Die Eisenbahn-Verkehrsordnung vom 26. Okt. 1899: Nebst den allgemeinen Zusatzbestimmungen und Abfertigungsvorschriften auf der Grundlage des Deutschen Handelsgesetzbuchs vom 10. Mai 1897 [2.Aufl. Reprint 2020] 9783111651972, 9783111268279


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Table of contents :
Vorwort
Inhalts-Verzeichniß
Literatur
Abkürzungen
Einleitung
Die Eisenbahn-Verkehrsordnung
I. Eingangsbestimmungen
II. Allgemeine Bestimmungen
III. Beförderung von Personen
IV. Beförderung von Reisegepäck
V. Befördemng von Expreßgut
VI. Leförderung von Leichen
VII. Beförderung von lebenden Thieren
VIII. Beförderung von Gütern. § 49 - § 74
VIII. Beförderung von Gütern. § 75 - § 91
Anlagen zur Eisenbahn -Verkehrsordnung
Anhang
Sachregister
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Die Eisenbahn-Verkehrsordnung vom 26. Okt. 1899: Nebst den allgemeinen Zusatzbestimmungen und Abfertigungsvorschriften auf der Grundlage des Deutschen Handelsgesetzbuchs vom 10. Mai 1897 [2.Aufl. Reprint 2020]
 9783111651972, 9783111268279

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Die erste Auflage ist preisgekrönt ooni Verein Deutscher Lisenbakn-Verwaltungcn.

Die

Eisenbahn Verkchrsordnung vom 26. Oktober 1899 nebst den

Allgemeinen Zusatzbestimmnngen und Abfertignngsvorschristen ouf der Grundlage des Deutschen Handelsgesetzbuchs VOM 10. Mai 1897

erläutert von

Dr. jur. Georg Eger, Regierungsrath.

Zweite Auflage.

Berlin 1901.

I. Guttentag, Verlagsbuchhandlung,

Vorwort. 4^11 die Stelle der Verkehrs-Ordnung für die Eisenbahnen Deutsch­ lands vom 15. November 1892 ist mit dem 1. Januar 1900 die Eisenbahn-Verkehrsordnuug vom 26. Oktober 1899 getreten. Das Handelsgesetzbuch bildet die hauptsächlichste Grundlage der Ver­ kehrsordnung. Daher mußte die durch die Einführung des Bürger­ lichen Gesetzbuchs nothwendig gewordene Emanation des neuen Handelsgesetzbuchs vom 10. Mai 1897, gültig vom 1. Januar 1900, den Erlaß einer gleichzeitig in Kraft tretenden neuen Eisenbahn-Verkehrsordnnng zur Folge haben; und zwar um so mehr, als durch die Abschnitte des neuen Handelsgesetzbuchs vom Frachtgeschäft (§§ 425 bis 452) und über die Beförderung von Gütern und Personen auf den Eisenbahnen (§§ 453—473) die entsprechenden Vorschriften des alten Handelsgesetzbuchs formell und materiell in wesentlichen Beziehungen geändert worden sind. Nicht nur ist durch die Erhebung der Eisenbahn-Verkehrsordnung zur Rechtsverordnung ihr Rechts­ charakter ein ganz anderer geworden, sondern es hat auch, um die erforderliche Uebereinstimmung des Handelsgesetzbuchs und damit auch der Verkehrsordnung mit den Normen sowohl des Bürgerlichen Gesetz­ buchs wie auch des Internationale» Uebereinkommens über den Eisen­ bahnfrachtverkehr herbeizuführen, eine große Anzahl wichtiger Vor­ schriften der Verkehrsordnung grundsätzliche und einschneidende Aenderungen erfahren. Wenngleich die Eisenbahn-Verkehrsordnung vom 26. Oktober 1899 in der äußeren Fassung und Anordnung sich genau an die bisherige Verkehrsordnung anschließt, so ist sie doch materiell in vielen Beziehungen zu einer neuen Ordnung der Eisenbahntransport-Bedingungen geworden. Daher darf auch die vor­ liegende neue Auflage als eine völlig nmgearbeitete und gänzlich ver­ änderte bezeichnet werden. Vornehmlich sind die Vorschriften der neuen Eisenbahn-Verkehrsordnung in ihrem engen Zusammenhänge mit den zu Grunde liegenden Bestimmungen des neuen Handels­ gesetzbuchs sowie die Unterschiede von den bisher geltenden Bestim-

a*

IV

Vorwort.

münzen an der Hand der Materialien zum Gegenstände eingehender Erläuterungen gemacht worden. Hierbei haben die gesäumte Recht­ sprechung und Literatur, die Materialien des Handelsgesetz­ buchs und der Verkehrsordnung, sowie die bezüglichen Gesetze, Verordnungen und Erlasse die sorgfältigste Berücksichtigung ge­ funden. Als Anlagen sind nicht nur die tut Reichsgesetzblatt enthaltenen, sondern auch noch mehrere andere auf die Beladung offener Güter­ wagen und die Verladung von Fahrzeugen re. auf offenen Wagen bezüglichen Vorschriften mitgetheilt, ferner als Anhang ein Auszug ans dem neuen Handelsgesetzbuche, betreffend die Abschnitte über das Frachtgeschäft und die Beförderung von Gütern und Personen auf den Eisenbahnen. Auch ist ein genaues und sehr umfassendes Sachregister und Inhaltsverzcichniß beigefügt. Wie in der früheren Auflage sind auch in der vorliegenden den einzelnen Paragraphen der Verkehrsordnung die von der General­ konferenz der deutschen Eisenbahn-Verwaltungen neu beschlossenen „Allgemeinen Zusatzbestimmungen" im Wortlaute zugesetzt und ferner die vom deutschen Verkehrövcrbande neu vereinbarten „Allgemeinen Absertigungsvorschriften" sowie alle bezüglichen Verordnungen des Bundesraths und Erlasse des Reichs-Eisenbahn-Amts eingehend benutzt, so daß sich bei jedem einzelnen Para­ graphen der Verkehrsordnung das gesummte dazu gehörige Material iibersichtlich vereinigt findet. Das gründliche Eingehen auf die einschlägigen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, des neuen Handelsgesetzbuchs und aller damit zusammenhängenden Gesetze, Verordnungen rurd Er­ lasse wird hoffentlich den Kommentar, dessen erste Auflage die ehren­ volle Anerkennung des Vereins deutscher Eisenbahn-Verwal­ tungen gefunden hat, auch in der neuen Auflage für alle Interessenten aus den Kreisen des Verkehrs, des Handels und der Industrie, der Verwaltung und Justiz, insbesondere aber für die Eisenbahn-Ver­

waltungen, -Behörden und -Beamten zu einem nützlichen Hülfsmittel für die Anwendung der neuen Eisenbahn-Verkehrsordnung machen und dem Werke das bisherige Wohlwollen weiter sichern. Berlin, im November 1900.

Dr. Eger.

Inhalts-VerMniß. III—IV

Vorwort Literatur Abkürzungen Einleitung

IX—XVI

XVII XIX—XLV1II

Die geschichtliche Entwicklung des deutschen Eisenbahn­ transportrechts. A. Bis zur Einführung des Allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs (1861/1863) S. XIX—XXIV. B. Bis zum Erlaß des Betriebs-Reglements für die Eisenbahnen Deutschlands v. II. Mai 1874 S. XXIV bis XXVIII. — C. Bis zur Einführung der VerkehrsOrdnung für die Eisenbahnen Deutschlands v. 15. No­ vember 1892 S. XXVIII—XXXIII. - D. Bis zur Ein­

führung

des neuen

deutschen Handelsgesetzbuchs vom

10. Mai 1897 und der Eisenbahn-Verkehrsordnung vom

26. Oktober 1899 S. XXXIII-XLVIII.

Die Eisenbahn-Verkehrsordnung. I. Eingangsbestimmungen II. Allgemeine Bestimmungen

III.

1—u 14

§ 1. Pflichten der Eisenbahnbediensteten

14—16

§ 2. Anordnungen der Bediensteten § 3. Entscheidung der Streitigkeiten

16—17 17

§ 4. Beschwerdeführung

17—18

§ 5. Betreten der Bahnhöfe und der Bahn

18—20

§ 6. Verpflichtung zum Transporte

20—25

§ 7. Transportpreise.

25—34

Tarife

§ 8. Zahlungsmittel

34—35

§ 9. Haftung der Eisenbahn für ihre Leute

35—38

Beförderung von Personen

38

§ 10. Fahrpläne. § 11. Fahrpreise.

38—48 48—58

Sonderfahrten. Abfahrtszeiten Ermäßigung für Kinder

VI

Inhalts-Verzeichnis

Seite § 12. Inhalt der Fahrkarten

58—62

•...............................

§ 13.

Lösung der Fahrkarten

§ 14.

Zurücknahme und Umtausch gelöster Fahrkarten . .

§ 15. § 16.

Warteräume Ein- und Aussteigen

§ 17.

Anweisung der Plätze.

§ 18.

Tabackrauchen in den Wagen

75—78

§ 19. § 20.

Versäumung der Abfahrt Ausschluß Do» der Fahrt

78—80 80—86

§ 21.

Koutrole der Fahrkarten.

§ 22. § 23. § 24.

Verhalten während der Fahrt Beschädigung der Wagen Verfahren auf Zwischenstatiouen.

63—65 .

66 — 68 68—70 70—73

Frauen-Abtheilungeu

....

73—75

87—95

Bahnsteigkarten

95—96 97—98

Anhalten ans freier

Bahn •....................... § 25. Freiwillige Unterbrechung der Fahrt §26. Verspätung oder Ausfall von Zügen. Betriebsstörungen

98—100 100—104 104 — 110

§ 27. Mitnahme von Hunden § 28. Mitnahme von Handgepäck in die Persünenwagen . §29. Von der Mitnahme ausgeschlossene Gegenstände . .

110—114 114—116 116—119

. .

IV. Beförderung von Reisegepäck § 30.

II!) 119—125

Begriff des Reisegepäcks

§31. Art der Verpackung.

Entfernung älterer Beförderungs­

zeichen § 32. Auflieferung des Gepäcks.

125—130 130—141

Gepäckscheine

§ 33. Auslieferung des Gepäcks §34. Haftung der Eisenbahn für Reisegepäck

142—149 149—160

§ 35. In Verlust gerathene Gepäckstücke § 36. Haftung der Eisenbahn für verspätete Ankunft des

161—163 163-168

Reisegepäcks § 37.

168—173

Gepäckträger

§ 38. Aufbewahrung des Gepäcks

173—177

V. Befördemng von Expreßgut........................................ § 39. Begriff des Expreßguts

177—178 178—180

§40. Aufgabe und Auslieferung des Expreßguts § 41. Anwendbarkeit der Bestimmungen für Reisegepäck

. .

VI. Beförderung von Leichen............................................... § 42. Beförderungs-Bedingungen § 43.

Art der Abfertigung und der Auslieferung

180 189—192

§ 44. Besondere Beförderungs-Bedingungen

192 192—201

202—203

Art der Abfertigung

§ 46. An- und Abnahme §47. Lieferfrist für Thiere

180

180—189

VII. Beförderung von lebenden Thieren............................. § 45.

177

.................................................

203—207 207—210

....

211—212

§48. Anwendbarkeit der Bestimmungen für Güter

VII

Inhalts-Verzeichnis.

Leite

VIII. Beförderung von Gütern § 49.

Direkte Beförderung

§ 50.

Von

der Beförderung

212 212—217

ausgeschlossene oder nur be­

dingungsweise zugelassene Gegenstände

217—230

§ 51.

Inhalt des Frachtbriefs

230-248

§ 52. § 53.

Form des Frachtbriefs Haftung für die Angaben im Frachtbriefe.

Ermittelungen.

248—257

Bahnseitige 257—273

Frachtzuschläge

§ 54.

Abschluß des Frachtvertrags

273-284

§ 55.

Vorläufige Einlagerung des Gutes

284-288

§ 56.

Auflieferung nnd Beförderung des Gutes

§ 57.

Beförderung in gedeckten und in offenen Wagen .

.

305—308

§ § § §

58. 59. 60. 61.

Verpackung nnd Bezeichnung des Gutes Zoll-, Steuer-, Polizei- und statistische Vorschriften . . Berechnung der Fracht Zahlung der Fracht. Ansprüche wegen unrichtiger

308—318 318—329 329—334

§ § § §

Frachtberechnnng; Verjährung solcher Ansprüche . . . 62. Nachnahme 63. Lieferfrist 64. Verfügungsrecht des Absenders 65. Transporthindernisse •..................

288—304 .

§ 66. Ablieferung des Gutes § 67. Verpflichtung des Empfängers durch Annahme des

335—348 348—357 357-367 367—384 384—390 390—409

410—413

Gutes und des Frachtbriefes § 68. Verfahren bei Ablieferung des Gutes § 69. Fristen für die Abnahme der nicht zugerollten Güter .

413—428 429—437

§ 70. Abliefernngshindernisse § 71. Feststellung von Verlust und Beschädigung des Gutes

437—449

seitens der Eisenbahn § 72. Feststellung von Mängeln des Gutes durch amtlich be­

449—455

stellte Sachverständige oder durch die Gerichte ....

455—459

§ 73. Aktivlegitimation.

459—463

Reklamationen

§ 74. Haftpflicht mehrerer an

der Beförderung betheiligter 463—477

Eisenbahnen § 75. Haftpflicht der Eisenbahn für Verlust, Minderung oder

478—493

Beschädigung des Gutes im Allgemeinen § 76. Beschränkung der Haftung bezüglich des Bestimmungs­

orts § 77. Beschränkung der Haftpflicht bei besonderen Gefahren

494—495 495—511

§ 78. Beschränkung der Haftung bei Gewichtsverlusten . . § 79. Vermuthung für den Verlust des Gutes

511—515 516

.

§ 80. Höhe des Schadensersatzes bei Verlust oder Minderung des Gutes § 81. Beschränkung der Höhe des Schadensersatzes durch die

Tarife

517—525

525 —530

VIII

Inhalts-Verzeichnis Seite 530—533

§ 82. Wiederauffinden des Gutes § 83. Höhe des Schadensersatzes bei Beschädigung des Gutes

§ 84. Angabe des Interesses an der Lieferung.

533—538

Ihre Voraus­

setzungen

538—542

§ 85. Höhe des Schadensersatzes für Verlust,

Minderung

oder Beschädigung bei Angabe des Interesses an der 542—544

Lieferung

545—548

§ 86. Haftung für Versäumung der Lieferfrist § 87. Höhe des Schadensersatzes bei Versäumung der Liefer­

frist § 88. Schadensersatz bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der

548—555

Eisenbahn § 89. Verwirkung der Ersatzansprüche

556—560 561—563

§ 90. Erlöschen der Ansprüche nach Bezahlung der Fracht und Annahme des Gutes § 91. Verjährung der Ansprüche gegen die Eisenbahn wegen

563—572

Verlustes, Minderung, Beschädigung oder Verspätung des Gutes

Anlage Anlage

572—584

Anlagen zur Eisenbahn -Verkehrsordnung.

585

A. Leichen-Paß 13. Vorschriften über bedingungsweise zur Beförderung zu­ gelassene Gegenstände

587 588—642

Anlage C.

Frachtbrief-Formular..............................................................

643

Anlage D. Anlage E. Anlage F.

Eilfrachtbrief-Formular ... Besondere Erklärung über die Verpackung des Gutes . Allgemeine Erkärung über die Verpackung des Gutes .

644 645 646

Anlage G.

Nachträgliche Anweisung

Anlage H.

Vorschriften für die Beladung offener Güterwagen

647 . .

Anlage J.

Vorschriften über die Verladung von Fahrzeugen und

Anlage K.

Verzeichniß der zur Ausstellung von Leichenpässen zu­

Maschinen mit Rädern aus offenen Wagen ständigen Behörden

648—658 659—660

661—667

Anhang. Auszug aus dem deutschen Handelsgesetzbuche vom 10. Mai 1897 (R.-G.-Bl. Nr. 23), Buch III Abschnitt 6 §§ 425-452 (Frachtgeschäft) und Abschnitt 7 §§ 453—473 (Beförde­

rung von Gütern und Personen auf den Eisenbahnen) .

Sachregister

...........................................................................................

668—681 682—713

Literatur. I. Hand- und Lehrbücher des Handelsrechts. Behr end, I. Fr., Lehrbuch des Handelsrechts. Berlin und Leipzig. Bd. I. Abth. I u. II. 1886-1896. Cosack, Lehrbuch des Handelsrechts. 5. Aufl. Stuttgart 1900. Engelmann, Das Handels-, Wechsel- und Seerecht. Berlin 1899. Endemann, W., Das deutsche Handelsrecht. Heidelberg 1865. 2. Ausl., 1868, 3. Aufl. 1876, 4. Aufl. 1887. —, Handbuch des deutschen Handels- 2C. Rechts, 4 Bde., 1881-1885. Gareis, C., Das deutsche Handelsrecht, Berlin, 1. Aufl. 1879, 2. Aufl. 1884, 4. Aufl. 1892, 5. Anfl. 1896, 6. Allst. 1899. Goldschmidt, L., Handbuch des Handelsrechts, Bd. 1 Abth. 1, 2, Erlangen 1864, 1868; - Abth. I in 2. Aufl. Stuttgart 1875. — 3. Allst. 1. Lief. 1891. -------- , System des Handelsrechts. 4. Alifl. Stuttgart 1892. Ri eß er, Zur Revision des Handelsgesetzbuchs. Stuttgart 1887, 1889. Thöl, H., Das Haudelsrecht in Verbindung mit dem allgemeinen deutscheil Handelsgesetzbuch dargestellt, 1. Bd., 4. Denn. Aufl., Göttingen 1862. — Die 5. Aufl. führt nur den Titel „Das Handelsrecht". Leipzig 1875/76.

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X

Literatur.

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Koch, C. F., Allgemeines deutsches Handelsgesetzbuch, herausgegeben mit Koul-

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Berlin 1863.

2. Ausg. 1868.

Das allgemeine deutsche Handelsgesetzbuch außer dem fünften

Blich und das preuß. Einführungsgeseh. Halle 1862. Lehmann, K., und V. Ring, Das Handelsgesetzbuch. Berlin 1899. Makower, H. (und S. Meyer),

Das

allgelneine deutsche Handelsgesetzbuch

nebst dem preuß. Einführungsgesetze. — Für den praktischen Gebrauch aus deu Quellen erläutert. 11 Auflagen. Berlin 1862 — 1893. 12. Ausl, von

F. Ma ko wer. Berlin 1900 (noch nicht vollendet). Pnchelt, Kommentar zum allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuche mit be­

sonderer Berücksichtigung der Praxis des Reichsoberhandelsgerichts. Leipzig 1874, 2. Aufl. 1876. 3. Aust. 1882—85. 4. Aust, herausgegebeu von

Förtsch 1892-94. Staub, H., Kommentar 311111 allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuche. 1.—7. Anst. Berlin 1894-1900. Willeubücher, Das Allgemeine deutsche Handelsgesetzbuch. 1891.

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Koch, W., Deutschlands Eisenbahnen. Marburg 1858, 1860. Schrötter, Das Preußische Eisenbahurecht. Berlin 1883.

IV. Monographien über deutsches Eisenbahnfrachtrecht. Ackermann,

Zur Lehre vom Frachtgeschäft,

Busch,

Bd. 4 S. 406—410,

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XIII

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XVI

Literatur.

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VIII. Sammlungen von Entscheidungen. Adler und Clemens, Sammlung von (Oesterreich.) Entscheidungen zmn H.-G.-B. Baierische Entscheidungen in drei Sammlungen: a) Sammlung handelsgericht­ licher Entscheidungen seit Einführung des A. D. H.-G.-B.'s, herausgegebeu von O. v. Bölderndorff. 2 Bde. Erlangen 1865. 67. b) Sammlung wichtiger Entscheidungen des k. baier. Handels-Appellationsgerichts. 3 Bde. Erlangen 1868—70. c) Sammlung von Entscheidungen des obersten Ge­ richtshofs für Baiern in Gegenständen des Handels- und Wechselrechts, so­ wie von wichtigen Entscheidungen der k. baierischen Handels-Appellations­ gerichte. Erlangen seit 1873. Bolze, Praxis des Reichsgerichts in Civilsachen. Leipzig bisher 18 Bde. Braun und Blum, Annalen des Reichsgerichts. Entscheidungen des Preuß. Ober-Tribunals. Entscheidungen des Bundes- bezw. Reichs-Oberhandelsgerichts. Entscheidungen des Reichsgerichts in Civil- und Strafsachen. Epstein, Oberstgerichtliche Entscheidungen in Eisenbahnsachen. Wien 1879. Johow und Küntzel (seit 1900 Ring), Entscheidungen des Kammergerichts. Röll, Eisenbahnrechtliche Entscheidungen. Wien 1888 bis 1898. Seuffert, Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten. Stri et horst, Archiv für Rechtsfälle.

Abkürzungen. Abs. = Absatz. Abschn. = Abschnitt. A. H.-G.-B. = ?lKfleinein?‘5 (Altes) deutsches Haildelsgesetzbuch Don 1861/1863. Allg. Abf.-Vorschr. — Atlgeweine Abfertigungs-Vorschriften. Allg. Zns.-Best. = Atlgenieine Znsatzbestinnnnngen. Aino. — Anweisllng. Altss.-Best. — Ausführnngs-Bestiinntnng. Bahn-Ord. = Bahn-Ordnung. Beschl. = Beschluß. Bes. Zus.-Best. — Besoudere Zusah-Bestintmnngen. Best. = Bestiunnuug. Betr.-Regl. = Betriebs-Reglewent. B. -G.-B. = Bürgerliches Gesetzbuch. Centr.-Bl. f. d. D. R. = Centralblatt für das Deutsche Reich. Cirk.-Erl. = Cirkular-Erlaß. Civ.-Proz.-Ord. — Civil-Prozeß-Ordnung. D. E.-Z.--Zeitung des Vereins deutscher Eiseubahn-Verwaltuugen. Deukschr. — Deukschrist zürn Entwurf eiues Haudelsgesetzbuchs. E. -V.-Bl. — Eiseubahu-Verordnuugs-Blatt. Eisenb. Entsch. — Eger, Eisenbahnrechtliche Entscheidungen und Abhandlllngen, Zeitschrift f. Eisenbahnrecht. E.-V.-O. Eiseiibahn-Verl'ehrsorduuug o. 26. Oktober 1899. Entsch. = Entscheidung. Entw. = Entwurf. Erl. = Erlaß. Ges. = Gesetz. G. -S. — Gesetz-Smnmlnng. Ger.-Verf.-Ges. — Gerichtsverfassungsgesetz. H. -G.-V. — Handelsgesetzlnich. Min. = Minister. Mot. — Motive. N. H.-G.-B.--Neues Handelsgesetzbuch v. 10. Mai 1897. Eger, Eisenbahn-Perkehroordnullg. 2. Aust. b

Abkürzungen.

XVIII

R.-Anz. = Reichs-Anzeiger. R.-E.-B.-A. = Reichs-Eisenbahn-Amt.

Reichsger. — Reichsgericht.

Reichsges. = Reichsgeseh. R.-G.-Bl. = Reichsgesetz-Blatt. R.-O.-H.-E. — Reichs-Ober-Handelsgericht. St.-G.-B. — Strafgesetzbuch.

Vers. = Verfügung. Verord. — Verordnung. Zeit. d. Ber. D. E.-V. = Zeitung des Vereins Deutscher Eisen

bahn Verwaltungen.

Einleitung.

Für das Verständniß der neuen Eisenbahn-Verkehrsordunng vom -2(>. Oktober 1899, deren Erlänternng den Gegenstand des vor­ liegenden Kommentars bildet, bedarf es einer — wenn anch nur kurzen — Darstellung der geschichtlichen Entwicklung des deutschen Eisenbahntransportrechts.

Wie geschichtliche Entwicklung. A. Bis zur Einführung des Allgemeinen deutschen Handels­ gesetzbuchs (1861/1863).

Vor Einführung des allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs waren die Eisenbahnen, wie alle anderen Frachtführer, lediglich den allgemeinen Normen der einzelnen deutschen Landesrechte über das Frachtgeschäft unterworfen. Es kann dahingestellt bleiben, ob und inwieweit in diesen Rechten die Grundsätze der locatio coiuluctio oder des rcceptum hierbei vorherrschten. Soviel steht fest, daß nach beiden Systemen alle Frachtführer, mithin auch die Eisenbahnen zur vertragsmäßigen Abänderung der landesgesetzlichen Normen unbe­ schränkt befugt waren.

Die Eisenbahnen machten von dieser Befugniß, insbesondere hinsichtlich ihrer Haftpflicht für Verlust, Beschädigung und Verspätung einen umfassenden Gebrauch und zwar in einer der Natur ihres Transportbetriebes entsprechenden eigenthümlichen Form.

Der Transportbetrieb der Eisenbahnen nahm nämlich von vorn­ herein einen so bedeutenden Umfang an, daß sich bei der großen Zahl täglich abzuschließender Frachtverträge alsbald die Unmöglichb*

XX

Einleitung.

feit herausstellte, mit jedem einzelnen Absender sämmtliche Bedingungen des Frachtvertrages speziell zu vereinbaren.') So entstanden die Eisenbahn-Betriebsreglements, d. h. die Normativbedingungen, welche die Eisenbahnverwaltungen als die gleichmäßige Grundlage aller von ihnen abzuschließenden Fracht­ verträge hinstellten und unter denen sie sich zum Abschlüsse derselben bereit erklärten. In diesen Reglements gaben die Eisenbahnverwal­ tungen kund, unter welchen Bedingungen sie Frachtverträge abschließen wollten, was lex contractus für jeden sein solle, der mit ihnen Fracht­ verträge einzugehen beabsichtigte/') Anfänglich publizirte jede Eisenbahnverwaltung für ihren Be­ zirk ein solches Reglement (Lokal- oder Spezialreglement), welches die Transportbedingungen für diejenigen Frachtverträge, die lediglich innerhalb ihres eigenen Bezirks zum Abschlüsse und zur Ausführung kamen, normirte. AIs aber der Verkehr größere Dimen­ sionen annahm und Transporte nach den Bereichen sich einander an­ schließender Bahnen häufiger wurden, vereinigten sich mehrere solcher Bahnen zu sog. Verbänden und stellten für diejenigen Frachtverträge, welche den Transport über ihre gemeinschaftlichen Bahnstrecken zum Gegenstände hatten (Verbandsverkehr), gemeinsame sog. Verbands­ reglements auf. Mit der Entstehung umfassender Eisenbahnlinien, mit der Ausdehnung der Transporte nach den verschiedensten Bahn­ gebieten Deutschlands und der angrenzenden Länder trat endlich das Bedürfniß allgemeiner, für den Transport aus sämmtlichen deutschen und mit diesen im engen Verkehre stehenden außerdeutschen Bahnen gültiger Reglements hervor, und diese sind durch den im Jahre 1847 gegründeten Verein deutscher Eisenbahnverwaltungen sowohl für den Güter- wie für den Personen- und Gepäckverkehr in Gestalt von Vereinsreglements geschaffen worden?) Entsch. des deutsch. Reichsger. v. 8. Dezbr. 1883, Bd. 13 S. 77. 2) Vergl. Goldschmidt, Zeitschr. für das ges. Handelsr. Bd. 4 S. 594, Bd. 28 S.457, W.Koch, Bd. 8 S. 406, Bd. 10 S. 70, W. Endemann, H.-R. S. 223, Rechtsgrundl. des Eisenb.-Transp. in Busch's Arch. Bd. 42 S. 196, 221, R. d. E. S. 510, Puchelt II. S. 451, 558, 559, v. Hahn II. S. 692-695, Thöl III. § 49, Laband, Staatsrecht II. S. 89, 90, 365, 366, 373-377, Schott § 353 S. 466, Ulrich a. a. O. S. 334f., Entsch. d. R.-O.-H.-G. vom 30. Nov. 1875, Bd. 19 S. 184, d. Neichsger. v. 6. März 1886, Eisenbahnrechtl. Entsch. Bd. 4 S. 424 und 11. Februar 1867 eod. Bd. 5 S. 249.

3) W. Koch, Deutschl. Eisenb. II. § 2, Wehrmann S. 12, 13, Thöl, H.-R. III. § 48 u. Antikrit. S. 30-35, Goldschmidt in s. Zeitschr. f. H.-R.

Einleitung.

XXI

Lagen nun aber auch die großen Vortheile klar zu Tage, welche die Aufstellung gleichmäßiger und einheitlicher Transportbedingungen für die Frachtverträge sämmtlicher deutschen und zahlreicher außer­ deutschen Eisenbahnen auf den Verkehr ausübten, so machten sich doch auch zugleich gewichtige Gründe gegen die unbeschränkte Autonomie der Eisenbahnverwaltungen und demnach für eine gesetzliche Regelung des bestehenden Rechtszustandes geltend. Es zeigte sich, daß zwischen den gewöhnlichen Frachtführern und den Eisenbahnen prinzipielle Unterschiede bestanden, welche es für die Dauer unthuulich erscheinen ließen, beide Kategorieen nach gleichen gesetzlichen Normen zu be­ handeln. Diese Unterschiede beruhten vornehmlich aus der durch Konzessionen und Privilegien geförderten besonderen Machtstellung der Eisenbahnen. Sie besaßen ein wenn auch nicht ausdrücklich verliehenes, so doch faktisch wirkendes Transportmonopol, welches ihnen bei Abschließung von Frachtverträgen ein Uebergewicht verlieh bezw. sie in den Stand setzte, ihre Mitkontrahenten zur anstandslosen Annahme der eisen­ bahnseitig vorgeschriebenen Transport-Bedingungen zu zwingen/) Die Eisenbahnen befanden sich rechtlich in der Lage, ihr Monopol dem Publikum gegenüber durch Verweigerung des Transports, Auf­ erlegung lästiger Transport-Bedingungen, wie vornehmlich gänzliche Ausschließung oder weitgehende Beschränkung der Haftpflicht, Be­ günstigung eines Absenders vor dem anderen re. zu mißbrauchen. Durch die Stärkung der Aufsichtsbesugnisse des Staates im Wege der staatsrechtlichen Gesetzgebung allein ließ sich dieser überwiegenden Machtstellung der Eisenbahnen in privatrechtlicher Beziehung nicht begegnen. Vielmehr erschien es zur Herstellung des Gleichgewichts zwischen den Eisenbahnen und ihren Mitkontrahenten bei der Ein­ gehung von Transportverträgen geboten, hier — wo eine so nahe Berührung des öffentlichen und privaten Rechts und Interesses statt­ findet — einige dieser Befugnisse in das Privatrecht hinüber­ zuleiten, d. h. zugleich zu privaten Rechten eines jeden Einzelnen zu machen, derartig, daß ein jeder, ohne Inanspruchnahme der StaatsBd. 26 S. 608, 609, Bd. 28 S. 446-448, W. Endemann, Rechtsgrundl. S. 196, 197, 256 ff., R. d. Eisenb. S. 510, 511, Schott § 353 S. 466 f., Ulrich a.a.O. S. 334, Fleck S. 346 f., Gleim, Eisenb.-Arch. 1896 S. 1017. 4) v. Hahn II S.'690, W. Endemann, Rechtsgrundl. S. 198, 215, R. der Eisenb. S. 511, Goldschmidt, Zeitschr. f. H.-R. IV. S. 607 f., 642 f., Koch eod. VIII. S. 408, Schott § 355, S. 485.

XXII

Einleitung.

aufsichtsgewalt eine zivilrechtlich verfolgbare Forderung bezw. einen Schadensersatzanspruch in denjenigen Fällen erlangt, in welchen ihn die Eisenbahnen durch Verletzung der ihnen im öffentlichen Interesse anferlegten Verpflichtungen geschädigt haben. Und dieser Weg ist in der deutschen Handelsgesetzgebung beschritten worden. Zn den vor Einführung des deutschen Handelsgesetzbuchs er­ lassenen Spezial- und Verbandöregleuicnts, wie auch in dem für alle Eisenbahnen des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen gültigen Vereins-Güterrcglement vom 1. Dezember 1856 und Vereins-Per­ sonen- k. Reglement vom 1. Zuli 1859 tritt unverkennbar die Neigung der Eisenbahnen hervor, zu ihrem Vortheil deu in den Landesrechten begründeten Umfang ihrer Haftpflicht, vornehmlich in Vezng auf die Bcweislast, möglichst eiuzuschränkeu, so daß iusbcsoudere der Handelostaud, welcher sich aus deu bereits dargelegten Gründen jenen Regle­ ments fügen mußte, die lebhaftesten Beschwerden dagegen erhob und gesetzliche Abhilfe durch Einschränkung der Autonomie der Eisenbahnen im Wege der Gesetzgebung begehrte. Zn dem den Nürnberger Berathungen zu Grunde liegenden Preußischen Entwürfe eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs hatte diese Forderung keine Berücksichtigung gesunden. Der Entwurf erklärte lediglich in seinem Art. 326 (Abs. 1) die Bestimmungen des Titels vom Frachtgeschäft auch auf Eisenbahnen für anwendbar, ohne deren Vertragsfreiheit nach irgend welcher Richtung hin einzuschränken. (Motive S. 177, 178.) Aber bereits in I. Lesung (Prot. S. 827—830) wurde der An­ trag gestellt, einen Zusatzartikel anzunehmen, durch welchen Verträge über Abänderung der gesetzlichen Haftpflicht der Fracht­ führer für unverbindlich erklärt wurden. Wenngleich dieser Antrag seiner Fassung nach ausnahmslos alle Frachtführer betraf, so wurde doch in der Begründung alsbald hervorgehoben, daß er ganz besonders die Eisenbahnen im Auge habe, welche im Besitze ihres faktischen Transportmonopols durch Reglements die gesetzliche Haftpflicht abzulehnen oder doch erheblich einzuschränkcn vermöchten. In II. Lesung (Prot. S. 1230—1232) erhielt die Absicht, durch diese Bestimmung vornehmlich die Autonomie der Eisenbahnen zu beschränken, einen weit prägnanteren Ausdruck. Es wurde nämlich der Vorschlag gemacht, den gewöhnlichen Frachtführer und die Post als diejenige Staatsanstalt auszunehmen, deren Verhältnisse auf besonderen Einrichtungen beruhten, zum Theil sogar mit Staats-

Einleitung.

XXIII

vertragen im Zusammenhänge ständen, somit einer Aenderung nicht leicht unterworfen werden könnten, und deshalb zu dem bezüglichen Art. 376 des Entwurfs zweiter Lesung folgender Zusatz (als Abs. 2) proponirt und angenommen: „Die Bestimmung hat auf den gewöhnlichen Fuhrmann und die Post keine Anwendung", so daß nunmehr, wenn auch nicht mit ausdrücklichen Worten, die durch Art. 376 verordnete Beschränkung der Vertragsfreiheit sich lediglich auf die Eisenbahnen bezog.

Die deutschen Eiseubahnvcrwaltungen fühlten sich hierdurch aufs äußerste beschwert. Nach Veröffentlichung des Entwurfs der IL Lesung überreichte daher der Verein deutscher Eisenbahnverwaltungen den deutschen Bundesregierungen unterm 12. Dezember 1859 eine Denk­ schrift, in welcher bezüglich des Eisenbahnverkehrs von rechtlichen und praktischen Gesichtspunkten ans gegen den Titel „Vom Frachtgeschäft" eine Reihe schwerwiegender Bedenken erhoben wurde, und zwar nicht nur gegen die generelle Beschränkung ihrer Vertragssteiheit, sondern auch gegen eine Anzahl einzelner Bestimmungen. Zn III. Lesung fanden die Anträge des Vereins insofern Berück­ sichtigung, als in Anerkennung derselben von mehreren Regierungen Abänderungsanträge gestellt beziv. eine Revision des Titels auf Grund der von den Eisenbahnverwaltungen geltend gemachten Bedenken be­ antragt wurde. (Monit. Nr. 425, 426, 449—456, Prot. S. 4700—4702, 5120—5124.) Diese Anträge hatten eine nochmalige eingehende Be­ rathung des in Rede stehenden Titels zur Folge und führten dazu, daß — abgesehen von der Abänderung einzelner Bestimmungen des ersten Abschnittes — diesem noch ein zweiter speziell das Eisenbahn­ frachtgeschäft betreffender Abschnitt beigefügt wurde, welcher 1) die in II. Lesung angenommene gänzliche Beseitigung der Autonomie der Eisenbahnen wieder aufhob und dieselbe nur insoweit einschränkte, als dies nach den bisherigen Erfahrungen im Znteresfe des Handels und Verkehrs und zur Wahrung des freien Vertragswillens der mit den Eisenbahnen Kontrahircnden erforderlich erschien (Art. 423 ff. H.-G.-B.: Grundsatz der Beschränkung der Vertragsfreiheit), zugleich aber als weitere im öffentlichen Interesse nothwendige Beschränkungen einführte; 2) die Verpflichtung der Eisenbahnen, die bei ihnen nach­ gesuchte Eingehung von Frachtgeschäften für ihre Bahnstrecken unter gesetzlich bestimmten Voraussetzungen nicht zu verweigern (Art. 422 Abs. 1 und 2: Grundsatz der Transportpflicht); 3) in An-

XXIV

Einleitung.

sehnng der Zeit der Beförderung keinen Absender vvr dem anderen zu begünstigen (Art. 422 Abs. 3: Grunds ah der Gleichstellung der Absender). Der Abschnitt „Von dem Frachtgeschäft der Eisenbahnen insbesondere" bildete fortan die gesetzliche Basis der EisenbahnBetricbsreglements. Zwar befriedigten die darin gegebenen Fest­ setzungen sowohl die Handeltreibenden wie die Eisenbahnen nur halb, indem die einen die Eisenbahnautonomie für zu wenig, die anderen für zu sehr beschrankt hielten. Indeß darf nicht verkannt werden, daß es sich hierbei nm die Entscheidung über diametral entgegen­ stehende Meinungen und Interessen auf einem damals noch wenig bekannten Gebiete handelte, daß der fragliche Abschnitt somit den Eharakter cineS Kompromisses trägt und, wie die Erfahrung lehrte, im wesentlichen die richtige Mitte getroffen hat. Denn einerseits war der Eingriff in ihre Vertragsfreiheit — über welchen sich die Bahnen beklagten — in der That nur die Wiederherstellung der Vertragsfreiheit ihrer Mitkontrahenten gegen die Wirkungen des Eiscnbahnmonopols?) Anderseits sprachen gewichtige Gründe dafür, den Bahnen die Befngniß zur vertragsmäßigen Beschränkung der Haft­ pflicht nicht gänzlich zu entziehen bezw. nicht in höherem Grade, als dies zur Paralysirnng ihres Monopols erforderlich erschien. Das A. H.-G.-B. hat hiernach den richtigen Mittelweg ein­ geschlagen ''), d. h. prinzipiell zwar die vertragsmäßige Beschränkung der Haftpflicht den Bahnen verboten (Art. 423), aber ausnahmsweise für gewisse — durch Bedürfnisse und Erfahrung fcstgestcllte — Fälle gestattet (Art. 424-431).7)

B. Von der Einführung des Allgemeine» deutschen Handelsgesetz­ buchs (18til/18(>3) bis zum Erlaß des Betriebs-Reglements für die Eisenbahnen Deutschlands vom 11. Mai 1874. Durch die Einführung des deutschen Handelsgesetzbuchs in Dent'chland und Oesterreich wurde nicht nur eine Umgestaltung der in den einzelnen Bundesstaaten erlassenen Betriebs-Reglements sowie der b) Vgl. Fick in Goldschmidts Zeitschr. f. d. ges. Hand-Recht Bd. 11) An­ lageheft S. G8. 6) Reichsger. vom 11. Februar 1888, Eiseiibahnr. Entsch. Bd. 6 S. 118, J19 und Kominissionsbericht des Preus;. Herrenhauses vom 22. Mai 18(51. 7) Vgl. v. Hahn 11 S. 691, 692, -Puchelt II S. 552, W. Endemaun, Rechtsgrundl. S. 199, 200, Anschütz und v. Völderndorsf 111 S. 466, 167.

Verbands - und Lokal-Reglements, sondern anch die Bildung eines neuen, den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs entsprechenden VereinsGüterreglements und die Umgestaltung der die Haftpflicht beim Gcpäicktransport betreffenden Bestimmungen des Vereinspersonen- re. Reglements erforderlich. Demgemäß wurde ein neues VereinsGüterreglement für sämmtliche Bahnen des Vereins deutscher Eisenbahn-Verwaltungen eingeführt und zugleich mit dem neu redigirten Uebcreinkommen als „Reglement für den Vereins-Güterverkehr auf den Bahnen des Vereins deutscher Eisenbahn-Verwaltungen vom 1. März 1865" publizirt?) Hand in Hand damit erfolgte die Ein­ führung eines neuen „Vereinsreglements für den Personen- re. Verkehr auf den Bahnen des Vereins deutscher Eisenbahn-Verwaltungcu vom 1. März 1865".") In den Zähren 1865—70 haben diese Vereiusrcglements nur unerhebliche Abündernngen erfahren. Erst die Verfassung des Norddeutschen Bundes vom 26. Zuli 1867 und später die Verfassung deo Deutschen Reiches vom 16. April 1871 riefen auf diesem Gebiete eine lebhaftere Bewegung und Um­ gestaltung hervor. Die Verfassung überwies in Art. 4 Nr. 8 der Beaufsichtigung seitens des Bundes (bez. Reiches) und der Gesetzgebung desselben „das Eisenbahnwesen (in Bayern vorbehaltlich der Bestimmung im Art. 46) im Interesse der Landesvertheidigung und des allgemeinen Verkehrs" und in weiterer Ausführung dieser Fundamentalbestimmung verordnete Art. 45 der Verfassung: „daß dem Reiche die Kontrole über das Tarifwesen zusteht und dasselbe namentlich dahinwirken wird, daß baldigst auf allen deutschen Eisenbahnen übereinstimmende Betriebsreglements ein­ geführt werden." Auf Grund dieser Verfassungs-Bestimmungen nahm der nord­ deutsche Bund (bezw. später das Reich) nicht nur die Pflicht, sondern auch das Recht für sich in Anspruch, im Rahmen des zum Bundesbezw. Reichsgesetz erklärten deutschen Handelsgesetzbuchs ein einheit­ liches Betriebsreglement für sämmtliche Eisenbahnen im norddeutschen Bunde — mittelst Bekanntmachung vom 10. Juni 1870 — einzu­ führen?") Zwar waren einheitliche Betriebsreglements für die Bahnen 8) Preutz. Min.-Bl. d. i. V. 1865 S. 261 f. 9) Preuß. Min.-Bl. d. i. B. 1865 S. 251 f. 10) Ueber die kontroverse Frage, ob dem Deutschen Reiche durch Art. 4 Nr. 8 und Art. 7 in Verbindung mit den Art. 42—45 der Reichsverfassung ein

XXVI

Einleitung.

des Vereins deutscher Eisenbahn-Verwaltungen durch deu Verein für den Güter- und Personen-Verkchr erst wenige Jahre vorher cingeführt worden. Indes beruhte diese einheitliche Regelung doch nur aus der freien Vereinbarung der zu jenem Vereine gehörigen Eisenbahnen und konnte durch Kündigung seitens jeder einzelnen Bahn gestört werden. Ans diesem Grnnde war die obligatorische Einführung eines einheitlichen Betriebsreglements von Bundes - bezw. Reichswegcn eilt dringendes Bedürfniß für die einheitliche und konstante Fortentwicklung des deutschen Eisenbahn-Transportrechts. Abgesehen jedoch von der obligatorischen Ratnr des Betriebs­ reglements für die Eisenbahnen im norddeutschen Bunde lag es in der Natur der Lache, daß dasselbe sich materiell in allen wesent­ lichen Punkten an die Bestimmungen des Vereins-Güterreglements und des Vereins-Personen- ,'e. Reglements vom I. März 18(i5 anlehntc. In formeller Beziehung trat insofern eine bemerkenswerthe Aende­ rung ein, als die Bestimmungen des Personen- und des Güter­ reglements in ein Reglement verschmolzen wurden, welches nunmehr den Titel führte: „Betriebsreglement für die Eisenbahnen im nord­ deutschen Bunde vom 10. Juni 1870."") Der Bundesrath dehnte — nach der inzwischen erfolgten Konstitnirung des deutschen Reiches — dieses Reglement durch die zugleich einige Abänderungen enthaltende Bekanntmachung vom 22. Dezember 187112) mit dem 1. Januar 1872 auch auf die Bahnen von Württemberg, Baden, Südhessen und Elsaß-Lothringen aus. Auch Bayern führte dasselbe — und zwar mit Rücksicht auf sein Rescrvatrecht selbständig — mit dem 1. Januar 1872 gleichlautend ein, so daß die Geltung des Reglements sich von diesem Tage an über alle deutschen Staaten erstreckte. Zugleich war auch seitens der österreichisch-ungarischen Regierung die Einführung eines neuen Betriebsreglements von Staatswegen eingeleitet worden. Dieses Reglement wurde durch Verordnung des österreichischen Handels- und derartiges Recht unmittelbar verliehen ist, sowie über die Rechtsnatnr des jo eingeführten Reglements s. Lab and, Staatsrecht d. Deutsch. Reiches, 2. Anfl. Bd. II S. 124—1*27, Hänel, Deutsch. Staatsrecht Bd. 1 S. 645, W. Endemann,

Rechtsgrnndl. S. 202, 223 ff., R. d. Pnchelt II S. 558—560, v. Hahn II Bd. I tz 13 S. 61 ff., Ulrich S. 336, Bd. 6 S. 276, Bd. 8 S. 28, Bd. 19 Bd. 15 S. 156. n) B.-G.'Bl. 1870 S. 419. 12) R.-G.-Bl. 1871 S. 473.

Eisenb. S. 694, Entsch. S. 184,

S. 511 — 515, Thöl III § 49, 695, Eger, Prenh. Eisenbahnr. d. R.-O.-H.-G. Bd. II S. 255, Bd. 21 S. 60 u. d. Reichsger.

Einleitung.

XXVII

des ungarischen Kommunikationsministeriums vom 1. Juli 187'2 als „Betriebsreglement für die Eisenbahnen der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Lander bezw. der Lander der ungarischen Krone"1:1) erlassen und trat am 1. August 187'2 in Kraft. Die deutsche Reichsregicrnng war inzwischen der Frage einer Abänderung des deutschen Betriebsreglements in Folge zahlreicher Beschwerden, die seitens des Handelsstandes gegen einzelne Bestim­ mungen des Reglements erhoben worden waren, näher getreten. Es kam nun hinzu, daß, um die Herbeiführung einer durch die engen Berkehrsbeziehungcn Deutschlands und Oesterreich-Ungarns gebotenen, thnnlichstcn Uebereinstimmung in den Betriebsreglements beider Reiche vorznbereitcn, eine eingehende Revision des deutschen Reglements als eine dringende Nothwendigkeit sich heransstellte. Das deutsche Reichs­ kanzleramt ließ demgemäß unter Inanspruchnahme des Reichseisen­ bahnamts und des Vereins deutscher Eisenbahn-Verwaltungen einen neuen Entwurf ansarbeiten. Dieser Entwurf wurde von Kommissaricn beider Regierungen weiteren Verhandlungen unterzogen, als das Er­ gebniß einer Vereinbarung zwischen den Zentralbehörden beider Reiche in wesentlich übereinstimmendem Wortlaute angenommen und für Deutschland als „Betriebs-Reglement für die Eisenbahnen Deutschlands vom 11. Mai 1871", “) für Oesterreich nnd Ungarn als „Betriebs-Reglement für die Eisenbahnen der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder (bezw. der Länder der Ungarischen Krone) vom 10. Juni 1874"li) — beide mit Gültigkeit vom 1. Juli 1874 — publizirt. Auch Bayern hat das deutsche Reglement vom 1. Juli 1874 für seine Eisenbahnen eingefnhrt. Durch das Inkrafttreten des deutschen und des österreich-unga­ rischen Betriebsreglements von 1874 wurden viele Bestimmungen des Vereinsreglements hinfällig, und es trat daher die Nothwendigkeit einer umfassenden Aenderung desselben dringend hervor. Aus den Berathungen des Vereins ging das „Betriebsreglement des Vereins deutscher Eisenbahn-Verwaltungen, gültig vom 1. Juni 1876, hervor. Gleichzeitig pnblizirte der Verein ein ent­ sprechend abgeändertes „Uebcreinkommen zum Betriebsregle­ ment des Vereins". In den folgenden Jahren wurde den ge13) Oesterr. R.-G.-Bl. 1872 Sir. 90. ") Centr.-Bl. f. d. Deutsche Reich 1874 Nr. 21 S. 179. 15) Oesterr. R.-G.-Bl. 1874 Stück XXVI Nr. 75.

XXVIII

Einleitung.

wonnenen Erfahrungen gemäß sowohl das deutsche Rcglemeut vom II. Mai 1874 wie auch das österreichisch-ungarische Regleiitent vom 10. Juni 1874 allmählich durch mannigfache Aenderungen und Ergänzungen weiter ausgebaut.") — Dementsprechend wurde auch das Betriebsreglement des Vereins deutscher Eisen­ bahn-Verwaltungen und das zugehörige Uebereinkommcn durch zahlreiche Nachträge und neue Ausgaben mit den in dem deutschen und österreichisch-ungarischen Betriebsreglemeut eingetretenen Modi­ fikationen und Ergänzungen fortgesetzt im Einklänge erhalten.") ferner wurden auch von anderen Eisenbahnverbänden, wie von ein­ zelnen Bahnen, besonders in den Tarifen, zusätzliche Bestimmungen zum Betriebsreglement erlassen, woraus — nach der Einführung eines einheitlichen Tarifsystems — die wichtigsten im deutschen Eiscubahngütcrtarif, Theil I, als allgemeine ZusatzbcstimiiiiiiiOeii 5iiui Betriebsreglcment zusammengefaßt worden und für sämmtliche deutsche Eisenbahnen giltig publizirt worden fiiib.")

C. Von der Einführung des Betriebs-Reglements vom 11. Mai 1874 bis znr Einführung der Verkehrs-Ordnung für die Eisenbahnen Deutschlands vom 15. November 1892.

Wie die bisherige Entwicklung des Eisenbahn-Transportrechts zeigt, genügte die Einführung einheitlicher Normen innerhalb eines Staatsgebietes dem Verkehrsbedürfnisse nicht. Der gemeinsame Ver­ kehr der Bahnen des In- und Auslandes drängte unaufhaltsam und unabweisbar zn einer internationalen Regelung dieses Rcchtsgebictcs. Die Einführung übereinstimmender Betriebsreglements in Deutsch­ land und Oesterreich-Ungarn, sowie die Ausdehnung deö VereinsBetricbsreglements über beide Staatsgebiete hinaus auf die Bahnen Belgiens, Hollands, Luxemburgs waren für dieses Bedürfniß nicht 16) Eger, Preuß. Eisenbahnrecht, Bd. I § 13 S. 65.

17) Neue Ausgaben traten 1881, 1885 und 1889 in Geltung. 18) Hierzu

sind

die

Allgemeinen

Abfertigungsvorschrifteu

des

deutschen Eisenbahn-Verkehrsverbandes getreten, welche am 1. Oktober 1891 ein­

geführt wurden (Krönig II. S. 271), und im ganzen Bereiche des deut­ schen Eisenbahn-Verkehrs-Verbandes Geltung haben, soweit sie durch Zusatzbestimmungen außer Kraft gesetzt oder abgeändert sind.

nicht

Sie finden

auf den Verkehr sämmtlicher Eisenbahnen Deutschlands, wie auch auf den inter­

nationalen Verkehr dieser Bahnen Anwendung, sofern nicht für den letzteren be­

sondere Bestimmungen getroffen sind.

Einleitung.

XXIX

ausreichend. Die Uebereinstimmung des deutschen und österreichischungarischeu Betriebsreglements auf der Grundlage des gemeinsamen deutschen Handelsgesetzbuchs hatte zwar wesentliche Erleichterungen im beiderseitigen Verkehre zur Folge. Aber diese Reglements hatten immerhin doch nur bindende Kraft für das eigene Staatsgebiet, nicht für den internationalen Verkehr von Land zu Land. Und das VereinsBetriebsreglement schuf, wenngleich internationaler Natur, doch ledig­ lich ein auf den freiwilligen Vereinbarungen der betheiligten Vereins­ bahnen beruhendes und daher jederzeit kündbares Vertragsrecht. Auch reichte das Geltungsgebiet des Vereinsreglements nicht weit genug. Denn der Eisenbahnverkehr nahm allmählich unter der Mehrheit der europäischen Kontinentalstaaten so außerordentliche Dimensionen an, daß in demselben Maße, wie im Post- und Telegraphenverkehre, die Einführung internationaler Rechtsnormen für alle betheiligten Staaten zu einem dringenden und unabweisbaren Bedürfnisse wurde. Je mehr aber der internationale Eisenbahnverkehr zunahm, je fühlbarer wurde die Rechtsunsicherheit, unter welcher die sämmtlichen Transportinteressenten — die Absender, Empfänger und EisenbahnVerwaltungen — durch die Verschiedenheit der Eisenbahnfrachtrechte der einzelnen Staaten litten. Am meisten wurde durch diesen Uebel­ stand in Folge ihrer natürlichen Lage inmitten von vier großen Staaten die Schweiz betroffen und von ihr ging daher auch zuerst der Vorschlag aus, tut Wege eines völkerrechtlichen Uebereinkommens ein internationales Eisenbahnfrachtrecht für die Staaten des europäischen Kontinents einzuführen, welches für den internationalen Eisenbahnfrachtverkehr in den wesentlichsten Be­ ziehungen einheitliche, für jeden der betheiligten Staaten mit Gesetzes­ kraft versehene Rechtsnormen schaffen sollte. Dieser Schritt der Schweiz war von Erfolg begleitet. Nachdem der Schweizer Bundes­ rath die Altregung zu einer internationalen Vereinbarung gegeben und die Mehrzahl der europäischen Hauptstaaten diesem Vorschläge zugestimmt hatte, lvurde auf Grund von Vorarbeiten, welche theils von der Schweiz, theils von Deutschland ausgingen"), zu Bern in 1U) I. Entwurf der Schweiz (auf der Grundlage des schweiz. Eisen­ bahntransportrechts) aus dein Jahre 1876 unter dem Titel: Vorläufiger Ent­ wurf für eine Vereinbarung über den internat. Eisenbahufrachtverkehr. II. Gegen entwurf veröffentlicht von G. Eger (auf der Grundlage des deutschen Hand.-Ges.-Buchs und Betriebs-RegleineutS) ans dem Jahre 1877 nnter dem Titel: „Die Einführung eines internat. Eisenbahnfrachtrechts" und im Wesent-

XXX

Einleitung.

drei Konferenzen (13. Mai bis 4. Zuni 1878; — 19. September bis 10. Oktober 1881; — 5. bis 17. Inti 1886) das internationale Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr von den Dele­ gaten der Vertragsstaaten (Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Oesterreich-Ungarn, Rußland, Schweiz) durch­ berathen, in der Berner Konferenz vom 14. Oktober 1890 definitiv angenommen und durch den am 30. September 1892 zu Bern er­ folgten Austausch der Ratifikations-Urkunden nach Maßgabe des Schlnßartikcls (Art. 60) mit dem 1. Januar 1893 in Kraft gesetzt.''") Das solchergestalt im gesammten Vertragsgebiete eingeführte Uebereinkommen beruhte im wesentlichen auf den Grundsätzen des deutschen Handelsgesetzbuchs und Betriebs-Reglements, zum Theil er­ gänzt und modifizirt durch die Normen anderer Landesrechte, ins­ besondere des französischen Rechts. Das Uebereinkonimen erstreckt sich aber grundsätzlich nur auf den externen Verkehr, d. h. auf die ans dem Gebiete eines Staates in das Gebiet eines anderen Staates übergehenden Transporte und läßt den in ternen Verkehr, liehen daran anschließend: III. Entwurf der deutschen Negierung (gleiche

falls unter Zugrundelegung des deutschen Hand.-Ges.-Buchs und Betriebs-Re­ glements) aus dem Jahre 1878 unter dem Titel: Entwurf eiues Vertrages über den internat. Eisenbahnfrachtverkehr, aufgestellt von deutschen Kommissorien.

‘20) Im Reichs-Ges.-Blatt 1892 Rr. 39 S. 793-920 deutsch u. französisch publizirt (ebenso im Preuß. Eisenb.-Verordn.-Bl. 1892 Nr. 28 S. 355 f ), s. ferner die Entstehungsgeschichte des Uebereinkommens ausführlich dargestellt iu Eg er's

Kommentar zum internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr, Berlin 1892/94, Geschichtliche Einleitung S. XV—XXXXL Die weitere Ausgestaltung des Uebereinkommens vom 14. Oktober 1890 ist erfolgt 1) durch die Zusatz-Erklärung v. 20. Septbr. 1893 (Zeitschrift f. d.

internat. Eisenb.-

Transport 1896 S. 379), 2) durch die Zusatz-Vereinbarung v. 16. Juli 1895 (I. c. 1895 S. 475 ff. und 1896 S. 424) und 3) durch das Zusatz-Uebereiukommen v.

16. Juni 1898 (1. c. 1898 S. 506). Die Vereinbarung umfaßt: I. Das internationale Uebereiukommen über den Eisenbahnfrachtverkehr.

(60 Artikel.)

II. Das Reglement, betreffend die Er­

richtung eines Centralamtes (6 Artikel);

III. Die Ausführungsbestimmungen

zum Uebereinkonimen über den internationalen Eisenbahnfrachtverkehr (11 Para­

graphen); IV. Vier Anlagen: 1. Vorschriften über bedingungsweise zur Beför­ derung zugelassene Gegenstände; 2. Formular des Frachtbriefs und des Fracht­ briesduplikats für den internationalen Eisenbahntransport; 3. Formular für das Anerkenntniß wegen fehlender oder mangelhafter Verpackung der aufgegebenen Güter; 4. Formular für nachträgliche Anweisungen des Absenders; V. Das Schluß­

protokoll, enthaltend Erklärungen zu den Art. 1, 11, 35 und 57 des Ueberein­ kommens.

XXXI

Einleitung.

d. h. die sich in den Grenzen eines Staatsgebietes bewegenden Trans­ porte an sich unberührt.") Dem ungeachtet hat jedoch die Einführung dieses neuen internationalen Rechts int externen Verkehr mittelbar auf das interne Eisenbahnfrachtrecht der einzelnen Vertragsstaaten ent­ scheidenden Einfluß geübt und zu umfassenden Aenderungen desselben geführt. Die naturgemäße Fortentwicklung beider so eng verwandter, eigentlich nicht materiell, sondern nur räumlich getrennter Rechts­ gebiete, der enge und fortwährende Zusammenhang der internen und externen Transporte, der häufig nothwendige Uebergang der einen Transportart in die andere hat die Einführung thunlichst überein­ stimmender und gleicher Normen für den internen und externen Ver­ kehr, d. h. die Uebertragnng der Bestimmtingen und Prinzipien des internationalen Uebereinkommens auf die internen Eisenbahnfrachtrechte zur unbedingten Nothwendigkeit gemacht. Während daher für den ex­ ternen Verkehr der Verein deutscher Eisenbahn-Verwaltungen auf der Grundlage des internationalen Uebereinkommens ein neues, am 1. Januar 1893 in Kraft getretenes Vereins-Betriebs­ reglement nebst Uebereinkommen schuf und die internationalen Tarifverbände sämmtlich in eine entsprechende Revision ihrer Ver­ träge, Reglements und Tarifbestimmungen eintraten, leiteten auch tut internen Verkehr fast alle Konventionsstaaten eine Umgestaltung ihrer eisenbahnfrachtrechtlichen Normen, Gesetze, Verordnungen und Reglements nach Maßgabe des internationalen Uebereinkommens in die Wege und bemühten sich, ihre internen landesrechtlichen Normen dem neuen internationalen Rechte anzupassen. Auch in Deutschland erfolgte demgemäß eine entsprechende Neuregelung des internen Eisenbahntransportrcchts. Wenngleich eine Abänderung des bezüglichen Abschnittes des Allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs („vom Eisenbahnfrachtgeschäst insbesondere") mit Rücksicht aus den Stand der Vorarbeiten für ein deutsches bürger­ liches Gesetzbuch, dessen Normen auch auf das deutsche Frachtrecht 21) Es ist leider nicht gelungen, dem internationalen Uebereinkommen eine umfassendere Grundlage und größere Tragweite derartig zu geben, daß

dasselbe nicht nur den externen, sondern auch den internen Transport einheitlich

geregelt und mithin unter Aufhebung aller internen

Eisenbahnfrachtrechte für

den gesammten Eisenbahnsrachtverkehr, internen und externen, ein Recht geschaffen häite. De lege ferenda erscheint dies um so mehr erstrebenswerth, als die gegen­ wärtige Zweitheiluug zwischen externem und internem Recht mit erheblichen Un­

zuträglichkeiten verknüpft ist (s. auch Rosenthal a. a. O. S. 7).

Aum. 22 und S. XLV Aum. GL

Vgl. S. XXXII

XXXII

Einleitung.

und das Handelsgesetzbuch nicht ohne wesentlichen Einfluß bleiben konnten, sich damals noch nicht empfahl, so wurde doch ohne Zu­ hilfenahme der Gesetzgebung eine umfassende Neuredaktion des Be­ triebsreglements vom 11. Mai 1874 in thunlichst engem Anschluß au das internationale Uebereinkommen und insoweit vorgeuommeu, als die obligatorischen Normen des deutschen Handelsgesetzbuchs dies irgend zuließen.") So entstand die Verkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands vom 15. November 1892,") welche mit Giltigkeit vom 1. Januar 1893 au die Stelle des bisherigen Betriebsreglements vom 11. Mai 1874 trat") und — wenngleich aus diesem hervorgegangen und auf dem Allgemeinen Handelsgesetzbuche beruhend — sich doch nach Form und Inhalt als eine im wesent­ lichen neue Ordnung der Eisenbahntrausportbedingungen darstellte. Hierzu sind, vornehmlich insoweit die Verkehrs-Ordnung Sonderbestimmnngen zuließ bezw. auf solche verwies, die von der Generalkonferenz der deutschen Eisenbahnverwaltnngen beschlossenen allgemeinen Zusatzbestimmungen") getreten und ferner die allgemeinen 22) Wesentliche Verschiedenheiten zeigten sich vornehmlich in Betreff des Pfandrechts, für welches, abweichend Dom Art. 21 des internationalen

Uebereinkonnnens, nach Art. 409 des D. H.-G.-B. bezw. der deutschen VerkehrsOrdnung das dreitägige Folgerecht bestehen blieb, ferner in der Bemessung des Schadensersatzes bei Verlust k. Art. 396 D. H -G.-B. und § 80 deutsch. Verk.-Ordnnng: gemeiner Handelswerth bezw. gemeiner Werth am Orte der

Ablieferung — Art. 34 intern. Uebereinkommen: am Versandorte,

sodann

in Betreff der Verjährnngsnormen (Art. 386, 408 H.-G.-B., § 91 deutsche Verk.-Ordn. — Art. 45, 46 internat. Uebereinkommen) und a. a. O. In Oesterreich und Ungarn sind derartige Verschiedenheiten dadurch beseitigt, das; ein speziell zu diesem Zwecke erlassenes Gesetz vom 27. Oktober 1892 bezw. (österr. R.-G -Bl. Nr. 187) entsprechende Abweichungen vom Handelsgesetzbuch behufs Durchführung des internat. Uebereinkonnnens gestattet und hiervon bei Einführung des neuen österreichischen und ungar. Betriebsreglements vom

10. Dezember 1892

(österr. R.-G.-Bl. Nr. 207) Gebrauch

gemacht ist.

Auf

diese Weise ist das für den internen Verkehr geltende österr. u. ungar. Betriebs­ reglement mit dem internationalen Uebereinkommen in vollen Einklang gesetzt. 23) N.-G.-Bl. 1892 Nr. 41 S. 923, A. v. d. Leyen in Goldschmidt's Zeitschr.

f. d. ges. H.-N. N., F. Bd. 26 S. 501 ff.

*24) Abschn. I.

Eingangs - Bestimmungen,

III. Beförderung von Personen,

II. Allgemeine Bestimmungen,

IV. Beförderung von Reisegepäck,

V. Beför­

derung von Expreßgut, VI. Beförderung von Leichen, VII. Beförderung von

lebenden Thieren, VIII. Beförderung von Gütern, IX. Schlußbestimmung. -ä) Krönig I S. 316.

Einleitung.

XXXIII

Abfertigungs-Vorschriften,") welchen sich besondere Zusatzbestimmungen der einzelnen Staats- und Privatbahnverwaltungen ergänzend an­ schlossen. 37) Der Rechtszustand hatte sich daher für die Eisenbahnen Deutschlands und damit auch Preußens vom 1. Januar 1893 au so gestaltet, daß für den internen Verkehr die Verkehrsordnnng auf der Grundlage und in den Grenzen des Allgem. deutschen Handels­ gesetzbuchs, — dagegen für den externen Verkehr der dem inter­ nationalen Nebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr unter­ worfenen Bahnen dieses Uebereinkommen in Anwendung kam, und zwar für diejenigen Bahnen, welche dem Vereine deutscher EisenbahnVerwaltungeu oder anderen internationalen Verbänden angehörten, nach Maßgabe des Vereins-Betriebsreglements oder der sonstigen Verbandsreglements. Für Bahnen, welche dem internationalen Ueber­ einkommen nicht unterworfen waren, blieben die internen Rechte bezw. die ans Grund derselben getroffenen Vereinbarungen maßgebend. D. Von der Einführung der Verkehrs-Ordnung für die Eisenbahnen Deutschlands vom 15. November 1892 bis zur Einführung des neuen deutschen Handelsgesetzbuchs vom 10. Mai 1897 und der EisenbahnVerkehrsordnung vom 26. Oktober 1899. Der große Einfluß, welchen das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch vom 18. August 1896") auf alle Gebiete des deutschen Rechts ausübte, machte sich in hohem Grade auch auf dem Gebiete des Handelsrechts geltend und hatte eine wesentliche Umgestaltung der handelsrechtlichen Normen zur Folge. Einerseits dieser Umstand und andererseits das Bedürfniß, eine thunlichst weitgehende Uebereinstimmung der in­ ternen Normen des deutschen Eisenbahnfrachtrechts mit denen des internationalen Uebereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr33) herbeizuführen, ließ die Zeit für eine entsprechende Abänderung der bezüglichen Abschnitte des Handelsgesetzbuchs gekommen erscheinen. Das neue Deutsche Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 189730) hat sich nicht allein daraus beschränkt, die möglichste Uebereinstimmung 26) Beschlossen und weiter fortgebildet vom

deutschen Verkehrsverbande.

Krönig II S. 271. 27) Diese besonderen Zusahbestimmungen der Preuß. Staatseisenbahnen sind neu herausgegeben unterm 1. April 1894. 28) R.-G.-Bl. 1896 Nr 21 S. 195.

29) Neber die weitere Ausgestaltung des internat. Uebereinkommens vom 14. Oktober 1890 während der Jahre 1893—1898 s. Anm. 20 S. XXX. 30) R.-G.-Bl. 1897 Nr. 23 S. 219. Egel', Elsenbahn-Velke'hl^oldnllng.

2. Aufl.

c

XXXIV

Einleitung.

der internen und internationalen Normen des Fracht- bezw. Eiscnbahnfrachtrechts herbeizuführen, sondern auch mehrere prin­ zipiell wichtige Aenderungen des bestehenden Systems des Eisenbahnfrachtrechts eingesiihrt. I.

Die in systematischer Hinsicht äußerlich zunächst hervortretende Aenderung besteht betritt, daß die bisher eine Unterabtheilung des Abschnitts vom Frachtgeschäft darstellenden Bestimmungen des Eisenbahnfrachtgeschüfts im neuen Handelsgesetzbuche einen be­ sonderen Abschnitt bilden, auf welchen jedoch nach wie vor die allgemeinen Vorschriften über das Frachtgeschäft subsidiär Anwendung finden. Während das dritte Buch des netten Handelsgesetzbuchs (Handelsgeschäfte) int sechsten Abschnitt die allgemeinen Be­ stimmungen über das „Frachtgeschäft" enthält, sind nunmehr in dem selbständigen siebenten Abschnitt die besonderen Bestimmungen über die „Beförderung von Gütern und Personen auf den Eisenbahnen" znsammengefaßt. Diese systematische Aenderung war dadurch nothwendig geworden, daß das alte Handelsgesetzbuch sich auf die Regelung der allgemeinen Verpflichtung der dem öffent­ lichen Transport dienenden Eisenbahnen zur Uebernahme der ihnen angetragenen Güterbeförderungen und ihrer Haftpflicht für Fracht­ güter beschränkte, während das nette Handelsgesetzbuch auch die Personenbeförderung zum Gegenstände einer allgemeinen Vorschrift macht. Dieses Hinausgehen über den auf die Güterbeförderung ein­ geschränkten Rahmen des sechsten Abschnittes hatte zur Folge, daß der siebente Abschnitt nicht mehr eine bloße Unterabtheilung des­ selben bilden konnte"). 31) Denkschrift S. 535, 538, 546.

S. 180, 181.

Förtsch,

D. Jur.-Zeitg. III Nr. 9

Mittelsten« S. 172. — Mit Recht ist bereits

gegen das alte

Handelsgesetzbuch der Vorwurf erhoben «vorden, daß inan wegen der bedeutenderen materiellen Interessen, ivelche in Frage ständen,

ein weit größeres Gewicht

darauf gelegt habe, die Rechtsverhältnisse des Gl"«tertransports gesetzlich zu regeln, als die des Personentransports, mithin die Güter höher gestellt habe,

als die Menschen; und immer dringender ist die Forderung einer gesetzlichen

Regelung

des Personentransports

erhoben «vorden.

(Vergl. Randa,

Haftung der Eisenb. in der Allg. Oesterr. Ger.-Zeitg. 1869 Nr. 48, Riesser, Revis, des H.-G.-B. Abth. 1 S. 95, Eger, Einführ, eines internat. Eisenbahn-

Frachtr. S. 54, 55, 132, 133, Coermann, Eisen!).-Entsch. XV, S. 176, 372 n. a.) Demnngeachtet ist die Regelung leider unterblieben bezw. durch § 472 des neuen

XXXV

Einleitung.

II. Von einschneidenderer Bedeutnng ist die Aenderung des Rechtscharakters der Eisenbahn-Verkehrsordnung. Zwar blieb ihr nach wie vor die weitere Ausführung und Ausgestaltung der eisenbahntransportrechtlichcn Bestiininungen des Handelsgesetz­ buchs vorbehalten. Aber die Verkehrsorduung trug bisher lediglich den Charakter einer Verwaltungsverordnung, durch welche zur Herbei­ führung gleichmäßiger Frachtvcrtragsnorinen in den vom Handels­ gesetzbuch gezogenen Grenzen den Eisenbahnverwaltungen die von ihnen zu stellenden Vertragsbedingungen einheitlich vorgeschrieben waren'-). Ihre Bestimmungen waren nicht Rechtsvorschriften, sondern Anweisungen und wurden dadurch, daß die Verträge auf Grund der­ selben abgeschlossen wurden, zu integrirenden Bestandtheilen der Fracht­ verträge"). Daraus folgte, daß unrichtige Anwendung und Auslegung der Verkehrsordnung eine Gesetzesverletzung nicht enthielt, mithin der Revision nicht unterlagt), sowie daß ein Irrthum über die Be­ stimmungen der Verkehrsordnung einen Rechtsirrthum nicht inHandelsgesetzbuchs lediglich der Eisenb. Berk.-Ord. überwiesen worden,

welche

— ohne jede umfassende und systematische Ordnung — sich lediglich, wie die bisherige Verk.-Ord., ans die Aufnahme einiger Normen theils privatrecht-

licher, theils administrativer und polizeilicher Natur beschränkt, also den bisherigen ungenügenden Rechtsznstand fast unverändert gelassen hat. Dieser Mangel ist daher zum Gegenstände heftiger Angriffe gemacht worden.

Insbesondere fordert

Gierke (S. 539) wenigstens die gesetzliche Feststellung der Beförderungs­ pflicht: „Was den Gütern recht ist, ist den Personen billig! Etwaige Unbequem­ lichkeiten, die ans der Festsetzung der Beförderungspflicht entstehen können, müssen

die Eisenbahnen in den Kauf nehmen.

Sie dürfen aber nicht die Anerkennung

eines Rechts versagen, das für den Menschen von heute größere Bedeutung hat, als manches in Verfassnngsnrkunden feierlich verbürgte Grundrecht!" Und ebenso erklären Mittelstein (a. a. O. S. l78ff.) u. A. die bloße Verweisung auf die

Verkehrsordnung für durchaus ungenügend und die gesetzliche Regelung der Per­

sonenbeförderung für dringend geboten. Vgl. ferner H. Göppert a. a. O. S. 15 bis 20, 29ff., Beschorner, Zeitschr. f. civil. Praxis Bd. 41 S. 405. — Mo­ tive z. Abschn. 6a des Entw. eines Reichs ei send.-Ges. v. 1873. 32) „Verwaltungsbefehl" an die Eisenbahnen: v. Hahn H S. 694, La­ ba nd II S. 127, Arndt, Kom. z. Reichsverf. S. 200ff., Endemann, Rechts-

grdl. S. 226 f.,

R. d. E. S. 515.

Reichsgericht: Eisenb. Entsch. Bd. 4 S. 427,

Bd. 5 S. 249. 33) Entsch. d. Reichsger. v. 6. März 1886, Eisenb. Entsch. Bd. 4 S. 424,

427, 428. 31) Denkschrift S. 536-538, Entsch. d. R--O.-H.-G. Bd. 6 S. 175, Bd. 19

S. 186, 187 und d. Reichsgerichts Bd. 10 S. 105, 107, Thöl III §49 S. 91,

c*

XXXVI

Einleitung.

iwhmte35).

Durch

Vcrkehrsordnnng

beförderung

der

daö

neue Handelsgesetzbuch ist der Eisenbahn-

sowohl

für

Charakter

die

wie

Güter-

für

Personen­

die

einer Rechtsverordnung

beigelegt

worden "), zwar nicht ausdrücklich, aber nach der Absicht des Gesetzes

dadurch, daß den Bestimmungen derselben nach den §§ 454 und 471 innerhalb gewisser Grenzen der Vorrang

vor den allgemeinen Vor­

schriften des Handelsgesetzbuchs eingeräumt

auf ihre Bestimmungen verwiesen ist”).

und auch sonst mehrfach

zur Ergänzung der

gesetzlichen Vorschriften

Dadurch ist erreicht, daß die Normen,

das Verhältniß der Betheiligten maßgebend sein sollen,

als

Rechtssätze und

welche für unmittelbar

mehr auf dem Umwege einer Nöthigung

nicht

zu vertragsmäßigen Festsetzungen zur Geltung gebracht werden, mit­

hin die Verkehrsordnung fortan zur Anwendung kommt kraft des gesetzgeberischen Willens,

nicht kraft des Willens der Vertrag­

schließenden, also als Rechtsnorm, nicht als Vertragsbestimmung"). Und

demgemäß

begründen Verletzungen

der Verkehrsordnung

Revision und ist ein Irrthum über ihre Bestimmungen irrthnm unerheblich.

ist

angeführt,

Fragen

daß

wesentliches

AIs bei

Motiv

die

als Nechts-

für diese Aenderung

der Wichtigkeit der in Betracht kommenden

dem höchsten Gerichtshöfe die Entscheidung über die Aus­

legung der Eiscnbahn-Verkehrsordnnug jedenfalls nicht entzogen werden dürfe und ihr schon ans diesem Grunde nothwendig die Bedeutung

einer eigentlichen Nechtsverordnnng beiznlegen sei. wohl nicht fehlgehen, die

Absicht

bezeichnet,

Man wird

aber

wenn man als nicht minder wichtiges Motiv für

diejenigen

Aenderungen

des

internen

Eisenbahnsrachtrechts, welche, sei es durch das Bedürfniß des internen Verkehrs, sei es durch die Modifikationen des internationalen Eisen­

bahnfrachtrechts

erforderlich

werden,

nicht mehr den Apparat der

En dem an», Rechtsgrundl. S. 235 f., 245, R. d. Eisenb. S. 516, 520, A. M. Schott S. 465, schwankend Pnchelt II S. 559 und v. Hahn III S. 695. to) Ende mann, Rechtsgrundl. S. 247, R. d. Eisenb. S. 516, Entsch. d. R.-O.-H.-G. Bd. 13 S. 304, A. M. Schott S. 466. 36) Denkschrift S. 537. Auch für Bayern, dessen Verkehrsordnuug für sein Gebiet die gleiche Kraft hat, wie die des Reiches. (Art. 46 Abs. 2 Reichsverfass.) Hänel, D. Staatsr. I S. 660ff., Gorden, Eisenb. Entsch. XIV S. 177. 3?) Denkschrift S. 538. Vergl. auch Staub, H.-G.-B. § 453 (Ziff. 1), Gierke, Zeitsch. f. d. ges. Hand.-R. Bd. 45 S.534, 535. 3S) Fortsch, D. Jur.-Zeitg. III Nr. 9 S. 181, 182, Laband, D. Jur.Zeitg. III Nr. 20 S. 395, GareiS, D. Hand.-Recht 6. Aufl. S. 666.

Einleitung.

XXXVII

Gesetzgebung in Anspruch nehmen zu müssen, sondern sich einfach ans die Beschlußfassung des Bundesraths beschränken zu können'"). Zugleich ist auch im neuen Handelsgesetzbuche (§ 471 Abs. 2 Satz 2) der wichtige Grundsatz ausgesprochen, daß Vereinbarungen, welche mit der Eisenbahn-Verkehrsordnung im Widerspruch stehen, nichtig sind. Diese Bestimmung bezweckt im Zusammen­ hänge mit der Aenderung des Rechtscharakters der Eisenbahn-Ver­ kehrsordnung ihren Vorschriften in Bezug auf die den Eisenbahnen aufzuerlegenden Verpflichtungen die gleiche Kraft einzuräumen, wie den vom Handelsgesetzbuche selbst auferlegten d. h. jede ver­ tragsmäßige Ausschließung oder Beschränkung der durch die Verkehrsordnung auferlegten Verpflichtungen in gleicher Weise für nichtig zu erklären, wie die der durch das Handelsgesetzbuch fest­ gesetzten. Eine weitergehende Bedeutung besitzt die in Rede stehende Be­ stimmung nicht. Es darf ihr insbesondere nicht die Bedeutung bei­ gelegt werden, daß damit der Eisenbahn-Verkehrsordnung die Kraft zwingenden Rechts in höherem Grade habe verliehen werden sollen, als den Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs selbst, und ihr Zwangs­ charakter nicht bloß für die Pflichten, sondern auch für die Rechte der Eisenbahnen gelten, d. h. nicht bloß zu Ungunsten, sondern auch zu Gunsten der Eisenbahnen wirken solle"). Vielmehr sind lediglich 39) Es wird mehrfach mit guten Gründen bestritten, daß es zweckinäßig und richtig gewesen sei, der Verkehrsordnnng den Charakter einer Rechtsverord-

nung zu verleihen und damit der Gesetzgebung ein wichtiges privatrechtliches Gebiet zu entziehen und lediglich den Bestimmungen des einen Faktors der

Reichsgesetzgebung, des Bundesraths, zu überlassen, zumal dessen Kompetenz zum Erlaß der Verkehrsordnung nicht auf der Verfassung, sondern dem überein­

stimmenden Willen der Bundesstaaten und Eisenbahnverwaltungen beruht. (Laband II S. 124, 125.) Es wäre unschwer möglich gewesen, alle prinzipiell

und materiell wichtigen Bestimmungen der Verk.-Ord. in das Handelsgesetzbuch selbst aufzunehmen mit) nur die rein administrativ polizeilichen Vorschriften der alleinigen Kompetenz des Bundesraths zu überlassen (Mittelstein S. 173, Pappenheim S. 20ff.).

40) Die gegenteilige Annahme Staub's (H.-G.-B. § 453 Ziff. 2) ist

unzutreffend und entbehrt ausreichender Begründung;

daher sind auch die

Konsequenzen, die er daraus bei der Erläuterung der §§ 456 (Vorbemerkung),

457 (Ziff. I), 459 (Ziff. I), § 460 (Ziff. 5), § 461 (Ziff. 3), § 463 (Ziff. 1), § 464 (Ziff. 2 u. 3), § 465 (Ziff. 2), § 466 (Ziff. 1 n. 2), § 467 (Ziff. 4), § 468 (Ziff. 3),

§469 (Ziff. 5), § 470 (Ziff. 1 u. 4), § 471 (Ziff. 2) zieht, nicht richtig.

Daß

den Vorschriften der Verkehrsordnung über die Personenbeförderung dieser an-

in gleicher Weise Vereinbarungen verboten, welche die in der Verkehrs­ ordnung bestimmten Verpflichtungen der Eisenbahnen auoschließcn oder beschränken. Dagegen sind Vereinbarungen gestattet, welche die Verpflichtniigen der Eisenbahnen zu Gunsten des Publikums erhöhen, insoweit diese Vergünstigungen allgemein, nicht Einzelnen gewährt werden.

Dafür spricht zunächst die Entstehnngsgeschichte der cisenbahnfrachtrechtlichen Bestimmungen des Handelsgesetzbnchs. Darnach war für die Aufnahme derselben in das Handelsgesetzbuch von An­ fang au lediglich die Absicht entscheidend, die übermächtige Stellung der Eisenbahnen gegenüber ihren Mitkontrahenten bei Abschluß der Frachtverträge zu schwächen und in Rücksicht auf das Transport­ monopol der Eisenbahnen das Publikum gegen den Zwang von Verein­ barungen zu Gunsten der Eisenbahnen zu schützen (s. oben S. XXIff.), keineswegs aber den Eisenbahnen Vereinbarungen zu Gunsten des Publikums zu verbieten. Dafür spricht ferner der enge Zusammen­ hang nnd die Aufeinanderfolge der Bestimmungen des § 471 des neuen Handelsgesetzbuches. Es lag kein Grund vor, der Verkehrsordiiulig eine über die Vorschriften des Handelsgesetzbilches selbst noch hiuailsgcheude Kraft beizulegen, wie ja auch durch § 454 beide gleichgestellt sind. Wäre dies die Absicht des Gesetzes gewesen, so Hütte es klar und bestimmt positiven Ausdruck in demselben finden müssen. Und endlich haben auch die Motive eine derartige Kon­ sequenz weder ausgesprochen, noch begründet, vielmehr im Gegentheile wiederholt hervorgehoben, daß — abgesehen von der Erhebung der gebliche Zwangscharakter nicht beizulegen ist, erkennt auch Staub a. a. O. an.

(Ebenso Pappenheim a. a. O. S. 26, Mittelstein S. 173.)

Womit sollte

sich nun die wesentliche Abweichung für die Vorschriften über die Güterbeförde­ rung rechtfertigen lassen?

Ist anznnehmen, daß der Gesetzgeber von gleichen

Verhältnissen ausgehend in so anomaler Weise einzelnen Abschnitten der Ver­ kehrsordnung (Güterbeförderung) diesen Zwangscharakter habe verleihen wollen, anderen (Personenbeförderung) nicht?

Der einzige von Staub angeführte

Grund: „daß das Gesetz offenbar verhindern wolle, daß die Eisenbahn willkür­

lich einem Absender günstigere Bedingungen bewillige, als dem anderen", würde doch füglich für die Personenbeförderung ebenso wie für die Güterbeförderung

gelten müssen und ist deshalb nicht stichhaltig, weil die Begünstigung eines Ab­ senders vor dem andern sowohl durch § 453 Abs. I u. 3 des H.-G.-B. wie auch

durch § 7 der Verk.-Ord. ausgeschlossen und unmöglich gemacht ist (s. auch die

folg. Anm. 41).

Auch Pappenheim S. 25 vermißt für das „höchst eigen­

thümliche Ergebniß" einen inneren Grund.

XXXIX

Einleitung.

Verkehrsordnung zur Rechtsverordnung — „an ihren rechtlichen uiii) verfassungsmäßigen Grundlagen nichts geändert und der bestehende Rechtszustand erhalten werden solle." Zudem das neue Handelsgesetzbuch mir diejenigen Vereinbarungen für nichtig erklärt, welche mit den Vorschriften der Eisenbahn-Verkehrsordnung im Widerspruch stehen, will es nur verhüten, daß Vereinbarungen getroffen bezw. erzwungen werden, welche die Verpflichtungen der Eisenbahnen aus der Verkehrsordnung verringern. Vereinbarungen aber, welche dem Publikum günstigere Bedingungen gewahren, sind darunter nicht zu verstehen, sie widersprechen nicht den Vor­ schriften der Verkehrsordnung, sondern ergänzen dieselben lediglich"). 41) Die Tendenz der eisenbahutransportrechtlichen Bestimmungen geht im alten wie im neuen Handelsgesetzbuch lediglich dahin, dem Publikum mit Rück­ sicht auf die mächtigere Stellung der Eisenbahnen die volle Sicherheit dagegen zu gewähren, daß diese die ihnen gesetzlich auferlegten Verpflichtungen hn Vertrags- bezw. Reglementswege beschränken oder ausschließen. Diese Ver­

pflichtungen bilden also das Mindestmaß und dürfen nicht verringert werden. Die Erhöhung der den Eisenbahnen durch das H.-G.-B. und die Verk.-Ord. auferlegten Verpflichtungen — unter Aufrechthaltung des Prinzips der Nicht­ begünstigung Einzelner — zu verbieten, lag kein Grund vor und ist nicht be­

absichtigt. Doch dürfen derartige Bestimmungen lediglich ergänzenden Cha­ rakter haben, d. h. nur neben den Bestinnnungen des H.-G.-B. und der Verk.Ord. eingeführt werden, derartig, daß der Bestand und die Grundlage derselben nicht modifizirt, verringert oder beeinträchtigt wird, mithin die günstigeren Bestimmungen das Mehr bilden, welches

die allgemeinen Bestimmungen des

H.-G.-B. und der Verk.-Ord. als das Weniger in sich schließt, also nicht statt oder int Widerspruch mit

denselben und ohne jede Beschränkung der dem

Publikum durch das H.-G.-B. und die Verk.-Ord. gewährten Vortheile.

Auch

dürfen diese Vortheile nicht irgendwie ans dem Grunde verringert werden, weil als Aequivalent dafür andere, vielleicht größere Vergünstigungen gewährt werden sollen.

Es darf also z. B. nicht eine erhöhte Haftpflicht für Verlust oder Be-

schädigung unter der Bedingung stipulirt werden, daß das Verfügungsrecht des Absenders eine Beschränkung erfährt oder die Lieferzeit verlängert wird.

Die

dispositiven Vorschriften des H.-G.-B. und der Verk.-Ord. sind vielmehr unab­ änderlich, sie sind das geringste Maß von Vortheilen,

an welchem überhaupt

nicht gerüttelt und unter welches nicht herabgegangen werden darf, auch nicht im Austausch mit anderen Vergünstigungen, deren Mehr- oder Minderwerth

sich nicht übersehen läßt.

Weder die Materialien des alten und neuen H.-G.-B.,

noch die Tendenz und Fassung des Art. 423 des alten und des § 471 des neuen

H.-G.-B. sprechen für eine andere Auffassung.

Die Annahme, daß unter „Ver­

einbarungen, welche mit den Vorschriften der Eisenbahn-Verkehrsordnung im Widerspruch stehen", auch für das Publikum günstigere gemeint seien, ist also

unbegründet und steht auch mit der einleitenden Vorschrift des früheren Betriebs-

XL

Einleitung. III.

Eine weitere wesentliche Aenderung des bisherigen Rechtsznstandcs liegt in den Bestimmungen, welche über die Beförderungsbedingungen der Kleinbahnen getroffen sind. Die Kleinbahnen, d. h. diejenigen dem öffentlichen Verkehre dienenden Eisenbahnen rein örtlicher Be­ deutung, welche nicht zu den Kategorien der Haupt- und Neben­ eisenbahnen") gehören, waren bisher lediglich den Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs über das Fracht- und Eisenbahnsrachtgeschäft unterworfen gewesen, und ihre Beförderungsbedingungen mußten sich im Rahmen des Handelsgesetzbuchs bewegen. Die Verkehrsordnung erstreckt sich auf die Kleinbahnen nicht. Daher gelten für dieselben auch nicht die Hinweise des Handelsgesetzbuchs auf die ergänzenden Vorschriften der Verkehrsordnung; vielmehr treten nach § 473 I. e., wo auf diese in den §§ 453, 459, 460, 4(5'2—466 verwiesen ist, an ihre Stelle die Beförderungsbedingungen der betreffenden Kleinbahn. Dadurch ist in den beregten Beziehungen den Kleinbahnverwaltnngen bezw. ihren Aufsichtsbehörden die Befugniß zum Erlaß privntrechtreglemeuts nicht int Einklang, welche unter den „mit dem Reglement nicht im Widerspruch stehenden Bestimmungen" ausdrücklich auch solche begriff, welche dem Publikum günstigere Bedingungen gewähren. Diese ausdrückliche Hervor­ hebung ist späterhin als selbstverständlich fortgefallen. Dem Publikum günstigere

Bestiminungen fügen den Vorschriften der Verkehrsordnnng mir ein M ehr, aber nichts Widersprechendes hinzu. Dies wird nicht in Abrede gestellt werden können. Es liegt nach der Tendenz und den Normen des H.-G.-B. z. B. kein

Grund zu der Annahme vor, daß eine Eisenbahn in ihren Tarifen rc. für ihre Strecke oder ein Eisenbahnverband für seinen Bereich die Haftpflicht nicht

über das in den §§ 456 ff. H.-G.-B., §§75 ff. Verk.-Ord. bezeichnete Maß solle erhöhen, z. B. auch für Fälle der höheren Gewalt gewähren oder auf die Haft­ pflicht-Beschränkungen des § 459 H.-G.-B., § 77 Verk.-Ord. oder auf Ersatz der Kosten für nachträgliche Verfügungen (§ 64 Abs. 8 Verk.-Ord.) verzichten oder im Falle der zollamtlichen Behandlung nicht größere, als die im § 59 Abs. 3

auferlegten Verpflichtungen übernehmen dürfen rc. Eine derartige Annahme würde den bisher geltenden Prinzipien des Eisen­

bahntransportrechts

durchaus widersprechen,

sie würde gegen den allgemeinen

Rechtsgrundsatz verstoßen: beneficia non obtruduntur, und sie würde ohne aus­

reichenden Grund den Eisenbahnverkehr in starre Fvnnen zwingen, bezw. die Eisenbahnen verhindern, dem Publikum auch über die Grenzen der Verk.Ord. hinaus Vortheile, Vergünstigungen und Erleichterungen zu gewähren, die

sie bereit und in der Lage sind, gewähren zu können. 42) Zm Sinne der Betriebsordnung für die Haupteisenbahnen und

Bahnordnung für die Nebeneiseubahnen Deutschlands.

der

Einleitung.

XLI

licher Normen mit Gesetzeskraft in derselben Weise beigelegt worden, wie dein Bundesmth in Betreff des Erlasses der Verkehrsvrdnnng"). Ferner ist, während die Transportpflicht der Haupt- und Neben­ bahnen ans die Uebernahme der Güter zur Beförderung nach allen Stationen innerhalb des Deutschen Reiches ausgedehnt ist"), die Verpflichtung der Kleinbahnen ihrer Natur und ihrem Verkehrszweck nach auf die Uebernahme von Gütertransporten innerhalb der eigenen Bahnstrecke beschränkt geblieben").

IV. Endlich haben eine Reihe materiellrechtlicher Bestimmungen des bisherigen Eisenbahntransportrechts grundsätzliche Aenderungen erfahren, nm die thnnlichste Uebereinstimmung mit den Vor­ schriften des internationalen Uebereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr herbeizuführen "ff. Dies ist nicht nur durch die Sondervorschriften des siebenten Abschnittes des III.Buches ge­ schehen, welche die Beförderung auf deu Eisenbahnen betreffen, sondern auch durch die allgemeinen Vorschriften des sechsten Abschnitts vom Frachtgeschäft, welche subsidiär für die Eisenbahnbeförderung zur Anwendung kommen. a. Zu diesen allgemeinen Vorschriften gehört vornehmlich, daß zur Begründung des Anspruches auf den Ersatz des vollen Schadens gegen den Frachtführer nicht mehr wie bisher bösliche Handlungs­ weise erforderlich ist, sondern Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit genügt"). Ferner ist der Rückgriff des wegen Schadensersatzes 43) (Anrn. 39.) Auch diese Regelung ist mit Recht beanstandet worden, weil sie die Kompetenz zu Eingriffen in das Privatrecht Faktoren gewahrt, welche hierzu in keiner Hinsicht qualifizirt sind. Zutreffend weist Papp en heim (S. 22) darauf hin, daß, wenn den Beförderungsbedingungen der Kleinbahnen dieselbe rechtliche Bedeutung beigelegt wird, wie der Verk.-Ord., damit das Fortbestehen eines einheitlichen deutschen Privatrechts hinsichtlich des Eisenbahn-Transport­ geschäfts von der zufälligen Uebereinstimmung partikulärer Beliebungen abhängig gemacht ist (s. auch Gierke a. a. O. S. 539, 540 und Wanninger S. 81).

“) R. H.-G.-B. § 453, Berk.-Ord. §49 (s. unten Anm. 188 S. 213). ") Wie nach dem alten H -G.-B. Art. 422 für alle dem Publikum zur Benutzung für den Gütertransport eröffnete Eisenbahnen.

46) Denkschrift S. 515, 516.

47) Internat. Uebereink. Art. 41, R. H.-G.-B. § 430 Abs. 3, § 438 Abs. 5 (§ 457 Abs. 3, § 461 Abs. 2, § 464 Abs. 2, § 465 Abs. 2, § 466 Abs. 4). Denk­ schrift S. 522, Gierke a. a. O. S. 538, Gorden S. 181.

XLII

Einleitung.

in Anspruch genommenen Frachtführers gegen die am Transport mitbetheiligten Frachtführer geregelt"). Es sind mehrere Uugenauigkeiten der Bestimmnngen über das Verhältniß des Frachtführers zum Empfänger bei Erfüllung des Frachtvertrages dadurch be­ seitigt, daß die Aushäudigungspfticht des ersteren nicht mehr von seiner Ankunft, sondern von der des Gutes abhängig gemacht ist und die Verpflichtungen des Empfängers sich nicht mehr nach dem Frachtbriefe, sondern nach dem Frachtverträge bestimmen"). Für den Fall von Abliefcrnngshindcrnissen ist die Verpflichtung des Frachtführers zur unverzüglichen Benachrichtignng und Einholung der Disposition des Absenders fcstgestcllt. Nur wenn dies nicht thnulich oder sich die Anweisung verzögert, ist dem Frachtführer das Recht zur Hinterlegung und event. Veräußerung unter unverzüglicher Mittheilung an den Absender gegeben^). Der Beginn der Verjährung für Ansprüche gegen die Eisenbahn wegen verspäteter Ablieferung ist abgcändert. An die Stelle des Ablieferungstages ist der Tag des Ablaufs der Lieferfrist gesetzt, und zugleich ist die Aufrechnung bereits verjährter Ansprüche nur im Falle der Anzeige oder Absendung der Anzeige vor vollendeter Verjährung für statthaft erklärt''). Endlich ist der Grundsatz des Erlöschens der Ansprüche gegen den Frachtführer durch Annahme des Guts und Zahlung der Fracht rc. ergänzt. Der Empfänger kann trotz Annahme und Zahlung seine Ansprüche durch vorgängige Feststellung des Zustandes des Gutes mittelst amt­ lich bestellter Sachverständiger sich erhalten; bei äußerlich erkennbaren Mängeln auch noch nachträglich, wenn die Feststellung unverzüglich nach der Entdeckung und spätestens eine Woche nach der Annahme beantragt wird. Doch schließt Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit des Frachtführers diese Vergünstigungen aus'-). ") Internat. Uebereink. Art. 47ff.: N. H.-G.-B. § 432 Abs. 3, Denkschr. S. 523. 49) Internat. Uebereink. Art. 16: N. H.-G.-B. § 435, Denkschr. S. 524 bis 526, Mittelstein S. 73, Wanninger S. 21ff. 50) Internat. Uebereink. Art. 24: N. H.-G.-B. § 437, Denkschr. S. 526, Pappen heim S. 78, Staub z. § 437.

51) Internat. Uebereink. Art. 45 Abs. 2: N. H.-G.-B. §§ 414, 439, Denkschr. z. § 388 des Entw. S. 501 ff. u. z. § 413 S. 528, Mittelstein S. 76, Gorden S. 181, 182. 52) Internat. Uebereink. Art. 44: N. H.-G.-B. § 438, Denkschr. S. 526 bis 528, Mittelstein S. 75, Pappenheim S. 47, 78, Staub z. § 438.

Einleitung.

XLTIT

b. Zu den Sondervorschriften gehört in erster Reihe die Aende­ rung der Haftung der Eisenbahnen. Bereits an früherer Stelle ist hervorgehobcn, daß, während der gewöhnliche Frachtführer seine gesetzliche Haftpflicht beliebig durch Verträge beschränken konnte, dies den Eisenbahnen verboten war. Es war ihnen nur in gesetzlich bestiinmten Grenzen die Beschränkung der allgemeinen Frachtführer­ haftpflicht gestattet"). Diese Befugniß ist von den Eisenbahnen von jeher in der Weise ausgeübt worden, daß die betreffenden Haftpflicht­ beschränkungen in die Bcfördernngs- und Vertragsbedingungen der Eisenbahnen anfgenommen und hierdurch zum Bestandtheil eines jeden einzelnen Frachtvertrages gemacht wurden"). Anch die Vor­ schriften der bisherigen Verkehrsordnnng vom 15. November 1892 erlangten nur als integrirender Theil des einzelnen Frachtvertrages verbindliche Kraft. Mit der wirklichen Sachlage stand diese Regelung aber nicht mehr im Einklang, da thatsächlich die Befugniß der Eisen­ bahnen, den Umfang ihrer Haftpflicht innerhalb der im Handelsgesetz­ buche gezogenen Grenzen durch Vertrag festzusetzen, weggefallen war, seitdem die den Vertragsinhalt bildenden Bestimmungen im Ver­ ordnungswege in bindender Weise vorgeschrieben waren. Unter diesen Umständen erschien es einfacher, die Haftung der Eisenbahnen derart zu regeln, daß die betreffenden Vorschriften unmittelbar, d. h. ohne den Umweg einer Aufnahme in den Frachtvertrag, zur Anwendung kommen. Zn Uebereinstimmung mit den bezüglichen Vorschriften des internationalen Uebereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr ”), welche in Bezug auf den Umfang der Haftpflicht der Eisenbahnen für Verlust, Beschädigung oder verspätete Ablieferung der Frachtgüter den Festsetzungen des Frachtvertrages keinerlei Raum gewähren, sind daher die bisher nur int Verordnuugswege den Eisenbahnen gleichmäßig vorgeschriebenen Haftpflichtbedingungen unmittelbar in das Gesetz selbst ausgenommen, also zu gesetzlichen Beschränkungen erhoben worden. Neben dem prinzipiellen Verbote der Aufstellung von Be­ dingungen, welche mit der Eisenbahn-Verkehrsordnung im Wider­ spruch stehen"), sind nunmehr die Fälle der Haftpflichtbeschränkung der Eisenbahnen im neuen Handelsgesetzbuche einheitlich und ge­ setzlich fixirt, derartig, daß die Eisenbahnen in diesen Fällen kraft i3) iJ) “) i6)

A. H. G.-B. Art. 4'23-430. Förtfch S. 181, s. oben S. XXIIff. f. oben S. XXXV. Art. 31 u. 32. N. H.-G.-B. § 471 Abs. 2 f. oben S. XXXVII.

XLIV

Einleitung.

des Gesetzes und ohne daß cs einer weiteren tarifarischen oder rcglemcntarischen Vereinbarung bedarf, nicht haftpflichtig sind"'). Eine weitere erhebliche Aenderung betrifft die Ausdehnung des Umfangs der gesetzlichen Transportpflicht der Eisenbahnen. Zwar sind die Voraussetzungen, unter welchen den dem öffentlichen Güterverkehr dienenden Eisenbahnen eine auch privatrechtlich wirk­ same Verpflichtung zur Uebernahme der ihnen angetragenen Güter­ beförderungen obliegt, im Wesentlichen dieselben geblieben"). Mit Rücksicht aber ans die für den durchgehenden Verkehr bestehenden Einrichtungen ist die bezügliche Verpflichtung den Eisenbahnen nicht, wie im alten Handelsgesetzbuche, nur in Ansehung der Ein­ gehung von Frachtgeschäften für ihre eigene Bahnstrecke auferlegt, sondern auf die unmittelbare Beförderung nach allen für den Güterverkehr bestimmten Stationen innerhalb des Deutschen Reichs ausgedehnt worden"). Es ist damit eine durch die Verkehrsordnung vom 26. Oktober l 892 bereits im Verordnungs­ wege getroffene Bestimmung zu einer gesetzlichen erhoben werden. Sodann erfuhr der bestehende Rcchtszustand dadurch eine wesent­ liche Aenderung, daß, wahrend bisher der Grad der Haftpflicht des gewöhnlichen Frachtführers und der Eisenbahn für Verlust, Be­ schädigung und Verspätung grundsätzlich der gleiche war (ex recepto), das neue Handelsgesetzbuch die Haftpflicht des ersteren für alle Fälle auf die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers herabgemindert, dagegen für die Eisenbahnen das bisherige strenge Haftpflicht­ prinzip bei Verlust und Beschädigung beibehaltcn und mit gewissen Modifikationen auch auf die Versäumung der Lieferzeit ausgedehnt hat"). 57) N. H.-G.-B. §§ 459, 460, Deutschr. S. 535, 536, Nanninger S. 38. Eine Ausnahme bilden nur die Fälle der §§ 461 n. 468.

Vgl. noch Pappen­

heim S. 18 ff. 58) N. H.-G.-B. § 453. Sie entsprechen dem bisherigen Art. 422 A. H.-G.-B. in Verbindung mit den §§ 6, 49 u. 50 der Verk.-Ord. und den Art. 2—5 des

Internat. Uebereinkommens (Denkschr. S. 538).

59) N. H.-G.-B. § 453 Abs. I, Gierke S. 535, Mittelstein S. 174, 175.

Bezüglich des Umfanges der Transportpflicht im internationalen Eisenbahnver­

kehre s. Art. 1, 5 ii. 6 des Internat. Uebereinkommens. 60) N. H.-G.-B. §§ 456, 466.

Zur Begründung wird darauf hingewiesen,

daß die Milderung der Haftpflicht des gewöhnlichen Frachtführers für die Be-

dürfuisse des Verkehrs genüge und auch bereits im Biunenschifffahrtsgeseh ein­ geführt worden sei.

Dagegen erscheine bei den Eisenbahnen mit Rücksicht auf

ihr thatsächliches Beförderungsmonopol und ihre größere Leistungsfähigkeit die

Einleitung.

XLV

Nicht minder einschneidend ist die den Umfang des Schadens­ ersatzes

betreffende

desselben

war

Werth

Das Werth

Für

gemeine

internationale

frachtverkehr (Art. 34) meinen

der

die

regelmäßige Bemessung

Handelswerth

bczw.

gemeine

am Ort und zur Zeit der Ablieferung maß­

des Gutes

gebend.

Aenderung.

bisher

am

hatte

Ort

und

Uebereinkommen

für

den Eisenbahn­

den gemeinen Handelswerth

zur

Zeit

des

Versands

bczw. ge­ adoptirt.

Dieser Grundsatz ist im neneu Handelsgesetzbuche (§ 457) auch für die

angenommen,

Eisenbahnen

dagegen

für

den

gewöhnlichen

Frachtführer — der Haftung des Binnenschiffers entsprechend — der bisherige

Modus

beibehalten worden (§ 430).

Freilich ist dadurch

nunmehr die höchst mißliche Verschiedenheit entstanden,

ternen Frachtverkehre

am

Ort

geschüft

und

zur

der Werth

für

Zeit

am

daß im in­

das gewöhnliche Frachtgeschäft der Werth der Ablieferung,

Ort

und

znr

für das Eisenbahnfracht-

Zeit

des

Versands

maß­

gebend ist").

Die

bisherige

allgemeine Beschränkung des Werthersatz cs

auf einen Werth, der einen im Voraus bestimmten Normalsatz nicht übersteigen soll*'-), ist fortgefalleu und nur nach Analogie des inter­

nationalen Uebereinkommcns

die

Einführung von Höchstbeträgen

in Ausnahmctarifen unter der Voraussetzung gestattet,

selben

eine

Preisermäßigung

den gewöhnlichen Tarifen

für

enthalten

und der gleiche Normalsatz auf

die ganze Transportstrecke Anwendung findet °'). des

Verlustes

daß die­

den ganzen Transport gegenüber

Auch für den Fall

oder der Beschädigung von Geldern,

Werthpapiercn,

Kostbarkeiten und Kunstgegenständen ist es aus Gründen der Billig­ keit

und Zweckmäßigkeit gestattet,

durch Vorsatz

die Ersatzleistung für einen nicht

oder grobe Fahrlässigkeit der Eisenbahn entstandenen

Beibehaltung der bisherigen weltergehenden Haftung für Verlust und Beschädi­ gung sowie die Aufnahme des strengeren Haftungsgrundsahes des Art. 39 des Internat. Uebereinkommens für Verspätung gerechtfertigt. In den Einzelheiten der Fassung sind hierbei die Art. 30 11. 391. c. maßgebend gewesen (Denkschr. S. 519, 539ff., 543ff.). Gorden S. 179, Staub § 429 Ziff. 3, Wanninger S. 54. — Gegen die Abweichungen vom allgem. Frachtrecht erklärt sich Pappen he im S. 70—75. 6l) s. unten S. 519ff., Gorden, Eisenb.-Entsch. XVI, Anlage-Heft III S. 17, Mittelsten! S. 71, 176, Denkschr. S. 541, 542. G2) A. H.-G.-B. Art. 427. 63) Internat. Uebereink. Art. 35, N. H.-G.-B. § 4G1, s. unten Anm. 443 S. 525 ff. ii. Denkschr. S. 541, 542.

XLV1

Einleitunq.

Schaden

nach

näherer Bestimmnng der Verkehrsordnung

auf einen

bestimmten Höchstbetrag zu beschränken"). Das Gleiche gilt für das zur Beförderung aufgegebene Ebenso sind

Reisegepäck").

Normen

die

die Erhöhung des Werth­

über

ersatzes entsprechend dem internationalen Uebereinkommen

geändert

worden. An Stelle der bisherigen Werth- und InteressedeklarationC6)

ist eine neue Angabe des Interesses an der Lieferung getreten, nicht nur den Ersatz des wirk­ lichen Schadens, d. h. des gemeinen Handelswerths bezw. gemeinen

welche den Deklarirenden berechtigt,

Werths zu verlangen, sondern darüber hinaus auch den nachweislich weiteren Schaden (entgangenen Gewinn) bis zur Höhe des deklarirten

Betrages, und das Interesse an der rechtzeitigen Lieferung umfaßt"). Sodann ist auch die Frist, binnen welcher die Eisenbahn wegen

einer Minderung

oder Beschädigung

des Gutes die bei der An­

nahme desselben äußerlich nicht erkennbar war, in Anspruch genommen werden kann, im Einklang mit dem internationalen Uebereinkommen von vier Wochen auf eine Woche herabgesetzt"). In Uebereinstimmung

einkommen

ist

Haftpflichtansprnch vertrages

ferner mit

eine Bestimmnng

neu

dem

internationalen Ueber­

hinzugefügt,

wonach jeder

gegen die Eisenbahn auf Grund des Fracht­

verwirkt ist,

wenn von der Beförderung ausgeschlossene

oder nur bediuguugsweise zugelassene Gegenstüude unter unrichtiger

Bezeichnung zur Beförderung zngelassen oder die vorgesehenen Sicherheitsmaßregeln

durch

ist

der

vom Absender unterlassen

bezüglichen,

15. November 1892

bereits

in

der

werden.

Da­

Vcrkehrsordnnng

vom

enthaltenen Vorschrift nunmehr die

gesetzliche

Grundlage gegeben").

Des Weiteren haben im Anschluß an das internationale Ueber­ einkommen die Vorschriften

über die kurze Verjährung

wesentliche Aenderungen erfahren.

mehrere

Einerseits ist die einjährige Ver-

") N. H.-G.-B. § 462, Verk.-Ord. § 81 Abj. 2, s. unten A»m. 444 S. 528ff. und Denkschr. S. 541, 542. CL) N. H.-G.-B. § 465 Abs. 2, Verk.-Ord. § 34 Abs. 4. Gü) A. H.-G.-B. Art. 427. C7) Internat. Uebereink. Art. 38, N. H.-G.-B. § 463, s. Amn. 439 S. 519 und Denkschr. S. 542. 68) Internat. Uebereinkommen Art. 44 Abs. 2 Ziff. 4a: N. H.-G.-B. § 464, Denkschr. S. 542, Wan ninger S. 60, Gareis S. 676, Papp Anheim S. 47. ti9) Internat. Uebereinkommen Art. 43: N. H.-G.-B. § 467, Verk.-Ord. § 89, s. Anm. 471 S. 561, Denkschr. z. § 440 d. Entw. S. 544.

Einleitung.

XLVII

jährungsfrist nicht nur auf Ansprüche gegen die Eisenbahn wegen Rückerstattung zu viel, sondern auch ans Ansprüche der Eisenbahn wegen Nachzahlung zu wenig erhobener Fracht oder Gebühren aus­ gedehnt, andererseits ist der Reklamation die Wirkung einer Hem­ mung der Verjährnngsfrist beigelegt worden'"). Endlich ist nach Analogie des internationalen Eisenbahnfracht­ rechts die Berechtigung des Absenders, sich von der Eisenbahn den Empfang des Gutes auf einem Duplikate des Frachtbriefs be­ scheinigen zu lassen und den Empfänger durch Uebersendung dieses Duplikats schon vor der Ankunft des Guts am Bestimmungsorte eine Sicherheit gegen nachträgliche Verfügungen über das Gut zu verschaffen, im neuen Handelsgesetzbuche anerkannt. Es ist bestimmt, daß dem Absender im Falle der Ausstellung eines Duplikats ein Verfügungsrecht nur zusteht, wenn er das Duplikat vorlegt, und die Eisenbahn für Befolgung von Verfügungen ohne Vorlegung desselben haftbar ist70 71).72 * *

V. Die Emanation des neuen Deutschen Handelsgesetzbuchs und die erheblichen Aenderungen, welche durch dasselbe sowohl die Normen des Frachtgeschäfts im Allgemeinen (§§ 425—452), wie auch des Eisenbahntransportrechts im Besondern (§§ 453—473) erfuhren, machten die Einführung einer neuen Verkehrsordnung für die Eisen­ bahnen Deutschlands nothwendig, welche unter der Bezeichnung Eisenbahn-Verkehrsordnung vom 26. Oktober 1899 vom Bnndesrathe beschlossen und durch Bekanntmachung des Reichs­ kanzlers im Reichs-Gesetzblatt von 1899 Nr. 41 S. 557—659 publizirt worden ist77). Die neue Eisenbahn-Verkehrsordnung, welche an die 70) Vergl. auch oben Amn. 51 S. XLII und Internat. Uebereink. Art. 12 Abs. 4: N. H.-G.-B. § 470, Verk.-Ord. § 61 Abs. 5ff., § 91, s. Sinnt. 297ff. S. 343ff. u. Sinnt. 482ff. S. 573ff., Denkschr. z. § 443 d. Entw. S. 545, Gorden S. 181, Pappenheim S. 83, Wanninger S. 74ff. 71) Internat. Uebereink. Art. 8 Abs. 5 u. Art. 15 Abs. 2: N. H.-G.-B. § 455, Verk.-Ord. § 54 Abs. 5, § 64 Abs. 2, s. Sinnt. 239 S. 279 ff. u. Sinnt. 329 S. 377, Denkschr. z. § 429 d. Entw. S. 539, Gierke S. 536, Mittelstein S. 175, Staub z. § 455. Ein wesentlicher Unterschied ist jedoch, daß nach dem Internat. Uebereinkommen das Duplikat obligatorisch, nach dem N. H.-G. B. und der Verk.-Ord. fakultativ ist. 72) Damit stimmt die von Bayern für sein Gebiet am 16. Dez. 1899 er­ lassene nnd seit 1. Jan. 1900 ein geführte Verk.-Ord. — bis ans die Aendernng der Behörden — überein. (Bayr. V.- n. Anz.-Bl. 1899 Nr. 81.)

XLVIII

Einleitung.

Stelle der bisherigen Verkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutsch­ lands vom 15. November 1892 gesetzt und zugleich mit dem neuen Handelsgesetzbuche vom 10. Mai 1897 am 1. Januar 1900 tu Kraft getreten ist, hat einerseits die durch dasselbe bewirkten vor­ erörterten Aenderungen des alten Handelsgesetzbuchs aufgenommen, andererseits aber auch die Modifikationen, welche das internationale Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtvcrkehr durch das zu Paris vereinbarte Zusatz-Uebereinkommen vom 16. Juni 1898 er­ fahren hat, soweit sie nicht bereits in das neue deutsche Handelsgesetzbtlch übergegangen sind und dies im Rahmen desselben thunlich erschien, in Berücksichtigung gezogen"). Auch wurde dieser Anlaß benutzt, ui« zugleich einige sonstige Aenderungen und Ergänzungen, welche zweckmäßig erschienen, vorzunehmen und cinzufügen. Abgesehen von der prinzipiellen Aenderung des Rechts­ charakters der neuen Eisenbahn-Vcrkehrsordnnng vom 26. Okt. 1899, welche zu einer Rechtsverordnung erhoben worden ist (S. XXXVff.), und abgesehen von der durch die Umgestaltung der Abschnitte 6 und 7 des Buches III des neuen Handelsgesetzbuches über das Frachtgeschäft und die Eisenbahn-Personen- und Güterbeförderung gebotene Aen­ derung einer Reihe materiellrcchtlicher Normen, welche im Einzelnen Gegenstand der folgenden Erläuterungen sind, lehnt sich die neue Eisenbahn-Vcrkehrsordnung in Form, Fassung und Eiutheilung vollständig an die bisherige Verkehrsordnung an. Die Aenderungen der Verkehrsordnung zogen nothwendig auch ent­ sprechende Aenderungen und Ergänzungen der von der General­ konferenz der deutschen Eisenbahn-Verwaltungen ausgehenden Allgemeinen Zusatzbestimmungen sowie der Allgemeinen Abfertigungsvorschriften nach sich, an welche sich folgeweise bezügliche Aenderungen der Besonderen Zusatzbestimmungen der einzelnen Staats- und Privatverwaltungen anschlossen. 73) Vgl. Erl. des Preuß. Minist, d. öffentl. Arb. v. 26. November 1899. E.-V.-Bl. 1899 Nr. 44 S. 333, 334. — Gorden, Eisenb. Entsch. XVI. AnlageHeft III S. 3ff., Coermann, Eisenb. Entsch. XVI. S. 175ff. Das Oesterr.-Ungar. Betr.-Regl. v. 10. Dez. 1892 ist durch 4 Nach­ träge: I. 1. Septbr. 1893 und II. 1. März 1895 (betr. Anl. B), III. 15. April 1898 (betr. §§ 16, 42, 44, 47, 51, 53, 56, 63, 84 und Anl. B, C, I), R.-G.-Bl 1898 Nr. 48), IV. 3. Juli 1900 (betr. Eingangs-Best. u. §§ 1, 6, 7, 10, 14, 16, 21, 24, 25-32, 34 u. 36 u. Anl. B, R.-G.-Bl. 1900 Nr. 104) mit der deutschen Verk.-Ord. thunlichst in Uebereinstimmung erhalten worden.

Bekanntmachung des Reichskanzlers, betreffend die Eisenbahn-Verkehrsordnung.') Vom 26. Oktober 1899. (Reichs-Gesetzblatt 1899. Nr. 41. S. 557—659.)

Gemäß dem vom Bundesrath in der Sitzung vom 26. Oktober 1899 auf Grund des Artikels 45 der Reichsverfassung gefaßten Be­ schlusse tritt mit dem 1. Januar 1900 an die Stelle der VerkehrsOrdnung für die Eisenbahnen Deutschlands vom 15. November 1892 die nachstehende

Lisenliahn-WerKehrsordnung. (Die allgemeinen Zusahbestiminungen sind in lateinischer Schrift gedruckt.)

I. EingangsbeKimmungen.") (i) Die Eisenbahn-Verkehrsordnung findet Anwendung auf die dem öffentlichen Verkehre dienenden Eisenbahnen Deutschlands mit Ausnahme der Bahnunternehmungen, welche weder zu den Haupt­ eisenbahnen im Sinne der Betriebsordnung noch zu den Nebeneisen­ bahnen im Sinne der Bahnordnung gehören (Kleinbahnen). Auf den internationalen Verkehr findet- die Verkehrsordnung nur insoweit Anwendung, als derselbe nicht durch besondere Bestimmungen ge­ regelt ist?) Die Bestimmungen dieser Verkehrsordnung finden auch in folgenden Fällen Anwendung: a) wenn eine Sendung das Gebiet eines fremden, an dem Inter­ nationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr vom 14. Oktober 1890 betheiligten Staates transitirt, sofern Eger, Eisenbahn-VerkehrSordnung.

2. Aufl.

j

2

Abschnitt I.

Eingangsbestimmungen.

deren Abgangs- und Endstation im Gebiete des Deutschen Reichs liegen und einer deutschen Eisenbahnverwaltung der Betrieb der fremden Linie angehört; b) wenn eine Sendung von irgend einer Station der Eisenbahnen Deutschlands nach dem Grenzbahnhof eines an dem Inter­ nationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr vorn 14. Oktober 1890 betheiligten Nachbarstaats, in welchem die Zollbehandlung erfolgt, oder nach einer Station statt­ findet, welche zwischen diesem Bahnhof und der Grenze liegt, es sei denn, dass der Absender für eine solche Sen­ dung die Anwendung des Internationalen Uebereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr durch Aufgabe mit einem internationalen Frachtbriefe verlangt. Das Gleiche gilt auch für Transporte in umgekehrter Richtung. (2) In Fällen eines dringenden Verkehrsbedürfnisses sowie zum Zwecke von Versuchen mit neuen Einrichtungen können Ergänzungen oder Aenderungen einzelner Vorschriften dieser Ordnung vom ReichsEisenbahn-Amt im Einverständnisse mit den betheiligten Landes­ aussichtsbehörden bis auf Weiteres verfügt werden/) Derartige vor­ läufige Verfügungen sind im Reichs -Gesehblatte zu veröffentlichen?) Die endgültige Regelung durch den Bundesrath ist thunlichst bald herbeizuführen?) (3) Bestimmungen der Eisenbahnverwaltungen, welche die Verkehrs­ ordnung ergänzen, sind mit Genehmigung der Landesaufsichtsbehörde zulässig?) Abweichende Bestimmungen können für Nebenbahnen, wie auch dort, wo dies durch die Eigenart der Betriebsverhältnisse be­ dingt erscheint, von der Landesaufsichtsbehörde mit Zustimmung des Reichs-Eisenbahn-Amts bewilligt werden?) Bestimmungen der in diesem Absatz erwähnten Art bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Auf­ nahme in die Tarife?) Die Genehmigung muß aus der Veröffent­

lichung zu ersehen fein.10) 1) Die Bekanntmachung des Reichskanzlers, betreffend die Eisenbahn-

Verkehrsordnung vom 26. Oktober 1899 (R.-G.-Bl. 1899 Nr. 41 S. 557—659) enthält die Bestimmung, daß die Eisenb.-Verk.-Ord. gemäß dem vom Bundes­ rath in der Sitzung vom 26. Oktober 1899 auf Grund des Artikels 45 der Reichs­ verfassung gefaßten Beschlusse mit dem 1. Januar 1900 an die Stelle der Ver­ kehrs-Ordnung für die Eisenbahnen Deutschlands vom 15. November 1892 tritt. I. Die Bekanntmachung spricht damit zunächst aus, daß die Einführung

der Eisenbahn-Verkehrsordnung vom 26. Oktober 1899 an Stelle der Verkehrs-

Abschnitt I.

Eingangsbestimmungen.

3

Ordnung für die Eisenbahnen Deutschlands vom 15. November 1892 auf einem Beschlusse des Bundesrathes beruht, welcher auf Grund des Art. 45 der Reichsverfassung gefaßt worden ist, enthält also den Hinweis auf die dem Bundesrathe zustehende verfassungsmäßige Legitimation zur Be­ schlußfassung und Einführung der neuen Verk.-Ord. (Vgl. hierüber: Einleitung.) II. Die Bekanntmachung setzt die neue Eisxnb.-Verk.-Ord. an die Stelle der bisherigen Verkehrs-Ordnung für die Eisenbahnen Deutschlands vom 15. No­ vember 1892 und ordnet daher zugleich die Aufhebung der letzteren mit dem Inkrafttreten der neuen Eisenbahn'Verkehrsordnung an. Diese soll rechtlich die Stelle ausfüllen, welche bisher die Verkehrsordnung vom 15. November 1892 ein­ nahm, — freilich mit dem wesentlichen Unterschiede, daß die Verkehrsordnung sich nicht mehr, wie bisher, als bloße Verwaltungsvorschrift der Normativbe­ stimmungen für den Abschluß und die Ausführung der Eisenbahnfrachtverträge, sondern als unmittelbare gesetzliche Norm für dieselben darstellt. (S. des Näheren in d. Einleitung u. unten Ziff. V. S. 4.) III. Die Bekanntmachung bestimmt als Zeitpunkt für das Inkraft­ treten der Eisenb.-Verk.-Ord. den 1. Januar 1900. Mit diesem Tage beginnt die rechtliche Wirksamkeit derselben und ist die bisherige Verkehrsordnung vom 15. November 1892 aufgehoben. Die neue Eisenbahn-Verkehrsordnung hat, Mangels einer Bestimmung hierüber, keinerückwirkendeKraft. Sie kommt nur zur Anwendung für diejenigen Eisenbahnfrachtverträge, welche vom 1. Jan. 1900 an abgeschlossen werden. Die vor dem 1. Januar 1900 auf Grund der bisherigen Verkehrs-Ordnung abgeschlossenen sind nach den Normen des letzteren zu beurtheilen, auch wenn die Ausführung nach dem 1. Januar 1900 stattfindet.

IV. Wenngleich die Eisenb.-Verk.-Ord. — wie in der Einleitung erörtert — auf dem N. H.-G.-B. (Buch III Abschn. 6 §§ 425—452 „Frachtgeschäft" u. Abschn. 7 §§ 453—473 „Beförderung von Gütern und Personen auf den Eisenbahnen") beruht, so ist doch die Eintheilung der Bestimmungen der­ selben nicht nach Maßgabe und Reihenfolge der bezüglichen Bestimmungen des N. H.-G.-B.'s erfolgt, vielmehr ohne besonderes System lediglich dem prak­ tischen Bedürfnisse gemäß gebildet und daher im Wesentlichen nach einem äußer­ lichen Momente, nach den Kategorien der Beförderungsgegenstände geordnet. Die Verk.-Ordn. zerfällt demgemäß in 8 Abschnitte, von denen Abschnitt I Ein­ gangs-Bestimmungen, II (§§ 1—9) Allgemeine Bestimmungen, III (§§ 10—29) Beförderung von Personen, IV (§§ 30—38) Beförderung von Reisegepäck, V (§§ 39—41) Beförderung von Expreßgut, VI (§§ 42—43) Beförderung von Leichen, VII (§§ 44—48) Beförderung von lebenden Thieren, VIII (§§ 49—91) Beförderung von Gütern, umfaßt. Da unter „Gütern" im weiteren Sinne alle Beförderungsgegenstände, also auch Reisegepäck, Expreßgut, Leichen, lebende Thiere rc. zu verstehen sind, so hat der Abschn. VIII betr. die Beförderung von Gütern auch für die in den Abschn. III—VII behandelten Beförderungs­ gegenstände subsidiäre Bedeutung, d.h. ist auch für diese sinngemäß insoweit in Anwendung zu bringen, als nicht darüber in den Abschn. III—VII (§§ 10—48) besondere Bestimmungen getroffen sind. (Thöl III S. 94.) Dies ist auch an verschiedenen Stellen der Verk.-Ord. (§§ 34, 41, 48) ausdrücklich ausgesprochen. Würde man die subsidiäre Anwendung des Abschn. VIII auf die Güter der

4

Abschnitt I.

Eingangsbestimmungen.

Abschn. III—VII nicht zulassen, sondern annehmen, daß die im Abschn. VIII ent­ haltenen Vorschriften für diese nur insoweit gelten, als es in den Abschn. III—VII selbst angeordnet sei, so würde wider die unverkennbare Absicht der Eisenb.Verk.-Ord. der Transport der in den gen. Abschnitten behandelten Güter in vielen Beziehungen der rechtlichen Regelung überhaupt entbehren (z. B. über Berechnung und Zahlung der Fracht und Nachnahme (§§ 60—62), Zoll-, Steuer-,

Polizei- und statistische Vorschriften (§ 59), Auflieferung und Beförderung (§ 56), Transporthindernisse (§ 65), Ablieferung und Abliefernngshindernisse, Ab­ nahme (§§ 66—70) ii. s. w.).

V. Der Ei sen bahn-Verkehrsordnung, welche bisher nur den Charakter einer Verwaltungsvorschrift für die Eisenbahnen besaß, deren Normativbedingungen lediglich durch Aufnahme in die Frachtverträge privatrechtlich maßgebend wurden, ist durch das N.H.-G.-B. (§§ 454, 472 in Verbindung mit § 453 Abs. 1 Ziff. 3 u. Abs. 2, § 459 Ziff. 6, § 460 Abs. 1, §§ 462, 463 Abs. 1, § 465 Abs. 2, § 466

Abs. 2, § 471) sowohl für die Güter- wie für die Personen-Beförderung der Charakter einer Rechtsverordnung des Reiches beigelegt worden (Laband I

§§ 58, 65, Hänel §§ 43-48, Zorn §§ 6, 17, G. Meyer § 165). Denn nach Buch III Abschnitt 7 § 454 N.H.-G.-B. finden auf die Eisenbahnen zwar die allgemeinen Vorschriften des Abschnitts 6 über das Frachtgeschäft Anwendung, aber nur insoweit, als nicht Abschnitt 7 (Beförderung von Gütern und Personen auf den Eisenbahnen) oder die Eisenbahnverkehrsordnung ein Anderes

bestimmt. Doch können nach Abschnitt 7 § 471 die nach Abschn. 7 § 432 Abs. 1 u. 2 (Haftung mehrerer Frachtführer) § 438 (Erlöschen der Ansprüche gegen den Frachtführer durch Zahlung der Forderungen u. Annahme des Guts) § 439 (Verjährung) u. Abschn. 7 §§ 453, 455—470 (Haftpflicht der Eisenbahn u. Um­ fang des Schadensersatzes) begründeten Verpflichtungen der Eisenbahn weder durch die Eisenbahnverkehrsordnung, noch durch Verträge ausgeschlossen oder beschränkt werden.

Daraus folgt:

1. Die Vorschriften der Eisenbahn-Verkehrsordnung sind denen des Abschn. 7 Buch 3 N.H.-G.-B. rechtlich gleichgestellt, d. h. mit Gesetzeskraft ausgestattet und zu einer Rechtsverordnung des Reiches erhoben, dürfen jedoch die Verpflichtungen

der Eisenbahnen aus § 432 Abs. 1 u. 2, §§ 438, 439, 453, 455—470 weder aus­ schließen, noch beschränken, also in keiner Hinsicht erleichtern. Sie sind ferner gemäß § 472 N.H.-G.-B. mit gesetzlicher Kraft auch auf die Personenbeförderung

ausgedehnt.

Verletzungen der Verk.-Ord. begründen daher die Revision (Civ.-

Proz.-Ord. § 549).

Auch ist ein Irrthum über die Bestimmungen der Verk.-

Ord. als Rechtsirrthum unerheblich (Erl. d. pr. Min. d. öff. Arb. v. 26./11. 1899

E.-D.-Bl. Nr. 44). 2. Die Vorschriften der Eisenbahn-Verkehrsordnung dürfen die des Buchs 3

Abschn. 6 N.H.-G.-B über das Frachtgeschäft ändern, sie haben im Verhältniß zu denselben derogirende Kraft, aber nur insoweit,

als dadurch die Verpflicht­

ungen der Eisenbahnen aus § 432 Abs. 1 u. 2, §§ 438, 439 weder ausgeschlossen noch beschränkt werden können.

3. Die Vorschriften der Eisenbahn-Verkehrsordnung dürfen ebenso aber auch die des Buchs 3 Abschn. 7 N.H.-G.-B. über das Frachtgeschäft der Eisenbahnen ändern bezw. denselben derogiren, d. h. insoweit, als dadurch die Verpflichtungen

Abschnitt I. der Eisenbabnen aus §§ 453,

5

Eingangsbestimmungen.

455—470

weder ausgeschlossen noch

beschränkt

werden können. 4. Mit Rücksicht auf Art. 2 des Einführungsgesehes zum N.H.-G.-B. vom

10. Mai 1897 (R.-G.-Bl. S. 437) besitzen die Vorschriften der Eisenbahnverkehrs­ ordnung auch gegenüber den für den Eisenbahntransport in Betracht kommenden Bestimmungen des B.-G.-B. derogatorische Kraft. 5. Nur soweit hiernach die Eisenbahn-Derkehrsordnung nach den Abschn. 6 u. 7 Buch 3 N.H.-G.-B. zulässige Bestimmungen nicht enthält, finden die Be­ stimmungen dieser Abschnitte und des B.-G.-B. subsidiäre Anwendung und zwar so, daß die des Buchs 3 Abschn. 7 N.H.-G.-B. denen des Abschn. 6 vorgehen.

2) Die Eingangs-Bestimmungen, welche den Abschnitt I der Verk.-Abschn.I. Ord. bilden, regeln im Abs. I die Grenzen — das Anwendungsgebiet — Best.'

derselben und in den Abs. 2 u. 3 die Voraussetzungen, unter welchen er­ gänzende, ändernde oder abweichende Bestimmungen in Betreff derVerk.-

Ord. zulässig find. 3) Abs. 1

der Eingangs-Bestimmungen begrenzt das Anwendungs- Eing.-

gebiet der Verk.-Ordn, und unterscheidet hierbei zwischen internem (Satz 1) und internationalem (Satz 2) Verkehre. I. Der interne Verkehr ist derjenige, der sich ausschließlich, d. h. sowohl in Betreff der Aufgabe- wie der Bestimmungsstation und in seinem ganzen Ver­ laufe in den Grenzen Deutschlands bewegt. Doch findet nach den Allg. Zus.-Best, die Verk.-Ord. in Gemäßheit der Ziff. 1 des Schlußprotokolls zum Internat. Uebereink.) auch in folgenden Fällen Anwendung: a) wenn eine Sendung 0 das Gebiet eines fremden, an dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahn-Frachtverkehr vom 14. Okt. 1890*2)

betheiligten Staates transitirt, sofern deren Abgangs- und Endstation im Gebiet des Deutschen Reichs liegen und einer deutschen Eisenbahnver­ waltung der Betrieb der fremden Linie angehört 3); b) wenn eine Sendung *) von irgend einer Station der Eisenbahnen Deutsch­ lands nach dem Grenzbahnhofe eines an dem internationalen Ueberein­

kommen über den Eisenbahn-Frachtverkehr vom 14. Okt. 18902) betheiligten Nachbarstaates, in welchem die Zollbehandlung erfolgt, oder nach einer Station stattfindet, welche zwischen diesem Bahnhöfe und der Grenze liegt, es sei denn,

daß der Absender für eine solche Sendung die An­

wendung des internationalen Uebereinkommens über den EisenbahnFrachtverkehr durch Aufgabe mit einem internationalen Frachtbriefe ver-

verlangt.

Das Gleiche gilt auch für Transporte in umgekehrter Richtung.

]) wozu auch die auf Grund von Frachtbriefen abgefertigten Leichen gehören.

2) bezw. Zusatz-Uebereinkommen v. 16. Juni 1898. 3) Hierzu tritt nach dem Zusatz-Uebereink. v. 16. Juni 1898 als Satz 2: „Wenn die Transitstrecken nicht dem Betriebe einer Verwaltung dieses Staates angehören, so können die betheiligten Regierungen durch Sonderabkommen vereinbaren, daß solche Transporte

gleichwohl nicht als internationale zu betrachten sind."

6

Abschnitt I.

Eingangsbestimmungen.

II. Der internationale Verkehr ist derjenige, der mit durchgehendem Frachtbriefe aus dem Gebiete Deutschlands in das Gebiet eines anderen Staates oder umgekehrt übergeht oder Deutschland transitirt. Der internationale Verkehr zerfällt a) in

solchen, welcher dem internationalen

unterworfen d. h. aus dem Gebiete eines

Uebereink. v. 14. Okt. 18905)

der Vertragsstaaten (Belgien,

Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Oesterreich, Ungarn, Rußland, Schweiz) in das Gebiet eines anderen

derartig übergeht, daß die ganze Transportstrecke von der Anfangs- bis

zur Endstation in das Gebiet von Vertragsstaaten fäUt4),5 b) in solchen, welcher dem internationalen Uebereink. v. 14. Okt. 1890 nicht unterworfen ist d. h. von oder nach Nichtvertragsstaaten oder unter Transitirung von Nichtvertragsstaaten geht. Nach Abs. 1 der Eingangs-Bestimmungen findet die Verk.-Ord. auf den internen Verkehr (1) unbedingt Anwendung, und zwar ausnahmslos auf jeden internen Verkehr, gleichviel welcher Art dieser Verkehr ist, ob Lokalverkehr, Verbandverkehr, Verkehr von Bahn zu Bahn, Güter- und Personenverkehr

(§§ 453, 472 N.H.-G.-B.) rc. Dagegen findet die Verk.-Ord. auf den internatio­ nalen Verkehr (II) nur insoweit Anwendung, als derselbe nicht durch besondere Bestimmungen geregelt ist. Durch besondere Bestimmung ist aber nur der dem internationalen Übereinkommen unterliegende Verkehr (II a) geregelt. Auf diesen findet hiernach die Verk.-Ord. keine Anwendung. Der sonstige internationale Verkehr dagegen ist, soweit er sich in den Grenzen Deutschlands bewegt bezw. Deutschland transitirt, den Bestimmungen der Verk.-Ord. unterworfen. Werden also für denselben reglementarische Vorschriften (in Verbands-Reglements, Tarifen rc.) irgend welcher Art vereinbart, so müssen hierbei, insoweit Deutschland berührt wird, die Normen der Verk.-Ord. beobachtet werden. Vgl. hierzu Allg. Abf.-Vorschr. § 27 Abs. 1-5. Insoweit nach Vorstehendem die Verk.-Ord. auf den Eisenbahnverkehr An­

wendung findet, erstreckt sich dieselbe auf den Verkehr sämmtlicher Eisen­ bahnen Deutschlands. Doch sind darunter nur die der reichsrechtlichen Regelung (Art. 41—47) überhaupt unterliegenden Eisenbahnen zu verstehen, d. h.

die Haupt- und die Nebeneisenbahnen

(Bahnen untergeordneter

Bedeutung),

welche dem öffentlichen Verkehre dienen, d. h. eröffnet und übergeben sind,

nicht aber die Kleinbahnen, Privatanschlußbahnen, Bahnen innerhalb privater

Etablissements rc. oder zur Verbindung mehrerer derselben. Deutlicher als früher ist dies durch die Fassung des Satzes 1 ausgesprochen, daß „die Eisenb.-Verk.-Ord. auf die dem öffentlichen Verkehre dienenden Eisen­ bahnen Deutschlands Anwendung findet mit Ausnahme der Bahnunter­ nehmungen, welche weder zu den Haupteisenbahnen im Sinne der Betriebs­

ordnung, noch zu den Nebeneisenbahnen im Sinne der Bahnordnung gehören (Kleinbahnen)" oder mit anderen Worten und positiv ausgedrückt: dieEisenb.4) Außerdem gelten die Bestimmungen des Internat. Uebereink. auch für den Verkehr mit den Rumänischen Staatseisenbahnen (Allg. Abf.-Vorschr. § 27

Abs. 3).

5) bezw. Zusatz-Uebereinkommen v. 16. Juni 1898.

Abschnitt I.

7

Eingangsbestimmungen.

Derk.-Ord. findet nur Anwendung auf Haupt- und Nebeneisenbahnen im Sinne

der Betriebs- bezw. Nebenbahnordnung,

sie findet keine Anwendung auf Klein­

bahnen. Reichsgesehlich sind hiernach Kleinbahnen diejenigen Bahnen, welche nicht kraft Gesetzes der Eiseubahnverkehrsordnung unterliegen. (Erl. d. Preuß.

Min. d. öff. Arb. v. 26./11. 1899 Ziff. 3 E.-D.-Bl. Nr. 44. Art. 112 Eins.-Ges. z. B.-G.-B. § 871 Civ.-Proz.-Ord.)

Diese Bestimmung beruht darauf, daß

sämmtliche dem öffentlichen Verkehre dienenden Eisenbahnen

in zwei

große Kategorien zerfallen, nämlich in solche, welche dem allgemeinen

Verkehre d. h. dem einheitlichen Eisenbahnnetze im Sinne des Art. 4. Ziff. 8,

Art. 41, 42 der Reichsverfassung angehören — d. h. die Haupt- und Nebenbahnen im Sinne der Betriebs- u. Nebenbahnordnung — und in solche, welche zwar auch dem öffentlichen Verkehre dienen, aber nicht dem allgemeinen (gemein­

samen) Verkehre angehören, d. h. die Kleinbahnen.

Mit Rücksicht darauf nun,

daß die materiellen Merkmale dafür, ob eine Bahn dem allgemeinen Verkehre angehört oder nicht, dehnbare und schwankende, von den Verhältnissen des ein­ zelnen Falles abhängige unb der festen begrifflichen Abgrenzung entbehrende sind, kann für die Frage der Anwendung der E.-Verk.7).

Abschnitt III.

§11. Fahrpreise.

Ermäßigung für Kinder.

57

VI. In Betreff der Militärbeförderung bestimmen die Allg. Abf.Bo rschr. § 1. Abs. 12 u. 13:

12. Die Benutzung der Eisenbahnen zu Militärbeförderungen, sowie die Abrechnung der Eisenbahnverwaltnngen mit ben Militärbehörden über die für solche Benutzung zu gewährenden Vergütungen erfolgt nach Maßgabe der Militär-Eisenbahn-Ordnung, sowie der hierzu erlassenen besonderen Dienst-Vorschriften. (Kundmachung 27.)

13. Für die Beförderung der bewaffneten Macht und der Kriegsbedürfnisse (des Materials des Landheeres und der Marine) im Frieden wie im Kriege, sowie für die leihweise Hergabe von Betriebsmaterial im Kriege finden die Militär-Eisenb ah n-Ord nun g und die hierzu erlassenen besondereil DienstVorschriften (Kundmachung 27) Anwendung.

Vgl. § 15 Neichsges. v. 13. Febr. 1875 (R.-G.-Bl. S. 57) und § 29, Abs. 2 Reichsges. v. 13. Juni 1873 (R.-G.-Bl. S. ,136). .

Nach dem Erl. des Preuß. Min. d. öff. Arb. v. 2. März 1899, betreffend Einführung der neuen Militär-Eisenbahn-Ordnung (E.-V.-Bl. 1899 S. 52) setzt sich der Theil I derselben zusammen ans A. Militär-Transport-Ordnnng für Eisenbahnen vom 18. Januar 1899. (Allerh. Verordmnig v. 18./1. 1899 R.-G.-Bl. S. 15. E.-V.-Bl. S. 51.) Bekanntm. des Reichskanzlers, betr. Aenderung des § 26 derselben vom 16. Inti 1899 (R.-G.-Bl. S. 392) und der Anlage V vom 13. März 1899 (R.-G.-Bl. S. 156). U. Militärtarif für Eisenbahnen vom 18. Januar 1899 (Bekanntm. d. Reichskanzlers v. 18./1. 1899. R.-G.-Bl. S. 108. E.-V.-Bl. S. 52.) Bezüglich des Theil II der Militär-Eisenbahn-Ordnung s. R.-G.-Bl. 1900 S. 107.

VII. Hinsichtlich der Beförderung von Gefangenen u. Korrigenden: s. für Preußen Erl. d. Min. d. öff. Arb. v. 9. April 1886. E.-V.-Bl. S. 340. Fahrplan-Vorschriften f. d. Preus;. Staatsb. vom 1. Mai 1900.

39) s. 9111111. 38. Nicht der ganze Tarif ist auszuhängen oder ausznlegen §n 2 sondern nur ein Tarifanszug, dessen Inhalt sich ledigl'ch auf die Angabe der Abs. Satz 1. Fahrpreise nach solchen Stationen zu beschränken braucht, für welche auf der Aushangsstation direkte Fahrkarten verkauft werden. Ueber Form und Farbe des Auszugs ist nichts bestimmt und in Betreff des Ortes nur die Direktive gegeben, daß eine geeignete Stelle (zweckmäßig wohl in unmittelbarer Nähe des Billetschalters) zu wählen ist. Aus den Worten „oder auszulegen" ergiebt sich, daß sich diese Stelle auch in einem Bureau (Stationsbureau), Gepäckranm, Warteranm befinden darf. 40) Während nach dem alten Reglement (§ 10, Abs. 6) die freie Beförderung nur für Kinder vorgeschrieben war, welche noch getragen werden müssen und ihre Stelle auf ihrer Angehörigen Plätzen mitfinden, ist durch Abs. 2 Sah 1 des § 11 Verk.-Ord. die unentgeltliche Beförderung obligatorisch auf alle Kinder bis zum vollendeten vierten Lebensjahre ausgedehnt (über die Feststellung dieses Alters siehe letzten Satz), wenn für dieselben ein besonderer Platz nicht beansprucht wird. Ist letzteres der Fall, so fällt zwar

§ ii

die freie Beförderung fort, aber sie genießen ebenso wie Kinder vom vollendeten vierten bis zum vollendeten zehnten Lebensjahre eine Fahrpreisermäßigung (s. Satz 2, Anm. 41). §n 41) Auch diese Vorschrift ist obligatorisch (s. Anm. 40). Die Höhe der ErSatz 2. Mäßigung ist der Festsetzungen durch die Tarife überlassen (s. Anm. 38 S. 55 bis 57, und die dort alleg. Allg. Zus.-Best.).

Ab"2 42) Für das Alter der Kinder soll im Zweifel der Ausspruch des dienstlich Satz 3. anwesenden höchsten Beamten entscheidend sein, wodurch jedoch (arg. „einstweilen") eine weitere nachträgliche Beweisführung im Wege der Reklamation nicht ansgeschlossen ist. Die bewußt unrichtige Angabe des Alters von Kindern zur rechts­ widrigen Erlangung ermäßigter Fahrpreise involvirt den Thatbestand des Betrugs.

§. 12. Inhalt der Fahrkarten. Die Fahrkarte") muß die Strecke, für welche sie Geltung hat, die Gattung des Zuges, die Wagenklasse sowie den Fahrpreis, so­ fern derselbe nicht Valutaschwankungen unterliegt, enthalten.")

1. Eine Rückfahr- oder Rundreisekarte oder ein Fahrscheinheft, womit eine Fahrpreisermässigung verbunden ist, ist zur Weiterreise oder zur Rückfahrt nur für diejenige Person gültig, welche damit die Reise begonnen hat. 2. Die Fahrkarten werden bei der Ausgabe mit dem Datum des ersten Geltungstages versehen. Die Fahrkarten zu einem fahrplanmässig 12 Uhr Nachts abgehenden Zuge erhalten das Datum des anbrechenden Tages. 3. (1) Inhaber von Rundreisekarten und Fahrscheinheften können die Reise an einem beliebigen Tage innerhalb der Geltungsdauer antreten. (2) Für die Berechnung der Geltungsdauer bleibt in allen Fällen der erste Geltungstag der Rundreisekarte bezw. des Fahrscheinheftes massgebend; durch den späteren Antritt der Reise wird daher eine Verlängerung der Geltungsdauer nicht herbeigeführt. 4. Mit einer Rundreisekarte kann die Reise nach Wahl in der einen oder andern Richtung angetreten, muss aber in der ein­ mal ein geschlagenen Richtung durchgeführt werden, widrigen­ falls die Rundreisekarte als ungünstig angesehen wird. 5. Der Inhaber einer Rundreisekarte kann die Reise auf einer Zwischenstation antreten. Die Rundreisekarte ist in diesem

Abschnitt III.

§ 12. Inhalt der Fahrkarten.

59

Falle von dem abfertigenden Beamten dieser Station auf der Rückseite mit dem Vermerke: „Reise in in der Richtung nach angetreten“ und mit dem Stationsstempel zu ver­ sehen und gilt dann zur Rückreise bis zur Ausgangsstation. 6. Inhabern von Rückfahr- und Rundreisekarten, sowie von Fahrscheinheften ist gestattet, die Rückreise auch von einer Zwischen Station aus anzutreten. 7. Besondere Bestimmungen über Ausgabe und Gültigkeitsdauer der Rückfahrkarten sind für jeden Verkehr in einem Theil II des Tarifs enthalten. 43) Die Fahrkarte ist nach der herrschenden Meinung begrifflich die § 12. Quittung über die Zahlung des Fahrpreises und damit zugleich die Legitimation zur Fahrt. Sie ist also nicht Trägerin der Obligation, nicht Vertragsurkunde oder Beweisurkunde über den Abschluß des Transportver­ trages — wie der Frachtbrief — und gehört hiernach auch nicht zu den Werth- oder Jnhaberpapieren, da sie weder die Inhaberklausel, noch einen diese ersetzenden Vermerk trägt, sondern dient lediglich als Quittung über den Fahrpreis nach Ab­ schluß des Transportvertrages als „Bescheinigung, daß eine Leistung geschehen, für welche die Gegenleistung noch zu erwarten ist". (S. Förster Th. u. Pr. 2. Aufl. I. § 64 S. 346, Bekker in s. 11. Muther's Jahrb. Bd. 1 S. 271, 307 f., E. v. Stein, Oesterr. Centr.-Bl. 1886 S. 895: Beweis über die Zahlung des Preises, Renaud, Krit. Ueberschau Bd. S. 406, Ruckdeschel in Holhendorff's Rechtslexik. II S. 277. Goldschmidt in seiner Zeitschrift f. H.-R. Bd. IV. S. 597. F. Dahn, Handelsrechtl. Vortr. S. 125. W. Koch, Deutsch, lands Eisenb. II. S. 104, 105. Eger, Deutsch. Frachtr. III S. 371 ff. Und ähnlich: Staub, A. D. H.-G.-B. z. Art.271, 307 (Legitimationspapier), Gareis b. Busch Bd. 34 S. 97, 103 (Legitimationszeicheu). A. M. Unger, Die rechtl. Natur der Jnhaberpapiere S 95, Kuntze, Lehre v. d. Jnhaberpapieren S. 498, Thöl, Handelsr. 6. Aufl. I. S. 669, Goldschmidt, System § 127, Brunner b. Endemann II. S. 206, Endemann, Recht d. Eisenb. S. 675, Pappenheim, Begriff u. Arten d. Papiere auf den Inhaber S. 82, Leeb S. 13, Göppert S. 76. Denn der Personeutransportvertrag der Eisenbahnen kommt in analoger Weise, wie der Gütertransportvertrag, dadurch zu Stande, daß die Eisenbahn­ verwaltung in den Reglements, Fahrplänen und Tarifen die Transportbedingungen veröffentlicht, unter welchen sie — neben den bindenden Bestimmungen des H.-G.-B. und der Eisenbahnverkehrsordnung (N. H.-G.-B. §§ 454, 471, 472) — Personentrausportverträge schließen wolle, was lex contractus für Jeden sein solle, der mit ihr einen Personentransportvertrag abschließt. Die Reglements, Fahrpläne und Tarife sind sonach Aufforderungen an das Publikum zur Vertragsofferte. Die Offerte selbst geht sodann vom Passagier aus, indem er, sei es selbst oder durch einen Beauftragten, durch Anbieten des Fahrpreises sich bereit erklärt, unter den publizirten Bedingungen einen Personentrausportvertrag mit der Eisen­ bahn abzuschließen, imb diese durch Annahme des Fahrpreises die Offerte acceptirt.

60

Abschnitt III.

§ 12. Inhalt der Fahrkarten.

(Göppert S. 68). Daß zwischen Eisenbahn und Passagier ein Transport­ vertrag besteht, wird in der Theorie und Praxis fast übereinstimmend ange­ nommen, insbesondere auch vom Reichsgericht in konstanter Praxis (Erk. des Reichsger. v. 22. April 1881, Eisenb. Entsch. Bd. 2 S. 14; v. 27. Januar 1887 eod. Bd. 5 S. 237 (238), v. 7. Febr. 1887, eod. Bd. 5 S. 243 („zweiseitiger Beforderungsvertrag"), Irrig Schott in Eudemauus Handbuch des H.-R. § 364 S. 525 u. Endemauu, R. d. Eiseub. S. 672, 675). Vgl. auch Göppert S. 43-48.

Hieruach ist daran festzuhalteu, daß die Fahrkarte die Quittung über den auf Grund des Trausportvertrages gezahlten Fahrpreis ist. Dies wird jetzt auch in der Praxis allgemein angenommen (Landger. Dresden 19/.4. 1895 Eiseub. Entsch. XII S. 312. — Berlin 10./12. 1894 eod. XII S. 117. Auch der Umstand, daß die Fahrkarte den Namen des Berechtigten liidjt enthält (§ 12 Abs. 1), macht dieselbe nicht zum Jnhaberpapier (richtig Göppert S. 79 gegen Schneeli S. 57, 69. Endemann, Recht d. E. S. 675 u. Leeb S. 14). Aus diesem Grunde erscheint die Uebertragung derselben Seitens des ersten Nehmers an Dritte, wenngleich üblich und Mangels eines materiellen Nachtheils unter Konnivenz der Eisenbahnen häufig zugclassen, doch rechtlich an sich nicht statthaft, zumal die Eisenbahn beim Vertragsabschlüsse die Persönlichkeit und die Individualität des Passagiers in Betracht zieht und in Betracht zu ziehen verpflichtet ist (vgl. §§ 11, 20 Verk.-Ord. Aum. 73 S. 81 ff. Durchaus unrichtig Schneeli, Recht!. Natur des Eiseubahufahrscheius S. 28ff. Göppert S. 69 ff. Unentschieden: Leeb S. 11), desgleichen nicht die Uebertragung des mit der Fahrkarte verknüpften Rechts auf freie Gepäckbeförderung (A. M. Kühlwetter, S. 28 Aum. 2). Die Leistung — der Transport einer Person mit Gepäck — ist dieser bestimmten Person für eine bestimmte Transportstrecke und gegen einen bestimmten Fahrpreis vertraglich versprochen. Das Recht auf diese Leistung einer beliebigen dritten Person für die ganze oder für eine Theilstrecke oder nur für die Beförderung der Person bezw. nur für die Beförderung des Gepäcks zu übertragen, ist nach der Absicht und dem Wesen diesesWerkverdingungsverträges materiell nicht zulässig; auch würde hierzu formell die bloße Ueberlassung der Fahrkarte nicht ansreicheu. Denn durch die Quittung über den Verkaufspreis erlangt der Dritte nicht die Vertragsrechte. Auch die Bestimmuugen des § 14 Abs. 1 sprechen entschieden gegen die Juhaberpapiertheorie. Zu welchen für den Eisenbahnverkehr störenden unb unüberwindlichen Schwierig­ keiten die Annahme der Fahrkarte als Jnhaberpapier führen würde, erweisen die Ausführungen Göppert's S. 74—93 recht evident! Wenn hiernach auch Abs. 1 des § 13 (s. auch § 11 Abs. 1) vom „Verkauf" der Fahrkarten spricht, so ist dies zwar eine landläufige und populäre Ausdrucks­ weise. Im Rechtssinne ist jedoch darunter die Verabfolgung der Quittungen über den Fahrpreis zu verstehen, der auf Grund der abzuschließenden Transport­ verträge zu entrichten ist (A. M. Leeb S. 13). Sind aber Eisenbahnfahrkarten ihrer Rechtsnatur nach lediglich Fahrpreisquittuugen und als solche Legitimationszeicheu, so folgt daraus, daß sie weder als einfache (d. h. für eine Fahrt), noch als Rückfahrkarten (für Hin- und Rückfahrt), noch für Theilstrecken über­ tragbar sind. Die Uebertragung ist nicht nur civilrcchtlich unstatthaft, sondern

Abschnitt III.

§ 12.

Inhalt der Fahrkarten.

61

die Benutzung der Fahrkarte durch den Dritten, da die Eisenbahnverwaltuug in jeden! Falle eine Vermögensbeschädigung erleidet, auch als Betrug strafbar, wenn nach Lage des konkreten Falles die bewußt rechtswidrige Absicht der Betheiligung erweiSlich ist, sich dadurch einen Vermögeusvortheil zu verschaffen (tz263Strf.-G.-B.).

II. Wenn aber auch — was nach Vorstehendem als unzutreffend bezeichnet werden muß — der Eisenbahnfahrkarte der Rechtscharakter eines Jnhabe rpapiers beigelegt wird, so würde zwar der Uebertragnng einfacher und Rückfahrkarten, welche noch nicht benutzt sind, an sich rechtlich nichts entgegenstehen (Altsmann in Gruchot's Beitrag. Bd. 30 S. 111, Westrum in der Juristischen Wochenschr. 1886 S. 259, E. v. Stein, Oesterr. Centr.-Bl. 1886 Nr. 55 S. 895, Nr. 56 S. 901). Dagegen würde es auch bei dieser Annahme rechtlich nicht zulässig sein, einfache oder Rückfahrkarten, welche bereits theilweise benutzt worden sind, für die Weiterreise bezw. Rückreise au Dritte zu übertragen, weil es durchaus gegen die klar erkennbare Absicht des die Leistung versprechenden Schuldners, d. h. der Eiseubahnverwaltung ist, daß die Leistung auf mehrere Personen vertheilt werde, d. h. die von dem Einen begonnene Benutzung von dein Anderen fortgesetzt werde. (De Jonge, Die Unübertragbarkeit der Retourbillets, Cöln 1887, v. d. Leyen, Preuß. Arch. f. Eiseubahnwes. 1888 S. 299, Alts m a u n in Gruchot's Beitr. Bd. 30 S. 111—113, E. v. Stein 1886 S. 895, 902f., 1887 S. 1297, Göppert S. 86 ff.) III. Ist, wie in der Regel, mit der Gewährung der Rückfahrkarten eine Preisermäßigung verbunden, so tritt noch hinzu, daß in der Benutzung einer bereits theilweise zur Reise verwendeten Rückfahrkarte durch einen Dritten ein Betrug, in der Uebertragnng an den Dritten eine Beihülfe zum Betrüge liegt, jedenfalls dann, wenn sich der Passagier rc. nach Lage der Sache der Rechtswidrigkeit seiner Handlung bewußt ist bezw. bewußt sein muß (s. Goldschmidt, System der Hand. Rechts tz 127 S. 229, 230, Westrum a. a. O. S. 260, 261, E. v. Stein, Oesterreich. Centr.-Bl. 1886 S. 903, 904 — 1887 S. 1298), — weil die Eisenbahnverwaltung dadurch, daß in ihren Fahrbeamten durch die Vorspiegelung einer falschen Thatsache (nämlich, daß der die Karte Vor­ zeigende der ursprüngliche Kartennehmer und berechtigte Inhaber sei) ein Irr­ thum erregt wird, Schaden an ihrem Vermögen erleidet, bestehend in der Differenz zwischen dem Preise einfacher Fahrkarten, welche der Dritte hätte lösen müssen, und dem Preise der Rückfahrkarte. Es bedarf hiernach an sich gar nicht erst des Verbots der Uebertragung auf der Rückfahrkarte, um die betreffende Handlung als Betrug zu qualifiziren. Ist aber der Vermerk „un üb er­ tragbar" ausdrücklich der Rückfahrkarte beigefügt und dadurch auf die Rechts­ widrigkeit der Uebertragung besonders hingewiesen, so kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die demungeachtet erfolgte Uebertragung bezw. Benutzung der Rückfahrkarte durch einen Dritten den Thatbestand des Betruges darstellt, weil sich alsdann der Zuwiderhandelnde der Rechtswidrigkeit seinerHandlung bewußt sein muß (Reichsger. v. 7. Febr. 1887 Eisenbahnrechtl. Entsch. Bd. 5 S. 243, 244, Landger. Düsseldorf 6. November 1886, eod. Bd. 5 S. 108 u. Ob.-Landger. München 10. Febr. 1888, eod. Bd. 6 S. 364. Ebenso auch das Kammerger. Berlin in dem Erk..v. 15. Dezember 1884, eod. Bd. 3 S. 429,

62

Abschnitt III.

§ 12. Inhalt der Fahrkarten.

Bd. 4 S. 21, welches jedoch das ausdrückliche Verbot der Unübertragbarkeit in einem vorschriftsmäßig publizirten Reglement oder auf der Fahrkarte fordert und anderenfalls die Uebertragung für rechtlich zulässig und nicht strafbar erachtet). Vgl. hierzu auch Göppert S. 69 ff., 86 ff., Schneeli S. 47 ff.

Was vorstehend über die Rückfahrkarten bemerkt ist, gilt aus gleichen Gründen auch für Saisonkarten, Abonnementskarten, Schüler-, Ar­ beiter-, Rundreise-, Freifahrtkarten und -Scheine. §12 Abs. 1.

44) § 12 bestimmt den Inhalt der Fahrkarte. Die Fahrkarte muß ent­ halten: 1. die Strecke, für welche sie Geltung hat, 2. die Gattung des zu be­ nutzenden Zuges, 3. die Wagenklasse, 4. den Fahrpreis — letzteren jedoch nur insofern, als er nicht Valntaschwanknngen unterliegt.

Dieser Inhalt ist obligatorisch. Der Reisende kann verlangen, daß jede Fahrkarte diesen Inhalt hat. Die Eisenbahn ist dafür sowohl im Rechts- wie im Aussichtswege verantwortlich. Weitere ergänzende, abändernde oder abweichende Zusätze sind nur insofern zulässig, als sie den Abs. 2 u. 3 der Eingangsbestim­ mungen (S. 2, 8—14) entsprechen. Dieser Inhalt ist aber freilich für das Vertragsverhältniß zwischen Eisenbahn und Reisenden nicht ausschließlich maßgebend. Er gilt nur insoweit, als er nicht durch ordnungsmäßig veröffentlichte Bestimmungen der Verk.'Ord., der Tarife und dazu ergangenen Zusatzbestimmungen modifizirt ist (Landger. Berlin 10. 12. 1894 Eisenb. Entsch. XII S. 117). Statt der früheren Bezeichnung der Stationen, von und bis zu welchen die Fahrt verlangt worden (alt. Regl. § 10 Abs. 1), genügt die Angabe der Strecke, für welche die Karte Geltung hat. Ebenso ist die Abstempelung der Fahrkarte bei der Ausgabe mit der Zeit oder dem Zuge, für welchen sie gültig ist (alt. Regl. § 10 Abs. 1), nicht mehr vorgeschrieben, kann also von den Bahnen beliebig ge­ regelt werden. Vgl. 1. Allg. Zus. Best. Ziff. 1-7 (S. 58, 59). 2. Allg. Abf.-Vorschr. § 1 (Berechtigung zur Fahrt, Fahrkarten). § 2 (Anforderung u. Aufbewahrung der Fahrkarten). § 4 (Ab­ stempelung der Fahrkarten). § 7 (Verstempelte Fahrkarten). Und hierzu Zus. Best. f. d. Preuß. Staatsb. § 1 Ziff. I-V. § 2 Ziff. I-V. tz 4 Ziff. I-IV u. §7.

3. Bes. Best, der Preuß. Staatsb. z. § 12 Verk.-Ord.: Ziff. 1 (Gültigkeitsdauer von Rückfahr- und Sommerkarten), Ziff. 2 (Be­ nutzung von Fahrtausweisen über kürzere oder gleichlange Bahn­ wege), Ziff. 3 (Benutzung von Güterzügen), Ziff. 4 (Neberführung der Reisenden in Berlin). 4. Fahrplan-Vorschriften f. d. Preuß. Staatsb. v. 1. Mai 1900: Be­ stimmungen über die Benutzung von Rückfahr- und Rundreisekarten, sowie von Fahrscheinheften.

Inwieweit ein bei der Lösung und Verabfolgung von Fahrkarten Seitens der Eisenbahn oder des Reisenden vorgefallener Irrthum dem einen oder anderen Theile zum Nachtheile gereicht, entscheidet sich Mangels besonderer Vorschriften nach den Normen des B.-G.-B. (vgl. Leeb S. 15).

Abschnitt III. § 13. Lösung der Fahrkarten.

63

§. 13. Lösung der Fahrkarten.

(1) Der Verkauf der Fahrkarten kann auf Stationen mit ge­ ringerem Verkehre nur innerhalb der letzten halben Stunde, auf Stationen mit größerem Verkehr innerhalb einer Stunde vor Abgang desjenigen Zuges, mit welchem der Reisende befördert sein will, ver­ langt werden. Liegt jedoch zwischen zwei nach derselben Richtung abgehenden Zügen eine kürzere Zwischenzeit, so kann die Ausgabe der Fahrkarten für den später abgehenden Zug frühestens eine halbe Stunde vor deffen Abfahrtszeit gefordert werden. Fünf Minuten vor Abgang des Zuges erlischt der Anspruch auf Verabfolgung einer Fahrkarte.") (2) Es kann verlangt werden, daß das zu entrichtende Fahrgeld abgezählt bereitgehalten wird.") (3) Auf der Abgangsstation ist bis spätestens 30 Minuten vor Abgang des betreffenden Zuges die Bestellung ganzer Wagenabthei­ lungen gegen Bezahlung höchstens so vieler Fahrkarten der betreffenden Klasse, als die Wagenabtheilung Plätze enthält, zulässig. Der Bestellung ist unter Ausfertigung eines Scheines stattzugeben, soweit die Zugsbelastung es erlaubt. Auf Zwischenstationen können ganze Abtheilungen nur dann beansprucht werden, wenn solche unbesetzt in dem ankommenden Zuge vorhanden sind. In die Abtheilung dürfen nicht mehr Personen ausgenommen werden, als Fahrkarten bezahlt sind. Bestellte Abtheilungen müssen als solche mittelst einer Aufschrift erkennbar gemacht werden.")

1.

(!) Fahrkarten und Gepäckscheine können bei derjenigen Station, auf welcher eine neue Abfertigung erfolgen soll, telegraphisch vorausbestellt werden. Die Gebühr be­ trägt, wenn die Fassung des Telegramms dem Stations­ beamten überlassen wird, 25 Pfennig. (2) Wird eine neue Abfertigung mehrmals erforderlich, so können die Telegramme gegen Zahlung von je 25 Pfennig sämmtlich schon am Abgangsort aufgegeben werden. (3) Liegt der Bahnhof, auf welchem die neue Abfertigung vorgenommen werden soll, von demjenigen, auf welchen die Fahrkarte des Reisenden lautet, räumlich getrennt, ohne dass der vom Reisenden benutzte Zug überführt wird, so hat der Reisende die Ueberführung seines Gepäcks ebenso wie die

64

Abschnitt III.

§ 13.

Lösung der Fahrkarten.

seiner Person von einem Bahnhöfe zum andern auf eigene Kosten zu besorgen. 2. In gleicher Weise und gegen die gleiche Gebühr können auch die zum Uebergang in eine höhere Wagenklasse bezw. in einen theuereren Zug erforderlichen Zusatzkarten tele­ graphisch vorausbestellt werden. 3. Nach Ermessen der Eisenbahnverwaltung können einzelne Abtheilungen in Wagen des Kupeesystems schon gegen Lösung von mindestens vier Fahrkarten in I. Klasse, sechs Fahrkarten in II. Klasse und acht Fahrkarten in III. Klasse an Reisende überlassen werden. § 13 9lbj. 1.

45) Nach Abs. 1 des § 13 — welcher Bestimmung über die Lösung der Fahrkarten trifft — kann der Verkauf derselben Seitens der Eisenbahnen auf einen bestimmten Zeitraum vor Abgang des betreffenden Zuges beschrankt werden.

Damit ist die durch § 6 der Verkehrsordnnng auch für den Personentransport festgesetzte Beförderungspflicht der Eisenbahnen in einer den Erfordernissen des Betriebes entsprechenden Weise beschränkt. Die Verk.-Ord. unterscheidet zivischen Stationen mit geringerem und größerem Verkehr, bei ersteren kann der Verkauf nur innerhalb der letzten halben, bei letzteren innerhalb einer ganzen

Stunde bis 5 Minuten vor Abgang des betreffenden Zuges verlangt werden. Daraus ergiebt sich, daß die Fahrkartenschalter auch während dieser Zeit geöffnet sein müssen. Die durch Verschulden des Kassirers überhaupt nicht oder nicht rechtzeitig vor Abgang eines Zuges erfolgte Eröffnung der Kasse verpflichtet die Eisenbahn zum wofern dieselben Oesterr. Oberst. Ausgabe findet

Schadensersätze an jene Personen, welche mitfahren wollten, ohne Fahrkarte zur Fahrt nicht zugelasseu wurden (Eutsch. des Ger.-H. v. 3. August 1876, Röll Nr. 190). Die Fahrkartenan die sich Meldenden der Reihe nach statt (Allg. Abf.-

Vorschr. § 3 Abs. 5). Vgl. Zus. Best. f. d. Preuß.

Staatsb.

für d. Abfertiguugsdienst, II. Dienstpflichten

Allgemeine:

I. Dienststellen

der Abfert.-Beamten, III. Dienst­

stunden u. IV. sonstige Bestimmungen. Solange die Möglichkeit der Beförderung vorliegt, sind auch noch später als 5 Minuten vor Abgang des Zuges Billets zu verabfolgen (Allg. Abf.Vorschr. § 3 Abs. 4). Die Reisenden sind auch berechtigt, noch nicht entwerthete Fahrkarten bis 5 Minuten vor Abfahrt des Zuges, soweit noch Plätze vorhanden sind, unter Ausgleich des Preisunterschiedes gegen solche höherer oder niedrigerer Klassen oder nach einer anderen Station umzutauschen (§ 14 Abs. 2). Besteht jedoch zwischen dem Abgänge zweier in derselben Richtung ab­

gehender Züge ein kürzerer Zwischenraum als 1 resp. J/3 Stunde, so kann

für

den später abgehenden Zug frühestens 7a Stunde vor dessen Abfahrtszeit die Ausgabe von Fahrkarten gefordert werden. Die nicht rechtzeitige Eröffnung des

Schalters zum Zwecke des Fahrkarteuverkaufs macht die Eisenbahn denjenigen

ersatzpflichtig,

welche dadurch an

Schaden erlitten haben.

der Mitfahrt verhindert worden sind

und

Zu den

Abschnitt III.

§ 13. Lösung der Fahrkarten.

65

„Stationen"

gehören auch die Haltestellen.

Ungenau ist die

Unterscheidung: Stationen von „geringerem" und „größerem" Verkehr. Im Streit­

fälle wird die Aufsichtsbehörde hierüber Bestimmung zu treffen haben. Der Annahme Leeb's (S. 18), daß richterliches Ermessen entscheide, kann nicht bei­

gepflichtet werden, handelt.

da es sich um eine rein administrative Ordnungsvorschrift

Die in Abs. 1 bezeichnete Verkaufspflicht bildet die Minimalgrenze,

unter welche nicht herabgegangen werden darf. Wohl aber ist es, wie das Wort „kann" ergiebt, dem Ermessen einer jeden Eisenbahn Vorbehalten, die Ver­ kaufsfristen über diese Fristen hinaus zu verlängern, da dies für das Publikum

günstiger ist. Vgl. Allg. Zus.-Best. Ziff. 1 u. 2 betr. die

ausbestellung (S. 63, 64).

von

Fahrkarten,

telegraphische Vor­

Gepäckscheinen

und

Zusatzkarten

Allg. Abf.-Dorschr. § 3 (Verkauf von Fahrkarten), § 4 (Abstempelung der Fahrkarten), § 5 (Telegraphische Vorausbestellung von Fahrkarten), § 7 (Ver­

simpelte Fahrkarten), § 10 (Schluß des Fahrkartenverkaufs), u. hierzu Zus.-Best.

f. d. Preuß. Staatsb. z. § 3 Ziff. I—VI. § 4 Ziff. I—IV u. 3. § 5, 7 it. 10.

Bes. Best. d. Preuß. Staatsb. z. § 13 Verk.-Ord. betr. telegr. Vor­ Erl. d. Preuß. Min. d. öff. Arb.

ausbestellung zusammenstellb. Fahrscheinhefte. v. 3. Juni 1896 E.-V.-Bl. S. 208.

46) Abs. 2 enthält lediglich eine den Zahlungsmodus betreffende, dem §13 Abs. 2. fakultativen Ermessen der Bahnverwaltungen anheimgegebene Ordnungsvorschrift (§ 6 Abs. 1 Ziff. 1 Verk.-Ord. Anm. 21). Nach Allg. Abf. Vorschr. § 3 Abs. 2 haben die Schalterbeamten für einen ausreichenden Vorrath an Wechselgeld zu

sorgen, da durch § 13 Abs. 2 Verk.-Ord. nur unbilligen Ansprüchen und Ver­ zögerungen bei dem Verkaufe begegnet werden soll.

47) Abs. 3 trifft Bestimmung über die Bestellung ganzer Wagenabtheilungen. § 13 Es wird unterschieden zwischen der Bestellung auf der Abgangsstation und 9lb^3, auf Zwischenstationen.

Auf

der

Abgangsstation

ist

die

Bestellung

ganzer Wagenabtheilungen — und zwar jeder, auch der dritten Klasse — bis spätestens 30 Minuten vor Abgang des Zuges zulässig, jedoch nur unter zwei Voraussetzungen: 1. gegen Bezahlung höchstens so vieler Fahrkarten der betr. Klasse, als die Wagenabtheilung Plätze enthält, 2. soweit es die Zugsbelastung

erlaubt. Auf Zwischenstationen ist Voraussetzung, daß unbesetzte Abthei­ lungen in dem ankommenden Zuge vorhanden sind. Es ist obligatorisch vor­ geschrieben, daß bestellte Abtheilungen als solche mittels

einer Aufschrift

erkennbar zu machen sind, sowie verboten, mehr Personen in die bestellte Ab­ theilung aufzunehmen, als Fahrkarten bezahlt sind.

Vgl. Allg. Zus.-Best. Ziff. 3 (S. 64). Allg. Abf.-Vorschr. § 8 (Abfertigung von Sonderzügen), tz 9 (Bestellung von Wagenabtheilungen und ganzen Wagen), s. n. Verk.-Ord. § 10 Abs. 2 Anm. 36 S. 47. Bes. Best.

d. Preuß.

Staatsb.

z. § 13 Verk.-Ord. betr. Bestellung

einzelner Wagenabtheilungen; und Zus.-Best. f. d. Preuß. Staatsb. z. § 9. Eger, Eisenbahn-Verkehrsordnung.

2. Aufl.

5

66

Abschnitt III.

§ 14. Zurücknahme und Umtausch gelöster Fahrkarten.

§• 14. Zurücknahme und Umtausch gelöster Fahrkarten. (1) Die Fahrkarten geben Anspruch aus Plätze in der entsprecheu-

den Wagenklasse,

soweit solche

vorhanden sind.")

Wenn einem

Reisenden ein seiner Fahrkarte entsprechender Platz nicht angewiesen werden kann, ihm auch nicht ein Platz in einer höheren Klasse zeit­

weilig eingeräumt wird, so steht ihm frei, die Fahrkarte gegen eine solche der niedrigeren Klasse, in welcher noch Plätze vorhanden sind,

unter Erstattung des Preisunterschieds umzuwechseln, oder die Fahrt zu unterlassen und das bezahlte Fahrgeld zurückzuverlangen.")

(2) Ein Umtausch gelöster Fahrkarten gegen solche höherer oder niedrigerer Klassen oder nach einer anderen Station ist den Reisenden

auf der Abgangsstation bis 5 Minuten vor Abfahrt des Zuges, so­ noch Plätze vorhanden sind, unter Ausgleich des Preisunter­ schieds gestattet, sofern die Fahrkarte noch nicht durchlocht ist, oder weit

nachweislich nur zunr Betreten des Bahnsteigs benutzt wurde?")

(3) Für Theilstrecken

höheren Klasse gegen

kann

ein Uebergehen

Entrichtung

Plätze einer

auf

eines im Tarife

Preiszuschlags sowohl auf der Abgangsstation

als

festzusetzenden auf Zwischen­

stationen erfolgen?')

Ausser nach den Vorschriften der Verkehrsordnung werden Fahrkarten, die noch nicht durchlocht sind oder nachweislich nur zum Betreten des Bahnsteigs benutzt wurden, auch in Fällen eines Irrthums oder einer Erkrankung oder aus sonstigen Billigkeits­ gründen vor oder unmittelbar nach Abgang des betreffenden Zuges an der Fahrkarten-Ausgabestelle zurückgenommen. Auf Stationen, deren Bahnsteige abgesperrt sind, wird jedoch, wenn nicht einer der in § 14 Abs. 1 und in § 26 Abs. 4 der Verkehrsordnung be­ zeichneten Fälle vorliegt oder die Reise wegen erheblich ver­ späteter Abfahrt des Zuges aufgegeben wird, der Preis einer zum Betreten des Bahnsteigs benutzten Fahrkarte nur mit Abzug des Preises einer Bahnsteigkarte zurück gezahlt. § 14 48) Abs. 1 bestimmt im ersten Satze, daß die Fahrkarten auf die ent« ©&}. sprechende Wagenklaffe Anspruch geben (oder besser: die Legitimation ge­ währen), soweit in dieser Plätze vorhanden sind.

Der Passagier hat weder auf

eine höhere, noch auf eine niedrigere Klasse Anspruch (vgl. § 12).

Es ist damit

einem der aus dem Transportverirage folgenden Rechte der Passagiere Ausdruck

gegeben.

Es gehört dazu nicht nur der Anspruch auf sichere Fahrt, sondern

Abschnitt III. § 14. Zurücknahme und Umtausch gelöster Fahrkarten.

67

auch auf die Gewähr sicheren Aufenthalts in den Bahnhofs- und Warte-

Räumen, sowie sicheren Einsteigens am Abfahrts- und sicheren Aussteigens am Ankunftsorte (vgl. Erk. des D. Reichsger. vom 22. April 1881, Eisenbahnrechtl.

Entsch. Bd. 2 S. 14, und vom 27. Januar 1887, eod. Bd. 5 S. 237 f., Erk. d. App.-Ger. zu Köln vom 17. Dezember 1869, Rhein. Arch. Bd. 62 S. 200, d. Ob.-Land-Ger. Dresden, vom 21. Februar 1883, Eisenbahnrechtl. Entsch. Bd. 3

S. 12, Kühlwetter S. 10, Schott S. 527, Endemann, R. d. E. S. 676, 678) und auf Beförderung von Freigepäck (vgl. §32), Goldschmidt, System S. 230, Leeb S. 19, 20. Der Anspruch auf Freigepäck ist ein Accessorium des Anspruchs auf Beförderung der Person (Endemann, R. d. E.

S. 681) und daher von letzterem nicht trennbar.

Der Zuwiderhandelnde

macht sich nicht nur civilrechtlich, sondern auch — im Falle des Bewußtseins

der Rechtswidrigkeit — strafrechtlich verantwortlich (vgl. de Jonge im Preuß. Eisenb.-Arch. 1888 S. 486f. A. M. V. Fleischer i. d. Gerichtshalle Oktober

1887 u. v. Bar, Gerichtssaal 1888).

49) Der Anspruch auf Benutzung der der Fahrkarte (bezw. dem gezahlten § 14 Fahrpreise) entsprechenden Wagenklasse ist kein unbedingter, vielmehr von dem IatzS. Vorhandensein entsprechender Plätze abhängiger. Damit aber der Passagier durch diese aus Betriebsrücksichten nothwendige Beschränkung nicht geschädigt werde, ist ihm für den Fall des Mangels entsprechender Plätze durch Satz 2

des Abs. 1 die Wahl gelassen, entweder die Fahrkarte gegen eine solche der niedrigeren Klasse, in lvelcher noch Plätze vorhanden sind, und gegen Erstattung der Differenz umzuwechseln oder die Fahrt unter Rückempfang des bezahlten Fahrgeldes zu unterlassen (Endemann, R. d. E. S. 674, Goldschmidt, Syst. S. 230). Es folgt daraus, daß ein unbedingtes Recht zur Mitfahrt durch

die Lösung einer Fahrkarte überhaupt nicht erworben wird. Denn, falls auch in der niedrigeren Klasse Plätze nicht mehr vorhanden sind, bleibt dem Passagier nur noch das Recht, die Fahrt unter Rückforderung des Fahrgeldes zu untere lassen. „Die Unterbringung einzelner Reisenden in Wagenabtheilungen höherer Klasse, als der auf dem Fahrbillet bezeichneten, darf der Zugführer nur aus­

nahmsweise gestatten, wenn die vorhandenen Plätze der letzterwähnten Klasse schon sämmtlich beseht sind oder wenn dem Bedürfniß an Plätzen für Damen und Nichtraucher auf andere Weise nicht genügt werden kann. Können die Reisenden in der ihrer Fahrkarte entsprechenden Wagenklasse nicht untergebracht werden, so hat der Schaffner dies dem Zugführer zu melden." (Dienstanweisung für die im Preuß. Staatseisenbahndienst beschäftigten Zugführer § 9 und für

Schaffner § 12 Ziffer 7.) Vergl. Allgem. Zus.-Best. z. § 14 Verk.-Ord. (S. 66) betr. die Zurück­ nahme von Fahrkarten.

50) Abs. 2 handelt von dem Umtausch gelöster Fahrkarten. Dieser Umtausch ist sowohl gegen Fahrkarten höherer oder niedrigerer Klassen wie auch nach einer anderen (weiteren oder näheren) Station unter folgenden fünf V o r a u s -

setzungen den Reisenden gestattet, daß: 1. der Umtausch auf der Abgangsstation erfolgt;

2.

der Umtausch bis 5 Minuten vor Abgang des Zuges geschieht;

5*

§u 21

Abschnitt III.

68

§ 15.

Warteräume.

3. der Preisunterschied ausgeglichen wird; 4. die Fahrkarte noch nicht durchlocht ist oder nachweislich nur zum Betreten des Bahnsteiges benutzt wurde; Diese Bestimmung ist an die Stelle der bisherigen: „daß die Fahr­ karte noch nicht entwerthet ist", mit Rücksicht darauf getreten, daß überall da, wo die Einrichtung der Bahnsteigsperre getroffen ist, die Fahrkarte bereits beim Betreten des Bahnsteiges dnrchlocht (konpirt)

wird (vgl. Gorden S. 6, 7); 5. noch Plätze in der betreffenden Klasse vorhanden sind (Letzteres müßte — strenggenommen — in jeden! Falle vor dem Umtausche festgestellt werden). Vgl. Allg. Zus.-Best. z. § 14 Verk.-Ord. (S. 66). Allg. Abf.-Vorschr. § 6 (Zurücknahme und Umtausch gelöster Fahr­ karten) u. hierzu Zus.-Best. z. d. Preuß. Staatsb. Bes. Best. d. Preuß. Staatsb. z. § 14 Verk.-Ord.

(Zurücknahme

und Umtausch gelöster Fahrkarten).

§14 51) Für Theilstrecken (also nicht nur bis zur Bestimmungsstation, 916,131 sondern für beliebige Theile der ganzen Strecke, für welche die Fahrkarte

gelöst ist), gestattet Abs. 3 ein Uebergeheu auf einen anderen Platz, sowohl auf der Abgangs-, wie auch auf Zwischenstationen; jedoch nur unter zwei Vor­ aussetzungen: 1. Es kann nur der Uebergang auf Plätze einer höheren Klasse erfolgen. 2. Es ist ein im Tarife festzusetzender Preiszuschlag zu entrichten. Aus Abs. 2 wird aber hier ergänzt werden müssen, daß der Uebergang nur zulässig ist, wenn derselbe rechtzeitig vorher beansprucht wird, die Fahr­ karte noch nicht durchlocht rc. ist und in der höheren Klasse noch Plätze vor­ handen sind.

Vgl. bes. Best, der Preuß. Staatsb. z. § 14 Verk.-Ord. (Zurücknahme und Umtausch gelöster Fahrkarten).

§. 15.

Warteräume. Die Warteräume sind spätestens eine Stunde vor Abgang eines jeden Zuges zu

öffnen.")

Dem auf einer Uebergangsstation mit

durchgehender Fahrkarte ankommenden Reisenden ist gestattet, sich in

dem Warteraume derjenigen Bahn, auf welcher er die Reise fortsetzt, bis zum Abgänge des von ihm zu benutzenden nächsten Zuges auf­

zuhalten, in der Zeit von 11 Uhr Abends bis 6 Uhr Morgens jedoch

nur, soweit der Warteraum während dieser Zeit ohnedies geöffnet

sein muß?') _§ iS 52) Diese Vorschrift gilt ausnahmslos für alle Stationen und Haltestellen. 2,116 *’ Nachtheile aus der Nichtbeobachtung dieser Vorschrift sind im Rechts- und Auf-

sichtswege verfolgbar. Der mit Fahrkarte Versehene hat Anspruch auf Benutzung

Abschnitt III.

§ 15. Warteränme.

69

der Warteräurne während der bestimmungsmäßigen Zeit der Offenhaltung der­ selben

(s. oben Anm. 48 S. 66 Goldschmidt Syst. S. 230).

Aus dem Ver­

tragsverhältnisse entspringt für die Eisenbahn auch die Pflicht, die dem Fahr­

kartennehmer angewiesenen Räume in einem den Aufenthalt bezw. das Durch­ gehen ohne Gefahr gestattenden Zustande zu erhalten und für etwaigen Schaden aus der Verletzung dieser Pflicht aufzukommen (Reichsger. 22. April 1881, Eisen-

bahnrechtl. Entsch. Bd. 2 S. 14 und 27. Januar 1887, eod. Bd. 5 S. 237 f.). Für Preußen: „Der Stationsvorsteher hat die genaue Befolgung der Bestim­ mungen über das Offenhalten der Wartesäle, Billet- und Gepäckexpeditionen zu überwachen und sür Ordnung und Reinhaltung sämmtlicher Bahnhofsräume rc. Sorge zu tragen" (Preuß. Dienstanweis. f. Stat.-Beanlt. §§ 26, 27). Ueber Rein­ haltung und Lüftung der zum Aufenthalte des Publikums bestimmten Räume,

Desinfektion der Bedürfnißanstalten, Beschaffung ausreichenden und gesunden Trinkwassers (s. Erl. v. 2. Juli 1884, E.-V.-Bl. S. 319, 17. August 1887, eod. S. 352, 26. Juni 1889, eod. S. 215, Wascheinrichtungen auf den Stationen Erl. v. 17. Okt. 1885 II. b. T. 4844, Reinigung und Desinfektion der Warte­ säle, Bahnsteige Erl. v. 1. April 1898 E.-V.-Bl. S. 81 v. 23. Febr. 1900 betr. Reinhaltung u. Desinfektion der Bedürfnißanstalten auf d. Bahnhöfen (E.-V.-Bl. S. 100). Bedienung der Reisenden an den Bahnhof-Büffets (Erl. v. 23. Aug. 1890 E.-V.-Bl. S. 214). Einer mißbräuchlichen Benutzung der Wartesäle von Seiten anderer Personen wird der Stationsvorsteher durch entsprechende Aus­ übung des ihm zustehenden Aufsichtsrechts vorbeugen können (Erl. v. 30. Mai 1878'II. T. 1009 und 15. März 1881 II. b. T. 1435). Vgl. hierzu §§ 2 u. 5 Verk.-Ord. (Anm. 11 u. 16) und §§ 54, 55 Betr.-Ord., wonach — außerhalb

der bestimmungsmäßig dem Publikum für immer und zeitweise geöffneten Räume — Niemand die Station ohne Erlaubnißkarte betreten darf, mit Ausnahme der in §§ 54 und 55 der Betr.-Ord. § 44 Bahn-Ord. bezeichneten Beamten rc. Zu den nur zeitweise geöffneten Räumen gehören auch die Perrons (Bahnsteige). Auf dieselben findet daher § 123 St.-G.-B. (Hausfriedensbruch) Anwendung (Reichsger. 29. Januar 1881, Eisenbahnrechtl. Entsch. Bd. 1 S. 375), desgleichen auf den Bahnhof (Reichsger. 4. Mai 1885 eod. Bd. 4 S. 156), die Empfangs­ gebäude, deren Flure rc.; insbesondere sind Dienstmänner oder sonstige Ge­

werbetreibende nicht berechtigt, sich in diesen Räumen aufzustellen (Ob.-Land.-Ger. Rostock 25. Juli 1885, eod. Bd. 4 S. 304—308; in Bayern auch nicht auf den zu diesen Räumen führenden, dem Eisenbahnfiskus gehörigen Straßen und Plätzen

(Ob.-Land.-Ger. München 1. Juni 1886, eod. Bd. 5 S. 41; den Wartesaal (Ob.-Land.-Ger. Naumburg 21. Juni 1888, eod. Bd. 7 S. 12).

53) Nach Satz 2 des § 15 sind die Eisenbahnen nur insoweit in der bezeichneten Nachtzeit den Aufenthalt in dem Warteraum zu gestatten verpflichtet, als derselbe während dieser Zeit ohnedies (aus dienstlichen rc. Gründen, wegen ankommender und abgehender Züge) geöffnet sein muß.

Anderenfalls ist die

Gestattung des Aufenthaltes in das Belieben der Verwaltung gestellt. Voraus­ setzung ist, daß der Reisende mit durchgehender Fahrkarte auf einer Ueber-

gangsstation angekommen ist.

Auch dehnt sich die Erlaubnis nur auf die

Frist bis zum Abgänge des von ihm zu benutzenden nächsten Zuges aus, und

ferner nur auf den Warteraum derjenigen Bahn, auf welcher er die Reise fort-

§15

70 setzt.

Abschnitt III.

§ 16.

Ein- und Aussteigen.

Doch soll nach einem Erlasse des Preuß. Min. d. off. Arb. v. 20. Dezbr.

1892, II (IV) 11019 (E.-D.-Bl. S. 101) von dieser Beschränkung nur in thun-

lichst geringem Umfange Gebrauch

gemacht und namentlich Reisenden, welchen

die Weiterreise am nämlichen Tage infolge Zugverspätung unmöglich gemacht wird, bis zum Abgänge des nächsten Zuges der Aufenthalt in den Warteräumen

stets gestattet werden.

§. 16.

Ein- und Aussteigen. (1) Die Aufforderung zum Einsteigen in die Wagen erfolgt durch Abrufen oder Abläuten in den Warteräumen oder auf den Bahnsteigen.") (2) Solange der Zug sich in Bewegung befindet, ist das Ein­ und Aussteigen, der Versuch oder die Hülfcleistung dazu, sowie das eigenmächtige Oeffnen der Wagenthüren verboten.") (3) Gleise dürfen vom Publikum nur an den hierfür bestimmten Stellen betreten oder überschritten werden. Bei dem Verlassen der Station ist der dazu bestimmte Ausgang zu benutzen.") § i6 54) Während § 16 Abs. 1 der bisherigen Verk.-Ord. für die Aufforderung L zum Einsteigen in die Wagen drei verschiedene Formen: 1) Abrufen in den Warteränmen oder 2) Abläuten

in den Warteräumen oder 3) ein aus zwei

Schlägen der Stationsglocke bestehendes Signal obligatorisch vorschrieb, hat die

neue Verk.-Ord. das Signal durch zwei Schläge mit der Stationsglocke in Fortfall gebracht, nachdem dieses Zeichen als den Verhältnissen der meisten Bahnen nicht mehr entsprechend auch in der Signalordnung weggefallen ist. Da­ gegen ist mit Rücksicht auf das je nach der Oertlichkeit verschiedene Bedürfniß neu bestimmt, daß das Abrufen oder Abläuten zum Einsteigen nicht nur — wie bisher — in den Warteräumen, sondern auch „auf den Bahnsteigen" er­

folgen kann. (Gorden S. 7.) Demnach sind nunmehr vier verschiedene Formen bestimmt, nämlich 1. Abrufen in den Warteräumen, 2. Abläuten in den Warterämnen, 3. Abrufen auf den Bahnsteigen, 4. Abläuten auf den Bahnsteigen.

Eine dieser vier Formen muß zur Anwendung kommen, eine Kumulirung mehrerer oder aller vier Formen ist zwar nicht verboten, würde aber unzweckmäßig sein, weil dadurch leicht Zweifel und Verwirrung entstehen kann. Ueberhaupt

kann gegenüber der einheitlichen obligatorischen Vorschrift des alt. Regl.

§ 15 (Zeichen durch zwei Glockenschläge) die vorliegende fakultative Vorschrift welche den Eisenbahnverwaltungen bezw. Staaten die Wahl unter vier Zeichen läßt, nicht als ein Fortschritt bezeichnet werden, weil bei der Annahme ver­

schiedener Zeichen in den einzelnen Bezirken Zweifel und Uuzuträglichkeiten entstehen müssen. De lege ferenda empfiehlt sich die obligatorische Wiederein­ führung eines einheitlichen Zeichens für das ganze Reichsgebiet.

Abschnitt III.

71

§ 16. Ein- und Aussteigen.

Im Gebiete der Preuß. Staatseisenbahnverwaltung erfolgt die Aufforderung

zum Einsteigen in die Eisenbahnwagen

durch

Abrufen in den Warteräumen;

ein Abläuten in denselben oder ein Abrufen oder Abläuten auf den Bahnsteigen findet nicht statt.

Nachtheile aus der Nichtbeobachtung der Vorschrift des § 16 Abs. 1 können im Rechts- und im Aufsichtswege verfolgt werden. Andererseits verliert der Reisende, welcher der Aufforderung zum Eiusteigen nicht Folge leistet und nicht bis zum Abfahrtszeichen (s. § 19 Abs. 1) einsteigt, den Anspruch auf die Fahrt (auch mit einem späteren Zuge) und jede Entschädigung (§ 19 Abs. 2) — außer jm Falle des § 19 Abs. 3. (Vgl. noch Verk.-Ord.'h 19 (Anm. 70 u. 71) und

Betr.-Ord. § 61 Bahn-Ord. § 44 Abs. 8.)

Jeder Personenwagen soll Merkmale

welche

enthalten,

dem

Reisenden

das Auffinden der Wagevjlasse wie der benutzten Wagenabtheilung

erleichtern.

(Betr.-Ord. § 18 Abs. 3).

Die Personenwagen müssen mit Vorrichtungen zur

Beleuchtung derselben im Innern versehen sein.

(Betr.-Ord. § 14 Abs. 4.)

Für die Preuß. Eisenbahnen sind hier noch folgende Bestimmungen her­ vorzuheben: Der Stationsvorsteher hat die genaue Befolgung der Bestimmungen

über das Rufen zum Einsteigen rc. zu überwachen.

(Dienstanweisung für die

im Staats-Eisenbahndienst beschäftigten Stationsbeamten von 1886 § 26 II. a. P. 1540.) Bei dem Abrufen der Reisenden aus den Wartesälen ist ein lärmendes Rufen, welches die Reisenden belästigt, nicht zu dulden.

1884 II. b. T. 4795.)

(Erl. vom 12. August

Auf allen größeren Kreuzungs- und Abweichungsstationen

sollen die Fahrtrichtung und der Aufstellungsort der verschiedenen Züge durch Tafeln auf den Perrons und an den Zügen in möglichst deutlicher Weise den

Reisenden bezeichnet werden.

(Erl. vom 20. Februar 1878 Ziff. 2 Litt. B. sE.-

V.-Bl. S. 42].) Auf der Abgangsstation sind sämmtliche Coupes, über welche nicht für besondere Zwecke schon anderweitig verfügt ist, zu öffnen. (Erl. vom 21. Dezember 1880 sE.-V.-Bl. S. 547].)

Die Wagendecken von Personenwagen,

welche längere Zeit nicht benutzt worden und der andauernden Einwirkung der

Sonnenhitze ausgesetzt gewesen sind, sind in angemessener Zeit vor der Ein­ stellung

in

die

Züge mit kaltem Wasser zu begießen und die Coupes

durch

Oeffnen der Thüren und Fenster gehörig zu lüften, um die entstandene heiße und dicke

Luft,

welche

Erkrankungen herbeiführen kann,

zu beseitigen.

(Erl. vom

25. Juni 1883 sE.-D.-Bl. S. 163], 12. Juni 1889 eod., S. 213 u. 22. Juli 1893 eod. S. 268.)

Die Waschvorrichtungen in den Personenwagen sind

vor der

Einstellung derselben in die Züge zu reinigen, die Wasserreservoirs mit frischem

Wasser zu füllen und letzteres auf Zwischenstationen mit längerem Aufenthalte zu erneuern. (Erl. vom 25. Juni 1883 ^E.-V.-Bl. S. 163]. Vgl. auch Erl. vom 17. Oktober 1885 II. b. T. 4844, betr. Wascheinrichtungen auf den Stationen.) Die Bedürfnißanstalten in den Zügen sind sorgfältig reinzuhalten und von Zeit zu Zeit zu desinficiren (Erl. vom 28. Juli 1893 E.-V.-Bl. S. 262). Ueber Klosets in den Zügen: Erl. vom 21. Dezember 1878 II. 25050, 26. Juli 1882 II. a. 10281, 5. Dezember 1885, II. a. (b) 19515.)

Reinigung und Desinfektion

der Personenwagen (Erl. vom 1. April 1898 E.-V.-Bl. S. 81).

Die Coupes

sind während der kalten Jahreszeit zu Heizen, und, so lange Platz vorhanden, stets — nicht nur während der warmen Jahreszeit — mäßig zu besetzen und

72

Abschnitt III.

nicht zu Überfüllen. die Züge einzustellen.

§ 16.

Ein- und Allssteigen.

Auch sind nur vollkomlnen gereinigte Personenwagen in Erl. vom 6. März 1870 II. 2980 —

II. Mai 1871 II.

8347 — 23. September 1875 V. 8482 — 14. Februar 1878 II. 2243 - 21. Dezbr. 1883 II. 19112 Erl. vom 21. Dezember 1880, E.-D.-Bl. 1880 S. 547, 1884 S. 311. Erl. vom 21. August 1881 II. T. 5245, 11. Juli 1888 E.-V.-Bl.

S. 179. g§iß 55) Abs. 2 des § 16 faßt in beinahe wörtlicher Uebereinstimmung mit § 61 4bf‘2* der Betr.-Ord. bzw. § 44 Abs. 8 u. 9 Bahn-Ord. die Bestimmungen des § 16

Satz 2 und des § 19 Abs. 3 des alten Betr.-Regl., jedoch mit nicht unwesent­ licher Veränderung zusammeu. Es verbietet absolut das Ein- und Aussteigen,

den Versuch oder die Hülfeleistung dazu, sowie das eigenmächtige Oeffnen der Wagenthüren, so lange der Zug sich in Bewegung befindet. Daraus folgt e contrario, daß, wenn der Zug steht, alle diese Handlungen gestattet sind, falls nicht verwaltungsseitige Anordnungen dieselben untersagen (§ 2). Die Uebertretung des Verbots des § 16 Abs. 2 kann — abgesehen von deil civil­ rechtlichen Folgen im Falle der Beschädigung oder Verletzung — die aus § 20 Abs. 3 Verk.-Ord., §§ 53, 62 Betr.-Ord., §§ 43—45 Bahn-Ord. folgenden bahnpolizeilichen Strafen und, wenn zugleich die Gefährdung eines Eisenbahn­ transportes oder die Verletzmlg anderer Personen vorliegt, die Strafen aus § 316 St.-G.-B. nach sich ziehen. Insbesondere ist die Uebertretung des Verbots in der Regel geeignet, den Einwand des eigenen Verschuldens des Ver­ letzten im Sinne des §1 des Reichshaftpflichtgesetzes vom 7. Juni 1871 zu begründen. Doch kann dies nach Lage der Sache auch ausnahmsweise nicht der Fall sein, z. B. wenn das Absteigen oder Abspringen von den Wagen, Oeffnen der Wagenthüren rc. entschuldbar bei drohender Lebensgefahr (Zusammenstoß,

Entgleisung) erfolgt, oder das Zugpersonal zu der verbotswidrigen Handlung die Anregung gegeben oder dabei mitgewirkt hat oder wenn ein gleiches oder größeres Verschulden des Zug- oder Stationspersonals vorliegt, z. B. der Stationsbeamte den verbotswidrig auf den bereits in Bewegung befindlichen Zug gesprungenen Passagier, der dort schon festen Fuß gefaßt hat, wieder hernnterreißt und dadurch

zu Schaden bringt rc. (Vgl. über konkurrirendes Verschulden pflichtgesetz 5. Aufl. Anm. 12 S. 160 ff. insbes. S. 164—169 u. Entscheidungen; Riesenfeld, Eisenb. Entsch. u. Abh. XII. S. R.-O.-H.-G. 9./5. 1876. Entsch. Bd. 20. S. 135. Reichsger.

Eisenb.-Entsch. XII. S. 202.

Eger, Haft­ die dort eit. 253—261. — 1./10. 1894.

17./9. 1891. IX. S. 76. — 2./1. 1893. X. S. 44.

— 10./5. 1894. XII. S. 12.

Vgl. hierzu noch in Betreff des Verschlusses der Personenwagen § 14 Betr.Ord. — Bekanntm. v. 8. Juli 1899 (R.-G.-Bl. S. 372) —, sowie Erl. des Preuß. Min. der öffentl. Arb. vom 21./12. 1880 betr. das Oeffnen der Wagen­

thüren auf der Abgangsstation (E.-V.-Bl. S. 547.)

§ 16 56) Abs. 3 wiederholt im Sah 1 die Vorschrift des § 54 Abs. 2 Satz 1 Abs- 3- Betr.-Ord. § 44 Abs. 2 Bahn-Ord. und im Satz 2 die Bestimmung des § 19 Abs. 4 des alten Betr.-Regl. Aus der Vorschrift des korrespondireuden Alinea 4, § 19 des alten Betr.-Regl., wonach Niemand den Bahnhof in einer anderen als der angewiesenen Richtung verlassen darf, folgert das Reichsgericht zutreffend, daß die Pflicht

Abschnitt III-

§ 17. Anweisung der Plätze.

aus dem Transportvertrage auch

Frauenabtheilungen.

die Verbindlichkeit umfaßt,

73

dem Reisenden

einen zweckentsprechenden Ausgang zu gewähren, und daß daher, wenn der Reisende durch einen mangelhaften Ausgang (Weg rc.) Schaden erleidet, die

Eisenbahn schadensersatzpflichtig ist. (Reichsger. vom 27. Januar 1887, Eisenbahnrechtl. Entsch. Bd. 5 S. 237 f. Vgl. 22. April 1881 eod. Bd. 2 S. 14.)

„Denn mit dem

Transportvertrage — heißt es in den Gründen — über­

nimmt der Eisenbahnunternehmer der Verbindlichkeit, Personen von einem Orte zum anderen dem Fahrbillet gemäß zu befördern, und diese Verbindlichkeit kann

nicht schon im Augenblicke der Ankunft des Bahnzuges auf dem Bahnhöfe des Bestimmungortes als erfüllt gelten, sie umfaßt vielmehr auch die Verpflichtung, dem Reisenden einen zweckentsprechenden Ausgang aus dem der Eisenbahngesellschast gehörigen Bahnhöfe zu gewähren. Wenn das Eisenbahn-Betriebs­ reglement in § 19 vorschreibt, daß Niemand den Bahnhof in einer anderen als

der angewiesenen Richtung verlassen darf, so folgt daraus auf der anderen Seite,

daß der Eisenbahnunternehmer die Richtungen anzuweisen hat, in welchen die beförderten Personen den Bahnhof verlassen dürfen, und daß diese Anweisung

in einer die Sicherheit der Reisenden berücksichtigenden Weise erfolgen muß." (Vergl. auch § 5 der Verk.-Ord. und §§ 53—55 Betr.-Ord. §§ 43, 44 Bahn-Ord.) Auch an die Nichtbeachtung dieser Vorschriften ist zwar kein besonderes

Präjudiz geknüpft, es kann aber bei etwaiger Renitenz der Allsschluß von der Fahrt gemäß § 20 Verk.-Ord. und überdies als Verstoß gegen § 53 Betr.-Ord., § 44 Bahn-Ord. die Strafe des § 62 bezw. § 45 ibid. eintreten. Auch kann eine

derartige Kontravention

gleichfalls

den Einwand

des

eigenen Verschuldens

im Sinne des § 1 des Reichshaftpflichtgesetzes vom 7. Juni 1871 begründen

(s. Anm. 55 S. 72).

§. 17.

Anweisung der Plätze.

Frauenabtheilungen.

(1) Einzelne bestimmte Plätze werden nicht verkauft.")

Eine

Ausnahme ist nur für bestimmte Züge mit besonderen Einrichtungen

und für besonders ausgestattete Wagen zulässig.")

Beim Einsteigen

ist es dem Reisenden gestattet, für sich und mitreisende Angehörige je einen Platz zu belegen.") (2) Die Bediensteten sind

berechtigt und

auf Verlangen der

Reisenden verpflichtet, denselben ihre Plätze anzuweisen.")

(3) Die mit durchgehenden Fahrkarten ankommenden Reisenden

haben den Vorzug vor neu hinzutretenden.") (4) Allein reisende Frauen sollen auf Verlangen möglichst nur mit Frauen zusammen in

eine Abtheilung

gesetzt werden.")

In

jedem Zuge muß mindestens je eine Frauenabtheilung für die Reisen­ den der zweiten und der dritten Wagenklasse vorhanden sein, sofern in dem Zuge wenigstens 3 Abtheilungen'der betreffenden Wagenklasse

74

Abschnitt III.

fich befinden.")

§ 17.

Anweisung der Plätze.

Auch in Zügen,

Frauenabtheilungen.

in welchen fich Wagen mit ge­

schloffenen Abtheilungen nicht befinden, ist thunlichst eine besondere

Abtheilung für Frauen einzurichten.") §17 57) Abs. 1 Satz 1 spricht den Grundsatz aus, daß der BeförderungsSatz i. vertrag nicht auf die Benutzung eines einzelnen bestimmten Platzes, sondern nur auf die Mitfahrt bezw. einen Platz in der entsprechenden Klasse überhaupt gerichtet werden darf. Demgemäß werden in der Regel (s. jedoch Satz 2 Anm. 58) einzelne bestimmte Plätze bezw. die Fahrkarten für solche nicht verkauft.

Die Nichtbeobachtung ist von dem Benachtheiligten zivilrechtlich und im Aufsichts­

wege verfolgbar. § 17

58) Abs. 1 Sah 2 gestattet eine Ausnahme von der Regel des Satzes 1. 2. Darnach ist der Verkauf von Fahrkarten für bestimmte Plätze ausnahms­ weise zulässig, jedoch nur für bestimmte Züge mit besonderen Einrich­ tungen (z. B. Orientexpreßzüge) und für besonders ausgestattete Wagen (Schlaf-, Restaurationswagen). Diese Voraussetzungen müssen vorhanden sein, um die qu. Ausnahme zu rechtfertigen. Darin liegt implicite ausgesprochen, daß

die betreffenden Züge vorher tarifarisch bezw. durch die Fahrpläne und Bekannt­

machungen bezeichnet sein müssen. Demgemäß bestimmen z. B. die bes. Best, § 17 Verk.-Ord.:

der Preuß. Staatsb. zu

„Bei denjenigen in den Fahrplänen mit dem Buchstaben D

(Durchgangszug) besonders bezeichneten Zügen, deren Wagen durch Gänge und gedeckte Uebergangsbrücken mit einander verbunden und mit numerirten Plätzen

versehen sind (s. g. Harmonikazüge), ist für die Benutzung eines solchen Platzes außer dem Fahrpreise ein Zuschlag von 1 Mark für die III. Klasse und 2 Mark für die II. und I. Klasse gegen Aushändigung einer Platzkarte zu zahlen. Im

Falle der Benutzung der Durchgangszüge auf Strecken von nicht mehr als 150 km beträgt die Plahgebühr 0,50 Mark für die III. Klasse und 1 Mark für die II. und I. Klasse.

Durch Belegen eines numerirten Platzes wird ein Anspruch auf

denselben nicht erworben.

Kinder, für welche Fahrkarten gelöst werden müssen,

haben für Platzkarten den vollen Betrag zu entrichten.

Das Nähere über den

Verkauf der Platzkarten wird durch Aushang auf den Stationen bekannt gemacht."

Ueber die Zulässigkeit dieser Bestimmung: Landger. Dresden Eisenb. Entsch. Bd. XII

19. April 1895

S. 310 ff. — Landger. Berlin 10. Dezember 1894

Bd. XII S. 117. Vergl. Erl. des Preuß. Minist, d. öffentl. Arb. vom 12. September 1893 betr. die Unterbringung der Reisenden in den Durchgangszügen (E.-V.-Bl. 1893 S. 300).

§17 59) Dieser Satz ist in Abänderung des früheren Regl. (§ 12 Abs. 1), welches ©Vil ein Vorausbelegen einzelner bestimmter Plätze nicht gestattete, ausgenommen. Nur beim Ein st eigen aber — nicht vorher — ist das Belegen der Plätze ge­ stattet und erstreckt sich nur auf die eigene Person und mitreisende Angehörige,

nicht auf Dritte. Wird der Platz auf Zwischenstationen verlassen, ohne gehörig belegt zu sein, so muß sich der Betreffende, wenn der Platz inzwischen ander­

weitig besetzt ist, mit einem andern Platze begnügen. bisherigen Platz geht er verlustig' (s. § 24 Abs. 2).

Des Anspruchs auf den

§ 18. Tabackrauchen in den Wagen.

Abschnitt III.

75

60) Abs. 2 überträgt auf das Dienstpersonal das Recht und die Pflicht §n zur Anweisung der Plätze. Im Streitfälle, namentlich in Bezug auf Abs. 1, 91 * greift § 3 Platz.

61) d. h. diesen Reisenden sind in erster Reihe Plätze zu gewähren bezw. die innegehabten zu belassen. Sie haben darauf einen im Rechts- und Aussichts-

3*

Wege verfolgbaren Anspruch.

62) Bezüglich der Anweisung und Vertheilung der Plätze (Abs. 2) spricht §n ALs. 4 Satz 1 den Grundsatz aus, daß allein reisende Frauen auf Ber- Jatzi. langen möglichst nur mit Frauen zusammen in eine Abtheilung zusammengesetzt werden sollen. Diese Direktive ist stets zu beachten, wenn es verlangt wird und wenn es nach Maßgabe der vorhandenen Abtheilungen und Plätze möglich ist

(vgl. Anm. 63). Vgl. noch die Fahrplan-Vorschr. f. d. Preuß. Staatsb. v. 1. Mai 1900 Abschn. III B. § 17 a-c.

63) Abs. 4 Satz 2 enthält die obligatorische Bestimmung, daß in jedem Zuge mindestens je eine Frauenabtheilung für die II. und III. Wagenklasse

§n

vorhanden sein muß. Mehr als eine Abtheilung kann nicht verlangt werden. Die IV. Klasse hat auf eine solche überhaupt keinen Anspruch. (Doch sollen nach den Fahrplan-Vorschr. f. d. Preuß. Staatsb. Abschn. III B § 17a auch bei der IV. Klasse thunlichst in allen Zügen, jedenfalls aber in jedem durchlaufenden oder längere Strecken befahrenden Zuge entsprechende Räume für Frauen bereit und gegen die Männerabtheilung abgeschlossen gehalten werden.) Auch ist die Gewährung der besonderen Abtheilungen von der Voraussetzung abhängig, daß in dem Zuge mindestens drei Abtheile der betreffenden Wagenklasse sich befinden. In den Frauenabtheilungen darf nicht geraucht werden (s. § 18 Abs. 3 Anm. 67). „Die Schaffner haben streng daraus zu halten, daß die Damencoupes

nur von Damen benutzt werden" (Dienstanweisung f. d. im preuß. Staatseisen­ bahndienst beschäftigten Schaffner). Vgl. d. Erl. des Preuß. Hand.-Min. vom 16. Mai 1878, E.-V.-Bl.

1878 S. 160, tetr, die Zulänglichkeit der Damen­

coupes, und Erl. d. Preuß. Min. der öffentl. Arb. vom 1. Nov. 1880 betr. deren

Einrichtung in der IV. Klasse durchgehender Züge, E.-V.-Bl. 1880 S. 520. Vgl. noch die Erl. vom 7. Februar 1885 II. b. (a.) 1657 und 7. März 1885 II. a. 3713 IV. 431, betr. die Bezeichnung der Coupes für Frauen, und vom 25. März 1881 II. a. 3483, betr. die Einstellung von Frauencoupes bei der Berliner Stadtund Ringbahn.

64) Diese Bestimmung bezieht sich auf Wagen nach dem s. g. amerikanischen §n System, s. Fahrplan-Vorschr. für die preuß. Staatsb. v. 1. Mai 1900 Abschn. III JA H § 17 lit. a. Satz 2.

§• 18. Tabackrauchen in den Wagen. (!) In der ersten Wagenklaffe darf nur mit Zustimmung aller

in derselben Abtheilung mitreisenden Personen geraucht werden.

Die

76

Abschnitt III.

§ 18. Tabackrauchen in den Wagen.

Eisenbahn kann jedoch Abtheilungen erster Klasse für Raucher und

für Nichtraucher einstellen, welche als solche zu bezeichnen sind.") (2) In den übrigen Wagenklassen ist das Rauchen gestattet.

Zu

jedem Personenzuge müssen jedoch Abtheilungen zweiter und, voraus­

gesetzt, daß die Beschaffenheit der Wagen es gestattet, auch dritter Klasse für Nichtraucher vorhanden fein.66) (3) In den Nichtraucher-

und in den Frauen-Abtheilungen ist

das Rauchen selbst mit Zustimmung der Mitreisenden nicht gestattet.

Auch dürfen solche Abtheilungen nicht mit brennenden Cigarren oder

Pfeifen betreten werden.6') (4) Brennende Tabackspfeifen müssen mit Deckeln versehen sein.66) 18 Slds. 1.

65) Abs. 1 Satz 1 macht in der I. Wagenklasse das Tabakraucher, von der Zustimmung sämmtlicher in derselben Abtheilung mitreisenden Personen abhängig. Sind jedoch, was Sah 2 gestattet, besondere Abthei­ lungen für Raucher und Nichtraucher eingestellt, so bedarf es in den RaucherAbtheilungen dieser Zustimmung selbstredend nicht, während in den Nicht­ raucher-Abtheilungen, ebenso wie in den Frauen-Abtheilungen, das Ranchen alsdann selbst mit Zustimmung der Mitreisenden verboten ist (s. Abs. 3 S. 1 Anm. 62).

Zuwiderhandeln gegen diese Verbote kann die in § 20 Abs. 2 Verk.-Ord. und § 62 Betr.-Ord. § 45 Bahn-Ord. angedrohten Strafen zur Folge haben.

„Die Schaffner haben streng darauf zu halten, daß die Abtheilungen für Nicht­ raucher nur von nichtrauchenden Personen benutzt werden." (Dienstanweisung für die im Preuß. Staats-Eifenbahndienst beschäftigten Schaffner vom 1. April 1884 § 12 Ziffer 6.) Das Fahrpersonal hat gegen vorschriftswidriges Rauchen in Nichtraucher-Abtheilungen selbstständig einzuschreiten und nicht erst Beschwerden der Mitreisenden abzuwarten (Preuß. Erl. vom 10. August 1880 sE.-V.-Bl. S. 434]); auch ist zu verhüten, daß Nichtraucher-Abtheilungen mit brennen­ den Cigarren oder Pfeifen bestiegen werden (Erl. v. 18. November 1885 sE.-V.-Bl. S. 372]) (s. § 18 Abs. 3 Satz 2) u. Fahrpl.-Vorsch. f. d. Preuß.

Staatsb. v. 1. Mai 1900 Abschn. III § 17 Ziff. 2 g. In der I. Klasse sind auf Verlangen einzelner im Besitz entsprechender

Fahrkarten befindlicher Reisenden die rauchenden Mitreisenden von Amtswegen zur Einstellung des Rauchens zu veranlassen. Reisende I. Klasse haben

unbedingt das Recht, die Anweisung eines Platzes in einer Abtheilung zu ver­ langen, in welcher nicht geraucht wird. Sind daher keine besonderen Abtheilungen für Nichtraucher im Zuge vorhanden, so haben die Eisenbahnbeamten die Pflicht,

auf Verlangen eines Reifenden dafür zu sorgen, daß in der Abtheilung, in welcher demselben ein Platz angewiesen ist, das Rauchen eingestellt wird und unterbleibt. Den Reisenden zuzumuthen, hierfür selbst zu sorgen und sich den damit möglicher­ weise verbundenen Unannehmlichkeiten auszusetzen, ist durchaus unstatthaft. Das Publikum ist durch Anschlag in allen Abtheilungen I. Klasse aus die Bestimmung der Verk.-Ord. hinzuweisen (Erl. vom 24. Mai 1869 II 8365).

§ 18. Tabackrauchen in den Wagen.

Abschnitt III.

77

Ueber die Kenntlichmachung bezw. Bezeichnung der Nichtraucher- und Raucher-

Abtheilungen s. Erl. des R.-E.-B.-A. vom 7. September 1878 und Erl. des Preuß. Hand.-Min. vom 2. Oktober 1878, E.-V.-Bl. S. 257, ferner Erl. des Preuß. Min. der off. Arb. vom 10. August 1880, E.-D.-Bl. S. 434, 7. Juli

1881, E.-V.-Bl., S. 224, 14. Oktober 1882, E.-V.-Bl. S. 346, 31. Okt. 1883, E.-V.-Bl., S. 206, 25. Januar 1884, II a. T. 252, 7. Februar 1885, II b. (a.) 1657 und 7. März 1885, II a. 3715 (betr. übereinstimmende Bezeichnung der Abtheilungen für „Nichtraucher" und „Raucher"), 18. November 1885, E.-V.-Bl. S. 372, 4. Januar 1889, E.-V.-Bl. S. 30, 1. Juli 1889, eod. S. 216. Die Fahrplan-Vorschr. für d. Preuß. Staatsb. v. 1. Mai 1900, Abschn. III, § 17 Ziff. 2 lit. a. bestimmen: „Für die I. Klasse gelten bezüglich des Rauchens und Nichtrauchens folgende Vorschriften: Befindet sich in einem Zuge nur ein Abtheil I. Klasse, so ist das Rauchen in demselben nur unter Zustimmung aller

in diesem Abtheil mitreisenden Personen gestattet. Diese Bestimmung findet auch auf einzelne Kurswagen Anwendung, die nur ein Abtheil I. Klasse führen. Be­ finden sich in einem Zuge zwei Abtheile I. Klasse, so ist je eins für Raucher und für Nichtraucher zu bezeichnen. Sind in einem Zuge mehr als zwei Abtheile I. Klasse vorhanden, so ist nicht mehr als der dritte Theil der vor­ handenen Abtheile als Raucherabtheile zu bezeichnen. Die übrigen sind als Ab­ theile für Nichtraucher und Frauen kenntlich zu machen."

66) Im Gegensatz zur I. Wagenklasse gestattet Abs. 2 Satz 1 in den übrigen Wagenklassen (II, III u. IV) das Rauchen ganz allgemein. Doch schreibt Satz 2 obligatorisch vor, daß bei jedem Personenzuge Abtheilungen zweiter, und, falls die Beschaffenheit der Wagen es gestattet, auch dritter Klasse für Nichtraucher vorhanden sein müssen. Für die II. Klasse ist also diese Vorschrift ganz absolut, für die III. Klasse von der Beschaffenheit der Wagen abhängig. Befolgt die Verwaltung die Vorschrift nicht, so wird daraus nicht gefolgert werden können, daß alsdann das Rauchen in diesen Wagenklassen nur mit Zustimmung

der Mitreisenden zulässig ist.

Wohl aber macht sich die Zuwiderhandelnde Bahn

im Aufstchts- und auch im Rechtswege verantwortlich. Ueber die Obliegenheiten der Verwaltung bezw. des Dienstpersonals in Betreff der Nichtraucher-Abtheilungen, sowie der Bezeichnung derselben s. Anm. 65

S. 76, 77. Die Fahrplan-Vorschr. f. d. Preuß. Staatsb. v. 1. Mai 1900 Abschn. III § 17 Ziff. 2 litt, b—g bestimmen: In allen Zügen mit Personen­

beförderung ist die Hälfte der Abtheile II. Klasse, ohne Einrechnung der Frauenabtheile, und die Hälfte der Abtheile III. Klasse, einschließlich der Frauenabtheile, als für Nichtraucher bestimmt bereit zu halten und zu bezeichnen. Bei eintretendem Bedarf sind die Nichtraucher-Abtheile zu vermehren. Abweichungen hiervon sind nur zulässig,

soweit in einzelnen Fällen anderweite Einrichtungen

(besondere Raucher-Abtheile, Durchgangswagen usw.) oder sonstige zwingende Hinderungsgründe bestehen. Ist in Folge besonderer Anordnung in gemischten

Zügen der Hauptbahnen nur je ein Abtheil II. darf in diesem Abtheil nur unter Zustimmung Personen geraucht werden. In derartigen Fällen Pappschilder mit der Aufschrift: „Das Rauchen

und III. Klasse vorhanden, so aller in demselben mitreisenden sind in den einzelnen Abtheilen ist nur unter Zustimmung aller

,

§is

78

Abschnitt III.

Mitrieisenden gestattet"

§ 19. Versäumung der Abfahrt.

aufzuhängen.

Nichtraucher-Abtheile innerhalb

der vor­

geschriebenen Zahl dürfen während der Fahrt nicht zu Raucher-Abtheilen umge­ wandelt werden, auch wenn die Raucher-Abtheile überfüllt sind. Wegen Mangels au Raucher-Abtheilen darf ein Verstärkungswagen nicht eingestellt werden, viel­ mehr müssen dann die Raucher in Nichtraucher-Abtheilen untergebracht werden,

wo sie sich des Rauchens zu enthalten haben. Das Zugpersonal ist verpflichtet, zu verhindern,

daß Nichtraucher-Abtheile

oder Nichtraucherwagen mit brennender Cigarre oder Pfeife bestiegen

werden.

Irr den Abtheilen für „Frauen" und „Nichtraucher" ist das Rauchen — auch mit Zustimmung aller in demselben mitreisenden Personen — nicht gestattet. Gegen das Rauchen in Frauen- und Nichtraucher-Abtheilen muß das Zugpersonal

selbstständig und nicht erst auf Beschwerde der Reisenden einschreiten. (Vgl. auch Erl. v. 13. Nov. 1885 und 13. Septbr. 1892 E.-V.-Bl. S. 372 bezw. 287 und 4. Juli 1895 E.-V.-Bl. S. 513.) Ferner bestimmt § 17 Ziff. 7 a—c a. a. O.: a) Die Züge sind von den Ausgangsstationen so zusammenzusetzen, daß die vorgeschriebene Zahl der verschiedenen Arten der Abtheile darin enthalten ist oder eingerichtet werden kann. Die Zugführer müssen auf den Zug­ bildungsstationen, bevor das Einsteigen beginnt, auf den Zwischenstationen, sobald neue Wagen in den Zug eingestellt werden, durch Umlegen der Schilder dafür sorgen, daß die Abtheile in der vorgeschriebenen Zahl als

Frauen-, Raucher- und Nichtraucher-Abtheile bezeichnet sind. Eine Be­ zeichnung von Raucher-Abtheilen II. und III. Klasse findet nicht statt. b) Jedes für Frauen oder Nichtraucher bestimmte Abtheil II. oder III. Klasse,

sowie jedes Frauenabtheil IV. Klasse muß außen und innen als solches bezeichnet sein. c) Die Abtheile I. Klasse erhalten nur die äußere Bezeichnung. Vgl. noch § 17 Ziff. 4 a. a. O. über die Einstellung von Abortabtheilen und Ziff. 5 über die Geltung vorstehender Vorschriften für v-Züge.

§i8 67) Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen des Abs. 3 ziehen für den Abs.3. Rbisenden die Strafen des § 20 Abs. 2 bezw. § 29 Verk.-Ord. § 62 Betr.-Ord. § 45 Bahn-Ord. nach sich. § 18 68) Die Bestimmung bezieht sich nur auf brennende Tabackspfeifen, während 81bi-4- die entsprechende Vorschrift des alten Regl. (§ 22 Abs. 2 S. 3) sich ans alle

Tabakspfeifen, gleichviel ob brennend oder nicht, bezog.

§• 19. Versäumung der Abfahrt. (1) Nachdem das vorgeschriebene Abfahrtszeichen durch die Dampf­ pfeife der Lokomotive oder die Mundpfeise des Zugführers gegeben ist, wird Niemand mehr zur Mitreise zugelassen. °°) (2) Dem Reisenden, welcher die Abfahrtszeit versäumt, steht ein Anspruch weder aus Rückerstattung des Fahrgeldes, noch auf irgend eine andere Entschädigung zu.'°)

Abschnitt III.

§ 19. Versäumung der Abfahrt.

79

(3) Lautet die Fahrkarte aus einen bestimmten Zug, so kann sich der Reisende auch eines anderen, am nämlichen oder am folgenden Tage nach der Bestimmungsstation abgehenden Zuges bedienen, so­ fern er seine Fahrkarte ohne Verzug dem Stationsvorsteher vorlegt und mit einem Vermerk über die Gültigkeit versehen läßt. Der gleiche Vermerk ist erforderlich, wenn die Fahrkarte auf einen be­ stimmten Tag lautet und der Reisende erst am folgenden Tage die Fahrt antreten will. Bei Benutzung eines höher tarifirten Zuges ist die Fahrkarte gegen Entrichtung des Preisunterschieds umzu­ tauschen. Bei Benutzung eines niedriger tarifirten Zuges ist der Preisunterschied zu erstatten.") (4) Eine Verlängerung der für Rückfahrten, Rundreisen und dergleichen festgesetzten Frist wird hierdurch nicht herbeigeführt.")

Der Vermerk über die Gültigkeit kann auch dann verlangt werden, wenn die Fahrkarte auf einer Station, deren Bahnsteige abgesperrt sind, zum Betreten des Bahnsteigs benutzt worden ist. Von der Erhebung einer Bahnsteiggebühr wird in diesem Falle auch dann abgesehen, wenn die ursprünglich gekaufte Fahrkarte gegen eine solche für einen höher oder niedriger tarifirten Zug um­ getauscht wird. 69) A bs. 1 verbietet die Zulassung zur Mitreise, nachdem das vorgeschriebene Abfahrtszeichen durch die Dampfpfeife der Lokomotive oder die Mundpfeife des

§ 19 11

Zugführers gegeben ist. Das Verbot ist ein unbedingtes — auch wenn der Zug sich noch nicht in Bewegung gesetzt hat —, während nach der Fassung des alten Regl. (§ 16 Abs. 1 Sah 1: „kann Niemand mehr zugelassen werden")

dem Personal die Zulassung noch bis zum Momente der Ingangsetzung der Wagen gestattet war. Sowohl der Reisende, welcher durch Aufspringen nach dem Abfahrtszeichen die Zulassung erzwingt, wie das Personal, welches dieselbe, obwohl sie verhindert werden konnte, gestattet, macht sich strafbar und verant­ wortlich. (Vgl. § 16 Anm. 55 S. 72.)

70) Abs. 2 erklärt den Reisenden, welcher die Abfahrtszeit versäumt, des Anspruches sowohl auf Rückerstattung des Fahrgeldes als auch auf jede andere Entschädigung verlustig.

§19 21

Er ist also nicht zur Benutzung eines späteren Zuges

berechtigt, mutz sein bereits im Zuge befindliches Gepäck event, auf seine Kosten zurückexpediren lassen rc. Ausgenommen ist der Fall, daß der Reisende durch Verschulden der Bahnverwaltung die Abfahrtszeit versäumt, z. B. weil die Billetkasse überhaupt nicht oder nicht rechtzeitig geöffnet wurde.

Ausgenommen

sind

ferner

die im § 19

Abs. 3

bezeichneten

Fälle

(s. Anm. 71).

71) Abs. 3 enthält zwei Ausnahmen von der Regel des Abs. 2. Trotz §19 der Versäumniß der Abfahrtzeit ist sowohl der Reisende, dessen Fahrkarte auf 5tb,; 3e einen bestimmten Zug lautet, wie auch der Reisende, dessen Fahrkarte auf

80

Abschnitt III.

§ 20. Ausschluß von der Fahrt.

einen bestimmten Tag lautet, berechtigt, sich eines späteren Zuges unter Anrechnung des Fahrgeldes zu bedienen.

Voraussetzung ist, 1. daß er

seine Fahrkarte ohne Vorzug dem Stationsvorsteher vorlegt und 2. dieselbe mit einem Vermerk über die Gültigkeit versehen läßt. Alsdann kann er im ersteren Falle sich auch eines anderen am nämlichen oder am folgenden Tage

nach der Bestimmungsstation abgehenden Zuges bedienen, im letzteren Falle eines am folgenden Tage dahin abgehenden. In beiden Fällen hat er bei Be­ nutzung eines höher tarifirten Zuges beim Umtausch der Fahrkarte den Preis­

unterschied nachzuzahlen, bei Benutzung eines niedriger tarifirten Zuges wird ihm der Preisunterschied erstattet. Vgl. hierzu noch die Allg. Zus.-Best. z. § 19 (S. 79) über die Berechtigung, den Vermerk der Gültigkeit auch im

Falle der Benutzung der Fahrkarte zum Betreten eines abgesperrten Bahnsteigs zu verlangen. §19

72) Abs. 4 bestimmt, daß die ausnahmsweise Vergünstigung des Abs. 3 eine Verlängerung der. für Rückfahrten, Rundreisen u. dergl. festgesetzten Frist nicht zur Folge hat. War der versäumte Zug also der letzte vor Ablauf der Frist benutzbare, so kann die Vergünstigung aus Abs. 3 auch bei Erfüllung der dort bezeichneten Voraussetzungen nicht beansprucht werden.

§. 20. Ausschluß von der Fahrt. (1) Personen, welche wegen einer sichtlichen Krankheit oder aus

anderen Gründen die Mitreisenden voraussichtlich belästigen würden,

find

von der Mitfahrt auszuschließen, wenn nicht für sie eine be­

sondere Abtheilung bezahlt wird und bereitgestellt werden kann.

Wird

die Mitfahrt nicht gestattet, so ist das etwa bezahlte Fahrgeld ein­

schließlich der Gepäckfracht zurückzugeben.

Wird erst unterwegs wahr­

genommen, daß ein Reisender zu den bezeichneten Personen gehört, so erfolgt der Ausschluß auf der nächsten Station.

Das Fahrgeld

sowie die Gepäckstacht sind für die nicht durchfahrene Strecke zu er­ setzen.")

(2) Personen, die an Pocken, Flecktyphus, Diphtherie, Scharlach,

Cholera oder Lepra leiden, sind in besonderen Wagen, solche, die an

Ruhr, Masem oder Keuchhusten leiden, in abgeschlossenen Wagen­ abtheilungen mit getrenntem Abort zu befördern. von Pestkranken ist ausgeschlossen.

Die Beförderung

Bei Personen, die einer der vor­

genannten Krankheiten verdächtig sind, kann die Beförderung von der Beibringung eines ärztlichen Attestes abhängig gemacht werden, aus dem die Art ihrer Krankheit hervorgeht.

Für die Beförderung

in besonderen Wagen und Wagenabtheilungen find die tarifmäßigen Gebühren zu bezahlen.")

Abschnitt III.

81

§ 20. Ausschluß von der Fahrt.

(3) Wer die vorgeschriebene Ordnung nicht beobachtet, sich den An­

ordnungen der Bediensteten nicht fügt,

oder den Anstand verletzt,

wird ohne Anspruch aus den Ersatz des bezahlten Fahrgeldes von der Mitsahrt ausgeschlossen.

Namentlich dürfen trunkene Personen

zur Mitfahrt und zum Aufenthalt in den Warteräumen nicht zu­ gelassen werden und sind, falls die Zulassung dennoch stattgefunden

hat, auszuweisen.") (4) Erfolgt die Ausweisung unterwegs oder werden die betreffen­ den Personen zurückgewiesen, nachdem sie ihr Gepäck bereits zur Ab­

fertigung übergeben haben, so haben sie keinen Anspruch darauf, daß ihnen dasselbe anderswo, als auf der Station, wohin es abgesertigt

worden, wieder verabfolgt wird.")

73) § 20 Abs. 1 macht von dem Prinzipe gleichmäßiger Anwendung der sao Bestimmungen der Verk.-Ord. auf alle Personen, insbesondere der allgemein Ei­ ausgesprochenen

Beförderungspflicht (§ 6, § 7)

eine Ausnahme

in

Betreff

solcher, welche wegen einer sichtlichen Krankheit oder aus anderen Gründen den Mitreisenden voraussichtlich lästig werden würden. (Schott S. 525.) Es wird unterschieden, ob die Wahrnehmung hiervon bereits auf der Anfangsstation

(Satz 1) oder erst unterwegs (Satz 3) erfolgt. I. Im ersteren Falle kann solchen Personen zwar (vgl. § 6) die Fahrt nicht gänzlich verweigert, wohl aber muß (obligatorisch) dieselbe von der Be­ dingung abhängig gemacht werden, daß sie eine besondere Abtheilung be­

zahlen und eine solche bereit gestellt werden kann.

Von den Gründen des

Ausschlusses ist nur einer: „sichtliche Krankheit", besonders hervorgehoben, im Uebrigen aber mit den Worten „oder aus anderen Gründen" den Eifenbahn­ organen der weiteste Spielraum gelassen. Wer zur Entscheidung befugt sei, ist nicht ausgesprochen.

Im Streitfälle

dürfte dieselbe dem höchsten Zug- oder Stationsbeamten obliegen (§§ 2, 3), vor­ behaltlich jedoch des Schadensanspruches, wenn sich der maßgebende Grund als

unzureichend erweist.

Bei Ausschltlß wird das etwa bereits bezahlte Fahrgeld

einschließlich der Gepäckfracht zurückgegeben.

(Schott S. 528.)

Abs. 1 Satz 1 spricht im Uebrigen ganz evident dafür, daß die Eisenbahn

schon vor Abschluß des Beförderungsvertrages die Persönlichkeit und die Individualität des zu befördernden Passagiers zu berücksichtigen berechtigt

und verpflichtet ist, mithin die Fahrkarte, ausgeführt (§12 ©. 59ff.) kein legitimirende Quittung ist.

wie oben bereits des Näheren

Jnhaberpapier, sondern lediglich eine Die persönlichen Eigenschaften der

Reisenden darf und soll die Eisenbahn schon vor und bei Abschluß des Be­

förderungsvertrages (Lösung der Fahrkarte) in Betracht ziehen, soweit die eigen­ artigen Verhältnisse des Eisenbahnverkehrs eine Prüfung überhaupt gestatten. Es heißt ganz kategorisch:

„Personen welche . . ., sind auszuschließen".

Durchaus unrichtig ist die Annahme, daß es sich hier nur um ein Recht der

Eisenbahn zum Rücktritt vom Vertrage handle (Schneeli S. 28ff., Göppert Eger, Eisenbahn-Verkehrsordnung. 2. Aufl.

ß

82

Abschnitt III.

§ 20. Ausschluß von der Fahrt.

S. 69); denn Abs. 1 Sah 1 des § 20 setzt nach Wortlaut und Sinn ganz klar und zweifellos voraus, daß ein Beförderungsvertrag noch nicht abge­ schlossen ist, sondern erst abgeschlossen werden soll („wenn nicht für sie eine besondere Abtheilung bezahlt wird und bereitgestellt werden kann), und Satz 2 spricht ausdrücklich von der Zurückgabe des etwa bezahlten Fahr­ gelds, setzt also die Möglichkeit, daß dasselbe noch nicht bezahlt, d. h. die Fahrkarte noch nicht gelöst bezw. der Vertrag noch nicht geschlossen ist, voraus. Hiernach ist evident, daß § 20 als Regel nicht das Recht des Rücktritts vom Vertrage, sondern das Recht, den Abschluß des Vertrages zu verweigern, wenn eine sichtliche Krankheit rc. vorhanden ist, int Auge hat. Ebensowenig, wie von einer Fungibilität aller Eisenbahnfrachtgüter gesprochen werden kann und der Frachtbrief Jnhaberpapier ist, darf man von einer „Fungibilität aller Reisenden" sprechen und die Fahrkarte als Jnhaberpapier hinstellen. II. Im letzteren Falle (Wahrnehmung unterwegs) erfolgt der Aus­ schluß auf der nächsten Station, und zwar auch in diesem Falle — wie zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen, aber sinngemäß zu ergänze» ist —, sofern uicht zwei Bedingungen sich erfüllen, nämlich: 1. eine besondere Abtheilung bezahlt wird und 2. bereitgestellt werden kann. Das Fahrgeld liitb die Gepäckfracht für die nicht durchfahrene Strecke werden im Falle des Aus­ schlusses ersetzt, im Falle der Weiterfahrt erfolgt entsprechende Zttzahlung. Vgl. die Preuß. Dienstanweisung betreffend Grundsätze für die Ein­ richtung des Eisenbahnverkehrs in Cholerazeiten v. 28. Juli 1893 (E.-D.-Bl. S. 253) u. d. abänder. Erl. v. 9. Jan. 1894 eod. S. 3.

§20 74) Abs. 2 des § 20 ist neu aus den „Allgemeinen Znsatzbestimmuugeu" 2* zum §20 in den Text der Verk.-Ord. eingefügt, nachdem sich obligatorische Be­ stimmungen über die Beförderung bei ansteckenden Krankheiten als nothwendig erwiesen hatten. Während es sich int Abs. 1 nur um die Beförderung von Personen handelt, die durch sichtliche Krankheiten oder aus anderen Gründen den Mitreisenden lästig werden würden, bezieht sich Abs. 2 auf Personen, welche durch ansteckende Krankheiten den Mitreisenden gefährlich werden können. Die Bestimmungen des Abs. 2 sind also sanitätspolizeilicher Natur. Es werden bei der Beförderimg von Personen, welche mit ansteckenden Krankheiten behaftet sind, je nach der Jntensivität der Gefahr drei Kategorien unterschieden, nämlich 1. Pocken-, Flecktyphus-, Diphtherie-, Scharlach-, Cholera- und Lepra-Kranke, 2. Ruhr-, Masern- und Keuchhusten-Kranke, 3. Pestkranke. Nach Satz 1 sind die Beförderungsvorschriften für jede dieser drei Kate­ gorien von Kranken verschieden: 1. Pocken-, Flecktyphus-, Diphtherie-, Scharlach-, Cholera- und Lepra-Kranke sind in besonderen Wagen zu befördern; 2. Ruhr-, Masern- und Keuchhusten-Kranke in abgeschlossenen Wagen abtheilungen mit getrenntem Abort; 3. Pestkranke dürfen überhaupt nicht befördert werden; ihre Beförderung ist ausgeschlossen bezw. verboten. Diese Vorschriften sind obligatorisch; ihre Nichtbeobachtung zieht, da sie sanitätspolizeilicher Natur sind, für die betreffende Bahn bezw. ihre Organe nicht nur civilrechtliche Schadensansprüche der Geschädigten, sondern auch —

Abschnitt III.

83

§ 20. Ausschluß von der Fahrt.

abgesehen von disziplinärer Ahndung im Aufsichtswege — Polizei- und straf­

rechtliche Verfolgung nach sich. Dies gilt auch für die Passagiere, welche unter Verheimlichung der Erkrankung die Eisenbahn zur Beförderung benutzt haben. Sind besondere Wagen für die Kategorie 1, oder abgeschlossene Wagenabtheilungen mit getrenntem Abort für die Kategorie 2 zur Zeit nicht vorhanden, so muß die Beförderung unterbleiben, bis entsprechende Transportmittel herbeigeschafft worden sind. Die Beförderung von Pestkranken ist absolut verboten, darf also auch nicht etwa mit Extrazug, Packwagen rc. geschehen. Der neue Abs. 2 spricht ebenso klar wie Abs. 1 dafür, daß die Eisenbahn beim Vertragsabschluß

die persönlichen Eigenschaften der zu befördernden Personen zu berücksichtigen hat und die Fahrkarte daher ein Jnhaberpapier nicht ist. Oder will man auch hier behaupten, daß die solchen Kranken ertheilten Fahrkarten Znhaberpapiere

und beliebig übertragbar seien?

Sah 2 giebt für alle drei vorbezeichneten Kategorien der Eisenbahn die

Befugn iß, bei Personen, die einer der vorbezeichneten Krankheiten verdächtig sind, die Beförderung von der Beibringung eines ärztlichen Attestes abhängig zu machen, aus dem die Art der Krankheit hervorgeht, d. h. es muß in dem ärztlichen Atteste ausgesprochen sein, ob die zu befördernde Person an einer der vorgenannten Krankheiten überhaupt leidet und eventuell an welcher, da hiervon die Art der Beförderung bezw. der Ausschluß von derselben abhängt. Die vorliegende Bestimmung ist sehr allgemein gehalten und läßt dem dis­ kretionären Ermessen der Eisenbahn bezw. ihren Organen einen weiten Spiel­ raum. Zunächst ist nicht bestimmt, welches Organ im Verdachtsfalle das ärztliche Attest zu verlangen, und die Entscheidung über das Vorliegen eines Verdachtes und den ausreichenden Inhalt des Attestes zu treffen hat. Es muß

angenommen werden, daß hierzu der höchste Zug- bezw. Stationsbeamte kom­ petent ist (Abs. 1 Anm. 73 S. 81).

Sodann ist nicht bestimmt,

auf welche

Momente und Umstände sich der Verdacht der Erkrankung gründen soll, und es bleibt jedenfalls, damit diese Befugniß der Bahn nicht etwa leichtfertig

und chikanös ausgeübt wird, dem Reisenden, der ohne ausreichenden Grund in seiner Reise gestört oder davon ausgeschlossen worden ist, das Recht, auf richter­

liche Entscheidung zu provoziren und event. Schadensersatz zu fordern.

Es ist

ferner zweifelhaft, ob ein Physikatsattest erforderlich ist oder auch das eines un­ beamteten Arztes genügt. Mangels besonderer Bestimmung ist das Attest eines

jeden im Deutschen Reiche approbirten und entsprechend legitimirten Arztes als

ausreichend anzusehen, nicht dagegen das Attest eines ausländischen Arztes. Tritt die Erkrankung oder der Verdacht derselben unterwegs hervor, so darf der Natur der Sache nach die vorliegende Bestimmung nicht etwa sofort auf freier Strecke (z. B. Ausschluß bei Pestverdacht), sondern erst in der nächsten Station, wo ärztliche Hülfe zu haben oder zu erreichen ist, in Anwendung kommen. Im Uebrigen finden die in der folgenden Anm. 75 (S. 84) erörterten

Normen sinngemäße Anwendung. Satz 3 legt den erkrankten Reisenden die Pflicht zur Zahlung der tarif­ mäßigen Gebühren für die Beförderung in besonderen Wagen und Wagen­

abtheilungen auf, also der nach den zu Recht bestehenden und gehörig veröffentlichten Tarifen (§ 7 Abs. 1) berechneten Gebühren. War die gesonderte Beförderung 6*

Abschnitt III.

84

§ 20. Ausschluß von der Fahrt.

zu Unrecht verlangt und bewirkt, so kann



abgesehen von sonstigen Ent­

schädigungsansprüchen — die Rückerstattung der erhobenen Gebühren gefordert werden. ^§20

75) Abs. 3 enthält Bestimmungen über den Ausschluß ordnungswidrig, renitent oder unanständig sich benehmender oder trunkener Personen von der Fahrt und dem Aufenthalt in den Warteräumen. Nach § 53 Betr.-Ord. und

§ 43 Bahn-Ord. müssen die Eisenbahnreisenden und das sonstige Publikum den allgemeinen Anordnungen nachkommen, welche von der Bahnverwaltung behufs Aufrechterhaltung der Ordnung innerhalb des Bahngebiets und bei Be­ förderung von Personen und Sachen getroffen werden, und haben den dienst­

lichen Anordnungen der in Uniform befindlichen oder mit einem Dienstabzeichen oder mit einem sonstigen Ausweis über ihre amtliche Eigenschaft versehenen Bahnpolizeibeamten und des sonstigen, in gleicher Weise kenntlichen Dienst­ personals (§ 2 Verk.-Ord., s. § 66 Abs. 2 Betr.-Ord., § 47 Abs. 2 Bahn-Ord., Reichsger. 5. April 1881, Eisenbahnr. Entsch. Bd. 2 S. 7) Folge zu leisten.

Im Dienst muß jeder Beamte die vorgeschriebene Dienstkleidung tragen. (Ge­ meinsame Bestimmungen für alle Beamte im Preuß. Sraats-Eisenbahndienst vom 15. Zanuar 1876 II. 22191 § 10.) Das Schaffnerpersonal ist mit deutlich sichtbaren Nummern zu versehen, welche zweckmäßig auf einem während des Dienstes um die Mütze zu befestigenden Streifen anzubringen sind. (Preuß. Erl. vom 20. Februar 1878 Ziff. 4, E.-V.-Bl. S. 42.) Die Bahnpolizeibeamten (zu welchen insbesondere die Bahnkontrolleure, Betriebskontrolleure, Stations­ vorsteher, Stationsaufseher, Stationsassistenten, Weichensteller, Bahnwärter, Zugführer, Packmeister, Schaffner und Portiers gehören) müssen bei Ausübung ihres Dienstes die vorgeschriebene Dienstuniform oder das festgestellte Dienstab­ zeichen tragen oder mit einem sonstigen Ausweis über ihre amtliche Eigenschaft

versehen sein.

(Betr.-Ord. § 66 Abs. 2.

Bahn-Ord. § 47 Abs. 2.)

Die Sta­

tionsbeamten müssen im Dienst stets die vorgeschriebene Dienstkleidung und bei Abfertigung von Zügen mit Personenbeförderung die orangefarbene Dienstmütze tragen (Preuß. Dienstanweisung f. Stat.-Beamte § 6).

Zu den „allgemeinen Anordnungen" gehören auch die in der Verk.Ord. enthaltenen Ordnungsvorschriften, insbesondere §§ 5, 15, 16, 17, 18, 20,

21, 22,

23 u. a.; s. Laband a. a. O. Bd. II. S. 120 Anm. 1, Reichsger.

5. April 1881, Eisenbahnr. Entsch. Bd. 2. S. 7; S. 203; 7. Mai 1880 eod. Bd. I. S. 166.

24. März 1884 eod.

Bd. 3

Die Betr.-Ord. bestimmt in § 63,

daß ein Abdruck der für das Publikum bestimmten bahnpolizeilichen Vorschriften (§§ 54, 55 ff.), sowie der §§ 13, 15, 18, 20, 21 und 29 der Verk.-Ord. in jedem Warteraume auszuhängen ist. (Ebenso Bahn-Ord. § 46.) Auch aus bestehenden

Verträgen kann Niemand ein Recht auf Nichtbefolgung bahnpolizeilicher An­ ordnungen herleiten. (Ob.-L.-Ger. Kolmar 3. Febr. 1888, Eisenbahnr. Entsch. Bd. 6 S. 251, 252.)

Wenn daher auch ein Fahrgast durch das Lösen der Fahr­

karte, fei es auf längere oder kürzere Zeit, die Befugniß erworben hat, sich in dem Wartesaale aufzuhalten, so ist doch diese Befugniß keine derart unein­ geschränkte, daß sie nur im Einverständnisse mit dem Fahrgast wieder auf­

gehoben werden kann, da der von einem Reisenden wegen seiner Beförderung mit der Eisenbahn geschlossene Vertrag auf denjenigen Bestimmungen beruht,

Abschnitt III.

85

§ 20. Ausschluß von der Fahrt.

welche überhaupt den Betrieb der Letzteren regeln und die Unterwerfung des Reisenden unter diese Bestimmungen zur selbstverständlichen Voraussetzung hat.

Zu dieser gehört aber nach § 53 der Betr.-Ord. bezw. § 43 Bahn-Ord., daß den dienstlichen Anordnungen der in Uniform befindlichen oder mit einem Dienst­ abzeichen versehenen Bahnpolizeibeamten Folge geleistet wird. Durch dieBetr.-

Ord.

und Bahn-Ord.

ist

der Eisenbahn-Verwaltung

die Macht eingeräumt

worden, durch ihre Beamten die öffentliche Ordnung und Ruhe im Interesse der Sicherheit des Bahnverkehrs auf den Bahnhöfen mittels der geeigneten, näher bezeichneten Maßregeln aufrecht zu erhalten. Zu diesen Maßregeln gehört die Entfernung aus dem Wartesaale, falls der Fahrgast sich eines ungebührlichen und

störenden Benehmens schuldig macht und dadurch die anderen, im Wartesaale An­ wesenden belästigt, wie in gleicher Weise durch §20 der Verk.-Ord. auch der Ausschluß des Reisenden von der Weiterfahrt zugelassen ist. Die Ausübung dieser Rechte ist nicht durch den Willen des Fahrgastes bedingt, der zufolge seines ordnungs­

widrigen Verhaltens des aus der Lösung der Fahrkarte erworbenen Rechtes, im Wartesaale bis zum Abgang des Zuges zu verweilen, verlustig geht.

(O.-L.-G.

Naumburg 21. Juni 1888, Eisenbahnr. Entsch. Bd. 7 S. 12.) Absatz 3 bestimmt als eine weitere Ausnahme (vgl. Abs. 1) von der im § 6 allgemein ausgesprochenen Beförderungspflicht der Eisenbahnen, daß die­ selben die Eingehung eines Beförderungsvertrages zu verweigern und von einem bereits eingegangenen zurückzutreten, d. h. eine Person von der Mit- oder Weiterreise auszuschließen befugt sind, wenn dieselbe:

1. die vorgeschriebene Ordnung nicht beobachtet, oder 2. sich den Anordnungen des Dienstpersonals nicht fügt, oder 3. den Anstand verletzt. Bei trunkenen Personen ist es (auch wenn keiner der drei vorstehenden Fälle

vorliegt) den Eisenbahnen sogar zur Pflicht gemacht, den Ausschluß von der Fahrt und die Ausweisung aus den Warteräumen zu bewirken — also lediglich auf Grund der Thatsache der Trunkenheit (Schott S. 525).

Der Ausschluß

(Rücktritt) erfolgt ohne Anspruch auf den Ersatz des bereits gezahlten Fahrgeldes (Endemann, R. d. E. S. 673, s. dagegen Abs. 1) — wozu auch arg. Abs. 1 die Gepäckfracht zu rechnen ist. Nebenbei hat der Kontravenient etwa sonst ver­ wirkte polizeiliche rc. Strafen zu tragen (§ 63 Betr.-Ord., § 45 Bahn-Ord.). Die Bestimmung ist insofern wenig klar, als die Kontraventionsfälle ungenau

bezeichnet sind und ferner nicht gesagt ist, wem im Streitfälle die Entscheidung darüber obliegt (wohl zunächst dem höchsten Zug- bezw. Stationsbeamten, s. Anm. 73 S. 81).

Jedenfalls bleibt dem Reisenden das Recht, auf richterliche

Entscheidung zu provoziren und event.

fertigten Ausschlusses geltend zu machen.

Schadensansprüche

wegen ungerecht­

Der Ausschluß von der Mit- oder

Weiterreise kann sich nur auf den einzelnen konkreten Fall der Renitenz rc.

beschränken, es ist den Eisenbahnen nicht etwa gestattet, eine Person aus diesem Anlaß generell und dauernd auf längere Zeit von Eisenbahnfahrten überhaupt

auszuschließen bezw. zurückzuweisen.

Auch darf die Entfernung eines renitenten

Passagiers nicht auf freier Strecke, sondern nur auf der nächsten Unterwegs-

stätion erfolgen. (Erlaß d. Preuß. H.-M. vom 8. Juni 1874 II. 11364.) Wenn Militärpersonen, welche zu einem geschlossenen Transport ge-

Abschnitt III.

86

§ 20. Ausschluß von der Fahrt.

hören und dem Kommando des Lruppenführers übergeben sind, sich Ungehörig­

keiten auf der Eisenbahn zu Schulden kommen lassen, so sind die Kommando­ führer um Abhülfe anzugehen.

Wenn diese gar nicht oder nicht in genügendem

Maße gewährt wird, so ist die Angelegenheit behufs weiterer Verfolgung bei

der vorgesetzten Instanz zur Anzeige 311 bringen.

1860 II. 2121.)

(Preuß. Erl. von: 24. März

Eine Ausschließung einzelner auf dem Marsch befindlicher

Militärpersonen von

der Weiterfahrt darf in der Regel nur dann eintreten,

wenn dieses im Interesse der Sicherheit des Betriebes oder 311111 Schutze anderer

Mitreisenden gegen Ungehörigkeiten unvermeidlich erscheint.

Im Uebrigen haben

sich die Bahnbeamten bei Vergehen und Ordnungswidrigkeiten solcher Militär­

personen auf Konstatirung der Identität der Person und Anzeige bei der vorgesetzten Behörde zu beschränken. (Preuß. Erl. vom 25. Januar 1857

II. 10584.) Abgesehen von den durch die Verk.-Ord. vorgesehenen Strafen können die

bezüglichen Uebertretungen auch strafrechtliche Folgen nach sich ziehen; ins­ besondere wegen Widerstands und thätlichen Angriffs (tz 113 D. R.-St.-G.-B.),

Hausfriedensbruchs (§ 123 1. c.) und Beamtenbeleidignng (§ 196 1. c.).

Die Frage, ob die §§ 183 u. 186 R.-St.-G.-B. auf Handlungen in PersonenWaggons anzuwenden sind, ist vom Reichsgericht verneint worden (Zeitg. d. Ver. d. Eisenb.-Verw. 1897 Nr. 46 S. 708, Nr. 51 S. 779), s. dagegen Coermann, a. a. O. 1898 Nr. 56 S. 885. Die Praxis hat vornehmlich den Schutz des § 113 St.-G.-B. auch beamten zuerkannt, so insbesondere 1881, Eisenbahnr. Entsch. Bd. 2 Coups wegen Verweigerung des

den Bahnpolizeibeamten als Vollstreckungs­ den Stationsbeamten: Neichsger. 5. April S. 7 (Widerstand bei Entfernung aus dem Vorzeigens der Fahrkarte), Ob.-Land.-Ger.

München 4. Juli 1882 eod. Bd. 3 S. 255 (Widerstand bei der vorläufigen Fest­ nahme wegen Beamtenbeleidigung), Ob.-Land. Ger. Rostock 7. Mai 1888 eod. Bd. 6 S. 294 (Widerstand durch thätlichen Angriff bei Einziehung einer Ord­

nungsstrafe). Und ferner ist Hausfriedensbruch angenommen worden in Be­ zug auf die Perrons (Bahnsteige), Neichsger. 29. Januar 1881, Eiseubahnr. Entsch. Bd. I S. 375 und 28. Oktober 1889 eod. Bd. 7 S. 326), auf den Bahnhof (Reichsger. 4. Mai 1885

desgleichen

eod. Bd. 4 S. 156), die Em­

pfangsgebäude, deren Flure rc. (O.-L.-G. Rostock 25. Juli 1888 eod. Bd. 4 S. 304—308);

den Wartesaal (O.-L.-G.

Naumburg 21. Juui

1888

eod.

Bd. 7 S. 12) s. Anm. 5.

§20 76) Absatz 4 verordnet, daß der Ausgeschlossene, sei es auf der AbgangsAbs.4. oder einer Unterwegsstation, nicht berechtigt ist, die Rückgabe des bereits auf­ gegebenen Gepäcks anderswo, als auf der Bestimmungsstation zu verlangen.

Die Eisenbahn braucht also nicht gleichzeitig auch vom G epäcktransportvertrage zurückzutreten, sondern kann diesen (um nicht in der regelmäßigen Expedition eine Störung eintreten zu lassen: Epstein S. 14) erfüllen. Schott S. 528.

Der Annahme Schwab's (Neuerungen S. 12), daß sich Abs. 3 nur aus trunkene und renitente, nicht auch auf kranke Personen beziehe, kann nicht beigetreten

werden.

Abs. 3 macht einen derartigen Unterschied nicht.

Abschnitt III.

§ 21. Kontrole der Fahrkarten.

Bahnsteigkarten.

87

§• 21. Kontrole der Fahrkarten.

Bahnsteigkarten.

(1) Die Fahrkarte ist auf Verlangen bei dem Eintritt in den Warteraum, beim Betreten und beim Verlassen des Bahnsteigs, beim

Einsteigen in den Wagen sowie jederzeit während der Fährt vorzu­ zeigen und je nach den für die letzte Fahrstrecke bestehenden Ein­ richtungen kurz vor oder nach der Beendigung der Fahrt aus Er­ fordern abzugeben. ")

(2) Wer ohne gültige Fahrkarte im Zuge Platz nimmt, hat für

die ganze von ihm zurückgelegte Strecke und, wenn die Zugangs­ station nicht sofort unzweifelhaft nachgewiesen wird, für die ganze vom Zuge znrückgelegte Strecke das Doppelte des gewöhnlichen Fahr­

preises, mindestens aber den Betrag von 6 Mark zu entrichten.

Der

letztere Betrag ist auch für den Fall zu bezahlen, daß der Zug sich noch nicht in Bewegung gesetzt Ijcit78) Derjenige Reisende jedoch,

welcher unaufgefordert dem Schaffner oder Zugführer meldet, daß er wegen Verspätnng keine Fahrkarte habe lösen können, hat nur den gewöhnlichen Fahrpreis mit einem Zuschläge von 1 Mark, keinesfalls

jedoch mehr als

den doppelten Fahrpreis zu zahlen.")

In allen

Fällen ist dem Reisenden eine Zuschlagskarte oder sonstige Bescheinigung zn verabfolgen.8")

(3) Wer die sofortige Zahlung verweigert, kann ausgesetzt werden.8')

(4) Den Eisenbahnvcrwaltungen bleibt überlassen, die Fälle, in denen von einem Zuschlag aus Billigkeitsgründen abzusehen ist oder andere Zuschläge als die im Abs. *2 erwähnten erhoben werden sollen,

mit Genehmigung der Landesaussichtsbehörden nach Zustimmung des

Reichs-Eisenbahn-Amts durch den Tarif einheitlich zu regeln.88) (5) Auf Stationen mit Bahnsteigsperre ist die Bahnsteigkarte beim Betreten des Bahnsteigs vorzuzeigen und bei dessen Verlassen

abzugeben.

Wer unbefugter Weise die abgesperrten Theile eines

Bahnhofs betritt, hat den Betrag von 1 Mark und wenn festgestellt

wird, daß er ohne gültige Fahrkarte einen Zug benutzt hat, die im Abs. 2 vorgesehenen Beträge zu bezahlen.88)

1. Ob eine beschädigte Fahrkarte noch als gültig anzusehen ist, entscheidet im Zuge der Zugführer, auf der Station der dienstthuende Beamte. Fahrkarten, deren Inhalt durch un­ befugte Korrekturen, Radirungen oder auf andere Weise ge­ ändert worden ist, werden als ungültig eingezogen.

Abschnitt III.

88

§ 21. Kontrole der Fahrkarten.

Bahnsteigkarten.

2. Scheine von Fahrscheinheften, deren Umschlag nicht vorgezeigt werden kann, sowie ausser der Reihe befindliche Scheine solcher Hefte sind ungültig und werden dem Reisenden ab­ genommen. 3. Wer auf einer Anschlussstation wegen Verspätung des be­ nutzten Zuges oder wegen kurzer Uebergangszeit eine Fahr­ karte zur Weiterfahrt nicht hat lösen können und dies dem Schaffner sofort unaufgefordert meldet, hat nur den ge­ wöhnlichen Fahrpreis zu zahlen. 4. Wer in demselben Zuge über die Station, bis zu der seine Fahrkarte gilt, hinausfahren will, dort aber keine Zeit zur Lösung einer neuen Fahrkarte hat und die Absicht der Weiterfahrt spätestens auf der ursprünglichen Bestimmungs­ station dem Schaffner meldet, hat nur den gewöhnlichen Fahr­ preis zu zahlen. 5. Wer in einem auf der Bestimmungsstation seiner Fahrkarte nicht haltenden Zuge über diese hinausfahren will und dies dem Schaffner spätestens auf der letzten Haltestation vor der ursprünglichen Bestimmungsstation meldet, hat nur den ge­ wöhnlichen Fahrpreis für die ohne Fahrkarte zurückgelegte Strecke nachzuzahlen. 6. Kinder bis zum vollendeten vierten Lebensjahre werden auf die Bahnsteige ohne Bahnsteigkarte zugelassen. 9§2i 77) Abs. 1 des §21 verpflichtet zunächst den Reisenden, die gelöste Fahrabf,L karte beim Eintritt in den Warteraum, beim Betreten des Bahnsteigs (Perron)

und — wie mit Rücksicht auf die fast allgemein eingeführte Bahnsteigsperre neu

hinzugefügt ist — auch beim Verlassen des Bahnsteigs sowie beim Einsteigen in den Wagen und jederzeit während der Fahrt vorzuzeigen svgl. Erl. des

Preuß. Min. d. off. Arb. vom 28./1. 1892 betr. die Fahrkarten-Prüfung an den Ausgängen der Bahnsteige auf den Berliner Fernbahnhöfen E.-B.-Bl. 1892 S. 21, 22./4.

1895 betr. Absperrung der Bahnsteige (S. 369) und

27./5. 1895 betr.

Fahrkartenprüfung an den Bahnsteigen (S. 392)], jedoch nicht ohne Weiteres,

sondern nur auf Verlangen (sc. des hierzu legitimsten Bahnorgans).

Die

Weigerung begründet die Rückweisung bezw. — wenn unterwegs — den Aus­ schluß von der Fahrt (arg. § 20 Abs. 3). Außerdem kann eine bahnpolizeiliche

Strafe (§ 63 Betr.-Ord.; § 45 Bahn-Ord.) eintreten.

Der Reisende ist dem­

gemäß verpflichtet, die Fahrkarte sowie auch die etwaige Platzkarte während der Fahrt aufzubewahren und auf Verlangen jeden im Bahnzuge dienst­

thuenden Eisenbahnbeamten, der als solcher durch Dienstabzeichen kenntlich ist oder sich sonst ausweist, vorzuzeigen (Bes. Best. d. Preuß. Staatsb. z. § 21 Verk.-Ord.). Die durch Verschulden des Kassirers überhaupt nicht oder nicht rechtzeitig vor Abgang eines Zuges erfolgte Eröffnung der Personenkasse ver-

Abschnitt III.

§ 21. Kontrole der Fahrkarten.

Bahnsteigkarten.

89

pflichtet aber die Eisenbahn zum Schadensersätze an diejenigen Personen, welche

mitfahren wollten, aber ohne Karte nicht zugelassen wurden.

(Oberst. Oesterr.

Ger. vom 3. August 1876, Epstein S. 392, Roll S. 455.)

Sodann verpflichtet Abs. 1 — wie gemäß einer bereits allseitig bestehenden

Uebung neu hinzugesetzt ist — den Reisenden, die Fahrkarte je nach den für die letzte Fahrstrecke bestehenden Einrichtungen kurz vor oder nach der Beendigung

der Fahrt abzugeben, auch dies aber nicht von selbst, sondern nur auf Er­ fordern (sc. des hierzu legitimirten Bahnorgans).

Die Forderung der Ab­

gabe darf mir dann gestellt werden, wenn sie nach den für die letzte Fahrstrecke, also nicht einer früheren Fahrstrecke, bestehenden Einrichtungen gerechtfertigt ist.

Die Einrichtung dient zur Kontrole sowohl des Publikums, wie auch des Fahr­ personals. Bei Verweigerung der Abgabe der Fahrkarte kann zwar in diesem Stadium der Beförderung die Rückweisung bezw. der Ausschluß von der Fahrt (§ 20 Abs. 3) nicht mehr eintreten. Wohl aber macht sich der Reisende gemäß

§ 63 Betr.-Ord.,

§ 45 Bahn-Ord. strafbar.

Auch zur Erfüllung dieser Pflicht

liegt es dem Reisenden ob, die Fahrkarte bis zur Beendigung der Fahrt auf­ Da nur die Vorzeigung der Fahrkarte beim Verlassen des Bahn­

zubewahren.

steigs erfordert wird, darf selbstverständlich die Abgabe derselben kurz vor oder

nach Beendigung der Fahrt nicht verlangt werden, sondern erst am Ausgange des Bahnsteigs. Dies hätte — weil anderenfalls in den Vorschriften des Abs. 1 ein Widerspruch liegt — de leg. fer. klar ausgesprochen werden müssen.

78) Abs. 2 des §21 in Verbindung mit Abs. 3 enthält Bestimmungen §21 über das Verfahren in Betreff solcher, welche ohne gültige Fahrkarte im Satzi Zuge Platz nehmen. (Vgl. Coermann, Zeitg. d. Der. deutsch. Eisenb.-Verw. u*2e 1894 Nr. 14.)

Es ist unterschieden zwischen

I. solchen, die dies nicht melden (Satz 1 u. 2) und

II. solchen, die dies unaufgefordert melden (Satz 3). Der Abs. 2 der bisherigen Verk.-Ord. sprach von einem „Reisenden, welcher ohne gültige Fahrkarte betroffen wird". An Stelle dieser Worte ist in der neuen

Verk.-Ord.

die

Fassung:

nimmt" gewählt.

„Wer

ohne

gültige

Fahrkarte

im

Zuge

Platz

Man wollte damit einerseits auch den Fall treffen, daß

Nichtreisende unbefugt im Zuge Platz nehmen, sowie andererseits den Fall, daß das Fehlen der Fahrkarte erst nach der Beendigung der Fahrt fest­

gestellt wird. Es kommt also weder darauf an, daß der Kontravenient bereits eine Strecke befördert worden ist oder überhaupt die Absicht hat, mitzureisen,

noch darauf, daß er gerade auf der Fahrt oder im Zuge rc. in flagranti entdeckt wird, es genügt vielmehr die bloße Thatsache, daß er sich im Zuge ohne gültige

Fahrkarte erweislich befunden, d. h. darin Platz genommen hat, wenn dies auch

erst später festgestellt wird. I. Die sich nicht Meldenden haben nach Satz 1 und 2 für die ganze

von ihnen zurückgelegte Strecke, und, wenn die Zugangsstation (sc. diejenige,

auf welcher sie den Zug bestiegen) nicht sofort unzweifelhaft nachgewiesen wird

— was dem Betreffenden obliegt —, Strecke

als

Konventionalstrafe

für die ganze vom Zuge zurückgelegte

das Doppelte des gewöhnlichen Fahrpreises,

90

Abschnitt III.

§ 21. Kontrole der Fahrkarten.

mindestens aber den Betrag von 6 Mark zu zahlen.

Bahnsteigkarten. Dieser Betrag ist auch

dann zu zahlen, wenn der Zug sich noch nicht in Bewegung gesetzt hat. Das Fahrgeld ist nicht noch besonders zu entrichten. Mehr darf

nicht gefordert werden.

Insbesondere ist eine Abrundung des Preises über

das Doppelte hinaus unzulässig.

Lediglich die Thatsache des Platznehmens

im Zuge ohne gültige Fahrkarte, d. h. ganz ohne Fahrkarte oder mit einer nicht für die betreffende Person, Strecke, Zeit oder Klasse gültigen oder

bereits benutzten, gefälschten Fahrkarte rc. begründet die Strafe. Der bloße Nichtbesitz einer Platzkarte (§ 17 S. 74) bedingt nicht die Ungültigkeit der Fahrkarte und berechtigt daher die Eisenbahn nicht zur Erhebung der Strafen ans §21, sondern nur zur Forderung der Lösung einer Platzkarte. (Laudger. Berlin 10./12. 1894, Eisenb. Entsch. XII. S. 117.) Daher ist die Bestimmung in den Bes. Best, der Preuß. Staatsb. z. § 21 Verk.-Ord., daß bei den U-Zügen außer dem Betrage für eine Platzkarte noch ein Zuschlag von 1 Mark von demjenigen Reisenden zu zahlen ist, welcher einen numerirten Platz einnimmt, ohne im Besitz einer Platzkarte zu sein, uiib dies nicht beim nächsten Erscheinen des

Schaffners oder Zugführers meldet, als gegen die Bestiinmungen der Verk.Ord. verstoßend ungültig (N. H.-G.-B. § 471 Abs. 2). Auch der Nachweis, daß die Fahrkarte gelöst, aber verloren gegangen sei (z. B. durch Vorlegung des betreffenden Gepäckscheins), kann von der Strafe nicht befreien, da es auf dolus oder culpa hier nicht ankommt. Ebensowenig Irrthum über die Gültigkeit der Fahrkarte (A. M. Coermaun, D. E.-Z. 1894 S. 121). Daher begründet strenggenommen und) das spätere Wiederfinden der z. Z. der Revision verlorenen Fahrkarte nicht eine Rückforderung des Strafbetrages (vgl. Ob.-Land.-Ger. Hamburg 1./5. 1897, Eisenb. Entsch. XIV S. 241 u. Reichsger. 20./12. 1897, cod. S. 353, auch F. Gorden, Eisenb. Entsch. XVI. S. 77ff.), wenngleick) der­ selben aus Billigkeitsrücksichten wohl allseitig stattgegeben werden wird (Kühl­ wetter S. 17 Aum. 3). Auch Schott S. 528 bezeichnet diese Verpflichtung als eine Strafverpflichtnng, welche ohne Rücksicht darauf begründet sei, ob der

Passagier niemals eine Fahrkarte gelöst oder aber die gelöste verloren oder die verlorene nach der Strafzahlung wiedergefnnden habe. Dagegen sieht ein Erlaß des Preuß. Min. d. öff. Arb. v. 23. Februar 1883 II. b. T. 1049 darin nicht

die Festsetzung einer Geldstrafe, sondern die Normirung erhöhter, im Mindest­

beträge auf 6 Mark festgesetzter Fahrgelder für die mit einer gültigen Fahrkarte nicht versehenen Reisenden.

Vgl. Allg. Zus.-Best. z. § 21 Verk.-Ord. (S. 87, 88). Bes. Best, der Preuß. Staatsb. zu § 21 Verk.-Ord. (Kontrole der Fahrkarten). Fahrplan-Vor­

schriften f. d. Preuß. Staatsb. vom I. Mai 1893. Absck). IX: Anweisung betreffend das Verfahren, welches den ohne gültige Fahrkarte im Zuge betroffenen Reisenden gegenüber zu beobachten ist. Neben der Kontravention gegen § 21 Abs. 2 Verk.-Ord. kann aber auch noch eine Bahnpolizeikontravention (§§ 53, 62 Betr.-Ord., §§ 43, 45 Bahn-Ord.) oder der Thatbestand des Betrugs, der Urkundenfälschung und der Be­ stechung vorliegen und strafrechtliche Verfolgung

eintreten.

Die eine Strafe

schließt daher die andere nicht aus (Coermann, a. a. O. S. 122): a) Betrug (§§ 263, 264 d. R.-St.-G.-B.) liegt vor:

Abschnitt III.

§ 21. Kontrole der Fahrkarten.

Bahnsteigkarten.

91

1. bei der Fahrt ohne Fahrkarte in der rechtswidrigen Absicht, ohne Entgelt befördert zu werden, s. Oppenhoff z. § 263 St.-G.-B. Nr. 68, Hahn 3. Aufl. S. 357. Durch Nachlösung der Fahrkarten wird die bereits mit Beginn der Fahrt eingetretene Vermögensbeschädigung der Eisenbahn nicht aufgehoben (Reichsger. 14. Mai 1889, Eisenbahnrechtl. Ent sch. Bd. 7 S. 124), und zwar gleichviel, ob der betreffende Passagier nur heimlich (ohne Meldung) mitfährt oder auf Befragen eine irrthumerregende oder unrichtige Antwort giebt (Stadtger. Frankfurt a. M. 17. Februar 1878, E.-B.-Bl. 1878 S. 169, Reichsger. I. StrafSen. 20. Juni 1881, Eisenbahnrechtl. Entjch. Bd. 2 S. 64, A. M. de Jonge, „Retourbillet und kein Ende" S. 21, v. Bar, Gerichtssaal 1888, Westrum, Magazin f. d. Recht VII). Erforderniß ist jedoch in allen Fällen, daß eine thatsächliche Jrrthumserregung stattgefunden hat. Das heimliche Mitfahren in einem Zuge kann, weil eine Täuschung mangels Kenntniß der Beamten nicht vorliegt, als Betrug nicht angesehen werden (Olshausen, St.-G.-B. 5. Aufl. II. S. 1034). Fehlt die rechtswidrige, auf Erzielung eines Vermögensvortheils gerichtete Absicht, waren z. B. die thatsächlichen Merkmale, welche die Ungültig­ keit der Fahrkarte bedingen, dem Reisenden nicht bekannt, so liegt Betrug im Sinne des § 263 St.-G.-B. nicht vor, selbst wenn in dieser Unkenntniß ein Ver­ schulden zu finden wäre (Landger. München 7./11. 1887); 2. bei bewußt rechtswidriger Benutzung einer nicht für den betr. Passagier bestimmten Fahrkarte (unübertragbaren Rückfahrkarte, Rundreise-, Zeit-Karte rc.). Vgl. oben § 12 Verk.-Ord. Anm. 43 S. 61 ff., ferner Westrum, Jur. Wochenschrift 1886 Nr. 29, 30, E. von Stein, Oesterr. Centr.-Bl. 1886 Nr. 55, 56, — 1887 Nr. 86, Endemann, N. d. E. § 132 S. 676, de Jonge, Unübertragbarkeit der Retourbillets, Cöln 1887, Reichsger. 7. Febr. 1887, Eisenbahnrechtl. Entsch. Bd. 5 S. 243, Laudger. Düsseldorf 6. Novbr. 1886 eod. Bd. 5 S. 108, Ober-Landger. München 10. Febr. 1888 eod. Bd. 6 S. 364, Kammerger. Berlin 15. Tezbr. 1884 eod. Bd. 3 S. 429, Bd. 4 S. 21, Landger. München 17. Novbr. 1887 eod. Bd. 6 S. 90, Oesterr. Oberst. Ger.-H. vom 15. Dezbr. 1887 eod. Bd. 6 S. 106, A. M. v. Jhering, Jahrb. f. Dogmatik rc., Bd. 23 S. 327f., Meili, Internat. Eisenbahnvertr. S. 41. Betrug kann durch Benutzung einer ungültigen Fahrkarte auch im Einverständniß mit dem Schaffner begangen werden, wenn die Verwaltung durch das Ein st eigen in den Waggon und die dadurch bewirkte Unterdrückung der Thatsache, daß Thäter keine gültige Karte besitzt, getäuscht wird. (Reichsger. 13. März 1888, Eisenbahnrechtl. Entsch. Bd. 6 S. 263.) Und zwar kann hierin vollendeter Be­ trug, nicht bloßer Betrugsversuch liegen, auch wenn späterhin das revidirende Fahrpersonal sich durch die Vorspiegelungen des Thäters nicht täuschen ließ (Reichsger. 8. Juli 1889 eod. Bd. 6 S. 215). Ueberhaupt schließt der That­ bestand der Bestechung des Schaffners den Thatbestand des Betrugs gegenüber der Eisenbahnverwaltung durch den ohne Karte die Eisenbahn benutzenden Passa­ gier nicht aus. (Reichsger. 4. Juli 1889 eod. Bd. 7 S. 214.) b) Urkundenfälschung (§§ 267, 268 d. R.-St.-G.-B.) liegt vor: bei der Fälschung einer Fahrkarte, soweit sie in rechtswidriger Absicht geschieht und von beweiserheblicher Bedeutung ist. Dahin gehört die Aenderung des Datums behufs Verlängerung der Gültigkeitsdauer (Reichsger.

Abschnitt III. § 21. Kontrole der Fahrkarten. Bahnsteigkarten.

92

vom 21. März 1883, Eisenbahnrechtl. Entsch. Bd. 3 S. 48), nicht aber, wenn dies für die Gültigkeitsdauer ohne Bedeutung (Reichsger. 19. Sept. 1884 eod.

Bd. 3 S. 394). Urkundenfälschung ist auch die fälschliche Aenderung des Fahr­ preises (Ober-Land.-Ger. München 12. März 1886 eod. Bd. 5 S. 146, Reichsger. 11. Januar 1886 eod. Bd. 5 S. 352), der Reiseroute (Reichsger. 28. Juni 1886 eod. Bd. 5 S. 60). behörde

ausgestellt,

Ist die gefälschte Fahrkarte von einer Staatseisenbahn­ so

liegt

Fälschung

einer öffentlichen

Urkunde

vor

(Reichsger. 21. März 1883 eod. Bd. 3 S. 48, Entsch. i. Strass. Bd. 8 S. 409,

12. Novbr. 1895 Bd. 28 S. 42, Olshausen 5. Aufl. S. 1069, 1070).

Der

Umstand, daß Schriften urkundlichen Inhalts mechanisch vervielfältigt werden, nimmt ihnen den Charakter von Urkunden nicht (Reichsger. 11. Dezbr. 1885

eod. Bd. 4 S. 385).

Ein

der Urkundenfälschung liegt

Versuch

aber in der

bloßen Herstellung eines Probedruckes falscher Fahrkarten noch nicht (Reichsger. 17. Dezbr. 1885 eod. Bd. 4 S. 387).

c) Bestechung (§§ 332, 333 D. R.-St.-G.-B.). Das Gesetz unterscheidet passive Bestechung (§ 332 1. c. Annahme, Forderung oder Sichversprechen-

von Geschenken oder anderen Vortheilen für eine Handlung, die eine

lassen

Verletzung einer Amts- oder Dienstpflicht enthält) und aktive Be­ stechung (§ 33 1. c. Anbieten von Geschenken rc. zu gleichem Zwecke). Vgl. über passive und aktive Bestechung, insbesondere in Rücksicht ans die Personen­ beförderung der Eisenbahnen und den Fahrkartenverkehr: § 1 Abs. 2 Anm. 13 S. 15, 16.

§2i 79) II. Die sich unaufgefordert Meldenden haben nach Sah 3 des Sah3. SW- 2 § 21, falls sie anzeigen, daß sie wegen Verspätung keine Fahrkarte haben lösen können, nur den gewöhnlichen Fahrpreis mit einem Zuschläge von 1 Mark

— keinesfalls jedoch zahlen.

mehr,

als

den doppelten Fahrpreis



zu

Damit erlangt der Reisende das Recht auf Beförderung, auch ohne

alsbaldige Lösung der Fahrkarte — ein weiterer Beweis, daß diese nicht Jn-

haberpapier und Träger der Obligation, sondern nur eine Quittung und Beweis für die Zahlung ist (Landger. Dresden 19./4. 1895, Eisenbahnrechtl. Entsch. XII.

S. 313). Voraussetzungen sind hier also, daß:

1. die

Meldung

unaufgefordert

führer gemacht wird.



dem Schaffner

oder Zug­

Das frühere Erforderniß (alt. Regl.

§ 14 Abs. 3 Satz 2), daß dies „gleich beim Einsteigen" muß, ist fortgefallen.

geschehen

Wohl aber hat die Meldung vor der

Aufforderung, also freiwillig und aus

eigener Initiative zu

erfolgen; 2. die Nichtlösung der Fahrkarte wegen Verspätung erfolgte; 3. der gewöhnliche Fahrpreis

mit

einem Zuschläge

von

1 Mark (in maximo der doppelte Fahrpreis) gezahlt wird. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, so tritt die Bestrafung nach Satz 1 und 2 dieses Absatzes ein.

Die Allgem. Zus.-Best. Ziff. 3—5 z. § 21 (s. o. S. 88) bestimmen hierzu noch Folgendes:

Wer auf einer Anschluß st ation wegen Verspätung des

Abschnitt III.

§ 21. Kontrole der Fahrkarten.

Bahnsteigkarten.

93

benutzten Zuges oder wegen kurzer Uebergangszeit eine Fahrkarte zur Weiter­

fahrt nicht hat lösen können und dies dem Schaffner sofort unaufge­

fordert meldet, hat nur den gewöhnlichen Fahrpreis zu zahlen.

Wer

in demselben Zuge über die Station, bis zu der seine Fahrkarte gilt, hin­

ausfahren will, dort aber keine Zeit zur Lösung einer neuen Fahrkarte hat und die Absicht der Weiterfahrt spätestens auf der ursprünglichen Be­ stimmungsstation dem Schaffner meldet, hat nur den gewöhnlichen

Fahrpreis

zu

zahlen.

Wer in einem auf der Bestimmungsstation seiner

Fahrkarte nicht haltenden Zuge über diese hinausfahren will und dies

dem Schaffner spätestens auf der letzten Haltestation vor der ursprüng­ lichen Bestimmungsstation meldet, hat nur den gewöhnlichen Fahrpreis

für die ohne Fahrkarte zurückgelegte Strecke nachzuzahlen. Ferner die Bes. Best, der Preuß. Staatsb. z. § 21 Verk.-Ord.: 1. Der Reisende ist verpflichtet, außer der Fahrkarte auch die etwaige Platz­ karte — vgl. Besondere Bestimmung zu § 17 Anm. 58 S. 74 — während

der Fahrt aufzubewahren und auf Verlangen jedem im Bahnzuge dienst­ thuenden Eisenbahnbeamten, der als solcher durch Dienstabzeichen kenntlich

ist, oder sich sonst ausweist, vorzuzeigen. 2. Bei den in den Fahrplänen mit dem Buchstaben D (Durchgangszug) be sonders bezeichneten Zügen (Besondere Bestimmung 1 zu tz 17) ist außer

dem Betrage für eine Platzkarte noch ein Zuschlag von 1 Mark von demjenigen Reisenden zu zahlen, welcher einen numerirten Platz ein­

nimmt, ohne im Besitze einer Platzkarte zu sein und dies nicht beim nächsten Erscheinen des Schaffners oder Zugführers meldet. (Vgl. über die Gültigkeit dieser Bestimmung Anm. 78 S. 90.)

80) Die Bestimmung des Abs. 2 S. 4, daß den Reisenden eine Zuschlags- § 21 karte oder sonstige Bescheinigung in allen Fällen zu verabfolgen ist, gilt für Ja- 4. alle Fälle der Nachzahlung, also sowohl bei Nichtmeldung (Abs. 2 S. 1 u. 2), wie bei erfolgter unaufgeforderter Meldung (Abs. 2 S. 3).

Vgl. auch Anm. 105.

81) Abs. 3 endlich verordnet, daß — in beiden im Abs. 2 bezeichneten Fällen — der Reisende bei Weigerung sofortiger Zahlung (8e. des Fahrgeldes

§21 3*

nebst Strafe bezw. Zuschlag), wenn nicht die Ausnahmefälle der Abs. 4 u. 5 vorliegen (s. Anm. 82 u. 83), ausgesetzt werden kann — selbstredend nicht auf freier Strecke,

sondern auf irgend einer

Station oder Haltestelle (s. Erl. d.

Preuß. H.-M. v. 8. Juni 1874 II. 11364).

Die

Aussetzung entbindet

den

Reisenden von der Zahlung des Fahrgeldes bezw. der verwirkten Strafbeträge nicht.

Vgl. auch Anm. 105.

Leistet der Reisende sofort Zahlung des Fahr­

geldes und Zuschlags (Abs. 2), so darf seine Aussetzung nicht erfolgen (Landger. Dresden 18./4. 1895, Eisenb. Entsch. XII. S. 313).

82) Abs. 4, welcher neu in den § 21 ausgenommen ist, gestattet den Eisen- §21 bahnverwaltungen Bestimmungen, welche von den Vorschriften des Abs. 2 wf,4e (Anm. 78—80) abweichen, in den Tarifen mit Genehmigung der Landes­ aufsichtsbehörden

nach Zustimmung des

Reichseisenbahnamts ein­

heitlich zu treffen, und stellt sich hiernach als eine Ausführungsvorschrift zu

94

Abschnitt III.

§ 21. Kontrole der Fahrkarten.

Abs. 3 Satz 2—4 der Eingangsbestimmungen dar.

Bahnsteigkarten.

Abs. 4 ist aus der Erwägung

hervorgegangen, daß es Fälle giebt, in welcher die Anwendung des Abs. 2 zu Härten führen würde. Zwar enthielten die Allgemeinen Znsatzbestimmungen zum § 21 unter Ziff. 2—4 bereits Bestimmungen, nach welchen aus Billigkeits­

rücksichten (Unmöglichkeit der rechtzeitigen

Lösung einer Fahrkarte

ohne Ver­

schulden des Reisenden) von der Anwendung der Vorschriften des Abs. 2, ins­

besondere der Erhebung des Zuschlages, abgesehen werden sollte.

Indeß ent­

behrten diese, wie auch andere von den Eisenbahnverwaltnngen getroffene ana­

loge Bestimmungen, insoweit sie von den Vorschriften des Abs. 2 abwichen, der rechtlichen Grundlage oder wenigstens erschien diese zweifelhaft.

Es war daher

angezeigt, durch die Aufnahme einer besonderen Bestimmung in den §21 den Eisenbahnverwaltungen unter den Voraussetzungen des Abs. 3 Satz 2—4 der

Eingangsbestimmungen die bezügliche Befugniß zur Aufnahme derartiger Be­

stimmungen in die Tarife ausdrücklich zu ertheilen. § 21

Dies ist durch Abs. 4 des

geschehen und zwar nach zwei Richtungen hin:

Den Eisenbahnver­

waltungen ist es überlassen, einerseits die Fälle, in welchen von der Er­ hebung eines Zuschlags aus Billigkeitsrücksichten ganz abzusehen ist, (f. Allg. Zus.-Best. Ziff. 2—4 z. § 21 S. 88), andererseits die Erhebung

anderer Zuschläge, als der im Abs. 2 erwähnten, geboten ist, durch die Tarife einheitlich zu regeln. Wie alle von den allgemeinen Bestimmungen der

Verk.-Ord. abweichende Bestimmungen bedürfen hiernach auch die hier vor­ gesehenen sowohl der Genehmigung der Landesaufsichtsbehörden, wie der Zustimmung des Reichseisenbahnamtes, ferner der Aufnahme in die Tarife und der Kenntlichmachung der Genehmigung in der Ver­ öffentlichung der Tarife.

Es wird in Betreff aller dieser Voraussetzungen auch

die Erörterung des Abs. 3 Satz 2—4 der Eingangsbestimmungen (Anm. 8, 9 u. 10 S. 13, 14) Bezug genommen.

Durch

die Vorschrift der einheitlichen

tarifarischen Regelung unter Genehmigung der Landesaufsichtsbehörden und des

Reichseisenbahnamtes ist zweckmäßig dagegen Vorkehrung getroffen, daß etwa ohne genügenden inneren Grund in den Lokaltarifen unter einander abweichende Bestimmungen bezüglich der Frachtzuschläge getroffen werde!', auch wenn solche nach Maßgabe des sollten.

Abs. 3 der Eingangsbestimmungen

an sich

gestattet sein

Die Fassung „andere Zuschläge, als die im Abs. 2 erwähnten" schließt

übrigens Mangels

jeder Beschränkung auch die Festlegung höherer, als der

im Abs. 2 vorgesehenen, an sich nicht aus (vgl. in Betreff der Platzkarte S. 74, 90),

wenngleich wohl als Regel wenigstens nur an die Herabsetzung jener Zuschläge gedacht worden ist. Die Allg. Zus.-Best. Ziff. 3, 4 und 5 (S. 88) führen die wichtigsten

Fälle an, in welchen von der Strafe des Abs. 2 des § 21 Verk.-Ord. abgesehen und nur der gewöhnliche Fahrpreis nachgefordert wird. §21 Abs. 5.

83) Der neu hiuzugefügte Abs. 5 bezweckt, die Durchführung der Bahn­ steigsperre überall da, wo sie eingeführt ist, durch geeignete Strafbestimmungen (Konventionalstrafen) zu sichern, bezieht sich also nur auf

„Stationen mit

Bahnsteigsperre". Satz 1 schreibt für Stationen mit Bahnsteigsperre, d. h. für solche Sta­ tionen, die nur nach Lösung einer Bahnsteigkarte auf den abgesperrten Theilen

Abschnitt III.

§ 22. Verhalten während der Fahrt.

95

betreten werden dürfen, obligatorisch vor, daß die Bahnsteigkarte beim Betreten des Bahnsteigs sc. des abgesperrten Theiles desselben vorzuzeigen und bei dessen Verlassen abzugeben ist. Wird die Karte beim Betreten des Bahnsteigs nicht vorgezeigt, so erfolgt Zurückweisung. Wird die Vorzeigung auf Erfordern auf dem Bahnsteig oder die Abgabe der Karte beim Verlassen desselben verweigert, so erfolgt Einziehung der im Satz 2 vorgesehenen Geldstrafe, weil alsdann der Nichtbesitz der Karte bezw. das unbefugte Betreten des Bahnsteigs ange­ nommen werden muß. Außerdem sind beide Vorschriften Ordnungsvorschriften im Sinne des § 53 Betr.-Ord., § 43 Bahn-Ord. und es kann die Uebertretung gemäß § 62 Betr.-Ord., § 45 Bahn-Ord. auch bahnpolizeilich verfolgt werden, falls nicht der Thatbestand des Betrugs oder der Urkundenfälschung rc. vor­ liegt (s. Anm. 78 S. 90-92). Satz 2 bestimmt die Geldstrafen (Konventionalstrafen) für das unbe­ fugte Betreten der abgesperrten Theile eines Bahnhofes. Die Worte „abgesperrten Theile eines Bahnhofes" gehen weiter als das Wort „Bahnsteig", sie umfassen auch andere dem Publikum ohne besondere Legitimation nicht zu­ gängliche und abgesperrte Räume rc. der Stationen. Wer diese ohne Befugniß, d. h. ohne Bahnsteigkarte oder anderweite Legitimation betritt bezw. sich dort auf­ hält, hat eine Geldbuße von 1 Mark verwirkt. Durch die allgemeine Fassung „un­ befugter Weile" ist die vorliegende Strafbestimmung auch auf diejenigen Stationen anwendbar, wo nur der Zutritt, nicht auch der Austritt durch die Bahnsteig­ karte kontrollirt wird. Zu der Strafe von 1 Mark tritt ferner noch die Pflicht zur Entrichtung der im Abs. 2 vorgesehenen Beträge, wenn festgestellt wird, daß der Betroffene ohne gültige Fahrkarte einen Zug benutzt hat. Zn letzterem Falle sind also die Beträge aus Abs. 2 und die Geldbuße von 1 Mark zu­ sammen zu entrichten. Die eine Strafe schließt die andere nicht aus. Denn es heißt ausdrücklich: „Hat den Betrag von 1 Mark und ... die im Abs. 2 vorgesehenen Beträge zu entrichten". Zu diesen Civilbußen können noch die bahnpolizeilichen (§§ 53, 54, 55 ff., 62 Betr.-Ord., §§ 43—45 Bahn-Ord.) sowie die Strafen wegen Betruges, Urkundenfälschung rc. hinzutreten (s. Anm. 78 S. 90), wenn der bezügliche Thatbestand erwiesen ist. Nach den Allg. Zus.-Best. z. § 21 Ziff. 6 werden Kinder bis zum vollendeten vierten Lebensjahre auf die Bahnsteige ohne Bahnsteig­ karte zugelassen.

§• 22. Verhalten während der Fahrt. (!) Während der Fahrt darf sich Niemand seitwärts aus dem

Wagen beugen oder gegen die Thür anlehnen.84)

Auch ist der Aufent­

halt aus den etwa an den Wagen befindlichen Plattformen nicht gestattet.") (2) Die Fenster dürfen nur mit Zustimmung aller in derselben

Abtheilung mitreisenden Personen auf beiden Seiten des Wagens gleichzeitig geöffnet sein. Im Uebrigen entscheidet, soweit die Reisenden

Abschnitt III.

96

§ 22. Verhalten während der Fahrt.

sich über das Oeffnen und Schließen der Fenster nicht verständigen, der Schaffner.")

M Es ist untersagt, Gegenstände, durch welche Personen oder

Sachen beschädigt werden können, aus dem Wagen zu werfen.") §22 84) § 22 enthält in Ausführung und Ergänzung der §§ 61, 62 Betr.-Ord. Iahi. bezw. §§ 44, 45 Nebenbahn-Ord. eine Reihe von Sicherheits-Bestimmungen über das Verhalten der Reisenden während der Fahrt.

Die Bestimmungen

finden also nur Anwendung, wenn der Zug in Bewegung ist, nicht, mährend

derselbe steht. An die Nichtbeachtung dieser Vorschriften knüpft zwar § 22 kein besonderes Präjudiz, es kann aber bei etwaiger Renitenz der Ausschluß von der Fahrt gemäß § 20 Verk.-Ord. und überdies als Verstoß gegen § 53 Betr.-Ord. bezw. § 43 Nebenb.-Ord. die Strafe des § 61 resp. § 45 eintreten. Auch kann eine

derartige Kontravention den Einwand des eigenen Verschuldens im Sinne des § 1 des Reichshaftpflichtgesehes vom 7. Juni 1871 begründen (s. Eger, Kom. zum Reichshaftpflichtgesetz 5. Ausl. S. 136 s., 145 f. und über konkurrirendes Verschulden der Eisenbahn: S. 160—169).

§ 22

85) Das Verbot des Aufenthalts auf den etwa an den Wagen befindlichen Plattformen (Erl. d. Preuß. Min. d. öff. Arb. 9. Decbr. 1898 E.-V.-Bl. S. 338) ist ein absolutes. Doch begründet die Uebertretung dieses Verbots den Einwand des eigenen Verschuldens im Sinne des § 1 Haftpflicht-Ges. nicht, wenn das Verhalten des Eisenbahnpersonals hierzu Anlaß gab. (Entsch. d. Reichsger. 30./6. 1891, 23./3. 1893, 13./7. 1894 u. 1./3. 1895. Eisenb.-Entsch. VIII. S. 375. XI. S. 197. XII. S. 138. 199. u. Eger Haftpfl.-Ges. 5. Aufl. S. 139 u. 158).

Dagegen ist das — auch an sich schwer durchzuführende — Verbot des Tretens auf die Sitze (alt. Regl. § 19 Abs. 1) im Hinblick auf die Bestimmung des § 23

über Beschädigung und Verunreinigung der Wagen in Wegfall gebracht worden.

(Erl. d. R.-E.-B.-A. 2./12. 1892 Nr. 11345.)

§22 86) An die Stelle der früheren Bestimmung über Oeffnen und Schließen ^*2, der Fenster (alt. Regl. § 19 Abs. 2), welche sich nicht als zweckmäßig erwiesen hat, ist durch § 22 Abs. 2 der Grundsatz getreten,

daß

sich prinzipaliter

die

Reisenden hierüber zu verständigen haben und eventuell der Schaffner entscheidet (Satz 2). Ausgenommen hiervon ist jedoch das Verbot des Satzes 1, wonach nur mit Zustimmung aller in derselben Abtheilung mitreisenden Personen die Fenster auf beiden Seiten des Wagens gleichzeitig geöffnet sein dürfen.

Sind

hierüber die Mitreisenden nicht einig, so muß aus der einen — vom Schaffner

event, zu bestimmenden Seite — die Schließung unter allen Umständen erfolgen. Der Schaffner darf also in diesem Falle nicht die Oeffnung auf beiden Seiten anordnen, sondern nur fakultativ auf der einen, wohl aber kann er die Schließung auf beiden Seiten bestimmen. § 22 87) Das Verbot, Gegenstände, durch welche Personen oder Sachen beschädigt Äbs. 3. werden können, während der Fahrt (s. Anm. 84) aus dem Wagen zu werfen,

wiederholt die gleichlautende Bestimmung des § 61 Abs. 2 Betr.-Ord., § 44 Abs. 3 Nebenb.-Ord.

Abschnitt M.

§ 23. Beschädigung btt SBogcit.

97

§. 23.

Beschädigung der Wagen. Der durch Beschädigung oder Verunreinigung der Wagen oder ihrer Ausrüstung verursachte Schaden ist zu ersetzen. Die Eisenbahn ist berechtigt, sofortige Zahlung oder Sicherstellung zu verlangen. Die Entschädigung erfolgt, soweit hierfür ein Tarif besteht, nach Maßgabe desselben. Der Tarif ist aus Verlangen vorzuzeigen.") (1) Für das Zertrümmern von Fensterscheiben werden, so­

weit nicht für Wagen besonderer Bauart höhere Sätze fest­ gesetzt

sind,

für

I.

und

II. Klasse 3 Mark,

für

III.

und

IV. Klasse 2 Mark für jedes Fenster erhoben.

(2)

Für

die Verunreinigung

eines

Wagens

wird 1 Mark

erhoben. (3) Für Beschädigungen anderer Art sind die Ersatzkosten

auf Grund vorgenommener Abschätzung oder nach Massgabe des

von jeder

Verwaltung

festgestellten

besonderen Tarifs

zu leisten. (4) Bei vorsätzlicher Beschädigung tritt ausserdem gericht­

liche Verfolgung ein.

88) § 23 behandelt die Ersatzpflicht der Reisenden für den durch Beschädigung oder Verunreinigung der Wagen oder ihrer Ausrüstung verursachten Schaden.

(Vgl. hierzu § 60 Betr.-Ord., § 44 Abs. 7 Bahn-Ord., betr. das Verbot der Beschädigung der Eisenbahn-Betriebsmittel nebst Zubehör.) Diese Normen des § 23 sind jedoch nicht vollständig und bedürfen der Ergänzung durch Bestim­ mungen der einzelnen Bahnverwaltungen (Eingangs-Best. Abs. 3). Denn es ist zwar allgemein die Pflicht des Reisenden zum Ersatz des Schadens aus der

Beschädigung rc. der Wagen rc. ausgesprochen, sowie das Recht der Eisenbahn, sofortige Zahlung oder Sicherstellung zu verlangen. Soweit aber für die Er­ satzleistungen ein Tarif nicht besteht — was bei der großen Verschiedenheit in der Art und im Umfange der Beschädigungen wohl zumeist der Fall sein wird — fehlt eine Bestimmung darüber,

wem die Feststellung des Schadensbetrages

zusteht. Ebenso wenig ist bestimmt, wem die Feststellung der Beschädigung, des Schuldigen sowie die Einziehung des Betrages bezw. der Kaution obliegt.

Aber auch wenn hierüber von den Bahnverwaltungen Bestimmungen getroffen sind, z. B. derartig, daß das Dienstpersonal (Schaffner, Zugführer, Stations­

vorsteher) den Schaden,

den Schuldigen sowie den Ersatzbetrag selbstständig

festzustellen und letzteren oder Sicherstellung sofort einzuziehen habe, würde es doch mit allgemeinen Rechtsregeln nicht vereinbar sein, diese einseitigen Fest­ stellungen der Bahnorgane als endgültige zu betrachten. Vielmehr muß dem Herangezogenen sowohl über die Feststellung des Schadens und der Schuldfrage, wie des Ersahbetrages durch das Bahnpersonal die Beschwerde bei der vorgesetzten Eger, Eisenbahn-Verkehrsordnung. 2. Aufl. 7

§ 23.

98

Abschn. HI. §24. Verfahren auf Zwischenstatwnen. Anhalten auf freier Bahn.

Behörde und event, der Rechtsweg vorbehalten bleiben (Schott, S. 528).

Es

ist daher anzunehmen, daß der Eisenbahn ein gewisses Pfändungs- bezw. Reten­ tionsrecht, die Befugniß vorläufiger Feststellung und Einziehung des Schadens und vorbehaltlich definitiver Feststellung im Rechtswege zustehen soll. Vgl. hierzu Allg. Zus.-Best. zu § 23 S. 97.

Den Fahrplan-Vor­

schriften f. d. Preuß. Staats-Eisenb. v. 1. Mai 1900 ist als Anlage der Tarif

für die Beschädigungen an den Personenwagen beigesügt. Ferner Erl. des Preuß. Min. der öff. Ärb. v. 27./2. 1892 betr. Beschädigung der Aushänge in den Personenwagen (E.-V.-Bl. 1892 S. 49).

§. 24.

Verfahren auf Zwischenstationen.

Anhalten auf freier Bahn.

(1) Bei Ankunft auf einer Station ist der Name derselben, die Dauer des Aufenthalts sowie der etwa stattfindende Wagenwechsel auszurusen.

Sobald der Zug stillsteht, haben die Bahnbediensteten

nach der zum Aussteigen bestimmten Seite die Thüren derjenigen

Wagen zu öffnen, aus denen Reisende auszusteigen verlangen/') (2) Wer

auf den Zwischenstationen seinen Platz verläßt, ohne

ihn zu belegen, geht seines Anspruchs auf diesen Platz verlustig.") (3) Wird ausnahmsweise außerhalb einer Station längere Zeit

angehalten, so ist den Reisenden das Aussteigen nur mit ausdrück­ licher Bewilligung des Zugführers gestattet.

Die Reisenden müssen

sich dann sofort von dem Bahngleise entfernen, auch auf das erste

mit der Dampfpfeife oder auf andere Weise gegebene Zeichen ihre

Plätze wieder einnehmen.") (4) Das Zeichen zur Weiterfahrt

Ertönen der Dampfpfeife gegeben.

wird durch

ein dreimaliges

Wer beim dritten Ertönen der

Dampfpfeife noch nicht wieder eingestiegen ist, geht des Anspruchs

auf die Mitreise verlustig.")

Jeder Reisende hat selbst dafür zu sorgen, dass er auf den Wagenwechselstationen und auf Stationen, auf welchen Züge nach verschiedenen Richtungen halten, in den richtigen Zug gelange, sowie dass er am Ziele seiner Reise den Wagen verlasse. 89) § 24 Abs. 1 bestimmt die Pflichten, welche dem Bahnpersonal bei An­ $24 Abs. 1. kunft auf einer Station obliegen: Der Name derselben, die Aufenthaltsdauer sowie der etwaige Wagenwechsel sind auszurufen (obligatorisch: Vers, der R.-E.-A. v. 18. Dezbr. 1874 R.-C.-Bl. 1875 S. 45, vgl. Erl. d. Preuß. Min. d. öffentl.

Arb. v. 2. Aug. 1879 E.-V.-Bl. S. 142, 18. Aug. 1881 II./IV. 5173 und 16. Aug. 1889 eod. S. 251).

Der Name der Station muß am Stationsgebäude oder an

Abschn. III. §24. Verfahren auf Zwischenstationen. Anhalten auf freier Bahn. 99 anderer geeigneter Stelle in einer für die Reisenden in die Augen fallenden

Weise angebracht sein.

(Betr.-Ord. § 20 Abs. 1.)

„Auch sind auf frequenteren

Stationen und namentlich auf den Schnellzugs- und Knotenstationen zu beiden Seiten des Empfangsgebäudes und in angemessener Entfernung von demselben Tafeln^ mit dem Stationsnamen (Preuß. Erl. v. 25. Januar 1870, II 20520)

anzubringen." Ferner sind bei Stillstehen des Zuges nach der Aussteigeseite die Thüren

derjenigen Wagen zu öffnen, aus denen Reisende auszusteigen verlangen.

Nach

der alten Fassung hatte ex officio die Oeffnung aller Thüren nach der Aussteige­ seite zu erfolgen, in welchen Reisende mit Fahrkarten für diese Station sich be­

fanden, die übrigen nur auf Verlangen.

(Dgl. insbesondere bei Durchgangs­

wagen: Erl. d. Preuß. Min. d. öffentl. Arb. v. 4./7. 1895 E.-D.-Bl. S. 514.)

Die neue Fassung ist gewählt worden, weil der gesteigerte Verkehr die Durch­ führung der älteren Vorschrift sehr erschwerte. (Die Annahme Gordens a. a. O.

S. 7, daß darin nur eine präzisere Fassung der früheren Bestimmung liege, ist nicht zutreffend, s. richtig v. d. Leyen Eisenb.-Arch. 1900 S. 875.) Andererseits

ist nicht zu verkennen, daß die Aenderung durch die neue Vorschrift, namentlich für weniger geübte Reisende, ungünstig ist, ihre Lage erschwert, auch leicht zu Differenzen mit dem Fahrpersonal Anlaß geben kann. Die erste Aenderung besteht darin, daß die Thüren nach der Aussteigeseite nicht mehr ex officio für alle nach der betr. Station mit Billet versehenen Passagiere vom Fahrpersonal zu öffnen sind, sondern nur die Thüren derjenigen Wagen, aus denen Reisende „auszu st eigen verlangen". Zunächst ist es

nach der Fassung zweifelhaft, ob das Verlangen schon bei der Abfahrt bezw.

beliebig unterwegs oder erst bei der Ankunftsstation geäußert werden darf. Nimmt man ersteres an, so liegt für den Schaffner keine nennenswerthe Er­

leichterung vor, da er sich dann ebenso wie bisher die Wagenabtheile genau merken muß, in welchen die qu. Passagiere sich befinden, und die Stationen, wo

sie auszusteigen verlangen.

Ist aber letzteres gemeint, dann ist es für das

Publikum schwierig, namentlich bei Stationen mit kurzem Aufenthalt, bei schwer

sich öffnenden oder vereisten Fenstern, größerer Ausdehnung des Zuges rc. recht­

zeitig dem Schaffner das Verlangen des Aussteigens zu äußern. Auch kann in beiden Fällen leicht Streit darüber entstehen, ob das Verlangen überhaupt bezw.

rechtzeitig kundgegeben worden ist.

Es kann hiernach bezweifelt werden, ob in

der neuen Vorschrift eine Verkehrserleichterung liegt.

Die zweite Aenderung besteht in dem Fortfall der bisherigen Vorschrift, daß die Thüren der übrigen Wagen nur auf Verlangen geöffnet werden.

Die

Streichung kann nicht bedeuten, daß die übrigen Wagen überhaupt nicht geöffnet werden dürfen. Denn die Reisenden haben auf jeder Station das Recht, zeit­ weilig bezw. während der Aufenthaltsdauer die Wagen zu verlassen. Es ist

also darunter nur zu verstehen, daß die Thüren dieser Wagen nicht mehr vom Fahrpersonal auf Verlangen der Insassen geöffnet zu werden brauchen, sondern die Oeffnung Sache der Reisenden selbst ist. Auch diese Aenderung ist für das

Publikum ungünstig, da das Selbstöffnen der Thüren — wie bereits oben be­ merkt — für den Reisenden häufig mit Schwierigkeiten verbunden ist. 7*

Abschnitt III.

100

§ 25. Freiwillige Unterbrechung der Fahrt.

Schäden, welche Passagiere durch Nichtbeobachtung der Vorschriften dieses Absatzes erleiden, können im Rechts- und im Aufsichtswege geltend gemacht werden. Insbesondere erscheint, wenn der Reisende dadurch genöthigt wurde, über die Bestimmungsstation ohne eigenes Verschulden hinauszufahren, der An­ spruch auf unentgeltliche Rückbeförderung nach dieser sowie auf Ersatz sonstiger Schäden

S. 9, 10).

gerechtfertigt

(vgl.

Epstein

S.

11,

Waruschon-Zarociewicz

Zur Verhütung von Unfällen bei dem Aussteigen aus den Personen­

wagen außerhalb des Perrons ist darauf zu halten, daß seitens der Schaffner beim Oeffnen der Wagenthüren zu besonderer Vorsicht aufgefordert und nöthigen-

falls beim Absteigen in zuvorkommender Weise Hülfe geleistet werde.

(Preuß.

Erl. v. 17. Oktober 1881 E.-V.-Bl. S. 313.) Im Uebrigen hat jeder Reisende selbst dafür zu sorgen, daß er auf den Wagenwechsel-Stationen und auf solchen Stationen, in welchen Züge nach verschiedenen Richtungen halten, in den richtigen

Zug gelange, sowie daß er am Ziel seiner Reise den Wagen verlasse.

(Allg.

Zus.-Best. z. § 24 Verk.-Ord. s. S. 98.) §24 90) Abs. 2 bestimmt, daß, wer auf den Zwischenstationen seinen Platz 5lbi*2‘ verläßt, ohne denselben zu belegen, seines Anspruches auf diesen Platz

verlustig geht, mithin sich, wenn derselbe inzwischen anderweitig besetzt ist, mit einem anderen Platze begnügen muß. Daraus folgt, daß es dem Reisenden auch auf Z wisch en stationen bei zeitweiligem Verlassen seines Platzes ge­ stattet ist, denselben zu belegen, und er hierdurch den Anspruch auf diesen belegten Platz behält, wie dies in betreff der Zugangsstation beim Einsteigen bereits durch § 17 Abs. 1 Sah 3 gestattet ist (s. Aum. 59). §24 Abs.3.

91) Abs. 3 u. 4 enthalten Verhaltungsvorschriften für die Reisenden im außergewöhnlichen Anhaltens auf freier Bahn.

Nach Abs. 3 ist ihnen ein

Aussteigen nur mit ausdrücklicher Bewilligung des Zugführers gestattet (vgl. über die dabei zu treffenden Vorsichtsmaßregeln: Erl. des Preuß. Min. d.

öff. Arb. vom 17. Oktober 1881, E.-V.-Bl. S. 313 und die Dienstanweisung für die im Preuß. Staatseisenbahndienst beschäftigten Zugführer vom 1. April 1884 § 14 i. f.); sie müsseu sich dann sofort vom Bahngeleise entfernen und auf das erste mit der Dampfpfeife oder auf andere Weise gegebene Zeichen ihre Plätze

wieder einnehmen.

92) Abs. 4 erklärt denjenigen, der beim dritten Ertönen der Dampfpfeife 4* noch nicht eingestiegen ist, des Anspruches auf die Mitreise verlustig.

§24

Indeß ist trotz der apodiktischen Fassung wohl anzunehmen,

daß es dem Er­

messen der kompetenten Bahnorgane anheimgestellt ist, den Reisenden auch nach­

träglich noch zur Mitfahrt zuzulassen.

Anderenfalls liegt der Bahn jedenfalls

die Obhut für das Reise- und Handgepäck des zurückbleibenden Reisenden, für

welches im Uebrigen § 20 Abs. 3 analog zur Anwendung zu bringen sein wird, weiter ob.

§. 25. Freiwillige Unterbrechung der Fahrt. (i) Den Reisenden ist, unbeschadet etwaiger weitergehender, von

der Eisenbahn bewilligter Vergünstigungen, gestattet, die Fahrt ein-

Abschnitt III.

§ 25. Freiwillige Unterbrechung der Fahrt.

101

mal, bei Rückfahrkarten auf dem Hin- und Rückwege je einmal zu

unterbrechen, um mit einem am nämlichen oder am nächstfolgenden Tage nach der Bestimmungsstation abgehenden Zuge weiter zu reisen.

Solche Reisende haben auf der Zwischenstation sofort nach dem Ver­ lassen des Zuges dem Stationsvorsteher ihre Fahrkarte vorzulegen und

dieselbe mit dem Vermerke der Gültigkeit versehen zu lassen;

Ausnahmen können in den Tarifen zugelassen werden.

Falls der

Zug, welchen sie zur Weiterfahrt benutzen wollen, höher tarifirt ist als derjenige, für welchen sie eine Fahrkarte gelöst haben, so ist eine

den Preisunterschied mindestens deckende Zuschlagskarte zu lösen.93)

(2) Eine Verlängerung

der für Rückfahrten,

Rundreisen und

dergleichen festgesetzten Frist wird durch die Unterbrechung der Fahrt nicht herbeigeführt.

Mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde kann die

Unterbrechung der Fahrt von besonderen, in die Tarife aufzunehmen­

den Bedingungen abhängig gemacht oder für gewisse Fahrkarten ganz ausgeschlossen werden.")

1. Bei Benutzung von Fahrscheinheften hat der Reisende das Recht, auf der Endstation jedes Fahrscheins, sowie auf den in den Fahrscheinen besonders namhaft gemachten Aufent­ haltsstationen die Fahrt zu unterbrechen, ohne dass es eines Vermerks seitens des Stationsvorstandes bedarf. Ausser­ dem steht es dem Reisenden frei, sich auf allen übrigen, in dem Fahrschein nicht genannten Stationen aufzuhalten; in letzterem Falle ist jedoch das Fahrscheinheft sofort nach dem Verlassen des Zuges dem Stationsvorstand zur Vor­ merkung vorzuweisen. 2. Bei Benutzung von Rückfahrkarten und Fahrscheinheften kann die Reise innerhalb der Gültigkeitsdauer der Fahr­ karte auf beliebige Zeit unterbrochen und braucht nicht schon am nächstfolgenden Tage fortgesetzt zu werden. 3. Nach einer Fahrtunterbrechung kann die Weiterreise inner­ halb der vorstehend angegebenen Fristen auch von einer anderen, der Zielstation näher gelegenen Station desselben Bahnweges aus fortgesetzt werden. 4. Wird die vorgeschriebene Bescheinigung der Fahrtunter­ brechung nicht eingeholt, so werden die Fahrkarten ungültig, und zwar einfache und Rückfahrkarten, auf welche die Unterbrechung auf der Rückreise stattgefunden, vollständig und Rückfahrkarten, auf welche die Unterbrechung auf

§ 25. Freiwillige Unterbrechung der Fahrt.

Abschnitt III.

102

der Hinreise stattgefunden, für den Rest der Hinfahrt, nicht aber auch für die Rückfahrt; Rundreisekarten und Fahr­ scheine bis zur nächsten vorgedruckten Aufenthaltstation. 525 Abs. 1.

93) Abs. 1 des § 25 gewährt dem Reisenden das wichtige Recht, die Fahrt einmal, bei Rückfahrkarten auf dem Hin- und Rückwege je einmal (also zweimal) zu unterbrechen, d. h. auf einer Zwischenstation auszusteigen, um

— ohne Losung einer neuen Fahrkarte — mit einem am nämlichen oder am nächstfolgenden Tage nach der Bestimmungsstation abgehenden Zuge weiter zu reisen.

Dieses Recht ist von folgenden 3Voraussehungen abhängig:

1. Der Reisende muß auf der Zwischenstation sofort nach Verlassen des Zuges dem Stationsvorsteher seine Fahrkarte vorlegen und dieselbe mit dem Vermerke der Gültigkeit versehen lassen; es sei denn, daß Ausnahmen in den Tarifen zugelassen sind. 2. Er muß mit einem am nämlichen oder am nächstfolgenden Tage nach der

Bestimmungsstation abgehenden Zuge — nicht später — Weiterreisen. 3. Er muß — falls der Zug, welchen er zur Weiterfahrt benutzen will, hoher tarifirt ist — eine den Preisunterschied mindestens deckende Zuschlag­

karte lösen. Das Recht findet an sich auf alle Arten von Fahrkarten (einfache, Rück­ fahrRundreise- rc. Karten) Anwendung. Nur mit Genehmigung der

Aufsichtsbehörde kann dasselbe eingeschränkt werden (s. § 25 Abs. 2 Satz 2 Anm. 94). Es darf aber nur ausgeübt werden, wenn die vorstehenden Voraus­ setzungen erfüllt werden. Der Reisende geht also seines Rechtes verlustig, wenn

er die Vorschrift, sofort die Fahrkarte dem Stationsvorsteher vorzulegen und

dieselbe mit dem Vermerke der Gültigkeit versehen zu lassen, nicht beobachtet, —

es müßte denn sein,

daß der Stationsvorsteher bezw. sein Vertreter nicht

anfzufinden ist oder ohne Grund den Vermerk verweigert oder sonst ein triftiger Grund für die Zögerung dem Reisenden zur Seite steht, oder endlich, daß Aus­ nahmen in den Tarifen zugelassen sind. ausgenommen worden,

Die letztere Bestimmung ist neu

um denjenigen Bahnen, welche diese immerhin für die

Reisenden und den Stationsvorstand

sehr lästige Vorsichtsmaßregel nicht für

unbedingt erforderlich halten, die Möglichkeit zu geben, davon gerne Abstand zu

nehme» oder doch Einschränkungen eintreten zu lassen (Gorden S. 8).

Da die

Ausnahme in den Tarifen hier ausdrücklich zugelassen ist, so liegt in einer der­

artigen tarifarischen Ausnahmevorschrift keine von der Verk.-Ord. abweichende Vor­

schrift im Sinne des § 3 Satz 2 ff. der Eingangsbestimmungen.

Es bedarf daher

hierzu auch nicht der besonderen Bewilligung der Landesaufsichtsbehörde und der

Zustimmung des Reichseisenbahnamts, sondern es genügt die Beobachtung der

für tarifarische Vorschriften der betr. Bahn bezeichneten Voraussetzungen.

Auch

gilt — z. B. bei Dnrchgangsfahrkarten — die Ausnahme nur für den Geltungs­

bereich der bez. Tarife. Ebenso wie bei Nichtanbringung des Vermerks der Gültigkeit durch den

Stationsvorstand bei der Fahrtunterbrechung geht der Reisende des Rechts zur

Abschnitt HL

§ 25. Freiwillige Unterbrechung der Fahrt.

103

Weiterreise verlustig, wenn er erst mit einem späteren Zuge weiterreist oder den Preisunterschied des höher tarifirten Zuges nicht deckt.

Die Eisenbahn kann aber den Reisenden weitergehende Vergünsti­ gungen bewilligen.

In diesem Sinne bestimmen die Allgem. Zusatzbestimm.

zu § 25: 1. Bei Benutzung von Fahrscheinheften hat der Reisende das Recht, auf der Endstation jedes Fahrscheins, sowie

auf den in den Fahrscheinen

besonders namhaft gemachten Aufenthaltsstationen die Fahrt zu unter­

breche«,

ohne daß es eines Vermerks seitens des Stationsvorstandes be­

darf. Außerdem steht es dem Reiseuden frei, sich auf allen übrigen, in dem Fahrschein nicht genannten Stationen aufzuhalten; in letzterem Falle

ist jedoch das Fahrscheinheft sofort nach dem Verlassen des Zuges dem Stationsvorstand zur Vormerkung vorzuweisen. 2. Bei Benntzung von Rückfahrkarten und Fahrscheinheften kann die Reise innerhalb der Gültigkeitsdauer der Fahrkarte auf beliebige Zeit

unterbrochen und braucht nicht schon am nächstfolgenden Tage fortgesetzt 3.

zu werden. Nach einer Fahrtunterbrechung kann die Weiterreise innerhalb der vor­

stehend angegebenen Fristen auch von einer anderen, der Zielstation näher gelegenen Station desselben Bahnweges aus fortgesetzt werden. 4. Wird die vorgeschriebene Bescheinigung der Fahrtunterbrechung nicht eingeholt, so werden die Fahrkarten ungültig, und zwar einfache und Rück­ fahrkarten, auf welche die Unterbrechung auf der Rückreise stattgefunden, vollständig, und Rückfahrkarten, auf welche die Unterbrechung auf der Hinreise stattgefunden, für den Rest der Hinfahrt, nicht aber auch für die Rückfahrt; Rundreisekarten und Fahrscheine bis zur nächsten vorgedruckten

Anfenthaltsstation. Hierzu treten noch die des. Best, der Prenß. Staatsb.:

1. Nach

Ablauf

des letzten Tages der Gültigkeitsdauer ist die Unter­

brechung der Fahrt nicht mehr gestattet.

2. Bei freiwilliger Unterbrechung der Fahrt verliert die Platzkarte —

vgl. besondere Bestimmungen zu § 17 Anm. 58 S. 74 — ihre Gültigkeit. 3. Bei Unterbrechung der Reise auf Fahrkarten mit wahlweiser Gültigkeit für mehrere Bahnstrecken ist ein Uebergang von der einen Strecke auf die

andere Strecke nicht zulässig.

Die Fahrt muß vielmehr auf derjenigen

Strecke fortgesetzt werden, auf welcher die Unterbrechung erfolgt und be­ scheinigt ist.

94) Abs. 2 des § 25 verwahrt im ersten Satze die Eisenbahn gegen die Annahme,

§25 daß die durch Abs. 1 zugelassene Unterbrechung eine Verlängerung 5(6f-2*

der für Rückfahrten und Rundreisen rc. festgesetzten Frist herbeiführe.

Die An­

nahme Kühlwetter's (S. 13), es sei hier hinzuzndenken: „sofern Fahrtunter­ brechungen bei Retour- oder Rundreisebillets überhaupt zulässig sind", erscheint nach dem zu Abs. 1 Bemerkten nicht zutreffend.

Der zweite Satz gewährt der

Eisenbahn das Recht, sowohl die den Reisenden gemäß Abs. 1 zustehende Befugniß zur Fahrtunterbrechung von besonderen, in die Tarife aufzu-

104

Abschn. III. §26. Verspätung oder Ausfall von Zügen. Betriebsstörungen,

nehmenden Bedingungen abhängig zu machen, wie auch, für gewisse Fahrkarten ganz auszuschließen. Beides darf jedoch nur mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde geschehen. Eine allgemeine Aufhebung des Rechts zur Fahrtunterbrechung ist hiernach überhaupt nicht gestattet, auch nicht mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Die Beschränkung kann sich vielmehr nur auf die Erstellung besonderer Bedingungen oder aus gewisse Fahr­ karten beziehen. So ist z. B. die Befugniß zur Unterbrechung der Fahrt für den Lokalverkehr der Berliner Stadt- und Ringbahn ausgeschlossen. (Erl. an d. K. E.-D. Berlin vom 25. November 1881 II b T 7369.) Auch hier liegt — wie im Abs. 1 Sah 2 (Anm. 93) — in einer derartigen tarifarischeu Vorschrift, da sie durch Abs. 2 Sah 2 ausdrücklich gestattet wird, keine von der Verk.-Ord. ab­ weichende Vorschrift im Sinne des Abs. 3 Sah 2 ff. der Eingangsbestimmungen vor. Es bedarf daher nicht der besonderen Bewilligung der Landesaufsichts­ behörde und Zustimmung des Reichs-Eisenbahnamts, sondern es genügt die Beobachtung der für tarifarische Vorschriften der betr. Bahn bezeichneten Voraus­ setzungen unter Genehmigung der tarifarischen Aufsichtsbehörde. Vgl. Erl. des Preuß. Min. d. off. Arb. vom 15. Juni 1893, betr. die Ueberwachnng des Verkehrs mit Rückfahrkarten (E.-V.-Bl. S. 208).

§. 26.

Verspätung oder Ausfall von Zügen.

Betriebsstörungen.

(1) Verspätete Abfahrt oder Ankunft

sowie der Ausfall eines

Zuges

begründen

keinen Anspruch

auf Schadensersatz

gegen die

Eisenbahn?") (2) Wird in Folge einer Zugverspätung der Anschluß an einen

anderen Zug versäumt, so ist dem mit durchgehender Fahrkarte ver­ sehenen Reisenden, sofern er mit dem nächsten zurückführenden Zuge

ununterbrochen

zur Abgangsstation zurückgekehrt ist,

der bezahlte

Preis für die Hin- und Rückreise in der auf der Hinreise benutzten

Wagenklasse zu erstatten?")

(3) Dieser Anspruch

ist

bei Vermeidung des Verlustes vom

Reisenden unter Vorlegung seiner Fahrkarte sogleich nach Ankunft

des verspäteten Zuges dem Stationsvorsteher

sowie nach Rückkehr

zur Abgangsstation dem Vorsteher der letzteren anzumelden.

Ueber

diese Meldungen haben beide Stationsvorsteher Bescheinigung zu er­ theilen?')

(4) Bei gänzlichem oder theilweisem Ausfall einer Fahrt sind die Reisenden berechtigt, entweder das Fahrgeld für die nicht durchfahrene Strecke zurückzufordern oder die Beförderung mit dem nächsten, auf

der gleichen oder auf einer um nicht mehr als ein Viertheil weiteren Strecke derselben Bahnen nach dem Bestimmungsorte führenden Zuge

Abschn. III. §26. Verspätung oder Ausfall von Zügen. Betriebsstörungen.

105

ohne Preiszuschlag zu verlangen, sofern dies ohne Ueberlastung des Zuges und nach den Betriebseinrichtungen möglich ist und der Zug auf der betreffenden Unterwegsstation fahrplanmäßig hält.")

(5) Wenn Naturereignisse oder andere Umstände die Fahrt aus einer Strecke der Bahn verhindern, so muß für die Weiterbeförderung bis zur fahrbaren Strecke mittelst anderer Fahrgelegenheiten thunUchst gesorgt werden. Die hierdurch entstandenen Kosten sind der Eisenbahn, abzüglich des Fahrgeldes für die nicht durchfahrene Eisen­ bahnstrecke, zu erstatten.oo) (6) Den Eisenbahnverwaltungen bleibt überlassen, weitere Er­ leichterungen mit Genehmigung der Landesauffichtsbehörden nach Zu­ stimmung des Reichs-Eisenbahn-Amts durch den Tarif einheitlich sestzusetzen."") (7) Betriebsstörungen und Zugverspätungen sind durch Anschlag an einer dem Publikum leicht zugänglichen Stelle in deutlich erkenn­ barer Weise sofort bekannt zu machen."')

1.

(!) Wird in Folge einer Zugverspätung der fahrplanmässige Anschluss versäumt, so ist den mit direkten Fahrtausweisen versehenen Reisenden, die nicht zur Abgangsstation zurück­ kehren wollen, gestattet, die Reise von der Anschlussstation auf einer anderen nach demselben Bestimmungsorte führen­ den deutschen Bahnstrecke ohne Rücksicht auf deren Länge auf Grund der zuerst gelösten direkten Fahrkarte fort­ zusetzen, sofern hierdurch die Ankunft am Bestimmungsorte beschleunigt werden kann; die Verspätung ist von dem Vorsteher der Anschlussstation auf der Fahrkarte zu be­ scheinigen und die letztere mit dem Vermerk der Gültigkeit für die andere Strecke zu versehen. (2) Eine Zuzahlung ist von dem Reisenden nicht zu leisten, auch dann nicht, wenn die Beförderung auf der Hülfsstrecke in einem Zuge mit höheren Fahrpreisen (Schnellzug) bezw. in einer höheren Wagenklasse deshalb erfolgen muss, weil der zu benutzende Zug der Hülfsstrecke die Wagenklasse nicht führt, auf welche die betreffenden Fahrkarten lauten. Militärfahrkarten werden in diesem Falle als Fahrkarten III. Klasse angesehen und können für die II. Wagenklasse bezw. einen Zug mit höheren Fahrpreisen umgeschrieben werden. (S. auch Ziffer 3.)

Abschn. III. § 26. Verspätung oder Ausfall von Zügen. Betriebsstörungen.

106

Diese Bestimmungen gelten auch dann, wenn bei einer Anschlussversäumniss die günstigere Gelegenheit zur Weiter­ reise sich nicht auf einer Hülfsstrecke, sondern auf dem Wege der direkten Fahrkarte mit einem Zuge bietet, für welchen tarifmässig höhere Preise gelten oder welcher eine beschränktere Zahl von Wagenklassen führt. Nach Ueberholung desjenigen Zuges, an welchen der Anschluss versäumt war, gehen die betreffenden Reisenden auf den letzteren Zug über. 3. Die Bestimmungen unter Ziffer 1 und 2 gelten auch für die unter Absatz 4 des § 26 gehörigen Fälle und finden im Uebrigen auch auf solche mit einem verspäteten Zuge ein­ treffende Reisende Anwendung, welche mit durchgehenden Fahrkarten nicht versehen, sondern auf der Anschlussstation zur Weiterreise nach ihrem eigentlichen Reiseziel neue Karten zu lösen genöthigt sind. 4. Die Benutzung der in den Fahrplänen mit L bezeichneten (Luxus-)Züge ist in den Fällen der vorstehenden Zusatz­ bestimmungen 1 bis 3 und des § 26 Abs. 2 der Verkehrs­ ordnung ausgeschlossen. 5. Wenn in Folge von Anschlussversäumniss u. s. w. die Fahrt über eine Hülfslinie ausgeführt werden soll, wird das Gepäck der Reisenden auf Wunsch derselben über diese oder über den ursprünglichen Bahnweg weiter befördert. 2.

§26 95) § 26 regelt die Verpflichtungen der Bahn bei Verspätung sowie bei Abs.i. Ausfall der Züge, bei Verhinderung der Fahrt durch Naturereignisse oder

andere Uinstände und bei Betriebestörungen. Abs. 1 stellt das Prinzip auf, daß verspätete Abfahrt oder Ankunft

sowie Ausfall der Züge (und zwar ausnahmslos aller Züge) keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Eisenbahnverwaltung begründen.

Die Leistungen,

welche den Eisenbahnen in den Abs. 2—4 aus Anlaß der Verspätung oder des

gänzlichen oder teilweisen Ausfalls von Zügen gegenüber den Reisenden auferlegt sind, sollen nicht den Charakter von Schadensersatzleistungen haben (Gorden S. 8),

sondern sich theils als Rückerstattung des aus dem Beförderungsvertrage vom

Reisenden vorgeleisteten Fahrpreises, theils als eine andere Art (subsidiäre) der Vertragserfüllung darstellen.

Um dem deutlich und zweifellos Ausdruck zu geben,

sind in die bisherige Fassung: „... begründen keinen Anspruch gegen die Eisen­ bahn" die Worte „auf Schadensersatz" eingefügt und ferner mit Bezug auf Abs. 4 die Worte:

„sowie der Ausfall eines Zuges"

hinzugesetzt.

Es

darf hiernach weder Ersah des wirklichen Schadens (damnum emergens), z. B. für Zeitversäumniß, Zehrungskosten rc., noch des entgangenen Gewinns (lucrum

Abschn. III. § 26. Verspätung oder Ausfall von Zügen. Betriebsstörungen.

cessans), z. B. aus vereitelten Geschäftsabschlüssen, Lieferungen rc.

107

gefordert

werden, sondern nur die im Folgenden bestimmten Leistungen der Eisenbahn.

Befreiung der Eisenbahnen von jeder Schadensersatzpflicht ist zwar gemäß § 472 N. H.-G.-B. statthaft (s. S. 44). Indeß darf sich die Eisenbahn auf Abs. 1 nicht berufen, wenn die Verspätung durch ihren oder ihrer Leute dolus herbeigeführt

ist, weil nach allgem. Rechtsregeln ein Ausschluß

des dolus ohne rechtliche

Wirkung ist (B.-G.-B. § 276 Abs. 2; Endemann. Eins, in d. Stud. d. B.-G.-B. Bd. 1 § 8 111).

Auch legen die Eisenbahnaufsichtsbehörden den Eisenbahnen zu­

meist die Pflicht nahe, wenn irgend thunlich, für die Ausgleichung der Folgen

des verfehlten Anschlusses durch Ablassung eines besonderen Zuges oder durch Zulassung der Reise auf einer anderen Route oder auf Güterzügen Sorge zu tragen (s. Abs. 2).

96) Abs. 2 u. 3 treffen über die Leistungen der Eisenbahn bei Versäumniß des Anschlusses in Folge einer Zugverspätung Bestimmung. Der Unterschied, welcher hierbei in früheren Reglements zwischen Verspätung durch höhere Gewalt oder ohne höhere Gewalt gemacht wurde, ist fortgefallen. Vielmehr wird in allen Fällen der Zugverspätung — es sei denn, daß sie durch eigenes Ver­ schulden des betr. Reisenden herbeigeführt ist — ein auf ein bestimmtes Maß beschränkter Schadensanspruch zugelassen, wenn folgende vier Voraus­

setzungen erfüllt sind: 1. Durch die Verspätung eines Zuges muß der Anschluß an einen anderen Zug versäumt sein; 2. berechtigt ist nur der mit durchgehender Fahrkarte versehene Reisende; 3. derselbe muß mit dem nächsten zurückfahrenden Zuge ununterbrochen zur Abgangsstation zurückgekehrt sein;

4. er hat seinen Anspruch unter Vorlegung seiner Fahrkarte sogleich nach Ankunft des verspäteten Zuges dem Stationsvorsteher, sowie nach Rück­ kehr zur Abgangsstation dem Vorsteher der letzteren anzumelden. Sind diese vier Voraussetzungen sämmtlich erfüllt, so wird der bezahlte Preis für die Hinreise, sowie der Preis für die Rückreise in der auf der ersteren

benutzten Wagenklasse erstattet. Ein weitergehender Ersatz wird auch in diesem Falle nicht geleistet. Um den Reisenden in den Stand zu setzen, die Nachweise

ad 3 und 4 zu erbringen, bestimmt Abs. 3 Satz 2, daß die Stationsvorsteher der Ankunfts- und Abgangsstation die entsprechenden Bescheinigungen zu er­

theilen haben.

Für diejenigen Reisenden, welche mit direkten Fahrtausweisen ver­ sehen sind und nicht zur Abgangsstation zurückkehren wollen, gewähren die Allg. Zus.-Best. z. § 26 Ziff. 1, 2 u. 5 (S. 105 ff.) die dort vorgesehenen Erleichterungen.

Dieselben sind durch Ziff. 3 (S. 106) a. a. O. aber auch auf

diejenigen mit einem verspäteten Zuge eintreffenden Reisenden ausgedehnt,

welche mit durchgehenden Fahrkarten nicht versehen, sondern auf der Anschlußstation zur Weiterreise nach ihrem eigentlichen Reiseziele neue Karten zu lösen genöthigt sind. Durch den neu eingefügten Abs. 6 ist in weiterer Aus­ führung des Abs. 2 der Eingangsbest. (Anm. 8 ff.) für derartige Erleichterungen

die rechtliche Grundlage geschaffen worden (Anm. 100 S. 109).

108

Abschn. III. § 26. Verspätung oder Ausfall von Zügen. Betriebsstörungen.

Die besond. Best, der Preuß. Staatsb. fügen noch hinzu:

„Fahr­

karten IV. Klasse können in den Fällen der Zusatzbestimmungen 1—3 zu § 26 (Theil I des Deutschen Eisenbahn-Personen- und Gepäck-Tarifs) ohne den tarif­

mäßigen Zuschlag (Besondere Bestimmungen zu § 14) für die II. oder I. Wagen­ klasse nicht benutzt werden.

Bei einer Anschlußversäumniß kann nach dem pflicht­

gemäßen Ermessen des Stationsvorstehers die Weiterbeförderung der Reisenden auf kurzen Strecken auch mit einem Güterzuge unter Einstellung von Personen­

wagen oder, wenn derartige Wagen nicht zur Stelle sind, im Packwagen oder

in einem geeigneten Guterwagen erfolgen.

In diesen Fällen wird nur der ge­

wöhnliche Personenzug-Fahrpreis und zwar bei der Beförderung in einem Per­ sonenwagen das Fahrgeld der betreffenden Wagenklasse und bei der Beförderung im Packwagen oder int Dienstraum des Packmeisters oder in einem Güterwagen das Fahrgeld IV. Wagenklasse erhoben, sofern die Reisenden sich nicht schon im Besitze gültiger Fahrkarten für die betreffende Strecke befinden. Ist dies der Fall, so erfolgt die Beförderung auf Grund dieser Fahrkarten ohne Zuzahlung. Wenn durch Schneeverwehungen, Hochwasser oder andere unvorhergesehene

Ereignisse der Betrieb auf einzelnen Strecken vorübergehend unterbrochen wird, so kann im Staatsbahn-Verkehr die Benutzung einer Hülsslinie nach Maßgabe der Zusatzbestimmung 1 zu § 26 der Verkehrs-Ordnung (Theil 1 des Deutschen Eisenbahn - Personen- und Gepäck-Tarifs) und der vorstehenden besonderen Be­

stimmung 1 nicht nur den mit direkten Fahrkarten schon versehenen, sondern auch solchen Reisenden gestattet werden, welche die Fahrt nach einer in Folge des eingetretenen Hindernisses auf dem geraden Wege nicht erreichbaren Station erst an treten wollen. Den nach den Zusatzbestimmungen zu § 26 (Theil I des Deutschen Eisenbahn-Personen- und Gepäck-Tarifs) und den vorstehenden Be­ stimmungen zur Benutzung einer Hülfsroute oder eines höher tarifirten Zuges

berechtigten Personen ist auch die Benutzung eines v-(Durchgangs-)Zuges ohne Nachzahlung gestattet, sofern hierdurch die günstigere Gelegenheit zur Weiterreise

geboten wird.

Wenn in Folge von Anschluß-Versäumnissen rc. die Fahrt über

eine Hülfslinie ausgeführt werden soll, hat der Reisende zu erklären, ob sein

eingeschriebenes Gepäck auf der ursprünglichen Linie weiter gehen oder auf der Hülfslinie mit demjenigen Zuge, welchen er selbst benutzt, befördert werden soll. Bei räumlich getrennten Bahnhöfen haben die Reisenden für ihre eigene Ueber»

tunst und für die Ueberführung ihres Gepäcks selbst zu sorgen." Ferner

die

Fahrplan-Vorschriften

für

die

Preuß.

Staatsb.

v. 1. Mai 1900: Abschn. V § 22 (Pünktliche Durchführung der Züge), § 23 (Rang-

Ordnung der Züge), § 24 (Ankündigung von Bedarfs- und Sonderzügen, Ausfall von Zügen), § 35 (Zugverspätungen).

§26 97) s. Anm. 96. Abs. 3. §26 98) Abs. 4 schließt zwar auch bei gänzlichem oder theilweisem Ausfall einer 9lbf-4- Fahrt prinzipiell jeden Ersatzanspruch aus (abgesehen von dolus s. das zu Abs. 1

Bemerkte).

Doch gewährt Abs. 4 in diesen Fällen den Reisenden nach ihrer

Wahl zwei Rechte. Sie können 1. entweder das Fahrgeld für die nicht durchfahrene Strecke zurück­ fordern,

Abschn. lll. § 26. Verspätung oder Ausfall von Zügen. Betriebsstörungien.

109

2. oder die Beförderung mit dem nächsten, auf der gleichen oder auf einer um nicht mehr als ein Viertheil weiteren Strecke derselben Bahnen nach

dem Bestimmungsorte führenden Zuge ohne Preiszuschlag verlangen. In letzterem Falle ist Voraussetzung, daß dies ohne Uederlastung

des Zuges und nach den Betriebseinrichtungen möglich ist und der Zug auf der betreffenden Unterwegsstation fahrplanmäßig hält. Beide Rechte involviren keinen Schadensersatzansprnch. Vielmehr gewährt das

erste den Reisenden nur die Rückforderung der Vorleistung wegen nicht geschehener Nachleistung, Las zweite ein sehr eingeschränktes Recht auf anderweite Vertrags­

erfüllung. Auch für die unter Abs. 4 des § 26 gehörigen Fälle gelten die in den Allg. Zus.-Best, zu § 26 Ziff. 1 u. 2 vorgesehenen Vergünstigungen (s. Ziff. 3 a. a. O. S. 106).

99) Abs. 5 legt für den Fall, daß Naturereignisse oder andere Umstände

die Fahrt auf einer Strecke der Bahn verhindern, der Bahnverwaltung die Pflicht auf, für andere Fahrgelegenheit bis zur fahrbaren Strecke thuntichst zu

§26 Abs. 5.

sorgen. Jedoch sind der Bahn die Mehrkosten dafür — im Vergleiche mit dem entsprechenden Theile des Fahrgeldes — von dem Reisenden zu erstatten. 100) Abs. 6, welcher neu in den tz 26 ausgenommen ist, überläßt den Eisenbahnverwaltungen, weitere Erleichterungen — sc. als die bereits durch Abs. 2 — 5 gewährten — mit Genehmigung der Landesaufsichtsbehörden

nach Zustimmung des Reichseisenbahnamtes durch den Tarif einheitlich sestzusetzen, und bildet hiernach eine Ausführungsvorschrift zu Abs. 3 Satz 2—4 der Eingangsbest.

Abs. 6 ist aus der Erwägung hervorgegangen, daß es zahl­

reiche Fälle giebt, in welchen die durch Abs. 2—5 den Eisenbahnen auferlegten Leistungen für die den Reisenden gegen die durch Zugverspätung und Ausfall der Fahrt entstehenden Jnkonvenienzen und Nachtheile keine ausreichende Erleich­

terung gewähren.

Zwar enthielten die Allgem. Zus.-Best, zum § 26 unter

Ziff. 1—5 bereits Bestimmungen, nach welchen den Reisenden über die Erleich­ terungen durch Abs. 2—5 des § 26 hinaus weitere Vergünstigungen zugestanden

werden.

Indeß entbehrten diese, wie auch andere von einzelnen Eisenbahnen

und Verbänden getroffene analoge Bestimmungen, insoweit sie von den Vor­ schriften des Abs. 3 der Eing.-Best. abweichen, der rechtlichen Grundlage, oder es erschien wenigstens zweifelhaft, ob die Voraussetzung, daß jene Bestimmungen

durch die Eigenart der Betriebsverhältnisse bedingt , sind, zutrifft.

Es war daher

angezeigt, durch die Aufnahme einer besonderen Bestimmung in den § 26 den

Eisenbahnverwaltungen unter den Voraussetzungen des Abs. 3 Satz 2—4 der

Eing.-Best. die bezügliche Befugn iß zur Aufnahme derartiger Bestimmungen in die Tarife ausdrücklich zu ertheilen.

Dies ist durch Abs. 6 des § 26 geschehen.

Wie alle von den allgemeinen Bestimmungen der Verk.-Ord. abweichende Be­

stimmungen bedürfen hiernach auch die hier vorgesehenen sowohl der Genehmigung der Landesaufsichtsbehörden, wie auch der Zustimmung des Reichseisenbahnamtes, ferner der Aufnahme in die Tarife und der Kenntlichmachung der Genehmigung in der Veröffentlichung der Tarife.

Es wird in betreff aller dieser Voraus­

setzungen auf die Erörterung des Abs. 3 Satz 2—4 der Eing.-Best. (Anm. 8 ff.)

§26 6e

110

Abschnitt III.

§ 27. Mitnahme von Hunden.

Bezug genommen. Durch die Vorschrift der einheitlichen tarifarischen Fest­ setzung unter Genehmigung der Landesaufsichtsbehörden und des Reichseisenbahnamtes ist zweckmäßig die Einheitlichkeit der bezüglichen Vorschriften gesichert.

§ re 101) Abs. 7 verpflichtet die Bahnen, Betriebsstörungen und Zugverspätungen $lt*’7’ auf den Stationen durch Anschlag zu publiziren, eine Vorschrift, die mit der Verpflichtung aus § 10 Abs. 1 in engem Zusammenhänge steht.

§• 27.

Mitnahme von Hunden. in den Personenwagen

(1) Hunde und andere Thiere dürfen

nicht mitgeführt werden?") (2) Ausgenommen

find kleine Hunde,

welche auf dem Schoße

getragen werden, sofern gegen deren Mitnahme von den Mitreisenden

derselben Abtheilung Einspruch nicht erhoben wird.

Die Mitnahme

von größeren Hunden, insbesondere Jagdhunden, in die dritte Wagen­

klasse darf ausnahmsweise gestattet werden, wenn die Beförderung Personen in abgesonderten Ab­

der Hunde mit den begleitenden

theilungen erfolgt.

Die Verpflichtung zur Zahlung der tarifmäßigen

Gebühr für Beförderung von Hunden wird hierdurch nicht berührt?"') (3) Die Beförderung

anderer

von Reisenden mitgenommener

Hunde erfolgt in abgesonderten Behältnissen.

Soweit solche in den

Personenzügen nicht vorhanden oder bereits besetzt sind, Mitnahme nicht verlangt werden.

kann die

Bei Aufgabe des Hundes muß

ein Beförderungsschein (Hundekarte) gelöst werden.

Gegen Rückgabe

dieses Scheines wird der Hund nach beendeter Fahrt verabfolgt.

Die

Eisenbahn ist nicht verpflichtet, Hunde, welche nach Ankunft auf der Bestimmungsstation nicht sofort abgeholt werden, zu verwahren?")

(4) Wer einen Hund ohne Beförderungsschein (Hundekarte) mit­ führt, hat die nachstehenden Beträge zu bezahlen: a) bei rechtzeitiger Meldung (vgl. §. 21 Abs. 2) den Zuschlag von 1 Mark zu dem tarif­ mäßigen Preise, jedoch nicht über das Doppelte des letzteren, b) ohne solche Meldung das Doppelte des Preises, jedoch mindestens 6 Mark. In anderen als den im Abs. 2 erwähnten Fällen ist der Hund außer­

dem aus dem Personenwagen zu entfernen.

Die Bestimmung unter

§. 21 (4) findet sinngemäße Anwendung?") (5) Wegen sonstiger Beförderung von Hunden siehe §. 30 Abs. 3

und §§. 44 ff?")

1. Die Beförderung von Hunden als Begleiter von Reisenden erfolgt auf Grund besonderer Fahrkarten (Hundekarten). Das

2.

3.

4.

5.

6.

für einen Hund zu erhebende Mindest-Fahrgeld beträgt 10 Pfennig. An Reisende, welche auf Rückfahrkarten fahren und Hunde mit sich führen, können je für einen Hund zwei Hunde­ karten ausgegeben werden, von denen die eine durch den Vermerk „Gültig zur Rückfahrt“ zu der letzteren innerhalb der für die Rückfahrkarte festgesetzten Dauer Gültigkeit erhält. Ausnahmsweise kann Jägern gestattet werden, mit ihren Hunden in Gepäck- oder Güterwagen Platz zu nehmen, wenn keinerlei Anstand bezüglich der darin verladenen Gepäck­ stücke und Güter besteht und in Bezug auf persönliche Sicherheit der betreffenden Reisenden kein Bedenken obwaltet (s. § 34 der Betriebsordnung). Für das Ein- und Ausladen der Hunde, sowie für die Geber­ führung derselben bei Wagenwechsel hat der Begleiter selbst zu sorgen. Auch für Hunde, welche in den Wagen mitgenommen werden (wenn auch in Behältern), sind die vorgeschriebenen Sätze zu entrichten. Wird bei Hunden das Interesse an der Lieferung angegeben, so hat die Beförderung mittels Frachtbriefs als Eil- bezw. Frachtgut oder als Reisegepäck in gut verschlossenen Käfigen stattfinden.

102) § 27 trifft einige besondere Bestimmungen über die Beförderung von Hunden, welche als Begleiter von Reisenden in Personenzügen

§27 L

mitgenommen werden. Für die mit Güt er zögen beförderten Hunde gelten die allgemeinen Bestimmungen der §§ 44ff. über die Beförderung lebender Thiere (f. §27 Abs. 4). Für die Beförderung von Hunden als Reisegepäck ist § 30 (f. Abs. 3) maßgebend. Abs. I des §27 verbietet prinzipiell die Mitführung von Hunden in den Personenwagen. Hiervon sind nur die im Abs. 2 aufgeführten Aus­ nahmen zugelassen. Zuwiderhandeln gegen dieses Verbot kann die in der Verk.-Ord. § 20 und in der Betr.-Ord. § 62, Bahn-Ord. § 45 vorgesehenen Strafen zur Folge haben. Auch steht den Mitreisenden sowohl der Beschwerde­ weg, wie der Rechtsweg offen.

103) Die Ausnahmen des Abs. 2 von dem Verbot des Abs. 1 betreffen sowohl kleinere, wie größere Hunde. Kleinere Hunde dürfen nur unter der Voraussehung in den Per­ sonenwagen mitgenommen werden, daß sie

§27 2e

Abschnitt HI.

112

§ 27.

Mitnahme von Hunden.

1. auf dem Schoße getragen werden, 2. gegen die Mitnahme von den Reisenden derselben Abtheilung kein Ein­ spruch erfolgt.

Größere Hunde nur unter der Voraussetzung, daß

1. die dritte Wagenklasse benutzt wird, 2. die Beförderung der Hunde mit den begleitenden

Personen in abge­

sonderten Abtheilungen erfolgt.

Bei Erfüllung dieser Voraussetzungen muß bei kleineren Hunden und kann bei größeren die Mitnahme gestattet werden. Ob der Hund zu den kleineren oder größeren gehört, entscheidet im Zweifel der Schaffner bezw. Zug­ führer oder Stationsvorsteher. Jagdhunde rechnet § 27 Abs. 1 zur letzteren Kategorie.

In allen Fällen sind

aber die tarifarischen Fahrpreise zu ent­

richten.

Hierher gehört noch die weitergehende Vergünstigung der Allg. Zus.Best. Ziff. 3, wonach Jägern mit ihren Hunden die Beförderung im Gepäck­ oder Güterwagen unter den dort vorgesehenen Voraussetzungen ausnahms­

weise gestattet werden kann. §27 104) Abs. 3 enthält im Satz 1 — entsprechend dem Verbot des Abs. 1 — Abi- 3- die Vorschrift, daß, abgesehen von den Ausnahmen des Abs. 2, die Beförderung anderer von Reisenden mitgenommenen Hunden in abgesonderten Be­ hältnissen erfolgt. Daher bestimmt Sah 2, daß die Mitnahme nicht verlangt werden kann, soweit derartige abgesonderte Behältnisse nicht vorhanden oder bereits besetzt sind.

(Verk.-Ord. § 6 Abs. 1 Ziffer 2.)

„Abgesondert", d. h.

von den Personenabtheilungen getrennt. Die Vorschrift ist für die Eisenbahnen im Sicherheits- und sanitätspolizeilichen Interesse obligatorisch und daher der

Abänderung im Wege der Vereinbarung nicht fähig. Im Sah 2 u. 3 ist über die Abfertignngsweise bei der Aufgabe und Ablieferung des Hundes Bestimmung getroffen. Lösung eines Beförderungsscheins,

unten mitgetheiltem Muster.

Die Aufgabe geschieht durch

einer s. g. „Hundekarte", nach

Diese Bestimmungen werden ergänzt

durch die

Allg. Zus.-Best. Ziff. 1, 2, 4, 5 u. 6 (S. 110, 111) u. Allg. Abf.-Vorschr. § 20 Abs. 18. (Vgl. auch Zus.-Best. XIX. f. d. Preuß. Staatsb.) Die Ver­ abfolgung des Hundes geschieht folgeweise gegen Rückgabe des Scheins nach beendeter Fahrt.

Satz 4 schließt die Verpflichtung der Eisenbahn aus, Hunde, welche nach der Ankunft auf der Bestimmungsstation nicht sofort abgeholt werden, zu ver­

wahren. Die analoge Bestiminung des alten Betr.-Regl. (§ 41 Abs. 2 Satz 2) erklärt Thöl (Handels-R. III § 57 S. 118) ohne nähere Begründung für un­ gültig.

Jedoch erscheint dies nicht zutreffend.

Denn die auf die Beendigung

des Transports bei mora des Empfängers eintretende Verwahrungspflicht des

Frachtführers entspringt nicht aus

gemeinen

Pflicht

des

Frachtführers

dem Frachtverträge, sondern aus der allals Kaufmann,

Sorgfalt

zu prästiren.

Einer vertraglichen Abänderung dieser Pflicht steht daher das Verbot des § 471

(früher Art. 122) H.-G.-B. nicht entgegen.

Abschnitt lll.

§ 27. Mitnahme von Hunden.

113

Für die Gültigkeit erklären sich aus im Wesentlichen gleichen Gründen: Steinbach S. 205, W. Koch in der Zeitg. d. Ver. d. Eisenb.-Verw. 1883

S. 497, Schott S. 519 Anm. 20, Drilling S. 45/47.

Muster eines Hundebeförderungsscheins (Hundekarte). Stück

38.............

Station................. Hund nach Zug 38

i

Gebühr

M.

Pf.

Betrag

i

105) Abs. 4 ist einem Bedürfnisse entsprechend neu in den § 27 aus­ genommen worden. Es sind in abgekürzter Form die Vorschriften des § 21

über die Kontrole der Fahrkarten auf die Beförderungsscheine für Hunde über­ tragen. Dafür sprach die analoge Zweckbestimmung dieser Beförderungsscheine. Abs. 4 enthält Vorschriften über das Verfahren gegenüber solchen Reisenden, welche Hunde ohne Beförderungsscheine (Hundekarten) mit sich führen. Es ist hier zwar nicht, wie im

Fahrkarte"

§ 21 Abs. 2 bei den Reisenden selbst „ohne gültige

gesagt, sondern kurzweg

„ohne Beförderungsschein (Hundekarte)";

aber es kann keinem Zweifel unterliegen, daß Abs. 4 in gleicher Weise sich auch auf ungültige Beförderungsscheine bezieht, b. h. diese den gänzlich fehlenden

gleich stehen. Analog dem § 21

Abs. 2 bemißt auch Satz 1 des Abs. 4 des § 27 den

Strafbetrag verschieden, je nachdem die Meldung erfolgt oder unterblieben ist.

a) Bei rechtzeitiger Meldung hat der Kontravenient den Zuschlag von 1 Mark zu dem tarifmäßigen Preise

zu bezahlen.

Es ist also derselbe Satz

gewählt, wie beim Fehlen einer gültigen Fahrkarte (§ 21 Abs. 2). ist die rechtzeitige Meldung.

zeichnung rechtzeitig,

Voraussetzung

Dem entsprechenden § 21 Abs. 2 fehlt die Be­

doch ist durch die Parenthese (vgl. § 21

Abs. 2) darauf

hingewiesen, daß hier dasselbe gemeint sei. Hiernach ist die Meldung so lange rechtzeitig, als sie unaufgefordert an den Schaffner oder Zugführer erfolgt ist. Daß sie — wie in früheren Reglements bestimmt — gleich beim Einsteigen ge­

schieht, ist nicht erforderlich.

Aber sie verliert den Charakter der Rechtzeitigkeit,

sobald sie erst nach ausdrücklicher Aufforderung erfolgt. b) Ohne solche sc. rechtzeitige Meldung ist das Doppelte des tarif­

mäßigen Preises, jedoch mindestens 6 Mark zu bezahlen, d. h. der letztere BeEger, Eisenbahn-VerkehrSorduung. 2. Aust.

$

114 trag

Abschnitt 111. § 28. Mitnahme von Handgepäck in die Personenwagen, in

allen

Fällen, in welchen

das

Doppelte

des

tarifmäßigen Preises

weniger beträgt. Sah 2 des Abs. 4 schreibt vor, daß anßerdem, d. h. abgesehen von der Einziehung der vorbezeichneten Beträge, der Hnnd, in anderen als den in

Abs. 2 (Anm. 103) erwähnten Fällen der ansnahmsweisen Belassnng in Personen­ wagen, ans diesen entfernt werden mnß.

Er ist also, sobald wie möglich, in

das Hnndeabtheil zn bringen. Dem § 27 Abs. 4 fehlen die im § 21 noch hinzngefügten ^Bestimmungen, daß dem Reisenden in allen Fällen der Nachzahlung eine Znschlagskarte oder

sonstige Bescheinigung zu ertheilen ist (Abs. 2 Sah 4), sowie daß Aussetzung er­

folgen sann, wenn die sofortige Zahlung verweigert wird (Abs. 3). Aber es ist anznnehmen, daß diese Bestimmungen auch in den Fällen des § 27 Abs. 4

analoge Anwendung zu finden haben, da die ratio legis die gleiche ist (vgl. Anm. 80 u. 81) und die Hnndebefördernngsscheine mir einen Appendix der Fahr­ karten bilden. Aus gleichem Grunde schreibt auch Satz 3 die sinngemäße Anwendung der Bestimmung des § 21 Abs. 4 vor, wonach den Eisenbahnverwaltungen über­

lassen bleibt, die Fälle, in welchen aus Billigkeitsgründen von einem Zuschlag abzusehen ist oder andere Zuschläge, als die im Abs. 2 erwähnten erhoben wer­ den sollen, mit Genehmigung der Landesaufsichtsbehörden nach Zustimnumg des Reichs-Eisenbahn-Amts durch den Tarif einheitlich zu regeln. Es wird in dieser Hinsicht auf die Ausführungen zu § 21 Abs. 4 (Anm. 82 S. 93) Bezug

genommen. § 27 106) Abs. 5 verweist in Betreff der „sonstigen", d. h. nicht als Begleiter Abs.b. von Reisenden erfolgenden Beförderung von Hunden, soweit es sich nm die

Beförderung kleiner Thiere in Käsigen handelt, auf die Bestimmung des § 30 Abs. 3 (Reisegepäck), und, soweit die Beförderung in Guterzügen erfolgt,

auf die allgemeinen Bestimmungen der §§ 44ff. über die Beförderung leben­

der Thiere.

§. 28.

Mitnahme von Handgepäck in die Personenwagen. (1) Kleine,

leicht tragbare Gegenstände können, sofern sie die

Mitreisenden nicht durch

ihren Geruch oder auf andere Weise be­

lästigen und nicht Zoll-, Steuer- oder Polizeivorschriften entgegen­ stehen, in den Personenwagen mitgeführt werden.

Für solche in den

Wagen mitgenommene Gegenstände werden Gepäckscheine nicht aus­ gegeben; sie sind von den Reisenden selbst zu beaufsichtigen."")

(2) Unter denselben Voraussetzungen ist Reisenden IV. Klasse auch die Mitführung von Handwerkszeug, Tornistern, Tragelasten

in Körben, Säcken und Kiepen, sowie von ähnlichen Gegenständen, welche Fußgänger mit sich führen, gestattet."")

Abschnitt 111. § 28. Mitnahme von Handgepäck in die Personenwagen.

115

(3) In der ersten, zweiten und dritten Wagenklasse steht dem Reisenden nur der über und unter seinem Sitzplätze befindliche Raum

zur Unterbringung von Handgepäck zur Verfügung.

Die Sitzplätze

dürfen hierzu nicht verwendet werben.109) 107) §28 trifft Bestimmung über die Mitnahme von Handgepäck.

Abs. 1

Sah 1

definirt den Begriff des Handgepäcks als des in den

§28 Abs. 1.

Personenwagen mitgeführten (nicht aufgegebenen) Gepäcks — im Gegen­ satze

zu

dem

der Gepäckexpedition

dem aufgegebenen (§§ 30. 32. 34).

gegen Gepäckschein

eingelieferten,

Ueber den insbesondere für die Frage der

Haftpflicht wichtigen Unterschied zwischen nicht aufgegebenem und auf­ gegebenem Gepäck (§ 465 N. H.-G.-B.) s. § 34 91 nm. 138. Als Handgepäck gelten kleine, leicht tragbare Gegenstände.

Die Reisenden sind befugt, solche in den

Personenwagen mitzuführen unter der Voraussetzung:

1. daß diese Gegenstände nicht durch ihren Geruch oder auf andere Weise

die Mitreisenden belästigen,

2. daß nicht Zoll-, Steuer- oder Polizeivorschriften der Mitnahme entgegen stehen, und — was hier nicht speziell ausgesprochen, aber aus § 29, § 30 Abs. 4 Verk.-Ord. ersichtlich — 3. daß die betreffenden Gegenstände nicht zn denjenigen gehören, welche von der Mitnahme überhaupt ausgeschlossen sind, bezw. nach § 30 auch als Reisegepäck nicht aufgegeben werden dürfen.

(Vgl. noch Anm. 110.)

Nach Satz 2 werden Gepäckscheine (§ 32) für solche in den Wagen mit­ genommene Gegenstände nicht ansgegeben. Sie sind von den Reisenden selbst zu beaufsichtigen. Es folgt daraus jedoch keineswegs, daß in betreff des Hand­

gepäcks ein Frachtvertrag überhaupt nicht vorliege.

Vielmehr ist ein solcher auch

für das Handgepäck abgeschlossen, wenngleich formlos und ohne speziellen Uebergabeakt. Andernfalls würde von einer Haftung für nicht aufgegebenes Reise­

gepäck (§ 465 Abs. 3 N.-H.-G.-B.) überhaupt nicht die Rede sein können.

Denn

die Haftung setzt ein Vertragsverhältniß voraus, auf welches sie sich gründet. Das Handgepäck ist „nicht aufgegebenes" Gepäck und steht dem unabgefertigten Gepäck (§ 32 Abs. 5) gleich, es findet daher auf dasselbe § 465 Nr. 3 H.-G.-B. bezw. §34 Abs. 5 Verk.-Ord. Anwendung, nicht aber § 465 Nr. 1 bezw. §34

Abs. 3. Konkurrirt also bei mangelnder Aufsicht des Reisenden ein Verschulden der Bahn oder ihrer Leute, so kann diese haftpflichtig werden. 108) Nach Abs. 2 ist unter denselben Voraussetzungen, wie im Abs. 1 bezeichnet, Reisenden der IV. Klasse, um den unteren Bevölkerungsklassen die Benutzung der Bahn zu erleichtern, auch die Mitführung umfangreicherer

Sachen: wie Handwerkszeug, Tornister, Tragelasten, in Körben, Säcken, Kiepen rc.

und anderer Gegenstände gestattet, welche Fußgänger mit sich führen. Die bes. Best, der Preuß. Staatsbahnen ergänzen diese Bestimmungen noch dahin, daß jedem Reisenden der IV. Wagenklasse die Mitführung von nur

einer Traglast gestattet ist.

Als eine Traglast sind auch mehrere kleinere

Gepäckstücke anzusehen, sofern der Reisende dieselben allein zu tragen im Stande ist.

Jede von anderen Personen mitgegebene Traglast oder jede 8*

von

dem

§28 2;

116

Abschnitt III. § 29. Von der Mitnahme ausgeschlossene Gegenstände.

Reisenden selbst mitgeführte weitere Traglast wird als gewöhnliches Gepäck auch in dem Falle behandelt, wenn der Reisende zwei oder mehr Fahrkarten vorzeigt. Dasselbe ist daher bei der Gepäck-Abfertigungsstelle aufzugeben. (§ 32 Verk.-Ord.)

Die Mitnahme von Fahrrädern — gleichviel ob zerlegt oder nicht — in die Personenwagen ist unzulässig. Inwieweit auf Strecken ohne IV. Klasse die Mit­ führung von Traglasten rc. im Wagen III. Klasse zulässig ist, ergeben die be­

sonderen Bekanntmachungen.

Nach Maßgabe dieser Bestimmungen wird es in der Regel keinem Be­ denken unterliegen, z. B. einem Drehorgelspieler die Mitnahme seiner Drehorgel, sofern dieselbe von ihm allein getragen wird, zu gestatten; desgleichen einer Ge­ müse- oder Obsthändlerin ihren Korb mit Obst, Früchten rc., welchen sie ge­ wöhnlich auf den Schultern trägt, einem Handelsmann (Hausirer) fernen Sack (Quersack, Rucksack) oder seinen an einem Tragriemen befestigten Waarenkasten, einem Tagelöhner oder Knecht sein Arbeitszeug. Dagegen erscheint für Reisende

IV. Klasse die Mitnahme großer Reisekoffer, kaufmännisch verpackter Kisten und Waarenballen von erheblichem Umfange nicht statthaft. §28 Abs. 3.

109) Der bisherige Abs. 3, wonach bei Meinungsverschiedenheiten sc. über die Tragweite der Befugnisse der Reisenden aus Abs. 1 u. 2 der Stations­ vorstand entscheidet, ist fortgefallen, so daß fortan über derartige Meinungs­ verschiedenheiten im Administrativwege die in den §§ 3 u. 4 der Verk.-Ord. bezeichneten Organe und, wenn der Reisende in dem Verfahren der Eisenbahn eine Verweigerung der Beförderung erblickt und Schadensersatz beansprucht (§ 6), die Gerichte zu entscheiden haben. An die Stelle dieser fortgefallenen Bestimmung ist ein neuer Abs. 3 getreten, dessen Vorschriften ans den bisherigen Allgem. Zus.-Best. zum § 28 entnommen sind und sich als nothwendig und praktisch er­

wiesen haben.

Darnach sind die aus Abs. 1 folgenden Befugnisse der Reisenden

der I., II. und III. Wagenklasse dahin begrenzt,

daß einem jeden nur der über

und unter seinem Sitzplatze befindliche Raum zur Unterbringung von Handgepäck zur Verfügung steht und eine Verwendung der Sitzplätze hierzu nicht gestattet ist. (Vgl. Erl. des Preuß. Min. d. öff. Arb. v. 22./12. 1893 E.-V.-Bl. S. 366.) Für die IV. Klasse besteht diese Beschränkung nicht, auch wenn in derselben Sitz­ plätze angebracht sind.

Das Verbot der Verwendung von Sitzplätzen zur Unter­

bringung von Handgepäck in den ersten 3 Klassen erstreckt sich Mangels einer Einschränkung auch auf den eigenen Sitzplatz eines jeden Reisenden; auch der

eigene Sitzplatz darf dauernd nicht mit Handgepäck belegt werden, während eine vorübergehende Belegung gestattet ist (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 3).

Reisen mehrere

Personen gemeinsam (z. B. eine Familie), so steht ihnen zur Unterbringung ihres Handgepäcks ungetheilt soviel von dem in Abs. 3 bezeichneten Raume zur Ver­

fügung, als sie laut Fahrkarten Sitzplätze haben.

Bei Meinungsverschiedenheiten

gilt das oben Gesagte.

§. 29.

Bon der Mitnahme ausgeschloffene Gegenstände. (i) Feuergefährliche sowie andere Gegenstände, die auf irgend eine Weise Schaden vemrsachen können, insbesondere geladene Gewehre,

Abschnitt III. § 29. Von der Mitnahme ausgeschlossene Gegenstände.

117

Schießpulver, leicht entzündliche Stoffe und dergleichen, sind von der Mitnahme ausgeschlossen. 11 °) (2) Die Eisenbahnbediensteten sind berechtigt, sich von der Be­

schaffenheit der mitgenommenen Gegenstände zu überzeugen."') (3) Der Zuwiderhandelnde haftet für allen aus der Uebertretung

des obigen Verbots entstehenden Schaden und verfällt außerdem in die durch die bahnpolizeilichen Vorschriften bestimmte Strafe."2) (4) Jägern und im öffentlichen Dienste stehenden Personen ist

die Mitführung von Handmunition gestattet.

Auch ist Begleitern

von Gefangenentransporten die Mitführung geladener Schußwaffen unter der Voraussetzung gestattet, daß die Beförderung in besonderen Wagen oder Wagenabtheilungen erfolgt."2) (5) Der Lauf eines mitgeführten Gewehrs muß nach oben ge­

richtet fein.114) 110) § 29 trifft über die von der Mitnahme — sc. in den Personenwagen § 29 — ausgeschlossenen Gegenstände Bestimmung. $tbf-L Abs. 1 verbietet und schließt auch die Mitnahme aller feuergefährlichen sowie anderer Gegenstände,

die auf irgend eine Weise Schaden verursachen

können, unter beispielsweiser Aufzählung einiger derartiger Gegenstände (geladene Gewehre, Schießpulver, leicht entzündliche Stoffe und dgl.) aus. Vgl. § 62

Betr.-Ord., § 45 Bahn-Ord.

Es handelt sich hier um nicht aufgegebenes,

d. h. Handgepäck, während im § 30 Abs. 4 Verk.-Ord. über das aufgegebene

Gepäck Bestimmung getroffen ist. Das Kriterium ist freilich ein sehr unbe­ stimmtes, da es wohl kaum einen Gegenstand giebt, der nicht „auf irgend eine Weise" Schaden verursachen könnte (z. B. Scheeren, Messer, Zündhölz­ chen rc.).

Das Verbot ist daher in einer dem Verkehrszweck angemessenen, die

Reisenden nicht irrationell belästigenden Weise auszulegen.

111) Abs. 2 gewährt den Eisenbahnbediensteten sc. den dienstlich bei dem §39 Zuge beschäftigten das Recht, sich von der Beschaffenheit der mitgenommenen 9lbf-2Gegenstände zu überzeugen.

Hierbei liegt es im Sinne des § 1 Abs. 1 Verk.-

Ord., daß die Bahnbediensteten pflichtmäßig nur bei begründetem Verdachte der

Uebertretung des Verbots des Abs. 1 zu Visitationen schreiten und nicht ohne jeden Grund den Reisenden lästig fallen dürfen. Anderenfalls steht letzteren das

Recht der Beschwerdeführung (§ 4 Verk.-Ord.) zu. Vgl. die in dieser Hinsicht in betreff der Abfertigung von Reisegepäck ge­

gebene Vorschrift in den AUgem. Abf.-Vorschr. § 11 Abs. 3 (s. S. 123).

112) Nach Abs. 3 ist der Zuwiderhandelnde sowohl civil- wie straf- §39 rechtlich verantwortlich: Abs.3. 1. civilrechtlich für allen Schaden an dem Gepäck Dritter und für sonstigen

Schaden, d. h. an den Betriebsmitteln, an Personen und Sachen (Schott

S. 258).

Die Konventionalstrafe bezw. der Frachtzuschlag aus § 53 Abs. 8

118

Abschnitt III. § 29. Von der Mitnahme ausgeschlossene Gegenstände.

u. 9 findet hier keine Anwendung, weil sie sich nur auf zur Beförderung

aufgegebene Güter bezieht (§ 30 Abs. 4); 2. strafrechtlich durch Verfall in die in der Betr.-Ord. (§ 62) bezw. in der Nebenbahnordnung (§ 45) bestimmte Strafe; d. h. Geldstrafe bis zu 100 Mark, sofern nicht nach

den allgemeinen Strafbestimmungen eine

härtere Strafe verwirkt ist (s. § 303f., § 306f., §§315, 316, § 367 Nr. 5, 6, 9 d. R.-Str.-Ges.-B.). § 29 Verk.-Ord. ist eine polizeiliche Be­

stimmung im Sinne des § 9 des Reichsges. v. 9./6. 1884 (SprengstoffGesetz), Reichsger. 15./3. 1893, Eisenb.-Entsch. X S. 185. — 10./10. 1895, XII S. 325.

113) Abs. 4 macht von dem Verbote des Abs. 1 zwei Ausnahmen.

$ 29 Abs. 4.

a) Zunächst im Satze 1 zu Gunsten von Jägern unb im öffentlichen

Dienste

stehenden Personen.

Diesen

ist

die

Mitführung

der

Haud-

munition gestattet. Unter Jägern sind nicht bloß berufsmäßige Jäger und Forstleute, sondern auch Jagdherreu und Jagdliebhaber zu verstehen. Als im öffentlichen Dienste stehend gelten Militärpersonen, Polizei-. Zoll- und andere

Beamte des Staates und der Gemeinden.

Nur „Handmunition", d. h. die

zum Laden des Gewehres erforderlichen Quantitäten cm Pulver, Patronen, Kugeln, Schrot rc., nicht aber geladene Schußwaffen. Der Begriff „Hand­ munition" richtet sich nach den einzelnen Landesverordnungen bez. Usancen. Die­ selbe darf nur in den Personenwagen mitgenommen, nicht als Reisegepäck aufgegeben werden und muß im Uebrigen den Bestimmungen des § 28 über das

Handgepäck entsprechen. b) Sodann ist im Satz 2, welcher neu hinzugefügt ist, eine Ausnahme gemacht für Begleiter von Gefangenentransporten.

Diesen Personen

ist die Mitführung geladener Schußwaffen gestattet, jedoch nur unter der

Voraussetzung, daß die Beförderung — sc. der Begleiter und der Gefangenen — in besonderen Wagen oder Wagenabtheilungen erfolgt. Die Ausnahme war, wenngleich nicht vereinbar mit den bisherigen Vorschriften des § 29 Verk.-Ord.

und des § 62 Betr.-Ord., schon vielfach gemacht worden und ist daher, dem Be­ dürfnisse entsprechend, nunmehr durch den vorliegenden Sah 2 legalisirt.

Abs. 4 Satz 1

man

würden

Nach

die Begleiter von Gefangenentransporten, selbst wenn

sie sämmtlich als im öffentlichen Dienste stehende Personen betrachten

würde, nur zur Mitführung von Haudmunition berechtigt sein.

Diese Befugniß

reicht aber bei Gefangenentransporten für den Fall von Fluchtversuchen nicht aus,

vielmehr bedarf es der Bewachung mit geladenen Schußwaffen.

Den Begleitern

ist daher das Recht auf Mitführung geladener Schußwaffen gegeben, aber, um die Sicherheit des übrigen Publikums nicht zu gefährden, nur unter der Voraus­

setzung des

gesonderten Transports und der Beobachtung der Vorschrift des

Abs. 5. Im Falle des Abs. 4 macht sich der Zuwiderhandelnde in gleicher Weise

civil- und strafrechtlich verantwortlich, wie im Falle des Abs. 1 (s. Anm. 110), vergl. § 62 Betr.-Ord., § 45 Bahn-Ord.). § 29 Abs. 5.

114) Abs. 5 fügt schließlich noch die Sicherheilsvorschrift hinzu, daß der Lauf eines mitgeführten Gewehres nach oben gehalten werden muß. Diese

Abschnitt IV.

§ 30. Begriff des Reisegepäcks.

119

Bestimmung bezieht sich ausnahmslos auf alle Gewehre und soll selbstredend — abgesehen von der Ausnahme im Abs. 4 Sah 2 — an der Verbotsbestimmung des Abs. 1 nichts ändern, wonach geladene Gewehre überhaupt nicht mitgenommen

werden dürfen.

IV.

Beförderung von Reisegepäck.'") Die nachstehend für „Fahrzeuge“ getroffenen Bestimmungen gelten, insoweit sie von denen für Reisegepäck abweichen, nur für solche Fahrzeuge, die durch die Seitenthüren gedeckt gebauter Wagen nicht verladen werden können.*) §. 30.

Begriff des Reisegepäcks. (1) Als Reisegepäck kann in der Regel nur das, was der Reisende zu seiner Reise bedarf, namentlich Koffer, Mantel- und Reisesäcke, Hutschachteln, kleine Kisten und dergleichen aufgegeben werden."") (2) Doch

können

auch

größere kaufmännisch

verpackte Kisten,

Tonnen sowie Fahrzeuge und andere nicht zum Reisebedarf zu rechnende Gegenstände, sofern sie zur Beförderung mit Personenzügen geeignet

sind, ausnahmsweise als Reisegepäck zugelaffen werden.

Wegen der

Fahrzeuge vergleiche auch §. 6 Abs. 2."7)

(3) Ebenso können kleine Thiere sowie Jagdhunde in Käfigen, Kisten, Säcken und dergleichen zur Beförderung als Reisegepäck an­

genommen werden.'")

(4) Gegenstände,

welche von der Beförderung als Frachtgut,

sowie solche, welche nach §. 29 von der Mitnahme in die Personen­

wagen ausgeschlossen sind,

dürfen,

Abs. 8 festgesetzten Folgen,

auch

bei Vermeidung der im §. 53

als Reisegepäck nicht aufgegeben

werden.'"). (5) Ob und unter welchen Bedingungen die im §. 50 B 2 be­

zeichneten Gegenstände zur Beförderung als Reisegepäck angenommen *) Die Allgemeinen Tarifvorschriften (Deutscher Eisenbahn-Güter­ tarif Theil! Abth. B.

„Die bei den

Gültig vom 1. Januar 1900) bestimmen § 29 S. 11:

Gepäck-Abfertigungsstellen zur Auflieferung kommenden Land-

(Straßen-) und Wasserfahrzeuge werden nach dem Deutschen Eisenbahn-Personenund Gepäcktarife, Theil I, abgefertigt.

werden, bestimmen die Tarife.

Schadensersatzes finden

Wegen Beschränkung der Höhe des

§. 81 Abs. 2 und 3 und §. 84 Abs. 4 ent­

sprechende Anwendung?")

(1) Zu den Reisebedürfnissen werden gerechnet und, inso­ weit von den Verwaltungen Freigewicht im Binnenverkehr allgemein gewährt wird, unter Anrechnung dieses Gewichts befördert: a) Fahr- und Rollstühle, welche Kranke oder Gelähmte mit sich führen, sowie Kinderwagen für den Gebrauch mitreisender Kinder, b) Musikinstrumente in Kasten, Futteralen oder sonstigen Umschliessungen, c) Messinstrumente bis zu 5 Meter Länge und Hand­ werkszeug, d) Fahrräder, sofern diese Gegenstände unzweifelhaft zum persön­ lichen Gebrauche des Gepäckaufgebers dienen und nicht Gegenstände des kaufmännischen Verkehrs bilden; e) Waarenproben (Muster), welche Geschäftsreisende in Ausübung ihres Geschäfts mit sich führen und welche nach der Verpackungsart als Proben erkennbar sind, sowie Hausirerwaaren, sofern die Aufgeber die III. Klasse benutzen und sich die Gepäckstücke nach Grösse und Gestalt als Traglasten für Hausirer unzweifelhaft er­ kennen lassen. (2) Für grössere kaufmännisch verpackte Kisten, Tonnen sowie andere nicht zu den Reisebedürfnissen zu rechnende Gegenstände, welche nach dem Ermessen des ab fertigenden Beamten zur Beförderung als Reisegepäck angenommen werden, wird Freigewicht nicht gewährt. 2. Gold- und Silberbarren, Platina, Geld, geldwerthe Münzen und Papiere sowie Dokumente werden zur Beförderung als Gepäck nicht angenommen; dagegen werden Edelsteine, echte Perlen, Pretiosen und andere Kostbarkeiten, insbesondere Waaren aus Gold, Silber und Platina, auch in Verbindung mit Edelsteinen und echten Perlen, neu oder gebraucht, ferner Kunstgegenstände, wie Gemälde, Gegenstände aus Erz-

1.

Abschnitt IV.

§ 30. Begriff des Reisegepäcks.

121

guss, Antiquitäten zur Gepäckbeförderung unter folgenden Bedingungen zugelassen: a) die Gepäckstücke müssen fest verschlossen sein; b) der Inhalt der Gepäckstücke und der Werth, welcher den Höchstbetrag für die zu zahlende Entschädigung bilden soll, sind anzugeben und im Gepäckscheine zu vermerken. Wird der Werth oder das Interesse an der Lieferung auf mehr als 500 Mark angegeben, so werden die Gegenstände zur Gepäckbeförderung nicht angenommen. 115) Die §§ 30—38, welche den Abschnitt IV der Derk.-Ord. unter dem Abschn. Befördernng

Titel:

„Beförderung von Reisegepäck"

bilden, enthalten, wie diese Ueberschrift besagt, die Bestimmungen der Verk.-Ord. Reiseüber die Reisegepäckbeförderung. Diese Bestimmungen gelten auch für Fahr­ zeuge, sofern sie ausnahmsweise nicht als eigentliche Frachtgüter, sondern int Anschluß an den Personentransport befördert werden; sie sind alsdann wie

Reisegepäck abzufertigen.

Die §§ 30—38

umfassen

zum

Theil

die

eisenbahnseitigen Transport­

bedingungen für Reisegepäck im Anschluß an die §§ 425—473 N. H.-G.-B., insbesondere § 465 I. c. und in Ergänzung bezw. Modifikation der für die Haft­

pflicht bei Beschädigung von Gütern im Allgemeinen geltenden Bedingungen

und Abreden des Abschn. VIII (s. § 34

Abs. 1),

zum Theil aber auch eine

Reihe von Sicherheits- und Ordnungsvorschriften, welche mit dem Gepäcktrans­ porte im Zusammenhänge stehen.

Strenggenommen gehören hierher auch die

Bestimmungen des § 28 über das Handgepäck, welches eine Kategorie des nicht

aufgegebenen Reisegepäcks bildet.

Demgemäß sind in den älteren Reglements

ganz zutreffend in diesen Abschnitt auch die Normen über das Handgepäck aus­ genommen worden, welche nunmehr ohne ausreichenden Grund in der Verk.-

Ord. v. 15./11. 1892 und 26./10. 1899 dem vorangehenden Abschnitt III (Personen-Beförderung) eingefügt sind. Der Gepäckbefördernngsvertrag ist,

Näheren

erörtert

ist



wie bei § 34 Anm. 138 noch

gleichviel ob es sich um zur

des

Beförderung aufge­

gebenes Reisegepäck (N. H.-G.-B. § 465 Abs. 1 u. 2, Verk.-Ord. §§ 30ff.) oder nicht aufgegebenes (N. H.-G.-B. § 465 Abs. 3, Verk.-Ord. § 28: sog. Hand­ gepäck) handelt — lediglich eine besondere Kategorie des Güterfrachtvertrages,

welcher in der Regel mit einem Personenfrachtvertrage verknüpft und daher in

der Verk.-Ord. vom gewöhnlichen Güterfrachtvertrage zum Theil (s. jedoch in Betreff der Haftpflicht § 34 Abs. 1) abweichend normirt ist, demungeachtet aber, wie letzterer, den Bestimmungen der §§ 425—473 N. H.-G.-B. unterliegt.

Hin­

sichtlich der juristischen Natur dieses Transportvertrages wird des Näheren auf

die Erörterungen zum § 34 verwiesen. (Ackermann in Busch's Arch. Bd. 13 S. 463f., Keyßner ibid. Bd. 10 S. 60 u. 66, W. Koch, Eisenb.-Transp.-R,

122

Abschnitt IV.

S. 110,

Endemann, H.-R.

§ 30. Begriff des Reisegepäcks.

S. 455, 681,

S. 766, R. d. E.

Wehrmann

S. 124.)

§3o 116) § 30 Abs. 1 definirt den Begriff des zur Aufgabe gelangenden 916L Reisegepäcks — im Gegensatze zum nicht aufgegebenen Handgepäck, welches in den Personellwagen mitgenommen wird (§ 28).

Der Begriff des Reisegepäcks

ist wichtig, insbesondere auch für die Frage des Freigepäcks (s. § 32).

Unter

„Reisegepäck", — von welchem — in der Regel wenigstens — nur im Zu­ sammenhänge mit der Beförderung eines Reisenden die Rede sein kann —,

werden begrifflich im Allgemeinen alle diejenigen Sachen verstanden, welche ge­

trennt vom Körper des Reisenden als von demselben zum Reisezweck mit sich geführt befördert werden. Zunächst llnd in der Regel sind es daher solche Gegenstände, welche der Reisende zu seine in und seiner Ang ehörigell Reise > bedürfnisse mit sich führt, namentlich Koffer, Mantel- und Reisesäcke, Hut­ schachteln, kleine Kistell u. bergt. wie das alte Regl. § 24 Abs. 1

§ 30 Abs. 1 erwähnt zwar nicht mehr — — das Reisebedürfniß der Angehörigen

ausdrücklich, indeß sann es schon in Rücksicht ans die Schwierigkeiten einer Unterscheidllng feinem gegründeten Zweifel unterliegen, daß allch das Reisegepäck der Angehörigen hierher gehört. In den bes. Best, der Preuß. Staatsb. zuin § 32 Ziff. 2 ist dies speziell anerkanilt. Diese Gegeilstäilde dürfen daher, falls

nicht mangelhafte Verpackung vorliegt (§ 459 Ziff. 2 R.H.-G.-B., § 31 Verk.-Ord.), von der Befördermlg nicht zllrückgewiesen werden (arg. § 453 Ziff. 1 N. H.-G.-B.). „Der Begriff Reisezweck — bemerkt de Jonge (Preuß. Eisenb.-Arch. 1888 S. 488) zutreffend — hat eine umfasseilde Bedeutung, so daß unter Reisegegen-

ständen sowohl Gebrauchsgegenstände, die der Vergnügungsreisende, als auch z. B. Waarenproben, die der Geschäftsreisende mit sich führt, zu begreifen sind. Die Begriffserweiterung und Ausdehnung auf das Reisegepäck der Ange­

hörigen erschien vom gesetzgeberischen Standpunkt aus schon deshalb geboten,

weil bei einer Familienreise sehr häufig gemeinschaftliches Gepäck mitgeführt wird, das den Bedürfnissen aller Reisegenossen dient, wodurch die Feststellung und Aussonderung des dem einzelnen Reisenden gehörigen Gepäcks sehr erschwert

sein würde.

Voll diesem Ausgangspunkte aus ist dann offenbar die Eigenschaft

als persönliches Gepäck allem Gepäck, auch dem Sondergepäck mitreisender An­ gehöriger beigelegt worden. Nach dem so sestgestelltell Begriffsinhalt ist es klar,

daß die Beziehung zwischen dem Reisenden und dem Gepäck keineswegs noth­ wendig ein Eigenthumsverhältniß sein muß. Das Reisegepäck kann geliehen, gemiethet, gestohlen u. s. w. sein, aber es muß dem Reisezwecke des Passa­

giers dienen, zu seinen Reisebedürfnissen gehören."

Festzuhalten ist somit, daß nur diejenigen Gegenstände des Reisenden

und seiner Angehörigen zum Reisegepäck begrifflich gehören, welche ihrem

Reisezweck dienen, mithin Reisebedürfnisse sind, nur ausnahmsweise können auch andere Gegenstände zugelassen werden;

dementsprechend werden

nach den Allg. Zus.-Best. (s. oben Ziff. 1) hierher gerechnet und auf den Bahnen, die Freigewicht im Binnenverkehr allgemein gewähren, unter An­ rechnung dieses Gewichts befördert: a) Fahr- und Rollstühle, welche Kranke

oder

mit

sich

Kinder;

b)

Gelähmte

Mitreisender

führen,

sowie Kinderwagen

Musikinstrumente

in

für

Kasten,

den

Gebrauch

Futteralen

oder

Abschnitt IV. sonstiger Umschließung;

123

§ 30. Begriff des Reisegepäcks.

c) Meßinstrumente bis

zu

4 Meter

Länge

und

Handwerkszeug; d) Fahrräder — sofern diese Gegenstände unzweifelhaft zum persönlichen Gebrauch des Gepäckaufgebers dienen und nicht Gegenstände

des kaufmännischen Verkehrs bilden; e) Warenproben (Muster), welche Geschäftsreisende in Ausübung ihres Geschäfts mit sich führen und welche nach der Verpackungsart als Proben erkennbar sind, sowie Hausirerwaaren, so­ fern die Aufgeber die III. Klasse benutzen und sich die Gepäckstücke nach Größe

und Gestalt als Traglasten für Hansirer unzweifelhaft erkennen lassen.

Die Allg. Abf.-Vorschr. § 11 Abs. 3 geben hierbei die Direktive, daß bei der Beurtheilung der Frage, ob die Abfertigung als Reisegepäck zulässig sei, den Reisenden möglichst entgegenzukommen und deshalb auch von jeder näheren Untersuchung ohne Weiteres abzusehen ist, wenn die äußere Beschaffenheit, Der-

Packung oder sonstige Umstände dafür sprechen, daß die Gegenstände zum persön­ lichen Gebrauch während der Reise bestimmt sind.

f

Das Ober-Land.-Ger. Wien hat jedoch mit Recht angenommen: Wenn Gegenstände, welche im Sinne des Betr.-Regl. (Verk.-Ordn.) nicht zum Reise­ gepäck gehören, dennoch als solches aufgegeben werden, so haftet die Eisenbahn

nach den für Erschleichung seitens eines aufgegebenen

Reisegepäck geltenden Bestimmungen. Die Eisenbahn, welche eine des nur für das eigentliche Reisegepäck gewährten Freigewichts Reisenden behauptet, muß beweisen, daß die von diesem Reisenden Kolli ausschließlich solche Gegenstände enthalten haben, welche nicht

zum Reisegepäck gehören. Röll Nr. 61.)

(Entsch. des Ob.-Land-Ger. Wien v. 5. Oktober 1870

117) Abs. 2 enthält eine Ausnahme von der Regel des Abs. 1. Darnach §30 können auch größere kaufmännisch verpackte Kisten, Tonnen, sowie Fahr- $lb^e2* zeuge und andere nicht zum Reisebedarf zu rechnende Gegenstände ausnahms­ weise zum Reisegepäck zugelassen werden,

sonenzügen geeignet sind.

wenn sie zur Beförderung mit Per-

Entscheidend dafür, ob sie hierzu geeignet sind, ist

das Ermessen des abfertigenden Beamten.

In Betreff der Fahrzeuge verweist

Abs. 2 noch besonders auf die bereits oben erörterte Bestimmung des § 6 Abs. 2

der Verk.-Ord. (Anm. 24 S. 24).

Diese Bestimmung gilt aber auch für die

übrigen im Abs. 2 § 30 bezeichneten Gegenstände.

Die Allg. Zus.-Best. Ziffer 1 Abs. 2 fügen noch hinzu, daß für größere kaufmännisch verpackte Kisten, Tonnen, sowie andere nicht zu den Reise­

bedürfnissen zu rechnende Gegenstände, welche nach

dem Ermessen des abfer­

tigenden Beamten zur Beförderung als Reisegepäck angenommen werden, Frei­

gewicht nicht gewährt wird. Bezüglich der Fahrzeuge unterscheidet der Eisenbahn-Gütertarif (Theil I Äbth. B in den Allgem. Tarifvorschriften §23 Eisenbahn­ fahrzeuge und Land- (Straßen-) und Wasserfahrzeuge (Allg. Abfert.-

Vorschr. § 17 Ziff. 1 u. 2).

Während Eisenbahnfahrzeuge,

wenn sie auf

eigenen Rädern laufen, nur als Frachtgut, (§50 B u. Allg. Zus.-Best. z- § 50 Ziff. IV) und, wenn sie auf Eisenbahnwagen verladen sind, nur als Fracht- oder Eilgut zu befördern sein, kann die Beförderung von Land- (Straßen-) und Wasserfahrzeugen je nach Art ihrer Aufgabe

124

Abschnitt IV.

sowohl

als

Fracht-

und

§ 30. Begriff des Reisegepäcks. Eilgut,

wie

auch

als

Reisegepäck

erfolgen.

Werden sie als Fracht- oder Eilgut aufgegeben, so erfolgt die Abfertigung

bei den Güterabfertigungsstellen

nach

den Bestimmungen

im Abschn. VIII

Verk.-Ord. und nach den im Allg. deutsch. Eisenbahn-Gütertarif Th. I Abth. B § 26 bestimmten Tarifsätzen. folgt

die

Abfertigung

bei

Werden sie als Reisegepäck aufgegeben, so er­ den

Gepäck-Abfertigungsstellen

Verk.-Ord., nach dem Deutsch. Eisenb.-Persouen-

nach

Abschn. IV

und Gepäcktarif Th. I (Allg.

Zus.-Best. z. § 32 Ziff. 5 n. 6) und nach den Allgem. Abfert.-Vorschriften § 17. Als Reisegepäck können aber derartige Fahrzeuge nur zugelassen werden,

wenn sie zur Beförderung mit Personenzügen geeignet sind. Hierbei wird nach Ziff. 5 u. 6 der Allg. Zus.-Best. zu § 32 (s. S. 131, 132) unter­

schieden zwischen solchen Land- und Wasserfahrzeugen, welche in gedeckt gebaute Wagen durch die Seitenthüren verladen werden können, und solchen, bei welchen dies nicht möglich ist. Erstere werden auf Gepäckschein zur Geväckfracht, letztere auf Beförderungsschein in Personen- und Schnellzügen abgefertigt. (Allg. Abfert.-Vorschr. § 17 Ziff. 1.) Für die Abfertigung und

Beförderung von Land- (Straßen-) Fahrzeugen und Wasserfahrzeugen, welche in

gedeckt gebaute Wagen durch die Seitenthüren nicht verladen werden können, gelten die Allg. Zus.-Best. Ziff. 6 Abs. 1—6 zum §32 Verk.-Ord., und für die Verladung die im Anhänge dieses Kommentars Anlage 3 mitgetheilten „Vor­ schriften über die Verladung von Fahrzeugen und Maschinen mit Rädern auf offenen Wagen".

§ so 118) Abs. 3 enthält eine weitere Ausnahme von der Regel des Abs. 1. 31 Darnach können auch kleine Thiere und — wie auf Wunsch der Interessenten

neu hinzugefügt ist — auch Jagdhunde in Käfigen, Kisten, Säcken

und

dergleichen zur Beförderung als Reisegepäck angenonnnen werden; wenngleich Thiere als zu den Reisebedürfnissen gehörig nicht zu betrachten sind. Annahme erfolgen kann, hängt vom Ermessen

Ob die

des abfertigenden Beamten ab.

Eine Verpflichtung hierzu liegt der Eisenbahn nicht ob.

Die Haftpflicht regelt

sich gemäß § 34 Abs. 1 nach den Bestimmungen der Verk.-Ord. über Thiertrans­ porte (§ 48) mit den sich aus § 34 1. c. ergebenden Abweichungen.

Vgl. über die Verladung lebender Thiere in Käfigen: Allg. Abf.-Vorschr. § 35 Abs. 8 lit. 1.

§3o 41

119) Abs. 4 bestimmt, daß Gegenstände, welche 1. von der Beförderung als Frachtgut, 2. sowie nach § 29 von der Mitnahme in die Personenwagen ausgeschlossen

sind, auch als Reisegepäck nicht aufgegeben werden dürfen.

Die Zuwiderhandlung

zieht die im § 53 Abs. 8 festgesetzten Folgen, d. h. einen Frachtzuschlag voll

12 Mark für jedes Brutto-Kilogramln des

ganzen Versandstücks nach sich.

Außerdem treffen den Zuwiderhandelnden die in der Betr.-Ord. § 62, Bahn-

Ord. § 45, sowie im Straf-Ges.-Buch vorgesehenen Strafen. Vgl. Allg. Abf.-Vorschr. § 11 Abs. 2.

§ so 120) Abs. 5 Satz 1 überläßt den Bestimmungen der Tarife, ob und unter ^bs-5. welchen Bedingungen die int § 50 B. 2 der Verk.-Ord. bezeichneten Gegenstände

Abschn. IV. §31. Art d. Verpackung. Entfernung alt. Beförderungszeichen.

als Reisegepäck angenommen werden.

Nach der älteren Verk.-Ord. war dies

„den besonderen Bestimnnmgen der Eisenbahnen" überlassen.

sind nunmehr die Tarife getreten.

125

An deren Stelle

Es sind daher diejenigen Voraussetzungen

erforderlich, welche für tarisarische Bestimmungen vorgeschrieben sind (Verk.-Ord. § 57).

Darin liegt eine Verschärfung der bisherigen Vorschrift.

Satz 1 trägt

dem Umstande Rechnung, daß es unbillig sein würde, der Eisenbahn ohne Weiteres die Haftung für die etwa beim Reisegepäck befindlichen Gelder, Kost­

barkeiten und dergleichen zuzumuthen. farische sein.

Jedoch sollen die Bedingungen tari­

(Erläut. des R.-E.-A.)

Demgemäß verordnen die Allg. Zus.-Best. Ziff. 2: Gold- und Silber­

barren, Platina,

Geld, geldwerthige Münzen und Papiere, sowie Dokumente

werden zur Beförderung als Gepäck nicht angenommen;

dagegen werden Edel­

steine, echte Perlen, Pretiosen und andere Kostbarkeiten, insbesondere Waaren

aus Gold, Silber und Platina, auch in Verbindung mit Edelsteinen und echten Perlen, neu oder gebraucht, ferner Klmstgegenstände, wie Gemälde, Gegenstände aus Erzguß, Antiquitäten, zur Gepäckbeförderung unter folgenden Bedingungen

zugelassen: a) die Gepäckstücke müssen fest verschlossen sein; b) der Inhalt der Gepäckstücke und der Werth, welcher den Höchstbetrag für die zu zahlende Ent­ schädigung bilden soll, sind anzugeben und im Gepäckschein zu vermerken. Wird der Werth oder das Interesse an der Lieferung auf mehr als 500 Mark an­ gegeben, so werden die Gegenstände zur Gepäckbeförderung nicht angenommen. Sah 2 ist dem Abs. 5 neu hinzugefügt. Darnach sollen für die im Sah 1 bezeichneten Gegenstände wegen Beschränkung des Schadensersatzes § 87 Abs. 2 u. 3 und § 84 Abs. 4 entsprechende Anwendung finden, d. h. es ist beit Eisenbahnen

in Gemäßheit des § 462 N. H.-G.-B. — wie für Frachtgut dieser Art — auch

für Reisegepäck, welches aus Kostbarkeiten, Kunstgegenständen rc. besteht und zur Beförderung angenommen wird, gestattet, die im Falle des gänzlichen oder theilweisen Verlustes oder der Beschädigung zu leistende Entschädigung in den

Tarifen auf einen Höchstbetrag zu beschränken, jedoch mit der aus § 461 Abs. 2 (§ 88 Verk.-Ord.) folgenden Maßgabe, Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit der

daß, wenn der Schade durch

Eisenbahn

herbeigeführt

ist,

die

Be­

schränkung auf den Höchstbetrag nicht geltend gemacht, vielmehr in allen Fällen Ersatz des vollen Schadens gefordert werden kann. (Verk.-Ord. § 81 Abs. 3 und § 88.) Festzuhalten ist auch hier, daß die Beschränkung auf einen Höchstbetrag in den Tarifen vorgesehen sein, also den Bestimmungen des § 7 der Verk.Ord. entsprechen muß.

Wie der Hinweis auf § 84 Abs. 4 ergiebt, findet, wenn

die Ersatzpflicht hiernach auf einen Höchstbetrag beschränkt ist, eine Angabe des Interesses an der Lieferung über diesen Betrag hinaus nicht statt (Verk.Ord. § 84 Anm. 459).

§. 31.

Art der Verpackung.

Entfernung älterer Befördernngszeichen.

(i) Das Reisegepäck muß sicher und dauerhaft verpackt fein.121)

Bei

mangelnder

oder

ungenügender Verpackung kann es zurück-

126

Absch». lV. §31. Art d. Verpackung. Entfernung ält. Besörderungszeicheit.

gewiesen werden/"') Wird derartiges Gepäck zur Beförderung an­ genommen, so ist die Eisenbahn berechtigt, auf dem Gepäckschein einen entsprechenden Vermerk zu machen. Die Annahme des Gepäck­ scheins mit dem Vermerke gilt als Anerkenntniß dieses Zustandes durch den Reisenden.'") (2) Auf den Gepäckstücken dürfen ältere Eisenbahn-, Post- und andere Beförderungszeichen stch nicht befinden. Wird in Folge der Nichtbeachtung dieser Vorschrift das Gepäck verschleppt, so haftet die Eisenbahn nicht für den daraus erwachsenen Schaden.'") § 3i.

§ 31 der neuen Verk.-Ord. hat insofern eine wesentliche Aenderung erfahren, als der bisherige Satz 1, welcher der Eisenbahn lediglich die Befugnis; gab, nicht sicher und dauerhaft verpacktes Reisegepäck zurückzuweisen, im Sinne

des § 464 Ziff. 2 N. H.-G.-B., §§ 58 und 77 Ziff. 1 der Verk.-Ord. ausgestaltet worden ist und in dieser Erweiterung nunmehr einen besonderen Absatz 1 bildet, während die bisherigen Sätze 2 u. 3, welche das Belassen älterer Eisenbahn-, Post- und anderer Beförderungszeichen auf den Gepäckstücken untersagen und an die Nichtbeobachtung dieses Gebots die Nichthaftung der Eisenbahn für Ver­ schleppung knüpfen, unverändert in einen neuen Absatz 2 vereinigt sind.

§ 3i 121) Abs. 1 bestimmt in Satz 1, daß das Reisegepäck sicher und dauerSatzi. t)Qft verpackt sein muß. Und zwar liegt, wie beim Frachtgut dem Absender § 58 Abs. 1), so beim Reisegepäck dem Reisenden diese Verpackungspflicht ob (s. § 58 Anm. 268). Auch ist in Gemäßheit des § 34 Abs. 1 zu ergänzen, daß dem Reisenden diese Pflicht nur insoweit auferlegt ist, als das Reisegepäck seiner Natur nach zum Schutz gegen Verlust oder Beschädigung auf dem Transporte

eine Verpackung erfordert arg. N. H.-G.-B. § 459 Ziff. 2 und Verk.-Ord. § 58 Abs. 1). Denn zum Reisegepäck können auch Gegenstände gehören, welche — wie Fahrund Rollstühle, Kinderwagen, Fahrräder, Handwerkszeug rc., s. Allg. Zus.-Best. Ziff. 1 z. tz 30 Abs. 1 bis 4 — eine Verpackung überhaupt nicht nöthig machen.

§ 3i 122) Aus der Pflicht des Reisenden, das Reisegepäck — soweit eine Ver2. Packung erforderlich — sicher und dauerhaft verpackt zur Beförderung aufzugeben, folgt die im Satz 2 ausgesprochene Befugniß der Eisenbahn, das Reise­ gepäck bei mangelnder oder ungenügender Verpackung von der Annahme zur

Beförderung zurückzuweisen.

Ueber die Nothwendigkeit und die Art

der

Verpackung entscheiden, abgesehen von den Vorschriften des § 29 u. 30 die Be­ stimmungen der Gepäckabfertigungsstelle und, Mangels solcher, die Organe der

Abfertigungsstelle auf Grund ihrer eigenen Erfahrungen und nach allgemeinen

Gebräuchen und nach Maßgabe der Einrichtungen und Benutzungsweise der Bahn. Gegen ungebührliche und chikanöse Anforderungen, welche eine Transport­ verweigerung involviren (§ 6), kann Schadensersatz im Rechtswege gefordert

werden. §3i 123) Der Verpackungspflicht des Reisenden entspricht die Obliegenheit der Satz3 Eisenbahn, eine Prüfung vorzunehmen, ob derselbe diese Pflicht erfüllt hat.

u.4.

Dies kann sie aber nach der Natur des Eisenbahnbetriebes nur bei äußerlich

Abschn. IV. §31. Art d. Verpackung. Entfernung alt. Äeförderungszeichen.

erkennbaren Mängeln der Verpackung.

127

Bei äußerlich nicht erkennbaren

Mangeln haftet sie dem Absender nicht, ist dieser vielmehr für allen daraus entstehenden Schaden verantwortlich (§ 58 Abs. 3 Anm. 271, 272).

Dagegen ist

die Eisenbahn bei äußerlich erkennbaren Mängeln haftbar, weil sie alsdann ihre

Prüfungspflicht versäumt hat und kann sich auf Verschulden der

Reisenden

um so weniger berufen, als ihr die Befugniß zur Rückweisung zusteht. ist es

Häufig

aber im Interesse des Absenders wie des Reisenden gelegen, das Gut

bezw. Gepäck trotz der mangelhaften Verpackung auf eigenes Risiko (Vermeidung eines Verzugs, zur Kostenersparniß rc.) befördern zu lassen, und so die Bahn von der Haftung zu befreien bezw. auf Ersatz zu verzichten. Demgemäß ist nach § 459 Ziff. 2 N. H.-G.-B. und § 77 Ziff. 2 Verk.-Ord. bei — nach Erklärung hes Absenders auf dem Frachtbriefe — nicht gehörig verpackten Gütern die Haftpflicht

für den Schaden ausgeschlossen,

welcher aus der mit dem Mangel oder der

mangelhaften Beschaffenheit der Verpackung verbundenen Gefahr entsteht, und es wird alsdann zu Gunsten der Eisenbahn vermuthet, daß ein eingetretener Schaden, wenn er den Umständen nach aus der hiermit verbundenen Gefahr entstehen konnte, auch wirklich aus dieser Gefahr entstanden ist. In Rücksicht hierauf bestimmt nach Analogie des § 58 Abs.2 der Satz 3 des Abs. 2 §31, daß, wenn derartiges Gepäck zur Beförderung angenommen wird, die Eisen­ bahn berechtigt ist, auf dem Gepäckschein einen entsprechenden Vermerk zu machen, und Satz 4, daß die Annahme des Gepäckscheins mit dem Vermerke als Anerkenntniß dieses Zustandes durch den Reisenden gilt. Wie bei Fracht­

gut durch § 58 Abs. 2, hat die Eisenbahn also auch bei Reisegepäck durch § 31 Abs. 1 einen zwiefachen Weg, um sich von der Haftpflicht für Schäden aus der mangelhaften Verpackung zu befreien. Sie kann entweder gemäß Satz 2

das Reisegepäck zurück weis en, d. h. die Annahme zur Beförderung verweigern oder, wenn sie dies nicht thut, ist sie gemäß Satz 3 berechtigt, auf dem Gepäck­ schein einen entsprechenden Vermerk zu machen, welchen der Absender durch Annahme des Scheins als zutreffend anerkennt. Die nach § 459 Ziff. 2 N. H.-G.-B. erforderliche Erklärung des Absenders auf dem Gepäckscheine, welcher hier den Frachtbrief ersetzt, weicht in ihrer Form von der im § 58 Abs. 2 Verk.Ord. für Frachtgut vorgeschriebenen zwar insofern ab, als die Erklärung nicht

vom Reisenden, sondern von der Eisenbahn auf den Gepäckschein gesetzt, und durch die anstandslose Annahme des letzteren Seitens des Reisenden bestätigt

wird. Die Wirkung dieser durch die andere Art der Abfertigung und Beförderung des Reisegepäcks als zweckmäßig gebotenen Erklärung ist aber in Gemäßheit des § 34 Abs. 1 der Verk.-Ord. die nämliche, wie die im § 58 Abs. 2 für Frachtgut vorgeschriebene, d. h. sie befreit die Eisenbahn von der Haftung für Verlust und

Beschädigung

des derartig aufgegebenen Reisegepäcks,

wenn der eingetretene

Schaden den Umständen nach aus der hiernach nicht übernommenen Gefahr ent­ stehen konnte. (N. H.-G.-B. § 459 Abs. 1 Ziff. 2 u. Abs. 2.) Nur die Erklärung auf dein Frachtbriefe sc. Gepäckscheine ist durch § 459 Ziff. 2 N. H.-G.-B., § 77 Ziff. 2 Verk.-Ord. vorgeschrieben,

damit der Mangel ausdrücklich und formell

konstatirt und die Empfangsbahn sofort davon in Kenntniß gesetzt wird. besondere im § 58 Abs. 2

Die

der Verk.-Ord. noch außerdem für Frachtgut vor­

geschriebene Erklärung ist im § 31 Abs. 1 für Reisegepäck mit Rückficht auf die

Abschn. IV. §31. Art d. Verpackung. Entfernung ält. Beförderungszeichen,

128

einfacheren Verhältnisse des Gepäckstransports und die Beschleunigung der Ab­

fertigung aus Zweckmäßigkeitsgründen nicht eingeführt. Die Eisenbahn ist zur Annahme mangelhaft verpackten Gepäcks gegen das entsprechende Anerkenntniß

des Reisenden berechtigt, aber nicht verpflichtet.

Der Reisende ist also

nicht befugt, gegen Abgabe des qu. Anerkenutnisses die Beförderung zu ver­ langen. Die Eisenbahn kann vielmehr, auch wenn sich der Reisende zu dem Anerkenntnisse erbietet, das Gepäck zurückweisen; sie muß dies sogar, wenn

polizeiliche oder Vorschriften

über

vom Transport ausgeschlossene oder nur

bedingrmgsweise zum Transport zugelasseue Gegenstände der Annahme eutgegeustehen.

(§§ 29, 30 Verk.-Ord.)

Die Allg. Abfert.-Vorschr. § 11 Abs. 4 bestimmen:

„Es ist besonders

darauf zu achten, daß die als Reisegepäck zur Aufgabe kominenden Gegenstände sicher und dauerhaft verpackt sind. Fehlt diese Verpackung, oder ist sie un­ genügend, so ist das Gepäckstück gleichwohl anzuuehmen,

wenn dasselbe nach

Ansicht des abfertigenden Beamten zur Beförderung nicht ungeeignet ist. In diesem Falle ist jedoch auf die Rückseite des Gepäckscheinstammes ein A n erkennt niß des Inhalts: „Unverpackt" oder „Verpackung mangelhaft" zu setzen und vom Aufgeber zu unterzeichnen. Wenn gleichzeitig noch andere ordnungsmäßig ver­ packte Gepäckstücke zn einem und demselben Gepäckscheine anfgeliefert werden, so hat sich das Anerkenntniß mir auf die unverpackten Gegenstände zu erstrecken.

Die bes. Best, der Preuß. Staatsb. z. § 31 Verk.-Ord. bestimmen gleich­ falls, daß der Aufgeber die fehlende oder mangelhafte Verpackung unterschrift­ lich anzuerkennen hat. Diese Bestimmungen sind, weil sie mit §31 Abs. 1

Verk.-Ord. im Widerspruch stehen bezw. eine Verschärfung enthalten, ungültig. Es könnte zweifelhaft erscheinen, ob das Anerkenntniß des Reisenden in der Form des § 31 Abs. 1 Verk.-Ord. der im § 459 Ziff. 2 N. H.-G.-B. vorge­ schriebenen Erklärung entspricht. Indeß ist dieser Zweifel nicht begründet, da der Vermerk der Eisenbahn auf dem Gepäckscheine und die unbeanstandete Annahme

desselben durch den Reisenden eine ausreichende, im Gepäckscheine zuni Aus­ druck gebrachte Willenserklärung des Reisenden darstellt. (Uebereinstimmend Reindl, Eisenb.-Entsch. Bd. XVII Heft 1.) Wenngleich nun im §31 nicht, wie im § 58, ausdrücklich ausgesprochen ist, daß die Wirkung dieser Erklärung

die im § 459 Ziff. 2 N. H.-G.-B., § 77 Ziff. 2 Verk.-Ord. bestimmte, d. i. die Nichthaftung der Bahn für den aus dieser Gefahr entstandenen Schaden sein soll, so kann dies doch mit Rücksicht auf § 34 Abs. 1 Verk.-Ord. keinem Bedenken

unterliegen.

Denn anderenfalls wäre das gemäß § 31

Abs. 1

erklärte An­

erkenntniß des Reisenden im Hinblick auf §§ 456, 471 N. H.-G.-B. ohne jede Rechtswirkung auf die Haftung der Bahn, während es doch ohne Zweifel in

der Absicht der vorliegenden Bestimmung liegt, die Haftung der Bahn in diesem

Falle auszuschließen bezw. zu beschränken.

Es ist daher auf § 31 Abs. 1 auch

analog (arg. § 34 Abs. 1) die Vorschrift des § 58 Abs. 3 anzuwenden,

wonach

für derartig anerkannte sowie für solche Mängel der Verpackung, welche äußer­ lich nicht erkennbar sind, der Reisende zu haften und jeden daraus ent­ stehenden Schaden zu tragen bezw. der Bahnverwaltung zu ersetzen hat. Zst die Abgabe des Anerkenntnisses gemäß § 31 Abs. 1 Satz 3 u. 4 nicht erfolgt, so haftet der Reisende für äußerlich erkennbare Mängel der Verpackung nur,

Abschn. IV. §31. Art d. Verpackung. Entfernung alt. Beförderungszeichen. wenn ihm ein arglistiges Verfahren zur Last fällt.

129

Es wird hinsichtlich dieser

Bestimmungen auf die ausführlichen Erörterungen zu § 58 Abs. 3 Anm. 272 verwiesen.

124) Abs. 2 schreibt im Anschluß an Abs. 1 im Satz 1 vor, daß die §31 Gepäckstücke von älteren Eisenbahn-, Post- und anderen Beförderungs- abl‘2e Zeichen befreit sein müssen, und im Satz 2, daß, wenn dies nicht der Fall und die Eisenbahn

in Folge dessen eine Verschleppung des Gepäcks stattfindet,

für den daraus erwachsenden Schaden nicht aufkommt. Die analoge Be­ stimmung des alten Betr.-Regl. (§25) ist von Thöl, H.-R. (III. § 54 S. 111) nach Art. 395, 423 A. H.-G.-B. (§§ 456, 471 N. H.-G.-B.) als ungültig bezeichnet, weil die Eisenbahn bei Annahme solcher Gepäckstücke sich im Falle des Verlustes nicht darauf berufen könne, daß die Zeichen höhere Gewalt oder daß sie äußerlich nicht erkennbare Mängel der Verpackung seien, und im Falle der Verspätung nicht darauf, daß die Voraussetzungen der Art. 397 A. H.-G.-B. (§ 466 N. H.-G.-B.) nicht vorliegen (vgl. auch Thöl, Handelsrecht!. Erört. 1882

S. II bis 15), während Goldschmidt (Zeitschr. Bd. 26 S. 611, 612, Bd. 28 S. 454) dieser Annahme entgegentritt, weil dem Absender einige Sorgfalt zngemuthet werden müsse und der durch eigene Schuld des Absenders oder seiner Leute entstandene Schaden nicht vom Frachtführer zu tragen sei. Mindestens sei aber ein Verzicht des Absenders auf die Verantwortlichkeit des Frachtführers hier nicht ausgeschlossen und einen solchen stillschweigenden Verzicht statuire statthaft das Reglement (sc. jetzt die Verk.-Ord.). Die Annahme Goldschmid t's erscheint aus folgenden Gründen zutreffend. Zunächst ist im §31 nur die Haftpflicht für Schaden aus Verschleppung, d. i. Beförderung an einen anderen, als den Bestimmungsort bezw. aus der damit zusammenhängenden Verspätung (Art. 397 A. H.-G.-B., § 466 N. H.-G.-B.), nicht auch für Verlust (Art. 395 A. H.-G.-B., § 456 N. H.-G.-B.) aus­

geschlossen. Wollte man aber auch letzteres annehmen, so würde die durch ältere Zeichen herbeigeführte Verschleppung sehr wohl als höhere Gewalt inso­ fern angesehen werden können, als im Hinblick auf die gebotene Schnelligkeit der

Gepäckexpedition

im

Eisenbahnverkehre

die Feststellung und

Entfernung

älterer Zeichen bei jedem Gepäckstücke mit rationellen Mitteln und Kräften nicht durchführbar, mithin der daraus erwachsende Schaden ein nicht abwendbarer

ist. Damit hängt zusammen, daß sich bei Vorhandensein älterer Zeichen und der dadurch verursachten Verschleppung die Verspätung erfahrungsgemäß durch

die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abwenden läßt und ein Beweis in concreto sich in Rücksicht auf diesen generellen Erfahrungssatz erübrigt.

Es kann ferner zwar zweifelhaft sein, ob jene älteren Zeichen sich als Mängel der Verpackung qualifiziren oder nicht.

Im ersteren Falle (Goldschmidt,

S. 612) ist es zum mindesten sehr fraglich, ob sie nicht als äußerlich nicht erkennbare Mängel zu gelten haben. Denn wenn sich auch die Zeichen außen befinden, so ist es doch ohne gleichzeitige Vergleichung mit dem Billet nnt)

Gepäckschein schwer möglich, die älteren und das neue Zeichen zu unterscheiden bezw. festzustellen, welches das ältere oder neuere ist.

Nimmt man aber an,

die qu. Zeichen gehören überhaupt nicht zur Verpackung (Thöl, Handelsrechtl. Erört. S. 12), so wird man sie in die Kategorie der Transportpapiere nach Art Eger, Eisenbcihn-Verkehrsordnung.

2. Aufl.

9

130

Abschnitt IV.

§ 32. Auflieferung des Gepäcks.

Gepäckscheine.

des Frachtbriefes, der Zoll- rc. Papiere stellen müssen, und alsdann hat der

Absender die Folgen von Unrichtigkeiten, wie sie sich in der Vermischung alter und neuer Zeichen darstellen, ebenso zu tragen, wie beim Frachtbriefe (§ 53 Abs. 1 Verk.-Ord., Thöl, H.-R. III. § 60 S. 125) und den Begleitpapieren. (Art. 393 A. H.-G.-B., § 427 N. H.-G -B., § 54 Verk.-Ord., Thöl, § 12, § 63.)

Denn hierauf gründet sich die Einrede des eigenen Verschuldens des Absenders, welche dem Frachtführer neben den ihm durch Art. 395 A. H.-G.-B, § 456 N. H.-G. B. belassenen Einreden nach allgemeinen Rechtsregeln und der Tendenz des Art. 395 bezw. § 456 frei und uneingeschränkt zusteht — wie ja auch Thöl die Bestimmung im § 50 Nr. 4 des alten Betr.-Regl. rc. § 53 Abs. 1 der Verk.Ord. über die Folgen unrichtiger Angaben im Frachtbriefe keineswegs für un­ gültig erklärt. Für die Gültigkeit des § 25 Satz 3 des alten Betr.-Regl. (§ 31 Abs. 2

Satz 2 Verk.-Ord.) erklären sich



aus

theilmeise mit Vorstehendem überein­

stimmenden Gründen — anch Steinbach in Grünhut's Zeitschrift Bd. 10 S. 203, W. Koch in der Zeitg. d. Ver. deutsch. Eisenb.-Verw. 1883 S. 229, 481 und Drilling, die Ungültigkeiten des Betriebs-Regl. S. 19.

Dagegen

Schott, S. 486, 520 (vgl. Art. 424 Abs. 1 Ziff. 2 A. H.-G.-B.). Eine ver­ mittelnde Stellung nimmt v. Hahn II. Art. 423 § 10 S. 721, 722 ein, welcher die qn. Bestimmung in Betreff des Ausschlusses von Verlust und Beschädigung für unzulässig hält, in Betreff der Verspätung aber für zulässig, wenn sowohl bei der Expedition, wie bei der Befördernng die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers gewahrt ist. Die Sorgfalt bei der Expedition sei aber gewahrt, wenn eine Seite deS Guts untersucht und von alten Zeichen gereinigt sei; die Sorgfalt bei der Beförderung, wenn e i n altes Zeichen berücksichtigt wurde (?). Die Allg. Abf.-Vorschr. § 11 Abs. 5 bestimmen zum §31: 5. Bei Behandlung des Reisegepäcks haben die mit der Abfertigung und Beförderung desselben betrauten Beamten und Arbeiter mit der größten

Sorgfalt und Umsicht zu verfahren, damit eine Beschädigung der Gepäckstücke vermieden wird. Die Beförderung von Gepäckstücken hat daher stets nur durch Heben, Tragen oder Fahren, niemals aber durch Schleifen oder Werfen zu erfolgen. Vgl. hierzu den Erl. E.-V.-Bl. S. 362.

d. Preuß. Min.

d. öff. Arb. v. 24. Okt.

1885

§. 32.

Auflieferung des Gepäcks.

Gepäckscheine.

(D Die Abfertigung des Reisegepäcks erfolgt innerhalb der im §. 13 Abs. 1 für den Verkauf der Fahrkarten festgesetzten Zeit.'") (2) Die Abfertigung von Gepäck, welches nicht spätestens 15 Mi­ nuten vor Abgang des Zuges bei der Gepäck-Abfertigungsstelle auf­ geliefert ist, kann nicht beansprucht werden. Fahrzeuge, welche zur Beförderung als Reisegepäck zugelassen werden (§. 30 Abs. 2), müssen

Abschnitt IV. § 32. Auflieferung des Gepäcks. Gepäckscheine.

131

2 Stunden vor Abgang des Zuges angemeldet und spätestens 1 Stunde vorher zur Abfertigung

aufgeliefert werden;

kann auf eine Beförderung

aus Zwischenstationen

derselben mit dem vom Absender ge­

wünschten Zuge nur dann gerechnet werden, wenn sie 24 Stunden

vorher angemeldet worden ftnb?26) (3) Bei Abfertigung des Gepäcks ist dem Reisenden ein Gepäck­ schein auszuhändigen?2^)

(4) Die Gepäckfracht ist bei der Abfertigung zu entrichten?22) (5) Wird

in

dringenden Fällen Gepäck

Vorbehalt späterer Abfertigung

unabgesertigt

ausnahmsweise unter

zur Beförderung zu­

gelassen, so wird es bis zum Zeitpunkte der Abfertigung als zum

Transport aufgegeben nicht angesehen?22) (6) Dasselbe gilt für die Annahme von Reisegepäck aus Halte­

stellen ohne Gepäckabfertigung?^) (7) Für die Abfertigung von Fahrrädern können durch die Tarife besondere Vorschriften gegeben werden."')

1. Die Gepäckfracht wird für je 10 kg erhoben, wobei Zwischenkilogramme für volle 10 kg angenommen und überschiessende Pfennig auf 5 Pfennig aufgerundet werden. Als Mindest­ betrag werden 0,20 Mark erhoben. 2. Für Fahrräder (ausgenommen Motorfahrräder), welche zur Beförderung als Reisegepäck zur Auflieferung gelangen, werden zum Zwecke der Frachtberechnung als Normalgewichte an­ genommen: für Zweiräder, und zwar einsitzige 20 kg, zweisitzige 30 kg, für Dreiräder, und zwar einsitzige 40 kg, zweisitzige 50 kg. Wird indessen Verwiegung ausdrücklich verlangt und kann dieselbe mittels der Stationswaage erfolgen, so wird das hier­ bei ermittelte Gewicht der Frachtberechnung zu Grunde gelegt. 3. Wegen telegraphischer Vorausbestellung von Gepäckscheinen siehe Zusatzbestimmung 1 zu § 13. 4. Die zur Beförderung als Reisegepäck geeigneten Güter können auch ohne Lösung von Fahrkarten zur tarifmässigen Gepäck­ fracht, vorbehaltlich jedoch besonderer Bestimmungen der einzelnen Tarife (Theil II) bezüglich der Anrechnung eines Mindestgewichts und eines Mindestfrachtbetrags, auf Gepäck­ schein aufgegeben werden. 5. Land-(Strassen-)Fahrzeuge und Wasserfahrzeuge, welche in gedeckt gebaute Wagen durch die Seitenthüren verladen 9*

132

Abschnitt IV. § 32. Auflieferung des Gepäcks. Gepäckscheine,

werden können, werden auf Gepäckschein zur Gepäckfracht abgefertigt, sofern sie gemäss der Vorschrift im § 30 Abs. 2 der Verkehrsordnung zur Beförderung mit Personenzügen ge­ eignet sind. 6. (1) Land-(Strassen-)Fahrzeuge und Wasserfahrzeuge, welche in gedeckt gebaute Wagen durch die Seitenthüren nicht verladen werden können, werden auf Beförderungsschein in Personenzügen zum Satze von 0,40 Mark, in Schnellzügen, sofern die Benutzung derselben zugelassen wird, zum Satze von 0,60 Mark für das Kilometer und den verwendeten Eisen­ bahnwagen, in beiden Fällen unter Zuschlag einer Ab­ fertigungsgebühr von 6 Mark für den Eisenbahnwagen, be­ fördert. (2) Für einzelne lebende Thiere, welche in Wagen mit Panoramen, Karussels oder dergleichen (Künstlerwagen) ver­ laden sind, wird Fracht nicht berechnet. (3) Sofern solchen Fahrzeugen Begleiter beigegeben werden, dürfen sie während der Fahrt nicht in ihren Fahrzeugen bleiben, dagegen ist es ihnen gestattet, Reisegepäck darin zu belassen, sofern nicht Zoll- oder Steuervorschriften ent­ gegenstehen. Gegenstände, welche von der Beförderung aus­ geschlossen oder nur bedingungsweise zugelassen sind, dürfen bei Vermeidung der im § 53 Abs. 8 und im § 89 der Verkehrs­ ordnung festgesetzten Folgen in den Fahrzeugen nicht unter­ gebracht werden. Die Begleiter haben eine Fahrkarte für die zu benutzende Wagenklasse zu lösen. W a) Die Anmeldung der Fahrzeuge ist in der Regel schriftlich bei derjenigen Station, auf welcher ver­ laden werden soll, anzubringen. Sie hat die Anzahl und Gattung der erforderlichen Wagen, die Bezeichnung der zu verladenden Gegenstände, die Bestimmungsstation, den Tag des Gebrauchs, den Personenzug, welcher be­ nutzt werden soll, und die Unterschrift des Bestellers zu enthalten. b) Falls der Besteller nicht in der durch Anschlag an den Abfertigungsstellen für den Güterverkehr vorge­ schriebenen Frist die Beladung ordnungsmässig be­ wirkt und die zu verladenden Fahrzeuge zur Ab­ fertigung bringt, wird von ihm Wagenstandgeld

Abschnitt IV. § 32. Auflieferung des Gepäcks.

Gepäckscheine.

133

erhoben, welches für je angefangene 24 Stunden und für jeden verwendeten Eisenbahnwagen beträgt: für die ersten 24 Stunden .... 2 Mark, für die zweiten 24 Stunden . . . 3 „ , für jede weiteren 24 Stunden . . . 4 ,, . (5) Zum Auf- und Abladen der Fahrzeuge ist die Eisen­ bahn nicht verpflichtet. Erfolgt die Aufladung durch den Absender, so hat er auch die ordnungsmässige Befestigung der Fahrzeuge auf den Eisenbahnwagen auf eigene Kosten zu bewirken. Für die Verladung von Fahrzeugen sind die Vor­ schriften in der Anlage B*) massgebend. Uebernimmt die Eisenbahn das Auf- und Abladen, so werden erhoben: a) an Ladegebühren für jedes Fahrzeug . 1 Mark, b) bei Benutzung eines Krahnes neben der Gebühr zu a) an Krahngeld.......................... 0,75 Mark. Wird dem Absender bezw. dem Empfänger, um das Auf­ oder Abladen selbst auszuführen, die Benutzung eines Krahnes gestattet, so wird nur das zu b) festgesetzte Krahngeld er­ hoben. (6) Soweit es die Sicherheit des Eisenbahnbetriebs nach dem Ermessen der Versandstation gestattet, können 2 oder mehrere Fahrzeuge auf einem Eisenbahnwagen verladen werden. (7) Uebernimmt die Eisenbahn auf Antrag der Absender die Bedeckung der Fahrzeuge mittels Decken der Eisenbahn, so werden an Deckenmiethe für je angefangene 100 km der ganzen Beförderungsstrecke und für jeden Wagen erhoben: a) bei Verwendung von höchst 2 Decken . . 1,50 Mark, b) für jede weitere Decke........................................0,50 Mark mit einem Mindestsätze von 2 Mark. (8) Wenn die Rückgabe der Decken durch den Empfänger nicht spätestens bei Ablauf der Entladefrist erfolgt, ferner wenn der Absender die bestellten Decken unbenutzt zurück­ liefert oder die Sendung, zu der sie verwendet werden, erst nach Ablauf der Beladefrist zur Beförderung aufgiebt, so wird für jede Decke und für jeden angefangenen Tag der Ver­ spätung eine Verzögerungsgebühr von 0,50 Mark erhoben. *) Vorschriften über die Verladung von Fahrzeugen und Maschinen mit Rädern auf offenen Wagen (deutsch. Eisenbahn-Personen- und Gepäck-Tarif Theil I Anlage B S.40) s. Anlage 1.

134

Abschnitt IV.

§ 32. Auflieferung des Gepäcks.

Gepäckscheine.

Die Verzögerungsgebühr bleibt für diejenigen Tage ausser Berechnung, für die Standgeld von den betreffenden Wagen erhoben wird. § 32 handelt von den Rechten und Pflichten der Eisenbahn und der

Reisenden bei Auslieferung des Reisegepäcks, wozu auch Fahrzeuge, welche zur Beförderung mit Personenzügen geeignet sind, und Fahrräder gehören.

§ 32 125) Abs. 1 enthält die Bestimmung, daß die Abfertigung des Reisegepäcks 9lb^‘L innerhalb der im § 13 Abs. 1 Verk-Ord. (Anm. 45 S. 64) für den Verkauf der Fahrkarten festgesetzten Zeit zu erfolgen hat. Vor Abgang eines jeden zur Beförderung von Personen bestimmten Zuges müssen daher Gepäckschalter und Gepäckwaage so zeitig bedient sein, daß die Abfertigung des Gepäcks gleichzeitig mit der Eröffnung des Fahrkarteu-Verkaufs beginnen kann. (Allgem. Abf.-Vorschr. § 12 Abs. 7.) Wird durch Verschulden der abfertigenden Be­ amten die Abfertigung bezw. Mitnahme des Reisegepäcks verhindert, so ist die Eisenbahn dem Reisenden zum Ersätze

des daraus

erwachsenden

Schadens

verpflichtet. Die Verk.-Ord. setzt die Lösung einer Fahrkarte zum Zwecke der Ab­ fertigung des Reisegepäcks als Regel voraus. Doch können nach den Allgem. Zus.-Best. Ziff. 4 zum § 32 die zur Beförderung als Reisegepäck geeigneten Güter auch ohne Lösung von Fahrkarten zur tarifmäßigen Gepäckfracht auf Gepäckschein anfgegeben werden (S. 131).

Nach den Allgem. Abf.-Vorschr. § 12 Abs. 23 erfolgt die Abfertigung von Gepäck und Gütern aller Art ohne Lösung von Fahrkarten nach den hierfür gegebenen besonderen Vorschriften. Die bes. Zus.-Best. s. d. Preuß. Staatsb. (X) bestimmen, daß für den Verkehr der Preuß. Staatsbahuen die

besonderen Bestim. zu § 32 Ziff. 5. des Eisenb.-Pers.- und Gepäck-Tarifes Theil II sowie im § 18 der Allg. Abf.-Vorschr. für

die Abfertigung von Expreßgut

Anwendung finden (s. Verk.-Ord. §§ 39—41). Nach den bes. Best, der Preuß. Staatsb. zum § 32 Verk.-Ord. Ziff. 5

können Güter aller Art, welche sich zur Beförderung im Packwagen eignen, ohne Lösung von Fahrkarten von und nach sämmtlichen Bahnhöfen, Haltestellen und Haltepunkten Personen-Verkehr und zugleich

des Staats-Eisenbahnnetzes, welche für den für den Gepäck-Verkehr eingerichtet sind, zur

tarifmäßigen Gepäckfracht (auch zu Schnellzügen, soweit bei

einzelnen Zügen

eine derartige Beförderung nicht ausgeschlossen wird) auf Gepäckschein auf­ gegeben werden. In g l e i ch e r Weise werden auch die in der Z u s a tz b e st i m m u n g 2 zu § 30 s. oben S. 120 (Theil I des Deutschen Eisenbahn-Personen- und Gepäck-Tarifs) bezeichneten Gegenstände unter den daselbst festgesetzten Be­ dingungen

ohne Lösung von Fahrkarten

schein angenommen.

zur Beförderung auf Gepäck-

Die Fracht wird hierbei mindestens für 20 kg und, wenn

die Beförderung in gewöhnlichen Personenzügen erfolgt, mit mindestens 0,50 M., bei einer verlangten Beförderung in Schnellzügen, auch weun sie nur strecken­

weise erfolgt, mit mindestens 1 Mark erhoben. gerechnet.

Freigewicht wird nicht an­

Abschnitt IV.

§ 32. Auflieferung des Gepäcks.

Gepäckscheine.

135

Auf Gepäcksendungen, welche die Grenze des Vereins-Zollgebietes über­ schreiten, findet diese Bestimmung keine Anwendung. Nach

den Allg.

Abf.-Vorschr.

§ 12 Abs. 21

haben

die

Gepäck-Ab­

fertigungsstellen darauf zu sehen, daß hinsichtlich zollpflichtiger Gepäckstücke

die deshalb bestehenden Vorschriften nicht umgangen werden. Vornehmlich kommen in Betracht: das Vereinszollgesetz vom 1. Juli 1869 (§§ 59—73, 95, 96, 131, 133, 136, 143, 153) und das Regulativ für die zollamt­ liche Behandlung des Güter- und Effektentransports auf den Eisen­ bahnen v. 1. Febr. 1870 nebst Ergänzungs- und Abänderungsbestimmungen.

Vergl. auch die Bestimmungen über die zollamtliche Abfertigung der zur unmittelbaren Durchfuhr durch das deutsche Zollgebiet mit der Eisenbahn be­ stimmten Passagiereffekt eil, vom 30. Jan. 1892 (Centr.-Bl. f. d. D. R. S. 472, Preuß. E.-V.-Bl. S. 149), und die vom Verkehrs-Verbände herausgegebene Zusammenstellung der im Eisenbahnverkehr zu berücksichtigenden Zoll-, ©teuer-

und polizeilichen Vorschriften (Kundmachung 11, Theil l, Seite 93/97).

126) Abs. 2 erklärt im Satz 1 im Einklang mit den Erfordernissen des Betriebs die Eisenbahn nicht für verpflichtet, Gepäck mitzunehmen, welches nicht spätestens 15 Minuten vor Abgang des Zuges bei der Gepäck-Abfertigungs­ stelle aufgeliefert ist. Daraus folgt, daß der Reisende bei rechtzeitiger Auf­ lieferung ein Recht auf Beförderung seines Reisegepäcks hat (Schott S. 526, 527).

Diese Bestimmung steht im Zusammenhänge mit § 13 Abs. 1.

Die Vorzeigung

der Fahrkarte ist nicht ausdrücklich angeordnet, bleibt vielmehr der Verfügung

der Eisenbahnverwaltungen vorbehalten. Demgemäß erklären die Allg. Abf.Vorschr. § 12 Abs. 15 daß, ob und inwieweit die Reisenden bei der Gepäck­

abfertigung die Fahrkarten vorzuweisen haben und ob die letzteren mit einem Gepäckstempel zu versehen sind, jede Verwaltung bestimmt. Die Zus.-Best, f. d. Preuß. Staatseisenb. Ziff. VI schreiben im Anschluß daran vor: Die Annahme

des Reisegepäcks findet auf Grund der vorzulegenden Fahrkarten statt, welche nach erfolgter Prüfung mit dem Gepäckstempel auf der Rückseite zu ver­ sehen und demnächst zurückzugeben sind.

Die Forderung

der Vorzeigllng

der Fahrkarte fällt aber der Natur der

Sache nach da fort, wo in Gemäßheit der Allg. Zus.-Best. Nr. 4 zur Beför­ derung als Reisegepäck geeignete Güter ohne Lösung von Fahrkarten zur tarif­ mäßigen Gepäckfracht auf Gepäckschein aufgegeben werden (s. bes. Best. d. Preuß.

Staatsb. Ziff. 5 z. § 32 u. Allg. Abf.-Vorschr. § 12 Abs. 23). Die Allg. Abf.-Vorschr. § 12 Abs. 9 bestimmen ferner in Betreff einer koulanten Anwendung des § 32 Abs 2 Satz 1):

„Die Bestimmung in §32 der

Verkehrs-Ordnung, wonach die Abfertigung von Gepäck, welches nicht spätestens

15 Minuten vor Abgang

des Zuges bei der Gepäck-Abfertigungsstelle aufge­

liefert ist, nicht beansprucht werden kann, hat lediglich den Zweck, unbilligen Anforderungen der Reisenden begegnen zu können. Für die abfertigenden Be­ amten ist hingegen der Grundsatz maßgebend, daß das Gepäck so lange abzu­

fertigen ist, als dessen Mitgabe noch thun!ich ist, ohne den Abgang des

Zuges über die fahrplanmäßige Zeit aufzuhalten. Bei starkem Verkehr ist mit der Annahme schon vor der festgesetzten Zeit zu beginnen." Und hierzu § 12

§ 32 2*

136

Abschnitt IV.

§ 32. Auslieferung des Gepäcks.

Gepäckscheine.

Abs. 10 a. a. O.: „Anträgen von Reisenden auf Zurückgabe aufgelieferter Gepäckstücke ist auch nach erfolgter Verwiegung zu entsprechen, insofern dies Zeit und Umstände gestatten.

Von der Erhebung eines Wägegeldes ist ab­

zusehen." Nach Satz 2 müssen Fahrzeuge, welche nach § 30 Abs. 2 Verk.-Ord. zur Beförderung als Reisegepäck zugelassen werden (s. Anm. 117 S. 123 und Anm. 24 S. 24) mit Rücksicht auf die für die Abfertigung entstehenden besonderen Schwierigkeiten,

wenn die Beförderung von der Zug-Ausgangsstation er­

folgen soll, 2 Stunden vor Abgang des Zuges angemeldet und spätestens 1 Stunde v orher aufgeliefert werden. Auf Zwischenstationen kann die Mitnahme mit dem vom Absender gewünschten Zuge nur dann erwartet werden, wenn die Anmeldung 24 Stunden vorher stattgefunden hat. Vergl. über die Abfertigung von Fahrzeugen bei den GepäckAbfertigungsstellen mit Personenzügen: Allg. Abf.-Vorschr. § 17 Abs. I, 3

bis 11, und ferner in Betreff der Abfertigung und Auslieferung von Fahrzeugen überhaupt: Deutsch. Eisenbahn-Gütertarif Theilt Abth. 8. §§ 23 bis 29; Verk.-Ord. § 32 u. Allg. Zus.-Best. Ziff. 5—8. sowie § 50 B. 4 u. Allg. Zus.-Best. Ziff. IV s. oben Anm. 117 S. 117ff. Vgl. auch Bes. Best, der

Preuß. Staatsb. z. § 32 Verk.-Ord. i. f.

§ 32 127) Abs. 3 gewährt den: Reisenden das Recht, bei Abfertigung des Gepäcks Abs.3. ejncu Gepäckschein zu fordern (s. Muster dess. S. 138). Hierbei kann die Eisenbahn die Vorzeigung der Fahrkarte verlangen. Die Allg. Abf.-Dorsche § 12 Abs. 15 überlassen dies der Bestimmung einer jeden Verwaltnng. Die Zus.-Best. f. d. Preuß. Staatsb. VI erfordern die Vorlegung der Fahrkarte (s. Anm. 126 S. 135 ff.). Der Gepäckschein gehört, wie der Frachtbrief und der Ladeschein, znr Kategorie der Transportpapiere. Von ersterem unterscheidet er sich dadurch, daß er nicht vom Absender der Eisenbahn als Begleitbrief des Guts ausge­ stellt (§ 426 H.-G.-B.), sondern, gerade umgekehrt, von der Eisenbahn dem Ab­ sender sowohl als Bescheinigung über den Empfang des Gepäcks und als Be-

weisurkunde über den Abschluß des Frachtvertrages, zugleich aber auch als Legitimationspapier für dessen Rückgabe verabfolgt wird. (Schott S. 521.) Er ähnelt hiernach mehr dem Ladescheine (§§ 444ff. N. H.-G.-B.), wenngleich er sich auch von diesem sehr wesentlich durch den ganz anderen Verkehrszweck und in den Rechtswirkungen unterscheidet (s. § 446 N. H.-G.-B.). Bei jedem regelmäßig

expedirten Gepäck, für welches eine auf der Gewichtsermittelung be­ ruhende Entschädigung nach den Bestimmungen des Betriebsreglements sc. der Verk.-Ord. und des Handelsgesetzbuches zu leisten ist,

ist die Ausgabe von

Blechmarken unzulässig, vielmehr die Ausfertigung von Gepäckscheinen ausnahmslos erforderlich. Dagegen ist es gestattet, Reisegepäck, welches bahnamtlich nicht abgefertigt ist, gegen Auslieferung numerirter Blech­ marken an die Aufgeber int Gepäckwagen bezw. dem Gepäckraum zuzulassen. (Schreiben des R.-E.-A. vom 3. April 1884, 732 T; Erl. d. Preuß. Min. d. off. Arb. v. 10. April 1884 IV T 1844.) Nach den Allg. Abf.-Vorschr. §12 Abs. 11—14 n. 16 erfolgt die Abfertigung

des Reisegepäcks von der Zugangsstation entweder nach der Zielstation oder, aus

Abschnitt IV.

§ 32.

Auflieferung des Gepäcks.

Gepäckscheine.

137

Antrag des Reisenden, nach einer Zwischenstation, auf welcher -er betreffende

Zug fahrplanmäßig anhält. In letzterem Falle ist auf der Rückseite der Fahrkarte, wenn bei der Abfertigung auf diese Freigepäck gewährt wird, hand­ schriftlich

zu

vermerken:

„Gepäck

bis

(Bezeichnung

der

Station)."

Gegen Vorlage mehrerer im gebrochenen Verkehr gelösten und an einander

anschließenden Rückfahrkarten findet auf Verlangen bei der Rückfahrt direkte Abfertigung des Gepäcks auf die ursprüngliche Ausgangsstation statt, soweit

direkte Gepäckfrachtsätze bestehen und für die ganze in Betracht kommende Strecke

gleichmäßige Bestimmungen über Gewährung oder Nichtgewähruug von Frei­ gepäck auf Rückfahrkarten gelten. Unter den gleichen Voraussetzungen ist direkte Abfertigung nach der ursprünglichen Ausgangsstation and) dann zulässig, wenn an Stelle von Rückfahrtkarten einfache Fahrkarten und anschließende, zur Rückfahrt nock) nicht benutzte Rückfahrkarten vorgezeigt werden. (Nack) den Zus.-

Best. f. d. Preuß. Staatsb. (VIII) kann im Verkehre der Preuß. Staats­ bahnen, sofern Ueberfracht nicht zu erheben ist, die direkte Abfertigung nach der Ausgaugsstation auch dann erfolgen, wenn direkte Gepäckfrachtsähe dorthin nicht bestehen.) Das auf Freifahrtsausweise (Freikarten sowohl als Freifahrt­

scheine) zur Auflieferung gelangende Reisegepäck ist insoweit, als auf den Frei­ fahrtsausweis Freigepäck gewährt und das Gewicht des zulässigen Freigepäcks (25 kg) nicht überschritten wird, von und nach allen zur Gepäckabfertigung ein­ gerichteten Stationen der dem Verkehrs-Verbände angehörenden Bahnen direkt

abzufertigen. In denjenigen Fällen, in welchen das zulässige Freigewicht über­ schritten wird, also Ueberfracht zu bezahlen ist, sind die Betheiligten, sofern ein direkter Gepäcktarifsah im Allgemeinen nicht besteht, auf die Zulässigkeit der telegraphischen

Vorausbestellung

von

Gepäckscheinen

aufmerksam

zu

machen. Diese direkte Abfertigung kann indeß dann nicht erfolgen, wenn zwischen der Aufgabe- und Endstation Orte mit getrennten Stationen berührt werden, zwischen welchen eine Ueberführung von Reisegepäck eisenbahnseitig nicht bewirkt wird. In diesem Falle erfolgt die Abfertigung vielmehr nur bis zu der be­ treffenden Zwischenstation. Bei der Abfertigung ist der in den Freifahrtscheinen etwa eingetragene Weg und Endpunkt zu berücksichtigen, anderenfalls ist der Wnnsck) des Reisenden maßgebend.

Die Absendung des Reisegepäcks erfolgt im Allgemeinen mit dem­ jenigen Zuge, welchen der Eigenthümer selbst zur Fahrt benutzt. Nach den Zus.-Best. f. d. Preuß. Staatsb. (IV) ist jedoch, wenn ein Personenzug

von

einem

nach

demselben Bestimmungsorte führenden,

später

abgelassenen

Schnellzuge überholt wird, und der letztere somit den gemeinschaftlichen Be­ stimmungsort früher erreicht, das dorthin zur Aufgabe kommende oder von einer Anschlußbahn übergehende Reisegepäck in der Regel nicht mit dem zuerst ab-

gehenden, sondern mit dem auf der Bestimmungsstation zuerst aukommenden Zuge zu befördern, sofern nicht etwa von den in Zweifelsfällen stets zu befragenden Reisenden das Gegentheil ausdrücklick) verlangt wird. Das hiernach mit Schnellzug zu befördernde Gut ist mit dem Beklebezettel „Schnell­

zug" zu versehen (s. auch Erl. d. Preuß. Min. d. off. Arb. v. 18./11. 1891 E.-V.-Bl. S. 175). Vgl. noch Ziff. V a. a. O. über das Verfahren bei Ans chlußversäumniß.

138

Abschnitt IV.

§ 32. Auflieferung des Gepäcks. in Betreff der Form,

Vgl. im Uebrigen

Gepäckscheine. der Aus­

des Inhalts,

füllung und sonstigen Behandlung des Gepäckscheins insbesondere auch soweit zollpflichtige Gegenstände Abs. 1-8, 16-22.

in

Betracht

kommen: § 12 Allg» Abf.-Vorschr.

Auf die telegraphische Vorausbestellung von Gepäckscheinen finden

die oben § 13 mitgetheilten Vorschriften Anwendung (s. Allg. Zus.-Best. Ziff. 3 z. § 32 Verk.-Ord. u. Allg. Abf.-Vorschr. § 5 und § 12 Abs. 24). Bezüglich der Abfertigung von Militärgepäck wird auf die MilitärEisenbahn-Ordnung und die dazu erlassenen besonderen Dienst-Vorschriften

(Allg. Abf.-Vorschr. § 12 Abs. 25.)

hingewiesen.

Muster eines Gepäckscheins. Datum.

Firma der Eisenbahn-Verwaltung.

Wirk- I Beliches | zahltes

Fracht mit

Gewicht,

Fnichtzu schlag.

kg

1

kg

M.

!

Gepäckschein Nr. Stück, aus

über

Fahrkarten

!

von Zug Nr.

nach

über -•=: Mk. Interesse an der Lieferung.

Siehe Rückseite!

Vorderseite des Gepäckscheins.

Die Beförderung erfolgt nach Maßgabe des Tarifs.

Gegen Rückgabe dieses Scheins wird das umseitig bezeichnete Gepäck

ansgeliefert.

Der Reisende hat bei der Zoll-Revision persönlich anwesend zu sein.

Rückseite des Gepäckscheins.

Pf.

Abschnitt IV.

§ 32. Auflieferung des Gepäcks.

Gepäckscheine.

139

128) Abs. 4 verpflichtet den Reisenden, die Gepäckfracht bei der Ab­ fertigung zu entrichten. Die Entrichtung muß alsbald — Zug um Zug — erfolgen. Die Androhung in der analogen Vorschrift des alt. Regl. (§ 26 Abs. 4) „bei Vermeidung des Nachtheils, daß die Beförderung unterbleibt", ist

zwar fortgefallen;

jedoch nur,

weil dies selbstverständlich

ist.

Denn

ohne

Leistung braucht eine Gegenleistung nicht gewährt zu werden.

Die Pflicht der Gepäckfrachtentrichtung liegt aber dem Reisenden nur dann ob, wenn die Beförderung des Gepäcks gegen besondere Vergütung zu erfolgen hat. Ob die Beförderung des Reisegepäcks mit oder ohne Vergütung zu erfolgen hat, richtet sich nach den tarifarischen Bestimmungen über Freigepäck.

Insoweit Gebührenfreiheit gewährt wird, wird das Reisegepäck als Freigepäck

bezeichnet.

Da aber zum Reisegepäck begrifflich nur die zu den persönlichen

Reisebedürfnissen des Passagiers (bezw. seiner Angehörigen) dienenden Gegenstände gehören (s. oben Anm. 116 S- 122 ff. und Anm. 138 S. 150ff.), so ist das Recht auf Freigepäck weder ganz noch theilweise auf dritte Personen übertragbar, sondern an die Person des Billetinhabers geknüpft (s. de Jonge im Preuß. Eisenb.-Arch.

1888 S. 486f., A. M. Fleischer, Wiener Gerichts­

halle vom 31. Oktober 1887). Eine bewußt rechtswidrige Uebertragung des Rechts auf Freigepäck auf dritte Personen unter Täuschung des Eisenbahn-Ab­ fertigungspersonals kann daher den Thatbestand des Betruges bilden. Nach den Allg. Zus.-Best. z. § 32 (Ziff. 1 und 2) wird die Gepäckfracht

für je 10 kg erhoben, wobei Zwischenkilogramme für volle 10 kg angenommen und überschießende Pfennige auf 5 Pfennige aufgerundet werden. Als Mindest­ betrag werden 0,20 Mark erhoben. Für Fahrräder — ausgenommen Motor­ fahrräder —, welche zur Beförderung als Reisepäck zur Auflieferung ge­

langen,

werden

zum Zwecke

der Frachtberechnung folgende Normalgewichte

angenommen: für Zweiräder, und zwar einsitzige, 20 kg, zweisitzige 30 kg, für Dreiräder, und zwar einsitzige, 40 kg, zweisitzige 50 kg. Wird indessen Verwiegung

ausdrücklich

verlangt

und

kann

dieselbe mittels der Stations­

waage erfolgen, so wird das hierbei ermittelte Gewicht der Frachtberechnung zu

Grunde gelegt. Die bes. Best, der Preuß. Staatsb. bestimmen: 1. 25 kg Freigepäck

(auf Kinderfahrkarten 12 kg Freigepäck) werden gewährt: a) auf jede einfache Fahrkarte der ersten drei Wagenklassen, b) auf jede Rückfahrkarte von min­

destens dreitägiger Gültigkeitsdauer.

(Zu a und b: Wenn zur Benutzung eines

Platzes in einer höheren Wagenklasse oder in einer höheren Zuggattung mehrere

Fahrkarten

ausgegeben werden, so gelten dieselben

für die Berechnung des

Gepäck-Freigewichts als nur eine Fahrkarte.) c) Auf jede Militärfahrkarte, auch

bei den zu milden Zwecken gewährten Fahrpreis-Ermäßigungen (vgl. Zusatz­

bestimmung V zu tz 11 der Derk.-Ord., Theil I des Deutschen Eisenbahn-Per­ sonen- und Gepäck-Tarifs und Besondere Bestimmungen zur Zusatzbestimmung V Seite 13 dieses Tarifs).

Freigepäck wird nicht gewährt: a) auf Fahrkarte» IV. Klasse, b) auf

Zeitkarten aller Art (vgl. besondere S. 4—10 dieses Tarifs),

Bestimmungen

zu § 11

der Verk.-Ord.

c) auf Arbeiter-Wochenkarten und Arbeiter-Rückfahr-

§32 Abs. 4.

140

§ 32.

Abschnitt IV.

Auflieferung des Gepäcks.

Gepäckscheine.

karten (vgl. bes. Best, zu § 11 der Verk.-Ord. S. 10 dieses Tarifs), d)

auf

Fahrkarten bezw. Beförderungsscheine zu Gesellschaftsfahrten, akademischen Aus­ flügen, Schulfahrten und Reisen nach und von Ferien-Kolonien (vgl. Zusatz­

bestimmung IV zu § 11 der Verk.-Ord., Theil I des Deutschen Eisenbahn-Per­ sonen- und Gepäck-Tarifs), e) auf zusammenstellbare Fahrscheinhefte.

Inwieweit

bei festen Rundreiseheften, bei Sommerkarten oder bei Rückfahrkarten von ein­

tägiger

Geltungsdauer Freigepäck anzurechnen ist, wird besonders bekannt ge­

macht.

2. Wird das Reisegepäck mehrerer zusammengehörender und nach

einer und derselben Bestimmungsstation reisender Personen zur Abfertigung auf einen Gepäckschein zusammen aufgegeben, so ist das Freigewicht nach der Zahl der betreffenden Fahrkarten bezw. Kinderfahrkarten zu berechnen. 3. Wenn Reisegepäck wegen Zeitmangels auf der Abgangsstation ausnahmsweise unabgefertigt mit-

genommen wird, so dürfen bei der nachträglichen Abfertigung auf einer Unter­ wegs- oder auf der Bestimmungsstation nicht mehr als 25 kg bezw. 12 kg Frei­

gewicht auf dasselbe in Anrechnung gebracht werden, auch wenn mehrere Fahr­

karten vorgezeigt werden sollten, wenn nicht bei der Uebernahme des Gepäcks durch die betreffenden Beamten festgestellt worden ist, daß das Gepäck auf mehrere Fahrkarten anzurechneu ist. 4. Die Abfertigung von Gepäck unter Ge­

währung des tarifmäßigen Freigewichts ist nicht nur nach der auf der Fahrkarte angegebenen Bestimmungsstation, sondern auch nach einer vor der Bestimmungs­ station gelegenen Station der betreffenden Eisenbahnlinie zulässig. Desgleicheu kauu Gepäck auch von einer Zwischenstation aus unter Gewährung des tarif­ mäßigen Freigewichts abgefertigt werden, sofern aus den Fahrtausweisen her­ vorgeht, daß auf dieselben für die Reststrecke Gepäck noch nicht aufgegeben war. Auf Reisegepäck, welches auf einer Unterwegsstation zu schon früher auf­ gegebenem und auf der Abgangsstation abgefertigtem Gepäck aufgeliefert wird,

kommt Freigewicht nicht in Anrechnung.

Die Gepäckfracht ist vielmehr für das

volle Gewicht zu entrichten.

§32 129) Abs. 5 bestimmt, daß wenn in dringenden Fällen Gepäck ausAbs.s. nahmsweise unter Vorbehalt späterer Abfertigung unabgefertigt zur Be­ förderung

zugelassen wird,

dasselbe bis zum Zeitpunkt der Abfertigung als

zum Transport aufgegeben nicht angesehen wird, d. h. es ist zwar auch

in Betreff solchen Gepäcks „Verwahrungsvertrag"

ein Frachtvertrag abgeschlossen (nicht ein bloßer

— wie Endemann, R. d. E. S: 681 meint — denn

die Eisenbahn ist doch zum Transport verpflichtet), aber nicht durch die vor­

geschriebene formelle Abfertigung oder Aufgabe, gefertigt oder



das Gepäck ist daher unab-

nach dem eisenbahntechnischen Ausdruck

g eg eben — (s. Anm. 138 S. 150 ff.).



nicht auf-

Dies hat zur Folge, daß darauf die in

Gemäßheit des § 465 Abs. 3 N. H.-G.-B. (s. Anm. 138 S. 150 ff.), in der Verk.Ord. § 34 Abs. 6 enthaltene Beschränkung der Haftpflicht Anwendung findet,

mithin ebenso wie für den Verlust und die Beschädigung der in den Wagen mit­ genommenen Gegenstände (§ 28) nur gehaftet wird, wenn ein Verschulden der Bahnverwaltung oder ihrer Leute nachgewiesen wird, alsdann aber auch in dem

im § 88 Verk.-Ord. bezeichneten Umfange.

Dagegen ist die Beschränkung der

Haftpflicht aus § 465 Abs. 1 N. H.-G.-B. (§ 34 Abs. 3 Verk.-Ord.) auf solches

Abschnitt IV.

§ 32. Auflieferung des Gepäcks.

141

Gepäckscheine.

weil es nicht zum „Transport aufgegeben" ist (s.

Gepäck nicht anwendbar,

Anm. 138 S. loOff., vgl. auch Schott S. 496).

Vgl. über die dienstliche Behandlung des unabgefertigten Ge­ päcks: Allg. Abf.-Vorschr. § 13 und § 14 Abs. 4 und

Zus.-Best. der

Preuß. Staatsb. z. § 13 Ziff. I—IV. Die Zulassung von unabgefertigtem Reisegepäck kann erfolgen, sie braucht aber nicht und ist in das Ermessen des abfertigenden Beamten gestellt. Sie soll mit Rücksicht auf die damit verbundenen Schwierigkeiten nur ausnahms­ weise erfolgen und nur in dringenden Fällen, eine Voraussetzung, welche der abfertigende Beamte festzustellen hat. Auch geschieht die Zulassung stets nur­ unter Vorbehalt späterer Abfertigung, welche sobald wie angängig und thunlichst

vor Uebergang in einen anderen Verwaltungsbezirk und jedenfalls vor Aus­

händigung an den Reisenden nachträglich vorgenommen werden muß.

130) Abs. 6 dehnt die Bestimmung des Abs. 5 generell auf die nähme von Reisegepäck auf Haltestellen ohne Gepäckabfertigung Wird aus diesen unter den Voraussetzungen des Abs. 5 Reisegepäck zur Be­ förderung zugelassen — was mangels

der

betreffenden

Vorrichtungen

nicht

anders als ohne Abfertigung geschehen kann — so wird solches Gepäck gleich­ falls bis zum Zeitpunkt der Abfertigung als zum Transport aufgegeben nicht angesehen und demgemäß formell lind materiell — wie in der Anm. 129 ange­ geben — behandelt.

131) Abs. 7, welcher den Eisenbahnen die Befugniß gewährt, für die Ab­ fertigung von Fahrrädern durch die Tarife besondere Vorschriften zu geben, ist dem § 32 neu hinzugefügt.

Es war hierbei die Erwägung maßgebend, daß in

Rücksicht auf die enorme große Zahl der zur Aufgabe als Reisegepäck gelangen­ den Fahrräder und die eigenartige Beschaffenheit dieser Transportobjekte be­

sondere, von den allgemeinen Abfertigungsvorschriften des vorliegenden Para­ graphen abweichende Bestimmungen sich im Verkehre als dringend nothwendig erwiesen haben und daß ferner im Hinblick auf die noch nicht abgeschlossene Gestaltung dieser Verkehrsart die Festsetzung der Bestimmungen durch die Tarife vor der Regelung durch die Verk.-Ord. zur Zeit und nach der gegen­

wärtigen

Sachlage

den

Vorzug

verdient.

Da

derartige

besondere

Tarif­

bestimmungen für die Abfertigung von Fahrrädern eine Abweichung von den

allgemeinen

Abfertigungsvorschriften

der Verk.-Ord.

involviren

würden,

so

mußte mit Rücksicht auf Abs. 3 der Eing.-Best. den Bahnen die Befugniß hierzu durch

die Verk.-Ord. selbst ertheilt werden.

Daraus folgt aber, daß nunmehr

solche tarifarische Abfertigungsvorschriften für Fahrräder, weil sie durch § 32 Abs. 7

ausdrücklich zugelassen sind, sich nicht als Abweichungen im Sinne des

Abs. 3 Satz 2 ff. der Eing.-Best. darstellen, sondern den Bestimmungen der Verk.-

Ord. entsprechen.

Es bedarf daher auch nicht der besonderen Bewilligung der

Landesaufsichtsbehörde und der Zustimmung des R.-E.-B.-A.'s, sondern genügt die Beobachtung der für tarifarische Vorschriften der betr. Bahn bestehenden

Voraussetzungen (vgl. Anm. 93 S. 102).

§ 32 Abs. 7.

142

Abschnitt IV. § 33. Auslieferung des Gepäcks.

§• 33. Auslieferung des Gepäcks. (1) Das Gepäck wird nur gegen Rückgabe des Gepäckscheins ausgeliefert. Die Eisenbahn ist nicht verpflichtet, die Berechtigung des Inhabers zu prüfen.132)

(2) Der Inhaber des Gepäckscheins ist berechtigt, am Bestimmungs­ orte die sofortige Auslieferung des Gepäcks an der Ausgabestelle zu verlangen, sobald nach Ankunft des Zuges, zu welchem das Gepäck aufgegeben wurde, die zur ordnungsmäßigen Ausladung und Aus­ gabe sowie zur etwaigen zoll- oder steneramtlichen Abfertigung er­ forderliche Zeit abgelaufen ist.'33) (3) Werden Gepäckstücke innerhalb 24 Stunden, Fahrzeuge inner­ halb 2 Stunden nach Ankunft des Zuges nicht abgeholt, so ist das tarifmäßige Lagergeld oder Standgeld zu entrichten. Kommt das Fahrzeug nach 6 Uhr Abends an, so wird die Abholungsftist vom nächsten Morgen 6 Uhr ab gerechnet.131) (4) Wird der Gepäckschein nicht beigebracht, so ist die Eisenbahn zur Auslieferung des Gepäcks nur nach vollständigem Nachweise der Empfangsberechtigung gegen Ausstellung eines Reverses und nach Umständen gegen Sicherheit verpflichtet.133)

(5) In der Regel ist das Gepäck nur auf der Station auszu­ liefern, wohin es abgefertigt ist. Das Gepäck kann jedoch auf Ver­ langen des Reisenden, sofern Zeit und Umstände sowie Zoll- und Steuervorschristen es gestatten, auch auf einer vorliegenden Station zurückgegeben werden. In einem solchen Falle hat der Reisende bei der Auslieferung des Gepäcks den Gepäckschein zurückzugeben und die Fahrkarte vorzuzeigen.133) (6) Fahrzeuge, welche unterwegs in einen anderen Zug über­ gehen müssen, brauchen erst mit dem nächstfolgenden Personenzug am Bestimmungsort einzutreffen.331)

1. Das Lagergeld für Reisegepäck, welches länger als 24 Stunden nach der Ankunft lagert, beträgt für je auch nur angefangene 24 Stunden nach Ablauf der Abholungsfrist und jedes Stück 20 Pfennig. 2. Verlangt ein Reisender bei Auslieferung des Gepäcks dessen Verwiegung, so ist dem Anträge zu entsprechen. Ergiebt die Nachwiegung kein von der Eisenbahnverwaltung zu ver-

Abschnitt IV.

§ 33. Auslieferung des Gepäcks.

143

tretendes Fehlgewicht, so wird eine Wägegebühr von 5 Pfennig für je, wenn auch nur angefangene, 100 kg erhoben. 3. (1) Wird der Antritt oder die Fortsetzung des Eisenbahn­ transports ohne Verschulden des Absenders zeitweilig ver­ hindert, so kann der Inhaber des Beförderungsscheins die Auslieferung der Fahrzeuge verlangen, muss aber die Eisen­ bahn, sofern derselben kein Verschulden zur Last fällt, für die Kosten der Vorbereitung des Transports und die Ansprüche in Beziehung auf den etwa bereits zurückgelegten Transport­ weg entschädigen. (2) Ausser der Fracht für die etwa zurückgelegte Strecke wird solchenfalls eine Gebühr von 1 Mark für jede Achse der zur Verladung benutzten Eisenbahnwagen erhoben. (3) Wenn die Fortsetzung des Transports auf einem anderen Wege stattfinden kann, so ist, unbeschadet der aus Rück­ sichten des allgemeinen Verkehrs ergehenden Anordnungen der Aufsichtsbehörde, der Eisenbahn die Entscheidung über­ lassen, ob es dem Interesse des Absenders entspricht, das Gut auf einem anderen Wege dem Bestimmungsorte zuzu­ führen oder es anzuhalten und den Absender um anderweitige Anweisung anzugehen. (4) Die Auslieferung der Fahrzeuge erfolgt gegen Rückgabe des bei der Aufgabe ausgefertigten Beförderungsscheins an dessen Inhaber. (5) Wird die Zurückgabe der Fahrzeuge nach der Aufliefe­ rung, aber vor Erreichung der Bestimmungsstation beansprucht, ohne dass die in der Zusatzbestimmung 3 (1) bezeichnete Ver­ anlassung vorliegt, so sind neben der Fracht für die von der Sendung etwa zurückgelegte Strecke an Kosten zu entrichten: a) im Falle der Zusatzbestimmung 5 des § 32 für 100 kg..............................................................0,20 Mark, b) im Falle der Zusatzbestimmung 6 des § 32 für den Eisenbahnwagen..................................3,00 Mark. Diese Kosten werden nicht berechnet, wenn das Gut von der Unterwegsstation unter Frachtberechnung nach der Ver­ sandstation zurück- oder nach einer anderen Station be­ fördert wird. (6) Werden die Fahrzeuge von der Bestimmungsstation oder von einer Unterwegsstation nach der Versandstation zurück-

144

Abschnitt IV.

§ 33. Auslieferung des Gepäcks.

oder nach einer anderen Station befördert, so wird ausser der Fracht für die Beförderung bis zur ursprünglichen Be­ stimmungsstation oder bis zu der Unterwegsstation, auf welcher die Fahrzeuge angehalten werden, im ersten Falle die Rück­ fracht bis zur Versandstation, im zweiten Falle die Fracht von der ursprünglichen Bestimmungsstation oder von der Unterwegsstation bis zur neuen Bestimmungsstation, für jede Abfertigungsstrecke mit voller Abfertigungsgebühr, erhoben. 4. (1) Nach Ablauf der vorgeschriebenen Abholezeit wird an Standgeld für Land-(Strassen-)Fahrzeuge sowie Wasserfahr­ zeuge erhoben: für jedes Fahrzeug und jede angefangene Stunde 0,50 Mark. (2) Die Gebühr wird erhoben, gleichviel ob die Fahrzeuge sich noch auf den zur Beförderung benutzten Eisenbahnwagen befinden oder abgeladen sind. Ein besonderes Wagenstand­ geld für die längere Benutzung der zur Beförderung verwen­ deten Eisenbahnwagen wird nicht erhoben. §Fbf3i

1^2) § 33 trifft über die Auslieferung des Gepäcks Bestimmung. Abs. 1 legt dem Gepäckscheine eine den Znhaberpapieren eigene Wirkung insofern bei, als bestimmt ist, daß dem Inhaber des Scheines, ohne daß die Verwaltung dessen Legitimation zu prüfen verpflichtet ist, das Gepäck, und zwar nur gegen Rückgabe des Scheins (bezw. diese ersetzende Kautelen Abs. 4) ausgeliefert wird. (Vgl. Zeitung d. Ver. Deutsch. Eisenb.-Verw. 1895 Nr. 32.) Geräth also der Gepäckschein in fremde Hände und wird das Gepäck an einen unredlichen rc. Inhaber des Scheins ausgeliefert, so ist die Bahn dafür nicht verantwortlich (Epstein S. 17, Schott S. 521, Endemann, R. d. E. S. 683). Ob aber aus dieser singulären, dem Bedürfnisse des Eisenbahnverkehrs entsprechenden Bestimmung, — wie Thöl III § 54 S. 113 will (vgl. auch Wehrmann S. 125 ii. Endemann a. a. O. S. 683) — zu folgern ist, daß auf den auf Inhaber­ lautenden Gepäckschein die Rechtssätze über Jnhaberpapiere überhaupt anzuwenden seien, und derselbe nicht vielmehr im Uebrigen nur als eine Beweis urkunde über den Empfang (Empfangsschein) und die Vertragsabreden anzusehen sei, erscheint um so zweifelhafter, als der Zweck des Gepäckscheines keineswegs dar­ auf gerichtet ist, als negoziables Berkehrspäpier zu dienen, und Abs. 1 nur deu speziellen Zweck hat, die Eisenbahnen von einer nach den Verkehrsverhältnissen undurchführbaren Prüfungspflicht zu liberiren. Die in der analogen Stelle des alt. Regl. (§ 28 Abs. 1 Satz 2) enthaltene Bestimmung, daß die Bahn durch Auslieferung des Gepäcks gegen Rückgabe des Scheins von jedem weiteren Ansprüche befreit ist, ist mit Recht in der Verk.-Ord. v. 1892 und 1899 in Fort­ fall gebracht. Denn eine derartige Bestimmung ist mit Art. 408 Abs. 2 und Art. 428 A.H.-G.-B., § 438 Abs. 2, §§ 464, 465 N. H.-G.-B. nicht vereinbar. Epstein S. 17, 28, Kühlwetter S. 28 Anm. 1, Thöl S. 113, Drilling S. 24, Steinbach S. 204, 205, Endemann a. a. O., S. 685.) Der Besitz

Abschnitt IV. § 33. Auslieferung des Gepäcks.

145

des Gepäckscheins seitens der Eisenbahn begründet aber nur eine durch Gegen­ beweis widerlegbare Präsumtion, daß das Gepäck ausgeliefert worden ist. (Goldschmidt's Zeitschr. Bd. 19 S. 620). Uebergiebt der Passagier den Gepäck­

schein einem Beamten ohne Empfangnahme des Gepäcks, damit dieser im Inter­ esse des nicht sofort auffindbaren Gepäcks weiter thätig sei, so ertheilt er dem Beamten einen privaten Auftrag und kann die Bahn nicht verantwortlich

machen, wenn dieser später das Gepäck an eine nicht legitimirte Person aus­

liefert.

(Ob.-App.-Ger. Rostock unterm 2. Februar 1868, D. E -Z. 1868 S. 577.)

Nach den Allg. Zus.-Best. Ziff. 2 z. § 33 ist, wenn ein Reisender bei

Auslieferung seines Gepäcks dessen Verwiegung verlangt, dem Anträge zu ent­ sprechen. Ergiebt die Nachwiegung kein von der Eisenbahnverwaltung zu ver­ tretendes Fehlgewicht, so wird eine Wägegebühr auch nur angefangene 100 kg erhoben.

von 5 Pfennig für je wenn

Die Allg. Abf.-Vorschr. § 16 Abs. 15 bestimmen, daß, wenn der Reisende bei Auslieferung seines Gepäcks die Nachwiegung beantragt, die zur Erhebung

gekommene Wägegebühr auf dem Gepäckschein zu vermerken ist. Die Allg. Abf.-Vorschr. § 16 Abs. 12 bestimmen, daß die Auslieferung der ohne Lösung von Fahrkarten abgefertigten Gepäckstücke (s. Anm. 125 S. 134) nach den hierfür erlassenen besonderen Bestimmungen erfolgt. DieZus.Best. f. d. Preuß. Staatsb. VI verweisen in betreff des Verkehrs der Preuß.

Staatsbahnen auf die Anwendung der besonderen Bestimmungen zu § 33 des Eisenbahn-, Personen- und Gepäck-Tarifs Theil II und die Zusatzbestimmung III zu 518 der Allg. Abf.-Vorschr. über die Abfertigung von Expreßgut. Die bes. Best, der Preuß. Staatsb. 1, 2 z. § 33 schreiben vor, daß die Auslieferung der nach Maßgabe der Bes. Best. 5 zu § 32 ohne Lösung von Fahrkarten bec förderten Güter, wenn die Sendung mit der vollen Adresse des Empfängers ver­

sehen ist und der Gepäckschein der Sendung beigegeben wird, nach den für den Güterverkehr bestehenden Vorschriften erfolgt, sofern nicht der Empfänger sich ohne Aufforderung zur Empfangnahme meldet und Bedenken gegen seine Empfangs-

Berechtigung nicht

obwalten.

Zst

der Gepäckschein dem Absender des Gutes

ausgehändigt, so erfolgt die Auslieferung am Bestimmungsorte gegen Auslieferung

des Gepäckscheins.

133) Nach Abs. 2 hat der Inhaber des Gepäckscheins das Abnahme recht, §33 d. h. er ist berechtigt, am Bestimmungsorte (s. jedoch Abs. 5 Anm. 136) die ^f.2. sofortige Auslieferung des Gepäcks an der Ausgabestelle zu verlangen, sobald nach Ankunft des Zuges, zu welchem das Gepäck aufgegeben wurde, die zur ordnungs­

mäßigen Ausladung und Ausgabe, sowie zur etwaigen zoll- oder steueramtlichen Abfertigung erforderliche Zeit abgelaufen ist. Den Ablauf dieser Zeit muß der Gepäckscheinsinhaber abwarten. Nach dieser Zeit ist er aber zur Forderung auf

sofortige Auslieferung befugt und darf nicht etwa auf die Ausgabe während be­ stimmter Abfertigungsstunden verwiesen werden. lieferung

macht die Bahnverwaltung

Jeder Verzug in der Aus­

für den daraus entstehenden Schaden

haftbar.

Die Allg. Abf.-Vorschr. § 16 Abs. 1 bestimmen, daß die Auslieferung des Gepäcks gegen Rückgabe des Gepäckscheins gemäß § 33 der Verkehrs-Ordnung Eger, Eisenbahn-Verkehrsordnung. 2. Ausl.

jq

Abschnitt IV.

146

§ 33. Auslieferung des Gepäcks.

im Geschäftsraum der Gepäck-Abfertigungsstelle oder, soweit nicht Zoll- oder Steuer-Vorschriften oder örtliche Einrichtungen entgegenstehen, auf Wunsch des Reisenden nach ordnungsmäßiger Entladung am Gepäckwagen stattfindet. Und hierzu die Zus.-Best. I f. d. Preuß. Staatsbahnen: Den Reisenden, welche

sich durch Vorzeigung des Gepäckscheins als zur Empfangnahme des zugehörigen,

bereits ausgeladenen und von ihnen bezeichneten Gepäcks ausweisen, ist dieses auf Verlangen bereits auf dem Bahnsteig, und ohne die Entladung aller übrigen Stücke abzuwarten, unverzüglich auszuantworten,

wo die örtlichen Verhältnisse

dies zulassen (s. Erl. d. Preuß. Min. d. öffentl. Arb. v. 30./4. u. 6./6. 1892 E.-V.-Bl. 1892 S. 136).

Nach den Allg. Abf.-Vorschr. § 16 Abs. 13, 14 u. 16 ist, falls Gepäck­

stücke fehlen, beschädigt eingehen oder überzählig sind, nach der Dienstan­ weisung, betreffend das Feststellungs-, Melde-und Nachsorschnngs-

Verfahren bei fehlenden, überzähligen, beschädigten oder mit Ge­ wichtsverminderung angekommenen Gepäckstücken und Gütern zu verfahren. Ziff. VII der Zus.-Best. f. d. Preuß. Staatsbahnen enthält: „Ansführungsvorschriften betreffend das Verfahren beim Fehle,! und Neberzähligsein von Reisegepäck." Werden ordnungsmäßig ab­

gefertigte Gepäckstücke innerhalb 14 Tagen vom Empfangsberechtigten nicht ab­ genommen, so ist gleichfalls nach den vorbezeichneten Vorschriften zn verfahren. Dem Reisenden, welchem das Gepäck nicht ausgeliefert werden kann, ist auf Verlangen Tag und Stunde der geschehenen Abforderung zn bescheinigen.

Die Gepäckscheine zu fehlenden Gepäckstücken sind in den Händen der Reisenden zu belassen. Fehlt von mehreren ans einen Schein abgefertigten Stücken ein Theil, so sind die fehlenden Gegenstände nach Stückzahl und Gewicht genau auf dein Dom Reisenden vorgelegten und ihm wieder zuzustellenden Gepäckschein zn

verzeichnen.

Bei der Auslieferung zollpflichtiger Gepäckstücke haben die Gepäck­ abfertigungsstellen ebenso wie bei der Auflieferung darauf zu sehen, daß die

deshalb bestehenden Vorschriften nicht umgangen werden.

Unter Zollkontrole

abgefertigtes Gepäck darf daher erst nach Erfüllung der in Frage konimenden

Zollvorschriften ausgehändigt werden. Vgl. Allg. Abf.-Vorschr. § 12 Abs. 21, 22. §33 134) Nach Abs. 3 hat der Reisende die Abnahmepflicht, d. h. er ist ^’3’ verpflichtet, Gepäckstücke innerhalb 24 Stunden, Fahrzeuge

innerhalb 2 Stunden nach Ankunft des Zuges abzuholen, — widrigenfalls er das tarifmäßige Lagergeld oder Standgeld zu entrichten hat. Nur bei Fahr­

zeugen tritt mit Rücksicht auf die Kürze der Abholungsfrist die Vergünstigung ein, daß, wenn dieselben nach 6 Uhr Abends ankommen, die Abholungsfrist erst

vom nächsten Morgen 6 Uhr ab gerechnet wird. Wie das

Abnahme recht (Abs. 2 s. Aum. 133), so beginnt auch die Ab­

nahmepflicht des Reisenden mit der Ankunft des Gepäcks bezw. Fahrzeugs auf der Bestimmungsstation

und soll innerhalb

der

nächsten

24 Stunden

bezw.

2 Stunden ausgeübt werden. Mit Ablauf derselben kommt der Reisende ohne Weiteres in Verzug, da er wegen seines Unbekanntseins nicht besonders gemahnt

werden kann.

Daß er erst nach Ablauf der 8tägigen Reklamationsfrist (Verk.-

Abschnitt 1V.

H 33. Äuslieferuüg deä Gepäcks.

14?

Ord. § 34 Abs. 3 s. Anm. 140) in Verzug gerathe, wie Thöl III S. 196 N. 5 meint, ist unbegründet (s. Schott S. 498, 499).

Die Bahnverwaltung ist dem

Passagier, welcher sich wegen Nichtausfolgung seiner bei ihr in Verwahrung be­ findlichen Gepäckstücke an der Weiterreise gehindert sieht, nur dann zum Ersähe

des betr. Schadens verpflichtet, wenn die Ausfolgnng des Gepäcks innerhalb

der reglementsmäßig bestimmten Abfertigungsstunden begehrt worden ist (Oesterr. Oberst. Ger.-H. unterm 3. August 1876 Z. 7143. Röll Nr. 190). Der Reisende kann also z. B. nicht während der Nacht- oder Mittagsstunden, wo

fertigungsstelle

bestimmungsmäßig

geschlossen

ist,

die

Auslieferung

die Ab­

fordern.

Voraussetzung für die Lager- bezw. Standgeldpflichtigkeit des Reisenden ist, daß das Gepäck bezw. Fahrzeug mit dem Aufgabezuge zugleich anlangt. Denn kommt es verspätet (mit einem späteren Zuge) an, so kann es nicht Sache des Reisenden sein, den Moment der Ankunft abzuwarten und von da ab die 24 bezw. 2 stündige Frist innezuhalten. Nur wenn gemäß Abs. 6 (s. Anm. 137) Fahr­

zeuge unterwegs in einen anderen Zug übergehen müssen, brauchen sie erst mit

dem nächstfolgenden Personenzuge am Bestimmungsorte einzutreffen und muß der Reisende rc. event, die Ankunft dieses Zuges abwarten. Die 2 stündige Ab­ holungsfrist beginnt in diesem Falle selbstredend erst mit Ankunft des das Fahr­ zeug mitbringenden Zuges. Nach den Allg. Zus.-Best. 1 z. h 33 Verk.-Ord. beträgt das Lagergeld

für Reisegepäck, welches länger als 24 Stunden nach der Ankunft lagert, für je auch nur angefangene 24 Stunden nach Ablauf der Abholungsfrist und jedes Stück 20 Pfennig. Für Land- (Straßen-) Fahrzeuge sowie Wasserfahrzeuge wird nach Allg. Zus.-Best. 4 z. § 33 Verk.-Ord. an

Standgeld nach Ablauf der vorgeschriebenen Abholezeit für jedes Fahrzeug und jede angesangene Stunde 0,50 Mark erhoben. Diese Gebühr wird erhoben,

gleichviel ob die Fahrzeuge sich noch auf den zur Beförderung benutzten Eisen­

bahnwagen befinden oder abgeladen sind.

Dagegen wird ein besonderes Wagen­

standgeld für die längere Benutzung der zur Beförderung verwendeten Eisenbahn­

wagen nicht erhoben. Nach den Allg. Abf.-Vorschr. § 16 Abs. 7 find die von den Reisenden

nicht sogleich

abgenommenen Gepäckstücke den besonderen Bestimmungen ent­

sprechend sicher aufzubewahren. Die Bes. Best. f. d. Preuß. Staatsb. (IV—VI) fügen hinzu, daß den Anträgen der Reisenden auf nur theilweise Abnahme

ihres abgefertigt eingehenden Reisegepäcks Folge zu geben ist. In solchen Fällen sind

die sofort zur Auslieferung gelangenden Gepäckstücke nach Anzahl und

Gewicht als verausgabt auf der Rückfeite des Gepäckscheins zu vermerken; dieser ist sodann dem Reisenden zum Zwecke der späteren Empfangnahme der

übrigen Gepäckstücke zurückzugeben.

Das etwa erhobene Lagergeld ist unter

Angabe der Lagerzeit auf dem Gepäckschein zu vermerken.

Die etwa ge­

wünschte Nachsendung nicht abgenommener Gepäckstücke hat, wenn der Reisende nicht anderweite Bestimmungen getroffen hat, als Gepäck unter Anrechnung der Gepäckfracht, welche nebst dem etwa zu erhebenden Lagergelds mittels Eilgut­ karte der Empfangsstation zu überweisen ist, zu erfolgen. (Vgl. § 16 Abs. 8 der

Allg. Abf.-Vorschr. u. Ziff. V der Zus.-Best. f. d. Preuß. Staatsbahnen.)

Abschnitt IV.

148

§ 33. Auslieferung des Gepäcks.

135) Abs. 4 verpflichtet die Bahn in Ergänzung des Abs. 1, wenn der Gepäckschein nicht beigebracht wird, das Gepäck nur unter folgenden Voraus­ setzungen ausznhändigen:

1. nach vollständigem Nachweise der Empfangsberechtigung, 2. gegen Ausstellung eines Reverses, 3. nach Umständen gegen Sicherheit. Es müßte eigentlich heißen „verpflichtet und berechtigt", denn die Bahn

ist nicht nur zur Aushändigung nach Erfüllung dieser Voraussetzungen verpflichtet,

sondern sie ist auch nur unter diesen Kautelen hierzu berechtigt, wenn sie sich dem sich nachträglich meldenden legalen Inhaber des Gepäckscheins nicht ersatz­ pflichtig machen will. Ueber die Form des Reverses sowie über die Art der

Sicherheit ist in der Verk.-Ord. nichts bestimmt. Die Allg. Abf.-Vorschr. § 16 Abs. 3—6 bestimmen: Wenn ein Reisender den Gepäckschein nicht zurückgeben kann, so darf gemäß § 33 der Verk.-Ord. die Auslieferung des Gepäcks nur nach zuverlässigem Nachweise der Empfangs­

berechtigung gegen Ausstellung eines Reverses gemäß nachstehendem Muster

und nach Umständen gegen Sicherheit erfolgen.

Nevers. Ich bescheinige hiermit, daß ich

stelle in

von

mir

der

Gepäck-Abfertigungs­

zurBeförderung nach

am ten 19 übergebene , mit No gezeichnete Stück Gepäck ohne Rückgabe des mir darüber ausgestellten und mir abhanden gekommenen Gepäckscheins von der Gepäck-Abfertigungsstelle zu

heute ausgeliefert erhalten habe. Ich erkläre hiermit, aus dem Gepäckscheine meinerseits keine Rechte geltend

zu machen, und verpflichte mich außerdem, die Eisenbahn gegen alle Ansprüche

eines Dritten vollständig zu vertreten.

, den

19

ten

N. N. Daß der Antragsteller sich durch

ausgewiesen hat,

bescheinigt

, den

19

ten

Die Gepäck-Abfertigungsstelle. Die Sicherheit kann durch schriftliche Bürgschaftsleistung oder Hinter­ legung baaren Geldes bestellt werden. Von der Bestellung einer Sicherheit ist, falls

dies mit Rücksicht auf die Persönlichkeit des Reisenden unbedenklich er­

scheint,

abzusehen.

Anderenfalls genügt die Bürgschaftsleistung einer sicheren

Person. Wenn die Hinterlegung einer Geldsmnme als Sicherheit für erforderlich erachtet wird, so ist deren Höhe nach dem vollen Werthe der Gepäcksendung zu

bemessen. Vgl. hierzu Zus.-Best. f. d. Preuß. Staatsb. Ziff. II. §33 186) Abs. 5 stellt zwar als Regel hin, daß das Gepäck nur auf der Abs.5. Bestimmungsstation verabfolgt werden soll, gestattet aber zur Verkehrs­ erleichterung auch ausnahmsweise auf Verlangen

des Reisenden die Ans-

Abschnitt IV.

149

§ 34. Haftung der Eisenbahn für Reisegepäck.

folgung des Gepäcks (wohl auch theilweise) unterwegs, d. h. auf einer vor­

liegenden Station (natürlich ohne Rückvergütung der Transportkosten, Jarusch on-

Jarociewicz, S. 1l), jedoch unter den Voraussetzungen:

1. daß Zeit und Umstände, sowie Zoll- und Steuervorschristen

dies ge­

statte«, 2. der Reisende bei der Auslieferung den Gepäckschein zurückstellt und

die

Fahrkarte vorzeigt. Die Allg. Abf.-Vorschr. § 16 Abs. 9 und 10 bestimmen hierzu: „Werden unter Erfüllung der in § 33 Verk.-Ord. festgestellten Bedingungen Gepäckstücke schon auf einer vor dem Bestimmungsorte gelegenen Station verabfolgt, so ist der etwa auf der Fahrkarte aufgedruckte Gepückstempel zu durchstreichen, die letztere mit dem Vermerk: Gepäck in (Station) ausgehändigt" zu versehen, und der dem Reisenden abgenommene Gepäckschein dem Packmeister

auszuhändigen, welcher denselben an die Abfertigungsstelle der Bestimmungs­ station mit entsprechendem Vermerk auf der Rückseite versehen an Stelle des Gepäcks abzugeben hat. Wird das Gepäck später bei der Fortsetzung der Reise wieder aufgegeben, so ist dasselbe von Neuem abzufertigen und die

Fracht, ohne Anrechnung der bereits gezahlten, zu berechnen." Ueber die Befugniß des Absenders von Fahrzeugen für den Fall, daß der Antritt oder die Fortsetzung des Eisenbahntransportes für sein Verschulden zeitweilig verhindert wird, die Auslieferung der Fahrzeuge zu verlangen, und über die hierbei an die Eisenbahn zu entrichtenden Entschädigungen und sonstigen

Modalitäten treffen die Allg. Zus.-Best. Ziff. 3 Abs. 1—4 z. § 33 Verk.-Ord. Bestimmung. Ferner regeln für den Fall, daß die Zurückgabe der Fahrzeuge

nach der Auflieferung, aber vor Erreichung der Bestimmungsstation beansprucht wird, ohne daß eine zeitweilige vom Absender nicht verschuldete Transport­ verhinderung vorliegt, sowie für den Fall, daß die Fahrzeuge von der Be­ stimmungsstation oder von einer Unterwegsstation nach der Versandstation zurück- oder nach einer anderen Station befördert werden, die Allg. Zus.-Best. Ziff. 3 Abs. 5 und 6 z. tz 33 Verk.-Ord. die Gebührenfrage.

137) Abs. 6 fehlte den älteren Reglements. Die Aufnahme der bezüglichen §33 Bestimmung ist mit Rücksicht auf die im Falle des Uebergangs von Fahrzeugen s^,6‘ unterwegs in einen andern Zug erforderlichen Manipulationen des Betriebs nothwendig geworden. Abs. 6 ist für den Beginn der im Abs. 3 für Fahrzeuge

vorgeschriebenen Abholungsfrist von Bedeutung (s. Anm. 134).

§. 34.

Haftung der Eisenbahn für Reisegepäck. (•) Für das zur Beförderung anfgegebene Reisegepäck hastet die Eisenbahn nach den für die Beförderung von Gütern (Abschnitt VIII) geltenden Bestimmungen, soweit solche auf die Beförderung von Reisegepäck sinngemäße Anwendung finden können und sich nicht Ab­ weichungen aus den Bestimmungen des gegenwärtigen Abschnitts ergeben.'")

150

Abschnitt IV.

§ 34. Haftung der Eisenbahn für Reisegepäck.

(2) Die etwaige Angabe des Interesses an der Lieferung ist spätestens eine halbe Stunde vor Abgang des Zuges, mit welchem die Beförderung geschehen soll, bei der Gepäck-Abfertigungsstelle unter Zahlung des tarifmäßigen Frachtzuschlags (§. 84 Abs. 3) zu bewirken; sie hat nur dann rechtliche Wirkung, wenn sie von der Abfertigungs­ stelle im Gepäckscheine vernierkt ist.139) (3) Für den Verlust von Reisegepäck, das zur Beförderung auf­ gegeben ist, haftet die Eisenbahn nur, wenn das Gepäck binnen 8 Tagen nach der Ankunft des Zuges, zu welchem es aufgegcben ist (§. 33 Abs. 2), auf der Bestimmungsstation abgefordert wird.1")

(4) Der Ersatz für den Verlust, die Minderung oder die Be­ schädigung von Reisegepäck, das zur Beförderung aufgegeben ist, kann mit Rücksicht auf besondere Betriebsverhältnisse mit Genehmi­ gung der Landesaufsichtsbehörden unter Zustimmung des Reichs-Eisenbahn-Amts im Tarif auf einen Höchstbetrag beschränkt werden. Die Vorschrift des §. 88 findet entsprechende Anwendung."1) (5) Der Reisende, welchem das Gepäck nicht ausgeliefert wird, kann verlangen, daß ihm auf dem Gepäckscheine Tag und Stunde der geschehenen Abforderung bescheinigt werde."3)

(6) Für den Verlust, die Minderung und die Beschädigung von Reisegepäck, das nicht zur Beförderung aufgegeben ist (§§. 28 und 32), sowie von Gegenständen, die in beförderten Fahrzeugen belassen sind (§. 30 Abs. 2), haftet die Eisenbahn nur, wenn ihr ein Verschulden zur Last fällt."3)

Der für die Angabe des Interesses an der Lieferung zu zahlende Frachtzuschlag wird für untheilbare Einheiten von je 10 Mark und 10 Kilometer berechnet und beträgt 2,5 Pfennig für 1 Kilometer und für je 1000 Mark des als Interesse angegebenen Betrages. Der geringste Zuschlag beträgt 40 Pfennig. Ueberschiessende Beträge werden auf 10 Pfennig abgerundet. § 34 138) Der § 34 handelt von der Haftung der Eisenbahn für Reise9lb*-11 gepäck. Den Normen des § 34 liegt der § 465 N. H.-G.-B. zu Grunde. Wie in der Einleitung bereits erörtert, ist den Eisenbahnen grundsätzlich durch § 471 N. H.-G.-B. verboten, die ihnen

durch den § 432 Abs. 1, 2 und bie §§ 438,

439, 453, 455—470 auferlegten gesetzlichen Verpflichtungen durch die Eisenbahn-

verkehrsordnung oder durch Verträge auszuschließen oder zu beschränken.

Alle

dem zuwiderlaufende Bestimmungen sind nichtig. In betreff des Reisegepäcks beschränkt ß 465 N. H.-G.-B. die Haftung der Eisenbahnen durch folgende Bestimmungen:

Abschnitt IV.

151

§ 34. Haftung der Eisenbahn für Reisegepäck.

„Für den Verlust von Reisegepäck, das zur Beförderung aufgegeben ist,

haftet die Eisenbahn nur, wenn das Gepäck binnen acht Tagen nach der Ankunft des Zuges, zu welchem es aufgegeben ist, auf der Bestimmungsstation

abge­

fordert wird. Inwieweit für den Fall des Verlustes oder der Beschädigung von Reise­ gepäck, das zur Beförderung aufgegeben ist, die zu leistende Entschädigung auf einen Höchstbetrag

ordnung.

beschränkt werden kann, bestimmt

die Eisenbahnverkehrs­

Ist der Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit der Eisen-

bahu herbeigeführt, so kann die Beschränkung auf den Höchstbetrag nicht geltend

gemacht werden. Für den Verlust oder die Beschädigung

von Reisegepäck, das nicht zur

Beförderung aufgegeben ist, sowie von Gegenständen, die in beförderten Fahr­ zeugen belassen sind, haftet die Eisenbahn nur, wenn ihr ein Verschulden zur Last fällt." Wie bezüglich

des Frachtguts ist also auch in

betreff des Reisegepäcks

die Haftung der Eisenbahn dahin geregelt, daß nicht — wie im A. H.-G.-B. — den Eisenbahnen Beschränkungen ihrer Haftung in bestimmten gesetzlich vor­

geschriebenen Grenzen im Wege der Vereinbarung bezw. des Reglements gestattet sind und demgemäß in den Frachtvertrag ausgenommen werden müssen, sondern daß die betreffenden Vorschriften unmittelbar ex lege, d. h. ohne den Umweg einer Aufnahme in den Frachtvertrag zur Anwendung kommen. § 34 Verk.«

Ord. wiederholt in den Abs. 3 u. 6 die Bestimmungen des § 465 Abs. 1 u. 3 des N. H.-G.-B. Diese Wiederholung ist an sich nicht nothwendig, sie ist aber unverkennbar deshalb erfolgt, weil § 465 N. H.-G.-B. im Abs. 2 die Zulässigkeit

der Beschränkung der Entschädigung für verlorenes oder beschädigtes Reisegepäck der Bestimmung der Verk.-Ord. überläßt und im Zusammenhänge damit die Wiederholung der Abs. 1 u. 3 des § 465 N. H.-G.-B. zweckmäßig erschien.

Aus der Fassung und

Stellung

des § 465 N. H.-G.-B. ergiebt sich, daß

das Reisegepäck an sich und prinzipiell denselben Haftpflichtbestimmungen unter­ liegt, wie alle anderen Güter, und daß es nicht in der Absicht lag, durch die Bestimmungen des § 465 eine vollständige Regelung der Haftpflicht der Eisen­ bahnen für das Reisegepäck herbeizuführen,

sondern

lediglich

unter Berück­

sichtigung der eigenthümlichen und verschiedenartigen Formen, in welchen sich die Beförderung des Reisegepäcks im Eisenbahnverkehre vollzieht, die mehrfach streitig

gewordenen Grenzen 311 bestimmen,

gepäck maßgebend sein sollen.

welche

bezüglich der Haftpflicht für Reise­

Hierbei kam nun einerseits das zur Beförderung

aufgegebene Reisegepäck (tz 465 Abs. 1 u. 2), — andererseits das nicht zur Beförderung aufgegebene Reisegepäck, wozu auch das in beförderten Fahr­

zeugen belassene gehört (§ 465 Abs. 3), in Betracht. für angezeigt,

die Haftung der

Für ersteres hielt man es

Eisenbahn bei Verlust nur dann eintreten zu

lassen, wenn das Gepäck binnen einer achttägigen Frist nach Ankunft des

Zuges, zu welchem es aufgegeben ist,

auf der Bestimmungsstation abgefordert

wird, für letzteres, die Eisenbahn von jeglicher Haftbarkeit bei Verlust oder Be­ schädigung, Verschulden der Eisenbahn ausgenommen, zu befreien.

Aus der

Stellung des § 465 im N. H.-G.-B. sowie aus

dem Zusammenhänge mit den

vorhergehenden Paragraphen ergiebt sich ferner,

daß sowohl in betreff des zum

Abschnitt IV.

152

§ 34. Haftung der Eisenbahn für Reisegepäck.

Transporte besonders aufgegebenen,

wie auch des nicht

Reisegepäcks stets ein Frachtvertrag vorliegt,

aufgegebenen

aus welchem den Eisenbahnen

die gesetzliche Haftpflicht gemäß §§ 465 ff. an sich obliegt, und daß somit § 465 für beide Kategorien des Reisegepäcks Ausnahmebestimmungen zu den all­ gemeinen Bestimmungen über die Güterhaftpflicht enthält.

(Vgl. übereinstimmend

bezüglich des Art. 425 A. H.-G.-B. Thöl III, §97 S. 198 ff., Drix S. 607 o., Kräwel S. 607, Gad H.-R. S. 141, Keyßner (Busch Bd. 10 S. 60 f.) Förster Betr.-Regl. I S. 35 und ausführlich Eger, deutsch. Frachtrecht 2. Anst.

III §§ 237-239 S. 348-363, A. M. v. Hahn II S. 738f., Puchelt II S. 574, Schott S. 461, Staub S. 1008, Endemann B. d. E. S. 680, Göppert S. 62 ff.)

Bezüglich der Haftung für Reisegepäck unterscheidet hiernach das N.H-.G.-B.

zwei Hauptkategorien, nämlich: I. Reisegepäck, welches zur Beförderung

aufgegeben ist (Abs. 1 n. 2

§ 465),

II. Reisegepäck, welches zur Beförderung nicht aufgegeben ist (Abs. 3 § 465), oder kürzer: aufgegebenes und nicht aufgegebenes Reisegepäck. Unter „auf gegeben em" Reisegepäck wird solches verstanden, welches bei der Eisen­ bahn- Gepäckabfertignngsstelle gegen Empfangsschein (Gepäckschein) besonders auf­ geliefert wird (§ 32 Abs. 1 — 4 Verk.-Ord.). Unter „nicht aufgegebenem" Reisegepäck dagegen solches, welches von den Reisenden in den Wagen — ohne

Gepäckschein — mitgeführt und selbst beaufsichtigt wird, sogen. Handgepäck (§ 28 Verk.-Ord. C. F. Koch S. 433 Anm. 78, Prot. S. 5010), aber auch das in dringenden Fällen ausnahmsweise zunächst unabgefertigt unter Vorbehalt späterer Abfertigung in den Packwagen rc. mitgenommene oder auf Haltestellen unabgefertigt aufgenommene Gepäck (§ 32 Abs. 5 u. 6 Verk.-Ord.), sowie das in

Fahrzeugen belassene Reisegepäck (§ 30 Abs. 2 Verk.-Ord.). Beide Kategorien des Reisegepäcks — das aufgegebene und

das nicht

aufgegebene — sind durch einen mit dem Personentransportvertrag verbundenen (accessorischen) Gütertransportvertrag, mithin vertragsmäßig zur Be­

förderung übernommenes Gut und es finden demgemäß auf beide Kate­ gorien sowohl in betreff des Grades der Haftpflicht wie des Umfangs des Schadens­

ersatzes die Normen des N. H.-G.-B. §§ 425 — 471 über den Eisenbahngüter­

transport grundsätzlich Anwendung, soweit einerseits die eigenartigen im Abschn.IV der Verk.-Ord. normirten Beförderungsweisen des Eisenbahnreisegepäcks die An­

wendung dieser Normen überhaupt zulassen und andererseits nicht die besonderen Haftbeschränkungen des § 465 zutreffen.

(§ 34 Abs. 3, 4 u. 6 Verk.-Ord.)

Bezüglich des zur Beförderung aufgegebenen Reisegepäcks bestimmt in

diesem Sinne § 34 Abs. 1 noch außerdem, daß die Eisenbahn für dasselbe nach den für die Beförderung von Gütern (Abschnitt VIII) geltenden Bestimmungen haftet,

1. soweit solche auf die Beförderung von Reisegepäck sinngemäße Anwendung finden können, und

2. sich aus den Bestimmungen des gegenwärtigen Abschnittes (sc. Abschn. IV)

nicht Abweichungen ergeben.

Abschnitt IV.

§ 34. Haftung der Eisenbahn für Reisegepäck.

153

Daraus folgt, daß die Bestimmungen des Abschn. VIII über die Beförde­

rung von Gütern auch in Betreff der Haftung von aufgegebenem Reisegepäck soweit Geltung haben, als sie der Natur der Sache nach und in Rücksicht

auf

die

abweichende

Abfertigung^

und

Beförderungsweise (s. insbesondere

Uebernahme und Auflieferung: §§ 28, 32 — §§ 54, 56; Verpackung: § 31 — § 58. Ablieferung: § 33 — §§ 66 bis 70) auf Reisegepäck Anwendung finden können

und im Abschnitt IV nicht ausdrücklich über die Haftung für derartiges Reise­ gepäck besondere Bestimmungen getroffen sind; d. h. die Bestimmungen des Abschn. VIII über die Haftung von Gütern finden subsidiäre Anwendung

auf die Haftung für aufgegebenes Reisegepäck (Thöl III S. 94).

Die be­

sonderen Bestimmungen für Reisegepäck beziehen sich aber — abgesehen von den bereits in den vorangehenden Paragraphen erörterten — einerseits auf den Umfang des Schadensersatzes (§ 34 Abs. 2 u. 4, § 35 Abs. 1), andererseits auf

den Grad bezw. die Beschränkung der Haftpflicht (§ 34 Abs. 3—5).

Dagegen

gelten für die Haftung von nicht aufgegebenem Reisegepäck die Bestimmungen

des Abschn. VIII der Verk.-Ord. nicht, auch nicht subsidiär, sondern nur die §§ 425—471 N. H.-G.-B. in Verbindung mit den Vorschriften des Abschn. IV Verk.-Ord.

gepäck.

Dgl. noch über die Haftung der Schlafwagengesellschaft für Reise­

Anm. 143 S. 160.

139) Für die Bemessung des Schadensersatzes im Falle des Verlustes, § 34 Abs. 2. der Minderung oder Beschädigung des Reisegepäcks gelten nach dem in Anm. 138 Erörterten grundsätzlich die Normen der §§ 80—85 der Verk.-Ord., auf deren Anmerkungen verwiesen wird. Vorgreifend wird hier nur kurz bemerkt, daß, wie für Frachtgut, so auch für Reisegepäck, gemäß § 457 H.-G.-B. § 80 Verk.-Ord. als regelmäßige Entschädigung der gemeine Handelswerth, in dessen Ermangelung der gemeine Werth zu ersetzen ist, welchen Gut derselben Art und Beschaffenheit am Orte der Absendung in dem Zeitpunkte der Annahme zur Beförderung hatte, unter Hinzurechnung dessen, was an Zöllen und sonstigen Kosten sowie an Fracht bereits bezahlt ist.

Wie bei Frachtgut auf Grund des § 461 H.-G.-B., so können auch bei Reise­ gepäck gemäß § 465 Abs. 2 N. H.-G.-B. (f. Anm. 138 S. 151) die Eisenbahnen

im Falle des Verlustes oder der Beschädigung

einen Höch st betrag festsehen.

Ferner kann der Absender das Interesse an der Lieferung, welche das Werth-

und

Verzugs-Interesse

zugleich

umfaßt und auch

den

Gewinn in sich schließt (N. H.-G.-B. § 463 § 466 Abs. 2 angeben.

entgangenen Die Verk.-

Ord. trifft demgemäß wie für Frachtgut (§§ 84, 85, 87), so auch für Reisegepäck über die Beschränkung der Entschädigung auf einen Höchstbetrag (§34 Abs. 4)

und über die Angabe des Interesses an der Lieferung (§§34 Abs. 2, 87) entsprechende Bestimmungen.

Darnach kann der Reisende auch bei Aufgabe seines

Reisegepäcks das Interesse an der Lieferung gegen Entrichtung eines tarif­ mäßigen Zuschlages angeben (§ 84 Abs. 1). Nach der Allg. Zus.-Best. z. § 34 Verk.-Ord. wird nach Analogie des § 84 Abs. 3 der Frachtzuschlag für untheilbare Einheiten von je 10 Mark und 10 Kilometern berechnet und beträgt 2,5 Pfg.

für 1 Kilometer und für je 1000 Mark des als Interesse angegebenen Betrages. Der geringste Zuschlag beträgt 40 Pfg.

40 Pfg. abgerundet.

Ueberschießeude Beträge werden auf

154

Abschnitt IV.

§ 34. Haftung der Eisenbahn für Reisegepäck.

Hat die Angabe des Interesses an der Lieferung stattgefunden, so kann der Reisende im Falle des Verlustes, der Minderung oder der Be­

schädigung außer der normalen Entschädigung (§§ 80, 83) noch einen weiteren

Schadensersatz bis zur Höhe spruchen.

Doch hat er

Schadens zu erweisen.

des in der Angabe festgesetzten Betrages bean­

das Vorhandensein und

die

Höhe

dieses

weiteren

Abweichend von der Werthdeklaration der alten Regl.

(§ 29), welche allen Schaden in sich schließt, ist also — wie bei § 80 noch des Näheren erörtert — die Angabe des Interesses an der Lieferung eine Dekla­

ration nur des Mehrwerths, nicht des Gesammtwerths, d. h. sie begreift nur

den die normale Entschädigung übersteigenden Mehrbetrag. Worin dieser weitere Schaden besteht, ob in damnum emergens oder lucrum cessans, entgangenem

Geschäftsgewinn, Verlust von Kundschaft, verfallener Konventionalstrafe rc.,

gänzlich indifferent.

ist

Es genügt, daß es ein in Geld schätzbarer Nachtheil ist,

welcher mit dem Verlnste, der Minderung oder Beschädigung des Gutes in ur­ sächlichem Zusammenhänge steht. von

Abs. 2 des § 34 enthält für Reisegepäck nur zwei in formeller Beziehung den Bestimmungen der §§ 84, 85 Verk.-Ord. abweichende Vorschriften.

Erstens ist die Angabe spätestens eine halbe Stunde vor Abgang des Zuges unter Zahlung des im § 84 festgesetzten tarifmäßigen Frachtzuschlages abzu­ geben. Eine spätere Angabe braucht die Eisenbahn nicht anzunehmen. Nimmt sie dieselbe jedoch an, so ist die Angabe in vollem Umfange rechtswirksam.

Freilich seht dies voraus, daß die Gepäckexpedition y2 Stunde vor Abgang des Zuges geöffnet und zur Ausstellung des Gepäckscheins bereit war. Anderenfalls

wird sie die Annahme einer späteren Erklärung nicht verweigern können.

Ist

der Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit der Eisenbahn herbeigeführt, so kann in allen Fällen der Ersah des vollen Schadens gefordert wer­ den (N. H.-G.-B. § 457 Abs. 3, tz 466 Abs. 4. Verk.-Ord. tz 88). Zweitens hat die Angabe nur dann rechtliche Wirkung, wenn sie von der Abfertigungs­

stelle im Gepäckschein vermerkt ist.

Die Eintragung

der Summe muß

im Gepäckscheine an der dafür vorgesehenen Stelle mit Buchstaben erfolgen

(§ 84 Abs. 2).

Der Reisende hat sich beim Empfang des Gepäckscheins von der

Richtigkeit des Vermerks zu überzeugen.

Nimmt der Reisende den Gepäckschein

ohne diesen Vermerk entgegen, so hat er auf den erhöhten Schadensersatz keinen Anspruch.

Beide Bestimmungen sind rechtsgültig, weil sie aus Rücksichten des

Eisenbahnverkehrs geboten sind.

Es kann für die Ungültigkeit nicht geltend

gemacht werden, daß sie eine Erschwerung der Angabe und damit einen Verstoß

gegen §§ 463, 471 N. H.-G.-B. involviren (Goldschmidt, Zeitschr. f. d. ges. Handelsrecht Bd. 26 S. 612, 613, Bd. 28 S. 455, Puchelt, II Art. 427 S. 580,

v. Hahn, Art. 427 § 4 — dagegen Thöl III § 107 S. 218 und Handelsrecht!. Erört. S. 21). Ist die

Ersahpflicht gemäß N. H.-G.-B. § 465 Abs. 2,

Verk.-Ord. § 34

Abs. 4 auf einen Höchstbetrag beschränkt, so findet eine Angabe des Interesses an der Lieferung über diesen Betrag hinaus nicht statt (Verk.-Ord. § 84 Abs. 4).

§34 140) Abs. 3 des § 34 enthält für Verlust von zur Beförderung auf31 gegebenem Reisegepäck die Wiederholung derjenigen Haftbeschränkung, welche

Abschnitt IV. bereits

§ 34. Haftung der Eisenbahn für Reisegepäck.

im § 465 Abs. 1 N. H.-G.-B. enthalten ist.

155

Die Eisenbahn hastet für

den Verlust von Reisegepäck nur, wenn es binnen acht Tagen nach der

Ankunft des Zuges (§33), zu welchem es aufgegeben ist, auf der Bestimmungs­ station abgefordert wird. Die Voraussetzung ist der Transport von Reisegepäck, welches zur Be­

förderung aufgegeben ist (Anm. 138 S. 152).

Nur für das

aufgegebene

Reisegepäck giebt § 465 Abs. 1 N. H.-G.-B. die Haftpflichtbeschränkung.

Auch be­

zieht sich dieselbe nur auf den Verlust, nicht auch auf die Beschädigung des Reisegepäcks (Prot. z. A. H.-G.-B. S. 5010s.; v. Hahn, II. S. 744; Thöl', III.

S. 195; Schott, S. 408). Mithin muß die Eisenbahn für Beschädigung auch dann Ersatz leisten, wenn die achttägige Frist des Abs. 3 verstrichen ist. Zm Falle

der

Beschädigung

ansprüchen lediglich

sind

für

die

Geltendmachung

von

Schadensersatz­

die allgemeinen Bestimmungen über die Güterbeförderung

bezw. die nach § 464 N. H.-G.-B. (§§ 79,90, 91 Verk.-Ord.) zulässigen und fest­ gesetzten Fristen maßgebend. (Prot. S. 5014, Puchelt, II. S. 574, Wehr­ mann S. 126, v. Hahn S. 744 § 7, Anschütz und v. Dölderndorff, III. S. 474, Endemann, R. d. E. S. 686.) Demgemäß bestimmt auch § 34 Abs. 3 Verk.-Ord. nur, daß die Verwaltung von jeder Verantwortlichkeit für den Verlust von Reisegepäck frei ist, wenn es nicht innerhalb acht Tagen nach An­ kunft des Zuges (§ 33) auf der Bestimmungsstation abgefordert wird. Der Annahme Thöls (III. S. 195 und Anm. 3), daß diese Bestimmung ungültig sei, weil sie auch Beschädigung mitumfasse, kann nicht beigepflichtet werden, da aus­ drücklich nur die Verantwortung für den Verlust, nicht auch für die Be­ schädigung ausgeschlossen ist (s. ii. S. 156).

Weiter ist die Frage entstanden, ob unter „Verlust" jegliche Art von Verlust zu verstehen sei oder nur solcher Verlust, welcher mit der Zeit der

Abforderung im Zusammenhänge steht, d. h. darauf zurückzuführen ist, daß das Gepäck nicht innerhalb der bestimmten Frist nach der Ablieserungszeit abgefordert worden ist. Für letztere Auffassung entscheidet sich Thöl III. § 96 S. 196 und Schott S. 499. Dem kann jedoch nicht beigetreten werden. Vielmehr ist unter „Verlust"



Mangels jeder Einschränkung des Begriffs im Wortlaute

des Gesetzes oder nach Materialien — jegliche Art von Verlust zu verstehen, gleichviel ob sie mit der verspäteten Abforderung in Zusammenhang steht oder nicht. Richtig ist, daß die rechtzeitige (fristgemäße) Abforderung des Gepäcks als die Voraussetzung der Geltendmachung des Anspruchs aus § 456 N. H.-G.-B.

gedacht werden muß (v. Hahn II. S. 743, Endemann, H.-R. S. 767 Anm. 89, Schott S. 498) und nicht als Bedingung der Entstehung dieses Anspruches, wie

C. F. Koch S. 434 Anm. 80 gestützt

rathungen (Prot. S. 5011) meint.

auf

eine Bemerkung

in

den

Be­

Soviel ist aber aus dem klaren und unein­

geschränkten Wortlaute des Gesetzes, sowie aus den Materialien ersichtlich, daß § 465 Abs. 1 N. H.-G.-B. ausnahmslos auf jegliche Art des Verlustes ausge­ dehnt werden darf,

wenn die Abforderung nicht fristgemäß erfolgt ist.

Der

Anspruch auf Auslieferung des aufgegebenen Reisegepäcks und event. Verlust­ ersatz ist zwar durch den Frachtvertrag gemäß § 456 ff. N. H.-G.-B. an sich be­ gründet, aber er kann nicht geltend gemacht werden, wenn die Abforderung des Gepäcks nicht rechtzeitig stattgefunden hat.

156

Abschnitt IV.

§ 34. Haftung der Eisenbahn für Reisegepäck.

Das Gepäck muß aber wirklich in Verlust gerathen, auf irgend welche Weise untergegangen oder verloren sein, es muß zur Zeit der Abforderung fehlen und bis dahin die bestimmte Frist verstrichen sein. Darauf, ob das Gepäck unterwegs (während des Transports) oder nach Eingang am Bestimmungsort (in den Gepäckräumen) verloren gegangen ist, kommts nicht an. Entscheidend ist lediglich, daß zur Zeit der Abforderung der Verlust eingetreten und die Abforderungssrist verstrichen ist. (So auch v. Hahn II. S. 744.) Zst das Gut zu dieser Zeit noch vorhanden, so kann die Eisenbahn die Auslieferung nicht unter dem Einwande verweigern, daß die Abforderung ver­ spätet erfolgt sei. Denn Voraussetzung ihrer Nichthaftung ist der wirkliche Verlust des Gutes. Ist dieser nicht vorhanden, so ist der vertragsmäßige und gesetzliche Aushändigungsanspruch (§ 435 N. H.-G.-B.) begründet. Die Abforde­ rung des vorhandenen oder später wiedererlangten Gutes ist durch Ablauf der Frist nicht ausgeschlossen. (Keyßner S. 487 Anm. 5, Puchelt II. S. 574, Wehrmann S. 126, 127, Anschütz und v. Völdern dorff III. S. 434, W. Koch S. 111 Anm. 2, Makower Art. 425 Anm. 35.) Nach Artikel 425 Ziff. 2 A. H.-G.-B. konnte die Haftung für Verlust nur für den Fall ausgeschlossen werden, daß das Gepäck binnen einer be­ stimmten Frist nach der Ablieferungszeit nicht abgefordert wird. Nach § 33 der Verk.-Ord. wird das Reisegepäck nach Ankunft des Zuges. 311 welchem es zum Transport aufgegeben ist, am Bestimmungsorte und nach Ablauf der zur orduungsmäßigeu Ausladung und Ausgabe, sowie zur etwaigen steueramt­ lichen Abfertigung erforderlichen Zeit im Lokal der Gepäckexpedition sofort bereit­ gestellt. (§ 33 Abs. 2 Verk.-Ord.) Dieser Moment der Bereitstellung ist also die eigentliche Ablieferungszeit. Da derselbe aber sich nicht ganz genau be­ stimmen läßt und in der Regel nur um weniges mit der Ankunftszeit des be­ treffenden Zuges auseinanderfällt, so war bereits in der Verk.-Ord. v. 1892 als Ablieferungszeit unmittelbar die Ankunft des Zuges hingestellt (Keyßner S. 487 Nr. 4) und tu § 34 Abs. 3 unter Bezugnahme auf § 33 bestimmt, daß die Ver­ waltung von jeder Verantwortlichkeit für den Verlust von Reisepäck frei ist, wenn es nicht innerhalb acht Tagen nach Ankunft des Zuges auf der Be­ stimmungsstation abgefordert wird. Diese Modifikation hat § 465 N. H.-G.-B. ausgenommen, so daß nunmehr sowohl nach dem N. H.-G.-B. wie nach der Verk.-Ord. die Ankunft des Zuges, zu welchein das Gepäck aufgegeben ist, auf der Bestimmungsstation der Anfangspunkt der achttägigen Abforderungsfrist ist.

Was schließlich die Beweislast im Falle des § 465 Abs. 1 N.H.-G.-B. bezw. § 34 Abs. 3 Verk.-Ord. aulangt, so ist daran festzuhalten, daß der Eisen­ bahn an sich und ursprünglich die gesetzliche Pflicht obliegt, das Reisegepäck nach Ankunft am Ort der Ablieferung dem legittmirten Empfänger auszuhändigen (§ 435) und für Verlust oder Beschädigung von der Empfangnahme bis zur Ablieferung zu hafteu (§ 456). Besteht also an sich gesetzlich diese Pflicht zur Attshändiguug und Haftung für die Eisenbahn als Regel aus dem Fracht­ verträge, so stellt sich detngegenüber die Bestimmung des § 465 Abs. 1 als eine Ausnahme dar, deren thatsächliche Voraussetzungen derjenige, welcher sie zu seinem Vortheile behauptet oder geltend machen will, beweisen muß. Fordert mithin nach Ankunft am Bestimmungsorte der Passagier die Aus-

Abschnitt IV.

$ 34. Haftung Ker Eisenbahn für Reisegepäck.

157

händigung des aufgegebenen Reisegepäcks (§§ 435, 456 N. H.-G.-B.) und wendet

die Eisenbahn gegen diesen Aushändigungsanspruch ein, daß das Gepäck ver­ loren gegangen und sie für den Verlust auf Grund des § 465 Abs. 1 (sc. § 34

Abs. 3 Verk.-Ord.) nicht haftpflichtig fei, so hat sie die thatsächlichen Voraus­ setzungen dieses Einwandes zu beweisen, nämlich:

1. daß das Gepäck in Verlust gerathen und 2. daß es nicht binnen acht Tagen nach Ankunft des Zuges, zu welchem es aufgegeben, abgefordert worden sei. Vergl. Thöl III. § 96 S. 197, 198, Schott S. 499, v. Kräwel S. 607

Anm. 3, Brix S. 421. (Irrig Puchelt II. S. 575, welcher den Beweis der Einhaltung der achttägigen Frist dem Absender auslegen will.) Den Beweis des Verlustes kann die Eisenbahn vornehmlich führen durch vergebliche Revision des zur Aufbewahrung von Reisegepäck bestimmten Lokals, der Verspätung der Reklamation durch die Ankunftszeit des betreffenden Zugs,

woraus sich der Ablauf der achttägigen Frist ergiebt (Schott S. 499). Den Gegenbeweis für die Rechtzeitigkeit der Abforderung kann sich der Reiseude da­ durch sichern, daß er sich gemäß § 34 Abs. 5 Verk.-Ord. (s. Anm. 142) auf

dem Gepäckschein Tag und Stunde der geschehenen Abforderung von der Gepäck­

abfertigungsstelle bescheinigen läßt.

141) Abs. 4 ist in Gemäßheit des § 465 Abs. 2 N. H.-G.-B. in den § 34 §34 Abs. 4 Verk.-Ord. neu ausgenommen worden. Die Festsetzung eines Höchstbetrages der Satz 1. im Falle des Verlustes oder der Beschädigung zu leistenden Entschädigung ist den Eisenbahnen durch § 461 Abs. 1 in Ausnahmetarifen unter der Voraus­ setzung zwar allgemein

gestattet, daß diese Tarife veröffentlicht werden, eine

Preisermäßigung für die ganze Beförderung gegenüber den gewöhnlichen Tarifen der Eisenbahn enthalten und der gleiche Höchstbetrag auf die ganze Beförderungs­

strecke Anwendung findet (Verk.-Ord. § 81).

Für Reisegepäck erschien indeß

die Festsetzung eines Höchstbetrages unter diesen dem Frachtgüterverkehr an­ gepaßten Voraussetzungen nicht geeignet. Um für Reisegepäck in zweckmäßiger Weise die Beschränkung der Haftung auf einen Höchstbetrag zu ermöglichen, ist daher mit Rücksicht auf die schnell wechselnden Bedürfnisse des Reiseverkehrs der

Verkehrs-Ordnung im § 465 Abs. 2 Satz 1 N. H.-G.-B.

die Bestimmung

darüber überlassen worden, inwieweit für den Fall des Verlustes oder der Be­

schädigung von Reisegepäck, das zur Beförderung aufgegeben ist, die zu leistende

Entschädigung auf einen Höchstbetrag beschränkt werden kann. (vgl.

Entwurf eines H.-G.-B. nebst Denkschrift,

In den Motiven

aufgest. im Reichsjustizamt,

S. 543 z. § 438 des Entw.) ist darauf Bezug genommen, daß bereits in einzelneil

Fällen, in denen es mit Rücksicht auf die Eigenartigkeit der Betriebsverhältnisse

angezeigt erschien, wie z. B. im Berliner Vorortverkehr, auf dem im Abs. 2 (sc. jetzt Abs. 3) der Eingangsbestimmungen der Verk.-Ord. vorgesehenen Wege

eine Regelung in der gedachten Richtung erfolgt sei, und daß es wünschenswerth erscheine, Einrichtungen nicht ohne Weiteres auszuschließen, bei denen

es sich darum handle, eine auch im Interesse des Publikums liegende, be­

sonders einfache Art der Aufgabe und der Beförderung des Reisegepäcks zu er­ möglichen.

] 58

Abschnitt IV.

§ 34. Haftung der Eisenbahn für Reisegepäck.

Demgemäß hat die Verk.-Ord. auf Grund des § 465 Abs. 1 Satz 1 N. H.-G.-B. in den § 34 als Abs. 4 die Bestimmung ausgenommen, daß der Ersatz für den Verlust, die Minderung oder die Beschädigung des Reisegepäcks,

das zur Beförderung aufgegeben ist, mit Rücksicht auf besondere Betriebsver­ hältnisse auf einen Höchstbetrag beschränkt werden darf, jedoch nur unter den drei

Voraussetzungen,

daß

diese

Landesaufsichtsbehörden, 2.

Beschränkung

1. mit Genehmigung der

unter Zustimmung

des Reichs-Eisen­

bahnamts, 3. im Tarife erfolgt. Es sind also, um die Einheitlichkeit dieser Beschränkungen auf einen Höchstbetrag thunlichst zu wahren, die gleichen Vor­ aussetzungen vorgeschrieben, welche Abs. 2 Satz 2—4 der Eing.-Best. z. Verk.Ord. für abweichende Bestimmungen erfordert, und es kann dieserhalb auf die Erörterung Anm. 8 ff. S. 13, 14 Bezug genommen werden. Die Verk.-Ord. trifft

aber nach Vorstehendem nicht selbst über die Beschränkung auf einen Höchst­

betrag Bestimmung, sondern überläßt dies den Tarifen der Eisenbahnen. Diese Regelung erscheint jedoch mit der Vorschrift des § 465 Abs. 1 sowie des § 471 Abs. 1 N. H.-G.-B. nicht vereinbar.

(Vgl. § 81 Abs. 2 Anm. 444.)

Wegen der Beschränkung der Höhe des Schadensersatzes auf einen Höchst­ betrag für als Reisegepäck aufgegebene Kostbarkeiten, Kunstgegenstände rc. (§ 50

B. 2 Verk.-Ord.) s. § 30 Abs. 5 Satz 2 bezw. § 81 Verk.-Ord.

Abs. 2 u. 3, § 84 Abs. 4

Wie § 465 Abs. 2 Satz 2 N. H.-G.-B. bestimmt, daß wenn der Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit der Eisenbahn herbeigeführt ist, die Be­

schränkung auf den Höchstbetrag nicht geltend gemacht werden kann, so verweist auch Sah 2 Abs. 4 § 34Verk.-Ord. auf die entsprechende Anwendung des § 88, welcher in diesem Falle die Forderung auf Ersatz des vollen Schadens — also

unter Fortfall der Beschränkung auf einen Höchstbetrag — zuläßt. § 34 Abs.s.

142) Durch Abs. 5 ist — um den Reisenden ein ausreichendes Beweisfür die erfolgte Abforderung zu sichern (s. Anm. 140)

— den Gepäck­

abfertigungsstellen die Pflicht auferlegt, dem Reisenden ans sein Verlangen auf dem Gepäckscheine Tag und Stunde der geschehenen Abforderung des Gepäcks zu bescheinigen. (Puchelt II. S. 575, Schott S. 521, 522.) Kann das Gepäck

nur zum Theil ausgeliefert werden, so wird hierüber gleichfalls eine entsprechende Bescheinigung zu ertheilen sein. Die Eisenbahn ist dem Passagier, welcher sich wegen Nichtausfolgung seines Gepäcks an der Weiterreise gehindert sieht, nur dann ersatzpflichtig, wenn die Ausfolgung des Gepäcks innerhalb der reglemen­

tarischen Expeditionsstunden begehrt worden ist. (Oesterr. Oberst. Ger. unterm 3. August 1876, Röll, S. 455, Epstein S. 392.)

Vgl. hierzu Allg. Abf.-Vorschr. § 16 Abs. 16.

§34 143) Abs. 6 wiederholt in Betreff des Verlustes und der Beschädigung 5lb^'6* von nicht aufgegebenem Reisegepäck (§§ 28, 32 Abs. 5, 6) die Bestimmung der­ jenigen Beschränkung der gesetzlichen Haftpflicht, welche im §465 Abs.3 N.H.-G. B. enthalten ist (s. Anm. 138 S. 151): Für den Verlust und die Beschädigung von

Reisegepäck, welches von dem Reisenden nicht zur Beförderung aufgegeben ist,

sowie von Gegenständen, die in beförderten Fahrzeugen belassen sind, hastet die Eisenbahn nur, wenn ihr ein Verschulden zur Last fällt.

Abschnitt IV.

§ 34. Haftung der Eisenbahn für Reisegepäck.

159

Die Voraussetzung dieser Haftbeschränkung ist also, daß nicht zur Beförderung aufgegebenes Reisegepäck, d. h. von dem Reisenden in den Wagen — ohne Gepäckschein — mitgeführtes und selbst beaufsichtigtes (s. g.

Handgepäck:

§ 28 Verk.-Ord.), oder in dringenden Fällen ausnahmsweise zu­

nächst unabgefertigt unter Vorbehalt späterer Abfertigung in den Packwagen rc. mitgenommenes (§ 32 Abs. 6 1. c.),

oder

in Fahrzeugen belassenes Reisegepäck

(§ 30 1. c.), in Verlust gerathen oder beschädigt worden ist. Ist diese Voraussetzung vorhanden, so haftet die Eisenbahn nur, wenn ihr

bezw. ihren Leuten (N. H.-G.-B. § 458, Verk.-Ord. § 9) ein Verschulden an dem Verluste oder der Beschädigung zur Last fällt. Die Eisenbahn ist in diesem Falle liichl blos von bestiminten Kategorien der Haftung befreit, sondern über­

haupt von jeglicher Haftbarkeit für Verlust und Beschädigung des Reisegepäcks,

— ausgenommen allein den Fall, daß ihr eigenes Verschulden oder solches ihrer Leute nachgewiesen wird. Es ist demnach im Uebrigen indifferent, welche Ur­ sache

der Schaden hatte, ob er durch höhere Gewalt, gewöhnlichen Zufall,

schlechte Verpackung, Verschulden der Mitreisenden, natürliche Beschaffenheit des Inhalts ic. herbeigesührt wurde.

Die Eisenbahn kann jeden Schadensersatz­

anspruch ablehnen, der nicht nachweislich auf ihr Verschulden oder das ihrer Leute gegründet wird. Aber auch im letzteren Falle ist sie von jeder Beweislast befreit.

Mit einem

Schadenersatzansprüche vermag der Reisende nur durchzudringen, wenn er der Eisenbahn nachweist, daß ihr oder ihrer Leute Verschulden den Verlust oder die Beschädigung herbeigeführt habe. Dieser Nachweis beruht also cmf zwei

Momenten:

1. auf dem Nachweise einer schuldbaren Handlung oder Unterlassung der Bahnverwaltung oder ihrer Leute,

2. auf

dem Nachweise des kausalen Zusammenhanges zwischen dem ge­

dachten Verschulden und dem Verluste oder der Beschädigung des Reise­ gepäcks.

Häufig wird das alleinige Verschulden der Bahn oder ihrer Leute klar zu Tage liegen, z. B. wenn der Schaden durch eine auf Schuld der Bahnorgane

beruhende Entgleisung, durch Mängel der Transportmittel, der Heizungs-, Be­ leuchtungs-Einrichtungen rc. herbeigeführt ist.

Häufig aber wird, insbesondere

bei konkurrirendem Verschulden des Passagiers und der Bahn, die Frage eine zweifelhafte sein und vom Richter aus der gesummten Sachlage heraus ent­

schieden werden müssen,

wessen Verschulden ganz oder antheilig den Schaden

verursacht hat, z. B. bei Abhandenkommen des Gepäcks aus dem Coupe, Heraus­

fallen ungenügend beaufsichtigter Sachen aus schlecht verschlossenen Wagen rc.

Hier ist daran festzuhalten, daß ein Frachtvertrag in Gemäßheit der tztz 425ff. H.-G.-B. vorliegt (s. Anm. 138 S. 152 ff.) und daher die Eisenbahn den Gewahr­ sam und folglich auch die custodia an dem nicht aufgegebenen Reisegepäck an

sich hat.

Denn anderenfalls würde nicht ersichtlich sein, auf welchem Titel über­

haupt ihre Haftung beruht (s. § 28 Abs. 1 Anm. 107 S. 115). Aber diese custodia wird dadurch modifizirt, daß das nicht aufgegebene Reisegepäck als be­

gleitetes Gut gilt bezw. demselben gleichsteht, d. h. mit der nach § 459 Ziff. 6

160

Abschnitt IV.

§ 34. Haftung der Eisenbahn für Reisegepäck.

N. H.-G.-B. bestimmten Nichthaftung wegen solcher Verluste, Beschädiguugen rc., welche die Begleitung abwenden konnte (Thöl III. S. 200).

Von diesem Ge­

sichtspunkte aus ist im Einzelfalle zu beurtheilen, ob bezw. in wie weit die Eisenbahn für Entwendungen oder Beschädigungen des Reisegepäcks durch Mit­ reisende oder durch Nichtmitreisende oder nicht in dasselbe Coupe gehörende Personen aufzukommen hat. Wenn v. Hahn (II. S. 739) meint, es werde die

Verpflichtung zu einer „gewissen" (?) custodia z. B- gegen Entwendung durch

nicht mitreisende Personen anzunehmen sein, es könne aber „der thatsächlichen Natur des Verhältnisses nach" nicht beansprucht werden, daß diese custodia

auch gegen Entwendung rc. durch Mitreisende gerichtet werde, so liegt diese höchst unsichere und schwankende Attnahme in einer irrigen Auffassung des ganzen Vertragsverhältnisses.

(Auch Schott S. 1497 ist aus gleichem Grunde hier

unklar und steht im Uebrigen zum Theil im Widersprüche mit v. Hahn.) Vgl. Thöl § 98 S. 201, Keyßner in Busch's Arch. Bd. 10 S. 60f., Ackermann

in Busch's Arch. Bd. 12 S. 463f., Hillig S. 63, Erk. des Hand.-App.-Ger. München vom 1. Juli 1873, Busch, Arch. Bd. 36 S. 341. Ueber konkurrirendeö Verschulden: Eger, Haftpflichtges. 5. Aufl. S. 160ff., Entsch. des R.-O.-H.-G.

Bd. 16 S. 111 und D. E.-Z. 1877 S. 305.

Streitig ist die Frage der Haftpflicht der Schlafwagengesellschaft für die in die Schlafwagen eingebrachten Sachen der Reisenden. Fuld (D. JurZtg. 1900 Nr. 10) nimmt an, daß der Gesellschaft die Haftung des Gastwirths (B.-G.-B. § 701) obliege, während in der Zeitung d. Ver. deutsch. EisenbahnVerw. 1900 Nr. 45 S. 692 dieser Annahme widersprochen und die Ansicht ver-

treten wird, daß der Vertrag zur Benutzung des Schlafwagens sich nur als ein Zusatz zum Eisenbahn-Transportvertrage darstelle, der in der Haftpflicht des Eisenbahnunternehmers nichts ändere.

Diese letztere Ansicht erscheint zutreffend.

Vom Gastwirth unterscheidet sich die Schlafwagengesellschaft wesentlich dadurch,

daß der Schlafwagen ein öffentliches Verkehrsmittel ist, auch die Benutzung gegen die Gebühr nicht versagt werden darf, soweit Plätze vorhanden.

Auch

würde sich alsdann die Haftung für das Gepäck der Schlafwagen-Reisenden

anders gestalten, als für die übrigen Reisenden — was nicht beabsichtigt und mit dem Prinzipe der gleichen Behandlung aller Reisenden nicht vereinbar ist.

Der in Rede stehende Vertrag ist

weder ein Herbergs- noch ein Transport­

vertrag, sondern ein Vertrag aus Miethe einer Schlafstelle, der accessorisch neben dem Eisenbahntransportvertrage herläuft und den Vermiether — gleichviel ob

er zugleich der Eisenbahnunternehmer oder ein besonderer Schlafwagenuuternehmer ist — lediglich zur Gewährung des Schlrfraums und des Schlaflagers verpflichtet.

währ.

Für die eingebrachten Sachen übernimmt der Vermiether keine Ge­

Die Haftung des Eisenbahnunternehmers für das Gepäck — als nicht

aufgegebenes — gemäß N. H.-G.-B. § 465 Abs. 3, Verk.-Ord. § 34 Abs. 6 wird dadurch nicht berührt.

Ob ihm der Schlafwagenunternehmer bei Inanspruch­

nahme durch den Reisenden für Verlust oder Beschädigung regreßpflichtig wird,

hängt von den Bestimmungen des zwischen Eisenbahn- und Schlafwagen-Unternehmer bestehenden Vertrages und Mangels solcher von den allgem. Bestim­ mungen des B.-G.-B. ab.

Abschnitt IV.

§ 35. In Verlust gerathene Gepäckstücke.

161

§. 35.

In Verlust gerathene Gepäckstücke. (1) Fehlende Gepäckstücke werden nach Ablauf von 3 Tagen nach Ankunft des Zuges, zu welchem sie aufgegeben find, als in Verlust gerathen betrachtet?") (2) Falls das Gepäckstück später gefunden wird, ist hiervon der Reisende, sofem sein Aufenthalt sich ermitteln läßt, auch wenn er bereits Entschädigung erhalten hat, zu benachrichtigen. Derselbe kann innerhalb 30 Tagen nach Empfang der Nachricht verlangen, daß ihm das Gepäckstück gegen Rückerstattung des erhaltenen Schadensersatzes, und zwar nach seiner Wahl entweder kostenftei am Bestimmungsort oder kosten- und frachtfrei am Aufgabeorte, verabfolgt wird?") 144) Abs. 1 des § 35 stellt für den Verlust von Reisegepäck eine Präs um- §35 tion auf, indem bestimmt ist, daß fehlende Gepäckstücke erst nach Ablauf von WO* 3 Lagen nach der Ankunft des Zuges, zu welchem dieselben aufgegeben sind, als in Verlust gerathen betrachtet werden. Thöl (H.-R. III. § 101 S. 205, 240, 252, 253 und Handelsrecht!. Erört. S. 18,19) hält diese Be­

stimmung für ungültig, weil der Verlust vorhanden sei, wenn zur Ablieferungs­ zeit der Forderung auf Ablieferung nicht sofort entsprochen werden könne und nach Art. 423 A. H.-G.-B. — jetzt § 471 N. H.-G.-B. — (auch nicht durch die Eisenbahnverkehrsordnung) die Eisenbahn den Eintritt ihrer Ersatzpflicht nicht zu ihrem Vortheil durch Vertrag anders bestimmen könne. Dieser Grund ist nicht anzuerkennen. Auch Goldschmidt (Zeitschr. 23b. 26 S. 612) theilt diese

Ansicht nicht, weil dem Schuldner modicum tempus nach richterlichem Ermessen laufe, daher nur in Frage stehen könne, ob unter den besonderen Verhältnissen

des Bahnbetriebs ein Zeitraum von 3 Tagen die naturgemäße Zeitgrenze über­ schreite.

Indeß dieser Grund für die Gültigkeit dürfte allein nicht ausreichen,

weil dann — im Einzelfalle — stets erst der immerhin schwierige Beweis zu erbringen wäre, daß diese Frist ein modicum tempus nach den Verhältnissen des Bahnbetriebs sei. Entscheidend ist, daß das Fehlen des Gepäcks zur Ab­ lieferungszeit nicht, wie Thöl meint, unbedingt Verlust, Nichteinhaltung der reglementarischen Ablieferungszeit auch nicht identisch und zusammenfallend mit Verlust (Goldschmidt a. a. O. Bd. 28 S. 454 Anmerk.) ist und daher auch

nicht ohne Weiteres den Eintritt der Ersatzpflicht für Verlust bewirkt, sondern

nur eine durch Gegenbeweis widerlegbare Vermuthung des Verlustes (Entsch. R.-O.-H.-G. Bd. 7 S. 54) begründet, da ja auch möglicher Weise bloße

Verspätung und mithin nur Ersatzpflicht für diese vorliegen kann.

Indem

die Eisenbahn-Verkehrsordnung bestimmt, daß die Eisenbahn nach Ablauf einer Frist von 3 Tagen —

unter Verzicht auf jeden Gegenbeweis

— den Verlust

(und zwar selbst bei späterem Wiederfinden, Abs. 2) dem Aufgeber gegenüber als erfolgt anzllerkennen hat, wird hiernach nicht der Eintritt der Ersatzpflicht, son­

dern lediglich die Art der Beweisführung für den Verlust, auf welchen sich jener Eg er, Eisenbahn'Derkehröordnung.

2. Aust.

H

162

Abschnitt IV.

§ 35. In Verlust gerathene Gepäckstücke.

Eintritt gründet, dadurch verändert, daß die Eisenbahn gegen Gewährung dieser

Frist eine noch zweifelhafte Thatsache als unzweifelhaft gegen sich gelten lassen muß.

Einer solchen Bestimmung steht aber § 471 N. H.-G.-B. nicht entgegen.

Für die Gültigkeit des § 35 Abs. 1 erklären sich auch v. Hahn II. S. 719, 720, Steinbach S. 216, 217, Drilling S. 15, Puchelt II. S. 462, 575, W. Koch

in der Ztg. d. Ver. deutsch. Eisenb.-Verw. 1883 S. 389, 482, Wolff in Busch's Arch. Bd. 19 S. 470

184,

Wehrmaun

S. 133, 134), dagegen Schott S. 334, 513, 514, 522, Anm. 16.

Unentschieden

(Vgl.

auch Ruckdeschel

S. 183,

Endemann, Rechtsgrundl. S. 250.

Die Allg. Abf.-Vorschr. § 16 Abs. 13 bestimmen:

„Falls Gepäckstücke

fehlen, beschädigt eingehen oder überzählig sind, ist nach der Dienstanweisung, betreffend das Feststellungs-, Melde- und Nachforschungs-Verfahrenrc.

bei fehlenden, überzähligen, beschädigten oder mit Gewichtsverminderung ange­ kommenen Gepäckstücken und Gütern, zu verfahren." Vgl. hierzn Zus.-Best, der Preuß. Staats-Eisenb. Ziff. VII, enthaltend

Ausführungsvorschriften, betreffend das Verfahren beim Fehlen und Ueberzähligsein von Reisegepäck, nnd Erl. d. Prenß. Min. d. öff. Arb. v. 30./8. 1891 E.-V.-Bl. S. 130. §35 145) Abs. 2 des § 35 verpflichtet die Eisenbahn, wenn das verloren ge91b|'2* gangene Gepäckstück später gefunden wird, den Reisenden, sofern sein Aufent­

halt sich ermitteln läßt, davon zu benachrichtigen, auch wenn er bereits Ent­ schädigung erhalten hat, und dieser hat das Recht, sich innerhalb 30 Tagen nach Empfang der Nachricht das Gepäckstück gegen Rückerstattung des erhaltenen

Schadensersatzes nach seiner Wahl entweder kostenfrei am Bestimmungsorte oder kosten- und frachtfrei am Aufgabeorte verabfolgen zu lassen.

Der Reisende hat hiernach ein zweifaches Recht:

Er ist I) berechtigt,

Benachrichtigung über das Wiederauffinden des Guts und II) innerhalb 30 Tagen nach erhaltener Nachricht Verabfolgung des Guts gegen Rück­

erstattung der Entschädigung zu verlangen. Das erste Recht (der Benachrichtigung) hängt von zwei Voraus­

setzungen ab:

1. daß das Gepäckstück später wieder gefunden wird. Es ist ganz allgemein „später" gesagt und daher Mangels jeder Einschränkung die Be­ nachrichtigungspflicht der Eisenbahn eine zeitlich unbegrenzte. Selbst wenn sich das Gepäckstück erst nach Jahren wiederfindet, liegt der Eisenbahn diese Pflicht ob.

Dies erscheint jedoch zu weitgehend und es würde sich de lege ferenda

empfehlen, auch hier, wie in der analogen Vorschrift für die Güterbeförderung (§ 82 Abs. 1), eine Frist zu bestimmen, nach deren Ablauf das Recht auf Be­ nachrichtigung und demgemäß auf Rückforderung fortfällt.

2. daß der Aufenthalt des Reisenden sich ermitteln läßt. Voraussetzung ist eine sehr unbestimmte.

Diese

Jedenfalls liegt es der Eisenbahn ob,

bei der Aufenthaltsermittluug die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers 311 prästiren und darzuthun.

Beweist der Reisende demgegenüber, daß dies nicht

der Fall gewesen, so ist ihm die Eisenbahn für den daraus entstandenen Schaden

verantwortlich.

Abschn. IV. § 36. Haftung d. Eisenb. f. verspätete Ankunft d. Reisegepäcks.

163

Das zweite Recht (der Verabfolgung) hängt gleichfalls von zwei Voranssehnngen ab: 1. daß das Verlangen auf Verabfolgung des wiedergefundenen Gepäck­ stücks innerhalb 30 Tagen nach Empfang der Nachricht gestellt wird und

2. daß der erhaltene Schadensersatz zurückerstattet wird.

Der Reisende kann die Verabfolgung des Gepäckstücks alsdann verlangen. Er kann, aber er braucht es nicht. Thut er es nicht unter den angegebenen Mo­ dalitäten oder überhaupt nicht, so kann die Eisenbahn nach Maßgabe des § 82 Abs. 3 Verk.-Ord. über das aufgefundene Gepäckstück frei verfügen. Die For-

derung steht ihm nur innerhalb 30 Tagen nach erhaltener Nachricht zu. Daher ist es für beide Theile wichtig, den Empfang der Nachricht, gleichviel ob dieselbe mündlich

oder schriftlich rc. erfolgt, in geeigneter Weise festzustellen.

Das Verlangen muß der Natur der Sache nach an dasjenige Organ der Eisen­

bahn gerichtet sein, von welchem dem Berechtigten die Nachricht zugegangen ist. In betreff des Ortes der Auslieferung hat der Berechtigte die Wahl. Er kann die Auslieferung entweder kostenfrei am Bestimmungsorte oder kosten- und frachtfrei am Aufgabeort verlangen. Verlangt aber der Be­ rechtigte die Rücklieferung an einem andern, als Bestimmungs- oder Aufgabeort, so entsteht ein neuer Frachtvertrag und hat der Berechtigte die Gepäckfracht zu zahlen und die sonstigen Rechte und Pflichten des neuen Vertrages. Dagegen

geschieht die Beförderung an den Bestimmungs- oder Aufgabeort nicht auf sein Risiko, denn er hat lediglich die mwersehrte Lieferung an einen dieser Orte kostenfrei zu fordern. Endlich hat die Auslieferung Zug um Zug und nur

gegen Rückerstattung der dem Berechtigten bezahlten vollen Ent­ schädigung zu geschehen, und zwar der ganzen Entschädigung ohne jeden Abzug, also auch nicht unter Kürzung der dem Berechtigten für versäumte Lieferfrist gebührenden Entschädigung. Auch die in Folge' der Angabe des

Interesses an der Lieferung (§ 34 Abs. 2, § 36 Abs. 2 litt, a) oder wegen Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit (h 88) erhöhte Entschädigung muß daher mangels

einer einschränkenden Bestimmung voll zurückerstattet werden, wenngleich in dieser nicht nur der Werth des Gutes, sondern auch der weitere Schaden (z. B. Konventionalstrafe, Verzugs- und geschäftliche Nachtheile rc.) vergütet

worden ist und eine Rückerstattung der darauf entfallenden Beträge nicht der

Billigkeit entspricht.

§. 36.

Haftung der Eisenbahn für verspätete Ankunft des Reisegepäcks. (1) Die Eisenbahn haftet für den Schaden, welcher durch ver­

spätete Auslieferung des Reisegepäcks (§. 33 Abs. 2) entsteht, es sei denn, daß die Verspätung von einem Ereignisse herrührt, welches sie

weder herbeigeführt hat noch abzuwenden vermochte.'") (2) Ist auf Grund der vorstehenden Bestimmung für Versäumung

der Lieferzeit Ersatz zu leisten,

so ist der nachweislich entstandene

Schaden zu vergüten und zwar: n«

164

Abschn. IV.

§ 36. Haftung d. Eisenb. f. verspätete Ankunft d. Reisegepäcks.

a) bei stattgehabter Angabe des Interesses an der Lieferung: bis

zur Höhe des angegebenen Betrags; einer solchen Angabe

b) in Ermangelung

für

je angefangene

24 Stunden der Versäumung: höchstens 20 Pfennig für jedes

Kilogramm des ausgebliebenen Gepäcks, bei Fahrzeugen (§. 30)

höchstens 30 Mark für jedes ausgebliebene Fahrzeug.'")

(3) Der §. 88 findet entsprechende Anwendung.'") § 36 Abs. 1.

146) Der §36 handelt von der Haftung der Eisenbahn für ver­ spätete Auslieferung des Reisegepäcks, und zwar ist im Abs. I überden Grad, im Abs. 2 u. 3 über den Umfang der Haftung sc. die Höhe des Schadens­ ersatzes Bestimmung getroffen. In betreff des Grades der Haftpflicht ist für Versäumung der Lieferzeit für den gewöhnlichen Frachtführer im § 429 R. H.-G.-B., wie im Art. 397 A.H.-G.-B-, der Grundsatz der Haftung nach Maßgabe der Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers beibehalten worden. Dagegen ist für die Eisen­

bahn sowohl bezüglich der Frachtgüter, wie des Reisegepäcks nach dein Vorgänge des internationalen Uebereinkommens (Art. 39) im § 466 N. H.-G.-B. diese Haftung durch die Bestimmung verschärft, daß die Eisenbahn für den Schaden, welcher durch Versäumung der Lieferfrist entsteht, haftet, es sei denn, daß die Verspätung von einem Ereignisse herrührt, welches sie weder herbeigeführt

hat, noch abzuwenden vermochte. Dieser Nachweis liegt im Schadens­ fälle der Eisenbahn ob. Wie aus den eingehenden Erläuterungen zu der gleichlautenden Bestimmung des § 86 Verk.-Ord. für Frachtgut sich ergiebt,

lag zwar bei der zu Grunde

liegenden Norm des Art. 39 des internat. Uebereink. die Absicht nicht vor, über die in Art. 397 A. H.-G.-B. bestimmte Haftpflicht hinanszugehen. Man wollte in Vergleich mit der strengen Haftpflicht für Verlust und Beschädigung ex recepto (Art. 395 A. H.-G.-B.» Art. 30 intern. Uebereink., § 75 Verk.-Ord. s. Anm. 408

bis 417) die mildere Haftpflicht für Versäumung der Lieferfrist ex loc. cond. (Art. 397 A. H.-G.-B.) bestehen lassen.

Nur mit Rücksicht darauf, daß von

mehreren Seiten der Begriff der „Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers"

für nicht deutlich genug erachtet und eine Klarstellung dieses Begriffes verlangt

wurde,

wählte man an Stelle derselben die Fassung:

weist, daß

... „sofern sie nicht be­

die Verspätung von einem Ereignisse herrührt,

welches sie weder

herbeigeführt hat, noch abzuwenden vermochte" und konstatirte in den Verhand­ lungen ausdrücklich, daß mit dieser redaktionellen Aenderung eine Aenderung in

dem Sinne des bisherigen Prinzips („Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers")

nicht beabsichtigt sei. Aber, wenngleich diese Absicht betont wurde, so läßt sich doch nicht verkennen, daß durch die gewählte Fassung die Haftpflicht der Eisen­ bahn strenger gestaltet ist, als nach dem zu Gründe liegenden Art. 397 A. H.-G.-B. und im Vergleich zu diesem eine Verschärfung erfahren hat. Daß hierdurch der Haftungsgrundsatz für Versäumung der Lieferzeit im Anschluß an Art. 39 des

interuat. Uebereinkommens ein strengerer geworden ist, ist auch in den Motiven

zum § 466 N. H.-G.-B

(Denkschrift S. 543 zum § 439 des Entwurfs) ohne

Abschn. IV. § 36. Haftung d. Eisenb. f. verspätete Ankunft d. Reisegepäcks.

165

Weiteres anerkannt. Wenn man den Wortlaut nicht ganz außer Betracht lassen will, so steht die Haftpflicht gemäß § 466 N. H.-G.-B., § 36 Abs. 1 bezw. § 86 Verk.-Ord. für Verspätung der Haftpflicht ex recepto für Verlust und Beschädi­ gung erheblich näher, als die aus der bloßen Sorgfalt eines ordentlichen Fracht­ führers sich ergebende. Denn der von der Eisenbahn zu führende Beweis, daß die Verspätung von einem Ereigniß herrührt, welches die Eisen­ bahn weder herbeigeführt noch abzuwenden vermochte, umfaßt unver­ kennbar mehr, als der Beweis, daß sie die Verspätung durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht habe abwenden können. Die Eisenbahn hat einerseits den Negativbeweis zu führen, daß das die Verspätung verursachende Ereigniß nicht von ihr herbeigeführt ist, und andererseits den positiven Beweis zu erbringen, daß sie dieses Ereigniß nicht abzuwenden vermochte, und zwar — Mangels jeder Einschränkung — nicht blos mit der Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers, sondern mit allen nach vernünftiger Verkehrsanschauung überhaupt möglichen Mitteln.

§ 36 Abs. 1 trifft nur Bestimmung über die Haftpflicht der Eisenbahnen „für den Schaden, welcher durch verspätete Auslieferung des Reisegepäcks entsteht". Die Haftpflicht für den Schaden aus Verlust, Minderung oder Beschädigung des Gutes ist in § 34 normirt. „Verspätete Auslieferung" liegt — wie der Hinweis auf § 33 Abs. 2 andeutet — vor, wenn nach Ankunft des Zuges, zu welchem das Gepäck aufgegeben wurde, die zur ordnungsmäßigen Ausladung und Ausgabe sowie zur etwaigen zoll- oder steueramtlichen Ab­ fertigung erforderliche Zeit abgelanfen ist, ohne daß die Auslieferung des Guts an der Ausgabestelle erfolgen kann (§ 33 Anm. 133), gleichviel ob und wann später abgeliefert worden ist. Auch wenn das Gepäck in Verlust gerathen oder aus anderen Gründen nicht fristzeitig oder überhaupt nicht angelangt ist, findet Versäumung der Lieferfrist statt. Denn daß die Lieferfrist nicht innegehalten, d. i. versäumt ist, wenn das Gut überhaupt nicht am Bestimmungsort ein­ trifft bezw. dort nicht zur Ablieferung gelangt, kann logisch keinem Zweifel unter­ liegen. Daher begründet auch der Verlust des Gepäcks unterwegs eine Ver­ säumung der Lieferfrist und es kann die Eisenbahn in diesem Falle kumulativ für Verlust und für Versäumung der Lieferfrist haftpflichtig werden; wie auch die Angabe des Interesses an der Lieferung Schäden aus Verlust und Beschädi­ gung wie aus Versäumung der Lieferfrist zusammen begreift. Die gegentheilige Annahme (Schwab, Neuerungen S. 18), welche in der Versäumung der Lieferfrist nur die Ueberschreitung derselben sehen will, derartig, daß sie nur bei Ablieferung des Gutes stattfindet, kann nicht gebilligt werden.

Die Beweislast ist derartig vertheilt, daß der Reisende die Existenz und die Höhe des Schadens, sowie den kausalen Zusammenhang desselben mit der Versäumung darzuthun hat, und sodann die Eisenbahn einredeweise den Be­ weis führen muß, daß die Versäumung von einem Ereignisse herrührt, welches sie weder herbeigeführt hat, noch abzuwenden vermochte. (Vgl. § 86 Anm. 463.)

147) Was den Umfang der Haftung für verspätete Auslieferung des §36 Reisegepäcks bezw. die Höhe des Schadensersatzes anlangt, so spricht § 466 5tb,; 2e Abs. 1 N. H.-G.-B. und in Uebereinstimmung damit § 36 Abs. 1 Verk.-Ord. ganz

166

Abschn. IV. § 36. Haftung d. Eisenb. f. verspätete Ankunft d. Reisegepäcks,

allgemein von der Haftung für den Schaden, welcher durch Versäumung der

Lieferfrist bezw. verspätete Auslieferung des Reisegepäcks entsteht.

Die Eisen­

bahn haftet im Versäumnißfalle — Mangels jeder Einschränkung — grundsätz­ lich für allen Schaden, sowohl den wirklichen Schaden (damnum emergens)

wie den entgangenen Gewinn (lucrum cessans), soweit sie sich nicht durch den

vorbezeichneten Beweis (Anm. 146 S. 165) befreien kann. § 86 Anm. 463, B.-G.-B. §§ 249 ff.)

(Vgl. des Näheren

Nur insofern erleidet jedoch die Regel, daß für Verspätung voller Schadens­

ersatz zu leisten ist, eine Einschränkung, als das N. H.-G.-B. im Abs. 2 des § 466 bezw. die Verk.-Ord. im § 36 Abs. 2 die Angabe des Interesses an der

Lieferung und Normalsätze vorsehen, welche die Maximalgrenzen für den Umfang des Schadensersatzes bilden.

Nur in diesen Grenzen kann der Ersah

des vollen Schadens beansprucht werden.

Die bezüglichen Bestimmungen des

§ 466 Abs. 2 N. H.-G.-B. entsprechen den Art. 38, 40 des Internat, liebere ins., §§ 84, 85, 87 der bisherigen Verk.-Ord. Nach § 466 Abs. 2 N.H.-G.-B. wird unterschieden, ob eine Angabe des Interesses an der Lieferung (N.H.-G.-B. § 463, Verk.-Ord. §84, §34 Abs. 1, 2) stattgefunden hat oder nicht. Der Schaden wird nur insoweit erseht, als er den in dem Frachtbriefe, dem Gepäck­

scheine oder dem Besörderungsscheine als Interesse an der Lieferung nach Maß­ gabe der Eisenbahuverkehrsordnung angegebenen Betrag und in Ermangelung einer solchen Angabe den Betrag der Fracht nicht übersteigt. Für das Reise­ gepäck kann an Stelle der Fracht durch die Eisenbahnverkehrsordnung ein anderer Höchstbetrag bestimmt werden. Diese bestimmt auch, inwieweit ohne den Nach­ weis eines Schadens eine Vergütung zu gewähren ist.

Zn Ausführung dieser Bestimmungen des § 466 Abs. 2 N. H.-G.-B. setzt Abs. 2 des § 36 Verk.-Ord. fest, daß wenn auf Grund des § 466 Abs. 1 N. H.-G.-B. bezw. § 36 Abs. 1 Verk.-Ord. für Versäumung der Lieferzeit von der Eisenbahn Ersatz zu leisten ist, der nachweislich entstandene Schaden in folgender Weise zu

vergüten ist: a) bei stattgehabter Angabe des Interesses an der Lieferung bis

zur Höhe des angegebenen Betrages;

b) in Ermangelung einer solchen Angabe für je angefangene 24 Stunden der Versäumung höchstens 20 Pfennig für jedes Kilogramm des

ausgebliebenen

Gepäcks, bei Fahrzeugen (§ 30) höchstens 20 Mark für

jedes ausgebliebene Fahrzeug.

Voraussetzung des Schadensersatzanspruches ist ein Schaden, welcher durch Versäumung der Lieferzeit entstanden ist (§ 466 Abs. 1 N.H.-G.-B., §36

Ziff. 2 Verk.-Ord.). §36 Abs. 1

Der Reisende, welcher einen Schadensersatzanspruch gemäß

erhebt, hat mithin nachzuweisen:

1.

daß eine Versäumung

der

Lieferzeit stattgefunden hat, d. h. die im § 33 Abs. 2 bezeichnete Zeit abgelanfen

ist, ohne daß ihm auf sein Verlangen das Gepäck ausgeliefert worden ist; 2. daß ihm ein Schaden entstanden ist, welcher mit dieser Versäumung der

Lieferzeit in ursächlichem Zusammenhänge steht. Hat er diese beiden Thatsachen, sowie die Höhe des Schadens nachgewiesen,

so ist ihm von der Eisenbahn nach Maßgabe des § 36 Abs. 1 Schadensersatz zu

Abschn. IV. § 36. Haftung b. Eisenb. f. verspätete Ankunft b. Reisegepäcks.

167

leisten, sofern bieselbe sich nicht burch bie ihr nach § 36 Abs. 2 gegebene Einrebe

zu befreien vermag. Der Schaben wirb in Gemäßheit bes § 466 Abs. 1 N.H.-G.-B. voll be­

Ist bas Interesse an ber Lieferung

rechnet (Anm. 462—464).

angegeben,

grenze

so bilbet ber oben angegebene Normalsatz

ber zu

gewährenben

Entschäbigung.

nicht

bie Maximal­

Dies wirb burch

bie Worte

„höchstens 20Pfennig für jebes Kilogramm" bezw. „höchstens 30 Mark für

jebes Fahrzeug" ausbrücklich ausgesprochen.

Der Normalsatz wirb für bie ganze

Transportstrecke zusammen berechnet, nicht für jebe einzelne Bahn ober verbanb-

Ist bas

weise.

Gepäck als in Verlust gerathen

zu betrachten (§ 35 Abs. 1

Anm. 144), so tritt Schabensersah nach § 34 ein unb kann ein barüber hinausgehenber Ersah für Versäumung ber Lieferzeit nur beim Nachweise eines be-

sonberen,

burch letztere entstanbenen Schabens beansprucht werben.

Der An­

nahme Schwab's (Neuerungen S. 18), baß in biesem Falle ein Ersatz für Ver­ säumung ber Lieferzeit überhaupt unzulässig sei, kann nicht beigepflichtet werben.

— Ist bas Interesse an ber Lieferung angegeben, so bilbet ber ange­ gebene Betrag — wie bie Worte „bis zur Höhe bes angegebenen Be­ trages" klar ergeben — bie Maximalgrenze ber zu gewährenben Ent­

schädigung. Der beklarirte Betrag ist also ebenso wenig wie ber Normalsatz bas ein für allemal vereinbarte Quantum ber Entschäbigung, sonbern bilbet lediglich bie Grenze, innerhalb bereu ber nachgewiesene Schaben ersetzt wirb. Dieser muß stets seiner Existenz unb Höhe nach erwiesen werben unb wirb nur insoweit vergütet, als bieser Beweis geführt ist. Ueberschreitet er bie Maximal­ grenze, so wirb bas Mehr nicht ersetzt. Zwar überläßt § 466 Abs. 3 N. H.-G.-B. ber Bestimmung ber Verk.-Orb.,

inwieweit für ben Schaben aus Versäumung ber Lieferfrist auch ohne ben Nach­

weis eines Schabens eine Vergütung zu gewähren ist.

Aber bie Verkehrs-

orbnung hat von bieser Befugniß nur für Frachtgut im § 87 I, 1 u. II, 1 Ge­ brauch gemacht, nicht aber für Reisegepäck.

Nun könnte man zwar annehmen,

baß in Gemäßheit bes § 34 Abs. 1 Verk.-Orb. bie vorbezeichneten Bestimmungen bes §87 I, 1 unb II, 1

auch für Reisegepäck Mangels bes Nachweises eines

Schabens sinngemäße Anwenbung zu finben haben.

Jnbeß bagegen spricht, baß

§36 Abs. 2 ausbrücklich nur über bie Vergütung eines nachweislich ent­

stanbenen Schabens Bestimmung trifft unb ferner gemäß §466 Abs. 2 Satz 2 N. H.-G.-B. an Stelle ber Fracht im § 36 Abs. 2 b einen anberen Höchstbetrag gewählt hat.

Es kann daher nicht angenommen werden, daß Mangels eines

Schadensnachweises entsprechend dem § 87 Verk.-Ord. Bruchtheile der Gepäck­

fracht als Vergütung für Versäumung der Lieferzeit beansprucht werden dürfen. Der Normalsatz ist im § 36 Abs. 2 litt, b durch die Verk.-Ord. zahlen­ mäßig bestimmt und bedarf daher einer weiteren speziellen (durch Erklärung auf

dem Gepäckschein rc.) oder generellen (durch Aufnahme in die Tarife rc.) Angabe nicht.

Dagegen sind für die Angabe des Interesses an der Lieferung die im

§ 34 Abs. 2 Verk.-Ord. vorgeschriebenen Formen erforderlich (Anm. 139 S. 153 ff.). Darnach

muß

sie

einerseits

zu

einer bestimmten Zeit, d. h. mindestens

V2 Stunde vor Abgang des Zuges, mit welchem die Beförderung geschehen soll, an der Gepäckabfertigungsstelle abgegeben werden.

Eine spätere Abgabe

168

Abschnitt IV.

§ 37. Gepäckträger.

der Erklärung braucht nicht angenommen zu werden.

genommen, so ist sie gültig.

Wird sie aber später an­

Uebrigens setzt dies voraus, daß die Gepäckexpedition

Vs Stunde vor Abgang des Zuges geöffnet und zur Ausstellung des Gepäck­ scheins bereit war. Sonst wird sie die Annahme einer späteren Erklärung nicht

verweigern können.

Andererseits ist als Form für die Angabe vorgeschrieben,

daß sie von der Gepäckabfertignngsstelle im Gepäckschein vermerkt sein muß, um rechtsverbindliche Wirkung zu haben.

Ohne diese Form ist die

Deklaration mithin ungültig (s. oben Anm. 139 S. 154 und dagegen Thöl § 112 S. 228 Anm. 3). §36 Abs. 3.

148) Die Einschränkungen des Schadensersatzes auf den Normalsatz oder den Betrag des Verzugs-Interesses fallen nach § 466 Abs. 4 N. H.-G. B. fort, und es kann der Ersatz des vollen Schadens gefordert werden, wenn die Versäumung der Lieferfrist durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt ist. Dem­

gemäß verweist auch die Verk.-Ord. durch Abs. 3 der § 36 auf die bezügliche all­ gemeine Bestimmung des § 88, welcher entsprechend zur Anwendung zu bringen

ist (s. Anm. 146, 469, 470).

§. 37.

Gepäckträger. Auf den Stationen sind, soweit ein Bedürfniß besteht, Gepäck­ träger zu bestellen, die unter Verantwortlichkeit der Eisenbahnver­ waltung im Sinne von §. 34 Abs. 1 und 4 dieser Ordnung aus Verlangen der Reisenden deren Reise- und Handgepäck im Stations­ bereiche nach und von den Wagen, Abfertigungsstellen u. s. w. zu schaffen haben.'") Die Gepäckträger müssen durch Dienstabzeichcn erkennbar und mit einer gedruckten Dienstanweisung nebst Gebühren­ tarif versehen sein. Sie haben aus Verlangen den Tarif vorzuzeigen, auch eine mit ihrer Nummer versehene Marke zu verabfolgen. Der Tarif ist auch an einem geeigneten Orte der Abfertigungsstelle und der Ausgabestelle auszuhängen.'") §37.

149) Der § 37 der alten Verk.-Ord., welcher in den Abs. 1 u. 2 über Gepäckträger, im Abs. 3 über Ansbewahrnng des Gepäcks auf den Stationen Bestimmung traf, hat formell und materiell wesentliche Aenderungen er­ fahren.

Formell dadurch, daß die bisherigen Abs. 1 u. 2 in einen neuen § 37

über Gepäckträger vereinigt worden sind, während der bisherige Abs. 3 einen neuen § 38 über Ausbewahrung des Gepäcks bildet und der alte § 38 mit

Rücksicht auf die Bestimmungen des B.-G.-B. §§ 978 ff., betr. zurückgelassene bezw. aufgefundene Sachen in den Geschäftsräumen oder Besörderuugsmittelu einer dem öffentlichen Verkehre dienende» Verkehrsanstalt, und die zugehörigen Vor­ schriften des Reichs und der Bundesstaaten in Fortfall gebracht ist. dadurch, daß den

Verkehrsbedürfuisseu

Materiell

entsprechend sowohl für Gepäckträger

(§37), wie für Aufbewahrung des Gepäcks (§38) die Verantwortlichkeit

Abschnitt IV.

169

§37. Gepäckträger.

der Eisenbahnen, für Gepäckträger überdies die Pflicht der Eisenbahnen zur Be­ stellung neu eingeführt ist.

Satz 1 des § 37 giebt den beiden vorerwähnten Neuerungen in Betreff der j3? Gepäckträger Ausdruck. 1‘

a) Zunächst ist, während bisher die Zulassung von Gepäckträgern auf den Stationen dem Ermessen der Eisenbahnen überlassen war, nunmehr durch die

Worte:

„Auf den Stationen sind, soweit ein Bedürfniß besteht,

Gepäckträger zu bestellen"

den Eisenbahnen die Bestellung von Gepäck­

trägern zur Pflicht gemacht.

Freilich ist den Eisenbahnen diese Verpflichtung

nur insoweit auferlegt, als auf den betr. Stationen „ein Bedürfniß dafür besteht". Die Bestellung ist also nicht allgemein für alle Stationen angeordnet, sondern nur für solche, wo die Größe des Verkehrs, lokale Verhältnisse, Mangel an anderem geeigneten Personal rc. dies nothwendig macht. (Holzbecher, Ztg. d. Ver. deutsch. Eisenb.-Verw. 1900 Nr. 12.) Ob also überhaupt die Bestellung stattznfinden hat und event, in welcher Zahl, soll sich nach dem Bedürfnisse im einzelnen Falle richten. Indeß hat nunmehr, wenn die Eisenbahn diesem Be­ dürfnisse nicht entspricht, hierüber auf Grund eigener Initiative oder in Folge

von Beschwerden rc. die Aufsichtsbehörde Anordnungen zu treffen und zu ent­ scheiden, bezw. die Eisenbahn zu der erforderlichen Bestellung mit den gegebenen Zwangsmitteln anzuhalten, während bisher lediglich das freie Ermessen der Eisenbahn entscheidend war und eine Verpflichtung für sie nicht vorlag. b) Es sind ferner die Funktionen der Gepäckträger genauer und vollständiger, als bisher, bezeichnet und begrenzt. Es liegt ihnen ob, „auf 93 er-

langen der Reisenden deren Reise- und Handgepäck im Stationsbereiche nach Nicht allein die Be­

und von den Wagen, Abfertigungsstellen rc. zu schaffen".

schaffung

des

Gepäcks nach und

von den Abfertigungsstellen — wie

nach § 37 Abs. 2 der Verk.-Ord. v. 1892 —, also des aufzugebenden oder auf­ Gepäcks haben sie zu besorgen, sondern auch nach und von den

gegebenen

Wagen u. f. wz (z. B. von und nach den Aufbewahrungsräumen, Restaurations­

zimmern, Wartesälen, Droschken rc.), also auch des nicht aufzugebenden bezw. nicht aufgegebenen Gepäckes.

Hierbei ist

unter „Reise- und Handgepäck"

das in den §§ 28 u. 30 Verk.-Ord. bezeichnete Gepäck zu verstehen (Allg. Zus.Best. 1 zu§ 30), wie der Hinweis auf § 34 1. c. lehrt,

also nicht das von der

Mitnahme ausgeschlossene (§ 29), und der Gepäckträger ist weder berechtigt, noch verpflichtet, Gegenstände der letzteren Art zu übernehmen, wie z. B. feuer­

gefährliche Sachen, geladene Gewehre, Taschen mit Schießpulver oder Patronen gefüllt, rc., soweit ihm nach Lage der Sache diese Eigenschaft äußerlich leicht erkennbar ist (Holzbecher a. a. O.). Eine eingehende mit Aufenthalt verknüpfte

Prüfung vorzunehmen, ist er der Natur der Sache nach weder berechtigt noch verpflichtet.

Auch

ist

diese

Thätigkeit

des

Gepäckträgers

nur

auf

den

Stationsbereich beschränkt, sie erstreckt sich dienstlich nicht über den Stations­ bereich hinaus, d. h. nicht über das Gebiet, welches die Station nebst allen

zugehörigen, dem Personen- und Gepäckverkehr gewidmeten Anlagen

umfaßt.

Der Begriff ist freilich dehnbar und nicht absolut zu bestimmen, son­

dern muß nach Maßgabe der lokalen Verhältnisse begrenzt werden. Holzbecher a. a. O. nimmt an, es sei der Bereich gemeint, aus welchem die Eisenbahn die

170

Abschnitt IV.

§ 37. Gepäckträger.

Bahnpolizei ausübt. Dies trifft aber nicht zu, weil die Bahnpolizei auch auf denjenigen Stationsanlagen (Bahnkörper rc.) ausgeübt wird, welche dem Ver­ kehre des Publikums und der Gepäckträger entzogen sind. Die Frage ist für die Haftung der Eisenbahn von wesentlicher Bedeutung, weil sich die Verant­ wortlichkeit derselben nur auf die Handlungen der Gepäckträger im Stations­ bereiche erstreckt. Will man nicht in verwickelte Streitfragen gerathen, so muß man streng daran festhalten, daß die Thätigkeit der Gepäckträger und daher auch die Verantwortlichkeit der Eisenbahn ausschließlich auf den Stationsbereich beschränkt ist und dieser die lokale Grenze für alle Verlust-, Beschädigungs­ und Verspätungsfälle bildet. Uebernimmt also der Gepäckträger z. B. die Be­ förderung des Gepäcks von und nach den Hotels oder Wohnungen rc. des Reisenden, so fällt diese Thätigkeit des Gepäckträgers nicht unter § 37 Verk.-Ord., es sei denn, daß hierbei der Verlust, die Beschädigung oder Verspätung im Stationsbereiche eingetreten ist, was zu beweisen dem Reisenden obliegen würde. (Vgl. die Ausführungen Rein dl's, Eisenb.-Entsch. und Abhandl. XVII. Heft 2.)

c) Die Fortschaffung des Gepäcks durch die Gepäckträger hat „unter Verantwortlichkeit der Eisenbahnverwaltung im Sinne von § 34 Abs. 1 ii. 4 der Verk. Ord." zu erfolgen, während dies nach dem alten § 37 Abs. 2 ohne Verantwortlichkeit der Verwaltung geschah. Diese wichtige Neuerung entspricht den gerechtfertigten Anforderungen des Verkehrs und der Eigenartigkeit der Verhältnisse auf den Stationen. Denn die Reisenden sind insbesondere bei schwerem Gepäck und ausgedehnten Bahnhöfen zumeist genöthigt, sich der Gepäckträger zu bedienen, um so mehr, als durch die Bahnsteigsperre das zur Besorgung des Gepäcks bisher herangezogene Privatpersonal ohne Lösung be­ sonderer Perronbillets den Bahnsteig überhaupt nicht mehr betreten darf. Zwang aber das Verkehrsbedürfniß dazu, den Eisenbahnen die Bestellung von Gepäck­ trägern zur Pflicht zu machen, so erschien es auch folgerichtig, den Verwaltungen die Verantwortlichkeit für dieses Personal aufzuerlegen, welches von ihnen ausgewählt und beaufsichtigt wird, auch in der Regel durch Kautionsbestellung den Bahnen eine Regreßnahme und Deckung ermöglicht. Die Fassung des § 37 Satz I läßt bezüglich der Rechtsstellung der Gepäckträger eine zwiefache Deutung zu. Es kann einerseits angenommen werden, daß die Gepäckträger nunmehr „Leute der Eisenbahn oder Personen, deren sie sich zur Ausführung der Beförderung bedient" im Sinne des § 458 N. H.-G.-B., § 9 Verk.-Ord. sind und lediglich als Organe der Bahn in deren Namen und für deren Rechnung Beförderungsverträge abschließen und aus­ führen; oder andererseits, daß sie sich nach wie vor zwar als selbständige Frachtführer und Gewerbetreibende (N. H.-G.-B. § 425) qualifiziren und in eigenem Namen Beförderungsverträge abschließen, jedoch mit der besonderen Maßgabe, daß die Verantwortlichkeit dafür der Eisenbahn obliegt. Gegen die erstere Annahme spricht, daß kein Grund vorgelegen haben würde, die Gepäck­ träger, falls dies beabsichtigt war, — gleich den Rollfuhrunternehmern § 68 Abs. 3 — ausdrücklich in der Verk.-Ord. als Leute und Bedienstete der Eisenbahn im Sinne des § 458 H.-G.-B., § 9 Verk.-Ord. zu bezeichnen, für welche sie als Frachtführer zu haften hat. Dies auszusprechen ist aber im § 37 Verk.-Ord. vermieden worden. Nur insoweit, als sie im Auftrage der

§37. Gepäckträger.

Abschnitt IV.

171

Eisenbahn nach Abschluß des Eisenb.-Dienstvertrages Gepäck von und nach den Abfertigungsstellen oder Gepäckwagen schaffen, lungen als Leute der Bahn (§9) anzusehen.

Abhandl. XII. S. 166).

sind sie für diese Hand­

(Coermann, Eisenb.-Entsch. und

Es erscheint daher die zweite Annahme begründet,

daß der Rechtscharakter der Gepäckträger an sich nicht geändert werden sollte, diese vielmehr — wie bisher — als selbständige Frachtführer und Gewerbe­

treibende (Dienstmänner) gedacht sind, welche in eigenem Namen und für eigene

Rechnung Frachtverträge abschließen und ausführen, d. h. gewerbsmäßig die Beförderung des Gepäcks übernehmen (N. H.-G.-B. § 425), jedoch derartig, daß die volle Vertretung aus denselben den Reisenden gegenüber die Eisenbahn

übernimmt.

Dafür spricht, daß das ökonomische Ergebniß des Geschäfts — die

Beförderungsgebühr — jenen allein und direkt zufließt, die Eisenbahn weder an der Einnahme Theil nimmt, noch an dem Abschluß und der Ausführung des

Geschäfts irgendwie betheiligt ist. Es läßt sich dagegen auch nicht einwenden, daß nach Satz 2—4 des § 37 für die Gepäckträger Dienftabzeichen, eine Dienst­

anweisung nebst Gebührentarif

und Kontrolmarken vorgeschrieben sind, denn

analoge Einrichtungen sind mehr oder weniger auch für andere selbständige Gewerbtreibende getroffen, welche im Bereiche der Bahn- oder anderer Ver­ waltungen zu einer bestimmten Thätigkeit zugelaffen sind (Bahnhofsrestaurateure, Buchhändler, Zeitungsverkäufer rc.). Die Gepäckträger schließen hiernach prinzipiell selbständig mit den Reisenden Beförderungsverträge ab, welche dein eigentlichen Eisenbahnfrachtvertrage entweder vorangehen oder nachfolgen, für welche aber — zur Sicherung des Publikums —, abweichend von den allgemeinen

Haftungsgrundsähen, wie dem Reisenden aus der Vorschrift der Verk.-Ord. beim Abschluß bekannt ist, die Eisenbahn, nicht der Gepäckträger, die Haftung nach Maßgabe der Haftung für aufgegebenes Reisegepäck im Sinne des § 34 Abs. 1 ii. 4 von vorn herein in vollem Umfange übernimmt.

Der Gepäckträger

steht gewissermaßen zur Eisenbahn in einem analogen Verhältnisse, wie der Spediteur gemäß § 413 N. H.-G.-B. zum Versender, der durch Dritte — die

Reisenden — ihm das Gut übergiebt.

Gesetzes

Es handelt sich nach der Absicht des

nicht um eine bloße Bürgschaft oder um eine Regreßübernahme der­

artig, daß die Eisenbahn für Verlust und Schaden nur aufzukommen hat, wenn

der Gepäckträger den Ersah nicht zu leisten vermag, sondern um eine unmittel­ bare Haftung,

ein Delcrederefteljen der Eisenbahn für den Gepäckträger.

Der bezügliche Beförderungsvertrag wird von vorn herein von beiden Theilen

mit der Abrede eingegangen, daß

die alleinige Verantwortlichkeit gemäß § 34

Abs. 1 n. 4 Verk.-Ord. die Eisenbahn zu tragen hat.

Der Gepäckträger kann

also vom Reisenden überhaupt nicht in Anspruch genommen werden, der Reisende hat nur den Anspruch bezw. die Klage gegen die Eisenbahn, der Gepäckträger

kann ihn mit dem Einwande der mangelnden Passivlegitimation an die Eisen­ bahn verweisen.

Diese hat weder die Einrede der Theilung noch Vorausklage,

aber es steht ihr als Auftraggeber der Regreß gegen den Gepäckträger zu.

A. M. Reindl a. a. O., welcher solidarische Haftung des Gepäckträgers (§§ 428

bis 430 N. H.-G.-B.) und der Eisenbahn annimmt.

— Indeß ist dies wenig

klar und auch zwecklos, da alsdann der Reisende doch unbedingt stets die

potente Eisenbahn als Schuldnerin vorziehen wird.

172

Abschnitt IV.

§ 37. Gepäckträger.

Freilich ist die Substantiirung eines Schadensanspruches des Reisenden

gegen die Eisenbahn mit Rücksicht auf die Formlosigkeit und Schnelligkeit des Vertragsabschlusses eine schwierige, da weder — wie beim aufgegebenen Gepäck — die Thatsache und der Zeitpunkt der Uebergabe, noch das Gewicht und die ordnungsmäßige Verpackung durch den Gepäckschein und

die Bücher der Ab­

fertigungsstelle erwiesen werden können, und ebensowenig, ob es sich um zur Beförderung zugelassene Gegenstände handelt (§§ 30—32).

Dem Reisenden liegt

nicht nur der Nachweis der Person des Gepäckträgers ob, sondern auch der Art und des Umfangs des Verlustes bezw. Schadens sowie des Eintritts des­ selben im Stationsbereiche. Indeß diese Schwierigkeit des Schadensnachweises liegt auch in anderen Fällen, z. B. bei Verlust von nicht aufgegebestem Gepäck

durch Verschulden der Eisenbahn (§ 465 Abs. 3 N. H.-G.-B., § 34 Abs. 6 Verk.-

Ord.) dem Reisenden ob.

Die Schwierigkeit des Beweises für den Reisenden

darf nicht etwa dazu führen, die Beweislast der Eisenbahn anfzuerlegen. Die freie Würdigung des Beweises und das freie Ermessen des Richters bei der Fest­ stellung der Existenz unb Höhe eines Schadens (§§ 286, 287 Civ.-Pr.-Ord) wird

immerhin diese Schwierigkeit des Beweises wesentlich erleichtern können. Für das vom Gepäckträger zur Beförderung im Stationsbereiche übernommene Gepäck haftet die Eisenbahn „im Sinne von § 34 Abs. 1 und 4 der Verk.-Ord.", d. h. wie für aufgegebenes Gepäck, soweit sich diese Bestimmungeil sinngemäß anwenden lassen. Die Anwendung wird vornehmlich dadurch modifizirt, daß der Beweis für die Uebernahme des Gepäcks, den Zeitpunkt der

Uebernahme, das Gewicht und die ordnungsmäßige Verpackung, welcher bei auf­ gegebenem Gepäck durch den Gepäckschein und die Bücher der Abfertigungsstelle geführt werden kann, hier in anderer Weise, durch Zeugen rc. erbracht werden

muß. Abgesehen hiervon haftet aber die Eisenbahn in gleicher Weise, wie für aufgegebenes Gepäck, für Verlust, Beschädigimg, Verminderung und Verspätung.

Auch wenn ein Gepäckträger es z. B. unterläßt, das ihm übergebene Hand­ gepäck rechtzeitig vor Abgang des Zuges in das Coupe zu reichen, wird hier­

durch eine Ersahpflicht der Eisenbahnverwaltung begründet,

desgleichen,

wenn er das ihm vom Reisenden übergebene Reisegepäck oder den Gepäckschein verliert, beschädigt, verwechselt, unrichtig instradiren läßt rc.

§37

5u!*4.

150) Satz 2, 3 u. 4 des § 37 enthalten, wenngleich nach Vorstehendem (Aum. 149) die Gepäckträger nicht zu den Leuten rc. der Eisenbahn im Sinne des §458 N. H.-G.-B., § 9 Verk.-Ord. gehören, doch mit Rücksicht darauf, daß die Be­

stellung, Beaufsichtigung und Haftung der Eisenbahn obliegt, mehrere Ordnungs­ vorschriften betreffs

des Verhältnisses

der Reisenden

zu den Gepäckträgern:

1. Pflicht zur Tragung von Dienstabzeichen, 2. zur Vorhaltung einer ge­ druckten Dienstanweisung nebst Gebührentarif, 3. zur Vorzeigung des Tarifs sowie zur Verabfolgung einer mit ihrer Nummer versehenen Marke auf Ver­

langen der Reisenden.

Auch ist den Eisenbahnen direkt vorgeschrieben, den Tarif

zugleich' an einem geeigneten Orte der Abfertigungsstelle und der Abgabestelle auszuhängen.

Den Eisenbahnen liegt die Durchführung dieser Vorschriften bezw.

deren Neberwachung ob.

Sie können hierzu im Aussichtswege angehalten, auch

Abschnitt IV.

§ 38. Ausbewahrung des Gepäcks.

173

für Schäden, die den Reisenden aus der mangelhaften Ueberwachnng entstehen, diesen ersatzpflichtig gemacht werden. (Erl. des Preuß. Hand.-Min. v. 20./2. 1878

E.-V.-Bl. S. 41. u. 24./10. 1885 eod. S. 362.)

§. 38.'")

Aufbewahrung des Gepäcks. Auf größeren Stationen müssen Einrichtungen bestehen, welche es dem Reisenden ermöglichen, sein Gepäck gegen eine festgesetzte Ge­

bühr zur vorübergehenden Aufbewahrnng niederzulegen.

Die Ver­

waltung haftet in diesem Falle als Verwahrer."-) 151) Wie in Sinnt. 149 S. 168 bereits bemerkt, ist der bisherige § 38, welcher über die im örtlichen Bezirk der Eisenbahn oder in den Wagen zurück­ gelassenen Gegenstände Bestimmung trifft, in die neue Verk.-Ord. nicht

ausgenommen worden. Die Aufnahme bezüglicher Bestimmungen erübrigte sich (vgl. Oesterlen, Zeitg. d. Der. d. Eisenb.-Verw. 1897 Nr. 50. und dagegen Bach eod. 1898 Nr. 62, 63), nachdem die Regelung in betreff der in den Ge­

schäftsräumen oder den Beförderungsmitteln einer öffentlichen Behörde oder einer dem öffentlichen Verkehre dienenden Verkehrsanstalt aufgefundenen Sachen durch die §§ 978 — 982 des am 1. Januar 1900 in Kraft getretenen Bürgerlichen Gesetzbuches allgemein und vollständig erfolgt ist und nur die hierbei vorge­ schriebenen Bekanntmachungen (§§ 980, 981) den Vorschriften des Bundesrathes bezw. der Zentralbehörden der Bundesstaaten überlassen sind. Auch erschien es mit Rücksicht darauf, daß die Verk.-Ord. als eine zur Ausführung der Vor­ schriften des H.-G.-B. über das Transportgeschäft auf den Eisenbahnen bestimmte

Rechtsordnung erklärt worden ist, nicht angängig, Bestimmungen über aufge­ fundene Gegenstände, welche eine Ausführung der Vorschriften der §§ 978—982 des B -G.-B. enthalten würden, und mit dem Eisenbahntransportgeschäfte nur in einem ganz äußerlichen Zusammenhänge stehen, weiterhin in die Verk.-Ord.

aufzunehmen.

(A. M. Bach, Zeitg. d. Der. D. E.-V. 1898 Nr. 62. 63.)

Zu Aus­

führungsvorschriften wesentlicher und materiell rechtlicher Natur war weder die

Kompetenz noch ein Anlaß vorhanden.

Die unwesentlichen Bestimmungen for­

meller Natur über die Art der Behandlung solcher Fundsachen wurden aber zweckmäßig besser den Staatsaufsichtsbehörden überlassen.

Durch das B.-G.-B. ist endlich eine einheitliche und einfache Regelung der für

die hier in Rede stehenden Fundsachen in Anwendung zu bringenden Grundsätze

(§§ 978—982) herbeigeführt.

(Vgl. hierzu Oesterlen, Die Behandlung des

Fundes auf der Eisenbahn nach Bürgerl. Gesetzbuch. Zeitg. d. Ver. deutscher Eisenb.-Verw. 1897, Nr. 50, S. 461.)

Mit Rücksicht auf den Ort des Fundes

weichen dieselben von den gewöhnlichen Normen über Fundsachen (§§ 965—977) wesentlich ab.

Es tottb nicht wirklicher Verlust, sondern nur Zurücklassung in

den öffentlichen Räumen rc. angenommen, daher auch nicht eigentlicher Fund,

sondern nur Auffindung. Demgemäß gestalten sich auch die Rechte und Pflichten des Finders verschieden, insbesondere hat er keinen Anspruch auf Finderlohn.

§38. Früherer Inhalt: Zurückgelassene Gegenst ä n d e.

Abschnitt IV.

174

§ 38. Aufbewahrung des Gepäcks.

Die §§ 978ff., welche sich uneingeschränkt auf alle dem öffentlichen Verkehre

dienenden Verkehrsanstalten, also auch auf Eisenbahnen — gleichviel ob sie von juristischen oder physischen Personen betrieben werden — beziehen (vgl. B. Hilfe, Eisenb.-Entsch. XVI S. 166), verpflichten denjenigen, welcher eine Sache in den

Geschäftsräumen oder den Beförderungsmitteln findet und an sich nimmt, dieselbe

unverzüglich an die Verkehrsanstalt oder an einen ihrer Angestellten abzuliefern, und schließen die Anwendung der §§ 965—977 ausdrücklich aus. Die Sache darf nicht mitgenommen und als Fund behandelt werden, sie gilt nicht als ver­ loren und es werden Finderrechte daran nicht anerkannt. Unter den „Geschäfts­

räumen" find die dem Verkehre eröffneten Räume der Bahn gemeint, also nicht die reinen Privaträurne und ebensowenig die unbeschränkt Jedem zugänglichen Oertlichkeiten, wie z. B. Bahnhofszufahrtstraßen, Vorplätze rc. (Richtig Bach, a. a. O. Nr. 63.)

Wohl aber sind zu den Geschäftsräumen die Nebenräume,

wie Treppen, Korridore, Restaurationsräume, Bahnsteige, Gepäck-, Billet- und Zoll-Abfertigungsstellen, Aborte rc. zu rechnen. Der Finder hat die Pflicht un­ verzüglicher Ablieferung, d. h. mit thunlichster Beschleunigung nach Maßgabe

des ordnungsmäßigen Geschäftsganges und unter vernünftiger Berücksichtigung

der konkreten Umstände. Verletzt er diese Vorschrift, so liegt ihm — abgesehen von krimineller Ahndung (Str.-G.-B. § 246) — die Schadensersahpflicht gemäß §§ 823 ff. ob. Auch ist sowohl der Verlierer wie der Eigenthümer und der Be­ triebsunternehmer berechtigt, die Ausantwortung der Sache event, durch Klage

zu verlangen. Die Eisenbahn kann die an sie abgelieferte Sache öffentlich versteigern lassen. Ein Aufgebotsverfahren rc. findet also nicht mehr statt. Die Eisenbahnen des Reiches, der Bundesstaaten und der Gemeinden können die Versteigerung

durch einen Beamten vornehmen lassen. Andere Unternehmer müssen die Ver­ steigerung gemäß § 383 Abs. 3 B.-G.-B. bewirken. Zeit und Ort der Versteige­

rung sind unter allgemeiner Bezeichnung der Sache öffentlich bekannt zu machen. Der Erlös tritt an die Stelle der Sache (§ 979). Die Sache wie der an ihre Stelle tretende Erlös sind nach den Regeln der Verwahrung (§§ 688 ff. B.-G.-B.) zu verwahren. Die Versteigerung ist erst dann zulässig, nachdem die Empfangs­

berechtigten in einer öffentlichen Bekanntmachung des Fundes zur An­ meldung ihrer Rechte unter Bestimmung einer Frist aufgefordert worden sind und diese Frist verstrichen ist; sie ist unzulässig, wenn eine Anmeldung rechtzeitig

erfolgt ist.

Die Bekanntmachung ist nicht erforderlich, wenn der Verderb der

Sache zu besorgen oder die Aufbewahrung mit unverhältnißmäßigen Kosten ver­ bunden ist (§ 980). Sind seit dem Ablaufe der in der öffentlichen Bekannt­

machung bestimmten Frist drei Jahre verstrichen, so fällt der Versteigerungs­ erlös, wenn nicht ein Empfangsberechtigter sein Recht angemeldet hat, bei den

Reichseisenbahnen an den Reichs-, bei Landeseisenbahnen an den Landesfiskus, bei Kommunalbahnen an die betreffenden Gemeinden, bei Privatbahnen an die Privatunternehmer.

Der Erlös sowie die Versteigerungsverhandlung sind also

drei Jahre aufzubewahren.

Ist die Versteigerung ohne die öffentliche Bekannt­

machung erfolgt, so beginnt die dreijährige Frist erst, nachdem die Empfangs­ berechtigten in einer öffentlichen Bekanntmachung des Fundes zur Anmeldung ihrer Rechte aufgefordert worden sind. Das Gleiche gilt, wenn gefundenes Geld

Abschnitt IV. abgeliefert worden ist.

§ 38. Aufbewahrung des Gepäcks.

175

Die Koster: werden von dem herauszngebenden Betrage

abgezogen (§ 981). Der Ersteher erwirbt das Eigenthum, wenngleich er das Nichteigenthum der versteigernden Verkehrsanstalt kennt (§ 935 Abs. 2 B.-G.-B.). Die vorstehend vorgeschriebenen Bekanntmachungen erfolgen bei den Reichs­ eisenbahnen nach den vom Bundesrath, in den übrigen Fällen nach den von der Zentralbehörde des Bundesstaates erlassenen Vorschriften, also im Verwaltungs­

wege. Gehören die Betriebe mehreren Bundesstaaten an, so müssen die bezüg­ lichen Vorschriften aller betheiligten Staaten beobachtet werden. Vorschriften

über die Bekanntmachungen find bisher ergangen für das Reich vom Bundes­ rathe unterm I6./6. 1898 (R.-G.-Bl. Nr. 28 S. 912), für Preußen 18./11. 1899 (E.-V.-Bl. 1899 S. 411), Bayern 2./12. 1899 (Ges.- und Verordn.-Bl. S. 994), Württemberg 14./12. 1899 (Reg.-Bl. S. 1142), Sachsen-Weimar 26./3. 1900

(Reg.-Bl. S. 324), Elsaß-Lothringen 19./12. 1899 (K. Amtsbl. S. 381), Reuß ä. L.

12./12. 1899 (G.-Bl. S. 321), Schaumburg-Lippe 16./12. 1899 (L.-Vo. S. 419), Bremen 23./1. 1900 (G.-Bl. S. 5), Baden 6./10. 1899 (Ges.- und Verordn.-Bl. S. 485), Braunschweig 9./10. 1899 Ges.- und Verordn.-Samml. S. 885), Hessen

9./8. 1899 (Reg.-Bl. S. 449). Den neuen Bestimmungen des B.-G.-B. (§§ 978ff.) entsprechend, hat die vom Preuß. Min. d. off. Arb. für die Preußischen Eisenbahnen erlassene FundOrdnung vom 6. März 1895 (E.-V.-Bl. 1895 S. 105) durch deu Erlaß des­ selben Min., betreffend Aenderung der Fundordnung (§§ 4 und 12), vom

18. September 1899 (E.-V.-Bl. S. 272) Modifikationen erfahren. (Vgl. auch Erl. v. 26./11. 1899 E.-V.-Bl. Nr. 44 S. 334 Ziff. 6.) Bezüglich der vorgegeschriebenen Bekanntmachungen bestimmt der Gemeinsch. Erl. der Preuß. Ressortminister, betr. Ausführ.-Bestimmungen zu den §§ 980,981, 983 des Bürgers. Gesetzbuches v. 18. November 1899 (E.-V.-Bl. 1899 Nr. 47 S. 411), Folgendes:

§ 1. Die nach den §§ 980, 981, 983 B.-G.-B. von Preuß. Behörden oder Verkehrsanstalten zu erlassenden Bekanntmachungen erfolgen durch Aushang an der Amtsstelle oder, wenn für Bekanntmachungen der bez. Art eine andere Stelle bestimmt ist, durch Aushang an dieser Stelle. Zwischen dem Tage, an welchen:

der Aushang bewirkt, und dem Tage, an welchem das ausgehängte Schriftstück wieder abgenommen wird, soll ein Zeitraum von mindestens sechs Wochen liegen;

auf die Gültigkeit der Bekanntmachungen hat es keinen Einfluß, wenn das

Schriftstück von dein Orte des Aushanges zu früh entfernt wird.

Die Behörde

oder die Anstalt kann weitere Bekanntmachungen, insbesondere durch Einrückung in öffentliche Blätter, veranlassen. § 2.

Die in der Bekanntmachung zu bestimmende Frist zur Anmeldung

von Rechten muß mindestens sechs Wochen betragen. Die Frist beginnt mit dem

Aushange, falls aber die Bekanntmachung auch durch Einrückung in öffentliche Blätter erfolgt, mit der letzten Einrückung. 152) Bereits in Anm. 149 (S. 168) ist darauf hingewiesen, daß die Be-

§38.

stimmungen der alten Verk.-Ord. über Aufbewahrung des Gepäcks, ebenso Inhalt: wie die über Gepäckträger, formell und materiell wesentliche Veränderungen ^ahrun^

erfahren haben. Formell dadurch, daß aus dem bisherigen Abs. 3 des § 37, des Gewelcher über die Aufbewahrung des Gepäcks Bestimmung traf, ein neuer § 38 a

Abschnitt IV.

176

§ 38. Aufbewahrung des Gepäcks.

gebildet worden ist, während der frühere § 38,

welcher über zurückgelassene

Gegenstände handelte, mit Rücksicht auf die allgemeinen Vorschriften des B.-G.-B.

über Fundsachen in öffentlichen Verkehrsmitteln (§§ 978 ff.) gestrichen wurde.

Materiell dadurch, daß an die Stelle des Ausschlusses der Verantwortlichkeit nunmehr der Eisenbahnverwaltung die Haftung als Verwahrer auferlegt worden

ist (s. über den bisherigen Rechtszustand:

Coermann, Eisenb.-Entsch. XII

S. 166ff.; Bach, Zeitg. d. Ver. deutsch. Eisenb.-Verw. 1898 Nr. 62, 63). §38 Satz 1 des § 38 verpflichtet die Eisenbahnen, auf größeren Stationen S^tzi- „Einrichtungen" zu treffen, welche dem Reisenden gegen eine festgesetzte Ge-

bühr die Niederlegung seines Gepäcks zur vorübergehenden Aufbewahrung ermöglichen.

Die Eisenbahn hat hiernach sowohl für geeignete Persönlichkeiten,

welchen das Gepäck zur Aufbewahrung übergeben werden kann, wie auch für an­ gemessene Räumlichkeiten zur Niederlegung, Festsetzung eines Gebührentarifs, Verabfolgung von Empfangsscheinen über das niedergelegte Gepäck rc. Sorge 311

tragen und kann hierzu im Aufsichtswege angehalten werden.

Die Pflicht der

Eisenbahnen erstreckt sich nur auf „größere Stationen". Der Begriff ist un­ bestimmt (s. Anm. 45 S. 65). Auch hierüber entscheidet aber im Zweifel die Aufsichtsbehörde. Ob die bezüglichen Verrichtungen — Uebernahme, Aufbe­ wahrung, Empfangsbestätigung, Wiederherausgabe rc. des Gepäcks — den Leuten und Organen der Eisenbahn, z. B. Bediensteten der Gepäckabfertigungsstelle, Portiers rc., oder dritten hierzu bestellten Personen, Garderobiers, Gepäckträgern,

Bahnhofswirthen rc., übertragen werden, ist der Eifenbahnverwaltung überlassen. Die Verk.-Ord. erfordert nur allgemein „Einrichtungen", welche dem Reisenden die Möglichkeit der Niederlegung zur vorübergehenden Aufbewahrung gewähren. Dem Zwecke der Einrichtung gemäß muß die Aufbewahrungsstelle während der

Tagesdienstzeit ununterbrochen und auch während der Nacht entsprechende Zeit vor und nach Abgang der Züge geöffnet sein. § 38 Satz 2 legt „in diesem Falle", d. h. wenn der Reisende von der im Satz 1 ©nfc 2. vorgesehenen Einrichtung Gebrauch gemacht hat, der Verwaltung die Haftung als

Verwahrer auf.

Bestimmter, als durch § 37, ist hier das Rechtsverhältniß

zwischen der Verwaltung und dem Reisenden klargestellt. Gleichviel, ob die Auf­

bewahrung durch Leute (Organe, Beamte) der Eisenbahn oder durch von ihr zu diesem Behufe bestellte dritte Personen bewirkt wird, in jedem Falle haftet

sie für das Gepäck als Verwahrer, d. h. in Gemäßheit der §§ 688—700 B.-G.-B., und zwar unmittelbar, also weder solidarisch mit dem Beauftragten, noch

subsidiär.

Es gilt dasselbe, was oben Anm. 149 S. 170 ff. über das Verhältniß

zum Gepäckträger gesagt ist.

Es handelt sich nicht um die Haftung aus dem

Eisenbahntransportvertrage — denn dieser hat noch nicht begonnen oder ist be­ reits beendet — also auch nicht um die Haftpflicht der Eisenbahn als Fracht­

führer, sondern um einen dem Eisenbahntransportvertrage vorangehenden oder nachfolgenden Verwahrungsvertrag nach Analogie der einstweiligen Ver­

wahrung von Frachtgütern im Sinne des § 453 Abs. 2 Satz 2 N. H.-G.-B., § 55 Abs. 1 u. 2 Verk.-Ord.

Abschnitt V.

§ 39. Begriff des Expreßguts.

177

V. Beförderung von Expreßgut."') §• 39.

Begriff des Expreßguts. Die Eisenbahnen können in den Tarifen bestimmen, daß der Transport von Gütern, welche sich zur Beförderung in Packwagen eignen, auch wenn sie nicht als Reisegepäck (§. 30) zur Aufgabe ge­ langen, auf Gepäckschein oder auf besonderen Beförderungsschein zu­ lässig ist (Expreßgut)?")

153) Die §§ 39—41 der Verk.-Ord-, welche den Abschnitt V derselben Abschn. unter denl Titel Befö'rde„Beförderung von Expreßgut" Expreß" bilden, fehlten den älteren Reglements und sind dem Verkehrsbedürfnisse ent- gut. sprechend erst neu in die Verk.-Ord. v. 15. November 1892 ausgenommen und in der Verk.-Ord. v. 26. Oktober 1899 beibehalten worden. Es hatte sich schon unter der Herrschaft des alt. Regl. bei der Mehrzahl der Verwaltungen die Praxis herausgebildet, Güter bezw. Gepäckstücke, welche sich nach Form und Inhalt zur Beförderung in den Packwagen eignen und eine besonders schnelle Beförderung erfordern, auch ohne Zugehörigkeit zu Reisenden, zu einer dem Reisegepäck gleichen Beförderungsweise zuzulassen. Das bezügliche Ver­ fahren wurde, Mangels allgemeiner reglementarischer Bestimmungen, durch Tarif­ vorschriften der einzelnen Verwaltungen, und zwar nicht immer übereinstimmend, geregelt. Der Zweck der neu eingefügten §§ 39—41 war, durch Feststellung des Begriffes des Expreßgutes, sowie durch Aufnahme einiger allgemeiner reglemen­ tarischer Bestimmungen das Verfahren und die Beförderungsbedingungen für Expreßgut einheitlich zu gestalten und dadurch den betreffenden Tarifvorschriften der einzelnen Bahnen die erforderliche Unterlage zu geben. Bei der Neuheit dieser Beförderungsart hat man sich nur mit Aufstellung einiger allgemeinen Vorschriften begnügt und im Uebrigen auf die Anwendung der Vorschriften des Abschn. IV bezw. VIII Bezug genommen (§ 41).

154) §39 definirt den Begriff des Expreßgutes und giebt zugleich den Eisenbahnen die Befugniß, durch bezügliche Bestimmungen in ihren Tarifen dasselbe zum Transport zuzulassen. Die Eisenbahnen können in ihren Tarifen den Transport von Gütern als Expreßgut für zulässig erklären, aber sie brauchen es nicht; die Zulassung ist fakultativ, nicht obligatorisch. Wenn sie aber er­ folgt, so kann dies nur durch bezügliche Bestimmung in den Tarifen ge­ schehen. Eine nicht in die Tarife aufgenommene Bestimmung hierüber ist unzu­ lässig. Ihrem Begriffe nach sind Expreßgüter solche Güter, welche sich zur Beförderung im Packwagen eignen und, obwohl sie nicht als Reisegepäck, d. h. Eger, Eisenbahn-Verkehrsordnung. 2. Ausl. 12

§.39.

178

Abschnitt V.

§40. Aufgabe und Auslieferung des Expreßguts,

nicht als zu einem Reisenden gehörig (§ 30) zur Aufnahme gelangen, auf Gepäck­

schein oder auf besonderen Beförderungsschein befördert werden. Voraussetzung ist hiernach,

1. daß sie sich zur Beförderung in Packwagen eignen — worüber die Abfertigungsstelle

mangels tarifarischer rc. Vorschriften Güter,

deren

entscheidet.

Beförderung nur in Eisenbahngüterwagen angängig ist,

Wagenladungsgüter,

wie

überhaupt

alle

Güter,

welche

wegen

ihres

Umfangs, Gewichts oder ihrer sonstigen Beschaffenheit zum Transport

in Packwagen ungeeignet sind, können nicht als Expreßgut zugelassen

werden; 2. daß sie nicht als Reisegepäck, d. h. nicht als zu einem Reisenden

gehörig, nicht in Verbindung mit einem Personenbeförderungsvertrage, also nicht mit der Fahrkarte, Freikarte, selbständig zur Aufgabe gelangen.

dem Freifahrtschein rc., sondem

Durch den

ausdrücklichen Hinweis

auf § 30 ist ausgesprochen, daß es sich um die in diesem Paragraphen

angeführten, int Zusammenhänge mit der Person des Reisenden zur Auf­

gabe und Beförderung gelangenden Gegenstände nicht handelt;

3. daß sie auf Gepäckschein oder auf besonderen Beförderungs­ schein, also nicht mit Frachtbrief befördert werden.

Das Expreßgut ist hiernach ein neu geschaffenes Mittelglied zwischen Fracht­

gut und Reisegepäck. Mit ersterem ist ihm gemeinsam, daß es selbständig, nicht als Zubehör eines Reisenden, zur Aufgabe und Beförderung gelangt, mit letzterem

dagegen, daß die Beförderung im Packwagen und mit Gepäckschein (bezw. be­ sonderem Beförderungsschein), nicht mit Frachtbrief erfolgt.

§. 40.

Aufgabe und Auslieferung -es Expreßguts. (1) Bei Abfertigung des Expreßguts mit Gepäckschein ist solcher

in der Regel dem Absender auszuhändigen.

In diesem Falle erfolgt

die Auslieferung des Gutes am Bestimmungsorte gegen Rückgabe des

Gepäckscheins.

Jedoch kann auf Verlangen des Absenders der Gepäck­

schein auch der Sendung beigegeben werden, wenn diese mit der vollen

Adresse des Empfängers versehen ist.

In diesem Falle erfolgt die

Ausliefemng nach den besonderen Vorschriften jeder Verwaltung.'") (2) Bei

Abfertigung

des Expreßguts

mit

Befördemngsschein

muß dieser die Sendung stets begleiten und das Gut mit der vollen Adresse des Empfängers versehen sein.

Die Ausliefemng erfolgt am

Bestimmungsorte nach den in den Tarifen enthaltenen Vorschriften.'") §40 Abi

155) § 40 enthält einige allgemeine Bestimmungen über die Aufgabe unb Auslieferung des Expreßgutes und zwar betrifft Abs. 1 die Abfertigung desselben mit Gepäckschein, Abs. 2 mit Beförderungsschein.

Abschnitt V. Abs. 1

§ 40. Aufgabe und Auslieferung des Expreßguts.

179

stellt bei Abfertigung des Expreßgutes mit Gepäckschein als

Regel die Aushändigung desselben an den Absender hin (wie bei Reisegepäck) und bestimmt nach Analogie des § 33 Abs. 1 Verk.-Ord., daß in diesem Falle

die Auslieferung des Guts am Bestimmungsorte gegen Rückgabe des Gepäck­

scheins erfolgt.

Auch werden alsdann in der Regel gemäß § 41

die übrigen

Auslieferungsvorschriften des § 33 analog anzuwenden sein (s. Anm. 157). Nur

ausnahmsweise kann der Gepäckschein der Sendung beigegeben werden, d. h. wie der Frachtbrief als Begleitpapier der Sendung fungiren, und zwar unter

zwei Voraussetzungen:

1. wenn es der Absender verlangt und 2. wenn

die Sendung mit der vollen Adresse des Empfängers (s. § 51 litt, c.) versehen

ist.

Aber auch

wenn diese beiden Voraussetzungen vorliegen,

ist die Eisen­

bahn nur befugt, nicht verpflichtet, den Gepäckschein der Sendung bei­

zugeben. Im Falle der Beigabe erfolgt die Auslieferung nach den besonderen Vorschriften jeder Verwaltung und in deren Ermangelung nach den Bestimmungen

des § 41. Vgl. hierzu die Allgem. Abf.-Vorschr. § 18 und die Zuf.-Best. für die Preuß. Staatsb. Ziff. I—III. Darnach können nach den besonderen Bestimnlungen zu § 32 Ziff. 5 u. zu tz 33 des Eisenbahn-Personen- u. Theil II, im Verkehre der Preuß. Staatsbahnen Güter aller Art, Beförderung im Packwagen eignen, ohne Lösung von Fahrkarten sämmtlichen Bahnhöfen, Haltestellen und Haltepunkten, welche für

Gepäck-Tarifs, welche sich zur von und nach den Personen-

Verkehr und zugleich für den Gepäck-Verkehr eingerichtet sind, zur tarifmäßigen Gepäckfracht auch zu Schnellzügen auf Gepäckschein aufgegeben werden. Der Gepäckschein ist an der Stelle, wo sonst die Zahl der vorgezeigten Fahrkarten

eingetragen wird, mit dem Vermerk „ohne" zu versehen. Der Gepäckschein wird dem Absender ausgehändigt. Jedoch kann auf Verlangen des Absenders der

Gepäckschein auch der Sendung beigegeben werden, wenn diese mit der vollen

Adresse des Empfängers versehen ist. Die Güter werden am Bestimmungsorte gegen Rückgabe des Gepäckscheins ausgeliefert. Ist der Gepäckschein der Sendung beigegeben worden, so ist der auf dieser bezeichnete Empfänger, wenn er sich nicht ' zur Empfangnahme meldet, von der Ankunft der Sendung innerhalb der im § 68

Abs. 2 der Verk.-Ord. für Eilgüter festgesetzten Fristen zu benachrichtigen, falls

ihm dieselbe durch Rollfuhrmann oder Gepäckträger nicht zugeführt wird.

156) Abs. 2 schreibt für den Fall der Abfertigung des Expreßgutes mit Beförderungsschein vor, daß 1. der Beförderungsschein die Sendung (nach Art des Frachtbriefs) stets begleiten und 2. das Gut mit der vollen Adresse des Empfängers (§ 51 litt, c.) versehen sein muß.

Beide Vorschriften sind obliga­

torisch derartig, daß ohne deren Beobachtung eine Abfertigung mit Beförderungs­ schein nicht stattfinden und die Eisenbahn hiervon abweichende Normen in die Tarife nicht aufnehmen darf.

In betreff der Auslieferung ist nur vorgeschrieben,

daß sie am Bestimmungsort zu erfolgen hat, im Uebrigen aber das Verfahren

den in den Tarifen enthaltenen sc. in dieselben aufzunehmenden Vorschriften

überlassen.

Auch hier finden Mangels solcher Vorschriften die Bestimmungen

des § 41 Anwendung.

Vgl. noch die Allgem. Abf.-Vorschr. § 18 (s. oben Anm. 155). 12*

§40 2*

180

Abschn. V.

§ 41. Anwendbarkeit der Bestimmungen für Reisegepäck.

§. 41. Anwendbarkeit der Bestimmungen für Reisegepäck. Im Uebrigen finden auf die Beförderung von Expreßgut die Bestimmungen des Abschnitts IV sinngemäße Anwendung, soweit nicht durch die Tarife die Anwendung des Abschnitts VIII vor­ gesehen ist.157)

§ 4i.

157) Die §§ 39 und 40 enthalten nur einige positive Bestimmungen über die Zulassung, den Begriff, die Aufgabe und Auslieferung des Expreßgutes. Im Uebrigen,

d. h. subsidiär, sollen nach § 41 auf die Beförderung desselben

die Bestimmungen des Abschn. IV (Reisegepäck) sinngemäße Anwendung finden,

soweit nicht durch die Tarife die Anwendung des Abschn. VIII (Güter) vor­

gesehen ist.

Dies gilt insbesondere in betreff der Vorschriften über die beding­

ungsweise zum Eisenbahntransport zugelassenen oder von demselben ausgeschlossenen

Gegenstände, über die Verpackung, Haftung für Verlust, Beschädigung, Ver­ säumung der Lieferfrist, Verfahren bei Ablieferungshindernissen rc. Prinzipaliter

kommen also die Bestinnnungen der §§ 39 u. 40 zur Auweudung, sodann die des Abschn. VIII — falls dies durch die Tarife vorgesehen ist, — und in dritter Reihe die Normen des Abschn. IV und zwar „in sinngemäßer Weise", d. h. in

Berücksichtigung Abweichungen.

der durch

die verschiedenartige Beförderungsweise

gebotenen

VI.

Leförderung von Leichen.'") §.42. Beförderungs - Bedingungen. (1) Der Transport einer Leiche muß, wenn er von der Ausgangs­ station des Zuges erfolgen soll, wenigstens 6 Stunden, wenn er von einer Zwischenstation ausgehen soll, wenigstens 12 Stunden vorher angemeldet werden.'55) (2) Die Leiche muß in einem hinlänglich widerstandsfähigen Metallsarge luftdicht eingeschlossen und letzterer von einer hölzernen Umhüllung dergestalt umgeben sein, daß jede Verschiebung des Sarges innerhalb der Umhüllung verhindert wird."5) (3) Die Leiche muß von einer Person begleitet sein, welche eine Fahrkarte zu lösen und denselben Zug zu benutzen hat, in dem die Leiche befördert wird."')

Abschnitt VI.

§ 42. Beförderungs-Bedingungen.

181

(4) Bei der Aufgabe muß der vorschriftsmäßige, nach anliegendem Formular ausgefertigte Leichenpaß beigebracht werden, welchen die Eisenbahn übernimmt und bei Ablieferung der Leiche zurückstellt. Die Behörden, welche zur Ausstellung von Leichenpässen befugt sind, werden besonders bekannt gemacht. Der von der zuständigen Behörde ausgefertigte Leichenpaß hat für den ganzen darin bezeichneten Trans­ portweg Geltung. Die tarifmäßigen Transportgebühren müssen bei der Aufgabe entrichtet werden. Bei Leichentransporten, welche aus ausländischen Staaten kommen, mit welchen eine Vereinbarung wegen wechselseitiger Anerkennung der Leichenpässe abgeschlossen ist, genügt die Beibringung eines der Vereinbarung entsprechenden Leichenpasses der nach dieser Vereinbarung zuständigen ausländischen Behörde.'") (5) Die Beförderung der Leiche hat in einem besonderen, bedeckt gebauten Güterwagen zu erfolgen. Mehrere Leichen, welche gleich­ zeitig von dem nämlichen Abgangsorte nach dem nämlichen Be­ stimmungsort aufgegeben werden, können in einem und demselben Güterwagen verladen iverden. Wird die Leiche in einem rings­ umschlossenen Leichenwagen befördert, so darf zum Eisenbahntransport ein offener Güterwagen benutzt werden.'") (6) Die Leiche darf auf der Fahrt nicht ohne Noth umgeladen werden. Die Beförderung muß möglichst schnell und ununterbrochen bewirkt werden. Läßt sich ein längerer Aufenthalt auf einer Station nicht vermeiden, so ist der Güterwagen mit der Leiche thunlichst auf ein abseits im Freien gelegenes Gleise zu schieben.'")

(7) bringt, gangsBetrage

Wer unter unrichtiger Bezeichnung Leichen zur Beförderung hat außer der Nachzahlung der verkürzten Fracht vom Ab­ bis zum Bestimmungsort einen Frachtzuschlag im vierfachen der Fracht zu entrichten?")

(8) Bei dem Transporte von Leichen, welche von Polizeibehörden, Krankenhäusern, Strafanstalten u. s. w. an öffentliche höhere Lehr­ anstalten übersandt werden, bedarf es einer Begleitung nicht. Auch genügt es, wenn solche Leichen in dicht verschlossenen Kisten auf­ gegeben werden. Die Beförderung kann in einem offenen Güter­ wagen erfolgen. Es ist zulässig, in den Wagen solche Güter mitzu­ verladen, welche von fester Beschaffenheit (Holz, Metall und dergleichen) oder doch von festen Umhüllungen (Kisten, Fässern und dergleichen) dicht umschlossen sind. Bei der Verladung ist mit besonderer Vor­ sicht zu verfahren, damit jede Beschädigung der Leichenkiste vermieden wird. Von der Zusammenladnng sind ausgeschlossen: Nahrungs- oder

182

Abschnitt VI.

§ 42. Beförderungs bedingungen.

Gennßmittel, einschließlich der Rohstoffe, aus welchen Nahrungs- oder Genußmittel hergestellt werden, sowie die in der Anlage B zu §. 50

der Verkehrsordnung aufgeführten Gegenstände.

Ob von der Bei­

bringung eines Leichenpasses abgesehen werden kann, richtet sich nach

den von den Landesregierungen dieserhalb ergehenden Bestimmungen.'"') (9) Auf die Regelung der Beförderung von Leichen nach dem Bestattungsplatze des Sterbeorts finden die vorstehenden Bestimmungen

nicht Anwendung.

1. Begleiter von Leichen haben, wenn sie in den Wagen Platz nehmen, in welchen die Leichen verladen sind, Fahrkarten der im Zuge befindlichen niedrigsten Wagenklasse, sonst Fahr­ karten der zu benutzenden Wagenklasse zu lösen. 2. Ueber die Behörden, welche zur Ausstellung von Leichenpässen befugt sind, ertheilen die Aufgabestationen auf Verlangen Auskunft. 3. Für eine oder mehrere auf einen Beförderungsschein auf­ gegebene und in einem Wagen verladene Leichen wird an Fracht für das Kilometer erhoben: bei Beförderung mit Personenzügen 0,40 Mark, bei Beförderung mit Schnellzügen 0,60 ,, in beiden Fällen unter Zuschlag einer Abfertigungsgebühr von 6 Mark für den Wagen. 4. Zur Leiche gehörige Gegenstände werden bis zu einem Höchst­ gewichte von 500 kg in dem Wagen, in welchem die Leiche verladen ist, unter Aufsicht des Begleiters unentgeltlich mit­ befördert. 158) Die §§ 42 und 43 der Verkehrsordnung, welche den Abschnitt VI derselben unter dem Titel: derung Beförderung von Leichen Leichen, bilden, enthalten, wie diese Ueberschrift besagt, die Bestimmungen der VerkehrsOrdnung über die Leichenbeförderung und umfassen einerseits Transport­ bedingungen für Leichen im Anschluß an die §§ 425—471 N. H.-G.-B., sowie — in Rücksicht auf die eigenthümliche, sanitäre rc. Sicherheitsmaßregeln erheischende Natur dieses Transportgegenstandes — Sicherheits- und Ordnungsvor­ schriften, welche der Leichentransport erfordert (§42), andererseits Vorschriften über die Art der Abfertigung und der Auslieferung (§ 43). Die Leiche ist zwar an sich kein Transportgut im Sinne des H.-G.-B., da sie einen Vermögens­ werth nicht hat (arg. §§ 430, 457 N. H.-G.-B., Keyßner, S. 437, A. M. Thöl III. § 3 S. 3 u. Anm. 1 u. Schott S. 515 Anm. 13), wie denn auch folgerichtig der Verk.-Ord. Bestimmungen über die Haftpflicht bei Beschädigung, Verlust und Verspätung von Leichentransporten fehlen, die Leiche wird aber A-schn.

Abschnitt VI.

183

§ 42. Beförderungs-Bedingungen.

durch die in der Verk.-Ord. § 42 Abs. 2 geforderte Umhüllung (Sarg rc.)

zu

einem Transportgute und der über ihre Beförderung abgeschlossene Vertrag zum

Frachtverträge (Kühlwetter S. 24, Thöl III. § 55 S. 114 u. Anm. 1, Schott

S. 515, Endemann, R. d. E. S. 663, Rechtsgrundl. S. 251, A. M. Keyßner S. 437), so daß, Mangels besonderer reglementarischer Bestimmungen, hinsichtlich

der Haftpflicht für Verlust, Beschädigung und Verspätung die Vorschriften

des

N. H.-G.-B. (§§ 456 ff., 466) zur Anwendung zu bringen sein werden. Die Gründe, weshalb die Bestimmungen über den Leichentransport sich unmittelbar

an den über den Personentransport und das Expreßgut anschließen, liegen nahe

(Schott S. 514, En de mann, R. d. E. 663), zumal für Leichentransporte Per­ sonenbegleitung obligatorisch ist (§ 42 Abs. 3). Es tritt hinzu, daß der Transport von Leichen nur mit Personenzügen und der Abschluß des Transportvertrages

in der Regel nicht, wie bei gewöhnlichem Frachtgut, auf Frachtbrief, sondern auf Beförderungsschein erfolgt (Allg. Abf.-Vorschr. § 19 Abs. 1).

159) Abs. 1 des § 42 verpflichtet den Absender einer Leiche, deren Trans­ port vorher anzumelden, und zwar 1. wenigstens 6 Stunden vorher, wenn der Transport von der Ausgangs­ station des Zuges, 2. wenigstens 12 Stunden vorher, wenn er von einer Zwischenstation aus erfolgen soll. Später angemeldete Leichentransporte kann die Eisenbahn zwar annehmen, ist aber dazu nicht verpflichtet.

Die preußischen Ministerial-Bestimmungen über die Beförderung von Leichen auf Eisenbahnen vom 6. April 1888 verordnen hierzu: Ist der Tod im Verlauf einer der nachstehend genannten Krankheiten: Pocken, Scharlach, Fleck­ typhus, Diphtherie, Cholera, Gelbfieber oder Pest erfolgt, so ist die Beförderung

der Leiche mittels der Eisenbahn nur dann zuzulassen, wenn mindestens ein Jahr nach dem Tode verstrichen ist. Ferner die Allg. Abf.-Vorschr. § 19 Abs. 4: „Die Annahme zur Be-

förderung angemeldeter Leichen soll nicht früher erfolgen, als bis die unmittel­

bare Verladung in einen Güterwagen und bald darauf die Beförderung be­ wirkt werden kann, so daß die Aufbewahrung auf den Bahnhöfen thunlichst ver­ mieden wird." (S. auch Abs. 9 wegen Zurücknahme zur Beförderung auf­

gegebener Leichen und Verzug bei der Beladung bereitgestellter Wagen

(§ 43 Abs. 1 Anm. 167 S. 190.) Vgl. Erl. d. Preuß. Min. d. off. Arb. v. 11. Okt. 1890, betr. die Verwendung

besonderer Sorgfalt und Pünktlichkeit bei der Abfertigung und Beförderung von Leichentransporten und rücksichtsvolles und entgegenkommendes Verhalten gegen

die Aufgeber und Begleiter (E.-V.-Bl. S. 231).

160) Abs. 2 macht dem Absender eine bestimmte Umhüllung (DerPackung) der Leiche zur Pflicht. Es wird erfordert, daß die Leiche in einem hinlänglich widerstandsfähigen Metallsarg luftdicht eingeschlossen und letzterer von einer hölzernen Umhüllung dergestalt umgeben

sei, daß jede Verschiebung des

Sarges innerhalb der Umhüllung verhindert wird.

Hierzu

verordnen

6. April 1888:

die

preußischen

Ministerialbestimmungen

vom

Der Boden des Sarges muß mit einer mindestens 5 cm hohen

§43 2e

Abschnitt VI.

184

§ 42. Beförderungs- Bedingungen.

Schicht von Sägemehl. Holzkohlenpulver, Torfmüll oder dergleichen bedeckt, und

es muß diese Schicht mit fünfprozentiger Karbolsäurelösung reichlich besprengt sein.

In besonderen Fällen, z. B. für einen Transport von längerer Dauer

oder in warmer Jahreszeit, kann nach

dem Gutachten des Kreisphysikus eine

Behandlung der Leiche mit fäulnißwidrigen Mitteln verlangt werden.

Diese

Behandlung besteht gewöhnlich in einer Einwicklung der Leiche in Tücher, die

mit fünfprozentiger Karbolsäurelösung getränkt sind.

In schweren Fällen muß

außerdem durch Einbringen von gleicher Karbolsäurelösung in die Brust- und Bauchhöhle oder dergleichen für Unschädlichmachung der Leiche gesorgt werden.

— Ferner erklärt der Erl. der Preuß. Min. des Sniieni u. der geistl. Angeleg.

v. 23. Septbr. 1897 (Min. Bl. d. i. V. 1897 S. 198) Holzsärge, welche an der

innern Wand mit Zinkblech bloß ausgekleidet sind, für unzulässig, dagegen eine

Einsargung statthaft, bei welcher dem Holzsarg eine luftdichte Zinkumhüllung der Leiche eingefügt ist, die an der innern Holzwand fest anliegt, zugleich aber einen selbständigen Behälter darstellt, welcher nicht nur durchweg von dem Holzsarge umschlossen ist, sondern auch jederzeit zur Kontrolle des hermetischen Verschlusses heransgenommen werden kann. In diesen Bestimmungen liegen sanitätspolizeiliche Vorschriften, von deren Erfüllung die Eisenbahn bei eigener Verantwortung Abweichungen nicht

zulassen darf.

§42 161) Abs. 3 schreibt vor, daß die Leiche von einer Person begleitet sein 916,13‘ muß, welche eine Fahrkarte zu lösen und denselben Zug zu benutzen hat, in dem die Leiche befördert wird. Auch diese Vorschrift hat polizeilichen und daher­ obligatorischen Charakter. Sie stellt zwar die Leichen unter die Kategorie der begleiteten Güter, ohne aber damit einen Befreiungsvertrag im Sinne des § 459

Nr. 6 H.-G.-B., § 74 Ziff. 6 Verk.-Ord. zu verknüpfen. Hierzu verordnen die Preuß. Min.-Best, voyr 6. April 1888 Ziff. 5:

„Als Begleiter sind

von der den Leichenpaß ausstellenden Behörde mir zu­

verlässige Personen zuzulassen."

Und ferner die Allg. Zus.-Best. 1 z. Abs. 3:

„Begleiter von Leichen haben, wenn sie in den Wagen Platz nehmen, in welchen die Leichen verladen sind, Fahrkarten der im Zuge befindlichen niedrigsten Wagen­ klasse, sonst Fahrkarten der zu benutzenden Wagenklasse zu lösen." Vgl. Allg. Abf.-Vorschr. § 19 Abs. 3 u. die bes. Best.der Preuß. Staatsb.

für die Beförderung der Begleiter von Leichen, Sendungen lebender Thiere rc.

zum § 11 Verk.-Ord. §42 162) Im Abs. 4 ist festgesetzt, daß bei der Aufgabe der vorschriftsmäßige, 4e d. i. der in der Verk.-Ord. Anlage A obligatorisch vorgeschriebene, am Schlüsse

dieser Anmerkung

mitgetheilte Leichenpaß beigebracht werden

muß, welchen die Eisenbahn übernimmt und bei Ablieferung der Leiche zurück­ stellt, und daß die tarifmäßigen Transportgebühren bei der Aufgabe entrichtet

werden müssen.

Des Weiteren ist noch bestimmt, daß die Behörden, welche

zur Ausstellung von Leichenpässen befugt sind, besonders bekannt gemacht werden

und der von der zuständigen Behörde ausgefertigte Leichenpaß für den ganzen

darin bezeichneten Transportweg Transportgebühren

bei

Geltung hat, ferner,

der Aufgabe

entrichtet

daß die tarifmäßigen

werden müssen und daß bei

Abschnitt VI.

§ 42. Beförderungs-Bedingungen.

Leichentransporten, welche aus eine

Vereinbarung

geschlossen ist,

wegen

185

ausländischen Staaten kommen, mit welchen

wechselseitiger Anerkennung

der

Leichenpässe

ab­

die Beibringung eines der Vereinbarung entsprechenden Leichen­

passes der nach dieser Vereinbarung zuständigen ausländischen Behörde genügt. Hierzu bestimmen die Allg. Abf.-Vorschr. § 19 Abs. 6,7 und 8: Vor

der Annahme hat sich die Abfertigungsstelle mit dem Aufgeber oder Begleiter nach Maßgabe des von diesem gewählten Weges über die Ablieferungsweise und

über die zu benutzenden, nach Vorschrift der Verwaltung zur Leichenbeförderung zugelassenen Züge zu verständigen.

Zur Ausstellung des durch § 42 Absatz 4

der Verkehrs-Ordnung vorgeschriebenen Leichenpasses sind diejenigen Behörden

welche in dem vom Deutschen Eisenbahn-Verkehrs-

und Dienststellen befugt,

Verbande

herausgegebenen

Verzeichniß

sind.

enthalten

Die

Beigabe des

Leichenpasses ist im Beförderungsschein oder im Frachtbrief (Ziff. 12—14) zu vermerken. Fehlt zu einer Leiche, welche aus dem Auslande nach dem Deutschen Reiche übergehen soll, der vorschriftsinäßige Leicheupaß, so darf dieselbe auf der

Uebergangsstation erst dann zur Weiterbeförderung übernommen werden, wenn ein Leichenpaß übergeben wird, welcher von der zuständigen deutschen Behörde, in deren Bezirke die Beförderung im Reichsgebiet beginnt, ausgestellt ist. Sodann verordnen die Preuß. Minist.-Best, vom 6. April 1888 Ziff. 1, 2 und 6: Die Ausstellung der Leichenpässe hat durch diejenige hierzu befugte Behörde oder Dienststelle zu erfolgen, in deren Bezirk der Sterbeort oder — im Falle einer Wiederausgrabung — der seitherige Bestattungsort liegt. Für Leichen­

transporte, welche aus dem Auslande kommen, kann, soweit nicht Vereinbarungen über die Anerkennung der von ausländischen Behörden ausgestellten Leichenpässe

bestehen, die Ausstellung des Leichenpasses durch diejenige zur Ausstellung von Leichenpässen befugte inländische Behörde oder Dienststelle erfolgen, in deren Bezirk der Transport im Reichsgebiete beginnt. Auch können die Konsuln und diplomatischen Vertreter des Reichs vom Reichskanzler zur Ausstellung der Leichen­

pässe ermächtigt werden.

Die hiernach zur Ausstellung der Leichenpässe zustän­

digen Behörden rc. werden vom Reichskanzler öffentlich bekannt gemacht. Der Leichenpaß darf nur für solche Leichen ertheilt werden, über welche die nach­ stehenden Allsweise geliefert worden sind:

Sterberegister;

a) ein beglaubigter Auszug aus dem

b) eine von dem Kreisphysikus ausgestellte Bescheinigung über

die Todesursache, sowie darüber, daß seiner Ueberzeugung nach der Beförderung der Leiche gesundheitliche Bedenken nicht entgegenstehen. Ist der Verstorbene in

der tödtlich

gewordenen Krankheit von einem Arzte behandelt worden, so hat

letzteren der Kreisphysikus vor der Ausstellung der Bescheinigung betreffs der

Todesursache anzuhören; c) ein Ausweis über die vorschriftsmäßig erfolgte Einsargung der Leiche (§ 34 Abs. 2 des Eisenbahn-Betr.-Regl. jetzt § 42 Abs. 2 Verk.Ord.); d) in Fällen des § 157 der Strafprozeßordnung vom 1. Februar 1877

(R.-G.-Bl. S. 253)

die seitens der Staatsanwaltschaft oder des Amtsrichters

ausgestellte schriftliche Genehmigung der Beerdigung.

Die Nachweise zu a und b

werden bezüglich der Leichen von Militärpersonen, welche ihr Standquartier nach

eingetretener Mobilmachung verlassen hatten

20. Januar 1879 — R.-G.-Bl. S. 5 —)

(§§ 1, 2

der Verordnung

vom

oder welche sich auf einem in Dienst

gestellten Schiff oder anderen Fahrzeug der Marine befanden, durch eine Be-

Abschnitt VI.

186

§ 42. Beförderungs-Bedingungen.

scheinigung der zuständigen Militärbehörde oder Dienststelle über den Sterbefall unter Angabe der Todesursache und mit der Erklärung, daß nach ärztlichein

Ermessen der Beförderung der Leiche gesundheitliche Bedenken nicht entgegen­ stehen, erseht. Bei Ausstellung von Leichenpässen für Leichentransporte, welche

nach dem Auslande gehen, sind außerdem auch die vom Reich mit ausländischen Regierungen hinsichtlich der Leichentransporte abgeschlossenen Vereinbarungen zu beachten. Endlich bemerken noch die Allg. Abf.-Vorschr. § 19 Abs. 13 u. 14: Laut

Zusah-Dereinbarung

der

Regierungen Belgiens,

Deutschlands,

Frankreichs, Italiens, Luxemburgs, der Niederlande, Oesterreichs

und Ungarns, Rußlands, Dänemarks und der Schweiz vom 16. Juli 1895 zum internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahn-Frachtverkehr werden im Verkehr dieser Staaten untereinander Leichen zum internationalen

Transport unter gewissen Bedingungen zugelassen. Diese Bedingungen sind: a) Die Beförderung erfolgt als Eilgut, b) Die Transportgebühren sind bei der

Aufnahme zu entrichten, c) Die Leiche muß während der Beförderung von einer dazu beauftragten Person» begleitet sein, d) Die Beförderung unterliegt im Ge­ biete jedes einzelnen Staates den daselbst in polizeilicher Beziehung geltenden Gesetzen und Verordnungen, soweit nicht unter den betheiligten Staaten besondere Abmachungen getroffen sind. (Vgl. Nachtrag VII zum Vereins-Betriebs-Regle­ ment.) Die Abfertigung erfolgt hierbei auf internationalem Eilfrachtbrief durch

die Eilgutabfertigungsstellen. Im wechselseitigen Verkehr der Eisenbahnen Deutschlands und Oesterreich-Ungarns ist außerdem nach getroffener Sonderabmachung dieser Staaten die Beförderung von Leichen auf Grund von Beförderungsscheinen zugelassen.

Im Verkehr nach den vorstehend nicht genannten

Ländern ist die Abfertigung von Leichen

auf Grund eines durchgehenden Be­

förderungsscheines oder Frachtbriefes ausgeschlossen, soweit nicht etwa in den Tarifen etwas Anderes bestimmt ist.

Anlage A zur Eisenbahn-Verkehrsordnung. Leichen-paß. Die nach Vorschrift eingesargte Leiche de

19

(Ort)

zu

verstorbenen

(”tet).... jährigen

am

... an

(Todesursache)

(Stand, Vor- und Zuname des Verstorbenen,

bei Kindern Stand der Eltern)

soll mittelst Eisenbahn von

über

zur Bestattung gebracht werden. Nach­

nach

dem zu dieser Ueberführung dem Begleiter der Leiche

und Name)

die Genehmigung ertheilt worden ist, werden sämmt­

liche Behörden, deren Bezirke durch diesen Leichentransport berührt werden, er­ sucht, denselben ungehindert und ohne Aufenthalt weitergehen zu lassen. , den

(Siegel.)

t-n

19

(Unterschrift.)

Abschnitt VI.

§ 42. Beförderungs-Bedingungen.

187

Bezüglich der Entrichtung der tarifmäßigen Transportgebühren (Abs. 4 Satz 4) verordnen die des. Best, der Preuß. Staatsb. zu tz 42 Verk.Ord.: Der Berechnung der Beförderungspreise für Leichen werden die in den Gütertarifen enthaltenen Entfernungen zu Grunde gelegt. Die Kilometer­ zuschläge bleiben hierbei außer Ansatz.

Inwieweit die Abfertigung von Leichen

ausgeschlossen oder beschränkt ist, geht aus dem Anhang III hervor.

Nach und

von Haltepunkten, welche nur für den Personen- und Gepäckverkehr eingerichtet

sind, werden Leichen zur Beförderung nicht angenommen.

In denjenigen Fällen,

in welchen von dem Absender ein von dem regelmäßigen Beförderungswege ab- • weichender Eisenbahnweg gewünscht wird, erfolgt die Frachtberechnung

direkt

unter Zugrundelegung der Streckenlänge des gewählten Beförderungsweges und unter einmaliger Berechnung der Abfertigungsgebühr.

Die Entfernung wird in

solchen Fällen durch Zusammenrechnung der Theilentfernungen zwischen einer

an dem vorgeschriebenen Beförderungswege belegenen Station und der Anfangs-

bezw. Endstation ermittelt.

Als regelmäßige Beförderungswege im Sinne der

vorstehenden Bestimmung sind diejenigen anzusehen, welche aus den jeweiligen für die eine oder die andere Richtung geltenden Leitungsvorschriften für den Güterverkehr hervorgehen. Zm Verkehr zwischen denjenigen Stationsverbin­ dungen, zwischen welchen die Verkehrsleitung über zwei verschiedene Bahnwege stattfindet, erfolgt die Frachtberechnung stets über den billigsten dieser Bahn­ wege. Die Gebühren für die Beförderung zwischen mehreren Stationen des­ selben Ortes enthält der Anhang IV. Für die Beförderung von Leichen, welche

von Polizeibehörden, Krankenhäusern. Strafanstalten u. s. w. an öffentliche Lehr­ anstalten übersandt werden, kommen 0,20 M. für den Wagen und das Kilo­ meter zur Berechnung.

Eine Abfertigungsgebühr wird dabei nicht erhoben.

163) Abs. 5 schreibt die Beförderung der Leiche in einem besonderen, bedeckt gebauten Güterwagen vor und gestattet zugleich, daß mehrere Leichen von und nach gleichem Abgangs- und Bestimmungsort in dem­ selben Güterwagen verladen werden können. Nur bei Beförderung der Leiche

in einem ringsumschlossenen Leichenwagen darf ein offener Güterwagen benutzt

werden.

Die Allg. Abf.-Vorschr. § 19 Abs. 3 verweisen wegen Bestellung

und Anforderung der Wagen auf § 17 Abs. 6 u. 7 1. c., die hier wiederum auf d. Verk.-Ord. § 32, Allg. Zus.-Best. 6 Abs. 4 und § 56 Bezug nehmen.

Ferner bestimmt Abs. 9, daß, wenn zur Beförderung aufgegebene Leichen vor dem Abgänge des Zuges vom Absender zurückgenommen werden oder wenn die

Verladung der bereitgestellten Wagen nicht innerhalb der für den Güterverkehr festgesetzten Frist bewirkt wird, das im Nebengebührentarife bestimmte Wagen­

standgeld zur Erhebung kommt.

164) Abs. 6 enthält Bestimmungen zur Sicherung einer thunlichst schleunigen Beförderung. Auf der Fahrt soll die Leiche nicht ohne Noth ausgeladen; die Beförderung möglichst schnell und ununterbrochen bewirkt und — wo ein längerer Aufenthalt nicht vermeidlich — der Wagen mit der Leiche thunlichst auf ein abseits im Freien gelegenes Geleise geschoben werden.

Zu gleichem Zwecke bestimmen ferner die Allg. Abf.-Vorschr.

§ 19 Abs. 10

die telegraphische Anmeldung der Leichensendungen bei der nächsten Uebergangs-

§42 6*

188

Abschnitt VI.

§ 42. Beförderungs-Bedingungen.

station, auf welcher Zugwechsel eintritt oder die Sendung auf eine fremde Bahn übergeht. Kommen mehrere Uebergangsstationen in Betracht, so hat die weitere Benachrichtigung von Uebergangsstation zu Uebergangsstation zu erfolgen.

§42

165) Abs. 7 enthält die Strafbestimmung: Wer unter falscher Dekla­ ration Leichen zur Beförderung bringt, hat außer der Nachzahlung der verkürzten Fracht vom Abgangs- bis zum Bestimmungsort einen Frachtzuschlag im vier­

fachen Betrage der Fracht zu entrichten.

Es ist also die Differenz zwischen

der bereits gezahlten und der bei richtiger Deklaration wirklich zu entrichtenden

Fracht nachzuzahlen und außerdem das Vierfache der gesammten Fracht als Frachtzuschlag zu entrichten (Thöl III S. 125). Strafverpflichtet ist sowohl

der Absender, wie der Empfänger (A. M. Schott S. 515 Anm. 11).

Auch hier

ist wegen des mit der richtigen Deklaration verknüpften öffentlichen Interesses

auzunehmen, daß die Vorschrift polizeilichen und daher obligatorischen Charakter hat. Auch kann außerdem strafrechtliche Verfolgung eintreten. (Endemann, R. d. E. S. 664 N. 5, Preuß. Ob.-Trib. 11. Zuni 1877, Zeitg. d. Der. d. Eisenb.Verw. S. 766, 982, 1128). Nach Allg. Abf.-Vorschr. § 19 Abs. 5 soll hierbei nach den Vorschriften über die Erhebung von Frachtzuschlägen rc. verfahren werden. Der Frachtzuschlag hat privatrechtlichen Charakter (Konventionalstrafe),

er ist weder polizeilicher, noch strafrechtlicher Natur. Die Zahlung hat an alle betheiligten Bahnen zu erfolgen, und zwar — Mangels eines etwa vereinbarten Vertheiluugsmodus — nach Maßgabe der Frachtantheile, da er sich an

die Fracht anschließt.

§ 42 166) Abs. 8 und 9 bestimmen, daß bei dem Transport von Leichen, welche n8 von Polizeibehörden, Krankenhäusern, Strafanstalten u. s. w. an öffentliche Lehr­ anstalten übersandt werden, es einer Begleitung nicht bedarf.

Auch genügt es,

wenn solche Leichen in dichtverschlossenen Kisten aufgegeben werben.

Die Be­

förderung kann in einem offenen Güterwagen erfolgen. Es ist zulässig, solche Güter in den Wagen mitzuverladen, welche von fester Beschaffenheit (Holz, Metall u. dergl.) dicht umschlossen sind.

Bei der Verladung ist mit besonderer

Vorsicht zu verfahren, damit jede Beschädigung der Leichenkiste vermieden wird. Von der Zusammenladung sind ausgeschlossen:

Nahrungs- und Genußmittel

einschließlich der Rohstoffe, aus welchen Nahrungs- oder Genußmittel hergestellt

werden, sowie die in Anlage B zu § 50 der Verk.-Ord. aufgeführten Gegen­ stände. Ob von der Beibringung eines Leichenpasses abgesehen werden kann,

richtet sich nach den

von

den Landesregierungen

dieserhalb ergehenden Be­

stimmungen. Auf die Regelung der Beförderung von Leichen nach dem Bestattnngsplatz des Sterbeorts finden die vorstehenden Bestimmungen nicht Anwendung.

Und hierzu bestimmen die Preuß. Minist.-Best, vom 6. April 1888 (Z. 7),

daß diese Regelung den Regierungsbehörden überlassen bleibt.

Die Streitfrage,

ob die Exklusiv berechtig ungen der Kirchengemeinden, die Beförderung von

Leichen nach dem Bestattungsplahe zu besorgen, gewerbeordnung aufgehoben sind

durch die Deutsche Reichs­

oder weiter in rechtlicher Geltung geblieben

sind, ist in Uebereinstimmung mit Brie (Zeitschr. s. Kirchenrecht Bd. 20 S. 269f.)

Abschnitt VI.

§ 43. Art der Abfertigung und der Auslieferung.

189

vom Reichsger. unterm 28. Januar 1889 (Entsch. in Civils. 23b. 23 S. 22f.)

im Sinne der letzteren Alternative entschieden worden. Ferner bestimmen die Allg. Abf.-Vorschr. § 19 Abs. 12: „Leichen, welche von Polizeibehörden, Krankenhäusern, Strafanstalten u. s. w. an öffentliche Lehr­

anstalten übersandt werden, werden auf Frachtbrief und Güterfrachtkarte durch die Güterabfertigungsstellen abgefertigt. Im Uebrigen richtet sich die Ab­

fertigung und Auslieferung dieser Leichen nach den besonderen Vorschriften jeder Verwaltung." Und

die bes. Best, der Preuß. Staatsb. z. § 42 Verk.-Ord. fügen

hinzu, daß es bei der Beförderung dieser Leichen der Beibringung eines Leichen­

passes nicht bedarf.

§. 43. Art der Abfertigung und der Auslieferung. (1) Die Abfertigung der Leichen erfolgt nach der Vorschrift des Tarifs auf Grund von Beförderungsscheinen, welche die Eisenbahn auszufertigen und dem Absender auszuhändigen hat, oder aus Grund von Frachtbriefen (§. 51).167) (2) Die Auslieferung von Leichen, welche mit Personenzügen befördert werden, kann in der für Gepäck bestimmten Frist (§. 33 Abs. 2) verlangt werden. Die Auslieferung der Leichen erfolgt, so­ fern die Beförderung auf Beförderungsschein stattgefunden hat, gegen Rückgabe des letzteren."') (3) Innerhalb 6 Stunden nach Ankunft des Zuges auf der Be­ stimmungsstation muß die Leiche abgeholt werden, widrigenfalls sie nach der Verfügung der Ortsobrigkeit beigesetzt wird. Kommt die Leiche nach 6 Uhr Abends an, so wird die Abholungsfrist vom nächsten Morgen 6 Uhr ab gerechnet. Bei Ueberschreitung der Abholungsfrist ist die Eisenbahn berechtigt, Wagenstandgeld zu erheben."')

1. Diejenigen Leichen, für welche Begleitung vorgeschrieben ist, werden durch die Gepäck-Abfertigungsstellen auf Grund von Beförderungsscheinen, diejenigen Leichen dagegen, bei welchen es der Begleitung nicht bedarf, durch die Güter-Abfertigungs­ stellen auf Grund von Frachtbriefen abgefertigt. Die be­ gleiteten Leichen werden mit den Personenzügen befördert; Beförderung mit Schnellzügen kann nicht verlangt werden. 2. Die Frachtbriefe über Leichen, bei welchen es der Begleitung nicht bedarf [§ 42 (8) der Verkehrsordnung], dürfen andere Gegenstände nicht umfassen. 3. Das Ausladen der Leichen ist durch den Absender, das Ab­ laden derselben durch den Empfänger zu bewirken.

190

Abschnitt VI.

§ 43.

Art der Abfertigung und der Auslieferung.

4. Bei nicht rechtzeitiger Abholung oder Entladung von Leichen werden 2 Mark für jeden Wagen und angefangenen Tag der Fristversäumung erhoben, auch wenn die Leichen vor dem Abgänge des Zuges zurückgenommen werden oder wenn die Beladung der bereitgestellten Wagen nicht innerhalb der fin­ den Güterverkehr festgesetzten Frist bewirkt wird. §43 167) § 43 regelt die Art der Abfertigung und ”6,1‘ von Leichen.

der Auslieferung

Abs. 1 betrifft die Abfertigung von Leichen und gestattet für dieselbe zwei Arten der Abfertigung: auf Grund von Beförderungsscheinen oder von Frachtbriefen (Verk.-Ord. § 51). Welche Art anzuwenden ist, ist den Vorschriften der Tarife überlassen.

Zst aber die Abfertigung mit Beförderungs­

scheinen tarifarisch vorgeschrieben, so sind dieselben von der Eisenbahn auszu­ fertigen und dem Absender auszuhändigen. Dies ist obligatorisch, darf mithin durch Tarifvorschriften nicht abgeändert werden.

Die Allg. Zus.-Best. Ziffer 1 unterscheiden in Betreff der Art der Ab­ fertigung zwischen Leichen, für welche Begleitung vorgeschrieben ist, und Leichen, welche einer Begleitung nicht bedürfen. Die ersteren werden durch die scheinen,

Gepäck-Abfertigungsstellen auf Grund von Beförderungs­ die letzteren dagegen durch die Güter-Abfertigungsstellen auf

Grund von Frachtbriefen abgefertigt. Die begleiteten Leichen werden mit Personenzügen befördert; Beförderung mit Schnellzügen kann nicht ver­ langt werden.

Die Allg. Abf.-Vorschr. § 19 Abs. 2 verweisen bezüglich des Beförde­ rungsscheines auf die im § 17 Abs. 3—5 gegebenen Vorschriften.

§ 17 Abs. 1

1. c. schreibt für den Beförderungsschein ein besonderes Muster vor (s. unten S. 191). Bei der Auslieferung mit Frachtbrief soll die Abfertigung

auf Frachtkarte vorgenommen werden. (Vgl. in Betreff der weiteren Behand­ lung der Beförderungsscheine: § 17 Abs. 3—5 und bezüglich der Bestellung und

Anforderung der Wagen: § 17 Abs. 6 1. c.)

Ferner bestimmt § 19 Abs. 4, 6, 9

a. a. O.: „Die Annahme zur Beförderung angemeldeter Leichen soll nicht früher

erfolgen, als bis die unmittelbare Verladung in einem Güterwagen und bald darauf die Beförderung bewirkt werden kann, so daß die Aufbewahrung auf den Bahnhöfen thunlichst vermieden wird. Vor der Annahme hat sich die

Abfertigungsstelle mit dem Aufgeber oder Begleiter nach Maßgabe des von diesem gewählten Weges über die Abfertigungsweise und die zu benutzenden,

nach Vorschrift der Verwaltung zur Leichenbeförderung zugelassenen Züge zu ver­ ständigen.

Wenn zur Beförderung aufgegebene Leichen vor dem Abgänge des

Zuges vom Absender zurückgenommen werden, oder wenn die Beladung der

bereit gestellten Wagen nicht innerhalb der für den Güterverkehr festgesetzten Frist bewirkt wird, so kommt das im Nebengebührentarife bestimmte Wagenstandgeld zur Erhebung.

Vgl. ferner über die Leichenbeförderung an öffent­

liche Lehranstalten: Allg. Abf.-Vorschr. § 19 Abs. 12 (s. oben S. 189) und im internationalen Verkehre 1. c. § 19 Abs. 13 u. 14 (oben S. 186).

Abschnitt VI.

§ 43. Art der Abfertigung und der Auslieferung.

191

Muster des Beförderungsscheins. Firma der Eisenbahn-Verwaltung. Zug-Nr............

Geförderungs schein Nr. 00. Von nach über — km zu Weiterbeförderung nach.............................................. ........... Begleiter

Fahrkarte...................................

Absender: in............................ Empfänger: in ............................ Mk. Interesse an der Lieferung.

Einzeln

In Wagen­ ladungen

Stück.

Stück.*)

Der Wagen. Inhalt.

Eigenthümerin

Nr.

Ladefläche. qm

*) Stückzahl bei Wagenladungen nach Angabe des Absenders. Mk. Pfg.

1. Fracht einschließlich Abfertigungsgebühr 2. Frachtzuschlag für Benutzung des Zuges Nr. von bis................... Nr. von bis 3. Fahrgeld für Begleiter............................... 4. Desinfektionsgebühr..................................... 5. Außerdem:...................................................

Zusammen 19

, den

Die

-Abfertigungsstelle. (Unterschrift.)

168) Nach Abs. 2 Satz 1 ist der Absender bezw. Empfänger berechtigt, die Auslieferung der mit Person en zögen beförderten Leichen in der für Gepäck bestimmten Frist zu verlangen, d. h. die Eisenbahn ist zur sofortigen Auslieferung verpflichtet, sobald nach Ankunft des Zuges, zu welchem das Ge­ päck aufgegeben wurde, die zur ordnungsmäßigen Ausladung und Ausgabe sowie zur etwaigen zoll- oder steueramtlichen Abfertigung erforderliche Zeit ab­ gelaufen ist (§ 33 Abs. 2 f. Anm. 133 S. 145). Bei Beförderung mit Güter-

§43

192

Abschnitt VII.

§ 44. Besondere Beförderungsbedingungen.

zögen gelten die Vorschriften über die Auslieferung von Eilgut.

Nach Sah 2

hat bei Beförderung auf Beförderungsschein die Auslieferung gegen Rückgabe desselben zu erfolgen.

Es finden hier die Bestimmungen des § 33 Abs. 1 sinn­

gemäße Anwendung (Amn. 132 S. 144). Auch der Leichenpaß ist bei der Aus­ lieferung dem Begleiter zurückzugeben (Allg. Abf.-Vorschr. § 19 Abs. 11).

§43 169) Nach Abs. 3 Satz 1 ist der Absender bezw. Empfänger verpflichtet, 31 innerhalb 6 Stunden nach Ankunft des Zuges auf der Bestimmungsstation die Leiche abzuholen. Dies gilt, gleichviel ob die Beförderung mit Personen- oder

anderen Zügen erfolgt ist.

Nur wenn die Leiche erst nach 6 Uhr Abends an­

kommt, erweitert sich die Frist insofern, als sie erst vom nächsten Morgen 6 Uhr ab gerechnet wird (Satz 2), s. Anm. 134. Mit Rücksicht darauf, daß es sich hier nicht um eine bloße Ordnungsvorschrift, sondern eine sanitätspolizeiliche Maß­ regel handelt, ist damit das Präjudiz verknüpft, daß, wenn die Abholung nicht in der bestimmten Frist erfolgt, die Leiche nach der Verfügung der Ortsobrig­ keit beigesetzt wird. Die Eisenbahnverwaltung (Gepäck- bezw. Güter-Abfertigungsstelle) hat demgemäß dafür Sorge zu tragen, daß die Ortsobrigkeit von der nicht fristzeitigen Abholung der Leiche nach Ablauf der Frist in Kenntniß ge­ setzt wird. Daherbestimmen die Allg. Abf.-Vorschr. § 19 Abs. 11, daß, wenn die Abholung nicht innerhalb der vorgefchriebenen Frist erfolgt, der Ortspolizei­

behörde Anzeige erstattet werden muß. Es ist nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht der Eisenbahn, die Abholung bezw. Beisetzung nach Ablauf der qu. Frist zu veranlassen. Sie kann überdies nach Satz 3 bei Ueberschreitung der Abholungsfrist Wagenstandgeld erheben; und zwar ist nach den Allg. Abf.Vorschr. § 19 Abs. 11 das im Nebengebührentarife festgesetzte Wagenstandgeld

zu erheben (vgl. oben Allg. Zus.-Best. Ziff. 4 S. 190). Nach den Allg. Zus.-Best. Ziff. 3 liegt dem Absender das Ausladen, dem Empfänger das Abladen der Leiche ob (S. 189).

Wenn die Eisenbahn diese

Funktionen übernimmt, so kann sie daher besondere tarifarische Gebühren dafür

beanspruchen.

VII.

Beförderung von lebenden Thieren."") §. 44. Besondere Beförderungsbedingungen. (1) Lebende Thiere werden nur unter der im §. 6 Abs. 2 auf­

geführten Voraussetzung zur Beförderung angenommen."') (2) Die

Beförderung

kranker Thiere kann

abgelehnt werden.

Inwiefern der Transport von Thieren wegen der Gefahr einer Ver­

schleppung von Seuchen ausgeschlossen ist, richtet sich nach den be­ stehenden gesundheitspolizeilichen Vorschriften.'")

Abschnitt VII.

§ 44. Besondere Beförderungsbedingungen.

193

(3) Zum Transporte wilder Thiere ist die Eisenbahn nur bei

Beachtung der von ihr im Interesse der Sicherheit vorzuschreibenden Bedingungen verpflichtet?")

I.

Wilde Thiere einschliesslich ganzer Menagerien, wie über­ haupt die in den Tarifen nicht genannten Thiere werden zur Beförderung dann übernommen, wenn die Gefahr einer Beschädigung von Menschen, Thieren und Gütern durch die Art und Weise der Verpackung oder Verladung nach dem Ermessen der Versandstation ausgeschlossen ist. Bei Einzelsendungen wilder Raubthiere sind die zur Verpackung verwendeten Käfige oder Kisten aussen mit der Bezeich­ nung „Raubthier“ in auffallender Schrift zu versehen. (4) Bei der Beförderung lebender Thiere ist die Eisenbahn­

verwaltung Begleitung zu fordern berechtigt. Die Begleiter haben, sofern nicht der Stationsvorsteher Ausnahmen zuläßt, ihren Platz in den betreffenden Viehwagen zu nehmen und das Vieh während

des Transports zu beaufsichtigen.

Wenn sich Stroh, Heu oder andere

leicht brennbare Stoffe in den Wagen befinden, so ist das Rauchen darin verboten, auch dürfen brennende Cigarren oder Tabackspfeifen

beim Einsteigen nicht mitgenommen werden.

Bei kleinen Thieren,

insbesondere Geflügel, bedarf es der Begleitung nicht, wenn sie in

tragbaren,

gehörig

verschlossenen Käfigen aufgegeben werden.

Die

Käfige müssen luftig und geräumig sein?")

II. 1. Grossvieh in Wagenladungen wird nur mit Begleitung an­ genommen; für je 3 Wagen muss mindestens 1 Begleiter gestellt werden. Bei Aufgabe von Kleinvieh (Schweinen, Kälbern, Schafen, Ziegen, Gänsen u. s. w.) in Wagenladungen sowie von einzelnen Stücken Gross- und Kleinvieh kann von der Beigabe eines Begleiters nach dem Ermessen der Versandstation abgesehen werden. 2. Die Haftpflicht der Eisenbahn für Verlust oder Beschädigung wird nicht geändert, falls von der Beigabe eines Begleiters abgesehen wird. Der Eisenbahn erwächst insbesondere keine Haftung für den Schaden, für den sie im Falle der Begleitung nicht aufzukommen gehabt hätte. III. 1. Zu jeder Sendung und, wenn eine Sendung aus mehr als 1 Wagenladung besteht, zu jedem Wagen wird 1 Begleiter zum Fahrpreise von 2 Pfennig für das Kilometer zugelassen; als Fahrtausweis dient in solchem Falle der BeförderungsEger, Eisenbahll-Verkehrsordnung. 2. Aust. 13

194

Abschnitt VII.

§ 44. Besondere Beförderungsbedingungen.

schein. Es bleibt jedoch den Eisenbahnverwaltungen über­ lassen, in den einzelnen Verkehren als Fahrtausweis für die Begleiter auch Fahrkarten zuzulassen.

2. Wenn von dem Vorsteher der Versandstation ausnahms­ weise den Begleitern die Fahrt in anderen Wagen als den Viehwagen gestattet ist, so werden dieselben nach Wahl der Eisenbahnverwaltung entweder im Packwagen oder in einem Güterwagen oder in einem Personenwagen III. Wagen­ klasse befördert. 3. Begleiter über die in Ziffer 1 bezeichnete Anzahl hinaus haben, sofern sie in den Viehwagen Platz nehmen, bei Be­ förderung in Personen- oder gemischten Zügen Fahrkarten der im Zuge befindlichen niedrigsten Wagenklasse zu lösen, bei Beförderung in Güter- oder Eilgüterzügen sowie in Sonderzügen dagegen ein Fahrgeld von 2 Pfennig für das Kilometer zu entrichten. Letzteren falls dient, insoweit nicht besondere Fahrscheine an die einzelnen Begleiter ausgegeben werden, der Beförderungsschein als Fahrtausweis; benutzen die Begleiter aber Personenwagen, so haben sie Fahrkarten der betreffenden Wagenklasse zu lösen. 4. Bei Transporten zur Nachtzeit müssen die Begleiter mit gut brennenden Laternen versehen sein. (5) Der Absender muß das Einladen der Thiere in die Wagen sowie deren sichere Befestigung selbst besorgen und die erforderlichen Besestigungsmittel beschaffen. Das Ausladen liegt dem Empfänger ob.175) IV. 1. Die Thiere dürfen nicht geknebelt und in Säcken, Käfigen, Kisten oder ähnlichen Behältern nur dann, wenn dieselben hinlänglich geräumig und luftig sind, zur Beförderung auf­ gegeben werden.

2. Bei Festsetzung der grössten Zahl der in einem Wagen zu verladenden Thiere ist davon auszugehen, dass Grossvieh nicht an einander oder gegen die Wandung des Wagens gepresst stehen darf, für Kleinvieh aber genügender Raum, um sich legen zu können, verbleiben muss.

3. Ueber die zulässig grösste Stückzahl der in einem Wagen oder in einzelne Abtheilungen desselben aufzunehmende Thiere entscheidet im Streitfälle der diensthabende Stations­ beamte.

Abschnitt VII. § 44. Besondere Beförderungsbedingungen.

195

4. Die Verladung von. Wiederkäuern verschiedener Gattung oder von Wiederkäuern und Schweinen in demselben Wagen ist bei Transporten von deutschen Schlachtviehmärkten nach den Seehäfen verboten. Im Uebrigen ist die Verladung von Grossvieh und Kleinvieh sowie von Thieren verschie­ dener Gattung in demselben Wagen nur gestattet, wenn die Einstellung in durch Barrieren, Bretter- oder Lattenverschläge von einander getrennte Abtheilungen erfolgt. 5. Das Bestreuen der Fussböden offener Wagen mit brennbarem Material ist unzulässig. Als brennbares Material ist an­ zusehen und daher nicht zu verwenden: Stroh, Spreu und grasartige Streu; dagegen darf mit Wasser besprengtes Sägemehl, mit oder ohne Zusatz von Sand, sowie Torf­ streu, wenn sie vorher mit Wasser mässig angefeuchtet ist, verwendet werden. Zu den offenen Wagen im Sinne dieser Bestimmung gehören auch solche Wagen, welche zwar eine feste Decke haben, deren Wände aber aus Latten bestehen (Etagewagen). 6. Das während des Eisenbahntransports zur Fütterung der Thiere erforderliche Futter, das etwaige Geschirr der Thiere sowie das übliche Handgepäck der Viehbegleiter werden unentgeltlich im Viehwagen mitbefördert. Sonstiges Ge­ päck oder Güterstücke dürfen von dem Absender in den mit Vieh beladenen Wagen nicht untergebracht werden, sind vielmehr behufs regelrechter Abfertigung der Aufgabe­ station zu übergeben. V. Für die Desinfektion der Eisenbahnwagen, welche zum Transporte von Pferden, Maulthieren, Eseln, Rindvieh, Schafen, Ziegen, Schweinen oder lebendem Geflügel ver­ wendet sind, und der bei der Beförderung benutzten Geräthschaften werden die aus dem Nebengebührentarif (Ab­ schnitt 0) ersichtlichen Gebühren erhoben. (6) Vorausbezahlung werden?^)

VI.

des

Transportpreises

kann

gefordert

Bei den auf Beförderungsschein oder Gepäckschein ab­ gefertigten Thiersendungen ist der Fahrpreis stets am Ab­ sendeorte zu erlegen und ist Nachnahmebelastung aus­ geschlossen. Bei Frachtbriefsendungen ist es dem Ermessen der Eisenbahnverwaltungen überlassen, in den einzelnen 13*

196

Abschnitt VII.

§ 44. Besondere Beförderungsbedingungen.

Verkehren unfrankirte Aufgabe und Nachnahmebelastung zuzulassen und die Bedingungen, unter welchen die Zu­ lassung geschieht, festzusetzen. Diese Bedingungen sind bei den Abfertigungsstellen zu erfahren. Abschn. 170) Die §§ 44—48 der Verk.-Ord., welche den Abschnitt VII derselben Beför- unter dem Titel ^ung „Beförderung von lebenden Thieren"

lebenden bilden, enthalten in Gemäßheit dieser Ueberschrift die Bestimmungen der Verk.' """'Ord. über die Beförderung lebender Thiere. Sie umfassen zum Theil die eisen-

bahnseitigeu Transportbedingungen für lebende Thiere im Anschluß an §§ 425 bis 471 N. H. G.-B. und in Ergänzung und Modifikation der für die Haftpflicht bei Gütern im Allgemeinen geltenden Bestimmungen (s. § 48), zum Theil aber auch Sicherheits- und Ordnungsvorschriften, die mit der Expedition und Be­ förderung lebender Thiere in Verbindung stehen.

Der Thierbeförderungsvertrag ist seiner juristischen Natur nach lediglich eine besondere Kategorie des Güterfrachtvertrages und daher wie dieser den Be­

stimmungen der §§ 425—471 N. H.-G.-B. unterworfen. Nur gewisse Eigen­ thümlichkeiten dieser Transportobjekte und die dadurch bedingte besondere Expedi­ tions- und Beförderungsweise haben zu mehrfachen Abweichungen von den all­ gemeinen Bestimmungen des Abschn. VIII Verk.-Ord. über Güterbeförderung

geführt. Dahin gehören vornehmlich besondere Bestinnnungen über die Quantität und Qualität der Thiere, über Ein- und Ausladung, Begleitung, Annahme uiib Ausführung, Form des Vertragsabschlusses, Lieferfrist u. s. w. Diese Abweichungen,

sowie der Umstand, daß der Transport voll lebenden Thieren (namentlich Pferden, Hunden) zumeist mit dem Personentransport in Verbindung steht, haben ersichtlich

die Aufnahme der bezüglichen Vorschriften in den besonderen Abschnitt VII der Verk.-Ord. zur Folge gehabt. (Schott S. 514.) Besondere Bestimmungen über die Haftpflicht für Thiere (Verlust, Be­ schädigung, Versäumung der Lieferzeit enthält Abschnitt VII nicht. Es finden — soweit nicht die Aufgabe als Gepäck erfolgt (§ 30 Abs. 3) oder für die von Reisenden mitgeführten Hunde besondere Bestimmungen gegeben sind (§ 27) —

lediglich die bezüglichen Bestimmungen des Abschn. VIII über die Beförderung von Gütern sinngemäße Anwendung.

§44 171) § 44 enthält vornehmlich für lebende Thiere aller Art geltende K besondere Beförderungsbedingungen über den Annahmeort (Abs. 1), über die zur Annahme erforderliche Qualität (Abs. 2, 3), Begleitung (Abs. 4), Ein- und Aus­

laden (Abs. 5), sowie die Frachtzahlung (Abs. 6).

Abs. 1 beschränkt durch den

Hinweis auf Verk.-Ord. § 6 Abs. 2 (N. H.-G.-B. § 453 Abs. 1 Ziff. 1, 3 u. 4) die Annahmepflicht der Eisenbahnen auf bestimmte für die Thierbeförderung eingerichtete Stationen (s. Anm. 24 S. 24).

Es ist hier, wie in den §§ 44—48

überhaupt, nur von lebenden Thieren die Rede.

Der Transport todter Thiere

richtet sich lediglich nach den für den Gütertransport geltenden Bedingungen (Epstein S. 29, Schott S. 517).

Abschnitt VII.

§ 44. Besondere Beförderungsbedingungen.

197

172) Im Gegensatz zu den älteren Reglements (§ 40 Abs. 2 S. 1), welches § u die Annahme kranker Thiere ausfchließt und die Ablehnung derartiger Trans- abf,2e Porte den Eisenbahnen zur Pflicht macht (Schott S. 479, Thöl III §57 S. 116),

bestimmt § 44 Abs. 2 Satz 1 der Verk.-Ord. nur, daß die Beförderung kranker Thiere abgelehnt werden kann.

Hiernach ist dieselbe nicht unbedingt ausge­

schlossen, vielmehr dem Ermessen bezw. den Spezialvorschriften der einzelnen Ver­

waltungen überlassen, ob und unter welchen Bedingungen sie — unter Beobachtung der staatlichen Sicherheitsvorschriften — kranke Thiere zum Transporte verstatten

wollen. Im Satze 2 wird darauf hingewiesen, daß der Transport von Thieren wegen der Gefahr der Verschleppung von Seuchen ausgeschlossen, d. h. verboten

ist, insofern sanitätspolizeiliche Vorschriften dies bestimmen.

Die Zuwiderhandelnde

Eisenbahn macht sich ebenso wie der Versender civil- und kriminalrechtlich ver­ antwortlich. I. In Deutschland bezw. Preußen gelten für die Eisenbahnen: a) die allgemeinen Vorschriften zur Abwehr und Unterdrückung

von

Viehseuchen, insbesondere die darin enthaltenen Verkehrsverbote (u. Straf­ bestimmungen: § 328 R.-St.-G.-B.). Dahin gehören zunächst 1. das zur Abwehr rc. der Rinderpest erlassene Bundesgesetz vom 7. April 1869, betr. die Maßregeln gegen die Rinderpest (B.-G.-Bl. 1869 S. 105) und die hierzu ergangene Instruktion vom 26. Mai 1869 (B.-G.-Bl. S. 149f.) und die revidirte Instruktion vom 9. Juni 1873 (R.-G.-Bl. S. 147 f.), sowie

das Reichsgesetz, betr. die Zuwiderhandlungen gegen die zur Abwehr der Rinderpest erlassenen Vieh-Einfuhrverbote, vom 21. Mai 1878 (R.-G.-Bl. S. 195); 2. das Reichsgesetz, betr. die Abwehr und Unterdrückung von

Viehseuchen, vom 23. Juni 1880 (R.-G.-Bl. S. 153), sowie die hierzu er­ gangene Instruktion des Bundesraths vom 12. Februar 1881 (Centr.-Bl.

f. d. D. R. S. 37 f.) und das zu dem Reichsgesetze vom 23. Juni 1880 erlassene Preußische Ausführungsgesetz vom 12. März 1881 (G.-S. S. 128); 3. das Reichsgesetz, betr. Abänderung des Ges. über die Abwehr und Unter­ drückung von Viehseuchen, vom 1. Mai 1894 (R.-G.-Bl. S. 405), sowie

die hierzu ergangene neue Instruktion des Bundesraths vom 27. Juni 1895 (R.-G.-Bl. Nr. 27 S. 357-415), insbesondere §§ 59, 66, 67, 85, 86, 104, 106, 126, und Bekanntmachung vom 1. Juli 1897 (S. 590), 8. Sep­

tember 1898 (S. 1039) und das hierzu erlassene Preuß. Ausführ.-Ges. vom 18. Juni 1894 (G.-S. S. 115) und Erlaß des Preuß. Min. d. off. Arb. vom 19. Juli 1895 (E.-D.-Bl. S. 533); 4. das Viehseuchen-Uebereinkommen zwischen dem Deutschen Reiche und Oesterreich-Ungarn vom 6. Dezember

1891 (R.-G.-B1. 1892 S. 90); b) die besonderen Vorschriften, betr. die Beseitigung von Ansteckungs­ stoffen bei Viehbeförderungen auf Eisenbahnen (Desinfektion).

Dahin

gehörten das Reichsgesetz v. 25. Februar 1876 (R.-G.-Bl. S. 163, EV.-Bl. 1878 S. 171) und die hierzu ergangenen Ausführungs-Verordnungen

des Bundesraths (Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 6. Mai 1876, betr. die Ausführung des Ges. v. 25. Febr. 1876 C.-Bl. f. d. D. R. 1876 S. 251, später ersetzt durch die Bekanntmachung vom 20. Juni 1886 C.-Bl.

-

Abschnitt VII.

198

§ 44. Besondere Beförderungsbedingungen.

f. d. D. R. 1886 S. 200f., E.-V.-Bl. 1886 S. 467) und der Landes­ regierungen (s. Preuß. Ausf. - Verord. des Min. der öffentl. Arb. vom 19. November 1886 E.-V.-Bl. S. 468 und 31. August 1896 E.-V.-Bl.

S. 263).

Verfüg, des R.-E-A. vom 20./2. 1892, betr. Desinfektion der

zur Viehbeförderung benutzten Eisenbahnwagen im Verkehr mit Oesterreich-

Ungarn (E.-V.-Bl. 1892 S. 49); ferner § 49

der Militär-Transport-

Ordnung v. 18. Januar 1899 (R.-G.-Bl. S. 68); Bekanntmachung des

Reichskanzlers, betreffend die Einführung von Bestimmungen über die Be­

seitigung von Ansteckungsstoffen bei der Beförderung von lebendem Geflügel aus Eisenbahnen, vom 2. Februar 1899 (R.-G.-Bl. 1899 S. 11) und die

Bekanntmachung des Reichskanzlers, betr. die Beseitigung von Ansteckungs­ stoffen bei Viehbeförderungen auf Eisenbahnen, vom 26. Juli 1899 (Centr.Bl. f. d. Deutsche Reich S. 288, Preuß. Eisenb.-V.-Bl. S. 247).

Vgl. Allg. Abf.-Vorschr. § 20 Abs. 5 und die dort alleg. §§ 16, 17 und 23 des Uebereinkommens, betr. die gegenseitige Wagenbenuhung im Bereiche des Vereins deutscher Eisenb.-Verwaltnngen. Ferner § 20 Abs. 12: „Den Dienst­ stellen wird zur besonderen Pflicht gemacht, die vom Bundesrath erlassenen Bestimmungen über die Verladung und Beförderung von lebenden Thieren auf Eisenbahnen, desgleichen auch die auf Grund der Reichsgesetze vom 23. Juni 1880 und 1. Mai 1894, betreffend die Abwehr und

Unterdrückung von Viehseuchen, etwa erlassenen besonderen Bestimmungen genau zu beachten, auch auf deren Befolgung seitens der Absender zu halten. Ersichtlich kranke Thiere dürfen, insoweit deren Beförderung wegen der Ge-

fahr einer Verschleppung von Seuchen nicht ohnehin ausgeschlossen ist, zur Be­ förderung nur dann zngelassen werden,

wenn diese nach

dem pflichtmäßigen

Ermessen der Aufgabestation sich ohne Qualen für die Thiere selbst und ohne

Gefahr für mitverladene Thiere oder andere Gegenstände ausführen läßt.

In

zweifelhaften Fällen ist die Beförderung von der Beibringung eines thierärzt­

lichen Zeugnisses

abhängig zn machen"

(siehe noch Zus.-Best. d. Preuß.

Staatsb. Ziff. XIV u. XV und Bes. Best. d. Preuß. Staatsb. zu § 44 Verk.-Ord. Ziff. 1). Vgl. auch Erl. d. Preuß. Minist, d. öff. Arb., betr. die Verfolgung von

Zuwiderhandlungen gegen die Desinfektionsvorschriften,

vom

11. Mai 1896

(E.-V.-Bl. 1896 S. 190). § 44 Äbs. 3.

173) In Milderung der Bestimmung des, alt. Regl. (§ 40 Abs. 3), welches die Eisenbahn grundsätzlich für nicht verpflichtet zum Transport wilder Thiere erklärt, bestimmt § 44 Abs. 3 Verk.-Ord.,

daß die Eisenbahn zum Transport

wilder Thiere nur bei Beachtung der von ihr im Interesse der Sicher­ heit vorzuschreibenden

Bedingungen

verpflichtet

ist.

Der

Transport

wilder Thiere ist also nicht lediglich von dem Belieben der Eisenbahnen ab­ hängig; sie sind vielmehr gehalten, Sicherheitsvorschriften bekannt zu geben, und

sind zum Transport verpflichtet, wenn der Aufgeber die bezüglichen Vorschriften erfüllt.

Hiernach erscheint es zweifelhaft, ob die Allg. Zus.-Best. I (s.

oben

S. 193) zulässig ist, weil diese ganz generell den Transport wilder Thiere nur

Abschnitt VII.

zuläßt,

§ 44. Besondere Beförderungsbedingungen.

199

wenn die Verpackung und Verladung nach dem Ermessen der Versand­

station die Gefahr einer Beschädigung von Menschen rc. ausschließt. Denn nach § 44 Abs. 3 Verk.-Ord. hat die Eisenbahn bestimmte Sicherheitsvorschriften zu

erlassen und muß den Transport übernehmen, wenn diese erfüllt sind.

174) Abs. 4 schreibt vor, daß die Eisenbahn bei der Beförderung lebender §44 Thiere Begleitung zu fordern berechtigt ist — abgesehen von kleinen Thieren, 916114‘ insbesondere Geflügel in tragbaren, gehörig verschlosseneil, luftigen und geräumigen

Käfigen,

— und bestimmt zugleich den Ort, wo die Begleiter ihren Platz zu

nehmen haben, sowie ihre Pflicht zur Beaufsichtigung des Viehs während des Transports. Die Berechtigung, Begleitung zu fordern, erstreckt sich — ab­

gesehen von der erwähnten Ausnahme, auf alle lebenden Thiere, also insbe­ sondere auch auf kranke nnd wilde (Abs. 2 und 3).

Vgl. in Bezug aus die Beschränkung der Haftpflicht bei begleiteten Thieren: § 459 Abs. 1 Ziff. 6 und Abs. 2, 3 N. H.-G.-B., § 77 Abs. 1 Ziff. 6 Abs. 2, 3 Verk.-Ord. (Anm. 427).

Vgl. ferner über die Erfordernisse der Begleitung, Befugnisse und Pflichten

der Begleiter: Allg. Zus.-Best. ll Ziff. I u. 2, III. Ziff. 1—4 (oben S. 193ff.) und Allg. Abf.-Vorschr. § 20 Abs. 17, § 21 Abs. 1—3: Wenn für Sendungen von Thieren in Käfigen und dergleichen unterwegs ein nennenswerthes Stilllager eintritt, so haben die Stationen für die Tränkung und nötigenfalls

für die

Fütterung der Thiere Sorge zu tragen und die baaren Auslagen für das Futter

unter Vermerk auf Frachtbrief und Frachtkarte nachzunehmen. Gegebenenfalls ist jedoch der Absender darauf aufmerksam zu machen, daß eine besondere Gewähr hierfür nicht übernommen wird.

diensteten darf

Für die persönliche Mühewaltung der Be­

eine Anrechnung nicht erfolgen.

(Erl. des Preuß. Min. d. öff.

Arb. v. 2. Febr. 1891 E.-V.-Bl. S. 9.) (Vgl. noch Zus.-Best. d. Preuß. Staatsb. z. § 20 XVIII u. Bes. Best, derselb. z. § 44 Verk.-Ord. Ziff. 3.)

Nach der Allg. Zusatzbestimmung II zu § 44 der Verk.-Ord. ist die Beigabe von Begleitung nur bei Sendungen von Großvieh in Wagenladungen durch­ aus erforderlich, während bei Sendungen von Großvieh in einzelnen Stücken,

sowie von Kleinvieh (in Wagenladungen wie in einzelnen Stücken) nach

dem

Ermessen der Versandstation auf Antrag des Absenders von der Beigabe eines

Begleiters jedoch ohne Aenderung der Haftpflicht abgesehen werden kann. Bei der Aufgabe einzelner Thiere ist von denr Verlangen der Begleitung in der Regel abzusehen, wenn nicht besondere Umstände dieselbe nothwendig erscheinen

lassen, wie z. B. besondere Schwierigkeiten bei der Wartung und Pflege. Wird

bei der Aufgabe einzelner Thiere aus besonderen Gründen Begleitung verlangt, so find diese Gründe auf den Begleitpapieren anzugeben. Wegen der Beförderung der Begleiter vgl. Allg. Zusatzbestimmung III zu § 44 der Verk.-Ord. (Dgl.

noch Zus.-Best. der Preuß. Staatsb. zu § 21 I—III u. bes. Best. ders. z. § 44 Verk.-Ord. Ziff. 2. — Wenn bei einer Sendung lebender Thiere unterwegs

entdeckt wird,

daß die erforderliche Anzahl von Begleitern nicht vor­

handen ist, so sind entweder die fehlenden Begleiter auf Kosten des Absenders

zu stellen, oder es sind, wenn dieses nach dem Ermessen der Station nicht aus­

führbar, die Thiere auf der entdeckenden

oder der nächsten hierzu geeigneten

200

Abschnitt VII.

§ 44. Besondere Beförderungsbedingungen.

Station anzuhalten und auf Kosten des Absenders unter Benachrichtigung des­ selben zu verpflegen, sofern es nicht ausnahmsweise nach Lage des Falles un­ bedenklich erscheint, die Sendung unbegleitet bezw. mit den vorhandenen Begleitern bis zur Bestimmungsstation durchlaufen zu lassen. (Vgl. noch Zus.-Best. d. Preuß. Staatsb. z. § 21 VI. über die Ausübung der Kontrole.) Vgl. über die Verladung lebender Thiere in Käfigen: Allg. Abf.-Vorschr. § 35 Abs. 8 lit. I. und Erl. des Preuß. Min. d. off. Arb. v. 19. Januar 1889 E.-V.-Bl. S. 39; über die Begleitung von Bienensendungen: Erl. v. 12. Juli 1888 E.-D.-Bl. S. 181. Vgl. die bes. Best, der Preuß. Staatsb. für die Beförderung der Begleiter von Sendungen lebender Thiere, Gold- und Silberbarren rc., lebender Fische, Brieftauben-Sendungen, Bienen-Sendungen in Personenzügen z. § 11 Verk.-Ord. 9§4i 175) Abs. 5 legt dem Absender die Pflicht auf, das Einladen der Abs.b. £^jere |n hi? Wagen, sowie deren sichere Befestigung selbst zu besorgen

und die erforderlichen Befestigungsmittel zu beschaffen. In gleicher Weise hat der Empfänger das Ausladen selbst zu bewirken. Hiernach gilt hier die in § 459 Ziff. 3 N.H.-G.-B. und § 77 Ziff. 3 Verk.-Ord. vorgesehene Haftbeschränkung, d. h. die Eisenbahn haftet nicht für den Schaden, welcher für die beförderten Thiere aus der mit dem Auf- und Abladen oder mit einer mangelhaften Verladung ver­ bundenen Gefahr entsteht (vgl. Anm. 424 z. § 77 Ziff. 3 Verk.-Ord.). S. hierzu die Allg. Abf.-Vorschr. § 17 Abs. 6 u. § 33 über Bestellung und Anforderung der Wagen. Bezüglich der Verladung und Beförderung von lebenden Thieren auf Eisenbahnen hat der deutsche Bundesrath allgemeine Bestim­ mungen erlassen, welche durch Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 13. Juli 1879 (R.-G.-Bl. S. 479 ff.) veröffentlicht worden sind. (E.-V.-Bl. S. 142ff. und Ergänzung vom 28. November 1887. eod. S. 411.) Dieselben enthalten Vorschriften über die Ladeanlagen (Rampen, Viehbuchten, Fütterungs- und Tränkungsvorschriften) (§ 1), über die Beschaffenheit und Einrichtung der Wagen (§ 2), über die Art der Verladung (§ 3), über die Beförderung (Züge, Viehzüge, Geschwindigkeit der Viehzüge, Tränkung, Rangiren, Begleitung der Viehtransporte u. Desinfektion) (§§ 4—9) u. Schlußbestimmungen (§§ 10, 11). Von der Landesregierung kann mit Zustimmung des Reichs-Eisenbahnamts eine Abweichung von einzelnen Bestimmungen zugelassen werden (§11 Abs. 2), und zwar erstreckt sich diese Dispensationsbefugniß auf sämmtliche Vorschriften der Ver­ ordnung. (Mittheilung des Reichskanzlers vom 6. April 1885 — Min. d. öffentl. Arb. II. b. T. 2128). Vgl. ferner die Erl. dess. Min. v. 19. Mai 1885 E.-V.-Bl. S. 144 u. 19. Jan. 1889, E.-V.-Bl. S. 39. Hierzu sind die oben (S. 194, 195) mitgetheilten Allg. Zus.-Best. IV Ziff. 1—6 ergangen. Die Allg. Abf.-Vorschr. § 20 Abs. 12 machen es den Dienststellen zur besonderen Pflicht, die vom Bundesrath erlassenen Bestimmungen über die Verladung u. Beförderung von lebenden Thieren auf Eisenbahnen, desgleichen auch die auf Grund der Reichsgesetze vom 23. Juni 1880 und 1. Mai 1894, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Vieh-

Abschnitt VII. seuchen,

§ 44. Besondere Beförderungsbedingungen.

201

etwa erlassenen besonderen Versügungen genau zu beachten, anch auf

deren Befolgung seitens der Absender zu halten, s. oben Anm. 172 S. 197. Ferner

bestimmt Abs. 15 a. a. O., daß, wenn die Ueberlastnng eines vom Absender mit lebenden Thieren beladenen Wagens festgestellt ist, nach den Vorschriften

über die Erhebung von Frachtzuschlägen rc. zu verfahren ist.

Auch ist

das Uebergewicht sofort abzuladen und dem Begleiter zur Verfügung zu stellen,

welcher die etwaige Weiterbeförderung als besondere Sendung zu bewirken hat. Verweigert der Begleiter die Uebernahme, oder ist ein solcher nicht vorhanden, so sind die überschießenden Stücke auf Gefahr und Kosten des Absenders in Ver­

pflegung zu geben.

Werden dieselben einstweilen auf dem Bahnhöfe belassen, so

kommt das tarifmäßige Standgeld zur Erhebung. Ebenso ist zu verfahren, wenn

auf thierärztliche Anordnung oder aus sonstiger Veranlassung,

wenn bei­

spielsweise Großvieh gepreßt steht, die theilweise Entladung einer Wagenladung lebender Thiere erforderlich wird. In diesem Falle ist jedoch ein Frachtzuschlag

nicht zu berechnen, auch findet eine Frachtberechnung für die bereits zurückgelegte

Strecke nicht statt. Dgl. Zus.-Best. für die Preuß. Staats-Eisenb. Ziff. XVI über die

Trenn ung zusammengehöriger Viehsendungen u. Ziff. XVII über das Verfahren (telegr. Benachrichtigung rc.) bei Aussetzung eines Viehwagens.

176) Während nach dem alt. Regl. (§ 41 Abs. 6, § 43 Abs. 2) die Voraus- §44 bezahlung des Transportpreises bei Thiertransporten obligatorisch, d. h. der Fran- 5l^6' katurzwang generell eingeführt war, ist nach Abs. 6 des § 44 Verk.-Ord. die Vor­ ausbezahlung nur fakultativ und die Vorausbezahlung kann gefordert werden, aber sie braucht es nicht.

Die Eisenbahn ist zur Forderung der Vor­

ausbezahlung berechtigt, aber nicht verpflichtet.

Die Allg. Zus.-Best. Ziff. VI. unterscheiden hierbei Abfertigung auf Beförderungs- oder Gepäckschein und Abfertigung auf Frachtbrief. Bei ersterer be­ steht Frankaturzwang und ist Nachnahmebelastung ausgeschlossen. Bei letzterer ist

es in die Wahl der Eisenbahnen gestellt, unfrankirte Sendungen und Nachnahme­

belastung zuzulassen und die Bedingungen der Zulassung festzusetzen.

Die Allg. Abf.-Vorschr. § 20 Abs. 8 verweisen auf die vorstehende Ziff. VI der Allg. Zus.-Best. und überlassen es den besonderen Vorschriften, ob

und unter welchen Bedingungen in einzelnen Verkehren lebende Thiere, welche

mittels Frachtbriefes zur Aufgabe gelangen,

unfrankirt und mit Nach­

nahmebelastung zugelassen und abgefertigt werden.

Die Zus.-Best. der Preuß. Staats-Eisenb. Ziff. IX zum § 20 Abs. 8 cit. gestatten im Verkehre der Preußischen Staatsbahnen, sowie im Verkehre derselben

mit den dort bezeichneten nichtpreußischen Bahnen, welche sich dieser Einrichtung angeschlossen haben, die Beförderung lebender Thiere, welche mittelst Fracht­

briefs zur Aufgabe gelangen, auch unfrankirt oder mit Nachnahme­ belastung—in diesen Fällen auch mit Begleitung — unter denn a. a. O.

litt, a—f bezeichneten Bedingungen. Vgl. noch die Zus.-Best. der Preuß. Staats-Eisenb. Ziff. X—XII cit.

über die Abfertigung von Pferden u. Equipagen der königl. u. prinzl. Marställe

und der Gensdarmen mit Dienstpferden.

202

Abschnitt VII.

§ 45. Art der Abfertigung.

§. 45. Art der Abfertigung. Die Abfertigung der Thiere erfolgt — abgesehen von den Be­ stimmungen der §§. 27 und 30 Abs. 3 — nach der Vorschrift des Tarifs auf Grund von Beförderungsscheinen, welche von der Eisen­ bahn auszufertigen und dem Absender auszuhändigen sind, oder auf Grund von Frachtbriefen (§. 51).177)

Bei welcher Dienststelle die Auflieferung zu erfolgen hat und die Ablieferung stattfindet, bestimmt sich nach den Einrichtungen der Versand- und Empfangsbahn. II. 1. Thiere ohne Begleitung werden nur auf Grund von Fracht­ briefen befördert, sofern nicht Aufgabe als Gepäck erfolgt. 2. Im Beförderungsschein oder Frachtbrief ist die Stückzahl der aufgegebenen Thiere anzugeben. 3. Die Form des Fahrtausweises für Begleiter bei Frachtbrief­ sendungen regelt sich nach den Bestimmungen der Eisen­ bahnverwaltungen. (Siehe auch Zusatzbestimmung III zu § 44 der Verkehrsordnung.) T.

§45. 177) § 45 trifft über die Art der Abfertigung von Thiertransporten ^!bs!itz^Bestimmung. Es sind zwei Arten der Abfertigung vorgeschrieben, nach welchem die Abfertigung zu erfolgen hat: auf Grund von Beförderungsscheinen oder auf Grund von Frachtbriefen. Erfolgt die Abfertigung auf Beförderungsschein, so sind sie von der Eisenbahn auszufertigen und dem Absender auszuhändigen. Dies ist obligatorisch und darf durch Tarifvorschriften nicht ab­ geändert werden. Erfolgt die Abfertigung auf Frachtbrief, so greifen — worauf § 45 ausdrücklich hinweist — die Bestimmungen des § 51 der Verk.-Ord. Platz. Die Wahl zwischen diesen beiden Arten der Abfertigung überläßt § 45 der Verk.Ord. — abgesehen von den Bestimmungen der §§ 27 u. 30 Abs. 3 — der Vor­ schrift der Tarife. Demgemäß schreiben die Allg. Abf.-Vorschr. § 20 Abs. 1—3 vor, daß, abgesehen von der Aufgabe von Hunden in Begleitung von Reisenden und von Kleinvieh und wilden Thieren in Käfigen, als Gepäck, Thiersendungen mit Be­ gleitung auf Beförderungsschein nach dem in den Allg. Abf.-Vorschr. bestimmten Muster, Sendungen ohne Begleitung auf Frachtbrief abgefertigt werden (s. auch Allg. Zus.-Best. II. z. § 45 Verk.-Ord.) — Sofern nicht Ausnahmen unter den Verwaltungen besonders vereinbart sind, ist bei der Abfertigung einer Sendung auf Beförderungsschein für jeden Wagen ein besonderer Beförderungsschein auszustellen. Bezüglich des Beförderungsscheines gelten die im § 17 Ziff. 3—5 der Allg. Abf.Vorschr. gegebenen Vorschriften. Bei der Auflieferung mit Frachtbrief werden a) Kleinvieh (einschl. Hunde) in Käfigen, Kisten, Säcken und dergl., sowie einzelne wilde Thiere in Käfigen, soweit die Frachtberechnung nach dem Eilstückgutsatze

Abschnitt VII.

§ 46. An- und Abnahme.

203

zu erfolgen hat, auf Eilfracht karte; b) alle sonstigen lebenden Thiere auf Thierfrachtkarte nach (anliegendem) Muster abgefertigt.

Die Thierfrachtkarten

sind besonders, und zwar ohne Rücksicht auf die Kartenschlußstation, fortlaufend

zu numeriren. Die Allg. Abf.-Vorschr. § 20 Abs. 7

weisen darauf hin, daß vor der

Annahme sich die Abfertigungsstelle mit dem Aufgeber oder Begleiter nach Maß­ gabe des von diesem gewählten Weges über die Abfertigungsweise und über die zu benutzenden, nach Vorschrift der Verwaltung für Viehbeförderung zugelassenen

Züge zu verständigen hat.

(Die Zus.-Best. I u. II. s. d. Preuß. Staatsb. setzen

des Näheren fest, welche Thiertransporte durch die Gepäck- und welche durch die

Eilgut- oder Güter-Abfertigungsstellen abzufertigen sind.)

Vgl. ferner in betreff

der Abfertigungsmodalitäten von Viehtransporten die Allg. Abf.-Vorschr. § 20

Abs. 6, 9-11 (ii. Zus.-Best. IX u. X. f. d. Prenß. Staatsb.), sowie Abs. 18 wegen der Beförderung von Hunden, Abs. 19 von Militär-Brieftauben, Abs. 20 von Viehseudungen im internationalen Verkehre.

§• 46. An- und Abnahme. (1) Die Eisenbahn hat bekannt zu machen, mit welchen Zügen die Beförderung von Thieren erfolgt. Die Annahme einzelner Stücke zur Beförderung hängt davon ab, ob geeigneter Raum vorhan­ den ist.178)

I. Ueber die Züge, mit welchen je nach der Art der Sendungen und dem Orte ihrer Bestimmung die Beförderung in der Kegel stattfindet, geben die Dienststellen auf den Stationen Auskunft. (2) Die Eisenbahn kann durch den Tarif festsehen, daß die An­ nahme von lebenden Thieren mit Ausnahme von Hunden an Sonnund Festtagen ausgeschlossen oder,auf bestimmte Stunden beschränkt wird.'78)

II. An Sonn- und Festtagen werden ausser Hunden keine Thiere zur Beförderung angenommen. Ausnahmen hiervon können durch die Verwaltung der Versandbahn zugelassen werden. (3) Die Thiere müssen rechtzeitig, einzelne Stücke mindestens 1 Stunde vor Abgang des Zuges, aus den Bahnhof gebracht werden. Bei der Ankunft an dem Bestimmungsorte werden die Thiere gegen Rückgabe des Beförderungsscheins oder nach Aushändigung des Fracht­ briefs an den Empfänger gegen dessen Bescheinigung ausgeliefert. Das Ausladen und Abtreiben muß spätestens 2 Stunden nach der Bereitstellung und dem Ablaufe der zur etwaigen zoll- oder steuer­ amtlichen Abfertigung erforderlichen Zeit erfolgen. Nach Ablauf dieser

204

Abschnitt VII.

§ 46. An- und Abnahme.

Frist ist die Eisenbahn berechtigt, die Thiere auf Gefahr und Kosten des Absenders in Verpflegung zu geben oder, falls sie deren ferneren

Aufenthalt im Wagen oder auf dem Bahnhöfe gestattet, ein im Tarife

sestzusetzendes Standgeld zu erheben.^)

III. Die Bestellung von Wagen zur Verladung von lebenden Thieren ist in der Regel schriftlich bei derjenigen Station, auf welcher verladen werden soll, anzubringen und hat die Anzahl und Gattung der erforderlichen Wagen — gedeckt gebaute oder offen gebaute, Stallungs-, Vieh- oder Etagewagen — die Be­ stimmungsstation, den Tag des Gebrauchs, das Datum und die Unterschrift des Bestellers zu enthalten. IV. Wegen a) der Kosten bei Ausführung nachträglicher Verfügungen (§ 64 der Verkehrsordnung); b) der Kosten beim Rücktritt vorn Vertrage wegen eines Transporthindernisses (§ 65 Abs. 1 und 2 der Verkehrs­ ordnung); c) des Standgeldes siehe den Nebengebührentarif (Abschnitt C des Tarifs). §46.

178) § 46 trifft Bestimmung über die An- und Abnahme von Thiertrans­ porten und zwar Abs. 1: über die zur Beförderung bestimmten Züge bezw. Räume, Abs. 2: Annahme an Sonn- und Festtagen, Abs. 3: Auf- und Auslieferung.

§46 Abs. 1.

Abs. ISatzl setzt fest, daß die Eisenbahn verpflichtet ist, die Züge, mit welchen die Beförderung von Thieren erfolgt, bekannt zu machen. Die Bekanntmachung muß eine öffentliche und gehörige sein (S. 26—29). Das Reichseisenbahnamt hat hierzu verfügt: Die Züge, welche zur Beförderung von Pferden und anderen Thieren bestimmt sind, sind für einen längeren Zeit­ abschnitt bezw. für die Dauer der Fahrplanperiode ein- für allemal fest­ zusetzen und durch Anschlag in den Expeditionslokalen oder durch Bekannt­ machung in den Zeitungen zur allgemeinen Kenntniß zu bringen, damit die Viehversender rechtzeitig ihre Dispositionen treffen können und nicht dein Belieben der Expeditionen anheimgegeben sind. Auch sind bei der Einrichtung direkter Verkehre mit anderen Bahnen Vereinbarungen über diejenigen Züge zu treffen, mit denen das zum Uebergang auf andere Bahnen bestimmte Vieh be­ fördert werden soll. Bei der Auswahl der Züge ist darauf Bedacht zu nehmen, daß ein mit den Zwecken der direkten Expedition nicht im Einklang stehender Aufenthalt auf den Uebergangsstationen vermieden wird. Ueber das Veranlaßte ist bei der Vorlage der Fahrpläne Anzeige zu machen (Verf. der R.-E.-A. vom 13. April 1875 Nr. 2808). Vgl. den analogen Erl. des Preuß. Min. d. öffentl. Arb. v. 22./1O. 1890, betr. die schleunige Beförderung von Fischsendungen (E.V.-Bl. S. 235), und 14./1. 1892, betr. Beförderung von Viehsendungen, im Fall

Abschnitt VII.

205'

§ 46. An- und Abnahme.

einer Zugverspätung (E.-V.-Bl. 1892 S. 9).

Nach Ziff. I der Allg. Zus.-

Best. haben auch die Dienststellen auf den Stationen über die Züge, mit welchen je nach der Art der Sendungen und dem Orte ihrer Bestimmung

die Beförderung in der Regel stattstndet, Auskunft zu geben (s. S. 203). Nach Satz 2

ist

die Annahme

einzelner

Stücke

davon abhängig, ob geeigneter Raum vorhanden ist.

zur Beförderung

Diese Bestimmung

darf jedoch nicht dahin ausgelegt werden, daß die Eisenbahn die Annahme einzelner Stücke zur Beförderung aus Mangel an geeignetem Raume beliebig ablehnen darf.

Denn dies würde gegen die ihr gemäß § 453 H.-G.-B., § 6

Verk.-Ord. obliegende Transportpflicht verstoßen.

Vielmehr bezieht sich Satz 2

auf die nicht für die Beförderung von Thieren bestimmten Züge.

Die Beförde­

rung einzelner Stücke in den für Thiertransporte bestimmten Zügen kann bei

rechtzeitiger Anmeldung nicht ohne Weiteres abgelehnt werden, wohl aber kann der Absender, falls Mangels eines geeignete« Raumes ein größerer, als der für das einzelne Stück erforderliche und passende, gewährt werden muß (z. B.

eine ganze Wagenabtheilung rc.), zu entsprechend höheren Tarifsätzen verpflichtet werden. Vgl. die Fahrplan-Vorschriften f. d. preuß. Staatsb. v. 1. Mai 1900. Besondere Bestimmungen Litt. E. „Ueber die Beförderungen einzelner Stücke

Vieh im Packwagen und Desinfektion desselben".

179) Abs. 2 giebt der Eisenbahn die Befugniß, durch den Tarif festzusehen, daß die Annahme von lebenden Thieren — mit Ausnahme von Hunden

§46 2*

— an Sonn- und Festtagen ausgeschlossen oder auf bestimmte Stunden beschränkt wird. Daraus folgt e contr., daß, abweichend von der für gewöhn­

liches und für Eilgut durch § 56 Abs. 3 Verk.-Ord. gegebenen Vorschrift, grund­ sätzlich lebende Thiere auch an Soun- und Festtagen anzunehmen bezw. aus­ zuliefern sind. Es bedarf einer ausdrücklichen Festsetzung durch den Tarif, wenn dies entweder gänzlich ausgeschlossen oder — wie bei Eilgut — auf bestimmte Stunden beschränkt sein soll.

Für die Annahme bezw. Ausliefe­

rung von Hunden ist die Ausschließung oder Beschränkung auch durch den Tarif nicht gestattet. Zm Anschluß daran bestimmt Ziff. II der Allg. Zus.-Best., daß an Sonn- und Festtagen, außer Hunden, keine Thiere zur Be­

förderung angenommen werden und Ausnahmen hiervon nur durch die Ver­ waltung der Versandtbahn zugelassen werden können. Unter „Festtagen" sind die gesetzlichen, nicht die kirchlichen zu verstehen (Endemann, Recht d. Eisenb. S. 550. Eger, d. Frachtr. II. S. 233, 235), d. h.

die als allgemeine bürgerliche Feiertage staatlich anerkannten Festtage; in

Uebereinstimmung mit § 366 Nr. 1 Reichsstrafgesetzb. (vgl. Oppenhoff, Komm. Anm. I ff. Erl. des Preuß. Hand.-Minist. v. 7. Oktober 1875, 10./3. 1883, 21./1.

1884), s. ferner Verk.-Ord. § 56 Abs. 3 Anm. 251, 252 u. § 63 Abs. 8 Anm. 324.

180) Abs. 3 trifft Bestimmung über die Zeit der Auflieferung und die Zeit und Form der Auslieferung. Ueber die Zeit der Auflieferung ist bestimmt,

daß die Thiere

mindestens eine Stunde vor Abgang des

Zuges auf den Bahnhof gebracht werden müssen.

Ueber die Zeit der Aus­

lieferung ist bestimmt, daß dieselbe alsbald bei der Ankunft am Bestimmungs-

§46 3*

206

Abschnitt VII.

§ 46. An- und Abnahme.

orte — und zwar gegen Rückgabe des Beförderungsscheins oder nach Aushän­ digung des Frachtbriefes an den Empfänger gegen dessen Bescheinigung (s. § 66 Abs. 1, § 68 Abs. 7 Verk.-Ord.) — geschieht und das Ausladen und Abtreiben spätestens 2 Stunden nach der Bereitstellung und dein Ablaufe der zur etwaigen zoll- oder steueramtlichen Abfertigung erforderlichen Zeit erfolgen, d. h. beendet sein muß. Denn, bedeutete „erfolgen" nur „beginnen", so würde eine Frist für die Beendigung fehlen und die Vorschrift zwecklos sein. Dies ergiebt auch der Schlußsatz, nach welchem die Bahn nach Ablauf dieser Frist das zweifache Recht hat, entweder die Thiere auf Gefahr und Kosten des Absenders in Verpflegung zu geben oder ein Standgeld zu erheben, falls sie dem Vieh einen ferneren Aufenthalt im Wagen oder auf dem Bahnhöfe gestattet (wozu sie nicht verpflichtet ist). Standgeld darf aber nur dann erhoben werden, wenn es im Tarife festgesetzt ist.

Die Allg. Zus.-Best. z. § 46 Verk.-Ord. (S. 204) regeln unter Ziff. III die Bestellung von Wagen zur Verladung von lebenden Thieren und verweisen unter IV in Betreff der Kosten bei Ausführung nachträglicher Verfügungen (§ 64 Verk.-Ord.), der Kosten im Rücktrittsfalle (§ 65 1. c.) und des Standgelds (§ 46 Abs. 3) auf den Nebengebührentarif (Abschn. C.). Die Allg. Abf.-Vorschr. § 22 Abs. 1, 2, 4 u. 5 bestimmen ergänzend:

1. Die Empfangsstation hat die Thiersendungen und zugehörigen Begleit­ papiere (Karten zu den Beförderungsscheinen oder Thierfrachtkarten) vom Zug­ beamten zu übernehmen und bei Feststellung von Beschädigungen der Betriebs­ mittel oder Ausrüstungsgegenstände, sowie des Verlustes von letzteren nach § 52 Ziff. 23 zu verfahren. Im Uebrigen sind für die Auslieferung die Vor­ schriften des § 46 E.-V.-O. maßgebend. (Vgl. Zus.-Best. der Preuß. Staatsb.) 2. Die Auslieferung von Viehsendungen hat auch an den Sonn- und Fest­ tagen zu erfolgen, soweit nicht polizeiliche Bestimmungen ausdrücklich die Entladung untersagen. Ein etwaiges Verbot des Viehtreibens über Straßen und öffentliche Plätze an Sonn- und Festtagen hindert die Aus­ lieferung nicht. 4. Meldet sich nach Eintreffen der auf Frachtbrief abgefertigten Thier­ sendungen auf der Bestimmungsstation kein zur Empfangnahme Berechtigter, so ist der im Frachtbrief bezeichnete Empfänger unverzüglich, in jedem Falle innerhalb der für Eilgut festgesetzten Frist zu benachrichtigen. Ueber die Aus­ lieferung derartiger Sendungen ist vom Empfänger in der für den GüterVerkehr vorgeschriebenen Weise Quittung zu leisten.

5. Betreffs der Reinigung der zur Beförderung von Thieren benutzten Wagen wird auf die Bestimmungen des Reichsgesetzes, betreffend die Beseitigung von Ansteckungsstoffen bei Viehbeförderungen auf Eisenbahnen vom 25. Februar 1876 nebst den dazu erlassenen besonderen Vorschriften, auf die Bestimmungen in § 14 Abs. 2 g und Anlage IV des Uebereinkommens, betreffend die gegenseitige Wagenbenutzung im Bereiche des Vereins Deutscher Eisenbahn-Verwaltungen, sowie die Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 2. Februar 1899, be-

Abschnitt VII.

§ 47. Lieferfrist für Thiere.

207

treffend die Einführung von Bestimmungen über die Beseitigung von Ansteckungsstoffen bei der Beförderung von lebendem Geflügel auf Eisenbahnen, verwiesen (s. oben S. 198).

§. 47.

Lieferfrist für Thiere. (0 Die Lieferfrist setzt sich aus Expeditions- und Transportfrist zusammen und darf nicht mehr betragen als: 1. an Expeditionsfrist...............................................1 Tag, 2. an Transportsrist für je auch nur angesangene 300 Kilometer......................................................... 1 Tag?8') (2) Sie beginnt mit der auf die Abstempelung des Frachtbriefs oder Aushändigung des Beförderungsscheins folgenden Mitternacht und ist gewahrt, wenn innerhalb derselben das Vieh auf der Be­ stimmungsstation zur Abnahme bereitgestellt ist182) (3) Der Lauf der Lieferfristen ruht außer den Fällen des §. 63 Abs. 6 auch für die Dauer des Aufenthalts des Viehes auf den Tränkestationen sowie für die Dauer der ärztlichen Viehbeschanung.'^) (4) Die Auslieferung von Pferden und Hunden, welche mit Per­ sonenzügen befördert werden, kann in der im §. 33 Abs. 2 und 6 be­ stimmten Frist verlangt werden?^) 181) §47 handelt von der Lieferfrist für Thiere, und zwar Abs. 1 (in §47Verbindung mit Abs. 4) von der Zusammensetzung und Dauer, Abs. 2 Beginn und Wahrung, Abs. 3 Ruhen der Frist. Ueber die Pflicht zur Veröffentlichung und die Form derselben ist hier zwar nichts bestimmt. Doch unterliegt es mit Rücksicht mif § 48 Abs. 1 keinem Zweifel, daß auch die Liefer­ fristen für Thiere gemäß §63 Abs. I durch die Tarife veröffentlicht werden müssen. Nach Abs. 1 setzt sich die Lieferfrist für Thiere in gleicher Weise wie die für andere Güter (§63) aus Expeditions- und Transportfrist zusammen. Erstere umfaßt die für die eisenbahnseitige Vorbereitung des Transports und sämmtliche damit zusammenhängende Manipulationen erforderliche Zeit, letztere die eigentliche Lauffrist, d. h. die für die wirkliche Fortbewegung des Transports nöthige Frist. Abs. 1 stellt für die Lieferfrist bei Thiertransporten dieselben Ansätze auf, welche § 63 Abs. 1 lit. a. Verk.-Ord. für Eilgüter bestimmt, nämlich eine Expeditionsfrist von 1 Tag und eine Transportfrist für je auch nur an­ gefangene 300 km von 1 Tag. Wie die Worte „darf nicht mehr betragen" andeuten, sind diese Fristen ebenso wie im §63 Maximalfristen, d. h. jede Bahn ist an diese ihr vorgeschriebene Grenze gebunden und darf nicht darüber hinausgehen, wohl aber geringere Fristen normiren. Längere Lieferfristen sind selbst dann nicht gestattet, wenn andere günstige Bedingungen dafür gewährt werden. Roch weniger ist es zulässig, die Lieferfristen etwa ganz aufzuheben.

208

Abschnitt VII.

§ 47. Lieferfrist für Thiere.

Für unstatthaft ist es insbesondere erklärt, bei Sendungen, welche zn ermäßigten

Frachtsätzen transportirt werden,

die reglementarischen Lieferungszeiten zu ver­

längern oder ganz aufzuheben (s. Schreiben des R.-E.-B.-A. v. 22. März 1876 und den Erl. des Pr. Hand.-Min. v. 9. April 1876); und ebenso ist es unzu­ lässig, die Sonn- und Feiertage bei Berechnung der Fristen außer Ansatz zu

lassen (außer in den Fällen des § 63, Abs. 6 u. 7, Verk.-Ord.), oder für Sen­

dungen , welche nur au bestimmten Tagen der Woche expedirt werden (z. B. auf Haltestellen mit beschränktem Güterexpeditionsdienste, Vieh- und Wochen­ märkten rc.) eine Verlängerung der normalen Fristen in den Tarifen auszu­ bedingen. (Vergl. Erl. d. Pr. Hand.-Min. vom 16. Dezember 1876, V, 11956, und vom 31. Marz 1877, V, 2634, II, 5845.

Wenn der Transport aus dem Bereiche einer Verwaltung in den Bereich einer anderen anschließenden übergeht, so berechnen sich die Transport fr ist en

aus der Gesammtentfernung zwischen der Allfgabe- und Bestimmungs­ station, während die Expeditionsfristen ohne Rücksicht auf die Zahl der durch den Transport berührten Verwaltungsgebiete nur einmal zur Berechnung kommen (Verk.-Ord. § 63 Abs. 2). Es ist also bei diesen Transporten ganz in­ different, wie viel Verwaltungen daran betheiligt sind und wie oft eine Ueber-

gangs- oder Nmexpedition unterwegs etwa erforderlich ist. Eine tarifarische Be­ stimmung, wonach die Lieferfristen, welche mehrere Bahn- oder Staatsgebiete berühren, sich zusammensehen aus der Summe der für jedes Gebiet zulässigen Maximalfristen, ist unstatthaft, die Berechnung der Lieferfristen soll vielmehr ohne Rücksicht auf die Ueberschreitung der betreffenden Landesgrenzen stattfinden. (Erl. d. R.-E.-B.-A. 21. März 1876 u. des Pr. Hand.-Min. 10. April 1876, II, 5656, V, 2807.) Es wird lediglich die Gesammtentfernung zwischen der Aufgabe- und Bestimmungsstation in Betracht gezogen und der sich hieraus ergebenden Trans­ portfrist nur eine einmalige Expeditionsfrist hinzugerechnet, wie wenn das Gut

nur in einem einzigen Bahngebiete befördert worden wäre. Ebenso ist es gleichgültig, ob die betreffenden Eisenbahnen in einem oder in mehreren Staatsgebieten liegen. Voraussetzung dieses Berechnungsmodus ist aber, daß der Transport mittels direkten Frachtbriefes ohne Vermittelungsadresse (Verk.-Ord. § 49) übergeht. Wird ein neuer Frachtbrief unterwegs ausgestellt, so

wird die Lieferzeit für jedes der betheiligten Bahngebiete getrennt berechnet. Ferner müssen die Verwaltungsbereiche anschließende sein.

Besteht zwischen

ihnen keine Schienenverbindung, so sind sie nicht anschließend, auch wenn sie an demselben Orte münden.

Für die Berechnung der Gesammtentfernung sind die

behördlich genehmigten Entfernungsangaben der einzelnen Tarife und in deren Ermangelung die allgemeinen amtlichen Entfernungsangaben in erster Reihe

maßgebend. Wenn innerhalb eines und desselben Bahngebietes oder Verbandes

zwischen Aufgabe- und Bestimmungsstation verschiedene Transportwege bestehen, über welche Güter zu gleichen Frachtsätzen instradirt werden, wird- nur die kürzere

Entfernung eingestellt werden dürfen, selbst wenn ausnahmsweise aus besonderen

Umständen die Bildung der Tarife nach der Entfernung der längeren Route von

der Aufsichtsbehörde gestattet sein sollte. Wenn hingegen bei konkurrirenden Routen der Absender selbst die längere Route wählt, so muß er sich auch die längere Transportfrist gefallen lassen. (Schr. d. R.-E.-B.-A. 8. Dezember 1874, Nr. 8252.

Abschnitt VII.

§ 47. Lieferfrist für Thiere.

209

Erl. d. Preuß. Hand.-Min. v. 30. Dezember 1874, II, 28057, und 22. Februar 1875, II, 2116, V, 1201.) Es kann zweifelhaft erscheinen, ob, wenn die Lieferzeit zwar in dem einen

Bahnbereiche nach den für dieses geltenden Bestimmungen überschritten, in dem anderen anschließenden Dahnbereiche aber derart eingehalten worden ist, daß die Lieferzeit für die Gesammtentfernung beider Bereiche nicht überschritten erscheint,

dieselbe als nicht überschritten anzusehen und die erstere Verwaltung für ihre Säumniß nicht ersatzpflichtig ist, bezw. ob eine Bahn, welche den auf sie ent­

fallenden Theil der Lieferfrist überschreitet, von Fristersparnissen einer anderen Bahn Vortheil ziehen könne. Aber mit Rücksicht darauf, daß Abs. 2 des § 63 Verk. Ord. unverkennbar für die Berechnung eines mehrere Bahnbereiche durch­

laufenden Transports gewissermaßen ein Bahngebiet fingirt, ist anzunehmen, daß

die beschleunigtere Beförderung der einen Verwaltung

der säumigeren

anderen Verwaltung zu Gute kommt und deren Verspätung ausgleicht, gleich­ viel ob eine Gesammtlieferfrist besteht oder nicht. (Entsch. d. R.-O.-H.-G. v. 18./3. 1873. 6QInt Wochenschr. III S. 164.) Mit Rücksicht auf § 48 Abs. 1 Verk.-Ord. ist es auch bei Thiertransporten den Eisenbahnverwaltungen gestattet, mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde Zuschlagsfristen für folgende Fälle festzusehen: 1. Für solche Transporte, deren Beförderung von iinb nach abseits von der Bahn gelegenen Orten (Güter­ nebenstellen) die Eisenbahn übernommen hat. 2. Für außergewöhnliche Verkehrs­

verhältnisse, wobei es zulässig ist, die Zuschlagsfristen ausnahmsweise vor­ behaltlich der Genehmigung der Aufsichtsbehörde festzusetzen. 3. Für den Uebergang auf Bahnen mit anderer Spurweite. Die Zuschlagssristen sind gehörig zu veröffentlichen. Aus der Bekanntmachung muß zu ersehen sein, ob und durch

welche Behörde die Genehmigung ertheilt, oder ob eine solche vorbehalten ist. Im letzteren Falle muß die nachträglich erfolgte Genehmigung innerhalb 8 Tagen durch eine besondere Bekanntmachuug veröffentlicht werden. Die Festsetzung von

Zuschlagsfristen ist wirkungslos, wenn die nachträgliche Genehmigung von der Aufsichtsbehörde versagt, oder die ertheilte Genehmigung nicht rechtzeitig ver­ öffentlicht wird.

182) Abs. 2 trifft über Beginn und Wahrung der Lieferfrist Bestimmung. Soweit die Beförderung auf Grund von Frachtbriefen erfolgt, beginnt

die Frist mit der auf die Abstempelung des Frachtbriefes folgenden Mitternacht.

Diese Bestimmung weicht wesentlich ab von derjenigen des § 63 Abs. 4, wonach

für alle anderen Güter die Frist — abgesehen von dem Falle des § 55 Abs. 3 — mit der ans die Annahme des Guts nebst Frachtbrief (§ 54 Abs. 1) folgenden Mitternacht beginnt. Nachdem als Moment des Frachtvertragsabschlusses durch § 54 Abs. 1 grundsätzlich die Annahme des Guts mit dem Frachtbriefe zur Be­ förderung seitens der Versandstation — nicht die Abstempelung desselben — hin­

gestellt ist, scheint die Abweichung im § 47 Abs. 2 nicht begründet und wohl nur auf einem redaktionellen Versehen zu beruhen. — Geschieht die Beförderung

mittels Beförderungsscheins, so bildet der Zeitpunkt der Aushändigung dieses Scheins den Beginn der Frist.

In beiden Fällen ist die Frist gewahrt, d. h. der Transport noch in der Lieferfrist beendet, wenn innerhalb derselben das Vieh auf der BestimmungsEger, Eisenbahn-Verkehrsordnung.

2. Aufl.

§47 21

Abschnitt VII.

210

§ 47. Lieferfrist für Thiere.

station zur Abnahme bereitgestellt ist.

Es gelten mithin hier dieselben Normen,

wie für Güter, welche bahnlagernd gestellt sind oder deren Empfänger sich die

Avistrung schriftlich verbeten 'hat (§ 63 Abs. 5).

Die durch Abs. 7 uud 8 des

§ 63 festgesetzten Verlängerungen der Lieferfrist bei hineinfallenden Sonn- und

Festtagen gelten für Thiertransporte nicht, da diese — wie die Fristbestimmungen des § 47 Abs. 1 zeigen — den Eilgütern gleichgestellt sind, die Abs. 7 und 8 des § 63 aber §47

lbs.3.

nur auf gewöhnliches Gut Anwendung finden.

183) Abs. 3 stellt für das Ruhen des Fristenlaufes vier Fälle hin: Zunächst geltenden:

die beiden allgemeinen, für alle Güter gemäß § 63 Abs. 6

für die Dauer der zoll-

oder steueramtlichen oder polizei­

lichen Abfertigung und für die Dauer einer ohne Verschulden der Eisenbahn

eingetretenen Betriebsstörung, durch welche der Antritt oder die Fortsetzung des Bahntransports zeitweilig verhindert lvird. Während dieser Hindernisse ruht der Fristenlauf, d. h. er wird nicht vollständig und derartig unterbrochen, daß die ganze Frist von dem Aufhören des Hindernisses an von Neuem zu laufen be­

ginnt, sondern sie ruht nur während der Zeit des Hindernisses dergestalt, daß die Zeit, welche vor dem Hindernisse liegt, mit der Zeit nach dem Wegfalle desselben zusammengerechnet wird, und bloß die Zwischenzeit, in welcher das Hinderniß besteht, unberücksichtigt bleibt. Unter „zoll- oder steneramtlicher oder polizeilicher Abfertigung" ist hierbei im weitesten Sinne jede durch die Steuer-, Zoll- und Polizeivorschriften der transitirten Länder erforderliche Behandlung des Guts zu

verstehen.

Ebenso ist „Betriebsstörung" irrt weitesten Sinne aufzufassen, gleich­

viel also, ob dieselbe durch höhere Gewalt, Naturereignisse, Brand, Wassernoth oder Zufälle irgend welcher Art, sei es in den Leuten oder den Transportmitteln der Bahn liegend, herbeigeführt ist. Bedingung ist nur, daß die Betriebsstörung

„ohne Verschulden der Eisenbahn" eingetreten ist.

Den Beweis dafür, daß die

beregten Hindernisse vorhanden gewesen sind und ohne ihr Verschulden den Trans­ port aufgehalten haben, hat die Bahn zu führen. Es ist hierbei gleichgültig, ob das Hinderniß vor oder bei Antritt des Trarrsports oder erst unterwegs ein­

getreten ist.

Die Frist ruht, wenn der Antritt oder die Fortsetzung des Bahn­

transports dadurch verhindert wird, und zwar zeitweilig, d. h. weder eine ganz unerhebliche Störung, noch eine dauernde Verhindermtg des Transports, welche denselben unmöglich macht beziehungsweise seinen Zweck vereitelt, bedingen

ein Ruhen der Frist. Hierzu treten noch zwei besondere, nur den Thiertransporten eigenthüm­

liche Fälle des Ruhens. Der Lauf der Lieferfrist soll ferner ruhen für die Dauer

des Aufenthalts auf den Tränkestationen (s. oben § 44 Anm. 174 S. 199 Bek. des Reichskanzlers v. 13. Juli 1879 Centr.-Bl. S. 479 ff. E.-V.-Bl. S. 142 ff.)

und für die Dauer der ärztlichen Viehbeschauung. §47 Abs. 4.

184) Abs. 4 enthält von den Regeln des Abs. 1 nur insofern eine Aus­ nahme, als die Auslieferung von Pferden und Hunden, welche mit Per­ sonenzügen befördert werden, nicht nach Maßgabe der in Abs. 1 bestimmten

Frist, sondern in der in tz 33 Abs. 2 und 6 für Gepäck bezw. Fahrzeuge be­ stimmten Frist (s. Anm. 133 S. 145, Anm. 137 S. 149) verlangt werden kann. Voraussetzung ist die Beförderung mit Personenzügen, auch gilt die Ausnahme

nur für Pferde und Hunde.

Abschnitt VII.

§ 48. Anwendbarkeit der Bestimmungen für Güter.

211

§. 48. Anwendbarkeit der Bestimmungen für Güter. (1) Zm Uebrigen finden auf die Beförderung von Thieren die Bestimmungen des Abschnitts VIII sinngemäße Anwendung.1^) (2) Die Angabe des Interesses an der Lieferung hat bei den aus Beförderungsschein abgefertigten Thieren nur dann eine rechtliche Wirkung, wenn sie von der Absertigungsstelle der Abgangsstation im Beförderungsscheine vermerkt ist.186)

I. Wegen des Verfahrens bei Ueberlastung eines mit Thieren beladenen Wagens vergl. § 53 Abs. 3, 7 und 11 der Ver­ kehrsordnung. II. Wegen des Frachtzuschlags für Angabe des Interesses an der Lieferung siehe den Nebengebührentarif (Abschnitt C des Tarifs). 185) § 48 bestimmt in Abs. 1 die analoge Anwendung der Bestimmungen des Abschn. VIII ans die Beförderung von Thieren und im Abs. 2 eine be­ sondere Form der Deklaration des Interesses an der Lieferung (Anm. 147 S. 166)

§ 48.

bei den auf Beförderungsschein abgefertigten Thiertransporten. Nach Abs. 1 finden „im Uebrigen", d. h. insoweit nicht Abschn. VII besondere bezw. abweichende Vorschriften enthält, die Bestimmungen des Abschn.VIII

§48 L

auch auf die Beförderung von Thieren sinngemäße Allwendung. Damit ist den gesammten Normen des Abschn.VIII subsidiäre Bedeutung für die Be­ förderung von Thieren verliehen (vgl. hierzu die Ausführungen der Anm. 138,

139 S. 150—154 ff. in Betreff des Reisegepäcks). Es ist festgesetzt, daß, in­ soweit nicht über die Beförderung von Thieren in den §§ 44—48 Besonderes bestimmt ist, die 9tormen des Abschn. VIII über die Beförderung von Gütern eine die Eigenartigkeit der Thierbeförderung berücksichtigende, d. h. sinngemäße

Anwenduilg auf dieselbe zu finden haben.

Dieser Grundsatz ist ganz allgemein

gehalten, er erstreckt sich nicht allein auf die Form des Vertragsabschlusses (§§ 51—54), die Modalitäten der Annahme und Ablieferung einschließlich der

zoll- und steueramtlichen rc. Behandlung (§§ 55—59, §§ 66—71), sondern auch auf die Vorschriften über Fracht und Nachnahme (§§ 60—62), Lieferfrist (§ 63),

Verfügungsrecht (§ 64), Haftpflicht für Verlust, Minderung, Beschädigung und Lieferfristversäumniß, Beschränkungen der Haftung (§§ 75—79), insbesondere in Rücksicht auf § 77 Abs. 1 Ziff. 1, 3, 5u.6, Höhe des Schadenersatzes (§§ 80—89), Erlöschen und Verjährung der Schadensersahansprüche (§§ 90 u. 91) rc. Ueberall,

wo nicht Abschn. VII etwas Abweichendes speziell bestimmt, greifen die Normen des Abschn. VIII subsidiär und sinngemäß Platz.

186) Abs. 2 des § 48 enthält für Thiere in formeller Beziehung von den §43 int Uebrigen anzuwendenden Bestimmungen der §§ 84 u. 85 der Verk.-Ord. ^s-2. (Angabe des Interesses an der Lieferung s. Anm. 139 S. 139) abweichende Vor-

212

Abschnitt Vin.

§ 49. Direkte Beförderung.

schrift. Die Deklaration des Interesses an der Lieferung (§ 8 4) hat bei den auf Beförderungsschein abgefertigten Thieren (s. § 45 Anm. 177 S. 202) nur dann eine rechtliche Wirkung, wenn sie von der Abfertigungs­ stelle der Abgangsstation im Beförderungsschein vermerkt ist. Nimmt der Absender den Beförderungsschein ohne diesen Vermerk entgegen, so hat er auf den erhöhten Schadensersatz keinen Anspruch. Die Bestimmung, deren Rechtsgültigkeit mit Rücksicht auf Art. 423, 427 A. H.-G.-B. (§ 471 N. H.-G.-B.) von Thöl III § 108 S. 220 und Handelsrechtliche Erörterungen S. 21 bestritten ist, mutz aus den in der Anm. 139 u. f. S. 153 ff. angeführten Gründen für gültig erachtet werden. (Vgl. auch Goldschmidt Zeitschr. f. d. ges. H.-R. Bd. 26 S. 612 u. 613, Bd. 28 S. 455. Puchelt II. Art. 427 S. 580, v. Hahn Art. 427 § 4). Die Bestimmung bezieht sich nur auf die Abfertigung mit Beförderungsschein. Erfolgt die Abfertigung mit Frachtbrief, so findet § 84 Abs. 2 Anwendung. Aber auch auf den Vermerk im Beförderungsschein ist § 84 Abs. 2 (arg. § 48 Abs. 1) insofern anzuwenden, als der Vermerk im Be­ förderungsschein an der dafür vorgesehenen Stelle mit Buchstaben einzutragen ist.

VIII. Beförderung von Gütern ' )

§• 49. Direkte Beförderung. Die Eisenbahn ist verpflichtet, Güter zur Beförderung von und nach allen für den Güterverkehr eingerichteten Stationen anzunehmen, ohne daß es für den Uebergang von einer Bahn auf die andere einer Vermittelungsadresfe bedarf."')

187) Der Abschnitt VIII der Verkehrs-Ordnung, welcher die §§ 49 bis 91 derselben umfaßt, enthält die Bestimmungen für die Beförderung d-ung von Gütern. Diese Bestimmungen gelten zugleich für die Beförderung von

A^chn. Beför-

Gütern.

Reisegepäck (Abschn. IV), Expreßgut (Abschn. V), Leichen (Abschn. VI) und leben­ den Thieren (Abschn. VII) subsidiär, d. h. soweit diese Abschnitte nicht besondere Vorschriften enthalten und die bezüglichen Transportobjekte die sinngemäße An­ wendung zulassen (s. § 30 Anm. 121, § 39 Anm. 153, § 42 Anm. 158, §44 Anm. 170). Wie aus der Einleitung und aus § 454 des N. H.-G.-B. sich klar ergiebt, sind die dem öffentlichen Güterverkehrs dienenden Eisenbahnen in Betreff der Beförderung von Gütern insoweit den allgemeinen Vorschriften des Buches 3 Abschn. 6 (§§ 425—452) des N. H.-G.-B. über das Frachtgeschäft unterworfen, als nicht im Abschn. 7 (§§ 453—473) oder in der Eisenbahnverkehrsordnung in Rücksicht auf die Eigenartigkeit des Transports der Eisenbahnen und ihre Macht-

Abschnitt VIII.

213

§ 49. Direkte Beförderung.

stellung gegenüber den Mitkontrahenten besondere Bestimmungen über die Be­

förderung von Gütern ans den Eisenbahnen getroffen find. sollen der Gefahr begegnen, daß die Eisenbahnen

Diese Bestimmungen

ihr thatsächliches Monopol

mißbrauchen, und die Transportinteressenten, die genöthigt sind,

mit ihnen

Frachtverträge abzuschließen, zwingen, daß sie in ungünstige Abänderungen

der an sich dispositiven Bestimmungen des Frachtrechts willigen.

Zu diesem

Behufe ist im § 471 N. H.-G.-B. bestimmt, daß die nach den Vorschriften der § 432 Abs. 1, 2, der §§ 438, 439, 453, 455 bis 470 begründeten Verpflichtungen der Eisenbahnen weder durch die Eisenbahn-Verkehrsordnung, noch durch Ver­

träge ausgeschlossen oder beschränkt werden können und daß Bestimmungen,

welche dieser Vorschrift zuwiderlaufen, ebenso nichtig sind, wie Vereinbarungen, die mit den Vorschriften der Eisenbahnverkehrsordnung im Widersprüche stehen.

188) Zu den die Vertragsfreiheit der Eisenbahnen ausschließenden und auch

durch die Eisenbahnverkehrsordnung nicht abänderbaren gesetzlichen Ver­

pflichtungen der Eisenbahnen gehört insbesondere die im § 453 des N. H.-G.-B. ausgesprochene Transportpflicht, d. h. die Pflicht, die Uebernahme von

Gütern zur Beförderung nach einer für den Güterverkehr eingerichteten Station innerhalb des Deutschen Reichs — abgesehen von den gleichfalls gesetzlich normirten Ausnahmefällen — nicht zu verweigern. Nach Art. 422 Abs. 1 A. H.-G.-B. war jeder Eisenbahn nur die Transportpflicht „für ihre Bahnstrecke" gesetzlich auferlegt. Darüber hinaus bestand gesetzlich die Transportpflicht nicht. Zede Eisenbahn war also nach Maßgabe des Art. 422 A. H.-G.-B. berechtigt,

Transporte über die Grenze ihres eigenen Bahngebietes hinaus abzulehnen. Im Interesse des Verkehrs haben aber die Eisenbahnen anfänglich in kleineren

Gruppen (Verbänden), sodann im Vereine deutscher Eisenbahnverwaltungen durch das Vereinsgüterreglement freiwillig die Verpflichtung zum Transport über die eigene Bahnstrecke hinaus und nach allen Güterstationen des Verbandsgebietes

übernommen, und diese Verpflichtung ist bezüglich aller für den Güterverkehr

eingerichteten Stationen der Eisenbahnen Deutschlands in das Betriebs-Regle­ ment für die Eisenbahnen Deutschlands (§ 45) und aus diesem mit unwesent­ lichen redaktionellen Aenderungen in die Verk.-Ord. von 1892 § 49 als eine vom

Bundesrathe reglementarisch vorgeschriebene übergegangen. Der § 453 N. H.G.-B. hat — nach Analogie des Internat. Uebereink. über den Eisenbahnfracht­ verkehr — die in Rede stehende Verpflichtung zu einer gesetzlichen, weder

durch die Eisenbahnverkehrsordnung noch durch Verträge abänderbaren gemacht.

Der § 49 der neuen Verk.-Ord. hat sich lediglich darauf beschränkt, die im § 453 N. H.-G.-B. ausgesprochene gesetzliche Vorschrift über die Transportpflicht der deutschen Eisenbahnen zu wiederholen, nur unter Fortlassung der hier selbst­

verständlichen Bestimmung „innerhalb des Deutschen Reichs" und unter Hinzu­ fügung der den Verkehr wesentlich erleichternden Vorschrift,

daß es für den

Uebergang von einer Bahn auf die andere einer Vermittelungsadresse nicht bedarf. Diese Vorschrift dehnt aber nicht nur die Grenzen der Transportpflicht der deutschen Eisenbahnen über das eigene Gebiet hinaus auf das Gebiet sämmt­

licher innerhalb des Deutschen Reiches liegenden, der Verk.-Ord. unterworfenen

Eisenbahnen aus, sondern hat durch §§ 432, 469, 471 N. H.-G -B., § 74 Verk.-

§49.

Abschnitt V11L

214 >Ord.

eine

§ 49.

Direkte Beförderung.

viel weitergehende Bedeutung

erlangt.

Denn danach haftet jede

Bahn, wenn sie zur gänzlichen oder theilweisen Ausführung des von ihr über­ nommenen Transports das Gut mit

dem Frachtbrief anderen Bahnen über-

giebt, auch für diese bis zur Ablieferung als Frachtführer, und umgekehrt haften die letzteren, wenn sie das Gut mit dem ursprünglichen Frachtbriefe

übernehmen, in gleicher Weise für die vorangehenden. Ist es nun auch hin­ sichtlich des gewöhnlichen Frachtführers an sich Thatfrage, ob, wie weit und

für welche Strecke ein Transport als übernommen gilt, so

ist

es

bei Eisen­

bahnen doch nnzweifelhaft, daß die das Gut mit durchgehendem Frachtbriefe annehmende Eisenbahn den Transport bis zu dem darin bezeichneten Bestim­ mungsort übernimmt und sich auch gemäß § 471 N. H.-G.-B. von der ihr

hiernach für den ganzen Transport und alle nachfolgenden Eisenbahnen ob­ liegenden Haftpflicht als Frachtführerin ebensowenig befreien kann, wie die letzteren, wenn sie das Gut mit dein durchgehenden Frachtbriefe übernehmen, von der Haftpflicht für die vorangehenden Bahnen. (Puchelt II, S. 374, Wehr­ nr a nn S. 169.) Nun bestimmt § 49 Verk.-Ord., daß die Beförderung mit

durchgehendem Frachtbriefe nicht abgelehnt werden darf, gleichviel, ob die betr. Bahn mit anderen Bahnen im Verbandsverkehre steht oder nicht, (v. Hahn II. S. 700, Ruckdeschel S. 20, Schott S. 478, Endemann, R. d. E. S. 531) und verwirklicht damit für beit Güterverkehr die in Art. 44 der Reichsverfassung den Eisenbahnen, wenngleich in sehr unbestimmter Fassung, auferlegte Verpflichtung

zur Einrichtung direkter Expeditionen. Und daraus folgt: 1. Die in Art. 422 Alin. 1 A. H.-G.-B. nur auf die

eigene Strecke be­

schränkte Transportpflicht ist durch § 453 N. H.-G.-B., § 49 der Verk.Ord. für alle denselben unterworfenen Bahnen über den eigenen Bahn bezirk hinaus auf das ganze Geltungsgebiet des N. H.-G.-B. bezw. der Verk.-Ord. obligatorisch ausgedehnt, derartig, daß der Transport mit durchgehendem Frachtbriefe nach jeder für den Güterverkehr eingerich­

teten Station dieses Gebiets übernommen werden muß, wenn nicht für die in Betracht kommende Strecke die im § 453 N. H.-G.-B. bezw. in

der

Verk.-Ord.

bezeichneten

Transporthindernisse

entgegenstehen.

(§ 6

s. Anm. 20 S. 21 ff.) 2. Die Annahmebahn und alle folgenden, an dem Transporte mit durch­ gehendem Frachtbriefe betheiligten Bahnen tragen für die ganze Transport­

strecke die Haftpflicht des Frachtführers in Gemäßheit der §§ 432, 469 N. H.-G.-B., § 74 Verk.-Ord.

Die

„für den Güterverkehr eingerichteten Stationen" werden

durch die ordnungsmäßigen Bekanntmachungen der einzelnen Bahnen bestimmt.

Unter Stationen sind auch die Haltestellen einbegriffen.

„Güterverkehr" steht

im Gegensatze zum „Personenverkehr". Die Zus.-Best. f. d. Preuß. StaatsEisenb. z. d. Allg. Abf.-Vorschr. unterscheiden in ihren Allgem. Best. I Ziff. 1 a) Fahrkarten- Ausgabestellen, b) Gepäck- Abfertigungsstellen,

c) Güter- bezw. Eilgut-Abfertigungsstellen.

Auf Stationen bezw. Haltestellen, die für Güter nicht eingerichtet sind, findet § 49 nicht Anwendung.

Auch bei für Güterverkehr eingerichteten Stationen

Abschnitt VIII.

§ 49. Direkte Beförderung.

215

ist zu unterscheiden, ob die Einrichtung nur für Wagenladungs- oder nur für Stückgüter oder für beides besteht. Frachtbriefe nach Stationen der nicht der Verk.-Ord. unterworfenen Eisenbahnen sind, falls direkte Tarife nicht

bestehen, nur dann zur Annahme geeignet, wenn nach der Bestimmungsstation

eine

ununterbrochene

Schienenverbindung führt

sonstige Bedenken nicht entgegenstehen.

Auflieferern die eventuelle Wahl

und

der

Annahme

In den zutreffenden Fällen ist den

einer Vermittelungsadresse

Grenzstation der der Verk.-Ord. unterworfenen

Eisenbahnen

auf

der

unter Hinweis

darauf anheimzugeben, daß für die Weiterbeförderung des Gutes von

dieser

Station eine Znsage nicht gegeben werden kann. Vgl. über den Verkehr mit Kleinbahnen: Erl. d. Preuß. Minist, d. öff. Arb. v. 0./6. 1894 (E.-V.-Bl. S. 146), 22./4. 1895 (S. 369), 14./9. 1896 (S. 273), 4./2. 1897 (S. 36), 26./2., 9./5., 13./9. 1898 (Zeitschr. f. Kleinb. S. 244, 315, 545), 22./2. 1899 (S. 256),

7./5. 1900 (S. 345).

Im Verkehre mit dem Auslande ist zu unterscheiden: I. Handelt es sich um Transporte

nach Eisenbahnen, welche dem inter­

nationalen Uebereinkommen angehören, so ist jede deutsche diesem unter­ worfene Eisenbahn zur Annahme und zum Transporte mit dem durch­ gehenden internationalen Eisenbahnfrachtbrief (Art. 1, 6 des internationalen Uebereinkommens §§ 39, 44 Ver. Betr.-Regl.) verpflichtet. II. Handelt es sich

um Transporte nach Eisenbahnen, welche dem inter-

mitionolen Uebereinkommen nicht angehören, so sind, soweit dieselben zu Verbänden gehören, welche durchgehenden Verkehr mit bezüglichen Fracht­ briefen vereinbart haben, die Eisenbahnen zur Annahme und zum Trans­

port mit den bez. durchgehenden Frachtbriefen nach den Güterstationen der Verbandsbahnen verpflichtet. Anderenfalls darf die Annahme und

der durchgehende Transport nur bis zur deutschen Grenzstation erfolgen:

Die Allg. Abf.-Dorschr. § 27 Abs. 1—5 bestimmen hierzu: 1. Bei der Uebernahme ist zunächst zu prüfen, ob es sich um eine Sendung handelt, auf welche die Verkehrs-Ordnung Ziffer 2 oder das internationale

Uebereinkommen über den Eisenbahn-Frachtverkehr Ziffer 1 Anwendung findet, oder ob der Bestimmungsort der Sendung weder im Geltungsbereiche der Verkehrs-Ordnung noch in dem des internat. Uebereinkommens liegt (Ziffer 5).

2. Die Eisenbahn-Verkehrs-Ordnung und der durch dieselbe vor­

geschriebene Frachtbrief finden Anwendung, wenn a) eine

Sendung,

deren

Abgangs- und

Endstation in dem Gebiete des

Deutschen Reiches liegt, das Gebiet eines außerdeutschen Staates bei der

Beförderung überhaupt nicht berührt oder auf einer Linie, deren Betrieb einer deutschen Eisenbahn-Verwaltung angehört, nur transitirt; b) eine Sendung von irgend einer Station der Eisenbahnen Deutschlands nach

dem Grenzbahnhofe eines außerdeutschen Nachbarstaates, in dem die Zoll­

behandlung erfolgt, oder nach einer Station stattfindet, welche zwischen diesem Bahnhöfe und der Grenze liegt, es sei denn,

daß der Ab­

sender für eine solche Sendung die Anwendung des Inter­

nationalen

Uebereinkommens

über

den

Eisenbahn-Fracht-

Abschnitt VIII.

216 verkehr briefe

§ 49. Direkte Beförderung.

durch Aufgabe mit verlangt.

Das

Gleiche

einem gilt

internationalen Fracht­

auch für Transporte von dem

Grenzbahnhofe oder einer der bezeichneten Zwischenstationen nach Stationen der Deutschen Eisenbahnen.

3. Das Internationale Uebereinkommen über den Eisenbahn­ frachtverkehr und der durch dasselbe vorgeschriebene Frachtbrief finden An­

wendung, wenn die Bestimmungsstation einer Sendung in dem Gebiet eines außer­

deutschen, diesen! Uebereinkommen beigetretenen Staates liegt. Diese Staaten sind: Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Oesterreich,

Ungarn, Rußland und die Schweiz. Außerdem gelten die Bestimmnngen des Internationalen Uebereinkommens auch für den Verkehr mit den Königlich Rumänischen Staatseisenbahnen.

Wird einer der in diesem Absatz behandelten

Sendungen nicht der für den internationalen Eisenbahntransport vorgeschriebene

Frachtbrief beigegeben, so darf die Sendung nicht angenommen werden. Das Internationale Uebereinkommen liegt im Besonderen dem Betriebs-Reglement des Vereins

deutscher Eisenbahn-Verwaltungen zu Grunde und ist nebst den

zugehörigen Ausführungs-Bestimmungen in diesem wörtlich enthalten. 4. In den unter das Internationale Uebereinkommen fallenden Auslands-

Verkehren, in welchen die Anwendung des direkten Tarifs von der Benutzung des darin vorgesehenen mehrsprachigen Frachtbrief-Formulars abhängig gemacht ist, wie z. B. im Deutsch-Russischen Tarif, muß auf die Verwendung dieses

Formulars bestanden werden, wenn der Absender die Abfertigung auf Grund

jenes Tarifs verlangt. Zst dagegen in dem Auslands-Tarif zwar ein mehr­ sprachiges Frachtbrief-Formular vorgesehen, dessen Benutzung aber nicht aus­ drücklich zur Bedingung für die Anwendung des direkten Tarifs gemacht, wie z. B. im Deutsch-Schweizerischen, Deutsch-Italienischen Tarif, so ist auf die Verwendung des in dem Tarif vorgesehenen Frachtbrief-Formulars thunlichst hin­

zuwirken, und zwar durch den Hinweis auf die Nachtheile, welche aus der Verwendung eines bloß in deutscher Sprache abgefaßten Frachtbrief-Formulars in Ländern, in denen diese Sprache nicht Geschäftssprache ist, entstehen können.

Besteht jedoch der Absender auf der Aufgabe eines nur in deutscher Sprache abgefaßten internationalen Frachtbriefes, so darf die Annahme des Guts und

die Abfertigung auf Grund des direkten Tarifs nicht verweigert werden. 5. Liegt die Bestimmungsstation weder im Geltungsbereich der EisenbahnVerkehrs-Ordnung noch in dem des Internationalen Uebereinkommens, so wird

die Sendung zur Beförderung mittels durchgehenden Frachtbriefes

an­

genommen, wenn die Abfertigung auf Grund eines für den betreffenden Verkehr bestehenden Tarifs erfolgen kann oder doch eine ununterbrochene Schienenverbindung

nach

der Bestimmungsstation

führt.

Im

ersteren

Falle

muß

der

Sendung der in dem Tarife vorgeschriebene Frachtbrief beigegeben sein; in dem andern Falle geschieht die Abfertigung in dem Verkehr, welcher den Weg zur

Bestimmungsstation vermittelt; es ist dann der für diesen Verkehr vorgeschriebene Frachtbrief anzuwenden. Ist weder ein direkter Tarif noch eine ununterbrochene

Schienenverbindung vorhanden, so ist dem Absender die Ausstellung des Fracht­ briefes auf eine Vermittelungsadresse an einer geeigneten Station zu überlassen. Soweit es nach Vereinbarung zwischen den betheiligten Eisenbahnen zugelassen

Abschn.VHI. §50. D. d. Beförd. ausgeschl. od. nur bedingungsw. zügel. Gegenst. 217

wird, Sendungen mit direkten Frachtbriefen nach überseeischen Orten unter Bezeichnung einer Station des Ausgangs-Seehafens in der Frachtbrief-Adresse anzunehmen, wird dies den Dienststellen bekannt gegeben.

8.50.

Von der Beförderung ausgeschlossene oder nur bedingungsweise zugelaffene Gegenstände. A. Von der Beförderung sind ausgeschlossen:"') 1. diejenigen Gegenstände, welche dem Postzwang unterworfen W; 2. diejenigen Gegenstände, welche wegen ihres Umfanges, ihres Gewichts oder ihrer sonstigen Beschaffenheit nach der Anlage und dem Betrieb auch nur einer der Bahnen, welche an der Ausführung des Transports Theil zu nehmen haben, sich zur Beförderung nicht eignen; 3. diejenigen Gegenstände, deren Beförderung aus Gründen der öffentlichen Ordnung verboten ist; 4. alle der Selbstentzündung oder Explosion unterworfenen Gegen­ stände, soweit nicht die Bestimmungen in Anlage B Anwendung finden, insbesondere: a) Nitroglycerin (Sprengöl) als solches, abtropfbare Gemische von Nitroglycerin mit an sich explosiven Stoffen; b) nicht abtropfbare Gemische von Nitroglycerin mit pulver­ förmigen, an sich nicht explosiven Stoffen (Dynamit und ähnliche Präparate) in loser Masse; c) Pikrinsäure Salze sowie explosive Gemische, die Pikrinsäure oder chlorsaure Salze enthalten; d) Knallquecksilber, Knallsilber und Knallgold sowie die damit dargestellten Präparate;

*) Die Beförderung 1. aller versiegelten, zugenähten oder sonst verschlossenen Briefe, 2. aller Zeitungen politischen Inhalts, welche öfter als einmal wöchentlich erscheinen, gegen Bezahlung von Orten mit einer Postanstalt nach anderen Orten mit einer Postanstalt des In- oder Auslandes auf andere Weise als durch die Post ist verboten. Hinsichtlich der politischen Zeitungen erstreckt dieses Verbot sich nicht auf den zweimeiligen Umkreis ihres Ursprungsorts. (§ 1 Abs. 1 des Gesetzes über das Postwesen des Deutschen Reichs vom 28. Oktober 1871.) Vgl. hierzu Art. 2 des Reichsges. v. 20. Dezbr. 1899 (R.-G.-Bl. 8. 715).

218 Abschn. VIII. §50. V. d. Besörd. ausgeschl. od. nur bedingungsw. zügel. Gegenst.

e) solche Präparate, welche Phosphor in Substanz beigemischt enthalten; f) geladene Schußwaffen.

B. Bedingungsweise werden zur Beförderung zugelassen:190) 1. Die in Anlage B verzeichneten Gegenstände. Für deren Annahme und Beförderung sind die daselbst ge­ troffenen näheren Bestimmungen maßgebend.

L (1) Ausser den durch Nummer XXXVa und XXXIX der Anlage 13 zur Verkehrsordnung von der Beförderung als Eilgut überhaupt ausgeschlossenen Gegenständen sind von der Beförderung als Eilstückgut ausgeschlossen: die unter den Nummern VI, X, XIa, XII, XV bis XXVI, XXVIII, XXXII bis XXXIV, XLIV bis XLVIII, L, I II und LIII aufgeführten Artikel. Frachtstücke mit den unter XXXV besonders noch erwähnten geringeren Mengen bis zu 10 kg von den vorher unter den Nummern XI a, XV, XVI XIX bis XXIII aufgeführten Chemikalien sind dagegen bei Zu­ sammenverpackung unter sich oder mit anderen Gütern und bei Erfüllung der sonstigen hier gegebenen Vorschriften zur Eilgut­ beförderung zuzulassen. (2) Im Uebrigen werden zur Beförderung als Eilgut nur solche Güter angenommen, welche nach Form, Umfang, Gewicht und sonstiger Beschaffenheit nach dem Ermessen der Eisenbahn zur Eilgutbeförderung geeignet sind. (3) In Betreff der Zulässigkeit der Beförderung der Güter (ein­ schliesslich der nur bedingungsweise zur Beförderung auf den Eisen­ bahnen zugelassenen Gegenstände) als Eilgut entscheidet nach pflicht­ mässigem Ermessen auf Grund der gesetzlichen und der vorstehenden Bestimmungen die Güter-Abfertigungsstelle der Annahmestation. Die Anschlussbahnen sind zur Zurückweisung von Eilgutsendungen, welche von einer Vorbahn zur Uebernahme angeboten werden, nicht befugt, es sei denn, dass ausdrückliche Vorschriften über Verpackung u. s. w. unbeachtet geblieben wären. 2. Gold- und Silberbarren, Platina, Geld, geldwerthe Münzen und Papiere, Dokumente, Edelsteine, echte Perlen, Pretiosen und andere Kostbarkeiten, ferner Kunstgegenstände, wie Gemälde, Gegenstände aus Erzguß, Antiquitäten. Unter welchen Bedingungen diese Gegenstände zur Beförde­ rung angenommen werden, bestimmen die Tarife. Wegen Be­ schränkung der Höhe des Schadensersatzes siehe §. 81 Abs. 2.

Abschn.VIII. §26. D. d. Beförd. ausgeschl. od. nurbedingungsw. zügel. Gegenst.

219

Als geldwerthe Papiere sind nicht anzusehen: gestempelte Postkarten, Postanweisungs-Formulare, Brief­

umschläge

und

Streifbänder,

Postfreimarken,

Stempel­

bogen und Stempelmarken sowie ähnliche amtliche Werth­ zeichen.

II. 1. a) Gold- und Silberbarren, Platina, Geld und geld­ werthe Münzen aus edlen Metallen, geldwerthe Papiere, Dokumente, Edelsteine und echte Perlen werden nicht als Frachtgut, sondern nur als Eilgut zur Beförderung zugelassen. b) (1) Dieselben müssen in fest verschlossenen Fässern oder Kisten, welche einzeln nicht unter 25 kg wiegen dürfen, gut verpackt sein. (2) Silberbarren werden jedoch auch dann zugelassen, wenn die Barren in Wagenladungen unverpackt oder in Einzelsendungen in Leinwand verpackt aufgegeben werden und der Absender die im § 58 der Verkehrsordnung vor­ geschriebene Erklärung wegen fehlender oder mangel­ hafter Verpackung ausgestellt hat. (3) Gemünztes Geld wird gegen Hinterlegung der vor­ bezeichneten Erklärung auch in feste Säcke verpackt zur Beförderung zugelassen. c) Die Beförderung findet nur in besonderen Wagen, in welchen andere Güter nicht verladen werden dürfen, mit den dafür von der Eisenbahn zu bestimmenden Zügen statt. d) (1) Für jeden Wagen muss vorn Absender zur Ueberwachung ein Begleiter gestellt werden, welchem die Befugniss eingeräumt wird, in dem Wagen, in welchem die Sendung verladen ist, unentgeltlich zu fahren, auch den Wagen selbst unter Verschluss zu halten. • Die übrigen etwa in diesem Wagen Platz nehmenden Begleiter haben Fahrkarten der niedrigsten im Zuge befindlichen Wagen­ klasse zu lösen. (2) Wenn die Begleiter ihren Platz in einem Personen­ wagen nehmen, haben sie das tarifmässige Fahrgeld zu entrichten. e) Das Ein- und Ausladen geschieht durch den Absender und Empfänger.

220 Abschn.vm. §50. V.d-Beförd.ausgeschl.od.nurbedingungsw.zügel.Gegenst. f) Die Beförderung in Sonderzügen bleibt von einer be­ sonderen Verständigung zwischen dem Absender und der Eisenbahn abhängig. 2. a) Pretiosen und andere Kostbarkeiten, insbesondere Waaren aus Gold, Silber und Platina, auch in Verbin­ dung mit Edelsteinen und echten Perlen, neu oder ge­ braucht, ferner Geld und geldwerthe Münzen aus unedlen Metallen, endlich Kunstgegenstände, wie Gemälde, Gegenstände aus Erzguss, Antiquitäten müssen als solche im Frachtbrief ausdrücklich bezeichnet werden. Derjenige Werth, welcher den Höchstbetrag für die zu zahlende Entschädigung bilden soll, muss in der Spalte „Inhalt“ angegeben werden. b) Wenn der Werth oder das Interesse an der Lieferung bei Pretiosen und anderen Kostbarkeiten einschliesslich Geld und geldwerther Münzen aus unedlen Metallen (siehe 2 a) mit mehr als 500 Mark oder bei Kunstgegen­ ständen mit mehr als 5000 Mark angegeben ist, so werden sie nur als Eilgut zur Beförderung zugelassen und müssen in festverschlossenen Fässern oder Kisten, welche nicht unter 25 kg wiegen dürfen, gut verpackt sein, sofern bei der Eigenart der Frachtstücke nicht von einer Verpackung abgesehen werden kann. Auch finden auf derartige Sendungen die vorstehenden Bestimmungen unter 1 c) bis f) Anwendung. 3. Diejenigen Gegenstände, deren Verladung oder Beförderung nach der Anlage und dem Betrieb einer der betheiligten Bahnen außergewöhnliche Schwierigkeit verursacht. Die Beförderung solcher Gegenstände kann von jedesmal zu vereinbarenden besonderen Bedingungen abhängig gemacht werden.

III. Für die Verladung von Schnittholz, Langholz, Schienen, Langeisen, Eisenbautheilen, Dampfkesseln u. dergl., ferner von losem Heu, Stroh, Taback, Baumrinde u. dergl., endlich von Fahrzeugen und Maschinen mit Rädern in offenen Wagen gelten neben den bestehenden Tarifvorschriften die in Anlage H enthaltenen beson^///' deren Bestimmungen. 4. Eisenbahnfahrzeuge, sofern sie auf eigenen Rädern laufen. Sie müssm sich in lauffähigem Zustande befinden. Lokomotiven,

Abschn.VIII. §50. V. d. Beförd. ausgeschl. od. nurbedingungsw. zügel. Gegenst. 221 Tender und Dampfwagen müssen von einem sachverständigen

Beauftragten des Absenders begleitet sein.

IV. (1) Eisenbahnfahrzeuge dürfen auf weniger Achsen, als ihre Bauart bedingt, nicht laufen und werden zur Beförderung auf eigenen Rädern nur zugelassen, wenn sie von einer Eisenbahn hin­ sichtlich ihrer Lauffähigkeit geprüft sind, darüber einen Prüfungs­ vermerk tragen oder mit einer hierauf bezüglichen Bescheinigung versehen sind. (2) Die Beladung der zur Beförderung aufgegebenen Eisenbahn­ fahrzeuge wird nach zuvor bei der Eisenbahn eingeholter Genehmi­ gung nur gegen Zahlung der tarifmässigen Fracht für die auf den Eisenbahnfahrzeugen verladenen Gegenstände zugelassen. (3) Eine eilgutmässige Beförderung der Eisenbahnfahrzeuge, sofern sie auf eigenen Rädern laufend befördert werden, findet nicht statt.

(4) Das Schmieren der Lokomotiven, Tender und Dampfwagen obliegt dem Begleiter. (5) Den anderen Eisenbahnfahrzeugen, sofern sie auf eigenen Rädern laufend befördert werden, kann ein Begleiter beigegeben werden, welcher das Schmieren der Wagen zu besorgen hat. Fehlt ein Begleiter, so übernimmt die Eisenbahn das Schmieren der Wagen auf Kosten des Absenders.

(6) Die Begleiter von Eisenbahnfahrzeugen erhalten freie Fahrt und haben in der Regel auf bezw. in den begleiteten Fahrzeugen selbst Platz zu nehmen. Ausnahmsweise kann ihnen der zeitweilige Aufenthalt im Dienstwagen (Packwagen) oder in einem Wagen III. Klasse vom Zugführer unentgeltlich gestattet werden. C. Die bedingungsweise zur Beförderung zugelassenen Gegen­

stände dürfen nicht bahnlagernd gestellt werden.191) 189) § 50 der Berk.-Ord. trifft ergänzende Bestimmungen zu der in § 453 § so. Abs. 1 Ziff. 3 N. H.-G.-B. enthaltenen Vorschrift, daß die dem öffentlichen Güter­ verkehre dienenden Eisenbahnen die Uebernahme von Gütern zur Beförderung nach einer für den Güterverkehr eingerichteten Station innerhalb des Deutschen Reiches nicht verweigern dürfen, sofern die Güter nach der Eisenbahnverkehrs­ ordnung oder den gemäß derselben erlassenen Vorschriften und, soweit diese keinen Anhalt gewähren, nach der Anlage und dem Betriebe der betheiligten Bahnen sich zur Beförderung eignen; d. h. insbesondere nach ihrer eigentlichen Beschaffenheit oder sonstigen Eigenschaft (Qualität, Form, Gewicht, Umfang rc.) (s. § 6 Anm. 20, S. 21, Thöl III. § 50 S. 95.)

Abschn.Vlll. §50. V. d. Beförd. ausgeschl. od. nurbedingungsw. zügel. Gegenst.

222

Der §50 zerfällt in drei Theile.

Er bestimmt unter:

A. die von der Beförderung ausgeschlossenen, d. h. unter allen Um­ ständen zum Eisenbahntransport ungeeigneten, B. die bedingungsweise zur Beförderung zugelassen'en, d. h. zwar an sich nicht geeigneten, aber durch Befolgung gewisser Abfertigung^-, Verpackungs- rc. Vorschriften geeignet zu machenden,

C. die

nicht

bahnlagernd

zu

stellenden Gegenstände,

wozu alle be­

dingungsweise zur Beförderung zugelassenen (B.) gehören. Die zum §50 als Anlage B. der Verk.-Ord. beigefügten „Vorschriften über bedingungsweise zur Beförderung zugelassene Gegenstände" sind der Natur der Sache nach fortgesetzt vielfachen Aenderungen durch Nachträge § 50 A.

unterworfen. A. Folgt man der bereits angegebenen Eintheilung des § 50, so werden zunächst nach A als „von der Beförderung ausgeschlossen" vier Kategorien bezeichnet, nämlich 1. diejenigen Gegenstände, welche dem Post­

zwange unterworfen sind; 2. diejenigen Gegenstände, welche wegen ihres Um­ fangs, ihres Gewichts oder ihrer sonstigeil Beschaffenheit nach der Anlage und dem Betriebe auch nur einer der Bahnen, welche an der Ausführung des Trans­ ports theilzunehmen haben, sich zur Beförderung nicht eignen; 3. diejenigen Gegenstände, deren Beförderung aus Gründen der öffentlichen Ordnung verboten ist; 4. alle der Selbstentzündung oder Explosion unterworfenen Gegenstände, deren wichtigste insbesondere (unter a—f) aufgezählt sind, — soweit nicht die Bestim­ mungen in Anlage B Anwendung finden. „Ausgeschlossen", d. h. unbedingt im Gegensatze zu B und unter allen Umständen verboten, selbst wenn sich der Absender zur Ausstellung eines Aner­

kenntnisses und einer besonderen Erklärung im Sinne des (§ 58 Abs. 2) bereit erklärt. Denn soweit die Verk.-Ord. positive und ausdrückliche Vorschriften über die Annahme, Verpackungsart rc. enthält, greift das Ermessen der Bahn­ organe hierüber nicht Platz. Auch besteht kein Unterschied zwischen Güter- und

Personenzügen. $ 50 A Nr. 1.

Nr. 1. „Diejenigen Gegenstände, welche dem Postzwange unter­

worfen sind."

Diese sind deshalb vom Eisenbahntransport ausgeschlossen,

weil die Postverwaltungen haben.

auf deren Beförderung ein ausschließliches Recht

(Endemann, R. d. Eisenb., S. 127 ff.)

Das Gesetz über das Post­

wesen des Deutschen Reiches vom 28. Oktober 1871 (R.-G.-Bl. S. 347) §§ 1, 2 bestimmt: Die Beförderung 1. aller versiegelten, zugenähten oder sonst ver­

schlossenen Briefe, 2. aller Zeitungen politischen Inhalts, welche öfter als ein­ mal wöchentlich erscheinen, gegen Bezahlung von Orten mit einer Postanstalt nach anderen Orten mit einer Postanstalt des In- oder Auslandes auf andere Weise, als durch die Post, ist verboten.

Hinsichtlich der politischen Zeitungen

erstreckt dieses Verbot sich nicht auf den zweimeiligen Umkreis ihres Ursprungs­

ortes. Wenn Briefe und Zeitungen (Nr. 1 u. 2) vom Auslande eingehen und nach inländischen Orten mit einer Postanstalt bestimmt sind, oder durch das Gebiet des Deutschen Reiches transitiren sollen, so müssen sie bei der nächsten inländischen

Postanstalt

schlossene Briefe,

zur Weiterbeförderung

welche in versiegelten,

eingeliefert

werden.

Unver­

zugenähten oder sonst geschlossenen

Abschn.VIII. §50. D. d. Beförd.ausgeschl. od.nurbedingungsw. zügel. Gegenst.

223

Packeten befördert werden, sind den verschlossenen Briefen gleich zu achten. (Vgl.

Erk. des Reichsger. v. 7./14. Febr. Eisenbahnrechtl. Entsch. Bd. 5. S. 401.) Es ist

jedoch gestattet, versiegelten, zugenähten oder sonst geschlossenen Packeten, welche auf andere Weise, als durch die Post befördert werden, solche unverschlossene Briefe,

Frakturen, Preiskurante, Rechnungen und ähnliche Schriftstücke beizufügen, welche

den Inhalt des Packeis betreffen. Die Beförderung von Briefen und politischen Zeitungen gegen Bezahlung durch expresse Boten oder Fuhren ist gestattet. Doch darf ein solcher Expresser nur von einem Absender abgeschickt sein und dem Postzwange

unterliegende Gegenstände weder von Anderen mitnehmen, noch für Andere zurück­ bringen.

Dgl. hierzu Art. 2 des Reichsges. v. 20. Dezbr. 1899 (R.-G.-Bl. S. 715).

Vergl. Allg. Abf. Vorschr. §29 Abs. 2 u. 3.

Nr. 2. „Diejenigen Gegenstände, welche------- sich zur Beförderung §soa nicht eignen." Die hier bezeichneten Gegenstände sind nicht absolut und un2* bedingt von der Eisenbahnbeförderung ausgeschlossen, sondern nur insoweit, als der konkrete Transport Bahnen berührt, welche sich zur Beförderung von der­

artigen Gegenständen nicht eignen. Berührt der Transport solche Bahnen nicht, bewegt sich derselbe nur auf Bahnen, welche zur Beförderung dieser Trans­ portobjekte geeignet sind, so ist dieselbe gestattet und kann vom Absender ge­ fordert werden. (Verk.-Ord. § 6.) Die Worte „nach der Anlage und dem Betriebe" deuten darauf hin, daß die Frage nach der Transportfähigkeit eines Gutes nicht prinzipiell für

alle Bahnen gleich beantwortet werden könne, sondern von den individuellen und konkreten Verhältnissen der betheiligten Bahnen abhängig, mithin quaestio facti sei. Es kommt einerseits auf die äußere Form, Beschaffenheit, Umfang, Gewicht des Gutes, andererseits und im Vergleich damit auf die Transportfähigkeit und Einrichtungen der betreffenden Bahnen an.

Denn es darf vom Publikum

nur der Transport solcher Güter gefordert werden, die der individuellen Be­ schaffenheit der betreffenden Bahnen entsprechen. Zu den hier in Betracht kommen­ den Anlagen und Betriebseinrichtungen der Bahn gehören vornehmlich

auch die Transportmittel (Radstand, beschränkte Dimensionen und Tragkraft der­ selben bezüglich ihrer Verwendung auf Strecken mit engen Kurven und auf Nebenbahnen), die Ver- und Entladevorrichtungen (Fehlen derselben auf Halte­

stellen), die im voraus bestimmte Benutzung einer Bahn (z. B. Kohlenbahn).

Zu den bezüglichen Gütern gehören beispielsweise alle Gegenstände, durch deren Verladung das Ladegewicht (bei ausländischen Wagen die angeschriebene Trag­ fähigkeit) oder die für die betreffende Beförderungsstrecke in Betracht kommenden

Lademaaße (Ladeprofile), welche aus der Nachweisung der bei der Beludimg offener Wagen anzuwendenden Lademaaße des Vereins deutscher EisenbahnVerwaltungen zu ersehen sind, überschritten werden würden (Allg. Abf.-Vorschr.

§29 Abs. 4; auch §§ 35, 36, insbes. Abs. 12).

Ein Korrektiv gegen etwaige

Willkür der Annahmebeamten besteht darin, daß die Frage, ob nach der Beschaffen­

heit des Gegenstandes und der Anlage und dem Betriebe der betheiligten Bahnen der Transport zuzulassen war, also ob in der Beanstandung ungerechtfertigte

Zurückweisung bezw. Annahmeverweigerung liegt (s. § 6), im Streitfälle der

Richter zu entscheiden hat und die Bahnen durch ungerechtfertigte Zurückweisung ersatzpflichtig werden.

224

Abschn.VHI. §50. D.d.Beförd. ansgeschl. od.nurbedingungsw. zügel.Gegenst.

Nr. 3. „Diejenigen Gegenstände, deren Beförderung aus Gründen der öffentlichen Ordnung verboten ist." Es sind darunter

Verbote zu verstehen,

welche das allgemeine Staatsinteresse betreffen,

d. h. vornehmlich sich als sanitäts- oder sonstige staatspolizeiliche Maßregeln, Aus- und Einfuhrverbote, natjonalökonomische oder finanzielle (zoll-, steuer­ politische rc.) Maßnahmen darstellen.

1895 XXVIII 3, 5.)

(Vgl. Arndt, Annal. d. Deutsch. Reichs

Es gehören hierher sowohl dauernde wie vorübergehende

Verbote, z. B. zeitweise Beschränkungen des Transports von Kriegsmaterial, und — bei Absperrung der Landesgrenzen oder einzelner Bezirke gegen Vieh­ seuchen — Viehtransporte, verbotene Waffen, auch Wild, Fische, Krebse rc. (s. Schwab, Neuerungen S. 25, 26). Besteht ein derartiges Verbot auch nur auf einer der am Transport betheiligten Linien, so ist der betreffende Gegenstand

von der Beförderung ausgeschlossen.

Dagegen ist er nicht ausgeschlossen, wenn

sich das Verbot nur auf Linien erstreckt, von welchen der qu. Transport nicht berührt wird.

Nr. 4.

„Alle

der Selbstentzündung

oder Explosion

unter­

worfenen Gegenstände" sind in Rücksicht darauf vom Transport ausgeschlossen, daß sie die Betriebsmittel, das Personal und andere Güter in besondere Gefahr­ sehen, die durch den Dampfbetrieb der Bahn noch erhöht wird. Indeß ist die Vorschrift keine unbedingte. Gewisse Kategorien der der Selbstentzündung oder Explosion unterworfenen Gegenstände können durch zweckmäßige Umhüllung, Ver­

packung, Verladung rc. zum Transport geeignet gemacht werden und sind daher­

unter B des § 50 den bedingungsweise zugelassenen Gegenständen beigefügt. (Vergl. Reichsger. Eisenbahnrechtl. Entsch. Bd. 5 S. 138.) Nr. 4 zählt unter litt, a—f fünf Kategorien selbstentzündlicher und explosiver Gegenstände auf, jedoch, wie

das Wort „insbesondere" ergiebt, nur beispielsweise, nicht erschöpfend. Vielmehr sind alle selbstentzündlichen und Explosiv-Stoffe ausgeschlossen, auch wenn sie nicht zu jenen fünf Kategorien gehören, soweit nicht die Bestimmungen in An­ lage B Anwendung finden.

Bei der Aufführung der fünf Kategorien unter A 4

sind die in der alt. Verk.-Ord. in Parenthese gestellten Hinweise auf die Anlage

B nunmehr in Fortfall gebracht, weil sie sich mit Rücksicht auf den allgemeinen Hinweis im Eingänge

dieser Ziffer erübrigen, die Uebersichtlichkeit stören und

auch bei den häufigen Aenderungen der Anlage B leicht zu Unträglichkeiten führen können. Darüber, ob ein Gegenstand der Selbstentzündung oder Explosion

unterworfen ist, entscheidet zunächst der abfertigende Beamte, im Zweifel nach Einholung des Gutachtens Sachverständiger. Gegen ungerechtfertigte Rück­

weisung des Transports steht dem Absender der Beschwerde- und der Rechts­ weg offen. (Vgl. in betreff der Sprengstoffsendungen: Allg. Abf.-Vorschr. § 29 Abs. 6 u. 7.)

§5ob.

190) B. Als „bedingungsweise zur Beförderung zugelassen" führt der § 50 in seinem zweiten Theile gleichfalls vier Kategorien auf, nämlich: 1. Die in der Anlage B der Verk.-Ord. verzeichneten Gegenstände, 2' Gold- und Silberbarren, Platina, Geld, geldwerthe Münzen und Papiere,

Dokumente, Edelsteine, echte Perlen, Pretiosen und andere Kostbarkeiten, ferner Kunstgegenstände, wie Gemälde, Gegenstände aus Erzguß, Antiquitäten. 3. Die-

Abschn.VIII. § 50. V. d. Beförd. ausgeschl. ob. nurbedingungsw. zügel. Gegenst.

jenigen Gegenstände,

deren Verladung

oder Beförderung nach

225

der Anlage und

dem Betrieb einer der beteiligten Bahnen außergewöhnliche Schwierigkeit ver­

ursacht.

4. Eisenbahnfahrzeuge, sofern sie auf eigenen Rädern laufen.

Es sind

also hier unter vier Nummern diejenigen Guter aufgesnhrt, die — wenn auch an sich zum Bahntransport ungeeignet — durch Beachtung gewisser Bedingungen, welche entweder vom Absender oder Empfänger oder der Bahn zu erfüllen sind,

zur Beförderung geeignet gemacht und alsdann zugelafsen werden können. Diese Bedingungen sind zum Theil in der Verk.-Ord. selbst vorgeschrieben (Nr. 1 u. 4), zum Theil den Eisenbahnverwaltungen in den Tarifen (Nr. 2) oder in jedesmal

zu vereinbarenden besonderen Bedingungen (Nr. 3) überlassen.

Die bedingungs­

weise zugelasfenen Gegenstände müssen sämmtlich als solche deklarirt werden, wenngleich in der Anlage B zum § 50 dies nur bei einigen derselben ausdrücklich hervorgehoben ist.

Denn ohne Deklaration würde die Eisenbahnverwaltung nicht

wissen, welche besonderen (Verpackungs- rc.) Vorschriften in Anwendung zu bringen sind bezw. wozu sie dem Absender gegenüber berechtigt und verpflichtet ist. Die Folgen unrichtiger und ungenauer Deklaration sind bestimmt (s. § 53 Abs. 8 u. § 89 Verk.-Ord.). Ferner sind allen derartigen Gegenständen besondere Fracht­ briefe beizulegen (§ 52 Abs. 2 Verk.-Ord., Thöl III. tz 51 S. 99). Die Auf­ gabe der nur bedingungsweise zur Beförderung zugelassenen Güter (§ 50 B 1—4)

als bahnlagernde Güter ist nicht zulässig. (§ 50 C s. S. 229.) Wegen der Zulässigkeit der eil gutmäßig en Beförderung der im § 50B der Verk.-Ord. bezeichneten Güter s. Allg. Zus-Best. I z. tz 50 (S. 221, 229).

Die Allg. Abf.-Vorschr. bestimmen zusätzlich (tz 34 Abs. 13): „Ob und inwieweit die Zusammen la düng der in Anlage B der Eisenb.-Verk.-Ord. be­

zeichneten Güter in einem Wagen gestattet oder ausgeschlossen ist, ergeben die — vom Verkehrs-Verbände vereinbarten — Ausführungsbestimmungen zur Anl. B zur Eisenb.-Verk.-Ord.

— Ferner tz 35 Abs. 2:

Vergl. auch tz 27 Abs. 22 u. 23 1. c."

„Die Verladung von Stückgütern erfolgt in gedeckt

gebauten Wagen, insofern nicht bei einzelnen, nur bedingungsweise zur Be­ förderung zugelassenen Gegenständen die Verladung in offen gebauten Wagen nach den Bestimmungen in Anl. B Eisenb.-Verk.-Ord. und den — vom VerkehrsVerbände vereinbarten — Ausführungsbestimmungen hierzu (Kundmachung 4) ausdrücklich vorgeschrieben ist." — Endlich tz 39 Abs. 12: „Für die bedingungs­ weise zur Beförderung zugelassenen Güter, soweit deren Zusammenladung mit

anderen Gütern nicht ausdrücklich gestattet ist, sind auch besondere Frachtkarten

ansznfertigen." Nr. 1.

„Die in Anlage B verzeichneten Gegenstände." Die Zahl

derjenigen Gegenstände, die durch Feuergefährlichkeit, üblen Geruch, ätzende und andere Eigenschaften den Transportmitteln, anderen Gütern rc. schädlich,

durch

aber

geeignete Vorkehrungen dennoch transportabel gemacht werden können,

mehrte sich mit der Zeit so, daß, während in den früheren Reglements und auch noch in der ersten Fassung des tz 48 des Reglements von 1874 das Verzeichniß dieser Güter und die Annahmebedingungen in den Text des tz 48 ausgenommen

werden konnte, es im Jahre 1880 für zweckmäßiger erachtet wurde, das qu. häufigen Modifikationen und Zusätzen unterworfene Verzeichniß als eine besondere

Anlage dem Betr.-Regl. bezw. der Verk.-Ord. zu annektiren und im Tenor des Eger, Eisenbahn-Verkehrsordnung.

2. Aufl.

15

226

Abschn.VIII. §50. V. d. Beförd. ausgeschl. od. nurbedingungsw. zügel. Gegenst.

§ 50 auf diese Anlage lediglich Bezug zu nehmen. Dies besagen die Worte: „die

in Anlage B verzeichneten Gegenstände" und zugleich der Zusatz, daß für deren Annahme und Beförderung die daselbst getroffenen näheren Bestim­ mungen maßgebend sind.

Diese Bestimmungen sind für die Bahnen bindend,

derart, daß eine Abweichung im Wege der Vereinbarung unzulässig ist (s. § 53 Abs. 8 Anm. 228 S. 269 ff.). Vgl. noch Allg. Abf.-Vorschr. § 29 Abs. 5. Nr. 2.

„Gold- und Silberbarren rc."

Nach § 3 des Ver.-Güter-

Regl. von 1865 war der Transport dieser Gegenstände gänzlich ausgeschlossen,

nach den Regl. v. 1870, 1872 und der ursprüngl. Fassung des Regl. v. 1874 nur noch der Transport von Dokumenten, Edelsteinen, echten Perlen und Pre­ tiosen, während Gold- und Silberbarren,

dingungsweise zugelassen waren.

Geld und geldwerthe Papiere be­

Nach der Fassung des § 50 Verk.-Ord. v. 1892

u. 1899 sind alle diese Güter unter die bedingungsweise zugelassenen ausgenommen, zugleich ist zu dem Ausdruck „Geld" noch „geldwerthe Münzen" hinzugefügt und unter der generellen Kategorie von „Kostbarkeiten" (§ 429 Abs. 2, § 462 N. H.-G.-B.) sind Edelsteine, echte Perlen, Pretiosen nur beispiels­ weise — nicht erschöpfend — aufgeführt, ferner Kunstgegenstände, wie Gemälde, Gegenstände aus Erzguß, Antiquitäten. Strenggenomnlen lassen sich aber — abgesehen von Geld und Werth­ papieren — alle diese Gegenstände unter dem generellen Begriffe der „Kost­ barkeiten" zusammenfassen, wie auch § 429 Abs. 2, § 462 N. H.-G.-B. nur „Kostbarkeiten, Kunstgegenstände, Geld und Werthpapiere" auffnhrt. Unter „Kost­

barkeiten" sind alle Sachen zu verstehen, welche im Verhältniß zu ihrem Umfang oder Gewicht einen außerordentlich und ungewöhnlich hohen Werth haben (Schott S. 322). Dahin gehören vornehmlich edle Metalle, wie Gold, Silber, ferner Juwelen, Diamanten und andere Edelsteine, kostbare Perlen, Uhren, Knnstgegenstände von ungewöhnlichem Werthe, Antiken rc.

Der Begriff läßt sich nach

der Natur der Sache nicht näher definiren, der Richter wird daher im einzelnen

Falle nach

den thatsächlichen Verhältnissen, unter Berücksichtigung der Ver­

kehrsanschauungen, die Entscheidung zu treffen haben. Jedenfalls ist der Gegensatz zu

gewöhnlichen

Handels-(Kaufmanns-)Gütern

blos deshalb, weil sie theuer sind,

festzuhalten.

Letztere

können

wie z. B. Seide, feine Gewebe, Delikatessen,

schon nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauchs, wie auch der rat io legis, nicht

hierher gerechnet werden.

Bei vielen Gegenständen hängt es lediglich von der

Höhe und dem Werthe der darauf verwendeten Kunst rc. ab, ob sie als Kost­ barkeiten erscheinen oder nicht, z. B. echte oder gewöhnliche Spitzen, Oelgemälde oder Oeldruckbilder u. s. w. Andererseits ist es nicht gerade erforderlich, daß das

Material, der Stoff, ans welchem die Sache besteht, ein besonders kostbarer

sei (Silber, Gold, Edelsteine rc.). Vielmehr können auch Gemälde, Statuen u. s. w. unter den Begriff der „Kostbarkeiten" fallen, obwohl das Material, aus welchem sie gefertigt sind, ein billiges ist (v. Hahn II S. 607. Reichsger. 30./9. 1882

Eisenbahnrechtl. Entsch. Bd. 2 S. 354, 355). „Selbstverständlich — führt das Reichsgericht aus — ist nicht jedes Oelgemälde als solches eine Kostbarkeit. Die Klägerin hat aber dadurch, daß sie im Frachtbrief den Inhalt der Kiste als Oel­ gemälde bezeichnet hat, der Vorschrift des Art. 395 Abs. 2 A. H.-G.-B. (jetzt § 429 Abs. 2 N. H.-G.-B.) nicht genügt. Andererseits kann nicht für richtig er-

Abschn.VHI. §50. V. d. Beförd. ausgeschl. od. nurbedingungsw. zügel. Gegenst.

227

achtet werden, nur Gegenstände, deren Stoff besonders werthvoll sei, seien Kost­ barkeiten.

Nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch umfaßt dieser Ausdruck nicht

blos solche Gegenstände, sogenannte Pretiosen, und eine einschränkende Auslegung des Gesetzes erscheint um so weniger gerechtfertigt, als dessen Grund entschieden

dagegen spricht. Offensichtlich soll nach der Absicht des Gesetzgebers dem Fracht­ führer, wenn ein im Verhältnisse zu seinem Umfang und Gewicht besonders werthvolles Gut zur Beförderung übergeben wird, hiervon Kenntniß gegeben

werden, damit er im Stande ist, entsprechende größere Vorsichtsmaßregeln anzu­

wenden.

Dieser Grund des Gesetzes trifft zn, mag der Stoff oder der Kunst­

werth des Frachtguts ein besonders hoher sein, und es ist davon auszugehen,

daß ein Oelgemälde, auch wenn es an sich nicht aus kostbarem Stoff gefertigt ist, mit Rücksicht auf seinen Kun st werth als Kostbarkeit erscheinen kann.

Der

Klägerin war die Möglichkeit, das von ihr übergebene Gut als Kostbarkeit zu bezeichnen und hierdurch der Vorschrift des Art. 395 Abs. 2 A. H.-G.-B. (jetzt § 429 Abs. 2 N. H.-G.-B.) zn genügen, nicht benommen. War aber das Gut eine „Kostbarkeit", so mußte dieser Vorschrift Genüge geschehen, widrigenfalls Klägerin jeden Anspruchs auf Schadensersatz verlustig wurde." 1885. Eisenbahnr. Entsch. Bd. 3 S. 410.) „Kunstgegenstände" sind hiernach alle

(Reichsger. 7./3.

Werke der bildenden Kunst,

welchen durch eine künstlerische Gestaltung — im Gegensatz zur Handwerks- oder fabrikmäßigen — ein besonders hoher Werth innewohnt. Nicht auf den Stoff

kommt es hier an, sondern auf den Kunstwerth. „Antiquitäten" sind solche Gegenstände, welche durch ihr Alter und ihre Beschaffenheit ein historisches, kultur­ historisches oder sonst bedeutendes Interesse bieten und dadurch einen besonderen Werth repräsentiren.

Unter „Geld", „geldwerthen Münzen" sind in umfassender Weise alle Arten laufender Münze, in- und ausländische, ohne Rücksicht auf die Größe und den Werth der zum Transport aufgegebenen Summen (also auch Kupfer-, Nickel-Münze) zu verstehen.

Auch der Begriff „geldwerthe Papiere" rc. „Werthpapiere" ist im weitesten Sinne zu nehmen.

Der Ausdruck (vergl. A. H.-G.-B. Art. 271 Nr. 1,

N.H.-G.-B. § 1) involvirt, wie v. Hahn zu diesem Artikel (§ 7) zutreffend aus­

führt, keinen juristischen Begriff, sondern umfaßt verschiedene Rechtsbegriffe. Werth­ papier ist nicht blos das Kreditpapier (Wechsel, kaufmännische Anweisung), sondern auch das Papiergeld, die Aktie (Pfandbriefe, Staatspapiere, Coupons). Man kann den Begriff vielleicht am besten so verdeutlichen: das Werthpapier ist eilte Schrift, welche einen Vermögenswerth in der Art repräsentirt, daß derjenige, welcher die Schrift ordnungsmäßig erwirbt, dadurch allein schon einen Vermögenswerth erwirbt. Nicht Werthpapiere sind demnach alle Do­ kumente, welche lediglich zum Beweise oder zur Legitimation dienen (Keyßner S. 255, Pnchelt II S. 5, Goldschmidt, Handb. I §47 Anm.21, Staub Art. 271

§ 7). Daß das Papier (wie nach Art. 271) Handelswerthpapier sei, ist nicht er­ forderlich. Auch Nicht-Handelspapiere gehören hierher, vorausgesetzt, daß sie den

Charakter von Werthpapieren haben.

Der Begriff ist insofern weiter

als der

des Art. 271, der sich lediglich auf die für den Handelsverkehr bestimmten Werthpapiere beschränkt. Ferner ist in der Verk.-Ord. § 50 B Nr. 2 Abs. 3 15*

228

Abschn.VIII. §50. B. d. Beförd. ausgeschl. od. nurbedingungsw. zügel. Gegenst.

in negativer Weise der Begriff „geldwerthe Papiere,, dahin deklarirt, daß

als geldwerthe Papiere im Sinne des Abs. 1 der Nr. 2 nicht anzusehen sind: gestempelte Postkarten, Postanweisungsformulare, Briefumschläge und Streif­ bänder, Postfreimarken, Stempelbogen und Steinpelmarken, sowie ähnliche amt­

liche Werthzeichen. Unter welchen Bedingungen alle diese vorbezeichneten Gegenstände (B Nr. 2) zur Beförderung angenommen werden, ist nicht, wie bei B Nr. 1, durch die Derk.-Ord. bestimmt, sondern der Bestimmung durch die Tarife welche aber die gesetzlichen Haftpflichtnormen hierbei nicht verletzen

überlassen,

dürfen. Bisher war dies „den besonderen Vorschriften jeder Eisenbahn" über­ lassen. Im Interesse größerer Einheitlichkeit und der Kontrole durch die an

der Genehmigung der Tarife betheiligten Aufsichtsbehörden sind nunmehr an Stelle der Sondervorschriften jeder Eisenbahn die Tarife gesetzt. Freilich ist dadurch die Bewegungsfreiheit der Eisenbahnen beschränkt, da für die An­ nahmebedingungen die für tarifarische Vorschriften bestehenden Voraussetzungen erfüllt werden müssen. Aber diese Beschränkung ist hier, wie an anderen Stellen (s. z. B. § 56 Abs. 1) aus obigen Gründen für zweckmäßig erachtet worden. Es kann hierbei auf die Ausführungen Anm. 248, 421, 424, 427 verwiesen werden.

Für

die Annahme und Beförderung

von Gold-

und

Silber­

barren, Platina, Geld, geldwerthen Münzen und Papieren, Doku­ menten, Edelsteinen und echten Perlen gelten die Allg. Zus.-Best. II 1 a—f, für die Annahme und Beförderung von Pretiosen und anderen Kost­ barkeiten die Allg. Zus.-Best. II 2 a u. b zum § 50 der Verk.-Ord. (s. S. 219, 220). Ueber die Beförderung dieser Gegenstände als Gepäck vergl. Allg. Zus.-

Best. Ziff. 2 zum § 30 Verk.-Ord. (s. S. 120, 121). Wegen der Beschränkung der Höhe des Schadensersatzes ist auf den neuen Abs. 2 des § 81 Verk.-Ord. verwiesen. Darnach hat die Verk.-Ord. von der ihr durch § 462 des N. H.-G.-B. eingeräumten Befugniß Gebrauch ge­ macht und den Eisenbahnen gestattet, die im Falle des gänzlichen oder theilweisen Verlustes oder der Beschädigung von Kostbarkeiten, Kunstgegenständen, Geld und Werthpapieren zu leistende Entschädigung in den Tarifen auf

einen Höchstbetrag zu beschränken.

(§ 81 Abs. 2 Anm. 444.)

Es darf

aber die Beschränkung auf den Höchstbetrag nicht geltend gemacht, vielmehr

Ersah des vollen Schadens gefordert werden, wenn der Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit der Eisenbahn herbeigeführt ist. (§ 462 Satz 2, § 461 Abs. 2 N. H.-G.-B., § 81 Abs. 3, § 88 Verk.-Ord. Anm. 469, 470.)

Nr. 3.

„Gegenstände, deren Verladung oder Beförderung nach der

Anlage und dem Betrieb einer der betheiligten Bahnen außergewöhnliche Schwierigkeit verursacht." Es sind solche Gegenstäude gemeint, die nach Um­ fang, Gewicht, Form rc. zwar nicht ganz zum Transporte ungeeignet (A. Nr. 2),

aber doch, sei es hinsichtlich der Verladung oder des Transports, in Rücksicht auf die Anlage und den Betrieb der an dem betr. Transport betheiligten Bahnen (s. oben Anm. 189 S. 223) außergewöhnliche Schwierigkeiten bereiten,

d. h. solche, denen die gewöhnlichen Betriebseinrichtungen (Verladevorrichiungen,

Abschn.VIII. §50. V.d. Beförd. ausgeschl. od.nurbedingungsw.zügel. Gegenst.

229

Personal, Betriebsmittel) nicht gewachsen sind, bezw. welche außerordentliche Anstrengungen zur Folge haben. Ob dies der Fall, ist nach dem Ermessen der übernehmenden Verwaltung (o. Hahn II. S. 708) zu beurtheilen, event, tritt

richterliche Feststellung ein. Die Besörderungsbedingungen sind bei derartigen Gütern nicht durch Reglement oder Tarif generell vorgeschrieben, sondern in jedem einzelnen Falle besonders zu vereinbaren (also bezüglich der Lieferfrist,

Fracht, Verladungsweise rc.) dürfen, aber die gesetzlichen Haftpflichtnormen nicht

verletzen. Vergl. hierzu die Allg. Zus. -Best. III zum § 50 Verk.-Ord. (s. oben S. 220). Nr. 4.

Eisenbahnfahrzeuge, sofern sie auf eigenen Rädern laufen.

Diese Kategorie fehlte den älteren Reglements gänzlich, sie erstreckte sich in der Verk.-Ord. von 1892 nur auf „Lokomotiven, Tender und Dampfwagen" (Erläuter. d. R.-E.-B.-A. §50. Schwab Neuer. S. 27) und ist nunmehr durch die neue Eisenb.-Verk.-Ord. generell auf alle Eisenbahnfahrzeuge ausgedehnt worden.

Obligatorisch ist ausnahmslos für alle Eisenbahnfahrzeuge, daß sie sich in laufsähigem Zustande befinden. Für Lokomotiven, Tender und Dampf­ wagen tritt ferner noch das besondere Erforderniß hinzu, daß sie von einem sachverständigen Beauftragten des Absenders begleitet sein müssen, — Er­

fordernisse, deren Feststellung freilich für die Annahme-Abfertigungsstelle zumeist mit großen Schwierigkeiten verknüpft sein wird und leicht zur Quelle von Strei­ tigkeiten werden kann. Eisenbahnfahrzeuge sind nach § 23 A der Allgem. Tarif-Vorschriften des deutsch. Eisenb.-Gütertarifs Theil I Abth. B. gültig vom 1. Januar 1900: 1. Eisenbahn-Lokomotiven, Tender und Dampfwagen, 2. Eisenbahnwagen aller Art: a) Personen-, Gepäck-, Güter- mit) Kohlwagen, b) Bahnmeisterwagen und Draisinen; c) Straßenbahnwagen; d) Kipp- und Förderwagen, 3. Eisenbahn-

Wagenkrahne, 4. Eisenbahn-Schneepflüge.

Eisenbahnfahrzeuge werden, wenn sie auf eigenen Rädern laufen,

nur als Frachtgut befördert, während, wenn sie auf Eisenbahnwagen verladen

sind, die Beförderung sowohl als Frachtgut, wie als Eilgut erfolgen kann. (§ 24 A 1. c. s. Anm. 117 S. 123). Die Fracht der auf eigenen Rädern laufenden,

als Frachtgut zu befördernden Eisenbahnfahrzeuge wird gemäß § 25 I. c. berechnet. In die Allg. Zus.-Best. IV zu B 4 des § 50 Verk.-Ord. (s. oben S. 221) sind aus den früheren „Allgem. Bestimmungen für die Beförderung von Fahr­ zeugen" die wesentlichsten für Eisenbahnfahrzeuge unter II A gegebenen mit ent­ sprechenden Aenderungen ausgenommen worden. Diese Bestimmungen betreffen die Prüfung und Bescheinigung der Lausfähigkeit (Abs. 1), die Beladung gegen

Zahlung der tarifmäßigen Fracht (Abs. 2), das Verbot eilgutmäßiger Beförderung (Abs. 3), die Instandhaltung der Fahrzeuge unterwegs (Abs. 4 und 5) sowie die Freifahrtberechtigung der Begleiter (Abs. 6).

191) C. Nicht bahnlagernd zu stellen sind alle Gegenstände, §soc. welche nur bedingungsweise zur Beförderung zugelassen werden (lit. B S. 218 ff., 224 ff.). Dieses unter lit. C neu in den § 50 aufgenonunene Verbot, bedingungs­ weise zur Beförderung zugelassene Gegenstände bahnlagernd zu stellen, ist aus dem

bisherigen deutsch. Eisenb.-Gütertarif Th. I Abth. A Allg. Zus.-Best. IV zu § 50

230

Abschnitt VIII.

§ 51. Inhalt des Frachtbriefs.

Verk.-Ord. in die Verk.-Ord. selbst übertragen worden.

Die bezügliche Spezial-

Bestimmung Ziff. XXXV a litt. B Abs. 5 der Anlage B zur Verk.-Ord. konnte

hiernach mit Rücksicht auf die generelle Bestimmung in § 50 C als übrig gestrichelt werden. Die Straf- und Hastbestimmungen für denjenigen, der die im § 50 A

Nr. 4 und in der Anlage B aufgeführten Gegenstände unter unrichtiger oder un­ genauer Deklaration zur Beförderung aufgegeben oder die in der Anlage B ge­ gebenen Sicherheitsvorschriften bei der Aufgabe außer Acht gelassen hat, sind

im § 53 Abs. 8 und im § 89 Berk-Ord. enthalten.

§. 51. Inhalt des Frachtbriefs."3) (i) Jede Sendung muß von einem Frachtbriefe begleitet fein,193) welcher folgende Angaben enthält:"3) a) Ort und Tag der Ausstellung."3) b) Die Bezeichnung der Versandstation."9)

I. Die Bezeichnung der Versandstation erfolgt von dieser durch Abstempelung des Frachtbriefs mit dem Tagesstempel der Ab­ fertigungsstelle. c) Die Bezeichnung der Bestimmungsstation und der Bestimmungs­ bahn, den Namen und den Wohnort des Empfängers sowie die etwaige Angabe, daß das Gut bahnlagernd gestellt ist."7) Bei Versendung von Gütern nach Orten, welche au einer Eisen­ bahn nicht gelegen oder nach Eisenbahnstationen, welche für den Güterverkehr nicht eingerichtet sind, ist vom Absender die Eisenbahnstation zu bezeichnen, bis zu welcher das Gut be­ fördert werden soll; der Empfänger hat den Weitertransport zu besorgen, sofern nicht für diesen von der Eisenbahn Einrich­ tungen getroffen sind (§. 68 Abs. 3)."8)

II. Der Frachtbrief darf nur auf eine Person oder Firma lauten. III. Frachtbriefe, welche an die Güter - Abfertigungsstelle der Empfangsstation gerichtet sind, können zurückgewiesen werden. Vgl. jedoch die Bestimmungen über die frachtfreie Beförderung von Privatwagendecken u. s. w. im Theil I Abtheilung B unter A IV der Allgemeinen Tarifvorschriften. d) Die Bezeichnung der Sendung nach ihrem Inhalte, die Angabe des Gewichts oder statt dessen eine den besonderen Vorschriften der Versandbahn entsprechende Angabe; ferner bei Stückgut die Anzahl, Art der Verpackung, Zeichen und Nummer der

Abschnitt VIII. § 51. Inhalt des Frachtbriefs. Frachtstücke.'00) Angaben

auch

231

Die Eisenbahn ist jedoch berechtigt, die letzteren

bei Gütern in Wagenladungen zu verlangen,

sofern die diese bildenden Frachtstücke derartige Bezeichnungen zulassen (§. 58 Abs. 4).200)

Die in

Anlage B

aufgeführten

Gegenstände sind unter der daselbst gebrauchten Bezeichnung

in den Frachtbrief auszunehmen.20')

IV. (1) Der Inhalt der Frachtstücke ist in dem Frachtbriefe genau zu benennen. Für die in den Allgemeinen Tarifvorschriften und in der Güterklassifikation (Theil I Abtheilung B) aufgeführten Gegenstände sind die daselbst gebrauchten, für alle übrigen Güter die handelsgebräuchlichen Benennungen anzuwenden. Frachtbriefe mit nur allgemeinen Bezeichnungen, wie „ätherische Oele, Chemi­ kalien, Effekten, Kalisalze, Kaufmannsgut, künstliche Düngemittel, Messgut, Steuergut, Theerabfälle u. s. w.“, werden zurück gewiesen. (2) Die Inhaltsbezeichnung „Droguen“ oder „chemische Präpa­ rate zum wissenschaftlichen Gebrauche“ wird zugelassen, sofern der Absender durch Vermerk im Frachtbrief erklärt, dass die be­ züglichen Frachtstücke keinen Gegenstand enthalten, welcher nach den Bestimmungen der Verkehrsordnung von der Beförderung ganz ausgeschlossen oder nur bedingungsweise zugelassen ist. V. Abänderungen der Gewichtsangaben werden nur zugelassen, wenn sie in Worten wiederholt sind und wenn denselben die Unter­ schrift des Absenders beigesetzt ist. e) Das Verlangen des Absenders, Ausnahmetarise unter den im §. 81 für zulässig erklärten Bedingungen zur Anwendung zu

bringen.202)

VI. Bei Inanspruchnahme eines solchen Ausnahmetarifs mit beschränkter Haftung ist in den Frachtbrief der Vermerk: „Es wird die Anwendung des Ausnahmetarifs verlangt“ an der für „Vorgeschriebene oder zulässige Erklärungen“ vorgesehenen Stelle einzutragen. f) Die etwaige Angabe des Interesses an der Lieferung (§. 84ff.).203) g) Die Angabe, ob die Sendung als Eilgut oder als Frachtgut

zu befördern ist (§. 56).204)

VII. (1) Als eine solche Angabe gilt für die Beförderung als Frachtgut die Aufgabe mit Frachtbrief (Anlage C), für die Be­ förderung als Eilgut die Aufgabe mit Eilfrachtbrief (Anlage D). Wird die Beförderung mit denjenigen Zügen gewünscht, mit welchen

232

Abschnitt VIII. § 51. Inhalt des Frachtbriefs.

die Bestimmungsstation am schnellsten erreicht wird (s. § 4 der Allgemeinen Tarifvorschriften — Theil I Abtheilung B —), so ist solches im Eilfrachtbrief an der für „Vorgeschriebene oder zulässige Erklärungen“ vorgeschriebenen Stelle durch den Vermerk „Schnell­ zugsgut“ zu beantragen. (2) Das Verlangen der Beförderung einer Sendung auf einem Theile der Strecke als Eilgut, auf einem anderen Theile als Fracht­ gut oder auf einem Theile als Schnellzugsgut und auf einem anderen Theile als Eilgut oder Frachtgut ist unzulässig. h) Das genaue Verzeichniß der für die zoll- oder steueramtliche Behandlung oder die polizeiliche Prüfung nöthigen Begleit­ papiere (§. 59).205) i) Den Frankaturoermerk int Falle der Vorausbezahlung der Fracht oder der Hinterlegung eines Frankaturvorschusses (§. 61)/0G)

VIII. Der Frankatur vermerk ist an der im Frachtbriefe hier­ für vorgesehenen Stelle einzutragen, und zwar: 1. bei Vorausbezahlung der Fracht mit dem Worte „frei“; 2. bei Vorausbezahlung der Fracht einschliesslich Zoll mit den Worten „frei einschliesslich Zoll“; 3. bei Vorausbezahlung des Zolls ohne gleichzeitige Voraus­ bezahlung der Fracht mit den Worten „frei Zoll“; 4. bei Theilfrankaturen durch Einstellung des Betrags der letzteren. k) Die auf dem Gute haftenden Nachnahmen, und zwar sowohl die erst nach Eingang auszuzahlenden, als auch die von der Eisenbahn geleisteten Baarvorschüsse (§. 62)?'")

IX. Die Eintragung von Baarvorschüssen und Nachnahmen nur in Ziffern ist für die Eisenbahn nicht verbindlich. l) Bei Sendungen, welche einer zoll- oder steueramtlichen Ab­ fertigung unterliegen, die zu berührende Abfertigungsstelle, falls der Absender eine solche zu bezeichnen wünscht. Die Eisenbahn hat eine derartige Vorschrift zu befolgen.208).

X. Die etwaige Bezeichnung der zu berührenden Zoll- oder Steuer-Abfertigungsstelle hat an der für „Vorgeschriebene oder zu­ lässige Erklärungen“ vorgesehenen Stelle des Frachtbriefs zu ge­ schehen. Zrn Uebrigen bleibt die Wahl des Transportwegs ausschließ­ lich dem Ermessen der Eisenbahn überlassen; letztere ist jedoch verpflichtet, das Gut auf demjenigen Wege zu befördern, welcher

Abschnitt VIII. §51. Inhalt des Frachtbriefs.

233

nach den Tarifen den billigsten Frachtsatz und die günstigsten Transportbedingungen darbietet.2^)

XI. Bei Eilgütern und bei den nach den Allgemeinen Tarifvorschriften (Theil I Abtheilung B) eilgutmässig zu be­ fördernden Gütern ist dem Absender gestattet, denjenigen Weg im Frachtbriefe vorzuschreiben, über welchen das Gut nach der Bestimmungsstation befördert werden soll. Für solche Sendungen finden die auf dem vorgeschriebenen Wege gültigen Tarife An­ wendung. XII. (1) Frachtbriefe, auf welchen sich Wege Vorschriften oder Abfertigungsvorschriften befinden, die nicht durch die vorstehenden Bestimmungen zugelassen sind, werden behufs Ausfertigung eines neuen Frachtbriefs oder behufs Streichung dieser Vorschriften mit unterschriftlicher Bestätigung des Ausstellers oder seines Beauf­ tragten zurückgegeben. (2) Stellen sich bei der Rückgabe besondere Unzuträglichkeiten für den Absender heraus, so können die Frachtbriefe zwar ange­ nommen werden, die betreffenden Vorschriften werden indessen von der Versandstation durchgestrichen, unter Beifügung des Vermerkes „Von Amtswegen gestrichen“. m) Die Unterschrift des Absenders mit seinem Namen oder seiner

Firma sowie Angabe seiner Wohnung.

Die Unterschrift kann

durch eine gedruckte oder gestempelte Zeichnung ersetzt foerben.210)

n)

Den etwaigen Antrag auf Ausstellung eines Frachtbrief-Dupli­ kats oder eines Aufnahmescheins (§. 54)?")

XIII. Wird die Ausstellung eines Frachtbrief-Duplikats ge­ wünscht, so ist dies durch Eintragung des Wortes „Ja“ an der im Frachtbriefe hierfür vorgesehenen Stelle zum Ausdruck zu bringen. (-) Die Aufnahme weiterer Erklärungen in den Frachtbrief, die

Ausstellung anderer Urkunden anstatt des Frachtbriefs sowie die Bei­ fügung

anderer Schriftstücke zum Frachtbrief ist unzulässig,

sofern

dieselben nicht durch die Verkehrsordnung für statthaft erklärt sind.'"2)

XIV. Etwa in den Frachtbriefen enthaltene besondere Vor­ schriften über die Verladungs- und Beförderungsweise, z. B. „Tonnen aufrecht zu stellen“ oder „Gut vor Sonne zu schützen“ haben für die Eisenbahn keine Verbindlichkeit. XV. Vorschriften, welche das Ausladen des Gutes oder das Abhängen des Wagens auf einer Station vor der im Frachtbrief angegebenen Bestimmungsstation bezwecken, sind unzulässig.

234

Abschnitt VIII.

§ 51. Inhalt des Frachtbriefs.

XVI. (1) Alle in die Frachtbriefe vom Absender einzutragenden Angaben und Erklärungen müssen mit Tinte und in deutscher oder lateinischer Schrift deutlich ge- und unterschrieben sein.

(2) Die Anwendung anderer Schriftzeichen ist unzulässig. Jede der erforderlichen Angaben und zulässigen Erklärungen kann statt in handschriftlicher Ausfertigung auch gedruckt angebracht werden. XVII. Frachtbriefe, welche theilweise versiegelt oder ver­ schlossen, sowie solche, welche abgeändert sind, werden nicht an­ genommen. (Siehe auch Zusatzbestimmung V und XII.) 192) Das N. H.-G.-B. erfordert weder für die Gültigkeit des Frachtvertrages, noch zum Beweise seines Inhalts eine schriftliche Abfassung oder die Ausstellung einer Urkunde. Aber die Ausstellung einer solchen ist üblich. (R.-O.-H.-G- Entsch. Bd. 12 S. 196.) Sie wird im Verkehre als „Frachtbrief" bezeichnet. Der Fracht­ brief ist ein vom Absender an den Empfänger gerichtetes offenes Begleitschreiben,

welches bis zur Ankunft des Gutes am Bestimmungsort in der Hand des Fracht­ führers verbleiben und dort zusammen mit dem Gute an den Empfänger ab­ geliefert werden soll und den Abschluß sowie den Inhalt des Frachtvertrages, die Bedingungen desselben rc. zum Gegenstände hat. (Goldschmidt S. 733, Thöl III S. 17.)

Die Bestimmung des A. H.-G.-B. (Art. 391), daß der Frachtbrief als Beweis über den Vertrag zwischen dem Frachtführer unb dem Absender dient, ist in dem N. H.-G.-B. (§ 426) nicht mehr enthalten, weil sich dies von selbst

ergiebt und im Gesetze nicht besonders ausgesprochen zu werden braucht (Denk­ schrift S. 517). Der Frachtbrief bildet zwar nicht das alleinige Beweismittel für den Vertragsinhalt.

Aber er macht doch — in Ermangelung anderer Be­

weismittel — an sich Beweis über den Inhalt des Frachtvertrages für unb gegen die Betheiligten, (v. Hahn II S. 580, Schott S. 299.) Die Beweis­

kraft kann aber freilich sowohl durch ausdrückliche, dieselbe beschränkende Klauseln

im Frachtbriefe, wie auch durch Gegenbeweis gegen den positiven Inhalt des Frachtbriefes beschränkt oder beseitigt werden. Da der Frachtvertrag gesetzlich einer bestimmten Form nicht bedarf, so würden — Mangels einer besonderen Abrede — weder Absender noch Empfänger befugt sein, die Ausstellung eines Frachtbriefes zu verlangen. Im Verkehrsinteresse ist jedoch diese Befugniß dem Frachtführer gesetzlich verliehen worden. Das N. H.-G.-B. (§ 426 Abs. 1) be­

stimmt, daß der Frachtführer die Ausstellung eines Frachtbriefes ver­ langen kann. Daraus folgt, daß der Absender eine gleiche gesetzliche Befugniß

an sich nicht hat. Die bloße Ausstellung seitens des Absenders genügt aber nicht, um gegen den Frachtführer Beweis zu machen, es muß vielmehr noch irgend eine

Willenserklärung des Frachtführers hinzukommen, aus welcher sich mit Sicher­ heit sein Einverständniß mit dem Inhalte des Frachtbriefes ergiebt.

Diese Er­

klärung ist an eine Form nicht gebunden, sie kann ausdrücklich oder stillschweigend durch konkludente Handlungen erfolgen.

Eine solche liegt in der anstandslosen

Annahme des vom Absender ausgestellten Frachtbriefes.

Abschnitt VIII.

235

§ 51. Inhalt des Frachtbriefs.

Im N. H.-G.-B. (§ 426 Abs. 2) ist der gewöhnliche und wesentliche In­

halt des Frachtbriefes bezeichnet.

Diese Angabe ist an sich nur instruktiver,

nicht obligatorischer Natur. (Goldschmidt I 2, S. 737 Nr. 7, 8. v. Hahn II S. 82.)

Ein Frachtbrief, welcher weniger enthält, verliert seinen Charakter als

Frachtbrief nicht (Endemann, H.-R. S. 720 Nr. 7), aber er kann an seiner Beweiskraft Einbuße erleiden im Vergleiche mit dem nach § 426 Abs. 2 N. H.G.-B. vollständigen Frachtbrief. Nur insofern, als § 426 Abs. 2 N. H.-G.-B. zur

Ergänzung des § 426 Abs. 1 dient, ist er dispositiver Natur, d. h. bezeichnet er den Inhalt des Frachtbriefes, welchen der Frachtführer gesetzlich zu verlangen befugt ist, wenn er sich nicht vertragsmäßig mit Geringerem begnügt hat. (Thöl III

S. 15.)

Nach dem N. H.-G.-B. § 426 Abs. 2 soll der Frachtbrief enthalten:

1. den Ort und Tag der Ausstellung; 2. den Namen und den Wohnort des Frachtführers; 3. den Namen dessen, an welchen das Gut abgeliefert werden soll (des Empfängers); 4. den Ort der Ablieferung; 5. die Bezeichnung des Guts

nach Beschaffenheit, Menge und Merkzeichen; 6. die Bezeichnung der für eine zoll- oder steueramtliche Behandlung oder polizeiliche Prüfung nöthigen Begleit­

papiere; 7. die Bestimmung über die Fracht, sowie im Falle ihrer Vorauszahlung einen Vermerk über die Vorausbezahlung; 8. die besonderen Vereinbarungen, welche die Betheiligten über andere Punkte, namentlich über die Zeit, innerhalb welcher die Beförderung bewirkt werden soll, über die Entschädigung wegen ver­ späteter Ablieferung und über die auf dem Gute haftenden Nachnahmen, getroffen

haben; 9. die Unterschrift des Absenders;

eine im Wege der mechanischen Ver­

vielfältigung hergestellte Unterschrift ist genügend. Im Vergleich mit dem Art. 392 des A. H.-G.-B. ist der Inhalt des Frachtbriefes dadurch erweitert, daß er auch die Bezeichnung der für eine zoll- oder steueramtliche Behandlung

oder polizeiliche Prüfung nöthigen Begleitpapiere, einen Vermerk über die etwaige Vorausbezahlung der Fracht und die Bestimmungen über die auf dem Gute haftenden Nachnahmen enthalten soll (N. H.-G.-B. § 426 Nr. 6, 7 u. 8). Zm Wesentlichen anschließend an diese Bestimmungen des N. H.-G.-B. enthält die Verk.-Ord. §51 Vorschriften über die Pflicht des Absenders

zur Beifügung eines Frachtbriefs für jede Sendung und im Zusammenhänge damit über Inhalt, Form und Beweiskraft desselben, sowie über die

Haftung für die Frachtbriefangaben.

193) Abs. 1 bestimmt im Eingänge zunächst grundsätzlich, daß jede §5i Sendung

von

einem

Frachtbriefe

begleitet sein

muß.

Der Ab­

sender ist darnach verpflichtet, jeder Sendung einen Frachtbrief beizu­ fügen.

Die Ausstellung ist obligatorisch.

Jede Sendung muß von einem

Frachtbrief von bestimmtem Inhalt (Anm. 194) und in vorgeschriebener Form

(§ 52 Anm. 213 ff.) begleitet sein. Damit ist von dem durch § 426 Abs. 1 N. H.-G.-B. jedem Frachtführer gegebenen Rechte Gebrauch gemacht. (S. 234.) Der recht­ lichen Natur der Verk.-Ord. gemäß (N. H.-G.-B. §§ 454, 471 s. oben S. 4)

ist durch Abs. 1 die Beigabe eines Eisenbahnfrachtbriefs in der durch §52 bestimmten Form als derartig bindend vorgeschrieben, daß die Eisenbahn

die Beigabe zu verlangen berechtigt und verpflichtet ist, und eine Sendung ohne Eisenbahnfrachtbrief oder mit einem jener Form nicht entsprechenden Frachtbrief

236

Abschnitt VIII.

zurückzuweisen hat.

§ 51. Jnhqlt des Frachtbriefs.

Wird dennoch eine Sendung ohne Eisenbahnfrachtbrief oder

mit einem vorschriftswidrigen Frachtbrief angenommen, so ist ein Eisenbahn­

frachtvertrag als solcher nicht abgeschlossen (arg. § 54 Abs. 1), es finden

daher auf eine derartige Sendung die Vorschriften des N. H.-G.-B. §§ 453—471 u. der Eisenb. Verk.-Ord. keine Anwendung, und es kann nur in Frage kommen, ob ein nach den §§ 425—452 N. H.-G.-B. zu beurtheilendes gewöhnliches Fracht­ geschäft vorliegt.

194) Für den Inhalt des Eisenbahnfrachtbriefs ist eine Reihe von An­ gaben vorgeschrieben, welche die Eisenbahn vom Absender verlangen kann, jedoch nur insoweit, als für den konkreten Fall die erforderlichen Angaben überhaupt erforderlich siud.

(z. B.

Dieselben haben

daher zum Theil mir eventuale Natur

das Verzeichnis; der Zoll- re. Papiere § 51 lit. h. bei einer nicht zoll­

pflichtigen Sendung). Auch bedürfen die vom Absender zu machenden Angaben noch in mehreren Beziehungen der Ergänzung durch die Eisenbahn, z. B. das abgerundete Gewicht, die Wagenuummer (außer im Fall des § 56 Abs. 2 Sah 2 Verk.-Ord.), Frachtkartenuummer, Stempel der Versandstation, Wiegesteiupel, Stempel der Empfangsstation, Betrag der Frankatur, die Nota (s. § 52 Abs. 6 Verk.-Ord.), so daß der vollständige Frachtbrief sich aus beiderlei Angaben

zusammensetzt Die Allg. Abf.-Vorschr. § 39 Abs. 4 erfordern in formaler Beziehung, daß sämmtliche Eintragungen in den Frachtbrief mit Tinte oder Tintenstift

deutlich und ohne Abkürzungen zn bewirken sind. § 27 Abs. 6 a. a. O. fügt noch hinzu, daß alle vom Absender einzutragenden Angaben und Erklärungen

in deutscher oder lateinischer Schrift geschrieben oder unterzeichnet werden. Die Anwendung anderer Schriftzeichen ist nicht znznlassen. Jede der erforder­ lichen Angaben oder zulässigen Erklärungen kann jedoch statt in handschriftlicher Ausfertigung auch gedruckt angebracht werden (vgl. E.-V.-O. § 51 Zns.-Best.

XVI). Ferner ist zu beachten, daß die stark umrahmten Theile des Formulars ausschließlich für die bahn amtlichen Eintragungen bestimmt sind.

Eine

Ausnahme findet nur statt bezüglich der Angabe der Wagenbezeichnnng bei

Wagenladnngsgütern (Allg. Abf.-Vorschr. § 36 Ziff. 11). ^§51 195) Als erstes Erforderns des Inhalts des Frachtbriefs ist lit. a: lit! a. „Ort und Tag der Ausstellung" aufgestellt, d. h. der Ort und Tag, wo

der Absender oder für ihn ein Dritter den Frachtbrief ausstellt.

Beides wird

häufig mit dem Orte und Tage der Auflieferung des Gutes identisch sein, kann aber auch damit auseinanderfallen, z. B. wenn die Aufnahme des Guts in den

Lagerräumen der Eisenbahn Mangels disponibler Transportmittel nur vorläufig,

die Aufdrückung des Abfertigungsstempels auf den Frachtbrief (§ 54 Abs. 1) und die Annahme zur Beförderung erst später erfolgt (s. § 55 Abs. 2 Verk.-Ord. Anm. 245). In solchen Fällen kann die Bezeichnung des Datums der Ausstellung

auf dem Frachtbriefe nicht als Beweis für das Datum des Vertragsabschlusses bezw. für den Beginn der Haftpflicht dienen.

Dafür ist vielmehr der Moment

der Aufdrückung des Abfertigungsstempels (§ 54 Abs. 1) anzusehen. Das Fracht-

brief-Formular sieht eine besondere Stelle links unten dicht neben der Angabe des Frankatur-Vermerks des Absenders (s. Anm. 218) für die Angabe des Orts und Tags der Ausstellung vor.

Abschnitt VIII.

§ 51. Inhalt des Frachtbriefs.

237

196) Das zweite Erforderniß ist lit. b: die Bezeichnung der Versandstation. Die Bezeichnung der Station genügt jedoch in der Regel nicht, es ist auch

§51

die der Bahn erforderlich, weil zahlreiche Orte Stationen

mehrerer Eisenbahnverwaltungen sind.

Diese Bezeichnung ist an sich Sache des

Absenders — nicht zu verwechseln mit dem Datumstempel der Versandexpedition, welchen

diese als Zeichen der Annahme dem Frachtbriefe aufzudrücken hat —

und kann in beliebiger Form (geschrieben, gedruckt, lithographirt, gestempelt) erfolgen.

Die Allg. Zus.-Best. I bestimmen jedoch:

„Die Bezeichnung der

Versandstation erfolgt von dieser durch Abstempelung des Frachtbriefs mit dem Tagesstempel der Abfertigungsstelle." Vergl. Allgem. Abfert.-Dorschr. § 27 Abs. 13.)

197) Drittens gehört zum Inhalt des Frachtbriefs lit. e: die Bezeichnung der Bestimmungsstation und der Bestimmungsbahn, sodann der Name und Wohnort des Empfängers, sowie die etwaige Angabe,

daß das Gut

bahnlagernd gestellt ist.

Die „Bestimmungsstation", auch Empfangsstation genannt, ist die­ jenige Station der Empfangsbahn, nach welcher das Gut auf Grund des Fracht­ vertrages transportirt werden soll. (Vgl. hierzu noch Allg. Abf.-Vorschr. § 27 Abs. 14.) Diese ist nicht immer identisch mit dem Ablieferungsorte, d. h. dem Orte, an welchen das Gut an den Empfänger abzuliefern ist, z. B. nicht, wenn, wie bei Sendungen Bahnhof restante, keine Ablieferung, sondern Weiter­

sendung eintritt, oder das Gut nur bis zu einem an der Bahn gelegenen Orte, nicht bis zu dem seitwärts belegenen Wohnorte des Empfängers geschafft werden

soll (die Angabe mehrerer Bestimmungsstationen ist unstatthaft).

Das Fracht­

brief-Formular enthält (rechts oben) zwei besonders markirte Stellen zur Angabe sowohl der Bestimmungsstation, wie auch der Bestimmungsbahn. (Allg. Abf.-Vorschr. § 27 Abs. 13. Vgl. über die Angabe von Bestimmungsstationen, deren Eröffnung für den Güterverkehr der Abfertigungsstelle nicht bekannt ist, a. a. O. Abs. 15.)

„Den Namen und den Wohnort des Empfängers" soll ferner der Die Verk.-Ord. bezeichnet den Adressaten, Destinatär rc.

Frachtbrief angeben.

als den Empfänger, d. h. denjenigen, der das Gut empfangen, an den es ab­ geliefert werden soll.

Person sein.

Dieser muß also eine bestimmte, namentlich bezeichnete

Als solche gelten auch Handlungsfirmen, Vorstände von Gesell­

schaften, Behörden (s. auch Allg. Zus.-Best. II S. 230; Frachtbriefe, welche an mehrere Empfänger gerichtet sind, sind zurückzuweisen, § 27 Abs. 30). Auch der

Absender selbst kann als Empfänger bezeichnet, d. h. beide können identisch sein; nicht aber ist die Bezeichnung „an Ordre" statthaft.

Vorname und Stand des

Empfängers sind anzugeben, soweit dies zur richtigen Ablieferung erforderlich. Frachtbriefe, welche an die Güterabfertigungsstelle der Empfangsstation gerichtet sind, können zurückgewiesen werden.

Eine Ausnahme schreiben die Bestimmungen

über die frachtfreie Beförderung von Privatwagendecken u. s. w. im Theil I Abth. B unter A IV § 51 Abs. 2 der Allgem. Tarifvorschr. vor.

Best. III S. 230.)

(Allg. Zus.-

lit. c. verlangt nur die Bezeichnung des Namens und

Wohnorts (Domizils) des Empfängers, nicht die Unterschrift.

Die Be-

§ 5l

Abschnitt VHI.

238

§ 51. Inhalt des Frachtbriefs.

zeichnung kann daher entweder vom Absender oder von jedem Dritten (auch den

abfertigenden Eisenbahnorganen) in dessen Namen in den Frachtbrief eingetragen sein.

Sie kann geschrieben, lithographirt, gedruckt,

jeder beliebigen,

gestempelt, überhaupt

in

wenn nur deutlich erkennbaren Forni angebracht sein, sie kann

ferner die im Geschästsverkehre gebränchlichen und bekannten Abkürzungen haben. Zst der Empfänger eine Firma, so ist dieselbe vollständig nebst dem Geschäfts­

domizil anzugeben. Die Eisenbahn hat, insoweit nicht Spezial-Reglements ein Anderes vor­ schreiben, nach der Art und dem Wesen ihres Verkehrs prinzipiell nicht die

Pflicht,

dem Empfänger das Gut in seine Wohnung zuzuführen (Verk.-Ord.

§ 68), derselbe ist vielmehr gehalten, das Gut von der Bestimmungsstation abzuholen. Als Ort der Ablieferung gilt daher auch nach § 66 Abs. 3 an sich

die vom Absender bezeichnete Bestimmungsstation. Die Vorschrift, daß im Frachtbrief die Bezeichnung des Empfängers nach Namen mit) Wohnort zu bezeichnen sei, hat somit in erster Reihe nicht den Zweck, die Eisenbahn zur Zu­

führung des Guts nach dem Wohnort des Empfängers zu verpflichten, sondern

der Eisenbahn als Frachtführerin den Adressaten bekannt zu geben. Der Eisen­ bahn wird durch diese Angabe vom Absender der Dritte bezeichnet, an welchen sie vertragsmäßig das Gut abzuliefern hat. Sie wird dadurch in den Stand gesetzt, diesem nach der Ankunft des Guts auf der Bestimmungsstation hiervon Kenntniß zu geben (ihm das Gut zu „avisiren"), (§ 68 Abs. 1, 2) und be­ rechtigt und verpflichtet, sobald er sich zur Empfangnahme meldet, gegen Be­ zahlung ihrer durch den Frachtvertrag begründeten Forderungen und gegen Be­ scheinigung des Empfangs (§ 68 Abs. 7) den Frachtbrief und das Gut auszu­ händigen (§ 66 Abs. 1). — Nur da, wo die Spezial-Reglements die Zuführung

in

das Haus bezw. Geschäftslokal des Empfängers vorschreiben,

dient

die

Wohnnngsangabe auch dazu, der Eisenbahn die Erfüllung dieser Pflicht zu er­ möglichen.

Das Frachtbrief-Formular enthält im Eingänge beginnend mit dem

Worte „An" diejenige Stelle, wo der Name und der Wohnort des Empfängers einzutragen ist.

Die Allg. Abf.-Vorschr. § 27 Abs. 9—13 u. 16 bestimmen hierzu: Der Name und

Wohnort des Empfängers muß so deutlich und genau an­

gegeben sein, daß Verwechselungen nicht vorkommen können.

Namentlich ist bei

Sendungen nach größeren Städten zur Vermeidung von Verwechselungen, be­

sonders bei häufig vorkommenden Familiennamen, auf die Angabe der Wohnung,

sowie des Standes und Vornamens

hörden, Handelsfirmen, Bezeichnung allein. Ordre"

des Empfängers hinzuwirken.

Bei Be­

Gesellschafts-Vorständen und Gasthöfen genügt deren

Unbestimmte Bezeichnungen des Empfängers, etwa

oder „an den Vorzeiger des Frachtbrief-Duplikats"

N. N. vermittelst des Herrn P. P." sind unzulässig.

„an

oder „an Herrn

An die Güter-Abfer­

tigungsstelle der Empfangsstation gerichtete Frachtbriefe find nur dann znznlassen, wenn die Berechtigung zur Benutzung dieser Adresse nachgewiesen wird

oder aus dem Tarife hervorgeht.

Es ist darauf zu achten,

daß neben der Be­

stimmungsbahn die Bestimmungsstation tarifmäßig richtig bezeichnet ist (vgl. auch Verzeichniß der Eisenbahnstationen mit gleichlautender oder ähnlicher Namensbezeichnung), ferner, daß bei Versendung von Gütern

Abschnitt VIII.

§51. Inhalt des Frachtbriefs.

239

nach Orten, welche an einer Eisenbahn nicht gelegen, oder nach Eisenbahnstationen,

welche für den Güterverkehr nicht eingerichtet sind, vom Absender die Eisenbahn­ station angegeben wird, bis zu welcher die Beförderung erfolgen soll. Hierbei haben die Abfertigungsstellen auf Grund des Stationsverzeichnisses, der Eisen­

bahnkarten und der Tarife bereitwilligst Auskunft zu ertheilen.

Falls der Ab­

sender den Beförderungsweg angegeben hat, so ist die Zulässigkeit dieser Vorschrift nach Maßgabe der hierüber in den Tarifen erlassenen Bestimmungen zu prüfen.

Hierbei ist zu beachten, daß die etwaige Bezeichnung der zu be­

rührenden Zoll- oder Steuer-Abfertigungsstelle an der für „Vorgeschriebene oder zulässige Erklärungen"

vorgeseheneil Stelle des Frachtbriefes zu geschehen hat

(§ 51 E.-V.-O. Zus.-Best. X S. 232).

198) Vergl. hierzu § 76. Unter „Eisenbahnstationen" sind auch Halte­ stellen rc. zu verstehen. 199) Ein weiteres Erforderniß des Frachtbriefs ist lit d die Bezeichnung der Sendung. Während bei Wagenladnngsgut die Bezeichnung nach Inhalt und Gewicht bezw. statt des letzteren eine den besollderen Vor­ schriften der Versandbahn entsprechende Angabe (z. B. nach Raum, Maß rc.) in der Regel (s. lit. d Satz 2 S. 241) genügt, tritt bei Stückgut noch die An­

§si

gabe der Anzahl, der Verpackungsart, Zeichen und Numlner der Frachtstücke als erforderlich hinzu. Sah 1. Was zunächst die Bezeichnung der Sendung nach ihrem Inhalte §51 anlangt, so ist damit die Angabe der Beschaffenheit gemeint. Das Gut muß M

nach Stoff, Art, Gattung rc., d. h. nach seiner Qualität begrifflich bestimmt und Satz 1. genau benannt sein (Allg. Zus.-Best. IV 1, s. S. 231). Es genügt also nicht, das Gut im Frachtbriefe nur als „Sache", „Gegenstand" zu bezeichnen. Eben­ sowenig genügt es, nur die Emballage ohne Inhaltsangabe zu neunen, z. B. „eine Kiste", „ein Packet", „ein Faß" (abgesehen von dem Falle, wo etwa

die leere Emballage in der That das Transportobjekt bildet), zumal der Eisen­ bahn nicht zugemuthet werden kann, mangels der Inhaltsangabe die Emballagen öffnen und nach Feststellung des Inhalts wieder schließen zu lassen. Es ist also,

gleichviel ob das Gut offen oder verpackt versendet,

ob der Inhalt von

Außen kenntlich ist oder nicht, im Frachtbriefe die Beschaffenheit (Kaffee, Zucker, Wolle, Glas) genau zu bezeichnen. Dagegen genügt es aber auch andererseits, daß der Absender die Beschaffenheit der Waare bezeichnet, er ist nicht verpflichtet,

ihre sonstigen, schon aus der Natur der Waare sich von selbst ergebenden und aus ihrem Namen ersichtlichen Eigenschaften (Flüssigkeit, Zerbrechlichkeit) zu deklariren.

So ist es z. B. nicht seine Pflicht, notorisch zerbrechliches Frachtgut

(Glas rc.) als zerbrechlich besonders zu deklariren.

Mangelhafte, absichtlich oder versehentlich unrichtige Angaben des Inhalts von der Vertretung für allen daraus erwachsenden

befreien die

Eisenbahn

Schaden in

der Beförderungsart, Behandlung des Guts rc. und verpflichten

andererseits den Absender — abgesehen von der Nachzahlung der etwaigen Fracht­

differenz und

dem Ersätze des entstandenen Schadens sowie den durch straf­

gesetzliche und polizeiliche Bestimmungen vorgesehenen Strafen — einen Fracht­

zuschlag an die am Transporte betheiligten Eisenbahnen zu zahlen, dessen Höhe

Abschnitt VIII.

240

§ 51. Inhalt des Frachtbriefs.

sich nach § 53 Abs. 8—10 der Verk.-Ord. bestimmt.

Vgl. ferner noch betreffs

der Beweiskraft der Frachtbriefangabe über Gewicht und Anzahl der Stücke bei

selbstverladenen Gütern: § 54 Abs. 4 Verk.-Ord. Anm. 238. Die Bezeichnung nach dem Gewicht schreibt die Angabe der Schwere

des Frachtguts nach dem geltenden Gewichtssystem (Kilogramm) vor. Die An­ gabe des Gewichts kann bezw. mutz erseht werden durch eine den besonderen Vorschriften der Versandstation entsprechende Angabe.

Wenn also nach den be­

sonderen Vorschriften der Versandstation gewisse Arten von Gütern statt des Gewichts oder neben dem Gewichte nach der Stückzahl, nach dem Längen- oder Raummaß, nach Gebinden rc. zu bezeichnen sind, so sind diese Vorschriften zu

beobachten. Auch hier zieht mangelhafte, absichtlich oder versehentlich unrichtige Deklaration die oben bezeichneten Folgen nach sich (§ 53 Abs. 8—10). Auch be­ stimmen die Allg. Zus.-Best. V: daß Abänderungen der Gewichtsangaben nur zugelassen werden, wenn sie in Worten wiederholt sind und wenn den­ selben die Unterschrift des Absenders beigesetzt ist (L S. 231).

Bei Stückgut tritt außerdem noch hinzu:

1. die Angabe der Anzahl

der auf einen Frachtbrief verladenen Güter (Kisten, Tonnen rc.), 2. die Angabe der Verpackungsart. Bei Angabe der Verpackungsart ist ein möglichst be­ zeichnender Ausdruck zu wählen (Faß, Sack, Korb), nicht der allgemeine Ausdruck „Kollo"; 3. die Angabe des Zeichens und der Nummer der Frachtstücke. Diese Angabe ist deshalb nothwendig, weil im Eisenbahnverkehre häufig Güter von ganz

gleicher Qualität und Quantität nach

denselben Bestimmungsorten

gehen und für diesen Fall das Zeichen (Signum) und die Nummer des Gutes

ein wesentliches Unterscheidungemittel bildet. Unter „Zeichen" ist jedes äußerlich sichtbare, auch aus dem Gute bezw. seiner Verpackung angebrachte be­

sondere Merkmal zu verstehen, durch welches das betreffende Gut von anderen

behufs Unterscheidung kenntlich gemacht werden soll. Ist das Zeichen nur im Frachtbriefe, nicht aber auf denr Gute enthalten, so würde es selbstverständlich seinen Zweck verfehlen. Das Zeichen kann in Buchstaben, Figuren, Stempeln, Firmenzeichen, Schutzmarken rc. bestehen. Nur muß es den Charakter eines

eigens zum Zwecke der Bezeichnung dem Frachtbriefe und Gute beigefügten Merkmals tragen.

Daher sind die bloßen Angaben einer eigenthümlichen Ver­

packungsart oder Gestalt des Gutes oder Bezeichnungen wie: Glas! Vorsicht! Zündstoff rc. oder einfache Striche, Kreuze, Kreise u. dergl. nicht als hinlängliche Merkzeichen anzusehen, außer, wenn eine besondere Signatur nicht üblich ist.

Neben dem Zeichen dient zur noch deutlicheren Jndividualisirung der Sendung die Beifügung einer Nummer, d. h. einer beliebigen Zahl, welche gleichfalls

sowohl auf dem Frachtbriefe, wie auf dem Gute anzubringen ist. Das Frachtbrief-Formular enthält — entsprechend dem § 51 Abs. 1 lit. d — besondere Rubriken

für Zeichen und Nummer,

Anzahl,

Art der Verpackung,

Inhalt, Gewicht (und zwar wirkliches Bruttogewicht und abgerundetes, zur Berechnung zu ziehendes Gewicht). Die Allg. Abf.-Vorschr. §27 Abs. 17—23 bestimmen ergänzend:

Als

Art der Verpackung sind die genauen Bezeichnungen: Faß, Sack, Korb, Kiste,

Kasten, Ballen, Ballon und dergleichen zu wählen; die Anwendung der all­ gemeinen Bezeichnung „Kollo" oder „Kolli" ist unzulässig. Hinsichtlich der

§ 51. Inhalt des Frachtbriefs.

Abschnitt VIII.

Jnhaltsbezeichnung ist darauf zu achten,

241

daß für die in der Anlage B.

E.-V.-O., den Allgenleinen Tarifvorschriften und der Güter-Klassifikation d. E.-G. T. Th. I Abth. B. aufgeführten oder nach den sonst maßgebenden Tarifbestimmungen

zu ermäßigten Sätzen zu befördernden Gegenstände die daselbst gebrauchten, für alle übrigen Güter die handelsgebräuchlichen Benennungen angewendet werden.

(Dgl. Zusahbestimmung IV zu § 51 der Verk.-Ord. S. 231).

Bei Sendungen

nach dem Auslande ist die Jnhaltsbezeichnung möglichst mit der Waarenbezeich-

nung des Gesetzes

vom 20. Juli 1879, betreffend die Statistik des

Waarenverkehrs rc. in Uebereinstimmung zu bringen. (Vgl. die Zusammen­ stellung der im Eisenbahnverkehr zu berücksichtigenden Zoll-, Steuer- und polizei­

lichen Vorschriften, Kundmachung 11. Th. I). Liegt lediglich eine ungenaue, den Bestimmungen unter Ziff. 18 nicht entsprechenden Inhaltsangabe vor, welche die Erhebung eines Frachtzuschlages nicht begründet erscheinen läßt, so ist der Absender zur Berichtigung der Inhaltsangabe zu veranlassen. Ist dies nicht zu

erreichen, so sind in Gegenwart des Absenders oder zweier unbeteiligten Zeugen

Proben zu entnehmen und ist danach der Inhalt genau festzustellen. Die Dienststelle hat sich der Aenderung des Frachtbriefes zu enthalten, jedoch die genaue Inhaltsangabe in Klalnmer unter der Frachtbriefangabe zu vermerken. Frachtbriefe mit der allgemeinen Inhaltsangabe „Kurzwaaren" oder „Manu­ fakturwaaren" sind zulässig. Für Sendungen, welche nach der Zusatzbestimmung IV Abs. 2 zu tz 51 der Verk.-Ord. (S. 231) unter der Jnhaltsbezeichnung „Droguen" oder „Chemische Präparate zum wissenschaftlichen Gebrauch" zur Beförderung zugelassen werden, wenn der Absender die daselbst vorgeschriebene Erklärung im Frachtbriefe abgiebt, ist die Niederlegung einer Allgemeinen Erklärung ge­

stattet, auf welche der Absender bei jeder einzelnen derartigen Sendung durch einen Vermerk im Frachtbriefe hinzuweisen hat. Frachtbriefe über Wagenladungen,

welche aus Gütern verschiedener Art bestehen — Sammelgüter — können, sofern nicht Zoll- oder Steuer-Vorschriften oder das Gesetz vom 20. Juli 1879, betr.

die Statistik des Waarenverkehrs rc. nebst Ausführungsbestimmungen entgegen­ stehen, unter der Bezeichnung „Sammelgut" ohne ein genaues Verzeichniß

der einzelnen Frachtstücke nach

werden,

jedoch

muß

Inhalt,

Gewicht

oder Zeichen

der Frachtbrief mit folgendem Vermerk

angenommen

versehen

sein:

„Sendung enthält keine Güter, welche nach § 50 der Eis.-Verk.-Ord. von der Beförderung ausgeschlossen oder nur bedingungsweise zur Beförderung zugelassen

sind, und deren Zusammenladen mit anderen Gütern nicht gestattet ist."

Befinden

sich unter den Sammelgütern bedingungsweise zur Beförderung zugelassene Gegenstände, für welche die Vereinigung mit anderen Gegenständen in einem Frachtstücke nach Anlage B Nr. XXXV der Eisenb.-Verk.-Ord. gestattet ist, so

müssen diese im Frachtbriefe einzeln unter Hinzufügung des Wortes („bedingungs ­ weise")

aufgeführt

werden.

(Vgl.

auch § 32

Abs. 7 E.-V.-O. Allg. Abf.-

Vorschr. § 32 Abs. 2 und § 25 Abs. 1.)

200) Satz 2 gewährt der Eisenbahn das Recht, auch bei Wagen- §51 ladungsgütern, — für welche nach Satz 1 als Regel nur die Bezeichnung M'a. nach Inhalt und Gewicht vorgeschrieben ist (Anm. 199 S. 239) — die detaillirten Satz 2.

Angaben, welche für Stückgut bestimmt sind, d. h. Anzahl, Art der Verpackung, Eger, Eisenbahn-Verkehrsordnung.

2. Aust.

16

Abschnitt VIII.

242

§ 51. Inhalt des Frachtbriefs.

Zeichen und Nummer (Anm. 199 S. 240) zu verlangen.

Voraussetzung ist

aber, daß die bezüglichen Frachtstücke derartige spezielle Bezeichnungen zulassen, wobei auf die Signirungsvorschriften des § 58 Abs. 4 (Anm. 273) verwiesen ist.

Hierüber entscheidet zunächst das Ermessen der Abfertigungsstelle, event, der Richter.

Die Eisenbahn ist zu dem qu. Verlangen berechtigt, aber nicht ver­

pflichtet.

Auch wird ein derartiges Verlangen generell publizirt werden müssen,

da anderenfalls bei beliebiger Anforderung im einzelnen Falle außerordentliche

Verzögerungen in der Abnahme der Güter zum Nachtheile des Publikums er­ folgen würden.

201) Die Bestimmung, daß die in der Anlage B aufgeführten Gegen­

Abs. 1 lit. d. stände unter der daselbst gebrauchten Bezeichnung in den Frachtbrief aufzunehmen Satz 3.

sind,

ist obligatorisch; sie dient dazu, die Abfertigungsstelle darauf hinzu­

weisen, daß es sich um nur bedingungsweise zur Beförderung zugelassene Güter

handelt — was bei anderweitigen verschiedenartigen Bezeichnungen nicht erkenn­ bar sein würde. S51! 202) Sodann ist lit. e. bestimmt, daß der Absender seinem Verlangen lit.*e'. in betreff der Anwendung von Ausnahmetarifen unter den im § 81

für zulässig erklärten Bedingungen im Frachtbrief Ausdruck geben muß.

Dies

ist aber nur eine Eventualangabe, d. h. nur für den Fall erforderlich, daß der Absender die Anwendung von Ausnahmetarifen überhaupt begehrt. Das Frachtbriefformular sieht eine besondere Stelle hierfür nicht vor. Die Allg. Zus.-Best. VI (S. 231) bestimmen die Eintragung eines bezüglichen Vermerks an der für „Vorgeschriebene oder zulässige Erklärungen" vorgesehenen Stelle. Spricht der Absender das Verlangen nach der Anwendung dieser Ausnahmetarife im Frachtbriefe in der bezeichneten Rubrik nicht aus, so wird zwar der bezügliche

Ausnahmetarif — falls die Bedingungen dafür vorliegen — dennoch in An­ wendung zu bringen sein (§§ 60, 61). Aber den Absender treffen die Nachtheile, die sich aus der in Folge der Unterlassung dieser Angabe etwa irrig erfolgten Berechnung der Fracht ergeben.

203) Ferner ist erforderlich lit. f: die etwaige Angabe des Interesses

§5i

nt’f.’ an der Lieferung — gleichfalls wie bei e eine Eventualangabe für den Fall,

daß der Absender das Lieferungsinteresse überhaupt deklariren will.

Der Hinweis

auf die §§84 ff. deutet an, daß sowohl das deklarirte Interesse im Falle des Verlustes, der Minderung oder der Beschädigung (§§ 80, 83), wie im Falle der

Verspätung (§ 86) gemeint ist.

Wie das N. H.-G.-B. §§ 463, 466 nach Analogie

der Internat. Uebereink., so unterscheidet auch die Verk.-Ord. nicht zwischen

Werth- und Lieferfrist-Jnteressen-Angabe, kennt vielmehr für beide Fälle nur eine Angabe: die Angabe des Interesses an der Lieferung (s. §80 und §84).

Diese Angabe gilt sowohl für die Fälle der §§ 80, 83, wie für die des § 86. Der § 84 Verk.-Ord., welcher demgemäß auch für § 86 gilt — fetzt fest, daß die Summe, zu welcher das Interesse an der Lieferung angegeben wird, im Fracht­

briefe an der dafür vorgesehenen Stelle mit Buchstaben eingetragen werden

muß.

Bei der Eintragung sind also drei Formalitäten zu beachten,

1. Ein­

tragung im Frachtbriefe selbst, 2. auf der dafür vorgesehenen (schraffirten) Stelle

Abschnitt VIII.

§ 51. Inhalt des Frachtbriefs.

243

und 3. mit Buchstaben. Ist eine dieser Formalitäten nicht beachtet, so braucht die Eisenbahn die Angabe als gültig nicht anzuerkennen. Dergl. Allg. Abf.-Vorschr. § 27 Abs. 25 und 27.

204) Die weitere Angabe lit. g — ob die Sendung als Eilgut oder §51 als Frachtgut (§ 56) zu befördern sei — erfolgt nicht ausdrücklich, sondern nt.'g' liegt stillschweigend in der Wahl der Farbe des Frachtbriefes, welche nach § 52 Abs. 1 (Anm. 213) für gewöhnliche Fracht weiß, für Eilfracht gleich­ falls weiß, jedoch mit einem auf der Vorder- und Rückseite oben und unten am Rande anzubringenden karminrothen Streifen ist. Mithin ist in der Wahl der Farbe bereits implicite die Angabe enthalten, ob das Gut als Eilgut oder Frachtgut zu befördern sei. Eine besondere Angabe ist also nicht erforderlich und daher im Formular für eine solche auch eine Stelle nicht vorgesehen, (s. S. 251, 252.) Die Allg. Zus.-Best. VII (S. 231) bestimmen, daß als eine solche An­ gabe für die Beförderung als Frachtgut die Aufgabe mit Frachtbrief (Anlage C), für die Beförderung als Eilgut die Aufgabe mit Eilfrachtbrief (Anlage D) gilt. Wird Beförderung mit denjenigen Zügen gewünscht, mit welchen die Bestimnlungsstation um schnellsten erreicht wird, so ist solches im Eilsrachtbriefe an der für „Vorgeschriebene oder zulässige Erklärungen" vorgesehenen Stelle durch den Vermerk „Schnellzugsgut" zu beantragen. Das Verlangen der Be­ förderung einer Sendung auf einem Theile der Strecke als Eilgut, auf einem anderen Theile als Frachtgut oder auf einem Theile als Schnellzugsgut und auf einem anderen Theile als Eilgut oder Frachtgut ist unzulässig. Die Fassungs­ änderung der ehemaligen lit. g „Eilfracht oder gewöhnliche Fracht" in „als Eilgut oder als Frachtgut" ist dadurch erforderlich geworden, daß nach den Bestimmungen des Nachtrags I § 3 und 4 der allgemeinen Tarifvor­ schriften und lit. a der Güterklassifikation die Gegenstände des Spezialtarifs für bestimmte Eilgüter auch bei der Aufgabe als Eilgut nur die Sätze für Frachtgut zu entrichten haben. 205) Die Angabe lit. h: „genaues Verzeichniß der für die zolloder steueramtliche Behandlung oder die polizeiliche Prüfung nöthigen Begleitpapiere N. H.-G.-B. § 426 Abs. 2 Ziff. 6 § 427. — Verk.Ord. § 59 ist nur eine Eventualangabe, d. h. für den Fall, daß die Sendung überhaupt solcher Begleitpapiere bedarf. Lit. h hängt mit der im § 59 Abs. 1 ausgesprochenen Verpflichtung des Absenders zusammen, dem Frachtbriefe die­ jenigen Begleitpapiere beizugeben, welche zur Erfüllung der etwa bestehenden Zoll-, Steuer- oder Polizeivorschriften vor der Ablieferung an den Empfänger erforderlich sind, und der Eisenbahn zu haften, sofern derselben nicht ein Ver­ schulden zur Last fällt, für alle Folgen, welche aus dem Mangel, der Unzuläng­ lichkeit oder Unrichtigkeit dieser Papiere entstehen (s. Anm. 276, 277 ff.). Mit Rück­ sicht hierauf ist ein genaues Verzeichniß der bezüglichen Begleitpapiere aus dem zwiefachen Grunde erforderlich, 1) damit die Eisenbahn — soweit sie hierzu im Stande und obwohl ihr nach § 59 Abs. 2 eine Prüfungspflicht nicht obliegt — übersehen kann, ob die Papiere nach ihrem Ermessen vollständig sind, und 2) damit im Streitfälle festzustellen ist, welche Papiere der Absender dem Fracht16*

§51

Abschnitt VIII.

244

§ 51. Inhalt des Frachtbriefs.

briefe beigefügt hat, mithin der Behauptung begegnet werden kann, es seien mehr oder weniger Papiere beigefügt gewesen. Das Frachtbrief-Formular enthält dementsprechend unter der Rubrik „Zeichen und Nummer" eine Rubrik „Vor­

geschriebene oder zulässige Erklärungen", in welcher insbesondere auch auf § 59 Verk.-Ord. hingewiesen ist.

Die Vorschrift unter h schließt stillschweigend das Präjudiz in sich, daß

die Eisenbahn für Begleitpapiere nicht zu haften hat, welche im Frachtbriefe nicht verzeichnet sind. Ferner ist aus jener Vorschrift ersichtlich, daß die Begleit­ papiere der Eisenbahn mit dem Frachtbriefe offen (nicht verschlossen) übergeben

werden müssen.

Denn die Bahn hat als die nach den meisten Zollgesetzen zu­

nächst verantwortliche, wenn auch nicht die Pflicht (§ 59 Abs. 2), so doch das Recht, die Begleitpapiere bei der Uebergabe zu prüfen. (Vergl. Allg. Abf.Vorschr. § 28 Abs. 8 und 9.)

Sie kann daher verlangen, daß ihr dieselben offen

übergeben werden, weil sie sich anderenfalls von der Genauigkeit des Verzeichnisses im Frachtbriefe nicht würde überzeugen können. Auch genügt das Verzeichniß der Begleitpapiere im Frachtbriefe hierzu nicht, da dasselbe nicht so speziell ge­ halten zu sein braucht, um auf dieser Grundlage die Prüfung der Vorschriftsmäßigkeit der Begleitpapiere vornehmen zu können.

Die Allg. Abf.-Dorschr. § 28 Abs. 1 bestimmen:

„Die Güter-Abferti-

gungsstelle hat darauf zu achten, daß dem Frachtbriefe diejenigen Begleitpapiere beigegeben und in demselben an der hierfür vorgesehenen Stelle verzeichnet werden, welche zur Erfüllung der Zoll-, Steuer-, Polizei- und statistischen Vor­ schriften erforderlich sind;" und § 23 Abs. 8: „Güter, welche unter Zoll- oder

Steuer-Kontrole stehen, sind nur dann anzunehmen, wenn die äußere Be­ schaffenheit mit den Angaben in den Begleitpapieren übereinstimmt und der zoll­

amtliche Verschluß — Plombe, Siegel, Vorlegeschloß rc. — (Vergl. noch § 28 Abs. 2ff. §. 27 Abs.'? I. c.)

§5i hl'l

unverletzt ist."

206) Die Nothwendigkeit der Angabe lit. i: des Frankaturvermerks (N. H.-G.-B. § 426 Abs. 2 Ziff. 7) — einer Eventualangabe „im Falle der Vorausbezahlung der Fracht oder der Hinterlegung eines Frankaturvorschusses"

— ergiebt sich aus den Bestimmungen des § 61, auf welchen auch in Parenthese besonders hingewiesen ist.

Nach § 61 Abs. 1 werden die Frachtgelder entweder

bei der Aufgabe des Gutes zur Beförderung berichtigt (Franko-Fracht) oder sie gelten als auf den Empfänger angewiesen (unfrankirte Fracht), welcher gemäß

§ 67 Abs. 1 im letzteren Falle die im Frachtbriefe ersichtlich gemachten Beträge gegen Empfang des Gutes zu zahlen hat. Wenn im Falle der Frankirung der

Betrag der Gesammtfracht beim Versand nicht genau bestimmt werden kann, so kann die Versandbahn die Hinterlegung des ungefähren Frachtbetrages, d. h. einen Frankatur-Vorschuß fordern (§ 61 Abs. 3). Sowohl zub Orientirnng der

Eisenbahn über die Art der Frachtzahlung (ob frankirt oder unfrankirt), sowie

zur Information des Empfängers ist hiernach die Angabe des Frankatur-

Vermerks erforderlich, für welche das Frachtbriefformular auf der linken Seite unten unter der Rubrik „Nachnahme" und neben dem Ausstellungsdatum und

der Unterschrift des Absenders eine besondere Rubrik: des Absenders" enthält.

„Frankaturvermerk

Abschnitt VIII.

§ 51. Inhalt des Frachtbriefs.

245

Die Allg. Zus.-Best. VIII (S. 232) bestimmen die verschiedenen Mo­ dalitäten der Eintragung des Frankaturvermerks.

Vergl. auch Allg. Abf.-

Vorschr. §27 Abs. 25.

207) Aus der Pflicht der Eisenbahn zur Einkassirung der Nachnahmen (§ 62 Abs. 4 und 5) und aus der Zahlungspflicht des Empfängers, welche sich

§5i k*

ml

nur auf die im Frachtbriefe ersichtlich gemachten Beträge erstreckt (§ 67), ergiebt

sich lit. k das Erforderns der Angabe der auf dem Frachtgute haftenden Nachnahmen im Frachtbriefe. (N. H.-G.-B. § 426 Abs. 2 Ziff. 8.) Auch diese Angabe ist nur eine Eventualangabe, d. h. nur „im Falle der Auflegung

von Nachnahmen" erforderlich. Nach § 62 Abs. 4 ist die Eisenbahn zwar nicht verpflichtet, Nachnahmen an den Absender auszuzahlen, bevor nicht deren Betrag

vom Empfänger bezahlt ist. Aber sie ist hierzu bis zur tarifmäßig vorgeschriebenen Höhe berechtigt. Und darnach sind je nach dem Zeitpunkte der Auszahlung an

den Absender zwei Arten von Nachnahmen zu unterscheiden: 1) solche, die erst nach Zahlung durch den Empfänger an den Absender ausgezahlt werden (Nach­ nahmen nach Eingang), und 2) solche, die schon vor Zahlung durch den Em­ pfänger ausgezahlt werden (Nachnahmen vor Eingang, auch Baarvorschüsse genannt. §62 Abs. 6). Beide Arten von Nachnahmen sind im Frachtbriefe zu verzeichnen, da nach § 62 Abs. 5 die Eisenbahn, welche das Gut ohne Ein­

ziehung der Nachnahme abliefert, für den Schaden bis zum Betrage der Nach­ nahme haftet und denselben dem Absender sofort, vorbehaltlich ihres Rückgriffs gegen den Empfänger, zu ersetzen hat. Das Frachtbrief-Formular enthält dem­ gemäß auf der linken Seite unter der Rubrik für die Deklaration des Lieferungs­

interesses noch zwei besondere (schrasfirte) Rubriken für Baarvorschüsse und für Nachnahmen nach Eingang.

Diese Beträge sind nach der Vorschrift auf

dem Frachtbriefe in Buchstaben anzugeben.

Die Allg. Zus.-Best. IX (S. 232) erklären die Eintragung nur in

Ziffern als für die Eisenbahn nicht verbindlich.

Vergl. Allg. Abf.-

Dorschr. § 27 Abs. 25-27.

208) Lit. 1 unterscheidet Sendungen, die einer zollamtlichen Abfertigung unterliegen, und Sendungen anderer Art. Bei ersteren ist nach Abs. 1 lit. 1 der Absender berechtigt, die zu berührende Zollabfertigungsstelle vorzuschreiben,

und die Eisenbahn ist verpflichtet, eine derartige Vorschrift zu befolgen, mithin

für alle nachtheiligen Folgen aufzukommen, die dem Absender aus der Nicht­

befolgung der Vorschrift entstehen.

Dec Absender ist hiernach nicht berechtigt,

unbedingt den ganzen Transportweg vorzuschreiben, sondern nur insoweit, daß die Zollabfertigungsstelle berührt wird. Berühren also mehrere Trans­ portwege die Abfertigungsstelle, so hat die Eisenbahn unter diesen die Wahl. (Vergl. nach Reindl Zeitg. d. Ver. Deutsch.-Eisenb.-Verw. 1898 Nr. 76 S. 1165, 1899 Nr. 14 S. 213, Nr. 39 S. 681 u. Hannover eod. S. 449.)

Die Allg. Zus.-Best. X (S. 232) bezeichnen als die Stelle, wo im Frachtbriefe

die bezügliche Vorschrift zu machen ist, die Rubrik für „Vor­

geschriebene oder zulässige Erklärungen". § 27 Abs. 16.

Vergl. Allg. Abf.-Vorschr.

§51 f;

Abschnitt VIII.

246

§ 51. Inhalt des Frachtbriefs.

209) Nach lit. 1 Abs. 2 bleibt bei allen anderen Sendungen der Eisen­ bahn die Wahl des Transportweges ausschließlich überlassen, jedoch mit der Verpflichtung, stets diejenige Route zu wählen, welche nach den veröffentlichten

Tarifen den billigsten Frachtsatz und die günstigsten Transportbedingungen dar­

bietet.

Wenn sie diese Route nicht wählt, so ist sie dem Interessenten für die

nachgewiesene Differenz schadensersatzpflichtig.

Best. XI u. XII (S. 233).

Vergl. hierzu die Allg. Zus.°

Allg. Abf.-Vorschr. § 27 Abs. 16 u. Reichsger.

21./9. 1898, Eisenb.-Entsch. XV S. 255. 51^ 210) Während für die Angabe der Versandbahn und des Empfängers lit. m. die bloße Bezeichnung derselben genügt, ist für die Angabe des Absenders

prinzipiell nach lit. m die Unterschrift mit seinem Namen oder seiner Firma,

sowie die Angabe seiner Wohnung für erforderlich erklärt (in Ueberein­ stimmung mit N. H.-G.-B. § 426 Abs. 2 Ziff. 9 — während nach A. H.-G.-B. Art. 392 Nr. 3 die bloße Angabe des Absenders genügte. Doch kann an Stelle der Unterschrift, die gedruckte oder gestempelte Zeichnung der Unterschrift („eine im Wege der mechanischen Vervielfältigung hergestellte Unterschrift") des Absenders treten. Es ist also fakultativ in das Ermessen des Absenders gestellt, ob er den Frachtbrief mit seiner Unterschrift oder einer gedruckten oder ge­ stempelten Zeichnung seines Namens versehen will. In beiden Fällen tritt noch die Angabe der Wohnung des Absenders hinzu. Nur eine gedruckte oder

gestempelte Zeichnung ist aber gestattet. Eine bloß (von dritter Hand) ge­ schriebene oder lithographirte rc. Namenszeichnung ist ausgeschlossen. Die ge­ stempelte oder gedruckte ist neben der Unterschrift in das Belieben des Absenders

gestellt. Die Eisenbahn darf also von ihm eine Unterschrift nicht verlangen, wenn sein Name sich gestempelt oder gedruckt auf dem Frachtbriefe befindet.

Das Frachtbriefformular sieht am Schluß die „Unterschrift des Absenders" aus­ drücklich vor.

Als Absender kann nur eine physische oder juristische Person (oder

Firma) auf dem Frachtbrief bezeichnet werden.

Die Allg. Abf.-Vorschr. § 27 Abs. 28, 29, 33, 34 bestimmen hierzu: Der Frachtbrief ist durch eine bestimmte, namentlich bezeichnete Person, als

welche auch Behörden, Gesellschaftsvorstände und Handelsfirmen gelten,

zu unterzeichnen.

Der Firmeninhaber hat lediglich die Firma, der Prokurist

neben der letzteren den sein Verhältniß zu derselben kennzeichnenden Vermerk („pp. — per procura“) und seinen Namen, der Handlungsbevollmächtigte da­

gegen seinen Namen mit dem Vermerk „Als Bevollmächtigter der Handlung N. N." zu unterzeichnen. Die von Behörden und Gesellschaftsvorständen aus­ gestellten Frachtbriefe müssen mit deren Firma unterzeichnet sein. Im Uebrigen

ist die Frachtbriefunterzeichnnng „für (pro) N. N." nicht genügend.

Ist der Ab­

sender am Stationsorte nicht ansässig, so hat er der Unterschrift seinen Wohnort

beizufügen.

In größeren Städten ist bei nicht bekannten Absendern darauf hin­

zuwirken, daß sie ihrer Unterschrift die Wohnung beifügen.

Werden auf münd­

lichen Antrag Frachtbriefe bahnseitig ausgestellt, so sind sie gleichwohl von dem Absender zu unterschreiben; bei schriftlichem Anträge ist der Fracht­

brief mit dem Namen des ausstellenden Beamten und dem Zusatze: „im schrift­

lichen Auftrage des N. N." zu unterzeichnen und der Antrag aufzubewahren. Vergl. hierzu Zus.-Best. I zu § 53 der Verk.-Ord. S. 257 (Zus.-Best. für die

Abschnitt VIII. §51. Inhalt des Frachtbriefs.

247

Preuß. Staatsbahnen: „Anträgen auf bahnseitige Ausstellung von Frachtbriefen ist gegen Erhebung der tarifmäßigen Gebühr zu entsprechen;") s. jedoch über die Frage der rechtlichen Zulässigkeit dieser Vertretung: Anm. 218 S. 254ff. Sch reibunkundige haben statt der Namensunterschrist ihr Handzeichen zu machen, welches von einer dritten Person — also nicht vom Annahmebeamten — zu beglaubigen ist.

211) Da nach § 455 N. H.-G.-B. § 54 Abs. 5 bezw. § 64 Abs. 2 Verk.-Ord. 9§ 5i — wie dort (Anm. 240, 329) des Näheren erörtert ist, — die Ausstellung eines nt'n. Frachtbriefduplikats oder Aufnahmescheins in die Wahl des Absenders gestellt ist, und die Eisenbahn zur Ausstellung nur auf Verlangen des Absenders verpflichtet ist, so bedarf es eines ausdrücklichen Antrages des letzteren auf Aus­ stellung dieser Papiere. § 54 Absatz 5 Satz 2 bestimmt, daß dieser Antrag vom Absender auf dem Frachtbriefe zu vermerken ist. Demgemäß bezeichnet § 51 unter lit. n als letztes Erforderniß der Frachtbriefangaben, „den etwaigen Antrag auf Ausstellung eines Frachtbrief-Duplikats oder eines Aufnahmescheins". Das Frachtbriefformular enthält links unten der Rubrik: „Wird Duplikat (Aufnahmeschein) beantragt? (s. Allg. Zus.-Best. XIII S. 233) und zugleich — der Bestimmung des § 54 Absatz 5 Satz 3 gemäß, wonach die Eisenbahn durch Aufdrückung eines Stempels zu bestätigen hat, daß dem Anträge entsprochen ist, — gegenüber rechts eine stark umrahmte Stelle für den Duplikat- rc. Stempel der Eisenbahn. 212) Um den Werth und die Uebersichtlichkeit des Frachtbriefs als Beweisurkunde zu sichern und zu erhöhen und zugleich die Vertragsfreiheit der Bahnen, die bei Einzelstipulationen in den Frachtbriefen leicht zum Mißbrauch (Forderung von Reversen rc.) führen kann, einzuschränken, untersagt Abs. 2 die willkürliche Beifügung von Zusätzen und anderen Schriftstücken zum Frachtbriefe sowie die Ausstellung anderer Urkunden an Stelle des Frachtbriefs, gestattet vielmehr solche Zusätze, Schriftstücke und Urkunden nur insofern, als sie durch die Verk.-Ord. selbst zulässig erklärt sind. Demgemäß faßt Abs. 2 drei Verbotsvorschriften zusammen. Er verbietet — falls nicht ausdrückliche Zulässigkeitserklärung durch die Verkehrs-Ordnung vorliegt: I. die Aufnahme weiterer Erklärungen in den Frachtbrief, II. die Ausstellung anderer Urkunden anstatt des Fracht­ briefs, III. die Beifügung anderer Schriftstücke zum Frachtbriefe. 1. Erstens ist hiernach für unzulässig erklärt: „die Aufnahme weiterer Erklärungen in den Frachtbrief," d. h. „als der im § 51 Abs. 1 lit. a bis n aufgeführten." Diese Bestimmung enthält ein absolutes Verbot. Jede dagegen verstoßende Erklärung im Frachtbriefe ist rechtlich wirkungslos, auch wenn Ausnahme-Tarife bezw. Spezial-Reglements derartige Erklärungen gestatten sollten (außer in den Fällen des Abs. 2 u. 3 der Eingangs-Bestimmungen.) Die Vorschrift gilt sowohl gegen die Eisenbahnen, wie gegen den Absender. Auch der letztere darf nicht die Ausstellung von Erklärungen im Frachtbriefe fordern, welche nach der Verk.-Ord. nicht gestattet sind. Insbesondere ist es auch verboten, die Fracht auf den Frachtbriefen auszurechnen (Allg. Abf.-Vorschr. § 27 Ws. 36. — § 39 Abs. 5). Darnach sind auch lediglich nachrichtliche Ver­ merke für den Empfänger über die Herkunft oder über die weitere Bestimmung

§si

248

Abschnitt VIII.

§ 52. Form des Frachtbriefs.

der Sendung nicht ohne Weiteres zulässig.

Die Verk.-Ord. § 52 Abs. 5 gestattet

nur, auf die Rückseite der für die Adresse bestimmten Hälfte des Frachtbriefes die Firma des Ausstellers aufzudrucken.

Ebendaselbst können auch folgende fünf

nachrichtlichen Vermerke für den Empfänger: „von Sendung des N. N." — „im Auftrage des N. N." — „zur Verfügung des N. N." — „zur Weiterbeförderung an N. N." und „versichert bei N. N." angebracht werden. Doch dürfen sich die vorbezeichneten, auf der Rückseite des Frachtbriefes zulässigen fünf Vermerke nur­

auf die ganze Sendung beziehen.

(Anm. 217 S. 254.)

Für statthaft erklärt sind durch die Verkehrsordnung folgende Erklärungen im Frachtbriefe: a) Einverständniß mit der Uebernahme bis zur thuulichen Ver­

ladung (§ 55 Abs. 2);

b) Anerkennung des Fehlens oder der Mängel der Ver­

packung (§ 58 Abs. 2); c) Verlangen der bahnamtlichen Nachwiegung oder Fest­ stellung der Stückzahl; d) Bezeichnung des Zoll-Bevollmächtigten (§59 Abs. 5); e) Bezeichnung der Baarauslagen rc. (§ 60 Abs. 2); f)

die besonderen Verein­

barungen gemäß §77 Nr. 1, 3 u. 6; g) die Erklärungen in den von der Eisen­ bahn auszusüllenden, stark umrahmten Theilen des Frachtbriefes (s. Anm. 194). Vgl. hierzu noch Allg. Zus.-Best. XIV-XVII (s. oben S. 233, 234) und Allg. Abf.-Vorsch. §27 Abs. 31-36.

II. Zweitens ist für unzulässig erklärt „die Ausstellung anderer Urkunden anstatt des Frachtbriefs," also z. B. von Befördernngsscheinen, wie sie an Stelle der Frachtbriefe für die Beförderung von Leichen (Verk.-Ord. § 43) oder Thieren (§ 45 1. c.) gestattet sind. Für statthaft erklärt sind durch die Verk.-Ord. folgende Urkunden anstatt

des Frachtbriefs — wenigstens theilweise: a) die gemäß §58 Abs. 2, über das Fehlen oder die Mängel der Verpackung vorgeschriebene besondere Erklärung des Absenders und b) die gemäß § 64 Abs. 6, vom Absender auszustellende Ur­

kunde betreffend anderweite Verfügung über das Gut. Andere von der VerkehrsOrdnung für zulässig erklärte Urkunden, wie Frachtbriefduplikate (§ 54 Abs. 6),

Aufnahmescheine (§ 54 Abs. 7) haben nicht den Zweck, den Frachtbrief zu ersehen. III. Drittens ist für unzulässig erklärt

Schriftstücke zum Frachtbriefe".

„die Beifügung anderer

Darnach ist vornehmlich unstatthaft die

Beifügung der sog. „Ursprungsfrachtbriefe", d. h. solcher Frachtbriefe, welche das

Gut vor der Uebergabe an die Bahn bei dem etwa vorangegangenen Landfuhr­

werk-, Fluß- oder Seetransport begleitet haben. Zulässig ist zum bezw. neben dem Frachtbriefe nur die Beifügung

folgender Schriftstücke: a) Zoll-, Steuer-, polizeiliche rc. Begleitpapiere (§51 lit. h, § 59 Abs. 1); b) Beweisstücke über die im Frachtbrief ersichtlich gemachten

Auslagen (§60 Abs. 2); c) Erklärung über das Fehlen oder die Mängel der Verpackung (§ 58).

§. 52.

Form des Frachtbriefs. (i) Zur Ausstellung des Frachtbriefs sind Formulare nach Maß­ gabe der Anlage C und D zu verwenden, welche auf allen Stationen zu den im Tarife sestzusetzenden Preisen käuflich zu haben sind.

Abschnitt VIII.

Dieselben

§ 52. Form des Frachtbriefs.

249

müssen für gewöhnliche Fracht aus weißes Papier, für

Eilfracht gleichfalls auf weißes Papier, jedoch mit einem auf der

Vorder- und Rückseite oben und unten am Rande anzubringenden karminrothen Streifen, gedruckt sein.

Für die Frachtbriefe ist Schreib­

papier zu verwenden, welches die von dem Reichs-Eisenbahn-Amte

festzusetzende Beschaffenheit besitzt?")

I. Der Preis der Frachtbriefformulare sowie die Gebühr für die Ausfüllung der Frachtbriefe durch die Güter-Abfertigungsstelle sind in dem Nebengebührentarife (Theil I Abtheilung B) festgesetzt. ("2) Es können jedoch durch die Landesaufsichtsbehörde mit Zu­

stimmung des Reichs-Eisenbahn-Amts für regelmäßig wiederkehrende Transporte zwischen bestimmten Orten sowie für Sendungen, welche zur Weiterbeförderung über See bestimmt sind, Abweichungen von

den Vorschriften des ersten Absatzes zugelassen werden?")

(3) Die Frachtbriefe müssen zur Beurkundung ihrer Ueberein­ stimmung mit den desfallsigen Vorschriften den Kontrolstempel einer inländischen Eisenbahn

tragen.

Die Stempelung erfolgt bei

den

nicht für Rechnung der Eisenbahn gedruckten Frachtbriefen gegen eine im Tarife festzufetzende Gebühr und kann verweigert werden, sofern

nicht gleichzeitig mindestens 100 Frachtbriefe vorgelegt werden?")

II. Die Gebühr für die Abstempelung der vom Publikum selbst­ geschafften Frachtbriefformulare ist in dem Nebengebührentarife (Theil I Abtheilung B) festgesetzt. (4) Sofern der auf dem Frachtbriefformulare für die Beschreibung der Güter vorgesehene Raum sich als unzureichend erweist, hat die­

selbe auf der Rückseite der für die Adresse bestimmten Hälfte des

Formulars nach Maßgabe der Spalten des Frachtbriefs zu erfolgen. Reicht auch dieser Raum nicht aus,

so sind dem Frachtbriefe be­

sondere, die Beschreibung enthaltende und vom Absender zu unter­

zeichnende Blätter im Formate des Frachtbriefs fest anzuheften, auf welche in diesem besonders hinzuweisen ist.

In den erwähnten Fällen

ist in den vorgedruckten Spalten des Frachtbriefs das Gcsammtgewicht der Sendung

unter Angabe der für die Tarifirung maß­

gebenden Bezeichnung der Transportgegenstände, nöthigenfalls unter Scheidung

derselben nach

den Tarifklassen,

anzugeben.

Den bei­

gegebenen Blättern ist der Abfertigungsstempel der Versandstation

aufzudrücken? ") (3) Es ist gestattet, auf der Rückseite der für die Adresse be­ stimmten Hälfte des Frachtbriefs die Firma des Ausstellers aufzu-

Abschnitt VIII.

250 drucken.

§ 52. Form des Frachtbriefs.

Ebendaselbst können auch — jedoch ohne Verbindlichkeit

nnd Verantwortlichkeit für die Eisenbahn — die folgenden nach­ richtlichen Vermerke angebracht werden: „von Sendung des N. N.",

„im Auftrage des N. N.", „zur Verfügung des N. N.", „zur Weiter­ „versichert bei N. N.".

beförderung an N. N.",

Diese

Vermerke

können sich nur auf die ganze Sendung beziehen?").

(6) Die stark umrahmten Theile des Formulars sind durch die

Eisenbahn, die übrigen durch den Absender auszuftillen. gabe von Gütern,

Bei Auf­

welche der Absender zu verladen hat, sind von

diesem auch die Nummer und die Eigenthumsmerkmale des Wagens an der vorgeschriebenen Stelle einzutragen?")

(7) Mehrere Gegenstände dürfen nur dann in einen und den­ selben Frachtbrief ausgenommen werden, wenn das Zusammenladen

derselben nach ihrer Beschaffenheit ohne Nachtheil erfolgen kann und Zoll-,

Steuer- oder Polizeivorschristen nicht entgegenstehen.

Den

laut §. 50 B bedingungsweise zur Beförderung zugelassenen Gegen­ ständen sind besondere, andere Gegenstände nicht umfassende Fracht­

briefe beizugeben.

Werden bedingungsweise zur Beförderung

gelassene Gegenstände,

für

welche

zu­

die Vereinigung mit anderen

Gegenständen in ein Frachtstück nach Anlage B Nr. XXXV gestattet ist, mit anderen

ladungen

Gütern zusammen zur Beförderung in Wagen­

aufgegeben,

Frachtbriefs

für diese

so

bedarf es

der Beigabe eines besonderen

Gegenstände nicht.

Für derartige Wagen­

ladungen genügt ein Frachtbrief, in welchem jedoch die nur be­ dingungsweise zugelasscnen Güter als solche durch Hinzufügung des

Wortes „(bedingungsweise)"

ausdrücklich bezeichnet werden müssen.

Den nach den Vorschriften dieser Ordnung oder des Tarifs oder nach besonderer Vereinbarung vom Absender auszuladenden oder vom

Empfänger abzuladenden Gütem sind besondere, andere Gegenstände nicht umfassende Frachtbriefe beizugeben?")

III. (1) Es wird empfohlen, die zollfreien Güter von den Be­ gleitscheingütern durch besondere Frachtbriefe getrennt zu halten, weil anderenfalls jene erst nach der oft zeitraubenden zollamtlichen Behandlung der Begleitscheingüter mit denselben weiter gesendet werden können. (2) Im Verkehre von Deutschland nach dem Zollauslande dürfen unter Zoll- und Steuerkontrole stehende Güter mit anderen, aus dem freien Verkehre stammenden, gleichfalls zum unmittelbaren Ausgange bestimmten Gütern nach dem Ermessen der Eisenbahn

Abschnitt VIII.

§ 52. Form des Frachtbriefs.

251

zusammen verladen und auf einen Frachtbrief aufgegeben werden. Den Frachtbriefen ist seitens der Absender ein Verzeichnis dieser Güter unter Angabe der Anzahl, Verpackungsart, Bezeichnung des Bruttogewichts und des Inhalts beizufügen. (8) Die Versandstation kann verlangen, daß für jeden Wagen

ein besonderer Frachtbrief beigegeben wirb.220)

IV. Wegen Ausstellung der Frachtbriefe für Ausfuhrgüter über Binnenstationen siehe § 14 der Allgemeinen Tarifvorschriften (Theil I Abtheilung B). 213) Während § 51 Verk.-Ord. die Ausstellung eines Frachtbriefs mit be-

§52.

stimmtem Inhalte für alle Eisenbahntransporte obligatorisch macht, schreibt im

Anschluß daran § 52 Verk.-Ord. die Form der Eisenbahnfrachtbriefe vor und trifft zugleich Bestimmung über die Art ihrer Benutzung und Ver­

wendung. Nach Abs. 1 Satz 1 ist an die Spitze der Grundsatz gestellt, daß zur Ausstellung des Eisenbahnfrachtbriefs Formulare nach Maßgabe der An­ lagen C und D zu verwenden sind. Die Worte „nach Maßgabe" sind

§52

nicht identisch mit den Worten „nach Maß". Es ist also auch an sich ein kleineres Formular als das der Anlagen C und D zulässig. Im Uebrigen ist

diese Vorschrift obligatorisch derartig, daß davon in Form. Fassung und Inhalt abweichende Frachtbriefe sowohl von der Versand- wie von jeder folgenden Bahn zurückgewiesen werden können und müssen. Die neuen Frachtbriefformulare haben gegenüber den alten Formu­ laren folgende Aenderungen erfahren: In die für Bezeichnung der Wagen bestimmte Rubrik sind zwei Unterspalten für „Ladegewicht" und „Ladefläche" nach dem Vorgänge des Pariser Zusatzübereinkommens ausgenommen.

Für die

Adresse ist aus Anlaß einer aus dem Handelsstande gegebenen Anregung die Angabe von

„Straße und Hausnummer"

vorgeschrieben, jedoch nur in dem

Sinne, daß der Absender für die Folgen mangelhafter Adreßangaben zu haften hat (D.-O. § 53 Absatz 1).

Vergl. auch allgemeine Abfertigungsvorschriften

S. 53, 54. Die Spalte „sonstige zulässige Erklärungen" hat unter der Ueber« schrift „Zulässige Erklärungen" eine erweiterte Fassung erhalten. Statt der

Worte

„deklarirtes Interesse an der Lieferung"

und „Jnteressedeklaration" ist

überall der Ausdruck „Interesse an der Lieferung" gesetzt. Zum Aufbräuch der alten Formulare hat das Reichseisenbahnamt mit Er­

mächtigung des Bundesrathes eine Frist bis einschließlich 31. Dezember 1900 gesetzt.

(Bek. der R.-E.-B.-A. vom l./ll. 1899 Centr.-Bl. f. d. Deutsche Reich

1899 Nr. 45.)

Vom l./l. 1901 an dürfen also alte Formulare nicht mehr ver­

wendet werden. Auch die weitere im Satz 1 enthaltene Vorschrift, wonach die Frachtbrief­ formulare auf allen Stationen zu den im Tarife festzusetzenden Preisen

(f. Allg. Zus.-Best. I S. 249) käuflich zu haben sind, ist obligatorisch und dient dazu, den Gebrauch der vorgeschriebenen Formulare dem Publikum zu erleichtern. Unter „Stationen" sind alle Güterabfertigungsstellen zu verstehen, also auch

,

Abschnitt VIII.

252

§ 52. Form des Frachtbriefs.

Haltestellen, welche für die Güterabfertigung eingerichtet sind.

(Vgl. noch über

Frachtbriefe und Fahrscheine bei Militärtransporten: § 32 der Militär-Transp.Ord. vom 18. Jan. 1899 (R.-G.-Bl. S. 38 ff.). Sah 2 bestimmt, daß Frachtbriefe für gewöhnliche Fracht auf weißes,

für Eilfracht gleichfalls auf weißes Papier, jedoch mit einem auf der Vorderund Rückseite oben und unten am Rande anzubringenden karminrothen Streifen gedruckt sein müssen. Auch diese Vorschrift ist obligatorisch und

dient wesentlich zur Erleichterung des Verkehrs. Die nach § 51 lit. g erforder­ liche Frachtbrief-Angabe, ob das Gut in Eilfracht oder in gewöhnlicher Fracht

zu befördern ist (vgl. auch § 56 Abs. 2 Anm. 250), erfolgt, wie bereits Anm. 204 S. 243 bemerkt, nicht ausdrücklich, sondern liegt stillschweigend in der Wahl der Farbe des Frachtbriefs. Hat also der Absender dem Gute einen weißen Frachtbrief mit karminrothen Streifen beigefügt, so hat er damit den Willen ausgesprochen, dasselbe als Eilgut — also auch zu den tarifmäßig höheren Ge­ bühren dieser Transportart — befördern zu lassen, und wird daher in Rücksicht

auf die ausdrückliche reglementarische Bestimmung diese Kosten selbst dann zahlen müssen, wenn er im Frachtbriefe das Gut als gewöhnliches Frachtgut bezeichnet bezw. gewöhnliche Beförderung verlangt hat. Bis auf den Unterschied der Farbe sind beide Arten von Frachtbriefen in Form und Inhalt vollständig gleich.

Ueber den Kontrolstempel s. Abs. 3 Anm. 215 (5. 253. Satz 3 bestimmt, daß für die Frachtbriefe Schreibpapier (nicht Druck­ papier) zu verwenden ist,

welches die von dem R.-E.-B.-A. festzusetzende

Beschaffenheit besitzt. Bezüglich der Beschaffenheit des zum Frachtbrief zu verwendenden Papiers ist durch Verfügung des Reichs-Eisenbahn-Amts vom 13. Oktober 1892 Nr. 9762 I (Preuß. Eisenb. Verordn.-Bl. 1892 S. 339) besondere Bestimmungen getroffen. Die Verwendung des bisherigen Frachtbriefformulars ist vom 1. Januar

1893 ab nicht mehr gestattet. §52 Abs.2.

214) Abs. 2 enthält im Verkehrsinteresse eine Ausnahme von der grundunb obligatorischen Bestimmung des Abs. 1 betr. die Verwendung der reglementarisch vorgeschriebenen Frachtbriefformulare. Es können Abweichungen

von den Vorschriften des ersten Absatzes zugelassen werden, jedoch nur unter

drei Voraussetzungen: 1) daß es sich um regelmäßig wiederkehrende Transporte zwischen bestimmten Orten (z. B. Kohlen, Kalk, Getreide rc.), oder Sendungen,

welche zur

Weiterbeförderung

über

See

bestimmt

sind,

handelt; 2) die Landesaufsichtsbehörde die Abweichung gestattet; 3) das

Reichs-Eisenbahn-Amt der stimmt.

Genehmigung der

Landesaufsichtsbehörde zu­

Aber auch in diesen Ausnahmfällen bezieht sich die Abweichung nur

auf die Vorschriften des Abs. 1 des § 52.

Die übrigen Vorschriften des § 52

wie der Verk.-Ord. überhaupt in Betreff der Frachtbriefe finden auch auf die Frachtbriefe des Abs. 2 volle Anwendung.

§52 215) Die Herstellung der vorgeschriebenen Formulare auf privatem Wege, ^*3* welche theils wegen der größeren Billigkeit, theils auch wegen der Möglichkeit, einige eingedruckte Zusätze zu machen (s. Abs. 5), im Interesse des Handelsstandes

lag, war zwar reglementarisch nirgends untersagt.

Indeß bot die erforderliche

Abschnitt VIII.

§ 52. Form des Frachtbriefs.

253

Feststellung der Uebereinstimmung solcher Formulare mit dem vorgeschriebenen Formulare so viel Schwierigkeiten und das von den einzelnen Verwaltungen hierbei beobachtete Verfahren war ein so ungleichmäßiges, daß einheitliche Vor­

schriften hierüber zum Bedürfnisse wurden.

Diese sind im Abs. 3 dahin gegeben,

daß derartige Frachtbriefe 1) zur Feststellung ihrer Uebereinstimmung mit dem vorgeschriebenen Formular den Stempel einer müssen,

inländischen Eisenbahn tragen

2) daß diese Prüfung bezw. Stempelung gegen eine im Tarife fest­

gesetzte Prüfung erfolgen soll (s. Allg. Zus.-Best. II S. 249), 3) daß — um die Bahnverwaltung nicht mit Einzelanträgen zu überlasten

— die Stempelung

verweigert werden kann, sofern nicht gleichzeitig mindestens 100 Frachtbriefe zu diesem Zwecke vorgelegt werden. Dieser Konstatirungsstempel ist nicht etwa zu

verwechseln mit dem im § 54 Abs. 1 und 2 erwähnten Annahme-(Expedition-) stempel der Abfertigungsstelle. Die Abstempelung durch Privatpersonen mit dem Eisenbahnstempel (zur Umgehung der Stempelgebühr) qualistzirt sich den Eisenbahnen gegenüber als Betrug. Denn die den Frachtbriefformularen beigedruckten Stempel sind als öffentliche Beglaubigung im Sinne des § 360 Nr. 4 und 5 des Str.-G.-B. zu betrachten. Die Anfertigung und der Abdruck eines Stempels, welcher zu solchen Beglaubigungen dienen kann, fällt daher, soweit er ohne schriftlichen Auf­ trag einer Behörde stattfindet, unter den § 360 Nr. 4 resp. 5 R.-Str.-G.-B.

(Erkenntniß des Ober-Trib. vom 15. Oktober 1878, E.-V.-Bl. 1878 S. 274.)

216) Abs. 4 trifft Bestimmung für den Fall, daß der auf dem Frachtbrief- §52 formulare für die Beschreibung der Güter vorgesehene Raum nicht ausreicht. ^,4, Alsdann sollen die Rückseite der für die Adresse bestimmten Formularhälfte und event, daran festzuheftende Blätter benutzt werden.

Die Rückseite der für

die Rechnung benutzten Hälfte darf also hierzu nicht verwendet werden.

Wichtig

ist, daß 1) in den vorgedruckten Spalten des Frachtbriefs das Gesammtgewicht der Sendung unter Angabe der für die Tarif!rung maßgebenden Bezeichnung der Transportgegenstände angegeben und 2) den beigegebenen

Blättern der Abfertigungsstempel der Versandstation aufzudrücken ist.

Die Bestimmungen des Abs. 4 find aus einer bereits zu § 50 Nr. 7 des alten Reglements ergangenen Instruktion vom 14. Juli 1879 in die Verk.-Ord. aus­ genommen worden.

29. Juli 1879.

(Vgl. hierzu noch Erl. des Preuß. Min. d. öff. Arb. v.

E.-D.-Bl. S. 120, 121.)

217) Abs. 5 gestattet in Ergänzung des § 51 Abs. 2 Verk.-Ord. (s. Anm. §52 212 S. 247 ff.) einige Zusätze und Erklärungen, welche zwar für die bahnseitige 916115* Behandlung nicht nothwendig, aber für die Verkehrsbeziehungen förderlich sind.

Dies sind: 1) Aufdruck der Firma des Ausstellers auf der Rückseite der für die Adresse

bestimmten Hälfte des Frachtbriefs.

Die Allg. Abf.-Vorschr. § 27 Abs. 32

bestimmen, daß der Firmen-Aufdruck nur aus der Benennung der Firma und

zwar in der im Handelsregister eingetragenen Form, der Angabe etwaiger Titel

und Charakterbezeichnungen (Hoflieferant, Hofspediteur rc.), sowie des Wohnsitzes des Absenders bestehen dürfen.

Anpreisende Zusätze, wie Geschäftsempfehlungen,

Angabe des Besitzes von Preismedaillen u. s. w. sind unzulässig.

Abschnitt VIII.

254

§ 52. Form des Frachtbriefs.

2) Anbringung von 5 nachrichtlichen Vermerken für den Empfänger, näm­ lich „von Sendung des N. N." — „im Auftrage des N. N." — „zur Verfügung

des N. N." — „zur Weiterbeförderung an N. N." — und „versichert bei N. N." Die Anbringung dieser Vermerke kann handschriftlich oder im Wege eines be­ liebigen Druckverfahrens geschehen. (Allg. Abf.-Vorschr. § 27 Abs. 31.) Stempel

der Versicherungsgesellschaften oder Vermerke über Versicherungen sind nur auf der für die Adresse bestimmten Hälfte der Rückseite des Frachtbriefes zuzulassen, (a. a. O. § 27 Abs. 33.)

Die am Schlüsse dieses Absatzes bisher befindlich gewesene Vorschrift der

alt. Verk.-Ord., betreffend die Aufnahme der den Bestimmungen der inter­ nationalen Reblaus-Konvention vom 3. Novbr. 1881 Art. 3 entsprechenden Erklärung und amtlichen Bescheinigung (R.-G.-Bl. S. 125, 128, 129) ist ge­ strichen worden, da sie lediglich auf den internationalen Verkehr bezüglich ist und an dieser Stelle leicht zu Mißverständnissen führen könnte. An Stelle

dieser Vorschrift ist als Schlußsatz des Abs. 5 die Bestimmung getreten, daß die vorstehend bezeichneten, auf der Rückseite des Frachtbriefes zulässigen fünf Vermerke sich

nur auf die ganze Sendung beziehen können.

Derartige Ver­

merke können also, wenn sie sich nur auf Theile der Sendung beziehen, von der Eisenbahn zurückgewiesen werden, sie sind unzulässig und ungültig. Sie werden

auch nicht dadurch gültig bezw. der Absender rc. hat auch dann keinen Anspruch

auf Berücksichtigung, wenn die Bahn den Frachtbrief mit einem nur auf einen Theil der Sendung bezüglichen Vermerk uubemängelt und anstandslos ange­ nommen hat.

Denn dadurch kann mit Rücksicht auf

§ 471 Abs. 2 H.-G.-B.

eine gültige Vereinbarung nicht entstehen.

Im Uebrigen ist durch Abs. 5 mit den Worten „jedoch ohne Verbind­ lichkeit und Verantwortlichkeit für die Eisenbahn" grundsätzlich und allgemein für alle fünf Vermerke die Haftung der Bahn in Bezug auf

die Ausführung und Befolgung derselben vollständig ausgeschlossen.

Er bedarf

also für diesen Ausschluß nicht mehr des in der alt. Verk.-Ord. vorgesehenen ausdrücklichen Zusatzes „ohne Verbindlichkeit für die Eisenbahn".

§52 218) Abs. 6 schreibt genau nach Maßgabe der Form des Frachtbriefes Abs.6. tior, welche Angaben in demselben von der Eisenbahn und welche vom Ab­ sender auszufüllen sind, und zwar dahin, daß die stark umrahmten Theile des

Formulars die Eisenbahn, d. h. die Abfertigungsstelle, die übrigen der Absender

auszufüllen hat. Die vom Absender auszufüllenden Angaben sind int § 51 Verk.-Ord. (s. Anm. 194) bezeichnet. Die von der Eisenbahn auszufüllenden, durch die starke Umrahmung markirten Angaben betreffen: die Nummer und den Eigenthümer des Wagens, die Nummer und Position der Frachtkarte, das

abgerundete zur Berechnung zu ziehende Gewicht, den Stempel der Versand­

station, Wägestempel, Duplikat- (bezw. Aufnahmes.chein-)Stempel,

Stempel der

Empfangstation, Betrag der Frankatur (nicht zu verwechseln mit dem „Frankatur­ vermerk" des Absenders, d. h. dem Frankirungsantrag derselben Anm. 206 S. 244) und die Rechnung (Note, Frachtberechnung). Nach Satz 2 des Absatz 6 sind jedoch die Nummer und Eigenthumsmerkmale des Wagens an der vor­

geschriebenen Stelle nicht von der Eisenbahn, sondern vom Absender einzutragen,

Abschnitt VIII.

§ 52. Form des Frachtbriefs.

255

wenn es sich um die Aufgabe von Gütern handelt, welche der Absender zu ver­ laden hat. Insoweit die Frachtbriefangaben von der Eisenbahn gemäß Abs. 6

auszufüllen sind, hat der Absender für die Richtigkeit der Frachtbriefangaben nicht zu haften und erfährt der Grundsatz des § 53 Abs. 1 (Anm. 221 S. 261)

eine in der Natur der Sache liegende Modifikation.

Dies gilt auch für Aende­

rungen der Frachtbriefangaben Seitens der Eisenbahnbediensteten (Reichsger. 14./3. 1896 Eisenb.-Entsch. XIII S. 65). Vgl. § 53 Abs. 1 Anm. 221 S. 262. „Abgeänderte Frachtbriefe sind nur nach schriftlicher Anerkennung der Aende­

rung Seitens des Absenders auf dem Frachtbriefe anzunehmen; dagegen dürfen Frachtbriefe, in denen Angaben überklebt sind, nicht angenommen werden. Eine bahnseitige Aenderung von Frachtbriefen ist, insoweit sie nicht ausdrücklich

zugelassen ist, unstatthaft.

(Allg. Abf.-Dorschr. § 27 Abs. 34, 35.)

Eine auf

Grund nachträglicher Anweisung des Absenders verwaltungsseitig vorzunehmende Abänderung des Frachtbriefs ist von der Güterabfertigungsstelle auf demselben mit dem Vermerk: „Zufolge nachträglicher Anweisung des Absenders von Amts­ wegen geändert" (Ort, Name, Datum, Ausstellung) zu versehen. (Allg. Abf.-

Vorschr. §46 Abs. 9.) Grundsätzlich hat die Ausfüllung sowohl seitens der Eisenbahn, wie des Absenders zwar handschriftlich zu erfolgen, soweit nicht die Ausfüllung in den verschiedenen Stempeln der Eisenbahn besteht. Aber die Allg. Zus.-Best. XVI zu § 51 Verk.-Ord. gestatten dem Absender fakultativ auch die Ausfüllung durch Druck, indem sie bestimmen: „Alle in die Frachtbriefe vom Absendereinzutragen­ den Angaben und Erklärungen müssen mit Tinte und in deutscher oder lateinischer Schrift deutlich ge- und unterschrieben sein. Die Anwendung anderer Schrift­

zeichen ist unzulässig.

Jede der erforderlichen Angaben und zulässigen Erklärungen

kann statt in handschriftlicher Anfertigung auch gedruckt angebracht werden. Vgl. Allg. Zus.-Best. XVI z. § 51 Verk.-Ord. S. 234, Allg. Abf.-

Vorschr. § 27 Abs. 6 (nebst Zus.-Best. f. d. Preuß. Staatsb. Ziff. I), § 36 Abs. 11 nebst Zus.-Best. f. d. Preuß. Staatsb. Ziff. IV), § 39 Abs. 4. Uebernimmt ein Organ der Eisenbahn aus Gefälligkeit rc. die dem Ab­

sender obliegende Ausfüllung, so geschieht dies lediglich im Namen und Auftrage des Absenders und ohne Obligo für die Eisenbahn, so daß der Absender die

Folgen dieser Eintragungen in Gemäßheit des § 53 Abs. 7 Verk.-Ord. ganz ebenso trägt, wie wenn er selbst dieselben bewirkt hätte.

Die Ausfüllung kann

auch gegen Entrichtung einer tarifmäßigen Gebühr von der Annahmeexpedition bewirkt werden.

Jedoch ist selbstverständlich auch in diesem Fall die Unter­

schrift vom Absender zu leisten. Der expedirende Beamte kann dies nicht für ihn übernehmen, da er beim Abschluß des Vertrages nicht beide Theile gültig

vertreten darf.

219) Nach Abs. 7 Satz 1 dürfen überhaupt und grundsätzlich mehrere Gegenstände nur dann in einen und denselben Frachtbrief ausgenommen werden, wenn 1) das Zusammenladen derselben nach ihrer Beschaffenheit ohne Nachtheil erfolgen kann und 2) Zoll-, Steuer- und Polizeivorschriften nicht entgegenstehen.

Wo auch nur eine dieser beiden Voraussetzungen nicht zutrifft, ist die Aufnahme mehrerer Gegenstände in einen Frachtbrief verboten und eisenbahnseitig abzu­ lehnen.

Es liegt zwar im gleichmäßigen Interesse der Versender und einer ge-

§52 7*

256

Abschnitt VIII.

§ 52. Form des Frachtbriefs.

regelten Geschäftsführung bei den Eisenbahnen, daß solche Güter, welche zu dem­ selben Frachtbriefe gehören, zusammen expedirt, in demselben Wagen verladen und befördert werden. Es ist aber nicht angängig, solche Gegenstände, die ein Zusammenladen ihrer Beschaffenheit nach gestatten (z. B. andere Güter durch Nässe, Geruch rc. infiziren) oder besondere Zoll-, Steuer- rc. Manipulationen

erfordern, in denselben Frachtbrief mit anberen Gütern aufzunehmen.

Vgl. hierzu

Allg. Zus.-Best. III (S. 250) und Allg. Abf.-Vorschr. § 27 Abs. 7 und § 28 Abs. 2-7. Zm Sah 3 sind an die Stelle der bisherigen Worte:

„Gegenstände, für

welche das Zusammenladen nach Anlage B Nr. XXXV gestattet ist" die Worte: „Gegenstände, für welche die Vereinigung mit anderen Gegenständen in ein Frachtstück nach Anlage B Nr. XXXV gestattet ist" gesetzt worden. Es liegt hierin keine materielle den Sinn verändernde, sondern nur eine redaktionelle Ver­ besserung des Satzes 3. Nach Satz 4 sind den bestimmungsmäßig selbst auf- und äbzuladenden Gütern besondere, andere Gegenstände nicht umfassende Frachtbriefe beizugeben. Auch bei dieser Vorschrift ist der Gesichtspunkt maßgebend, daß es zu erheblichen Schwierigkeiten der Expedition führen würde, Güter, die vom Absender bezw. Empfänger selbst auf- und abzuladen sind (Wagenladungsgüter) und daher einer anderen Expeditionsweise unterliegen, namentlich besondere Wagen erhalten, mit

Gütern auf einen Frachtbrief zu bringen, die eisenbahnseitig auf anderen Wagen (als Stück- rc. Gut) ver- imb entlaben werben. Sah 4 sprach bisher nur ganz allgemein von „beit vom Absenber aufzulabenben ober vom Empfänger abzulabenben Gütern" ohne die Bestimmungen, welche beide hierzu verpflichten, des Näheren anzugeben. Dieser Mangel wird durch die nunmehrige Fassung der Eingangsworte des Satzes 4: „Den nach den Vorschriften dieser Ordnung

ober des Tarifes ober nach besonderer Vereinbarung vom Absenber aufzuladenden ober vom Empfänger abzulabenden Gütern" beseitigt.

Die Worte

bezeichnen die Voraussetzung für die Verpflichtung zum Auf- und Abladen, damit die in Rede stehende Bestimmung des Satzes 4 Anwendung findet, und sind in der neuen Verk.-Ord. auch an den entsprechenden Stellen der §§ 54 Abs. 4, 56 Abs. 1 und 6, 69 Abs. 1, 2 und 5, 77 Abs. 1 und 3 (vergl. auch Abs. 6) ausgenommen. Thatsächlich sind über jene Verpflichtung für gewisse Güter schon durch die Verk.-

Ord. selbst Vorschriften erlassen, nämlich für Thiere im § 44 Abs. 5, und für verschiedene bedingungsweise zur Beförderung zugelassene Gegenstände in Anlage B Nr. VII Abs. 2, XV Ziffer 4 und 5, XVI, XVII, XVIII, XXV, XXXIV, XXXV, a. D. und J. LII Ziffer 1. Im Uebrigen enthält der Gütertarif Theil I die für das Auf- und Abladen maßgebenden Bestimmungen (unter B II §§ 44 und 45).

Daß aber unter Umständen auch besondereDerein bar ungen über

diesen Gegenstand zulässig sind, ergiebt sich aus § 459 Ziffer 3 Handelsgesetzbuch und § 77 Ziffer 3 der Verk.-Ord.

§ 52 220) Hieran reiht Abs. 8 die Befugn iß (nicht Pflicht) der Bahn, für Abs. 8. jeben Wagen einen besonderen Frachtbrief zu fordern — auch hier aus Zweck­

mäßigkeitsgründen, weil anderenfalls die Trennung mehrerer durch einen Fracht­ brief verbundener Wagen nicht angängig wäre, obwohl aus Betriebsrücksichten

oder um den Verfügungen des Verfügungsberechtigten zu genügen (§ 64), dies

Abschnitt VIII.

§ 53. Haftung für die Angaben int Frachtbriefe.

257

häufig geschehe» muß. In gewissen Fällen wird die Bahn von dieser Befugniß nicht wohl Gebrauch machen können, z. B. bei Langholz und sonstigen Setidungen, welche wegen ihrer Länge rc. mehr als einen Waget! erfordern, oder wenn in Ermangelung eines Wagens von bestimmter Tragkraft deren mehrere von geringerer Tragfähigkeit gestellt werden müssen. Vgl. Allg. Abf.-Vorschr. §27 Abs. 8 (nebst Zus.-Best. für d. Preuß. Staatseisenb. Ziff. II und III) und § 28 Abs. 2—7. Vgl. Allg. Zus.-Best. IV (S. 251).

§. 53.

Haftung für die Angaben im Frachtbriefe. Bahnseitige Ermittelungen. Frachtzuschläge. (1) Der Absender haftet für die Richtigkeit und die Vollständig­ keit der in den Frachtbrief aufgenommenen Angaben und Erklärungen und trägt alle Folgen, welche aus unrichtigen, ungenauen oder un­ genügenden Erklärungen entspringen."') I. Werden

auf Verlangen

des

Absenders

Frachtbriefe

von

Eisenbahnbediensteten ausgefertigt, so gelten letztere als Beauftragte des Absenders.

(2) Die Eisenbahn ist jederzeit berechtigt, die Uebereinstimmung des Inhalts der Sendungen mit den Angaben des Frachtbriefs zu prüfen und das Ergebniß sestzustellen. Der Berechtigte ist einzuladen, bei der Prüfung zugegen zu sein, vorbehaltlich des Falles, wenn die letztere auf Grund polizeilicher Maßregeln, die der Staat im Interesse der Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung zu ergreifen berechtigt ist, stattfindet. Erscheint der Berechtigte nicht, so find zwei Zeugen beizuziehen?")

(3) Zur Ermittelung des Gewichts und der Stückzahl einer Sendung ist die Eisenbahn jederzeit berechtigt. Die Eisenbahn ist verpflichtet, das Gewicht der Stückgüter bei der Aufgabe festzustellen. Ausdrücklichen Anträgen des Absenders auf Feststellung der Stück­ zahl oder des Gewichts der Wagenladungsgüter ist die Eisenbahn gegen eine im Tarife festzusetzende Gebühr stattzugeben verpflichtet, sofern die Güter vermöge ihrer Beschaffenheit eine derartige Fest­ stellung ohne erheblichen Aufenthalt gestatten und die vorhandenen Wägevorrichtungen ausreichen. Einem Antrag aus bahnseitige Ge­ wichtsfeststellung ist es in allen Fällen, wo die Fracht tarifmäßig nach dem Gewichte berechnet wird, gleichzuachten, wenn der Absender im Frachtbriefe kein Gewicht angegeben hat?") Eget, Eisenbahn-Velkehlsvldnung. 2. Ausl.

17

258

Abschnitt VIII.

§ 53. Haftung für die Angaben im Frachtbriefe.

(4) Dem Absender steht frei, bei der Ermittelung des Gewichts

und der Stückzahl zugegen zu sein.

Verlangt der Absender, nachdem

die Feststellung seitens der Eisenbahn bereits erfolgt ist, vor der Ver­ ladung der Güter eine nochmalige Ermittelung der Stückzahl oder

des Gewichts in seiner Gegenwart, so ist die Eisenbahn berechtigt, auch dafür die tarifmäßige Gebühr zu erheben?")

II. (1) Bei Verwiegung von Wagenladungsgütern auf einer Gleiswaage wird der Gewichtsermittelung entweder das an den Wagen angeschriebene Eigengewicht oder, wenn eine besondere Feststellung des Eigengewichts erfolgt, dieses festgestellte Gewicht zu Grunde gelegt. (2) Ergiebt die bahnamtliche Nachwiegung von Wagenladungen auf der Gleiswaage gegen das im Frachtbrief angegebene Gewicht keine grössere Abweichung als 2 Prozent des im Frachtbrief an­ gegebenen Gewichts, so wird dieses als richtig angenommen. (3) Wenn behufs Feststellung des Gewichts von Gütern in Wagenladungen die Feststellung des Eigengewichts des zur Beladung kommenden Wagens gefordert wird, so hat die Eisenbahn diesem Verlangen zu entsprechen, sofern dies ohne erheblichen Aufenthalt mit den auf dem Bahnhöfe vorhandenen Wägevorrichtungen mög­ lich ist. Ergiebt eine vom Absender beantragte Feststellung des Eigengewichts des Wagens keine grössere Abweichung von dem an dem Wagen angeschriebenen Eigengewicht als in der Höhe von 2 Prozent, so wird die im Nebengebührentarife (Theil I Abtheilung B) festgesetzte Gebühr für die Verwiegung mittelst der Gleiswaage erhoben. III. Das Wagegeld sowie die Gebühr für Feststellung der Stück­ zahl der Wagenladungsgüter sind in dem Nebengebührentarife (Theil I Abtheilung B) festgesetzt. (5) Die Feststellung -es Gewichts wird von der Versandstation

durch den Wägestempel aus dem Frachtbriefe bescheinigt?").

IV. Erfolgt die Feststellung des Gewichts von Wagenladungs­ gütern nicht auf der Versandstation, sondern auf einer anderen Station, so wird von letzterer die Gewichtsfeststellung durch den Wägestempel bescheinigt. (6) Für die Beladung der Wagen ist das daran vermerkte Lade­ gewicht maßgebend.

Eine stärkere Belastung ist bis zu der an den

Wagen angeschriebenen Tragfähigkeit insoweit zulässig, als nach der natürlichen Beschaffenheit des Gutes nicht zu befürchten ist, daß

Abschnitt VIII.

§ 53. Haftung für die Angaben im Frachtbriefe.

259

in Folge von Witterungseinflüffen während des Transports die Be­ lastung über die Grenze der Tragfähigkeit hinausgehen werde. Eine die Tragfähigkeit überschreitende Belastung — Ueberlastung — ist in keinem Falle gestattet. Bei solchen außerdeutschen Wagen, die nur eine, die zulässige Belastung kennzeichnende, dem Ladegewichte der deutschen Wagen entsprechende Anschrift tragen, darf das an­ geschriebene „Ladegewicht" oder die angeschriebene „Tragfähigkeit" bei der Beladung keinesfalls um mehr als 5 Prozent überschritten werden?^)

V. (1) Das von dem überladenen Wagen abgenommene Uebergewicht wird dem Absender zur Verfügung gestellt. Falls dasselbe von einer Unterwegsstation abgenommen ist und nach der Be­ stimmung des Absenders weiter gesandt werden soll, ist es als besondere Sendung unter Erhebung der tarifmässigen Fracht zu behandeln; verlangt der Absender dagegen die Rückbeförderung des Uebergewichts nach der Versandstation, so wird die Fracht hierfür nach dem zwischen der Unterwegs- und der Versandstation bestehenden Frachtsätze der Tarif klasse der Hauptsendung be­ rechnet. (2) Jedoch kann dem Absender die Zuladung des abgenommenen Uebergewichts zu einer anderen, von derselben Versandstation kommenden, die Unterwegsstation ohnehin berührenden Ladung in dem Falle gestattet werden, dass die Verwiegung ausdrücklich be­ antragt war, diesem Anträge jedoch Mangels einer Gleiswaage nicht entsprochen werden konnte. Der Absender muss alsdann den zweiten Wagen von vorn herein um dasjenige Gewicht, welches er auf der Unterwegsstation zuladen will, weniger belasten und wegen des Anhaltens auf der Unterwegsstation einen jeden Zweifel aus­ schliessenden Vermerk im Frachtbrief anbringen. Die Fracht wird in diesem Falle für die ganze Ladung, also einschliesslich des unterwegs zuzuladenden Theiles, von der Versand- bis zur Empfangs­ station berechnet. Etwa entstandene Ladegebühren, Lagergelder und dergleichen sind besonders zu vergüten. (?) Bei unrichtiger Angabe des Inhalts einer Sendung oder bei zu niedriger Angabe des Gewichts einer Wagenladung sowie bei Ueberlastung eines vom Absender selbst beladenen Wagens ist — ab­ gesehen von der Nachzahlung des etwaigen Frachtunterschieds und dem Ersäße des entstandenen Schadens sowie den durch strasgeseßliche oder polizeiliche Bestimmungen vorgesehenen Strafen — ein

17*

260

Abschnitt VIII.

§ 53. Haftung für die Angaben im Frachtbriefe.

Frachtzuschlag an die

am Transporte beteiligten Eisenbahnen zu

zahlen, dessen Höhe wie folgt festgesetzt wird:"')

(8) Wenn geführten

die im §. 50 A Ziffer 4 und in der Anlage B auf­

Gegenstände unter unrichtiger oder ungenauer Inhalts­

angabe zur Beförderung ausgegeben oder die in Anlage B gegebenen

Sicherheitsvorschriften bei der Ausgabe außer Acht gelassen werden, so beträgt der Frachtzuschlag 12 Mark für jedes Brutto-Kilogramm

des ganzen Versandstücks?")

VI. Falls Gegenstände, welche nach § 50 der Verkehrsordnung von der Beförderung ausgeschlossen oder nur bedingungsweise zu­ gelassen sind, mit anderen, der Beschränkung des § 50 der Ver­ kehrsordnung nicht unterliegenden Gegenständen zusammen verpackt aufgegeben werden, wird das Gesammtgewicht des betreffenden Frachtstücks einschliesslich somit des Gewichts der mitverpackten, der Beschränkung des § 50 der Verkehrsordnung nicht unterliegen­ den Gegenstände, angerechnet. (3) In allen anderen Fällen unrichtiger Inhaltsangabe beträgt

der Frachtzuschlag, sofern die unrichtige Inhaltsangabe eine Fracht­ verkürzung herbeizuführen nicht geeignet ist, 1 Mark für den Fracht­ brief, sonst das Doppelte des Unterschieds zwischen der Fracht von

der Ausgabe- bis zur Bestimmungsstation für den angegebenen und der für den ermittelten Inhalt, mindestens aber 1 Mark?")

(10) Im Falle zu niedriger Angabe des Gewichts einer Wagen­ ladung beträgt der Frachtzuschlag das Doppelte des Unterschieds

zwischen der Fracht,

welche für das angegebene und für das er­

mittelte Gewicht von der Aufgabe- bis zur Bestimmungsstation zu

entrichten ist.'80) (11) Im Falle der Ueberlastung (Abs. 6)

eines vom Absender

selbst beladenen Wagens beträgt der Frachtzuschlag das Sechsfache

der Fracht von der Aufgabe- bis zur Bestimmungsstation für das die zulässige Belastung übersteigende Gewicht.

Diese Bestimmung

ist auch auf solche Gegenstände, deren Fracht tarifmäßig nicht nach

dem Gewichte berechnet wird, sinngemäß anzuwenden. Ist insbesondere

die Fracht nach der Ladefläche zu berechnen, so erfolgt die Ermitte­ lung des Frachtzuschlags in der Weise, daß zunächst die nach der

Ladefläche des verwendeten Wagens berechnete Fracht als Fracht für das im einzelnen Falle zulässige höchste Belastungsgewicht angesehen, der sich hiernach für das höchste Belastungsgewicht ergebende Fracht­

betrag sodann verhältnißmäßig auf das Uebergewicht übertragen und

Abschnitt VIII.

§ 53. Haftung für die Angaben im Frachtbriefe.

261

der für das Uebergewicht gefundene Frachtbetrag sechsfach genommen toirb.231) O2) Wenn gleichzeitig eine zu niedrige Gewichtsangabe und eine Ueberlastung vorliegt, so wird sowohl der Frachtzuschlag für zu niedrige Gewichtsangabe (Abs. 10), als auch der Frachtzuschlag für Ueberlastung (Abs. 11) erhoben.232)

VII. Der Frachtzuschlag ist verwirkt, sobald der Frachtvertrag abgeschlossen ist. (13) Ein Frachtzuschlag wird nicht erhoben: 233)

a) bei unrichtiger Gewichtsangabe und bei Ueberlastung, wenn der Absender im Frachtbriefe die Verwiegung verlangt hat, b) bei einer während des Transports in Folge von Witterungs­ einflüssen eingetretenen Ueberlastung, wenn der Absender nach­ weist, daß er bei der Beladung des Wagens das daran ver­ merkte Ladegewicht nicht überschritten hat. 221) Aus der Pflicht des Absenders zur Ausstellung und Beigabe des Frachtbriefs (Anm. 193 S. 235) ergiebt sich folgerichtig die weitere Verbindlichkeit

§53.

desselben, für die Richtigkeit und Vollständigkeit der FrachtbriefAngaben und -Erklärungen zu haften. Entsprechend den bezüglichen Be­ stimmungen im § 426 Abs. 3 N. H.-G.-B.

(Art. 7 Internat. Uebereink.) trifft

demgemäß § 53 Bestimmung über die Haftung des Absenders für die Richtigkeit und

Vollständigkeit der in den Frachtbrief aufgenommenen Angaben und Erklärungen,

sowie über den Umfang dieser Haftung des Absenders und in Verbindung damit über die korrelaten Befugnisse der Eisenbahn zur Prüfung und Ermittelung der Richtigkeit der Frachtbriefangaben und zur Erhebung von Frachtzuschlägen (Geld­

bußen) für unrichtige oder ungenaue Angaben des Inhalts der Sendungen, für zu niedrige Angaben des Gewichts von Wagenladungen und für Ueberlastung

Wagen.

selbstverladener

(Vgl.

Zeitg.

deutsch. Eisenb.-Verw.

d. Ver.

1894

Nr. 29.) Nach Abs. 1 haftet der Absender für die Richtigkeit und Vollständigkeit der in den Frachtbrief aufgenommenen Angaben und Er-

klärungen ohne Rücksicht auf Verschulden.

Der Absender haftet also auch,

wenn ihm ein Verschulden nicht zur Last fällt.

Es ist nicht bestimmt, daß seine

Haftung durch ein Verschulden der Eisenbahn beseitigt wird. Doch ist bei konkurrirendem Verschulden der Eisenbahn die Anwendung des § 254 BGB. nicht ausgeschlossen.

Der Absender trägt alle Folgen, welche aus unrichtigen, unge­

nauen oder ungenügenden Erklärungen entspringen. facher

Art

sein,

entweder unmittelbar

den

Diese Folgen können zwie­

Absender treffen

(Verluste,

Be­

schädigungen des Guts, die er von der Eisenbahn nicht ersetzt verlangen darf),

oder unmittelbar die Eisenbahn (Verluste, Beschädigungen der Transportmittel, Zollstrafen rc., Beschädigung der Güter Dritter), welche alsdann berechtigt ist, von dem Absender Entschädigung zu verlangen.

Uebrigens haftet billigerweise

der Absender nicht für alle in den Frachtbrief aufgenommenen Angaben, son-

§53 L

262

Abschnitt VIII.

§ 53. Haftung für bie Angaben im Frachtbriefe.

dem nur für die von ihm herrührenden, mithin nicht für die eisenbahnseitig er­

folgten (s. Anm. 218 S. 254).

Für unzutreffende Aenderungen der Frachtbrief­

angaben Seitens eines Bediensteten der Eisenbahn hat also diese zu haften, Seitens eines Beauftragten des Absenders dagegen der letztere.

1896, Eisenb. Entsch. XIII S. 65.)

(Reichsger. 14./3.

Vgl. noch über Abänderung von Fracht­

briefen: §52 Anm. 218 S. 255 u. Allg. Abf.-Vorschr. §27 Abs. 34, 35 und

Läßt sich aber der Absender auf sein Verlangen den Frachtbrief

§ 46 Abs. 9. von

Eisenbahnbediensteten ausfertigen,

so haftet die Eisenbahn dafür nicht,

vielmehr gelten dieselben als Beauftragte des Absenders (Allg. Zus.-Best. I

z. § 53 S. 257, s. über die Frage der rechtlichen Zulässigkeit dieser Vertretung: Anm. 218). Der Absender kann auch aus Fehldirigirungen, Verspätungen, Ver­ wechslungen, unrichtigen Ablieferungen rc. keinen Ersatzanspruch herleiten, muß im Gegentheile noch der Bahn für allen ihr oder Anderen entstandenen Schaden haften, wenn diese Schäden durch unrichtige, ungenaue oder undeutliche Angaben

im Frachtbriefe, mangelhafte Adresse entstanden sind. Soweit allerdings der Eisenbahn selbst die Ausfüllung des Frachtbriefes obliegt, trägt sie die Verant­ wortlichkeit für Unrichtigkeiten. Da die Angabe des Gewichts und Inhalts des Gutes für die Tarifirung bezw. Frachtberechnung wesentlich ist, so muß der Absender der Eisenbahn die Frachtdifferenz- ersetzen bezw. nachzahlen, wenn er in Folge unrichtiger Angabe des Inhalts oder Gewichts zu wenig Fracht gezahlt hat. Ueberdies kann in derartigen unrichtigen Angaben, wenn sie absichtlich zur Täuschung der Bahn behufs Erlangung geringerer Fracht geschehen, auch der Thatbestand des Betruges bezw. Urkundenfälschung liegen. Wird die Eisen­ bahn in Folge solcher unrichtiger Angaben in Strafe genommen, z. B. dadurch selbst zu falschen zolldeklaratorischen rc. Angaben, zur Uebertretung polizeilicher

veranlaßt,

Vorschriften

so hat der Absender

der

Eisenbahn

die

bezüglichen

Strafen zu ersetzen.

§53

222) Nach Abs. 2 Satz 1 ist die Eisenbahn jederzeit berechtigt, die Uebereinstimmung des Inhalts der Sendungen mit den Angaben des Fracht­ briefes zu prüfen und das Ergebniß festzustellen. Jede am Transport betheiligte Eisenbahn hat das Recht, also nicht nur die Annahme- bezw. Ver­ sandbahn,

sondem

in der Mitte

auch

liegende

die

Empfangs-

Bahn, und

bezw.

Bestimmungsbahn und

zwar jederzeit,

während

des

jede

ganzen

Transportes. Satz 1 giebt aber der Eisenbahn nur das Recht — nicht die Pflicht —,

die Uebereinstimmung des Inhalts der Sendungen mit den Angaben des Fracht­ briefes zu prüfen.

Eine Pflicht konnte der Eisenbahn schon um deshalb nicht

auferlegt werden, weil bei vielen Gütern nach der Art ihrer Verpackung rc. und mit Rücksicht auf die Schleunigkeit des Eisenbahnverkehrs die Ausübung dieser

Pflicht nicht durchführbar sein würde.

Die Prüfung des Inhalts ist daher in

das Ermessen der Eisenbahn gestellt und sie wird in der Regel nur bei vor­ liegendem Verdachte unrichtiger Inhaltsangaben vorgenommen werden.

Hat

aber eine derartige Prüfung nicht stattgefunden, so liegt allerdings — außer bei selbstverladenen Gütern — in der unbemängelten Annahme des Frachtbriefes ein

Anerkenntniß der Angaben desselben, welches nur durch Gegenbeweis der Eisen-

§ 53. Haftung für die Angaben im Frachtbriefe.

Abschnitt VIII.

bahn in späteren Streitfällen widerlegt werden kann.

263

— Nach § 26 Abs. 1—6

Allg. Abf.-Vorschr. soll die Eisenbahn von der nach § 53 Abs. 2 E. V. O.

zustehenden Berechtigung,

die Uebereinstimmung des Inhalts der Sendungen

mit den Angaben des Frachtbriefes zu prüfen, unverzüglich Gebrauch machen,

wenn der Verdacht vorliegt,

daß ein von der Beförderung überhaupt ausge­

schlossenes oder zu derselben nur bedingungsweise zugelassenes Gut unter un­

richtiger Inhaltsangabe oder unter Außerachtlassung der vorgeschriebenen Sicher­ heitsmaßregeln aufgegeben wird.

Zn sonstigen Fällen des Verdachts unrichtiger

Inhaltsangabe ist der Absender zunächst auf die Folgen einer solchen aufmerk­

sam zu machen und zur ordnungsmäßigen Angabe aufzufordern.

Kommt der

Absender dieser Aufforderung nicht nach, so ist eine Prüfung des Inhalts vor­ zunehmen. Wegen der Zuziehung des Absenders oder von Zeugen bei der Jnhaltsprüfung vgl. § 53 Abs. 2 E. V. O.

Erweist sich die Angabe des Inhaltes

als unrichtig oder sind die in der Anlage B. E. V. O. vorgeschriebenen Sicherheitsmaßregeln nicht beachtet, so ist nach den Vorschriften über die Er­

hebung von Frachtznschlägen u. s. w. (Kundmachung 12) und nach den Ausführungsbestimmungen zu Anlage B der Eisenbahn-Verkehrs-Ord­ nung (Kundmachung 4) zu verfahren. Wird durch den Frachtzuschlag voraus­ sichtlich der Werth der Sendung überschritten und verweigert der Absender die Zahlung, so ist die Beförderung der Sendung abzulehnen. Wenn es sich ledig­ lich um eine ungenaue, die Erhebung eines Frachtzuschlages nicht begründende Inhaltsangabe handelt, so findet § 27 Ziff. 19 Anwendung. Wird das Gut

von der Beförderung ausgeschlossen, so ist es dem Absender — jedoch erst nach

Zahlung des Frachtzuschlags — zur Verfügung zu stellen, oder es ist mit dem Gute nach der Bestimmung der vorgesetzten Verwaltungsstelle zu verfahren. Von allen Fällen falscher Inhaltsangabe, bei denen eine Zuwiderhandlung gegen strafgesehliche oder polizeiliche Bestimmungen vorliegt (vgl. § 53 Abs. 7 E. V. £).),

ist der vorgesetzten Verwaltungsstelle Anzeige zu erstatten. Satz 2 und 3 enthalten Vorschriften über das Prüfungsverfahren, d. h. über die Art und Form, in welcher die Feststellung des Inhaltes zu er­

folgen hat.

Darnach

ist der Berechtigte, d. h. Derjenige,

dem z. Z. der

Prüfung die Rechte aus dem Frachtverträge zustehen, event, auch sein Vertreter,

Bevollmächtigter, einzuladen, bei der Prüfung zugegen zu sein.

Dies

ist obligatorisch, muß also — abgesehen von der im Folgenden berührten Ausnahme — in allen Fällen der Feststellung des Inhalts geschehen.

Eine

Feststellung ohne Beobachtung dieser Vorschrift braucht mithin der Berechtigte nicht anzuerkennen bezw. nicht gegen sich gelten zu lassen.

Ueber die Form der.

Einladung ist nichts bestimmt; aber es liegt in der Natur der Sache, daß sie

gehörig erfolgen muß, d. h. so, daß der Berechtigte rechtzeitig und bestimmt über Zeit und Ort der Prüfung in Kenntniß gesetzt ist.

Ob die Benachrichtigung

im Uebrigen schriftlich, telephonisch oder mündlich, direkt durch die prüfende

Station oder durch Vermittelung der Versandstation rc. zu geschehen hat, richtet sich nach den partikulären Vorschriften des Ortes des Vorganges und eventuell ist im Streitfälle vom Richter zu beurtheilen, ob die Einladung als eine gehörig

erfolgte zu betrachten ist.

Sie muß jedenfalls so zeitig geschehen, daß der Be­

rechtigte in der Lage ist, selbst oder durch einen Bevollmächtigten der Fest'

Abschnitt VIII.

264

stellung beizuwohnen.

den Fall,

daß

§ 53. Haftung für die Angaben im Frachtbriefe. Denn anderenfalls wäre die Einladung zwecklos.

Für

der Berechtigte nicht erscheint, verordnet S a tz 3 — gleichfalls

obligatorisch — die Beiziehung zweier Zeugen (Allg. Abf.-Vorschr.

tz 26 u. tz 51 Abs. 5). Nur in einem Ausnahmefalle entbindet Satz 2

die Eisenbahn von

der Einladung des Berechtigten bezw. der Beiziehung zweier Zeugen, nämlich

„wenn die Prüfung auf Grund polizeilicher Maßregeln, die der Staat im Interesse der öffentlichen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung zu ergreifen berechtigt ist, stattfindet." Unter „polizeilichen Maßregeln" sind aber nicht etwa die allgemeinen polizeilichen Sicherheits- und Ordnungs­

vorschriften zu verstehen, welche das Publikum und die Eisenbahn stets und regelmäßig bei Eisenbahntransporten nach den bestehenden Gesetzen und Regle­

ments zu beobachten haben, also z. B. die gegen die Versendung absolut aus­ geschlossener Güter oder gegen die vorschriftswidrige Verpackung nur bedingt zu­ gelassener Güter gerichteten Untersuchungen. Denn sonst würde wider die Absicht des Gesetzes die Eisenbahn jederzeit in der Lage sein, unter dem Vor­ geben, auf Grund dieser allgemeinen bahn- und betriebspolizeilichen Vorschriften Prüfungen vorzunehmen, die Zuziehung des Berechtigten 311 unterlassen und Feststellungen aus rein administrativen Rücksichten zu bewirken, damit aber den Anspruch des letzteren, zur Prüfung eingeladen zu werden, überhaupt illu­ sorisch zu machen. Vielmehr sind im Gegensatz zu den allgemeinen bahn­ polizeilichen rc. Sicherheits- und Ordnungsvorschriften besond ere polizeiliche Maßregeln gemeint, welche der Staat aus speziellen Anlässen (Seuche, Krieg rc)

im Interesse der öffentlichen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung ergreift und welche wegen der besonderen Wichtigkeit ihres Zwecks 1111b der damit ver­ bundenen Beschleunigung das immerhin leicht mit Verzögerungen verknüpfte Verfahren der Zuziehung des Berechtigten nicht gestatten.

§ 53 223) Abs. 3 Satzl gewährt der Eisenbahn ferner das Recht, jederzeit, W3, d. h. während des ganzen Transports die Ermittlung des Gewichts und der

Stückzahl einer Sendung vorzunehmen, und zwar gleichviel, ob dieselbe in Stück- oder in Wagenladungsgütern besteht. (Vgl. Reindl, Zeitg. d. Ver. deutsch.

Eisenb.-Verw. 1899 Nr. 1 S. 5 ff.) —

Dagegen wird in Betreff der

Pflicht der Eisenbahn zu derartigen Ermittelungen Wagenladungsgütern unterschieden:

zwischen

Stück- und

Bei Stückgütern ist nach Satz 2 die Eisenbahn grundsätzlich und in allen Fällen verpflichtet, das Gewicht bei

der Aufgabe festzustellen.

Stückgütern bedarf es also eines Antrages nicht.

Bei

Ist das Gewicht bereits im

Frachtbriefe angegeben, so ist dasselbe in Gegenwart des Aufgebers zu prüfen und erforderlichenfalls nach dem Ergebniß der Nachwiegung zu berichtigen und

die Berichtigung von letzterem anzuerkennen. (Allg. Abf.-Vorschr. §25 Abs. 1.) Besteht eine Sendung aus einer größeren Anzahl gleichartiger und gleich schwerer Stücke, so kann die Gewichtsfeststellung ausnahmsweise durch Probeverwiegung stattfinden, sofern ein solches Verfahren nach dem pflichtmäßigen

Ermessen des abfertigenden Beamten für die rechtzeitige Abfertigung geboten ist. Bei stattgehabter Probeverwiegung ist außer dem Allfdruck des Wägestempels

Abschnitt VIII.

§ 53. Haftung für die Angaben im Frachtbriefe.

im Frachtbriefe noch der handschriftliche Vermerk zu machen:

verwiegung ermittelt."

265

„Durch Probe­

Dem Anträge auf bahnseitige Feststellung der Stück­

zahl bei Wagenladungsgütern muß nach § 53 Abs. 3 Verk.-Ord. stattgegeben werden, wenn sie ohne erheblichen Aufenthalt geschehen kann. Als erheblicher, die Ablehnung des Antrages rechtfertigender Aufenthalt ist z. B. eine, wenn

auch nur theilweise nothwendig werdende Umladung der Sendung oder, wenn diese aus kleineren Stücken besteht, ein mit dem Zählen verbundener unverhältnißmäßiger Zeitaufwand zu betrachten. Ist die Feststellung der Stückzahl bahnseitig erfolgt, so geschieht die Bescheinigung der Stückzahl im Frachtbrief durch den mit dem Tagesstempel zu versehenden Vermerk: Stück bahnseitig festgestellt." Der Antrag des Absenders auf bahnseitige Feststellung des Gewichts oder der Stückzahl kann entweder bezüglich einer einzelnen Sendung, eines Theils derselben oder ein für allemal gestellt werden, und zwar in letzterem

Falle mittels einer schriftlichen, bei der Abfertignngsstelle aufzubewahrenden Erklärung. Soll nur ein Theil einer Sendung nachgewogen oder nachgezählt werden, so sind auch die Wäge- oder Zählgebühren nur für diesen Theil zu be­ rechnen.

(Allg. Abf.-Vorschr. § 25 Abs. 2, 9 u. 10.)

Bei Wagenla dungs güte rn ist nach Satz 3 die Eisenbahn ausdrück­ lichen Anträgen des Absenders auf Feststellung der Stückzahl oder des Gewichts gegen eine im Tarife festzusetzende Gebühr stattzugeben nur dann ver­ pflichtet, wenn 1. die Güter vermöge ihrer Beschaffenheit eine derartige Feststellnng ohne erheblichen Aufenthalt gestatten und 2. die vorhandenen Wägevor­ richtungen ausreichen. Nur unter diesen beiden Voraussetzungen besteht die Pflicht der Eisenbahn zur Feststellung der Stückzahl oder des Gewichts von Wagenladungsgütern, und muß sie alsdann die im Frachtbriefe bescheinigte Feststellung als Beweis gegen sich gelten lassen, gleichviel ob eisenbahn­ seitige oder Selbstverladung stattgefunden hat.

Zu beachten ist hierbei aber,

daß, wo nur die Stückzahl, nicht aber das Gewicht oder umgekehrt festgestellt ist,

die Eisenbahn mir das wirklich festgestellte zu vertreten hat. Satz 4, welcher aus der früheren Ziff. II der Allg. Zns.-Best. z. § 53 in

die Verk.-Ord. ausgenommen worden ist, ist nunmehr dahin geändert worden,

daß es einem Antrag auf bahnseitige Gewichtsfeststellung in allen Fällen,

wo die Fracht tarifmäßig nach dem Gewicht berechnet wird, gleich­

zuachten ist, wenn der Absender im Frachtbriefe kein Gewicht angegeben hat. Die Hinzufügung der gesperrt gedruckten Worte beschränkt die durch die

treffende Vorschrift aufgestellte Vermuthung

senders liegenden Fälle.

be­

auf die in der Absicht des Ver­

Sie erschien nothwendig, um die Anwendung dieser

Vorschrift auf Sendungen der bezeichneten Art,

insbesondere Thiersendungen,

auszuschließen und es trotz der Bestimmung in Absatz 13a dieses Paragraphen zu ermöglichen, daß bei Ueberlastung der Wagen durch solche Sendungen der im

Absatz 11

am

Schlüsse

vorgesehene

Frachtzuschlag

erhoben

wird.

Aus

der

Nichtangabe des Gewichts wird also in den bez. Fällen der ausdrückliche

Antrag gefolgert bezw. präsumirt. „Wenn behufs Feststellung des Gewichts von Gütern in Wagenladungen die Feststellung des Eigengewichts des zur Be­ ladung kommenden Wagens gefordert wird, so hat die Eisenbahn diesem Ver­ langen zu entsprechen, sofern dies ohne erheblichen Aufenthalt mit den auf dem

266

Abschnitt VIII.

§ 53. Haftung für die Angaben im Frachtbriefe.

Bahnhöfe vorhandenen Wägevorrichtungen möglich ist."

(Allg. Zus.-Best. II

Abs. 3 a. a. O.)

Die Allg. Abf.-Vorschr. § 25 Abs. 6-8, 11-14 bestimmen:

Absendern

von den

verladenen Wagenladungsgütern

ist

Bei den

die Eisenbahn

ohne besonderen Antrag gemäß § 53 Abs. 3 Eisenb.-Verk.-Ord. nicht ver­ pflichtet, die Richtigkeit der Angaben im Frachtbriefe hinsichtlich der Stückzahl

und des Gewichtes festzustellen. einer Wagenladung von dem

Ist die bahnseitige Feststellung des Gewichts

Absender beantragt und

diesem Anträge nach

Maßgabe der vorbezeichneten Bestimmung der Verkehrs-Ordnung Folge gegeben,

so ist der Frachtbrief mit dem Wägestempel und der Unterschrift des Annahme­ beamten zu versehen.

Bei der Verwiegung von Wagenladungen ist auch das

Gewicht des Verpackungsmaterials (Stroh, Säcke) zu berücksichtigen. Geschieht die Verladung der tarifmäßig von den Absendern zu verladenden Güter durch die Eisenbahn auf Grund eines im Frachtbriefe gestellten Antrages des Absenders oder ohne einen solchen Antrag auf Anordnung der Ver­

waltung, so hat die Feststellung des Gewichts oder der Stückzahl von Amts­ wegen zu erfolgen. Auch in diesem Falle muß die Feststellung des Gewichts auf dem Frachtbriefe durch den Wägestempel und die Unterschrift des an­ nehmenden Beamten bescheinigt oder die stattgehabte Nachzählung vermerkt werden. Findet die Feststellung des Gewichts auf Antrag des Absenders oder in dem vorbezeichneten Falle von Amtswegen statt, so ist die Probeverwiegung

unzulässig.

Ist die Versandstation mit einer Gleiswaage nicht ausgerüstet, so

ist die beantragte Verwiegung auf der nächsten geeigneten, mit einer Gleiswaage

versehenen Station durch einen Vermerk auf der Frachtkarte in auffälliger Weise vorzuschreiben. Die Wagen sind in diesem Falle von der Versandstation mit

dem Namen der Verwiegestation zu bezeichnen.

In welcher Weise alsdann das

Wägegeld zu verrechnen ist, richtet sich nach den besonderen Vorschriften. Die Unterwegsstation hat die Gewichtsfeststellung auf dem Frachtbriefe durch den

Wägestempel zu bescheinigen und außerdem in der Frachtkarte einen Vermerk zu machen, welcher das ermittelte Gewicht, den Namen der Unterwegsstation, das

Datum und

die Unterschrift des Wiegebeamten enthalten muß.

ergebniß ist der Versandstation mitzutheilen.

von Wagenladungen, welche auf der

Das Wiege­

(Vgl. noch über die Frankirung

Versandstation nicht verwogen werden

können, sowie über Anträge des Absenders auf Verwiegung auf einer bestimmten Unterwegsstation oder Empfangsstation: Allg. Abf.-Vorschr. Abs. 15, 16.)

§53 224) Abs. 4 Satz 1 stellt es dem Absender frei, bei der Ermittlung des ^bs.4. Gewichts und der Stückzahl — und zwar der Stück- wie der Wagenladungs­ güter — zugegen zu sein, d. h. der Absender selbst oder sein Vertreter ist dazu

befugt.

Eine Ermittlung also, bei welcher ihm das Zugegensein untersagt wor­

den ist, braucht er nicht gegen sich gelten zu lassen.

Verlangt der Absender,

nachdem die Feststellung seitens der Eisenbahn bereits erfolgt ist, vor der Ver­ ladung der Güter eine nochmalige Ermittelung der Stückzahl oder des Ge­

wichts in seiner Gegenwart, so ist nach Satz 2 die Eisenbahn berechtigt, auch dafür die tarifmäßige Gebühr zu erheben.

An sich darf weder bei Stückgütern

(welche stets gewogen werden), noch bei Wagenladungsgütern, falls die Bahn

Abschnitt VIII.

§ 53. Haftung für die Angaben im Frachtbriefe.

267

deren Verwiegung für erforderlich erachtet, Wägegeld erhoben werden — außer wenn der

Aufgeber dies

bei letzteren

besonders

beantragt

(s. Anm. 223).

Wenn aber der Aufgeber von seiner Befugniß, bei der bahnseitigen Gewichtsfest­

stellung zugegen zu sein, keinen Gebrauch gemacht hat und — mit deren Resultat

nicht einverstanden — eine anderweite Feststellung des Gewichts verlangt, so muß die Bahn zwar diesem Ansinnen nachgegeben, aber, in Rücksicht auf die

lediglich durch den Aufgeber hervorgerufene Bemühung, nur gegen Entrichtung eines tarifmäßigen Wägegeldes.

Aufgebers ist erforderlich.

(Ruckdeschel S. 80.)

Der Antrag des

Die Eisenbahn ist also nicht befugt, auch ohne

solchen Antrag ausnahmslos alle Wagenladungen unter Berechnung der Wäge­ gebühr nachzuwiegen.

225) Nach 216 f. 5 wird die Feststellung des Gewichts von der Versand- §53 station durch den Wägestempel bescheinigt. Diese Bestimmung ist obliga- Slb^5' torisch.

Aber es ist Sache des Absenders, darauf zu achten, daß die Stempe­

lung erfolgt.

Fehlt der Stempel, so muß die Feststellung des Gewichts vom

Absender rc. in anderer Weise dargethan werden. Allg. Zus.-Best. IV. z. § 53 Verk.-Ord.: „Erfolgt die Feststellung des Gewichts von Wagenladungsgütern nicht auf der Versandstation, sondern auf einer anderen Station, so wird von letzterer die Gewichtsfeststellung durch den Wägestempel bescheinigt." Vgl. noch Allg. Abf.-Vorschr. § 25 Abs. 5, 8, 9,11 u. 14 (s. Anm. 223 S. 264, 265).

226) Abs. 6 trifft Bestimmung über das Maaß der Belastung bei der Beladung von Wagen. Es werden hierbei drei Arten der Belastung unterschieden, die unbedingt zulässige, die nur bedingt zulässige, und die un­ zulässige. 1. Unbedingt zulässig ist nach Sah 1 die Belastung der Wagen bis zu dem daran vermerkten Ladegewicht, zieht also auch dann keine nachtheiligen Folgen für den Absender nach sich, wenn sich etwa späterhin während des Trans­

ports durch Witterungseinflüsse das Gewicht des Gutes so vermehren sollte, daß eine Ueberlastung (s. ad. 2 u. 3) eintritt. (Abs. 13 litt, b.) 2. Bedingt zulässig ist nach Satz 2 die Belastung der Wagen bis zu der daran angeschriebenen Tragfähigkeit, nämlich nur insoweit, als nach der natürlichen Beschaffenheit des Gutes (z. B. bei Holz, Häuten rc.) nicht zu be­ fürchten ist, daß in Folge von Witterungseinflüssen während des Transports

die Belastung über die Grenze der Tragfähigkeit hinausgehen werde. Es ist Sache des Absenders, dies zu beurtheilen. Er muß also, wenn später in Folge derartiger Einflüsse eine Ueberlastung durch Ueberschreitung der Tragfähigkeit eingetreten und festgestellt ist, dafür aufkommen, auch wenn er bona fide und ohne Verschulden gewesen ist. (arg. die frühere Ziff. VII der Allg. Zus.-Best.)

3. Unzulässig ist nach Satz 3 jede die Tragfähigkeit überschreitende Be­ lastung, welche daher §53 Verk.-Ord. als „Ueberlastung" bezeichnet.

Diese

ist in keinem Falle gestattet und daher unbedingt straffällig. Während die deutschen Wagen durchweg sowohl den Vermerk des Lade­ gewichts wie den Vermerk der Tragfähigkeit haben, ist dies bei den außer­

deutschen Wagen nicht immer der Fall.

Es bedurfte also hier einer besonderen

Bestimmung für solche außerdeutsche Wagen, die nur eine, die zulässige Belastung

§ 53 6*

Abschnitt VIII.

268

§ 53. Haftung für die Angaben im Frachtbriefe,

kennzeichnende, dem Ladegewichte der deutschen Wagen entsprechende Anschrift

tragen. Bezüglich dieser Wagen ist im Sah 4 des Abs. 6 vorgeschrieben, daß das angeschriebene „Ladegewicht" oder die angeschriebene „Tragfähigkeit" bei der Beladung

Bis zu

um mehr als 5 Prozent überschritten werden dürfen.

keinesfalls

dieser Grenze ist die Belastung zulässig, darüber hinaus liegt Ueber®

lastung vor. Das Verbot seht aber voraus, daß das Ladegewicht oder die Tragfähigkeit aus dem Wagen vermerkt ist. Wo dieser Vermerk etwa

fehlen sollte, werden die Folgen dem Absender nicht zur Last gelegt werden

können. Dagegen ist es seine Bahn nicht verwogen werden, so zu informiren, daß er die er im Frachtbriefe den Antrag des tarifarischen Wägegeldes

Sache, da Wagenladungsgüter an sich von der sich über das Gewicht der zu verladenden Güter Tragfähigkeit nicht überschreitet. Eventuell muß auf bahn amtliche Verwiegung gegen Entrichtung stellen. Hat er diesen Antrag gestellt, so wird

weder bei unrichtiger Gewichtsangabe, noch bei Ileberlastung ein Frachtzuschlag erhoben. (Abs. 13 litt, a.) Vgl. noch Allg. Zus.-Best. V (S. 259) und Allg. Abf.-Vorschr. §25 Abs. 11-14.

§53 227) Abs. 7 giebt der Eisenbahn das Recht zur Erhebung vonFracht9lb'7* Zuschlägen in drei Fällen: 1. bei unrichtiger Angabe des Inhalts einer Sendung, 2. bei zu niedriger Angabe des Gewichts einer Wagenladung,

3. bei Ueberlastung eines vom Absender selbst beladenen Wagens.

Der Frachtzuschlag ist — abgesehen von der Nachzahlung des etwaigen Frachtnnterschiedes und dem Ersätze des entstandenen Schadens sowie den durch

strafgesetzliche und polizeiliche Bestimmungen vorgesehenen Strafen — an die am Transporte beteiligten Eisenbahnen zu zahlen, und zwar in den durch die Abs. 8 — 12 näher bestimmten Beträgen. Der Frachtzuschlag (bezw. die Konventional­ strafe) ist privatrechtlicher Natur und vom Absender oder nach Wahl der

Eisenbahn von dem in den Vertrag eingetretenen Empfänger zu zahlen. Der Zuschlag

erfolgt

nur

in den drei vorbezeichneten Fällen.

Für

andere Fälle, z. B. unrichtige Angabe der Stückzahl oder des Maßes rc. oder bei zu niedriger Angabe des Gewichts von Stückgut kann der Zuschlag nicht

erhoben werden; ebensowenig bei Ueberlastung von Wagen, welche der Ab­ sender nicht selbst verladen hat (d. i. von bahnseitig verladenen Wagen), sowie

bei zu niedriger Angabe des Gewichts und bei Ueberlastung von Wagen, die der

Absender zwar selbst verladen, deren Verwiegung er aber im Frachtbriefe verlangt hat. Denn es liegt in der Billigkeit, daß der an sich für Wagen­ überlastungen in Anbetracht ihrer Betriebsgefährlichkeit durch Abs. 7 grundsätzlich festgestellte Frachtzuschlag dann in Wegfall zu bringen ist, wenn der Absender

den überlasteten Wagen nicht selbst verladen hat, sondern bahnseitige Ver­

ladung erfolgt ist, mithin nicht der Absender, sondern die Bahn an der Ueber­

lastung die Schuld trägt.

Und diesem Falle ist sodann der Fall gleichgestellt,

in welchem der Absender das Gewicht unrichtig angegeben oder zwar den über­ lasteten Wagen selbst verladen, aber Verwiegung desselben im Fracht­ briefe verlangt hat.

§ 25 Abs. 11.)

(Vergl. Abs. 13 litt. au. b und Allg. Abf.-Vorschr.

Abschnitt VIII.

§ 53. Haftung für die Angaben im Frachtbriefe.

269

Neben dem Frachtzuschlag dürfen noch geltend gemacht werden: 1) Die

etwaige Frachtdifferenz.

strafgesehlichen Strafen.

2) Der entstandene Schaden.

3) Die polizeilichen oder

Der Frachtzuschlag ist an alle betheiligten Bahnen zu

zahlen, und zwar — mangels eines etwa vereinbarten Bertheilungsmodus — nach Maßgabe der Frachtantheile.

Abs. 7 laßt die Frage offen, wer den Frachtzuschlag zu zahlen hat, der

Absender oder Empfänger. Es unterliegt aber keinem Zweifel, daß die Frachtzuschläge ebenso wie die Frachtbeträge, Nebengebühren und baaren Aus­ lagen der Eisenbahnen zu den durch den Frachtvertrag begründeten Forderungen derselben gehören und daher die Zahlung bis zum Eintritt des Empfängers in

den Frachtvertrag (§§ 66, 67) dem Absender, von da ab dem Empfänger obliegt. Die Annahme, daß ausschließlich der Absender (auch nach dem Eintritt des Em­ pfängers in den Frachtvertrag) zahlungspflichtig sei, weil es sich um eine straf­

bare Handlung des Absenders handle, ist ungerechtfertigt, da es auf den dolus des Deklarirenden nicht ankommt, für die Verwirkung der Geldbuße vielmehr

lediglich die Thatsache der unrichtigen Inhaltsangabe oder Ueberlastung, gleichviel aus welchen Gründen, entscheidend ist. Es ist allein die objektive Un­

richtigkeit oder Ungenauigkeit maßgebend, es bedarf nicht eines strafbaren Ver­ schuldens des Aufgebers, vielmehr genügt Irrthum oder Unterlassung. (Ob.-Land.Ger. Darmstadt 2./7. 1898 Eisenb.-Entsch. XVI S. 305.) Daher hat auch der Geschäftsherr den Zuschlag bei unrichtiger oder ungenauer Deklaration seiner

Gehülfen und Vertreter zu zahlen und kann sich nicht mit der Einrede schützen, daß dieselbe ohne sein Wissen und Willen erfolgt sei. Der Frachtzuschlag

ist

verwirkt,

sobald

der

Frachtvertrag

abgeschlossen, d. h. das Gut mit dem Frachtbriefe von der Versandstation zur Beförderung angenommen ist (Derk.-Ord. § 54 Abs. 1). Daß eine Be­ förderung thatsächlich stattgefunden hat, ist nicht erforderlich; es genügt die vertragsmäßige Aufgabe des Guts mit unrichtiger Inhaltsangabe bezw. des selbstverladenen überlasteten Wagens, ohne daß Verwiegung verlangt worden ist.

Der Frachtzuschlag für unrichtige Inhaltsangabe und der Frachtzuschlag für

Ueberlastung bestehen unabhängig von einander; sie bilden zwei selbst­

ständige Konventionalstrafen, welche unter verschiedenen Voraussetzungen und auf Grund verschiedener Handlungen verwirkt sind, derartig, daß ohne

Zweifel bei ein und derselben Sendung beide Strafen nebeneinander erhoben werden können, wenn die Voraussetzungen für beide — unrichtige Deklaration und Ueberlastung — vorliegen; die eine Strafe schließt die andere nicht aus. Vergl. hierzu die Vorschriften des Verkehrsverbandes über die

Erhebung

von

bestimmungen

Ordnung.

Frachtzuschlägen u. s. w.

des Verkehrsverbandes

sowie

zur

die

Ausführungs­

Anlage B

der Verkehrs-

(Allg. Abf.-Vorschr. § 26 Abs. 3—6 § 51 Abs. 6 u. 7).

Ferner

Reindl, Zeitg. d. Der. Deutsch. Eisenb. Verw. 1899 Nr. 1 S. 5 Nr. 75 S. 1226. 228) Die Abs. 8—13 des § 53 Verk.-Ord. setzen einheitlich die Höhe der Frachtzuschläge für alle drei im Abs. 7 (Anm. 227) bezeichneten Kontraventionen: unrichtige Angabe des Inhalts (Abs. 8 u. 9), zu niedrige Angabe des Gewichts

einer Wagenladung (Abs. 10) und Ueberlastung (Abs. 11) fest und bestimmen zu-

270

Abschnitt VIII.

§ 53. Haftung für die Angaben im Frachtbriefe.

gleich die Höhe des Frachtzuschlags, wenn zu niedrige Gewichtsangaben und Ueberlastung zusammentreffen (Abs. 12) sowie die Ausnahmefälle, in welchen bei zu niedriger Angabe des Gewichts und bei Ueberlastung der durch Abs. 7 grundsätzlich angeordnete Frachtzuschlag nicht erhoben wird (Abs. 13). Reindl a. a. O. Nr. 41.

Abs. 8 normirt die Höhe der zu erhebenden Frachtzuschläge:

„Wenn die

der Selbstentzündung oder Explosion unterworfenen (§ 50 A. Ziff. 4 Verk.-Ord. Anm. 189 S. 224), sowie die in der Anlage B der Verk.-Ord. aufgeführten Gegen­

stände unter unrichtiger oder ungenauer Inhaltsangabe zur Beförderung auf­

gegeben oder die in der Anlage B gegebenen Sicherheitsvorschriften bei der Auf­

gabe außer Acht gelassen werden." In diesen Fällen beträgt der Frachtzuschlag 12 Mark für jedes Brutto-Kilogramm des ganzen Versandstücks, soweit der Inhalt derselben ein reglementswidriger ist.

Den übrigen Theil des

Versandstückes mit in Berechnung zu ziehen, kann um so weniger im Sinn der

vorliegenden Bestimmung liegen, als es sich hier nicht um dolus, sondern ledig­ lich um die thatsächlich unrichtige Angabe aus Irrthum, Zufall rc. handelt, und es der Billigkeit wohl nicht entsprechen würde, in solchen Fällen das Gesammtgewicht des ganzen Kollo zur Bestrafung heranzuziehen. (Daher ist die Allg. Zus.-Best. VI zum §53 Verk.-Ord., welche diese Einrechnung vor­ schreibt, unstatthaft.) Befindet sich z. B. in einem Kollo von 300 Kilogramm Gewicht nur ein Kilogramm irrthümlich unrichtig deklarirter Waare, so würde

es ohne Zweifel das billige Maß überschreiten, wenn der Frachtzuschlag von 300 Kilogramm (d. h. 3600 Mark) erhoben werden würde.

Daran ändern auch

die Worte „des ganzen Versandstücks" nichts. Denn die Strafbestimmung ist nicht über ihren ausdrücklichen Wortlaut auszudehnen, da sie als Ausnahme­ bestimmung der strengsten Auslegung unterworfen ist. (Erk. des Deutsch. Reichsger. v. 6./7. 1883. Eisenb. Entsch. III. S. 87. Eger, Deutsch. Fracht­ 2. Aust. Bd. 3 S. 240.

recht. S. 78.

Rosenthal, Internat. Eisenb. Frachtrecht.

Ruckdeschel, Komm. z. Betr.-Regl. S. 37.)

Die Strafe ist lediglich durch die Thatsache der falschen Deklaration bei der Aufgabe verwirkt, gleichviel ob die unrichtige Angabe mit oder ohne Schuld des Deklarirenden erfolgt und ob hierdurch ein Schaden entstanden ist oder nicht. Die Fassung weist zur Genüge darauf hin, daß die Erhebung des Frachtzuschlags

unabhängig von der Nachzahlung der etwaigen Frachtdifferenz und dem Ersätze des entstandenen Schadens rc. erfolgen soll (vgl. Schwab S. 108).

Die un­

richtige oder ungenaue Deklaration allein genügt nicht zur Verwirkung der Strafe. Es ist die Aufgabe zur Beförderung (Auflieferung, Hingabe und Annahme, Art. 8 Abs. 1) unter unrichtiger oder ungenauer Deklaration erforder­

lich.

Dagegen reicht die bloße Thatsache aus, gleichviel ob böse Absicht (dolus)

vorliegt oder nur Irrthum (verschuldeter oder unverschuldeter), ob ein Schaden

wirklich entstanden, ob die Beförderung wirklich begonnen oder stattgefunden hat oder nicht. S. 1226.)

(Reindl, Zeitg. d. Ver. Deutsch. Eisenb. Verw. 1899 Nr. 75

Und dasselbe gilt für die Nichtbeachtung der vorgeschriebenen Sicher­

heitsmaßregeln.

Es kommt lediglich auf die objektive Unrichtigkeit oder Un­

genauigkeit, nicht auf den dolus an, es bedarf nicht eines strafbaren Verschuldens

des Aufgebers, vielmehr genügt Irrthum oder Unterlassung.

Daher hat auch

der Geschäftsherr den Zuschlag bei unrichtiger oder ungenauer Deklaration seiner

Abschnitt VIII.

§ 53. Haftung für die Angaben im Frachtbriefe.

271

Gehülfen und Vertreter zu zahlen und kann sich nicht mit der Einrede schützen, daß dieselbe ohne sein Wissen und Willen erfolgt sei.

(Eisenb. Entsch. I S. 246.)

Es ist Deklaration im Frachtbriefe erforderlich; die bloße Aufschrift auf dem

Kollo selbst genügt nicht (Reichsger. 10./11. 1897, Eisenb.-Entsch. XIV S. 345.

229) Abs. 9 umfaßt alle anderen im Abs. 8 nicht erwähnten Fälle un- §53 richtiger Inhaltsangabe. Zn diesen wird unterschieden, ob die unrichtige Inhalts- W’,9‘ angabe eine Frachtverkürzung herbeizusühren geeignet ist oder nicht. In letzterem Falle beträgt der Frachtzuschlag nur 1 Mark für den Frachtbrief, im

ersteren Falle, d. h. bei der Möglichkeit einer Frachtverkürzung dagegen das

Doppelte des Unterschieds zwischen der Fracht von der Aufgabe- bis zur Bestimmungsstation für den angegebenen und der für den ermittelten

Inhalt, mindestens aber 1 Mark. Mangels einer Einschränkung ist dieser Zuschlag auch dann zu erheben,

wenn die Sendung nicht bis zum Bestimmungsorte gegangen, unterwegs an­ gehalten, konfiszirt, ganz oder Lheilweise vernichtet oder zurückbeordert rc. worden ist. Auch hier genügt lediglich die Thatsache der unrichtigen Angabe, gleichviel ob dieselbe mit oder ohne Schuld des Absenders erfolgt und ob ein Schaden

daraus erwachsen ist oder nicht. Vgl. noch Allg. Abf.-Vorschr. § 26 Abs. 1-6, § 36 Abs. 12, § 51 Abs. 4-7.

230) Abs. 10 regelt den Frachtzuschlag für zu niedrige Angabe des Gewichts einer Wagenladung, und setzt denselben ganz übereinstimmend mit

§53 10*

den Fällen des Abs. 9 (Frachtverkürzung) auf das Doppelte des Unter­ schiedes zwischen der Fracht von der Aufgabe- bis zur Bestimmungsstation für

das angegebene und der für das ermittelte Gewicht fest. Es wird daher auf die bezüglichen Ausführungen zu Abs. 9 (Anm. 229) verwiesen. Vgl. Reindl, Zeitg. d. Ver. Deutsch. Eisenb. Verw. 1899 Nr. 1 S. 5 ff.

231) Abs. 11 setzt in Satz 1 den Frachtzuschlag für die im Abs. 6 definirte §53 Ueberlastung eines vom Absender selbst beladenen Wagens auf das Sechs- eib1'1L fache der Fracht von der Aufgabe- bis zur Bestimmungsstation für das die zulässige Belastung übersteigende Gewicht fest.

Unter „zulässiger Belastung"

ist, da Abs. 6, auf welchen Abs. 11 Satz 1 in der Parenthese Bezug nimmt, den Begriff der strafbaren Ueberlastung genau definirt, diejenige Belastung zu

verstehen, welche nicht nach Maßgabe der Bestimmungen des Abs. 13 als Ueber­ lastung anzusehen ist, d. h. die Ueberlastungsgrenze des Abs. 6 nicht überschreitet.

Was nicht Ueberlastung im Sinne des Abs. 6 ist, ist als zulässige Belastung im

Sinne des Abs. 11 anzusehen. Satz 2 schreibt vor, daß die Bestimmung des Satzes 1 auch auf solche Gegenstände sinngemäß anzuwenden ist, deren Fracht tarifmäßig nicht nach

Gewicht berechnet wird, also z.B. auf Thiersendungen.

Es wird vornehmlich

für den Fall, daß die Fracht nach der Ladefläche zu berechnen ist, erläutert, in

welcher Weise die analoge Anwendung der Bestimmung des Satzes 1 rechnerisch zu erfolgen hat.

232) Abs. 12 giebt der Vorschrift Ausdruck, daß bei gleichzeitigem §53 Vorliegen einer zu niedrigen Gewichtsangabe und einer Ueberlastung, beide ^f.12. Frachtzuschläge (Abs. 10 u. Abs. 11) zu erheben sind, also unabhängig neben

272

Abschnitt VIII.

§ 53. Haftung für die Angaben im Frachtbriefe.

einander bestehen und nicht einer durch den anderen absorbirt oder kompensirt wird. Es sollen also, wie die Kontraventionen verschiedene und von einander unabhängige sind, auch die Strafen selbstständig und zugleich erhoben werden. Daß auch überdies der Frachtzuschlag für unrichtige Inhaltsangabe zutreffenden Falls erhoben werden darf (Abs. 8 u. 9), kann einem gegründeten Zweifel nicht

unterliegen und hat daher einen besonderen Ausdruck nicht gefunden. §53 Abs. 13.

233) Der neu hinzngefügte Abs. 13 bezeichnet diejenigen Ausnahme­ fälle, in welchen bei unrichtiger Gewichtsangabe (Abs. 10) oder bei Ueberlastung (Abs. 11) der durch die Abs. 7, 10 u. 11 grundsätzlich angeordnete Frachtzuschlag

nicht erhoben wird. Zn diesen unter a u. b bezeichneten Fällen „wird ein Frachtzuschlag nicht erhoben", d. h. nach der kategorischen Fassung: der Frachtzuschlag darf nicht erhoben werden, seine Erhebung ist unzulässig

derartig, daß, wenn er den Bestimmungen des Abs. 13 zuwider eisenbahnseitig erhoben wird, der in Anspruch Genommene sowohl im Beschwerde- wie im Rechtswege die Forderung auf Rückzahlung geltend zu machen berechtigt ist.

Die Fälle, in welchen der Frachtzuschlag in Ausnahme von der Regel des Abs. 7, 10 u. 11 des § 53 nicht erhoben werden darf, sind folgende: §53 a) Sowohl bei unrichtiger Gewichtsangabe, wie auch bei Ueber*nt‘ a? lastung — sc. eines vom Absender beladenen Wagens — wird der Frachtzu­

schlag

nicht

erhoben,

wenn

der Absender im

Frachtbriefe die Ver­

wiegung verlangt hat. Diese Ausnahme von der Regel der Abs. 7, 10 u. 11 bezieht sich sowohl

auf unrichtige — besser: zu niedrige — Gewichtsangabe, wie auch auf Wagen-

überlastung. Sie entspricht der Billigkeit. Es ist hier für die Erwägung maß­ gebend gewesen, daß es dem Absender häufig nicht möglich ist, das Gewicht des Gutes genau festzustellen bezw. eine genaue Verwiegung des selbstverladenen

Wagens herbeizuführen. Wenn er hierzu aber nicht in der Lage ist, so liegt es ihm ob, die Feststellung von der Eisenbahn zu verlangen und damit seine bona

fides darzuthun.

Es wird also in dem Verlangen der Verwiegung ein Umstand

gesehen, welcher die in der Ueberlastung des Wagens etwa liegende dolose oder

kulpose Handlungsweise ausschließt und zu Gunsten des Absenders spricht.

Das

bezügliche Verlangen des Absenders nach Verwiegung muß aber im Frachtbriefe

ausdrücklich und deutlich ausgesprochen werden.

Das Frachtbriefformular ver­

weist auf die Rubrik „Vorgeschriebene oder zulässige Erklärungen". Ein nicht im Frachtbriefe selbst ausgesprochenes Verlangen genügt nicht und hindert nicht

die Erhebung des Zuschlages.

Der Grund liegt darin, daß man zur Vermeidung

von Zweifeln und Streitigkeiten einen sichern urkundlichen Beweis für den Ver­

wiegungsantrag des Absenders schaffen wollte. b) Bei einer während des Transports in Folge von Witterungs­ einflüssen eingetretenen Ueberlastung wird der Frachtzuschlag nicht erhoben,

wenn der Absender nachweist, daß er bei der Beladung des Wagens das daran vermerkte Ladegewicht nicht überschritten hat.

Auch diese Ausnahme von der Regel des Abs. 7 u. 11 hat aus Rück­ sichten der Billigkeit Aufnahme gefunden.

Denn es war bisher als eine Härte

empfunden worden, daß dem Absender die Verantwortung für jede während des

Abschnitt VIII.

§ 54. Abschluß des Frachtvertrags.

Transports durch Witterungseinflüsse entstandene Ueberlastung oblag.

273 Nunmehr

hat er die Ueberlastung aus diesem Grunde, als insbesondere durch Gewichts­

zunahme in Folge von Nässe (Regen, Schnee, Nebel z. B. bei Holz, Thierhäuten,

Schwämmen rc.) nur dann zu vertreten, wenn er nicht nachzuweisen vermag, daß er bei der Beladung des Wagens sich innerhalb der Grenze des daran ver­

merkten Ladegewichts gehalten hat. Dieser Nachweis liegt dem Absender ob, und es ist daher seine Sache, sich bei derartigen Gütern die erforderlichen Be­ weise zu sichern.

Hat er erweislich das Ladegewicht nicht überschritten,

so kann wegen Ueberlastung ein Frachtzuschlag von ihm nicht erhoben werden, auch wenn sich später in Folge von Witterungseinflüssen eine Ueberlastung, d. h. eine die Grenzen der Tragfähigkeit überschreitende Belastung Herausstellen sollte. Hat er aber das Ladegewicht überschritten, so liegt zwar bis zur Grenze der Tragfähigkeit an sich keine Ueberlastung vor. Wenn jedoch in diesem Falle

späterhin

während des Transports in Folge von Witterungseinflüssen eine

Ueberschreitung der Tragfähigkeit eintritt, so hat er den Frachtzuschlag

verwirkt. Die Ueberschreitung des Ladegewichts geschieht also auf seine Gefahr und es schützt ihn der Einwand nicht, daß z. Z. der Beladung nach der natür­ lichen Beschaffenheit der Güter eine Ueberschreitung der Tragfähigkeit in Folge von Witterungseinflüffen nicht zu befürchten gewesen sei.

Bei außerdeutschen Wagen, welche nur eine, die zulässige Belastung

kennzeichnende, dem Ladegewicht der deutschen Wagen entsprechende Anschrift tragen (§ 53 Abs. 6 Satz 3 Anm. 226 S. 267), darf der Frachtzuschlag bei Ueberlastung durch Witterungseinflüsse nicht erhoben werden, wenn der Absender nachweist, daß er bei der Beladung das daran vermerkte Ladegewicht oder, wenn dieser Vermerk fehlt, die daran vermerkte Tragfähigkeit nicht überschritten hat. Hat er bei der Beladung das Ladegewicht bezw. die Tragfähigkeit überschritten, so

liegt zwar, wenn die Ueberschreitung nicht mehr als 50% betragen hat, eine Ueberlastung nicht vor. Tritt eine solche aber in Folge von Witterungs­ einflüssen während des Transports dadurch ein, daß die Ueberschreitung 50% übersteigt, so hat er den Frachtzuschlag zu tragen, selbst wenn bei der Be­ ladung nach der Beschaffenheit des Guts eine derartige Ueberschreitung nicht zu befürchten war.

Vgl. Allg. Abf.-Vorschr. §20 Abs. 6 (Ueberlastung durch Vieh), § 17 Abs. 8 u. 10 (durch Fahrzeuge), § 36 Abs. 12, §. 42 Abs. 1, § 44 Abs. 10 (durch

Güter im Allgemeinen).

§. 54.

Abschluß des Frachtvertrags?") (1) Der Frachtvertrag ist abgeschloffen, sobald das Gut mit dem Frachtbriefe von der Versandstation zur Beförderung angenommen ist. Als Zeichen der Annahme wird dem Frachtbriefe der Tages­ stempel der Abfertigungsstelle aufgedrückt?") (2) Die Abstempelung hat ohne Verzug nach vollständiger AufEger, Eisenbahn-Derkehrsordnung.

2. Aust.

18

Abschnitt VIII.

274

§ 54. Abschluß des Frachtvertrags.

lieferung des in demselben Frachtbriefe verzeichneten Gutes und auf

Verlangen des Absenders in dessen Gegenwart zu erfolgen.'36) (3) Der mit dem Stempel versehene Frachtbrief dient als Be­ weis über den Frachtvertrag.'33) (4) Jedoch machen bezüglich derjenigen Güter,

deren Ausladen

nach den Vorschriften dieser Ordnung oder des Tarifs oder nach be­ sonderer Vereinbarung von dem Absender besorgt wird, die Angaben

des Frachtbriefs über das Gewicht und die Anzahl der Stücke gegen die Eisenbahn keinen Beweis, sofern nicht die Nachwägung

oder

Nachzählung seitens der Eisenbahn erfolgt und dies auf dem Fracht­

briefe beurkundet ist.333) (5) Die Eisenbahn ist verpflichtet, auf Verlangen des Absenders

den Empfang des Frachtguts, unter Angabe des Tages der Annahme zur Beförderung, auf einem ihr mit dem Frachtbriefe vorzulegenden, als solches zu bezeichnenden Duplikat des Frachtbriefs zu bescheinigen. Der Antrag auf Ertheilung des Duplikats ist vom Absender auf dem

Frachtbriefe zu vermerken.

Die Eisenbahn hat durch Aufdrückung

eines Stempels zu bestätigen, daß dem Antrag entsprochen ist.'3') (6) Das Duplikat hat nicht die Bedeutung des Original-Fracht­

briefs und ebensowenig diejenige eines Konnossements (Ladescheins)."6) (7) Bei solchen Gütern, welche nicht in ganzen Wagenladungen

aufgegeben werden, kann mit Zustimmung des Absenders an Stelle des Duplikats ein als solcher zu bezeichnender Aufnahmeschein aus­

gestellt werden, welcher dieselbe rechtliche Bedeutung wie das Dupli­ kat hat."')

Die Gebühr für die Ausstellung von Aufnahmescheinen ist in dem Nebengebührentarife (Theil I Abtheilung B) festgesetzt. (8) Auf Wunsch des Absenders kann der Empfang des Gutes auch in anderer Form, insbesondere mittelst Eintrags in ein Quittungs­ buch u. s. w. bescheinigt werden.

Eine derartige Bescheinigung hat

nicht die Bedeutung eines Frachtbrief-Duplikats oder eines Aufnahme­

scheins.'")

234) Der Frachtvertrag begründet die Transportverpflichtung. Nach dem H.-G.-B. (§ 425) ist der Frachtvertrag ein Vertrag, durch welchen die Ausführung der Beförderung von Gütern gewerbsmäßig über­ nommen wird. Der Frachtführer verpflichtet sich dem Absender gegenüber zur Beförderung des Guts an eine dritte Person, den Empfänger, gegen Entgelt, die Fracht. Der Frachtvertrag ist ein entgeltlicher (Entsch. d. R.-O.-H.-G. Bd. 13 S. 135. Schott S. 296) Konsensualvertrag, der durch die Willensübereinstimmung der Kontrahenten über die Leistung (Transport)

Abschnitt VIII.

§ 54. Abschluß des Frachtvertrags.

und Gegenleistung (Fracht) zu Stande kommt.

275

Die Essentialien sind hiernach

das Anbieten und die Uebernahme der Transportausführung und die Verein­ barung einer Vergütung für dieselbe (Endemann S. 719). Der Frachtvertrag

ist Werkvertrag im Sinne des § 631 Abs. 2 B.-G-B., nicht Dienstvertrag; er

wird zwischen dem Frachtführer und Absender mit der Abrede geschlossen,

das Gut am Bestimmungsorte an den

daß

Empfänger abgeliefert werden soll.

Subjekte (Personen) des Frachtvertrages sind daher der Frachtführer (Eisen­

bahn), der Absender und der in den Vertrag eingetretene Empfänger (Destinatär,

Adressat). Der Frachtvertrag als Handelsvertrag ist vom N. H.-G.-B. an eine be­ stimmte Form nicht gebunden; er ist an sich formlos und daher giltig abgeschlossen, sobald über die Essentialien Willenseinigung besteht. (Endemann, H.-R. S. 719, Goldschmidt, Handbuch I 2, S. 734, 738, Puchelt II S. 378, Schott S. 299, v. Hahn II S. 580, Reindl, Zeitg. d. Der. deutsch. Eisenb.-Verw. 1897 Nr. 12).

Mit Recht ist daher auch die Bestimmung des

Art. 391 Abs. 1 A. H.-G.-B.,

daß der Frachtbrief als Beweis über den Fracht­

vertrag zwischen § 426 in Wegfall Abs. 1, daß der kann, zeigt, daß

dem Frachtführer und dem Absender dient, im N. H.-G.-B. gebracht; und die nur fakultative Bestimmung im § 426 Frachtführer die Ausstellung eines Frachtbriefes verlangen die Giltigkeit des Frachtvertrages dadurch nicht bedingt ist.

285) Für den Eisenbahnfrachtvertrag ist durch die Eisenb.-Verk.-Ord. eine bestimmte Form eingeführt. § 54 Abs. 1 Satz 1 Verk.-Ord. bestimmt,

§54

daß der Frachtvertrag abgeschlossen ist, sobald das Gut mit dem Frachtbriefe von der Versandstation zur Beförderung angenommen ist. Hier ist die Giltigkeit an diese Form geknüpft (s. Anm. 234). Nach der Rechtsnatur der Verkehrs­ ordnung ist diese Norm eine absolute Formvorschrift. In anderer Weise als durch diesen Akt kann also der Eisenbahnfrachtvertrag nicht abgeschlossen werden,

bezw. durch eine andere Form kommt derselbe nicht zu Stande. Die von der Verk.-Ord. vorgeschriebene Form des Vertragsabschlusses be­

steht in der Hingabe des Guts mit dem Eisenbahn-Frachtbriefe zur

Beförderung vom Absender an die Versandstation und die entsprechende An­ nahme seitens der letzteren.

Denn die Annahme setzt nothwendig die Hingabe

voraus, durch Hingabe und Annahme wird der Eisenbahnsrachtvertrag ab­ geschlossen. Die bloße Annahme des Guts ohne den in der Verk.-Ord. (§§ 51, 52 und Anlage C und D zur Verk.-Ordn., s. Anm. 213 S. 251 ff.) vorgeschriebenen

Frachtbrief genügt ebensowenig, wie die bloße Annahme des Frachtbriefs ohne

Gut zum Abschluß eines Eisenbahnsrachtvertrages (Vergl. § 51 Abs. 1 Anm. 193 S. 235).

Die Annahme muß von der Versandstation erfolgt sein, d. h.

den hierzu legitimirten Organen derselben, und zur Beförderung.

Eine An­

nahme, die nicht zu diesem Zwecke, sondern zur vorläufigen Verwahrung erfolgt

(Derk.-Ord. § 55 Abs. 2 s. Anm. 245 S. 286), hat nicht den Abschluß des Eisen­ bahnfrachtvertrages zur Folge, sondern eines diesem vorangehenden Verwahrungs­ vertrages.

236) Daran knüpft Satz 2 dieses Absatzes die den Beweis für den Ver- § 54 tragsabschluß erleichternde Vorschrift, daß als Zeichen der Annahme dem JatzL. Frachtbriefe der Tagesstempel der Abfertigungsstelle aufgedrückt

18*

276 wird.

§ 54. Abschluß des Frachtvertrags.

Abschnitt VIII.

(Dgl. Allg. Abf.-Vorschr. § 30 Abs. 1 u. die Zus.-Best. f. d. Preuß.

Staatsb. Ziff. I—III.)

Die Aufdrückung kann vom Absender verlangt werden;

die Abfertigungsstelle ist hierzu verpflichtet.

Die Aufdrückung bildet ein Zeichen

der Annahme, sie ist ein Beweis für dieselbe.

Aber sie ist immerhin nur ein

einzelnes beweisendes Zeichen, der Beweis für die Annahme kann auch in anderer Weise geführt werden. Das Fehlen des Datumstempels hat daher nicht zur Folge, daß der Vertrag

als nicht geschlossen gilt, sondern nur, daß

die Annahme in anderer Weise dargethan werden muß.

Die Aufdrückung des

Stempels ist also für den Abschluß des Frachtvertrags nicht wesentlich. beim Fehlen des Stempels ist der Abschluß an sich perfekt.

ist aber ein formales Zeichen

Auch

Die Abstempelung

der Annahme, welches einen weiteren Beweis

derselben erübrigt. § 54 237) Abs. 2 bestimmt in Betreff des Zeitpunktes der Abstempelung, 9lb1* 2‘ daß dieselbe ohne Verzug nach vollständiger Auflieferung des in demselben

Frachtbriefe verzeichneten Guts und auf Verlangen des Absenders in dessen Gegen­ wart erfolgen soll. Der Auflieferung hat die Abstempelung unverzüglich zu

folgen. Dies ist obligatorisch. Die Abfertigungsstelle ist aber zur Ab­ stempelung erst nach vollständiger Auflieferung des in demselben Fracht­ briefe bezeichneten Gutes verpflichtet (— bei Wagenladungsgütern nach voll­ ständiger Verladung —), mithin nicht nach nur theilweiser, aber alsdann ohne Verzug, d. h. sofort und unmittelbar nach der Auflieferung. (Allg. Abf.Vorschr. § 30 Abs. 1. „Wird die Zollabfertigung des Guts von der Eisenbahn

besorgt, so hat die Abstempelung des Frachtbriefs sogleich nach beendeter Auf­ lieferung des Gutes und nicht erst nach Beendigung der zollamtlichen Behand­ lung zu erfolgen.) Es darf die Auflieferung von Gütern, welche der Absender zur nämlichen Zeit etwa auf andere Frachtbriefe aufgiebt, nicht abgewartet werden. Mit der Auflieferung des in demselben Frachtbriefe verzeichneten hat vielmehr die Abstempelung zu erfolgen.

Frachtbriefe" ergiebt sich,

Guts

Aus den Worten „in demselben

daß jeder Frachtbrief einen selbstständig für sich

bestehenden Frachtvertrag darstellt, was sowohl für den Beginn der Haftpflicht und Lieferfrist, wie auch für die Berechnung der Fracht bei der Aufgabe von

Frachtgütern seitens desselben Absenders auf mehrere Frachtbriefe von Wichtig­ keit ist. In letzterer Beziehung ist anzunehmen, daß so viele Frachtkontrakte abgeschlossen sind, als Frachtbriefe ausgestellt sind. Der Absender (oder sein Bevollmächtigter) kann verlangen, daß die Ab­ stempelung in seiner Gegenwart geschieht, aber er braucht es nicht und kann hierzu nicht angehalten werden.

Unterläßt aber die Abfertigungsstelle trotz des

Verlangens des Absenders die Zuziehung oder verzögert oder verabsäumt sie

die Abstempelung, so hat sie ihm für den daraus entstehenden Schaden aufzu­ kommen. Ueber die Form, in welcher der Absender das Verlangen zu stellen hat, ist nichts bestimmt. Es ist daher jeder in gehöriger Weise bei der Versand­ expedition, sei es mündlich, schriftlich, telegraphisch, vom Absender angebrachte

Antrag zulässig.

§54

238) Das A. H.-G.-B. (Art. 391) bestimmte, daß der Frachtbrief als Beweis üb er den Vertrag zwischen dem Frachtführer und dem

Abschnitt VIII. Absender dient.

§ 54. Abschluß des* Frachtvertrags.

Das N. H.-G.-B.

277

§ 426 hat zwar diese Bestimmung in

Fortfall gebracht, weil sie sich von selbst ergiebt und im Gesetze nicht ausge­

sprochen zu werden braucht (Denkschr. S. 517).

Die Eisenbahnverkehrs­

ordnung aber hat den Satz ausgenommen, daß der mit Stempel versehene

Frachtbrief als Beweis über den Frachtvertrag dient.

Der Fracht­

brief der neuen Eisenb.-Verk.-Ord. hat jedoch eine wesentlich andere Bedeutung

als der Frachtbrief des A. H.-G.-B., denn während letzterer nur eine Beweis­ urkunde über den Frachtvertrag ist, hat der Eisenbahn-Frachtbrief eine doppelte

Funktion: Erstens ist seine Aufstellung und Annahme wesentlich für den Ab­

schluß des Eisenbahn-Frachtvertrages, er ist Vertragsurkunde. Und zweitens ist er zugleich Beweisurkunde, indem der mit Stempel versehene Fracht­ brief nach Abs. 3 als Beweis

über den Frachtvertrag

Offenbar ist er

dient.

also schon in seiner Eigenschaft als Vertragsurkunde zugleich eine Beweis­

urkunde, denn er beweist, genommen ist,

wenn er mit dem Gute von der Versandstation an­

Es fragt sich

den Abschluß und Inhalt des Frachtvertrages.

somit, welchen Sinn hat die Bestimmung des Abs. 3, daß der mit Stempel versehene Frachtbrief als Beweis über den Frachtvertrag dient? Soll dies heißen, der nicht mit Stempel versehene Frachtbrief diene nicht als Beweis über den Frachtvertrag? Dies kann nicht sein. Denn auch der nicht gestempelte (von der Eisenbahn angenommene) Frachtbrief ist für den Abschluß des Frachtvertrages

beweisend.

Hiernach kann der Abs. 3 nur folgende Bedeutung haben:

Es ist zu unterscheiden zwischen dem gestempelten und dem nicht ge­ stempelten Frachtbrief.

Der gestempelte macht als eine von beiden Par­

teien — dem Absender und der Eisenbahn — gezeichnete Urkunde den voll­ ständigen Beweis, welchen eine von beiden Theilen vollzogene Vertrags­

urkunde macht. Der nicht gestempelte (aber angenommene) Frachtbrief be­ weist zwar an sich gleichfalls den Abschluß des Frachtvertrages, aber er macht

nur den Beweis, den eine nur von einer Seite vollzogene, von

der

anderen Seite nur durch stillschweigende Annahme agnoscirte Urkunde macht. Dies ist der Unterschied in der Beweiskraft zwischen dein gestempelten und un­ gestempelten Eisenbahnfrachtbrief. Die Worte „der mit dein Stempel versehene Frachtbrief"

bedeuten also,

daß die Stempelung ein ausdrückliches, nur durch Gegenbeweis zu entkräftendes Anerkenntniß der Eisenbahn über alle Frachtbriefangaben enthält.

Wird der

Transport auf Grund eines nicht gestempelten Frachtbriefs bewirkt, so kann

zwar auch dieser einen Beweis gegen die Eisenbahn machen; aber es fehlt das ausdrückliche,

in der Stempelung liegende Anerkenntniß, und der Absender

muß daher im Streitfälle auf andere Weise die Richtigkeit der Frachtbriefangaben darthun. Der Eisenbahn-Frachtbrief ist hiernach sowohl gemäß Abs. 1 des Art. 8

Vertragsurkunde, wie gemäß Abs. 3 Beweisurkunde. Seine Urkunden­ qualität — auch im strafrechtlichen Sinne — ist außer Zweifel.

kraft erstreckt sich nicht nur auf die Eisenbahn und

Die Beweis­

den Absender, sondern

auch auf den Empfänger, der durch Annahme des Guts und des Frachtbriefs in den Frachtvertrag eingetreten ist (§ 64 Abs. 4 § 66 Abs. 2).

Die Beweiskraft

des Frachtbriefs kann beschränkt bezw. beseitigt werden einerseits durch

Abschnitt VIII.

278

Abschluß des Frachtvertrags.

§ 54.

ausdrückliche Erklärungen (Klauseln) im Frachtbriefe, soweit solche nach § 51

Abs. 2 zulässig sind,

andererseits aber auch durch Gegenbeweis gegen den

positiven Inhalt des Frachtbriefs.

'Es können gegen denselben alle diejenigen

Einwendungen geltend gemacht werden, fähigkeit einer Urkunde zulässig sind,,

welche überhaupt gegen die Beweis­

also vornehmlich

die Einrede mangelnder

Vertragsfähigkeit, Willensfähigkeit, Willensfreiheit, die Einrede des wesentlichen Irrthums in der Person oder Sache,, der Unmöglichkeit, Gesetzwidrigkeit rc.

§54 239) Abs. 4 enthält eine Aus nahme von der Regel des Abs. 3 über die 3lb^4, Beweiskraft des Frachtbriefes. An sich dient der Frachtbrief über den ganzen Inhalt des Frachtvertrages (Anm. 23>8), also insbesondere auch über die Angaben des Gewichts und

der Stückzahl der Güter zum Beweise.

Nun haftet aber

nach § 77 Nr. 3 Verk.-Ord. die Eisembahn in Ansehung derjenigen Güter, deren

Auf- und Abladen nach der Bestimmung dieser Ordnung oder des Tarifs oder nach einer in den Frachtbrief aufgemommenen Vereinbarung mit dem Absender

von dem Absender oder von

dem

Empfänger besorgt wird, für denjenigen

Schaden nicht, welcher aus der mit mangelhaften Verladung verbundenem eingetretener Schaden den Umständem stehen konnte, bis zum Nachweise dors

dem Auf- und Abladen oder mit einer Gefahr entsteht, und es wird, wenn ein nach aus der übernommenen Gefahr ent­ Gegentheil vermuthet, daß der Schaden

aus der betreffenden Gefahr wirklich entstanden sei. (Daß die Einschaltung „nach der Bestimmung dieser Ordmung" ungültig ist, ist bei § 77 Anm. 424 des Näheren erörtert.) Hiervon ist im vorliegenden Absatz 4 in Bezug auf den Absender eine einzelne Nutzanwemdung gezogen, d. h. es ist bestimmt, daß bei Gütern, deren Ausladen nach Len Vorschriften dieser Ordnung oder des

Tarifs oder nach besonderer Vereinbarung von dem Absender besorgt wird, die Angaben des Gewichts und beir Anzahl der Stücke in dem Frachtbriefe keinen Beweis gegen die Eisenbahn macht, Beweise des Gegentheils zu vermuthen ist,

weil eben für diesen Fall bis zum

daß jeder etwaige Gewichtsverlust

— da er aus dem Selbst-Aufladem entstehen konnte — daraus wirklich ent­

standen ist.

(Auch hier ist die Ausdehnung auf die Bestimmung der Verk.-Ord.

nicht gültig, s. Anm. 424.) Voraussetzung des Fortfalls der Beweiskraft des Frachtbriefes in Be­

zug auf die Gewichts- und Stückzah.l-Angabe ist hiernach,

daß das Ausladen

der Güter — nicht von der Eisenibahn — sondern vom Absender besorgt

wird und zwar auf Grund entweder der Vorschriften der Verk.-Ord. oder des Tarifs oder besonderer Vereinbarung zwischen Absender und Eisenbahn.

Die bloße thatsächliche Besorgung des Ausladens der Güter durch den Ab­

sender an Stelle der Eisenbahn hmt also den Wegfall der Beweiskraft des Frachtbriefs in den fraglichen Beziehungen nicht zur Folge.

Unter dieser Voraussetzung m.achen die Angaben des Frachtbriefes über

das Gewicht und die Anzahl der Stücke gegen die Eisenbahn keinen Beweis.

Indeß kann die Eisenbahn dann einten bezüglichen Einwand hieraus nicht ent­ gegenstellen, wenn unter Zuziehung ihrer Organe oder durch dieselben bei

oder nach der Verladung eine Ermittelung der Stückzahl oder eine Verwiegung besonders stattgefunden hat und dies

auf dem Frachtbriefe beurkundet

Abschnitt VIII.

279

§ 54. Abschluß des Frachtvertrags.

ist, d. h. die Richtigkeit der Angaben des Frachtbriefs von der Absendestation bescheinigt ist.

Durch

ist das sonst bei

eine derartige besondere Ermittelung und Beurkundung

der Selbstverladung ausgeschlossene Anerkenntniß der Eisen­

bahn über Gewicht oder Zahl ausdrücklich geschaffen.

Zu beachten ist aber, daß

zum Ausschlüsse jenes Einwandes der Bahn zwei Erfordernisse: die Verwiegung bezw. Zählung und die Beurkundung des Resultats auf dem Frachtbriefe ge­ hören. Eines allein genügt nicht. Die Angabe des Gewichts und die Menge

des Guts macht keinen Beweis gegen die Eisenbahn, wenn der Absender die Aufladung selbst besorgt hat. Dies gilt nicht bloß von dem Falle, wenn die Fracht nach dem Inhalte des Frachtbriefes selbst irrig berechnet ist, sondern auch,

wenn diese Berechnung dem Inhalte des Frachtbriefes entspricht. Und zwar hat letzteres seinen Grund darin, daß die Notirung der Fracht überhaupt nicht zum

Abschlüsse des Eisenbahnfrachtvertrages gehört.

(Reichsger. G./5.1881 Eisenbahn­

rechtliche Entsch. Bd. 2 S. 25, 27.) Die Bestimmung des Abs. 4 beschränkt sich auf das Ausladen durch den

Absender.

Auf das Selbstabladen durch den Empfänger findet diese Aus­

nahmebestimmung keine Anwendung. Vielmehr greift in letzterem Falle lediglich die Vorschrift des § 77 Nr. 3 Verk.-Ord. Platz (Anm. 424).

240) Die Eisenbahn ist nicht nur gemäß Abs. 1 u. 2 verbunden, den Frachtbrief zum Zeichen der Annahme mit dem Tagesstempel der Abfertigungsstelle ohne Verzug nach vollständiger Auflieferung des Guts und auf Verlangen des Absenders in dessen Gegenwart zu versehen, sondern auch

dem Absender über die richtige und vertragsmäßige Auflieferung des Guts eine Empfangsbescheinigung auszustellen.

Abs. 5 Sah 1 verpflichtet die Eisen­

bahn, auf Verlangen des Absenders den Empfang des Frachtguts unter

Angabe des Tages der Annahme zur Beförderung auf einem ihr mit dem Frachtbriefe vorzulegenden, als

solches

Frachtbriefes zu bescheinigen.

zu

bezeichnenden

Duplikate

des

Diese Verpflichtung der Eisenbahn bezw.

das korrelate Recht des Absenders, sich ein Frachtbriefdublikat ausstellen zu

lassen, beruhte bisher nur auf den Bestimmungen der Verk.-Ord.

Mit Rücksicht

aber auf die praktische Bedeutung dieser Einrichtung und den großen Werth, der in den Kreisen des Handelsstandes darauf gelegt wird, sind die wesentlichsten

Vorschriften über das fragliche Recht des Absenders und über die mit der Aus­ stellung eines Frachtbriefdublikats verbundenen Wirkungen in das N. H.-G.-B.

selbst (§ 455) ausgenommen

worden

(Denkschr. S. 539).

Das

Frachtbrief­

dublikat ist, wenn es auf Verlangen des Absenders ausgestellt ist, von recht­

licher Bedeutung nicht nur als Empfangsbescheinigung, sondern auch in Betreff

des Verfügungsrechts

des

Absenders (N. H.-G.-B. § 455 Abs. 2, Verk.-Ord.

§ 64 Abs. 2), des Anweisungsrechts desselben bei Verhinderung des Antritts oder der Fortsetzung des Eisenbahntransports durch höhere Gewalt oder Zufall

(s. § 65 Abs. 4), sowie der gerichtlichen Geltendmachung der aus dem EisenbahnFrachtvertrage gegenüber der Eisenbahn entspringenden Rechte (s. § 73 Abs. 2). Die Ausstellung einer Empfangsbescheinigung auf dem Frachtbriefduplikat ist jedoch nicht, wie nach Art. 8 Abs. 5 des Internat. Uebereink., obligatorisch für alle Fälle, sondern den Eisenbahnen nur dann zur Pflicht gemacht, wenn der

§54 5e

280

Abschnitt VIII.

§ 54. Abschluß des Frachtvertrags.

Absender es verlangt (s. über die Form: Satz 2). Thoms, Preuß. Eisend.-

Arch. 1893 S. 239.

Zu bescheinigen ist „der Empfang des Guts", und dies setzt voraus,

daß die Bescheinigung erst auszustellen ist und erst beansprucht werden kann nach erfolgter,

d. h.

vollständiger Uebergabe des Guts.

Die Bescheinigung

muß ferner erfolgen auf einem der Eisenbahn mit dem Frachtbriefe

vorzulegenden als solche zu bezeichnenden Duplikate. Ohne gleich­ zeitige Vorlegung des Originals braucht also die Eisenbahn die Bescheinigung nicht auszustellen.

Der Absender hat Original und Duplikat bereits ausgefüllt

einzureichen. Der Bahn liegt nur ob, die Uebereinstimmung beider Schrift­ stücke zu prüfen und das Duplikat mit dieser Bezeichnung dem Absender, d. h.

von der Expedition gestempelt oder unterschrieben, zurückzugeben. Ein solches vollzogenes Frachtbriefduplikat hat den Charakter und Beweiswerth einer Urkunde.

Zu beachten ist aber, daß Abs. 5 des § 54 Derk.-Ord. übereinstimmend

mit § 455 Abs. 1 N. H.-G.-B. nicht bloß die Ausstellung eines Duplikats, sondern die Bescheinigung des Empfangs des Guts auf einem Du­ plikate vorschreibt. Die bloße Ausstellung eines Duplikats, d. h. einer voll­

zogenen Abschrift des Originals ist daher noch keine legale Empfangsbescheinigung. Letztere muß vielmehr expressis verbis auf dem Duplikate des Frachtbriefs enthalten sein, d. h. das' Duplikat muß somit mehr enthalten, als der OriginalFrachtbrief, nämlich eine vollzogene Abschrift desselben und eine darauf be­ findliche Empfangsbescheinigung. Die Bescheinigung soll erfolgen „unter Angabe des Tages der An­ nahme zur Beförderung". Wird also — wie im Falle des § 55 Abs. 2 — das Gut nur vorläufig von der Eisenbahn in Verwahrung, aber noch nicht

zur

Beförderung

angenommen, so

kann eine

Empfangsbescheinigung

durch

Duplikat gemäß Abs. 5 noch nicht ausgestellt werden, weil das Datum der Annahme zur Beförderung sich noch nicht angeben läßt. In solchen Fällen

muß also die Empfangsbescheinigung vorläufig in anderer Form ausgestellt werden (s. § 55 Abs. 2 Anm. 245).

Satz 2 u. 3 des Abs 5. schreiben vor, daß der Antrag auf Ertheilung des Duplikats vom Absender auf dem Frachtbriefe zu vermerken ist und die Eisen­

bahn durch Aufdrückung eines Stempels zu bestätigen hat, daß dem Anträge

entsprochen ist. Hierzu bestimmen die Allg. Abf.-Dorschr. § 30 Abs. 2, 3, 4,6 u. 7: Wird gemäß § 54 Abs. 5 der Verk.-Ord. mit dem Frachtbriefe ein Duplikat vor­ gelegt, so hat der Annahmebeamte zunächst sich zu überzeugen, daß der Antrag

auf Ertheilung des Duplikats auf dem Frachtbriefe selbst vermerkt (vgl. Zus.Best. XIII zu § 51 der Verk.-Ord. S. 233) und das Duplikat als solches be­ zeichnet ist.

Erst nach Erfüllung dieser Erfordernisse und nachdem die Ueber­

einstimmung des Duplikats mit dem Frachtbriefe festgestellt worden ist, hat auf diesem die Aufdrückung des Duplikatstempels (Duplikat ertheilt) zu erfolgen.

Das Frachtbrief-Duplikat ist wie die Urschrift mit dem Tagesstempel der Abfertigungsstelle und zutreffendenfalls auch mit dem Wägestempel, der Unter­ schrift des Annahme- und Wiegebeamten (vgl. § 25 Abs. 5 Anm. 225 S. 267), sowie mit der Bescheinigung über die festgestellte Stückzahl zu versehen.

Im

Abschnitt VIII.

§ 54. Abschluß des Frachtvertrags.

281

Falle der Frankirung von Frachtgebühren sind diese im Frachtbriefduplikat in

Uebereinstimmung mit der Urschrift zu spezifiziren (vgl. § 61 Abs. 1 Verk.-Ord.). Wegen der Kartirung bei Ertheilung eines Frachtbriefduplikats vgl. §39 Abs. 14 der Allg. Abf-Vorschr.

Die vorstehenden Bestimmungen

finden sinngemäße Anwendung, wenn an Stelle des Duplikats ein als solcher zu bezeichnender Aufnahmeschein zugelassen ist. Die Ertheilung eines

Frachtbrief-Duplikats ist unzulässig, wenn der Frachtbrief selbst nicht mehr vor­ liegt. Bei nachträglicher Zurückgabe eines unrichtigen Frachtbriefes an den Auflieferer und Ausstellung eines neuen Frachtbriefes ist der alte Frachtbrief und das etwa ausgestellte Frachtbrief-Duplikat zu vernichten oder der Ab-

fertigungöstempel mit Tinte zu durchstreichen.

241) Absatz 6 bestimmt zwar nicht positiv, welchen Rechtscharakter diese §54 Duplikate besitzen, aber doch negativ insofern, als ihnen ausdrücklich die Be- Ob­ deutung des Originalfrachtbriefes oder eines Konnossements (Ladescheins) abge­ sprochen wird. Das Duplikat hat also weder die Rechtswirkung eines Fracht-

briefs noch eines Konnossements (Ladescheins).

Daß das Duplikat nicht die

Wirkung des das Gut begleitenden Original-Frachtbriefes hat, Natur des letzteren als eines Begleitbriefes. Ein in den Händen zurückbleibender, vom Gute getrennter Frachtbrief ist rechtlich Daher ist keine der Rechtswirkungen, welche das N. H.-G.-B. und

liegt in der des Absenders nicht denkbar. die Verk.-Ord.

an den Besitz und die Uebergabe des Originalfrachibriefes knüpft (§ 64 Abs. 4, §§ 66, 67, 74), dem Duplikate beizulegen. Ebensowenig aber hat dasselbe die Wirkung eines Konnossements (Ladescheins), d. h. einer Urkunde, durch welche

sich der Frachtführer zur Auslieferung des Gutes nur an den legitimirten In­ haber des Empfangscheins oder des Frachtbriefduplikats gegen Rückgabe bezw. auch nach Maßgabe desselben verpflichtet (§§ 444 ff. N. H.-G.-B.). Eine der­ artige Verpflichtung mit ihren Rechtsfolgen ist in dem bloßen Duplikate nicht

enthalten.

Wird daher das Duplikat weiterbegeben (durch Indossament, Cession),

so ist die Eisenbahn weder verpflichtet noch berechtigt, dem Inhaber des Dupli­ kats das Gut auszuliefern, darf dasselbe vielmehr nur dem im Frachtbriefe be­ zeichneten Empfänger übergeben.

Ein Dritter kann sich nicht darauf berufen,

z. B. nicht auf Vorweisung des Frachtbriefduplikats einen Vorschuß ertheilen. (Reichsger. 25./4.

1896, Eisenb. Entsch. XIII S. 160.)

Aus diesem Grunde

schreibt die Verk.-Ord. auch nicht die Rückgabe des Duplikats bei der Ablieferung

des Gutes an den Adressaten vor (§ 62 Abs. 4, § 66). Wenngleich aber das Duplikat weder die rechtliche Bedeutung des Original-

Frachtbriefs noch eines Konnossements (Ladescheins) besitzt, so ist doch nach den Vorschriften des N. H.-G.-B. (§ 455 Abs. 2) und der Verk.-Ord. das Duplikat nicht auf die Wirkung einer bloßen Quittung über den Empfang beschränkt

bezw. als bloßes Beweis- und Legitimationspapier über die erfolgte Uebergabe

des Guts

an die Eisenbahn anzusehen.

Das im N. H.-G.-B. (§§ 433 it. 455)

und in der Verk.-Ord. angenommene System über den Umfang der Verfügungs­ rechte des Absenders und Empfängers in betreff des Guts (§§ 64, 65) legt dem

Duplikate eine höhere rechtliche Bedeutung bei, indem es von dem Besitze des Duplikats einen wesentlichen Theil der Verfügungsrechte des Absenders über

282

Abschnitt VIII.

§ 54. Abschluß des Frachtvertrags.

das Gut, sowie die gerichtliche Geltendmachung seiner Ansprüche aus dem Fracht­ verträge abhängig macht, derartig, daß er über die Zurückgabe des Guts auf der Versandstation, das Anhalten desselben unterwegs oder die Ablieferung an einen anderen als den im Frachtbriefe bezeichneten Empfänger am Bestimmungs­

orte oder einer Zwischenstation oder auf einer über die Bestimmungsstation hin­ aus oder seitwärts gelegenen Station, ferner event, wegen nachträglicher Auflage, Erhöhung, Minderung oder Zurückziehung von Nachnahmen, sowie wegen nach­ träglicher Frankirung nur bei Vorzeigung des Duplikats und schriftlicher Er­ klärung auf demselben verfügen (§ 64 Abs. 1, 2, 6, 7), ferner bei Verhinderung

des Antritts oder der Fortsetzung des Eisenbahntransports durch höhere Gewalt, Zufall oder Betriebsstörung in den nach § 65 Abs. 1—3 zu treffenden ander­ weitigen Dispositionen weder die Person des Empfängers noch den Bestimmungs­

ort ohne den Besitz des Duplikats abändern (§ 65 Abs. 4) und endlich Ansprüche

aus dem Eisenbahnfrachtvertrage gegenüber der Eisenbahn nur mit Zustimmung des Empfängers, geltend machen darf, wenn er das Duplikat des Frachtbriefs bezw. den Aufnahmeschein (s. Anm. 242) oder eine Bescheinigung der Versand­ station, daß eine solche Urkunde nicht ausgestellt ist, nicht beizubringen vermag, es wäre denn, daß er nachweist, daß der Empfänger die Annahme des Gutes verweigert hat.

(§ 73 Abs. 2.)

Das Frachtbriefdublikat hat übrigens, wenn es von einer Privateisenbahn ausgestellt ist, den Charakter und Beweiswerth einer Privaturkunde, wenn von einer Staatseisenbahn, den einer öffentlichen Urkunde. (Reichsger. Eisenbahnrechtl. Entsch. I S. 334, III S. 48. IV S. 352.)

Vgl. noch Allg. Abf.-Vorschr. §39 Abs. 14 lit. f. (Ausstellungsvermerke in den Frachtkarten), § 46 Abs. 5 (nachträgliche Anweisungen), § 44 Abs. 6 (Ver­ fügungen über Ablenkung bei Verkehrsstörungen), § 37 Abs. 14 (Vermerk über

nachträgliche Frankirung), § 38 Abs. 19 u. 21 (Vermerke über nachträgliche Nach­ nahmebelastungen oder Verzicht auf Einziehung von Nachnahmen).

§54 242) Abs. 7 gestattet bei solchen Gütern, welche nicht in ganzen Wagen 71 ladungen aufgegeben werden, mit Zustimmung des Absenders an Stelle des Duplikats die Ausstellung eines

als solchen

zu bezeichnenden

Aufnahme­

sch eins, welcher dieselbe rechtliche Bedeutung wie das Duplikat hat.

Vor­

aussetzung ist zunächst, daß der Frachtvertrag Güter betrifft, die nicht in ganzen Wagenladungen aufgegeben werden. Auf Güter in Wagenladungen,

findet mithin Abs. 7 keine Anwendung^

Ein Aufnahmeschein kann in diesem

Falle an Stelle des Duplikats ausgestellt werden, aber muß es nicht. Die Eisen­ bahn ist dazu befugt, doch nicht verpflichtet, auch nicht auf Verlangen des Ab­ senders. Sodann ist die Zustimmung des Absenders vorausgesetzt. Denn prinzipaliter ist er berechtigt, ein Duplikat zu verlangen. Es liegt im Sinne

der in Rede stehenden Bestimmung, daß ihm der Ersatz des Duplikats durch einen Aufnahmeschein nicht aufgenöthigt werden darf, sondern in seine Wahl

gestellt ist.

(N. H.-G.-B. § 471 Abs. 1.) Dem Aufnahmescheine ist die gleiche

rechtliche Bedeutung

wie dem Duplikate beigelegt.

Es gilt also alles über

die rechtliche Bedeutung des Duplikats in Anm. 241 Bemerkte auch für den Aufnahmeschein. Ueber Form und Inhalt des Aufnahmescheins ist weder in

Abschnitt VIII. der Derk.-Ord.

in

noch

§ 54. Abschluß des Frachtvertrags.

den Allg. Abf.-Vorschriften

283

nähere Bestimmung ge­

troffen. Aber es liegt in der Natur und im Zwecke desselben, daß er eine voll­ ständige Anerkennung des Empfangs der Sendung unter Bezeichnung des In­ halts und Gewichts, des Absenders, Empfängers und Datums enthalten muß.

Die Allg. Abf.-Vorschr. § 30 Ziff. 4 bestimmen, daß, wenn an Stelle des Duplikats ein als solcher zu bezeichnender Aufnahmeschein zugelassen ist,

die Bestimmungen im § 30 Abs. 2 u. 3 (s. S. 280) der Allg. Abf.-Vorschr. sinn­

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615

Die Ueber«

mhme hat innerhalb 3 Tagesstunden, die Entladung innerhalb weiterer

9 Tagesstunden nach Ankunft und Avisirung zu erfolgen. die der Empfänger nicht Stunden übernommen hat, sind ohne

(2) Begleitete Sendungen (vergleiche G),

innerhalb der vorgeschriebenen 3

weiteren Verzug von den Begleitern zu übernehmen. ® Ist das Gut 12 Tagesstunden nach Ankunft nicht abgefahren, so

ist er der Ortspolizeibehörde zur weiteren Verfügung zu übergeben und durch

diese ohne Verzug vom Bahnhöfe zu entfernen.

Die Ortspolizeibehörde ist

befugt, die Vernichtung anzuordnen. 0) Bis zur Uebernahme ist die Ladung unter besonderer Bewachung zu halten.

(») Die Entladung und etwaige Lagerung darf nicht auf den Güter­ steigen oder in den Güterböden, sondern nur auf möglichst abgelegenen Seitensträngen oder in räumlich von den Güterböden getrennten, nicht gleich­ zeitig anderen Zwecken dienenden Schuppen unter Anwendung der unter D

und E gegebenen Bestimmungen erfolgen.

XXXV b.1) Sprengkräftige Zündungen,

als

Sprengkapseln (Spreng­

zündhütchen) und Minenzündungen, welche durch Elektrizität oder durch Reibung zur Wirkung gebracht werden, unterliegen

nachstehenden

Bestimmungen: a. Sprengkapseln (Sprengzündhütchen). 1. M

Sprengkapseln

(Sprengzündhütchen) sind

neben einander

der Oeffnung nach oben in starke Blechbehälter, von

nicht mehr als 100 Stück enthalten

darf,

mit

denen jeder

dergestalt zu verpacken,

daß eine Bewegung oder Verschiebung der einzelnen Kapseln auch bei Erschütterungen ausgeschloffen ist.