Die deutsche Thomas-Ausgabe. Band 27 Christi Leben: III: 35–45 [Reprint 2022 ed.] 9783112658628, 9783112658611


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German Pages 335 [336] Year 1935

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EINLEITUNG
EINRICHTUNG DER ÜBERSETZUNG UND BANDEINTEILUNG DER DEUTSCHEN THOMAS-AUSGABE
II. EINTEILUNG DER SUMMA THEOLOGICA
CHRISTI LEBEN
35. FRAGE DIE GEBURT CHRISTI
Art. 1 Kommt die Geburt mehr der Natur als der Person zu?
Art. 2 Muß man Christus eine Geburt in der Zeit zuschreiben?
Art. 3 Kann man die seligste Jungfrau mit Rücksicht auf die zeitliche Geburt Christi Seine Mutter nennen?
Art. 4 Muß die seligste Jungfrau Mutter Gottes genannt werden?
Art. 5 Gibt es in Christus zwei Sohnschaften?
Art. 6 Ist Christus schmerzlos von Seiner Mutter geboren worden?
Art. 7 Mußte Christus in Bethlehem geboren werden?
Art. 8 Ist Christus zur rechten Zeit geboren worden?
36. FRAGE DIE KUNDGABE DER GEBURT CHRISTI
Art. 1 Mußte die Geburt Christi allen kund werden?
Art. 2 Mußte die Geburt Christi wenigstens einigen Menschen kund werden?
Art. 3 Waren die, denen Christi Geburt kund wurde, entsprechend ausgewählt?
Art. 4 Mußte Christus Seine Geburt durch sich selbst kundgeben?
Art. 5 Mußte die Geburt Christi durch den Engel und den Stern verkündet werden?
Art. 6 Ist die Geburt Christi in gebührender Reihenfolge kund geworden?
Art. 7 War der Stern, der den Magiern erschien, einer der Sterne des Himmels?
Art. 8 War es angemessen, daß die Magier kamen, um Christus anzubeten und Ihm zu huldigen?
37. FRAGE DIE BESCHNEIDUNG CHRISTI UND DIE ÜBRIGEN GESETZESVORSCHRIFTEN, DIE AN DEM KNABEN CHRISTUS BEOBACHTET WURDEN
Art. 1 Mußte Christus beschnitten werden?
Art. 2 War der Name, der Christus gegeben wurde, angemessen?
Art. 3 War es angemessen, daß Christus im Tempel dargestellt wurde?
Art. 4 War es angemessen, daß die Mutter Gottes zu ihrer Reinigung in den Tempel ging?
38. FRAGE DIE TAUFE DES HEILIGEN JOHANNES
Art. 1 War es angemessen, daß Johannes taufte?
Art. 2 War die Johannestaufe von Gott?
Art. 3 Wurde durch die Johannestaufe eine Gnade mitgeteilt?
Art. 4 Hätte Christus allein mit der Johannestaufe getauft werden sollen?
Art. 5 Mußte diese Taufe aufhören, nachdem Christus getauft war?
Art. 6 Mußten die von Johannes Getauften noch die Christustaufe empfangen?
39. FRAGE DER TAUFEMPFANG CHRISTI
Art. 1 War es angemessen, daß Christus getauft wurde?
Art. 2 Mußte Christus mit der Taufe des Johannes getauft werden?
Art. 3 Ist Christus zur rechten Zeit getauft worden?
Art. 4 Mußte Christus im Jordan getauft werden?
Art. 5 Mußte sich nach der Taufe Christi der Himmel öffnen?
Art. 6 War es entsprechend, daß der Heilige Geist in Gestalt einer Taube auf den getauften Christus herabstieg?
Art. 7 War jene Taube, in der der Heilige Geist erschien, ein wirkliches Tier?
Art. 8 War es angemessen, daß nach der Taufe Christi die Stimme des Vaters den Sohn bezeugte?
40. FRAGE DIE LEBENSFÜHRUNG CHRISTI
Art. 1 Mußte Christus mitten unter den Menschen oder als Einsiedler leben?
Art. 2 Ziemte es sich für Christus, in dieser Welt ein strenges Leben zu führen?
Art. 3 Mußte Christus in der Welt ein armes Leben führen?
Art. 4 Hat Christus nach dem Gesetz gelebt?
41. FRAGE DIE VERSUCHUNG CHRISTI
Art. 1 War es angemessen, daß Christus versucht wurde?
Art. 2 Mußte Christus in der Wüste versucht werden?
Art. 3 Durfte Christus erst nach Seinem Fasten versucht werden?
Art. 4 War die Art und Weise und die Reihenfolge der Versuchungen entsprechend?
42. FRAGE DIE LEHRE CHRISTI
Art. 1 Hätte Christus außer den Juden auch den Heiden predigen sollen?
Art. 2 Hätte Christus den Juden predigen sollen, ohne bei ihnen Anstoß zu erregen?
Art. 3 Mußte Christus alles in der Öffentlichkeit lehren?
Art. 4 Hätte Christus Seine Lehre schriftlich mitteilen sollen?
43. FRAGE DIE WUNDER CHRISTI IM ALLGEMEINEN
Art. 1 Mußte Christus Wunder wirken?
Art. 2 Hat Christus Seine Wunder in göttlicher Macht gewirkt?
Art. 3 Hat Christus Seine Wundertätigkeit mit der Verwandlung von Wasser in Wein bei der Hochzeit begonnen?
Art. 4 Waren die Wunder Christi ein hinreichender Beweis für Seine Gottheit?
44. FRAGE DIE EINZELNEN ARTEN DER WUNDER
Art. 1 Waren die Wunder, die Christus an reinen Geistern wirkte, angemessen?
Art. 2 Waren die Wunder Christi, die Er an Himmelskörpern wirkte, angemessen?
Art. 3 Waren die Wunder, die Christus an den Menschen wirkte, angemessen?
Art. 4 War es angemessen, daß Christus an vernunftlosen Geschöpfen Wunder wirkte?
45. FRAGE DIE VERKLÄRUNG CHRISTI
Art. 1 War die Verklärung für Christus angemessen?
Art. 2 War der Glanz bei der Verklärung Christi der Glanz der ewigen Herrlichkeit?
Art. 3 Waren die Zeugen der Verklärung passend gewählt?
Art. 4 War es angemessen, daß das Zeugnis der Stimme des Vaters hinzukam: „Dieser ist Mein geliebter Sohn"?
ANMERKUNGEN
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KOMMENTAR
35. FRAGE DIE GEBURT CHRISTI
36. FRAGE DIE KUNDGABE DER GEBURT CHRISTI
37. FRAGE DIE BESCHNEIDUNG CHRISTI UND DIE ÜBRIGEN GESETZESVORSCHRIFTEN, DIE AN DEM KNABEN CHRISTUS BEOBACHTET WURDEN
38. FRAGE DIE TAUFE DES HEILIGEN JOHANNES
39. FRAGE DER TAUFEMPFANG CHRISTI
40. FRAGE DIE LEBENSFÜHRUNG CHRISTI
41. FRAGE DIE VERSUCHUNG CHRISTI
42. FRAGE DIE LEHRE CHRISTI
43. UND 44. FRAGE DIE WUNDER CHRISTI IM ALLGEMEINEN, UND: DIE EINZELNEN ARTEN DER WUNDER
45. FRAGE DIE VERKLÄRUNG CHRISTI
VERZEICHNIS DER BENUTZTEN LITERATUR
BERICHTIGUNGEN
ALPHABETISCHES SACHVERZEICHNIS
ALPHABETISCHES AUTORENVERZEICHNIS
Heilige Schrift
INHALTSÜBERSICHT
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Die deutsche Thomas-Ausgabe. Band 27 Christi Leben: III: 35–45 [Reprint 2022 ed.]
 9783112658628, 9783112658611

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D I E

D E U T S C H E

T H O M A S - A U S G A B E

Vollständige,

ungekürzte

deutsch-lateinische S U M M A

Ausgabe

der

T H E Q L O G I C A

Übersetzt

von

D O M I N I K A N E R N UND B E N E D I K T I N E R N D E U T S C H L A N D S UND Ö S T E R R E I C H S Herausgegeben

vom

KATHOLISCHEN AKADEMIKERVERBAND

27. B A N D

1935 VERLAG

ANTON

PUSTET



SALZBURG



LEIPZIG

T

H

O

M

A

S

V O N

CHRISTI

A

Q

U

I

N

LEBEN

ni 35 — 45

1935 VERLAG

ANTON

PUSTET

.

SALZBURG



LEIPZIG

S ä m t l i c h e R e c h t e f ü r die d e u t s c h e und l a t e i n i s c h e S p r a c h e und Ausgabe vorbehalten C o p y r i g h t 1936 b y V e r l a g A n t o n P u s t e t , S a l z b u r g D a s I m p r i m a t u r w u r d e e r t e i l t vom H o c h w ü r d i g s t e n H e r r n Abt B e n e d i k t u s Reetz von Seckau und dem

Fürsterzbischöflichen

O r d i n a r i a t zu S a l z b u r g

Einbandentwurf

von P r o f e s s o r R u d o l f Koch, O f f e n b a c h

Druck der U n i v e r s i t ä t s - B u c h d r u c k e r e i

„ S t y r i a " in G r a z

EINLEITUNG

„Bis daß Christus in euch Gestalt gewinne." (Gal. 4, 19.)

Der Sinn der Liturgie des Kirchenjahres ist die Mitfeier des Lebens Christi. In der jährlichen Erneuerung dieser Mitfeier soll das Bild Christi in den Getauften immer tiefer und lebendiger sich gestalten. Damit ist nur umschrieben, was die Kirche als stets neue Tat des Christen fordert: die Geburt des WORTES in der Seele. Christus hat ein Leben vollendet, das zwar in der Geschichte einmalig war und als geschichtliches Leben der Vergangenheit angehört, das aber bis zum Abschluß der Zeiten immer wieder neu in jedem einzelnen der Glieder Seiner Kirche gestaltet werden soll. Denn wenn es überhaupt ein Leben gibt, das trotz seines geschichtlichen Verhaftetseins zeitlose, allgemeingültige Bedeutung hat, so ist es das Leben Christi, das als unerreichtes Richtbild vor unserem Geiste schwebt. Bis in den letzten metaphysischen und theologischen Sinn hinein ist Christus DIE GESTALT der Welt. Aber auch vom modernen Zeitgeist her ist ein Weg offen zur Gestalt Christi. Denn all das leidenschaftliche Suchen des modernen Menschen nach lebendigen, ideenerfüllten Persönlichkeiten, nach hohen Sinnträgern des Lebens ist nur Suchen nach letzten gültigen Formen menschlichen Lebens in der jeweiligen geschichtlichen Umwelt. Dieses Suchen stammt aus der Sehnsucht nach Gestalt überhaupt, und wo könnte diese Sehnsucht tiefer gestillt werden als in dem, der DIE GESTALT schlechthin ist: die menschlich-persönliche Gestaltwerdung des unendlichen, ewigen Urgrundes, des Vaters? Sowohl das zeitgebundene Sehnen der Gegenwart wie auch das zeitlose Sehnen der Kirche nach Gestaltwerdung weisen in die Richtung zur einzig gültigen Gestalt der Welt, welche alle Sinnfülle, allen Ideenreichtum in sich birgt: zu Christus. Solches Trachten geht weniger auf Erkenntnis des einmalig-zeitlichen Ablaufes und seiner geschichtlichen Einzelheiten als auf das jenseits der Erscheinungen gelegene innere Wesen und den Kern Seiner Person, Taten und Geschehnisse. In derselben Blickrichtung sah Thomas von Aquin den Gottmenschen. Darum gibt

(5)

er in dem Abschnitt, der vom Leben Christi handelt, nicht eine gemeinübliche Darstellung Seines Lebensablaufes: er nimmt jede Tat, jedes Geschehnis heraus und sucht in den theologischen Sinn, in die innere Bedeutung dieser Einzelheiten einzudringen. Er sieht im Leben Christi die Einzelheiten nur im Lichte letzter Zusammenhänge, er erkennt in allem den Heilsplan Gottes, und erst in diesem Lichte werden die Einzelheiten ihm kostbar und wertvoll. Diese Sicht der großen Linien ist freilich nur dem gläubig-wissenden, in aufgeschlossener Hingabe liebenden Herzen möglich. Wie der Wanderer im schluchtenreichen Tal von Wegbiegung zu Wegbiegung nur Teilstrecken sieht, weil die weite, freie Überschau der Höhen ihm versagt bleibt, so sieht der Gipfelrast Genießende von oben her, wie sich die Bruchstücke zu einem Ordnungsgefüge in geheimer Gesetzlichkeit zusammenschließen. Ebenso mag es uns ergehen vor den vielen Einzelfragen, mit denen sich Thomas abgibt. Er aber schaute von der Hochwarte seiner Metaphysik und Theologie aus die Einzelheiten in der verbindenden Klarheit ewiger Wahrheiten. Man vergesse nicht, daß im Mittelalter, das keine Zeitungen, keine Unrast der Jagd nach Neuigkeiten kannte, die Liebe zum Einzelnen, die heute verschwendet wird an sehr oft wertlose Tagesgeschehnisse, an flüchtig vorüberhuschende Eintagsfliegen, sorgfältig den wenigen ganz großen Menschen, vor allem aber dem MENSCHEN überhaupt, das heißt dem Gottessohn, geschenkt wurde. Erst die Zukunft wird, wenn die genauen Einzeluntersuchungen ausgebaut sind, ermessen, welche Unsumme positiver Theologie sich bei Thomas findet, und so der Auffassung, Thomas habe einseitig metaphysisch und spekulativ gearbeitet, ihr verdientes Ende bereiten. Im Gegenteil wird man angesichts der erdrückenden Menge sorgfältig verarbeiteten Überlieferungsstoffes nur von neuem bestätigen können, daß Thomas der überlieferungsgesättigtste aller mittelalterlichen Theologen war, der Fürst nicht nur der spekulativen, sondern auch der sogenannten positiven Theologie. So war er denn imstande, aus seiner ausgebreiteten, für seine Zeit einzig dastehenden Kenntnis der Vorzeit ein funkelndes Mosaik von Väterstellen um die Gestalt Christi zusammenzusetzen, den Gottmenschen mit einem blitzenden Geschmeide von Schriftstellen und Quellentexten zu bedenken. Diese beinahe verwirrende, sprühende Lichtfülle strömt zusammen im Brennpunkt der Person Christi, die, einem Magneten gleichend, die vielen Ein(6)

zelheiten im eigenen Schwerefeld ordnet und nach sich ausrichtet. Die Beschäftigung mit solchen Einzelheiten hat einen ungeahnten erzieherischen Wert, denn das Gute und das Wahre haben (wie der Aquinate ausdrücklich lehrt) die geheime Kraft, Ähnlichkeit zu bewirken in dem, der sich aufgeschlossen und hingegeben damit befaßt. Wenn nun Christus, welcher das GUTE und das WAHRE in eigener Person ist, im Mittelpunkt all dieser Einzelheiten steht, dann bewirkt Er diese Ähnlichkeit in noch höherem Maße in all denen, die sich mit den Einzelheiten Seines Lebens, mit Seiner Person befassen. Eine solche Betrachtung des Lebens Christi entspricht der theologischen Generallinie: „Christi Tat ist unsere Lehre", die öfters wiederkehrt. So werden alle die vielen Elemente, von Artikel zu Artikel, naidayayög dg XQIOTÖV, Wegweiser hin zu Christus, zum ewigen Menschen. Das theologische Verfahren ist hier grundsätzlich ein anderes als das heute Gewohnte. Thomas wäre die heutige Art exegetischer, historischer, biographischer, anekdotischer, milieugeschichtlicher, psychologischer Lebensbeschreibung weniger gelegen gewesen. Die Linienführung eines Kommentars kann sich deswegen nur dem anschließen, was Thomas bieten wollte. Es wurde darum grundsätzlich, im Gegensatz zu vielen Kommentatoren, darauf verzichtet, im Kommentar das wiederzugeben, was im Artikel bereits gesagt ist, oder an Stelle des Kommentars selbständige Abhandlungen über einschlägige Fragegebiete zu setzen. Wer auf Einzelheiten ebengenannter Art Wert legt, kommt im heutigen Schrifttum reichlich auf seine Rechnung. W e i h n a c h t 1935.

(7)

EINRICHTUNG DER Ü B E R S E T Z U N G UND BANDEINTEILUNG DER DEUTSCHEN THOMAS-AUSGABE NB.: Um dem Leser auch bei Verlust des lose beiliegenden Lesezeichens das Verständnis der Einrichtung des einzelnen Bandes und außerdem zu jeder Zeit die Übersicht über das ganze Werk zu ermöglichen, geben wir beides jedem Bande an dieser Stelle bei.

I. A U F B A U

DES

ARTIKELS

1. Die Titelfrage zum Artikel stammt nicht von Thomas selbst, sondern ist entnommen dem einleitenden Videtur quod non oder Videtur quod. 2. Auf die Titelfrage folgen einige Argumente gegen die zu erwartende Antwort. Sie enthalten Autoritäte- oder Vernunftgründe, die irgendwie näher an das Problem heranführen. Diese in der Thomas-Literatur meist „Objectiones" genannten Argumente sind in der Übersetzung mit 1., 2., 3. usw., bei Verweisen mit E. ( = Einwand) bezeichnet. 3. Im „Sed contra" folgt dann ein Gegenargument, das nur mit Vorbehalt als Stütze für die eigentliche Lehre des Artikels angesehen werden darf. Zuweilen erhält es gar eine eigene „Lösung", meistens aber wird es ganz übergangen. Die Übersetzung leitet dieses Sed contra mit „Anderseits" ein. 4. Mit „Respondeo dicendum" (in der Übersetzung: „Antwort") beginnt der Hauptteil des Artikels, der die eigentliche Lehre des hl. Thomas enthält. 5. Auf die „Antwort" folgt unter Ad primum, Ad secundum . . . die Lösung der eingangs vorgebrachten Augumente. Sie führt oft den in der „Antwort" entwickelten Gedanken wesentlich weiter. Die Übersetzung leitet sie ein mit Zu 1., Zu 2. usw. 6. Die Angabe der Fundstelle erfolgt in der Übersetzung nur bei Schriftzitaten, und zwar in der heute üblichen Weise. Bei allen anderen Zitaten, in der Regel aus Autoren, die nur dem Wissenschaftler zugänglich sind, gibt die Übersetzung den Namen des Autors, der lateinische Text den Stellennachweis.

(9)

7. Abkürzungen: ACOe = Acta ConciLiorum Oecumenicorum, editio Schwartz. CSEL = Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum. L = Editio Leonina (Romae 1882 sq.). MPG = Migne, Patrologiae cursus completus, series Graeca. MPL = Migne, Patrologiae cursus completus, series Latina. P = Editio Piana (Romae 1570). Wo im Laufe der Anmerkungen oder des Kommentars Namen oder Werke genannt sind, gibt das Literaturverzeichnis am Schlüsse nähere Auskunft. Dem lateinischen Text liegt die französische Ausgabe von P. Thery, 0. P., zugrunde. In bezug auf die Einrichtung des Bandes gilt das im Vorwort des ersten Bandes Gesagte.

(10)

II.

EINTEILUNG

Band 1. Frage Band 2. Frage Band 3. Frage Band 4. Frage Band 5. Frage Band 6. Frage Band

7. Frage

Band

8. Frage

DER

SUMMA

T H E O L O G I C A

I. BUCH 1-- 13: Gottes Dasein und Wesen. 14-- 26: Gottes Leben; Sein Erkennen und Wollen. 27-- 43: Gott, der Dreifaltige. 44-- 64: Schöpfung und Engelwelt. 65-- 74: Das Werk der sechs Tage. 75-- 89: Wesen und Ausstattung des Menschen. 90--102: Erschaffung und Urzustand des Menschen. 103--119: Erhaltung und Regierung der Welt.

I. TEIL Band 9. Frage 1-- 21: Band 10. Frage 22-- 48: Band 11. Frage 49-- 70:

DES II. BUCHES Ziel und Handeln des Menschen. Die menschlichen Leidenschaften. Grundlagen der menschlichen Handlung. Band 12. Frage 71-- 89: Die Sünde. Band 13. Frage 90--105: Das Gesetz. Band 14. Frage 106--114: Der Neue Bund und die Gnade. DES II. BUCHES Glaube und Hoffnung. Liebe (1. Teil). Liebe (2. Teil); Klugheit. Gerechtigkeit. Die Tugend der Gottesverehrung. Tugenden des Gemeinschaftslebens. Starkmut und Mäßigkeit. Mäßigkeit (2. Teil). Besondere Gnadengaben und die zwei Wege menschlichen Lebens. Band 24. Frage 183--189: Stände und Standespflichten.

Band Band Band Band Band Band Band Band Band

15: 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23.

Frage Frage Frage Frage Frage Frage Frage Frage Frage

Band 25. Frage Band 26. Frage Band 27. Frage

II. TEIL 1 - 22: 23-- 33: 34-- 56: 57-- 79: 80--100: 101--122: 123--150: 151--170: 171--182:

III. BUCH 1-- 15: Die Menschwerdung Christi. 16-- 34: Die Auswirkungen der Menschwerdung. Die Gottesmutter. 35-- 45: Christi Leben. (11)

Band 28. Frage Band 29. Frage Band 30. Frage Band 31. Frage

46— 59: Christi Leiden und Erhöhung. 60— 72: Die Sakramente. Taufe und Firmung. 73— 83: Das Geheimnis der Eucharistie. 84— 90: Das Bußsakrament.

ERGÄNZUNG ZUM III. BUCH (Supplement). (Band 31.) Frage 1— 16: (Das Bußsakrament.) Band 32. Frage 17— 40: Schlüsselgewalt der Kirche. Letzte Ölung und Priesterweihe. Band 33. Frage 41— 54: Die Ehe (1. Teil). Band 34. Frage 55— 68: Die Ehe (2. Teil). Band 35. Frage 69— 87: Auferstehung des Fleisches. Band 36. Frage 88— 99: Die Letzten Dinge. 1. Zusatzband: Gesamtregister (Personen- und Sachverzeichnis für sämtliche Bände). 2. Zusatzband: Thomas-Lexikon (Wörterbuch der philosophischen und theologischen Fachausdrücke und Einführung in die Grundbegriffe des thomistischen Systems).

(12)

CHRISTI

LEBEN

35. F R A G E

DIE GEBURT CHRISTI Nach der Empfängnis Christi muß, so erfordert es die Reihenfolge der Geschehnisse, Seine Geburt behandelt werden, und zwar zuerst die Geburt selbst und dann die Verkündigung (des neugeborenen Kindes) der Geburt. Zum Ersten [vgl. Bd. 29, S. 147] ergeben sich acht Einzelfragen: 1. Kommt die Geburt der Natur oder der Person zu? 2. Muß man Christus neben der ewigen Geburt noch eine andere zuschreiben? 3. Ist die seligste Jungfrau mit Rücksicht auf Seine zeitliche Geburt Seine Mutter? 4. Muß sie Mutter Gottes genannt werden? 5. Ist Christus auf Grund zweier verschiedener Sohnschaften Sohn Gott-Vaters und Sohn der jungfräulichen Mutter? 6. Die Art der Geburt. 7. Der Ort der Geburt. 8. Die Zeit der Geburt.

35,1

1. A R T I K E L Kommt die Geburt mehr der Natur als der Person zu? [1 ] 1. Augustinus [Fulgentius] sagt: „Die ewige und göttliche Natur könnte in einer menschlichen Natur nicht QUAESTIO

XXXV

DE NATIVITATE CHRISTI Consequenter, post Christi conceptionem, agendum est de ejus nativitate. Et primo, quantum ad ipsam nativitatem; secundo, quantum ad nati manifestationem. Circa primum quaeruntur octo: 1. Utrum nativitas sit naturae, vel personae. — 2. Utrum Christo sit attribuenda alia nativitas praeter aeternam. — 3. Utrum secundum nativitatem temporalem Beata Virgo sit mater ejus. — 4. Utrum debeat dici Mater Dei. — 5. Utrum Christus secundum duas filiationes sit Filius Dei Patri6 et Virginis Matris. — 6. De modo nativitatis. — 7. De loco. — 8. De tempore nativitatis. ARTICULUS Utrum

I

nativitas naturae conveniat quam personae

magis

[3 Seilt., dist. 8, art. 2]

AD PRIMUM sie proceditur. Videtur quod nativitas naturae conveniat magis quam personae. Dicit enim Augustinus 1 , in MPL libro de Fide ad Petrum [cap. 2 ] : „Natura aeterna atque 40/757 1

1*

Fulgentius, MPL 65/678.

3

35, ì empfangen und geboren werden außer auf Grund eben dieser wahren menschlichen Natur." So kommt also der göttlichen Natur nur auf Grund der menschlichen Natur ein „Empfangen- und Geborenwerden" zu. Um so eher also der menschlichen Natur. 2. Der Philosoph sagt, daß das Wort „Natur" von nasci, „geboren werden", herkommt. Abgeleitete Worte werden aber auf Grund innerer Verwandtschaft gebildet. Allem Anscheine nach gehört demnach die Geburt mehr zur Natur als zur Person. 3. Nur das wird im eigentlichen Sinn geboren, was durch eine Geburt sein Dasein beginnt. Nun begann aber mit der Geburt Christi nicht das Dasein der Person Christi, sondern Seiner menschlichen Natur. Also scheint die Geburt im eigentlichen Sinne der Natur und nicht der Person zu eignen. ANDERSEITS sagt Johannes von Damaskus: „Die Geburt kommt dem Selbstand [Naturträger] zu, nicht der Natur." ANTWORT: Den Begriff „Geburt" kann man sowohl auf den Gegenstand wie auf den Abschluß der Geburt anwenden. Im Hinblick auf ihren Gegenstand kommt er dem zu, was geboren wird. Das ist aber im strengen Sinn nur der Selbstand, nicht die Natur. Da nämlich Geboren-werden eine Art Erzeugt-werden ist, so wird etwas geboren, auf daß es s e i, ebenso wie etwas gezeugt Q U A E S T I O 35, l

divina non posset concipi et nasci ex humana natura, nisi secundum veritatem humanae naturae." Sic igitur naturae divinae convenit concipi et nasci ratione humanae naturae. Multo magis igitur convenit humanae naturae. 2. PRAETEREA, secundum Philosophum, 5 Metaph. [lib. 4, 1014b 16 cap. 4], nomen naturae a nascendo sumptum est. Sed denominationes fluni secundum similitudinis convenientiam. Ergo videtur quod nativitas magis pertineat ad naturam quam ad personam. 3. PRAETEREA, illud proprie nascitur quod per nativitatem incipit esse. Sed per nativitatem Christi non incoepit esse persona Christi, sed ejus natura humana. Ergo videtur quod nativitas proprie pertineat ad naturam, non ad personam. SED CONTRA est quod dicit Damascenus, in 3. libro [4 de MPG Fide Orth., cap. 7] : „Nativitas hypostasis est, non naturae." 94/1116 r e s p o n D E O dicendum quod nativitas potest attribuì alicui dupliciter: uno modo, sicut subjecto; alio modo, sicut termino. Sicut subjecto quidem attribuitur ei quod nascitur. Hoc autem proprie est hypostasis, non natura. Cum enim nasci sit quoddam generari, sicut generatur aliquid ad hoc quod sit, ita na-

4

wird, auf daß es sei. Das Dasein kommt aber im eigent- 35,1 liehen Sinn nur einem in sich gründenden Wesen zu, denn einer Form, die nicht in sich selber gründet, schreibt man nur deshalb ein Dasein zu, weil durch sie der G r u n d ist. Nun bedeutet Person oder Selbstand etwas, was selbständig in sich gründet, Natur dagegen die Form, kraft deren etwas selbständig in sich gründet. Daher bezeichnet man als den eigentlichen Gegenstand der Geburt die Person oder den Selbstand und nicht die Natur. Im Hinblick aber auf den Abschluß wird die Geburt der Natur zugeschrieben. Denn wo immer etwas hervorgebracht wird, somit auch bei jeder Geburt, bildet die Form den Abschluß. Nun bedeutet aber Natur gewissermaßen dasselbe wie Form, weshalb auch Aristoteles die Geburt als den Weg zu einer [neuen] Natur bezeichnet, denn in ihr findet das Streben der Natur, eine [neue] Form oder eine [neue] Natur der gleichen Art hervorzubringen, ihren Abschluß [2]. Z u 1. Weil bei Gott Natur und Selbstand eins sind, setzt man bisweilen Natur für Person oder Selbstand [3]. In diesem Sinne sagt Augustinus [Fulgentius], die göttliche Natur sei empfangen und geboren worden, sofern nämlich die Person des Sohnes ihrer menschlichen Natur nach empfangen und geboren wurde. Z u 2. Keine Bewegung oder Veränderung wird nach dem Gegenstand, der bewegt wird, benannt, sondern Q Ü A E S T I 0 35, 1

scitur aliquid ad hoc quod sit. Esse autem proprie rei 6ubsistentis est: nam forma quae non subsistit, dicitur esse solum quia ea aliquid est. Persona autem, vel hypostasis, significatur per modum subsistentis: natura autem significatur per modum formae in qua aliquid subsistit. Et ideo nativitas. tamquam subjecto proprie nascendi, attribuitur personae vel hypostasi, non naturae. Sed sicut termino, attribuitur nativitas naturae. Terminus enim generationis, et cujuslibet nativitatis, est forma. Natura autem per modum formae significatur. Unde nativitas dicitur „via in naturam", ut patet per Philosophum, 2 Phys. [cap. 1]: 193b 13 lerminatur enim naturae intentio ad formam, seu naturam speciei. AD PRIMUM ergo dicendum quod, propter identitatem quae in divinis est inter naturam et hypostasim, quandoque natura ponitur pro persona vel hypostasi. Et secundum hoc dicit Augustinus naturam divinam esse conceptam et natam: quia scilicet persona Filii est coneepta et nata secundum humanam naturam. AD SECUNDUM dicendum quod nullus motus seu mutatio denominatur a subjecto quod movetur: sed a termino motus,

5

35, 2 nach ihrem Abschluß, von dem sie ihre Artbestimmung erhält [ 4 ] . Deshalb erhält „nativitas" (Geburt) ihren Namen nicht von „persona" (Person), die geboren wird, sondern von „natura" (Natur), in der die Geburt ihren Abschluß findet. Z u 3. Im strengen Sinn des Wortes erhält nicht die Natur, sondern vielmehr die Person in einer Natur Dasein. Denn, wie schon gesagt, bezeichnet Natur den Grund des Daseins, Person dagegen das, was ein in sich gründendes Dasein besitzt [ 5 ] .

Muß man Christus

2. A R T I K E L eine Geburt in der Zeit

zuschreiben?

1. Geborenwerden ist gewissermaßen das Werden eines Wesens, das vor seiner Geburt noch kein Dasein hat und erst kraft seiner Geburt zum Dasein kommt. Nun aber war Christus von Ewigkeit. Also konnte E r nicht in der Zeit geboren werden. 2. W a s in sich schon vollendet ist, bedarf keiner Geburt. Die Person des Gottessohnes war aber von Ewigkeit her vollendet, bedurfte also keiner Geburt. Demnach scheint E r nicht in der Zeit geboren zu sein. Q U A E S T I O 35. »

a quo speciem habet. Et propter hoc nativitas non denominatur a persona quae nascitur, sed a natura ad quam nativitas terminatur. AD TERTIUM dicendum quod natura, proprie loquendo, non incipit esse: sed magis persona incipit esse in aliqua natura. Quia, sicut dictum est, natura significatur ut quo aliquid est: persona vero significatur ut quae habet esse subsistens. Utrum

A R T I C U L U S II Christo sit a t t r i b u e n d a nativitas temporalis

aliqua

[3 Sent., dist. 8, art. 4; de Un. Verbi, art. 2 ad 16; Comp. Theol., cap. 212]

AD SECUNDUM sie proceditur. Videtur quod Christo non sit attribuenda aliqua nativitas temporalis. Nasci enim „est sicut quidam motus rei non existentis [antequam nascatur], MPL id agens beneficio nativitatis, ut sit" [De Unitate Trinit., 42/1U6 c a p 12; inter opp. August.]. Sed Christus ab aeterno fuit. Ergo non potuit temporaliter nasci. 2. PRAETEREA, illud quod est in se perfectum, nativitate non indiget. Sed persona Filii Dei ab aeterno fuit perfecta. Ergo non indiget temporali nativitate. Et ita videtur quod non sit temporaliter natus.

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3. Die Geburt kommt im eigentlichen Sinne nur der 35,2 Person zu. In Christus gibt es aber nur e i n e Person und daher auch nur e i n e Geburt. 4. Was in zwei Geburten geboren wird, wird zweimal geboren. Nun scheint aber der Satz: „Christus ist zweimal geboren", falsch zu sein. Denn Seine Geburt aus dem Vater erfährt keinerlei Unterbrechung, da sie ewig ist. Dies erfordert aber gerade der Sinn des Umstandswortes „zweimal". Denn man sagt nur von dem, er laufe zweimal, der seinen Lauf unterbricht. Somit scheint man in Christus keine zweimalige Geburt annehmen zu dürfen. ANDERSEITS schreibt Johannes von Damaskus: „Wir bekennen bei Christus eine doppelte Geburt, eine ewige aus dem Vater und eine in der jüngsten Zeit um unseretwillen." ANTWORT: Die Natur verhält sich zur Geburt wie der Endpunkt [oder das Ziel] zu einer Bewegung oder Veränderung. Die Bewegung aber ist eine andere, wenn der Endpunkt ein anderer ist (Aristoteles). Nun besitzt aber Christus zwei Naturen; die eine erhielt Er vor aller Zeit vom Vater, die andere i n der Zeit von der Mutter. Daher muß man Christus zwei Geburten zuschreiben, eine, in der Er vor aller Zeit aus Seinem Q U A E S T I O 35,

3. PRAETEREA, nativitas proprie personae convenit. Sed in Christo tantum est una persona. Ergo in Christo tantum est una nativitas. 4. PRAETEREA, quod duabus nativitatibus nascitur, bis nascitur. Sed haec videtur esse falsa: „Christus est bis natus". Quia nativitas ejus qua de Patre est natus, interruptionem non patitur: cum sit aeterna. Quod tarnen requiritur ad hoc adverbium „bis": ille enim dicitur bis currere qui cum interruptione currit. Ergo videtur quod in Christo non sit ponenda duplex nativitas. SED CONTRA est quod Damascenus dicit, in 3. libro [3 de MPG Fide Orth., cap. 7 ] : „Confitemur Christi duas nativitates: unam 9 4 / 1 0 0 9 quae est ex Patre, aeternam; et unam quae est in ultimis temporibus propter nos." RESPONDEO dicendum quod, sicut dictum est, natura comparatur ad nativitatem sicut terminus ad motum vel mutationem. Motus autem diversificatur secundum diversitatem terminorum: ut patet per Philosophum, 5 Phys. [cap. 5]. In 229a 7sqq. Christo autem est duplex natura, quarum unam accepit ab aeterno a Patre, alteram autem accepit temporaliter a matre. Et ideo nee esse est attribuere Christo duas nativitates: unam

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35,2 Vater, und eine andere, in der Er in der Zeit von Seiner Mutter geboren wurde. Z u 1. Das war der Einwand des Ketzers Felizian. In seinem Buch gegen Felizian löst ihn Augustin so: „Nehmen wir einmal an — wie dies sehr viele tun —, es gäbe eine allgemeine Weltseele, die in einem geheimnisvollen Bewegen alle Samen in der Weise belebt, daß sie nicht erst zusammen mit dem Gezeugten verschmolzen wird, sondern all dem, was gezeugt werden soll, selbst das Leben verleiht. Wenn nun diese Weltseele in einen Mutterschoß eindränge, um sich da den fügsamen Stoff dienstbar zu machen, dann würde sie dieses Wesen mit sich zu einer Person vereinigen, ein Wesen, das offenbar eine andere Natur wie sie darstellt. Und so käme es, daß durch das Wirken der Seele und die Gefügigkeit des Stoffes aus zwei Naturen e i n Mensch würde. In diesem Sinne geben wir eine Geburt der Seele aus dem Mutterschoße zu, nicht als ob sie vor ihrer Geburt an und für sich gar nicht bestanden hätte. Ebenso, ja noch viel erhabener, ist der Sohn Gottes als Mensch geboren worden, so wie nach der dargelegten Auffassung die Seele mit dem Leib geboren wird, nicht als ob beide eine Natur wären, sondern weil aus beiden eine Person entsteht. Jedoch sagen wir nicht, der Sohn Gottes hätte damit einen Anfang genommen, damit niemand die Gottheit für etwas Zeitliches halte. Denn wir Q U A E S T I O 35, 2

qua aeternaliter natus est a Patre, aliam qua temporaliter natus est a matre. AD PRIMUM ergo dicendum quod haec fuit objectio cujusdam Feliciani haeretici: quam Augustinus, in libro contra Fempl licianum [De Unit. Trin., cap. 12] 1 , sic solvit. „Fingamus", 42/li67 ' nc I u it> „«eut plerique volunt, esse in mundo animam generalem, quae sie ineffabili motu semina cuncta vivificet ut non sit concreata 2 cum genitis, sed vitam praestet ipsa gignendis. Nempe cum haec in uterum, passibilem materiam ad usus suos formatura, pervenerit, unam facit secum esse personam ejus rei, quam non eamdem constat habere substantiam, et fit, operante anima et patiente materia, ex duabus substantiis unus homo. Sicque animam nasci fatemur ex utero: non quia, antequam nasceretur, quantum ad se attinet, ipsa penitus non fuisset. Sic ergo, immo sublimius, natus est Filius Dei secundum hominem, eo pacto quo cum corpore nasci docetur et animus: non quia utriusque sit una substantia, sed quia ex utraque fit una persona. Non tarnen ab hoc incoepisse initio dicimus Dei Filium: ne temporalem credat aliquis divinitatem. 1 Vigilius Thapsensls, cap. 15; 2 P et L : concrets.

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MPL 62/344.

wissen, daß das Fleisch des Gottessohnes nicht von Ewig- 35, 2 keit her stammt, sonst müßten wir der Ansicht sein, Er habe keinen wahren Menschenleib, sondern nur einen Scheinleib angenommen" [ 6 ] . Zu 2. Das war die Begründung des Nestorius, die Cyrillus in einem Brief so widerlegt: „Wir behaupten nicht, daß der Sohn Gottes Seinetwegen notwendig einer zweiten Geburt bedurfte nach jener ersten Geburt aus dem Vater. Denn nur ein Tor oder Ungebildeter kann meinen, Er, der vor aller Zeit und ewig wie der Vater ist, bedürfe für Sein Dasein noch eines zweiten Anfanges. Unseretwegen und um unseres Heiles willen vereinigte E r in der Trägerschaft das, was menschlich ist, mit sich und ging aus einem Weibe hervor; deswegen sprechen wir von einer Geburt im Fleische." Z u 3. Die Geburt kommt der Person als Gegenstand, der Natur als Abschluß zu. Nun ist es aber möglich, daß an e i n e m Gegenstand mehrere Verändei ungen vorgehen, die notwendigerweise gemäß ihrem jeweiligen Abschluß wechseln. Damit wollen wir jedoch nicht sagen, die ewige Geburt s e i eine Veränderung oder Bewegung, sondern nur, daß man sie im Sinne einer Veränderung oder Bewegung auffaßt. Z u 4. Da es in Christus zwei Geburten gibt, kann man sagen, E r sei zweimal geboren worden. Wie man Q TT A E 8 T I O 35, = Non ab aeterno Filii Dei novimus carnem: ne non veritatem humani corporis, eed quamdam eum suscepisse putemus imaginem." AD SECUNDUM dicendum quod haec fuit ratio Nestorii: quam eolvit Cyrillus, in quadam Epistola [cf. Act. Conc. Eph., ACOei part. 1, cap. 8 ] , dicens: „Non dicimus quod Filius Dei indi- j™1-2: ¿JJ nsl guerit necessario propter se secunda nativitate, post eam quae ex Patre est: est enim fatuum et indoctum existentem ante omnia saecula, et consempiternum Patri, indigere dicere initio ut sit secundo. Quoniam autem, propter nos, et propter nostram salutem, uniens sibi secundum subsistentiam quod est humanuni, processit e x muliere, ob hoc dicitur nasci carnaliter." AD TERTIUM dicendum quod nativitas est personae ut subjecti, naturae autem ut termini. Possibile est autem uni subjecto plures transmutationes messe: quas tarnen necesse est secundum terminos variari. Quod tarnen non dicimus quasi aeterna nativitas sit transmutatio aut motus: sed quia significatur per modum mutationis aut motus. AD QUARTUM dicendum quod Christus potest dici bis natus, secundum duas nativitates. Sicut enim dicitur bis currere qui

2

27

9

35, 3 nämlich sagt, es laufe einer zweimal, wenn er zu zwei verschiedenen Zeiten läuft, so kann man auch sagen, jemand sei zweimal geboren worden, wenn er einmal in der Ewigkeit, das andere Mal in der Zeit geboren wird. Denn Zeit und Ewigkeit sind weit verschiedener voneinander als zwei Zeiten, wenn auch beide das Maß einer Dauer bezeichnen [7], 3. A R T I K E L Kann man die seligste Jungfrau mit Rücksicht auf die zeitliche Geburt Christi Seine Mutter nennen? 1. Wie oben (32, 4; Bd. 26) gesagt wurde, hat die seligste Jungfrau bei der Zeugung Christi nicht tätig mitgewirkt, sondern dazu nur den Stoff dargeboten. Dies scheint aber nicht zu genügen, um Mutter genannt zu werden, sonst müßte man auch das Holz die Mutter des Bettes oder der Bank nennen. Es scheint also, daß man die seligste Jungfrau nicht Mutter Christi nennen kann. 2. Christus wurde auf wunderbare Weise aus der seligsten Jungfrau geboren. Eine wunderbare Entstehung genügt jedoch nicht zum Begriff der Mutterschaft oder Sohnschaft. Denn wir sagen auch nicht, Eva sei Adams Tochter gewesen. Demnach scheint es, daß auch ChriQ U A E S T I 0

35, 3

currit duobus temporibus, ita potest dici bis nasci qui s e m e l nascitur in aeternitate, et s e m e l in tempore: quia aeternitas et tempus multo magis difierunt quam duo tempora, cum tarnen utrumque designet mensuram durationis. A R T I C U L U S III Utrum secundum temporalem nativitatem Christi Beata Virgo possit dici mater ejus [8 Sent., dlst. 2, q. 2, art. 1; dist. 4, q. 2, art. 1; 4 Cont. Gent., cap. 84, 45; ad Gal., cap. 4, lect. 2] AD TERTIUM sie proceditur. Videtur quod secundum temporalem nativitatem Christi Beata Virgo non possit dici mater ejus. Ut enim supra dictum est, Beata Virgo Maria nihil active in generatione Christi operata est, sed solam materiam ministravit. Sed hoc non videtur suffleere ad rationem matris: alioquin, lignum diceretur mater lecti aut scamni. Ergo videtur quod Beata Virgo non possit dici mater Christi. 2. PRAETEREA, Christus ex Beata Virgine miraculose natus est. Sed miraculosa generatio non sufficit ad rationem maternitatis vel filiationis: non enim dieimus Hevani fuisse filiam

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stus nicht Sohn der seligsten Jungfrau genannt w e r d e n 35,3 darf.

3. Zum Begriff der Mutter scheint ein Ausscheiden des Samens zu gehören. Nun sagt aber Johannes von Damaskus: Der Leib Christi „wurde nicht aus einem Samen, sondern durch das schöpferische Wirken des Heiligen Geistes gebildet". Demnach scheint es, daß die seligste Jungfrau nicht Mutter Christi genannt werden darf. ANDERSEITS heißt es bei Matthäus (1, 18): „Mit der Geburt Christi verhielt es sich so: Als Seine Mutter Maria mit Josef verlobt war . . ." ANTWORT: Die seligste Jungfrau Maria ist die wahre und natürliche Mutter Christi. Denn der Leib Christi ist nicht vom Himmel herabgestiegen, wie der Ketzer Valentin behauptete, sondern aus der jungfräulichen Mutter genommen und aus ihrem allerreinsten Geblüte gebildet (5, 2, Bd. 25; und 31, 5, Bd. 26). Und das allein ist für den Begriff „Mutter" erforderlich, wie aus dem bereits Gesagten hervorgeht (31, 5 und 32, 4; Bd. 26). Mithin ist die seligste Jungfrau in Wahrheit die Mutter Christi. Z u 1. Nicht bei jedem Entstehen eines neuen Wesens spricht man von Vaterschaft oder Mutterschaft und Sohnschaft, sondern nur wenn es sich um ein neues L e b e w e s e n handelt (32, 3; Bd. 26). Entsteht daher Lebloses aus einem Stoffe, so ergibt sich daraus nicht schon die Beziehung der Mutterschaft und Sohnschaft; Q Ü A E S T I 0

36, 3

Adae. Ergo videtur quod nec Christus debeat dici filius Bealae Virginis. 3. PRAETEREA, ad matrem pertinere videtur decisio seminis. Sed, sicut Damascenus dicit, in 3. libro [3 de Fide Orth., MPG cap. 2], corpus Christi „non seminaliter, sed conditive a Spiritu M/9&5 Sancto formatum est". Ergo videtur quod Beata Virgo non debeat dici mater Christi. SED CONTRA est quod dicitur Matth. 1: „Christi generatio sie erat. Cum esset desponsata mater Jesu Maria Joseph" etc. RESPONDEO dicendum quod Beata Virgo Maria est vera et naturalis mater Christi. Sicut enim supra dictum est, corpus Christi non est de caelo allatum, sicut Valentinus haereticus posuit: sed de Virgine matre sumptum, et ex purissimis ejus sanguinibus formatum. Et hoc solum requiritur ad rationem matris: ut ex supra dictis patet. Unde Beata Virgo vere est mater Christi. AD PRIMUM ergo dicendum quod, sicut supra dictum est, paternitas seu maternitas et filiatio non competunt in quacumque generatione, sed in sola generatione viventium. Et ideo, si aliqua inanimata ex aliqua materia fiant, non propter hoc

2*

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35, 4 das ist nur der Fall bei der Zeugung lebendiger Wesen, welche im eigentlichen Sinne Geburt genannt wird. Zu 2. Die zeitliche Geburt Christi, in der Er unseres Heiles wegen geboren wurde, entspricht in gewissem Sinne „der unsrigen, weil Er wie jeder Mensch aus einem Weibe und nach Ablauf der Schwangerschaft geboren wurde; sie überragt aber die unsrige, da Er nicht aus dem Samen, sondern vom Heiligen Geist und aus der heiligen Jungfrau gebildet, über das [natürliche] Gesetz der Empfängnis erhaben zur Welt kam" (Johannes von Damaskus). So war diese Geburt von Seiten der Mutter natürlich, von Seiten der Wirksamkeit des Heiligen Geistes wunderbar. Und daher ist die seligste Jungfrau die wahre und natürliche Mutter Christi. Z u 3. Das Ausscheiden des Samens bei einer Frau gehört nicht unbedingt zur Empfängnis. Daher ist es auch kein notwendiges Erfordernis zur Mutterschaft (31, 5 Zu 3 und 32, 4; Bd. 26) [8]. 4. A R T I K E L Jungfrau Mutier Gottes genannt werden? 1. W o es sich um göttliche Geheimnisse handelt, darf man nur das sagen, was die Hl. Schrift enthält. Nun Muß

die

Q U A E S T I O

seligste

35, i

consequitur in eis relatio maternitatis et üliationis: sed solum in generatione viventium, quae proprie nativitas dicitur. A D S E C U N D U M dicendum quod, sicut Damascenus dicit, MPG in 3. libro [3 de F i d e Orth., cap. 7 ] , nativitas temporalis, qua 94/1009 sq. Christus est natus propter nostram salutem, est quodammodo „secundum nos, quoniam natus est homo ex muliere, et tempore conceptionis debito: super nos autem, quoniam non ex semine, sed e x Sancto Spiritu et sancta Virgine, super l e g e m conceptionis". Sic igitur ex parte matris nativitas illa fuit naturalis: sed ex parte operationis Spiritus Sancti fuit miraculosa. Unde Beata V i r g o est vera et naturalis mater Christi. A D T E R T I U M dicendum quod, sicut supra dictum est, resolutio seminis feminae non pertinet ad necessitatem conceptus. Et ideo resolutio seminis non ex necessitate requiritur ad matrem. A R T I C U L U S IV Utrum

Beata

Virgo

debeat

dici

Mater

Dei

[3 Sent., dist. 4, q. 2, art. 2; 4 Cont. Gent., cap. 34, 45; Comp. Theol., cap. 222; Matth., cap. 1; Gal., cap. 4, lect. 2]

A D Q U A R T U M sie proceditur. Videtur quod Beata V i r g o non debeat dici mater Dei. Non enim est dicendum circa divina mysteria nisi quod ex sacra Scriptura habetur. Sed nunquam

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kann man aber nirgends in der Hl. Schrift lesen, die 35,4 seligste Jungfrau sei Mutter Gottes oder Gottesgebärerin, sondern nur Mutter Christi oder „Mutter des Knaben" (Mt 1, 18), folglich darf man die seligste Jungfrau nicht Mutter Gottes nennen. 2. Christus wird wegen Seiner göttlichen Natur Gott genannt. Diese aber empfing den Beginn ihres Daseins nicht aus der Jungfrau. Also darf man auch die seligste Jungfrau nicht Mutter Gottes nennen. 3. Der Name „Gott" gilt ebenso vom Vater wie vom Sohn wie vom Heiligen Geist. Wenn nun die seligste Jungfrau Mutter Gottes ist, so scheint daraus zu folgen, daß sie Mutter des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes ist. Und das ist sinnlos. Also darf man die seligste Jungfrau nicht Mutter Gottes nennen. ANDERSEITS heißt es in den Sätzen des hl. Cyrill, die das Konzil von Ephesus bestätigt hat: „Wer nicht bekennt, daß der Emanuel in Wahrheit Gott und die seligste Jungfrau deshalb Gottes Gebärerin ist, weil sie das fleischgewordene Wort dem Fleische nach geboren hat, der sei im Banne." ANTWORT: Jeder Name, der eine wirklich bestehende Natur bezeichnet, kann für jeden beliebigen Träger dieser Natur gebraucht werden (16, 1 und 2; Bd. 26). Da sich nun die Vereinigung bei der Menschwerdung im Naturträger vollzog (2, 3; Bd. 25), kann offenbar der Q U A E S T I 0 35, 4

in sacra Scriptura legitur quod sit mater aut genitrix Dei: eed quod sit „mater Christi", aut „mater pueri", ut patet Matth. 1. Ergo non est dicendum quod Beata Virgo sit mater Dei. 2. PRAETEREA, Christus dicitur Deus secundum divinam naturam. Sed divina natura non accepit initium essendi ex Virgine. Ergo Beata Virgo non est dicenda mater Dei. 3. PRAETEREA, hoc nomen „Deus" communiter praedlcatur de Patre et Filio et Spiritu Sancto. Si ergo Beata Virgo est mater Dei, videtur sequi quod Beata Virgo sit mater Patris et Filii et Spiritus Sancti: quod est inconveniens. Non ergo Beata Virgo debet dici mater Dei. SED CONTRA est quod in capitulis Cyrilli, approbatis in MPG Ephesina Synodo [part. 1, cap. 26], legitur: „Si quis non confitetur Deum esse secundum veritatem Emmanuel, et propter V0|. ^ 33 hoc Dei genitricem sanctam Virginem, genuit enim carnaliter M a n s i 5/731 carnem factam ex Deo Verbum: anathema sit." RESPONDEO dicendum quod, sicut supra dictum est, omne nomen significans in concreto naturam aliquam, potest supponere pro qualibet hypostasi illius naturae. Cum autem unio incarnationis sit facta in hypostasi, sicut supra dictum est,

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4 Name „Gott" für den Naturträger gebraucht werden, der die göttliche und die menschliche Natur trägt. Daher kann alles, was der göttlichen und der menschlichen Natur zukommt, von dieser Person ausgesagt werden, ob es sich nun um Namen handelt, die sich auf die göttliche Natur, oder um Ausdrücke, die sich auf die menschliche Natur beziehen. Von Empfängnis und Geburt spricht man aber bei einem Naturträger auf Grund der Natur, in der er empfangen und geboren wird. Da nun die menschliche Natur im ersten Augenblick der Empfängnis von der göttlichen Person angenommen wurde (33, 3; Bd. 26), kann man folglich in Wahrheit sagen, Gott sei empfangen und aus der Jungfrau geboren worden. Eine Frau wird aber deshalb jemandes Mutter genannt, weil sie ihn empfangen und geboren hat. Folglich wird die seligste Jungfrau in Wahrheit Mutter Gottes genannt. Nur dann könnte man in Abrede stellen, daß die seligste Jungfrau Mutter Gottes ist, wenn die menschliche Natur der Empfängnis und Geburt unterworfen gewesen wäre, bevor dieser Mensch Sohn Gottes war — die Ansicht des Photinus —, oder wenn sie nicht in die Einheit der Person, beziehungsweise des Naturträgers des göttlichen WORTES aufgenommen worden wäre — die Ansicht des Nestorius. Beide Ansichten aber sind irrig. Daher ist es irrgläubig, zu leugnen, daß die seligste Jungfrau Mutter Gottes ist. Z u 1. Das ist der Einwand des Nestorius.

Er wird

Q U A E S T I 0 35, 4 manifestum est quod hoc n o m e n „ D e u s " potest s u p p o n e r e p r o hypostasi habente humanam naturam et divinam. Et i d e o quidquid convenit d i v i n a e naturae et humanae, potest attribui i l l i p e r s o n a e : s i v e secundum q u o d p r o ea supponit n o m e n signiflcans d i v i n a m naturam; sive secundum quod p r o ea supponit n o m e n signiflcans h u m a n a m naturam. Concipi a u t e m et nasci p e r s o n a e attribuitur et hypostasi secundum naturam i l l a m in qua concipitur et nascitur. Cum igitur in ipso p r i n c i p i o conceptionis f u e r i t humana natura assumpta a d i v i n a persona, sicut praedictum est, consequens est q u o d v e r e posset dici D e u m esse conceptum et natum d e V i r g i n e . E x hoc autem dicitur a l i q u a m u l i e r alicujus mater, q u o d e u m concepit et genuit. U n d e consequens est quod Beata V i r g o v e r e dicatur m a t e r D e i . Solum e n i m sie n e g a r i posset Beatam V i r g i n e m esse matrem D e i , si v e l humanitas prius fuisset subjecta conceptioni et nativitati quam h o m o ille fuisset Filius D e i , sicut Photinus posuit: vel humanitas non fuisset assumpta in unitatem personae v e l hypostasis V e r b i D e i , sicut posuit Nestorius. U t r u m q u e autem h o r u m est e r r o n e u m . U n d e haereticum est n e g a r e Beatam V i r g i n e m esse m a t r e m D e i . A D P R I M U M e r g o dicendum quod haec f u i t objectio Nestorii

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dadurch widerlegt, daß — wenn sich auch in der Schrift 35,4 keine ausdrückliche Stelle dafür findet, daß die seligste Jungfrau Mutter Gottes ist — sich doch ausdrücklich in der Schrift eine Stelle d a f ü r findet, daß Jesus Christus wahrer Gott ist (1 Jo 5, 20) und daß die seligste Jungfrau Mutter Jesu Christi ist (Mt 1, 18). Darum folgt mit Notwendigkeit aus den Worten der Schrift, daß sie Mutter Gottes ist. Es heißt auch im Römerbrief (9, 5): „Von den Juden stammt Christus dem Fleische nach, Er, der da ist über allem, Gott, hochgelobt in Ewigkeit." Er stammt aber nur durch die seligste Jungfrau aus dem Geschlechte der Juden. Deshalb ist der, „der da ist über allem, Gott, hochgelobt in Ewigkeit", in Wahrheit aus der seligsten Jungfrau als Seiner Mutter geboren. Z u 2. Auch dieser Einwand ist von Nestorius. Cyrillus löst ihn in einem Brief gegen Nestorius: „Die Seele des Menschen wird mit dem zu ihr gehörenden Körper geboren, und beide werden als eine Einheit angesehen. Behaupten wollen, die Gebärerin des Fleisches sei nicht auch Gebärerin der Seele, wäre überflüssiges Gerede. Etwas Ähnliches nehmen wir bei der Geburt Christi wahr. Das göttliche WORT wird nämlich aus dem Wesen Gott-Vaters geboren; weil Es aber Fleisch annahm, muß man bekennen, daß Es dem Fleische nach aus dem Weibe geboren wurde." Man muß also sagen: Die seligste Q ü A E S T I 0 35, 4

[ibid., cap. 9 ] . Quae quidem solvitur ex hoc quod, licet non inveniatur expresse in Scriptura dictum quod Beata V i r g o sit mater Dei, invenitur tarnen expresse in Scriptura quod „Jesus Christus est verus Deus", ut patet 1 Joan.; et quod Beata V i r g o est „mater Jesu Christi", ut patet Matth. 1. Unde sequitur ex necessitate ex verbis Scripturae quod sit mater Dei. Dicitur etiam Rom. 9, quod „ e x Judaeis est secundum carnem Christus, qui est super omnia Deus benedictus in saecula". Non autem est ex Judaeis nisi mediante Beata V i r g i n e . U n d e ille qui est „super omnia Deus benedictus in saecula", est vere natus ex Beata V i r g i n e sicut ex sua matre. A D S E C U N D U M dicendum quod illa est objectio Nestorii. Sed Cyrillus, in quadam Epistola contra Nestorium [cf. ib. cap. 2 ] , eam solvit sie dicens: „Sicut hominis anima cum proprio corpore nascitur, et tanquam unum reputatur; et si voluerit dicere quispiam quia est genitrix carnis, non tarnen et animae genitrix, nimis superflue loquitur: tale aliquid gestum pereipimus in generatione Christi. Natum est enim ex Dei Patris substantia Dei V e r b u m : quia vero carnem assumpsit, necesse est conflteri quia natum est secundum carnem ex muliere." Dicendum est ergo quod Beata V i r g o dicitur mater Dei,

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MPG '7/53 7e'|g|J

ACOEI vol. 2, 13

MPG 77/21 sq. ^¡Oe I

35,5 Jungfrau wird Mutter Gottes genannt, nicht als ob sie Mutter der Gottheit wäre, sondern: sofern sie Mutter einer Person ist, die Gottheit u n d Menschheit umschließt, ist sie hinsichtlich dieser Menschheit Seine Mutter. Z u 3. Mag auch der Name „Gott" allen drei Personen gemeinsam zukommen, so bezeichnet er doch bisweilen nur die Person des Vaters, bisweilen nur die Person des Sohnes oder die des Heiligen Geistes, wie bereits gesagt wurde (16, 1 u. 2, Bd. 2(5; und I 39, 4, Bd. 3). Wenn man daher sagt: Die seligste Jungfrau ist Mutter Gottes, so steht der Name „Gott" hier nur für die fleischgewordene Person des Sohnes. 5. A R T I K E L Gibt es in Christus zwei Sohnschaften? [9] 1. Die Geburt ist die Ursache der Sohnschaft. Nun gibt es aber in Christus zwei Geburten. Also gibt es in Ihm auch zwei Sohnschaften. 2. Die Sohnschaft, gemäß der jemand Sohn einer Mutter oder eines Vaters heißt, hängt in etwa von ihm selbst ab: denn das Wesen der Beziehung besteht darin, „sich irgendwie zu einem anderen zu verhalten". Fällt daher eines der Beziehungsglieder, so fällt das andere [10]. Nun hängt aber die ewige Sohnschaft, durch die Christus Q U A E S T I O 35, 5

non quia sit mater divinitatis: sed quia personae habentis divinitatem et humanitatem est mater secundum humanitatem. AD TERTIUM dicendum quod hoc nomen „Deus", quamvis sit commune tribus personis, tarnen quandoque supponit pro sola persona Patris, quandoque pro sola persona Filii vel Spiritus Sancti, ut supra habitum est. Et ita, cum dicitur, „Beata Virgo est mater Dei", hoc nomen „Deus" supponit pro sola persona Filii incarnata. Utrum

ARTICULUS V in C h r i s t o s i n t d u a e

filiationes

[3 Sent., dist. 8, art. 1; Quodl. 1, q. 2, art. 1; 9, q. 2, art. 3; Comp. Theol., cap. 212]

AD QUINTUM sie proceditur. Videtur quod in Christo sint duae filiationes. Nativitas enim est causa filiationis. Sed in Christo sunt duae nativitates. Ergo etiam in Christo sunt duae filiationes. 2. PRAETEREA, filiatio, qua quis dicitur filius alieujus ut matris vel patris, dependet aliqualiter ab ipso: quia esse rela6a 36sqq. tionis est „ad aliud aliqualiter se habere" [cf. Arist., Cat., 8 a 39 cap. 7]; unde et, interempto uno relativorum, interimitur 7b20 aliud [ibid.], Sed filiatio aeterna, qua Christus est Filius Dei

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Sohn Gott-Vaters ist, nicht von der Mutter ab, denn 35,5 Ewiges hängt nie von Zeitlichem ab. Folglich ist Christus nicht durch Seine ewige Sohnschaft Sohn einer Mutter. Entweder ist Er also in keiner Weise ihr Sohn, und das ist gegen das bereits Gesagte (Art. 3 u. 4), oder Er muß ihr Sohn durch eine andere, zeitliche Sohnschaft sein. Also gibt es in Christus zwei Sohnschaften.. 3. In der Wesensbestimmung eines Beziehungsgliedes ist auch das andere enthalten, woraus offenbar hervorgeht, daß das eine durch das andere seine Artbestimmung erhält. Ein und dasselbe kann aber nicht verschiedenen Arten angehören. Demnach scheint es unmöglich, daß ein und dieselbe Beziehung auf ganz verschiedene Endglieder abzielt. Nun wird aber Christus Sohn des ewigen VATERS und einer zeitlichen Mutter genannt — zwei gänzlich verschiedene Endglieder für ein und dieselbe Beziehung. So scheint es also, daß Christus nicht kraft ein und derselben Beziehung Sohn des VATERS und Sohn der Mutter sein kann. Demnach gibt es in Christus zwei Sohnschaften. ANDERSEITS heißt es bei Johannes von Damaskus: Was der Natur eigen ist, erscheint bei Christus in der Mehrzahl, nicht aber was der Person eigen ist. Die Sohnschaft eignet jedoch ganz besonders der Person, denn sie ist eine Eigentümlichkeit der Person, wie aus den Darlegungen des I. Buches erhellt (32, 3; 40, 2; Bd. 3). Demnach gibt es in Christus nur eine einzige Sohnschaft. Q U A E S T 1 0 35 5

Patris, non dependet a matre: quia nullum aeternum dependet a temporali. Ergo Christus non est filius matris filiatione aeterna. Aut ergo nullo modo est filius ejus, quod est contra praedicta: aut oportet quod sit filius ejus quadam alia filiatione temporali. Sunt ergo in Christo duae filiationes. 3. PRAETEREA, unum relativorum ponitur in definitione alterius [cf. Arist., Cat., cap. 7]: ex quo patet quod unum 8 a 35 sqq. relativorum specificatur ex alio. Sed unum et idem non potest esse in diversis speciebus. Ergo impossibile videtur quod una et eadem relatio terminetur ad extrema omnino diversa. Sed Christus dicitur Filius Patris aeterni, et matris temporalis, qui sunt termini omnino diversi. Ergo videtur quod non possit eadem relatione Christus dici Filius Patris et matris. Sunt ergo in Christo duae filiationes. SED CONTRA est quod, sicut Damascenus dicit, in 3. libro [3 de Fide Orth., cap. 13, 14], ea quae sunt naturae, multipli- MPG cantur in Christo: non autem ea quae sunt personae. Sed filia- 94/1033 tio maxime pertinet ad personam: est enim proprietas per- sqq ' sonalis, ut patet ex his quae in Prima Parte dicta sunt. Ergo in Christo est una tantum filiatio.

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5

A N T W O R T : Über diese Frage gibt es verschiedene Ansichten. Die einen haben nur die Ursache der Sohnschaft — nämlich die Geburt — im Auge und nehmen daher in Christus zwei Sohnschaften an, ebenso wie zwei Geburten. — Andere dagegen beachten nur den Träger der Sohnschaft — die Person oder den Naturträger — und nehmen deshalb, wie sie in Christus nur einen Naturträger, bzw. eine Person annehmen, auch nur eine Sohnschaft an. Die Einzahl oder Mehrzahl der Beziehung hängt nicht von ihren Endpunkten, sondern von ihrer Ursache oder ihrem Träger ab. Wenn sie nämlich von ihren Endpunkten abhinge, dann müßte jeder Mensch zwei Beziehungen der Sohnschaft in sich vereinen, eine zum Vater und eine zur Mutter. Dem genauen Beobachter wird es klar, daß bei jedem Menschen nur ein und dieselbe Beziehung zum Vater und zur Mutter besteht wegen der einen Ursache. Denn in ein und derselben Geburt wird der Mensch aus Vater und Mutter geboren und steht daher in ein und derselben Beziehung zu beiden. Der gleiche Fall liegt auch bei einem Lehrer vor, der viele Schüler in demselben Gegenstand unterrichtet, und bei einem Herrn, der kraft ein und derselben Gewalt verschiedene Untergebene lenkt. — Liegen dagegen artverschiedene Ursachen vor, dann scheinen auch artverschiedene Beziehungen aus ihnen hervorzugehen. Daher können sich auch ohne weiteres mehrere solche BeziehunQ U A E S T I 0 35, 5

R E S P O N D E O dicendum quod circa hoc sunt diversae opiniones. Quídam enim, attendentes ad causam filiationis, quae est nativitas, ponunt in Christo duas filiationes, sicut et duas nativitates. — A l i i vero, attendentes ad subjectum filiationis, quod est persona vei hypostasis, ponunt in Christo tantum unam filiationem, sicut et unam hypostasim vel personam. Unitas enim relationis vel ejus pluralitas non attenditur secundum términos: sed secundum causam v e l subjectum. Si enim secundum términos attenditur, oporteret quod quilibel homo in se duas filiationes haberet: unam qua refertur ad patrem, et aliam qua refertur ad matrem. Sed recte consideranti apparet eadem relatione r e f e r r i unumquemque ad suum patrem et matrem, propter unitatem causae. Eadem enim nativitate homo nascitur ex patre et matre: unde eadem relatione ad utrumque refertur. Et eadem ratio est de magistro qui docet multos discípulos eadem doctrina; et de domino qui gubernat diversos subjectos eadem potestate. — Si vero sint diversae causae specie difierentes, ex consequenti videntur relationes specie differre. Unde nihil prohibet plures tales relationes

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gen in ein und demselben vorfinden. Wer z. B. die einen 35, 5 in Grammatik, die anderen in Logik unterrichtet, hat ein doppeltes Lehramt inne; so kann ein und derselbe Mensch je nach den verschiedenen Fächern, die er lehrt, in verschiedener Beziehung zu verschiedenen oder den gleichen Schülern stehen. — Es kommt aber auch bisweilen vor, daß jemand zu mehreren in Beziehung steht auf Grund verschiedener, wenn auch artgleicher Ursachen; z. B. wenn jemand Vater mehrerer Söhne auf Grund verschiedener Zeugungsakte ist. Der Art nach kann die Vaterschaft nicht verschieden sein, da alle Zeugungsakte gleichartig sind. Weil nun mehrere Formen der gleichen Art nicht ein und demselben Träger zugehören können, so ist eine Mehrzahl von Vaterschaften, in dem er kraft natürlicher Zeugung Vater mehrerer Söhne ist, unmöglich. Anders verhielte es sich, wenn jemand Vater eines Kindes auf Grund natürlicher Zeugung und eines zweiten auf Grund einer Annahme an Kindes Statt wäre. Es ist aber offenbar, daß Christus nicht kraft ein und derselben Geburt von Ewigkeit aus dem Vater und in der Zeit aus der Mutter geboren wurde; noch handelt es sich da um eine Geburt der gleichen Art. Mit Rücksicht auf diese [doppelte Geburt] müßte man sagen, daß es in Christus eine doppelte Beziehung der Sohnschaft, eine zeitliche und eine ewige, gibt. Weil aber der Träger der Sohnschaft nicht die Natur noch ein Teil der Natur, Q U A E S T I 0

35, 5

eidem inesse. Sicut, si aliquis est aliquorum magister in grammatica et aliorum in logica, alia est ratio magisterii utriusque: et ideo diversis relationibus unus et idem homo potest esse magister vel diversorum vel eorumdem secundum diversas doctrinas. — Contingit autem quandoque quod aliquis habet relationem ad plures secundum diversas causas, ejusdem tarnen speciei: sicut cum aliquis est pater diversorum filiorum secundum diversos generationis actus. Unde paternitas non potest specie diflerre: cum actus generationum sint idem specie. Et quia plures formae ejusdem speciei non possunt simul inesse eidem subjecto, non est possibile quod sint plures paternitates in eo qui est pater plurium filiorum generatione naturali. Secus autem esset si esset pater unius generatione naturali, et alterius per adoptionem. Manifestum est autem quod non una et eadem nativitate Christus est natus ex Patre ab aeterno, et ex matre ex tempore. Nec nativitas est unius speciei. Unde, quantum ad hoc, oporteret dicere in Christo esse diversas filiationes, unam temporalem et aliam aeternam. Sed quia subjectum filiationis non est natura aut pars naturae, sed solum persona vel hypostasis;

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5 sondern die Person oder der Naturträger ist, in Christus aber nur ein ewiger Naturträger, bzw. eine ewige Person gegeben ist, so kann es in Ihm auch nur eine Sohnschaft geben, die in dem ewigen Naturträger ruht. Jede auf der Zeit gründende Beziehung, die man von Gott aussagt, setzt in dem ewigen Gott nichts, was im [göttlichen ] Sein Gegebenes wäre, sondern etwas gedanklich Gegebenes, wie im I. Buch dargelegt wurde (13, 7 ; Bd. 1). Daher kann die Beziehung der Sohnschaft, in der Christus zu Seiner Mutter steht, keine natur-wirkliche Beziehung, sondern nur eine gedankliche sein. So enthalten beide Ansichten ein Stück Wahrheit. Denn wenn wir den Vollbegriff der Sohnschaft berücksichtigen, dann müssen wir von einer doppelten Sohnschaft sprechen, da eine doppelte Geburt vorliegt. Berücksichtigt man dagegen nur den Träger der Sohnschaft, der allein der ewige Träger des göttlichen WORTES sein kann, dann kann in Christus nur die ewige Sohnschaft natur-wirklich sein. Dennoch wird Er auch in Beziehung zu Seiner Mutter Sohn genannt, nämlich kraft der Beziehung, die unser Verstand zugleich mit der Beziehung der Mutterschaft zu Christus mitversteht. Ebenso wird Gott Herr genannt kraft der Beziehung, die in der wirklichen Beziehung, durch die das Geschöpf Gott unterworfen ist, mitverstanden wird. Und mag auch die Beziehung der Herrschaft in Gott keine natur-wirkliche sein, so ist Er doch wirklich Herr, eben durch dieses wirkliche Unterworfen-sein Q U A E S T I 0 35, 5

in Christo autem non est hypostasis vel persona nisi aeterna: non potest in Christo esse aliqua filiatio nisi quae sit in hypostasi aeterna. Omnis autem relatio quae ex tempore de Deo dicitur, non ponit in ipso Deo aeterno aliquid secundum rem, sed secundum rationem tantum: sicut in Prima Parte habitum est. Et ideo filiatio qua Christus refertur ad matrem, non potest esse realis relatio, sed solum secundum rationem. Et sic quantum ad aliquid utraque opinio verum dicit. Nam si attendamus ad perfectas rationes flliationis, oportet dicere duas flliationes, secundum dualitatem nativitatum. Si autem attendamus ad subjectum flliationis, quod non potest esse nisi suppositum aeternum, non potest in Christo esse realiter nisi filiatio aeterna. Dicitur tarnen relative filius ad matrem relatione quae cointelligitur relationi maternitatis ad Christum. Sicut Deus dicitur Dominus relatione quae cointelligitur reali relationi qua creatura subjicitur Deo. Et quamvis relatio dominii non sit realis in Deo, tarnen realiter est Dominus, ex reali subjectione creaturae

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des Geschöpfes unter Ihn. In ähnlicher Weise wird Chri- 35, 5 stus wirklich Sohn der Jungfrau-Mutter genannt, kraft der natur-wirklichen Beziehung ihrer Mutterschaft zu Christus. Z u 1. Die zeitliche Geburt würde in Christus eine wirkliche, zeitliche Sohnschaft bewirken, wenn es hier einen Träger gäbe, der einer derartigen Sohnschaft fähig wäre. Den kann es aber nicht geben, da der Träger einer ewigen Natur außerstande ist, eine zeitliche Beziehung aufzunehmen (Antwort). — Es läßt sich auch nicht behaupten, Er könne ebensogut eine zeitliche Sohnschaft auf Grund Seiner menschlichen Natur annehmen wie eine zeitliche Geburt, denn da müßte die menschliche Natur irgendwie Gegenstand der Sohnschaft sein, wie sie auch irgendwie Gegenstand der Geburt ist. Wenn nämlich ein Äthiopier wegen seiner Zähne weiß genannt wird, so müssen jedenfalls seine Zähne die Träger der weißen Farbe sein. Die menschliche Natur kann aber in keiner Weise Träger der Sohnschaft sein, weil diese Beziehung unmittelbar in der Person ruht. Z u 2. Die ewige Sohnschaft hängt nicht von der zeitlichen Mutter ab, sondern in dieser ewigen Sohnschaft ist auch eine zeitliche Beziehung mitverstanden, die von Seiner Mutter herrührt, und gemäß dieser wird Christus Sohn Seiner Mutter genannt. Q U A E S T I 0

35, 5

ad ipsum. Et similiter Christus dicitur realiter filius matris ex relatione reali maternitatis ad Christum.

Virginis

A D P R I M U M ergo dicendum quod nativitas temporalis causaret in Christo temporalem filiationem realem, si esset ibi subjectum hujusmodi filiationis capax. Quod quidem esse non potest: ipsum enim suppositum aeternum non potest esse BUSceptivum relationis temporalis, ut dictum est. — Nec etiam potest dici quod sit susceptivum filiationis temporalis ratione humanae naturae, sicut etiam et temporalis nativitatis: quia oporteret naturam humanam aliqualiter esse subjectam filiationi, sicut est aliqualiter subjecta nativitati; cum enim Aethiops 1 812 ai3 dicitur albus ratione dentis, oportet quod dens Aethiopis bSi sit albedinis subjectum. Natura autem humana nullo modo potest esse subjectum filiationis: quia haec relatio directe respicit personam. A D S E C U N D U M dicendum quod filiatio aeterna non dependet a matre temporali: sed huic filiationi aeternae cointelligitur quidam respectus temporalis dependens a matre, secundum quem Christus dicitur filius matris. 1

Cf.

Arist.,

Physiognom..

oap. 6.

21

35, 5

Z u 3. „Das Eine und das Seiende folgen sich" [11] (Aristoteles). Wie es daher vorkommen kann, daß eine Beziehung in einem ihrer beiden Endglieder etwas Seiendes ist, im anderen dagegen kein Seiendes, sondern nur etwas Gedankliches, wie das beim Wißbaren und beim Wissen der Fall ist (Aristoteles) [12], so kommt es auch vor, daß, von einem Endglied gesehen, nur eine Beziehung besteht, von seiten des anderen aber mehrere. So finden sich bei den Menschen auf seiten der Eltern zwei Beziehungen, die Vaterschaft und die Mutterschaft, die der Art nach verschieden sind, weil der Vater in anderer Weise Ursache der Zeugung ist als die Mutter. Sind aber mehrere in demselben Sinne Ursache einer Tat, sagen wir, viele zögen zusammen ein Schiff, so ist in allen diesen nur ein und dieselbe Beziehung. Auf seiten des Kindes findet sich nur eine einzige natur-wirkliche Beziehung, die der Kindschaft, aber zwei gedankliche, sofern jeder der sachlichen Beziehungen auf seiten der Eltern eine gedankliche auf seiten des Kindes entspricht. Und so gibt es auch in Christus unter einem bestimmten Gesichtspunkte nur eine wirkliche Sohnschaft, die zum ewigen VATER, und überdies findet sich noch eine zeitliche Beziehung zu Seiner zeitlichen Mutter [13]. Q U A E S T I O 35, 5

AD TERTIUM dicendum quod „unuin et ens se conse1003b 22 quuntur", ut dicitur 4 Metaph. [üb. 3, cap. 2; lib. 10, cap. 3]. cf. 1061a 18 ¿t ideo, sicut contingit quod in uno extremorum relatio eit quoddam ens, in alio autem non sit ens, sed ratio tantum, sicut 1021a 30 de scibili et scientia Philosophus dicit, 5 Metaph. [lib. 4, cap. 15] : ita etiain contingit quod ex parte unius extremi est una relatio, ex parte autem alterius extremi sunt multae relationes. Sicut in hominibus ex parte parentum invenitur duplex relatio, una paternitatis et alia maternitatis, quae 6unt specie difierentes, propter hoc quod alia ratione pater, et alia mater est generationis principium; (si vero essent plures eadem ratione principium unius actionis, puta cum multi simul trahunt navem, in omnibus esset una et eadem relatio): ex parte autem prolis est una sola filiatio secundum rem, sed duplex secundum rationem, inquantum correspondet utrique relationi parentum secundum duos respectus intellectus. Et sie etiam quantum ad aliquid in Christo est tantum una filiatio realis, quae respicit Patrem aeternum: est tarnen ibi alius respectus temporalis, qui respicit matrem temporalem.

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6. A R T I K E L Ist Christus schmerzlos von Seiner Mutter geboren worden? 1. Wie der Tod eine Folge der Sünde der Stammeltern ist: „Sobald ihr davon esset, werdet ihr dem Tode verfallen" (Gn 2, 17), so auch der Schmerz des Weibes bei der Geburt: „In Schmerzen wirst du Kinder gebären" (Gn 8, 16). Nun wollte aber Christus den Tod auf sich nehmen. Demnach scheint es, daß auch Seine Geburt unter Schmerzen hätte erfolgen sollen. 2. Anfang, und Ende stehen zueinander in einem angemessenen Verhältnis. Das Lebensende Christi war aber schmerzvoll: „In Wahrheit ertrug Er unsere Schmerzen" (Is 53, 4). Also scheint Er auch in Schmerzen geboren worden zu sein. 3. Im Buche „Die Geburt des Erlösers" wird berichtet, bei der Geburt Christi seien Wehmütter zugegen gewesen. Diese sind allem Anschein nach für eine Mutter nur wegen ihrer Schmerzen erforderlich. Demnach scheint die seligste Jungfrau in Schmerzen geboren zu haben. ANDERSEITS redet Augustinus die Jungfrau-Mutter in einer Weihnachtspredigt folgendermaßen an: „Bei Q U A E S T I 0 35, 6

Utrum

A R T I C U L U S VI Christus fuerit natus matris

sine

dolore

[II—II, q. 164, art. 2 ad 8]

AD SEXTUM sie proceditur. Videtur quod Christus non fuerit natus sine dolore matris. Sicut enim mors hominum subsecuta est ex peccato primorum parentum, secundum illud Gen. 2: „Quacumque die comederitis, morte moriemini"; ita etiam dolor partus, secundum illud Gen. 3: „In dolore paries filios." Sed Christus mortem subire voluit. Ergo videtur quod pari ratione ejus partus esse debuerit cum dolore. 2. PRAETEREA, finis proportionatur prineipio. Sed finis vitae Christi fuit cum dolore: secundum illud Isaiae 53: „Vere dolores nostros ipse tulit." Ergo videtur quod etiam in sua nativitate fuerit dolor partus. 3. PRAETEREA, in libro de Orlu Salvatoris narratur quod ad Christi nativitatem obstetrices occurrerunt: quae videntur necessariae parienti propter dolorem. Ergo videtur quod Beata Virgo peperit cum dolore. SED CONTRA est quod Augustinus dicit, in Sermone de MPL Nativitate [cf. serm. 195 de Annuntiatione Dominica], allo- 39/2108

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35, 6 der Empfängnis wurdest du in Jungfräulichkeit, bei der Geburt ohne Schmerz erfunden." ANTWORT: Der Schmerz des gebärenden Weibes rührt davon her, daß sich die Wege öffnen, durch die das Kind hervorgeht. Nun ist aber oben bereits erwähnt worden (28, 2; Bd. 16), daß Christus aus dem verschlossenen Schoß Seiner Mutter hervorging: und daher kam es bei ihr nie zu einer Öffnung dieser Wege. Deswegen war diese Geburt ohne Schmerz und irgendwelche Verletzung. Es herrschte im Gegenteil höchste Wonne, weil „der Gottmensch auf Erden geboren ward"; denn wir lesen bei Isaias (35, 1. 2): „Sie sprosset wie eine Lilie und frohlockt in Freude lobsingend." Z u 1. Der Schmerz des Gebärens hat seine Ursache in der geschlechtlichen Verbindung. Daher folgt der Stelle in der Genesis: „In Schmerz wirst du gebären" die Bemerkung: „Und du wirst unter der Gewalt des Mannes stehen" (3, 16). Nun sagt Augustinus in einer Predigt über die Himmelfahrt der seligsten Jungfrau: Von diesem Straf urteil ist die jungfräuliche Gottesmutter ausgenommen, „die schmerzlos gebar und ohne Verletzung ihrer Unversehrtheit in gänzlich jungfräulicher Keuschheit verblieb, weil sie ohne Sündenschmutz und unversehrt durch die Verbindung mit einem Manne Christus empfing". Den Tod hingegen nahm Christus aus freien Stücken auf sich, um für uns Genugtuung zu Q U A E S T I O 35, 6

quens Virginem Matrem: „Nec in conceptione, inquit, inventa es sine pudore: nec in partu inventa es cum dolore." RESPONDEO dicendum quod dolor parientis causatur ex apertione meatuum per quos proles egreditur. Dictum est autem supra quod Christus est egressus ex clauso utero matris: et sie nulla apertio meatuum fuit ibi. Et propter hoc in illo partu nullus fuit dolor, sicut nec aliqua corruptio: sed fuit ibi maxima jueunditas, ex hoc quod homo Deus natus est in mundum secundum illud Isaiae 35: „Germinans germinabit sicut lilium, et exultabit laetabunda et laudans." AD PRIMUM ergo dicendum quod dolor partus consequitur in muliere commixtionem virilem. Unde Gen. 3, postquam dictum est, „In dolore paries", subditur: „et sub viri potestate eris". Sed sicut dicit Augustinus, in Sermone de Assumptione MPL Beatae Virginis [cf. Liber unus de Assumptione, cap. 4, inter 40 1144 0 pp Aug.], ab hac sententia excipitur Virgo mater Dei: quae, „quia sine peccati colluvione et sine virilis admixtionis detrimento Christum suseepit, sine dolore genuit, sine integritatis violatione, pudore virginitatis integra permansit". Christus autem mortem suseepit spontanea voluntate, ut pro nobis satis-

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leisten, nicht unter dem Zwang jenes Urteilspruches, 35,6 denn Er war in keiner Weise dem Tod verpflichtet. Z u 2. Wie Christus „im Tod unseren Tod bezwang" [2 Tim 1, 10], erlöste Er uns durch Seinen Schmerz von unseren Schmerzen; und so wollte Er auch in Schmerzen sterben. Der Schmerz der gebärenden Mutter aber steht mit Christus, der gekommen war, um für unsere Sünden Genugtuung zu leisten, in keinem Zusammenhang. Daher brauchte Ihn Seine Mutter nicht unter Schmerzen zu gebären. Z u 3. Bei Lk 2, 7 steht geschrieben, daß die seligste Jungfrau selbst ihr Kind, das sie geboren hatte, „in Windeln Wickelte und in die Krippe legte". Das ist der Beweis, daß die Erzählung jenes Buches, das zu den Apokryphen [14] gehört, falsch ist. Deshalb schreibt Hieronymus gegen Helvidius: „Da gab es keine Wehmutter und keine Frauengeschäftigkeit. Sie war Mutter und Wehmutter zugleich. ,Sie selbst', so heißt es da, ,wickelte das Kind in die Windeln und legte es in eine Krippe.' " Dieser Satz widerlegt das Geschwätz der Apokryphen. Q U A E S T I O 35, 6

faceret, non. quasi ex necessitate illius sententiae: quia ipse mortis debitor non erat. AD SECUNDUM dicendum quod, sicut Christus „moriendo destruxit mortem nostram", ita suo dolore nos a doloribus liberavit: et ita mori voluit cum dolore. Sed dolor parientis matris non pertinebat ad Christum, qui pro peccatis nostris satisfacere veniebat. Et ideo non oportuit quod mater ejus pareret cum dolore. AD TERTIUM dicendum quod Luc. 2 dicitur quod Beata Virgo ipsamet puerum, quem pepererat, „pannis involvit et posuit in praesepio". Et ex hoc ostenditur narratio hu jus libri, qui est apocryphus, esse falsa. Unde Hieronymus dicit, contra Helvidium [De perpetua virginitate B. M. V.] : „Nulla ibi mpl obstetrix, nulla muliercularum sedulitas intercessit. Et mater 23 / 192 et obstetrix fuit. ,Pannis', inquit, ,involvit infantem, et posuit in praesepio.' " Quae sententia apocryphorum deliramenta convincit.

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7. A R T I K E L Mußte Christus in Bethlehem geboren werden? 1. Bei Is 2, B lesen wir: „Ausgehen wird von Sion das Gesetz und von Jerusalem das Wort des Herrn." Nun ist aber Christus wahrhaftig das WORT Gottes. Also mußte Er von Jerusalem aus in die Welt eintreten. 2. Bei Mt 2, 23 heißt es, von Christus stehe geschrieben: „Er wird Nazarener genannt werden", weil wir nämlich bei Is 11, 1 lesen: „Eine Blume wird seiner Wurzel entsprießen"; denn Nazareth heißt Blume [15]. Zu allererst aber wird jemand nach seinem Geburtsort genannt. Also hätte Er in Nazareth geboren werden sollen, wo Er auch empfangen und erzogen wurde. 3. Der Herr wurde auf dieser Welt geboren, um den Glauben an die Wahrheit zu verkünden: „Dazu bin Ich geboren und dazu bin Ich in diese Welt gekommen, um der Wahrheit Zeugnis zu geben" (Jo 18, 37). Das hätte viel einfacher geschehen können, wäre Er in der Stadt Rom geboren worden, die damals die Weltherrschaft innehatte; weshalb auch Paulus an die Römer schreibt: „Euer Glaube wird in der ganzen Welt verkündet" (Rom 1, 8). Also scheint es, Er hätte nicht in Bethlehem geboren werden sollen. Q U A E S T I O

Utrum

35, 7

A R T I C Ü L U S VII C h r i s t u s d e b u e r i t in B e t h l e h e m

nasci

[In Matth., cap. 2]

AD S E P T I M U M sie p r o c e d i t u r . V i d e t u r q u o d Christus non d e b u i t in B e t h l e h e m nasci. Dicitur e n i m I s a i a e 2 : „ D e Sion exibit lex, et v e r b u m D o m i n i d e J e r u s a l e m . " S e d Christus est v e r e V e r b u m Dei. E r g o d e J e r u s a l e m d e b u i t p r o d i r e in m u n dum. 2. P R A E T E R E A , Matth. 2 dicitur s c r i p t u m esse d e Christo quod „ N a z a r a e u s v o c a b i t u r " : q u o d s u m i t u r ex eo quod scriI s a i a e 11, „Flos d e r a d i c e e j u s a s c e n d e t " ; „ N a z a r e t h " M P L bitur 22/491 e n i m flos i n t e r p r e t a t u r [cf. ep. 46 i n t e r e p p . H i e r o n . ] . Sed c s e l maxime allquis d e n o m i n a t u r a loco s u a e nativitatis. E r g o v i d e t u r quod in Nazareth nasci d e b u e r i t , u b i etiam f u i t conceptus et n u t r i t u s . 3. P R A E T E R E A , a d hoc D o m i n u s est n a t u s in m u n d o ut veritatis fidem a n n u n t i a r e t , s e c u n d u m illud J o a n . 18: „ I n hoc n a t u s s u m , et a d hoc v e n i in m u n d u m , ut t e s t i m o n i u m p e r h i b e a m veritati." Sed hoc facilius fieri potuisset si n a t u s fuisset in civitate Romana, q u a e tunc d o m i n a t u m orbis h a b e b a t : u n d e et P a u l u s , R o m a n i s scribens, dicit, Rom. 1: „ F i d e s v e s t r a a n n u n t i a t u r u n i v e r s o m u n d o . " E r g o v i d e t u r quod n o n d e b u i t nasci in B e t h l e h e m .

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ANDERSEITS heißt es bei Mich 5, 2 : „Und du, Beth- 35,7 lehem Ephrata, aus dir wird mir Der hervorgehen, Der Herrscher werden soll in Israel." ANTWORT: Aus zwei Gründen wollte Christus in Bethlehem geboren werden. Zunächst, weil „Er dem Fleische nach aus dem Geschlechte Davids stammte" (Rom 1, 3), dem eine besondere Verheißung für den Gesalbten zuteil geworden war: „Es sprach der Mann, dem Verheißung ward von dem Gesalbten des Gottes Jakobs" (2 Kg 23, 1). Deshalb wollte E r in Bethlehem geboren werden, der Stadt Davids, damit schon der Geburtsort die Erfüllung der Verheißung künde, die David gegeben war. Das deutet auch der Evangelist an, indem er schreibt: „Er stammte nämlich aus dem Hause und dem Geschlechte Davids" [Lk 2, 4 ] , Den zweiten Grund erwähnt der hl. Gregor in einer Homilie: „Bethlehem bedeutet ,Haus des Brotes'. Und Christus sagte selbst: ,Ich bin das lebendige Brot, der ich vom Himmel herabgestiegen bin.' " Z u 1. David war in Bethlehem geboren worden [1 Sm 17, 12], erwählte aber Jerusalem, um dort seinen Königsthron zu errichten und den Tempel Gottes zu erbauen [2 Sm 5, 5 und cap. 7 ] . So wurde Jerusalem Königs- und Priesterstadt zugleich. Das Priestertum Christi aber, ebenso wie Seine Königsherrschaft, hat sich vor allem in Seinem Leiden vollendet. Daher war es angemessen, Q U A E S T I O 35. 7

SED CONTRA est quod dicitur Mich. 5 : „Et tu, Bethlehem Ephrata, ex te mihi egredietur qui sit dominator in Israel." RESPONDEO dicendum quod Christus in Bethlehem nasci voluit duplici ratione. Primo quia „factus est ex semine David secundum carnem", ut dicitur Rom. 1: cui etiam fuerat facta repromissio specialis de Christo, secundum illud 2 Reg. 23: „Dixit vir cui constitutum de Christo Dei Jacob." Et ideo in Bethlehem, de qua natu« fuit David, nasci voluit, ut et ipso loco nativitatis promissio ei facta impleta ostenderetur. Et hoc désignât Evangelista dicens: „Eo quod esset de domo et familia David." Secundo quia, ut Gregorius dicit, in Homilia [8 in Ev.] : mpl „Bethlehem ,domus panis' interpretatur. Ipse Christus est qui 76/1104 ait: Ego sum panis vivus, qui de caelo descendi." AD PRIMUM ergo dicendum quod, sicut David in Bethlehem natus est, ita etiam Jerusalem elegit ut in ea sedem regni constitueret, et templum Dei ibi aedificaret, et sie Jerusalem esset civitas simul regalis et sacerdotalis. Sacerdotium autem Christi, et ejus regnum, praeeipue consummatum est in ejus

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35,7 daß Er Bethlehem zu Seiner Geburtstadt, Jerusalem dagegen zur Stätte Seines Leidens erwählte. Gleichzeitig wollte Er dadurch die Ehrsucht jener Menschen beschämen, die sich wegen ihrer Herkunft aus einer vornehmen Stadt brüsten und deswegen besonders geehrt zu werden wünschen. Christus wollte dagegen in einer geringen Stadt geboren werden und in einer vornehmen Schmach erdulden. Z u 2. „Blühen" wollte Christus durch Seinen tugendhaften Wandel, nicht durch den Geburtsort. Deshalb wollte Er in der Stadt Nazareth erzogen und ernährt, in Bethlehem aber gleichsam wie in der Fremde geboren werden. Denn wie der hl. Gregor sagt, „wurde Er Seiner angenommenen Menschheit nach — nicht auf Grund Seiner Macht, sondern auf Grund Seiner Natur — gleichsam in der Fremde geboren". Und „gerade dadurch, daß Er in der Herberge keinen Platz fand, bereitete Er uns viele Wohnungen im Hause Seines Vaters" (Beda). Z u 3. „Hätte Er das große Rom zu Seiner Stadt erkoren", heißt es in einer Rede beim Konzil von Ephesus, „so hätte man die Umwandlung des Erdkreises der Macht seiner Bürger zugeschrieben. Wäre Er Sohn des Kaisers gewesen, so hätte man in Seiner eigenen Macht den Grund Seines Erfolges gesucht. Damit man aber erkennt, daß die Gottheit den Erdkreis umgewanQ U A E S T I O 35, 7

passione. Et ideo convenienter Bethlehem elegit nativitati, Jerusalem vero passioni. Simul etiam per hoc hominum gloriam confutavit, qui gloriantur de hoc quod ex civitatibus nobilibus originem ducunt: in quibus etiam praecipue volunt honorari. Christus autem e converso in civitate ignobili nasci voluit, et in civitate nobili pati opprobrium. AD SECUNDUM dicendum quod Christus florere voluit secundum virtuosam conversationem, non secundum carnis originem. Et ideo in civitate Nazareth educari voluit et nutriri. In Bethlehem autem voluit quasi peregre nasci: quia, ut Greibid. gorius dicit [hom. 8 in Ev.], „per humanitatem quam assumpserat, quasi in alieno nascebatur: non secundum potestatem, MPL sed secundum naturam". Et, ut etiam Beda dicit [1 in Luc., 92/331 cap. 2], „per hoc quod in diversorio loco eget, nobis multas mansiones in domo Patris sui praepararet". AD TERTIUM dicendum quod, sicut dicitur in quodam MPG Sermone Ephesini Concilii [part. 3, cap. 9], „si maximam 77/1360 Romam elegisset civitatem, propter potentiam civium mutaTOI 3,157 tionem Orbis terrarum putarent. Si fllius fuisset Imperatoris, ' Mansi potestati utilitatem adscriberent. Sed ut divinitas cognosceretur 5/195

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delt hat, erwählte Er sich ein armes Mädchen zur Mut- 35,8 ter und ein noch ärmeres Land zur Heimat." „Was vor der Welt als schwach gilt, hat Gott erwählt, um das Starke zu beschämen" (1 Kor 1, 27). Um daher Seine Macht noch deutlicher zu beweisen, errichtete Er gerade in Rom, dem Mittelpunkt des Erdkreises, den Mittelpunkt Seiner Kirche zum Zeichen Seines vollkommenen Sieges, damit von dort der Glaube über die ganze Welt ausströme, nach dem Wort des Propheten Is 26, 5. 6: „Die hohe Stadt erniedrigt Er, und treten wird auf sie des Armen Fuß" — d. h. Christi —, „der Schritt der Darbenden", nämlich der Apostel Petrus und Paulus. 8. A R T I K E L Ist Christus zur rechten Zeit geboren worden? 1. Christus kam, um die Seinigen zur Freiheit zurückzurufen. Geboren wurde Er aber zur Zeit der Knechtschaft, da nämlich der ganze Erdkreis, gleichsam steuerpflichtig geworden, auf Befehl des Augustus aufgezeichnet wurde, nach Lk 2, 1. Also scheint Christus nicht zur rechten Zeit geboren worden zu sein. 2. Die Verheißungen über die Geburt Christi waren nicht an die Heiden ergangen; Rom 9, 4: „Ihnen [den Israeliten] gehören die Verheißungen." Nun wurde ChriQ U A E S T I O 35, 8

orbem transformasse terrarum, pauperculam elegit matrem, pauperiorem patriam". „Elegit autem Deus infirma mundi ut confundat fortia": sicut dicitur 1 Cor. 1. Et ideo, ut suam potestatem magis ostenderet, in ipsa Roma, quae caput orbis erat, statuit caput Ecclesiae suae, in Signum perfectae victoriae, ut exinde fides derivaretur ad universum mundum: secundum illud Isaiae 26: „Civitatem sublimen humiliabit, et conculcabit eam pes pauperis", idest Christi, „gressus egenorum", idest Apostolorum Petri et Pauli. A R T I C U L U S VIII Utrum Christus fuerit congruo tempore

natus

[In Matth., cap. 2]

AD OCTAVUM sie proceditur. Videtur quod Christus non fuerit congruo tempore natus. Ad hoc enim Christus venerat ut suos in libertatem revocaret. Natus est autem tempore servitutis: quo scilicet totus orbis praeeepto Augusti describitur, quasi tributarius factus, ut habetur Luc. 2. Ergo videtur quod non congruo tempore Christus fuerit natus. 2. PRAETEREA, promissiones de Christo nascituro non gentilibus fuerant factae: secundum illud Rom. 9: „Quorum sunt

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35, 8 stus zu einer Zeit geboren, da ein König fremder Herkunft herrschte; Mt 2, 1: „ . . . als Jesus in den Tagen des Königs Herodes geboren ward." Also scheint Christus nicht zur rechten Zeit geboren worden zu sein. 3. Die Zeit des Wandels Christi auf Erden wird mit dem Tage verglichen, weil Er das Licht der Welt ist [Jo 8, 12; 9, 5], denn Er sagt selbst: „Ich muß die Werke dessen tun, der mich gesandt hat, solange es Tag ist" (Jo 9, 4). Im Sommer sind aber die Tage länger als im Winter; da Er also mitten im Winter zur Welt kam, nämlich acht Tage vor dem ersten Januar, scheint es, daß Er nicht zur rechten Zeit geboren wurde. ANDERSEITS lesen wir im Galaterbrief 4, 4: „Als die Fülle der Zeiten gekommen war, sandte Gott Seinen Sohn, geboren aus einem Weibe, dem Gesetz unterworfen." ANTWORT: Das ist der Unterschied zwischen Christus und den anderen Menschen, daß die Geburt aller anderen Menschen der unabänderlichen Zeitenfolge unterworfen ist, Christus dagegen, der Herr und Schöpfer aller Zeiten, sich selbst die Zeit auswählte, in der Er geboren werden wollte, ebenso wie die Mutter und den Ort. Und weil, „was von Gott ist, geordnet ist" [Rom 13, 1 ], und sinnvoll geordnet ist [vgl. Weish 8, 1 ], so folgt daraus, daß Christus zur sinnvollsten Zeit zur Welt kam. Q U A E S T I O 35, 8

promissa." Sed Christus natus est tempore quo rex alienígena dominabatur: sicut patet Matth. 2: „Cum natus esset Jesus in diebus Herodis Regis." Ergo videtur quod non fuerit congruo tempore natus. 3. PRAETEREA, tempus praesentiae Christi in mundo diei comparator, propter id quod ipse est ,lux mundi': unde ipse dicit, Joan. 9: „Me oportet operari opera ejus qui misit me, donee dies est." Sed in aestate sunt dies longiores quam in hieme. Ergo, cum natus fuerit in profundo hiemis, octavo Kalendas Januarii, videtur quod non fuerit convenienti tempore natus. SED CONTRA est quod dicitur Galat. 4: „Cum venit plenitudo temporis, misit Deus Filium suum, factum ex muliere, factum sub lege." RESPONDEO dicendum quod haec est differentia inter Christum et alios homines, quod alii homines nascuntur subjecti necessitati temporis: Christus autem, tamquam Dominus et Conditor omnium temporum, elegit sibi tempus in quo nasceretur, 6icut et matrem et locum. Et quia quae a Deo 6unt ordinata sunt et convenienter disposita, consequens est quod convenientissimo tempore Christus nasceretur.

30

Zu 1. Christus war gekommen, um uns aus der 35,8 Knechtschaft zur Freiheit zurückzuführen. Wie Er daher unsere Sterblichkeit annahm, um uns dem Leben wiederzugeben, „ließ Er sich auch herab, gerade in jener Zeit Mensch zu werden, da Er als Neugeborener in die Steuerlisten des Kaisers eingetragen wurde und sich um unserer Befreiung willen der Knechtschaft unterwarf" (Beda). In dieser Zeit, in der die ganze Welt unter einem einzigen Herrscher lebte, war auch der tiefste Friede auf der Welt. So war es sehr angemessen, daß Christus zu jener Zeit geboren wurde, Er, der „unser Friede ist und der, was geteilt ist, eins gemacht hat" (Eph 2, 14). Deshalb schreibt auch Hieronymus zu Is 2, 4: „Wir brauchen nur in der alten Geschichte zu lesen, um zu finden, daß bis zum achtundzwanzigsten Jahre des Kaisers Augustus auf dem ganzen Erdkreis Zwietracht herrschte; als aber der Herr geboren war, ruhten alle Kriege." Is 2, 4: „Kein Volk wird wider das andere das Schwert erheben." Auch war es passend, daß Christus zu der Zeit geboren wurde, da ein einziger Fürst herrschte, denn Er war gekommen, daß Er die Seinen „in eins zusammenbringe" [Jo 11, 52], „damit ein Schafstall und ein Hirt werde" (Jo 10, 16). Z u 2. Christus wollte zu einer Zeit, da ein König fremQ U A E S T I 0 35, 8

AD PRIMUM ergo dicendum quod Christus venerat nos in statum libertatis reducere de statu servitutis. Et ideo, sicut mortalitatem nostram suscepit ut nos ad vitani reduceret, ita, ut Beda dicit [1 in Luc., cap. 2], „eo tempore dignatus est in- MPL carnari quo, mox natus, census Caesaris adscriberetur, atque, 92/330 ob nostri liberationem, ipse servitio subderetur". Tempore etiam ilio, quo totus orbis sub uno Principe vivebat, maxime pax fuit in mundo. Et ideo decebat ut ilio tempore Christus nasceretur, qui est „pax nostra, faciens utraque unum", ut dicitur Eph. 2. Unde Hieronymus dicit, super MPL Isaiam [lib. 1, cap. 2]: „Veteres renovamus 1 historias, et in- 2 4 , 4 6 veniemus usque ad vigesimum octavum annum Caesaris Augusti in toto orbe terrarum fuisse discordiam certam: orto autem Domino, omnia bella cessaverunt", secundum illud Isaiae 2: „Non levabit gens contra gentem gladium." Congruebat etiam [ut] ilio tempore quo unus Princeps dominabatur in mundo, Christus nasceretur, qui venerat suos „congregare in unum", „ut esset unum ovile et unus Pastor", ut dicitur Joan. 10. AD SECUNDUM dicendum quod Christus regis alienigenae 1

L: revolvamus.

31

35,8 der Abstammung regierte, geboren werden, damit die Prophezeiung Jakobs in Erfüllung gehe (Gn 49, 10): „Das Zepter wird von Juda nicht genommen, die Herrscherwürde nicht von seinem Sprossen, bis der kommt, der gesandt werden soll." Und Chrysostomus schreibt dazu: „Solange das Judenvolk unter jüdischen, wenn auch sündhaften Königen stand, wurden Propheten zu seinem Heile gesandt. Nun aber, da Gottes Gesetz unter die Gewalt eines gottlosen Königs erniedrigt war, wurde Christus geboren, denn eine schwere, unheilbare Krankheit verlangt nach einem kunstbegabteren Arzt." Z u 3. In dem Buch „Fragen über das Alte und Neue Testament" lesen wir: „Christus wollte geboren werden zur Zeit, da das Licht des Tages zu wachsen beginnt", um zu zeigen, daß Er gekommen ist, damit die Menschen in das göttliche Licht hinein wachsen; Lk 1, 79: „Zu erleuchten jene, die in Finsternis und in Todesschatten sitzen." Ebenso hatte Er die harte Winterszeit für Seine Geburt erwählt, um schon damals für uns körperlich zu leiden [16]. Q U A E S T I O

35, s

tempore nasci voluit, ut impleretur prophetia Jacob dicentis, Gen. penult.: „Non auferetur sceptrum de Juda, et dux de femore ejus, donec veniat qui mittendus est." Quia, ut ChryMPG sostomus dicit, super Matth. [Op. Imperf. in Matth., hom. 2], 56/636 „quamdiu Judaica gens sub Judaicis regibus, quamvis peccatoribus, tenebatur, prophetae mittebantur ad remedium ejus. Nunc autem, quando lex Dei sub potestate regis iniqui tenebatur, nascitur Christus: quia magna et desperabilis infirmitas medicum artificiosiorem quaerebat". AD TERTIUM dicendum quod, sicut dicitur in libro de MPL Quaest. Novi et Vet. Test. [q. 53], „tunc Christus nasci voluit, 35 2 2 '| J? quando lux diei crementum incipit accipere": ut ostenderetur 50/90 unt totaliter per passionem Christi ablata: sed in baptismo r>unt aperta, quasi manifestata jam via per quam homines in caelum erant intraturi. A R T I C U L U S VI Utrum convenienter Spiritus Sanctus super C h r i s t u m b a p t i z a t u m d i c a t u r in s p e c i e columbae descendisse [Inira, q. 45, art. 4 ad 2;

1 Sent., dist. 16, art. 3;

Matth., cap. 3]

AD SEXTUM sie proceditur. Videtur quod inconvenienter Spiritus Sanctus super Christum baptizatum dicatur in specie columbae descendisse. Spiritus enim Sanctus habitat in homine per gratiam. Sed in homine Christo fuit plenitudo gratiae a prineipio suae conceptionis, quo fuit „Unigenitus a Patre", ut ex supra dictis patet. Ergo non debuit Spiritus Sanctus ad eum mitti in baptismo. 2. PRAETEREA, Christus dicitur in mundum „descendisse" per mysterium incarnationis, quando „exinanivit semetipsum, formam servi aeeipiens". Sed Spiritus Sanctus non est incarnatus. Ergo inconvenienter dicitur quod Spiritus Sanctus „descenderit euper eum".

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39, 6

3. Die Taufe Christi sollte wie in einem Vorbild zeigen, was bei unserer Taufe geschieht. Bei unserer Taufe findet jedoch keine sichtbare Sendung des Heiligen Geistes statt. Also durfte sich auch bei der Taufe Christi keine sichtbare Sendung des Heiligen Geistes ereignen. 4. Der Heilige Geist geht von Christus auf alle anderen Menschen über: „Von Seiner Fülle haben wir alle empfangen" (Jo 1, 16). Auf die Apostel ist aber der Heilige Geist nicht in Gestalt einer Taube, sondern als Feuer herabgekommen. Also durfte Er auch auf Christus nicht in Gestalt einer Taube, sondern als Feuer herabkommen. ANDERSEITS lesen wir Lk 3, 22: „Der Heilige Geist stieg in körperlicher Gestalt gleich einer Taube auf Ihn herab." ANTWORT: Chrysostomus schreibt zu Matthäus: Was an Christus bei der Taufe geschah, „ist ein Bild des Geheimnisses, das sich an allen, die nachher getauft werden sollten, vollzieht". Nun empfangen aber alle, die mit der Christustaufe getauft werden, den Heiligen Geist, es sei denn, daß sie sich nur zum Schein taufen lassen; denn es heißt Mt 3, 11: „Er selbst wird euch mit dem Heiligen Geist taufen." So war es also entsprechend, daß der Heilige Geist bei der Taufe über den Herrn herabstieg. Q U A E S T I O

39, 6

3. PRAETEREA, in baptismo Christi ostendi debuit, sicut in quodam exemplari, id quod fit in nostro baptismo. Sed in nostro baptismo non fit aliqua missio visibilis Spiritus Sancti. Ergo nec in baptismo Christi debuit fieri visibilis missio Spiritus Sancti. 4. PRAETEREA, Spiritus Sanctus a Christo in omnes alios derivatur: secundum illud Joan. 1: „De plenitudine ejus nos omnes accepimus." Sed super Apostolos Spiritus Sanctus descendit, non in specie columbae, sed in specie ignis. Ergo nec super Christum in specie columbae descendere debuit, sed in specie ignis. SED CONTRA est quod dicitur Luc. 3: „Descendit Spiritus Sanctus corporali specie sicut columba in ipsum." RESPONDEO dicendum quod hoc quod circa Christum factum est in ejus baptismo, sicut Chrysostomus dicit, super Matth. MPG [Op. Imperf. in Matth., hom. 4], „pertinet ad mysterium om56/657 nium qui postmodum fuerant baptizandi". Omnes autem qui baptismo Christi baptizantur, Spiritum Sanctum recipiunt, nisi ficti accedant: secundum illud Matth. 3: „Ipse vos baptizabit in Spiritu Sancto." Et ideo conveniens fuit ut super baptizatum Dominum Spiritus Sanctus descenderet.

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Z u 1. „Es ist gänzlich unsinnig zu behaupten, Chri- 39, 6 stus hätte erst in Seinem dreißigsten Jahr den Heiligen Geist empfangen. Er kam zur Taufe ohne Sünde, aber nicht ohne den Heiligen Geist. Wenn wir nämlich von Johannes lesen, er sei noch „im Mutterleib vom Heiligen Geist erfüllt worden", was muß man da von Christus sagen, bei dem selbst die Empfängnis des Fleisches nicht fleischlich, sondern geistig war? Nun hat Er damals", d. h. bei Seiner Taufe, „sich gewürdigt, Seinen Leib, die Kirche, vorzubilden, in der die Getauften in erster Linie den Heiligen Geist empfangen" (Augustinus). Zu 2. Wie Augustinus bemerkt, ist der Heilige Geist nicht darum in der körperlichen Gestalt einer Taube auf Christus herabgestiegen, damit das Wesen des Heiligen Geistes, das unsichtbar ist, sichtbar werde, auch nicht, weil jenes sichtbare Geschöpf in die Einheit einer göttlichen Person aufgenommen worden wäre; man sagt nämlich nicht: „Der Heilige Geist ist eine Taube", wie man auf Grund der Vereinigung sagen kann: „Der Sohn Gottes ist Mensch." Aber der Heilige Geist ist auch nicht in der Weise in Gestalt einer Taube erschienen, wie Johannes in der Geheimen Offenbarung (5, 6) ein getötetes Lamm schaute: „Denn jenes Gesicht geschah im Geiste durch geistige Abbilder körperlicher Dinge. Dagegen ist nie bezweifelt worden, daß jene Taube auch den [körperlichen] Augen sichtbar war." Die ErscheiQ U A E S T I 0 39, 6 A D P R I M U M ergo dicendum quod, sicut Augustinus dicit, 15 d e Trin. [cap. 2 6 ] , „absurdissimum est dicere quod Christus, MPL cum jam esset triginta annorum, accepisset Spiritum Sanctum: 42/1094 sed venit a d baptismum, sicut sine peccato, ita non sine Spiritu Sancto. Si enim de Joanne scriptum est q u o d ,replebitur Spiritu Sancto a b utero matris suae', quid d e homine Christo dicendum est, cujus carnis ipsa conceptio non carnalis, 6ed spiritualis fuit? Nunc ergo", idest in baptismo, „corpus suum, idest Ecclesiam, p r a e f i g u r a r e dignatus est, in qua baptizati praecipue accipiunt Spiritum Sanctum". A D S E C U N D U M dicendum quod, sicut Augustinus dicit, 2 de Trin. [cap. 5, 6 ] , Spiritus Sanctus descendisse dicitur super m p l Christum specie corporali sicut columba, non quia ipsa eub- 42/851 852 stantia Spiritus Sancti videretur: quae est invisibilis. N e q u e ita q u o d lilla visibilis creatura in unitatem personae divinae assumeretur: neque enim dicitur quod Spiritus Sanctus sit columba, sicut dicitur q u o d Filius Dei est homo, ratione unionis. N e q u e etiam hoc modo Spiritus Sanctus visus est in specie columbae sicut Joannes vidit agnum occisum in A p o calypsi, ut habetur Apoc. 5: „illa enim visio facta fuit in spiritu p e r spirituales imagines corporum; de illa vero columba nullus u m q u a m dubitavit quin oculis visa sit". Nec etiam hoc

123

39,6 nung des Heiligen Geistes in Gestalt einer Taube ist auch nicht in dem Sinne zu verstehen, wie es 1 Kor 10, 4 von Christus heißt: ,Der Fels aber war Christus': „Denn der Fels existierte bereits in der Schöpfung und ist hier nur in übertragenem Sinne auf Christus, den er darstellte, angewandt. Jene Taube aber trat plötzlich ins Dasein, um als Zeichen zu dienen, und hörte dann wieder auf zu sein, ähnlich der Flamme, die Moses im Dornbusch erschien." Die Worte: Der Heilige Geist ist auf Christus „herabgestiegen" werden also nicht auf Grund einer [persönlichen] Vereinigung mit der Taube gebraucht, sondern weil diese Taube, die den Heiligen Geist darstellte, auf Christus herabkam oder auch weil es sich um eine geistige Gnade handelte, die gewissermaßen von Gott herabsteigend sich auf die Schöpfung ergießt, nach Jak 1, 17: „Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben, vom Vater der Lichter." Z u 3. Chrysostomus sagt: „Am Anfang geistiger Offenbarungen stehen immer sinnlich wahrnehmbare Erscheinungen um derjenigen willen, die nicht fähig sind, unkörperliche Dinge zu verstehen, auf daß sie auch durch das einmalige Geschehen, selbst wenn es sich nicht wiederholt, zum Glauben gelangen." Daher stieg der Heilige Geist nach der Taufe sichtbar auf Christus hernieder, damit wir an Seine unsichtbare Herabkunft auf alle Getauften glauben. Q U A E S T I O 39, 6

modo in specie columbae Spiritus Sanctus apparuit sicut dicitur, 1 Cor. 10, ,Petra autem erat Christus': „illa enim jam erat in creatura, et per actionis modum nuncupata est nomine Christi, quem significabat; illa autem columba ad hoc tantum significandum repente exstitit et postea cessavit, sicut flamma quae in rubo apparuit Moysi". Dicitur ergo Spiritus Sanctus „descendisse" super Christum, non ratione unionis ad columbam: sed vel ratione ipsius columbae designantis Spiritum Sanctum, quae descendendo super Christum venit; vel etiam ratione gratiae spiritualis, quae a Deo per modum cujusdam descensus in creaturam derivatur, secundum illud Jac. 1, „Omne datum Optimum, et omne donum perfectum, desursum est, descendens a Patre luminum". AD TERTIUM dicendum quod, sicut Chrysostomus dicit, MPG super Matth, [hom. 12], „in principiis 6piritualium rerum 57/205 semper sensibiles apparent visiones, propter eos qui nullam intelligentiam incorporalis naturae suscipere possunt: ut, si postea non flant, ex his quae semel faeta sunt, recipiant fidem". Et ideo circa Christum baptizatum corporali specie Spiritus Sanctus visibiliter descendit, ut super omnes baptizatos postea invisibiliter credatur descendere.

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Zu 4. A u s vier Gründen stieg der H e i l i g e Geist in 39, 6 Gestalt einer T a u b e auf Christus herab. Erstens w e g e n der Geistesverfassung, d i e vom Täufling g e f o r d e r t w i r d , daß er sich nämlich nicht nur aus Verstellung der T a u f e nahe. „ D e r H e i l i g e Geist der Zucht flieht V e r s t e l l u n g " ( W e i s h 1, 5). Denn die Taube ist ein einfältiges T i e r , ohne List und Heimtücke. Daher heißt es Mt 10, 16: „ S e i d einfältig w i e die Tauben." Zweitens, um die sieben Gaben des H e i l i g e n Geistes zu bezeichnen, welche die Taube durch ihre Eigenschaften andeutet. Die T a u b e lebt nämlich am U f e r von Wasserläufen, um b e i m Erscheinen eines Habichts unterzutauchen und ihm so zu entweichen. Das bezeichnet die Gabe d e r W e i s h e i t ; diese läßt die H e i l i g e n an den Wasserbächen der Hl. Schrift ihre Wohnung aufschlagen, um so den A n g r i f f e n des T e u f e l s zu entgehen. — Ebenso wählt sich die T a u b e stets die besseren K ö r n e r aus. Das deutet die Gabe der Wissenschaft an; durch sie wählen sich die H e i l i g e n gesunde L e h r e n zur Nahrung aus. — D i e Taube nährt auch f r e m d e Junge, was auf die Gabe des Rates hindeutet; durch sie nähren nämlich die H e i l i g e n j e n e jungen Menschen, die dem T e u f e l g e f o l g t waren, mit ihrer L e h r e und ihrem Beispiel. — F e r n e r zerreißt die Taube nichts mit ihrem Schnabel, ein H i n w e i s auf die Gabe des Verstandes, die bewirkt, daß die H e i l i g e n gute L e h r e n nicht nach A r t der K e t z e r zerreißen und verkehren. — Auch besitzt die Q U A E S T I 0 39, 6

AD QUARTUM dicendum quod Spiritus Sanctus in specie columbae apparuit super Christum baptizatum, propter quatuor. Primo quidem, propter dispositionem quae requiritur in baptizato, ut scilicet non Actus accedat: quia, sicut dicitur Sap. 1, „Spiritus Sanctus disciplinae effugiet Actum". Columba enim est animal simplex, astutia et dolo carens: unde dicitur Matth. 10: „Estote simplices sicut columbae." Secundo, ad designandum Septem dona Spiritus Sancti, quae columba suis proprietatibus signifloat. Columba enim secus fluenta habitat, ut, viso accipitre, mergat se et evadat. Quod pertinet ad donum sapientiae, per quam sancti secus Scripturae divinae fluenta resident, ut incursum diaboli evadant. — Item columba meliora grana eligit. Quod pertinet ad donum scientiae, qua sancti sententias sanas, quibus pascantur, eligunt. — Item columba alienos pullos nutrit. Quod pertinet ad donum consilii, quo sancti homines, qui fuerunt pulli, idest imitatores diaboli, doctrina nutriunt et exemplo. — Item columba non lacerat rostro. Quod pertinet ad donum intellectus, quo sancti bonas sententias lacerando non pervertunt, haereticorum more.

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39, 6 Taube keine Galle, ein Bild der Gabe der Frömmigkeit; denn durch sie werden die Heiligen vor unvernünftigem Zorn bewahrt. — Die Taube nistet in Felsenhöhlen. Das bezeichnet die Gabe der Stärke, welche die Heiligen in den Todeswunden Christi, des festen Felsens, ihr Nest bauen, d. h. ihre Zuflucht und ihre Hoffnung suchen läßt. — Endlich: Der Gesang der Taube ist ein Seufzen. Das deutet auf die Gabe der Furcht hin. Sie bewirkt, daß die Heiligen ihre Freude darin finden, um ihrer Sünden willen zu seufzen. Drittens erschien der Heilige Geist in Gestalt einer Taube wegen der besonderen Wirkung der Taufe, nämlich der Nachlassung der Sünden und der Versöhnung mit Gott, denn die Taube ist ein sanftes Tier. Deshalb „erschien" — sagt Chrysostomus — „dieses Tier bei der Sündflut und verkündete mit einem Ölzweig dem gesamten Erdkreis den Frieden. Jetzt erscheint die Taube auch bei der Taufe als Verkünderin unserer Erlösung". Viertens erschien der Heilige Geist nach der Taufe in Gestalt einer Taube über dem Herrn, um die Wirkung der Taufe für die Gemeinschaft anzudeuten: die Aufrichtung der kirchlichen Einheit; Eph 5, 25 ff.: „Christus hat sich für die Kirche hingegeben, um sie sich herrlich zu gestalten, ohne Flecken, ohne Runzel und dergleichen; Er reinigt sie durch das Bad des Wassers, durch das Wort des Lebens." Deshalb war es entsprechend, Q U A E S T I 0 39, 6

— Item columba feile caret. Quod pertinet ad donum pietatis, per quam sancti ira irrationabili carent. — Item columba in cavernis petrae nidificat. Quod pertinet ad donum fortitudinis, qua sancti in plagds mortis Christi, qui est petra firma, nidum ponunt, idest, suum refugium et spem. — Item columba gemitum pro cantu habet. Quod pertinet ad donum timoris, quo sancti delectantur in gemitu pro peccatis. Tertio, apparuit Spiritus Sanctus in ßpecie columbae propter efiectum proprium baptismi, qui est remissio peccatorum et reconciMatio ad D e u m : columba enim est animal mansuetum. MPG Et ideo, sicut Chrysostomus dicit, super Matth, [hom. 12], „in 57/205 diluvio apparuit hoc animal, ramum ferens olivae et commu5 389 °/ nem Orbis terrarum tranquillitatem annuntians: et nunc etiain columba apparet in baptismo, liberationem nobis demonstrans". Quarto, apparuit Spiritus Sanctus in specie columbae super Dominum baptizatum, ad designandum communem efiectum baptismi, qui est constructio ecclesiasticae unitatis. Unde dicitur Ephes. 5, quod „Christus tradidit semetipsum ut exhiberet sibi gloriosam Ecclesiam, non habentem maculam aut rugam aut aliquid hujusmodi, lavans eam lavacro aquae in verbo vitae".

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daß sich der Heilige Geist bei der Taufe in Gestalt einer 39, 6 Taube zeigte, eines Tieres, das Freundschaft und Gemeinschaft liebt. Daher heißt es im Hohenlied (6, 8) von der Kirche: „Eine ist meine Taube." Auf die Apostel aber kam der Heilige Geist aus einem doppelten Grunde in Gestalt von Feuer herab: Erstens, um die Liebesglut anzudeuten, die ihr Herz dazu drängen sollte, trotz aller Bedrängnis überall Christus zu predigen. Deshalb erschien E r ihnen in Gestalt von feurigen Zungen. „Auf zweierlei Weise ließ der Herr den Heiligen Geist sichtbar werden: durch die Taube, die bei der Taufe über dem Herrn [erschien], und durch das Feuer über den versammelten Jüngern. Dort wird die Einfalt, hier die Liebesglut bezeichnet. Damit also die durch den Geist Geheiligten ohne Trug seien, erschien Er in Gestalt einer Taube, und auf daß ihre Einfalt nicht kalt bleibe, zeigte E r sich im Feuer. Beunruhige dich nicht, wenn die Zungen geteilt sind; die Einheit erkenne in der Taube" (Augustinus). Einen zweiten Grund führt Chrysostomus an: „Da die Sünden vergeben werden sollten" — und das geschieht bei der Taufe — „war Milde geboten." Diese wird durch die Taube versinnbildet. „Nachdem wir aber die Gnade erlangt haben, wartet unser noch der Tag des Gerichtes." Dieser wird durch das Feuer angedeutet. Q U A E S T I 0 39, 6

Et ideo convenienter Spiritus Sanctus in baptismo demonstratus est in specie columbae, quae est animal amicabile et gregale. Unde et Cantic. 6 dicitur de Ecclesia: „Una est columba mea." Super Apostolos autem in specie ignis Spiritus Sanctus descendit, propter duo. Primo quidem, ad ostendendum fervorem quo corda eorum erant commovenda, ad hoc quod Christum ubicumque inter pressuras praedicarent. Et ideo etiam in igneis linguis apparuit. Unde Augustinus dicit, super Joan. [tr. 6 ] : „Duobus modis ostendit visibiliter Dominus Spiritum Sanctum": scilicet „per columbam, super Dominum baptizatum; per ignem, super discipulos congregatos. Ibi simplicitas, hic fervor ostenditur. Ergo, ne per Spiritum sanctificati dolum habeant, in columba demonstratus est: et ne simplicitas frigida remaneat, in igne demonstratus est. Nec moveat, quia linguae divisiae sunt: unitatem in columba cognosce." Secundo quia, sicut Chrysostomus [Gregor., hom. 30 in Ev.] dicit, „cum oporteat delictis ignoscere", quod fit in baptismo, „mansuetudo necessaria e r a t " : quae demonstratur in columba. „Sed ubi adepti sumus gratiam, restat judicii tempus": quod significatur per ignem.

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MPL 35/1426

MPL 76/1225

39,7 War jene Taube,

7. A R T I K E L in der der Heilige Geist erschien, wirkliches Tier?

ein

1. Was nur als Abbild [seines wirklichen Wesens] erscheint, erscheint offenbar nur der Gestalt nach. Nun heißt es Lk 3, 22: „Der Heilige Geist stieg in körperlicher Gestalt gleich einer Taube auf Ihn herab." Demnach war es keine wirkliche Taube, sondern nur das Abbild einer Taube. 2. Ebenso wie „die Natur nichts Überflüssiges tut", so „auch Gott nicht" (Aristoteles). Da diese Taube nur gekommen war, „um etwas zu versinnbilden und dann wieder ins Nichts zu versinken" (Augustinus), so wäre ein wirkliches Tier überflüssig gewesen. Ein taubenähnliches Geschöpf hätte dasselbe erreicht. Also war jene Taube kein wirkliches Tier. 3. Die Eigenschaften eines Dinges führen uns zur Erkenntnis seines Wesens. Wäre nun diese Taube ein wirkliches Tier gewesen, so hätten ihre Eigenschaften die Natur eines wirklichen Tieres angedeutet und nicht die Wirkung des Heiligen Geistes. Jene Taube scheint also kein wirkliches Tier gewesen zu sein. ANDERSEITS schreibt Augustinus: „Wenn wir sagen, Q U A E S T I 0 39, 7

Utrum

A R T I C U L U S VII i l l a c o l u m b a in q u a S p i r i t u s S a n c t u 6 apparuit, fuerit verum animal [1 Sent., dist. 16, art. 3 ad 3; Joh., cap. 1, lect. 14]

AD SEPTIMUM sie proceditur. Videtur quod illa columba in qua Spiritus Sanctus apparuit, non fuerit verum animal. Illud enim videtur specie tenus apparere quod secundum similitudinem apparet. Sed Luc. 3 dicitur quod „descendit Spiritus Sanctus corporali specie sicut columba in ipsum". Non ergo fuit vera columba, sed quaedam similitudo columbae. 2. PRAETEREA, sicut „natura nihil facit frustra", ita „nec 271 a 33 Deus", ut dicitur 1 de Caelo [cap. 4]. Sed cum columba illa non advenerit nisi „ut aliquid signiflearet atque praeteriret", MPL ut Augustinus dicit, 2 de Trin. [cap. 6], frustra fuisset vera 42/853 columba: quia hoc ipsum fieri poterat per columbae similitudinem. Non ergo illa columba fuit verum animal. 3. PRAETEREA, proprietates cujuslibet rei dueunt in Cognitionen! illius rei. Si ergo fuisset illa columba verum animal, proprietates columbae signiücassent naturam veri animalis, non autem efiectus Spiritus Sancti. Non ergo videtur quod illa columba fuerit verum animal. SED CONTRA est quod Augustinus dicit, in libro de Agone

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daß der Herr Jesus Christus allein einen wahren Leib 39,7 gehabt hat, so meinen wir damit nicht, der Heilige Geist habe die Augen der Menschen getäuscht, sondern wir glauben, daß beide wirkliche Körper waren." ANTWORT: Es hätte dem Sohne Gottes, der die Wahrheit des Vaters ist, nicht geziemt, sich irgendeiner Täuschung zu bedienen [5, 1; Bd. 25]. Deshalb nahm Er auch keinen Scheinleib, sondern einen wirklichen Leib an. Und weil der Heilige Geist der „Geist der Wahrheit" genannt wird (Jo 16, 13), hat Er sich auch eine wirkliche Taube gebildet, in der Er erschien, wenn Er sie auch nicht zur Einheit einer Person angenommen hat. Deshalb fügt Augustinus den oben erwähnten Worten hinzu: „Wie der Sohn Gottes die Menschen nicht täuschen durfte, so auch der Heilige Geist nicht. Dem allmächtigen Gott, der die gesamte Schöpfung aus dem Nichts gebildet hat, fiel es nicht schwer, eine wirkliche Taube ohne Mitwirkung anderer Tauben zu bilden, wie es Ihm auch nicht schwer war, im Schöße Mariens ohne Mitwirkung des Mannes einen wahren Leib zu gestalten. Denn die körperliche Schöpfung dient dem Befehl und dem Willen des Herrn, im Schöße eines Weibes einen Menschen und in der Natur eine Taube zu bilden." Z u 1. Es heißt, der Heilige Geist sei in Gestalt oder im Abbild einer Taube herabgestiegen, nicht um die Q U A E S T I 0

39, 7

Christiano [cap. 22]: „Neque hoc ita dicimus ut Dominum MPL Jesum Christum dicamus solum verum corpus habuisse, Spiri- i Ä ? tum autem Sanctum fallaciter apparuisse oculis hominum: sed 41/125 ambo illa corpora vera esse credimus." RESPONDEO dicendum quod, sicut supra dictum est, non decebat ut Filius Dei, qui est Veritas Patris, aliqua Actione uteretur: et ideo non phantasticum, sed verum corpus accepit. Et quia Spiritus Sanctus dicitur ,ySpiritus Veritatis", ut patet Joan. 16, ideo etiam ipse veram columbam formavit in qua apparet, licet non assumeret ipsam in unitatem personae. Unde post praedicta verba Augustinus subdit: „Sicut non oportebat ut homines falleret Filius Dei, sie non oportebat ut falleret Spiritus Sanctus. Sed omnipotenti Deo, qui universam creaturam ex nihilo fabrieavit, non erat difficile verum corpus rolumbae sine aliarum columbarum ministerio figurare, sicut non fuit ei difficile verum corpus in utero Mariae sine virili semine fabricare: cum creatura corporea et in visceribus teminae ad formandum hominem, et in ipso mundo ad formandum columbam, imperio Domini voluntatique serviret." AD PRIMUM ergo dicendum quod Spiritus Sanctus dicitur descendisse in specie vel similitudine columbae, non ad ex9

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39, 8 Wirklichkeit der Taube auszuschließen, sondern um zu zeigen, daß Er nicht im Eigenbilde Seines Wesens erschien. Z u 2. Es war nicht überflüssig, eine wirkliche Taube zu bilden, damit der Heilige Geist in ihr erschien, da gerade eine wirkliche Taube die Wahrheit des Heiligen Geistes und Seiner Wirkungen versinnbildet. Z u 3. Die Eigenschaften der Taub« lassen in gleicher Weise die Natur der Taube und die Wirkungen des Heiligen Geistes erkennen, denn die Taube ist gerade auf Grund ihrer Eigenschaften ein Sinnbild des Heiligen Geistes. 8. A R T I K E L War es angemessen, daß nach der Taufe Christi Stimme des Vaters den Sohn bezeugte?

die

1. Vom Sohn und vom Heiligen Geist sagt man, sie seien sichtbar gesandt worden, insofern sie sinnlich wahrnehmbar erschienen. Dem Vater aber entspricht es nicht, gesandt zu werden (Augustinus). Also durfte Er auch nicht erscheinen. Q U A E S T I O 39. 8

cludendam veritatem columbae, sed ad ostendendum quod non apparuit in specie suae substantiae. AD SECUNDUM dicendum quod non fuit superfluum formare veram columbam ut in ea Spiritus Sanctus appareret: quia per ipsam veritatem columbae eignificatur veritas Spiritus Sancti et effectum ejus. AD TERTIUM dicendum quod proprietates columbae eodem modo ducunt ad significandam naturam columbae, et ad designandos efflectus Spiritus Sancti. Per hoc enim quod columba habet tales proprietates, contingit quod columba significat Spiritum Sanctum. A R T I C U L U S VIII Utrum conveni enter, Christo baptizato, fueril vox P a t r i s audita F i l i u m protestantis [Infra, q. 45, art. 4; q. 66, art. 6; 1 Sent., dist. 16, art. 3]

AD OCTAVUM sie proceditur. Videtur quod inconvenienter, Christo baptizato, fuit vox Patris audita Filium protestantis. Filius enim et Spiritus Sanctus, secundum hoc quod sensibiliter apparuerunt, dicuntur visibiliter esse missi. Sed Patri non MPL convenit mitti: ut patet per Augustinum, 2 de Trin. [cap. 5, 42/849 12]. Ergo etiam nec apparere.

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2. Die Stimme [der Laut ] bezeichnet das Wort, das im 39, s Geiste empfangen ist. Der Vater aber ist nicht das Wort. Also war es nicht angemessen, daß Er sich in einer Stimme offenbarte. 3. Der Mensch Christus fing nicht erst bei der Taufe an, Sohn Gottes zu sein, wie einige Ketzer meinten [32]. Er war vielmehr schon vom ersten Augenblick Seiner Empfängnis an Sohn Gottes. Viel eher hätte daher die Stimme des Vaters bei der Geburt als bei der Taufe die Gottheit Christi bezeugen sollen. ANDERSEITS heißt es Mt 3, 17: „Siehe, eine Stimme erscholl vom Himmel: „Das ist Mein geliebter Sohn, an dem Ich Mein Wohlgefallen habe.'" ANTWORT: Bei der Taufe Christi, diesem Urbild unserer Taufe, mußte alles veranschaulicht werden, was sich bei unserer Taufe vollzieht (Art. 5). Die Taufe, mit der die Gläubigen getauft werden, ist durch die Anrufung und die Kraft der Dreifaltigkeit geheiligt: „Geht hin und lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes" (Mt 28, 19). Deshalb wird bei der Taufe Christi, wie Hieronymus sagt, „das Geheimnis der Dreifaltigkeit geoffenbart: Der Herr selbst wird in Seiner menschlichen Natur getauft; der Heilige Geist steigt in Gestalt einer Taube herab; die Stimme des Vaters, der Zeugnis für den Sohn QUAESTI0 39, 8 2. PRAETEREA, vox est signiflcativa verbi in corde percepti 1 [cf. Arist., Peri herm., cap. 1]. Sed Pater non est Verbum I6a3 Ergo inconvenienter manifestatur in voce. 3. PRAETEREA, homo Christus non incoepit esse Filius Dei in baptismo, sicut quidam haeretici putaverunt, sed a principio suae conceptionis fuit Filius Dei. Magis ergo in nativitate debuit vox Patris protestari Christi divinitatem, quam in ejus baptismo. SED CONTRA est quod dicitur Matth. 3: „Ecce, vox de caelis dicens: Hic est Filius meus dilectus, in quo mihi complacui." RESPONDEO diicendum quod, sicut supra dictum est, in baptismo Christi, qui fuit exemplar baptismi nostri, demonstrari debuit quod in nostro baptismo perficitur. Baptismus autem quo baptizantur fideles, consecratur in invocatione et virtute Trinitatis: secundum illud Matth.: „Euntes, docete omnes gentee, baptizantes eos in nomine Patris et Filii et Spiritus Sanctl." Et ideo in baptismo Christi, ut Hieronymus dicit [1 in Matth., cap. 3]. mpl ,,mysterium Trinitatis demonstratur: Dominus ipse in natura 26 / 31 humana baptizatur; Spiritus Sanctus descendit in habitu columbae; Patris vox testimonium Filio perhibentis auditur". Et l L: concepti. 9*

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39,8 ablegt, wird vernommen". Daher war es entsprechend, daß bei bei jener Taufe der Vater sich in der Stimme kundtat. Z u 1. Eine sichtbare Sendung fügt etwas der [bloßen ] Erscheinung hinzu, nämlich das Ansehen dessen, der sendet. Darum wird bei dem Sohn und dem Heiligen Geist, die von einem anderen ausgehen, nicht nur von einem Erscheinen, sondern von einem sichtbaren Gesandtwerden gesprochen. Der Vater aber, der von niemandem ausgeht, kann zwar erscheinen, nicht aber von jemandem sichtbar gesandt werden. Z u 2. Der Vater offenbart sich in Seiner Stimme nur als Urheber der Stimme — als der durch die Stimme Sprechende. — Und weil es dem Vater eigen ist, das WORT hervorzubringen, d. h. zu sagen oder zu sprechen, so war es im höchsten Maße entsprechend, daß der Vater durch eine Stimme, den Ausdruck des Wortes, sich offenbarte. Daher bezeugt die Stimme, die vom Vater ausging, die Sohnschaft des WORTES. Wie die Gestalt der Taube, in der sich der Heilige Geist offenbarte, nicht die Natur des Heiligen Geistes, und wie die Gestalt des Menschen, in der sich der Sohn offenbarte, nicht die Natur des Gottessohnes ist, so gehört auch die Stimme nicht zur Natur des WORTES oder des sprechenden Vaters. Daher sagt der Herr bei Johannes (5, 37): „Ihr habt nie Seine" — des Vaters — „Stimme gehört, noch je Seine Gestalt gesehen." Durch diese Worte, sagt Chrysostomus, „führte Er sie allmählich in Q U A E S T I O 39, 8

ideo conveniens fuit ut in illo baptismo Pater declararetur in voce. AD PRIMUM ergo dicendum quod missio visibilis addit aliquid super apparitionem, scilicet auctoritatem mittentis. Et ideo Filius et Spiritus Sanctus, qui sunt ab alio, dicuntur non solum apparere, sed etiam visibiliter mitti. Pater autem, qui non est ab alio, apparere quidem potest, visibiliter autem mitti non potest. AD SECUNDUM dicendum quod Pater non demonstratur in voce nisi sicut actor vocis, vel loquens per vocem. Et quia proprium est Patri producere Verbum, quod est dicere vel loqui, ideo convenientissime Pater per vocem manifestatus est, quae significat verbum. Unde et ipsa vox a Patre emissa filiationem Verbi protestatur. Et sicut species columbae, in qua demonstratus est Spiritus Sanctus, non est natura Spiritus Sancti; nec species hominis, in qua demonstratus est ipse Filius, est ipsa natura Filii Dei: ita etiam ipsa vox non pertinet ad naturam Verbi vel Patris loquentis. Unde Joan. 5 Dominus dicit: „Neque vocem ejus", Patris, „unquam audistis, neque 6peciem ejus vidistis." Per quod, sicut Chrysostomus dicit, super

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den Sinn der Glaubenslehre ein und zeigte ihnen, daß 39,8 Gott weder Stimme noch Gestalt hat, sondern daß Er alle derartigen Bilder und Reden überragt". Wie die Taube oder die von Christus angenommene menschliche Natur von der gesamten Dreifaltigkeit gebildet wurde, so auch die Stimme: Trotzdem offenbart sich in der Stimme der Vater allein, wie der Sohn allein die menschliche Natur annahm und allein der Heilige Geist sich in der Taube kundtat. Das ist die Lehre des hl. Augustinus [Fulgentius] in seinem Buch „Über den Glauben", das er dem Petrus widmete. Z u 3. Die Gottheit Christi durfte nicht schon bei Seiner Geburt allen offenbar werden, sondern mußte sich eher unter den Schwächen Seines Kindesalters verbergen. Als Er aber zur Reife des Alters gelangt war, in welchem Er lehren, Wunder wirken und die Menschen an sich ziehen sollte, mußte das Zeugnis des Vaters Seine Gottheit verkünden, damit Seine Lehre glaubhafter würde. Deshalb sagt Er selbst: „Der Vater, der Mich gesandt hat, ist es, der Zeugnis von Mir ablegt" (Jo 5, 37). Das war vor allem bei der Taufe notwendig, durch die die Menschen wiedergeboren werden zu Söhnen Gottes an Kindes Statt. Denn die an Kindes Statt angenommenen Söhne Gottes treten in ihre Rechte ein, nach der Weise eines wirklichen Sohnes: „Die Er vorher erkannt hat, die hat Er auch vorherbestimmt, dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig zu werden" (Rom 8, 29). „Deshalb", Q U A E S T I 0 39, 8 Joan. [ h o m . 4 0 ] , „ p a u l a t i m eos in p h i l o s o p h i c u m d o g m a i n d u cens, ostendit q u o n i a m n e q u e v o x circa D e u m est n e q u e epecies, 6ed s u p e r i o r et flguris est et l o q u e l i s talibus". Et sicut c o l u m ham, et etiam h u m a n a m n a t u r a m a Christo assumptam, tota Trinitas o p e r a t a est, ita etiam f o r m a t i o n e m vocis: sed tarnen in voce d e c l a r a t u r solus P a t e r loquens, sicut n a t u r a m h u m a n a m solus F i l i u s assumpsit, et sicut in c o l u m b a solus Spiritus S a n c tus demonstratus est; ut patet p e r A u g u s t i n u m [ F u l g e n t i u m ] , in l i b r o d e F i d e a d P e t r u m [cap. 9 ] .

MPG 59/232

A D T E R T I U M d i c e n d u m q u o d divinitas Christi n o n d e b u i t omnibus in e j u s nativitate m a n i f e s t a r i , sed m a g i s occultari i n defectibus infantilis aetatis. S e d q u a n d o j a m p e r v e n i t a d p e r fectam aetatem, in q u a oportebat e u m docere et m i r a c u l a f a c e r e et h o m i n e s ad se convertere, tunc testimonio Patris e r a t e j u s divinitas i n d i c a u d a , ut e j u s doctrina c r e d i b i l i o r fieret. Unde et i p s e dicit, Joan. 5: „ Q u i misit m e P a t e r , ipse testimonium perhibet de m e . " Et hoc p r a e c i p u e in b a p t i s m o p e r q u e m homines r e n a s c u n t u r in fllios D e i a d o p t i v a s : fllii a u t e m D e i adoptivi instituuntur a d s i m i l i t u d i n e m F i l i i naturalis, s e c u n d u m illud R o m . 8: „ Q u o s praescivit, hos et p r a e d e s t i n a v i t contormes

65/690

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MPL 40/770

39,8 schreibt Hilarius, „ist über Jesus bei Seiner Taufe der Heilige Geist herabgestiegen und die Stimme des Vaters gehört werden: Dies ist Mein geliebter Sohn, damit wir an dem, was an Christus geschehen ist, erkennen, daß nach der Wassertaufe der Heilige Geist aus Himmelshöhen zu uns herabsteigt und wir durch die Stimme des Vaters als Söhne Gottes an Kindes Statt angenommen werden." Q U A E S T I O 39, s

MPL fieri imaginis Filii sui." Unde Hilarius dicit, super Matth. 9/927 [ c a p 2], quod „super Jesum baptizatum descendit Spiritus Sanctus, et vox Patris audita est dicentis, ,Hic est Filius meus dilectus', ut ex his quae consummabantur in Christo, cognosceremus, post aquae lavacrum, et de caelestibus partibus Sanctum in nos Spiritum avolare, et paternae vocis adoptione Dei Alios fieri".

134

40. F R A G E

DIE LEBENSFÜHRUNG CHRISTI In der Folge bleibt uns nach dem Eintritt Christi in die Welt und Seinen ersten Lebensjahren noch Sein späteres Leben zu betrachten; und zwar erstens Seine Lebensführung, zweitens Seine Versuchung, drittens Seine Lehre und viertens Seine Wunder. Zum ersten ergeben sich vier Einzelfragen: 1. Hätte Christus als Einsiedler oder unter Menschen leben sollen? 2. Hätte Christus ein in Speise, Trank und Kleidung strenges Leben oder eines wie die übrigen Menschen führen sollen? 3. Hätte Er in dieser Welt in Niedrigkeit oder in Reichtum und Ehre leben sollen? 4. Hätte Er nach dem Gesetze leben sollen? Mußte

Christus

1. A R T I K E L mitten unter den Menschen Einsiedler leben?

oder

als

1. Christus mußte sich in Seinem Leben nicht nur als Mensch, sondern auch als Gott erweisen. Nun ist es aber Gottes nicht würdig, unter Menschen zu leben, denn

QUAESTIO

XL

DE MODO CONVERSATIONS CHRISTI Consequenter, post ea quae pertinent ad ingressum Christi in mundum vel ad ejus principium, considerandum restat de his quae pertinent ad progressum ipsius. Et primo, considerandum est de modo conversationis ipsius; secundo, de tentatione ejus; tertio, de doctrina; quarto, de miraculis. Circa primum quaeruntur quatuor: 1. Utrum Christus debuerit 6olitariam vitam ducere, an inter homines conversari. — 2. Utrum debuerit austeram vitam ducere in cibo et potu et vestitu, an aliis communem. — 3. Utrum debuerit abjecte vivere in hoc mundo, an cum divitiis et honore. — 4. Utrum debuerit secundum legem vivere. ARTICULUS I Utrum Christus debuerit inter homines conversari, an solitariam agere vitam [II—II, q. 25, art. 6 ad 5]

AD PRIMUM sic proceditur. Videtur quod Christus non debuerit inter homines conversari, sed solitariam agere vitam. Oportebat enim quod Christus sua conversatione non solum 6e

135

40,1 Dan 2, 11 heißt es: „ . . . ausgenommen die Götter, die nicht unter Menschen leben"; und bei Aristoteles: Wer allein lebt, „ist entweder ein wildes Tier", wenn er nämlich das wegen seiner Wildheit tut, „oder er ist ein Gott", wenn er um der Schau der Wahrheit willen so lebt. Demnach scheint es für Christus nicht würdig gewesen zu sein, mitten unter den Menschen zu leben. 2. Während Christus im sterblichen Fleische wandelte, mußte Er das vollkommenste Leben führen. Das vollkommenste Leben aber ist das beschauliche ( I I — I I 182, 1 u. 2; Bd. 23). Nun ist aber die Einsamkeit die wichtigste Bedingung zu einem beschaulichen Leben: „Ich will sie in die Wüste führen und ihr zu ihrem Herzen sprechen" (Os 2, 14). Es scheint also, daß Christus ein Einsiedlerleben hätte führen sollen. 3. Die Lebensführung Christi mußte eine ganz einheitliche sein, denn in Ihm sollte immer das Vollkommenste aufleuchten. Nun suchte Christus dann und wann einsame Orte auf, um der Menge zu entfliehen, weswegen Remigius [Isidor] schreibt: „ W i e wir lesen, hatte Christus drei Zufluchtsorte: das Schiff, das Gebirge, die Wüste. Bald verbarg Er sich da, bald dort, sooft die Menge Ihn bedrängte." Er hätte also immer ein Einsiedlerleben führen sollen. Q U A E S T I 0 40, l hominem ostenderet, sed etiam Deum. Sed D e u m non convenit cum hominibus conversari: dicitur enim Dan. 2: „Exceptis diis, quorum non est cum hominibus conversatio"; et Philosophus 1258 a29 dicit, 1 Polit. [cap. 1 ] , quod ille qui solitarius vivit, „aut est bestia", si scilicet propter saevitiam hoc faciat, „aut est deus", si hoc faciat propter contemplandam veritatem. Ergo videtur quod non fuerit conveniens Christum inter homines conversari. 2. P R A E T E R E A , Christus, dum in carne mortali vixit, debuit perfectissimam ducere vitam. Perfectissima autem vita est contemplativa: ut in Secunda Parte habdtum est. A d vitam autem contemplativam m a x i m e competit solitudo: secundum illud Osee 2: „ D u c a m eam in solitudinem, et loquar a d cor ejus." E r g o videtur quod Christus debuerit solitariam vitam ducere. 3. P R A E T E R E A , conversatio Christi debuit esse uniformis: quia S e m p e r in eo debuit a p p a r e r e quod Optimum est. Sed quandoque Christus solitaria loca quaerebat, turbas declinans: MPL unde Remigius dicit, super Matth. [Isidor. Hispal., D e Vet. et 83/206 Nov. Test. Quaest., quaest. 3 6 ] : „ T r i a r e f u g i a legitur Dominus habuisse, navem, montem et desertum: ad q u o r u m alterum, quotiescumque a turbis comprimebatur, conscendebat." Ergo et s e m p e r debuit solitariam vitain a g e r e [ 3 3 ] .

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ANDERSEITS heißt es Bar 3, 35: „Danach ward Er 40,1 auf Erden gesehen und hat mit den Menschen verkehrt." ANTWORT: Die Lebensführung Christi mußte dem Zwecke der Menschwerdung, der Ihn in die Welt geführt hatte, entsprechen. Er kam aber in die Welt, erstens um die Wahrheit zu verkünden, denn Er sagt selbst: „Dazu bin Ich geboren, und dazu bin Ich in die Welt gekommen, um der Wahrheit Zeugnis zu geben" (Jo 18, 37). Deshalb durfte Er sich nicht verbergen und ein Einsiedlerleben führen, sondern mußte öffentlich auftreten und öffentlich predigen. Daher sagt Er denen, die Ihn davon abhalten wollten: „Auch den anderen Städten muß Ich die Frohbotschaft verkünden, denn dazu bin Ich gesandt" (Lk 4, 42 f.). Zweitens kam Er, um die Menschen von ihrer Sünde zu befreien: „Christus Jesus kam in diese Welt, um die Sünder zu retten" (1 Tim 1, 15), und Chrysostomus schreibt: „Obwohl Christus an einem Orte hätte bleiben und alle hätte zu sich rufen können, damit sie Seine Predigt hörten, tat Er das nicht; denn Er wollte uns ein Beispiel geben, damit auch wir umherziehen und die Gefährdeten aufsuchen, wie der Hirt das verlorene Schäflein und der Arzt die Kranken." Drittens kam Er, „damit wir durch Ihn Zutritt zu Gott haben" (Rom 5, 2). Und so war es entsprechend, daß Er freundschaftlich mit den Menschen verkehrte, um QUAESTIO 40, l SED CONTRA est quod dicitur Baruch 3: „Post haee in terris visus est, et cum hominibus conversatus est." RESPONDEO dicendum quod conversatio Christi talis debuit esse ut conveniret flni incarnationis, secundum quam venit in mundum. Venit autem in mundum, primo quidem, ad manitestandum veritatem: sicut ipse dicit, Joan. 18: „In hoc natus sum, et ad hoc veni in mundum, ut testimonium perhibeam veritati." Et ideo non debebat se occultare, vitam solitariam agens, sed in publicum procedere, publice praedicando. Unde, Luc. 4, dicit illis qui volebant eum detinere: „Quia etiam aliis civitatibus oportet me evangelizare regnum Dei: quia ideo missus sum." Secundo, venit ad hoc ut homines a peccato liberaret: secundum illud 1 Tim. 1: „Christus Jesus venit in hunc mundum peccatores salvos facere." Et ideo, ut Chrysostomus dicit, „licet in eodem loco manendo posset Christus omnes ad se attrahere, ut ejus praedicationem audirent: non tarnen hoc fecit, praebens nobis exemplum ut perambulemus et requiramus pereuntes, sicut pastor ovem perditam, et medicus accedit ad infirmum". Tertio, venit ut „per ipsum habeamus accessum ad Deum", ut dicitur Rom. 5. Et ita, familiariter cum hominibus conversando, conveniens fuit ut hominibus flduciam daret ad se acce10

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40, i ihnen Vertrauen einzuflößen, zu Ihm zu kommen. Darum heißt es von Ihm: „Als Er im Hause zu Tische saß, kamen viele Zöllner und Sünder und setzten sich mit Jesus und Seinen Jüngern zu Tische" (Mt 9, 10). Hieronymus legt das so aus: „Sie sahen, wie ein Zöllner sich von seinen Sünden zu einem besseren Leben bekehrt und Gelegenheit zur Buße gefunden hatte. Deswegen verzweifelten auch sie nicht an ihrem Heil." Z u 1. Christus wollte durch Seine Menschheit Seine Gottheit offenbaren. Deshalb verkehrte Er in menschlicher Weise mit den Menschen und offenbarte ihnen Seine Gottheit, indem Er predigte, Wunder wirkte und ein Leben in Unschuld und Gerechtigkeit unter ihnen führte. Z u 2. Das beschauliche Leben steht schlechthin höher als das tätige, das sich mit leiblichen Werken beschäftigt ( I I — I I 182, 1, Bd. 23; u. 188, 6, Bd. 24). Jenes tätige Leben jedoch, in dem man durch Predigt und Belehrung das in der Betrachtung Geschaute anderen mitteilt, steht noch höher als ein rein beschauliches Leben; denn ein solches Leben setzt bereits die Fülle der Beschauung voraus. Deshalb hat Christus ein solches Leben erwählt [34]. Z u 3. „Christi Tat ist unsere Lehre." Als Beispiel für die Prediger, nicht immer öffentlich aufzutreten, zog Q U A E S T I 0 40, l dendi. U n d e dicitur Matth. 9 : „ F a c t u m est, discumbente eo in domo, ecce, multi publicani et peccatores venientes discumbebant cum Jesu et discipulis e j u s . " Et e x p o n e n s H i e r o n y m u s MPL [1 in Matth.] d i c i t : „ V i d e r a n t publicanum, a peccatis ad 26/56 m e ] i o r a conversum, locum invenisse p o e n i t e n t i a e : et ob id etiam ipsi non desperant salutem." A D P R I M U M e r g o dicendum q u o d Christus p e r humanitatem suam voluit m a n i f e s t a r e divinitatem. Et ideo, conversando cum hominibus, quod est p r o p r i u m hominis, manifestavit Omnibus suam divinitatem, praedicando et miracula faciendo, et innocenter et juste inter h o m i n e s conversando. A D S E C U N D U M dicendum quod, sicut in Secunda P a r t e dictum est, vita contemplativa simpliciter est m e l i o r quam activa quae occupatur circa corporales actus: sed vita activa secundum quam aliquis praedicando et docendo contemplata aliis tradit, est p e r f e c t i o r quam vita quae solum contemplatur, quia talis vita praesupponit abundantiam contemplationis. Et i d e o Christus talem v i t a m elegit. A D T E R T I U M dicendum quod actio Christi f u i t nostra instructio. 1 Et ideo, ut daret e x e m p l u m praedicatoribus quod i Cf. Bernardus, Instruct. sacerdot., cap. 6, MPL 184/778; Innoc. III., sermo 22, MPL 217/411.

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der Herr sich darum dann und wann von der Menge 40,1 zurück. Das geschah, wie wir lesen, aus drei Gründen: Bisweilen, um der leiblichen Ruhe zu pflegen. Daher heißt es Mk 6, 31, daß der Herr zu Seinen Jüngern sagte: „Folget Mir an einen einsamen Ort und ruht ein wenig aus. Denn sie fanden nicht einmal Zeit zum Essen, so groß war die Zahl der Leute, die kamen." — Bisweilen auch, um zu beten: „In jenen Tagen begab Er sich auf einen hohen Berg, um zu beten, und verbrachte die ganze Nacht im Gebet mit Gott" (Lk 6, 12). Dazu bemerkt Ambrosius: „Über die Gebote der Tugend unterrichtet Er uns durch Sein Beispiel." — Manchmal aber, um uns zu belehren, wie wir der Gunst der Menschen ausweichen sollen. Daher sagt Chrysostomus zu der Stelle: ,Als Jesus die Menge sah, stieg Er auf einen Berg' (Mt 5, 1): „Dadurch, daß Er nicht auf dem Marktplatz einer Stadt, sondern auf einsamer Bergeshöhe ruhte, lehrte Er uns, nichts um der Menschen willen zu tun und uns aus dem Getriebe zurückzuziehen, vor allem dann, wenn man über das eine Notwendige sprechen muß." Q U A E S T I O 40, L

non Semper se d a r e n t in publicum, i d e o q u a n d o q u e Dominus se a turbis retraxit. Quod q u i d e m legitur fuisse p r o p t e r tria. Quandoque q u i d e m p r o p t e r c o r p o r a l e m q u i e t e m . U n d e Marci 6 dicitur quod Dominus dixit discipulis: „ V e n i t e seorsum in desertum locum, et requiescite pusillum. Erant enim qui veniebant et redibant multi, et nec spatium manducandi habebant." — Quandoque v e r o causa orationis. U n d e dicitur Luc. 6: „ F a c t u m est i n illis diebus, e x i i t in m o n t e m orare, et erat pernoctans i n oratione D e i . " U b i dicit A m b r o s i u s [5 in L u c . ] quod „ a d praecepta virtutis suo nos i n f o r m a t e x e m p l o " . — Quandoque v e r o ut doceat f a v o r e m humanum vitare. U n d e super illud Matth. 5, ,Videns Jesus turbas ascendit in montem', dicit Chrysostomus [ h o m . 15 in M a t t h . ] : „ P e r hoc quod non in civitate et f o r o , sed in monte et solitudine sedit, erudivit nos nihil ad ostentationem f a c e r e , et a tumultibus abscedere, et m a x i m a cum de necessariis disputare oporteat."

10*

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MPL J5A®47 3 2 iv/i98 MPG 58/1223

40,2

2. Ziemte

ARTIKEL

es sich, für Christus, in dieser Leben zu führen?

Welt ein

strenges

1. Christus hat viel mehr als Johannes die Vollkommenheit des Lebens gepredigt. Nun hat Johannes ein strenges Leben geführt, um durch sein Beispiel die Menschen für ein vollkommenes Leben zu begeistern; es heißt nämlich Mt 3, 4: „Johannes trug ein Gewand von Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Lenden. Zur Nahrung dienten ihm Heuschrecken und wilder Honig." Dazu bemerkt Chrysostomus: „Es war wunderbar, in einem menschlichen Leibe solche Unbeugsamkeit zu sehen. Und gerade das übte auf die Juden eine besondere Anziehungskraft aus." Es hat also den Anschein, als hätte Christus ein strenges Leben noch viel mehr entsprochen. 2. Der Abbruch von Speise und Trank dient der Beherrschung der Sinnenlust: „Wenn sie essen, sollen sie nicht satt werden; sie buhlten und fanden kein Ende" (Os 4, 10). Nun hat Christus für sich die Enthaltsamkeit beobachtet und sie anderen zu halten empfohlen, als Er sagte: „Es gibt Beschnittene, die sich selbst beschneiden um des Himmelreiches willen; wer es fassen kann, der fasse es" (Mt 19, 12). Es scheint also, daß Q U A E S T I O 40, 2 A R T I C U L U S U t r u m

II

C h r i s t u m decuerit a u s t e r a m d u c e r e in hoc m u n d o

vitam

[In Matth., cap. 11] AD SECUNDUM sie p r o c e d i t u r . Videtur quod Christum decuerit a u s t e r a m v i t a m d u c e r e in hoc m u n d o . Christus e n i m multo m a g l s p r a e d i e a v i t p e r f e c t i o n e m vitae q u a m Joannes. S e d J o a n n e s a u s t e r a m v i t a m duxit, ut suo e x e m p l o h o m i n e s ad p e r f e c t i o n e m vitae p r o v o c a r e t : dicitur e n i m , Matth. 3, q u o d „ i p s e J o a n n e s h a b e b a t v e s t i m e n t u m d e pilis c a m e l o r u m , et zonam p e l l i c e a m circa l u m b o s suos, esca a u t e m e j u s erant locustae et m e l sylvestre"; quod exponens Chrysostomus MPG [ h o m . 10 i n M a t t h . ] dicit: „ E r a t m i r a b i l e in h u m a n o c o r p o r e 58/188 tantam p a t i e n t i a m v i d e r e : q u o d et J u d a e o s m a g i s a t t r a h e b a t . " E r g o v i d e t u r q u o d multo m a g i s C h r i s t u m decuerit austeritas vitae. 2. P R A E T E R E A , abstinentia ad continentiam ordinatur: dicitur e n i m Osee 4: „ C o m e d e n t e s non s a t u r a b u n t u r : fornicati sunt, et non c e s s a v e r u n t . " S e d Christus continentiam et in ee servavit, et in aliis s e r v a n d a m proposuit, cum dixit, Matth. 19: „ S u n t e u n u c h i q u i se castraverunt p r o p t e r r e g n u m c a e l o r u m :

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Christus bei sich und bei Seinen Jüngern auf ein strenges 40, 2 Leben hätte sehen müssen. 3. Lächerlich erscheint es, wenn jemand ein strenges Leben beginnt und dann in ein leichteres zurückfällt. Ihm kann man nämlich denselben Vorwurf machen, wie er sich bei Lk 14, 30 findet: „Dieser Mensch fing einen Bau an, konnte ihn aber nicht zu Ende führen." Christus hat aber nach der Taufe mit dem allerstrengsten Leben begonnen, als E r in der Wüste blieb und „vierzig Tage und vierzig Nächte hindurch" fastete. Es scheint also nicht entsprechend, daß E r nach einem so strengen Leben zu einem gewöhnlichen zurückkehrte. ANDERSEITS heißt es Mt 11, 19: „Der Menschensöhn kam und aß und trank." ANTWORT: Wie schon (Art. 1) gesagt, forderte es das Ziel der Menschwerdung, daß Christus kein Einsiedlerleben führte, sondern mitten unter den Menschen lebte. Für den aber, der mit anderen zusammen lebt, ist es höchst angemessen, sich ihnen in seiner Lebensweise anzupassen. So schreibt auch Paulus (1 Kor 9, 2 2 ) : „Allen bin ich alles geworden." Es war also vollkommen entsprechend, daß Christus sich in Speise und Trank nicht anders benahm als Seine Umwelt. Daher sagt Augustinus: „Von Johannes wird gesagt: Er aß und trank nicht, — weil er in seiner Lebensweise nicht der Q U A E S T I 0 40, 2

qui potest capere, capiat." Ergo videtur quod Christus in se, et in suis discipulis, austeritatem vitae servare debuerit. 3. PRAETEREA, ridiculum videtur ut aliquis districtiorem vitam incipiat, et ab ea in laxiorem revertatur: potest enim dici contra eum quod habetur Luc. 14: „Hic homo coepit aediflcare, et non potuit consummare." Christus autem districtissimam vitam incoepit post baptismum, manens in deserto et jejunans „quadraginta diebus et quadraginta noctibus". Ergo videtur uon fuisse congruum quod post tantam vitae districtionem ad communem vitam rediret. SED CONTRA est quod dicitur Matth. 11: „Venit Filius Hominis manducans et bibens." RESPONDEO dicendum quod, sicut dictum est, congruum erat incarnationis flni ut Christus non ageret solitariam vitam, sed cum hominibus conversaretur. Qui autem cum aliquibus conversatur, convenientissimum est ut se eis in conversatione conformet: secundum illud Apostoli, 1 Cor. 9 : „Omnibus omnis factus sum." Et ideo convenientissimum fuit ut Christus in cibo et potu communiter se sicut alii haberet. Unde Augustinus MPL dicit, contra Faustum [lib. 16, cap. 31], quod „Joannes dictus 42/337 est ,non manducans neque bibens', quia illo victo quo Judaei 251,47;

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40,2 Gewohnheit der Juden folgte. Hätte der Herr sich ihr nicht angepaßt, so würde man von Ihm nicht im Gegensatz zu Johannes sagen: Er ißt und trinkt." Z u 1. Der Herr gab durch Sein Leben ein Beispiel der Vollkommenheit in alldem, was mit dem Heil in innerem Zusammenhang steht. Der Abbruch von Speise und Trank steht aber mit dem Heil in keinerlei innerem Zusammenhang: „Das Reich Gottes ist nicht Speise und Trank" (Rom 14, 17). Und Augustinus schreibt bei der Erklärung der Stelle: ,Die Weisheit ward gerechtfertigt vor ihren Kindern' (Mt 11, 19): Die heiligen Apostel „wußten wohl, das Reich Gottes bestehe nicht in Speise und Trank, sondern in Gleichmut und Geduld", sie, die kein Überfluß stolz gemacht und kein Mangel gebeugt hat; und im Buch von der christlichen Lehre sagt er: „Bei all diesen Dingen ist nicht der Gebrauch sündhaft, wohl aber die Leidenschaft im Gebrauch." Nun sind aber beide Lebensweisen erlaubt und lobenswert, sowohl sich von dem Umgang mit den Menschen zurückzuziehen und Enthaltsamkeit zu üben, als auch gemeinsam mit ihnen das gewöhnliche Leben zu führen. Deshalb wollte der Herr den Menschen ein Beispiel beider Lebensweisen geben. Johannes aber „hat nichts gezeigt als sein Leben und seine Gerechtigkeit. Christus jedoch hatte auch das ZeugQ U A E S T I O 40, 2

utebantur, non utebatur. Hoc ergo Dominus nisi uteretur, non in ejus comparatione .manducans bibensque' diceretur". AD PRIMUM ergo dicendum quod Dominus in sua conversatione exemplum perfectionis dedit in omnibus quae per se pertinent ad salutem. Ipsa autem abstinentia cibi et potus non per se pertinet ad salutem: secundum illud Rom. 14: „Non est regnum Dei esca et potus." Et Augustinus dicit, in libro de MPL Quaestionibus Evang. [lib. 2, q. 11], exponens illud Matth. 11, 35/1337 jjustiflcata est sapientia a filiis suis': Quia scdlicet sancti Apostoli „intellexerunt regnum Dei non esse in esca et potu, sed in aequanimitate tolerandi", quos nec copia sublevat nec depriMPL mit egestas. Et 3 de Doctr. Christ, [cap. 12] dicit quod „in 34/73 omnibus talibus non usus rerum, sed libido utentis in culpa est". Utraque autem vita est licita et laudabilis: ut scilicet aliquis a communi consortio hominum segregatus abstinentiam servet; et ut in societate aliorum positus communi vita utatur. Et ideo Dominus voluit utriusque vitae exemplum dare hominibus. MPG Joannes autem, sicut Chrysostomus dicit, super Matth. 57/423 [HOM. 37], „nihil plus ostendit praeter vitam et justitiam.

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nis Seiner Wunder. Er überließ es also Johannes, im 40,2 Fasten ein leuchtendes Beispiel zu sein. Er selbst schlug den entgegengesetzten Weg ein: Er ging zu den Gastmählern der Zöllner und aß und trank" (Chrysostomus). Zu 2. Wie die anderen Menschen durch Abbruch von Speise und Trank die Kraft erlangen, enthaltsam zu sein, so beherrschte Christus das Fleisch durch die Kraft Seiner Gottheit in sich und den Seinen. Daher lesen wir bei Matthäus (9, 14): „Die Pharisäer und die Johannesjünger fasten, die Jünger Jesu nicht." Zu dieser Stelle bemerkt Beda: „Johannes trank keinen Wein und keine starken Getränke, denn bei ihm mehrte die Enthaltsamkeit das Verdienst, da ihm von Natur aus keine Macht innewohnte. Warum hätte aber der Herr, dem von Natur aus die Macht zu Gebote stand, Sünden zu vergeben, die Menschen meiden sollen, die Er reiner machen konnte, als die Enthaltsamen sind?" Z u 3. Chrysostomus schreibt: „Damit du lernest, welch großes Gut das Fasten ist, wie sehr es ein Schild ist gegen den Teufel und daß du nach der Taufe nicht auf Ausschweifung, sondern auf Fasten bedacht sein mußt, hat Er selbst gefastet, nicht aus eigenem Bedürfnis, sondern um uns zu unterweisen. Er ging jedoch in Seinem Fasten nicht weiter als Moses und Elias, damit es nicht unglaubwürdig erschiene, daß Er Fleisch angenommen hat." Q U A E S T I O

40, 2

Christus autem et a miraculis testimonium habebat. Dimittens ergo Joannem jejunio fulgere, ipse contrariam incessit viam, ad mensam intrans publicanorum, et manducans et bibens". AD SECUNDUM dicendum quod, sicut alii homines per abstinentiam consequuntur virtutem continendi, ita etiam Christus, in se et suis, per virtutem suae divinitatis carnem comprimebat. Unde, sicut legitur Matth. 9, „Pharisaei et discipuli Joannis jejunabant, non autem discipuli Christi". Quod exponens Beda MPL dicit [1 in Marc., cap. 2 ] 1 quod „Joannes vinum et siceram 92/151 non bibit: quia illi abstinentia meritum äuget cui potentia nulla inerat naturae. Dominus autem, cui naturaliter suppetebat delicta donare, cur eos declinaret quos abstinentibus poterat reddere puriores?" AD TERTIUM dicendum quod, sicut Chrysostomus dicit, super MPG Matth, [hom. 13], „ut discas quam magnum bonum est jeju- 57/209 nium, et qualiter scutum est adversus diabolum, et quoniam post baptismum non lasciviae, sed jejunio intendere oportet, ipse jejunavit, non eo indigens, sed nos instruens. Non autem ultra processit jejunando quam Moyses et Elias: ne incredibilis videretur carnis assumptio". 1 CI.

A m b r o s . , 2 i n L u c . , cap. 1 :

MPL

15/56, C S E L 32 I V / 4 6 .

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40, 2

Gemäß einer symbolischen Auslegung, meint Gregor, wurde von Christus die Zahl vierzig im Vorbild Seines Fastens deshalb beobachtet, weil „die Kraft der Zehn Gebote durch die vier Bücher des hl. Evangeliums zur Vollendung gelangt; vier mal zehn ergibt nämlich vierzig". — Oder weil „unser sterblicher Leib aus den vier Grundstoffen besteht, durch dessen Begehren wir die Befehle des Herrn übertreten, die wir durch die Zehn Gebote empfangen haben". — Oder nach Augustinus „besteht die Ordnung aller Weisheit darin, den Schöpfer und das Geschöpf zu erkennen". Der Schöpfer ist die Dreifaltigkeit, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Die Geschöpfe sind teils unsichtbarer Natur wie die Seele, der die Dreizahl eignet, denn es wird uns befohlen, Gott in dreifacher Weise zu lieben, aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele und aus ganzem Gemüt. Teils sind [die Geschöpfe] sichtbarer Natur, wie der Leib, dem die Vierzahl eignet, wegen seiner W ä r m e , Feuchtigkeit, Kälte und Trockenheit. W i r d nun die Zahl zehn, die [wegen der Zehn Gebote ] an die gesamte Sittenordnung erinnert, mit der Zahl vier, die dem Leibe eignet, vervielfältigt — die Dienste des Körpers sind nämlich erforderlich —, so kommt man zur Zahl vierzig. Die Zeit also, „in der wir seufzen und trauern, wird in der Zahl vierzig geheiligt". E s war a b e r auch nicht unangemessen, daß Christus nach dem F a s t e n und nach dem Wüstenaufenthalt Q U A E S T I O 40, 2

MPL Secundum mysterium autem, ut Gregorius dicit [hom. 16 76/1137 in Ev.], quadragenarius numerus exemplo Christi in jejunio custoditur, quia „virtus decalogi per libros quatuor sancti Evangelii impletur: denarius autem quater ductus In quadragenarium surgit". — Vel, quia „in hoc mortali corpore ex quatuor elementis subsistimus, per cujus voluntatem praeceptis Dominicis contraimus, quae per decalogum sunt accepta". — Vel, mpl secundum Augustinum, in libro Octogintatrium Quaest. [q. 81], 40/96 „omnis sapientiae discipldna est Creatorem creaturamque cognoscere. Creator est Trinitas, Pater et Filius et Spiritus Sanctus. Creatura vero partim est invisibilis, sicut anima, cui ternarius numerus tribuitur, diligere enim Deum tripliciter jubemur, ,ex toto corde, ex tota anima, ex tota mente': partim visibilis, sicut corpus, cui quaternarius debetur propter calidum, humidum, frigidum et siccum. Denarius ergo numerus, qui totam insinuat disciplinam, quater ductus, idest numero qui corpori tribuitur multiplicatus, quia per corpus administratio geritur, quadragenarium conficit numerum". Et ideo „tempus quo et ingemiscimus et dolemus, quadragenario numero celebratur". Nec tarnen incongruum fuit ut Christus post jejunium et

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zur gewöhnlichen Lebensführung zurückkehrte. Dies 40,3 entspricht nämlich einem Leben, das der Mitteilung des in der Beschauung Erworbenen gewidmet ist; und ein solches Leben, so sagten wir, hat Christus auf sich genommen, indem Er sich zuerst der Beschauung hingab, dann aber sich zu öffentlicher Tätigkeit herabließ und in der Gemeinschaft lebte. Daher sagt Beda: „Christus hat gefastet, damit du die Gebote nicht übertrittst. Er aß mit den Sündern, damit du Seine Gnade erwägst und Seine Macht erkennest." Mußte

Christus

3. A R T I K E L in der Welt ein armes Leben

führen?

1. Christus mußte ein Leben führen, das von allen nachgeahmt werden konnte; ein solches Leben aber liegt in der Mitte zwischen Reichtum und Armut: „Armut und Reichtum gib mir nicht: gewähre mir nur das, wessen ich zu meinem Unterhalt bedarf" (Spr 30, 8). Demnach durfte Christus kein ärmliches Leben führen, wohl aber ein einfaches. 2. Äußerer Reichtum hat die Aufgabe, dem Leibe Nahrung und Kleidung zu verschaffen. Nun führte aber Christus, was Nahrung und Kleidung anlangt, das gewöhnQ U A E S T I 0 40, s

desertum ad communem vitam rediret. Hoc enim convenit vitae secundum quam aliquis contemplata aliis tradit, quam Christum dicimus assumpsisse, ut primo contemplationi vacet, et postea ad publicum actionis descendat aliis convivendo. Unde et Beda M PL dfcit, super Marc. [lib. 1, cap. 2]: „Jejunavit Christus, ne 92/151 praeceptum declinares: manducavit cum peccatoribus, ut, gratiam cernens, agnosceres potestatem." A R T I C U L U S III U t r u m C h r i s t u s in hoc m u n d o d e b u e r i t pauperem vitam ducere [4 Cont. Gent., cap. 55;

Cont. Graec., cap. 7; Cont. retrahent. hom. a Eelig. ingress., cap. 15]

AD TERTIUM sie proceditur. Videtur quod Christus in hoc mundo non debuerit pauperem vitam ducere. Christus enim debuit eligibilissimam vitam assumere. Sed eligibilissima vita est quae est medioeris inter paupertatem et divitias: dicitur enim Proverb. 30: „Mendicitatem et divitias ne dederis mihi: tribue tantum victui meo necessaria." Ergo Christus non debuit pauperem vitam ducere, sed moderatam. 2. PRAETEREA, exteriores divitiae ad usum corporis ordinantur quantum ad victum et vestitum. Sed Christus in victu et vestitu communem vitam duxit, secundum modum aliorum

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40,3 liehe Leben wie Seine Umwelt. Es scheint also, als hätte Er auch, was Armut und Reichtum betrifft, das gewöhnliche Leben führen müssen und nicht die strengste Armut üben sollen. 3. Christus hat die Menschen besonders aufgefordert, dem Beispiel Seiner Demut zu folgen: „Lernet von Mir, denn Ich bin sanftmütig und demütig" (Mt 11, 29). Die Demut wird jedoch ganz besonders an reichen Menschen gepriesen. „Den Reichen dieser Welt gebiete, sie sollen sich nicht überheben" (1 Tim 6, 17). Es scheint also, daß Christus kein armes Leben führen durfte. ANDERSEITS heißt es Mt 8, 20: „Der Menschensohn hat nicht, wohin Er Sein Haupt legen könnte." Gleichsam als ob Er sagen wollte: „Was willst du Mir nachfolgen um Reichtum und irdischen Gewinnes willen? Ich bin so arm, daß Ich nicht einmal die geringste Herberge und kein eigenes Dach über Mir habe" (Hieronymus). Und zu der Stelle: ,Damit wir bei ihnen keinen Anstoß erregen, geh an den See' (Mt 17, 27), sagt Hieronymus: „Recht verstanden, erbaut es den, der vernimmt, der Herr sei trotz Seiner Erhabenheit so arm gewesen, daß Er nicht einmal die Steuer für sich und Seine Jünger besaß." ANTWORT: Christus geziemte es, in dieser Welt ein armes Leben zu führen; und zwar erstens, weil das Seinem Lehramt entsprach, das nach Seinen Worten der Q U A E S T I O 40, 3

quibus convivebat. Ergo videtur quod etiam in divitiis et paupertate communem modum vivendi servare debuit, et non uti maxima paupertate. 3. PRAETEREA, Christus maxime homines invitavit ad exemplum humilitatis: secundum illud Matth. 11: „Discite a me, quia mitis sum et humilis." Sed humilitas maxime commendatur in divitibus: ut dicitur 1 Tim.: „Divitibus hujus saeculi praeeipe non altum sapere." Ergo videtur quod Christus non debuit ducere pauperem vitam. SED CONTRA est quod dicitur Matth. 8: „Filius Hominis non habet ubi caput rechnet." Quasi dicat, secundum HieronyMPL mum [1 in Matth., cap. 8]: „Quid me propter divitias et sae26/53 C U IJ i u c r a cupis sequi: cum tantae sim paupertatis ut nec hospitiolum quidem habeam, et tecto utar non meo?" Et super aliud Matth. 17, ,Ut non scandalizemus eos vade ad mare', MPL dicit Hieronymus [3 in Matth., cap. 7]: „Hoc, simpliciter in26,127 tellectum, aedificat auditorem: dum audit tantum Dominum tantae fuisse paupertatis ut unde tributa pro se et Apostolo redderet, non habuerit." RESPONDEO dicendum quod Christum deeuit in hoc mundo pauperem vitam ducere. Primo quidem, quia hoc erat congruum praedicationis officio, propter quod venisse se dicit.

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Zweck Seines Kommens war: „Lasset uns in die um- 40,3 liegenden Städte und Ortschaften gehen, um auch dort zu predigen. Denn dazu bin Ich gekommen" (Mk 1, 38). Die Prediger des Wortes Gottes müssen, um sich ganz der Predigt widmen zu können, der weltlichen Sorgen völlig enthoben sein. Denen aber, die Reichtümer besitzen, ist das nicht möglich. Daher sprach der Herr zu Seinen Aposteln, als Er sie zum Predigen aussandte: „Nehmt weder Gold noch Silber mit!" [Mt 10, 9]. Und die Apostel selbst sagen: „Es ist nicht in der Ordnung, daß wir die Predigt des Wortes Gottes hintansetzen und den Tisch besorgen" (Apg 6, 2). Zweitens: Wie Er den leiblichen Tod erwählte, um uns das Leben des Geistes zu schenken, so nahm Er auch die leibliche Armut auf sich, um uns geistig zu bereichern: „Ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus; um unseretwillen ist Er arm geworden, damit wir durch Seine Armut reich würden" (2 Kor 8, 9). Drittens: Hätte Er Reichtümer besessen, so würde man Habsucht für den Beweggrund Seiner Predigt gehalten haben. Deshalb schreibt Hieronymus: Wenn die Jünger Reichtümer besessen hätten, „so würde es den Anschein erwecken, sie hätten nicht um des Heiles der Menschen, sondern um des Gewinnes willen gepredigt". Und das gleiche gilt auch von Christus. Viertens: Die Macht Seiner Gottheit sollte sich um so klarer offenbaren, je verächtlicher Er in Seiner ArQ U A E S T I 0 40, 3

Marc. 1: „Eamus in proximos vicos et civitates, ut et ibi praedicem: ad hoc enim veni." Oportet praedicatores Dei verbi, ut omnino vacent praedicationi, omnino a saecularium rerum cura esse absolutos. Quod facere non possunt qui divitias possddent. Unde et ipse Dominus, Apostolos ad praedicandum mittens, dicit eis: „Nolite possidere aurum neque argentum." Et ipsi Apostoli dicunt, Act. 6: „Non est aequum nos relinquere verbum et ministrare mensis." Secundo quia, sicut mortem corporalem assumpsit ut nobis vitam largiretur spiritualem, ita corporalem paupertatem eustinuit ut nobis spirituales divitias largiretur: secundum illud 2 Cor. 8: „Scitis gratiam Domini nostri Jesu Christi: quoniam propter nos egenus factus est, ut illius inopia divites essemus." Tertio ne, si divitias haberet, cupiditati ejus praedicatio adscriberetur. Unde Hieronymus dicit, super Matth, [lib. 1, cap. 10], quod, si discipuli divitias habuissent, „videbantur non causa salutis hominum, sed causa lucri praedicasse". Et eadem ratio est de Christo. Quarto, ut tanto major virtus divinitatis ejus ostenderetur, quanto per paupertatem videbatur abjectior. Unde dicitur

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MPL 26/62

40,3 mut erschien. Daher heißt es in einer Rede auf dem Konzil von Ephesus: „Er erwählte alles Arme und Niedrige, alles Geringe und den meisten Unbekannte, damit man erkenne, daß Seine Gottheit den Erdkreis umgestaltet hat. Deshalb erwählte Er ein armes Mädchen zu Seiner Mutter und ein noch ärmeres Vaterland; und Er selbst besaß nichts. Das alles kündet dir die Krippe." Z u 1. Übermäßiger Reichtum und Bettelarmut sind, sofern sie Gelegenheit zur Sünde bieten, von denen, die tugendhaft leben wollen, zu meiden. Übermäßiger Reichtum verleitet zu Stolz, Bettelarmut verleitet zu Diebstahl und Lüge oder sogar zum Meineid. Weil aber Christus nicht sündigen konnte, brauchte Er die Sünde nicht aus dem Grunde zu meiden, aus dem Salomon sie mied. — Auch ist nicht j e d e Bettelarmut Gelegenheit zu Diebstahl und Meineid, wie Salomon an dieser Stelle anzudeuten scheint, sondern nur die unfreiwillige, denn um ihr zu entgehen, stiehlt man und schwört falsche Eide. Dagegen bietet die freiwillige Armut nicht diese Gefahr. Und eine solche Armut hat Christus sich erwählt. Zu 2. In Nahrung und Kleidung kann man das gewöhnliche Leben nicht nur dann führen, wenn man reich ist, sondern auch wenn man von den Reichen das Q U A E S T I 0 40, 3

ACOe i in quodam sermone Ephesini Concilii [Act. part. 3, cap. 9, V °Mans1 s e n n - 1 Theodoti Ancyr.]: „Omnia paupera et vilia elegit, 5/195 omnia mediocria et plurimis obscura, ut divinitas cognosceretur orbem terrarum transformasse. Propterea pauperculam elegit matrem, pauperiorem patriam: egens fit pecuniis. Et hoc tibi exponat praesepe." AD PRIMUM ergo dicendum quod superabundantia divitiarum et mendicitas vitandae videntur ab his qui volunt vivere secundum virtutem, inquantum sunt occasiones peccandi: abundantia namque divitiarum est superbiendi occasio; mendicitas vero est occasio furandi et mentiendi, aut etiam perjurandi. Quia vero Christus peccati capax non erat, propter hanc causam, ex qua Salomon haec vitabat, Christo vitanda non erant. — Neque tarnen quaelibet mendicitas est furandi et perjurandi occasio, ut ibidem Salomon subdere videtur: sed sola illa quae est contraria voluntati, ad quam vitandam homo furatur et perjurat. Sed paupertas voluntaria hoc periculum non habet. Et talem paupertatem Christus elegit. AD SECUNDUM dicendum quod communi vita uti quantum ad victum et vestitum potest aliquis non solum divitias possidendo, sed etiam a divitibus necessaria accipiendo. Quod etiam

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Nötige empfängt. Das war bei Christus der Fall; es heißt 40, 4 nämlich bei Lk 8, 2. 3, einige Frauen hätten Christus begleitet, „um Ihm mit ihrem Vermögen zu dienen". „Dies war bei den Juden Brauch und erregte keinen Argwohn, w e n n Frauen nach alter Volkssitte aus ihrem Vermögen ihren Lehrern Lebensunterhalt und Kleidung boten. Bei den Heiden konnte das Anstoß erregen, und deshalb erwähnt Paulus, er habe das abgelehnt" (Hieronymus). So konnte also der Lebensunterhalt beschafft werden, ohne daß die Sorge um ihn das Predigeramt beeinträchtigte; der Reichtum aber hätte das nicht gestattet. Z u 3. Wer aus Not arm ist, dessen Demut ist nicht besonders lobenswert. In dem freiwillig Armen dagegen — w i e es Christus war — ist gerade die Armut ein Zeichen höchster Demut. Hat Christus

4. A R T I K E L nach dem Gesetz gelebt?

[35]

1. Das Gesetz verbot, am Sabbat irgendeine Arbeit zu leisten, so w i e „Gott am siebenten Tage von allen Seinen Werken ruhte, die Er geschaffen hatte" (Gn 2, 2). Q U A E S T I 0 40, 4

circa Christum factum est: dicitur enim Lucae 8, quod mulieres quaedam sequebantur Christum, „quae ministrabant ei de facultatibus suis". Ut enim Hieronymus dicit, contra Vigilan- mpl tium [in Matth., cap. 27], „consuetudinis Judaicae fuit, nec 26/214 ducebatur in culpam, more gentis antiquo, ut mulieres de subetantia sua victum et vestitum praeceptoribus suis ministrarent. Hoc autem, quia scandalum facere poterat in nationibus, Paulus se abjecisse commemorat". Sic ergo communis victus poterat esse sine sollicitudine impediente praedicationis officium: non autem divitiarum possessio. AD TERTIUM dicendum quod in eo qui ex necessitate pauper est, humilitas non multum commendatur. Sed in eo qui voluntarie pauper est, sicut fuit Christus, ipsa paupertas est maximae humilitatis indicium. ARTICULUSIV U t r u m C h r is t us f u e r i t c o n v e r s a t u s legem

secundum

(3 Sent., dist. 14, art. 3, qa 6 ad 3; 4 Sent., dlst. 1, q. 2, art. 2, qa 3; Matth., cap. 5]

AD QUARTUM sie proceditur. Videtur quod Christus non fuerit conversatus secundum legem. Lex enim praeeipiebat ut nihil operis in sabbato fieret, sicut „Deus die septimo requie-

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40, 4 Nun hat Christus aber am Sabbat einen Menschen geheilt und ihm befohlen, sein Bett zu tragen. Es scheint also, daß Er nicht nach dem Gesetz gelebt hat. 2. Christus hat so gelebt, wie Er gelehrt hat. „Christus begann zu wirken und zu lehren" (Apg 1 , 1 ) . Nun hat Er aber selbst gelehrt: „Alles, was in den Mund eingeht, befleckt den Menschen nicht" (Mt 15, 11). Diese Lehre verstößt jedoch gegen das Gesetz, das den Menschen nach dem Genuß und der Berührung gewisser Tiere für unrein erklärt, wie das aus Lv 11 hervorgeht. Er scheint also nicht nach dem Gesetz gelebt zu haben. 3. Das gleiche Urteil scheint für den Täter wie für den, der der Tat zustimmt, zu gelten, nach Rom 1, 32: „Nicht bloß die es selbst tun, sondern auch jene, die ihnen Beifall spenden." Nun stimmte aber Christus den Jüngern zu, als sie entgegen dem Gesetz am Sabbat Ähren pflückten, denn Er entschuldigte sie (Mt 12, 1—8). Also scheint Christus nicht nach dem Gesetz gelebt zu haben. ANDERSEITS steht bei Mt 5, 17: „Glaubet nicht, daß Ich gekommen bin, das Gesetz und die Propheten aufzuheben." Chrysostomus erklärt das so: „Er hat das Gesetz erfüllt, indem Er erstens keine Gesetzesvorschriften übertrat, zweitens die Rechtfertigung durch den Glauben herbeiführte, was das Gesetz durch den Buchstaben nicht bewirken konnte." Q T! A E S T I O 40, 4

vit ab omni opere quod patrarat". Sed ipse in sabbato curavit hominem, et ei mandavit ut tolleret lectum suum. Ergo videtur quod non fuerit secundum legem conversatus. 2. PRAETEREA, eadem Christus fecit et docuit: secundum illud Act. 1: „Coepit Jesus facere et docere." Sed ipse docuit, Matth. 15, quod „omne quod intrat in os, non coinquinat hominem": quod est contra praeceptum legis, quae per esum et contactum quorumdam animalium dicebat hominem immundum fierii, ut patet Levit. 11. Ergo videtur quod ipse non fuerit secundum legem conversatus. 3. PRAETEREA, idem judicium videtur esse facientis et consentientis: secundum illud Rom. 1: „Non solum illi qui faciunt, sed qui consentiunt facientibus." Sed Christus consensit discipulis solventibus legem in hoc quod sabbato spicas vellebant, excusando eos: ut habetur Matth. 12. Ergo videtur quod Christus non conversatus fuerit secundum legem. SED CONTRA est quod dicitur Matth. 5: „Nolite putare quoniam veni solvere legem aut prophetas." Quod exponens ChryMPG eostomus dioit [hom. 16 in Matth.]: „Legem implevit, primo 57/241 quidem, nihil transgrediendo legalium; secundo, justiflcando per fidem, quod lex per litteram facere non valebat."

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ANTWORT: Christus hat in jeder Hinsicht nach den 40,4 Vorschriften des Gesetzes gelebt. Um dieses zu zeigen, wollte Er sich beschneiden lassen, denn die Beschneidung ist eine Art Versprechen, das Gesetz zu erfüllen: „Ich erkläre jedem, der sich beschneiden läßt, daß er verpflichtet ist, das ganze Gesetz zu halten" (Gal 5, 3). Christus wollte nach dem Gesetze leben, erstens, um das alte Gesetz zu bestätigen. Zweitens, um es dadurch, daß Er selbst es beobachtete, zu erfüllen und abzuschließen und um so zu zeigen, daß es auf Ihn hingeordnet war. Drittens, um den Juden alle Möglichkeit zu entziehen, Ihn zu verleumden. Viertens, um die Menschen von der Knechtschaft des Gesetzes zu befreien. „Gott sandte Seinen Sohn, dem Gesetze unterworfen, um die, welche unter dem Gesetze standen, loszukaufen" (Gal 4, 4). Z u 1. Der Herr rechtfertigt sich gegen den Vorwurf einer Gesetzesübertretung mit drei Gründen: Erstens, durch das Gebot der Sabbatruhe sind keine göttlichen, sondern nur menschliche Werke verboten. Denn wenn auch Gott am siebenten Tage von der Schöpfung n e u e r Wesen ruhte, ist Er doch immer tätig bei der Erhaltung und Lenkung der Dinge. Wenn nun Christus Wunder wirkte, handelte es sich um göttliches Wirken. Daher sagt Er selbst: „Der Vater wirkt bis zur Stunde, und auch Ich wirke" (Jo 5, 17). Zweitens rechtfertigt Er sich dadurch, daß durch dieQ U A E S T I 0 40, 4

RESPONDEO dicendum quod Christus in omnibus secundum legis praecepta conversatus est. In cujus sagnum, etiam voluit circumcidi: circumcisio enim est quaedam protestatio legis implendae, secundum illud Gal. 5: „Testificor omni homini circumcidenti se, quoniam debitor est universae legis faciendae." Voluit autem Christus secundum legem conversari, primo quidem, ut legem veterem comprobaret. — Secundo, ut eam observando in seipso consummaret et terminaret, ostendens quod ad ipsum erat ordinata. — Tertio, ut Judaeis occasionem calumniandi subtraheret. — Quarto, ut homines a Servitute legis liberaret: secundum illud Gal. 4: „Misit Deus Filium suum factum sub lege, ut eos qui sub lege erant redimeret." AD PRIMUM ergo dicendum quod Dominus super hoc se excusat a transgressione legis tripliciter. Uno quidem modo, quia per praeceptum de sanctificatione sabbati non interdicitur opus divinum, sed humanuni opus: quamvis enim Deus die septima cessaverit a novis creaturis condendis, Semper tarnen operatur in rerum conservatione et gubernatione. Quod autem Christus miracula faciebat, erat operis divini. Unde ipse dicit, Joan. 5: „Pater meus usque modo operatur, et ego operor." Secundo, excusat se per hoc quod illo praecepto non pro-

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4 ses Gebot die Arbeiten nicht untersagt werden, die zum Wohl des leiblichen Lebens notwendig sind. Er sagt selbst: „Bindet nicht jeder von euch am Sabbat seinen Ochsen oder seinen Esel von der Krippe los und führt ihn zur Tränke?" (Lk 13, 15); und gleich darauf (14, 5) fährt Er fort: „Wenn einem von euch ein Esel oder ein Ochs in den Brunnen fällt, wird er ihn dann nicht sofort, auch am Sabbat, herausziehen?" Nun ist es aber klar, daß die Wunder, die Christus wirkte, dem Wohl des Leibes und der Seele dienten. Drittens untersagt jenes Gebot kein Werk, das zum Gottesdienst gehört. Daher sagt Er Mt 12, 5: „Oder habt ihr nicht im Gesetz gelesen, daß die Priester im Tempel am Sabbat die Sabbatruhe brechen und ohne Schuld sind?" Und Jo 7, 23 heißt es: „Am Sabbat empfängt der Mensch die Beschneidung." Wenn nun Christus dem Gichtbrüchigen befahl, sein Bett am Sabbat zu tragen, so geschah dies als Gottesdienst, nämlich zum Preis der göttlichen Macht. So hat Er offenbar den Sabbat nicht verletzt, wenn auch die Juden Ihm das fälschlich vorwarfen: „Dieser Mensch ist nicht von Gott, Er hält den Sabbat nicht" (Jo 9, 16). Z u 2. Christus wollte durch diese Worte zeigen, daß die Seele des Menschen keineswegs ihrer Natur nach, sondern nur sinnbildlich durch den Genuß irgendeiner Q U A E S T I O 40, 4

hibentur opera quae sunt de necessitate salutis corporalis. Unde ipse dicit, Luc. 13: „Unusquisque vestrum non solvet sabbato bovem suum aut asinum a praesepio, et ducit adaquare?" Et infra, 14: „Cujus vestrum asinus aut bos in puteum cadit, et non continuo extrahit illum die sabbati?" Manifestum est autem quod opera miraculorum quae Christus faciebat, ad salutem corporis et animae pertinebant. Tertio, quia illo praecepto non prohibentur opera quae pertinent ad Dei cultum. Unde dicit, Matth. 12: „An non legistis in lege quia sabbatis sacerdotes in Templo sabbatum violant, et sine crimine sunt?" Joan. 7 dicitur quod „circumcisionem accipit homo in sabbato". Quod autem Christus paralytico mandavit ut lectum suum sabbato portaret, ad cultum Dei pertinebat, idest ad laudem virtutis divinae. Et patet quod sabbatum non solvebat. Quamvis hoc ei Judaei falso objicerent, dicentes, Joan. 9: „Non est hie homo a Deo, qui sabbatum non custodit." AD SECUNDUM dicendum quod Christus voluit ostendere per ilia verba quod homo non redditur immundus secundum animam ex usu ciborum quorumcumque secundum suam na-

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Speise verunreinigt würde. Wenn im Gesetz einige 40,4 Speisen als unrein bezeichnet werden, so ist dies sinnbildlich zu verstehen: „Ob es sich um Schweine oder um Lämmer handelt, beide sind ihrer Natur nach rein, denn ,jedes Geschöpf Gottes ist gut'; sinnbildlich jedoch gefaßt, ist das Lamm rein, das Schwein dagegen unrein" (Augustinus) [36]. Z u 3. Auch die Jünger, die die Ähren pflückten, sind von der Übertretung des Gesetzes entschuldigt, da der Hunger sie nötigte, wie auch David das Gesetz nicht übertreten hat, als er, von Hunger gedrängt, die Brote aß, deren Genuß ihm nicht erlaubt war. Q U A E S T I 0 40, 4

turam, sed solum secundum quamdam signiflcationem. Quod autem in lege quídam cibi dicuntur immundi, hoc est propter quamdam signiflcationem. Unde Augustinus dicit, contra Fau- MPL stum [lib. 6, cap. 7 ] : „Si de porco et agno requiratur, utrum- 42/233 que natura mundum est, quia ,omnis creatura Dei bona est': ¿ff/29 quadam vero significatione agnus mundus, porcus immundus est." AD T E R T I U M dicendum quod etiam discipuli, quando esurientes spicas sabbato vellebant, a transgressione legis excusantur propter necessitatem famis: sicut et David non fuit transgressor legis quando, propter necessitatem famis, comedit panes quos ei edere non licebat.

153

1

41. F R A G E

DIE VERSUCHUNG CHRISTI Hierauf betrachten wir die Versuchung Christi. Dazu ergeben sich vier Einzelfragen: 1. War es angemessen, daß Christus versucht werde? 2. Der Ort der Versuchung. 3. Die Zeit. 4. Die Art und die Reihenfolge der Versuchungen. 1. A R T I K E L War es angemessen, daß Christus versucht

werde?

1. Versuchen bedeutet das gleiche wie „eine Untersuchung anstellen". Das tut man jedoch nur, wenn man über eine Sache noch nicht im klaren ist. Nun war aber die Macht Christi auch den bösen Geistern bekannt. Lk 4, 41: „Er ließ die bösen Geister nicht reden, da sie wußten, daß Er der Gesalbte sei." Es scheint also, daß es für Christus nicht angemessen war, versucht zu werden. 2. Christus war gekommen, um die Werke des Satans zunichte zu machen: „Der Sohn Gottes ist erschienen, um die Werke des Satans zu vernichten" (1 Jo 3, 8). Nun

QUAESTIO

XLI

DE TENTATIONE CHRISTI Deinde considerandum est de tentatione Christi. Et circa hoc quaeruntur quatuor: 1. Utrum fuerit conveniens Christum tentari. — 2. De loco tentationis. — 3. De tempore. — 4. De modo et ordine tentationum. Utrum

Christo

ARTICULUS I tentari conveniens

fuerit

[In Matth., cap. 4]

AD PRIMUM sic proceditur. Videtur quod Christo tentari non conveniebat. Tentare enim est „experimentum sumere".1 Quod quidem non fit nisi de re ignota. Sed virtus Christi erat nota etiam daemonibus: dicitur enim Lue. 4, quod „non sinebat daemonia loqui, quia sciebant eum esse Christum". Ergo videtur quod non decuerit Christum tentari. 2. PR AETEREA, Christus ad hoc venerat ut opera diaboli dissolverei: secundum illud 1 Joan. 3: „In hoc apparuit Filius 1 CI. Hugo a

154

S. Victore, Quaest. in Hebr. 38;

MPL 175/618.

kann aber niemand die Werke eines anderen vernichten 41,1 und gleichzeitig an sich selbst geschehen lassen. Deshalb scheint es nicht entsprechend gewesen zu sein, daß Christus sich vom Satan versuchen ließ. 3. Es gibt dreierlei Versuchungen: durch das Fleisch, die Welt und den Satan. Christus war aber weder vom Fleisch noch von der Welt versucht worden. Folglich durfte Er auch nicht vom Satan versucht werden. ANDERSEITS heißt es Mt 4, 1: „Christus wurde vom Geist in die Wüste geführt, um vom Satan versucht zu werden." A N T W O R T : Christus wollte sich versuchen lassen: Erstens, um uns gegen die Versuchungen Hilfe zu leisten. Deshalb schreibt der hl. Gregor: „Es lag für unseren Erlöser keine Herabwürdigung darin, sich versuchen zu lassen, für Ihn, der gekommen war, um sich auch töten zu lassen. Er hat durch Seine Versuchungen unsere Versuchungen überwunden, wie Er durch Seinen Tod unseren Tod überwand." Zweitens, zu unserer Warnung: damit niemand, und wäre er noch so heilig, sich für gesichert und gegen Versuchungen gefeit halte. Daher wollte Er sich auch nach der Taufe versuchen lassen, denn, wie Hilarius schreibt, „wüten besonders in den Geheiligten die Versuchungen des Satans, der gerade über sie den Sieg zu erringen Q U A E S T I O 41, l

Dei, ut dissolvat opera diaboli." Sed non est ejusdem dissolvere opera alicujus, et ea pati. Et ita videtur inconveniens fuisse quod Christus pateretur se tentari a diabolo. 3. PRAETEREA, triplex est tentatio: scilicet a carne, a mundo, a diabolo.1 Sed Christus non tuit tentatus nec a carne nec a mundo. Ergo nec etiam debuit tentari a diabolo. SED CONTRA est quod dicitur Matth. 4: „Ductus est Jesus a Spiritu in desertum, ut tentaretur a diabolo." RESPONDEO dicendum quod Christus tentari voluit, primo quidem, ut nobis contra tentationes auxilium ferret. Unde Gregorius dicit, in Homilia [hom. 16 in E v . ] : „Non erat indignum Redemptori nostro quod tentari voluit, qui venerat et occidi: ut sie tentationes nostras suis tentationibus vinceret, sicut mortem nostram sua morte superávit." Secundo, propter nostram cautelam: ut nullus, quantumeumque sanetus, se existimet securum et immunem a tentatione. Unde etiam post baptismum tentari voluit: quia, sicut Hilarius dicit, super Matth, [cap. 3], „in sanctificatis máxime diaboli tentamenta grassantur: quia victoria magis est ei exoptanda de a

l Bernardus, De Hum. Condlt., cap. 12 et 13, M P L 184/503 sq.; S. Vict., Sequent. de Omnibus Sarictis. M P L 196/1527.

Adamus

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41, i trachtet." Aus dem gleichen Grund heißt es auch Sir 2, 1: „Kind, willst du dich dem Dienste Gottes weihen, so stehe fest in Gerechtigkeit und Furcht und mache dich auf Anfechtung gefaßt." Drittens, des Beispiels wegen: um uns nämlich zu unterweisen, wie wir die Versuchungen des Satans überwinden sollen. Augustinus sagt daher, daß Christus sich dem Satan „zur Versuchung darbot, um nicht nur durch Seinen Beistand, sondern auch durch Sein Beispiel unser Mittler bei der Überwindung der Versuchungen des Teufels zu sein". Viertens, um uns Vertrauen auf Seine Barmherzigkeit einzuflößen: „Wir haben nicht einen Hohenpriester, der mit unseren Schwächen kein Mitleid haben könnte, denn in allem ist Er ebenso versucht worden wie wir; doch ist Er ohne Sünde" (Hebr 4, 15). Z u 1. Augustinus schreibt: „Christus gab sich den bösen Geistern [37 ] nur soweit zu erkennen, als Er wollte, nicht durch das, worin das ewige Leben besteht, sondern durch gewisse zeitliche Erweise Seiner Macht", aus denen sie Seine Gottessohnschaft mutmaßlich erschließen konnten. Weil sie dagegen in Ihm auch manche Anzeichen menschlicher Schwäche sahen, erkannten sie Ihn nicht mit voller Gewißheit als den Sohn Gottes. Und deshalb wollte Ihn der Satan versuchen. Das ist Mt 4, 2 f. angedeutet, wo es heißt: „Als Ihn hungerte, trat der Q U A E S T I O 11, l

mpl 42/899

mpl 41/273 40i?«9

sanctis". Unde et Eccli. 2 dicitur: „Fili, accedens ad ßervitutem Dei, sta in justitia et timore, et praepara animam tuam ad tentationem." Tertio, propter exemplum: ut ecilicet nos instrueret qualiter diaboli tentationes vincamus. Unde Augustinus dicit, 4 de Trin. [cap. 13], quod Christus diabolo „se tentandum praebuit, ut ad superandas tentationes ejus mediator esset, non solum per adjutorium, verum etiam per exemplum". Quarto, ut nobis flduciam de sua misericordia largiretur. Unde dicitur Hebr. 4 : „Non habemus Pontificem qui non possit compati infirmitatibus nostris: tentatum autem per omnia, pro similitudine, absque peccato." AD PRIMUM ergo dicendum quod, sicut Augustinus dicit, 9 de Civ. Dei [cap. 21], „Christus tantum innotuit daemonibus < l u a n t u m voluit: non per id quod est vita aeterna, eed per quaedam temporalia suae virtutis eflecta", ex quibus quamdam conjecturam habebant Christum esse Filium Dei. Sed quia rursus in eo quaedam signa humanae infirmitatis videbant, non pro certo cognoscebant eum esse Filium Dei. Et ideo eum tentare voluit. Et hoc significatur Matth. 4, ubi dicitur quod, „postquam esuriit, accessit tentator ad eum": quia, ut Hilarius

156

Versucher an Ihn heran." Denn „der Satan hätte nicht 41,1 gewagt, Christus zu versuchen, wenn er nicht an einer Schwäche, nämlich Seinem Hunger, etwas Menschliches erkannt hätte" (Hilarius). Das geht auch aus der Art und Weise hervor, wie er Ihn versuchte, er sagte nämlich : „Wenn Du der Sohn Gottes bist", wozu der hl. Gregor erklärend bemerkt: „Was besagt wohl dieser Beginn einer Rede? Doch nur, daß er wußte, der Sohn Gottes w e r d e kommen. Daß Er aber bereits gekommen sei, vermutete er wegen dessen leiblicher Schwäche nicht." Z u 2. Christus war gekommen, um die Werke des Satans zu vernichten, aber nicht durch Anwendung von Gewalt, sondern dadurch, daß Er sich von ihm und seinen Gliedern belästigen ließ, denn durch Gerechtigkeit, nicht durch Gewalt wollte Er den Satan besiegen, wie Augustinus schreibt: „Nicht durch göttliche Macht, sondern durch Gerechtigkeit sollte der Teufel besiegt werden." Deshalb muß man bei der Versuchung Christi wohl auseinanderhalten, was Er aus freiem Willen tat und was Er durch den Satan an sich geschehen ließ. Daß Er sich nämlich dem Versucher darbot, geschah freiwillig, weshalb es Mt 4, 1 heißt: „Jesus wurde vom Geist in die Wüste geführt, um vom Satan versucht zu werden", wozu der hl. Gregor sagt, es müsse vom Heiligen Geist verstanden werden: „Sein eigener Geist wollte Ihn dorthin führen, wo Ihn der böse Geist finden sollte, um Ihn zu verführen." Dagegen ließ Er es an sich geschehen, Q U A E S T I 0 41, 1

dicit [loc. cit.], „tentare Christum diabolus non fuisset ausus, MPL nisi in eo, per esuritionis infirmitatem, quae sunt hominis re- 9 / 929 cognosceret." Et hoc etiam patet ex ipso modo tentandi, cum dixit, „Si Filius Dei es". Quod exponens Gregorius [Ambr., MPL 4 in Luc., oap. 4] dicit: „Quid sibi vult talis sermonis exorsus, 15/1617 nisi quia cognoverat Dei Filium esse venturum, sed venisse per infirmitatem corporis non putabat?" AD SECUNDUM dicendum quod Christus venerat dissolvere opera daboli, non potestative agendo, sed magis ab eo et ejus taembris patiendo, ut sie diabolum vinceret justitia, non potestate: sicut Augustinus dicit, 13 de Trin. [cap. 13], quod MPL „diabolus non potentia Dei, sed justitia superandus fuit". Et 42/1026 ideo circa tentationem Christi considerandum est quod propria voluntate fecit, et quod a diabolo passus fuit. Quod enim tentatori se offerret, fuit propriae voluntatis. Unde dicitur Matth. 4: „Ductus est Jesus in desertum a Spiritu, ut tentaretur a diabolo": quod Gregorius [hom. 16 in Ev.] intelligendum dicit MPL de Spiritu Sancto, ut scilicet „illuc eum Spiritus suus duceret, 76/1135 ubi eum ad tentandum spiritus malignus inveniret". Sed a diabolo passus est quod assumeretur vel „supra pinnaculum

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41, i daß Er vom Satan „auf die Zinne des Tempels" und auch „auf einen sehr hohen Berg entführt wurde. Und es darf niemanden befremden, daß Der sich von Satan auf einen Berg führen ließ, Der sich dessen Gliedern zur Kreuzigung hingab" (Gregor). Der Ausdruck: „Er wurde vom Teufel entführt", darf jedoch nicht als Zwang aufgefaßt werden, sondern „Er folgte ihm vielmehr zur Versuchung wie ein Wettkämpfer, der freiwillig vortritt" (Origenes). Z u 3. „Christus wollte in allem versucht werden; doch blieb Er ohne Sünde" (Hebr 4, 15). Eine Versuchung, die von einem Feinde kommt, kann ohne Sünde sein; denn sie geschieht nur durch eine Einflüsterung von außen. Eine Versuchung dagegen, die aus dem Fleische aufsteigt, kann nicht ohne Sünde sein. Denn sie entsteht durch Lust und Begierlichkeit und, wie Augustinus sagt, „ist es immer etwas an sich Sündhaftes, wenn das Fleisch wider den Geist aufsteht". Deshalb wollte Christus sich vom bösen Feind, nicht aber durch das Fleisch versuchen lassen. Q T J A E S T I O 41, l

Templi", vel etiam „in montem excelsum valde. Nec est ibid. mirum", ut Gregorius dicit, „si se ab illo permisit in montem duci, qui se permisit a membris ipsius crucifigi". Intelligitur autem a diabolo assumptus, non quasi ex necessitate: sed quia mpg ut Origenes dicit, super Luc. [hom. 31], „sequebatur eum ad 13Q879 tentationem quasi athleta sponte procedens". AD TERTIUM dicendum quod, sicut Apostolus dicit [Ad Hebr., cap. 4]: „Christus in omnibus tentari voluit, absque peccato." Tentatio autem quae est ab hoste, potest esse sine peccato: quia fit per solam exteriorem suggestionem. Tentatio autem quae est a carne, non potest esse sine peccato: quia haec tentatio fit per delectationem et concupiscentiam; et, eicut mpl Augustinus dicit [19 de Civ. Dei, cap. 4; 2 de Lib. Arb., cap. 18], 32/1266 »nonnullum peccatum est cum caro concupiscit adversus epiric s e l tum". Et ideo Christus tentari voluit ab hoste, non a carne.

40 H/375

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2. A R T I K E L Mußte Christus in der Wüste versucht

41,2 werden?

1. Christus ließ sich nur versuchen, um uns ein Beispiel zu geben (Art. 1). Ein Beispiel aber muß denen, die dadurch belehrt werden sollen, klar vor Augen gestellt werden. Deshalb durfte Er sich nicht in der Wüste versuchen lassen. 2. Chrysostomus schreibt: „Der Satan bedrängt jemanden mit seinen Versuchungen, besonders wenn er ihn allein antrifft. Daher versuchte er im Anfang auch das Weib, als er es ohne den Mann antraf." So scheint es, als ob Er dadurch, daß Er, um sich versuchen zu lassen, in die Wüste ging, sich geradezu der Versuchung aussetzte. Da aber Seine Versuchung für uns ein Vorbild sein soll, scheint es, als sollten sich auch andere dazu drängen, Versuchungen auf sich zu nehmen. Das ist jedoch offenbar gefährlich, da wir die Gelegenheit zur Versuchung vielmehr meiden sollten. 3. Mt 4, 5 ist die Rede von einer zweiten Versuchung Christi: „Der Satan nahm Christus mit sich in die heilige Stadt und stellte Ihn auf die Zinne des Tempels." Das geschah also nicht in der Wüste. Er wurde demnach nicht nur in der Wüste versucht. Q U A E S T I O 41, 2

Utrum

Christus

A R T I C U L U S II debuerit tentari

in

deserto

[In Matth., cap. 4]

AD SECUNDUM sic proceditur. Videtur quod Christus non debuit tentari in deserto. Christus enim tentari voluit propter exemplum nostrum, ut dictum est. Sed exemplum debet manifeste proponi illis qui sunt per exemplum informandi. Non ergo debuit in deserto tentari. 2. PRAETEREA, Chrysostomus dicit, super Matth, [hom. 13], MPG quod „tunc maxime instat diabolus ad tentandum, cum viderit 57/209 solitarios. Unde et in principio mulierem tentavit sine viro earn inveniens". Et sie videtur, per hoc quod in desertum ivit ut tentaretur, quod tentationi se exposuit. Cum ergo ejus tentatio sit nostrum exemplum, videtur etiam quod alii debeant se ingerere ad tentationes suseipiendas. Quod tarnen videtur esse periculosum : cum magis tentationum occasiones vitare debeamus. 3. PRAETEREA, Matth. 4 ponitur secunda Christi tentatio qua „diabolus Christum assumpsit in sanetam Civitatem, et statuit eum super pinnaculum Templi": quod quidem non erat in deserto. Non ergo tentatus est solum in deserto.

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41, 2

ANDERSEITS heißt es bei Mk 1, 13: „Jesus war vierzig Tage und vierzig Nächte in der Wüste und wurde vom Satan versucht." A N T W O R T : Christus setzte sich freiwillig der Versuchung des Satans aus, so w i e Er sich auch freiwillig dessen Gliedern zur Tötung hingab (Art. 1 Zu 2). Sonst hätte es der Satan nicht gewagt, sich Ihm zu nahen. Der Satan aber versucht jemanden eher, wenn er allein ist, denn „einer mag überwältigt werden, zwei widerstehen" (Prd 4, 12). Da liegt der Grund, warum Christus in die Wüste wie auf einen Kampfplatz ging, um sich dort vom Teufel versuchen zu lassen. Ambrosius schreibt daher, Christus „wurde mit Absicht in die Wüste geführt, damit Er den Teufel herausfordere. Denn wenn jener — der Satan — nicht gestritten hätte, dann hätte dieser — Christus — nicht gesiegt." — Er fügt aber noch andere Gründe bei, indem er sagt, Christus habe damit „ein Geheimnis" vollzogen, nämlich „die Befreiung Adams aus der Verbannung bewirkt", der aus dem Paradies in die Wüste vertrieben wurde; und habe dadurch „im Vorbild gezeigt, daß der Satan auf uns alle, die wir nach Höherem streben, mit scheelem Auge sieht". Z u 1. Christus wird durch den Glauben allen als Beispiel vorgestellt: „Dabei wollen wir auf den Führer und Vollender unseres Glaubens blicken, nämlich auf Jesus" (Hebr 12, 2). Der Glaube kommt aber, wie aus dem Q U A E S T I O 41, 2

SED CONTRA est quod dicitur Marc. 1, quod „erat Jesus in deserto quadraginta diebus et quadraginta noctibus, et tentabatur a Satana". RESPONDEO dicendum quod, sicut dictum est, Christus propria voluntate se diabolo exhibuit ad tentandum, sicut etiam propria voluntate se membris ejus exhibuit ad occidendum: alioquin diabolus eum advenire non auderet. Diabolus autem magis attentat aliquem cum est solitarius: quia, ut dicitur Eccle. 4, „si quispiam praevaluerit contra unum, duo resistunt ei". Et inde est quod Christus in desertum exivit, quasi ad MPL campum certaminis, ut ibi a diabolo tentaretur. Unde Ambro1 r«T?T6 s ' u s d'cit, super Luc. [lib. 4, cap. 4], quod Christus „agebatur ! iv/146 ' n desertum consilio, ut diabolum provocaret. Nam nisi ille certasset", scilicet diabolus, „non iste vicisset", idest Christus. — Addit autem et alias rationes: dicens hoc Christum fecisse „mysterio, ut Adam de exilio liberaret", qui scilicet de paradiso in desertum ejectus est; „exemplo, ut ostenderet nobis diabolum ad meliora tendentibus invidere". AD PRIMUM ergo dicendum quod Christus proponitur Omnibus in exemplum per fidem: secundum illud Hebr. 12: „Aspicientes in auctorem fldei et consummatorem, Jesum." Fides

160

Römerbrief (10, 17) hervorgeht, „vom Hören", nicht vom 41,2 Sehen. Es heißt sogar Jo 20, 29: „Selig, die nicht sehen und doch glauben." Deshalb war es des Beispieles wegen nicht notwendig, daß die Menschen die Versuchung Christi sahen; es genügte, daß sie den Menschen mitgeteilt wurde. Z u 2. Es gibt zwei Gelegenheiten zur Versuchung. Die eine rührt vom Menschen selber her; wenn sich z. B. jemand der Sünde naht, indem er den Gelegenheiten zu sündigen nicht ausweicht. Und einen solchen Anlaß zur Versuchung muß man meiden; so wurde auch Lot verboten: „Bleibe nirgends stehen im gesamten Umkreis von Sodoma" (Gn 19, 17). Die andere Gelegenheit zur Versuchung kommt vom Satan, der immer „scheelen Auges auf die blickt, die nach Höherem streben" (Ambrosius). Diese Gelegenheit zur Versuchung kann nicht vermieden werden. Daher schreibt Chrysostomus: „Nicht Christus allein wurde vom Geiste in die Wüste geführt, sondern überhaupt alle Kinder Gottes, die den Heiligen Geist in sich haben, denn sie begnügen sich nicht damit, ruhig dahinzuleben, sondern der Heilige Geist drängt sie, irgendein großes Werk in Angriff zu nehmen. Das aber ist für den Teufel gleichbedeutend mit einem Wüstenaufenthalt, denn damit ist keine Ungerechtigkeit verbunden, an der allein der Satan Freude hat. Jedes gute Werk ist überdies auch für das Q U A E S T I O

41, 2

autem, ut dicitur Rom. 10, est „ex auditu", non autem ex visu: quinimmo dicitur, Joan. 20: „Beati qui non viderunt et crediderunt." Et ideo, ad hoc quod tentatio Christi esset nobis in exemplum, non oportet quod ab hominibus videretur, sed sufficiens fuit quod hominibus narraretur. AD SECUNDUM dicendum quod duplex est tentationis occasio. Una quidem ex parte hominis: puta cum aliquis Be peeoato propinquum facit, occasiones peccandi non evitans. Et talis occasio tentationis est vitanda: sicut dictum est Lot, Gen. 19: „Ne steteris in omni regione circa Sodomam." Alia vero tentationis occasio est ex parte diaboli, qui Semper MPL „invidet ad meliora tendentibus", ut Ambrosius dicit [loc. cit.]. Et talis tentationis occasio non est vitanda. Unde dicit Chryso- 32rv/i46f. stomus, super Matth. [Op. Imperf. in Matth., hom. 5], quod MPG „non solum Christus ductus est in desertum a Spiritu, sed 56/662 omnes filii Dei habentes Spiritum Sanctum. Non enim sunt contenti sedere otiosi, sed Spiritus Sanctus urget eos aliquod magnum apprehendere opus: quod est esse in deserto quantum ad diabolum, quia non est ibi injustitia, in qua diabolus delectatur. Omne etiam bonum opus est desertum quantum ad 1 1 27

161

3 Fleisch und die Welt eine Wüste, da es dem Willen des Fleisches und der Welt nicht entspricht." Dem Teufel eine derartige Gelegenheit zur Versuchung zu geben, ist jedoch ungefährlich, denn die Hilfe des Heiligen Geistes, des Urhebers des guten Werkes, ist stärker als die Anfechtung des neidischen Satans. Z u 3. Manche sind der Meinung, alle Versuchungen hätten sich in der Wüste zugetragen. Unter diesen sind wieder einige, die behaupten, Christus sei nicht in Wirklichkeit, sondern nur in einem bildhaften Gesichte in die heilige Stadt geführt worden. Wieder andere sagen, die heilige Stadt selbst, Jerusalem nämlich, werde Wüste genannt, weil sie von Gott verlassen war. E i n e unnötige Annahme, denn Markus sagt zwar, E r sei in der Wüste vom Satan versucht worden, aber er sagt nicht, daß es n u r in der Wüste geschehen sei [ 3 8 ] .

Durfte

Christus

3. A R T I K E L erst nach Seinem werden?

Fasten

versucht

1. Ein strenger Lebenswandel stand Christus nicht an (40, 2). Nun scheint es aber ein Übermaß von Strenge zu sein, daß E r vierzig Tage und vierzig Nächte nichts aß. Q Ü A E S T I O 41, 3

carnem et mundum: quia non est secundum voluntatem carnis et mundi". Talem autem occasionem tentationis dare diabolo non est periculosum: quia majus est auxilium Spiritus Sancti, qui est perfecti operis auctor, quam impugnatio diabola invidentis. AD TERTIUM dicendum quod quidam dicunt omnes tentationes factas fuisse in deserto. Quorum quidam dicunt quod Christus ductus est in sanctam Civitatem, non realiter, sed 6ecunduro imaginariam visionem. Quidam autem dicunt quod etiam ipsa Civitas sancta, idest Jerusalem, „desertum" dicitur, quia erat derelicta a Deo. — Sed hoc non erat necessarium. Quia Marcus dicit quod in deserto tentabatur a diabolo: non autem dicit quod solum in deserto [38]. Utrum

A R T I C U L U S III tentatio Christi debuerit j e j u n i um

esse

post

[In Matth., cap. 4]

AD TERTIUM sie proceditur. Videtur quod tentatio Christi non debuit esse post jejunium. Dictum est enim supra quod Christum non decebat conversationis austeritas. Sed maximae austeritatis videtur fuisse quod quadraginta diebus et quadra-

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Denn die Stelle: „Er fastete vierzig Tage und vierzig 41,3 Nächte", ist so zu verstehen, „daß Er in dieser Zeit überhaupt keine Speise zu sich nahm" (Gregor). Es scheint also nicht erforderlich, daß der Versuchung ein solches Fasten hätte vorausgehen müssen. 2. Mk 1, 13 heißt es: „Er war' vierzig Tage und vierzig Nächte in der Wüste und wurde vom Satan versucht." Diese vierzig Tage und vierzig Nächte hat Er aber gefastet. Anscheinend wurde Er also nicht n a c h dem Fasten, sondern während des Fastens vom Satan versucht. 3. Nirgends kann man lesen, daß Christus mehr als einmal gefastet hat. Er wurde aber nicht nur einmal vom Satan versucht. Es heißt nämlich bei Lk 4, 13: „Als der Satan alle Versuchungen beendet hatte, ließ er eine Zeitlang von Ihm ab." Wie Er nun der zweiten Versuchung kein Fasten vorausgehen ließ, hätte Er es auch bei der ersten nicht zu tun brauchen. ANDERSEITS heißt es Mt 4, 2 f.: „Als Er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte Ihn", und da „trat der Versucher an Ihn heran." ANTWORT: Daß Christus erst nach einem Fasten versucht werden wollte, ist wohlbegründet. Erstens wollte Er uns ein Beispiel geben. Denn alle müssen sich darauf gefaßt machen, sich vor Versuchungen zu schützen (Art. 1). Indem Er nun selbst vor der zu erwartenden Q U A E 8 T I 0 41, 3

ginta noctibus nihil comederit: sie enim intelligitur „quadraginta diebus et quadraginta noctibus jejunasse", quia ecilicet „in illis diebus nullum omnino eibum sumpsit", ut Gregorius MPL dicit [hom. 16 in Ev.]. Ergo non videtur quod debuerit hujus- 76,1137 modi jejunium tentationi praemittere. 2. PRAETEREA, Marci 1 dicitur quod „erat in deserto quadraginta diebus et quadraginta noctibus, et tentabatur a Satana". Sed quadraginta diebus et quadraginta noctibus jejunavit. Ergo videtur quod non post jejunium, sed simul dum jejunaret, sit tentatus a diabolo. 3. PRAETEREA, Christus non legitur nisi semel jejunasse. Sed non solum semel fuit tentatus a diabolo: dicitur enim Luc. 4, quod, „consummata omni tentatione, diabolus recessit ab illo usque ad tempus". Sicut igitur secundae tentationi non praemisit jejunium, ita nec primae praemittere debuit. SED CONTRA est quod dicitur Matth. 4: „Cum jejunasset quadraginta diebus et quadraginta noctibus, postea esuriit": et tunc „aoeessit ad eum tentator". RESPONDEO dicendum quod convenienter Christus post jejunium tentari voluit. Primo quidem, propter exemplum. Quia, cum omnibus, sicut dictum est, immineat se contra tentationes tueri; per hoc quod ipse ante tentationem futuram

11:

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41,3 Versuchung fastete, lehrte Er uns, daß auch wir uns gegen Versuchungen durch Fasten wappnen sollen. Daher zählt der Apostel unter den „Waffen der Gerechtigkeit" das Fasten auf (2 Kor 6, 5—7). Zweitens wollte Er zeigen, daß der Satan die Menschen, die fasten, nicht weniger angreift als andere, die sich guten Werken hingeben. Wie also Christus erst nach der Taufe, so wird Er auch erst nach dem Fasten versucht, „damit du lernst, wie groß das Gut des Fastens ist und was für ein Schild es gegen den Satan ist und daß man sich nach der Taufe nicht Ausschweifungen, sondern dem Fasten hingeben soll; Christus fastete, nicht weil Er es bedurfte, sondern um uns zu unterweisen" (Chrysostomus). Der dritte Grund bestand darin, daß das Fasten den Hunger hervorrief, der dem Satan die Kühnheit gab, Ihn anzugreifen. „Als den Herrn hungerte", so heißt es bei Hilarius, „hatte Ihn nicht eine menschliche Schwäche übermannt, sondern Er überließ Seine menschliche Natur sich selbst. Denn der Satan sollte nicht von Gott, sondern vom Fleische besiegt werden." Deshalb schreibt auch Chrysostomus: „Er ging in Seinem Fasten nicht weiter als Moses und Elias; damit die Annahme des Fleisches nicht unglaubwürdig erscheine." Z u 1. Ein allzu strenger Lebenswandel wäre für Christus nicht angemessen gewesen, da Er sich denen gleichQ U A E S T I 0 41, 3

jejunavit, docuit quod per jejunium nos oportet contra ientationes armari. Unde inter „arma justitiae" Apostolus jejunia connumerat, 2 Cor. 6. Secundo, ut ostenderet quod etiam jejunantes diabolus aggreditur ad tentandum, sicut alios qui bonis operibus vacant. Et ideo, sicut post baptismum, ita post jejunium Christus tentatur. MPG Unde Chrysostomus dicit, super Matth, [hom. 13]: „Ut discas 57/209 Q U A M ixiagnum bonum est jejunium, et qualiter acutum est adversus diabolum; et quoniam post baptismum non lasciviae, sed jejunio intendere oportet; Christus jejunavit, non jejunio indigens, sed nos instruens." Tertio, quia post jejunium secuta est esuries, quae dedit diabolo audaciam eum aggrediendi, sicut dictum est. „Cum autem MPL esuriit Dominus", ut Hilarius dicit, super Matth, [cap. 3], „non 9/928 F ^ T e x subreptione inediae: sed naturae suae hominem dereliquit. Non enim erat a Deo diabolus, sed a carne vincendus". JMPG Unde etiam, ut Chrysostomus dicit [hom. 13 in Matth.], „non 57/210 u j t r a processit in jejunando quam Moyses et Elias: ne incredibilis videretur carnis assumptio". AD PRIMUM ergo dicendum quod Christum non decuit conversatio austerioris vitae, ut se communem exhiberet illis quibus

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stellen wollte, denen Er gepredigt. Es darf aber keiner 41, 3 das Predigtamt übernehmen, ohne vorher gereinigt und in der Tugend gefestigt zu sein. So wie es auch von Christus heißt: „Jesus fing an zu wirken und zu lehren" (Apg 1, 1) [39]. Deshalb nahm Christus sogleich nach der Taufe ein strenges Leben auf sich, um andere zu lehren, erst nach der Bezähmung ihres Fleisches das Predigtamt zu übernehmen (1 Kor 9, 27): „Ich züchtige meinen Leib und bringe ihn in Dienstbarkeit, damit ich, nachdem ich anderen gepredigt habe, nicht selbst verworfen werde." Z u 2. Jenes Wort des Evangelisten Markus kann so verstanden werden, daß „Er vierzig Tage und vierzig Nächte in der Wüste weilte", während denen Er fastete; wenn es aber dann heißt, „Er wurde vom Satan versucht", hat man sich das nicht innerhalb der vierzig Tage und vierzig Nächte, sondern erst nachher zu denken, nach den Worten bei Matthäus, daß Ihn, „nachdem Er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte", was der Versucher zum Anlaß nahm, sich Ihm zu nahen. Daß auch die folgenden Worte: „Und die Engel dienten Ihm", als zeitlich später aufzufassen sind, ergibt sich aus Mt 4, 11: „Dann verließ Ihn der Satan", nämlich nach der Versuchung, „und Engel kamen, um Ihm zu dienen." Was jedoch Markus beifügt: „Er lebte unter wilden Tieren", wird Chrysostomus zufolge Q Ü A E S T I O 41, 3

praedicavit. Nullus autem debet assumere praedicationis officium, nisi prius fuerit purgatus et in virtute perfectus: eicut et de Christo dicitur, Act. 1, quod „coepit Jesus facere et docere". Et ideo Christus statim post baptismum austeritatem vitae assumpsit, ut doceret post carnem edomitam oportere alios ad praedicationis officium transire: secundum illud Apostoli: „Castigo corpus meum et in servitutem redigo: ne forte, aliis praedicans, ipse reprobus efficiar." AD SECUNDUM dicendum quod verbum illud Marci potest sie intelligi quod „erat in deserto quadraginta diebus et quadraginta noctibus", quibus scilicet jejunavit: quod autem dicitur, „et tentabatur a Satana", intelligendum est, non in illis quadraginta diebus et quadraginta noctibus, sed post illos; eo quod Matthaeus dicit quod, „cum jejunasset quadraginta diebus et quadraginta noctibus, postea esuriit", ex quo sumpsit tentator occasionem accedendi ad ipsum. Unde et quod subditur, „et angeli ministrabant ei", consecutive intelligendum esse ostenditur ex hoc quod Matth. 4 dicitur: „Tunc reliquit eum diabolus", scilicet post tentationem, „et ecce angeli accesserunt et ministrabant ei". Quod vero interponit Marcus, „eratque cum bestiis", inducitur, secundum Chrysostomum [hom. 13 in MPG

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41, 4 erwähnt, um zu zeigen, „ w a s f ü r eine Wüste es w a r " , nämlich e i n e unwirtliche, voll w i l d e r T i e r e . Nach der Auslegung Bedas jedoch wurde der Herr vierzig Tage und vierzig Nächte hindurch versucht. Das darf man aber nicht von den sichtbaren Versuchungen verstehen, von denen Matthäus und Lukas berichten und die sich nach dem Fasten ereigneten, sondern von manchen anderen Anfechtungen, die Christus vielleicht während der Zeit des Fastens vom Satan erduldete. Z u 3. Ambrosius sagt: Satan wich von Christus „eine Zeitlang", denn „nachher kam er wieder, nicht mehr um Ihn zu versuchen, sondern um Ihn offen zu bekämpfen", nämlich während Seines Leidens. — Jedoch auch durch diesen offenen Kampf scheint er Christus zur Traurigkeit und zum Haß gegen Seine Mitmenschen versucht zu haben, wie er es in der Wüste zur Gaumenlust und zur Verachtung Gottes durch Götzendienst getan hatte.

War

die

4. A R T I K E L Art und Weise und die Reihenfolge Versuchungen entsprechend?

der

1. Die Versuchung des Satans verführt zur Sünde. W e n n aber Christus Steine in Brot verwandelt und so QUAESTI0

41, 4

Matth.], ad ostendendum „quäle erat desertum": quia scilicet erat invium hominibus et bestiis plenum. mp Tarnen secundum expositionem Bedae [in Marc., lib. 1, cap 1], 92/140 Dominus tentatur quadraginta diebus et quadraginta noctibus. Sed hoc intelligendum est, non de illis tentationibus visibilibus quas narrant Matthaeus et Lucas, quae factae sunt post jejunium: sed de quibusdam aliis impugnationibus quas forte illo jejunii tempore Christus est a diabolo passus. MPL AD TERTIUM dicendum quod, sicut Ambrosius dicit, super 15/1617 Luc. [lib. 4, cap. 4], recessit diabolus a Christo „usque ad tempus, quia postea, non tentaturus, sed aperte pugnaturus advenit", tempore soilicet passionis. — Et tarnen per illam impugnationem videbatur Christum tentare de tristitia et odio proximorum: sicut in deserto de delectatione gulae et contemptu Dei per idololatriam. Utrum

fuerit

A R T I C U L U S IV conveniens tentationis et o r d o

modus

[In Matth., cap. 4]

AD QUARTUM sie proceditur. Videtur quod non fuerit conveniens tentationis modus et ordo. Tentatio enim diaboli ad peccandum inducit. Sed si Christus subvenisset corporali fami

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Seinen Hunger gestillt hätte, würde Er nicht gesündigt 41, 4 haben; wie Er auch nicht sündigte, als Er das Brot vermehrte, um die hungernde Volksmenge zu speisen, was kein geringeres Wunder war. Also scheint das keine Versuchung gewesen zu sein. 2. Keiner, der jemand zu etwas überreden will, handelt vernünftig, wenn er ihm das Gegenteil von dem einredet, was er beabsichtigt. Nun stellte der Satan Christus auf die Zinne des Tempels und wollte Ihn zum Stolz und zur Eitelkeit versuchen. Es war aber durchaus unvernünftig, Ihm den Sturz in die Tiefe einzureden, denn das ist dem Stolz und der Eitelkeit, die immer emporzusteigen suchen, entgegen. 8. E i n e Versuchung kann sinnvoll nur auf e i n e Sünde abzielen. Nun wollte er Ihn aber bei der Versuchung auf dem Berg zu zwei Sünden verführen: zur Begierlichkeit und zum Götzendienst. Demnach scheint die Art und Weise der Versuchung nicht angemessen gewesen zu sein. 4. Versuchungen zielen auf Sünden ab. Es gibt aber sieben Hauptsünden (I—II 84, 4; Bd. 12). Er versucht Ihn aber nur zu dreien: zur Gaumenlust, Hoffart und Begierlichkeit. Also scheint die Versuchung unzulänglich gewesen zu sein. 5. Nach dem Sieg über alle Laster bleibt dem Menschen noch die Versuchung zum Stolz oder zur Eitelkeit. Denn „der Stolz stellt auch den guten Werken nach, um Q U A E S T I 0 41, 4

convertendo lapides in panes, non peccasset: sicut non peccavit cum panes multiplicavit, quod non fuit minus miraculum, ut turbae esurienti subveniret. Ergo videtur quod nulla fuerit illa tentatio. 2. PRAETEREA, nullus persuasor convenienter persuadet contrarium ejus quod intendit. Sed diabolus, statuens Christum supra pinnaculum Templi, intendebat eum de superbia seu vana gloria tentare. Ergo inconvenienter persuadet ei ut se mittat deorsum: quod est contrarium superbiae vel vanae gloriae, quae Semper quaerit ascendere. 3. PRAETEREA, una tentatio conveniens est ut eit de uno peccato. Sed in tentatione quae fuit in monte, duo peccata persuasit: scilicet cupiditatem et idololatriam. Non ergo conveniens videtur fuisse tentationis modus. 4. PRAETEREA, tentationes ad peccata ordinantur. Sed Septem sunt vitia capitalia, ut in Secunda Parte habitum est. Non autem tentat nisi de tribus, scilicet gula et vana gloria et cupiditate. Non ergo videtur sufficiens tentatio. 5. PRAETEREA, post victoriam omnium vitiorum, remanet homini tentatio superbiae vel vanae gloriae: quia „superbia

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41, 4 sie zu vernichten" (Augustinus). Dem entspricht jedoch nicht, daß Matthäus an die letzte Stelle die Versuchung zur Habgier auf dem Berge und an die zweite Stelle die zum eitlen Ruhm auf dem Tempel setzt, zumal Lukas die Ereignisse in umgekehrter Reihenfolge aufzählt. 6. Hieronymus sagt: „Christus hatte die Absicht, den Satan durch Demut und nicht durch Gewalt zu besiegen." Er durfte ihn also nicht von sich stoßen, indem Er ihn mit den Worten „Weiche, Satan" gebieterisch zurechtwies. 7. Die Erzählung des Evangeliums scheint etwas Irriges zu enthalten. Es scheint nämlich nicht möglich, daß Christus auf die Zinne des Tempels gestellt werden konnte, ohne von anderen gesehen zu werden. Auch läßt sich kein so hoher Berg finden, von dem man die ganze Welt überblicken könnte, so daß von ihm aus Christus alle Reiche der Welt hätten gezeigt werden können. Die Versuchung Christi scheint also unrichtig beschrieben zu sein. ANDERSEITS widerspricht dem das Ansehen der Heiligen Schrift. ANTWORT: Die Versuchung vom bösen Feind geschieht in Form einer Einflüsterung (Gregor). Nun kann man aber nicht allen Menschen in der gleichen Weise etwas einflüstern, man muß sich vielmehr nach den Neigungen jedes Einzelnen richten. Deshalb versucht der Satan einen Mann des Geistes nicht sogleich zu schweren Q T J A E S T I O 41, 4

MPL etiam bonis operibus insidiatur, ut pereant", sicut dicit Augu3 33«60 s ^ n u s Regula et ep. 211]. Inconvenienter ergo Matthaeus ultimam ponit tentationem cupiditatis in monte, mediam autem inanis gloriae in Templo: praesertim cum Lucas ordinet e converso. MPL 6. PRAETEREA, Hieronymus dicit, super Matth, [lib. 1, 26 31 / cap. 4] quod „propositum Christi fuit diabolum humilitate vincere, non potestate". Ergo non imperiose objurgando eum repellere debuit: „Vade retro, Satana." 7. PRAETEREA, narratio Evangelii videtur falsum continere. Non enim videtur possibile quod Christus supra pinnaculum Templi statui potuerit quin ab aliis videretur. Neque aliquis mons tarn altus invenitur ut inde totus mundus inspici possit, ut sie ex eo potuerint Christo omnia regna mundi ostendi. Inconvenienter igitur videtur descripta Christi tentatio. SED CONTRA est Scripturae auetoritas. RESPONDEO dicendum quod tentatio quae est ab hoste, fit MPL per modum suggestionis, ut Gregorius dicit [hom. 16 in Ev.]. 76/1135 Non autem eodem modo potest aliquid omnibus suggeri: eed unieuique suggeritur aliquid ex his circa quae est afiectus. Et ideo diabolus hominem spiritualem non statim tentat de

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Sünclen, sondern beginnt mit leichteren Dingen, um ihn 41, 4 allmählich zu schwereren hinzuleiten. Darum schreibt Gregor zu Job 39, 25, ,Von ferne wittert es den Kampf, das Rufen der Führer und das Schlachtgeschrei des Heeres': „Mit Recht wird gesagt, daß die Führer rufen und das Heer ein Schlachtgeschrei erhebt. Denn die ersten Laster schleichen sich unter dem Deckmantel eines Vernunftgrundes in den getäuschten Geist ein, die zahllosen folgenden aber verwirren den Geist wie durch das Geschrei wilder Tiere und zerren ihn zu jeglicher Tollheit." Ebendiesen Weg hatte der Satan bei der Versuchung des ersten Menschen eingeschlagen. Denn zuerst reizte er seinen Geist, von dem verbotenen Baum zu essen, indem er (Gn 3, 1) sprach: „Warum hat euch Gott geboten, nicht von allen Bäumen des Paradieses zu essen?" Dann versuchte er ihn zur Eitelkeit: „Eure Augen werden sich auftun", und schließlich ging er über zu einer Versuchung zum ärgsten Stolz mit den Worten: „Ihr werdet wie Götter sein, Gutes und Böses erkennend." Die gleiche Reihenfolge der Versuchungen beobachtete er auch Christus gegenüber. Denn zuerst versuchte er ihn in etwas, wonach auch noch so geistig gesinnte Männer verlangen, nämlich in der Erhaltung des leiblichen Lebens durch Nahrung. Dann ging er zu etwas über, worin dann und wann Männer des Geistes fehlen, daß sie nämlich etwas tun, bloß um gesehen zu werden, also QUAESTIO 41, 4 gravibus peccatis: sed paulatim a levioribus incipit, ut postmodum ad graviora perducat. Unde Gregorius dicit, 31 Mor. mpl [cap. 45], exponens illud Job 39, ,Procul odoratur bellum, 7 6 / 6 2 3 exhortationem ducum et ululatum exercitus', dicit: „Bene duces exhortari dicti sunt, exercitus ululare. Quia prima vitia deceptae menti quasi sub quadam ratione se ingerunt: sed innumera quae sequuntur, dum hanc ad omnem insaniam pertrahunt, quasi bestiali clamore confundunt." Et hoc idem diabolus observavit in tentatione primi hominis. Nam primo sollicitavit mentem primi hominis de ligni vetiti esu, dieens, Gen. 3: „Cur praecepit vobis Deus ut non comederetis de omni ligno paradisi?" Secundo, de inani gloria, cum dixit: „Aperientur oculi vestri." Tertio, perduxit tentationem ad extremam superbiam, cum dixit: „Eritis sicut dii, scientes bonum et malum." Et hunc etiam tentandi ordinem servavit in Christo. Nam primo tentavit ipsum de eo quod appetunt quantumcumque spirituales viri: scilicet de sustentatione corporalis naturae per cibum. Secundo, processit ad id in quo spirituales viri quandoque deficiunt, ut scilicet aliqua ad ostentationem operentur: 12 27

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41,4 aus Hoffart. Schließlich führte er seine Versuchung auf ein Gebiet, das nicht mehr geistige, sondern nur noch fleischlich gesinnte Männer berührt, nämlich die Begierlichkeit nach dem Reichtum und der Herrlichkeit dieser Welt „bis zur Verachtung Gottes". Deshalb sagt er bei den ersten zwei Versuchungen: „Wenn Du der Sohn Gottes bist", nicht aber bei der dritten, die nicht wie die beiden ersten bei geistig gesinnten Menschen, die durch Annahme an Kindes Statt Söhne Gottes sind, vorkommt. Diese Versuchungen überwindet Christus durch Worte des Gesetzes, ohne Seine Macht anzuwenden. „Dadurch wollte Er einerseits den Menschen mehr ehren, anderseits den bösen Feind mehr bestrafen, da so der Feind des Menschengeschlechtes in gewissem Sinne nicht von Gott, sondern von dem Menschen überwunden wurde" (Papst Leo). Z u 1. Sich des Nötigen zur Erhaltung des Lebens zu bedienen, ist keine Sünde der Gaumenlust. Wohl aber kann es zur Gaumenlust gehören, wenn ein Mensch aus Verlangen nach Erhaltung seines Lebens etwas Ungeordnetes tut. Ungeordnet aber ist es, wenn sich jemand dort, wo er sich nach menschlicher Hilfe umsehen kann, nur zur Erhaltung seines leiblichen Lebens auf wunderbare Weise Speise zu verschaffen sucht. Deshalb hat auch der Herr den Söhnen Israels in der Wüste, wo man sich auf keine andere Art Speise verschaffen konnte, auf wunderbare Weise Manna gegeben. Und ähnlich speiste Q U A E S T I O 41, 4

quod pertinet ad inanem gloriam. Tertio, perduxit tentationem ad id quod jam non est spiritualium virorum, sed carnalium: scilicet ut divitias et gloriam mundi concupiseant „usque ad MPL contemptum Dei" [cf. Aug., De Civ. Dei, üb. 14, cap. 28]. 41/436 Et ideo in primis duabus tentationibus dixit, „si Filius Dei es": 400Ai6 n o n a u t e m in tertia, quae non potest spiritualibus convenire viris, qui sunt per adoptionem filii Dei, sicut et duae primae. His autem tentationibus Christus restitit testimoniis legis, non potestate virtutis: „ut hoc ipso et hominem plus honoraret, et adversarium plus puniret, cum hostis generis humani non quasi MPL a Deo, sed quasi ab homine vinceretur", sicut dicit Leo Papa 54/265 [serm. 1 de Quadrag., cap. 3]. AD PRIMUM ergo dicendum quod uti necessariis ad 6ustentationem non est peccatum gulae: sed quod ex desiderio hujus sustentationis homo aliquid inordinatum faciat, ad V i t i u m gulae pertinere potest. Est autem inordinatum quod aliquis, ubi potest haberi recursus ad humana subsidia, pro solo corpore sustentando miraculose sibi cibum quaerere velit. Unde et Dominus filiis Israel miraculose manna praebuit in deserto, ubi aliunde cibus haberi non poterat. Et similiter Christus in deserto turbas

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Christus die Menge wunderbar in der Wüste, weil sie 41,4 sonst keine Speise bekommen konnte. Christus hätte aber, um Seinen Hunger zu stillen, in anderer Weise als durch ein Wunder für sich sorgen können, so wie es Johannes der Täufer tat (Mt 8, 4), oder auch, indem Er in die benachbarten Ortschaften ging. Deshalb vermutete der Satan, Christus würde sündigen, wenn Er, um Seinen Hunger zu stillen, versuchen würde, ein Wunder zu wirken, falls Er ein bloßer Mensch wäre. Z u 2. Nicht selten sucht jemand durch äußere Erniedrigung Ruhm zu erlangen, um so geistiger Vorzüge wegen geehrt zu werden. Daher schreibt Augustinus: „Man bedenke, daß sich nicht nur im Glanz und Gepränge sichtbarer Dinge, sondern auch gerade im Schmutz und Elend Selbstüberhebung finden kann." Um das anzudeuten, riet auch der Teufel Christus, sich leiblich in die Tiefe zu stürzen, um geistigen Ruhm zu suchen. Z u 3. Reichtum und weltliche Ehre erstreben ist Sünde, wenn es in ungeordneter Weise geschieht. Das geschieht aber vor allem dann, wenn ein Mensch zur Erlangung dieses Zieles etwas Unedles unternimmt. Deshalb war Satan nicht zufrieden, Ihn zur Begierde nach Reichtum und Ehre zu reizen, sondern er wollte Christus dazu verführen, ihn ihretwegen anzubeten; und das ist das größte Verbrechen und richtet sich gegen Gott selbst. QU A E S T I O

11, 4

pavit miraculose, ubi aliter cibi haberi non poterant. Sed Christus ad subveniendum fami poterat aliter sibi providere quam miracula faciendo: sicut et Joannes Baptista fecit, ut legitur Matth. 3; vel etiam ad loca próxima properando. Et ideo reputabat diabolus quod Christus peccaret, si ad subveniendum fami miracula facere attentaret, si esset purus homo. AD SECUNDUM dicendum quod per humiliationem exteriorem frequenter quaerit aliquis gloriam qua exaltetur circa spiritualia bona. Unde Augustinus dicit, in libro de Sermone mpl Domini in Monte [lib. 2, cap. 1 2 ] : „Animadvertendum est non 34/1287 in solo rerum corporearum nitore atque pompa, sed etiam in ipsis sordibus esse posse jactantiam." Et ad hoc significandum, diabolus Christo suasit ut, ad quaerendum gloriam spiritualem, corporaliter mitteret se deorsum. AD TERTIUM dicendum quod divitias et honores mundi appetere peccatum est, quando hujusmodi inordinate appetuntur. Hoc autem praecipue manifestatur ex hoc quod pro hujusmodi adipiscendis homo aliquid inhonestum facit. Et ideo non fuit contentus diabolus persuadere cupiditatem divitiarum et honorum, sed induxit ad hoc quod propter hujusmodi adipiscenda Christus eum adoraret: quod est máximum scelus, et 12*

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41,4 — Er sagte nicht nur: „Wenn Du mich anbetest", sondern fügte hinzu: „Wenn Du niederfällst", denn, so schreibt Ambrosius: „Der Ehrgeiz hat seine ihm eigene Gefahr: Um über andere zu herrschen, macht er sich zuerst zum Knecht; um Ehre zu erlangen, beugt er sich in Dienstfertigkeit; und während er aufzusteigen wünscht, sinkt er herab." In ähnlicher Weise sucht er auch in den vorausgehenden Versuchungen, Ihn durch die Lockung zu einer Sünde in eine andere hineinzuziehen; so aus Verlangen nach Speise zu dem eitlen Gedanken, ein Wunder zu wirken ohne Grund; und aus Ruhmbegierde, durch einen Sturz in die Tiefe Gott zu versuchen. Zu 4. Ambrosius schreibt zu Lk 4, B: „Die Schrift hätte nicht gesagt, daß Ihn der Satan, nachdem er mit allen seinen Versuchungen zu Ende war, verlassen habe, wäre nicht in den drei genannten Versuchungen der Keimboden aller Verfehlungen enthalten gewesen. Denn die Ursachen der Versuchungen sind die Ursachen der Begierden, nämlich Fleischeslust, Ruhmsucht und Machtgier." Z u 5. Augustinus schreibt: „Es bleibt ungewiß, was früher geschah, ob Ihm zuerst die Reiche dieser Welt gezeigt wurden und Er dann auf die Zinne des Tempels gestellt wurde, oder umgekehrt. Das ist aber belanglos, Q U A E S T I O 41, 4

contra Deum. — Nec solum dixit, „si adoraveris me", sed MPL addidit, „si caidens": quia, ut dicit Ambrosius [in Luc., lib. 4, 1 ' r w r ^ P ' 4 ] , „habet ambitio domesticum periculum: ut enim domi32 TV/154 netur aliis, prius servit; et curvatur obsequio ut honore donetur; et, dum vult esse sublimior, fit remissior". Et similiter etiam in praecedentibus tentationibus ex appetitu unius peccati in aliud peccatum inducere est conatus: sicut ex desiderio cibi conatus est inducere in vanitatem sine causa miracula faciendi; et ex cupiditate gloriae conatus est ducere ad tentandum D e u m per praecipitium. AD QUARTUM dicendum quod, sicut dicit Ambrosius super MPL Luc. [lib. 4, cap. 4 ] , „non dixisset Scriptura quod, consummata omn /'esel i tentatione, diabolus recessit ab illo, nisi in tribus prae32 iv/156 missis esset omnium materia delictorum. Quia causae tentationum causae sunt cupiditatum": scilicet „carnis oblectatio, s p e s gloriae, et aviditas potentiae". A D QUINTUM dicendum quod, sicut Augustinus dicit, in libro MPL de Consensu Ev. [lib. 2, cap. 16], „incertum est quid prius ^ s e l f a c t u m s ' t : utrum regna terrae prius demonstrata sint ei, et 43/134 postea in pinnaculum Templi locatus sit; aut hoc prius, et illud

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sofern nur feststeht, daß alles geschehen ist." Die Evan- 41, 4 gelisten scheinen jedoch eine verschiedene Reihenfolge eingehalten zu haben, weil man manchmal vom eitlen Ruhm zur Begierlichkeit gelangt, mitunter aber auch umgekehrt. Z u 6. Als Christus die Schmach der Versuchung erduldet und der Satan zu Ihm gesprochen hatte: „Wenn Du der Sohn Gottes bist, stürze Dich herab", bewahrte Er Seine Ruhe und tadelte Satan nicht. Als dieser sich aber göttliche Ehre anmaßte, indem er sprach: „Das alles will ich Dir geben, wenn Du niederfällst und mich anbetest", da geriet Er in äußersten Zorn und stieß ihn mit den Worten zurück: „Hinweg, Satan!" Sein Beispiel soll uns lehren, die uns zugefügten Unbilden großmütig zu ertragen, das Unrecht aber, das Gott angetan wird, nicht einmal an unser Ohr dringen zu lassen. Z u 7. Chrysostomus sagt: „Der Satan stellte Christus so auf die Zinne des Tempels, daß alle Ihn sehen mußten. Er aber bewirkte, ohne Wissen des Satans, daß Er von niemandem gesehen wurde." „Die Worte aber, ,er zeigte Ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit', sind nicht so zu verstehen, als habe Er alle Reiche, Städte, Völker, alles Gold und Silber selbst geschaut, sondern Satan wies Ihn mit dem Finger auf die Gegenden hin, wo die Reiche oder die Städte lagen, und legte Ihm jedesmal die Herrlichkeiten Q U A E S T I 0

41, 4

postea. Nihil tarnen ad rem: dum omnia facta esse manifestum sit". Videntur autem Evangelistae diversum ordinem tenuisse, quia quandoque ex inani gloria venitur ad cupiditatem, quandoque e converso. AD SEXTUM dicendum quod Christus, cum passus fuisset tentationis injuriam, dicente sibi diabolo, „Si Filius Dei es, mitte te deorsum", non est turbatus, nec diabolum increpavit. Quando vero diabolus Dei usurpavit sibi honorem, dicens, „Haec omnia tibi dabo si cadens adoraveris me", exasperatus est et repulit eum, dicens, „Vade, Satana": ut nos illius discamus exemplo nostras quidem injurias magnanimiter eustinere, Dei autem injurias nec usque ad auditum sufferre. AD SEPTIMUM dicendum quod, sicut Chrysostomus dicit [Op. MPG Imperf. in Matth., hom. 5], „diabolus sie Christum assumebat 56/665sq. (in pinnaculum Templi) ut ab omnibus videretur: ipse autem, nesciente diabolo, sie agebat ut a nemine videretur". Quod autem dicit, ,Ostendit ei omnia regna mundi et gloriam eorum', „non est intelligendum quod videret ipsa regna vel civitates vel populos, vel aurum vel argentum: sed partes in quibus unumquodque regnum vel civitas posita est, diabolus

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41, 4 und den Zustand des betreffenden Reiches mit Worten auseinander." — Oder nach Origenes: „Er zeigte Ihm, wie er selbst durch die verschiedenen Laster die Welt beherrschte." Q ü A E S T I O 41, 4

Christo digito demonetrabat, et uniuscujusque regni honores et statum verbis exponebat" [ibid.]. — Vel, secundum Origenem MPG [hom. 30 in Luc.], „ostendit ei quomodo ipse per diversa vitia 13/1877 sq. regnabat in mundo".

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42. F R A G E

DIE LEHRE CHRISTI Hierauf ist die Lehre Christi zu betrachten. Dazu ergeben sich vier Einzelfragen: 1. Hätte Christus nur den Juden oder auch den Heiden predigen sollen? 2. Hätte Er bei Seiner Predigt Erregung unter den Juden verhüten sollen? 3. Hätte Er öffentlich oder im geheimen predigen sollen? 4. Hätte Er nur durch das gesprochene oder auch durch ein geschriebenes Wort lehren sollen? Von der Zeit aber, in der Er zu lehren begann, war schon oben die Rede, als über Seine Taufe gesprochen wurde [39, 3]. 1. A R T I K E L Hätte Christus außer den Juden auch den Heiden predigen sollen? 1. Bei Isaias (49, 6) heißt es: „Zu wenig ist es, daß Du Mein Knecht bist, um aufzurichten Israels Stämme und das Verwahrloste Jakobs heimzuführen; sondern Ich habe Dich gemacht zum Licht der Heiden, daß Du

QUAESTIO

XLII

DE DOCTRINA CHRISTI Deinde considerandum est de doctrina Christi. Et circa hoc quaeruntur quatuor: 1. Utrum Christus debuerit praedicare solun) Judaeis, vel etiam gentibus. — 2. Utrum in sua praedicatione debuerit turbationes Judaeorum vitare. — 3. Utrum debuerit praedicare publice, vel occulte. — 4. Utrum solum debuerit docere verbo, vel etiam scripto. De tempore autem quo docere incoepit, supra dictum est, cum de baptismo ejus ageretur. Utrum

ARTICULUS I C h r i s t u s non solum J u d a e i s , sed gentibus debuerit praedicare

[3 Sent., dist. 1, Expos, litt.; Matth., cap. 10, 15;

etiam

Kom., cap. 15, lect. 1]

AD PRIMUM sic proceditur. Videtur quod Christus non solum Judaeis, sed etiam gentilibus debuerit praedicare. Dicitur enim Isaiae 49: „Parum est ut sis mihi servus ad suscitandas tribus Israel et faeces Jacob convertendas: dedi te in lucem

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i Mein Heil seiest bis an der Erde Grenzen." Nun hat aber Christus durch Seine Lehre Licht und Heil geboten. Anscheinend war es also zu wenig, daß Er nur den Juden und nicht auch den Heiden predigte. 2. Bei Matthäus (7, 29) lesen wir: „Er lehrte wie einer, der Macht hat." Nun erweist sich aber die Macht einer Lehre mehr bei der Unterweisung jener, die überhaupt noch nichts gehört haben, und solche Leute waren die Heiden. Daher schreibt der Apostel: „Ich predige das Evangelium, wo Christus noch nicht bekannt ist; ich wollte nicht auf fremdem Grund bauen" (Rom 15, 20). Demnach hätte Christus weit eher den Heiden als den Juden predigen sollen. 3. Nutzbringender ist die Unterweisung vieler als die eines Einzigen. Christus hat aber einige Heiden unterwiesen, so die Samaritanerin (Jo 4, 7 f.) und die Kananäerin (Mt 15, 22). Also scheint es, Christus hätte um so mehr der Menge der Heidenvölker predigen sollen. ANDERSEITS spricht der Herr (Mt 15, 24): „Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt." Nun heißt es aber im Römerbrief (10, 15): „ W i e kann man predigen, wenn man nicht gesandt ist?" Also durfte Christus den Heiden nicht predigen. ANTWORT: Es war durchaus angemessen, daß die Predigt Christi, sowohl Seine eigene als die der Apostel, sich anfangs nur an die Juden richtete. Erstens wollte Q U A E S T I O 42, l

gentium, ut sis salas mea usque ad extrema terrae." Sed lumen et salutem Christus praebuit per suam doctrinam. Ergo videtur parum fuisse si solum Judaeis, et non gentibus praedicavit. 2. PRAETEREA, sicut dicitur Matth. 7, „erat docens eos sicut potestatem habens". Sed major potestas doctrinae ostenditur in instructione illorum qui penitus nihil audierunt, quales erant gentiles: unde Apostolus dicit, Rom. 15: „Sic praedicavi evangelium, non ubi nominatus est Christus: ne super alienum fundamentum aedificarem." Ergo multo magls Christus praedicare debuit gentilibus quam Judaeis. 3. PRAETEREA, utilior est instructio multorum quam unius. Sed Christus aliquos gentilium instruxit: sicut mulierem Samaritanam, Joan. 4, et Chananaeam, Matth. 15. Ergo videtur quod, multo fortius, Christus debuerit multitudini gentium praedicare. SED CONTRA est quod Dominus dicit, Matth. 15: „Non sum missus nisi ad oves quae perierunt domus Israel." Sed Rom. 10 dicitur: „Quomodo praedicabunt nisi mittantur?" Ergo Christus non debuit praedicare gentibus. RESPONDEO dicendum quod conveniens fuit praedicationem Christi, tarn per ipsum quam per Apostolos, a principio eolis Judaeis exhiberi. Primo quidem, ut ostenderet per suum ad-

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Er zeigen, daß durch Seine Ankunft die alten Ver- 42, i heißungen in Erfüllung gingen, die an die Juden, nicht aber an die Heiden ergangen waren. Daher sagt der Apostel: „Ich sage, Christus ist ein Diener der Beschneidung geworden", d. h. ein Glaubensbote und Prediger für die Juden, „um der Wahrhaftigkeit Gottes willen, zur Beglaubigung der Verheißungen an die Väter" (Rom 15, 8). Zweitens sollte bewiesen werden, daß Er von Gott gekommen sei, denn „was von Gott ist", heißt es im Römerbrief (13, 1), „ist wohlgeordnet". Das jedoch verlangt die gebührende Ordnung, daß den Juden, die Gott durch den Glauben und die Verehrung des E i n e n Gottes näher standen, die Lehre Christi früher vorgelegt und durch sie den Heiden übermittelt wurde. So wie auch in der Hierarchie des Himmels die göttlichen Erleuchtungen über die höheren Engel zu den niederen gelangen. Daher sagt Hieronymus zu der Stelle des Matthäus-Evangeliums (15, 24), ,Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt': „Das bedeutet nicht, daß Er nicht auch zu den Heiden, sondern nur, daß Er z u e r s t zu den Juden gesandt war." Deshalb heißt es auch bei Isaias (66, 19): „Ich will aus denen, die gerettet sind", d. h. aus den Juden, „zu den Heiden senden, und sie werden den Heiden Meine Herrlichkeit verkünden." Drittens wollte Er den Juden die Grundlage zu VerQ U A E S T I 0

42,

l

ventum impleri promissiones antiquitus factas Judaeis, non autem gentilibus. Unde Apostolus dicit, Rom. 15: „Dico Christum ministrum fuisse Circumcisionis", idest apostolum et praedicatorem Judaeorum, „propter veritatem Dei, ad confirmandas promissiones Patrum." Secundo, ut ejus adventus ostenderetur esse a Deo. „Quae" enim „a Deo sunt, ordinata sunt", ut dicitur Rom. 13. Hoc autem est debitus ordo: exigebat, ut Judaeis, qui Deo erant propinquiores per fidem et cultum unius Dei, prius quidem doctrina Christi proponeretur, et per eos transmitteretur ad gentes: sicut etiam et in caelesti hierarchia per superiores angelos ad inferiores divinae illuminationes deveniunt [cf. Dio- MPG nysius, Cael. Hier., cap. 4; Cael. Hier., oap. 7]. Unde s u p e r illud Matth. 15, „Non sum missus nisi ad oves quae perierunt domus Israel", dicit Hieronymus [2 in Matth.]: „Non hoc dicit MPL quin ad gentes missus sit: sed quod primum ad Israel missus 26 / 110 est." Unde et Isaiae dicitur: „Mittam ex eis qui salvati fuerint", scilicet ex Judaeis, „ad gentes, et annuntiabunt gloriam meam gentibus". Tertio, ut Judaeis auferret calumniandi materiam. Unde

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42, i leumdungen nehmen. Darum schreibt Hieronymus zu Mt 10, 5, ,Begebt euch nicht auf den Weg der Heiden': „Erst mußte die Ankunft Christi den Juden verkündet werden, damit sie nicht als berechtigte Entschuldigung vorbrächten, sie hätten den Herrn deshalb verworfen, weil Er Seine Apostel zu den Heiden und Samaritanern geschickt habe." Viertens, weil sich Christus durch Seinen Sieg am Kreuz Macht und Herrschaft über die Heiden verdiente. Daher heißt es in der Geheimen Offenbarung (2, 26—28): „Wer siegt, . . . dem will Ich Macht über die Heiden geben . . . Solche Macht habe Ich von Meinem Vater empfangen", und im Philipperbrief (2, 8): „Weil Er gehorsam war bis zum Tode am Kreuz, hat Ihn Gott erhoben, so daß sich im Namen Jesu alle Knie beugen und alle Zungen Ihn bekennen." Deshalb wollte Er auch vor Seinem Leiden den Heiden Seine Lehre nicht predigen, sondern sprach erst nachher zu Seinen Jüngern: „Gehet hin und lehret alle Heiden" (Mt 28, 19). Aus diesem Grunde ließ Jesus, wie wir bei Johannes (12, 20 f.) lesen, kurz vor Seinem Leiden einigen Heiden, die Ihn zu sehen wünschten, sagen: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viele Frucht." Augustinus schreibt zu derselben Stelle: „Er nannte sich ein Weizenkorn, das im Unglauben der Juden sterben und im Glauben der Heiden reiche Frucht bringen sollte" [40], QUAESTIO

42, L

super illud Matth. 10, ,In viam gentium ne abieritis', dicit MPL Hieronymus [1 in Matth.]: „Oportebat primum adventum 26/62 Christi nuntiari Judaeis, ne justam haberent excusationem, dicentes ideo se Dominum rejecisse, quia ad gentes et Samaritanos Apostolos miserit." Quarto, quia Christus per crucis victoriam meruit potestatem et dominium super gentes. Unde dicitur Apoc. 2: „Qui vicerit, dabo ei potestates super gentes: sicut et ego accepi a Patre meo." Et Philipp. 2, quia „factus est obediens usque ad mortem crucis, Deus exaltavit illum, ut in nomine Jesu omne genu flectatur, et omnis lingua ei conflteatur". Et ideo ante passionem suam noluit gentibus praedicari suam doctrinam: sed post passionem suam dixit discipulis, Matth. 28: „Euntes, docete omnes gentes." Propter quod, ut legitur Joan. 12 cum imminente passione, quidam gentiles vellent videre Jesum, respondit: „Nisi granum frumenti cadens in terram mortuum fuerit, ipsum solum manet: si autem mortuum fuerit, multum fructum MPL affert." Et, sicut Augustinus dicit ibidem [tr. 51 in Joan.]. 36/1768 j S e (jicebat granum mortificandum in infidelitate Judaeorum, multiplicandum in flde populorum".

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Z u 1. Christus wurde das Licht und Heil der Heiden 42,1 durch Seine Jünger, die Er zur Predigt unter den Heiden aussandte. Z u 2. Es bekundet keine geringere, sondern im Gegenteil eine größere Macht, etwas nicht selbst, sondern durch andere zu vollbringen. Deshalb hat sich die göttliche Macht in Christus darin am größten erwiesen, daß Er der Predigt Seiner Jünger eine solche Kraft verlieh, daß die Heiden, die noch nichts von Christus gehört hatten, sich zu Ihm bekehrten. Die Macht der Lehre Christi äußert sich ebenso in den Wundern, durch die Er Seine Lehre bekräftigte, wie in ihrer Überzeugungskraft und in der Lehrgewalt des Redenden, der wie einer sprach, der Herrschaft über das Gesetz ausübt, wenn Er sich der Worte bediente: „Ich aber sage euch"; und endlich auch in der Kraft Seines lauteren Wesens, die Er in Seinem sündenreinen Lebenswandel bewies. Z u 3. Ebenso wie Christus einerseits nicht vom Anfang an unterschiedslos den Heiden Seine Lehre mitteilen durfte, um zu zeigen, daß Er den Juden als dem erstgeborenen Volke zugewandt war, durfte Er andererseits die Heiden nicht ganz zurückweisen, damit nicht in ihnen alle Hoffnung auf das Heil ersterbe. Deshalb wurden einzelne Heiden ausnahmsweise zugelassen, weil sie sich durch ihren Glauben und ihre Hingabe besonders auszeichneten. Q U A E S T I O 42. l

AD PRIMUM ergo dicendum quod Christus fuit in lumen et salutem gentium per discipulos suos, quos ad praedicandum gentibus misit. AD SECUNDUM dicendum quod non est minoris potestatis, sed majoris, facere aliquid per alios, quam per seipsum. Et ideo in hoc maxime potestas divina in Christo monstrata est, quod discipulis suis tantam virtutem contulit in docendo, ut gentes, quae nihil de Christo audierant, converterent ad ipsum. Potestas autem Christi in docendo attenditur et quantum ad miracula, per quae doctrinam suam oonflrmabat; et quantum ad efficaciam persuadendi; et quantum ad auctoritatem loquentis, quia loquebatur quasi dominium habens super legem, cum diceret: „Ego autem dico vobis"; et etiam quantum ad virtutem rectitudinis quam in sua conversatione monstrabat, sine peccato vivendo. AD TERTIUM dicendum quod, sicut Christus non debuit a principio indifferenter gentilibus suam doctrinam communicare, ut Judaeis tanquam primogenito populo deditus observaretur; ita etiam non debuit gentiles omnino repellere, ne spes salutis eis praecluderetur. Et propter hoc aliqui gentilium particulariter sunt admissi, propter excellentiam fidei et devotionis eorum.

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42, 2

2. A R T I K E L

Hätte Christus den Juden predigen sollen, ohne bei ihnen Anstoß zu erregen? 1. Augustinus schreibt: „In dem Menschen Jesus Christus hat sich uns der Sohn Gottes als Beispiel für das Leben hingestellt." Nun sollen wir allen Anstoß vermeiden, nicht nur bei den Gläubigen, sondern auch bei den Ungläubigen, gemäß den Worten des Korintherbriefes: „Gebt weder Juden, noch Heiden, noch der Kirche Gottes Ärgernis" (1 Kor 10, 32). Es scheint also, daß auch Christus bei Seiner Predigt jedes Ärgernis auf seiten der Juden hätte vermeiden sollen. 2. Kein Weiser darf etwas tun, was den Erfolg Seines Werkes behindert. Dadurch, daß Christus mit Seiner Predigt die Juden in Aufregung brachte, wurde aber der Erfolg Seiner Predigt verhindert; denn als der Herr die Pharisäer und Schriftgelehrten zurechtwies, „setzten sie Ihm heftig zu und überhäuften Ihn mit vielen Fragen. Sie lauerten Ihm auf und suchten eine Äußerung aus Seinem Munde aufzufangen, um Ihn anzuklagen" (Lk 11, 53. 54). Es scheint also nicht angemessen gewesen zu sein, daß Er bei ihnen durch Seine Predigt Anstoß erregte. 3. Der Apostel schreibt (1 Tim 5, 1): „Einen Alten Q U A E S T I O 42, 2

A R T I C U L U S II Utrum Christus debuerit Judaeis sine offensione praedicare [II—II, q. 43, art. 7;

eorum

Matth., cap. 15]

AD SECUNDUM sie proceditur. Videtur quod Christus debuerit Judaeis sine eorum oflensione praedicare. Quia, ut MPL Augustinus dfeit, in libro de Agone Christiano [cap. 11], „in 40/298 homine Jesu Christo se nobis ad exemplum vitae praebuit Filius Dei". Sed nos debemus vitare offensionem, non eolum fidelium, sed etiam infldelium: seeundum illud 1 Cor. 10: „Sine oflensione estote Judaeis et gentibus et Ecclesiae Dei." Ergo videtur quod etiam Christus in sua doctrina offensionem Judaeorum vitare debuerit. 2. PRAETEREA, nullus sapiens debet facere unde effectum sui operis impediat. Sed per hoc quod sua doctrina Christus Judaeos turbavit, impediebatur effectus doctrinae ejus: dicitur enim Luc. 11, quod, cum Dominus Pharisaeos et scribas reprehenderet, „coeperunt graviter insistere, et os ejus opprimere de multis, insidiantes ei et quaerentes aliquid capere ex ore ejus ut accusarent eum". Non ergo videtur conveniens fuisse quod eos in 6ua doctrina oflenderet. 3. PRAETEREA, Apostolus dicit, 1 Tim. 5: „Seniorem ne

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fahre nicht hart an, sprich zu ihm wie zu einem Vater!" 42, 2 Die Priester und Vornehmen der Juden waren aber die „Alten" jenes Volkes. Es scheint also, als hätte Er sie nicht mit harten Worten zurechtweisen dürfen. ANDERSEITS hat Isaias (8, 14) vorausgesagt, Christus würde „zum Stein des Anstoßes und zum Fels des Ärgernisses für beide Häuser Israels" werden. ANTWORT: Das Wohl der Gemeinschaft muß dem Frieden einzelner Menschen, wer es auch sein mag, vorgezogen werden. Wenn nun einige durch ihre Verkehrtheit das Wohl der Gesamtheit in Frage stellen, dann darf darum der Prediger oder Lehrer kein Bedenken tragen, bei ihnen anzustoßen, um so dem Wohle der Gesamtheit zu dienen. Die Schriftgelehrten, Pharisäer und Vorsteher der Juden aber untergruben durch ihre Bosheit am meisten das Wohl der Gesamtheit: einmal, weil sie der Lehre Christi entgegentraten, durch die allein das Heil kommen konnte, und dann, weil sie durch ihre üblen Sitten das Leben des Volkes verdarben. Daher lehrte der Herr, trotzdem Er ihnen dadurch Ärgernis gab, offen die Wahrheit, die jene haßten, und tadelte ihre Laster. Deshalb lesen wir Mt 15, 12—14, daß der Herr Seinen Jüngern, als sie zu Ihm sagten: „Weißt Du, daß die Juden Anstoß nahmen, als sie dieses Wort hörten?", zur Antwort gab: „Lasset sie! Sie sind blind und Führer von Blinden. Wenn aber der Blinde den Blinden führt, fallen beide in die Grube." Q U A E S T I 0 42, 2

increpaveris, sed obsecra ut patrem." Sed sacerdotes et principes Judaeorum erant illius populi eeniores. Ergo videtur quod non fuerint duris increpationibus arguendi. SED CONTRA est quod Isaiae 8 fuerat prophetatum quod Christus esset „in lapidem offensionis et petram scandali duabus domibus Israel". RESPONDEO dicendum quod salus multitudinis est praeferenda paci quorumcumque singularium hominum. Et ideo, quando aliqui sua perversitate multitudinis salutem impediunt, non est timenda eorum offensio a praedicatore vel doctore, ad hoc quod multitudinis saluti provideat. Scribae autem et Pharisaei et principes Judaeorum sui malitia plurimum impediebant populi salutem: tum quia repugnabant Christi doctrinae, per quam solam poterat esse salus; tum etiam quia pravis suis moribus vitam populi corrumpebant. Et ideo Dominus, non obstante ofiensione eorum, publice veritatem docebat, quam illi odiebant, et eorum vitia arguebat. Et ideo dicitur, Matth. 15, quod, discipulis Domino dicentibus, „Scis quia Judaei, audito hoc verbo, scandalizati sunt?" respondit: „Sinite illos. Caeci sunt et duces caecorum. Si caecus caeco ducatum praestet, ambo in foveam cadunt."

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42, 2

Z u 1. Der Mensch darf bei niemandem in der Weise Anstoß erregen, daß er ihm durch sein nicht ganz rechtliches Handeln oder Reden Anlaß zum Verderben wird: „Erwächst jedoch das Ärgernis aus der Wahrheit, so muß man eher das Ärgernis zulassen als die Wahrheit verlassen" (Gregor) [41 ]. Zu 2. Dadurch, daß Christus die Schriftgelehrten und Pharisäer zurechtwies, verringerte Er nicht die Wirkung Seiner Predigt, vielmehr steigerte Er sie. Denn als ihre Laster dem Volke bekannt wurden, ließ es sich durch die Worte derer, die immer der Lehre Christi entgegentraten, nicht mehr so leicht von Christus abwendig machen. Z u 3. Dieses Wort des Apostels ist von jenen Alten zu verstehen, die nicht nur durch ihr Alter und ihr Ansehen, sondern auch durch ihre Tugend gereifte Männer sind; im Sinne von Nm 11, 16: „Rufe mir siebzig Männer aus dem Kreise der Ältesten Israels zusammen, von denen du weißt, daß sie reife Männer des Volkes sind." Wenn solche aber das Ansehen ihres Alters in ein Werkzeug ihrer Bosheit verkehren, indem sie öffentlich sündigen, dann sollen sie vor allen und scharf zurechtgewiesen werden, wie es auch Daniel (13, 52) tat: „In Gottlosigkeit Ergrauter . . Q U A E S T I 0 42, 2

AD PRIMUM ergo dicendum quod homo sie debet esse sine offensione omnibus ut nulli det suo facto vel dicto minus recto occasionem ruinae. „Si tarnen de veritate scandalum oritur, magis est sustinendum scandalum quam veritas relinquatur", MPL ut Gregorius dicit [hom. 7 in Ezech.]. 76/842 AD SECUNDUM dicendum quod per hoc quod Christus publice scribas et Pharisaeos arguebat, non impedivit, sed magis promovit effectum suae doctrinae, Quia cum eorum vitia populo innotescebant, minus avertebatur a Christo propter verba scribarum et Pharisaeorum, qui semper doctrinae Christi obsistebant. AD TERTIUM dicendum quo-! illud verbum Apostoli est intelligendum de illis senioribus qui non solum aetate vel auctoritate, sed etiam honestate sunt senes: secundum illud Num. 11: „Congrega mihi septuaginta viros de senioribus Israel, quos tu nosti quod senes populi sint." Si autem auctoritatem senectutis in instrumentum malitiae vertant publice peccando, sunt manifeste et acriter arguendi: sicut et Daniel dixit, Dan. 13: „Inveterate dierum malorum" etc.

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3. A R T I K E L Mußte Christus alles in der Öffentlichkeit

42,3 lehren?

1. Wir lesen, daß Christus vieles nur Seinen Jüngern mitgeteilt hat; wie aus der Abendmahlsrede hervorgeht. Daher sagt Er auch (Mt 10, 27): „Was euch in euren Kammern ins Ohr gesagt wird, predigt auf den Dächern." Er hat also nicht alles in der Öffentlichkeit gelehrt. 2. Die Tiefen der Weisheit kann man nur Vollkommenen erklären: „Von Weisheit sprechen wir bei den Vollkommenen" (1 Kor 2, 6). Die Lehre Christi aber enthielt die tiefste Weisheit. Sie durfte also nicht der unvollkommenen Menge mitgeteilt werden. 3. Es ist das gleiche, eine Wahrheit zu verschweigen oder sie in dunkle Worte zu hüllen. Nun hüllte Christus vor der Menge die Wahrheit, die Er predigte, in das Dunkel Seiner Rede, denn „ohne Gleichnisse redete Er nicht zu ihnen" (Mt 13, 34). Mit dem gleichen Rechte konnte Er etwas verschweigen. ANDERSEITS sagt Er selbst: „Im Verborgenen habe Ich nichts gesprochen" (Jo 18, 20). ANTWORT: Die Lehre eines Menschen kann auf dreierlei Weise geheim bleiben: Einmal, weil der Lehrer Q U A E S T I 0 42, s

A R T I C U L U S III Christus omnia publice docere debuerit AD TERTIUM sie proceditur. Videtur quod Christus non omnia publice docere debuit. Legitur enim multa 6eorsum diseipulis dixisse: sicut patet in sermone Caenae. Unde et Matth. 10 dixit: „Quod in aure audistis in eubilibus, praedicabitur in tectis." Non ergo omnia publice doeuit. 2. PRAETEREA, profunda sapientiae non sunt nisi perfectis exponenda: secundum illud 1 Cor. 2: „Sapientiam loquimur inter perfectos." Sed doctrina Christi continebat profundissimam sapientiam. Non ergo erat imperfectae multitudini communieanda. 3. PRAETEREA, idem est veritatem aliquam occultare silentio, et obscuritate verborum. Sed Christus veritatem quam praedicabat, occultabat turbis obscuritate verborum: quia „sine parabolis non loquebatur ad eos", ut dicitur Matth. 13. Ergo pari ratione poterat occultari silentio. SED CONTRA est quod dicit Joan. 18: „In occulto locutus sum nihil." RESPONDEO dicendum quod doctrina alieujus potest esse in occulto tripliciter. Uno modo, quantum ad intentionem doUtrum

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42, 3 ausdrücklich beabsichtigt, seine Lehre nicht vielen mitzuteilen, sondern sie eher zu verbergen. Das ist auf zweierlei Weise möglich: Einmal wegen der Eifersucht des Lehrers, der mit seinem Wissen prunken und es daher anderen nicht mitteilen will. Das aber traf bei Christus nicht zu, denn von Ihm heißt es im Buch der Weisheit (7, 13): „Arglos habe Ich sie [die Weisheit ] erlernt, und neidlos teile Ich sie mit, und ihre Würde verberge Ich nicht." Es kommt aber auch vor, daß eine Lehre wegen der Schlechtigkeit ihres Inhaltes geheim bleiben soll. So schreibt Augustinus: „Es gibt schlechte Dinge, die kein noch so geringes menschliches Schamgefühl zu ertragen vermag." Deswegen heißt es auch im Buche der Sprichwörter von der Lehre der Irrgläubigen: „Verborgene Wasser schmecken süßer" (9, 17). Die Lehre Christi „hat aber weder etwas mit einer betrügerischen noch mit einer unlauteren Absicht zu tun" (1 Thess 2, 3). Daher sagt der Herr: „Bringt man etwa ein Licht", d. h. eine wahre und tugendhafte Lehre, „um es unter den Scheffel zu stellen?" (Mk 4, 21). Ferner bleibt eine Lehre dann geheim, wenn sie nur wenigen mitgeteilt wird; aber auch das trifft bei Christus nicht zu, denn Er hat Seine gesamte Lehre entweder der ganzen Volksmenge oder wenigstens allen Seinen Jüngern zusammen mitgeteilt. Deshalb sagt Q U A E S T I O 42, 3

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centis, qui intendit suam doctrinam non manifestare multis, eed magis occultare. Quod quidem contingit dupliciter. Quandoque ex invidia docentis, qui vult per suam scientiam excellere, et ideo scientiam suam non vult aliis communicare. Quod in Christo locum non habuit, ex cujus persona dicitur, Sap. 7: „Quam sine Actione didici, et sine invidia communico, et honestatem illius non abscondo." Quandoque vero hoc contingit propter inhonestatem eorum quae docentur: sicut Augustinus dicit, super Joan. [tr. 96], quod „quaedam sunt mala quae portare non potest qualiscumque pudor humanus". Unde de doctrina haerelicorum dicitur, Prov. 9: „Aquae furtivae dulciores sunt." Doctrina autem Christi „non est neque de errore neque de immunditia" [1 ad Thess., cap. 2], Et ideo Dominus dicit, Marci 4: „Numquid venit lucerna", idest vera et honesta doctrina, „ut sub modio ponatur?" Alio modo aliqua doctrina est in occulto, quia paucis proponitur. Et sie etiam Christus nihil doeuit in occulto: quia omnem doctrinam suam vel turbae toti proposuit, vel omnibus suis discipulis in communi. Unde Augustinus dicit, super Joan.

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Augustinus: „Spricht einer im geheimen, wenn Er vor 42, 3 so vielen Leuten redet? Besonders wenn Er wenige lehrt, was Er durch sie vielen verkünden will?" Drittens kann eine Lehre geheim bleiben durch die Art und Weise des Vortrages; so sprach Christus vor den Volksscharen manches Dunkle, indem Er sich zur Verkündigung geistiger Geheimnisse, die zu begreifen sie weder empfänglich noch würdig waren, der Gleichnisse bediente [42]. Und doch war es für sie besser, die Predigt von geistigen Dingen wenigstens unter der Hülle von Gleichnissen zu vernehmen, als ihrer überhaupt zu entraten. Aber die offene und unverhüllte Wahrheit dieser Gleichnisse legte der Herr den Jüngern dar, durch die sie zu anderen gelangen sollte, die für sie empfänglich waren. „Was du von mir durch viele Zeugen vernommen hast, das vertraue zuverlässigen Männern an, die fähig sind, wieder andere zu lehren" (2 Tim 2, 2). Das ist auch der Sinn von Nm 4, 5, wo den Söhnen Arons der Auftrag erteilt wird, die Gefäße des Heiligtums zu verhüllen, die dann die Leviten verhüllt tragen sollten. Z u 1. Hilarius schreibt zu der erwähnten Stelle: „Wir lesen nirgends, der Herr habe gewöhnlich in der Nacht gepredigt und in der Finsternis Seine Lehre weitergegeben. Er sagt dies vielmehr, weil Seine gesamte Rede für fleischliche Menschen Finsternis und Sein Wort Q U A E S T I 0

42, 3

[tr. 113]: „Quis in occulto loquitur, cum coram tot hominibus loquitur? Praesertim si hoc loquitur paucis, quod per eos velit innotescere multis?" Tertio modo aliqua doctrina est in occulto, quantum ad modum docendi. Et sie Christus quaedam turbis loquebatur in occulto, parabolis utens ad annuntianda spiritualia mysteria, ad quae capienda non erant idonei vel digni. Et tarnen melius erat eis vel sie, sub tegumento parabolarum, spiritualium doctrinam audire, quam omnino ea privari. Harum tarnen parabolarum apertam et nudam veritatem Dominus diseipulis exponebat, per quos deveniret ad alios, qui essent idonei: secundum illud 2 Tim. 2: „Quae audisti a me per multos testes, haec commenda fidelibus hominibus, qui idonei erunt et alios docere." Et hoc significatum est Num. 4, ubi mandatur quod filii Aaron involverent vasa sanetuarii, quae Levitae involuta portarent. AD PRIMUM ergo dicendum quod, sicut Hilarius dicit, euper MPL Matth, [cap. 10], exponens illud verbum induetum: „non legi- 9/972 mus Dominum solitum fuisse noctibus sermocinari, et doctrinam in tenebris tradidisse: sed hoc dicit, quia omnis sermo ejus

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42,3 für die Ungläubigen Nacht ist. Daher soll das, was Er gelehrt hat, mit dem Freimut des Glaubens und des Bekenntnisses unter den Ungläubigen gepredigt werden." Oder Christus hat hier nach der Meinung des hl. Hieronymus gleichnisweise gesprochen, weil Er in dem kleinen Landstrich Judäa predigte, klein im Vergleich zu der ganzen Welt, in der durch die Lehre der Apostel die Predigt Christi verkündet werden sollte. Z u 2. Der Herr hat nicht alle Tiefen Seiner Weisheit in Seiner Predigt aufgetan, weder vor der Menge noch auch vor Seinen Jüngern, denn Er sprach zu ihnen: „Ich habe euch noch vieles zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht ertragen" (Jo 16, 12). Was Er aber von Seiner Weisheit anderen mitzuteilen für gut hielt, hat Er nicht im Verborgenen, sondern offen dargelegt, selbst wenn Er nicht von allen verstanden wurde. Daher sagt Augustinus: „Die Worte des Herrn: ,Ich habe offen vor der Welt gesprochen', sind so zu verstehen, als wollte Er sagen: Viele haben Mich gehört. Anderseits aber war es doch nicht offen, da sie nicht verstanden." Z u 3. Vor der Menge sprach der Herr in Gleichnissen, wie in der Antwort dargelegt wurde, denn sie war weder würdig noch empfänglich für die unverhüllte Wahrheit, die Er den Jüngern darlegte. Die Stelle aber: „Ohne Gleichnisse sprach Er nicht Q U A E S T I O 42, 3 carnalibus tenebrae sunt, et verbuin ejus infidelibus nox est. Itaque quod ab eo dictum est, inter infideles cum libertate fidei et confessionis est l o q u e n d u m " . MPL V e l , secundum H i e r o n y m u m [1 in Matth.], comparative lo-26,06 quitur, quia videlicet „erudiebat eos in parvo Judaeae loco", respectu totius mundi, in q u o erat p e r Apostolorum praedicationem doctrina Christi publicanda. A D S E C U N D U M dicendum quod Dominus non omnia prof u n d a suae sapientiae 6ua doctrina manifestavit, non solum turbis, sed nec etiam discipulis, quibus dixit, Joan. 16: „ A d huc habeo vobis multa dicere, quae non potestis portare modo." Sed tarnen quaecumque dignum duxit aliis tradere d e sua sapientia, non in occulto, sed p a l a m proposuit: licet non ab MPL Omnibus intelligeretur. Unde Augustinus dieit, euper Jo. 35/1934 [ t r . 1 1 3 ] : „Intelligendum est ita dixisse D o m i n u m : P a l a m locutus sum mundo, ac si dixisset: Multi me audierunt. Et rursos non erat p a l a m : quia non intelligebant." A D T E R T I U M dicendum quod turbis Dominus in parabolis loquebatur, sicut dictum est, quia non erant digni nec idonei nudam veritatem accipere, q u a m discipulis exponebat. Quod autem dicitur quod „sine parabolis non loquebatur

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zu ihnen", ist nach Chrysostomus nur auf diese eine 42,4 Predigt zu beziehen, da Er sonst auch vor der Menge der Juden vieles ohne Gleichnisse sprach. — Oder diese Stelle bedeutet nach Augustinus, „nicht, daß Er nichts unverhüllt gesprochen habe, sondern daß Er fast keine Predigt erläuterte, ohne dabei etwas durch ein Gleichnis anschaulich zu machen, obwohl Er auch darin manches unverhüllt sagte". 4. A R T I K E L Hätte

Christus

Seine

Lehre

schriftlich

mitteilen

sollen?

1. Die Schrift ist dazu erfunden worden, daß eine Lehre dem Gedächtnis für die Zukunft anvertraut werde. Nun soll aber die Lehre Christi in Ewigkeit fortdauern: „Himmel und Erde werden vergehen, aber Meine Worte werden nicht vergehen" (Lk 21, 33). Es scheint also, daß Christus Seine Lehre hätte schriftlich niederlegen sollen. 2. Das alte Gesetz war als Vorbild Christi vorausgegangen: „Das Gesetz enthält ein Schattenbild der zukünftigen Güter" (Hebr 10, 1). Das alte Gesetz war aber von Gott niedergeschrieben worden nach den WorQ U A E S T I O

42, 4

eis", seeundum Chrysostomum [hom. 47] intelligendum est MPG quantum ad illum sermonem: quamvis alias et sine parabolis 58 / 481 multa turbis Judaeorum locutus fuerit. — Vel, seeundum Augustinum, in libro de Quaest. Evang. [lib. 17 Quaest. in MPL Matth., q. 15] hoc dicitur, „non quia nihil proprie locutus est: 35/1373 sed quia nullum fere sermonem explieavit ubi non per parabolam aliquid signifieaverit, quamvis in eo aliqua proprie dixerit". A R T I C U L U S IV Christus doctrinam suam debuerit scripto tradere AD QUARTUM sie proceditur. Videtur quod Christus doctrinam suam debuerit scripto tradere. Scriptura enim inventa est ad hoc quod doctrina commendetur memoriae in futurum. Sed doctrina Christi duratura erat in aeternum: seeundum illud Luc. 21: „Caelum et terra transibunt: verba autem mea non transibunt." Ergo videtur quod Christus doctrina ui suam debuerit scripto mandare. 2. PRAETEREA, lex vetus in figura Christi praecessit: seeundum illud Hebr. 10: „Umbram habet lex futurorum bonorum." Sed lex vetus a Deo fuit descripta seeundum illud Utrum

187

42,4 ten Ex 24, 12: „Ich werde dir zwei steinerne Tafeln geben und das Gesetz und die Gebote, die Ich aufgeschrieben habe." Es scheint also, daß auch Christus Seine Lehre hätte aufschreiben sollen. 3. Es gehörte zur Aufgabe Christi, der gekommen war, „die zu erleuchten, die in Finsternis und Todesschatten sitzen" (Lk 1, 79), den Anlaß zum Irrtum auszuschließen und den Weg zum Glauben freizulegen. Das hätte Er aber getan, wenn Er Seine Lehre niedergeschrieben hätte. Augustinus sagt nämlich: „Manche beschäftigt die Frage, warum der Herr selbst nichts geschrieben hat, so daß man anderen, die über Ihn geschrieben haben, glauben muß. Diese Frage stellen vor allem jene Heiden, die Christus nicht zu beschuldigen oder zu lästern wagen, die Ihm vielmehr die höchste Weisheit zuerkennen, jedoch nur eine menschliche. Sie sagen, Seine Jünger hätten aus ihrem Meister mehr gemacht, als Er war, so daß sie Ihn Sohn Gottes und WORT Gottes, durch das alles geworden ist, nannten." Etwas später fügt er hinzu: „Es scheint also, als ob sie bereit gewesen wären, von Ihm das zu glauben, was Er selbst über sich geschrieben hätte, nicht aber, was andere über Ihn auf Grund ihrer persönlichen Meinung gepredigt haben." Es scheint also, Christus hätte selbst Seine Lehre schriftlich niederlegen sollen. ANDERSEITS ist kein einziges von Ihm geschriebenes Buch im Verzeichnis der Hl. Schriften enthalten. QUAESTIO

42, 4

Exod. 24: „Dabo tibi duas tabulas lapideas, et legem ac mandata quae scripsi." Ergo videtur quod etiam Christus doctrinam suam scribere debuerit. 3. PRAETEREA, ad Christum, qui venerat „illuminare his qui in tenebris et in umbra mortis sedent", ut dicitur Luc. 1, pertinebat erroris occasionem excludere, et viam fldei aperire. Sed hoc fecisset doctrinam suam scribendo: dicit enim AuguMPL stinus, 1 de Consensu Evang. [cap. 7], quod „solet nonnullos movere cur 'CSEL IPSE Dominus nihil scripserit, ut aliis de illo scri43/n sq. bentibus necesse sit credere. Hoc enim illi vel maxime pagani quaerunt qui Christum culpare aut blasphemare non audent, eique tribuunt excellentissimam sapientiam, sed tarnen tamquam homini. Discipulos vero ejus dicunt magistro suo amplius tribuisse quam erat: ut eum Filium Dei dicerent, et Verbum Dei, per quod facta sunt omnia". Et postea subdit: „Videntur parati fuisse hoc de illo credere quod de se ille scripsisset: non quod alii de dllo pro suo arbitrio praedicassent." Ergo videtur quod Christus ipse doctrinam suam scripto tradere debuerit. SED CONTRA est quod nulli libri ab eo scripti habentur in canone Scripturae.

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ANTWORT: Es war angemessen, daß Christus Seine 42,4 Lehre nicht aufgeschrieben hat. Erstens, Seiner Würde wegen. Je erhabener der Lehrer, desto erhabener muß auch seine Lehrweise sein. Daher entsprach es Christus als dem erhabensten Lehrer, Seine Lehre den Herzen Seiner Zuhörer einzuprägen; deswegen heißt es (Mt 7, 29): „Er lehrte sie wie einer, der Macht hat." Aus dem gleichen Grunde wollten auch bei den Heiden weder Pythagoras noch Sokrates, beides hervorragende Lehrer, etwas niederschreiben. Denn auch Geschriebenes hat nur den Zweck, die Lehre den Herzen der Leser einzuprägen. Zweitens, die Hoheit der Lehre Christi, die ein geschriebenes Wort nie erschöpfend wiedergeben kann; Jo 21, 25: „Es gibt noch vieles andere, was Jesus getan hat. Wollte man das im einzelnen niederschreiben, so könnte, glaube ich, die Welt die Bücher nicht fassen, die zu schreiben wären." Augustinus gibt dazu die Erklärung: „Man darf nicht glauben, der Weltraum könnte sie nicht fassen, sondern die Geisteskraft der Leser könnte sie nicht erschöpfend erfassen." Hätte Christus aber Seine Lehre schriftlich niedergelegt, dann würden die Menschen keine größere Tiefe in Seiner Lehre vermuten, als in der Schrift enthalten wäre. Drittens, damit Seine Lehre in einer gewissen Abstufung von Ihm zu allen übrigen gelange. Denn wähQ Ü A E S T I 0 42, 4 R E S P O N D E O dicendum conveniens fuisse Christum doctrinam suam non scripsisse. P r i m o q u i d e m , p r o p t e r dignitatem ipsius. E x c e l l e n t i o r i enim doctori excellentior modus doctrinae debetur. Et i d e o Christo, tamquam excellentissimo doctori, hic modus competebat, ut doctrinam suam auditorum cordibus i m p r i m e r e t . P r o p t e r q u o d dicitur Matth. 7, quod „ e r a t docens eos sicut potestatem habens". U n d e etiam apud gentiles P y thagoras et Sócrates, q u i f u e r u n t excellentissimi doctores, nihil scribere voluerunt. Scripta enim ordinantur ad impressionem doctrinae in cordibus auditorum sicut ad finem. Secundo, p r o p t e r e x c e l l e n t i a m doctrinae Christi, quae litteris c o m p r e h e n d i non potest: secundum illud Joan. ult.: „ S u n t et alia inulta quae fecit Jesus, quae si scribantur p e r singula, nec ipsum arbitror mundum c a p e r e eos qui scribendi sunt libros." Quos, sicut Augustinus dicit [tr. 124 in J o . ] , „ n o n MPL spatio locorum c r e d e n d u m est mundum capere non posse: sed 35/1976 capacítate l e g e n t i u m c o m p r e h e n d i non posse". Si autem Christus scripto suam doctrinam mandasset, nihil altius de ejus doctrina homines existimarent quam quod scriptura contineret. T e r t i o , ut ordine quodam ab ipso doctrina ad omnes perv e n i r e t : d u m ipse scilicet discípulos suos i m m e d i a t e docuit,

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42, 4 rend Er selbst Seine Jünger unmittelbar belehrte, lehrten diese später alle anderen durch Wort und Schrift. Hätte Er aber selbst geschrieben, so wäre Seine Lehre unmittelbar zu allen übrigen gedrungen. So heißt es auch von der Weisheit im Buch der Sprüche (9, 3 ) : „Sie sandte ihre Dienerinnen aus, um einzuladen in ihre Burg." Man muß aber wissen, daß, wie Augustinus schreibt, manche Heiden der Meinung waren, Christus hätte einige Bücher über die magischen Künste verfaßt, durch die Er Seine Wunder wirkte. Die christliche Lehre hat dies aber verurteilt. „Die Leute jedoch, die behaupten, solche Bücher Christi gelesen zu haben, tun selbst nichts von alldem, was sie in diesen Büchern als Werke Christi bewundern. Denn Gott läßt es zu, daß sie irrigerweise behaupten, diese Bücher trügen eine Widmung an Petrus und Paulus, weil sie diese an mehreren Stellen zusammen mit Christus gemalt sahen. Kein Wunder übrigens, daß die von Malern getäuscht wurden, die selbst andere täuschen. Denn während der ganzen Zeit, da Christus in diesem sterblichen Fleische mit Seinen Jüngern zusammen lebte, war Paulus noch nicht Sein Jünger." Z u 1. „Christus ist das Haupt aller Seiner Jünger, die Glieder Seines Leibes sind. Wenn diese daher niederschrieben, was Er tat und sagte, so kann man deshalb Q U A E S T I O 42, 4

qui postmodum alios verbo et scripto docuerunt. Si autem ipsemet scripsisset, ejus doctrina immediate ad omnes pervenisset. Unde et de Sapientia dicitur, Prov. 9, quod „misit ancillas suas vocare ad arcem". MPL Sciendum tarnen est, sicut Augustinus dicit, 1 de Consensu Evang. [cap. 9, 10], alios 1 gentiles existimasse Christum quos43/15 sq. d a m libros scripsisse continentes quaedam magica, quibus miracula faciebat: quae disciplina Christiana condemnat. „Et -tarnen illi qui Christi libros tales se legisse affirmant, nulla talia faciunt qualia illum de libris talibus fecisse mirantur. Divino e n i m 2 judicio sie errant ut eosdem libros ad Petrum et Paulum dicant tamquam epistolari titulo praenotatos, eo quod in pluribus locis simul eos cum Christo pictos viderunt. Nec mirum si a pingentibus fingentes deeepti sunt. Toto enim tempore quo Christus in came mortali cum suis diseipulis vixit, nondum erat Paulus diseipulus ejus." mpl AD PRIMUM ergo dicendum quod, sicut Augustinus dicit, 34/1070 in eodem libro [cap. 35], „omnibus diseipulis suis tamquam membris sui corporis Christus caput est. Itaque, cum illi scrip1 P et L: aliquos. ® P et L: etiam.

190

keineswegs behaupten, Er habe es nicht selbst geschrie- 42, 4 ben. Seine Glieder haben nämlich das ausgeführt, was sie durch die Eingebung des Hauptes erkannten [43]. Alles, was wir nach Seinem Wunsche von Seinen Taten und Worten lesen sollten, das befahl Er ihnen, die gewissermaßen Seine Hände sind, niederzuschreiben." So Augustinus. Z u 2. Da das alte Gesetz in sinnenfälligen Bildern gegeben wurde, war es entsprechend, daß es auch in sinnenfälligen Zeichen niedergeschrieben wurde. Die Lehre Christi dagegen, die das „Gesetz des lebenspendenden Geistes" ist, durfte nicht „mit Tinte, sondern [mußte] im Geist des lebendigen Gottes" geschrieben werden, „und nicht auf steinerne Tafeln, sondern in die lebendigen Tafeln des Herzens" (2 Kor 3, 3). Z u 3. Die, welche den Schriften der Apostel über Christus nicht glauben wollen, hätten auch Christus selbst nicht geglaubt, wenn Er etwas geschrieben hätte, Er, der nach ihrer Meinung Seine Wunder durch Zauberkünste vollbrachte. Q U A E S T I 0 42, 4

serunt quae ille ostendit et dixit, nequaquam dicendum est quod ipse non scripserit. Quandoquidem membra ejus id operata sunt quod, dictante capite, cognoverunt. Quidquid enim ille de suis factis et dictis nos legere voluit, hoc Bcribendum illis tamquam suis manibus imperavit". AD SECUNDUM dicendum quod, quia lex vetus in sensibilibus figuris dabatur, ideo etiam convenienter sensibilibus signis scripta fuit. Sed doctrina Christi, quae est „lex Spiritus vitae", scribi debuit „non atramento, sed Spiritu Dei vivi, non in tabulis lapidéis, sed in tabulis cordis carnalibus", ut Apostolus dicit, 2 Cor. 3. AD TERTIUM dicendum quod Uli qui scripturae Apostolorum de Christo credere nolunt nec ipsi Christo 6cribenti credidissent, de quo opinabantur quod magicis artibus fecisset miracula.

191

1

43. F R A G E DIE WUNDER CHRISTI IM ALLGEMEINEN Hierauf sind die Wunder Christi zu betrachten, und zwar zunächst im allgemeinen, dann eigens ihre einzelnen Arten und schließlich im besonderen Seine Verklärung. Zum ersten ergeben sich vier Einzelfragen: 1. Mußte Christus Wunder wirken? 2. Hat Er sie in göttlicher Macht gewirkt? 3. Zu welcher Zeit hat Christus mit Seiner Wundertätigkeit begonnen? 4. Waren Seine Wunder ein hinreichender Beweis für Seine Gottheit? Mußte

1. A R T I K E L Christus Wunder

wirken?

1. Das Wirken Christi mußte mit Seinen Worten im Einklang stehen. Er sagte aber selbst: „Ein böses und ehebrecherisches Geschlecht verlangt nach einem Zeichen. Doch es wird ihm kein anderes gegeben werden als das Zeichen des Propheten Jonas" (Mt 16, 4). Also durfte Christus keine Wunder wirken. 2. Wie Christus bei Seiner zweiten Ankunft „mit großer

QUAESTIO

XLIII

DE MIRACULIS A CHRISTO FACTIS IN GENERALI Deinde considerandum est de miraculis a Christo factis. Et primo, in generali; secundo, in speciali de 6ingulis miraculorum generibus; tertio, in particulari de transfiguratione ipsius. Circa primum quaeruntur quatuor: 1. Utrum Christus debuerit miracula facere. — 2. Utrum fecerit ea virtute divina. — 3. Quo tempore incoeperit miracula facere. — 4. Utrum per miracula fuerit sufficienter ostensa ejus divinitas. Utrum

ARTICÜLUS I Christus miracula facere

debuerit

[Cont. Graec., cap. 7]

AD PRIMUM sic proceditur. Videtur quod Christus miracula facere non debuit. Factum enim Christi verbo ipsius debuit concordare. Sed ipse dixit, Matth. 16: „Generatio mala et adultera Signum quaerit: et Signum non dabitur ei, nisi Signum Jonae Prophetae." Ergo non debuit miracula facere. 2. PRAETEREA, sicut Christus in secundo adventu venturus

192

Macht und Herrlichkeit" (Mt 24, 30) kommen soll, so kam 43, l Er bei Seiner ersten Ankunft in Schwachheit als „Mann der Schmerzen" und als einer, „der um Schwäche weiß" (Is 53, 3). Nun bekundet aber das Wunderwirken eher Macht als Schwäche. Demnach hätte Er bei Seiner ersten Ankunft keine Wunder wirken sollen. 3. Christus kam, um durch den Glauben die Menschen zu retten: „Wir blicken auf Jesus, den Begründer und Vollender unseres Glaubens" (Hebr 12, 2). Die Wunder verringern aber das Verdienst des Glaubens, deshalb sagt der Herr: „Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder seht, glaubt ihr nicht" (Jo 4, 48). Es scheint also, Christus hätte keine Wunder wirken sollen. ANDERSEITS hören wir aus dem Munde Seiner Widersacher: „Was fangen wir an, da dieser Mensch so viele Wunder wirkt?" (Jo 11, 47). ANTWORT: Gott verleiht einem Menschen aus zwei Gründen [die Gabe], Wunder zu wirken. Erstens, und das ist der Hauptgrund, zur Bekräftigung der Wahrheit, die jemand lehrt. Denn der Gegenstand des Glaubens übersteigt die menschliche Vernunft; er kann darum nicht durch menschliche Gründe, sondern muß vielmehr durch ein Zeichen göttlicher Macht bewiesen werden, so daß man jemandem, der Werke vollbringt, die nur Gott wirken kann, glaubt, daß auch seine Worte von Gott stammen, ebenso wie man dem Überbringer eines Q U A E S T I O 43, 1

est „in virtute magna et majestate", ut dicitur Matth. 24; ita in primo adventu venit in infirmitate, secundum illud Isaiae 53: „Virum dolorum et scientem inflrmitatem." Sed operatio miraculorum magis pertinet ad virtutem quam ad inflrmitatem. Ergo non fuit conveniens ut in primo adventu miracula faceret. 3. PRAETEREA, Christus venit ad hoc ut per fidem homines salvaret: secundum illud Hebr. 12: „Aspicientes in auctorem fidei et consummatorem, Jesum." Sed miracula diminuunt meritum fidei: unde Dominus dicit, Joan. 4. „Nisi signa et prodigia videritis, non creditis." Ergo videtur quod Christus non debuerit miracula facere. SED CONTRA est quod ex persona adversariorum dicitur, Joan. 11: „Quid facimus: quia hie homo multa signa facit?" RESPONDEO dicendum quod divinitus conceditur homini miracula facere, propter duo. Primo quidem, et principaliter, ad conflrmandam veritatem quam aliquis docet. Quia enim ea quae sunt fidei humanam rationem excedunt, non possunt per rationes humanas probari, sed oportet quod probentur per argumentum divinae virtutis: ut, dum aliquis facit opera quae solus Deus facere potest, credantur ea quae dicuntur esse a Deo: sicut, cum aliquis defert litteras anulo regis signatas,

193

43, I mit dem Siegelring des Königs gezeichneten Briefes glaubt, daß dessen Inhalt den Willen des Königs ausdrückt. — Zweitens, um zu beweisen, daß Gott durch die Gnade des Heiligen Geistes in einem Menschen gegenwärtig ist, so daß man auf Grund der Gotteswerke, die ein Mensch vollbringt, glaubt, daß in ihm Gott durch die Gnade wohnt. Daher heißt es im Galaterbrief (3, 5 ) : „Der euch den Geist verleiht und Wunder unter euch wirkt." Beides mußte aber bei Christus den Menschen geoffenbart werden, nämlich, daß Gott durch die Gnade in Ihm war, nicht durch die Gnade der Annahme an Kindes Statt, sondern durch die Gnade der Vereinigung, und daß Seine übernatürliche Lehre von Gott stammte. Deshalb war es vollkommen entsprechend, daß Er Wunder wirkte. Daher sagt Er selbst: „Wenn ihr Mir nicht glauben wollt, so glaubt doch Meinen Werken!" (Jo 10, 38); und: „Die Werke, die der Vater Mir zu vollbringen gegeben hat, sie sind es, die für Mich Zeugnis ablegen" (Jo 5, 36). Z u 1. Die Worte: „Es wird ihm kein anderes Zeichen gegeben werden als das Zeichen des Propheten Jonas", sind nach Chrysostomus so zu verstehen, „daß sie damals nicht jenes Zeichen erhielten, das sie begehrten", nämlich eines „vom Himmel", nicht aber so, daß Er ihnen gar kein Zeichen gegeben hätte — oder: „Er wirkte die Wunder nicht um derentwillen, von denen Er wußte, daß sie hart wie Stein waren, vielmehr um die anderen zu reinigen." Deshalb wurden jene Wunder nicht ihnen, sondern den anderen dargeboten. Q D A E S T I O 43, L

creditur ex voluntate regis processisse quod in illis continetur. — Secundo, ad ostendendum praesentiam Dei in homine per gratiam Spiritus Sancti: ut dum scilicet homo facit opera Dei, credatur Deus habitare in eo per gratiam. Unde dicitur Galat. 3: „Qui tribuit vobis Spiritum, et operatur virtutes in vobis." Utrumque autem circa Christum erat hominibus manifestandum: scilicet quod Deus esset in eo per gratiam, non adoptionis, sed unionis; et quod ejus supernaturalis doctrina esset a Deo. Et ideo convenientissimum fuit ut miracula faceret. Unde ipse dicit, Joan. 10: „Si mihi non vultis credere, operibus credite." Et Joan. 5: „Opera quae dedit mihi Pater ut faciam, ipsa sunt quae testimonium perhibent de me." AD PRIMUM ergo dicendum quod hoc quod dicit, „Signum non dabitur ei nisi Signum Jonae", sie intelligendum est, ut MPG Chrysostomus dicit [hom. 43], quod tunc „non aeeeperunt tale 57/457 Signum quäle petebant", scilicet „de caelo": non quod nullum Signum eis dederit. — Vel, quia „signa faciebat, non propter eos, quos sciebat lapideos esse, sed ut alios emundaret". Et ideo non eis, sed aliis illa signa dabantur.

194

Zu 2. Mag auch Christus „in der Schwachheit des 43,2 Fleisches" gekommen sein, wie das Seine Leiden offenbaren, so kam Er doch „in der Macht Gottes" [vgl. 2 Kor 13, 4]. Und das sollte sich durch Seine Wunder erweisen. Z u 3. Wunder vermindern insofern das Verdienst des Glaubens, als durch sie die Herzenshärte derer sichtbar wird, die das, was durch die Hl. Schrift bewiesen ist, nur auf Grund von Wundern glauben wollen. Und doch ist es besser für sie, daß sie sich durch Wunder zum Glauben bekehren, als daß sie in ihrem Unglauben verharren, denn im ersten Korintherbrief (14, 22) steht: „Die Zeichen sind für die Ungläubigen gegeben", damit sie sich zum Glauben bekehren. 2. A R T I K E L Hat Christus Seine Wunder in göttlicher Macht gewirkt? 1. Gottes Macht ist All-Macht. Nun scheint aber Christus in Seiner Wundertätigkeit nicht allmächtig gewesen zu sein, denn es heißt bei Markus 6, 5: „Er konnte dort", nämlich in Seinem Vaterlande, „keine Wunder wirken." Er scheint demnach Seine Wunder nicht in göttlicher Macht gewirkt zu haben. Q U A E S T I O 43, 2

AD SECUNDUM dicendum quod, licet Christus venerit „in infirmitate carnis", quod manifestatur per passiones, venit tarnen „in virtute Dei". Quod erat manifestandum per miracula. AD TERTIUM dicendum quod miracula intantum diminuunt meritum fidei, inquantum per hoc ostenditur duritia eorum qui nolunt credere ea quae Scripturis divinis probantur, nisi per miracula. Et tarnen melius est eis ut vel per miracula convertantur ad fldem, quam quod in infidelitate permaneant. Dicitur enim 1 Cor. 14, quod „signa data sunt infidelibus": ut scilicet convertantur ad fidem. A R T I C U L U S II Utrum Christus fecerit miracula divina

virtute

[Supra, q. 13, art. 2; 3 Seilt., dlst. 16, q. 1, art. 3; 4 Sent., dist. 5. q. 1, art. 1 ad 3; Resp. ad lector. Venet., ad art. 17; Joan., cap. 2, leot. 1]

AD SECUNDUM sie proceditur. Videtur quod Christus non fecerit miracula virtute divina. Virtus enim divina est omnipotens. Sed videtur quod Christus non fuerit omnipotens in mlraculis faciendis: dicitur enim Marci 6, quod „non poterat ibi", scilicet in patria 6ua, „ullam virtutem facere". Ergo videtur quod non fecerit miracula virtute divina.

13*

195

43,2

2. Gott braucht nicht zu beten. Christus hat aber bisweilen bei Seinen Wundern gebetet. Das beweisen die Auferweckung des Lazarus (Jo 11, 41—42) und die Brotvermehrung (Mt 14, 19). Es scheint also, daß Christus nicht in göttlicher Macht Wunder wirkte. 3. Was in göttlicher Macht geschieht, kann nicht durch die Kraft irgendeines Geschöpfes gewirkt werden. Das, was Christus wirkte, konnte aber auch durch die Kraft eines Geschöpfes vollbracht werden, weshalb die Pharisäer sagten: „Durch Beelzebub, den obersten der Teufel, treibt Er die Teufel aus" (Lk 11, 15). Also scheint es, Christus hätte nicht in göttlicher Macht Wunder gewirkt. ANDERSEITS spricht der Herr: „Der Vater selbst, der in Mir wohnt, vollbringt die Werke" (Jo 14, 10). ANTWORT: Wie im ersten Teil dargelegt wurde (110, 4; Bd. 8), können wahre Wunder nur durch göttliche Kraft gewirkt werden: Denn Gott allein kann die Naturordnung ändern, und diese Änderung gehört zum Wesen des Wunders. Daher schreibt Papst Leo in einem Brief an Flavianus, in Christus gäbe es zwei Naturen, „die eine", nämlich die göttliche, „strahlt in Wundern, die andere", die menschliche, „unterliegt dem Unrecht"; jedoch „eine jede wirkt im Verein mit der anderen", sofern nämlich die menschliche Natur ein Werkzeug des Q U A E S T I O 43. 2

2. PRAETEREA, Dei non est orare. Sed Christas aliquando in miraculis faciendis orabat: ut patet in suscitatione Lazari, Joan. 11; et in multiplicatione panum, ut patet Matth. 14. Ergo videtur quod non fecerit miracula virtute divina. 3. PRAETEREA, ea quae virtute divina flunt, non possunt virtute alicujus creaturae fierd. Sed ea quae Christus faciebat, poterant etiam fleri virtute alicujus creaturae: unde et Pharisaei dicebant quod „in Beelzebub, principe daemoniorum, ejiciebat daemonia". Ergo videtur quod Christus non fecerit miracula virtute divina. SED CONTRA est quod Dominus dicit, Joan. 14: „Pater, in me manens, ipse facit opera." RESPONDEO dicendum quod, sicut in Prima Parte habitum est, vera miracula sola virtute divina fleri possunt: quia solus Deus potest mutare naturae ordinem, quod pertinet ad ratioMPL nem miraculi. Unde Leo Papa dicit, in Epistola ad Flavia54/767 num [ep. 28], quod, cum in Christo sint duae naturae, „una" earum est, scilicet divina, „quae fulget miraculis; altera", scilicet humana, „quae succumbit injuriis"; et tarnen „una earum agit cum communicatione alterius": inquantum scilicet humana natura est instrumentum divinae actionis, et actio

196

göttlichen Wirkens ist und das menschliche Wirken seine 43,2 Kraft von der göttlichen Natur empfängt (19, 1; Bd. 26). Z u 1. Die Stelle: „Er vermochte dort kein Wunder zu wirken", will Seine unbegrenzte Macht nicht einschränken, sondern besagt, daß ein Wunder dort nicht angemessen war. Denn unter Ungläubigen ein Wunder zu wirken, ist nicht angemessen. Daher heißt es auch weiter (V. 6): „Und Er wunderte sich über ihren Unglauben." So ist auch Gn 18, 17 zu verstehen: „Kann Ich Abraham verbergen, was Ich tun will?" Und 19, 22: „Ich kann nichts tun, bis du dahin gelangt bist," Z u 2. Chrysostomus sagt in seiner Homilie (zu Mt 14, 19), ,Er nahm fünf Brote und zwei Fische, blickte zum Himmel auf, segnete und brach sie': „Man sollte von Christus glauben, daß Er vom Vater ist und daß Er Ihm gleich ist. Um beides zu beweisen, wirkte Er Wunder bald kraft Seiner Macht, bald unter Gebet. Bei Geringerem blickte Er zum Himmel, so bei der Brotvermehrung; bei größeren Dingen, die nur Gott wirken kann, handelte Er kraft Seiner Macht, so, als Er Sünden nachließ und Tote erweckte." Wenn es aber heißt, daß Er bei der Auferweckung des Lazarus „die Augen zum Himmel erhob" (Jo 11, 41), tat Er das nicht, weil Er Hilfe benötigte, sondern um des Q ü A E S T I O 43, 2

humana virtutem accepit a natura divina, sicut supra habitum est. AD PRIMUM ergo dicendum quod hoc quod dicitur, „non poterat ibi ullam virtutem facere", non est referendum ad potentiam absolutam, sed ad id quod potest fieri congruenter: non enim congruum erat ut inter incrédulos operaretur miracula. Unde subditur: „Et mirabatur propter incredulitatem eorum." Secundum quem modum dicitur Gen. 18: „Non celare potero Abraham quae gesturus sum"; et 19: „Non potero facere quidquam donec ingrediaris illuc." AD SECUNDUM dicendum quod, sicut Chrysostomus dicit, mpg super illud Matth. 14 [hom. 49], ,Acceptis quinqué panibus et 58/498 duobus piscibus aspiciens in caelum benedixit et fregit': „Oportebat", inquit, „credi de Christo quoniam a Patre est, et quoniam ei aequalis est. Et ideo, ut utrumque ostendat, nunc quidem cum potestate, nunc autem orans miracula facit. Et in minoribus quidem respicit in caelum, puta in multiplicatione panum: in majoribus autem, quae sunt solius Dei, cum potestate agit, puta quando peccata dimisit, mortuos suscitavit." Quod autem dicitur Joan. 11, quod in suscitatione Lazari „oculos sureum elevavit", non propter necessitatem euffragii,

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2 Beispieles willen. Daher sprach Er: „Des Volkes wegen, das umhersteht, habe Ich das gesagt, damit es glaube, daß Du Mich gesandt hast" [44]. Z u 3. Die bösen Geister wurden von Christus in anderer W e i s e ausgetrieben, als w e n n die Austreibung durch die Macht der bösen Geister selbst geschieht. Durch die Kraft höherer böser Geister nämlich werden [ a n d e r e ] aus dem Körper vertrieben, ihre Herrschaft über die Seele jedoch bleibt bestehen; denn gegen sein eigenes Reich kämpft der Teufel nicht. Christus aber vertrieb die bösen Geister nicht nur aus dem Leib, sondern vor allem aus der Seele. Daher widerlegte der Herr die Lästerungen der Juden, Er vertreibe die bösen Geister durch die Macht böser Geister erstens dadurch, [daß er sagte], der Satan sei nicht mit sich selbst uneins; zweitens durch den Hinweis auf andere, die durch den Geist Gottes böse Geister austrieben. Drittens, [indem Er zeigte], Er könne k e i n e n bösen Geist vertreiben, außer w e n n Er ihn durch göttliche Kraft besiege. Viertens [endlich sagte E r ] , w e d e r in Seinen Werken noch in deren Wirkungen habe Er etwas mit dem Satan gemein, da der Satan die zu zerstreuen suche, welche Christus sammelte. Q U A E S T I O 43, 2

sed propter exemplum hoc fecit. Unde dicit: „Propter populum qui circumstat dixi: ut credant quia tu me misisti." AD TERTIUM dicendum quod Christus alio modo expellebat daemones quam virtute daemonum expellantur. Nam virtute superiorum daemonum ita daemones a corporibus expelluntur quod tarnen remanet dominium eorum quantum ad animam: non enim contra regnum suum diabolus agit. Sed Christus daemones expellebat non solum a corpore, sed multo magis ab anima. Et ideo Dominus blasphemiam Judaeorum dicentium eum in virtute daemonum daemonia ejicere, reprobavit: primo quidem, per hoc quod Satanas contra seipsum non dividitur. Secundo, exemplo aliorum, qui daemonia ejiciebant per Spiritum Dei. Tertio, quia daemonium expellere non posset nisi ipsum vicisset virtute divina. Quarto, quia nulla convenientia in operibus nec in effectu erat sibi et Satanae: cum Satanas dispergere cuperet quos Christus colligebat.

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3. A R T I K E L 43,3 Hat Christus Seine Wundertätigkeit mit der Verwandlung von Wasser in Wein bei der Hochzeit begonnen? 1. In dem Buch „Von der Kindheit des Heilands" [14] kann man lesen, daß Christus in Seiner Jugend viele Wunder gewirkt hat. Das Wunder der Verwandlung von Wasser in Wein bei der Hochzeit wirkte Er aber im dreißigsten oder einunddreißigsten Jahre Seines Lebens. Es scheint also, daß Er nicht erst damals begonnen hat, Wunder zu wirken. 2. Christus wirkte Seine Wunder in göttlicher Kraft. Die göttliche Kraft war aber in Ihm vom ersten Augenblick Seiner Empfängnis an; denn von da an war Er Gott und Mensch. Er scheint also von Anfang an Wunder gewirkt zu haben. 3. Christus begann nach der Taufe und Versuchung Jünger zu sammeln. So lesen wir Mt 4, 18 f. und Jo 1, 35 f. Nun scharten sich aber diese Jünger vor allem Seiner Wunder wegen um Ihn; so heißt es Lk 5, 4 f., daß Er Petrus berief, als dieser voll des Staunens über das Wunder „beim Fischfang war". Demnach hat Er anscheinend vor dem Wunder bei der Hochzeit schon andere Wunder gewirkt. Q U A E S T I 0 48, 3

A R T I C U L U S III Utrum Christus incoeperit miracula facere in n u p t i i s m u t a n d o a q u a m in v i n u m [Supra, q. 36, art. 4 ad 3; Joan., cap. 2, lect. 1; cap. 15, lect. 5]

AD TERTIUM sie proceditur. Videtur quod Christus non incoeperit miracula facere in nuptiis, mutando aquam in vinum. Legitur enim in libro de Infantda Salvatoris, quod Christus in sua pueritia multa miracula fecit. Sed miraculum de conversione aquae in vinum fecit in nuptiis trigesimo vel trigesimoprimo anno suae aetatis. Ergo videtur quod non incoeperit tunc miracula facere. 2. PRAETEREA, Christus faciebat miracula secundum virtutem divinam. Sed virtus divina fuit in eo a prineipio euae conceptionis: ex tunc enim fuit Deus et homo. Ergo videtur quod a prineipio miracula fecerit. 3. PRAETEREA, Christus post baptismum et tentationem coepit diseipulos congregare: ut legitur Matth. 4 et Joan. 1. S&d diseipuli praeeipue congregati sunt ad ipsum propter miracula: sicut dicitur Luc. 5, quod Petrum voeavit obstupescentem propter miraculum quod fecerat „in captura piscium". Ergo videtur quod ante miraculum quod fecit in nuptiis, fecerit alia miracula.

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43, 3

ANDERSEITS steht bei Jo 2, 11: „So machte Jesus zu Kana in Galiläa den Anfang mit Seinen Wundern." ANTWORT: Christus wirkte die Wunder, um Seine Lehre zu bekräftigen und zu beweisen, daß in Ihm göttliche Kraft wohne. Mit Rücksicht auf den ersten Zweck durfte Er deshalb keine Wunder wirken, bevor Er zu lehren begonnen hatte. Er durfte aber nicht vor dem Vollalter zu lehren beginnen, wie schon oben (39, 3) dargelegt wurde, als von der Taufe die Rede war. Um den anderen Zweck zu erreichen, mußte Er Seine Gottheit durch Wunder so beweisen, daß man an der Wahrheit Seiner menschlichen Natur festhalten konnte. Daher sagt Chrysostomus: „Er begann mit Recht Seine Wundertätigkeit nicht schon in früher Jugend, sonst hätte man geglaubt, die Menschwerdung sei ein Truggebilde, und hätte Ihn vor der Zeit dem Kreuzestod überliefert." Z u 1. Zu dem Wort Johannes' des Täufers: ,Um Ihn in Israel bekannt zu machen, bin ich gekommen und taufe mit Wasser', schreibt Chrysostomus: „Es ist offenbar, daß jene Zeichen, die Christus in Seiner Jugend gewirkt haben soll, Lügen und Erfindungen sind. Hätte nämlich Christus von frühester Jugend an Wunder gewirkt, so hätte Ihn Johannes sicher gekannt und die übrige Menge hätte keines Lehrers bedurft, der auf Ihn hinweisen sollte." Q Ü A E S T I O 43, 3

SED CONTRA est quod dicitur Joan. 2: „Hoc fecit initium signorum Jesus in Cana Galilaeae." RESPONDEO dicendum quod miracula facta eunt a Christo propter confirmationem ejus doctrinae, et ad ostendendum virtutem divinam in ipso. Et ideo, quantum ad primum, non debuit ante miracula facere quam docere inciperet. Non autem debuit incipere docere ante perfectam aetatem: ut supra habitum est, cum de baptismo ejus ageretur. Quantum autem ad secundum, sie debuit per miraculi divinitatem ostendere ut crederetur veritas humanitatis ipsius. Et MPG ideo, sicut dicit Chrysostomus, super Joan. [hom. 21], „decenter 59/130 n 0 n incoepit signa facere ex prima aetate: existimassent enim phantasiam esse incarnationem, et ante opportunum tempus cruci eum tradidissent". MPG AD PRIMUM ergo dicendum quod, sicut Chrysostomus dicit, 59/NO 6uper Joan. [hom. 17], ex verbo Joannis Baptistae dicentis, ,Ut manifestetur in Israel, propterea veni ego in aqua baptizans': „manifestum est quod illa signa quae quidam dicunt in pueritia a Christo facta, mendacia et fictiones sunt. Si enim a prima aetate miracula fecisset Christus, nequaquam neque Joannes eum ignorasset, neque reliqua multitudo indiguisset magistro ad manifestandum eum".

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Zu 2. Die göttliche Kraft wirkte in Christus, soweit 43,3 es zum Heile der Menschen notwendig war; deshalb hatte Er nämlich Fleisch angenommen. Daher hat Er in göttlicher Kraft Seine Wunder so gewirkt, daß dadurch dem Glauben an die Wirklichkeit Seines Fleisches kein Eintrag geschah. Z u 3. Gerade das gereicht den Jüngern zum Lobe, daß sie Christus gefolgt sind, „ohne vorher irgendein Wunder von Ihm gesehen zu haben" (Gregor). Und Chrysostomus sagt: „Die Wunder waren zu der Zeit am notwendigsten, als die Jünger sich bereits um Ihn versammelt hatten, Ihm anhingen und die Ereignisse genauer verfolgten; daher der Zusatz: ,Und Seine Jünger glaubten an I h n ' " — nicht als ob sie erst damals geglaubt hätten, sondern weil sie damals „liebender und vollkommener" glaubten. — Oder Er nennt die Seine Jünger, die „in Zukunft Seine Jünger sein sollten" (Augustinus). Q U A E S T I 0 43, 3

AD SECUNDUM dicendum quod divina virtus operabatur in Christo secundum quod erat necessarium ad salutem humanam, propter quam carnem assumpserat. Et ideo sie miracula feeit virtute divina ut fidei de veritate carnLs ejus praejudicium non fieret. AD TERTIUM dicendum quod hoc ipsum ad laudem discipulorum pertinet, quod Christum secuti sunt cum „nulla eum miracula facere vidissent": sicut Gregorius dicit, in quadam Homilia [hom. 5 in Ev.]. Et, ut Chrysostomus dicit [hom. 28], MPG „maxime tunc signa necessarium erat facere, quando diseipuli 59/139 jam congregati erant et devoti, et attendentes his quae fiebant. Qnde subditur: Et crediderunt in eum diseipuli ejus": non quia tunc primum crediderunt; sed quia tunc „diligentius et perfectius" crediderunt. — Vel diseipulos vocat eos „qui futuri erant diseipuli": sicut exponit Augustinus, in libro „de Con- MPL M/109« sensu Evangelistarum" [lib. 2, cap. 17]. CSEL 43/139

14 27

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4. A R T I K E L

4

Waren die Wunder Christi ein hinreichender Seine Gottheit?

Beweis

für

1. Gott und Mensch zugleich zu sein, ist nur Christus eigen. Die Wunder aber, die Christus wirkte, wurden auch von anderen gewirkt. Sie scheinen deshalb Seine Gottheit nicht genügend zu erweisen. 2. Nichts überragt die Macht der Gottheit. Manche haben aber größere Wunder gewirkt als Christus, es heißt nämlich Jo 14, 12: „Wer an Mich glaubt, wird Werke vollbringen, die Ich vollbringe, ja noch größere, als Ich vollbringe." Die Wunder, die Christus wirkte, scheinen also keine genügenden Beweise für Seine Gottheit gewesen zu sein. 3. Aus dem Besonderen läßt sich das Allgemeine nicht genügend erweisen. Jedes Wunder Christi war aber ein besonderes Werk. Also läßt sich aus keinem dieser Wunder zur Genüge Seine Gottheit erweisen, der ganz allgemein die Macht über alle Dinge zukommt. Q U A E S T I 0 43, 4

A R T I C U L U S IV Utruui miracula quae Christus s u f f i c i e n t i a ad o s t e n d e n d am ipsius

fecit fuerint divinitatem

[3 Sent., dist. 16, q. 1, art. 2: 1 Cont. Gent., cap. 6; 4, cap. 55; Quodl. 2, q. 4, art. 1 ad 4; Joan., cap. 5, lect. 6; cap. 15, lect. 5]

AD QUARTUM sic proceditur. Videtur quod miracula, quae Christus fecit, non fuerint sufficientia ad ostendendam divinitatem ipsius. Esse enim Deum et hominem proprium est Christo. Sed miracula quae Christus fecit, etiam ab aliis sunt facta. Ergo videtur quod non fuerint sufficientia ad ostendendam divinitatem ipsius. 2. PRAETEREA, virtute divinitatis nihil est majus. Sed aliqui fecerunt majora miracula quam Christus: dicitur enim Joan. 14: Qui credit in me, opera quae ego facio, et ipse faciet: et majora horum faciet." Ergo videtur quod miracula quae Christus fecit, non fuerint sufficientia ad ostendendum divinitatem ipsius. 3. PRAETEREA, ex particulari non sufficienter ostenditur universale. Sed quodlibet miraculorum Christi fuit quoddam particulare opus. Ergo ex nullo eorum potuit manifestari sufficienter divinitas Christi, ad quam pertinet universalem virtutem habere de omnibus. 202

ANDERSEITS spricht der Herr: „Die Werke, die der 43,4 Vater Mir zu vollbringen gegeben hat, legen für Mich Zeugnis ab" (Jo 5, 36). ANTWORT: Die Wunder Christi sind ein genügender Beweis für Seine Gottheit, und zwar aus drei Gründen. Der erste Grund: die Natur der Werke selbst. Sie übersteigen nämlich jede Macht einer geschöpfliehen Kraft und konnten daher nur in göttlicher Kraft gewirkt werden. Deshalb sprach der Blinde, als ihm das Licht geschenkt worden war: „Solange die Welt steht, hat man es noch nicht gehört, daß jemand einem Blindgeborenen die Augen geöffnet hat. Wäre dieser nicht von Gott, so hätte Er auch nichts ausrichten können" (Jo 9, 32. 33). Der zweite Grund ist die Art und Weise, wie Er die Wunder wirkte. Er vollbrachte nämlich Seine Wunder aus eigener Macht, nicht wie andere durch Gebet. Daher heißt es Lk 6, 19: „Kraft ging von Ihm aus und heilte alle." Daraus geht hervor, wie Cyrillus schreibt, daß „Er keine fremde Kraft empfing, sondern, da Er von Natur Gott war, Seine eigene Macht über die Kranken bewies. Deshalb hat Er auch zahllose Wunder vollbracht". Aus diesem Grunde sagt Chrysostomus zu Mt 8, 16. ,Er vertrieb die Geister mit Seinem Wort, und alle Kranken heilte Er': „Beachte, wie groß die Zahl der Geheilten war, die die Evangelisten nur flüchtig erwähnen, ohne ihre Heilung im einzelnen zu erzählen; sie Q Ü A E S T I 0 43, 4

SED CONTRA est quod Dominus dicit, Joan. 5: „Opera quae dedit mihi Pater ut faciam, ipsa testimonium perhibent de me.'1 RESPONDEO dicendum quod miracula quae Christus fecit, sufficientia erart ad manifestandum divinitatem ipsius, secundum tria. Primo quidem, secundum ipsam speciem operum, quae transcendebant omnem potestatem creatae virtutis, et ideo non poterant fleri nisi virtute divina. Et propter hoc caecua illuminatus dieebat, Joan. 9: „A saeculo non est auditum quia aperuit quis oculos caeci nati. Nisi esset hic a Deo, non posset tacere quidquam." Secundo, propter modum miracula faciendi: quia scilicet quasi propria potestate miracula faciebat, non autem orando, sicut alii. Unde dicitur Luc. 6, quod „virtus de illo exibat et sanabat omnee". Per quod ostenditur, sicut Cyrillus dicit [in Luc.], MPG quod „non aeeipiebat alienam virtutem: sed, cum esset natura- 72/588 fiter Deus, propriam virtutem super inflrmos ostendebat. Et propter hoc innumerabilia miracula faciebat". Unde super illud Matth. 8, ,Ejiciebat spiritus verbo, et omnes male habentes curavit', dicit Chrysostomus [hom. 27]: „Intende quantam MPG multitudinem curatam transcurrunt Evangelistae, non unum- 57 / 345 14*

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43,4 deuten vielmehr nur mit einem Wort das unaussprechliche Meer Seiner Wunder an." Darin zeigte sich, daß Er eine Macht besaß, die der Macht Gott-Vaters gleich war: „Alles, was der Vater tut, das tut in gleicher Weise auch der Sohn" (Jo 5, 19). Und: „Wie der Vater Tote erweckt und lebendig macht, so macht auch der Sohn lebendig, wen Er will" (Jo 5, 21). Der dritte Grund liegt in der Lehre, in der Er sich selbst als Gott bekennt. Wenn sie nicht wahr wäre, würde sie nicht durch Wunder bestätigt worden sein, die nur durch göttliche Macht geschehen können. Daher heißt es Mk 1, 27: „Was ist das für eine neue Lehre? Er gebietet mit Macht den unreinen Geistern, und sie gehorchen Ihm" [45]. Z u 1. Das war der Einwand der Heiden. Deshalb schreibt Augustinus an Volusianus: „Sie sagen, es fehlen die entsprechenden Wunder, um eine solche Majestät zu erweisen. Denn jene Reinigung von bösen Geistern", nämlich die Austreibung der Dämonen, „die Heilung der Kranken, das den Toten wiedergeschenkte Leben und alles andere, was man noch heranziehen könnte, ist zu klein für Gott." Und Augustinus erwidert darauf: „Wir geben zu, daß auch Propheten ähnliches getan haben, aber sowohl Moses wie die übrigen Propheten haben den Herrn Jesus verkündet und Seiner vollendeten Herrlichkeit gehuldigt. Deswegen wollte Er auch selbst derartiges vollbringen, damit nicht das, was Er durch anQ U A E S T I O 43, 4

propterea talia et ipse facere voluit, ne esset absurdum, quod quemque curatum enarrantes, sed uno verbo pelagus ineffabile miraculorum inducentes." Et ex hoc ostendebatur quod haberet virtutem coaequalem Deo Patri: secundum illud Joan. 5: „Quaecumque Pater facit, haec et Filius similiter facit"; ibidem: „Sicut Pater suscitat mortuos et viviflcat, sie et Filius quos vult vivificat." Tertio, ex ipsa doctrina qua se Deum dicebat: quae nisi vera esset, non confirmaretur miraculis divina virtute factis. Et ideo dicitur Marci 1: „Quaenam doctrina haec nova? Quia in potestate spiritibus immundis imperat, et obediunt ei." AD PRIMUM ergo dicendum quod haec erat objectio gentiMPL lium. Unde Augustinus diedt, in Epistola ad Volusianum 33/521 [ep. 137] : „Nulla, inqudunt, competentibus signis tantae majestatis indicia claruerunt. Quia larvalis illa purgatio", qua scilicet daemones eflugabat, „debilium cura, reddita vita defunctis, si et alia considerentur, Deo parva sunt." Et ad hoc responibid. det Augustinus [ibid.]: „Fatemur et nos talia quidem fecisse prophetas. Sed et ipse Moyses et ceteri prophetae Dominum Jesum prophetaverunt, et ei gloriam magnam dederunt. Qui

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dere gewirkt hatte, sinnlos erscheine, wenn Er es nicht 43, 4 selbst auch täte. Einiges jedoch sollte Er tun, was nur Ihm eigen war: aus einer Jungfrau geboren werden, von den Toten auferstehen, in den Himmel auffahren. Wenn jemand wähnt, das sei für Gott zu wenig, dann weiß ich nicht, was er noch erwartet. Hätte Er etwa nach Seiner Menschwerdung eine andere Welt erschaffen sollen, damit wir glaubten, daß Er der sei, durch den die Welt geschaffen wurde? Nun kann es aber unter den gegebenen Umständen keine größere oder gleich große geben. Hätte Er aber in ihr eine kleinere geschaffen, würde man auch das für zu geringfügig erachtet haben." Was aber die anderen getan haben, das hat Christus in vollkommenerer Weise getan. Zu der Stelle Jo 15, 24, ,Hätte ich nicht Taten unter ihnen vollbracht, wie sie kein anderer vollbracht hat . . .', sagt daher Augustinus: „Unter den Werken Christi scheint es kein größeres zu geben als die Totenerweckungen; und wir wissen, daß auch die alten Propheten das vollbracht haben. Einiges jedoch vollbrachte Christus, was kein anderer tat. Aber man erwidert uns: ,Wieder andere taten, was weder Er noch andere getan haben.' Jedoch von keinem der Alten lesen wir, daß Er so viel Elend, Krankheiten und Plagen der Sterblichen mit solcher Macht geheilt hätte. Um nämlich von den Einzelnen zu schweigen, die Er durch einen bloßen Befehl heilte, wo sie Ihm gerade begegneten, schreibt Mk 6, 56: ,Überall, wo Er ein Q U A E S T I O 43,

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per illos feoerat, si ipse non faceret. Sed tarnen et aliquid proprium facere debuit: nasoi de Virgine, resurgere a mortuis, in caelum ascendere. Hoc Deo qui parum putat, quid plus expectet ignoro. Num, homine assumpto, alium mundum facere debuit, ut eum esse crederemus per quem factus est mundus? Sed nec major mundus, nec isti aequalis in h o c 1 fieri posset: si autem minorem faceret infra istum, similiter hoc quoque parum putaretur." Quae tarnen alii fecerunt, Christus excellentius fecit. Unde super Joan. 15, ,Si opera non fecissem in eis quae nemo alius fecit' etc., dicit Augustinus [tr. 91 in J o . ] : „Nulla in operibus MPL Christi videntur esse majora quam suscitatio mortuorum: quod 35/1860 scimus etiam antiquos fecisse prophetas. Fecit tarnen aliqua Christus quae nemo alius fecit. Sed respondetur nobis et alios fecisse quae nec ipse, nec alius fecit. Sed quod tarn multa vitia et malas valetudines vexationesque mortalium tanta potestate sanaret, nullus omnino legitur antiquorum fecisse. Ut enim taceatur quod jubendo, sicut occurrebant, salvos singulos fecit, Marcus dicit: ,Quocumque introibat in vicos aut in l CSEL addit: mundo.

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43,4 G e h ö f t o d e r ein Dorf o d e r e i n e Stadt b e t r a t , legte m a n d i e K r a n k e n auf die f r e i e n P l ä t z e hin, u n d sie b a t e n I h n , w e n i g s t e n s d e n S a u m S e i n e s Kleides b e r ü h r e n zu d ü r f e n . U n d alle, die I h n b e r ü h r t e n , w u r d e n gesund.' Das h a t sonst k e i n a n d e r e r Mensch in i h n e n getan. So nämlich sind die W o r t e ,in i h n e n ' zu v e r s t e h e n ; es h e i ß t nicht , u n t e r i h n e n ' , auch nicht ,vor i h n e n ' , s o n d e r n ger a d e ,in i h n e n ' , weil E r sie heilte. Das hat sonst niem a n d getan, mochte er a u c h sonst solche W e r k e b e i i h n e n vollbracht h a b e n . J e d e r a n d e r e Mensch, d e r solches tat, tat e s . n u r , weil E r [in i h m ] w i r k t e . H i e r a b e r w i r k t e E r selbst, o h n e d a ß j e n e d a b e i mitbeteiligt w a r e n . " Zu 2. A u g u s t i n u s stellt b e i d e r A u s l e g u n g u n s e r e r Stelle die F r a g e : „ W e l c h e s sind die g r ö ß e r e n W e r k e " , die j e n e tun w e r d e n , die a n I h n g l a u b e n ? „Vielleicht, d a ß i h r Schatten die K r a n k e n b e i m V o r b e i g e h e n h e i l t e ? D e n n es ist e t w a s G r ö ß e r e s , w e n n d e r Schatten, als w e n n d e r S a u m des K l e i d e s j e m a n d e n heilt. J e d o c h als Christus dies s p r a c h , w i e s E r darauf hin, w a s S e i n e W o r t e t a t e n u n d w i r k t e n . D e n n w a s f ü r W e r k e m e i n t e Er, als E r s a g t e : ,Der V a t e r , d e r in Mir wohnt, vollbringt die W e r k e ' , als die W o r t e , die E r s p r a c h ? U n d die F r u c h t d e r s e l b e n W o r t e w a r d e r G l a u b e [ d e r J ü n g e r ] . Als a b e r S e i n e J ü n g e r das E v a n g e l i u m v e r k ü n d e t e n , g l a u b t e nicht n u r e i n e so g e r i n g e Zahl, als die J ü n g e r es w a r e n , sogar V ö l k e r n a h m e n d e n G l a u b e n an. Ging nicht j e n e r Reiche Q U A E S T I O 43, 4

villas aut an civitates, in plateis ponebant inflrmos, et deprecabantur eum ut vel flmbriam vestimenti ejus tangerent, et quotquot tangebant eum, salvi fiebant.' Haec nemo alius fecit in eis. Sic enim intelligendum est quod ait, ,in eis': non ,inter eos', aut ,coram eis', sed prorsus ,in eis', quia sanavit eos. Nec tarnen alius fecit, quicumque in eis talia opera fecit: quoniam quisquis alius homo aliquid eorum fecit, ipso faciente fecit; haec autem ipse, non illis facientibus, fec.it." MPL AD SECUNDUM dicendum quod Augustinus [tr. 71 in Jo.], 35/1821 exponens lllud verbum Joannis, inquirit: „Quae sunt ista opera majora", quae credentes in eum erant facturi? „An forte quod aegros, ipsis transeuntibus, etiam eorum umbra sanabat? Magis est enim quod sanet umbra, quam fimbria. Verumtamen quando ista Christus dicebat, verborum suorum facta et opera commendaibat. Cum enim dixit, ,Pater in me manens ipse facit opera', quae opera tunc dicebat, nisi illa 1 quae loquebatur? Et eorumdem verborum fructus erat fides illorum. Verumtamen, evangelizantibus discipulis, non tarn pauci quam illi MPL erant, sed gentes etiam crediderunt. Nonne [tr. 72] ab ore 35/1822 1 L: verba.

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traurig weg, als er Seine Worte vernommen hatte? Und 43, 4 doch haben später, als Er durch die Jünger sprach, viele das getan, was jener eine nicht tat, der es von Ihm selbst gehört hatte. Sieh, Größeres tat Er durch die Predigt derer, die an Ihn glaubten, als durch die Worte, die Er zu denen sprach, die Ihn hörten. Das aber weckt noch Bedenken, daß Er diese größeren Dinge durch Seine Apostel wirkte, während Er sie doch nicht allein meinte, als Er sprach: ,Wer an Mich glaubt.' Höre also: ,Wer an Mich glaubt, wird die gleichen Werke, die Ich tue, vollbringen.' Zuerst tue Ich sie, dann wird er sie tun, denn Ich wirke, damit er wirken kann. Sind das etwa andere Werke als die Rechtfertigung eines Sünders? Diese wirkt Christus allerdings in ihm, aber nicht ohne ihn. Und ich behaupte, daß das etwas Größeres ist als die Erschaffung von Himmel und Erde: ,Himmel und Erde werden vergehen', das Heil der Auserwählten und ihre Rechtfertigung wird bestehen bleiben. — Im Himmel aber sind die Engel Werke Christi. Tut nun jemand, der mit Christus an seiner Rechtfertigung mitwirkt, größere Werke als diese? Urteile, wer kann, was größer ist, Gerechte zu schaffen oder Gottlose gerecht zu machen. Wenn auch beides gleiche Macht offenbart, so sicherlich das zweite größere Barmherzigkeit. Doch liegt kein zwingender Grund vor, bei den Worten : ,Er wird Größeres vollbringen' an a l l e Werke Christi zu denken. Er sprach vielleicht nur von denen, Q Ü A E S T I O 48. 4

ipsius dives ille tristis abscessit: et tarnen postea, quod ab illo auditum non fec.it unus, fecerunt multi cum per discipulos loqueretur? Ecce, majora fecit praedicatus a credentibus, quam locutus audientibus. Verum hoc adhuc movet, quod haec majora per Apostolos fecit: non autem ipsos tantum signiflcans ait, ,Qui credit in me'. Audi ergo: ,Qui credit in me, opera quae ego faclo, et ipse faciet.' Prius ego facio, deinde faciet: quia facio ut faciat. Quae opera, nisi ut ex impio justus fiat? Quod utique in illo, sed non sine illo Christus operatur. Prorsus majus hoc esse dixerim quam creare caelum et terram: ,caelum enim et terra transibunt', praedestinatorum autem salus et justificatio permanebit. — Sed in caelis angeli opera sunt Christi. Numquid his operibus majora facit qui cooperatur Christo ad suam justificationem? Judicet qui potest utrum majus sit Justos creare, quam impios justificare. Certe, si aequalis est utrumque potentiae, hoc majoris est misericordiae. Sed omnia opera Christi intelligere ubi ait, ,Majora horum faciet', nulla nos necessitas cogit. Eorum forsitan dixit quae illa

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4 die Er gerade gewirkt hatte. Damals wirkte Er Worte des Glaubens, und es ist jedenfalls etwas Geringeres, Worte der Gerechtigkeit zu predigen, was Er ohne uns tat, als einen Gottlosen gerecht zu machen, was Er so in uns tut, daß auch wir es tun." Z u 3. Wenn irgendein besonderes Werk dem allein wesenseigen ist, der es wirkte, so erweist dieses besondere Werk die ganze Kraft des Wirkenden. So wie das Schlußfolgern nur dem Menschen wesenseigen ist und jemand sich dadurch als Mensch erweist, daß er irgendeinen besonderen Gegenstand schlußfolgernd durchdenkt. In unserem Fall ist es ähnlich. Da Wunderwirken aus eigener Kraft einzig und allein Gott zukommt, ist die Gottheit Christi hinreichend aus jedem beliebigen Wunder, das Er aus eigener Kraft wirkte, erwiesen [46]. Q U A E S T I 0 43, 4

hora faciebat. Tunc autem verba fidei faciebat: et utique minus est verba praedicare justitiae, quod fecit praeter nos, quam impium justifieare, quod ita facit in nobis ut faciamus et nos." AD TERTIUM dicendum quod, quando aliquod partioulare opus proprium est alicujus agentis, tunc per illud particulare opus probatur tota virtus agentis: sicut, cum ratiocinari sit proprium hominis, ostenditur aliquis esse homo ex hoc ipso quod ratiocinatur circa quodcumque particulare propositum. Et similiter, cum propria virtute miracula facere sit solius Dei, sufficienter ostensum est Christum esse Deum ex quocumque miraculo quod propria virtute fecit.

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44. F R A G E DIE EINZELNEN ARTEN DER WUNDER

44, l

Hierauf sind die einzelnen Arten der Wunder zu betrachten. Nämlich: 1. Die Wunder, die Christus an reinen Geistern wirkte. 2. Die Wunder, die Er an Himmelskörpern wirkte. 3. Die Wunder, die Er an Menschen wirkte. 4. Die Wunder, die Er an vernunftlosen Geschöpfen wirkte. 1.

ARTIKEL

Waren die Wunder, die Christus an reinen wirkte, angemessen?

Geistern

1. Unter den reinen Geistern überragen die heiligen Engel die bösen Geister, denn, wie Augustinus sagt, „ein lebendiger, vernünftiger Geist, der ein Abtrünniger und ein Sünder wurde, wird von einem lebendigen, vernünftigen Geist, der gottesfürchtig und gerecht ist, beherrscht". Nun lesen wir aber nirgends, Christus habe Wunder an guten Engeln gewirkt. Darum durfte Er auch nicht an bösen Geistern irgendwelche Wunder wirken.

QUAESTIO XLIV DE SINGULIS MIRACULORUM SPECIEBUS Deinde considerandum est de singulis miraculorum speclebus. Et 1. De miraculis quae fecit circa spirituales substantias. — 2. De miraculis quae fecit circa caelestia corpora. — 3. De miraculis quae fecit circa homines. — 4. De miraculis quae fecit circa creaturas irrationales. ARTICULUS

I

Utrum miracula quae Christus fecit circa spirituales substantias fuerint convenientia AD PRIMUM sic proeeditur. Videtur quod miracula quae Christus fecit circa spirituales substantias, non fuerint convenientia. Inter spirituales enim substantias, saneti angeli praepollent daemonibus: quia, ut Augustinus dicit, 3 de Trin. MPL [cap. 4 ] , „spiritus vitae rationalis desertor atque peccator regi- 42/873 tur per spiri tum vitae rationalem pium et justum". Sed Christus non legitur aliqiua miracula fecisse circa angelos bonos. Ergo neque etiam circa daemones aliqua miracula facere debuit.

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i

2. Die Wunder Christi haben die Aufgabe, die Gottheit Christi zu offenbaren. Die Gottheit Christi durfte aber den bösen Geistern nicht geoffenbart werden, sonst wäre das Geheimnis Seines Leidens verhindert worden: „Hätten sie [die Weisheit Gottes] erkannt, würden sie nie den Herrn der Herrlichkeit gekreuzigt haben" (1 Kor 2, 8). Also hätte Er an bösen Geistern keine Wunder wirken sollen. 3. Die Wunder Christi sollten Gott verherrlichen. Deshalb lesen wir Mt 9, 8: „Als die Menge den von Christus geheilten Gichtbrüchigen sah, fürchtete sie Gott und gab Ihm die Ehre, der Menschen solche Gewalt gegeben hat." Die bösen Geister aber verherrlichen Gott nicht, denn „nicht findet sich liebliches Lob im Munde des Sünders", wie es im Buche Jesus Sirach (15, 9) steht; und deshalb lesen wir auch Mk 1, 84 und Lk 4, 41: „Er ließ die bösen Geister nicht reden" von dem, was Seine Herrlichkeit betraf. Es scheint also nicht angemessen gewesen zu sein, daß Er auch an bösen Geistern Wunder wirkte. 4. Die Wunder, die Christus wirkte, sollten den Menschen zum Heile gereichen. Bisweilen aber wurden aus den Menschen zum Nachteil der Menschen böse Geister ausgetrieben! Manchmal erlitten sie körperlichen Schaden; so erzählt Markus (9, 25. 26): der böse Geist fuhr auf Christi Geheiß „unter Geschrei und heftigem Zerren Q U A E S T I O -14. l

2. PRAETEREA, miracula Christi ordinabantur ad manifestandum divinitatem ipsius. Sed divinitas Christi non erat daemonibus manifestanda: quia per hoc impeditum fuisset mysterium passionis ejus, secundum illud 1 Cor. 2: „Si cognovissent, nunquam Dominum gloriae crueifixissent." Ergo non debuit circa daemones aliqua miracula fecisse. 3. PRAETEREA, miracula Christi ad gloriam Dei ordinabantur: unde dicitur Matth. 9, quod „videntes turbae" paralyticum sanatum a Christo, „timuerunt et glorificaverunt Deum, qui d'edit potestatem talem hominibus". Sed ad daemones non pertinet glorificare Deum: quia „non est speciosa laus in ore peccatoris", ut dicitur Eccli. 15. Unde et, sicut dicitur Marci 1 et Luc. 4, „non sinebat daemonia loqui" ea quae ad gloriam ipsius pertinebant. Ergo videtur non fuisse conveniens quod circa daemones aliqua miracula faceret. 4. PRAETEREA, miracula a Christo facta ad salutem hominum ordinantur. Sed quaedam daemonia ab hominibus ejecta fuerunt cum hominum detrimento. Quandoque quidem corporali: sicut dicitur Marci 9, quod daemon, ad praeceptum Christi, „exclamans et multum discerpens hominem exiit ab

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aus dem Knaben aus, während dieser wie tot dalag, so 44,1 daß viele riefen: ,Er ist tot!'" Bisweilen erlitten sie auch Schaden an ihrem Hab und Gut, wie damals, als Er die bösen Geister auf ihre Bitten in die Schweine fahren ließ, die sich ins Meer stürzten; darum „baten Ihn" die Bewohner dieser Gegend, „Er möge sich aus ihrem Gebiet entfernen" (Mt 8, 31 f.). Er scheint also zu Unrecht derartige Wunder gewirkt zu haben. ANDERSEITS findet sich bei Zacharias (13, 2) folgende Weissagung: „Ich werde den unreinen Geist wegschaffen von der Erde." ANTWORT: Die Wunder Christi sind Beweise für den Glauben, den Er selber lehrte. Die Zeit nahte aber heran, da Er durch die Kraft Seiner Gottheit den bösen Geistern die Gewalt über die Menschen, die an Ihn glauben würden, entziehen sollte: „Jetzt wird der Fürst dieser Welt hinausgestoßen" (Jo 12, 31). Deshalb war es angemessen, daß Er neben anderen Wundern auch Besessene von den bösen Geistern befreite. Z u 1. Wie Christus die Menschen von der Gewalt der Teufel befreien sollte, so sollte Er sie auch den Engeln zugesellen: „Er stiftete durch Sein Blut am Kreuze Frieden im Himmel und auf Erden" (Kol 1, 20). Deshalb war es nicht entsprechend, den Menschen andere Engelwunder zu zeigen als ihre Erscheinungen vor den Q U A E S T I O 44, 1

homine, et factus est sicut mortuus, ita ut multi dicerent, quod mortuus est". Quandoque etiam cum damno rerum: 6icut quando daemones, ad eorum preces, misit in porcos, quos praecipitaverunt in mare; unde cives illius regioniis „rogaverunt eum ut transiret a flnibus eorum", sicut legitur Matth. 8. Ergo videtur inconvenienter fecisse hujusmodi miracula. SED CONTRA est quod Zach. 13 hoc praenuntiatum fuerat, ubi dicitur: „Spiritum immundum auferam de terra." RESPONDEO dicendum quod miracula quae Christus fecit, argumenta quaedam fuerunt fldei quam ipse docebat. Futurum autem erat ut per virtutem divinitatis ejus excluderet daemonum potestatem ab hominibus credituris in eum: secundum illud Joan. 12: „Nunc princeps hujus mundi ejicietur foras." Et ideo conveniens fuit ut, inter alia miracula, etiam obsessos a daemonibus liberaret. AD PRIMUM ergo dicendum quod homines, sicut per Christum erant a potestate daemonum liberandi, ita per eum erant angelis consociandi: secundum illud Col. 1: „Et pacificans per sanguinein crueis ejus quae in caelis et quae in terris sunt." Et ideo circa angelos alia miracula hominibus demonstrare non conveniebat, nisi ut angeli hominibus apparerent: quod qui-

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44, i Menschen. Das geschah aber sowohl bei Seiner Geburt als auch bei Seiner Auferstehung und Himmelfahrt. Z u 2. Augustinus schreibt: „Christus wurde den bösen Geistern soweit bekannt, als er es wollte, und Er wollte es, soweit es notwendig war. Sie erkannten Ihn aber nicht wie die heiligen Engel, nämlich durch das, worin das ewige Leben besteht, sondern durch sichtbare äußere Machterweise." Sie meinten nämlich zuerst, als sie Christus nach Seinem Fasten hungern sahen, Er sei nicht der Sohn Gottes. Zu der Stelle: ,Wenn Du der Sohn Gottes bist . . .' (Lk 4, 3) schreibt deshalb Ambrosius: „Was will der Beginn dieser Rede anderes sagen, als daß er [Satan] wußte, der Sohn Gottes werde kommen; daß er aber nicht vermutete, Er sei bereits in einem schwachen Körper gekommen." Später aber, als er die Wunder sah, wurde aus seinem Verdacht die Vermutung, dieser sei der Sohn Gottes. Chrysostomus sagt daher zu Mk 1, 24, ,Ich weiß, Du bist der Heilige Gottes': „Er hatte keine sichere oder bestimmte Kenntnis von der Ankunft Gottes." Er wußte jedoch, daß dieser der „vom Gesetz verheißene Messias" sei, wie wir bei Lk 4, 41 lesen: „Denn sie wußten, Er sei der Messias." Wenn sie Ihn aber als den Sohn Gottes bekannten, war dies mehr eine Vermutung als Gewißheit. Zu den Schriftstellen: ,Die bösen Geister bekennen den Sohn Gottes', Q U A E S T I 0 44, l

dem factum est in nativitate ipsius, et in resurrectione et in ascensione. MPL AD SECUNDUM dicendum quod, sicut Augustinus dicit, 9 de 41/273 sq. Civ. Dei [cap. 21], „Christus tantum innotuit daemonibus quan40F43£psqk t u m vo^uit: tantum autem voluit quantum oportuit. Sed innotuit eis, non sicut angelis sanctis, per id quod est vita aeterna: sed per quaedam temporalia suae virtuüs eflecta". Et primo quidem, videntes Christum esurire post jejunium, aestimaverunt eum non esse Filium Dei. Unde, super illud MPL Luc. 4, ,Si Filius Dei es'" etc., dicit Ambrosius [4 in Luc.]: 15/1617 „Quid sibi vult talis sermonis exorsus, nisi quia cognoverat Dei Filium esse venturum, sed venisse per infirmitatem corporis non putavit?" Sed postmodum, visis miraculis, ex quadam suspicatione conjecturavit eum esse Filium Dei. Unde super illud Marci 1, ,Scio quia sis Sanctus Dei', dicit Chrysostomus quod „non certam aut firmam adventus Dei habebat notitiam".' Sciebat tarnen ipsum esse „Christum in lege promissum 1 : unde dicitur Luc. 4: „Quia sciebant ipsum esse Christum." Quod autem ipsum confltebantur esse Filium Dei, magis erat ex euspicione quam ex certitudine. Unde Beda dicit, super Luc. MPL [üb. 2, cap. 4; cf. 1 in Marc., cap. 1]: „Daemonia Filium Dei 92/381 143

1

Cf. August., Quaest. Vet. et Nov. Test., q. 66; MPL 35/22; 61/62.

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und: ,Sie wußten, daß Er der Messias sei', sagt Beda: 44,1 „Als der Satan Ihn vom Fasten ermattet sah, erkannte er in Ihm einen wahren Menschen; weil er Ihn jedoch mit seinen Versuchungen nicht überwinden konnte, kam ihm der Zweifel, ob Er nicht doch der Sohn Gottes sei. Jetzt aber war er durch die Macht der Wunder zur Erkenntnis gekommen, oder besser, er vermutete, daß Er der Sohn Gottes sei. Nicht deshalb also überredete er die Juden, Ihn zu kreuzigen, weil er meinte, Er sei doch nicht Christus, bzw. der Sohn Gottes, sondern weil er nicht voraussah, daß dessen Tod für ihn die Verdammung bedeuten würde. Denn von diesem ,von Ewigkeit her verborgenen Geheimnis' sagt der Apostel, ,keiner der Fürsten dieser Welt habe es erkannt; denn hätten sie es erkannt, so hätten sie nie den Herrn der Herrlichkeit gekreuzigt'." [47]. Z u 3. Die Wunder bei der Austreibung der bösen Geister wirkte Christus nicht zum Nutzen der bösen Geister, sondern zum Nutzen der Menschen, damit diese Ihn verherrlichten. Deshalb verbot Er den bösen Geistern, von dem zu reden, was Ihm zum Lobe gereichte, einmal, um ein Beispiel zu geben. „Er verbot [dem Teufel] zu reden, obwohl er die Wahrheit bekannte, um uns daran zu gewöhnen, daß auch wir uns um derartige Geister nicht kümmern, auch wenn sie die Wahrheit zu sprechen scheinen. Sündhaft ist es nämlich, wenn wir uns vom Teufel belehren lassen, da uns die Hl. Schrift zur Verfügung steht" (Athanasius). Das ist QUAESTIO 44, l confitentur et, sicut postea dicitur, ,sciebant eum esse Christum'. Quia, cum jejunio fatigatum eum diabolus videret, verum hominem intellexit: sed, quia tentando non praevaluit, utrum Filius Dei esset, dubitabat. Nunc autem, per signorum potentiam, vel intellexit, vel potius suspicatus est esse Filium Dei. Non ideo igitur Judaeis eum crucifigere persuasit, quia Christum sive Dei Filium non esse putavit: sed quia se morte illius non praevidit esse damnandum. De hoc enim ,mysterio a saeculis abscondito' dicit Apostolus quod ,nemo principum hujus saeculi cognovit: si enim cognovissent, nunquam Dominum gloriae crucifixissent'." AD TERTIUM dicendum quod miracula in expulsione daemonum non fecit Christus propter utilitatem daemonum, sed propter utilitatem hominum, ut ipsi eum glorificarent. Et ideo prohibuit eos loqui ea quae ad laudem ipsius pertinebant: primo quidem, propter exemplum. Quia, ut dicit Athanasius MPG [Fragment, in Luc.], „compescebat ejus sermonem, quamvis 27U397 vera fateretur, ut nos assuefaciat ne curemus de talibus, etiam si vera loqui videantur. Nefas est enim ut, cum adsit nobis Scriptura divina, instruamur a diabolo": est enim hoc

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44, i nämlich gefährlich, weil die Dämonen häufig die Wahrheit mit Lügen vermischen. — Oder [die Teufel] „dürften sich" nach Chrysostomus [Cyrill von Alexandrien] „nicht die Ehre des Apostelamtes anmaßen. Und es ziemte sich nicht, daß das Geheimnis Christi von stinkender Zunge verkündet würde", denn „nicht findet sich liebliches Lob im Munde des Sünders". — Einen dritten Grund erwähnt Beda [Theophylakt]: „Er wollte dadurch nicht die Mißgunst der Juden entfachen. Deshalb befahl Er selbst den Aposteln, von Ihm zu schweigen, damit nicht durch das Bekanntwerden Seiner göttlichen Herrlichkeit sich Sein Leidenswerk verzögere." Z u 4. Christus war eigens gekommen, um zu lehren und Wunder zu wirken zum Nutzen der Menschen, vor allem zum Heile der Seelen. Deshalb ließ Er zu, daß die von Ihm vertriebenen bösen Geister den Menschen einigen Schaden zufügten entweder an ihrem Leibe oder an ihrem Hab und Gut, aber zum Heil der menschlichen Seele, nämlich um die Menschen zu unterweisen. Daher schreibt Chrysostomus: Christus „erlaubte den bösen Geistern, in die Schweine zu fahren, nicht als hätte Er sich von ihnen überreden lassen, sondern erstens, um zu zeigen, wie groß der Schaden für die Menschen ist, wenn die bösen Geister ihnen nachstellen, zweitens aber auch, damit alle erkennen, daß die Teufel ohne Seine QUAESTI0

44, l

periculosum, quia veritati frequenter daemones immiscent MPG mendacia. — Vel, sicut Chrysostomus [Cyrill. Alexandrin., 72/552 ¡jj Liic^ cap. 4] dicit, „non oportebat eos subripere officii apostolici gloriam. Nec decebat Christi mysterium lingua fetida publicari": quia „non est speciosa laus in ore peccaMPG toris" [Theophylact., Enarrat. in Luc., cap. 4], — Tertio 123/755 q U ia u t Beda [Theophylact., ibid.] dicit, quia „nolebat ex hoc invidiam accendere Judaeorum". Unde et „ipsi Apostoli jubentur reticere de ipso: ne. divina majestate praedicta, passionis MPL diispensatio difieratur" [Beda, 2 in Luc., cap. 4]. 92/381 AD QUARTUM dicendum quod Christus specialiter venerat docere et iniracula facere propter utilitatem hominum, principaliter quantum ad animae salutem. Et ideo permisit daemones quos ejiciebat hominibus aliquod nocumentum inferre, vel in corpore vel in rebus, propter animae humanae salutem, ad MPG hominum scilicet instructionem. Unde Chrysostomus dicit, super 57/354 Matth, [hom. 28], quod Christus „permisit daemonibus in porcos ire, non quasi a daemonibus persuasus", sed „primo quidem, ut instruat magnitudinem nocumenti daemonum qui hominibus insidiantur; secundo, ut omnes discerent quoniam ne-

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Zulassung auch nicht einmal Schweinen etwas anzutun 44,2 wagen. Drittens schließlich wollte Er zeigen, daß sie ohne den Schutz der göttlichen Vorsehung jenen Menschen noch Schlimmeres zugefügt hätten als diesen Schweinen." Aus den gleichen Gründen ließ Er zu, daß der, welcher von den bösen Geistern befreit wurde, noch schlimmere Qualen erlitt, von denen Er ihn jedoch sogleich erlöste. Darin zeigt sich auch, wie Beda sagt, „daß wir bei dem Versuch, uns nach einem Sündenleben zu Gott zu bekehren, oft von neuen und größeren Nachstellungen des alten Feindes bedrängt werden. Das tut er, um uns Haß gegen die Tugend einzuflößen oder um die Schmach seiner Vertreibung zu rächen". „Wie tot" war der Geheilte, nach Hieronymus, „weil zu den Geheilten gesagt wird: ,Ihr seid tot und euer Leben ist mit Christus in Gott verborgen' (Kol 3, 3)." Waren die

2. A R T I K E L Wunder Christi, die Er an wirkte, angemessen?

Himmelskörpern

1. Dionysius schreibt im Buch „über die göttlichen Namen": „Es ist nicht die Art der göttlichen Vorsehung, Q U A E S T I 0 44, 2

que adversus porcos audent aliquid facere, nisi ipse concesserit; tertio, ut ostenderet quod graviora in illos homines aperati essent quam in illos porcos, nisi essent divina Providentia adjuti". Et propter easdem etiam causas permisit eum qui a daemonibus liberabatur, gravius 1 affligi: a qua tarnen afflictione eum continuo liberavit. Per hoc etiam ostenditur, ut Beda dicit MPL [3 in Marc., cap. 8], quod „saepe, dum converti ad Deum post 92/22i peccata conamur, majoribus novisque antiqui hostis pulsamur insidiis. Quod facit vel ut odium virtutis incutiat: vel expulßionis suae vindicet injuriam". Factus est etiam homo sanatus „velut mortuus", ut Hieronymus dicit [In Marc., cap. 9], „quia MPL sanatis dicitur: .Mortui estis, et vita vestra abscondita est cum 30/616 Christo in Deo.'" Utrum

A R T I C U L U S II convenienter fuerint a Christo facta miracula circa caelestia corpora [In Matth., cap. 27]

AD SECUNDUM sie proceditur. Videtur quod inconvenienter fuerint a Christo facta miracula circa caelestia corpora. Ut enim Dionysius dicit, 4 cap. de Div. Nom., „divinae providentiae MPG 1

3/733

P et L praemittunt: ad horam.

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44,2 die Natur zu zerstören, sondern sie zu erhalten" [48]. Nun sind aber die Himmelskörper ihrem Wesen nach unzerstörbar und unveränderlich [Aristoteles]. Also war es nicht entsprechend, daß durch Christus irgendeine Veränderung in der Ordnung der Himmelskörper vorgenommen wurde. 2. Nach der Bewegung der Himmelskörper wird der Lauf der Zeit bestimmt: „Es werden Leuchten an der Feste des Himmels, und sie sollen zu Zeichen dienen und zu Zeiten und Tagen und zu Jahren" (Gn 1, 14). Ändert sich also der Lauf der Himmelskörper, so ändern sich auch Zeitrechnung und Zeitordnung. Nun lesen wir aber nirgends, die Sternforscher, „welche die Gestirne beobachten und die Monate berechnen" (Is 47, 13), hätten derartiges festgestellt. Also scheint keinerlei Veränderung im Lauf der Himmelskörper durch Christus bewirkt worden zu sein. 3. Es wäre für Christus entsprechender gewesen, während Seines Lebens und Seiner Lehrtätigkeit Wunder zu wirken, als bei Seinem Tod. Einmal, weil Er „aus Schwachheit gekreuzigt wurde, aus der Kraft Gottes aber lebt" (2 Kor 13, 4) und in dieser Seine Wunder wirkt; dann aber auch, weil Seine Wunder Seine Lehre bekräftigten. Wir lesen aber nirgends, daß Christus während Seines Lebens irgendein Wunder an den Himmelskörpern wirkte, vielmehr schlug Er es den Pharisäern ab, als sie „ein Zeichen vom Himmel" von Ihm forderet U A E s T I o 14, 2 non est naturam corrumpere, sed salvare". Corpora autem caelestia secundum suam naturam sunt incorruptibilia et •270 a inalterabilia: ut probatur 1 de Caelo [cap. 3]. Ergo non fuit 12-b 16 conveniens ut per Christum fieret aliqua mutatio circa ordinem caelestium corporum. 2. PRAETEREA, secundum motum caelestium corporum temporum cursus designatur: secundum illud Gen. 1: „Fiaiit luminaria in flrmamento caeli: et sint in signa et tempora et dies et annos." Sic ergo, mutato cursu caelestium corporum, mutatur temporum distinetio et ordo. Sed non legitur hoc esse pereeptum ab astrologis, „qui contemplantur sidera et computant menses", ut dicitur Isaiae 47. Ergo videtur quod per Christum non fueril aliqua mutatio facta circa cursum caelestium corporum. 3. PRAETEREA, magis competebat Christo facere miracula vivens et docens quam moriens: tum quia, ut dicitur 2 Cor. ult., „Crucifixus est ex inflrmitate, sed vivit e x virtute Dei", secundum quam miracula faciebat; tum etiam quia ejus miracula conflrmativa erant doctrinae ipsius. Sed in vita sua non legitur Christus aliquod miraculum circa caelestia corpora fecisse: quinimmo Pharisaeis petentibus ab eo „Signum de

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ten (Mt 12, 38—39, und 16, 1 f.). Es scheint also, als hätte 44,2 Er auch bei Seinem Tode keine Wunder an den Himmelskörpern wirken sollen. ANDERSEITS heißt es Lk 23, 44—45: „Eine Dunkelheit brach über das ganze Land herein, die bis zur neunten Stunde dauerte, und die Sonne verfinsterte sich." ANTWORT: Wie bereits gesagt (43, 4), mußten die Wunder Christi hinreichende Beweise für Seine Gottheit sein. Sie wird aber durch die Veränderungen irdischer Körper, deren Bewegung auch von anderen Ursachen herrühren kann, nicht so überzeugend bewiesen als durch Veränderung im Lauf der Himmelskörper, deren unbewegliche Ruhe von Gott allein bestimmt wurde. Und das ist es, was Dionysius in seinem Brief an Polykarp schreibt: „Man muß einsehen, daß eine Störung in der Anordnung und im Lauf der Himmelskörper nur dann eintreten kann, wenn dabei die Ursache mitwirkt, die alles nach ihrem Worte schafft und verändert." Deshalb war es entsprechend, daß Christus auch an den Himmelskörpern Wunder wirkte. Z u 1. Wie es in der Natur der irdischen Körper liegt, von den Himmelskörpern bewegt zu werden, die in der Stufenleiter der Natur jene überragen [49], ebenso liegt es in der Natur des Geschöpfes, von Gott nach Seinem Q U A E S T I O 44, 2

caelo", dare renuit, ut habetur Matth. 12 et 16. Ergo videtur quod nec in morte circa caelestia corpora aliquod miraculum tacere debuit. SED CONTRA est quod dicitur Luc. 23: „Tenebrae factae sunt in universa terra usque ad horam nonam, et obscuratiis est sol." RESPONDEO dicendum, quod, sicut supra dictum est, miracula Christi talia esse debebant ut sufflcienter eum Deum esse ostenderent. Hoc autem non ita evidenter ostenditur per transmutationes corporum inferiorum, quae etiam ab aliis causis moveri possunt, sicut per transmutationem cursus caelestium corporum, quae a solo Deo sunt immobiliter ordinata. Et hoc est quod Dionysius dicit in Epistola ad Polycarpum [ep. 7] : MPG „Cognoscere oportet non aliter aliquando posse aliquid perverti 3/1080 caelestis ordinationis et motus, nisi causam haberet ad hoc moventem qui facit omnia et mutat secundum suum sermonem." Et ideo conveniens fuit ut Christus miracuia faceret etiam circa caelestia corpora. AD PRIMUM ergo dicendum quod, sicut corporibus inferioribus naturale est moveri a caelestibus corporibus, quae sunt superiora secundum naturae ordinem; ita etiam naturale est cuilibet creaturae ut tnansmutetur a Deo secundum ejus volun- MPL tatem. Unde Augustinus dicit, 26 contra Faustum [cap. 3], 251/731

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44,2 Willen verändert zu werden. Daher schreibt Augustinus an Faustus, was sich auch in der Glosse zu der Stelle: ,Wider die Natur wurdest du eingepfropft' (Rom 11, 24) findet: „Gott, der Schöpfer und Urheber der gesamten Natur, tut nichts gegen die Natur; denn was immer Er schafft, ist jedes Dinges Natur." Daher wird die Natur der Himmelskörper nicht zerstört, wenn ihr Lauf von Gott geändert wird, wohl aber würde der Eingriff irgendeiner anderen Ursache ihre Natur zerstören. Z u 2. Die Zeitordnung wurde durch ein Wunder Christi nicht verkehrt. Nach der Ansicht einiger entstand jene Finsternis oder Verdunkelung der Sonne, die während des Leidens Christi eintrat, dadurch, daß die Sonne ihre Strahlen zurückhielt, nicht aber durch irgendeine Veränderung im Laufe der Himmelskörper, die das Maß der Zeit bestimmen. Deshalb schreibt Hieronymus: „Die große Leuchte scheint ihre Strahlen zurückgehalten zu haben, um den am Kreuze hängenden Herrn nicht zu sehen oder um den gottlosen Lästerern ihr Licht zu entziehen." Ein derartiges Zurückhalten der Strahlen darf man aber nicht etwa so verstehen, als ob die Sonne es in ihrer Gewalt hätte, ihre Strahlen auszusenden oder zurückzuhalten; denn nicht aus freier Wahl, sondern aus Naturnotwendigkeit entsendet sie ihre Strahlen, wie Dionysius sagt. Es heißt vielmehr, die Sonne halte ihre Strahlen zurück, insofern durch göttliche Macht beQ U A E S T I O 44, 2

MPL et habetur in Glossa Rom. 11, super illud, ,Contra naturam 191/1488 insertus es' etc.: „Deus, Creator et Conditor omnium naturarum, nihil contra naturam facit: quia id est cuique rei natura, quod facit." Et ita non corrumpitur natura caelestium corporum cum eorum cursus immutatur a Deo: corrumperetur autem si ab aliqua alia causa immutaretur. AD SECUNDUM dicendum quod per miraculum a Christo factum non est perversus ordo temporum. Nam secundum quosdam, illae tenebrae, vel solis obscuratio, quae in passione Christi accddit, fuit propter hoc quod sol suos radios retraxit, nulla immutatione facta circa motum caelestium corporum, MPL secundum quem tempora mensurantur. Unde Hieronymus dicit, 26/212 super Matth, [lib. 4, cap. 27]: „Videtur luminare majus retraxisse radios suos, ne aut pendentem videret Dominum, aut impii blasphemantes sua luce fruerentur." — Talis autem retractio radiorum non est intelligenda sie quasi sol in sua potestate habeat radios emittere vel retrahere: non enlm ex MPG electione, sed ex natura radios emittit, ut dicit Dionysius, 3/693 4 cap. d e Di v . Nom. Sed sol dicitur retrahere radios, inquan-

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wirkt wurde, daß die Sonnenstrahlen nicht zur Erde ge- 44,2 langten. Origenes dagegen behauptet, das sei durch darüber gelagerte Wolken geschehen. Daher schreibt er: „Folgerichtig muß man annehmen, daß eine Menge großer, ganz dunkler Wolken über Jerusalem und das Land Judäa heraufzogen, wodurch es zu jener tiefen Finsternis von der sechsten bis zur neunten Stunde kam. Ich halte nämlich dafür, dies sei ebenso wie die übrigen Zeichen, die während des Leidens Christi geschahen, z. B. der Riß im Tempelvorhang, das Erdbeben u. a., nur in Jerusalem geschehen oder im Lande Judäa, wenn jemand einen weiteren Umkreis annehmen will", weil es heißt: ,Finsternis entstand im ganzen Lande', „was vom Lande Judäa zu verstehen ist; so spricht auch Abdias zu Elias (1 Kg 18, 10): ,So wahr dein Gott lebt, es gibt kein Volk und kein Reich, wohin mich nicht mein Herr gesandt hätte, dich zu suchen', und er wollte damit ausdrücken, daß sie bei allen den Völkern nach ihm forschten, die rings um Judäa leben." In dieser Sache muß man jedoch eher Dionysius Glauben schenken, der als Augenzeuge das Geschehnis miterlebte und behauptete, die Finsternis sei dadurch entstanden, daß der Mond sich zwischen uns und die Sonne stellte. Er schreibt nämlich in seinem Brief an Polykarp: „Wider Erwarten sahen wir den Mond vor Q U A E S T I 0

44, 2

tum divina virtute factum est ut solis radii ad terram non pervenirent. Origenes autem dicit hoc accidisse per interpositionem nubium. MPG Unde, super Matth, [tr. 35], dicit: „Consequens est intelligere 1:1,1783s iquasdam tenebrosissimas nubes multas et magnas oecurrisse super Jerusalem et terram Judaeae; et ideo factae sunt tenebrae profundae a sexta hora usque ad nonam. Arbitror enim, sicut et cetera signa quae facta sunt in passione", scilicet „quod velum est scissum, quod terra tremuit, etc., in Jerusalem tantummodo facta sunt, ita et hoc: aut si latius voluerit quis extendere ad terram Judaeae", propter hoc quod dicitur quod ,tenebrae factae sunt in universa terra'; „quod intelligitur de terra Judaea, sicut in 3. libro Regum dixit Abdias ad Eliam, ,Vivit Deus tuus, si est gens aut regnum ubi non miserit dominus meus quaerere te', ostendens quod eum quaesiverunt in gentibus quae sunt circa Judaeam. Sed circa hoc magis est credendum Dionysio, qui oculata fide MPG inspexit hoc accidisse per interpositionem lunae inter nos et 3 / 1081 solem. Dicit enim, in Epistola ad Polycarpum [ep. 7] : „In-

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44,2 die Sonne treten", als sie nämlich in Ägypten weilten, wie in demselben Brief bemerkt wird; und er zählt dort vier Wunder auf: Erstens, die natürliche Sonnenfinsternis durch Dazwischentreten des Mondes tritt nur zur Zeit der Gestirnung der Sonne und des Mondes ein. Damals stand jedoch der Mond in der Gegengestirnung zur Sonne, da das Osterfest der Juden am fünfzehnten Tag des Monats war. Er sagt daher: „Es war nicht die entsprechende Zeit." — Das zweite Wunder besteht darin, daß sich um die sechste Stunde der Mond zugleich mit der Sonne mitten am Himmel zeigte, am Abend aber wieder an seinem gewohnten Platze stand, nämlich im Osten gegenüber der Sonne. Deshalb sagt er: „Danach sahen wir ihn", nämlich den Mond, „von der neunten Stunde an", das ist von dem Zeitpunkt an, da er sich von der Sonne entfernt hatte und die Finsternis gewichen war, „bis zum Abend wieder in seiner Gegenüberstellung zur Sonne, wohin er auf übernatürliche Weise gelangt war." Somit ergibt sich klar, daß der gewohnte Lauf der Zeit keineswegs in Verwirrung geriet, einmal, weil durch Gottes Wirken geschah, sowohl daß der Mond auf übernatürliche Weise zu einer Zeit, wo dies nicht zu geschehen pflegt, die Sonne verdeckte, wie auch, daß er sich dann von der Sonne wieder entfernte, um zur entsprechenden Zeit seinen gewohnten Platz von neuem einzunehmen. — Das dritte Wunder: Eine natürliche Sonnenfinsternis beginnt immer im Westen und endet im Osten, und zwar deshalb, weil Q U A E S T I O 44, 2

opinabiliter soli lunam incidentem videbamus", in Aegypto scilicet existentes, ut ibidem dicitur. Et designat ibi quatuor miracula. Quorum primum est quod naturalis eclipsis solis per interpositionem lunae nunquam accidit nisi tempore conjunctionis solis et lunae. Tunc autem erat luna in oppositione ad solem, quintadecima existens: quia erat Pascha Judaeorum ibid. Unde dicit: „Non enim erat conventus tempus." — Secundum miraculum est quod, cum circa horam sextam luna visa fuisset simul cum sole in medio caeli, in vesperis apparuit in, suo loco, ibid. idest in Oriente, opposita soli. Unde dicit: „Et rursus ipsam vidimus", scilicet lunam, „a nona hora", scilicet in qua recessit a sole, cessantibus tenebris, „usque ad vesperam, supernaturaliter restitutam ad diametrum solis", id est ut diametraliter esset soli opposita. Et sie patet quod non est turbatus consuetus temporum cursus: quia divina virtute factum est et quod ad solem supernaturaliter accederet praeter debitum tempus, et quod, a sole recedens, in locum proprium restitueretur tempore debito. — Tertium miraculum est quod naturaliter eclipsis solis semper ineipit ab occidentali parte et pervenit usque ad orien-

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der Mond, der seine Bahn vom Westen nach Osten zieht, 44,2 in seinem Lauf rascher als die Sonne ist. Daher erreicht der Mond, vom Westen kommend, die Sonne und zieht über sie hinweg dem Osten zu. Damals war jedoch der Mond schon an der Sonne vorbeigekommen und stand einen Halbkreis entfernt ihr gerade gegenüber. Daher mußte er zum östlichen Teil der Sonne wieder zurückkehren und sie bei seinem Lauf nach Westen zunächst an ihrem östlichen Teile berühren. Darauf beziehen sich folgende Worte: „Wir sahen, wie die Sonnenfinsternis im Osten anhob und wie sie sich schließlich bis zum anderen Rand der Sonne erstreckte" — denn der Mond bedeckte die ganze Sonne — „und dann von dort wieder abnahm." — Das vierte Wunder endlich bestand darin, daß nach einer natürlichen Sonnenfinsternis die Sonne zuerst auf der Seite sichtbar zu werden beginnt, auf der sie sich zuerst verfinstert hat. Weil nämlich der Mond, der vor die Sonne tritt, bei seinem natürlichen Lauf an der Sonne in der Richtung nach Osten vorbeizieht und so den westlichen Teil der Sonne, den er zuerst erreicht hat, auch wieder zuerst verläßt. Damals aber zog der Mond, der wunderbarerweise vom Osten gegen Westen wanderte, nicht an der Sonne vorbei, so daß er westlich von ihr zu stehen kam; sondern sobald er den anderen Rand der Sonne erreicht hatte, kehrte er wieder nach Osten um, und so verließ er den Teil der Sonne, den er zuletzt bedeckt hatte, auch zuerst. Die Sonnenfinsternis QUAESTIO 44, 2 talem partem : et hoc ideo quia luna secundum proprium motum, quo movetur ab occidente in orientem, est velocior sole in suo proprio motu; et ideo luna, ab occidente veniens, attingit solem et pertransit ipsum, ad orientem tendens. Sed tunc luna jam pertransiverat solem, et distabat ab eo per medietatem circuii, in oppositione existens. Unde oportuit quod reverteretur ad orientem versus solem, et attingerei ipsum primo ex parte orientali, procedens versus occidentem. Et hoc est quod dicit: ¡bid. „Eclipsim etiam ipsam ex oriente vidimus inchoatam et usque ad solarem terminum venientem", quia totum solem eclipsavit, „postea hinc regredientem." — Quartum miraculum fuit quod in naturali eclipsi ex eadem parte incipit sol prius reapparere ex qua parte incipit prius obscurari: quia scilicet luna, se soli subjiciens, naturali suo motu solem pertransit versus orientem, et ita partem occidentalem solis, quam primo occupat, primo etiam derelimquit. Sed tunc luna, miraculose ab oriente versus occidentem rediens, non pertransivit solem, ut esset eo oecidentalior: sed, postquam pervenit ad terminum solis, reversa est versus orientem: et ita partem solis quam ultimo occupavit, primo etiam dereliquit. Et sic ex parte orientali inchoata fuit

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44,2 hatte also im Osten begonnen, das Licht aber leuchtete zuerst wieder im Westen auf. Das ist der Sinn des Satzes: „Dann sahen wir die Verdunkelung und das Wiederhellwerden wiederum nicht auf der gleichen Stelle", das heißt nicht auf der gleichen Seite der Sonne, „sondern gerade auf der entgegengesetzten vor sich gehen." Ein fünftes Wunder fügt noch Chrysostomus hinzu: „Drei Stunden herrschte damals Finsternis, während eine gewöhnliche Sonnenfinsternis im Augenblick vorübergeht; sie hat keine Dauer, wie die Sternkundigen sagen." Daraus kann man erkennen, daß der Mond vor der Sonne stand. Außer man wollte behaupten, daß die Zeit der Finsternis von dem Augenblick an gerechnet wurde, da die Sonne sich zu verfinstern begann, bis zum Augenblick, da sie wieder ganz hell war. Wie aber Origenes sagt, „wenden die Kinder dieser Welt dagegen ein: Warum hat keiner der Griechen oder Barbaren dieses so wunderbare Ereignis aufgezeichnet?" Und er fährt fort: Ein gewisser Phlegon [50] „hat in seiner Chronik geschrieben, zur Zeit des Kaisers Tiberius habe sich ein solches Ereignis zugetragen; er gibt aber nicht an, daß damals Vollmond war". Das konnte geschehen, weil die Sternforscher, die zu dieser Zeit auf der ganzen Erde lebten, nicht darauf bedacht waren, eine Sonnenfinsternis zu beobachten, weil sie nicht an der Zeit war. Daher schrieben sie diese Finsternis Q U A E S T I O 44, 2

eclipsis, sed in parte occidentali prius incoepit claritas appaibid. rere. Et hoc est quod dicit: „Et rursus vidimus non ex eodem", idest, non ex eadem parte solis, „et defectum et repurgationem, sed e contra secundum diametrum factam." MPG Quintum miraculum addit Chrysostomus, super Matth. 58/775 [hom. 8 8 ] , dicens quod „tribus horis tunc tenebrae permanserunt, cum eclipsis solis in momento pertranseat: non enim habet moram, ut sciunt illi qui consideraverunt". Unde datur intelligi quod luna quieverit sub sole. Nisi forte velimus dicere quod tempus tenebrarum computatur ab instanti quo incoepit eol obscurari, usque ad instans in quo sol totaliter fuit repurgatus. MPG Sed, sie Origenes dicit, super Matth, [loc. cit.], „adversus 13/1782 hoc filii saeculi hujus dicunt: Quomodo hoc factum tarn mirabile nemo Graecorum aut barbarorum scripsit?" Et dicit quod quidam nomine Phlegon „in Chronicis suis scripsit hoc in prineipatu Tiberii Caesaris factum: sed non signifieavit quod fuerit in luna plena". Potuit ergo hoc contingere quia astrologi ubique terrarum tunc temporis existentes, non sollicitabantur de observanda eclipsi, quia tempus non erat: sed illam ob-

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irgendeinem Vorgang in der Luft zu. In Ägypten aber, 44,2 wo wegen der Reinheit der Luft selten Wolken erscheinen, wurden Dionysius und seine Freunde dazu angeregt, das zu beobachten, was wir über jene Dunkelheit oben berichteten. Z u 3. Gerade dann mußte die Gottheit Christi besonders durch Wunder bewiesen werden, als die Schwachheit Seiner menschlichen Natur am meisten hervortrat Deshalb erschien auch bei der Geburt Christi ein neuer Stern am Himmel. Und Maximus schreibt in einer Weihnachtspredigt: „Wenn du die Krippe geringschätzt, erhebe deine Augen ein wenig und blicke auf zu dem neuen Stern am Himmel, der vor der Welt f ü r die Geburt des Herrn Zeugnis ablegt." Beim Leiden aber trat noch mehr die Schwäche der menschlichen Natur Christi zutage. Deshalb mußten noch größere Wunder an den wichtigsten Leuchten der Welt zu sehen sein. Chrysostomus schreibt darüber: „Das isl das Zeichen, das Er auf ihr Verlangen zu wirken versprochen hat, als Er sagte: ,Ein verderbtes und ehebrecherisches Geschlecht bittet um ein Zeichen, aber es wird ihm kein anderes gegeben werden als das Zeichen des Propheten Jonas', womit Er auf das Kreuz und die Auferstehung anspielte; denn jenes Geschehen war ein viel größeres Wunder bei Seinem Kreuzestod als zur Zeit Seines Erdenwandels." Q U A E S T I 0 44, 2

scuritatem ex aliqua passione aeris putaverunt accidere. Sed in Aegypto, ubi raro nubes apparent propter aeris serenitatem, permotus est Dionysius, et socii ejus, ut praedicta circa illam obscuritatem observarent. AD TERTIUM dicendum quod tunc praecipue oportebat per miracula divinitatem Christi ostendere, quando in eo maxime apparebat infirmitas secundum humanam naturam. Et ideo in Christi nativitate Stella nova in caelo apparuit. Unde Maximus MPL dicit, in Sermone Nativitatis [hom. 13]: „Si praesepe despicis, 57/252 erige paulisper oculos, et novam in caelo etellam, protestantem mundo nativitatem Dominicam, contuere." In passione autem adhuc major infirmitas circa humanitatem Christi apparuit. Et ideo oportuit ut majora miracula ostenderentur circa principalia mundi luminaria. Sicut Chrysosto- MPG mus dicit, super Matth., „hoc est Signum quod petentibus pro- 5 8 / 7 7 5 mittebat dare, dicens, ,Generatio prava et adultera eignum quaerit: et Signum non dabitur ei, nisi Signum Jonae Prophetae', crucem significans et resurrectionem. Etenim multo mirabilius est in eo qui crucifixue erat hoc fieri, quam ambulante eo super terram".

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3

3. A R T I K E L Waren die Wunder, die Christus an den Menschen angemessen?

wirkte,

1. Die Seele des Menschen ist wertvoller als sein Leib. Nun wirkte Christus viele Wunder an Leibern, daß Er aber auch an Seelen Wunder wirkte, lesen wir nirgends. Er hat Ungläubige nicht auf wunderbare Art, sondern durch Ermahnungen und sichtbare Wunderzeichen zum Glauben bekehrt; auch liest man nirgends, daß Er aus Toren Weise gemacht hätte. Anscheinend hat Er also nicht in entsprechender Weise an den Menschen Wunder gewirkt. 2. Wie schon oben (43, 2) dargelegt, wirkte Christus die Wunder in göttlicher Kraft, der es eigen ist, im Augenblick, vollkommen und ohne fremde Mithilfe zu wirken. Christus heilte die Menschen aber nicht immer plötzlich, wenigstens was ihren Leib anlangt. Mk 8, 23 heißt es nämlich: „Er nahm den Blinden bei der Hand und führte ihn vor das Dorf hinaus. Dann benetzte Er seine Augen mit Speichel, legte ihm die Hände auf und fragte, ob er etwas sähe. Jener sah auf und sagte: ,Ich sehe die Menschen sich bewegen wie Bäume.' Noch einmal legte Er ihm die Hände auf die Augen; da konnte er deutlich sehen und war wieder hergestellt und sah Q U A E S T I O 14. 3

Utrum

ARTICULUS III convenienter circa homines miracula fecerit

Christus

AD TERTIUM sie proceditur. Videtur quod inconvenienter circa homines Christus miracula fecit. In homine enim potior est anima quam corpus. Sed circa corpora multa miracula fecit Christus, circa animas vero nulla miracula legitur fecisse: nam ñeque aliquos incrédulos ad fidem virtuose convertit, sed admonendo et exteriora miracula ostendendo; neque etiam aliquos fatuos legitur sapientes fecisse. Ergo videtur quod non convenienter sit circa homines miracula operatus. 2. PRAETEREA, sicut supra dictum est, Christus faciebat miracula virtute divina: cujus proprium est subito operari, et perfecte, et absque adminiculo alieujus. Sed Christus non Semper subito curavit homines quantum ad corpus: dicitur enim Marci 8 quod, „apprehensa manu caeci, eduxit eum extra vicum, et exspuens in oculos ejus, impositis manibus suis, interrogavit eum si aliquid videret. Et aspiciens ait: ,Video homines velut arbores ambulantes.' Deinde iterum imposuit manus super oculos ejus, et coepit videre, et restitutus est ita

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alles klar." Daraus erhellt, daß Er ihn nicht plötzlich 44, geheilt hat, sondern zunächst nur unvollkommen und zwar mit Speichel. Es hat demnach den Anschein, als ob Er nicht in der rechten Weise an den Menschen Wunder gewirkt hätte. 3. Was nicht voneinander abhängt, braucht nicht miteinander behoben zu werden. Leibliche Krankheit aber ist nicht immer von der Sünde verursacht; Jo 9, 3: „Weder er noch seine Eltern haben gesündigt, so daß er blind geboren wurde." Es war also nicht entsprechend, daß Er Leuten, die bei Ihm Heilung suchten, die Sünden nachließ, wie wir dies von dem Gichtbrüchigen lesen (Mt 9, 2); vor allem, da die leibliche Heilung, die doch etwas Geringeres ist als die Nachlassung der Sünden, kein genügender Beweis dafür zu sein scheint, daß Er Sünden nachlassen konnte. 4. Die Wunder Christi hatten die Aufgabe, Seine Lehre zu bekräftigen und Zeugnis für Seine Gottheit abzulegen (43, 4). Niemand darf aber selbst das Ziel seines Handelns behindern. Es scheint demnach nicht richtig gewesen zu sein, daß Christus einigen wunderbar Geheilten auftrug, niemand davon zu erzählen, wie aus Mt 9, 30 und aus Mk 8, 26 hervorgeht, vor allem da Er anderen den Auftrag gegeben hatte, die an ihnen geschehenen Wunder bekanntzumachen; wie man Mk 5, 19 liest, sagte Er dem, den Er von den bösen Geistern QUAESTIO 44, 3 ut videret clare omnia". Et sie patet quod non subito eum curavit, sed primo quidem imperfecte, et per Sputum. Ergo videtur non convenienter circa homines miracula fecisse. 3. PRAETEREA, quae se invicem non consequuntur, non oportet quod simul tollantur. Sed aegritudo corporalis non eemper ex peccato causatur: ut patet per illud quod Dominus dicit, Joan. 9: „Neque hie peccavit, neque parentes ejus, ut caecus nasceretur." Non ergo oportuit ut hominibus corporum curationem quaerentibus peccata dimitteret, sicut legitur fecisse circa paralyticum, Matth. 9: praesertim quia sanatio corporalis, cum sit minus quam remissio peccatorum, non videtur esse sufficiens argumentum quod possit peccata dimittere. 4. PRAETEREA, miracula Christi facta sunt ad confirmationem doctrinae ipsius, et testimonium divinitatis ejus, ut supra dictum est. Sed nullus debet impedire finem sui operis. Ergo videtur inconvenienter Christus quibusdam miraculose curatis praeeepisse ut nemini dicerent, ut patet Matth. 9 et Marci 8: praesertim quia quibusdam aliis mandavit ut miracula circa se facta publicarent, sicut Marci 5 legitur quod dixit ei quem 15 27

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44,3 befreit hatte: „Geh in dein Haus zu den Deinen und sage ihnen, wie Großes der Herr an dir getan hat." ANDERSEITS heißt es Mk 7, 37: „Er macht alles gut, die Tauben macht Er hören und die Stummen reden." ANTWORT: Was einem Zweck dienen soll, muß diesem auch angepaßt sein. Christus kam aber in die Welt und lehrte, um die Menschen zu retten; „Gott hat Seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit Er die Welt richte, sondern damit die Welt durch Ihn gerettet werde" (Jo 3, 17). Darum war es entsprechend, daß Christus, indem Er einzelne Menschen wunderbar heilte, sich als der allgemeine und geistige Retter aller erwies. Z u 1. Was einem Ziele dienen soll, ist in seinem Wesen von diesem im einzelnen bestimmt. Die Wunder, die Christus wirkte, hatten nun das Heil der Seele zum Ziel, das in der Erleuchtung durch die Weisheit und in der Rechtfertigung des Menschen besteht, wobei das erste das zweite voraussetzt. Denn „in eine boshafte Seele geht die Weisheit nicht ein, noch nimmt sie Wohnung in einem Leibe, der ein Sklave der Sünde ist" (Wsh 1, 4). Die Menschen können aber nur gerechtfertigt werden, wenn sie wollen; anders wäre es gegen das Wesen der Gerechtigkeit, die den Willen zum Rechten fordert; ebenso wäre es gegen das Wesen der menschlichen Natur selbst, Q D A E S T I O 44, 3

a daemonibus liberaverat, „Vade in domum tuam ad tuos, et nuntia eis quanta Dominus tibi fecerit". SED CONTRA est quod dicitur Marci 7: „Bene omnia fecit: et surdos fecit audire, et mutos loqui." RESPONDEO dicendum quod ea quae sunt ad finem, debent esse fini proportionata. Christus autem ad hoc in mundum venit et docebat, ut homines salvos faceret: secundum illud Joan. 3: „Non enim misit Deus Filium suum in mundum ut judicet mundum, sed ut salvetur mundus per ipsum." Et ideo conveniens fuit ut Christus, particulariter homines miraculose curando, ostenderet se esse universalem et spiritualem omnium Salvatorem. AD PRIMUM ergo dicendum quod ea quae sunt ad finem, distinguuntur ab ipso fine. Miracula autem a Christo facta ordinabantur, sicut ad finem, ad rationalis partis salutem, quae consistit in sapientiae illustratione et hominum justificatione. Quorum primum praesupponit secundum: quia, ut dicitur Sap. 1, „in malevolam animam non intrabit sapientia, nec habitabit in corpore subdito peccatis". Justificare autem homines non conveniebat nisi eis volentibus: hoc enim esset et contra rationem justitiae, quae rectitudinem voluntatis importat; et etiam contra rationem humanae naturae, quae libero

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die durch freie Entscheidung und nicht durch Zwang 44,3 zum Guten geführt werden soll. Christus hat also mit göttlicher Kraft die Menschen innerlich gerechtfertigt, jedoch nicht gegen ihren Willen. Das aber gehört nicht zu den Wundern, es bildet vielmehr das Ziel der Wunder. — Ähnlich hat Er auch mit göttlicher Kraft den einfältigen Jüngern Weisheit eingegossen, denn Er sagt zu ihnen: „Ich werde euch Beredsamkeit und Weisheit geben, der alle Widersacher nicht zu widersprechen oder zu widerstehen vermögen" (Lk 21, 15). Soweit es sich dabei um eine innere Erleuchtung handelt, wird sie nicht unter den sichtbaren Wundern aufgezählt, sondern nur insoweit ein äußerer Vorgang dabei in Betracht kommt, daß nämlich die Menschen die bisher Ungebildeten und Einfältigen so weise und standhaft reden hörten. So lesen wir in der Apostelgeschichte (4, 13): „Als sie", die Juden, „die Standhaftigkeit des Petrus und Johannes wahrnahmen und merkten, daß es ungelehrte und ungebildete Leute waren, staunten sie." — Obwohl solche geistige Wirkungen von den sichtbaren Wundern unterschieden werden, sind sie doch Zeugnisse für die Lehre und Macht Christi; Hebr 2, 4: „Von Gott wurden sie durch Zeichen und Wunder, durch verschiedene Machterweise und Mitteilungen des Heiligen Geistes bekräftigt." Aber auch an den Seelen hat Christus einige Wunder gewirkt, hauptsächlich um deren niedere Kräfte umzuwandeln. Daher schreibt Hieronymus zu Mt 9, 9: ,Er QUAESTIO 44, 3 arbitrio ad bonum ducenda est, non autem per coactionem. Christus ergo virtute divina interius homines justificavit: non tarnen eis invitis. Nec hoc ad miracula pertinet: sed ad miraculorum finem. — Similiter etiam virtute divina simplicibus discipulis sapientiam infudit: unde dicit eis, Luc. 21: „Ego dabo vobis os et sapientiam cui non poterunt resistere et contradicere omnes adversarii vestri." Quod quidem, quantum ad inferiorem illuminationem, inter visibilia iniracula non numeratur: sed solum quantum ad exteriorem actum, inquantum scilicet videbant homines eos qui fuerant illiterati et simplices, tarn sapienter et constanter loqui. Unde dicitur Act. 4: „Videntes" Judaei „Petri constantiam et Joannis, comperto quod homines essent sine litteris et idiotae, admirabantur."' — Et tarnen hujusmodi spirituales eöectus, etsi a miraculis visibilibus distinguantur, sunt tarnen quaedam testimonia doctrinae Christi et virtutis: secundum illud Hebr. 2: „Contestante Deo signis et portentis et variis virtutibus, et Spiritus Sancti distributionibus." Sed tarnen circa animas hominum, maxime quantum ad immutandas inferiores vires, Christus aliqua miracula fecit. Unde 15*

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44, 3 stand auf und folgte Ihm': „Die, welche das Leuchten und die Herrlichkeit Seiner verborgenen Gottheit, die auch auf Seinem menschlichen Antlitz erstrahlte, sahen, konnten dadurch beim ersten Anblick an Ihn gefesselt werden." Und zu Mt 21, 12, ,Er trieb die Händler und Verkäufer hinaus' schreibt ebenfalls Hieronymus: „Mir kommt von allen Zeichen, die Christus gewirkt hat, da9 am wunderbarsten vor, daß ein Mensch, der noch dazu damals verachtet war, mit den Schlägen einer Geißel eine so große Menge vertreiben konnte. Etwas wie Feuer und Sonnenglanz strahlte aus Seinen Augen, und die Majestät der Gottheit leuchtete auf Seinem Antlitz." Und Origenes sagt: „Das ist ein größeres Wunder als die Verwandlung von Wasser in Wein; denn da handelte es sich nur um einen leblosen Stoff, hier jedoch wird der Geist so vieler tausend Menschen gebändigt." Und zu Jo 18, 6, ,Sie wichen zurück und fielen zu Boden' sagt Augustinus: „Ein einziges Wort erschüttert, wirft zurück, schmettert ohne Waffe eine haßerfüllte, waffenstarrende Schar zu Boden, denn Gott war im Fleische verborgen." — Hierher gehört auch, was Lukas (4, 30) erzählt: „Jesus ging mitten durch sie hindurch", wozu Chrysostomus schreibt: „Inmitten der Bedränger zu stehen und nicht ergriffen zu werden, das beweist die erhabene Hoheit Seiner Gottheit." Desgleichen, was bei Jo 8, 59 steht, „Jesus verbarg sich und ging aus dem Q Ü Ä E 8 T I 0 44, J

MPL Hieronymus, super illud Matth. 9, Jürgens secutus est eum', 26/56 dielt [1 in Matth.]: „Fulgor ipse et majestas divinitatis occultae, quae etiam in facie relucebat humana, videntes ad se trahere poterat ex primo aspectu." — Et super illud Matth. 21, ,EjicieMPL bat omnes vendentes et ementes', dicit idem Hieronymus [3 in 26/152 Matth., cap. 21]: „Mihi inter omnia signa quae fecit Dominus hoc videtur esse mirabilius, quod unus homo, et illo tempore contemptibilis, potuerit, ad unius flagelli verbera, tantam ejicere multitudinem. Igneum enim quiddam atque sidereum radiabat ex oculis ejus, et divinitatis majestas lucebat in facie." MPG Et Origenes dicit, super Joan. [hom. 11], „hoc esse majus 14/352 miraculum eo quo aqua conversa est in vinum: eo quod illic subsistit inanimata materia, hic vero tot millium hominum domantur ingenia". Et super illud Joan. 18, ,Abierunt retrorMPL sum et ceciderunt in terram', dicit Augustinus [tr. 112 in Jo.]: •35/1931 ); Una vox turbam odiie ferocem armisque terribilem, sine telo ullo, percussit, repulit, stravit: Deus enim latebat in carne." — Et ad idem pertinet quod dicitur Luc. 4, quod Jesus „transiens MPG P e r medium illorum ibat": ubi dicit Chrysostomus [hom. 48] 39/269 quod „stare in medio insidiantium et non apprehendi, divinitatis eminentiam ostendebat". Et quod dicitur Joan. 8, ,Jesus abs-

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Tempel', worüber Augustinus [Theophylakt] sagt: „Er 44,3 verbarg sich nicht furchtsam in irgendeinem Winkel des Tempels, noch versteckte Er sich hinter einer Wand oder einer Säule, sondern machte sich durch himmlische Macht vor denen, die Ihm nachstellten, unsichtbar und ging mitten durch sie hinweg." Aus all dem geht hervor, daß Christus, wann immer Er wollte, mit göttlicher Kraft die Seelen der Menschen umwandelte, nicht nur, indem Er sie rechtfertigte und mit Weisheit erfüllte, worin das Ziel der Wunder besteht, sondern auch, indem Er sie äußerlich an sich zog, sie in Schrecken oder Staunen versetzte. Und das waren Wunder im eigentlichen Sinne des Wortes. Z u 2. Christus war gekommen, um die Welt zu retten, nicht nur durch göttliche Kraft, sondern auch durch das Geheimnis Seiner Menschwerdung. Deshalb bediente Er sich bei den Krankenheilungen nicht nur Seiner göttlichen Macht, indem Er [die Kranken] durch einen Befehl gesund machte, sondern indem Er auch Seine menschliche Natur mitwirken ließ. Zu Lk 4, 40, ,Er legte jedem Einzelnen die Hände auf und heilte sie alle', sagt daher Cyrill: „Obgleich Er als Gott alle Krankheiten mit einem bloßen Wort hätte vertreiben können, so rührte Er sie doch an, weil Er damit bekundete, daß Sein Fleisch imstande war, die Heilung zu bewirken." Und zu Mk 8, 23, ,Er benetzte seine Augen mit Speichel und legte ihm die Q U A E S T I O 44, 3

condit se et exivit de Templo': ubi Augustinus [Theophylact., MPG in Jo., cap. 8], dicit quod „non abscondit se in angulo Templi 124/40 quasi timens, vel post murum aut columnam divertens: eed, caelica potestate se invisibilem insidiantibus constituens, per medium illorum exivit". Ex quibus omnibus patet quod Christus, quando voluit, virtute divina animas hominum immutavit, non solum justificando et sapientiam infundendo, quod pertinet ad miraculorum finem: sed etiam exterius alliciendo vel terrendo vel stupefaciendo, quod pertinet ad ipsa miracula. A D SECUNDUM dicendum quod Christus venerat salvare mundum non solum virtute divina, sed per mysterium inoarnationis ipsius. Et ideo frequenter in sanatione infirmorum non sola potestate divina utebatur, curando per modum imperii, sed etiam aliquid ad humanitatem ipsius pertinens apponendo. Unde super illud Luc. 4, ,Singulis manus imponens curabat omnes', dicit Cyrillus [in Luc.]: „Quamvis, ut Deus, potuisset MPG omnes verbo pellere morbos, tangit tarnen eos, ostendens pro- 7 2 ^ 9 priam carnem efficacem ad praestanda remedia." — Et euper illud Marci 8, ,Exspuens in oculos ejus impositis manibus' etc.,

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44, 3 Hände a u f . . s a g t Chrysostomus [Victor Antiochenus ]: „Er spuckt aus und legt dem Blinden die Hände auf, weil Er zeigen will, daß das Wort Gottes sich mit dieser Handlung verbindet und so das Wunder vollbringt. Die Hände deuten nämlich auf eine Handlung hin, der Speichel auf die Rede, die aus Seinem Munde hervorging." Und zu Jo 9, 6, ,Er machte aus Speichel einen Teig und strich diesen Teig über die Augen des Blinden', bemerkt Augustinus: „Aus Seinem Speichel machte Er einen Teig, denn ,das Wort ist Fleisch geworden'." Oder auch, um anzuzeigen, daß Er es war, der „aus dem Lehm der Erde" den Menschen gebildet hatte, wie Chrysostomus sagt. Man muß bei den Wundern Christi auch bedenken, daß Er stets die vollkommensten Werke setzte. Deshalb sagt Chrysostomus zu Jo 2, 10, jedermann läßt zuerst den guten Wein auftragen': „Derart sind die Wunder Christi, daß durch sie viel Kostbareres und Nützlicheres zustande kommt, als was von Natur aus geworden wäre." In ähnlicher Weise schenkte Er den Kranken in einem Augenblicke die vollständige Gesundheit. Daher bemerkt Hieronymus zu Mt 8, 15, ,Sie erhob sich und diente ihnen': „Die Gesundheit, die der Herr gibt, kehrt sogleich vollkommen zurück." Ein besonderer Fall war jener Blinde, bei dem das Gegenteil zutraf, wegen seines Unglaubens, wie ChrysoQ U A E S T I O 44. 3

dicit Chrysostomus [Victor Antioch., in Marc.]: „Spuit quidem et manus imponit caeco, volens ostendere quod verbum divinum, operationi adjunctum, mirabilia perflcit: manus enim operationis est ostensiva, sputum sermonis ex ore prolati." — Et super illud Joan. 9, ,Fecit lutum ex sputo et linivit lutum MPL super oculos caeci', dicit Augustinus [tr. 44 in Jo.]: „De 6aliva 35/1714 6 u a lutum fecit: quia ,Verbum caro factum'." Vel etiam ad significandum quod ipse erat qui „ex limo terrae" hominem MPG formaverat: ut Chrysostomus dicit [hom. 56]. 59/307 ggt e t i a m c i r ca miracula Christi considerandum quod communiter perfectissima opera faciebat. Unde super Joan. 2, MPG ,Omnis homo primum bonum vinum ponit', dicit Chrysostomus 59/136 [hom. 22]: „Talia sunt Christi miracula ut multo his quae per naturam fiunt, speciosiora et utiliora fiant." — Et ßimiliter in instanti infirmis ¡perfectam sanitatem conferebat. Unde super MPL illud Matth. 8, ,Surrexit et ministrabat illis', dicit Hieronymus 26/52 [i ¡,n Matth.]: „Sanitas quae confertur a Domino, tota simul redit." Specialiter autem in illo caeco contrarium fuit propter infidelitatem ipsius: ut Chrysostomus [Victor Antioch., in Marc.,

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stomus [Victor Antiochenus ] zu Mk 8, 23 f. meint. Oder 44,3 wie Beda zu derselben Stelle sagt: „Er heilte allmählich, den Er mit einem Wort gänzlich und in einem Augenblick hätte heilen können, um auf die Größe der menschlichen Blindheit hinzuweisen, die nur schwer und gleichsam nur schrittweise zum Licht zurückkehrt; und um uns Seine Gnade anzudeuten, durch die Er die einzelnen Stufen des Wachstums unserer Vollkommenheit unterstützt." Z u 3. Christus wirkte Seine Wunder mit göttlicher Macht (43, 2). „Gottes Werke aber sind vollkommen" (Dt 32, 4). Nun aber ist nichts vollkommen, wenn es sein Ziel nicht erreicht. Das letzte Ziel der Heilung aber, die von Christus bewirkt wurde, ist die Heilung der Seele. Deshalb war es nicht angemessen, wenn Christus den Leib eines Menschen heilte, ohne seiner Seele Heilung zu bringen. Aus diesem Grunde sagt Augustinus zu Jo 7, 23, ,Den ganzen Menschen machte Ich am Sabbat gesund': „Er wurde geheilt und ward am Leibe gesund, und er glaubte und ward an der Seele gesund." Dem Gichtbrüchigen aber sagte Er ausdrücklich: „Deine Sünden sind dir vergeben", weil „wir dadurch zur Einsicht gelangen, daß wir uns sehr viele körperliche Leiden durch unsere Sünden zuziehen; deshalb wurden vielleicht zuerst seine Sünden nachgelassen, daQ U A E S T I 0 44, 3

cap. 8] dicit. — Vel, sicut Beda dicit [2 in Marc., cap. 8], mpl „quem uno verbo totum simul curare poterat, paulatim curat, 92/211 ut magnitudinem humanae caecitatis ostendat, quae vix, et quasi per gradus ad lucem redeat: et gratiam suam nobis indicet, per quam singula perfectionis incrementa adjuvat". AD TERTIUM dicendum quod, sicut supra dictum est, Christus miracula faciebat virtute divina. „Dei autem perfecta 6unt opera", ut dicitur Deut. 32. Non est autem aliquid perfectum, si finem non consequatur. Finis autem interioris 1 curationis per Christum factae est curatio animae. Et ideo non conveniebat Christo ut alicujus corpus curaret, nisi ejus curaret animam. Unde super illud Joan. 7, ,Totum hominem sanum feci in sabbato', dicit Augustinus [tr. 30 in Jo.]: „Quia curatus est, MPL ut sanus esset in corpore; et credidit, ut sanus esset in anima." 35/1635 Specialiter autem paralytico dicitur, „Dimittuntur tibi peccata", quia, ut Hieronymus dicit, super Matth, [üb. 1, cap. 9], MPL „datur ex hoc nobis intelligentia propter peccata plerasque 26/55 evenire corporum debilitates: et ideo forsitan prius dimittuntur 1

L: exterioris.

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44, 3 mit auch die Gesundheit wiederkehre, nachdem einmal die Ursachen seines Leidens entfernt waren" (Hieronymus). Daher lesen wir auch Jo 5, 14: „Nun sündige nicht mehr, damit dir nichts Schlimmeres zustoße"; woraus wir, nach den Worten des hl. Chrysostomus, „lernen sollen, daß seine Krankheit eine Folge der Sünde war". Zwar „überragt die Nachlassung der Sünde in dem Maße die Heilung des Körpers, als die Seele über dem Leibe steht. Da aber dies nicht für die Augen sichtbar ist, so wirkt Er etwas Geringeres, aber Sichtbares, um etwas Größeres, aber nicht Sichtbares zu offenbaren" (Chrysostomus). Z u 4. Zu Mt 9, 30, ,Sorge dafür, daß es niemand erfahre', schreibt Chrysostomus: „Dies widerspricht nicht dem Auftrag, den Er einem anderen gibt: ,Geh hin und verkünde die Herrlichkeit Gottes.' Dadurch belehrt Er uns nämlich, andere davon abzuhalten, uns unseretwegen zu loben. Wenn es sich aber um die Ehre Gottes handelt, sollen wir [andere] nicht davon zurückhalten, sondern sie vielmehr dazu veranlassen." Q U A E S T I 0 44, 3

peecata, ut, causis debilitatis ablatis, sanitas restituatur". Unde et Joan. 5 dicitur: „Jam noli peccare: ne deterius tibi aliquid MPG contingat." Ubi, ut dicit Chrysostomus [hom. 38], „discimus 59/210 quod ex peccato nata erat aegritudo". Quamvis autem, ut Chrysostomus dicit, super Matth, [hom. MPG 57/370 29], „quanto anima est potior corpore, tanto peccatum dimittere majus sit quam corpus sanare: quia tarnen illud non est manifestum, facit minus quod est manifestius, ut demonstraret majus et non manifestum". AD QUARTUM dicendum quod, super illud Matth. 9, ,Videte MPG ne quis seiat', dicit Chrysostomus [hom. 32], „non esse hoc 57/378 contrarium quod hic dicitur, ei quod alteri dicit: ,Vade et annuntia gloriam Dei.' Erudit enim nos prohibere eos qui volunt nos propter nos laudare. Si autem ad Deum gloria refertur, non debemus prohibere, sed magis injungere ut hoc fiat".

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4. A R T I K E L 44,4 War es angemessen, daß Christus an vernunftlosen Geschöpfen Wunder wirkte? 1. Die Tiere stehen höher als die Pflanzen. Nun hat Christus an Pflanzen Wunder gewirkt, z. B. als auf Sein Wort hin der Feigenbaum verdorrte (Mt 21, 19). Es scheint also, daß Christus auch an Tieren hätte Wunder wirken sollen. 2. Eine Strafe darf gerechterweise nur wegen einer Schuld verhängt werden. Es war aber nicht die Schuld des Feigenbaumes, daß Christus an ihm keine Frucht fand, da die Zeit der Früchte noch nicht gekommen war. Es hat demnach den Anschein, daß Er ihn zu Unrecht verdorren ließ. 3. Luft und Wasser stehen in der Mitte zwischen Himmel und Erde. Christus aber hat manche Wunder am Himmel gewirkt (Art. 2); in ähnlicher Weise auch auf der Erde, als sie bei Seinem Leiden erbebte. Es scheint also, daß Er auch in der Luft und im Wasser hätte Wunder wirken sollen, etwa das Meer teilen, wie dies Moses tat, oder e i n e n Fluß, w i e Josue und Elias, oder Donner in den Wolken ertönen lassen, w i e dies am Berge Sinai der Fall war, als das Gesetz gegeben wurde, und w i e es auch Elias getan hat (3 Kg 18, 45). Q U A E S T I 0 44, 4

A R T I C U L U S IV Utrum convenienter fecerit Christus miracula circa creaturas irrationales AD QUARTUM sie proceditur. Videtur quod inconvenienter fecerit Christus miracula circa creaturas irrationales. Bruta enim animalia sunt nobiliora plantis. Sed Christus fecit aliquod miraculum circa plantas: puta cum ad verbum ejus est 6iccata flculnea, ut dicitur Matth. 21. Ergo videtur quod Christus etiam circa animalia bruta miracula facere debuisset. 2. PRAETEREA, poena non juste infertur nisi pro culpa. Sed non fuit culpa flculneae quod in ea Christus fruetum non mvenit, quando non erat tempus fruetuum. Ergo videtur quod inconvenienter eam siccaverit. 3. PRAETEREA, aer et aqua sunt in medio caeli et terrae. Sed Christus aliqua miracula fecit in caelo, sicut supra dictum est. Similiter etiam in terra: quando in ejus passione terra mota est. Ergo videtur etiam quod in aere et aqua aliqua miracula facere debuerit: ut mare dividere, sicut fecit Moyses; vel etiam flumen, sicut fecerunt Josue et Elias; et ut flerent in aere tonitrua, sicut factum est in monte Sinai quando lex dabatur, et 6icut Elias fecit, 3 Reg. 18. 16

27

233

i

4. Wunderwerke gehören zum Werke der Weltlenkung durch die göttliche Vorsehung. Dieses Werk setzt aber die Schöpfung voraus. Es scheint also nicht angemessen, daß Christus bei Seinen Wundern in der Weise einer Neuschöpfung tätig war, wie z. B. bei der Brotvermehrung. Demnach scheinen Seine Wunder an den vernunftlosen Geschöpfen nicht angemessen gewesen zu sein. ANDERSEITS ist Christus „die Weisheit Gottes" (1 Kor 1, 24), von der es heißt: „Sie ordnet alles mit Anmut" (Wsh 8, 1). ANTWORT: Die Wunder Christi haben die Aufgabe, die Macht Seiner Gottheit zum Heile der Menschen erscheinen zu lassen (Art. 3). Nun liegt es aber im Wesen der göttlichen Kraft, daß die ganze Schöpfung ihr unterworfen ist. Daher mußte Er an allen Geschöpfen Wunder wirken, nicht nur an den Menschen, sondern auch an den vernunftlosen Geschöpfen. Z u 1. Die Tiere sind dem Menschen der Gattung nach benachbart; daher sind sie auch mit dem Menschen am gleichen Tag erschaffen worden. Und da Er am Leib des Menschen viele Wunder wirkte, brauchte Er nicht auch an den Leibern der Tiere Wunder zu wirken, zumal da die Menschen mit den Tieren, vor allem den Landtieren, in der sinnlichen und körperlichen NaQ U A E S T I 0 44, 4

4. P R A E T E R E A , opera miraculosa pertinent ad opus gubernationis mundi per divinam providentiam. Hoc autem opus praesupponit creationem. Inconveniens ergo videtur quod Christus in suis miraculis usus est creatione: quando scilicet multiplicavit panes. Non convenientia videntur fuisse ejus miracula circa irrationales creaturas. SED CONTRA est quod Christus est „Dei sapientia", de qua dicitur, Sap. 8, quod „disponit omnia ßuaviter". RESPONDEO dicendum quod, sicut supra dictum est, miracula Christi ad hoc ordinabantur quod v.irtus divinitatis cognosceretur in ipso ad hominum salutem. Pertinet autem ad virtutem divinitatis ut omnis creatura sit ei subjecta. Et ideo in Omnibus c r e a t u r i s 1 miracula eum facere oportuit, et nou solum in hominibus, sed etiam in irrationabilibus creaturis. AD PRIMUM ergo dicendum quod animalia bruta propinque 6e habent secundum genus ad hominem: unde et in eodem die cum homine facta sunt. Et quia circa corpora humana multa miracula fecerat, non oportebat quod circa corpora brutorum animalium aliqua miracula faceret: praesertim quia, quantum ad naturam sensibilem et corporalem, eadem ratio est de ho1

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P et L: in omnibus creaturarum generibus.

tur übereinkommen. Die Fische dagegen sind der Natur 44, 4 des Menschen weniger verwandt, da sie im Wasser leben; daher wurden sie auch an einem anderen Tag erschaffen. An ihnen wirkte Christus Wunder, sowohl beim reichen Fischfang (Lk 5, 4 und Jo 21, 6) sowie auch an dem Fisch, den Petrus fing und in dem er eine Münze fand. — Daß sich die Schweine ins Meer stürzten, war nicht eine göttliche Wundertat, sondern eine Tat der bösen Geister, die Gott zuließ. Zu 2. Chrysostomus schreibt: „Wenn der Herr an Pflanzen und Tieren derartiges getan hat, dann frage nicht, wie Er gerechterweise den Feigenbaum verdorren ließ, wenn die Zeit noch nicht da war; so zu fragen bekundet höchste Torheit"; denn in solchen Wesen findet sich weder Schuld noch Strafe, „sondern betrachte das Wunder und staune über den Wundertäter." Der Schöpfer fügt dem Besitzer auch kein Unrecht zu, zumal wenn Er sich Seines Geschöpfes nach freiem Willen zum Heil anderer bedient, im Gegenteil „finden wir darin einen Beweis für die Güte Gottes. Denn als Er ein Beispiel dafür geben wollte, wie Er für unser Heil sorgt, zeigte Er die Herrlichkeit Seiner Macht am Leibe der Menschen; als Er dagegen Seine Strenge gegen Hartnäckige bewies, gab Er durch das Verderben des Baumes ein anschauliches Bild der Zukunft" (Hilarius). Dies trifft vor allem am Feigenbaum zu, „der überaus Q U A E S T I O 44, 4 minibus et animalibus, praecipue terrestribus. Pisces autem, cum vivant in aqua, magis a natura hominum differunt: unde et alio die sunt facti. In quibus miraculum Christus fecit in copiosa piscium captura, ut legitur Luc. 5 et Joan. ult.: et etiam in pisce quem Petrus cepit et in eo invenit staterem. — Quod autem porci in mare praecipitati sunt, non fuit operatio divini miraculi, sed operatio daemonum ex permissione divina. AD SECUNDUM dicendum quod, sicut Chrysostomus dicit, mpg super Matth, [hom. 67], „cum in plantis vel brutis aliquid tale 5 8 / 6 3 3 Dominus operatur, non quaeras qualiter juste siccata est ficus, si tempus non erat, hoc enim quaerere est ultimae dementiae", quia scilicet in talibus non invenitur culpa et poena: „sed miraculum inspice, et admirare miraculi factorem". Nec facit Creator injuriam possidenti, si creatura sua suo arbitrio utatur ad aliorum salutem: sed magis, ut Hilarius dicit, super Matth, mpl [cap. 21], „in hoc bonitatis divinae argumentum reperimus. 9)1037 Nam ubi aflerre voluit procuratae salutis exemplum, virtutis suae potestatem in humanis corporibus exercuit: ubi vero in contumaces formam severitatis constituebat, futuri speciem damno arboris indicavit". Et praecipue. ut Chrysostomus dicit

16*

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44,4 safthaltig ist, damit so das Wunder um so größer erscheine" (Chrysostomus). Z u 3. Christus wirkte auch im Wasser und in der Luft Wunder, die Ihm angemessen erschienen, als Er nämlich „den Winden und dem Meere gebot und eine große Stille entstand" (Mt 8, 26). Nicht aber entsprach es Ihm, der gekommen war, alles zum Frieden und zur Ruhe zu führen, eine Störung in der Luft oder einen Widerstreit der Gewässer herbeizuführen. Deshalb schreibt der Apostel: „Ihr seid nicht an einen Berg herangetreten, den man betasten kann, und zu einem Feuer, das brennt, und zu einem Wirbelwind und zu einer Finsternis und zu einem Gewittersturm" (Hebr 12, 18).

Während Seines Leidens jedoch „zerriß der Vorhang", um anzudeuten, daß die Geheimnisse des Gesetzes enthüllt worden seien; „die Gräber öffneten sich", um anzudeuten, daß durch Seinen Tod den Toten das Leben gegeben werde; „die Erde bebte und die Felsen spalteten sich", um zu zeigen, daß die steinernen Herzen der Menschen durch Sein Leiden erweicht würden und die ganze Welt durch die Macht Seines Leidens sich zum Besseren wenden sollte. Z u 4. Die Brotvermehrung geschah nicht durch eine Neuschöpfung, sondern durch das Hinzutreten und Verwandeltwerden eines anderen Stoffes [51 ]. Daher sagt Q U A E S T I O 44. 4

mpg [loc. cit.], in ficulnea, „quae est humidissima: ut miraculum majus appareat". AD TERTIUM dicendum quod etiam Christus in aqua et in aere fecit miracula quae sibi eonveniebant: quando scilicet, ut legitur Matth. 8, „imperavit ventis et mari, et facta est tranquillitas magna". Non autem conveniebat ei qui omnia in 6tatum pacis et tranquillitatis revocare venerat, ut vel turbationem aerds, vel divisionem aquarum faceret. Unde Apostolus dicit, Hebr. 12: „Non accessistis ad tractabilem montem, et accensibilem ignem, et turbinem et caliginem et procellam." Circa passionem tarnen, „divisum est velum", ad ostendendum reserationem mysteriorum legis; „aperta sunt monumenta", ad ostendendum quod per ejus mortem mortuis vita daretur; „terra mota est et petrae scissae", ad ostendendum quod lapidea hominum corda per ejus passionem emollirentur, et quod totus mundus virtute passionis ejus erat in melius commutandus. AD QUARTUM dicendum quod multiplicatio panum non est facta per modum creationis, sed per additionem extraneae

58/634

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Augustinus: „ W i e E r aus wenigen Samenkörnern das 44,4 Getreide vermehrt, v e r m e h r t e E r in Seinen Händen die fünf B r o t e " . Nun ist aber klar, daß die K ö r n e r sich verm e h r e n durch eine Verwandlung in die junge Saat. Q U A E S T I 0 44, 4

materiae in panes conversae. Unde Augustinus dicit, super Joan, MPL [tr. 2 4 ] : „Unde multiplicat de paucis granis segetes, inde in 35/1593 manibus suis multiplicavit quinqué panes." Manifestum est autem quod per conversionem grana multiplicantur in 6egetes.

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1

45. F R A G E

DIE VERKLÄRUNG

CHRISTI

Hierauf ist die Verklärung Christi zu betrachten. Dazu ergeben sich vier Einzelfragen: 1. War die Verklärung angemessen? 2. War der Glanz der Verklärung derselbe wie bei der ewigen Herrlichkeit? 3. Die Zeugen der Verklärung. 4. Das Zeugnis durch die Stimme des Vaters. 1. A R T I K E L War die Verklärung für Christus angemessen? 1. Es ist gegen das Wesen eines wahren Leibes, sich in verschiedene Gestalten zu verwandeln [52]. Dies vermag nur ein Scheinleib. Der Leib Christi war aber kein Scheinleib, sondern ein wahrer Leib (5, 1; Bd. 25). Er hätte also allem Anschein nach nicht verklärt werden dürfen. 2. Die Gestalt gehört zur vierten Art der Seinsweise „Beschaffenheit", der Glanz dagegen zur dritten, denn er ist eine sinnlich wahrnehmbare Beschaffenheit [53]. Demnach darf man es nicht eine Umgestaltung nennen, wenn Christus Glanz annahm. Q U A E S T I O XLV

DE TRANSFIGURATIONE CHRISTI Deinde considerandum est de transfiguratione Christi. Et circa hoc quaeruntur quatuor: 1. Utrum conveniens tuerit transfigurari. — 2. Utrum claritas transfigurationis fuerat claritas gloriosa. — 3. De testibus transfigurationis. — 4. De testimonio paternae vocis. Utrum

fuerit

ARTICULUS I conveniens Christum figurari

trans-

AD PRIMUM sie proceditur. Videtur quod non fuerit conveniens Christum transfigurari. Non enim competit vero corpori ut in diversas figuras mutetur, sed corpori phantastico. Corpus autem Christi non fuit phantasticum, sed verum, ut supra habitum est. Ergo videtur quod transfigurari non debuit. 2. PRAETEREA, figura est in quarta specie qualitatis: claritas autem est in tertia, cum sit sensibilis qualitas.1 Assumptio ergo claritatis a Christo „transfiguratio" dici non debet. 1

238

C(. Arist., Cat., cap. 6, 8,

9 a 28 et 10 a 11.

3. Der verklärte Leib besitzt vier Mitgifte (Ergän- 45,1 zung 82 ff.; Bd. 3 5 ) : nämlich die Unfähigkeit, zu leiden, die Behendigkeit, die Feinheit und den Glanz. E r hätte also bei Seiner Verklärung nicht nur diesen Glanz, sondern auch die anderen Gaben annehmen sollen [54]. A N D E R S E I T S heißt es Mt 17, 2, daß Jesus vor dreien Seiner Jünger „verklärt wurde". ANTWORT: Der Herr hatte Seinen Jüngern Sein Leiden vorausgesagt und sie in die Nachfolge Seines Leidens eingeführt. Um aber den geraden Weg einzuhalten, muß man einigermaßen sein Ziel kennen; so wie ein Pfeilschütze nur dann den Pfeil richtig abschießen wird, wenn er zuvor den Punkt erspäht hat, auf den e r schießen will. Daher sagt auch Thomas: „Herr, wir wissen nicht, wohin Du gehst; wie sollen wir da den Weg k e n n e n ? " ( J o 14, 5). Das ist besonders dann erforderlich, wenn d e r W e g schwierig und steil ist und die Wanderung mühselig, das Ziel aber wonnevoll. Christus gelangte nun durch Sein Leiden zur Herrlichkeit, nicht nur der Seele, denn diese besaß E r schon vom ersten Augenblick Seiner Empfängnis an, sondern auch dem Leibe nach: „Dies mußte Christus leiden und so in Seine Herrlichkeit eingehen" (Lk 24, 26). Dahin führt E r auch die, welche den Spuren Seines Leidens nachfolgen: „Durch viele Drangsale müssen wir in das Himmelreich eingehen" (Apg 14, 21). E s war darum Q U \ E S T I O 45, l 3. PRAETEREA, corporis gloriosi sunt quatuor dotes, ut infra dicetur: scilicet impassibdlitas, agilitas, subtilitas et claritas. Non ergo magis debuit transflgurari secundum assumptionem claritatis, quam secundum assumptionem aliarum dotium. SED CONTRA est quod dicitur Matth. 17, quod „Jesus transfiguratus est" ante tres discipulorum suorum. RESPONDEO dicendum quod Dominus discipulos suos, praenuntiata sua passione, induxerat eos ad suae passionis sequelam. Oportet autem ad hoc quod aliquis directe procedat in via, quod finem aliqualiter praecognoscat: sicut 6agittator non recte jaciet sagittam nisi prius Signum prospexerit in quod jaciendum est. Unde et Thomas dixit, Joan. 14: „Domine, nescimus quo vadis: et quomodo possumus viam scire?" Et hoc praecipue necessarium est quando via est difflcilis et aspera, et iter laboriosum, finis vero jucundus. Christus autem per suam passionem ad hoc pervenit ut gloriam obtineret, non solum animae, quam habuit a principio suae conceptions, sed etiam corporis: secundum illud Luc. ult.: „Haec oportuit Christum pati, et ita intrare gloriam suam." Ad quam etiam perducit eos qui vestigia suae passionis sequuntur: secundum illud Act. 14: „Per multas tribulationes oportet nos intrare in reg-

239

45, I angemessen, daß Er Seinen Jüngern die Herrlichkeit Seines Glanzes in der Verklärung zeigte (worin gerade die Umgestaltung besteht), der Er auch die Seinen gleichgestalten wird: „Er wird unseren armseligen Leib umwandeln und Seinem verherrlichten Leibe gleichgestalten" (Phil 3, 21). Deshalb sagt Beda: „Infolge einer liebevollen Vorsorge konnten sie das Schwere tapferer ertragen, weil sie für kurze Zeit die Anschauung ewig dauernder Freude verkostet hatten." Z u 1. Hieronymus schreibt: „Niemand meine, Christus habe Seine frühere Gestalt und Sein Aussehen verloren, oder die Wirklichkeit Seines Leibes eingebüßt und einen geistigen oder Luftleib angenommen", weil es von Ihm heißt, Er sei umgestaltet worden. „Wie Er umgestaltet wurde, zeigt vielmehr der Evangelist: ,Sein Antlitz glänzte wie die Sonne, Seine Kleider wurden weiß wie Schnee.' Mit diesen Worten wird der Glanz Seines Antlitzes gezeigt und der weiße Schimmer Seiner Kleider beschrieben, die Wesenheit wird nicht vernichtet, sondern durch die Herrlichkeit umgestaltet." Z u 2. Die Gestalt betrachtet man am Äußeren eines Körpers; denn die Gestalt ist das, „was der Umriß, bzw. die Oberfläche umgreift". Daher scheint alles, was man am Äußeren eines Körpers wahrnimmt, irgendwie zur Gestalt zu gehören. Ebenso wie die Farbe sieht man Q U A E S T I 0 45, l

num caelorum." Et ideo conveniens fuit ut discipulis suis gloriam suae claritatis ostenderet (quod est ipsum transfigurari), cui suos conflgurabit: secundum illud Philipp. 3: „Reformabit corpus humilitatis nostrae configuratum corpori MPL claritatis suae." Unde Beda dicit super Marcum [lib. 3, eap. 8 ] : 92/216 „Pia provisione factum est ut, contemplatione Semper manentis gaudii ad breve tempus delibata, fortius adversa tolerarent." MPL AD PRIMUM ergo dicendum quod, sicut Hieronymus dicit 26/122 super Matth, [lib. 3, cap. 17], „nemo putet Christum" per hoc quod transflguratus dicitur, „pristinam formam et faciem perdidisse, vel amisisse corporis veritatem et assumpsisse corpus epirituale vel aereum. Sed quomodo transformatus sit, Evangelista demonstrat, dicens: ,Resplenduit facies ejus sicut sol, vestimenta autem ejus facta sunt alba sicut nix.' Ubi splendor faciei ostenditur, et candor describitur vestium, non substantia tollitur, sed gloria commutatur". AD SECUNDUM dicendum quod figura circa extremitatem corporis consideratur: est enim figura „quae termino vel terminis comprehenditur" 1 . Et ideo omnia illa quae circa extremitatem corporis considerantur, ad figuram quodammodo pertinere videntur. Sicut autem color, ita et claritas corporis 1

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Euclid., Elementa, lib. 1, defin. 14.

auch den Glanz eines undurchsichtigen Körpers an des- 45, 2 sen Oberfläche. Aus diesem Grund nennt man das Annehmen von Glanz Umgestaltung. Z u 3. Unter den aufgezählten vier Mitgiften ist nur der Glanz eine Beschaffenheit der Person selbst; die anderen drei Mitgifte kann man nur bei einer Tätigkeit, einer Veränderung oder einem Erleiden wahrnehmen. Christus ließ aber auch Anzeichen dieser drei Mitgifte an sich erkennen: die Behendigkeit, als E r über die Wellen des Meeres wandelte, die Feinheit Seines Leibes, als E r den verschlossenen Mutterschoß der Jungfrau verließ, die Leidensunfähigkeit, als E r den Händen der Juden, die Ihn herabstürzen oder steinigen wollten, unversehrt entging. Und doch kann man Ihn um dieser Mitgifte willen nicht „umgestaltet" nennen, sondern allein des Lichtglanzes wegen, der zum Aussehen Seiner P e r son gehört. 2.

ARTIKEL

War der Glanz bei der Verklärung Christi der Glanz der ewigen Herrlichkeit? 1. Zu Mt 17, 2 : ,Er ward vor ihnen verklärt' bemerkt eine Glosse B e d a s : „An Seinem sterblichen Leibe zeigte E r nicht Unsterblichkeit, wohl aber einen Glanz, der der künftigen Unsterblichkeit ähnlich w a r . " Nun ist aber Q ü A E S T I 0 45. 2

non transparentis in ejus superficie attenditur. Et ideo assumptio claritatis transfiguratio dicitur. AD TERTIUM dicendum quod, inter praedictas quatuor dotes, sola claritas est qualitas ipsius personae in seipsa: aliae vero tres dotes non percipiuntur nisi in aliquo actu vel motu, seu passione. Ostend.it igitur Christus in seipso aliqua illarum trium dotium indicia: puta agilitatis, cum supra undas maris ambulavit; subtilitatis, quando de clauso utero Virginis exivit; impassibilitatis, quando de manibus Judaeorum, vel praecipitare vel lapidare eum volentium, illaesus evasit. Nec tarnen propter illas transflguratus dicitur: sed propter solam claritatem, quae pertinet ad aspectum personae ipsius. Utrum

illa

A R T I C U L U S II claritas fuerit claritas

[3 Sent., dist. 16, q. 2, art. 2,

glorioea

Matth., cap. 17]

AD SECUNDUM sie proceditur. Videtur quod illa claritas non fuit gloriosa claritas. Dicit enim quaedam glossa Bedae, cf. [55J super illud Matth. 17 [3 in Matth.], ,Transflguratus est coram eis': „In corpore", inquit, „mortali ostendit, non immortalitatem, sed claritatem similem futurae immortalitati." Sed

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45,2 der Glanz der ewigen Herrlichkeit der Glanz der Unsterblichkeit. Also war jener Glanz, in dem Christus Seinen Jüngern erschien, nicht der Glanz der ewigen, Herrlichkeit. 2. Zu Lk 9, 27, ,Sie werden den Tod nicht kosten, bis sie das Reich Gottes sehen werden', schreibt die Glosse Bedas: „Das heißt, die Verherrlichung des Leibes in einer bildhaften Vergegenwärtigung der künftigen Seligkeit." Das Abbild einer Sache ist aber nicht die Sache selbst. Also war jener Glanz nicht der Glanz der ewigen Seligkeit. 3. Der Glanz der ewigen Herrlichkeit erstrahlt nur am menschlichen Leibe. Der Glanz der Verklärung aber zeigte sich nicht nur am Leibe Christi, sondern auch an Seinen Gewändern und an der leuchtenden Wolke, die die Jünger überschattete. Demnach, scheint es, war jener Glanz nicht der Glanz der ewigen Herrlichkeit. ANDERSEITS schreibt Hieronymus zu Mt 17, 2, ,Er ward vor ihnen verklärt': „So wie Er einst zur Zeit des Gerichtes sein wird, so erschien Er den Aposteln"; und zu Mt 16, 28, ,Bis sie den Menschensohn in Seinem Reiche kommen sehen', sagt Chrysostomus: „Da Er ihnen zeigen wollte, was jene Herrlichkeit sei, in der Er einst kommen wird, offenbarte Er sie ihnen schon in diesem Leben, soweit dies für ihre Fassungskraft möglich war, damit sie auch beim Tode des Herrn nicht schon trauern sollten." Q U A E S T I O 45, 2

claritas gloriae est claritas immortalitatis. Non ergo illa claritas quam Christus discipulis ostendit, fuit claritas gloriae. 2. PRAETEREA, super illud Luc. 9, ,Non gustabunt mortem nisi videant regnum Dei', dicit glossa Bedae: „idest, glorificationem corporis in imaginaria repraesentatione futurae beatitudinis". Sed imago alicujus rei non est ipsa res. Ergo claritas illa non fuit claritas beatitudinis. 3. PRAETEREA, claritas gloriae non est nisi in corpore humano. Sed claritas illa transfigurationis apparuit non solum in corpore Christi, sed etiam in vestimentis ejus, et in nube lucida quae discípulos obumbravit. Ergo videtur quod illa claritas non fuit claritas gloriae. SED CONTRA est quod, super illud Matth. 17, ,Transfiguratus MPL est ante eos', dicit Hieronymus [3 in Matth.]: „Qualis futurus 26/121 est tempore judicii, talis Apostolis apparuit." Et super illud Matth. 16, ,Donec videant Filium Hominis venientem in regno MPG suo', dicit Chrysostomus [hom. 56]: „Velens monstrare quid 58/549 est illa gloria in qua postea venturas est, eis in praesenti vita revelavit, sicut possibile erat eos discere: ut neque in Domini morte jam doleant."

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ANTWORT: Der Glanz, den Christus bei der Ver-45,2 klärung annahm, war dem Wesen, nicht aber der Seinsweise nach der Glanz der ewigen Herrlichkeit. Der Glanz des verklärten Leibes erfließt aus dem Glanz der Seele, schreibt Augustin in einem Brief an Dioskur. In ähnlicher Weise ging bei der Verklärung der Glanz des Leibes Christi aus einem Überfließen Seiner Gottheit und der Herrlichkeit Seiner Seele hervor, wie Johannes von Damaskus sagt. Denn daß die Herrlichkeit der Seele sich nicht vom ersten Augenblick der Empfängnis Christi an auch über Seinen Leib ergoß, geschah auf Grund einer besonderen göttlichen Anordnung, damit Er in einem leidensfähigen Leibe die Geheimnisse unserer Erlösung vollziehen könne (14, 1 Zu 2; Bd. 25). Jedoch war dadurch Christus nicht die Macht entzogen, die Herrlichkeit Seiner Seele auf den Leib überströmen zu lassen; und das tat Er bezüglich des Glanzes bei der Verklärung, aber in anderer Weise als bei dem verherrlichten Leibe. Denn über diesen strömt von der Seele ein Glanz aus, der gewissermaßen als bleibende Beschaffenheit dem Körper anhaftet. Daher ist das körperliche Leuchten an einem verherrlichten Leibe nicht wunderbar. Auf den Leib Christi aber ergoß sich bei der Verklärung der Glanz von Seiner Gottheit und Seiner Seele nicht nach Art einer innebleibenden Beschaffenheit, die dem Körper selbst anhaftet, sondern eher wie eine vorübergehende Beeinflussung, wie wenn die Luft Q U A E S T I O 45, 2

RESPONDEO dicendum quod claritas illa quam Christus in transfiguratione assumpsit, fuit claritas gloriae quantum ad essentiam, non tarnen quantum ad modum essendi. Claritas enim corporis gloriosi derivatur ab animae claritate: sicut Augustinus dicit, in Epistola ad Dioscorum [ep. 118]. Et similiter claritas corporis Christi in transfiguratione derivata est a divinitate ipsius, ut Damascenus dicit [orat. de Transfig.], et a gloria animae ejus. Quod enim a principio conceptionis Christi gloria animae non redundaret ad corpus, ex quadam dispensatione divina factum est, ut in corpore passibili nostrae redemiptionis expleret mysteria, sicut supra dictum est. Non tarnen per hoc adempta est potestas Christo derivandi gloriam animae ad corpus. Et hoc quidem fecit, quantum ad claritatem, in transfiguratione: aliter tarnen quam in corpore glorificato. Nam ad corpus glorificatum redundat claritas ab anima sicut quaedam qualitas permanens corpus afficiens. Unde fulgere corporaliter non est miraculosum in corpore glorioso. Sed ad corpus Christi in transfiguratione derivata est claritas a divinitate et anima ejus, non per modum qualitativ immanentis et afficientis ipsum corpus: sed magis per modum passionis trans-

243

MpL

33/439 CSEL 3 4 n/679 MPG 96/565

45,2 von der Sonne erleuchtet wird. Aus diesem Grunde war damals das Leuchten des Leibes Christi wunderbar, ebenso wie Sein Wandeln über die Wellen des Meeres. Daher schreibt Dionysius im vierten Brief an Caius: „In übernatürlicher Weise vollbringt Christus das, was menschlich ist. Das beweist die übernatürliche Empfängnis durch die Jungfrau und das Wasser, das jedem Druck nachgibt und doch die Schwere stofflicher und irdischer Füße trug." Daher darf man nicht mit Hugo von St-Victor [Innozenz I I I . ] behaupten, Christus habe bei der Verklärung die Mitgift des Glanzes, bei Seinem Wandel über das Meer die der Behendigkeit, beim Verlassen des verschlossenen jungfräulichen Schoßes die der Feinheit angenommen, denn eine Mitgift bezeichnet eine bleibende Beschaffenheit des verherrlichten Leibes. E r besaß aber auf wunderbare Weise das, was mit diesen Mitgiften zusammenhängt. Ähnlich ist es in bezug auf die Seele bei der Verzückung, in der Paulus Gott schaute ( I I — I I 175, 3 Zu 2 ; Bd. 23). Z u 1. Aus jenem W o r t e läßt sich nicht erweisen, daß damals der Glanz Christi nicht der Glanz der ewigen Herrlichkeit war, sondern nur, daß er nicht der Glanz eines verherrlichten Leibes war, denn der Leib Christi war noch nicht unsterblich. W i e bei Christus die Herrlichkeit der Seele ausnahmsweise nicht auf den Leib Q U A E S T I O 45, 2

euntis, sicut cum aer illuminatur a sole. Unde ille fulgor tunc in corpore Christi apparens miraculosus fuit: sicut et hoc ipsum quod ambulavit super undas maris. Unde Dionysius dicit, in mpg Ep. 4, ad Caium: „Super hominem operatur Christus ea quae 3/1072 s u n t hominis: et hoc monstrat Virgo supernaturaliter concipiens, et aqua instabilis materialium et terrenorum pedum 6ustinens gravitatem." Unde non est dicendum, sicut Hugo de Sancto Victore mpl [Innoc. III., De Myster. Missae, lib. 4, cap. 12] dixit, quod Chri217/864 stus assumipserit dotes claritatis in transfiguratione, agilitatis ambulando super mare, et subtilitatis egrediendo de clauso utero Virginis: quia dos nominat quamdam qualitatem immanentem corpori glorioso. Sed miraculose habuit ea quae pertinent ad dotes. Et est simile, quantum ad animam, de visione qua Paulus vidit Deum in raptu: ut in Secunda Parte dictum est. AD PRIMUM ergo dicendum quod ex illo verbo non ostenditur quod claritas Christi non fuit claritas gloriae: sed quod non fuit claritas corporis gloriosi, quia corpus Christi nondum erat immortale. Sicut enim dispensative factum est ut in

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überströmte, ebenso war e s auch ausnahmsweise möglich, 45, 2 daß aus ihr [der Herrlichkeit] die Gabe des Glanzes überströmte, nicht aber die Gabe der Leidensunfähigkeit. Z u 2. Nicht deshalb heißt es, jener Glanz sei bildhaft gewesen, weil e r nicht der wahre Glanz der ewigen Herrlichkeit war, sondern weil er ein Bild war, das die Vollkommenheit des verherrlichten Leibes zeigte. Z u 3. W i e der Glanz des Leibes Christi die künftige Herrlichkeit Seines Leibes darstellte, so versinnbildete der Glanz Seiner Kleider den künftigen Glanz der Heiligen, der von dem Glanz Christi übertroffen wird, wie das blendende Weiß des Schnees von der blendenden Helle der Sonne. Daher schreibt Gregor, die Gewänder Christi seien strahlend geworden, „weil Ihm auf dem Gipfel des höchsten Glanzes alle Heiligen, leuchtend im Lichte der Gerechtigkeit, anhängen werden. Mit dem Ausdruck ,Gewänder' sind die Gerechten bezeichnet, mit denen E r sich umgeben w i r d " ; Is 49, 1 8 : „Mit all diesen wirst du wie mit einem Schmuck bekleidet werden." Die leuchtende Wolke endlich bezeichnet die Herrlichkeit des Heiligen Geistes oder „die Macht des Vaters", wie Origenes meint, die die Heiligen in der künftigen Herrlichkeit beschirmen wird, sie könnte aber ebensogut den Glanz der „erneuerten E r d e " bedeuten, die das Wohnzelt der Heiligen sein wird. Daher hat eine Q D A E 8 T I 0 45, 2

Christo gloria animae non redundaret ad corpus, ita fieri potuit dispensative ut redundaret quantum ad dotem claritatis, et non quantum ad dotem impassibilitatis. AD SECUNDUM dicendum quod illa claritas dicitur imaginaria fuisse, non quin esset vera claritas gloriae: sed quia erat quaedam imago repraesentans illam gloriae perfectionem secundum quam corpus erit gloriosum. AD TERTIUM dicendum quod, sicut claritas quae erat in corpore Christi repraesentabat futuram claritatem corporis ejus, ita claritas vestimentorum ejus designat futuram claritatem sanctorum, quae superabitur a claritate Christi, sicut candor nivis superatur a candore solis. Unde Gregorius dicit, 32 Mor. MPL [cap. 6], quod vestimenta Christi facta sunt splendentia, „quia 76/640 in supernae claritatis culmine sancti omnes ei luce justitiae fulgentes adhaerebunt. Vestium enim nomine justos, quos sibi ad junget, significat": secundum illud Isaiae 49: „His omnibus velut ornamento vestieris." Nubes autem lucida significat Spiritus Sancti gloriam, vel „virtutem paternam", ut Origenes dicit [hom. 12 in Matth.], MPG per quam sancti in futura gloria protegentur. — Quamvis etiam ls/iosi convenienter significare posset claritatem mundi innovati, quae

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45,3 leuchtende Wolke die Jünger überschattet, als Petrus Zelte errichten wollte. Waren

die

Zeugen

3. A R T I K E L der Verklärung

passend

gevjählt?

1. Jedermann kann am besten Zeugnis von dem ablegen, was er kennt. Worin aber die künftige Herrlichkeit besteht, war zur Zeit der Verklärung Christi erfahrungsgemäß keinem Menschen, sondern nur den Engeln bekannt. Also hätten eher Engel Zeugen der Verklärung sein sollen als Menschen. 2. Den Zeugen der Wahrheit steht eine Täuschung übel, die Wahrheit aber wohl an. Moses und Elias waren aber nicht wirklich zugegen, sondern nur scheinbar. Zu Lk 9, 30, ,Es waren aber Moses und Elias . . .' sagt nämlich eine Glosse: „Man muß wissen, daß weder Leib noch Seele des Moses und des Elias dort erschienen sind, sondern daß jene Körper Scheinleiber waren. Man kann auch glauben, es sei [diese Erscheinung] durch Mithilfe von Engeln geschehen, so daß Engel ihre Person vertraten." Sie scheinen also nicht passende Zeugen gewesen zu sein. Q ü A E S T I O 45, 3 erit sanctorum tabernaculum. Unde, Petro disponente tabernacula facere, nubis lucida discipulos obumbravit. Utrum

A R T I C U L U S III convenienter inducti fuerint transfigurationis [Matth., cap. 17]

testet;

AD TERTIUM sie proceditur. Videtur quod non convenienter inducti fuerint testes transfigurationis. Unusquisque enim maxime perhibere potest testimonium de notis. Sed qualis esset futura gloria, tempore transfigurationis Christi nulli homini per experimentuin erat adhuc notum, sed solum angelis. Ergo testes transfigurationis magis debuerunt esse angeli quam homines. 2. PRAETEREA, testes veritatis non decet aliqua fictio, sed veritas. Moyses autem et Elias non ibi vere afiuerunt, sed MPL imaginarie: dicit enim quaedam glossa super illud Luc. 9, 114/280 ,Erant autem Moyses et Elias' etc.: „Sciendum est", inquit, „non corpus vel animas Moysi vel Eliae ibi apparuisse: sed in subjecta creatura illa corpora fuisse formata. Potest etiam credi ut angelico ministerio hoc factum esset, ut angeli eorum personas assumerent." Non ergo videtur quod fuerint convenientes testes.

246

3. In der Apostelgeschichte (10, 43) heißt es, daß für 45, 3 Christus „alle Propheten Zeugnis ablegen". Demnach hätten nicht nur Moses und Elias als Zeugen anwesend sein sollen, sondern alle Propheten. 4. Die Herrlichkeit Christi ist allen Gläubigen verheißen, in denen Er durch Seine Verklärung das Verlangen nach dieser Herrlichkeit entzünden wollte. Er hätte also nicht nur Petrus, Jakobus und Johannes, sondern alle Jünger als Zeugen für Seine Verklärung heranziehen sollen. ANDERSEITS widerspricht dem das Ansehen der Evangelien. ANTWORT: Christus wollte verklärt werden, um den Menschen Seine Herrlichkeit zu zeigen und in ihnen Sehnsucht nach ihr zu erwecken (Art. 1). Zur Herrlichkeit der ewigen Seligkeit werden aber die Menschen durch Christus geführt, nicht nur die, welche nach Ihm, sondern auch die, welche schon vor Ihm lebten. Daher riefen Ihm, als Er dem Leiden entgegenging, „sowohl die Scharen, die folgten, als die, welche vorauszogen, Hosanna zu" (Mt 21, 9), Ihn gleichsam um ihr Heil bittend. Deshalb war es angemessen, daß Zeugen zugegen waren aus der Schar derer, die Ihm vorangingen, nämlich Moses und Elias; und aus der Zahl derer, die Ihm nachfolgten, nämlich Petrus, Johannes und Jakobus; damit „auf die Aussage zweier oder dreier Zeugen die Sache Geltung habe" (Dt 19, 15). Q Ü A E S T I O 45, 3

3. PRAETEREA, Act. 10 dicitur quod Christo „omnes prophetae testimonium perhibent". Ergo non soli Moyses et Elias debuerunt adesse tanquam testes, sed etiam omnes prophetae. 4. PRAETEREA, gloria Christi fidelibus omnibus repromittitur, quos per suam transfigurationem ad illius gloriae desiderium aocendere voluit. Non ergo solos Petrum, Jacobum et Joannem in testimonium suae transfigurationis assumere debuit, sed omnes disciipulos. IN CONTRARIUM est Evangelicae Scripturae auctoritas. RESPONDEO dicendum quod Christus transflgurari voluit ut gloriam suam hominibus ostenderet, et ad eam desiderandam homines provocaret, sicut supra dictum est. Ad gloriam autem aeternae beatitudinis adducuntur homines per Christum, non solum qui post eum fuerunt, sed etiam qui eum praecesserunt: unde, eo ad passionem properante, tarn „turbae quae sequebantur", quam „quae praeoedebant ei, clamabant, Hosanna", ut dicitur Matth. 21, quasi salutem ab eo petentes. Et ideo conveniens fuit ut de praecedentibus ipsum testes adessent, scilicet Moyses et Elias; et de sequentibus, scilicet Petrus; Jacobus et Joannes; ut „in ore duorum vel trium testium staret hoc verbum".

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45,3

Z u 1. Christus hat durch Seine Verklärung den Jüngern die Verherrlichung des Leibes offenbart, die allein dem Menschen zukommt. Deshalb war es entsprechend, daß nicht Engel, sondern Menschen als Zeugen dazu herangezogen wurden. Z u 2. Jene Glosse soll aus dem Buch „Das Wunderbare der Hl. Schrift" herrühren, das keine echte Schrift des hl. Augustinus darstellt, sondern ihm fälschlich zugeschrieben wird. Deshalb braucht man sich an jene Glosse nicht zu halten. Hieronymus sagt nämlich: „Man beachte, daß Er den Schriftgelehrten und Pharisäern, die vom Himmel ein Zeichen verlangten, keines geben wollte. Hier aber gibt Er ein Zeichen vom Himmel, um den Glauben der Apostel zu stärken, indem Elias von dort herabsteigt, wohin er aufgestiegen war, und Moses von den Toten aufersteht." Das ist aber nicht so zu verstehen, als ob die Seele des Moses ihren eigenen Leib wieder angenommen hätte, sondern seine Seele erschien in einem angenommenen Leib, wie auch die Engel erscheinen. Elias dagegen erschien in seinem eigenen Leib, er war nämlich nicht vom Feuerhimmel, sondern von irgendeinem hochgelegenen Ort, wohin er im Feuerwagen entführt worden war, zurückversetzt worden [56]. Z u 3. Chrysostomus schreibt: „Aus vielerlei Gründen treten Moses und Elias auf." Der erste Grund ist dieser: „Weil die Menge behauptete, Er sei Elias oder Jeremias Q U A E S T I O 45, 3

mpl 35/2198 mpl 26/122

mpg 58/550 sq.

AD PRIMUM ergo dicendum quod Christus per suam transfigurationem manifestavit discipulis corporis gloriam, quae ad solos homines pertinet. Et ideo convenienter non angeli, sed homines pro testibus ad hoc inducuntur. AD SECUNDUM dicendum quod illa glossa dicitur esse sumpta e x libro qui intitulatur „de Mirabilibus Sacrae Scripturae", qui non est liber authenticus, sed falso adscribitur Augustino. Et ideo Uli glossae non est standum. Dicit enim Hieronymus, super Matth, [lib. 3, cap. 1 7 ] : „Considerandum est quod scribis et Pharisaeis de caelo signa poscentibus, dare noluit: hic vero, ut Apostolorum augeat fidem, dat Signum de caelo, Elia inde descendente quo conscenderat, et Moyse ab inferis resurgente." Quod non est sie intelligendum quasi anima Moysi suum corpus resumpserit: sed quod anima ejus apparuit per aliquod corpus assumptum, sicut angeli apparent. Elias autem apparuit in proprio corpore, non quidem de caelo empyreo allatus, sed de aliquo eminenti loco, in quem fuerat in curru igneo raptus. AD TERTIUM dicendum quod, sicut Chrysostomus dicit, super Matth, [hom. 56], „Moyses et Elias in medium addueuntur propter multas rationes". Prima est haec. „Quia enim turbae dicebant

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oder einer der Propheten, führt Er die Häupter der Pro- 45,3 pheten mit sich, damit wenigstens so der Unterschied zwischen dem Herrn und den Knechten zutage trete." Der zweite Grund: „Wie Moses der Gesetzgeber, so war Elias ein Eiferer für die Herrlichkeit des Herrn." Daher wird gerade dadurch, daß sie zusammen mit Christus erscheinen, jene Verleumdung der Juden zunichte, „die Christus der Gesetzesübertretung ziehen und Ihn einen Gotteslästerer nannten, der sich göttliche Ehre anmaßte". Der dritte Grund liegt darin, „daß Er Seine Gewalt über Leben und Tod und Sein Richteramt über Lebendige und Tote dadurch erweisen wollte, daß Er Moses, der bereits gestorben, und Elias, der noch lebte, zu sich rief". Der vierte Grund ist der, von dem Lk 9, 31 spricht: „Sie redeten mit Ihm davon, wie sich in Jerusalem Sein Ende erfüllen sollte", „das heißt von Seinem Leiden und Seinem Tode". „Um dafür die Herzen Seiner Jünger mit Kraft zu erfüllen", führt Er sie in die Mitte derer, die sich für Gott dem Tode aussetzten. Denn Moses war unter Todesgefahr vor den Pharao hingetreten, Elias vor den König Achab. Der fünfte Grund: „Er wollte, daß Seine Jünger Moses in der Sanftmut und Elias im Eifer nachstrebten." Q U A E S T I O 45, 3

eum esse Eliam vel Jeremiam aut unum ex prophetis, capita prophetarum secum ducit: ut saltern hinc appareat differentia servorum et Domini." Secunda ratio est, „quia Moyses legem dedit, Elias pro gloria Domini aemulator fuit". Unde per hoc quod simul cum Christo apparent, exluditur calumnia Judaeorum „accusantium Christum tanquam transgressorem legis, et blasphemum Dei sibi gloriam usurpante®!". Tertia ratio est, „ut ostendat se habere potestatem mortis et vitae, et esse judicem mortuorum et vivorum, per hoc quod Moysen jam mortuum, et Eliam adhuc viventem, secum ducit". Quarta ratio est quia, sicut Lucas dicit, „loquebantur cum eo de excessu, quem completurus erat in Jerusalem", „idest de passione et morte sua". Et ideo, „ut super hoc discipulorum animos confirimaret", inducit eos in medium qui se morti exposuerunt pro Deo: nam Moyses cum periculo mortis se obtulit Pharaoni, Elias vero regi Achab. Quinta ratio est, „quia volebat ut discipuli ejus aemularentur Moysi mansuetudinem, et zelum Eliae".

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45, 3

Einen sechsten Grund fügt Hilarius bei: Christus wollte zeigen, Er sei durch das Gesetz, das Moses gegeben hatte, und durch die Propheten, unter denen Elias der erste war, vorausverkündet worden. Z u 4. Die höchsten Geheimnisse dürfen nicht allen unmittelbar dargeboten werden, sondern sollen durch Erfahrenere zu ihrer Zeit zu den anderen gelangen. Deshalb, so meint Chrysostomus, „nahm Er die drei als die Hervorragendsten mit". Denn „Petrus war ausgezeichnet durch seine Liebe zu Christus und durch die ihm übertragene Gewalt, Johannes durch das Ehrenvorrecht der Liebe, die Christus wegen seiner Jungfräulichkeit für ihn hegte, und überdies durch den Vorrang seiner Frohbotschaft; Jakobus durch den Vorrang seines Martertodes. Und doch wollte Er nicht, daß diese noch vor Seiner Auferstehung anderen mitteilten, was sie gesehen hatten; damit [das Geschehnis] nicht „wegen seiner Größe unglaubwürdig wäre und das Kreuz, das auf solche Herrlichkeit folgte, nicht Ärgernis erregte", oder sogar „vom Volke gänzlich verhindert würde; und damit sie erst dann, wenn sie einmal voll des Heiligen Geistes wären, Zeugnis für jene geistigen Geschehnisse ablegten". Q U A E S T I 0 45, 3

MPL Sextam rationem addit Hilarius [in Matth., cap. 17]: ut 9/1015 ostenderet scilicet se per legem, quam dedit Moyses, et per prophetas, inter quos fuit Elias praecipuus, esse praedicatum. AD QUARTUM dicendum quod alta mysteria non sunt Omnibus exponenda immediate, sed per majores euo tempore ad MPG alios debent devenire. Et ideo, ut Chrysostomus dicit [loc. cit.], 58/549 sq. „assumpsit tres tanquam potiores". Nam „Petrus excellens fuit in dilectione" quam habuit ad Christum et iterum in potestate Bibi commissa; Joannes vero in privilegio amoris quo a Christo diligebatur propter suam virginitatem, et iterum propter praerogativam Evangelicae doctrinae; Jacobus autem propter praerogativam martyrii. Et tarnen hos ipsos noluit hoc quod viderant aliis annuntiare ante resurrectionem: „ne", ut Hieronymus dicit MPL [3 in Matth., cap. 17], „incredibile esset, pro rei magnitudine; 26/123 et, post tantam gloriam, sequens crux scandalum faceret"; vel etiam „totaliter impediretur a populo" 1 ; et „ut, cum essent Spiritu Sancto repleti. tunc gestorum spiritualium testes essent" 2 . 1 Cf. Beda, hom. 18; MPL 94/101. 2 Cf. Hilarius, in Matth., cap. 17; MPL 9/1015.

250

45. 4. A R T I K E L War es angemessen, daß das Zeugnis der Stimme des Vaters hinzukam: „Dieser ist Mein geliebter Sohn"?

1. Bei Job (33, 14) lesen wir: „ E i n m a l spricht Gott, und zum zweiten Mal wiederholt Er nicht das gleiche." Nun hat aber bereits bei der Taufe die Stimme des Vaters dieselbe Beteuerung ausgesprochen. Also war es nicht angebracht, daß sie das abermals bei der Verklärung tat. 2. Bei der Taufe war zugleich mit der Stimme des Vaters der Heilige Geist in Gestalt einer Taube zugegen. Bei der Verklärung war das nicht der Fall. Es scheint demnach die Beteuerung des Vaters nicht angemessen gewesen zu sein. 3. Christus begann nach der Taufe Seine Lehrtätigkeit. Und doch hatte bei der Taufe die Stimme des Vaters die Menschen nicht aufgefordert, Ihn zu hören. Dann hätte sie dies auch bei der Verklärung nicht tun sollen. 4. Man darf manchen Menschen das nicht sagen, was sie nicht zu ertragen vermögen: „Ich hätte euch noch vieles zu sagen, was ihr noch nicht ertragen könnt" (Jo 16, 2). Nun vermochten aber die Jünger die Stimme Q U A E

S T I O 45, 4

A R T I C U L U S IV Utrum convenienter additum fuerit testimon i u m p a t e r n a e v o c i s d i c e n t i s , „Hic e s t F i l i u s meus dilectus" [Matth., cap. 17]

AD QUARTUM sic proceditur. Videtur quod inconvenienter additum fuerit testimonium paternae vocis dicentis, „Hic es! Filius meus dilectus". Quia, ut dicitur Job 33, „semel loquitur Deus, et secundo idipsum non repetit". Sed in baptismo hoc ipsum paterna vox fuerat protestata. Non ergo fuit conveniens quod hoc iterum protestaretur in transflguratione. 2. PRAETEREA, in baptismo, simul cum voce paterna, affuit Spiritus Sanctus in specie columbae. Quod in transflguratione factum non fuit. Non ergo conveniens videtur fuisse Patrie protestatio. 3. PRAETEREA, Christus docere incoepit post baptismum. Et tamen in baptismo vox Patris ad eum audiendum homines non induxerat. Ergo nec in transflguratione inducere debuit. 4. PRAETEREA, non debent aliquibus dici ea quae ferre non poesunt: secundum illud Joan. 16: „Adhuc habeo vobis multa

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4

45, 4 des Vaters nicht zu ertragen: „Als die Jünger dies vernahmen, fielen sie auf ihr Angesicht und fürchteten sich sehr" (Mt 17, 6). Also hätte der Vater nicht zu ihnen reden sollen. ANDERSEITS widerspricht dem die Glaubwürdigkeit der Evangelienberichte. ANTWORT: Die Annahme der Gottessöhne an Kindes Statt besteht in einer abbildhaften Gleichförmigkeit mit dem natürlichen Sohne Gottes, und zwar auf doppelte Weise: Einmal durch die Gnade, die der Pilgerschaft eignet, und diese ist eine unvollkommene Angleichung; dann in der Herrlichkeit, die in einer vollendeten Gleichförmigkeit besteht [57]: „Jetzt sind wir Kinder Gottes; was wir einst sein werden, ist noch nicht offenbar, doch wissen wir, wenn es einmal offenbar wird, werden wir Ihm ähnlich sein, denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist" (1 Jo 3, 2). Weil wir nun bei der Taufe die Gnade empfangen, bei der Verklärung aber der Glanz der künftigen Herrlichkeit uns im voraus gezeigt wurde, war es sehr angebracht, daß sowohl bei der Taufe wie bei der Verklärung die natürliche Sohnschaft Christi durch ein Zeugnis des Vaters bekundet wurde, denn Er allein ist es, der zusammen mit dem Sohn und dem Heiligen Geist vollkommen um jene vollkommene Zeugung weiß. Z u 1. Diese Stelle muß man auf das ewige Sprechen Gottes beziehen, durch das Gott Vater das Eine Ihm Q U A E S T I O 45, 4

dicere, quae non potestis portare modo." Sed discipuli vocem Patris ferre non potuerunt: dicitur enim Matth. 17 quod „audientes discipuli ceciderunt in faciem 6uam et timuerunt valde". Ergo non debuit vox paterna ad eos fleri. IN CONTRARIUM est auctoritas Evangelicae Scripturae. RESPONDEO dicendum quod adoptio filiorum Dei est per quamdam conformitatem imaginis ad Dei Filium naturalem. Quod quidem fit dupliciter: primo quidem, per propriam gratiam viae, quae est conformitas imperfecta; secundo, per gloriam, quae est conformitas perfecta; secundum illud 1 Joan. 3: „Nunc filii Dei sumus, et nondum apparuit quid erimus: ecimus quoniam, cum apparuerit, similes ei erimus, quoniam videbimus eum sicuti est." Quia igitur gratiam per baptismum consequimur, in transfiguratione autem praemonstrata est claritas i'uturae gloriae, ideo tam in baptismo quam in transfiguratione conveniens fuit manifestare naturalem Christi filiationem testimonio Patris: quia solus est perfecte conscius illius perfecta« generationis, simul cum Filio et Spiritu Sancto. AD PRIMUM ergo dicendum quod illud verbum referendum est ad aeternam Dei locutionem, qua Deus Pater Verbum

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gleich e w i g e WORT a u s s p r a c h . U n d trotzdem k a n n m a n 45,4 sagen, d a ß Gott ein u n d d a s s e l b e z w e i m a l mit h ö r b a r e r S t i m m e a u s g e s p r o c h e n hat, doch nicht zu ein u n d dems e l b e n Zweck, s o n d e r n u m die v e r s c h i e d e n e A r t u n d W e i s e zu o f f e n b a r e n , w i e die Menschen an der Ä h n l i c h keit mit d e r ewigen S o h n s c h a f t t e i l h a b e n k ö n n e n . Zu 2. W i e b e i d e r T a u f e , b e i d e r das G e h e i m n i s d e r ersten N e u g e b u r t k u n d g e t a n w u r d e , sich ein Z u s a m m e n wirken der ganzen Dreieinigkeit offenbarte, dadurch, d a ß d e r Sohn im F l e i s c h e zugegen w a r , d e r Heilige Geist in Gestalt e i n e r T a u b e e r s c h i e n u n d d e r V a t e r sich d a b e i in d e r S t i m m e zu e r k e n n e n gab, so erschien auch b e i d e r V e r k l ä r u n g , d e m G e h e i m n i s d e r zweiten W i e d e r g e b u r t , die ganze Dreieinigkeit, d e r V a t e r in d e r S t i m m e , d e r Sohn als Mensch, der Heilige Geist in d e r leuchtend e n W o l k e ; d e n n w i e E r b e i d e r T a u f e die U n s c h u l d verleiht, d i e d u r c h d i e E i n f a l t d e r T a u b e zum A u s d r u c k kommt, so w i r d E r b e i d e r A u f e r s t e h u n g S e i n e n Ause r w ä h l t e n d e n Glanz d e r H e r r l i c h k e i t u n d e i n e e r f r i s c h e n d e R u h e nach allem Ü b e l s c h e n k e n , u n d das w i r d d u r c h die l e u c h t e n d e W o l k e bezeichnet. Z u 3. Christus w a r g e k o m m e n , u m die G n a d e sächlich zu g e b e n , die H e r r l i c h k e i t dagegen d u r c h W o r t zu v e r h e i ß e n . D e s h a l b w a r es a n g e m e s s e n , b e i S e i n e r V e r k l ä r u n g die Menschen a u f g e f o r d e r t den, I h n zu h ö r e n , nicht a b e r b e i d e r T a u f e .

tatSein daß wur-

Q U A E S T I O 45, 4

unicum protulit sibi coaeternum. Et tarnen potest dici quod ¡•dem corporali voce Deus bis protulerit, non tarnen propter idem: sed ad ostendendum diversum modum quo homines participare possunt similitudinem filiationis aeternae. AD SECUNDUM dicendum quod sicut in baptismo, ubi declaratum fuit mysterium primae regenerationis, ostensa est operatio totius Trinitatis, per hoc quod fuit ibi Filius incarnatus, apparuit Spiritus Sanctus in specie columbae, et Pater fuit ibi declaratus in voce; ita etiam in transfiguratione, quae est sacramentum secundae regenerationis, tota Trinitas apparuit, Pater in voce, Filius in homine, Spiritus Sanctus in nube clara; quia sicut in baptismo dat innocentiam, quae per simplicitatem columbae designatur, ita in resurrectione dabit electis ßuis claritatem gloriae et refrigerium ab omni malo, quae designantur in nube lucida. AD TERTIUM dicendum quod Christus venerat gratiam actualiter daré, gloriam vero verbo promittere. Et ideo convenienter in transfiguratione inducuntur homines ut ipsum audiant, non autem in baptismo.

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45,4

Z u 4. Es war entsprechend, daß die Jünger, durch die Stimme des Vaters erschreckt, zu Boden fielen; denn es sollte so zum Ausdruck kommen, wie sehr die Größe jener Herrlichkeit, die sich da zeigte, alle Sinne und alle Fassungskraft der Sterblichen übersteigt: „Kein Mensch sieht Mich und lebt" (Ex 83, 20). Dasselbe sagt Hieronymus: „Die menschliche Schwäche vermag den Anblick einer so großen Herrlichkeit nicht zu ertragen." Von dieser Schwäche aber werden die Menschen durch Christus geheilt, indem Er sie zur Herrlichkeit führt. Und das wollen Seine Worte besagen: „Steht auf und fürchtet euch nicht" (Mt 17, 7). Q U A E S T 1 O 45, 4

AD QUARTUM dicendum quod conveni&ns fuit discipulos voce paterna terreri et prosterni, ut ostenderetur quod excellentia illius gloriae, quae tunc demonstrabatur, excedit omnem sensum et facultatem mortalium: secundum illud Exod. 33: MPL „Non videbit me homo et vivet." Et hoc est quod Hieronymus •26/123 ¿¡dt, super Matth, [lib. 3, cap. 17], quod „humana fragilitas conspectum majoris gloriae ferre non sustinet". Ab hac autem fragilitate sanantur homines per Christum, eos in gloriam adducendo. Quod significatur per hoc quod dixit eis: „Surgite, nolite timere."

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ANMERKUNGEN

[1] Zu S. 3. Die Frage wird verständlicher, wenn man für Geburt Geborenwerden setzt: Wird eine neue Natur geboren oder eine neue Person? Diese Frage greift tief ins menschliche Leben hinein. Das Mutter-Kind Verhältnis ist ein zu tiefst personales. Die Mutter gebiert die leibliche Seite der menschlichen Natur, welche notwendig abgegrenzt und gleichsam von der Person wie in einer Fassung eingefangen werden muß. Deshalb ist Gegenstand der Geburt die Person. Damit ist ausgedrückt, daß die Person des Kindes der Mutter gegenüber nicht restlos frei ist und unabhängig, als würde sie gleichsam von außen hinzutreten und mit der von der Mutter kommenden Natur beladen. Sonst wäre die Mutter nur eine Vermehrerin des Menschen-„materials". Die Person des Kindes ist durch die Geburt von der Mutter her bis in den Kern hinein beeinflußt; diese Beeinflussung ist näherhin durch das Prinzip der Vereinzelung bestimmt. (Bei Christus jedoch erfährt dieses Gesetz eine teilweise Ausnahme, denn die Person Christi als zweite Person der Gottheit ist schon vor ihrer zweiten, zeitlichen Geburt da. Daraus erhellt, daß die menschliche Natur Christi angesichts ihrer hohen Bestimmung eine einzigartige Ausstattung als Zubehör und Werkzeug der gottmenschlichen Person erhielt, denn die menschliche Natur Christi ist auf die göttliche Person Christi hingeordnet und angelegt.) Der Sinn unserer Frage ist damit folgender: Wenn der eigentliche Gegenstand der Geburt nicht die Person ist, so kann man nicht von einer -Geburt Christi als von der Geburt Gottes sprechen. So ist die notwendige Voraussetzung für den nächsten Artikel gegeben (vgl. Bd. 25, Anm. [19] u. [22]). [2] Zu S. 5. Die Unterscheidung von Gegenstand und Abschluß der Geburt wird erst verständlich im Licht der scholastischen Unterscheidung von Was und Wodurch. Das Was bedeutet stets das Ganze in seiner fertigen Vollendung, den Naturträger oder die Person, das Wodurch dagegen den formverleihenden Grund dieses Ganzen, die Natur oder die Form (vgl. Gredt, I, 238; II, 114). Es wird stets ein Ganzes geboren, ein ganz bestimmter Mensch, Petrus oder Paulus. Nur die Person kann einen Aussageträger bilden zu: Geborenwerden. Gegenstand des Gebärens kann demnach nur eine Person sein, ein Ganzes, Fertiges. Wie nun ein neuer Mensch, das ist, eine neue Person, nur dadurch da ist, daß in ihm eine neue Menschheit, eine neue menschliche Natur da ist — diese formt erst die Person zur menschlichen Person —, so ist anderseits eine 17

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solche neue Menschheit erst möglich, wenn sie von einem Träger, von einer Person getragen wird. Beide bedingen einander. Die Bildung der Person ist seinsmäßig — nicht zeitlich — der letzte Vorgang bei einer Geburt, also der Abschluß. Die Geburt ist ein Vorgang, der auf ein Ganzes abzielt, eine Person erstellen will; der dadurch abschließt, daß eine Natur der gleichen Art [die des Kindes] auf eine Person [die -des Kindes] ihre informierende Tätigkeit ausübt, sie zu einer Person dieser Natur stempelt. [3] Zu S. 5 vgl. I 3, 3, Bd. 1; und 39, 1, Bd. 3. Die Einfachheit des göttlichen Wesens zwingt uns, jede Unterschiedenheit in Gott abzulehnen. Denn wenn eine Unterschiedenheit auch eine „in der Sache selbst liegende Unterscheidbarkeit" ist, so bedeutet sie doch eine Zusammensetzung. Zusammensetzung aber bedeutet Teile und Teile sind kein Ganzes, daher wesenhaft unvollkommen; das Ganze erst ist zum Vollen gekommen, vollkommen. Nun ist aber Gott reine Wirklichkeit, unvermischt mit irgendeiner Unvollkommenheit, die eine Seinsbedürftigkeit darstellt. Gott bedarf nichts. Folglich kann auch zwischen dem göttlichen Wesen, Seiner Natur und einer göttlichen Person kein sachlicher Unterschied bestehen. Der Sohn ist daher sachlich vollkommen eins mit dem göttlichen Wesen. Unterscheidungen in Gott leiten sich nur ab aus den Beziehungen, die sich aus den innergöttlichen Ausgängen ergeben. Die Ausdrucksweise des hl. Augustinus, die er, um die Einheit von Person und gemeinsamem göttlichem Wesen ausdrucksvoll zu gestalten, anwendet, will der hl. Thomas (I 39, 5 Zu 1; Bd. 3) nicht weiter „ausdehnen, wohl aber erklärt wissen". Denn die abstrakten Gottesnamen, Natur, Wesenheit, Gottheit, sind zwar der Sache nach eins mit den einzelnen Personen; in dem aber, was sie bezeichnen, ergibt sich eine Unterschiedenheit, sofern die Personennamen konkrete Gottesbezeichnungen darstellen; die allgemeinen abstrakten Gottesnamen dagegen scheinen die Gottheit als allgemeines Wesen zu bezeichnen. [4] Zu S. 6. Faßt man Bewegung in ihrem tiefsten Wesen, so ist sie „ein Streben auf irgend etwas hin". Was in Bewegung ist, strebt, tendiert auf ein Endziel zu. Dieses Streben nach dem Endziel ist ganz und gar vom Endziel abhängig. Ändert sich das Ziel einer Bewegung, so ändert sich diese mit, mag auch sonst alles unverändert geblieben sein. Der Träger der Bewegung kann ein anderer werden, die Art der Bewegung bleibt dieselbe, wenn nur das Ziel nicht sich verändert. Also wird das Wesen der Bewegung vom Ziel, beziehungsweise von ihrem Abschluß bestimmt. Das gilt auch, wenn man die Bewegung in ihrem allgemeinsten Sinn als einfache Veränderung nimmt. [5] Zu S. 6. Betrachtet unser Geist eine selbständige Natur und faßt er Natur als solche im strengen Sinn, so stellt sich diese als der Inbegriff aller artbestimmenden Merkmale dar. Die Selbst-Ständigkeit tritt dabei in den Hintergrund, ja wird

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ausdrücklich gegen die genannten Merkmale unterschieden. Eine selbst-ständige Natur ist eine Natur, die ein selbst-ständiges Sein fordert. In dem Begriff „Natur" steckt das, was dieses selbst-ständige Sein besonders auszeichnet und von dem übrigen unterscheidet. Kurz, der Begriff Natur bezeichnet mehr das formverleihende Element, der Selbst-Stand dagegen oder bei einer vernunftbegabten Natur die Person hebt die Selbstständigkeit, die tragende Mitte, den Seinskern heraus, die damit notwendig gegeben sind. Ohne diese vermag eine solche Natur nicht zu bestehen, das heißt, kein Dasein zu besitzen. Daraus ergibt sich: Der Begriff Person bezeichnet im eigentlichen Sinn das, w a s ein selbst-ständiges Dasein besitzt; Natur dagegen das, w o d u r c h ein Daseiendes gerade ein solches ist, Natur ist somit das, was den „Grund für dieses Dasein" abgibt. Sie begründet, warum dieses Dasein gerade dieses und nicht ein anderes ist. [6] Zu S. 9. Die Stelle wird von Thomas fälschlich dem hl. Augustinus zugeschrieben. Unter seinen Schriften wird auch ein Dialog „Über die Einheit der Dreieinigkeit" genannt. Doch ist der vorliegende Text nicht daraus genommen, sondern findet sich im 15. Kapitel des gleichnamigen Dialogs, welcher mutmaßlich von dem Bischof Vigilius von Thapsis in Nordafrika stammt (vgl. Bardenhewer, IV, 553 f.). In diesem Dialog treten ein Augustinus und ein Arianer Felician auf. Dieser hat den Einwand erhoben, die Geburt Christi aus Seiner Mutter ließe sich nicht mit Seiner Ewigkeit vereinbaren, denn „Geborenwerden ist gewissermaßen das Werden eines Wesens, das vor seiner Geburt noch kein Dasein hat und erst kraft seiner Geburt zum Dasein kommt". „Augustinus" zieht in seiner Wiederlegung einen Vergleich heran, eine Weltseele, die nicht mit allen übrigen lebenden Wesen eine Einheit bildet, sondern nur einen belebenden Einfluß ausübt. Würde nun diese Seele in einem Mutterschoß einen Leib zu „beseelen" beginnen, so würde sie sich mit diesem neuen Menschen zu einer Person vereinigen. Zwei Substanzen, diese Weltseele und der Leib im Mutterschoße würden so einen Menschen erstellen. So kann man sagen, daß diese Weltseele sich im Mutterschoß einen Leib bereitet hat und mit diesem geboren wurde, ohne daß die Menschen behaupten würden, sie wäre vorher nicht dagewesen. Das gleiche vollzöge sich auch bei der Menschwerdung. Der Sohn Gottes nähme aus dem Fleisch einer Jungfrau und würde 60 aus ihr geboren. Beide sind so miteinander verbunden, wie Leib und Seele miteinander verbunden sind, wenn sie miteinander geboren werden. Nicht eine Substanz, wohl aber ein Mensch, eine Person; nicht ein Mensch gleich Leib, ein anderer gleich Seele, sondern e i n Mensch ist Leib u n d Seele. So ist auch nach der Geburt der Jungfrau nicht ein anderer der Sohn Gottes und ein anderer der Sohn Märiens, eines Menschen, sondern ein und derselbe Christus ist zugleich Sohn Gottes und eines Menschen. Wir behaupten, daß Christus nicht von Ewigkeit her die Menschennatur besaß, damit man nicht

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auf den Gedanken komme, die Gottheit sei der Zeit unterworfen, und damit nicht der Verdacht eines Scheinleibes auftauche. [7] Zu S. 10. Dauer ist fortgesetztes Dasein, sie besagt also ein Doppeltes: Dasein und Fortsetzung (Gredt, I, 202). Anders aber verhält sich diese „Fortsetzung des Daseins" bei bleibenden Dingen, anders bei solchen, die in einem Nacheinander von Teilen bestehen, welche nicht bleiben, sondern vorübergehen. Jeder dieser Teile hat sein eigenes Dasein; «o wird das Dasein dieser Dinge dadurch fortgesetzt, daß immer wieder ein neues Dasein hervorgebracht wird, während das Dasein der bleibenden Dinge durch die Erhaltung eines und desselben Seins von Seiten Gottes fortgesetzt wird. Die Dauer der nichtbleibenden Dinge ist also Dasein, das immer wieder dem vorgehenden schwindenden Dasein hinzugefügt wird. Die Dauer der bleibenden Dinge ist deren Dasein unter Mitbedeutung des dieses Dasein erhaltenden Einflusses. Das Bleibende hat sein Dasein allzugleich, während die nichtbleibenden Dinge ihr Dasein nur nach und nach bekommen (ebd.). Die Dauer des stetsbleibenden schlechthin Unveränderlichen heißt Ewigkeit, die Dauer des schlechthin Veränderlichen, des vorbeiziehenden Daseins heißt Zeit. Unter Zeit kann man nun eine Dauer und ein Maß verstehen. Die Zeit als Dauer ist das Sein der „stetigen Bewegung" und der wesenhaft von dieser Bewegung abhängigen Dinge, der Körper. Die Zeit als Maß ist eine willkürlich bestimmte, uns irgendwie bekannte Zeitdauer, durch deren Vergleich wir andere weniger bekannte Zeitdauern bestimmen. Dieser doppelten Auffassung der Zeit entsprechend kann man die Ewigkeit einmal als Dauer des unveränderlich bleibenden Seins betrachten, das andere Mal als jene „Größe", die allein die Ewigkeit er-„mißt", d. h. ihr gerecht wird. Ewigkeit wird nur durch Ewigkeit gemessen. Zwei Zeiten können demnach durch die gleiche Größe gemessen werden, Zeit und Ewigkeit dagegen sind nicht aneinander meßbar. [8] Zu S. 12. Nach 32, 4, Bd. 26, ist bei der Empfängnis das Weib in keinerlei Weise aktiv, sondern bietet nur den Stoff zur Bildung eines neuen Menschen. Die Physiologie stand zur Zeit des hl. Thomas nicht auf der Stufe unserer weit fortgeschrittenen Erfahrung. Man weiß heute allgemein, worin die Zeugung besteht und was von Seiten des weiblichen Organismus geleistet wird, nämlich eine wesentliche aktive Beteiligung des mütterlichen Teiles an der Entstehung des Menschen. Was die Alten als weiblichen Samen bezeichneten, ist eine Flüssigkeit, die keine zeugenden Lebensstoffe enthält und daher zur Empfängnis nicht notwendig ist. [9] Zu S. 16. Vgl. Anm. [32], Bd. 25. Sohnschaft bedeutet das Kindesverhältnis, d. h. die sachliche Beziehung, welche krait leiblicher Abstammung zwischen Kind und Eltern besteht. Trotzdem das Kind zwei Personen, Vater u n d Mutter, sein Dasein verdankt, spricht man nicht von zwei getrennten

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Beziehungen des Kindes zu Vater und Mutter. Der Grund liegt darin, daß eine Substanz nie von zwei gleichen Eigenschaften bestimmt sein kann; ein Blatt, das einmal grün ist, kann nicht .noch überdies mit einer anderen Grünheit behaftet sein. Jede sachliche Beziehung, jede außendingliche Hinordnung bedarf zu ihrem Bestand dreier Bedingungen: Erstens ein außendingliches Wesen, welches Träger der Beziehung haftet, der Ausgangspunkt der Beziehung; zweitens ein außendingliches Wesen, welches Ziel der Beziehung sein soll, ihr Endpunkt; drittens einen sachlichen Grund, aus dem dte Beziehung entsteht und kraft dessen sie besteht. Dieser Beziehungsgrund ist z. B. bei den Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen zwei grünen Blättern die grüne Farbe, bei der Wirkung die Abhängigkeit von der Ursache. Dieser Grund ist nun, sofern er innerlich im Zusammenhang steht zum Beziehungsziel, der artbestimmende Wesenszug der Beziehung. Denn der Beziehungsgrund verursacht eine Beziehung — ohne die grüne Farbe des Blattes bestünde keine Ähnlichkeit — und verursacht eine neue Beziehung, wenn er mit einem neuen Beziehungsziel in Verbindung tritt. So ist das grüne Blatt allen anderen grünen Blättern ähnlich, allen andersfarbigen unähnlich. Bezüglich neuer g l e i c h a r t i g e r Beziehungsziele ergeben sich keine neuartigen Beziehungen, sondern die eine bereits bestehende Beziehung dehnt sich aus auch auf die neuen Ziele, sie erweitert ihren Umfang. Im Kinde begründet die e i n e ursächliche Abhängigkeit der leiblichen Abstammung von Vater und Mutter — beide sind dessen Teilursachen — nur e i n e Beziehung, die der Kindschaft oder Sohnschaft. Daher ist das Kind nur von e i n e r Eigenschaft bestimmt, infolgedessen nur durch e i n e Beziehung auf Vater und Mutter bezogen. Unsere Frage geht nun dahin, ob diese Beweisführung auch bezüglich des himmlischen Vaters und der irdischen Mutter zu Recht besteht. [10] Zu S. 16. Unter Beziehungspunkten einer Beziehung soll hier der Träger oder der Ausgangspunkt und der Endpunkt oder das Beziehungsziel verstanden werden. (Es ist von einer außendinglichen, also sachlichen Beziehung die Rede.) Daß für eine außendingliche Beziehung ein außendinglicher Ausgangs- und Endpunkt notwendig wird, ist einsichtig, denn eine außendingliche Hinordnung kann nur zwischen Außendingen bestehen; fällt der Ausgangs- oder Endpunkt, so fällt damit die Beziehung als außendingliche und hört zugleich auch der andere Punkt als Beziehungspunkt auf zu sein. Zwei ähnliche Menschen — der eine stirbt: der andere ist in keiner Weise mehr bezogen. [11] Zu S. 21. Vgl. Bd. 1, S. 433, 510. Sachlich sind das Seiende und das Eine, d. h. das Ungeteilte, dasselbe. Was ist, ist entweder einfach, und das vermag nicht geteilt zu werden, oder es hat Teile. Sind diese voneinander getrennt, so sind sie eigentlich keine Teile mehr, sondern für sich bestehende Ganze; sie bilden daher keine Einheit im strengen Sinne mehr,

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vielmehr eine Mehrheit von seienden Dingen. Umgekehrt ist nur dort eine Einheit gegeben, wo es ein Seiendes gibt. Seiend und Eines bedeuten aber sachlich dasselbe, die Einheit bedeutet die gedankliche Hinzufügung des Ungeteiltseins, die mit dem Sein schon gegeben ist. [12] Zu S. 22. Der Erkennende oder Wissende ist innerlich vom Erkannten oder Gewußten bestimmt, normiert, überformt; er ist also auf dieses in einer sachlichen Beziehung ursächlicher Abhängigkeit bezogen. Daß mein Erkennen gerade dieses und kein anderes ist, hängt vom Gegenstand meiner Erkenntnis ab. Dieser übt dabei keinerlei Tätigkeit aus, und dadurch, daß er erkannt wird, geschieht nichts an ihm. Vom erkannten oder gewußten Gegenstand geht daher auf den Erkennenden oder Wissenden nur eine gedankliche Beziehung. Innerhalb der geschöpflichen Ordnung sind solche gedankliche Beziehungen die schwächste Art von Beziehungen, von Gott zum Geschöpf hin dagegen besagen sie die stärkste Art einer Beziehung überhaupt, ein schöpferisches Neugründen oder Erhalten der Wesen; die Gedanken Gottes sind von uns aus gesehen schöpferische Tat: „Er trägt alles durch das Wort Seiner Macht", weil in Ihm Sein Denken und Sein eins sind. [13] Zu S. 22. Die zeitliche Beziehung, von der hier die Rede ist, betrifft die innere Hinordnung des leiblichen Seins Christi auf Seine Mutter; Sein „Fleisch" war vom Fleisch der allerseligsten Jungfrau genommen und muß so zu diesem als zu seiner Ur-Sache in einer sachlichen Beziehung stehen. Die Person hingegen, die dieses „Leibliche" trägt, ist nur gedanklich auf die seligste Jungfrau bezogen. Denn die zweite göttliche Person kann wegen ihres Aussichselbstseins zu nichts Außergöttlichem in einer sachlichen Beziehung stehen (vgl. Anm. '[70] u. [206]; Bd. 1). Diese Tatsache, daß die Person Christi zu ihrer eigenen Menschheit und damit auch zu ihrer Mutter in keinerlei sachlicher Beziehung steht, ist der metaphysische Ausdruck für die schlechthin überragende Hoheit der Person Christi, selbst Seiner Mutter gegenüber. Damit ist die Mutter Gottes in ihren Rang als Geschöpf verwiesen. Das ist bedeutsam Andersgläubigen gegenüber, deren Angriffe oder mindestens Bedenken gegen die Verehrung der Mutter Gottes im Katholizismus gerade darin gründen, daß sie die unerbittlichen Schranken, die durch ihr restloses Geschöpfsein gezogen sind, nicht stark genug betont finden. [14] Zu S. 25, 47, 199. Der Einwand beruft sich auf eine Schrift über die Kindheit des Erlösers, welche zu den Apokryphen gehört und theologischer Beweiskraft entbehrt. Kindheitsgeschichten Jesu sind hauptsächlich bekannt unter dem Namen „Evangelium des Thomas" und „Protoevangelium des Jakobus"; vgl. zur ganzen Frage Bardenhewer, I, 533, sowie Gratian, MPL 187/77. [15] Zu S. 26. Ob Nazareth der sprachlichen Wurzel nach mit „nezer", Blume oder Sproß, im Zusammenhang 6teht, hat

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schon Hieronymus bezweifelt in seiner Erklärung zu Is 11, 1. Wahrscheinlich bedeutet das Wort Nazareth soviel wie „Wächterin" oder „Hüterin". Andere Stellen in diesem Sinne finden sich noch bei Jer 23, 5 und Zach 3, 8. [16] Zu S. 32. Die Evangelien liefern keine hinlänglichen Anhaltspunkte zur Feststellung, in welcher Jahreszeit Christus geboren wurde. Sämtliche Stellen (Lk 1, 5. 9. 26; 2, 1—3) sind nicht stichhaltig. Lk 2, 8, worauf man sich oft beruft, ist nicht beweiskräftig, weil die rabbinisohen Quellen drei Gruppen von Herden kennen: solche, die täglich abends in den Stall kommen; solche, die nur im Winter heimgetrieben werden; solche, die stets im Freien bleiben. Dalman (Orte und Wege, 1921) zeigt, daß in der Gegend östlich Bethlehem kein Schnee fällt und die Hirten ihre Herden deshalb gegen das Tote Meer hin führen, weil dort sofort nach dem Herbstregen Gras wächst, während die Berge noch unter der Kälte leiden. Die Liturgie kann auch nicht herangezogen werden, in dem Sinn, als ob der 25. Dezember der Geburtstag Christi wäre, denn das Christfest ist erst im 4. Jahrhundert eingeführt worden. Es wurde zunächst am 6. Januar begangen, erst Mitte des 4. Jahrhunderts hat der 25. Dezember die Oberhand gewonnen. [17] Zu S. 43. Die Magier sind ursprünglich Mitglieder der Priesterkaste bei den Medern und Persern. Wahrscheinlich gehörten sie wie die Leviten im Judenvolk einem besonderen Stamm an. Der Name „Magier" kommt vom medischen Maghusch, was „der Mächtige" bedeutet. Da diese Priesterkaste in der politischen Geschichte eine bedeutende Rolle spielte, hat sie sogar den Wechsel von Herrscherhäusern überdauert. Die Pflichten dieser Magier bestanden namentlich in Feuerund Opferdienst. Als sie entarteten, wurde Zoroaster ihr Erneuerer. Sie bildeten eine Art Orden. Später widmeten 6ie sich der Naturkunde und Sternkunde der Chaldäer, die auch Wahrsagerei und Traumdeuterei betrieben. Jeremias erwähnt diesen Magierorden bei den Chaldäern und Babyloniern, seine Mitglieder weissagten aus Sternen, Vogelflügen und Opfertieren. Seit Alexander dem Großen zogen sie in Mengen als Wahrsager und Gaukler in Griechenland und Italien herum. Vielfach bezeichnet auch heute noch das Volk Zauberer und Taschenspieler als Magier. Thomas nimmt dieses Wort in Zu 2 in diesem minderen Sinn nur dem Einwand gegenüber. Die Evangelien kennen diesen Sinn nicht. [18] Zu S. 44. Unter „Morgenland" versteht die Schrift gewöhnlich Chaldäa, Mesopotamien und Persien oder das steinige Arabien. Diese Länder waren so allgemein bekannt, daß Matthäus sie nicht eigens zu nennen braucht. Thomas meint unter „Morgenland" die Länder jenseits des Jordans oder des Toten Meeres.

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[19] Zu S. 44. Worauf Thomas hier anspielt, erzählt weitläufig Eusebius in seiner Chronik (2. Buch, Olympiade 185). Er spricht dort von einer Gruppe wunderbarer Ereignisse, womit gewisse Christen gern das Leben des Herrn ausschmückten. Die Verlegung dieser Ereignisse nach Spanien verdankt nach einer Vermutung der Leonina (Bd. 11, X X X V I I I ) ihren Ursprung einem Mißverständnis, das aus einer falsch gelesenen Randnote sich herleitet. [20] Zu S. 44. Bei Chrysostomus ist dieses Zitat nicht zu finden; dagegen findet sich ein ähnlicher Text bei Origenes, MPG 17/324, und bei Theophylakt, MPG 123/724. Vgl. dazu Leonina (Bd. 11, X X X V I I I ) und die einschlägigen Ausführungen bei Backes. [21] Zu S. 52. Das Buch der Fragen zum Alten und Neuen Testament ist aus inneren Gründen sicher kein echtes Werk Augustins. Der Herausgeber bei Migne bemerkt in der Vorrede (MPL 35/2206): „Dieses Werk sprechen sämtliche Gelehrten dem Augustinus ab . . . Manchmal weicht der Inhalt und das Verfahren in seiner Lehre, um vom Unterschied des Stils zu schweigen, weit von Geist und Glauben des hl. Lehrers ab." Ferner spricht dagegen die Tatsache, daß Augustinus in seinen genau gearbeiteten „Widerrufungen" der in diesem Buch enthaltenen Fehler keine Erwähnung tut. [22] Zu S. 53. Die Prophezeiung Balaams über den Messias wurde in Zusammenhang gebracht mit ihrer Abstammung aus der Heimat Balaams, dessen Lehre sie als Vermächtnis übernommen haben sollten. Die Prophezeiung Balaams lautet: „Ich sehe Ihn aber nicht jetzt; ich schaue Ihn aber nicht nahe. Es wird ein Stern aus Jakob aufgehen und aus Israel wird sich ein Zepter erheben . . . Aus Jakob wird der Herrscher kommen und umbringen, was übrig ist von den Städten" (Nm 24, 17 f.). [23] Zu S. 57. Die Reise nach Rom wird irrtümlich Herodes dem Großen anstatt seinem Solln Archelaus zugeschrieben, der im Jahre 6 nach Christus von den Juden und Samaritanern wegen seiner Grausamkeit und Tyrannei angeklagt wurde, indem man sich an den Kaiser Augustus wandte (Feiten, I, 145). Archelaus fuhr deshalb nach Rom, um sich zu verantworten. Aber schon während seines ersten Aufenthaltes in Rom war ihm eine jüdische Abordnung nachgereist, um seine Absetzung und die Eingliederung Palästinas in die Provinz Syrien zu erwirken, denn unter römischer Herrschaft hofften sie freier zu leben. Die Nachricht von der Romreise findet sich ibei Petrus Comestor, MPL 189/1543; vgl. dazu die Glossa ordinaria des Walafrid Strabo zu Mt 2, 16, MPL 114/76. Die zweite Meinung (er habe sich durch gewisse Befürchtungen abschrecken lassen) findet sich ebenso wie die folgende (nach des Herodes Vermutung hätten sich die Magier geschämt, eine in fälschlichem Glauben unternommene Reise einzugestehen)

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bei Augustinus im Buch von den Übereinstimmungen der Evangelisten, 11. Kap., MPL 34/1088. Die letzte Meinung endlich (er habe nicht nur die Zweijährigen, sondern auch Jüngere ermorden lassen) findet sich nicht bei Augustinus, wohl aber in der Glossa ordinaria ebendort; vgl. dazu Petrus Comestor ebendort und Rhabanus Maurus MPL 107/463. [24] Zu S. 80. Das erste und letzte Zitat dieser Lösung ist entnommen aus einer Homilie von Beda zum Feste Mariä Lichtmeß, MPL 94/80. Das zweite Zitat zu 2 Kor 8, 9 etammt aus seinem ersten Buch der Lukaserklärung, MPL 92/342, ebenso die symbolischen Vergleiche. [25] Zu S. 84. Taufen kommt von dem gotischen Wort daupjan, welches Untertauchen bedeutet. Dieses Untertauchen war ein religiöser Brauch, der lang vor Christus bei Heiden und Juden bekannt war. Das unmittelbare Vorbild der Johannestaufe können die jüdischen Ritualwaschungen und Bäder gewesen sein. So war sie ein leichtverständliches Sinnbild der Sündenreinigung und zugleich ein Zeichen der Aufnahme in den Verband der wahren Israeliten, die den Messias erwarteten. Die Alten vermischten oft Naturhaftes und Sittliches und glaubten, durch ein Bad eine äußere u n d innere Befleckung hinwegwaschen zu können. So hatten die Essener eigene Waschungen, die wohl nur die äußere levitische Reinheit bewirkten. Desgleichen mußten sich die zum Judentum übergetretenen Heiden einer Untertauchung ins Wasser unterziehen, der sogenannten Proselytentaufe. Doch braucht unter dieser Waschung nur eine Reinigung von äußerer Befleckung verstanden zu werden. Ganz sicher hatten die Waschungen, welche die Pharisäer im Anschluß an das Gesetz ausübten, nur den Zweck, von dem äußeren Verstoß gegen das Gesetz zu befreien. Wohl deshalb denkt der Geschichtschreiber Josephus Flavius bei der Johannestaufe nur an eine levitische Reinigung (Feiten, I, 175). Nach den Anschauungen der Evangelisten ist die Bußtaufe des Johannes streng von den genannten Taufen zu unterscheiden. Von den essenischen Waschungen ist sie schon deshalb verschieden, weil sie im Gegensatz zu deren täglichen Waschungen nur einmal gespendet wurde. Die Proselytentaufe wieder empfingen nur Heiden, die sich dem Judentum anschlössen, während die Johannestaufe bußfertigen Juden und Heiden gespendet wurde. Hierbei wurde eine Sinnesänderung, eine innere Bekehrung gefordert; ja, ein Bekenntnis der Sünden war damit verbunden. Sie sollte jene sittlich-religiöse Umwandlung wecken, die der Vorläufer des Messias predigte. Ihre Wirkung war also innere Reinheit. Es sind demnach drei Taufen zu unterscheiden: die sinnbildliche Taufe der Juden, die Johannestaufe, die Christustaufe (vgl. dazu in Bd. 29 die einschlägigen Gesichtspunkte im Sachverzeichnis). [26] Zu S. 94. Der Einwand beruht auf einer falschen Annahme, wonach es nur eine sakramentale Taufe geben könne. 18 27

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Es kann aber auch eine Taufe geben — die Johannestaufe —, welche sinnbildliche Wirkung hat, etwa wie das Gebet mit ausgebreiteten Armen oder das Knien auf eine innere Haltung und Gesinnung vorbereiten soll. Die Johannestaufe war eine „Bußtaufe zur Vergebung der Sünden" (Mk 1, 4; Lk 3, 3), d. h. ein äußeres Zeichen bußfertiger Gesinnung, welches zur Vergebung der Sünden vorbereiten sollte. [27] Zu S. 105. Nach der aristotelischen Weltauffassung ist die kugelförmige Erde der Mittelpunkt des Alls; um sie herum sind Wasser, Luft, Feuer, Äther gelagert. Diese wieder sind umgeben von etwa 55 Kugelschalen, welche sich um ihren gemeinsamen Mittelpunkt, die Erde, drehen; an ihnen sind die Sterne befestigt. Die erste und oberste dieser Hohlschalen, der Fixsternhimmel, wird unmittelbar durch den „von außen stoßenden Gott" (Willmann) bewegt. Da jede dieser Hohlschalen von der nächsthöheren bewegt wird, ist der oberste, der Fixsternhimmel, der Beweger aller übrigen. Wie die oberste Ursache irgendeiner Art von Bewegung selbst nicht von der gleichen Art von Bewegung erfaßt sein darf — denn sonst müßte sie sich selbst bewegen, und das ist ein Widerspruch —, so muß auch dieser oberste Himmel jedenfalls gegenüber diesen übrigen Bewegungen oder Veränderungen unbeweglich sein. [28] Zu S. 105. Hier klingt bei Thomas eine Auffassung der Erlösung durch, die in der Theologie der Väter stärker ausgedrückt und durchgeführt wurde. Während Thomas das Heilswerk Christi zunächst als eine Sühneleistung, die wegen ihrer Unendlichkeit die unendliche Schuld Adams aufwog, betrachtete, sahen die Väter darin mehr die kosmische Erlösung, durch welche die gesamte Welt aus den Banden „des Fürsten dieser Welt" (Jo 14, 30) er-löst wurde. „Nach ihnen ist die Erlösung ein physischer Vorgang, der genau so wirklich und so konkret ist wie die Schöpfung." Die Erlösung ist ein physischer Zusammenstoß Gottes mit dem Teufel, der über den Gottmenschen wegen dessen Göttlichkeit und Sündelosigkeit keine Gewalt mehr hat. Die Menschheit Christi ist das erste sündelose Geschöpf und damit der erste kosmische Punkt, über den der Teufel seine Macht verloren hat; ein Gedanke, der auch hinter dem Satze steht: Christi heilige Menschheit ist das Sakrament der Sakramente. Durch die Berührung mit diesem Ursakrament wurde der Kosmos, also auch die leblose Natur — das Wasser des Jordans — dem Einfluß des Teufels entrissen und geheiligt (Hermann Keller, Kirche als Kultgemeinschaft). [29] Zu S. 118. Wenn Thomas den Glauben des Täuflings und der Kirche als wirkende Kräfte bei der Taufe bezeichnet, so soll damit unser Mittun in irgendeiner Form bei der Heiligung als unerläßlich betont sein. Darüber hinaus ist die Stelle ein Hinweis darauf, daß erst der Glaube jene neue übernatürliche Seinssphäre grundlegt, in der allein eine Gnadenvermittlung möglich ist. Der Glaube ist nicht nur ein Jasagen des

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Verstandes zu uneinsichtigen Wahrheiten, sondern das gnadenhafte innere Berührtsein durch Christus, womit der Anfang für das Heilswerk Christi, dessen Wesen in der Einbeziehung des Menschen und des Kosmos in das innergöttliche Leben besteht, gegeben ist. Daher muß der Spender des Sakramentes zu dieser Sphäre des Glaubens wenigstens eine Beziehung haben dadurch, daß er die Absicht hat, „das zu tun, was die Kirche tut". Durch diese ausdrückliche Absicht stellt er sich in den Kraftstrom hinein, der von Christus durch die Kirche auf ihn übergeht und dessen werkzeuglicher Übermittler er wird. Mit dieser Absicht anerkennt er wenigstens einschlußweise die Kirche und damit die Sphäre des Glaubens, durch sie tritt er mit ihr in eine seinsmäßige Berührung (siehe Bd. 29, S. 520, und die einschlägigen Stellen im Sachverzeichnis). [30] Zu S. 120. Gott wirkt immer m i t der Natur und vergewaltigt sie niemals. Nun sollen aber die niederen Seelenkräfte unter Leitung der höheren in Tätigkeit treten. Daher darf eine Vorstellung der Einbildungskraft nur mit Zustimmung des Willens weiterdauern, falls sie bewußt von vornherein gewollt war. Eine Vorstellung der Einbildungskraft dagegen, welche gegen die Zustimmung des Willens weiterdauern würde, wäre entweder eine Zwangsvorstellung, d. h. eine seelisch krankhafte Erscheinung und als solche naturwidrig, wenn auch unverschuldet; oder sie rührte von einer schuldbaren und sündhaften Störung der Natur her. Wäre nun der geöffnete Himmel, den Christus sah, eine Vorstellung der Einbildungskraft gewesen, dann hätte zu dem Wirken Gottes, von dem diese eingegeben sein mußte, die Zustimmung Seines Willens hinzutreten müssen. [31] Zu S. 127. Der Text ist nach Angabe der Leonina (Bd. 11, X X X I X ) , bei Chrysostomus nicht zu finden, dem Sinne nach aber bei Gregor dem Großen in der Homilde 30; vgl. MPL 76/1224. [32] Zu S. 131. Unter diesen Ketzern sind wahrscheinlich die pharisäischen Ebioniten zu verstehen, eine judenchristliche Sekte, die in Jesus zwar den Messias sah, aber glaubte, Er sei erst bei der Taufe zur Messiaswürde erhoben worden. Vor allem gehört zu dieser Gruppe Cerinth, ein gnostisch-synkretistischer Judenchrist, welcher gegen Ende des apostolischen Zeitalters lebte. Er war mit den Ebioniten verwandt, außerdem mit alexandrinischer Geistesbildung vertraut. Nach seiner Lehre hätte Jesus als bloßer Mensch, wenn auch als außergewöhnlich weiser und gerechter, gelebt, bis bei der Taufe am Jordan Christus auf ihn herabgekommen sei, der ihn aber wieder bei seinem Leiden verlassen hätte. [33] Zu S. 136. Die Leonina (Bd. 11, X X X I X ) nennt als Fundort eine Handschrift, die dem Remigius von Auxerre zugeschrieben wird, sowie des Pseudohieronymus Erklärung zu den vier Evangelien, und schließlich Isidor; vgl. MPL 83/206. 18*

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[34] Zu S. 138. Das beschauliche Leben ist seinem Wesen nach auf die Betrachtung der göttlichen Dinge eingestellt. Thomas begründet dies (z. B. I — I I 3, Bd. 9; I I — I I 182, 1, Bd. 23) damit, daß der beschauliche Geist in der Betrachtung sein vornehmstes Vermögen, den Verstand, am vornehmsten Gegenstand, an den göttlichen Dingen, in der vornehmsten Weise, in beinah ausschließlicher, ununterbrochener Hingabe, betätigt. Der beschauende Geist ist auf Gott gerichtet und auf alles übrige nur soweit, als es mit Gott in Beziehung steht. In I I — I I 188, 6, Bd. 24, unterscheidet er ein zweifaches tätiges Leben: ein solches, das aufgeht in der Beschäftigung mit äußeren Werken, z. B. Krankenpflege; und ein anderes Leben, das im Weiterschenken des aus der Beschauung Geschöpften besteht. Dazu gehört z. B. Predigt und Lehrtätigkeit. Und diese Form des tätigen Lebens, die aus einer im Besitz gemeisterten, nie versiegenden, weil aus Gottes Quellen ewig gespeisten Fülle schöpft, steht für Thomas über dem nur beschaulichen Leben, ebenso wie Erleuchten über bloßes Leuchten geht. Hier hat Thomas die Lehre seines Ordens zum Ausdruck gebracht. [35] Zu S. 149. Unter Gesetz ist hier das Mosaische Gesetz, die Thora, zu verstehen, das sind, die in den fünf Büchern Moses' niedergelegten Satzungen, welche das sittliche und bürgerliche Leben betreffen sowie den Kultus. [36] Zu S. 153. Unter der levitischen Unreinheit ist keine naturhafte Unreinheit zu verstehen. Die sittliche Reinheit war auch im Alten Bunde das Ziel des Gesetzes, die levitische Reinheit dagegen bedeutet zunächst keine sittliche Eigenschaft, sondern ein Mittel, um zu dieser zu erziehen. Sie bestand in einer Verpflichtung zur legalen oder kultischen Reinheit. Levitische Unreinheit schloß von der Feier des Kultus aus, wodurch eine gewisse äußere Gottverbundenheit ihr Ende fand. Die Auffassung, wonach gewisse Taten oder Zustände des Menschen auch ohne sittliches Verschulden von der Teilnahme am Kult ausschließen, ist auch bei heidnischen Völkern anzutreffen, so bei Assyrern, Babyloniern, Ägyptern. Durch das Mosaische Gesetz erhielten diese Bräuche, welche zum Teil gesellschaftliche und gesundheitliche Bedeutung hatten, überdies eine sinnbildliche und erzieherische Bedeutung. Die äußere Unreinheit, die den Ausschluß von Kultus und Liturgie zur Folge hatte, sollte ein Sinnbild der inneren Unreinheit der Sünde sein und so ständig vor dieser warnen. Vielleicht sollten diese Bräuche auch ein Gegengewicht gegen heidnische Bräuche sein. Daß alles das nur ein Weg aur inneren Herzensreinheit sein sollte, war von den Pharisäern vergessen worden; diesen Vorschriften wurde ein höherer, unbedingter Sinn beigemessen, was eine völlige Umstellung der Moral zur Folge hatte. Diese ethische Veräußerlichung bildete den Anlaß zu den Zusammenstößen mit Christus. [37] Zu S. 156. Die vorliegende Stelle wie auch 34, 1 Zu 1 betrifft den „Glauben" der bösen Geister. Ihr Glaube war kein

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übernatürlicher, denn dieser ist eine Gnade, „ein Anfang des ewigen Lebens", d. h. eine übernatürliche Teilnahme an Gottes eigenster Erkenntnis in einer unvollkommenen, aber wirklichen und echten Vorausnahme der ewigen Gottesschau. Da? soll durch das Augustinuszitat bedeutet werden: „Nicht durch das, worin das ewige Leben besteht", also durch eine Gnade. Anderseits muß der Glaube der bösen Geister eine Erkenntnis sein, wie sich aus der Tatsache der Wunder ergibt („er ist nicht Gabe der Gnade und rührt vom Scharfsinn des natürlichen Verstandes her", II—II 5, 2 Zu 2; Bd. 15). Thomas läßt hier die Frage oflen, ob die bösen Geister auch aus sich allein zu einer sicheren, aber natürlichen Glaubenserkenntnis gelangen können. Es ist fraglich, ob eine geistige Erkenntnis, selbst wenn sie so scharf und tiefreichend wie die der bösen Geister ist, ausreicht ohne göttlichen Beistand zur Annahme einer schlechthin übernatürlichen Wirklichkeit, wie dies die Gottheit Christi ist. Vgl. dazu Anselm Stolz, 0. S. B., Glaubensgnade und Glaubenslicht nach dem hl. Thomas. [38] Zu S. 162. In seinem Kommentar zu Mt 4, 8 verweist Thomas auf Rhabanus Maurus (siehe MPL 107/782); vgl. dazu die Feststellungen der Leonina, Bd. 11, XL. [39] Zu S. 165. Apg 1, 1 scheint auf den ersten Blick sich nur auf die Wunder und Lehrtätigkeit zu beziehen, aber darüber hinaus bedeutet das „Wirken" Jesu sicherlich Seinen gesamten Lebenswandel, Sein Beispiel, Seine Selbstverleugnung, Sein Gebet. Belser bezeichnet diese Seite sogar als den „gewichtigeren Teil". Daß man aber in der Reihenfolge der Worte „Wirken und Lehren" den Sinn hineinlegt: „keiner darf das Predigtamt übernehmen, ohne vorher gereinigt und in der Tugend gefestigt zu sein", ist nicht ohne weiteres aus dem Text erweisbar, wenn auch bei einem vom Heiligen Geist geschriebenen Worte selbst die geringste Wendung und Stellung nicht ohne Bedeutung sein kann. [40] Zu S. 178. Dieser Artikel beweist, daß auch Thomas die heute öfters behandelte Frage nach der heilsgeschichtlichen Bedeutung des Judenvolkes gekannt hat. In erster Linie war der Gottmensch als der Messias des auserwählten Volkes gekommen und erst durch dessen Unglauben gingen die von den Propheten gegebenen Verheißungen an die Heiden über; das Volk Gottes wurde „die K i r c h e , bestehend aus Heiden und Juden" (Peterson). Auffallend ist der vierte Grund f ü r die Verschiebung der Predigt an die Heiden auf die Zeit nach Seinem Leiden. Hätten die Juden Christus als ihren Messias anerkannt, so wäre das Heil ihnen zuerst und durch sie erst den übrigen Völkern geworden, ohne daß Christus am Kreuze sterben mußte. Damit wäre das Reich Gottes durch die Juden zuerst verkündet worden. Dann wäre das Reich Gottes, von welchem Christus im Evangelium spricht (Lk 10, 9 u. 11; Mk 1, 15; Mt 3, 2 u. a. m.) und das in der jetzt bestehenden Heilsordnung erst nach der Wiederkunft Christi aufgerichtet

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werden wird, bereits gekommen gewesen. Christus wäre als Messias das Haupt des Reiches Gottes zunächst im und für das Judenvolk gewesen. Durch die Juden wäre das Heil den Heiden gebracht worden. Und diese wären alle in das Reich Gottes eingegangen. Daß Christus Herrscher der Heiden wurde („Sehet, gekommen ist der Herrscher, der Herr; die Königswürde trägt Er in Seiner Hand und die Macht und die Weltherrschaft", so lautet der Eingang der Messe zum Fest der Erscheinung des Herrn, dem Fest der Bekehrung der Heiden), ohne Dazwischentreten der Heilsverkündigung und -Vermittlung durch die Juden, das verdankt Er nach Thomas Seinem Kreuzestod. [41] Zu S. 182. Wenn Böswillige Ärgernis nehmen, so liegt der Grund im verkehrten, heuchlerischen Willen. Dann gilt das Wort des hl. Bernhard: „Es ist besser, daß ein Ärgernis entstehe, als daß die Wahrheit im Stich gelassen werde." [42] Zu S. 185. Der eigentliche Sinn der Gleichnisse, in denen übernatürliche Wahrheiten verborgen liegen, ist nur mit Hilfe eines Ähnlichkeitsschlusses erreichbar. Deshalb wird der Ungläubige nicht in die tiefere Bedeutung eines Gleichnisses eindringen, denn es fehlt ihm die Erleuchtung, die von seiten Gottes unerläßlich ist, wenn ein die natürliche Erkenntniskraft des Verstandes überragender Gegenstand erfaßt werden soll. Diese innere Erleuchtung erst läßt das andere Entsprechungsglied im Ähnlichkeitsverhältnis ins Licht treten, die Welt der Übernatur; durch das Licht des Glaubens sehen die Gläubigen, was zu glauben ist (I—II 1, 4 Zu 3; Bd. 15). Dem Gläubigen wird dagegen ein Gleichnis viel plastischer und lebensnaher sich offenbaren, weil ihm Gottes Gnadenlicht Beistand leiht. Anderseits hat das Gleichnis vor einer mehr systematischen Darbietung den Vorteil größerer Anschaulichkeit voraus, „Milch für die Kleinen und Brot für die Großen". — Allerdings stößt man hier auf das rätselhafteste und dunkelste aller Geheimnisse, auf die Vorherbestimmung der Gnadenwahl, in welchem allein die letzte Antwort liegt auf die Frage: „Wo liegt der Schlüssel zum Glauben und damit zur Würdigkeit und Empfänglichkeit?" (Vgl. I 23; Bd. 2.) [43] Zu S. 191. Diese Stelle ist ein Hinweis auf die Inspiration der Heiligen Schrift. Inspiration ist jene Einwirkung des Heiligen Geistes auf den Menschen, die ihn befähigt, unbeschadet seiner persönlichen Freiheit und Selbstständigkeit Gottes Gedanken in menschliche Form zu fassen. Da aber das Wirken des Heiligen Geistes durch das Haupt des übernatürlichen Kosmos, durch den Gottmenschen Christus geht (vgl. Bd. 25, S. 483), so ist Christus mit Verfasser der Heiligen Schrift: Er schrieb sie „durch Seine Hände", die Apostel. [44] Zu S. 198. Die Stelle Jo 11, 42: „Des umstehenden Volkes wegen habe Ich das gesagt" bezieht sich auf die vorausgehenden Worte: „Vater, Ich danke Dir, daß Du Mich gehört 270

hast. loh wußte zwar, daß Du Mich jederzeit erhörst." Diese Worte sollen Sein Verhältnis zum Vater kundtun, Seine Sendung vom Vater in die Welt hinaus. Sie sollen also Seine messianische Würde bezeugen. [45] Zu S. 204. Die Apologetik war im Mittelalter noch keine ausgebildete theologische Sonderwissenschaft. Ihre Probleme finden sich oft zerstreut, aber im einzelnen gründlich dargestellt, im Gesamtwerk des hl. Thomas. Die angeführte Stelle zeigt, daß er mit den von der heutigen Apologetik angeführten Gründen wohlvertraut war. [46] Zu S. 208. Der Einwand hatte die Möglichkeit eines gültigen aufsteigenden Schlusses übersehen. Man kann aus der Betrachtung von Einzelfällen zu allgemeingültigen Ergebnissen gelangen mit Hilfe des Satzes vom zureichenden Grunde, beziehungsweise des Gesetzes der Ursächlichkeit: Erscheinungen, die unter verschiedenen Umständen stets sich gleich verhalten, erfordern eine fortdauernd beharrende Ursache. Der gleiche Satz kann auch dazu führen, daß aus der Tatsache eines einzigen Falles eine allgemeingültige Wahrheit gefolgert wird. Wenn nämlich diese Tatsache streng eindeutig auf das Wesen schließen läßt. Auch dann liegt ein gültiger aufsteigender Schluß vollkommener Art vor und das traf bei jedem Wunder Christi zu, von welchem feststand, daß Er es aus eigener Kraft gewirkt hat. [47] Zu S. 213. Der letzte Sinn dieser Stelle wird aus der physischen Auffassung der Erlösung verständlich (vgl. Anm. [24]). In dieser hat die Strafe des Todes, welchen die Sünde Adams nach sich zog, einen anderen als den gewöhnlichen Sinn. Die Väter sahen mit Recht in der Teilnahme am göttlichen Leben durch die Gnade das eigentliche, wahre Leben des Menschen — der in seiner Natur durchaus auf die freilich nur gnadenhaft zu erlangende Übernatur hingeordnet ist —, und in dem Verlust der Gnade den eigentlichen Tod, gegenüber welchem der leibliche Tod nur einen Ausfluß dieses geistigen Todes bedeutet. „Wenn Christus, der vom Himmel kam und ohne Sünde war, freiwillig in den Tod und in die Unterwelt steigt, so befindet sich diese Ihm gegenüber in einer eigenartigen Situation. Denn einerseits ist Christus Abkömmling Adams, als solcher gehört Er dem Tod und seinem Herrscher, anderseits ist Er Gottes Sohn, an den die Hölle kein Recht besitzt. Nimmt Ihn also der Tod in sein Reich auf, so begeht er einen Übergriff, dem er selbst zum Opfer fallen muß. Das Reich der Finsternis hat den Herrn des Lichtes in seine Mauern aufgenommen und wird so überwunden und zerstört. Diesen Vorgang kann man mit Recht eine Überlistung der Hölle heißen, vorausgesetzt, daß man unter List nach orientalischem Vorgang mehr den Ausdruck von Weisheit als von Schlauheit versteht" (Keller, S. 283, ebd.).

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[48] Zu S. 216. Es ist jedem Geist, vor allem dem höchsten Geiste, eigen, nicht nur zielbewußt zu handeln, sondern auch die Mittel und Wege zu diesem Ziel hin festzulegen. In dem Axiom: „Wer wirkt, wirkt um eines Zieles willen", ist eingeschlossen, daß der Wirkende alles für die Erreichung des Zieles Notwendige ordnet . Der Ordnungsplan, nach welchem der Geist die Dinge zu ihrem Ziele hinführt, entspringt der Tätigkeit des Voraussehens, bei Gott heißt dieser Ordnungsplan Vorsehung (vgl. I 22; Bd. 2). Das Ziel Gottes ist Seine Verherrlichung, diesem führt Er alle Geschöpfe zu. „Für gewöhnlich richtet sich die göttliche Vorsehung nach den Naturgesetzen, denn für gewöhnlich erhält sie die Dinge und wirkt mit ihnen entsprechend der Natur der Dinge selbst. Das ist klar aus der Erfahrung: Wir sehen, daß für gewöhnlich die Dinge sinid und wirken ihrer Natur entsprechend. Es läßt 6ich aber auch absteigend beweisen durch einen Vernunftgrund. Wenn die göttliche Vorsehung nicht die Dinge erhielte und mit ihnen mitwirkte ihrer Natur entsprechend, so käme Gott in Widerspruch mit sich: Er würde das Sein dieser Naturen mit dieser Eigenschaft und dieser Wirkungsweise wollen, aber trotzdem die Dinge mit diesen Eigenschaften nicht erhalten und nicht naturentsprechend mit ihnen mitwirken. Außergewöhnlich kann die göttliche Vorsehung sich auch in wunderbarer Weise vollziehen, in einer gegen die Naturgesetze und über sie hinausgehenden Weise. Denn sie hat die unbedingte Macht über die Natur und ihre Kräfte" (Gredt, II, 245). [49] Zu S. 217. Nach mittelalterlich-aristotelischer Auffassung (vgl. Anm. [23]) gelangt alle Bewegung vom obersten Himmel her durch die konzentrisch geordneten übrigen Himmel hindurch auf die Erde. 'Ein jeder erhält von dem ihm nächsthöheren seinen Bewegungsanstoß und ist daher von Natur aus diesem unterworfen. Aus dieser Sicht des Kosmos erhellt der Sinn des Satzes: „Es ist in der Natur eines irdischen Körpers gelegen, von den Himmelskörpern bewegt zu werden." Man denke nur an die Erscheinungen von Ebbe und Flut und an andere Zusammenhänge von Strahlungen, Schwerefeldeinflüssen und ähnlichem, um etwas Wahres in diesen Auffassungen zu finden. [50] Zu S. 222. Phlegon war ein griechischer Geschichtschreiber unter Hadrian. Kaiser Hadrian starb 117 nach Chr. [51] Zu S. 236. Vom Wunder der Brotvermehrung spricht Thomas an verschiedenen Stellen, z. B. im 2. Buch zu den Sentenzen des Petrus Lombardus (dist. 18, q. 1 ad 1); im Johanneskommentar (cap. 1, lectio 6); im Matthäuskommentar (cap. 14); in der Summa erstem Teil (92, 3 ad 1). Seine Ansichten schwanken zunächst. Im Sentenzenkommentar nimmt er eine wunderbare Verwandlung neuen, von außen hinzukommenden Stoffes in die Substanz von Brot und Fisch als wahrscheinlich an. Im Johanneskommentar spricht er nur von einer Vervielfachung der vorhandenen Brote. Im Matthäuskommen-

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tar rollt er die Frage nach der Art und Weise der Brotvermehrung auf, indem er drei Lösungsmöglichkeiten anführt. Erstens: Der Stoff ist reine Möglichkeit und Größe und Menge gehören in keinerlei Weise zu seinem Wesen. Daraus läßt sich aber nicht folgern, er wäre für jedwede Ausdehnung in Möglichkeit; eine derartige Erweiterung der Ausdehnung ohne Vermehrung des Stoffes, wie dies bei der Verdünnung der Fall ist, ist nur bei ganz bestimmten Dingen möglich, bei Brot und Fisch jedenfalls nicht. Auch die zweite, bereits von Augustinus angeführte Lösung befriedigte Thomas nicht, wonach das neue Brot durch Anerzeugung aus dem alten entstanden sei wie die Körner am Halm aus dem Samenkorn. Diese zweite Lösung stammt aus der Zeit der Abfassung des Matthäuskommentars, dessen dritte Lösung Thomas beibehält in der Summe: Die Vermehrung kann nur durch Hinzunahme neuen Stoffes von anderswoher zustande kommen. Und dieser Stoff wird in Brot verwandelt nach Weise einer wunderbaren Wesensverwandlung. Fraglich ist, woher dieser neue Stoff kommen soll. Darauf scheint eine endgültige Antwort schwer möglich. An eine neue Schöpfung schlechthin zu denken, lehnt Thomas an unserer Stelle und I 92, 3 Zu 1, Bd. 7, ab. [52] Zu S. 238. Der Einwand ist in der deutschen Fassung nur verständlich, wenn man die Verwandtschaft von lateinisch transfiguratio (Umgestaltung, Gestaltwandlung oder Verklärung) und figura (Gestalt) im Auge hat. [53] Zu S. 238. Die Beschaffenheit ist unter den neun anhaftenden Seinsweisen die zweite. Sie wird in vier Unterarten aufgeteilt: Erstens das Gehaben und die Anlage; zweitens das Vermögen und das Unvermögen; drittens die sinnenfällig veränderliche Beschaffenheit (z. B. Fonm, Schall, Glanz). An dieser Beschaffenheit kann eine sinnenfällige Veränderung stattfinden, sie läßt sich steigern und abschwächen. Viertens die Gestalt: sie ist eine Beschaffenheit, durch welche die ausgedehnte Substanz bestimmt wird nach der Ordnung ihrer Teile unter sich. Durch die Ausdehnung hat die Substanz Teile neben Teilen. Dieses Nebeneinander kann verschieden geordnet sein, geradlinig oder zurückgebogen usw. So entstehen die verschiedenen Gestalten. [54] Zu S. 239. Der verklärte Leib war an dem auferstandenen Herrn, dem Erstling der Neuschöpfung, sichtbar in den vier Mitgiften des verklärten Leibes. Die vom Heiligen Geist erfüllte Seele überwand in diesem Leibe alle Hemmnisse und Trägheiten. Erstens die Unsterblichkeit; überwunden war Leiden und Tod; Rom. 6, 9: „Der Tod wird hinfort nicht über Ihn herrschen. Denn daß Er der Sünde gestorben ist, geschah einmal. Daß Er aber lebt, das lebt Er Gott." Zweitens die Behendigkeit; die Seele als bewegende Kraft des Menschen wird durch die Körperlichkeit und deren Einschränkungen gehemmt. Diese Hemmnisse entfallen durch die Mitgift der Be-

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hendigkeit, so daß räumliche Entfernungen keine Bedeutung mehr haben. Christus war „ganz Geist" (2 Kor 3, 17); überdies berichten die Evangelien öfters von Seinem plötzlichen Erscheinen und Verschwinden. Drittens die Feinheit; die Seele ist Wesensform des Leibes, dadurch an ihn gebunden und in die Schranken des Leiblichen gebannt. Nun wird der Leib Christi durch die Mitgift der Feinheit vergeistigt, so daß Er durch „verschlossene Türen" zu gehen vermag (Jo 20, 24). Viertens die Klarheit; die vom Heiligen Geist erfüllte Seele durchstrahlt und durchleuchtet den Leib; dies trat besonders bei der Verklärung hervor (Mt 17, 2). [55] Zu S. 241. Der Text findet sich weder bei Beda noch unter seinem Namen in der Glosse; die Leonina verweist (Bd. 11, XL) auf Innozenz III. (Sermo 14 de Tempore; vgl. MPL 217/378). Für das folgende Zitat siehe ebendort. [56] Zu S. 248. Elias wurde nach 2 Kg 2, 11 auf einem feurigen Wagen in den Himmel entrückt, weil er für das Gesetz eiferte (1 Makk 2, 58). Schon im Alten Bund bestand der Glaube, daß Elias als Versöhner des sündigen Judenvolkes zum Tag des Weltgerichtes wiederkommen wird, damit der Herr bei Seinem Kommen die Erde nicht verfluche (Mal 4, 5 f. u. Sir 48, 10). Schon rabbinische Überlieferung und vor allem die Väter waren der Ansicht, daß Elias und Henoch sich im Paradies aufhielten. Aus dieser Überlieferung erhellt, daß das Paradies, der Ort der Glückseligkeit unserer Stammeltern, bestehen geblieben war. Dazu sei eine Stelle aus dem Cursus Theologiae completus von Migne zum Vergleich herangezogen (7/1046): „Beinah das gesamte christliche Altertum war davon überzeugt, daß auch jetzt noch jene alte Heimat der Seligen Menschen auf der Erde weiterbestehe. Das behaupteten vor allem jene, welche glaubten, es sei der Sitz der Heiligen nach ihrem Hinscheiden." Migne führt weiter eine Stelle aus Ephräm dem Syrer an: „Das Paradies, welches ein sinnenfälliges ist, hat ewige Dauer. Die Berichte vom Paradies sind keine Gleichnisse; der Bericht über seine Anpflanzung ist kein bloßes Bild, als ob es nicht wäre. Paulus schaute es nach fünftausend Jahren. Er war dorthin gelangt und hörte die Geheimnisse der Kirche. Himmel und Erde hat Gott mit ein und derselben Gnade bekleidet, als Er das Paradies in ewigen Verheißungen begründete. Dir, dem Ungläubigen, ist das, was sinnenfällig ist, nur zeitlich; mir, dem Gläubigen, ist das, was zeitlich ist, ewig. Du verstehst nicht die Kraft Gottes, da du nicht der Gnade glaubst. Du kannst es nicht fassen, da du den Ratschluß der Gottheit nicht kennst. Sinnenfällig ist das Paradies aber nicht zeitlich. Die Verheißung, die in ihm ergangen ist, ruht in Bäumen, aber nicht in zeitlichen." Migne fährt fort: „Methodius bemerkt einmal gegen Origenes, daß Paulus in das Paradies entführt worden sei, und beweist, daß dieses vom Himmel verschieden ist, denn er schreibt, daß er zuerst in den dritten Himmel aufgenommen wurde und dann erst ins Paradies. Sehr viele sind auch der Ansicht wie Moses Bar Cepha,

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daß die Seele des heiligen Schächers ins Paradies aufgenommen wurde." Denn der Herr spricht ausdrücklich, den Schächer verbessernd: „Heute noch wirst du bei Mir im Paradiese sein." Daß übrigens Thomas diese Überlieferung vertraut war, beweist I 102, Bd. 7, besonders Artikel 2 Zu 3, wo er ausdrücklich darauf hinweist, daß sich Henoch und Elias im Paradies befinden. Dieses Paradies wurde von der Überlieferung als hochgelegener Ort angesehen; als Zeuge dafür genügen Walafrid Strabo, MPL 113/86. Vgl. zur ganzen Frage de Vuippens, Le paradis terrestre. [57] Zu S. 252. Thomas schrieb keine zusammenhängende Abhandlung über die Gnadenlehre, da dies nicht in den Plan der Summa paßte. Er nennt 2, 10 Zu 1 (Bd. 25) die Gnade eine Verähnlichung mit Gott. Hier wird diese Verähnlichung näher bestimmt als abbildhafte Gleichförmigkeit mit dem eingebornen Sohne Gottes. Noch genauer wäre: Verähnlichung mit dem Gottmenschen Christus, der die höchstmögliche Angleichung an das ewige WORT darstellt. Denn dieses ewige WORT ist Seine Person, zu der diese menschliche Natur „passen" mußte. Gnade bedeutet demnach eine seinsmäßige Verähnlichung mit dem Menschen Christus und alles Streben nach Vermehrung der Gnade ist Streben nach innigerer Verähnlichung mit dem Gottmenschen Christus, ist Nachfolge Christi.

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KOMMENTAR

35. F R A G E DIE GEBURT CHRISTI Der zweite Teil der Heilslehre Christi befaßt sich mit den einzelnen Geschehnissen und Werken, in denen Christus unsere Erlösung wirkte. Daher behandelt Thomas der zeitlichen Reihenfolge nach zuerst Christi Geburt. Aus dem Begriff der Geburt ergibt sich wesentlich die Frage nach der Mutter. So gruppieren sich die ersten fünf Artikel um die Frage nach der Mutterschaft der seligsten Jungfrau. Um diese Frage von Grund auf lösen zu können, wird zuerst das Wesen der Geburt erörtert. Der Umstand, daß Gegenstand der Geburt nur eine Person sein kann, Abschluß dagegen nur eine Natur, bietet die notwendige Grundlage für den Beweis, daß die seligste Jungfrau den Titel Gottesgebärerin verdient. Die Wahrheit dieser Lehre erweist auch der Sprachgebrauch der Schrift; Mt 2, 2: Wo ist der neugeborne König der Juden? Lk 2, 11: Heute ist euch der Heiland geboren. Jo 9, 13: Du bist ganz in Sünden geboren. 16, 21: Es ist ein Mensch zur Welt gekommen. 18, 37: Dazu bin ich geboren, von der Wahrheit Zeugnis zu geben. Aus all diesen Stellen erhellt, daß Gegenstand der Geburt stets eine Person ist (Art. 1). Hätte die Antwort auf das Problem des ersten Artikels gelautet: Gegenstand der Geburt ist eine Natur, dann wäre es leichter einsichtig gewesen, daß bei Christus auch eine zeitliche Geburt zutrifft. Denn diese hätte in Ihm nur Seine menschliche Natur betroffen, die Ihm die seligste Jungfrau unter Mitwirkung des Heiligen Geistes in der Zeit geschenkt hätte. So aber ist eine doppelte Geburt in Christus unabweislich. Gewiß muß man genau unterscheiden zwischen der ewigen Geburt aus dem Vater und der zeitlichen Geburt aus der Jungfrau. Ein Widerspruch ergibt sich dabei nicht, weil der Ausgangsgrund bei den zwei Geburten jeweils ein anderer ist, während die Person dieselbe bleibt. Schon Ignatius der Märtyrer bezeugt das: „Ein Arzt, fleischlich und geistig, geschaffen und ungeschaffen, Gott, dei im Fleische wurde, im Tode wahres Leiben, aus Maria und aus Gott, zuerst leidensfähig, dann leidensunfähig, das ist Jesus Christus, unser Herr." Die Stelle ist seinem Brief an die Epheser entnommen (MPG 5/649). Hier ist ein Ansatz für die tiefsinnigen Gedanken der Mystiker über die Geburt Gottes in der Menschheit. Die erste Geburt Gottes im Schoß des Vaters setzt sich fort in der zweiten Geburt Gottes im Schoß der Jungfrau. Obgleich diese zweite Per-

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son zu dieser Geburt als zeitlichem Ereignis keine sachliche Beziehung hat, darf daraus nicht geschlossen werden, daß diese zeitliche Geburt nicht in den Tiefen des dreifaltigen Lebens verwurzelt ist. Denn auch die dem Wechsel unterworfenen zeitlichen Ereignisse sind im freien Entschluß Gottes von Ewigkeit her mitenthalten (vgl. Anm. [53] u. [105]; Bd. 25). Und weil der göttliche Lebensvorgang in einer Weitergabe des gemeinsamen Naturbesitzes von Person zu Person sich vollzieht, so ist jeder freie, auf zeitliche Dinge abzielende Entschluß, damit auch die Geburt aus der Jungfrau, in dieser Weitergabe mitinbegriffen. Das Geheimnis der Geburt der zweiten göttlichen Person stellt die Brücke dar und ist gleichsam die Fortsetzung, durch welche die ewige Geburt Gottes sich in die Welt des Menschen und damit der sichtbaren Geschöpfe hinab ergießt, in sie eingeht und sich mit ihr verbindet (vgl. dazu die Ausführungen bei Thomassin IV, 86 bis 102). Denn das WORT bezieht sich auch als menschgewordene Person auf den Vater, als Kind. Anderseits vollzieht sich in Maria die Erfüllung einer Ursehnsucht des Menschen; sie vermochte in Kraft dieses Gnadengeschehens, nämlich der Fleischwerdung der zweiten Person in ihrem Schoß, einen Menschen als Gott in die Welt zu stellen. In der Geburt Christi vollzog sich daher sowohl die Geburt Gottes in die Menschheit hinein, als die Geburt eines Menschen in die Gottheit hinein. Damit ist der Wahrheitskern eines Leitgedankens von Berdjajew umrissen, der freilich bei ihm mehr ins Kosmische ausgeweitet ist. „Jenes Urdrama und Mysterium des Christentums ist das Mysterium der Geburt Gottes im Menschen und des Menschen in Gott. Wahrlich, dem Christentum liegt das Geheimnis zugrunde der Gottesgeburt im Menschen und der Menschengeburt in Gott. Mehr oder minder erschließt sich in den verschiedenen Perioden des Christentums die eine oder die andere Seite dieses Geheimnisses. Im historischen Geschick erschließt sich mehr das Geheimnis der Gottesgeburt im Menschen. Wenn die Gottesgeburt im Menschen der Mittelpunkt des Weltgeschickes, des Menschengeschickes ist, des irdischen Geschickes dieser Welt, so ist nicht minder tief das Geheimnis, das sich zugleich in den Tiefen des Gottheitslebens selber ereignet — das Geheimnis der Geburt des Menschen in Gott. Denn wenn es eine Menschensehnsucht nach Gott gibt, und wenn als Antwort auf jene Sehnsucht die Offenbarung Gottes im Menschen und die Geburt Gottes im menschlichen Geist erscheint, so gibt es auch die Sehnsucht Gottes nach dem Menschen und die Geburt des Menschen in Gott, die Sehnsucht nach dem Geliebten und in Freiheit Liebenden und — als Erwiderung jener Sehnsucht — die Geburt des Menschen in Gott" (Der Sinn der Geschichte, S. 90). Maria hat im J a wort zur Botschaft des Engels Christus aber auch geistig in sich geboren und Seine leibliche Geburt aus ihr damit erst ermöglicht. J e n e Seligpreisung Seiner leiblichen Geburt durch die Frau aus dem Volke meinte die fleischliche Geburt Christi aus Maria; Christus gab ihr zur Antwort: „Nein, selig, die das

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Wort Gottes aufnehmen und bei sich tragen." Damit meinte Er Seine geistige Geburt in Maria und in jedem Menschen. „Die Geburt des Sohnes im Herzen des begnadeten Menschen" (Eckehart) ist das Anliegen einer uralten theologischen Überlieferung, deren reicher, ununterbrochener Strom über die größten Geister des christlichen Altertums ins Mittelalter hineinfloß (genaue Belege siehe bei Rahner, Die Gottesgeburt). Ebenso wie in Maria muß in jedem Menschen das WORT Gottes sich einprägen — die Empfängnis —, und ebenso wie in Maria muß von jedem Menschen das WORT Gottes ausgeprägt werden — die Geburt. Die geistige Geburt Gottes in uns und unser geistiges Gebären Gottes durch die Gnade aus uns ist nicht etwas nur Moralisches, sondern ein Geschehnis höherer, göttlicher Ordnung, tiefste, göttliche Wirklichkeit. — Da einerseits die seligste Jungfrau ihrem Sohn eine vollkommene menschliche Natur zeitlicher Ordnung schenkte, anderseits die Geburt nur eine Person zum Gegenstand haben kann, gilt der Titel „Mutter Christi" zu Recht (Art. 3). Läßt sich aus der Wahrheit: „Maria ist Mutter Christi", auch die Folgerung ziehen: „Maria ist Gottesgebärerin"? Die Gottesgebärerschaft oder Mutterschaft ergibt sich daraus, daß Gegenstand jeglicher Geburt nur eine Person sein kann; die Person aber bei der Geburt ist die zweite Person der heiligen Dreifaltigkeit, Gott selbst. Gebiert Maria das WORT ebenso wie jede Mutter die Seele ihres Kindes gebiert? Das Wort „gebären" hat einen doppelten Sinn: tragen (englisch bear; die deutsche Nachsilbe -bar bedeutet tragend; fruchtbar heißt fruchttragend), hegen, entfalten, wachsen lassen, zur Reife bringen, während der zweite Sinn, der engere Wortsinn, den Abschluß dieses Vorgangs bedeutet: die Abtrennung der Frucht vom mütterlichen Schoß. Im ersten Sinne kann von einer Geburt der Seele aus der Mutter ebensowenig die Rede sein wie von einer Geburt des WORTES aus Maria. Wie indes eine Mutter den ganzen Menschen aus sich entläßt und damit die in diesem Fleisch eingehüllte Seele, ebenso gebar Maria das Ganze, das da war das in Seine heilige Menschheit eingehüllte WORT. Eine diesbezügliche Schwierigkeit löst Thomassin III, 341: „Das WORT ist wesenhaft ein Ganzes und als solches ein Ganzes mit dem Fleisch und vor dem Fleisch; deshalb bleibt die Person dieselbe mit dem Fleisch und vor dem Fleisch. Dadurch, daß ein Mensch zum WORT hinzutritt, entsteht nicht ein anderes Ganzes neben dem WORT, so daß gleichsam aus dem WORT u n d dem Menschen ein anderes Ganzes entstünde. Wenn nämlich das Ganze ein anderes würde, so würde eine andere Person entstehen. So wird denn durch das Hinzutreten des Menschen zum WORT kein anderes Ganzes, als ebendieses selbe, wesenhaft ein Ganzes bildende WORT schon ist, und zwar ein Ganzes sowohl mit Seinem Fleisch als auch ohne Sein Fleisch. Die Gebärerin also, welche das Fleisch gebiert, gebiert das WORT, weil die Mutter, welche einen Teil gebiert, Gebärerin des Ganzen ist; desgleichen wie die Gebärerin des Fleisches irgendeines Menschen den ganzen Menschen ge-

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biert. Denn wenn sie auch die Seele im Fleische nicht gebären würde, da sie nur das der Seele zugehörende Fleisch gebiert — denn die Seele ist kein Ganzes —, so gebiert doch die das WORT, welche das dem WORTE eigene Fleisch gebiert, denn das WORT ist ein Ganzes" (Art. 4). Maria ist im strengen Sinne Mutter Gottes. Ist das WORT im strengen Sinn ein Sohn Mariens? Die Lösung bietet sich in der Lehre von den Beziehungen. Eine göttliche Person vermag wegen ihrer Gottheit zu etwas Außergöttlichem in keine sachliche Beziehung zu treten. Daher kann es im WORT nur einzige sachliche Beziehung der Sohnschaft geben, die zum Vater hin; die andere zu Seiner Mutter kann nur eine gedankliche sein. Diese gedankliche Sohnschaftsbeziehung zur Mutter will zunächst nichts anderes besagen, als daß Gott wegen Seines Aussichselbstseins in keine kategoriale Beziehung zu irgendeinem Geschöpfe treten kann. Wohl aber war von Ewigkeit her im Geiste Gottes der freie Entschluß enthalten, daß das WORT aus einer menschlichen Mutter geboren werden sollte. Daraus erhellt, daß das WORT nicht erst auf Grund Seiner geschichtlichen Geburt als Gottmensch angesprochen werden kann, es kann mit Fug und Recht von Ewigkeit her als Gottmensch angesprochen werden. Das Hinzutreten der heiligen Menschheit zum WORT bedeutet f ü r das WORT keinen Seinszuwachs, keine Vermehrung, keine Bereicherung oder Änderung, denn es enthielt in Seiner ewigen Ideenfülle den Inbegriff des Menschseins schon in sich; darum blieb es nach Seiner Vereinigung mit dem Fleische dasselbe, was es vorher war und es war von Ewigkeit her schon auf göttliche Weise, was es nachher auf menschliche Weise wurde. Damit rechtfertigen sich zu einem guten Teil die Ideen, die Solowjew und Berdjajew in ihrer Sophiabzw. Gottmenschenlehre niederlegten (Art. 5). Die nächsten drei Artikel behandeln die Umstände der Geburt. Für die schmerzlose Geburt des Herrn spricht eine uralte Überlieferung und überdies der Kanon 79 des 3. Konzils von Konstantinopel, in welchem jeder Ausdruck untersagt wird, der auf eine Geburt unter Schmerzen anspielt. Als Zeuge dieser Überlieferung sei Augustinus angeführt: „Woher eine Unreinheit bei derjenigen, in welcher weder bei der Empfängnis Wollust noch bei der Geburt Schmerz empfunden wird?" (De Quinque Haeresibus, cap. 5). Aus der unbefleckten Empfängnis würde man freilich schließen können: Wenn die seligste Jungfrau ohne Erbsünde war, ohne Sünde empfangen hat, ohne Schmerzen geboren hat, dann dürfte sie auch keinen Tod erleiden, zumal sowohl der Tod wie die Geburt unter Schmerzen ausdrücklich von Gott über die Menschheit verhängte Straffolgen darstellen. Ganz abgesehen davon, daß eine Geburt unter Schmerzen ihre leibliche Unversehrtheit beeinträchtigt hätte, war ihr Tod eine Notwendigkeit f ü r die Jüngerin Christi, denn auch für sie galt das Gesetz der Nachfolge Christi, das die Teilnahme an Christi Sterben und Auferstehen bedeutet. Obwohl Maria wegen ihrer „Sündelosigkeit schlechthin" keine

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der Straffolgen der Erbsünde auf sich nehmen mußte, so übernahm sie doch diejenigen Straf folgen der Erbsünde, die auch Christus übernommen hat, um sie zum Mittel der Heiligung und Gottesverehrung zu machen (Art. 6). Die letzten zwei Artikel betreffen die rein äußeren Umstände der Geburt Christi, Zeit und Ort. Da in der Vorsehung Gottes nur Sinnvolles beschlossen ist, sind die Gründe, die Thomas für Ort und Zeit der Geburt beibringt, ein Versuch, in die Tiefe dieses Sinnes einzudringen (Art. 7 u. 8).

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36. F R A G E DIE KUNDGABE DER GEBURT CHRISTI Der erste der Gründe, die gegen die restlose Offenbarung der Gottheit und Menschheit Christi, besonders gegen die Offenbarung vor allen Menschen, sprechen, liegt darin, daß der Kampf zwischen Licht und Dunkel, zwischen Reich Gottes und Reich des Satans, am Kreuze ausgetragen werden mußte (vgl. Anm. [24]). Dies wäre unmöglich geworden, wenn von Anfang an Seine Gottheit und Messianität unbestreitbar gewesen wäre. Trotzdem nun Christus in der Verborgenheit geboren wurde, mußte Seine Geburt als die Geburt des Weltheilandes irgendwie bekannt werden. Denn es war in der Vorsehung beschlossen, daß die Menschen durch den Glauben ihr Heil erlangen sollten. Daher mußte die Art und Weise dieses Bekanntwerdens sich so vollziehen, daß sie diesem Glauben nicht zu viel und nicht zu wenig Spielraum ließ. J e mehr eine Offenbarung Gottes einsichtig ist, desto selbstverständlicher wird die Anerkennung dieser Offenbarung, desto geringer die Hingabe im vertrauenden Wagnis des Glaubens. J e weniger anderseits eine Offenbarung einsichtig ist, je weniger glaubbar die Zeugnisse für diese Offenbarung sind, um so mehr wächst zwar das Verdienst des Glaubens, um so größer ist dafür die Gefahr, daß diese Offenbarung verkannt wird. Ein weiterer Grund: eine allzu außergewöhnliche Erscheinung des Gottmenschen hätte Ihn allzusehr über das Maß des Menschlichen hinausgehoben und so die Anerkennung Seiner echten und wahren Menschlichkeit zum mindesten gefährdet. Durch dieses Halbdunkel des Glaubens ist die eschatologische Zeit zwischen dem ersten Erscheinen Christi, bei welchem Seine Gottheit mehr verborgen als offenbar war, und Seinem letzten Erscheinen, wo Seine Gottheit in der Menschheit sichtbar wird, gekennzeichnet (Art. 1). Die Antwort zum ersten Artikel zieht eine fortschreitende Verengung und Besonderung der Fragestellung nach sich. Falls Christus nicht allen Menschen geoffenbart werden sollte, mußte Er wenigstens einigen wenigen geoffenbart werden (Art. 2). Weiterhin: War die Auswahl dieser wenigen sinnvoll? Welches war der Sinn dieser Auswahl? Die Antwort beruht nicht auf dem Literalsinn, sondern auf dem übertragenen, typischen Sinn. Eine solche Schriftdeutung stellt nicht etwas Willkürliches, Subjektives dar, sondern rechtfertigt sich schon durch die große theologische Überlieferung, derzufolge auch die Geschehnisse, nicht nur die Worte der Schrift, als eine von Gott herstammende Offenbarung zu deuten sind. Gott hat diese Geschehnisse mit Absicht so gelenkt, daß ein tieferer Sinn darin zum Ausdruck kommt (vgl. 7 Quodl. 14 u. 15, wo sich Thomas zu diesen Fragen äußert). Die Erklärung des Sinnes scheint hier übrigens besonders glücklich und zwanglos (Art. 3). Die Fragestellung des ersten Artikels wiederholt sich in einer gewissen Ähnlichkeit. Thomas bemüht sich weiterhin, zwischen zwei Grenzstellungen den weisen Mittelweg einzuhalten (Art. 4).

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Die Offenbarung des neugebomen Gottmenschen geschah durch äußere und innere Zeichen, durch innere Einsprechungen, durch Engel und durch einen Stern. Diese Zeichen wurden von Gott wunderbarerweise gefügt (Art. 5). Über dies hinaus leuchtet in der Reihenfolge dieser Zeichen die göttliche Sinngebung durch (Art. 6). Im Fortgang werden Ereignisse besprochen, die mit der geheimnisvollen Erscheinung der Magier in Verbindung stehen (Art. 7 u. 8).

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37. F R A G E DIE BESCHNEIDUNG CHRISTI UND DIE ÜBRIGEN GESETZESVORSCHRIFTEN, DIE AN DEM KNABEN CHRISTUS BEOBACHTET WURDEN Zu den Angemessenheitsgründen von Art. 1 lassen sich zwei weitere hinzulügen. Einmal der Ausspruch Christi: „Ich bin nicht gekommen, das Gesetz aufzuheben, sondern es zu erfüllen" in seiner allgemeinen Tragweite. Damit wollte Christus zum Ausdruck bringen, daß Er nicht durch einen Machtspruch von außen, sondern von innen her organisch die Entfaltung religiösen Lebens erreichen wollte. Diese Entfaltung sollte sich nicht auf dem Wege einer Revolution, sondern einer Evolution vollziehen, und zwar in Richtung auf eine Vereinfachung, Verinnerlichung und Zurückführung auf das Wesentliche des religiösen und kultischen Lebens. Diese organische Entwicklung konnte Er dadurch anbahnen, daß Er sich selbst in das Gefüge des alttestamentlichen Gesetzes hineinstellte, um es von innen heraus zu überwinden. Der Überwinder aber war das von Gott persönlich gesprochene WORT und GESETZ. Hier ging Er dem Gesetz des harten und weichen Widerstandes entsprechend vor, das heißt, dem Naturgesetz entsprechend, wie es für den Urheber der Natur sich geziemte. Hart auf hart führt nicht zu Dauererfolgen, der tiefere Grund hierfür liegt in dem Satz der mittelalterlichen Scholastiker: Die Natur macht keine Sprünge. Wer Dauererfolge will, muß in langsamen, kleinen, aber nie nachlassenden Schritten sein Ziel erobern. Dieses zähe, schrittweise Ringen ums Ziel ist organische Evolution. Der andere Grund ist nur eine nähere Anwendung. Christus stand als Mensch innerhalb der Gemeinschaft des Judenvolkes, dessen kultische Bräuche und Riten nicht nur Vorschriften eines politischen Gemeinwesens waren, sondern zu Seiner Zeit sakramentale und streng verpflichtende Geltung hatten. Aus dieser Verflochtenheit hätte Er sich zwar als Urheber des Gesetzes herauslösen dürfen, doch hätte ein derartiger plötzlicher Schritt dem ersten Grunde widersprochen (Art. 1 u. 3). Die Sorgfalt in der Untersuchung der Namengebung Christi läßt die Bedeutung erkennen, welche im Mittelalter den Namen überhaupt beigemessen wurde. Hierin stand das Mittelalter den Urzeiten näher, in welchen der Name die geheimnisvolle Kraft der Vergegenwärtigung seines Inhaltes besaß. Der eigentliche Sinn und die heimliche Kraft der Andacht zum Namen Jesu liegt in diesem Moment lebendig erfahrener und erfühlter Vergegenwärtigung des Gemeinten (Art. 2). Thomas wendet auf Maria den Gedanken der Gleichförmigkeit mit ihrem Sohne an, wozu das im Art. 1 Gesagte gilt. Allerdings konnte Maria die Vorrechte nicht für sich in Anspruch nehmen, die dem Urheber der Natur allein zustehen, denn sie war mindestens äußerlich noch dem Gesetzesgefüge verhaftet. Sie war deshalb um der Gemeinschaft willen, die um ihre Sonderstellung nicht wußte, gehalten, dem Brauch der Gemeinschaft zu folgen (Art. 4).

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38. F R A G E DIE TAUFE DES HEILIGEN JOHANNES Vor der Begegnung Christi mit dem Täufer werden Bedeutung und Wesen der Johannestaufe erörtert, deren Sinn erst unter dem Gesichtspunkt der gesamten Heilsgeschichte offenbar wird. Johannes ist der letzte und gleichzeitig größte Vertreter des Alten Bundes. In ihm verdichtet sich sinnbildhaft die ganze Sehnsucht der Vorzeit. Er weist gleichsam körperlich und berührt den Beginn des Neuen Bundes in Christus. Die Taufe im Jordan stellt den entscheidenden Augenblick dar, wo die beiden Abschnitte der Weltgeschichte sich berühren: die Zeit vor der Menschwerdung des WORTES und die Zeit nachher. Die Johannestaufe war ein religiöser Brauch, dessen Bedeutung vor allem darin lag, daß sie unmittelbar göttlichem Auftrag entstammte (Jo 1, 22 u. Mt 21, 25 u. 26). Anselm sagt zur Johannestaufe: „Einem Sünder gleich bist Du an Deinen Knecht, welcher die Sünder taufte zum Zeichen der Buße, herangetreten, um Dich in allem Deinen Brüdern gleichzumachen. Auch Du hast die Taufe gefordert, unschuldiges Gotteslamm, das kein Tropfen der Sünde jemals befleckt. Du wurdest getauft, nicht indem Du in den Wassern, sondern indem die Wasser in Dir geheiligt wurden, damit Du durch diese uns heiligest." Von der Menschheit Christi, MPL 158/751 (Fr. 38).

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39. F R A G E DER TAUFEMPFANG CHRISTI Überraschenderweise findet sich bei der Darstellung der Umstände der .Taufe Christi die Folgerung, die Taube, in deren Gestalt der Heilige Geist erschien, sei ein wirkliches Tier gewesen. Der diesbezügliche Kommentar Kardinal Cajetans war von der Editio Piana seinerzeit im Druck übergangen worden, er folgt hier im Wortlaut. „Der Titel ist klar. In der Antwort wird die einzige Schlußfolgerung: Jene Taube war ein wahres Tier, bewiesen und durch das Wort des hl. Augustinus bestätigt. Man bemerke hier, daß der Verfasser eine solche Ehrfurcht vor Augustinus hatte, daß er ohne jedes Bedenken versicherte, jene Taube sei ein wahres Tier gewesen, indem er sich mehr auf dessen Gewicht als auf seine eigene Vernunft stützte. Denn er hatte im Sentenzenkommentar seiner eigenen Einsicht zufolge die Auffassung vertreten, jene Taube sei kein wahres Tier gewesen. Sicherlich ist der angeführte Grund nicht zwingend. Denn in nichts geschieht dem Geist der Wahrheit Unrecht, wenn Er nur in der Gestalt einer Taube und nicht als wirkliche Taube erscheint. So erschien er den Aposteln nicht in wahrem Feuer, sondern in der Gestalt von Feuer. Und wie es dort heißt: w i e Feuer, so heißt es hier: w i e eine Taube. Das Geheimnis der Menschwerdung kann hier nicht zum Vergleiche dienen, denn dort ist geschrieben: Das WORT ist Fleisch geworden, und darum muß es wahres Fleisch sein. Hier aber heißt es: w i e eine Taube. Und da alle Evangelisten übereinkommen, indem sie von der Ähnlichkeit mit einer Taube sprechen und keiner von einer Taube schlechthin spricht (Matthäus und Lukas sagen: wie eine Taube, Markus sagt: als wie eine Taube, Johannes sagt: gleichsam eine Taube), darum scheint es meinem kleinen Geiste sinnvoller, dem Text aller Evangelisten auf den Buchstaben zu folgen, als zu sagen, es sei ein wahres Tier gewesen. Denn die Schrift hat auch Autorität, wenn sie vom Heiligen Geist und vom Feuer spricht, nicht als wahres Feuer, sondern gleichsam Feuer, also waren es nicht wahre Zungen, sondern Gestalten von Zungen. Wenn also der Heilige Geist ohne Täuschung in feurigen Zungen erschien, nicht in wahren Zungen, sondern der Gestalt nach (und daran zweifelt niemand), so erschien Er in der Gestalt einer Taube und nicht in einer wirklichen Taube; denn die Schrift braucht dieselben Ausdrücke in beiden Fällen." Ähnliche Ausdrücke finden sich öfters. Darin zeigt sich die Unfähigkeit der menschlichen Sprache, übernatürliche Kräfte und Erscheinungen anders als durch Vergleiche und Bilder wiederzugeben. Die Auffassungen der Väter und Theologen zu obiger Frage sind übrigens geteilt; für die Auffassung der Taube als eines wirklichen Tieres sind Hieronymus, Anselm, Salmerón, um nur diese zu nennen; dagegen sind Ambrosius, Chrysostomus, Theophylakt, die Scotisten und viele andere. Wir behandeln diese Einzelheit ausführlich, weil sie von grundsätzlicher Bedeutung ist für die Stellungnahme zu Auffassungen des hl. Thomas.

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40. F R A G E DIE LEBENSFÜHRUNG CHRISTI Der überlieferte Text aus der Lösung zu 3: „Christi Tat ist unsere Lehre", ist gleichsam die Überschrift zur Gesamtdarstellung des Lebens Christi. Unter dem Lichte dieses Satzes steht besonders die Frage nach der Lebensführung Christi. Die Gründe, welche die Lebensführung Christi bestimmt haben, entsprechen den Bedürfnissen der gefallenen Menschheit. Christus ist in die Welt gekommen als Lehrer, um die Wahrheit zu verkünden. Die Menschheit war seit dem Sündenfall in ein geistiges Dunkel gehüllt, das sie von sich aus nicht zu erhellen vermochte. Die Unzahl der philosophischen Lehrmeinungen des Altertums, die sich gegenseitig widerstreiten, sind dafür ein Beweis. Das fleischgewordene WORT war das Licht, das dieses Dunkel durchbrach, das da jeden Menschen erleuchtet, der in diese Welt kommt. Christus ist in die Welt gekommen als Hirte, um die Menschen von der Sünde zu befreien. Ebenso wie die Menschheit unfähig war, von sich aus die Wahrheit zu erobern, so bezeugt die Geschichte erst recht, daß sie unfähig war, ein sittlich reines Leben zu führen. Selbst Plato, einer der sittlich und religiös höchststehenden Geister des Altertums, legt davon im Phaidros Kunde ab, indem er die menschliche Seele durch Schuld von der Ideenschau ausgestoßen sein läßt. Die Menschheit ohne Christus ist ein Beweis für die Unerlöstheit der Menschheit. Christus ist in die Welt gekommen als Freund, „damit wir durch Ihn Zutritt zum Vater haben" (Rom 5, 2). Thomas hat öfters, z. B. I—II, Fr. 3, 8 (Bd. 9) und im III. Buch der Summe gegen die Heiden (Kap. 25 ff.) gezeigt, daß das menschliche Erkennen seine volle Sättigung und Befriedung nur in unmittelbarer Schau des unendlichen Gottes finden kann. Der menschliche Verstand ist von sich aus niemals imstande, sich zu solcher Höhe aufzuschwingen, denn die Vorbedingung ist eine seinsmäßige Teilnahme am innergöttlichen Leben. Des Menschen tiefstes Wesen ist Unendlichkeitssehnsucht. „Nur meine Sehnsucht ragt Dir bis ans Kinn und steht vor Dir wie aller Engel größter, ein fremder, bleicher und noch unerlöster, und hält Dir seine Flügel hin." R. M. Rilke. Durch die Gemeinschaft mit dem Gottmenschen ist dem Menschen der Zutritt ins innergöttliche Leben, in den Urgrund alles Seins gegeben: „Niemand kommt zum Vater, außer durch Mich." Dieselben Gründe, die Christus veranlaßt haben, unter den Menschen zu leben, gelten auch für die Gesamtkirche als für den fortlebenden Christus. Damit entfällt auf jeden, der lebendiges Glied dieses fortlebenden Christus sein will, irgendwie auch die Last, durch sein Wort, seine Tat, durch unschuldiges Leben in Gerechtigkeit die Göttlichkeit dieser Kirche zu offenbaren. Das ist die eigentliche Aufgabe katholischer 19

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Aktion (Art. 1). Das schwerste Opfer und das entsagungsvollste Leben wird verlangt im Leben der Gemeinschaft, das getragen sein will von stets bereiter Liebe und Opferfreudigkeit, das sich weder verbittern läßt noch abschließt. Daher war das Leben Christi, des HEILIGEN überhaupt, mitten unter unvollkommenen Menschen, trotz Seiner zwanglosen Natürlichkeit und seines scheinbaren Mangels an äußerer Strenge ein Leben ununterbrochenen Opfers, das, aus unbeugsamer Liebe geboren, höchste Vollkommenheit verlangte. Alle äußeren Strengheiten, Armut, Fasten und dergleichen, sind notwendige Mittel, aber nur Mittel, um zu dieser Vollkommenheit zu gelangen. Kardinal Cajetan bemerkt dazu: „Christus war das Beispiel der Vollkommenheit in allem, was an und für sich wesentlichen Bezug hat auf das Heil. Daraus kann man ersehen, daß man in allem, was keinen wesentlichen Bezug hat auf das Heil, was also nicht an und für sich gut ist, sondern nur in Hinordnung auf ein Ziel gut ist, wie Enthaltsamkeit, Armut und anderes, bei Christus nicht das, was strenger ist, suchen muß, als wäre es das Vollkommenere, sondern das, was mit dem Ziel der Menschwerdung tiefer im Einklang steht; ob es nun streng ist oder nicht." Die Vollkommenheit besteht daher darin, daß man alle diese Mittel auf das Wachstum in der Liebe hinordnet, welche die Fülle, der Überschwang des Gesetzes ist (Art. 2). Zur Forderung nach Uneigennützlgkeit und Selbstlosigkeit der Prediger spreche die Autorität Cajetans: „Merket, Ihr Herren Prediger, sowohl daß die Prediger von zeitlichen Sorgen ganz frei sein müssen, als auch daß sie nicht den Anschein erwecken dürfen, als predigten sie um des Gewinnes willen. Und diese Forderung streitet gegen viele, die um Lohn predigen, die den Ort der Predigt aussuchen nicht unter dem Gesichtspunkt der Ernte für das Reich Gottes, sondern des größeren Lohnes oder Almosens für sich oder ihr Kloster. Wieviel das erste schadet, zeigt die Erfahrung; denn allmählich wird die Predigt verlassen, wenn der Besitz zunimmt, wie das Predigtamt auch verlassen scheint von Bischöfen, Äbten und anderen reichen Klerikern und Ordensleuten. Das zweite aber läßt das hauptsächliche Amt Jesu Christi und der Kirche verwahrlosen zu einer Lohn- und Bettelsache. In der Antwort Zu 1, wo der Unterschied zwischen freiwilliger und erzwungener Armut unter dem Gesichtspunkt der Gelegenheit zur Sünde festgestellt wird, bemerke man folgendes: Nicht das wird freiwillige Armut genannt, was durch das Gelübde allein bestätigt ist, sondern die freiwillige Beharrlichkeit in der Armut. Denn es nützt wenig, die Armut gelobt zu haben und sie widerstrebend zu ertragen. Diese letztere Art von Armut fällt nämlich in die erzwungene zurück und wird von einer freiwilligen zu einer unfreiwilligen. Auch der beharrliche Wille zur Armut genügt nicht, so nämlich, daß die Bequemlichkeiten nicht fehlen. Ein solcher Wille hat mit der Armut nur den Namen gemeinsam, nicht die Sache. Daß der Wille zur Armut und der Wille, es gleichzeitig an nichts gebrechen zu lassen, kein Wille zur Armut ist, erhellt aus

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folgendem: Salomon nennt drei Dinge, Reichtum, Armut und das zum Leben Notwendige, und aus den beiden Gegensätzen wählt er sich das Mittlere, und ebendas tut der Sache nach, wer unter dem Namen der Armut es sich an nichts gebrechen lassen will. Denn der Arme muß freiwillig sowohl den Namen wie die Wirklichkeit der Armut je nach Ort und Zeit wollen, und zwar so wollen, daß er auch gerne, wenn die Bequemlichkeiten fehlen, Not leidet. Auf diese Weise wird die Armut zu keiner Sünde Gelegenheit bieten. Und weil das wenigen lieb zu sein scheint, daher kommt es, daß die Unvollkommenheit der Ordensleute so groß geworden und gewachsen scheint." Zum nächsten Artikel vergleiche den Kommentar zur Fr. 37.

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41. F R A G E DIE VERSUCHUNG CHRISTI Daß der Teufel Christus nur von außen her versuchen konnte, hat seinen Grund darin, daß die menschliche Natur Christi in keiner Weise in Unordnung gebracht war wie die unsere. Diese Unordnung besteht in einer Lockerung und zum Teil Verkehrung des Seelengefüges: die niederen Seelenkräfte gehorchen nicht mehr der unbedingten Herrschaft und Führung der höheren Seelenkräfte, vor allem des Verstandes, aber auch des Willens. Daher können Regungen der niederen Seelenkräfte im Widerspruch zur Grundhaltung des höheren Teiles der Seele auftreten. So ist es bei uns möglich, daß sich nach dem Vergleich der hl. Theresia der Verräter in die Seelenburg einschleichen kann und gewissermaßen von innen her eine Palastrevolution anzuzetteln versucht. Sowenig dies bei Christus möglich war, sosehr wollte Er uns den Trost schenken, Ihn wenigstens äußerlich in gleicher Lage zu sehen (Art. 1). Christi Tat ist unsere Lehre. So wie Christus in der Einsamkeit vom Teufel versucht wurde, so muß sich jeder Christ, welcher über das Mittelmaß hinaus zur Vollkommenheit emporstrebt, in der nun unvermeidlich werdenden Einsamkeit seiner inneren Kämpfe auf Versuchungen des Teufels gefaßt machen. Die Liturgie spricht im Text der Jungfrauenweihe einen ähnlichen Gedanken aus: der böse Feind bedroht hochgemutere Neigungen mit heimtückischeren Nachstellungen. Darum hält auch der hl. Benedikt im ersten Kapitel seiner Regel das Einsiedlertum nur für wenige Auserwählte bestimmt: „Die Einsiedler . . ., das sind jene, die nicht im Erstlingseifer ihrer Lebenswende, sondern durch alltägliche Erprobung im Kloster und durch lehrreiche Tröstung vieler anderer bereits wissend geworden sind; die gelernt haben, gegen den Teufel zu kämpfen. Sie müssen schon wohlgeschult sein, um aus der Kampfordnung der brüderlichen Gemeinschaft herauszutreten und dann, auch schon ohne den Trost eines anderen sicher gefestigt, in der Einsamkeit mit unbewaffneter Hand oder Arm gegen die Laster des Fleisches und der Gedanken allein mit der Hilfe Gottes zu kämpfen" (Art. 2). Die Gründe für die Versuchung im Anschluß an das Fasten sind wie auch besonders im folgenden Artikel Konvenienzgründe (Art. 3). Das Verhalten Christi bei Seiner Versuchung belehrt uns, daß wir sofort bei jeder aufsteigenden Gefahr glatt abbrechen, ohne in lange Verhandlungen einzutreten. Denn nur dadurch gewinnen wir Abstand von der Sünde, Festigkeit im Guten, das heißt, Tugend. Der selige Heinrich Seuse beschreibt das anschaulich: „ . . . Diese Menschen macht nichts auf dem Erdenreich sosehr irre, als daß sie dem häßlichen Geraune (den Einflüsterungen des bösen Geistes) lauschen und ihm antworten und so mit dem Verstand ihm widerstehen und dawider disputieren wollen, und davor sollen sie sich hüten wie vor dem Tod, denn bei dem Widerstand sinken sie darein ohne alle Hilfe. Und darum, sobald es den geistigen Ohren ein-

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geraunt wird, sollen sie recht geschwind, ohne alles Ankämpfen, sich davon abkehren auf das Nächste hin, das sie sehen, hören oder wissen, recht als ob sie zu ihm sprächen: Habe dein 'Geraun mit dir selbst, es geht mich nichts an, du bist doch zu böse dazu, als daß ich dir hierauf antworten sollte. Seht, und das geschieht wirklich, je weniger sie seiner achten, um so rascher kommen sie davon los. Und das tun sie wieder und wieder, bis sie eine gewohnte Abkehr davon gewinnen" (Übertragung von Heller) (Art. 4).

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42. F R A G E DIE LEHRE CHRISTI Die Erscheinung Christi als Lehrer wird nur verständlich im Licht des Alten Bundes. Der Alte Bund, wie überhaupt die Seele Israels, hat in seiner letzten Tiefe, in seinen edelsten Vertretern „nicht von den Berechnungen und Begierden des Mammon, sondern von der Kraft eines fühlenden Herzens, von der leidenschaftlichen Hoffnung ewigen Messiasglaubens" (Solowjew) gelebt. Allerdings war die Idee der Verheißung des Messias bei einem guten Teil des jüdischen Volkes säkularisiert und politisiert worden. Die Verheißungen eines Reiches wie auch die Verheißung eines Sohnes für Abraham wollte Gott verbunden wissen mit dem Glauben an ein alles Fleisch transzendierendes Wirken Seiner Erbarmung. Daher kommt das Versagen der Juden aus einem wesenhaften Mißverstehen der Verheißungen Gottes. Das, was Gott geistig verstanden wissen wollte, fassen die Juden rein fleischlich und daher diesseitig auf; durch dieses Versagen schließen sie sich selbst von der Erfüllung der Verheißungen aus. Die Gleichnisse Christi, z. B. das Gleichnis von den Arbeitern in der zwölften Stunde, vom verschmähten Hochzeitsmahl, vom Erben des Weinbergs, den die Winzer erschlugen, und andere mehr haben ihren letzten Sinn im Übergang der Verheißungen an Würdigere. Darum gingen denn auch die von Gott feierlich gegebenen Verheißungen nach der endgültigen Abweisung des Messias von den Juden auf die Heiden über. Darum ist der Auftrag Christi vor Seiner Himmelfahrt: „Gehet hin und lehret alle Heiden" als Ausdruck einer Wende in der Heilsgeschichte zu verstehen. Die Kirche, die fortan aus „Heiden und Juden" besteht (vgl. zum Ganzen Peterson), transzendiert »lies Fleisch, alles nur Diesseitige, sie ist der Einbruch des rein Göttlichen in die Menschheit und damit die Heraufnahme und Erhebung derer, die guten Willens sind, in eine rein geistige, ewige Gemeinschaft (Art. 1). Der Streit Christi mit den Pharisäern, Schriftgelehrten und Priestern gibt nicht ohne weiteres Aufschluß über den grundsätzlichen Ausgleich von Spannungen zwischen Obrigkeit und Untergebenen. Denn Christus als Gottmensch stand über dem Gesetz; Er war unschuldig und Seine Gegner schuldig; Er durchschaute Seine Gegner bis in die letzten Schlupfwinkel ihres Herzens. Diese drei Bedingungen treffen nie in gleicher Weise zu bei gewöhnlichen Menschen, auch wenn sie besten Willens, selbst wenn sie heilig sind. Cajetan gibt auf diese Schwierigkeiten des Spannungsausgleichs eine Antwort, die erst aus dem Wesen der Gemeinschaft heraus verständlich wird. Der innere Zusammenhalt einer Gemeinschaft ist die aus ihrem Gefüge heraus verlangte Führung und Obrigkeit. Eine Gemeinschaft ohne Führung ist ein Seinswiderspruch. Daraus erhellt die unumgängliche Notwendigkeit, Führung und Obrigkeit um der Gemeinschaft willen zu achten und anzuerkennen. Erst im Lichte dieser von Gott gewollten Stellung von Führung und Obrigkeit wird das

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vorsichtige Vorgehen Cajetans verständlich. Das A m t eines Oberen ist durch göttliche Ordnung geheiligt, durch sein p e r s ö n l i c h e s Versagen kann die Ordnung der Gemeinschaft eine Störung erleiden. Wieweit können hier Untergebene eingreifen, um persönlichen Mängeln und Versagern der Oberen gegenüber Abhilfe zu schaffen, in der Absicht, der Gemeinschaft einen Dienst zu erweisen? Es sind mehrere Fälle zu unterscheiden. Man darf sich auf Christi Beispiel nur berufen, wenn aus einer öffentlichen Zurechtweisung der Oberen eine Besserung des Gemeinwohls zu erwarten ist. Wenn das Beispiel der Oberen aktiv zum Bösen anreizt, ist ein triftigerer Anlaß geboten, einzuschreiten, als wenn diese Oberen sündigen aus Schwäche und ohne eigentlich bösen Willen. In allen Fällen soll zuerst geheim, dann vor Zeugen und erst zuletzt vor der Öffentlichkeit eine Zurechtweisung erfolgen. Man kann indes das Verhältnis Christi zu Seinen Widersachern nicht nur unter dem Gesichtspunkt Seiner Unterordnung unter die religiöse Obrigkeit auffassen, sondern auch unter dem Gesichtspunkt Seiner Überordnung über diese. Auch so kann Sein Handeln als Richtschnur dienen. Wenn die Pflicht zu einem öffentlichen Verweis nach fruchtlosem Versuch im geheimen und vor Zeugen nicht mehr zu umgehen ist von seiten der Oberen, dann dürfen diese das Ärgernis von Seiten der getadelten Untergebenen nicht fürchten. Ist eine solche Überordnung im Amte nicht gegeben, dann muß derjenige, welcher sich zu einem solchen Verweis berufen hält, sich an die Oberen der Schuldigen wenden, bevor er selbst Schritte unternimmt. Anderseits genügt es meistens, solche Fehler im allgemeinen und ohne öffentliche Anspielungen oder Namensnennungen vor dem Volk zu tadeln, so daß sich niemand mehr auf schlechtes Beispiel berufen darf. Wer immer zu solchen öffentlichen Warnungen und Mahnungen sich berufen glaubt, muß sich in umfassender Klugheit, in tiefer, echter Demut, in langem Gebet geprüft haben, damit er gleichsam im Auftrag Gottes aus letzter Schau der Dinge heraus in Ruhe handelt (Art. 2). Christus hat einiges insgeheim gelehrt, einiges öffentlich; warum hat Er einem Teil Seiner Hörerschaft einen Teil Seiner Lehre vorenthalten? J e mehr sich eine Form ins Stoffliche hinabsenkt, desto weniger vermag sie einen allgemeingültigen, zeitlosen Sachverhalt auszuprägen. Ebenso ist es in der Erkenntnisordnung. J e mehr der Geist die Wesensformen und Wahrheiten aus der Umkleidung des Sinnenfälligen herauslöst, desto tiefer vermag er in die eigentliche geistige Wirklichkeit der Dinge einzudringen. Es ist also für die Erkenntnis höherer geistiger Wirklichkeiten eine höhere geistige Bereitschaft, eine höhere Stufe der Vergeistigung erforderlich, ein Freisein aus der Gebundenheit an das nur Sinnenfällige, nur Bildhafte, dem Stoff Verschränkte. Aus diesen Gründen war der tiefere Inhalt der Gleichnisse Christi nur denen zugänglich, welche die erforderliche Stufe der Vergeistigung schon erreicht hatten, nicht aber der großen Menge.

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Trotzdem war auch für die Menge ein Mindestmaß an sittlichen Folgerungen aus diesen Gleichnissen einsichtig, und in dem Augenblick, wo sie diesen Folgerungen Hingabe und Treue schenkte, reinigte und läuterte sie sich zu einer höheren Stufe der Erkenntnis dieser Gleichnisse empor. Die „Existenzialität", das heißt die in die Lebensführung umgesetzte Verwirklichung einer Erkenntnis ist die Voraussetzung für den Aufstieg zu höheren Erkenntnissen. Erst diese Erwägung setzt die scheinbare Härte des Satzes: die Menge wäre nicht fähig oder nicht würdig gewesen, geistige Geheimnisse zu fassen, ins rechte Licht (Art. 3). Dieser Artikel ist vor Luther gegen Luther geschrieben worden. Denn die Überlieferung auf Grund der Schrift wie auch die Überlieferung ohne die Grundlage der Schrift sind Offenbarungsquellen. Die Einschränkung des kirchlichen Lebens allein auf das, was die Schrift ausdrücklich enthält, ist ein Zeugnis intellektualistischer Skepsis. Aufzeichnungen sind im Grunde nur dort notwendig, wo Gefahr besteht, einen in lebendigem Besitz getragenen Inhalt zu verlieren. Die Angst schreibt auf; kraftvoll in sich selbst stehendes geistiges Leben braucht an und für sich nicht nach solchen Sicherungen zu greifen. Die Kirche aber gibt göttliches Leben weiter, das stärker ist als alles Geschriebene (Art. 4).

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43. U N D 44. F R A G E DIE WUNDER CHRISTI IM ALLGEMEINEN, UND: EINZELNEN ARTEN DER WUNDER

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Um sich als Gottmensch auszuweisen, mußte Christus Taten vollbringen, die sich als göttliche Taten auswiesen. Angesichte der unübersehbaren Menge der Wunder Christi gilt folgende Erwägung Cajetans: „Wie könnte einem Menschen, der sich fälschlicherweise Gottes Namen und Kraft anmaßte, Gott Beistand leisten bei so vielen Werken, die der Gottheit allein möglich sind, als Zeuge für eine Lüge? Man denke an das sechste Kapitel des I. Buches der Summe gegen die Heiden. Entweder gibt man zu, daß Christus die im Evangelium berichteten Wunder gewirkt hat oder nicht. Gibt man es zu, so ist Seine Gottheit erwiesen, wie aus den drei in der Antwort erwähnten Gesichtspunkten hervorgeht. Gibt man es nicht zu, so ist Seine Gottheit wiederum erwiesen. Denn es ist das größte Wunder, daß ein armseliger, junger und ungelehrter, aus einem verhaßten Volke stammender Mensch, ein Jude nämlich, der im Stich gelassen wurde und sich Golt nannte, die Verfolgung mit so viel Schmach und den schimpflichsten Tod ertrug; daß ebendieser — der f ü r einen Toren gehalten wurde von den Seinen, von den Juden, von Herodes, von Pilatus —, der den Tod versprach und alle Übel, nach Seinem Tode durch arme Fischer, durch ungelehrte, allen verhaßte, dem Tode ausgelieferte Menschen, ohne Wunder gegen die ganze Welt, welche Götzenbilder verehrte, kämpfte und gesiegt hat. Ruhet still und schauet, daß ICH Gott bin (Ps 44, 11)". Erst am Ende der Zeiten wird offenbar sein, wie die wunderwirkende Kraft Christi sich durch Seine Glieder hindurch zu allen Zeiten fortgesetzt hat, wie Seine im mystischen Leibe sich fortpflanzende Wunderkraft ob der Gebrechlichkeit, Schwächlichkeit und äußeren Machtlosigkeit Seiner Glieder ein viel größeres Wunder war als alle die Wunder zusammen, die Er zu Seinen Lebzeiten vollbrachte. Wenn die Wunder Christi, wie in den Antworten wiederholt wird, geschehen sind, um die Gottheit Christi zu beweisen, so bleibt doch die Frage, ob solche Beweise zwingend waren. Diese Wunder könnten vor dem menschlichen Geiste aufleuchten als Beweis f ü r eine übernatürliche Wahrheit, die nur im Strahl der Gnade sichtbar wurde; sie konnten auch als logisch zwingender Beweis den vom natürlichen Licht der Vernunft erhellten menschlichen Geist zur Einsicht führen. Der letztere Fall berührt sich mit der Frage, ob es einen natürlichen Glauben an übernatürliche Wahrheiten und Geschehnisse geben kann. Ein derartiger Glaube scheint möglich zu sein, z. B. in folgendem Schlußverfahren: Gewisse Taten können nur von Gott gewirkt werden. Nun aber sind diese Taten von einem Menschen gewirkt worden, welcher zugleich Verkünder von Offenbarungen ist; also müssen sowohl die Wunder echt wie auch die Offenbarungen wahr sein. Daraus scheint sich zu ergeben, daß die WTunder Christi den Verstand

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derjenigen, die sie miterlebt haben, zur Zustimmung nötigten in Seine göttlichen Kräfte. Also schiene ein rein natürlicher Glaube möglich, und zwar eher noch für die bösen Geister, die, die bei ihrem höheren und scharfsinnigeren Verstand eine gründlichere Einsicht haben, als für die Menschen. Trotzdem ist jener Glaube, der den Anfang des christlichen Lebens darstellt, nicht gleichzusetzen mit solchem Glauben natürlicher Herkunft. Denn aus den Worten der Schrift ist erkennbar, daß der echte Glaube der organische Anfang der künftigen unmittelbaren Gottesschau ist im anderen Leben. Ein solches Anfangen fordert eine innere gnadenhafte Erhöhung unserer Erkenntniskraft, die dem geschaffenen Geist von sich aus unerschwingbar ist. Die Wunder Christi konnten wohl einen natürlichen Glauben begründen, der aber aus sich in keiner Weise die Kraft jenes übernatürlichen Sehens besaß, das den echten, gottgewirkten Glauben kennzeichnet. Wohl aber vermag dieser natürliche Glaube eine rein natürliche Vorbedingung zu schaffen, er kann „den Acker lockern für das beste Korn". Und dieses muß von oben hineingesenkt werden (vgl. Stolz, Glaubensgnade und Glaubenslicht).

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45. F R A G E DIE VERKLÄRUNG CHRISTI Wenn „Christi Tat unsere Lehre" ist, dann bedeutet auch Seine Verklärung ein „Richtbild" für uns. Er hat vor den harten und bitteren Tagen Seines Leidens dessen ganze lockende und leuchtende Frucht Seine Jünger schauen lassen. Damit ist für die christliche Predigt grundsätzlich ein Weg gezeigt. Allen Christen, vor allem den Führern, muß das Ziel in seiner ungebrochenen Lichtfülle vor Augen schweben. Es darf also dem christlichen Menschen das Ziel nicht als eine Beseligung der Seele allein vorgestellt werden, sondern als eine Umwandlung des ganzen Menschen mit Leib und Seele. Das Ziel des christlichen Lebens ist nicht spiritualistisch, nicht monophysitisch, es ist ein Gleichgeformtwerden in den Gottmenschen hinein, die Vergöttlichung des ganzen Menschen, also auch seines Leibes. Der Christ, der allezeit den Einsatz seines Leibes wagen muß, nicht nur in Versuchungen, in Verzichten auf leibliche Freuden, sondern auch im Martyrium, muß wissen, daß er diesen Leib nicht verliert, sondern verwandelt, vergeistigt, vergöttlicht wieder zurückerhält. Eine weitere Folgerung drängt sich auf. Der Christ besitzt seit der Taufe die Teilnahme am göttlichen Leben, denn in der Gnade ist die Glorie keimhaft angelegt und verlangt entwickelt zu werden. Der Christ darf daher nicht nur an seinem Leib ersetzen wollen, was den Leiden Christi mangelt, er darf nicht nur das Zeichen des Gekreuzigten sein, er steht auch unter der Pflicht, Herrlichkeit und Sieg seines Herrn in Freude, Gnadenkraft und Mut nach außen zu offenbaren. Damit ist nicht ein oberflächlicher, übertünchter Optimismus gemeint, sondern eine übernatürliche Haltung, die Tag für Tag auf Reinigung der Seele drängt, um sich zu immer geistigerer Freude emporzuläutern; dabei muß er sich bewußt bleiben, daß dieses Leiden, welcher Art es auch sein möge und so unerläßlich es ist, nur ein Durchgang ist zum verklärten Herrn. Der Gekreuzigte ist nicht das letzte Ziel des Christentums; wenn dem so wäre, hätten seine Gegner zu gewissen Vorwürfen ein sachliches Recht; Ziel alles christlichen Lebens ist immer der Auferstandene (vgl. Otto Mauer, Der Auferstandene). Die Andacht zur sakramentalen Gegenwart Christi ist in diesem Sinn eine Andacht zum verklärten Herrn in Seiner gottmenschlichen Herrlichkeit (Art. 1). Man vergißt leicht, daß die Selbstentäußerung oder auch Selbstentleerung Christi, wie sie im Anschluß an das Wort Pauli („Er hat sich selbst entäußert und Knechtsgestalt angenommen", Phil 2, 7) genannt wird, eine gewaltsame Zurückdämmung der göttlichen Herrlichkeit und Lichtglut ist, welche an und für sich aus der Gottheit Christi über Seine Seele als Bindeglied auf den Leib hätte überströmen müssen. Die Verklärung wird von Thomas wunderbar genannt, nicht in bezug auf Seine Seele, denn für diese war von Anfang der verklärte Zustand natürlich gewesen, sondern für Seinen Leib, denn 20 27

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dieser war noch leidensfähig und nur vorübergehend von der Herrlichkeit Gottes überflutet. Der Einwand, daß für Christus, dessen Seele von Anfang an die Glorie der Gottesschau umstrahlte, auch eine leibliche Verherrlichung nicht wunderbar sein konnte, hat sein Recht. Nur ist zu bedenken, daß es ein größeres und unbegreiflicheres Wunder war, wenn Er in Seiner Selbstentäußerung die Auswirkung der Glorie auf den Leib zurückdämmte für die Dauer vieler Jahre, als wenn Er ein zeitweiliges Übergreifen Seiner Herrlichkeit auf den leidensfähigen und sterblichen Leib gestattete. Die Verklärung, die für kurze Zeit erfolgte, war ein kleineres Wunder als die Selbstentäußerung, das grundlegende Wunder Seiner Menschwerdung, die für viele Jahre Seine Herrlichkeit verbarg (Art. 2). Es ist verständlich, wenn die „kleine Schar" der Zeugen Seiner Herrlichkeit sich wiederfindet am Ölberg, denn soviel nimmt jemand an der Herrlichkeit teil, als er an der Erniedrigung teilnimmt (Art. 3). Die Kirche betet am Feste der Verklärung Christi: „Gott, Du hast bei der Verklärung Deines einzigen Sohnes die Geheimnisse des Glaubens durch der Väter Zeugnis bekräftigt und die vollkommene Annahme an Kindes Statt durch die Stimme aus der wunderbar leuchtenden Wolke angedeutet; mach uns gnädig zu Miterben dieses Königs der Herrlichkeit und zu Seinen Gefährten."

300

VERZEICHNIS

DER

BENUTZTEN TUR

LITERA-

Backes Ignaz, Die Christologie des hl. Thomas von Aquin und die griechischen Väter. Paderborn 1931. Bardenhewer Otto, Geschichte der altchristlichen Literatur. 1913. Belser Johannes, Kommentar zur Apostelgeschichte. Wien 1905. Berdjajew, Der Sinn der Geschichte. Darmstadt 1925. Dalman Gustav, Orte und Wege Jesu. Gütersloh 1921. Feiten Josef, Neutestamentliche Zeitgeschichte. Regensburg 1910. G redt Josef, Die aristotelisch-thomistische Philosophie. Freiburg 1935. Keller Hermann, Kirche als Kultgemeinschaft, aus „Benedictinische Monatschrift", 17. Jahrgang, 1935. Mauer Otto, Der Auferstandene. Salzburg 1935. Peterson Erik, Die Kirche aus Heiden und Juden. Salzburg 1933. Rahner Hugo, Die Gottesgeburt, aus „Zeitschrift für katholische Theologie", Heft 3, Innsbruck 1935. Stolz Anselm, Glaubenslicht und Glaubensgnade nach Thomas von Aquin, „Studia Anselmiana". Rom 1933. Thomassin Ludwig, Dogmata theologica, I—V, Neuauflage. Paris 1866. Vuippens, Ild. de, Le Paradis terrestre au troisième ciel, „Studia Friburgensia". Freiburg (Schweiz) 1925. Besonders eingehend wurden die Arbeit von Backes, sowie die Feststellungen der Editio Leonina zum Vergleich der Ergebnisse herangezogen.

20*

301

BERICHTIGUNGEN D. T. == deutscher Text; u. =

von unten; o. =

S. 27 d. T. o. Z. 10: lies 2 Sm statt 2 Kg. S. 233 d. T. u. Z. 1: lies 1 Kg statt 3 Kg.

302

von oben.

ALPHABETISCHES

A Abtötung, Wert 142f 164 290f. — Zweck 140 143. Aktion, katholische 290. Alter, reifes A. Vorbedingung f ü r Lehrtätigkeit. Amt u. Träger des Amtes 295. Apokryphen, Wertung d. A. durch Thomas 25 47 199. Apologetik d. Mittelalters 271. Apostolat 290. — Armut u. Reichtum i. A. 146 f 290. — Christus, unser Vorbild i. A. 137 146. Apostolisches Leben vollkommener als rein beschauliches 268. Ärgernis u. Wahrheit 181 270 295. Armut im Apostolat 146 148 290. — Christi 80 146. — u. Demut 149. — freiwillige u. gezwungene A. 148 290. — als Gelegenheit z. Sünde 148 290. — Gelübde d. A. 290. — u. christliche Vollkommenheit 290f. Artbestimmung von Bewegung 5 7 258. B Balaam, Prophezeiung B.s 52 264. Beschaffenheit, Arten 273. Beschneidung Christi 67—71 Gründe f. B. Chr. 68 286. Zweck 79 82 176. — Ende d. B. 69. — geistige B. 70f. — Heilmittel gegen Erbsünde 68 91—93.

SACHVERZEICHNIS

Bethlehem, Wortbedeutung 27. — Geburtsort Christi 27 f. Bewegung, Artbestimmung 5 7 258. — Erstbeweger unbeweglich 105. Beziehung, artverschiedene B.en durch artversch. Ursachen 18. — in Christus nur e i n e sachliche B. 20. — Verhältnis d. B. z. d. Endgliedern 22 260 f. — zwischen Erkennendem u. Erkanntem 262. — gedachte B. 22 262. — d. Geschöpfe zu Gott 20. — Gottes z. d. Dingen nur eine gedachte 20 282. — sachliche B. 261 280. — vervielfachte B. 18 f 22 — Wesen 16 261. — wirkliche B. 20 22. Blindenheilung 203 224 230. Brotvermehrung, wunderbare 170 196 236 272. Bund, Stellung Christi z. A. u. N. B. 104 106. — Messiasglaube i. A. B. 294. Bußtaufe d. Johannes 92 265. C Christus, der Abstammung nach Jude 15 69. — Ankunft Chr. z. Gericht sichtbar 36. — Armut Chr. 80 146. Gründe f. A. Chr. 146. — nur e i n e sachliche Beziehung in Chr. 20. — Stellung Chr. z. A. u. N. Bund 104 106. — Darstellung Chr. im Tempel 76-80.

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Christus kein Einsiedler 136. — von S. Empfängnis an v. Hl. Geist erfüllt 108. — Gottes Sohn 131. — frei v. d. Folgen d. Erbsünde 24 70. — von Ewigkeit her 9. — Fasten Chr. 164. — als Freund 289. — fürsprechendes Gebet Chr. 118. — Geburt Christi, s. Geburt. — Stellung Chr. z. Gesetz 89f 77f 149f. — Gottessohnschaft Chr. v. d. Dämonen nicht erkannt 156 211.

— Bezeugung d. G. durch Wunder 197 202 210 223 225 297. — Offenbarung d. Gottheit Chr. 133 138 178. — Beweis d. G. Chr. 297. durch S. Menschheit 138. — d. göttl. Natur nach immer im Himmel 119. — göttl. u. menschl. Natur aussagbar v. d. Person Chr. 14. — u. d. Heiligen 245. — Königsherrschaft Chr. i. S. Leiden vollendet 27. — Lebensweise Chr., s. Lebensweise. — Lehre Chr., s. Lehre. — Leib Chr., s. Leib. — stellvertretendes Leiden Chr. 25. — Ziel d. L. Chr. 239. — Macht Chr. 195 197 203 227. über d. Seelen 228. — wahrer Mensch 35 68 112 211. — vereinigt Menschennatur mit S. Person 8f 74 76. — Heilsbedeutung d. Menschheit Chr. 112. — als Hirte 289. — als Lehrer 289 294. - S. Lehrweise 181 1&5 188. - menschl. Natur Chr. 223. Mitwirken d. m. N. Chr. 229.

304

Christi menschliche Natur. Schwäche d. m. N. Chr., 46 223. — Mutter Chr., s. Maria. — Nachfolge Chr. 282. — Name Chr. 71—75. im A. Bund 71 74. — das wahre Opfer 79. — e i n e Person i. Chr. 20. — u. d. Pharisäer 181 216 294. — Priestertum Chr. in S. Leiden vollendet 27. — u. Sabbat 151. — Selbstentäußerung Chr. 299. — Sieger über d. Tod 271. — wirklicher Sohn d. Jungfrau-Mutter 21. — nur e i n e ewige Sohnschaft in Chr. 16 20f. — keine zeitliche Sohnschaft in Chr. 21. — ohne Sünde 111. — Taufe Chr., s. Taufe. — Tod Chr. freiwillig 24. — in d. Verheißung 176. — Versuchung Chr., s. Versuchung. — Vollkommenheit Chr. als Mensch 107. — unser Vorbild 28 68f 82 106 108 112 122 142f 145f 156 159 163 173 180 213f 232 287 290 292. im Apostolat 137f 146. — unser Weg zum Vater 137 289 — die Weisheit Gottes 234. — Werke Christi 206. — Wunder Chr., s. Wunder. — steht über d. Zeit 30. Christustaufe, eine Geistestaufe 89. — u. Johannestaufe 86 106 107f 110 113. — verschieden v. d. Johannestaufe 107f. — Johannestaufe als Vorbereitung auf d. Chr. 86 93f 96. — bewirkt Sündenvergebung 92. — eine Wiedergeburt 133. Christ, Aufgabe" 299. — Ziel 299.

D Dämonen, Austreibung d. D. durch Christus 198 204 210f. — Christi Gottessohnschaft v. d. D. nicht erkannt 156 211 268. — Gewalt 214. — Glaube 156 211 268 298. Darstellung Christi im Tempel 76—80. Dasein u. Dauer 260. — u. Geburt 4. — Träger d. D. 5. — Daseinsgrund, Form als D. 5. — Natur als D. 6. Dauer, Wesen 260. Demut als Heilsbedingung 112 115. Dreifaltigkeit, Heiligung d. Taufe durch d. Hl. D. 131 253. E Ebioniten 267. Eigenschaft, Erkenntnis d. Wesens durch d. E. 128. Einfachheit des göttl. Wesens 258 Einheit, Begrifl 261. Einheit des Menschen 259. Eines, Verhältnis v. Einem u. Seiendem 21 261. Einsamkeit, Christus in d. E. 135f. — u. beschauliches Leben 136. — u. Versuchung 159 292. Eitelkeit, Versuchung z. Eitelkeit 169. Elias, Zeuge d. Verklärung Christi 274. Eltern, Verhältnis d. E. z. Kinde 18 22. Engelwunder 211. Erbsünde, Heilmittel gegen d. E. 68 91—93. Erkennender, Beziehung zw. E. u. Erkanntem 262. Erkenntnis, Gegenstand 295. — Verwirklichung einer E. Voraussetzung f. höhere E. 296.

Erkenntnis des Wesens durch d. Eigenschaften 128. — Voraussetzung f. d. E. d. Wesens 295. Erleuchtung, nötig z. Verständnis d. Gleichnisse Christi 270. Erlösung, kosmische 266. — am Kreuze vollzogen 34. — durch Leiden 157. Erscheinung, Zweck d. sinnlich wahrnehmbaren E.en 124. Erstbeweger jeder Bewegung unbeweglich 105. Erstgeburt, gottgeweiht 77. Ewigkeit u. Zeit 10 260. F Fasten, F. Christi 164. Zweck 164. — als Waffe gegen Versuchung 164. — Wert 164 290. Feigenbaum, d. verdorrte F. 235. Fischfang, d. reiche 235. Form als Abschluß d. Natur 5. — als Daseinsgrund 5. Führung d. Hl. Geistes 161. G Gaben d. Hl. Geistes 125. — Taube als Sinnbild d. G. 125. — Wirkung 125. Gaumenlust 170. Gebet, Notwendigkeit 118. Geburt (allgemein) 257. — Wortableitung 6. — als Daseinsbeginn 4 6. — — der Person 8. — Gegenstand d. G. 4 9 257. — des Menschen in Gott 280f. — Verhältnis z. Natur 3 5 7 9 14 257. — — z. Selbstand (Person) 3f 9 14 257. — Ursache d. Sohnschaft 18. Geburt Christi 3—32. — ewige aus d. Vater 7 9 15 279f. — schmerzlos 24 282.

305

Geburt Chr., Offenbarung d. G. Chr., s. Offenbarung. — Ort 26—29. — Verhältnis z. unserer Geburt 12. — Wirkung auf d. Welt u. d. Satan 38f. — Zeit 29—32 263. — in d. Zeit 8f 12 15 279f. — Zeitumstände 29—31. — zwei G.en in Chr. 7 9 19 279f. Geburtschmerzen, Ursache 24. — als Straffolgen der Erbsünde 283. Geist, Aufgabe d. Geistes d. Wesenserkenntnis 295. — Hl., Erscheinung in verschiedener Gestalt 125 128 287. — Führung 49 161. — Ursprung d. Gnade 91. — im Menschen durch d. Gnade 121. — Mitwirkung bei d. Geburt Christi 12. — Taube als Sinnbild d. Hl. G. 123f 128 130. — bei d. Verklärung Christi 245 253. Geister, böse, s. Dämonen. Geistestaufe. Christustaufe eine G. 101. Gemeinschaft u. Einzelmensch 181.

— Bedeutung d. Führung f. G. 295. Gemeinschaftsleben, entsagungsvoll 290. — Wert 292. Geschöpfe, Verhältnis z. Gott 20 218 234 282. Gesetz, Auslegung 152. — Christus als Erfüllung u. Abschluß d. G. 151. — Stellung Christi z. Gesetz 69f 77f 179 286 294. — Ende d. G. durch d. Taufe Christi 111. — u. Glaube 150. — Stellung d. Johannestaufe z. G. 107. — Wesensbestimmung 240.

306

Gichtbrüchiger, Heilung d. G. 210 231. Glanz, gehört z. dritten Art d. Beschaffenheit 241. — Beschaffenheit d. Person 241. — bei d. Verklärung Christi 243. — — Ursprung 243. Glaube, Gl. d. Dämonen 156 298. — Gegenstand d. Gl. 36. — als Heilsursache 112. — kommt vom Hören 161. — natürlicher Gl. 297. — Beziehung zw. Gl. u. Offenbarung 34f 284 297. — u. Rechtfertigung 193. — objektive Voraussetzung d. Gl. an Christus 35 38 46 284. — Wesen 43 284 298. Gleichförmigkeit mit Christus 280 299. Gleichnisse Christi 270 294. — Erleuchtung nötig z. Verständnis d. Gl. 270. — Sinn 270. — Zweck 270 294. Gnade als Einwohnung d. Hl. Geistes 121. — als Gleichförmigkeit mit Christus d. Gottessohn 252 275. — Heilsnotwendigkeit 112. — gottgewollte Ordnung in d. Mitteilung d. G. 37 43 177 189. — Ursprung 91. — Wirkung 91. Gott, Beziehung G. z. Außergöttlichem keine sachliche 20 282.

z. d. Dingen 20. — Verhältnis d. Geschöpfe zu G. 20 218 234 282. — Herr d. Körperweit 129. — als Bezeichnung d. göttl. Natur 13. — Verhältnis v. Natur u. Person in G. 5.

Gott: bei d. Offenbarung paßt sich G. der Aufnahmefähigkeit d. Menschen an 49 51. — als Bezeichnung e. göttl. Person 16. Gottesgeburt im Menschen 280f. Gotteskindschaft, Wesen 252. Gottesreich, Verheißung an d. Juden 294. Gottheit Christi, OSenbarung d. G. Chr. 133 138 178. — — durch S. Menschheit 138. H Heiden, Heil d. H. durch d. Juden 177. — Sendung Christi an d. H. 178. Heilige, Christus u. d. H. 245. Heilsnotwendigkeit d. Gnade 112.

— d. Taufe 112. Heilsursache, Glaube als H. 112.

— Leiden Christi als H. 120. Heilswerk Christi, d. Einbeziehung d. Menschen u. d. Kosmos ins innergöttl. Leben 289. — als kosmische Erlösung 266. Heilswille Christi, Allgemeinheit d. H. 36 42 179. Himmel, Sich-Öffnen d. H. bei d. Taufe Christi 116. — Ursache aller Veränderungen 105. Himmelskörper, Ursache d. Bewegung d. irdischen Körper 217. — Wunder an H.n 215. — u. Zeitbestimmung 216. I, J Jakobus, Zeuge d. Verklärung Christi 247. Jerusalem, die Königs- u. Priesterstadt 27. — Stätte d. Leidens Christi 28. Jesus, d. Name Jesus 71f 286. Inspiration d. Hl. Schrift 191 270.

Johannes der Täufer 287. — Aufgabe 86f 91. — von Christus getauft 102. — Lebensweise 140 143. — Dauer s. Tauftätigkeit 96f. — Vorläufer Christi 86 89. Johannes Ap., Zeuge d. Verklärung Christi 247. Johannestaufe, Angemessenheit d. J. 84—87. für Christus 86 106. — eine Bußtaufe 92 95 265. — von Christus bestätigt u. geheiligt 108 113. — Stellung zur Christustaufe 107 110. — Empfänger 93f 98. — — müssen auch noch d. Christustaufe empfangen 105. — — keine Heiden 95. — — keine Kinder 95. — Ende d. J. 97. — vom Hl. Geiste angeordnet 89f. — Stellung zum Gesetz 107. — gnadenvorbereitend 90—93. — Ritus von Gott 88f 287. — kein Sakrament, sondern Sakramentale 87 103. — als Vorbereitung auf d. Christustaufe 86 93f 96f. — Wesen 106f 287. — Wirkung 87 90 95 101 265. — — vom Empfänger abhängig 89. Jonaszeichen 194. Jordan, Ort d. Taufe Christi 114. Juden, Sendung Christi an d. J. 175. — Verheißung d. Gottesreiches an d. J. 294. — Vorrang d. J. in d. Heilsgeschichte 176 269. Jünger Christi, Berufung 201. — Erleuchtung 227. — als Werkzeuge Christi 179 185 191. K Kind, Beziehung zu d. Eltern 18 22 261. — Verhältnis zur Mutter 261. 307

Kindermord, bethleheniitischer Kindschaft Gottes 134. Kirche, mystischer Leib Christi 289. Krankheit als Folge d. Erbsünde 231. L Lazarus, Auferweckung d. L. 196. Leben, beschauliches 138 267. — apostolisches vollkommener als rein beschauliches 268. — beschauliches vollkommener als tätiges 138 268. — Ziel d. christl. L. 299. — Einsamkeit Bedingung zur beschaul. Lebensweise 136. — Teilnahme am göttl. Leben das wahre L. d. Menschen 289. — innergöttliches 267. — tätiges 268. Lebensweise Christi 135 145 164 289. — Anpassung in d. L. Chr. 141 290. — arm 145. — die vollkommenste 136. Lehrauftrag Christi 178 204. — Bedeutung 294. Lehre Christi, allgemein 137 184 294. — geistiger Charakter 191 296. — keine Geheimlehre 183 295. — in Gleichnissen 185 295f. — an die Juden 184. — an die Jünger 184. — Macht 189. — nicht niedergeschrieben v. Christus 187. — öffentlich 186. — durch Wunder bestätigt 194 204. Lehrtätigkeit Christi, Beginn 200 251. Lehrweise Christi 181 185 188. Leib Christi, Behendigkeit 241. - - Feinheit 241. — Herkunft 11. — Leidensfähigkeit (bzw. L.Unfähigkeit) 241 243 299.

308

Leib, mystischer L. Chr. 190 289 297. — kein Scheinleib 240. — nicht unsterblich 244. — verklärter L. Chr. kein Scheinleib 240. Leiden, nur ein Durchgang 299. — Erlösung durch L. 157. — Mittel der Heiligung u. Gottesverehrung 120. Leiden Christi als Heilsursache 112. — Stätte des L. Chr. 28. — Ziel 239. M Magier 42f 52 54 63 263. — Zeit ihrer Ankunft 55. — Gaben 66. — Herkunft 57. — Huldigung 62—66. Maria, Ankündigung d. Geburt Christi an M. 38. — ihre Demut 82. — frei von d. Folgen d. Erbsünde 24. — jungfräuliche Geburt Christi aus M. 78. — ihre Gleichförmigkeit mit Christus 82 286. — wahre u. natürliche Mutter Christi l l f 15 20f. — wahre Mutter Gottes 12—16 279. — nicht Mutter d. Gottheit 16. — Reinheit M. 82. — Reinigung M. 81f. Mensch, Einheit des M.en 259. — Erlösungsbedürftigkeit der M.en 289. — Gottesgeburt im M.en280f. — Ursehnsucht d. M.en d. Offenbarung Gottes 289. Menschheit Christi, Heilsbedeutung 112. — Offenbarung d. Gottheit Chr. durch S. Menschh. 138. — Verhältnis d. M. Chr. zum WORT 280f. — Wahrheit d. M. Chr. 129.

Menschwerdung Christi, weltgeschichtl. Bedeutung 287. — Zweck 137 154. Messiasglaube im A. Bunde 294. Mitgifte, vier 239 273. Mittelalter, Apologetik 271. — Naturanschauung 12 58f 117 125 144 260 266 272. Morgenland 43 263. Moses, Zeuge der Verklärung Christi 246. Mutter, Begriff 11 14. Mutter-Kindverhältnis 257. Mutterschaft, Begriff l l f . — nur bei Lebewesen 11. N Name, als Bezeichnung der Natur 13 72. — — des Naturträgers 13. Namengebung, Bedeutung im Mittelalter 286. — Zeit d. N. bed d. Juden 75. Natur, Wortableitung 4. — Begriff 5 258. — als Daseinsgrund 6. — Form als Abschluß d. N. 5. — Verhältnis z. Geburt 3 7 14. — Unordnung d. gefallenen N. 292. — göttl N. aussagbar von d. Person Christi 14. — Vereinigung d. göttl. u. menschl. N. im Naturträger 13. — menschl. N. Christi 46. — — Annahme durch d. göttliche Person 14. — Verhältnis von N. u. Person 5f 14 258. — — von N. u. Person in Gott 5. Naturanschauung d. Mittelalters 12 58f 117 125 144 260 266 272. Naturordnung, kann von Gott geändert werden 217. Nazareth, Wortbedeutung 26. 0 Obrigkeit, Stellung d. Einzelnen z. 0 . 295.

Offenbarung Christi durch S. Lehre 36. — der Geburt Christi 33—66 284. nicht an alle 34—36 284. — — nur an bestimmte Personen 40—44 284. — — an die Juden (Hirten) 42 49 54f. — — an die Heiden (Magier) 42 49 55. — — an Simeon u. Anna 49 55. — — nicht durch Christus 45f. — — durch Engel u. Stern 4 7 - 5 3 284. — — wenigstens an einige 36-40. — — Reihenfolge 53—57. — — Vorspiel d. vollen Offenbarung 42. ein Werk Gottes 48. — der Gottheit Christi 133 138 178. Opfervorschriften d. A. Bundes 77 79 286. Ordnung, gewollte 0 . in d. Mitteilung d. Gnade, s. Gnade. P Paradies, Existenz d. P. 274. Person, Begriff 5f. — Verhältnis v. Natur u. P. 5f 14. — Sohnschaft, Eigentümlichkeit d. P. 17. — Träger d. Daseins 6. der Sohnschaft 18f 21. s. Selbstand. Petrus, Zeuge d. Verklärung Christi 247. Pharisäer u. Christus 181 216 294. Prediger, Aufgabe 299. — Dienst d. P. an d. Gemeinschaft 181. — Uneigennützigkeit d. P. 290. Predigtamt, Vorbereitung auf d. P. 139 165. Proselytentaufe 265.

309

R Rechtfertigung 77 193 207 226. — d. Werk Christi 227. — durch d. Glauben 193. — Mitwirkung d. Menschen bei d. R. 207 227 266. Reich Gottes, Verkündigung d. R. G. 270. Reichtum, im Apostolat hinderlich 146 148 290. — als Gelegenheit z. Sünde 148. — sittliche Wertung 148 171. — Zweck 145. Reinheitsbestimmungen d. A. Bundes 81 153 268 286. Reinigung Maria 81f. Ritualwaschungen, jüdische R. 85 87 108 265. S Sabbat, Christus u. S. 151. Sakrament, Taufe als S. des Glaubens 267. — S.e des A. Bundes nur Vorbilder 83. zukünftiger — — Zeichen Gnade 103. — S.e des N. B. Zeichen gegenwärtiger Gnade 103. Schlußfolgerung, gültige Schi, aus Einzelfällen 271. Schrift, Hl., Inspiration d. Hl. Sehr. 191 270. — als Offenbarungsquelle 12. Schriftdeutung, typische 284. Seelenheil besteht in Erleuchtung und Rechtfertigung 226.

Seiendes, Begriff 261. — Verhältnis von Einem S.m 21 261. Selbstand, Begriff 5. — Gegenstand d. Geburt 14. — Verhältnis von Natur S. 5. in Gott 5. — Träger des Daseins 5. — Träger der Sohnschaft 21.

— e. Person.

310

u. 4f u.

18f

Sendung Christi 132 175 214 226.

— an d. Heiden 178. — an d. Juden 175. — Zweck 31f 214 226 229 253 289. Sinnbildlichkeit der Taufe 114 116. — der Zahlen 111 144. Sohnschaft, Begriff 16 18 260. — Eigentümlichkeit der Person 17. — Träger 18f 21. — Ursache 18. Sonnenfinsternis beim Leiden Christi 216. — außerordentlich 222. — örtliche Begrenzung 219. — Dauer 222. — Ursache 218. Stern der Verkündigung 48— 51 53 56f 58—61 64 223. Stillegung des Sturmes auf d. Meere 236. Stimme, Ursprung d. St. 132. Stoff als reine Möglichkeit 273. Stolz, Erscheinungsformen 171. — Versuchung zum St. 171. Sünde. Gelegenheit zur S. 148 290. T Taube, sinnbildliche Bedeutung d. T. 80. — b. d. Taufe Christi ein wirkliches Tier 129. Taufe (allgemein) 287. — Wortableitung 265. — durch die Hl. Dreifaltigkeit geheiligt 131 253. — Mitteilung des Hl. Geistes bei d. T. 288. — als Heilmittel 109. — Heilsnotwendigkeit 112. — wirkende Kräfte bei der T. 117. — Sinnbildlichkeit 114 116. — Ursprung der Taufkraft des Wassers 105. — Vorbild d. T. 114f. — Wert nicht v. Spender abhängig lOlf. — Wirkung 115 118 120 126.

Taufe Christi, Angemessenheit 105. — Eigenart 115. — Ereignisse bei d. T. Chr. 116 121 130 251. — Geistestaufe 101. — Sich-Öfinen des Himmels 116.

— Herabsteigen des Hl. Geistes 288. — Zeugnis des Vaters 133. — als Abschluß d. Gesetzes III. — Bedeutung für den mystischen Leib 123 126. — Notwendigkeit 105. — Ort 114. — als Vorbild 109 117. — als Beginn Seines öffentl. Wirkens 110. — Wirkung 117. — Zeit 109. — Zweck 104 106 117. Teilnahme am göttl. Leben das wahre Leben des Menschen 289. Tempelreinigung 228. Tod, Christus Sieger über d. T. 271. — leiblicher T. nur Ausfluß d. geistigen 271. U Überlieferung als Ofienbarungsquelle 284 296. Ursächlichkeit, Gesetz d. U. 271. V Vater, der V. als Sprecher des WORTES 132. — die Stimme des V. 132. — Zeugnis des V. bei d. Taufe Christi 130 133. Veränderung, Artbestimmung 5. Verklärung Christi 238 299. — Angemessenheit und Zweck 238 247 252. — Wesen ihres Glanzes 243. — Unterpfand unserer ewigen Herrlichkeit 239 247 252. — Zeugen der V. Chr. 246 299.

Verklärung, Moses und Elias 246. — Petrus, Johannes und Jakobus 247. — Zeugnis des Vaters bei d. V. Chr. 251. — Zweck 248 299. Versuchung (allgemein) 154. — Arten 155. — zur Begierlichkeit 170. — Bekämpfung 292. — u. Einsamkeit 159 292. — zur Eitelkeit 169. — Fasten als Waffe gegen V. 164. . — Gelegenheit zur V. 159. — des ersten Menschen 169. — Möglichkeit, sie zu meiden 161. — Psychologie der V. 167. — auf Grund d. Schwäche 156f. — zum Stolz 169. — Sündhaftigkeit 158. — Ursachen 157 161. — u. christl. Vollkommenheit 292. — Wesen 154. Versuchung Christi 154 213 292. — Angemessenheit 154. — Art und Weise 166 292. — Dauer 165. — freiwillig 157 160. — Gründe 155 292. — eine Heilstat 160f. — Ort 159 292. — Reihenfolge 166. — Ursache 292. — Zeit 163. Vision, Erklärung d. V. 267. Vollalter Christi 110. Vollkommenheit Christi 107. — christl. u. Armut 290f. — — u. Versuchung 292. Vorbild, Christus unser V., s. Christus. — Taufe Christi als V. 109 117. Vorläufer Christi, s. Johannes. Vorsehung, göttliche 280 286. — wirkt naturentsprechend 216 272 286.

311

w Wahrheit u. Ärgernis 181 270. „Was u. Wodurch" als scholastische Unterscheidung 257. Weltauf fassung, aristotelische 216 233 266 272. Wesen als Gegenstand d. Erkenntnis 295. Wesenserkenntnis durch Eigenschaften 128. Wiedergeburt, Christustaufe eine W. 133. WORT, 6. Ausprägung im Menschen 280. — s. Einprägung im Menschen 280. — Menschwerdung d. W. 279. — Sohnschaft des W. 132 282. — Unveränderlichkeit d. W. 281.

— der Vater als Sprecher d. W. 132. Wunder (allgemein) 193. — als Bekräftigung übernatürlicher Wahrheit 297. — göttl. Ursprung 193 196 208. Glaubensver— vermindern dienst 195. — Zeichen einwohnender Gnade 193f. — Zweck 193.

312

Wunder Christi 192. — Bestätigung Seiner Lehre 194 227. — Beweis für Seine Gottheit 197 202 210 223 225 297. — Einzigartigkeit 205 230. — an reinen Geistern 209. — in Seiner göttlichen Natur begründet 195 199 203 — an Himmelskörpern 215. — Notwendigkeit 192 297. — an Pflanzen 233. — an d. Seelen 227. — an Tieren 233. — an unvernünftigen Geschöpfen 233. — göttlicher Ursprung 208 297. — Wesen 203. — Wirkung 298. — Zahl 203 206. — Zweck 151f 200 204 210 225 231 234 297. Wundertätigkeit Christi, Beginn 47 199. Z Zahlen, Sinnbildlichkeit d. Z. 111 144. Zeit und Ewigkeit 10 260. Zeitbestimmung 216. Ziel in Absicht und Ausführung 110. wesentlich d. — bestimmt Zielgeordnete 226.

ALPHABETISCHES

AUTORENVERZEICHNIS

NB.: Bei Aristoteles, Augustinus, Joh. v. Damaskus geben die Zahlen vor dem Doppelpunkt Buch und Kapitel des betreffenden Werkes, bei der Hl. Schrift Kapitel und Vers des betreffenden Buches an.

Adam von St-Victor 155. Ambrosius: In Lucani 79 105 106 108 139 143 157 160 161 166 172 212. Sermo Epiph. 3: 116. De Spiritu Sancto c.3: 99. Sermo 12: 106. Passim: 288. Aristoteles: De Caelo 1,3: 216 — 1,4: 45 128. Categoriae c.6: 238 — c.7: 16f — c.8: 238. Metaphysica 3,2: 21 — 3,7: 72 — 4,4: 4 — 4,15: 22 — 10,3: 21. De Partibus Animai. 3,1: 107. Peri hermeneias 1,1: 131 Physica 2,1: 5 — 5,5: 7 — 8: 45 105. Physiognom. c.6: 21. Politica 1,1: 136. Athanasius 69 79 213. Augustinus (1) : De Agone Christiano c.ll : 180 — c.22: 129. De Lib. Arbitr. 2,18: 158 De Civita te Dei 9,21: 156 212 — 14,28: 158 170. De Doctrina Christiana 3,12: 142. De Consensu Evangelistarum 1,7: 188 — 1,9.10: 190 — 1,35: 190 — 2,11: 57 — 2,16: 172 — 2,17:

201.

Enarrationes in Psalmos 49 : 35. Epistolae 98: 118 — 118: 243 — 137: 35 204 — 211: 168 — 265: 102. Contra Faustum 2,5: 51 59 — 6,7: 153 — 16,31: 141 — 19,13.18: 103 — 26,3: 218.

De Fide ad Petrum (v. Fulgentius). In Johannis Evang. tr.4: 94 96 — 5: 94 100 101 — 6: 127 — 13: 93 107 — 24: 237 — 30: 231 44: 230 — 51: 178 —71: 206 — 72: 206 — 91: 205 — 96: 184 112: 228 — 113: 185 186 — 124: 189. Liber Octogintatrium Q. 9,8.1: 144. Liber Quaest. Evangel. 2,11 : 142. De 17 Quaest. in Matth. 15: 187. Quaest. Vet. et Nov. Test. 53: 32 — 63: 52. De Quinqué Haeresibus 282. Regula 168. Sermo 195, De Annuntiatione Dominica 23. Sermo de Assumptione c.4: 24. De Sermone Dom. in Monte 2,12: 171. Sermo Epiphaniae 131: 56 — 132: 56 — 134: 86 — 136: 106 — 199 : 64 200: 39 43 63f — 201: 58 — 202: 42f 66 — 204: 50 — 373: 40 65 — 374: 53. Sermo 122 in Natali Dom.: 58. Sermo 293 in Natali Joan.: 86. De Trinitate 2,5: 123 130 — 2,6: 123 128 — 3,4: 209 — 4,13: 156 — 13,13: 157 — 15,26: 123. De Unitate Trinit. c.12: 6 8. Passim 288 258 259 264 265. Ps.-Augustinus: De mirabilibus S. Scripturae 248.

313

Backes 264 301. Bardenhewer 259 262 301. Beda: Horn. 10 (in Circumcisione) 69 91. Horn. 15 (in Puriflcatione) 80 265. Horn. 18 in Matthaeum 250. In Lucam 1,2: 31 — 1,3: 97 109 — 2,2: 44 — 2,4: 212 214 — 3,21: 94 96. In Marcum 1,1: 92 166 212 — 1,2: 143 145 — 2,8: 231 — 3,8: 215 240. Sent. Phil, ex Arist. coli. 110.

Passim 265 274. Belser 269 301. Benediktas 292. Berdjajew 280 282 301. Bernhard von Clairvaux 138 155 270. Cajetan 288 290 294 295 297. Cerinth 267. Chrysostomus: De Baptismo Christi 107 108. In Joannem 17: 200 — 21: 47 200 — 23: 201 — 40: 133. Horn. 29: 97. In Matthaeum 6: 50 52 59 — 10: 86 90 111 140 — 12: 124 126 — 13: 143 159 164 165 — 15: 139 — 16: 150 — 22: 230 — 27: 203 — 28: 214 — 29: 232 — 32: 232 — 37: 142 — 38: 232 — 43: 194 — 47: 187 228 — 49: 197 — 56: 230 242 248 — 67: 235 236 — 88: 222 223. Op. imperf. in Matthaeum, hom. 2: 32 39 43 52 56 64 65 — 4: 102 105 113 119 120 122 — 5: 161 173. Passim 288 264 267. Comestor, s. Petrus. Cyrillus: Capitula Cyrilli 13. Epistula contra Nestorium 9 15.

314

In Lucam 4,40: 229 — 4,41: 214 — 6,19: 203. Dalman 263 301. Dionysius (Areopagita) 4 : De Caelesti Hierarch. 177. De Div. Nom. c.4: 215 Ep. 4 ad Polycarp. 217 Ep. 7 ad Caium 244.

177. c.7. 218. 219.

Eckehart 281. Ephram 274. Euklid 240. Eusebius 264. Feiten 264 265 301. Flavius Josephus 265. Fulgentius : De Fide ad Petrum c.2: 3 133. Glosse: 35 40 58 75 100 218 242 246 264 265. Gratian 262. Gredt 257 260 272 301. Gregorius I.: Horn, in Evang. 5: 201 — 7 : 86 91 — 8: 27 — 10: 39 50 66 — 16: 144 155 157 158 163 168 — 30: 127. Hom. 7 in Ezech. 182. Moralium 31,45: 169 — 32,6: 245. Passim 267. Gregorius Nazianzenus: Oratio 39 In Sanct. Lumin. 105 108 113. Oratio 40 In Sanct. Bapt. 111 112. Gregorius Nyssenus: De occursu Domini 78. Hadrian 272. Hieronymus: In Mark. 1,4: 92 — 9,25: 215. In Matth. 1.1 c.3,17: 119 131 240 242 248 250 254 — 4,4: 168 — 8,14 : 230 — 8,20: 146 - 9,5f: 138 — 9,10ff : 228 231 — 10,5: 178 — 10,9: 147 — 10,27: 186.

In Matth. 1.2 c.3,13: 103 — 3,13ff : 119 — 15,24: 177 - 1.3 c.7,26: 146 —21,12: 228 — 1.4 c.27,45: 218. In Isaiam 1.1 c.2,4: 31. Super Joelem 2,28: 99. Epistola 46: 26 — 78: 114. Contra Vigilantium 149. De perpetua Virginitate B. M.V. 25. De Viro unius uxoris 99. Passim 263 288. Hilarius : Super Matthae-um 2: 134 — 3: 155 157 164 - 10: 185 — 17: 250 — 21: 235. Hrabanus Maurus 265 269. Hugo v. St-Victor: Quaest. in Ep. ad Hebr. 38: 154. Ignatius der Märtyrer 279. Innozenz III.: De Myst. Missae c.12: 244. Sermo de tempore 22: 138. Passim 274. Isidor 136 267. Joh. v. Damaskus: De Fide Orth. 3,2: 11 — 3,7: 7 12 — 3,13f : 17 — 4,7: 4. Horn. 13 de Transfiguratione 243. Joh. Scotus Erigena: In Joannem 3,24: 86 — c.3: 97. Keller Hermann 266 271 301. Konzil von Ephesus, Act. Conc. Eph. 1.1: 15 — 1.2: 15 — 1,2: 148 — 1,8: 9 — 1,26: 13 — 3,9: 28. Konzil von Konstantinopel 282. Leo Papa: Ep. 28 c.4: 196 — Serm. 31,1: 61 — 33,2 : 50 — 34,2: 39 45 64. Sermo 1 de Quadrag. c.3: 170. Luther 296.

Mauer Otto 299 301. Maximus Taurinensis: Horn. 13: 223 — 30: 106 — 34: 86. Methodius 274. Moses Bar Cepha 274. Origenes: Horn. 11: 228. Comment. in Jo c.35: 219 222.

Horn, in Lc. 14: 70 79 — 30: 174 — 31: 158. Horn, in Mt 12: 245. Passim 264 274. Peterson Erik 294 301. Petrus Comestor 264f. Petrus Lombardus: 4 Sent., dist. 2, c.6: 100. 4 Sent., dist. 3, c.7: 94 96. In Rom. c.10: 100. Passim 272. Phlegon 272: Plato 289. Pseudohieronymus 267. Rahner Hugo 281 301. Remigius v. Auxerre: Horn. 7: 43. Vide Isidor Hisp. 136. Passim 267. Rilke 289. Salmeron 288. Scotisten 288. Seuse 292. Solowjew 282 294. Stolz Anselm 269 298 301. Strabo Walafr. 264 275. Theodot v. Ancyra 148. Theophylakt: In Johannem 8,59: 229. In Lucam 4,41: 214. Passim 264 288. Theresia 292. Thomassin 280 281 301. Victor Antiochenus 231. Vigilius Thapsensis 259. Vuippens de 275 301. Willmann 266.

315

Heilige Altes Testament: Gn 1,14: 216 — 2,2: 149 — 2,17: 23 — 3,1: 169 — 3,16: 23f — c.17: 68 75 — 17,5: 73 - 18,17: 197 — 19,17: 161 — 19,22: 197 — 25,25: 73 — 41,46: 111 — 41,51: 73 — 49,10: 32 95. Ex c.4: 88 — 13,2: 76 — 13,12f : 78 — 24,12: 188 — 33,20: 254. Lv 11: 150 — 12,2: 81 — 12,2f: 81 — 12,6: 77 — 12,6f: 97 — 19,31: 41. Nm 4,5: 185 — 11,16: 182 — 24,17: 52 264 — 28,3f: 76. Dt 19,5: 2 — 15: 247 — 32,4: 48 231. Jos 3,16f : 114. 1 Sm 17,12: 27. 2 Sm 5,4: 111 — 5,5: 27 — c.7: 27 — 23,1: 27. 1 Kg 18,10: 219 — 18.45 233. 2 Kg 2,8: 115 — 2,11: 274. Job 33,14: 251 — 36,33: 41 — 37,18: 116. Ps 8,9: 61 — 33,8: 48 — 44,11: 297 — 49.3: 33 — 73,12: 36 — 74,3: 34 — 103,4: 47 — 111,4: 34 74 — 113,3.5: 114. Spr 4.3: 75 — 9.3: 190 — 9.17: 184 — 30,8: 145. Prd 4.12: 160 — 8,6: 70. HI 6,8: 127. Wsh 1.4: 226 — 1,5: 125 — 6,14: 53 — 7,3: 184 — 8,1: 30 234. Sir 2,1: 156 — 15,9: 210 — 20,6: 47 — 20,32: 45 — 48,10: 274. Jer 23,5: 263. Is 2,3: 26 65 — 2,4: 31 — 7,14: 71 — 8,3: 71 8,14: 181 — 9,6: 71 — 11,1: 26 263 — 26,5f: 29 — 35,If: 24 — 45,15: 34

316

Schrift — 47,13: 216 — 49,6: 175 — 49,18: 245 — 53,3: 34 193 — 53,4: 23 — 60,3: 63 - 62,2: 71 — 66,19: 177. Bar 3,38: 137 Ez 1,1: 111. Dn 2,11: 136 — 2,21: 54 — 2,44: 62 — 13,45: 111 13,52: 182. Os 2,14: 136 — 4,10: 140. Mich 5,2: 27. Zach 3,8: 263 — 6,12: 43 71 — 13,2: 211. Mai 1,11: 41 — 4,4: 85 — 4,5: 274. 1 Mak 2,58: 274. Neues Testament: Mt 1,18: 11 13 15 — 2,1: 30 38 — 2,If: 30, 279 — 2,2: 59 279 — 2,3: 37 — 2,9: 60 — 2,16: 37 54 264 — 3,2: 269 — 3,3: 85 — 3,4: 140 171 — 3,6: 85 90 — 3,11: 89 91 101 122 — 3,13: 105 107 — 3,15: 106 — 3,16: 114 118 120 — 3,17: 131 — 4,1: 155 157 — 4,2f: 163 — 4,5: 159 — 4,11: 165 — 4,18: 199 — 5,1: 139 — 5,17: 150 — 7,29: 176189 — 8,12:30 — 8,20: 146 — 8,26: 236 — 8,31f : 211 — 9,2: 225 — 9,4: 30 — 9,5: 30 — 9,8: 210 — 9,9: 227 — 9,10: 138 — 9,14: 143 — 9,30: 225 232 — 10,5: 38 178 — 10,9: 147 — 10,16: 125 — 10,27: 183 — 11,9: 87 — 11,11: 98 — 11,19: 141 142 - 11,29: 146-12,1-8: 150 — 12,5: 152 — 12,38f: 217 - 13,34: 183 - 14,19: 196 — 15,11: 150 — 15,12-14: 181 — 15,22f : 176 — 15,24: 176 — 16,1-4: 217 — 16,4: 192 — 16,18: 73 — 16,28: 242 —

17,2: 239 241 242 274 — 17,6: 252 — 17,7: 254 — 17,26: 146 — 19,12: 140 21,9: 247 — 21,12: 228 — 21,19: 233 — 21,25: 88 287 — 24,27: 34 — 24,30: 193 — 28,19: 36 131 178. Mk 1,4: 90 266 — 1,5: 90 94 263 — 1,8 : 92 1,9: 114 263 — 1,10: 119 1,13: 160 163 — 1,15: 263 — 1,24: 212 — 1,26: 263 — 1,27: 204 — 1,34: 210 — 1,38: 147 — 4,21: 184 — 5,19: 225 — 6,5: 195 — 6,31: 139 — 6,56: 205 — 7,3f : 85 — 7,37: 226 — 8,23 : 229 — 8,26: 225 — 9,24f : 210. Lk l,59f : 73 - 1,61: 73 — 1,76: 85 — 1,79:32 188 2,If: 29 — 2,4: 27 — 2,7: 25 — 2,8: 55 263 2,11: 279 — 2,15f: 55 — 2,21: 68 72 — 2,22: 55 78 81 — 2,22f: 77 — 2,24: 78 — 2,25: 54 — 2,26: 49 — 2,39: 55 — 3,3: 266 — 3,21: 94 110 117f — 3,22: 122 128 — 3,23: 110 — 3,29: 72 — 4,3: 172 212 4,13: 163 — 4,30: 228 — 4,40: 229 — 4,41: 154 210 212 — 4,42f : 137 — 5,4: 199 235 — 6,12: 139 — 6,19: 203 — 8,2f : 149 9,27: 242 — 9,30f: 246 — 9,31: 249 — 10,9.11: 269 — 11,15: 196 - ll,53f : 180 — 13,15: 152 — 14,5: 152 - 14,30: 141 - 2 1 , 1 5 : 227 —21,33: 187 — 23,44: 217 — 24,26: 239. Jo l,6f : 85 — 1,16: 122 — 1,17: 91 - 1,19: 90 1,22: 287 — 1,29: 77 — 1.31: 47 86 96 — 1,33: 88 105 — 1,35: 199 — 1,37: 99 — 2,11: 47 200 — 3,5: 101 115 — 3,13: 116 — 3,17: 226 — 3,22f: 96 — 4,2: 99 — 4,7f:

176 — 4,48: 193 — 5,14 : 232 — 5,17: 151 5,19: 204 — 5,21: 204 — 5,36: 194 203 — 5,37: 132 133 — 7,23: 152 231 — 8,59: 228 — 9,3: 225 — 9,6: 230 — 9,13: 279 — 9,16: 152 — 9,32f: 203 — 10,16: 31 — 10,38: 194 — 10,41: 88 — ll,41f : 196 197 270 — 11,47: 193 — 11,52: 31 — 12,20f: 178 — 12,31: 211 — 13,15: 68 — 13,18: 41 - 14,5: 239 — 14,10: 196 — 14,12: 202 — 16,2: 251 — 16,12: 186 — 16,13: 129 — 16,21: 279 — 18,6: 228 18,20: 183 — 18,37: 26, 137 279 — 20,24: 274 — 20,29: 161 — 21,6: 235 — 21,25: 189. Apg 1,1: 150 165 269 — 4,13: 227 — 6,2: 147 — 7,53: 49 — 8,16f: 98 — 10,40f : 38 — 10,43: 247 — 14,21: 239 — 19,1-5: 99f. Römerbrief 1,3: 27 — 1,8: 26 — 1,32: 150 — 3,22: 35 — 4 , l l f : 72 — 5,2: 137 289 — 6,3: 120 — 6,9: 273 — 8,29: 78 133 — 9,4: 29 — 9,5: 15 — 9,30f : 56 — 10,8: 100 — 10,15: 176 — 10,17: 38, 161 — ll,24f : 54 218 — 13,1: 30 37 177 — 14,17: 142 - 15,8: 177 — 15,20: 176. 1 Kor 1,24: 234 — 1,26: 55 — 1,27: 29 — 2,6: 183 — 2,8: 35 210 — 9,22: 141 — 9,27: 165 — 10,4: 124 — 10,32: 180 — 14,22: 195. 2 Kor 3,3: 191 — 3,17: 274 — 6,5f : 164 — 8,9: 80 147 265 — 13,4: 216 — 13,14: 195. Gal 3,5: 194 — 3,28: 42 — 4,4f : 30 70 151 - 4,5:

317

69 — 4,19: (5) — 5,2: 68 — 5,3: 67 151. Eph 4,13: 111 — 5,25: 126. Phil 2,7: 121 299 — 2,8f: 178 — 3,21: 240. 1 Thess 2,3: 184. Kol 1,20: 211 — 2,11: 70 — 2,15: 74 — 3,3: 215 — 3,11: 42. 1 Tim 1,15: 34 137 — 5,1: 180 — 6,17: 146. 2 Tim 1,10: 25 — 2,2: 185.

318

Tit 2,llf : 34. Hebr 1,3: 51 — 1,14: 61 — 2,3f : 88 — 2,4: 227 — 4,15: 156 158 — 10,1: 187 — 10,19: 117 — 11,1: 35 — 12,2: 160 193 — 12,18: 236. Jak 1,17: 124 — 4,6: 82 115. 1 Jo 3,2: 252 — 3,8: 154 — 5,20: 15. Ofib 2,26: 178.

INHALTSÜBERSICHT

Einleitung Bandeinteilung des ganzen Werkes Christi

Leben

35. Frage Die G e b u r t C h r i s t i Art. 1 Kommt die Geburt mehr der Natur als der Person zu? „ 2 Muß man Christus eine Geburt in der Zeit zuschreiben? „ 3 Kann man die seligste Jungfrau mit Rücksicht auf die zeitliche Geburt Christi Seine Mutter nennen? „ 4 Muß die seligste Jungfrau Mutter Gottes genannt werden? „ 5 Gibt es in Christus zwei Sohnschaften? „ 6 Ist Christus schmerzlos von Seiner Mutter geboren worden? „ 7 Mußte Christus in Bethlehem geboren werden? . „ 8 Ist Christus zur rechten Zeit geboren worden? . .

Die

Kundgabe

36. Frage der Geburt S. 3 3 - 6 6

Seite

3 6 10 12 16 23 26 29

Christi

Art. 1 Mußte die Geburt Christi allen kund werden? . . „ 2 Mußte die Geburt Christi wenigstens einigen Menschen kund werden? „ 3 Waren die, denen Christi Geburt kund wurde, entsprechend ausgewählt? „ 4 Mußte Christus Seine Geburt durch sich selbst kundgeben? „ 5 Mußte die Geburt Christi durch den Engel und den Stern verkündet werden? „ 6 Ist die Geburt Christi in gebührender Reihenfolge kund geworden? „ 7 War der Stern, der den Magiern erschien, einer der Sterne des Himmels? „ 8 War es angemessen, daß die Magier kamen, um Christus anzubeten und Ihm zu huldigen? . . .

33 36 40 45 47 53 58 62

319

37. Frage Die Beschneidung Christi Gesetzesvorschriften, die Christus beachtet S. 67—83

und die an dem wurden

übrigen Knaben

Art. 1 „ 2 „ „

Mußte Christus beschnitten werden? War der Name, der Christus gegeben wurde, angemessen? 3 War es angemessen, daß Christus im Tempel dargestellt wurde? 4 War es angemessen, daß die Mutter Gottes zu ihrer Reinigung in den Tempel ging?

Die

Taufe

38. Frage des h e i l i g e n S. 8 4 - 1 0 3

., „

War es angemessen, daß Johannes taufte? . . . War die Johannestaufe von Gott? Wurde durch die Johannestaufe eine Gnade mitgeteilt? 4 Hätte Christus allein mit der Johannestaufe getauft werden sollen? 5 Mußte diese Taufe aufhören, nachdem Christus getauft war? 6 Mußten die von Johannes Getauften noch die Christustaufe empfangen?

Der Art. 1 „ 2 „ ., „ „ „ ,,

320

39. Frage Taufempfang S. 104—134

67

71 76 81

Johannes

Art. 1 „ 2 „ 3 ,,

Seite

84 87 90 93 96 98

Christi

War es angemessen, daß Christus getauft wurde? Mußte Christus mit der Taufe des Johannes getauft werden? 3 Ist Christus zur rechten Zeit getauft worden? . . 4 Mußte Christus im Jordan getauft werden? . . . 5 Mußte sich nach der Taufe Christi der Himmel öffnen? 6 War es entsprechend, daß der Heilige Geist in Gestalt einer Taube auf den getauften Christus herabstieg? 7 War jene Taube, in der der Heilige Geist erschien, ein wirkliches Tier? 8 War es angemessen, daß nach der Taufe Christi die Stimme des Vaters den Sohn bezeugte? . . .

104 106 109 114 116 121 128 130

Die Art. 1 „

2



3



4

40. Frage Lebensführung S. 1 3 5 - 1 5 3

Christi

Mußte Christus mitten unter den Menschen oder als Einsiedler leben? Ziemte es sich für Christus, in dieser Welt ein strenges Leben zu führen? Mußte Christus in der Welt ein armes Leben führen? Hat Christus nach dem Gesetz gelebt?

Die

41. Frage Versuchung S. 154—174

War es angemessen, daß Christus versucht wurde? Mußte Christus in der Wüste versucht werden? Durfte Christus erst nach Seinem Fasten versucht werden? 4 War die Art und Weise und die Reihenfolge der Versuchungen entsprechend?

Die

„ „

Hätte Christus außer den Juden auch den Heiden predigen sollen? 2 Hätte Christus den Juden predigen sollen, ohne bei ihnen Anstoß zu erregen? 3 Mußte Christus alles in der Öflentlichkeit lehren? 4 Hätte Christus Seine Lehre schriftlich mitteilen sollen?

Die Art. 1 „ 2 „

3



4

Wunder

140 145 149

154 159 162 166

42. Frage Lehre Christi S. 1 7 5 - 1 9 1

Art. 1 „

135

Christi

Art. 1 „ 2 „ 3 „

Seite

43. Frage C h r i s t i im S. 192—208

175 180 183 187

allgemeinen

Mußte Christus Wunder wirken? Hat Christus Seine Wunder in göttlicher Macht gewirkt? Hat Christus Seine Wundertätigkeit mit der Verwandlung von Wasser in Wein bei der Hochzeit begonnen? Waren die Wunder Christi ein hinreichender Beweis für Seine Gottheit?

192 195 199 202

321

Die

44. Frage e i n z e l n e n Arten der S. 209—237

Wunder

Art. 1 „ „ „

Waren die Wunder, die Christus an reinen Geistern wirkte, angemessen? 2 Waren die Wunder Christi, die Er an Himmelskörpern wirkte, angemessen? 3 Waren die Wunder, die Christus an den Menschen wirkte, angemessen? 4 War es angemessen, daß Christus an vernunftlosen Geschöpfen Wunder wirkte?

Die Art. 1 „ 2 „

3



4

45. Frage Verklärung S. 238—254

322

209 215 224 233

Christi

War die Verklärung für Christus angemessen? . War der Glanz bei der Verklärung Christi der Glanz der ewigen Herrlichkeit? Waren die Zeugen der Verklärung passend gewählt? War es angemessen, daß das Zeugnis der Stimme des Vaters hinzukam: „Dieser ist Mein geliebter Sohn"?

Anmerkungen [1] —[57] Kommentar Literaturverzeichnis Berichtigungen Sachverzeichnis Alphabetisches Autorenverzeichnis Heilige Schrift Mitarbeiter dieses Bandes

Seite

238 241 246 251

254-275 277—300 301 302 303 313 316 323

MITARBEITER

DIESES

BANDES

Übersetzung, Anmerkungen und Kommentar dieses Bandes arbeiteten P. Dr. Bernhard Herlt, 0. S. B., und P. Dr. Leopold Soukup, 0. S. B., von der Abtei Seekau bei Knittelfeld, Steiermark. Für die Einleitung zeichnet P. Dr. Leopold Soukup. Die Redaktion des lateinischen Textes, den Stellennachweis und die Verzeichnisse besorgte ein Kollegium von Dominikanern aus dem Konvent St. Albert zu Walberberg bei Bonn.

323