wenige Tage später – auch dem Prager Ministerpräsidenten Milan Hodza gelegen, um sich mehr Bewegungsfreiheit gegenüber den Verfechtern einer harten Linie um Benes und die tschechischen Linksparteien zu verschaffen.18 Hohenlohes Initiative traf sich mit Überlegungen, die schon seit einiger Zeit in London angestellt wurden, einen „Mediator“ nach Böhmen zu entsenden. Ursprünglich hatte man dabei an eine Persönlichkeit gedacht, die auf Erfahrung in Indien zurückblicken konnte, wo ethnische Konflikte an der Tagesordnung waren. Doch schließlich fiel die Wahl auf Lord Walter Runciman, einen

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altliberalen Politiker und Reeder, der schon 1914 nur höchst ungern in den Weltkrieg eingetreten war und 1938 erst nach langem Zureden den Urlaub auf der Hebrideninsel, die ihm gehörte, mit einem hochgeschlossenen Auftritt im hochsommerlichen Prag vertauschte.19 Zu den Legenden, die sich um die Runciman-Mission gebildet haben, zählt die Überlieferung, der böhmische Adel, auf dessen Landsitzen die Runcimans ihre Wochenenden verbrachten, habe den Lord einseitig im pro-deutschen Sinne beeinflußt. Das war eine Übertreibung: Runciman besuchte neben den Fürsten Ulrich Kinsky in Kamnitz und Clary in Teplitz auch Karl Schwarzenberg in Orlik und Graf Zdenko Kinsky in Saar, die gegen eine Teilung des Landes eintraten – und schließlich sogar eine Solidaritätserklärung für den böhmischen Staat abgaben, das alte Königreich, nicht unbedingt die Republik.20 Hohenlohe kümmerte sich – nach einem ersten Treffen am 18. August, als er den Engländern Henlein vorstellte – weniger um Runciman als um seinen Begleiter, den Abteilungsleiter im Foreign Office, Frank Ashton-Gwatkin, einen „Oxford-Man“ als Stütze für den Cambridge-Absolventen Runciman. Max Egon war als Dolmetscher tätig, als Verbindungsoffizier, als Hausherr – viele der Treffen fanden auf Schloß Rothenhaus statt (27./28. August, 3./4. September, dann noch einmal am 11. September), zweimal (22. August und 31. August) auch in Marienbad. Max Egon fungierte als Krisenfeuerwehr zwischen Deutschen und Briten, zwischen Henlein und Hodza; dabei war er bemüht, die tschechischen „hardliner“ um Benes genauso auszustechen wie die radikale Fraktion der SdP um Karl Hermann Frank, den er als „Dummkopf“ bezeichnete.21 Erich Kundt, der sich als Leiter der SdP-Delegation sehr verständigungsbereit zeigte, wurde von ihm finanziell unterstützt.22 Die Kommentare und Interpretationen, die er seinen englischen Gesprächspartnern lieferte, lassen sich weder als Desinformationen abqualifizieren, noch folgten sie der Linie, die von Berlin (oder Nürnberg) vorgegeben wurde. Er machte z. B. darauf aufmerksam, wenn eine Idee Henleins offenkundig auf Einflüsterungen von reichsdeutscher Seite zurückging.23 Sein Partner Ashton-Gwatkin, der neben seiner diplomatischen Karriere auch als Schriftsteller hervortrat, hinterließ eine gereimte Version seiner Mission, eine Parodie auf das populäre englische Weihnachtlied: „Good King Wenceslaus“, die auch Hohenlohe ihren Tribut zollt: Good Lord Runciman looked out/On the street of Stephen/Nobody was round about/ Not a p’liceman even./He was thinking how he might/ This and that determine,/When a poor man came in sight/ A Sudeten German. …/

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Bring me sausages and wine/Bring an eight course dinner/ German troops come marching in/If he gets much thinner/Lord and Peto forth they went/Towards Prince Max’s castle/With the poor man’s nourishment/Tied up in a parcel.“24

Es ist verständlich, wenn Max Egon in der CSSR einen schlechten Ruf genoss, als ein „Mr. Munich“, der Prag die Sympatien der Engländer abspenstig machte. In Rothenhaus verwandelte das KP-Regime sein Arbeitszimmer in eine „Gedenkstätte gegen den Faschismus“. Dieses Image überschätzt seine Rolle – und unterschätzt sie zugleich. Es überschätzt sie, weil die RuncimanMission als solche schließlich doch scheiterte. Runcimans Schlußfolgerungen umrissen das Dilemma präzise: Das Selbstbestimmungsrecht sprach für die Sudetendeutschen; doch gerade sie waren es, die im September auf Hitlers Geheiß unter fadenscheinigen Vorwänden alle Kompromißvorschläge sabotierten, die Hodza schließlich doch noch durchgesetzt hatte.25 Doch das Dilemma der Vermittler bestand in dem Anreizsystem, das ihr Einsatz nahezu zwangsläufig mit sich brachte: Wenn Abtretungen nur für den Fall in Aussicht genommen wurden, dass sich vor Ort tatsächlich unhaltbare Situationen einstellten, so lief das auf eine Aufforderung hinaus, derlei unhaltbare Situationen zu schaffen. Die Tschechoslowakei aber war für die Engländer, wie es Halifax im Cricket-Jargon ausdrückte: „A bad wicket on which to bat.“26 Selbst nach einem gewonnenen Krieg, so wurde im Londoner Kabinett argumentiert, würde man die CSR in ihrer jetzigen Form nicht wiedererstehen lassen. Der Schluss liegt nahe: Nicht der Runciman-Bericht beeinflusste die britische Politik, sondern die britische Politik beeinflusste den Runciman-Bericht.27 Auf der anderen Seite führte die Runciman-Mission wider Willen zu einem verstärkten Engagement Londons: Denn wenn Prag die englischen Anregungen aufgriff, Hitler sie aber ablehnte, war London dann nicht erst recht zur Unterstützung der Tschechoslowakei verpflichtet? Um dieser Logik zu entkommen, flog Chamberlain im September schließlich selbst zu einem – der damals noch recht unüblichen – Gipfeltreffen mit Hitler. Das Ergebnis war das Münchner Abkommen, das über die Köpfe der Prager Regierung hinweg die Abtretung der sudetendeutschen Gebiete dekretierte. Unterschätzt wurde Hohenlohes Wirken jedoch nach einer anderen Richtung hin, weil sich hinter seinem Engagement für ein Übereinkommen zwischen Henlein und den Briten weitergehende Pläne verbargen: Ashton-Gwatkin und Max Egon wollten die Vermittlung in der Sudetenkrise nicht bloß mit einem Seufzer der Erleichterung enden lassen, mit einem „Wir sind noch einmal davongekommen …“, sondern zum Ausgangspunkt einer dauerhaften deutsch-britischen Zusammenarbeit machen, mit Henlein als Unterpfand des Erfolgs.28 Diesen Erwartungen wurde das Münchner Abkommen nicht ge-

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recht; denn bereits wenige Tage später wurde die kooperative Atmosphäre von einer Rede Hitlers in Saarbrücken nachhaltig zerstört, der München, „trotz des erzielten großen materiellen Erfolges“, offensichtlich als „Schlappe“, als „vittoria mutilata“ empfand. „Alles was er gesagt hat, deutet klar darauf hin, daß er das Eingreifen der Mächte nicht verwunden hat.“29

„Wenn Hitler von seinen Machenschaften erfährt“ In den britischen Akten taucht Hohenlohe fast ein Jahr später wieder auf. Inzwischen hatte sich die internationale Lage verschärft: Hitler war in Prag einmarschiert; England hatte seine Garantie für Polen abgegeben. Die marxistische Theorie hatte stets die antagonistischen Interessen des Finanzkapitals als Ursache der Kriege zwischen den „imperialistischen“ Mächten beschworen. Doch nach den Erfahrungen des „Großen Krieges“ 1914–18 war es gerade die Geschäftswelt, die sich für die Erhaltung des Friedens einsetzte (und damit bei den Marxisten erst recht auf Kritik stieß!). Im Hochsommer 1939 gab es verschiedene Indizien für attraktive britische Angebote, sobald Deutschland seine militärischen Expansionsabsichten zurückstellte. Görings Stellvertreter als Leiter des „Vier-Jahres-Plans“, Helmut Wohltat, reiste deshalb nach London. Hohenlohe kommentierte: „They smell money, and it attracts them.“30 Auch Max Egon hatte im Juli 1939 England besucht; im August lud er seinerseits den Sohn Lord Runcimans, Leslie, nach Deutschland ein. Sobald der Gast in Berlin landete, ging die Fahrt nach Karinhall, zu Göring. Schon am Weg – und später, als beide nach Rothenhaus unterwegs waren – erklärte Max Egon dem Engländer die Gefahren der Situation: Er solle in England auf eine unmißverständliche Erklärung dringen, daß England auf alle Fälle zu seinem Wort stehe: Wenn Hitler Polen angreife, werde England ihm den Krieg erklären. Eine solche Erklärung hatte der deutsche Widerstand 1938 eingefordert; Hohenlohe war deshalb kein „Widerstandskämpfer“ – ein Terminus, der vielleicht allzu sorglos verwendet wird für Kritiker innerhalb eines Systems, das Opposition nicht tolerierte; aber er war ein außenpolitischer Dissident. Ribbentrop suggeriere dem Führer, die Engländer seien dekadent und würden nicht kämpfen (vor allem dann nicht, wenn die Sowjetunion hinter Deutschland stehe!). Göring, so Max, sei nicht dieser Ansicht. Göring war auf Moll gestimmt und verbreitete keinerlei protzige Siegesgewissheit: Ein Krieg – und da traf er sich mit den Ängsten seiner hochadeligen Gäste – könne nur mit dem Sieg des Bolschewismus enden – ein Appell an gemeinsame Feindbilder, aber auch ein vorausschauender Kommentar. Zwischen der Tschechoslowakei, die indirekt, wenn auch nicht sehr eng, mit Mos-

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kau verbündet gewesen war, und Polen, das von Pilsudski mit der Devise erzogen worden war, dass der Feind im Osten stehe, deutete Göring einen Unterschied an. Hitlers ausfällige Saarbrückenrede31 hielt er für einen Fehler; als der Engländer hinzusetzte, auch den Einmarsch in Prag, widersprach Göring nicht; en passant stimmte er sogar zu, Churchill sei „a man of great gifts“.32 Göring spielte seine Rolle in einer Inszenierung von „good cop, bad cop“, die Kompromissbereitschaft signalisieren sollte; doch er spielte sie aus Überzeugung, schon einmal aus Rivalität zu Ribbentrop. Hohenlohe ging einen Schritt weiter, indem er die englische Seite nicht von der Harmlosigkeit der deutschen Forderungen zu überzeugen versuchte, sondern zu unmissverständlichen Warnungen riet.33 Das Treffen in Karinhall fand eine Woche vor der Unterzeichnung des deutsch-sowjetischen „Nichtangriffspakts“ statt. Hitler war ganz offenbar Ribbentrop gefolgt, nicht Göring. Das Dritte Reich war im Europa des Jahres 1939 der aggressive Faktor; doch auch Hitler nicht ganz so verrückt, um jeden Preis einen Krieg vom Zaun zu brechen. Was auf den Ribbentrop-MolotowPakt folgte, war ein Scheitern zweier Abschreckungsstrategien. Hitler redete sich ein, gegen beide Kontinentalmächte würde England nicht kämpfen. England vertraute auf die Wirkung seiner Blockade, die jeden industriellen Gegner früher oder später in die Knie zwingen musste. Beide spekulierten mit der Annahme, dass der Gegner vielleicht doch nur bluffte; beide behielten unrecht. Der totalitäre Kontinentalblock „auf der Basis weiterer Nationalisierung der Sowjets und weiterer Bolschewisierung des Nazismus“34 war auch so ziemlich das Gegenteil dessen, was Hohenlohe anstrebte. Im September schrieb er in einem Memorandum: „Deutschland ist bei seinem Unternehmen von ganz falschen Voraussetzungen ausgegangen und hat sich in jeder Weise verrechnet.“35 Hohenlohe hatte seine Kontakte nach Großbritannien behalten – und nützte sie weiterhin. Im Oktober traf er sich in Lausanne mit Christie, mög­ licherweise – die Nachricht ging vom Schweizer Außenamt aus und landete über den päpstlichen Nuntius bei den Amerikanern – sogar mit dem britischen Unterstaatssekretär R.A.B. Butler.36 Chamberlain fand acht der neun Punkte, die Hohenlohe vorschlug, akzeptabel: „Er stellt einzig die Bedingung, daß Hitler keinerlei Rolle mehr in der neuen Ordnung in Deutschland spielen darf.“ 37 Hohenlohe war bereit, zur Fortführung der Gespräche nach England zu kommen; so weit wollten die Briten nicht gehen; doch die Kontakte wurden über Holland fortgesetzt. Im Nachlass Colonel Christies – im Churchill College – findet sich der „paper trail“ seiner Gespräche mit Hohenlohe im Herbst 1939: „Today my biggest shareholder absolutely turned down any proposal which would permit the chairman to have any say in affairs even if he were merely made the head of an inactive stock-holding company,“ so las sich das

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Votum Chamberlains in der nur recht oberflächlich camouflierten Sprache der Telephonate, die vorgaben, sich mit den mexikanischen Geschäftsinteressen der Familie zu beschäftigen.38 Die Hoffnung auf einen Umschwung in Deutschland hatte man in England noch nicht aufgegeben. Hohenlohes Sondierungen fügen sich ein in das Bild der Kontakte, die nach allen Seiten gesponnen wurden, nicht zuletzt über den Vatikan und den späteren CSU-Gründer Josef Müller („Ochsensepp“) zur Abwehr Canaris.39 Der Unterschied war, dass Hohenlohe durch seine Verbindung zu Göring einen höheren Stellenwert besaß; gerade deshalb aber auch manche Illusion zerstören musste. Denn Göring werde sicher nicht gegen Hitler putschen: „Goering told him he could secure a new order in Germany but he did not say that would be done by removing Nr. I.“ Schon in den Aufzeichnungen über das Lausanner Treffen vom 25. Oktober findet sich die Notiz: „Gestapo could be swung over to us and against Hitler.“40 Der britische Diplomat Colville trug in sein Tagebuch ein: Hohenlohe sei „ein bedauernswerter Mensch, wenn Hitler von seinen Machenschaften erfährt!“ Kompromittierende Hinweise auf seine Tätigkeit fanden sich offenbar tatsächlich in den französischen Archiven, die 1940 der deutschen Seite in die Hände fielen, wurden von wohlgesinnten Stellen innerhalb der Abwehr aber rechtzeitig in Sicherheit gebracht.41 Mit dem Fall Frankreichs gewann Hitlers verlorener Krieg plötzlich wieder an Perspektiven, die Friedensfühler verloren an Attraktivität. Sobald die Deutschen am Kanal standen, stellte jeder Kompromiss für England keine Konzession aus einer Position der Stärke mehr dar, sondern ein Eingeständnis der Niederlage.42 Ernst v. Weizsäcker, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, suchte im Sommer 1940 über Hohenlohe und den britischen Gesandten in der Schweiz, David Kelly, einen Gesprächsfaden zu knüpfen. Am 14. Juli verabredete man sich in einem Fischrestaurant am Genfer See. Doch Kellys Vorgesetzte im Foreign Office verzichteten auf eine ermutigende Antwort.43 Auch Versuche, über den Nuntius und den Vatikan die Amerikaner für eine Vermittlerrolle zu gewinnen, erwiesen sich als fruchtlos. „Pius expressed his regret that Your Lordship [Halifax, L.H.] had not more clearly invited Herr Hitler to specify his terms.“44 Umgekehrt waren nach den Erfolgen im Westen ein „Systemwechsel“ und eine Ausschaltung Hitlers, wie sie von den Engländern stets gefordert wurden, noch schwieriger geworden. Hohenlohe musste in dieser Beziehung vorerst abwinken: „Kelly hat dabei interessanterweise sofort wieder die Frage angeschnitten, in wessen Namen H. spreche, das heißt also auf die Möglichkeit eines Systemwechsels in Deutschland. H. hat natürlich diesen Gedankengang abgelehnt,“ schrieb Hassell in sein Tagebuch – derlei Alternativen waren ein

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halbes Jahr früher sehr wohl erörtert worden; sie eigneten sich freilich nicht zur Niederschrift.45 Weniger genehm wären den Engländern dafür vermutlich die Kontakte Max Egons zum Aga Khan gewesen, der als Mitglied des britischen Kronrats wie der indischen Muslim League über einen guten Einblick in die politische Szenerie des Empires verfügte. Auch da ging es um einen möglichen Regierungswechsel – diesmal freilich in England.46 „Bartering Churchill against Hitler“ – beide „Warlords“ loszuwerden, war für „Friedenstauben“ zweifellos eine attraktive Option, aber eine schwer „operationalisierbare“. Eine gewisse Rolle bei den Spekulationen über einen Machtwechsel in England spielte dabei auch ein weiterer Gesprächspartner Hohenlohes, der britische Botschafter in Madrid – und ehemalige Innenminister – Sir Samuel Hoare. Was immer auch bei ihren Treffen tatsächlich gesagt wurde, typisch für das Milieu, in dem ihre Gespräche stattfanden, war die selektive Wahrnehmung – oder auch die selektive Berichterstattung, um ihren jeweiligen Regierungen die Kontakte schmackhaft zu machen. Der Regimewechsel wurde immer nur auf den Gegner projiziert: Die Achsenmächte erblickten in Hoare plötzlich eine Alternative zu Churchill; die Engländer vermerkten, man habe ihnen den Sturz Hitlers durch Himmler angeboten.47

OSS 515 = SD 144/7957 Aus dem Zeitraum zwischen Frühjahr 1941 und Herbst 1942, dem Kulminationspunkt des Zweiten Weltkrieges, finden sich kaum Hinweise auf Max Egon in den Akten. Belegt ist eine Denkschrift, die sich gegen die „preußischen Methoden“ der deutschen Besatzungspolitik wandte.48 Im Oktober 1941 wird über eine erste Audienz bei Pius XII. berichtet, 1943 dann – inzwischen war Weizsäcker deutscher Botschafter beim Heiligen Stuhl – über eine zweite.49 Inzwischen hatte der Kriegseintritt der USA auch England wiederum zu einer Position der Stärke verholfen. Er machte allen Rechnern klar, dass Deutschland den Krieg verloren hatte, auch wenn seine Armeen am Kaspischen Meer oder vor Alexandrien standen. Diese Erkenntnis wurde insbesondere von den deutschen Nachrichtendiensten geteilt, die für den internen Gebrauch sehr wohl auf Endsiegs-Parolen verzichteten.50 Daraus ergab sich 1943 ein letztes Mal eine Mission für „Mappel“. Für die Amerikaner landete – in Bern, im Zentrum des deutsch besetzten Europa–- im November 1942 Allen Dulles, der spätere CIA-Chef – damals noch unter der Ägide der Vorläufer-Organisation OSS (Office of Strategic Services). Dulles hatte als Neffe des damaligen Außenministers Lansing schon 1919 an der Konferenz von Versailles teilgenommen – und sich kritisch über

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die Behandlung der Besiegten geäußert. Er plädierte auch jetzt dafür, die „alten Sünden“ der Deutschen und Italiener zu vergessen, da Europa sonst im Kommunismus versinken werde.51 Angeblich hatte Dulles schon in den zwanziger Jahren als Anwalt für die Familie Yturbe gearbeitet. Dulles gab sich auch wenig Mühe, seine wahre Mission zu verheimlichen und wurde zur Anlaufstelle aller, die Kontakt zu den Amerikanern suchten. Seine Haltung beschrieb ein Kenner: „He saw the key to understanding and influencing other nations in knowing a few influential individuals.“52 Dazu zählten bald auch Max Egon und sein Helfer, der ehemalige – von seinem Chef in Unfrieden geschiedene – RibbentropSekretär Reinhard Spitzy. Für eine solche Initiative brachte Hohenlohe gute Voraussetzungen mit: Spanien – die Heimat seiner Frau – war ein neutrales Land, den Achsenmächten wegen ihrer Unterstützung während des Bürgerkriegs verbunden, doch zugleich mit einer politischen Elite, die von England systematisch in großem Stil bestochen war. Franco brachte seine Haltung im Gespräch mit dem britischen oder amerikanischen Botschafter gern auf die Formel: Für ihn gäbe es nicht einen Weltkrieg, sondern drei getrennte Konflikte: Er habe Sympathien für den Kampf der Deutschen gegen den Bolschewismus – und für den Kampf der Angelsachsen gegen die Japaner; im Krieg zwischen den Westmächten und der Achse hingegen sei er neutral.53 Max Egon vertrat in Madrid offiziell die böhmischen Skoda-Werke und reiste mit einem liechtensteinischen Pass quer durch Europa. Diese mitten im Krieg keineswegs selbstverständlichen Möglichkeiten waren mit gewissen Auflagen verbunden: Sie bestanden nicht zuletzt in einem Sekretär, der ganz offenkundig als Aufpasser der Gestapo fungierte, des Amtes IV des Reichssicherheitshauptamtes – ergänzt freilich durch einen guten Draht zum Amt VI, dem Auslandsnachrichtendienst und dessen Chef Walter Schellenberg, den Max Egon spätestens 1942 kennenlernte. Über einen Legationsrat der US-Botschaft in Madrid, vielleicht auch einen weiteren Verbindungsmann in Portugal, nahm Hohenlohe im Januar 1943 Kontakt zu Dulles auf.54 Ein erster Besuch seines Helfers Spitzy beschäftigte sich mit dem Angebot eines Gefangenenaustausches, als einer vertrauensbildenden Maßnahme. Ein solcher Austausch kam über das spanische Rote Kreuz auch tatsächlich zustande – es ist freilich nicht sicher, ob er auf diese Gespräche zurückging.55 Kontakte über die Fronten hinweg waren aus diversen Gründen nützlich; doch im Kern ging es dabei wieder um Sondierungen über die Bedingungen eines Sonderfriedens. Max Egon war in dieser Beziehung ein „Doppelagent“ aus Überzeugung – wenn auch ohne amtliche Stellung, als „free lance“, wie ihm allseits attestiert wurde. Für Dulles fungierte Max Egon unter der Nummer OSS 515, für Schellenberg unter 144/7957. Dulles sah die Casablanca-Dekla-

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ration mit ihrer Forderung nach „bedingungsloser Kapitulation“ der Achsenmächte als Teil der psychologischen Kriegführung, nicht als strikte Handlungsanweisung (wie sie im Herbst 1943 ja auch im Falle Italiens nicht eingehalten wurde).56 Er wollte zumal den vielfach geäußerten Befürchtungen über eine Auslieferung Deutschlands an die Sowjetunion begegnen. Wie bei all solchen nachrichtendienstlichen Kontakten bestanden die ausgetauschten Informationen aus einer Mischung aus Spielmaterial, Andeutungen, die sich nicht erhärten ließen, und echten Angeboten. Ein gewisser gegenseitiger Respekt war zweifellos gegeben. Der SD notierte, dass Dulles „bei ernsten Partnern keine unfairen Handlungen begehen würde“; Dulles verteidigte Hohenlohe gegen Querschüsse aus Washington: „Agree Max is a tough man“; gerade deshalb sei er wichtig, weil man ihm auch „feelers of major importance“ anvertrauen würde.57 Dulles bekundete Interesse am Erhalt des „deutschen Staates als Ordnungs- und Aufbaufaktor“; Max Egon warnte vor der Versuchung für die NS-Führungsclique, einen Ausweg aus der verfahrenen Situation durch einen Kompromiss mit Stalin zu suchen. Auch dieser Hinweis mochte ein taktischer Schachzug sein, um den Marktwert Deutschlands zu erhöhen – aber diese Drohkulisse war nicht ohne realen Hintergrund: Derlei Fühler wurden von Stalin tatsächlich ausgestreckt – und mochten bei Bormann oder Goebbels, auch bei den „Jakobinern der Gestapo“ (Spitzy) durchaus auf Resonanz stoßen, aus praktischen Erwägungen auch bei Teilen der Männer des 20. Juli, die sich Gedanken machten über „eine Drohung der Verständigung mit Stalin als ‚Mühle‘“.58 Hohenlohe plädierte für die Stärkung der „antikommunistischen Elemente“, die auf einen Ausgleich mit dem Westen zielten. „This is possible only if some hope is extended to these elements.“59 Natürlich: Jede auch noch so entfernte Verständigung mit den Westmächten beruhte als unabdingbarer Voraussetzung auf der Beseitigung Hitlers. Die Variante, die Hohenlohe ins Spiel brachte, war schon 1939/40 einmal angedeutet worden. Für einen reibungslosen Machtwechsel – ohne Chaos und sowjetischen Raumgewinn – könne am besten die SS garantieren. Schellenbergs Kalkül wurde von Spitzy rückblickend so charakterisiert: „[…]erst einmal die Nummer eins durch die Nummer zwei erledigen, um dann der Nummer zwei die Macht zu entziehen und einer vernünftigen Entwicklung Raum zu geben.“ Das war riskant, doch: „Wenn man ertrinkt, klammert man sich an jeden Strohhalm, und gar so abwegig war diese Konstruktion auch wieder nicht.“60 Tatsächlich gelangte man im Sommer 1943 auch in Kreisen der späteren Männer des 20. Juli zu ganz ähnlichen Schlußfolgerungen. Ulrich von Hassell notierte: „Tatsächlich wird in der Verzweiflung über das Rollen in den Abgrund und das Versagen des Militärs bei den ‚Gutgesinnten‘ immer häufiger die Mög-

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lichkeit erörtert, wenn alle Stricke reißen, sich der SS zum Sturz des Regimes zu bedienen, schon um das Instrument in der Hand zu haben, innere Unordnung zu verhindern; nachher will man dann natürlich auch die SS ausschalten.“61 Im September 1943 regte Hassell ein Gespräch mit Himmlers „erstem Gehilfen“ Karl Wolff an (der später mit Dulles die Kapitulation der deutschen Italien-Armee aushandelte).62 „Die ganze Verbindung ist ein faute de mieux und nur als Zwischenlösung denkbar, aber alles ist heute recht, was die schlimmste Katastrophe abwenden kann.“63 Doch auch „Cielo“, wie Himmler in Hassells Aufzeichnungen italienischleichtfüßig umschrieben wurde, lavierte und taktierte. Hohenlohe berichtete im Herbst 1943: „Herr Himmler denies that he would take any action to unseat Hitler, and he realizes that he could never become Chancellor. Nevertheless, Himmler and others foresee the eventuality of Hitler’s disappearance…“.64 Hitler sollte also „verschwinden“. Während die Opposition im Heer erwog, Hitler eventuell am Weg zum Flughafen von Smolensk vom elitären Kavallerieregiment Boeselager abfangen und von einem Standgericht aburteilen zu lassen,65 ist in diesem Zusammenhang von einem noch viel abenteuerlichen Plan die Rede, der an den Roman „Der Adler ist gelandet“ erinnert, bloß mit umgekehrten Vorzeichen. Nicht Churchill, sondern Hitler sollte durch SS-Einheiten entführt – und an die Alliierten ausgeliefert werden.66 Boeselagers Aktion wurde nicht zuletzt deshalb abgeblasen, weil man zur gleichen Zeit nicht auch Himmlers habhaft werden konnte, das zweite Projekt beruhte auf dem stillschweigenden Einverständnis Himmlers, oder zumindest von Teilen seines Apparats. Doch Himmler ließ sich nicht aus der Reserve locken. Interne Intrigen führten um dieselbe Zeit zur Verhaftung von Carl Langbehn, des Emissärs, den Himmler selbst in die Schweiz geschickt hatte.67 Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich bei Himmler die begründete Furcht geltend machte, dass sein schwarzes Korps – insbesondere er höchstpersönlich – bei einem Umsturz doch nur die Rolle des Mohren spielen würde, der seine Schuldigkeit getan hatte und danach gehen konnte. Er sah ein, dass er im Hintergrund bleiben müsse, aber er verlangte Garantien für die Zeit danach, die gerade ihm niemand geben wollte.68 Auch dieser letzte Versuch Hohenlohes, eine deutsch-angelsächsische Verständigung zustande zu bringen, wenn auch unter denkbar ungünstigen Voraussetzungen, war nicht von Erfolg gekrönt. Der Ausgleich im Westen war gescheitert; über den deutschen Osten brach 1944/45 das Unglück herein. Rothenhaus wurde 1945 von Benes konfisziert, Hohenlohes altem Gegner, der als Pyrrhussieger nach Prag zurückkehrte – und einem jungen Vertrauten gestand: „Meine Aufgabe war es Hitler zu besiegen, die Eurer Generation wird es sein, den anderen Diktator zu besiegen – Sie wissen schon, wen ich meine.“69

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Max Egon aber entdeckte 1946 auf einer Fahrt mit seinem Schwager Ricardo das alte Schmugglernest Marbella und war begeistert davon. Aber das ist eine andere Geschichte … .

Resümee Diese kurze Skizze ist von einer Biographie selbstverständlich meilenweit entfernt. Max Egon strebte keine öffentliche Laufbahn an; allenfalls mag man darüber spekulieren, ob er eine angestrebt hätte ohne den Umbruch des Jahres 1918. Er versuchte „nur“ an einigen Wendepunkten der Geschichte das Geschehen zu beeinflussen, dort wo ihm seine gesellschaftliche Stellung die Möglichkeit dazu bot, nicht im Rampenlicht, sondern hinter den Kulissen, zuweilen selbst dort nur punktuell fassbar: In dieser Beziehung war er ein Amateur, aber einer mit einem durchaus professionellen Zugang und einer gehörigen Portion von Konsequenz. Er arbeitete für den Frieden, später den „Sonderfrieden“, deshalb seit 1939 für die Ausschaltung Hitlers; gegen die Sowjets und für die später so oft beschworene „West-Bindung“ Deutschlands. Damit war er seiner Zeit voraus; dennoch wären es auf den ersten Blick gute Voraussetzungen gewesen für eine respektvolle Würdigung nach 1945. Auf den zweiten Blick freilich erwies er sich als ein unbequemer Prophet, weil er sich von der Erreichung seines vorrangigen Ziels nicht durch „politisch korrekte“ Berührungsängste ablenken ließ, sondern bereit war, den Teufel notfalls auch mit Beelzebub auszutreiben. Man hat Max Egon oft das Motiv unterstellt, seine Güter in Böhmen retten zu wollen – „sie galt es vor den Unruhen des Jahrhunderts und dessen wechselnden Akteuren zu sichern.“ Das war plausibel und legitim – und traf sich mit den Interessen von Millionen, die nach 1945 das Schicksal der Heimatvertriebenen teilten. Dennoch hat derselbe Autor, ein Journalist – aber einer, der jahrelang mit den Quellen gearbeitet hat – auch hinzugefügt: „Der Besitzerin­ stinkt des Prinzen allein erklärt freilich Hohenlohes Rolle im Spiel Schellenbergs nicht.“70 Gerade Max Egon hatte vielen Standesgenossen das Vermögen seiner Frau in Spanien und in Übersee voraus; er hätte es sich leichter machen können; stattdessen ging er – trotz liechtensteinischem Pass und einflussreicher Freunde – bei seinen Initiativen auch ein gewisses persönliches Risiko ein. Max Egon war kein „Spion, der in die Wärme floh“; weder ein Befehlsempfänger noch ein James Bond, der Codes knackte und Wunderwaffen nachspürte; klassischen nachrichtendienstlichen Informationen kamen seine Berichte an Dulles am nächsten, doch auch hier ging es nicht um militärische Geheimnisse, sondern um politische Lagebeurteilungen, um angedachten „Hochverrat“, nicht um praktizierten Landesverrat.

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Max Egon versuchte eine von ihm als unheilvoll erkannte Entwicklung aufzuhalten, er wollte nicht warten, „bis alles in Scherben fällt“ – er scheiterte, aber er hat es versucht. Zum Unterschied von seiner Frau schrieb er leider keine Memoiren. Wenn er es getan hätte, wäre der Titel passend, den sein Zeitgenosse wählte, einer der letzten Paladine des britischen Empire, der Marquis of Zetland: ‚Essayez‘.

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Wilhelm Pfeifer, Die Hohenlohe in Böhmen, Mähren und Österreich, in: Württembergisch Franken 63 (1979), S. 88–177. Edwin Frh. v. Sacken, Geschichte des k. u. k. Dragoner-Regiments Friedrich August König von Sachsen Nr. 3, Bd. 2, Wien 1927, S. 91. Ludwig quittierte im November 1862 als Oberst des Kürassier-Regiments Nr. 3 den Dienst, ließ sich aber 1866 reaktivieren. Die Kürassier-Regimenter wurden 1867 alle zu Dragonern umgewandelt. Franz Adlgasser (Hg.), Die Aehrenthals. Eine Familie in ihrer Korrespondenz 1872– 1911, Wien 2003, S.  20, 280, 311; Kriegsarchiv Wien, Qualifikationslisten, Karton 1111, Gottfried Hohenlohe; Pfeifer, Hohenlohe, S. 106–108; seine Schwiegertochter bezeichnete den strengen Gottfried in ihren Memoiren – wie Kaiser Franz Joseph – als „Sklaven der Pflicht“; vgl. Princesa Max de Hohenlohe-Langenburg (Piedad de Yturbe, Marquesa de Belvis), „Erase una vez…“ Bocetos de mi Juventud, Madrid 1954, S. 93. Joachim Bahlcke, Komotau, Rothenhaus, in: Historische Stätten. Böhmen und Mähren, Stuttgart 1998, S. 572; Pfeifer, Hohenlohes 105 ff.; Joh. F. Prochazka, Topografisch-statistischer Schematismus des Grossgrundbesitzes im Königreiche Böhmen, Prag 1880, S. 399 verzeichnet für Rothenhaus 11.016 ha, über 80 % davon Wald; die landwirtschaftlich genützte Fläche war bis auf 300 ha verpachtet. Eva Demmerle, Kaiser Karl, Wien 2004, S. 47 f.; mit einer anderen Pointe erzählt bei: Pfeifer, Hohenlohe, S. 111–113. Ramon Menendez Pidal, Historia de Espana, Bd. 38/I, Madrid 1995, S. 543; Hohenlohe-Langenburg, ,Erase una vez‘, S. 7–11, 208, 263 f., 274. Die Herzogin von Parsent starb 1937 – während des Spanischen Bürgerkrieges – in Wien und wurde in Görkau beigesetzt. Vater Yturbe hatte fast ein Vierteljahrhundert in Europa verbracht, als er 1893 von Präsident Porfirio Diaz zum Botschafter in London und Berlin ernannt wurde. SOA (Regionalarchiv) Decin, RA (Familienarchiv) Clary-Aldringen 615, Brief ‚Pieditas‘ vom 22.1.1944. Hohenlohe-Langenburg, ‚Erase una vez…‘, S. 117, 242, 270–277; Pfeifer, Hohenlohe, S. 109 f.; Reinhard Spitzy, So haben wir das Reich verspielt. Bekenntnisse eines Illegalen, München 1986, S. 437. Vgl. den Kommentar Fürstenbergs in Karina Urbach, Zwischen Aktion und Reaktion. Die süddeutschen Standesherren 1914–1919, in: Eckart Conze/Monika Wienfort

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(Hg.), Adel und Moderne, Köln 2004, S. 323–351; hier: 349 f.; Lothar Höbelt, Adel und Politik seit 1848, in: Erwein Eltz/Arno Strohmeyer (Hg.), Die Fürstenberger. 800 Jahre Herrschaft und Kultur in Mitteleuropa, Weitra 1994, S. 365–377. Lothar Höbelt, Adel und Reichsidee in der Zwischenkriegszeit, in. Marcella Rossova (Hg.), Integration und Desintegration in Mitteleuropa. Pläne und Realität, München 2009, S. 149–158; ders., Agnostic Nostalgics: Austrian Aristocrats and Politics, 1918– 1938., in: Karina Urbach (Hg.), European Aristocracies and the Radical Right, 1918– 1939, Oxford 2007, S. 161–185. Schwarzenberg an Roy Home, 28.3.1938, zitiert in: Sarka Lellkova, Das verlorene Paradies. Die Farm des Fürsten Adolf Schwarzenberg in Afrika, in: Ivo Cerman/Lubos Velek (Hg.), Adel und Wirtschaft (= Studien zum mitteleuropäischen Adel 2), München 2009, S. 235–244, hier: 242. Zu den Grusbacher Herren zählte auch Khuens Schwager Graf Adolph Dubsky, der Sohn eines alten Freundes der Yturbes, des k. u. k. Botschafters in Madrid Viktor Dubsky, eines Bruders der Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach. Adolphs Schwester, Baronin Thienen, war die erste, die 1921 von Piedads Verlobung erfahren hatte; vgl. ‚Erase una vez…‘, S.  56, 276; Eagle Glassheim, Noble Nationalists. The Transformation of the Bohemian Aristocracy, Cambridge, Mass. 2005, S. 212 ff.; Höbelt, Adel und Reichsidee, S. 151 ff.. Martin Gilbert, Winston Churchill, Bd. 5, London 1976, S. 756; F.H. Hinsley, British Intelligence in the Second World War. Its Influence on Strategy and Operations, Bd. 1, London 1979, S. 47 f.; Anthony Read/David Fisher, Colonel Z. The Life and Times of a Master of Spies, London 1984, S. 168 f. Detlef Brandes, Die Sudetendeutschen im Krisenjahr 1938, München 2008, S. 48, 112, 194; Glassheim, Noble Nationalists, S. 226, 235; Gilbert, Churchill V, S. 939 f. Weder die Berichte des deutschen noch des österreichischen Gesandten in Prag verzeichnen seinen Namen; auch die klassischen Darstellungen von Brandes und Ronald Smelser (The Sudeten Problem 1933–1938, Middletown 1975) kommen erst in Zusammenhang mit der Runciman-Mission auf ihn zu sprechen. SOA Decin, RA Clary 615, Brief Mappels 17.9.1937: „Das Barometer steigt hier und ist berechtigte Aussicht auf besseres Wetter.“ Churchill College, Cambridge, Christie Papers (CHRS) 1/26A, Notiz vom 30.5.1938; vgl. auch Heinz Höhne, Der Orden unter dem Totenkopf. Die Geschichte der SS, München 1967, S. 258 f. über die Gegnerschaft des SD zu Henlein. CHRS 1/22, fol. 99, 25.7.1938; vgl. auch Paul Vysny, The Runciman Mission to Czechoslovakia, 1938, Basingstoke 2003, S.  116–118; Brandes, Sudetendeutsche, S. 105–108. Dass Hohenlohe als Vermittler ursprünglich auch an Churchill dachte (vgl. Pfeifer, Hohenlohe, S. 120), ist eher unwahrscheinlich. Vysny, Runciman Mission, S. 330–332. Die verbleibenden beiden Wochenenden verbrachte Runciman bei „Neutralen“, beim Prager Erzbischof und den Czernins in Petersberg; vgl. auch Rudolf Czernin, Ein böhmisches Märchen. Helle Tage – dunkle Zeiten, Graz 2003, S. 80–84. Wenn Alfons Clary in sein Tagebuch schrieb: „No doubt any more that Lord Runciman sees our point of view as the better one.“ (SOA Decin,

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RA Clary 584, 28.8.1938), so war das jedenfalls nicht auf ein einseitiges Besuchsprogramm zurückzuführen. Documents on British Foreign Policy 1919–1939, Third Series (DBFP) II, S. 142, 243, 656–672 (Appendix II); hier: 669; Vysny, Runciman Mission, S. 175, 216 f., 234, 255, 267; Glassheim, Noble Nationalists, S. 231 –235. Hohenlohe gab Kundt 5 000 Kronen zur Deckung seiner Schulden (DBFP II 672); Vysny, Runciman Mission, S. 250, 267; Brandes, Sudetendeutsche, S. 219, 227. DBFP II, S. 660; Vysny, Runciman Mission, S. 171. Ebd., S. 350. Zu den Details der Vorschläge vgl. Jaroslav Kucera, Minderheit im Nationalstaat. Die Sprachenfrage in den tschechisch-deutschen Beziehungen 1918–1938, München 1999, S. 164–186. Lothar Höbelt, Die britische Appeasementpolitik. Entspannung und Nachrüstung 1937–1939, Wien 1983, S. 51 f. (Cabinet Committee on Foreign Policy, 18.3.1938). Vysny, Runciman Mission, S.  325: „It was the Runciman report which was being brought into line with British policy, rather than that policy being determined by the report.“ Ebd., S. 179, 205, 219. Friedrich Frh. Hiller v. Gaertringen (Hg.), Die Hassell Tagebücher 1938–1944, Berlin 1988, S. 59 (15.10.1938); vgl. den Titel von Richard Overy, Germany and the Munich Crisis: A Mutilated Victory?, in: Igor Lukes/Erik Goldstein (Hg.), The Munich Crisis, 1938, Abingdon 1999, S. 191–215; zum Hintergrund: Josef Henke, England in Hitlers politischem Kalkül, Boppard 1973, S.  184–216, Klaus Hildebrand, Das vergangene Reich. Deutsche Außenpolitik von Bismarck bis Hitler 1871–1945, Stuttgart 1995, S. 662, 668. DBFP VII, S. 548; vgl. Bernd-Jürgen Wendt, Economic Appeasement. Handel und Finanz in der britischen Deutschlandpolitik 1933–1939, Düsseldorf 1971, S. 602 ff.; D.C. Watt, How War Came, London 1989, S.  395–401; Scott Newton, Profits of Peace. The Political Economy of Anglo-German Appeasement, Oxford 1996, S. 123– 128; Henke, Kalkül, S. 264. Spitzy, Bekenntnisse, S. 324–327. Auch die Aufzeichnungen Christies über seine Gespräche mit Hohenlohe aus dem November und Dezember 1938 sind voll von kritischen Bemerkungen über das deutsche Vorgehen („bull in a China shop“), die Furcht vor Denunzianten, die im Reich herrsche, und Hitler als „sick primadonna“ (Christie Papers 1/28/2 & 3). Damals fiel auch noch das Adjektiv „schweinemäßig“ über den SD. Piedita schrieb über ihre Eindrücke: „Es sind keine ‚altösterreichischen Zeiten‘ mehr (leider).“ (FA Clary 615, Weihnachten 1938). DBFP VII, S. 547–550; hier: 550. Göring endete mit dem Seufzer: „If only my English were really good, I would come across and make them see these things.“ Zum Hintergrund vgl. auch: Rainer Blasius, Über London den „großen Krieg“ verhindern – Ernst von Weizsäckers Aktivitäten im Sommer 1939, in: Jürgen Schmädeke/Peter Steinbach (Hg.), Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus, München 1985, S. 691–711. Vgl. Stefan Martens, Hermann Göring, Paderborn 1988, S.  191; Richard J. Overy, Goering. The ‚Iron Man‘, London 1984, S. 91 f. will Görings Kontaktaufnahme nicht

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als Friedensversuch gelten lassen, betont aber den Charakter der England-Mission als Konkurrenzprojekt zu Ribbentrops Moskau-Initiative und stimmt im entscheidenden Punkt der Erwartungshaltungen zu, daß Göring allerdings „less sanguine“ als Hitler gewesen sei. Zur Ambivalenz Görings, aber auch der Opposition ihm gegenüber, vgl. auch Hassell-Tb., S. 128, 136, 144, 153, 157. Hassell-Tb., S. 113 (27.8.1939). Höhne, Orden, S. 480. Ulrich Schlie, Kein Friede mit Deutschland. Die geheimen Gespräche im Zweiten Weltkrieg 1939–1941, München 1994, S. 226 f.; Bernd Martin, Friedensinitiativen und Machtpolitik im Zweiten Weltkrieg 1939–1942, Düsseldorf 1974, S. 85 f., mit einem kuriosen Resümee S. 104. John Colville, Downing Street Tagebücher 1939–1945, Berlin 1988, S. 32 (29.10.1939), 34 (2.11.1939); vgl. auch Chamberlains Brief an seine Schwester (5.11.1939): „To my mind it is essential to get rid of Hitler. /…/ His entourage must also go, with the possible exception of Goering.“ (Diary Letters IV, S. 467); Christopher Hill, Cabinet decisions on foreign policy. The British experience October1938-June 1941, Cambridge 1991, S. 109, 112, 134 f. CHRS 1/30/118, 12.11.1939; DBFP II 673; vgl. auch David Dilks (Hg.), The Diaries of Sir Alexander Cadogan 1938–1945, London 1971, 28. & 31.10.1939; Schlie, Kein Friede, S. 109. Hassell-Tb., S. 179 f. (19.3.1940): „Der Papst ist dabei erstaunlich weit gegangen im Sich-zu-Eigenmachen deutscher Interessen.“; vgl. Harold C. Deutsch, Verschwörung gegen den Krieg. Der Widerstand in den Jahren 1939–1940, München 1969, S. 118– 142; Michael Müller, Canaris. Hitlers Abwehrchef, Berlin 2006, S. 323–325. CHRS 1/28/16, 25.10.1939. Colville Tagebücher, S. 34, 45 (29.12.1939); Spitzy, Bekenntnisse, S. 408. Vgl. Hassell-Tb., S. 253 (18.5.1941): „Typische Äußerung eines Neutralen: Wenn es den Engländern gut geht, kann man mit ihnen reden; wenn es ihnen schlecht geht, sind sie unzugänglich. Mit den Deutschen ist es umgekehrt.“ Im selben Sinne die These Hills (Cabinet decisions, S. 156 ff., 179), ein deutscher Kompromißvorschlag wäre Ende Mai 1940 eventuell noch auf Resonanz gestoßen, im Juli nicht mehr. Andrew Roberts, ‚The Holy Fox‘. A Biography of Lord Halifax, London 1991, S. 244 f.; Schlie, Kein Friede, S. 229–232; Newton, Profits of Peace, S. 175 f.; Hinweise schon bei Jacques de Launay, Geheimdiplomatie 1939–1945, Wien 1963, S. 33. Telegramm Osbornes an Halifax, 15.8.1940 (zit. bei Martin, Friedensinitiativen, S. 385); Roberts, Holy Fox, S. 248; Newton, Profits of Peace, S. 168 f., 173 bleibt überzeugende Belege für eine weitergehende Kompromißbereitschaft Halifax’ schuldig. Ebd. 202 f. zum weltanschaulichen Hintergrund seiner Kontroverse mit Roberts. Hassell-Tb, S.. 206 (10.8.1940); Martin, Friedensinitiativen 294–298. Martin, Friedensinitiativen, S. 321 f. Victor Rothwell, Britain and the Cold War 1941–1947, London 1982, S. 28 f.; Newton, Profits of Peace, S. 179, 187 f.; ablehnend stand Hohenlohe der US-Gesandte Hayes gegenüber; vgl. Neal H. Petersen (Hg.), From Hitler’s Doorstep. The Wartime Intelligence Reports of Allen Dulles, 1942–1945, Pennsylvania UP University Park

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1996, S. 586 f.; Charles R. Halstead, Historian in Politics. Charles H. Hayes as American Ambassador to Spain 1942–45, in: Journal of Contemporary History 10 (1975), S. 383–400. Höhne, Orden, S. 481. Martin, Friedensinitiativen, S. 488; Spitzy, Bekenntnisse, S. 465; Wilhelm Höttl, Einsatz für das Reich. Im Auslandsgeheimdienst des dritten Reiches, Koblenz 1997, S. 39 f., 307 f.; Leonidas E. Hill (Hg.), Die Weizsäcker Papiere 1933–1950, Frankfurt/M. 1974, S. 373 f. (29.3. u. 13.4.1944), 626 f. Auch Martin (Friedensinitiativen, S. 381, 503) betont „den hohen Informationsgrad“ des Vatikans „über weltlich-machtpolitisches Geschehen“, wie er auch in den Studien Hinsleys zum Ausdruck kommt. Höhne, Orden, S.  476–478; Peter R. Black, Ernst Kaltenbrunner, Princeton 1984, S. 220–222. Bernd Martin, Deutsche Oppositions- und Widerstandskreise und die Frage eines separaten Friedenschlusses im Zweiten Weltkrieg. In: Klaus-Jürgen Müller (Hg.), Der deutsche Widerstand 1933–1945, Paderborn 1986, S. 88: „Auch wenn am Quellenwert der deutschen Unterredungsprotokolle Zweifel angebracht erscheinen, so wird die Grundposition von Allen Dulles durch seine Berichte aus Bern an die Washingtoner Zentrale bestätigt,“ unter Berufung auf Bradley Smith, The Shadow Warriors. O.S.S.  and the Origins of the CIA, New York 1983, S.  191. Dieser Bericht vom 1.2.1943 nicht abgedruckt bei Petersen. Petersen (Hg.), Hitler’s Doorstep, S. 2, 19; Schlie, Kein Friede, S. 102. Paul Preston, Franco, New York 1993, S. 495, ähnlich 460, 488; zur erst unlängst offengelegten 10-Millionen-Pfund Kampagne der Briten in Spanien vgl. Richard Wigg, Churchill and Spain. The Survival of the Franco Regime, 1940–1945, London 2006. Petersen (Hg.), Hitler’s Doorstep, S. 55 f., 586 f.; Martin, Widerstandskreise, S. 79– 107, 234–242; hier: 87–89; laut Höhne, Orden, S. 481–484 empfahl Dulles Butterworth; laut Spitzy, Bekenntnisse, S. 446 war die Reihenfolge umgekehrt. ABC, Wochenbeilage 42 (1989), S. 672. Der Gefangenenaustausch fand in Anwesenheit der Botschafter unter der Schirmherrschaft Gen. Moscardos am 27.10.1943 in Barcelona statt, das zweite Mal am 17.5.1944. Vgl. zuletzt: Marco Particelli, Settembre 1943. I Giorni della Vergogna, Bari 2009. Höhne, Orden, S. 482; Petersen (Hg.), Hitler’s Doorstep, S. 586; Martin, Widerstandskreise, S. 236, Anm. 34; Launay, Geheimdiplomatie, S. 122 schrieb 1963 noch: „Dulles stellte diese Kontakte in Abrede.“ Hassell-Tb., S. 410 (5.12.1943), davor schon: 373, 382, 388; vgl. auch Ralf G. Reuth, Joseph Goebbels Tagebücher, Bd. 5, München 2. Aufl. 2000, S. 1949: „Ich frage den Führer, ob über kurz oder lang etwas mit Stalin zu machen ist.“ (10.9.1943); Spitzy, Bekenntnisse, S.  481; Black, Kaltenbrunner, S.  222–227; Hannsjoachim Koch, The Spectre of a Separate Peace in the East: Russo-German ‚Peace Feelers‘, 1941–1944, in: Journal of Contemporary History 10 (1975), S. 531–549; Rainer Blasius, Zweifel an Uncle Joe’s Treue? Chancen eines sowjetisch-deutschen Sonderfriedens vor Casablanca im Urteil des Foreign Office, in: Wolfgang Michalka (Hg.), Der Zweite Weltkrieg. Analysen, Grundzüge, Forschungsbilanz, München 1989, S. 155–173; Bernd Martin,

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Das außenpolitische Versagen des Widerstandes 1943/44, in: Schmädeke/Steinbach (Hg.), Widerstand, S. 1037–1060; hier: 1047, 1057. Petersen (Hg.), Hitler’s Doorstep, S.  56 (7.4.1943), weitere Berichte 94 (2.8.1943), 155 f. (9.11.1943). Spitzy, Bekenntnisse, S. 474, vgl. Höhne, Orden, S. 484–488. Die Engländer – zu diesem Zeitpunkt skeptisch über die US-Kontakte – wurden von einem im November 1942 in Nordafrika gefangenen Abwehroffizier auf die Möglichkeit von Friedensverhandlungen über Canaris und Hohenlohe hingewiesen; vgl. Müller, Canaris, S. 384. Hassell-Tb., S. 368 f. (9.6.1943). Allen Dulles, Secret Surrender, New York 1966; Bradley Smith/Elena Agarossi, Operation Sunrise. The Secret Surrender, London 1979. Hassell-Tb., S. 388 (4.9.1943). Petersen (Hg.), Hitler’s Doorstep, S. 155 (9.11.1943), vgl. auch die Formulierungen, wie sie der Generaldirektor im spanischen Außenamt von Hohenlohe überliefert: „Himmler no dio su opinion, pero escucho. No rechazo las sugestiones que se le hicieron.“ ( Jose M. Doussinague, Espana tenia razon (1939–1945), Madrid 1950, S. 296). Martin, Widerstandskreise, S. 237; Philipp von Boeselager, Wir wollten Hitler töten, München 2008, S. 106 f., 114 f. Martin, Widerstandskreise, S. 235; bei Doussinague, Espana, S. 293–296 findet sich zwar eine Würdigung Hohenlohes, doch kein Hinweis auf den Entführungsplan, wie bei Martin angegeben! Deutlich auf Hohenlohe gehen die Beurteilungen über die gesellschaftspolitische Konvergenz zwischen Stalin und dem „comunismo europeizado“ der NSDAP zurück. Hassell-Tb., S.  394 (9.10.1643), 399 (12.11.1643), 599–602; vgl. Höhne, Orden, S. 487 f. So auch bei Doussinague, Espana, S. 296; in dieser Beziehung enttäuschend: Peter Longerich, Heinrich Himmler, München 2008. Igor Lukes, Stalin and Czechoslovakia in 1938–39, in: Lukes/Goldstein (Hg.), Munich Crisis, S. 13–47; hier: 21. Höhne, Orden, S. 480.

Prinz Max Karl zu Hohenlohe-Langenburg (1901–1943). Das Passbild des Dreizehnjährigen von 1914 ist das einzige im Nachlass hinterlassene Bild des Hohenlohe.

Prinz Max Karl zu Hohenlohe-Langenburg (1901–1943) Ein Leben zwischen Kunst, Literatur und Politik Peter Schiffer

„von der Seuche des Nationalsozialismus auf die Dauer befreit und erlöst“1

Vor einigen Jahren erreichte das Hohenlohe-Zentralarchiv eine seltsam berührende Anfrage. Die Heidelberger Anatomie hatte in den 1940er-Jahren Leichen bzw. Teile von Leichen von insgesamt 27 in Stuttgart hingerichteten Personen für Forschungszwecke erhalten. Basis dafür war ein Gesetz des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom Februar 1939, das voll im Geist des Nationalsozialismus verfügte: „Die Leichen der im Gebiete des Deutschen Reiches hingerichteten Personen sollen dem Anatomischen Institut der jeweils nächstgelegenen Universität zum Zwecke der wissenschaftlichen Forschung und des Unterrichts überlassen werden. Im Einverständnis mit dem Herrn Reichsminister der Justiz bestimme ich daher, daß die Leichen Hingerichteter […] der Strafanstalt Stuttgart den Anatomischen Instituten der Universität Freiburg i.Br., Heidelberg und Tübingen“ zufallen sollen.2 Nach 1945 fielen die geköpften und weiter zerlegten Leichen in der Anatomie auf. Die Universität drängte auf eine Bestattung, die 1950 in anonymer Form erfolgte. Der Gedenkstein lautete „Den hier ruhenden Opfern der nationalsozialistischen Justiz zum ehrenden Gedenken“. Zum angemesseneren Gedenken an die Hingerichteten wollte die Stadt Heidelberg nun eine Stele errichten und in gebührender Form auf Namen und Lebensdaten der Opfer hinweisen. Mehr als der Name der Hingerichteten war selten bekannt. Einer von ihnen war ein „Prinz Max von Hohenlohe-Langenburg“. Die Stadtverwaltung bat um Bekanntgabe wichtiger Lebensdaten, um einen angemessenen Text für die Gedenkstätte verfassen zu können.3 Wer war dieser Hohenlohe und warum wurde er hingerichtet? Die einschlägigen Hilfsmittel4 lassen allgemeine Informationen schnell ermitteln. Gemeint war Prinz Max Karl Joseph Maria von Hohenlohe-Langenburg. Er wurde am 21. Juli 1901 in Toblach (Südtirol) geboren und am 27. Juli 1943 in Stuttgart hingerichtet. Er gehörte einer Seitenlinie des Hauses Hohenlohe-Langenburg an, die sich im späten 18. Jahrhundert herausgebildet hatte, zum Katholizismus

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übertrat und in Rothenhaus bei Komotau (Böhmen) residierte. Die Kontakte zur hohenlohischen Heimat hatten sich im Laufe der Zeit verloren. Max Karls Vater war Max zu Hohenlohe-Langenburg (1861–1935). Für die Herrschaft Rothenhaus gab es kein Majorat, alle 6 Kinder (drei Söhne, drei Töchter) waren gleich am Vermögen der Herrschaft beteiligt. Max aber war – nach Einschätzung seines Sohnes Max Karl – „geistig zurückgeblieben“ und wenig durchsetzungsfähig. Seine Geschwister ermöglichten ihm nicht eine eigenständige Verwaltung seines Vermögensanteils, sondern übernahmen sie für ihn. Dabei übervorteilten sie ihn. Während des Krieges legten sie einen nennenswerten Teil des Vermögens in österreichischen Kriegsanleihen an. Nach dem verlorenen Krieg erklärte Gottfried zu Hohenlohe-Langenburg, der älteste der Söhne, dem Bruder Max, seine Erbmasse sei mit den Kriegsanleihen verloren gegangen. Dieser war gezwungen, jetzt von der Gnade seines Bruders Gottfried zu leben. Er musste seinen Haushalt auflösen, Schmuck und Möbel verkaufen und für einige Zeit in ein Armenhaus ziehen.5 So hatte sich Max zu Hohenlohe-Langenburg von der Herrschaft Rothenhaus entfremdet, hatte die Nähe zu ihr aufgegeben und war zunächst nach Salzburg und später nach Südtirol gezogen, wo Max Karl, sein Sohn, in Toblach geboren wurde und aufwuchs. 1891 hatte er die Gräfin Karoline zu SaynWittgenstein-Berleburg geheiratet, die später wegen Nervenleiden häufiger in Kliniken war.6 Die Familie verarmte. Die Schwester Max Karls, Marie Therese, hatte 1916 einen Bürgerlichen geheiratet, den Pharmazeuten Otto Kohleisen. In den 1920er-Jahren lebte sie in Trennung und musste ihre drei Töchter allein großziehen. 1921 schrieb sie an Max Karl: „[…] das Leben um uns [d. h. Max Karl und Marie Therese] ist arm, aber wir sind reich in uns.“7

„Ich will mein eignes Wesen wiederfinden, im Gebiete der Kunst, in der Sensitivität der Linie …“8 – Der Künstler Diese materiell eingeschränkte Situation bestimmte Kindheit und Jugend Max Karls. Eine französische Gouvernante brachte ihm sehr früh Französisch bei. Mit acht Jahren erhielt er einen Hauslehrer, der die allgemeinen Grundschulfächer unterrichtete und ihn für den Besuch des Gymnasiums vorbereitete. Mit elf Jahren kam er in das Gymnasium des Benediktinerklosters Ettal (Bayern), wo er bis zum Kriegsausbruch 1914 blieb. Die Trennung von der Familie, besonders von der Mutter, fiel ihm schwer. 1914 zog er wieder zur Familie zurück, die inzwischen in Meran wohnte, wo ein Privatlehrer seine weitere Gymnasialausbildung übernahm. Das Abitur hat er nicht abgelegt.9

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Verhältnismäßig oft ist in den 1920er-Jahren von Streit in der Familie zu hören. Max Karl forderte von seinem Onkel Gottfried, dem Inhaber von Rothenhaus, eine stärkere finanzielle Unterstützung. Die Tante Gräfin Marie Almeida, die älteste Schwester Gottfrieds, versuchte zu vermitteln. Im April 1922 schrieb sie an Max Karl: „So war es, oder könnte leicht als taktlos aufgefasst werden, – dass gerade Du – O. Fredy [Onkel Gottfried, P.S.] darüber etwas vorzuschreiben versuchtest, nachdem O. Fredy gerade jetzt im Begriff war und ist, das zerrüttete Vermögen Deiner Eltern mit allem Aufwand von unsäglicher Härte, Aufregung und persönlichen Kosten, nach Möglichkeit zu retten und wieder auf den alten Stand zu bringen, und nebenbei sich – für diese Zeit – wo du von deinen Eltern nichts zu erwarten hast und diese Dir auch factisch nichts geben können, dich aus eigenen Mitteln über Wasser hälst. – Dass diese Mittel jetzt immer ungenügender werden, um das jetzige Leben zu bestreiten, – ist ja ganz richtig – und nicht zu bestreiten, […]“.10 Domänensekretär Peters aus Rothenhaus hielt 1923 die Vorwürfe Max Karls gegen seinen Onkel für haltlos. Gottfried hätte auf Geldbitten immer sehr großzügig reagiert. Zurzeit sei aber die Herrschaft Rothenhaus in Schwierigkeiten. „Denn Sie, verehrtester Herr Prinz, dürften wohl kaum die Schwierigkeiten kennen, mit denen Ihr Herr Onkel seit Jahren zu kämpfen hat und die ihm mit Rücksicht auf die Erhaltung der Herrschaft, die gerade in gegenwärtiger Zeit infolge der drohenden Enteignung des ganzen Besitzes und der zu leistenden, geradezu unglaublich und exhorbitant [sic!] hohen Steuern, Vermögensabgaben etc. etc. keinesfalls eine leichte ist zwingt, sparsam und haushälterisch in den Ausgaben umzugehen.“ Auch der Sohn Gottfrieds müsse sparsam mit dem Geld umgehen.11 1924 ließ Max Karl sogar Rechtsanwälte mit seinem Onkel verhandeln, die allerdings eine gütliche Einigung bewirken wollten.12 Die materielle Not machte Max Karl in finanziellen Dingen kompromisslos und rigoros, was ihn auch in der eigenen Familie unbeliebt werden ließ. Der Achtzehnjährige führte bereits Tagebuch. Schon die frühen Aufzeichnungen lassen einen sensiblen Jugendlichen erkennen, der malte, Erlebnisse und Stimmungen in Texten festhielt und sogar Gedichte schrieb. In sein Tagebuch schrieb er 1919: „Wir bewundern in der Malerei und allen darstellenden Künsten die Begabung des Menschen, welcher uns je nach seiner innerlichen Tiefe die Natur zu offenbaren sucht“.13 Dieser Satz dürfte für das Lebensverständnis Max Karls und seinen Werdegang maßgeblich gewesen sein. Einige Zeichnungen, eher Skizzen, und die frühe Korrespondenz mit Verwandten und anderen lassen die Lebenssituation des angehenden Künstlers konkret werden. In diesen Unterlagen manifestiert sich auf vielfältige Weise das Empfinden und Denken des Heranwachsenden. Über den Stand seines Malens notierte er als Siebzehnjähriger 1918: „Mein höchstes Ideal wären Phantasiezeichnungen,

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welche sich in neuer Form und Farbenvariation zwischen Klimt, englischen Märchenillustratoren und japanischen Künstlern bewegen würden. Ob es mir gelingen wird, mein Bestreben auszuführen in einem ganzen exotischen Blumenpracht umsponnenen Märchenzauber mit allen Feinheiten und pittoresken Pikanterien, wird eine Frage der Zeit sein. Ich bin übervoll des Farbenzaubers, habe aber noch nicht genug Gewandtheit ihn nieder zu zeichnen.“14 Ein 1920 verfasstes Gedicht lautet beispielsweise: Wenn im Frühlingsrausch das erste Regen Früher Blütenblätter keimt am Heckenstrauch Milder Sonnenschimmer auf den Wegen Lachen spiegelt den ersten Blütenstrauch Rosen wecken Klarien15, Kelche schaukeln Düfte, balsamtrunken, in entfreiter Luft Aus veraschten leeren Larven gaukeln Seelibellen in der Meeresmorgenluft Und sie schimmern über weite Wiesen Es belebt der frohe Fliegentanz Eine ganze Welt und nimmt von diesen Neu entspross’nen Wesen ihren Farbenglanz.16

Es verwundert nicht, dass Max Karl mit 19 Jahren das Leben eines Künstlers anstrebte. Er entschied sich für eine Ausbildung in der staatlichen Kunstgewerbeschule München, die er im November 1920 antrat. Die Großstadt hatte ihn schon 1918 begeistert, als er ins Tagebuch schrieb „Mich zieht es nach München überhaupt – nach der Grosstadt“.17 Einem Freund schrieb er später aus München: „Hier ist viel Leben, alles ist bewegter u. großzügiger als in Meran.“18 Dieser Schritt erfolgte mit tatkräftiger ideeller und finanzieller Unterstützung seiner Tante Gräfin Marie Almeida. Max Karl bezeichnete das Vorhaben ihr gegenüber als „unser Plan“. Hinsichtlich der Unterbringung in München wollte er bescheiden bleiben.19 Seiner schriftlichen Bewerbung für die Kunstgewerbeschule legte er „erlesene Aquarelle“ aus seinem bisherigen Schaffen bei. Das Anschreiben an den Leiter, Professor Richard Riemerschmid, lässt schon eine künstlerische Festlegung erkennen: „Die Prinzipien künstlerischer Auffassung haben sich geändert. Wie ich von Prof. Schwegerle vernommen, huldigen Sie, geehrter Herr Professor, der Anschauung, dass es nun mehr denn je gilt, die Idee, den Charakter eines Gegenstandes zu erfassen, als eine bloße Kopie seiner Materie zu schaffen. Eine vergeistigte Kunst, eine Gedankenzeichnung, eine Hyroglivenschrift [sic!] des Geistes und gewissermaßen Entmaterialisation. Und das ist doch wieder rein gotischer Geist in der mod. Kunst. Ich meinerseits

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wenigstens fasse es bei mir so auf. […] Ich fand zunächst jenes Bestreben in der Stilisierung des Objektes. Ich schwärme für die linienhafte Vergeistigung der Japaner, aber ich stand auch in Rom unter ägyptischen Bildsäulen und tastete trunken an den kolossalen Flächen nach der aller umfassendsten Integrität jeder Kultur. Ich glaube, ich bin ein richtiges Kind meiner Zeit. Eigentlich in den letzten Wochen erst, habe ich vollkommen erfasst, dass meine Bestrebungen sich mit den Entwürfen moderner Kunst […] im Prinzip auf das Innigste berühren. […] Was mir zunächst zu erringen gilt, ist die technische Ausbildung meiner Talente.“20 Bald fand er in dem Niederländer Jan Thorn Prikker, der einem vom Symbolismus geprägten Jugendstil verpflichtet war, seinen Lehrer, dessen Veranstaltungen er bevorzugt besuchte. Thorn Prikker, der zuvor im Rheinland gewirkt hatte, lehrte seit 1920 als Dozent an der Kunstgewerbeschule München. 21 1922 schrieb Max Karl einer guten Bekannten: „Natürlich stehe ich in so starkem substantiellen Verhältnisse zu meinem Meister Thorn Prikker, welcher für mich immer wesenhafter und gigantischer in seiner künstlerischen Geistigkeit zu wirken fortsetzt, dass ich mich unter diesem starken inneren Erlebnis von seiner heimlichen Spannkraft ausgefüllt sehe.“22 Daher befasste er sich schwerpunktmäßig mit (Glas)-Mosaiken, meist Darstellungen von Personen. Es erfüllte den jungen Künstler 1922 mit Stolz, „dass Professor Peter Behrens meine gesamten bei Thorn Prikker entstandenen Arbeiten für seine Dombauhütte auf der deutschen Gewerbeschau in München zur Ausstellung aufgenommen hat und mir außerdem den Auftrag erteilt hat, dieses Gebäude nach meinem Gutdünken mit ornamentalen Wandmalereien auszumalen. Peter Behrens ist zur Zeit wohl der maßgebende Architekt in Deutschland, hauptsächlich bekannt durch den Bau der Industrieanlagen von Essen.“23 Ein weiteres Projekt 1921/22 war die Illustration zu einem Gedichtband der expressionistischen Lyrikerin Hedwig Caspari (1882–1922), mit der er ausführlich und sehr vertraut korrespondierte. Von der jüdischen Schriftstellerin fühlte er sich verstanden. Der Band sollte den Titel INRI tragen. Nach dem Selbstmord Casparis (1922) versuchte Max Karl, das Werk seiner Freundin in Druck zu bringen. Er wandte sich auch an Martin Buber für die Abfassung eines Vorwortes. Trotz seiner engagierten Bemühungen gelang es aber nicht, den Band zu drucken.24 Noch während seiner Studienzeit konnte Max Karl dank seinem Lehrer Thorn Prikker einige seiner Werke verkaufen, die im Rheinland und in den Niederlanden ausgestellt wurden. Besonders gefragt waren die Mosaikköpfe Max Karls.25 Durch Verkauf einzelner Stücke kamen aber nur kleinere Beträge zusammen. Die Porzellanfirma Ph. Rosenthal entschloss sich 1921, zwei Porzellanvasen nach Zeichnungen von Max Karl herzustellen und in einer Ausstellung in München zu zeigen. Das alles waren Anfangserfolge, die ansporn-

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Bleistiftskizze „Der große Vagant“ vom 10. März 1924. Im Münchener Gefängnis entstanden, gibt die kleine Zeichnung auf einem Briefumschlag seine damalige depressive Stimmung wider. Max Karl sieht sich selbst als den Gehängten (Vorlage HZAN aus La 147 Bü 33)

Bleistiftskizze „Frau und abgewandter Betrachter“ (Vorlage HZAN aus La 147 Bü 33)

ten. Im Nachlass sind nur Skizzen und Entwürfe erhalten26, sie erlauben kaum ein Urteil darüber, ob sich in der Tätigkeit als Künstler für Max Karl eine realistische Chance bot, einen eigenen Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Er selbst bewertete 1921 in einem Brief an Hedwig Caspari die eigene berufliche Perspektive eher nüchtern: „Sie wissen, dass mein Gebiet in der Kunst […] auf der darstellenden strengen Mosaiktechnik [beruht], die sich ja eigentlich doch nur für Kirchenbauten eignet.“27 Im Schriftwechsel mit Caspari klingt an verschiedenen Stellen die homosexuelle Neigung Max Karls an und häufig ist dabei von „Jungen“ oder „Knaben“ die Rede. 1921 muss bereits eine Bestrafung gedroht haben, die ihm aber durch Geldzahlung erspart blieb.28 Die Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe wegen homosexueller Handlungen mit Minderjährigen Anfang 1924 setzte eine tiefe Zäsur in das Leben des jungen Künstlers. Von Februar bis Ende Juni saß Max Karl im Strafvollstreckungsgefängnis Stadelheim (München) ein. Nicht ganz sechs Monate also, auf die das Urteil lautete. Das Gericht verhängte außerdem ein dreijähriges Aufenthaltsverbot für den Hohenlohe in Bayern.29

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Wieder war Tante Gräfin Marie Almeida sofort zur Stelle und half. Sie besorgte Rechtsanwälte, informierte vorsichtig die Familie und warb auch bei ihr um Hilfe. Drei Alternativen wurden erwogen: 1. Auswanderung nach Amerika30, 2. Fortsetzung der Ausbildung in der Kunstgewerbeschule Düsseldorf, wohin Thorn Prikker 1923 gezogen war und wo er jetzt lehrte oder 3. Umzug nach Italien, wo relativ leicht eine Staatsbürgerschaft erworben werden konnte. Auf jeden Fall wollte Max Karl seinen Weg als Künstler durch Abschluss seiner Ausbildung zu Ende bringen. Gegen Zusicherung Max Karls, Bayern sofort zu verlassen, konnte die Haft leicht verkürzt werden. Auch verzichteten die bayerischen Behörden auf Informierung der Grenzbeamten, sodass Max Karl problemlos das Land verlassen konnte.

„Tage voll inniger Lust in Sommerluft unter südlichem ewig azurnem Himmel, […]. Lang ersehnte Augenblicke der innigsten Ruhe und Stärkung.“31 – der Reiseschriftsteller Die entbehrungsreiche Zeit der Haft barg einen Lichtblick, den Anfall einer größeren Erbschaft über 70 000 tschechische Kronen.32 Hiermit finanzierte Max Karl im Anschluss an seine Haft ausgiebige Reisen. Die erste ging tatsächlich nach Italien, Tunis schloss sich an. Der Vorsatz, die Ausbildung abzuschließen, geriet in Vergessenheit. Der Prinz nutzte seine schriftstellerische Begabung, die sich schon seit seiner Jugend gezeigt hatte, und wurde Reiseschriftsteller. Anregungen erhielt er von dem Dichter Heinrich Lersch (1889–1936)33, einem Reisegefährten, den er auf Capri kennengelernt hatte und der ihm durch das eigene Beispiel zeigte, wie Reisen zu Reiseberichten für Zeitschriften verarbeitet und damit Geld verdient werden konnte. Lersch war Sohn eines Kesselschmieds, hatte ebenfalls wie Max Karl mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen und schrieb für das Arbeitermilieu. Tatsächlich öffnete sich Max Karl durch die Freundschaft mit Lersch diesem Milieu. Eine Vielzahl meist kleinerer Berichte über Reisen Max Karls erschien in der Folgezeit in deutschen, österreichischen und schweizerischen Zeitschriften. 1929 zahlte ihm das „Berliner Tagblatt“ ein Honorar von 3 500 Reichsmark für die Berichterstattung über seine Reise rund um Afrika. Im folgenden Jahr zahlte der Scherl Verlag für Berichte im „Berliner Lokalanzeiger“ über eine Reise nach Süd- und Nordamerika sowie in die Südsee 10 000 Reichsmark und 1 000 Dollar. 1932/33 bereiste Max Karl Portugal, Nordafrika und Spanien.34 Allmählich war das Vermögen aus der Erbschaft von 1924 aufgebraucht, und die Reiseschriftstellerei alleine konnte Max Karl nicht über Wasser halten.

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Akuter Geldmangel war der Grund für die am 3. Juni 1931 in London geschlossene Ehe mit der bürgerlichen Italienerin Louisa Georgina Pasquero. Es war eine reine Namensehe, die Braut verpflichtete sich, Max Karl für die Eheschließung 300 000 Franken zu zahlen. Sie nannte sich jetzt Prinzessin Luise Max Karl Joseph Maria zu Hohenlohe-Langenburg. Max Karl erhielt aber nur einen Bruchteil der versprochenen Summe, die seine Frau ihm wegen ihrer Spielschulden, die sich zunehmend mehrten, nicht voll zahlen konnte. Lange Auseinandersetzungen und gegenseitige Scheidungsklagen folgten. Bei seinen hohenlohischen Verwandten geriet Max Karl wegen dieser Namensehe und des schlechten Rufes seiner Frau in Verruf und isolierte sich weiter.35 Max Karl begnügte sich nicht mit der reinen Reiseschriftstellerei, die er des Geldes wegen betrieb. Er wollte auch literarische Ansprüche erfüllen. In einem kleinen Häuschen am Strand von Valencia untergebracht, arbeitete er 1932/33 über acht Monate lang an einem schon früher begonnenen autobiografischen Buch mit dem Titel „Der Vater“. Er schloss die Arbeiten daran auch ab. Der Kiepenheuer-Verlag sollte das Buch drucken, wozu es aber nicht kam, doch wurde es 1934 in Auszügen in der von Klaus Mann in Amsterdam herausgegebenen literarischen Zeitschrift „Die Sammlung“ gedruckt. Es sollte als Einstieg Max Karls in die literarische Szene dienen. „Da die eigentliche Handlung sich in psychischen Tiefenschichten des Unbewussten und des Traums abspielt, im Bereich des Unheimlichen von Maske und Magie, fordert die Geschichte geradezu Deutungsbegriffe der Moderne heraus wie Entfremdung, Selbstentfremdung oder Ich-Dissoziation, und ihr Autor erweist sich sowohl thematisch wie formal auf der literarischen Höhe der Zeit. Anklänge an Kafka sind unüberhörbar […]“.36 1934 verfasste er ein weiteres kleineres Werk unter dem Titel „Hochzeitsnacht“.37

„so wird es wohl meine Bestimmung sein, nur künstlerisch d. h. literarisch einmal aufklärend wirken zu können“38 – der Journalist Unpolitisch war Max Karl eigentlich nie. Seine Schwester Marie Therese Kohleisen schrieb ihm 1924: „Deine politischen Briefe sind immer so interessant.“39 Die Kunst verstand er nicht wie viele andere Künstler apolitisch oder rein museal: „Ich bin damals im Sommer [1921] endgültig von meinem Meister Thorn Prikker abgefallen, als er mich zu der Handlungsweise bekehren wollte, die übrige Menschheit ihrem Schicksal zu überlassen und sich selbst zurückzuziehen, in die Wüste.“40 Keineswegs verfolgte er traditionelle politische Forderungen des Adels, sondern seine politischen Ideen basierten auf der Idee der Menschlichkeit. Der Freundin Hedwig Caspari vertraute er 1922 an: „Oft

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wenn ich mich in die politischen Verhältnisse stürzen möchte um helfend einzugreifen, finde ich Widerstand an den Parteien durch meinen Stand und so wird es wohl meine Bestimmung sein, nur künstlerisch d. h. literarisch einmal aufklärend wirken zu können und damit in die Zeit selbst als Faktor zu treten, eine neue bessere Entwicklung der sozialen Verhältnisse mit einzuleiten.“ Durch seinen Stand, also den Adel, fühlte Max Karl sich in der politischen Tätigkeit eingeschränkt. „Leider fehlt es mir bis jetzt an der Kraft literarischer Gestaltung, um meiner Empfindung in klaren Zügen Ausdruck zu geben und es bleibt der Zukunft überlassen, ob ich je so weit kommen werde, das zu tun, was ich für richtig halte, ohne dabei vorher zu Grunde zu gehen, an seelischer Entkräftung durch die Lüge meines ganzen Standes, von dem ich mich noch nicht frei machen konnte. Ich bin aber noch jung genug um mich immer wieder aufzuraffen aus den Ketten dieser Unterdrückung und ich hoffe endlich einmal von mir abwerfen zu können, was mich ärger knechtet als die schwere Arbeit meiner Mosaike und Fresken. Zunächst fühle ich den Drang in mir endlich einmal Mensch zu werden und unter Menschen zu gehen, welche ich noch als solche feststellen kann, wie Arbeiter oder solche, welche sich in anderer Bedrückung befindend erkennen, was sie sind. Menschen losgelöst von allem Scheine vorgefasster Meinungen in denen sie leben wie in einem Panzer, der sie selbst bedrückt, obwohl er sie feien sollte gegen andere. […] ich glaube an das Leben, an die Jugend und an die Größe menschlichen Wesens, …“.41 Durch seine Kontaktfreudigkeit war es Max Karl rasch gelungen, in den Journalisten-, Künstler- und Verlegerkreisen Kontakte zu knüpfen und Beziehungen aufzubauen. Zu seinen Bekannten gehörten die Schriftsteller Joseph Roth, Lion Feuchtwanger, Joachim Ringelnatz, Ernst Glaeser und Gustav Regler, Valerio Marcu, Verfasser einer Leninbiografie, und der Redakteur der „Frankfurter Zeitung“ Dr. Kracauer. Die Familie Thomas Mann kannte er schon seit den 1920er-Jahren näher42. Viele der Genannten waren bald bei den Nationalsozialisten unerwünscht oder wurden von ihnen angefeindet, wenn nicht gar politisch verfolgt. „Ich sah in den von Deutschland nach Frankreich gekommenen Emigranten, so weit es sich um Schriftsteller und Journalisten handelte und die ich bereits im Kiepenheuer-Verlag kennen gelernt hatte, eine Möglichkeit mich durch Anschluss an diese Kreise schriftstellerisch zu betätigen. Der Anschluss an diese Kreise wurde mir umso leichter, als […] ich mich daraufhin mit diesen emigrierten Schriftstellern solidarisch fühlen konnte.“43 Die Reiseberichterstattung nahm allmählich politische Züge an. Als Max Karl 1932 von den Franzosen aus Tanger nach Spanisch-Marokko ausgewiesen wurde, weil er laut Versailler Vertrag nicht das Recht hätte, sich als Deutscher in Tanger aufzuhalten, schrieb er darüber einen engagierten Artikel im „Berliner Tagblatt“.44 Nachdem er sich aus Deutschland zurückzog, das er bisher

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immer wieder zwischen seinen Reisen aufgesucht hatte, begann Max Karl 1934 für die deutschsprachige Emigrantenzeitung „Pariser Tageblatt“ zu schreiben. Der Bericht „Letzter Besuch im Dritten Reich“, von Max Karl als „eine Betrachtung der allgemeinen Zustände in den ersten Monaten 1933 in Berlin“45 charakterisiert, war noch wenig politisch akzentuiert. Allerdings titulierte er Adolf Hitler als „nationalsozialistische[n] Bandenführer“, woran man sich noch acht Jahre später störte.46 Desweiteren wandte Max Karl sich gegen die Bezichtigungen der Nazis gegenüber Ernst Röhm, homosexuelle Beziehungen mit Abhängigen gehabt zu haben. Max Karl hatte den inzwischen gestürzten und ermordeten Röhm während seiner Südamerikareise in Bolivien privat kennengelernt.47 Ein weiterer Artikel aus dieser Zeit war „Meine Eindrücke über den 9. November 1923 in München“ (zum Hitlerputsch). In einem späteren Artikel in der illustrierten Zeitschrift „Miroir du Monde“, die in Paris erschien, mit dem Titel „Der Nationalsozialismus von einem deutschen Prinzen aus gesehen“ wurde Max Karl politischer: „Meine Aufgabe ist es nicht, genaue Einzelheiten der nationalsozialistischen Brutalität zu geben. […] Der Terror, der den Geist unterdrückt, ist schlimmer als der physische Tod; aller Möglichkeiten beraubt, die es vom Tiere unterscheiden, erniedrigt sich das menschliche Wesen zu einem Wilden; der Instinkt entwickelt sich zu einem Nachteil der Vernunft. Herr Hitler hat theatralisch diese Lage gekennzeichnet, indem er Bücher verbrennen liess.“48 In der in Prag erscheinenden Emigrantenzeitschrift „Der Gegen-Angriff“ schrieb Max Karl 1934: „Deutschland, das unsere wahre Heimat ist, es lebt nicht mehr im Dritten Reiche Adolf Hitlers, es lebt nur noch in unserem Herzen, im Herzen aller derer, die gegen Hitler kämpfen. Adolf Hitler ist kein Katholik, kein Protestant und überhaupt ist dieser Mann, der seine besten Freunde ermorden ließ – kein Christ.“49 Auch Faschisten in anderen Ländern blieben nicht von der kritischen Publizistik des Prinzen verschont. Nachdem er 1934 für kurze Zeit in Österreich war und Mutter und Schwester besuchte, erlebte er in eigener Anschauung den Juliputsch gegen Dollfuß. Nach Paris zurückgekehrt, schrieb er darüber einen Artikel im „Miroir du Monde“. 1942 erinnerte er sich noch: „Ich konnte die von der Regierung Dollfuß […] getroffenen Massnahmen gegen die Arbeiterschaft nicht billigen“.50

„[…] im Prinzip immer bereit zu sein, Frankreich in allem zu helfen, was den Sturz Hitlers und des Nationalsozialismus betrifft“51 – der politische Kämpfer Max Karls Engagement blieb nicht auf solche journalistischen Beiträge beschränkt, die die Unmenschlichkeit des Nationalsozialismus heftig anpranger-

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ten. Er wurde zunehmend in die aktuellen Auseinandersetzungen hineingezogen, in die die Pariser Emigranten eingebunden waren. Engagiert bekämpfte er die von den Nationalsozialisten betriebene Rückgliederung des Saarlandes ins Reich und sprach sich für eine Beibehaltung des Status quo aus.52 Unter dem Titel „Saarkundgebung im Wagram-Saal in Paris. Fürst von Hohenlohe-Langenburg tritt für provisorischen Status quo ein.“ berichteten die Basler Nachrichten am 4. Oktober 1934, neben Max Braun sei „der Katholik Fürst Max Karl von Hohenlohe-Langenburg“ Hauptredner einer Veranstaltung in Paris gegen die Rückgliederung des Saarlandes gewesen. Hohenlohe, „der ein ganz gutes Französisch redet, aber eine schwache Stimme hat“, habe als Erster Stellung genommen: „Der deutsche Patriotismus der Katholiken in der Saar stehe nicht in Frage. Hohenlohe und seine Freunde werden am 13. Januar für die Aufrechterhaltung des Status quo stimmen und dann später für die Rückkehr in ein befreites Reich. Die Pariser Proletarier nahmen die Ausführungen des deutschen Fürsten mit lebhaftem Beifall auf.“53 In der nationalsozialistischen Presse wurde ebenfalls darüber berichtet, natürlich mit anderer Wertung: „Als der katholische Fürst aus Deutschland den Kampf gegen Hitler proklamierte und mit leiser Stimme versicherte, er ‘und seine Freunde‘ werden am 13. Januar für den Status Quo stimmen, da hatte er die Pariser Unterwelt und die marxistischen Atheisten und Landesverräter um Max Braun mit Beifall auf seiner Seite.“54 Ob Max Karl in Paris wirklich als Fürst aufgetreten ist, leichtfertig den Eindruck vermittelt hat, Fürst zu sein oder ob es sich um einen Fehler der Journalisten handelte, ist unbekannt. Im Hause Hohenlohe, besonders in der fürstlichen Linie des Hauses Hohenlohe-Langenburg, löste der Bericht Entsetzen aus, da man befürchtete, für die Handlungen Max Karls verantwortlich gemacht zu werden. Erbprinz Gottfried war zu dieser Zeit ebenfalls in Paris, einer Verwechselung mit ihm wollte man entgegenwirken. Es kam zu Gegendarstellungen in den Zeitungen. Die Version im NS-Kurier lautete in dem Max Karl betreffenden Passus: „Prinz Max Karl zu Hohenlohe-Langenburg gehört einem früher in Oesterreich-Ungarn lebenden Zweig der Familie Hohenlohe-Langenburg an. Er ist vor einer Reihe von Jahren in München wegen sittlicher Verfehlungen strafrechtlich verfolgt worden und hat auch in der Folgezeit einen in jeder Hinsicht verwerflichen Lebenswandel geführt. Die Familie Hohenlohe-Langenburg lehnt seit Jahren jede Verbindung mit ihm ab.“55 Max Karl nahm an weiteren politischen Versammlungen zur Saarlandfrage teil und warb in zahlreichen Reden für das Anliegen. Sein Bekanntheitsgrad und sein Bekanntenkreis wuchsen zunehmend, je öfter er bei weiteren Veranstaltungen ähnlicher Art auftrat. Weil er auf kurz oder lang eine Ausbürgerung befürchtete, ließ er sich beim Pariser Polizeipräsidium als politischer Flüchtling

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einschreiben. „Ich fühlte mich nun der deutschen Emigration völlig zugehörig und von Deutschland gänzlich entbunden.“56 Er selbst sah sich stets als „freiwilliger Emigrant“, d. h. sein Auslandsaufenthalt war nicht erzwungen, sondern freiwillig gewählt.57 Max Karl unterzeichnete auch den Aufruf der Societé-Franco-Saaroise, der am 21. September 1934 an den Litfasssäulen im Saarland angeschlagen wurde. Sein Text lautete: „Saarländer! Wollt ihr ein Teil sein der faschistischen Barbarei? Wollt Ihr den Tod der Geistesfreiheit? Wollt Ihr Euer Leben verbringen hinter dem Stacheldrahtzaun des riesigen Konzentrationslagers, das sich Hitler-Deutschland nennt? […] Wollt ihr einbezogen werden in Hitlers Wirtschaftskatastrophe? Wollt Ihr, dass Eure Religion verhöhnt und Eure Geistlichen ins Konzentrationslager verschleppt werden? Wollt Ihr mitschuldig sein an Mord und grausamer Verfolgung? Wollt Ihr einen furchtbaren Krieg, schlimmer noch als das letzte Weltgemetzel, das Millionen Tote gekostet hat? Nein, deutsche Saarländer, das wollt ihr nicht! Ihr wollt, dass das Saargebiet auch weiterhin ein Brückenkopf des Freiheitskampfes für Deutschland bleibt. Ihr wollt Euer Selbstbestimmungsrecht wahren und frei entscheiden über Eure Vereinigung mit dem von Hitler befreiten Deutschland […]. Stimmt für den Status quo!“58 Der Aufruf wurde von zahlreichen Prominenten unterzeichnet, darunter Heinrich und Klaus Mann, Lion Feuchtwanger und Anna Seghers. Der Völkische Beobachter wertete dies als Akt „jüdisch-bolschewistischer Intellektueller“, wogegen Max Karl wieder konterte: „Dieser deutsche Prinz, dessen väterliche Familie sich in gerader Linie vom fränkischen Kaiserhause (Herzog Heinrich von Franken, Bruder Kaiser Konrads) ableitet, indes die Familie seiner Mutter, einer geborenen Gräfin Wittgenstein, in gerader Linie vom Sachsen-Herzog Witukind abstammen will – der Sprössling aus diesen beiden, doch wohl unbestreitbar arischen und deutschen Familien, erfährt hier zu seiner Verblüffung aus dem ‚Völkischen Beobachter‘, dass er ein Jude wäre. Wir wollen doch mit allen Lesern über diesen neuen Scherz des Herrn Goebbels lachen. Und wir wollen so etwas ‚göbbeln‘ nennen.“59 Bald wurden Max Karl Aufgaben in der Interessenvertretung der Emigranten angeboten. Er, der wegen seiner Ausbildung in München Anfang der 1920er Jahre den Militärdienst in der Tschechoslowakei abgelehnt hatte60, sollte die Führung einer bewaffneten Truppe von Emigranten übernehmen, die im Saarland den Status quo sichern sollte. Er habe aber sofort abgelehnt, versicherte er bei seinem Verhör 1942.61 Die Ehrenpräsidentschaft eines Hilfskomitees für katholische Emigranten übernahm er allerdings. Als sich aber zeigte, dass der Verein keine Gelder für Hilfeleistungen einsammeln konnte und auch Hohenlohes Tätigkeit nicht – wie versprochen – durch ein kleines Honorar entgelten konnte, legte er das Amt nieder. 62 Der Beauftragte der französischen

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Regierung und Sekretär des französischen sozialistischen Abgeordneten Fribourg, Jean Klein, bot Max Karl an, „die monarchistische Opposition in Deutschland zu fördern“, was er aber entschieden ablehnte. Dass man ihm dieses Angebot machte, zeigt, für wie wichtig und fähig man ihn einschätzte.63 Die Abstimmung über das Saargebiet fiel deutlich zugunsten der Rückgliederung in das Reich aus, die am 1. März 1935 vollzogen wurde. Die Rache der Nazis gegenüber den Widersachern war rigoros. 14 Unterzeichner des Aufrufes wurden ausgebürgert, d. h. ihnen wurde die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen, in der NS-Terminologie ein „Ausschluß aus der Volksgemeinschaft“. Die Begründung war: „weil sie durch ihr Verhalten, das gegen die Pflicht zur Treue gegen Reich und Volk verstößt, die deutschen Belange aufs schwerste geschädigt haben: […] 8. Prinz Max zu Hohenlohe-Langenburg treibt deutschfeindliche Propaganda im Saarkampf. Oeffentliches Auftreten als Redner in Paris an der Seite des Saar-Separatisten Max Braun. Mitunterzeichner des Saaraufrufs.“64 Der Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft, die Max Karl als Mitglied des Hauses Hohenlohe stets beansprucht hatte und die ihm offiziell 1929 bestätigt wurde65, traf hart. Sie verletzte sein Nationalgefühl und er reagierte mit Spott und Hohn: „Der Ausländer Adolf Hitler, der seit knapp drei Jahren erst deutscher Staatsbürger ist, entzieht die deutsche Staatszugehörigkeit einem deutschen Prinzen, dessen urdeutsches Geschlecht annähernd 1000 Jahre zu den führenden deutschen Fürsten zu rechnen war. Das ist ein Sachverhalt, zu dem mir nichts mehr zu sagen übrig bleibt.“66 Aber sie traf auch die materielle Existenz des Hohenlohe. In Deutschland konnte er sich nicht mehr aufhalten, in seinem „freiwilligen“ Exil in Frankreich war er nur noch geduldet und musste in regelmäßigen Abständen um Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung bitten. Anfang 1935 wurde er amtlich aufgefordert, wegen fehlender Aufenthaltsberechtigung Frankreich innerhalb von 48 Stunden zu verlassen. Mithilfe der Liga für Menschenrechte gelang es aber, einen Aufschub zu erwirken. Die Bemühungen um eine tschechoslowakische Staatsbürgerschaft, die er vor Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft 1929 bereits einmal besessen hatte, schlugen fehl.67 Max Karl zog sich resignierend in die Privatheit zurück: „Ich hatte mich nun endgültig von allem politischen Wirken zurückgezogen und befasste mich fast vollständig mit Entwürfen für Glasmalerei und Mosaik, wie ich sie vor vielen Jahren in München studiert hatte.“68 Erst 1938 wieder veröffentlichte Max Karl eine politische Schrift im in Paris und Amsterdam erscheinenden Emigrantenblatt „Das Neue Tage-Buch“. Der Artikel war als offener Brief an seine Mutter in Wien gestaltet, die den Anschluss Österreichs an das Dritte Reich begrüßt hatte. „Du sagst, dass dein ‚Ja‘

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für Hitler ganz freiwillig von Dir ausgesprochen worden sei, also aus voller Überzeugung, und dies, weil Hitler Dir ein ‚grosser Mann‘ scheint, […] Du willst dabei auch die ‚Stimme des Blutes‘ gehört haben (des deutschen), – […] Ich will gar nicht bezweifeln, dass es so etwas, wie eine Stimme des Blutes gibt, und auch nicht, dass Du sie gehört haben magst. Aber ich sage Dir: heute hörst Du das Blut noch, morgen wirst Du es fließen sehen. Vielleicht wird es das Blut Deines Sohnes sein …“.69 Materiell ging es Max Karl in dieser Zeit wieder besser. Nach dem Tod seines Onkels Gottfried 1933, mit dem er sich zeitlebens um Geld gestritten hatte, und seines Vaters Max 1935 einigte er sich mit seinem Vetter Max Egon 1936 dahingehend, dass ihm für den Verzicht auf seinen festen und beweglichen Erbteil eine Lebensrente gezahlt werde. Damit war er jetzt sicher versorgt: „Finanzielle Mittel benötige ich nicht (meine Monatsrente beträgt 3000 fr.).“ 70 Mit dem Anschluss des Sudetenlandes an das Deutsche Reich endeten zum 1. Oktober 1938 die Zahlungen aus Rothenhaus, da sie devisenrechtlich gesperrt wurden. Klagen gegen Max Egon nutzten nicht. Max Karl war auf den Kredit seines Hotels und auf die Unterstützung durch Bekannte und Freunde angewiesen.71 Die Notsituation, in der sich Max Karl befand, wurde politisch ausgenutzt. Einige Monate vor Kriegsbeginn teilte ihm sein Vetter Max Egon aus Rothenhaus mit, er würde die vereinbarte Lebensrente wieder zahlen, wenn Max Karl auf jede politische Betätigung verzichte und sich in ein Land begebe, mit dem Deutschland noch im Clearing stände, also z. B. Rumänien, Ungarn und Jugoslawien. Da Max Egon in diplomatischen Diensten stand, ist es möglich, dass dahinter ein Versuch der Nationalsozialisten stand, Max Karl in die Botmäßigkeit zu zwingen.72 Als im September 1939 der Krieg zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich begann, wurde Max Karl als ehemals Deutscher interniert. Im Lager wurde intensiv für die Fremdenlegion geworben, einem Begehren, dem er sich letztlich nicht entziehen konnte. „Meine Verpflichtung zum Eintritt in die franz. Fremdenlegion erfolgte am 20. April 1940 auf Kriegsdauer“.73 Ein fertig verfasster, aber nicht abgeschickter Brief vom 3. September 1939 an die Mutter verdeutlicht seine damalige Stimmung und legt die persönlichen Gründe zu diesem nicht leichtgefallenen Schritt dar. Die Welt dürfe Hitler nicht trauen, da kein vernünftiger Mensch mehr an seine Versprechungen glaube. „Dieser Mann muß weg, oder es kommt die Katastrophe. Aber selbst der Krieg und selbst die Anarchie, die auf ihn folgen könnte, ist uns hier noch lieber als die nationalsozialistische Tyrannei. Jedes System, so bedenklich es auch sein kann, ist uns noch annehmbarer als der Nationalsozialismus. Und wir fürchten es weniger als den Irrsinn des Rassenwahnes dieses Verbrechers. Wir

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werden also, ganz gleichgültig, was auch die Folgen dieses Krieges, von denen eins schon jetzt feststeht, daß der Nationalsozialismus auf jeden Fall als System zerbrochen wird, dann sein werden, mit der absoluten Überzeugung in den Krieg ziehen, daß, sollte auch unsere Generation dabei untergehen, wenigstens unsere Nachkommen von der Seuche des Nationalsozialismus auf die Dauer befreit und erlöst sein werden. […] Unsere einzige Sorge ist nur noch, daß Hitler und seine Bande verschwindet, ganz gleichgültig, was dann auch kommen mag. […] Ich habe mich gestern wie viele tausende von Emigranten freiwillig zum französischen Militärdienst gemeldet; […] wir wissen, wie schon gesagt, daß ein neuer Weltkrieg für alle Beteiligten schmerzlich sein wird, und daß in ihm, wie Hitler selbst sagt: die ganze Welt mit untergehen wird. Wir bevorzugen diesen möglichen Untergang vor der Schande, uns Hitler zu unterwerfen. […] Indes Hitler nur für Deutschland kämpft, kämpfen wir für das Wohlergehen der ganzen Menschheit.“74 Den äußeren Hergang schilderte Max Karl in seinem Verhör 1942: „Die französische Presse meldete, dass viele tausend von Emigranten sich bei Kriegsausbruch zum franz. Heeresdienste gemeldet hätten. Dies nahm ich zum Anlass, das Gleiche zu tun […]. Dies konnte ich umso leichter tun, als ich das nationalsozialistische Regime verneinte […]. Wie ich bereits angegeben habe, meldete ich mich bei dem franz. Rekrutierungsbüro ‚Ecole Militaire‘ […]; dort angekommen unterschrieb ich eine Verpflichtungserklärung für Kriegsdauer zum Eintritt in das ‚Bataillon de Marche à titre de la Légion Etrangère‘ d. h. Marschbataillon der Fremdenlegion. Ich wurde dort gemustert und für tauglich gefunden. Eingestellt wurde ich nicht, sondern […] später wieder interniert. Diese erste freiwillige Meldung zum französischen Heeresdienst wurde später wieder rückgängig gemacht. Ein zweites Mal meldete ich mich am 20. April 1940 aus dem Lager Meslay du Maine in die französische Fremdenlegion“.75 Zum 24. April notierte Thea Sternheim, eine enge Bekannte des Prinzen, in ihr Tagebuch: „Eine Stunde später ist er in der Uniform eines Fremdenlegionärs bei mir. […] am kommenden Donnerstag, also am 2. Mai ginge er nach Afrika […]. Im Gegensatz zu früher ist er wortkarger geworden; meine, alles sei reichlich penibel, manchmal auch unverständlich. […] Für zartbesaitetere Naturen seien diese Zeiten ganz und gar nichts. Unterdessen sei er in seiner Eigenschaft als Prinz im Hotel Georg V. einlogiert, muss aber als gemeiner Soldat mit der Dienerschaft essen.“76 Der Transport ging über Marseille nach Oran, einen Monat verblieb Max Karl in Sidi-bel-Abbes, daran schloss sich die Ausbildung in Saida an, wo er im Lagerbüro beschäftigt wurde, aber auch eine infanteristische Ausbildung mit Gewehr 96 und leichtem Maschinengewehr erhielt. „In Saida verblieb ich über den Waffenstillstand77 hinaus bis zum 7.10.1940, an welchem Tag ich demobi-

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lisiert wurde.“78 Max Karl wurde aber nicht sofort demobilisiert, sondern wurde einer Arbeitskompanie in Colomb-Bechar für den Straßenbau zugewiesen. Da er wegen seiner Schwäche nicht mehr körperlich arbeiten konnte, verrichtete er Büroarbeit. Anschließend kam er in das Arbeitslager Kenadza, ungefähr 20 km südwestlich von Colomb-Bechar, wo er in einem Steinbruch arbeiten musste, bis er nach einem Monat wegen seines Schwächezustandes in das Lagerbüro zurückgenommen wurde. „Im Lager Kenadza erfuhr ich eine äusserst schlechte und deprimierende Behandlung, insbesondere von seiten des franz. Lagerkommandanten Leutnant Mutel, der immer wieder auf meinen deutschen Adel anspielte. So musste ich z. B. seine Gäste, manchmal zweifelhafte junge Mädchen, bedienen und ihnen die Speisen auftragen, obwohl er einen OrdonanzBurschen hatte. Bei solchen Anlässen pflegte er seine Gäste darauf aufmerksam zu machen, dass sie von einem deutschen Prinzen bedient würden. Ich musste ihm gelegentlich Burschendienste leisten und ihm selbst die Stiefel ausziehen.“79 An Thea Sternheim schrieb er: „Ich wiege noch 50 kg, um von moralischen und nervlichen Belastungen ganz zu schweigen. Die meisten meiner deutschen Legionskumpane […] kehren nach Deutschland zurück und kommen lieber in ein Konzentrationslager“.80 So war dann auch der weitere Lebensweg Max Karls. Schon nach Abschluss des deutsch-französischen Waffenstillstandes hatte er die Rückkehr in die Heimat ins Auge gefasst. Der Sonderbeauftragte der Deutschen Rückführungskommission in Algier, Oberst von Schneditz, ließ Max Karl wissen, „dass trotz meiner Ausbürgerung kein Einwand gegen meine Rückkehr nach Deutschland bestände und dass seines Erachtens meine politische Vergangenheit gestrichen sei“.81 Nach einem achttägigen Aufenthalt in Saida wurde Max Karl mit weiteren Heimkehrwilligen nach Oran gebracht und von dort nach Marseille eingeschifft. Am 11. Juli wurde er in Chalon sur Saone von den deutschen Behörden in Empfang genommen und ins SS-Sonderlager Hinzert weitergeleitet. Die Hoffnungen, die Max Karl sehr vorschnell an die Äußerung des Oberst von Schneditz geknüpft hatte, erfüllten sich nicht. Nach elf Wochen kam er ins Durchgangslager Niederbühl bei Rastatt, drei Wochen später nach Kislau und nach sieben weiteren Wochen als „Schutzhäftling“ in das Gerichtsgefängnis Karlsruhe, wo er in der Zeit vom 16. Januar bis 30. April 1942 verhört wurde.82 Man bezichtigte ihn der Spionage, warf ihm seine Kontakte zu den deutschen Emigranten vor und wertete seine publizistischen Äußerungen gegen den Nationalsozialismus als Landesverrat. Seine politischen Betätigungen waren also keineswegs vergessen. Die Anklageschrift gegen Max Karl datiert vom 26. Oktober 1942, anderthalb Monate später folgte am 12. Dezember das Urteil des Ersten Senats des

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Volksgerichtshofes unter Vorsitz des berüchtigten Präsidenten Dr. Freisler. Das Todesurteil wurde am 27. Juli 1943 in Stuttgart vollstreckt. Wer also war Max Karl von Hohenlohe-Langenburg und warum wurde er hingerichtet? Er war Verfasser von Gedichten und literarischen Texten, Reiseschriftsteller, politisch engagierter Journalist und politisch Tätiger. Den Grund für das Todesurteil formulierte der Volksgerichtshof im Urteil gegen Max Karl so: „Der Angeklagte hat organisatorisch und durch öffentliche Hetzschriften und schwere Verleumdung des Führers und des deutschen Volkes im Ausland und im Reich selbst jahrelang als Emigrant Hochverrat gegen das Deutsche Reich vorbereitet, um die nationalsozialistische Lebens- und Führungsart zu stürzen, die sich das deutsche Volk gegeben hat. Er wird deshalb mit dem Tode bestraft.“83 Hochverrat, das war die Sicht des totalitären Staates. Aus heutiger, von der Demokratie geprägten Sicht muss man die Handlungen dieses Hohenlohe – die engagierte publizistische Tätigkeit gegen den Nationalsozialismus, das Engagement in zahlreichen Versammlungen der Pariser Emigranten und zuletzt auch den Kampf in der französischen Fremdenlegion gegen die Naziherrschaft – als Widerstand verstehen und würdigen. Ein Widerstand, der schon sehr früh, kurz nach der nationalsozialistischen Machtergreifung, begann.84 In Heidelberg hat man inzwischen eine gebührende Form der Ehrung der Hingerichteten aus Stuttgart gefunden. 2001 erhielten die bis dahin anonym bestatteten Hinrichtungsopfer auf dem Heidelberger Bergfriedhof eine Tafel mit den 20 Namen, darunter selbstverständlich auch der Name „Max Karl von Hohenlohe-Langenburg“. Außerdem wurde zu ihrer Ehrung eine Stele des Bildhauers Günter Braun aus Eppelheim aus schwarzem Granit aufgestellt.85 Anmerkungen 1 2 3

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Max Karl in einem Brief an seine Mutter, zitiert nach dem Urteil des Volksgerichtshof vom 12.12.1942 gegen ihn, in J. Zarusky, H. Mehringer, Widerstand als ,Hochverrat‘ 1933–1945, S. 9. Zitiert nach Dieter Fehrentz, Hans Martin Mumm, Das Mahnmal für die Opfer der nationalsozialistischen Justiz auf dem Bergfriedhof, in: Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt 7, Heidelberg 2002, S. 271–29, hier S. 286. Brief der Stadt Heidelberg – Kulturamt vom 26.4.2001. Fehrentz, Mumm, Das Mahnmal, S. 286 ff. und Hans Martin Mumm, Das Grab von Max Karl Prinz zu Hohenlohe-Langenburg auf dem Heidelberger Bergfriedhof, in: Württembergisch Franken 89, Schwäbisch Hall 2005, S. 257–260. Stammtafel des fürstlichen Hauses Hohenlohe, herausgegeben vom Familienverband des fürstlichen Hauses Hohenlohe, Öhringen 1979, Tafel 8, Detlev Schwennicke, Euro-

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päische Stammtafeln. Neue Folge, Band XVII, Frankfurt am Main, 1998, Tafel 11. Wilhelm Pfeifer, Die Hohenlohe in Böhmen, Mähren und Österreich, in: Württembergisch Franken 63, Schwäbisch Hall 1979, S. 88–177. Pfeifer weiß von Max Karl nur wenig und widmet ihm jeweils nur einen Satz (S. 107 und 129). Die erste biografische Darstellung erhielt der Prinz erst durch Jürgen Walter, Max Karl Prinz zu HohenloheLangenburg, die deutsch-jüdische Emigration in Paris und das Dritte Reich, in: Württembergisch Franken 88, Schwäbisch Hall 2004, S.207–230. Walter wertete Erwähnungen des Prinzen in Tagebüchern und Briefen befreundeter Emigranten, Schriften Max Karls in kleineren Zeitschriften und die im Institut für Zeitgeschichte in München erhaltenen Unterlagen aus dem Berliner Document Center über Vernehmung und Anklage des Hohenlohe 1943 aus: Handakten Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof von 1937–1945: Verfahren gegen Prinz Max Karl zu HohenloheLangenburg, Bestand Fa 117 Band 145 und Anklageschrift und Urteil, in J. Zarusky, H. Mehringer, Widerstand als ,Hochverrat‘ 1933–1945. Die Verfahren gegen deutsche Reichsangehörige vor dem Reichsgericht, dem Volksgerichtshof und dem Reichskriegsgericht, München 1993, Mikrofiche-Edition, Bd. Nr. 587 und 588. Die im HohenloheZentralarchiv Neuenstein befindlichen Nachlassunterlagen (Bestand La 147 Nachlass Prinz Max Karl, bearbeitet von Peter Schiffer, masch. Manuskript, V, 18 Seiten, Neuenstein 2001) waren bei Abfassung der Arbeit von Jürgen Walter noch nicht erschlossen. Vernehmungsprotokoll, S. 3 (S. 8), zur Verfassung der Herrschaft Rothenhaus auch Pfeifer, Die Hohenlohe, S. 109. La 147 Bü 21 Gedichte und einige Betrachtungen, o.D. La 147 Bü 37 Brief von Marie Therese Kohleisen an Max Karl vom 5.11.1921. La 145 Bü 15 Tagebuch, o.D. Vernehmungsprotokoll, S. 4 (S. 9), über den Aufenthalt in Ettal, S. 77 (S. 82) und La 145 Bü 15, autografische Darstellung der Schulzeit. La 147 Bü 40 Brief der Tante Gräfin Marie Almeida an Max Karl vom 7. April 1922. La 147 Bü 48 Brief von Domänensekretär Peters an Max Karl vom 4.12.1923 und Antwort Max Karls vom 13.12. 1923 ebenda. La 147 Bü 5 Schreiben vom 22.5.1924. La 147 Bü 9 Tagebucheintrag vom 4. Juni. La 145 Bü 8 Tagebucheintrag vom 4.12.1918. = Musen, in der Vorlage „Klaarien“. La 147 Bü 11 Tagebuch von August-November 1920. La 145 Bü 8 Tagebucheintrag vom 28.12.1918. La 147 Bü 43 Brief Max Karl an den Freund Hermann Schenk Junior in Meran, o.D. [1922]. La 147 Bü 39 Brief Max Karls an Tante Gräfin Marie Almeida vom 22.8.1920. La 147 Bü 11 Tagebuch von August bis November 1920, Briefentwurf an Direktor Riemerschmid über die der Bewerbung beiliegenden Entwürfe. Zu Riemerschmid siehe Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker, herausgegeben von Ulrich Thieme, 38. Band, S. 336.

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21 Zu Thorn Prikker siehe Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler, 33. Band, S. 88, Artikel in Wikipedia mit Beispielbildern sowie Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon . 22 La 147 Bü 47 Brief an Hedwig Caspari, ca. 1922. 23 La 147 Bü 47 Brief an Hedwig Caspari vom 24.und 25.5.1922. Über Peter Behrens siehe Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler, 3. Band, S. 206. 24 Über Hedwig Caspari mit einigen ihrer Gedichte, Brief an Martin Buber in La 147 Bü 27, Bemühung um Käufer des Buches von Caspari, La 147 Bü 44 Brief an die Dichterin und Schriftstellerin Auguste Hauschner (1850–1924) vom 30.10.1923. 25 La 147 Bü 4. Der Brief von A. Hoff aus Düsseldorf vom 6.6.1923 berichtet von einem Verkauf zweier Köpfe an eine Sammlerin für 50 000 Reichsmark, in seinem Brief vom 13. September 1923 aus Berlin heißt es: „Darf ich Sie fragen, ob Sie diese Mosaikköpfe noch haben und ob Sie einen verkaufen wollen, was soll er denn kosten.“ 26 La 147 Bü 33, teilweise in Bü 12, 15, 25–27 und 32. 27 La 147 Bü 47 Brief an Hedwig Caspari vom 20.8.1921. 28 La 147 Bü 47 Brief an Hedwig Caspari vom 2.8.1921. 29 La 147 Bü 5, das hier nur in Abschrift vorliegende Urteil der zweiten Strafkammer des Landgerichts München I enthält keine Angabe über das Strafmaß. Laut Vernehmungsprotokoll S. 2 (S. 7) betrug es 6 Monate. La 147 Bü 40 Brief der Tante Gräfin Marie Almeida vom 10.6.1924. 30 Vielleicht deuten die Englischvokabeln in LA 147 Bü 32 (am Schluss) auf die Vorbereitung einer Auswanderung nach Amerika. 31 La 147 Bü 9 Tagebucheintrag vom 3. Juli 1919. 32 Vernehmungsprotokoll, S. 129, La 147 Bü 40 Briefe der Tante Gräfin Marie Almeida vom 22.5., 10.6. und 19.6.1924, wo immer wieder von einem „Kapital“ die Rede ist, das Max Karl zustehe. Die größeren Zusammenhänge werden jedoch nicht ersichtlich daraus. Die Erbschaft könnte von der am 29.6.1923 verstorbenen Großmutter väterlicherseits stammen. 33 Anklageschrift, S. 2 und Urteil S. 2. Hierzu Walter, Max Karl, S. 211, dessen Ansicht, die schriftstellerische Begabung des Prinzen sei durch Heinrich Lersch erst geweckt worden, ist entgegenzuhalten, dass sie bereits in der Jugendzeit vorhanden war. Zu Heinrich Lersch siehe Manfred Brauneck (Hg.), Autorenlexikon deutschsprachiger Literatur des 20. Jahrhunderts, Reinbek bei Hamburg 1984, S. 468 und Ernst Alker, Profile und Gestalten der deutschen Literatur nach 1914, Stuttgart 1977, S. 445–447. 34 Handakten Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof, S. 124 (S. 129), Vernehmungsprotokoll, S. 9 f (S. 14 f ), Walter, Max Karl, S. 211. 35 Vernehmungsprotokoll S. 15 ff. (20 ff.), Walter, Max Karl, S. 212 f. Vereinbarung über Gütertrennung La 95 Domänenkanzlei, Bü K II F. 44 F 187 Qu. 2 vom 14.10.1931. Es findet sich in den Quellen auch die Schreibweise „Pazquero“. 36 Walter, Max Karl, S. 213 f das Zitat S. 214, Vernehmungsprotokoll S. 34 (=S. 39). Walter hält auch eine politische Intention des Werkes für möglich. 37 Walter, Max Karl, S. 207 mit Anmerkung 10. 38 La 147 Bü 47 Brief an Hedwig Caspari vom 4.5.1922.

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39 La 147 Bü 37 Brief der Marie Therese Kohleisen an Max Karl vom 15.1.24. Die Briefe, auf die sie sich dabei bezieht, sind naturgemäß nicht im Nachlass Max Karls, sondern wurden – wenn überhaupt – von ihr verwahrt. 40 La 147 Bü 47 im Brief an Hedwig Caspari vom 4.5.22. Ein erst 1934 „plötzlich gewecktes politisches Engagement“, wie Walter, Max Karl, S. 217 annimmt, kann also nicht die Rede sein. 41 La 147 Bü 47 Brief an Hedwig Caspari vom 4.5.22. Nach dem Urteil, S. 5, habe Max Karl behauptet, „nach seiner Gesinnung Sozialdemokrat gewesen zu sein“. Er soll die Absicht gehabt haben, das sozialdemokratische System in Deutschland wiederherzustellen, Handakten Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof, S. 114 (S. 119). Max Karl war aber so sehr Individualist, dass er schwer einer Partei zugeordnet werden kann. 42 La 147 Bü 47 Brief an Hedwig Caspari vom 9.8.1922. 43 Vernehmungsprotokoll, S. 41 (S. 46), hierüber Walter, Max Karl, S. 211. 44 Vernehmungsprotokoll, S. 34 (S. 39). 45 Vernehmungsprotokoll, S. 50 (S. 55). 46 Im Verhör am 6. März 1942 in Karlsruhe, so Handakten Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof, S. 85 f (90 f ), in der Anklageschrift, S. 5 und im Urteil, S. 5. 47 Gespräche mit Röhm, in: Pariser Tageblatt 2. Jahrgang (1934) vom 15.7. S. 1–2, und Sein Erlöser, ebenda vom 16.7. S. 1–2, dazu auch Vernehmungsprotokoll, S. 30 (35). 48 So die deutsche Übersetzung in der Anklageschrift, S. 6. Zu dieser Veröffentlichung wurde er 1942 vernommen, Vernehmungsprotokoll, S. 89 ff. (S. 94 ff ). 49 Der Gegen-Angriff II (1934), Nr. 44, zitiert nach Walter, Max Karl, S. 215. 50 Vernehmungsprotokoll, S. 50 f (56 f ), das Zitat S. 51 (56). 51 Äußerung gegenüber Jean Klein, Beauftragter der französischen Regierung und Sekretär des französischen sozialistischen Abgeordneten Fribourg, Handakten Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof, S. 107 (S. 112) und ebenda S. 128 (S. 133). 52 Im Versailler Vertrag war das Saargebiet einer Regierung durch den Völkerbund unterstellt worden. 53 Basler Nachrichten vom 4. Oktober 1934, Titelseite. 54 Der Führer. Hauptorgan der NSDAP Gau Baden vom 6. Oktober 1934, in La 95 Domänenkanzlei, Bü K II F. 44 F 187 Qu. 10. 55 NS-Kurier Nr. 467 vom 6. Oktober 1934, S. 2 in La 95 Domänenkanzlei, Bü K II F. 44 F 187. 56 Vernehmungsprotokoll, S. 49 (S. 54). 57 Walter, Max Karl, S. 218. 58 Abgedruckt in Der Gegen-Angriff II (1934), Nr. 37, zitiert nach Walter, Max Karl, S. 215 f. 59 Der Gegen-Angriff II (1934), Nr. 40, zitiert nach Walter, Max Karl, S. 216. 60 La 147 Bü 2. 61 Vernehmungsprotokoll, S. 42–44 (S. 47–49). 62 Vernehmungsprotokoll, S. 44–47 (S. 49–52). 63 Handakten Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof, S. 115 (S. 120). 64 Staatsanzeiger für Württemberg vom 5. November 1934 Nr. 258, Seite 3, in La 95 Domänenkanzlei, Bü K II F. 44 F 187 Qu. 22.

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La 95 Domänenkanzlei, Bü K II F. 44 F 187 Qu. 1. Der Gegen-Angriff II (1934) Nr. 46, zitiert nach Walter, Max Karl, S. 216 f. Vernehmungsprotokoll, S. 63 (S. 68). Walter, Max Karl, S. 220. Vernehmungsprotokoll, S. 65 (S. 70). Das Neue Tage-Buch 6 (1938), Heft 19, S. 451, zitiert nach Walter, Max Karl, S. 222. Brief Max Karls an Gottfried von Hohenlohe-Langenburg vom 13.1.1938, in La 95 Domänenkanzlei, Bü K II F. 44 F 187. Vgl. auch Vernehmungsprotokoll, S. 63 (S. 68). Vernehmungsprotokoll, S. 70 (S. 75). Vernehmungsprotokoll, S.  72 f (S.  77 f ). Über Max Egon Pfeifer, Die Hohenlohe, S. 120–128. Vernehmungsprotokoll, S. 76 f (S. 81). Zitiert nach dem Urteil, S. 9 f. Handakten Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof, S. 97 f (S. 102 f ). Im ersten Verhör (Vernehmungsprotokoll, S. 76 (S. 86)) hatte Max Karl noch behauptet, er habe sich erst im April 1940 nach langem Zögern und nach 5 abgelehnten Werbeversuchen entschlossen, in der Französische Fremdenlegion zu dienen. Walter, Max Karl, S. 224 folgt der Version des ersten Verhörs. Die Angaben des Verhörprotokolls sind mit Vorsicht zu nutzen, da Max Karl sein Verhalten gegenüber den Nationalsozialisten mit Scheingründen rechtfertigen und seine Taten möglichst verharmlosen musste. Er muss gewusst haben, dass für seine Teilnahme an der französischen Fremdenlegion schwere Strafen drohten. Thea Sternheim, Tagebücher 1903–1971, hrsg. und ausgewählt von Th. Ehrsam und R. Wyss, Göttingen 2002, hier Tagebuch Bd. III., S. 171, zitiert nach Walter, Max Karl, S. 224. [zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich vom 22.6.1940] Vernehmungsprotokoll, S. 76 f. (S. 81 f ), das Zitat S. 77 (S. 82). Vernehmungsprotokoll, S. 78 (S. 83). Thea Sternheim, Tagebücher Bd. V (Kommentar), S. 384 f., zitiert nach Walter, Max Karl, S. 225. Vernehmungsprotokoll, S. 79 (S.84). Vernehmungsprotokoll, S. 80 (S. 85). Urteil, S. 1. Eine kurze Würdigung des Widerstandes im Exil bei Detlev J. K. Peukert, der deutsche Arbeiterwiderstand 1933–1945, in Klaus-Jürgen Müller (Hrsg.): Der deutsche Widerstand 1933–1945, Paderborn 1986, S. 157–181, hier S.170 f.: „Nicht zuletzt die Künstler und Schriftsteller übernahmen eine Stellvertreterfunktion für die in Deutschland zum Schweigen gebrachte demokratisch-humanistische Kultur.“ Mumm, Das Grab, passim, Fehrentz, Mumm, Das Mahnmal, S. 271 f.

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Prinz Konstantin zu Hohenlohe-Langenburg (1893–1973), rechts.

Prinz Konstantin zu Hohenlohe-Langenburg (1893–1973) Ein Leben im Widerstreit von Neigung und Pflichtgefühl Thomas Kreutzer

Prinz Konstantin ist der Nachwelt vor allem in Erinnerung als Förderer von Kultur, Kunst und Geschichte in Hohenlohe und Tauberfranken, außerdem als Grandseigneur alter Schule.1 Im Fokus stehen dabei im Allgemeinen seine drei letzten Lebensjahrzehnte, nachdem er als Flüchtling des Zweiten Weltkrieges in Weikersheim gestrandet war und dort im wahrsten Sinne des Wortes ein neues Leben begonnen hatte. Es handelte sich quasi bereits um sein fünftes Leben, doch die vorherigen vier Lebensabschnitte – als Soldat, Künstler, Gutsbesitzer und NS-Funktionär – spielten für die historische Einordnung seiner Person bislang kaum eine Rolle. Nimmt man hingegen Konstantins gesamte Vita in den Blick, erkennt man darin ein interessantes Fallbeispiel für den Lebenslauf eines Adeligen aus der „zweiten Reihe“ über mehrere tiefgreifende politische und gesellschaftliche Umbrüche hinweg. Das Ende der k. u. k. Monarchie und die Gründung der ČSR 1918, der nationalsozialistische Angriff auf das Sudetenland 1938 sowie Flucht und Vertreibung 1945 stellen historische Bruchlinien dar, die mehr oder weniger deckungsgleich sind mit den maßgeblichen Einschnitten in der Biographie des Prinzen, einmal abgesehen von Krankheit und Tod seines Vaters 1931/33. Zumeist dürfte er sich angesichts des Ganges der Ereignisse als Getriebener gefühlt haben, der dennoch immer wieder recht zügig seine neue Rolle finden konnte. Dabei halfen ihm seine bestimmenden Charaktermerkmale – Kunstsinnigkeit und Pflichtgefühl –, die sich in stetem Widerstreit befanden; meistens behielt letzteres die Oberhand.

Herkunft und erstes Leben als Soldat Gottfried Konstantin Erwin Maria Hermann Prinz zu Hohenlohe-Langenburg, Rufname Konstantin bzw. Constantin, wurde am 11. September 1893 auf Schloss Rothenhaus (Červený Hrádek) bei Görkau ( Jirkov) im heutigen Tschechien geboren.2 Er stammte aus dem österreichisch-böhmischen Zweig des Hauses Hohenlohe-Langenburg, der sich im ausgehenden 18. Jahrhundert

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gebildet hatte.3 Im Gegensatz zu den Verwandten in Hohenlohe konvertierte dieser Seitenzweig im 19. Jahrhundert zum Katholizismus und empfahl sich so für den weiteren Dienst für das österreichische Kaiserhaus. Konstantin kam als drittes Kind von Gottfried Prinz zu Hohenlohe-Langenburg (1860–1933) und Anna, einer geborenen Gräfin von Schönborn-Buchheim (1864–1954), zur Welt.4 Insgesamt hatte er fünf Geschwister: Isabella, verheiratete Prinzessin von Windisch-Graetz, Ludwig, Max Egon sowie die Zwillinge Karl und Rudolf. Vater Gottfried machte Karriere als kaiserlich-königlicher Reichsrat, Kammerherr und Mitglied des österreichischen Herrenhauses und verfügte über umfangreiche Ländereien in Nordböhmen rund um Schloss Rothenhaus sowie in Ungarn. Oft hielt er sich am kaiserlichen Hof auf, ebenso wie seine Gattin, die in jungen Jahren Hofdame Kaiserin Elisabeths war.5 Im Schulalter erhielt Konstantin privaten Hausunterricht, wobei er die nötigen Prüfungen und das Abitur am Gymnasium der nahegelegenen Bezirkshauptstadt Komotau (Chomutov) ablegte.6 Nach dem Schulabschluss 1912 trat der Prinz standesgemäß für ein Freiwilligenjahr in das Böhmische Dragonerregiment „Fürst zu Windisch-Graetz“ Nr. 14 in Pardubitz (Pardubice) ein. Als Angehöriger dieses Regiments nahm er am Ersten Weltkrieg teil, wo er bis zum Oberleutnant aufstieg und für seinen Einsatz in Serbien und Italien mehrere Auszeichnungen erhielt. Dennoch scheint Konstantin sich bereits während des Krieges entschlossen zu haben, einen gänzlich anderen Weg jenseits des Militärs einzuschlagen: Im Sommersemester 1918 immatrikulierte er sich – als Reservist – an der Akademie der Bildenden Künste in Wien in der Meisterschule für Malerei von Professor Kasimir Pochwalski.7 Ob er allerdings sein Kunststudium tatsächlich bereits im Kriegsjahr aufnehmen konnte, ist unklar, denn konkrete Hinweise auf seine Teilnahme an den Kursen von Prof. Pochwalski fehlen. Vielmehr erlebte Konstantin das Kriegsende 1918 in italienischer Gefangenschaft.

Das zweite Leben im Zeichen der Kunst Das Ende der Monarchie und der verlorene Krieg dürften beim Prinzen, wie beim deutschen, österreichischen und böhmischen Adel insgesamt, tiefe Spuren hinterlassen haben.8 Hinzu kam, dass er infolge der Gründung der ČSR 1918 auch noch seine österreichische Staatsbürgerschaft verloren hatte und seit 1919 als Tschechoslowake galt.9 Der neue Staat erließ zudem noch 1918 ein AntiAdels-Gesetz und brachte im Jahr darauf eine umfassende Bodenreform auf den Weg, die für Großgrundbesitzer – und solche waren die Hohenlohe-Langenburg in Böhmen – mit empfindlichen Einbußen verbunden war.10 Erst nach

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einiger Zeit „,entdeckten‘“ Konstantin und seine Familie, dass ihnen als ehemals in Deutschland regierendes Haus ein württembergischer Pass und damit verbunden der Status als Auslandsdeutsche zustanden.11 Konstantin, der sich selbst in erster Linie als Böhme fühlte, gab rückblickend bezüglich seiner offiziellen Staatsangehörigkeit an, er sei „Auslandsdeutscher (Württemberger) i. d. CSR“ seit 1927;12 die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft blieb daneben bestehen. Für die Güter seines Vaters Gottfried brachte die Anerkennung als Auslandsdeutscher erhebliche Vorteile mit sich, denn der tschechoslowakische Staat setzte die geplanten Enteignungen bei „Ausländern“ weniger rigide um. Dennoch verlor die Familie von insgesamt etwa 20 000 ha Wald und landwirtschaftliche Nutzfläche immerhin noch mehr als 5 000 ha.13 Die politischen Umwälzungen mögen den Prinzen darin bestärkt haben, sich ganz der Kunst hinzugeben und der Heimat vorerst den Rücken zu kehren. Er ging nach Berlin und studierte ab dem Wintersemester 1919/20 drei Semester lang an der Akademischen Hochschule für die Bildenden Künste Malerei bei den Professoren Martin Körte, Heinrich Harder, Georg Koch, Ferdinand Spiegel und Erich Wolfsfeld; letzterer beurteilte den Prinzen im Zeichnen als „begabt und sehr fleißig“.14 Anschließend schrieb sich Konstantin im Sommersemester 1921 an der Akademie der Bildenden Künste in München ein, wo er vermutlich bis 1923 blieb und seinen Abschluss machte; aufgrund von Überlieferungsverlusten ist zu seiner Münchner Studienzeit leider nichts Näheres bekannt.15 Später, zumindest kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs, wählte Prinz Konstantin als Berufsbezeichnung für sich – neben „Gutsbesitzer“ und „Landwirt“ – häufig auch „akademischer Maler“. 16 Eine Reise nach Spanien 1923 bildete den Ausgangspunkt für ein Leben als Künstler, Weltenbummler und Bonvivant, das er in den folgenden 15 Jahren führte. Damit bewegte er sich abseits der üblichen adeligen Berufswege in Militär, Diplomatie und Staatsdienst. Nach dem Zusammenbruch der Monarchien in Deutschland und Österreich 1918 mussten viele Angehörige des Adels sich umorientieren und nach weniger traditionellen Möglichkeiten des Auskommens suchen. Wer ein Dasein als freier, nicht „professionell deformierter“ Künstler wählte, konnte dabei in gewisser Weise noch auf Akzeptanz unter Standesgenossen hoffen.17 Bei Prinz Konstantin gewinnt man den Eindruck, dass er seine Entscheidung aus echter Liebe zur Kunst und nicht aus Verlegenheit traf. In Spanien machte er die Bekanntschaft des Direktors des Museums für Moderne Kunst in Madrid, der ihm die Möglichkeit einer Ausstellung eröffnete. Sogleich begann Konstantin mit der künstlerischen Produktion, sodass er 1924 in der Lage war, 52 Gemälde und Zeichnungen in besagtem Museum auszustellen, von denen er 50 verkaufen konnte.18 Die Veranstaltung war ein

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voller Erfolg, der auch in der Verwandtschaft Beachtung fand.19 Nicht nur finanziell profitierte der malende Prinz von dem Achtungserfolg, sondern er erhielt im Anschluss daran auch von mehreren Seiten, insbesondere von in Paris lebenden US-Amerikanern und Südamerikanern, zahlreiche Aufträge für neue Kunstwerke. Konstantin siedelte nach Paris über, mietete ein Atelier an und konnte von nun an recht gut von seiner Kunst leben.20 Paris blieb sein Hauptwohnsitz bis 1938, allerdings unternahm er in dieser Zeit viele Reisen innerhalb Europas sowie nach Nord- und Südamerika. Neben dem Malen und dem Verkauf seiner Bilder richtete er für zahlungskräftige Auftraggeber Häuser und Schlösser ein, was mit ein Grund für seine Reiselust war und seine Einkünfte maßgeblich verbesserte – sein jährliches Einkommen betrug in dieser Zeit zwischen 50 000 und 80 000 Reichsmark. Aus diesen Jahren stammten seine Kontakte zu Kunsthandwerk und Kunstgewerbe, auf die er später in seiner Hohenloher Zeit zurückgreifen konnte. Abgesehen von seinen künstlerischen Ambitionen besaß Konstantin auch eine sportliche Ader, eine Eigenschaft, die er mit seinen Geschwistern teilte. Er betätigte sich in verschiedenen Sportarten, darunter Hockey und Tennis, doch in erster Linie galt er als hervorragender Springreiter. 21 Als solcher gewann er, ebenso wie mit seiner Kunst, mehrere Preise. In seiner Begeisterung für den Pferdesport schimmerte noch etwas von seiner Vergangenheit als Dragoner durch, womit er auch seinen adeligen Habitus pflegen konnte. Überhaupt hinderte ihn das Künstlerleben nicht daran, sich regelmäßig im Kreise seiner Standesgenossen zu zeigen. Nicht zuletzt die häufigen Aufenthalte des Prinzen bei seiner Verwandtschaft in Spanien zeugen von seiner Teilhabe am adeligen Jet Set avant la lettre.22 In Paris präsentierte er 1930 eine weitere große Ausstellung seiner Kunstwerke in der renommierten Galerie Bernheim-Jeune.23 Die Erkrankung seines Vaters im Jahr darauf bedeutete jedoch einen neuen Wendepunkt im Leben Konstantins, denn von nun an konnte er der Kunst nicht mehr seine ungeteilte Aufmerksamkeit schenken. Zwar behielt er sein Atelier in Paris, doch von 1931 an reiste er häufig nach Rothenhaus, wo er Prinz Gottfried bei der Verwaltung des Gutsbesitzes unterstützte.24

Gutsbesitzer und „Befreiungskämpfer“ im Sudetenland Nach dem Tod Gottfrieds am 19. November 1933 erbte Konstantin das Gut Eidlitz (Údlice) bei Komotau, zu dem mehrere landwirtschaftliche Betriebe und Wälder gehörten.25 Nun war der Prinz selbst zum Gutsbesitzer geworden, was mit seinem Selbstverständnis als Künstler nicht leicht zu vereinbaren war.

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Sein Doppelleben zwischen Paris und Böhmen versuchte er weiter aufrecht zu erhalten. Obwohl seine landwirtschaftliche Befähigung allgemein Anerkennung fand und er auf seinem Besitz Gewinn erwirtschaften konnte, litt er an der Zerrissenheit zwischen persönlicher Neigung und familiärer Pflichterfüllung. Ein Verzicht auf das Familiengut kam für Konstantin gleichwohl nicht infrage, zu sehr fühlte er sich den Traditionen verpflichtet, wie es seinem Stand entsprach. Obwohl sich Konstantin nach 1918 von der Politik zunächst ferngehalten hatte und er sich selbst auch später als unpolitischen Menschen charakterisierte,26 führte sein Engagement in der böhmischen Heimat zu einer starken Identifikation mit der sudetendeutschen Autonomiebewegung. Der Konflikt zwischen der sudetendeutschen Volksgruppe und der Regierung in Prag nahm insbesondere ab 1933 mit der Gründung der Sudetendeutschen Heimatfront, der späteren Sudetendeutsche Partei (SdP), unter Konrad Henlein an Schärfe zu.27 Konstantin zählte zu jener Gruppe von böhmischen Adligen, die aufgrund ihrer traditionellen Orientierung nach Deutschland und wegen der Enteignungen im Zuge der Bodenreform gegenüber dem tschechoslowakischen Staat eine kritische bis ablehnende Haltung einnahm.28 Ebenso wie sein Bruder Max Egon unterstützte er die auf Abtretung des Sudetenlandes an das Deutsche Reich ausgerichtete Politik Konrad Henleins, der seinerseits unter maßgeblichem Einfluss von Adolf Hitler stand. Während aber Max Egon als Vermittler agierte,29 wählte Konstantin einen radikaleren Weg. Zunächst unterstützte er den „Befreiungskampf“ der Sudetendeutschen, indem er – nach eigenen Angaben – „Sonderaufträge“ in Frankreich und England durchführte und eine Spionagezentrale leitete; dabei dürfte es sich um Aktivitäten für den von der SdP im Mai 1938 gebildeten Freiwilligen deutschen Schutzdienst gehandelt haben.30 Später folgte er dem Strom der sudetendeutschen Flüchtlinge, die sich im September 1938 als Reaktion auf die allgemeine Zuspitzung der Lage und die Rekrutierungsmaßnahmen der tschechoslowakischen Regierung über die Grenze ins Deutsche Reich absetzten.31 Der Prinz hatte sich zu diesem Zeitpunkt offenbar in Ungarn aufgehalten und begab sich direkt nach Dresden, um sich dort den Flüchtlingen anzuschließen.32 Ein akuter Fluchtgrund bestand für ihn nicht, vielmehr scheint er gezielt die Gelegenheit genutzt zu haben, seiner oppositionellen Haltung Ausdruck zu verleihen. Anschließend nahm er an der Bildung des Sudetendeutschen Freikorps (SFK) teil,33 das die Geflüchteten aufnehmen sollte. Das SFK, dessen Aufstellung von Hitler am 17. September befohlen wurde, war Henlein unterstellt und diente allein dem Zweck, die Regierung in Prag durch fortgesetzte Störaktionen zu provozieren und die laufenden Ausgleichsverhandlungen zu torpedie-

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ren.34 In dieser terroristischen Stoßtruppe nahm Konstantin als Kommandant des Abschnitts Eibenstock (im Erzgebirge), dem sechs bzw. zeitweise sogar elf Bataillone unterstanden, eine führende Position ein.35 Sein Abschnitt gehörte innerhalb der Gliederung des SFK zur Gruppe Sachsen, von der nachweislich die meisten Aktionen aller Gruppen ausgingen.36 Dies bedeutet, dass gerade dort, wo der Prinz tätig war, die größte Zahl an Sabotageakten und Überfällen auf tschechoslowakische Einrichtungen mit vielen Toten, Verletzten und Verschleppten stattfand. Es ist kaum davon auszugehen, dass Konstantin nicht aktiv an den Gewaltaktionen beteiligt war. Weder Mitgliedschaft noch Kommandantenstatus im SFK wurden von Konstantin nach dem Krieg geleugnet, doch spielte er die Rolle des Freikorps während der Sudetenkrise herunter und bezeichnete sein Engagement als patriotische Selbstverständlichkeit; von seiner Verantwortlichkeit in Zusammenhang mit Terrorakten war dabei keine Rede.37 In späteren Jahren unterließ er es ganz, von seiner Zeit im SFK zu berichten.38 Das SFK büßte seine Funktion als Hitlers „Diversionsinstrument“ mit dem Einmarsch der Wehrmacht in die ČSR nach dem Münchner Abkommen vom 30. September 1938 ein; sein offizielles Ende wurde am 9. Oktober verkündet, doch schon vorher befand sich die Truppe in Auflösung. Die SA, die den Aufbau der Terrororganisation maßgeblich unterstützt hatte, und die SS stritten sich darum, das SFK zu beerben und dessen Personal zu übernehmen.39

Funktionär im NS-Staat und in der Wehrmacht Daheim in Böhmen Auch Konstantin stand vor der Alternative, für die SS ins Ausland zu gehen oder einen Posten bei der SA-Reiterei im Sudetenland anzunehmen – und entschied sich für letzteres, da er auf diese Weise näher bei seinem Gutshof sein konnte.40 So trat er im Oktober 1938 der SA bei, die im Sudetenland raschen Zulauf gerade von ehemaligen SFK-Mitgliedern erhielt; am 1. Dezember desselben Jahres trat er zudem in die NSDAP (Mitgliedsnummer 6580933) ein.41 Der reitbegeisterte Prinz, der „einer der wenigen grösseren Pferdezüchter des Sudetenlandes“ war, wurde im Januar 1939 zum ehrenamtlichen Reiterführer der SA ernannt; zudem übernahm er die Präsidentschaft im Sudetendeutschen Reiterbund, dessen Präsidium er schon länger angehört hatte.42 Desweiteren wurde er in den Beirat des Reichskolonialbundes berufen.43 Die Ernennung zum Standartenführer der SA-Reiterei erfolgte am 30. Januar 1940.44 Die Hinwendung Konstantins zum Nationalsozialismus vollzog sich in erster Linie über seine starke Identifikation mit dem sudetendeutschen Autono-

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miestreben. Ging es dabei zunächst um die Stärkung der deutschen Minderheit innerhalb der ČSR und die Abwehr der als Drangsalierung empfundenen Regierungspolitik, entwickelte sich daraus zunehmend die Forderung nach der Loslösung von der ČSR und der „Heim“-Führung ins Deutsche Reich – ein Prozess, der von Henleins SdP in zunehmend radikalem Maße propagiert und von Hitler gesteuert wurde.45 Nach dem Münchner Abkommen und der Einverleibung des Sudetenlandes erfasste die heimgeholten Sudetendeutschen eine Welle der nationalen Begeisterung, die dem NS-Apparat und seinem Funktionärswesen, der Wehrmacht auf dem Fuße folgend, Tür und Tor öffnete.46 Schon die ersten Ausläufer dieser Welle hatten auch den Prinzen Konstantin erfasst, der sich als betont unpolitische Künstlernatur möglicherweise eine Zeit lang zu sehr von seinen Emotionen hatte mitreißen lassen – im Gegensatz zu seinem moderateren Bruder Max Egon, der dieselben Ziele auf dem Verhandlungswege zu erreichen suchte.47 So stellte Konstantin seine Tatkraft in den Dienst der „Befreiung“ mit der Waffe in der Hand und erlebte den Augenblick des Einmarsches im Oktober 1938 als Triumph, erfüllt von tiefer Dankbarkeit gegenüber Hitler. Diese Dankbarkeit speiste sein Pflichtgefühl, als er um die Übernahme von Aufgaben in der SA gebeten wurde, obwohl ihn die Aussicht „[entsetzlich] langweilte“, einen „Reitergeneral“ abgeben zu müssen. Er sah sich zur Ausübung administrativer Funktionen verpflichtet, obwohl er sich wegen seines Gutes Eidlitz schon stark beansprucht fühlte und nichts lieber getan hätte, als zur Kunst zurückzukehren. Wenigstens kostete ihn die Pflichterfüllung keine allzu große Anstrengung, denn er konstatierte: „Menschen zu führen scheint leichter zu sein als den Pinsel“.48 Einen tiefen Einblick in Konstantins Geisteshaltung bietet der erste Satz im Kriegstagebuch, das er während seiner späteren Verwaltungstätigkeit in Estland führte; rückblickend heißt es dort zum 25. Oktober 1941: „Seit fast 4 Jahren führe ich ein Leben, das für mich kein Leben ist[,] sondern ein mechanisches Dahinvegetieren, ein mechanisches Ausführen und Erledigen mir aufgedrängter Aufgaben, in denen ich keine Lebensaufgabe sehe und die ich lediglich aus Pflichtbewusstsein übernehme, nicht sicher, ob es wirklich meine Pflicht ist, diese Aufgaben zu übernehmen oder ob es nicht vielmehr meine Pflicht wäre, meiner Lebensaufgabe zu folgen, zu der ich mich berufen fühle und immer fühlte, der Kunst.“49 Zu diesem Zeitpunkt dürfte sich seine Begeisterung für Hitler und dessen Sudeten-Politik schon merklich abgekühlt haben. Es hatte sich inzwischen herausgestellt, dass das Sudetenland zur Beute von Funktionären, Parteiorganisationen und Wirtschaftsprofiteuren geworden war, was zu allgemeinem Unmut führte.50 Konstantin, der 1939 Paris endgültig hinter sich ließ und seine Mutter zu sich auf sein Gut holte,51 erging es selbst wie vielen seiner Lands-

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leute, die gehofft hatten, die neuen Machthaber würden die Enteignungen der Bodenreform rückgängig machen und die Wirtschaft stärken. Das Gegenteil trat ein: Die einst enteigneten Güter wurden nicht zurückgegeben, sondern unter den Parteigenossen aufgeteilt, sodass nur ein Bruchteil für die früheren Besitzer übrig blieb; außerdem befand sich die Wirtschaft seit Beginn der NSHerrschaft zunehmend im Abwind, was wiederum soziale Probleme mit sich brachte. Der Prinz, immerhin selbst SA-Funktionär, erhielt von seinem ursprünglich mehrere hundert Hektar großen Besitz nur 13 ha zur Eigenbewirtschaftung zurück. Darüber hinaus machte sein Gut, das bei der Übernahme schuldenfrei war und danach stets schwarze Zahlen geschrieben hatte, von 1939 bis 1945 nur noch Verlust, sodass er in finanzielle Nöte kam.52 Demgegenüber fielen die ökonomischen Vorteile, die Konstantin für sich verbuchen konnte, kaum ins Gewicht. Bis zum Anschluss war er als Kompagnon jüdischer Geschäftsleute an den Filzfabriken in Schluckenau (Šluknov) beteiligt gewesen;53 nachdem der Betrieb 1939 arisiert worden war, erschien als Miteigentümer neben Konstantin nur noch sein jüngerer Bruder Rudolf.54 Allerdings musste der Ältere seinen Anteil 1942 abstoßen, um seine Schulden bezahlen zu können.55 Während des Krieges bewirtschaftete Konstantin seinen Besitz mithilfe von französischen und russischen Zwangsarbeitern,56 doch auch diese Maßnahme glich die Verluste nicht aus. Der Prinz zeigte also keinerlei moralische Bedenken, wenn es darum ging, für sich selbst Vorteile in Anspruch zu nehmen. Später allerdings übte er in seinen Aufzeichnungen gerade an der Selbstbedienungsmentalität der NS-Funktionärsclique erhebliche Kritik.57

Während des Zweiten Weltkrieges Den Beginn des Zweiten Weltkrieges erlebte Konstantin im heimischen Böhmen. Er wurde als Reserveoffizier reaktiviert und in die Wehrmacht einberufen, für die er zunächst als landwirtschaftlicher Berater beim Wehrbezirkskommando Teplitz-Schönau (Teblice-Šanov) fungierte,58 zu dem auch der Bezirk Komotau mit Eidlitz gehörte. Die ersten Kriegsmonate konnte der Prinz somit an der Heimatfront verbringen und sich um seinen Besitz kümmern. Offenbar machte er seine Sache als Berater so gut, dass er sich für weitere Aufgaben empfahl, die ihn unweigerlich von zu Hause fortführten, was ihm wenig behagte. Dennoch fühlte er sich sehr geehrt, als man ihn nach dem Einmarsch in Belgien im Mai 1940 als Adjutant im Rang eines Oberleutnants beim Oberbefehlshaber der Militärverwaltung für Belgien und Nordfrankreich nach Brüssel abkommandierte.59 Der Oberbefehlshaber General Alexander von Falkenhau-

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sen war offenbar schon als vormaliger Kommandeur des Wehrkreises Dresden, dem Teplitz-Schönau unterstand, auf ihn aufmerksam geworden. Konstantin arbeitete somit in nächster Umgebung eines Mannes, der schon im ersten Kriegsjahr Kontakte zu Widerstandskreisen unterhielt und im Vorfeld des Attentats vom 20. Juli 1944 zeitweise als neuer Reichskanzler im Gespräch war.60 Möglicherweise beeinflusste Falkenhausens Haltung auch die Einstellung seines Adjutanten, die im Verlauf des Krieges zunehmend kritischer wurde. Vorerst jedoch erfüllte Konstantin weiterhin seine Pflicht fürs Vaterland und leitete die „Ernte- und Anbauschlacht“ in Belgien und Nordfrankreich, bis er im Herbst 1941 erneut versetzt wurde: nach Reval (Tallinn) im gerade besetzten Estland.61 Innerhalb der Zivilverwaltung des Generalkommissariats Estland unter Karl-Siegmund Litzmann übernahm Konstantin die Leitung der Hauptabteilung III mit Zuständigkeit für Wirtschaftsfragen.62 Der Prinz war noch im Juni 1941 zum Rittmeister befördert worden, doch als Mitglied der Zivilverwaltung befand er sich wieder im Status der Reserve, obwohl es ihn nach eigenem Bekunden eher an die Front gezogen hätte.63 Offiziell übernahm die Zivilverwaltung die Geschäfte am 5. Dezember 1941, doch allem Anschein nach befand sich Konstantin bereits am 25. Oktober in Reval; wahrscheinlich gehörte er zu dem mit Beobachterstatus ausgestatteten Vorauskommando, das vor der eigentlichen Einsetzung der zivilen Kräfte vor Ort weilte.64 Zu diesem Zeitpunkt war die Deportation und Ermordung der estnischen Juden bereits weitgehend abgeschlossen, sodass sich die Zivilverwalter in Reval bei diesem Verbrechen nicht mehr die Hände schmutzig machen mussten. Dass die zivilen Besatzungskräfte in Estland – und damit auch Konstantin – dennoch über das Schicksal der dortigen Juden wie auch der Juden in den übrigen besetzten Gebieten im Bilde waren, steht außer Frage.65 Über Konstantins Wirken als oberster Wirtschaftsführer im besetzten Estland können bislang kaum Aussagen getroffen werden. Offenbar legte er Wert auf Akzeptanz bei der estnischen Bevölkerung, sodass er sich gegen die von vielen NS-Funktionären praktizierte kolonialistische Ausbeutung des Landes verwahrte.66 Er befürwortete die Zusammenarbeit mit der estnischen Selbstverwaltung unter Hjalmar Mäe und sah in dessen mangelnden Rückhalt in der Bevölkerung ein Problem. Mit Generalkommissar Litzmann, den Konstantin seit Jahren kannte und schätzte, verband ihn die Kritik an der Politik der Reichsleitung, die auf Erniedrigung und Unterdrückung der besetzten Gebiete ausgerichtet war.67 Wie viele andere mit einem realistischeren Blick auf die Verhältnisse verfasste er eine Denkschrift, die die Forderung nach Autonomie der baltischen Staaten im Rahmen der deutschen Besatzung in den Mittelpunkt rückte.68 Durch die Übertragung von politischer Verantwortung und die

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Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen hoffte man, die Einheimischen für das Deutsche Reich einzunehmen. 1942 und 1943 kam es wegen des umstrittenen Themas zu zwei Konferenzen der beteiligten Institutionen, doch zu Konstantins Verdruss hielt Hitler am Kolonialkurs fest.69 Die Enttäuschung über die Starrheit der Besatzungspolitik untermauerte die von Konstantin seit geraumer Zeit gehegten Vorbehalte gegenüber Hitler und dessen Apparat. Die Einträge in seinem Kriegstagebuch machen deutlich, wie sehr sein Unmut stetig wuchs. Zum Teil seitenlang philosophierte er, der sich selbst als „Opfer seiner Zeit“ sah, über die eigene Lebenssituation, die Lage an der Front, die verfahrenen Verhältnisse in Estland sowie seine Sicht auf das politische Führungspersonal. Sein Zorn richtete sich gegen kleinkarierte, machtbesessene, nur auf persönlichen Gewinn bedachte und ansonsten ziemlich vernagelte Parteifunktionäre, sowohl zu Hause im Reich als auch in den besetzten Gebieten; in seiner Ablehnung zeigte sich der hochadlige Wirtschaftsexperte ganz standesbewusst, denn: „Verwalten können nur Herren, nie pflichtgetreue kleine Beamte, Bürokraten oder Pfründenjäger.“ Er beklagte sich über fehlende „Herren-Naturen“, die es in Deutschland immer in großer Zahl gegeben habe; der Adel habe genug Substanz, mit der Situation fertig zu werden, doch er werde von den Machthabern als unnationalsozialistisch, kirchentreu und zu traditionell abgelehnt. Hier schimmerte wohl auch etwas von dem durch, was der Prinz als Kritik an seiner eigenen Person erfahren musste.70 Angesichts der sich verschlechternden militärischen Lage notierte Konstantin im Spätsommer 1942 erstmals auch harsche Kritik am „Führer“ selbst, dem er jegliche Kompetenz als Feldherr absprach. Die Absetzung führender Generäle und die Übernahme der obersten Befehlsgewalt durch Hitler kommentierte er mit den Worten: „Das muß schief gehen. Die Armeeführer schütteln sorgenvoll den Kopf, der Großteil des deutschen Volkes, der die Situation erfasst, tut das Gleiche.“ Und weiter: „Das deutsche Volk wird durchhalten, wenn die Partei es nicht zum Wahnsinn bringt mit ihren stumpfsinnigen Parteifunctionären.“71 Seiner Ansicht nach folge aus der „Krise der Partei“, dass das weitere Ausgreifen des Nationalsozialismus und dessen Übertragung auf die besetzen Länder behindert werde und im Sumpf aus Korruption, Klientelwirtschaft und Willkürherrschaft stecken bleibe. Konstantin wandte sich also nicht etwa gegen die NS-Ideologie als solche, sondern vor allem gegen die daraus entstandenen Auswüchse des Parteigenossensystems. So konstatierte er trotz allem zuversichtlich: „Die nationalsozialistische Revolution ist nicht abgeschlossen, sie entwickelt sich weiter.“ Und zwar in Richtung einer entsprechenden Missionierung der eroberten Völker, die man auf die Seite der Deutschen ziehen müsse, um den gemeinsamen Kampf gegen den Bolschewismus erfolgreich zu Ende

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führen zu können. Zuvor jedoch müsse die Partei gründlich gesäubert und umstrukturiert werden; sie müsse sich wandeln von einer „nationalegoistischen Partei“ zur Trägerin eines „Völker-Nationalsocialismus“ und in dieser Hinsicht zu einem Exportartikel.72 Tatsächlich hielt Konstantin insbesondere einige sozial- und wirtschaftspolitische Maßnahmen des Regimes für Errungenschaften mit Vorbildcharakter, darunter Berufsbetreuung, Berufsverbände und die Bildung des Reichsnährstandes. Auch die Rassentheorie bezeichnete er als „in den Grundprinzipien richtig“, da man das deutsche Blut während des Krieges angesichts der Massen an ausländischen Arbeitern im Reich nur durch klare Regeln schützen könne, auch wenn dies eine schwere außenpolitische Belastung bedeute. Andererseits fand er speziell Himmlers eliminatorische Zuspitzung des Rassenwahns „übertrieben“. Die hier erreichte Grenze wollte er nicht überschreiten. Obwohl in seinen Augen die wohlorganisierte und gut geführte SS einen „Ruhepol im Reich“ darstellte, lehnte er bestimmte von ihr getroffene Maßnahmen in aller Deutlichkeit ab: den Kampf gegen Religion und Kirche, die gewaltsame Umsiedlung anderer Völker, die permanente Bedrohung der Deutschen durch willkürliche KZ-Haft sowie die „Massenabschlachtungen von Juden, in denen das deutsche Volk eine ungeheure Blutschuld, die ihm auferlegt wird, erblickt“; generell meinte er wegen dieser Dinge eine tiefe Kluft zwischen der SS und der breiten Mehrheit des deutschen Volkes zu erkennen.73 Nicht zuletzt wegen der wachsenden Distanz zwischen Machtapparat und Bevölkerung diagnostizierte der Prinz eine „Krise der Dictatur“. Hitler als Alleinherrscher hatte für ihn ausgedient; notwendig sei vielmehr eine stärkere Beteiligung des Volkes bei der politischen Willensbildung. Im Juli 1943 nahm er in Reval gezwungenermaßen erstmals an einer Parteiversammlung teil, was er bis dahin, auch in der Heimat, hatte vermeiden können. Angesichts des dort Erlebten, das er als „sehr interessant, erschütternd und ernüchternd“ empfand, äußerte er sich angewidert über die bei der Partei übliche Beschmutzung der Religionen und die Vergöttlichung des „Führers“; Konstantin sah in der nationalsozialistischen Weltanschauung keinen Ersatz für eine Religion.74 Seine schizophrene Einstellung zu Ideologie und Politik des Nationalsozialismus wird am deutlichsten an seiner Haltung gegenüber Himmler sichtbar. Wie schon erwähnt, störte sich der Prinz ausdrücklich an den offenkundigen Verbrechen der SS, die er für „unverständlich und widerwärtig“ hielt. Andererseits lobte er den Reichsführer der SS dafür, dass dieser immerhin als einziger wisse, was er wolle. Daher begrüßte er den stetigen Machtzuwachs Himmlers, von dem er eine bessere Ost- und Außenpolitik, die Säuberung der Partei und die Vorbereitung einer Verfassung für die Zeit nach dem Krieg erwartete. Kon-

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stantin bewunderte Himmler für seine Fähigkeiten als Organisator, nicht aber als Politiker. Er schien ihm geeignet, die Zeit nach Hitler zu gestalten.75 In diesem Punkt war Konstantin einer Meinung mit Teilen des deutschen Widerstandes, die ebenfalls in Himmler eine Art Übergangsmachthaber sahen. Der SS-Führer selbst kokettierte offenkundig mit dem Gedanken, auch nach Hitlers Sturz eine tragende Rolle spielen zu können, rang sich dann aber doch nicht zu weiteren Konsequenzen durch.76 Mit Himmler in Verbindung stand im Übrigen auch Konstantins Bruder Max Egon.77 Bei beiden Prinzen kann in ähnlicher Weise ein Changieren zwischen Affirmation und Opposition festgestellt werden. Konstantin blieb mit seinen kritischen Gedanken nicht allein, sondern er fand Gleichgesinnte unter Mitarbeitern, Bekannten und Vorgesetzten in Militär und Verwaltung. Dies brachte ihn in die Nähe der Widerstandsbewegung. Mit einigen der Verschwörer des 20. Juli pflegte er mehr oder weniger enge Bekanntschaften: mit General Alexander von Falkenhausen, durch den er während seiner Zeit in Brüssel erstmals Kenntnis von der Existenz einer Opposition gegen Hitler erhalten haben dürfte, mit General Friedrich Olbricht, der 1938 zeitweise auf Gut Eidlitz stationiert gewesen war,78 sowie mit Gottfried von Bismarck-Schönhausen, der im Herbst 1943 soweit Vertrauen zu Konstantin fasste, dass er ihn in die Attentatspläne einweihte.79 Doch für eine konkrete Beteiligung des Prinzen bei der Planung und Durchführung von Hitlers Beseitigung finden sich bislang keine unabhängigen Belege. Seine Beziehungen zum Widerstand schmückte er nach dem Krieg zunehmend aus. Schon während seines Spruchkammerverfahrens erkannte er es als vorteilhaft, das eigene Handeln in den Kontext des Attentats vom 20. Juli zu stellen. Mithilfe mehrerer eidesstattlicher Erklärungen – unter anderem von Gottfried von Bismarck – versuchte er nachzuweisen, dass er dem Kreis der Widerständler außerordentlich nahe gestanden habe.80 Konstantin suchte damit Anschluss an eine aufkommende „standesbezogene Geschichtspolitik“81, die den aktiven Widerstand gegen den Nationalsozialismus geradezu zum Ausdruck adeliger Tugend erhob. In seinen letzten Lebensjahren war die Legendenbildung so weit fortgeschritten, dass er behaupten konnte, er habe eine aktive Rolle im Widerstand gespielt und sei im Falle eines erfolgreichen Attentats auf Hitler „als Chef der Militärverwaltung in Estland“82 vorgesehen gewesen. Nach dem Fehlschlag vom 20. Juli sei er aus der Wehrmacht entlassen worden und später auch aus der SA.83 Tatsächlich aber erhielt Konstantin sein Entlassungsschreiben von der Wehrmacht schon lange vor dem Attentat. Zum 1. Oktober 1943 wurde er als Rittmeister der Reserve außer Dienst gesetzt, und zwar gemäß eines „Führererlasses“ vom 19. Mai 1943 betreffend die „Fernhaltung international gebundener

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Männer von maßgebenden Stellen in Staat, Partei und Wehrmacht“.84 Dass er dazu ausersehen gewesen sein sollte, nach dem Umsturz eine Führungsaufgabe in Estland zu übernehmen, scheint zumindest zweifelhaft. Angesichts der militärischen Lage 1944 war an ein Aufrechterhalten der deutschen Besatzung im Baltikum kaum zu denken. Vielmehr waren die Pläne der Verschwörer darauf ausgerichtet, eine vollständige Kapitulation abzuwenden und das Deutsche Reich wenigstens mit den Ostgrenzen von 1914 zu erhalten.85 Seinen Posten in der Zivilverwaltung in Reval behielt Konstantin auch nach der Aussortierung aus der Truppe bei. Er setzte sich weiterhin für die Autonomie Estlands ein, doch der sich Anfang 1944 abzeichnende entsprechende Kurswechsel beim Ostministerium kam zu spät.86 Darüber hinaus scheint er aufgrund von Konflikten mit anderen Besatzungsfunktionären sowie mit Vertretern der estnischen Selbstverwaltung zunehmend unter Beschuss geraten zu sein.87 Möglicherweise unter Zwang oder auch, weil er seiner Aufgabe überdrüssig geworden war, zog sich der Prinz wohl Mitte 1944 zurück auf seinen heimatlichen Besitz.88 Zu diesem Zeitpunkt stand die deutsche Besatzung im Baltikum schon weitgehend auf verlorenem Posten; offiziell endete die Zivilverwaltung in Estland am 17. September.89 Die zweite Jahreshälfte verbrachte Konstantin zumeist auf Gut Eidlitz, abgesehen von längeren Aufenthalten in Hospitälern in Chemnitz und Dresden, die er im Herbst wegen eines Magenleidens aufsuchen musste.90 Um sein Verhältnis zur sudetendeutschen SA war es schon seit Längerem nicht mehr zum Besten bestellt, da er sich als Reiterbundspräsident gegen die Einverleibung der Reitervereine in die SA zur Wehr gesetzt hatte.91 Sein zunehmender Widerwillen gegen das NS-Regime und das generelle Misstrauen des Parteiapparats gegenüber dem international vernetzten Hochadel trugen zur weiteren Verschlechterung bei. Wie bei der Entfernung aus der Wehrmacht wegen seiner „verwandtschaftlichen Beziehungen zum Ausland“ wurde Konstantin am 10. Januar 1945 schließlich aus der SA entlassen.92 Der Prinz sah die Entlassung als Beleg dafür, dass er wegen seiner Mitwisserschaft beim 20. Juli unter Verdacht stand. Seit dem Scheitern des Attentats hatte er sich latent bedroht gefühlt, und dies sicher nicht ganz zu Unrecht. Es war nun offensichtlich, dass man das Vertrauen in ihn verloren hatte. Dies hing wohl auch damit zusammen, dass er aus seiner Kritik an der Partei offenbar auch in der Öffentlichkeit kein Geheimnis mehr machte.93 Konstantins Bindung an den NS-Staat war damit endgültig gelöst. In Reaktion auf die Entfernung aus der SA erklärte er noch im Januar schriftlich seinen Austritt aus der NSDAP.94 Die folgenden Wochen verbrachte er in ständiger Angst vor Verhaftung durch Gestapo oder SD, weshalb er sich nur noch selten in Eidlitz aufhielt, sondern vorwiegend auf Schloss Rothenhaus bei seinen Ver-

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wandten.95 Offenbar wurden tatsächlich Erkundigungen über ihn eingeholt. Daher versuchte er Ende März, sich nach Süddeutschland abzusetzen, doch bereits bei Eger (Cheb) geriet er in einen Fliegerangriff, bei dem Auto und Gepäck zerstört wurden.96 Er kehrte noch einmal nach Eidlitz zurück, wo er vom Herannahen der Roten Armee erfuhr. Um wenigstens das Wichtigste vom beweglichen Hab und Gut zu retten, gab der Prinz den anwesenden Familienmitgliedern und Bediensteten detaillierte Anweisungen, wie sie sich selbst und den Besitz in Sicherheit zu bringen hätten. Er selbst machte sich im April erneut auf den Weg nach Westen. Einige Monate später musste er feststellen, dass keiner seiner Ratschläge befolgt worden war, sodass durch Krieg und Flucht fast der gesamte Familienbesitz verloren gegangen war.97 Als ersten Fluchtpunkt in Süddeutschland steuerte Konstantin Starnberg an, den Wohnort seines Cousins Carl Graf von Almeida. Er zog rasch weiter nach Unterdießen im Allgäu, wo ihn Erwein Fürst von der Leyen in seinem Schloss aufnahm. Hier wartete er die unmittelbar bevorstehende Ankunft der Amerikaner ab. In der Gemeinde Unterdießen war der Flüchtling vom 26. April bis 18. Juli gemeldet, dann wandte er sich nach Hohenlohe. Für wenige Tage wohnte er auf Schloss Schillingsfürst, bevor er noch im Juli weiterreiste nach Langenburg auf das Stammschloss seines Hauses, wo ihn der greise Ernst Fürst zu Hohenlohe-Langenburg gerne aufnahm. Im Oktober 1946 siedelte Konstantin auf Schloss Weikersheim über, das ihm von den Langenburger Verwandten überlassen worden war. Bald darauf holte er seine betagte Mutter Anna, die es auf der Flucht nach Starnberg verschlagen hatte, in sein neues Domizil. 1947 lud er auch seine Schwester Isabella mit ihrem Gatten Alfred Prinz von Windisch-Graetz ein, bei ihm im Schloss zu wohnen.98

Neubeginn in Weikersheim Der Bezug des Schlosses im Taubertal eröffnete Konstantin, ganz nebenbei, die Möglichkeit, den Habitus eines adeligen Schlossbewohners weiterhin zu pflegen. Zunächst einmal aber musste er ein Spruchkammerverfahren über sich ergehen lassen; das Urteil mit der Einstufung als „Mitläufer“ und einer Sühneforderung in Höhe von 50 Reichsmark wurde am 23. August 1947 rechtskräftig.99 Zur Rechtfertigung seines Verhaltens während des Nationalsozialismus bot er eine große Zahl an eidesstattlichen Erklärungen von Freunden, Bekannten, Mitarbeitern und Amtsträgern auf, die vor allem auf seine persönliche Integrität und seinen Abscheu gegenüber dem Regime abhoben. Insgesamt kann Konstantins Verteidigungsstrategie als ein Musterbeispiel für Ver­drängung, selektive Erinnerung, Zurückweisung von Verantwortung und Trittbrettfahrerei

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betrachtet werden. Obwohl nicht zuletzt die Verteidigungsschrift seines Rechtsanwaltes voller Widersprüche, Ungenauigkeiten und Ungereimtheiten steckte, kam der Prinz mit einem milden Urteil davon. Die niedrige Bemessung der Geldsühne nahm darauf Rücksicht, dass er auf der Flucht einen Großteil seines Habes verloren hatte und nun praktisch bei null anfangen musste. Zwar hegte man seitens der Spruchkammer in Mergentheim gewisse Zweifel an der Darstellung mancher Sachverhalte, sodass man im November 1947 sogar die Wiederaufnahme des Verfahrens in Erwägung zog, als neue Einzelheiten ans Licht kamen. Doch nahm man davon schließlich Abstand, da sich an den Kernpunkten nichts Wesentliches geändert hatte. Mit der Ankunft in Hohenlohe und besonders mit dem Einzug in Weikersheim begann für Konstantin ein neuer, glänzender Lebensabschnitt, der alle bisherigen überstrahlen sollte. Nachdem er sich für kurze Zeit als Kunstmaler versucht hatte, dehnte er im Folgenden seine Aktivitäten erheblich in Richtung Denkmalpflege, Museumswesen und Kulturpflege im Allgemeinen aus. Den Ausgangspunkt bildeten 1946 die Aufgaben des Schutzes und der Pflege von Kunst- und Kulturdenkmälern, die ihm durch das Haus Hohenlohe und das Land Württemberg übertragen wurden.100 Das Staatliche Amt für Denkmalpflege in Stuttgart ernannte den Prinzen zum Pfleger für den Landkreis Mergentheim, während ihn der Familienverband – quasi im Gegenzug für die Überlassung von Schloss Weikersheim – mit der Einrichtung und Betreuung der in Familienbesitz befindlichen Schlösser beauftragte. Staatlicherseits wurde sein Auftrag einige Jahre später auf alle hohenlohischen Schlösser in Baden-Württemberg ausgeweitet. Formal bestand durch Konstantins Doppelzuständigkeit das Problem, dass er sich bei Sicherungs- und Restaurierungsarbeiten an den Schlössern im Grunde selbst zu beaufsichtigen hatte. Doch daran schien sich niemand grundsätzlich zu stören. Vielmehr gereichte es nach allgemeiner Ansicht der Burgen- und Schlösserlandschaft in Hohenlohe weitgehend zum Vorteil, dass sich die wichtigsten Kompetenzen in einer Hand befanden. Neben der Denkmalpflege kümmerte sich Konstantin intensiv um die touristische Erschließung der Burgen und Schlösser im Hohenlohischen.101 Mit dem Einzug übernahm er 1946 die Verantwortung für das Weikersheimer Schloss­museum; später kam die Leitung der Schlossmuseen in Neuenstein (seit 1949), Langenburg und Tierberg hinzu. Er entwarf zum Teil neuartige Konzepte für die Museen, die sich unter seiner Ägide zu wahren Publikumsmagneten entwickelten. Sein Anteil daran war nicht nur verwaltungstechnischer Art, sondern er sorgte auch für die Restaurierung und die geeignete Inneneinrichtung der Anlagen.102 Hier kamen ihm seine Erfahrungen und Kontakte aus den Pariser

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Jahren zugute. Viele Einrichtungsgegenstände und Kunstwerke stammten zudem aus Familienbesitz, denn zwischen 1949 und 1971 wurden mehrere Schlösser des Hauses Hohenlohe-Öhringen – Schrozberg, Kirchberg, Ingelfingen, Öhringen, Hermersberg – verkauft und das Inventar nach Neuenstein und Friedrichsruhe umgesetzt. An diesem Punkt entzündete sich bisweilen Kritik an seiner Vorgehensweise, denn der Prinz ging bei der Umverteilung der Inventargüter auf die verbliebenen Schlösser recht unbekümmert und nicht provenienzgerecht vor. So baute er beispielsweise eine Kassettendecke aus Kirchberg im Rittersaal von Neuenstein ein; die frei gebliebenen Flächen malte er kurzerhand selbst aus.103 Doch muss man ihm zugutehalten, dass durch sein unorthodoxes Vorgehen manches gerettet werden konnte, was ansonsten möglicherweise zerstört oder entwendet worden wäre. Um Reparatur- und Schutzmaßnahmen aller Art weitgehend in Eigenregie durchführen zu können, rief Konstantin an seinem Wohnsitz eine Restaurierungswerkstatt ins Leben. Besonders profitierte natürlich Schloss Weikersheim von der Betriebsamkeit seines Bewohners.104 In jahrelanger Kleinarbeit brachte er das Bauwerk und die zugehörigen Anlagen, insbesondere den Barockgarten und die Orangerie, auf Vordermann, bis auch dieser Komplex 1967 vom Haus Hohenlohe-Langenburg an das Land Baden-Württemberg verkauft wurde; weitergehende Restaurierungsmaßnahmen wurden nun von staatlicher Seite ausgeführt. Konstantin behielt sein Wohnrecht und betreute das Anwesen von da an als freier Mitarbeiter des Landesmuseums Stuttgart.105 Weitere hohenlohische Schlösser, die von ihm bzw. unter seiner Mitwirkung hergerichtet wurden, waren neben Neuenstein und Friedrichsruhe unter anderem Langenburg, Schillingsfürst, Tierberg, Hermersberg und Bartenstein sowie die Schlosskirche in Waldenburg; auch außerhalb der Region holte man seinen Rat ein, so bei den Schlössern Büdingen in der Wetterau und Herrenhausen bei Hannover.106 Konstantin engagierte sich auch über die Baudenkmäler hinaus in der Förderung von Kultur und Tourismus in Tauberfranken und Hohenlohe.107 Bleibende Verdienste erwarb er beispielsweise, indem er 1956 Schloss Weikersheim für die ersten internationalen musikalischen Sommerkurse der „Jeunesses Musicales Deutschland“ zur Verfügung stellte. Aus diesen Anfängen entwickelte sich später die „Musikakademie Schloss Weikersheim“, die heute zu den größten Musikakademien Deutschlands zählt.108 Ebenfalls auf dem Schloss unterhielt der Prinz spätestens seit 1949 eine eigene Kunstschule. Auf seine Initiative hin wurde zudem die Region in den Verlauf der „Romantischen Straße“, die von Würzburg nach Füssen führt, einbezogen; eine der touristisch bedeutsamsten Ferienstraßen Deutschlands führt seitdem unter anderem durch Bad Mergentheim, Weikersheim, Creglingen und Schillingsfürst.

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Konstantins Interesse an Geschichte, Kunst und Kultur ist ablesbar an seiner Mitgliedschaft und häufig auch Vorstandschaft in zahlreichen regionalen und überregionalen Vereinen und Institutionen, darunter Rotary Club Bad Mergentheim, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte, Deutscher Museumsbund, Internationales Burgenforschungs-Institut und Deutsche Burgenvereinigung.109 Persönlich am nächsten stand ihm der Weikersheimer Kreis, den er um 1951 mitbegründet hatte, eine informelle Vereinigung von Honoratioren aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Medizin, Kultur und Journalismus zur Förderung von Heimatkunde, Kunst und Geschichte.110 Konstantin war Schirmherr des Kreises, der sich als dezidiert unpolitische „menschlich-männliche Gemeinschaft“ verstand und sich nach den persönlich erlittenen „Nackenschlägen“ der Vergangenheit um die Hebung der Kultur kümmern wollte.111 Der Weikersheimer Kreis lebt bis heute fort. Konstantin betrieb intensive Studien zu Burgen- und Schlösserkunde, Kunstgeschichte und Numismatik sowie zur Familiengeschichte der Fürsten zu Hohenlohe.112 Insbesondere bereitete er eine große Arbeit zur hohenlohischen Münz- und Medaillengeschichte vor, die jedoch über Ansätze nicht hinauskam. Als einzige offizielle Publikation aus seiner Hand existiert daher nur der immer wieder neu aufgelegte Schloss- und Museumsführer zu Schloss Neuenstein.113 Zahllose andere Erforscher – Laien wie Wissenschaftler – der hohenlohischen und tauberfränkischen Geschichte und Kultur profitierten von seinem Wissen und seinen Erkenntnissen, welche er bereitwillig zur Verfügung stellte. Folgerichtig finden sich in vielen, zu seinen Lebzeiten erschienenen Publikationen zu regionalen Themen Danksagungen an den Prinzen.114 Er betätigte sich darüber hinaus als Fotograf, was in langen Diaserien vor allem von Bauwerken, Kunstwerken und Denkmälern aus der Region seinen Niederschlag fand.115 Diesen Fundus nutzte Konstantin für seine beliebten, mit Charme und Leidenschaft dargebotenen Bildvorträge, die er beispielsweise bei Sitzungen des Rotary Clubs oder für Besuchergruppen auf seinem Schloss hielt.116 Es blieb nicht aus, dass mit der Festigung seines Expertenstatus auch die Prominenz in der Öffentlichkeit zunahm. Seine Leistungen wurden zudem auf höherer politischer Ebene anerkannt.117 Bereits 1956 erhielt er Besuch von Bundespräsident Theodor Heuss, den er durch das Schloss und die Restaurierungswerkstätten führte. Zu Konstantins 70. Geburtstag 1963 sandte Ministerpräsident Kurt Georg Kiesinger seine Glückwünsche. Für seine Arbeit ausdrücklich gelobt wurde der Prinz auch von Ministerpräsident Hans Filbinger; nach dem Verkauf von Schloss Weikersheim an das Land 1967 konnte er nicht zuletzt wegen dessen Fürsprache an seiner bisherigen Wirkungsstätte weiter schalten und walten, wenn auch – in seinen Augen – etwas gebremst durch bürokratische Hindernisse.118

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Konstantins Verdienste um die Förderung der regionalen Kultur Hohenlohes und Tauberfrankens fanden auch darüber hinaus vielfach Anerkennung und Ehrung, insbesondere durch die Verleihung der Ehrenbürgerwürde der Stadt Weikersheim 1963 sowie des Bundesverdienstkreuzes Erster Klasse 1968.119 Er war zudem Träger des Hohenlohischen Haus- und Phönixordens und des Bayerischen Haus-Ritter-Ordens vom heiligen Georg.120 Innerhalb der Familie galt er ebenso als Autorität, sobald es um die Familiengeschichte ging. Abgesehen von der Schlösser- und Museumsverwaltung beaufsichtigte er zeitweise das Hohenlohe-Zentralarchiv auf Schloss Neuenstein,121 bis in den 1960er Jahren Archiv- und Museumsbereich deutlicher voneinander getrennt wurden. In manchen Fällen beriet Konstantin (Spitzname „Witzi“) Familienangehörige beim Handel mit Kunstwerken.122 Über die vielfältige Arbeit in seiner neuen „alten“ Heimat vernachlässigte Konstantin, trotz aller Beschäftigung mit Kunst und Kultur, seine eigene Malerei.123 Da er kaum dazu kam, seine künstlerischen Ambitionen ernsthaft zu verfolgen, betätigte er sich ersatzweise als Restaurator und malender „Lückenfüller“. Immerhin traf er in seiner Kunstschule auf Gleichgesinnte, mit denen er sich austauschen konnte. Doch Ausstellungen mit eigenen Werken fanden keine mehr statt. Wenn der Prinz noch zu Pinsel und Leinwand griff, dann höchstens für private Zwecke. Ob irgendwo noch ein Fundus von eigenhändigen Werken Konstantins existiert, bedürfte der Klärung. Ebenso unklar ist der Verbleib der Gemälde, die er einst in seiner Madrider und Pariser Zeit produziert und verkauft hatte. Seine Kunstwerke, die 1945 noch in Eidlitz und Rothenhaus vorhanden waren, mussten bei der Flucht zurückgelassen werden. Wie bei den meisten Vertriebenen, saß bei Konstantin der Schmerz über den Verlust der böhmischen Heimat tief. Doch fand er einen Ausgleich darin, sich nach der Ankunft in Hohenlohe mit diesem ursprünglichen Herkunftsland seiner Familie intensiv zu beschäftigen. Es war wohl auch dieses Kompensationsbedürfnis, das ihn vom Malen abhielt und zu anderweitiger Arbeit anspornte. Sein historisches Interesse richtete sich hingegen so gut wie gar nicht auf Böhmen bzw. das Sudetenland. Offenbar vermied er es, um keine alten Wunden aufzureißen, sich eingehender mit der alten Heimat zu befassen. Landsmannschaftliches Engagement zeigte der Prinz nach dem Krieg allein dadurch, dass er von 1953 bis 1958 als Anteilseigner bei der Sudetendeutschen Verlagsgesellschaft, Herausgeberin der Sudetendeutschen Zeitung, in Erscheinung trat.124 Seine Produktivität und sein Tatendrang galten ansonsten seinem neuen Lebensmittelpunkt. Kurz vor seinem 80. Geburtstag starb Prinz Konstantin, der Junggeselle geblieben war, am 2. Juni 1973 nach langer Krankheit in Bad Mergentheim.125 Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Familienfriedhof in Langenburg. Be-

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sonders in Weikersheim ist Konstantin noch immer in bester Erinnerung: So gibt es im Gewehrhaus des Schlosses einen „Prinz-Constantin-Saal“, der Rundweg um das Schloss wird auch „Prinz-Constantin-Weg“ genannt und die Jeunesses Musicales veranstalteten im Herbst 2010 im Rahmen des Hohenloher Kultursommers ein „Prinz-Constantin-Konzert“. Anmerkungen 1

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Vgl. Max H. von Freeden, Constantin Prinz zu Hohenlohe-Langenburg, in: Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst 25 (1973), S. XII; Carlheinz Gräter, Ein Grandseigneur nicht nur dem Gardemaß nach. Zum 25. Todestag von Constantin Prinz zu Hohenlohe-Langenburg, in: Frankenland 50 (1998), S. 189–191 (leicht verändert neu abgedruckt in: Ders., Ein Grandseigneur mit Gardemaß, in: Ders., Hohenloher Raritäten. Geschichte und Geschichten, Tübingen 2010, S. 147–152); Helmut Herrmann, Vor 25 Jahren starb Prinz Constantin, in: [Tauber-Zeitung], 3.6.1998; Thomas Kreutzer, Der letzte Bewohner von Schloss Weikersheim. Prinz Constantin zu Hohenlohe-Langenburg, in: Schloss Weikersheim in Renaissance und Barock. Geschichte und Geschichten einer Residenz in Hohenlohe, hg. v. Staatsanzeiger-Verlag in Zusammenarbeit mit den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg, Stuttgart 2006, S. 71; Ders., Adel verpflichtet. Prinz Constantin zu Hohenlohe-Langenburg widmete sich intensiv der Denkmalpflege in Hohenlohe, in: bwWoche 55/35 (2006), S. 24; Kurzer Rückblick auf das Leben von Prinz Constantin zu HohenloheLangenburg, in: Nachrichtenblatt des Hauses Hohenlohe 10 (1973), S. 4 f.; Wilhelm Pfeifer, Die Hohenlohe in Böhmen, Mähren und Österreich, in: Württembergisch Franken 63 (1979), S. 88–177, bes. S. 116–119. Siehe Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein (im folgenden HZAN), Oe 160, Bü 2. Vgl. Detlev Schwennicke (Hg.), Europäische Stammtafeln. Neue Folge, Bd.  XVII. Hessen und das Stammesherzogtum Sachsen, bearb. v. Frank Baron Freytag von Loringhoven, Frankfurt/Main 1980, hier Tafel 11. Vgl. Pfeifer, Hohenlohe, S. 96–130. Vgl. ebd., S. 107–109. Vgl. Herrmann, Vor 25 Jahren. Hierzu und zum Folgenden siehe HZAN, Oe 160, Bü 2. Vgl. Herrmann, Vor 25 Jahren. Schriftliche Auskunft von Eva Schober, Universitätsarchiv der Akademie der bildenden Künste Wien, 19. 8.2010. Vgl. Stephan Malinowski, Vom König zum Führer. Deutscher Adel und Nationalsozialismus, Frankfurt/Main 22004, S. 198–259; Eckart Conze/Monika Wienfort, Einleitung. Themen und Perspektiven historischer Adelsforschung zum 19. und 20. Jahrhundert, in: Dies. (Hg.), Adel und Moderne. Deutschland im europäischen Vergleich im 19. und 20. Jahrhundert, Köln 2004, S. 1–16, hier S. 14 f.; Heinz Reif, Adel im 19. und

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20. Jahrhundert, München 1999, S. 52 und 112; Hannes Stekl, Österreichs Adel im 20. Jahrhundert, in: Günther Schulz/Markus A. Denzel (Hg.), Deutscher Adel im 19. und 20. Jahrhundert. Büdinger Forschungen zur Sozialgeschichte 2002 und 2003, St. Katharinen 2004, S.  35–80, hier S.  37–41; Eagle Glassheim, Noble Nationalists. The Transformation of the Bohemian Aristocracy, Cambridge, Massachusetts und London 2005, S. 76–80. 9 Siehe Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 902/16, Bü 1273 (Spruchkammerakte Konstantin, im folgenden SpKA). Vgl. Glassheim, Nationalists, S. 59 f. 10 Vgl. Glassheim, Nationalists, S. 54 f., 62–66; Stekl, Adel, S. 38, 62–65. 11 Vgl. Pfeifer, Hohenlohe, S. 108 f. (Zitat S. 109). 12 SpKA. 13 Vgl. Pfeifer, Hohenlohe, S. 109; Gräter, Grandseigneur, S. 190; Glassheim, Nationalists, S. 110, 270. 14 Schriftliche Auskünfte von Karen Krukowski, Archiv der Universität der Künste Berlin, 20.8. und 2.9.2010. 15 Schriftliche Auskunft von Susanne Witzgall, Akademie der Bildenden Künste München, 6.9.2010. 16 Siehe HZAN, La 144 (Nachlass Konstantin, im folgenden NL Konstantin), Bü 13–14; SpKA. 17 Vgl. Reif, Adel, 26 (Zitat), 86. 18 Siehe NL Konstantin, Bü 9. Vgl. Pfeifer, Hohenlohe, S. 117. 19 Siehe HZAN, La 147, Bü 40: Marie Gräfin von Almeida (Tante von Konstantin) schreibt am 17.3.1924 an ihren Neffen Max Karl Prinz zu Hohenlohe-Langenburg (Cousin von Konstantin, ebenfalls Maler): „Witzi’s [= Konstantin] Ausstellung soll ein grosser Erfolg gewesen sein[;] die Königin bei der Eröffnung, reger Besuch und auch einiges gut verkauft[.] Er spendierte sich damit einen Ausflug nach Cannes.“ 20 Hierzu und zum Folgenden siehe NL Konstantin, Bü 12; SpKA. Vgl. Pfeifer, Hohenlohe, S. 117; Gräter, Grandseigneur, S. 190. 21 Siehe NL Konstantin, Bü 2; HZAN, Oe 160, Bü 2. Vgl. Pfeifer, Hohenlohe, S. 114. 22 Siehe NL Konstantin, Bü 37. 23 Siehe ebd., Bü 10–11. 24 Vgl. Pfeifer, Hohenlohe, S. 117. 25 Vgl. ebd., S. 109, 117. 26 Siehe SpKA. 27 Vgl. Ralf Gebel, „Heim ins Reich!“ Konrad Henlein und der Reichsgau Sudetenland 1938–1945, München 22000, S. 25–41; Glassheim, Nationalists, S. 162 f. 28 Vgl. Glassheim, Nationalists, S. 76–82, 159–190. 29 Vgl. ebd., S. 178–181; Helmuth G. Rönnefarth, Die Sudetenkrise in der internationalen Politik. Entstehung, Verlauf, Auswirkung, 2 Bde., Wiesbaden 1961, hier Bd.  1, S. 167 f., 325, 382 f., 423–425, 429 f.; Bernd Martin, Friedensinitiativen und Machtpolitik im Zweiten Weltkrieg 1939–1942, Düsseldorf 21976, S. 85; Pfeifer, Hohenlohe, S. 120–122. 30 Siehe NL Konstantin, Bü 12 (mit Zitaten). Vgl. Werner Röhr, Das Sudetendeutsche Freikorps. Diversionsinstrument der Hitler-Regierung bei der Zerschlagung der

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Tschechoslowakei, in: Militärgeschichtliche Mitteilungen 52 (1993), S.  35–66, hier S. 40 f. 31 Vgl. ebd., S. 47; Martin Broszat, Das Sudetendeutsche Freikorps, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 9 (1961), S. 30–49, hier S. 33, 35 f. 32 Siehe SpKA. 33 Siehe ebd.; NL Konstantin, Bü 12. 34 Vgl. Röhr, Freikorps, S. 47–49, 53–61; Broszat, Freikorps, S. 36–45; Gebel, Heim ins Reich, S. 70; Jörg Osterloh, Nationalsozialistische Judenverfolgung im Reichsgau Sudetenland 1938–1945, München 2006, S. 177 f. 35 Vgl. Röhr, Freikorps, S. 52: 6 Bataillone. Siehe NL Konstantin, Bü 12: 11 Bataillone. 36 Vgl. Röhr, Freikorps, S. 52; Broszat, Freikorps, S. 42. 37 Siehe SpKA. 38 Vgl. Pfeifer, Hohenlohe; Gräter, Grandseigneur. 39 Vgl. Röhr, Freikorps, S. 35, 50, 60–64; Broszat, Freikorps, S. 38, 40 f., 48 f.; Osterloh, Judenverfolgung, S. 188 f. 40 Siehe NL Konstantin, Bü 12. 41 Siehe SpKA. Konstantin selbst gab an, er habe lediglich von März bis September 1939 eine „Parteianwärterkarte“ besessen, sei aber „niemals vereidigt“ worden. Zur sudetendeutschen SA vgl. Osterloh, Judenverfolgung, S. 215. 42 Siehe SpKA (Zitat); NL Konstantin, Bü 12. Der Sudetendeutsche Reiterbund war bereits in der ČSR als Dachverband der ländlichen und städtischen Reitvereine gegründet worden; Konstantin hatte die ländlichen Reitvereine mit aufgebaut und war Präsident des Karlsbader Rennvereins. Nach dem Krieg begründete er die Übernahme der Präsidentschaft im Reiterbund damit, dass er die Einverleibung der Vereine in SA oder SS verhindern wollte. 43 Siehe NL Konstantin, Bü 12. 44 Siehe SpKA. 45 Vgl. Gebel, Heim ins Reich, S. 51–60; Glassheim, Nationalists, S. 162 f. 46 Vgl. Gebel, Heim ins Reich, S. 61–65; Osterloh, Judenverfolgung, S. 185. 47 Vgl. Lothar Höbelts Beitrag zu Max Egon in diesem Band. 48 Siehe NL Konstantin, Bü 12. 49 Ebd. 50 Vgl. Gebel, Heim ins Reich, S. 263–274. 51 Vgl. Pfeifer, Hohenlohe, S. 111, 117. 52 Siehe SpKA. 53 Siehe ebd. 54 Vgl. Osterloh, Judenverfolgung, S. 400–403, 619. 55 Siehe SpKA; NL Konstantin, Bü 12. 56 Siehe SpKA. 57 Siehe NL Konstantin, Bü 12. 58 Siehe ebd. 59 Siehe ebd.; SpKA. Vgl. Pfeifer, Hohenlohe, S. 118. 60 Vgl. Peter Hoffmann, Widerstand, Staatsstreich, Attentat. Der Kampf der Opposition gegen Hitler, München 31979, S. 135 f., 455.

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61 Siehe NL Konstantin, Bü 12 (mit Zitat). 62 Siehe ebd. Vgl. Hans-Dieter Handrack, Das Reichskommissariat Ostland. Die Kulturpolitik der deutschen Verwaltung zwischen Autonomie und Gleichschaltung 1941– 1944, Hann[oversch] Münden 1981, S. 230. 63 Siehe NL Konstantin, Bü 12; SpKA. 64 Siehe NL Konstantin, Bü 12. Vgl. Handrack, Ostland, S. 80; Meelis Maripuu/Indrek Paavlem, Die deutsche Zivilverwaltung in Estland und die estnische Selbstverwaltung, in: Olaf Mertelsmann (Hg.), Vom Hitler-Stalin-Pakt bis zu Stalins Tod. Estland 1939–1953, [Tallinn] 2005, S. 96–129, hier S. 106 und 108–112; Andreas Zellhuber, „Unsere Verwaltung treibt einer Katastrophe zu …“. Das Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete und die deutsche Besatzungsherrschaft in der Sowjetunion 1941–1945, München 2006, S. 133. 65 Vgl. Meelis Maripuu, Kollaboration und Widerstand in Estland 1940–1944, in: David Gaunt (Hg.), Collaboration and resistance during the holocaust. Belarus, Estonia, Latvia, Lithuania, Bern u. a. 2004, S. 403–419, hier S. 410–412, 418; Uwe Danker, Die ,Zivilverwaltung‘ des Reichskommissariats Ostland und der Holocaust: Wahrnehmung, Rolle und ,Verarbeitung‘, in: Gaunt (Hg.), Collaboration, S. 45–76, hier S. 53– 65. 66 Siehe NL Konstantin, Bü 12. 67 Vgl. Maripuu/Paavlem, Zivilverwaltung, S. 119–121; Handrack, Ostland, S. 85. 68 Siehe NL Konstantin, Bü 12. Vgl. Handrack, Ostland, S. 85; Zellhuber, Verwaltung, 320–323. 69 Vgl. Maripuu/Paavlem, Zivilverwaltung, S. 120, 122 f.; Handrack, Ostland, S. 84, 86. 70 Siehe NL Konstantin, Bü 12. Zur „,herrschaftliche[n]‘ Restdistanz“ vieler Adliger zum NS vgl. Malinowski, König, S. 589. 71 Siehe NL Konstantin, Bü 12. 72 Siehe ebd. 73 Siehe ebd. 74 Siehe ebd. 75 Siehe ebd. 76 Vgl. Hoffmann, Widerstand, S. 366–368; Karl-Günter Zelle, Hitlers zweifelnde Elite. Goebbels – Göring – Himmler – Speer, Paderborn u.a. 2010, S. 218–233. 77 Vgl. Zelle, Elite, S. 218–223. Zu Max Egon vgl. weiterhin Ulrich Schlie, Kein Friede mit Deutschland. Die geheimen Gespräche im Zweiten Weltkrieg 1939–1941, München und Berlin 1994, S. 18, 102–112, 226–235, 331 Abb. 20; Martin, Friedensinitiativen, S. 84 f., 103 f., 118, 279–281, 295–298, 321 f., 384; Pfeifer, Hohenlohe, S. 120– 128. 78 Vgl. Pfeifer, Hohenlohe, S. 118. 79 Siehe SpKA, Eidesstattliche Erklärung von Graf Bismarck-Schönhausen (Nr. 3). 80 Siehe ebd. 81 Conze/Wienfort, Einleitung, S. 4 (mit Zitat). Vgl. auch Malinowski, König, S. 587– 593. 82 Gräter, Grandseigneur, S. 190. Vgl. auch Pfeifer, Hohenlohe, S. 118.

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83 Vgl. Pfeifer, Hohenlohe, S.  118; Herrmann, Vor 25 Jahren; Gräter, Grandseigneur, S. 190. 84 Siehe SpKA sowie Bundesarchiv-Militärarchiv, RW 3/13 und 59/2078 (schriftliche Auskunft von Christiane Botzet, Militärarchiv Freiburg i. Br., vom 25.1.2011). Vgl. Martin Moll (Hg.), „Führer-Erlasse“ 1939–1945. Edition sämtlicher überlieferter, nicht im Reichsgesetzblatt abgedruckter, von Hitler während des Zweiten Weltkrieges schriftlich erteilter Direktiven aus den Bereichen Staat, Partei, Wirtschaft, Besatzungspolitik und Militärverwaltung, Stuttgart 1997, S. 337 f. (Zitat). 85 Vgl. Hoffmann, Widerstand, S. 372 f.; Gerd R. Ueberschär, Für ein anderes Deutschland. Der deutsche Widerstand gegen den NS-Staat 1933–1945, Frankfurt/Main 2005, S. 197–199. 86 Vgl. Maripuu/Paavlem, Zivilverwaltung, S. 124; Zellhuber, Verwaltung, S. 328–333. 87 Siehe NL Konstantin, Bü 12, zwei Schreiben an den Generalkommissar, 7.2. und 30.5.1944. 88 Letztmals in Reval nachweisbar ist er am 30.5.1944, siehe NL Konstantin, Bü 12. 89 Vgl. Maripuu/Paavlem, Zivilverwaltung, S. 124; Handrack, Ostland, S. 91. 90 Siehe SpKA. 91 Siehe ebd. Angeblich war er wegen seines Widerstrebens auf Betreiben der SS als Präsident abgesetzt worden. 92 Siehe ebd. 93 Siehe ebd. 94 Siehe ebd. 95 Siehe ebd. 96 Siehe ebd.; NL Konstantin, Bü 13. Angeblich vertrat er auf dieser Fahrt seinen Bruder Max Egon in einer geheimen Friedensmission; vgl. Pfeifer, Hohenlohe, S. 118; Gräter, Grandseigneur, S. 190 f. Dies erscheint allerdings aufgrund der Begleitumstände zweifelhaft. 97 Siehe NL Konstantin, Bü 13. 98 Siehe ebd., Bü 13–14; HZAN, Oe 160, Bü 2. Vgl. Pfeifer, Hohenlohe, S. 111, 114, 118. 99 Hierzu und zum Folgenden siehe SpKA. 100 Siehe NL Konstantin, Bü 2, 29; HZAN, Oe 160, Bü 2. Vgl. Pfeifer, Hohenlohe, S. 118; Gräter, Grandseigneur, S. 190; Herrmann, Vor 25 Jahren. 101 Siehe NL Konstantin, Bü 2, 29, 93–95. Vgl. Pfeifer, Hohenlohe, S.  118 f.; Gräter, Grandseigneur, S. 191; Herrmann, Vor 25 Jahren; Constantin Prinz zu Hohenlohe, Schloss Neuenstein und sein Museum, bearb. v. Gerhard Taddey, München 52001, S. 16. 102 Siehe NL Konstantin, Bü 2, 29. Vgl. Pfeifer, Hohenlohe, S. 119; Gräter, Grandseigneur, S. 191; Herrmann, Vor 25 Jahren. 103 Vgl. Gräter, Grandseigneur, S. 191; Ders./Jörg Lusin, Schlösser in Hohenlohe. Geschichte und Geschichten, Tübingen 2005, S. 39. 104 Siehe NL Konstantin, Bü 2, 29, u.v.m.; HZAN, Oe 160, Bü 2. Vgl. Gräter, Grandseigneur, S. 191; Ders./Lusin, Schlösser, S. 148, 151; Pfeifer, Hohenlohe, S. 118 f.; Herrmann, Vor 25 Jahren; Freeden, Constantin, XII. 105 Siehe auch NL Konstantin, Bü 68–70, 92.

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106 Siehe ebd., Bü 2, 29, 96–134. Vgl. Gräter, Grandseigneur, S. 191; Pfeifer, Hohenlohe, S. 119; Herrmann, Vor 25 Jahren. 107 Siehe NL Konstantin, Bü 2, 29, 185–187. Vgl. Gräter, Grandseigneur, S. 190; Herrmann, Vor 25 Jahren; Freeden, Constantin, XII. 108 Vgl. Entstehungsgeschichte der Musikakademie in Weikersheim, o. J., online: . Vgl. auch Klaus Bernbacher, … Konzept überdenken, in: Neue Musikzeitung 54/9 (2005), online: . 109 Siehe NL Konstantin, Bü 2, 29, 168–176, 179. Vgl. Herrmann, Vor 25 Jahren; Freeden, Constantin, XII. 110 Siehe NL Konstantin, Bü 2, 3, 7, 177. Der Weikersheimer Kreis ist nicht zu verwechseln mit dem 1979 gegründeten, rechtslastigen Studienzentrum Weikersheim, vgl. Anton Maegerle, Studienzentrum Weikersheim, in: Wolfram Wette (Hg.), Filbinger – eine deutsche Karriere, Springe 2006, S. 123–145, bes. S. 128. 111 Siehe NL Konstantin, Bü 3. 112 Siehe ebd., Bü 141–147, 155–163, 166 sowie die im Nachlass überlieferte Bibliothek, ebd., Bü 227–407. 113 Vgl. Hohenlohe, Neuenstein. 114 Vgl. z. B. Friedrich Karl Fürst zu Hohenlohe-Waldenburg, Hohenlohe. Bilder aus der Geschichte von Haus und Land, Öhringen 41983, S. 51. 115 Siehe NL Konstantin, Bü 207–214. 116 Siehe ebd., Bü 188. Vgl. Freeden, Constantin, XII. 117 Siehe NL Konstantin, Bü 2, 29, 52–53. 118 Vgl. Pfeifer, Hohenlohe, S. 119. 119 Siehe NL Konstantin, Bü 2, 20–22. 120 Siehe ebd., Bü 178. Vgl. Herrmann, Vor 25 Jahren. 121 Siehe NL Konstantin, Bü 43–44. 122 Siehe ebd., Bü 180–181, 183. Zum Spitznamen siehe ebd., passim. 123 Vgl. Gräter, Grandseigneur, S. 189. 124 Vgl. Sarah Hadry, Sudetendeutsche Zeitung, [2009], in: . 125 Vgl. Pfeifer, Hohenlohe, S.  119; Gräter, Grandseigneur, S.  191; Herrmann, Vor 25 Jahren; Freeden, Constantin, XII; Kurzer Rückblick, S. 5. Der Todestag war der 2.6. laut Grabstein.

Fürst Christian Kraft zu Hohenlohe-Öhringen (1848–1926) „Leben wie Lukull“ Volker Stalmann

Fürst Christian Kraft zu Hohenlohe-Öhringen, Herzog von Ujest, zählt zu den beeindruckendsten Persönlichkeiten der Familie Hohenlohe. Sein Reichtum war legendär. Er besaß Ländereien in Schlesien und Ungarn, Steinkohlegruben, Werke der Roheisen- und Stabeisenproduktion sowie eine imponierende Zink­ industrie. Er war einer der mächtigsten schlesischen Magnaten und einer der reichsten Deutschen. Der im Revolutionsjahr 1848 im württembergischen Öhringen geborene Fürst war der Sohn des bedeutenden Montanindustriellen Fürst Hugo zu Hohenlohe-Öhringen (1816–1897). Fürst Hugo hatte 1849 die Nachfolge in der württembergischen Standesherrschaft Hohenlohe-Öhringen, dem Stammsitz des Familienzweiges, und den seit 1799 im Familienbesitz befindlichen oberschlesischen Gütern angetreten. Im Gegensatz zum württembergischen Stammsitz des Familienzweiges, der verhältnismäßig klein und wirtschaftlich relativ unbedeutend war, maßen die schlesischen Güter rund 42 000 Hektar und umfassten zahlreiche Zink- und Kohlegruben sowie mehrere Hütten- und Walzwerke. Die schlesischen Industrieunternehmen erlebten unter Fürst Hugo einen beeindruckenden Aufschwung. Insbesondere die Zinkindustrie wurde massiv gefördert. Der Ausbau der Zinkindustrie ging einher mit dem Rückzug aus dem lange Zeit lukrativen Eisengeschäft. Der Niedergang der Eisenindustrie setzte in den 1870er Jahre ein, als mit der Fertigstellung der Haupteisenbahnlinien die Nachfrage nach Eisen nachließ und zugleich billiges Eisen aus England die heimischen Produkte verdrängte. Auf dem Höhepunkt der Krise 1879 hatten 59 von 84 Hochöfen die Arbeit eingestellt. Fürst Hugo versuchte deshalb im Zinkgeschäft sein Glück. Er kaufte neue Kohlegruben, die die Grundlage für die Verhüttung der auszubeutenden Zinkerze darstellten, und erwarb die Zinkgruben Neue Helene und Brzozowitz. Bereits 1871 ließ er in Hohenlohe-Hütte die erste Zinkhütte errichten, der 1902-04 eine zweite folgte. 1890 wurde die Theresien-Zinkhütte gekauft, nachdem 1888–89 ein eigenes Zinkwalzwerk aufgebaut worden war. In den 1890er Jahren zählte Fürst Hugo zu den größten Zinkproduzenten der Welt zählte.1

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Die schlesischen Fideikommissgüter wurden 1861 unter dem Namen „Herzogtum Ujest“ in den Rang einer freien Standesherrschaft erhoben. Die Standeserhöhung war Folge jahrzehntelanger Bemühungen des Hauses, eine den bayerischen und württembergischen Verhältnissen vergleichbare Sonderstellung auch im preußischen Staatsverband durch eine Rangerhöhung der Herrschaft zu erlangen. Ob Fürst Hugo den Titel auch wirklich getragen hat, ist fraglich. Christian Kraft zumindest tat dies nicht. Er blieb Fürst.2 Dem Führungsanspruch seines Standes folgend versuchte Fürst Hugo, auf dem politischen Parkett eine führende Rolle zu spielen. So gehörte Fürst Hugo nach der Übernahme der Standesherrschaft kraft erblicher Berechtigung der Ersten Kammer Württembergs an. Auch wurde er nach seiner Ernennung zum Herzog von Ujest 1861 in das preußische Herrenhaus berufen. Die Ersten Kammern dienten vornehmlich der Integration der alten Führungsschichten, nicht zuletzt wie in Württemberg der sog. Standesherren, des 1815 mediatisierten, ehemals reichsunmittelbaren Adels, der durch die Gewährung politischer Sonderrechte für den Verlust seiner autogenen Herrschaftsrechte entschädigt werden sollte. Von größerer politischer Bedeutung war – wird einmal von Hugos Tätigkeit im preußischen Abgeordnetenhaus in den 1850er Jahren abgesehen – seine Wahl in den Norddeutschen Reichstag 1867 und den Deutschen Reichstag 1871. Bis zu seinem Ausscheiden aus dem Reichsparlament 1876 gehörte der Fürst der Deutschen Reichs- und Freikonservative Partei an, dessen Fraktion er im Norddeutschen Reichstag präsidierte. Die Wertschätzung, die ihm entgegengebracht wurde, fand seinen Ausdruck in seiner Wahl zum ersten Vizepräsidenten des konstituierenden Reichstags. Fürst Hugo war letztlich ein politischer Unternehmer, der wirtschaftliches Engagement mit politischem Ehrgeiz zu verbinden vermochte.3 Als Fürst Christian Kraft 1897 das Erbe seines Vaters antrat, konnte er bereits auf ein bewegtes Leben blicken. Seine Kindheit verbrachte er zumeist auf Schloss Slawentzitz, der Familienresidenz in Schlesien, wo er standesgemäß durch Hauslehrer erzogen wurde. 1864 wechselte er an die Ritterakademie in Liegnitz, deren Lehrplan und Abschluss der gymnasialen Ausbildung gleichgestellt und Schülern exklusiver Familien vorbehalten war. 1868 folgte ein zweijähriges Jurastudium an der Universität Bonn, das der Vermittlung eines juristischen Allgemeinwissens dienen sollte. Ein Bildungspatent wurde, wie dies im Adel üblich war, nicht angestrebt. An den Reichsgründungskriegen nahm er als Kavallerieoffizier teil. Zwar schlug er keine militärische Laufbahn ein, doch sollte er später den Rittertraditionen seines Standes folgend hohe militärische Ehrenposten bekleiden und zum preußischen Generalmajor à la suite avancieren.4

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Zu seinen Ehrenposten zählte auch das Amt des königlichen Oberstkämmerers, das ihm 1894 verliehen wurde. Obschon der Fürst mit diesem Amt zur ersten preußischen Hofcharge avancierte, scheint er keine größeren Verpflichtungen eingegangen zu sein, sieht man einmal von der Teilnahme an den größeren Hoffesten ab. Gleichwohl war das Ehrenamt von besonderer Bedeutung, weil es nach dem preußischen Hofrangreglement von 1878 noch vor dem Ministerpräsidenten und dem Generalfeldmarschall und weit vor den auf dem zehnten Rang angesiedelten Häuptern der fürstlichen Familien rangierte. Mit der Verleihung dieses Amts konnte der Kaiser mithin seine besondere Wertschätzung zum Ausdruck bringen.5 Als der Kaiser im Juni 1894 Christian Kraft seine Ernennung in einem in warmen Worten gehaltenen Telegramm mitteilte, hielt dieser sich gerade in einem österreichischen Badeorte inkognito in Damenbegleitung auf. Seine Post ließ er sich nach jenem österreichischen Ort unter der Adresse des ihn begleitenden Kammerdieners nachschicken. „So kam es“, schrieb Bernhard von Bülow später, „daß zum großen Erstaunen der k.k. Telegraphenbeamten in Kaltenleutgeben bei Wien die nachstehende Depesche eintraf: ‚Kammerdiener Hermann Schulze. In dankbarer Würdigung Deiner in Krieg und Frieden geleisteten hervorragenden Dienste ernenne ich Dich zu meinem Oberstkämmerer. Wilhelm R.‘“6 Von seinem Vater hatte Fürst Christian Kraft die Überzeugung von der Notwendigkeit der politischen Führung seines Standes geerbt. So gehörte er, wird einmal von seiner erblichen Mitgliedschaft in der württembergischen Ersten Kammer und dem preußischen Herrenhaus abgesehen, mit kurzer Unterbrechung von 1880 bis 1912 dem Reichstag an, wo er die Reihen der Deutschen Reichspartei und später der Deutschkonservativen verstärkte. Im Parlament trat er jedoch nicht weiter hervor. Er gehörte letztlich zu jenen typischen Honoratiorenpolitiker, die nicht aufgrund ihres politischen Wirkens oder ihres parlamentarischen Erfolgs, sondern allein wegen ihres sozialen Prestiges und ihrer wirtschaftlichen Machtstellung gewählt wurden.7 Dass er vor 1890 vor allem Fürst Bismarck unterstützte, gehörte geradezu zu den Selbstverständlichkeiten des Hauses Hohenlohe. Des politischen Geschäfts wurde Christian Kraft nach der Jahrhundertwende in zunehmendem Masse überdrüssig. Dies lag vor allem an der immer mächtiger werdenden Stellung der katholischen Zentrumspartei in der deutschen Innenpolitik. „Die Politik“, schrieb er im Mai 1906 seinem Vetter Prinz Alexander zu HohenloheSchillingsfürst, „wird jetzt so ekelhaft betrieben u. es wird so haarsträubender Blödsinn zu Tage gefördert, dass ich eigentlich gar nicht mehr in den Reichstag gehe. Centrum ist u. bleibt Trumpf u. es wird mehr denn je Alles hinter den Coulissen verhandelt u. abgemacht. Ich habe vor, keinenfalls mehr zu candidi-

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ren, und erwäge ernstlich, ob ich nicht schon jetzt mein Mandat niederlegen soll. Wenn ich es nicht gleich thue, so halten mich nur rein äußerliche Gründe davon ab.“8 Dass er auch weiterhin dem Reichstag erhalten blieb, mochte an der 1907 einsetzenden Zusammenarbeit von National-, Linksliberalen, Deutsch- und Freikonservativen im sog. Bülow-Block gelegen haben, die seinen politischen Vorstellungen entsprochen haben dürfte. Der Bruch dieses liberal-konservativen Bündnisses und die Annäherung der Deutschkonservativen an das Zentrum stieß bei Christian Kraft auf entschiedenen Widerspruch.9 So sehr Christian Krafts Lebensweg auch durch die Traditionen seines Hauses bestimmt und vorgezeichnet war, so verließ er doch in einem Punkt die herkömmlichen Bahnen adliger Existenz. Allen gesellschaftlichen Vorbehalten trotzend lebte er in „wilder Ehe“ mit der Gräfin Ottilie Lubraniec-Dambska geb. Brauns (1868–1922) zusammen. Die aus dem Bürgertum stammende Ottilie oder Elise, wie sie auch genannt wurde, hatte auf seine Veranlassung hin einen buckligen polnischen Grafen Dambski geheiratet, der nach der Hochzeit sich schnell wieder scheiden lassen und verschwinden musste. Eine Ehe mit seiner Geliebten war allerdings unmöglich, da sie Christian Kraft Titel und Vermögen gekostet hätte. Denn die Familie Hohenlohe sah bis zum Erlass des Hausgesetzes von 1910 nur Personen des hohen Adels, ausnahmsweise auch Mitglieder sonstiger fürstlicher und altgräflicher Personen als standesgemäß an. Selbst nach 1910 waren Ausnahmen nur mit Zustimmung der Familie möglich.10 Da die nichtstandesgemäße Ehe mit seiner aus dem Bürgertum stammenden Geliebten in der Familie auf Widerspruch gestoßen wäre, lebte er, dem Gerede seiner Standesgenossen trotzend, fortan in erfrischend unkonventioneller Weise in lockerer Beziehung mit seiner Gräfin zusammen. „Die alte Freundin Elise zu heiraten“, so schrieb Kurt Freiherr v. Reibnitz in seinem Nachruf auf den Fürsten, „verbot ihm sein Grandseigneurtum, doch hing er mit rührender Liebe und Treue an ihr und trug sie auf Händen.“11 In seinem Testament setzte er, zum Entsetzen seiner Familie, durch, dass er nach dem Tode neben seiner Lebensgefährtin in der Gruft in Javorina begraben werden sollte.12 Einen interessanten Einblick in das Leben am Slawentzitzer Hofe des Fürsten Christian Kraft, der neben einer Villa im Berliner Grunewald umfangreiche Besitzungen im ungarischen Javorina besaß, geben die Briefe Heinrich Wolfgang Seidels.13 Der Theologiestudent Seidel, der Vater der bekannten Schriftstellerin Ina Seidel, hatte gerade sein erstes Staatsexamen absolviert, als er im Sommer 1903 eine Anstellung als Prinzenerzieher auf Schloss Slawentzitz erhielt.14 Rasch entstanden allerdings zwischen ihm und seinem Dienstherrn Meinungsverschiedenheiten über bestimmte pädagogische Grundsätze, die schließlich Anfang 1904 zur Lösung des Arbeitsverhältnisses führten. In seinen später von seiner Tochter herausgegebenen Briefen an seine Eltern be-

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schrieb er in sehr plastischer Weise die Verhältnisse am Hofe des Fürsten in Slawentzitz. Am Bahnhof Slawentzitz wurde er schon von einem Kutscher und einem Bediensteten abgeholt, die in rasanter Fahrt zum Schloss donnerten, an dessen Pforte ein atemloser Portier herangesaust kam und salutierte. Untergebracht wurde er in einem kleinen Landhaus, dessen großzügige Ausstattung all seine Erwartungen übertraf. Um halb ein Uhr fand das Mittagsessen statt – allerdings ohne den Hausherren, der in Berlin noch anderen Verpflichtungen nachzugehen hatte. „Drei galonierte Diener karikierten sich gegenseitig und umschwebten uns dauernd mit überirdischen Genüssen. Die Speisekarte war natürlich französisch. Erst gab es ein Produkt, das wie Schlagsahne mit einer Scheibe Mettwurst drauf aussah, wenn man es aber mit der Gabel quälte, verwandelte es sich plötzlich in ein weiches Ei. Darauf kam Filetbeefsteak mit Schoten und Kartoffelsalat, zum Schluss erschienen Pfirsiche, Birnen, eingezuckerte Himbeeren und süßes Konfekt, das auf der Zunge zerging.“15 Zwei Tage später kündigte sich endlich der Fürst an. „Unter den Lakaien und ähnlichen Leuten entstand daher eine große Dienstbeflissenheit, und ein zweiter Herr im Frack ging auf der Vordiele diskret umher und wartete, bis sein Kollege um die Ecke herum ein Zeichen gab. Durchlaucht erschienen denn auch, sahen ungemein zivilistisch aus und waren im übrigen huldvoll.“ Während der Tafel wurden dem neuen Hauslehrer einige kirchengeschichtliche Fragen gestellt, die er geschickt zu beantworten wusste. Überrascht zeigte er sich vor allem über die sehr liberale Haltung des Fürsten – er war evangelisch – in religiöser Hinsicht. Der Fürst und seine Frau sprachen „nicht so von dem Papst, als hätten sie große Ehrfurcht vor ihm und der Kirche überhaupt; alle besuchen, soviel ich gehört habe, den evangelischen Gottesdienst, der alle 14 Tage in der Kapelle stattfindet. Dieser hohe Adel ist offenbar nicht nur international, sondern auch interkonfessionell bestimmt; in beiden Fällen hat die innere Gleichgültigkeit wohl größeren Anteil als die christliche Erkenntnis, daß viele Türen in Gottes Haus führen.“16 Die Arbeitsbedingungen am fürstlichen Hof überwältigten, ja irritierten den jungen Seidel: „draußen Elend und Schmutz, drinnen unerhörte Pracht und Verschwendung. Es läßt sich gar nicht beschreiben, welch ein Paradies dieser endlose Park ist und welch ein Glanz über dem Schloß liegt, wenn die Sommersonne scheint. Der Fürst lebt wie Lukull und wahrscheinlich besser als der Kaiser. Nur für den Herrschaftstisch werden oft täglich 30 Hühner gebraucht, nur für ihn sind im letzten Monat 3000 Eier verschwendet worden. Wenn das Feuer in der Küche nicht brennen will, so fliegt ein Pfund Butter hinein. Heute ist ein Mann aus Berlin da, der dem Fürsten die Haare schneidet – wenn das fertig ist, reist er wieder ab, nachdem er sich vorher noch gehörig satt gegessen

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hat. Der Fürst selber ist fast nie in“ Slawentzitz. „Er ist unverheiratet und besitzt auch Güter in Ungarn und eine Villa im Grunewald. Sein Chauffeur rühmt sich, schon auf kürzeren Strecken zehn Hunde totgefahren zu haben; und auch sonst gibt es Dinge, über die die Diskretion schweigt. Jedenfalls ein fabelhafter interessanter Ort …“17 Wie umfangreich der Hofstaat war, wie viel Kammerdiener, Dienst-, Küchenmädchen und Wäscherinnen beschäftigt waren, bleibt im Unklaren, erwähnt wird immerhin ein „Obersekretär, der das 25jährige Begräbnis seines rechten Beines gefeiert hat und, wie man sagt, mit seinem Holzbein die ganze fürstliche Verwaltung dirigiert“, ein „Domänenrat, der keine Achtung vor Titeln hat“18, ein Landmesser, ein Hauptrendant und ein Portier, der die ganze Nacht auf seinem Posten sein musste, – sowie ein Hofphotograph, „der wochenlang in der Tatra herumklettern und Gemsen photographieren“ musste.19 Denn die große Leidenschaft des Fürsten war die Jagd. In den Wäldern von Slawentzitz und Sausenberg in Schlesien veranstaltete er aufwendige Jagden, an denen nicht selten auch der Kaiser teilnahm. Als der Fürst 1899 aus Protest gegen die Maßregelungen der Beamten in der Mittellandkanalfrage seinen Posten als Oberstkämmerer niedergelegt hatte, zog er sich den Ärger des Kaisers zu, der sich weigerte, der Jagdeinladung des Fürsten nachzukommen. Nur Pech, dass Christian Kraft für diese Jagd in Slawentzitz allein 16 000 Fasanen für fast 80 000 M aufgekauft hatte, auf die er nun sitzen blieb.20 Mit Vorliebe ging Christian Kraft in dem von ihm ausgebauten Hochwildpark Javorina am Nordhang der Hohen Tatra der Jagd nach.21 Das Gebiet hatte er bereits als Erbprinz 1880 erworben und dort verwilderte Waldflächen wieder nutzbar machen und zahlreiche Häuser für die einheimische slowakisch-ungarische Bevölkerung bauen lassen.22 Seinen Einfluss in der Region illustriert nichts besser als die Tatsache, dass er in einer Mischung aus Ehrerbietung und Unterwürfigkeit bald als „Kraly Karpad“, als „König der Karpaten“ bezeichnet wurde. Nach Javorina zog es Christian Kraft immer, wenn er dem geschäftlichen und politischen Trubel entkommen und Ruhe finden wollte. Hier konnte er seinen künstlerischen Neigungen nachgehen und ungarische Lyrik ins Deutsche übersetzen. Er war einer der wenigen deutschen Magnaten, die Ungarisch beherrschten. Auch in der österreichischen Linie der Familie Hohenlohe war dies selten. Darüber hinaus galt Christian Kraft auch als Freund der Magyaren, der sich beispielsweise 1905 mit einem kossuthistischen Abgeordneten aus der Zips zu einem Gespräch über politische Fragen traf. So fand es die konservative Deutsche Tageszeitung „unter allen Umständen“ beachtlich, „daß ein deutscher Standesherr „die magyarisch-nationalen Bestrebungen würdigt“, und den Kampf gegen die deutsche Befehlssprache, damit aber auch den Kampf gegen

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die deutsche Vorherrschaft in der österreichisch-ungarischen Armee „mit sympathischer Aufmerksamkeit verfolgt“.“23 Eine andere Leidenschaft des Fürsten galt dem Pferderennsport. So wurde er 1893 zum Präsidenten des vornehmen Union-Klubs in Berlin gewählt. Vor ihm hatten bereits sein Vater Fürst Hugo und Fürst Viktor zu HohenloheSchillingsfürst, Herzog von Ratibor, dieses Amt inne.24 Christian Kraft war auch im Vorstand des Berliner Rennvereins vertreten.25 In Berlin gehörte ihm ein eigenes Gestüt, sodass es nicht Wunder nahm, dass man ihn „häufig auf dem grünen Rasen sehen“ konnte.26 1906 ließ Christian Kraft das Neuensteiner Schloss, die neben Weikersheim wohl bedeutendste hohenloheschen Schlossanlage, für 2,3 Mio. Goldmark umfangreich sanieren und umbauen. Das Schloss war nach dem Aussterben der Neuensteiner Linie 1805 an Öhringen gefallen. Das zwischen 1558 und 1564 von dem Heilbronner Baumeister Balthasar Wolf erbaute Schloss hatte im 18. und 19. Jahrhundert als Waisenhaus, als Altersheim und zuletzt als Arbeitshaus gedient. Mit der Leitung betraute Christian Kraft den bekannten Architekten Bodo Ebhardt, den Vorsitzenden des Deutschen Burgenvereins, der seit 1901 für die Restaurierung der elsässischen Hochkönigsburg verantwortlich zeichnete. Ebhardt griff auf alte Pläne aus dem 16. Jahrhundert zurück, sodass der Renaissancecharakter des Schlosses verstärkt wurde.27 Seine größte Bedeutung erlangte Fürst Christian Kraft als Unternehmer. Er war nicht nur einer der mächtigsten oberschlesischen Magnaten, sondern auch einer der wirtschaftlich ambitioniertesten Persönlichkeiten jener Zeit. So baute er nach 1897 seine industriellen Besitzungen weiter aus und erwarb die Oheimgrube südlich von Kattowitz und die Oehringengrube bei Gleiwitz. Die bedeutendste unternehmerische Leistung des Fürsten stellte schließlich die Umwandlung seines Montanbesitzes in eine Aktiengesellschaft, die HohenloheWerke AG, im Jahre 1905 dar. Im Gegenzug erhielt er eine einmalige Abfindung von 44 Millionen Mark und eine jährliche Rente von 3 Millionen Mark, die 1910 jedoch in einen entsprechenden Aktienanteil umgewandelt wurde. Dadurch wurde Christian Kraft wieder Hauptaktionär und leitete bis zu seinem Tode im Jahre 1926 als Vorsitzender den Aufsichtsrat. Seine Interessen vertraten im Vorstand auch seine Beamten, Generaldirektor Domänenrat Paul Linke zu Slawentzitz und der Ober-Berg- und Hütten-Direktor Alfred Scheller zu Hohenlohehütte. Vor dem Krieg verfügte die Hohenlohe-Werke AG über ein Kapital in Höhe von 80 Millionen Mark und beschäftigte etwa 10 000 Arbeiter und Angestellten.28 Die Überführung von Industrievermögen in Aktiengesellschaften war ein allgemeiner Prozess, der die Konzentration der Eigentumsverhältnisse in der Region reflektierte. So produzierten seit den 1850er-Jahren die vier größten

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Hütten allein die Hälfte der Zinkproduktion und 1875 die vier größten Werke 62 Prozent der Koksroheisenherstellung. Angesichts des hohen Kapitalbedarfs wurden Aktiengesellschaften bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts ins Leben gerufen: 1853 brachte Graf Henckel von Donnersmarck seine Gruben und Hütten in die Schlesische AG für Bergbau und Zinkhüttenbetrieb ein, 1855 gründete Graf Renard die Minerva AG und 1871 folgte die Vereinigte Königsund Laurahütte aus dem Vermögen des Grafen Henckel von Donnersmarck. Die Gründung der Hohenlohe-Werke AG erfolgte in dieser Hinsicht relativ spät.29 Christian Kraft widmete sich nach 1897 vor allem der Steigerung der Zinkproduktion, die 1913 mit fast 37 Millionen Tonnen mehr als zwanzig Prozent der gesamten oberschlesischen Zinkerzeugung erreichte. Dem allgemeinen Preisdruck versuchte er durch den Zusammenschluss der deutschen Zinkproduzenten entgegenzuwirken. Nicht nur in der Zinkerzeugung, sondern auch im Steinkohlebergbau lag der Fürst mit einer Jahresförderung von 4 Millionen Tonnen an erster Stelle der privaten oberschlesischen Steinkohlebergwerksunternehmungen.30 Christian Kraft machte noch in anderer Hinsicht von sich reden. So schuf er zusammen mit dem Fürsten Fürstenberg, seinem Vetter, einen Trust, dessen reichhaltige Aktivitäten einen weiten Bogen umspannten und Industriegesellschaften, Immobilien, Kaufhäuser, Hotels, Reedereien und Banken umfasste. Begonnen hatte alles mit einigen Gelegenheitsgeschäften, die Fürst Christian Kraft zu Hohenlohe-Öhringen zusammen mit Max Egon Fürst zu Fürstenberg unternahm, die jedoch nicht den erhofften schnellen Gewinn abwarfen, sondern einer gewisser Reifung bedurften. Aus diesen Anfängen entwickelte sich schließlich die „Handelsvereinigung“, eine Holdinggesellschaft, in die der Fürst Hohenlohe seine Beteiligung an der Madeira AG sowie der Levante-Linie und Fürst Fürstenberg wiederum seinen aus den Anteilen an der Allgemeinen Berliner Omnibus Gesellschaft und der Berliner Terrain- und Baugesellschaft bestehenden Aktienbesitz einbrachten. Die Unternehmungen des Fürsten Fürstenberg standen jedoch unter keinem guten Stern. So hatte die Berliner Terrain- und Baugesellschaft, die ursprünglich eine Verwertungsgesellschaft für den Grundbesitz der Berliner Omnibusgesellschaft war, im Norden Berlins Grundstücke erworben und darauf mit einem unvergleichbar hohen Kostenaufwand das „Passage“-Kaufhaus bauen lassen. Lange suchte man vergebens nach einem Pächter, bis man ihn endlich in Wolf Wertheim, dem ehemaligen Teilhaber des großen A. Wertheimschen Warenhauses, glaubte gefunden zu haben. Die weitschweifenden Projekte Wertheims entpuppten sich für Christian Kraft jedoch als Fass ohne Boden, in das er etwa 15 Millionen Mark fließen ließ.31

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Wertheim war jedoch nicht das einzige Problem der „Handelsvereinigung“, die auch als „Fürstentrust“ oder „Fürstenkonzern“ bezeichnet wurde. So musste die Vereinigung dem Fürsten Fürstenberg nahezu wertlose Grundstücke am Teltow-Kanal für 8 Millionen Mark abkaufen. Überdies beteiligte man sich an der Berliner Baufirma Boswau & Knauer GmbH, einer Baufirma, die durch ihre ausgreifenden, aber unrentablen Bauprojekte eine unsägliche Tätigkeit entfalten sollte. Dieser Misserfolge nicht genug, auch bei den anderen Geschäften stand es nicht zum Besten. Denn die Aufschließung der Kalilager an der Unstrut, die Erweiterung der fürstlichen Schifffahrtsinteressen, die Sanierung der Levantelinien und der Ausbau der Palästinabank kosteten Millionen über Millionen.32 Was beiden Fürsten gefehlt habe, so befand rückblickend der Bankier Carl Fürstenberg, dessen Berliner Handelsgesellschaft dem Fürstenkonzern bis 1910 als Hausbank gedient habe, „war der industrielle Fernblick eines HenckelDonnersmarck oder, in Ermangelung dessen, eine Anlehnung an die ersten Fachleute der Zeit, die gerade den Fürsten ihren Rat sicherlich gern zur Verfügung gestellt hätten.“33 Da dem Fürsten Fürstenberg nicht die Verfügung, sondern nur die Nutznießung des stattlichen Familienbesitzes zustand und er nur wenig liquide Mittel besaß, war Fürst Hohenlohe gezwungen, seinen Kreditrahmen aufs Äußerste anzuspannen und einen Teil seines Vermögens in Bargeld oder Effekten umzuwandeln. Nachdem er 1910 seine Rente von 3 Millionen Mark in lombardfähige Aktien umgewandelt hatte, musste er zwei Jahre später bei der Deutschen Bank, die 1910 an die Stelle der Berliner Handelsgesellschaft als Hausbank des Konzerns getreten war, eine Anleihe in Höhe von 40 Millionen Mark aufnehmen. Auch wurden die besten Stücke aus dem Kuchen der Berliner Bau- und Terrain-Gesellschaft zu Geld gemacht. Aber all das reichte nicht. Der Zusammenbruch ließ sich nicht mehr vermeiden. 1912 einigte man sich mit der Deutschen Bank schließlich auf einen Sanierungsplan, nachdem die Deutsche Bank und die Bergisch Märkische Bank zusammen 12 Millionen Mark Forderungen erlassen hatten. Zuvor hatte bereits Fürst Fürstenberg, als der Minderwert des Teltower Terrains offenkundig wurde, der Gesellschaft 5,25 Mill. Mark gezahlt. Andere bedenkliche Investitionen wie das „Passage“-Kaufhaus, die Zehlendorfer Terrains oder die undurchsichtigen Schachtelbeteiligungen der Boswau & Knauer GmbH blieben noch unberücksichtigt. Man könne, so schrieb damals „Die Bank“, die Monatshefte für Finanz- und Bankwesen, sich des Eindrucks nicht erwehren, „daß man vor einer Ruine steht, und dass ein Aufwand von 30 oder 50 oder noch mehr Millionen Mark nutzlos vertan worden ist.“34 Die Lage nahm sich so katastrophal aus, dass Christian Kraft sogar ohne Wissen der Bankgläubiger ein bedeutendes Effektendepot nach London schi-

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cken ließ, um für den Fall des Zusammenbruchs einen Notgroschen im Ausland zu besitzen. Aber in den folgenden Jahren gelang es dem Fürsten mithilfe seines fähigen Kammerpräsidenten Dr. Kurt Kleefeld, dem Schwager des späteren Reichskanzlers Gustav Stresemann, sich aus der Abhängigkeit von der Deutschen Bank zu lösen. Finanzielle Unterstützung erhielt er von der damals noch unbedeutenden Nationalbank für Deutschland, dessen Verhandlungsführer kein geringerer als der spätere Reichsbankdirektor Hjalmar Schacht war. Die Nationalbank schloss sich in den zwanziger Jahren mit der Darmstädter Bank zusammen und wurde wenige Jahre später im Zuge der Bankenkrise von der Dresdner Bank geschluckt. Hinzu trat, dass Christian Kraft im tschechischen Kohlenmagnaten Ignaz Petschek (Aussig) einen wichtigen wirtschaftlichen Partner fand, der bei den Hohenlohe-Werken einstieg und einen Teil der nach dem Zusammenbruch des Fürstenkonzerns noch verbliebenen wirtschaftlichen Unternehmungen übernahm. Im Grunde sollte erst die Inflation der zwanziger Jahre den Fürsten aus seinen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befreien und es diesem ermöglichen, seine an Wert verlierenden Schulden abzuzahlen.35 Man rechnet damit, dass Fürst Christian Kraft durch den Zusammenbruch der Handelsvereinigung einen Verlust von mindestens 30 Millionen Goldmark erlitten hatte. Doch dürften die Verluste noch höher gewesen sein. So war Christian Kraft noch vor 1914 mit etwa 100 Millionen Mark bei der Deutschen Bank verschuldet. Die Verbindlichkeiten wurden später auf die Nationalbank für Deutschland überführt, letztlich erst durch die Inflation der zwanziger Jahre abgelöst.36 Die namhafte Salonière Hildegard Freifrau von Spitzemberg, deren Bruder Axel von Varnbüler württembergischer Gesandter beim Bundesrat in Berlin und Vertrauter Kaiser Wilhelms II. war, berichtet unter dem 14. Dezember 1913 in ihrem Tagebuch, dass ihr Sohn, der acht Tage auf Jagd beim Fürsten gewesen sei, „tief ergriffen von dem letzten Akte einer Tragödie, den er erlebte“, gewesen sei. „Bei dem Zusammenbruche des „Fürstenkonzerns“ hat Christian Kraft so viel verloren, daß er sich aufs äußerste einschränken muss, seinen Hofhalt in Slawentzitz vollständig auflöst und hofft, in Ungarn sich ein kleines Anwesen aufrechtzuerhalten. Ganz bewußt hat er seine Freunde zum letzten Male eingeladen und rührend von ihnen als Jagdherr Abschied genommen. Nun wird alles abgeschossen, die Jägerei entlassen, Hunderte dabei in Not versetzt – im Grunde unverantwortlich, daß ein Herr wie Hohenlohe soweit kam durch eigene Unfähigkeit, die Wahl ganz unfähiger Beamter, letztens allerdings durch die versuchte Sanierung Fürstenbergs.“37 Angesichts der Verluste, die Fürst Christian Kraft durch den Zusammenbruch des Fürstenkonzerns erlitten hatte, ist es fraglich, ob die Vermögens- und

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Einkommensschätzungen in dem 1913 von Rudolf Martin herausgegebenen „Jahrbuch der Millionäre Deutschlands“ der Wirklichkeit entsprachen. Hatte der frühere Regierungsrat im Reichsamt des Innern das Vermögen des Fürsten 1897 auf 60 Millionen Mark geschätzt, so taxierte er es 1913 bereits auf 154 Millionen Mark und sein Einkommen auf 6,5 Millionen Mark. Mit diesem Vermögen wäre der Fürst in Preußen hinter Bertha Krupp von Bohlen und Halbach (283 Millionen Mark Vermögen) und noch vor Kaiser Wilhelm II. (140 Millionen Mark) der zweitreichste Mann gewesen. In Oberschlesien war er zudem mit seinen knapp 42  000 ha einer der größten Grundbesitzer. In Württemberg übertraf ihn 1914 allein Fürst Albert von Thurn und Taxis mit einem Vermögen von 270 Millionen und einem Einkommen von 5 Millionen Mark. Dies lag allerdings an dessen knapp 123 000 ha fassenden Grundbesitz in Deutschland und Österreich-Ungarn. Auf Rang drei hatte Christian Kraft dagegen Fürst Max Egon zu Fürstenberg verwiesen (110 Millionen Mark Vermögen, 2,1 Millionen Mark Einkommen).38 Fürst Christian Kraft mochte vor dem Krieg als einer der reichsten Deutschen gelten. Doch der Zusammenbruch der „Handelsvereinigung“ hatte ihn schwer getroffen. Hinzu kamen allgemein strukturelle Probleme, die seinen schlesischen Montanbesitz betrafen. Denn die oberschlesische Industrie geriet vor 1914 in zunehmendem Maße ins Abseits und verlor seine Führungsposition im Deutschen Reich. Dies lag an den Exportschwierigkeiten infolge der deutschen Handelspolitik, an der im Vergleich zu den anderen Revieren ungünstigeren Verkehrsanbindung, den nachteiligen Eisenbahntarifen und der Konkurrenz staatlicher Werke. Ein weiterer Faktor mag für den Bedeutungsverlust der oberschlesischen Montanindustrie eine Rolle gespielt haben, nämlich die Tatsache, dass die günstige Ausgangsposition billiger Rohstoffe und Arbeitskräfte den Druck zur Übernahme moderner Verfahrenstechniken lange Zeit minderte. Die Mechanisierung und Rationalisierung kam deshalb vor dem Ersten Weltkrieg nur langsam in Gang.39 Der Erste Weltkrieg stellte für den Fürsten wie für viele Deutsche eine tiefe Zäsur dar.40 Unmittelbar nach Kriegsausbruch stellte Christian Kraft sich als Delegierter dem Roten Kreuz zur Verfügung. Andere Familienmitglieder, wie die Mitglieder der Schillingsfürster Linie in Österreich, bekleideten damals führende Positionen in der Verwaltung oder im Militär. Die enge Verbundenheit zwischen den beiden mitteleuropäischen Kaiserreichen brachte damals Prinz Gottfried zu Hohenlohe-Schillingsfürst zum Ausdruck, der seit August 1914 österreichischer Botschafter in Berlin war. Ärgerlich war allerdings das Verhalten des Sohnes des früheren Reichskanzlers Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, Prinz Alexander, der während des Krieges von der Schweiz aus durch pazifistische Zeitungsartikel von sich reden machen sollte.41

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Über die Entwicklung der Hohenlohe-Werke während des Krieges ist dagegen wenig bekannt. Die industriellen Unternehmen des Fürsten dürften gleichwohl von der kriegsbedingten, starken Nachfrage nach Eisen, Stahl, Zink und Kohle profitiert haben.42 Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Oberschlesien geteilt. Obwohl die im Versailler Vertrag vorgesehene Abstimmung in Oberschlesien im März 1921 mit einem Ergebnis von 60:40 zugunsten Deutschlands ausgegangen war, ordnete der Völkerbundrat am 20. Oktober 1921 die Teilung Oberschlesiens an: Das Industriegebiet, das eine starke polnische Bevölkerungsmehrheit aufwies, wurde Polen fast vollständig zugeschlagen.43 Diese Entscheidung wirkte sich für die Fürsten Hohenlohe verheerend aus. Denn nach 1921 fanden sich die meisten Produktionsanlagen der Hohenlohe-Werke AG in Polen wieder: fünf Steinkohlengruben, ferner eine Steinkohlengrube der Tochtergesellschaft Steinkohlenbergbau AG in Niedobschütz, zwei Zink- und Bleierzgruben, zwei Zinkhütten, ein Zinkwalzwerk und eine Brikettfabrik. Sie wurden in der neu gegründeten Hohenlohewerke AG mit Sitz in Hohenlohehütte (Zaklady Hohenlohego S.A. Welnowiec) zusammengeschlossen. Die Mehrheit der Anteile war von Anfang an in Händen eines seit 1923 von der „Kraft“, Gesellschaft für Bergbau und Hütteninteressen mbH, Berlin verwalteten „Pools“, an dem zu gleichen Teilen Fürst Hohenlohe und die Prager Ignaz-Petschek-Gruppe beteiligt waren. 7,7 Prozent der Aktien lagen jeweils in den Händen des polnischen Staates und einer französischen Firmengruppe. Die Hohenlohe-Werke fanden sich somit fast vollständig auf polnischem Boden wieder, während im Reich allein die Gruben, die in der Öhringer Bergbau AG zusammengefasst wurden, verblieben waren. Die Aktien der Öhringer Bergbau AG teilten sich die Fürsten mit der tschechischen Ignaz-PetschekGruppe. An Grundbesitz konnten die Fürsten allerdings noch auf 44 000 Hektar Land zurückgreifen, davon 32 000 Hektar Wald, den sie nach Auflösung der Fideikommisse in Waldstiftungen organisierten.44 Die polnischen Hohenlohe-Werke AG hatten nach 1919 mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Wie auch andere unter deutschem Einfluss stehende Gesellschaften wurden sie in den zwanziger Jahren vom polnischen Fiskus mit einer völlig übertriebenen Vermögenssteuerforderung von 27 Millionen Zloty bedroht. Aus Rücksicht auf die deutsch-polnischen Beziehungen nahm die polnische Regierung allerdings von Zwangsmaßnahmen Abstand. Nachteilig wirkte sich auch der deutsch-polnische Zollkrieg von 1925 aus. Durch den Verlust der mitteleuropäischen Absatzgebiete brach die Steinkohleförderung im Vergleich zu 1913 um fast zwanzig Prozent ein.45 Die Lage der deutschen Hohenlohe-Werke gestaltete sich etwas vorteilhafter. Fürst Christian Kraft profitierte vor allem von der deutschen Inflation,

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durch die die immer noch erheblichen Bankverbindlichkeiten problemlos getilgt werden konnten, oder wie sich eine 1937 verfasste Denkschrift des Konzerns ausdrückte, „in sich selbst zerronnen.“46 Nach 1921 waren dem Fürsten zwar nur noch zwei Steinkohlebergwerke, Öhringen und Sosnitza, verblieben, doch gelang es bereits Mitte der zwanziger Jahre, die Produktionszahlen der Vorkriegszeit wieder zu erreichen und sogar zu übertreffen.47 Kein Geringerer als Gottfried Benn verfasste nach dem Tode des Fürsten im Jahr 1926 einen Nachruf, der noch einmal von Christian Krafts Macht und Einfluss, aber auch seiner Rastlosigkeit und seiner Jagdleidenschaft kündete. „Fürst Krafft“, so stand im „Simplicissimus“, „ist – liest man – gestorben./ Latifundien weit,/ ererbte hat er erworben,/ eine Nachrufpersönlichkeit:/ „übte unerschrocken Kontrolle,/ ob jeder rechtens tat,/ Aktiengesellschaft Wolle,/ Aufsichtsrat“./ So starb er in den Sielen./ Doch wandt´ er in Stunden der Ruh/ höchsten sportlichen Zielen/ sein Interesse zu;/ immer wird man ihn nennen,/ den delikaten Greis,/ Schöpfer des Stutenrennen: Kiszaconypreis./Und niemals müde zu reisen!/ Genug ist nicht genug!/ Oft hörte man ihn preisen/ den Rastich-so-rost-ich-Zug,/ in seinen sleeping car/ er stieg mit festen Schritten/ und schon war er inmitten/ von Rom und Sansibar./ So schuf er für das Ganze./ Und hat noch hochbetagt/ im Bergrevier der Tatra/ die flinke Gemse gejagt./ Drum ruft ihm über die Bahre/ neben der Industrie/ alles Schöne, Gute, Wahre/ ein letztes Halali.“48

Anmerkungen 1

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Vgl. Gerhard Taddey, Die Hohenlohe und Schlesien, in: Jahrbuch der schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau, Heft 29 (1988), S. 199–237, hier S. 208– 210; vgl. auch Konrad Fuchs, Gestaltungskräfte in der Geschichte Oberschlesiens, Niederschlesiens und Sudetenschlesiens, Dortmund 2001, S. 29–46; ders., Probleme der wirtschaftlichen Entwicklung Oberschlesiens von der Reichsgründung 1871 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914, in: ders., Wirtschaftsgeschichte Oberschlesiens 1871–1945. Aufsätze, Dortmund 1981, S. 31–54; ders., Schlesiens Industrie. Ein Gang durch ihre Geschichte, Königswinter 1995 , S. 17–22; ders., Zur Bedeutung des schlesischen Magnatentums für die wirtschaftliche Entwicklung Oberschlesiens, in: Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte Schlesiens, Dortmund 1985, S. 123–147, hier S. 135 f., Bruno Knochenhauer, Die oberschlesischen Montanindustrie, Gotha 1927, S. 24–39, 116–119. Ferner Ernst Komarek: Die Industrialisierung Oberschlesiens. Zur Entwicklung der Montanindustrie im überregionalen Vergleich, Bonn 1998. Vgl. Fürstin Daisy von Pless: Was ich lieber verschwiegen hätte … Aus der Europäischen Gesellschaft vor dem Kriege, Bd. 2, Dresden 21932, S. 44.

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Zu Fürst Hugo zu Hohenlohe-Öhringen: Alfons Perlick, Hugo Fürst zu HohenloheÖhringen, NDB, Bd. 9, S. 492; Taddey, Hohenlohe und Schlesien, S. 205–210; insgesamt: Alfons Perlick, Oberschlesische Berg- und Hüttenleute. Lebensbilder aus dem oberschlesischen Industrierevier, Kitzingen/Main 1953, S. 47 f.; Konrad Fuchs, Vom Dirigismus zum Liberalismus. Die Entwicklung Oberschlesiens als preußisches Bergund Hüttenrevier, Wiesbaden 1970, S. 255 f.; ders., Zur Bedeutung des schlesischen Magnatentums, S. 136; Carl Fürstenberg, Die Lebensgeschichte eines deutschen Bankiers 1870–1914, hrsg. v. seinem Sohne Hans Fürstenberg, Berlin1931, S.  446, zur Gründung der Hohenlohe-Werke AG. Ferner Bernhard Muschol, Die Herrschaft Slawentzitz/Ehrenforst in Oberschlesien. Piastisches Kammergut im Spätmittelalter, sächsischer Adelsbesitz und Hohenlohesche Residenz in der Neuzeit, Sigmaringen 1993, S.  78–95. Zur Reichspartei vgl. Volker Stalmann, Die Partei Bismarcks. Die Deutsche Reichs- und Freikonservative Partei 1866–1890, Düsseldorf 2000, S. 53, 57f., 88, 119, 283, 300–303 4 Zu Fürst Christian Kraft zu Hohenlohe-Öhringen: Perlick, Christian Kraft Fürst zu H.-Öhringen; insgesamt: ders., Oberschlesische Berg- und Hüttenleute, S.  47 f.; Fuchs, Zur Bedeutung des schlesischen Magnatentums, S. 136 f.; Fürstenberg, S. 446, zur Gründung der Hohenlohe-Werke AG. Ferner Muschol, Die Herrschaft Slawentzitz, S. 96–106. 5 Vgl. Fürst Bernhard v. Bülow, Denkwürdigkeiten, Bd. 1, Berlin 1930, S. 298; zum Amt des Oberstkämmerers vgl. John C. Röhl: Hof und Hofgesellschaft unter Kaiser Wilhelm II., in: ders., Kaiser, Hof und Staat, Wilhelm II. und die deutsche Politik, München 41995, S. 78–115, bes. S. 87–89, 95–97; Isabel V. Hull: The Entourage of Kaiser Wilhelm II 1888–1918, Cambridge 1982, S. 23, 151; Hermann Hengst: Der Hofstaat des Kaisers, in: Brehmer, Am Hofe Kaiser Wilhelms II., S. 505–528, hier S. 507. – Christian Kraft erhielt die Ernennung zum Oberstkämmerer am 30. Juni 1894. Vgl. die Daten betr. Seine Durchlaucht den Fürsten Christian Kraft zu Hohenlohe-Oehringen im HZA Neuenstein. 6 Fürst Bernhard v. Bülow, Denkwürdigkeiten, Bd. 1, Berlin 1930, S. 298. 7 Vgl. Max Weber, Politik als Beruf. Nachwort von Ralf Dahrendorf, Stuttgart 1992, S. 16 f. Ferner Stalmann, Die Partei Bismarcks, S. 237–244, 262–310, zur Deutschen Reichspartei sowie insgesamt zum Phänomen des Honoratiorenpolitikers Andreas Biefang: Die andere Seite der Macht. Reichstag und Öffentlichkeit im „System Bismarck“ 1871–1890, Düsseldorf 2009, S. 162–175. 8 Fürst Christian Kraft zu Hohenlohe-Öhringen an Prinz Alexander zu HohenloheSchillingsfürst, Grunewald-Berlin, 25.5.1906, in: HZA Neuenstein, NL Prinz Alexander zu Hohenlohe-Schillingsfürst, Bü 40. 9 Vgl. Bernhard von Bülow, Denkwürdigkeiten, Bd. 2, Berlin 1930, S. 477, 506. Eine besondere Wertschätzung schien Christian Kraft auch gegenüber Reichskanzler Bernhard von Bülow empfunden zu haben. Vgl. ebd., Bd. 3, Berlin 1931, S. 91. 10 Hausgesetz für das Gesamthaus Hohenlohe, Strassburg 1910. Grundlage war der Ujest-Bitschiner Vertrag von 1841, ein Familien- und Verwaltungsstatut des Hauses Hohenlohe-Öhringen, der von allen Fürsten und Prinzen des Gesamthauses feierlich beschworen worden war und somit auch für die gesamte Familie Gültigkeit besaß. Der

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Ujest-Bitschiner Vertrag von 1841, in: HZA Neuenstein, Archiv Schillingsfürst-Domänenkanzlei, Bü 1. Neues Wiener Journal, 11704, 23.6.1926. HZA Neuenstein, Domänenkanzlei Öhringen, 1,1, Akten betr. Ableben Sr. Durchlaucht des Fürsten zu Hohenlohe-Öhringen; dort auch der masch-schiftl. Bericht über Tod und Beerdigung des Fürsten. Auf seinen Grabstein ließ er die Worte des griechischen Dichters Pindar setzen: „Der Mensch ist der Schatten eines Traumes“. Zu Slawentzitz vgl. auch Muschol, Die Herrschaft Slawentzitz. Ina Seidel lässt im Unklaren, wer der Dienstherr ihres Vaters und die ihm anvertrauten Zöglinge waren. Vgl. Heinrich Wolfgang Seidel, Um die Jahrhundertwende. Jugendbriefe. Herausgegeben von Ina Seidel, Gütersloh 1952. Ebd., S. 15. Ebd., S. 18 f. Ebd., S. 24 f. Ebd., S. 27. Ebd., S. 61. Das Tagebuch der Baronin Spitzemberg: Aufzeichnungen aus der Hofgesellschaft des Hohenzollernreiches. Hildegard v. Spitzemberg. Ausgewählt und herausgegeben von Rudolf Vierhaus, Göttingen 51989, S. 390. Zur Jagdleidenschaft des Kaisers vgl. Wilhelm G. Jäger, Der Kaiser als Waidmann, in: Arthur Brehmer u.a. (Hg.), Am Hofe Kaiser Wilhelms II., Berlin 1898, S. 289–312. Hohenlohe in Oberschlesien, S. 13. Vgl. HZA Neuenstein, Bestand Oe 140: Archiv Öhringen: Privatsekretariat Ausländische Besitzungen, Bü 15: Javorina. Deutsche Tageszeitung, 491, 19.10.1905. „Ein ‚deutscher Magnat‘ in Ungarn.“ Oberstlieutenant von Sanden, Sport bei Hofe, in: Brehmer, Am Hofe Kaiser Wilhelms II., S. 241–288, hier S. 285 f. Vgl. Gerd von Ende, Berliner Pferderennsport, Erfurt 2007, S. 92. Neues Wiener Journal, 11704, 23.6.1926: „Der letzte Grandseigneur.“ Von Kurt Freiherr v. Reibnitz. Hohenlohe in Oberschlesien, S. 13. Vgl. HZA Neuenstein, Archiv Öhringen, Berliner Generalverwaltung, Bü 370: Hohenlohe-Werke AG: Erläuterung der Gesichtspunkte für die Umwandlung des Montan- und Industriebesitzes in Oberschlesien in eine Aktiengesellschaft seitens des Fürsten Christian Kraft zu Hohenlohe-Öhringen, 1905; ferner Fürstenberg, Lebensgeschichte, S. 445 f.; Erich Achterberg, Berliner Hochfinanz. Kaiser, Fürsten, Millionäre um 1900, Frankfurt/M. 1965, S.  156–159. Vgl. auch Taddey, Die Hohenlohe und Schlesien, S. 210–237. Toni Pierenkemper, Unternehmeraristokraten in Schlesien, in: Elisabeth Fehrenbach (Hrsg.), Adel und Bürgertum in Deutschland 1770–1848, München 1994, S. 129–157, S. 155 f.; Waclaw Dlugoborski: Die schlesischen Magnaten in der frühen Phase der Industrialisierung Oberschlesiens, in: Toni Pierenkemper (Hrsg.), Industriegeschichte Oberschlesiens im 19. Jahrhundert. Rahmenbedingungen – Gestaltende Kräfte –

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Infrastrukturelle Voraussetzungen – Regionale Diffusion, Wiesbaden 1992, S. 107– 128, hier S. 116. Fuchs, Zur Bedeutung des schlesischen Magnatentums, S. 136; Fürstenberg, Lebensgeschichte, S. 446, zur Gründung der Hohenlohe-Werke AG. Zum Fürstenkonzern vgl. Rasch, Adelige als Unternehmer, S. 105–108; Hull, The Entourage, S. 151; Erich Achterberg: Berliner Hochfinanz. Kaiser, Fürsten, Millionäre um 1900, Frankfurt/M. 1965, S. 156–159; Fürstenberg, Lebensgeschichte, S. 445, 498–501; Alfred Lansburgh: Die Finanzgeschäfte des Fürstentrust, in: Die Bank 1912, II, S. 223–230. Vgl. auch den Bericht des kgl. württembergischen Gesandten in Berlin, v. Varnbüler, an den Staatsminister der auswärtigen Angelegenheiten, Dr. von Weizsäcker, Berlin, 27.2.1914, in: HStA Stuttgart, E 50/03, Bü 208, sowie den Bericht des österreichischungarischen Botschafters in Berlin, Ladislaus v. Szögyenyi-Marich, an Außenminister Leopold Graf von Berchtold, 8. April 1914, in: HHStA Wien, PA III 171. Fürstenberg, Lebensgeschichte, S. 498. Die Finanzgeschäfte des Fürstentrust, in: Die Bank, 1912, S. 227, insgesamt S. 223– 230. Vgl. auch Deutsche Bank Archiv, Frankfurt, Akte „Hohenlohe-Werke S 461“, Zeitungsmappe SG 10/005 sowie PO 1251 (Anleihe für die Hohenlohe-Werke AG von 1912). Denkschrift Richard Chrambachs über „Die wirtschaftlichen Zusammenhänge und finanzielle Entwicklung des Haus-Vermögens Hohenlohe-Öhringen in den Jahren 1932 und 1937“, um 1937, in: HZA Neuenstein, Archiv Öhringen, Berliner Generalverwaltung, Bü 4. Aktennotiz vom 28.12.1933, in: Dresdner Bank-Archiv, Berlin, Akte 30201–2001. BE. Das Tagebuch der Baronin Spitzemberg, S. 565. Vgl. Rudolf Martin, Jahrbuch des Vermögens und Einkommens der Millionäre in der Provinz Schlesien, Berlin 1913, S.  XIII, 100–103; Willi A. Boelcke, Millionäre in Württemberg. Herkunft-Aufstieg-Traditionen. Mit einem Faksimile-Abdruck des „Jahrbuchs des Vermögens und Einkommens der Millionäre in Württemberg mit Hohenzollern“ von Rudolf Martin, 1914, Stuttgart 1997, S. 109, 239 f. Vgl. Pierenkemper, Unternehmeraristokraten in Schlesien, S. 156; ders., Die schwerindustriellen Regionen Deutschlands in der Expansion: Oberschlesien, die Saar und das Ruhrgebiet im 19. Jahrhundert, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 1992/1, S. 37– 56, bes. S. 55 f. Vgl. I. Freifrau v. Hoyningen-Huene, Adel in der Weimarer Republik, 1992, S. 20–28. Vgl. auch Karina Urbach, Zwischen Aktion und Reaktion. Die süddeutschen Standesherren 1914–1919, in: Eckart Conze/Monika Wienfort (Hrsg.): Adel und Moderne. Deutschland im europäischen Vergleich im 19. und 20. Jahrhundert, Köln/Weimar/ Wien 2004, S. 323–351. Vgl. Volker Stalmann, Der „rote“ Prinz. Prinz Alexander zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1862–1924), in: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 63 (2004), S. 271–307. Christian Kraft hatte seinen Vetter Alexander, der 1910 durch Börsenspekulationen sein Vermögen verloren hatte, vor dem Krieg finanziell unterstützt. Vgl. ebd., S. 290.

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42 Zur Entwicklung Schlesiens während des Ersten Weltkriegs vgl. Fuchs, Gestaltungskräfte, S. 226–229; Muschol, Die Herrschaft Slawentzitz, S. 100 f. Zur Tätigkeit Christian Krafts als Delegierter des Roten Kreuzes vgl. Der Hohenloher Bote, 115, 20.5.1926: „Zum Gedächtnis an Fürst Christian Kraft zu Hohenlohe-Oehringen“. 43 Vgl. Karl Dietrich Erdmann, Der Erste Weltkrieg, die Weimarer Republik (=Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. 4, 1. Teilband), Stuttgart 91973, S. 147 f. Ferner auch Kai Struve (Hrsg.), Oberschlesien nach dem Ersten Weltkrieg. Studien zu einem nationalen Konflikt und seiner Erinnerung, Marburg 2003. 44 Vgl. Gerhard Taddey: Hohenlohe und Schlesien, in: Hohenlohe in Oberschlesien. Fürsten-Bauern-Bergleute. Historische und volkskundliche Momentaufnahmen 1782– 1945. Begleitheft mit Aufsätzen zur Ausstellung des Hauses der Heimat des Landes Baden-Württemberg, Stuttgart 1993, S. 7–15, hier S. 14. 45 Vgl. auch die Zeitungsausschnitte über die Hohenlohe-Werke AG, 1926–1929, in: HZA Neuenstein, Archiv Öhringen, Berliner Generalverwaltung, Bü 373. Vgl. auch die Akten 30201–2001. BE, 30202–2001.BE, 30204–2001.BE, 30203–2001.BE und 65/2735 im Dresdner Bank-Archiv in Berlin. 46 Denkschrift Richard Chrambachs über „Die wirtschaftlichen Zusammenhänge und finanzielle Entwicklung des Haus-Vermögens Hohenlohe-Öhringen in den Jahren 1932 und 1937, HZA Neuenstein, Archiv Öhringen, Berliner Generalverwaltung, Bü 4. 47 Zum industriellen Engagement des Fürsten vgl. Fuchs, Zur Bedeutung des schlesischen Magnatentums, S. 136 f.; Pierenkemper, Unternehmeraristokraten in Schlesien, S. 149. Zu Christian Kraft vgl. auch „Hervorragende Personen“, in: Oberschlesische Heimat, 14 (1918), S. 31–38; H. Voltz, Die Bergwerks- und Hüttenverwaltungen des Oberschlesischen Industriebezirks, Kattowitz 1892, S. 126–129; Hermann Fechner, Geschichte des schlesischen Bergbau- und Hüttenwesens, in: Zeitschrift für den Berg-, Hütten- und Salinenwesen im preußischen Staate, 50 (1902), S. 475, 691–737, 767 und 777; Bruno Knochenhauer: Die oberschlesische Montanindustrie, Gotha 1927, S. 116–120. 48 Simplicissimus, 38, 20.12.1926. Vgl. auch Der Hohenlohe-Bote, 128, 5.6.1926 und 115, 20.5.1926.

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Abkürzungen BA Bundesarchiv FA Familienarchiv DBFP Documents on British Foreign Policy (Quellenedition) DII Documenti Diplomatici Italiani (Quellenedition) GP Große Politik der Europäischen Kabinette (Quellenedition) HHStA Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien HZ Historische Zeitschrift HZAN Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein IfZ Institut für Zeitgeschichte KA Kriegsarchiv MÖSTA Mitteilungen des österreichischen Staatsarchivs Ms maschinenschriftlich OMeA Obershofmeisteramt ÖUA Österreich-Ungarns Außenpolitik (Quellenedition) NL Nachlass PA AA Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes StPAH Stenographische Protokolle des Abgeordnetenhauses

Quellen- und Literaturverzeichnis Archivquellen Allgemeines Verwaltungsarchiv Wien (AVA) Nachlass Beck Nachlass Wassilko Bundesarchiv Berlin Nachlass Friedrich von Holstein, N 2123 Bundesarchiv Koblenz Nachlass Alexander von Hohenlohe-Schillingsfürst, N 1008 Nachlass Bernhard von Bülow, N 1016 Nachlass Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, N 1007 Nachlass Thimme, Bundesarchiv Koblenz, N 1058 Churchill College, Cambridge Christie Papers (CHRS) 1 Deutsche Bank Archiv Frankfurt Akte „Hohenlohe-Werke S 461“ Zeitungsmappe SG 10/005 PO 1251(Anleihe für die Hohenlohe-Werke AG von 1912) Dresdner Bank-Archiv Berlin Akten 30201–2001. BE, 30202–2001.BE, 30204–2001.BE, 30203–2001.BE und 65/2735 Familienarchiv Hohenlohe Wien Nachlass Constantin zu Hohenlohe-Schillingsfürst Nachlass Gottfried zu Hohenlohe-Schillingsfürst Familienarchiv Liechtenstein Wien Nachlass Franz I. Liechtenstein, K 220 Fürstlich Fürstenbergisches Archiv Donaueschingen (FFA) Nachlass Max Egon Fürstenberg

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|  Quellen- und Literaturverzeichnis

Hauptstaatsarchiv Stuttgart Nachlass Weizsäcker, Q 1/18, Nr. 116 E 50/03, Bü 208, Außenministerium, betr. Württembergische Gesandtschaften und Konsulate Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien (HHStA) Administrative Registratur (AR), F4 Karton 139 Administrative Registratur (AR), F1 Karton 78, 138, 143 Nachlass Berchtold Nachlass Franz Ferdinand Nachlass Handel Nachlass Mensdorff Obersthofmeisteramt (OmeA) r 61 Obersthofmeisteramt (OmeA) K. 1212 Russland 65 und r 65/C/2 ex. 1891 Obersthofmeisteramt (OmeA) K 2044 r28/2 ex 1913, r 61 PA I 1092a: Nachlass Czernin PA I 500: Liasse XLVII: Korrespondenzen (1914–1918) PA I 504: Liasse XLVII/3 (17–22): Krieg 1914–1918. PA I 840: Liasse Krieg 4a: Deutschland 1917. PA III Preußen, K. 171, 172, 174. PA X 119: Russland, Berichte 1903 I-VII. PA XL: Telegramme, K. 263 Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein (HZAN) Archiv Bartenstein Ba 125, Bü. 166 Archiv Bartenstein Ba 30, Bü. 127 Archiv Öhringen, Berliner Generalverwaltung, Bü 4, 370, 373 Archiv Öhringen, Bestand Oe 140: Privatsekretariat Ausländische Besitzungen, Bü 15: Javorina. Archiv Schillingsfürst-Domänenkanzlei, Bü 1 Domänenkanzlei Öhringen, 1,1, Akten betr. Ableben Sr. Durchlaucht des Fürsten zu Hohenlohe-Öhringen Gemeinschaftliche Archive GA 90 Nachlass Alexander zu Hohenlohe-Schillingsfürst Nachlass Hermann zu Hohenlohe‑Langenburg Nachlass Ludwig Aloys zu Hohenlohe-Bartenstein, Archiv Niederstetten Ni 50, Bü 108 Nachlass Philipp Ernst zu Hohenlohe-Schillingsfürst Nachlass Prinz Max Karl zu Hohenlohe-Langenburg, La 147

Quellen- und Literaturverzeichnis  |

Institut für Zeitgeschichte München Handakten Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof von 1937–1945: Verfahren gegen Prinz Max Karl zu Hohenlohe-Langenburg, Fa 117 Band 145 Nachlass Muehlon, ED 142 Kreisarchiv Tetschen/Státní oblastní archiv (SOA) Decin Familienarchiv/Rodinný archiv (RA) Clary-Aldringen, Nr. 584, 615 Familienarchiv/Rodinný archiv (RA) Thun A3 XXVII–4 Kriegsarchiv Wien Allerhöchster Oberbefehl Gst Allg. Reihe K. 406, 407, 418, 420, 423, 424, 427, 436, 438 Kriegsministerium 1873 Präs 47–38/1, K. 395 Kriegsministerium 1903 Präs 1120 (32/2/15–36/10) Militärkanzlei Franz Ferdinand, 1911 Pö 24 Nachlass Marterer, B 16 Personalunterlagen, Qualifikationslisten, Karton 1111 Landesarchiv Brünn/Moravský zemský archiv (MZA) v Brně Nachlass Berchtold, Inv 464 K. 134 Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes, Berlin (PA AA) Nachlass Friedrich von Holstein Nachlass Pourtalès Österreich 88/6, 88/7, 91/12 Russland R 131102: Militärattachés Privatarchiv Fischer-Colbrie Wien Nachlass Gottfried Hohenlohe Steiermärkisches Landesarchiv Graz (StLA) Familienarchiv Herberstein 52, Sign. 64–4 Wiener Stadtbibliothek, Handschriftensammlung Nachlass Friedjung, Karton 2

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401

Autorenverzeichnis Patrick Bormann, M.A., Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Rheinischen Friedrich Wilhelms-Universität Bonn; er promoviert derzeit zum Thema „‚In ein paar Jahren sind die Russen ja doch da!‘ Deutsche Russlandpolitik 1909– 1914 vor dem Hintergrund der politischen Deutungskultur“. Forschungen zur Außenpolitik des Deutschen Kaiserreichs und zur Unternehmensgeschichte im 20. Jahrhundert. Publikationen: Timothy Guinnane/Patrick Bormann u. a., Die Geschichte der DZ-Bank, München 2013; Patrick Bormann/Thomas Freiberger/Judith Michel (Hg.), Angst in den Internationalen Beziehungen, Göttingen 2010. Alma Hannig, M.A., Studium der Geschichte, Politischen Wissenschaft, Psychologie und Spanisch in Bonn, Bilbao und Salamanca. Seit 2009 Lehrbeauftragte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Zudem ist sie für die wissenschaftliche Konzeption der Ausstellung „Erster Weltkrieg“ im Heeresgeschichtlichen Museum in Wien zuständig. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte Österreich (-Ungarns), die Diplomatiegeschichte sowie der Adel im deutschsprachigen Raum im langen 19. Jahrhundert. Demnächst erscheint ihre Biographie über den Thronfolger Franz Ferdinand. Dr. Lothar Höbelt, außerordentlicher Professor für neuere Geschichte an der Universität Wien. Forschungen und zahlreiche Veröffentlichungen zur Politikund Verfassungsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts sowie des Dreißigjährigen Krieges. Zur Zeit bereitet er eine Publikation zur Geschichte des Ersten Weltkriegs vor. Zuletzt erschienen: Böhmen. Eine Geschichte, Wien 2012; Franz Joseph I. Der Kaiser und sein Reich. Eine politische Geschichte, Wien 2009; Kaiser Ferdinand III. 1608–1657. Friedens­kaiser wider Willen, Graz 2008. Dr. Thomas Kreutzer, Studium der Geschichte, Soziologie, Historischen Hilfswissenschaften und Ethnologie in Heidelberg und Freiburg i. Br., Referendariat für den höheren Archivdienst in Stuttgart und Marburg 2002–2004, Projektmitarbeiter im Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein 2004–2007. Seit 2007 Mitarbeiter und seit 2012 Leiter des Kreisarchivs Hohenlohekreis. Publikation: Verblichener Glanz. Adel und Reform in der Abtei Reichenau im Spätmittelalter, Stuttgart 2008.

Autorenverzeichnis  |

Dr. Karl Lennartz, Sporthistoriker, von 1980 bis zur Emeritierung 2005 als Hochschullehrer an der Deutschen Sporthochschule Köln tätig und leitete dort von 1989 bis 2005 das Carl und Lieselott Diem-Archiv. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Geschichte der Olympischen Bewegung, u.a. Geschichte des Deutschen Reichsausschusses für Olympische Spiele, Bonn 1981. Die Spiele der V. Olympiade 1912 in Stockholm, Kassel 2009. Zuletzt erschienen: Die Geschichte der Olympischen Ringe, in: Hoffmann, A./Krüger, M. (Hg.): Olympia als Bildungsidee, Wiesbaden 2013, S. 69–96. Dr. Peter Schiffer, 1994–2011 Leiter des Hohenlohe-Zentralarchivs in Neuenstein, seit 2011 stellvertr. Referatsleiter im Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Forschungen und zahlreiche Veröffentlichungen zur Geschichte der Grafschaft und des Herzogtums Geldern sowie zur hohenlohischen und südwestdeutschen Landesgeschichte. Zuletzt erschienen: Aufbruch in die Neuzeit. Das nördliche Württemberg im 16. Jahrhundert, Ostfildern 2012. Carsten Schmalstieg, M.A., studierte Geschichte, Kunst- und Rechts­ geschichte an der Universität zu Köln und am Sidney Sussex Collage der Universität Cambridge/Großbritannien. Er arbeitet freiberuflich als Dozent in der Erwachsenenbildung, Sachbuchautor, Übersetzer und Kulturreiseleiter. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Kunst- und Kirchengeschichte, u.a. Manfred Becker-Huberti (Hrsg.)/Carsten Schmalstieg/Monika Schmelzer: Kölner Kirchen. Die Kirchen der katholischen und evangelischen Gemeinden in Köln, Köln 2004; Manfred Becker-Huberti (Hrsg.)/Carsten Schmalstieg/Monika Schmelzer/Anette Ziegert: Neusser Kirchen. Die katholischen Kirchen im Dekanat Rhein-Kreis Neuss, Köln 2006. Dr. Oliver Schulz, hat nach einer Ausbildung zum Übersetzer an den Universitäten Düsseldorf und Toulouse Geschichte, Romanistik und Anglistik studiert. Von 2007 bis 2012 war er als freier wissenschaftlicher Mitarbeiter an verschiedenen Ausstellungsprojekten in Nordrhein-Westfalen zu Themen der preußischen Geschichte in der Region beteiligt und arbeitete außerdem als Übersetzer. Forschungen zur Interventionsproblematik in der internationalen Perspektive, zum Imperialismus und Kolonialismus, Verhältnis zwischen Westeuropa und der europäischen Peripherie im östlichen Mittelmeer und südlichen Balkan, Nationalismus- und Antisemitismus. Publikation: Ein Sieg der zivilisierten Welt? Die Intervention der europäischen Großmächte im griechischen Unabhängigkeitskrieg (1826–1832), Münster 2011.

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Dr. Volker Stalmann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der Politischen Parteien in Berlin. Er hat mehrere Editionen bearbeitet und herausgegeben. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Geschichte des Deutschen Kaiserreichs, u.a. Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst 1819–1901. Ein deutscher Reichskanzler, Paderborn u.a. 2009; Die Partei Bismarcks. Die Deutsche Reichs- und Freikonservative Partei 1866–1890, Düsseldorf 2000. Dr. Martina Winkelhofer-Thyri, Studium der Geschichte und Kunstgeschichte an der Universität Wien, Forschungen und Veröffentlichungen zur Hof-, Alltags- und Adelsgeschichte im 19. Jahrhundert. Projektmitarbeiterin bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Publikationen: „Viribus unitis“. Der Kaiser und sein Hof, Wien 2008; Adel verpflichtet. Frauenschicksale in der k. u. k. Monarchie, Wien 2009. Dr. Markus Wirth, studierte Geschichte, Anglistik und Ethnologie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. sowie Modern and Contemporary History an der University of Ulster in Coleraine. Promotion in Neuerer und Neuester Geschichte 2007. Der Autor lebt und arbeitet in Freiburg i. Br. Publikation: Hohenloher Herrschaft im Elsass, (1727–1789/93), Berlin 2009. Dr. Olav Zachau, Studium der Geschichte und Anglistik in Bonn, langjähriger Mitarbeiter bei der Forschungsstelle der Kommission für Zeitgeschichte in Bonn, seit 2008 Lehrer. Forschungen und Veröffentlichungen zum Deutschen Kaiserreich. Publikation: Die Kanzlerschaft des Fürsten Hohenlohe 1894– 1900. Politik unter demStempel der Beruhigung“ im Zeitalter der Nervosität, Hamburg 2007.

Namensregister

Hohenlohe *Adolf, Prinz zu Hohenlohe-Ingelfingen 11, 29 *Albrecht von Hohenlohe 31 *Alexander, Prinz zu Hohenlohe-Schillingsfürst, 1862-1924 8, 21, 23, 24, 33, 38, 93, 135, 136, 146, 156, 157, 158, 159, 167, 172, 280, 281, 285, 359, 367 *Alexander, Prinz zu Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst, 1794-1849 12, 32, 33 *Alfonso, Prinz zu Hohenlohe-Langenburg 287 *Amalie, Prinzessin zu Hohenlohe-Schillingsfürst 21 *August, Fürst zu Hohenlohe-Öhringen 20, 25, 34 *Chlodwig, Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst 8, 11, 21, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 35, 36, 38, 46, 76, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 90, 91, 93, 96, 97, 104, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 115, 121, 122, 123, 124, 134, 142, 145, 148, 155, 157, 158, 159, 166, 167, 182, 216, 272, 277, 278, 279, 280, 282, 285, 287, 367 *Christian Friedrich Karl, Fürst zu Hohenlohe-Kirchberg 20 *Christian, Fürst zu Hohenlohe-Langenburg 16 *Christian, Graf zu Hohenlohe-Bartenstein 14, 27 *Christian Kraft, Fürst zu HohenloheÖhringen, Herzog von Ujest 35, 233, 238, 356, 357, 358, 359, 360, 362, 363, 364, 365, 366, 367, 368, 369, 370, 372, 373

*Constantin, Prinz zu Hohenlohe-Schillingsfürst 8, 9, 11, 36, 37, 38, 77, 78, 91, 119, 180, 181, 182, 183, 184, 185, 186, 187, 188, 189, 190, 191, 192, 193, 196, 197, 198, 230 *Constanze, Fürstin zu Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst, geb. Hohenlohe-Langenburg 107, 108 *Elisabeth, Prinzessin zu HohenloheSchillingsfürst 136 *Ernst Christian, Fürst zu HohenloheLangenburg 20, 272 *Ernst II., Fürst zu Hohenlohe-Langenburg, 1863-1950 38, 278, 344 *Franz, Fürst zu Hohenlohe-WaldenburgSchillingsfürst 234, 272 *Franziska, Prinzessin zu HohenloheSchillingsfürst, geb. Gräfin von Schönborn 218, 287 *Franz Josef, Fürst zu Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst 107 *Franz Karl Joseph, Prinz zu HohenloheWaldenburg-Schillingsfürst 32 *Friedrich, Erbprinz zu Hohenlohe-Öhringen 34 *Friedrich Karl II., Fürst zu HohenloheWaldenburg-Schillingsfürst 21, 44 *Friedrich Ludwig Fürst zu HohenloheIngelfingen, Fürst zu HohenloheÖhringen 11, 16, 29, 33, 43, 69 *Friedrich von Hohenlohe 31 *Friedrich Wilhelm, Fürst zu HohenloheKirchberg 29, 37 *Georg Friedrich, Graf zu HohenloheNeuenstein-Weikersheim 13, 37 *Georg von Hohenlohe 36 *Gottfried, Prinz zu Hohenlohe-Langenburg 37, 287, 310, 311, 319, 322, 332, 333, 334

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|  Namensregister

*Gottfried, Prinz zu Hohenlohe-Schillingsfürst 9, 11, 38, 201, 210, 215, 218, 228, 229, 230, 231, 232, 233, 234, 235, 236, 237, 238, 239, 240, 241, 242, 243, 245, 246, 247, 248, 249, 250, 251, 252, 256, 257, 260, 263, 367 *Gottfried von Hohenlohe, 1265-1309 31 *Gustav Adolf, Prinz zu Hohenlohe-Schillingsfürst 8, 12, 33, 78, 81, 85, 91, 106, 107, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 114, 115, 116, 117, 118, 119, 120, 121, 122, 123, 124, 182 *Gustav Heinrich, Prinz zu HohenloheLangenburg 37 *Heinrich von Hohenlohe 31 *Hermann, Fürst zu Hohenlohe-Langenburg 11, 21, 26, 28, 30, 46, 270, 271, 272, 273, 275, 277, 278, 279, 280, 281, 283, 285 *Hugo Fürst zu Hohenlohe-Öhringen, Herzog von Ujest 20, 26, 30, 34, 35, 357, 358, 363 *Isabella, Prinzessin zu Hohenlohe-Langenburg 287, 332, 344 *Johann Anton Friedrich, Prinz zu Hohenlohe-Bartenstein 31 *Joseph Christian, Prinz zu HohenloheWaldenburg-Bartenstein 16, 31, 55, 110 *Karl Albrecht I., Fürst zu HohenloheWaldenburg-Schillingsfürst 14, 17 *Karl Albrecht III., Fürst zu HohenloheWaldenburg-Schillingsfürst 20, 32, 37 *Karl August Theodor, Fürst zu Hohenlohe-Bartenstein 57, 60, 61 *Karl Erwin, Prinz zu Hohenlohe-Langenburg 287 *Karl, Fürst zu Hohenlohe-Kirchberg 20 *Karl Joseph, Fürst zu Hohenlohe-Bartenstein-Jagstberg 20, 51, 53, 54, 55, 57, 58, 59, 60, 61, 62, 63, 64, 66, 70 *Karl Ludwig, Fürst zu Hohenlohe-Langenburg 20, 21

*Karl Ludwig, Graf von HohenloheWeikersheim 15 *Karl Philipp, Graf zu Hohenlohe-Bartenstein 14, 16, 18, 27 *Konrad, Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst 11, 38, 200, 201, 202, 203, 204, 205, 207, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 215, 216, 217, 218, 219, 220, 221, 224, 227, 247, 287 *Konstantin, Prinz zu Hohenlohe-Langenburg 40, 287, 331, 332, 333, 334, 335, 336, 337, 338, 339, 340, 341, 342, 343, 344, 345, 346, 347, 348, 349, 350, 351 *Konstanze, Fürstin zu Hohenlohe-Schillingsfürst, geb. Hohenlohe-Langenburg 272 *Kraft, Prinz zu Hohenlohe-Ingelfingen 30 *Ludwig Aloys, Fürst zu HohenloheWaldenburg-Bartenstein 11, 29, 36, 37, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 61, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 69, 70, 71, 72, 73, 74 *Ludwig, Fürst zu Hohenlohe-JagstbergBartenstein 20 *Ludwig, Fürst zu Hohenlohe-Kirchberg 25 *Ludwig Gustav, Graf zu HohenloheWaldenburg-Schillingsfürst 14, 27 *Ludwig Leopold, Fürst zu HohenloheBartenstein 53, 58, 59, 60, 72 *Ludwig, Prinz zu Hohenlohe-Langenburg 37, 287 *Maria, Prinzessin zu Hohenlohe-Schillingsfürst 135 *Marie, Fürstin zu Hohenlohe-Schillingsfürst, geb. Sayn-Wittgenstein (18291897), Ehefrau des Reichskanzlers Chlodwig 21, 36, 38, 78, 85, 86, 91 *Marie Henriette, Prinzessin zu Hohenlohe-Schillingsfürst, Erzherzogin von Österreich 38, 237, 239, 242, 243, 266 *Marie, Prinzessin zu Hohenlohe-Schillingsfürst, geb. Sayn-Wittgenstein

Namensregister  |

(1837-1920), Ehefrau des Obersthofmeisters Constantin 8, 9, 38, 119, 182, 230 *Max Egon, Prinz zu Hohenlohe-Langenburg 40, 286, 287, 288, 289, 290, 291, 292, 293, 296, 297, 298, 300, 301, 322, 332, 335, 337, 342, 351 *Max Karl, Prinz zu Hohenlohe-Langenburg 40, 308, 309, 310, 311, 312, 313, 314, 315, 316, 317, 318, 319, 320, 321, 322, 323, 324, 325, 326, 327, 328, 329, 350 *Max, Prinz zu Hohenlohe-Langenburg 310, 321 *Moritz, Prinz zu Hohenlohe-Schillingsfürst 135, 161 *Philipp Ernst, Fürst zu HohenloheSchillingsfürst, 1820-1845, Bruder des Reichskanzlers Chlodwig 27, 77, 78, 91 *Philipp Ernst, Fürst zu HohenloheSchillingsfürst, 1853-1915, Sohn des Reichskanzlers Chlodwig 9, 24, 132, 133, 134, 135, 136, 139, 142, 144, 145, 146, 147, 148, 149, 150, 154 *Philipp Ernst, Graf zu HohenloheWaldenburg-Schillingsfürst (seit 1744 Fürst), 1663-1759 12, 16 *Philipp Karl, Graf zu Hohenlohe-Bartenstein 14, 27 *Philipp, Prinz zu Hohenlohe-Schillingsfürst (Pater Konstantin) 202, 288 *Stephanie, Prinzessin zu HohenloheSchillingsfürst 135 *Viktor, Prinz zu Hohenlohe-Schillingsfürst, Herzog von Ratibor 26, 78, 113, 182, 363 Adler, Viktor 212, 217 Aehrenthal, Alois Lexa Freiherr von 231, 233, 234, 235, 236, 237, 238, 239, 240, 250, 287 Aga Khan III. 296 Albert, britischer Prinzgemahl 79, 84

Albert, Prinz zu Schleswig-Holstein 139, 142, 147, 148, 151 Alexander III., russischer Zar 36 Alfonso XIII., König von Spanien 249 Almeida, Carl Graf von 344 Almeida, Marie Gräfin 311, 312, 315 Andrassy, Gyula Graf jr. 216, 225, 226 Angoulême, Louis Antoine Herzog von 63, 66 Antonelli, Giacomo 114 Aribert, Prinz von Anhalt 148 Ashton-Gwatkin, Frank 291, 292 Auersperg (Familie) 20 Barbolani, Raffaele Graf 117 Basedow, Hans von 121 Bassermann, Ernst 169 Beck, Max Wladimir Freiherr von 207, 212, 213, 215, 219, 233 Behrens, Peter 313 Bellà, Tancredi 116 Benedikt XV., Papst 168 Benes, Eduard 290, 291, 299 Benn, Gottfried 369 Berchtold, Leopold Graf von 213, 226, 235, 236, 237, 238, 239, 240, 241, 242, 243, 244, 245, 249, 250, 254, 257, 262 Berlichingen, Elisabeth von (Freifrau von Bronn) 21, 44 Bernatzik, Edmund 201, 202, 204 Béthizy, Eugène-Eustache de 57 Bethmann Hollweg, Theobald von 162, 177, 245, 246, 265 Bethusy-Huc, Eduard Georg Graf von 26 Bismarck, Herbert Graf von 83 Bismarck, Otto Fürst von 26, 28, 29, 77, 79, 82, 83, 84, 96, 97, 110, 113, 114, 115, 117, 121, 202, 272, 273, 276, 278, 290, 359 Bismarck-Schönhausen, Gottfried von 342 Blankenstein, Constanze von, geb. zu Hohenlohe-Langenburg 37 Blankenstein, Karl Graf von 37

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|  Namensregister

Bonaparte, Lucien-Louis-JosephNapoleon 117 Bormann, Martin 298 Bourbon (Familie) 51, 55, 56, 63 Bourbon-Parma, Sixtus Prinz von 219, 248 Braun, Günter 325 Braun, Max 319, 321 Brehm, Alfred 272 Buber, Martin 313 Bülow, Bernhard Ernst von 116 Bülow, Bernhard Fürst von 83, 90, 91, 92, 95, 96, 97, 121, 122, 159, 170, 224, 233, 236, 243, 244, 246, 247, 248, 263, 266, 268, 359, 370 Burián, István Freiherr von 244, 245 Butler, R.A.B 294 Bylandt-Rheidt, Arthur Graf von 223 Caprivi, Leo Graf von 84, 99, 278 Caspari, Hedwig 313, 314, 316 Castell, Carl Graf zu 277 Cesare, Raffaele de 120 Cetto, Anton Freiherr von 115 Chamberlain, Sir Arthur Neville 290, 292, 294, 295 Charles X., König von Frankreich 52, 56, 66, 67, 69 Charlotte, Prinzessin von Preußen 141 Christie, Malcolm Graham 289, 294, 303 Churchill, Sir Winston Spencer 289, 294, 296, 299, 302 Clairfait, Francois Sebastian Graf von 59 Clam-Martinic, Heinrich Graf 218, 219 Clary und Aldringen, Alfons Fürst von 291, 302 Colin, Friedrich 274, 276, 277, 281, 283, 284 Colin, Ludwig 275, 276, 283 Colloredo-Mannsfeld (Familie) 62 Condé, Louis Joseph Prinz de 57, 58, 59 Conrad von Hötzendorf, Franz Freiherr von 215, 239, 241, 243, 256 Coubertin, Pierre de 136, 137, 138, 139, 141, 142, 143, 145, 146, 147, 148, 149

Coudenhove, Karl Graf von 204, 221, 224 Crispi, Francesco 121 Csicserics von Bacsány, Maximilian 233 Curtius, Friedrich 157, 159 Czernin, Ottokar von 208, 209, 210, 213, 218, 219, 220, 223, 224, 227, 245, 246, 247, 248, 263, 264, 265, 267, 287, 302 Dallwitz, Johann von 162 Deligiannis, Theodor 137 Diepenbrock, Melchior von 108, 110, 125 Döllinger, Ignaz von 117, 125 Dörpfeld, Wilhelm 141, 153 Dulles, Allen 296, 297, 298, 299, 300, 305 Ebhardt, Bodo 363 Ekhardt, Generalquartiermeister 59 Elisabeth, Kaiserin von Österreich 152, 185, 189, 193, 332 Ernst II., Herzog von Sachsen-CoburgGotha 272 Erzberger, Matthias 169, 267 Eugen, Erzherzog von Österreich 220 Eulenburg, Botho Graf von 91, 101, 279 Eulenburg und Hertefeld, Philipp Fürst zu 83, 85, 89, 121, 192, 236, 279 Fabri, Friedrich 278 Falkenhausen, Alexander Freiherr von 339, 342 Ferdinand II., König von Spanien 66 Ferdinand I., Kaiser von Österreich 183 Festetics, Marie Gräfin 193, 217 Feuchtwanger, Lion 317, 320 Fiedler, Konrad 120 Filbinger, Hans 347 Flotow, Ludwig Freiherr von 245, 264 Foerster, Friedrich Wilhelm 161 Frankenberg-Ludwigsdorf-Tillowitz, Friedrich von 46, 275, 276 Frank, Karl Hermann 291 Franz Ferdinand, Erzherzog, österreichisch-ungarischer Thronfolger 213, 217, 230, 235, 239, 240, 242, 247, 250, 251, 253, 264, 266, 268, 288 Franziska von Österreich, geb. HohenloheSchillingsfürst 38

Namensregister  |

Franz Joseph I., Kaiser von Österreich 38, 181, 182, 183, 184, 186, 189, 190, 191, 192, 195, 197, 205, 206, 215, 216, 217, 218, 231, 233, 235, 238, 240, 242, 245, 256, 301 Franz V., Herzog von Modena, Massa, Carrara und Gustalle 118 Freisler, Roland 325 Fried, Alfred Hermann 161 Friedrich, Erzherzog von Österreich 38, 215, 218, 237, 262 Friedrich Franz III., Großherzog zu Mecklenburg-Schwerin 140 Friedrich I., Großherzog von Baden 80, 85, 115 Friedrich II., König von Preußen 15 Friedrich I., König von Württemberg 60, 61 Friedrich Karl, Prinz von Hessen 140, 152 Friedrich Wilhelm IV., preußischer König 30 Fürstenberg, Amalie von 108 Fürstenberg, Carl 365 Fürstenberg (Familie) 19, 20, 35, 364, 365 Fürstenberg, Karl Egon von 279 Fürstenberg, Karl Emil zu 237, 238 Fürstenberg, Max Egon II. zu 209, 364, 367 Fürstenberg, Therese Landgräfin 194 Gautsch, Paul von 206, 207, 208 Gebhardt, Willibald 133, 138, 139, 140, 143, 144, 145, 146, 147, 148, 154 Gelzer-Sarasin, Johann Heinrich 115 Georg, Prinz von Sachsen 139, 142 Gindra, Henriette (Frau von Hellberg) 135 Glaeser, Ernst 317 Goebbels, Joseph 298, 320 Goetz, Ferdinand 144, 147 Goluchowski, Agenor Graf jr. 230, 234 Göring, Hermann 8, 293, 294, 295, 303, 304 Grünne, Karl Graf 182, 183, 194, 196 Gustav Adolf, König von Schweden 13

Habsburg (Familie) 15, 19, 52, 59, 183, 220, 240, 289 Hammann, Otto 142, 153 Handel, Erasmus von 216, 217 Harder, Heinrich 333 Hassell, Ulrich von 295, 298, 299 Hauptmann, Gerhart 203 Haussmann, Conrad 170 Heinold, Karl Freiherr von 213, 215 Hellberg, Alexander zu 135 Henckel von Donnersmarck, Guido Reichsgraf 364, 365 Henlein, Konrad 8, 40, 289, 290, 291, 292, 335, 337 Hertling, Georg Graf von 162, 170, 171, 245 Heuss, Theodor 8, 347 Hildebrandt, Adolf von 120 Himmler, Heinrich 296, 299, 341, 342 Hindenburg, Paul von Benckendorff und von 167, 170 Hitler, Adolf 290, 292, 293, 294, 295, 296, 298, 299, 300, 303, 304, 318, 319, 320, 321, 322, 323, 335, 336, 337, 340, 341, 342, 353 Hoare, Sir Samuel John 296 Hodza, Milan 290, 291, 292 Hofmannsthal, Hugo von 192 Hohenzollern-Sigmaringen, Katharina Fürstin von 111 Hollmann, Friedrich von 86, 87 Holstein, Friedrich von 83, 85, 89, 95 Holtzendorff, Henning von 245 Hoym, Marianne Gräfin von 33, 34 Hutten-Czapski, Bogdan von 83, 122, 123 Isabella, Erzherzogin von Österreich, geb. Prinzessin von Croÿ-Dülmen 247 Isenburg-Philippstein (Familie) 20 Jacobi, Albano von 232, 235, 253, 255 Jagow, Gottlieb von 237, 243, 261 Johann, König von Böhmen 208 Jolly, Julius August Isaak 111 Jourdan, Jean Baptiste 56 Kardorff, Wilhelm von 26

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Karl Eugen, Herzog von Württemberg 16 Karl I., Kaiser von Österreich-Ungarn 38, 217, 243, 245, 248, 249, 251, 288 Karl VII., Kaiser des Hl. Römischen Reiches 15 Kelly, David 295 Ketteler, Wilhelm Emmanuel von 103, 110 Keudell, Robert von 116 Khuen, Karl Graf 289, 302 Kiderlen-Wächter, Alfred von 240 Kiesinger, Kurt Georg 8, 347 Kinsky (Familie) 289 Kinsky, Franz Graf 231, 242 Kinsky, Fürst Ulrich 291 Kinsky, Zdenko Graf 291 Kleefeld, Kurt 366 Kleutgen, Josef 111, 126 Koch, Georg 333 Koerber, Ernest von 210, 213, 217, 225 Kohleisen, Marie Therese, geb. Prinzessin zu Hohenlohe-Langenburg 310, 316 Kohleisen, Otto 310 Kokowzow, Wladimir Nikolajewitsch 241 Köller, Ernst Matthias von 84, 85, 87, 88, 89, 90 Konstantin, Kronprinz von Griechenland (später König Konstantin I.) 149, 150 Körte, Martin 333 Kossuth, Lajos 206 Kracauer, Siegfried 317 Kramar, Karel 211, 225 Kraus, Franz Xaver 119, 121, 122, 125 Kristoffy, Josef 206 Krupp von Bohlen und Halbach, Bertha 367 Kühlmann, Richard von 170 Kulczycki, Ladislaus Graf 116 Kundt, Erich 291, 303 Lambsdorff, Gustav Graf von 232, 233, 235, 238, 253, 254 Langbehn, Carl 299 Lansing, Robert 296 Lauchert, Richard 21

Leiningen (Familie) 20 Leiningen, Feodora Prinzessin zu 272 Leopoldine, Prinzessin von Baden 272 Leo XIII., Papst 116, 117 Lerchenfeldt, Hugo Graf von 142 Lersch, Heinrich 315, 327 Levi, Primo 123 Leyen, Erwein Fürst von der 344 Liechtenstein, Karl Fürst von und zu 184 Liechtenstein, Rudolf Prinz von und zu 194, 207, 213 Linke, Paul 363 Liszt, Franz 8, 119, 124, 129, 182 Litzmann, Karl-Siegmund 339 Louis Philippe I., König von Frankreich 69 Lubraniec-Dambska, Ottilie Gräfin, geb. Brauns 360 Ludendorff, Erich 167, 170, 172, 176, 217, 245 Lüderitz, Adolf 276 Lüders, Otto 141, 142 Ludwig Ferdinand, Prinz von Bayern 142 Ludwig II., König von Bayern 80, 81, 82 Ludwig XVIII., König von Frankreich 56, 63, 65, 66 Ludwig XVII., König von Frankreich 65 Ludwig XVI., König von Frankreich 51 Lueger, Karl 211, 219, 222 Lüttwitz, Arthur Freiherr von 231 Mäe, Hjalmar 339 Maltzan, Hermann Freiherr von 274, 275, 283 Manderscheid-Blankenheim, Franziska Wilhelmina Augusta Gräfin von 56 Mann, Heinrich 320 Mann, Klaus 316, 320 Mann, Thomas 317 Manteuffel, Erwin Freiherr von 83 Marcu, Valerio 317 Maria Theresia, Erzherzogin von Österreich, Königin von Ungarn 15 Marschall von Biberstein, Adolf Freiherr von 85

Namensregister  |

Marterer, Ferdinand Freiherr von 215, 227, 262 Masaryk, Tomas 288 Max, Erzherzog von Österreich 38, 218, 220 Max, Prinz von Baden 162, 169, 170, 172, 249 Mayr-Melnhof, Baronin Marie von, geb. Hohenlohe-Schillingsfürst 220 Mayr-Melnhof, Franz Baron 220 Melchers, Paulus 110, 120 Metternich (Familie) 201, 217 Metternich, Pauline Fürstin 193 Miessner, Geheimrat Albert 141, 142 Miquel, Johannes (von) 85, 90, 93 Montel, Johannes de 123 Montenuovo, Alfred Fürst von 194, 225 Montgelas, Max von 161 Muehlon, Wilhelm 159, 161, 162, 170, 179 Müller, Josef 295 Musulin, Alexander von 242 Nachtigal, Gustav 276 Napoleon I, Kaiser der Franzosen 37, 61 Nikolai Nikolajewitsch, Großfürst von Russland 255 Nikolaus II., russischer Zar 234, 250, 256 Nobili, Gustavo 120 Olbricht, Friedrich 342 Otto, Erzherzog von Österreich 249 Pasquero, Louisa Georgina (Prinzessin Luise zu Hohenlohe-Langenburg) 316 Peters, Carl 274, 278 Petschek, Ignaz 366, 368 Pfordten, Ludwig Freiherr von der 80 Pichegru, Charles 59 Piffl, Friedrich Gustav 288 Pilsudski, Josef Klemens 294 Pius IX, Papst 81, 108, 109, 111, 112, 115, 116, 117, 119, 126 Pius XII., Papst 295, 296 Placek, Boleslav Ritter von 208 Plessen, Ludwig Freiherr von 141, 142, 143

Pochwalski, Kasimir 332 Polzer-Hoditz, Arthur Graf 218 Posadowsky, Elise Gräfin 93 Posadowsky-Wehner, Arthur Graf von 93 Pourtalès, Friedrich Graf von 237 Prikker, Jan Thorn 313, 315, 316 Rampolla, Mariano 121 Rangavis (Rangabe), Kléon 138, 139, 141, 143, 151 Ratzel, Friedrich 275 Regler, Gustav 317 Reibnitz, Kurt Freiherr von 360 Reichenau, Franz von 118 Reischach, Hugo Freiherr von 243 Renard, Andreas Maria Graf von 364 Rezzori, Gregor von 204 Ribbentrop, Joachim von 293, 294, 297, 304 Riemerschmid, Richard 312, 326 Ringelnatz, Joachim 317 Romberg, Giesbert von 161 Roth, Joseph 317 Rothschild, Freiherr Albert Salomon Anselm von 213 Rothschild, Freiherr Louis Nathaniel von 288 Runciman, Lord Walter 290, 291, 292, 293, 303 Sachsen-Meiningen, Bernhard von 139, 141, 152 Sachsen-Meiningen (Familie) 120 Salm-Horstmar, Prinz Eduard zu 148 Salm-Reifferscheidt-Bedburg, Maria Crezentia Altgräfin zu 57 Sauerbruch, Ferdinand 169 Sayn-Wittgenstein-Berleburg, Carolyne Fürstin zu 119, 182 Sayn-Wittgenstein, Karoline Gräfin von 310 Sayn-Wittgenstein, Nikolaus von 119 Sayn-Wittgenstein, Peter Fürst zu 35 Sazonow, Sergej Dimitrijewitsch 241 Schacht, Hjalmar 366

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Schaffgotsch, Johanna Gräfin von, geb. Gryzik 35 Schellenberg, Walter 297, 298, 300 Scheller, Alfred 363 Schlözer, Kurt von 118, 128 Schlözer, Leopold von 118, 128 Schneditz, Gilbert von 324 Schnitzler, Arthur 192 Schönborn, Anna Barbara von 14 Schönborn-Buchheim, Anna Gräfin von 37, 287, 332 Schönborn (Familie) 14, 27 Schratt, Katharina 190, 192, 225 Schricker, August 148, 155 Schulte, Johann Friedrich von 108, 109 Schwarzenberg, Adolf Fürst zu 289 Schwarzenberg (Familie) 19, 201 Schwarzenberg, Karl IV. Fürst zu 291 Seghers, Anna 320 Seidel, Heinrich Wolfgang 360, 361 Seidel, Ina 360, 371 Sergej Michajlowitsch, Großfürst von Russland 241 Sieghart, Rudolf 213, 215, 217, 225, 227 Siegle, Gustav 276, 283 Solf, Wilhelm 172 Solms-Laubach (Familie) 20 Sophia, Kronprinzessin von Griechenland (später Königin) 140, 141, 149, 152 Sophie Friederike, Gräfin von HessenHomburg 18 Spahn, Martin 169 Spiegel, Ferdinand 333 Spitzemberg, Hildegard Freifrau von 366 Spitzmüller, Alexander 215, 216, 218, 225 Spitzy, Reinhard 297, 298 Stalin 298, 305, 306 Starhemberg, Camillo Fürst 202, 221 Sternberg, Adalbert Graf (Montschi) 208, 211, 213, 222, 223 Sternheim, Thea 323, 324 Streit, Georg von 143, 145 Stresemann, Gustav 366

Stürgkh, Karl von 38, 213, 214, 215, 216, 217, 218, 219, 224, 225, 252 Suchomlinow, Wladimir Alexandrowitsch 241 Suttner, Bertha von 160 Sylva-Tarouca, Ernst Graf 215 Szécsen, Miklos Graf 245 Szeptycki, Stanislaus 233 Talleyrand Périgord, Charles Maurice de 148 Thielmann, Max von 83 Thun-Hohenstein, Gabriele Gräfin von (Yelli ), geb. Trauttmannsdorff-Weinsberg 287 Thun-Hohenstein, Ladislaus (Lato) 287 Thun-Salm, Oswald Graf 210 Thurn und Taxis, Albert Fürst von 367 Thurn und Taxis (Familie) 19, 34 Thurn und Taxis-Hohenlohe, Marie von 109 Tirpitz, Alfred von 90, 92 Tisza, István Graf 212, 216, 218, 243, 244 Trikoupis, Charilaos 137, 151 Tschirschky, Heinrich von 215, 237, 242, 262 Vansittart, Sir Robert 289, 290 Varnbüler, Axel von 366 Varnbüler, Karl von 276 Végh, Gyula von 162 Viale-Prelà, Michele 110 Vicari, Hermann von 110 Victoria, Königin von Großbritannien 20, 79, 272 Vikelas, Demitrios 137, 139, 141, 150 Viktoria, Deutsche Kaiserin (Kaiserin Friedrich) 140, 141, 147, 149, 152 Viktoria, Königin von Schweden, geb. Prinzessin von Baden 124 Wagner, Cosima 124 Waldersee, Alfred Graf von 91, 101 Waldstein, Eva von 13, 37 Wedel, Botho Graf 247 Weikersheim, Konrad von, Stammvater des Hauses Hohenlohe 12

Bildnachweis  |

Weizsäcker, Ernst Freiherr von 295, 296, 303 Wekerle, Sandor 206, 210, 212 Wertheim, Wolf 364, 365 Wilczek, Hans Graf 191 Wilhelm I., Deutscher Kaiser 30, 82, 84, 99 Wilhelm II., Deutscher Kaiser 8, 29, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 92, 93, 94, 95, 96, 100, 101, 102, 103, 105, 114, 118, 147, 152, 171, 209, 212, 233, 236, 242, 243, 244, 246, 248, 250, 256, 261, 272, 279, 280, 366, 367 Wilmowski, Friedrich Freiherr von 142 Wilson, Thomas Woodrow 168 Windisch-Graetz, Alfred Prinz von 332, 344

Windischgraetz, Lajos Herzog von 202 Wladimir Alexandrowitsch, Großfürst von Russland 232, 255 Woermann, Adolph 276 Wohltat, Helmut 293 Wolf, Balthasar 363 Wolff, Karl 299 Wolf, Karl Hermann 212 Wolfsfeld, Erich 333 Ypsilanti, Fürst Gregor Gregorowitsch 134 Ypsilanti, Prinzessin Chariclée 134 Yturbe, Maria Piedad Marquesa de Belvis de las Navas 40, 288 Yturbe y del Villar, Manuel 288 Zita, Kaiserin von Österreich-Ungarn 218, 227, 249

Bildnachweis Bild 1: Schuler Weikersheim Bild 2, 4 und Umschlag: Schloss Schillingsfürst Bild 3, 5, 6, 7, 8, 10, 13: Familienarchiv Hohenlohe Wien Bild 11 und 12: Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein Bild 8: British Museum. Layout und © des Stammbaums und der Karte: Thomas Höbelt

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Bildnachweis  |

Weizsäcker, Ernst Freiherr von 295, 296, 303 Wekerle, Sandor 206, 210, 212 Wertheim, Wolf 364, 365 Wilczek, Hans Graf 191 Wilhelm I., Deutscher Kaiser 30, 82, 84, 99 Wilhelm II., Deutscher Kaiser 8, 29, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 92, 93, 94, 95, 96, 100, 101, 102, 103, 105, 114, 118, 147, 152, 171, 209, 212, 233, 236, 242, 243, 244, 246, 248, 250, 256, 261, 272, 279, 280, 366, 367 Wilmowski, Friedrich Freiherr von 142 Wilson, Thomas Woodrow 168 Windisch-Graetz, Alfred Prinz von 332, 344

Windischgraetz, Lajos Herzog von 202 Wladimir Alexandrowitsch, Großfürst von Russland 232, 255 Woermann, Adolph 276 Wohltat, Helmut 293 Wolf, Balthasar 363 Wolff, Karl 299 Wolf, Karl Hermann 212 Wolfsfeld, Erich 333 Ypsilanti, Fürst Gregor Gregorowitsch 134 Ypsilanti, Prinzessin Chariclée 134 Yturbe, Maria Piedad Marquesa de Belvis de las Navas 40, 288 Yturbe y del Villar, Manuel 288 Zita, Kaiserin von Österreich-Ungarn 218, 227, 249

Bildnachweis Bild 1: Schuler Weikersheim Bild 2, 4 und Umschlag: Schloss Schillingsfürst Bild 3, 5, 6, 7, 8, 10, 13: Familienarchiv Hohenlohe Wien Bild 11 und 12: Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein Bild 8: British Museum. Layout und © des Stammbaums und der Karte: Thomas Höbelt

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Würzburg

Weikersheim

Werki Nürnberg

Haltenbergstetten

Rothenburg Bartenstein Ingelngen Hermersberg Burg Tierberg Schillingsfürst Friedrichsruhe Langenburg Neuenstein Kirchberg Öhringen Waldenburg Heilbronn

Lubcz

Berlin Stuttgart

Corvey Lassowitz Sausenberg Würzburg

Oberbronn

Paris

Eidlitz Nürnberg

Stuttgart

Lunéville

Rothenhaus

Podiebrad Rauden Brünn

Battelau Wien Mariazell

Zürich Toblach

Ujest

Bitschin Kattowitz Javorina

Naliboki

ULRIKE GRUNEWALD

LUISE VON SACHSEN-COBURGSAALFELD (1800–1831) LEBENSRÄUME EINER UNANGEPASSTEN HERZOGIN

Am 29. August 1824 versammeln sich in der Residenzstadt Coburg aufgebrachte Bürger, um ihrer Herzogin Luise beizustehen. Ihr Ehemann, Herzog Ernst I., wollte seine junge Ehefrau und Mutter seiner beiden Söhne wegen vorgeblicher Untreue verstoßen. Zwei Tage lang demonstrierte die Menge in den Straßen, so dass Ernst I. um die Macht fürchten musste. Dennoch setzte er sich schließlich durch, Luise wurde verbannt. Die Biografie beschreibt das Schicksal Luises von Sachsen-Coburg-Saalfeld vor dem Hintergrund der Rolle adliger Frauen im patriarchalen Obrigkeitsstaat des 19. Jahrhunderts. Besonderes Augenmerk gilt dabei der Beeinflussung der Presse und der veröffentlichten Meinung durch die regierende Fürstenfamilie, die wesentlich zur Unterdrückung der Freiheitsbestrebungen Luises beitrugen. Ihr Leben ist weitgehend in Vergessenheit geraten, obwohl sie die Mutter des späteren Prinzgemahls der britischen Queen Victoria war. Als Luise der Dynastie gefährlich wurde, sorgte eine höfische Intrige für das Ende der Ehe. Sie musste ihre Träume von einem freien und selbstbestimmten Leben aufgeben, als mit der Scheidung ihr gesamtes ererbtes Vermögen in den Besitz des Ehemannes überging. Bereits 1831 starb sie in Paris. 2013. 288 S. 11 S/W-ABB. GB. 155 X 230 MM | ISBN 978-3-412-21108-0

böhlau verlag, ursulaplatz 1, d-50668 köln, t: + 49 221 913 90-0 [email protected], www.boehlau-verlag.com | wien köln weimar

ECKART CONZE, WENCKE METELING, JÖRG SCHUSTER, JOCHEN STROBEL (HG.)

ARISTOKRATISMUS UND MODERNE ADEL ALS POLITISCHES UND KULTURELLES KONZEPT, 1890–1945 (ADELSWELTEN, BAND 1)

Unbestritten nahm die Bedeutung des Adels zum 20. Jahrhundert hin in Europa ab. Gleichzeitig traten in unterschiedlichsten Diskursbereichen um 1900 neue Ideen und Konzepte von Adel oder Aristokratie auf. Dieser als Aristokratismus bezeichneten Ausweitung der Semantik des Adeligen spürt der Band mit interdisziplinären Perspektiven nach. Er spannt den Bogen von Nietzsches Philosophie eines „Neuen Menschen“ über die Figur des Dandys in Kunst und Literatur, die Ideen einer „Geistesaristokratie“, etwa im GeorgeKreis, bis hin zu Neuadelsvorstellungen in der völkischen Bewegung und im Nationalsozialismus. 2013. 385 S. GB. 155 X 230 MM. | ISBN 978-3-412-21007-6

böhlau verlag, ursulaplatz 1, d-50668 köln, t: + 49 221 913 90-0 [email protected], www.boehlau-verlag.com | wien köln weimar

K ARL VOCELK A

DIE FAMILIEN HABSBURG UND HABSBURG-LOTHRINGEN POLITIK – KULTUR – MENTALITÄT

Diese kompakte Geschichte ist für Leser bestimmt, die sich schnell Information zu den Habsburgern verschaffen wollen. Die politische Rolle der Familie in weiten Teilen Europas, aber auch ihre menschlichen Situationen und Konflikte werden kurz dargestellt. Nach einer Einführung in ihre Geschichte als Herrscher im Heiligen Römischen Reich und der Habsburgermonarchie widmet sich der Band auch den spanischen Habsburgern, den Nebenlinien in Italien und der Position der nicht regierenden Männer, Frauen und Kinder der Habsburger. Zwei weitere Teile sind der Mentalität der Familie und den kulturellen Leistungen der Dynastie gewidmet. Erziehung, Sendungsbewusstsein, Frömmigkeitsverhalten und Jagdleidenschaft sind ebenso Themen dieses Buches wie Repräsentation und Propaganda, Schlösser und Gärten, Feste und Sammlungen der Familie. 2010. 243 S. GB. 1 KARTE, 3 STAMMBÄUME 135 X 210 MM. ISBN 978-3-205-78568-2

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