123 32 24MB
German Pages 226 [227] Year 2003
WILM BODO WIRTZ
Die erbrechtliche Position des Ehegatten im Scheidungsverfahren
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 280
Die erbrechtliche Position des Ehegatten im Scheidungsverfahren Von Wilm Bodo Wirtz
Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Universität Passau hat diese Arbeit im Jahre 2002 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten © 2003 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-11038-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ
Vorwort Die nachfolgende Arbeit wurde im Sommersemester 2002 als Dissertation bei der juristischen Fakultät der Universität Passau eingereicht. Das Verfahren ist am 17. Juli 2002 mit dem Rigorosum abgeschlossen worden. Literatur und Rechtsprechung befinden sich dementsprechend auf dem Stand Frühjahr 2002. Herzlichen Dank sage ich an dieser Stelle Herrn Prof. Dr. em. Hans-Joachim Musielak für die äußerst wertvolle Förderung und Forderung, die ich durch ihn während meiner Zeit an seinem Lehrstuhl wie auch im Rahmen dieser Arbeit erfahren durfte. Danken möchte ich überdies Herrn Josef Buschmeier, Vizepräsident des OLG Hamm a. D., und RA'in Beate Buschmeier für die sorgfältige und kritische Lektüre meines Manuskriptes, Frau Manja Besser für die Erstellung des Stichwortverzeichnisses, Herrn Dr. Torsten Brand (LL.M. eur.) für seine in vielfältiger Weise gewährte Unterstützung sowie meinen Partnern RA Claus Meffert und RA'in Kerstin Dobslaff für ihre Geduld mit meinen „Forschungsreisen" der vergangenen Jahre. Die Fertigstellung dieser Arbeit neben meiner anwaltlichen Tätigkeit wurde zudem wesentlich unterstützt durch den außerordentlich engagierten Einsatz meiner früheren Assistentin Dipl.-Wirtsch.-Ing. Frauke Haschke wie auch durch das fortgesetzte große Verständnis meiner Weggefährten und Mandanten. Ebenfalls danke ich der Friedrich-Naumann-Stiftung, die das Zustandekommen dieser Arbeit durch ein Promotionsstipendium ermöglicht hat. Abschließend danke ich der Studienstiftung des Deutschen Volkes, die mir als Student der Rechtswissenschaft durch ihre Förderung sowohl in ideeller als auch finanzieller Hinsicht in entscheidender Weise geholfen hat, die akademischen Voraussetzungen für eine Promotion zu schaffen. Gewidmet ist dieses Buch meinen Eltern M. A. Maria Dorothea und Wilhelm Friedrich Emil Wirtz. Passau, im Frühsommer 2003
Wilm Bodo Wirtz
Inhaltsverzeichnis Α. Einleitung
21
I. Der Gegenstand der Betrachtung II. Der Verlauf der Darstellung B. Die erbrechtliche Position des Ehegatten I. Das gesetzliche Ehegattenerbrecht
21 22 23 23
1. Die gesetzliche Erbfolge
23
2. Der Inhalt des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes
24
a) Der Anteil am Nachlass
24
b) Der Einfluß des Güterstandes
26
aa) Die Zugewinngemeinschaft
26
(1) Das Entfallen des Zugewinnausgleiches
27
(2) Die entsprechende Anwendung der Vorschriften über den Zugewinnausgleich
28
(3) Stellungnahme
28
bb) Der Sondererbteil bei Gütertrennung
29
cc) Die Gütergemeinschaft
30
c) Der Pflichtteilsanspruch des Ehegatten nach § 2303 BGB aa) Die Grundlagen bb) Die Besonderheiten der Zugewinngemeinschaft
31 31 31
(1) Der Zugewinnausgleich
31
(2) Pflichtteil, Enterbung und Vermächtnis
32
cc) Gütertrennung und Gütergemeinschaft d) Der Voraus und der Dreißigste
33 34
aa) Der Voraus
34
bb) Der Dreißigste
35
8
Inhaltsverzeichnis e) Der Ehegatte als gesetzlicher Hoferbe aa) Der Grundsatz
36 36
(1) Der Ehegatte als gesetzlicher Hoferbe
37
(2) Der Ehegatte als gesetzlicher Miterbe
37
(a) Das Verwaltungs- und Nutznießungsrecht
37
(b) Das Altenteil
38
(c) Das Hoferbenbestimmungsrecht
38
bb) Die Ausnahme: Der Ehegattenhof
40
(1) Der Vorrang der Testierfreiheit
40
(2) Ein Zwangsanerbenrecht
40
(3) Stellungnahme
41
II. Die Vermögensnachfolge unter Ehegatten durch Verfügung von Todes wegen .
41
1. Die Vermögensnachfolge durch einseitige letztwillige Verfügung
41
2. Das Ehegattenprivileg: das gemeinschaftliche Testament
42
a) Der Kreis der Berechtigten
42
b) Das Handeln mehrerer
43
aa) Das Reichsgericht
43
bb) Die Gegenauffassungen
44
cc) Stellungnahme
44
3. Die vertragliche Erbfolge unter Ehegatten
45
a) Der Wille des Verfügenden
46
b) Die Differenzierung in entgeltliche und unentgeltliche Verträge
46
c) Die Vermutung für die Vertragsmäßigkeit aus der Eigenschaft als Teil des Erbvertrages
46
d) Die Grundsätze über die Wechselbezüglichkeit von Verfügungen eines gemeinschaftlichen Testamentes
47
e) Das Interesse des Bedachten am Erwerb der Stellung eines Begünstigten
47
f) Stellungnahme
48
III. Der sonstige Erwerb von Todes wegen unter Eheleuten
50
1. Das Schenkungsversprechen von Todes wegen
50
a) Schenkungsversprechen oder Schenkungsvertrag
50
Inhaltsverzeichnis aa) Der Schenkungsvertrag als Schenkungsversprechen im Sinne des §2301 BGB
50
bb) Das Schenkungsversprechen als einseitige, auf Annahme gerichtete und empfangsbedürftige Willenserklärung
51
cc) Stellungnahme
51
b) Die Überlebensbedingung aa) Der Tatbestand der Überlebensbedingung
52 52
(1) Aufschiebende oder auflösende Überlebensbedingung
52
(2) Negative Fassung der Überlebensbedingung
53
(3) Die Kombination der Überlebensbedingung mit weiteren Bedingungen
54
(4) Die konkludente Überlebensbedingung
55
bb) Auf den Todesfall betagte und befristete Schenkungsversprechen .
56
(1) Betagte Schenkungsversprechen
56
(2) Befristete Schenkungsversprechen
57
(3) Die erweiterte Auslegung des § 2301 BGB, Analogie
58
c) Die Abgrenzung zur vollzogenen Schenkung unter Lebenden (§ 2301 Abs. 2 BGB)
60
aa) Die vor dem Erbfall vollzogene Schenkung (§ 2301 Abs. 2 BGB).. (1) Die Voraussetzungen des Vollzuges
60 60
(a) Das sofortige Vermögensopfer
60
(b) Das Veranlassen des Rechtsüberganges
60
(c) Der Erwerb eines Anwartschaftrechtes
61
(d) Stellungnahme
61
(2) Der Sonderfall: Das Versterben des Schenkers vor Zugehen der vollziehenden Willenserklärung bb) Die nach dem Erbfall vollzogene formnichtige Schenkung
62 62
(1) Das Eingreifen von § 2301 Abs. 1 BGB
63
(2) Der Vollzug durch unwiderrufliche Vollmacht bei unwiderruflichem Auftrag
63
(3) Stellungnahme
64
d) Die Rechtsfolge des § 2301 Abs. 1 Satz 1 BGB
65
aa) Erbvertragsrecht
65
bb) Erbvertrags- oder Testamentsrecht
66
2. Der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall a) Der Grundsatz aa) Der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall als formlos gültige letztwillige Verfügung
66 67 67
Inhaltsverzeichnis
10
bb) Der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall als vermächtnisweise Zuwendung von Todes wegen sui generis
68
cc) Der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall als Schenkungsvertrag zugunsten Dritter
68
dd) Das Valutaverhältnis als Schenkungsvertrag zwischen Schenker und Begünstigtem
68
ee) Der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall als Schenkung von Todes wegen ff) Die Konstruktion der Rechtsprechung gg) Stellungnahme b) Der Sonderfall: Postmortale Übermittlung und Annahme
69 69 70 72
aa) Die Überlebensbedingung im Sinne des § 2301 Abs. 1 BGB
73
bb) Der Vollzug im Sinne des § 2301 Abs. 2 BGB
74
c) Insbesondere: Die Lebensversicherung 3. Die Hofübergabe a) Die Hofübergabe durch Hofübergabevertrag
74 75 76
aa) Die Doppelnatur des Hofübergabevertrages
76
bb) Der Hofübergabevertrag als einer Verfügung von Todes wegen angenähertes Rechtsgeschäft unter Lebenden
76
cc) Stellungnahme
77
b) Die formlose Hoferbenbestimmung 4. Zwischenergebnis C. Der Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten durch Scheidung I. Der Verlust durch rechtskräftiges Scheidungsurteil 1. Das gesetzliche Ehegattenerbrecht
78 78 80 80 80
a) Der Grundsatz
80
b) Die Ausnahme: Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ..
80
aa) Die Bestimmung des Unterhaltsanspruches nach § 1586b BGB ...
81
bb) Die Begrenzung des Unterhaltsanspruchs
81
cc) Der Ausschluss des Unterhaltsanspruches nach § 1586b BGB
82
(1) Kein Einfluss des Pflichtteilsverzichts auf § 1586b BGB ....
82
(2) Der Ausschluss des § 1586b BGB durch Pflichtteilsverzicht .
82
(3) Stellungnahme
83
Inhaltsverzeichnis 2. Die Vermögensnachfolge durch Verfügungen von Todes wegen a) Die Ehegatteneigenschaft aa) Funktionaler oder personaler Ehegattenbegriff
83 84 84
(1) Die Idee eines funktionalen Ehegattenbegriffes in § 2077 BGB
84
(2) Die Kritik an einem funktionalen Ehegattenbegriff
84
(3) Stellungnahme
85
bb) Der Zeitpunkt der Ehegatteneigenschaft (1) Der Grundsatz
86 86
(a) Das Erfordernis lediglich einer nachfolgenden Eheschließung
86
(b) Das Erfordernis des Verheiratet- oder Verlobt-Seins im Moment der letztwilligen Verfügung
87
(c) Stellungnahme (2) Der Sonderfall: „Alt"-Verfügung nach Wiederheirat
87 88
(a) Die spätere Heirat eines Dritten
88
(b) Die spätere Heirat des geschiedenen Ehegatten
89
(aa) Das Fortbestehen der in erster Ehe errichteten letztwilligen Verfügung
89
(bb) Kritik
90
(cc) Stellungnahme
90
cc) Der „jeweilige Ehegatte" als Bedachter
91
(1) Der Fall der Einehe
91
(2) Der Fall der Mehrehe
91
b) Der grundsätzliche Ausschluss der Vermögensnachfolge nach § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB aa) Die Reichweite der Unwirksamkeitsanordnung (1) Im Falle der Anwendbarkeit des § 139 BGB
92 93 93
(2) Im Falle der Anwendbarkeit des § 2085 BGB
93
(3) Stellungnahme
93
bb) Der Unterhaltsanspruch gegen den Nachlass c) Besonderheiten im Falle des gemeinschaftlichen Testamentes (§§ 2077, 2268 Abs. 1 Satz 1 BGB)
94 95
aa) Die Unwirksamkeit nur solcher gemeinschaftlicher Testamente, die (auch) den überlebenden Ehegatten bedenken bb) Die Reichweite der Unwirksamkeitsanordnung d) Besonderheiten im Falle des Erbvertrages (§§ 2077, 2279 Abs. 1, 2 BGB)
95 96 97
Inhaltsverzeichnis aa) Die einseitigen Verfügungen: § 2077 Abs. 1 BGB unmittelbar
97
bb) Die Verweisung auf die Vorschriften über letztwillige Zuwendungen: § 2077 BGB
99
cc) Die Auswirkung der Verweisung auf den Inhalt des Tatbestandes des § 2077 Abs. 1 BGB
100
dd) Verfügungen zugunsten Dritter
101
ee) Die Auswirkungen der Unwirksamkeitsanordnung der §§ 2279, 2077 Abs. 1 BGB gemäß §§ 2298, 2085 BGB
101
(1) Im Falle eines einseitigen Erb Vertrages
101
(2) Im Falle eines zweiseitigen Erbvertrages
101
(a) Die Nachträglichkeit der Unwirksamkeit gemäß §§ 2279, 2077 Abs. 1 BGB
102
(b) Unwirksamkeit nach § 2077 Abs. 1 BGB als Nichtigkeit im Sinne des § 2298 Abs. 1 BGB
102
(c) Stellungnahme
102
3. Der sonstige Erwerb von Todes wegen a) Die Schenkung von Todes wegen
103 103
aa) Das Recht des Erbvertrages oder der einseitigen Verfügung von Todes wegen 103 bb) Das Recht des gemeinschaftlichen Testamentes oder der einseitigen letztwilligen Verfügung 104 cc) Ergebnis
105
b) Der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall
105
c) Die Lebensversicherung
106
d) Die Hoferbenbestimmung
106
II. Der Verlust vor Rechtskraft der Scheidung
106
1. „Gleichlauf ' der Ausschlusstatbestände
107
a) Der erste Entwurf zum BGB
107
b) Der zweite Entwurf zum BGB
108
c) Die Fassung des BGB unter der Geltung des eherechtlichen Verschuldensprinzips 108 d) Die Anpassung an das Zerrüttungsprinzip 2. Die Tatbestandsvoraussetzungen
109 111
a) Der Scheidungsantrag im Sinne der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB 111
Inhaltsverzeichnis aa) Anhängigkeit oder Rechtshängigkeit
111
bb) Die Anwendbarkeit des § 270 Abs. 3 ZPO
112
b) Die Zustimmung zum Scheidungsantrag im Sinne der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB 113 aa) Die Zustimmung im Rahmen der offenen Konventionalscheidung nach § 630 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (1) Der Zeitpunkt der Erklärungsabgabe
113 113
(a) Vor oder nach der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages
113
(aa) Ausschluss einer Erklärung vor Rechtshängigkeit . 113 (bb) Möglichkeit einer Erklärung vor Rechtshängigkeit
114
(cc) Stellungnahme
114
(b) Das Erfordernis der Zustellung vor dem Tode des Erblassers (2) Die Erklärung durch schlüssiges Verhalten
115 116
(a) Das Erfordernis ausdrücklicher Erklärung
116
(b) Das Ausreichen schlüssigen Verhaltens
116
(c) Stellungnahme
117
bb) Besonderheiten im Kontext der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB 118 (1) Die Zustimmungserklärung außerhalb eines „Verfahrens auf Scheidung nach § 1565 in Verbindung mit § 1566 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches" 118 (a) Die Zustimmung im Sinne der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB nur in Bezug auf eine Scheidung nach § 1566 Abs. 1 BGB
118
(b) Die Zustimmung im Sinne des § 1933 BGB auch außerhalb der Scheidung nach § 1566 Abs. 1 BGB
118
(c) Stellungnahme
119
(2) Die Erfordernisse des § 630 Abs. 2 BGB außerhalb des § 1566 Abs. 1 BGB (a) Unbeachtlichkeit der Formerfordernisse Abs. 2 ZPO
120
des § 630 120
(b) Erfordernis der Erklärung gegenüber dem Gericht gemäß §630 Abs. 2 BGB 120 (c) Stellungnahme (3) Der Widerruf der Zustimmung außerhalb der offenen Konventionalscheidung nach § 1566 Abs. 1 BGB
121 121
c) Die materiellen Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe
122
aa) Das Scheitern der Ehe (§ 1565 Abs. 1 Satz 1 BGB)
122
Inhaltsverzeichnis bb) Die „offene Konventionalscheidung" (§ 1566 Abs. 1 BGB) (1) Allgemeines
123 123
(2) Das Erfordernis der Einigung nach § 630 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO im Rahmen der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB 124 (a) Die Einigung nach § 630 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO als materielle ScheidungsVoraussetzung 124 (b) Die Unbeachtlichkeit des Fehlens einer Einigung nach § 630 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO im Rahmen der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB
125
(c) Stellungnahme
125
cc) Die unwiderlegliche Vermutung des Scheiterns nach drei Trennungsjahren (§ 1566 Abs. 2 BGB)
126
Die Rechtsfolge der Ausschlusstatbestände
126
a) Die Rechtsfolge dem Wortlaut nach
126
aa) Im Falle des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes (§ 1933 Satz 1 BGB) 127 (1) Der Verlust der Erbenstellung
127
(2) Der Zugewinnausgleich
127
(3) Der Unterhaltsanspruch
128
(4) Der Versorgungsausgleich
129
(5) Die Rechte am Hausrat
129
bb) Im Falle der einseitigen letztwilligen Verfügung (§ 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB) 130 (1) Die Reichweite der Unwirksamkeitsanordnung
130
(2) Der Unterhaltsanspruch nach § 1933 S. 3 BGB
131
cc) Im Falle der gemeinschaftlichen letztwilligen Verfügung (§ 2268 Abs. 1 Satz 2 BGB)
131
(1) Die Reichweite des Tatbestandes des § 2268 Abs. 1 BGB ... 131 (a) Das Wirksambleiben des gemeinschaftlichen Testamentes im Falle des einseitigen nicht-konsentierten Scheidungsantrages 131 (b) Die erweiternde Auslegung der §§ 2268 Abs. 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB
132
(c) Stellungnahme
133
(2) Der Unterhaltsanspruch nach § 1933 Satz 3 BGB dd) Im Falle des Erbvertrages (§ 2279 BGB) (1) Der Erblasser einer vertragsmäßigen Verfügung im Sinne der §§ 2077 Abs. 1 Satz 2, 2279 BGB
134 135 135
Inhaltsverzeichnis (2) Die Wirksamkeit der vertraglichen Verfügungen im Falle des einseitigen Erb Vertrages 137 (a) Die Anwendung des Rechtsgedankens des § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB
137
(b) Das Erfordernis der Initiative des Erblassers in § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB
138
(c) Stellungnahme
138
(3) Die Wirksamkeit der vertraglichen Verfügungen im Falle des zweiseitigen Erbvertrages 139 (a) Erfordernis der Initiative des Erblassers
139
(b) Anwendung des § 2298 Abs. 1 BGB
139
(c) Stellungnahme
140
(aa) Der Ehegatte als Vertragspartner
140
(bb) Ein Dritter als Vertragspartner
140
(4) Zwischenergebnis
141
(5) Exkurs: Das Schicksal einseitiger Verfügungen in Erbverträgen, deren vertragliche Verfügungen nach §§ 2077 Abs. 1 Satz 2, 2279 und ggf. 2298 Abs. 1 BGB unwirksam werden 141 ee) Im Falle der Schenkung von Todes wegen (§ 2301, 2077 Abs. 2 Satz 1 BGB)
142
b) Die Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses der Erbberechtigung in §§ 1933 Satz 1 BGB und 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit §2279 BGB 143 aa) Die Verletzung der Eigentums- und Erbrechtsgarantie (Art. 14 GG) 144 (1) Der Schutzbereich
144
(a) Individualschutzgut Testierfreiheit
144
(b) Die Institutsgarantie
145
(2) Die Schranken 145 (a) § 1933 Satz 1 BGB als Inhaltsbestimmung des Ehegattenerbrechtes 146 (b) § 1933 Satz 1 BGB als Abwägung zugunsten des Verwandtenerbrechtes (3) Ergebnis bb) Die Verletzung des besonderen Schutzes der Ehe (Art. 6 GG)
146 147 147
(1) Der Schutzbereich
147
(2) Der Eingriff
148
(3) Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung
149
(4) Ergebnis
151
Inhaltsverzeichnis cc) Die Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes Abs. 1GG)
(Art. 3 151
(1) Der Schutzbereich
151
(2) Die Verletzung
152
(a) Die Ungleichbehandlung innerhalb der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB
152
(b) Frage nach einer Ungleichbehandlung im Rahmen des § 2268 BGB 153 (c) Frage nach einer Ungleichbehandlung im Rahmen der §§ 2279, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB (3) Willkür
153 153
(a) Kein Ehegattenerbrecht bei Zerrüttung der Ehe
155
(b) Der mutmaßliche Wille des Erblassers
157
(4) Ergebnis
158
dd) Die Konsequenz
158
(1) De lege lata: Das Gebot der verfassungskonformen Auslegung 159 (a) Die verfassungskonforme Auslegung des § 1933 Satz 1 BGB 159 (b) Die verfassungskonforme Auslegung des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB 160 (c) Die verfassungskonforme Auslegung des § 2268 BGB .. 160 (d) Die verfassungskonforme Auslegung der §§ 2077 Abs. 1 Satz 2, 2279 BGB 161 (e) Die verfassungskonforme (2279), 2301 BGB
Auslegung der §§ 2077,
(2) De lege ferenda
162 162
III. Die Aufrechterhaltung grundsätzlich unwirksamer Verfügungen von Todes wegen 163 1. Die Aufrechterhaltung von Verfügungen von Todes wegen nach §§ 2077 Abs. 3, 2268 Abs. 2 BGB 163 a) Die allgemeinen Voraussetzungen der Aufrechterhaltung aa) Der kritische Zeitpunkt bb) Der wirkliche Wille
164 164 164
(1) Umstände außerhalb der Urkunde als Anhaltspunkte
165
(2) Spätere Umstände als Anhaltspunkte
166
cc) Der mutmaßliche Wille
166
(1) Das Kriterium
166
Inhaltsverzeichnis (2) Die Ermittlung des mutmaßlichen Willens
167
(a) Spätere Umstände als Anhaltspunkte
167
(b) Die Eigenart möglicher Anhaltspunkte
168
(3) Mutmaßlicher versus wirklicher Wille b) Besonderheiten im Rahmen der Aufrechterhaltung aa) Besonderheiten im Falle gemeinschaftlicher letztwilliger Verfügungen (1) Die Reichweite der Aufrechterhaltung (a) Der Gegenstand der Aufrechterhaltung
169 170
170 171 171
(b) Die Aufrechterhaltung wechselbezüglicher und nichtwechselbezüglicher Verfügungen 172 (c) Die Verfügungen des Antragsgegners
173
(2) Der Träger des Aufrechterhaltungswillens
174
(a) Das Erfordernis eines Aufrechterhaltungswillens beider Eheleute 174 (b) Das Ausreichen des Aufrechterhaltungswillens nur des Verfügenden 174 (c) Stellungnahme
175
(3) Die Wechselbezüglichkeit aufrechterhaltener wechselbezüglicher Verfügungen 175 (a) Die Möglichkeit der Aufrechterhaltung auch der Wechselbezüglichkeit 176 (b) Stellungnahme
176
bb) Besonderheiten im Falle vertraglicher Verfügungen von Todes wegen 177 (1) Der Träger des Aufrechterhaltungswillens
177
(a) Die Aufrechterhaltung nach § 2298 Abs. 1 BGB grundsätzlich unwirksamer Verfügungen 177 (b) Die Aufrechterhaltung der im Sinne des § 2298 Abs. 1 BGB nach § 2077 Abs. 1 BGB grundsätzlich nichtigen Verfügung 177 (aa) Das Erfordernis des Willens beider Vertragspartner
178
(bb) Stellungnahme
178
(2) Die Aufrechterhaltung auch der Bindungswirkung
179
c) Die Auswirkung der Aufrechterhaltung auf den Unterhaltsanspruch (§ 1586b BGB) 180 aa) Nach dem Wortlaut
180
bb) Nach dem Regelungsziel
180
cc) Stellungnahme
181
18
Inhaltsverzeichnis 2. Exkurs: Die Aufrechterhaltung durch Umdeutung nach § 140 BGB
182
a) Das grundsätzliche Umdeutungsverbot im Falle der §§ 2268, 2279 BGB 182 b) Anwendungsfälle
183
aa) Im Falle des gemeinschaftlichen Testamentes (§ 2268 Abs. 2)
183
bb) Im Falle des zweiseitigen Erbvertrages unter Ehegatten
184
D. Der Fortbestand der Ehegattenerbberechtigung I. Nach Rechtskraft der Scheidung: Die Wiederheirat
185 185
II. Vor Rechtskraft der Scheidung
186
1. Das abweisende Urteil
186
2. Die Antragsrücknahme
187
a) Durch den Erblasser
187
b) Durch den Überlebenden
187
c) Durch Nichtbetreiben des Verfahrens
188
3. Die Rücknahme der Zustimmung zum ursprünglichen Scheidungsantrag .. 189 E. Mögliche Analogien zu den Vorschriften über die erbrechtliche Position des Ehegatten 190 I. Exkurs: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft 1. Die analoge Anwendung des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes
190 190
a) Die mögliche Grundlage einer entsprechenden Anwendung der §§ 1931, 1933 BGB
190
b) Zweifel an den Voraussetzungen einer Analogie zu §§ 1931,1933 BGB
191
c) Stellungnahme
191
2. Die analoge Anwendung der Vorschriften über das gemeinschaftliche Testament
192
3. Die analoge Anwendung des § 2077 BGB auf Testamente und Erbverträge zwischen Partnern nichtehelicher Lebensgemeinschaften
193
a) Argumente für eine analoge Anwendung des § 2077 BGB
193
b) Kritik an einer analogen Anwendung des § 2077 BGB
193
c) Stellungnahme
194
Inhaltsverzeichnis II. Entsprechende Anwendung der Ausschlussnormen §§ 1933, 2077 BGB auf andere Lebenssachverhalte 195 1. Entsprechende Anwendung auf die zivil- und öffentlich-rechtliche Sonderrechtsnachfolge: § 1933 BGB analog
195
a) Die Sonderrechtsnachfolge in das Mietverhältnis (§§ 563 ff. BGB)
195
b) Der Ersatzanspruch bei Tötung (§ 844 Abs. 2 BGB)
196
c) Der Übergang von Sozialhilfe (§§ 56 ff. SGB I)
197
d) Exkurs: Die Hoferbfolge in den Ehegattenhof (§§ 6, 8 HöfeO)
198
2. Erweiterungen des Anwendungsbereiches des § 2077 Abs. 1 BGB
199
a) Die Verfügung eines Dritten zugunsten eines Ehegatten
199
aa) Vergleichbarkeit der Motivationslage des Dritten
200
bb) Stellungnahme
200
b) Fälle, in denen der Erblasser als Antragsgegner weder dem gegnerischen Antrag zugestimmt noch selbst einen Antrag gestellt hatte 201 c) Die Treuwidrige Zugangsvereitelung
203
aa) Die Zustimmung zur Scheidung nach § 630 ZPO
203
bb) Der eigene Antrag
203
d) Die Zerrüttung ohne Scheidungsantrag
204
3. Die analoge Anwendung des § 2279, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB auf die Bindung des Überlebenden im Falle des einseitigen Erbvertrages 204 4. Die Lebensversicherung: § 2077 BGB analog
205
a) Der Bedarf einer analogen Anwendung des § 2077 BGB auf die Lebensversicherung 206 b) Stellungnahme F. Zusammenfassung
206 208
I. Der Ausgangspunkt: Die erbrechtliche Position eines Ehegatten bei intakter Ehe 208 1. Das gesetzliche Ehegattenerbrecht
208
2. Die Vermögensnachfolge unter Ehegatten durch Verfügung von Todes wegen 208 3. Sonstiger Erwerb von Todes wegen unter Ehegatten
209
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Inhaltsverzeichnis II. Der Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten im Scheidungsverfahren
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1. Der Verlust durch rechtskräftiges Scheidungsurteil
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2. Der Verlust vor Rechtskraft der Scheidung
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3. Die Aufrechterhaltung
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III. Der Fortbestand der Ehegattenerbberechtigung
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IV. Mögliche Analogien zu den Vorschriften über die erbrechtliche Position des Ehegatten 214
Literaturverzeichnis
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Stichwortverzeichnis
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Α. Einleitung I. Der Gegenstand der Betrachtung In der Bundesrepublik Deutschland steigt die Wahrscheinlichkeit stetig, dass eine bereits geschlossene Ehe wieder geschieden wird. Während beispielsweise von den Ehen, die zu Beginn der siebziger Jahre in den alten Ländern geschlossen wurden, voraussichtlich rund 20 Prozent scheitern werden, so werden es bei denjenigen, die dort zu Anfang der achtziger Jahre eingegangen wurden, bereits etwa 30 Prozent sein.1 Statistisch wird es daher immer wahrscheinlicher, dass ein Ehepartner nicht nur nach, sondern auch während eines Scheidungsverfahrens verstirbt. Stirbt ein Partner einer intakten Ehe, kann der Überlebende aufgrund einer Vielzahl von Rechtsfiguren Rechtspositionen von dem Verstorbenen erwerben. Zu unterscheiden ist dabei zwischen dem Rechtserwerb von Todes wegen und denjenigen Vermögensübergängen, die sich als Rechtsgeschäfte unter Lebenden vollziehen. Unter der „erbrechtlichen Position" eines Ehegatten wird im Folgenden die Summe potentieller Vermögensübergänge an diesen aufgrund eines Todesfalles gezählt, die den Vorschriften des Erbrechtes unterliegen. Die Chance des Begünstigten auf einen konkreten solchen Vermögensübergang wird als „Erbberechtigung" bezeichnet. Während der Ehezeit hat der Gesetzgeber als eine der Ehefolgen ein sogenanntes „gesetzliches Ehegattenerbrecht" festgeschrieben (§ 1931 BGB). Als Ausfluss desselben wurden die Möglichkeiten eines Ehepartner, seinen Nachlass zu regeln, dergestalt eingeschränkt, dass der jeweils andere Ehepartner in den Kreis der Pflichtteilsberechtigten aufgenommen wurde, so dass eine vollständige „Enterbung" des Ehegatten nur unter besonderen Umständen oder im Falle einer entsprechenden Verzichtserklärung des potentiellen Erben möglich ist. Endet die Ehe hingegen durch Scheidung, so steht mit deren Rechtskraft dem früheren Ehegatten nicht nur dieses Ehegattenerbrecht nicht mehr zu; auch Verfügungen von Todes wegen zu seinen Gunsten durch den verstorbenen früheren Partner sind grundsätzlich unwirksam (§§ 2077 Abs. 1 Satz 1, 2265 Abs. 1, 2279 BGB). In bestimmten Fällen kann dies auch schon während eines Scheidungsverfahrens eintreten. ι Gerader/Coester-Waltjen § 24 IV.
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Α. Einleitung
Unter welchen Umständen sich die kraft Gesetzes oder Rechtsgeschäftes gegebene Erbberechtigung eines Ehepartners nach dem jeweils anderen im Verlaufe eines Scheidungsverfahrens verändert, ist Gegenstand dieser Arbeit.
II. Der Verlauf der Darstellung Den Ausgangspunkt bildet die Darstellung der erbrechtlichen Position eines Ehegatten nach seinem Partner bei intakter Ehe in Teil Β der Darstellung. Neben der gesetzlichen Erbfolge und den Instrumenten der Verfügung von Todes wegen wird untersucht, welche weiteren Instrumente als Erwerb von Todes wegen bezeichnet und daher als Bestandteil dieser erbrechtlichen Position bewertet werden können. Hier werden insbesondere die Schenkung von Todes wegen, der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall unter Berücksichtigung des Lebensversicherungsvertrages sowie die Hofübergabe nach Höfeordnung betrachtet. Im Mittelpunkt des anschließenden Teils C steht die Frage, unter welchen Voraussetzungen sich diese Erbberechtigung in Bezug auf den anderen Ehepartner während eines Scheidungsverfahrens verändern kann. Zunächst wird dabei betrachtet, wie sich die Rechtskraft des Scheidungsurteils auf die erbrechtliche Position des früheren Ehegatten auswirkt. Sodann stellt sich die Frage, unter welchen Umständen diese Auswirkungen bereits während des Scheidungsverfahrens eintreten können. Schließlich wird untersucht, wann das Gesetz die ausnahmsweise Aufrechterhaltung von solchen Verfügungen von Todes wegen zulässt, für die das Gesetz infolge des Stadiums des Scheidungsverfahrens die grundsätzliche Unwirksamkeit vorsieht. Selbst wenn einer der in Teil C der Arbeit vorgestellten Ausschlusstatbestände eingetreten ist, soll die Erbberechtigung eines Ehegatten nach dem anderen möglicherweise ganz oder teilweise fortbestehen können, wenn später bestimmte weitere Ereignisse hinzutreten. In Teil D der Arbeit werden neben der insoweit teilweise vertretenen Möglichkeit der Wiederheirat Prozesshandlungen und Prozessergebnisse untersucht, die die Ausschlusstatbestände rückwirkend wieder beseitigen könnten. Schließlich stellt sich die Frage, auf welche Lebenssachverhalte Vorschriften, die die erbrechtliche Position des Ehegatten nach seinem Partner regeln, analog anzuwenden sein könnten. Teil E beleuchtet hier neben der nichtehelichen Lebensgemeinschaft die nicht dem Erbrecht unterstehenden Regelungen der zivil- oder öffentlich-rechtlichen Sonderrechtsnachfolge im Todesfalle. Anschließend wird diskutiert, in wieweit die Wertung des § 2077 BGB verallgemeinerungsfähig ist. Die gefundenen Erkenntnisse zu der eingangs gestellten Frage, unter welchen Umständen sich die kraft Gesetzes oder Rechtsgeschäftes gegebene Erbberechtigung eines Ehepartners nach seinem Partner im Verlaufe eines Scheidungsverfahrens verändert, werden im letzten Teil zusammengefasst.
Β. Die erbrechtliche Position des Ehegatten Ein Ehegatte kann sowohl kraft Gesetzes (§ 1931 BGB) als auch kraft Verfügung von Todes wegen1 (§§ 1937, 1939, 1941 BGB) berechtigt sein, seinen Partner zu beerben, Vermächtnisnehmer zu sein oder sonst Vermögenswerte von Todes wegen von diesem zu erhalten. Unter bestimmten Umständen qualifiziert das Gesetz auch den Erwerb aufgrund von Rechtsgeschäften unter Lebenden als Erwerb von Todes wegen und wendet hierauf die Normen des Erbrechtes an (§ 2301 BGB). Alle diese Tatbestände werden im Folgenden unter dem Oberbegriff der „Erbberechtigung des Ehegatten" zusammengefasst, weil erbrechtliche Normen das „ob" und „wie" des jeweiligen Rechtserwerbs bestimmen.
I. Das gesetzliche Ehegattenerbrecht Der Ehegatte ist nach den Vorschriften des BGB gesetzlicher Erbe seines Ehepartners neben dessen Verwandten, wenn nicht eine anderslautende Verfügung von Todes wegen existiert und er im Zeitpunkt des Erbfalles noch lebt (gesetzliches Ehegattenerbrecht 2). Das gesetzliche Ehegattenerbrecht besteht in einem Anteil am Nachlass gemäß § 1931 BGB und dem Voraus nach § 1932 BGB oder - im Falle der Enterbung durch Verfügung von Todes wegen - dem Pflichtteilsanspruch nach § 2033 BGB. Gegebenenfalls tritt der erbrechtliche Zugewinnausgleich nach §1371 Absatz 1 BGB hinzu.
1. Die gesetzliche Erbfolge
Gesetzliche Erben sind die Verwandten (§§ 1924 ff. BGB), der Ehegatte (§ 1931 f. BGB) und der Fiskus (§ 1936 BGB). Das Erbrecht der Verwandten richtet sich gemäß deutscher Rechtstradition3 nach Ordnungen und Stämmen. Für den überlebenden Ehegatten schuf das BGB daneben eine eigene Erbenstellung. Dabei 1 Das Gesetz versteht die „Verfügung von Todes wegen" als Oberbegriff für die testamentarische („letztwillige") Verfügung und den Erbvertrag; Planck /GreifVorbemerkung Erbvertrag Anm. 4. 2 Staudinger/ Werner § 1931 BGB RdNr. 7; MünchKomm/Leipold § 1931 BGB RdNr. 6. 3 Vgl. Bluntschli /Dahn, S. 688 f.
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Β. Die erbrechtliche Position des Ehegatten
wird der überlebende Ehegatte jedoch nicht in die „Ordnungen" der §§ 1924 bis 1929 BGB eingereiht. 4 Das Ehegattenerbrecht tritt gemäß § 1931 BGB neben das der Verwandten des Erblassers oder schließt es sogar aus. Erst für den Fall, dass zum Zeitpunkt des Erbfalles weder ein Verwandter noch ein Ehegatte des Erblassers vorhanden ist, setzt § 1936 BGB als Erben den Fiskus ein.
2. Der Inhalt des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes a) Der Anteil am Nachlass § 1931 BGB spricht dem Ehegatten zwischen einem und vier Vierteln des Nachlasses in Abhängigkeit von den noch lebenden Ordnungen der erbberechtigten Verwandten des Erblassers zu. Bereits für die Verfasser des BGB ergab sich die Notwendigkeit einer Berechtigung des überlebenden Ehegatten am Vermögen des Erblassers als Folge „des Wesens des ehelichen Verhältnisses".5 Vor der Geltung des BGB war dieses „Ehegattenrecht"6 unterschiedlich, teilweise als lebenslanger Nießbrauch, häufiger aber als echter Anteil an der Erbmasse oder als Mischform aus beidem ausgestaltet worden.7 Die damals in deutschen Landen bekannten Institute der Morgengabe, des Witthum, der Widerlage 8, des Nutzteils, des Erbschatzes sowie des Ehevermächtnisses wurden bereits in den Entwurf des BGB nicht mehr aufgenommen. 9 Auch in den Beratungen der ersten und zweiten Kommission war zunächst umstritten, ob der Eigenart der ehelichen Gemeinschaft nach dem Tode eines der Partner besser ein lebenslanger Nießbrauch oder ein (seinerseits vererblicher) Anteil am Nachlass entspreche (Nutzungsprinzip 10).11 Zwar hätte ein lebenslänglicher Erbnießbrauch an dem gesamten hinterlassenen Vermögen dem Überlebenden sogar „im Wesentlichen dieselbe Stellung" belassen, die dieser während der Ehe innegehabt hatte. 12 Gleichzeitig wäre entsprechend dem Prinzip der Familienerbfolge vermieden worden, dass die Hinterlassenschaft 4 Dieckmann FamRZ 1979, 389, 390; mit Zweifeln in Bezug auf § 1931 Abs. 4 BGB Braga FamRZ 1972, 105, 106. 5 Motive Mugdan Band V, S. 196; vgl. hierzu Gerber § 255; Bluntschli/D//§ 2301 BGB RdNr. 4; MünchKomm/Musielak § 2301 BGB RdNr. 11; Reischl, S. 105. 169 So im Ergebnis auch MünchKomm/Musielak § 2301 BGB RdNr. 11. 170 mandi/ Edenhofer § 2301 BGB RdNr. 3. πι Im Ergebnis ebenso RGRK/Kregel § 2301 BGB RdNr. 1. 172 Soergel/Wolf ξ 2301 BGB RdNr. 3,4; MünchKomm/Musielak § 2301 BGB RdNr. 11; so auch Staudinger / Kanzleiter § 2301 BGB RdNr. 12.
III. Der sonstige Erwerb von Todes wegen unter Eheleuten
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(4) Die konkludente Überlebensbedingung Ein Schenkungsversprechen soll auch dann unter einer Überlebensbedingung stehen, wenn dies zwar nicht ausdrücklich formuliert ist, sich aber bei einer Auslegung nach §§ 133, 157 B G B 1 7 3 oder aus den Umständen konkludent ergibt. Teilweise wird vertreten, dass eine Überlebensbedingung stets anzunehmen sei, wenn der Schenker für die Zeit nach seinem Tode eine unentgeltliche Leistung verspricht. 175 Nach anderer Auffassung soll dies nur dann der Fall sein, wenn die für die Zeit nach dem Todes des Freigiebigen bestimmte Zuwendung gerade aufgrund besonderer Gründe in der Person des Bedachen gegeben wird. 1 7 6 Bei einer Zuwendung gerade und nur an die Person des Bedachten wolle der Gebende genau nicht das Vermögen etwaiger Erben mehren, sondern ausschließlich das des Bedachten. Dies könne er aber nur erreichen, wenn der Beschenkte den Schenker überlebte. 177 Gegen die zuletzt dargestellte Auffassung könnte sprechen, dass gerade Zuwendungen mit einem solchen höchstpersönlichen Bezug unter § 2301 Abs. 1 BGB fallen und damit wegen der Formstrenge des Erbrechtes einem höheren Unwirksamkeitsrisiko ausgesetzt sind. Ist eine Schenkung von Todes wegen mangels Beachtens erbrechtlicher Formvorschriften unwirksam, wäre eine in deren Vollzug nach dem Tod des Schenkenden erbrachte Leistung rechtsgrundlos und mithin durch die Erben kondizierbar. Unterbleibt hingegen die Annahme einer Überlebensbedingung, und bleibt das Geschäft daher Schenkungsgeschäft unter Lebenden, so kann die Formunwirksamkeit nach § 518 Abs. 2 BGB geheilt werden. 178 Dem soll mit folgender Überlegung abgeholfen werden. Bereits aus den §§ 133, 140, 157 ergäbe sich der Rechtsgedanke, dass ein formunwirksames Rechtsgeschäft, das aber die Voraussetzungen eines anderen Rechtsgeschäftes erfüllt, als dieses Bestand haben soll. Für das Erbrecht sei dies in § 2084 BGB ausdrücklich formuliert worden, ohne dass dadurch jedoch für das übrige Privatrecht das Gegenteil bestimmt worden wäre. 179 Wäre mithin eine Überlebensbedingung nicht ausdrücklich formuliert, und erlaubten die Umstände auch keinen eindeutigen Schluss auf diese, sondern ließen beide Auslegungen zu, so könnte stets angenommen werden, dass eine möglicherweise konkludent gestellte Überlebensbedingung dann nicht anzunehmen wäre, wenn dies das Rechtsgeschäft unwirksam machen würde, 173 BGH FamRZ 1988, 945, 947; Schreiber Jura 1995,159, 160 174 BGHZ 99, 97, 100; so auch ReimannIBengel § 2301 BGB RdNr. 18; MünchKomm/ Musielak § 2301 BGB RdNr. 9; Soergel / Wolf § 2301 BGB RdNr. 10; Palandt /Edenhofer § 2301 BGB RdNr. 3. 175 Leipold JZ 1987,362,364. 176 BGHZ 99, 97, 101; BGH FamRZ 1987, 273, 274; 1988, 945, 947; Leipold JZ 1987, 362, 363; Staudinger ! Kanzleiter § 2301 BGB RdNr. 10; Erman/Schmidt § 2301 BGB RdNr. 5. 177 Erman /Schmidt § 2301 BGB RdNr. 5; vgl. Reischl S. 62,105. 178 BGH FamRZ 1987, 273, 274; Leipold JZ 1987, 361, 362. 179 So auch Reischl S. 81 f.
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Β. Die erbrechtliche Position des Ehegatten
es aber ohne diese Annahme einen wirksamen Rechtsgrund für einen Vollzug darstellen könnte. 180 Entscheidend ist hier folgende Überlegung. Dem Schenker muss die Freiheit bleiben, selbst zu entscheiden, ob er die Zuwendung an die Person - und damit an das Überleben - des Bedachten binden will oder nicht. Richtigerweise wird daher eine Überlebensbedingung immer, aber auch nur dann anzunehmen sein, wenn erkennbar ist, dass die Zuwendung gerade der Person des Bedachten zukommen sollte (ζ. B. als Unterhaltssicherung). 181 Soll umgekehrt das Versprechen auch durch die Erben des Bedachten nach dem Tod des Schenkers annehmbar sein, liegt keine Überlebensbedingung vor. 1 8 2 Weder kann daher ein Versprechen einer unentgeltlichen Leistung nach dem Tod des Versprechenden immer als unter einer Überlebensbedingung stehend auszulegen sein, 183 noch kann die Annahme einer Überlebensbedingung davon abhängen, ob dies das Ergebnis der beabsichtigten Schenkung herbeiführen würde oder nicht. Bezogen auf das hier untersuchte Problem der Schenkung von Todes wegen an den Ehegatten bedeutet dies, dass Erbrecht gemäß § 2301 Abs. 1 BGB nur zur Anwendung kommt, wenn das Schenkungsversprechen von Todes wegen an den Partner gerade aus Gründen in der Person des Ehegatten erfolgte (ζ. B. Pflege oder Unterhaltssicherung).
bb) Auf den Todesfall betagte und befristete Schenkungsversprechen ( 1 ) Betagte Schenkungsversprechen Vereinzelt wird vertreten, lediglich auf den Todeszeitpunkt des Erblassers betagte Schenkungen ebenfalls als Schenkungen von Todes wegen im Sinne des § 2301 Abs. 1 BGB zu werten. 184 Im Ergebnis sei auch hier der Eintritt des Rechts von einem Termin abhängig; es seien daher die Interessen der Nachlassberechtigten in gleicher Weise wie im Falle der befristeten Schenkung nach § 2301 Abs. 1 BGB zu schützen.185 Richtig ist daran, dass das Geschenk eines solcherart „betagt" Beschenkten erst nach Ablauf der Betagung, hier nach dem Tod des Schenkers, fällig wird. Auch die Schenkung unter der Bedingung des Überlebens des Beschenkten wird erst im Moment des Bedingungseintrittes fällig. Anders als die Forderung aus 180 Bork, JZ 1988, 1063; Erman/Schmidt, § 2084 BGB RdNr. 9, § 2301 BGB RdNr. 5; so wohl auch BGH NJW 1988, 2731, 2732; BGH FamRZ 1985,693, 695. 181 Reischl, S. 88; so im Ergebnis auch BGH FamRZ 1987, 273, 274. 182 MünchKomm/Musielak § 2301 BGB RdNr. 12; vgl. RGRK/Kregel § 2301 BGB RdNr. 5; OGH MDR 1949, 282. 183 Erman/Schmidt § 2301 BGB RdNr. 5; MünchKomm/Musielak § 2301 BGB RdNr. 12; so aber Leipold, JZ 1987 363, 364. 184 Vgl. Olzen, S. 99. 185 Olzen JR 1987,372,373.
III. Der sonstige Erwerb von Todes wegen unter Eheleuten
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der aufschiebend bedingten Schenkung ist die betagte Forderung aber bereits zur Entstehung gelangt; es kann daher auch solvendi causa auf sie geleistet werden. Das Überleben oder NichtÜberleben des Beschenkten hat hierbei keine Bedeutung. Bereits zu dessen Lebzeiten entsteht ein Anwartschaftsrecht, das im Vorversterbensfalle des Bedachten auf dessen Erben übergeht. 186 Die Auswirkung der Betagung auf den Todesfall besteht lediglich darin, dass Verzug erst nach Eintritt des bezogenen Ereignisses eintreten kann. 187 Im Übrigen ist das betagte Rechtsgeschäft bereits unter Lebenden voll wirksam; insbesondere kann sich der Schenker durch Leistung oder Aufrechnung befreien. 188 Der Schenker begründet im Falle der Betagung die Forderung bereits zu Lebzeiten im Vermögen des Beschenkten und nimmt damit in Kauf, dass sie so in das Vermögen der Erben eben dieses Beschenkten übergeht. Da das Entstehen der Forderung nun nicht vom Überleben des Beschenkten abhängt, handelt es sich um eine Schenkung unter Lebenden 189 . (2) Befristete
Schenkungsversprechen
Anders als bei der Betagung entsteht gemäß §§ 163, 158 Abs. 1 BGB bei der aufschiebenden Befristung einer unentgeltlichen Zuwendung die Forderung des Bedachten erst mit Fristablauf. Nun wird vertreten, dass wenigstens auch auf solche Rechtsgeschäfte § 2301 Abs. 1 BGB anzuwenden sei. Ansonsten werde nämlich ein Weg eröffnet, außerhalb der Formen des Erbrechtes am Nachlass vorbei Vermögensmassen zu bewegen. Ziel einer solchen Gestaltung sei schließlich genau wie im Falle der letztwilligen Verfügung, dem „Schenker" die Nutzungs- und Verfügungsbefugnis zu Lebzeiten zu belassen. Damit seien solche Gestaltungen jedoch materiell letztwillige Verfügungen und müssten ungeachtet ihrer Bezeichnung auch als solche behandelt werden. 190 Es sei schließlich gerade die Aufgabe des § 2301 BGB, solche „Umgehungen" des Erbrechtes zu verhindern. 191 Eine auf den Todesfall aufschiebend befristete Schenkung kann gerade nicht von dem ungewissen Eintritt des Überlebens des Bedachten abhängen. Eine solche Schenkung wird unbedingt wirksam auch für den Fall geschlossen, dass der potentiell Beschenkte den Schenker nicht überlebt, dann können nämlich die Erben des 186 BGHZ 99, 97, 100; Staudinger I Kanzleiter § 2301 BGB RdNr. 14. 187 Enneccerus/Nipperdey § 199 I 3; Reischl, S. 49. 188 Staudinger / Kanzleiter § 2301 BGB RdNr. 14. 189 Reischl S. 49; StaudingerI Kanzleiter § 2301 BGB RdNr. 4, 14; Reimann I Bengel § 2301 BGB RdNr. 22; MünchKomm/Musielak § 2301 BGB RdNr. 12; Soergel/Wolf § 2301 BGB RdNr. 4; Alternativkommentar /Finger § 2301 BGB RdNr. 8; einschränkend auch Otte AcP 186 (1986) S. 313, 314. 190 Olzen JR 1987, 372, 373; ders. S. 94 ff.; 100 f., Leipold JZ 1987, 362, 364; so auch Otte AcP 186 (1986) 313, 314; erwägend auch Erman/Schmidt § 2301 BGB RdNr. 5. 191 Olzen JR 1987, 372, 373.
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Β. Die erbrechtliche Position des Ehegatten
Beschenkten Erfüllung von den Erben des Schenkers verlangen. 192 Entsprechend können auf den Todesfall aufschiebend befristete Schenkungen nicht nach § 2301 BGB dem Erbrecht unterworfen werden. 193 (3) Die erweiterte Auslegung des § 2301 BGB, Analogie Teilweise wird vertreten, dass die Wirkungen des § 2301 Abs. 1 BGB bereits dann eintreten sollen, wenn die Wirkungen des Schenkungsgeschäftes nach dem Willen des Schenkenden erst nach dessen Ableben eintreten sollen. 194 Die Fassung des § 2301 Abs. 1 BGB sei nur vermeintlich präzise, tatsächlich aber misslungen und wolle lediglich zum Ausdruck bringen wolle, dass jedes schenkweise Versprechen einer Leistung nach dem Tode des Schenkers als Verfügung von Todes wegen zu behandeln sei. 195 Mit dieser Begründung ließe sich jede Schenkung, deren Wirkung in irgendeiner Weise erst nach dem Tode des Schenkers eintreten soll, unter § 2301 Abs. 1 subsumieren. 196 Eine Überlebensbedingung, wie sie der Wortlaut des § 2301 Abs. 1 BGB voraussetzt, löst jedoch gerade nicht dieselben Rechtsfolgen aus wie eine Befristung oder Betagung auf den Todesfall. Dies ergibt sich schon aus den je nach gewählter Konstruktion unterschiedlichen Nebenrechten und -pflichten sowie den verschiedenen Regelungen zur Leistungsstörung. 197 Jemand kann sehr wohl versterben, ohne dass ihn der zuvor Beschenkte überlebt; die Schenkung unter Überlebensbedingung geht in diesem Fall ins Leere, weil die Bedingung nicht mehr einzutreten vermag. Im Fall der aufschiebenden Befristung oder der Betagung erwerben jedoch die Erben des Beschenkten. Eine „Wirkungsgleichheit" zwischen Bedingung, Befristung und Betagung, die Grundlage für eine „erweiternde Auslegung" oder die Annahme einer Regelungslücke als Voraussetzung einer Analogie sein könnte, ist gerade nicht gegeben. Vielmehr verlangt der Grundsatz der Privatautonomie, dass der „Schenker" die Wahlmöglichkeit zwischen beiden Gestaltungen haben muss. 198 Selbst wenn sich aus der Architektur des erbrechtlichen Normengefüges ergibt, dass der Schutz der Nachlassbeteiligten ein wesentliches Ziel erbrechtlicher Ge192 Staudinger/Boehmer Einl. ErbR § 26 RdNr. 8; PalandtI Edenhofer § 2301 BGB RdNr. 4; Bork JZ 1059, 1062 f.; MünchKomm /Musielak § 2301 BGB RdNr. 12; Reischl, S. 54. 193 Lange / Kuchinke § 33 I I 1, S. 702; ebenso Schreiber, Jura 1995, 159, 160; Damrau, Jura 1970, 716 f. 194 Olzen, S. 99 ff.; ders. JR 1987, 372, 373; Leipold JZ 1987, 362, 364; bestätigend Otte AcP186 (1986), 313, 314. 195 Leipold JZ 1987, 362, 364. 196 So auch Fleischmann, S. 232, 240; Otte AcP186 (1986), 313, 314. 197 Dazu im Einzelnen Reischl, S. 51 ff. 198 Vgl. Lange / Kuchinke § 33 I. 6 e), f) und II.
III. Der sonstige Erwerb von Todes wegen unter Eheleuten
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staltung ist, 1 9 9 und diesen mit der Einstufung eines Rechtsgeschäftes als lebzeitiges gerade dieser Schutz genommen wird, 2 0 0 so kann daraus noch nicht geschlossen werden, dass das BGB jedes auf den Tod eines Beteiligten bezogene Rechtsgeschäft dem Erbrecht unterstellen wolle. 2 0 1 Vielmehr zeigen Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 2301 Abs. 1 BGB, dass der Gesetzgeber in dieser differenzierten Regelung dreier zwar ähnlicher, aber im Detail doch verschiedener Sachverhalte durch tatbestandsmäßiges Erfassen nur der Überlebensbedingung und nicht auch der Befristung und der Betagung eine vollständige positive Regelung getroffen hat. 2 0 2 Entsprechend sind auch auf den Todesfall befristete oder betagte Schenkungsversprechen nicht allein deshalb solche unter einer Überlebensbedingung, weil sie sich auf den Todeszeitpunkt des Freigiebigen beziehen. Sie können mithin weder den Tatbestand des § 2301 Abs. 1 BGB erfüllen 203 noch seine Rechtsfolge entsprechend auslösen.204 Dem steht auch nicht die Vorschrift des § 2301 Abs. 2 BGB entgegen, nach der bei Annahme lebzeitigen Vollzuges stets ein schuldrechtliches Geschäft unter Lebenden angenommen wird. Aus dieser Norm kann nicht e contrario geschlossen werden, dass umgekehrt bei nicht lebzeitigem Vollzug stets ein erbrechtliches Geschäft vorliegen solle. Die beiden Absätze stehen ausweislich ihres Wortlautes in keinem Aiternativverhältnis. 205 Richtigerweise wird § 2301 Abs. 1 BGB als Abgrenzungsvorschrift verstanden, die ausnahmsweise ansonsten schuldrechtlich zu bewertende Rechtsgeschäfte dem Erbrecht unterwirft, wenn der Ausnahmetatbestand der Überlebensbedingung erfüllt ist. 2 0 6 Unter Ehegatten wird also der Bestand einer auf den Tod des Schenkenden befristeten oder betagten Schenkung vom Status eines Scheidungsverfahrens in keiner Weise beeinträchtigt; eine solche Zuwendung unterliegt stets den Regeln über Rechtsgeschäfte unter Lebenden.207
199 Olzen, S. 61. 200 Olzen, S. 94. 201 Reischl, S. 58. 202 So auch Reischl, S. 57 unter Verweis auf Larenz, Methodenlehre, S. 370; ebenso Bork JZ 1988, 1059, 1062. 203 BGH JZ 1987, 361, 362; Bork JZ 1988, 1059, 1062. 204 Bork JZ 1988, 1059, 1063; Reischl, S. 57 ff. 205 Reischl, S. 57. 206 Reischl, S. 57; so auch Staudinger ! Kanzleiter § 2301 BGB RdNr. 10 a; Bork JZ 1988, 1059, 1063. 207 So auch MünchKomm/Leipold § 2077 BGB RdNr. 23; Bork JZ 1988, 1062 f.
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Β. Die erbrechtliche Position des Ehegatten
c) Die Abgrenzung zur vollzogenen Schenkung unter Lebenden (§ 2301 Abs. 2 BGB) aa) Die vor dem Erbfall vollzogene Schenkung (§ 2301 Abs. 2 BGB) Eine vor dem Erbfall vollzogene Schenkung von Todes wegen ist gemäß § 2301 Abs. 2 BGB jedenfalls als Rechtsgeschäft unter Lebenden zu bewerten. Fraglich ist, ab wann ein solcher Vollzug gegeben ist. ( 1 ) Die Voraussetzungen des Vollzuges Im Falle einer Handschenkung ist der Vollzug des Geschäftes offensichtlich. Im Falle eines Leistungsvollzuges besteht jedoch die Möglichkeit, dass zwar der Schenker einiges unternommen hat, um die versprochene Leistung zu bewirken, der Erfolg jedoch noch nicht eingetreten ist. Wann in diesen Fällen eine Schenkung als vollzogen im Sinne des § 2301 Abs. 2 BGB zu gelten hat, wird unterschiedlich beurteilt. (a) Das sofortige Vermögensopfer Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung kann ein solcher Vollzug stets dann angenommen werden, wenn der Schenker noch zu Lebzeiten ein spürbares Vermögensopfer bringt, nicht aber, wenn das beabsichtigte Vermögensopfer allein den Nachlass träfe. 208 Weitergehend wird teilweise verlangt, dass der Schenker noch zu Lebzeiten auch die dingliche Verfügungsbefugnis über die Sache verloren haben muss. 209 (b) Das Veranlassen des Rechtsüberganges Anstelle des wirtschaftlich geprägten Kriteriums eines sofortigen Vermögensopfers verlangt die Rechtsprechung für den Vollzug einer Schenkung im Sinne des § 2301 Abs. 2 BGB, dass der Schenker das seinerseits Erforderliche für das Bewirken der Leistung unternommen hat, so dass der Bedachte den zugewendeten Gegenstand erwirbt, 210 ohne dass der Schenker den Erfolg noch verhindern könnte. Weitergehend wird hier von Teilen der Literatur verlangt, dass der geschenkte Gegenstand spätestens mit dem Tod des Schenkers dessen Vermögen verlassen haben muss. 211 208 Brox RdNr. 712; Soergel/ Wolf ξ 2301 BGB RdNr. 12. 209 Kipp / Coing § 81 III c; so wohl auch Reimann ! Bengel § 2301 BGB RdNr. 34. 210 BGHZ 87, 19, 25 f.; BGH NJW 1970, 1638, 1639; W M 1974, 450; so wohl auch Schreiber, Jura 1995, 159, 161. 211 Staudinger/Kanzleiter § 2301 BGB RdNr. 23.
III. Der sonstige Erwerb von Todes wegen unter Eheleuten
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(c) Der Erwerb eines Anwartschaftrechtes Nach einer weiteren Literaturmeinung soll die Schenkung dann als vollzogen anzusehen sein, wenn der Bedachte wenigstens ein Anwartschaftsrecht an dem geschenkten Gegenstand erworben hat. Dessen Inhalt muss allerdings so beschaffen sein, dass der Beschenkte das Geschenk erwerben kann, ohne dass es weiterer Leistungshandlungen des Schenkers bedarf. 212 Hat der Beschenkte ein solches Anwartschaftsrecht erlangt, ist sowohl eine Vermögensminderung auf Seiten des Schenkers als auch eine Vermögensmehrung auf Seiten des Beschenkten eingetreten; die Schenkung kann als vollzogen im Sinne des § 2301 Abs. 2 BGB angesehen werden, weil der Vollrechtserwerb keiner weiteren Leistungshandlung des Schenkers mehr bedarf. 213 (d) Stellungnahme Die vorstehend dargestellten Auffassungen unterscheiden sich überwiegend in ihrer Perspektive. Während die ersten beiden auf die Rechtsposition des Schenkers abstellen, bezieht sich die letztere auf den Erwerber und den Schenker zugleich. Die erste Auffassung lässt jedoch offen, in welchen Fällen denn ein „Vermögensopfer" erbracht wurde, wenn der geschenkte Gegenstand zu Lebzeiten des Schenkers noch nicht das Vermögen des Beschenkten erreicht hat. Der vollständige Verlust der dinglichen Verfügungsbefugnis ist hier nicht immer schon zu Lebzeiten gegeben. Richtiger erscheint es daher, einen „Vollzug" im Sinne des § 2301 Abs. 2 BGB - gemäß der von der Rechtsprechung erarbeiteten Formel - anzunehmen, wenn der Schenker den dinglichen Übergang des (unter Umständen formnichtig) geschenkten Gutes so in die Wege geleitet hat, dass dieses spätestens im Zeitpunkt seines Todes nicht mehr seinem Vermögen zugehörig ist, also geleistet ist. Hier entsprechen sich die Formel der Rechtsprechung und der Vertreter der letzten dargestellten Auffassung. Hat der Schenker zu Lebzeiten alles getan, was für den Erwerb des Beschenkten erforderlich ist, dann kann dieser stets auch den Gegenstand erwerben ohne dass es weiterer Leistungshandlungen des Schenkers bedarf. Dann aber hat der Beschenkte zwangsläufig auch ein Anwartschaftsrecht auf das Geschenk erworben. In diesem Fall ist auch stets ein „Vermögensopfer" zu Lebzeiten des Schenkers eingetreten, denn das Vermögen des Schenkers wird tatsächlich vor seinem Tod um den Inhalt des Anwartschaftsrechtes vermindert. 214
212 Olzen Jura 1987, 116, 119; MünchKomm/Musielak § 2301 BGB RdNr. 19. 213 MünchKomm/Musielak § 2301 BGB RdNr. 19; Erman/Schmidt § 2301 BGB RdNr. 8; im Ergebnis so wohl auch Staudinger / Kanzleiter § 2301 BGB RdNr. 23. 214 Olzen Jura 1987, 116, 119; MünchKomm/Musielak § 2301 BGB RdNr. 19; die Rechtsprechung greift auch deshalb die beiden Aspekte „Vermögensopfer" und „Anwartschaftsrecht" zur Konkretisierung ihrer Formel auf, Lang e/Kuchinke § 33 I I 2 a.
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Β. Die erbrechtliche Position des Ehegatten
Nach richtiger Auffassung ist daher Kriterium für den Vollzug einer Schenkung von Todes wegen im Sinne des § 2301 Abs. 2 BGB das Entstehen eines Anwaltschaftsrechtes am geschenkten Gegenstand beim Beschenkten. Dieses Kriterium greift auch dann, wenn das fragliche Geschäft unter der aufschiebenden Bedingung des Todes des Schenkers vorgenommen wurde. In diesem Fall wird das Anwartschaftsrecht mit dem Tod des Freigiebigen erworben. (2) Der Sonderfall: Das Versterben des Schenkers vor Zugehen der vollziehenden Willenserklärung Fraglich ist, was zu gelten hat, wenn der Schenker zwar die vollziehende Willenserklärung noch vor seinem Tode abgegeben hätte, diese aber vor ihrem Zugang vom Erbfall „überholt" worden wäre. Im Zeitpunkt des Erbfalles sei dann, so wird vertreten, noch kein Anwartschaftsrecht begründet; ein Vollzug im Sinne des § 2301 Abs. 2 BGB könne somit auch noch nicht stattgefunden haben. 215 Nach der Gegenauffassung steht dem der Wortlaut der §§130 Abs. 2, 153 BGB entgegen. In diesen Normen habe sich das Gesetz entschieden, eingeleitete Rechtsgeschäfte nicht durch einen Todesfall unterbrechen zu lassen. Danach könnte der Beschenkte das Anwartschaftsrecht durch Annahme dann auch noch nach dem Erbfall wirksam begründen und damit die Schenkung vollziehen, wenn die seitens des Schenkers erforderliche Erklärung vor dessen Erbfall abgegeben wurde. 216 Die Entscheidung dieser Frage ergibt sich aus dem Normzweck der §§ 130 Abs. 2, 153 BGB. Dieser besteht darin, dass ein zufälliger Tod nicht die Wirksamkeit einer schon abgegebenen, aber noch nicht zugegangenen Willenserklärung beeinträchtigen soll. Dies kann jedoch nur dann gelten, wenn der Zugang der vollziehenden Erklärung nicht absichtlich durch den Schenker bis nach dessen Tod verzögert wurde. 217 Mit dieser Einschränkung ist daher der zweiten Auffassung zuzustimmen.
bb) Die nach dem Erbfall vollzogene formnichtige Schenkung Fraglich ist nun, inwieweit eine im Zeitpunkt des Erbfalles noch nicht vollzogene Schenkung von Todes wegen nach demselben aufgrund einer Vollmacht an den Beschenkten oder einen Dritten noch im Sinne des § 2301 Abs. 2 BGB vollzogen werden kann. 215 Erman / Schmidt § 2301 BGB RdNr. 8. 216 MünchKomm/Musielak § 2301 BGB RdNr. 21,23; Schreiber Jura 1995, 159, 161; Soergel/Wb//§ 2301 BGB RdNr. 18. 217 Staudinger/Kanzleiter § 2301 BGB RdNr. 23; Reimann/Bengel § 2301 BGB RdNr. 38; MünchKomm/Musielak § 2301 BGB RdNr. 23; Schreiber Jura 1995, 159, 161; Soergel / Wolf § 2301 BGB RdNr. 18; Reischl, S. 242 ff.; Brox RdNr. 718; Schlüter RdNr. 1251; Ebenroth RdNr. 527.
III. Der sonstige Erwerb von Todes wegen unter Eheleuten
(1) Das Eingreifen
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von § 2301 Abs. 1 BGB
Teilweise wird vertreten, dass dies nicht mehr möglich sein solle. Hiergegen spreche nicht nur der Wortlaut „der Schenker" des § 2301 Abs. 2 BGB. Vielmehr könne der bloßen Vollmachtserteilung keine Vollzugswirkung beigelegt werden, und zwar auch dann nicht, wenn diese unwiderruflich und gleichzeitig mit einem entsprechenden unwiderruflichen Auftrag erteilt werde. Entscheidend sei, dass sonst in das Belieben des Bevollmächtigten gestellt werde, ob und wann die Zuwendung durch das Ausüben der Vollmacht vollzogen im Sinne des § 2301 Abs. 2 BGB und damit wirksam werde. Ein Anwaltschaftsrecht sei im Zeitpunkt des Erbfalles gerade noch nicht begründet. 218 Es sei eben zu differenzieren zwischen einer formnichtigen Schenkung von Todes wegen und einer formnichtigen Schenkung unter Lebenden. Für letztere bilde der Tod des Schenkers keinerlei Zäsur in Bezug auf das anzuwendende Recht. Insbesondere auf den Todesfall des Schenkers aufschiebend befristete und betagte, aber formnichtige Schenkungen können daher nach § 518 Abs. 2 BGB auch nach dem Tod des Schenkers durch Bewirken der Leistung geheilt werden. Dies könne im Rahmen einer entsprechenden postmortalen Vollmacht auch durch den Beschenkten selbst oder einen Dritten geschehen, solange die schuldrechtliche Einigung noch fortbestehe. Im Falle einer Schenkung von Todes wegen sei dies jedoch ausgeschlossen, weil hier mit dem Erbfall nach § 2301 Abs. 1 BGB Erbrecht anzuwenden sei, 219 das eine Heilung formnichtiger Verfügungen nicht kenne. Zwar könnten die Erben durch eine wirksame Handschenkung die formnichtige Schenkung neu vornehmen; sie könnten sie aber nicht durch „Vollzug" wirksam werden lassen.220 Dies könne also auch kein Vertreter für sie tun. Teilweise wird versucht, die Folgen die nach dieser Auffassung häufig drohende Unwirksamkeit dadurch zu vermeiden, dass in Anwendung des § 2084 BGB eine Überlebensbedingung dann nicht angenommen wird, wenn sich so die Wirksamkeit der Zuwendung durch deren Vollzug herbeiführen lässt. 221 (2) Der Vollzug durch unwiderrufliche
Vollmacht bei unwiderruflichem
Auftrag
Dagegen wird von anderer Seite vertreten, dass bereits die unwiderrufliche Bevollmächtigung jedenfalls verbunden mit einem unwiderruflichen Auftrag ausreichend sein müsse, um einen Vollzug im Sinne des § 2301 Abs. 2 BGB annehmen 218 StaudingerIKanzleiter § 2301 BGB RdNr. 24, 38; Erman/Schmidt § 2301 BGB RdNr. 8. 219 BGHZ 99, 97, 100; Bork JZ 1988, 1059, 1060; Leipold JZ 1987, 362, 363; Staudinger/ Kanzleiter § 2301 BGB RdNr. 25. 220 BGH W M 1988, 984, 985; NJW 1988, 2731, 2732; BGHZ 99, 97, 100; Bork JZ 1988, 1059, 1061; Leipold JZ 1987, 362, 363; StaudingerIKanzleiter § 2301 BGB RdNr. 25; Soergel/ Wolfi 2301 BGB RdNr. 21. 221 Vgl. BGHZ 99, 97, 100; FamRZ 1985, 693, 695; NJW 1988, 2731, 2732.
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Β. Die erbrechtliche Position des Ehegatten
zu können. 222 Jedenfalls wenn sich der Schenker aller Möglichkeiten begeben habe, den Übergang der Zuwendung noch aufzuhalten, habe er alles in seiner Macht stehende getan und damit auch im Sinne des § 2301 Abs. 2 BGB vollzogen. 223 (3) Stellungnahme Richtigerweise ist jedoch zu differenzieren zwischen der Annahme einer „Vollzugswirkung" einer bloßen Bevollmächtigung und den Fällen, in denen nach dem Erbfall aufgrund einer fortdauernden Bevollmächtigung der dingliche Erfolg der Schenkung noch herbeigeführt wird. 2 2 4 Tatsächlich bewirkt die bloße Bevollmächtigung für sich genommen keine Rechtsänderung und kann auch dann, wenn sie unwiderruflich ist und von einem entsprechenden Auftrag begleitet wird, aus wichtigem Grund widerrufen werden. 225 Eine über den Tod hinaus erteilte Bevollmächtigung zum Vollzug der Schenkung gilt nach dem Erbfall den Erben gegenüber fort. Aus den §§ 130 Abs. 2, 153 BGB ergibt sich, dass Willenserklärungen den Tod des Erklärenden überdauern sollen, wie auch Vollmachten und Aufträge im Zweifel mit dem Tode des Vollmacht- und Auftaggebers nicht erlöschen (§§ 168, 672 BGB). Anhaltspunkte dafür, dass diese allgemeine Wertung des Gesetzes im Falle der Schenkung von Todes wegen nicht gelten soll, gibt § 2301 BGB nicht. 2 2 6 Aufgrund einer entsprechenden Vollmacht und eines entsprechenden Auftrages muss der Bevollmächtigte daher als Vertreter der Erben eine Abwicklung des formnichtigen Schenkungsversprechens durch Vollzug herbeiführen können. 227 In gleicher Weise wie im Falle des Versterbens des Schenkers vor Zugang der zu vollziehenden Schenkungserklärung 228 muss jedoch der Fall Berücksichtigung finden, dass das Ziel der §§ 130 Abs. 2, 153, 168, 672 BGB, durch den zufälligen Tod die Abwicklung von Rechtsgeschäften unter Lebenden nicht zu beeinträchtigen, deshalb nicht erreicht werden kann, weil der Schenker im Auftrag oder der Vollmacht bewusst eine Verzögerung über den Zeitpunkt seines Todes hinaus vorgesehen hat. 2 2 9 Wie dort ist ein Vollzug im Sinne des § 2301 Abs. 2 BGB durch eine derartige Vollmacht oder im Rahmen eines derartigen Auftrages ausgeschlossen. 222 Palandt ! Edenhof er § 2301 BGB RdNr. 10; Schlüter RdNr. 1252; Reimann I Bengel § 2301 BGB RdNr. 39. 223 Schlüter RdNr. 1252. 224 Reischl, S. 251. 225 MünchKomm/Musielak § 2301 BGB RdNr. 24; Brox RdNr. 718; Schreiber Jura 1995, 159, 161; Staudinger ! Kanzleiter § 2301 BGB RdNr. 40; BGHZ 87, 19, 25; v. Lübtow, S. 1245 f. 226 Reischl, S. 242, 247; Brox RdNr. 718. 227 Kuchinke, FamRZ 1984, 109, 111 ff.; RGRK! Kregel § 2301 BGB RdNr. 12 unter Verweis auf RGIV 476/10 vom 8. 5. 1911; ebenso wohl auch Muscheler W M 1994, 921, 922. 228 Siehe S. 62.
III. Der sonstige Erwerb von Todes wegen unter Eheleuten
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d) Die Rechtsfolge des § 2301 Abs. 1 Satz 1 BGB Teilweise wird vertreten, die Überlebensbedingung des § 2301 Abs. 1 BGB sei „echte" Bedingung. 230 Dies kann jedoch nicht so verstanden werden, dass eine Bedingung im Sinne des § 158 Abs. 1 BGB gegeben ist. Mit der gesetzlichen Umdeutung des § 2301 Abs. 1 BGB verliert die Überlebensklausel ihre Eigenschaft als Bedingung und wird zur Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Erbrechts. 231 Es kann insoweit offen bleiben, ob sie nunmehr als „echte Bedingung" im Sinne der § 158 ff. BGB, als Rechtsbedingung232 oder als tatbestandliche Voraussetzung 233 zu werten ist. Jedenfalls kann mit der Anwendbarkeit des Erbrechtes keine der Rechtswirkungen des Schenkungsrechtes der §§ 516 ff. BGB mehr eintreten; insbesondere kann kein Anwartschaftsrecht entstehen.234 Fraglich ist nun, welche der Vorschriften über die Verfügungen von Todes wegen auf das Schenkungsversprechen anwendbar sind, insbesondere nach welchen Normen sich die Wirksamkeit in Folge des § 2301 BGB bestimmt.
aa) Erbvertragsrecht Teilweise wird vertreten, dass hier nur die Normen über den Erbvertrag, nicht auch diejenigen betreffend Testamente gemeint seien. Begründet wird dies damit, dass die Verfasser des BGB die Testamentsform als nicht passend, weil mit der Vertragsnatur der Schenkung unvereinbar angesehen hätten. 235 Hierfür spreche auch die Einordnung des § 2301 BGB unter den Abschnitt „Erbvertrag". 236 Allerdings erlauben die Vertreter dieser Auffassung teilweise eine Umdeutung in ein Testament, wenn nämlich das Schenkungsversprechen die Form des Erbvertrages nicht wahrt, wohl aber die eines Testamentes.237
229 MünchKomm / Musielak § 2301 BGB RdNr. 24; Schlüter RdNr. 1252; Ebenroth RdNr. 529; Brox RdNr. 719 stets für den Fall der postmortalen Vollmacht. 230 Staudinger I Kanzleiter § 2301 BGB RdNr. 10. 231 Motive Mugdan Band V, S. 186; Damrau JurA 1970, 716, 717. 232 Reimann/Bengel § 2301 BGB RdNr. 17. 233 MünchKomm / Musielak § 2301 BGB RdNr. 10. 234 MünchKomm / Musielak § 2301 BGB RdNr. 10; Reimann I Bengel § 2301 BGB RdNr. 17. 235 Vgl. Motive Mugdan Band V, S. 186; so auch ReimannIBengel § 2301 BGB RdNr. 5; Staudinger/Kanzleiter § 2301 BGB RdNr. 3; OLG Hamm FamRZ 1984, 109, 113; Palandt/ Edenhofer § 2301 BGB RdNr. 6, 7; Planck/Greif § 2301 BGB Anm. 2; Kipp/Com^ §81 III 2 a). 236 RGRK/Kregel § 2301 BGB RdNr. 7. 237 Reimann / Bengel § 2301 BGB RdNr. 6; StaudingerI Kanzleiter § 2301 BGB RdNr. 4, 9; Palandt /Edenhofer § 2301 BGB RdNr. 6; Kipp /Coing § 81 III 2 a). 5 Wirtz
Β. Die erbrechtliche Position des Ehegatten
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bb) Erbvertrags- oder Testamentsrecht Der Wortlaut des § 2301 Abs. 1 BGB hat jedoch mit der Formulierung „Vorschriften über die Verfügung von Todes wegen" in der Rechtsfolgenanordnung den Oberbegriff für Erbverträge und Testamente gewählt. 238 Zu bedenken ist auch, dass zur Zeit der Beratungen der zweiten Kommission Testament und Erbvertrag noch die gleichen Formvoraussetzungen hatten, so dass es auf die Frage, ob auch die Vorschriften über Testamente anwendbar sein könnten, insoweit nicht ankam239 Auch existiert keine „Sturkturgleichheit" zwischen dem Erbvertrag und dem Schenkungsvertrag in der Form, dass aus der Zielrichtung des Schenkungsversprechens auf den Abschluss eines schuldrechtlichen Verpflichtungsvertrages auf die Anwendbarkeit der Regeln allein über den Erbvertrag geschlossen werden könnte. Eine „Wesensnähe" besteht vielmehr zwischen dem zwar auf Annahme gerichteten aber zunächst einseitig abgegebenen Schenkungsversprechen und dem ebenfalls einseitig verfassten Testament.240 Warum dem nicht auch bei der Auslegung der Rechtsfolgenanordnung des § 2301 BGB Rechnung getragen werden können sollte, wenn andererseits die Aufrechterhaltung durch Umdeutung eines in Testamentsform niedergelegten Schenkungs Versprechens bejaht werden können soll, ist nicht ersichtlich. 241 Richtigerweise kann das Schenkungsversprechen daher als Verfügung von Todes wegen Wirksamkeit erlangen, wenn es entweder die Form des Erbvertrages (einschließlich der Annahme), des gemeinschaftlichen oder auch des einseitigen Testa1
242
mentes wahrt. 2. Der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall Nicht selten lässt sich ein Ehegatte von einem Dritten, ζ. B. einem Versicherer, versprechen, dass dieser nach dem Ableben dieses Ehegatten eine Leistung an den überlebenden Ehepartner erbringt (Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall). Fraglich ist, inwieweit die solcherart erreichte Begünstigung des überlebenden Ehegatten aufgrund der Verweisung des § 2301 Abs. 1 BGB ebenfalls zu dessen erbrechtlicher Position zu zählen ist. 238 Reischl, S. 153 f.; so versteht die Norm bereits RGZ 83, 223, 227. 239 Die Formerleichterung des eigenhändigen Testamentes wurde erst im Rahmen der Reichstagsberatungen eingeführt; Reischl, S. 156. 240 MünchKomm/Musielak § 2301 BGB RdNr. 13; Erman/Schmidt § 2301 BGB RdNr. 6; hierzu ausführlich Reischl, S. 159; siehe auch Harder, S. 108. 241 MünchKomm/Musielak § 2301 BGB RdNr. 13. 242 Soergel / Wolf § 2301 BGB RdNr. 6; Reischl S. 165 f.; zustimmend wohl auch Aiternati vkommentar / Finger § 2301 BGB RdNr. 12; offenlassend Schlüter RdNr. 1254 und Damrau Jura 1970, 716, 717 f.
III. Der sonstige Erwerb von Todes wegen unter Eheleuten
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a) Der Grundsatz Die Möglichkeit eines Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall wird in den §§ 330, 331 BGB vorausgesetzt, jedoch nur sehr rudimentär geregelt. Die Möglichkeit einer solchen Rechtsfigur an sich ist jedoch inzwischen anerkannt. 243 Der Begünstigte erhält hier einen eigenen Anspruch gegen den Versprechenden (Valutaverhältnis), der sich seinerseits dem Schenker und späteren Erblasser gegenüber verpflichtet hat, diese Leistung zu bewirken (Deckungsverhältnis). 244 Während das Deckungsverhältnis sich stets als Rechtsgeschäft unter Lebenden darstellt, 245 ist streitig, ob das Valutaverhältnis zwischen dem schenkenden und dem begünstigten Ehegatten als Schenkung von Todes wegen oder als auf den Tod des Schenkers bezogenes Rechtsgeschäft unter Lebenden einzuordnen ist.
aa) Der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall als formlos gültige letztwillige Verfügung Nach dieser Auffassung ergibt sich aus der Systematik des Gesetzes, dass Zuwendungen, deren Leistung der Erblasser nicht mehr selbst verspüre, jedenfalls nach Erbrecht zu beurteilen seien. Genau das sei das Kennzeichen erbrechtlicher Geschäfte und genau dies sei für das Valutaverhältnis eines Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall typisch. Es sei daher eine Sondererbfolge nach dem Schenker anzunehmen.246 Die erbrechtlichen Formvorschriften seien jedoch nicht anzuwenden, weil deren Funktion die Regelung des Erwerbes sei; dies geschehe hier jedoch durch das Deckungsverhältnis, das wiederum Rechtsgeschäft unter Lebenden sei und daher dem Erbrecht nicht unterfallen könne. Die materiellrechtliche Grundlage des Behaltendürfens die das Valutaverhältnis darstelle, erfordere jedoch keine erbrechtliche Form. 247
243 BGH NJW 1984, 480, 481; 1987, 3131, 3132; OLG Düsseldorf FamRZ 1998, 774, 775; RGRK/Kregel § 2301 BGB RdNr. 17; Staudinger/Kanzleiter § 2301 BGB RdNr. 42. 244 Vtìanài/ Edenhof er § 2301 BGB RdNr. 18; Soergel / Wolf § 2301 BGB RdNr. 22; MünchKomm / Musielak § 2301 BGB RdNr. 31; Alternativkommentar/ Finger § 2301 BGB RdNr. 27. 245 RGZ 80, 175, 177; 88, 137, 138; Reimann/Bengel § 2301 BGB RdNr. 58; unrichtig insoweit Harder, FamRZ 1976,418,423. 246 Finger JuS 1969, 309, 311 ff.; ders. W M 1970, 374, 377; ders. NJW 1972, 497 f.; Zehner AcP 153 (1954), 424,451 ff.; Hoffmann AcP 158 (1959/1960), 178,196 ff. 247 Finger JuS 1969, 309, 311 ff; ders. W M 1970, S. 374, 378 f. 5!
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Β. Die erbrechtliche Position des Ehegatten
bb) Der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall als vermächtnisweise Zuwendung von Todes wegen sui generis Auch die Vertreter dieser Auffassung halten das Valutaverhältnis für eine Zuwendung von Todes wegen, die die Einhaltung der erbrechtlichen Formvorschriften nicht erfordere, weil der Erwerb nicht aus dem Nachlass geschehe.248 Allerdings entspreche der Charakter des Geschäftes mehr einem Vermächtnis als einem Testament, weshalb die das Vermächtnis betreffenden Vorschriften anwendbar
cc) Der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall als Schenkungsvertrag zugunsten Dritter Nach dieser Auffassung soll das Valutaverhältnis dadurch entstehen, dass der Schenker gleichzeitig mit dem Deckungsverhältnis stillschweigend einen Schenkungsvertrag zugunsten Dritter mit dem Versprechenden abschließt. Dieser wäre dann Rechtsgrund für das Behaltendürfen des durch den Versprechenden an den Begünstigten Geleisteten. Dies soll jedoch in der Vereinbarung des Deckungsverhältnisses irgendwie zum Ausdruck kommen müssen.250 Weil der Schenker insoweit alles Erforderliche getan habe, damit der Rechtserwerb bei dem Begünstigten erfolge, sei die Schenkung auch vollzogen im Sinne des § 2301 Abs. 2 BGB. 2 5 1
dd) Das Valutaverhältnis als Schenkungsvertrag zwischen Schenker und Begünstigtem Nach dieser Auffassung schließt der Schenker mit sich als vollmachtlosem Vertreter des Begünstigten einen Schenkungsvertrag ab, den der Begünstigte dann durch Annahme des Geschenkes genehmigt. Auf diese Weise werde sowohl die Anwendung des § 2301 Abs. 1 BGB als auch die Problematik eines Widerrufsrechtes der Erben, das sich im Falle der Annahme einer Botenstellung des Versprechenden nicht vermeiden ließe, umgangen.252
248 V. Lübtow Band II, S. 1234 ff.; KippI Coing § 81 III 2. 249 y. Lübtow Band II, S. 1237; Harder FamRZ 1976, 418, 426 f.; wohlwollend auch Lange ! Kuchinke § 33 V 3. 250 Soergel / Wolf § 2301 BGB RdNr. 25, der alternativ noch einen Schenkungsvertrag des Schenkenden mit dem Versprechendem als vollmachtlosem Vertreter des Dritten vorschlägt, aber für unpraktikabel hält. 251 Soergel/Wo//§ 2301 BGB RdNr. 25. 252 Bühler NJW 1976, 1727, 1728.
III. Der sonstige Erwerb von Todes wegen unter Eheleuten
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ee) Der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall als Schenkung von Todes wegen Vertreten wird insoweit, dass sich aus dem Deckungsverhältnis ergebe, dass der Begünstigte in den Genuss der Leistung nur kommen solle, wenn er den Schenker überlebe. Die Überlebensbedingung soll dabei als Einschränkung einer ansonsten unbedingten Schenkung erschlossen werden können. 253 Es sei davon auszugehen, dass der Schenker nicht mehr leiste, als er müsse, aber auch nicht weniger. Ebenso werde das Angebot zur Schenkung nicht dem Versprechenden gegenüber, sondern gegenüber dem Begünstigten erklärt. Deshalb definiere der tatsächliche Vermögensvorteil für den Begünstigten das der Zuwendung zugrundeliegende Versprechen. Weil der Begünstigte die Forderung gegen den Versprechenden aber nur und erst im Falle des Überlebens erwerben und vorab eine übertragbare, geschützte Rechtsposition gerade nicht eintreten soll, ist eine Überlebensbedingung gesetzt und der Tatbestand des § 2301 Abs. 1 BGB erfüllt. 254 Zum gleichen Ergebnis führe der Weg, auf Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall wegen ihrer tatsächlichen Funktion § 2301 Abs. 1 BGB in jedem Falle entsprechend anzuwenden.255
ff) Die Konstruktion der Rechtsprechung Schon früh wird in der Rechtsprechung die Figur des Valutaverhältnisses ausdrücklich als Grundlage für das Recht des Begrünstigten zum Behaltendürfen erkannt. 256 Das Valutaverhältnis wird als Schenkungsvertrag unter Lebenden angesehen, den der Beschenkte noch nach dem Tode des Schenkers annehmen könne, weil der Schenker nach § 151 BGB auf den Zugang der Annahmeerklärung verzichtet habe und § 130 Abs. 2 BGB die einmal abgegebene Willenserklärung des Erblassers „konserviere". Das Angebot gehe dem Begünstigen mit der Benachrichtigung durch den die Leistung Versprechenden zu. 2 5 7 Die mangelhafte Form könne so nach § 518 Abs. 2 BGB geheilt werden. 258 Zu einem erbrechtlichen Vorgang werde das Valutaverhältnis auch nicht durch § 2301 Abs. 1 BGB, weil dieser nach dieser Auffassung durch die §§ 328 Abs. 2, 253 MünchKomm/Gottwald, 331 BGB RdNr. 1; Staudinger/Boehmer Einl. Erbrecht § 27; Staudinger/ Kaduk § 331 BGB RdNr. 4; vgl. auch Enneccerus/Le/imawz, § 35 III 1; BGH NJW 1993, 2171 f.; Harder FamRZ 1976, 418, 424. 254 Reischl, S. 124 f. 255 Walter, NJW 1971, 2311. 256 RGZ 128, 187; 189; BGH DNotZ 1987, 771, 772; OLG Düsseldorf FamRZ 1998, 774 f.; zustimmend ReimannIBengel § 2301 BGB RdNr. 59; Muscheler W M 1994, 921, 922. 257 RGZ 98, 279, 283; 106 1, 3; BGH NJW 1984, 480, 481; 1975, 382, 383; OLG Düsseldorf FamRZ 1988, 774 f.; ReimannIBengel § 2301 BGB RdNr. 61. 258 BGH NJW 1975, 382, 383; vgl. Staudinger/Kanzleiter § 2301 BGB RdNr. 42.
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Β. Die erbrechtliche Position des Ehegatten
331 Abs. 1 BGB als Spezialregelungen ausnahmsweise „gesperrt" werde. 259 Diese Konstruktion wird durch die Literatur teilweise bestätigt. 260 gg) Stellungnahme Der Gesetzgeber hat, anders als im Falle der Schenkung von Todes wegen, keine Regelung darüber getroffen, ob und wann auf Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall Erbrecht oder das Recht der Geschäfte unter Lebenden anzuwenden ist. 2 6 1 Dies alleine kann jedoch nicht ausschließen, dass das Valutaverhältnis eines Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall eine Schenkung von Todes wegen im Sinne des § 2301 BGB sein kann. Die beiden zuerst dargestellten Auffassungen einer jedenfalls formlos gültigen Sondererbfolge nach dem Zuwendenden bestechen ungeachtet der ihnen eigenen konstruktiv bedingten Unterschiede zwischen der Annahme einer Miterbenstellung und eines Vermächtnisses zwar durch die Klarheit und Einfachheit; sie entbehren jedoch auch jeglicher Grundlage im Gesetz. Die Systematik des BGB-Erbrechtes basiert auf dem Numerus Clausus der erbrechtlichen Rechtsgeschäfte und schließt damit die Annahme von „Sondererbfolgen" jenseits erbrechtlicher Formvorschriften aus. Das Valutaverhältnis kann jedoch weder als Testament noch als Vermächtnis charakterisiert werden, weil der Begünstigte gerade nicht aus dem Vermögen des Schenkenden und damit aus dem Nachlass erwirbt. 262 Die Annahme einer Verfügung von Todes muss auch daran scheitern, 263 dass der Freigiebige über den Gegenstand der Zuwendung gar nicht verfügen kann und dies auch nicht tut oder tun will. Gegen die Qualifizierung als Schenkungsvertrag zugunsten Dritter spricht, dass bei Abschluss des Deckungsverhältnisses die Frage, ob das Valutaverhältnis in einer entgeltlichen oder einer unentgeltlichen Zuwendung besteht, in der Regel keine Rolle spielt. Auch dürfte der Versprechende nicht immer daran interessiert sein, vollmachtloser Vertreter des Begünstigten zu sein. Schließlich geben die §§ 328 ff. BGB nicht den leisesten Hinweis auf einen „Schenkungsanspruch" des Begünstigten, der zudem im Widerspruch zu den Regelungen der §§ 516 BGB stünde. 264 259 Vgl. BGH NJW 1967,101, 102; NJW 1976, 749, 750 f.; NJW 1984,480,481. 260 Staudinger/Kanzleiter § 2301 BGB RdNr. 42; Pzlandt/Edenhofer § 2301 BGB RdNr. 19; RGRK/Kregel § 2301 BGB RdNr. 17; Reimann/Bengel § 2301 BGB RdNr. 58; Muscheler W M 1994, 921, 922 f.; Mohr, VersR 1966, 702, 703 f.; wohl auch Alternativkommentar ! Finger § 2301 BGB RdNr. 34; Wieacker, S. 283. 261 Finger JuS 1969,309. 262 RGZ 51, 403, 404 f.; MünchKomm ! Gottwald § 328 BGB RdNr. 2; Staudinger/Kanzleiter § 2301 BGB RdNr. 42 für alle anderen m. w. Nachw.; vgl. auch BGH NJW 1976, 749, 750 f. 263 So auch Muscheler WM 1994, 921, 922.
III. Der sonstige Erwerb von Todes wegen unter Eheleuten
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Die Vorstellung des Abschlusses eines Schenkungsvertrages zwischen dem Schenker und sich selbst als Vertreter des Begünstigten muss daran scheitern, dass ein Vollzug im Sinne der §§518 oder 2301 Abs. 2 BGB zu Lebzeiten des Schenkers gerade nicht erfolgt; die notarielle Form wird jedoch in der Regel nicht eingehalten sein. Daneben dürfte ein vollmachtloses Kontrahieren weder dem Erklärungsbewusstsein noch dem Geschäftswillen des Schenkers entsprechen. 265 Aus demselben Grund ist auch die Auffassung abzulehnen, die in das Valutaverhältnis jedes Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall, solange dieses unentgeltlich ist, eine Überlebensbedingung hineinlesen will. Dies wäre nur möglich, wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung jegliche unentgeltliche Zuwendung auf den Todesfall auch als Schenkung von Todes wegen verstehen wollte. Gegen die von der Rechtsprechung vertretene Theorie von der Sperrwirkung der §§ 328 Abs. 2, 331 Abs. 1 BGB spricht deren Stellung. Die ansonsten strenge Systematik des BGB, insbesondere das Konzept, allgemeingültige Regelungen „vor die Klammer" zu ziehen und Spezialmaterien nebst Ausnahmetatbeständen „hinten" oder jedenfalls nach den jeweils allgemeinen Bestimmungen zu regeln, lässt die Festschreibung einer „formlosen" Art letztwilliger Verfügungen im Rahmen der §§ 328 ff. als unwahrscheinlich erscheinen, selbst wenn man annimmt, dass (entgegen dem im Erbrechtsteil konstant eingehaltenen Grundsatz der Formstrenge des Erbrechtes) der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall bereits von den Schöpfern des BGB ebenso „vorausgesetzt" wurde wie der Begriff des nicht näher definierten „Verlöbnisses" in den §§ 1297 ff B G B . 2 6 6 ' 2 6 7 Gegen die Annahme, dass das Valutaverhältnis entweder den gleichen Regeln zu unterwerfen ist wie das Deckungsverhältnis oder gar Letzteres die causa für das Behaltendürfen der Leistung durch den Bedachten gleich mit in sich trage, spricht die Anmerkung der ersten Kommission, dass es der Rechtswissenschaft überlassen bleibe, herauszufinden, ob für die Formbedürftigkeit allein das Deckungsverhältnis oder auch das Valutaverhältnis maßgebend sein soll. 2 6 8 Auch die zweite Kommission weist daraufhin, dass die causa verschiedener Art sein könne. 269 Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber des BGB sich der angesprochenen Problematik sehr wohl bewusst war, sie aber nicht gelöst hat. Der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall sollte möglich sein - jedoch als Unterfall des Vertrages zugunsten Drit-
264 Harder FamRZ 1976, 418, 426. 265 Harder /Welter NJW 1977, 1139, 1140. 266 Reischl S. 117; Harder FamRZ 1976, 418, 428; StaudingerIKanzleiter § 2301 BGB RdNr. 42. 267 Das Problem wird wohl auch von RGRKI Kregel gesehen, der jedoch in § 2301 BGB RdNr. 17 nicht die richtigen Konsequenzen daraus zieht. 268 Motive Mugdan Band II, S. 150. 269 Protokolle Mugdan Band II, S. 705.
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Β. Die erbrechtliche Position des Ehegatten
ter, nicht aber als eigenständiges Rechtsinstitut der „formfreien" letztwilligen Verfügung etabliert werden. 270 In Bezug auf die hier allein interessierende Anwendbarkeit des § 2301 BGB auf das Valutaverhältnis ergibt sich daher, dass diese nicht durch eine „Sperrwirkung" von vorneherein ausgeschlossen sein kann, 271 wenngleich dieses Ergebnis zu der unerwünschten Folge der Unwirksamkeit einzelner Valutaverhältnisse mangels Beachtung der erbrechtlichen Form führen kann. 272 Die Anwendung erbrechtlicher Vorschriften auf das Valutaverhältnis eines Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall muss daher davon abhängen, ob die Zuwendung im Valutaverhältnis mit einer Überlebensbedingung im Sinne des § 2301 Abs. 1 BGB versehen wurde oder nicht und ob unter Umständen bereits Vollzug im Sinne des § 2301 Abs. 2 BGB eingetreten i s t 2 7 3 Wie oben dargestellt, 274 muss eine Überlebensbedingung jedoch ausdrücklich gestellt sein oder sich aufgrund der Höchstpersönlichkeit der Zuwendung aus den Umständen ergeben. Solche Umstände können in der Gestaltung des Deckungsverhältnisses liegen. In diesem Fall muss auch § 2301 Absatz 1 BGB eingreifen; die Begünstigung gehört dann kraft Fiktion zur erbrechtlichen Position des Ehegatten. Die bloße Regelung, dass die Leistung nach Ableben des Freigiebigen an den Begünstigten zu erbringen ist, reicht hierfür aber nicht aus, weil dieser weiten Formulierung auch eine aufschiebende Befristung unterfiele. Soweit sich aus dem Inhalt des Deckungsverhältnisses nichts anderes ergibt, muss daher die Zuwendung an den Begünstigten als unbedingt angesehen werden. § 2301 Abs. 1 BGB ist dann jedoch nicht anwendbar, vielmehr gelten die allgemeinen Regeln des Schenkungsrechtes. 275
b) Der Sonderfall:
Postmortale Übermittlung und Annahme
Wird das Vertragsverhältnis zugunsten eines Dritten auf den Todesfall durch den Schenker von vorne herein so angelegt, dass das Valutaverhältnis erst nach dessen Ableben zustande kommen soll, weil der Begünstigte zu Lebzeiten des Freigiebigen noch nichts von der beabsichtigten Zuwendung erfahren soll, stößt die Annah270 Reischl, S. 118; Alternativkommentar/Finger § 2301 BGB RdNr. 26, allerdings in W M 1970, 374, 377 mit der Maßgabe, eine Anerkennung als eigenständiges Rechtsinstitut zu erwägen; abweichend Hoffmann, AcP 158 (1959/1960) 178, 179, 180, der insoweit eine Gesetzeslücke unterstellt; insoweit entsprechend Harder, S. 165; vgl. insoweit auch Protokolle Mugdan Band V, S. 762. 271 Finger NJW 1972, 497. 272 Zu Recht MünchKomm / Musielak § 2301 BGB RdNr. 36. 273 Reischl, S. 123; ebenso Hofmann, AcP 158 (1959/1960), 178, 211. 274 Siehe S. 52 ff. 275 Vgl. RGRK/Kregel, § 2301 BGB RdNr. 1.
III. Der sonstige Erwerb von Todes wegen unter Eheleuten
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me einer Schenkung von Todes wegen im Sinne des § 2301 BGB im Valutaverhältnis auf grundsätzliche Schwierigkeiten.
aa) Die Überlebensbedingung im Sinne des § 2301 Abs. 1 BGB Vollzieht sich die Annahme des Angebotes auf Abschluss eines Schenkungsvertrages im Rahmen des Valutaverhältnisses tatsächlich erst nach Ableben des Schenkers, so ist das Überleben des Begünstigten im Zeitpunkt dieser Annahme kein ungewisses Ereignis mehr. Eine Überlebensbedingung kann in dem dann zustande kommenden Rechtsgeschäft nicht mehr enthalten sein. 276 Etwas anderes könnte nur gelten, wenn auf den Zeitpunkt der Abgabe des Angebotes durch den Freigiebigen abgestellt würde. 277 Dem steht jedoch entgegen, dass das Angebot des Freigiebigen durch den Dritten als Erklärungsbote übermittelt wird. Hat dieser dafür Sorge zu tragen, dass es erst nach dem Tode des Freigiebigen übermittelt wird oder angenommen werden kann, ist dies Bestandteil des Angebotes selbst und schließt damit die Annahme einer Überlebensbedingung aus. Wird das Angebot übermittelt, ist es unbedingt; denn solange die Bedingung noch eintreten kann, weil der Anbietende noch lebt, wird es ja gerade nicht übermittelt. Hiergegen kann auch nicht eingewandt werden, diese Vorgehensweise sei letztlich eine Umgehung des § 2301 Abs. 1 BGB, indem nämlich dessen Tatbestand zerlegt und auf zwei Mitwirkende verteilt werde. 278 Der Annahme einer Erweiterung des Anwendungsbereiches des § 2301 Abs. 1 BGB kann, wie bereits oben dargestellt wurde, 279 nicht gefolgt werden. Wenn richtigerweise angenommen wird, § 2301 Abs. 1 BGB sei eine Ausnahme Vorschrift, die bewusst nur einen bestimmten Ausschnitt schuldrechtlicher Geschäfte dem Erbrecht unterstellen wolle, so muss dies auch hier gelten. Daran ändert auch nichts der Hinweis auf die eingeleitete Handschenkung, die § 2301 Abs. 1 BGB unterliegen soll. 2 8 0 Mangels der Möglichkeit einer Überlebensbedingung kann auch ein solcher „verzögerter" Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall unter keinen Umständen den Tatbestand des § 2301 Abs. 1 erfüllen. 281
276 otte AcP 186, 313, 315; ders. Jura 1993, 643, 648; RGRK/Kregel § 2301 BGB RdNr. 6; im Ergebnis ebenso v. Lübtow, S. 1243 f. 277 RGZ 83, 223, 226 f. 278 So, wenngleich mit unzutreffender Begründung BGH NJW 1964, 1124, 1125 mit ebenfalls fehlgehenden Hinweisen auf RGZ 88, 137 ff. und 106, S. 1 ff.; BGH NJW 1984, 480, 481; a. A. Reischl, S. 127. 279 Siehe S. 58 ff. 280 Otte AcP 186, 315; Jura 1993, 643, 648; StaudingerIKanzleiter § 2301 RdNr. 5; Wieacker FS für Lehmann, S. 280; Kipp / Coing § 81 V 2 a. 281 Im Ergebnis ebenso v. Lübtow, S. 1243 f.
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Β. Die erbrechtliche Position des Ehegatten
bb) Der Vollzug im Sinne des § 2301 Abs. 2 BGB Damit der Begünstigte das ihm im Deckungsverhältnis Zugewandte gegenüber den Erben behalten darf, bedarf es jedenfalls eines wirksamen Valutaverhältnisses. Ein solches wird jedoch in der Regel an der Formvorschrift des § 518 Abs. 1 BGB scheitern. Eine Heilung durch Vollzug nach dem Tod des Freigiebigen ist jedoch nach dem zu § 2301 Abs. 2 BGB Gesagten nur möglich, wenn der Vollzug nicht absichtlich auf einen Zeitpunkt nach dem Tod des Schenkers hinaus verzögert wurde. 282 Genau das ist jedoch im Rahmen der postmortalen Übermittlung und Annahme des Angebotes auf Abschluss eines Schenkungsvertrages im Valutaverhältnis der Fall. Damit ist auch eine Heilung des formunwirksamen Vertrages durch die postmortale Übermittlung und Annahme nicht möglich.
c) Insbesondere: Die Lebensversicherung Nicht selten schließen Eheleute zugunsten des jeweils anderen Lebensversicherungen ab, um dem jeweils anderen im Falle ihres Todes oder demjenigen einer anderen versicherten Person die Versicherungssumme zuzuwenden. Fraglich ist, ob auch diese Bezugsberechtigung im Verhältnis zwischen den Ehegatten aufgrund des § 2301 Abs. 1 BGB dem Erbrecht unterfallen muss. Die ganze oder teilweise Auszahlung der Lebensversicherungsprämie im Versicherungsfall, dem Tod des Versicherten, wird dem Bezugsberechtigten nicht aus dem Vermögen des Versicherungsnehmers, sondern aus dem der Versicherung zugewandt. Von einer „Zuwendung der Prämien" an den Begünstigten bereits zu dessen Lebzeiten kann daher nicht die Rede sein. 283 Dies gilt nicht nur im Fall der Risikolebensversicherung sondern auch in dem der Kapitallebensversicherung, sobald der Versicherungsfall, der Tod des Versicherungsnehmers, eingetreten ist. 2 8 4 In diesem Moment entsteht das Bezugsrecht des Dritt-Begünstigten, das des verstorbenen Versicherungsnehmers ist im selben Moment erloschen (kausale Novation). 2 8 5 Die Lebensversicherung kann daher grundsätzlich als Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall betrachtet werden. 286
282 Siehe S. 60 ff. 283 Gernhuber JZ 1996, 205, 206. 284 Peters, MDR1995, 659, 660; Schreiber Jura 1995, 159, 162. 285 Peters, MDR1995, 659; Schreiber Jura 1995, 159, 162. 286 Peters, MDR1995, 659; Schreiber Jura 1995, 159, 162; Klingelhöffer ZEV 1996, 28, 27; MünchKomm /Musielak § 2301 BGB RdNr. 31; Soergel / Wolf § 2301 BGB RdNr. 27; Lange/Kuchinke § 33 II 3.
III. Der sonstige Erwerb von Todes wegen unter Eheleuten
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Das Deckungsverhältnis dieses Versicherungsvertrages zugunsten Dritter besteht zwischen Versicherung und Versicherungsnehmer, das Valutaverhältnis zwischen dem Dritt-Begünstigten und dem Versicherungsnehmer. 287 Entsprechend dem oben Gesagten288 kann die Lebensversicherung als Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall im Valutaverhältnis zwischen versicherungsnehmendem Ehegatten und begünstigtem Ehegatten eine Schenkung von Todes wegen beinhalten, die nach § 2301 Abs. 1 BGB dem Erbrecht unterstellt sein kann. 289 Wie bereits festgestellt, kann sich die hierfür erforderliche Überlebensbedingung entweder ausdrücklich aus dem Valutaverhältnis ergeben. Oder es erweist sich aus den Umständen, insbesondere aus dem Inhalt des Deckungsverhältnisses, dass die Zuwendung an den Ehepartner höchstpersönlich gedacht war, mithin nur ihm in persona gewährt wurde, nicht aber etwaigen Erben zukommen sollte. Ein solcher höchstpersönlicher Bezug kann aber nicht schon aus der ehelichen Lebensgemeinschaft an sich hergeleitet werden. 290 Auch unter Ehegatten muss eine aufschiebend befristete Schenkung von Todes wegen möglich sein, nämlich dann, wenn das dem anderen Ehegatten Zugedachte im Falle von dessen Vorversterben dessen Erben, etwa den gemeinsamen Kindern, zukommen soll. Wenn aber eine auf den Tod aufschiebend befristete Zuwendung unter Ehegatten möglich ist, dann kann dies nicht dadurch anders werden, dass die Leistung auf abgekürztem Wege des Vertrages zugunsten Dritter direkt aus dem Vermögen des Dritten bewirkt wird oder sich das Valutaverhältnis unter den Partnern einer Ehe vollzieht. Keine Überlebensbedingung kann angenommen werden, wenn der Abschluss des Valutaverhältnisses postmortal verzögert wird. Das Bezugsrecht aus einer Lebensversicherung ist danach nur dann Teil der erbrechtlichen Position eines Ehegatten, wenn sein Partner ihm dieses im Rahmen einer Schenkung von Todes wegen im Valutaverhältnis zwischen den Ehegatten zugewandt hat, also dann, wenn das Valutaverhältnis eine Überlebensbedingung enthält. Im Übrigen unterfällt das Bezugsrecht den Regeln über Rechtsgeschäfte unter Lebenden.
3. Die Hofübergabe § 7 Abs. 1 HöfeO stellt es dem Eigentümer eines Hofes frei, den Hoferben selbst zu bestimmen. Entsprechend dieser Vorschrift kann dies geschehen: 287 MünchKomm/Musielak § 2301 BGB RdNr. 31; Lange/Kuchinke § 33 II 3; Schreiber Jura 1995, 159, 162; Peters MDR 1995, S. 659, 661; Schnabel, S. 44; BGH NJW 1984,480 f. 288 Siehe S. 70 f. 289 So auch Peters MDR 1995, S. 659, 662; vgl. auch Staudingerί Kanzleiter § 2301 BGB RdNr. 49; für eine Gleichstellung der Lebensversicherung mit dem Erwerb von Todes wegen auch Klingelhöffer ZEV 1996, 28 f. 290 So aber MünchKomm ! Leipold § 2077 BGB RdNr. 25; Finger VersR 1990, S. 232, 234.
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Β. Die erbrechtliche Position des Ehegatten
1. durch Verfügung von Todes wegen, 2. durch Hofübergabevertrag, 3. durch eine formlose Vereinbarung der Hoferbfolge. Fraglich ist, inwieweit die Stellung eines Ehegatten als „bestimmter Hoferbe" auch dann erbrechtlicher Natur ist, wenn sie nicht durch letztwillige Verfügung erfolgt und damit automatisch dem Erbrecht unterliegt.
a) Die Hofübergabe durch Hofübergabevertrag Die Hofübergabe hat eine Zwitterstellung inne. Einerseits erfolgt sie als Rechtsgeschäft unter Lebenden und soll auch sofort Wirkungen unter Lebenden entfalten; andererseits ist sie regelmäßig vorweggenommene Erbfolge. 291
aa) Die Doppelnatur des Hofübergabevertrages Nach der (noch) herrschenden 292 Meinung ist dem Hofübergabevertrag deshalb zumindest auch eine erbrechtliche Teilnatur zuzusprechen. 293 Diese Meinung beruht jedoch ursprünglich insoweit auf einem Missverständnis, als das zur Begründung in Bezug genommene294 Urteil des Bundesgerichtshofes 295 ausdrücklich davon spricht, dass der Hofübergabevertrag in Ansehung des damals erforderlichen Zustimmungsverfahrens der Verfügung von Todes wegen gleichgestellt war. Nicht dagegen wird festgestellt, dass der Hofübergabevertrag eine Verfügung von Todes wegen ist. Dies wurde in einer späteren Entscheidung ausdrücklich bestätigt, fand aber in der Literatur keine Beachtung.296
bb) Der Hofübergabevertrag als einer Verfügung von Todes wegen angenähertes Rechtsgeschäft unter Lebenden Ebenso wird vertreten, dass der Hofübergabevertrag allein als Rechtsgeschäft unter Lebenden zu qualifizieren sei 2 9 7 , das aber einer Verfügung von Todes wegen 291 Erman / Schmidt vor § 2064 BGB RdNr. 7; Lüdtke-Handjery DNotZ 1985, 332, 334; Wöhrmann § 17 HöfeO RdNr. 3. 292 So zumindest StaudingerIKanzleiter § 2286 BGB RdNr. 3. 293 Lange/Kuchinke § 53 V 3; RGRK/ Kregel § 2286 BGB RdNr. 5; Soergel/Wolf § 2289 BGB RdNr. 8. 294 RGRK/Kregel § 2286 BGB RdNr. 5. 295 BGH DNotZ 1951, 343, 345. 296 BGHZ 8, 23, 33; NJW 1976, 1635; ausgenommen Staudinger/Kanzleiter RdNr. 3.
§ 2286 BGB
III. Der sonstige Erwerb von Todes wegen unter Eheleuten
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angenähert sei. 298 Dieses soll dazu führen, dass der Hofübergabe vertrag zumindest auch den Wirksamkeitserfordernissen einer Verfügung von Todes wegen zu entsprechen habe. 299
cc) Stellungnahme Den beiden zuvor genannten Auffassungen steht zuerst der Numerus Clausus des Erbrechtes entgegen. Der Hofübergabevertrag ist keine letztwillige Verfügung im Sinne des BGB-Erbrechtes. 300 § 7 Abs. 1 Satz 1 HöfeO stellt lediglich klar, welche rechtsgeschäftlichen Möglichkeiten der Eigentümer hat, erzeugt aber keine neuen Handlungsformen des Erbrechtes außerhalb des BGB. Auch § 2301 BGB kann nicht „analog" angewendet werden und so zu einer fingierten erbrechtlichen Natur des Hofübergabevertrages führen. 301 Zwar unterstellt § 2301 BGB ausnahmsweise Rechtsgeschäfte, die nicht zu den im V. Buch des BGB behandelten gehören, den Rechtsfolgen erbrechtlicher Bestimmungen. Wortlaut und Entstehungsgeschichte zeigen jedoch, dass der Gesetzgeber mit voller Absicht eben nur diese bestimmte Gruppe von Rechtgeschäften dem Erbrecht unterstellen wollte. 302 Diesem gesetzgeberischen Ziel widerspräche eine pauschale analoge Anwendung des § 2301 BGB. Hierauf kommt es jedoch nicht an, denn entscheidend muss sein, dass mit der Änderung der Höfeordnung im Jahre 1976 die Unterschiede im Zwangsanerbenrecht, die für einen erbrechtlichen Charakter des Hofübergabevertrages sprachen, weggefallen sind. Dies ergibt sich schon daraus, dass für den Hofübergabevertrag eine dem § 6 Abs. 2 HöfeO entsprechende Vorschrift gerade fehlt, wonach der Ehegatte als Hoferbe ausscheidet, wenn die Voraussetzungen des § 1933 BGB erfüllt sind. Der Hofübergabevertrag ist daher heute als Geschäft unter Lebenden anzusehen.303 Dem Hofübergabevertrag auch nur teilweise einen „erbrechtlichen Charakter" zuzubilligen, 304 widerspricht der Wertung des § 17 Abs. 2 HöfeO. Danach gilt der 297 Lange /Wulf /Lüdtke-Handjery § 7 HöfeO RdNr. 38. 298 Lüdtke-Handjery DNotZ 1985, 332, 335; MünchKomm/Leipold § 1941 BGB RdNr. 8; Wöhrmann § 17 HöfeO RdNr. 10. 299 So noch Wöhrmann/Stöcker § 17 HöfeO RdNr. 9; ablehnend jetzt Wöhrmann § 17 HöfeO RdNr. 10. 300 BGHZ 8, 23, 30, 33. 301 So auch Staudinger/Kanzleiter § 2286 BGB RdNr. 3. 302 Siehe S. 58 f.; vgl. auch Lange/Kuchinke § 33 I 6 e. 303 Wöhrmann § 17 HöfeO RdNr. 5; Erman/Schlüter § 1941 BGB RdNr. 4; Staudinger/ Otte § 1941 BGB RdNr. 9. 304 So mit ungewissen Konsequenzen Lange/Wulf / Lüdtke-Hanjery § 17 HöfeO RdNr. 5; MünchKomm / Musielak vor § 2274 BGB RdNr. 12.
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Β. Die erbrechtliche Position des Ehegatten
Erbfall mit Übergabe des Hofes insoweit als eingetreten. Das Gesetz fingiert hier ausdrücklich ein Ereignis, an das erbrechtliche Folgen geknüpft werden. Dies zeigt, dass der Vollzug des Übergabevertrages, die Hofübergabe, selbst weder ein erbrechtliches Ereignis ist noch ein solches auslöst.305 Damit kann der auf die Herbeiführung dieser Fiktion gerichtete Hofübergabevertrag keine letztwillige Verfügung sein. 306 Letztwillige Verfügungen sind stets auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen für den Erbfall selbst, nicht auf die Fiktion dieses Ereignisses gerichtet. Die Rechte des übernehmenden Ehegatten aus einem Hofübergabevertrag können daher auch nicht unter dem Aspekt eines Scheidungsverfahrens Teil seiner erbrechtlichen Position sein.
b) Die formlose Hoferbenbestimmung Die formlose Hoferbenbestimmung geschieht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO. Man könnte sie als „konkludenten Hofübergabevertrag" verstehen, 307 allerdings hat der Gesetzgeber gerade für diesen Fall Spezialregelungen vorgesehen. Dies gilt auch für die Auswirkungen eines Scheidungsverfahrens. In § 6 Abs. 2 Nr. 2 HöfeO hat der Gesetzgeber klargestellt, dass eine formlose Hoferbenbestimmung ausscheidet, wenn das Erbrecht des potentiell hoferbenden Ehegatten nach § 1933 BGB ausgeschlossen ist. 3 0 8 Aus dieser Sondervorschrift ergibt sich, dass der Gesetzgeber nicht davon ausgegangen ist und auch nicht wollte, dass die formlose Hoferbenbestimmung dem Erbrecht unterfiele, denn ansonsten hätte es der Regelung des § 6 Abs. 2 Nr. 2 HöfeO nicht bedurft. Hätte die formlose Hoferbenbestimmung erbrechtlichen Charakter, wäre § 1933 BGB aufgrunddessen und ohne Verweisung anzuwenden gewesen. Weil die formlose Hofübergabe weder in einer Form des Erbrechtes erfolgt, noch durch die Höfeordnung Erbrecht auf sie für anwendbar erklärt wird, kann sie nicht erbrechtlicher Natur sein. 309
4. Zwischenergebnis Zur erbrechtlichen Position des Ehegatten und damit den erbrechtlichen Wirkungen des Fortganges eines Scheidungsverfahrens ausgesetzt sind neben einer Schen305 Fassbenderl Hölzl/v. Jeinsen/ Pikalo, § 17 RdNr. 4 HöfeO; dies verkennt Soergel/ Wolf vor § 2274 BGB RdNr. 22. 306 Erman/Schlüter § 1941 BGB RdNr. 4; Soergel/Stern § 1941 BGB RdNr. 3; MünchKomm /Leipold Einleitung Erbrecht RdNr. 76; Staudinger /Otte § 1941 BGB RdNr. 9; im Ergebnis wohl derselben Meinung: Wöhrmann § 7 HöfeO RdNr. 5, 10. 307 Vgl. insoweit Soergel / Wolf vor § 2274 BGB RdNr. 22. 308 Wöhrmann / Stöcker § 6 HöfeO RdNr. 54. 309 Vgl. auch BGHZ 8, 23, 30, 33; NJW 1976, 1635.
III. Der sonstige Erwerb von Todes wegen unter Eheleuten
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kung von Todes wegen auch Rechte aus Verträgen zugunsten Dritter auf den Todesfall, wenn im Valutaverhältnis die Überlebensbedingung im Sinne des § 2301 BGB vereinbart wurde. Jedenfalls nicht den erbrechtlichen Regelungen unterworfen und damit auch nicht Gegenstand dieser Betrachtung sind Verträge zugunsten Dritter mit postmortaler Übermittlung und Annahme. Für die Lebensversicherung gilt das zuvor Gesagte entsprechend; das Bezugsrecht unterliegt erbrechtlichen Normen nur insoweit, als im Valutaverhältnis zwischen den Ehegatten eine Überlebensbedingung vereinbart war, also eine Schenkung von Todes wegen im Sinne des § 2301 BGB gegeben ist. Die Hofübergabe ist ebenfalls nur insoweit erbrechtlichen Normen unterworfen und damit Teil der erbrechtlichen Position eines begünstigten Ehegatten, als sie durch letztwillige Verfügung vorgenommen wird.
C. Der Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten durch Scheidung Die im vorstehenden dargestellte „Erbberechtigung" eines Ehegatten nach seinem Partner kann ganz oder teilweise durch die Rechtskraft des Scheidungsurteils und unter bestimmten Umständen auch schon während des Scheidungsverfahrens entfallen.
I. Der Verlust durch rechtskräftiges Scheidungsurteil 1. Das gesetzliche Ehegattenerbrecht a) Der Grundsatz In § 1931 BGB setzt das Gesetz bereits seinem Wortlaut nach voraus, dass im Zeitpunkt des Erbfalles die Ehe noch bestanden hat und erst durch den Erbfall aufgelöst wird. Mit Rechtskraft des Scheidungsurteils ist die eheliche Lebensgemeinschaft jedoch beendet (§ 1564 BGB). Ein überlebender geschiedener Ehegatte kann daher auch nicht mehr als Ehegatte nach § 1931 BGB erben oder einen Voraus erhalten.1 Ebenso besteht auch kein Pflichtteilsanspruch nach § 2303 BGB mehr, da der rechtskräftig geschiedene Ehegatte nicht mehr gesetzlicher Erbe ist. Dem geschiedenen Ehegatten verbleibt lediglich der Unterhaltsanspruch nach § 1569 BGB, den er nach dem Tod seines früheren Partners gegen dessen Erben als Nachlassverbindlichkeit durchsetzen kann (§ 1586b BGB).
b) Die Ausnahme: Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten Die Rechtsposition, die dem geschiedenen Ehegatten hier zugewandt wird, geht zwar nicht auf Teilhabe am Nachlass sondern auf einen Anspruch gegen den Nachlass. Dennoch wird die Nähe dieses familienrechtlichen Anspruches zum gesetzlichen Ehegattenerbrecht an § 1586b Abs. 1 Satz 3 BGB deutlich. In der Höhe wird der Unterhaltsanspruch begrenzt auf den Pflichtteil, den der frühere Ehegatte erhalten hätte, wenn er nicht geschieden worden wäre. Bei der Bestimmung dieses fikti-
1 Soergel /Stein § 1933 BGB RdNr. 5.
I. Der Verlust durch rechtskräftiges Scheidungsurteil
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ven Pflichtteiles wird die Berücksichtigung des Güterstandes ausdrücklich ausgeschlossen (§ 1586b Abs. 2 BGB).
aa) Die Bestimmung des Unterhaltsanspruches nach § 1586b BGB Durch § 1586b BGB werden alle Unterhaltsansprüche gemäß §§ 1570 ff. BGB, einschließlich § 1576 BGB vererblich gestellt. Nicht erfasst von dieser Vorschrift werden Ansprüche auf Kapitalabfindung und Unterhaltsrückstände. 2 Gemäß § 1586b Abs. 1 Satz 2 BGB entfallen mit dem Tod des Unterhaltspflichtigen die bei der Unterhaltsberechnung bisher zu berücksichtigenden Beschränkungen des § 1581 BGB. Der Nachlass schuldet den vollen angemessenen Unterhalt. Weder spielt die Gefährdung eigenen Unterhaltes des Verstorbenen eine Rolle noch weitere Unterhaltsverpflichtungen; beide Problemkreise enden mit dem Tod des ursprünglichen Unterhaltsschuldners. 3 Zu bedenken ist jedoch stets die Bedürftigkeit des geschiedenen Ehegatten. Diese kann sich durch den Tod des früheren Erblassers durchaus ändern, wenn beispielsweise infolgedessen eine Lebensversicherung zugunsten des überlebenden Geschiedenen fällig wird. 4
bb) Die Begrenzung des Unterhaltsanspruchs Ihre Grenze finden die Rechte des Überlebenden gegen den Nachlass in der Höhe des fiktiven Pflichtteils. 5 Berechungsgrundlage ist nach dem Wortlaut des § 1586b Abs. 1 Satz 3 BGB der Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalles. Die Pflichtteilsquote errechnet sich so, als ob die frühere Ehe fortgesetzt worden wäre; mithin ohne Berücksichtigung der Rechte oder Quoten späterer Ehepartner, wohl aber der Quoten späterer und früherer Abkömmlinge des Erblassers. 6 Der tatsächliche Güterstand weder der Ehe des Erblassers mit dem Geschiedenen noch einer früheren oder späteren Ehe sollen bei der Berechnung nach § 1586b BGB Berücksichtigung finden. 7 Hinsichtlich früherer Ehepartner ist zu bedenken, dass diese den Nachlass mit weiteren Nachlassverbindlichkeiten nach § 1586b BGB belasten können; ihre Rechte finden insoweit nach § 2311 BGB Berücksichtigung.8 2 MünchKomm /Maurer § 1586b BGB RdNr. 2. 3 MünchKomm / Maurer § 1586b BGB RdNr. 6; Soergel /Häberle § 1586b BGB RdNr. 5; Erman IDieckmann § 1586b BGB RdNr. 4 f. 4
Wegen der Problematik ausnahmsweise wirksamer Zuwendungen von Todes wegen an den Unterhaltsberechtigten wird auf S. 180 ff. verwiesen. 5 Dieckmann, NJW 1980, 2777, 2778. 6 MünchKomm /Maurer § 1586b BGB RdNr. 7; Soergel / Häberle § 1586b BGB RdNr. 7; Erman /Dieckmann § 1586b BGB RdNr. 4 f. 7 MünchKomm / Leipold § 1933 BGB RdNr. 16. 6 Wirtz
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C. Der Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten durch Scheidung
cc) Der Ausschluss des Unterhaltsanspruches nach § 1586b BGB Die Unterhaltspflicht des Erben ist nach dem Willen des Gesetzes Ausgleich für den Verlust der Teilhabe am Nachlass in Folge der Rechtskraft der Scheidung.9 Dies muss auch dann gelten, wenn der geschiedene Ehegatte vor Rechtskraft der Scheidung zwar auf sein gesetzliches Erbteil verzichtet, sich dabei aber den Pflichtteil vorbehalten hatte. 10 Fraglich ist, was zu gelten hat, wenn der frühere Ehegatte einen Erbverzicht ohne Pflichtteilsvorbehalt oder einen Pflichtteilsverzicht erklärt hat. (1) Kein Einfluss des Pflichtteilsverzichts
auf § 1586b BGB
Nach einer zunehmend vertretenen Auffassung soll ein Pflichtteilsverzicht keinen Einfluss auf einen familienrechtlichen Unterhaltsanspruch haben können und zwar gleichgültig, ob er im Rahmen eines Erbverzichtes oder isoliert erklärt wurde. 11 Das Gesetz sehe eine solche Verknüpfung nicht vor. Der Anspruch, der in § 1586b BGB vererblich gestellt werde, sei unabhängig vom Erbrecht; er beginne bereits vor dem Erbfall und entfalle erst mit Ende der Bedürftigkeit, Wiederheirat oder Tod des Berechtigten. Dies alles gelte nicht für einen Pflichtteilsverzicht. Nicht einzusehen sei daher, warum der auf den Pflichtteil Verzichtende damit auch gleichzeitig auf den Unterhaltsanspruch für den Fall des Todes der Verpflichteten verzichten wollen sollte. 12 Schließlich wird eingewandt, der Erb- oder Pflichtteilsverzicht sei lediglich eine Vorwegnahme der Scheidungsfolgen, die deshalb den Anspruch nach § 1586b BGB nicht betreffen könne.13 (2) Der Ausschluss des § 1586b BGB durch Pflichtteilsverzicht Nach der Gegenauffassung soll im Fall eines Pflichtteilsverzichtes 14 oder eines Erb Verzichtes ohne Pflichtteilsvorbehalt ein Unterhaltsanspruch nach § 1586b BGB gegen den Nachlass ausgeschlossen sein.15 Die Vererblichkeit des Unterhaltsanspruches gerade des früheren Ehegatten sei Ausgleich für dessen erst durch die s MünchKomm /Maurer § 1586b BGB RdNr. 9; Soergel/Häberle § 1586b BGB RdNr. 7; Erman IDieckmann § 1586b BGB RdNr. 9. 9 Vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 151 f; ErmanIDieckmann § 1586b BGB RdNr. 11. 10 Dieckmann NJW 1980, S. 2777, 2778. π Grziwotz FamRZ 1991, 1258 f. 12 Pentz FamRZ 1998, 1344. 13 Schmitz FamRZ 1999, 1569. 14 Die teilweise zitierte Auffassung, dass beim schlichten Pflichtteilsverzicht doch eine Haftung nach § 1586b BGB eintreten soll, beruht teilweise auf einem Missverständnis: Insoweit hier Rolland § 1586b BGB RdNr. 14c zitiert wird, geht es dort nicht um den Verzicht des früheren Ehegatten, sondern um den des tatsächlichen gesetzlichen Erben nach dem geschiedenen Ehegatten.
I. Der Verlust durch rechtskräftiges Scheidungsurteil
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Scheidung verlorenes Teilhaberecht aus § 1931 BGB am Erbe des früheren Ehegatten. 16 Der überlebende, unterhaltsberechtigte frühere Ehegatte könne aufgrund des vorherigen Verzichtes durch die Scheidung jedoch keine Rechtsposition mehr verloren haben, für die ihm Ersatz geboten werden müsste.17 Er bedürfe damit der Vererblichkeit des § 1586b BGB nicht. Hinzu komme, dass der fragliche Verzicht spätestens im Rahmen des § 1586b Abs. 1 Satz 3 BGB zu berücksichtigen ist. Der Überlebende hätte aufgrund des Verzichts auch im Falle des Unterbleibens der Scheidung keinen Anspruch auf einen Pflichtteil gehabt; ein auf den Betrag des Pflichtteiles begrenzter Unterhaltsanspruch könne nach einem Verzicht höchstens die Höhe 0,00 € erreichen. 18 (3) Stellungnahme Entscheidend muss sein, dass ein geschiedener Ehegatte nicht durch die Scheidung besser gestellt werden kann, als er ohne dieselbe stünde.19 Zu folgen ist daher der letzteren Auffassung. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass der zur Berechnung der Unterhaltshöhe zu ermittelnde fiktive Pflichtteil nur Rechengröße sei, ein Bezug des Nachlassvermögens zu der unter Umständen schon lange zurückliegenden ersten Ehe sei keineswegs zwingend.20 Gerade weil das Vermögen, an dem als Erbe teilzuhaben dem Geschiedenen nach der Scheidung verwehrt ist, unter Umständen ein ganz anderes war, als das, welches jetzt Grundlage der Berechnung des fiktiven Pflichtteils wird, ist nicht einzusehen, wieso der Geschiedene, der schon damals auf seine Teilhabe verzichtet hat, auf Basis einer fingierten Teilhabe wieder partizipieren sollte. Dann wäre er nämlich entgegen dem Regelungsziel des § 1586b BGB besser gestellt als im Falle der Fortführung der ersten Ehe.
2. Die Vermögensnachfolge durch Verfügungen von Todes wegen Die Auswirkungen der Auflösung der Ehe durch Scheidung gemäß § 1564 Satz 2 BGB auf die Wirksamkeit von Testamenten ist grundsätzlich in § 2077 15 Palandt /Edenhofer § 1933 BGB RdNr. 9; Palandt/ Brudermüller § 1586b BGB RdNr. 8; Erman / Dieckmann § 1586b BGB RdNr. 11; Soergel ! Häberle § 1586b BGB RdNr. 1; MünchKomm/Maurer § 1586b BGB RdNr. 2; MünchKomm/Leipold § 1933 BGB RdNr. 16; Gernhuber!Coester-Waltjen, § 30 XIII Fn. 5; Staudinger/Werner § 1933 BGB RdNr. 14. 16 Erman/Dieckmann § 1586b BGB RdNr. 11; Staudinger/ Werner § 1933 BGB RdNr. 14. 17 Erman ! Dieckmann § 1586b BGB RdNr. 11; Dieckmann FamRZ 1999, 1029, 1030. is Dieckmann FamRZ 1999 S. 1029, 1030. 19 Palandt I Edenhofer § 1933 BGB RdNr. 9; Dieckmann FamRZ 1999 1029, 1030, 1032; ders. NJW 1980, 2777, 2779. 20 Pentz, FamRZ 1998, 1344, 1345. 6*
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C. Der Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten durch Scheidung
Abs. 1 Satz 1 BGB geregelt; § 2268 BGB regelt den Spezialfall des gemeinschaftlichen Testamentes unter Verweis auf „die Fälle des § 2077". Für den Fall des Erbvertrages verweist § 2279 Abs. 1 wiederum unter der Modifikation seines Absatzes 2 auf § 2077 BGB.
a) Die Ehegatteneigenschaft Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 2077 Abs. 1 BGB direkt oder aufgrund der Verweisung der §§ 2268 Abs. 1, 2279 Abs. 1 BGB ist, dass der Erblasser zugunsten „seines Ehegatten" verfügt hat.
aa) Funktionaler oder personaler Ehegattenbegriff Fraglich ist, ob der Tatbestand des § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangt, dass der Begünstigte gerade in seiner Eigenschaft als Ehegatte bedacht wurde. Falls dass der Fall wäre, wäre bereits der Tatbestand des § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht erfüllt, wenn aus der Verfügung ausdrücklich hervorgeht, dass der Bedachte nicht aufgrund seiner ehelichen Stellung, sondern aus sonstigen Gründen heraus eingesetzt wurde. (1) Die Idee eines funktionalen Ehegattenbegriffes
in § 2077 BGB
Für diese Auslegung würde sprechen, dass ein solcher funktionaler Ehegattenbegriff in § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB der materiellen Gerechtigkeit am besten entspräche. Nur wenn der überlebende Ehegatte gerade im Hinblick auf das eheliche Band bedacht wurde, gründete sich die letztwillige Verfügung exakt auf den gleichen Lebenssachverhalt wie das gesetzliche Erbrecht des § 1931 BGB, nämlich auf die Teilhabe an der ehelichen Lebensgemeinschaft. Konsequenterweise wäre bei einer anders motivierten letztwilligen Zuwendung der Bedachte nicht in seiner Funktion „als Ehegatte" eingesetzt worden und § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht einschlägig.21 (2) Die Kritik an einem funktionalen Ehegattenbegriff Gegen diese Differenzierung spricht jedoch nicht nur die Fülle von Beweisproblemen, die sie mit sich bringt. Wann genau eine Einsetzung „als Ehegatte" oder „aus sonstigen Gründen" gegeben ist, wäre bei nicht ausdrücklicher Bestimmung in der jeweiligen letztwilligen Verfügung nur durch eine umfangreiche Kasuistik 21
Brox RdNr. 216, hält dies zumindest für ein im Einzelfall zulässiges Ergebnis einer ergänzenden Auslegung - allerdings ohne Argumente.
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abzugrenzen. Auch die Konstruktion des § 2077 BGB spricht gegen einen funktionalen Ehegattenbegriff. Bedenkt der Erblasser seinen Partner in der letztwilligen Verfügung nicht nur aufgrund der bestehenden ehelichen Gemeinschaft, so wird er, falls diese weitere oder andere Motivation überwiegt, die Aufrechterhaltung der letztwilligen Verfügung auch für den Fall einer Scheidung wollen. Ergibt sich dies aber ausdrücklich aus der Erklärung oder ist dies auf Grund konkreter Umstände anzunehmen, so hat die vom Gesetz unterstellte Kausalität zwischen Bestehen der Ehe und Verfügung entweder bereits bei der Verfügung so nicht bestanden oder ist später weggefallen. Entsprechend ordnet Absatz 3 des § 2077 BGB für diese Fälle konsequent die Aufrechterhaltung der Verfügung an. Dann kann der Erblasser aber den Überlebenden seinerzeit nicht „in und gerade wegen seiner Funktion als Ehegatte" bedacht haben, sondern eher trotz seiner Ehegatteneigenschaft. (3) Stellungnahme Zum Tragen käme ein funktionaler Ehegattenbegriff in § 2077 Abs. 1 BGB nur dann, wenn zwar der Überlebende nicht in seiner Eigenschaft als Ehegatte bedacht wurde, dies aber deshalb nicht im Sinne des § 2077 Abs. 3 BGB „anzunehmen" wäre, weil dies nicht nach außen in Erscheinung getreten ist. Nur dann bliebe die letztwillige Verfügung wirksam, weil zwar die Aufrechterhaltung nach § 2077 Abs. 3 BGB nicht möglich wäre, aber auch die grundsätzliche Unwirksamkeitsanordnung des § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht griffe. Praktisch würde in einem solchen Fall jedoch auch die Verwendung eines funktionalen Ehegattenbegriffes nicht weiterhelfen. Treten Motivationen jenseits der familienrechtlichen Sonderverbindung nicht in irgendeiner Weise nach außen, können sie auch nicht zu der Feststellung führen, dass der Überlebende nicht in seiner Eigenschaft als Ehegatte, sondern tatsächlich aus einem anderen Beweggrund bedacht wurde. Treten solch Motivationen aber doch nach außen, so wäre automatisch der Tatbestand des § 2077 Abs. 3 BGB erfüllt und es käme auf eine funktionale Auslegung nicht an. Das Zusammenspiel der Absätze 1 und 3 des § 2077 BGB ergibt, dass der Gesetzgeber einen personalen Ehegattenbegriff voraussetzte. Entsprechend ist es unerheblich, ob der begünstigte Ehegatte in der Zuwendung mit seinem Namen oder mit seiner Eigenschaft als solcher („mein Mann") bezeichnet wird. 22
22 Staudinger /Otte § 2077 BGB RdNr. 6.
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C. Der Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten durch Scheidung
bb) Der Zeitpunkt der Ehegatteneigenschaft Grundsätzlich bezieht sich § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Ehegatteneigenschaft zum Zeitpunkt des Erbfalles. 23 Fraglich ist, ob der Tatbestand des § 2077 Abs. 1 BGB verlangt, dass der Bedachte bereits zur Zeit der Errichtung der Zuwendung Ehegatte des Erblasser war oder ob auch die Fälle erfasst werden, in denen die Ehe zwischen dem Erblasser und dem Bedachten erst nach Errichtung der letztwilligen Verfügung geschlossen wurde. (1) Der Grundsatz Der Wortlaut des § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB erlaubt ebenso die Auslegung, dass es für die Ehegatteneigenschaft auf den Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung ankomme, wie auch diejenige, dass die Ehegatteneigenschaft erst zur Zeit des Erbfalles bestehen müsse.24 (a) Das Erfordernis lediglich einer nachfolgenden Eheschließung Teilweise wird vertreten, dass § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB auf eine letztwillige Verfügungen auch dann anzuwenden ist, wenn zwar zur Zeit der Errichtung erst ein Verlöbnis bestand, diesem jedoch später eine Eheschließung nachfolgte; 25 teilweise sogar schon dann, wenn zum Zeitpunkt der Verfügung nur ein Liebesverhältnis vorlag, solange dieses nur später in eine Ehe mündete.26 Begründet wird dies damit, dass bei einer Verfügung zugunsten einer Person, die später Ehegatte wird, zur Zeit der besagten Verfügung zumeist bereits ein Verlöbnis vorläge. Wenn dieses zur Eheschließung führe, werde § 2077 Abs. 1 BGB einschlägig; den verbleibenden Fall regele Absatz 2. 2 7 Lediglich auf letztwillige Verfügungen, die in der bloßen Erwartung einer Eheschließung vorgenommen würden, ohne dass ein Verlöbnis vorläge, und dieses dann auch nicht mehr erfolge, solle § 2077 BGB nicht angewendet werden. 28
23 MünchKomm /Leipold § 2077 BGB RdNr. 18. 24 So mglw. Brox, RdNr. 216 im Rahmen einer „ergänzenden Auslegung". 25 Staudinger/ Otte § 2077 BGB RdNr. 6. 26 Lange/Kuchinke § 35 I 5 a) Fn. 20; BGH FamRZ 1961, 364, 366; Soergel/Loritz § 2077 BGB RdNr. 14. 27 Staudinger I Otte § 2077 BGB RdNr. 6. 28 Staudinger/Otte § 2077 BGB RdNr. 6, 18.
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(b) Das Erfordernis des Verheiratet- oder Verlobt-Seins im Moment der letztwilligen Verfügung Nach anderer Auffassung soll § 2077 BGB jedenfalls dann nicht zur Anwendung kommen, wenn zum Zeitpunkt der Verfügung weder eine Ehe (§ 2077 Abs. 1 BGB) noch ein Verlöbnis (§ 2077 Abs. 2 BGB) zwischen den späteren Ehepartnern bestand. Dann fehle es nämlich an dem vom Gesetz unterstellten Zusammenhang zwischen der ehelichen Lebensgemeinschaft und der Verfügung. 29 Ebenfalls könnte die eigenständige Regelung des Absatzes 2 für das Verlöbnis, das ja der Ehe vorausgeht, darauf hinweisen, dass auch aus Sicht des Gesetzgebers die Eheschließung der Zuwendung vorausgehen müsse.30 Bestehe im Zeitpunkt der letztwilligen Verfügung nur ein Verlöbnis, aber noch keine Ehe, so könnten die Rechtsfolgen des § 2077 BGB nur über § 2077 Abs. 2 BGB eintreten. 31 (c) Stellungnahme Begründet man die Unwirksamkeitsanordnung des § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB damit, dass die eheliche Bindung als regelmäßige Grundlage der letztwilligen Verfügung entfallen sei, so kann diese Anordnung auf solche Fälle nicht angewendet werden, in denen diese besondere Bindung im Zeitpunkt der Verfügung noch nicht existierte und damit nicht Grundlage für die Verfügung gewesen sein kann. 32 Genau so liegt es aber, wenn zwischen dem Erblasser und dem Bedachten zum Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung eine familienrechtliche Bindung in Gestalt einer Ehe nicht besteht. Ist daher im Zeitpunkt der Verfügung lediglich eine Liebesbeziehung gegeben, kann § 2077 Abs. 1 BGB nicht zur Anwendung kommen.33 Der Fall einer letztwilligen Zuwendung an einen später geheirateten Verlobten ist weder in Absatz 1 noch in Absatz 2 des § 2077 BGB ausdrücklich geregelt. Richtiger erscheint jedoch die Anwendung des § 2077 Abs. 2 BGB: Eine eheliche Lebensgemeinschaft, deren Innigkeit das Gesetz in § 2077 Abs. 1 BGB als regelmäßige Motivation der letztwilligen Verfügung zugunsten des Partners betrachtet, ist im Falle eines bloßen Verlöbnisses im Zeitpunkt der letztwilligen Verfügung nicht gegeben. Die einem Verlöbnis eigene Bindung ist bei weitem nicht so fest und innig wie die einer Ehe, dies zeigt sich schon in der einfacheren Lösbarkeit des Verlöbnisses. Dem entspricht es, wenn der Gesetzgeber in § 2077 Abs. 2 BGB für Verfügungen zugunsten von Verlobten ausdrücklich eine eigene Regelung schafft. Eine im Zeitpunkt einer letztwilligen Verfügung typischerweise bestehende und 29 MünchKomm/Leipold § 2077 BGB RdNr. 6,13; Soergel/Loritz § 2077 BGB RdNr. 14. 30 So selbst Staudinger/Otte § 2077 BGB RdNr. 6. 31 Soergel /Loritz § 2077 BGB RdNr. 14; a. A. MünchKomm /Leipold § 2077 BGB RdNr. 6 mit insoweit unzutreffendem Verweis auf Soergel /Loritz, § 2077 BGB RdNr. 14. 32 MünchKomm/Leipold § 2077 BGB RdNr. 6; a. Α.: BGH FamRZ 1961, 364, 366. 33 MünchKomm / Leipold § 2077 BGB RdNr. 6; Soergel / Loritz § 2077 BGB RdNr. 14.
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C. Der Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten durch Scheidung
dieser zugrundeliegende Motivation kann sich jedoch nur aus einer tatsächlich bereits bestehenden famlienrechtlichen Sonderbeziehung - nämlich dem Verlöbnis ergeben und nicht aus einer in diesem Zeitpunkt noch nicht absehbaren - nämlich der später geschlossenen Ehe. Richtigerweise ist daher auf den Fall der Scheidung einer nach Errichtung der letztwilligen Verfügung zugunsten des Verlobten geschlossenen Ehe § 2077 Abs. 2 BGB anzuwenden.34 (2) Der Sonderfall:
„Alt"-Verfugung
nach Wiederheirat
Fraglich ist nun, welche Folgen das bloße „Bestehenlassen" einer letztwilligen Verfügung zugunsten „des Ehegatten" während des Bestehens einer neuerlichen ehelichen Lebensgemeinschaft für eine Anwendung des § 2077 Abs. 1 BGB hat, wenn die bei Errichtung der „bestehengelassenen" letztwilligen Verfügung ursprünglich bestehende Ehe zwischenzeitlich durch Scheidung weggefallen ist. (a) Die spätere Heirat eines Dritten Ausgangskonstellation ist der Fall einer letztwilligen Verfügung „zugunsten des Ehepartners", wenn die bei Errichtung der Verfügung bestehende Ehe geschieden wurde und der Erblasser zwischenzeitlich einen anderen Partner geheiratet hat, von dem er nunmehr ebenfalls geschieden wurde. Hier ist „der Ehegatte" zur Zeit der Errichtung der letztwilligen Verfügung personenverschieden von demjenigen im Zeitpunkt des Erbfalles. Einer automatischen „Inhaltsänderung" 35 der seinerzeitigen Verfügung von Todes wegen dahingehend, dass nun der zweite Ehegatte Zuwendungsempfänger sein soll, steht erstens der personale Ehegattenbegriff des § 2077 Abs. 1 BGB entgegen. Ungeachtet der Bezeichnung des Begünstigten ist für das Eingreifen des § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB der Status als Ehepartner im Zeitpunkt der Verfügung erforderlich. Zudem wäre das erbrechtliche Erfordernis der Formstrenge durchbrochen, wenn der Erblasserwille ohne äußerliche Manifestation dieser Veränderung einen neuen Inhalt annehmen könnte. 36 Insbesondere, wenn der damalige Ehegatte namentlich bezeichnet als Erbe eingesetzt wurde, liefe die „automatische Inhaltsänderung" dem manifestierten Willen des Erblassers gerade entgegen.37 Der vorgenannten dogmatischen Überlegungen bedarf es jedoch gar nicht: Im Falle des Todes eines Erblassers nach rechtskräftiger Scheidung von einem in zweiter Ehe geheirateten Ehegatten kann sich die Erbeinsetzung nur auf den ersten 34 Soergel/Loritz § 2077 BGB RdNr. 14 - leider ohne Begründung; a. A. Staudinger I Otte § 2077 BGB RdNr. 18; MünchKomm ! Leipold § 2077 BGB RdNr. 6. 35 Brox RdNr. 216 für eine entsprechende „ergänzende Auslegung". 36 Tappmeier DNotZ 1987, 715, 718; vgl. auch MünchKomm/Leipold § 2084 BGB RdNr. 54. 37 RGZ 134, 277, 282 f.
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Ehegatten beziehen, weil nur zu diesem zum Zeitpunkt der letztwilligen Verfügung eine familienrechtliche Sonderbeziehung bestanden hat. Diese Ehe wurde aber geschieden, mithin wurde die nach Annahme des Gesetzes hierauf beruhende letztwillige Verfügung gemäß § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, soweit nicht der Tatbestand des Absatz 3 erfüllt war. Im letzteren Falle kann sich die fragliche letztwillige Zuwendung jedoch entsprechend ihrem damaligen Inhalt nur auf den Ehegatten aus erster Ehe beziehen.38 Hat der Erblasser später erneut von Todes wegen verfügt, kommt es auf die ebengenannten Überlegungen lediglich insoweit an, als in der späteren, neuerlichen Verfügung kein Widerruf der seinerzeitigen Verfügung im Sinne der §§ 2253, 2254, 2258 BGB zu sehen ist. (b) Die spätere Heirat des geschiedenen Ehegatten Fraglich ist, ob dies auch dann zu gelten hat, wenn der Erblasser nach seiner Scheidung seinen früheren Ehepartner wieder geheiratet hat und dann erneut geschieden wurde. (aa) Das Fortbestehen der in erster Ehe errichteten letztwilligen Verfügung Hier wird vertreten, dass die erste Scheidung die Wirkung des § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB in Bezug auf die in erster Ehe errichtete letztwillige Verfügung entweder nicht ausgelöst hat oder dass eine Wiederheirat desselben Partners die seinerzeitige letztwillige Verfügung im Zweifel fortbestehen lasse, ohne dass sie neu errichtet werden müsste.39 Es müsse eben bedacht werden, dass der Erblasser, welcher denselben Partner „wiederheirate", davon ausgehe, dass die alte Verfügung zu dessen Gunsten noch wirksam sei. 40 Es widerspräche auch dem Normzweck des § 2077 BGB, in einem Falle, in dem zwar nicht dieselbe, aber eine zweite gleichartige familienrechtliche Beziehung unter denselben Partnern begründet worden sei, eine Unwirksamkeit bereits nach der ersten Scheidung wegen § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB anzunehmen. 41 Die der Zuwendung an den Ehegatten regelmäßig zugrundeliegende Erwartung einer familienrechtlichen Bindung sei ja schließlich erfüllt worden.
38 MünchKomm / Leipold § 2077 BGB RdNr. 18; RGRK/ Johannsen § 2077 BGB RdNr. 6; 39 Leopold, S. 118. 40 MünchKomm/Leipold § 2077 BGB RdNr. 18; so auch Staudinger/Otte § 2077 BGB RdNr. 19; Anm. d. Redaktion zu KG FamRZ 1968, 217, 218. 41 MünchKomm /Leipold § 2077 BGB RdNr. 18; RGRK/ Johannsen § 2077BGB RdNr. 6; Soergel /Loritz § 2077 BGB RdNr. 17; Lange / Kuchinke § 35 I I 5 c und Alternativkommentar /Finger § 2077 BGB RdNr. 5 wollen dies im Rahmen des § 2077 Abs. 3 BGB berücksichtigen.
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C. Der Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten durch Scheidung
(bb) Kritik
Die vorstehend dargestellte Auffassung setzt voraus, dass man „die Möglichkeit" des „Wiederauflebens" unwirksam gewordener letztwilliger Verfügungen anerkennt. Dies ist im Recht der letztwilligen Verfügung jedoch nur für den Fall des testamentarischen Widerrufs des Widerrufstestamentes (§ 2257 BGB) vorgesehen. Zu bedenken ist vielmehr, dass eine Heirat stets eine neue Ehe begründet. 42 Anhaltspunkte dafür, dass im Fall der Wiederheirat Ehewirkungen auch für die dazwischenliegende Zeit begründet werden können, liefert das Gesetz nicht. Dies wäre auch wenig sinnvoll - ist es doch denkbar, dass in der „Zwischenzeit" eine dritte Ehe geschlossen wird. Für diese Zeit bestünde dann die Gefahr von Ehewirkungen hinsichtlich zweier Partner. (cc) Stellungnahme Richtig ist, dass in der hier untersuchten Konstellation im Zeitpunkt des Erbfalles ein etwa bedachter Ehegatte personenidentisch mit dem Ehegatten zum Zeitpunkt der Verfügung ist. Eine konkludente Inhaltsänderung der letztwilligen Verfügung wie im Fall der Heirat eines Dritten wäre hier nicht erforderlich. Eine „Wiederheirat" führt jedoch nicht zur Wiederherstellung der vorigen Ehe mit dem Partner, sondern begründet ein neues familienrechtliches Rechtsverhältnis. 43 Daher kann die Wirksamkeit einer letztwilligen Verfügung aus erster Ehe mit demselben Partner nicht anders zu beurteilen sein, als in dem vorher diskutierten Fall, dass die betrachtete Ehe mit einem anderen als dem früheren Partner geschlossen wurde. Ergibt sich kein Fortbestehen der letztwilligen Verfügung aus erster Ehe nach § 2077 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Absatz 3 BGB noch vor der Wiederheirat, 44 so kann nach der Wiederheirat die gleiche erbrechtliche Situation wie während der früheren Ehezeit nur durch neuerliches, inhaltsgleiches Testieren erreicht werden. Der Moment der Wiederheirat selbst kann nur Beachtung finden im Rahmen der Prüfung eines etwa bestehenden mutmaßlichen Willens zur Aufrechterhaltung gemäß § 2077 Abs. 3 BGB 4 5 Etwa abweichende „Bedürfnisse der Praxis" 46 können nicht eine Wertung contra legem rechtfertigen, sondern müssten im Rahmen weiterer Verbesserungen gelten42
KG FamRZ 68, 217, 218 für den Fall des gemeinschaftlichen Testamentes. « Erman/Schmidt § 2268 BGB RdNr. 5. 44 KG FamRZ 1968, 217, 218; ebenfalls im Ergebnis Erman/Schmidt § 2077 BGB RdNr. 1; so wohl auch MünchKomm /Leipold § 2084 BGB RdNr. 54; vgl. MünchKomm/ Musielak § 2268 BGB RdNr. 14; RGRK/ Johannsen § 2268 BGB RdNr. 3. 4 5 Staudinger/Otte § 2077 BGB RdNr. 22; für den Fall des gemeinschaftlichen Testamentes BayObLG NJW 1996, 133, 134; Lange / Kuchinke, § 35 II 5 c. 4 6 MünchKomm / Leipold § 2077 BGB RdNr. 18.
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den Rechts Berücksichtigung finden. 47 Mithin ist Tatbestandsvoraussetzung des § 2077 Abs. 1 BGB die objektive und ununterbrochene Ehegatteneigenschaft seit dem Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung.
cc) Der „jeweilige Ehegatte" als Bedachter Fraglich bleibt allerdings, was zu gelten hat, wenn der Erblasser in gedanklicher Vorwegnahme zukünftiger Heiraten ausdrücklich seinen „jeweiligen Ehegatten" bedenken wollte. 48 Auch dieser zunächst etwas ungewöhnliche Fall lässt sich in die oben dargestellte Systematik einordnen. (1) Der Fall der Einehe Hat der Erblasser bis zum Erbfall entgegen seiner Annahme bei Errichten der Verfügung keine weitere Ehe geschlossen, so stellt sich keine besondere Problematik. Der Überlebende ist personenidentisch mit dem Partner zum Zeitpunkt der Verfügung; die Gültigkeit der letztwilligen Verfügung richtet sich nach §§ 2077 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 BGB. (2) Der Fall der Mehrehe Problematischer erscheint der Fall, dass der Erblasser nach Errichtung der Verfügung geschieden wurde und entweder den früheren Partner erneut oder einen Dritten geheiratet hat. Diese Situation unterscheidet sich von den oben 49 diskutierten Wieder- oder Neuheiratsfällen dadurch, dass dem Erblasser bereits bei der Verfügung die mögliche Personenverschiedenheit zwischen seinem damaligen Partner und dem Bedachten bekannt ist und er dieser gerade durch seine Verfügung Rechnung tragen will. Die Verfügung zugunsten des „jeweiligen" Ehegatten ist eine Verfügung zugunsten einer erst im Zeitpunkt des Erbfalles durch die von der Verfügung in diesem Zeitpunkt verlangte Ehegatteneigenschaft eindeutig bestimmbaren Person. Das BGB setzt in der Auslegungsregel des § 2071 BGB voraus, dass es möglich ist, als Erben eine „Klasse" von Personen einzusetzen, die eine genau beschriebene nicht höchstpersönliche Eigenschaft gemeinsam haben, ζ. B. die Haus- oder Geschäftsangestellten. 50 Diese muss nicht notwendigerweise gleichzeitig bei allen 47 So aber Brox RdNr. 216; Palandt ! Edenhofer § 2077 BGB RdNr. 7. 48
Die Möglichkeit einer solchen Verfügung wird nirgendwo bestritten, soweit ersichtlich: MünchKomm ! Leipold § 2071 BGB RdNr. 5; Lange / Kuchinke § 34 V I f Fn. 202; RGZ 134, 277, 280 f. halten eine solche Verfügung zwar für unwahrscheinlich aber rechtlich nicht ausgeschlossen. 49 Siehe Seite 89 ff.
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Angehörigen dieser Klasse gegeben sein, sondern sie kann, sofern der Erblasser dies bestimmt, den Betroffenen auch nacheinander „eigen" sein (Kette). Die Eigenschaft, Ehegatte einer bestimmten Person zu sein, soll aber nach der derzeitig herrschenden Anschauung als höchstpersönliche Eigenschaft keine derartige „Klasse" begründen können.51 Die Einsetzung „des Ehegatten" müsse daher immer den zur Zeit des Errichtens der Verfügung geehelichten Partner meinen. Auf die „Klassenfähigkeit" des Ehegattenbegriffes kommt es jedoch hier nicht an, weil die Einsetzung „des Ehegatten" bereits nach der allgemeinen Methodik zu dem Ergebnis führt, dass nur der Ehegatte im Zeitpunkt der Vornahme der letztwilligen Verfügung gemeint sein kann, wenn nicht ausdrücklich anderes gesagt wird. Hier geht es aber um die Einsetzung des „jeweiligen Ehegatten". Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB sind hier bereits begrifflich nicht gegeben. Als im Zeitpunkt des Erbfalles Geschiedener könnte der Bedachte ja schon nach dem Inhalt der Verfügung nicht mehr Bedachter sein, weil er dann eben gerade nicht mehr Ehegatte wäre. Auch der Aspekt der Motivationslage des letztwillig Verfügenden kann hier nicht weiterhelfen: Verfügt wurde zwar ausdrücklich wegen der ehelichen Lebensgemeinschaft, doch entspricht die Motivationslage des Erblassers der durch das Gesetz Vorausgesetzten nur scheinbar. Die gesetzliche Regelung unterstellt, dass aufgrund der zur Zeit des Errichtens der Verfügung wirksamen Ehegemeinschaft, jedenfalls aber in Erwartung des Fortbestehens derselben verfügt wird. Hier hat der Erblasser jedoch gerade unabhängig von einer solchen Fortbestehenserwartung verfügt, sondern mit Blick auf eine eheliche Lebensgemeinschaft, die durchaus auch eine andere als die zum Zeitpunkt der Verfügung bestehende sein kann. Entsprechend ist für eine Anwendung des § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB kein Raum, weil diese Vorschrift nach dem oben Gesagten nur Verfügungen zugunsten desjenigen erfasst, der zur Zeit der Errichtung dieser Verfügungen Ehegatte ist, nicht aber Verfügungen zugunsten einer Person, die erst anhand ihrer Ehegatteneigenschaft im Zeitpunkt des Erbfalles bestimmbar ist. Ein Testament zugunsten des „jeweiligen Ehegatten" kann also eine Scheidung „überdauern", weil es nicht nach § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam werden kann; es könnte lediglich in's Leere gehen, wenn der Erblasser im Zeitpunkt des Erbfalles unverheiratet wäre.
b) Der grundsätzliche Ausschluss der Vermögensnachfolge nach § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB Für Einzeltestamente und Vermächtnisse bestimmt § 2077 Absatz 1 S. 1 BGB grundsätzlich, dass eine letztwillige Verfügung zugunsten des Ehegatten unwirk50 RGZ 134, 277, 280 f. 51 MünchKomm/Leipold § 2071 BGB RdNr. 5; Staudinger/Ota? § 2071 BGB RdNr. 2; a. A. Brox RdNr. 216.
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sam wird, wenn im Zeitpunkt des Erbfalles die Ehe bereits aufgelöst wurde. Gemäß § 1564 Satz 2 BGB ist dies der Fall, wenn das Scheidungsurteil Rechtskraft erlangt hat.
aa) Die Reichweite der Unwirksamkeitsanordnung Die Unwirksamkeit nach § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB erfasst Erbeinsetzungen und Vermächtnisse zugunsten des Ehegatten.52 Sie betrifft allerdings nur die Zuwendungen an den Ehegatten, nicht das Testament als Ganzes.53 Fraglich ist, wie sich die Unwirksamkeit von einzelnen Verfügungen nach § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB auf weitere, in einem Testament enthaltene Verfügungen zugunsten Dritter auswirkt. (1) Im Falle der Anwendbarkeit des § 139 BGB Teilweise wird vertreten, dass die Wirksamkeit von Teil-Verfügungen von Todes wegen nach § 139 BGB zu beurteilen sei, wenn die ursprüngliche Verfügung in selbständige Teile aufgetrennt werden könnten.54 Grundsätzlich wäre die letztwillige Verfügung dann insgesamt unwirksam, wenn sich nicht erwiese, dass der Erblasser die übrigen Teilverfügungen auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen hätte.55 (2) Im Falle der Anwendbarkeit des § 2085 BGB Im Gegensatz zu dieser allgemeinen Regel ordnet § 2085 BGB für die Verfügung von Todes wegen an, dass diese im Übrigen wirksam bleibt, wenn ein Teil von ihr unwirksam ist, falls nicht der Erblasser in diesem Falle die Verfügung insgesamt nicht getroffen hätte. In diesem Falle wäre die Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung im Übrigen durch die Rechtsfolge des § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht berührt, wenn nicht der Erblasser die übrigen Teilverfügungen ohne die nun nach § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB Unwirksame auch nicht vorgenommen hätte. (3) Stellungnahme Ausschlaggebend muss hier die besondere Zielsetzung des § 2085 BGB sein. §139 BGB geht davon aus, dass das nach teilweiser Nichtigkeit verbleibende 52 Staudinger / Otte § 2077 BGB RdNr. 26. 53 Staudinger/ Otte § 2077 BGB RdNr. 26. 54 BGH NJW 1962, 912, 913; RG SeuffA 75 Nr. 36, S. 66, 67 f. allerdings ohne Begründung. 55 BGH NJW 1962,912,913.
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C. Der Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten durch Scheidung
Fragment des ursprünglichen Rechtsgeschäftes gerade nicht gewollt sein dürfte, es sei denn, der Regelung selbst ließe sich etwas anderes entnehmen. Entsprechend wird „im Zweifel" die Unwirksamkeit angeordnet. Mit Blick auf die Tatsache, dass der Erblasser nach seinem Versterben keine Möglichkeit mehr hat, eine insgesamt wirksame Regelung zu schaffen, zieht das Gesetz in § 2085 BGB die teilweise Verwirklichung des Erblasserwillens im Zweifel der vollständigen Unwirksamkeit als grundsätzliche Folge einer Teilnichtigkeit nach § 139 BGB vor. 56 Für den Fall der Unwirksamkeit einer Teilverfügung deshalb § 139 BGB anzuwenden, weil der Wortlaut des § 2085 BGB lediglich von „Verfügungen" spricht, widerspräche der gesetzlichen Wertung des § 2085 BGB. Nach dieser soll dem Erblasserwillen dadurch zur Geltung verholfen werden, dass die wirksamen Teile einer letztwilligen Verfügung nur dann infolge der Unwirksamkeit anderer Teile auch unwirksam werden sollen, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser ohne die unwirksamen Teile gar nicht verfügt hätte. Teilverfügungen wären nämlich unter Anwendung des § 139 BGB im Zweifel unwirksam - es sei denn, sie wären ihrerseits teilbar und ein Aufrechterhaltungswille des Erblassers wäre erkennbar. Es entspricht vielmehr der gesetzlichen Systematik, § 2085 BGB auch auf die Wirksamkeit von Teilverfügungen anzuwenden;57 also auch auf die Wirksamkeit von Verfügungen zugunsten Dritter im Falle der Unwirksamkeitsanordnung des § 2077 Abs. 1 BGB. 5 8 Teilweise wird noch vertreten, dass auf die hier diskutierte Fallkonstellation § 2085 BGB analog anzuwenden sei, weil der Wortlaut der Norm dahingehend zu verstehen sei, dass die Unwirksamkeit von Teilen letztwilliger Verfügungen nicht ausdrücklich in der Norm geregelt wäre. 59 Diese Problematik kann hier jedoch offen bleiben, weil die direkte oder analoge Anwendung jedenfalls zum gleichen Ergebnis führen würde.
bb) Der Unterhaltsanspruch gegen den Nachlass Ein etwa bestehender Unterhaltsanspruch des überlebenden geschiedenen Ehegatten wird mit dem Erbfall Nachlassverbindlichkeit nach § 1586b BGB. Weder der gesetzliche Tatbestand dieser Norm noch ihr Regelungsziel sind auf den Wegfall der gesetzlichen Erbenstellung durch Scheidung beschränkt. Die Vererblichkeit ist, wie gezeigt, Ausgleich für den Verlust der Teilhabechance am Nachlass wenigstens in Höhe des Pflichtteiles. In allen Fällen, in denen Verfügungen zugunsten
56 Staudinger/ Otte § 2085 BGB RdNr. 1; Soergel /Loritz § 2085 BGB RdNr. 1; Palandt/ Edenhofer § 2085 BGB RdNr. 1; MünchKomm / Leipold § 2085 BGB RdNr. 1. 57 Soergel / Loritz § 2085 BGB RdNr. 10; Staudinger ! Otte § 2085 BGB RdNr. 11 jeweils m. w. Nachw.; Palandt/Edenhofer § 2085 BGB RdNr. 5, unter in der Sache fehlgehenden Verweis auf eine angeblich anderslautende Rechtsprechung. 58 Staudinger/ Otte § 2077 BGB RdNr. 26; MünchKomm /Musielak § 2268 BGB RdNr. 1. 59 So MünchKomm / Leipold § 2085 BGB RdNr. 9.
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I. Der Verlust durch rechtskräftiges Scheidungsurteil
eines Ehegatten durch Rechtskraft der Scheidung nach § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam werden, verliert der Überlebende Ehegatte auch zugleich wegen §§ 1931, 1564 BGB sein gesetzliches Erbrecht und damit seinen Pflichtteilsanspruch. 60 Insoweit gilt das oben Gesagte entsprechend.61
c) Besonderheiten im Falle des gemeinschaftlichen (§§ 2077, 2268 Abs. 1 Satz 1 BGB)
Testamentes
Anders als § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB für den Fall der einseitigen letztwilligen Verfügungen ordnet § 2268 Abs. 1 BGB „in den Fällen des § 2077 BGB" die Unwirksamkeit des gemeinschaftlichen Testamentes „seinem ganzen Inhalte nach" an.
aa) Die Unwirksamkeit nur solcher gemeinschaftlicher Testamente, die (auch) den überlebenden Ehegatten bedenken Dem Wortlaut der §§ 2268, 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB gemäß wäre ein gemeinschaftliches Testament nicht in jedem Falle einer rechtskräftigen Scheidung grundsätzlich unwirksam, sondern nur dann, wenn wenigstens eine Verfügung zugunsten des überlebenden Ehegatten enthalten ist. § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt nämlich ein solches „Bedenken" des Ehegatten voraus; desgleichen damit auch der auf ihn verweisende Satz 2 des § 2077 Abs. 1 BGB: „Eine letztwillige Verfügung durch die der Erblasser seinen Ehegatten bedacht hat, ist unwirksam, wenn "
Ein gemeinschaftliches Testament, das keinen der Eheleute bedenkt, scheint nach dem Wortlaut des § 2077 Abs. 1 BGB nicht unter den Anwendungsbereich des § 2268 BGB zu fallen. Es bestehen jedoch Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber diese Fallgestaltung bei der Formulierung des § 2268 Abs. 1 BGB nicht bedacht hatte. Aus den Protokollen der zweiten Kommission ergibt sich, dass eine Differenzierung nach gemeinschaftlichen Testamenten, die Ehegatten bedenken, und solchen, die dies nicht tun, an keiner Stelle vorgenommen wurde. Dies hätte sich auch nicht mit den Überlegungen vertragen, die in der zweiten Kommission zur Aufnahme des gemeinschaftlichen Testamentes überhaupt geführt hatten. Dabei wurde davon ausgegangen, dass aufgrund der Eigenart der ehelichen Lebensgemeinschaft die Eheleute alle wichtigen Dinge im beiderseitigen Einverständnis erledigten und entsprechend für den Todesfall gemeinsam verfügen. 62 60 MünchKomm/ Leipold § 2077 BGB RdNr. 20 und § 1933 BGB RdNr. 17; Bock MittRhNotK 1977, 205, 210; Battes FamRZ 1977, 433, 436. 61 Siehe oben S. 80 ff. 62 Denkschrift Mugdan Band V, S. 871; vgl. auch Protokolle Mugdan Band V, S. 721.
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C. Der Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten durch Scheidung
Entfällt aber das eheliche Band und damit die Grundlage dieser Annahme, so entfällt auch die Grundlage der gemeinschaftlichen Verfügungen. Dieser Wegfall gilt jedoch in gleicher Weise für solche Verfügungen, durch die sich die Ehegatten gegenseitig bedenken, wie für solche, durch die Dritte bedacht werden. Entsprechend heißt es zum heutigen § 2268 Abs. 1 BGB in den Protokollen: „Die Mehrheit beschloss daher, für den Fall, dass die Ehe der Erblasser anders als durch den Tode gelöst werde, die Unwirksamkeit des gemeinschaftlichen Testamentes schlechthin auszusprechen... , " 6 3
Andererseits wurde „ . . . beschlossen, die Vorschrift auf den Fall auszudehnen, wenn die Ehe der Erblasser zwar durch den Tod aufgelöst ist, der verstorbene Ehegatte aber zur Zeit seines Todes Scheidung wegen Verschuldung des anderen Theiles zu verlangen berechtigt war und die Scheidungsklage erhoben hatte."
Dies kann nur so verstanden werden, dass die Unwirksamkeitsanordnung jedes gemeinschaftliche Testament ergreifen sollte, wenn die Ehe der Beteiligten entweder durch Scheidung aufgelöst wurde oder dies zwar durch Tod geschah, aber während einem Scheidungsverfahren und die Voraussetzungen für eine Scheidung gegeben waren. 64
bb) Die Reichweite der Unwirksamkeitsanordnung Fraglich ist, ob die in § 2268 Abs. 1 BGB angeordnete Unwirksamkeit tatsächlich stets das gesamte gemeinschaftliche Testament65 erfassen muss.66 Die Ehe der Partner ist Voraussetzung und Grundlage für die Rechtsfigur des gemeinschaftlichen Testamentes. Ist das eheliche Band zerrissen, so ist damit eben auch die Voraussetzung und Grundlage des gemeinschaftlichen Testamentes entfallen. Zu einer anderen Wertung vermag auch nicht die andersartige gesetzliche Regelung in § 2077 Abs. 1 BGB zu führen. Hier vermutet das Gesetz lediglich typisiert den Wegfall der Grundlage einzelner Verfügungen, nämlich derjenigen zugunsten des anderen Ehegatten. Weil aber im Fall des § 2268 BGB mit dem ehelichen Band auch die Grundlage des gemeinschaftlichen Testamentes an sich entfällt, war es schon nach Auffassung des Gesetzgebers nicht angemessen, die Unwirksamkeit nur auf solche Verfügungen zu beschränken, die wechselseitig sind oder den anderen Ehegatten bedenken.67 Nicht nur sind die wechselbezüglichen 63 Protokolle Mugdan Band V, S. 721. 64 Muscheler DNotZ 1994, 733, 734; Schnabel S. 31; im Ergebnis ebenso MünchKomm/ Musielak § 2268 BGB RdNr. 4, wohl auch StaudingerI Kanzleiter § 2268 BGB RdNr. 1. 65 So für die h. M. MünchKomm /Musielak § 2268 BGB RdNr. 4; mit Zweifeln Muscheler DNotZ1994, 733,735. 66 Insoweit mit Zweifeln Muscheler DNotZ 1994, 733, 734 f.
I. Der Verlust durch rechtskräftiges Scheidungsurteil
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Verfügungen im konkreten Fall nicht immer einfach von den Nicht-Wechselbezüglichen zu trennen. 68 Auch sind die letzteren regelmäßig im Vertrauen auf die Wirksamkeit der korrespektiven Elemente vorgenommen worden. 69 Hierbei gehen die gemeinschaftlich verfügenden Eheleute regelmäßig vom Bestehen ihrer Ehe bis zum Tode aus.70 Die Unwirksamkeitsanordnung des § 2268 Abs. 1 BGB umfasst daher auch solche gemeinschaftlichen Testamente insgesamt, die nur Verfügungen zugunsten Dritter enthalten.71
d) Besonderheiten im Falle des Erbvertrages (§§ 2077, 2279 Abs. 7, 2 BGB) Die Rechtskraft einer Scheidung hat auf die Wirksamkeit eines Erbvertrages nur Einfluss • gemäß §§ 2279 Abs. 1, 2077 BGB, wenn durch eine vertragsmäßige Verfügung auch der frühere Ehepartner bedacht war oder • gemäß §§ 2279 Abs. 2, 2077 BGB, wenn Vertragspartner der frühere Ehegatte des Erblassers war.
aa) Die einseitigen Verfügungen: § 2077 Abs. 1 BGB unmittelbar Der Wortlaut des § 2279 Abs. 1 BGB bezieht sich ausdrücklich auf vertragsmäßige Verfügungen; 72 dennoch könnte dies Norm so zu lesen sein, dass sie auch die in einem Erbvertrage möglicherweise enthaltenen, einseitigen Verfügungen beträfe. Dementgegen steht jedoch die ausdrückliche Anordnung des § 2299 Abs. 2 Satz 1 BGB, wonach für solche einseitigen Verfügungen dasselbe zu gelten hat, als ob sie im Rahmen eines Testamentes getroffen worden wären. Daher ist hier § 2077 Abs. 1 BGB unmittelbar anzuwenden;73 einer „entsprechenden Anwendung" im Rahmen der Verweisung des § 2279 Abs. 1 BGB bedarf es nicht. 67 Planck / Greif § 2268 BGB Anm. 1; Protokolle Mugdan Band V, S. 721; MünchKomm/ Musielak § 2268 BGB RdNr. 4; Muscheler DNotZ 1994, 733, 734 f.; vgl. auch Reimann/ Mayer § 2268 BGB RdNr. 3. 68 So schon Protokolle Mugdan Band V, S. 721. 69 Protokolle Mugdan Band V, S. 721; OLG Hamm NJW-RR 1992, 330, 332. 70 BayObLG NJW 1966 133; OLG Hamm NJW-RR 1992, 330, 331. 71 Palandt /Edenhofer § 2268 BGB RdNr. 1; Reimann /Mayer § 2268 BGB RdNr. 2; Nieder ZEV 1994, 156, 157; Reimann ZEV 1995,329. 72 Zur Frage der Qualifikation einer Verfügung als vertragsmäßige siehe S. 46 ff. 73 MünchKomm/Musielak § 2299 BGB RdNr. 4; § 2279 BGB RdNr. 1, 5; Reimann/ Mayer § 2297 BGB RdNr. 1; Alternativkommentar / Finger § 2279 BGB RdNr. 1 f. 7 Wirtz
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C. Der Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten durch Scheidung
Etwas anderes könnte für den Bereich des § 2279 Abs. 2 BGB gelten. Dieser erklärt „die Vorschriften des § 2077... für einen Erb vertrag zwischen Ehegatten oder Verlobten auch insoweit" für anwendbar, als darin Dritte bedacht sind. Isoliert gelesen, unterscheidet der Absatz 2 dieser Norm, anders ihr Absatz 1, nicht zwischen einseitigen und vertragsmäßigen Verfügungen. Nicht nur aus seiner systematischen Stellung nach dem Absatz 1 sondern auch aus dem Wortlaut „auch insoweit" ergibt sich allerdings, dass Absatz 2 als erweiternde Ergänzung des Absatzes 1 gemeint sein muss. Während § 2279 Abs. 1 BGB eine bestimmte Normengruppe auf die Menge der vertragsmäßigen Verfügungen für entsprechend anwendbar erklärt, erweitert Absatz 2 den Tatbestand einer Norm aus dieser Gruppe. Es werden auch solche vertragsmäßigen Verfügungen den Wirkungen des § 2077 BGB unterstellt, die nach dem Wortlaut des Verweisungsziels, des § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB sonst nicht erfasst wären, weil sie eben nicht den anderen Ehegatten, sondern einen Dritten bedenken. Anhaltspunkte für eine gleichzeitige Erweiterung des Anwendungsbereiches des § 2279 BGB über die Menge der vertragsmäßigen Verfügungen hinaus auch auf die einseitigen Verfügungen eines Erbvertrages sind dagegen nicht erkennbar. 74 § 2299 Abs. 2 BGB, der das auf einseitige Verfügungen eines Erb Vertrages anzuwendende Recht festlegt, enthält eine solche Erweiterung ebenfalls nicht. Auch war ratio legis des § 2279 BGB, alle solche vertragsmäßigen Verfügungen zu erfassen, mit denen sich der Verfügende wegen der Ehe mit seinem Partner gebunden hat. Dies sind nicht nur solche zugunsten des Partners selber, sondern auch solche zugunsten Dritten soweit sie bindend geworden sind. Letztere können regelmäßig als wegen der Ehe vorgenommen gelten, wenn sie in einem Erbvertrag mit dem Verlobten oder Ehegatten vorgenommen wurden. 75 Einseitige Verfügungen werden von dieser Zielrichtung des § 2279 Abs. 2 BGB jedoch gerade nicht erfasst, weil sie eben nicht bindend werden. § 2077 Abs. 1 BGB gilt also für einseitige Verfügungen innerhalb eines Erbvertrages unmittelbar, also genauso, als ob diese in einem Testament des Verfügenden gefasst worden wären. 76 Insoweit kann vollständig auf das hierzu bereits Gesagte77 verwiesen werden.
74 Planck I Greift 2279 BGB Anm. 3. 75 MünchKomm / Musielak § 2279 BGB RdNr. 4; Staudinger t Kanzleiter RdNr. 12; Mümmler JurBüro 1983, 39. 76 Langc/Kuchinke § 25 VIII 2.b). 77 Siehe S. 83 ff. und S. 92 ff.
§ 2279 BGB
I. Der Verlust durch rechtskräftiges Scheidungsurteil
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bb) Die Verweisung auf die Vorschriften über letztwillige Zuwendungen: § 2077 BGB Es ist fraglich, ob sich die Auswirkung eines Scheidungsurteils auf vertragsmäßige Verfügungen eines Erbvertrages nach § 2077 BGB oder nach § 2268 BGB richtet. Zwar gehören beide Normen zu den gemäß § 2279 Abs. 1 BGB anzuwendenden Vorschriften über die letztwilligen Verfügungen, sie lösen jedoch unterschiedliche Rechtsfolgen aus. Es ließe sich die Auffassung vertreten, dass der Erbvertrag dem gemeinschaftlichen Testament näher stehe als dem Einzeltestament. Für das gemeinschaftliche Testament und den Erbvertrag gilt gleichermaßen: • Beide Rechtsgeschäfte kommen unter Beteiligung einer weiteren Person zustande und • der Verfügende bindet sich dieser weiteren Person gegenüber und gibt seine Testierfreiheit teilweise hinsichtlich der vertragsmäßig bzw. wechselbezüglich getroffenen Verfügungen auf. Bereits die Ausgestaltung der ΒindungsWirkung weicht jedoch bei Testament und Erbvertrag so stark voneinander ab, dass eine „automatische" Übertragung der für das gemeinschaftliche Testament getroffenen Regelungen nicht in Betracht kommen kann. 78 Entscheidend für die Anwendung der allgemeineren Regelung des § 2077 BGB aufgrund des Verweises in § 2279 Abs. 1 BGB ist jedoch der Wortlaut des Gesetzes selbst.79 In § 2279 Abs. 2 BGB wird die erstere Norm nämlich „auch insoweit" für anwendbar erklärt. Dies setzt voraus, dass sie im übrigen bereits anwendbar ist. Entsprechend kann § 2279 Abs. 1 BGB nur so verstanden werden, dass für die Frage der Auswirkungen von Scheidung, Nichtigkeit und Scheidungsverfahren auf den Bestand vertragsmäßiger Verfügungen auf § 2077 BGB, nicht aber auf § 2268 BGB verwiesen wird. 80 Dies entspricht auch der Geschichte des Absatzes 1 des heutigen § 2279 BGB. Ursprünglich verwies dieser ausdrücklich auf das Anfechtungsrecht des § 1783 [1. Entwurf], welches jedoch nur die Verfügung zugunsten des Ehegatten betraf. Hier waren zusätzliche Regelungen erforderlich, weil das nur den Erben zustehende Anfechtungsrecht des § 1783 [1. Entwurf] bei gleichzeitigem Widerrufsrecht des Erblassers zu Lebzeiten nicht auf die Situation des Erbvertrages passen wollte. Dem Erblasser des Erbvertrages stand ein solches Widerrufsrecht gerade nicht zu; Ziel der zusätzlichen Regelungen der Absätze 3 ff. des seinerzeitigen § 1948 [1. Entwurf] war es, wie bereits gesagt, dem durch Erbeinsetzungsvertrag Ver78 Reimann I Mayer § 2279 BGB RdNr. 11. 79 Lange JuS 1965, 347, 349; Soergel / Wolf § 2279 BGB RdNr. 4; Staudinger/Kanzleiter § 2279 BGB RdNr. 12. so Soergel / Wolf § 2279 BGB RdNr. 6; Staudinger ! Kanzleiter § 2279 BGB RdNr. 12. 7=
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C. Der Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten durch Scheidung
fügenden insoweit etwa die gleiche Rechtsstellung zu verschaffen wie dem einseitig letztwillig Verfügenden. 81 Hieran sollte sich durch die Neufassung im 2. Entwurf nichts ändern. Es war lediglich mit Wegfall des Anfechtungserfordernisses im neuen § 1950 [2. Entwurf] auch die Erforderlichkeit der „Anpassungsregeln" des früheren § 1783 Absatz 3 f. [1. Entwurf] entfallen. Aufgrund der Unwirksamkeitsanordnung mit Aufrechterhaltungsvorbehalt bedurfte es nunmehr nur noch des einfachen Verweises auf die „für letztwillige Vorschriften und Auflagen geltenden Vorschriften". Eine Änderung des Verweisungsziels auf den heutigen § 2268 BGB sollte damit nicht erreicht werden. Weder die Anträge noch die Protokollinhalte der 2. Kommission erlauben einen anderen Schluss.82 Auf die vertragsmäßigen Verfügungen eines Erbvertrages ist damit gemäß § 2279 BGB ausschließlich § 2077 BGB „entsprechend" anzuwenden.83
cc) Die Auswirkung der Verweisung auf den Inhalt des Tatbestandes des § 2077 Abs. 1 BGB Die in § 2279 Abs. 1 BGB vorgeschriebene „entsprechende" Anwendung des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB ermöglicht und verlangt Abweichungen im Vergleich zur unmittelbaren Anwendung der Norm, wenn sich dies entweder aus der Eigenart des Erbvertrages oder aus den §§ 2274 bis 2298 BGB ergibt. 84 Die Entwicklung der Norm im ersten und zweiten Entwurf zum BGB sowie das Unterbleiben jeglicher Veränderung bei Inkrafttreten des ersten Eherechtsreformgesetzes zeigen, dass der Gesetzgeber stets einen Gleichlauf mit dem Anwendungsbereich des § 2077 BGB und damit mit dem des § 1933 BGB beabsichtigte. Es sollte keinen Unterschied machen, ob der letztwillig Verfügende mittels Testament oder Erb vertrag verfügte; der Verlust eines solcherart für den überlebenden Ehegatten begründeten Erb- oder Vermächtnisanspruches sollte unter denselben Voraussetzungen wie der Ausschluss des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes eintreten. Die Annahme einer besonderen Auslegung des über § 2279 BGB anwendbaren § 2077 Abs. 1 BGB findet daher keine Grundlage im Gesetz und seiner Entstehungsgeschichte.
81 Motive Mugdan Band V, S. 170 f. 82 Vgl. Protokolle Mugdan Band V, S. 738,739. 83 MünchKomm / Leipold § 2077 BGB RdNr. 22. 84 MünchKomm/Musielak § 2279 BGB RdNr. 1, 5.
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dd) Verfügungen zugunsten Dritter Auf Verfügungen zugunsten Dritter ist § 2077 Abs. 1 BGB grundsätzlich nicht anzuwenden. Eine Ausnahme gilt im Rahmen des Erbvertrages nach § 2279 Abs. 2 BGB, wenn die Parteien des Erbvertrages entweder zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits miteinander verheiratet oder wenigstens miteinander verlobt waren. Die Schöpfer des BGB gingen nämlich davon aus, dass eine vertragliche Erbeinsetzung eines Dritten im Fall des Vertrages mit dem Ehegatten oder Verlobten in der gleichen Abhängigkeit von der Fortdauer der Ehe stehe wie die Erbeinsetzung des Partners selbst.85 Entsprechend musste die Verfügung zugunsten des Dritten in denselben Fällen (nämlich denjenigen des heutigen § 2077 BGB) unwirksam werden. Zugrunde liegt dem die Überlegung, dass die Parteien des Erbvertrages die Verfügung zugunsten des Dritten nicht vorgenommen hätten, wenn sie das Scheitern ihrer Verbindung vorausgesehen hätten.86
ee) Die Auswirkungen der Unwirksamkeitsanordnung der §§ 2279, 2077 Abs. 1 BGB gemäß §§ 2298, 2085 BGB (1) Im Falle eines einseitigen Erbvertrages Verfügt nur der Dritte als Erblasser, so ist ohnehin nur er gebunden; die Rechtskraft der Scheidung kann keinen Einfluss auf die Wirksamkeit seiner Verfügung haben. Im Falle der Verfügung der früheren Ehegatten zugunsten des jeweils anderen im Rahmen dieses Erbvertrages würden diese nach §§ 2279, 2077 Abs. 1 BGB grundsätzlich unwirksam. Verfügungen eines der früheren Ehegatten zugunsten des Dritten, mit dem auch der Erbvertrag geschlossen wurde, bleiben von der Rechtskraft der Scheidung grundsätzlich unberührt. Die Wirksamkeit weiterer vertragsmäßiger ebenso wie einseitiger Verfügungen des Erbvertrages regelt § 2085 BGB. Im Falle eines einseitigen Erbvertrages unter den früheren Eheleuten sind wegen § 2279 Abs. 2, 2077 Abs. 1 BGB grundsätzlich sämtliche vertragsmäßigen Verfügungen unwirksam. (2) Im Falle eines zweiseitigen Erbvertrages Auch hier gilt zwar wegen § 2279 Abs. 2 BGB, dass grundsätzlich die Unwirksamkeit aller vertraglichen Verfügungen eintritt, wenn der Erbvertrag unter den früheren Eheleuten selbst abgeschlossen wurde. 85 Motive Mugdan Band V, S. 170. 86 MünchKomm / Musielak § 2279 BGB RdNr. 4; Staudinger I Kanzleiter RdNr. 12; Mümmler JurBüro 1983, 39.
§ 2279 BGB
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C. Der Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten durch Scheidung
War am Vertragsschluss jedoch nur einer der früheren Ehepartner beteiligt sowie ein Dritter, so kann die Rechtskraft der Scheidung über §§ 2279 Abs. 1, 2077 Abs. 1 BGB nur die Wirksamkeit der vertragsmäßigen Verfügungen zugunsten des anderen früheren Ehegatten vernichten. Fraglich ist allerdings, ob Unwirksamkeit im Sinne des § 2077 Abs. 1 BGB gleichbedeutend ist mit Nichtigkeit im Sinne des § 2298 Abs. 1 BGB. In diesem Falle würde § 2298 Abs. 1, 3 BGB „im Zweifel" die Unwirksamkeit des gesamten Vertrages anordnen. 87 (a) Die Nachträglichkeit der Unwirksamkeit gemäß §§ 2279, 2077 Abs. 1 BGB Einer Anwendung des § 2298 Abs. 1 BGB soll jedoch entgegenstehen, dass die Unwirksamkeit nach § 2077 BGB erst nachträglich eintritt und deshalb keine „Nichtigkeit" im Sinne der besagten Norm sei. Eine andere Auslegung sei mit dem Regelungsziel des § 2298 BGB nicht vereinbar. 88 (b) Unwirksamkeit nach § 2077 Abs. 1 BGB als Nichtigkeit im Sinne des § 2298 Abs. 1 BGB Normative Grundlage des § 2298 BGB ist nach anderer Auffassung 89 die unwiderlegliche Korrespektivität zwischen allen vertragsmäßigen Verfügungen eines Erbvertrages. Die Verflechtung der vertragsmäßigen Verfügungen werde durch die Unwirksamkeit einzelner solcher Verfügungen stets aus dem Gleichgewicht gebracht. Dies sei nicht anders, wenn die Unwirksamkeit als Folge des § 2077 Abs. 1 BGB entsteht, weil in dem betreffenden Erbvertrag gerade ein Ehegatte bedacht oder der besagter Erbvertrag zwischen Ehegatten geschlossen wurde. (c) Stellungnahme Es mag unter dem Schuldprinzip manches dafür gesprochen haben, die Teilunwirksamkeit eines Erbvertrages unter früheren Ehegatten als einen mit dem Erbrechtsausschluss gewollten Sanktionseffekt zu sehen, der durch eine Anwendung des § 2298 BGB unterlaufen worden wäre. 90 Doch ist dieses Argument mit der Einführung des Zerrüttungsprinzipes entfallen. Das Geflecht zwischen den vertragsmäßigen Verfügungen wird mit der Unwirksamkeit einer oder mehrerer Ver-
87 MünchKomm / Musielak § 2279 BGB RdNr. 9; Lange /Kuchinke § 35 I 5 a) wie hier, § 25 VIII2. b) Fn. 288 nur in Bezug auf den Tod des Antragstellers. 88 Höfer BWNotZ 1984, 113, 114; Staudinger ! Kanzleiter § 2298 BGB RdNr. 6; Reimann /Mayer § 2298 BGB RdNr. 5; vgl. auch Lange JuS 1965, 437, 349. 89 Planck /Greif § 2298 BGB Anm. 1; Reimann /Mayer § 2298 BGB RdNr. 2; MünchKomm /Musielak § 2298 BGB RdNr. 1; Staudinger/Kanzleiter § 2298 BGB RdNr. 6; Mayer ZEV 1994, 368, 368. 90 Insoweit sind die Ausführungen von Lange in JuS 1965, 347, 350 nicht zu bestreiten.
I. Der Verlust durch rechtskräftiges Scheidungsurteil
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fügungen nach §§ 2279, 2077 BGB in derselben Weise gestört, wie dies im Falle der anfänglichen Unwirksamkeit oder einer wirksamen Anfechtung bei einem Vertrag unter Nicht-Eheleuten mit Verfügungen zugunsten von Nicht-Eheleuten der Fall wäre. Ein sachlicher Grund für eine Sonderbehandlung der Fälle des § 2077 Abs. 1 BGB existiert insoweit nicht mehr. Die von den heutigen Vertretern der zuerst zitierten Auffassung vorgeschlagene Anwendung des § 2085 BGB 9 1 anstelle des § 2298 BGB erzielt genau die umgekehrte Wirkung. Die übrigen Teile einer letztwilligen Verfügung sollen nur dann unwirksam sein, wenn anzunehmen wäre, dass der Erblasser sie ohne die fragliche Klausel nicht getroffen hätte. Dies wird dem Abhängigkeitsgeflecht vertraglicher Verfügungen eines Erbvertrages jedoch nicht gerecht. Für dieses macht es keinen Unterschied, ob eine Regelung von Anfang an nicht wirksam war oder ob sie dies später wird. Die entstehende Schieflage ist dieselbe. Daher muss auch die grundsätzliche Unwirksamkeit nach §§ 2279, 2077 Abs. 1 BGB die übrigen vertragsmäßigen Verfügungen nach § 2298 Abs. 1 BGB vernichten, wenn nicht der Vorbehalt des § 2298 Abs. 3 BGB eingreift. 92
3. Der sonstige Erwerb von Todes wegen Möglicherweise kann die Auflösung einer Ehe durch Scheidung auch die Wirksamkeit sonstiger rechtsgeschäftlicher Rechtserwerbe eines Ehegatten von seinem Partner aufgrund von dessen Tod beeinflussen.
a) Die Schenkung von Todes wegen Auf Schenkungen von Todes wegen finden gemäß § 2301 BGB die Vorschriften über Verfügungen von Todes wegen Anwendung. Ob sich die Auswirkungen eines rechtskräftigen Scheidungsurteils nach §§ 2279, 2077 BGB, § 2268 BGB oder nach § 2077 BGB unmittelbar bestimmen, wird ausdrücklich nicht gesagt.
aa) Das Recht des Erbvertrages oder der einseitigen Verfügung von Todes wegen Die Stellung des § 2301 BGB in der erbrechtlichen Systematik könnte zunächst für eine Verweisung auf den ebenfalls im Recht der Erbverträge enthaltenen § 2279 BGB sprechen.93 So fand sich auch im § 1963 des ersten Entwurfes 91 Höfer BWNotZ 1984, 113, 114. 92 So bereits Planck/ Greif § 2279 BGB Anm. 3. 93 RGRK/Kregel § 2301 BGB RdNr. 7; StaudingerIKanzleiter § 2301 BGB RdNr. 3; Reimann ! Bengel § 2301 BGB RdNr. 5.
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C. Der Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten durch Scheidung
zum BGB der Verweis auf die Vorschriften über den Erbeinsetzungsvertrag oder den Vermächtnisvertrag. Durch die nachfolgende Veränderung des Gesetzeswortlautes in „Vorschriften von Todes wegen" sollte jedoch eine sachliche Änderung nicht bewirkt werden. 94 Dem entspricht die heutige Stellung des § 2301 BGB im Recht der Erbverträge. § 2279 BGB verweist jedoch seinerseits auf § 2077 BGB und erweitert dessen Rechtsfolgen auf das einem Dritten Zugewandte, wenn der fragliche Erbvertrag unter den Ehegatten oder Verlobten selbst geschlossen wurde. Eine Schenkung von Todes wegen unter Ehegatten enthält jedoch keine Zuwendungen an Dritte, so dass diese Ausdehnung durch § 2279 Abs. 2 BGB zu keiner anderen Rechtsfolge führen, als wenn § 2077 BGB unmittelbar gelten würde: Ist der von Todes wegen Beschenkte der frühere Ehegatte, so ist ein Dritter nicht betroffen und § 2279 Abs. 2 BGB liefe leer. Wird aber ein Dritter von Todes wegen beschenkt, so ist Vertragspartner nicht der frühere Ehegatte und § 2279 Abs. 2 BGB liefe ebenfalls leer. Die Frage, ob eine Schenkung von Todes wegen wie eine einseitige letztwillige Verfügung oder zunächst wie ein Erbvertrag behandelt werden muss,95 kann daher in Ansehung der hier untersuchten Auswirkungen der Rechtskraft eines Scheidungsurteils offen bleiben.
bb) Das Recht des gemeinschaftlichen Testamentes oder der einseitigen letztwilligen Verfügung Folgt man nicht der Auffassung, dass § 2301 BGB auf die Vorschriften über den Erbvertrag verweise, so stellt sich die Frage, ob unter den noch möglichen Verweisungszielen § 2268 BGB und § 2077 BGB das erstere den Vorrang beanspruchen kann. Trotz der gegenüber § 2077 Abs. 1 BGB erweiterten Unwirksamkeitsanordnung des § 2268 Abs. 1 BGB können bei Anwendung der letzteren Vorschrift keine anderen Rechtsfolgen auftreten als bei der Anwendung des § 2077 BGB. Die Schenkung von Todes wegen zugunsten eines Ehegatten kann nämlich keine Drittbegünstigungen vorsehen, die ohne die Zuwendung an den Ehegatten eigenständig Bestand haben könnte. Nur in Bezug auf diese würden sich aber die Rechtsfolgen des § 2268 BGB von denen des § 2077 Abs. 1 BGB unterscheiden. Zu bedenken ist jedoch, dass § 2268 BGB Spezialnorm im Verhältnis zu § 2077 BGB für den Bereich des gemeinschaftlichen Testamentes ist. Dessen Wesensmerkmal, die gemeinschaftliche Verfügung, kann aber die Schenkung von Todes wegen zugunsten eines Ehegatten nicht enthalten, weil das Schenkungsrecht derartiges nicht kennt. Eine Schenkung von Todes wegen kann daher zwar von Ge-
94 Protokolle Mugdan Band V, S. 761 f. 95 Zu dieser Frage vgl. Reischl, S. 151 ff. m. w. Nachw. zum Meinungsstand.
I. Der Verlust durch rechtskräftiges Scheidungsurteil
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setzes wegen in eine einseitige letztwillige Verfügung umgedeutet werden, 96 jedoch nicht in eine dem gemeinschaftlichen Testament entsprechende Figur. § 2268 BGB kann daher aus systematischen Gründen nicht das Ziel der Verweisung des § 2301 BGB sein.
cc) Ergebnis Ist eine Schenkung von Todes wegen unter Ehegatten nach § 2301 Abs. 1 BGB den Vorschriften für letztwillige Verfügungen unterstellt, so richten sich die Wirkungen einer Scheidung jedenfalls nach § 2077 BGB. 9 7 Ob § 2077 BGB direkt oder über die in § 2279 BGB ausgesprochene Verweisung anzuwenden ist, hängt davon ab, ob die „Schenkung von Todes wegen" in eine einseitige letztwillige Verfügung oder in einen einseitigen Erbvertrag umzudeuten ist. Für den hier betrachteten Fall kann diese Frage jedoch offen bleiben, weil § 2279 BGB seinerseits auf § 2077 Abs. 1 BGB verweist, so dass die Rechtsfolgen, die grundsätzliche Unwirksamkeitsanordnung, jeweils inhaltsgleich sind.
b) Der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall Auf den Bestand eines Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall kann sich ein Scheidungsurteil nur dann gemäß § 2301 Abs. 1 BGB auswirken, wenn im Valutaverhältnis eine Überlebensbedingung vereinbart wurde. 98 Der Rechtsgrund zum Behaltendürfen der Leistung des Versprechenden im Verhältnis zwischen den Erben des verstorbenen Ehegatten und dem begünstigten überlebenden Ehegatten ist dann eine Schenkung von Todes wegen. Für diese gelten, wie gezeigt,99 die erbrechtlichen Vorschriften und damit direkt oder kraft Verweisung durch § 2279 BGB der § 2077 Abs. 1 BGB. Die letztere Norm ordnet die grundsätzliche Unwirksamkeit im Falle der Scheidung an und zerstört damit grundsätzlich den Rechtsgrund zum Behaltendürfen der Leistung. Untersteht das Valutaverhältnis jedoch nicht dem Erbrecht, weil eine Schenkung von Todes wegen nicht gegeben ist, so kann die Rechtskraft eines Scheidungsurteils den Bestand des Rechtsgrundes auch nicht über §§ 2301 Abs. 1, 2077 Abs. 1 BGB beeinflussen.
96 97 98 99
Reischl, S. 151. MünchKomm/Leipold § 2077 BGB RdNr. 23. Siehe S. 70 ff. Siehe S. 65 ff.
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C. Der Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten durch Scheidung
c) Die Lebensversicherung Aus denselben Gründen 100 kann sich die Rechtskraft des Scheidungsurteils auf den Bestand einer Bezugsberechtigung eines Ehegatten aus der durch den anderen Ehegatten abgeschlossen Lebensversicherung ebenfalls nur auswirken, wenn im Valutaverhältnis eine Schenkung von Todes wegen gegeben ist. Dann wird diese Bezugsberechtigung über §§ 2301, (2779), 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich unwirksam.
d) Die Hoferbenbestimmung Hat der Inhaber der Hofstelle gemäß § 7 Abs. 1 HöfeO die Verfügung von Todes wegen zur Hoferbenbestimmung genutzt, so richtet sich die Auswirkung des Scheidungsurteils nach der gewählten letztwilligen Verfügung. 101 Da das Höferecht insoweit keine Spezialvorschriften vorsieht, gelten die Vorschriften des BGB uneingeschränkt. 102 Danach ist die Einsetzung des überlebenden (früheren) Ehegatten entsprechend der Art der gewählten letztwilligen Verfügung nach einer der Vorschriften der §§ 2279, 2268 oder 2077 Abs. 1 BGB grundsätzlich unwirksam; in den Fällen der §§ 2268 Abs. 1 und 2279 Abs. 2 BGB gilt die Anordnung der grundsätzlichen Unwirksamkeit auch für die Bestimmung eines Dritten zum Hoferben. Es kann daher hinsichtlich der Hoferbenbestimmung durch Testament oder Erbvertrag auf die Ausführungen 103 hierzu verwiesen werden. In Bezug auf den Hofübergabevertrag unter Lebenden ist zu bedenken, dass dieser, wie gezeigt, ein Geschäft unter Lebenden ist, dessen erbrechtlicher Charakter auch nicht fingiert wird. 1 0 4 Er ist daher der Anwendung des § 2077 Abs. 1 BGB direkt, durch Verweisung aufgrund einer anderen erbrechtlichen Norm oder analog, entzogen.105 Die rechtskräftige Scheidung einer Ehe kann sich daher nicht auf den Bestand eines Hofübergabevertrages auswirken.
II. Der Verlust vor Rechtskraft der Scheidung Der Gesetzgeber hat in § 1933 BGB für das gesetzliche Ehegattenerbrecht sowie für die einseitige letztwillige Verfügung in § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB angeordnet, dass die Berechtigung des überlebenden Ehegatten zur Vermögensnachfolge von 100 ιοί 102 103 104 los
siehe S. 74 f. Lange/Kuchinke § 53 III. Wöhrmann § 7 HöfeO RdNr. 21. Siehe S. 75 f. Siehe S. 77 f. So implizit Lüdtke-Handjery DNotZ 1985, 332, 335 f.
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Todes wegen nach seinem verstorbenen Partner unter bestimmten Voraussetzungen auch schon während eines Scheidungsverfahrens erlöschen kann. Für das gemeinschaftliche Testament verweist das Gesetz in § 2268 Abs. 1 BGB auf „die Fälle des § 2077 BGB"; für Erbverträge geschieht dies durch § 2279 BGB.
1. „Gleichlauf 4 der Ausschlusstatbestände § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB verwendet dieselben Worte wie § 1933 BGB, nämlich: „ . . . wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte."
Für das gemeinschaftliche Testament verweist § 2268 Abs. 1 BGB mit den Worten „die Fälle des § 2077" auf diesen gemeinsamen Tatbestand; die Verweisung des § 2279 BGB bezieht sich in gleicher Weise auch auf den Tatbestand des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB. 1 0 6 Bereits aus dieser gleichförmigen Fassung des Tatbestandes kann möglicherweise geschlossen werden, dass der Gesetzgeber das Erlöschen der Erbberechtigung eines Ehegatten nach dem anderen schon und immer dann wollte, wenn ein anhängiges Scheidungsverfahren ein bestimmtes Stadium erreicht hätte. Die Konsequenz daraus wäre, dass ein solcher durch den Gesetzgeber bewusst erzeugter „Gleichlauf 4 der §§ 1933 Satz 1 und 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB bei deren Anwendung und Auslegung auch im Zusammenhang mit §§ 2268 und 2279 BGB zu beachten wäre.
a) Der erste Entwurf zum BGB Im ersten Entwurf zum BGB war ein Ausschluss des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes noch während eines Scheidungsverfahrens nicht vorgesehen. An die in manchen „Landesrechten" insoweit enthaltenen anderweitigen Regelungen sollte nicht angeknüpft werden, 107 weil der Bruch, der sich in der Erhebung der Scheidungsklage zeigte, nach Ansicht der Entwurfsverfasser vielfach während des Verfahrens wieder durch Versöhnung geheilt wurde. 108
106 Siehe S. 99 ff. 107 Motive Mugdan Band V, S. 196. Gemeint waren insbesondere ALR II 1 § 827, das SächsGB § 2055 sowie Mommsen § 44 Abs. 2. 108 Motive Mugdan Band V, BGB V, S. 196.
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C. Der Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten durch Scheidung
b) Der zweite Entwurf zum BGB Das Rechtsgefühl und die Rücksicht auf „den mutmaßlichen Willen des verstorbenen Ehegatten" erforderten es nach Ansicht der Verfasser des zweiten Entwurfes, dem überlebenden Teil das gesetzliche Erbrecht und den Voraus bereits vor der Rechtskraft des Scheidungsurteils zu versagen. 109 Dies sah § 1810 des zweiten Entwurfes vor mit den Worten „Das Erbrecht des überlebenden Ehegatten sowie das Recht auf den Voraus ist ausgeschlossen, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes Scheidung wegen Verschuldens des Ehegatten zu verlangen berechtigt war und die Scheidungsklage erhoben hatte."
Mit der gleichen Formulierung wurde in § 1950 des zweiten Entwurfes eine grundsätzliche Unwirksamkeitsanordnung in Bezug auf Verfügungen zugunsten des überlebenden Ehegatten festgelegt. Für das gemeinschaftliche Testament wurde konsequenterweise auf § 1950 [2. Entwurf] mit der Maßgabe verwiesen, dass es grundsätzlich seinem ganzen Inhalte nach unwirksam sein sollte; 110 in gleicher Weise wurde für den Fall des Erbvertrages verfahren. 111 Die Ursächlichkeit des Irrtums des Erblassers über die Verfügungsgrundlage (Teilhabe und Mitwirkung des Bedachten an der ehelichen Lebensgemeinschaft) für die Vornahme der Verfügung sei offensichtlich. Daher habe das Gesetz den Erben das Erfordernis einer Anfechtung zu ersparen und den Erblasser vor dem Bestand einer Verfügung zu bewahren, die dieser unter den geänderten Umständen erfahrungsgemäß nicht gewollt hätte. 112
c) Die Fassung des BGB unter der Geltung des eherechtlichen Verschuldensprinzips Unter dem Konzept der „Schuldscheidung",113 dem das BGB ursprünglich folgte, waren der einseitige Ausschluss der gesetzlichen Erbberechtigung 114 und die einseitige Anordnung der grundsätzlichen Unwirksamkeit einer etwa bestehenden Verfügung von Todes wegen zugunsten des „Schuldigen" 115 gewollte Sanktionen. Voraussetzung war jeweils, dass der Scheidungsgegner seine Pflichten aus der ehelichen Lebensgemeinschaft schuldhaft verletzt hatte. Umgekehrt gab es keinen Grund, den „ehetreuen" Partner, der sich nichts zu schulden hatte kommen lassen, 109 Protokolle Mugdan Band V, S. 394; Denkschrift Mugdan Band V, S. 850; Staudinger/ Werner § 1933 BGB RdNr. 2. no Protokolle Mugdan Band V, S. 721. m Protokolle Mugdan Band V, S. 737, 738. 112 Lange /Kuchinke § 35 15 b. 113 BGH NJW 1990, 2382; Kommissionsbericht: Erbrecht Mugdan Band V, S. 881. 114 Battes FamRZ 1977, 433, 434; Zopfs ZEV 1995, 309, 310. us Vgl. Bock MittRhNotK 1977, 205.
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seines gesetzlichen oder testamentarischen Erbrechtes zu berauben. 116 Entsprechend griff die Sanktion nicht in den Fällen, in denen Scheidungsgründe bestanden, die kein Verschulden voraussetzten. 117 Der historische Gesetzgeber des BGB ging ebenso wie die Verfasser des zweiten Entwurfes davon aus, dass auch die letztwillige Verfügung an einen Ehepartner regelmäßig aufgrund und gerade wegen des ehelichen Bandes geschieht.118 Damit fußte eine solche Zuwendung aber letztlich auf demselben Lebenssachverhalt wie die gesetzliche Regelung des § 1933 BGB. 1 1 9 Die Wahl der gleichen Wortfolge im Tatbestand beider Normen drückte schon bei Erlass des BGB aus, dass die Voraussetzungen für das Eingreifen des Ausschlusses der Ehegattenerbberechtigung exakt dieselben sein sollten. 120 Wäre der Anwendungsbereich des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB enger gewesen, dann wären die durch Testament bedachten Ehepartner hinsichtlich der erbrechtlichen Folgen ehelicher Pflichtverletzungen ohne ersichtlichen sachlichen Grund privilegiert worden; wäre der Anwendungsbereich weiter gewesen, hätte ein „eheuntreuer" Ehegatte zwar das testamentarische Erbrecht verloren, das gesetzliche Erbrecht jedoch behalten. Einem etwa abweichenden Erblasserwillen, der eine Wirksamkeit seiner letztwilligen Verfügung trotz Erfüllung des Tatbestandes des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB wollte, wurde durch einen entsprechenden Vorbehalt in den §§ 2077 Abs. 3 und § 2268 Abs. 2 B G B 1 2 1 Rechnung getragen.
d) Die Anpassung an das Zerrüttungsprinzip Mit der Abkehr vom Schuldprinzip im ersten Eherechtsreformgesetz war für die frühere „Strafe" der Verletzung der ehelichen Lebensgemeinschaft, dem Entzug des Ehegattenerbrechtes noch vor Rechtskraft des Scheidungsurteils, kein Raum mehr. 122 Der Regierungsentwurf sah daher eine Streichung des § 1933 Satz 1 BGB ebenso wie des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB und eine textliche Anpassung des § 2268 BGB hieran vor. 1 2 3 Dies hätte den Ausschluss der Ehegattenerbberechtigung allein an die Rechtskraft des Scheidungsurteils gebunden und damit den
116 Planck/Flad § 1933 BGB Anm. 4; ders. § 2077 BGB Anm. 2a. i n MünchKomm/Leipold § 1933 BGB RdNr. 2; Planck/Flad § 1933 BGB Anm. 4; ders. § 2077 BGB Anm. 2a; RGRK/Kregel § 1933 BGB RdNr. 4. us MünchKomm /Leipold § 2077 BGB RdNr. 2. 119 MünchKomm / Leipold § 2077 BGB RdNr. 2. 120 Vgl. Bock MittRhNotK 1977, 205. 121 Protokolle Mugdan Band V, S. 721. 122 BGH NJW 1990; 2382, 2382; Battes FamRZ 1977, 433, 434, Zopfs ZEV 1995, 309, 310. 123 BT.-Drcks. 7/650 S. 179 und 274 sowie 7/4361 S. 52; Bastian/Roht-Stielow/ Schmeiduch § 2268 BGB RdNr. 2.
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C. Der Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten durch Scheidung
Gestaltungen der übrigen europäischen Rechtsordnungen sowie dem früheren ZGB der DDR angeglichen.124 Auf Initiative des Bundesrates wurden jedoch die §§ 1933 Satz 1 und 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB in ihrer heutigen Form im BGB belassen. Begründet wurde dies damit, dass der mutmaßliche Erblasserwillen als Grundlage des Systems der gesetzlichen Erbfolge einen „vorverlegten" Ausschluss des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes und der Vermögensnachfolge kraft Verfügung von Todes wegen verlange. Der Scheidungsantrag des Erblassers zeige nämlich, dass das gesetzliche Ehegattenerbrecht ebenso wie grundsätzlich auch die testamentarische oder erbvertragliche Vermögensnachfolge unter Ehegatten ihre innere Berechtigung verloren hätten. 125 Da der Erblasser jedoch keinen Einfluss auf die Dauer des Scheidungsverfahrens habe, hänge die Erbenstellung des Überlebenden davon ab, ob der Erblasser insoweit zufällig vor oder nach der Rechtskraft des Scheidungsurteils versterbe. 126 Dies zwinge ihn zum Testieren allein zur Regelung des vorläufigen Zustandes bis zur Scheidung.127 Der Anreiz zum übereilten Errichten von Testamenten laufe aber gerade der Zielsetzung des gesetzlichen Erbrechtes zuwider. Es sollte daher das gesetzliche Ehegattenerbrecht nach demjenigen Ehepartner, der die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte, schon dann entfallen, wenn das Scheidungsverfahren ein Stadium erreicht hätte, in dem der Erfolg des Scheidungsantrages absehbar wäre. 128 Dieselbe Überlegung müsse für den Fall der Verfügung von Todes wegen gelten. Wiederum hätte es keinen Sinn ergeben, den Anwendungsbereich des § 2077 BGB anders zu definieren als den des § 1933 Satz 1 BGB. Der Reformgesetzgeber wählte deshalb für die Tatbestände der §§ 2077 Abs. 1 Satz 2, 1933 Satz 1 BGB den gleichen Wortlaut und gab § 2268 BGB seine heutige Fassung.129 Er entschied sich damit für eine Fortsetzung des bisherigen tatbestandlichen Gleichlaufes zwischen § 1933 Satz 1 BGB und § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB. Wegen der Verweisungen in den §§ 2268 und 2279 BGB erstreckt sich dieser auch auf die Fälle des gemeinschaftlichen Testamentes und des Erbvertrages.
124 Battes /Thofern JZ 1990, 1135, 1136; Battes FamRZ 1977, 433, 435; Staudinger/Werner zu § 1933 BGB RdNr. 17. 125 BGH NJW 1990, 2383 f.; BT.-Drcks. 7/650, S. 179, 274 f. und 7/4361, S. 52 f. 126 Soergel/Stein § 1933 BGB RdNr. 3. 127 BT.-Drcks. 7/650, S. 179, 274 f. und 7/4361, S. 52 f. 128 Battes FamRZ 1977, 433, 434. 129 Bastian / Roth-Stielow / Schmeiduch § 2077 BGB vor RdNr. 1, RdNr. 2; ders. § 2268 BGB RdNr. 2; BT-Drcks. 7/4361, S. 52; ebenso auch Battes FamRZ 1977, 433,436.
II. Der Verlust vor Rechtskraft der Scheidung
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2. Die Tatbestandsvoraussetzungen Sowohl § 1933 BGB als auch § 2077 BGB verlangen gleichermaßen als tatbestandliche Voraussetzungen: 1. das Stellen eines Scheidungsantrages durch den Erblasser oder seine Zustimmung zu einem Scheidungsantrag des Überlebenden und 2. die Erfüllung der materiellen Scheidungsvoraussetzungen.
a) Der Scheidungsantrag im Sinne der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB Die Tatbestände der § 1933 Satz 1 und 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB setzen voraus, dass die Scheidung „beantragt" ist. Fraglich ist, ob dies die Zustellung des Scheidungsantrages an den Antragsgegner bis zum Zeitpunkt des Erbfalles erfordert oder ob der Eingang bei Gericht ausreichend ist.
aa) Anhängigkeit oder Rechtshängigkeit Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung soll bereits das Einreichen des Scheidungsantrages ausreichen, wenn die Zustellung zwar nicht mehr vor dem Tode des Erblassers erfolge, aber unverzüglich nachgeholt werde. Mit Eingang bei Gericht sei dem erbrechtlichen Prinzip der Formstrenge Genüge getan, 130 weil darin der Erblasserwille, sich aus der Ehe zu lösen und ihre Rechtsfolgen zu beseitigen, hinreichend förmlich und deutlich zum Ausdruck komme. 131 Deswegen spreche auch der Wortlaut des § 1933 Satz 1 BGB ausdrücklich nur vom „Beantragen"; schließlich habe der Erblasser auf die Zustellung keinen Einfluss. 132 Dem soll nach anderer Auffassung entgegenstehen, dass das Scheidungsverfahren auch nach dem ersten Eherechtsreformgesetz ein streitiges ZPO-Verfahren bleiben sollte; die bisherige Regelungssystematik sollte unter Anpassung an das Zerrüttungsprinzip beibehalten werden. 133 Vor dem 1.7. 1977 kam es aber auf die Zustellung als Manifestation des Scheidungswillens an. 1 3 4 Das Verändern der Parteibezeichnung vom „Kläger" zum „Antragsteller" sollte keinen Einfluss auf die 130 Soergel/Stem § 1933 BGB RdNr. 4; Bastian / Roth-Stielow / Schmeiduch zu § 1933 BGB RdNr. 3; Brox RdNr. 56. 131 Bastian/Roth-Stielow/Schmeiduch § 1933 BGB RdNr. 3; ebenso Bock MittRheiNotK 1977, 205, 206 f. 132 Brox RdNr. 56. 133 BGH NJW 1990, 2382; 2383; BT.-Drcks. 7/650 S. 274 f.; 7/4361 S. 52; so auch Schnabel S. 24 f. 134 BGH NJW 1990, 2382; 2383.
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prozessrechtliche Natur des Verfahrens haben. Daher spreche § 1384 BGB von einer „Rechtshängigkeit" des Scheidungsantrages, für die wiederum § 253 Abs. 1 ZPO gelte. 135 Richtig ist, dass die mit der Reform vorgenommenen Änderungen lediglich eine Anpassung an das neu eingeführte Zerrüttungsprinzip bewirken sollten; eine weitere zeitliche Vorverlegung des Ausschlusses der Erbberechtigung war nicht beabsichtigt. 136 Auch vor dem ersten Eherechtsreformgesetz setzte der Erbrechtsausschluss nach § 1933 Satz 1 BGB die Rechtshängigkeit der Scheidungsklage voraus. Es muss daher richtigerweise dabei bleiben, dass die Scheidung erst dann „beantragt" im Sinne des § 1933 Satz 1 BGB sein kann, wenn der Scheidungsantrag dem Antragsgegner zugestellt, der Antrag also rechtshängig ist. 1 3 7 Aufgrund der gleichlautenden Formulierung des Tatbestandes kann nichts anderes für § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB gelten.
bb) Die Anwendbarkeit des § 270 Abs. 3 ZPO Teilweise wird ein Rückbeziehen der Zustellungswirkung entsprechend § 270 Abs. 3 ZPO auf den Zeitpunkt des Einreichens des Scheidungsantrages vertreten. 1 3 8 Eine direkte Anwendung des § 270 Abs. 3 ZPO müsse zwar daran scheitern, dass mit der Zustellung des Scheidungsantrages hinsichtlich der §§ 1933 und 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB weder eine Frist gewahrt noch eine Verjährung unterbrochen wird. 1 3 9 § 270 Abs. 3 ZPO könnte jedoch analog anzuwenden sein. Hiergegen wird jedoch argumentiert, dass eine Gesetzeslücke, die Voraussetzung einer Analogie wäre, tatsächlich nicht entstanden ist. In gleicher Weise wie der Antragsteller vor der Rechtsänderung im Jahre 1977 seinen Scheidungswillen durch Erheben der Scheidungs£/age kundgetan habe, zeige er nun mit dem Scheidungsantrag, dass er die Konsequenzen aus dem Scheitern seiner Ehe ziehen w i l l . 1 4 0 Objektiv äußerlich erkennbar werde dies mit dem Akt, der der vormaligen Zustellung der Scheidungsklage entspreche, eben der Zustellung des Scheidungsantrages gemäß §§ 622 Abs. 2 Satz 2, 261 Abs. 1 ZPO. 1 4 1 135 Brüggemann FamRZ 1977, 1, 7. 136 BayObLG NJW-RR 1990, 517. 137 BGH NJW 1990, 2382, 2382; LG Ravensburg BWNotZ 1981, 116 f.; Brüggemann FamRZ 1977, 1, 7; Reimann ZEV 1995, 329; Nieder ZEV 1994, 156, 157; ΕΠΠΆΤΪ / Schlüter § 1933 BGB RdNr. 2; Soergel/Stein § 1933 BGB RdNr. 4. 138 Brox RdNr. 56; Soergel / Stern § 1933 BGB RdNr. 4; Jauernig IStürner (4. Auflage) § 1933 BGB Anm. 1 a aa; Bock MittRheiNot 1977, 205, 207; a. Α.: BayObLG NJW-RR 1990, 517, 517; Schnabel, S. 25. 139 OLG Saarbrücken FamRZ 1983, 1274, 1275; Palandt/Edenhofer Schnabel, S. 25. 140 BT.-Drcks. 4361 S. 52. 141 BayObLG NJW-RR 1990, 517; Schnabel, S. 25.
§ 1933 BGB Anm. 3;
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Der letzteren Auffassung ist noch aus einem anderen Grunde zuzustimmen. Jedenfalls muss eine analoge Anwendung an der mangelnden Vergleichbarkeit der Konstellation des § 270 Abs. 3 ZPO und des hier betrachteten Sachverhaltes scheitern. § 270 Abs. 3 ZPO dient dazu, dem Kläger ein Recht zu bewahren, das allein durch Verstreichen einer Zeitspanne, die er nicht beeinflussen kann, beeinträchtigt würde. Rechtsfolge der §§ 1933 Satz 1 und 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB ist hingegen der Rechtsverlust des überlebenden Ehepartners. Eine entsprechende Anwendung der Norm des § 270 Abs. 3 ZPO würde daher im Gegensatz zu dem eigentlichen Zweck dieser Vorschrift nicht den Erhalt, sondern den Untergang eines Rechtes erleichtern. 142 Ein Bedürfnis hierfür ist nicht erkennbar. Vielmehr sind sowohl § 1933 Satz 1 BGB wie auch § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB als Vorschriften, die den ausnahmsweisen Verlust einer Erbberechtigung festlegen, eng auszulegen und ihr Anwendungsbereich nicht durch Analogien erweiterbar. 143 Eine Vorverlegung der Zustellungswirkung über § 270 Abs. 3 ZPO analog scheidet daher aus.
b) Die Zustimmung zum Scheidungsantrag im Sinne der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB aa) Die Zustimmung im Rahmen der offenen Konventionalscheidung nach § 630 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Die Zustimmung zur Scheidung im Sinne des § 1566 Abs. 1 BGB ist in § 630 Abs. 1 Nr. 1 ZPO geregelt. Im Folgenden konzentriert sich die Untersuchung auf diejenigen Fragen, die im Kontext der §§ 1933 Satz 1 und 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB von besonderer Bedeutung sind. (1) Der Zeitpunkt der Erklärungsabgabe (a) Vor oder nach der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages (aa) Ausschluss einer Erklärung vor Rechtshängigkeit Mit unterschiedlichen Begründungen wird vertreten, dass die Zustimmung zur Scheidung im Sinne des § 1566 Abs. 1 BGB erst nach Rechtshängigkeit erklärt werden können soll. Teilweise wird dies aus ihrer Eigenschaft als Prozesshandlung hergeleitet. 144 Die Vertreter einer anderen Richtung qualifizieren die Zustimmungserklärung zwar als materiell-rechtliches Rechtsgeschäft, 145 begründen jedoch die Unzuläs142 BGHZ 105, 140, 143; Schnabel, S. 25. 143 BayObLG FamRZ 1990, 666, 667; 1975, 514, 515; vgl. auch BGH NJW 1990, 2382 f. 144 BGH NJW 1990, 2382; 2382; BGHZ 111, 329; Reimann ZEV 1995, 329; Stein/Jonas /Schlosser § 630 ZPO RdNr. 4, obwohl die Zustimmung ein rein materielles Rechtsgeschäft sein soll. 8 Wirtz
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sigkeit einer Zustimmungserklärung vor Rechtshängigkeit damit, dass es bis zur Zustellung des Scheidungsantrages an einem hinreichend präzisierten Zustimmungsgegenstand fehle. 146 (bb) Möglichkeit einer Erklärung vor Rechtshängigkeit Die Gegenauffassung hält die Abgabe einer Zustimmung zum Scheidungsantrag schon vor Rechtshängigkeit für zulässig. Soweit sich eine andere Auffassung auf die angeblich rein materiell-rechtliche Natur der Zustimmungserklärung stütze, sei zu bedenken, dass die fragliche Erklärung jedenfalls auch Prozesshandlung sei. Bereits nach dem Wortlaut des § 630 Abs. 1 ZPO sei „für das Verfahren nach § 1565 in Verbindung mit § 1566 Absatz 1 ..." BGB gemäß Nr. 1 die Mitteilung der Zustimmung erforderlich. Weil Absatz 2 des § 630 ZPO die Erklärung der Zustimmung jedoch zu Protokoll der Geschäftsstelle zulasse, könne das prozessual relevante Verhalten nicht in der bloßen Mitteilung einer außergerichtlichen Erklärung liegen, sondern eben wenigstens in der Abgabe dieser Erklärung auch gegenüber dem Gericht selbst. Damit sei aber die „Zustimmung" im Sinne des § 630 Absatz 1 Nr. 1 ZPO mindestens auch Prozesshandlung.147 Prozesshandlungen könnten aber durchaus vorsorglich für den Fall des späteren Eintrittes einer bestimmten Prozesslage erklärt werden; das Bestehen eines Prozessrechtsverhältnisses werde dabei nicht notwendig vorausgesetzt.148 (cc) Stellungnahme Zunächst ist der zweiten Auffassung darin zuzustimmen, dass die Zustimmung im Sinne des § 1566 Abs. 1 BGB zumindest auch Prozesshandlung sein muss. 149 Andernfalls würde sich auch der Streitgegenstand eines Scheidungsverfahrens auf eine „einverständliche Scheidung" oder eine „streitige Scheidung" verengen lassen. Stellte sich dann erst im Laufe des Verfahrens heraus, dass die Voraussetzungen des § 1566 Abs. 1 BGB nicht gegeben sind, wohl aber die des § 1565 BGB, wäre die Umstellung des Antrages in Form einer Klageänderung erforderlich. 150 Dieses Er145 Stein / Jonas / Schlosser § 630 ZPO RdNr. 4; Damrau NJW 1977, 1169 f. 146 Stein / Jonas / Schlosser § 630 ZPO RdNr. 4. 147 Staudinger / Werner § 1933 BGB RdNr. 7; MünchKomm/Wolf § 1566 BGB RdNr. 23; MünchKommZPO / Finger § 630 ZPO RdNr. 9. 148 OLG Zweibrücken NJW 1995, 601; vgl. auch Stein/Jonas/Leipold vor § 128 ZPO RdNr. 204 ff. 149 Lange /Kuchinke § 12 I I 2 c); BayObLG NJW-RR 1996, 650, 651; Thomas /Hüßtege § 630 ZPO RdNr. 10; MünchKommZPO/Finger § 630 ZPO RdNr. 9; Musielak/Borth § 630 ZPO RdNr. 5. 150 Stein / Jonas / Schlosser § 630 ZPO RdNr. 3; so auch MünchKommZPO / Finger § 630 ZPO RdNr. 5; aus diesem Grunde ablehnend Lange / Kuchinke § 12 II 2 b).
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gebnis würde schon deshalb befremden, weil die Identität des Scheidungsverfahrens dabei unverändert bliebe. 151 Entscheidend muss jedoch sein, dass der Gesetzgeber die bis zur Reform geübte Praxis in Bezug auf die Scheidungswiderklage durch das erste Eherechtsreformgesetz nicht verändern wollte. 1 5 2 Im Falle einer vorzeitig erhobenen Widerklage wurde der bis zur Zustellung der eigentlichen Klage der Widerklage anhängende Mangel als „bis zur letzten mündlichen Verhandlung behebbar" verstanden. 153 Der vor Zustellung der Scheidungsklage erhobenen Widerklage entspricht seit der Reform eine „vorzeitig" erklärte Zustimmung. Daher muss auch nach geltendem Recht die Erklärung der Zustimmung nach § 630 ZPO vor Rechtshängigkeit möglich sein. Zu differenzieren ist jedoch zwischen der Möglichkeit der Erklärung einer Zustimmung nach § 630 Abs. 1 Nr. 1 ZPO und ihrer Wirksamkeit. Erklärt werden kann die Zustimmung vor Rechtshängigkeit, beispielsweise im Rahmen eines Verfahrens auf Prozesskostenhilfe; Wirksamkeit entfaltet sie jedoch erst mit Rechtshängigkeit. 154 Dies muss auch in Ansehung der §§ 1933 Satz 1 und 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB gelten; andernfalls könnte ein potentieller Antragsgegner durch die vorab erklärte Zustimmung zu einem erwarteten Scheidungsantrag die Erbberechtigung seines Partners nach ihm noch vor Beginn eines Scheidungsverfahrens zerstören. Dies war durch die Reform jedenfalls nicht gewollt. (b) Das Erfordernis der Zustellung vor dem Tode des Erblassers In gleicher Weise wie für den Scheidungsantrag selbst könnte auch für eine erst nach dem Tode des Erblassers zugestellte Zustimmung diskutiert werden, diese in unmittelbarer oder analoger Anwendung des § 270 Abs. 3 ZPO auf den Zeitpunkt ihrer Einreichung zurückzubeziehen. Die unmittelbare Anwendung des § 270 Abs. 3 ZPO muss auch im Falle der Zustimmung daran scheitern, dass durch sie weder eine Frist gewahrt noch die Verjährung unterbrochen wird. Hinsichtlich einer analogen Anwendung können jedoch dieselben Überlegungen gelten wie im Falle des Scheidungsantrages selbst. 155 Auch durch die Zustimmung lässt sich nur der Untergang eines Rechtes erreichen, nämlich der Eintritt des Erbrechtsausschlusses vor Rechtskraft des Scheidungsurteils. Dies entspricht aber, wie gezeigt, nicht dem Regelungsziel des § 270 Abs. 3 ZPO. 1 5 6 Eine Rückbeziehung der erst
151 Stein / Jonas / Schlosser § 630 ZPO RdNr. 2. 152 BT.-Drcks. 7/650, S. 179,274 f. und 7/4361, S. 52 f. 153 KG HRR 1943 Nr. 478; Staudinger/Werner § 1933 BGB RdNr. 5; ebenso BayObLG FamRZ 1975, 514, 515. 154 OLG Zweibrücken NJW 1995, 601. 155 Siehe S. 112 f. 156 BayObLG FamRZ 1990, 666, 667. *
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nach dem Erbfall zugestellten Zustimmung auf den Zeitpunkt ihres Einganges bei Gericht nach § 270 Abs. 3 ZPO (analog) ist damit ausgeschlossen.157 (2) Die Erklärung durch schlüssiges Verhalten Fraglich ist, ob die Zustimmung im Sinne der §§ 630 ZPO und 1566 Abs. 1 BGB auch konkludent abgegeben werden kann. (a) Das Erfordernis ausdrücklicher Erklärung Teilweise wird vertreten, dass nach der Vorschrift des § 630 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Zustimmung zu einem Scheidungsantrag mindestens einer Erklärung zur Niederschrift der Geschäftsstelle oder des Gerichtes bzw. einer ausdrücklichen Erklärung in der mündlichen Verhandlung bedürfe. 158 Insbesondere die aktive, aber unkommentierte Mitwirkung bei der Regelung der Scheidungsfolgesachen wie auch die Erklärung, dem Scheidungsantrag nicht entgegen treten zu wollen, 159 sollen nicht als Zustimmung zur Scheidung qualifiziert werden können. Dies ergebe sich auch aus der später insoweit nicht mehr geänderten Begründung des Regierungsentwurfes zu ergeben, nach der die Zustimmung ausdrücklich gegeben werden müsse, bloßes Schweigen genüge nicht. 1 6 0 (b) Das Ausreichen schlüssigen Verhaltens Die Gegenauffassung stützt sich darauf, dass Prozesshandlungen ebenso wie materielle Rechtsgeschäfte, also auch die Erklärung der Zustimmung nach § 630 Abs. 1 ZPO, solange durch schlüssiges Verhalten vorgenommen werden könnten, 161 wie sich aus dem Gesetz nichts anderes ergäbe. Die in der oben erwähnten amtlichen Begründung getroffene Feststellung, bloßes Schweigen genüge nicht, würde nach dieser Auffassung leerlaufen, wenn nicht die Formulierung „ausdrücklich" im ersten Halbsatz in Wirklichkeit als „unmissverständlich" zu lesen wäre. Schweige der Antragsgegner, so ist dies für sich genommen vieldeutig. Schlüssiges Verhalten hingegen habe einen unmissverständlichen rechtsgeschäftlichen und gegebenenfalls auch prozessrechtlichen Erklärungsinhalt. 162 157 BGH NJW 1990, 2383 f.; BayObLG FamRZ 1990, 666, 667; MünchKomm/Leipold § 1933 BGB RdNr. 5; Staudinger/Werner § 1933 BGB RdNr. 5. iss MünchKomm / Wolf § 1566 BGB RdNr. 25. 159 Erman /Schlüter § 1933 BGB RdNr. 2; MünchKommZPO / Finger § 630 ZPO RdNr. 10; OLG Stuttgart NJW 1979, 662; OLG Zweibrücken FamRZ 1990, 59; vgl. auch Palandt / Edenhofer § 1933 BGB RdNr. 4. 160 BT-Drucks. 7/650, S. 112, Ziff. 2; so wohl auch MünchKommZPO / Finger § 630 ZPO RdNr. 10. 161 Thomas/Putzo, Einleitung III RdNr. 11; Palandt/Heinrichs RdNr. 6.
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Die schlüssige Abgabe einer Zustimmung nach § 630 Abs. 1 Nr. 1 ZPO sei danach solange möglich, wie sie dem Gericht gegenüber vorgenommen wird. Eine nur der Partei gegenüber erklärte Zustimmung könne diese Voraussetzungen nicht erfüllen. 163 Andernfalls wäre die Formvorschrift des § 630 Abs. 2 Satz 2 ZPO unnötig; sie würde dann nur beispielhaft eine der vielen Möglichkeiten der Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen aufzählen. Gewollt durch den Normgeber sei jedoch die Ausnahme vom Anwaltszwang gewesen, der ansonsten für Ehe- und Scheidungssachen gegeben sei. 164 (c) Stellungnahme Der Wortlaut des Gesetzes gibt keinen Hinweis darauf, dass die Zustimmung zu einem Scheidungsantrag nicht auch konkludent erfolgen können soll. Es ist daher mit der zweiten Auffassung von der Möglichkeit einer Erklärung durch schlüssiges Verhalten auch in diesem Falle auszugehen. Hiergegen spricht auch nicht das Gebot der Rechtssicherheit. Soweit das Gericht im Zweifel über den Bedeutungsgehalt einer Erklärung oder eines Verhaltens ist, hat es nach den für privatrechtliche Willenserklärungen entwickelten Rechtsgrundsätzen auszulegen. Es reicht dabei aus, wenn der erklärende Teil deutlich macht, eine streitige Auseinandersetzung über die Voraussetzungen der Scheidung vermeiden zu wollen, um stattdessen die Scheidung auf Basis eines Einverständnisses zu ermöglichen. 165 Lediglich wenn der Antragsgegner ausdrücklich erklärt, die Scheidung nicht zu wollen, diese aber als unabänderlich hinzunehmen, ist die Annahme einer schlüssigen Zustimmung abgeschnitten. Dann nämlich dokumentiert der Antragsgegner selbst gegenüber dem Gericht, welchen Sinn er seiner Handlung beilegen will und welchen eben nicht. Auch für eine Auslegung bleibt in diesem Fall kein Raum. Mithin kann jedes dem Gericht gegenüber erfolgte Verhalten, sei es in Gestalt einer ausdrücklichen Erklärung, sei es in Gestalt konstruktiver Mitwirkung an der Scheidungsfolgenregelung, als Zustimmung gewertet werden, wenn die konkrete Würdigung und Auslegung diesen Erklärungsinhalt ergibt. 166
162 AG Moosbach FamRZ 1977, 810, 812. 163 Weitergehend Damrau NJW 1977, 1169; ebenso MünchKomm / Wolf § 1566 BGB RdNr. 24 für die dem Gericht vorgelegte, anderweitig beurkundete oder sonst der Gegenseite erklärte Zustimmung - allerdings im Widerspruch zu RdNr. 25. 164 LG Düsseldorf RPfleger 1996, 187, 188. 165 OLG Saarbrücken FamRZ 1992, 109, 111. 166 OLG Frankfurt FamRZ 1990, 210, 211; wohl auch Schnabel, S. 25; noch weitergehend Damrau NJW 1977, 1169.
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bb) Besonderheiten im Kontext der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB (1) Die Zustimmungserklärung außerhalb eines „ Verfahrens auf Scheidung nach § 1565 in Verbindung mit § 1566 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches " § 630 ZPO enthält Vorschriften für den Fall, dass eine Ehe unter den erleichterten Voraussetzungen des § 1566 Abs. 1 BGB geschieden werden soll. Denkbar ist jedoch auch der Fall, dass eine der Voraussetzungen der §§ 1566 Abs. 1 BGB, 630 ZPO nicht gegeben ist, die Ehe daher nicht nach § 1566 Abs. 1 BGB, sehr wohl aber nach dem Grundtatbestand des § 1565 Abs. 1 BGB oder mit Hilfe der Vermutung des § 1566 Abs. 2 BGB geschieden werden könnte. Eine etwa erklärte Zustimmung des Antragsgegners wäre dann gerade nicht gemäß § 630 Abs. 1 ZPO im Zusammenhang mit einem „Verfahren auf Scheidung gemäß § 1565 in Verbindung mit § 1566 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches" abgegeben worden. Fraglich ist, ob in einem solchen Fall die Billigung des Scheidungsantrages durch den Antragsgegner auch die Wirkungen der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB auslösen kann. (a) Die Zustimmung im Sinne der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB nur in Bezug auf eine Scheidung nach § 1566 Abs. 1 BGB Teilweise wird unter „Zustimmung" im Sinne der §§ 1933 Satz 1 und 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB ausschließlich die im Rahmen einer offenen Konventionalscheidung erklärte „Zustimmung" des Antragsgegners gemäß § 1566 Abs. 1 BGB verstanden. 167 In diesem Falle käme ein Erlöschen der Erbberechtigung nach dem Antragsgegner gemäß §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB vor Rechtskraft des Scheidungsurteils nur in Frage, wenn die Voraussetzungen einer „offenen" Konventionalscheidung nach §§ 1565, 1566 Abs. 1 BGB im Zeitpunkt der Erbfalles vollständig gegeben sind. (b) Die Zustimmung im Sinne des § 1933 BGB auch außerhalb der Scheidung nach § 1566 Abs. 1 BGB Nach anderer Ansicht kann aus der bloßen Tatsache, dass die §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB dasselbe Wort „zustimmt" verwenden wie § 1566 Abs. 1 BGB, nicht geschlossen werden, dass eine Zustimmung im Sinne der ersteren Vorschriften nur diejenige im Zusammenhang mit einem Scheidungsantrag nach § 1566 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 630 Abs. 2 ZPO sein kann. Das Wort 167 BayObLG FamRZ 1983, 96, 96; MünchKommILeipold § 1933 BGB RdNr. 7; Soergel /Stein § 1933 BGB RdNr. 6; Palandt /Edenhofer § 1933 BGB RdNr. 6; a. Α.: MünchKomm / Wolf § 1566 BGB RdNr. 24.
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„Zustimmung" werde auch an anderer Stelle im BGB verwendet. Anhaltspunkte dafür, warum eine solche Zustimmung zu einem Scheidungsantrag, die wegen Erfüllung der Voraussetzungen des § 1566 Abs. 2 BGB für das Scheidungsurteil unnötig wäre oder nur aus prozesstaktischen Gründen abgegeben wurde, für die §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB unerheblich sein soll, seien nicht erkennbar. 168 (c) Stellungnahme Problematisch wird die zuerst dargestellte Sichtweise insbesondere, wenn man auch die Einigung nach § 630 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ZPO als materielle Scheidungsvoraussetzung im Sinne des § 1933 Satz 1 BGB einstufte. 169 Dann würde nämlich das Eintreten des Erbrechtsausschlusses nach dem Antragsgegner von dem Zustandekommen einer Einigung über die Scheidungsfolgesachen abhängen und stände damit zur Disposition des Zustimmungsempfängers. Der Gegner eines Scheidungsantrages wäre in den Fällen, in denen der Antragsteller nicht gewillt oder nicht im Stande ist, die Voraussetzungen des § 630 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ZPO herbeizuführen, gezwungen, seinerseits einen Scheidungsantrag zu stellen, um mit dem Antragssteiler „gleich-"zuziehen und die ihm unerwünscht und ungerecht erscheinende Rechtsfolge (nämlich das Fortbestehen der Erbberechtigung des Antragstellers) auszuschließen.170 Dieses Ergebnis widerspricht nicht nur dem verfassungsmäßigen Gebot, auch nicht intakte Ehen nach Möglichkeit zu erhalten und die Scheidung nur als ultima ratio zu ermöglichen, 171 sondern insbesondere auch dem Verbot, Druck in Richtung auf die Scheidung einer Ehe auszuüben.172 Auch der Wortlaut des § 1933 Satz 1 BGB gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass ein wechselseitiger Erbrechtsausschluss durch „Zustimmung des Antragsgegners" nur herbeigeführt werden können soll, wenn zugleich auch eine Einigung über die Scheidungsfolgen nach § 630 Abs. 1 Nr. 2 und 3 gelingt. 173 Auch für den Fall eines nach § 1565 Abs. 1 Satz 1 BGB (ggf. in Verbindung mit § 1566 Abs. 2 BGB) 1 7 4 begründeten Scheidungsantrages muss daher eine Zustimmung des Antragsgegners im Sinne der §§ 1933 Satz 1 und 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB zugelassen werden. 175 168 LG Tübingen BWNotZ 1986, 22; Staudinger/ Werner § 1933 BGB RdNr. 7. 169 hangt I Kuchinke § 12 I I 2 b. 170 Vgl. Lange/Kuchinke § 12 II 2 b. 171 BVerfGE 53, 224, 246; 84, 168, 184; vgl. auch Knüttel FamRZ 1985, 1089, 1093 f.; Dreier / Gröschner Art. 6 RdNr. 40,42 GG. 172 von Münch/ Coester-Waltjen Art. 6 GG RdNr. 27. 173 hangt! Kuchinke, § 12 I I 2 a); MünchKomm ! Leipold § 1933 BGB RdNr. 7; Dieckmann FamRZ 1979, 389, 396. 174 Speziell für diesen Fall MünchKomm/Leipold § 1933 BGB RdNr. 7. 175 hangt! Kuchinke I I § 12 II 2 a); Staudinger ! Otte § 2077 BGB RdNr. 13; anders die h. M.: BGH NJW 1995, 1082, 1083; OLG Zweibrücken OLGZ 1983, 160, 161; Bremen FamRZ 1986, 833, 834 f.; Staudinger /Werner § 1933 BGB RdNr. 7; MünchKomm/Leipold
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(2) Die Erfordernisse des § 630 Abs. 2 BGB außerhalb des § 1566 Abs. 1 BGB Es besteht nach dem unter Ziffer (1) Gesagten die Möglichkeit, dass ein Antragsgegner seine Zustimmung zum Scheidungsantrag erklärt, um die Rechtsfolgen der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB herbeizuführen, ohne dass eine einverständliche Scheidung nach § 1566 Abs. 1 BGB in Betracht kommt - weil etwa die Ehe etwa nach dem Grundtatbestand des § 1565 Abs. 1 Satz 1 BGB oder unter Zuhilfenahme der Vermutung des § 1566 Abs. 2 BGB scheidungsreif ist. Dann fragt sich, ob eine solche Zustimmung außerhalb „des Verfahrens nach §§ 1565, 1566 des bürgerlichen Gesetzbuches" dennoch gemäß § 630 Abs. 2 Satz 2 ZPO gegenüber dem Gericht abzugeben ist. (a) Unbeachtlichkeit der Formerfordernisse des § 630 Abs. 2 ZPO Im Schrifttum wird vertreten, dass auch eine außergerichtliche Erklärung ausreichend sein solle, weil sich in dieser der mutmaßliche Erblasserwille nicht weniger „formstreng" manifestiere als in einem eigenhändigen Testament.176 Daneben wird argumentiert, dass, soweit die Ehe nach dem Grundtatbestand des § 1565 Abs. 1 Satz 1 BGB, gegebenenfalls in Verbindung mit der Vermutung des § 1566 Abs. 2 BGB scheidungsreif sei, § 630 Abs. 2 ZPO schon seinem Wortlaut nach nicht direkt angewendet werden könne. Diese Vorschrift beziehe sich eben auf den Fall der einverständlichen Scheidung nach § 1566 Abs. 1 BGB. (b) Erfordernis der Erklärung gegenüber dem Gericht gemäß § 630 Abs. 2 BGB Nach der Gegenauffassung soll die Formvorschrift des § 630 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht nur deshalb einschlägig sein, weil die Zustimmung jedenfalls Prozesshandlung sei. 177 Wesentlicher sei das Gebot der Rechtssicherheit. Aus einer nicht dem Gericht gegenüber abgegebenen Erklärung erwachse nämlich keine Verpflichtung, auch die entsprechende, für eine einverständliche Scheidung nach § 1566 Abs. 1 BGB erforderliche Prozesshandlung vorzunehmen. 178 Der Wegfall des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes des Scheidungsklägers sei vor dem ersten Eherechtsreformgesetz an den Sachverhalt der Widerklage geknüpft gewesen. Dieses sei auch bei der Gesetzesneufassung im Jahre 1977 anerkannt worden. 179 Der Ge-
§ 1933 BGB RdNr. 7; Soergel/ftem § 1933 BGB RdNr. 6; offen Palandt/Edenhofer § 1933 BGB RdNr. 6. 176 Bock MittRheiNotK 1977, 205, 208. 177 BGH NJW 1995, 1082, 1083; 1990 2382 f.; LG Düsseldorf RPfleger 1980, 187, 188; Staudinger/ Werner § 1933 BGB RdNr. 7; Lange/Kuchinke § 12 II 2 c. 178 MünchKomm / Wolf § 1566 BGB RdNr. 24.
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sichtspunkt des mutmaßlichen Erblasserwillens, der auch bei formloser Zustimmung gegen ein gesetzliches Erbrecht des Überlebenden spräche, müsse demgegenüber zurücktreten. 180 (c) Stellungnahme Entscheidend ist die Formulierung des § 630 Abs. 1 ZPO: „Für das Verfahren auf Scheidung nach § 1565 in Verbindung mit § 1566 Abs. 1 .... muss die Antragsschrift enthalten". Die Worte „die Zustimmung" in § 630 Abs. 2 Satz 1 und 2 ZPO beziehen sich nach der Systematik des Gesetzes zwar auf das Wort „Zustimmung" im vorstehenden Absatz - doch ist dem lediglich zu entnehmen, dass eine Zustimmung zur Scheidung „für das Verfahren ... nach § 1565 in Verbindung mit § 1566 Absatz 1 ...." BGB erklärt werden kann. Nicht erlaubt ist der Umkehrschluß, dass eine Zustimmung zu einem Scheidungsantrag nur in einem Verfahren „ . . . nach § 1565 in Verbindung mit § 1566 Absatz 1 ...." BGB möglich sein soll. Danach muss der Antragsgegner seine Zustimmung zum Scheidungsantrag gemäß § 630 Abs. 2 Satz 2 ZPO in der dort vorgeschriebenen Form gegenüber dem Gericht abgeben, wenn er die Wirkungen der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB auslösen will - und zwar auch dann, wenn der Scheidungsantrag nicht auf eine Scheidung nach § 1566 Abs. 1 BGB gerichtet ist. 1 8 1 (3) Der Widerruf der Zustimmung außerhalb der offenen Konventionalscheidung nach § 1566 Abs. 1 BGB Die Zustimmung ist nach § 630 Abs. 2 Satz 1 ZPO widerruflich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung einschließlich eines gegebenenfalls durchgeführten Rechtsmittelverfahrens. 182 Wenn für eine Zustimmung zur Scheidung im Sinne der §§ 1933 Satz 1 und 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB jedenfalls § 630 Abs. 2 Satz 2 ZPO gilt, dann muss auch Satz 1 dieses Absatzes Gültigkeit haben, sofern nicht sachliche Gründe dem entgegenstehen. Solche Gründe sind nicht erkennbar. Vielmehr würde ein Nichtanwenden des in Satz 1 festgelegten Widerrufsrechtes dazu führen, dass im Rahmen der offenen Konventionalscheidung der Erbrechtsausschluss nach dem zustimmenden Ehepartner jederzeit durch Widerruf beseitigt werden kann, 179 BT-Drcks. 7/4361 S. 52; OLG Zweibrücken OLGZ 1983, 160, 161; LG Düsseldorf RPfleger 1980, 187, 188; Staudinger/Werner § 1933 BGB RdNr. 7. 180 Staudinger / Werner § 1933 BGB RdNr. 7; a. A. OLG Frankfurt NJW-RR 1990, 136, 136. 181 MünchKomm /Leipold § 1933 BGB RdNr. 7; MünchKomm / Wolf § 1566 BGB RdNr. 24; OLG Zweibrücken OLGZ 1983, 160, 161; LG Düsseldorf RPfleger 1980, 187, 189; im Ergebnis ebenso Stein/ Jonas /Schlosser § 630 ZPO RdNr. 3; vgl. auch MünchKommZPO /Finger § 630 ZPO RdNr. 9. 182 Stein / Jonas / Schlosser § 630 ZPO RdNr. 9; MünchKommZPO / Finger § 630 ZPO RdNr. 11; Musielak/Borth § 630 ZPO RdNr. 5.
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nicht jedoch, wenn sich der Scheidungsantrag nicht auf § 1566 Abs. 1 BGB stützt. Insbesondere bei der Zustimmung durch schlüssiges Handeln würde dies zu unterschiedlichen „Anwendungsbereichen" der §§ 1933 Satz 1 und 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB führen. Wertet man ein bestimmtes prozessuales Verhalten als konkludente Zustimmung zum Scheidungsantrag, so kann umgekehrt der hierdurch gemäß §§ 1933 Satz 1 und 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB erreichte Verlust der Erbberechtigung nicht weiter gehen als im Fall der ausdrücklichen Erklärung. Seine Grenze ist also ebenfalls der Widerrufsvorbehalt des § 630 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Beim konsentierten, einseitigen Scheidungsantrag führt der Widerruf der Zustimmung mithin zur Unanwendbarkeit der §§ 1933 Satz 1 und 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB in Bezug auf die Erbberechtigung nach dem Antragsgegner.
c) Die materiellen Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe Sowohl § 1933 Satz 1 BGB als auch § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB verlangen, dass die Scheidungsvoraussetzungen des materiellen Rechts spätestens im Zeitpunkt des Erbfalles vorgelegen haben. 183 Diese materiellrechtlichen Voraussetzungen der Ehescheidung werden im Folgenden nur insoweit dargestellt, als dies zum Verständnis unerlässlich ist oder sich Besonderheiten aufgrund ihrer Feststellung im Rahmen der Ausschlusstatbestände der §§ 1933 Satz 1 und 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB ergeben können. Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten auf die insoweit bestehende Rechtsprechung und Literatur verwiesen. Einziger Scheidungsgrund gemäß § 1565 Abs. 1 Satz 1 BGB ist das Scheitern der Ehe. Nach Satz 2 des § 1565 Abs. 1 BGB ist eine Ehe gescheitert, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass sie von den Ehegatten wieder aufgenommen wird. Diesen Scheidungsgrund hat darzulegen und zu beweisen, wer sich auf den Ausschluss der Erbberechtigung des überlebenden Ehegatten nach §§ 1933 Satz 1 oder 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB berufen will.
aa) Das Scheitern der Ehe (§ 1565 Abs. 1 Satz 1 BGB) Ob die eheliche Lebensgemeinschaft zum Zeitpunkt des Erbfalles nicht mehr bestand, beurteilt sich nicht nach objektiven Kriterien, sondern nach den subjektiven Vorstellungen der Ehegatten von der konkreten Lebensgemeinschaft. 184 Ein
183 BGH NJW 1995, 1082, 1083; Schnabel S. 24. 184 Insbesondere: Soergel/Heintzmann § 1565 BGB RdNr. 10 ff. und MünchKomm/ Wolf § 1565 BGB RdNr. 19 ff. und 45 ff. m. w. Nachw.; BGH NJW 1995, 1082, 1083;
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Scheitern setzt daher voraus, dass einem oder beiden Ehegatten zum Todeszeitpunkt des einen von ihnen jegliche Versöhnungsbereitschaft gefehlt hat. 185 Nicht angenommen werden kann dies, wenn die Ehegatten im Moment des Versterbens des Erblassers zu einem Versöhnungsversuch grundsätzlich bereit waren, 186 auch wenn dieser noch nicht konkret begonnen hatte. 187 Weiteres Tatbestandsmerkmal ist, dass eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Zeitpunkt des Erbfalles nicht erwartet werden konnte. 188 Dies kann sich auch aus dem bis zum Zeitpunkt des Erbfalles bereits geleisteten, übereinstimmenden Vorbringen der Ehegatten ergeben („verdeckte" Konventionalscheidung).189 Wenn das Gericht keine anderweitigen Anhaltspunkte gewinnen konnte, sind die Eheleute gemäß § 1565 Abs. 1 BGB zu scheiden.190 Soweit die Ehegatten im Zeitpunkt des Erbfalles noch nicht ein Jahr getrennt gelebt haben, sind die materiellen Scheidungsvoraussetzungen nur gegeben, wenn in der Fortsetzung der Ehe für den Erblasser eine unzumutbare Härte im Sinne des § 1565 Abs. 2 BGB gelegen hätte. 191 bb) Die „offene Konventionalscheidung" (§ 1566 Abs. 1 BGB) (1) Allgemeines Auch im Rahmen der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB kann das Scheitern der Ehe gemäß § 1566 Abs. 1 BGB unwiderlegbar vermutet werden, wenn die Ehegatten mindestens ein Jahr getrennt gelebt haben. Dies setzt voraus, dass objektiv eine häusliche Gemeinschaft zwischen den Ehegatten nicht bestanden hat und mindestens ein Partner den Willen gehabt hat, die eheliche Lebensgemeinschaft nicht herzustellen, weil er sie ablehnt. 192 Zusätzlich ist nach § 1566 Abs. 1 BGB erforderlich, dass die Scheidung durch beide Partner beantragt wurde 193 oder der Antragsgegner der Scheidung zugestimmt 194 hat. MünchKomm / Wolf § 1565 BGB RdNr. 20 ff.; Soergel/Heintzmann § 1565 BGB RdNr. 11 f. m. w. Nachw. 185 OLG Bremen FamRZ 1986, 833, 834; Palandt/Edenhofer § 1933 BGB RdNr. 6. 186 BGH NJW 1995, 1082, 1083; OLG Bremen FamRZ 1986, 833, 834. 187 Soergel/Heintzmann § 1565 BGB RdNr. 25 bis 27; vgl. auch OLG Bremen, FamRZ 1986, 833, 834. iss BGH NJW 1995,1082,1083; MünchKomm/ Wolf § 1565 BGB RdNr. 31 ff. und 45 ff.; Soergel / Heintzmann § 1565 BGB RdNr. 23 ff. und 45 ff. 189 OLG Stuttgart, OLGZ 1993 Bd. 29, S. 263, 264. 190 Vgl. MünchKomm / Wolf § 1565 BGB RdNr. 61 m. w. Nachw. 191 Lange/Kuchinke § 12 II 2 a); im Einzelnen MünchKomm/Wolf § 1565 BGB RdNr. 66 ff. 192 MünchKomm / Wolf § 1565 BGB RdNr. 32 m. w. Nachw. 193 Es wird auf das zu den Erfordernissen eines Scheidungsantrages im Rahmen der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB bereits Gesagte verwiesen, siehe S. 111 ff.
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C. Der Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten durch Scheidung
(2) Das Erfordernis der Einigung nach § 630 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO im Rahmen der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB Eine Konventionalscheidung auf Grundlage des § 1566 Abs. 1 BGB verlangt gemäß § 630 Abs. 1 ZPO zusätzlich eine Einigung der Ehegatten über die in Nr. 2 und 3 dieser Norm aufgeführten Inhalte. Fraglich ist, ob diese Einigung damit auch zu den materiellen „Voraussetzungen der Scheidung" im Sinne der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB gehört. (a) Die Einigung nach § 630 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO als materielle Scheidungsvoraussetzung Nach einer Auffassung wird dies bejaht, weil die Unwiderleglichkeit der Vermutung nach § 1565 Abs. 1 BGB eben nur eingreifen solle, wenn auch die Voraussetzungen des § 630 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ZPO erfüllt seien. 195 Zur Begründung wird auf den Regierungsentwurf verwiesen, nach dem ein Scheidungsbegehren als unzulässig abgewiesen werden sollte, wenn die Einigung nach § 630 ZPO fehle. 196 Daneben verlange § 1933 Satz 1 B G B 1 9 7 die Prognose, dass die Ehe ohne den Tod des Erblassers geschieden worden wäre. Eine solche könne aber wegen § 630 Abs. 3 ZPO ohne eine Scheidungsfolgenvereinbarung nach § 630 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO nicht abgegeben werden. 198 Vielmehr müsse in einem solchen Fall die Prüfung der Scheidungsvoraussetzungen gemäß § 1565 Abs. 1 BGB vorgenommen werden. 199 Konsequenterweise wird daher auch teilweise vertreten, dass die Einigung über die Gegenstände der § 630 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO bereits im Scheidungsantrag enthalten sein müsste. 200
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Auch insoweit wird auf das zu den Erfordernissen der Zustimmung im Rahmen der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB Gesagte verwiesen; siehe S. 113 ff. 195 OLG Bremen FamRZ 1986, 833, 834; OLG Köln FamRZ 1978, 25; OLG Stuttgart OLGZ 93 Bd. 29, 263, 264; OLG Zweibrücken FamRZ 1983, 1132; OLG Schleswig NJW 1993, 1082 f.; Schlosser FamRZ 1978, 319, 323; MünchKomm /Wolff ξ 1566 BGB RdNr. 12; RGRK/Graßhof § 1566 BGB RdNr. 9; Soergel/Roth-Stielow § 1566 BGB RdNr. 3; Stein/ Schlosser § 630 ZPO RdNr. 1 und 3; Battes FamRZ 1977, 433, 439; Brehm JZ 1977, 596 f.; ebenso Baumbach /Lauterbach /Hartmann/ A Ibers § 630 ZPO RdNr. 4; Soergel /Stein § 1933 BGB RdNr. 8; Erman/Schlüter § 1933 BGB RdNr. 3; vgl. auch Staudinger/Otte § 2077 BGB RdNr. 10. 196 BT.-Drcks. 7/650 S. 214; so auch Baumbach /Lauterbach /Hartmann/ A Ibers zu § 630 ZPO RdNr. 4. 197 Und in gleicher Weise dann wohl auch § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB, Anm. des Verfassers. 198 OLG Schleswig NJW 1993, 1082, 1083; Staudinger/Werner § 1933 BGB RdNr. 10. 199 OLG Bremen FamRZ 1986, 833, 834; OLG Hamburg FamRZ 1979, 702; OLG Stuttgart OLGZ 1993, Bd. 29, 263, 264. 200 Hypothetisch Lange / Kuchinke § 12 II; a. A. Stein/ Jonas /Schlosser zu § 630 ZPO RdNr. 5.
I . Der Verlust
r
echtskrft
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(b) Die Unbeachtlichkeit des Fehlens einer Einigung nach § 630 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO im Rahmen der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB Nach der Gegenauffassung 201 kann die Erfüllung der Nr. 2 und 3 des § 630 Abs. 1 ZPO für den Ausschluss der Ehegattenerbberechtigung nach §§ 1933 Abs. 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB keine Rolle spielen, weil die dort genannten Voraussetzungen rein verfahrensrechtlicher Natur seien. Dafür spreche bereits das Ziel des historischen Gesetzgebers, dass ein Scheidungsantrag, der § 630 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 ZPO nicht genüge, als unzulässig abgewiesen werden solle. Ein Tatbestand, der ausdrücklich als Sachurteilsvoraussetzung 202 gedacht war, könne aber nicht gleichzeitig als materielle Scheidungsvoraussetzung konzipiert gewesen sein. Hinzu komme, dass der Erbrechtsausschluss nach § 1933 Satz 1 BGB vor dem ersten Eherechtsreformgesetz ebenfalls nicht durch prozessuale Mängel der Scheidungsklage verhindert wurde, wenn deren Beheben im Laufe des weiteren Verfahrens möglich gewesen wäre, falls der Erblasser überlebt hätte. 203 Dies habe die Reform nicht ändern wollen. 204 (c) Stellungnahme Ist zweifelhaft, ob die Erfordernisse der Nr. 2 und 3 des § 630 ZPO als materiellrechtlich oder prozessrechtlich zu qualifizieren sind, so muss neben der allein nicht ausschlaggebenden Entscheidung des Gesetzgebers über den Regelungsort auch die Frage der gesetzlichen Systematik eine Rolle spielen. 205 Der Regelungsort ZPO spricht dafür, die Erfordernisse des § 630 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ZPO nicht dem materiellen Recht, sondern ausschließlich dem Verfahrensrecht zuzuordnen. Dies wird unterstrichen durch die explizite Aufnahme der „Zustimmung" des § 630 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in den Wortlaut der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB und das gleichzeitige Fehlen einer Erwähnung der Gegenstände der Nr. 2 und 3 des § 630 Abs. 1 ZPO im BGB. 2 0 6 Entscheidend ist, dass die unwiderlegliche Vermutung des Scheiterns der Ehe nur auf dem Scheidungskonsens an sich und nicht auf dem Bestehen von Einigungen für die Zeit danach beruhen kann. 207 Zwar kann ein Indiz für das Nichtbeste201 Langel Kuchinke § 12 I I 2 a); Brehm JZ 1977, 596 f.; Dieckmann FamRZ 1979, 389, 396; OLG Frankfurt NJW-RR 1990, 136 f.; Soergel ILoritz § 2077 BGB RdNr. 4; MünchKomm/Leipold § 1933 BGB RdNr. 8; Jauernig/Stürner § 1933 BGB Anm. la; vgl. auch Schlosser FamRZ 1978, 319 f. 202 So auch Damrau NJW 1977, 1169, 1172. 203 RGRK/Kregel § 1933 BGB RdNr. 3; KG HRR 1942 Nr. 478; Dieckmann FamRZ 1979, 389, 396. 204 Vgl. BT-Drcks. 7/4361, S. 52, 7/650, S. 90. 205 Damrau NJW 1977, 1169, 1173. 206 Damrau NJW 1977, 1169, 1173.
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hen der ehelichen Lebensgemeinschaft und des Ausgeschlossenseins der Wiederaufnahme die Einigkeit der Ehegatten sein, die entsprechende Rechtsfolge in Gestalt der Scheidung herbeiführen zu wollen. Umgekehrt kann aber aus der Uneinigkeit über die Gestaltung von Folgesachen weder die Uneinigkeit hinsichtlich des Scheidungswillens noch eine Chance zu Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft oder gar deren Bestehen geschlossen werden. Jedenfalls muss bedacht werden, dass in der Situation, in der § 1933 Satz 1 BGB zur Anwendung kommt, das Scheidungsverfahren gerade nicht mehr durch Urteil zu Ende geführt werden kann. Selbst wenn man den Standpunkt verträte, dass eine „einverständliche Scheidung" nach §§ 1565 Abs. 1, 1566 Abs. 1 BGB auch eine einverständliche Regelung über die Scheidungsfolgen der Nr. 1 und 2 des § 630 Abs. 1 ZPO voraussetzte, so könnte dies nicht auf den Fall der §§ 1933 Satz 1 und 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB übertragen werden. Wenn das Scheidungsverfahren durch den Tod eines der Partner ohnehin nicht mehr zu Ende geführt werden kann, bedarf es auch keiner Scheidungsfolgenregelung. Die erbrechtliche Wirkung des mutmaßlichen Ausganges des Scheidungsverfahrens gemäß der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB kann nicht davon abhängen, ob die Ehegatten noch vor dem Erbfall eine Scheidungsfolgenregelung getroffen hatten oder zufällig hierzu noch nicht gekommen waren. 208 Eine Scheidungsfolgenregelung nach § 630 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ZPO kann daher nicht „Scheidungsvoraussetzung" im Sinne der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB sein.
cc) Die unwiderlegliche Vermutung des Scheiterns nach drei Trennungsjahren (§ 1566 Abs. 2 BGB) Lebten die Ehegatten seit mehr als drei Jahren getrennt, so ist aufgrund der unwiderleglichen Vermutung des § 1566 Abs. 2 BGB ein weiterer Nachweis für das Scheitern der Ehe nicht erforderlich. 209 In diesem Fall sind auch die Scheidungsvoraussetzungen im Sinne der §§ 1933 Satz 1 und 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB erfüllt.
3. Die Rechtsfolge der Ausschlusstatbestände a) Die Rechtsfolge dem Wortlaut nach Zwar haben die Normen, die den Ausschluss der Erbberechtigung des Ehegatten regeln, als Folge des durch den Gesetzgeber beabsichtigten Gleichlaufes teilweise
207 Lange / Kuchinke § 12 II 2 a). 208 OLG Frankfurt NJW-RR 1990 136, 137. 209 Lange /Kuchinke § 12 I I 2 a).
II. Der Verlust vor Rechtskraft der Scheidung
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identische Tatbestands Voraussetzungen, jedoch haben ihre Rechtsfolgeanordnungen dem Wortlaut nach unterschiedliche Reichweiten.
aa) Im Falle des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes (§ 1933 Satz 1 BGB) Das gesetzliche Ehegattenerbrecht des Überlebenden ist dann ausgeschlossen, wenn der Erblasser entweder selbst einen Scheidungsantrag gestellt oder einem Antrag des Überlebenden zugestimmt hat. Solange also nicht beide Ehegatten jeweils einen Scheidungsantrag gestellt haben oder ein Ehegatte dem Scheidungsantrag des anderen zugestimmt hat, ist im Erbfall vor Rechtskraft des Scheidungsurteils nur die Erbberechtigung des Antragsgegners nach dem Antragsteller ausgeschlossen; der Antragsteller bleibt jedoch im Falle des Todes des Antragsgegners dessen gesetzlicher Erbe. Eine analoge Anwendung des § 1933 Satz 1 BGB auf den Antragsteller, der mangels Zustimmung oder eigener Scheidungsklage des Antragsgegners im Falle von dessen Tode gesetzlicher Erbe bleibt, ist mangels Regelungslücke nicht zulässig. Ausweislich der amtlichen Begründung zur Neufassung des § 1933 Satz 1 BGB wollte der Gesetzgeber gerade an der Möglichkeit eines einseitigen Erbrechtsausschlusses unter Anpassen an das Zerrüttungsprinzip festhalten. 210 Im Einzelnen ergibt sich im Falle des Ausschlusses des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes Folgendes: ( 1) Der Verlust der Erbenstellung Ist der Tatbestand des § 1933 Satz 1 BGB erfüllt, verliert der andere Ehepartner alle Rechtspositionen, die auf seiner Stellung als gesetzlicher Erbe beruhen. 211 (2) Der Zugewinnausgleich Die „erbrechtliche Lösung" nach § 1371 Abs. 1 BGB scheitert daran, dass ein zu erhöhender gesetzlicher Erbteil wegen § 1933 Satz 1 BGB gerade nicht existiert. 212 Fraglich ist, ob stattdessen ein Anspruch gegen die Erben auf Zugewinnausgleich bestehen kann. 213 Dieses Recht steht gemäß § 1371 Abs. 2 BGB demjenigen Ehegatten zu, der nicht Erbe oder Vermächtnisnehmer wird. Der Intention des Gesetzgebers, den Überlebenden im Falle des § 1933 Satz 1 BGB einem Ge-
210 BT-Drcks. 7/4361, S. 52 211 Langt/Kuchinke § 12 I I 2; vgl. oben S. 24 ff. 212 Soergel/Stern § 1933 BGB RdNr. 11; Erman/ Schlüter § 2303 BGB RdNr. 30. 213 Dafür BGHZ 99, 304, 306 ff.
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schiedenen gleich zu stellen, entspricht es, § 1371 Abs. 2 BGB zugunsten eben dieses überlebenden Ehegatten Anwendung finden zu lassen. 214 Dies setzt jedoch zunächst voraus, dass der verstorbene Ehegatte den größeren Zugewinn hatte. Ist der Zugewinn des Verstorbenen allerdings kleiner als der des Überlebenden, so muss ein Anspruch der Erben auf Zugewinnausgleich daran scheitern, dass dieser noch nicht entstanden war. 215 (3) Der Unterhaltsanspruch Gemäß § 1933 Satz 3 BGB kann der jeweils überlebende Ehegatte, dessen Erbrecht nach § 1933 Satz 1 BGB ausgeschlossen wurde „wie ein Geschiedener Unterhalt verlangen", also gemäß §§ 1569 bis 1586b BGB. Insoweit wird auf das zum Unterhaltsanspruch gegen die Erben des früheren Ehegatten nach dessen Versterben bereits Gesagte verwiesen. 216 Weil die Unterhaltspflicht der Erben gerade Ausgleich für den Verlust des Erbrechtes nach § 1933 Satz 1 BGB sein soll, entfällt sie in gleicher Weise, wie bei unmittelbarer Anwendung des § 1586b BGB, wenn der Überlebende zuvor auf den Pflichtteil verzichtet hatte. Dasselbe gilt im Falle eines Erbverzichtes durch den Überlebenden, 217,218 soweit er sich nicht den Pflichtteil vorbehalten hatte. 219 Wenn der Unterhaltsanspruch nach § 1586b BGB mit einen noch bestehenden Zugewinnausgleichsanspruch zusammentrifft, sind theoretisch zwei Verfahrensweisen denkbar. Der Zugewinnausgleichsanspruch wird vom Wert des Nachlasses abgesetzt und mindert so den fiktiven Pflichtteil als Grenze des Unterhaltsanspruches oder der kapitalisierte Unterhaltsanspruch mindert den Zugewinn. Hier entscheidet das Regelungsziel des § 1586b BGB, den Unterhaltsberechtigten so zu stellen, als ob er einen Pflichtteilsanspruch hätte. Der Zugewinnausgleichsanspruch ist als Nachlassverbindlichkeit vom Wert des Nachlasses abzuziehen und aus dem sich so ergebenden Wert der Pflichtteil zu bestimmen. 220 Dieser fiktive Pflichtteil bildet die summenmäßige Obergrenze des Unterhaltsanspruches gegen den Nachlass.
214 Battes FamRZ 1977, 433, 435. 215 Erman / Schlüter § 2303 BGB RdNr. 30; BGH NJW 1995, 1832 f. 216 Siehe S. 80 ff. 217 Staudinger /Werner § 1933 BGB RdNr. 14; Soergel/Stein § 1933 BGB RdNr. 13; Dieckmann NJW 1980, 2777, 2778; FamRZ 1992, 633; a. A. Grziwotz FamRZ 1991, 1258 f. 218 Dies entspricht auch der hier zur Frage des Unterhaltsanspruches des geschiedenen Ehegatten gegen die Erben des verstorbenen Partners vertretenen Auffassung, siehe S. 83 ff. 219 Soergel/Stern § 1933 BGB RdNr. 13; Dieckmann NJW 1980, 2777, 2778. 220 Klingelhöffer ZEV 1995, S. 444, 445.
II. Der Verlust vor Rechtskraft der Scheidung
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(4) Der Versorgungsausgleich Die Versorgungsansprüche des Überlebenden werden von dem Erbrechtsausschluss nach § 1933 Satz 1 BGB nicht berührt. Insoweit kommt es allein darauf an, dass die Ehe zum Zeitpunkt des Erbfalles noch bestanden hat. 221 Solange der Überlebende an den Versorgungsanwartschaften des Verstorbenen auch im Falle des § 1933 Satz 1 BGB teilnimmt, bedarf es eines Versorgungsausgleiches nicht. 2 2 2 (5) Die Rechte am Hausrat Die Hausratsverordnung regelt ausweislich ihres Wortlautes nicht die hier betrachtete Fallgestaltung.223 Weil nach dem Wortlaut des § 1933 Satz 1 BGB auch der Voraus nach § 1932 BGB ausgeschlossen wird, kann ein überlebender Ehegatte im Falle der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB die Gegenstände des ehelichen Haushaltes selbst dann nicht über die 30 Tage des § 1969 Abs. 1 BGB hinaus erhalten, wenn er sie dringend benötigen würde. 224 Denkbar wäre hier eine Anwendung der Hausratsverordnung in Analogie zu § 1933 Satz 3 BGB. 2 2 5 Die für eine Analogie erforderliche planwidrige Regelungslücke kann darin bestehen, dass der überlebende Ehegatte in Bezug auf den Hausrat entgegen den Intentionen des Gesetzgebers gegenüber einem bereits Geschiedenen benachteiligt ist. 2 2 6 Damit hat der Gesetzgeber sein Ziel, die vermögensrechtlichen Folgen der Scheidung im Falle des Versterbens eines Ehegatten während des Scheidungsverfahrens vorzuverlegen, nämlich hinsichtlich des Hausrates nicht erreicht. Ebenso besteht hinsichtlich des notwendig gebrauchten Hausrates mit Versterben eines Ehegatten während des Scheidungsverfahrens eine Ausnahmesituation, die mit derjenigen vergleichbar ist, die die Hausratsverordnung regelt. Auch lässt sich die Abwägung des Bedarfs des Überlebenden und der konkreten Interessen der Erben im Rahmen der Hausratsverordnung besser bewerkstelligen als im Rahmen einer schematischen gesetzlichen Regelung oder des Status quo. Hat der Erbe am Hausrat nur ein Vermögensinteresse, so kann dies hinter das existentielle Interesse des überlebenden Ehegatten zurücktreten. Besteht hingegen ein gleichwertiges existentielles Interesse, so kann dem im Rahmen der Billigkeitsklauseln der Hausratsverordnung Rechnung getragen werden. 227
221 MünchKomm/Leipold § 1933 BGB RdNr. 15. 222 Battes FamRZ 1977, 433,435. 223 LG Münster NJW 1947/48, 344 f. 224 Battes FamRZ 1977, 433, 436. 225 So auch Battes FamRZ 1977 433, 436 insbes. Fn. 56; dagegen MünchKomm ! Leipold § 1933 BGB RdNr. 13. 226 Soergel/Stein § 1933 BGB RdNr. 12. 227 Battes FamRZ 1977 433, 436. 9 Wirtz
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Gegen eine Analogie spricht allerdings, dass ein nach rechtskräftiger Scheidung noch laufendes Hausratsverteilungsverfahren auch dann beendet ist, wenn einer der beiden früheren Ehegatten verstirbt. 228 Zwar soll der Erbrechtsausschluss des § 1933 Satz 1 BGB die Wirkungen der Scheidung für die Fälle auf den Zeitpunkt des Erbfalles vorverlegen, in denen die materiellen Scheidungsvoraussetzungen gegeben sind und sich der Lösungswille des Erblassers im Scheidungsantrag manifestiert hat. Mithin wäre die Erstreckung des Rechtsgedankens dieser Norm auch auf die Anwendung der Hausratsverordnung konsequent. Nicht einsichtig ist es jedoch, im Falle des Todes eines der beiden Partner einerseits ein bereits laufendes Hausratsverteilungsverfahren selbst dann zu unterbrechen, wenn die Scheidung bereits erfolgt ist, andererseits aber bei der „Vorverlegung der erbrechtlichen Scheidungswirkungen" nach § 1933 Satz 1 BGB in Analogie zu eben dieser Hausratsverordnung ein Hausratsverteilungsverfahren (erneut) zu beginnen. Die Hausratsverordnung kann daher in den Fällen des §§ 1933 Satz 1 BGB auch nicht entsprechend zur Anwendung kommen; der Hausrat fällt als Teil des Nachlasses an die Erben.
bb) Im Falle der einseitigen letztwilligen Verfügung (§ 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB) (1) Die Reichweite der Unwirksamkeitsanordnung Die Rechtsfolgeanordnung des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB führt dazu, dass Verfügungen des Antragstellers zugunsten des Antragsgegners mit dem Scheidungsantrag grundsätzlich unwirksam werden, Verfügungen des Antragsgegners zugunsten des Antragsstellers jedoch erst dann, wenn dieser einen eigenen Scheidungsantrag gestellt oder dem des Antragsgegners zugestimmt hat. Verfügungen zugunsten Dritter werden von der Unwirksamkeitsanordnung des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht betroffen. Eine Analogie zu Lasten des Ehegatten, der einen einseitigen nicht-konsentierten Scheidungsantrag gestellt hat, dergestalt, dass bei Erfüllen des Tatbestandes des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB eine beiderseitige Unwirksamkeit letztwilliger Verfügungen angenommen wird, 2 2 9 scheitert am Willen des historischen Gesetzgebers. Dieser wollte ausdrücklich eine dem § 1933 Satz 1 BGB entsprechende Regelung schaffen, eben mit der Möglichkeit eines einseitigen Ausschlusses.230 Eine Regelungslücke ist daher nicht gegeben. Die Unwirksamkeitsanordnung des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB kann daher ihrem Wortlaut je nach Verfahrensstand einen oder beide Ehegatten betreffen. 228 MünchKomm/Leipold § 1933 BGB RdNr. 13; Soergel/Heintzmann RdNr. 5; vgl. auch OLG Hamm FamRZ 1965, 220 f. 229 So wohl Staudinger/Otte § 2077 BGB RdNr. 15. 230 BT-Drcks. 7/4361, S. 52.
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II. Der Verlust vor Rechtskraft der Scheidung
(2) Der Unterhaltsanspruch
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nach § 1933 S. 3 BGB
Seiner systematischen Stellung nach gilt § 1933 Satz 3 BGB nur in den Fällen des § 1933 Satz 1 und 2 BGB. Da die Unwirksamkeit nach § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB in denselben Fällen eintritt, wie der Ausschluss des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes (einschließlich des Pflichtteilsanspruches) nach § 1933 Satz 1 BGB, kommt folgerichtig auch in den hier betrachteten Fällen § 1933 Satz 3 BGB unmittelbar zur Anwendung. Der überlebende Ehegatten hat damit einen Unterhaltsanspruch entsprechend den §§ 1569 bis 1586b BGB. 2 3 1
cc) Im Falle der gemeinschaftlichen letztwilligen Verfügung (§ 2268 Abs. 1 Satz 2 BGB) Anders als im Falle des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB ordnet § 2268 Abs. 1 BGB für das gemeinschaftliche Testament an, dass dieses „seinem ganzen Inhalte nach unwirksam" ist, wenn der Erblasser entsprechend dem Wortlaut des in Bezug genommenen § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB entweder „die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte" und die Scheidungsvoraussetzungen gegeben waren. (1) Die Reichweite des Tatbestandes des § 2268 Abs. 1 BGB Der Tatbestand des § 2268 Abs. 1 BGB nimmt Bezug auf die „Fälle des § 2077,, BGB. Kein solcher Fall ist es aber, wenn der Erblasser ursprünglich Gegner eines Scheidungsantrages war, im Zeitpunkt des Erbfalles selbst aber diesem weder zugestimmt noch selbst einen eigenen Scheidungsantrag gestellt hatte. Fraglich ist, ob bei dieser Fallgestaltung das gemeinschaftliche Testamente wirksam bleibt. (a) Das Wirksambleiben des gemeinschaftlichen Testamentes im Falle des einseitigen nicht-konsentierten Scheidungsantrages Ein Teil der Literatur vertritt, das bei dieser Konstellation die Rechtsfolge der Unwirksamkeit eines gemeinschaftlichen Testamentes nicht eintreten soll. 2 3 2 Dies läge auch im Interesse des seinerzeitigen, nunmehr verstorbenen Antragsgegners, denn dieser habe durch seine Passivität zum Ausdruck gebracht, an der Ehe, jedenfalls aber an seinen Vermögensdispositionen für den Fall seines Ablebens, festhalten zu wollen. 233 Bereits vor dem ersten Eherechtsreformgesetz sei dieses Problem
231 So auch vorausgesetzt bei Dieckmann NJW 1980, 2777, 2780; wegen der Einzelheiten wird auf das auf S. 80 ff. Gesagte verwiesen. 232 Lange/Kuchinke § 2416; StaudingerIKanzleiter § 2268 BGB RdNr. 8. 233 Lange ! Kuchinke § 2416.
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bekannt und diskutiert gewesen.234 Daher sei die Entscheidung des Gesetzgebers für diesen Wortlaut eine Bestätigung dafür, dass gerade dieses Fortgelten des gemeinschaftlichen Testamentes des ursprünglichen Antragsgegners im Falle des einseitigen, nicht-konsentierten Scheidungsantrages durch den Gesetzgeber gewollt sei. Allerdings solle ein Anfechtungsrecht nach § 2078 Abs. 2 BGB zugelassen werden, das sich darauf stütze, dass die Ehegatten sich nur unter der Voraussetzung etwas zugewendet hätten, dass die Ehe nicht zerrüttet werde. 235 (b) Die erweiternde Auslegung der §§ 2268 Abs. 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB Die Gegenauffassung hält es für systemwidrig, das Einsetzen der Unwirksamkeitsanordnung danach zu bestimmen, welcher Verfahrensbeteiligte zuerst verstirbt. 236 Anders als im Rahmen eines Einzeltestamentes verfügten im gemeinschaftlichen Testament gerade beide Eheleute als Erblasser. 237 Bereits nach dem Wortlaut der Verweisung sei damit der Tatbestand der §§ 2268, 2077 Abs. 1 BGB mit dem Scheidungsantrag des Überlebenden und dem Eintreten der materiellen Scheidungsvoraussetzungen erfüllt. Es könne daher eben nicht in gleicher Weise wie zu § 2077 Abs. 1 und 3 BGB argumentiert werden, dass eine analoge Anwendung des § 2268 BGB auf den Fall des nicht-konsentierten und einseitigen Scheidungsantrages des Überlebenden mangels Regelungslücke238 ausgeschlossen • 239
sei. Schon vor dem ersten Eherechtsreformgesetz wurde daher vertreten, dass der Eintritt der Unwirksamkeit eines gemeinschaftlichen Testamentes nach § 2268 BGB während eines Scheidungsverfahrens nicht von der Reihenfolge des Versterbens der Ehegatten abhängen kann. 240 Wenngleich die Begründung der Kommissionsmehrheit seinerzeit nur auf den ausdrücklich benannten Fall des Versterbens des Scheidungsklägers abgestellt habe, 241 so habe die Unwirksamkeitsanordnung auch im Falle Versterbens des Scheidungsbeklagten eintreten sollen. Andernfalls bliebe das gemeinschaftliche Testament wirksam, obwohl die Scheidung und damit die 234 Vgl. zum alten Recht: Dernburg Band V, § 91 Fn. 2; Leonard § 2268 BGB Anm. I I C; a. A. Planck/ Greif § 2268 BGB Anm. 2c; RGRK /Johannsen § 2268 BGB RdNr. 3. 235 Staudinger/ Kanzleiter § 2268 BGB RdNr. 8; Reimann/Möryer § 2268 BGB RdNr. 14; Lange/Kuchinke § 241 6. 236 MünchKomm / Musielak § 2268 BGB RdNr. 13; Planck/Greift 2268 BGB Anm. 2 c; Alternativkommentar/Schaper § 2268 BGB RdNr. 15. 237 Erblasser ist, wer durch Verfügung von Todes wegen Vorsorge für das Schicksal seines Nachlasses trifft; MünchKomm/Leipold § 1922 BGB RdNr. 5. 238 Für eine Regelungslücke Altemativkommentar/Sc/iaper § 2268 BGB RdNr. 15; Reimann/Mayer § 2268 BGB RdNr. 14. 239 So mit Bezug auf den Wortlaut Reimann/Mayer § 2268 BGB RdNr. 14. 240 Planck /Greift 2268 BGB Anm. 2 c; Dernburg Band V, § 91 Fn. 2. 241 Protokolle Mugdan Band V, S. 721.
II. Der Verlust vor Rechtskraft der Scheidung
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Unwirksamkeit nur durch den „zufälligen" Tod eines der Partner verhindert wurde. Genau diese Unwirksamkeit habe der Scheidungskläger mit der Klageerhebung jedoch „miterstrebt". 242 An dieser Überlegung könne sich auch durch die Einführung des Zerrüttungsprinzipes im Scheidungsrecht und durch den hiermit ausgedrückten Wandel des gesellschaftlichen Verständnisses der Ehe nichts geändert haben, denn dieser habe auf den hier diskutierten Streit keine Auswirkungen. Mit dem Wegfall der ehelichen Lebensgemeinschaft als Grundlage des Gestaltungsprivilegs der gemeinschaftlichen letztwilligen Verfügung sollte auch diese selbst entfallen, weil das Gesetz unterstelle, dass diese gerade aufgrund der Ehe vorgenommen worden sei und daher ihre Wirkungen, insbesondere die Bindung des Überlebenden, mit deren Zerreißen nicht mehr gewollt sei. 243 Das Vorverlegen der Unwirksamkeitsanordnung auf einen Zeitpunkt vor rechtskräftiger Auflösung der Ehe zeige, dass das materielle Scheitern der Ehe in Verbindung mit Rechtshängigkeit eines gerichtlichen Verfahrens zu deren formellen Beendigung der entscheidende Gesichtspunkt für das Unwirksamwerden des gemeinschaftlichen Testamentes sei. 244 (c) Stellungnahme Das Übernehmen der Differenzierung des § 2077 Abs. 1 BGB danach, welcher der Ehepartner im Falle eines einseitigen nicht-konsentierten Scheidungsantrages verstirbt, wird dem Wesen des gemeinschaftlichen Testamentes als gemeinsamer Verfügung von Todes wegen der Partner einer Ehe nicht gerecht. 245 Folgte man der ersten Auffassung, würde nicht nur die vom Gesetzgeber gewollte 246 Vorverlegung der Wirkung eines rechtskräftigen Scheidungsurteiles gemäß §§ 2268, 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB unterlaufen. Es bliebe vielmehr das ansonsten mit Rechtskraft des Scheidungsurteiles insgesamt grundsätzlich unwirksam gewordene gemeinsame Testament endgültig wirksam, weil ein Scheidungsurteil, dass die Rechtsfolge der §§ 2268, 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB auslösen könnte, nach dem Tode eines der Partner gerade nicht mehr ergehen kann. Zudem kann das Fortgelten des gemeinschaftlichen Regelungskomplexes für den Überlebenden auch den Nachteil haben, dass seine eigene Testierfreiheit entsprechend den gemeinschaftlich getroffenen Regelungen eingeschränkt bleibt. 242 Planck/Greif § 2268 BGB Anm. 2 c; Dernburg Band V, § 91 Fn. 2. 243 Vgl. Alternativkommentar ! Schaper § 2268 BGB RdNr. 15; ebenso bereits zu altem Recht RGRKI Johannsen § 2269 BGB RdNr. 3. 244 Alternativkommentar/Schaper § 2268 BGB RdNr. 15. 245 Alternativkommentar / Schaper § 2268 BGB RdNr. 15; MünchKomm / Musielak § 2268 BGB RdNr. 13; Ebenroth RdNr. 218. 246 Dies wurde durch die Anpassung der §§ 1933 und 2077 BGB mit dem 1. EheRG bestätigt - die ursprüngliche Regierungsvorlage hatte die Vorverlegung ja gerade nicht mehr enthalten; BT.-Drcks. 7/650, S. 179 u. 274; 7/4361, S. 52.
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Dies wird typischerweise gerade nicht den Wünschen des Überlebenden entsprechen. Soweit dies für einzelne Verfügungen ausnahmsweise doch der Fall sein sollte, trägt dem die Ausnahmeregelung des § 2268 Abs. 2 BGB ausreichend Rech247
nung. Das durch die erste Auffassung vorgeschlagene Anfechtungsrecht vermag ebenfalls nicht zu überzeugen. Entweder wird es in allen Fällen als Grundsatz angenommen oder sein Tatbestand vermutet. In beiden Fällen würde es regelmäßig auch dann bestehen, wenn im konkreten Fall gerade keine Anhaltspunkte für die Tatbestandeserfüllung gegeben sind. Andernfalls könnte aber das Anfechtungsrecht die ihm nach dieser ersten Auffassung zugedachte Funktion nicht erfüllen, weil der Anfechtende jeweils die stillschweigende Voraussetzung der zukünftigen Nicht-Zerrüttung zu beweisen hätte. Dadurch wird der Anfechtende zusätzlich gegenüber den Fällen benachteiligt, in denen die Unwirksamkeitsanordnung nach § 2268 Abs. 1 BGB einschlägig wäre. Nach richtiger Auffassung ist § 2268 BGB daher so zu lesen, 248 dass die Unwirksamkeit eines gemeinschaftlichen Testamentes dann eintritt, wenn einer der Ehegatten einen Scheidungsantrag gestellt hat und die materiellen Scheidungsvoraussetzungen im Übrigen gegeben sind. 249 (2) Der Unterhaltsanspruch
nach § 1933 Satz 3 BGB
Wie in den Fällen des §§ 2077 Abs. 2 Satz 1 BGB ist in den Fällen der Unwirksamkeit eines gemeinschaftlichen Testamentes gemäß §§ 2268 Abs. 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB stets auch der Verlust des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes gegeben. Damit steht dem Überlebenden der Unterhaltsanspruch gemäß § 1933 Satz 3 BGB gegen den Nachlass zu. Es wird insoweit auf das oben bereits hierzu Gesagte ver-
247 Alternativkommentar ! Schaper § 2268 BGB RdNr. 15; so schon zum alten Recht RGRKI Johannsen § 2268 BGB RdNr. 3. 248 Möglicherweise ist in diese Richtung auch die Bezugnahme auf eine Unwirksamkeit aufgrund „Auslegung" bei Reimann I Mayer § 2268 BGB RdNr. 14 zu verstehen - strenggenommen endet aber die Auslegung an dem hier sehr eindeutigen Wortlaut der §§ 2268 Abs. 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB. Ahnlich und im Ergebnis ablehnend Lange / Kuchinke § 2416. 24 9 MünchKomm/Musielak § 2268 BGB RdNr. 13; Erman/Schmidt § 2268 BGB RdNr. 4; so auch bereits zur Lage vor der Reform: RGRK /Johannsen § 2268 BGB RdNr. 3; Schlüter RdNr. 329; Ebenroth RdNr. 218. 2 50 Siehe S. 80 ff.
II. Der Verlust vor Rechtskraft der Scheidung
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dd) Im Falle des Erbvertrages (§ 2279 BGB) Gemäß § 2279 Abs. 1 BGB richtet sich die Auswirkung eines Scheidungsverfahrens auf vertragsmäßige Verfügungen nach den entsprechend anzuwendenden Vorschriften für letztwillige Verfügungen. Weil, wie gezeigt, Ziel der Verweisung des § 2279 BGB insoweit § 2077 Abs. 1 BGB ist, 2 5 1 ist für den Fall des Versterbens eines Ehegatten vor Rechtskraft des Scheidungsurteils § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB einschlägig. Dieser verweist in der Rechtsfolge auf die grundsätzliche Unwirksamkeitsanordnung des Satzes 1 in Bezug auf die Verfügungen des Erblassers zugunsten des überlebenden Ehegatten, wenn die Ehe scheidungsreif ist und der Verstorbene Scheidungsantrag gestellt oder dem seines Partners zugestimmt hat. Für Erbverträge zwischen Ehegatten wird diese Rechtsfolge durch § 2279 Abs. 2 BGB auf Verfügungen zugunsten Dritter erweitert. Unklar ist, ob die grundsätzliche Unwirksamkeitsanordnung der §§ 2279, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB auch gilt, wenn der Verstorbene nur Gegner eines Scheidungsantrages war, ohne diesem zugestimmt oder selbst einen entsprechenden Antrag gestellt zu haben. (1) Der Erblasser einer vertragsmäßigen der §§ 2077 Abs. 1 Satz 2, 2279 BGB
Verfügung
im Sinne
Zunächst ist fraglich, wer Erblasser der vertraglichen Verfügungen eines Erbvertrages ist, denn nur dessen Verfügungen sind Gegenstand der Rechtsfolgenanordnung der §§ 2077 Abs. 1 Satz 2, 2279 BGB. Der Erbvertrag ist anders als das gemeinschaftliche Testament keine „gemeinschaftliche Verfügung". Der in einem Erbvertrag Verfügende bindet sich zwar seinem Partner gegenüber, verfügt jedoch nicht notwendiger Weise auch gemeinschaftlich mit ihm. Lediglich beim zweiseitigen Erbvertrag, bei dem beide Partner vertragsmäßig verfügen, verlangt die Form des § 2276 BGB ein Verhalten, das im Zusammenhang mit der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testamentes einen „Errichtungszusammenhang" begründen würde. 252 Die Eigenart des Erbvertrags besteht jedoch in der bereits lebzeitigen Bindung des letztwillig Verfügenden gegenüber seinem Vertragspartner. Deshalb ist Wesensmerkmal des Erbvertrages auch das Vorhandensein wenigstens einer vertraglichen Verfügung. 253 Erblasser einer vertragsmäßigen Verfügung eines Erbvertrages ist daher, wer dieselbe getroffen hat. 2 5 4 Ein einseitiger Erbvertrag kennt daher nur einen Erblas251 Siehe S. 99 ff. 252 Vgl. hierzu MünchKomm I Musielak § 2276 BGB RdNr. 4 und ders. Vor § 2265 BGB RdNr. 9 sowie Staudinger/ Kanzleiter Vorbem. zu §§ 2265 ff. BGB RdNr. 31 und RdNr. 22. 253 MünchKomm/Musielak Vor § 2274 BGB RdNr. 7; Soergel /Wolf § 2274 BGB RdNr. 6; Staudinger / Kanzleiter Vorbem. zu § 2274 ff. BGB RdNr. 23; Alternativkommentar /Finger § 2274 BGB RdNr. 2.
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ser; der Zweiseitige muss zwei verschiedene Erblasser haben. 255 Die Aufnahme einseitiger Verfügungen in einen Erbvertrag vermag hingegen die Erblasserstellung im Sinne der §§ 2274 ff. BGB nicht zu begründen, sondern lediglich in Bezug auf die testamentarisch vorgenommenen Verfügungen. 256 Anders als im Falle des gemeinschaftlichen Testamentes kann der überlebende Ehegatte, der in einem zweiseitigen Erbvertrag mit seinem Partner ebenfalls von Todes wegen verfügt hat, nicht gemeinsam mit dem Verstorbenen Erblasser im Sinne der §§ 2279, 2077 Abs. 2 Satz 2 BGB sein. 257 Eine „automatische Tatbestandserfüllung" wie im Falle des gemeinschaftlichen Testamtentes,258 sobald einer der Ehegatten einen Scheidungsantrag gestellt hat, kann es im Falle des zweiseitigen Erbvertrages nicht geben. Fehl gehen muss nach dem Vorgesagten die auf einem missverstandenen Urteil des OLG Hamm vom 15. 10. 1964 basierende Auffassung, dass Erblasser eines zweiseitigen Erbvertrages nur der jeweils Erstverstorbene ist. 2 5 9 Zwangsläufig ist der Erstverstorbene Erblasser, soweit er selbst von Todes wegen verfügt hat. Daher kommt es für den Tatbestand der §§ 2279, 2077 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 BGB auf seine Person an. 2 6 0 Der Überlebende ist in Ansehung „seiner" bindenden Verfügungen ebenfalls „Erblasser", allerdings eben nur er und nur in Bezug auf diese. 261 Nichts anderes besagt die oben erwähnte, missverstandene Entscheidung des OLG Hamm; ihr ging es vorrangig um die Abgrenzung zum gemeinschaftlichen Testament.262 Die Unwirksamkeitsanordnung der §§ 2279, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB betrifft nach ihrem Wortlaut jedenfalls diejenigen vertraglichen Verfügungen, deren Verfasser einen Scheidungsantrag gestellt oder dem des anderen Ehepartners zugestimmt hat. Hinsichtlich der Wirksamkeit von vertraglichen Verfügungen eines verstorbenen Ehegatten, der ursprünglicher Antragsgegner war, selbst jedoch we254 Staudinger / Kanzleiter § 2274 BGB RdNr. 4; MünchKomm /Musielak § 2274 BGB RdNr. 5; Soergel/ Wolf ξ 221A BGB RdNr. 4. 255 Staudinger/ Kanzleiter § 2274 BGB RdNr. 4; OLG Hamm FamRZ 1965, 76, 78; vgl. auch Alternativkommentar /Finger § 2274 BGB RdNr. 4; widersprüchlich Soergel /Wolf § 2279 BGB RdNr. 6 zu § 2274 BGB RdNr. 4. 256 MünchKomm /Musielak § 2274 BGB RdNr. 5; vgl. auch Staudinger/ Kanzleiter § 2274 BGB RdNr. 4; unscharf insoweit Soergel / Wolf Vor § 2274 BGB RdNr. 4. 257 Reimann/Mayer § 2279 BGB RdNr. 16; so wohl auch Soergel/ Wolf § 2279 BGB RdNr. 6. 258 Siehe S. 132. 259 Soweit hier OLG Hamm FamRZ 1965, 78, 79 zitiert wird, beruht dies auf einem Missverständnis der Entscheidungsgründe, nachzulesen ζ. B. in BayObLG NJW-RR 1990, 200, 201; Soergel/ Wolfi 2279 BGB RdNr. 6 oder Staudinger/Kanzleiter § 2279 BGB RdNr. 13. 260 Und nur darum ging es dem OLG Hamm in seiner Entscheidung vom 15. 10. 1964 FamRZ 1965, 68 ff. 261 Lange JuS 1965, 347, 349. 262 Vgl. hierzu BayObLG FamRZ 1990, 322, 323.
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der einen eigenen Antrag gestellt, noch dem seines Partners zugestimmt hat, kommt es möglicherweise darauf an, ob die fragliche Verfügung Teil eines einseitigen oder eines zweiseitigen Erbvertrages ist. (2) Die Wirksamkeit der vertraglichen des einseitigen Erbvertrages
Verfügungen
im Falle
Als „einseitig" wird ein Erbvertrag dann bezeichnet, wenn nur einer der Vertragsteile eine vertragliche Verfügung von Todes wegen vorgenommen hat. 263 Hat der Verfügende (also der Erblasser) eines solchen einseitigen Erbvertrages selbst Scheidungsantrag gestellt oder dem des Überlebenden zugestimmt, so sind seine Verfügungen zugunsten des anderen Ehegatten grundsätzlich gemäß § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 2279 Abs. 1 BGB unwirksam. Dies wird durch § 2279 Abs. 2 BGB auch auf die übrigen Verfügungen des Erbvertrages erweitert, wenn der überlebende Ehegatte auch der Vertragspartner war. Was zu gelten hat, wenn der Erblasser weder einen eigenen Scheidungsantrag gestellt noch dem des Überlebenden zugestimmt hat, regelt das Gesetz nicht ausdrückliche. 264 (a) Die Anwendung des Rechtsgedankens des § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB Teilweise wird vertreten, dass es für den Bestand einer erbrechtlichen Verfügung nicht darauf ankommen könne, ob die zerrüttete Ehe durch den zufälligen Tod des einen oder des anderen Partners beendet wird, wenn die Ehe im Übrigen scheidungsreif war. 265 Danach wäre der Anwendungsbereich der §§ 2279, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB im Wege der Analogie soweit auszudehnen, dass auch dann, wenn nur der Überlebende einseitig und ohne Zustimmung des verstorbenen Antragsgegners einen Scheidungsantrag gestellt hätte, Verfügungen zugunsten eben dieses Überlebenden in entsprechender Anwendung des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB grundsätzlich unwirksam sein sollten. Dasselbe hätte wegen § 2279 Abs. 2 BGB für vertragliche Verfügungen des Verstorbenen zugunsten Dritter zu gelten, wenn der Erbvertrag zwischen den Eheleuten abgeschlossen worden wäre.
263 Staudinger/Kanzleiter Vorbem. zu §§ 2274 ff. BGB RdNr. 20; MünchKomm/Musielak Vor § 2274 BGB RdNr. 23; Soergel/Wolf Vor § 2274 BGB RdNr. 11; Planck/Greif Vorbemerkung Erbvertrag Anm. 3. 264 Reimann /Mayer § 2279 BGB RdNr. 16. 265 Alternativkommentar/Finger § 2279 BGB RdNr. 4; ähnlich Staudinger/ Otte § 2077 BGB RdNr. 15 bereits für den entsprechenden Fall der direkten Anwendung des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB.
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(b) Das Erfordernis der Initiative des Erblassers in § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB Die Gegenauffassung widerspricht dem unter Hinweis auf den Wortlaut des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dieser verlange ausdrücklich, dass gerade der Erblasser wenigstens auch die Initiative zur Auflösung der Ehe ergriffen haben müsse, wenn die letztwillige Verfügung zugunsten seines Ehegatten gelöst werden soll. 2 6 6 Solange der Verstorbene also nicht selbst Scheidungsantrag gestellt oder dem seines Gatten zugestimmt hätte, könnte die Wirksamkeit seiner vertraglichen Verfügungen nicht durch §§ 2077 Abs. 1 Satz 2, 2279 BGB beeinträchtigt werden. (c) Stellungnahme Die zuletzt genannte Lösung wurde bereits unter der Geltung des Schuldprinzips vertreten und war damals als Sanktion für das eheschädliche Verhalten des Scheidungsbeklagten, die der Kläger durch seine Scheidungsklage auslösen konnte, auch sachlich gerechtfertigt. Dem entsprach es folgerichtig, wenn er selbst im Falle des Ablebens des „schuldigen" Partners erbberechtigt blieb, solange er nicht derart „mitschuldig" wurde, dass auch der andere zur Scheidungsklage berechtigt war und hiervon auch Gebrauch gemacht hatte. 267 Mit Einführung des Zerrüttungsprinzips ist diese Überlegung nicht mehr tragfähig. 268 Entscheidend bleibt jedoch, dass der Erblasser eines einseitigen Erbvertrages, der Gegner eines einseitigen, nicht-konsentierten Scheidungsantrages ist, den Tatbestand des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB gerade nicht erfüllt. 269 Dieser verlangt in seiner nach Einführung des Zerrüttungsprinzips geänderten Fassung, dass sich der Wille des Erblassers, die Ehe zu lösen, in der Zustimmung zum Scheidungsantrag des Partners oder dem Stellen eines eigenen Antrages manifestiert hat. 2 7 0 Fehlt es an einer solchen Manifestation, weil der Verstorbene weder selbst Scheidungsantrag gestellt, noch dem des Überlebenden zugestimmt hat, so ist der Ausschlusstatbestand der §§ 2279, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB in Ansehung der vertraglichen Verfügungen des Erblassers nicht erfüllt; dieselben behalten mithin ihre Wirksamkeit. 2 7 1 266 Staudinger/Kanzleiter § 2279 BGB RdNr. 13; Planck/ Greif § 2279 BGB Anm. 3; MünchKomm/Musielak § 2279 BGB RdNr. 8 m. w. Nachw.; unklar insoweit: Erman/ Schmidt § 2279 BGB RdNr. 4; Reimann /Mayer § 2279 BGB RdNr. 13. 267 So auch Planck/ Greif § 2279 BGB Anm. 3. 268 Alternativkommentar / Finger § 2279 BGB RdNr. 4. 269 Reimann/Mayer § 2279 BGB RdNr. 16; OLG Hamm FamRZ 1965, 78 f.; BayObLG NJW-RR 1990, 200, 201; OLG Zweibrücken NJW-RR 1998, 941, 942; Dieterle BWNotZ 1970, 17; StaudingerlKanzleiter § 2279 BGB RdNr. 13; Lange/Kuchinke § 25 VIII 2 b; Erman!Schmidt § 2279 BGB RdNr. 4; Lange JuS 1965, 347, 349 zur Rechtslage vor dem 1. EheRÄndG. 270 MünchKomm /Musielak § 2279 BGB RdNr. 8. 271 Planck ! Greift 2279 BGB Anm. 3.
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(3) Die Wirksamkeit der vertraglichen des zweiseitigen Erbvertrages
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im Falle
Fraglich ist, ob dies auch im Fall des zweiseitigen Erbvertrages zu gelten hat. Als „zweiseitig" wird ein Erbvertrag bezeichnet, wenn darin beide Vertragspartner vertragsmäßig letztwillige Verfügungen treffen. 272 Auch hier trifft das Gesetz keine ausdrückliche Regelung über die Wirksamkeit einer vertraglichen Verfügung deren - verstorbener - Erblasser Gegner eines Scheidungsantrages war, ohne dass er diesem zugestimmt oder einen eigenen Antrag gestellt hätte. (a) Erfordernis der Initiative des Erblassers Auch hier wird vertreten, dass es für die Anwendung des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB ausschließlich darauf ankomme, ob der erstversterbende Ehegatte den Tatbestand dieser Norm erfülle. 273 Der Wortlaut der §§ 2279, 2077 Abs. 1 BGB spreche auch hier dafür, dass die Verfügungen des Antragsgegners nicht unwirksam werden können, weil der Tatbestand des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB diesen Fall nicht umfasse. Der mit dem Scheidungsantrag angegriffene Ehegatte habe, wolle er verhindern, dass der Antragsteller ihn noch beerbt, nur die Möglichkeit, zwischen der Zustimmung zur Scheidung oder einer Anfechtung des Erbvertrages zu wählen, wenn er nicht selbst auch die Scheidung beantragen wolle. Andernfalls müssten die Verfügungen des Verstorbenen in dem fraglichen Erbvertrag aufrechterhalten bleiben. 274 Erst nach einer Anfechtung soll über § 2298 Abs. 1, 3 BGB eine Unwirksamkeit auch der vertragsmäßigen Verfügungen des Verstorbenen eintreten können. 275 (b) Anwendung des § 2298 Abs. 1 BGB Nach der Gegenauffassung tritt die Unwirksamkeit der Verfügungen des Antragsgegners, also hier des erstverstorbenen Erblassers, im Falle des zweiseitigen Erbvertrages aufgrund der Nichtigkeit aller vertragsmäßigen Verfügungen des Vertrages nach den §§ 2298 Abs. I 2 7 6 und 3, 2077 Abs. 1 Satz 2, 2279 Abs. 1 BGB
272 StaudingerIKanzleiter Vorbem. zu §§ 2274 BGB RdNr. 20 f.; MünchKomm/Musielak Vor § 2274 BGB RdNr. 24; Alternativkommentar /Finger § 2274 BGB RdNr. 4; Planck/ Greif Vorbemerkung Erbvertrag Anm. 3. 273 Staudinger / Kanzleiter § 2279 BGB RdNr. 13; hangt ! Kuchinke § 25 VIII 2 b) offen, aber vermutlich missverständlich, weil dieser Vorbehalt in § 35 15 nicht mehr gemacht wird. 274 Reimann /Mayer § 2279 BGB RdNr. 16; StaudingerI Kanzleiter § 2279 BGB RdNr. 13, 14. 275 Staudinger/ Kanzleiter § 2279 BGB RdNr. 13, 14; so im Ergebnis auch Lange JuS 1965, 347, 349 zu altem Recht. 276 MünchKomm/Musielak § 2298 BGB RdNr. 2; Erman /Schmidt § 2279 BGB RdNr. 4; OLG Hamm ZEV 1994, 367, 368 f.
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automatisch ein. 2 7 7 Für den Fall des zufälligen Versterbens des Antragsgegners brauchte nach dieser Meinung § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB ursprünglich deswegen keine eigene Regelung zu treffen, weil die testamentarische Verfügung, mit der ein Erblasser seinen erstversterbenden Ehegatten bedenkt, nach §§ 1923, 2108, 2160 BGB mit dessen Tod ohnehin in's Leere laufen musste. 278 (c) Stellungnahme Die besseren Argumente sprechen hier für die zweite Auffassung. Schon nach dem Wortlaut des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB würden die Verfügungen des Antragsstellers beim zweiseitigen Erbvertrag unter Ehegatten gemäß § 2279 Abs. 1 BGB unwirksam sein. Unwirksamkeit aufgrund des § 2077 Abs. 1 BGB ist jedoch auch Nichtigkeit im Sinne des § 2298 Abs. 1 BGB. Wie gezeigt, muss auch im Falle des § 2077 Abs. 1 BGB für die übrigen vertragsmäßigen Verfügungen § 2298 Abs. 1 BGB gelten. 279 Richtigerweise muss hier allerdings wegen der Wirkung des § 2298 Abs. 2 BGB zwischen den Fällen eines zweiseitigen Erbvertrages differenziert werden, in denen der andere Vertragspartner der Ehegatte ist, und solchen, in denen dies ein Dritter ist. (aa) Der Ehegatte als Vertragspartner Ist der antragstellende Ehegatte Vertragspartner, so sind dessen Verfügungen nach dem Wortlaut der §§ 2077 Abs. 1 Satz 2, 2279 Abs. 1 und 2 BGB grundsätzlich unwirksam, wenn die Scheidungsvoraussetzungen im Übrigen gegeben sind. 280 Aufgrund dessen ergibt sich die Unwirksamkeit des „gesamten Vertrages" nach § 2298 Abs. 1 BGB - mithin auch der Verfügungen des Antragsgegners der selbst weder einen Scheidungsantrag gestellt, noch dem seines Partners zugestimmt hat. 281 (bb) Ein Dritter als Vertragspartner Ist ein Dritter Vertragspartner, entspricht die Situation derjenigen des einseitigen Erb Vertrages. Der Scheidungsantrag des Ehegatten, der nicht Vertragspartner ist, 277 Planck/Greif § 2279 BGB Anm. 3; MünchKomm/Musielak § 2298 BGB RdNr. 3; § 2279 BGB RdNr. 9; unklar Staudinger/ Kanzleiter in § 2298 BGB RdNr. 7; Lange / Kuchinke § 35 I 5a) wie hier, § 25 VIII 2.b) unklar; a. A. Reimann/M^er § 2279 BGB RdNr. 5; Höfer BWNotZ 1984, 113, 114. 278 Vgl. MünchKomm /Musielak § 2279 BGB RdNr. 8. 279 Siehe S. 101. 280 Planck/ Greif § 2279 BGB Anm. 3. 281 MünchKomm/Musielak § 2279 BGB RdNr. 9; ders. § 2298 BGB RdNr. 2; Soergel/ WolfS 2279 BGB RdNr. 6; Alternativkommentar/Finger § 2279 BGB RdNr. 5; Erman/ Schmidt § 2279 BGB RdNr. 4; OLG Hamm ZEV 1994, 367.
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kann nicht nach §§ 2077 Abs. 1 Satz 2, 2279 BGB die Unwirksamkeit von dessen vertraglichen Verfügungen auslösen. Daher kann § 2298 Abs. 1 BGB nicht eingreifen und zur Unwirksamkeit der übrigen Verfügungen des verstorbenen Ehegatten führen. Diese können nach dessen Wortlaut auch nicht unmittelbar nach § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB grundsätzlich unwirksam werden, weil der erstverstorbene Erblasser einen Scheidungsantrag gerade nicht gestellt hat und auch keinem des überlebenden Partners zugestimmt hat. Damit kann auch die Verfügung des Verstorbenen zugunsten des außerhalb des Vertrages stehenden Ehegatten nicht unwirksam werden. Dies wäre nur im Rahmen der hier abgelehnten erweiterten Anwendung des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB auch auf das Erbrecht nach dem Antragsgegner eines einseitigen nicht-konsentierten Scheidungsantrages der Fall. Die Verfügungen des dritten Vertragspartners selbst bleiben ebenfalls wirksam, weil eine Unwirksamkeit weder durch den Scheidungsantrag des nicht am Erbvertrag beteiligten Ehepartners noch über § 2298 Abs. 1 BGB über eine etwaige Unwirksamkeit der Verfügungen des am Erbvertrag beteiligten Ehegatten ausgelöst werden kann. Etwas anderes gilt nur, wenn der vertraglich verfügende Ehegatte noch zu Lebzeiten den Erbvertrag aufgrund des Scheidungsantrages seines Partners gemäß §§ 2281 Absatz 1, 2078 Abs. 1 BGB wirksam angefochten hat. Dann kann über § 2298 Abs. 1 BGB mit der Nichtigkeit des gesamten Vertrages auch die Nichtigkeit der Verfügungen des Dritten eintreten. Dasselbe gilt für den Fall der Ausübung eines etwa vorbehaltenen Rücktrittsrechtes. (4) Zwischenergebnis Nach dem Wortlaut der §§ 2279, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB werden die erbvertraglichen Verfügungen eines verstorbenen Ehegatten grundsätzlich nicht unwirksam, wenn nur der Überlebende einen Scheidungsantrag gestellt und der Verstorbene diesem nicht zugestimmt hat. Nur im Fall des zweiseitigen Erbvertrages unter Ehegatten werden solche Verfügungen des verstorbenen aufgrund der Wirkung des § 2298 BGB unwirksam. (5) Exkurs: Das Schicksal einseitiger Verfügungen in Erbverträgen, deren vertragliche Verfugungen nach §§ 2077 Abs. 1 Satz 2, 2279 und ggf. 2298 Abs. 1 BGB unwirksam werden Fraglich ist, ob sich die Unwirksamkeit vertraglicher Verfügungen nach §§ 2279, 2077, 2298 BGB auch auf die Wirksamkeit etwa vorhandener einseitiger Verfügungen niederschlagen kann. Teilweise wird die Auffassung vertreten, § 2299 Abs. 3 BGB sei insoweit analog anzuwenden, so dass etwaige einseitige Verfügungen ebenfalls grundsätzlich un-
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wirksam wären. Etwas anderes soll nur gelten, wenn eine oder mehrere der an sich unwirksamen vertragsmäßigen Verfügungen aufrechterhalten bleiben. 282 Hiergegen spricht nach anderer Meinung schon die gesetzliche Systematik, die auf einseitige Verfügungen „in einem Erbvertrag" gemäß § 2299 Abs. 2 BGB grundsätzlich Testamentsrecht anwendet. Nach seinem Wortlaut könne sich aber § 2298 BGB nur auf vertragsmäßige Verfügungen beziehen. Gleich, ob diese nun insgesamt wegen § 2298 Abs. 1 BGB unwirksam seien oder teilweise nach § 2298 Abs. 3 BGB aufrechterhalten würden, berühre dies die Wirksamkeit etwa vorhandener, einseitiger Verfügungen grundsätzlich nicht. 283 Dem könne nur die Wertung des § 2085 BGB entgegenstehen,284 wenn anzunehmen wäre, dass diese einseitigen Verfügungen ohne die gemäß §§ 2279, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 2298 Abs. 1 BGB nichtigen vertraglichen Verfügungen nicht getroffen worden wären. Allerdings soll dann noch immer eine Aufrechterhaltung als Testament nach § 140 BGB denkbar sein. 285 Für diese letztgenannte Auffassung spricht der klare Wortlaut des § 2299 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 BGB. Nur in den dort genannten beiden Fällen treten die einseitigen Verfügungen eines Erbvertrages „automatisch" außer Kraft, soweit nicht ein anderer Wille des jeweiligen Erblassers anzunehmen ist. Für eine Analogie zu § 2299 Abs. 3 BGB fehlt es hier schon an der erforderlichen Gesetzeslücke. Es bleibt daher festzuhalten, dass die Wirksamkeit „in einem Erbvertrage" enthaltener einseitiger Verfügungen des Verstorbenen, die nicht nach § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB grundsätzlich unwirksam sind, nur dann das Schicksal der nach §§ 2279, 2298 BGB unwirksam gewordenen vertraglichen Verfügungen teilen, wenn nach § 2085 BGB anzunehmen ist, dass der Erblasser die einseitige Verfügung nicht ohne den Erbvertrag getroffen hätte.
ee) Im Falle der Schenkung von Todes wegen (§ 2301, 2077 Abs. 2 Satz 1 BGB) Die Bestimmung des § 2301 BGB, auf Schenkungen von Todes wegen die Vorschriften über letztwillige Verfügungen anzuwenden, muss für den Fall des Todes eines der Ehepartner vor Rechtskraft der Scheidung die Anwendbarkeit des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB nach sich ziehen, weil Verweisungsziel direkt oder über § 2279 BGB jedenfalls § 2077 Abs. 1 BGB ist. 2 8 6 Die Fälle, in denen eine Schen282 Soergel/ Wolf § 2298 BGB RdNr. 2; in diese Richtung wohl zu verstehen v. Lübtow, der alle einseitigen Verfügungen unwirksam werden lassen will, wenn „der Erbvertrag nichtig" ist, Bd. 1, S. 473. 283 Erman / Schmidt § 2298 BGB RdNr. 2; MünchKomm /Musielak § 2279 BGB RdNr. 3. 284 Soergel / Wolf § 2085 BGB RdNr. 14; Reimann/Mayer § 2298 BGB RdNr. 3; RGRK/ Kregel § 2298 BGB RdNr. 2; MünchKomm / Leipold § 2085 BGB RdNr. 11; so v. Lübtow, für die Teilunwirksamkeit des Erbvertrages, Bd. 1 S. 475; auch Höfer BWNotZ 1984, 113, 114. 285 Kipp/Coing § 42 VI; Höf er BWNotZ 1984, 113, 114 f.
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kung von Todes wegen nach § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB grundsätzlich unwirksam wird, müssen schon deshalb die gleichen Fälle sein, in denen dies bei der Gestaltung durch einseitigen Erbvertrag oder Einzeltestament der Fall ist. Ansonsten würde der vom Gesetzgeber gerade beabsichtigte und systematisch sinnvolle Gleichlauf der Ausschlusstatbestände der §§ 1933, 2077, 2279 BGB für das Ehegattenerbrecht durch einen engeren oder weiteren Anwendungsbereich des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB aufgrund der Verweisung des § 2301 BGB durchbrochen werden. In der Sache kann daher auf das oben zur Rechtsfolgenanordnung des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB Ausgeführte verwiesen werden. 287 Das Vorstehende muss entsprechend gelten für einen im Valutaverhältnis als Schenkung von Todes wegen zu qualifizierenden Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall.
b) Die Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses der Erbberechtigung in §§ 1933 Satz 1 BGB und 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 2279 BGB Nach den vorstehenden Ausführungen hängt während der Krise einer Ehe die Erbberechtigung des überlebenden getrenntlebenden Ehegatten gemäß der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2, 2279 BGB sowie die Wirksamkeit einer Schenkung von Todes wegen gemäß §§ 2301, 2077 Abs. 1 Satz 2, (2279) BGB davon ab, ob der verstorbene Ehegatte im Zeitpunkt seines Todes einen Scheidungsantrag gestellt oder dem seines Partners zugestimmt hatte. Es vermag also der Fall einzutreten, dass zwar das eheliche Band zerschnitten ist, auch die materiellen Scheidungsvoraussetzungen gegeben sind und deswegen im Falle des Todes des Antragstellers dessen Gegner nicht mehr erbberechtigt ist, im umgekehrten Falle der Antragsteller seinen Gegner aber durchaus beerben würde. Fraglich ist, ob ein solcher „einseitiger" Ausschluss der Erbberechtigung nur des Antragsgegners nach seinem Ehegatten vor den Wertmaßstäben des Grundgesetzes standhält. Verstößt nachkonstitutionelles Recht gegen Grundrechte und lässt es sich nicht verfassungskonform auslegen, ist die betreffende Regelung von Anfang an nichtig; dies festzustellen ist Sache des Bundesverfassungsgerichtes. 288 § 1933 Satz 1 BGB ist ebenso wie § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB und die §§ 2268 und 2279 BGB spätestens seit der Neufassung durch das erste Eherechtsreformgesetz 1977 solches 286 Siehe S. 105 f. 287 Siehe S. 130 ff. 288 Degenhart, Staatsrecht, RdNr. 522, 524; Stein/Frank, § 20 I I 1 c) d); Stern, Band I I § 44 II 3; vgl. die Fälle von BVerfGE 10, 59 ff. zu Art. 3 Abs. 2 und 6 Abs. 2 GG; 19, 177 ff. sowie 26, 265 ff., jeweils zu Art. 3 Abs. 2 GG - Dies ist keine Frage der Drittwirkung: vgl. Schwabe, AöR Bd. 100 (1975) 442 ff.
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„nachkonstitutionelles" Privatrecht 289 und daher an den grundgesetzlichen Wertmaßstäben, insbesondere der Artikel 14, 6 und 3 GG, zu messen.
aa) Die Verletzung der Eigentums- und Erbrechtsgarantie (Art. 14 GG) (1) Der Schutzbereich Art. 14 GG garantiert das Eigentums- und Erbrecht. Unter den Eigentumsschutz fällt der vorhandene Bestand sowie die Nutzung des Eigentums. Eigentum im Sinne des Art. 14 GG ist zusätzlich zum privatrechtlichen Eigentum an Gegenständen jedes Vermögenswerte Gut. 2 9 0 Dies schließt auch Anwartschaften auf zukünftigen Rechtserwerb ein. Die Chance, Erbe zu werden, ist allerdings bis zum Erbfall „bloße Hoffnung" und damit gerade keine eigentumsrechtliche Position im Sinne des Art. 14 GG. 2 9 1 In Bezug auf das Erbrecht ist Art. 14 GG sowohl Institutsgarantie wie auch individualschützend.292 Individualschutzgut ist insbesondere das Recht, Eigentum im verfassungsmäßigen Sinne zu vererben, an wen und zu welchen Teilen der Erblasser wünscht (Testierfreiheit) 293 sowie das Recht des Erben an dem von Todes wegen erworbenen Eigentum. 294 (a) Individualschutzgut Testierfreiheit Der Ausschluss des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes nach § 1933 Satz 1 BGB kann die Testierfreiheit nicht betreffen, weil es zu einer Verfügung des Erblassers gerade nicht kommt. Durch den Ausschluss der Vermögensnachfolge von Todes wegen während eines Scheidungsverfahrens könnte die Rechtsfolgenanordnung der §§ 2077 Abs. 1 Satz 2, 2268, 2279 BGB das Individualschutzgut „Testierfreiheit" berühren. Dem steht jedoch entgegen, dass die Gesamtregelungen der §§ 2077, 2268, 2279 BGB in die Möglichkeit, an den Ehepartner trotz eines anhängigen Scheidungsverfahrens zu vererben, gerade nicht eingreifen. Mit den §§ 2268 Abs. 2 und 2077
289 MünchKomm / Säcker Einleitung zum BGB RdNr. 52 f. 290 Jarass / Pieroth / Pieroth Art. 14 GG RdNr. 6 f.; v. Münch / Brun-Otto Bryde Art. 14 GG RdNr. 11; Bonner Kommentar ! Kimmich Art. 14 GG RdNr. 31; Dreier / Wieland Art. 14 GG RdNr. 38 f.; Pieroth/Schlink, Grundrechte, RdNr. 900, 903. 291 v. Münch/Brun-Otto Bryde, Art. 14 GG RdNr. 43; Jarass/Pieroth ! Jarass Art. 14 GG RdNr. 80; v. Mangoldt / Klein IDepenheuer Art. 14 GG RdNr. 520. 292 Zopfs ZEV 1995, 309, 311; BVerfGE 67, 329, 340 m. w. Nachw. 293 Maunz/Dürig/Papier Art. 14 GG RdNr. 295; Dreier/ Wieland Art. 14 GG RdNr. 59. 294 Jarass/Pieroth/Pieroth Art. 14 GG RdNr. 67; v. MünchIBrun-Otto Bryde Art. 14 GG RdNr. 43; Bonner Kommentar ! Kimmich Art. 14 GG RdNr. 125; Dreier/ Wieland Art. 14 GG RdNr. 57; Sachs/ Wendt Art. 14 GG RdNr. 197; Pieroth/Schlink, Grundrechte, RdNr. 919.
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Abs. 3 BGB stellt das Gesetz die Aufrechterhaltung von grundsätzlich nach §§ 2077 Abs. 1 Satz 2, 2268 BGB unwirksamen Verfügungen für den Fall sicher, dass der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Erblassers hierauf gerichtet ist. Die Testierfreiheit wird mithin durch die Regelungen der §§ 2077 Abs. 1 Satz 2, 2268, 2279 BGB nicht berührt. (b) Die Institutsgarantie Lediglich in Bezug auf § 1933 Satz 1 BGB kann die Institutsgarantie des Art. 14 GG betroffen sein, weil ein bestimmter, durch die Rechts- und Verfassungsordnung ansonsten gebilligter Vermögensübergang von Todes wegen durch die Rechtsfolge des § 1933 Satz 1 BGB ausgeschlossen wird. Es wird vertreten, dass die Erbrechtsgarantie nicht nur das Erbrecht an sich, sondern, vor dem Hintergrund der deutschen Rechts- und Verfassungsgeschichte, auch bestimmte Prinzipien des einfach-rechtlichen Regelungskomplexes betreffe, so insbesondere das gesetzliche Verwandtenerbrecht nebst Ehegattenerbrecht. 295 Wenn man dem folgte und das Ehegattenerbrecht als Teil der verfassungsmäßig garantierten Institution verstünde, so wäre der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG für den Ausschluss des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes durch § 1933 Satz 1 BGB eröffnet. 296 Wird dagegen schon die Ausprägung „gesetzliches Ehegattenerbrecht' 4 nicht als Teil der Institution Erbrecht verfassungsmäßig geschützt, kann der Ausschluss des Ehegattenerbrechtes in einer bestimmten Fallgestaltung schon deshalb kein Eingriff in einen Schutzbereich des Art. 14 GG sein. Dies kann jedoch offen bleiben, wenn es sich bei der Regelung des § 1933 BGB jedenfalls um eine zulässig Inhaltsoder Schrankenbestimmung handeln sollte. (2) Die Schranken Wäre also der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG möglicherweise durch § 1933 Satz 1 BGB betroffen, fragt sich, ob der dort angeordnete Ausschluss des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes das Recht „zu erben" in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise beschränkt. Zu bedenken ist dabei, dass der Gesetzgeber nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG berufen ist, den Inhalt und die Schranken der Institution „Erbrecht" zu bestimmen. 297 Gerade die Möglichkeit eines einseitigen Ausschlus295 v. Mangoldt / Klein / Depenheuer Art. 14 GG RdNr. 521 ; Maunz / Dürig / Papier Art. 14 Abs. 1 GG RdNr. 292 f., 294; wohl auch Bengel ZEV 1994, 360, 361; Schnabel S. 13 f.; für den Bereich des Verwandtenerbrechtes Sachs / Wendt Art. 14 GG RdNr. 198; Dreier / Wieland Art. 14 GG RdNr. 58; vgl. auch Kipp I Coing § 1 II 3 zu den Prinzipien des BGB-Erbrechtes. 296 Schnabel S. 13 f. 297 Maunz/Dürig/Papier Art. 14 GG RdNr. 288; Bonner Kommentar/Kimmich Art. 14 GG RdNr. 125; Sachs / Wendt Art. 14 GG RdNr. 199; BVerfGE 67, 329, 340 f. 10 Wirtz
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ses der Erbberechtigung nur des Antragsgegners eines einseitigen, nicht-konsentierten Scheidungsantrages in §§ 1933 Satz 1 BGB könnte jedoch den Wesensgehalt der Erbrechtsgarantie betreffen und damit eine solche unzulässige Beschränkung darstellen, wenn er das Prinzip der Gegenseitigkeit der Erbberechtigung von Ehegatten ohne triftigen Grund verletzte. 298 (a) § 1933 Satz 1 BGB als Inhaltsbestimmung des Ehegattenerbrechtes Versteht man das gesetzliche Ehegattenerbrecht nicht als von der Institutsgarantie des Art. 14 GG umfasstes Komplement oder Element des Verwandtenerbrechtes, so ist zu bedenken, dass der Ausschluss des Ehegattenerbrechtes gemäß § 1933 Satz 1 BGB sich auf die ansonsten bestehende Berechtigung des Ehegatten, im Falle des Todes des anderen Ehegatten dessen gesetzlicher Erbe zu werden, bezieht. Diese wird aber verfassungsmäßig erst ab dem Erbfall geschützt.299 Ein Verwirklichen des Tatbestandes des § 1933 Satz 1 BGB erst nach dem Erbfall ist begrifflich nicht möglich; das Recht des Erben nach dem Erbfall kann durch diese Norm nicht beeinträchtigt werden. Insoweit kann es sich bei § 1933 Satz 1 BGB nur um eine unschädliche Inhaltsbestimmung des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes handeln. (b) § 1933 Satz 1 BGB als Abwägung zugunsten des Verwandtenerbrechtes Versteht man das gesetzliche Ehegattenerbrecht als Teil oder Komplement des Verwandtenerbrechtes, das wiederum von der Institutsgarantie umfasst wird, 3 0 0 so hat der Gesetzgeber mit § 1933 Satz 1 BGB für eine bestimmte Fallkonstellation eine Wertung zugunsten der übrigen gesetzlichen Erben, der Verwandten des Erblassers, und zu Lasten des betroffenen Ehegatten getroffen. Dies gefährdet jedoch weder das Institut Verwandtenerbrecht noch das Institut Verwandten- und Ehegattenerbrecht. 301 Geschützt ist insoweit nur die Erbfolge der engeren Familie und zwar dieses aufgrund des Art. 6 Abs. 1 GG. 3 0 2 Der prinzipielle Anspruch von Ehegatten und Familienmitgliedern auf das Erbe 303 ist durch den Ausschluss des Antragsgegners bei Erfüllung der Scheidungsvoraussetzungen nicht gefährdet. Nur dieser prinzipielle Anspruch auch des Ehegatten kann aber durch Art. 14 Abs. 1 GG in Zusammenschau mit Artikel 6 Abs. 1 GG geschützt sein. Zu bedenken ist hier insbesondere, dass der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG bei einer Ehe, die nur noch der 298 Bengel ZEV 1994, 360, 361. 299 Siehe oben S. 144. 300 Maunz / Dürig / Papier Art. 14 GG RdNr. 294. 301 So wohl aber Bengel ZEV 1994, 360, 361. 302 γ. Mangoldt/ Klein/Depenheuer Art. 14 GG RdNr. 525. 303 v. Mangoldt / Klein / Depenheuer Art. 14 GG RdNr. 525; Maunz /Dürig /Papier Art. 14 Abs. 1 GG RdNr. 294.
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Form nach besteht, wie es der Tatbestand des § 1933 Satz 1 BGB verlangt, wesentlich schwächer ausgeprägt sein muss, als dies bei intakter Ehe der Fall wäre. Entsprechend erscheint für die Fallkonstellation der §§ 1933 Satz 1 BGB eine Gewichtung zu Lasten des betroffenen Ehegatten als Inhaltsbestimmung erst recht zulässig. Auf die Frage, ob der Ausschluss des Ehegattenerbrechtes unter den Voraussetzungen des § 1933 Satz 1 BGB das Institut des Erbrechtes des Ehegatten in seinem Kernbereich verletzt, 304 kommt es daher hier gar nicht mehr an, da § 1933 Satz 1 BGB durch die Schranken des Art. 14 GG gedeckt ist. 3 0 5 (3) Ergebnis Art. 14 GG ist durch die §§ 1933, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht verletzt. In Bezug auf die Eigentumsgarantie und die Individualschutzgüter Testierfreiheit und Erbrecht berühren die §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht den Schutzbereich der Norm. Auch die in der Erbrechtsgarantie des Art. 14 GG enthaltene Institutsgarantie des Verwandten- und Erbrechtes ist durch den Ausschluss der Erbberechtigung durch § 1933 Satz 1 BGB nicht verletzt, 306 weil die genannte Norm das Institut des Verwandten- und Ehegattenerbrechtes weder beschränkt noch gefährdet, sondern lediglich in zulässiger Weise inhaltlich ausgestaltet.
bb) Die Verletzung des besonderen Schutzes der Ehe (Art. 6 GG) (1) Der Schutzbereich Geschützt wird durch Art. 6 GG das soziale Gebilde einer förmlichen, auf lebenslange Dauer angelegten Gemeinschaft zwischen Mann und Frau. 307 Dabei gilt der verfassungsrechtliche Schutz auch für nicht intakte Ehen. 308 Zielrichtung ist hier der Erhalt der ehelichen Lebensgemeinschaft, im bereits anhängigen Scheidungsverfahren mithin das jederzeitige Bestreben nach einer Versöhnung der Ehegatten. Dies meint zwar nicht den Erhalt einer gescheiterten Ehe als Zwangsgemeinschaft, 309 bedeutet aber, dass das Scheidungsrecht eheerhaltende und eheschützende Elemente zu enthalten hat. 3 1 0 304 Vgl. ablehnend BVerfG ZEV 1995, 183 f. 305 So aber Zopfs ZEV 1995, 309, 311. 306 im Ergebnis ebenso OLG Zweibrücken OLGZ 1983 160, 162. 307 y. Münch/ Coester-Waltjen Art. 6 GG RdNr. 5; Pieroth/Schlink, Grundrechte, RdNr. 636; Maunz/Dürig/tfödwra Art. 6 GG RdNr. 42; vgl. auch Jarass / Pieroth / Pieroth Art. 6 GG RdNr. 2, 3. 308 BVerfG NJW 1981, 108 f.; v. Münch/Coester-Waltjen Art. 6 GG RdNr. 6; Dreier/Gröschner Art. 6 GG RdNr. 42; Sachs ! Schmitt-Kammler Art. 6 GG RdNr. 12. 10*
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(2) Der Eingriff Eingriffe sind alle staatlichen Maßnahmen, die Ehe und Familie schädigen, stören oder sonst beeinträchtigen. 311 Insbesondere darf der Gesetzgeber durch die rechtliche Gestaltung des materiellen und prozessualen Scheidungsrechts die Ehepartner nicht dazu veranlassen, aus der Ehe wegzustreben. Dies muss für das Erbrecht genauso gelten wie für das Unterhaltsrecht. 312 Soweit die Wirkung der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2, 2268, 2279 und 2301 BGB darin besteht, die Berechtigung beider Ehegatten zur Vermögensnachfolge von Todes wegen nach dem jeweils anderen schon vor der formellen Auflösung der Ehe abzuschneiden, wenn die Ehe tatsächlich bereits gescheitert ist, ist dies unter dem Aspekt des Art. 6 GG nicht zu beanstanden. Diese Wirkung reizt schon aus materiellen Gesichtspunkten eher zum Verbleib in der Ehe an als dazu, eine entstandene Krise durch prozessuale Handlungen weiter zu vertiefen. Verlieren beide Ehepartner ihre Erbberechtigung nacheinander kann eine Situation, in der ein Ehepartner ehefeindlich handeln muss, um zu verhindern, dass der „Noch"-Ehegatte ihn beerbt, nicht eintreten. Insoweit kann der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG nicht eröffnet sein. Nach dem Wortlaut der §§ 1933 Satz 1 und 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB besteht jedoch ebenso die Möglichkeit, dass ein scheidungswilliger Ehegatte, der die Zerrüttung unter Umständen bewusst herbeigeführt hat, seinen ehetreuen Partner noch beerbt, während dieser im umgekehrten Falle seine Erbberechtigung nach dem Antragsteller bereits verloren hätte. 313 Dies verhindern und mit dem Antragsteller „gleichziehen" könnte der Antragsgegner nur, indem er seinerseits der Scheidung zustimmte oder diese selbst beantragte. 314 Der Überlegung, dass dies eben die Entscheidung des Antragsgegners sei, steht das Prinzip der ultima ratio der Ehescheidung entgegen. Eine Obliegenheit, im Hinblick auf die erbrechtliche „Waffengleichheit" einem Scheidungsantrag möglichst schnell zuzustimmen bzw. einen eigenen Scheidungsantrag zu stellen, widerspräche der Intention, solange wie irgend möglich eine Versöhnung offen zu halten.
309 BVerfGE 53, 224,250; v. Münch/ Coester-Waltjen Art. 6 GG RdNr. 6; Dreier/ Gröschner Art. 6 GG RdNr. 33. 310 BVerfGE 53, 224, 246; 84, 168, 184; Knüttel FamRZ 1985, 1089, 1093 f.; Dreier/Gwschner Art. 6 GG RdNr. 42. 311 JQISLSS / Pieroth Art. 7 GG RdNr. 7; BVerfGE 55, 114, 126. 312 BVerfGE 57, 361, 387; vgl. auch Sachs ! Schmitt-Kammler Art. 6 GG RdNr. 17; v. Münch I Coester-Waltjen Art. 6 GG RdNr. 27: Der Staat darf keinen Druck in Richtung auf eine Auflösung der Ehe ausüben. 313 Battes FamRZ 1977, 433, 438; MünchKomm/Leipold § 1933 BGB RdNr. 2, 3. 314 Battes FamRZ 1977, 433, 438 - so aber gefordert von OLG Zweibrücken OLGZ 1983
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Der Antragsgegner müsste einen etwa noch bestehenden Willen, an der Ehe festzuhalten, nach außen hin durch Stellen eines eigenen Scheidungsantrages oder Zustimmung zu dem des Gatten aufgeben, nur um eine ihm unerwünscht und ungerecht erscheinende Rechtsfolge, nämlich die noch bestehende Erbberechtigung des Antragstellers, zu vermeiden. Die Zustimmung zu einem Scheidungsantrag ist ebenso wie ein eigener Scheidungsantrag regelmäßig gerade nicht geeignet, eine Versöhnung und damit den Erhalt der Ehe zu fördern. Die ansonsten auch bei einer nach der Weitung der §§ 1565 ff. BGB als gescheitert anzusehenden Ehe regelmäßig vorhandene Chance auf Versöhnung 315 wird dadurch weiter vermindert. 316 Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass der Antragsgegner sein Ziel ebenso gut auf den Weg der testamentarischen Enterbung oder des Rücktrittes vom Erbvertrag erreichen könne. In beiden Fällen steht dem Antragsteller zumindest der Pflichtteil zu. Diesen verliert er erst, wenn auch der ursprüngliche Antragsgegner durch Zustimmung zum Scheidungsantrag oder durch einen eigenen Antrag die Rechtsfolgen der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB herbeiführt. Genau dieses Verhalten schwächt eine ohnehin notleidende Ehe weiter. Zudem kann die Wirkung einer erbvertraglichen Verfügung nicht durch testamentarische Enterbung aufgehoben werden, wenn nicht ein Rücktrittsvorbehalt existiert. Mithin stellen die §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG dar. (3) Die verfassungsrechtliche
Rechtfertigung
Ein Eingriff in den Schutzbereich eines Grundrechtes kann verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein, wenn er sachlich begründet ist. Allerdings widerspricht die Möglichkeit eines einseitigen Ausschlusses der Erbberechtigung nur des Antragsgegners bereits dem Grundgedanken der amtlichen Gesetzesbegründung. Nach dieser kann schon dem scheidungswilligen Ehegatten in der Situation der sich anbahnenden Scheidung nicht zugemutet werden, das gesetzliche Erbrecht seines Partners durch eine entsprechende Verfügung von Todes wegen auszuschließen.317 Dies muss aber um so mehr für den Antragsgegner gelten. Dessen Situation ist nachteiliger, weil er zu einem Zeitpunkt, den er nicht beeinflussen kann, mit einer Entscheidung konfrontiert wird, auf die er sich regelmäßig nicht vorbereiten konnte. Mangels Kenntnis vom Zeitpunkt der verfahrensauslösenden Handlung des Antragstellers hatte er insbesondere keine Möglichkeit, im Vorfeld rechtlichen Rat einzuholen und seine Handlungen auf die zu erwartenden bzw. gewünschten Rechtsfolgen hin abzustimmen.318 315 316 317 318
Zopfs ZEV 1995, 309, 313; so auch Battes FamRZ 1977,433,437. Dies verkennt OLG Zweibrücken OLGZ 1983, 160, 162. BT.-Drcks. 7/650, S. 179, 274 f. und 7/4361, S. 52 f. Vgl. Battes FamRZ 1977, 433, 438.
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Scheidung
Selbst wenn man die Auffassung verträte, es sei Sache des Antragsgegners, das Erbrecht des Antragstellers seinerseits durch entsprechende Prozesshandlungen auszuschließen, so bliebe die Rechtslage in vielen Fällen vom Zufall abhängig. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Antragsgegner kurz nach Zustellung des Scheidungsantrages verstirbt, bevor er Zeit hatte, die bereits beabsichtigte Zustimmung vor Gericht zu erklären oder im Rahmen einer anwaltlichen Beratung von dieser Problematik überhaupt zu erfahren. 319 Umgekehrt besteht die Möglichkeit, dass das Erbrecht des Antragsgegners ausgeschlossen wird, obwohl sich die Ehegatten, wäre der Antragsteller nicht verstorben, tatsächlich wieder versöhnt hätten. 320 Schließlich dürfte sich selbst das dem Antragsgegner gegebene „mildere Mittel" der Enterbung, so es denn überhaupt anwendbar ist, keinesfalls förderlich auf das Klima zwischen den Parteien und damit auf eine eventuelle Versöhnungsmöglichkeit auswirken. Genau das aber widerspricht dem verfassungsmäßigen Gebot des Eheschutzes, als dessen Ausstrahlung das verfassungsmäßige Verbot eheschädlicher Normgestaltungen zu beachten ist. 3 2 1 Die Tatsache, dass der Antragsgegner durch die gegenwärtige Ausgestaltung der Regelung geradezu ermutigt wird, seinerseits durch einen eigenen Scheidungsantrag oder Zustimmung zu dem des Partners jedenfalls der notleidenden Ehe nicht förderliche Schritte zu unternehmen, verstößt gegen das verfassungsmäßige Gebot, dass Gesetze betreffend die Ehe gerade nicht auf die Auflösung der Ehe hin angelegt sein dürfen. 322 Ebenso verstößt der Gedanke eines „einseitigen" Verlustes der Erbberechtigung des Antragsgegners gegen die Symetrie, die das Ehegattenerbrecht nach seinem Grundgedanken beherrschen soll. 3 2 3 Dem kann auch nicht für den Fall des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB die Möglichkeit zur Aufrechterhaltung testamentarischer Verfügungen nach § 2077 Abs. 3 BGB entgegengehalten werden. Damit könnte sich die Notwendigkeit für den ursprünglichen Antragsgegner, einen eigenen Scheidungsantrag zu stellen oder dem ursprünglichen Antrag zuzustimmen, auf diejenigen Fälle beschränken, wo ein mutmaßlicher (oder auch wirklicher Wille) des ursprünglichen Antragsstellers zur Aufrechterhaltung seiner letztwilligen Verfügung auch für den Fall des Bestehens der Scheidungsvoraussetzungen nicht erkennbar ist. Ab wann aber ein solcher Aufrechterhaltungswille besteht und sich hinreichend deutlich manifestiert hat, ist 319 Battes FamRZ 1977, 433, 438. 320 Battes FamRZ 1977,433,439. 321 Schmidt-Bleibtreu/Klein/Kannengießer Art. 6 GG RdNr. 7, v. Münch (4. Auflage)/ v. Münch Art. 6 GG RdNr. 19; vgl. auch Maunz/Dürig/ßadura Art. 6 Abs. 1 GG RdNr. 46; JarassIPieroth Art. 6 GG RdNr. 7, 15. 322 Schmidt-Bleibtreu/Klein/Kannengießer Art. 6 GG RdNr. 7, v. Münch (4. Auflage)/ v. Münch Art. 6 GG RdNr. 19; vgl. auch v. Münch/ Coester-Waltjen Art. 6 GG RdNr. 27. 323 Bengel ZEV 1994, 360 f.; vgl. auch bereits Motive Mugdan Band V, S. 196.
II. Der Verlust vor Rechtskraft der Scheidung
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auch unter Rechtskundigen nicht unumstritten und keineswegs immer klar zu erkennen. 324 Um dieser Rechtsunsicherheit zu begegnen und jedenfalls nicht schlechter zu stehen als der Antragsteller, müsste der Antragsgegner wiederum die Zustimmung erklären oder selbst Scheidungsantrag stellen. (4) Ergebnis Die Möglichkeit des einseitigen Verlustes der Erbberechtigung nach dem anderen Ehegatten gemäß §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2, 2279, 2301 BGB verstößt gegen Art. 6 Abs. 1 GG, weil sie bei dem betroffenen Antragsgegner ein Bedürfnis schafft, seinerseits einen Scheidungsantrag zu stellen oder dem ursprünglichen Antrag zuzustimmen, um auch das Erbrecht des Antragstellers zu vernichten. Damit wird aber eine Handlung erforderlich, die dem Klima zwischen den Ehegatten und damit einer Versöhnung schaden muss, obwohl der verfassungsmäßige Regelungsauftrag eine Gestaltung zum Schutz der notleidend gewordenen ehelichen Lebensgemeinschaft verlangt. Weil aber, solange auch nur ein Partner an der Ehe festhält, eine Chance auf Versöhnung und Erhaltung der verfassungsmäßig als besonders schützenswert gewerteten Beziehung Ehe besteht,325 verstößt der einseitige Erbrechtsverlust gegen Art. 6 Abs. 1 GG. 3 2 6 § 2268 BGB hingegen kann Art. 6 GG nicht verletzen, weil diese Norm nach der hier vertretenen Auffassung auch bei Stellen nur eines Scheidungsantrages durch nur einen der der Ehepartner auch vor einer Zustimmung durch den anderen stets die Unwirksamkeit des gesamten gemeinschaftlichen Testamentes bewirkt und damit keinem der Ehepartner Veranlassung zu ehefeindlichem Verhalten gibt, nur um einen erbrechtlichen „Gleichstand" zu erreichen.
cc) Die Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) (1) Der Schutzbereich Der Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 GG ist eröffnet, wenn wesentlich Gleiches ungleich oder wesentlich Ungleiches gleich behandelt wird. 3 2 7 Dies gilt auch für Maßnahmen des Gesetzgebers, wie sie durch Schaffen von Normen des Privatrechts, hier der §§ 1933 Satz 1 und 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB und der auf letzteren verweisenden § 2268, 2279 und 2301 BGB, getroffen wurden. 328 Anhaltspunkte, 324 Vgl. Mayer ZEV 1997, 280, 281; BayOBLGZ 1993, 240, 246 f. 325 MünchKomm / Leipold § 1933 BGB RdNr. 2. 326 Zopfs ZEV 1995, 309, 313. 327 JarasslPieroth Art. 3 GG RdNr. 5. 328 Grundgesetz-Kommentar / Gubelt Art. 3 GG RdNr. 8; Jarassl Pieroth Art. 3 GG RdNr. 9; Zopfs ZEV 1995 309, 311 m. w. Nachw. in Fn. 23.
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wieso die genannten Normen die speziellen Gleichbehandlungsgebote der Absätze 2 und 3 berühren könnten, sind nicht ersichtlich; deshalb kann allein der allgemeine Gleichheitssatz des Absatzes 1 einschlägig sein. (2) Die Verletzung Keine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes liegt in den unterschiedlichen Rechtsfolgeanordnungen des § 1933 Satz 1 BGB und der §§ 2077 Abs. 1 Satz 2, 2268 und 2279 sowie 2301 BGB. Hier werden an die ungleichen Tatbestände gesetzliche Erbfolge einerseits und Verfügung von Todes wegen andererseits unter einem bestimmten Aspekt, nämlich der Möglichkeit der Aufrechterhaltung, ungleiche Rechtsfolgen geknüpft, also wesentlich Ungleiches ungleich behandelt. 3 2 9 Dasselbe gilt für die Differenzierung zwischen den Rechtsfolgen der §§ 2077 Abs. 1 Satz 2, 2268 und 2279 BGB. Während in § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB lediglich die Verfügung zugunsten des Ehegatten unwirksam wird, wird das gemeinschaftliche Testament gemäß § 2268 Abs. 1 BGB insgesamt unwirksam; im Falle der Erbverträge wird in § 2279 BGB danach differenziert, ob der Vertrag zwischen Ehegatten geschlossen wurde oder nicht. Auch hier wird wesentlich ungleiches, nämlich die unterschiedlich intensive Beteiligung des überlebenden Ehegatten am Zustandekommen einer Verfügung von Todes wegen des Erblassers, ungleich behandelt. Soweit die §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2, 2268, 2279 BGB bei beiden Ehepartnern zu einem Ausschluss des Rechts zur erbrechtlichen Vermögensnachfolge nach dem anderen Ehegatten führen, kann ebenfalls keiner der Ehegatten, das Scheitern der Ehe vorausgesetzt, ungleich behandelt sein. Dasselbe gilt hinsichtlich der grundsätzlichen Unwirksamkeit von Schenkungen von Todes wegen nach §§ 2301, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB. Mithin muss auch insoweit eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG ausscheiden. (a) Die Ungleichbehandlung innerhalb der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB Eine Ungleichbehandlung von Gleichem im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG innerhalb der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB kann jedoch darin liegen, dass derjenige Partner einer zerrütteten Ehe, der den Scheidungsantrag gestellt hat, noch den Antragsgegner beerben können soll, während die Erbberechtigung des letzteren bereits durch den Scheidungsantrag ausgeschlossen wurde. Der Antragsgegner wird hier dadurch benachteiligt, dass er selbst bereits jegliche erbrechtliche Position bis auf den Unterhaltsanspruch verloren haben kann, der Antragsteller aber 329 Soweit richtig OLG Zweibrücken OLGZ 1983, S. 160, 162.
II. Der Verlust vor Rechtskraft der Scheidung
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aufgrund seiner fortgesetzten Erbberechtigung selbst im Falle der testamentarischen Enterbung oder eines Rücktrittes von einem Erbvertrag wenigstens den Pflichtteil erhielte. 3 3 0 ' 3 3 1 (b) Frage nach einer Ungleichbehandlung im Rahmen des § 2268 BGB Im Rahmen des § 2268 BGB ist eine solche Ungleichbehandlung nicht gegeben, weil das gemeinschaftliche Testament nach der hier vertretenen Auffassung stets insgesamt unwirksam wird, sobald einer der Ehegatten Scheidungsantrag gestellt hat und die materiellen Scheidungsvoraussetzungen gegeben sind. Damit entfällt eine sich etwa aus dem gemeinschaftlichen Testament ergebende Erbberechtigung beider Ehegatten. (c) Frage nach einer Ungleichbehandlung im Rahmen der §§ 2279, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB Dasselbe gilt nach der hier vertretenen Auffassung im Rahmen eines zweiseitigen Erbvertrages unter Ehegatten, weil wegen § 2298 Abs. 1 BGB die vertraglichen Verfügungen insgesamt unwirksam werden, sobald die Anwendung des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Unwirksamkeit irgendeiner vertraglichen Verfügung geführt hat. Im Falle eines einseitigen Erbvertrages oder eines zweiseitigen Erbvertrages mit Dritten dagegen ist jedoch auch im Rahmen der Anwendung der §§ 2077 Abs. 1 Satz 2, 2279 BGB in gleicher Weise die einseitige Unwirksamkeit der durch den Antragsgegner getroffenen erbvertraglichen Verfügungen möglich, solange nicht dieser entweder dem Scheidungsantrag zugestimmt oder einen eigenen Scheidungsantrag gestellt hat. 3 3 2 (3) Willkür Art. 3 Abs. 1 GG wird heute teilweise als reines Willkürverbot ausgelegt.333 Damit wird das Problem jedoch lediglich auf die Frage verlagert, was denn „Willkür" bedeutet.334 330 Langt! Kuchinke § 12 I I 2 b). 331 Auf die Frage, ob die Charakterisierung der Ungleichbehandlung als Benachteiligung auch bei gesetzgeberischem Handeln erforderlich ist, kommt es insoweit hier nicht mehr an; vgl. insoweit Grundgesetz-Kommentar IGubelt Art. 3 GG RdNr. 9. 332 Siehe S. 137 ff.; vgl. auch Lange/Kuchinke § 25 VIII 2 b). 333 Maunz/Dürig Art. 3 GG RdNr. 282; BVerwGE 39, 1, 4; BAG NJW 1972, 2327; v. Mangoldt / Klein / Starck Art. 3 GG Anm. III 4 a; Schmidt-Bleibtreu/Zflem zu Art. 3 GG RdNr. 13, 14.
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Nach anderer Auffassung 335 ist bei der Beurteilung gesetzgeberischen Handelns am Maßstab des Art. 3 GG zu unterscheiden nach 1. Differenzierungskriterium, 2. Differenzierungsziel sowie 3. Verhältnis zwischen Differenzierungsziel und Differenzierungskriterium. Art. 3 Abs. 1 GG ist nach beiden Auffassungen dann verletzt, wenn sich für die konkrete gesetzliche Entscheidung keine sachliche Rechtfertigung finden lässt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Adressaten einer Norm ungleich behandelt werden, ohne dass rechtfertigende Umstände gegeben sind. 336 Ungleiche Rechtsfolgen, die einer Rechtfertigung bedürfen, sind hier das Behandeln des an der Ehe festhaltenden Antragsgegners erbrechtlich als „geschieden" und des aus der Ehe herausstrebenden Antragstellers als „verheiratet". 337 Der Gesetzgeber wählte in den §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB als Differenzierungskriterium das prozessuale Handeln einer der Parteien, nämlich das Stellen eines Scheidungsantrages. Für sich genommen ist dies kein unzulässiges Differenzierungskriterium. Problematisch ist jedoch, ob der Gesetzgeber ein sachlich gerechtfertigtes Differenzierungsziel verfolgt und das gewählte Kriterium zu der beabsichtigten Differenzierung geeignet ist. Ziel der Differenzierung vor dem ersten Eherechtsreformgesetz war die Sanktion des „schuldigen" Ehepartners. Der „ehetreue" Scheidungskläger sollte in den Genuss der erbrechtlichen Vorteile der Ehe kommen, während sie dem schuldigen Scheidungsbeklagten versagt bleiben sollten. 338 Die Sanktion wurde durch Erhebung der Scheidungsklage ausgelöst.339 Die Scheidungsvoraussetzungen lagen nur vor, wenn der Scheidungsbeklagte schuldig war; seine Verfehlungen wurden durch den Ausschluss der Erbberechtigung nach §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB „bestraft". Die Verweisung des § 2279 BGB wollte durch die Bezugnahme auf § 2077 BGB den Antragsgegner eben dieser Sanktion „Verlust des Ehegattenerbrechtes" unterwerfen. 340 Die in §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB alte Fassung gewählte Differenzierung war unter dem Schuldprinzip daher sachlich gerechtfertigt; das Kriterium „Erhebung der Scheidungsklage durch den ehetreuen Partner" war geeignet, das Ziel „Sanktion auf Veranlassung des ,ehetreuen4 Partners" zu erreichen. 341 Mit der Abkehr vom Schuldprinzip entfiel diese Rechtfertigungsmöglichkeit.342 334 Grundgesetz-Kommentar / Gubelt Art. 3 GG RdNr. 12; Böckenförde, S. 49 ff. 335 Grundgesetz-Kommentar/ Gubelt Art. 3 GG RdNr. 15. 336 Zopfs ZEV 1995, 309, 311; BVerfGE 55, 72, 88. 337 Battes FamRZ 1977, 433, 438. 338 Denkschrift, S. 246; Planck ! Flad § 1933 BGB Anm. 2a, c und 4. 339 Vgl. KQRKIKregel § 1933 BGB RdNr. 4; MünchKomm/Leipold § 1933 BGB RdNr. 2; Zopfs ZEV 1995, 309, 310. 340 Siehe auch Lange JuS 1965, S. 347, 349.
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Fraglich ist nun, ob die ausweislich der amtlichen Begründung mit der Neuregelung verfolgten Differenzierungsziele verfassungsrechtlich zulässig und mit dem gewählten Kriterium erreichbar sind. Dabei können die §§ 1933 Satz 1 BGB und 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB gemeinsam untersucht werden, weil die amtliche Begründung zu § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB pauschal auf die zur Neufassung des § 1933 BGB angestellten Überlegungen und die Notwendigkeit, § 2077 BGB in gleicher Weise anzupassen, verweist. 343 (a) Kein Ehegattenerbrecht bei Zerrüttung der Ehe Soweit sich die Begründung der Gesetzesänderung344 darauf stützt, dass mit der Antragstellung offenkundig werde, dass das Erbrecht des überlebenden Ehegatten wegen der Zerrüttung der Ehe seine innere Berechtigung verloren habe, wird mit dem Ausschluss des Ehegattenerbrechtes schon vor der Scheidung ein verfassungsrechtlich nicht zu beanstandendes Ziel verfolgt. Wenn allerdings die eheliche „Krise", die mit der Antragstellung offenkundig wird, wirklich den inneren Grund des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes in Gestalt des Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft entfallen ließe, müsste grundsätzlich die Erbberechtigung beider Ehegatten nacheinander erlöschen. 345 Einen anderen „innerer Grund" für das gesetzliche Ehegattenerbrecht als die besondere Natur der ehelichen Lebensgemeinschaft hat das deutsche Recht nie gekannt. 346 Des gleichen unterstellte das BGB stets, dass eben die Teilhabe und Mitwirkung des Bedachten an der ehelichen Lebensgemeinschaft die typische Motivation für die Verfügung zugunsten des Ehepartners im Sinne des § 2077 Abs. 1 BGB sei. 347 In gleicher Weise geht das Gesetz auch bei der Verweisung der §§ 2279, 2077 BGB davon aus, dass diese Teilhabe und Mitwirkung an der ehelichen Lebensgemeinschaft innere Ursache für die erbvertragliche Verfügung zugunsten des bedachten Ehegatten ist. 3 4 8 Entfällt dieser innere Grund bzw. diese typische Motivation, weil die Scheidungsvoraussetzungen gegeben sind und lediglich das rechtgestaltende Urteil noch aussteht, so sollte auch die aufgrund des ehelichen Bandes getätigte Verfügung von Todes wegen unwirksam sein, ohne dass es einer separaten Anfechtungshandlung 341 Vgl. Zopfs ZEV 1995, 309, 312. 342 Vgl. Zopfs ZEV 1995, 309, 310; Battes FamRZ 1977, 433, 434; Lange / Kuchinke § 12 I I 2 b) und § 25 V I I I 2 b). 343 BT-Drcks. 7/4361, S. 52; Bastian I Roth-Stielow/Schmeidnch § 2077 BGB vor RdNr. 1. 344 BT.-Drcks. 7/4361, S. 52. 345 MünchKomm /Leipold § 1933 BGB RdNr. 2; Lange / Kuchinke § 12 I I 2 b). 346 Planck/Flad § 1931 BGB Anm. 1. Vgl. hierzu auch von Schmitt, Erbrecht, S. 607 m. w. Nachw. 347 Langtl Kuchinke § 35 I 5 b; MünchKomm I Leipold § 2077 BGB RdNr. 2; vgl. auch Protokolle Mugdan Band V, S. 537. 348 Motive Mugdan Band V, S. 322 f.; vgl. auch Protokolle Mugdan Band V, S. 730, 731; Planck/ Greift 2279 BGB Anm. 3.
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bedürfte. 349 Das Bestehen dieser ehelichen Gemeinschaft kann jedoch nicht aus der Sicht des einen oder anderen Partners festgestellt werden; sie besteht als Ganzes oder sie besteht eben nicht. Daher muss die vom Gesetz gewählte Differenzierung nach der Person des Antragstellers ungeeignet sein. Gleiche Sachverhalte wie die Eigenschaft, Partner einer zerrütteten Ehe zu sein, müssen grundsätzlich gleiche Rechtsfolgen nach sich ziehen. Wird der Ausschluss des Erbrechtes nach § 1933 Satz 1 BGB oder die Unwirksamkeit einer Verfügung von Todes wegen durch die Unwirksamkeitsanordnung des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB an das notwendig in Bezug auf beide Partner gegebene Scheitern der Ehe geknüpft, müssen diese Rechtsfolgen ebenfalls notwendig beide Partner zugleich betreffen. Die bestehende Differenzierung nach der Prozessaktivität der Partner führt dazu, dass das gesetzgeberische Ziel, die Vorverlegung der Scheidungswirkung im erbrechtlichen Bereich auf den Zeitpunkt, zu dem die Scheidung nur noch Formalie ist, gerade verfehlt wird, weil die Scheidungswirkung nur für einen der Partner erreicht wird. In Bezug auf das gesetzliche Ehegattenerbrecht widerspricht die Reglung des § 1933 Satz 1 BGB der gesamten übrigen gesetzlichen Systematik. Diese ist in §§ 1371 Abs. 1 und 1931 BGB darauf aufgebaut, dass jeder Ehegatte die Chance hat, den anderen zu beerben und damit Vorteile zu erlangen, die weder vom Ausgleichs- noch vom Versorgungsgedanken getragen werden. 350 Diesem Prinzip der Gegenseitigkeit tragen auch die Regelungen zu gemeinschaftlichem Testament und Erbvertrag unter Ehegatten Rechnung. Darin enthaltene „wechselseitige" bzw. „vertragsmäßige" Verfügungen stehen und fallen derart miteinander, dass die Unwirksamkeit der Verfügungen des einen Partners stets auch die Unwirksamkeit der Verfügungen des anderen Partners nach sich zieht. 351 Wenngleich sich diese Abhängigkeit erst im Erbfall auswirkt, so bedeutet sie bereits zu Lebzeiten, dass mit der Chance des einen Partners auch die des anderen entfallen soll. Käme es nur auf den Todeszeitpunkt an, bedürfte es der Konstruktion einer Abhängigkeit zwischen den „Erbchancen" nicht, weil sich mit dem Tod des einen Partners die Verfügungen des anderen für dessen Todesfall erledigt haben. 352 Von diesem Prinzip der Chancengleichheit im Ehegattenerbrecht kann nur abgewichen werden, wenn dies durch besondere Gründe sachlich gerechtfertigt ist. Ein solcher Grund ist nach Einführung des Zerrüttungsprinzipes nicht mehr ersichtlich. 353 Damit ist aber der einseitige Verlust der Erbberechtigung eine solche Systemwidrigkeit, wie sie nach der
349 Protokolle Mugdan Band V, S. 537. 350 Vgl. hierzu Motive Mugdan Band V, S. 196. 351 BGH NJW 1990, 2382, 2382; Battes FamRZ 1977, 433, 438; MünchKomm/Leipold § 1933 BGB RdNr. 2. 352 Battes FamRZ 1977, 43, 438. 353 BGH NJW 1990, 2382, 2382; Battes FamRZ 1977, 433, 438; Dieckmann FamRZ 1979, 289, 396; MünchKomm / Leipold § 1933 BGB RdNr. 2.
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Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes stets Indiz für einen Gleichheitsverstoß ist. 3 5 4 (b) Der mutmaßliche Wille des Erblassers Die amtliche Begründung des Gesetzes355 rechtfertigt sich mit dem mutmaßlichen Erblasserwillen. Sie argumentiert, dass der Erbrechtsausschluss nur nach demjenigen Ehegatten eintreten soll, bei dem zu vermuten sei, dass ein Erbrecht seines Partners seinem mutmaßlichen Willen nicht mehr entspreche, weil er aus der Ehe herausstrebe. Dies sei aber nur feststellbar anhand einer eindeutigen äußeren Kundgabe wie dem Stellen eines Scheidungsantrages oder der Zustimmung hierzu. 356 Solange nicht einer dieser Tatbestände erfüllt sei, sei anzunehmen, dass der mutmaßliche Wille des Antragsgegners ungeachtet des Scheiterns der Ehe auf eine Beerbung durch den anderen Partner abziele. Bereits unter dem Schuldprinzip litt diese Auffassung darunter, dass damit gleichzeitig unterstellt wurde, dass der „schuldige" Ehegatte regelmäßig den damaligen Scheidungskläger an seinem Nachlass beteiligt sehen wollte, nur weil er seinerseits bisher auf eine ihm zustehende eigene Widerklage verzichtet hatte. 357 Eine Obliegenheit, von einer Scheidungsmöglichkeit auch Gebrauch zu machen, ergibt sich jedoch nirgendwo aus dem Gesetz oder den Wertungen der Verfassung. Vielmehr durchbricht die Annahme eines solchen mutmaßlichen Willens das Prinzip, dass Schweigen keinen Erklärungswert haben kann. Auch sie kann daher nicht als Rechtfertigung der oben dargestellten Ungleichbehandlung der Ehepartner herhal,
358
ten. Die für den Fall des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes anzutreffende Argumentation, dass der Überlebende im Falle des § 1933 Satz 1 BGB, abgesehen vom Voraus nach § 1932 BGB, nur solche Rechte verliere, die den Versorgungs- und Ausgleichszwecken des Ehegattenerbrechtes ohnehin nicht angemessen seien und der einseitige Ausschluss daher schon deshalb nicht zu beanstanden sei, 359 kann ebenfalls nicht überzeugen. Die Ausgleichs- und Versorgungsgedanken, die dem gesetzlichen Ehegattenerbrecht zugrunde liegen, fallen mit dem Eintritt der Zerrüttung nicht weg. 3 6 0 Zudem ist das gesetzliche Ehegattenerbrecht gerade Ausdruck der gegenseitigen Teilhabe und Verantwortung insbesondere hinsichtlich der Entwicklung des Vermögens der Partner. 361 Das gesetzliche Ehegattenerbrecht tritt ge354 355 356 357 358 359 360
Leibholz / Rinck / Hesselberger Art. 3 GG RdNr. 99 und 100. Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drcks. 7/650, S. 274 Ziff. 3. Lange JuS 1975, 347, 349. Battes FamRZ 1977,433,438 für das Unterlassen der Widerklage des Antragsgegners. Lange /Kuchinke § 12 I I 2 b). Battes FamRZ 1977, 433,436. Zopfs ZEV 1995, 309, 312.
361 Siehe hierzu im Einzelnen S. 24 ff.
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rade nicht als Ausdruck des mutmaßlichen oder tatsächlichen Willens des Erblassers ein, sondern kraft der eben genannten gesetzgeberischen Wertung. 362 Die gesetzliche Erbfolge tritt sogar dann ein, wenn der tatsächliche Erblasserwille dem entgegenstand, jedoch formnichtig geäußert wurde. 363 Selbst ein formal wirksam geäußerter Erblasserwille kann das gesetzliche Ehegattenerbrecht nur unter ganz engen Voraussetzungen wirksam beseitigen wie sich an der Pflichtteilsregelung zeigt. Die Durchsetzung eines nicht formwirksam geäußerten, sondern im Einzelfall zu mutmaßenden Erblasserwillens ist im Gesetz ausdrücklich angeordnet, beispielsweise in den §§ 2077 Abs. 3, 2268 Abs. 2 BGB. Dies verleiht ihnen den Charakter der Ausnahmevorschrift. Die Durchsetzung eines nicht im Einzelfall manifestierten sondern pauschal gemutmaßten Erblasserwillens ist entsprechend systemwidrig und wiederum ein Indiz für eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG. Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass der mutmaßliche Erblasserwille weder taugliches Differenzierungskriterium ist, weil er in der Antragstellung bzw. Unterlassung von Antrag und Zustimmung nicht notwendig zum Ausdruck kommt. Noch ist er zulässiges Differenzierungsziel, weil eine sachliche Rechtfertigung für seine Annahme nicht ersichtlich ist. 3 6 4 (4) Ergebnis Die Regelung der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 verstoßen gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil eine sachliche Rechtfertigung für das teilweise Vorverlegen erbrechtlicher Scheidungswirkungen nur für einen der Ehepartner nicht erkennbar
dd) Die Konsequenz Die in den §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB angelegte Möglichkeit eines einseitigen Ausschlusses der gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Berechtigung zur Vermögensnachfolge von Todes wegen im Fall des einseitigen, nicht-konsentierten Scheidungsantrages verletzt Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 GG. Dies gilt auch für die Anwendung des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB aufgrund des § 2279 BGB auf Erbverträge, sowie nach § 2301 Abs. 1 BGB auf Schenkungen von Todes wegen. Die Einheitlichkeit dieses Ergebnisses spiegelt den durch das Gesetz gewollten Gleichlauf der Anwendungsbereiche der §§ 2279, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB einer362 363 364 365
Zopfs ZEV 1995, 309, 312. Ebenroth RdNr. 87. Bengel ZEV 1994, 360, 361. Vgl. Bengel ZEV 1994, 360, 361; Lange / Kuchinke § 12 I I 2 b).
II. Der Verlust vor Rechtskraft der Scheidung
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seits sowie der §§ 1933 und 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB andererseits wieder. Die vorgenannten Normen wären als verfassungswidrig und damit nichtig zu betrachten, wenn sie sich nicht verfassungskonform auslegen ließen. 366 (1) De lege lata: Das Gebot der verfassungskonformen
Auslegung
Jede zulässige Auslegung findet ihre Grenze im Wortlaut. 367 Aus der Fassung der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB geht hervor, dass die Möglichkeit eines einseitigen Erbrechtsausschlusses gewollt war. Sinn und Entstehungsgeschichte der Norm erlauben daher keine verfassungskonforme Auslegung etwa dergestalt, dass bereits bei Stellen des Scheidungsantrages ein beiderseitiger Erbrechtsausschluss angenommen werden könnte. 368 Andererseits können die verfassungsrechtlichen Einwendungen aus Sicht der Art. 6 Abs. 1 und 3 Abs. 1 GG gegen den einseitigen Erbrechtsausschluss gegen den in denselben §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 BGB ebenfalls enthaltenen beiderseitigen Erbrechtsausschluss gerade nicht durchgreifen. 369 Dieser verlegt lediglich die Rechtsfolge eines rechtskräftigen Scheidungsurteils, das nur durch den zufälligen Tod des Erblassers verhindert wurde, zeitlich nach vorne. Entgegen dem äußeren Erscheinungsbild bildet der einseitige Erbrechtsausschluss der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB damit keine unteilbare Regelung mit der ebenfalls dort enthaltenen Anordnung des beiderseitigen Ausschlus-
(a) Die verfassungskonforme Auslegung des § 1933 Satz 1 BGB In Betracht zu ziehen ist daher, § 1933 Satz 1 BGB verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass das gesetzliche Ehegattenerbrecht gemäß § 1933 Satz 1 BGB erst dann ausgeschlossen wird, wenn die materiellen Scheidungsvoraussetzungen gegeben sind und entweder beide Ehegatten jeweils einen Scheidungsantrag gestellt haben oder der eine dem Scheidungsantrag des anderen zugestimmt hat, also der Ausschluss des gesetzlichen Erbrechtes des Antragsgegners unter dem ungeschriebenen Vorbehalt steht, dass auch das gesetzliche Erbrecht des Antragstellers aufgrund eines eigenen Scheidungsantrages des ursprünglichen Antragsgegners oder dessen Zustimmung zur Scheidung weggefallen ist. 366 Vgl. BVerfGE 26,265 ff.; Degenhart, Staatsrecht, RdNr. 522; Stein/Frank Stern Band 2, § 44 II 3 a); Larenz, S. 339. 367 BVerfGE 26, 265 ff.; Stein/Frank § 20 I I 1 d). 368 Mayer ZEV 1997, 280, 282; Stein/Frank § 20 I I 1 d).
§ 20 II 1 c) d);
369 BVerfG ZEV 1995, 183 f.; Zopfs ZEV 1995, 309, 311; MünchKomm/Leipold § 1933 BGB RdNr. 3. 370 BVerfG ZEV 1995, 183, 184.
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Scheidung
(b) Die verfassungskonforme Auslegung des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB Entsprechend der im BGB angelegten Systematik, dass letztwillige Verfügungen unter Ehegatten unter denselben Umständen grundsätzlich unwirksam werden, unter denen auch das gesetzliche Ehegattenerbrecht ausgeschlossen wäre, kann auch § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass die Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung des Erblassers unter dem ungeschriebenen Vorbehalt steht, dass auch dessen Erbberechtigung gemäß einer letztwilligen Verfügung des überlebenden Partners und dessen gesetzliches Erbrecht ausgeschlossen ist - und zwar jeweils aufgrund des eigenen Scheidungsantrages des Überlebenden oder dessen Zustimmung des Letzteren zum Scheidungsantrag eben des Erblassers.
Genau wie im Falle des § 1933 Satz 1 BGB greift die grundsätzliche Unwirksamkeit nach § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB danach erst ein, wenn neben den materiellen Scheidungsvoraussetzungen auch entweder der eine Ehegatte einem Scheidungsantrag des anderen zugestimmt hat oder jeder Ehegatte einen solchen Antrag gestellt hat. (c) Die verfassungskonforme Auslegung des § 2268 BGB Fraglich ist, ob der oben dargestellte ungeschriebene Vorbehalt des eigenen Scheidungsantrages bzw. der Zustimmung des überlebenden Partners auch im Falle des § 2268 Absatz 1 BGB zu verlangen ist. Der oben gefundene ungeschriebene Vorbehalt hatte das Ziel, den nach dem Wortlaut der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB möglichen einseitigen Ausschluss der Erbberechtigung, der aber im Widerspruch zu den Art. 3 Abs. 1 und 6 GG stand, zu vermeiden und sicherzustellen, dass stets nur der verfassungsrechtlich unbedenkliche, beiderseitige Erbrechtsausschluss eintreten kann. Dessen bedarf es bei § 2268 Abs. 1 BGB nicht, denn das gemeinschaftliche Testament ist bereits dann seinem ganzen Inhalte nach grundsätzlich in Bezug auf die Verfügungen beider Ehegatten unwirksam, wenn nur einer von ihnen den Scheidungsantrag gestellt hat. 371 Die Erbberechtigung aufgrund eines gemeinschaftlichen Testamentes wird damit allerdings „früher" ausgeschlossen als das gesetzliche Erbrecht nach § 1933 Satz 1 BGB oder das Erbrecht aufgrund Einzeltestamentes nach § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB, nämlich bereits durch einen einzigen Scheidungsantrag, wenn die materiellen Scheidungsvoraussetzungen im Übrigen vorliegen. Danach ist die Situation denkbar, dass der Überlebende zwar nicht mehr Erbe nach dem gemeinschaftlichen Testament, sehr wohl aber gesetzlicher Erbe ist, weil das gesetzliche Ehegattenerbrecht mangels Scheidungsantrag des Überlebenden oder Zustimmung zum Antrag des Erblassers noch nicht ausgeschlossen wurde. 371 Siehe S. 152 f.
II. Der Verlust vor Rechtskraft der Scheidung
161
Dies steht der uneingeschränkten Anwendung des § 2268 BGB jedoch nicht entgegen. Auch bisher sollte, wenn nur der Überlebende einen Scheidungsantrag gestellt hatte, nach der hier bestätigten Auffassung 372 das gemeinschaftliche Testament unwirksam sein. Damit erbte der Überlebende, soweit kein vorhergehendes Testament des Erblassers ihn bedachte, nach den Vorschriften über die gesetzliche Erbfolge. Zu rechtfertigen ist dieses Ergebnis nicht nur damit, dass § 2268 BGB im Verhältnis zu § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB Spezialnorm ist und der letzteren Vorschrift vorgeht. § 2268 BGB ist deshalb aus systematischer Sicht nicht daran gebunden, seine Rechtsfolge nur in exakt denselben Tatbeständen, wie sie die in Bezug genommene Norm verlangt, eingreifen zu lassen. Auch aus materieller Sicht entspricht dieses Resultat der beschriebenen Eigenart des gemeinschaftlichen Testamentes als gemeinsamer Verfügung der Eheleute. Diese ist Ergebnis eines besonderen Privilegs der ehelichen Lebensgemeinschaft. Ein sich aus dieser gemeinsamen Verfügung ergebender Erb- oder Vermächtnisanspruch soll nach dem Willen des Gesetzes in dem Moment untergehen, in dem das eheliche Band materiell zerrissen und die formelle Lösung aufgrund eines rechtshängigen Verfahrens eine reine Zeitfrage ist, ungeachtet der Frage, welcher Ehegatte die Lösung des ehelichen Bandes zu vertreten hatte. (d) Die verfassungskonforme Auslegung der §§ 2077 Abs. 1 Satz 2, 2279 BGB Der in § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB hineinzulesende ungeschriebene Vorbehalt muss auch im Rahmen der Verweisung durch § 2279 BGB gelten, soweit dies erforderlich ist, um den oben als grundrechtswidrig erkannten einseitigen Ausschluss der Erbberechtigung im Rahmen von Erbverträgen zu vermeiden. Dies ist der Fall bei einseitigen Erbverträgen und zweiseitigen Erbverträgen eines Ehepartners mit einem Dritten. Dementsprechend kann die grundsätzliche Unwirksamkeit von vertraglichen Verfügungen in diesen Fällen erst dann eintreten, wenn auch der ungeschriebene Vorbehalt des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB erfüllt ist. Fraglich ist, was in Bezug auf zweiseitige Erbverträge unter Ehegatten zu gelten hat. Nach dem oben Gesagten sind die vertraglichen Verfügungen solcher Verträge wegen der Wirkung des § 2298 BGB schon nach Stellen des ersten Scheidungsantrages grundsätzlich unwirksam, wenn die Scheidungsvoraussetzungen im Übrigen gegeben sind. Dem könnte die hier vertretene Auslegung des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB entgegenstehen, wonach der Ausschluss der Erbberechtigung des Antragsgegners nach § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB unter dem Vorbehalt steht, dass auch
372 MünchKomm/Musielak § 2268 BGB RdNr. 13; Erman/Schmidt § 2268 BGB RdNr. 4; vor dem ersten Eherechtsreformgesetz Planck /Greift 2268 BGB Anm. 2 c; RGRK/ Johannsen § 2268 BGB RdNr. 3. 11 Wirtz
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e r l u s t der erbrechtlichen Position des Ehegatten
Scheidung
die Erbberechtigung des Antragstellers wegen des eigenen Scheidungsantrages des ursprünglichen Antragsgegners oder dessen Zustimmung zum ursprünglichen Scheidungsantrag weggefallen ist. Ziel dieses Vorbehaltes ist es, einen einseitigen Ausschluss der Erbberechtigung, wie er nach dem Wortlaut der §§ 2077 Abs. 1, 2279 BGB möglich war, zu vermeiden, weil dieser gegen Art. 3 Abs. 1 und 6 Abs. 1 GG verstoßen hätte. Dieses Problem kann im Falle des zweiseitigen Erb Vertrages unter Ehegatten jedoch nicht entstehen, weil aufgrund der Wirkung des § 2298 Abs. 1 BGB sämtliche vertraglichen Verfügungen grundsätzlich unwirksam sind. Der Ausschluss der Erbberechtigung ist mithin stets ein beiderseitiger; des oben gefundenen ungeschriebenen Vorbehaltes bedarf es daher im Falle der zweiseitigen Erbvertrages unter Ehegatten nicht. 373 Ein zweiseitiger Ausschluss der Erbberechtigung aus derselben Verfügung von Todes wegen verstößt jedoch nicht gegen Grundrechte; hier gelten dieselben Überlegungen wie im Falle des §§ 2268 Abs. 1 BGB. Entsprechend bleibt es bei dem bisher gefundenen Ergebnis; 374 die vertraglichen Verfügungen eines zweiseitigen Erbvertrages unter Ehegatten sind schon dann wegen § 2298 BGB grundsätzlich unwirksam, wenn einer der Ehepartner Scheidungsantrag gestellt hat. (e) Die verfassungskonforme Auslegung der §§ 2077, (2279), 2301 BGB Auch im Rahmen des § 2301 BGB kann § 2077 Abs. 1 Satz 2 nur mit dem ungeschriebenen Vorbehalt der Erbberechtigung auch des anderen Ehepartners angewendet werden. Mit Blick auf den vom Gesetzgeber gewollten Gleichlauf der Ausschlusstatbestände375 kann insoweit nichts anderes gelten als für die unmittelbare Anwendung des § 2077 BGB. (2) De lege ferenda Den Interessen der Ehepartner gerecht und mit Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar wäre es, wenn entweder auch in dem Fall, dass der Antragsgegner weder der Scheidung zugestimmt noch diese selbst beantragt hat, ein beiderseitiger Erbrechtsausschluss griffe oder die Vorschriften der §§ 1933 Satz 1 Alt. 1, 2077 Abs. 2 Satz 1 BGB insgesamt entfielen. Es kann jedoch nicht überzeugen, den Moment des endgültigen Ausschlusses einer Berechtigung, die ihren Ursprung unmittelbar in der tatsächlichen Eigenart der ehelichen Lebensgemeinschaft findet, zeitlich allein an dem formalen Ereignis der 373 So auch Planck ! Greif § 2279 BGB Anm. 3; MünchKomm/Musielak RdNr. 8. 374 Siehe S. 139 ff. 375 Siehe S. 107 ff.
§ 2279 BGB
III. Die Aufrechterhaltung unwirksamer Verfügungen von Todes wegen
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Rechtskraft eines Scheidungsurteils festzumachen, wenn das besondere Band, dessen Ausdruck diese Berechtigung ist, bereits tatsächlich schon nicht mehr existiert. Besser als eine völlige Streichung der § 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB erscheint daher jeweils das Ersetzen der Worte „der Erblasser" durch „ein Ehegatte". 376 Damit würden bei gegebenen Tatbeständen der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB sowohl das gesetzliche Ehegattenerbrecht insgesamt ausgeschlossen als auch die Unwirksamkeit etwaiger Verfügungen von Todes wegen angeordnet, wenn einer der Ehegatten den Scheidungsantrag gestellt hätte und die materiellen Scheidungsvoraussetzungen im Übrigen gegeben wären. Gleichzeitig bliebe im Bezug auf Verfügungen von Todes wegen der Vorbehalt eines abweichenden Erblasserwillens im Sinne des § 2077 Abs. 3 BGB erhalten. Entsprechend der Systematik des Gesetzes würde die grundsätzliche Unwirksamkeitsanordnung des solcherart neugefassten § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB genau die Fälle betreffen, in denen das gesetzliche Ehegattenerbrecht nach dem neugefassten § 1933 Satz 1 BGB vernichtet wäre. Diese Veränderung des Tatbestandes des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB würde auch im Rahmen der §§ 2279, 2301 Abs. 1 BGB zu dem sachlich gewünschten Ergebnis führen.
III. Die Aufrechterhaltung grundsätzlich unwirksamer Verfügungen von Todes wegen Verfügungen von Todes wegen, die nach den §§ 2077 Abs. 1 2268 Abs. 1 BGB oder §§ 2077 Abs. 1, 2279 BGB grundsätzlich unwirksam sind, können ausnahmsweise aufrechterhalten werden, wenn der Wille des Erblassers hierauf gerichtet ist.
1. Die Aufrechterhaltung von Verfügungen von Todes wegen nach §§ 2077 Abs. 3,2268 Abs. 2 BGB Gemäß § 2077 Abs. 1 BGB grundsätzlich unwirksame letztwillige Verfügungen bleiben nach dem Absatz 3 des § 2077 BGB wirksam, „wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser sie auch für diesen Fall getroffen haben würde". 377 In gleicher Weise bleiben nach § 2268 Abs. 2 BGB die Verfügungen gemeinschaftlicher Testamente „insoweit wirksam", wenn anzunehmen ist, dass sie auch „für diesen Fall getroffen sein würden".
376 Battes FamRZ 1977,433,439. 377 Wie die Kommentierung bei Planck IFlad § 2077 BGB Anm. 3, nahelegt, war die Geltung des § 2077 Abs. 3 BGB auch für die Fälle des Abs. 1 nicht immer ganz unzweifelhaft, wird aber heute vorausgesetzt. 1*
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C. Der Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten durch Scheidung
a) Die allgemeinen Voraussetzungen der Aufrechterhaltung aa) Der kritische Zeitpunkt Fraglich ist, ob hierfür nur auf den historischen Willen des Erblasser abzustellen ist, das heißt auf den mutmaßlichen oder tatsächlichen Willen im Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung, oder ob möglicherweise auch nach Errichtung der Verfügung abgegebene Willensäußerungen des Erblassers zu berücksichtigen sind. Entscheidend für diese Frage ist bereits der Wortlaut der betrachteten Normen. Die Formulierungen „getroffen haben würde" (§ 2077 Abs. 3 BGB) und „getroffen sein würden" (§ 2268 Abs. 2 BGB) bezeichnen durch ihre sprachliche Zeitform eindeutig den zu betrachtenden Zeitpunkt, nämlich den der Errichtung der jeweiligen letztwilligen Verfügung. 378 Für beide Normen kann es daher nur auf den mutmaßlichen oder wirklichen Willen des Erblassers zum Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung ankommen. 379 Dies muss auch dann gelten, wenn § 2077 Abs. 3 BGB im Falle des Verweises nach § 2279 Abs. 1 BGB Anwendung auf die vertraglichen Verfügungen von Erbverträgen findet. Ansonsten würden für die unmittelbar nach Testamentsrecht zu beurteilende Aufrechterhaltung einseitiger Verfügungen im Rahmen eines Erbvertrages andere Kriterien gelten als für die ja nur in „entsprechender Anwendung" des § 2077 Abs. 3 BGB aufrecht zu erhaltenden vertraglichen Verfügungen. Dafür gibt jedoch die Unterscheidung zwischen einseitigen und vertraglichen Verfügungen innerhalb eines Erbvertrages nichts her. 380
bb) Der wirkliche Wille Über den Wortlaut der §§ 2077 Abs. 3, 2268 Abs. 2 BGB hinaus kann auch ein wirklicher, auf die Aufrechterhaltung der jeweiligen Verfügung im Falle des § 2077 Abs. 1 BGB gerichteter Wille beachtlich sein, soweit er konkret erkennbar ist. 3 8 1 Der wirkliche Wille ist ein Mehr gegenüber einem mutmaßlichen Willen; damit übererfüllt er das Ziel des Gesetzgebers, dem Erblasserwillen möglichst weitgehend zur Durchsetzung zu verhelfen. 382 Ein historischer wirklicher Wille, nach dem letztwillige Verfügungen (auch) für den Fall einer Scheidung getroffen wur378 Staudinger/Otte § 2077 BGB RdNr. 4; MünchKomm/Leipold § 2077 BGB RdNr. 17. 379 Staudinger/Otte § 2077 BGB RdNr. 22; BGH FamRZ 1960, 28, 29; BayObLG DNotZ 1993, 129, 130; JurBüro 1981, Sp. 1728; FGPrax 1995, 114 f.; Kipp /Coing § 23 V 4; vgl. auch BayObLG NJW-RR 1997, 7, 9 für den Fall des Erbvertrages. 380 So auch OLG Zweibrücken NJW-RR 1998, 941 m. w. Nachw. 381 Staudinger / Otte § 2077 BGB RdNr. 20. 382 BayObLG NJW-RR 1993, 13; MünchKomm/Leipold § 2077 BGB RdNr. 16; Staudinger/Otte § 2077 BGB RdNr. 20; vgl. auch BayObLG NJW 1996, 133, 134; Planck/Flad § 2077 BGB Anm. 3; Schnabel S. 28.
III. Die Aufrechterhaltung unwirksamer Verfügungen von Todes wegen
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den, muss daher die Wirksamkeit dieser Verfügungen nach §§ 2077 Abs. 3, 2268 Abs. 2 BGB zur Folge haben. 383 (1) Umstände außerhalb der Urkunde als Anhaltspunkte Fraglich ist nun, ob dieser wirkliche Wille bereits explizit in der Verfügung selbst zum Ausdruck kommen muss oder ob es ausreicht, dass sich aus anderen Umständen, vor deren Hintergrund der Erblasser verfügt hat und die außerhalb der Urkunde belegen sind, ergibt, dass die Verfügung auch bei Eintreten eines Falles des § 2077 Abs. 1 BGB wirksam bleiben sollte. Der letzteren Alternative steht das Gebot der Formstrenge im Erbrecht entgegen. Das Ziel, die Gefahr von Manipulationen und Mehrdeutigkeiten zu minimieren spricht dafür, nur den formgerecht manifestierten Erblasserwillen zu schützen. Zu berücksichtigen ist aber, dass keine rechtsgeschäftliche Erklärung, in welchen Formen sie auch immer abgegeben werden mag, abstrakt ohne den Lebenssachverhalt, aus dem sie heraus getätigt wurde, verstanden werden kann. Dies muss auch bei der Auslegung einer letztwilligen Verfügung gelten. Zulässig muss es daher beispielsweise sein, Aufschluss über einen in der Urkunde nur angedeuteten Erblasserwillen durch Vernehmung des beurkundenden Notars zu gewinnen. 384 Verfügt der Erblasser vor dem Hintergrund und in Kenntnis bestimmter, außerhalb der Verfügung liegender Umstände, so muss dieser Zusammenhang auch bei dem Verständnis der Erklärung berücksichtigt werden. 385 Dann kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass sich im Einzelfall aus einer bestimmten Konstellation von äußeren Umständen auch der Wille des Erblassers zur Aufrechterhaltung der Verfügung gemäß § 2077 Abs. 3 BGB ergibt. 386 Entsprechendes muss für den Fall des § 2268 Abs. 2 BGB gelten. Es kann sich daher der Wille zur Aufrechterhaltung nicht nur aus dem Wortlaut der Verfügung, sondern auch aus den Umständen der Errichtung ergeben. 387
383 Battes JZ 1978, 733, 735. 384 BayObLG NJW-RR 1997, 7, 8. 385 Als ein solcher Umstand wird beispielsweise ein vom Erblasser selbst angestrengtes Scheidungsverfahren angesehen, währenddessen er eine letztwillige Verfügung zugunsten seiner Ehefrau tätigt; Wenn er nicht wollte, dass seine Ehefrau auch im Falle der Scheidung bzw. des Vorliegens von deren Voraussetzungen bedacht werden würde, hätte er die Verfügung zu diesem Zeitpunkt nicht mehr getroffen; Staudinger I Otte § 2077 BGB RdNr. 20; ein anderes Beispiel siehe ebendort, RdNr. 21; Soergel ! Loritz § 2077 BGB RdNr. 16; vgl. auch LG Berlin NJ 1950, 510. Dasselbe muss gelten, wenn die Zerrüttung der Ehe zum Zeitpunkt der letztwilligen Verfügung schon feststeht, aber die Scheidung noch nicht erfolgt ist; MünchKomm / Leipold § 2077 BGB RdNr. 16; Soergel ! Loritz § 2077 BGB RdNr. 10. 386 PlanckIFlad § 2077 BGB Anm. 3. 387 Battes JZ 1978 733, 739.
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Scheidung
(2) Spätere Umstände als Anhaltspunkte Möglicherweise können auch zeitlich nach der Errichtung belegene Umstände Hinweise auf den wirklichen Willen im Zeitpunkt der Verfügung geben. 388 Insbesondere ein späterer realer Wille soll Schlüsse auf den historischen Willen zulassen. 389 Bereits § 2077 Abs. 1 BGB, so wird vertreten, stelle schließlich auf einen typisierten nachträglichen Willen ab. 3 9 0 Allerdings brauchen spätere Umstände oder Erklärungen nicht nur Ausdruck eines Willens zu sein, der bereits zur Zeit der Errichtung der Verfügung vorhanden war, fortdauerte und erst später betätigt wurde. Sie können ebenso gut Ausdruck eines tatsächlichen Willens sein, der erst nach dem Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung entstanden ist. Jede dieser Alternativen ist eine von zwei gleich wahrscheinlichen Möglichkeiten. Aus diesem Grund sind solche späteren Umstände für sich genommen ungeeignet, das Bestehen eines tatsächlichen, auf die Aufrechterhaltung der Verfügung auch im Falle des § 2077 Abs. 1 BGB gerichteten Willens zu beweisen. Treffen sie aber mit anderen Umständen oder ausdrücklichen Willensäußerungen zum Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung zusammen, die bereits auf einen Aufrechterhaltungswillen schließen lassen, kommt es auf diese späteren Umstände oder Äußerungen nicht mehr an, weil die besagten anderen Umstände im Zeitpunkt der Errichtung den auf die Aufrechterhaltung gerichteten Erblasserwillen bereits offenbart haben. Mithin sind Umstände nach dem Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung bei der Erforschung des tatsächlichen Erblasserwillens außer Acht zu lassen. Nur solche Erklärungen und Umstände, die bei Errichtung der Verfügung gegeben waren, können einen eindeutigen Schluss auf das mit der Erklärung Gewollte erlauben.
cc) Der mutmaßliche Wille (1) Das Kriterium Wenn für den Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung ein wirklicher, auf die Aufrechterhaltung der Verfügung gerichteter Wille des Erblassers nicht ermittelbar ist, stellt sich die Frage, wann anzunehmen ist, dass die letztwillige Verfügung auch für die Fälle der §§ 2077 Abs. 1, 2268 Abs. 1 BGB getroffen worden wäre.
388 MünchKomm/Musielak § 2268 BGB RdNr. 8; vgl. auch zur Auslegung in anderen Zusammenhängen RGZ 142, 171, 174; BGH FamRZ 1964, 501, 503; KG FamRZ 1968, 217,
218.
3S9 Keuk, S. 53; Foer AcP 153 (195) 452, 514; v. Lübtow Bd. I S. 29; hangt ! Kuchinke § 35 II 5 c. 390 Keuk, S. 53.
III. Die Aufrechterhaltung unwirksamer Verfügungen von Todes w e g e n 1 6 7
Nach einer Literaturmeinung soll sich dies nicht nach einem mutmaßlichen oder hypothetischen Willen des Erblassers sondern objektiv allein danach beurteilen, ob die fragliche Verfügung in die übrigen (vermögens-)rechtlichen Beziehungen und Regelungen der Partner für die Zeit nach der Scheidung hineinpasse.391 Dem steht jedoch entgegen, dass die Frage, was in die Beziehungen der Partner nach einer Scheidung hineinpasst, wiederum nur in Bezug auf das konkrete Ehepaar entschieden werden kann. Beispielsweise ist die Versorgung des (früheren oder noch) Ehegatten für sich genommen nicht passender als die Erhaltung des Vermögens für einen dritten Erben oder die eigene Verwandtschaft (im Falle der gesetzlichen Erbfolge). Was im konkreten Fall „passend" ist, kann nur aus der mutmaßlichen Sicht des konkreten Erblassers entschieden werden. 392 Entgegen der vorgenannten Literaturmeinung ist daher entsprechend dem Wortlaut des § 2077 Abs. 3 BGB der mutmaßlich oder hypothetische Wille des Erblassers im Zeitpunkt des Errichtens der fraglichen letztwilligen Verfügung entscheidend. 393 (2) Die Ermittlung des mutmaßlichen Willens (a) Spätere Umstände als Anhaltspunkte Fraglich ist, ob auch zeitlich nach der Verfügung belegene Umstände, insbesondere ein späterer realer Wille, als Anhaltspunkte für das Ermitteln des mutmaßlichen Willens herangezogen werden können. 394 Hiergegen könnte dieselbe Überlegung sprechen wie im Falle des Erforschens des wirklichen Willens. 395 Es lässt sich nicht sicher sagen, ob ein Ereignis (ζ. B. eine Handlung oder Erklärung des späteren Erblassers) Ausdruck eines bereits seit Vornahme der Verfügung vorhandenen oder eines erst später gebildeten Willens ist. Hieraus könnte durchaus der Schluss gezogen werden, dass Umstände, die zeitlich nach der Verfügung liegen, grundsätzlich nicht nach § 2077 Abs. 3 oder 2268 Abs. 2 BGB herangezogen werden sollten. 396 Diese Argumentation übersieht jedoch, dass der mutmaßliche Wille begriffsnotwendig eine Schätzung Dritter ist, beispielsweise des erkennenden Gerichts. Die391 Battes JZ 1978, 733,736 f. 392 Staudinger/Otte § 2077 BGB RdNr. 23. 393 Kipp/Coing § 21 III 4. 394 Zustimmend Keuk, S. 53; Foer AcP 153 (195) 452, 514; v. Lübtow Bd. I S. 29; Lange/ Kuchinke § 35 I 5 c. 395 Siehe S. 166. 396 BayObLG NJW 1996, 133, 134 für Umstände, die nach der Scheidung liegen anläßlich des Ermitteins eines Aufrechterhaltungswillens bei einem Fall des § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB; vgl. auch BayObLG NJW-RR 1996, 650, 652, wo spätere Umstände nur als Anzeichen eines zur Zeit der Verfügung existierenden tatsächlichen Erblasserwillen zugelassen sind.
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Scheidung
ses setzt aufgrund möglichst konkreter und sachnaher Anhaltspunkte den von ihm gemutmaßten Willen an die Stelle des nicht ausgedrückten tatsächlichen Erblasserwillens. 397 Die Gefahr, einen zeitlich nach Vornahme der betrachteten Verfügung gebildeten Erblasserwillen irrtümlich für denjenigen im Moment der Vornahme der Verfügung zu halten, existiert nicht, weil es gerade nicht um das Ermitteln tatsächlicher Willensäußerungen zu irgendeinem bestimmten Zeitpunkt geht. Unterstellt man, dass sich die menschliche Persönlichkeit im Zeitablauf verändert, so wächst die Wahrscheinlichkeit, dass eine Einschätzung der Persönlichkeit eines Erblassers der tatsächlichen Persönlichkeit desselben zum Verfügungszeitpunkt um so stärker entspricht, je mehr sie sich auf Ereignisse in möglichst großer zeitlicher Nähe zum Errichtungsmoment der Verfügung stützt. Dies muss auch für die Einschätzung des Teils seiner Persönlichkeit gelten, die das Gericht im Rahmen der Feststellung des mutmaßlichen Erblasserwillens vorzunehmen hat, nämlich seiner Willensbildung in Bezug auf die Aufrechterhaltung seiner letztwilligen Verfügung für die Fällen der §§ 2077 Abs. 1, 2268 Abs. 1 BGB. Entsprechend dem Gebot, dem Willen des Erblassers soweit wie möglich zur Durchsetzung zu verhelfen, muss der nicht ausgedrückte Erblasserwillen möglichst exakt gemutmaßt werden. Dies verlangt das Heranziehen von zeitlich möglichst dicht in der Nähe der Verfügung belegener Umstände. Dies schließt auch solche Ereignisse oder Erklärungen ein, die zeitlich nach der Errichtung der fraglichen letztwilligen Verfügung belegen sind, 398 gegebenenfalls nachrangig zu zeitlich näher bei dem Errichtungsmoment gelegenen Umständen. (b) Die Eigenart möglicher Anhaltspunkte Ein mutmaßlicher Wille, der auf die Weitergeltung einer letztwilligen Verfügung gerichtet ist, ist anzunehmen, wenn Umstände gegeben sind, deren Gewicht den Umstand des § 2077 Abs. 1 BGB aufwiegen, der seinerseits zeitlich nach der Errichtung der Verfügung belegen ist. 3 9 9 Das Gewicht der Scheidung (§ 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB) kann beispielsweise durch Wiederheirat desselben Partners aufgewogen werden. Der mutmaßliche Erblasserwille zur Zeit der Errichtung geht dann dahin, dass eine Scheidung bedeutungslos sein soll, wenn ihr eine Wiederheirat f o l g t . 4 0 0 ' 4 0 1 Im Fall des § 2077
397
So auch noch die Auffassung, die nach dem Zusammenhang mit den sonstigen vermögensrechtlichen Beziehungen abgrenzt, Battes JZ 1978, 733, 738. 3 98 KG FamRZ 1968 217, 218; MünchKomm/Musielak § 2268 BGB RdNr. 8; MünchKomm/Leipold § 2077 BGB RdNr. 17; ebenso Battes JZ 1978, 733, 738; im Ergebnis auch Flume AT I I § 16, allerdings mit der Maßgabe, es solle direkt auf einen nach dem Zeitpunkt der Verfügung tatsächlich geäußerten Willen abgestellt werden. 399 Vgl. wiederum die parallele Argumentation in BayObLG NJW 1996, 133, 134. 400 Staudinger /Otte § 2077 BGB RdNr. 22.
III. Die Aufrechterhaltung unwirksamer Verfügungen von Todes wegen
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Abs. 1 Satz 2 BGB ist ein „Beheben" der Scheidung durch Wiederheirat, 402 wie es im Fall des § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB denkbar ist, der Natur der Sache wegen nicht möglich. Allerdings kann sowohl in den Fällen des § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB als auch in den Fällen des Satzes 2 auf einen auf die Aufrechterhaltung der Verfügung zugunsten des Ehegatten gerichteten Willen aus einer Gesamtheit vermögensrechtlicher Regelungen geschlossen werden. Stand die letztwillige Verfügung in Zusammenhang mit Vereinbarungen, die ihrerseits auch oder nur für den Fall der Scheidung Bedeutung haben sollten, so ist dies ein Hinweis auf einen Aufrechterhaltungswillen seitens des Erblassers. 403 (3) Mutmaßlicher versus wirklicher
Wille
Fraglich ist, was zu gelten hat, wenn ein durch das Gericht festgestellter mutmaßlicher Wille im Zeitpunkt der letztwilligen Verfügung in Bezug auf die Aufrechterhaltung derselben von einem wirklichen Willen im selben Zeitpunkt abweicht. Vertreten wird, dass ein mutmaßlicher Wille, der aus nach dem Verfügungszeitpunkt eingetretenen Ereignissen abgeleitet wird, Vorrang vor einem im Zeitpunkt der Verfügung gegebenen tatsächlichen Willen haben soll. Begründet wird dies mit der angeblichen Notwendigkeit, der Wiederverheiratung bzw. Versöhnung der Ehegatten Rechnung zu tragen und über die Annahme eines mutmaßlichen Aufrechterhaltungswillens die grundsätzliche Unwirksamkeit einer letztwilligen Verfügung nach §§ 2077 Abs. 1, 2268 Abs. 1 BGB zu vermeiden 4 0 4 Dem kann allerdings für den Fall des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB schon deshalb nicht gefolgt werden, weil im Falle einer Versöhnung bereits dessen Tatbestand nicht gegeben ist. Die materiellen Voraussetzungen der Scheidung sind dann nicht mehr gegeben. Auch im Übrigen kann es zu der befürchteten Kollision von mutmaßlichem und tatsächlichem Willen aus methodischen Gründen nicht kommen. Wenn ein tatsächlicher Wille auf Aufrechterhaltung besteht und damit den Tatbestand des § 2077 Abs. 3 oder des § 2268 Abs. 2 BGB „übererfüllt", so bewirkt er die Aufrechterhaltung einer ansonsten nach § 2077 Abs. 1 BGB unwirksamen Verfügung. Auf einen etwaigen hypothetischen Willen kommt es dann nicht mehr an. Anhaltspunkte dafür, dass ein „negativer" hypothetischer Wille aus systematischen Gründen eine Art negatives Tatbestandsmerkmal der Aufrechterhaltung einer Verfügung sein sollte, ergeben sich weder aus dem Gesetz noch aus den Materialien zum BGB. 401 Zum Fall einer Scheidung, die seitens des Erblassers nur betrieben wird, um das eheliche Band zu lösen, nicht aber die Lebensgemeinschaft Staudinger/ Otte § 2077 BGB RdNr. 22 f.; BGH FamRZ 1961, 364, 366; Battes JZ 1978, 733, 739. 402 So das Beispiel bei Staudinger/Otte § 2077 BGB RdNr. 22.
403 Vgl. Staudinger/Otte § 2077 BGB RdNr. 23 - insoweit kein Unterschied zwischen der herrschenden Meinung und Battes JZ 1978, 733, 738. 404 Lange/Kuchinke § 35 I 5 c.
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Scheidung
Dasselbe muss gelten, wenn sich umgekehrt ein tatsächlicher Wille zum Verfügungszeitpunkt dahingehend ermitteln lässt, dass entsprechend der gesetzlichen Wertung im Fall des § 2077 Abs. 1 BGB die Verfügung von Todes wegen unwirksam sein soll. Eine Aufrechterhaltung aufgrund eines andersartigen hypothetischen Willens würde dem Ziel des Gesetzes, den Erblasserwillen möglichst weitgehend umzusetzen,405 gerade entgegen laufen. Der Gegenstand dieses Zieles ist gerade nicht der „tatsächliche letzte Wille" im Sinne eines Spiegels des Willensinhaltes möglichst kurz vor dem Erbfall - sondern dasjenige, was entweder durch eine Verfügung von Todes wegen in den dafür vorgesehenen Formen fixiert wurde oder was das Gesetz im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge als „typisierten" Willensinhalt wertet. Daher geht auch das Beispiel des Testators fehl, der nach einer Scheidung das seinen früheren Ehegatten bedenkende Testament nicht ändert, aber eine Stunde vor seinem Tode erklärt, „es sei gut, dass er sein Testament nicht geändert habe, denn es solle trotz allem dabei bewenden, dass sein geschiedener Ehegatte Erbe werde; dieser sei nun einmal Ehegatte gewesen".406 Diese Äußerung mag zwar Abbild eines „tatsächlichen Wollens" sein, kann jedoch erbrechtlich keine Relevanz haben. Hätte der besagte Erblasser in der Stunde vor seinem Tode mündlich erklärt, der anwesend Pfarrer solle alles erben, so wäre dies ebenfalls keine wirksame Erbeinsetzung gewesen, weil die hierfür erforderlichen Formen nicht gewahrt wurden. Der Wille eines Erblassers hat nach der Systematik des BGB erst dann Anspruch auf Realisierung, wenn er sich in den hierfür bereitgestellten Formen manifestiert. Dies muss auch für die Veränderung der inneren Haltung des verfügenden Erblassers gelten. Sie wird zum „Erblasserwillen" im Sinne des Gesetzes erst mit neuerlicher formgerechter Fixierung. 407 Deshalb bezieht sich auch der Wortlaut der §§ 2077 Abs. 3 und 2268 Abs. 2 BGB eindeutig auf den Zeitpunkt der Errichtung der fraglichen Verfügung. 408 b) Besonderheiten im Rahmen der Aufrechterhaltung aa) Besonderheiten im Falle gemeinschaftlicher letztwilliger Verfügungen Gemäß § 2268 Abs. 2 BGB bleiben bei einem gemeinschaftlichen Testament „die Verfügungen insoweit wirksam", von denen anzunehmen ist, dass sie auch „für diesen Fall getroffen sein würden". 405 BayObLG NJW-RR 1993, 13; MünchKomm/Leipold § 2077 BGB RdNr. 16; Staudinger/Otte § 2077 BGB RdNr. 20; vgl. auch BayObLG NJW 1996, 133, 134; Planck/Flad § 2077 BGB Anm. 3. 406 Foer AcP 153,492,511. 407 Dagegen Foer AcP 153,492, 511. 408 Staudinger/ Otte § 2077 BGB RdNr. 4.
III. Die Aufrechterhaltung unwirksamer Verfügungen von Todes w e g e n 1 7 1
(1) Die Reichweite der Aufrechterhaltung (a) Der Gegenstand der Aufrechterhaltung Denkbar wäre, dass die Aufrechterhaltung nach § 2268 Abs. 2 BGB wiederum nur das gesamte gemeinschaftliche Testament betreffen könnte, nicht aber nur einzelne Verfügungen hieraus. Dies entspräche der Wertung des § 2268 Abs. 1 BGB, der ja auch die Unwirksamkeit des gesamten Testamentes anordnet und nicht einzelner Verfügungen, wie es in § 2077 Abs. 1 BGB der Fall ist. Dem steht jedoch der Wortlaut des § 2268 Abs. 2 BGB entgegen. Im Gegensatz zu Absatz 1 wird hier nicht mehr „ein gemeinschaftliches Testament" als ganzes in Bezug genommen sondern es „bleiben die Verfügungen insoweit wirksam, als anzunehmen ist, dass sie auch für diesen Fall getroffen sein würden". Dies eröffnet die Möglichkeit, einzelne Verfügungen auch nur eines Ehegatten unter den Voraussetzungen des § 2268 Abs. 2 BGB aufrechtzuerhalten. Die Entstehungsgeschichte der Norm bestätigt dies. In der Begründung der Kommissionsmehrheit findet sich die Formulierung „Anschluss an die zu § 1783 Absatz 3 beschlossene Vorschrift". Dies bezieht sich auf den heutigen § 2077 Abs. 3 BGB, der gerade die Aufrechterhaltung einzelner Verfügungen ermöglicht. Dies geschah durchaus im Wissen um den Widerspruch zu der in Absatz 1 des späteren § 2268 BGB getroffenen Unwirksamkeitsanordnung hinsichtlich des ganzen Testamentes. Es sollte jedoch der Möglichkeit Rechnung getragen werden, dass ein gemeinschaftliches Testament auch Verfügungen enthalten kann, die gerade nicht in Zusammenhang mit der Ehe stehen und daher nach dem Willen der Erblasser auch dann fortbestehen sollten, wenn deren Ehe aufgelöst war oder die Auflösung nur noch bloße Formsache war. 409 Der heutige Absatz 2 der Vorschrift war bereits damals als begrenzte, auf einzelne Verfügungen des gemeinschaftlichen Testamentes bezogene Einschränkung der Wirkungen des Absatzes 1 gedacht. 410 Entsprechend muss in der Bestimmung der Rechtsfolge differenziert werden zwischen dem Begriff des „gemeinschaftlichen Testamentes", das „seinem ganzen Inhalte nach" unwirksam sein soll in § 2268 Abs. 1 BGB und den darin enthaltenen „Verfügungen", die nach § 2268 Absatz 2 BGB aufrechterhalten werden sollen. 411 Auch widerspräche es der Weitung des § 2085 BGB, wenn man nur die Aufrechterhaltung eines nach §§ 2268 Abs. 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB an sich unwirksamen gemeinschaftlichen Testamentes insgesamt zulassen wollte. Dann würden nämlich im Falle eines auf Aufrechterhaltung nur einzelner Verfügungen gerichteten Erblasserwillens alle Verfügungen eines gemeinschaftlichen Testamentes unwirksam. Dies widerspräche jedoch dem in § 2085 BGB ausgedrückten Grundsatz, dass die teilweise Aufrechterhaltung einer letztwilligen Verfügung im Zweifel bes409 Protokolle Mugdan Band V, S. 721. 410 Protokolle Mugdan Band V, S. 721; Planck/ Greif § 2268 BGB Anm. 3. 4Π Entsprechend OLG Hamm NJW-RR 1992, 330, 331; insoweit missverständlich BayObLG FamRZ 1994, 193, 195.
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Scheidung
ser geeignet ist, dem Willen eines Erblassers zur Durchsetzung zu verhelfen als die vollständige Unwirksamkeitsanordnung. 412 Nach richtiger Auffassung ist daher eine Aufrechterhaltung auch einzelner Verfügungen eines nach § 2268 Abs. 1 BGB im Ganzen unwirksamen gemeinschaftlichen Testamentes möglich 4 1 3 (b) Die Aufrechterhaltung wechselbezüglicher und nicht-wechselbezüglicher Verfügungen Die Begründung der Kommissionsmehrheit für § 2268 Abs. 2 B G B 4 1 4 könnte so verstanden werden, dass nach dieser Norm lediglich die Aufrechterhaltung nichtwechselbezüglicher Verfügungen möglich sein soll. Die zweite Kommission zum BGB hatte in der Tat erwogen, die Unwirksamkeitsanordnung des heutigen § 2268 Abs. 1 BGB zunächst nur auf wechselbezügliche Verfügungen zu beziehen.415 Schließlich hat eine Differenzierung zwischen korrespektiven und nicht-korrespektiven Verfügungen aber gerade keinen Eingang in den Text des § 2268 BGB gefunden. Dies gilt gerade auch für den Absatz 2 dieser Vorschrift, 416 obwohl dieser sich im Übrigen sehr sorgfältig von der Terminologie des Absatzes 1 abhebt und stattdessen diejenige des § 2077 Abs. 1 und 3 verwendet. In Zusammenhang mit der Begründung in den Protokollen 417 zeigt dies deutlich, dass die Verfasser des BGB die verfügungsweise Aufrechterhaltung des gemeinschaftlichen Testamentes erreichen wollten, ohne dabei zwischen korrespektiven und nicht-korrespektiven Verfügungen zu differenzieren. 418 Dies entspricht auch der Bestrebung der Kommission, diese im konkreten Einzelfall als schwierig erachtete Zuordnung zu vermeiden. 419 Fraglich ist, ob dem nicht die Wertung des § 2270 Abs. 1 BGB entgegenstehen muss. Danach hat die Nichtigkeit einer wechselbezüglichen Verfügung des einen Ehegatten die Unwirksamkeit derjenigen des anderen zur Folge, wenn anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen Partners nicht ohne die des anderen Partners getroffen worden wäre. Die „isolierte" Aufrechterhaltung einer als wechselbezüg412 Staudinger/Otte § 2085 BGB RdNr. 1; SoergelILoritz § 2085 BGB RdNr. 1; Palandt/ Edenhofer § 2085 BGB RdNr. 1; MünchKomm / Leipold § 2085 BGB RdNr. 1. 413 Reimann/Mayer § 2268 BGB RdNr. 8; Muscheler DNotZ 1994, 733, 744; Lange/ Kuchinke § 24 I 6; v. Lübtow Halbband 1,1. Hauptteil 2 Abschnitt § 3; RGRK/Johannsen § 2268 BGB RdNr. 2; Planck/ Greif § 2268 BGB Anm. 3. 414 Protokolle Mugdan Band V, S. 721 415 Protokolle Mugdan Band V, S. 721. 416 Muscheler DNotZ 1994, 733, 740. 417 Protokolle Mugdan Band V, S. 721. 418 Muscheler DNotZ 1994, 733, 740; Staudinger/Kanzleiter § 2268 BGB RdNr. 10, 11; Reimann /Mayer § 2268 BGB RdNr. 9, 10. 419 Protokolle Mugdan Band V, S. 721.
III. Die Aufrechterhaltung unwirksamer Verfügungen von Todes w e g e n 1 7 3
lieh angelegten Verfügung ist dementsprechend nach einer Auffassung nur dann möglich, wenn dies dem Willen beider Eheleute entspricht. Dann würde eben die Wechselbezüglichkeit entsprechend beschränkt. 420 Doch steht die Wertung des § 2270 Abs. 1 BGB richtigerweise nur scheinbar im Widerspruch zu dem bisher gefundenen Ergebnis der einseitigen Aufrechterhaltungsfähigkeit auch als wechselbezüglich angelegter Verfügungen. Will ein Ehepartner die Fortgeltung einer letztwilligen Verfügung unabhängig von dem Willen des anderen und dessen Verfügungen auch für den Fall der Scheidung der Ehe, so schränkt er damit partiell, nämlich für eben diesen Fall der Auflösung der Ehe, die Wechselbezüglichkeit einseitig ein. Dann aber kann der Untergang der übrigen (wechselbezüglichen) Verfügungen des gemeinschaftlichen Testamentes die Wirksamkeit der aufrecht zu erhaltenden (nur partiell) wechselbezüglichen Verfügung nicht nach § 2270 Abs. 1 BGB hindern. 421 Entsprechend sind aufrechterhaltungsfähig nach § 2268 Abs. 2 BGB wechselbezügliche ebenso wie nicht-wechselbezügliche Verfügungen. 422 Davon getrennt zu betrachten sind die Fragen der Voraussetzungen einer Aufrechterhaltung wechselbezüglicher Verfügungen sowie der Aufrechterhaltung auch der Wechselbezüglichkeit an sich. (c) Die Verfügungen des Antragsgegners Teilweise wird vertreten, dass Verfügungen des Antragsgegners im Rahmen eines gemeinschaftlichen Testamentes nicht nach § 2268 Abs. 2 BGB aufrechterhalten werden könnten, wenn dieser nicht selbst auch einen Scheidungsantrag gestellt hat oder dem des Antragstellers zugestimmt hat. 4 2 3 Dies erscheint konsequent, soweit man dem Wortlaut der §§ 2077 Abs. 1, 2268 Abs. 1 BGB folgt und diese auf derartige Konstellationen nicht anwendet. Als Folge dessen würde allerdings auch die generelle Unwirksamkeitsanordnung des § 2268 Abs. 1 BGB nicht eingreifen können, mit dem Ergebnis, dass sich die Frage einer Aufrechterhaltung nach § 2268 Abs. 2 BGB auch nicht stellen würde. Nach der hier vertretenen Auffassung 424 der erweiternden Auslegung von § 2268 BGB auch auf den Fall des Versterbens des Gegners eines einseitigen nichtkonsentierten Scheidungsantrages wäre es inkonsequent, wollte man nicht gleichzeitig auch die Möglichkeit der ausnahmsweisen Aufrechterhaltung nach Absatz 2 420 Soergel/Wolf § 2268 BGB RdNr. 3; Alternativkommentar/Schaper § 2268 BGB RdNr. 21. 421 Muscheler DNotZ 1994, 733, 741; im Ergebnis wohl ebenso StaudingerI Kanzleiter § 2268 BGB RdNr. 11. 422 hangt!Kuchinke § 24 I 6; RGRK/Johannsen § 2268 BGB RdNr. 2; Alternativkommentar /Schaper § 2268 BGB RdNr. 21; Muscheler DNotZ 1994, 733, 740. 423 Soergel / Wolf§ 2268 BGB RdNr. 4. 424 Siehe S. 132.
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Scheidung
eröffnen. Der Gesetzgeber wollte mit § 2268 Abs. 2 BGB eine auf alle einzelnen Verfügungen eines gemeinschaftlichen Testamentes gerichtete Einschränkung des Absatzes 1 erreichen. 425 Entsprechend muss § 2268 Abs. 2 BGB auch auf alle Verfügungen eines gemeinschaftlichen Testamentes anwendbar sein, die aufgrund des Standes eines Scheidungsverfahrens grundsätzlich unwirksam werden und nicht nur diejenigen eines bestimmten Ehepartners. 426 Richtigerweise können daher auch solche Verfügungen eines gemeinschaftlichen Testamentes nach § 2268 Abs. 2 BGB aufrechterhalten werden, die durch den ursprünglichen Antragsgegner errichtet wurden, der selbst weder dem Scheidungsantrag zugestimmt noch einen eigenen gestellt hatte. (2) Der Träger des Aufrechterhaltungswillens Unklar ist, ob stets der Aufrechterhaltungswille beider Ehegatten festgestellt werden muss 427 oder ob dies nur bei der Aufrechterhaltung wechselbezüglicher Verfügungen erforderlich ist. (a) Das Erfordernis eines Aufrechterhaltungswillens beider Eheleute Folgt man der oben 428 dargestellten Auffassung, dass die Aufrechterhaltung nach § 2268 Abs. 2 BGB nur das Testament als Ganzes betreffen kann, so ist zwangsläufig auch ein Aufrechterhaltungswille beider Eheleute erforderlich. 429 Unabhängig hiervon spricht für das Erfordernis eines wirklichen oder mutmaßlichen Willens zur Aufrechterhaltung beider Testierender auch bei nicht-korrespektiven Verfügungen, dass beide Ehegatten Erblasser des gemeinschaftlichen Testamentes sind. Lässt sich dieser Wille zur Aufrechterhaltung nur bei einem Ehegatten feststellen, soll höchstens eine Umdeutung nach § 140 BGB helfen können, so denn die hierfür erforderlichen Voraussetzungen gegeben wären. 430 (b) Das Ausreichen des Aufrechterhaltungswillens nur des Verfügenden Die Gegenauffassung 431 stützt sich auf die Formulierung „soweit" in § 2268 Abs. 2 BGB. Die Aufrechterhaltung bezöge sich im Gegensatz zur Unwirksamkeitsanordnung des Absatzes 1 gerade nicht auf das gemeinschaftliche Testament 425 426 427 428 429 430
Protokolle Mugdan Band V, S. 721. Lange/Kuchinke § 24 I 6. So BayObLG NJW 1966, 133; NJW-RR 1993, 1157,1158. Siehe 171 ff. MünchKomm / Musielak § 2268 BGB RdNr. 8, 9. MünchKomm/Musielak § 2268 BGB RdNr. 8; Erman / Schmidt § 2268 BGB RdNr. 3.
431 Alternativkommentar / Schaper § 2268 BGB RdNr. 21; Reimann /Mayer RdNr. 9.
§ 2268 BGB
III. Die Aufrechterhaltung unwirksamer Verfügungen von Todes w e g e n 1 7 5
im Ganzen, sondern auf einzelne darin enthaltende Verfügungen. 432 Es sei daher nach der Art dieser Verfügungen zu differenzieren. Bei nicht-korrespektiven Verfügungen komme es nur auf den Aufrechterhaltungswillen des Verfügenden an 4 3 3 Bereits der Wortlaut des § 2268 Abs. 2 BGB sage schließlich aus, dass eine Verfügung wirksam bleibe, wenn „anzunehmen sei, dass sie auch für diesen Fall getroffen sein würde". Der Verfügende einer nicht-wechselbezüglichen Verfügung hätte dieselbe aber, wenn sein wirklicher oder mutmaßlicher Wille auf die Aufrechterhaltung gerichtet gewesen wäre, auch im Wissen um das spätere Zerreißen des ehelichen Bandes getroffen, gegebenenfalls sogar außerhalb des gemeinschaftlichen Testamentes. Auch sei der Partner des Verfügenden einer solchen nicht-korrespektiven Verfügung an der Willensbildung hinsichtlich derselben in keiner Weise beteiligt, könne also auch keinen wirklichen oder mutmaßlichen Willen hinsichtlich einer Aufrechterhaltung haben. (c) Stellungnahme Richtigerweise ist ein Aufrechterhaltungswille beider Eheleute daher nur für die Aufrechterhaltung wechselbezüglicher Verfügungen erforderlich. 434 Allerdings ist es - wie gezeigt - auch denkbar, dass eine Verfügung, die eigentlich als eine wechselbezügliche angelegt war, als einseitige Geltung behält. Ist einerseits ein Aufrechterhaltungswille des Überlebenden hinsichtlich dieser Verfügung nicht erkennbar, ergibt sich aber andererseits ein wirklicher oder mutmaßlicher Wille des Erblassers, dass in diesem Fall die Verfügung als einseitige ihre Wirkung behalten soll, bleibt das gemeinschaftliche Testament auch insoweit aufrechterhalten (partiell einseitige Wechselbezüglichkeit) 4 3 5 (3) Die Wechselbezüglichkeit aufrechterhaltener wechselbezüglicher Verfügungen Mit der Aufrechterhaltung wechselbezüglicher Verfügungen stellt sich die Frage, ob damit dann auch die Wechselbezüglichkeit, d. h. die Bindung des Überlebenden aufrechterhalten wird oder aber, ob eine derart weiterwirkende Verfügung des überlebenden Ehegatten auch durch diesen widerrufen werden kann. Dies betrifft zwar nicht das Erbrecht des Überlebenden sondern das Erbrecht nach ihm; es gehört jedoch insofern zu seiner erbrechtlichen Stellung, als es seine Testierfreiheit betrifft.
432 Reimann I Mayer § 2268 BGB RdNr. 4; Staudinger I Kanzleiter § 2268 BGB RdNr. 10. 433 Muscheler DNotZ 1994, 733, 740. 434 Reimann/Λ/λ^γ § 2268 BGB RdNr. 9, 10; Soergel / Wolf § 2268 BGB RdNr. 3; Alternati vkommentar/ Schaper § 2268 BGB RdNr. 21. 435 Reimann/Mayer § 2268 BGB RdNr. 10; Muscheler DNotZ1994, 733, 741; vgl. auch den Fall von BayObLGZ 1993, 240, 246 f.
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C. Der Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten durch Scheidung
(a) Die Möglichkeit der Aufrechterhaltung auch der Wechselbezüglichkeit
Es ließe sich argumentieren, dass, wenn die Eheleute die Aufrechterhaltung einer wechselbezüglichen Verfügung wollen, ihr Wille auch den Fortbestand der Wechselbezüglichkeit mit einschließt und hierauf beruht. Der Überlebende müsste sich dann hieran festhalten lassen und wäre durch die getroffenen Verfügungen in seiner Testierfreiheit beschränkt. 436 Diese Auffassung wäre insbesondere konsequent, wenn die Aufrechterhaltung nach § 2268 Abs. 2 BGB entgegen der hier vertretenen Meinung auf das gemeinschaftliche Testament als Ganzes und nicht auf einzelne Verfügungen innerhalb desselben zu beziehen wäre. Bei Aufrechterhaltung des Testamentes als Ganzem läge auch die Aufrechterhaltung aller seiner Wirkungen einschließlich der Bindung an wechselbezügliche Verfügungen nahe. Die Verwendung des Wortes „insoweit" in § 2268 Abs. 2 BGB könnte diese Auffassung stützen. Dann wäre es aber jedenfalls erforderlich, einen gesonderten, gerade auf die Fortwirkung der Wechselbezüglichkeit gerichteten mutmaßlichen oder tatsächlichen Willen beider Eheleute feststellen zu können. 437 (b) Stellungnahme Gegen die Aufrechterhaltung auch der Wechselbezüglichkeit spricht jedoch die Eigenart der ehelichen Lebensgemeinschaft als Grundlage für das Eheleuten zugedachte Privileg des gemeinschaftlichen Testamentes. Die Bindungswirkung wechselbezüglicher Verfügungen beruht gerade auf dem Bestehen des ehelichen Bandes. Aufgrund dessen sollen Eheleute ihren Verfügungen von Todes wegen in einfacherer Weise Bindungswirkung verleihen können als Nichtverheiratete. Mit Zerreißen dieses Bandes, muss auch eben diese Privilegierung selbst enden. Die Wechselbezüglichkeit einer Verfügung im Rahmen eines gemeinschaftlichen Testamentes kann daher das besagte Zerreißen des ehelichen Bandes nicht überdauern. Das Privileg bindender Verfügungen von Todes wegen außerhalb des Erbvertrages ist der ehelichen Lebensgemeinschaft, nicht deren gescheitertem Rest zugedacht. Wollen die Eheleute solche bindenden Verfügungen auch über die Dauer des ehelichen Bandes hinaus schaffen, sind sie hierfür auf den Erb vertrag verwiesen. 438 Ein Aufrechterhalten auch der Wechselbezüglichkeit nach § 2268 Abs. 2 BGB scheidet damit aus.
436 So BayObLG NJW 1996, 133 f. allerdings ohne Begründung; vgl. auch BayObLG NJW-RR 1993, 1157, 1158 f. 437 Vgl. Argumentation bei Muscheler DNotZ 1994, 733, 742. 438 Staudinger/Kanzleiter § 2268 BGB RdNr. 11; Muscheler DNotZ 1994, 733, 742 ff.; Kuchinke DNotZ 1996, 307, 310.
III. Die Aufrechterhaltung unwirksamer Verfügungen von Todes w e g e n 1 7 7
bb) Besonderheiten im Falle vertraglicher Verfügungen von Todes wegen (1) Der Träger des Aufrechterhaltungswillens Soweit ein Erbvertrag nicht-vertragliche Verfügungen enthält, gelten für diese wieder gemäß § 2299 Abs. 2 BGB unmittelbar die Normen des Testamentsrechtes. In Bezug auf die Aufrechterhaltung grundsätzlich nach §§ 2299 Abs. 2, 2077 Abs. 1 BGB unwirksamer Verfügungen kommt es nach § 2077 Abs. 3 BGB nur auf den tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des jeweiligen Erblassers an. 4 3 9 Bei einem einseitigen Erbvertrag verfügt nur eine Partei als Erblasser, dementsprechend kann es auch nur auf den Aufrechterhaltungswillen dieses Verfügenden ankommen. Im Übrigen muss differenziert werden. (a) Die Aufrechterhaltung nach § 2298 Abs. 1 BGB grundsätzlich unwirksamer Verfügungen Für die vertraglichen Verfügungen eines Erbvertrages regelt § 2298 Abs. 1 BGB, dass, falls eine von ihnen unwirksam ist, grundsätzlich auch alle anderen unwirksam sind, ungeachtet der Frage, ob sie nun gerade korrespektiv zu der ursprünglich unwirksamen Verfügung sind oder nicht. 440 Etwas anderes kann sich nach § 2298 Abs. 3 BGB nur ergeben, wenn dies der Wille der Vertragsschließenden ist. Um eine nach § 2298 Abs. 1 BGB unwirksame vertragliche Regelungen aufrecht zu erhalten, bedarf es also eines hierauf gerichteten wirklichen oder hypothetischen Willens beider Vertragsteile. 441 (b) Die Aufrechterhaltung der im Sinne des § 2298 Abs. 1 BGB nach § 2077 Abs. 1 BGB grundsätzlich nichtigen Verfügung Fraglich ist, ob eine nach Absatz 1 des § 2077 BGB grundsätzlich unwirksame vertragliche Verfügung nach Abs. 3 dieser Vorschrift durch einen auf ihre Aufrechterhaltung gerichteten Willen allein des seinerzeit Verfügenden wirksam erhalten werden kann - mit der Folge, dass der Tatbestand des § 2298 Abs. 1 BGB nicht mehr erfüllt wird und deshalb die Unwirksamkeit der übrigen vertraglichen Verfügungen nach § 2298 Abs. 1 BGB ebenfalls nicht eintreten kann.
439 Siehe S. 163 ff. 440 Staudinger/Kanzleiter § 2298 BGB RdNr. 6; OLG Hamm ZEV 1994, 367. 441 Staudinger I Kanzleiter § 2298 BGB RdNr. 21; Mot. 346; BayObLG FamRZ 1994, 196, 197; vgl. Planck/Greif § 2298 BGB Anm. 4; Reimann ! Mayer § 2298 BGB RdNr. 18. 12 Wirtz
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C. Der Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten durch Scheidung
(aa) Das Erfordernis des Willens beider Vertragspartner
Für das Erfordernis eines mutmaßlichen oder tatsächlichen Aufrechterhaltungswillens beider Vertragspartner als Voraussetzung für ein Aufrechterhalten nach §§ 2279, 2077 Abs. 3 BGB könnten die zu § 2268 BGB angestellten Überlegungen sprechen. 442 Nach diesen war Voraussetzung der Aufrechterhaltung einer wechselbezüglichen Verfügung stets ein entsprechender Wille beider Testierender. 443 Auch trifft § 2298 Abs. 1 BGB mit der Unwirksamkeitsanordnung für alle vertraglichen Verfügungen des Erblassers eine Regelung, die genauso weit geht wie diejenige des § 2268 Abs. 1 BGB. Dabei gilt die hier angeordnete Unwirksamkeit des „ganzen Vertrages" wegen § 2299 Abs. 1 BGB zunächst nur für die vertraglichen Verfügungen. 444 Doch bilden auch nur diese den Erbvertrag im eigentlichen Sinne, 445 während die einseitigen Verfügungen gemäß § 2299 BGB nur der äußeren Form nach in der Urkunde mitenthalten sind. Die Rechtsprechung begründet das Erfordernis eines Aufrechterhaltungswillens beider Vertragsparteien teilweise damit, dass nach § 157 BGB nur der übereinstimmende Wille beider Vertragsparteien ausschlaggebend sein könne. 446 (bb) Stellungnahme Gegen die vorgenannte Auffassung und für ein Ausreichen allein eines entsprechenden Willens des Erblassers spricht der Wortlaut des Gesetzes. Der über § 2279 Abs. 1 BGB anwendbare § 2077 Abs. 3 BGB stellt auf den Willen „des Erblassers" ab. Als Erblasser wird auch im Kontext des zweiseitigen Erbvertrages nur derjenige bezeichnet, der die fragliche Verfügung vorgenommen hat. 4 4 7 Hinsichtlich der Parallele zu § 2268 BGB ist zu bedenken, dass der Vorbehalt des § 2268 Abs. 2 BGB dabei an die Stelle der Regelung des § 2077 Abs. 3 BGB tritt und daher von „dem Erblasser" gerade nicht mehr die Rede ist. Eine solche, dem § 2268 Abs. 2 BGB entsprechende Formulierung enthält § 2279 BGB jedoch nicht. Die für § 2268 BGB gefundenen Ergebnisse können deshalb nicht ohne weiteres auf den Fall des zweiseitigen Erbvertrages übertragen werden.
442 Reimann I Mayer § 2279 BGB RdNr. 11. 443 Siehe S. 175 f. 444 Staudinger / Kanzleiter § 2298 BGB RdNr. 6. 445 RGRKI Kregel § 2298 BGB RdNr. 1. 446 OLG Zweibrücken NJW-RR 1998, 941, 942; die fragliche Entscheidung selbst nimmt den hier besonders interessierenden Fall des Erbfalles während des Scheidungsverfahrens aus, weil in diesem Falle nach Sinn und Zweck des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB Erblasser ohnehin nur der Erstverstorbene sein könne. Welches dieser „Sinn und Zweck" sein sollte, ist nicht weiter ersichtlich. 447 So bei Soergel / Wolf § 2279 BGB RdNr. 6; vgl. auch Staudinger ! Kanzleiter § 2279 BGB RdNr. 16; MünchKomm /Musielak § 2279 BGB RdNr. 11.
III. Die Aufrechterhaltung unwirksamer Verfügungen von Todes wegen
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Richtig ist, dass § 2298 BGB in Absatz 3 den Willen beider Vertragsschließender für eine Aufrechterhaltung erfordert. 448 Dies kann jedoch keinen Rückschluss auf die Anforderungen für die Aufrechterhaltung derjenigen Verfügung zulassen, deren Unwirksamkeit aufgrund einer anderen Norm erst die Rechtsfolge des § 2298 BGB auslöst. Was jedoch diese „erste Unwirksamkeit" angeht, gilt, dass wenn sie bereits nach § 2077 Abs. 3 BGB wirksam bleibt, § 2298 BGB nicht eingreifen kann. Zu bedenken ist daneben, dass Erblasser auch des zweiseitigen Erbvertrages nur der jeweils vertraglich Verfügende ist. Soweit es auf „den Erblasserwillen" ankommt, kann dies nur denjenigen dieses tatsächlich Verfügenden meinen. Mangels anderweitiger gesetzlicher Reglungen kann sich daher der über § 2279 Abs. 1 BGB anwendbar erklärte Absatz 3 des § 2077 BGB auch nur auf den Aufrechterhaltungswillen des Erblassers, nämlich desjenigen, der die fragliche Verfügung getroffen hat, beziehen.449 (2) Die Aufrechterhaltung
auch der Bindungswirkung
Fraglich ist, ob im Falle der Aufrechterhaltung einer vertraglichen Verfügung nach §§ 2279, 2077 Abs. 3 BGB auch die Bindungswirkung aufrechterhalten bleibt. Im Fall des gemeinschaftlichen Testamentes war dies abgelehnt worden mit der Begründung, dass ein Gestaltungsprivileg, wie es Eheleuten in der Möglichkeit bindender gegenseitiger Verfügungen im Rahmen eines gemeinsamen Testamentes zusteht, nicht über den Wegfall des Privilegierungsgrundes, der ehelichen Lebensgemeinschaft nämlich, gewährt werden kann. 450 Die Möglichkeit, im Rahmen eines Erbvertrages zu verfügen und Bindungswirkung zu erzeugen, ist jedoch kein Privileg für Eheleute oder eine andere beschränkte Gruppe, sondern sie steht jedermann offen. Die im Falle des § 2268 BGB passende Überlegung, dass ein Privileg nicht den Wegfall des Privilegierungsgrundes überdauern sollte, kann deshalb auf den Erbvertrag nicht übertragen werden. Grundsätzlich ist also auch die Aufrechterhaltung der ΒindungsWirkung möglich. Sie setzt jedoch einen gesondert darauf gerichteten wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Erblassers voraus. 451
448 So missverständlich in BayObLG NJW-RR 1997, 7, 9, obwohl die Entscheidung gegen Ende dann wieder von dem Willen „des Erblassers" spricht. 449 Vgl. insoweit MünchKomm/Musielak § 2077 BGB RdNr. 22; Staudinger/ Otte § 2077 BGB RdNr. 20; im Ergebnis vorausgesetzt Lange ! Kuchinke § 25 VIII 2. 450 Siehe S. 176. 451 OLG Hamm ZEV 1994, 367, 368 mit Anm. Mayer. 12*
e r l u s t der erbrechtlichen Position des Ehegatten
Scheidung
c) Die Auswirkung der Aufrechterhaltung auf den Unterhaltsanspruch (§ 1586b BGB)
Im Falle der Unwirksamkeit einer Verfügung von Todes wegen aufgrund eines Scheidungsurteils oder des Standes eines Scheidungsverfahrens gemäß § 2077 Abs. 1 BGB steht dem überlebenden Ehegatten entweder nach § 1586b B G B 4 5 2 oder über den Umweg des § 1933 Satz 3 B G B 4 5 3 ein Unterhaltsanspruch gegen den Nachlass zu, weil in diesem Fall stets auch das gesetzliche Ehegattenerbrecht ausgeschlossen ist. Fraglich ist nun, wie sich das ausnahmsweise Aufrechterhalten einer Verfügung von Todes wegen nach §§ 2077 Abs. 3, 2268 Abs. 2 BGB auf Bestehen und Höhe dieses Unterhaltsanspruches auswirkt.
aa) Nach dem Wortlaut Die besagte ausnahmsweise Aufrechterhaltung einer ansonsten unwirksamen Verfügung von Todes wegen berührt den Verlust des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes nicht. Als familienrechtliche Regelung gilt § 1586b BGB im Falle des Todes eines der früheren Ehegatten nach einer Scheidung unabhängig von der Frage, ob und wieweit eine grundsätzlich unwirksame Verfügung von Todes wegen zugunsten des überlebenden Geschiedenen ausnahmsweise aufrechterhalten bleibt; einen anderweitigen Vorbehalt enthält das Gesetz nicht.
bb) Nach dem Regelungsziel Teilweise wird jedoch vertreten, dass im Falle der Aufrechterhaltung einer Verfügung von Todes wegen nach §§ 2077 Abs. 3, 2268 Abs. 2 BGB der § 1933 Satz 3 BGB seinem Sinn nach nicht zur Anwendung kommen könne, weil es insoweit gerade am Ausschluss der Erbberechtigung fehle. Die Zielsetzung des Gesetzes in § 1586b BGB, Ausgleich für den durch die Scheidung eingetretenen oder infolge eines Scheidungsverfahrens unmittelbar bevorstehenden Verlustes der Teilhabechance am Nachlass zu schaffen, könne hier nicht mehr erreicht werden, weil der Überlebende aufgrund der Aufrechterhaltung der Verfügung zu seinen Gunsten am Nachlass teil hat. 4 5 4 Lediglich wenn der Wert des Zugewandten unter dem Wert des kleinen Pflichtteils liege, sei dem Überlebenden wenigstens ein Unterhaltsanspruch in Höhe der Differenz zu der in § 1586b Abs. 1 Satz 3 BGB festgelegten 452
Im Falle des § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB unmittelbar oder aufgrund Verweisung durch §§ 2268 Abs. 1 und 2279 Abs. 1 BGB, siehe S. 94. 453 Im Falle des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB unmittelbar oder aufgrund Verweisung durch §§ 2268 Abs. 1 und 2279 Abs. 2, siehe S. 131 und S. 134. 4 4 5 So ist wohl auch der Verweis von MüchKomm/Leipold § 2077 BGB RdNr. 20 auf die Ausführungen bei MünchKomm / Leipold § 1933 BGB RdNr. 17 zu verstehen.
III. Die Aufrechterhaltung unwirksamer Verfügungen von Todes wegen
181
Obergrenze zu gewähren. In Anlehnung an die zu § 1933 Satz 3 BGB entwickelte Systematik solle es auch möglich sein, das durch die Verfügung Zugewandte auszuschlagen und insgesamt nur den Anspruch nach § 1586b BGB einzufordern. 455
cc) Stellungnahme Gegen die zuletzt dargestellte Auffassung könnte eingewandt werden, dass damit in den Fällen einer Aufrechterhaltung nach §§ 2077 Abs. 3, 2268 Abs. 2 BGB ein Pflichtteilsanspruch anerkannt würde, der entweder nach § 1933 Satz 1 BGB oder durch die eingetretene Rechtskraft der Scheidung ausgeschlossen worden ist. Die Aufrechterhaltung nach §§ 2077 Abs. 3, 2268 Abs. 2 BGB beruht auf dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Erblassers für den Fall einer Scheidung oder eines ScheidungsVerfahrens. Ein Wille, gleichzeitig eine Pflichtteilsregelung wieder in Kraft zu setzen, kann daraus nicht gefolgert werden; dieser müsste sich in irgendeiner Weise aus der letztwilligen Verfügung ergeben. Dem steht jedoch die ausdrückliche Wertung des § 1933 Satz 3 BGB gegenüber, nach der in den Fällen des § 1933 Satz 1 BGB, mithin also auch im Falle der §§ 2077 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 und 2268 Abs. 1, Abs. 2 BGB der überlebende Ehegatte wenigstens durch Unterhalt bis zur Höhe des fiktiven Pflichtteiles am Nachlass beteiligt sein soll 4 5 6 Auf einen Willen, Pflichtteilsregelungen wieder in Kraft zu setzen, kommt es damit nicht an. Richtigerweise steht dem Überlebenden, dem eine Aufrechterhaltung nach §§ 2077 Abs. 3, 2268 Abs. 2 BGB zugute kommt, ein Anspruch bis zu Höhe des fiktiven Pflichtteils gemäß § 1933 Satz 3 BGB entsprechend zu, soweit dieser Wert durch das Zugewandte nicht erreicht wird. Konsequent ist daneben die Annahme eines Wahlrechtes gemäß §§ 2305 bis 2307 BGB analog zwischen Ausschlagung nebst Anspruch nach § 1933 Satz 3 BGB entsprechend und dem Zugewandten nebst Differenzanspruch nach § 1933 Satz 3 BGB analog. 457 In Bezug auf die Fälle der ausnahmsweisen Aufrechterhaltung einer ansonsten nach rechtskräftiger Scheidung gemäß § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich unwirksamen Verfügung kann § 1933 Satz 3 BGB keine Wertung vorgeben. Dessen bedarf es allerdings auch nicht, weil § 1586b BGB nur im Falle der Bedürftigkeit von einem Unterhaltsanspruch des Überlebenden gegen den Nachlass ausgeht, ohne dass dieser mit einer Zuwendung zu verrechnen wäre. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass durch den Tod des Erblassers, insbesondere durch dessen ausnahmsweise aufrechterhaltene Zuwendungen von Todes wegen an den Überlebenden, dessen Bedürftigkeit entfallen kann. 455 So wohl auch MünchKomm/Leipold § 1933 BGB RdNr. 17, § 2077 BGB RdNr. 20. 456 Bock MittRhNotK 1977, 205, 210; Battes FamRZ 1977, 433, 436. 457 MünchKomm/Leipold § 1933 BGB RdNr. 17; Bock MittRhNotK 1977, 205, 210; Battes FamRZ 1977, 433, 436.
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2. Exkurs: Die Aufrechterhaltung durch Umdeutung nach § 140 BGB Soweit das Aufrechterhalten von nach §§ 2077 Abs. 1, 2268 Abs. 1, 2279 Abs. 1 BGB grundsätzlich unwirksamen Verfügungen von Todes wegen im Wege der §§ 2077 Abs. 3, 2268 Abs. 2 oder 2298 Abs. 3 BGB nicht möglich ist, könnte die Umdeutung in ein Einzeltestament in Frage kommen. Voraussetzung einer jeden Umdeutung ist ein hierauf gerichteter Wille dessen, der die umzudeutende Erklärung abgegeben oder das umzudeutende Rechtsgeschäft vorgenommen hat. Im Falle einer letztwilligen Verfügung im Sinne des § 2077 Abs. 1 BGB, die nicht nach § 2077 Abs. 3 BGB wirksam erhalten werden kann, ist ein solcher Umdeutungswille denklogisch nicht möglich. Die Umdeutung würde ja gerade zu dem Ergebnis führen, dass der Erblasser weder mutmaßlich noch tatsächlich gewollt hat, nämlich dem Fortgehen seiner letztwilligen Verfügung zugunsten seines geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten auch eben im Falle der Scheidung oder des Falles des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB. Hätte der Erblasser aber dieses Ergebnis mutmaßlich oder tatsächlich gewollt, so wäre die fragliche letztwillige Verfügung bereits nach § 2077 Abs. 3 BGB wirksam. Für eine nach § 2077 Abs. 1 BGB grundsätzlich unwirksame und auch nicht nach § 2077 Abs 3 BGB aufrechterhaltene letztwillige Verfügung scheidet die Umdeutung nach § 140 BGB aus.
a) Das grundsätzliche Umdeutungsverbot im Falle der §§ 2268, 2279 BGB Im Falle gemeinschaftlicher Testamente wurde in der Vergangenheit vertreten, bereits die Unwirksamkeitsanordnung des § 2268 BGB schließe eine Umdeutung nach § 140 BGB aus. Die gesetzgeberische Intention, die ehegemeinsame Verfügung zu vernichten, werde nämlich durch die Umdeutung unterlaufen. 458 Entsprechendes ließe sich für den zweiseitigen Erbvertrag unter Ehegatten wegen der Wirkung des § 2298 Abs. 1 BGB argumentieren. Weder aus dem Gesetz selbst noch aus der seinerzeitigen Begründung ergibt sich jedoch, dass die Gültigkeit des allgemeinen Teils einschließlich eben der Umdeutungsvorschrift § 140 BGB für den Regelungsgegenstand der §§ 2268 Abs. 1, 2279 BGB eingeschränkt sein sollte. 459 Dann muss aber auch eine Umdeutung von ansonsten nach § 2268 Abs. 1 BGB sowie nach §§ 2077 Abs. 1, 2279, 2298 BGB unwirksamer Erbverträge in andere Rechtsgeschäfte, insbesondere Einzeltestamente möglich sein 4 6 0 ' 4 6 1
458 Lutter FamRZ 1959, 273, 274 f.; Grossrau NJW 1947/48, 365, 366; allerdings beide bezogen auf die Fälle der Ehenichtigkeit. 459 Alternativkommentar/Schaper § 2268 BGB RdNr. 11; ebenso Kanzleiter DNotZ 1973, 133, 141.
III. Die Aufrechterhaltung unwirksamer Verfügungen von Todes wegen
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b) Anwendungsfälle Zweifelhaft ist allerdings, ob angesichts der Regelungen des § 2268 BGB einerseits und der §§ 2077 Abs. 1, 2279, 2298 BGB in der hier untersuchten Frage der Auswirkungen eines Scheidungsverfahrens auf die Erbberechtigung eines Ehegatten nach dem anderen überhaupt Raum für einen Umdeutung bleibt. Voraussetzung einer Umdeutung in Einzeltestamente oder Erbverträge ist gemäß § 140 BGB, dass die jeweils erforderliche Form gewahrt und eine Umdeutung dem Willen des Erblassers entspräche. 462
aa) Im Falle des gemeinschaftlichen Testamentes (§ 2268 Abs. 2) Bei den nicht-korrespektiven Verfügungen eines gemeinschaftlichen Testamentes erscheint ein Fall nicht denkbar, in dem der Erblasser seine Verfügung einerseits nicht auch für den Fall der Scheidung oder des Scheidungsverfahrens treffen wollte (und deswegen eine Aufrechterhaltung nach § 2268 Abs. 2 BGB ausscheidet), aber andererseits eine Umdeutung in ein Einzeltestament seinem Willen entspricht. Genau wie im Falle der einseitigen letztwilligen Verfügung würde eine Umdeutung ja genau zu dem Ergebnis führen, dass der Erblasser mutmaßlich nicht gewollt hat, nämlich der Fortgeltung. Die Möglichkeit des § 140 BGB muss insoweit auch hier leer laufen. Entsprechendes gilt für die Aufrechterhaltung wechselbezüglicher Verfügungen. Haben beide Ehegatten den mutmaßlichen oder tatsächlichen Willen zur Aufrechterhaltung einer wechselbezüglichen Verfügung, so gilt diese in den Fällen des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB nach § 2268 Abs. 2 BGB fort. Fehlt es an dem insoweit erforderlichen Aufrechterhaltungswillen beider Ehegatten, kommt auch eine Umdeutung mangels Umdeutungswillens nicht in Frage. Mangelt es aber lediglich auf der Seite eines der Ehegatten an dem erforderlichen Willen zur Aufrechterhaltung, so kommt es ebenfalls auf eine Umdeutung nach § 140 BGB nicht an. Wenn nämlich der Wille des Erblasser auf die Aufrechterhaltung einer an sich wechselbezüglichen Verfügung gerichtet ist, der des Partner jedoch nicht, so kann sie, wie oben gezeigt, als sogenannte partiell-einseitig wechselbezügliche Verfügung nach § 2268 Abs. 2 BGB fortgelten. 463 Für die Umdeutung einzelner Verfügungen eines ge-
460 MünchKomm/Musielak § 2268 BGB RdNr. 15; OLG Frankfurt DNotZ 1988, 181 f.; Kanzleiter DNotZ 1973, 133, 141 f., 143; Erman/Schmidt § 2268 BGB RdNr. 6; Schlüter RdNr. 332; Soergel / Wolf ξ 2268 BGB RdNr. 2; Palandt /Edenhofer § 2268 BGB RdNr. 1. 461 Die Frage, ob auch ein wegen Ehenichtigkeit nach § 2268 Abs. 1 BGB unwirksames gemeinschaftliches Testament nach § 140 BGB in eines oder mehrere wirksame Einzeltestamente umgedeutet werden kann, kann im Rahmen dieser Arbeit offen bleiben. Dafür Soergel / Wolf § 2268 BGB RdNr. 2; dagegen aufgrund des Fehlens der Fallgruppe der nichtigen Ehen in § 2268 Abs. 2 BGB Lutter FamRZ 1959, 273, 274 f. 462 MünchKomm/Musielak § 2268 BGB RdNr. 15.
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meinschaftlichen Testamentes, das in den Fällen der §§ 2268, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB ganz oder teilweise unwirksam ist, besteht daher kein Bedürfnis.
bb) Im Falle des zweiseitigen Erbvertrages unter Ehegatten Die Wirksamkeit einseitiger Verfügungen im Rahmen eines zweiseitigen Erbvertrages, dessen vertragliche Verfügungen nach § 2077, 2279, 2298 unwirksam sind, bestimmt sich zunächst nach § 2085 BGB. 4 6 4 Soweit danach getroffene einseitige Verfügungen auch ohne die vertraglichen Verfügungen des Erbvertrages vorgenommen worden wären, sind sie jedoch ihrerseits an § 2077 Abs. 1 und 3 BGB zu messen, soweit sie einen der Ehepartner bedenken. Ein Fall in dem der Wille zur Umdeutung nach § 140 BGB gegeben ist, nicht aber der zur Aufrechterhaltung nach § 2077 Abs. 3 BGB ist jedoch, wie gezeigt 4 6 5 nicht vorstellbar. Ebenso kann für die Aufrechterhaltung einer nach §§ 2077 Abs. 1, 2279 BGB grundsätzlich unwirksamen vertragsmäßigen Verfügung durch Umdeutung in ein Einzeltestament kein Raum sein, wenn diese nicht nach § 2077 Abs. 3 BGB aufrechterhalten werden kann. Wenn es an einem entsprechenden Willen des Erblassers fehlt, muss in gleicher Weise an einem entsprechenden auf Umdeutung gerichteten Willen fehlen. Denkbar ist jedoch eine Umdeutung einer nach § 2298 Abs. 1, 2279 BGB nichtigen vertragsmäßigen Verfügung, wenn zwar nicht der Wille beider Vertragspartner, sondern nur der des Verfügenden auf eine Aufrechterhaltung gerichtet ist. Zu einer Aufrechterhaltung nach § 2298 Abs. 3 BGB reicht dies nicht aus, 466 wohl aber zu einer Umdeutung nach § 140 BGB. Zwar ist die Wirksamkeit der in ein Einzeltestament umgedeuteten Verfügung neuerlich an § 2077 BGB zu messen. Doch greift dessen Absatz 1 entweder bereits nicht ein, weil nur einer der Ehepartner einen Scheidungsantrag gestellt hat oder die besagte Verfügung wird als Einzeltestament nach § 2077 Abs. 3 BGB aufrechterhalten, weil der tatsächliche oder mutmaßliche Wille des Erblassers auf Fortgeltung der besagten Verfügung gerichtet ist. Allein im Falle eines zweiseitigen Erbvertrages unter Ehegatten kann also eine Umdeutung nach § 140 BGB eine ansonsten unwirksame vertragliche Verfügung im Wege der Umdeutung in ein Einzeltestament zur Wirksamkeit verhelfen; dies allerdings auch nur dann, wenn die Unwirksamkeit eine Folge der Wirkung des § 2298 Abs. 1 BGB ist und der Wille des Erblassers auf die Fortgeltung der fraglichen Verfügung auch für den jeweils gegebenen Fall der Scheidung oder des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB ist.
463 464 465 466
Siehe S. Siehe S. Siehe S. Siehe S.
175. 141. 182. 177.
D. Der Fortbestand der Ehegattenerbberechtigung Fraglich ist, was zu gelten hat, wenn die Voraussetzungen der Tatbestände, die das Ehegattenerbrecht ausschließen oder Verfügungen von Todes wegen des einen Ehegatten zugunsten des anderen unwirksam werden lassen, nachträglich wieder entfallen.
I. Nach Rechtskraft der Scheidung: Die Wiederheirat Teilweise1 wurde erwogen, ob nicht im Falle der Wiederheirat von zwischenzeitlich geschiedenen Ehegatten ein Wiederaufleben insbesondere eines gemeinschaftlichen Testamentes denkbar wäre. Begründet wurde dies mit dem Bedürfnis, die Vorstellung der wiederverheirateten Eheleute von der Einheit ihrer beiden Ehen zu schützen; die Notwendigkeit eines neuerlichen Testamentes sei dem juristischen Laien nicht ohne weiteres ersichtlich. 2 Dem kann jedoch mit Blick auf die Rechtsnatur der Ehe nicht gefolgt werden. Eine Heirat begründet stets eine neue Ehe und damit ein neues familienrechtliches Rechtsverhältnis.3 Aufgrund der dazwischen liegenden Scheidung ist das zur Zeit der ersten Ehe errichtete gemeinschaftliche Testament grundsätzlich insgesamt unwirksam nach § 2268 Absatz 1, 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB 4 Der Moment der Wiederheirat kann allein bei der Frage eines mutmaßlichen Aufrechterhaltungswillens im Sinne des § 2268 Abs. 2 BGB Berücksichtigung finden und zu einer ganzen oder teilweisen Fortgeltung führen. 5
ι Keuk S. 53 f.; Anm. der Redaktion zu KG FamRZ 1968, 217, 218; ablehnend RGRK/ Johannsen § 2268 BGB RdNr. 2, anders in Bezug auf § 2077 BGB, dort RdNr. 6. 2 Anm. d. Redaktion zu KG FamRZ 1968, 217, 218. 3 KG FamRZ 1968, 217, 218; Erman/Schmidt § 2268 BGB RdNr. 5; Reimann/Miryer § 2268 BGB RdNr. 13. 4 KG FamRZ 1968, 217, 218; MünchKomm/Musielak § 2268 BGB RdNr. 5; Erman/ Schmidt § 2268 BGB RdNr. 5; Planck/Greif § 2268 BGB Anm. 2 b); Soergel /Wolf § 2268 BGB RdNr. 5; Kuchinke DNotZ 1996, 306, 307; siehe dazu auch oben S. 89 ff. 5 BayObLG NJW 1966, 133, 134; Palandt/Edenhofer § 2077 BGB RdNr. 2; RGRK/ Johannsen § 2268 BGB RdNr. 2; Soergel / Wolf § 2268 BGB RdNr. 5; Foer AcP 153, 492, 510; Kuchinke DNotZ 1996, 306, 307, allerdings mit der Maßgabe, dass die Wiederheirat allein noch keinen mutmaßlichen Aufrechterhaltungswillen begründen kann.
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D. Der Fortbestand der Ehegattenerbberechtigung
II. Vor Rechtskraft der Scheidung 1. Das abweisende Urteil Wird der Scheidungsantrag noch vor dem Tod des Erblassers rechtskräftig abgewiesen, wird damit festgestellt, dass die „Voraussetzungen der Scheidung" bis dahin nicht vorgelegen haben.6 In diesem Fall ist die Erbberechtigung des Überlebenden nach dem Gesetz zu keinem Zeitpunkt nach § 1933 Satz 1 BGB ausgeschlossen gewesen,7 ebenso wenig hätte die Unwirksamkeitsanordnung der §§ 2077 Abs. 1 Satz 2, 2268 BGB eingreifen können. Fraglich ist 8 , was zu gelten hat, wenn das abweisende Urteil zum Zeitpunkt des Erbfalles noch nicht rechtskräftig geworden ist. Soweit der Antragsteller Rechtsmittel eingelegt hat und die Scheidungsvoraussetzungen tatsächlich gegeben waren, wird, soweit die übrigen Voraussetzungen des Ausschlusstatbestände der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2, 2268 Abs. 1, 2279 BGB einschließlich des hier gefundenen ungeschriebenen Vorbehaltes9 erfüllt sind, 10 das gesetzliche Erbrecht ausgeschlossen und in Bezug auf etwaige Verfügungen von Todes wegen die grundsätzliche Unwirksamkeit angeordnet. Dasselbe muss gelten, wenn der Antragsteller zwar noch kein Rechtsmittel eingelegt hat, die Rechtsmittelfrist im Zeitpunkt seines Todes aber noch nicht abgelaufen war. Gesetzliche Rechtsmittelfristen müssen durch den Berechtigten voll ausgeschöpft werden können, ohne dass diesem hierdurch ein Nachteil entstehen darf. Daher kann nicht unterstellt werden, dass der Erblasser sein Scheidungsbegehren nicht mehr in der zweiten Instanz weiter verfolgt hätte11 und dass deshalb kein rechtshängiger Scheidungsantrag mehr existiere. Dies gilt auch für einen Schluss auf eine etwa geplante Antragsrücknahme allein aufgrund des Verhaltens des Erblassers im Vorprozess. 12 Waren die tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2, 2268, 2279 BGB daher im Zeitpunkt des Erbfalles entgegen der Feststellung des erstinstanzlichen Gerichtes gegeben, so bleibt die Erbberechtigung des überlebenden Ehegatten grundsätzlich ausgeschlossen, weil das Scheidungsverfah-
6 Soergel IStein § 1933 BGB RdNr. 5. 7 Im Ergebnis auch MünchKomm ! Leipold § 1933 BGB RdNr. 9. 8
Für ein Weiterwirken des Ausschlusses: hangt IKuchinke § 12 II 2 e); Soergel /Stein § 1933 BGB RdNr. 5; MünchKomm/Leipold § 1933 BGB RdNr. 9; Palandt/Edenhofer § 1933 BGB RdNr. 5; dagegen: Staudinger/ Werner § 1933 BGB RdNr. 6. 9 Siehe S. 159 ff. 10 Lange/Kuchinke § 12 II 2 e); Schnabel S. 25. h Lange/Kuchinke § 12 II 2 e); Schnabel S. 25. 12 Staudinger/ Werner § 1933 BGB RdNr. 6; Palandt/Edenhofer
§ 1933 BGB RdNr. 5.
II. Vor Rechtskraft der Scheidung
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ren im Zeitpunkt des Erbfalles noch nicht durch rechtskräftige Abweisung beendet war. 2. Die Antragsrücknahme a) Durch den Erblasser Vor dem Erbfall kann der Erblasser eine bereits vernichtete Erbberechtigung des Antragsgegners und - nach der hier vertretenen Auffassung - damit auch seiner selbst, durch Rücknahme des ursprünglichen Scheidungsantrages jederzeit Wiederaufleben lassen. Mit einer solchen Rücknahme gilt das Scheidungsverfahren als nicht rechtshängig geworden (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Mithin hat der Erblasser dann zum Zeitpunkt seines Todes auch nicht im Sinne der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB „die Scheidung beantragt". 13 Zu dem Vorgesagten existieren jedoch zwei Ausnahmen. Die Rücknahme eines von mehreren Scheidungsanträgen kann keine Wirkung auf das Eingreifen des § 2268 Abs. 1 BGB haben, weil dieser nach der hier vertretenen Auffassung bereits bei einem rechtshängigen Scheidungsantrag einschlägig ist. Dasselbe gilt für die vertragsmäßigen Verfügungen eines zweiseitigen Erbvertrages unter Ehegatten. Nach der hier vertretenen Auffassung führt das Bestehen eines Scheidungsantrages eines der Ehepartner dazu, dass, sobald dessen gemäß §§ 2279 Abs. 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB grundsätzlich unwirksamen vertragsmäßigen Verfügungen nicht alle nach § 2077 Abs. 3 BGB aufrechterhalten werden, wegen § 2298 BGB sämtliche vertragmäßigen Verfügungen nichtig werden.
b) Durch den Überlebenden Teilweise kann auch der Überlebende vor dem Tod des Erblassers durch Antragsrücknahme seine Erbberechtigung Wiederaufleben lassen. War das Ehegattenerbrecht erst durch Zustimmung des Erblassers zu einem Scheidungsantrag des Überlebenden ausgeschlossen worden und hatte letzterer alsdann den Antrag wiederum mit Zustimmung der Erblassers gemäß §§ 626, 622 Abs. 2 Satz 2, 269 Abs. 1 ZPO zurückgenommen, sind die §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht mehr anwendbar.14 Die Ausschluss Wirkung der Zustimmung setzt die Rechtshängigkeit eines Scheidungsantrages voraus. Diese wurde aber gerade durch die Rücknahme rückwirkend beseitigt. Fraglich ist, was bei der bloß einseitigen Rücknahme des Scheidungsantrages durch den späteren Überlebenden ohne Zustimmung des Erblassers zu gelten hat. 13 Im Ergebnis ebenso MünchKomm/Leipold § 1933 BGB RdNr. 9. 14 Staudinger/ Werner § 1933 BGB RdNr. 8.
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D. Der Fortbestand der Ehegattenerbberechtigung
Nach einer in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung soll die bereits nach den §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB weggefallene Erbberechtigung nicht Wiederaufleben, 15 weil sonst das Erbrecht des Überlebenden in dessen Belieben gestellt würde. Sind erhöhte Risiken für das Leben des späteren Erblassers absehbar, könnte der spätere Überlebende „sicherheitshalber" den Antrag zurücknehmen, um seine Erbberechtigung wieder zu begründen. Diese Argumentation setzt jedoch die Möglichkeit eines einseitigen Ausschlusses der Erbberechtigung voraus. Demgegenüber stehen nach der hier vertretenen Auffassung der Erbrechtsausschluss nach § 1933 Satz 1 BGB und die Unwirksamkeitsanordnung des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB aufgrund der Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung unter dem Vorbehalt, dass auch die Erbberechtigung des Verstorbenen nach dem Überlebenden aufgrund desssen Scheidungsantrages ausgeschlossen ist. Mit der Antragsrücknahme durch den Überlebenden vor dem Erbfall ist dieser Vorbehalt jedoch rückwirkend nicht mehr erfüllt. Damit entfällt ex tunc die grundsätzliche Unwirksamkeit der letzt willigen Verfügung des Erblassers. Die Erbberechtigungen beider Ehepartner leben wieder auf, ohne dass es nach der hier vertretenen Auffassung insoweit auf eine Zustimmung des Erblassers zur Antragsrücknahme ankommen kann. Eine Ausnahme besteht lediglich in Bezug auf das gemeinschaftliche Testament und den zweiseitigen Erbvertrag unter Ehegatten. Beide Verfügungen von Todes können wegen der Rechtsfolgenanordnung des § 2268 Abs. 1 BGB und der Wirkungskette der §§ 2279, 2077 Abs. 1 Satz 2, 2298 BGB ganz oder vollständig unwirksam werden, solange nur ein Scheidungsantrag eines Ehepartners rechtshängig bleibt.
c) Durch Nichtbetreiben des Verfahrens Nach einer in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung soll das Nichtbetreiben des Verfahrens über einen Zeitraum von 25 Jahren der Rücknahme des Scheidungsantrages gleichstehen.16 Dem kann nicht gefolgt werden. Weder ist die rechtliche Grundlage dieser Wertung zu erkennen, noch ist klar, wo die zeitliche Grenze zu ziehen wäre. Diese Unschärfe ist mit dem Gebot der Rechtssicherheit unvereinbar. Insbesondere ist zu bedenken, dass das bloße Nichtbetreiben die Rechtshängigkeit gerade noch nicht beseitigt.17 Dann besteht auch kein Raum, die Rechtsfolgen dieser Rechtshängigkeit, einen etwaigen Erbrechtsausschluss nach § 1933 Satz 1 BGB sowie die Unwirksamkeitsanordnungen nach §§ 2077 Abs. 1 Satz 2, 2268, 2279 BGB zu beseitigen.
15 LG Tübingen BWNotZ 1986, 22; zustimmend Staudinger/Werner § 1933 BGB RdNr. 8. 16 OLG Düsseldorf FamRZ 1991, 1107, 1108; zustimmend MünchKomm I Leipold § 1933 BGB RdNr. 9. π BGH NJW-RR 1993, 898.
II. Vor Rechtskraft der Scheidung
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In dem diesem Urteil zugrundeliegenden Fall besteht auch nach der hier vertretenen Auffassung kein Anlass zu solchen Umwegen. Zu dem dort angenommenen einseitigen Erbrechtsausschluss aufgrund eines Scheidungsantrages ohne Zustimmung des Gegners kann es wegen der oben gefundenen verfassungskonformen Auslegung der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2, 2279 BGB ohnehin nicht kommen. Hätte der Antragsgegner der Scheidung aber zugestimmt und wäre dann das Verfahren nicht weiter betrieben worden, so ist nicht einzusehen, warum die dann durch das Verhalten beider Parteien ausgelöste Rechtsfolge der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2, 2268, 2279 BGB zu beseitigen sein soll. Eine Regelungslücke ist insoweit nicht erkennbar, weil jede Partei es in der Hand hat, durch Rücknahme ihres Antrages oder ihrer Zustimmung die gesetzliche Erbberechtigung beider Ehepartner wieder herzustellen und die Unwirksamkeitsanordnung in Bezug auf Verfügungen von Todes wegen zu vernichten.
3. Die Rücknahme der Zustimmung zum ursprünglichen Scheidungsantrag Gemäß § 630 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist die Zustimmung nach § 630 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO uneingeschränkt widerruflich bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung. Dies muss wegen § 269 Abs. 2 ZPO auch bei einer durch schlüssiges Handeln gegenüber dem Gericht erklärten Zustimmung gelten. Zwar ist dann gerade keine Zustimmung nach § 630 Abs. 1 ZPO gegeben, doch kann die Wirkung einer schlüssig erklärten Zustimmung zur Scheidung nicht weitergehen als die einer solchen nach § 630 Abs. 1 ZPO. Mithin muss der durch konkludentes Handeln gegenüber dem Gericht ausgelöste Ausschluss der Erbberechtigung ebenfalls durch das Widerrufsrecht nach § 630 Abs. 2 Satz 1 ZPO begrenzt sein. Damit kann nach der hier vertretenen Auffassung der Erbrechtsausschluss nach § 1933 Satz 1 BGB nebst Unwirksamkeitsanordnung nach §§ 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB jederzeit durch Widerruf der Zustimmung nach § 630 Abs. 1 Nr. 1 Abs. 2 ZPO nachträglich vernichtet werden, wenn er gerade durch eine solche ausdrücklich oder konkludent erklärte Zustimmung ausgelöst wurde. Nicht auswirken kann sich dagegen die bloße Rücknahme einer Zustimmung auf die Unwirksamkeit nach § 2268 Abs. 1 BGB, weil dessen Tatbestand nach der hier vertretenen Auffassung bereits erfüllt ist, wenn nur ein Scheidungsantrag rechtshängig ist und die Scheidungsvoraussetzungen im Übrigen gegeben sind. Dasselbe gilt in Bezug auf die vertraglichen Verfügungen eines zweiseitigen Erbvertrages unter Ehegatten, wenn diese nicht alle nach § 2077 Abs. 3 BGB aufrechterhalten werden können.
E. Mögliche Analogien zu den Vorschriften über die erbrechtliche Position des Ehegatten Ι. Exkurs: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft Die nichteheliche Lebensgemeinschaft ist im BGB nicht geregelt. Vorschriften über eine gesetzliche Erbfolge eines Partners einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nach dem anderen fehlen damit ebenso wie besondere Regelungen betreffend die Wirksamkeit von Erbeinsetzungen und Vermächtnissen zwischen Partnern nichtehelicher Lebensgemeinschaften.
1. Die analoge Anwendung des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes Das gesetzliche Ehegattenerbrecht des § 1931 BGB kann dem Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht zustehen,1 denn es ist unmittelbarer Ausfluss des Rechtsverhältnisses „Ehe". 2 Das Bestehen einer förmlichen und wirksamen Ehe war schon bei Schaffung des BGB notwendige Bedingung für das Ehegattenerbrecht. 3 Fraglich ist daher, ob und inwieweit der Gedanke des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes und die hierfür gefundenen gesetzlichen Regelungen eine analoge Anwendung auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft finden könnte.4
a) Die mögliche Grundlage einer entsprechenden Anwendung der §§ 1931 1933 BGB Es wird vertreten, dass auch die faktische Lebensgemeinschaft von Mann und Frau unter den Begriff Familie des Art. 6 GG subsumiert werden kann und damit diese nichteheliche Familie in gleicher Weise schutzwürdig sein könnte wie die eheliche Lebensgemeinschaft. 5 Daraus könnte abgeleitet werden, dass auch die ι Für alle anderen OLG Saarbrücken NJW 1979, 2050 f.; Lange/Kuchinke § 12 I I 1; MünchKomm/ Wacke Anhang nach § 1302 BGB RdNr. 40; Staudinger/Strätz Anhang zu § 1297 ff. RdNr. 48, 144; Soergel /Lange Nichteheliche Lebensgemeinschaft RdNr. 122. 2 Lange /Kuchinke § 12 II 1. 3 Vgl. von Schmitt, Erbrecht, S. 607; ohne Begründung Meier-Scherling DRiZ 1979, 296, 298. 4 Dagegen OLG Saarbrücken NJW 1979, 2050 f.; Soergel/Stem § 1931 BGB RdNr. 16; MünchKomm / Wacke Nach § 1302 BGB RdNr. 40; m. w. Nachw.
I. Exkurs: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft
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§§ 1931, 1933 BGB auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft entsprechende Anwendung finden könnten.6 Der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft könnte an der Teilhabe am gemeinsam Erreichten in gleicher Weise interessiert sein, wie der Überlebende einer Ehe.
b) Zweifel an den Voraussetzungen einer Analogie zu §§ 1931, 1933 BGB Gegen eine Analogie zu den §§ 1931, 1933 BGB spricht bereits das Regelungsziel des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes. Dieses ist zu einem wesentlichen Teil als Ausgleich konzipiert für die bewusste und rechtlich bindende Übernahme von gegenseitiger Verantwortung im Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft, 7 die sich nicht zuletzt in der Entwicklung des Vermögens der Ehepartner niedergeschlagen hat. Dieses Charakteristikum der rechtlich bindenden förmlichen Übernahme von gegenseitiger Verantwortung fehlt der formlosen nichtehelichen Lebensgemeinschaft zwangsläufig. Eine analoge Anwendung des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes erscheint daher weder geboten noch möglich.8
c) Stellungnahme Dem Gedanken einer analogen Anwendung der §§ 1931, 1933 BGB kann nicht näher getreten werden. Entscheidend ist dabei, dass der Gesetzgeber die Existenz der nichtehelichen Lebensgemeinschaft keineswegs einfach übersehen hat. Er wollte bewusst kein besonderes gesetzliches Erbrecht des nichtehelichen Lebensgefährten schaffen, 9 obwohl ihm spätestens im Zeitpunkt des ersten Eherechtsreformgesetzes die Existenz und soziale Bedeutung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft bekannt waren. Es fehlt damit bereits an der für die Analogie notwendig erforderlichen Gesetzeslücke.10 Für eine analoge Anwendung der Vor5 v. Mangoldt, HauptA 43. Sitzung 18. 1. 1948 Prot. S. 554; zustimmend Roth-Stielow JR 1978, 233. 6 Vgl. Soergel /Stein § 1931 BGB RdNr. 16 hinsichtlich der Zulässigkeit einer zukünftigen gesetzlichen Regelung eines besonderen Erbrechtes nichtehelicher Partner unter Verweis auf Art. 8 MRK; insoweit ebenfalls offen Staudinger ISträtz Anh zu § 1297 ff. BGB RdNr. 144. 7 Vgl. Seite 27 m. w. Nachw.
s Soergel/Stern § 1931 BGB RdNr. 16; Erman/Schlüter § 1931 BGB RdNr. 11; RothStielow JR 1978 233; Staudinger ISträtz Anh zu §§ 1297 ff. BGB RdNr. 144; Staudinger/ Werner § 1931 BGB RdNr. 7; LG Aachen NJW-RR 1988, 450; Bosch in: Gaul/Habscheid, Gesammelte Abhandlungen, S. 409,420. 9 Bosch in: Gaul / Habscheid, Gesammelte Abhandlungen, S. 409, 420; vgl. auch OLG Saarbrücken, FamRZ 1979, 796 ff. 10 Vgl. auch MünchKomm/Leipold § 1931 BGB RdNr. 6 m. w. Nachw.; LG Aachen NJW-RR 1988, 450 mit abweichender Begründung.
. Mögliche Analogien über die erbrechtliche Position des Ehegatten
Schriften über das gesetzliche Ehegattenerbrecht auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft ist damit kein Raum.11
2. Die analoge Anwendung der Vorschriften über das gemeinschaftliche Testament Auch im Falle des gemeinschaftlichen Testamentes könnte eine analoge Anwendung auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft erwogen werden. Zwar steht dieses Instrument nach dem Wortlaut des § 2265 BGB nur Eheleuten offen. Auch hat sich der Gesetzgeber bei Schaffung des BGB bewusst dagegen entschieden, des gemeinschaftliche Testament für Verlobte zu öffnen. 12 Hinsichtlich der nichtehelichen Lebensgemeinschaft kann dies jedoch keine Bedeutung haben, weil diese bei Schaffen des BGB noch nicht so verbreitet und dem gesellschaftlichen Wertebild nicht soweit entsprechend war wie dies heute der Fall ist. Allerdings sind wegen des sich aus den Materialien zum BGB ergebenden Ausnahmecharakters der Norm 13 Bedenken angebracht, ob diese überhaupt analogiefähig ist. Dies könnte jedoch offen bleiben, wenn eine Analogie noch aus anderen Gründen ausgeschlossen wäre. Ein solcher Umstand ist die Tatsache, dass jedenfalls im Zeitpunkt des Ersten Eherechtsänderungsgesetzes dem Gesetzgeber das Phänomen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft bekannt war. Fand er damals trotzdem keine entsprechenden Bestimmungen zur Öffnung des § 2265 BGB, so ist dies als bewusste Entscheidung für einen engen Anwendungsbereich des § 2265 BGB nur auf Ehegatten zu verstehen. Sachlicher Grund hierfür ist neben dem den Gesetzgeber nach Art. 6 Abs. 1 GG bindenden Auftrag zum besonderen Schutz der Ehe auch die Existenz des ehelichen Güterrechts in den §§ 1363 ff. BGB, welche wiederum erbrechtliche Auswirkungen hat. 14 Dessen Besonderheiten rechtfertigt es, Ehegatten die gemeinschaftliche Regelung ihrer erbrechtlichen Verhältnisse durch eine besondere Rechtsfigur zu erleichtern. 15 Für eine Analogie fehlt es damit wie im Falle des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes an der erforderlichen Lücke im Gesetz.16 Errichten die Partner einer nicht11 Soergel / Stein § 1931 BGB RdNr. 16; Soergel/La/i#? Nehel LG RdNr. 122; MünchKomm /Leipold § 1931 BGB RdNr. 6; MünchKomm/ Wacke Nach § 1302 BGB RdNr. 40; m. w. Nachw. Staudinger/Strätz Anh zu §§ 1297 ff. BGB RdNr. 144; Meier-Scherling DRiZ 1979, 296, 298; Bosch in: Gaul / Habscheid, Gesammelte Abhandlungen, S. 409, 420; OLG Saarbrücken NJW 1979, 2050 f. 12 Protokolle Mugdan Band V, S. 721; Denkschrift Mugdan Band V, S. 871. 13 Protokolle Mugdan Band V, S. 721; Denkschrift Mugdan Band V, S. 871. 14 Siehe hierzu S. 26 ff. 15 BVerfG NJW 1989, 1986; Staudinger/Kanzleiter § 2265 BGB RdNr. 1; Soergel/Wolf § 2265 BGB RdNr. 1, 5; Staudinger/Strätz Anh zu §§ 1297 ff. BGB RdNr. 148. 16 Alternativkommentar /Schaper § 2265 BGB RdNr. 2; im Ergebnis so auch Soergel/ Wolf ξ 2265 BGB RdNr. 1, 5; ebenso Meier-Scherling DRiZ 1979, 296, 298.
I. Exkurs: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft
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ehelichen Lebensgemeinschaft dennoch ein gemeinschaftliches Testament, so bleibt nur die Aufrechterhaltung im Wege der Umdeutung.17
3. Die analoge Anwendung des § 2077 BGB auf Testamente und Erbverträge zwischen Partnern nichtehelicher Lebensgemeinschaften Ebenfalls fragt sich, ob und inwieweit § 2077 BGB „entsprechend" auf den Fall der Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft anzuwenden ist. In gleicher Weise wie die §§ 1931 und 2265 BGB setzt der Tatbestand des § 2077 Abs. 1 BGB das Bestehen einer Ehe voraus. Anders als bei den vorstehend diskutierten Fällen des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes und des gemeinschaftlichen Testamentes zielt die Frage einer entsprechenden Anwendung weniger auf eine „Gleichstellung" mit den durch die §§ 1931 und 2265 BGB in gewisser Weise privilegierten Eheleuten, sondern auf eine Gleichbehandlung in Bezug auf den Verlust eines Rechtes.
a) Argumente für eine analoge Anwendung des § 2077 BGB Teilweise wird vertreten, dass das Ende einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft vielfach dem Scheitern einer Ehe entspreche, insbesondere was die Interessen· und Motivationslage der Partner angehe. Daher sei § 2077 BGB entsprechend anzuwenden, wenn einer der Partner einer aufgelösten oder in Auflösung befindlichen nichtehelichen Lebensgemeinschaft während deren Bestehen eine testamentarisch oder erbvertragliche Verfügung von Todes wegen zugunsten des anderen getroffen habe.18 Zusätzlich wird das Bedürfnis nach einer Analogie damit begründet, dass auch das Verlöbnis keine Ehe sei. Für dessen Auflösung ordne aber § 2077 Abs. 2 BGB ebenfalls die grundsätzlich Unwirksamkeit einer etwa zugunsten des früheren Verlobten vorgenommenen letztwilligen Verfügung an. 19
b) Kritik an einer analogen Anwendung des § 2077 BGB Dagegen wird folgendes vorgebracht: Als ernsthaftes, wechselseitiges Eheversprechen begründe die Verlobung zwar das Dauerrechtsverhältnis des Brautstan17 BGH NJW-RR 1987, 1410; OLG Frankfurt FamRZ 1979, 347; Staudinger ISträtz Anh zu §§ 1297 ff. BGB RdNr. 148; im Einzelnen MünchKomm/Musielak § 2265 BGB RdNr. 4 ff.; zustimmend MünchKomm/ Wacke Nach § 1302 BGB RdNr. 41. is Vgl. Meier-Schmerling, DRiZ 1979, 296, 299 für eine Analogie zu § 2077 Abs. 2 BGB; MünchKomm / Wacke Nach § 1302 BGB RdNr. 41 für eine Analogie zu „§ 2077 Abs. 1 und 2" BGB. 19 Meier-Schmerling, DRiZ 1979, 296, 299. 13 Wirtz
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. Mögliche Analogien über die erbrechtliche Position des Ehegatten
des. 20 Weder begründet noch vorausgesetzt würde allerdings eine tatsächliche Lebensgemeinschaft. 21 Mithin könne das Verlöbnis weder ein besonders geregelter Fall der nichtehelichen Lebensgemeinschaft sein, noch sei es dieser vergleichbar. Die teilweise parallele Anknüpfung von Rechtsfolgen bei Ehe- und VerlöbnisSachverhalten ergäbe sich nicht aus der Ähnlichkeit der jeweils bestehenden Lebensgemeinschaften, sondern jeweils kraft ausdrücklicher Anordnung (siehe § 2077 Abs. 2 BGB) aus der mit dem Verlöbnis eingegangenen Verpflichtung zur Begründung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Genau diese Ausrichtung fehle aber der nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Sie drücke gerade keinen finalen Willen zur Bindung im Rahmen einer ehelichen Gemeinschaft aus.22 Gegen eine Analogie spreche auch das hohe Maß an Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Frage des Beginns und der Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft und ihrer Abgrenzung zu bloßen Freundschaftsbeziehungen. 23 Es bestünde die Gefahr, dass auch durch bloße Freundschaftsbeziehung motivierte Zuwendungen als unwirksam anzusehen wären, wenn die entsprechende Beziehung abgebrochen wurde oder erkaltete. 24 Hinzu komme eine rechtstechnische Problematik. Zwar kann eine nichteheliche Lebensgemeinschaft möglicherweise in gleichem Maße „scheitern" wie eine eheliche Lebensgemeinschaft, es fehlt jedoch in Bezug auf die Beendigung an einem dem Scheidungsverfahren vergleichbaren förmlichen Verfahren und damit an Anknüpfungspunkten für die Tatbestände des § 2077 Abs. 1 BGB. Wollte man daher die Analogie zu § 2077 Abs. 2 BGB ziehen, so stelle sich die Frage, welche eheähnlichen Verhältnisse die Analogie (schon) rechtfertigen und welche (noch) nicht, also welche Art zwischenmenschlicher Beziehungen als nichteheliche Lebensgemeinschaften im Sinne der Analogie zu qualifizieren wären. Diese dürfte aufgrund der Vielfalt nichtehelicher Beziehungen nur schwer zu beantworten sein. 25
c) Stellungnahme Entscheidend für die Entscheidung für oder gegen eine analoge Anwendung des § 2077 BGB ist die Eigenart der nichtehelichen Lebensgemeinschaft selbst. Weil 20 RGZ 80, 88, 89 f.; BayObLG FamRZ 1983, 1226, 1228 f.; Lüderitz RdNr. 105, 112 ff; Schwab RdNr. 30, 34; Gernhuber!Coester-Waltjen § 8 I, III; MünchKomm/Wacke § 1297 BGB RdNr. 8 m. w. Nachw. zur rechtlichen Qualifikation. 21 Lüderitz, RdNr. 105. 22 Staudinger/Otte § 2077 BGB RdNr. 25; Soergel/Lange Nehel LG RdNr. 128. 23 So auch Reimann /Mayer § 2279 BGB RdNr. 21. 24 BayObLG FamRZ 1983, 1226, 1228 f.; Battes JZ 1988, 908, 915; Palandt/Edenhofer § 2077 BGB RdNr. 2; Staudinger /Otte § 2077 BGB RdNr. 25; Staudinger/Strätz Anh zu § 1297 ff. BGB RdNr. 148. 25 MünchKomm/Leipold § 2077 BGB RdNr. 11; Staudinger/Otte § 2077 BGB RdNr. 25; BayObLG FamRZ 1983, 1226; Battes JZ 1988, 915; ebenso bereits RG JW 1927, 1202 f.
II. Entsprechende Anwendung der Ausschlussnormen
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ihr gerade das dem Verlöbnis und der Ehe eigene, auf eine dauernde Bindung abzielende förmliche Versprechen fehlt, kann nicht mit derselben Sicherheit wie dort angenommen werden, dass die Zuwendung an den Partner gerade auf der Erwartung des Bestandes dieser Beziehung beruhte und damit mit Wegfall dieser Erwartung ebenfalls hinfällig sein sollte. 26 Dies muss der analogen Anwendung des § 2077 BGB auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft im Wege stehen. 27 ' 28 Hinsichtlich erbvertraglicher Verfügungen fehlt auch aus einem weitere Grund das Bedürfnis für eine Analogie. Die Möglichkeit von Rücktrittsmöglichkeiten ist bei einer vertraglichen Gestaltung nicht fernliegend und schafft das erforderliche Gestaltungsinstrumentarium, um auch einer Auflösung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft Rechnung zu tragen. 29
IL Entsprechende Anwendung der Ausschlussnormen §§ 1933,2077 BGB auf andere Lebenssachverhalte 1. Entsprechende Anwendung auf die zivil- und öffentlich-rechtliche Sonderrechtsnachfolge: § 1933 BGB analog Fraglich ist, inwieweit die Vorschrift des § 1933 Satz 1 BGB auf Normen entsprechend anwendbar ist, die eine zivil- oder öffentlich-rechtliche Sonderrechtsnachfolge des Ehegatten nach dessen verstorbenen Partner vorsehen. Voraussetzung hierfür wäre jeweils das Bestehen einer Regelungslücke. Für eine solche könnte hier sprechen, dass die Vorschriften über die Sonderrechtsnachfolge Regelungen mit dem Inhalt des § 1933 Satz 1 BGB selbst nicht enthalten. Dagegen spricht allerdings, dass diese Vorschriften unabhängig vom gesetzlichen Erbrecht des Ehegatten bestehen und in keiner Weise auf diesen Normkomplex Bezug nehmen.30 a) Die Sonderrechtsnachfolge in das Mietverhältnis (§§563 ff BGB) Die Sonderrechtsnachfolge des überlebenden Ehegatten in ein bestehendes Mietverhältnis über Wohnraum nach §§ 563 Abs. 1 BGB wird durch die Rechts26 Staudinger /Otte § 2077 BGB RdNr. 25; ebenso Erman/Schmidt § 2077 BGB RdNr. 5. 27 RGRK/Johannsen § 2077 BGB RdNr. 3; so bereits RG JW 1927 1207, 1208 und Planck/ Greif § 2077 BGB Anm. 2c). 28 Die Ausdehnung des § 2077 Abs. 1 Satz 1 auf die „Wilde Ehe" wurde in der ersten Denkschrift des Erbrechtsausschusses der Akademie für Deutsches Recht abgelehnt - Lange, Testamentsrecht, S. 113. 29 Reimann /Mayer § 2279 BGB RdNr. 21. 30 Soergel / Stein § 1933 BGB RdNr. 10. 13*
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. Mögliche Analogien über die erbrechtliche Position des Ehegatten
folge des § 1933 BGB nicht berührt. Sie beruht nämlich nicht auf der Erbenstellung des Überlebenden, sondern auf einer autonomen gesetzlichen Anordnung. 31 Dennoch könnte eine analoge Anwendung des § 1933 Satz 1 BGB auch auf § 563 BGB in Erwägung gezogen werden. Dies würde jedoch den Zweck und das Regelungsziel der §§ 563 ff. BGB verkennen. Der mietrechtliche Bestandsschutz dieser Vorschriften erstreckt sich in gleicher Weise auch auf den nichtehelichen Lebenspartner des Erblassers und anderer Angehöriger des gemeinsamen Haushaltes. 32 Dies zeigt, dass die §§ 563 ff. BGB in gleicher Weise wie die früheren §§ 569a, 569b BGB nicht gerade deshalb geschaffen wurden, um der ehelichen Lebensgemeinschaft Rechnung zu tragen, sondern aus sozialen Erwägungen. 33 Die Scheidung der Ehe oder das Eintreten der materiellen Scheidungsvoraussetzungen brauchen dann aber auch keine Auswirkungen auf den mietrechtlichen Bestandsschutz zu haben.34 Eine Notwendigkeit, die Rechtsfolgen des § 563 Abs. 1 BGB für diesen Fall abzuändern, fehlt. Zudem ist zu bedenken, dass im Falle des Getrenntlebens im Sinne des § 1566 BGB die Eheleute ohnehin keinen gemeinsamen Hausstand mehr führen; dies gilt auch bei Getrenntleben in derselben Wohnung.35 Damit kann aber die Sonderrechtsnachfolge nach §§ 563 Abs. 1 BGB zugunsten des überlebenden Ehegatten ohnehin nicht mehr eintreten. 36 Eine Analogie muss daher jedenfalls an fehlendem Regelungsbedarf scheitern.
b) Der Ersatzanspruch bei Tötung (§ 844 Abs. 2 BGB) Fraglich ist, ob durch die Rechtshängigkeit eines Scheidungsverfahrens bei Gegebensein der materiellen Scheidungsvoraussetzungen der Schadensersatzanspruch nach § 844 Abs. 2 BGB entsprechend § 1933 Satz 1 BGB entfallen kann. Das höchstrichterliche Urteil vom 19. 3. 1974 (Az.: V I ZR19/73) 3 7 könnte dahingehend verstanden werden. Dagegen spricht jedoch, dass der Gesetzgeber des BGB § 844 Abs. 2 BGB im Recht der unerlaubten Handlung geregelt hat und weder ein Verweis auf das Erbrecht noch dort eine Entsprechung oder Bezugnahme auf § 844 Abs. 2 BGB vorhanden ist. Ziel dieser Norm ist die Unterhaltssicherung naher An-
31 MünchKomm / Leipold § 1933 BGB RdNr. 13, jeweils zu § 569 f. BGB alte Fassung. 32 Palandt / Weidenkaff § 563 BGB RdNr. 10. 33 Brox RdNr. 28 zu § 569 f. BGB alte Fassung. 34 Schlüter RdNr. 43 zu § 569 f. BGB alte Fassung. 35 Soergel / Heintzmann § 569a BGB RdNr. 4; Erman ! Jendrek § 569a BGB RdNr. 3, jeweils zu § 569 f. BGB alte Fassung; unbestimmt ohne Begründung Palandt I Weidenkaff § 563 BGB RdNr. 11. 36 Soergel/Heintzmann § 569a BGB RdNr. 4; MünchKomm/ Voelskow § 569b BGB RdNr. 6; Erman /Jendrek § 569a BGB RdNr. 3, jeweils zu § 569 f. BGB alte Fassung. 37 BGH NJW 1974, 1236 f.
II. Entsprechende Anwendung der Ausschlussnormen
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gehöriger des Verstorbenen, nicht die Verteilung in der ehelichen Lebensgemeinschaft erworbenen Vermögens. In gleicher Weise wie im Falle des §§ 563 Abs. 1 BGB gründet sich § 844 Abs. 2 BGB nicht gerade auf das Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft. Regelungsziel ist es vielmehr, den Geschädigten die Unterhaltssicherheit zu geben, die sie ohne das Schadensereignis gehabt hätten. Dabei spielen die Rechtshängigkeit und die Erfolgsaussichten eines Scheidungsverfahrens für sich genommen noch keine Rolle. Lediglich objektiv unterhaltsrelevante Tatsachen sind insoweit von Bedeutung, etwa ein bereits erklärter Unterhaltsverzicht oder die aufgrund des Verfahrensstandes zu erwartende Dauer und Höhe zukünftiger Unterhaltsleistungen. 38 Etwas anderes sagt auch nicht der Wortlaut der oben zitierten Entscheidung. Sie stellt nur fest, dass die bloße Absicht, ein Scheidungsverfahren einzuleiten, auf den Anspruch nach § 844 Abs. 2 BGB jedenfalls keinen Einfluss haben kann. 39 Richtigerweise findet § 1933 Satz 1 BGB daher keine entsprechende Anwendung auf Ansprüche nach § 844 Abs. 2 BGB.
c) Der Übergang von Sozialhilfe (§§ 56 ff. SGBI) § 56 SGB I sieht vor, dass fällige Ansprüche laufender Sozialleistungen beim Tode des Berechtigten in der nachstehenden Reihenfolge 1. dem Ehegatten, 2. den Kindern, 3. den Eltern, 4. dem Haushaltsführer zustehen. Fraglich ist, ob ein Ehegatte auch dann begünstigt sein kann, wenn die Voraussetzungen des § 1933 Satz 1 BGB bereits gegeben sind. Dabei ist zu bedenken, dass § 56 SGB I den Zweck hat, den mit dem Berechtigten in einem Haushalt Lebenden diejenigen Nachteile auszugleichen, die durch verspätete Zahlung fälliger Sozialleistungen entstanden sind. 40 Nicht dagegen dient § 56 SBG I dazu, im Laufe der ehelichen Lebensgemeinschaft entstandenes Vermögen zu verteilen. Eine analoge Anwendung des § 1933 Satz 1 BGB muss bereits am Fehlen einer Regelungslücke scheitern. Wie im Falle der mietrechtlichen Sonderrechtsnachfolge der §§ 563 ff. BGB hat der Gesetzgeber den Übergang einzelner Rechte unabhängig von etwaigen Erb- oder Vermächtnisrechten geregelt, 41 weil ansonsten Per38 MünchKomm / Stein § 844 BGB RdNr. 57. 39 BGH NJW 1974, 1236. 40 KassKomm ! Seewald § 56 SGB I RdNr. 2; BochKomm /Heinze § 56 SGB I RdNr. 2. Gemeinschaftskommentar/v. Maydell § 56 SGB AT RdNr. 28; KassKomm / Seewald § 56 SGB I RdNr. 4; BochKomm ! Heinze § 56 SGB AT RdNr. 6 f.
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. Mögliche Analogien über die erbrechtliche Position des Ehegatten
sonen, deren Schicksal rein tatsächlich eng mit dem des Verstorbenen verknüpft ist, allein deshalb sachlich ungerechtfertigte Einbußen zu erdulden hätten.42 Der Anspruchsübergang nach § 56 SGB I orientiert sich gerade nicht an der Erbberechtigung des in Frage kommenden Personenkreises. 43 Auch ein Regelungsbedarf ist nicht gegeben. Selbst unter Geltung des Schuldprinzips im Ehescheidungsrecht änderte die Frage, wer die „Gründe" für die Scheidung geliefert hatte, nichts daran, dass der überlebende Partner in gleicher Weise wie der Verstorbene durch die verspätete Zahlung Nachteile erlitten hatte. 44 Daran hat sich durch die Einführung des Zerrüttungsprinzips nichts geändert. Die Frage, ob die Ehe im Zeitpunkt des Erbfalles zerrüttet war und Scheidungsanträge gestellt bzw. Zustimmungen erklärt worden waren, ändert nichts an der sozialrechtlichen Notwendigkeit, durch verspätete Zahlungen entstandene Nachteile gegenüber dem mitbetroffenen Ehegatten abzugleichen. 45 Wenn aber der Gesetzgeber in § 56 SGB I bewusst einen anderen Anknüpfungspunkt als die Erbberechtigung für den Anspruchsübergang wählt, besteht kein Bedarf, erbrechtliche Wertungen über den Umweg einer Analogie wieder einfließen zu lassen.46 Eine analoge Anwendung des § 1933 Satz 1 BGB scheidet daher sowohl mangels Regelungslücke als auch mangels Regelungsbedarfes aus.
d) Exkurs: Die Hoferbfolge
in den Ehegattenhof (§§ 6, 8 HöfeO)
§ 6 Abs. 2 Nr. 2 HöfeO verweist für den Alleineigentumshof auf § 1933 Satz 1 und 2 BGB als einen Tatbestand, der die Hoferbfolge ausschließt. Für den Fall des Ehegattenhofes existiert keine ausdrückliche Regelung. Daraus wird teilweise geschlossen, dass ein Ausschluss der Hoferbfolge im Fall des § 1933 Satz 1 und 2 BGB in Bezug auf den Ehegattenhof gerade nicht gewollt war. 47 Dies würde jedoch zu dem Ergebnis führen, dass der Ehegatte, dessen Erbrecht ansonsten nach § 1933 Satz 1 BGB ausgeschlossen ist, ausgerechnet im Fall des Ehegattenhofes den Hofteil des Verstorbenen erben soll. Nach der Gegenauffassung ist § 6 Abs. 2 Nr. 2 HöfeO in Verbindung mit § 1933 Satz 1 BGB auf den Fall des Ehegattenhofes entsprechend anzuwenden. Hierfür spreche bereits die Entstehungsgeschichte des § 6 Abs. 2 Nr. 2 HöfeO. Der histori42 BochKomm / Heinze § 56 SGB AT RdNr. 6 f. 43 KassKomm / Seewald § 56 SGB I RdNr. 4; BochKomm ! Heinze § 56 SGB AT RdNr. 7 ff. 44 Schmeling, MDR 1976, 807, 808. 45 BochKomm ! Heinze, § 56 SGB AT RdNr. 17; Gemeinschaftskommentar / von May dell § 56 SGB AT RdNr. 7. 46 So auch Soergel/Stern § 1933 BGB RdNr. 10. 47 So Faßbender/v. Jeinsen § 6 HöfeO RdNr. 31; Soergel /Stein § 1922 BGB RdNr. 90, insoweit missverständlich ders. § 1933 BGB RdNr. 10.
II. Entsprechende Anwendung der Ausschlussnormen
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sehe Gesetzgeber habe bei der Neufassung des § 6 Abs. 2 Nr. 2 HöfeO gerade keinen Umkehrschluss dergestalt nahelegen wollen, dass - weil eine entsprechende Regelung in § 8 HöfeO nicht enthalten wäre - die Hoferbfolge in den Ehegattenhof durch die Fälle des § 1933 Satz 1 und 2 BGB nicht gehemmt sein solle. 48 Ursprünglich sollte im Regierungsentwurf zum 1. EheRG § 1933 BGB ganz gestrichen werden. 49 Dies sei beim Entwurf der neuen Höfeordnung zugrunde gelegt worden. Das Ergebnis, ein Erlöschen des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes erst mit rechtskräftiger Scheidung, wäre für den Ehegattenhof praktikabel gewesen, nicht aber für den Alleineigentumshof. Daher seien in § 6 Abs. 2 Nr. 2 und 3 HöfeO Auffangtatbestände geschaffen worden. Mit dem Beschluss des Rechtsausschusses, § 1933 BGB in angepasster Form doch beizubehalten, seien die entsprechenden Tatbestände in den Nummern 2 und 3 sinnlos geworden. Sie seien daher im derzeitigen Verweis auf § 1933 BGB zusammengefasst worden. 50 Dies ändere aber nichts an dem Bedürfnis eines Gleichlaufes der Regelungen des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes (einschließlich seines Verlustes) mit denjenigen für die Nachfolge von Todes wegen in den Teil des Ehegattenhofes, der dem Verstorbenen zustand.51 Ebenso fehle ein sachlicher Grund, beim Ehegattenhof die Hoferbfolge an den Ehegatten auch im Fall des § 1933 Satz 1 und 2 BGB zuzulassen, nicht jedoch beim Alleineigentumshof. 52 Zu folgen ist der letzteren Auffassung. Nach der Absicht des historischen Gesetzgebers ebenso wie nach dem Sinn des Gesetzes muss daher der Ausschluss der Hoferbfolge, wie ihn § 6 Abs. 2 Nr. 2 HöfeO in den Fällen des § 1933 Satz 1 und 2 BGB vorsieht, auch für den Ehegattenhof entsprechend gelten.53
2. Erweiterungen des Anwendungsbereiches des § 2077 Abs. 1 BGB a) Die Verfügung
eines Dritten zugunsten eines Ehegatten
Fraglich ist, was zu gelten hat, wenn zwar zwischen dem Erblasser und dem Bedachten keine Ehe besteht, der Bedachte aber mit einem Dritten eine Ehe führt, die den Tatbestand des § 2077 Abs. 1 Satz 2 oder Satz 1 BGB erfüllt. Muss der Partner einer gescheiterten Ehe während des Scheidungsverfahrens oder nach der Schei48 Wöhrmann § 6 HöfeO RdNr. 53 f.; Lange/Wulff/ Lüdtke-Handjery RdNr. 47. 49 Bastian/Roht-Stielow/Schmeiduch § 1933 BGB vor RdNr. 1. so Wöhrmann zu § 6 HöfeO RdNr. 50 f.
§ 6 HöfeO
51 Wöhrmann § 6 HöfeO RdNr. 55 ff.; im Ergebnis ebenso MünchKomm/Leipold § 1933 BGB Fn. 50. 52 Vgl. Bock, MittRheiNotK 1977, 205, 212. 53 Bock, MittRheiNotk 1977, 205, 212; Lange/Wulff/Lüdtke-Handjeri § 6 HöfeO RdNr. 47; Wöhrmann zu § 6 HöfeO RdNr. 53 f.
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. Mögliche Analogien über die erbrechtliche Position des Ehegatten
dung befürchten, dass nicht nur Verfügungen von Todes wegen seines Ehepartners sondern auch solche Dritter zu seinen Gunsten grundsätzlich unwirksam werden?
aa) Vergleichbarkeit der Motivationslage des Dritten Dies wird für den Fall vertreten, dass einem Ehepartner im Hinblick auf die Ehe Zuwendungen von Todes wegen gemacht wurden, etwa, wenn die Eltern eines Ehegatten dessen Partner von Todes wegen bedacht haben. Hier sei der Fortbestand der familienrechtliche Bindung in gleicher Weise typisierte Motivation für die Erbeinsetzung wie in den direkt von § 2077 Abs. 1 BGB erfassten Fällen 54 . Schließlich stütze § 2077 Abs. 1 BGB seine grundsätzliche Unwirksamkeitsanordnung darauf, dass die eheliche Lebensgemeinschaft, wegen der der Erblasser dem anderen Ehegatten von Todes wegen etwas zugewandt hat, nicht mehr oder nur noch der Form nach bestehe und damit die Zuwendung ihre innere Grundlage verloren habe. Wenn nun ein Dritter ebenfalls wegen einer bestimmten ehelichen Lebensgemeinschaft, der er aber nicht selbst angehört, einem Ehegatten etwas von Todes wegen zuwende, so müsse hierauf ebenfalls § 2077 BGB angewendet werden, weil ja auch diese Zuwendung in der Existenz der besagten ehelichen Lebensgemeinschaft ihre Grundlage finde. 55
bb) Stellungnahme Zwar kennt das Erbrecht generell keine Regel des Inhaltes, dass Verfügungen von Todes wegen, die der Erblasser mit Blick auf bestimmte Umstände vornimmt, grundsätzlich unwirksam werden, wenn sich diese Umstände ändern. Umgekehrt zeigt aber die Existenz des § 2077 BGB, dass das Gesetz in bestimmten konkreten Fällen der Veränderung eines bestimmten Umstandes, nämlich dem Auflösungsprozess einer Ehe, regelmäßig gerade diese Wirkung beilegen wollte und hierzu extra eine besondere gesetzliche Auslegungsregel vorsieht. Die Möglichkeit einer Analogie zu einer solchen Auslegungsregel kann daher nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Richtig ist, dass die Erbeinsetzung in dem durch das OLG Saarbrücken entschiedenen Fall kaum erfolgt wäre, wenn mit dem Scheitern der Ehe durch die Erblasserin gerechnet worden wäre. Auch die seinerzeitige Formulierung „künftige Ehefrau" als Bezeichnung der Bedachten zeigt, dass die Verfügung mit Blick auf das familienrechtliche Rechtsverhältnis getroffen wurde. Diese Auffassung übersieht jedoch, dass § 2077 BGB sich nicht generell auf letztwillige Verfügungen zuguns-
54 OLG Saarbrücken NJW-RR 1994, 589; zustimmend Staudinger/ Otte § 2077 BGB RdNr. 29; Reimann IMayer § 2279 BGB RdNr. 13. 55 OLG Saarbrücken NJW-RR 1994, 589.
II. Entsprechende Anwendung der Ausschlussnormen
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ten von Angehörigen ehelicher Lebensgemeinschaften bezieht, sondern gerade geschaffen wurde, um der besonders innigen Bindung der Ehepartner untereinander gerecht zu werden. Die besagte Norm kann daher nur solche letztwilligen Verfügungen zum Gegenstand haben, die dieser innigen Bindung entstammen. Dies können aber nur solche von Ehegatten selber sein. Schon begrifflich kann die Bindung zwischen Schwiegereltern und ihren Schwiegerkindern nicht von der Art der Bindung zwischen Eheleuten sein. Für eine insoweit bestehende planwidrige Lücke im Gesetz finden sich auch in der Entstehungsgeschichte des § 2077 BGB keine Anhaltspunkte. Es muss vielmehr als bewusste Wertung verstanden werden, dass Gegenstand der Unwirksamkeitsanordnung dieser Norm die letztwillige Verfügung eines der Partner des (späteren) ehelichen Bandes ist. Alternativ hätte die Vorschrift sich auf „Verfügungen zugunsten eines Ehegatten" beziehen können. Das Ziel des § 2077 BGB war jedoch, die Rechtsposition des Ehegatten bzw. Verlobten, der nicht kraft Gesetzes sondern kraft Testamentes erbberechtigt ist, entsprechend derjenigen bei gesetzlicher Erbfolge (§ 1933 BGB) auszugestalten. Diese Zielsetzung lässt keinen Raum für eine Analogie zugunsten „typischerweise" mit Rücksicht auf andere familienrechtliche Beziehungen vorgenommener Verfügungen von Todes wegen. Soweit Schwiegereltern oder Dritte in Bezug auf das Entstehen oder den Bestand einer Ehe letztwillige Verfügungen in Form eines Erbvertrages oder sonst vorgenommen haben, kann daher auch § 2077 BGB nicht das Instrument sein, einem Fehlschlagen dieser Erwartung Rechnung zu tragen. Dem steht auch nicht die ratio der oben zitierten Entscheidung entgegen. Diese hat zudem einen Erbvertrag zum Gegenstand, der unter Zuhilfenahme der allgemeinen, für Verträge geltenden Grundsätze auszulegen war. Hieran knüpft die vorzitierte Entscheidung an und bezieht ihr Ergebnis aus einer Auslegung des Vertrages, wenngleich unter Heranziehung des Rechtsgedankens des ebenfalls als besondere erbrechtliche Auslegungsregel qualifizierten § 2077 Abs. 1 und 3 BGB. Eine Analogie bemühte selbst der erkennende Senat jedoch nicht. Soweit das in Bezug genommene Urteil so verstanden wird, dass sich aus einem Erbvertrag eine auflösende Bedingung oder eine Auflage ergeben kann, die ihrerseits das Fortbestehen einer bestimmten Ehe für die Wirksamkeit der Zuwendung verlangt, kann dem gefolgt werden. Für eine Analogie zu § 2077 Abs. 1 BGB in Bezug auf solche Fallgestaltungen fehlt es jedoch auch in Ansehung des Erbvertrages sowohl an der planwidrigen Regelungslücke wie auch an der Gebotenheit einer analogen Regelung.
b) Fälle, in denen der Erblasser als Antragsgegner weder dem gegnerischen Antrag zugestimmt noch selbst einen Antrag gestellt hatte Hat der Erblasser selbst weder einen Scheidungsantrag gestellt noch dem des Überlebenden zugestimmt, so ist zu erwägen, ob der Gleichheitssatz eine analoge
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. Mögliche Analogien über die erbrechtliche Position des Ehegatten
Anwendung des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB verlange. 56 Nach der oben dargestellten 57 herrschenden Meinung wird in einem solchen Fall das Erbrecht des Verstorbenen aufgrund des einseitigen Erbrechtsausschlusses nach § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB beseitigt; der überlebende Partner jedoch, der bereits dokumentiert hat, nicht mehr an der Ehe festhalten zu wollen, kommt in den Genuss ihn begünstigender Verfügung von Todes wegen.58 Vertreten wird nun, dass diese Ungleichbehandlung der Eheleute in derselben Situation ihrer Ehe mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vereinbar sei und daher die analoge Anwendung des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB zu Lasten des Überlebenden verlange. 59 Richtig an dieser Auffassung ist, dass der einseitige Erbrechtsausschluss nach dem Wortlaut des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB, wie oben dargelegt 60 eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG darstellt. Nach der hier vertretenen Auffassung der verfassungskonformen Auslegung des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB steht jedoch der Ausschluss des Erbrechtes eines Ehegatten aufgrund letztwilliger Verfügung seines Partners unter dem Vorbehalt, dass auch das Erbrecht des Partners weggefallen ist. Mithin wird § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB auf den beiderseitigen Erbrechtsausschluss beschränkt.61 Daher kann die von den Befürwortern einer Analogie dargestellte Ungleichbehandlung gar nicht erst auftreten. Die Schwelle des Erbrechtsausschlusses ist durch den Scheidungsantrag eines Partners nicht erreicht. Mithin bedarf es auch keiner analogen Anwendung des § 2077 Abs. 1 BGB, um den einseitigen Verlust des Erbrechtes durch den Erblasser nun mit dem durch die Analogie zu erreichenden Ausschluss des Ehegattenerbrechtes auch des Überlebenden zu kompensieren. Diese Erwägungen müssen in gleicher Weise für den Fall des einseitigen Erbvertrages gelten. Auch die hierin enthaltenen Verfügungen zugunsten des überlebenden Ehegatten können nicht nach § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam werden, wenn nicht auch der Erblasser als ursprünglicher Antragsgegner dem Scheidungsantrag des Überlebenden zugestimmt oder einen eigenen Scheidungsantrag gestellt hat. Die Unwirksamkeit eines solchen einseitigen Erbvertrages könnte sich im Übrigen nur aus § 2078 Abs. 2 BGB im Rahmen einer Anfechtung ergeben, wenn sich nämlich erweisen ließe, dass der Verstorbene bei Errichtung des Erbvertrages von einem weiteren harmonischen Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft ausging 6 2
56 Staudinger / Otte § 2077 BGB RdNr. 15 57 Siehe S. 126 ff. 58 So Soergel / Loritz § 2077 BGB RdNr. 9. 59 Staudinger / Otte § 2077 BGB RdNr. 15; vgl. auch MünchKomm/ Leipold § 1933 BGB RdNr. 2 f. 60 Siehe S. 158 ff. 61 Siehe S. 159 ff.
II. Entsprechende Anwendung der Ausschlussnormen
c) Die Treuwidrige
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Zugangsvereitelung
Fraglich ist, was zu gelten hat, wenn der Erblasser alles in seiner Macht Stehende getan hat, um dem Scheidungsantrag des Überlebenden zuzustimmen oder daraufhin einen eigenen Antrag zu stellen, die entsprechenden Erklärungen jedoch aufgrund einer durch den Überlebenden in Gang gesetzten Kausalkette bei Gericht nicht eingegangen sind. Möglicherweise ist auch hier § 2077 Abs. 1 BGB analog anzuwenden.
aa) Die Zustimmung zur Scheidung nach § 630 ZPO Die Zustimmung entfaltet, wie bereits dargestellt, 63 ihre Wirkung jedoch nicht durch eine Erklärung unmittelbar gegenüber dem ursprünglichen Antragsteller, sondern sie muss gegenüber dem Gericht abgegeben werden. Bei dieser Abgabe gegenüber dem Gericht nach § 630 Abs. 2 ZPO fehlt es dem ursprünglichen Antragsteller an Einwirkungsmöglichkeiten, die genügend typisierbar sind, als dass ihnen durch eine Analogie überhaupt Rechnung getragen werden könnte. Eine Analogie ist daher nicht möglich.
bb) Der eigene Antrag Wie bereits dargestellt, entfaltet der eigene Scheidungsantrag des ursprünglichen Antragsgegners gegenüber dem ursprünglichen Antragsteller die Wirkung des Erbrechtsausschlusses erst mit Zustellung.64 Verhindert nunmehr der ursprüngliche Antragsteller die Zustellung des Scheidungsantrages seines Partners, kann es nach der hier vertretenen Auffassung zu einem Erbrechtsausschluss gar nicht kommen, weil ein Erbrechtsausschluss nach der hier vertretenen Auffassung außer in den Fällen des gemeinschaftlichen Testamentes und des zweiseitigen Erbvertrages unter Ehegatten ohnehin nur greift, wenn beide Ehepartner einen Scheidungsantrag gestellt oder dem des anderen zugestimmt haben. Zu bedenken ist jedoch, dass die Zustellung eines gerichtlichen Schriftstückes nur schwer vereitelt werden kann, sobald der Zustellungsauftrag einmal von der Geschäftsstelle erteilt wurde. Die Verweigerung der Entgegennahme ist nur sehr eingeschränkt möglich, 65 im Falle des „Sich-Entziehens" bleibt schließlich die Möglichkeit der öffentlichen Zustellung. 62 Reimann/Meyer § 2279 BGB RdNr. 16; OLG Hamm FamRZ 1965, 78 f.; BayObLG NJW-RR 1990, 200, 201; Dieterle BWNotZ 1970, 17; Staudinger ! Kanzleiter § 2279 BGB RdNr. 13; vgl. BayObLG FamRZ 1990, 322, 323. 63 Siehe oben S. 117 ff. 64 Siehe oben S. 115 f. 65 Dazu Stein/ Jonas ! Roth § 186 ZPO RdNr. 4 bis 6.
. Mögliche Analogien über die erbrechtliche Position des Ehegatten
Da der Scheidungsantrag dem Anwaltszwang unterliegt, könnte der Überlebende hier nur in das Verhältnis zwischen Erblasser und seinem Prozessbevollmächtigten eingegriffen haben. Diese Konstellation erscheint zu fernliegend und zu wenig typisierbar, als dass sie sinnvoll im Rahmen einer analogen Anwendung des § 2077 Abs. 1 Satz BGB zu bewältigen wäre.
d) Die Zerrüttung ohne Scheidungsantrag Denkbar ist auch der Fall, dass eine Ehe offensichtlich zerrüttet ist, ohne dass einer der Partner einen Scheidungsantrag stellt. Mag das Ehegattenerbrecht in einem solchen Fall auch befremdlich anmuten, so ist auch hier kein Raum für eine Korrektur im Wege der Analogie. Die §§ 1933 und 2077 BGB sind Ausnahmevorschriften, die das Erbrecht des Ehegatten einschränken. Aufgrund dessen können die vom Gesetzgeber geschaffenen Ausschlusstatbestände nur als enumerative Aufzählung verstanden werden. Raum für die Annahme einer Lücke in Fällen, in denen der Zeitgeist das Ergebnis als nicht gewollt bewertet, existiert indes nicht. Daher muss der mit dem Ergebnis etwa unzufriedene Erbe auf die Möglichkeit der Anfechtung beschränkt bleiben. 66
3. Die analoge Anwendung des § 2279,2077 Abs. 1 Satz 2 BGB auf die Bindung des Überlebenden im Falle des einseitigen Erbvertrages Fraglich ist, was zu gelten hat, wenn der Erblasser eines einseitigen Erbvertrages • seinen Ehegatten bedacht oder mit diesem sogar den Vertrag geschlossen • und den Scheidungsantrag gestellt hat, aber • dieser bedachte Ehegatte und nicht der Erblasser verstirbt, und die Voraussetzungen des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB im Übrigen erfüllt sind. Nach dem Wortlaut des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB ließe sich auch dieser Fall unter diese Norm subsumieren. Jedoch geht § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht davon aus, dass der dort erwähnte „Erblasser" und der Verstorbene auch zwei verschiedene Personen sein können, denn er richtet sich immer auf die Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung des Erblassers. Bei der Anwendung auf den einseitigen Erbvertrag kraft Verweisung des § 2279 BGB ist dies jedoch in dem oben genannten Fall gerade nicht gegeben; insoweit kann von einer planwidrigen Lücke ausgegangen werden. Entsprechend wurde auch unter der Geltung des Schuldprinzips vertreten, 66 Im Ergebnis ebenso Staudinger/ Otte § 2268 BGB RdNr. 15; vgl. auch Reimann /Mayer § 2268 BGB RdNr. 14.
II. Entsprechende Anwendung der Ausschlussnormen
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dass in einem solchen Fall §§ 2279, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB entsprechend anzuwenden waren, mit der Folge, dass der Überlebende von seiner Bindung frei wurde. 67 Richtig erkannt wurde dabei das Interesse des Überlebenden, von seiner aus der ehelichen Lebensgemeinschaft heraus eingegangenen Bindung aufgrund der Zerrüttung der Ehe frei zu werden; ebenso ist ein Interesse des Verstorbenen anzuerkennen, nicht mehr von einem Partner beerbt zu werden, mit dem die eheliche Lebensgemeinschaft im Zeitpunkt seines Todes nur noch formal bestand. Im Wortlaut des § 2077 BGB konnte dieser Fall schon deshalb nicht geregelt sein, weil kein Bedürfnis dafür bestand. Eine Bindung des Überlebenden an seine letztwillige Verfügung wäre durch den Tod des verstorbenen Ehegatten nicht entstanden. Ein Bedürfnis nach einer analogen Anwendung besteht, weil der Überlebende ansonsten aufgrund der Tatsache, dass zufällig nicht er, sondern der andere Gatte gestorben ist, an letztwillige Verfügungen gebunden wird, vor denen ihn die §§ 2279, 2077 BGB gerade bewahren wollen. 68 Sie ist auch geboten, weil der Verlust der Testierfähigkeit des Überlebenden als deren Spiegelbild als Teil der erbrechtlichen Rechtsposition des Verstorbenen verstanden werden muss. Zu bedenken ist jedoch, dass die hier vertretene Auffassung einen einseitigen Ausschluss des Ehegattenerbrechtes nicht zulässt. Dies gilt, wie gezeigt, auch für den einseitigen Erbvertrag. Für eine Analogie ist daher nur Raum, soweit auch das Erbrecht des Überlebenden aufgrund eines eigenen Scheidungsantrages des Verstorbenen oder dessen Zustimmung zum Antrag des Überlebenden ausgeschlossen wurde.
4. Die Lebensversicherung: § 2077 BGB analog Wie bereits oben festgestellt, unterfällt die Lebensversicherung dann den Vorschriften des Erbrechtes, wenn sie im Valutaverhältnis zwischen den Ehegatten als Schenkung von Todes wegen zu qualifizieren ist. 69 Teilweise wird jedoch noch eine weitergehende analoge Anwendung des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB auch auf andere Lebensversicherungsverträge verlangt. 70
67 Planck/Greif § 2279 BGB Anm. 3. 68 MünchKomm / Musielak § 2279 BGB RdNr. 8. 69 Siehe S. 74 f. 70 Liebl-Wachsmuth VersR 1983, 1004, 1006; Finger VersR 1990 232, 235; vgl. auch Fuchs JuS 1989, 179, 181 f. (allerdings ohne Begründung).
. Mögliche Analogien über die erbrechtliche Position des Ehegatten
a) Der Bedarf einer analogen Anwendung des § 2077 BGB auf die Lebensversicherung Die Einsetzung als Bezugsberechtigter entspreche nämlich „funktional" einer letztwilligen Verfügung. Zu Lebzeiten bestimme der Vertragspartner des Versicherungsunternehmens, wer einen Teil seines Vermögens, nämlich dem Wert der „Lebensversicherung" nach seinem Tode übernehmen soll; das Bezugsrecht des Eingesetzten entstehe jedoch erst mit dem Todesfall. 71 Gegenstand der Zuwendung seien nicht die Versicherungssumme sondern die (bereits zu Lebzeiten gezahlten) Versicherungsprämien; 72 jedenfalls dann, wenn der Bezugsberechtigte von vorneherein eingesetzt gewesen sei. 73 Der Fall sei vergleichbar mit der Lage bei anderen Rechtsgeschäften auf den Todesfall, bei denen eine Umgehung der erbrechtlichen Vorschriften mittels schuldrechtlicher Instrumentarien ebenfalls nicht akzeptiert werden könne. 74 Zu bedenken sei auch, dass der Grund dafür, dass sich Ehegatten gegenseitig zu Bezugsberechtigten einer Lebensversicherung einsetzten, gerade die eheliche Lebensgemeinschaft sei. 75
b) Stellungnahme Es kann jedoch kein abstraktes Erfordernis geben, eine unwiderrufliche Begünstigung des Ehegatten im Falle eines Scheidungsverfahrens entsprechend § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam werden zu lassen. Das BGB kennt gerade keinen Grundsatz, nach dem schuldrechtliche oder sachenrechtliche Rechtsgeschäfte unter lebenden Eheleuten unter dem Vorbehalt familienrechtlicher oder erbrechtlicher Wertungen stehen. Entscheidend ist jedoch, dass es bereits an der für eine Analogie erforderlichen Regelungslücke fehlt. Ziel des § 2077 BGB ist es, dem Willen eines Erblassers möglichst weitgehend zur Durchsetzung zu verhelfen. Dies passt nicht auf vertragliche Gestaltungen, die auch den Vertragspartner, der nicht Begünstigter ist, berücksichtigen müssen. Das Fehlen einer entsprechenden Regel im VVG kann daher nur als bewusste Entscheidung des Gesetzgebers verstanden werden und verbietet damit jede analoge oder sonstige Übernahme. 76 Weder bedarf es einer solchen, 71 MünchKomm/Leipold § 2077 BGB RdNr. 25; Liebl-Wachsmuth VersR 1983, 1004, 1006; Finger VersR 1990, S. 229, 230. 72 Staudinger/ Kanzleiter § 2301 BGB RdNr. 49; BGHZ 7, S. 134, 142 (offengelassen); W M 1976, 532. 73 Reimann IBengel § 2301 BGB RdNr. 73. 74 Finger VersR 90, S. 232, 233. 75 MünchKomm/Leipold § 2077 BGB RdNr. 25; Finger, VersR 1990, S. 232, 234; so wohl auch Schnabel S. 45 f, 49. 76 OLG Bremen VersR 1959, 689, 690; OLG Düsseldorf VersR 1975, 918, 919; ebenso Peters MDR 1995, 659, 661; Soergel/Loritz § 2077 BGB RdNr. 22.
II. Entsprechende Anwendung der Ausschlussnormen
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noch wäre sie zulässig.77 Es verbleibt daher bei dem bereits gefundenen 78 Ergebnis, dass § 2077 Abs. 1, 3 BGB nur insoweit auf Lebensversicherungsverträge Anwendung findet, als diese im Valutaverhältnis als Schenkung von Todes wegen zu qualifizieren sind. 79
77 OLG Bremen VersR 1959, 689, 690; Haidinger VersR 1959, 691; BGH DNotZ 1987, 771; ZEV 1995,150, 152; ablehnend Fuchs JuS 1989, 179, 181. 78 Siehe S. 106 und S. 142. 79 Staudinger / Otte § 2077 BGB RdNr. 31.
F. Zusammenfassung I. Der Ausgangspunkt: Die erbrechtliche Position eines Ehegatten bei intakter Ehe Die erbrechtliche Position eines Ehegatten besteht aus seinem gesetzlichen Erbrecht, der Vermögensnachfolge kraft Verfügung von Todes wegen sowie sonstigen Erwerbsvorgängen von Todes wegen, die den Regeln des Erbrechtes unterfallen.
1. Das gesetzliche Ehegattenerbrecht Wurden Verfügungen von Todes wegen durch den verstorbenen Ehepartner nicht getroffen, so wird die Erbberechtigung des Überlebenden bestimmt durch das gesetzliche Ehegattenerbrecht nach § 1931 BGB nebst den gesetzlichen Vermächtnissen, dem Voraus (§ 1932 BGB) und dem Dreißigsten (§ 1969 BGB). Daneben kann der überlebende Ehegatte zum Hoferben gemäß § 5 HöfeO berufen sein. Ist der Überlebende zwar nicht Hoferbe, aber Miterbe, so räumt der Gesetzgeber ihm in § 14 HöfeO eine besondere Rechtsstellung ein, insbesondere das Altenteil, sowie das Verwaltungs- und Nutznießungsrecht. Das Pflichtteilsrecht des § 2303 BGB sichert dem verbleibenden Ehepartner auch im Falle einer rechtsgeschäftlichen Enterbung die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils. Der wertmäßige Inhalt des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes sowie die Folgen einer Kombination aus Ausschlagung und Vermächtnis werden wesentlich vom Güterstand der konkreten Ehe bestimmt.
2. Die Vermögensnachfolge unter Ehegatten durch Verfügung von Todes wegen Ein Ehegatte kann von seinem Partner auch kraft Rechtsgeschäftes von Todes wegen Vermögen erlangen. Hierzu eröffnet das Erbrecht Ehegatten neben dem Einzeltestament und dem Erbvertrag die besondere Form des gemeinschaftlichen Testamentes. Diese bietet die Möglichkeit, die Testierfreiheit des Überlebenden mit Hilfe wechselbezüglich vorgenommener Verfügungen zu beschränken, ohne dass die Form eines Erbvertrages für Abschluss und Veränderung erforderlich wäre.
II. Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten im Scheidungsverfahren
209
3. Sonstiger Erwerb von Todes wegen unter Ehegatten Ebenfalls zur erbrechtlichen Position gehören noch nicht vollzogene Schenkungen von Todes wegen unter Ehegatten, weil auch für sie gemäß § 2301 Abs. 1 BGB die Regeln des Erbrechtes gelten. Dies betrifft jedoch nur solche Schenkungen, die unter der Bedingung vorgenommen wurden, dass der Beschenkte den Schenker überlebt. Nicht hierher gehören aufschiebend befristete oder betagte Rechtsgeschäfte oder der Fall, dass die Überlebensbedingung mit einer zusätzlichen Bedingung verknüpft ist. Schenkungen von Todes wegen im Sinne des § 2301 Abs. 1 BGB bleiben nach dem Erbfall nur dann wirksam, wenn sie in der Form eines Testamentes oder eines Erbvertrages niedergelegt sind. Hinsichtlich des Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall bedeutet dies aus Sicht des Begünstigten für dessen Recht zum Behaltendürfen der Leistung gegenüber den Erben des Schenkers Folgendes: Wenn im Valutaverhältnis zwischen dem Begünstigten und dem Schenker eine noch nicht vollzogene Schenkung von Todes wegen im Sinne des § 2301 Abs. 1 BGB gegeben ist, muss diese in der Form des Testamentes oder des Erbvertrages errichtet worden sein, um auch nach dem Erbfall wirksam zu bleiben; wurde dagegen keine Überlebensbedingung vereinbart, gilt Schenkungsrecht. Nur im ersteren Fall ist der Anspruch des begünstigten Überlebenden Teil seiner erbrechtlichen Position. Dasselbe gilt für Lebensversicherungen, die Ehegatten gegenseitig zugunsten des jeweils anderen abgeschlossen haben. Das Bezugsrecht ist nur dann Teil der erbrechtlichen Position, wenn es dem jeweils anderen Ehepartner unter einer Überlebensbedingung zugewandt wurde. Die angeordnete Hofnachfolge des überlebenden Ehegatten ist nur dann Teil seiner Ehegattenerbberechtigung, wenn sie in den Formen des Erbrechtes, also im Wege des Testamentes oder des Erbvertrages, vorgenommen wurde. Der Hofübergabevertrag und die formlose Hoferbenbestimmung unterfallen dagegen nicht den Regeln des Erbrechtes.
II. Der Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten im Scheidungsverfahren Der Fortgang eines Scheidungsverfahrens verändert die erbrechtliche Position eines Ehegatten regelmäßig zu dessen Nachteil.
1. Der Verlust durch rechtskräftiges Scheidungsurteil Der Verfahrensabschluss durch rechtskräftiges Scheidungsurteil bedeutet grundsätzlich den Wegfall der gesamten erbrechtlichen Position nach dem anderen Ehegatten. 14 Wirtz
210
F. Zusammenfassung
Mit Rechtskraft der Scheidung tritt an die Stelle des gesetzlichen Erbrechtes, der gesetzlichen Vermächtnisse und gegebenenfalls der gesetzlichen Hoferbfolge der Unterhaltsanspruch nach §§ 1569, 1586b BGB gegen den Nachlass bis zur Höhe des fiktiven Pflichtteiles. Hatte der überlebende frühere Ehegatte jedoch während der Ehe auf seinen Pflichtteil verzichtet, so steht ihm dieser Unterhaltsanspruch nicht zu. Letztwillige Verfügungen zugunsten eines geschiedenen Ehegatten sind grundsätzlich nach § 2077 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB unwirksam; ein gemeinschaftliches Testament sogar seinem ganzen Inhalte nach (§ 2268 Abs. 1 BGB). Soweit der geschiedene Ehegatte in Erbverträgen bedacht wurde, gilt die Unwirksamkeitsanordnung entsprechend; Erbverträge zwischen früheren Ehegatten sind grundsätzlich auch insoweit unwirksam als Dritte bedacht wurden (§§ 2279, 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB). Diese grundsätzliche Unwirksamkeitsanordnung betrifft allerdings solche Verfügungen von Todes wegen nicht, die bereits zu einer Zeit vorgenommen wurden, als die jetzt Geschiedenen weder verheiratet noch verlobt waren. Umgekehrt wird eine grundsätzliche Unwirksamkeitsanordnung nach § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht dadurch „aufgehoben", dass der Erblasser später denselben oder einen anderen Partner erneut heiratet. Im Falle zweiseitiger Erbverträgen löst die Unwirksamkeitsanordnung der §§ 2077 Abs. 1 Satz 1, 2279 BGB wegen § 2298 Abs. 1 BGB die Nichtigkeit aller weiteren vertraglichen Verfügungen aus. Auch für eine nach § 2301 Abs. 1 BGB dem Erbrecht unterliegende Schenkung von Todes wegen gilt die grundsätzliche Unwirksamkeitsanordnung des § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB. Für einen Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall, insbesondere eine Lebensversicherung, die ein Ehegatte zugunsten des anderen abschließt, gilt dies nur insoweit, als im Valutaverhältnis zwischen den Eheleuten eine Überlebensbedingung vereinbart wurde und daher eine Schenkung von Todes wegen gegeben ist.
2. Der Verlust vor Rechtskraft der Scheidung Ausnahmsweise kann die Erbberechtigung eines Ehegatten schon vor Rechtskraft des Scheidungsurteils entfallen. Aus der Fassung und der Entstehungsgeschichte der Tatbestände, die vor Rechtskraft der Scheidung das gesetzliche Ehegattenerbrecht entfallen lassen (§ 1933 Satz 1 BGB) oder die grundsätzliche Unwirksamkeit einer Verfügung von Todes wegen anordnen (§ 2077 Abs. 1 Satz 2, § 2268, 2279), ergibt sich, dass der Gesetzgeber den Wegfall des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes während eines Scheidungsverfahrens exakt unter den gleichen Voraussetzungen eintreten lassen wollte wie die grundsätzliche Unwirksamkeit von Verfügungen von Todes wegen. Dies änderte auch die Einführung des Zerrüttungsprinzips nicht.
II. Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten im Scheidungsverfahren
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In prozessualer Hinsicht verlangen die genannten Ausschlusstatbestände die Rechtshängigkeit eines Scheidungsantrages durch den Erblasser oder den Zugang seiner Zustimmung zum Scheidungsantrag des Überlebenden; die Zustimmung kann dabei auch durch schlüssiges Verhalten vor Gericht abgegeben werden. Sie setzt dabei keine Einigung gemäß § 630 Abs. 2 ZPO voraus und ist auch nicht auf den Fall der Konventionalscheidung nach § 1566 Abs. 1 BGB beschränkt. Daneben müssen die materiellen Scheidungsvoraussetzungen gegeben sein, d. h., es ist das Scheitern der Ehe darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (§ 1565 Abs. 1 BGB), sei es auch mit Hilfe der Voraussetzungen der Vermutungen nach §§ 1566 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB. Anders als auf der Tatbestandsseite haben die Rechtsfolgeanordnungen der Ausschlusstatbestände nach ihrem Wortlaut unterschiedliche Reichweiten. Anstelle der aus dem gesetzlichen Erbrecht fließenden Rechtspositionen tritt wie nach einer rechtskräftigen Scheidung der Unterhaltsanspruch nach §§ 1569 bis 1586b BGB gegen den Nachlass; zusätzlich besteht ein Anspruch des Überlebenden auf Zugewinnausgleich. Eine analoge Anwendung der Hausratsverteilungsverordnung kommt jedoch nicht in Frage. Während nach dem Wortlaut des § 1933 Satz 1 BGB das gesetzliche Erbrecht des überlebenden Antragsgegners nach dem antragstellenden Erblasser ausgeschlossen wird, kann im umgekehrten Fall der überlebende ursprüngliche Antragsteller den anderen Ehepartner beerben, solange letzterer keinen eigenen Scheidungsantrag gestellt und dem des Antragstellers auch nicht zugestimmt hat (einseitiger Erbrechtsausschluss). Dies gilt in gleicher Weise für die Anordnung der grundsätzlichen Unwirksamkeit von letztwilligen Verfügungen nach § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB. Im Falle des gemeinschaftlichen Testamentes sind jedoch beide Eheleute als Erblasser zu betrachten, so dass die Voraussetzungen der grundsätzlichen Unwirksamkeitsanordnung in §§ 2268, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB jedenfalls erfüllt sind, sobald einer von ihnen Scheidungsantrag gestellt hat und die materiellen Scheidungsvoraussetzungen im Übrigen gegeben sind. Im Falle des Erbvertrages ist dagegen Erblasser nur, wer auch vertragsmäßig verfügt. Daher erfüllt der Erblasser eines einseitigen Erbvertrages, der Gegner eines Scheidungsantrages ist, dem er weder zustimmt noch den er erwidert, die Voraussetzungen der §§ 2279, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB gerade nicht. Seine Verfügungen zugunsten des anderen Ehegatten bleiben grundsätzlich wirksam, auch wenn sein eigenes gesetzliches Erbrecht ausgeschlossen und ihn begünstigende letztwillige Verfügungen seines Partners grundsätzlich unwirksam sind. Er wird dennoch durch den antragstellenden Ehegatten beerbt werden. Dasselbe gilt für zweiseitige Erbverträge mit Dritten, in denen der antragstellende Ehegatte bedacht wird. Lediglich bei zweiseitigen Erbverträgen unter den Eheleuten bewirkt § 2298 Abs. 1 BGB, dass mit Stellen eines Scheidungsantrages bei gegebenen materiellen Scheidungsvoraussetzungen die vertraglichen Verfügungen beider Ehepartner unwirksam werden. 14*
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F. Zusammenfassung
Der dem Wortlaut nach bei §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2, 2279 BGB mögliche, einseitige Ausschluss der Erbberechtigung des Antragsgegners verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 und 6 Abs. 1 GG. Die Wertungen des Art. 6 Abs. 1 GG werden verletzt, da bei einem noch an der Ehe hängenden Antragsgegner ein Bedürfnis geschaffen wird, seinerseits eben dem ursprünglichen Antrag zuzustimmen oder ihn zu erwidern und damit die Ehekrise noch weiter zu vertiefen. Eine andere, gleichwirksame Möglichkeit, zu verhindern, dass der Antragsteller ihn beerbt, hat der Antragsgegner nicht. Mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist es, dass ohne sachliche Rechtfertigung die erbrechtlichen Scheidungswirkungen nur zugunsten des antragstellenden Ehegatten vorverlegt werden, obwohl mit der Zerrüttung der Ehe die eheliche Lebensgemeinschaft als innerer Grund des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes ebenso wie als mutmaßliche Motivation von Verfügungen von Todes wegen zwischen den Eheleuten für beide gleichermaßen entfallen ist. Diese verfassungsmäßigen Bedenken können gegen den in den §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2, 2279 BGB ebenfalls angelegten beiderseitigen Erbrechtsausschluss jedoch nicht durchgreifen, das stets beide Erbberechtigungen entfallen. Im Wege der verfassungskonformen Auslegung ist daher - der Tatbestand des § 1933 Satz 1 BGB um den ungeschriebenen Vorbehalt, dass auch das gesetzliche Ehegattenerbrecht des Antragstellers aufgrund eines eigenen Scheidungsantrages des Antragsgegners oder dessen Zustimmung zum ursprünglichen Scheidungsantrag weggefallen ist, zu erweitern sowie - der Tatbestand des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB um dem ungeschriebenen Vorbehalt, dass auch die Erbberechtigung des Antragstellers aufgrund Verfügung von Todes wegen des anderen Ehepartners oder gesetzlichen Ehegattenerbrechtes ausgeschlossen ist aufgrund eines eigenen Scheidungsantrages des Antragsgegners oder dessen Zustimmung zum ursprünglichen Scheidungsantrag. Damit kann es zu einem Verlust der Erbberechtigung eines Ehegatten im Falle eines einseitigen nicht-konsentierten Scheidungsantrages nur im Falle des gemeinschaftlichen Testamentes und des zweiseitigen Erbvertrages unter den Eheleuten kommen. Hier betrifft der Ausschluss der Erbberechtigung jedoch beide Partner gleichzeitig und entspricht damit den Wertungen der Art. 3 Abs. 1 und 6 Abs. 1 GG. In den übrigen Fällen tritt der beiderseitige Verlust der Erbberechtigung erst ein, wenn entweder der ursprüngliche Antragsgegner den Scheidungsantrag erwidert oder diesem zugestimmt hat. De lege ferenda wird vorgeschlagen, in den Tatbeständen der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB die Worte „der Erblasser" durch „ein Ehegatte" zu ersetzen. Damit würde sowohl der Ausschluss des gesetzlichen Ehegattenerbrechtes wie auch die Anordnung der grundsätzlichen Unwirksamkeit von Verfügungen von Todes wegen einheitlich auf den Zeitpunkt vorverlegt, in dem ein Scheidungs-
II. Verlust der erbrechtlichen Position des Ehegatten im Scheidungsverfahren
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antrag gestellt und die materiellen Scheidungsvoraussetzungen gegeben wären, die Scheidung also nur noch Formsache ist.
3. Die Aufrechterhaltung Ausnahmsweise können jedoch grundsätzlich unwirksame letztwillige Verfügungen nach §§ 2077 Abs. 3, 2268 Abs. 2, 2279 BGB aufrechterhalten werden, wenn der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Erblassers im Zeitpunkt der betrachteten Verfügung von Todes wegen hierauf gerichtet ist. Der wirkliche Wille kann dabei nicht nur aus der Urkunde, sondern auch aus den die Errichtung begleitenden Umständen entnommen werden, nicht aber aus zeitlich nach der Errichtung gelegenen Umständen. Im Gegensatz dazu kann der mutmaßliche Wille des Erblassers durchaus anhand von Umständen ermittelt werden, die zeitlich nach dem Abfassen der fraglichen Verfügung von Todes wegen belegen sind, weil der Inhalt des mutmaßlichen Willens ohnehin nur eine Schätzung später lebender Dritter darstellt. Bei nach §§ 2268, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB grundsätzlich unwirksamen gemeinschaftlichen Testamenten ist auch das Aufrechterhalten von einzelnen Teilverfügungen möglich. Die Wechselbezüglichkeit hat keinen Einfluss auf die Aufrechterhaltungsfähigkeit. Allerdings bedarf es für die Aufrechterhaltung wechselbezüglicher Verfügungen eines hierauf gerichteten Willens beider Eheleute; ist dies nur in Bezug auf den Verfügenden der Fall, so kann die fragliche Regelung jedoch als einseitige fortgehen. Die aufgrund der Wechselbezüglichkeit ursprünglich eingetretene Bindung des anderen Ehepartners kann jedoch nicht fortbestehen. Zur Aufrechterhaltung vertraglicher Verfügungen in einseitigen Erbverträgen ist der entsprechende Wille des jeweiligen Erblassers ausreichend. Bei zweiseitigen Erbverträgen ist zur Aufrechterhaltung von Verfügungen, die infolge des § 2298 Abs. 1 BGB unwirksam sind gemäß § 2298 Abs. 3 BGB stets der Wille beider Vertragspartner erforderlich. In Bezug auf die nach § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksame Verfügung, die den Tatbestand des § 2298 Abs. 1 BGB überhaupt erst erfüllt, bedarf es zur Aufrechterhaltung nach § 2077 Abs. 3 BGB jedoch nur des Willens des seinerzeit Verfügenden. Um auch die Bindungswirkung vertraglicher Verfügungen fortbestehen zu lassen bedarf es eines besonderen, hierauf gerichteten tatsächlichen oder mutmaßlichen Willens des Erblassers. Für den Unterhaltsanspruch im Sinne des § 1586b BGB bedeutet das Aufrechterhalten nach §§ 2077 Abs. 1 Satz 2, 2268, 2279 BGB grundsätzlich unwirksamer letztwilliger Verfügungen, dass er nur noch insoweit besteht, als das dem Berechtigten Zugewandte unter der Höhe des fiktiven Pflichtteils liegt.
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F. Zusammenfassung
III. Der Fortbestand der Ehegattenerbberechtigung Trotz Eingreifen eines Ausschlusstatbestandes kann die Ehegattenerbberechtigung unter Umständen aufgrund später hinzutretender Ereignisse fortbestehen. Kein solcher Fall ist die Wiederheirat zwischenzeitlich geschiedener Ehegatten, weil die Heirat stets ein neues familienrechtliches Rechtsverhältnis begründet. Allerdings kann die Wiederheirat im Rahmen des Aufrechterhaltungswillens zu berücksichtigen sein. Die Antragsrücknahme sowohl des Erblassers als auch des Überlebenden lässt nach der hier vertretenen Auffassung die Erbberechtigungen beider Eheleute wieder aufleben, weil der um den Vorbehalt des Ausschlusses auch der Erbberechtigung des jeweils anderen Ehegatten zu ergänzende Tatbestand der §§ 1933 Satz 1, 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB damit jedenfalls nicht mehr erfüllt ist. Die gleiche Wirkung hat die Rücknahme der Zustimmung des ursprünglichen Antragsgegners zum ursprünglichen Scheidungsantrag. Etwas anderes gilt lediglich in Bezug auf ein gemeinschaftliches Testament oder einen unter den Eheleuten abgeschlossenen Erbvertrag. Beide Rechtsfiguren sind bereits grundsätzlich unwirksam, wenn nur einer der Eheleute Scheidungsantrag gestellt hat. Das bloße Nichtbetreiben des Verfahren hat keine Wirkung auf den Verlust der Ehegattenerbberechtigung, ebenso nicht ein noch nicht rechtskräftiges abweisendes Urteil. '
IV. Mögliche Analogien zu den Vorschriften über die erbrechtliche Position des Ehegatten Analogien zu den Vorschriften über die erbrechtliche Position des Ehegatten auf andere, ähnlich gelagerte Sachverhalte werden zwar immer wieder diskutiert, sind aber letztlich nicht begründbar. Weder die Vorschriften über das gesetzliche Ehegattenerbrecht noch diejenigen über das gemeinschaftliche Testament können auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft entsprechend angewendet werden, weil der Gesetzgeber die betrachteten Rechtsfiguren in zulässiger Weise ausschließlich für eheliche Lebensgemeinschaften konstruiert hat. Ebenso können auf Verfügungen von Todes wegen nichtehelicher Partner zugunsten des jeweils anderen nicht die §§ 2077 Abs. 1, 2279 BGB entsprechend angewendet werden, weil den Partnern der nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht in der gleichen Weise wie den Partnern einer Ehe unterstellt werden kann, dass sie gerade mit Blick auf die Lebensgemeinschaft von Todes wegen verfügt haben.
IV. Mögliche Analogien über die erbrechtliche Position des Ehegatten
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Ebenfalls ausgeschlossen ist die Anwendung der §§ 1933, 2077 BGB auf die zivilrechtliche Sonderrechtsnachfolge der §§ 563 ff. BGB sowie den Ersatzanspruch bei Tötung des § 844 Abs. 2 BGB, weil beide Normen nicht die Verteilung des in der ehelichen Lebensgemeinschaft Erworbenen zum Ziel haben, sondern als abgeschlossene, autonome gesetzliche Anordnungen die Sicherung der Lebensgrundlagen unabhängig von den Voraussetzungen des Erbrechtes zum Ziele haben. Dasselbe gilt in Bezug auf §§56 SGB I. Die Frage einer Analogie des § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB auf die Verfügungen von Todes wegen des ursprünglichen Antragsgegners, der weder dem ursprünglichen Scheidungsantrag zugestimmt noch diesen erwidert hat, zugunsten seines Ehegatten stellt sich nach der hier vertretenen Auffassung nicht. Ein einseitiger Erbrechtsausschluss nach dem ursprünglichen Antragssteller, wie ihn die besagte Analogie kompensieren soll, ist aufgrund des ungeschriebenen Vorbehaltes erst gar nicht gegeben. Auf das Bezugsrecht an einer Lebensversicherung allgemein, auch dann, wenn im Valutaverhältnis keine Schenkung von Todes wegen unter Ehegatten gegeben ist, kann die Regelung des § 2077 Abs. 1, 3 BGB deshalb nicht angewendet werden, weil das BGB keinen Grundsatz enthält, dass Rechtsgeschäfte unter Lebenden, die Bezug nehmen auf den Tod eines Beteiligten, generell unter dem Vorbehalt erbrechtlicher Wertungen stehen. Dies ist nur ausnahmsweise im Rahmen der Abgrenzungsnorm des § 2301 BGB der Fall, unter den die betrachteten Fälle jedoch gerade nicht subsumiert werden können.
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- Das Landwirtschaftserbrecht, 6. Auflage 1995, zitiert: Wöhrmann /Bearbeiter. Zehner, Günther: Versicherungssumme und Nachlassinteressenten, AcP 153 (1954), S. 424 ff.
trtverzeichnis Abkömmlinge 25, 37 allgemeiner Gleichheitssatz 151 Altenteil 38 Andeutungstheorie 44 Anhängigkeit 111 Antragsrücknahme 187 Aufrechterhaltung 163, 181 - nicht-wechselbezüglicher Verfügungen 172 - Reichweite 171 - wechselbezüglicher Verfügungen 172, 183 Aufrechterhaltungswille 174 Ausgleichung 27 Auslegung 159 Ausschlagung 32, 34 Ausschluss des Unterhaltsanspruches 82 Auswirkungen eines Scheidungsurteils auf vertragsmäßige Verfügungen eines Erbvertrages 99 befristete Schenkungsversprechen 57 besonderer Schutz der Ehe 147 Bestimmung des Erben 39 betagte Schenkungs versprechen 56 Β indungs Wirkung 179 Chancengleichheit im Ehegattenerbrecht 156
Einheitlichkeit der Urkunde 43,45 einseitige letztwillige Verfügung 41,45, 59, 99, 160 einseitige Schenkung 52 einseitiger Ausschluss der gesetzlichen Erbberechtigung 108, 127, 159 einseitiger Erbvertrag 101, 137 Enterbung 32, 150 Erbberechtigung des Ehegatten 23 Erblasser 174, 178, 187 - einer vertragsmäßigen Verfügung 135 - Stellung 136 - Willen 170 Erbnießbrauch 24 erbrechtliche Lösung 32 erbrechtlicher Zugewinnausgleich 26 Erbrechtsgarantie 144 Erbunwürdigkeit 34 Erbvertrag 45, 97, 135, 161 - Aufrechterhaltung 177 - Ungleichbehandlung 153 - zwischen Partnern 193 Erb vertragsrecht 65, 103 Erbverzicht 34, 82 Errichtungszusammenhang 44 Ersatzanspruch bei Tötung 196
Deckungsverhältnis 67, 75 Differenzierungskriterium 154 Dreißigster 35
Familienerbfolge 24 Formstrenge 165 Fortbestand der Ehegattenerbberechtigung 185 funktionaler Ehegattenbegriff 84
Ehegatteneigenschaft 84 Ehegattenerbrecht 24 Ehegattenhof 40, 198 Ehewirkungen 90 Eigentumsschutz 144 eingetragene Lebenspartnerschaft 42
Gegenseitigkeit der Erbberechtigung 146 gemeinschaftliches Testament 42, 95, 99, 131, 152, 160, 171, 182, 183,185,188, 192 - Aufrechterhaltung 170 - gemeinschaftliche Verfügung 135
Stichwortverzeichnis gesetzliche Erbfolge 151 gesetzlicher Güterstand 25 gesetzlicher Pflichtteil 31 gesetzliches Ehegattenerbrecht 23, 159, 190 gesetzliches Erbrecht 108 gesetzliches Vermächtnis 35 Gleichlauf der Ausschlusstatbestände 100, 107, 126, 158 gleichzeitiges Versterben 27 großer Pflichtteil 32 Gütergemeinschaft 30, 33 güterrechtliche Lösung 32 Güterstand 26, 81 Gütertrennung 33 - Sondererbteil 29 Handeln - gemeinschaftlich 43 - mehrerer 43 Haushalt 34, 129 Hausrat 34, 129 Hausratsverordnung 129 Höfeordnung 36 Hoferbe 36 Hoferbenbestimmung 38, 78, 106 Hoferbfolge 40, 76, 198 Hofeswert 37 Hofübergabe 75,76 Inhaltsänderung 88 Institutsgarantie 145 jeweiliger Ehegatte 91 Klasse 91 kleiner Pflichtteil 31 konkludenter Hofübergabe vertrag 78 Konventionalscheidung, offene 123 Lebensversicherung 74, 106, 205 Mietverhältnis 195 mutmaßlicher Wille 167 nachfolgende Eheschließung 86 Nichtbetreiben des Verfahrens 188 nichteheliche Lebensgemeinschaft 35, 190 15 Wirtz
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Nichtigkeit 102, 139 Nutznießungsrecht 37 Nutzungsprinzip 24 partiell-einseitig wechselbezügliche Verfügung 183 partiell wechselbezügliche Verfügung 173 personaler Ehegattenbegriff 85, 88 Pflichtteilsanspruch 31, 80, 131, 181 Pflichtteilsergänzung 32 Pflichtteilsverzicht 82 postmortale Übermittlung 72 Rechtsgeschäft unter Lebenden 67 Rechtshängigkeit 111 Reichweite der Unwirksamkeitsanordnung 93, 96, 130 Sanktion 154 Sanktionseffekt 102 Scheidungsantrag - einseitig, nicht-konsentiert 158, 201 Scheidungsurteil - nicht rechtskräftiges 106, 186 - rechtskräftiges 80, 185 Scheidungsvoraussetzungen 122 Scheitern der Ehe 122 Schenkung von Todes wegen 50, 69, 75, 103, 142, 152,205 Schenkungsvertrag 50 - zugunsten Dritter 68 Schranken 145 Schuldprinzip 102, 108, 154, 204 Schwiegereltern 201 Sondererbfolge 41, 70 Sonderrechtsnachfolge 195 sonstiger Erwerb von Todes wegen 50, 103 Teilungsprinzip 27 Testament 41, 193 Testamentsrecht 66, 103 Testierfreiheit 40, 133, 144 treuwidrige Zugangsvereitelung 203 Übergang von Sozialhilfe 197 Überlebender 187 Überlebensbedingung 50, 52, 69,73, 75, 105
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trtverzeichnis
- konkludente 55 - negative Fassung 53 Umdeutung 43, 174, 182 Umdeutungsverbot 182 Umfang des gesetzlichen Ehegattenerbrechts 26 unentgeltlicher Erbvertrag 46 Unterhaltsanspruch 80, 94,128, 131, 134, 180 Unterhaltsprinzip 26 Unwirksamkeit 102 - gemeinschaftlicher Testamente 95,133 - nachträgliche 102 Valtutaverhältnis 67, 75, 105, 205 veränderlicher Erbteil 30 Verbot eheschädlicher Normgestaltungen 150 Verfassungskonforme Auslegung 159 Verfassungsmäßigkeit 143 Verfügung eines Dritten 199 Verfügung von Todes wegen 41,76, 152, 163 Verfügung zugunsten Dritter 101 Verlöbnis 86, 192 Verlust der Erbenstellung 127 Verlust der Testierfreiheit 49 Vermächtnis 32 Vermögensnachfolge von Todes wegen 144 Vermögensopfer 60 Vermutung für die Vertragsmäßigkeit 46 Versöhnung 149, 151, 169 Versorgungsausgleich 129 Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall 66, 75,105, 143 vertragliche Erbfolge 45 vertragsmäßige Verfügungen 97, 102 Verwaltungsgemeinschaft 25 Verwandtenerbrecht 146 Vollmacht, postmortale 62 vollzogene Schenkung 60, 62
Voraus 31, 34, 80, 108 Vorversterben des Pflichtteilsberechtigten 31 wechselbezügliche Verfügungen 42 Wechselbezüglichkeit 175 Wesensgehalt der Erbrechtsgarantie 146 Widerruf 121 Wiederheirat 88, 168, 169, 185 - Heirat des geschiedenen Ehegatten 89 - Heirat eines Dritten 88 Wille - des Verfügenden 46 - gemeinschaftlich zu testieren 44 - mutmaßlicher 166 - wirklicher 164 Willkür 153 Wirksambleiben des gemeinschaftlichen Testaments 131 Wirksamkeit von Teil-Verfügungen 93 Zeitpunkt - des Aufrechterhaltungswillens 164 - der Ehegatteneigenschaft 86 Zerrüttung 155, 204 Zerrüttungsprinzip 102, 109,112,127 Zugewinnausgleich 31, 32, 127 Zugewinngemeinschaft 25, 26 Zustellung 203 - vor dem Tode des Erblassers 115 Zustimmung 189, 203 - außerhalb des § 1566 BGB 120 - konkludent 116 - Zeitpunkt 113 - zum Scheidungsantrag 113 Zustimmungserklärung 118 Zuwendung von Todes wegen 200 Zwangsanerbenrecht 40, 77 Zweiseitiger Erbvertrag 101,139, 182, 184, 188