Die Beschränkung ausländischer Direktinvestitionen in sicherheitsrelevante zivile Unternehmen: Eine verfassungs- und unionsrechtliche Analyse außenwirtschaftsrechtlicher Vorschriften unter besonderer Berücksichtigung von Medienunternehmen [1 ed.] 9783428589388, 9783428189380

Die sektorübergreifende Investitionsprüfung im nationalen Außenwirtschaftsgesetz und in der nationalen Außenwirtschaft

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German Pages 458 Year 2023

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Die Beschränkung ausländischer Direktinvestitionen in sicherheitsrelevante zivile Unternehmen: Eine verfassungs- und unionsrechtliche Analyse außenwirtschaftsrechtlicher Vorschriften unter besonderer Berücksichtigung von Medienunternehmen [1 ed.]
 9783428589388, 9783428189380

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Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 349

Die Beschränkung ausländischer Direktinvestitionen in sicherheitsrelevante zivile Unternehmen Eine verfassungs- und unionsrechtliche Analyse außenwirtschaftsrechtlicher Vorschriften unter besonderer Berücksichtigung von Medienunternehmen

Von

Antonia Hagedorn

Duncker & Humblot · Berlin

ANTONIA HAGEDORN

Die Beschränkung ausländischer Direktinvestitionen in sicherheitsrelevante zivile Unternehmen

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 349

Die Beschränkung ausländischer Direktinvestitionen in sicherheitsrelevante zivile Unternehmen Eine verfassungs- und unionsrechtliche Analyse außenwirtschaftsrechtlicher Vorschriften unter besonderer Berücksichtigung von Medienunternehmen

Von

Antonia Hagedorn

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover hat diese Arbeit im Jahre 2023 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2023 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI books GmbH, Leck Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 978-3-428-18938-0 (Print) ISBN 978-3-428-58938-8 (E-Book)

Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Großeltern

Vorwort Diese Arbeit wurde im Februar 2023 von der Juristischen Fakultät der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover als Dissertationsschrift angenommen. Gesetzgebung, Literatur und Rechtsprechung konnten bis Februar 2023 berücksichtigt werden. Mein herzlicher Dank gebührt an erster Stelle meinem Doktorvater, Prof. Dr. Hermann Butzer, für die intensive Betreuung meiner Arbeit. Besonders dankbar bin ich ihm dafür, dass er meinem Themenvorschlag so offen gegenübergetreten ist und mich auch in Zeiten der Unsicherheit angesichts des stetigen Wandels des Rechtsrahmens der Investitionsprüfung kontinuierlich ermutigt hat. Dem Promotionsvorhaben ging meine langjährige Mitarbeit zunächst als Studentische Hilfskraft, dann als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl voraus, die ich in sehr guter Erinnerung behalten werde. Bereits in dieser Zeit hat mein Doktorvater meinen akademischen Werdegang begleitet und gefördert. Ebenfalls danke ich Prof. Dr. Volker Epping für die Erstellung des Zweitgutachtens neben seiner fordernden Tätigkeit als Universitätspräsident und für seine konstruktive Kritik. Mein Dank gebührt dem Vorsitzenden der Prüfungskommission, Prof. Dr. Bernd-Dieter Meier, für die rasche Übernahme des Vorsitzes sowie für die angenehme Leitung der Disputation. Als Teil der Lehrstuhlgemeinschaft ist diese Arbeit im Umfeld eines freundschaftlichen Austauschs und einer unbegrenzten Diskussionsbereitschaft entstanden. Hierfür danke ich meinen dortigen Freunden, insbesondere Dr. Anna-Lena Hollo, Greta Eriksen und Dr. Thies Wahnschaffe. Mein besonderer Dank gilt Felix Lücke, der diese Arbeit durch seine wertvollen Anmerkungen ganz wesentlich vorangebracht hat. Auch Anja Bösche möchte ich für ihren Zuspruch meinen Dank aussprechen. Schließlich wäre die Entstehung dieser Arbeit nicht möglich gewesen ohne die Menschen, die mir am nächsten sind. Ich danke Jan-Hendrik Zoike für seinen liebevollen Rückhalt. Mein innigster Dank gebührt meiner Familie: Meine Eltern unterstützen mich seit jeher bedingungslos bei der Verwirklichung meiner Träume, sowohl im Bereich meiner Ausbildung als auch in meiner Leidenschaft, dem Springreiten. Ich widme diese Arbeit meinen Großeltern, die ihre Fertigstellung nicht mehr miterleben durften. München, im April 2023

Antonia Hagedorn

Inhaltsübersicht Kapitel 1 Einleitung

25

§ 1 Politischer und rechtlicher Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 § 2 Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 § 3 Stand von Literatur und Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 § 4 Ziel und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

Kapitel 2 Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

42

§ 1 Rechtsrahmen durch die nationalen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 A. Die Entstehungsgeschichte der nationalen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 B. Die Investitionskontrolle nach den aktuellen Vorschriften des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 C. Die Investitionskontrolle bei Medienunternehmen (§ 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV) . . . 106 § 2 Rechtsrahmen durch die europäischen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 A. Anlass und Hintergründe einer Etablierung der Screening-Verordnung . . . . . . . . . 115 B. Wesentlicher Regelungsgehalt der Screening-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 C. Verhältnis und Auswirkungen der Screening-Verordnung auf die nationalen Verfahrensregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 D. Regelungsbedarfe für den deutschen Gesetz- und Verordnungsgeber infolge der Einführung der Screening-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 § 3 Einordnung der nationalen Entwicklung anhand eines Überblicks zu den Rechtsrahmen der Investitionskontrolle im internationalen Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 A. Rechtsrahmen der Investitionskontrolle in den Niederlanden . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 B. Rechtsrahmen der Investitionskontrolle in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 C. Rechtsrahmen der Investitionskontrolle in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 D. Rechtsrahmen der Investitionskontrolle im Vereinigten Königreich . . . . . . . . . . . 148 E. Rechtsrahmen der Investitionskontrolle in den Vereinigten Staaten von Amerika 152 F. Exkurs: Das polnische Mediengesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

10

Inhaltsübersicht Kapitel 3 Vereinbarkeit der deutschen Investitionskontrollvorschriften mit dem nationalen Verfassungsrecht

160

§ 1 Grundrechtsberechtigung der betroffenen Unternehmen gem. Art. 19 Abs. 3 GG . . . 163 A. Grundrechtsberechtigung des Ziel- und des Anteilseignerunternehmens . . . . . . . . 164 B. Fehlende Grundrechtsberechtigung des Erwerbsunternehmens mangels Inländereigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 § 2 Mögliche Grundrechtsverletzung des Zielunternehmens durch die Meldepflicht (§ 55a Abs. 4 Satz 1 AWV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 A. Vereinbarkeit der Meldepflicht mit Art. 14 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 B. Vereinbarkeit der Meldepflicht mit Art. 12 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 C. Spezieller Bereich der Medienunternehmen: Vereinbarkeit der Meldepflicht mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 D. Vereinbarkeit der Meldepflicht mit Art. 2 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 § 3 Grundrechtsverletzung des Zielunternehmens durch die prüfverfahrensrechtlichen Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen . . . . . . . . 193 A. Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG durch die gesetzesunmittelbaren Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . 194 B. Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG durch die gesetzesunmittelbaren Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . 266 C. Spezieller Bereich der Medienunternehmen: Verletzung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG durch die gesetzesunmittelbaren Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 § 4 Grundrechtsverletzung des Zielunternehmens durch die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung (§ 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 A. Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG durch die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 B. Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG durch die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 C. Spezieller Bereich der Medienunternehmen: Verletzung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG durch die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung 310 § 5 Grundrechtsverletzung des Anteilseignerunternehmens durch die deutschen Investitionskontrollvorschriften, insb. auch durch § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AWG . . . . . . . . . 312 § 6 Zwischenergebnisse zur Vereinbarkeit der deutschen Investitionskontrollvorschriften mit dem nationalen Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315

Inhaltsübersicht

11

Kapitel 4 Vereinbarkeit der deutschen Investitionskontrollvorschriften mit dem europäischen Unionsrecht

317

§ 1 Mögliche Unionsrechtsverletzung durch die Meldepflicht (§ 55a Abs. 4 Satz 1 AWV) 319 A. Vereinbarkeit der Meldepflicht mit den Unionsgrundrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 B. Vereinbarkeit der Meldepflicht mit der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 Abs. 1 AEUV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 § 2 Unionsrechtsverletzung durch die prüfverfahrensrechtlichen Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 A. Schutzbereichsbetroffenheit der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 Abs. 1 AEUV) 342 B. Die gesetzesunmittelbaren Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen als Eingriffe in die Kapitalverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . 359 C. Unmöglichkeit einer unionsrechtlichen Rechtfertigung der gesetzesunmittelbaren Verbote, der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen . . . . . 361 § 3 Unionsrechtsverletzung durch die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung (§ 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 A. Schutzbereichsbetroffenheit der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 Abs. 1 AEUV) 382 B. Die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung als Eingriffe in die Kapitalverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 C. Unmöglichkeit einer unionsrechtlichen Rechtfertigung der Untersagungs- und der Anordnungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 § 4 Zwischenergebnisse zur Vereinbarkeit der deutschen Investitionskontrollvorschriften mit dem europäischen Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388

Kapitel 5 Fazit und Ausblick

390

§ 1 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 § 2 Handlungsempfehlungen für Unternehmen in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 § 3 Reformvorschläge für die aktuellen Vorschriften des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456

Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Einleitung

25

§ 1 Politischer und rechtlicher Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 § 2 Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 § 3 Stand von Literatur und Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 § 4 Ziel und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

Kapitel 2 Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

42

§ 1 Rechtsrahmen durch die nationalen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 A. Die Entstehungsgeschichte der nationalen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 B. Die Investitionskontrolle nach den aktuellen Vorschriften des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 I. Die Beschränkungsmöglichkeiten für Unternehmenserwerbe nach §§ 4 f. AWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 II. Die sektorübergreifende Prüfung i. S. v. §§ 55 ff. AWV . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 1. Der Begriff „sektorübergreifende Prüfung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 2. Der Anwendungsbereich gem. § 55 Abs. 1 AWV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 a) Erwerb eines inländischen Unternehmens oder Erwerb einer Beteiligung 54 aa) Der Begriff „inländisches Unternehmen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 bb) Unmittelbarer oder mittelbarer Erwerb eines inländischen Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 cc) Unmittelbarer oder mittelbarer Erwerb einer Beteiligung (§ 56 AWV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 (1) Unmittelbarer Erwerb einer Beteiligung (§ 56 Abs. 1 AWV) . . . 59 (2) Die Erfassung von Hinzuerwerben (§ 56 Abs. 2 AWV) . . . . . . . 59 (3) Die Erfassung atypischer Kontrollerwerbe (§ 56 Abs. 3 AWV) (4) Die Zurechnung von Stimmrechten Dritter (§ 56 Abs. 4 AWV)

61 62

(5) Mittelbarer Erwerb einer Beteiligung (§ 56 Abs. 5 AWV) . . . . . 64 b) Die prüfungsbetroffenen Erwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 aa) Der Begriff „Unionsfremdheit“ (§ 55 Abs. 1 AWV) . . . . . . . . . . . . . 64

14

Inhaltsverzeichnis bb) Missbräuchliche Gestaltung oder Umgehungsgeschäft (§ 55 Abs. 2 AWV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 c) Die außenwirtschaftsrechtlichen Schutzgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 aa) Der Generaltatbestand „öffentliche Ordnung oder Sicherheit“ (§ 55 Abs. 1 AWV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 bb) Die regelbeispielartige Aufzählung der bei der Überprüfung zu berücksichtigenden Merkmale des Zielunternehmens (§ 55a Abs. 1 AWV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 cc) Die regelbeispielartige Aufzählung der bei der Überprüfung zu berücksichtigenden Merkmale des Erwerbers (§ 55a Abs. 3 AWV) . . 77 d) Der Prüfmaßstab „voraussichtliche Beeinträchtigung“ außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter (§ 55 Abs. 1 AWV) . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 3. Die verfahrensbezogenen Folgen einer Eröffnung des Anwendungsbereichs gem. § 55 Abs. 1 AWV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 a) Das Verfahren von BMWK, weiteren Bundesministerien und der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 aa) Das Verfahren der Investitionsprüfung gem. § 55 Abs. 1, Abs. 3 AWV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (1) Meldepflicht (§ 55a Abs. 4 Satz 1 AWV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 (2) Erste Phase: Entscheidung über die Eröffnung des Prüfverfahrens (§ 55 Abs. 3 AWV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 (3) Zweite Phase: Vertiefte Prüfung (§ 55 Abs. 1 AWV) . . . . . . . . . 87 bb) Die verfahrensabschließende Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 (1) Freigabe des Erwerbs (§ 58a Abs. 1 AWV) . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 (2) Untersagung des Erwerbs (§ 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV) . . . . . . . . . 93 (3) Erlass von Anordnungen (§ 59 Abs. 1 Alt. 2 AWV) . . . . . . . . . . 95 b) Die verfahrensbezogenen Folgen auf Seiten der Erwerbsbeteiligten . . . 97 aa) Auflösende Bedingung für die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts (§ 15 Abs. 2 AWG) und Vollzugsverbot (§ 15 Abs. 3 AWG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 bb) Handlungsverbote (§ 15 Abs. 4 AWG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 cc) Ausnahmen von den Vollzugsbeschränkungen für Rechtsgeschäfte mit Wertpapieren (§ 59a AWV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 dd) Einreichungspflicht und Verwaltungsakt-Ermächtigungen (§ 14a Abs. 2 AWG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 ee) Drohende strafrechtliche und bußgeldliche Sanktionen . . . . . . . . . . 105 C. Die Investitionskontrolle bei Medienunternehmen (§ 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV) . . . 106 I. Die Branche „Medienunternehmen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 II. Anlass und Hintergründe einer Einbeziehung von Medienunternehmen in den Regelbeispielskatalog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

§ 2 Rechtsrahmen durch die europäischen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 A. Anlass und Hintergründe einer Etablierung der Screening-Verordnung . . . . . . . . . 115

Inhaltsverzeichnis

15

B. Wesentlicher Regelungsgehalt der Screening-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 I. Rahmenbedingungen für die optionalen Überprüfungsmechanismen der Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 II. Anwendungsbereich der Screening-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 1. Der Begriff „ausländische Direktinvestition“ (Art. 2 Nr. 1 ScreeningVO) 121 2. Die prüfungsbetroffenen Erwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 3. Die außenwirtschaftsrechtlichen Schutzgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 a) Der Generaltatbestand „Sicherheit oder öffentliche Ordnung“ (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 ScreeningVO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 b) Die regelbeispielartige Aufzählung der bei der Überprüfung zu berücksichtigenden Merkmale des Zielunternehmens (Art. 4 Abs. 1 ScreeningVO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 c) Die regelbeispielartige Aufzählung der bei der Überprüfung zu berücksichtigenden Merkmale des Erwerbers (Art. 4 Abs. 2 ScreeningVO) . . . 124 4. Der Prüfmaßstab „voraussichtliche Beeinträchtigung“ außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter (Art. 4 ScreeningVO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 III. Die jährliche Berichterstattung (Art. 5 ScreeningVO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 IV. Kooperationsmechanismus zur Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission (Art. 6 ff. ScreeningVO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 1. Mechanismus im Zusammenhang mit überprüften Direktinvestitionen . . . . 126 2. Mechanismus im Zusammenhang mit nicht überprüften Direktinvestitionen 130 3. Mechanismus bei voraussichtlicher Beeinträchtigung von Projekten oder Programmen von Unionsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 C. Verhältnis und Auswirkungen der Screening-Verordnung auf die nationalen Verfahrensregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 D. Regelungsbedarfe für den deutschen Gesetz- und Verordnungsgeber infolge der Einführung der Screening-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 § 3 Einordnung der nationalen Entwicklung anhand eines Überblicks zu den Rechtsrahmen der Investitionskontrolle im internationalen Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 A. Rechtsrahmen der Investitionskontrolle in den Niederlanden . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 B. Rechtsrahmen der Investitionskontrolle in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 C. Rechtsrahmen der Investitionskontrolle in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 D. Rechtsrahmen der Investitionskontrolle im Vereinigten Königreich . . . . . . . . . . . 148 E. Rechtsrahmen der Investitionskontrolle in den Vereinigten Staaten von Amerika 152 F. Exkurs: Das polnische Mediengesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

16

Inhaltsverzeichnis Kapitel 3 Vereinbarkeit der deutschen Investitionskontrollvorschriften mit dem nationalen Verfassungsrecht

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§ 1 Grundrechtsberechtigung der betroffenen Unternehmen gem. Art. 19 Abs. 3 GG . . . 163 A. Grundrechtsberechtigung des Ziel- und des Anteilseignerunternehmens . . . . . . . . 164 I. Das Ziel- und das Anteilseignerunternehmen als juristische Personen . . . . . . 164 II. Die Inländereigenschaft des Ziel- und des Anteilseignerunternehmens . . . . . . 165 III. Die wesensgemäße Anwendbarkeit der möglicherweise verletzten Grundrechte auf das Ziel- und das Anteilseignerunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 B. Fehlende Grundrechtsberechtigung des Erwerbsunternehmens mangels Inländereigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 § 2 Mögliche Grundrechtsverletzung des Zielunternehmens durch die Meldepflicht (§ 55a Abs. 4 Satz 1 AWV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 A. Vereinbarkeit der Meldepflicht mit Art. 14 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 I. Sachliche Schutzbereichsbetroffenheit der Eigentumsfreiheit . . . . . . . . . . . . . 169 II. Keine Eigentumsrelevanz der Meldepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 1. Kein Enteignungscharakter der Meldepflicht in Abgrenzung zur Inhaltsund Schrankenbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 2. Kein Eingriff in die Eigentumsfreiheit, insb. unter Berücksichtigung der Figur kumulativer Grundrechtseingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 B. Vereinbarkeit der Meldepflicht mit Art. 12 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 I. Sachliche Schutzbereichsbetroffenheit der Berufsausübungsfreiheit . . . . . . . . 181 II. Kein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 C. Spezieller Bereich der Medienunternehmen: Vereinbarkeit der Meldepflicht mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 I. Sachliche Schutzbereichsbetroffenheit der Presse- und Rundfunkfreiheit . . . . 184 II. Kein Ausgestaltungscharakter der Meldepflicht in Abgrenzung zu einem Eingriff in die Presse- und Rundfunkfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 D. Vereinbarkeit der Meldepflicht mit Art. 2 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 § 3 Grundrechtsverletzung des Zielunternehmens durch die prüfverfahrensrechtlichen Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen . . . . . . . . 193 A. Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG durch die gesetzesunmittelbaren Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . 194 I. Sachliche Schutzbereichsbetroffenheit der Eigentumsfreiheit . . . . . . . . . . . . . 194 1. Grundsätzliche Betroffenheit des sachlichen Schutzbereichs von Art. 14 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 2. Der Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs als spezielle Ausprägung des Art. 14 Abs. 1 GG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 3. Idealkonkurrenz des sachlichen Schutzbereichs von Art. 14 Abs. 1 GG zu Art. 12 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198

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II. Die gesetzesunmittelbaren Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen als eigentumsrelevante Maßnahmen . . . . . . . . . . . . 200 III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung der gesetzesunmittelbaren Verbote, der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen? . . . . . . . . . . . . 204 1. Wahrung des einfachen Gesetzesvorbehalts als Einschränkungsmöglichkeit der Eigentumsfreiheit durch § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG, § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG und § 14a Abs. 2 AWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 2. § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG als verfassungswidrige Konkretisierung der Einschränkungsmöglichkeit der Eigentumsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 a) Einwand tatbestandlicher Unbestimmtheit des Vollzugsverbots . . . . . . . 205 aa) Grundsätzliche Anforderungen des rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 bb) Einwand tatbestandlicher Unbestimmtheit des Vollzugsverbots im allgemeinen Bereich der sektorübergreifenden Prüfung . . . . . . . . . . 208 cc) Einwand tatbestandlicher Unbestimmtheit des Vollzugsverbots speziell bei Medienunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 b) Unverhältnismäßigkeit des Vollzugsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 aa) Legitime Ziele des Prüfverfahrens einschließlich des Vollzugsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 (1) Legitime Ziele im allgemeinen Bereich der sektorübergreifenden Prüfung des Erwerbs eines sicherheitsrelevanten zivilen Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 (2) Speziell bei Medienunternehmen: Schutz der Pressefreiheit, der freien Berichterstattung und der Medienpluralität . . . . . . . . . . . . 223 bb) Eignung des Vollzugsverbots zur Erreichung der legitimen Ziele . . 229 cc) Erforderlichkeit des Vollzugsverbots zur Erreichung der legitimen Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 (1) Milderes Mittel: Anwendungsbezogene und zeitliche Entkopplung des Vollzugsverbots vom Prüfverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 230 (2) Milderes Mittel: Kürzere Fristen als sechs Monate ohne mögliche Fristverlängerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 (3) Milderes Mittel: Zeitliche Grenze für die Fristenhemmung . . . . 234 dd) Unangemessenheit des Vollzugsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 (1) Abstrakte Bewertung der vom Vollzugsverbot betroffenen Eigentumsfreiheit sowie der Schutzgüter „öffentliche Ordnung oder Sicherheit“ und Intensität der Grundrechtsbeschränkung 236 (2) Konkrete Abwägung der vom Vollzugsverbot betroffenen Eigentumsfreiheit und der Schutzgüter „öffentliche Ordnung oder Sicherheit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 (a) Mögliche Unangemessenheit des Vollzugsverbots wegen seiner Geltung ab dem Erwerb einer zehnprozentigen Beteiligung an Unternehmen gem. § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV, insb. bei Medienunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239

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Inhaltsverzeichnis (b) Mögliche Unangemessenheit des Vollzugsverbots mangels einer Verhältnismäßigkeitsanweisung für die Prüfverfahrenslänge unter Berücksichtigung der Beteiligungsschwelle 251 (c) Mögliche Unangemessenheit des Vollzugsverbots wegen einer potenziellen Abstandnahme des Erwerbsunternehmens vom Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 (d) Unangemessenheit des Vollzugsverbots mangels einer Befreiungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 3. § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG als verfassungswidrige Konkretisierung der Einschränkungsmöglichkeit der Eigentumsfreiheit . . . . . . . . . . 257 a) Einwand tatbestandlicher Unbestimmtheit der Handlungsverbote . . . . . 257 b) Unverhältnismäßigkeit der Handlungsverbote, insb. Unangemessenheit 260 4. § 14a Abs. 2 AWG als verfassungswidrige Konkretisierung der Einschränkungsmöglichkeit der Eigentumsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 B. Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG durch die gesetzesunmittelbaren Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . 266 I. Sachliche Schutzbereichsbetroffenheit der Berufsausübungsfreiheit . . . . . . . . 266 1. Grundsätzliche Betroffenheit des sachlichen Schutzbereichs von Art. 12 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 2. Spezieller Bereich der Medienunternehmen: Spezialität des sachlichen Schutzbereichs von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu Art. 12 Abs. 1 GG . . . . . . 267 II. Die gesetzesunmittelbaren Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen als Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit . . . . . 269 III. Unmöglichkeit einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der gesetzesunmittelbaren Verbote, der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen, insb. unter Beachtung der „Dreistufentheorie“ . . . . . . . . . . . . 270 C. Spezieller Bereich der Medienunternehmen: Verletzung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG durch die gesetzesunmittelbaren Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 I. Sachliche Schutzbereichsbetroffenheit der Presse- und Rundfunkfreiheit . . . . 274 II. Die gesetzesunmittelbaren Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen als Ausgestaltungen der Presse- und Rundfunkfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 III. Unmöglichkeit einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der gesetzesunmittelbaren Verbote, der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 1. Unanwendbarkeit des qualifizierten Gesetzesvorbehalts für Ausgestaltungen der Presse- und Rundfunkfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 2. § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG, § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG und § 14a Abs. 2 AWG als verfassungswidrige Ausgestaltungen der Presse- und Rundfunkfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 a) Wahrung der Anforderungen des für Ausgestaltungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG geltenden Parlamentsvorbehalts . . . . . . . . . 278

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b) Einwand tatbestandlicher Unbestimmtheit der gesetzesunmittelbaren Verbote, der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen trotz milderer Rechtfertigungsanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 c) Unverhältnismäßigkeit der gesetzesunmittelbaren Verbote, Verhältnismäßigkeit der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen trotz milderer Rechtfertigungsanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . 280 § 4 Grundrechtsverletzung des Zielunternehmens durch die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung (§ 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 A. Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG durch die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 I. Sachliche Schutzbereichsbetroffenheit der Eigentumsfreiheit . . . . . . . . . . . . . 282 II. Die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung als eigentumsrelevante Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 III. Unmöglichkeit einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Untersagungs- und der Anordnungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 1. Einwand tatbestandlicher Unbestimmtheit der Untersagungs- und der Anordnungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 2. Unverhältnismäßigkeit der Untersagungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . 286 a) Legitime Ziele und Eignung der Untersagungsermächtigung zur Erreichung der legitimen Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 b) Erforderlichkeit der Untersagungsermächtigung zur Erreichung der legitimen Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 aa) Milderes Mittel: Anordnungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 bb) Milderes Mittel: Weiterer Abschluss von Abkommen mit Drittstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 cc) Milderes Mittel: Untersagungsermächtigung lediglich gegenüber bestimmten Erwerbergruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 dd) Milderes Mittel: Aktive staatliche Beteiligungen an sicherheitsrelevanten zivilen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 ee) Milderes Mittel speziell bei Medienunternehmen: Erhöhte Finanzierung öffentlich-rechtlicher Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 ff) Milderes Mittel speziell bei Medienunternehmen: Weitere Etablierung von Faktenchecks und umfangreichere Sachaufklärung der Bevölkerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 c) Unangemessenheit der Untersagungsermächtigung wegen des niedrigen Prüfmaßstabs „voraussichtliche Beeinträchtigung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 3. Unverhältnismäßigkeit der Anordnungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 B. Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG durch die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 C. Spezieller Bereich der Medienunternehmen: Verletzung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG durch die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung 310 § 5 Grundrechtsverletzung des Anteilseignerunternehmens durch die deutschen Investitionskontrollvorschriften, insb. auch durch § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AWG . . . . . . . . . 312

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§ 6 Zwischenergebnisse zur Vereinbarkeit der deutschen Investitionskontrollvorschriften mit dem nationalen Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315

Kapitel 4 Vereinbarkeit der deutschen Investitionskontrollvorschriften mit dem europäischen Unionsrecht

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§ 1 Mögliche Unionsrechtsverletzung durch die Meldepflicht (§ 55a Abs. 4 Satz 1 AWV) 319 A. Vereinbarkeit der Meldepflicht mit den Unionsgrundrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 I. Anwendungsbereichseröffnung der Grundrechtecharta (Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GRCh) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 II. Unanwendbarkeit der Unionsgrundrechte unter Berücksichtigung ihres Verhältnisses zu den nationalen Grundrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 1. Bestimmung der Kriterien für eine Bindung der Mitgliedstaaten an die Unionsgrundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 2. Unanwendbarkeit der Unionsgrundrechte konkret im Bereich der sektorübergreifenden Investitionskontrollvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 B. Vereinbarkeit der Meldepflicht mit der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 Abs. 1 AEUV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 I. Schutzbereichsbetroffenheit der Kapitalverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 II. Fehlender Eingriffscharakter der Meldepflicht in die Kapitalverkehrsfreiheit 338 § 2 Unionsrechtsverletzung durch die prüfverfahrensrechtlichen Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 A. Schutzbereichsbetroffenheit der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 Abs. 1 AEUV) 342 I. Grundsätzliche Betroffenheit des Schutzbereichs von Art. 63 Abs. 1 AEUV

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II. Unterfallen der gesetzesunmittelbaren Verbote, der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen unter den Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit in Abgrenzung zur Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 1. Grundsätzliche Betroffenheit des Schutzbereichs von Art. 49 Abs. 1 AEUV 343 2. Bestimmung der Kriterien für die Abgrenzung von Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit und Anwendung auf die sektorübergreifende Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 a) Skizzierung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Anwendung auf Beschränkungen ausländischer Direktinvestitionen in Unternehmen gem. § 55a Abs. 1 AWV . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 b) Kritische Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 c) Zwischenergebnis zur Abgrenzung der Schutzbereiche von Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 B. Die gesetzesunmittelbaren Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen als Eingriffe in die Kapitalverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . 359

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C. Unmöglichkeit einer unionsrechtlichen Rechtfertigung der gesetzesunmittelbaren Verbote, der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen . . . . . 361 I. Die geringeren Anforderungen an die Rechtfertigungsprüfung im Rahmen eines Drittstaatensachverhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 II. Wahrung der Anforderungen des Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV als Einschränkungsmöglichkeit der Kapitalverkehrsfreiheit durch § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG, § 15 Abs. 4 Satz 1 AWG und § 14a Abs. 2 AWG . . . . . . . . . . . 364 1. Das Erfordernis eines betroffenen Grundinteresses der Gesellschaft . . . . . . 365 2. Das Erfordernis einer tatsächlichen und hinreichend schweren Gefährdung 368 III. § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG, § 15 Abs. 4 Satz 1 AWG und § 14a Abs. 2 AWG als unionsrechtswidrige Konkretisierungen der Einschränkungsmöglichkeit der Kapitalverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 1. Einwand tatbestandlicher Unbestimmtheit der gesetzesunmittelbaren Verbote, der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen . . . 372 2. Unverhältnismäßigkeit der gesetzesunmittelbaren Verbote, Verhältnismäßigkeit der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen

374

§ 3 Unionsrechtsverletzung durch die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung (§ 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 A. Schutzbereichsbetroffenheit der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 Abs. 1 AEUV) 382 B. Die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung als Eingriffe in die Kapitalverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 C. Unmöglichkeit einer unionsrechtlichen Rechtfertigung der Untersagungs- und der Anordnungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 § 4 Zwischenergebnisse zur Vereinbarkeit der deutschen Investitionskontrollvorschriften mit dem europäischen Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388

Kapitel 5 Fazit und Ausblick

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§ 1 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 § 2 Handlungsempfehlungen für Unternehmen in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 § 3 Reformvorschläge für die aktuellen Vorschriften des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456

Abkürzungsverzeichnis ARD ASW Bundesverband AWR BAFA BaFin BDBOS BeckKK BeckOGK Beck(O)K Begr. BfV BIO Deutschland BK BMDW BMI BMJ BMWA BMWK BR BVK CD-ROM CDU CFIUS CMA COSCO COVID-19 CSU ders./dens./dies./dass. DVD endg. et al. FDI FDP gem. HStR insb. IT

Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland Bundesverband Allianz für Sicherheit in der Wirtschaft Außenwirtschaftsrecht Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben Beck’scher Kurz-Kommentar Beck-online. Großkommentar Beck’scher (Online-)Kommentar Begründer Bundesamt für Verfassungsschutz Biotechnologie-Industrie-Organisation Deutschland Bonner Kommentar Bundesministerium Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (Österreich) Bundesministerium des Innern und für Heimat Bundesministerium der Justiz Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz Bayerischer Rundfunk Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften Compact Disc Read Only Memory Christlich Demokratische Union Deutschlands United States Commission on Foreign Investment (Vereinigte Staaten von Amerika) Competition and Markets Authority (Vereinigtes Königreich) China Ocean Shipping Company Corona Virus Disease 2019 Christlich-Soziale Union in Bayern derselbe/denselben/dieselbe(n)/dasselbe Digital Video Disk endgültig et alii Foreign Direct Investment Freie Demokratische Partei gemäß Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland insbesondere Informationstechnologie

Abkürzungsverzeichnis (jew.) zul. aufg./überarb. KEK Lit. (M)DAX MüKo m. V. a. Nds. GVBl. Nr. N.V. PCR PwC RegBegr. SPD SPECTARIS S.p.A. TUI UK US(A) (Verb.) Rs. Vorb. VW ZDF & Co.

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(jeweils) zuletzt aufgerufen/überarbeitet Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich Literatur (Mid Cap) Deutscher Aktienindex Münchener Kommentar mit Verweis auf Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt Nummer Naamloze Vennootschap (Aktiengesellschaft) Polymerase Chain Reaction PricewaterhouseCoopers Amtliche Begründung des Regierungsentwurfs Sozialdemokratische Partei Deutschlands Deutscher Industrieverband für Optik, Photonik, Analysen- und Medizintechnik Società per Azioni (Aktiengesellschaft) Touristik Union International United Kingdom United States (of America) (Verbundene) Rechtssachen Vorbemerkung(en) Volkswagen Zweites Deutsches Fernsehen & Compagnie

Im Übrigen wird auf Kirchner, Hildebert (Begr.)/Böttcher, Eike (Bearb.), Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 10. Auflage, Berlin 2021 verwiesen.

Kapitel 1

Einleitung Präsident Dudas Veto gegen die Novelle des polnischen Mediengesetzes sei ein „positives Signal“, so die US-Regierung.1 Das umstrittene Vorhaben, mit dem Beteiligungen ausländischer Investoren2 an polnischen Medienunternehmen auf ein absolutes Maximum beschränkt werden sollten, hätte dem regierungskritischen, mehrheitlich vom amerikanischen Konzern Discovery getragenen polnischen Nachrichtensender TVN24 seine Existenzgrundlage entzogen.3 Trotz der nicht abzustreitenden Brisanz dieses Gesetzesvorhabens ist erstaunlich, wie viel Aufsehen4 die Thematik in Kreisen der Europäischen Kommission erregte, fordert diese doch ihre Mitgliedstaaten selbst zur Prüfung drittstaatlicher Investitionen, speziell auch im Medienwesen, auf.5 Wer einen kurzen Blick in die deutschen Investitionsprüfvorschriften wirft, erkennt, dass diese gar die Untersagung des Erwerbs einer nur zehnprozentigen Beteiligung an einem deutschen Medienunternehmen erlauben. Besteht in diesem Bereich hierzulande also ebenfalls ein Demokratie- oder Rechtsstaatlichkeitsdefizit, wie es für die polnischen Regularien bemängelt wurde? Auch abseits des speziellen Medienbereichs gewinnt das Investitionsprüfungsrecht stetig an Relevanz: So fordert der BDI, der deutsche Gesetz- und Verordnungsgeber möge sich entgegen einem „Trend zu Protektionismus“ und einer „zu1

Neue Züricher Zeitung, Präsident Duda legt sein Veto gegen das umstrittene polnische Mediengesetz ein, Bericht v. 28. 12. 2021, https://www.nzz.ch/international/praesident-dudalegt-veto-gegen-polnisches-mediengesetz-ein-ld.1662152 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 2 Zur Erleichterung des Leseflusses wird lediglich die maskuline Form verwendet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter. 3 Vgl. hierzu ausf. Kap. 2 § 3 F. 4 Deutschlandfunk Kultur, USA und EU besorgt über umstrittenes Mediengesetz in Polen, Bericht v. 19. 12. 2021, https://www.deutschlandfunkkultur.de/usa-und-eu-besorgt-ueber-um strittenes-mediengesetz-in-polen-102.html; Handelsblatt, USA und EU besorgt über umstrittenes Mediengesetz in Polen, Bericht v. 18. 12. 2021, https://www.handelsblatt.com/politik/in ternational/polen-usa-und-eu-besorgt-ueber-umstrittenes-mediengesetz-in-polen/27905476. html?ticket=ST-3582252-TGC2EiANY3RuvCGjwewj-cas01.example.org; Hassel, Wer die Medien kontrolliert, Süddeutsche Zeitung v. 20. 12. 2021, https://www.sueddeutsche.de/politik/ polen-pressefreiheit-fernsehen-1.5491424 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 5 So konkret zu Beginn der COVID-19-Pandemie Europäische Kommission, Communication from the Commission, Guidance to the Member States concerning foreign investment and free movement of capital from third countries, and the protection of Europe’s strategic assets, ahead from, the application of Regulation (EU) 2019/452 (FDI Screening Regulation) v. 25. 3. 2020, C(2020) 1981 final, https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2020/march/tradoc_1 58676.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). S. hierzu näher Sahin, COVuR 2020, S. 192 ff.

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Kap. 1: Einleitung

nehmend industriepolitische[n] Instrumentalisierung von Investitionskontrollen“ mehr Offenheit beweisen. Ein Außenwirtschaftsrecht, das „ausländische Investitionen zunehmen blockier[t]“, drohe „großen wirtschaftlichen anzurichten“.6 In der Tat ist in jüngerer Zeit eine starke Tendenz erkennbar, die nationalen Möglichkeiten zur Beschränkung ausländischer Direktinvestitionen in sicherheitsrelevante zivile Unternehmen stetig zu verschärfen. Eine Notwendigkeit der Verschärfung dieser Beschränkungsmöglichkeiten konnte bei der anvisierten Veräußerung des einen Impfstoff gegen das Corona-Virus SARS-CoV-2 entwickelnden deutschen Unternehmens CureVac an einen amerikanischen Investor wohl dem überwiegenden Empfinden nach bejaht werden.7 Ähnliches könnte auch hinsichtlich des Unternehmens Gazprom Germania gelten, bei dessen Veräußerung im Kontext des russischen Krieges in der Ukraine Versorgungsengpässe in Deutschland befürchtet wurden.8 Aber trifft diese Einschätzung auch in Anbetracht der vielen weiteren beschränkbaren Transaktionen zu? Kritik ließ sich hinsichtlich des Umgangs mit der bevorstehenden Übernahme des deutschen Halbleiterkonzerns Sil6 BDI, AWG-Novelle: BDI gegen schärfere Investitionskontrollen, Bericht v. 17. 3. 2020, https://bdi.eu/artikel/news/awg-novelle-bdi-gegen-schaerfere-investitionskontrollen/ (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 7 Pottmeyer, AW-Prax 2020, 307 (307); Schmidt, EuZW 2020, 301 (301); Dams, Donald Trump greift nach deutscher Impfstoff-Firma, WELT v. 15. 3. 2020, https://www.welt.de/wirt schaft/article206555143/Corona-USA-will-Zugriff-auf-deutsche-Impfstoff-Firma.html; Reuters, Tübinger Impfstoff-Firma dementiert mögliche US-Übernahme, ZEIT ONLINE v. 15. 3. 2020, https://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2020-03/coronavirus-impfstoff-curevac-deut sche-firma-usa-rechte?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). Zum umstrittenen Erwerb Curevacs s. auch Kap. 2 § 1 A. 8 In diesem Fall wurde die bis dato nicht genutzten Option des § 6 Abs. 1 Satz 1 AWG angewandt, welche neben der eigentlichen Eröffnung des Investitionsprüfverfahrens eine Anordnung von Rechtsgeschäften und Handlungspflichten zur Abwehr einer Gefahr für die außenwirtschaftsrechtlichen Schutzgüter erlaubt. Konkret bringt dies für Gazprom Germania eine Treuhandaufsicht durch die deutsche Bundesnetzagentur mit sich. Vgl. näher die Anordnung (BAnz AT v. 4. 4. 2022 – B 13) sowie hierzu aktuell Sachs/Schäffer, UKuR 2022, 100 (100 f.); Ludwig, Die Bestellung der Bundesnetzagentur durch das BMWi zum Treuhänder für die Betreiberfirmen von Erdgasspeichern in Deutschland, Verfassungsblog v. 6. 4. 2022, https://verfassungsblog.de/energiesicherheit-durch-ausenwirtschaftsrecht/; Barth/Plötz, The curious case of Gazprom Germania – how the Ministry intervened in the transfer of critical infrastructure to a Russian company purportedly led by a DJ v. 8. 4. 2022, https://www.linkla ters.com/en/insights/blogs/foreigninvestmentlinks/2022/april/the-curious-case-of-gazprom-ger mania-how-the-ministry-intervened-in-the-transfer-of-critical; Barret, Darum steht Gazprom Germania unter Aufsicht, ZDFheute v. 5. 4. 2022, https://www.zdf.de/nachrichten/politik/gaz prom-bundesnetzagentur-energie-ukraine-krieg-russland-100.html; Löhr, Habeck entmachtet Gazprom, FAZ v. 4. 4. 2022, https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/gazprom-germania-roberthabeck-setzt-netzagentur-als-treuhaender-ein-17934675.html (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). Infolge mehrfacher Reformen des Energiesicherungsgesetzes im Jahr 2022 bedarf es nunmehr keines Rückgriffs auf § 6 Abs. 1 Satz 1 AWG (vgl. m. w. N. Müller-Ibold/Herrmann, EuZW 2022, 1085 [1093 f.] sowie zum Verhältnis der Regelung zu den in dieser Arbeit untersuchten sektorübergreifenden Prüfvorschriften, die im Fall Gazprom ebenfalls in ihrem Anwendungsbereich eröffnet waren, Walter, RIW 2022, Heft 08, Umschlagteil I).

§ 1 Politischer und rechtlicher Hintergrund

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tronic AG durch ein taiwanesisches Unternehmen vernehmen, was in Anbetracht ihres Scheiterns nach der einjährigen Prüfdauer wenig verwundert.9 Die stetig zunehmende Bedeutung der eingangs aufgeworfenen Frage, ob es einer fortlaufenden Verschärfung von Beschränkungsmöglichkeiten ausländischer Direktinvestitionen bedarf, belegt die im Jahr 2022 in Politik und auf allen Bevölkerungsebenen kontrovers diskutierte (Minderheits-)beteiligung der chinesischen Reederei COSCO an einem Terminal im Hamburger Hafen.10 Weitaus bedeutsamer ist, ob die fortlaufende Ausdehnung der Eingriffsgrundlagen rechtlich zulässig ist. Die vorliegende Studie versucht, den aktuellen Rechtsrahmen auf nationaler und europäischer Ebene – jeweils mit einem besonderen Fokus auf Medienunternehmen – zu erfassen und überprüft, ob die deutsche Investitionskontrolle den Anforderungen des nationalen Verfassungs- und des europäischen Unionsrechts standhält.

§ 1 Politischer und rechtlicher Hintergrund § 1 Abs. 1 Satz 1 AWG normiert die grundsätzliche Freiheit des Außenwirtschaftsverkehrs, also des grenzüberschreitenden Güter-, Dienstleistungs-, Kapital-,

9 Zu diesem prominenten Fall vgl. etwa Hasselbach/Stepper, BB 2022, 643 (646 ff.); Holzamer, Siltronic-Übernahme gescheitert, Finance Magazin v. 1. 2. 2022, https://www.fi nance-magazin.de/deals/ma/siltronic-uebernahme-gescheitert-108917/; Reuters, Verkauf von Siltronic gescheitert, Börsenzeitung v. 1. 2. 2022, https://www.boersen-zeitung.de/verkauf-vonsiltronic-gescheitert-ea1d4d8c-832a-11ec-af7a-4163f9b093bb. Hierzu insbesondere kritisch Welter, Ein Skandal – In jeder Hinsicht, FAZ v. 1. 2. 2022, https://www.faz.net/aktuell/wirt schaft/siltronic-uebernahme-scheitert-ein-fusstritt-fuer-taiwan-und-deutschland-17771038.html. S. auch schon vor dem Scheitern Bergmann, Siltronic: Was läuft da verkehrt?, Der Aktionär v. 17. 1. 2022, https://www.deraktionaer.de/artikel/aktien/siltronic-was-laeuft-da-verkehrt-202440 17.html; Finsterbusch/Kopplin/Welter, Übernahme von Siltronic durch Globalwafers droht zu scheitern, FAZ v. 17. 1. 2022, https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/uebernahmevon-siltronic-durch-globalwafers-droht-zu-scheitern-17734737.html (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 10 S. hierzu BMWK, Bundeskabinett verabschiedet Teiluntersagung im Investitionsprüfverfahren Hamburger Hafen, Pressemitteilung v. 26. 10. 2022, https://www.bmwk.de/Redakti on/DE/Pressemitteilungen/2022/10/20221026-bundeskabinett-verabschiedet-teiluntersagungim-investitionsprufverfahren-hamburger-hafen.html. Vgl. nur exemplarisch aus den Medien Löhr, Hamburger Hafen in Chinas Händen, FAZ v. 24. 10. 2022, https://www.faz.net/aktuell/ wirtschaft/cosco-beteiligung-im-krisenfall-fuer-hamburgs-hafen-problematisch-18410969.html sowie aus der rechtswissenschaftlichen Literatur Barth/dos Santos Goncalves/Käser, DB Beilage 03/2022, 42 (42); Müller-Ibold/Herrmann, EuZW 2022, 1085 (1093); Paschke, RdTW 2022, 417 (417 f.); v. Rummel/Gertz, RdTW 2022, 465 (465 ff.); Herrmann, Hamburger Hafenrundfahrt im Regierungsviertel, Verfassungsblog v. 25. 10. 2022, https://verfassungsb log.de/hamburger-hafenrundfahrt-im-regierungsviertel/ (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). S. aktuell auch Deutsche Bundesregierung, Antwort auf die Kleine Anfrage zu Investitionsbeziehungen mit China, insbesondere des chinesischen Staatsunternehmens COSCO an dem Hamburger Hafenterminal Tollerort (BT-Drucks. 20/5110 v. 27. 12. 2022).

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Kap. 1: Einleitung

Zahlungs- und sonstigen Wirtschaftsverkehrs.11 Dieser gesetzliche Regelfall findet sich im Außenwirtschaftsgesetz seit dessen Einführung im Jahr 1961, womit ein Paradigmenwechsel vollzogen wurde: In Abkehr vom in Zeiten der Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs im Jahre 1949 etablierten Grundsatz des Verbots eines jeden Geschäfts mit Ausländern12 wandte man sich einer Stärkung Deutschlands als Exportnation sowie einer Unterstützung von Entwicklungen des europäischen Binnenmarkts zu. Gleichwohl ist der Vorbehalt von Beschränkungen durch das Außenwirtschaftsrecht seit jeher etabliert.13 Der Begriff „Außenwirtschaftsrecht“ erfasst alle nicht privatrechtliche Rechtsnormen, deren sachlicher Anwendungsbereich internationale Wirtschaftstransaktionen betrifft. Heutzutage wird insoweit zwischen nationaler und europäischer Ebene unterschieden.14 Gegenstand außenwirtschaftsrechtlicher Beschränkungen sind besonders ausländische Direktinvestitionen. Im internationalen Verständnis handelt es sich hierbei um grenzüberschreitende Investitionen einer natürlichen oder, dies regelmäßig wegen des Transaktionsvolumens, einer juristischen Person aus einem Staat in ein Unternehmen aus einem anderen Staat mit dem Ziel, maßgeblich und mindestens für eine gewisse Dauer lenkenden Einfluss auf das Investitionsobjekt auszuüben.15 Die Investition äußert sich häufig im Erwerb von Aktien, welche die Möglichkeit einer Beteiligung an der unternehmerischen Verwaltung und Kontrolle gewähren.16 Ausländisch ist eine Direktinvestition, wenn der Investor aus einem Staat außerhalb der Europäischen Union stammt.17 Wenngleich Direktinvestitionen in der Praxis

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Zu dieser Regelung vgl. Walter, in: Martinek/Semler/Flohr (Hrsg.), Hdb. des Vertriebsrechts, 4. Aufl. 2016, § 45 Rn. 12; Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, Geleitwort zur Edition 1 (Stand 2021). 12 Dieser Grundsatz fand sich erstmals in Militärregierungsgesetz Nr. 53 v. 19. 9. 1949 (GVBl 1949, S. 263). Zu den Entwicklungen dieses Paradigmenwechsels hin zur im Jahre 1961 etablierten Außenwirtschaftsfreiheit s. Seifert, Die deutschen Direktinvestitionen im Ausland, 1967, S. 45 ff. Vgl. zur Entwicklung des Rechtsrahmens vor dem Hintergrund „des Booms“ in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg auch Schröter, in: Hartmut Kaelble (Hrsg.), Der Boom 1948 – 1973, S. 88 ff. 13 Kollmann, AW-Prax 2013, 267 (267 ff.); Thoms, in: Dorsch, Zollrecht, Einführung Außenwirtschaftsrecht (Stand 2020) Rn. 12; dies., in: Dorsch, Zollrecht, § 1 AWG (Stand 2020) Rn. 2. 14 Mohamed, JZ 2019, 766 (768); Thoms, in: Dorsch, Zollrecht, Einführung Außenwirtschaftsrecht (Stand 2020) Rn. 4 ff. m. w. N. 15 Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 28; Keller/ Schmitt, in: Krenzler (Begr.), EU-Außenwirtschafts- und Zollrecht, Bd. 1, 120, vor Art. 1 BITÜbergangsVO (Stand 2022) Rn. 9 m. w. N. 16 Schmidt/Meckl, BB 2020, 1218 (1223). 17 Keller/Schmitt, in: Krenzler (Begr.), EU-Außenwirtschafts- und Zollrecht, Bd. 1, 120, vor Art. 1 BIT-ÜbergangsVO (Stand 2022) Rn. 8.

§ 1 Politischer und rechtlicher Hintergrund

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unterschiedliche Erscheinungsformen haben, sind die Fusion und der Erwerb von Unternehmen(-santeilen) – Mergers and Acquisitions – besonders relevant.18 Wirtschaftlich betrachtet sind ausländische Direktinvestitionen grundsätzlich wünschenswert, denn sie schaffen Kapital und kreieren neue Arbeitsplätze, Knowhow und wertvolle Geschäftsbeziehungen.19 Auch die Europäische Kommission gibt zu bedenken, dass Offenheit für Handel und Investitionen die Grundlage für den Wohlstand und die Wettbewerbsfähigkeit Europas darstellt.20 Sie implizieren jedoch auch negative Aspekte, denen die gesetzlichen Beschränkungsmöglichkeiten begegnen sollen. Die Ziele der nationalen Investitionsprüfvorschriften reichen mitunter vom Schutz kritischer Infrastrukturen und der Versorgungssicherheit bis hin zum Schutz nationaler Schlüsseltechnologien sowie der Verhinderung eines Abflusses technischen Know-hows.21 Im Medienbereich sollen im Wesentlichen die Pressefreiheit, die freie Berichterstattung und die Medienvielfalt gesichert werden.22 Grundsätzlich richtet sich das jeweilige Gefahrenpotenzial einer Investition nach dem zielunternehmerischen Wirtschaftszweig und den mit der Investition verbundenen Einflussmöglichkeiten, nach Organisation des Investors, seinen Beweggründen für den Erwerb und die Herkunft des eingesetzten Kapitals.23 Neben außenwirtschaftsrechtlichen Beschränkungsmöglichkeiten ausländischer Direktinvestitionen werden jene auch im Rahmen der Anteilseignerkontrolle bei Banken, Versicherungen und Börsenträgern, den wertpapierrechtlichen Meldepflichten sowie im Bereich des Gesellschafts- und des Steuerrechts relevant.24 Bezüglich Medienunternehmen stehen in Deutschland ferner einer Kommission Instrumente zum Schutz einer Meinungsvielfalt im Zusammenhang mit der bundesweiten Veranstaltung von Fernsehprogrammen bereit, wobei in diese Untersuchungen auch medienrelevante verwandte Märkte wie beispielsweise der Hörfunk oder Tageszeitungen einbezogen werden.25 Diese KEK setzt sich aus sechs Sachverständigen des Rundfunk- und Wirtschaftsrechts, von denen drei die Befähigung 18

Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 28 f.; Sidhu, ZEuS 2004, 335 (338). 19 Vgl. etwa Görg, ZfWP 2019, 28 (30). 20 Europäische Kommission, Weissbuch, Gewährleistung fairer Wettbewerbsbedingungen bei Subventionen aus Drittstaaten v. 17. 6. 2020, COM (2020) 253 final, S. 5, https://ec.europa. eu/competition/international/overview/foreign_subsidies_white_paper_de.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 21 Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 71. Vgl. ausf. Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa) (1). 22 Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa) (2). 23 Schuelken, Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen, 2021, S. 23. 24 Hierzu eingehend Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 40 ff. 25 KEK, Über uns, https://www.kek-online.de/ueber-uns/#c3692; dies., Medienrelevante verwandte Märkte, https://www.kek-online.de/medienkonzentration/medienrelevante-verwand te-maerkte (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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Kap. 1: Einleitung

zum Richteramt haben müssen, und sechs nach dem Landesrecht bestimmten gesetzlichen Vertretern der Landesmedienanstalten zusammen. Bei ihrer Aufgabenerfüllung sind die Kommissionsmitglieder nicht weisungsgebunden.26 Vor dem Hintergrund dieser allgemeinen Beschränkungsmöglichkeiten ausländischer Direktinvestitionen konzentrieren sich die Untersuchungen der vorliegenden Studie auf diejenigen im Bereich des Außenwirtschaftsrechts. Diese sind im nationalen Außenwirtschaftsgesetz und in der Außenwirtschaftsverordnung27 normiert. Neben der sog. sektorspezifischen Prüfung, die insbesondere Investitionen in Rüstungsgüter betrifft, ist vor einigen Jahren mit der sektorübergreifenden Prüfung die Beschränkung von Investitionen in alle Industriezweige ermöglicht worden. Die Verschärfungen der nationalen Investitionsprüfvorschriften in jüngerer Vergangenheit sind ganz besonders im Bereich des sekorübergreifenden Verfahrens anzusiedeln, mit dessen Rechtsrahmen beschäftigt sich die vorliegende Arbeit. Darüber hinaus wird auch die auf europäischer Ebene am 10. April 2019 in Kraft getretene Screening-Verordnung28 berücksichtigt, welche auf die Schaffung eines einheitlichen Rahmens für die Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen abzielt. Die zunehmende Verschärfung nationaler Vorschriften29 lässt sich insbesondere auf prominente Unternehmensübernahmen wie jene des deutschen Roboterbauers Kuka durch den chinesischen Konzern Midea im Jahr 2016 zurückführen. Diese und andere überraschende Übernahmen wie etwa die der Unternehmen Osram und Aixtron zeigten dem nationalen Gesetzgeber in der Vergangenheit einen Handlungsbedarf auf.30 Hinzu kommt, dass insbesondere China in jüngerer Vergangenheit zu einem der bedeutendsten globalen Investoren herangewachsen ist.31 Infolge Chinas Investitionspolitik „Neue Seidenstraße“ sind weitere Bestrebungen zur Er-

26 KEK, Organisation, https://www.kek-online.de/ueber-uns/organisation (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 27 AWV v. 2. 8. 2013 (BGBl I 2013, S. 2865). 28 Verordnung (EU) 2019/452 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 19. 3. 2019 zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union (ABl L 79 I, S. 1). 29 Kap. 2 § 1 A. 30 Schladebach/Becker, NVwZ 2019, 1076 (1076 f.); Slobodenjuk, BB 2019, 202 (202); Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 8. Zu den Erwerben von Aixtron, Kuka und Osram vgl. Seibt/Kulenkamp, ZIP 2017, 1345 (1346 f.); Hegmann, Welt v. 10. 10. 2016, https://www.welt.de/wirtschaft/article158671664/Chi nesen-greifen-nach-deutschem-Lichtriesen-Osram.html; Magenheim, Stuttgarter Zeitung v. 20. 7. 2016, https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.kuka-uebernahme-midea-konzern-erobertkuka-im-sturm.4d2fe71b-f86f-4b93-9d13-17c439219333.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 31 White & Case, China’s rise in global M&A: Here to stay, Report, 2017, https://events. whitecase.com/pdfs/mergers-acquisitions/chinas-rise-in-global-ma-here-to-stay.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023).

§ 1 Politischer und rechtlicher Hintergrund

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langung einer Vorreiterrolle in der Weltwirtschaft zu erwarten,32 vor denen seit einiger Zeit auch das BfV unter Bezugnahme auf nachrichtendienstliche und sicherheitspolitische Herausforderungen warnt.33 Erklärtes Ziel der Nationalen Industriestrategie 203034 ist daher insbesondere die Verhinderung eines „Ausverkaufs“ deutscher Schlüsseltechnologien, welcher infolge der COVID-19-Pandemie umso mehr befürchtet wurde. In diesem Zusammenhang auftretende Liquiditätsprobleme schufen erleichterte Bedingungen für den Zugriff auf Schlüsseltechnologien.35 Im Medienbereich wird eine strategische Einflussnahme insbesondere autoritärer Staaten mit dem Ziel einer Manipulation der Meinungsbildung befürchtet.36 In den Jahren 2020 und 2021 sind im Lichte dieser Entwicklung sowohl das Außenwirtschaftsgesetz als auch die Außenwirtschaftsverordnung erheblichen Reformen unterzogen worden, die sich substanziell auf die Transaktionspraxis auswirken und als Zäsur in der deutschen Investitionskontrolle gelten.37 Das einst als „Nischenthema“ behandelte Außenwirtschaftsrecht rückt zunehmend in das Blickfeld anwaltlicher Beratung.38 In der Praxis brachten die Novellen eine erhebliche Zunahme staatlich geprüfter Erwerbe mit sich: Die Fallzahlen haben sich von 2017 bis zum Jahr 2020 bereits mehr als verdoppelt. Während sich die Zahl der Prüffälle im Jahr 2018 noch auf 78 belief, sind im Jahr 2019 schon 106 Fälle vom BMWK untersucht worden. Ab dem Jahr 2020 ist ein jährlicher Anstieg um 20 weitere Fälle 32

Schuelken, Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen, 2021, S. 40 ff. Vgl. zu einer Zwischenbilanz bezüglich dieser Initiative auch Kiefer, AW-Prax 2021, 247 (247 ff.). 33 BMI, Verfassungsschutzbericht 2019, S. 294 f., https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/ downloads/DE/publikationen/themen/sicherheit/vsb-2019-gesamt.pdf?__blob=publicationFi le&v=10; dass., Verfassungsschutzbericht 2020, S. 322 f., https://www.bmi.bund.de/Shared Docs/downloads/DE/publikationen/themen/sicherheit/vsb-2020-gesamt.pdf?__blob=publica tionFile&v=6 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023); Jungkind/Bormann, DK 2021, 369 (369). 34 BMWK, Nationale Industriestrategie 2030, Strategische Leitlinien für eine deutsche und europäische Industriepolitik, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Industrie/na tionale-industriestrategie-2030.pdf%3F__blob%3DpublicationFile%26v%3D10. Zu Kritik und einer Sorge um protektionistische Tendenzen s. Heinrich/Jalinous/Staudt, AG 2019, 145 (155); BDI, China – Partner und systemischer Wettbewerber, Wie gehen wir mit Chinas staatlich gelenkter Volkswirtschaft um?, Grundsatzpapier v. 10. 1. 2019, https://bdi.eu/publika tion/news/china-partner-und-systemischer-wettbewerber/; Handelsblatt, Altmaier will Ausverkauf deutscher Industrie verhindern, Bericht v. 29. 11. 2019, https://www.handelsblatt.com/poli tik/deutschland/industriestrategie-2030-altmaier-will-ausverkauf-deutscher-industrie-verhin dern/25282996.html (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 35 Lippert, BB 2021, 194 (194). 36 Walker/Kalathil/Ludwig, Autoritäre scharfe Macht und ihre digitale Agenda, FAZ v. 15. 2. 2020, https://www.faz.net/aktuell/politik/die-gegenwart/wie-autoritaere-macht-und-ihredigitale-agenda-ihre-normen-in-die-demokratie-importieren-16625374.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). S. hierzu näher Kap. 2 § 1 C. II. 37 Haak/Brakalova/Thiemann, CB 2020, 357 (357). 38 Richter, Vom Nischenthema zum potenziellen Dealbreaker, JUVE v. 5. 11. 2021, https:// www.juve.de/markt-und-management/vom-nischenthema-zum-potenziellen-dealbreaker/ (zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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Kap. 1: Einleitung

erwartet worden,39 wobei in diesem Jahr bereits 160 Erwerbe geprüft worden sind.40 Für das Jahr 2021 wurden „deutlich mehr“ als 200 Prüffälle erwartet;41 tatsächlich waren hiermit 306 Prüfungen verbunden.42 Wenngleich nicht von einer signifikanten Erhöhung der Anzahl an Untersagungen ausgegangen wird,43 bleibt ungewiss, inwieweit langfristig von den erweiterten Beschränkungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht wird. Rückblickend auf die Anwendung der Investitionsprüfvorschriften im Jahr 2022 wurde in der Praxis mit an der Zahl drei Untersagungen, Treuhandanordnungen und Entmutigungsgesprächen des BMWK ein deutlich restriktiver Umgang mit Direktinvestitionen insbesondere aus China und Russland bemerkt.44 Dies ist umso bemerkenswerter, berücksichtigt man, dass chinesische Direktinvestitionen in die Europäische Union – trotz vorheriger konstanter Zunahmen –45 ohnehin bereits mit dem dritten Rückgang in Folge im Jahr 2019 um 33 Prozent auf ungefähr 11,7 Billionen Euro gesunken sind. Im Jahr 2016 beliefen sich diese noch auf 37,3 Billionen Euro.46 Allgemein reduzierte sich die Anzahl an Direktinvestitionen in Europa zu Zeiten der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 um drastische 80 Prozent. Dennoch brachten 50 investitionspolitischen Maßnahmen im Jahr 2020 im Vergleich zu den 21 Maßnahmen im Vorjahr mehr als eine Dopplung mit sich.47 Wenig erstaunt vor diesem Hintergrund die an den stetigen Verschärfungen der Regelungen in Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung geäußerte Kritik:48 Es wird vorgebracht, dass sich nationale Unternehmen auf Dauer andere Standorte suchen könnten, an denen innovationsfreundlichere Forschungs- und In39

RegBegr. (BT-Drucks. 19/18700 v. 21. 4. 2020, S. 3). BMWK, Im Fokus: Eine Frage der nationalen Sicherheit, Die Investitionsprüfung im Spannungsfeld von Investitionsfreiheit und der Abwehr sicherheitspolitischer Gefahren, Schlaglichter der Wirtschaftspolitik 7/2021, S. 18, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Info grafiken/Schlaglichter/2021/07/download-frage-der-nationalen-sicherheit.pdf?__blob=publica tionFile&v=8 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 41 Barth, BB 2021, Heft 11, Umschlagseite I; Sattler/Engels, EuZW 2021, 485 (486). 42 BMWK, Investitionsprüfungen in Deutschland: Zahlen und Fakten, https://www.bmwk. de/Redaktion/DE/Publikationen/Aussenwirtschaft/investitionsprufung-in-deutschland-zahlenund-fakten.pdf?__blob=publicationFile&v=18 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 43 Barth/Käser, NZG 2021, 813 (813). 44 Barth/dos Santos Goncalves/Käser, DB Beilage 03/2022, 42 (42). 45 Europäische Kommission, Bericht über ausländische Direktinvestitionen: immer mehr europäische Unternehmen in Schlüsselsektoren in ausländischer Hand, Pressemitteilung v. 13. 3. 2019, https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_19_1668 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vgl. auch Schuelken, Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen, 2021, S. 23, der sich auf S. 24 ff. mit den Gründen für eine damalige Zunahme drittstaatlicher Investitionen in die Europäische Union befasst. 46 Kratz/Huotari/Hanemann/Arcesati, Chinese FDI in Europe: 2019 Update, April 2020, S. 8 ff., https://merics.org/sites/default/files/2020-05/MERICSRhodium%20GroupCOFDIUp date2020.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 47 UNCTAD, World Investment Report 2020, S. X f., https://unctad.org/system/files/officialdocument/wir2021_en.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 48 FAZ, Regierung will Übernahmen strenger kontrollieren, Bericht v. 9. 4. 2020, S. 19. 40

§ 1 Politischer und rechtlicher Hintergrund

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vestitionsregeln gelten.49 Dies könne zu einer Verlagerung geistigen Eigentums aus Deutschland führen.50 Seitens des Mittelstandes wird überdies ein zu starker Fokus der Regierung auf deutsche Großkonzerne befürchtet. Es müsse berücksichtigt werden, dass die Gefährdungslage außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter bei einer Transaktion unter Beteiligung mittelständischer Zielunternehmen geringer sei als bei dem Erwerb deutscher Großkonzerne.51 Im Zuge der COVID-19-Pandemie wurde zudem stärker eine Erleichterung von Direktinvestitionen gefordert, um die Wirtschaft wiederzubeleben und widerstandsfähiger werden zu lassen.52 Zum Teil werden die Verschärfungen in Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung im internationalen Vergleich jedoch auch weiterhin als liberal eingestuft.53 Einigkeit besteht jedenfalls dahingehend, dass das Ziel der Investitionskontrolle im Auge behalten werden54 und ein Protektionismus für die starke Exportwirtschaft Deutschlands unterbleiben sollte, um das Land als attraktiven Investitionsstandort zu erhalten.55 Hinsichtlich einer möglichen Verringerung der 49 Die Familienunternehmer, Stellungnahme zum Gesetzesentwurf der Fraktionen CDU/ CSU und SPD, Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Gesetze, BT-Drucks. 19/18700 und weitere (AusschussDrucks. 19[9]598 v. 12. 5. 2020, S. 4), https://www.bundestag.de/resource/blob/695458/34bc85507c6f62a53fd5c573 96fdf535/sv-dr-mitrenga-data.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 50 Rupp, Gesellschaft für Sichere Mobile Kommunikation mbH, Stellungnahme für den Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestags zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes v. 8. 5. 2020 (AusschussDrucks. 19[9] 596 v. 12. 5. 2020, S. 5), https://www.bundestag.de/resource/blob/695452/929e486538ae1584 5b2dbd89230e41ee/sv-dr-rupp-data.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 51 FAZ, Mittelstand warnt vor Abschottung, Bericht v. 11. 5. 2020, S. 15; Knuf, Industrie drängt Altmaier in die Defensive, Stuttgarter Nachrichten v. 6. 8. 2020, https://www.stuttgarternachrichten.de/inhalt.nationale-industriestrategie-2030-industrie-draengt-altmaier-in-die-defen sive.fc6067ab-1db3-4d8d-946a-368f1dbfaf41.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 52 UNCTAD, World Investment Report 2020, S. IV, https://unctad.org/system/files/officialdocument/wir2021_en.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 53 Huotari, Stellungnahme, Öffentliche Anhörung Deutscher Bundestag, Ausschuss für Wirtschaft und Energie – 13. 5. 2020 (AusschussDrucks. 19[9]600[neu] v. 12. 5. 2020, S. 1 ff.), https://www.bundestag.de/resource/blob/695510/75547165e16f7a8c307ea4cd26fd60dc/sv-huo tari-data.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 54 Krauß, Politik prüft ausländische Investoren früher, Stuttgarter Nachrichten v. 19. 12. 2018, https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.sorge-vor-chinesischen-aufkaeufen-politikprueft-auslaendische-investoren-frueher.0f472e49-b99e-4e1e-85a2-fa85fac52d34.html; Schwader, Regierung bremst fremden Einfluss, FAZ v. 21. 4. 2020, https://www.faz.net/aktuell/wirt schaft/regierung-bremst-fremden-einfluss-aussenwirtschaftsgesetz-16735476.html (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 55 Huotari, Stellungnahme, Öffentliche Anhörung Deutscher Bundestag, Ausschuss für Wirtschaft und Energie – 13. 5. 2020 (AusschussDrucks. 19[9]600[neu] v. 12. 5. 2020, S. 5 f.), https://www.bundestag.de/resource/blob/695510/75547165e16f7a8c307ea4cd26fd60dc/sv-huo tari-data.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vgl. auch Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/Jatzke/Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 (42).

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Kap. 1: Einleitung

Attraktivität Deutschlands als Investitionsstandort durch die verschärften Investitionskontrollregelungen erkennt zumindest das BMWK keinen Anlass zur Sorge.56

§ 2 Problemaufriss Unter Berücksichtigung dieser Hintergründe der Beschränkungsmöglichkeiten ausländischer Direktinvestitionen treten erhebliche rechtliche Probleme zutage. Die Investitionsprüfvorschriften in Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung tangieren Rechtspositionen der Transaktionsbeteiligten, die in der nationalen Verfassung sowie auch in den europäischen Grundfreiheiten verankert sind. Angesichts der zunehmend verschärften Beschränkungsmöglichkeiten stellt sich ungeachtet der ihnen zugrundeliegenden – im Grundsatz nachvollziehbaren – Motivationen die Frage, ob die Regelungen noch den grundgesetzlichen und unionsrechtlichen Anforderungen standhalten können. Es entsteht der Eindruck, dass einige der in dieser Studie untersuchten Vorschriften übereilt etabliert wurden. Zunächst erscheint noch nachvollziehbar, dass die nachfolgend untersuchten Regelungen bei dem Erwerb eines in § 55a Abs. 1 Nr. 8 bis Nr. 11 AWVaufgeführten Unternehmens erst Anwendung finden, wenn eine Beteiligung an diesem von 20 Prozent erworben wird. Die Anhebung der Beteiligungsschwelle von zehn- auf 56 BMWK, Referentenentwurf, Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 22. 1. 2021, S. 1, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/P-R/re ferentenentwurf-siebzehnte-verordnung-zur-aenderung-der-aussenwirtschaftsverordnung. pdf?__blob=publicationFile&v=10. Negative Auswirkungen erwarten jedoch BDI, Stellungnahme zur 17. Novelle der Außenwirtschaftsverordnung v. 25. 2. 2021, S. 6, https://www. bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/bdi. pdf?__blob=publicationFile&v=2; Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie v. 22. 1. 2021: Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung – Ausweitung der Investitionsprüfungen v. 26. 2. 2021, S. 2 f., https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stellungnah men/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/dihk.pdf?__blob=publicationFile&v=6; SPECTARIS, Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zur Siebzehnten Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 26. 2. 2021, S. 3, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWV-No velle-17te/spectaris.pdf?__blob=publicationFile&v=4. Insbesondere in Anbetracht der negativen Folgen der COVID-19-Pandemie für die Wirtschaft wird auch Kritik an den stetigen verschärften Investitionskontrollregelungen geübt von Den Familienunternehmern, Stellungnahme, Referentenentwurf für die 17. Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (17. AWV-Novelle) v. 27. 2. 2021, S. 1 f., https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Down loads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/familienunternehmer.pdf?__blob= publicationFile&v=4 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vgl. ferner v. Brevern, BB 2022, 131 (137); Hasselbach/Stepper, BB 2021, 771 (776) sowie aktuell auch Schulze/Gebert, jurisPRHandels- und Gesellschaftsrecht 05/2022, Anmerkung 1 zum Einbruch der M&A-Transaktionen mit Russlandbezug, die diesen neben den Sanktionen der Europäischen Union als Reaktion auf den Krieg in der Ukraine insbesondere auch auf die verschärften Regularien im deutschen Außenwirtschaftsrecht zurückführen.

§ 2 Problemaufriss

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20 Prozent dient aus Sicht des Verordnungsgebers einer Wahrung der Verhältnismäßigkeitsanforderungen.57 Angesichts der fortgeschrittenen Pandemie konnten sich diese Anforderungen seit 2020 beispielsweise für ein Schutzmasken herstellendes Unternehmen verändern. Während dieses 2020 noch sehr gefragt war, weil zu wenig Masken verfügbar waren, verringerte sich diese Nachfrage im Jahr 2021. Diesem Wandel begegnet die heraufgesetzte Beteiligungsschwelle. Demgegenüber mussten die im Jahr 2020 eingeführten Verbote der in § 15 Abs. 4 AWG normierten Handlungen nach eigenen Angaben des Gesetzgebers im Jahr 2021 aus Verhältnismäßigkeitserwägungen in ihrem Anwendungsbereich beschränkt werden. Im Zuge dieser Korrektur wurde das Verbot einer Gewährung des Bezugs von Gewinnauszahlungsansprüchen aus dem Tatbestand gestrichen. Besonders unter Berücksichtigung der Strafbewehrung jener Verbote ist dies bemerkenswert.58 Noch erstaunlicher ist, dass erst ein Jahr nach Inkrafttreten der Regelungen eine Ausnahme von den das Investitionsprüfverfahren begleitenden Vollzugsbeschränkungen in § 15 Abs. 3 und Abs. 4 AWG für Rechtsgeschäfte mit Wertpapieren geschaffen wurde.59 Bedenkt man, dass jene Regelungen zu diesem Zeitpunkt bereits seit ungefähr einem Jahr Anwendung fanden, ist die Aufnahme von Abmilderungen erst während des Gesetzgebungsprozesses zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes umso alarmierender.60 Der Verordnungsgeber bemüht sich mit zahlreichen Nachbesserungen um eine erhöhte Rechtssicherheit im Umgang mit den untersuchten Regelungen.61 Beispielsweise wurde im Jahr 2021 die lange umstrittene Frage beantwortet, ob der Hinzuerwerb weiterer Anteile am Zielunternehmen eine erneute Prüfmöglichkeit konstituiert.62 Wiederum gilt es zu berücksichtigen, dass diese Änderungen nicht im Entwurf des Verordnungsgebers, sondern erst in der Endfassung als Reaktion auf erhebliche Kritik etabliert worden sind.63 Gerade bei erheblichen Einschränkungen 57

S. auch Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (1). Vgl. Kap. 2 § 1 A. und zur Strafbewehrung im Einzelnen Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) ee). 59 Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) cc). 60 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (9. Ausschuss) zu dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung – Drucks. 19/27451, 19/28129 und 19/28605 Nr. 1.8 – (BT-Drucks. 19/28838 v. 21. 4. 2021). Zum Gesetzgebungsverfahren insgesamt s. Deutscher Bundestag, Vorgang – Gesetzgebung, Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen, 19. Wahlperiode, https://dip.bundestag.de/vorgang/…/273949 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 61 Hierzu vgl. ebenfalls Kap. 2 § 1 A. 62 S. Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (1). 63 BMWK, Änderungen im Investitionsprüfungsrecht, Rechtsetzungsverfahren 2020/2021, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Service/Gesetzesvorhaben/aenderungen-iminvestitionspruefungsrecht.html; BDI, Bundesregierung berücksichtigt BDI-Vorschläge bei 17. AWV-Novelle v. 9. 6. 2021, https://bdi.eu/themenfelder/aussenwirtschaft/auslaendische-di rektinvestitionen/#/artikel/news/bundesregierung-beruecksichtigt-bdi-vorschlaege-bei-17-awvnovelle/. Zur Kritik s. etwa Linklaters, Stellungnahme zum Referentenentwurf der Siebzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 17. 2. 2021, https://www. 58

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Kap. 1: Einleitung

rechtlicher Positionen erleichterte es die Schaffung verhältnismäßiger Rahmenbedingungen, zunächst mildere Regelungen zu etablieren, welche, sofern sie die schützenswerten Rechtsgüter nicht wahren, mit schärferen Vorschriften nachgebessert werden könnten. Trotz der gesetz- und verordnungsgeberischen Bemühungen bestehen Bedenken in Bezug auf eine Vereinbarkeit der nationalen Investitionsprüfvorschriften mit den geltenden Bestimmtheits- und Verhältnismäßigkeitsmaßstäben: Hinsichtlich des rechtlichen Bestimmtheitsgebots rückt insbesondere die wiederholte Begriffswahl „besonders“64 ins Blickfeld, welche im jeweiligen Kontext näherer Präzisierungen entbehrt. Unter Verhältnismäßigkeitsaspekten kommt die Frage auf, warum im Zuge der nachträglich eingeführten Ausnahme von den Vollzugsbeschränkungen für Rechtsgeschäfte mit Wertpapieren nicht auch eine allgemeine legislative Befreiungsoption geschaffen worden ist. Diese Möglichkeit erlaubte der Exekutive eine konkrete Beachtung besonderer Härtefälle wie etwa eine drohende Insolvenz des Zielunternehmens.65 Eine entsprechende Regelung66 hätte etwa auch einen unbedenklichen Teilvollzug gestatten können, wie dies in § 41 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GWB ermöglicht wird. Die Schaffung einer Befreiungsmöglichkeit wurde bereits zu Beginn des Jahres 2021 vorgeschlagen,67 Gründe für ihre Ablehnung wurden nicht vorgetragen.68 bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/lin klaters.pdf?__blob=publicationFile&v=6 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 64 So bei § 14a Abs. 4 Satz 2 AWG, § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 Alt. 2 AWG und § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV, vgl. etwa Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) bb) und cc), Kap. 3 § 3 A. III. 3. a) sowie Kap. 4 § 2 III. 1. 65 S. insbesondere Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (d) und Kap. 4 § 2 III. 2. 66 Anders als die in Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) bb) (1) behandelte Freigabe des Erwerbs gem. § 58a AWV ermöglichte eine Befreiung von den Vollzugsbeschränkung den dinglichen Vollzug sowie die Vornahme der verbotenen Handlungen unabhängig von einer finalen behördlichen Entscheidung in Bezug auf den eigentlichen Erwerb. 67 BVK, BVK-Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zur 17. Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 27. 2. 2021, Punkt 4.3.1, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stel lungnahmen-AWV-Novelle-17te/bvk.pdf?__blob=publicationFile&v=6; Linklaters, Stellungnahme zum Referentenentwurf der Siebzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 17. 2. 2021, S. 11, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stel lungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/linklaters.pdf?__blob=publicationFile&v=6 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023), die jedoch nur das Verbot der Handlungen gem. § 15 Abs. 4 AWG ansprechen. 68 So etwa in der Ersten Verordnung zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung (BT-Drucks. 19/32401 v. 10. 9. 2021), mit der die Ausnahme des § 59a Abs. 1 AWV geschaffen worden ist, oder auch in der Begründung zur Siebzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 19 ff. [BT-Drucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021]), die den Stellungnahmen zum Referentenentwurf nachfolgte. Zu berücksichtigen ist ferner, dass es sich bei einer nur geringen Berücksichtigung von Einwänden aus der Perspektive des nationalen Verfassungsrechts um kein aktuelles Phänomen handelt. Dies belegt schon ein Blick auf

§ 3 Stand von Literatur und Forschung

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Zudem fragt sich, ob angesichts des in den vergangenen Jahren erheblich ausgeweiteten und verschärften Rechtsrahmens der nationalen Investitionsprüfung die Herabsetzung des Prüfmaßstabs „tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung“ auf „voraussichtliche Beeinträchtigung“ außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter rechtlich zulässig ist. Die europäische Screening-Verordnung wählt diese Formulierung ebenfalls, indes verlangt sie vom nationalen Gesetz- und Verordnungsgeber keine entsprechende Herabsetzung.69 Im speziellen Bereich der Medienunternehmen70 steht angesichts einer geringen Praxisrelevanz von § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV in Rede, ob der Branche eine beispielsweise kritischen Infrastrukturen vergleichbare Bedeutung beizumessen ist.71 Die entsprechende Wertung ist in der Regelung des § 56 Abs. 1 Nr. 1 AWV zu sehen, die unter anderem für die zielunternehmerische Branchen der Medienunternehmen eine Anwendungsbereichseröffnung ab dem Erwerb einer zehnprozentigen Beteiligung statuiert.72

§ 3 Stand von Literatur und Forschung Die Beschränkungsmöglichkeiten ausländischer Direktinvestitionen in Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung sind kein ganz neues Thema des öffentlichen Wirtschaftsrechts. Vielmehr wurde das Investitionskontrollregime schon mehrfach auf seine Verfassungs- und Europarechtskonformität hin überprüft. Allerdings haben sich seit Erscheinen dieser Arbeiten die zugrunde gelegten Vorschriften in der Zwischenzeit (sehr) weitgehend geändert. Grundlegend war zweifelsohne die Bochumer Habilitationsschrift von Volker Epping aus dem Jahr 199873. Ausgehend vom in der Verfassung verankerten Statut der Außenwirtschaftsfreiheit entwickelte Epping in dieser Studie die wesentlichen Maßstäbe des nationalen Rechts für Beschränkungen ausländischer Direktinvestitionen. Die Überlegungen sind von bleibender Bedeutung, doch hat sich der aktuelle deutsche und europäische Rechtsrahmen in den vergangenen fast 35 Jahren fundamental geändert. die Eindrücke von Lecheler und Germelmann in Bezug auf eine außenwirtschaftsrechtliche Novelle im Jahr 2009. Bereits zum damaligen Zeitpunkt hielten diese die außenwirtschaftsrechtlichen Regelungen in Anbetracht der ausgeweiteten Kompetenzen für „verwunderlich“ (Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 177). 69 Vgl. Kap. 3 § 4 A. III. 2. c); Kap. 4 § 3 C. 70 Kap. 2 § 1 C. 71 S. zur aus diesem Aspekt resultierenden möglichen Unangemessenheit des Vollzugsverbots im speziellen Bereich der Medienunternehmen Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (a). 72 Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (1). 73 Epping, Die Außenwirtschaftsfreiheit, 1998.

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Kap. 1: Einleitung

Wichtig für das hier behandelte Thema ist sodann eine im Jahr 2010 von Helmut Lecheler und Claas Friedrich Germelmann74 verfasste Monographie mit dem Titel „Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht“. Diese Arbeit, die gegenständlich allerdings auf den Bereich des Energierechts beschränkt ist, beschäftigte sich grundlegend mit den Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten. Einer Übertragung der Erkenntnisse dieser gleichfalls für das Themenfeld wichtigen Untersuchung auf den derzeit geltenden Rechtsrahmen der Investitionsprüfung sind jedoch ebenfalls Grenzen gesetzt, einerseits weil in der Studie von Lecheler und Germelmann der Spezialbereich des Energiewirtschaftsrechts herausgegriffen ist, andererseits weil auch sie die neueren, zwischen 2019 und 2022 erfolgten massiven Gesetzesänderungen außenwirtschaftsrechtlicher Vorschriften nicht berücksichtigen konnte. Ähnliches gilt für die 2011 veröffentlichte Dissertationsschrift von Maximilian Clostermeyer75, die vornehmlich die Vereinbarkeit außenwirtschaftsrechtlicher Regelungen mit dem europäischen Unionsrecht, speziell mit der Kapitalverkehrsfreiheit, zum Gegenstand hat, und ebenso für die im selben Jahr 2011 erschienene Dissertationsschrift76 von Anna Labitzke. Bei Labitzkes Arbeit kommt hinsichtlich des Übertragungswertes auf die hier vorgelegte Untersuchung hinzu, dass sie sich mit Investitionen in deutsche Rüstungsunternehmen beschäftigt hat, die der aus heutiger Perspektive sogenannten sektorspezifischen Prüfung unterfallen, wohingegen sich diese Arbeit mit sicherheitsrelevanten zivilen Unternehmen des sektorübergreifenden Regimes befasst.77 Im Themenfeld bewegt sich des Weiteren die im Jahr 2013 erschienene Dissertationsschrift von Felix Geiger78. Freilich beleuchtete auch Geiger noch einen gänzlich anderen Rechtsrahmen79 und legte zudem einen erheblich breiteren Blickwinkel an: Beziehen sich die Untersuchungen dieser Arbeit allein auf die außenwirtschaftsrechtlichen Regelungen, betrachtete Geiger auch und vor allem die ordnungs-, gesellschafts- und steuerrechtliche Beschränkungsmöglichkeiten sowie das internationale Wirtschaftsrecht. Auch der 2018 geltende Investitionsprüfmechanismus wies noch sehr große Differenzen zum heutigen Rechtsrahmen auf. Dennoch war ein Festschriftbeitrag

74 Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010. 75 Clostermeyer, Staatliche Übernahmeabwehr und die Kapitalverkehrsfreiheit zu Drittstaaten, 2011. 76 Labitzke, Die Beschränkung von Auslandsinvestitionen in deutsche Rüstungsunternehmen, 2011. 77 S. zur Abgrenzung von sektorspezifischer und -übergreifender Prüfung Kap. 2 § 1 B. I. 78 Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013. 79 Vgl. zum damaligen Rechtsrahmen Kap. 2 § 1 A.

§ 3 Stand von Literatur und Forschung

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von Dirk Ehlers80 hilfreich, in dem Ehlers verfassungs-, europa- und völkerrechtlichen Fragestellungen im Kontext der außenwirtschaftsrechtlichen Vorschriften nachgegangen ist und bedeutsame Grundsätze angesprochen hat. Die 2022 erschienene Dissertation von Bodo Dehne81 hat ebenfalls den damaligen nationalen Rechtsrahmen zum Gegenstand. Dehne beleuchtete einzelne im Jahr 2018 geltende Regime anderer Staaten, die wie dasjenige hierzulande in der Zwischenzeit erheblichen Änderungen unterzogen worden sind. Konkret konnten aus Dehnes Untersuchungen einer Vereinbarkeit der deutschen Vorschriften mit den Grundfreiheiten Erkenntnisse gewonnen werden, die freilich durch die gegenständliche Begrenzung der Arbeit auf Beteiligungserwerbe ausländischer Staatsfonds beschränkt sind. Hinsichtlich der Europarechtskonformität, konkret der Vereinbarkeit der 2019 novellierten Investitionsprüfvorschriften in Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung mit den Grundfreiheiten, ist sodann ein von Christoph Herrmann82 verfasstes Gutachten für das BMWK bedeutsam gewesen. Wichtige Anhaltspunkte bietet Herrmanns Ausarbeitung insbesondere, weil sie sich erstmals tiefgründiger mit der unionsrechtlichen Screening-Verordnung befasste. Die Verordnung war zum damaligen Zeitpunkt jedoch noch nicht in Kraft getreten, und eine Angleichung des nationalen Rechtsrahmens stand noch bevor. Der in Herrmanns Gutachten bearbeitete Stand der Regelungen in Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung bildet auch die Grundlage für eine 2021 veröffentlichte Dissertation von Tobias Schuelken.83 Diese beschäftigt sich wie auch die vorliegende Studie mit der anwendungsbezogenen zehnprozentigen Prüfschwelle für die Beschränkung ausländischer Direktinvestitionen. Während sich Schuelkens Überprüfungen indes – wie schon die Studie von Lecheler und Germelmann – auf Energieinfrastrukturen beziehen, soll die vorliegende Arbeit den gesamten sektorübergreifenden Mechanismus mit besonderer Berücksichtigung von Medienunternehmen erfassen. Zudem ging Schuelken der Idee des Vorschlags einer Änderung der Screening-Verordnung nach, um ausländische Direktinvestitionen auf Unionsebene wirksam zu überprüfen. Ebenfalls noch nicht auf dem Stand der aktuellen Vorschriften ist die zu Beginn des Jahres 2023 erschienene Dissertation von Frederike Becker.84 Indem Becker das im Jahre 2020 geltende Investitionsprüfregime untersuchte, liefert ihre Arbeit die bis dato aktuellsten Erkenntnisse zu den Investitionsprüfvorschriften mit größerer Eindringtiefe. Becker stellte Reformvorschläge für die Regelungen vor, die der nationale Verordnungsgeber im Folgejahr nochmals änderte. Hinzu kommt, dass sich 80

Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/ Jatzke/Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 (41 ff.). 81 Dehne, Investitionskontrolle in Deutschland, 2022. 82 Herrmann, ZEuS 2019, 429 (429 ff.). 83 Schuelken, Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen, 2021. 84 Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023.

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Kap. 1: Einleitung

Beckers Reformüberlegungen insbesondere auf eine stärkere Privilegierung von Erwerben sogenannter nicht sicherheitsrelevanter Unternehmen bezogen. Hingegen nimmt die vorliegende Arbeit gerade die sicherheitsrelevanten Transaktionen in den Blick, für die infolge der jüngsten Gesetzes- und Verordnungsnovellen schärfere Einschränkungen gelten. Freilich legte Beckers auch einen ökonomisch breiteren Blickwinkel an und berücksichtigte hingegen weniger die Verfassungs- und Unionsrechtskonformität der Vorschriften; dies insbesondere auch nicht bezüglich der einzelnen Prüfschritte des Regimes. Anders als die bisher vorgestellten, größtenteils monographischen Ausarbeitungen, die die bedeutenden Rechtsänderungen der jüngeren Zeit nicht behandeln konnten, erfassen verschiedene Aufsätze85 auch die aktuellen Gesetzes- und Verordnungsnovellen. Gelegentlich werden dabei auch verfassungs- und unionsrechtlichen Fragestellungen aufgeworfen, allerdings immer nur in dem (geringeren) Umfang und mit der Eindringtiefe, die in einem Aufsatzbeitrag zur Verfügung steht. Dagegen wird in den außenwirtschaftsrechtlichen Kommentaren86, sofern dort die aktuellen Regelungen überhaupt schon kommentiert sind, nur vereinzelt zu dem stark verfassungs- und unionsrechtlich geprägten Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit Stellung genommen. Insgesamt lässt sich somit festhalten, dass es bislang an einer ausführlichen Überprüfung der vor allem im Jahr 2020 und 2021 geschaffenen außenwirtschaftsrechtlichen Beschränkungsmöglichkeiten auf ihre Vereinbarkeit mit dem Verfassungs- und Europarecht hin fehlt. Ganz besonders gilt das im Hinblick auf Medienunternehmen. Zu diesen mangelt es bis dato an jeglicher umfassenden Untersuchung dahingehend, ob die für Drittstaateninvestitionen in deutsche Medienunternehmen geschaffenen einschlägigen Vorschriften des Außenwirtschaftsrechts diese Unternehmen in ihrer verfassungsrechtlich verankerten Presse- und Rundfunkfreiheit verletzen. Alles in allem besteht hinsichtlich des de lege lata geltenden Rechtsrahmens für Investitionen aus Drittstaaten in sicherheitsrelevante zivile Unternehmen des sektorübergreifenden Regimes eine Forschungslücke. Diese Lücke 85 S. exemplarisch nach der Aktualität in Erscheinungsjahren Barth/dos Santos Goncalves/ Käser, DB Beilage 03/2022, 42 (42 ff.); v. Brevern, BB 2022, 131 (131 ff.); Bürger/ Uzunçakmak, NZKart 2022, 63 (63 ff.); Barth/Käser, NZG 2021, 813 (813 ff.); Frederic, AWPrax 2021, 299 (299 ff.); Hindelang, EuZW 2021, 321 (321 ff.); Lippert, BB 2021, 1289 (1289 ff.); Nussbaum, ZEuS 2021, 155 (155 ff.); Sattler/Engels, AW-Prax 2021, 357 (357 ff.); Besen/Slobodenjuk, PhamR 2020, 441 (441 ff.); Bierwagen/v. Wistinghausen, BB 2020, 1986 (1986 ff.); Damman de Chapto/Brüggemann, NZKart 2020, 374 (374 ff.); Enders, RIW 2020, 652 (652 ff.); Haak/Brakalova/Thiemann, CB 2020, 357 (357 ff.); Hasselbach/Stepper, BB 2020, 1538 (1538 ff.); Jungkind/Bormann, NZG 2020, 619 (619 ff.); Leuering/Gröntgen, NJW-Spezial 2020, 335 (355 ff.); Lippert, Der Zoll-Profi!, 6/2020, 5 (5 ff.); Niestedt/Kunigk, NJW 2020, 2504 (2504 ff.); Sahin, COVuR 2020, 192 (192 ff.); Schmidt/Meckl, BB 2020, 1218 (1218 ff.). 86 Niestedt, BeckOK-AWR (Stand 2022). Nur teilweise aktuell sind hingegen die Kommentierungen in Dorsch, Zollrecht (Stand 2020); Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020; Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar (Stand 2021).

§ 4 Ziel und Gang der Untersuchung

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soll durch eine umfassende Untersuchung geschlossen und damit Orientierung für den praktischen Umgang mit den Investitionsprüfvorschriften insbesondere gegenüber Medienunternehmen gegeben werden.

§ 4 Ziel und Gang der Untersuchung Ziel der Untersuchung ist die Überprüfung des aktuellen Rechtsrahmens von Beschränkungen ausländischer Direktinvestitionen in sicherheitsrelevante zivile Unternehmen i. S. v. § 55a Abs. 1 AWV auf ihre Vereinbarkeit mit dem Verfassungsund Europarecht, wobei die in Nr. 6 aufgeführten Medienunternehmen besondere Berücksichtigung finden. Dazu wird zunächst der investitionskontrollrechtliche Rahmen nationaler und europäischer Vorschriften beleuchtet (Kapitel 2). Unabhängig vom weiterhin umstrittenen Verhältnis des Unionsrechts zum nationalen Verfassungsrecht87 werden zunächst die deutschen Vorschriften vorangestellt, zu denen erst im Jahr 2019 die Screening-Verordnung hinzugetreten ist. Im Anschluss werden die nationalen Entwicklungen der Rechtslage in den Niederlanden, Frankreich, Österreich, im Vereinigten Königreich und in den Vereinigten Staaten von Amerika gegenübergestellt, um die wesentlichen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu vergleichen. Sodann befasst sich Kapitel 3 mit einer ausführlichen Überprüfung der deutschen Investitionsprüfvorschriften betreffend sicherheitsrelevante zivile Unternehmen, im Speziellen Medienunternehmen, auf ihre Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht. Diese Prüfung untergliedert sich in die einzelnen Stufen des staatlichen Investitionskontrollmechanismus, namentlich der Meldepflicht, der prüfverfahrensrechtlichen Verbote, der Pflicht und bestimmter Verwaltungsakt-Ermächtigungen sowie der verfahrensabschließenden Untersagungs- und Anordnungsermächtigung. Insoweit werden jeweils die Problemstellungen mit Verfassungsgehalt beleuchtet. Entsprechend geht sodann Kapitel 4 hinsichtlich der Europarechtskonformität der Regelungen vor. Zuletzt werden in Kapitel 5 die wesentlichen Untersuchungsergebnisse insbesondere bezüglich einer (Un-)Vereinbarkeit der etablierten Vorschriften in Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung mit dem Verfassungs- und europäischen Unionsrecht zusammengefasst. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse erhalten die vom geltenden Rechtsrahmen praktisch Betroffenen Empfehlungen für ein rechtssicheres Handeln. Abschließend folgt ein Vorschlag für eine Reform der in dieser Arbeit untersuchten Investitionsprüfvorschriften.

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Hierzu s. etwa Fastenrath/Groh, Europarecht, 4. Aufl. 2016, Rn. 608 ff. m. w. N.

Kapitel 2

Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle Unter Zugrundelegung der in diesem Kapitel beleuchteten nationalen und europäischen Rechtsrahmen wird eine Überprüfung der in Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung normierten Investitionskontrollvorschriften auf ihre Vereinbarkeit mit den verfassungs- und unionsrechtlichen Anforderungen ermöglicht. In diesem Kontext sind auch die internationalen Entwicklungen investitionsprüfrechtlicher Vorschriften zu berücksichtigen, in welche der geltende nationale Rechtsrahmen anhand einer überblicksartigen Darstellung jener der Niederlande, Frankreich, Österreich, des Vereinigten Königreichs und der Vereinigten Staaten von Amerika eingeordnet wird. Für den speziellen Medienbereich erfolgt im Anschluss hieran ein Exkurs zum aktuellen polnischen Mediengesetz.

§ 1 Rechtsrahmen durch die nationalen Vorschriften In den vergangenen Jahren sahen sich die nationalen Investitionskontrollvorschriften in Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung erheblichen Änderungen und Verschärfungen ausgesetzt. Jene Tendenz ist insbesondere auch in Bezug auf Vorschriften zu bemerken, die für den speziellen Bereich des Erwerbs eines Medienunternehmens gelten. Im Anschluss an einen Überblick zur Entstehungsgeschichte erfolgt eine nähere Untersuchung dieser Regelungen.

A. Die Entstehungsgeschichte der nationalen Vorschriften Trotz des seit Einführung des Außenwirtschaftsgesetzes im Jahr 1961 geltenden Beschränkungsvorbehalts für die grundsätzliche Freiheit des Außenwirtschaftsverkehrs1 erfuhren die nationalen Investitionsprüfvorschriften erst nach der Jahrhundertwende einen Schnittpunkt: Mit dem 2004 in Kraft getretenen Elften Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung2 wurde das BMWA3 zur Untersagung des Erwerbs besonders sicherheitsrelevanter 1

Vgl. schon Kap. 1 § 1. Elftes Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung v. 23. 7. 2004 (BGBl I 2004, S. 1859). 3 Seit 2013 bezeichnet als „BMWi“, seit Dezember 2021 bezeichnet als „BMWK“. 2

§ 1 Rechtsrahmen durch die nationalen Vorschriften

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Industrieunternehmen gegenüber gebietsfremden Personen ermächtigt, um wesentliche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten. Als sicherheitsrelevant galten in diesem Zusammenhang Unternehmen, die Kriegswaffen, bestimmte Rüstungsgüter oder Kryptosysteme herstellen, entwickeln oder hochwertige Erdfernerkundungssysteme betreiben.4 Der Vertragsschluss über einen Erwerb, welcher ab einer Beteiligung von mindestens 25 Prozent an zielunternehmerischen Anteilen prüfungsrelevant war,5 musste nunmehr der Behörde gemeldet werden.6 Im Jahr 2009 fand eine weitere Zäsur der nationalen Investitionsprüfvorschriften statt: Mit dem Dreizehnten Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung wurde die sektorübergreifende Prüfung eingeführt, welche die Kontrollmöglichkeiten von nun an auf alle Industriezweige erstreckte.7 Diese Entwicklung ist in der damals wachsenden Sorge um die Ausübung wirtschaftlichen Drucks und den Abfluss deutschen Know-hows durch Staatsfonds8 begründet.9 Zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit Deutschlands im Krisenfall rückten Unternehmen der Telekommunikationsbranche, der Energiewirtschaft und mit Dienstleistungen von strategischer Bedeutung zunehmend in das gesetzgeberische Blickfeld.10

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Voland, EuZW 2009, 519 (519). Epping/Lenz, NVwZ 2005, 858 (858). 6 Labitzke, Die Beschränkung von Auslandsinvestitionen in deutsche Rüstungsunternehmen, 2011, S. 3 f.; Schladebach/Becker, NVwZ 2019, 1076 (1077). 7 Dreizehntes Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung v. 24. 4. 2009 (BGBl I 2009, S. 770). Vgl. hierzu Kollmann, AW-Prax 2009, 205 (206 ff.); Marquardt/Pluskat, DStR 2009, 1314 (1315); Mohamed, JZ 2019, 766 (766); Reinhardt/Pelster, NZG 2009, 441 (442); v. Rosenberg/Hilf/Kleppe, DB 2009, 831 (831 ff.); Seibt/Wollenschläger, ZIP 2009, 833 (833 ff.); Traugott/Strümpell, AG 2009, 186 (188); Voland, EuZW 2010, 132 (132); ders., EuZW 2009, 519 (519). S. weiterhin auch Bonhage, in: Meyer-Sparenberg/Jäckle (Hrsg.), Beck’sches M&A Hdb., 2. Aufl. 2022, § 91 Rn. 2. 8 Hierbei handelt es sich um staatliche Einrichtungen mit in der Regel eigener Rechtspersönlichkeit, in die von staatlicher Seite Haushaltsüberschüsse oder Erlöse aus Rohstoffverkäufen eingezahlt werden, damit der Fonds diese am internationalen Finanzmarkt gewinnbringend anlegen kann, vgl. dazu Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 6 m. w. N. 9 Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 35 f.; Bayer/ Ohler, ZG 2008, 12 (12 ff., insbesondere 15 f.); Voland, EuZW 2009, 519 (519); MauschLiotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 55 AWV Rn. 2. Vgl. zur politischen Debatte ausf. Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 2 ff. und zu einer rechtlichen Auseinandersetzung S. 165 ff. sowie auch Bayer/Ohler, ZG 2008, 12 (26 ff.). 10 RegBegr. (BT-Drucks. 16/10730 v. 30. 10. 2008, S. 15). S. ausf. zur Gesetzesänderung Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 33 ff. Vgl. auch Pottmeyer, in: Wolffgang/ Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2021) Rn. 5. 5

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

Von dieser 2009 eingeführten sektorübergreifenden Prüfung, die nunmehr Beschränkungen des Erwerbs aller deutschen Zielunternehmensbranchen ermöglichen sollte, ist die sektorspezifische Prüfung abzugrenzen. Letztere beschränkt sich auf den Anwendungsbereich der seit 2004 geltenden Vorschriften.11 Beide Mechanismen finden sich seither parallel zueinander im nationalen Rechtsrahmen. Weitere Änderungen erfolgten im Jahr 201312 mit dem Ziel, die Vorschriften verständlicher und übersichtlicher zu regeln und die üblichen Strukturen gleichwohl im Grundsatz zu erhalten.13 Neben einer terminologischen Vereinheitlichung der Rechtsakte wurde der Normenbestand deutlich reduziert.14 Mit der Neunten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung15 2017 wurden weitgehend strengere Beschränkungsmöglichkeiten ausländischer Direktinvestitionen etabliert, die mitunter auf prominente Unternehmenserwerbe zurückzuführen sind.16 Insbesondere wurden mit der Novelle die Prüffristen verlängert und Umgehungskonstellationen präzisiert. Für die sektorübergreifende Prüfung diente die Einführung eines Regelbeispielskatalogs der Konkretisierung sicherheitsrelevanter zielunternehmerischer Branchen, namentlich kritischer Infrastrukturen,17 für welche fortan eine Meldepflicht gelten sollte.18 Die im Dezember 2018 in Kraft getretene Zwölfte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung19 verschärfte die Investitionskontrollregelungen aber11 S. zur genaueren Abgrenzung der de lege lata etablierten sektorübergreifenden von den sektorspezifischen Vorschriften Kap. 2 § 1 B. I. einleitend das Schaubild sowie erläuternd Kap. 2 § 1 B. I. 1. 12 Gesetz zur Modernisierung des Außenwirtschaftsrechts v. 6. 6. 2013 (BGBl I 2013, S. 1482). 13 RegBegr. (BT-Drucks. 17/11127 v. 22. 10. 2012, S. 21 f.); Pottmeyer, in: Wolffgang/ Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 1. 14 Kollmann, AW-Prax 2013, 267 (268 ff.); Niestedt/Trennt, BB 2013, 2115 (2115 ff.); Schadebach/Becker, NVwZ 2019, 1076 (1077); Walter, RIW 2013, 205 (205 ff.); Werner, StBW 2013, 996 (996). 15 Neunte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (BT-Drucks. 18/ 13417 v. 12. 7. 2017). 16 Beachtlich waren unter anderem insbesondere die Erwerbe der Unternehmen Kuka, Osram und Aixtron, vgl. bereits weiter oben Kap. 1 § 1. 17 Diesem Begriff werden neben Nr. 1 des heutigen § 55a Abs. 1 AWV, welche explizit den Begriff „kritische Infrastrukturen“ verwendet, auch Nr. 2 bis Nr. 7 zugeordnet. Vgl. die Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 34 (BT-Drucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021) sowie auch zur Zeit der Einführung des Kataloges § 55 Abs. 1 Satz 1 AWV a. F. schon etwa Boewe/Johnen, NZG 2017, 1095 (1097). 18 Asbrand/Nehring-Köppl, IWRZ 2018, 63 (64); Becker/Sachs, NZG 2017, 1336 (1336 f.); Boewe/Johnen, NZG 2017, 1095 (1096 ff.); Schuelken, DVBl 2017, 1407 (1407 ff.); Thoms, AW-Prax 2018, 102 (102 ff.); dies., AW-Prax 2018, 142 (142 ff.); Walter, RIW 2017, 650 (650 ff.); UNCTAD, World Investment Report 2019, S. 97, https://unctad.org/en/Publication sLibrary/wir2019_en.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 19 Zwölfte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (BT-Drucks. 19/ 7139 v. 18. 1. 2019).

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mals: Der geplante Erwerb einer 20-Prozent-Beteiligung an den Anteilen der 50Hertz GmbH durch den chinesischen Staatskonzern State Grid Corporation of China vergegenwärtigte, dass die bis dahin 25-Prozent-Schwelle nicht jede prüfungsrelevante Konstellation zu erfassen vermag.20 Die für eine Anwendungsbereichseröffnung maßgebliche Beteiligungsschwelle von 25 Prozent21 wurde auf zehn Prozent herabgesetzt.22 Während die geringere Schwelle generell für die sektorspezifische Prüfung gelten sollte, wurde sie für die sektorübergreifende Prüfung auf den Erwerb der im Regelbeispielskatalog als besonders sicherheitsrelevant qualifizierten Branchen beschränkt. Beachtlich ist die Ergänzung dieses Katalogs um Medienunternehmen.23 Zu Beginn des Jahres 2020 gab das BMWK sein Bestreben nach einer grundlegenden Überarbeitung und Verschärfung der außenwirtschaftsrechtlichen Vorschriften bekannt. Diese Novelle setzte sich aus einer Reform des Außenwirtschaftsgesetzes und mehreren Änderungen der Außenwirtschaftsverordnung zusammen und erweiterte insbesondere die sektorübergreifenden Beschränkungsmöglichkeiten.24 Der erste Teil dieser Überarbeitungen wurzelte in der Fünfzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung25 : Neben einigen Klarstellungen wurden Regelbeispiele der bei der Prüfung besonders zu berücksichtigenden Merkmale des Investors normiert. Ferner erfolgte eine Erweiterung der bereits aufgeführten Branchen sicherheitsrelevanter Zielunternehmen: Der Katalog wurde um Dienstleistungserbringer im Zusammenhang mit staatlichen Kommunikationsinfrastrukturen ergänzt. Darüber hinaus wurden in Reaktion auf die COVID19-Pandemie drei weitere Branchen etabliert,26 um die Gesundheit der Bevölkerung 20

Heinrich/Jalinous/Staudt, AG 2019, 145 (154); Lippert, BB 2021, 194 (195); ders., Der Zoll-Profi!, 6/2019, 6 (6); Schladebach/Becker, NVwZ 2019, 1076 (1078). Zur Übernahme der 50Hertz GmbH s. näher Manager Magazin, Regierung vereitelt China-Einstieg bei 50Hertz, Bericht v. 27. 7. 2018, https://www.manager-magazin.de/unternehmen/energie/50hertz-kfw-erwirbt-20-prozent-anteil-sgcc-kommt-nicht-zu-zug-a-1220460-2.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 21 Diese Schwelle wurde zunächst mit der gesellschaftsrechtlichen Sperrminorität begründet, deren Erreichen für eine Einflussnahme auf die Unternehmenspolitik etwa bei Satzungsänderungen erforderlich ist, vgl. Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWRKommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 82. S. zur Sperrminorität sowie zu einer aus der herabgesetzten Schwelle möglicherweise folgenden Grundrechtsverletzung Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (a). 22 Vgl. hierzu schon den Bundesratsbeschluss (BR-Drucks. 78/18 v. 27. 4. 2018, S. 2). S. ferner Haak/Brakalova/Thiemann, CB 2020, 231 (232); Herrmann, ZEuS 2019, 429 (432 f.). 23 Vgl. zu Anlass und Gründen dieser Aufnahme ausf. Kap. 2 § 1 C. II. 24 Höfler/Heidemann, AW-Prax 2020, 465 (465 ff.). 25 Fünfzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (BT-Drucks. 19/ 19781 v. 5. 6. 2020). 26 Diesbezüglich s. auch Geber, AW-Prax 2020, 365 (366); Jungkind/Bormann, NZG 2020, 619 (619 f.); UNCTAD, World Investment Report 2020, S. 93, https://unctad.org/system/files/ official-document/wir2020_en.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

zu schützen.27 Anlass hierzu bot der zu Beginn der Pandemie viel debattierte potenzielle Erwerb CureVacs durch einen amerikanischen Investor.28 Hiermit ging die Befürchtung einher, zum Nachteil der deutschen Bevölkerung könnte vorrangig der amerikanische Markt mit dem zu entwickelnden Impfstoff bedient werden. Zu bemerken ist allerdings, dass die Auswirkungen jener Erweiterungen mangels zeitlicher Begrenzung über die COVID-19-Pandemie hinausgehen.29 Zudem sahen der deutsche Gesetz- und der Verordnungsgeber eine Notwendigkeit, die ab Oktober 2020 geltende europäische Screening-Verordnung umzusetzen.30 Mit einer Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes31 ist für Beschränkungen des Außenwirtschaftsverkehrs danach nicht länger allein die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen, sondern überdies die eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder der Projekte oder Programme von Unionsinteresse im Sinne der Screening-Verordnung. Zusätzlich ist entgegen dem Gefährdungsbegriff nunmehr eine „voraussichtliche Beeinträchtigung“ der Schutzgüter Maßstab der Prüfung, womit der behördliche Entscheidungsspielraum bei der Prüfung erweitert werden sollte.32 Zudem wurde eine Nationale Kontaktstelle im BMWK angesiedelt, welche den in der Screening-Verordnung vorgegebenen Kooperationsmechanismus33 zu gewährleisten bezweckt.34 Außerdem wurden die Zuständigkeiten und Fristen für Beschränkungen und Handlungspflichten beim Erwerb inländischer Unternehmen im Rahmen der sektorübergreifenden und der sektorspezifischen Prüfung vereinheitlicht, womit erstmals eine einheitliche Fristregelung für beide Prüfregime geschaffen wurde.35

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Jungkind/Bormann, NZG 2020, 619 (622); Lippert, BB 2021, 194 (198). S. schon Kap. 1 zu Beginn. Vgl. auch Lippert, BB 2021, 194 (195); Redaktion AW-Prax, AW-Prax Newsticker 2020, 128 (128 f.); Scheffler, RIW 2020, 499 (500); Spür, COVuR 2020, 516 (522). 29 Besen/Slobodenjuk, PharmR 2020, 441 (443 f.); s. auch Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) bb). 30 BMWK, Altmaier: „Wir wollen unsere Sicherheitsinteressen vorausschauender und umfassender schützen“, Bundeswirtschaftsministerium legt novelliertes Außenwirtschaftsgesetz vor, Pressemitteilung v. 31. 1. 2020, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilun gen/2020/20200131-altmaier-sicherheitsinteressen-vorausschauender-schuetzen.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vgl. auch Pelz, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 4 AWG Rn. 4. 31 Erstes Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes v. 10. 7. 2020 (BGBl. I 2020, S. 1637). 32 BMWK, Stärkung des nationalen Investitionsprüfungsrechts, Kerninhalte des ersten Teils der Novelle des Außenwirtschaftsrechts, Bericht v. 30. 1. 2020, https://www.bmwi.de/Re daktion/DE/Downloads/J-L/kerninhalte-des-ersten-teils-der-novelle-des-aussenwirtschafts rechts.pdf?__blob=publicationFile&v=4 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Hierzu s. ausf. Kap. 2 § 1 B. II. 2. d). 33 S. zum Kooperationsmechanismus eingehend Kap. 2 § 2 B. IV. 34 Statt vieler vgl. Schuelken/Sichla, DÖV 2020, 961 (961 f.). 35 Bierwagen/v. Wistinghausen, BB 2020, 1986 (1989). 28

§ 1 Rechtsrahmen durch die nationalen Vorschriften

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Ob das weiterhin verfolgte Ziel36 der Schaffung kürzerer und transparenterer Fristen ebenfalls erreicht werden kann, wird angesichts der Verlängerungs- und Hemmungstatbestände sowie des möglichen Neubeginns einer Frist jedoch bezweifelt.37 Ferner wurde die bislang lediglich im Rahmen der sektorspezifischen Prüfung geltende schwebende Unwirksamkeit des dinglichen Erwerbsvollzugs auf alle meldepflichtigen Erwerbe der sektorübergreifenden Prüfung ausgedehnt, welche nunmehr vom strafbewehrten Verbot bestimmter Handlungen wie etwa der Offenlegung unternehmensbezogener Informationen flankiert wird.38 Auch wurde der sektorspezifische Anwendungsbereich vergrößert.39 Mit der Sechzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung40 erfolgte im nächsten Schritt insbesondere eine Umsetzung dieser Gesetzesnovelle. Die 2020 in Kraft getretenen Reformen riefen ein geteiltes Echo hervor: Bereits im Gesetzgebungsverfahren kamen Forderungen nach einer engeren und präziseren Formulierung der Prüfkriterien auf.41 In einer öffentlichen Anhörung vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestages sprach sich Herrmann dafür aus, die Screening-Verordnung aus Gründen der Rechtssicherheit im nationalen Recht umzusetzen. Im Namen des Mercator Institute for China Studies gab Huotari zu bedenken, dass der deutsche Rechtsrahmen der Investitionskontrolle auch unter Berücksichtigung der Novelle im internationalen Vergleich weiterhin liberal sei.42 Demgegenüber erachtete Mair vom BDI die erweiterten Handlungsspielräume der Bundesregierung zu Eingriffen in Privateigentum und Vertragsfreiheit als zu weitgehend, das notwendige Maß werde überschritten. Der Bundesverband Deutsche Startups kritisierte, Finanzierungen von Startups erfolgten regelmäßig nicht mit strategischen Hintergedanken, weshalb jene von der außenwirtschaftsrechtlichen Prüfung ausgenommen werden sollten. Andernfalls drohe eine Schwächung des Gründungsstandorts Deutschland.43 36 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (BTDrucks. 19/20144 v. 17. 6. 2020, S. 25). 37 Jungkind/Bormann, NZG 2020, 619 (622); Sachs, in: Dorsch, Zollrecht, § 14a AWG (Stand 2020) Rn. 1. 38 Leuerning/Gröntgen, NJW-Spezial 2020, 335 (336). 39 Stein/Schwander, StB 2020, 255 (259). 40 Sechzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (BT-Drucks. 19/ 23834 v. 30. 10. 2020). 41 Rupp, Gesellschaft für Sichere Mobile Kommunikation mbH, Stellungnahme für den Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestags zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes v. 8. 5. 2020 (AusschussDrucks. 19[9] 596 v. 12. 5. 2020, S. 3), https://www.bundestag.de/resource/blob/695452/929e486538ae1584 5b2dbd89230e41ee/sv-dr-rupp-data.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 42 Dammann de Chapto/Brüggemann, NZKart 2020, 374 (375); Redaktion AW-Prax, AWPrax Newsticker 2020, 127 (127 f.). 43 Bundesverband Deutsche Startups, Schwächung des Gründungsstandortes Deutschlands durch Verschärfungen im Außenwirtschaftsrecht, https://startupverband.de/presse/pressemittei lungen/startup-verband-befuerchtet-schwaechung-des-gruendungsstandortes-durch-verschaer

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

Mit diesen bereits umstrittenen Änderungen war der Umfang des de lege lata normierten Rechtsrahmens der nationalen Investitionskontrolle noch nicht erreicht: Im Zuge der Siebzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung44 wurden weitere Branchen in den Katalog sicherheitsrelevanter Zielunternehmen eingefügt; damit wurde dieser innerhalb eines Jahres um mehr als das Vierfache erweitert.45 Die ergänzten Branchen erfassen vornehmlich sogenannte Zukunfts- und Hochtechnologieunternehmen wie Künstliche Intelligenz46, Robotonik, Halbleiter sowie Bio- und Quantentechnologie.47 Sie dienen einer Konkretisierung der von der Screening-Verordnung benannten Schutzgüter,48 obgleich einzelne der in der Verordnung aufgeführten Sektoren nicht übernommen wurden.49 Teilweise wird die Notwendigkeit dieser Erweiterung infrage gestellt, ein unmittelbarer Bezug der Branchen zu Sicherheitsaspekten sei schwer erkennbar.50 In der Praxis habe das BMWK bislang alle Erwerbe dieser Unternehmen auch ohne deren Qualifizierung als sicherheitsrelevant mit der geringeren Prüfschwelle untersuchen können.51 Positiv ist zweifelsohne zu bemerken, dass sich der Verordnungsgeber um fungen-im-aussenwirtschaftsrecht-13-05-2020/ (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Eine Bagatellgrenze, welche insbesondere für Startups relevant gewesen wäre, erachten auch Brüggemann/Moser, DB 2021, 1250 (1253 f.) als hilfreich. 44 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (BT-Drucks. 19/ 29216 v. 3. 5. 2021). S. auch Thoms, Heikle Investitionen, FAZ v. 4. 5. 2021, https://www.faz. net/aktuell/wirtschaft/heikle-investitionen-awv-novelle-17325611.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 45 SPECTARIS, Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zur Siebzehnten Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 26. 2. 2021, S. 3, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/StellungnahmenAWV-Novelle-17te/spectaris.pdf?__blob=publicationFile&v=4 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vgl. ferner Pottmeyer, Der Zoll-Profi!, 12/2021, 10 (10). Aus praktischer Perspektive kommt daher „kaum eine Transaktion […] ohne entsprechendes Prüfungsverfahren mehr aus“ (Engelhardt, in: Holzapfel [Begr.], Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 16. Aufl. 2021, Rn. 2316). 46 Allgemein zum Begriff der Künstlichen Intelligenz vgl. v. Ungern-Sternberg, Demokratische Meinungsbildung und künstliche Intelligenz, in: Unger/Ungern-Sternberg (Hrsg.), Demokratie und künstliche Intelligenz, 2019, S. 3 (5 ff.). 47 BMWK, Stärkung des nationalen Investitionsprüfungsrechts, Kerninhalte des ersten Teils der Novelle des Außenwirtschaftsrechts, Bericht v. 30. 1. 2020, https://www.bmwi.de/Re daktion/DE/Downloads/J-L/kerninhalte-des-ersten-teils-der-novelle-des-aussenwirtschafts rechts.pdf?__blob=publicationFile&v=4; Barth/dos Santos Goncalves, Berlin verschärft Investitionskontrolle, Börsenzeitung v. 30. 4. 2021, https://www.boersen-zeitung.de/recht-kapital markt/berlin-verschaerft-investitionskontrolle-f88764fa-a759-11eb-890b-833ddd99a45c?read= true (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 48 Louca/Kopf, MedR 2020, 1003 (1006); Thoms, EWS 2021, Heft 1, Die Erste Seite. 49 Nicht explizit in den nationalen Katalog wurden z. B. dem Begriff „personenbezogene Daten“ zuzuordnende Branchen eingefügt, vgl. Barth/Käser, NZG 2021, 813 (817). 50 Hasselbach/Stepper, BB 2021, 771 (776). 51 Linklaters, Stellungnahme zum Referentenentwurf der Siebzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 17. 2. 2021, S. 2, https://www.bmwi.de/Redakti

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eine Präzisierung der in der Screening-Verordnung genannten Schutzgüter bemühte,52 auch wenn einige Konkretisierungen erst in Reaktion auf die erhebliche Kritik am Referentenentwurf der Novelle erfolgten.53 Weiterhin stellt die Verordnungsreform klar, dass auch ein Hinzuerwerb, also eine erneute Überschreitung der jeweils maßgeblichen Prüfschwelle durch eine weitere Transaktion, vom Beteiligungsbegriff umfasst ist. Darüber hinaus wurden auch atypische Erwerbe, bei denen in anderer Weise eine wirksame Beteiligung an der Kontrolle oder Verwaltung des Zielunternehmens erlangt wird, vom sektorübergreifenden Anwendungsbereich umfasst. Neben einigen Folgeänderungen erfolgte erstmals die Normierung einer Erwerbsfreigabe sowie die Möglichkeit eines Verfahrenswechsels zwischen sektorübergreifendem und sektorspezifischem Prüfverfahren. Auch der Anwendungsbereich letzteren Regimes erweiterte sich abermals. Im Parlament kam in Bezug auf die Siebzehnten Änderungsverordnung die kritische Bemerkung auf, dass aus der stetigen Erhöhung eigener Schranken ähnliche drittstaatliche Gegenreaktionen folgen könnten.54 Obwohl jene Verordnung als abschließender Baustein einer Überarbeitung des nationalen Investitionsprüfungsrechts bezeichnet wurde,55 schloss sich daran bereits im Juni 2021 eine erneute Novellierung des Außenwirtschaftsgesetzes an:56 In Reaktion auf den erheblichen Druck der Interessenverbände wurde der Anwendungsbereich der strafbewehrten Handlungsverbote beschränkt57 und eine Ausnahmeon/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/linklaters.pdf?__ blob=publicationFile&v=6 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 52 So auch Barth/Käser, NZG 2021, 813 (815). 53 Hierfür s. Deutsche Bundesregierung, Kabinettsfassung, Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 21. 4. 2021, S. 7, https://www.bmwk.de/Redakti on/DE/Downloads/J-L/kabinettsfassung-siebzehnte-verordnung-zur-aenderung-der-aussenwirt schaftsverordnung.pdf?__blob=publicationFile&v=6; BMWK, Referentenentwurf, Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 22. 1. 2020, S. 7, https:// www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/P-R/referentenentwurf-siebzehnte-verordnung-zuraenderung-der-aussenwirtschaftsverordnung.pdf?__blob=publicationFile&v=10. Zur Kritik vgl. etwa Linklaters, Stellungnahme zum Referentenentwurf der Siebzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 17. 2. 2021, S. 4, https://www.bmwi.de/Redakti on/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/linklaters.pdf?__ blob=publicationFile&v=6 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). S. diesbezüglich ebenfalls schon Kap. 1 § 2. 54 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (9. Ausschuss) zu der Verordnung der Bundesregierung – Drucks. 19/29216, 19/29474 Nr. 2.2 – v. 9. 6. 2021 (BT-Drucks. 19/30459, S. 6 f.). 55 BMWK, Änderungen im Investitionsprüfungsrecht, Rechtsetzungsverfahren 2020/2021, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Service/Gesetzesvorhaben/aenderungen-im-investi tionspruefungsrecht.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vgl. ferner Sattler/Engels, EuZW 2021, 485 (486). 56 Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen v. 2. 6. 2021 (BGBl I 2021, S. 1275). 57 Travers/Lauth, jurisPR-Compl 2/2021, Anm. 4.

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

möglichkeit vom Vollzugsverbot für Börsengeschäfte etabliert.58 Die Erste Verordnung zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung59 setzte diese Ermächtigung im August 2021 sodann um.60 Zusammenfassend lässt sich sowohl eine quantitative als auch eine qualitative Verschärfung der deutschen Investitionskontrollvorschriften erkennen. Zwar beweisen die jüngeren gesetzgeberischen Tätigkeiten in Ansätzen, dass dieser Einsicht zeigt und zum Umdenken bereit ist.61 Angesichts der erheblichen Anstrengungen für eine fortlaufende Intensivierung der Investitionsprüfvorschriften ist gleichwohl äußerst fraglich, ob sich diese Tendenz weiter bestätigen wird. Vielmehr liegt die Vermutung nahe, dass die einzelnen Abmilderungen mit dem Ziel einer Besänftigung der praktisch Betroffenen vorgenommen worden sind, um in Zukunft den neuen Investitionskontrollrahmen mit weniger „Gegenwind“ anwenden zu können. Mit Blick auf die für das Jahr 2022 angekündigten Evaluierungen62 sind weitere Überarbeitungen absehbar.63 Denkbar ist die Einführung eines einheitlichen Investitionskontrollgesetzes, um der erhöhten Komplexität des Regimes, seiner zunehmenden Praxisrelevanz64 und der Annäherung von sektorübergreifender und -spezifischer Prüfung65 zu begegnen.66 Diese Entscheidung bleibt dem 20. Deutschen Bundestag vorbehalten. Umso erstaunlicher ist allerdings, dass außenwirtschaftsrechtliche Aspekte im Bundestagswahlkampf, in den Wahlprogrammen67 und auch im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung68 kaum Beachtung fanden. 58 Linklaters, Stellungnahme zum Referentenentwurf der Siebzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 17. 2. 2021, S. 12, https://www.bmwi.de/Redakti on/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/linklaters.pdf?__ blob=publicationFile&v=6 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 59 Erste Verordnung zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung (BT-Drucks. 19/32401 v. 10. 9. 2021). 60 Barth, BB 2021, Heft 19, Umschlagseite I. 61 Eine „vorsichtige Tendenz zur Korrektur“ bemerkt auch Geber, AW-Prax 2021, 299 (301). 62 Die Evaluierung ist in § 32 AWG und § 82b AWV vorgesehen. Bis zum Februar 2023 waren noch keine Ergebnisse veröffentlicht worden. Auch die europäische Screening-Verordnung wird ausweislich ihres Erwägungsgrundes 34 sowie Art. 15 Abs. 1 Satz 1 im Oktober 2023 evaluiert, womit langfristig auch Änderungen nationaler Regelungen verbunden sein können. S. zur Screening-Verordnung nachfolgend ausf. Kap. 2 § 2. 63 Dahingehend auch Barth/dos Santos Goncalves/Käser, DB Beilage 03/2022, 42 (44). Ebenfalls Sattler und Wackernagel, welche die Überarbeitung des Investitionsprüfrechts mit der Ersten Verordnung zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung im August 2021 „zunächst [für] abgeschlossen“ halten und auf die Evaluation verweisen (Sattler/Wackernagel, AW-Prax 2021, 600 [601]). 64 Ebenfalls Barth/Käser, NZG 2021, 813 (819 f.). 65 Vgl. nachfolgend Kap. 2 § 1 B. II. 1. 66 S. auch Kap. 5 § 3. 67 Thoms/Gänger, Handelsexpertin im Interview, „Handelskonflikte kennen keine Gewinner“, ntv v. 4. 9. 2021, https://www.n-tv.de/wirtschaft/Handelskonflikte-kennen-keine-Gewin ner-article22782499.html. S. zu einem Vergleich der Wahlprogramme von CDU/CSU, SPD,

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B. Die Investitionskontrolle nach den aktuellen Vorschriften des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung Unter Zugrundelegung dieser Entstehungsgeschichte des nationalen Rechtsrahmens werden die aktuellen Investitionskontrollvorschriften näher beleuchtet. Neben den im Außenwirtschaftsgesetz normierten Beschränkungsmöglichkeiten ausländischer Direktinvestitionen (§§ 4 f. AWV) rücken ihre Konkretisierungen der sektorübergreifenden Prüfung gem. §§ 55 ff. AWV ins Blickfeld, welche sich von denjenigen der sektorspezifischen gem. §§ 60 ff. AWV unterscheiden.

I. Die Beschränkungsmöglichkeiten für Unternehmenserwerbe nach §§ 4 f. AWG §§ 4 f. AWG statuieren Ausnahmen von der grundsätzlichen Freiheit des Außenwirtschaftsverkehrs in Gestalt von Beschränkungsmöglichkeiten für Unternehmenserwerbe. Insoweit normiert § 4 AWG unterschiedliche Schutzgüter, wohingegen § 5 AWG die Gegenstände der Beschränkungen näher bestimmt. Für die vorliegenden Untersuchungen sind vornehmlich § 4 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 4a und § 5 Abs. 2 AWG bedeutsam: Demgemäß können im Außenwirtschaftsverkehr durch Rechtsverordnung Rechtsgeschäfte und Handlungen beschränkt oder Handlungspflichten angeordnet werden, um die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder von Projekten oder Programmen von Unionsinteresse i. S. v. Art. 8 ScreeningVO zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere in Bezug auf den Erwerb inländischer Unternehmen oder den Erwerb von Anteilen an diesen durch Unionsfremde, wenn die Schutzgüter infolge des Erwerbs voraussichtlich beeinträchtigt werden.

Bündnis 90/Die Grünen und FDP insbesondere auch in Bezug auf die Außenwirtschaftspolitik und Deutschland als Zukunftsort BDI, Wahlprogramm-Check zur Bundestagswahl 2021, https://bdi.eu/publikation/news/wahlprogramm-check-zur-bundestagswahl-2021-investitionenklimaschutz-innovationen-digitalisierung/ (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 68 Zwar forcieren die Koalitionsparteien einerseits eine Stärkung der Investitionsfähigkeit der Industrie, um Deutschland als Hochtechnologieland zu erhalten, vgl. SPD/Bündnis 90/Die Grünen/FDP, Mehr Fortschritt wagen, Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit, Koalitionsvertrag 2021 – 2025, 2021, S. 25, https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koaliti onsvertrag/Koalitionsvertrag_2021-2025.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Andererseits werden eine Souveränität Europas im Wettbewerb mit autoritären Staaten (S. 143) sowie faire Spielregeln im zunehmenden Wettbewerb mit China anvisiert (S. 157). Mit Blick auf die im speziellen Medienbereich verfolgten Ziele (vgl. dazu weiter unten ausf. Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa) (2)) möchten sich die Koalitionsparteien auch für die demokratie-konstituierenden freien Medien einsetzen und gegen Desinformation vorgehen (S. 124). Ein konkreter Bezug zur Investitionskontrolle wird an den jeweiligen Stellen indes nicht hergestellt, diese findet im Vertrag vielmehr keinerlei Erwähnung.

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

II. Die sektorübergreifende Prüfung i. S. v. §§ 55 ff. AWV Auf Grundlage von § 4 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 4a und § 5 Abs. 2 AWG wurde der sektorübergreifende Prüfmechanismus in §§ 55 bis 59a AWVerlassen. Es bietet sich an, der Untersuchung seiner Anwendungsbereichseröffnung und seiner verfahrensbezogenen Folgen eine nähere Beleuchtung des Begriffs „sektorübergreifende Prüfung“ in Abgrenzung zum sektorspezifischen Regime der auf Grund von § 4 Abs. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 3 AWG erlassenen §§ 60 bis 62 AWV voranzustellen.

Überblick: Die nationale Investitionsprüfung69

1. Der Begriff „sektorübergreifende Prüfung“ Wesentlicher Unterschied der Anwendungsbereiche von sektorübergreifendem und sektorspezifischen Prüfmechanismus ist, dass ersterer den Erwerb aller inländischen Unternehmen umfasst, wohingegen die sektorspezifischen Regelungen ausschließlich bei einem Erwerb der in § 60 Abs. 1 AWV abschließend aufgelisteten 69 In Anlehnung an BMWK, Investitionsprüfung, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Arti kel/Aussenwirtschaft/investitionspruefung.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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Branchen, namentlich die Waffen- und Rüstungsindustrie sowie IT-Sicherheitsbranchen, Anwendung finden. Als leges speciales verfolgen die sektorspezifischen Regelungen vornehmlich außenpolitische und militärische Ziele.70 Während im Rahmen der sektorspezifischen Prüfung auch in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Ansässige als prüfungsrelevante Investoren anzusehen sind,71 betrifft das sektorübergreifende Regime grundsätzlich nur unionsfremde Erwerber.72 Schließlich ist im sektorspezifischen Mechanismus eine voraussichtliche Beeinträchtigung wesentlicher Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Gegenstand der Prüfung. Hingegen ist im sektorübergreifenden Verfahren gem. § 55 Abs. 1 AWV eine voraussichtliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik, eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder von Projekten oder Programmen von Unionsinteresse für die Untersuchungen maßgeblich. Abgesehen von diesen Unterschieden bewirken die stetigen Verschärfungen der Regelungen73 jedoch eine fortlaufende Annäherung beider Regime mit sich. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die in § 55a Abs. 1 AWV normierten Zielunternehmensbranchen:74 Für diese Erwerbe gelten besondere Verschärfungen wie etwa eine dem sektorspezifischen Regime vergleichbare Meldepflicht. Die Regelungen finden teilweise schon ab dem Erwerb einer zehnprozentigen Stimmrechtsbeteiligung Anwendung. Hinzu kommt, dass für diese Branchen auch bestimmte Vollzugsbeschränkungen zu beachten sind. Die verfassungs- und unionsrechtlichen Untersuchungen in Kapitel 3 und Kapitel 475 beschränken sich auf die sektorübergreifende Prüfung des Erwerbs eines sicherheitsrelevanten Unternehmens gem. § 55a Abs. 1 AWV. Für eine Vollständigkeit des Überblicks zum nationalen Rechtsrahmen werden die Regelungen betreffend den Erwerb sonstiger, nicht im Katalog aufgeführter Branchen in diesem Kapitel jedoch überblicksartig angeschnitten. 2. Der Anwendungsbereich gem. § 55 Abs. 1 AWV Gem. § 55 Abs. 1 AWV kann das BMWK „prüfen, ob es die o¨ ffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, eines anderen Mitgliedstaates der 70 Gerharz, Der Zoll-Profi!, 5/2021, 2 (2); Mohamed, JZ 2019, 766 (769); Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2021) Rn. 136. Vgl. ausführlicher zum sektorspezifischen Prüfmechanismus Pottmeyer, Der Zoll-Profi!, 2/2022, 9 (9 ff.). 71 Sangi/Berger, EuZW 2021, 979 (980); Walter, RIW 2013, 847 (849 f.). 72 Eine Ausnahme gilt lediglich bei einer missbräuchlichen Gestaltung oder einem Umgehungsgeschäft i. S. v. § 55 Abs. 2 AWV. 73 S. bereits Kap. 2 § 1 A. 74 So auch Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 222 f.; Geber, AW-Prax 2021, 299 (299); Lippert, BB 2021, 1289 (1289). 75 S. zum konkreten Gegenstand der verfassungs- und unionsrechtlichen Untersuchungen jew. einleitend Kap. 3 und Kap 4.

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

Europa¨ ischen Union oder in Bezug auf Programme von Unionsinteresse […] voraussichtlich beeintra¨ chtigt, wenn ein Unionsfremder unmittelbar oder mittelbar ein inla¨ ndisches Unternehmen oder unmittelbar oder mittelbar eine Beteiligung i. S. d. § 56 [AWV] an einem inla¨ ndischen Unternehmen erwirbt.“ Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Anwendungsbereichseröffnung sind im Folgenden Gegenstand einer näheren Untersuchung. a) Erwerb eines inländischen Unternehmens oder Erwerb einer Beteiligung Das sektorübergreifende Verfahren findet auf den Erwerb eines inländischen Unternehmens im Ganzen oder auf den Erwerb einer Beteiligung Anwendung. Bereits an dieser Stelle ist festzuhalten, dass die Investitionskontrolle nach Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung lediglich Direkt-76 und keine Portfolioinvestitionen erfasst.77 Letztere zeichnen sich durch den Erwerb von Wertpapieren auf dem Kapitalmarkt aus und haben die Gewinnerzielung zum Hauptziel, während Direktinvestitionen einen strategischen Einfluss auf die unternehmerische Verwaltung und Kontrolle auszuüben bezwecken.78 Diese Anwendungsbereichsbeschränkung überzeugt vor dem Hintergrund, dass Investitionen mit dem alleinigen Zweck einer Gewinnerzielung keine Beeinträchtigung außenwirtschaftsrechtlicher Güter begründen. aa) Der Begriff „inländisches Unternehmen“ Dem Unternehmensbegriff von § 55 Abs. 1 AWV unterfallen unabhängig von ihrer Rechtsform alle juristischen Personen und Personenhandelsgesellschaften sowie natürliche Personen, die als Einzelkaufleute in organisierter Einheit am Markt anzusehen sind.79 Größe, Umsatz und Branche des Zielunternehmens kommt keine Bedeutung zu, sodass der sektorübergreifende Mechanismus grundsätzlich auf alle Unternehmen anwendbar ist.80 Bestimmte Verschärfungen wie etwa das Vollzugsverbot des § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG81 greifen jedoch bei erst einer Betroffenheit der in § 55a Abs. 1 AWV genannten Fallgruppen.82 76

S. bereits Kap. 1 § 1. Herrmann, ZEuS 2019, 429 (436). 78 So das allgemeine Verständnis, vgl. etwa EuGH, Urt. v. 16. 5. 2017 – Rs. C-2017/376 Gutachten 2/15, ECLI:EU:C:2017:376 Rn. 227; Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 9 f.; Schmidt/Meckl, BB 2020, 1218 (1223); Cottier/Trinberg, in: v. der Groeben/Schwarze/ Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 207 AEUV Rn. 59; Wojcik, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 63 AEUV Rn. 64. 79 Asbrand/Nehring-Köppl, IWRZ 2018, 63 (64); Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/ Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 55 AWV Rn. 70. 80 Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 55 AWV Rn. 71. 81 Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) aa). 77

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Erwerb des gesamten Zielunternehmens Erwerb eines inländischen Unternehmens Erwerb wesentlicher Betriebsmittel oder eines wesentlichen Betriebsteils des Zielunternehmens

Erwerbstatbestände

bei Branchen der § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV (einschl. Medienunternehmen): 10 %-Schwelle

Erwerb einer Beteiligung (§ 56 AWV)

bei Branchen der § 55a Abs. 1 Nr. 8 bis Nr. 27 AWV: 20 %-Schwelle

bei sonstigen Branchen: 25 %-Schwelle

Überblick: Erwerbstatbestände der sektorübergreifenden Prüfung

Inländisch sind gem. § 2 Abs. 15 AWG natürliche Personen mit einem Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, juristische Personen und Personengesellschaften mit einem Sitz oder Ort der Leitung im Inland sowie Zweigniederlassungen ausländischer juristischer Personen oder Personengesellschaften, wenn die Zweigniederlassungen ihre Leitung im Inland haben und es für sie eine gesonderte Buchführung gibt. Ferner werden Betriebsstätten ausländischer juristischer Personen oder Personengesellschaften im Inland erfasst, wenn die Betriebsstätten ihre Verwaltung im Inland, also im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, haben.83 bb) Unmittelbarer oder mittelbarer Erwerb eines inländischen Unternehmens Der Anwendungsbereich des § 55 Abs. 1 AWV ist eröffnet, wenn ein inländisches Unternehmen unmittelbar oder mittelbar erworben wird, wobei für den Erwerbsbegriff das schuldrechtliche und nicht das dingliche Rechtsgeschäft maßgeblich ist.84 82

S. zu den einzelnen zielunternehmerischen Branchen Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) bb). Herrmann, ZEuS 2019, 429 (434); Pottmeyer, Der Zoll-Profi!, 12/2021, 10 (10). Zur umstrittenen Frage, ob rechtlich unselbstständige Zweigniederlassungen und Betriebsstätten ausländischer, aber unionsangehöriger juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften als inländisches Unternehmen zu qualifizieren sind, s. Niestedt, in: ders., BeckOKAWR, § 55 AWV (Stand 2022) Rn. 9 m. w. N. 84 Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 55 AWV Rn. 77. 83

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

Insbesondere werden auch Rechtsgeschäfte nach dem ausländischen Recht erfasst.85 Ferner sind die den Stimmrechtserwerb vorwegnehmenden Rechtsgeschäfte wie eine Sicherungsübereignung von Anteilen, Maßnahmen nach dem Umwandlungsrecht oder auch Anwachsungsfälle einzubeziehen.86 Grundsätzlich äußert sich ein Unternehmenserwerb entweder in Gestalt eines Share Deals mit dem Kauf und der Abtretung von 100 Prozent der Gesellschaftsoder Geschäftsanteile oder in Gestalt eines Asset Deals mit dem Kauf sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens.87 Für den Share Deal ist allein der Erwerb aller Stimmrechte entscheidend. Dies zeigt sich nunmehr88 auch in der Regelung des § 55 Abs. 1 AWV, die den mittelbaren89 dem unmittelbaren Erwerb gleichstellt. Während für den Share Deal seit jeher Einigkeit darüber besteht, dass er dem Erwerbsbegriff unterfällt, war eine Einbeziehung des Asset Deals, insbesondere des Erwerbs einzelner Assets, bis zur Einführung der Fünfzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung umstritten.90 Im Jahr 2020 sorgte der Verordnungsgeber mit Einführung des § 55 Abs. 1a AWV für eine Klarstellung:91 Ein Erwerb i. S. d. § 55 Abs. 1 AWV liegt demnach auch vor, wenn (1.) ein Unionsfremder einen abgrenzbaren Betriebsteil eines inländischen Unternehmens erwirbt. Weiter liegt ein Erwerb i. S. d. § 55 Abs. 1 AWV vor, wenn (2.) ein Unionsfremder alle wesentlichen Betriebsmittel eines inländischen Unternehmens oder eines abgrenzbaren Betriebsteils eines inländischen Unternehmens erwirbt, die für die Aufrechterhaltung des Betriebs des Unternehmens oder eines abgrenzbaren Betriebsteils erforderlich sind. Nach bundesarbeitsgerichtlichem Verständnis ist ein Betriebsteil eine Teileinheit (Teilorganisation) des Betriebes, mit dem bestimmte arbeitstechnische Teilaufgaben verfolgt werden können, wobei eine 85

Seibt/Wollenschläger, ZIP 2009, 833 (841); Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55 AWV (Stand 2022) Rn. 11. 86 Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55 AWV (Stand 2022) Rn. 13, 15 f.; Stein, in: Dorsch, Zollrecht, § 5 AWG (Stand 2020) Rn. 9; zögerlich Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 73. 87 Engelhardt, in: Holzapfel (Begr.), Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 16. Aufl. 2021, Rn. 11 ff.; Hübner, in: Scherer (Hrsg.), Unternehmensnachfolge, 6. Aufl. 2020, § 3 Rn. 5, 28 ff.; Pottmeyer, Der Zoll-Profi!, 12/2021, 10 (10); Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/ Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 55 AWV Rn. 17. 88 Vor Einführung der Sechzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (BT-Drucks. 19/23834 v. 30. 10. 2020) normierte § 55 Abs. 1 Satz 2 AWV a. F. lediglich den Erwerb eines inländischen Unternehmens oder einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung. 89 Zum mittelbaren Stimmrechtserwerb s. ausf. Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (5). 90 S. etwa Becker/Sachs, NZG 2017, 1336 (1339); Böhm, ZBB 2019, 115 (116); Hasselbrink, GmbHR 2010, 512 (514 f.); Hensel/Pohl, AG 2013, 849 (855); Link/Becker, RIW 2019, 415 (419); Marquardt/Pluskat, DStR 2009, 1314 (1316); Söhner, RIW 2011, 454 (461); Voland, EuZW 2009, 519 (521); Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 72. 91 Vgl. bereits Kap. 2 § 1 A.

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eigenständige Organisation in Bezug auf die Erfüllung des Teilzwecks vorliegen muss.92 Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn der Betriebsteil reine Hilfsfunktionen für den Betrieb erfüllt;93 der bloße Kauf von Einzelgegenständen wird hingegen nicht erfasst.94 Mit dieser Regelung ist der Verordnungsgeber dem häufig geäußerten Wunsch nach mehr Rechtssicherheit nachgekommen,95 was unter Berücksichtigung der verfassungs- und unionsrechtlichen Anforderungen zu begrüßen ist. Unsicherheit besteht allerdings dahingehend, in welchem Fall die Betriebsmittel als wesentlich gem. § 55 Abs. 1a Nr. 2 AWV anzusehen sind. Da es anders als für den Beteiligungserwerb in § 56 AWV an Schwellenwerten fehlt,96 kommen Bedenken gegen die tatbestandliche Bestimmtheit der Vorschrift auf.97 Überdies wurde mit der Siebzehnten Änderungsverordnung der Außenwirtschaftsverordnung die Vorschrift des § 55 Abs. 1b AWV eingeführt.98 Ein prüfungsrelevanter Erwerb i. S. v. § 55 Abs. 1 AWV ist nicht gegeben, wenn ein schuldrechtliches Rechtsgeschäft über den Erwerb eines inländischen Unternehmens abgeschlossen wird, dessen Anteile jeweils vollständig von demselben herrschenden Unternehmen gehalten werden, und alle Vertragsparteien ihren Ort der Leitung in demselben Drittstaat haben.99 In Reaktion auf die Kritik am Verordnungsentwurf wurde die Ausnahme bestimmter konzerninterner Umstrukturierungen vom Anwendungsbereich normiert.100 Hierfür spricht, dass sich der maßgebliche Letztbegünstigte nicht ändert.101 Die Regelung sieht sich gleichwohl Kritik ausgesetzt: Ihre 92 Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55 AWV (Stand 2022) Rn. 33 m. V. a. BAG, Urt. v. 26.8.1999 – 8 AZR 718/89, NZA 2000, 144 (145). 93 Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55 AWV (Stand 2022) Rn. 33 m. V. a. BAG, Urt. v. 16.5.2002 – 8 AZR 319/01, NZA 2003, 93 (98). 94 Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 55 AWV Rn. 151. 95 Fünfzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 14 f. (BTDrucks. 19/19781 v. 5. 6. 2020). S. noch Bonhage, in: Meyer-Sparenberg/Jäckle (Hrsg.), Beck’sches M&A Hdb., 1. Aufl. 2017, § 81 Rn. 20; Hensel/Pohl, AG 2013, 849 (855); Mohamed, JZ 2019, 766 (770); Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 55 AWV Rn. 79. 96 Linklaters, Stellungnahme zum Referentenentwurf der Siebzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 17. 2. 2021, S. 13, https://www.bmwi.de/Redakti on/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/linklaters.pdf?__ blob=publicationFile&v=6 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 97 Vgl. in den verfassungsrechtlichen Untersuchungen Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) bb). 98 S. bereits Kap. 2 § 1 A. 99 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 7 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021); vgl. auch Pottmeyer, Der Zoll-Profi!, 12/2021, 10 (11). 100 Diese Klarstellung forderte unter anderem Linklaters, Stellungnahme zum Referentenentwurf der Siebzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 17. 2. 2021, S. 13 f., https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnah men-AWV-Novelle-17te/linklaters.pdf?__blob=publicationFile&v=6 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 101 Böhm, ZBB 2019, 115 (117).

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praktische Relevanz sei gering, denn Restrukturierungen und andere Erwerbskonstellationen unterfielen überwiegend weiterhin dem Anwendungsbereich,102 was sich unter Berücksichtigung des Telos von Investitionsprüfregelungen als zweifelhaft erweise.103 In Bezug auf die von der Vorschrift nicht erfassten konzerninternen Umstrukturierungen werden nunmehr zumindest eine vereinfachte Meldung und ein beschleunigtes Prüfverfahren gefordert.104 cc) Unmittelbarer oder mittelbarer Erwerb einer Beteiligung (§ 56 AWV) Auch besteht das behördliche Prüfrecht bei dem Erwerb einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung, wobei eine solche etwa in Gestalt von Aktien an einer Aktiengesellschaft oder in Gestalt von Geschäftsanteilen an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung vorliegen kann.105 Für die Beteiligung ist gem. § 56 Abs. 1 AWV der mit dem Erwerb gewährte Stimmrechtsanteil am Zielunternehmen entscheidend. In einer Aktiengesellschaft gewährt beispielsweise jede Aktie gem. § 12 Abs. 1 Satz 1 AktG ein Stimmrecht.106 Für das Vorliegen eines Beteiligungserwerbs ist nicht die Größe des Gesellschaftsanteils, sondern allein die Ausgestaltung der Stimmrechte und damit der Einfluss des Erwerbers auf das Zielunternehmen maßgeblich. Nicht vom Anwendungsbereich des Beteiligungserwerbs erfasst wird dagegen der Erwerb stimmrechtsloser Vorzugsaktien, von Genussrechten, Call Options oder eines Vorkaufsrechts.107 Auch der Erwerb einer stillen Beteiligung unterfällt dem Begriff „jede Aktie“, wenn keine Stimmrechtsausübung vereinbart wird. Ein Rechtsformwechsel ist lediglich prüfungsrelevant, sofern damit gegenüber der vorherigen Beteiligung eine höhere Anzahl an Stimmrechten verbunden ist.108 Unerheblich ist schließlich die rechtliche Grundlage des Beteiligungserwerbs, dieser

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Barth, BB 2021, Heft 19, Umschlagseite I; Sattler/Engels, EuZW 2021, 485 (490). Allerdings möchte v. Brevern, NZKart 2021, 530 (535 f.) m. V. a. den gesetzgeberischen Willen die Konstellation einer Umstrukturierung auch mit Beteiligung der Muttergesellschaft sowie die Umstrukturierung von Beteiligungen, diese als Erwerb qualifizierend, unter § 55 Abs. 1b AWV subsumierend. Dahingehend auch Fleischmann, NZKart 2022, 57 (59), welcher insoweit eine Unterscheidung zur fusionskontrollrechtlichen Regelung des § 37 Abs. 2 GWB skizziert. 103 Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55 AWV (Stand 2022) Rn. 34. Für eine Anwendbarkeit der Regelung jedoch im Fall Gazprom Germania (s. dazu schon weiter oben Kap. 1 einleitend) vgl. Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 280 f. 104 Barth/Käser, NZG 2021, 813 (819). 105 Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55 AWV (Stand 2022) Rn. 17. 106 S. exemplarisch auch Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 56 AWV (Stand 2022) Rn. 7. 107 Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 85; Stein, in: Dorsch, Zollrecht, § 5 AWG (Stand 2020) Rn. 10. 108 Hasselbrink, GmbHR 2010, 512 (514); Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55 AWV (Stand 2022) Rn. 19.

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muss lediglich auf einem schuldrechtlichen Vertrag beruhen, weshalb z. B. Tauschverträge einbezogen werden.109 (1) Unmittelbarer Erwerb einer Beteiligung (§ 56 Abs. 1 AWV) Im Einzelnen ist eine Beteiligung gem. § 56 Abs. 1 AWV unmittelbar, wenn der unmittelbare Stimmrechtsanteil des Erwerbers an einem in § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV aufgelisteten Unternehmen zehn Prozent, an einem in § 55a Abs. 1 Nr. 8 bis Nr. 27 AWV aufgelisteten Unternehmen 20 Prozent und an einem sonstigen Unternehmen von 25 Prozent erreicht oder überschreitet.110 Die Differenzierung jener Schwellen, besonders die Einführung der 20-Prozent-Schwelle im Jahr 2021, dient der Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgebots.111 Zuvor galt für die in Nr. 8 bis Nr. 11 genannten Branchen die zehnprozentige Schwelle.112 (2) Die Erfassung von Hinzuerwerben (§ 56 Abs. 2 AWV) Jedenfalls eine Aufstockung des Beteiligungserwerbs unter erstmaliger Erreichung oder Überschreitung der Prozentzahl unterfällt grundsätzlich nicht dem Anwendungsbereich.113 Hingegen bestand für geraume Zeit Uneinigkeit dahingehend, ob ein Hinzuerwerb, also ein weiterer Erwerb oberhalb der zuvor bereits erreichten maßgeblichen Schwelle, als Erwerb einer Beteiligung anzusehen ist.114 Hiergegen wurde eine Unvereinbarkeit mit dem Gesetzesvorbehalt und mit dem gesetzgeberischen Willen angeführt, welcher eine Kausalität zwischen dem Rechtsgeschäft und dem Erreichen oder Überschreiten der Prozentschwelle voraussetze.115 Gleichwohl liegt nach dem Wortlaut des § 56 Abs. 1 AWV eine Überschreitung der Schwelle nicht nur bei ihrem erstmaligem Übertreffen vor. Auch die Prüfpraxis des BMWK bezog seit jeher Hinzuerwerbe ein.116 109 RegBegr. (BT-Drucks. 16/10730 v. 30. 10. 2008, S. 13); Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 85. 110 Vgl. auch Pottmeyer, Der Zoll-Profi!, 12/2021, 10 (10 f.). 111 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 34 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). 112 Kap. 2 § 1 A. 113 Mohamed, JZ 2019, 766 (771). Zu missbräuchlichen Gestaltungen und Umgehungsgeschäften s. aber Kap. 2 § 1 B. II. 2. b) bb). 114 So noch Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 147 ff. Vgl. auch etwa Dammann de Chapto/Brüggemann, NZKart 2020, 374 (377); Traugott/ Strümpell, AG 2009, 186 (191). 115 Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/ Jatzke/Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 (60); Traugott/Strümpell, AG 2009, 186 (191). 116 BMWK, FAQ zu Investitionsprüfungen nach der Außenwirtschaftsverordnung (Stand 13. 5. 2019), S. 2, https://www.bmwi.de/Redaktion/EN/Downloads/F/faq-zur-aussenwirtschafts rechtlichen-investitionspruefung.pdf?__blob=publicationFile&v=2; dass., Monatsbericht September 2018, Schlaglichter der Wirtschaftspolitik 9/2018, S. 6, https://www.bmwi.de/Re

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Gegen die erneute Annahme eines prüfungsrelevanten Beteiligungserwerbs wurde vorgebracht, dass bereits mit dem Erreichen der 25-Prozent-Schwelle der Einfluss unterstellt werde und sich das Prüfergebnis bei einer Aufstockung auf beispielsweise 80 Prozent nicht ändere.117 Im Rahmen der sicherheitsrelevanten Unternehmen der Nr. 1 bis Nr. 7 ist lediglich eine zehnprozentige Schwelle maßgeblich, die gesellschaftsrechtlich betrachtet einen nicht unerheblichen Einfluss vermitteln kann; auch die OECD Benchmark118 belegt dies.119 Gleichwohl muss das Prüfergebnis bei einer zehnprozentigen nicht immer identisch ausfallen wie bei einer deutlich höheren Beteiligung, mit der etwa eine relative oder absolute Stimmmehrheit erreicht wird.120 Angesichts des mit der Investitionsprüfung bezweckten Schutzes hochrangiger Rechtsgüter war nicht auszuschließen, dass die Behörden nach einmaliger Freigabe ein Interesse an der Prüfung weiterer Erwerbe haben. Schließlich wäre es weder praxistauglich noch vereinbar mit dem Gesetzeswortlaut, würde das BMWK zwar bei Überschreitung der Schwelle noch keine voraussichtliche Beeinträchtigung annehmen, jedoch mangels späterer Prüfmöglichkeit bereits ab dieser Schwelle Anordnungen hinsichtlich eines etwaigen Ausbaus erlassen müssen.121 Ein solches behördliches Handeln wäre auch nicht im zielunternehmerischen Interesse. Somit sprachen besonders teleologische Erwägungen für die Erfassung von Hinzuerwerben. Mit Einführung des § 56 Abs. 2 AWV n. F. im Jahr 2021 wurde den Bedenken gegen die Bestimmtheit des Beteiligungsbegriffs begegnet und festgestellt, dass auch weitere Erwerbe inbegriffen sind. Einschränkend gilt jedoch, dass ein (weiterer) Beteiligungserwerb nur vorliegt, wenn hiermit bei einem Unternehmen gem. § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV die Stimmrechtsschwelle von 20 Prozent, 25 Prozent, 40 Prozent, 50 Prozent oder 75 Prozent, bei einem Unternehmen gem. § 55a Abs. 1 Nr. 8 bis Nr. 27 AWV von 25 Prozent, 40 Prozent, 50 Prozent oder 75 Prozent, und bei einem sonstigen Unternehmen von 40 Prozent, 50 Prozent oder 75 Prozent er-

daktion/DE/Publikationen/Schlaglichter-der-Wirtschaftspolitik/schlaglichter-der-wirtschaftspoli tik-09-2018.pdf?__blob=publicationFile&v=10 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). S. auch Dammann de Chapto/Brüggemann, NZKart 2020, 374 (376); Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/ Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 55 AWV Rn. 81, § 56 AWV Rn. 22. 117 Becker/Sachs NZG 2017, 1336 (1338 f.); Krause, BB 2009, 1082 (1083). 118 OECD, OECD Benchmark Definition of Foreign Direct Investment, Fourth Edition 2008, S. 49 f., https://www.oecd.org/daf/inv/investmentstatisticsandanalysis/40193734.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vgl. zur OECD auch Doerfert, Europarecht, 5. Aufl., 2012, Rn. 45. 119 So auch Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 56 AWV Rn. 7. Vgl. jedoch Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (a) zur möglichen Unverhältnismäßigkeit des Vollzugsverbots wegen seiner Geltung ab dem Erwerb einer zehnprozentigen Beteiligung an den Unternehmen der § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV, insbesondere im speziellen Medienbereich. 120 Asbrand/Nehring-Köppl, IWRZ 2018, 63 (67); Besen/Slobodenjuk, BB 2012, 2390 (2390); Hensel/Pohl, AG 2013, 849 (854); Söhner, RIW 2011, 454 (459). 121 So etwa Traugott/Strümpell, AG 2009, 186 (191).

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reicht oder überschritten wird.122 Die Aufnahme der Schwellenwerte in die Kabinettsfassung123 folgte auf die erhebliche Kritik124 am Referentenentwurf der Siebzehnten Änderungsverordnung der Außenwirtschaftsverordnung.125 Sie ist insbesondere unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten zu begrüßen, weil andernfalls jeder Erwerb weiterer 0,01 Prozent der Stimmrechte den Regelungen und somit auch den Vollzugsbeschränkungen der § 15 Abs. 3 und Abs. 4 AWG126 unterfiele und den praktischen Handlungsspielraum insbesondere bei kurzfristigen Beteiligungen enorm einschränkte.127 (3) Die Erfassung atypischer Kontrollerwerbe (§ 56 Abs. 3 AWV) Gem. § 56 Abs. 3 AWV, welcher infolge von Kritik in den Stellungnahmen zum Referentenentwurf noch einmal tatbestandlich präzisiert wurde,128 werden in Anlehnung an Art. 2 Nr. 1 ScreeningVO atypische Kontrollerwerbe von der sektorübergreifenden Prüfung erfasst.129 Ausweislich § 56 Abs. 3 Satz 1 AWV gelten § 56 Abs. 1 und Abs. 2 AWVentsprechend, wenn ein Unionsfremder in anderer Weise als 122

Vgl. auch Pottmeyer, Der Zoll-Profi!, 12/2021, 10 (11). Deutsche Bundesregierung, Kabinettsfassung, Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 21. 4. 2021, S. 37 f., https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/ Downloads/J-L/kabinettsfassung-siebzehnte-verordnung-zur-aenderung-der-aussenwirtschafts verordnung.pdf?__blob=publicationFile&v=6 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 124 Vgl. etwa BDI, Stellungnahme zur 17. Novelle der Außenwirtschaftsverordnung v. 25. 2. 2021, S. 7, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnah men-AWV-Novelle-17te/bdi.pdf?__blob=publicationFile&v=2; DIHK, Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie v. 22. 1. 2021: Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung – Ausweitung der Investitionsprüfungen v. 26. 2. 2021, S. 6, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stel lungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/dihk.pdf?__blob=publicationFile&v=6; Linklaters, Stellungnahme zum Referentenentwurf der Siebzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 17. 2. 2021, S. 7 f., https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/ Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/linklaters.pdf?__blob=pu blicationFile&v=6 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 125 BMWK, Änderungen im Investitionsprüfungsrecht, Rechtsetzungsverfahren 2020/ 2021, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Service/Gesetzesvorhaben/aenderungen-iminvestitionspruefungsrecht.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 126 Vgl. zu diesen nachfolgend Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) aa) und bb). 127 Lippert, BB 2021, 1289 (1291). 128 Barth/Käser, NZG 2021, 813 (818). Zur Kritik s. Linklaters, Stellungnahme zum Referentenentwurf der Siebzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 17. 2. 2021, S. 8 ff., https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stel lungnahmen-AWV-Novelle-17te/linklaters.pdf?__blob=publicationFile&v=6 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 129 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 35 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). S. auch Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 279 f.; Schmidt, BB 2021, 1923 (1933). Für eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Tatbestand des atypischen Kontrollerwerbs vgl. ferner Bürger/ Uzunçakmak, NZKart 2022, 63 (64 ff.). 123

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mit dem Erwerb von Stimmrechtsanteilen eine wirksame Beteiligung an der Verwaltung oder Kontrolle des inländischen Unternehmens erlangt.130 Satz 2 benennt abschließende Fälle für das Vorliegen einer wirksamen Beteiligung, welche vorliegt, wenn ein Stimmrechtserwerb einhergeht mit (1.) der Zusicherung zusätzlicher Sitze oder Mehrheiten in Aufsichtsgremien oder in der Geschäftsführung, (2.) der Einräumung von Vetorechten bei strategischen Geschäftsoder Personalentscheidungen oder (3.) der Einräumung von Informationsrechten, die über den durch den Stimmrechtsanteil vermittelten Einfluss in einer Weise hinausgehen, dass dadurch oder gemeinsam mit den Stimmrechten eine dem maßgeblichen Stimmrechtsanteil i. S. v. § 56 Abs. 1 AWVentsprechende Beteiligung, im Bereich der sicherheitsrelevanten Katalogunternehmen also einer zehnprozentigen bzw. 20-Prozent-Beteiligung, an der Kontrolle des inländischen Unternehmens ermöglicht wird.131 § 56 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 AWV ist analog zum kartellrechtlichen132 Kontrollbegriff des § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB133 zu verstehen. Dies ist unter dem Aspekt einer einheitlichen (Unions-)Rechtsordnung – auch das französische Regime verwendet z. B. diesen Begriff –134 zu begrüßen.135 Ob mit der Einräumung von Informationsrechten gem. § 56 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AWV eine Gleichwertigkeit gem. § 56 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz AWV einhergeht, wird mitunter bezweifelt. Grundsätzlich gelten bei geringer Unterschreitung einer Stimmrechtsschwelle weniger Anforderungen an die zusätzlichen Faktoren des § 56 Abs. 3 Satz 2 AWV.136 (4) Die Zurechnung von Stimmrechten Dritter (§ 56 Abs. 4 AWV) Dem Erwerber werden gem. § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AWV Stimmrechte Dritter an einem inländischen Unternehmen vollständig zugerechnet, an denen er nach dem Erwerb seiner Beteiligung, jeweils auch i. V. m. § 56 Abs. 2 und Abs. 3 AWV, bei den in § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV aufgelisteten Unternehmen mindestens zehn Prozent, bei den in § 55a Abs. 1 Nr. 8 bis Nr. 27 AWV aufgelisteten Unternehmen 130

Die Vorschrift wird unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Kollision der Erwerbspflicht gem. § 305 Abs. 1 AktG und der potenziellen Untersagung gem. § 59, § 62 AWV begrüßt, s. hierzu ausf. etwa Schuelken/Sichla, BB 2021, 1480 (1480 ff.). Eine Notwendigkeit der Erfassung atypische Kontrollerwerbe bemerkt auch Gerster, in: Niestedt, BeckOK-AWR, § 5 AWG (Stand 2022) Rn. 8 sowie noch vor Etablierung der nunmehr geltenden Regelungen Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 230 ff. 131 Vgl. auch Pottmeyer, Der Zoll-Profi!, 12/2021, 10 (11). Kritisch zum Tatbestand der Einräumung von Informationsrechten, der nach dem Sinn und Zweck nur in extremen Ausnahmefällen Anwendung finden sollte, um die einem atypischen Erwerb immanente Überproportionalität auch widerzuspiegeln, Bürger/Uzunçakmak, NZKart 2022, 63 (66 f.). 132 Für einen umfassenden Vergleich des außenwirtschaftsrechtlichen mit dem fusionskontrollrechtlichen Rechtsrahmen vgl. Fleischmann, NZKart 2022, 57 (57 ff.). 133 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen v. 26. 8. 1998 i. d. F. der Bekanntmachung v. 26. 6. 2013 (BGBl I 2013, S. 1750, 3245). 134 S. Kap. 2 § 3 B. 135 Barth/Käser, NZG 2021, 813 (818 f.). 136 Dahingehend einleuchtend Barth/Käser, NZG 2021, 813 (819).

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mindestens 20 Prozent und bei den sonstigen Unternehmen137 mindestens 25 Prozent der Stimmrechte hält. Eine Zurechnung erfolgt gem. § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AWV außerdem, wenn der Erwerber mit dem Dritten eine Vereinbarung über die gemeinsame Ausübung von Stimmrechten abgeschlossen hat oder wenn aufgrund der sonstigen Umstände des Erwerbs von einer gemeinsamen Ausübung von Stimmrechten auszugehen ist. Ferner werden dem Erwerber gem. § 56 Abs. 4 Satz 2 AWV Stimmrechte Dritter zugerechnet, wenn er nachträglich eine Vereinbarung i. S. v. § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AWV schließt, ohne dass hiermit ein Erwerb weiterer Stimmrechte am inländischen Unternehmen einhergeht.138 Sonstige Umstände des Erwerbs, aufgrund derer von einer gemeinsamen Stimmrechtsausübung i. S. v. § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AWV auszugehen ist, werden gem. § 56 Abs. 4 Satz 3 AWV vermutet. Voraussetzung für diese Vermutung ist, dass der Erwerber und mindestens ein Dritter aus demselben Drittstaat, der in dem nach § 56 Abs. 1 AWV maßgeblichen Zeitpunkt am inländischen Unternehmen beteiligt ist, die Voraussetzungen des § 55a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AWV erfüllen. Diese gesetzlichen Voraussetzungen sind erfüllt, wenn die Betroffenen unmittelbar oder mittelbar von der Regierung, einschließlich sonstiger staatlicher Stellen oder Streitkräfte, eines Drittstaats kontrolliert werden. Ausweislich § 56 Abs. 4 Satz 4 AWV gilt die Beispielsregelung des § 55a Abs. 3 Satz 2 AWV für das Vorliegen einer Kontrolle gem. § 55a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AWV entsprechend. Die Vermutung findet wegen ihrer Widerlegbarkeit und des geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes nur bei Unklarheiten Anwendung.139 Ein schuldrechtlicher Verzicht des Unionsfremden auf eine Stimmrechtsausübung beschränkt das Prüfrecht nicht.140 Hinsichtlich der Stimmrechtszurechnung bei der zehnprozentigen Beteiligungsschwelle bestehen Bedenken:141 Die Zurechnung setze einen effektiven Einfluss auf die Stimmrechtsausübung voraus, welcher hier nicht möglich sei. Überdies 137 Die verordnungsgeberische Klarstellung einer Einbeziehung dieser Unternehmen in die Stimmrechtszurechnung erfolgte mit der Ersten Verordnung zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung (BT-Drucks. 19/32401 v. 10. 9. 2021), nachdem die Siebzehnte Änderungsverordnung § 56 Abs. 1 AWV um die neue Nr. 2 erweitert und die sonstigen Unternehmen seit jeher somit in Nr. 3 normiert waren, womit Unsicherheiten einhergingen. Die Einbeziehung der sonstigen Unternehmen war gleichwohl auch zuvor in Betracht zu ziehen, hat sich der Wortlaut des § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AWV trotz der Implementierung von § 56 Abs. 1 Nr. 2 AWV und der damit verbundenen Erweiterung auf Nr. 3 nicht geändert und war eine ausdrückliche Exklusion der sonstigen Unternehmen von der Zurechnung zumindest nicht in der Verordnungsbegründung (Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 35 [BT-Drucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021]) vorgesehen. Dieses Verständnis zeigten auch schon Barth/Käser, NZG 2021, 813 (818), die von „eine[m] relevanten Anteil“ sprechen. Angesichts des ausdrücklichen Gesetzeswortlauts fanden sich jedoch auch tragfähige Argumente gegen eine entsprechende Einbeziehung, s. etwa bei v. Brevern, NZKart 2021, 530 (535). 138 Vgl. auch Pottmeyer, Der Zoll-Profi!, 12/2021, 10 (11). 139 Barth/Käser, NZG 2021, 813 (818). 140 Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 56 AWV (Stand 2022) Rn. 18 m. w. N. 141 Böhm, ZBB 2019, 115 (117 f.).

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wird hinterfragt, warum eine Zurechnung in den in § 56 Abs. 4 Nr. 2 AWV benannten Fällen erst ab einer höheren Stimmrechtsbeteiligung erfolgt. Bei der Bestimmung eines gesellschaftsrechtlich vermittelten Einflusses des zwischengeschalteten Unternehmens komme es nicht auf den zielunternehmerischen Tätigkeitsbereich an. (5) Mittelbarer Erwerb einer Beteiligung (§ 56 Abs. 5 AWV) Bei einer mittelbaren Beteiligung beträgt der Stimmrechtsanteil des Erwerbers gem. § 56 Abs. 5 i. V. m. Abs. 1 AWV nach seinem Beteiligungserwerb an Unternehmen der § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV mindestens zehn Prozent, an jenen der § 55a Abs. 1 Nr. 8 bis Nr. 27 AWV mindestens 20 Prozent und an den sonstigen Unternehmen142 mindestens 25 Prozent der Anteile, dies jeweils i. V. m. § 56 Abs. 2 und Abs. 3 AWV, wenn der Erwerber und die jeweiligen Zwischengesellschafter unter entsprechender Anwendung des § 56 Abs. 4 AWV mindestens einen der nach § 56 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 AWV maßgeblichen Stimmrechtsanteile an der jeweiligen Tochtergesellschaft halten. Die gemeinsame Gründung einer Tochtergesellschaft zweier Unternehmen als Joint Venture wäre nicht erfasst, wohingegen die Einbringung bestehender Unternehmen in ein solches prüfungsrelevant wäre.143 Damit kommt ein mittelbarer Erwerb in zwei Konstellationen in Betracht: Entweder hält der Unionsfremde Anteile an einem unionsansässigen Unternehmen und dieses erwirbt Anteile an einem inländischen Unternehmen. Oder aber er erwirbt eine unmittelbare Beteiligung an einem unionsansässigen Unternehmen, das bereits Anteile an einem inländischen Unternehmen hält.144 b) Die prüfungsbetroffenen Erwerber Das behördliche Prüfrecht in § 55 Abs. 1 AWV betrifft grundsätzlich unionsfremde Erwerber. Unter den Umständen des § 55 Abs. 2 AWV werden jedoch auch missbräuchliche Gestaltungen oder Umgehungsgeschäfte vom Anwendungsbereich der sektorübergreifenden Prüfung erfasst. Neben dem Begriff „Unionsfremdheit“ werden diese nachfolgend genauer in den Blick genommen. aa) Der Begriff „Unionsfremdheit“ (§ 55 Abs. 1 AWV) Nach der Negativabgrenzung in § 2 Abs. 19 AWG ist der Erwerber unionsfremd, wenn er nicht unionsansässig ist. Dies sind wiederum natürliche Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in der Europäischen Union und juristische 142 Hier erfolgte wie auch zu § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AWV eine Klarstellung durch die Erste Verordnung zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung (BT-Drucks. 19/32401 v. 10. 9. 2021). 143 Vgl. auch Bonhage, in: Meyer-Sparenberg/Jäckle (Hrsg.), Beck’sches M&A Hdb., 2. Aufl. 2022, § 91 Rn. 18. 144 Hierzu s. nur Asbrand/Nehring-Köppl, IWRZ 2018, 63 (65).

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Personen oder Personengesellschaften mit Sitz oder Ort der Leitung in der Europäischen Union. Der Ort der Leitung bestimmt sich danach, wo die Entscheidungen für die Geschäfts- und Unternehmensleitung getroffen werden.145 Ferner sind Zweigniederlassungen juristischer Personen mit Sitz oder Ort der Leitung in einem Drittland unionsansässig, wenn diese ihre Leitung in der Europäischen Union und eine gesonderte Buchführung haben. Unionsansässig sind überdies Betriebsstätten juristischer Personen aus Drittländern, welche ihre Verwaltung in der Europäischen Union haben. Insbesondere unterfallen dem Anwendungsbereich seit 2021 infolge des Brexits auch Investitionen aus Großbritannien und Nordirland.146 Für die Unionsfremdheit ist maßgeblich, wer auf Investorenseite Einfluss auf das Zielunternehmen ausüben können wird; dies ist gerade bei gesellschaftlich stark aufgespaltenen Private Equity oder Venture Capital Funds relevant.147 bb) Missbräuchliche Gestaltung oder Umgehungsgeschäft (§ 55 Abs. 2 AWV) Neben unionsfremden werden gem. § 55 Abs. 2 Satz 1 AWVausnahmsweise auch unionsansässige Erwerber vom sektorübergreifenden Anwendungsbereich erfasst, sofern es Anzeichen gibt, dass eine missbräuchliche Gestaltung oder ein Umgehungsgeschäft zumindest auch vorgenommen wurde, um eine Prüfung gem. § 55 Abs. 1 AWV zu unterlaufen.148 Diese Anzeichen müssen objektiv vorliegen, wobei den Behörden insofern ein Beurteilungsspielraum zukommt.149 Der Tatbestand erfährt durch § 55 Abs. 2 Satz 2 AWV eine Konkretisierung dahingehend, dass eine 145

Asbrand/Nehring-Köppl, IWRZ 2018, 63 (64). Sattler/Engels, EuZW 2021, 485 (491); kritisch Noerr, BREXIT-Investoren aus dem Vereinigten Königreich unterliegen deutscher Investitionskontrollprüfung – (un)gerechtfertigte Ungleichbehandlung?, v. 20. 1. 2021, https://www.noerr.com/de/newsroom/news/brexit–in vestoren-aus-dem-vereinigten-konigreich-unterliegen-deutscher-investitionskontrollprufung (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Allerdings prüft das BMWK keine Erwerbe, bei denen der Vertragsabschluss im Jahr 2020 und der Vertragsvollzug im Jahr 2021 stattgefunden hat, vgl. Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55 AWV (Stand 2022) Rn. 21. Vgl. auch Pottmeyer, Der Zoll-Profi!, 12/2021, 10 (11). 147 Stein, in: Dorsch, Zollrecht, § 5 AWG (Stand 2020) Rn. 12. Zur Relevanz der Investitionsprüfung konkret für Private Equity-Erwerber vgl. auch v. Brevern, BB 2022, 131 (131 ff.). 148 Eine ausf. Behandlung der Entstehungsgeschichte von § 55 Abs. 2 AWV und eine kritische Auseinandersetzung mit der praktischen Umsetzung der Regelung durch das BMWK finden sich bei v. Brevern, NZKart 2021, 530 (532 f.). S. zur Diskussion um das Erfordernis weiterer ungeschriebener Tatbestandsmerkmale des § 55 Abs. 2 AWV im Kontext des mittelbaren Erwerbs Becker/Sachs, NZG 2017, 1336 (1340); Böhm, ZBB 2019, 115 (119); Klingen/Sprado, KSzW 2017, 49 (50); Traugott/Strümpell, AG 2009, 186 (191). 149 Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55 AWV (Stand 2022) Rn. 36. Vgl. auch v. Brevern, der solche objektiven Anhaltspunkte bei einem Erwerb mit einem in Luxemburg ansässigen Erwerbsvehikel zwar grundsätzlich ablehnt, aber dennoch einen Antrag auf Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung beim BMWK favorisiert (v. Brevern, BB 2022, 131 [133]). Entsprechendes dürfte bei der Betroffenheit sicherheitsrelevanter Zielunternehmensbranchen des § 55a Abs. 1 AWV für die Meldung gem. § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV anzunehmen sein. 146

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missbräuchliche Gestaltung oder ein Umgehungsgeschäft insbesondere dann vorliegt, wenn der unmittelbare Erwerber mit Ausnahme des Erwerbs nach § 55 Abs. 1 AWV keiner nennenswerten eigenständigen Wirtschaftstätigkeit nachgeht oder innerhalb der Europäischen Union keine auf Dauer angelegte eigene Präsenz in Gestalt von Geschäftsräumen, Personal oder Ausrüstungsgegenständen unterhält.150 Diese Widerlegbarkeit beispielhafter Anzeichen151 wird mitunter kritisch betrachtet, weil in möglichen Ausnahmekonstellationen trotz der Umstände des Einzelfalles keine missbräuchliche Gestaltung oder Umgehung vorliegen könne. Insbesondere finde sich eine Unwiderlegbarkeit nicht in der vom Verordnungsgeber zitierten Rechtsprechung152 des Gerichtshofs der Europäischen Union.153 Zu berücksichtigen ist jedoch, dass ein Vorliegen der Anzeichen lediglich zur Anwendungsbereichseröffnung des Prüfverfahrens führt. Werden die außenwirtschaftsrechtlichen Schutzgüter trotz dieser Anzeichen offenkundig nicht voraussichtlich beeinträchtigt, kann das BMWK den Erwerb freigeben. Angesichts des Fehlens einer nennenswerten eigenständigen Wirtschaftstätigkeit oder der auf Dauer angelegten eigenständigen Präsenz in der Europäischen Union, welche objektiv und ex ante von erheblichem Gewicht für eine mögliche Beeinträchtigung außenwirtschaftsrechtlicher Güter sprechen, erscheint die Anwendungsbereichseröffnung trotz fehlender Widerlegbarkeit nachvollziehbar.154 Im Kontext des § 55 Abs. 2 AWV gelten ausweislich dessen Satz 3 Zweigniederlassungen und Betriebsstätten eines unionsfremden Erwerbers nicht als unionsansässig. Für die Unionsfremdheit ist der Sitz der Muttergesellschaft maßgeblich.155 Außerdem stehen gem. Satz 4 Investoren aus Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation sowie gem. Satz 5 unmittelbare Erwerber mit Präsenz in

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Vgl. auch Pottmeyer, Der Zoll-Profi!, 12/2021, 10 (11). Neunte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 14 (BT-Drucks. 18/13417 v. 12. 7. 2017); BMWK, FAQ zu Investitionsprüfungen nach der Außenwirtschaftsverordnung (Stand 13. 5. 2019), S. 6, https://www.bmwi.de/Redaktion/EN/Downloads/F/faqzur-aussenwirtschaftsrechtlichen-investitionspruefung.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 152 EuGH, Urt. v. 12. 9. 2006 – Rs. 196/04 Cadbury-Schweppes plc u. a./Commissioners of Inland Reveneu, ECLI:EU:C:2006:544 Rn. 68 ff. Vgl. Neunte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 14 (BT-Drucks. 18/13417 v. 12. 7. 2017). 153 Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55 AWV (Stand 2022) Rn. 36, der insbesondere auch unter Berücksichtigung der Grundfreiheiten eine Widerlegbarkeit fordert. Vgl. Neunte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 14 (BT-Drucks. 18/13417 v. 12. 7. 2017). 154 Bedenken gegen die verfassungsrechtliche und unionsrechtliche Verhältnismäßigkeit der Vorschriften bestehen demnach jedenfalls nicht wegen dieser Regelung (vgl. zu weiteren Bedenken in Bezug auf die Investitionsprüfvorschriften im Folgenden aber Kap. 3 und Kap. 4). 155 Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 55 AWV Rn. 160; Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55 AWV (Stand 2022) Rn. 35. 151

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Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation, also in Norwegen, Island, Liechtenstein und in der Schweiz,156 Unionsansässigen gleich. Anzeichen für eine missbräuchliche Gestaltung oder ein Umgehungsgeschäft liegen gem. § 55 Abs. 2 Satz 6 AWVauch vor, wenn mehrere Erwerbe an demselben inländischen Unternehmen so aufeinander abgestimmt werden, dass bei gesonderter Betrachtung keiner der Erwerbe eine Beteiligung in Sinne des § 56 AWV darstellt. Jene zuvor umstrittene157 Erfassung der künstlichen Aufspaltung eines Beteiligungserwerbs vom sektorübergreifenden Anwendungsbereich wurde mit der Siebzehnten Änderungsverordnung der Außenwirtschaftsverordnung158 eingefügt. c) Die außenwirtschaftsrechtlichen Schutzgüter Sind die zuvor untersuchten Merkmale des Erwerbs durch einen Unionsfremden erfüllt, bezieht sich der Anwendungsbereich des § 55 Abs. 1 AWV auf die Prüfung einer voraussichtlichen Beeinträchtigung außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter. Diese Schutzgüter werden als Generaltatbestand „öffentliche Ordnung oder Sicherheit“ aufgeführt, welcher anhand der in § 55a Abs. 1 AWV normierten Regelbeispiele zielunternehmerischer Branchen und mittels der in § 55a Abs. 3 AWV genannten Regelbeispiele bestimmter Merkmale des Erwerbers konkretisiert wird. aa) Der Generaltatbestand „öffentliche Ordnung oder Sicherheit“ (§ 55 Abs. 1 AWV) Für den Generaltatbestand der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ist in Anlehnung an den unionsrechtlichen Rechtfertigungsgrund159 des Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV160 eine auf Grundinteressen der Gesellschaft bezogene

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Slobodenjuk, BB 2017, 2306 (2307). Vor Einführung des § 55 Abs. 2 Satz 6 AWV n. F. sprach für ein Unterfallen dieses sogenannten Heranschleichens das Vorliegen eines engen wirtschaftlichen und zeitlichen Zusammenhangs der Erwerbe, aufgrund dessen die Transaktionen als ein Erwerbsakt anzusehen waren (so auch Seibt/Wollenschläger, ZIP 2009, 833 [839]). Jedoch verlangt der Wortlaut des § 56 Abs. 1 AWV ein Erreichen oder Überschreiten der Schwelle, sodass mit dieser Auslegungsgrenze (s. zu den Auslegungsmethoden gesetzlicher Regelungen Sachs, in: ders., GG, 9. Aufl. 2021, Einführung Rn. 37 ff.) Transaktionen unterhalb jener keinen Beteiligungserwerb darstellten (Asbrand/Nehring-Köppl, IWRZ 2018, 63 [67]; Hasselbrink, GmbHR 2010, 512 (515); Seibt/Wollenschläger, ZIP 2009, 833 [839]; Söhner, RIW 2011, 454 [459]). Zur Diskussion vgl. noch Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 149 f.; Becker/Sachs, NZG 2017, 1336 (1338 f.). 158 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 25 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). 159 S. zum unionsrechtlichen Rechtfertigungsgrund ausf. Kap. 4 § 2 C. II. 160 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union v. 9. 5. 2008 (ABl C 115, S. 47). 157

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Auslegung geboten.161 Dieses Verständnis ergibt sich in Abgrenzung zum nationalen Polizei- und Ordnungsrecht auch aus der Wortfolge.162 Hier ist die öffentliche Ordnung als Oberbegriff anzusehen, wobei im Verhältnis zur öffentlichen Sicherheit nicht konsequent differenziert wird.163 Ein Grundinteresse der Gesellschaft ist im Funktionieren des Staates und seiner Einrichtungen sowie der Sicherung und Existenz der Bundesrepublik, darüber hinaus aber auch in der Versorgung der Bevölkerung im Bereich der Daseinsvorsorge, etwa also mit Energie, Elektrizität und Telekommunikationsdienstleistungen, zu sehen.164 Wegen seiner Anlehnung an den unionsrechtlichen Rechtfertigungsgrund ist auch der außenwirtschaftsrechtliche Generaltatbestand restriktiv auszulegen. Rein wirtschaftliche und finanzielle Interessen sowie außen- und wirtschaftspolitische Erwägungen genügen daher nicht für das Vorliegen eines gesellschaftlichen Grundinteresses.165 Die Mitgliedstaaten in der Europäischen Union können die Begriffe „öffentliche Ordnung oder Sicherheit“ unterschiedlich verstehen, ihnen kommt insoweit ein gewisser Beurteilungsspielraum zu.166 Außerdem sind die Tatbestandsmerkmale entwicklungsoffen. Ihr Gehalt

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Vgl. statt vieler Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 180. 162 Gerster, in: Niestedt, BeckOK-AWR, § 4 AWG (Stand 2022) Rn. 16. Vgl. zum polizeirechtlichen Verständnis der öffentlichen Sicherheit und Ordnung BVerfG, Beschl. v. 14. 5. 1985 – 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81, NJW 1985, 2395 (2398). Entsprechendes gilt auch für den Prüfmaßstab, s. hierzu weiter unten Kap. 2 § 1 B. II. 2. d). 163 Vgl. etwa Herrmann, ZEuS 2019, 429 (445 f.); Hindelang/Hagemeyer, EuZW 2017, 882 (887); Ukrow/Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 65 AEUV (Stand 2021) Rn. 67. 164 EuGH, Urt. v. 10. 7. 1984 – Rs. 72/83 Campus Oil u. a., ECLI:EU:C:1984:256 Rn. 34; Urt. v. 4. 6. 2002 – Rs. C-483/99 Kommission/Frankreich, ECLI:C:2002:327 Rn. 47; Urt. v. 8. 11. 2012 – Rs. C-244/11 Kommission/Griechenland, ECLI:EU:C:2012:694 Rn. 65; Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 230 ff.; Engelhardt, in: Holzapfel (Begr.), Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 16. Aufl. 2021, Rn. 2325; Herrmann, ZEuS 2019, 429 (445 f.); Hindelang/Hagemeyer, EuZW 2017, 882 (887); Schuelken/ Sichla, NVwZ 2019, 1406 (1409); Weitnauer, GWR 2019, 81 (82); Ukrow/Ress, in: Grabitz/ Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 65 AEUV (Stand 2021) Rn. 66. Hierzu s. ebenfalls Pottmeyer, Der Zoll-Profi!, 1/2022, 10 (10). Kritisch zur schwierigen Bestimmbarkeit des Merkmals „Grundinteresse der Gesellschaft“ auch v. Brevern, BB 2022, 131 (136). 165 EuGH, Urt. v. 4. 12. 1974 – Rs. 41/74 v. Duyn/Home Office, ECLI:EU:C:1974:133 Rn. 18/19; Urt. v. 28. 10. 1975 – Rs. 36/75 Rutili/Minister des Innern, ECLI:EU:C:1975:137 Rn. 29/31; Urt. v. 26. 4. 1988 – Rs. C-352/85 Bond v. Adverteerders, ECLI:EU:C:1988:196 Rn. 34; Urt. v. 6. 6. 2000 – Rs. C-35/98 Verkooijen, ECLI:EU:C:2000:294 Rn. 48 ff.; Urt. v. 17. 3. 2005 – Rs. C-109/04 Kranemann, ECLI:EU:C:2005:187 Rn. 32 ff.; Ehlers, in: ders. (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 7 Rn. 113; Asbrand/ Nehring-Köppl, IWRZ 2018, 63 (66); Hindelang/Hagemeyer, EuZW 2017, 882 (887); Krause, BB 2009, 1082 (1084); Mohamed, JZ 2019, 765 (771 f.); Schladebach/Becker, NVwZ 2019, 1076 (1077). 166 Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit, 2006, S. 382 m. w. N. aus der Rspr. Vgl. auch Ludwigs, in: Dauses (Begr.), Hdb. des EU-Wirtschaftsrechts, E. I. (Stand 2017), Rn. 102.

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kann sich im Laufe der Zeit wandeln und muss daher für den jeweiligen Einzelfall untersucht werden,167 worunter die Rechtssicherheit leidet.168 In der Gesetzesbegründung zur Novellierung des Außenwirtschaftsgesetzes im Jahr 2020 wurde zunächst klargestellt, dass sich der materielle Prüfmaßstab der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit auch weiterhin auf gesellschaftliche Grundinteressen beziehen sollte. Allerdings verweist der Gesetzgeber auf Art. 4 ScreeningVO: Der Erwerb einer kritischen Technologie i. S. v. Art. 4 Abs. 1b ScreeningVO könne „eine untersagungsrelevante Beeinträchtigung des Gemeinwesens darstellen, ohne dass zwingend ein ausgeprägter Bezug zu den […] Grundinteressen der Gemeinschaft vorliegen muss.“169 Mit der Anpassung an die europäische Verordnung soll ein zeitgemäßer Maßstab für den Generaltatbestand angelegt werden, die auch der Haltung des Gerichtshofs170 entspreche. Bei der Investitionsprüfung könne im Einzelfall die technologische Souveränität der Bundesrepublik zu beachten sein,171 womit dem Staat ein erweiterter Handlungsspielraum verschafft wird.172 Fragwürdig ist, ob die bestehende Auslegung des Ordnungs- und Sicherheitsbegriffs ohne Überarbeitung des Gesetzeswortlauts lediglich mit einer späteren Gesetzesbegründung verändert und erweitert werden kann. Sofern die kritischen Technologien sicherheitsrelevant sind, unterfallen sie dem Begriff als gesellschaftliches Grundinteresse; dagegen können mit Einführung der technologischen Souveränität Deutschlands keine industriepolitischen Zwecke verfolgt werden, für welche die Regelung ursprünglich nicht vorgesehen war.173 Bezugspunkt der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ist seit dem Jahr 2020 nicht länger allein diejenige der Bundesrepublik Deutschland.174 Gem. § 55 Abs. 1 AWV sind darüber hinaus auch die öffentliche Ordnung oder Sicherheit eines anderen Mitgliedsstaates der Europäischen Union oder von Projekten oder Programmen von Unionsinteresse i. S. v. Art. 8 ScreeningVO175 beachtlich. Der Erwerb eines 167 RegBegr. (BT-Drucks. 16/10730 v. 30. 10. 2008, S. 11); Marquardt/Pluskat, DStR 2009, 1314 (1317); hingegen möchte Böhm, ZBB 2019, 115 (120 f.) dem BMWK einen gewissen Beurteilungsspielraum nicht zusprechen. 168 So auch Dammann de Chapto/Brüggemann, NZKart 2018, 412 (414); Hindelang/Hagemeyer, EuZW 2017, 882 (884); Mohamed, JZ 2019, 766 (772). 169 RegBegr. (BT-Drucks. 19/18700 v. 21. 4. 2020, S. 18). 170 EuGH, Urt. v. 27. 10. 1977 – Rs. 30/77 Regina/Bouchereau, ECLI:EU:C:1977:172 Rn. 33 ff.; Urt. v. 14. 10. 2004 – Rs. C-36/02 Omega, ECLI:EU:C:2004:614 Rn. 31. 171 RegBegr. (BT-Drucks. 19/18700 v. 21. 4. 2020, S. 18). 172 Dammann de Chapto/Brüggemann, NZKart 2020, 374 (375). 173 So ebenfalls Schladebach/Becker, Weitere Verschärfungen der Investitionskontrolle zur Sicherung der technologischen Souveränität Deutschlands geplant, Noerr v. 31. 1. 2020, https://www.noerr.com/de/newsroom/news/weitereverscharfungderinvestitionskontroll ezursicherungdertechnologischensouveranitatdeutschlandsgep (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Kritisch auch Jungkind/Bormann, DK 2020, 369 (372). 174 Kap. 2 § 1 A.; s. auch Jungkind/Bormann, NZG 2020, 619 (619). 175 Vgl. zu den Projekten und Programmen von Unionsinteresse nachfolgend ausf. Kap. 2 § 2 B. IV. 3. sowie die einzelne Auflistung im Anhang der Screening-Verordnung.

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deutschen Unternehmens kann sich etwa auf die öffentliche Ordnung oder Sicherheit eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union auswirken, wenn das Zielunternehmen in diesem sicherheitsrelevante Güter produziert oder die Versorgung des Mitgliedstaats mit kritischen Gütern oder Dienstleistungen gefährdet wird.176 Das BMWK prüft die potenziellen Auswirkungen der Transaktion auf die öffentliche Ordnung oder Sicherheit eines anderen Mitgliedstaates oder von Projekten oder Programmen von Unionsinteresse nicht selbst; diese werden im Kooperationsmechanismus der Screening-Verordnung berücksichtigt.177 bb) Die regelbeispielartige Aufzählung der bei der Überprüfung zu berücksichtigenden Merkmale des Zielunternehmens (§ 55a Abs. 1 AWV) Im Regelbeispielskatalog des § 55a Abs. 1 AWV werden Unternehmensbranchen aufgeführt, bei deren Erwerb insbesondere eine voraussichtliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gegeben sein kann.178 Für das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Zugehörigkeit ist der Zeitpunkt des schuldrechtlichen Erwerbs maßgeblich.179 Dass der regelbeispielartigen Aufzählung zielunternehmerischer Branchen keine echte Vermutungswirkung zukommt,180 wird teilweise kritisch gewürdigt.181 Nach dem Wortlaut „insbesondere“ ist der Katalog auch nicht abschließend, grundsätzlich unterfällt jedes Unternehmen dem Anwendungsbereich von § 55 Abs. 1 AWV.182 Im Einzelnen nennt § 55a Abs. 1 Nr. 1 AWV Unternehmen, die Betreiber kritischer Infrastrukturen i. S. d. BSIG183 sind.184 Gem. § 2 Abs. 10 BSIG umfasst der Begriff „kritische Infrastruktur“ Einrichtungen, Anlagen oder Teile davon, die den 176

Enders, RIW 2020, 652 (653). S. zum Kooperationsmechanismus Kap. 2 § 2 B. IV. 178 Vgl. für eine ausf. Auseinandersetzung mit den einzelnen Branchen auch Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55a AWV (Stand 2022) Rn. 2 ff. S. zu den mit einer Prüfung des Erwerbs der jeweiligen Branchen verfolgten Zielen Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa). 179 Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 55 AWV Rn. 110. 180 Herrmann, ZEuS 2019, 429 (433); Hindelang/Hagemeyer, EuZW 2017, 882 (883 f.). 181 Hindelang/Hagemeyer, EuZW 2017, 882 (883 f.). 182 Runderlass Außenwirtschaft Nr. 5/2017 (BAnz AT v. 17. 7. 2017 – B 1); Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/Jatzke/Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 (61); Asbrand/Nehring-Köppl, IWRZ 2018, 63 (64); jedoch gelten bestimmte verfahrensbezogene Folgen lediglich für die explizit normierten Branchen, vgl. hierzu Kap. 2 § 1 B. II. 3. aa) und bb). 183 Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik v. 14. 8. 2009 (BGBl I 2009, S. 2821). 184 Vgl. zu den zahlreichen juristischen Definitionsansätzen des Begriffs „kritische Infrastruktur“, welche sich jedoch in ihrem Kerngehalt mit demjenigen dem Verständnis des BSIG decken Schuelken, Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen, 2021, S. 51 ff. 177

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Sektoren Energie, Informationstechnik und Telekommunikation, Transport und Verkehr, Gesundheit, Wasser, Ernährung sowie Finanz- und Versicherungswesen angehören und von höher Bedeutung für das Funktionieren des Gemeinwesens sind, weil durch ihren Ausfall oder ihre Beeinträchtigung erhebliche Versorgungsengpässe oder Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit eintreten würden. Eine genauere Erläuterung der kritischen Infrastrukturen ist laut § 10 Abs. 1 BSIG der BSIKritisV185 zu entnehmen.186 Als ihr Betreiber ist gem. § 1 Nr. 2 BSIKritisV eine natürliche oder juristische Person anzusehen, die unter Berücksichtigung der rechtlichen, wirtschaftlichen und tatsächlichen Umstände einen bestimmenden Einfluss auf die Beschaffenheit und den Betrieb einer Anlage oder Teilen davon ausübt.187 Nr. 2 erfasst Unternehmen, die eine Software besonders entwickeln oder ändern. Diese Software muss branchenspezifisch dem Betrieb kritischer Infrastrukturen i. S. d. BSIG dienen. Der Begriff „branchenspezifische Software“ wird in § 55a Abs. 2 AWV näher erläutert und meint etwa die Software für die Kraftwerksleittechnik oder für den Betrieb eines Krankenhaus-Informationssystem. Neben kritischen Infrastrukturen wird auch der Telekommunikationsbereich als sicherheitsrelevant eingestuft:188 § 55a Abs. 1 Nr. 3 AWV bezieht Unternehmen ein, die mit organisatorischen Maßnahmen nach § 110 TKG189 betraut sind oder technische Einrichtungen zur Umsetzung gesetzlich vorgesehener Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation herstellen oder hergestellt haben und über Kenntnisse der Technologie verfügen. Weiterhin werden Unternehmen aufgeführt, die Cloud-Computing-Dienste erbringen. Erforderlich ist insoweit, dass die für eine Erbringung dieser Dienste genutzten Infrastrukturen die Schwellenwerte nach Anhang 4 Teil 3 Nr. 2 BSIKritisVerreichen oder überschreiten (Nr. 4).190 Unter „CloudComputing“ versteht man eine Sammlung von Diensten, Anwendungen und Res185 Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSIG v. 22. 4. 2016, (BGBl I 2016, S. 958). 186 S. zu aktuellen Änderungen der BSIKritisV und ihren Auswirkungen auf den so erweiterten Anwendungsbereich des Investitionsprüfregimes näher Rubner/Leuering, NJWSpezial 2022, 79 (79 f.). 187 Vgl. auch Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 29. Hinsichtlich des Betreiberbegriffs wird teilweise eine Konturenlosigkeit kritisiert, welche auf den komplexen gesellschaftsrechtlichen Strukturen mit dem Erfordernis einer entsprechenden Bewertung im Einzelfall beruhe. Neben dem unmittelbaren Betreiber könnten diesem Begriff weitere Akteure unterfallen (Sachs, in: Dorsch, Zollrecht, § 15 AWG [Stand 2020] Rn. 13). Nach hier vertretener Auffassung folgen aus der erforderlichen Einzelfallbetrachtung angesichts der konkretisierenden Legaldefinition in der BSIKritisV jedoch nicht bereits Bedenken gegen die rechtliche Bestimmtheit der Norm, vgl. allgemein zum rechtlichen Bestimmtheitsgebot Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) aa). 188 Eine solche Untergliederung nimmt auch Lippert vor (Lippert, BB 2021, 194 [197]). 189 Telekommunikationsgesetz v. 22. 6. 2004 (BGBl I 2004, S. 1190). 190 Zu den einschlägigen Werten vgl. Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWRKommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 33. Dieses Regelbeispiel ist 2021 tatbestandlich konkretisiert worden, was unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit zu begrüßen ist, vgl. Brüggemann/Moser, DB 2021, 1250 (1252).

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

sourcen, die dem Nutzer flexibel und skalierbar über das Internet angeboten werden, ohne eine langfristige Kapitalbindung oder IT-spezifisches Know-how vorauszusetzen.191 Sicherheitsrelevant sind auch Unternehmen, die eine Zulassung von Komponenten oder Dienste der Telematikinfrastruktur nach § 325 oder § 311 Abs. 6 SGB V192 besitzen (Nr. 5). Der Begriff „Telematikinfrastruktur“ erfasst als „Datenautobahn für das Gesundheitswesen“ den Austausch medizinischer Informationen zwischen allen Beteiligten im Gesundheitswesen,193 konkret die elektronische Gesundheitskarte der Krankenkassen.194 Darüber hinaus kann bei der Prüfung einer voraussichtlichen Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit insbesondere auch berücksichtigt werden, ob das Zielunternehmen Dienstleistungen erbringt, die zur Sicherstellung der Störungsfreiheit und Funktionsfähigkeit staatlicher Kommunikationsinfrastrukturen gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BDBOSG195 erforderlich sind.196 Eine Etablierung dieser Regelung in § 55a Abs. 1 Nr. 7 AWV wird auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. c) ScreeningVO gestützt197 und meint Unternehmen mit Liegenschaftsdiensten, welche die Wartung, Entstörung und Installation technischer Einrichtungen an den Standorten der BDBOS ausführen und für diese Sicherheitsberatungsdienstleistungen erbringen.198 Weiterhin sind dem Katalog gem. § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV Unternehmen der Medienwirtschaft zuzuordnen, die zur öffentlichen Meinungsbildung beitragen und die sich durch eine besondere Aktualität und Breitenwirkung auszeichnen. Die Einführung von § 55a Abs. 1 Nr. 8 bis Nr. 11 AWV, konkret von Zielunternehmen im Zusammenhang mit persönlichen Schutzausrüstungen (Nr. 8), mit für die Gewährleistung der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung wesentlicher

191 Hill/Hirsch/Lake/Moshiri, Cloud Technology, 2013, S. 9; Repschläger/Pannicke/Zarnekow, HMD 47 (2010), 6 (6). Vgl. zum Prinzip einer entsprechenden Cloud näher Brandt, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler (Hrsg.), Corporate Compliance, 3. Aufl. 2016, § 29 Rn. 144. 192 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch v. 20. 12. 1988 – Gesetzliche Krankenversicherung (BGBl I 1988, S. 2477). 193 Kassenärztliche Bundesvereinigung, Telematikinfrastruktur, https://www.kbv.de/html/te lematikinfrastruktur.php (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 194 Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 34. 195 Gesetz über die Errichtung einer Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben v. 28. 8. 2006 (BGBl I 2006, S. 2039). 196 Vgl. näher zur BDBOS, insbesondere zu ihrem Zweck und ihrer Organisation BDBOS, Ein Jahr BDBOS, Rückblick und Ausblick, 2008, S. 2 f., http://www.bdbos.bund.de/Shared Docs/Downloads/DE/Publikationen/ein_jahr_bdbos.pdf?__blob=publicationFile&v=1 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 197 Schuelken/Sichla, DÖV 2020, 961 (965). 198 Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 39.

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Arzneimittel (Nr. 9),199 mit Medizinprodukten (Nr. 10) und mit In-vitro-Diagnostika i. S. d. Medizinproduktrechts (Nr. 11),200 erfolgte in Reaktion auf die COVID-19Pandemie.201 Beachtlich ist der weite Anwendungsbereich dieser Tatbestände, da neben dem Hersteller regelmäßig der Entwickler dieser Produkte erfasst ist.202 Auch wird angemerkt, eine dem österreichischen Rechtsrahmen203 vergleichbare zeitliche Begrenzung der Aufnahme dieser Branchen in den Katalog und der verbundenen Verschärfungen204 auf die Zeit der Pandemie hätte genügt.205 Wenngleich deren Ende zum Zeitpunkt der Einführung dieser Merkmale nicht absehbar war, hätte zunächst der Ablauf einer entsprechenden Einbeziehung in den Katalog normiert und dieser – soweit erforderlich – verlängert werden können. Die weiteren 16 Branchen sind im Jahr 2021 mit der Siebzehnten Änderungsverordnung in den Regelbeispielskatalog aufgenommen worden.206 Sicherheitsrelevant sind demgemäß Betreiber hochwertiger Erdfernerkundungssysteme i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 4 SatDSiG207 (Nr. 12). Erdfernerkundungssysteme sind raumgestützte 199 Für eine anschauliche Erläuterung der Sicherstellung der Arzneimittelversorgung in Deutschland durch das Außenwirtschaftsrecht anhand einer fiktiven Transaktion vgl. Tschammler, PharmR 2022, 345 (345 ff.). 200 S. zu einer ausf. Auseinandersetzung mit § 55a Abs. 1 Nr. 8 bis Nr. 11 AWV Louca/ Kopf, MedR 2020, 1003 (1004 ff.). Allgemein kritisch sehen die Qualifizierung dieser Unternehmensbranchen als sicherheitsrelevante zivile Unternehmen Die Familienunternehmer, Stellungnahme zum Gesetzesentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD, Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Gesetze, BTDrucks. 19/18700 und weitere (AusschussDrucks. 19[9]598 v. 12. 5. 2020, S. 7), https://www. bundestag.de/resource/blob/695458/34bc85507c6f62a53fd5c57396fdf535/sv-dr-mitrenga-data. pdf; Verband Forschender Arzneimittelhersteller, Stellungnahme zum Referentenentwurf der Fünfzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 30. 4. 2020, S. 2 ff., https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-15-VOAWV/vfa.pdf?__blob=publicationFile&v=6 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 201 S. schon Kap. 2 § 1 A. Vgl. ferner Fünfzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 1, 10 (BT-Drucks. 19/19781 v. 5. 6. 2020); Lippert, Der Zoll-Profi!, 6/2020, 5 (5 ff.). 202 Lippert, BB 2021, 194 (198). Nr. 8 ist jedoch ebenfalls im Jahr 2021 tatbestandlich konkretisiert worden, was unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit zu begrüßen ist, vgl. nur Brüggemann/Moser, DB 2021, 1250 (1252). 203 Vgl. weiter unten Kap. 2 § 3 C. 204 Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (1), Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) aa) und bb). 205 BDI, Stellungnahme zur 17. Novelle der Außenwirtschaftsverordnung v. 25. 2. 2021, S. 4, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWVNovelle-17te/bdi.pdf?__blob=publicationFile&v=2; Verband der Chemischen Industrie, Stellungnahme des VCI zum Entwurf der 17. VO zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (AWV), S. 1, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stel lungnahmen-AWV-Novelle-17te/vci.pdf?__blob=publicationFile&v=6; Göbel, Altmaiers Träume, FAZ v. 8. 4. 2020, https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/corona-kommentar-altmaierist-kein-garant-fuer-offenheit-16717821.html (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 206 Kap. 2 § 1 A. Vgl. für eine nähere Auseinandersetzung mit den einzelnen Branchen auch Barth/Käser, NZG 2021, 813 (815 f.). 207 Satellitendatensicherheitsgesetz v. 23. 11. 2007 (BGBl I 2007, S. 2590).

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Transport- oder Orbitalsysteme – etwa ein Satellitensystem auf der Umlaufbahn der Erde208 –, einschließlich des Bodensegments, mit dem Daten über die Erde erzeugt werden. Erforderlich ist außerdem, dass der Sensor oder die Sensoren des Systems selbst oder in Kombination mit einem oder mehreren anderen Sensoren technisch in der Lage sind, Daten mit besonders hohem Informationsgehalt gem. § 2 Abs. 2 SatDSiG zu erzeugen. Die Vorschrift wurde aus dem Satellitendatensicherheitsgesetz in die Außenwirtschaftsverordnung inkorporiert, um unterschiedliche Regelungen zu vermeiden und ein gleichwertiges Schutzniveau herzustellen.209 Einige dieser Unternehmensgruppen stehen im Zusammenhang mit dem Katalog des Art. 4 Abs. 1 ScreeningVO.210 Die Anpassung des nationalen Rechts war nicht zwingend, der deutsche Verordnungsgeber hätte den Katalog auch reduzieren oder enger ausgestalten können.211 Als besonders sicherheitsrelevant werden Entwickler oder Hersteller von Gütern erachtet, die sich Verfahren der Künstlichen Intelligenz bedienen (Nr. 13).212 Zudem gelten Entwickler oder Hersteller von technischer Ausrüstung für die Steuerung von automatisierten oder autonomen Fahr- oder Navigationsfunktionen verfügenden Kraft- oder unbemannten Luftfahrzeugen oder für die Steuerung solcher Fahr- oder Navigationsfunktionen wesentlichen Komponenten oder der hierfür erforderlichen Software (Nr. 14) als sicherheitsrelevant.213 Nr. 15 nennt Zielunternehmen im Tätigkeitsbereich von Industrierobotern214 und Nr. 16 Entwickler, Hersteller oder Veredler von mikro- oder nanoelektronischen nicht-optischen Schaltungen auf einem Substrat und diskreten Halbleitern, von mikro- oder nanostrukturierten optischen Schaltungen auf einem Substrat sowie diskreten optischen Bauelementen oder von Herstellungs- oder Bearbeitungswerkzeugen für diese Güter.215 Bei der Investitionsprüfung kann insbesondere auch be208

RegBegr. (BT-Drucks. 16/4763 v. 21. 3. 2007, S. 19). Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 26 f. (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). S. ferner Brüggemann/Moser, DB 2021, 1250 (1253); Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 47 ff. 210 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 27 ff. (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). Zum Katalog des Art. 4 Abs. 1 ScreeningVO s. nachfolgend Kap. 2 § 2 B. II. 3. b). 211 Sattler/Engels, EuZW 2021, 485 (487); diese Möglichkeit hat der Verordnungsgeber zumindest teilweise genutzt, vgl. schon Kap. 2 § 1 A. 212 S. näher Brüggemann/Moser, DB 2021, 1250 (1253); Geber, AW-Prax 2021, 299 (300); Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 50 f. 213 S. hierzu ebenfalls näher Geber, AW-Prax 2021, 299 (300); Pottmeyer, in: Wolffgang/ Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2021) Rn. 52. 214 Diesbezüglich vgl. Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 53. 215 Vgl. hierzu Brüggemann/Moser, DB 2021, 1250 (1253); Pottmeyer, in: Wolffgang/ Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 54. Zum aktuell 209

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rücksichtigt werden, ob das Unternehmen IT-Produkte oder Komponenten dieser mit dem Ziel der Veräußerung an Dritte entwickelt oder herstellt, die als wesentliches Funktionsmerkmal im Zusammenhang mit Cyber-Angriffen stehen. Diese Merkmale erläutert Nr. 17 genauer: Begrifflich sind beispielsweise Virenschutzprogramme oder Firewalls gemeint.216 Außerdem werden Betreiber von Luftfahrtunternehmen, Entwickler oder Hersteller von Gütern oder Technologien im Bereich der Luft- und Raumfahrt (Nr. 18),217 Unternehmen im Bereich der Nukleartechnologie (Nr. 19)218 und solche der Quanteninformatik, -kommunikation und der quantenbasierten Messtechnik (Nr. 20) im Regelbeispielskatalog aufgelistet. Weiterhin werden Unternehmen als besonders sicherheitsrelevant qualifiziert, die Güter oder wesentliche Komponenten im Bereich additiver Fertigungsverfahren (Nr. 21)219 und Güter im Bereich des Betriebs drahtloser oder drahtgebundener Datennetze (Nr. 22), insbesondere 5 G-Netze,220 entwickeln oder herstellen. Bedeutsam sind gem. Nr. 23 auch Hersteller von Smart-Meter-Gateways gem. § 2 Satz 1 Nr. 19 MsbG221 und von Sicherheitsmodulen für diese.222 Smart-Meter-Gateprominenten Verkauf des deutschen Halbleiterkonzerns Siltronic AG vgl. etwa Bergmann, Siltronic: Was läuft da verkehrt?, Der Aktionär v. 17. 1. 2022, https://www.deraktionaer.de/arti kel/aktien/siltronic-was-laeuft-da-verkehrt-20244017.html; Finsterbusch/Kopplin/Welter, Siltronic-Verkauf kurz vor Genehmigung aus China, FAZ v. 11. 1. 2022, https://www.faz.net/aktu ell/wirtschaft/unternehmen/siltronic-verkauf-kurz-vor-genehmigung-aus-china-17726220.html; Kopplin/Welter, Übernahme von Siltronic durch Globalwafers droht zu scheitern, FAZ v. 17. 1. 2022, https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/uebernahme-von-siltronic-durch-glo balwafers-droht-zu-scheitern-17734737.html. Vgl. hierzu auch schon einleitend Kap. 1. Im Zeitraum des freiwilligen öffentlichen Übernahmeangebots der GlobalWafers GmbH an die Aktionäre der Siltronic AG waren Halbleiter allerdings noch nicht in den Katalog sicherheitsrelevanter Unternehmen (hierzu s. nachfolgend Kap. 3 § 1 B. 2. c) bb)) aufgenommen, sodass entgegen der nunmehr erforderlichen Erwerbsfreigabe (Kap. 3 § 1 B. II. 3. a) bb) (1)) die außenwirtschaftsrechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung (Kap. 3 § 1 B. II. 3. a) bb)) als Vollzugsbedingung aufgeführt worden ist, vgl. GlobalWafers GmbH, Angebotsunterlage, freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot an die Aktionäre der Siltronic AG v. 21. 12. 2020, S. 44, 47 https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Angebotsunterlage/siltronic_ag. pdf?__blob=publicationFile&v=1 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 216 Barth/Käser, NZG 2021, 813 (815). Vgl. ferner Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/ Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 55. 217 Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 56. 218 Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 57. 219 S. hierzu näher Geber, AW-Prax 2021, 299 (300); Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/ Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 59. 220 Barth/Käser, NZG 2021, 813 (816); Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWRKommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 60. 221 Messstellenbetriebsgesetz v. 29. 8. 2016 (BGBl I 2016, S. 2034). 222 Vgl. auch Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 61.

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ways sind nach dieser Legaldefinition Kommunikationseinheiten eines intelligenten Messsystems, die ein oder mehrere moderne Messeinrichtungen und weitere technische Einrichtungen wie insbesondere Erzeugungsanlagen zur Gewährleistung des Datenschutzes, der -sicherheit und Interoperabilität unter Beachtung der besonderen Anforderungen von Schutzprofilen und Technischen Richtlinien (§ 22 Abs. 1, Abs. 2 MsbG) in ein Kommunikationsnetz einbinden können und über Funktionalitäten zur Erfassung, Verarbeitung und Versendung von Daten verfügen. Weiterhin werden Unternehmen genannt, die in lebenswichtigen Einrichtungen an sicherheitsempfindlichen Stellen tätige Personen beschäftigen (Nr. 24).223 Dies sind gem. § 1 Abs. 5 Satz 1 SÜG224 Einrichtungen, deren Beeinträchtigung aufgrund der ihnen anhaftenden betrieblichen Eigengefahr die Gesundheit oder das Leben großer Teile der Bevölkerung erheblich gefährden kann oder die für das Funktionieren des Gemeinwesens unverzichtbar sind und deren Beeinträchtigung erhebliche Unruhe in großen Teilen der Bevölkerung und somit Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung entstehen lassen würde. Nach dem Wortlaut sind allein lebenswichtige Einrichtungen in den obersten Bundesbehörden (§ 5a SÜFV225), Geschäftsbereichen der obersten Bundesbehörden (§ 5b SÜFV) und dem BMI (§ 9a SÜFV) inbegriffen. In diesen lebenswichtigen Einrichtungen müssen die Personen an sicherheitsempfindlichen Stellen i. S. v. § 1 Abs. 5 Satz 3 SÜG, also in der kleinsten selbstständig handelnden Organisationseinheit innerhalb dieser Einrichtung, die vor unberechtigtem Zugang geschützt ist und von der im Falle der Beeinträchtigung eine erhebliche Gefahr für die Schutzgüter des Satzes 1 ausgeht, beschäftigt sein, damit das Unternehmen Nr. 24 unterfällt. Relevant sind außerdem Unternehmen, die von der Europäischen Kommission als kritisch eingestufte Rohstoffe oder deren Erze gewinnen, aufbereiten oder raffinieren (Nr. 25).226 Auch werden Hersteller oder Entwickler von Gütern aufgeführt, die dem Schutzbereich eines geheimgestellten Patents oder Gebrauchsmusters unterfallen 223 S. genauer Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 63. 224 Sicherheitsüberprüfungsgesetz v. 20. 4. 1994 (BGBl I 1994, S. 1634). 225 Verordnung zur Feststellung der Behörden des Bundes mit Aufgaben von vergleichbarer Sicherheitsempfindlichkeit wie die der Nachrichtendienste des Bundes und zur Feststellung der öffentlichen Stellen des Bundes und der nichtöffentlichen Stellen mit lebens- und verteidigungswichtigen Einrichtungen v. 30. 7. 2003 (BGBl I 2003, S. 2294). 226 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 32 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021); Europäische Kommission, Mitteilung der Europäischen Kommission an das Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Widerstandsfähigkeit der EU bei kritischen Rohstoffen: Einen Pfad hin zu größerer Sicherheit und Nachhaltigkeit abstecken v. 3. 9. 2020, COM (2020) 474 final, S. 1, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:5202 0DC0474&from=EN (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vgl. hierzu auch näher Geber, AW-Prax 2021, 299 (300); Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 64. Zu den einzelnen Rohstoffen s. Bekanntmachung der Rohstoffe nach § 55a Abs. 1 Nr. 25 AWV v. 18. 5. 2021 (BAnz AT v. 26. 5. 2021 – B 1).

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(Nr. 26).227 Hier ist maßgeblich, ob es sich um Staatsgeheimnisse, also gem. § 93 StGB um Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, die nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und vor einer fremden Macht geheim gehalten werden müssen, um die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik abzuwehren, handelt. In Betracht kommt das Vorliegen von Geheimpatenten oder geheimgestellten Gebrauchsmustern etwa bei Technologien zur Anreicherung atomarer Isotope,228 zur Herstellung von Banknoten oder Wertpapieren oder im Bereich von Kryptoschlüsseln.229 Zuletzt sind gem. § 55a Abs. 1 Nr. 27 AWV Unternehmen bedeutsam, die (un-) mittelbar eine landwirtschaftliche Fläche, also eine als Ackerland, Dauergrünland und -weideland oder mit -kulturen genutzte Fläche, von mehr als 10.000 Hektar bewirtschaften. Diese Merkmale erfüllten im Jahr 2021 ungefähr 150 Betriebe.230 cc) Die regelbeispielartige Aufzählung der bei der Überprüfung zu berücksichtigenden Merkmale des Erwerbers (§ 55a Abs. 3 AWV) Als Gegenstück zu § 55a Abs. 1 AWV führt der im Jahr 2020 etablierte § 55a Abs. 3 Satz 1 AWV231 regelbeispielartige und nicht abschließende investorbezogene Merkmale auf. Im Rahmen der Investitionsprüfung kann nach dessen Nr. 1 insbesondere berücksichtigt werden, ob der Erwerber unmittelbar oder mittelbar von der Regierung, einschließlich sonstiger staatlicher Stellen oder Streitkräfte eines Drittstaates, kontrolliert wird. In diesem Zusammenhang kann eine Kontrolle gem. § 55a Abs. 3 Satz 2 AWV insbesondere aufgrund der Eigentümerstruktur oder in Form einer Finanzausstattung durch die Regierung, einschließlich sonstiger staatlicher Stellen oder Streitkräfte eines Drittstaats, welche über ein geringfügiges Maß hinausgeht, ausgeübt werden.232 227 Vgl. auch Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 65. 228 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 32 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). 229 Barth/Käser, NZG 2021, 813 (816). 230 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 33 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). Für dieses Regelbeispiel vgl. ferner Pottmeyer, in: Wolffgang/ Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 66. 231 Fünfzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 8 (BTDrucks. 19/19781 v. 5. 6. 2020) betreffend § 55 Abs. 1b AWV a. F. Vgl. auch Jungkind/Bormann, NZG 2020, 619 (621); Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 55 AWV Rn. 153. 232 Vgl. weiterführend zu den Vorschlägen der Europäischen Kommission zur Gewährleistung fairer Wettbewerbsbedingungen im Kontext von Subventionen aus Drittstaaten, mit dem auch Mechanismen angedacht werden, um drittstaatlich subventionierten Erwerben von unionsangehörigen Zielunternehmen angedacht werden Europäische Kommission, Weissbuch, Gewährleistung fairer Wettbewerbsbedingungen bei Subventionen aus Drittstaaten v. 17. 6. 2020, COM (2020) 253 final, S. 26 f., https://ec.europa.eu/competition/international/over

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

Ein entsprechendes geringfügiges Maß liegt beispielsweise vor, wenn eine ausländische staatlich kontrollierte Bank dem Erwerber lediglich einen in Zinssatz und Umfang marktüblichen Überziehungskredit auf sein Geschäftskonto gewährt.233 Ferner kann beachtet werden, ob der Erwerber bereits an Aktivitäten beteiligt war, die nachteilige Auswirkungen auf die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik oder eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union hatten (§ 55a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AWV). Letztlich erscheint auch relevant, ob ein erhebliches Risiko besteht, dass der Erwerber oder die für ihn handelnden Personen an Aktivitäten beteiligt waren234 oder sind, die in Deutschland den Tatbestand einer der in § 123 Abs. 1 GWB bezeichneten Straftaten (Nr. 3 Buchst. a)) oder einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit nach dem Außenwirtschaftsgesetz oder dem Kriegswaffenkontrollgesetz235 (Nr. 3 Buchst. b)) erfüllen würden.236 Ein erhebliches Risiko verlangt objektive Anhaltspunkte einer entsprechenden Beteiligung.237 Die nicht abschließende Aufzählung investorbezogener Merkmale sorgt für eine Erhöhung der Rechtssicherheit und dient der Klarstellung, dass auch weiterhin in der Person des Erwerbers liegende Gründe bei der Prüfung berücksichtigt werden können. Sie ist an der Regelung in Art. 4 Abs. 2 ScreeningVO238 angelehnt und wurde hinsichtlich des nationalen Rechts konkretisiert.239 Infolge der Etablierung dieser

view/foreign_subsidies_white_paper_de.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). So auch Bonhage, in: Meyer-Sparenberg/Jäckle (Hrsg.), Beck’sches M&A Hdb., 2. Aufl. 2022, § 91 Rn. 5; Jungkind/ Bormann, DK 2020, 369 (373 f.). 233 Fünfzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 14 f. (BTDrucks. 19/19781 v. 5. 6. 2020); Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55a AWV (Stand 2022) Rn. 32. 234 Kritisch zum Erfordernis eines erheblichen Risikos entgegen der objektiven Prüfung einer vergangenen Beteiligung Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55a AWV (Stand 2022) Rn. 34. 235 Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen vom 20. 4. 1961 i. d. F. der Bekanntmachung v. 22. 11. 1990 (BGBl I 1990, S. 2506). 236 Demgegenüber ist die in der Verordnungsbegründung angenommene Prüfungsrelevanz im Falle des erheblichen Risikos einer zukünftigen Beteiligung an den entsprechenden Aktivitäten (vgl. Fünfzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 14 f. [BT-Drucks. 19/19781 v. 5. 6. 2020]) nicht mit dem Wortlaut des § 55a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AWV vereinbar, s. auch Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55a AWV (Stand 2022) Rn. 34. Da es sich aber lediglich um Regelbeispiele handelt, können solche Anhaltspunkte bei der behördlichen Prüfung berücksichtigt werden, auch wenn sie nicht unter Nr. 3 subsumierbar sind. 237 Fünfzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 14 (BTDrucks. 19/19781 v. 5. 6. 2020); Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55a AWV (Stand 2022) Rn. 34. 238 Vgl. dazu Kap. 2 § 2 B. II. 2. 239 Fünfzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 1, 10, 14 f. (BT-Drucks. 19/19781 v. 5. 6. 2020).

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Merkmale wird eine erhöhte Berücksichtigung der in der Person des Erwerbers liegenden Faktoren erwartet.240 d) Der Prüfmaßstab „voraussichtliche Beeinträchtigung“ außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter (§ 55 Abs. 1 AWV) Gem. § 4 Abs. 1 Nr. 4 AWG und Nr. 4a AWG i. V. m. § 5 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 AWG i. V. m. § 55 Abs. 1 AWV ist Prüfgegenstand, ob die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder von Projekten oder Programmen von Unionsinteresse i. S. v. Art. 8 ScreeningVO voraussichtlich beeinträchtigt wird. Während gem. § 5 Abs. 2 Satz 2 AWG a. F. bis zum Jahr 2020 eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung der obigen Schutzgüter verlangt wurde, intendierte der Gesetzgeber mit der Herabsetzung241 des Prüfmaßstabs eine Anpassung an die Vorgaben der Screening-Verordnung. Zwingend war diese nicht – der nationale Gesetzgeber hat zur maximalen Erweiterung staatlicher Handlungsmöglichkeiten die von der Verordnung ermöglichten Beschränkungen umfassend ausgeschöpft.242 Der vor der Gesetzesänderung in § 55 Abs. 1 AWV a. F. verankerte unbestimmte Rechtsbegriff „Gefährdung“ war nicht i. S. d. nationalen Polizei- und Ordnungsrechts,243 sondern gem. § 4 Abs. 1 Nr. 4 AWG a. F. im demgegenüber engeren unionsrechtlichen Kontext der Art. 36, Art. 52 Abs. 1 und Art. 65 Abs. 1 AEUV zu verstehen.244 Mit der Interpretation des Gerichtshofs genügte nach der Prognoseentscheidung245 nicht jede unionsrechtlich begründete Gefährdung;246 vielmehr musste diese gem. § 5 Abs. 2 Satz 2 AWG a. F. tatsächlich und hinreichend schwer sein, wobei insofern ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Gefährdung und der zu ihrer Beseitigung erlassenen Maßnahmen erforderlich war.247 Mitunter sprach 240

Stein/Schwander, StB 2020, 255 (257). RegBegr. (BT-Drucks. 19/18700 v. 21. 4. 2020, S. 18), s. dazu auch weiter unten in diesem Abschnitt ausf. Vgl. zur Verfassungskonformität der mit diesem Prüfmaßstab verbundenen Grundrechtsbeschränkungen insbesondere Kap. 3 § 4 A. III. 2. c) und 3. 242 Sangi/Berger, EuZW 2021, 979 (980); Schladebach/Becker, Weitere Verschärfungen der Investitionskontrolle zur Sicherung der technologischen Souveränität Deutschlands geplant, Noerr v. 31. 1. 2020, https://www.noerr.com/de/newsroom/news/weitereverscharfung derinvestitionskontrollezursicherungdertechnologischensouveranitatdeutschlandsgep (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 243 Entsprechendes gilt auch für die Schutzgüter, s. hierzu schon Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) aa). Vgl. zum polizeirechtlichen Gefahrenbegriff Wehr, Examens-Repetitorium Polizeirecht, 4. Aufl. 2019, Rn. 77 ff. m. w. N.; Korte/Dittrich, JA 2017, 332 (332). 244 RegBegr. (BT-Drucks. 16/10730 v. 30. 10. 2009, S. 11); Sangi/Berger, EuZW 2021, 979 (980). 245 S. hierzu Böhm, ZBB 2019, 115 (120). 246 Herrmann, ZEuS 2019, 429 (445). 247 Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit, 2006, S. 382 f.; Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländischer Direkt241

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

man sich gar für eine über die jedem Gesetzesverstoß immanente soziale Störung hinausgehende tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr248 aus. Bei einer Zusammenschau der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union249 ließ sich zwar nicht prinzipiell ausschließen, dass auch eine lediglich potenzielle Gefahr für die Untersagung einer Investition genügen konnte. In diesem Fall wäre allerdings maßgeblich gewesen, dass der Schadenseintritt bei weiterem Abwarten nicht mehr hätte verhindert werden können. In einer solchen Konstellation hätte die Beweislast den jeweiligen Mitgliedstaat getroffen.250 Zur Zeit des ehemals geltenden Prüfmaßstabs galten demnach hohe Anforderungen an das Vorliegen einer Gefährdung der Schutzgüter. Dagegen stellt die voraussichtliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit im Rahmen des § 55 Abs. 1 AWV n. F. einen Prüfmaßstab mit geringerer Eingangsschwelle dar.251 Diese geringere Schwelle ergibt sich aus einer zweistufigen Herabsetzung,252 indem erstens die erforderliche Gewissheit hinsichtlich des möglichen Schadenseintritts und zweitens der Grad der Gefahrenintensität verringert wurde: Während die alte Regelungsfassung eine annehmbare Gewissheit („tatsächlich“) forderte, wird nunmehr eine eher potenzielle Betrachtung investitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/Jatzke/Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 (49); Bayer/Ohler, ZG 2008, 12 (24); Herrmann, ZEuS 2019, 429 (448 f.); Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/ AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 63 AEUV Rn. 20. 248 EuGH, Urt. v. 26. 11. 2018 – Rs. C-137/17 Van Gennip, ECLI:EU:C:2018:771 Rn. 58; Ukrow/Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 65 AEUV (Stand 2021) Rn. 61. 249 EuGH, Urt. v. 5. 5. 1998 – Rs. C-180/96 Vereinigtes Königreich/Kommission, ECLI:EU:C:1998:192 Rn. 98; Urt. v. 14. 3. 2000 – Rs. C-54/99 Association Église de scientologie de Paris, ECLI:EU:C:2000:124 Rn. 20; Urt. v. 8. 12. 2012 – Rs. C-244/11 Kommission/Griechenland, ECLI:EU:C:2012:694 Rn. 70. 250 Herrmann, ZEuS 2019, 429 (449 f.). 251 So ausdrücklich RegBegr. (BT-Drucks. 16/10730 v. 30. 10. 2009, S. 18); zustimmend Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 189 ff.; Bierwagen/ v. Wistinghausen, BB 2020, 1986 (1989); Enders, RIW 2020, 652 (653 f.); Jungkind/Bormann, NZG 2020, 619 (620); Leuering/Gröntgen, NJW-Spezial 2020, 335 (335); Sattler/Engels, EuZW 2021, 485 (487); Stein, in: Dorsch, Zollrecht, § 5 AWG (Stand 2020) Rn. 20. Anderer Ansicht sind hingegen Schuelken und Sichla, die dennoch eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung fordern, welche ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (Schuelken/ Sichla, DÖV 2020, 961 [964]). Zwar überzeugt es, die Schutzgüter der öffentlichen Ordnung und Sicherheit weiterhin im Kontext der unionsrechtlichen Rspr. zu verstehen. Ein unverändertes Festhalten an dem unionsrechtlichen Gefährdungsbegriff ließe allerdings die ausdrückliche Novellierung des Wortlauts unberücksichtigt, welcher stets als Auslegungsgrenze anzusehen ist. Hierfür spricht neben dem gesetzgeberischen Willen (s. dazu nachfolgend), dass § 5 Abs. 2 S. 2 AWG a. F., der ausdrücklich von einer „tatsächliche[n] und hinreichend schwere[n] Gefährdung, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt“ spricht, im Zuge der Außenwirtschaftsgesetzesnovelle ersatzlos gestrichen wurde (so auch Enders, RIW 2020, 652 [653]). 252 Hinsichtlich der zweistufigen Herabsetzung des Prüfmaßstabs s. auch Enders, RIW 2020, 652 (653 f.); Jungkind/Bormann, NZG 2020, 619 (620).

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(„voraussichtlich“) forciert, um dem präventiven Charakter der Investitionsprüfung Rechnung zu tragen.253 Die Behörden sind somit bereits zur Untersagung des Erwerbs oder zum Erlass einer Anordnung berechtigt, wenn eine Berührung der Schutzgüter nur möglich erscheint. Notwendig ist also keine weitergehende Gewissheit der Behörden dahingehend, dass die Berührung der Schutzgüter überhaupt jemals durch den geplanten Erwerb eintreten. Somit ist die Vorverlagerung erheblich.254 Zwar ließe sich aus dem Wortlaut „Beeinträchtigung“ schlussfolgern, dass eine Verletzung der Schutzgüter bereits verwirklicht sein müsse. Hingegen setzte der Terminus „Gefahr“ eine solche Verwirklichung nicht voraus. Dieses Verständnis ließe indes außer Acht, dass die Verletzung der Schutzgüter im Zeitpunkt der Investitionsprüfung lediglich bevorsteht und erst mit dem Erwerb eintritt. Also kann sich die Verletzung lediglich in der Zukunft verwirklichen. Selbst wenn der Begriff der Beeinträchtigung für sich genommen näher an den Schadenseintritt gelangte als eine hinreichend schwere Gefährdung, muss diese im systematischen Zusammenhang betrachtet lediglich voraussichtlich und nicht tatsächlich, also konkret gegeben sein. Die erforderliche Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts wurde also trotz der Begriffswahl „Beeinträchtigung“ mit dem neuen Prüfmaßstab verringert. Darüber hinaus wurde auf zweiter Stufe der Grad der Gefahrenintensität herabgesetzt. Das frühere Erfordernis einer hinreichend schweren Gefährdung wurde durch dasjenige einer Beeinträchtigung ersetzt. Demnach müssen infolge des Erwerbs lediglich nachteilige Auswirkungen auf die Schutzgüter in Aussicht stehen. Der Gehalt einer Beeinträchtigung wiegt gegenüber einer schweren Gefährdung insoweit milder, als dass im Falle ihres Eintritts nur erste Anhaltspunkte für eine Gefährdung gegeben sein müssen.255 Mit einer Herabsetzung des Grades der Gefahrenintensität möchte der Gesetzgeber neben der skizzierten vorausschauenden Betrachtung auf erster Stufe anhand des Begriffs „Beeinträchtigung“ verdeutlichen, dass „in punkto Schwere zukünftig ein geringerer Gefährdungsgrad genügt, um erwerbsbeschränkende Maßnahmen anzuordnen“256. 253 RegBegr. (BT-Drucks. 19/18700 v. 21. 4. 2020, S. 18). Dahingehend auch Europäische Kommission, Commission Staff Working Document, Screening of FDI into the Union and its Member States, Accompanying Document, Report from the Commission to the European Parliament and the Council, First Annual Report on the screening of foreign direct investments into the Union v. 23. 11. 2021, SWD(2021) 334 final, S. 29, https://eur-lex.europa.eu/LexUri Serv/LexUriServ.do?uri=SWD:2021:0334:FIN:EN:PDF (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vereinzelt wird m. V. a. den Fall Leifeld (dazu s. weiter unten Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (c)) angenommen, das BMWK habe jenen Maßstab bereits vor Etablierung einer voraussichtlichen Beeinträchtigung praktiziert, vgl. hierzu näher Spür, COVuR 2020, 516 (517). 254 So etwa auch v. Rummel, ZfZ 2020, 262 (264); anderer Ansicht ist Niestedt, in: ders., AWR, § 55 AWV (Stand 2021) Rn. 23, der lediglich einen „geringe[n] graduelle[n] Unterschied“ bemerkt. 255 Jungkind/Bormann, NZG 2020, 619 (620); Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/ Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 55 AWV Rn. 98. 256 RegBegr. (BT-Drucks. 19/18700 v. 21. 4. 2020, S. 18).

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

In der Literatur257 wird mitunter die Ansicht vertreten, die Beeinträchtigung müsse bei ihrem Eintritt hinreichend schwer sein, weil weiterhin die Schutzgüter „öffentliche Ordnung und Sicherheit“ maßgeblich sind. Diese Begründung vermischt jedoch Prüfgegenstand und Prüfmaßstab: Wenngleich die Bedeutung der Schutzgüter für sich genommen unverändert bleibt, stellt sich im Rahmen der behördlichen Prüfung die Frage, ob diese voraussichtlich beeinträchtigt worden sind. Wird im Zusammenhang mit dem Begriff „Beeinträchtigung“ anders als mit dem Gefährdungsbegriff gerade keine hinreichende Schwere gefordert, lässt sich allein mit dem Prüfgegenstand kein anderer Prüfmaßstab begründen. Bislang fehlt es an näheren Kriterien für die Bestimmung des Prüfmaßstabs, hinsichtlich dessen ein behördlicher Spielraum besteht. Insofern wird eine erhöhte Rechtsunsicherheit für die Transaktionsbeteiligten betont.258 Jedenfalls lässt die Beteiligung an einem sicherheitsrelevanten zivilen Unternehmen gem. § 55a Abs. 1 AWV nicht allein auf das Erreichen des Maßstabs schließen.259 Zu beachten ist auch, dass die Herabsetzung des Prüfmaßstabs den hohen bundesverfassungsgerichtlichen Anforderungen an die Gefahrenabwehr genügen muss.260 3. Die verfahrensbezogenen Folgen einer Eröffnung des Anwendungsbereichs gem. § 55 Abs. 1 AWV Aus der Eröffnung des sektorübergreifenden Anwendungsbereichs von § 55 Abs. 1 AWV resultieren sowohl für BMWK, weitere Bundesministerien und die Bundesregierung als auch für die Erwerbsbeteiligten, insbesondere für das Zielunternehmen und den Erwerber, bestimmte verfahrensbezogene Folgen. Verschärft werden die Folgen im Bereich der Branchen des § 55a Abs. 1 AWV. Die wohl wichtigste Folge auf staatlicher Seite ist die Ermächtigung zur Untersagung des Erwerbs. Auf Seiten der Transaktionsbeteiligten bestehen unter anderem gewisse Mitwirkungspflichten wie die Einreichung bestimmter Unterlagen. Darüber hinaus ist im Falle des Erwerbs eines in § 55a Abs. 1 AWV genannten Zielunternehmens der dingliche Transaktionsvollzug im Zeitraum der Investitionsprüfung schwebend unwirksam. Hinzu treten in diesem Zeitraum die Verbote bestimmter Handlungen wie die Überlassung unternehmensbezogener Informationen.

257

Gerster, in: Niestedt, BeckOK-AWR, § 4 AWG (Stand 2022) Rn. 16. Besen/Slobodenjuk, PharmR 2020, 441 (445); Leuering/Gröntgen, NJW-Spezial 2020, 335 (335). 259 Brüggemann/Moser, DB 2020, 1443 (1445); Jungkind/Bormann, NZG 2020, 619 (622). 260 Vgl. hierzu nachfolgend Kap. 3 § 4 A. III. 2. c). 258

§ 1 Rechtsrahmen durch die nationalen Vorschriften

Abschluss schuldrechtlichen Vertrages

erwerbsunterneh merische Meldepflicht (§ 55a Abs. 4 Satz 1 AWV)

Prüfverfahren Phase I (bis zu 2 Monate) + Phase II (bis zu 8 Monate)

83 Verfahrensabschließende Entscheidung Freigabe oder Untersagung (§ 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV) oder Anordnung (§ 59 Abs. 1 Alt. 2 AWV)

schwebende Unwirksamkeit des dinglichen Vollzugs (§ 15 Abs. 3 Satz 1 AWG)

Handlungsverbote (§ 15 Abs. 4 Satz 1 AWG) z.B. Stimmrechtsausübung oder Überlassung unternehmensbezogener Informationen erwerbsunternehmerische Einreichungspflicht (§ 14a Abs. 2 Satz 1 AWG) VA Ermächtigungen zur Informationserteilung ggü. allen Erwerbsbeteiligten (§ 14a Abs. 2 Satz 4 und Satz 5 AWG)

Überblick: Die verfahrensbezogenen Folgen bei dem Erwerb eines Unternehmens i. S. v. § 55a Abs. 1 AWV

a) Das Verfahren von BMWK, weiteren Bundesministerien und der Bundesregierung Jede Prüfung der voraussichtlichen Beeinträchtigung außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter durch den unionsfremden Erwerb eines inländischen Unternehmens gem. § 55 Abs. 1, Abs. 3 AWV endet mit einer verfahrensabschließenden Entscheidung, an der neben dem BMWK gegebenenfalls auch die Bundesregierung und weitere Bundesministerien beteiligt sind. aa) Das Verfahren der Investitionsprüfung gem. § 55 Abs. 1, Abs. 3 AWV Mit der Meldung des Abschlusses eines schuldrechtlichen Vertrags über den Erwerb (§ 55a Abs. 4, Abs. 5 AWV) oder mit der anderweitigen Kenntniserlangung des BMWK von der Transaktion (§ 14a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 AWG) beginnt das Investitionsprüfverfahren, welches sich in zwei Schritte untergliedert: Zuerst entscheidet das BMWK, ob es überhaupt eine tiefergehende Prüfung des Erwerbs vornehmen möchte (erste Phase). Bejaht es dies, wird eine voraussichtliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit untersucht (zweite Phase).

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

(1) Meldepflicht (§ 55a Abs. 4 Satz 1 AWV) Gem. § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV ist der Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages261 über den Erwerb eines in § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 27 AWV bezeichneten inländischen Unternehmens oder einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung i. S. v. § 56 Abs. 1 oder Abs. 2 AWV, jeweils auch i. V. m. § 56 Abs. 4 Satz 1 oder Satz 2 AWV, an diesen Unternehmen durch einen Unionsfremden dem BMWK unverzüglich nach Abschluss des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts schriftlich oder elektronisch, also auch per E-Mail,262 zu melden.263 Trotz Fehlen eines Verweises auf § 56 Abs. 5 AWV spricht die Entstehungsgeschichte der Norm dafür, dass auch der mittelbare Erwerb von der Meldepflicht erfasst werden soll.264 Eine unverzügliche Meldung verlangt unter Zugrundelegung eines allgemeinen Verständnisses (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) kein schuldhaftes Zögern.265 Seit Inkrafttreten der Fünfzehnten Änderungsverordnung der Außenwirtschaftsverordnung enthält die Regelung in § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV den ausdrücklichen Wortlaut „bezeichnet“. Hiermit ist nunmehr hinreichend klargestellt, dass die Meldepflicht lediglich für den Erwerb eines Unternehmens der aufgelisteten Branchen gilt.266 Bei einem Angebot i. S. d. WpÜG erfolgt die Meldung gem. § 55a Abs. 4 Satz 2 AWV in Abweichung zu Satz 1 unverzüglich nach Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots. Die Meldepflicht besteht gem. § 55a Abs. 4 Satz 3 AWV nicht für atypische Kontrollerwerbe des § 56 Abs. 3 AWV, da die Einschätzung des Vorliegens dieser wertenden Kriterien den Erwerbsbeteiligten nicht zugemutet werden soll.267 Für Hinzuerwerbe i. S. v. § 56 Abs. 2 AWV wird eine vereinfachte Meldung gefordert, dies insbesondere, wenn der vorherige Erwerb erst

261 Vgl. zum Abschluss eines Unternehmenskaufvertrages näher Engelhardt/v. Maltzahn, in: Holzapfel (Begr.), Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 16. Aufl. 2021, Rn. 1143 ff. 262 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 33 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). 263 Vgl. auch Pottmeyer, Der Zoll-Profi!, 12/2021, 10 (11 f.). 264 Der Verordnungsgeber wollte ausweislich der Verordnungsbegründung bestimmte Fälle der Stimmrechtszurechnung von der Meldepflicht ausschließen, nicht jedoch den bereits zuvor erfassten mittelbaren Erwerb, s. auch v. Brevern, NZKart 2021, 530 (535) m. V. a. Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 33 (BT-Drucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). Vgl. auch Kap. 5 § 3 zum Vorschlag einer normativen Klarstellung dessen. 265 Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55a AWV (Stand 2022) Rn. 36. 266 Fünfzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 15 (BTDrucks. 19/19781 v. 5. 6. 2020). Aufgrund dieser Formulierung ist nach Ansicht der vorliegenden Arbeit auch nicht (mehr) unsicher, ob die zehnprozentige Schwelle des § 56 Abs. 1 Nr. 1 AWV neben den ausdrücklich in § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV genannten Branchen (vgl. zur Schwelle Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (1)) auch für ungeschriebene Regelbeispiele gilt. Bedenken äußert insoweit jedoch Stein, in: Dorsch, Zollrecht, § 5 AWG (Stand 2020) Rn. 10. 267 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 33 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021).

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kürzlich geprüft worden ist und keine wesentlichen Änderungen der Prüfungsergebnisse zu erwarten sind.268 Im Jahr 2020 wurde weiterhin die Rechtssicherheit in Bezug auf den geforderten Meldungsinhalt erhöht.269 Gem. § 55a Abs. 4 Satz 4 AWV sind insbesondere der Erwerb, der Erwerber, das zu erwerbende inländische Unternehmen und die Beteiligungsstrukturen des Erwerbers mitzuteilen sowie die Geschäftsfelder von Erwerber und Zielunternehmen in Grundzügen darzustellen. Bei einer Vereinbarung über die gemeinsame Ausübung von Stimmrechten zwischen dem Erwerber und einem Dritten gem. § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 1. Halbsatz und Satz 2 AWV ist auch die Stimmrechtsvereinbarung anzugeben (§ 55a Abs. 4 Satz 5 AWV). Darüber hinaus bestimmt das BMWK gem. § 55a Abs. 4 Satz 6 und Satz 7 AWV durch Allgemeinverfügung270 weitere Informationen271 und Unterlagen, die in der Meldung anzugeben sind, einschließlich für die Prüfung erforderliche personenbezogene Daten und die Form der Meldung. Personenbezogene Daten betreffen in diesem Zusammenhang insbesondere die Mitglieder der Geschäftsführung und sonstige vertretungsberechtigte Personen der erwerbsbeteiligten Unternehmen.272 Die Meldepflicht trifft gem. § 55a Abs. 5 AWV den unmittelbaren Erwerber, auch wenn in dessen Person die Voraussetzungen von § 55 Abs. 1 AWV nicht vorliegen. Nach dem zweiten Halbsatz dieser Norm wird also auch der unmittelbare Erwerber verpflichtet, wenn dieser nur ein unionsansässiges Erwerbsvehikel, also ein zwischengeschaltetes Unternehmen, ist.273 Während jene Konstellation des mittelbaren Erwerbs ausdrücklich erfasst wird, wirft die andere Fragen auf: Erwirbt ein Unionsfremder eine Beteiligung an einem unionsansässigen Unternehmen, welches wiederum am deutschen Zielunternehmen i. S. v. § 55a Abs. 1 AWV beteiligt ist,274 wird er hinsichtlich des Beteiligungserwerbs an letzterem Unternehmen als mittelbarer Erwerber behandelt. In dem Fall erfolgt allein der Beteiligungserwerb am zwischengeschalteten Unternehmen unmittelbar. Der mittelbare kann den unmit268

Barth/Käser, NZG 2021, 813 (818). Fünfzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 15 (BTDrucks. 19/19781 v. 5. 6. 2020). 270 Allgemeinverfügung zu den gem. § 14a des Außenwirtschaftsgesetzes, §§ 55a, 58 und 60 der Außenwirtschaftsverordnung einzureichenden Informationen und Unterlagen v. 27. 5. 2021 (BAnz AT 11. 6. 2021 – B 2, berichtigt durch BAnz AT 13. 7. 2021 – B 2). 271 Mit Blick auf die praktische Umsetzungsschwierigkeiten kritisch zur Notwendigkeit einer Aufführung sämtlicher unmittelbarer und mittelbarer Beteiligungen am Erwerber vgl. v. Brevern, BB 2022, 131 (134). S. zur hinterfragten Notwendigkeit weiterer Angaben wie etwa des Geburtsdatums des vertretungsberechtigten Geschäftsführers eines Minderheitsgesellschafters auch weiter (135). 272 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 33 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). 273 Fünfzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 15 (BTDrucks. 19/19781 v. 5. 6. 2020). 274 S. zum mittelbaren Erwerb und den hier möglichen Konstellationen bereits Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (5). 269

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

telbaren Erwerber mit einer Meldung nach dem verordnungsgeberischen Willen nicht (mehr) von seiner Pflicht befreien.275 Da es hier aber konsequenterweise keinen unmittelbaren Erwerber des deutschen Unternehmens i. S. v. § 56 AWV gibt und der mittelbare Erwerb ausweislich § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV gemeldet werden soll, ist mit dem Telos auf den mittelbaren Erwerber abzustellen.276 Bei einer Verletzung der Meldepflicht sind aber zumindest keine Sanktionen zu erwarten.277 Besteht mangels Erwerbs eines Unternehmens gem. § 55a Abs. 1 AWV keine Meldepflicht oder wurde die Meldung unterlassen, kann das BMWK das Prüfverfahren gem. § 14a Abs. 1 Nr. 1 AWG innerhalb von zwei Monaten nach Kenntniserlangung über den Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages, dies beispielsweise durch Pressemitteilungen, einleiten. (2) Erste Phase: Entscheidung über die Eröffnung des Prüfverfahrens (§ 55 Abs. 3 AWV) Das BMWK darf von seinem vertieften Prüfrecht in der zweiten Phase nur Gebrauch machen, wenn dem unmittelbaren Erwerber und dem Zielunternehmen die Eröffnung des Prüfverfahrens innerhalb von zwei Monaten278 nach Kenntniserlangung vom Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages bekanntgegeben worden ist (§ 14a Abs. 1 Nr. 1 AWG i. V. m. § 55 Abs. 3 Satz 1 AWV).279 Gem. § 14a Abs. 3 Satz 1 AWG steht die Kenntniserlangung gem. § 14a Abs. 1 Nr. 1 AWG dem Eingang einer Meldung eines Erwerbs oder eines Antrags auf Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung gleich.280 Sofern ein Angebot i. S. d. WpÜG abgegeben wurde, beginnt die Frist gem. § 14a Abs. 1a AWG mit der Kenntniserlangung von der Veröffentlichung der Entscheidung gem. § 10 WpÜG. Über die Eröffnung des vertieften Prüfverfahrens ist in dieser ersten Phase zu entscheiden, wobei dem BMWK gem. § 55 Abs. 1 AWV ein behördliches Ermes275 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 34 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). 276 So auch v. Brevern, NZKart 2021, 530 (534). S. insoweit auch den Vorschlag einer Reform des § 55a Abs. 5 AWV Kap. 5 § 3. 277 Zum Ausbleiben von Sanktionen s. auch Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 55 AWV Rn. 205; Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55a AWV (Stand 2022) Rn. 42. 278 Die Fristberechnung richtet sich nach § 31 VwVfG i. V. m. §§ 187 ff. BGB, vgl. hierzu Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 14a AWG (Stand 2022) Rn. 2. 279 Hierzu s. ebenfalls Pottmeyer, Der Zoll-Profi!, 1/2022, 10 (10). 280 Kritik zum Beginn des Prüfverfahrens bei Erwerben von Unternehmen, die nicht dem Regelbeispielskatalog des § 55a Abs. 1 AWV unterfallen, findet sich bei Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 174 ff. Da für den Erwerb der Katalogunternehmen jedoch strengere Regelungen gelten (vgl. insb. die Vollzugsbeschränkungen in § 15 Abs. 3 und Abs. 4 AWG), beschränken sich die nachfolgenden verfassungs- und unionsrechtlichen Untersuchungen auf solche Transaktionen (s. auch Kap. 3 und Kap. 4 jeweils zu Beginn.

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sen281 zusteht, welches aufgrund der stark sicherheitspolitischen Prägung dieser Vorschrift einen weiten Entscheidungsspielraum gewährt.282 Gleichwohl schränkt die prognostische Betrachtung das gerichtliche Überprüfungsrecht nicht ein.283 Bei hinreichenden objektiven Gründen für das Vorliegen einer voraussichtlichen Beeinträchtigung der Schutzgüter ist das behördliche Ermessen auf Null reduziert.284 Die Mitteilung über die Eröffnung des vertieften Prüfverfahrens erfolgt gem. § 55 Abs. 3 Satz 2 AWV schriftlich oder elektronisch. Für die Fristwahrung ist gem. § 55 Abs. 3 Satz 3 AWV die rechtzeitige Bekanntgabe285 der Mitteilung an die von der Transaktion gem. § 55 Abs. 1 AWV betroffene inländische Gesellschaft entscheidend. Das Prüfverfahren kann nicht mehr eröffnet werden, wenn seit dem Vertragsschluss mehr als fünf Jahre vergangen sind (§ 14a Abs. 3 Satz 2 AWG).286 (3) Zweite Phase: Vertiefte Prüfung (§ 55 Abs. 1 AWV) Gem. § 14a Abs. 1 Nr. 2 AWG i. V. m. § 59 Abs. 1 AWV kann das BMWK einen Erwerb i. S. v. § 55 Abs. 1 AWV bis zum Ablauf von vier Monaten nach Eingang der vollständigen Unterlagen gem. § 14a Abs. 2 Satz 2, Satz 4 AWG gegenüber dem unmittelbaren Erwerber untersagen oder Anordnungen erlassen, um die öffentliche Ordnung oder Sicherheit zu gewährleisten. In diesem Zeitraum erfolgt die (zweite) Phase einer vertieften Transaktionsprüfung.287 Hinsichtlich des Fristbeginns der zweiten Prüfphase erschien unter Geltung von § 59 Abs. 1 Satz 1 AWV a. F. i. V. m. § 57 AWV a. F. unsicher, in welchem Fall die Unterlagen nicht vollständig eingegangen waren und eine Fristverlängerung in Betracht kam.288 Zwar ist das BMWK gem. § 25 Abs. 2 VwVfG zu einer zügigen 281 Vgl. zum Ermessensspielraum im Allgemeinen Schmidt-Aßmann, in: Dürig/Herzog/ Scholz, GG, Bd. 3, Art. 19 Abs. 4 (Stand 2020) Rn. 189 f. m. w. N. 282 Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 55 AWV Rn. 103. 283 S. hierzu näher Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55 AWV (Stand 2022) Rn. 24 m. w. N. 284 Diesbezüglich s. auch Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55 AWV (Stand 2022) Rn. 32. 285 Diese richtet sich nach § 41 VwVfG, vgl. Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 25 (BT-Drucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). Mit der Siebzehnten Änderungsverordnung der Außenwirtschaftsverordnung muss der Verwaltungsakt somit nicht mehr mittels Zustellung i. S. d. § 41 Abs. 5 VwVfG, § 1 ff. VwZG bekanntgegeben werden (vgl. aber noch § 55 Abs. 3 Satz 4 AWV a. F.). 286 Vgl. zu dieser Thematik auch Besen/Slobodenjuk, PharmR 2020, 441 (443); Pottmeyer, Der Zoll-Profi!, 1/2022, 10 (10). 287 Hierzu s. ebenfalls Pottmeyer, Der Zoll-Profi!, 1/2022, 10 (10 f.). 288 Dahingehend auch Ausschuss für Wirtschaft und Energie (9. Ausschuss), Beschlussempfehlung und Bericht zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen, S. 26 (BT-Drucks. 19/28838 v. 21. 4. 2021).

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Durchführung des Verwaltungsverfahrens verpflichtet,289 die Folgen einer Verletzung der Vorschrift bleiben gleichwohl fraglich. Verwaltungsprozessualer Rechtsschutz war jedenfalls nur unter schwierigen Voraussetzungen erfolgsversprechend, handelte es sich doch um eine Soll-Vorschrift.290 Stimmen in der Literatur291 sprachen sich gegen eine Fristverlängerung bei Anforderung weiterer Unterlagen aus. Darauf deuteten das behördliche Handeln in der Praxis292 und auch der ausdrückliche Gesetzeswortlaut allerdings nicht hin. Mit § 59 Abs. 1 AWV n. F. und der Einführung von § 14a Abs. 1 Nr. 2 AWG wurde diese Problematik gelöst und für Rechtssicherheit gesorgt:293 Die zweite Prüfphase beginnt nach vollständigem Eingang der in § 14a Abs. 2 Satz 2, Satz 4 AWG bestimmten, also der vom unmittelbaren Erwerber in der Allgemeinverfügung sowie möglicherweise im Eröffnungsbeschluss bestimmten Unterlagen.294 Dass eine Bestätigung dieser Vollständigkeit bei Eingang der Papiere in der Regel nur abgegeben wird, wenn das BMWK mit dem Erwerber in Verhandlungen tritt und im Übrigen lediglich die Natur der Sachentscheidung Anhaltspunkte – etwa durch Anforderung weiterer Unterlagen –295 bieten kann,296 ist nunmehr also weniger problematisch. Diese Frist kann das BMWK gem. § 14a Abs. 4 Satz 1 AWG im Einzelfall um drei Monate verlängern, wenn das Prüfverfahren besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine weitere Verlängerung ist in Satz 2 für einen weiteren Monat vorgesehen, wenn der Erwerb die Verteidigungsinteressen der Bundesrepublik Deutschland in besonderem Maße berührt und das BMVg diesen Umstand gegenüber dem BMWK innerhalb der dreimonatigen Frist von Satz 1 geltend macht. Über die einmonatige Verlängerung wird während der zusätzlichen Dreimonatsfrist oder mit dem Beschluss über diese Verlängerung entschieden.297 289 Die Bundesregierung versicherte, sie intendiere, auf eine möglichst schnelle Durchführung des Prüfverfahren hinzuwirken, vgl. RegBegr. (BT-Drucks. 16/10730 v. 30. 10. 2008, S. 18). 290 Asbrand/Nehring-Köppl, IWRZ 2018, 63 (65); Flaßhoff/Glasmacher, NZG 2017, 489 (491). 291 Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/ Jatzke/Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 (68 f.); Mausch-Liotta, in: Hocke/Sachs/ Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 1. Aufl. 2017, § 57 AWV Rn. 12. 292 Mausch-Liotta, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 1. Aufl. 2017, § 57 AWV Rn. 12. 293 Niestedt/Kunigk, NJW 2020, 2504 (2507). 294 Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 14a AWG Rn. 10 f. 295 BMWK, FAQ zu Investitionsprüfungen nach der Außenwirtschaftsverordnung (Stand 13. 5. 2019), S. 4, https://www.bmwk.de/Redaktion/EN/Downloads/F/faq-zur-aussenwirtschafts rechtlichen-investitionspruefung.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 296 Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 14a AWG (Stand 2022) Rn. 5. 297 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (BTDrucks. 19/20144 v. 17. 6. 2020, S. 26).

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Dem Wortlaut des § 14a Abs. 4 AWG sind keine näheren Anhaltspunkte dahingehend zu entnehmen, in welchem Fall die Schwierigkeiten im Einzelfall als „besonders“ anzusehen sind bzw. unter welchen Umständen der Erwerb die Verteidigungsinteressen der Bundesrepublik „in besonderem Maße“ berührt. Schwierigkeiten i. S. v. Satz 1 werden insbesondere im Zusammenhang mit dem durch die Screening-Verordnung vorgegebenen Kooperationsmechanismus298 oder einer gesellschaftsrechtlich besonders komplizierten Erwerbsstruktur angenommen.299 Ob sich die Fristverlängerung unter Berücksichtigung dieser bereits in der Gesetzesbegründung genannten Aspekte in der Praxis auf den Einzelfall beschränkt, wird teilweise bezweifelt.300 Eine konkrete Bezugnahme der Gesetzesmaterialien zu § 14a Abs. 4 Satz 1 AWG auf die wortlautgleiche Formulierung in § 6 Abs. 1 Nr. 1 VwGO301 bietet jedoch Anhaltspunkte für die Auslegung des Begriffs „besonders“, obgleich hinsichtlich einer konkreten Definition im Verwaltungsrecht noch keine Einigkeit herrscht302 und die Regelung des § 14a Abs. 4 Satz 1 AWG im außenwirtschaftsrechtlichen Kontext zu verstehen ist. Im Gesetzgebungsprozesses zur Novelle des Außenwirtschaftsgesetzes im Jahr 2020 war zu vernehmen, § 14a Abs. 4 Satz 2 AWG betreffe besonders komplexe Fälle, Verteidigungsinteressen der Bundesrepublik könnten beispielsweise solche des § 35 Abs. 2 VSVgV303 sein.304 Wann diese allerdings in besonderem Maße berührt werden, ist auch den Entstehungsdokumenten der Norm nicht zu entnehmen, woraus sich Bedenken gegen ihre rechtliche Bestimmtheit ergeben.305 Beachtlich erscheint mit Blick auf vorstehende Untersuchungen, dass die Prüfung infolge der mit Einführung des § 14a AWG verbundenen Erweiterung306 in erster und zweiter Phase zusammen nunmehr zehn Monate betragen kann. Überdies ermöglicht § 14a Abs. 5 AWG eine weitere Fristverlängerung mit Zustimmung der Parteien,307 deren Dauer unbegrenzt ist und die mehrmals gewährt werden kann.308

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S. dazu Kap. 2 § 2 B. IV. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (BTDrucks. 19/20144 v. 17. 6. 2020, S. 26); Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 14a AWG (Stand 2022) Rn. 22; Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, § 14a AWG (Stand 2022) Rn. 12. 300 Sachs, in: Dorsch, Zollrecht, § 14a AWG (Stand 2020) Rn. 9. 301 Verwaltungsgerichtsordnung v. 19. 3. 1991 (BGBl I 1991, S. 686). 302 S. etwa Gersdorf, in: Posser/Wolff, BeckOK- VwGO, § 6 (Stand 2023) Rn. 22 ff. 303 Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit v. 12. 7. 2012 (BGBl I 2012, S. 1509). 304 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (BTDrucks. 19/20144 v. 17. 6. 2020, S. 26). 305 S. dazu Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) bb) und Kap. 4 § 2 C. III. 1. 306 So auch Niestedt/Kunigk, NJW 2020, 2504 (2507). 307 Besen/Slobodenjuk, PharmR 2020, 441 (446); Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 14a AWG Rn. 14. 308 Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 14a AWG (Stand 2022) Rn. 24. 299

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Der Ablauf der Viermonatsfrist aus § 14a Abs. 1 Nr. 2 AWG ist gem. § 14a Abs. 6 Satz 1 AWG für den Zeitraum gehemmt, in dem das BMWK von einem unmittelbaren oder mittelbaren Erwerber, einem Veräußerer oder einem inländischen Unternehmen eine Auskunft oder Unterlagen gem. § 14a Abs. 2 Satz 5 AWG nachfordert oder mit den Erwerbsbeteiligten vertragliche Verhandlungen zum Schutz der in § 4 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 4 oder Nr. 4a AWG genannten Rechtsgüter führt. Verhandlungen haben beispielsweise Verträge in Bezug auf den Weiterverkauf kritischer Unternehmensanteile, einer Geheimhaltung, Sicherheitsmaßnahmen309 oder Gespräche im Vorgriff auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages i. S. v. § 54 VwVfG zum Gegenstand. Die Fristhemmung endet gem. § 14a Abs. 6 Satz 2 AWG, wenn die Auskunft oder Unterlagen vollständig an das BMWK übermittelt worden sind oder mit Beendigung der Verhandlungen. Somit kann das BMWK die Frist der zweiten Prüfphase auch nach Einführung des § 14a AWG durch das nachträgliche Einfordern weiterer Unterlagen eigenständig verlängern; ein bestimmter Zeitrahmen wird für die Verhandlungen nicht vorgegeben.310 Kritisiert wird, dass das Prüfverfahren insbesondere in kritischen Fallkonstellationen keinen absoluten Fristen unterliegt und sich das Verhandlungsgewicht in der Praxis weiter zugunsten des BMWK und der übrigen verhandlungsbeteiligten Ministerien verschiebe.311 Allerdings wird die Hemmung der Frist mit einer zügigen Einreichung der angeforderten Unterlagen wieder beseitigt. Nach dem Wortlaut des § 14a Abs. 2 Satz 5 AWG „im Einzelfall“ ist eine Fristhemmung aus Gründen einer Nachforderung weiterer Unterlagen nach dem gesetzgeberischen Willen als Ausnahmekonstellation zu behandeln. Zudem ergeben nähere Untersuchungen des vom BMWK veröffentlichten Fragenkatalogs, dass sowohl dieses als auch die Erwerbsbeteiligten die Verhandlungen jederzeit für gescheitert erklären und damit den Fristablauf wieder in Gang setzen können.312 Die Frist der zweiten Prüfungsphase beginnt gem. § 14a Abs. 7 AWG von Neuem, wenn eine Freigabe oder eine Unbedenklichkeitsbescheinigung zurückgenommen, widerrufen oder geändert wird oder wenn eine Anordnung über Beschränkungen oder Handlungspflichten oder eine vertragliche Regelung zum Schutz außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter durch eine gerichtliche Entscheidung ganz oder 309

Becker/Sachs, NZG 2017, 1336 (1337). BMWK, FAQ zu Investitionsprüfungen nach der Außenwirtschaftsverordnung (Stand 13. 5. 2019), S. 5, https://www.bmwi.de/Redaktion/EN/Downloads/F/faq-zur-aussenwirtschafts rechtlichen-investitionspruefung.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 311 Becker/Sachs, NZG 2017, 1336 (1337). Kritisch auch Niestedt, in: ders., BeckOKAWR, § 14a AWG (Stand 2022) Rn. 13; Stein, in: Dorsch, Zollrecht, § 5 AWG (Stand 2020) Rn. 19. Zur Möglichkeit einer mehrmaligen Nachforderung vgl. im Fall Siltronic (hinsichtlich dieses Erwerbs vgl. schon weiter oben Kap. 1 § 1 einleitend sowie zum Rechtsschutz der Beteiligten in diesem Kontext auch Kap. 5 § 3) aus der Rspr. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 31. 1. 2022 – OVG 1 S 10/22, juris Rn. 6. 312 BMWK, FAQ zu Investitionsprüfungen nach der Außenwirtschaftsverordnung (Stand 13. 5. 2019), S. 5, https://www.bmwi.de/Redaktion/EN/Downloads/F/faq-zur-aussenwirtschafts rechtlichen-investitionspruefung.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 310

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teilweise aufgehoben wird.313 Eine Rücknahme, ein Widerruf oder eine Änderung richtet sich allgemein nach §§ 48 f. VwVfG.314 bb) Die verfahrensabschließende Entscheidung Das vertiefte Prüfverfahren endet in der verfahrensabschließenden Entscheidung,315 welche sich in unterschiedlicher Weise äußern kann: Möglich ist eine Freigabe gem. § 58a Abs. 1 AWV oder Untersagung des Erwerbs gem. § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV, der Erlass einer Anordnung gem. § 59 Abs. 1 Alt. 2 AWV oder der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gem. § 54 VwVfG316 in Bezug auf den Erwerb zur Gewährleistung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit. Letztere Option ist in der Praxis insbesondere vorteilhaft, um übereinstimmende Ergebnisse zu erreichen und ein gemeinsames Implementierungskonzept zu entwickeln, das eine erfolgreiche Umsetzung bestimmter Anforderungen gewährleistet.317 Für die nachfolgenden Untersuchungen in Kapitel 3 und Kapitel 4 ist indes vornehmlich eine Beleuchtung von § 58a Abs. 1 AWV sowie von § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV relevant. Weiterhin kann sich der Erwerber gem. § 58 AWV eine Unbedenklichkeitsbescheinigung im Hinblick auf die Transaktion ausstellen lassen, wenn keine Bedenken hinsichtlich der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit bestehen. Ihre Erteilung ist gem. § 58 Abs. 3 Alt. 2 AWVallerdings ausgeschlossen, wenn die Meldepflicht nach § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV einschlägig ist. Da ein Erwerb der in dieser Studie untersuchten sicherheitsrelevanten zivilen Unternehmen gem. § 55a Abs. 1 AWV immer meldepflichtig ist318, wird § 58 AWV im Folgenden nicht näher behandelt.

313 Vgl. zur Frage der Behandlung eines vereinbarten Kündigungsrechts im Vertrag und einer anwaltlichen Vorsorge im Umgang mit der Vorschrift Sachs, in: Dorsch, Zollrecht, § 14a AWG (Stand 2020) Rn. 16. 314 So auch Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 14a AWG (Stand 2022) Rn. 29. 315 Dieser nationalen Letztentscheidungskompetenz steht Schuelken kritisch gegenüber, welcher die Belange der Europäischen Union in einer nochmaligen Erwerbsprüfung im Rahmen eines europäischen Verfahrens berücksichtigt wissen möchte (Schuelken, Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen, 2021, S. 91, 101). Insbesondere ergeben sich bezüglich dieser Kompetenz auch infolge eines Inkrafttretens der Screening-Verordnung und des hiermit etablierten Kooperationsmechanismus keine Änderungen, vgl. Kap. 2 § 2 C. und D. 316 Vgl. hierzu Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 205 f.; Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 59 AWV (Stand 2022) Rn. 14 ff. S. auch Pottmeyer, Der Zoll-Profi!, 1/2022, 10 (12). 317 Vgl. zum Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages im Kontext der Investitionsprüfung und seinem möglichen Inhalt auch v. Brevern, BB 2022, 131 (136 f.). 318 Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (1).

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(1) Freigabe des Erwerbs (§ 58a Abs. 1 AWV) Im Zuge der Siebzehnten Änderungsverordnung der Außenwirtschaftsverordnung wurde die Freigabe eines dem Anwendungsbereich der sektorübergreifenden Prüfung unterfallenden Erwerbs etabliert. Hinsichtlich dieser Freigabe erfolgt eine Vereinheitlichung des sektorübergreifenden Prüfregimes mit dem sektorspezifischen Prüfregime und es wird eine Erhöhung der Rechtssicherheit für meldepflichtige Erwerbe aufgrund der hier geltenden Vollzugsbeschränkungen319 bezweckt.320 Der Erwerb wird gem. § 58a Abs. 1 AWV schriftlich oder elektronisch vom BMWK freigegeben, wenn ihm keine Bedenken im Hinblick auf die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bunderepublik Deutschland, eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder von Projekten oder Programmen von Unionsinteresse i. S. v. Art. 8 ScreeningVO entgegenstehen.321 Eine Erwerbsfreigabe ist allerdings nur möglich, wenn die Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 58 Abs. 3 AWV ausgeschlossen ist. Diese Erteilung ist wiederum gem. § 58 Abs. 3 Alt. 2 AWV ausgeschlossen, wenn die Meldepflicht des § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV besteht, wenn also der Erwerb eines Katalogunternehmens i. S. v. § 55a Abs. 1 AWV in Rede steht.322 Adressat der Freigabe ist bei dem Erwerb von Unternehmen, deren Branchen in § 55a Abs. 1 AWV aufgeführt sind, der nach § 55a Abs. 5 AWV Meldepflichtige, also der unmittelbare Erwerber323. Bei dem Erwerb eines Unternehmens nicht aufgeführter Branchen ist derjenige meldepflichtig, dem die Verfahrenseinleitung gem. § 55 Abs. 3 Satz 1 AWV bekanntzugeben ist. Die Freigabe gilt gem. § 55a Abs. 2 AWV als erteilt, wenn auf Grund einer Meldung das Prüfverfahren nicht innerhalb der Zweimonatsfrist der ersten Phase, auch i. V. m. § 14a Abs. 3 Satz 1 AWG, eingeleitet wird oder wenn in einem eingeleiteten Prüfverfahren gem. § 55 Abs. 3 AWV die Befugnisse nach § 59 Abs. 1 und Abs. 3 AWV324 nicht ausgeübt werden und die Viermonatsfrist der zweiten Phase, dies gegebenenfalls i. V. m. einer Fristhemmung gem. § 14a Abs. 6 AWG und einem Neubeginn der Frist gem. § 14a Abs. 7 AWG, abgelaufen ist.325 319

S. zu den Vollzugsbeschränkungen nachfolgend Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) aa) und bb). Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 14, 37 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). 321 Vgl. zu den außenwirtschaftsrechtlichen Schutzgütern Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) aa). 322 S. zum beschränkten Anwendungsbereich des § 58 AWV schon weiter oben einleitend in Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) bb). 323 Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (1). 324 Vgl. hierzu Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) bb) (2) und (3). 325 Sog. Freigabefiktion. Vgl. zur kritischen Auseinandersetzung mit der Figur einer Fiktion im Rahmen der für die hier untersuchten Katalogunternehmen gem. § 58 Abs. 3 Alt. 2 AWV nicht (mehr) anwendbaren Unbedenklichkeitsbescheinigung (§ 58 Abs. 2 Satz 1 AWV) Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Zur Investitionsprüfung im Bereich der Kritischen Infrastrukturen, Ausarbeitung v. 25. 2. 2021, WD 5 – 3000 – 018/21, S. 12, 320

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Gem. § 58a Abs. 3 Satz 1 AWV kann eine Freigabe mit der Auflage versehen werden, dem BMWK den Erwerb weiterer Stimmrechte auch unterhalb der Schwellenwerte des § 56 Abs. 2 AWV zum Zwecke der Investitionsprüfung unverzüglich nach Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages anzuzeigen. Der Rechtsfolgenverweis auf § 55 Abs. 1 AWV ermöglicht in dieser Konstellation trotz Unterschreitung der Schwellenwerte eine Investitionsprüfung.326 Die Fristregelung in § 14a Abs. 1 Satz 1 AWG bleibt hiervon unberührt. Angesichts der Eingriffsschärfe zusätzlicher Auflagen wird § 58a Abs. 3 Satz 1 AWV als Ausnahmevorschrift angesehen und besonders für einschlägig erachtet, wenn bei einer Publikumsgesellschaft eine sehr geringe Hauptversammlungspräsenz besteht und so wenige Stimmrechtsanteile einen größeren Einfluss gewähren können.327 In der behördlichen Prognoseentscheidung sind sämtliche Umstände des Einzelfalls, vor allem jedoch die Präsenzquoten vorheriger Hauptversammlungen des Zielunternehmens, zu berücksichtigen.328 (2) Untersagung des Erwerbs (§ 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV) Zur Gewährleistung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit kann das BMWK den Erwerb gem. § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV mit Zustimmung der Bundesregierung329 untersagen. Ausweislich des Gesetzeswortlauts handelt es sich hierbei um eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Ermessensentscheidung. Untersagungsadressat ist gem. § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV der unmittelbare Erwerber. Die Pflicht einer Adressierung auch an den Veräußerer mit der Begründung, der Verwaltungsakt habe wegen der Unwirksamkeit des schuldrechtlichen Vertrags auch gegenüber ihm eine rechtsgestaltende Wirkung,330 überzeugt bei grammatikalischer Auslegung nicht.

https://www.bundestag.de/resource/blob/831570/2d37d990657689ad3f704ff45680d8fe/WD-5018-21-pdf-data.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 326 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 37 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). 327 Barth/Käser, NZG 2021, 813 (818). 328 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 37 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021); Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 58a AWV (Stand 2022) Rn. 5. 329 Dies folgt aus § 13 Abs. 3 Satz 1 AWG. Erforderlich ist also ein Kabinettsbeschluss i. S. v. § 9 Satz 2 GOBReg (Geschäftsordnung der Bundesregierung v. 11. 5. 1951 [GMBl, 137]). Vgl. auch Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 59 AWV (Stand 2022) Rn. 5. 330 Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/ Jatzke/Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 (68).

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Die Untersagung kommt lediglich als ultima ratio in Betracht; als milderes Mittel können Anordnungen erlassen werden.331 Eine dahingehende Anweisung an die Exekutive ist dem Wortlaut zwar nicht zu entnehmen, sie folgt jedoch aus dem allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit332. Zur Aufrechterhaltung einer Untersagung sind handfeste Anhaltspunkte für eine voraussichtliche Beeinträchtigung der Schutzgüter notwendig.333 Zur Durchsetzung einer Untersagung kann das BMWK gem. § 59 Abs. 3 AWV insbesondere (1.) die Ausübung der dem Erwerber gehörenden oder zuzurechnenden Stimmrechte an dem erworbenen Unternehmen untersagen oder einschränken oder (2.) auf Kosten des Erwerbers einen Treuhänder bestellen, der die Rückabwicklung eines vollzogenen Erwerbs herbeiführt. Erstere Maßnahmen soll verhindern, dass der Erwerber eine Rückabwicklung334 der Transaktion erschwert.335 Der Wortlaut der Norm („insbesondere“) verdeutlicht wiederum den nicht abschließenden Charakter der genannten Maßnahmen, womit erneut ein weiter Spielraum auf der Rechtsfolgenseite erkenntlich wird, der die Absehbarkeit der Maßnahmen für die Beteiligten verringert. Die Durchsetzungsmaßnahmen können mit den Mitteln des Verwaltungszwangs nach dem VwVG vollstreckt werden.336 Vor Erlass der Untersagung sind die Verfahrensbeteiligten, in deren Rechte eingegriffen wird, gem. § 28 Abs. 1 VwVfG anzuhören.337 Rechtsschutz gegen die Untersagung wird mit der Erhebung einer Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) gegen die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsträger des BMWK erreicht. Klagebefugt ist neben dem unmittelbaren Erwerber als Adressat des belastenden Verwaltungsaktes auch der Veräußerer, nicht jedoch etwa dritte Anteilseigner des Zielunternehmens.338 Ein Vorverfahren ist gem. § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 331 Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 59 AWV Rn. 25; Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 117. 332 Dazu s. näher Kap. 3 § 3 A. III. 2. b). 333 Riehmer/Glasmacher, DB 2018, M 26 (M 26 f.). 334 Vgl. zur Rückabwicklung im speziellen Fall von Rechtsgeschäften mit Wertpapieren gem. § 15 Abs. 5 AWV i. V. m. § 59a AWV weiter unten Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) cc). 335 Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 59 AWV Rn. 44; Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 59 AWV (Stand 2022) Rn. 18. 336 S. hierzu näher Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 59 AWV (Stand 2022) Rn. 20. 337 Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/ Jatzke/Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 (67); Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 59 AWV (Stand 2022) Rn. 13. Zum allgemeinen Anhörungserfordernis im Verwaltungsverfahren vgl. eingehend Schneider, in: Schoch/Schneider, VwVfG, Grundwerk (Stand 2020), § 28 Rn. 19 ff. 338 Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 59 AWV Rn. 36 f.; Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 59 AWV (Stand 2022) Rn. 23. Vgl. zum Rechtsschutz gegen die Vollstreckung nur Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 59 AWV (Stand 2022) Rn. 24 sowie zu Entschädigungsfragen im Falle einer Untersagung des Erwerbs

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VwGO unstatthaft; die Klage hat gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 VwGO i. V. m. § 14 Abs. 2 AWG keine aufschiebende Wirkung,339 sodass regelmäßig auch die Erhebung eines Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz gem. § 80 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 VwGO geboten sein dürfte. (3) Erlass von Anordnungen (§ 59 Abs. 1 Alt. 2 AWV) Neben der Untersagung des Erwerbs kommt gem. § 59 Abs. 1 Alt. 2 AWV der Erlass von Anordnungen zur Gewährleistung außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter in Betracht. Im Schrifttum wird als Beispiel hierfür die Verpflichtung zur garantierten Erhaltung inländischer Standorte, zur Unterlassung der Verlagerung bestimmter Produktionsstätten ins Ausland340 oder zur Ausklammerung bestimmter Geschäftsfelder aus dem Erwerb genannt.341 Das BMWK benötigt gem. § 13 Abs. 3 Satz 2 AWG für den Erlass von Anordnungen das Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt, dem BMI und dem BMVg und hat sich überdies mit dem BMF in Benehmen zu setzen. Das Erfordernis, vier weitere Ministerien zu beteiligen, wird die Verfahrensbeschleunigung erschweren.342 Außerdem ist für den Erlass einer Anordnung seit der Novellierung des § 13 AWG im Jahr 2020 nicht mehr die Zustimmung der Bundesregierung erforderlich.343 Diese Änderung soll nach Angaben des Gesetzgebers einer Vereinheitlichung von sektorübergreifender und sektorspezifischer Prüfung dienen.344 Jedenfalls wird so der Erlass einer Anordnung erleichtert, weshalb sich die Praxisrelevanz dieses Mittels in Zukunft erhöhen könnte.345 Der Wortlaut des § 59 Abs. 1 Alt. 2 AWV deutet darauf hin, dass der Anordnungserlass wie auch die Erwerbsuntersagung im behördlichen Ermessen steht. Im Rahmen grammatikalischer Untersuchungen des § 59 Abs. 1 Alt. 2 AWV a. F. wurde mangels gesetzlicher Normierung des Adressaten einer Anordnung diskutiert, ob jener wie bei der Untersagung lediglich der unmittelbare Erwerber ist. Zwar ist eine Anordnung einerseits regelmäßig an den Erwerber zu richten, denn allein er kann auf die sich an die bereits stattgefundene Transaktion anschließenden Umstände wie eine Standortgarantie oder eine für die Zukunft bestehende Unterlasausf. Labitzke, Die Beschränkung von Auslandsinvestitionen in deutsche Rüstungsunternehmen, 2011, S. 331 ff.; Epping/Lenz, NVwZ 2005, 858 (858 ff.). 339 BMWK, FAQ zu Investitionsprüfungen nach der Außenwirtschaftsverordnung (Stand 13. 5. 2019), S. 6, https://www.bmwi.de/Redaktion/EN/Downloads/F/faq-zur-aussenwirtschafts rechtlichen-investitionspruefung.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 340 Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 125. 341 Asbrand/Nehring-Köppl, IWRZ 2018, 63 (66). Für weitere Beispiele s. auch v. Brevern, BB 2022, 131 (136). 342 Enders, RIW 2020, 652 (659 f.). 343 Erstes Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes v. 10. 7. 2020 (BGBl I 2020, S. 1637). 344 RegBegr. (BT-Drucks. 19/18700 v. 21. 4. 2020, S. 18 f.). 345 Dahingehend auch v. Brevern, BB 2022, 131 (136).

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sungsverpflichtung hinsichtlich der Verlagerung bestimmter Produktionsstätten ins Ausland Einfluss nehmen. Andererseits lässt sich nicht ausschließen, dass etwa eine Ausklammerung bestimmter Geschäftsfelder von der Transaktion auch dem Zielunternehmen aufzugeben ist; die Unterlassung der Weitergabe gewisser Informationen an den Erwerber im Anschluss an die Transaktion könnte nur von diesem erfüllt werden. Darüber hinaus erscheint unter Umständen die Einbeziehung des mittelbaren Erwerbers in eine Anordnung notwendig.346 Die Klarstellung in § 59 Abs. 1 Alt. 2 AWV n. F. („gegenüber den am Erwerb Beteiligten und den mit ihnen verbundenen Unternehmen“) ist angesichts des vorstehenden Auslegungsergebnisses aus Gründen der Rechtssicherheit zu begrüßen. Die von der Anordnung in ihren Rechten Verletzten erlangen mit der Erhebung einer Anfechtungsklage Rechtsschutz.347 Insbesondere handelt es sich bei der Anordnung um einen eigenständigen Verwaltungsakt gem. § 35 Satz 1 VwVfG und nicht um eine Auflage gem. § 36 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 VwVfG, weil der Erwerb nicht genehmigungspflichtig ist.348 Bestehen für die Erwerbsbeteiligten infolge des Erlasses einer Anordnung oder infolge des Abschlusses eines öffentlich-rechtlichen Vertrages Verpflichtungen, kann das BMWK ihre Einhaltung gem. § 23 Abs. 6a Satz 1 AWG überwachen, indem i. V. m. § 23 Abs. 1 Satz 1 AWG z. B. Auskünfte von den Verpflichteten verlangt werden. Zur Erfüllung dieser Aufgaben kann sich das BMWK gem. § 23 Abs. 6b Satz 1 AWG den Diensten des BAFA oder beauftragter Dritter bedienen, denen die in § 23 Abs. 6a AWG genannten Kompetenzen zustehen. Einzelheiten in Bezug auf Dritte regelt § 59 Abs. 4 AWV auf Grundlage des § 23 Abs. 6b Satz 2 AWG: Als ein solcher kann beauftragt werden, wer fachkundig, zuverlässig und unabhängig von den Verpflichteten und den weiteren an dem Erwerb Beteiligten ist. § 59 Abs. 4 Satz 2 AWV konkretisiert die Regelung hinsichtlich des Kriteriums der Fachkunde. Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen soll bei der Beauftragung grundsätzlich das Vergaberecht Anwendung finden.349 Gem. § 59 Abs. 5 Satz 1 AWV kann das BMWK bei der nachträglichen Kontrolle der Einhaltung der in einer Anordnung oder einem Vertrag bestimmten Pflichten unter anderem anordnen, dass ihm die Erwerbsbeteiligten in bestimmten Zeitabständen einen schriftlichen Bericht über den Fortgang vorzulegen haben. Der Bericht ist von einer gem. § 59 Abs. 4 Satz 2 AWV fachkundigen Person zu erstellen, die 346

So auch Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 59 AWV Rn. 4. 347 Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 59 AWV Rn. 35; weiterhin wird in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen zur Anfechtungsklage gegen die Untersagung in Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) bb) (2) verwiesen. 348 Das schuldrechtliche Rechtsgeschäft ist lediglich gem. § 15 Abs. 2 AWG auflösend auf die Untersagung des Erwerbs bedingt, s. weiter unten in Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) aa). Vgl. auch Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 59 AWV Rn. 30. 349 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 38 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021).

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unabhängig von den Verpflichteten und den weiteren Erwerbsbeteiligten ist. Kostenträger dieses Berichts sind die Verpflichteten selbst. Bei der Mitteilungspflicht handelt es sich um eine Verfahrensauflage auf Grundlage des § 11 Abs. 1 Nr. 2 AWG.350 b) Die verfahrensbezogenen Folgen auf Seiten der Erwerbsbeteiligten Die Anwendungsbereichseröffnung gem. § 55 Abs. 1 AWV löst für die Erwerbsbeteiligten verfahrensbezogene351 Folgen aus. Neben dem Zielunternehmen und dem Erwerber ist bei einer mittelbaren Beteiligung auch das zwischengeschaltete Unternehmen oder ein Dritter im Falle dessen zugerechneter Stimmrechte an der Transaktion tangiert. Handelt es sich um einen Share Deal und ist der Veräußerer dieser Anteile nicht das Zielunternehmen selbst, treffen die verfahrensbezogenen Folgen auch den Anteilsverkäufer. Angesichts der untersuchten Fallkonstellation in Kapitel 3 und Kapitel 4352 werden an dieser Stelle insbesondere die verfahrensbezogenen Folgen der Prüfung für das Zielunternehmen, den Anteilseigner und den Erwerber in den Blick genommen. Jene äußern sich in der auf die Untersagung des Erwerbs auflösenden Bedingung für die Wirksamkeit des schuldrechtlichen sowie in der schwebenden Unwirksamkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts bis zum Zeitpunkt der Erwerbsfreigabe. Die schwebende dingliche Unwirksamkeit wird von bestimmten Handlungsverboten flankiert, wobei für Rechtsgeschäfte mit Wertpapieren Ausnahmen von den Vollzugsbeschränkungen gelten. Der Erwerber ist im Falle der Eröffnung des Prüfverfahrens verpflichtet, bestimmte Unterlagen einzureichen und gegebenenfalls Auskünfte zu erteilen. Im Einzelfall kann das BMWK ferner von allen Erwerbsbeteiligten die Einreichung weiterer Unterlagen sowie die Erteilung weitergehender Auskünfte verlangen. Bei Verstößen gegen einige verfahrensbezogene Folgen drohen strafrechtliche und bußgeldliche Sanktionen.

350 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 38 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). 351 In einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Anwendungsbereichseröffnung der (sektorübergreifenden) Investitionsprüfung steht ferner die Einzelfallermächtigung des § 6 Abs. 1 Satz 1 AWG, welche eine Beschränkung von Rechtsgeschäften oder eine Anordnung von Handlungspflichten im Einzelfall zur Abwehr einer Gefahr für außenwirtschaftsrechtliche Schutzgüter erlaubt (vgl. hierzu im Kontext des aktuellen Erwerbs der Gazprom Germania bereits oben einleitend Kap. 1). Da es sich hierbei jedoch um keine konkrete Folge des Investitionsprüfverfahrens selbst handelt, ist die Regelung nicht Gegenstand der weiteren Untersuchungen. 352 Vgl. insoweit jew. einleitend Kap. 3 und Kap. 4.

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aa) Auflösende Bedingung für die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts (§ 15 Abs. 2 AWG) und Vollzugsverbot (§ 15 Abs. 3 AWG) Gem. § 15 Abs. 2 AWG ist die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Grundgeschäfts der Transaktion, also des Unternehmenskaufvertrags, auflösend auf die Untersagung des Erwerbs durch das BMWK bedingt. Bei bestehendem Prüfrecht nach § 15 Abs. 2 AWG und einer Meldepflicht gem. § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV353, also bei dem Erwerb eines sicherheitsrelevanten Unternehmens i. S. v. § 55a Abs. 1 AWV, ist seit Novellierung des Außenwirtschaftsgesetzes im Jahr 2020 gem. § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG außerdem das dingliche Vollzugsgeschäft354 bis zur Erwerbsfreigabe oder der Freigabefiktion infolge Zeitablaufs schwebend unwirksam.355 Wird etwa eine Beteiligung am Zielunternehmen erworben, ist der schuldrechtliche Kaufvertrag (§ 433 BGB) zunächst wirksam und unterliegt der auflösenden Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB) einer späteren Untersagung gem. § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV;356 das dingliche Rechtsgeschäft, die Abtretung der Gesellschafts- oder Geschäftsanteile (§§ 413, 398 BGB),357 ist bis zur Freigabe des Erwerbs schwebend unwirksam. Die schwebende Unwirksamkeit wird zuweilen missverständlich als Vollzugsverbot bezeichnet. Der Begriff „Verbot“ geht insoweit fehl, als dass die Wirksamkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts de facto unter der aufschiebenden Bedingung einer späteren Freigabe steht, im Ist-Zeitpunkt also nicht vorliegt; ein Verbot verlangt demgegenüber denknotwendig die Möglichkeit eines Verstoßes. Ist das dingliche Rechtsgeschäft aber nach der Regelung unwirksam – anders formuliert – gar nicht mehr möglich,358 dann kann ihm nicht unerlaubt zu seiner Wirksamkeit verholfen werden, denn die schwebende Unwirksamkeit setzt den dinglichen Vollzug des Rechtsgeschäfts ihrerseits gerade voraus.359 Angesichts der allgemein verwendeten 353

Nach dem gesetzgeberischen Willen ist eine Anzeige gem. § 58a Abs. 3 Satz 1 AWV nicht als Meldung i. S. v. § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AWG zu verstehen und löst somit nicht die Wirkung des Vollzugsverbots aus (vgl. Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 37 [BT-Drucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021]). Hierfür spricht auch der Wortlaut der Norm. 354 Zum dinglichen Vollzug eines Unternehmenskaufvertrages vgl. auch Engelhardt/v. Maltzahn, in: Holzapfel (Begr.), Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 16. Aufl. 2021, Rn. 1246 ff. m. w. N. 355 Vgl. auch Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 202 f.; Dammann de Chapto/Brüggemann, NZKart 2020, 374 (376). 356 Mankowski, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, § 15 AWG (Stand 2022) Rn. 25 f. 357 Hierzu s. Roth/Kieninger, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, Bd. 3, 8. Aufl. 2019, § 413 Rn. 10. 358 RegBegr. (BT-Drucks. 19/18700 v. 21. 4. 2020, S. 19). 359 So im Ergebnis ebenfalls v. Brevern, BB 2022, 131 (135); Dammann de Chapto/Brüggemann, NZKart 2020, 374 (376).

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Terminologie wird der Begriff im Folgenden aus Verständnisgründen dennoch gewählt. § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG soll verhindern, dass mit dem Vollzug des dinglichen Rechtsgeschäfts ermöglichte Handlungen nicht bereits während des Prüfverfahrens vorgenommen werden, deren sicherheitsrelevante Wirkungen durch eine künftige Untersagung erst verhindert werden sollen. Hier hatte der Gesetzgeber etwa den Zugriff auf sicherheitsrelevante Technologien oder auf technische oder digitale Knotenpunkte mit großem Missbrauchspotenzial sowie den Abfluss sicherheitsrelevanter Informationen bis zum Verfahrensabschluss vor Augen.360 Dieses Ziel könnte nicht immer mit der schwebenden Unwirksamkeit des Vollzugsgeschäfts erreicht werden, da sich der Vertrag sowie die Vollzugshandlungen im Falle eines mittelbaren Erwerbs zumeist nicht nach den nationalen Vorschriften richten.361 Daraus resultiert die Problematik der Anwendbarkeit von § 15 Abs. 3 AWG auf das jeweilige Recht,362 weil Trennungs- und Abstraktionsprinzip in anderen Rechtsordnungen nicht bzw. nicht in gleicher Weise gelten.363 Nach überzeugender Ansicht ist die schwebende Unwirksamkeit des dinglichen Vollzugs in solch einem Fall, in welchem eine schuldrechtliche und dingliche Unterscheidung unmöglich ist, abzulehnen.364 Aus praktischer Perspektive wird auch ein Local Carve Out, also ein Vollzug der Gesamttransaktion unter Ausschluss des deutschen Transaktionselements, mit Blick auf den herabgesetzten Prüfmaßstab365 sowie auf die erweiterten Schutzgüter366 als schwer realisierbar erachtet.367

360 RegBegr. (BT-Drucks. 19/18700 v. 21. 4. 2020, S. 12, 19); Niestedt, in: ders., BeckOKAWR, § 15 AWG (Stand 2022) Rn. 23. 361 Hierfür spricht auch der von der Europäischen Kommission veröffentlichte Bericht, welcher bei 29 Prozent der von Oktober 2020 bis Juni 2021 gemeldeten Transaktionen eine Relevanz von mehr als einer Rechtsordnung etwa wegen unterschiedlicher Tochterunternehmen des Zielunternehmens skizziert. Die Anzahl wird auch von der Europäischen Kommission als erheblich eingestuft (Europäische Kommission, Report from the Commission to the European Parliament and the Council, First Annual Report on the screening of foreign direct investments into the Union v. 23. 11. 2021, COM [2021] 714, S. 14, 18, https://trade.ec.europa. eu/doclib/docs/2021/november/tradoc_159935.pdf [zul. aufg. am 28. 2. 2023]). 362 Schladebach/Becker, Weitere Verschärfungen der Investitionskontrolle zur Sicherung der technologischen Souveränität Deutschlands geplant, Noerr v. 31. 1. 2020, https://www. noerr.com/de/newsroom/news/weitereverscharfungderinvestitionskontrollezursicherungder technologischensouveranitatdeutschlandsgep (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 363 S. zum Einheits- und Kausalprinzip etwa Klinck, in: Krüger, BeckOGK-BGB, § 929 (Stand 2022) Rn. 3.1 f. 364 Entsprechend auch mit Fallbeispiel v. Brevern, BB 2022, 131 (135); ders., NZKart 2021, 530 (530, 535); Jungkind/Bormann, DK 2020, 369 (374), die etwa lediglich eine Eintragung des Erwerbers als neuen Gesellschafter in das Handelsregister ablehnen. 365 Kap. 2 § 1 B. II. 2. d). 366 Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) aa). 367 Barth/dos Santos Goncalves, DB 2020, 2506 (2509).

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bb) Handlungsverbote (§ 15 Abs. 4 AWG) Mit dem Vollzugsverbot geht die Regelung des § 15 Abs. 4 Satz 1 AWG einher, nach der im Zeitraum des laufenden Prüfverfahrens die Ausübung der mit dem Erwerb verbundenen Stimmrechte (Nr. 1)368 und die Offenlegung unternehmensbezogener Informationen (Nr. 3 und Nr. 4 i. V. m. § 15 Abs. 4 Satz 2 AWG) verboten sind.369 Die Handlungsverbote sichern wie das Vollzugsverbot, dass die Ziele einer möglichen späteren Untersagung oder Anordnung nicht im Vorfeld während des laufenden Prüfverfahrens konterkariert werden. Das in § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AWG aufgeführte Verbot einer Ermöglichung der Stimmrechtsausübung oder einer vergleichbaren Handlung wurde im Zuge der Gesetzesänderung im Jahr 2021 beschränkt. Auch die in § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AWG a. F. verbotene Gewährung des mit dem Erwerb verbundenen Bezugs von Gewinnauszahlungsansprüchen oder eines wirtschaftlichen Äquivalents wurde gestrichen. Hiermit sollten (nun) die Verhältnismäßigkeitsanforderungen gewahrt werden.370 Beachtlich ist, dass die in Nr. 3 verbotene Handlung, also die Offenlegung dieser unternehmensbezogenen Informationen, einen sehr breiten Informationsumfang erfasst.371 Hinsichtlich des zeitlichen Anwendungsbereichs der Verbote folgt aus einer Zusammenschau von § 15 Abs. 4 Satz 1 AWG mit § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AWG deren Geltung ab dem Zeitpunkt des Abschlusses eines schuldrechtlichen Vertrages. Diese zeitliche Grenze wird auch ausdrücklich im Gesetzesentwurf genannt. Allerdings geht der Gesetzgeber weiterhin davon aus, dass § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 AWV üblicherweise nicht rein kaufmännische oder sonstige unternehmensbezogene Informationen erfasst, welche die Erwerbsbeteiligten im Rahmen der Vertragsverhandlungen bzw. Vertragsvollzugs austauschen.372 Wegen dieser unklaren Formulierung wird die Frage aufgeworfen, ob auch der Informationsaustausch vor dem Vertragsschluss verboten ist.373 Hierfür könnten teleologische Erwägungen spre368 v. Brevern, BB 2022, 131 (135) fragt insoweit, welche Stimmrechte das sein sollten, habe der Erwerber infolge der schwebenden dinglichen Unwirksamkeit doch gerade noch keine Stimmrechte erworben. Es müsse vielmehr darum gehen, faktische Einflussnahmen auf das Zielunternehmen zu verhindern. 369 Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 204 f.; Hasselbach/Stepper, BB 2020, 1538 (1544); s. zur Eignung der einzelnen Handlungen zur Verfolgung der außenwirtschaftsrechtlichen Ziele Kap. 3 § 3 A. III. 3. b). 370 Ausschuss für Wirtschaft und Energie (9. Ausschuss), Beschlussempfehlung und Bericht zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen, S. 8 (BT-Drucks. 19/28838 v. 21. 4. 2021). S. auch schon Kap. 1 § 2 sowie Kap. 2 § 1 A. 371 Lippert, BB 2021, 194 (199); Sachs, in: Dorsch, Zollrecht, § 15 AWG (Stand 2020) Rn. 16. S. zu einer daraus möglicherweise resultierenden verfassungs- und unionsrechtlichen Unverhältnismäßigkeit der Norm Kap. 3 § 3 A. III. 3. b) sowie Kap. 4 § 2 C. III. 2. 372 RegBegr. (BT-Drucks. 19/18700 v. 21. 4. 2020, S. 19 f.). 373 Engelhardt, in: Holzapfel (Begr.), Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 16. Aufl. 2021, Rn. 2318; Dammann de Chapto/Brüggemann, NZKart 2020, 374 (376); Spür, COVuR 2020, 516 (519); Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 15 AWG (Stand 2022) Rn. 32.

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chen: Ein Unterlaufen der mit der Investitionsprüfung verfolgten Ziele ist mit der Offenbarung von Informationen sowohl vor als auch nach Vertragsabschluss denkbar. Auch erscheint eine Offenlegung sensibler Informationen in der einem Vertragsschluss vorgelagerten Due Dilligence-Prüfung374 möglich, wenngleich sie angesichts der unsicheren Erwerbsaussichten und der hiermit gebotenen Vorsicht wohl selten stattfindet.375 Dennoch hat jede Auslegung ihre Grenze im ausdrücklichen Gesetzeswortlaut,376 sodass die Verbote erst ab dem Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages Anwendung finden.377 Hierfür spricht letztlich auch die dahingehende Angabe für die in der Praxis von den Investitionsprüfvorschriften Betroffenen auf der Homepage des BMWK.378 Daher bestehen auch keine Bedenken in Bezug auf das (strafrechtliche) Bestimmtheitsgebot379. Darüber hinaus weisen Stimmen in der Literatur380 auf eine Unklarheit bezüglich der Frage hin, wie der Erwerber die Informationen zu behandeln hat, die ihm bereits vor Vertragsschluss offengelegt worden sind. Streng genommen handelt es sich hierbei nicht um eine von § 15 Abs. 4 Satz 1 AWG erfasste Handlung, weil das Verbot in zeitlicher Hinsicht noch keine Anwendung fand; gleichwohl könnte dem Ziel der Regelung entgegengewirkt werden. Der klare Wortlaut der Vorschriften und die Gesetzesbegründung381 führen nach hier vertretener Ansicht jedoch zu einem eindeutigen Ergebnis: Der in zeitlicher Hinsicht vom Verbot nicht umfasste Informationsaustausch ist mangels eines Verbotstatbestands e contrario erlaubt; dies lässt auch ein zu einem späteren Zeitpunkt wirkendes Verbot unberührt. Gleichwohl erwiese sich eine unmissverständliche Formulierung der Gesetzesbegründung unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit als vorzugswürdig. Überdies wird kritisiert, § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 AWG erschwere eine Erfüllung der Anforderungen von § 14a Abs. 2 AWG, indem der Informationsaustausch zwischen Erwerber und Zielunternehmen ab dem Vertragsschluss untersagt ist. Die gem. 374 Vgl. zu den einzelnen Schritten einer M&A-Transaktion Gömöry, ZJS 2015, 153 (154 ff.). 375 Sachs, in: Dorsch, Zollrecht, § 15 AWG (Stand 2020) Rn. 16. 376 Hierzu s. schon Kap. 2 § 1 A. II. 2. b) bb). 377 So auch Barth/dos Santos Goncalves, DB 2020, 2506 (2510); v. Brevern, BB 2022, 131 (136); Jungkind/Bormann, DK 2020, 369 (375) m. w. N.; Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 15 AWG (Stand 2022) Rn. 32; im Ergebnis auch der BVK, BVK-Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zur 17. Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 27. 2. 2021, Punkt 4.3.2, https://www.bmwi.de/ Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/bvk.pdf?__ blob=publicationFile&v=6 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 378 Vgl. BMWK, Häufige Fragen zu Investitionsprüfungen nach dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) (Stand 1. 5. 2022), Frage H.5, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/FAQ/Aussenwirtschaftsrecht/faq-aussenwirtschaftsrecht. html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 379 Zum Bestimmtheitsgebot s. unten Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) aa) sowie Kap. 4 § 2 C. III. 1. 380 Dammann de Chapto/Brüggemann, NZKart 2020, 374 (376 f.). 381 Vgl. RegBegr. (BT-Drucks. 19/18700 v. 21. 4. 2020, S. 19).

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§ 14a Abs. 2 AWG einzureichenden Unterlagen382 stellten in der Regel gerade solche Informationen dar. Im praktischen Umgang mit der Vorschrift wird als bedenklich angesehen, dass der Erwerber alle sensiblen Informationen vor Vertragsschluss zusammentragen müsse.383 Letztlich wird auch die Unvereinbarkeit der Regelung des § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 AWG mit dem strafrechtlichen Bestimmtheitsgebot angemerkt: Es sei nicht eindeutig erkennbar, welche Informationen bei der Prüfung einer Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit im Sinne der Vorschrift „besonders“ zu berücksichtigen sind.384 Mit Blick auf einen rechtssicheren Umgang mit der Verbotsnorm könnte daher eine Präzisierung der konkreten sicherheitssensiblen Informationen notwendig sein.385 cc) Ausnahmen von den Vollzugsbeschränkungen für Rechtsgeschäfte mit Wertpapieren (§ 59a AWV) Im Jahr 2021 wurde mit § 15 Abs. 5 AWG erstmals eine Verordnungsermächtigung für Ausnahmen vom Vollzugsverbot, insbesondere bei Rechtsgeschäften mit Wertpapieren, normiert. So sollte nunmehr die besondere Struktur von Börsengeschäften berücksichtigt werden, bei denen die Geltung des Vollzugsverbots in der Praxis Schwierigkeiten bereitet.386 Auf Basis dieser Verordnungsermächtigung statuiert § 59a Abs. 1 AWV387 eine Ausnahme vom Vollzugsverbot des § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG für Rechtsgeschäfte, bei denen die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an einem inländischen Unternehmen mittels eines Rechtsgeschäftes mit Wertpapieren über eine Börse erworben wird. Einbezogen werden auch solche Wertpapiere, die in andere zum Handel an einer Börse oder an einem ähnlichen Markt zugelassene Wertpapiere konvertierbar sind.388 Diese Ausnahme gilt unter der Bedingung, dass die Meldung gem. § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV unverzüglich abgegeben wird. In Anlehnung an § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AWG ist dem Erwerber bei Rechtsgeschäften mit Wertpapieren gem. § 59a Abs. 2 382

Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) dd). Vgl. zu möglichen Handlungsoptionen hinsichtlich der vorstehend aufgezeigten Probleme im praktischen Umgang mit § 15 Abs. 4 Satz 1 AWG Kap. 5 § 2. 384 Barth/dos Santos Goncalves, DB 2020, 2506 (2510); Dammann de Chapto/Brüggemann, NZKart 2020, 374 (377); Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 15 AWG (Stand 2022) Rn. 32. Kritisch auch Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 221 f. 385 Diese Bestimmtheitsproblematik wird in Kap. 3 § 3 A. III. 3. a) näher untersucht. 386 Ausschuss für Wirtschaft und Energie (9. Ausschuss), Beschlussempfehlung und Bericht zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen, S. 8 (BT-Drucks. 19/28838 v. 21. 4. 2021). 387 § 59a AWV ist mit der Ersten Verordnung zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung (BT-Drucks. 19/32401 v. 10. 9. 2021) eingeführt worden, s. bereits Kap. 2 § 1 A. 388 Vgl. zur Etablierung dieser Regelung auch Pottmeyer, Der Zoll-Profi!, 10/2021, 2 (3); Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 59a AWV (Stand 2022) Rn. 1. 383

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AWV bis zum Abschluss des Prüfverfahrens eine Stimmrechtsausübung untersagt. Auch hat er sicherzustellen, dass die Stimmrechte nicht in seinem Namen oder auf Grundlage von ihm erteilter Weisungen ausgeübt werden. Wie auch gem. § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG ist eine unmittelbare oder mittelbare Offenlegung der unternehmensbezogenen Informationen an den Erwerber verboten (§ 59a Abs. 3 AWV). Für den Fall der Untersagung eines solchen Erwerbs kann das BMWK gem. § 59a Abs. 4 Satz 1 AWV gegenüber den Erwerbsbeteiligten anordnen, den Vollzug des Erwerbs rückgängig zu machen, wobei Satz 2 eine Konkretisierung implementiert. Die Novellierungen tragen zur Wahrung der Verhältnismäßigkeitsanforderungen bei: Auch wenn offen bleibt, warum der Ausnahmetatbestand nicht bereits mit Einführung der Vollzugsbeschränkungen geschaffen worden ist,389 wird nunmehr eine Einzelfallbetrachtung ermöglicht, die besonderen Fallkonstellationen Rechnung trägt. Wie auch die ihr vergleichbaren Regelung in § 41 Abs. 1a GWB schafft der außenwirtschaftsrechtliche Ausnahmetatbestand eine erhöhte Rechtssicherheit.390 Die kartellrechtliche Vorschrift erfasst unter teleologischen Erwägungen entgegen ihrem Wortlaut alle Angebotsarten391 des WpÜG.392 Angesichts der Anlehnung von § 59a Abs. 1 AWV an jene Regelung spricht einiges dafür, dass sich dieses Verständnis auf die außenwirtschaftsrechtliche Norm übertragen lässt. Eine gegenüber anderen Erwerben besondere Konstellation ist insoweit gegeben, als dass im Zeitpunkt des Angebots teilweise noch unsicher ist, ob die nach § 56 Abs. 1 AWV maßgebliche Schwelle überschritten wird. Somit ist die Geltung des Vollzugsverbots im Vorfeld nicht absehbar.393 Da Börsengeschäfte zentral über ein anonymes Handelsbuch durchgeführt werden, erfolgt eine Übertragung der Aktien unabhängig von der Investitionsprüfung in das Depot des Erwerbers, obwohl sie sich (noch) nicht in seinem Eigentum befinden.394 Wie auch im Fusionskontrollrecht bereitet es Schwierigkeiten, die außenwirtschaftsrechtliche Freigabe des Erwerbs als aufschiebende Bedingung des Übernahmeangebots auszugestalten.395 Schließlich

389

Vgl. schon Kap. 1 § 2. RegBegr. (BT-Drucks. 17/9852 v. 31. 5. 2012, S. 31). S. auch Steinvorth, in: Wiedemann (Hrsg.), Hdb. des Kartellrechts, 4. Aufl. 2020, § 21 Rn. 67. 391 Vgl. hierzu näher Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 12. Aufl. 2022, Rn. 1042 ff. 392 Mäger, in: Säcker/Meier-Beck, MüKo Wettbewerbsrecht, Bd. 2, 4. Aufl. 2022, § 41 GWB Rn. 44. 393 Linklaters, Stellungnahme zum Referentenentwurf der Siebzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 17. 2. 2021, S. 12, https://www.bmwi.de/Redakti on/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/linklaters.pdf?__ blob=publicationFile&v=6 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 394 Sattler/Engels, AW-Prax 2021, 357 (359); Sattler/Wackernagel, AW-Prax 2021, 600 (601). 395 Steinvorth, in: Wiedemann (Hrsg.), Hdb. des Kartellrechts, 4. Aufl. 2020, § 21 Rn. 66. 390

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beweist § 41 Abs. 1a GWB, dass auch ohne geltendes Vollzugsverbot eine effektive Kontrolle möglich ist.396 dd) Einreichungspflicht und Verwaltungsakt-Ermächtigungen (§ 14a Abs. 2 AWG) Mit der Verfahrenseröffnung entstehen umfassende Handlungspflichten aller Erwerbsbeteiligten.397 In § 14a Abs. 2 Satz 1 AWG wurzelt die Verpflichtung des unmittelbaren Erwerbers, beim BMWK im Falle einer Prüfung die hierfür erforderlichen Unterlagen über den Erwerb einzureichen. Um welche Unterlagen es sich konkret handelt, wird durch eine behördliche Allgemeinverfügung398 bestimmt, die im Bundesanzeiger bekannt zu machen ist (§ 14a Abs. 2 Satz 2, Satz 3 AWG). Diese nennt beispielsweise die Gesellschaftsstruktur, die Geschäftsstrategie für den Zeitraum nach dem Erwerb oder die Verpflichtung zu im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Unterlagen (sogenannte Verschlusssachen399). Darüber hinaus kann das BMWK gem. § 14a Abs. 2 Satz 4 AWG im Eröffnungsbescheid der ersten Prüfphase i. S. v. § 14a Abs. 1 Nr. 1 AWG die Einreichung weiterer prüfungsrelevanter Unterlagen verlangen.400 Jene Nachforderung entspricht der gängigen Praxis und betrifft etwa geplante Kooperationen von Zielunternehmen und Investor, Gebrauchsmuster und Patente, finanzielle Förderung, Forschungsvorhaben oder Kundenbeziehungen,401 sofern diese noch nicht in den zu § 14a Abs. 2 Satz 1 AWG in der Allgemeinverfügung festgelegten Informationen enthalten sind. Die Formulierung „über Satz 2 hinaus“ deutet im Vergleich zu Satz 5 („von allen an 396 So auch Linklaters, Stellungnahme zum Referentenentwurf der Siebzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 17. 2. 2021, S. 12, https://www.bmwi. de/Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/linklaters. pdf?__blob=publicationFile&v=6 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 397 BMWK, FAQ zu Investitionsprüfungen nach der Außenwirtschaftsverordnung (Stand 13. 5. 2019, S. 3), https://www.bmwi.de/Redaktion/EN/Downloads/F/faq-zur-aussenwirtschafts rechtlichen-investitionspruefung.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 398 Allgemeinverfügung zu den gem. § 14a des Außenwirtschaftsgesetzes, §§ 55a, 58 und 60 der Außenwirtschaftsverordnung einzureichenden Informationen und Unterlagen v. 27. 5. 2021 (BAnz AT 11. 6. 2021 – B 2, berichtigt durch BAnz AT 13. 7. 2021 – B 2). 399 Dem Begriff „Verschlusssachen“ unterfallen alle Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, die im Interesse der Öffentlichkeit nach Einschätzung des Staates geheimhaltungsbedürftig sind, vgl. BMI, Besonderer Schutz für sensible Informationen: Der staatliche Geheimschutz, https://www.bmi.bund.de/DE/themen/sicherheit/spionageabwehr-wirtschaftsund-geheimschutz/staatlicher-geheimschutz/staatlicher-geheimschutz-node.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 400 Eine problematische Überschneidung mit § 15 Abs. 4 AWG scheidet hier aus, da die Handlungsverbote erst an den Zeitpunkt des Vertragsschlusses anknüpfen (s. schon Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) bb)). Zu den Handlungsoptionen für den Fall, dass der Erwerber über bestimmte Informationen nicht verfügt und im Falle ihrer Offenbarung seitens des Zielunternehmens die Gefahr eines Verstoßes gegen das Handlungsverbot besteht, s. Kap. 5 § 2. 401 Sachs, in: Dorsch, Zollrecht, § 14a AWG (Stand 2020) Rn. 5.

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einem Erwerb […] Beteiligten“) darauf hin, dass sich diese Nachforderung lediglich an den unmittelbaren Erwerber richtet.402 Außerdem erhält die Behörde gem. § 14a Abs. 2 Satz 5 AWG die Möglichkeit, nachträglich im Einzelfall durch Verwaltungsakt von allen unmittelbar oder mittelbar Erwerbsbeteiligten, insbesondere also auch vom Zielunternehmen und dem Anteilseigner, weitergehende Auskünfte oder die Einreichung weiterer für die Prüfung erforderlicher Unterlagen zu verlangen. Hiervon sind vornehmlich Informationen betroffen, die zuvor seitens des Erwerbers nicht vollständig oder nicht in dem für die Prüfung erforderlichen Umfang eingereicht worden sind. Jene erfassen beispielsweise technische Daten eines bestimmten Produkts. Für die Bestimmung des Erforderlichkeitskriteriums, welches sich nach dem Telos neben Unterlagen auch auf Auskünfte erstreckt, kommt der Behörde ein Beurteilungsspielraum zu.403 Bei der Investitionsprüfung handelt es sich um ein reguläres Verwaltungsverfahren, weshalb die Unterlagen in deutscher Sprache einzureichen sind.404 Da die Dokumente des ausländischen Erwerbers regelmäßig in einer anderen Sprache abgefasst sind, bringt dies Zeit- und Kostenprobleme mit sich. Das BMWK wird in diesem Zusammenhang jedoch als kooperativ angesehen.405 ee) Drohende strafrechtliche und bußgeldliche Sanktionen Vorsätzliche406 Verstöße gegen die Handlungsverbote in § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, 3 und Nr. 4 AWG werden gem. § 18 Abs. 1b Nr. 1 und Nr. 2 AWG mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe geahndet.407 Gem. §§ 18 Abs. 1 b, 19 Abs. 1 Nr. 2 AWG ist ein fahrlässiger Verstoß gegen die Tatbestände des § 15 Abs. 4 Satz 1 AWG als Ordnungswidrigkeit zu qualifizieren, die gem. § 19 Abs. 6 AWG zu einem Bußgeld von bis zu 500.000 Euro führen kann.408 Mangels anderen Wortlauts handelt es sich bei § 18 Abs. 1b AWG um ein Jedermann-De402

Anders könnte Niestedt zu verstehen sein (Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 14a AWG [Stand 2022] Rn. 10, 18), der jedoch in Rn. 11 selbst festhält, die Ermächtigung in Satz 5 unterscheide sich zu derjenigen in Satz 4 insoweit, als unter anderem auch das Zielunternehmen betroffen werden kann. 403 So auch Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 14a AWG (Stand 2022) Rn. 12, der sogar einen „weiten“ Beurteilungsspielraum bemerkt. 404 BMWK, FAQ zu Investitionsprüfungen nach der Außenwirtschaftsverordnung (Stand 13. 5. 2019), S. 4, https://www.bmwi.de/Redaktion/EN/Downloads/F/faq-zur-aussenwirtschafts rechtlichen-investitionspruefung.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Dies wird mitunter jedoch infrage gestellt, vgl. Slobodenjuk, BB 2020, 198 (203). 405 Mohamed, JZ 2019, 766 (773). 406 S. zum Vorsatzbegriff nur Kindhäuser/Zimmermann, Strafrecht Allgemeiner Teil, 10. Aufl. 2020, § 13 und § 14 sowie zum Fahrlässigkeitsbegriff § 33 Rn. 2 ff. jew. m. w. N. 407 Demgegenüber waren Verstöße gegen Regelungen im Anwendungsbereich der Investitionsprüfung bis zum Jahr 2020 lediglich mit Bußgeldtatbeständen normiert, vgl. ebenfalls Pottmeyer, Der Zoll-Profi!, 1/2022, 10 (12). 408 Leuerning/Gröntgen, NJW-Spezial 2020, 335 (336).

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likt.409 Ferner begeht gem. § 18 Abs. 2 Nr. 8 AWG eine mit einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verfolgbare Straftat, wer einer vollziehbaren Anordnung gem. § 59 Abs. 1 AWV oder § 59 Abs. 3 Nr. 1 AWV nicht Folge leistet. Redaktionell ist § 18 Abs. 2 Nr. 8 AWG so anzupassen, dass im dortigen § 59 Abs. 1 AWV „Satz 1“ gestrichen wird.410 Verstöße gegen die für Rechtsgeschäfte mit Wertpapieren geltenden Verbote des § 59a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 AWV werden gem. § 80 Abs. 2 AWV i. V. m. § 18b Abs. 1b Nr. 3 AWG sanktioniert.

C. Die Investitionskontrolle bei Medienunternehmen (§ 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV) Im Lichte des vorstehend umrissenen Rechtsrahmens der sektorübergreifenden Prüfung wird ein näherer Blick auf die Beschränkung ausländischer Direktinvestitionen in die Medienbranche geworfen. Neben der Frage, welche Unternehmen § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV konkret erfasst, sind Anlass und Hintergründe ihrer Einbeziehung in den Regelbeispielskatalog herauszufiltern, um in den Untersuchungen zur Verfassungs- und Europarechtskonformität der Investitionsprüfvorschriften insbesondere ein Augenmerk auf den Medienbereich werfen zu können.411

I. Die Branche „Medienunternehmen“ Bei der sektorübergreifenden Prüfung einer voraussichtlichen Beeinträchtigung außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter kann gem. § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV insbesondere berücksichtigt werden, ob das Zielunternehmen „ein Unternehmen der Medienwirtschaft ist, das zur öffentlichen Meinungsbildung beiträgt und sich durch besondere Aktualität und Breitenwirkung auszeichnet.“ Hierfür ist das Vorliegen einer gemeinnützigen oder gewinnorientierten Tätigkeit irrelevant,412 jene muss mit Ausschluss öffentlich-rechtlicher Anstalten indes privatwirtschaftlich sein.413 Ausweislich der Begründung zur Siebzehnten Änderungsverordnung der Außenwirtschaftsverordnung sind Unternehmen der Medienwirtschaft insbesondere solche, die journalistisch-redaktionelle Inhalte zuliefern, herstellen oder verbrei-

409 So auch Barth/dos Santos Goncalves, DB 2020, 2506 (2510), welche sich insoweit auch kritisch zur Zuständigkeit bei der Strafverfolgung äußern. 410 Vgl. zu den Reformvorschlägen Kap. 5 § 3. 411 Zum genauen Untersuchungsgegenstand s. jew. eingangs in Kap. 3 und Kap. 4. 412 Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 55 AWV Rn. 126. Diese Frage wird allerdings offen gelassen von Annweiler, NZG 2019, 528 (529). 413 Walter, RIW 2019, 473 (475).

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ten.414 Hiermit wird nunmehr Gewissheit hinsichtlich der Erfassung sämtlicher Tätigkeiten eines Redaktionsprozesses geschaffen. Dies erscheint vorzugswürdig, kann für den mit einer Investitionsprüfung im Bereich des § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV verfolgten Schutz der Pressefreiheit, der freien Berichterstattung und der Medienvielfalt415 doch nicht die redaktionelle Tätigkeit entscheidend sein. Allgemein werden mit „den Medien“ Informationen vermittelnde Einrichtungen wie die Presse gemeint.416 § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AWV a. F. forderte eine unternehmerische Tätigkeit „mittels Rundfunks, Telemedien oder Druckerzeugnissen“. Früher stellte sich die Frage, ob insoweit auf den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff417 oder auf die Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 MStV418 zurückzugreifen war. Für das medienstaatsvertragliche Verständnis sprach, dass jenes anders als der verfassungsrechtliche Begriff nicht die explizit aufgelisteten Telemedien erfasst. Bezüglich einer näheren Beschreibung des Telemedienbegriffs wurde in der Literatur419 auf die Definition in § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG420 verwiesen. Hiermit waren nach dem weiten Wortlaut und dem Telos einer umfassenden Sicherung medienrechtlicher Schutzgüter auch Internetseiten und Blogs einbezogen.421 Der Begriff „Druckerzeugnisse“ betraf die klassische Presse, insbesondere große Zeitungs- und Politmagazin-Verlage;422 bei grammatikalischer Auslegung konnten aber auch besonders populäre Bücher inbegriffen sein. Eine Bezugnahme auf den 414 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 26 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). 415 S. zu Anlass und Gründen einer Etablierung der Norm Kap. 2 § 1 C. II. sowie eingehend zu diesen Zielen Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa) (2). 416 Mock, Publizistik, 2006, 183 (186). 417 Bethge, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 5 Rn. 90a; Schemmer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 5 (Stand 2022) Rn. 66.1. Vgl. zur Abgrenzung des grundrechtlichen und des einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs Fechner, Medienrecht, 22. Aufl. 2023, S. 306 ff. 418 Die Medienanstalten, Medienstaatsvertrag v. 14./28. 4. 2020, https://www.die-medienan stalten.de/fileadmin/user_upload/Rechtsgrundlagen/Gesetze_Staatsvertraege/Medienstaatsver trag_MStV.pdf. S. auch weiterführend zu den Änderungen des MStV gegenüber dem RStV (Die Medienanstalten, Rundfunkstaatsvertrag v. 31. 8. 1991, https://www.die-medienanstalten. de/fileadmin/user_upload/Rechtsgrundlagen/Archiv/Staatsvertrag_u__ber_den_Rundfunk_im_ vereinten_Deutschland_vom_31._August_1991.pdf [jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023]) insbesondere im Hinblick auf den Schutz der „neuen“ Medien Siara, Der Medienstaatsvertrag und die „neuen“ Medien, MMR 2020, 370 (371 ff.). Vgl. zum einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff noch unter geltendem Rundfunkstaatsvertrag auch Davis, Die „dienende“ Rundfunkfreiheit im Zeitalter der sozialen Vernetzung, 2019, S. 115 ff. 419 Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 36. Vgl. zur Legaldefinition des TMG Ricke, in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 4. Aufl. 2019, § 1 TMG Rn. 2 ff. m. w. N. 420 Telemediengesetz v. 26. 2. 2007 (BGBl I 2007, S. 179). 421 Vgl. zur Legaldefinition des TMG Ricke, in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 4. Aufl. 2019, § 1 TMG Rn. 2 ff. m. w. N. 422 Walter, RIW 2019, 473 (475); Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWRKommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 36.

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weiten verfassungsrechtlichen Pressebegriff schied aus, da sich z. B. CDs423 nicht unter den Wortlaut „Druckerzeugnisse“ subsumieren lassen. Diese Unsicherheiten424 wurden mit einer tatbestandlichen Streichung der Medienformate in § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV beseitigt.425 Aus verordnungsgeberischer Perspektive diente auch die bisherige Aufzählung einer Erläuterung und keiner Einschränkung; angesichts der fortschreitenden Digitalisierung und der Vielfalt von Verbreitungswegen sollte gleichwohl verhindert werden, dass die Formulierung zu einer Beschränkung des Anwendungsbereichs von § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV führt. Vielmehr komme es nach wie vor auf die Grundsätze der Freiheit und Pluralität der Medien i. S. v. Art. 4 Abs. 1 Buchst. e) ScreeningVO426 an. Hierfür spricht, dass nach dem Zweck der Sicherung medienrechtlicher Schutzgüter nicht das Format der Informationseröffnung entscheidend sein kann. Der daneben erforderliche427 Beitrag des Unternehmens zur öffentlichen Meinungsbildung verlangt, dass die jeweilige Information nicht lediglich Aussage eines Individuums bleibt, sondern sich auf eine allgemein in der Gesellschaft herrschende Ansicht bezieht. Wann wird aber konkret die Öffentlichkeit und nicht bloß eine große Gruppe erreicht?428 Hierfür ist das Vorliegen einer redaktionellen Arbeit des Unternehmens429 nicht entscheidend, denn auch die bloße Verbreitung von Meinungen Dritter kann in der Öffentlichkeit zur Meinungsbildung beitragen.430 Unter Berücksichtigung des verfolgten Ziels, eine Manipulation der Meinungsbildung in der Bevölkerung zu verhindern, ist entgegen dem Arbeitsaufwand im Unternehmen die gesellschaftliche Wirkung seiner Tätigkeit entscheidend. Im Medienrecht wird eine Konkretisierung des Begriffs „öffentliche Meinungsbildung“ anhand von Kriterien 423

Vgl. Kap. 3 § 2 C. I. Dammann de Chapto/Brüggemann, NZKart 2019, 93 (95); Lippert, BB 2019, 1538 (1539). 425 Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55a AWV (Stand 2022) Rn. 8. 426 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 26 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). S. zum Katalog der Screening-Verordnung Kap. 2 § 2 B. II. 3. b). 427 Das Erfordernis dieses Merkmals wird zum Teil hinterfragt, vgl. DIHK, Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie v. 22. 1. 2021: Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung – Ausweitung der Investitionsprüfungen v. 26. 2. 2021, S. 4 f., https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/ Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/dihk.pdf?__blob=publicationFile&v=6 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Solche Bedenken sind in Anbetracht einer fehlenden Eingrenzung von Verbreitungswegen des Medienunternehmens sowie der weit gefassten Merkmale einer besonderen Aktualität und Breitenwirkung insbesondere aufgrund des Zwecks dieses Regelbeispiels einer Gewährleistung der demokratie-konstituierenden Funktion der Medien (vgl. diesbezüglich Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa) (2)) allerdings nicht tragfähig. 428 Diese Frage stellt auch Beater, ZUM 2005, 602 (603). 429 Anderer Ansicht ist Walter, RIW 2019, 473 (475). 430 Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 55 AWV Rn. 127. 424

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für den Einzelfall versucht. Neben der Verwendung von Massenmedien lässt auch die Betroffenheit politischer Informationen auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses schließen.431 Da speziell die demokratische Meinungsbildung geschützt werden soll, kann ein Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung vornehmlich im Kontext aktueller politischer Nachrichten angenommen werden.432 Die Bestimmung der Frage, ob sich ein Medienunternehmen durch eine besondere Aktualität i. S. v. § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV auszeichnet, wird sich im Einzelfall nach einer Zusammenschau der vom Unternehmen veröffentlichten Informationen richten. Entscheidend dürfte sein, ob die jeweiligen Informationen der unternehmerischen Produkte gerade zum fraglichen Zeitpunkt allgemein von großem Interesse sind. Sofern überwiegend aktuelle Mitteilungen verwendet werden, könnte das Kriterium erfüllt sein. Hinsichtlich des Hör- und Fernsehfunks nimmt das Bundesverfassungsgericht die Aktualität der verbreiteten Informationen an, wenn die Inhalte schnell, möglicherweise sogar zeitgleich an die Empfänger übertragen werden können.433 Abermals erscheint schwer bestimmbar, in welchem Fall aber konkret eine schnelle Informationsweitergabe nicht mehr vorliegt. In der Literatur434 wird zutreffend angemerkt, dass die Aktualität überdies in Abhängigkeit zum jeweiligen Medium untersucht werden muss: Während die Informationen bei Radios oder Internetblogs wohl innerhalb weniger Stunden veröffentlicht werden müssen, kann etwa bei Zeitschriften eine tägliche oder wöchentliche Erscheinung ausreichen, um dieses Kriterium zu erfüllen. Für eine besondere Breitenwirkung muss das Medienunternehmen eine (zumindest teilweise) bundesweite Reichweite erzielen.435 Das Bundesverfassungsgericht stellt für die Bestimmung einer Breitenwirkung des Rundfunks ebenfalls auf die Reichweite und Möglichkeit der Beeinflussung großer Bevölkerungsteile ab.436 Jedoch haben auch regional stärkere Verbreitungen teilweise enorme Auswirkungen, sodass im Einzelfall auch nur in einem Teil der Bundesrepublik besonders populäre Medien mit bundespolitischen Auswirkungen der Vorschrift unterfallen könnten.437 Da zumindest eine gewisse Erheblichkeit der Information notwendig ist,438 erfüllen kommunale Zeitschriften oder ein lokales Stadtradio jene Breitenwirkung nicht. 431

Beater, JZ 2005, 822 (823 f.); ders., ZUM 2005, 602 (605). So ebenfalls Walter, RIW 2019, 473 (475); Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 37. 433 BVerfG, Urt. v. 11.9.2007 – 1 BvR 2270/05, MMR 2007, 770 (771). 434 Annweiler, NZG 2019, 528 (529). 435 Walter, RIW 2019, 473 (475). 436 BVerfG, Urt. v. 11.9.2007 – 1 BvR 2270/05, MMR 2007, 770 (771); Mausch-Liotta/ Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 55 AWV Rn. 127. 437 Walter, RIW 2019, 473 (475); Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWRKommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 37. 438 Schladebach/Becker, NVwZ 2019, 1076 (1079); Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55a AWV (Stand 2022) Rn. 8. 432

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Schließlich sind die Merkmale des unternehmerischen Beitrags zur öffentlichen Meinungsbildung sowie der Auszeichnung des Unternehmens durch eine besondere Aktualität und Breitenwirkung auch in ihrer Wechselwirkung zu betrachten: § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV erfasst insbesondere brisante politische Meldungen, die einen großen Teil der Gesellschaft erreichen. Sind die Informationen von hoher Brisanz und großem Interesse für die Konsumenten des Mediums, gelten geringere Anforderungen an die Breitenwirkung des Unternehmens. Umgekehrt sind mildere Maßstäbe an die Aktualität der Meldung anzulegen, sofern das Medium eine sehr hohe Reichweite in der Bevölkerung aufweist. Wie konkret diese Maßstäbe ausgestaltet sind, lässt sich der Regelung indes nicht entnehmen;439 vielmehr sorgt der Begriff „besonders“ für weitere Unsicherheit. Speziell in Bezug auf die strafbewehrten Handlungsverbote440 erscheint das Fehlen näherer Konkretisierungen dieses Begriffs mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot bedenklich.441

II. Anlass und Hintergründe einer Einbeziehung von Medienunternehmen in den Regelbeispielskatalog Das BMWK konnte den Erwerb eines Medienunternehmens bereits vor Aufnahme dieser Branche in den Regelbeispielskatalog untersuchen. Mit dieser Aufnahme gehen zahlreiche Verschärfungen einher: Konkret ist damit eine Prüfmöglichkeit ab dem Erwerb einer zehnprozentigen Stimmrechtsbeteiligung und insbesondere nicht erst ab der für die übrigen Katalogunternehmen maßgeblichen 20Prozent-Schwelle bzw. für die nicht aufgelisteten Branchen maßgeblichen 25-Prozent-Schwelle verbunden.442 Außerdem gilt für den Erwerb eines Medienunternehmens infolge der Auflistung in § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV die Meldepflicht.443 Überdies entfalten infolge der expliziten Katalogaufführung im Zeitraum der Durchführung des Investitionsprüfverfahrens auch das Vollzugsverbot444 sowie die Handlungsverbote Geltung.445 Vor dem Hintergrund dieser erheblichen Verschärfungen rücken Anlass und Hintergründe einer Etablierung des § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV in das nähere Blickfeld.

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Demgemäß ebenfalls Dammann de Chapto/Brüggemann, NZKart 2019, 93 (95). Vgl. Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) bb) und zur Strafbewehrung Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) ee). 441 So auch Sachs, in: Dorsch, Zollrecht, § 15 AWG (Stand 2020) Rn. 13; dies., in: Hocke/ Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 15 AWG Rn. 17. S. zur verfassungsrechtlichen Bestimmtheit dieses Begriffs insbesondere Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) cc) und unter Berücksichtigung des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebots Kap. 3 § 3 A. III. 3. a) sowie zur unionsrechtlichen Bestimmtheit Kap. 4 § 2 C. III. 1. 442 Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (1). 443 Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (1). 444 Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) aa). 445 Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) bb). 440

§ 1 Rechtsrahmen durch die nationalen Vorschriften

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Nachdem die Europäische Kommission im Jahr 2018 ihren Aktionsplan gegen Desinformation446 veröffentlichte, schrieb auch Art. 4 Abs. 1 Buchst. e) ScreeningVO der Freiheit und Pluralität der Medien eine besondere Bedeutung zu.447 Daraufhin trat eine Aufnahme der Medienunternehmen in den Katalog sicherheitsrelevanter Unternehmensbranchen in Kraft.448 Ein Jahr später bildeten die deutschen Bundesländer eine Arbeitsgruppe zur Stärkung der regionalen Vielfalt im Medienbereich. Zu dieser Zeit hielten auch andere europäische Staaten wie etwa Schweden eine stärkere wirtschaftliche Medienförderung für notwendig.449 Somit fügt sich die Einführung von § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV in das auf unterschiedlichen Ebenen erkannte Schutzbedürfnis medienrechtlicher Güter.450 Der nationale Verordnungsgeber beabsichtigt, die Pressefreiheit, die Freiheit der Berichterstattung und die Medienvielfalt als Fundamente der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu sichern. Ein entsprechendes Bedürfnis wird darin gesehen, dass sich der Medienbereich einem „erhöhten Druck auf die eigene Unabhängigkeit durch Versuche ausländischer Beeinflussung im Rahmen vielgestaltiger, hybrider Bedrohungen“, insbesondere der Nutzung deutscher Medienorgane zu Desinformationszwecken, ausgesetzt sehe. Jene wirkte sich negativ auf die Gesellschaft und die Regierung aus und gefährdete die freiheitlich-demokratische Grundordnung.451 Nach Ausführungen des BMWK ist in der Aufnahme von Me-

446 Europäische Kommission, Gemeinsame Mitteilung an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Aktionsplan gegen Desinformation v. 5. 12. 2018, JOIN(2018) 36 final, https://eeas.europa.eu/sites/default/files/aktionsplan_gegen_desinformation.pdf. Vgl. S. 2 zur Definition von Desinformation als „nachweislich falsche und irreführende Informationen, die mit dem Ziel wirtschaftlichen Gewinns oder der vorsätzlichen Täuschung der Öffentlichkeit geschaffen, dargeboten und verbreitet werden und öffentlichen Schaden anrichten können“; dahingehend auch Bader, in: Steinebach et al. (Hrsg.), Desinformation aufdecken und bekämpfen, 2020, S. 20 f.; Löber/Roßnagel, in: Steinebach et al. (Hrsg.), Desinformation aufdecken und bekämpfen, 2020, S. 149; Mafi-Gudarzi, ZRP 2019, 65 (66). S. weiterführend auch Deutsche Bundesregierung, EU-Aktionsplan, Gemeinsam gegen Desinformation v. 12. 3. 2021, https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/umgang-mit-desinformation/eu-desin formation-1875918 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 447 Vgl. insoweit näher in Kap. 2 § 2 B. II. 3. b). 448 Zur Entstehungsgeschichte s. bereits Kap. 2 § 1 A. 449 Hartung, Die Länder sind in der Pflicht, FAZ v. 9. 4. 2020, https://www.faz.net/aktuell/ feuilleton/medien/corona-krise-und-lokalpresse-die-laender-sind-in-der-pflicht-16716096.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 450 S. auch Haran/Göbel, npoR 2020, 253 (253), die eine Krise des Journalismus auf nationaler und internationaler Ebene sowie ein schwindendes Vertrauen in die Medien skizzieren. 451 Zwölfte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 65 f. (BTDrucks. 19/7139 v. 18. 1. 2019). S. hierzu auch Walter, RIW 2019, 473 (475). Vgl. zur Legitimität dieser Ziele im Rahmen der verfassungsrechtlichen Untersuchungen eingehend Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa) (2).

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

dienunternehmen ein Vorgriff auf die Screening-Verordnung zu erblicken.452 Die Verordnung sieht die in § 56 Abs. 1 AWV vorgenommene Differenzierung von Branchen indes nicht vor. Schließlich wird § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV auch eine Symbolwirkung zugeschrieben.453 In den vergangenen Jahren wurden Bestrebungen autoritärer Regime deutlich, ihre öffentliche Wahrnehmung im politischen und wirtschaftlichen System zu verbessern und in diesem Kontext mit unterschiedlichsten Medien auf gesellschaftliche Meinungen Einfluss zu nehmen. Bedrohlich ist, dass moderne Technologien wie etwa computergestützte Propaganda oder digitale Zensurtechniken zahlreiche Manipulationsmöglichkeiten eröffnen.454 Die strategischen Potenziale jener Technologien bewies der Umgang mit Fake News455 im Wahlkampf des ehemaligen USamerikanischen Präsidenten Trump.456 Auch aktuell wird im Kontext des Krieges in der Ukraine von russischen Staatsmedien wie Russia Today versucht, mittels Desinformation ein russlandfreundliches Meinungsbild in der Bevölkerung hervorzurufen.457 Hier ermöglichen die neuen Technologien erst Präsident Putins hybride Kriegsführung.458 Abermals459 und zunehmend stärker sieht sich die Europäische Union aufgerufen, gegen diese Manipulationsversuche vorzugehen.460 452 BMWK, FAQ zu Investitionsprüfungen nach der Außenwirtschaftsverordnung (Stand 13. 5. 2019), S. 2, https://www.bmwi.de/Redaktion/EN/Downloads/F/faq-zur-aussenwirtschafts rechtlichen-investitionspruefung.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 453 So auch Schladebach/Becker, NVwZ 2019, 1076 (1078 f.). 454 Stratievski, Analyse: Die Wirkung der Staatsmedien Russlands in Deutschland, Genese, Ziele, Einflussmöglichkeiten, Bundeszentrale für politische Bildung v. 6. 6. 2016, https://www. bpb.de/internationales/europa/russland/analysen/228872/analyse-die-wirkung-der-staatsmedi en-russlands-in-deutschland (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 455 Während Fake News im Sinne bewusst unwahrer Tatsachenbehauptungen als spezielle Ausprägung der Desinformation im Bereich von Nachrichtenmedien gelten, handelt es sich bei Falschnachrichten um in der Regel irrtümlich oder leichtfertig verbreitete Falschmeldungen, vgl. Cook et al., The Debunking Handbook, 2020, S. 5, https://www.climatech angecommunication.org/wp-content/uploads/2020/10/DebunkingHandbook2020.pdf; Müller/ Denner, Was tun gegen Fake News?, 2. Aufl. 2019, S. 6, https://www.climatechangecommuni cation.org/wp-content/uploads/2020/10/DebunkingHandbook2020.pdf (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023); Holznagel, MMR 2018, 18 (18). 456 Benkler/Faris/Roberts, Network Propaganda, 2018, S. 105 ff.; Müller/Denner, Was tun gegen Fake News?, 2. Aufl. 2019, S. 5 f., https://shop.freiheit.org/#!/Publikation/792 (zul. aufg. am 28. 2. 2023); Bader, in: Steinebach et al. (Hrsg.), Desinformation aufdecken und bekämpfen, 2020, S. 15 f.; Holznagel, MMR 2018, 18 (18 f.); Müller, Nicht gut für Amerika, aber verdammt gut für CBS, FAZ v. 27. 4. 2020, S. 6. 457 Wehner, Wer stoppt den russischen Propagandasender RT?, FAZ v. 12. 3. 2022, https:// www.faz.net/aktuell/politik/inland/der-russische-propagandasender-rt-macht-einfach-weiter-1 7870910.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 458 Zur näheren Erläuterung der hybriden Kriegsführung s. Tamminga, SWP-Aktuell 2015/ A 27, 1 (1 ff.). Vgl. auch BMVg, Was sind hybride Bedrohungen?, https://www.bmvg.de/de/ themen/sicherheitspolitik/hybride-bedrohungen/was-sind-hybride-bedrohungen-13692. Konkret zur hybriden Kriegsführung Putins in der Ukraine s. etwa Gensing, Putins hybride Kriegsführung, Tagesschau v. 22. 2. 2022, https://www.tagesschau.de/ausland/europa/hybride-

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Dass sich insbesondere auch China die von Medien eröffneten Manipulationsmöglichkeiten zu eigen macht, wurde unter anderem auch im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie bestätigt. Nach Angaben des chinesischen Staatsfernsehens vertrat ein deutscher Virologe die Auffassung, das Virus stamme nicht aus Wuhan. Während die Aussage in Deutschland als unwahre Behauptung publik wurde, waren infolge dieser Darstellung und weiterer Kampagnen nach einer Studie des YougovCambridge Globalism Projects lediglich 52 Prozent der befragten Chinesen der Ansicht, das Virus sei erstmals in ihrem Land aufgetreten.461 Indes vergegenwärtigt eine Schaltung der englischsprachigen Zeitungsbeilage China Watch in weltweit bekannten Wirtschaftsmagazinen wie dem Handelsblatt, Daily Telegraph, The New York Times sowie der Süddeutschen Zeitung, dass China über die nationalen Grenzen hinaus auf die Meinungsbildung in der westlichen Welt zuzugreifen versucht.462 Zugleich wurden Kooperationen wie das Media Forum China-Germany-USA, Media Forum China-Serbia sowie das Sino-Hungarian Media Forum eingegangen.463 Eine Studie belegte Chinas über Jahre hinweg Bestrebungen zunehmender Einflussnahmen insbesondere auf südosteuropäische Medien. Jene äußern sich nicht allein in weitreichenden Desinformationskampagnen und der Manipulation von Suchergebnissen auf globalen Online-Plattformen.464 Vielmehr übernehmen südosteuropäische Medienformate darüber hinaus von China kostenlos kriegsfuehrung-russland-101.html; Rogers, Kommentar: Desinformation: ein hochaktuelles Konzept aus dem letzten Jahrhundert, Bundeszentrale für politische Bildung v. 1. 3. 2022, https:// www.bpb.de/themen/europa/russland-analysen/nr-414/346793/kommentar-desinformation-einhoch-aktuelles-konzept-aus-dem-letzten-jahrhundert/ sowie m. V. a. neuere Studien auch Kolb/ Kruse, Wie Russland im Informationskrieg aufrüstet, Süddeutsche Zeitung v. 8. 4. 2022, https:// www.sueddeutsche.de/politik/facebook-desinformation-ukraine-1.5563632 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 459 Vgl. auch schon etwa im Kontext der COVID-19-Pandemie Leithäuser, Russland will die Pandemie instrumentalisieren, FAZ v. 8. 10. 2020, https://www.faz.net/aktuell/politik/in land/verfassungsschutz-warnt-vor-russischer-desinformation-16992596.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 460 S. hierzu Tagesschau, Mit Sanktionen gegen Desinformation v. 8. 3. 2022, https://www. tagesschau.de/ausland/europa/eu-sanktionen-desinformation-fake-news-101.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 461 Böge, Chinas Deutscher Kronzeuge, FAZ v. 30. 11. 2020, https://www.faz.net/aktuell/po litik/ausland/corona-und-propaganda-chinas-deutscher-kronzeuge-17078039.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 462 Lim/Bergin, The Guardian v. 7. 12. 2018, https://www.theguardian.com/news/2018/dec/ 07/china-plan-for-global-media-dominance-propaganda-xi-jinping; Mass, Business Insider v. 20. 12. 2018, https://www.businessinsider.de/politik/wie-china-versucht-systematisch-einfluss -in-der-deutschen-medienlandschaft-zu-gewinnen-2018-12/ (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 463 Schladebach/Becker, NVwZ 2019, 1076 (1078). 464 Shopov, Chinas wachsende Medienpräsenz in Südosteuropa, 2020, S. 3, https://www. kas.de/documents/281902/281951/„Wachsende+Medienpräsenz+Chinas+in+Südosteuropa“. pdf/4ce645b2-fae9-88a5-6bc2-cc4f6fa16665?version=1.0&t=1607417434521; Cook, Beijing’s Global Megaphone, 2020, https://freedomhouse.org/report/special-report/2020/beijingsglobal-megaphone (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

zur Verfügung gestellte Berichte sowie vollständig wiedergegebene Reden des Präsidenten Jinping; eine kritische Berichterstattung über die Diktatur bleibt mithin aus. Die strukturellen Schwächen südosteuropäischer Mediensysteme vereinfachen diese Bestrebung.465 Bedenklich ist in diesem Kontext der Hinweis, es sei „lediglich eine Frage der Zeit, bis China in einer [noch] viel besseren Position ist, um ein kohärentes Narrativ zu strukturieren“.466 Die vorstehenden Entwicklungen zeichnen Bestrebungen strategischer Einflussnahmen auf europäische Medienunternehmen seitens autoritärer Regime wie Russland und China ab, welche durch zahlreiche Manipulationsmöglichkeiten erleichtert werden. Allerdings vermag noch nicht die Feststellung getroffen werden, dass sich hiermit auch ein entsprechendes Schutzbedürfnis deutscher Medienunternehmen, insbesondere auch eine Geltung der Investitionskontrollvorschriften ab dem Erwerb einer zehnprozentigen Beteiligung, begründen lässt. Dieser Frage ist in der verfassungs- und unionsrechtlichen Rechtfertigungsprüfung nachzugehen.467

§ 2 Rechtsrahmen durch die europäischen Vorschriften Mit der Screening-Verordnung trat neben die nationalen Investitionskontrollvorschriften ein europäischer Rechtsrahmen für die Beschränkungsmöglichkeiten ausländischer Direktinvestitionen. Im Anschluss an eine nähere Untersuchung von Anlass und Hintergründen ihrer Etablierung sowie von ihrem Anwendungsbereich erscheint für die nachfolgende Überprüfung der nationalen Regelungen auf ihre Verfassungs- und Europarechtskonformität vornehmlich bedeutsam, wie sich die Verordnung auf die sektorübergreifenden Prüfvorschriften auswirkt und ob der nationale Gesetzgeber infolge ihrer Geltung zu einer Tätigkeit verpflichtet wird.

465 Shopov, Chinas wachsende Medienpräsenz in Südosteuropa, 2020, S. 10 ff., 21 ff., 32 ff., https://www.kas.de/documents/281902/281951/„Wachsende+Medienpräsenz+China s+in+Südosteuropa“.pdf/4ce645b2-fae9-88a5-6bc2-cc4f6fa16665?version=1.0&t=160741 7434521; Martens, Wie China versucht, den Balkan zu unterwandern, FAZ v. 11. 1. 2021, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/pekings-einfluss-wie-china-den-balkan-zu-unterwan dern-sucht-17128844.html (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 466 Shopov, Chinas wachsende Medienpräsenz in Südosteuropa, 2020, S. 32, https://www. kas.de/documents/281902/281951/“China’s+Rising+Media+Presence+in+South+East+Eu rope”.pdf/0beb5c40-b6dd-7292-5cc3-fd8a5c1be824?version=1.1&t=1607417514942 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 467 S. insbesondere Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (a) sowie Kap. 4 § 2 C. III. 2.

§ 2 Rechtsrahmen durch die europäischen Vorschriften

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A. Anlass und Hintergründe einer Etablierung der Screening-Verordnung468 Seit dem chinesischen Erwerb des Hafens in Piräus wird Griechenland als „Chinas zuverlässigster Freund in Europa“ bezeichnet.469 Versuche, diese Transaktion mit der wirtschaftlichen Krise in Griechenland und einer damit verbundenen Empfänglichkeit für die Privatisierung staatlicher Unternehmen zu begründen,470 vermögen nicht zu überzeugen, begannen die betreffenden Gespräche doch bereits im Jahr 2006 und damit vor der weltweiten Finanzkrise.471 Nachdem auch einzelne Mitgliedstaaten ihre Stimmabgabe im Europäischen Rat an den Interessen der chinesischen Regierung orientierten,472 wuchs die Sorge vor strategischen Einflussnahmen ausländischer Investoren in der Europäischen Union. Drittstaatliche, insbesondere chinesische Direktinvestitionen hatten hier, wenn auch kürzlich rückläufig,473 im vergangenen Jahrzehnt signifikant zugenommen.474 Diese Befürchtungen wurden durch einen Blick auf die wesentlichen Abweichungen nationaler Sicherheitskonzepte der europäischen Mitgliedstaaten insbesondere in Bezug auf die Beschränkung ausländischer Direktinvestitionen verstärkt.475 Fehlte es in einigen Rechtsordnungen, damals etwa noch in den Nieder-

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Ausschnitte dieses Abschnitts finden sich ebenfalls bei Hagedorn, Bindung an die Unionsgrundrechte in der Investitionsprüfung?, ZEuS 2023, 125 (125 ff.). 469 Horowitz/Alderman, Chastised by E.U., a Resentful Greece Embraces China’s Cash and Interests, The New York Times v. 26. 8. 2017, https://www.nytimes.com/2017/08/26/world/euro pe/greece-china-piraeus-alexis-tsipras.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 470 Schladebach/Becker, NVwZ 2019, 1076 (1079). 471 Martens, Wie China versucht, den Balkan zu unterwandern, FAZ v. 11. 1. 2021, https:// www.faz.net/aktuell/politik/ausland/pekings-einfluss-wie-china-den-balkan-zu-unterwandernsucht-17128844.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 472 Brauneck, EuZW 2018, 189 (189 f.); Ladurner, Victor Orbán – Kofferträger der Kommunisten, Zeit Online v. 29. 11. 2017, http://www.zeit.de/2017/49/viktor-orban-ungarn-chinaeuropa-investitionen (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 473 S. Kap. 1 § 1. 474 Europäische Kommission, Report from the Commission to the European Parliament and the Council, First Annual Report on the screening of foreign direct investments into the Union v. 23. 11. 2021, COM (2021) 714, S. 1, https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2021/november/ tradoc_159935.pdf; Hanemann/Huotari, Chinese Direct Investment in Europe: What Available Data Sources Tell Us, in: Seaman/Huotari/Otero-Iglesias (Hrsg.), Chinese Investment in Europe, Dezember 2017, S. 19, 21 ff., https://www.ifri.org/sites/default/files/atoms/files/etnc_ reports_2017_final_20dec2017.pdf (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vgl. auch Schuelken, EuR 2018, 577 (578 f.); Zhang/v. den Bulcke, Asia Europe Journal 2014, 159 (161 ff.). Zu den Auswirkungen chinesischer Investitionen auf europäische investitionskontrollrechtliche Vorschriften s. auch Meunier, Journal of European Public Policy 2014, 996 (996 ff.). 475 Link/Becker, RIW 2019, 415 (415); Seibt/Kulenkamp, ZIP 2017, 1345 (1355); UNCTAD, World Investment Report 2016, S. 94 ff., https://unctad.org/en/PublicationsLibrary/wir2 016_en.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

landen,476 gänzlich an einem Prüfmechanismus,477 wurde teilweise der erfolgreiche Abschluss eines Prüfverfahrens vor Durchführung eines Erwerbs verlangt, wohingegen andere Mitgliedstaaten lediglich abgeschlossene Transaktionen untersuchten.478 Gemeinsamkeiten beliefen sich auf die prüfrelevanten Schutzgüter der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit479 sowie auf die (häufig diskutierten) Verschärfungen etablierter Investitionskontrollvorschriften.480 Angesichts der verbliebenen Unterschiede zeichnete sich mithin ein sehr unterschiedlicher Umgang mit ausländischen Direktinvestitionen in der Europäischen Union ab.481 Hierauf bezugnehmend wurden in den vergangenen Jahren Forderungen nach einem europäischen Regelungskonzept für die Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen lauter.482 Ein Brief der Wirtschaftsminister Frankreichs, Deutschlands und Italiens an die europäische Handelskommissarin Cecilia Malmström aus dem Jahr 2017 mit Hinweisen auf die Problematik zunehmender strategischer Investitionen aus China, Russland und den Vereinigten Arabischen Emiraten483 stieß die Diskussion um eine erstmalige Regelung auf europäischer Ebene an.484 Trotz erheblicher Differenzen485 schlug die Europäische Kommission 2017486 die Screening476 Vgl. zum Rechtsrahmen der Investitionskontrolle in den Niederlanden nachfolgend Kap. 2 § 3 A. 477 Günther, Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht 2018, Heft 157, 1 (11); Slobodenjuk, BB 2020, 198 (198); Grieger, Briefing: Foreign direct investment screening, A debate in light of China-EU FDI flows, 2017, S. 6 f., https://www.europarl.europa.eu/RegData/ etudes/BRIE/2017/603941/EPRS_BRI(2017)603941_EN.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 478 Heinrich/Jalinous/Staudt, AG 2019, 145 (155). 479 Günther, Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht 2018, Heft 157, 1 (7). 480 Bickenbach/Wan-Hsin, CESifo Forum 04/2018, 15 (17). 481 Günther, Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht 2018, Heft 157, 1 (11); Wiking Häger/Dackö, EU FDI-Screening – Legal Considerations, Juni 2017, https://www.mannhei merswartling.se/app/uploads/2017/06/msa_nyhetsbrev_eu_fdi_mechanism_a4_final.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 482 Vgl. Metzger, Staatliche Kontrolle ausländischer Investitionen in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den USA, 2014, S. 243 ff. 483 BMWK, Brief an die europäische Handelskommissarin Malmström v. 21. 2. 2017, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/S-T/schreiben-de-fr-it-an-malmstroem.pdf?__ blob=publicationFile&v=5 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 484 Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 257 f.; Schladebach/Becker, NVwZ 2019, 1076 (1079); Heinrich/Jalinous, AG 2017, 526 (538); BDI, Screening Foreign Investment?, Positionspapier v. 12. 12. 2017, https://english.bdi.eu/publicati on/news/screening-foreign-direct-investment/ (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 485 Hindelang/Moberg, CMLR 2020, 1427 (1428 ff.). 486 Europäische Kommission, Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Europäischen Union v. 13. 9. 2017, COM (2017) 487 final, https://eur-lex.euro pa.eu/resource.html?uri=cellar:cf655d2a-9858-11e7-b92d-01aa75ed71a1.0003.02/DOC_1 &format=PDF (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vgl. hierzu Brauneck, EuZW 2018, 198 (198 ff.); Günther, Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht 2018, Heft 157, 1 (1 ff.); Schuelken, EuR 2018, 577 (577 ff.).

§ 2 Rechtsrahmen durch die europäischen Vorschriften

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Verordnung vor, welche am 19. März 2019 verabschiedet wurde und am 10. April 2019 in Kraft trat. Sie entfaltet seit dem 11. Oktober 2020 Geltung.487 Die Verordnung soll den wachsenden Besorgnissen in Bezug auf strategische Investitionen ausländischer, speziell staatlicher Erwerber, begegnen488 und zugleich die Verhandlungsfähigkeit der Europäischen Union in Bezug auf den Marktzugang in Drittstaaten unter Reziprozitätsgesichtspunkten stärken.489 Mit der Schaffung eines gemeinsamen Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen wird die Erhöhung von Rechtssicherheit und die Sicherstellung einer unionsweiten Koordinierung und Zusammenarbeit, dies auch mit der Kommission, forciert.490 Zu Beginn der COVID-19-Pandemie veröffentlichte die Europäische Kommission einen unverbindlichen491 Leitfaden zum Umgang mit der virusbedingten Ausnahmesituation,492 welcher in der Literatur493 begrüßt wurde. Die gesundheitliche und wirtschaftliche Krise zum Anlass nehmend forderte die Kommission die einzelnen Mitgliedstaaten auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um den „Ausverkauf“ kritischer Infrastrukturen und Technologie, insbesondere im Gesundheitssektor, zu verhindern.494 Unter anderem wurde, sofern noch nicht vorhanden, die Etablierung eines Prüfmechanismus sowie eine unionsinterne Kooperation nahegelegt.495 Obgleich der Leitfaden nicht zur Ausweitung der Befugnisse von Kommission und Mitgliedstaaten führte, ging mit ihm eine erhebliche Zunahme an In-

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Art. 17 ScreeningVO. Europäische Kommission, Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Europäischen Union v. 13. 9. 2017, COM (2017) 487 final, S. 2, https://eur-lex. europa.eu/resource.html?uri=cellar:cf655d2a-9858-11e7-b92d-01aa75ed71a1.0003.02/DOC_1 &format=PDF (zul. aufg. am 28. 2. 2023). S. auch Herrmann, ZEuS 2019, 429 (459 f.). 489 Schernthanner/Schrott/Stowasser/Tasch-Ronner, in: Gnan/Kronberger (Hrsg.), Schwerpunkte Außenwirtschaft 2018/2019, 2019, S. 75 f.; Schill, LIEI 2019, 105 (108). Vgl. zur Reziprozität im Zusammenhang mit ausländischen Direktinvestitionen auch Schmidt/Meckl, BB 2020, 1218 (1219). 490 Giesemann, GmbHR 2019, Heft 2, R 27. 491 Schmidt, EuZW 2020, 301 (301). 492 Europäische Kommission, Communication from the Commission, Guidance to the Member States concerning foreign investment and free movement of capital from third countries, and the protection of Europe’s strategic assets, ahead from, the application of Regulation (EU) 2019/452 (FDI Screening Regulation) v. 25. 3. 2020, C(2020) 1981 final, https:// trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2020/march/tradoc_158676.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). S. hierzu näher Sahin, COVuR 2020, S. 192 ff. 493 S. etwa Schmidt/Meckl, BB 2020, 1218 (1221). 494 Schmidt, BB 2020, 1794 (1802). 495 Schulz/Fornwood/Berg/Vangenechten, COVID-19-Commission issues guidelines to protect European critical assets from foreign investment, White and Case v. 1. 4. 2020, https:// www.whitecase.com/publications/alert/covid-19-commission-issues-guidelines-protect-euro pean-critical-assets-foreign (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 488

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

vestitionskontrollregelungen einher.496 Dies führte in der Praxis de facto zur frühzeitigen Umsetzung der Screening-Verordnung:497 Im Juni 2021 verfügten 18 Mitgliedstaaten über ein Prüfregime, während sich die Anzahl im Jahr 2017 noch auf 11 belief.498 Die Europäische Kommission forderte auch die weiteren Mitgliedstaaten zur Implementierung eines Prüfmechanismus im Kontext der militärischen Aggression gegen die Ukraine explizit auf.499 Ende des Jahres 2022 verfügten somit 25 der 27 Mitgliedstaaten über ein entsprechendes Regime oder sie waren dabei, ein solches einzuführen; von einem entsprechenden Agieren der übrigen zwei Mitgliedstaaten geht die Europäische Kommission aus.500 Im November 2021 veröffentlichte die Kommission einen ersten Bericht zum Überprüfungsmechanismus auf Unionsebene. Im ersten Jahr seit Inkrafttreten der Screening-Verordnung untersuchte sie mehr als 400 Erwerbe. Nach diesen Ausführungen bewerten die Mitgliedstaaten wie auch die Kommission selbst die Screening496

So neben der Fünfzehnten Änderungsverordnung der Außenwirtschaftsverordnung (s. schon Kap. 2 § 1 A.) etwa auch in Spanien: Royal Decree-Law 08/2020, 09/2020, 1/2020. Vgl. hierzu Clifford Chance, Covid-19: New Spanish Labour Measures Deriving from Royal Decree-Laws 9/2020, Dated 27 March and 10/2020, Dated 29 March v. 30. 3. 2020, https:// www.cliffordchance.com/briefings/2020/03/covid-19-new-spanish-labour-measures-derivingfrom-royal-decree.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vgl. zu weiteren pandemiebedingten Änderungen in Rechtsrahmen anderer Staaten Kap. 2 § 3. 497 Röhling/Mordaunt/Hilf/Salaschek, COVID-19: shut-down also for foreign direct investment into Europe? Commission issues guidance to member states on how to protect strategic assets, Freshfields Bruckhaus Deringer v. 26. 3. 2020, https://transactions.freshfields. com/post/102g33i/covid-19-shut-down-also-for-foreign-direct-investments-into-europe-commis sion-i (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 498 Europäische Kommission, Report from the Commission to the European Parliament and the Council, First Annual Report on the screening of foreign direct investments into the Union v. 23. 11. 2021, COM (2021) 714, S. 6 ff., https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2021/novem ber/tradoc_159935.pdf; Levie, Webinar: 12th New Frontiers of Antitrust Conference #1 Opening Key Note Speech By Bruno Le Maire & Foreign Direct Investment Control, Synthesis v. 8. 6. 2021, https://www.concurrences.com/en/conferences/12th-new-frontiers-of-antitrust-confe rence-1-opening-keynote-speech-by-bruno-le-99732?erreur=lien_perime (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 499 Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission, Leitlinien für die Mitgliedstaaten betreffend ausländische Direktinvestitionen aus Russland und Belarus angesichts der militärischen Aggression gegen die Ukraine und der in den jüngsten Verordnungen des Rates über Sanktionen festgelegten restriktiven Maßnahmen v. 6. 4. 2022, 2022/C 151 I/01, S. 3, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52022XC0406(08)&from =EN. Vgl. hierzu auch Barth/Plötz, The curious case of Gazprom Germania – how the Ministry intervened in the transfer of critical infrastructure to a Russian company purportedly led by a DJ v. 8. 4. 2022, https://www.linklaters.com/en/insights/blogs/foreigninvestmentlinks/2 022/april/the-curious-case-of-gazprom-germania-how-the-ministry-intervened-in-the-transferof-critical (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 500 Europäische Kommission, Report from the Commission to the European Parliament and the Council, Second Annual Report on the screening of foreign direct investments into the Union v. 1. 9. 2022, COM (2022) 433, S. 10, 25 f., https://ec.europa.eu/transparency/docu ments-register/detail?ref=COM(2022)433&lang=en (zul. aufg. am 28. 2. 2023); Barth/dos Santos Goncalves/Käser, DB Beilage 03/2022, 42 (43) m. w. N.

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Verordnung, insbesondere den hiermit eingeführte Kooperationsmechanismus501 als wertvolles Mittel im Umgang mit ausländischen Direktinvestitionen.502 Der zweite, im Jahr 2022 veröffentlichte Bericht der Europäischen Kommission belegt eine weitere Zunahme der auf Grundlage der ScreeningVO untersuchten Erwerbe und stützt die im ersten Jahresbericht veröffentlichten Erkenntnisse.503

B. Wesentlicher Regelungsgehalt der Screening-Verordnung In Anbetracht dieses Anlasses und dieser Hintergründe zur Einführung der Screening-Verordnung wird ihr wesentlicher Regelungsgehalt bedeutsam. Gestützt auf die Unionskompetenz zur gemeinsamen Handelspolitik i. S. v. Art. 207 Abs. 2 AEUV504 etabliert sie keinen einheitlichen Prüfmechanismus, sodass die Entscheidung über die Einrichtung eines Regimes oder über die Untersuchung einer Investition allein im Verantwortungsbereich des betroffenen Mitgliedstaates verbleibt.505 Daher wird die Verordnung teilweise für nicht wirkungsvoll gehalten,506 andere Stimmen der Literatur507 befürchten demgegenüber eine Spirale von Protektionismus 501

Vgl. nachfolgend Kap. 2 § 2 B. IV. Europäische Kommission, Report from the Commission to the European Parliament and the Council, First Annual Report on the screening of foreign direct investments into the Union v. 23. 11. 2021, COM (2021) 714, S. 15 ff., https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2021/novem ber/tradoc_159935.pdf; dies., First annual commission report on the screening of foreign direct investments into the Union Factsheet 2020, S. 3, https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2021/no vember/tradoc_159937.pdf (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 503 Europäische Kommission, Report from the Commission to the European Parliament and the Council, Second Annual Report on the screening of foreign direct investments into the Union v. 1. 9. 2022, COM (2022) 433, S. 13 ff., https://ec.europa.eu/transparency/documents-re gister/detail?ref=COM(2022)433&lang=en (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 504 Vgl. näheren Auseinandersetzungen mit dieser Kompetenzgrundlage Hindelang/Moberg, CMLR 2020, 1427 (1435 ff.); Herrmann, ZEuS 2019, 429 (461 ff.); Klamert/Bucher, EuZW 2021, 335 (337). 505 Erwägungsgrund 7 und 8, Art. 1 Abs. 2 und Abs. 3 ScreeningVO. S. auch Brüggemann, DB 2019, 1131 (1136); Günther, Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht 2018, Heft 157, 1 (12 f.); Herrmann/Müller-Ibold, EuZW 2018, 749 (756); Herrmann, ZEuS 2019, 429 (466 f.); Schladebach/Becker, NVwZ 2019, 1076 (1079 f.); Slobodenjuk, BB 2020, 198 (199); Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 159. 506 Schuelken, Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen, 2021, S. 125 f., der sich infolge von Änderungen der Screening-Verordnung für eine die nationalen Mechanismen ergänzende umfassende europäische Untersuchungs- bzw. Entscheidungsebene ausspricht (S. 153 ff.). Diesem Vorschlag zustimmend Schwintowski, EWeRK 2021, 256 (257). Vgl. überdies Böni, EWS 2020, 82 (84 f.); Sahin, EuZW 2021, 348 (351). Auch Schladebach und Becker sprechen sich für ein eigenständiges Investitionskontrollverfahren auf Unionsebene aus (Schladebach/Becker, NVwZ 2019, 1076 [1079 f.]). 507 Für Protektionismus und Gegenprotektionsmus Kafsack, Verschleierter Protektionismus, FAZ v. 28. 8. 2017, https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/eu-handelspolitik-verschleier ter-protektionismus-15171091.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Für industriepolitische Unter502

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und Gegenprotektionismus sowie industriepolitisch motivierte Untersagungen im Bereich von Schlüsseltechnologien unter dem Vorwand der Bewahrung außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter. Eine über den Regelungsgehalt der ScreeningVerordnung hinausgehende Vereinheitlichung ist zeitnah nicht absehbar,508 wenngleich langfristig die Etablierung eines dem amerikanischen CFIUS-Verfahren509 ähnelnden Regimes erwogen wird.510 Dies vorausgeschickt bietet es sich an, neben den Rahmenbedingungen für die optionalen Prüfmechanismen der Mitgliedstaaten die Voraussetzungen einer Eröffnung des Anwendungsbereichs der Verordnung zu beleuchten. Weiterhin sind die jährliche Berichterstattungspflicht sowie der Kooperationsmechanismus von Mitgliedstaaten und Europäischer Kommission in Augenschein zu nehmen.

I. Rahmenbedingungen für die optionalen Überprüfungsmechanismen der Mitgliedstaaten Art. 3 ScreeningVO statuiert allgemeine Rahmenbedingungen für die optionalen Prüfmechanismen der Mitgliedstaaten. Nach Abs. 1 können diese aus Gründen der Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung zur Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in ihrem Hoheitsgebiet aufrechterhalten, geändert oder eingerichtet werden. Den über einen entsprechenden Mechanismus verfügenden oder ihn einführenden Mitgliedstaaten werden zu diesem Zweck Regeln zur Verfügung gestellt, die Einführung eines Prüfregimes im nationalen Recht ist jedoch fakultativ.511 Zur Einhaltung des gem. Art. 3 Abs. 2 ScreeningVO neben dem Diskriminierungsverbot zu wahrenden Transparenzerfordernisses müssen die Mitgliedstaaten die eine Überprüfung auslösenden Umstände, die Gründe für die Überprüfung sowie die anwendbaren ausführlichen Verfahrensregeln festlegen. Außerdem sind gem. Art. 3 Abs. 3 Zeitrahmen anzuwenden; Eingaben anderer Mitgliedstaaten sowie Stellungnahmen der Kommission i. S. v. Art. 6 bis Art. 8 ScreeningVO müssen berücksichtigt werden können.512 Gem. Art. 3 Abs. 4 ScreeningVO sind vertrauliche, sagungen Böni, EWS 2020, 82 (84). Zu weiterer Kritik s. Heinrich/Jalinous/Staudt, AG 2019, 145 (156). 508 Concurrences Antitrust Publications & Events/White & Case, Increasing FDI Scrutiny in the EU: What does this mean in practice, Bericht v. 2. 2. 2021, S. 4, https://www.concurren ces.com/en/events/increasing-fdi-scrutiny-in-the-eu-what-does-this-mean-in-practice-98672 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 509 S. hierzu Kap. 3 § 3 E. 510 Yalçın, StAW 2020, 109 (109, 119). Weitere Anhaltspunkte könnte die Evaluierung der Screening-Verordnung im Oktober 2023 bieten, vgl. Erwägungsgrund 34 sowie Art. 15 Abs. 1 Satz 1 ScreeningVO und auch schon Kap. 2 § 1 A. 511 Korte, GewArch Beilage WiVerw Nr. 2/2019, 79 (86). 512 S. hierzu näher Kap. 2 § 2 B. IV.

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insbesondere wirtschaftlich sensible Informationen zu schützen, die dem überprüfenden Mitgliedstaat bereitgestellt werden. Abs. 5 der Regelung ist zu entnehmen, dass die ausländischen Investoren und die betroffenen Unternehmen gegen die Beschlüsse der nationalen Behörden Einspruch erheben können müssen. Über einen Prüfmechanismus verfügende Mitgliedstaaten haben gem. Art. 3 Abs. 6 ScreeningVO für die Aufrechterhaltung, Änderung oder Ergreifung von Maßnahmen zu sorgen, die zur Erkennung und Verhinderung einer Umgehung der Überprüfungsmechanismen und -beschlüsse erforderlich sind.

II. Anwendungsbereich der Screening-Verordnung Neben dem für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Verordnung maßgeblichen Begriff einer ausländischen Direktinvestitionen sind die von der Verordnung betroffenen Erwerber sowie die außenwirtschaftsrechtlichen Schutzgüter näher zu beleuchten. Von Art. 4 ScreeningVO werden wie auch in den sektorübergreifenden Prüfvorschriften513 einzelne Faktoren des Zielunternehmens und des Erwerbers genannt, welche von den Mitgliedstaaten oder der Kommission bei der Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen berücksichtigt werden können. Schließlich ist auch der in der Verordnung verankerte Prüfmaßstab zu beachten. 1. Der Begriff „ausländische Direktinvestition“ (Art. 2 Nr. 1 ScreeningVO) Nach dem Verständnis von Art. 2 Nr. 1 ScreeningVO sind ausländische Direktinvestitionen „durch einen ausländischen Investor getätigte Investitionen jeder Art zur Schaffung oder Aufrechterhaltung dauerhafter und direkter Beziehungen zwischen dem ausländischen Investor und dem Unternehmer oder dem Unternehmen, für den bzw. für das das Kapital zur fortgesetzten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit in einem Mitgliedstaat bereitgestellt wird, einschließlich Investitionen, die eine effektive Beteiligung an der Verwaltung oder Kontrolle eines Unternehmens ermöglichen, das eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt“. Die hier maßgebliche Beteiligungsschwelle erfasst auch den Erwerb einer zehnprozentigen Beteiligung.514 Eine Investition „jeder Art“ impliziert anders als im nationalen Recht etwa auch eine stille Teilhaberschaft oder den Erwerb nicht stimmberechtigter Vorzugsaktien,515 womit dem nach Erwägungsgrund 9 ScreeningVO verfolgten Ziel der Erfassung möglichst vieler Investitionen begegnet wird. Ihr Anwendungsbereich findet wie jener der sektorübergreifenden Prüfung516 seine Grenze bei Portfolioinvestitionen. Der (Beteiligungs-)Erwerb eines inländischen Unternehmens gem. § 55 Abs. 1 513

Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) bb) und cc). Slobodenjuk, BB 2020, 198 (199). 515 Walter, RIW 2019, 473 (477). 516 Kap. 2 § 1 B. II. 2. a).

514

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

AWV ist folglich als ausländische Direktinvestition im Sinne der Screening-Verordnung anzusehen. 2. Die prüfungsbetroffenen Erwerber Prüfungsbetroffen ist gem. Art. 2 Nr. 2 ScreeningVO „eine natürliche Person aus einem Drittstaat oder ein Unternehmen aus einem Drittstaat, die bzw. das eine ausländische Direktinvestition plant oder getätigt hat“. Drittstaatlich ist ein Unternehmen gem. Art. 2 Nr. 7 ScreeningVO wiederum, wenn es nach dessen Recht gegründet oder anderweitig errichtet worden ist, womit ausschließlich auf das Gründungsstatut abgestellt wird.517 Anders als im nationalen Recht518 sind demnach keine natürlichen Personen umfasst. Der Begriff „ausländisch“ ist an dieser Stelle aus der europäischen Perspektive zu betrachten und meint unionsfremde Direktinvestitionen.519 Somit betrifft die Verordnung auch von der sektorübergreifenden Prüfung tangierte Investoren; insbesondere werden gem. Art. 3 Abs. 6 ScreeningVO ebenfalls520 auch Umgehungskonstellationen erfasst. 3. Die außenwirtschaftsrechtlichen Schutzgüter Prüfgegenstand ist gem. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 ScreeningVO die Sicherheit oder öffentliche Ordnung. Wie in § 55a Abs. 1 und Abs. 3 AWV finden sich in Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 ScreeningVO regelbeispielartige Aufzählungen von zielunternehmerischen und investorbezogenen Merkmalen, welche bei der Überprüfung einer Transaktion insbesondere berücksichtigt werden können. a) Der Generaltatbestand „Sicherheit oder öffentliche Ordnung“ (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 ScreeningVO) Da der Generaltatbestand der sektorübergreifenden Prüfung in Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung im unionsrechtlichen Kontext des Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV zu verstehen ist, kann auf die Ausführungen zum nationalen Recht verwiesen werden.521 Zwar ergibt sich aus der Begriffswahl „Sicherheit oder öffentliche Ordnung“ eine grammatikalische Abweichung von der Terminologie des Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV („öffentliche Ordnung und Sicherheit“), welche eine Bezugnahme des Begriffs „öffentlich“ auf die Rechtsgüter 517 518

aa). 519

Herrmann, ZEuS 2019, 429 (464). Zu den prüfungsbetroffenen Erwerbern im nationalen Recht vgl. Kap. 2 § 1 B. II. 2. b)

Walter, RIW 2019, 473 (477). S. hierzu im nationalen Recht Kap. 2 § 1 B. II. 2. b) bb). 521 Vgl. zum Generaltatbestand der Schutzgüter im nationalen Recht Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) aa). 520

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Ordnung und Sicherheit ermöglicht; auch die französische und die englische Fassung lassen ähnliche Unterscheidungen erkennen.522 Die übereinstimmende Voranstellung des Begriffs „Sicherheit“ legt die Vermutung nahe, dass die Screening-Verordnung auch Überprüfungen aus Gründen der nationalen Sicherheit zulässt, worauf Erwägungsgrund 7 ebenfalls hinweist. Weitere Differenzen des in der Verordnung angelegten Generaltatbestandes sind indes nicht feststellbar.523 Wie auch im Jahr 2020 in der sektorübergreifenden Prüfung eingeführt,524 sind in der Screening-Verordnung neben der Sicherheit oder öffentlichen Ordnung des jeweiligen Mitgliedstaates auch die anderer Mitgliedstaaten und die von Projekten oder Programmen von Unionsinteresse maßgeblich.525 Standortpolitische oder industriestrategische Interessen können nicht verfolgt werden.526 b) Die regelbeispielartige Aufzählung der bei der Überprüfung zu berücksichtigenden Merkmale des Zielunternehmens (Art. 4 Abs. 1 ScreeningVO) Prüfungsrelevante, nicht abschließende Schutzgüter auf Seiten des Zielunternehmens527 sind der Regelung in Art. 4 Abs. 1 ScreeningVO zu entnehmen: Buchst. a) dieser Aufzählung benennt kritische Infrastrukturen physischer oder virtueller Art als ein solches Schutzgut. Hiermit gemeint sind Energie, Verkehr, Wasser, Gesundheit, Kommunikation, Medien, Datenverarbeitung oder -speicherung, Luft- und Raumfahrt, Verteidigung, Wahl- oder Finanzinfrastrukturen. Auch werden sensible Einrichtungen sowie Investitionen in Grundstu¨ cke und Immobilien inkludiert, die fu¨ r die Nutzung dieser Infrastrukturen von entscheidender Bedeutung sind. Buchst. b) des Katalogs führt kritische Technologien und Gu¨ ter mit doppeltem Verwendungszweck i. S. d. Art. 2 Nr. 1 Dual UseVO528 auf. Einbezogen werden nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Verordnung ku¨ nstliche Intelligenz, Robotik, Halbleiter, Cybersicherheit, Luft- und Raumfahrt, Verteidigung, Energiespeicherung, Quanten- und Nukleartechnologien sowie Nano- und Biotechnologien. 522 In der französischen Fassung der Verordnung wird „sécurité ou (…) ordre public“ und in der englischen „security or public order“ genannt. Dagegen wird in den Fassungen des Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV „ordre public ou sécurité publique“ und „public policy or public security“ aufgeführt. Hierzu s. Herrmann, ZEuS 2019, 429 (467). 523 Herrmann, ZEuS 2019, 429 (467). 524 Kap. 2 § 1 A. 525 Herrmann, ZEuS 2019, 429 (467 ff.). 526 Voland, in: Krenzler (Begr.), EU-Außenwirtschafts- und Zollrecht, Bd. 1, 122, vor Art. 1 ScreeningVO (Stand 2020) Rn. 13. 527 Vgl. auch Pottmeyer, Der Zoll-Profi!, 11/2021, 11 (12). 528 Verordnung (EG) 428/2009 des Rates v. 5. 5. 2009 über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr, der Verbringung, der Vermittlung und der Durchfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck v. 29. 5. 2009 (ABl L 134 I, S. 1).

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

Bedeutsam ist gem. Buchst. c) ferner die Versorgung mit kritischen Ressourcen, einschließlich Energie oder Rohstoffen, sowie die Nahrungsmittelsicherheit. Wieter listet Buchst. d) den Zugang zu sensiblen Informationen wie personenbezogenen Daten auf. Hiervon wird auch die Fa¨ higkeit erfasst, solche Informationen zu kontrollieren. Letztlich wird in Art. 4 Abs. 1 Buchst. e) ScreeningVO die Freiheit und Pluralita¨ t der Medien als bedeutendes Schutzgut aufgeführt. Hiervon sollen jegliche Formate erfasst werden.529 Hinsichtlich des vorgestellten Katalogs wird kritisiert, dass dieser kaum einen Industriebereich nicht abdecke. Infolge allgemeiner Formulierungen entstünde die Gefahr einer unterschiedlichen Auslegung der benannten Begriffe durch Mitgliedstaaten und Kommission.530 c) Die regelbeispielartige Aufzählung der bei der Überprüfung zu berücksichtigenden Merkmale des Erwerbers (Art. 4 Abs. 2 ScreeningVO) Art. 4 Abs. 2 ScreeningVO sind nicht abschließende Prüffaktoren im Hinblick auf Merkmale des ausländischen Investors zu entnehmen.531 Ausweislich Buchst. a) ist eine direkte oder indirekte Kontrolle des Investors durch eine drittstaatliche Regierung prüfungsrelevant. Insoweit wird insbesondere auch eine Kontrolle durch staatliche Stellen oder Streitkräfte erfasst. Nach dem Wortlaut der Verordnung kann sich die Kontrolle unter anderem aufgrund der Eigentümerstruktur oder in Form einer beträchtlichen532 Finanzausstattung ergeben. Weiterhin ist gem. Buchst. b) eine bisherige Beteiligung des Investors an Aktivitäten beachtlich, die Auswirkungen auf die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung in einem Mitgliedstaat hatten. Schließlich kann gem. Buchst. c) bei der Prüfung auch ein erhebliches Risiko der Beteiligung des Investors an illegalen oder kriminellen Aktivitäten Berücksichtigung finden. Auch bezüglich dieser Faktoren wird die sehr allgemeine Umschreibung angemerkt: Im Hinblick auf das Regelbeispiel in Buchst. a) stelle sich die Frage, wie der Begriff „Kontrolle“ zu verstehen ist, wobei eine Orientierung am unionsrechtlichen Begriff von Art. 3 FusionskontrollVO533 zu erwägen sei.534 Ferner eröffne die Formulierung „Auswirkungen“ in Buchst. b) im Vergleich zu dem im Übrigen bei der

529 Voland/Slobodenjuk, in: Krenzler (Begr.), EU-Außenwirtschafts- und Zollrecht, Bd. 1, 122, Art. 4 ScreeningVO (Stand 2020) Rn. 13. 530 v. Roosebeke/Baran, cepAnalyse Nr. 32/2017, S. 4; Slobodenjuk, BB 2020, 198 (199 f.). 531 Vgl. auch Pottmeyer, Der Zoll-Profi!, 11/2021, 11 (12). 532 Zur Konkretisierung einer „Finanzausstattung, […] die über ein geringfügiges Maß hinausgeht“ im nationalen § 55a Abs. 3 Satz 2 AWV, s. Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) cc). 533 Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates v. 20. 1. 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl L 24 I, S. 1). 534 Slobodenjuk, BB 2020, 198 (200).

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Investitionsprüfung maßgeblichen Begriff „voraussichtliche Beeinträchtigung“535 einen großen Spielraum. Unsicher sei, ob in Buchst. c) das Risiko krimineller Aktivitäten innerhalb der Europäischen Union bestehen muss oder ob auch unionsfremde relevant sind.536 Schließlich sei auch fraglich, ob vergangene Beteiligungen des Investors bei der Prüfung tatsächlich nicht von Bedeutung sind.537 In Anbetracht des unmissverständlichen Wortlauts ist hiervon aber auszugehen.538 4. Der Prüfmaßstab „voraussichtliche Beeinträchtigung“ außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter (Art. 4 ScreeningVO) Wie auch infolge der Novellierungen des nationalen Rechts539 ist für die Prüfung auf Grundlage der Verordnung der Maßstab einer voraussichtlichen Beeinträchtigung der Schutzgüter anzulegen, bei deren Feststellung die regelbeispielartigen Aufzählungen des Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 ScreeningVO von Merkmalen des Zielunternehmens und des Erwerbers berücksichtigt werden können.

III. Die jährliche Berichterstattung (Art. 5 ScreeningVO) Art. 5 Abs. 1 ScreeningVO schreibt vor, dass jeder Mitgliedstaat der Kommission über die in seinem Hoheitsgebiet getätigten ausländischen Direktinvestitionen auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Informationen sowie über die gem. Art. 6 Abs. 6 ScreeningVO und Art. 7 Abs. 5 ScreeningVO erhaltenen Ersuchen anderer Mitgliedstaaten540 berichtet. Sofern die Mitgliedstaaten einen Investitionsprüfmechanismus unterhalten, haben sie gem. Abs. 2 für den Berichtszeitraum weiterhin aggregierte Informationen über die Anwendung des Überprüfungsmechanismus anzugeben. Gem. Abs. 3 legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen jährlichen Bericht über die Durchführung der Verordnung vor, welcher veröffentlicht wird. Das Europäische Parlament kann die Kommission zur Sitzung seines zuständigen Ausschusses einladen, um systematische Fragen zur Durchführung der Screening-Verordnung zu erörtern.

535

S. zum Prüfmaßstab im Anschluss Kap. 2 § 2 B. II. 4. Slobodenjuk, BB 2020, 198 (200). 537 Voland/Slobodenjuk, in: Krenzler (Begr.), EU-Außenwirtschafts- und Zollrecht, Bd. 1, 122. Art. 4 ScreeningVO (Stand 2020) Rn. 16. 538 Anders verhält es sich im nationalen § 55a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AWV, vgl. Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) cc). 539 Kap. 2 § 1 A., Kap. 2 § 1 B. II. 2. d). 540 Vgl. zu den im Kooperationsmechanismus möglichen Ersuchen Kap. 2 § 2 B. IV. 1. und 2. 536

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

IV. Kooperationsmechanismus zur Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission (Art. 6 ff. ScreeningVO) Kernanliegen der Screening-Verordnung ist – wie erwähnt – die Ermöglichung eines besseren Informationsaustauschs in der Europäischen Union bei geplanten oder bereits durchgeführten ausländischen Direktinvestitionen.541 Zu diesem Zweck normieren Art. 6 bis Art. 8 ScreeningVO einen Mechanismus zur Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten sowie der Europäischen Kommission.542 Während sich Art. 6 ScreeningVO auf überprüfte Investitionen bezieht, gilt Art. 7 ScreeningVO für nicht überprüfte Investitionen. Innerhalb beider Systeme findet die Sicherheit oder öffentliche Ordnung der Mitgliedstaaten Beachtung, wohingegen der Mechanismus in Art. 8 ScreeningVO die Sicherheit oder öffentliche Ordnung von Projekten oder Programmen von Unionsinteresse zum Gegenstand hat. Mit dem gegenseitigen Informationsaustausch sollen Investitionsstrategien ausländischer Investoren leichter erkannt werden, um die Schutzgüter effektiv zu sichern.543 Bedingt durch den unionsrechtlichen Kooperationsmechanismus überprüfte das BMWK seit ihrer Geltung ab Oktober 2020 bereits 250 Erwerbe von Zielunternehmen, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässig sind.544 1. Mechanismus im Zusammenhang mit überprüften Direktinvestitionen Sofern ein Mitgliedstaat eine ausländischen Direktinvestition überprüft, hat er dies gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 ScreeningVO der Kommission und den übrigen Mitgliedstaaten mitzuteilen, indem er die in Art. 9 Abs. 2 ScreeningVO genannten Informationen betreffend die Investition schnellstmöglich bereitstellt. Mehr als 90 Prozent der von Oktober 2020 bis Juni 2021 auf dieser Grundlage abgegebenen Mitteilungen gingen von Österreich, Frankreich, Deutschland, Italien und von Spanien aus. Häufigste Ursprungsländer der auf Grundlage der Screening-Verordnung gemeldeten Investitionen waren die Vereinigten Staaten von Amerika, das Vereinigte Königreich, China, Kanada und die Vereinigten Arabischen Emirate. Mit 541 So auch Schuelken, Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen, 2021, S. 117. 542 Vgl. hierzu das folgende übersichtliche Schaubild: Europäische Kommission, Commission Staff Working Document, Screening of FDI into the Union and its Member States, Accompanying Document, Report from the Commission to the European Parliament and the Council, First Annual Report on the screening of foreign direct investments into the Union v. 23. 11. 2021, SWD(2021) 334 final, S. 3, https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do? uri=SWD:2021:0334:FIN:EN:PDF (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 543 Niestedt/Kunigk, ExportManager 3/2019, 22 (23); Walter, RIW 2019, 473 (478). 544 Vgl. hierzu Barth, How is German Foreign Investment working in practice? Key takeaways from our podcasts with the Ministry, Linklaters v. 21. 3. 2022, https://www.linklaters. com/en/insights/blogs/foreigninvestmentlinks/2022/march/how-is-german-foreign-investmentworking-in-practice-key-takeaways-from-our-podcast (zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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Blick auf die Zielunternehmensbranchen erfassten die mitgliedstaatlichen Meldungen insbesondere das verarbeitende Gewerbe, die Informations- und Kommunikationstechnologie sowie den Groß- und Einzelhandel.545 In der Mitteilung kann angegeben werden, welche Mitgliedstaaten voraussichtlich in ihrer Sicherheit oder öffentlichen Ordnung beeinträchtigt werden und ob die Direktinvestition dem Anwendungsbereich der Fusionskontrollverordnung unterfällt. Gem. Art. 2 Nr. 3 ScreeningVO ist der Begriff „Überprüfung“ als ein Verfahren zu verstehen, mit dessen Hilfe ausländische Direktinvestitionen geprüft, untersucht, genehmigt, an Bedingungen geknüpft, untersagt oder rückabgewickelt werden können. Die weite Fassung des Wortlauts lässt darauf schließen, dass alle Verfahrensmöglichkeiten der Außenwirtschaftsverordnung, etwa auch eine Unbedenklichkeitsbescheinigung,546 unter den Überprüfungsbegriff subsumierbar sind, wenngleich dies nicht ausdrücklich geregelt wird.547 Ein anderer Mitgliedstaat kann548 gem. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 ScreeningVO gegenüber dem die Direktinvestition überprüfenden Mitgliedstaat Kommentare abgeben, wenn er der Ansicht ist, dass diese seine Sicherheit oder öffentliche Ordnung voraussichtlich beeinträchtigt oder wenn er über Informationen verfügt, die für die Überprüfung der ausländischen Direktinvestition relevant sind. Hat der andere Mitgliedstaat solche Kommentare abgegeben, übermittelt er diese gleichzeitig an die Kommission, welche wiederum verpflichtet ist, dies den anderen Mitgliedstaaten anzuzeigen. Darüber hinaus kann die Kommission gem. Art. 6 Abs. 3 Satz 1 ScreeningVO eine Stellungnahme an den überprüfenden Mitgliedstaat richten, wenn sie eine voraussichtliche Beeinträchtigung der Schutzgüter in mehr als einem Mitgliedstaat annimmt oder wenn sie über einschlägige Informationen im Zusammenhang mit der Überprüfung verfügt. Dies geschah von Oktober 2020 bis Juni 2021 in weniger als drei Prozent der gemeldeten Transaktionen.549 Stellungnahmen der 545 Europäische Kommission, Report from the Commission to the European Parliament and the Council, First Annual Report on the screening of foreign direct investments into the Union v. 23. 11. 2021, COM (2021) 714, S. 11 ff., https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2021/novem ber/tradoc_159935.pdf; dies., First annual commission report on the screening of foreign direct investments into the Union Factsheet 2020, S. 3, https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2021/no vember/tradoc_159937.pdf; dies., Handel und Sicherheit: Kommission präsentiert Arbeiten zur Verteidigung der Interessen und Werte der EU, Pressemitteilung v. 23. 11. 2021, https://ec. europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_21_6226 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 546 S. Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) bb). 547 Ebenso Slobodenjuk, BB 2020, 198 (200). 548 Mitunter wird kritisiert, dass die Mitgliedstaaten sowie die Kommission ein Recht, nicht jedoch eine Pflicht zur Abgabe von Kommentaren bzw. einer Stellungnahme haben, vgl. hierzu Schuelken, EuR 2018, 577 (591). 549 Europäische Kommission, Report from the Commission to the European Parliament and the Council, First Annual Report on the screening of foreign direct investments into the Union v. 23. 11. 2021, COM (2021) 714, S. 14, https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2021/november/ tradoc_159935.pdf; dies., First annual commission report on the screening of foreign direct investments into the Union Factsheet 2020, S. 3, https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2021/no vember/tradoc_159937.pdf; dies., Handel und Sicherheit: Kommission präsentiert Arbeiten

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Kommission sind gem. Art. 288 Abs. 5 AEUV unverbindlich und können unabhängig von Kommentaren anderer Mitgliedstaaten abgegeben werden. Ausweislich Art. 6 Abs. 3 Satz 4 ScreeningVO ist eine Stellungnahme jedoch im Anschluss an Kommentare in begründeten Fällen notwendig, sofern zumindest ein Drittel der Mitgliedstaaten eine voraussichtliche Beeinträchtigung ihrer Sicherheit oder öffentlichen Ordnung durch die Direktinvestition annimmt. Die anderen Mitgliedstaaten werden von der Kommission über die Abgabe ihrer Stellungnahme informiert. Ist ein Mitgliedstaat der begründeten Auffassung, dass eine Investition seine Sicherheit oder öffentlichen Ordnung voraussichtlich beeinträchtigt, kann er gem. Art. 6 Abs. 4 ScreeningVO die Kommission oder andere Mitgliedstaaten ersuchen, eine Stellungnahme bzw. Kommentare abzugeben. Art. 6 Abs. 5 ScreeningVO normiert eine Pflicht zur hinreichenden Begründung jener Kommentare und Stellungnahmen. Gem. Art. 6 Abs. 6 ScreeningVO ist die Absicht zur Abgabe einer Stellungnahme bzw. eines Kommentars dem überprüfenden Mitgliedstaat spätestens 15 Tage nach Eingang der in Art. 6 Abs. 1 ScreeningVO genannten Informationen mitzuteilen. Dies erfolgte in 80 Prozent der von Oktober 2020 bis Juni 2021 gemeldeten Investitionen nicht, sodass für sie der unionsrechtliche Prüfmechanismus hiermit beendet war.550 Es können jedoch weitere Informationen verlangt werden, sofern eine hinreichende Begründung vorliegt und die Informationen für die Abgabe der Stellungnahme bzw. des Kommentars erforderlich und auch verhältnismäßig zum Zweck des Ersuchens. Außerdem darf der überprüfende Mitgliedstaat nicht über Gebühr belastet werden. Diese Ersuchen und die Antwort des jeweiligen Mitgliedstaats sind der Kommission vorzulegen. Sie betrafen im Zeitraum von Oktober 2020 bis Juni 2021 typischerweise Produktdaten oder Dienstleistungen des Zielunternehmens, Kunden, Wettbewerber, Marktanteile sowie zusätzliche Informationen bezüglich des Erwerbers.551 Die Kommentare und Stellungnahmen richten sich gem. Art. 6 Abs. 7 ScreeningVO an den überprüfenden Mitgliedstaat. Sie sind innerhalb einer vertretbaren Frist, spätestens 35 Kalendertage nach Eingang der in Art. 6 Abs. 1 ScreeningVO zur Verteidigung der Interessen und Werte der EU, Pressemitteilung v. 23. 11. 2021, https://ec. europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_21_6226 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 550 Europäische Kommission, Report from the Commission to the European Parliament and the Council, First Annual Report on the screening of foreign direct investments into the Union v. 23. 11. 2021, COM (2021) 714, S. 12, https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2021/november/ tradoc_159935.pdf; dies., First annual commission report on the screening of foreign direct investments into the Union Factsheet 2020, S. 3, https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2021/no vember/tradoc_159937.pdf; dies., Handel und Sicherheit: Kommission präsentiert Arbeiten zur Verteidigung der Interessen und Werte der EU, Pressemitteilung v. 23. 11. 2021, https://ec. europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_21_6226 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 551 Europäische Kommission, Report from the Commission to the European Parliament and the Council, First Annual Report on the screening of foreign direct investments into the Union v. 23. 11. 2021, COM (2021) 714, S. 12, https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2021/november/ tradoc_159935.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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genannten Informationen zu übermitteln. Bei 14 Prozent der von Oktober 2020 bis Juni 2021 gemeldeten Investitionen fand die unionsrechtliche Prüfung im Anschluss hieran ihr Ende.552 Bei weiteren Informationsersuchen beträgt die Frist für die Abgabe der Kommentare und Stellungnahmen 20 Kalendertage nach Eingang der zusätzlichen Informationen oder der Mitteilung gem. Art. 9 Abs. 5 ScreeningVO. Demnach kann der gesamte Zeitraum weit mehr als 35 Kalendertage betragen, beispielsweise, wenn der überprüfende Mitgliedstaat die ersuchten Informationen mit einer erheblichen Verzögerung übermittelt.553 Die Fristen verlängern sich ferner um fünf Kalendertage, sofern die Kommission im Anschluss an Kommentare anderer Mitgliedstaaten eine Stellungnahme abgibt. Wenig überrascht vor diesem Hintergrund war, dass die durchschnittliche Prüfdauer der von Oktober 2020 bis Juni 2021 gemeldeten Transaktionen zwar 31 Kalendertage betrug, dabei indes in einer Zeitspanne von zwei bis 101 Kalendertage variierte.554 Im Ausnahmefall kann der überprüfende Mitgliedstaat gem. Art. 6 Abs. 8 ScreeningVO vor dem Ablauf der Fristen eine Überprüfungsentscheidung erlassen, wenn er ein sofortiges Handeln für erforderlich hält. Dies ist den Mitgliedstaaten und der Kommission mit hinreichender Begründung der Erforderlichkeit des sofortigen Handelns mitzuteilen. Diese Adressaten müssen sich um die möglichst schnelle Abgabe einer Stellungnahme bzw. von Kommentaren bemühen. Art. 6 Abs. 9 ScreeningVO verpflichtet den überprüfenden Mitgliedstaat zu einer angemessenen Berücksichtigung der Kommentare bzw. der Stellungnahmen, womit dem in Art. 4 Abs. 3 EUV555 normierten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit556 Rechnung getragen wird. Die Anforderungen einer angemessenen Berücksichtigung 552

Europäische Kommission, Report from the Commission to the European Parliament and the Council, First Annual Report on the screening of foreign direct investments into the Union v. 23. 11. 2021, COM (2021) 714, S. 12, https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2021/november/ tradoc_159935.pdf; dies., First annual commission report on the screening of foreign direct investments into the Union Factsheet 2020, S. 3, https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2021/no vember/tradoc_159937.pdf; dies., Handel und Sicherheit: Kommission präsentiert Arbeiten zur Verteidigung der Interessen und Werte der EU, Pressemitteilung v. 23. 11. 2021, https://ec. europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_21_6226 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 553 Slobodenjuk, BB 2020, 198 (201). 554 Europäische Kommission, Report from the Commission to the European Parliament and the Council, First Annual Report on the screening of foreign direct investments into the Union v. 23. 11. 2021, COM (2021) 714, S. 13, https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2021/november/ tradoc_159935.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 555 Vertrag über die Europäische Union v. 13. 12. 2007 (ABlC 306, 1). 556 Zum Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit vgl. etwa Calliess/Kahl, in: Calliess/ Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 4 AEUV Rn. 86 ff.; Franzius, in: Pechstein/Nowak/ Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 1, 2017, Art. 4 AEUV Rn. 90 ff.; Geiger/Kirchmair, in: ders./Khan/Kotzur/Kirchmair, EUV/AEUV, 7. Aufl. 2023, Art. 4 EUV Rn. 5 ff.; Hatje, in: Schwarze/Becker/Hatje/Schoo, EU-Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 4 EUV Rn. 25 ff.; Obwexer, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 4 AEUV Rn. 59 ff.; Schill/Krenn, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 4 EUV (Stand 2018) Rn. 59 ff.

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stehen bislang nicht fest;557 sicher ist lediglich, dass die endgültige Entscheidung dem jeweiligen Mitgliedstaat vorbehalten bleibt. Dennoch könnte im Einzelfall ein großer politischer Druck auf den Mitgliedstaat ausgeübt werden, den Kommentaren bzw. Stellungnahmen zu folgen.558 2. Mechanismus im Zusammenhang mit nicht überprüften Direktinvestitionen Wird eine in einem anderen Mitgliedstaat geplante oder abgeschlossene ausländische Direktinvestition nicht überprüft, findet ein Art. 6 ScreeningVO vergleichbarer Mechanismus559 Anwendung mit folgenden wesentlichen Unterschieden: Anders als gem. Art. 6 Abs. 1 ScreeningVO trifft den die ausländische Direktinvestition nicht überprüfenden Mitgliedstaat keine Informationspflicht. Gem. Art. 7 Abs. 5 ScreeningVO kann ein Mitgliedstaat oder die Kommission daher jederzeit560 um die in Art. 9 ScreeningVO genannten Informationen ersuchen, wenn eine voraussichtliche Beeinträchtigung der Schutzgüter zu befürchten ist. In diesem Fall gilt eine der Regelung in Art. 6 Abs. 7 UAbs. 2 ScreeningVO entsprechende Fristverlängerung für Informationsersuchen nicht. Sofern die Stellungnahme der Kommission im Anschluss an Kommentare anderer Mitgliedstaaten ergeht, verbleiben 15 Kalendertage. Wiederum hat der Mitgliedstaat die Stellungnahme und die Kommentare gem. Art. 7 Abs. 7 ScreeningVO angemessen zu berücksichtigen, was indes nur bei bestehendem Ermessensspielraum mit der Normierung eines entsprechendes Überprüfungsverfahrens im nationalen Recht möglich ist.561 Mangels einer Überprüfung des Erwerbs fehlt es an einer Art. 6 Abs. 8 ScreeningVO vergleichbaren Ausnahmeregelung für ein Erfordernis sofortigen Handels des Mitgliedstaates. Nach Abschluss der ausländischen Direktinvestition verbleiben der Kommission und den Mitgliedstaaten gem. Art. 7 Abs. 8 ScreeningVO 15 Monate für ihre Stellungnahme bzw. für ihre Kommentare, womit die Rechtssicherheit für Anleger erhöht werden soll.562 Der Verordnung ist nicht zu entnehmen, in welchem Fall ein Abschluss der Direktinvestition konkret anzunehmen ist, wobei nach der deutschen Rechtsordnung wohl der dingliche Vollzug des Rechtsgeschäfts entscheidend ist.563 Weiterhin bestehen Unsicherheiten dahingehend, inwiefern nach 557

Niestedt/Kunigk, ExportManager 3/2019, 22 (23). Voland/Slobodenjuk, in: Krenzler (Begr.), EU-Außenwirtschafts- und Zollrecht, Bd. 1, 122, Art. 6 ScreeningVO (Stand 2020) Rn. 19. 559 S. dazu vorstehend Kap. 2 § 2 B. IV. 1. 560 Slobodenjuk, BB 2020, 198 (201). 561 Slobodenjuk, BB 2020, 198 (201). 562 Erwägungsgrund 21 ScreeningVO. 563 So auch Slobodenjuk, BB 2020, 198 (201). 558

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dem Fristablauf abgegebene und deshalb unbeachtliche Stellungnahmen noch gem. Art. 3 Abs. 3 ScreeningVO angemessen zu berücksichtigen sind.564 3. Mechanismus bei voraussichtlicher Beeinträchtigung von Projekten oder Programmen von Unionsinteresse Beziehen sich die Mechanismen der Art. 6 und Art. 7 ScreeningVO auf Konstellationen, in denen die anderen Mitgliedstaaten eine voraussichtliche Beeinträchtigung ihrer Sicherheit oder öffentlichen Ordnung befürchten oder die Kommission die Sicherheit oder öffentliche Ordnung in mehr als einem Mitgliedstaat für voraussichtlich beeinträchtigt hält, erfasst Art. 8 ScreeningVO die voraussichtliche Beeinträchtigung der Sicherheit oder öffentlichen Ordnung von Projekten oder Programmen von Unionsinteresse565. Auch hier kann die Kommission gem. Art. 8 Abs. 1 ScreeningVO eine Stellungnahme an den Mitgliedstaat richten, in welchem die ausländische Direktinvestition geplant oder abgeschlossen wurde. Die in Art. 6 und Art. 7 ScreeningVO normierten Kooperationsmechanismen gelten gem. Art. 8 Abs. 2 ScreeningVO sinngemäß, hier betreffen die Mitteilungen bzw. Kommentare indes Projekte oder Programme von Unionsinteresse. Den Mitgliedstaaten wird die Stellungnahme der Kommission übermittelt. Der Mitgliedstaat, in dem die ausländische Direktinvestition geplant ist oder abgeschlossen wurde, trägt der Stellungnahme der Kommission umfassend Rechnung und zeigt ihr gegenüber an, falls er dieser nicht nachkommt. Art. 8 Abs. 3 ScreeningVO ist zu entnehmen, dass für die Zwecke dieses Artikels insbesondere Projekte oder Programme von Unionsinteresse bedeutsam sind, für die Unionsmittel erheblicher Höhe oder zu einem wesentlichen Anteil bereitgestellt werden. Bedeutsam sind ferner solche, die den Rechtsvorschriften der Union über kritische Infrastrukturen, kritische Technologien oder kritische Ressourcen, die für die Schutzgüter wesentlich sind, unterfallen. Diese Projekte und Programme von Unionsinteresse sind im Anhang der Verordnung aufgelistet und erfassen etwa transeuropäische Verkehrsnetze sowie die transeuropäische Energie- und die Telekommunikationsinfrastruktur.566

564

Walter, RIW 2019, 473 (479). Dieser Begriff wird näher im Anhang der Screening-Verordnung erläutert, der bereits vor ihrer Geltung erheblich mit einer delegierten Verordnung (Delegierte Verordnung [EU] 2020/1298 der Kommission v. 13. 7. 2019 zur Änderung des Anhangs der Verordnung [EU] 2019/452 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union [ABl L 301 I, S. 1]) erweitert worden ist. S. hierzu näher Schmidt, BB 2021, 1923 (1933); Gerster, in: Niestedt, BeckOKAWR, § 4 AWG (Stand 2022) Rn. 17. 566 Vgl. auch Gerster, in: Niestedt, BeckOK-AWR, § 4 AWG (Stand 2022) Rn. 17. 565

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

C. Verhältnis und Auswirkungen der Screening-Verordnung auf die nationalen Verfahrensregelungen In Anbetracht dieses Regelungsgehalts der Screening-Verordnung erscheint auch ihr Verhältnis zum nationalen Investitionskontrollverfahren in Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung bedeutsam. Da die Verordnung entgegen der Einführung eines eigenständigen unionsrechtlichen Mechanismus die autonomen Regime der jeweiligen Mitgliedstaaten bestätigt,567 tragen allein sie die Verantwortung bei der Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen. Gleichwohl wird die Zusammenarbeit von Mitgliedstaaten und Europäischer Kommission infolge des Informationsaustauschs deutlich erweitert. Die einzelnen Mitgliedstaaten erhalten Anhaltspunkte, welche sie bei ihren Entscheidungen berücksichtigen können, und es wird ein gewisser Rechtsrahmen für die Anforderungen an Überprüfungsmechanismen geschaffen.568 Auch wenn hiermit keine Einschränkung des mitgliedstaatlichen Beurteilungsspielraums bei der Investitionsprüfung verbunden ist,569 wirken sich die bei der Überprüfung zu berücksichtigenden Kommentare anderer Mitgliedstaaten und die Stellungnahmen der Kommission aus Gründen der Unionstreue auf die mitgliedstaatliche Ermessensentscheidung aus. In der Literatur570 wird teilweise sogar eine ermessenslenkende Wirkung erwogen. Beachtlich ist das Verhältnis der Verordnung zu den nationalen Vorschriften auch mit Blick auf die Prüfdauer der sektorübergreifenden Prüfung. Zwar kann der in Art. 6 ScreeningVO normierte Mechanismus für überprüfte Investitionen571 wohl zumeist im zeitlichen Rahmen des nationalen Verfahrens stattfinden:572 Der Kommentar eines Mitgliedstaates ist gem. Art. 6 Abs. 7 ScreeningVO innerhalb von 35 Kalendertagen nach Eingang der Informationen i. S. v. Art. 6 Abs. 1, Art. 9 Abs. 2 ScreeningVO abzugeben. Für deren Bereitstellung wird die nationale Behörde nicht viel Zeit benötigen, stimmen die Informationen doch weitgehend mit den gem. § 14a Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 AWG i. V. m. der Allgemeinverfügung573 genannten überein, welche für den Beginn der zweiten Prüfphase vorliegen müssen. Sofern der andere Mitgliedstaat um zusätzliche Informationen ersucht, hat er seinen Kommentar 20 Kalendertage nach Eingang dieser abzugeben. Der Kommission ist im Anschluss daran nach spätestens fünf Kalendertagen eine Stellungnahme möglich. So beläuft 567

S. bereits Kap. 2 § 2 B. zu Beginn. Schladebach/Becker, NVwZ 2019, 1076 (1079). 569 Lippert, BB 2019, 1538 (1541); Brauneck, EuZW 2018, 188 (194). 570 Walter, RIW 2019, 473 (478). 571 S. schon Kap. 2 § 2 B. IV. 1. 572 So auch Enders, RIW 2020, 652 (659); Walter, RIW 2019, 473 (478). S. zur Verfahrensdurchführung der ersten und zweiten Prüfphase im nationalen Recht Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (2) und (3). 573 Allgemeinverfügung zu den gem. § 14a des Außenwirtschaftsgesetzes, §§ 55a, 58 und 60 der Außenwirtschaftsverordnung einzureichenden Informationen und Unterlagen v. 27. 5. 2021 (BAnz AT 11. 6. 2021 – B 2, berichtigt durch BAnz AT 13. 7. 2021 – B 2). 568

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sich der Kooperationsmechanismus auf 60 Kalendertage, während die nationale Verfahrensfrist der vertieften Prüfung gem. § 14a Abs. 1 Nr. 2 AWG schon ohne Verlängerung vier Monate beträgt. Eine gegenüber den 60 Kalendertagen längere Dauer des unionsrechtlichen Informationsaustauschs kommt lediglich infrage, wenn die ersuchten Informationen erst beschafft werden müssen. In diesem Fall bestünde jedoch gem. § 14a Abs. 4 Satz 1 AWG die Möglichkeit einer Fristverlängerung um weitere drei Monate, sofern das Verfahren besondere Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art aufweist. Folglich ist regelmäßig davon auszugehen, dass der unionsrechtliche Mechanismus nicht zu einer Verlängerung der nationalen Prüffristen führt.574 In Abweichung von dieser Grundannahme kann eine Beeinflussung der sektorübergreifenden Verfahrensfristen allerdings im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden.575 Hinsichtlich dieses Fristverhältnisses wird vertreten, Kommentare und Stellungnahmen könnten nur angemessen berücksichtigt werden, wenn die nationalen Fristen nicht bereits abgelaufen sind.576 Müssten die nationalen Fristen aber noch laufen, bliebe unberücksichtigt, dass die Verordnung gem. Art. 288 Abs. 2 Satz 2 AEUV in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union verbindlich und unmittelbar gilt. Sie genießt gegenüber entgegenstehendem nationalen Recht jedenfalls Anwendungsvorrang,577 sodass eine angemessene Berücksichtigung ungeachtet des Ablaufs nationaler Fristen erforderlich ist.578 Schlussfolgernd ist auch hier ein staatliches Handeln auf Grundlage des Kooperationsmechanismus möglich und notwendig.

574 Anderes könnte für die zweimonatige Frist der Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung gelten, welche gem. Art. 2 Nr. 3 ScreeningVO ebenfalls als „Überprüfung“ i. S. v. Art. 6 ScreeningVO anzusehen ist (s. schon Kap. 2 § 2 B. IV. 1.). Dies könnte insbesondere anzunehmen sein, wenn die Mitgliedstaaten oder die Kommission weitere Informationen ersuchen, vgl. auch Enders, RIW 2020, 652 (659); Lippert, BB 2021, 194 (200); ders., BB 2019, 1538 (1540); Slobodenjuk, BB 2020, 198 (202). Da die Unbedenklichkeitsbescheinigung jedoch nicht für Erwerbe sicherheitsrelevanter Unternehmen gilt, wird hierauf im Folgenden nicht näher eingegangen. 575 Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 265 f.; Link/Becker, RIW 2019, 415 (416); Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 14a AWG (Stand 2022) Rn. 16. 576 Slobodenjuk, BB 2020, 198 (201). 577 Herrmann, ZEuS 2019, 429 (468); v. Roosebeke/Baran, cepAnalyse Nr. 32/2017, S. 4. 578 Enders, RIW 2020, 652 (659); Lippert, BB 2021, 194 (200); ders., BB 2019, 1538 (1542); Spür, COVuR 2020, 516 (520); Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 14a AWG (Stand 2022) Rn. 32.

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

D. Regelungsbedarfe für den deutschen Gesetz- und Verordnungsgeber infolge der Einführung der Screening-Verordnung Es ist der Frage nachzugehen, ob infolge des Inkrafttretens der Screening-Verordnung weitere Regelungen des deutschen Gesetz- und des Verordnungsgebers erforderlich sind. Unter Berücksichtigung der Regelung in Art. 288 Abs. 2 AEUV verlangt die Verordnung keine zwingende Änderung des nationalen Rechts.579 Eine solche ist insbesondere auch nicht deshalb notwendig, weil die Vorschriften in Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung nicht mit der unionsrechtlichen Verordnung in Einklang stehen580 oder diese für die nationalen Mechanismen Umsetzungs- oder Vollzugserfordernisse normiert.581 Gleichwohl wurde zu weiteren Änderungen des Außenwirtschaftsgesetzes sowie der Außenwirtschaftsverordnung mit dem Ziel der Schaffung einer erhöhten Transparenz geraten,582 denen der deutsche Gesetz- und der Verordnungsgeber bereits teilweise nachgekommen sind. Beispielsweise werden mit Einführung investorbezogener Prüfkriterien in § 55a Abs. 3 AWV583 die Anforderungen des Transparenzerfordernisses in Art. 3 Abs. 2 ScreeningVO gewahrt. Ferner erfolgte eine Anpassung der prüfungsrelevanten zielunternehmerischen Merkmale an Art. 4 Abs. 1 ScreeningVO.584 Auch die Herabsetzung des Prüfmaßstabs „Gefährdung“ auf „voraussichtliche Beeinträchtigung“ der Schutzgüter ist als Ausschöpfung des von der Verordnung geschaffenen Spielraums einzuordnen.585 Ferner wurde klargestellt, dass neben der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik auch selbige anderer Mitgliedstaaten sowie von Projekten oder Programmen von Unionsinteresse zu berücksichtigen sind.586 Betreffend das nationale Prüfverfahren wäre eine Regelung wünschenswert, nach der Kommentare anderer Mitgliedstaaten und Stellungnahmen der Kommission im Zusammenhang mit dem unionsrechtlichen Kooperationsmechanismus587 in angemessener Weise zu berücksichtigen sind. Auch wäre eine entsprechende Vorschrift in Bezug auf solche Kommentare und Stellungnahmen hilfreich, denen mit dem Wortlaut des Art. 8 ScreeningVO umfassend Rechnung zu tragen ist.588 Wenn auch 579

So auch Slobodenjuk, BB 2020, 198 (199). Insoweit verlangt der Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit die Aufhebung unionsrechtswidrigen nationalen Rechts, vgl. Urt. v. 4. 6. 2002 – Rs. C-483/99 Kommission/ Frankreich, ECLI:C:2002:327 Rn. 50; EuGH, Urt. v. 25. 1. 2007 – Rs. C-370/05 Festersen, ECLI:EU:C:2007:59 Rn. 43; Herrmann, ZEuS 2019, 429 (468) m. w. N. 581 So auch Herrmann, ZEuS 2019, 429 (468). 582 Herrmann, ZEuS 2019, 429 (469, 471); Link/Becker, RIW 2019, 415 (419). 583 Kap. 2 § 1 A., Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) cc). 584 Kap. 2 § 1 A., Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) bb). 585 Kap. 2 § 1 A., Kap. 2 § 1 B. II. 2. d). 586 Kap. 2 § 1 A., Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) aa). Vgl. auch Walter, RIW 2019, 473 (477 f.). 587 Kap. 2 § 2 B. IV. 588 Schuelken/Sichla, DÖV 2020, 961 (963). 580

§ 3 Einordnung der nationalen Entwicklung im internationalen Vergleich

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wegen der unmittelbaren Anwendbarkeit der Verordnung nicht zwingend notwendig, käme einer entsprechenden Regelung klarstellender Charakter zu.589 Weitere Regelungsbedarfe auf nationaler Ebene könnten sich aus der im Oktober 2023 zu veröffentlichen Evaluierung der Screening-Verordnung ergeben,590 die die von der OECD in ihrem im Jahre 2022 veröffentlichten Gutachten als verbesserungswürdig eingestuften Aspekte aufgreifen wird.591

§ 3 Einordnung der nationalen Entwicklung anhand eines Überblicks zu den Rechtsrahmen der Investitionskontrolle im internationalen Vergleich Bevor eine Überprüfung der nationalen Investitionskontrollvorschriften auf ihre Vereinbarkeit mit dem Verfassungs- und europäischen Unionsrecht erfolgt, widmet sich dieser Abschnitt den Rechtsrahmen von Beschränkungen ausländischer Direktinvestitionen in den Niederlanden, in Frankreich, Österreich, dem Vereinigten Königreich und in den Vereinigten Staaten von Amerika. Ziel dieses internationalen Vergleichs ist, anhand der überblicksartig dargestellten Investitionskontrollmechanismen die Parallelen und Unterschiede gegenüber den deutschen Vorschriften aufzuzeigen. Auf diese Weise können die jüngsten Verschärfungen der Beschränkungsmöglichkeiten ausländischer Direktinvestitionen in Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung auf internationaler Ebene eingeordnet werden. Namentlich die sich gegenüber den nachstehend vorgestellten Rechtsrahmen anderer Staaten ergebenden Verschärfungen des nationalen Investitionsprüfmechanismus finden bei der Überprüfung ihrer Verfassungs- (Kapitel 3) und Unionsrechtskonformität (Kapitel 4) besondere Beachtung. Insgesamt haben seit Ausbruch der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 57 Prozent aller OECD Staaten ihre Investitionsprüfmechanismen überarbeitet oder ent-

589 Enders, RIW 2020, 652 (653); Herrmann, ZEuS 2019, 429 (469); Höfler/Heidemann, AW-Prax 2020, 465 (466). 590 Erwägungsgrund 34 sowie Art. 15 Abs. 1 Satz 1 ScreeningVO. Vgl. bereits für erste Änderungsvorschläge der europäischen Verordnung Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 268 f.; Schuelken, Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieninfrastrukturen, 2021, S. 162 ff.; Salaschek, BB 2022, 1609 (1614 ff.). 591 OECD, Framework for Screening Foreign Direct Investment into the EU, Assessing effectiveness and efficiency, 2022, S. 63 ff., https://www.oecd.org/investment/investment-poli cy/oecd-eu-fdi-screening-assessment.pdf; vgl. hierzu auch Rudra/Kemp, Two years on… notable encancement in the EU foreign investment screening landscape, but shortfalls remain, Linklaters v. 11. 11. 2022, https://www.linklaters.com/en/insights/blogs/foreigninvestment links/2022/november/two-years-on-notable-enhancement-in-the-eu-foreign-investment-scree ning-landscape (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023).

136

Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

sprechende Gesetzgebungsverfahren initiiert.592 Daneben etablierte beispielsweise auch die Volksrepublik China 2021 erneut strengere Investitionskontrollvorschriften,593 nachdem zwischenzeitlich mehr Transparenz und eine Abmilderung der Regelungen angestrebt wurde.594 Die Volksrepublik ist weltweit bereits zuvor als eine der restriktivsten Regionen in Bezug auf ausländische Direktinvestitionen sowohl in chinesische Unternehmen als auch chinesischer Investitionen ins Ausland595 angesehen worden.596 Die nachstehenden Untersuchungen belegen die allgemeine Tendenz zur Etablierung strengerer Investitionsprüfmechanismen. Daneben werden zwei entscheidende Alleinstellungsmerkmale des nationalen Rechtsrahmens deutlich: Erstens ermöglichen alle nachstehend vorgestellten Mechanismen eine (teilweise erheblich) kürzere Prüfdauer. Zweitens erfolgte – dies ist vor dem Hintergrund der kürzeren Prüfdauer umso beachtlicher – anders als im Außenwirtschaftsgesetz und in der Außenwirtschaftsverordnung in keinem der untersuchten Rechtsrahmen eine Abkehr597 vom Gefährdungsbegriff hin zum Maßstab „voraussichtlichen Beeinträchtigung außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter“. Jüngere Entwicklungen belegen außerdem, dass sich ausländische Gesetz- und Verordnungsgeber weitere Handlungsanweisungen für den Umgang mit den Investitionsprüftatbeständen etabliert haben, um so die Rechtssicherheit zu erhöhen.598

592

Barth/Klaaßen-Kaiser/Klingen, USA erweitern Investitionskontrolle, Börsenzeitung v. 5. 12. 2020, https://www.boersen-zeitung.de/usa-erweitern-investitionskontrolle-55ec6cea-e4 d3-4f24-8ced-3172596d3afd?read=true (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 593 O’Melveny & Myers, China Expands National Security Review of Foreign Investments, Bericht v. 12. 1. 2021, https://www.omm.com/resources/alerts-and-publications/alerts/china-exp ands-national-security-review-of-foreign-investments/ (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Einen allgemeinen Verschärfungstrend, in den sich unter anderem auch China einfügt, bemerken ebenfalls Jungkind/Bormann, DK 2020, 369 (370). 594 Vgl. zeitlich absteigend UNCTAD, World Investment Report 2020, S. 102, https://unc tad.org/system/files/official-document/wir2020_en.pdf; dies., World Investment Report 2019, S. 87 f., https://unctad.org/en/PublicationsLibrary/wir2019_en.pdf; dies., World Investment Report 2018, S. 81, https://unctad.org/en/PublicationsLibrary/wir2018_en.pdf; dies., World Investment Report 2016, S. 90 f., https://unctad.org/en/PublicationsLibrary/wir2016_en.pdf (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 595 Grieger, Briefing: Foreign direct investment screening, A debate in light of China-EU FDI flows, 2017, S. 10, https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/BRIE/2017/603941/ EPRS_BRI(2017)603941_EN.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). S. auch Bu, Chinesische Outbound-Investitionen in Deutschland, 2014, S. 8 ff. 596 Bickenbach/Wan-Hsin, CESifo Forum 04/2018, 15 (15 ff.); Link/Becker, RIW 2019, 415 (415); Söhner, RIW 2011, 454 (456); Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWRKommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 156. 597 Im französischen Regime wird allerdings bereits seit einigen Jahren anhand des Maßstabs einer voraussichtlichen Beeinträchtigung geprüft, vgl. unten Kap. 2 § 3 B. 598 So zuletzt im Herbst 2022 für das französische und für das amerikanische Regime, vgl. nachfolgend Kap. 2 § 3 B. und E.

§ 3 Einordnung der nationalen Entwicklung im internationalen Vergleich

137

Eine konkrete Ursache jener Alleinstellungsmerkmale des deutschen Regimes liegt nicht unmittelbar auf der Hand. Maßgeblich dürfte unter anderem insbesondere sein, dass ausländische Direktinvestitionen hierzulande im Vergleich sehr kritisch gesehen werden. Dies belegt schon Deutschlands Anstoß zur Etablierung eines Rechtsrahmens auf Unionsebene.599 Hintergrund dieser Haltung mag insbesondere Deutschlands starke Stellung in der Exportwirtschaft sowie die Anzahl der „Hidden Champions“ sein, die in Nischen-Marktsegmenten Europa- oder Weltmarktführer sind. Dieses Verständnis hat – vergegenwärtigt man sich die Debatten im Kontext des chinesischen Anteilserwerbs des Hamburger Hafenterminals –600 mittlerweile die breite Bevölkerung erreicht hat, womit der Politik größere Rechtfertigungshürden bei der Freigabe ausländischer Direktinvestitionen auferlegt werden. Hinzu kommt jedenfalls im europäischen Vergleich, dass den deutschen Regelungen eine Vorreiterrolle im Trend zunehmend verschärfter Beschränkungsmöglichkeiten von Direktinvestitionen zugeschrieben wird.601 Vor dem Hintergrund dieser Vorreiterrolle Deutschlands darf man auf künftige Entwicklungen gespannt sein. Es könnte allerdings auch Gründe dafür geben, den Verschärfungen der Investitionsprüfregime nicht (weiter) nacheifern zu wollen, sobald das für die Wirtschaft erträgliche Maß überschritten wird. Diese Überlegung könnte insbesondere im speziellen Medienbereich angebracht sein, berücksichtigt man die vehemente Kritik am jüngst beschlossenen polnischen Mediengesetz, welchem sich dieser Abschnitt der vorliegenden Studie am Ende mit einem Exkurs widmet.

A. Rechtsrahmen der Investitionskontrolle in den Niederlanden Die Niederlande zählen weltweit beständig zu den drei größten Volkswirtschaften, in die ausländische Direktinvestitionen erfolgen; entgegen einem allgemeinen Rückgang im Jahr 2019 stieg ihre Zahl hier.602 Aus internationaler Perspektive wird in den Niederlanden ein großer Wert auf die Wahrung ihres Rufes als eine investitionsfreundliche Nation gelegt.603 Bislang fehlte es an einem allgemeinen formellen Investitionsprüfmechanismus, lediglich Erwerbe im Gas- und im Elektrizitätssektor konnten untersucht und aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ver-

599

Vgl. bereits weiter oben Kap. 2 § 2 A. S. schon eingangs zu Kap. 1. 601 S. hierzu Barth/Käser, NZG 2021, 813 (814). 602 UNCTAD, World Investment Report 2019, S. 3, https://unctad.org/en/PublicationsLib rary/wir2019_en.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vgl. zum allgemeinen Rückgang schon Kap. 1 § 1. 603 U.S. Department of State, 2019 Investment Climate Statements: Netherlands, https:// www.state.gov/reports/2019-investment-climate-statements/netherlands/ (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 600

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

boten werden.604 Außerdem waren gewisse Beschränkungen von Investitionen in Sektoren mit nationalem Interesse, denen etwa Verkehr, Energie, Verteidigung sowie öffentlich-rechtlicher Rundfunk und Medien zuzuordnen sind, möglich.605 Ein zum 1. März 2020 rückwirkend in Kraft getretenes Gesetz606 führte für ausländische Direktinvestitionen in den Telekommunikationssektor unter anderem eine spezielle Meldepflicht im Fall einer überwiegenden Kontrollerlangung mit maßgeblicher Einflussnahme ein.607 Darüber hinaus dient eine seit Dezember 2020 geltende Novelle608 zur Umsetzung der Screening-Verordnung,609 wobei lediglich solche Aspekte geregelt wurden, die zur wirksamen Verordnungsanwendung, insbesondere des Kooperationsmechanismus610, notwendig sind. Zudem erfolgte eine Fristverlängerung für die Benachrichtigungspflicht einer Partei, die einen relevanten Einfluss im Telekommunikationssektor erwerben möchte, wenn diese in den Geltungsbereich der Screening-Verordnung fällt.611 Weitreichende Änderungen treten demgegenüber voraussichtlich im Jahr 2023 in Kraft:612 Ein von der niederländischen Regierung veröffentlichter Gesetzesent604 Europäische Kommission, List of Screening Mechanisms Notified by Member States, zul. überarb. am 10. 5. 2022, https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2019/june/tradoc_157946. pdf. Vgl. auch Arif, The EU Investment Screening Regulation, Kneppelhout v. 11. 10. 2019, https://www.kneppelhout.nl/actueel/the-eu-investment-screening-regulation (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 605 Grieger, Briefing: Foreign direct investment screening, A debate in light of China-EU FDI flows, 2017, S. 6 f., https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/BRIE/2017/603941/ EPRS_BRI(2017)603941_EN.pdf; U.S. Department of State, 2019 Investment Climate Statements: Netherlands, https://www.state.gov/reports/2019-investment-climate-statements/nether lands/ (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 606 Wet ongewenste zeggenschap telecommunicatie v. 20. 5. 2020, Staatsblad 2020, S. 165. 607 Stek, Foreign direct investment screening in the Netherlands – FAQ v. 7. 7. 2021, https:// stek.com/de/foreign-direct-investment-screening-in-nederland-faq-2/ (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 608 Uitvoeringswet screeningsverordening buitenlandse directe investeringen v. 4. 12. 2020, Staatsblad 2020, S. 401. 609 Stibbe, Publicatie en inwerkintreding Uitvoeringswet Screeningsverordening buitenlandse directe investeringen, Bericht v. 29. 1. 2021, https://www.stibbe.com/en/news/2021/janu ary/publicatie-en-inwerkingtreding-uitvoeringswet-screeningsverordening-buitenlandse-dir ecte-investerin (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 610 Vgl. zum Kooperationsmechanismus Kap. 2 § 2 B. IV. 611 Schaufeli/v. Meijenfeldt/v. der Vet, Screening of foreign direct investments coming closer, NautaDutilh v. 24. 12. 2019, https://www.nautadutilh.com/en/information-centre/news/ screening-of-foreign-direct-investments-coming-closer (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 612 Prompers et al., Foreign investment control in the Benelux… Part 2 – The Netherlands initiates a general investment screening regime, Linklaters v. 6. 10. 2022, https://www.linkla ters.com/en/insights/blogs/foreigninvestmentlinks/2022/october/the-netherlands-initiates-a-ge neral-foreign-investment-screening-regime; Prompers/Smit, New Dutch FI regime on the horizon – what you need to know, Linklaters v. 8. 9. 2021, https://www.linklaters.com/en/insights/ blogs/foreigninvestmentlinks/2021/september/new-dutch-fi-regime-on-the-horizon–what-youneed-to-know (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023).

§ 3 Einordnung der nationalen Entwicklung im internationalen Vergleich

139

wurf613 ermöglicht in Orientierung am deutschen und amerikanischen Rechtsrahmen614 insbesondere eine Prüfung des Erwerbs kritischer Infrastrukturen und sensibler Technologien. Ferner bringt er eine Erweiterung des geltenden Kontrollmechanismus in bestimmten Bereichen wie der Telekommunikation mit sich, wobei jenen weiterhin Vorrang gegenüber dem allgemeineren Mechanismus eingeräumt wird.615 Maßgeblich ist gem. Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes die Erlangung von „Kontrolle“ oder „erheblichen Einflusses“ auf das Zielunternehmen, dem auch der Erwerb einer zehnprozentigen Beteiligung unterfällt.616 Hier zeigt sich eine Ähnlichkeit zu § 56 Abs. 1 Nr. 1 AWV.617 Anders als im deutschen Regime sollen die Regelungen auch auf Erwerbe durch Investoren aus den Niederlanden selbst oder aus anderen Staaten der Europäischen Union Anwendung finden.618 Eine Gemeinsamkeit ist indes darin zu erblicken, dass nicht alle Branchen des Art. 4 Abs. 1 ScreeningVO619 in den niederländischen Mechanismus übernommen wurden.620 Medienunternehmen werden im Gegensatz zu § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV621 nicht in Art. 3 des niederländischen Gesetzes aufgeführt, jedoch bezwecken bereits die eingangs umschriebenen spezielleren Regelungen einem Schutz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der Medien. Gem. Art. 7 sind wie in § 55a Abs. 3 AWV622 bestimmte investorbezogene Kriterien besonders bei der Investitionsprüfung zu berücksichtigen. 613

Parlementaire Monitor, Wetsvorsteel wet toetsing economie et nationale veiligheid v. 8. 9. 2020, https://www.parlementairemonitor.nl/9353000/1/j9vvij5epmj1ey0/vlbx6h77lwzk (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 614 De Brauw/Blackstone/Westbroek, Foreign investment screening in Dutch vital sectors – what we know so far, Bericht v. 14. 10. 2020, https://www.debrauw.com/articles/foreign-invest ment-screening-in-dutch-vital-sectors-what-we-know-so-far (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 615 Prompers/Smit, New Dutch FI regime on the horizon – what you need to know, Linklaters v. 8. 9. 2021, https://www.linklaters.com/en/insights/blogs/foreigninvestmentlinks/2021/ september/new-dutch-fi-regime-on-the-horizon–what-you-need-to-know (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 616 Prompers/Smit, New Dutch FI regime on the horizon – what you need to know, Linklaters v. 8. 9. 2021, https://www.linklaters.com/en/insights/blogs/foreigninvestmentlinks/2021/ september/new-dutch-fi-regime-on-the-horizon–what-you-need-to-know; Stek, Foreign direct investment screening in the Netherlands – FAQ v. 7. 7. 2021, https://stek.com/de/foreign-directinvestment-screening-in-nederland-faq-2/ (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 617 Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (1). 618 Prompers/Smit, New Dutch FI regime on the horizon – what you need to know, Linklaters v. 8. 9. 2021, https://www.linklaters.com/en/insights/blogs/foreigninvestmentlinks/2021/ september/new-dutch-fi-regime-on-the-horizon–what-you-need-to-know; Stek, Foreign direct investment screening in the Netherlands – FAQ v. 7. 7. 2021, https://stek.com/de/foreign-directinvestment-screening-in-nederland-faq-2/ (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 619 Kap. 2 § 2 B. II. 3. b). 620 Prompers/Smit, New Dutch FI regime on the horizon – what you need to know, Linklaters v. 8. 9. 2021, https://www.linklaters.com/en/insights/blogs/foreigninvestmentlinks/2021/ september/new-dutch-fi-regime-on-the-horizon–what-you-need-to-know (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vgl. zum deutschen Recht Kap. 2 § 1 A. 621 Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) bb) und Kap. 2 § 1 C. 622 Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) cc).

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

Geprüft wird ein Risiko für die nationale Sicherheit, welche ihrerseits gem. Art. 1 des Entwurfs als „öffentliche Sicherheit gem. (…) Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) AEUV in den Niederlanden und wesentliche Interessen der Staatssicherheit gem. Art. 346 Abs. 1 Buchst. a) AEUV in den Niederlanden“ zu verstehen ist. Mit dem Verweis auf Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) AEUV ist demnach wie auch im ehemaligen deutschen Mechanismus der Maßstab einer tatsächlichen und hinreichend schweren Gefährdung gesellschaftlicher Grundinteressen anzulegen.623 Ferner könnte der Begriff „Risiko“ auf einen gegenüber „voraussichtliche Beeinträchtigung“624 eher höheren Prüfmaßstab schließen lassen. Schließlich macht die fehlende Erwähnung der öffentlichen Ordnung einen Unterschied sowohl zum deutschen Regime als auch zur ScreeningVO aus.625 Für bestimmte Transaktionen ist in Art. 5 Abs. 1 wie im nationalen Mechanismus626 eine Meldepflicht vorgesehen. Gem. Art. 6 Abs. 1 folgt der Meldung eine achtwöchige Prüffrist, welche um höchstens sechs Monate verlängert werden kann. Somit beläuft sich die Regelfrist auf zwei im Vergleich zu sechs Monaten im deutschen Verfahren, im Falle einer Verlängerung beträgt die Frist acht im Gegensatz zu zehn Monaten.627 Als verfahrensabschließende Entscheidung kann ausweislich Art. 8 ebenfalls628 eine Untersagung oder Anordnung ergehen.629 Schlussfolgernd strebt das jüngere Gesetzesvorhaben in den Niederlanden einen Gegenkurs zu dem einst liberalen Umgang mit ausländischen Direktinvestitionen an,630 der seine Begründung nur teilweise in der Screening-Verordnung finden kann. Mit der Etablierung eines allgemeinen Investitionsprüfmechanismus gehen die Gesetzesvorhaben ebenfalls weit über den von der Verordnung zwingend vorgegebenen Rahmen hinaus, wählen andererseits jedoch einen anderen Prüfgegenstand und -maßstab. In Anbetracht des grundsätzlich offenen Investitionsklimas erwarten Stimmen aus der Praxis aber jedenfalls eine Beschränkung der vorgeschlagenen

623

Kap. 4 § 2 C. II. Vgl. zum deutschen Prüfmaßstab früher und heute Kap. 2 § 1 B. II. 2. d). 625 Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) aa) und Kap. 2 § 2 B. II. 3. a). 626 Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (1). 627 Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (2) und (3). 628 Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) bb) (2) und (3). 629 Stibbe, Publicatie en inwerkintreding Uitvoeringswet Screeningsverordening buitenlandse directe investeringen, Bericht v. 29. 1. 2021, https://www.stibbe.com/en/news/2021/janu ary/publicatie-en-inwerkingtreding-uitvoeringswet-screeningsverordening-buitenlandse-dir ecte-investerin (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 630 So auch Erickson, Recent Developments in the EU Foreign Direct Investment Screening, Center for Strategic and International Studies v. 19. 4. 2021, https://www.csis.org/blogs/ strategic-technologies-blog/recent-developments-eu-foreign-investment-screening (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 624

§ 3 Einordnung der nationalen Entwicklung im internationalen Vergleich

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Regelungen auf außergewöhnliche Investitionen mit einer ernsthaften Bedrohung für die nationale Sicherheit der Niederlande.631

B. Rechtsrahmen der Investitionskontrolle in Frankreich In Frankreich normiert der Code monétaire et financier632 eine Prüfung ausländischer Direktinvestitionen aus Gründen der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen Sicherheit oder der nationalen Verteidigung.633 Auch in Deutschland sind für das sektorübergreifende Verfahren die öffentliche Ordnung oder Sicherheit sowie für das sektorspezifische Verfahren wesentliche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik beachtlich, wobei letzterer Bereich insbesondere Rüstungsgüter und damit ebenfalls den Verteidigungsbereich betrifft.634 Wie im deutschen635 ist im französischen Regime die Nationalität des Erwerbers, der Umfang der erlangten Kontrolle sowie die Branche des Zielunternehmens relevant. Es wird zwischen Investoren aus der Europäischen Union bzw. aus Staaten der Europäischen Freihandelsassoziation und Investoren aus Ländern außerhalb der Union unterschieden. Für den Erwerb eines Unternehmens bestimmter Sektoren benötigen alle ausländischen Investoren eine vorherige Erlaubnis.636 Entgegen dem französischen Konsensprinzip637 differenzieren § 15 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 AWG hingegen zwischen auflösend bedingtem schuldrechtlichen und schwebend unwirksamem dinglichen Rechtsgeschäft.638 Ein gegenüber der Genehmigungsversagung durch den französischen Wirtschaftsminister milderes Mittel ist ihre Erteilung unter Auflagen oder Bedingungen;639 ähnlich verhält es sich auf Grundlage von § 59 Abs. 1 AWV.640 Die Liste genehmigungsbedürftiger Erwerbe erfuhr 2014 eine erhebliche Ausdehnung,641 indem die bis dahin erfassten Bereiche Verteidigung und IT um Energie, 631

De Kok, Key elements of the upcoming FDI regime in the Netherlands, Allen Overy v. 14. 7. 2021, https://blog.allenovery.com/aoblog/corporate_nl/upcoming-fdi-regime-in-the-ne therlands (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 632 Art. L-151 – 3 Abs. 1 Buchst. a) Code monétaire et financier i. d. F. v. 24. 5. 2019, zul. geändert durch Loi n82019 – 486 v. 22. 5. 2019, JORF n80119 v. 23. 5. 2019. 633 Vgl. auch Dehne, Investitionskontrolle in Deutschland, 2022, S. 117 ff. 634 Kap. 2 § 1 B. II. 1. 635 Kap. 2 § 1 B. II. 2. b) aa), Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) und Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) bb). 636 Art. L151 – 3 Code monétaire et financier; Wiking Häger/Dackö, EU FDI-Screening – Legal Considerations, Juni 2017, S. 3, https://www.mannheimerswartling.se/app/uploads/2017/ 06/msa_nyhetsbrev_eu_fdi_mechanism_a4_final.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 637 Vgl. Unterscheidung von Konsens-, Trennungs- und Abstraktionsprinzip mit Bezugnahme auf verschiedene Rechtsordnungen Wacke, ZEuP 2000, 254 (254 ff.) m. w. N. 638 Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) aa). 639 Link/Becker, RIW 2019, 415 (422). 640 Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) bb) (1). 641 Décret n82014 – 479 v. 14. 5. 2014, JORF n80112 v. 15. 5. 2014.

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

Transport, Wasser, Gesundheit und Telekommunikation erweitert wurden.642 Vier Jahre später erfolgten weitere Verschärfungen.643 Daraufhin wurde im Jahr 2019 ein Aktionsplan für Wachstum und Transformation der Unternehmen beschlossen, welcher die Durchsetzungsbefugnisse der französischen Behörden bei der Beschränkung ausländischer Direktinvestitionen stärkte und der Umsetzung der Screening-Verordnung diente.644 Die neuen Vorschriften645 beziehen weitere strategische Sektoren ein, es wurden bestimmte Konzepte verfeinert und ein klarerer Überprüfungsrahmen geboten.646 Der Katalog genehmigungsbedürftiger Bereiche wurde um Raumfahrt, Cyber-Sicherheit, Robotonik, Halbleiter, additive Herstellungsprozesse sowie um die Print- und Digitalpresse erweitert.647 Neben dem Erwerber kann auch das Zielunternehmen prüfen, ob ein Genehmigungsvorbehalt gilt.648 Ferner erfolgten begriffliche Anpassungen sowie eine Herabsetzung der für eine Genehmigung relevante Erwerbsschwelle von 33,33 Prozent auf 25 Prozent.649 Trotz des bereits umfangreichen Rechtsrahmens zur Beschränkung ausländischer Direktinvestitionen setzte eine Novelle im April 2020 die maßgebliche Beteiligungsschwelle der für unionsfremde Investoren von 25 auf zehn Prozent herab, wenn das Zielunternehmen börsennotiert ist.650 Infolge einer Verlängerung entfaltete diese Regelung bis Ende 2021 Wirkung.651 Demgegenüber gilt die in § 56 Abs. 1 Nr. 1 bzw. 642

Link/Becker, RIW 2019, 415 (422). Loi n82018 – 1057 v. 1. 12. 2018, JORF n80278 v. 1. 12. 2018. Vgl. auch UNCTAD, World Investment Report 2019, S. 97, https://unctad.org/en/PublicationsLibrary/wir2019_en. pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 644 Gouvernement français, Plan d’action pour la croissance et la transformation des entreprises, September 2019, https://www.economie.gouv.fr/files/files/2019/PACTE_Juin2019/broa4-pacte.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vgl. auch Bierwagen/v. Wistinghausen, BB 2020, 1986 (1987). 645 Loi n82019 – 486 v. 22. 5. 2019, JORF n80119 v. 23. 5. 2019. 646 Berg/Nègre-Eveillard, New expansion and clarification of Foreign Direct Investments control regime in France, White and Case v. 13. 1. 2020, https://www.whitecase.com/publicati ons/alert/new-expansion-and-clarification-foreign-direct-investments-control-regime-france (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 647 CMS, Foreign Investment Control in France, What will change from April 1, 2020, Bericht v. 10. 2. 2020, https://cms.law/en/fra/news-information/foreign-investments-control-infrance (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 648 Link/Becker, RIW 2019, 415 (422). 649 Berg/Nègre-Eveillard, New expansion and clarification of Foreign Direct Investments control regime in France, White and Case v. 13. 1. 2020, https://www.whitecase.com/publicati ons/alert/new-expansion-and-clarification-foreign-direct-investments-control-regime-france (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 650 Schwarzer, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik, Stellungnahme zur Anho¨ rung ¨ nderung im Ausschuss fu¨ r Wirtschaft und Energie zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur A des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Gesetze am 13. 5. 2020 (AusschussDrucks. 19[9] 599), S. 5, https://www.bundestag.de/resource/blob/695492/74e2d9cedf05364f81fbee9c39e2 96af/sve-schwarzer-data.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 651 Europäische Kommission, Commission Staff Working Document, Screening of FDI into the Union and its Member States, Accompanying Document, Report from the Commis643

§ 3 Einordnung der nationalen Entwicklung im internationalen Vergleich

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Nr. 2 AWV für Katalogunternehmen angelegte zehn- bzw. 20-Prozent-Prüfschwelle auf unbestimmte Zeit.652 Weiterhin sollten an Stelle der Print- und Digitalpresse sämtliche Medien- und Presseaktivitäten653 als besonders sensibel angesehen werden, worin sich eine Parallele zu § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWVerkennen lässt.654 Auffällig ist schließlich die zu § 56 Abs. 3 AWV einheitliche Verwendung des Begriffs „Kontrolle“.655 Für den Prüfmaßstab ist im Französischen der Begriff „porter atteinte à“, ins Deutsche übersetzt „antasten“ oder „beeinträchtigen“, entscheidend.656 Zwar verwendet eine inoffizielle Übersetzung des Finanzministeriums den Begriff „jeopardise“,657 welcher im Deutschen als „gefährden“ verstanden wird;658 die offizielle französische Übersetzung der Screening-Verordnung spricht dagegen in Art. 4 wiederum von „porter atteinte à“659. Diese Erwägungen sprechen dafür, dass der Prüfmaßstab im französischen Mechanismus gegenüber dem einer Gefährdung geringer ist. Indes war der französische Begriff bereits seit 2004 und damit lange vor Einführung der Screening-Verordnung für den Prüfmaßstab festgeschrieben,660 dessen Herabsetzung erfolgte anders als im deutschen Recht661 nicht.

sion to the European Parliament and the Council, First Annual Report on the screening of foreign direct investments into the Union v. 23. 11. 2021, SWD(2021) 334 final, S. 29, https:// eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=SWD:2021:0334:FIN:EN:PDF; Reuters, EXCLUSIVE France extends tougher screening on foreign investments through 2021, Bericht v. 18. 12. 2020, https://www.reuters.com/business/finance/exclusive-france-extends-tougherscreening-foreign-investments-through-2021-2020-12-18/ (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 652 Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (1). 653 Dentons, New French Foreign Investments Screening Scheme, Bericht v. 18. 9. 2020, https://www.dentons.com/en/insights/alerts/2020/september/18/new-french-foreign-invest ments-screening-scheme (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 654 S. insbesondere zur tatbestandlichen Streichung der Verbreitungswege Kap. 2 § 1 C. I. 655 So auch Barth/Käser, NZG 2021, 813 (819); Schuelken/Sichla, BB 2021, 1480 (1486); s. zum nationalen Recht schon Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (3). 656 Pons Wörterbuch, porter atteinte à, https://de.pons.com/übersetzung/französischdeutsch/porter+atteinte+à (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 657 French Treasury/FDI screening unit, Unofficial translation, Monetary and Financial Code, Legislative Section, https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2020/march/tradoc_158692. pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 658 Leo Wörterbuch, jeopardise, https://dict.leo.org/englisch-deutsch/jeopardise; so auch im amerikanischen Englisch: Pons Wörterbuch, jeopardize, https://de.pons.com/übersetzung/eng lisch-deutsch/jeopardize (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 659 Hierzu vgl. bereits Kap. 2 § 2 B. II. 4. 660 Vgl. zu den vorherigen Versionen von Art. L-151 – 3 Abs. 1 Buchst. a) Code monétaire et financier unter https://www.legifrance.gouv.fr/codes/section_lc/LEGITEXT000006072026/ LEGISCTA000006153982/?anchor=LEGIARTI000038589686#LEGIARTI000038589686 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 661 Kap. 2 § 1 B. II. 2. d).

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

Die Prüffristen betragen einen Monat zuzüglich weiterer 45 Tage im Falle einer vertieften Untersuchung.662 Folglich ist der Zeitraum des sektorübergreifenden Mechanismus nach deutschem Recht bereits ohne die weitere Verlängerungsmöglichkeiten mehr als doppelt so lang wie der im französischen Mechanismus gewährte Zeitraum.663 Abschließend sieht sich das französische Investitionsprüfregime stetigen Verschärfungen ausgesetzt, welche ähnlich wie im deutschen Recht zumindest teilweise auf die Einführung der Screening-Verordnung zurückzuführen sind.664 Beachtlich erscheint in diesem Zusammenhang, dass der Prüfmaßstab „voraussichtliche Beeinträchtigung“ bereits seit langer Zeit im französischen Mechanismus etabliert ist. Auch wurden die prüfrelevante Beteiligungsschwelle in gewissen Bereichen auf zehn Prozent herabgesetzt und Medienunternehmen ebenfalls als besonders schützenswert angesehen. Dass sich die Anzahl überprüfter Direktinvestitionen auch in Frankreich von 2017 bis 2020 mehr als verdoppelt hat,665 vermag in Anbetracht der jüngeren Entwicklungen nicht zu überraschen. Beachtlich sind allerdings die im September 2022 veröffentlichten Leitlinien, die Unklarheiten der nationalen Regelungen entgegenwirken sollen.666

C. Rechtsrahmen der Investitionskontrolle in Österreich Diesem allgemeinen Trend in der Europäischen Union fügt sich auch der österreichische Investitionsprüfmechanismus ein. Hier unterlagen ausländische Direktinvestitionen bereits seit dem Jahr 2011 einem Genehmigungsvorbehalt667, sofern das 662

Luke, RIW 2021, Heft 3, Die Erste Seite; Trapp, EuZW 2020, 964 (971). Vgl. zum deutschen Prüfverfahren Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa). 664 Thoms, EWS 2021, Heft 1, Die Erste Seite. 665 UNCTAD, World Investment Report 2021, S. 115, https://unctad.org/system/files/offi cial-document/wir2021_en.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Auch in Deutschland hat sich die Anzahl geprüfter Erwerbe von 2017 bis 2020 mehr als verdoppelt, s. schon Kap. 1 § 1. Vgl. auch weiterführend Xueref-Poviac für einen aktuelleren Rückblick auf die zunehmenden Beschränkungen ausländischer Direktinvestitionen in Frankreich (Xueref-Poviac, Recent developments in the French FDI screening regime, 2022, S. 4). 666 Ministère de l’économie, des finances et de la souveraineté industrielle et numérique, Lignes directrices relatives au contrôle des investissements étrangers en France, September 2022, https://www.tresor.economie.gouv.fr/Articles/314615b9-70b9-417f-bb94-5dd1437e7418/ files/a81a841b-dc55-4685-af34-213bb0bd88cc. S. ferner Barth/dos Santos Goncalves/Käser, DB Beilage 03/2022, 42 (43); Guillot/Sikorav, French FDI Guidelines: Key Takeaways, Linklaters v. 21. 9. 2022, https://www.linklaters.com/en/insights/blogs/foreigninvestmentlinks/2 022/september/french-fdi-guidelines-key-takeaways (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). Eine größere Transparenz des behördlichen Prüfverfahrens wird auch im deutschen Recht gefordert, vgl. dazu weiter unten Kap. 5 § 3. 667 Wie auch das französische (vgl. hierzu schon zuvor Kap. 2 § 3 B.) verlangt das österreichische Recht keine dingliche Einigung, sondern lediglich eine Übergabe. So ist auch hier 663

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Zielunternehmen in einem die öffentliche Sicherheit und Ordnung i. S. v. Art. 52 und Art. 65 Abs. 1 AEUV betreffenden Bereich tätig war.668 Das Regime erfuhr im Jahr 2020 mit dem Investitionskontrollgesetz669 einen Schnitt:670 Die Gestalt des einheitlichen Investitionskontrollgesetzes stellt äußerlich eine Unterscheidung zu dem in Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung angesiedelten sektorübergreifenden Prüfverfahren dar. Mit dem Schutz für die Sicherheit und öffentliche Ordnung besonders bedeutsamer Unternehmen sowie mit der Implementierung der Screening-Verordnung wird hier ein den deutschen Verschärfungen ähnliches Ziel verfolgt.671 Die im Anhang aufgeführten zielunternehmerischen Branchen und auch bestimmte erwerbsbezogene Faktoren finden gem. § 3 Abs. 1, Abs. 2 InvKG ebenso wie im deutschen Mechanismus672 bei der Prüfung Berücksichtigung. Jene Katalogunternehmen weisen in Anlehnung an Art. 4 Abs. 1 ScreeningVO673 zahlreiche Parallelen zu § 55a Abs. 1 AWVauf und erfassen insbesondere auch die „Freiheit und Pluralität der Medien“.674 Prüfungsrelevant ist neben dem Stimmrechtserwerb gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 InvKG als Gegenstück zu § 55 Abs. 1a AWV675 unter anderem der Erwerb wesentlicher Vermögensbestandteile.676 Auch die Berechnung von Stimmrechten (§ 4, § 5 InvKG) ähnelt jener in § 56 AWV normierten677, wobei für in Teil 1 des Anhangs genannte Katalogunternehmen ebenfalls eine zehnprozentige Prüfschwelle gilt.678 Ihr unterfallen wie im deutschen Recht etwa Betreiber kritischer Energieinfrastruktur und der Bereich Wasser. Indes zählen die Katalogunternehmen eine Differenz zu § 15 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 AWG auszumachen, vgl. für das nationale Recht Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) aa). 668 § 25a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AWG (Außenwirtschaftsgesetz v. 8. 12. 2011 [BGBl I Nr. 26/ 2011 i. d. F. BGBl I Nr. 104/2019]). S. auch Barbist/Kröll, EuZW 2021, 354 (354 f.); Yalçın, StAW 2020, 109 (109, 114 ff.). 669 Bundesgesetz über die Kontrolle von ausländischen Direktinvestitionen v. 24. 7. 2020 (BGBl I Nr. 87/2020). Vgl. Barbist/Kröll, EuZW 2021, 354 (355) und umfänglich kommentierend Barbist/Kröll/Khol, InvKG, 2020, passim. 670 Vgl. auch Europäische Kommission, Commission Staff Working Document, Screening of FDI into the Union and its Member States, Accompanying Document, Report from the Commission to the European Parliament and the Council, First Annual Report on the screening of foreign direct investments into the Union v. 23. 11. 2021, SWD(2021) 334 final, S. 22, https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=SWD:2021:0334:FIN:EN:PDF (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 671 BMDW, Investitionskontrolle, https://www.bmdw.gv.at/Themen/Investitionskontrolle. html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 672 Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) bb) und cc). 673 Kap. 2 § 2 B. II. 3. b). 674 Zum deutschen Katalog s. Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) bb). 675 Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) bb). 676 Reich-Rohrwig/Zimmermann, CFOaktuell 2021, 162 (162). 677 Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc). 678 Klamert/Bucher, EuZW 2021, 335 (340).

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

im Medienbereich gem. § 4 i. V. m. Anhang Teil 1 des österreichischen Investitionskontrollgesetz nicht zu denjenigen, für die eine zehnprozentige Schwelle maßgeblich ist, wenngleich sie das Investitionskontrollgesetz erstmals als sicherheitsrelevant qualifizierte.679 Des Weiteren ist die mit der Sicherheitsrelevanz von „Forschung und Entwicklung in den Bereichen Arzneimittel, Impfstoffe, Medizinprodukte und persönliche Schutzausrüstung“ verbundene zehnprozentige Prüfschwelle gem. § 29 Abs. 3 i. V. m. Anhang Teil 1 InvKG auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2022 begrenzt,680 wohingegen es für die infolge der COVID-19-Pandemie in § 55a Abs. 1 AWV aufgenommenen Branchen an einer zeitlichen Limitierung fehlt.681 Die österreichischen Regelungen finden gem. § 2 Abs. 2 InvKG keine Anwendung, wenn das Zielunternehmen weniger als zehn Personen beschäftigt und einen Jahresumsatz oder eine -bilanzsumme von weniger als zwei Millionen Euro aufweist;682 das sektorübergreifende Verfahren normiert keine Ausnahmeregelung.683 Im österreichischen Regime ist ausweislich § 3 InvKG der Prüfmaßstab einer Gefährdung der Sicherheit oder öffentlichen Ordnung entscheidend. Zwar nannte die Vorgängerregelung den Gefährdungsbegriff nicht explizit; es wurde jedoch darauf abgestellt, ob das Zielunternehmen in einem die öffentliche Sicherheit und Ordnung i. S. v. Art. 52 und Art. 65 Abs. 1 AEUV betreffenden Bereich tätig ist. Mit dem Verständnis des Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV war demnach der Maßstab einer tatsächlichen und hinreichend schweren Gefährdung gesellschaftlicher Grundinteressen anzulegen.684 Hinsichtlich jener Vorgängerregelung ist eine Parallele zum ehemaligen deutschen Prüfmaßstab erkennbar,685 dies erscheint für den nunmehr geltenden Rechtsrahmen unsicher:686 Während § 3 Abs. 2 InvKG von einer „möglichen Gefährdung“ spricht, wird in der Vorprüfung gem. § 7 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b) InvKG der begründete Verdacht einer Gefährdung relevant. Dagegen kommt es in der 679

(114).

Reich-Rohrwig/Zimmermann, CFOaktuell 2021, 162 (162); Yalçın, StAW 2020, 109

680 S. auch Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien, Stellungnahme 17. AWV-Novelle, S. 7, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stel lungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/bitkom.pdf?__blob=publicationFile&v=6. Vgl. ferner Barnet/Egermann/Illigasch, Investitionskontrolle: Überblick über die Neuregelungen in Österreich, https://beira.at/aktuelles/investitionskontrolle-ueberblick-ueber-die-neure gelung-oesterreich (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 681 Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) bb). 682 Kritisch insoweit Reich-Rohrwig/Zimmermann, CFOaktuell 2021, 162 (162). 683 Vgl. auch Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 157. 684 Hierzu s. ausf. Kap. 4 § 2 C. II. 685 Kap. 2 § 1 B. II. 2. d). 686 Kritisch im Hinblick auf die gesetzgeberische Umschreibung des Gefährdungsmaßstabs auch etwa Barbist/Kröll, EuZW 2021, 354 (358).

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zweiten Prüfphase für eine verfahrensabschließende Entscheidung gem. § 7 Abs. 3 Satz 1 InvKG darauf an, ob eine Gefährdung der Schutzgüter „zu befürchten ist“. Diese Unterschiede könnten teilweise für einen geringeren Wahrscheinlichkeitsmaßstab sprechen,687 jedenfalls wird aber am Gefährdungsbegriff festgehalten. Dagegen erfolgte im deutschen Regime – wie dargestellt – in ausdrücklicher Abkehr vom Gefährdungsbegriff eine zweistufige Herabsetzung des Prüfmaßstabs.688 Eine weitere Abweichung zum nationalen Regime äußert sich im Verfahrensablauf: Den eigentlichen Untersuchungen österreichischer Behörden ist der Kooperationsmechanismus der Screening-Verordnung689 vorgeschaltet, an dessen Abschluss sich eine einmonatige Vor- und eine zweimonatige vertiefte Prüfung anschließt.690 Dagegen wird der Kooperationsmechanismus im deutschen Recht parallel zur nationalen Prüfung durchgeführt.691 So umgeht der österreichische Gesetzgeber das problematische Verhältnis von Screening-Verordnung und nationalem Recht bei Ablauf der nationalen Prüffristen.692 Lediglich bei „besonderer Dringlichkeit“ i. S. v. § 7 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 12 Abs. 9 InvKG kommt eine Ausnahme von der vorgeschalteten Phase des unionsrechtlichen Kooperationsmechanismus in Betracht. Diese beläuft sich gem. § 7 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 12 Abs. 5 InvKG auf 60 Kalendertage, woraus sich eine etwa fünfmonatige im Gegensatz zur sechsmonatigen Prüfdauer des sektorübergreifenden Regimes693 ergibt. Meldepflichtig sind gem. § 2 Abs. 1 i. V. m. Anhang InvKG ähnlich wie in § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV694 Erwerbe bestimmter Katalogunternehmen. Für jeden Erwerb kann gem. § 9 InvKG ein Antrag auf Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung gestellt werden,695 der im sektorübergreifenden Verfahren für die Katalogun687 Welcher Maßstab im Einzelnen für die verfahrensabschließende Entscheidung gem. § 7 Abs. 3 Satz 1 InvKG gilt, ist hinlänglich ungeklärt: Barbist/Kröll, EuZW 2021, 354 (358) halten eine „voraussichtliche Gefährdung“ für einschlägig, die Gefährdung müsse beim Erwerb nicht tatsächlich begründet sein. Dies./Khol, InvKG, 2020, § 3 Allgemeines gehen von einer „konkrete[n] (bzw. konkret befürchtete[n]) Gefährdung“ aus. Demgegenüber möchten Kölbl, ecolex 2021, 772 (774 f.) und Reich-Rohrwig/Zimmermann, CFOaktuell 2021, 162 (163) weiterhin den unionsrechtlichen Begriff einer „tatsächlichen und hinreichend schweren Gefährdung“ anwenden. 688 Kap. 2 § 1 B. II. 2. d). 689 Kap. 2 § 2 B. IV. 690 Barbist/Kröll, EuZW 2021, 354 (359 f.). Zum Ablauf s. ausf. Yalçın, StAW 2020, 109 (117 f.). 691 Dies ist zwar nicht ausdrücklich in Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung normiert, folgt indes aus der unmittelbaren Anwendbarkeit der Screening-Verordnung, vgl. Kap. 2 § 2 C. Eine entsprechende Klarstellung der Berücksichtigung wäre gleichwohl wünschenswert, hierzu s. bereits Kap. 2 § 2 D. 692 Vgl. insoweit Kap. 2 § 2 C. 693 Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (2) und (3). 694 Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (1). 695 BMDW, FAQ’s zur Investitionskontrolle, https://www.bmdw.gv.at/Themen/Investitions kontrolle/FAQ-s-zur-Investitionskontrolle.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

ternehmen des § 55a Abs. 1 AWV ausgeschlossen ist. Hierfür wird in § 58a Abs. 1 AWV eine Freigabemöglichkeit geregelt.696 Der Erwerb kann gem. § 7 Abs. 3 Satz 1 InvKG vollumfänglich genehmigt, unter Auflagen oder nicht genehmigt werden, worin eine weitere Parallele zum deutschen Mechanismus697 zu sehen ist. In conclusio sind im österreichischen Regime trotz im nationalen Recht vergleichbarer Entwicklungen zu verschärften Beschränkungsmöglichkeiten ausländischer Direktinvestitionen einige Differenzen erkennbar: Sie reichen vom offenkundig erkennbaren Rahmen eines einheitlichen Investitionskontrollgesetzes und dem Prüfmaßstab über den Schutz in der Pandemie bedeutsamer Unternehmen bis hin zum Ablauf des Prüfverfahrens, insbesondere einer Implementierung des Kooperationsmechanismus. Bemerkenswert ist im Speziellen die Einordnung der Medienunternehmen als etwa im Vergleich zu Energieinfrastrukturen weniger sicherheitsrelevant, was der deutsche Verordnungsgeber in § 55a Abs. 1 AWV i. V. m. § 56 Abs. 1 Nr. 1 AWV anders bewertet.

D. Rechtsrahmen der Investitionskontrolle im Vereinigten Königreich Im Vereinigten Königreich etablierte der Enterprise Act 2002698 erstmals einen Mechanismus zur Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen;699 für die Vereinbarkeit von Transaktionen mit öffentlichen Interessen und dem Kartellrecht bestand ein freiwilliges Meldesystem.700 Die Wettbewerbs- und Marktbehörde konnte einen Erwerb bei dem begründeten Verdacht von Bedenken bezüglich der nationalen Sicherheit, der Stabilität des Finanzsystems oder der Medienvielfalt prüfen.701 Auf Grundlage von Vorschlägen der Regierung702 wurde der Enterprise Act 2002 im Jahr 2018 reformiert. Neben weiteren Änderungen führt eine Absenkung des für eine Prüfungsrelevanz des Zielunternehmens entscheidenden Jahresumsatzes von mindestens 70 Millionen Pfund auf mindestens eine Million Pfund im Vereinigten

696

S. schon Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) bb) (1). Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) bb). 698 Enterprise Act 2002 c. 4. 699 Vergleiche hierzu auch Dehne, Investitionskontrolle in Deutschland, 2022, S. 101 ff. 700 CMA, Guidance on changes to the jurisdictional thresholds for UK merger control v. 11. 6. 2018, S. 7 ff., https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uplo ads/attachment_data/file/715167/guidance_on_changes_to_the_jurisdictional_thresholds_for_ uk_merger_control.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 701 Link/Becker, RIW 2019, 415 (419). 702 UK Department for Business, Energy & Industrial Strategy, National Security and Infrastructure Investment Review, Green Paper 2017, https://assets.publishing.service.gov.uk/go vernment/uploads/system/uploads/attachment_data/file/690623/Government_Response_final. pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 697

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Königreich zu einer Erweiterung des Anwendungsbereichs.703. Diese Novellierungen galten lediglich für Transaktionen im Bereich militärischer oder Dual Use-Güter, der Entwicklung und Wartung bestimmter Computerhardware sowie der Quantentechnologie.704 Vergleichbare Anforderungen an den Jahresumsatz deutscher Zielunternehmen nennt das sektorübergreifende Prüfverfahren nicht. Längerfristige und weitgehendere Novellen des britischen Investitionsprüfmechanismus bringt der National Security and Investment Act 2021705 mit sich,706 welcher auf Grundlage näherer Erläuterungen im White Paper 2018707 am 29. April 2021 erlassen wurde708 und am 4. Januar 2022 in Kraft getreten ist.709 Ziel ist eine Modernisierung der Investitionskontrollregelungen, um diese in Einklang mit dem allgemeinen Verschärfungstrend nationaler Sicherheitsregelungen anzugleichen und die Handlungsmöglichkeiten der britischen Regierung für der Beschränkung ausländischer Direktinvestitionen zu stärken. Anders als nach dem Enterprise Act 2002 werden die entsprechenden Vorschriften von denjenigen des Kartellrechts getrennt und gelten nunmehr wie auch im deutschen Regime losgelöst von Umsatzschwellen.710 Die britischen Vorschriften 703 UNCTAD, World Investment Report 2019, S. 97, https://unctad.org/en/PublicationsLib rary/wir2019_en.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 704 Link/Becker, RIW 2019, 415 (419 f.). 705 National Security and Investment Act 2021 c.25. 706 Government UK, New powers to protect UK from malicious investment and strengthen economic resilience, Pressemitteilung v. 11. 11. 2020, https://www.gov.uk/government/news/ new-powers-to-protect-uk-from-malicious-investment-and-strengthen-economic-resilience? utm_source=3296e277-d0a4-%2044ec-9ff2-d6db10546512&utm_medium=email&utm_cam paign=govuk-notifica%20tions&utm_content=immediate (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vgl. hierzu auch Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 152. 707 UK Secretary of State for Business, Energy and Industrial Strategy, National Security and Investment, A consultation on proposed legislative reforms, White Paper 2018, https://as sets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/72 8310/20180723_-_National_security_and_investment_-_final_version_for_printing__1 _.pdf; UNCTAD, World Investment Report 2019, S. 95, https://unctad.org/en/Publication sLibrary/wir2019_en.pdf (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 708 Haellmigk, AW-Prax 2021, 109 (109). 709 Department for Business, Energy and Industrial Strategy, New and improved National Security and Investment Act set to be up and running, Bericht v. 20. 7. 2021, https://www.gov. uk/government/news/new-and-improved-national-security-and-investment-act-set-to-be-upand-running?utm_medium=email&utm_campaign=govuk-notifications&utm_source= ec9e8373-d16f-4335-b4af-67e3b649cb68&utm_content=immediately; Kar/Castorina/Daniel/Platzer, National Security and Investment Act to take Effect on 4 January 2022, Linklaters v. 28. 7. 2021, https://www.linklaters.com/en/insights/blogs/foreigninvestmentlinks/2 021/july/its-getting-closer-national-security-and-investment-act-to-take-effect-on-4-janu ary-2022 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 710 Adebiyi/Hopkins/Leiter/Louma, UK Government Introduces New Regime for Screening Foreign Direct Investment, Skadden v. 11. 11. 2020, https://www.skadden.com/insights/publica tions/2020/11/uk-government-introduces-new-regime; Kar/Ahlborn/Pritchard, CFIUK? UK

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

finden indes auch auf Direktinvestitionen aus dem Vereinigten Königreich Anwendung,711 während sich das deutsche Regime grundsätzlich auf unionsfremde Erwerber beschränkt.712 Eine Prüfung kommt in Betracht, wenn ein Erwerb von mehr als 25 Prozent, 50 Prozent oder 75 Prozent der Unternehmensanteile oder Stimmrechte am britischen Zielunternehmen in Aussicht steht. Die Schwelle ist also gegenüber § 56 Abs. 1 Nr. 1 AWV höher, die Prüfschritte von Hinzuerwerben ähneln jedoch der der Regelung in § 56 Abs. 2 AWV. Darüber hinaus werden auch atypische Kontrollerwerbe erfasst, wobei der hier erforderliche wesentliche Einfluss auch bereits bei einem zehnprozentigen Anteilserwerb vorliegen kann.713 Insoweit lässt sich auch eine Ähnlichkeit zu § 56 Abs. 3 AWV feststellen.714 Prüfmaßstab ist nach dem Gesetzeswortlaut ein Risiko,715 wohingegen im deutschen Recht – begrifflich eher niedriger anzusetzen716 – eine voraussichtliche Beeinträchtigung genügt.717 Die behördlichen Untersuchungen haben die nationale Sicherheit zum Gegenstand,718 welche unter anderem Infrastrukturen, Spitzentechnologien und Kommunikation erfasst.719 Demgegenüber ist im sektorübergreifenden Prüfmechanismus die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik, eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder von Projekten oder Programmen von Unionsinteresse relevant, wobei dieser anhand ähnlicher Zielunternehmensbranchen konkretisiert wird.720

introduces National Security and Investment Bill, Linklaters v. 11. 11. 2020, https://www.linkla ters.com/de-de/insights/publications/2020/november/cfiuk-uk-introduces-national-security-andinvestment-bill (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 711 Kar/Langridge/Castorina, UK National Security Regime passes Parliament: implications for deal doers before commencement later this year, Linklaters v. 7. 5. 2021, https://www. linklaters.com/en/insights/blogs/foreigninvestmentlinks/2021/may/uk-national-security-regimepasses-parliament (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 712 Kap. 2 § 1 B. II. 2. b). 713 Haellmigk, AW-Prax 2021, 109 (110, 112 f.). Daher folgert Pottmeyer auch eine dem nationalen Mechanismus vergleichbare Schwelle, auch wenn diese nicht unmittelbar bei einer zehnprozentigen Beteiligung ansetzt (Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWRKommentar [Stand 2022], §§ 55 – 59 AWV Rn. 152). 714 Vgl. in der deutschen Anwendungsbereichseröffnung beim Beteiligungserwerb Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (3). 715 Art. 1 Abs. 1 National Security and Investment Act 2021 c.25. 716 S. schon Kap. 2 § 3 A. 717 Kap. 2 § 1 B. II. 2. d). 718 Art. 1 Abs. 1 National Security and Investment Act 2021 c.25. 719 UK Department for Business, Energy & National Security, Notice, National Security and Investment Act 2021: Statement for the purposes of section 3 v. 2. 11. 2021, https://www. gov.uk/government/publications/national-security-and-investment-statement-about-exercise-ofthe-call-in-power/national-security-and-investment-act-2021-statement-for-the-purposes-of-sec tion-3 (zul. aufg. am 28. 2. 2023); Sangi/Berger, EuZW 2021, 979 (983). 720 Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) aa) und bb).

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Entgegen den Entwürfen im White Paper wird mit dem Gesetz unter anderem ein obligatorisches Meldesystem für Transaktionen unter Beteiligung von 17 Sektoren wie etwa Robotonik, Künstliche Intelligenz und Kommunikation eingeführt.721 Hier lässt sich eine Parallele zur Meldepflicht des Erwerbs eines in § 55a Abs. 1 AWV aufgeführten Unternehmens erkennen; jedoch werden Medienunternehmen722 nicht explizit erwähnt. Wie das deutsche untergliedert sich auch das britische Investitionsprüfverfahren in zwei Stufen. Seine zeitliche Begrenzung beläuft sich allerdings auf (nur) 105 Werktage, also ungefähr vier Monate, und ist damit deutlich kürzer.723 Das Verfahren endet ähnlich wie im deutschen Recht mit einer Genehmigung (ggf. unter Auflagen) oder einer Untersagung des Erwerbs.724 Bedeutsam war der Ablauf des Übergangszeitraums für den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union am 31. Dezember 2020, in dessen Folge die Wettbewerbs- und Marktbehörde ihre Beratung für eine Zusammenarbeit mit der Screening-Verordnung im September 2020 zurückzog.725 Mithin wurde mit dem National Security and Investment Act ein von der Verordnung unabhängiges Konzept geschaffen, welches gleichwohl einige vergleichbare Züge auch zum deutschen Mechanismus erkennen lässt.726 Der neu etablierte britische Rechtsrahmen wird als eines der strengsten Prüfungsregime weltweit betrachtet.727 Im Jahr 2022 wurde im Vereinigten Königreich ähnlich wie in den Mitlgiedstaaten der Europäischen Union ein erheblicher Anstieg an Investitionsprüfungen bemerkt, der auch bereits die erste Untersagung einer Transaktion mit sich brachte.728 721 Palmigiano, What you need to know about the new National Security and Investment Bill, Taylor Wessing v. 13. 11. 2020, https://www.taylorwessing.com/de/insights-and-events/in sights/2020/11/what-you-need-to-know-about-the-new-national-security-and-investment-bill (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 722 Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) bb) und Kap. 2 § 1 C. 723 S. zum nationalen Prüfverfahren Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (2) und (3). 724 Haellmigk, AW-Prax 2021, 109 (111 f.). Vgl. zu den verfahrensabschließenden Entscheidungen im deutschen Recht Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) bb). 725 Government UK, Closed Consultation, Foreign Direct Investments: Guidance on the CMA’s powers and procedures v. 7. 9. 2020, zul. überarb. am 17. 9. 2020, https://www.gov.uk/ government/consultations/foreign-direct-investments-guidance-on-the-cmas-powers-and-proc edures (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vgl. weiterführend zu den (mitunter problematischen) Auswirkungen des Trade and Cooperation Agreements zwischen Europäischer Union und dem Vereinigten Königreich auf die sektorübergreifende Prüfung nach deutschem Recht auch Sangi/Berger, EuZW 2021, 979 (979). 726 Dahingehend auch Haellmigk, AW-Prax 2021, 109 (109, 112 f.); Sangi/Berger, EuZW 2021, 979 (983); Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 152. 727 Kar/Langridge/Castorina, UK National Security Regime passes Parliament: implications for deal doers before commencement later this year, Linklaters v. 7. 5. 2021, https://www. linklaters.com/en/insights/blogs/foreigninvestmentlinks/2021/may/uk-national-security-regimepasses-parliament (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 728 Vgl. hierzu näher m. w. N. Barth/dos Santos Goncalves/Käser, DB Beilage 03/2022, 42 (44).

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

E. Rechtsrahmen der Investitionskontrolle in den Vereinigten Staaten von Amerika In den Vereinigten Staaten von Amerika wurde bereits im Jahr 1975 und damit deutlich früher als in Deutschland729 mit dem CFIUS-Prüfverfahren ein rechtlicher Rahmen der Beschränkung ausländischer Direktinvestitionen etabliert.730 Das prüfende Gremium CFIUS setzt sich ressortübergreifend aus Vertretern unterschiedlicher Ministerien und Behörden zusammen und ist direkt dem amerikanischen Präsidenten unterstellt.731 Gesetzlich verankert ist der amerikanische Rechtsrahmen der Investitionskontrolle im Defense Production Act732. Nach zahlreichen Überarbeitungen733 wurde der Mechanismus mit dem Foreign Investment and National Security Act of 2007734 sowie mit dem Foreign Investment Risk Review Modernization Act of 2018,735 welcher im Februar 2020 in Kraft getreten ist,736 umfassend novelliert.737 Die jüngste Änderung ermöglicht eine stärkere Kontrolle insbesondere chinesischer Direktinvestitionen in die Vereinigten Staaten738 und ist in der Sorge vor einer steigenden Bedrohung amerikanischer Technologien 729

Zur Entstehungsgeschichte der nationalen Investitionsprüfvorschriften s. Kap. 2 § 1 A. Vgl. auch Dehne, Investitionskontrolle in Deutschland, 2022, S. 71 ff. 731 Lippert, Der Zoll-Profi!, 9/2019, 6 (6). 732 Defense Production Act of 1950, 50 U.S.C. App. 2170; konkretisiert durch die Verordnung Regulations Pertaining Mergers, Acquisitions, and Takeovers by Foreign Persons, Final Rule, 31 CFR Part 800; Seibt/Kulenkamp, ZIP 2017, 1345 (1348). 733 Griffin, Fordham Law Review Volume 85, 2017, 1757 (1760 f.); Heinrich/Jalinous, AG 2017, 526 (527); Söhner, RIW 2011, 454 (455 f.); Spies/McCutchen, MMR 2006, XII (XII). 734 Foreign Investment and National Security Act of 2007, Public Law No. 110 – 49, 121 Stat. 246 – 260. 735 Foreign Investment Risk Review Modernization Act of 2018, Public Law No. 115 – 232, 132 Stat. 2173 – 2208. 736 Zu den endgültigen Durchführungsbestimmungen des US Department of the Treasury s. White & Case, CFIUS Finalizes New FIRRMA Regulations, Client Alert v. 20. 1. 2020, https:// www.whitecase.com/publications/alert/cfius-finalizes-new-firrma-regulations (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 737 Foreign Investment and National Security Act of 2007, Public Law No. 110 – 49, 121 Stat. 246 – 260. Vgl. hierzu auch Barrington, The Tennessee Journal of Business Law Volume 21, 2019, 77 (87 ff.); Gent, Oregon Law Review Volume 94, 2015 – 2016, 455 (466); Salladin/ Schmidt, International Review of Law 2015.swf.4, S. 5; Schulze/Schroer, jurisPR-Handelsund Gesellschaftsrecht 07/2008, Anmerkung 5. Vgl. ferner Moran, CIFUS and National Security: Challanges for the United States, Opportunities for the European Union, Peterson Institute for International Economics 2017, S. 3 ff. 738 Heinrich/Jalinous/Staudt, AG 2019, 145 (146); BDI, Tightening the net: Investment Screening in the United States, Bericht v. 21. 1. 2020, https://english.bdi.eu/article/news/tighte ning-the-net-investment-screening-in-the-united-states/; White & Case, CFIUS Becomes Law: What FIRRMA Means for Industry, Client Alert v. 13. 8. 2018, https://www.whitecase.com/pu blications/alert/cfius-reform-becomes-law-what-firrma-means-industry (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). Kritisch insoweit Barrington, The Tennessee Journal of Business Law Volume 21, 2019, 77 (79 f.). 730

§ 3 Einordnung der nationalen Entwicklung im internationalen Vergleich

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und der zunehmenden Cyberkriminalität sowie einer vermehrten Kooperation privater und staatlicher Investoren begründet.739 Hinzu kommt die protektionistische Einstellung der damaligen Regierung unter Präsident Trump,740 welcher in seiner Amtszeit vier Untersagungen erließ.741 CFIUS‘ Prüftätigkeit kommt entgegen dem vorherigen Erfordernis einer Kontrollerlangung des ausländischen Investors jederzeit bei sämtlichen Veränderungen im Beteiligungsbereichin Betracht,742 wohingegen sich in § 56 Abs. 2 AWV bestimmte Schwellen prüfungsrelevanter Hinzuerwerbe finden.743 Das Komitee berücksichtigt bei seiner Prüfung anhand unverbindlicher und nicht abschließender Faktoren sowohl die vom Käufer ausgehende Gefahr als auch die Schutzbedürftigkeit des Zielunternehmens;744 ergänzend werden Richtlinien des Finanzministeriums herangezogen.745 Die Prüffaktoren sind parallel zum nationalen Recht und der Screening-Verordnung746 zu verstehen, jedoch werden Medienunternehmen nicht explizit aufgeführt. CFIUS untersucht ähnlich wie ehemals die deutschen Behörden747 eine Gefährdung der Schutzgüter.748 Hinsichtlich der hier entscheidenden nationalen Sicherheit kommt dem Komitee ein weiter Einschätzungsspielraum zu,749 welcher auch den deutschen Behörden in Bezug auf das sich insoweit unterscheidende Merkmal der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit zugebilligt wird.750

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Heinrich/Jalinous/Staudt, AG 2019, 145 (146); Heinrich/Jalinous, AG 2017, 526 (537). Seibt/Kulenkamp, ZIP 2017, 1345 (1347). 741 Barth/Klaaßen-Kaiser/Klingen, USA erweitern Investitionskontrolle, Börsenzeitung v. 5. 12. 2020, https://www.boersen-zeitung.de/usa-erweitern-investitionskontrolle-55ec6cea-e4 d3-4f24-8ced-3172596d3afd?read=true (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 742 Heinrich/Jalinous/Staudt, AG 2019, 145 (148 f.); Heinrich/Jalinous, AG 2017, 526 (529). 743 Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (2). 744 Section 721 (f) of the Defense Production Act of 1950, 50 U.S.C. Appendix 2170. Vgl. hierzu Seibt/Kulenkamp, ZIP 2017, 1345 (1349). S. auch Salladin/Schmidt, International Review of Law 2015.swf.4, S. 8. 745 US Department of the Treasury, Guidance Concerning the National Security Review Conducted by the Committee on Foreign Investment in the United States, Federal Register Vol. 73, No. 236 v. 8. 12. 2008, S. 74567 ff., https://www.treasury.gov/resource-center/interna tional/foreign-investment/Documents/CFIUSGuidance.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 746 Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) bb) und cc) sowie Kap. 2 § 2 B. II. 3. b) und c). 747 Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) aa) und Kap. 2 § 1 B. II. 2. d). 748 Metzger, RIW 2014, 794 (795); BDI, Tightening the net: Investment Screening in the United States, Bericht v. 21. 1. 2020, https://english.bdi.eu/article/news/tightening-the-net-in vestment-screening-in-the-united-states/ (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 749 Griffin, Fordham Law Review Volume 85, 2017, 1757 (1765); Heinrich/Jalinous, AG 2017, 526 (532 f.); Spies/McCutchen, MMR 2006, XII (XII). 750 Kap. § 1 B. II. 2. d). 740

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

Die Verfahrenseinleitung erfolgt durch freiwilligen Antrag der Transaktionsbeteiligten, auf Initiative des Komitees bis zu drei Jahre nach Erwerbsvollzug751 oder auf Grundlage der im Jahr 2020 für bestimmte Erwerbe eingeführten Meldepflicht. Auch das sektorübergreifende Prüfverfahren beginnt mit einer Meldung oder mit einer Verfahrenseinleitung von Amts wegen.752 Anders als im deutschen Regime wird die Möglichkeit einer beschleunigten Freigabe für bestimmte Arten von Transaktionen geregelt.753 Das Verfahren untergliedert sich in maximal vier Prüfphasen,754 wobei in der Praxis meist nur die dritte, vertiefte Prüfphase erreicht wird, da es selten zu einer Prüfung des untersagungsbefugten Präsidenten kommt.755 Mit den Neuregelungen kann sich die zuvor mögliche Verfahrensdauer von 75 auf nunmehr bis zu 105 Tage belaufen.756 Hier zeigen sich beachtliche Differenzen zu den nationalen Regelungen in Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung, deren Verfahren sich in nur zwei Phasen untergliedert und regulär bis zu sechs Monaten dauert.757 Wenngleich das Gremium dem amerikanischen Kongress Bericht erstattet,758 wird der Mechanismus als intransparent betrachtet, weil die behördlichen Entscheidungen nur in engen Grenzen etwa infolge einer Rüge der Verletzung verfassungsmäßiger Rechte gerichtlich überprüfbar sind.759 Die materielle Entscheidung des Präsidenten ist sogar faktisch einer gerichtlichen Kontrolle entzogen.760 Demgegenüber untersagt das BMWK den Erwerb mit Zustimmung der Bundesregierung. 751 Seibt/Kulenkamp, ZIP 2017, 1345 (1349). Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch eine Verfahrenseröffnung nach Ablauf dieser Frist möglich, vgl. Heinrich/Jalinous, AG 2017, 526 (529). 752 Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa). 753 Foreign Investment Risk Review Modernization Act of 2018, Public Law No. 115 – 232, 132 Stat. 2173 – 2208 Section 1706; Heinrich/Jalinous/Staudt, AG 2019, 145 (150 f.). 754 Eine genaue Untersuchung der einzelnen Phasen unternehmen Heinrich/Jalinous, AG 2017, 526 (530 ff.). 755 Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, 13. Aufl. 2022, § 21 Rn. 5; Heinrich/Jalinous, AG 2017, 526 (529). 756 Heinrich/Jalinous/Staudt, AG 2019, 145 (151, 159). 757 Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (2) und (3). 758 S. etwa CFIUS, Annual Report to Congress, Report Period CY 2020, Juli 2021, https:// home.treasury.gov/system/files/206/CFIUS-Public-Annual-Report-CY-2020.pdf; dass., Annual Report to Congress, Report Period CY 2016 and CY 2017, November 2019, https://www.trea sury.gov/resource-center/international/foreign-investment/Documents/CFIUS-Public-AnnualReport-CY-2016-2017.pdf (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 759 Grieger, Briefing: Foreign direct investment screening, A debate in light of China-EU FDI flows, 2017, S. 10, https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/BRIE/2017/603941/ EPRS_BRI(2017)603941_EN.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023); Heinrich/Jalinous/Staudt, AG 2019, 145 (152). Zum ersten gerichtlichen Prozess gegen Entscheidungen von CFIUS bzw. des amerikanischen Präsidenten im Jahr 2012 vgl. Metzger, RIW 2014, 794 (797 ff.). 760 Schuelken, Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen, 2021, S. 151; Seibt/Kulenkamp, ZIP 2017, 1345 (1352); Metzger, RIW 2014, 794 (800).

§ 3 Einordnung der nationalen Entwicklung im internationalen Vergleich

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Im Umgang mit dem deutschen Regime ermöglicht die Erhebung einer Anfechtungsklage umfassenden Rechtsschutz.761 In jüngerer Vergangenheit wurde das CFIUS-Verfahren auch hierzulande zunehmend prominenter,762 als sich sein Einfluss auf Erwerbe europäischer und deutscher Unternehmen erstreckte.763 Beispielsweise intervenierte das Gremium bei dem Erwerb des Unternehmens Kuka von der chinesischen Midea-Gruppe, als Kuka mit dem Verkauf seines Flugzeugindustriegeschäfts in den Vereinigten Staaten den von CFIUS erteilten Auflagen nachzukommen hatte.764 Der Mechanismus war auch als Vorlage für den europäischen Rechtsrahmen im Gespräch765 und diente als Modell für die in Japan und China etablierten Investitionsprüfregime.766 Im Ergebnis blickt der amerikanische Investitionskontrollrechtsrahmen auf eine gegenüber Deutschland und der Europäischen Union erheblich längere Tradition zurück. Ungeachtet dessen erfuhr auch er weitgehende Verschärfungen, weshalb das Regime insbesondere in den vergangenen Jahren an Praxisrelevanz gewann.767 Somit ist die Tendenz zu einer Etablierung strengerer Prüfmechanismen ausländischer Direktinvestitionen kein allein europäisches Phänomen. Mitunter wird der Investitionsstandort Europa als Alternative gegenüber den Vereinigten Staaten in Betracht gezogen.768 Ob die europäischen Beschränkungsmöglichkeiten in Zukunft aber tatsächlich weniger restriktiv769 sein werden, erscheint unsicher. Auffallend ist 761

Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) bb) (2). Heinrich/Jalinous/Staudt, AG 2019, 145 (147). 763 Seibt/Kulenkamp, ZIP 2017, 1345 (1345). 764 Heinrich/Jalinous, AG 2017, 526 (528); Kuka, Pressemitteilung v. 15. 12. 2016, https:// www.kuka.com/en-us/press/news/2016/12/kuka-sells-systems-us-aviation-section (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vgl. zum Erwerb von Kuka auch schon Kap. 1 § 1. 765 Günther, Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht 2018, Heft 157, 1 (8); Seibt/ Kulenkamp, ZIP 2017, 1345 (1355). 766 Grieger, Briefing: Foreign direct investment screening, A debate in light of China-EU FDI flows, 2017, S. 8, https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/BRIE/2017/603941/ EPRS_BRI(2017)603941_EN.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 767 Vgl. aktuell CFIUS, Annual Report to Congress, Report Period CY 2021, August 2022, S. 16, https://home.treasury.gov/system/files/206/CFIUS-Public-AnnualReporttoCongressCY2 021.pdf; dass., Annual Report to Congress, Report Period CY 2020, Juli 2021, S. 16, https:// home.treasury.gov/system/files/206/CFIUS-Public-Annual-Report-CY-2020.pdf; dass., Congressional Research Service, zul. überarb. am 26. 2. 2020, S. 34 f., https://crsreports.congress. gov/product/pdf/RL/RL33388 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 768 Heinrich/Jalinous/Staudt, AG 2019, 145 (153); White & Case, China turns to Western Europe für M&A deals after US builds trade barriers, M&A Explorer, 5. 11. 2018, https://mer gers.whitecase.com/highlights/china-turns-to-western-europe-for-ma-deals-after-us-buildstrade-barriers (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 769 Zu diesem Resultat gelangt Erickson zu Beginn des Jahres 2021 anhand eines Vergleichs der Regime (Erickson, Recent Developments in the EU Foreign Direct Investment Screening, Center for Strategic and International Studies v. 19. 4. 2021, https://www.csis.org/ blogs/strategic-technologies-blog/recent-developments-eu-foreign-investment-screening [zul. aufg. am 28. 2. 2023]). 762

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

gleichwohl, dass Amerika wie auch andere Staaten in Europa770 um mehr Transparenz im Umgang mit dem Investitionsprüfregime bemüht zu sein scheint, worauf die von CFIUS im Oktober 2022 erstmals veröffentlichten Leitlinien hindeuten.771

F. Exkurs: Das polnische Mediengesetz772 Für die Beschränkung ausländischer Direktinvestitionen speziell im Medienbereich lohnt sich darüber hinaus ein Blick auf ein aktuelles polnisches Gesetzesvorhaben, mit welchem das Halten von mehr als 49 Prozent der Anteile an einem Medienunternehmen durch Investoren mit einer Zentrale oder einem Wohnsitz außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes bzw. mit einer Abhängigkeit von solchen Unternehmen generell verboten werden soll. Eine entsprechende Obergrenze ist zwar schon seit einiger Zeit in Polen implementiert, nunmehr sollen jedoch „Schlupflöcher geschlossen“773 werden, indem auch mittelbare Beteiligungen drittstaatlicher Investoren über eine in der Europäischen Union ansässige Tochtergesellschaft zu unterbinden bezweckt werden.774 Nachdem sich der polnische Entwurf großen Protesten ausgesetzt sah und im August 2021 noch an der Opposition im polnischen Parlament scheiterte,775 wurde er im Dezember 2021 verabschiedet; erforderlich war lediglich noch seine Unter770

Vgl. etwa weiter oben für Frankreich in Kap. 2 § 3 B. CFIUS, Enforcement and Penalty Guidelines v. 8. 10. 2022, https://home.treasury.gov/po licy-issues/international/the-committee-on-foreign-investment-in-the-united-states-cfius/cfiusenforcement-and-penalty-guidelines; Gafni et al., Trick or Treat: CFIUS Issues First-Ever Guidance on Penalties and Enforcement, Linklaters v. 21. 10. 2022, https://www.linklaters. com/en/insights/blogs/foreigninvestmentlinks/2022/october/cfius-enforcement-and-penalty-gu idelines (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 772 Ausschnitte dieses Abschnitts finden sich bereits bei Hagedorn, Im Auftrag der Medienfreiheit: Das Veto zum polnischen Mediengesetz – und wie steht es um Deutschland?, JuWiss v. 18. 1. 2022, https://www.juwiss.de/2-2022/ (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vgl. zu dieser Problematik auch schon einleitend Kap. 1. 773 Deutsche Welle, Umstrittenes Mediengesetz in Polen verabschiedet, Bericht v. 17. 12. 2021, https://www.dw.com/de/umstrittenes-mediengesetz-in-polen-verabschiedet/a-60178127 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 774 Zum gesamten Verlauf des Vorhabens sowie zum Gesetzesentwurf vgl. Sejm, Poselski projekt ustawy o zmianie o radiofonii i telewizji, https://www.sejm.gov.pl/Sejm9.nsf/Przebieg Proc.xsp?nr=1389. Für die normativen Entwicklungen des allgemeinen polnischen Investitionsprüfregimes vgl. näher m. V. a. einzelne Regelungen Europäische Kommission, List of Screening Mechanisms Notified by Member States, zul. überarb. am 10. 5. 2022, S. 11 f., https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2019/june/tradoc_157946.pdf (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 775 Veser, Mutwillige Unterminierung der Bündnisse, FAZ v. 19. 12. 2021, https://www.faz. net/aktuell/politik/ausland/attacke-auf-tvn-polens-mediengesetz-17692414.html. Vgl. auch bereits Imwinkelried, Neues Mediengesetz: Polen wagt die Konfrontation mit den USA, Neue Züricher Zeitung v. 12. 8. 2021, https://www.nzz.ch/international/polen-mediengesetz-erschuet tert-das-land-ld.1640040 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 771

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zeichnung von Präsident Duda. Von dieser Gesetzesänderung ist derzeit allein das amerikanische Unternehmen Discovery als Betreiber des regierungskritischen Nachrichtensenders TVN24 betroffen. Discovery forderte unter Bezugnahme auf den Gesetzesentwurf zur Wahrung der freien Medien auf. Bemerkenswerterweise gaben Befürworter des Gesetzes vor, eben diese schützen zu wollen.776 Deutsche bezweifelten, warum nun die Vereinigten Staaten neben China und Russland zu „Feinden“ im Lichte der Medienfreiheit zählten.777 Die amerikanische Botschaft äußerte sich „zutiefst beunruhigt“ über die geschwächte Medienfreiheit in Polen.778 Nach Ansicht der Europäischen Kommission belegten jene Entwicklungen erneut Polens Einstellung zu demokratischen Werten und Rechtsstaatlichkeit; im Anschluss an eine Verabschiedung des Gesetzes wollte sie es auf seine Unionsrechtskonformität überprüfen.779 Auch im von der parlamentarischen Opposition kontrollierten Senat waren der Juristische Dienst und weitere polnische Rechtsexperten der Auffassung, die beabsichtigte Regelung verstoße in zahlreichen Punkten gegen die nationale Verfassung, gegen Verträge der Europäischen Union und gegen ein Handelsabkommen zwischen Polen und den Vereinigten Staaten.780 Vermutlich auch in Reaktion auf diese erhebliche Kritik sowie auf die Proteste im eigenen Land verweigerte Präsident Duda einige Tage nach dem Parlamentsbeschluss seine Unterzeichnung des Gesetzes, womit das Vorhaben lediglich noch mit einer Dreifünftelmehrheit im Parlament hätte zustande kommen können. Im Wesentlichen begründete Duda seine Ablehnung mit der Überlegung, entsprechende Regelungen könnten Polen als Wirtschaftsstandort schaden. Außerdem sei das Gesetzesvorhaben in der Bevölkerung größtenteils unbeliebt.781 Er verwies auf an776 Deutsche Welle, Umstrittenes Mediengesetz in Polen verabschiedet, Bericht v. 17. 12. 2021, https://www.dw.com/de/umstrittenes-mediengesetz-in-polen-verabschiedet/a-60178127; Zeit Online, Polens Parlament verabschiedet umstrittenes Mediengesetz, Bericht v. 17. 12. 2021, https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-12/polen-mediengesetz-pressefreiheit-parla ment?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 777 Lesser, Propaganda statt Pressefreiheit, Tageszeitung v. 19. 12. 2021, https://taz.de/Po lens-Regierung-torpediert-Opposition/!5822939/ (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 778 Price, Weakened Media Freedom in Poland, U.S. Embassy & Consulate in Poland, Press Statement v. 17. 12. 2021, https://pl.usembassy.gov/weakened_media_freedom/ (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 779 Deutschlandfunk Kultur, USA und EU besorgt über umstrittenes Mediengesetz in Polen, Bericht v. 19. 12. 2021, https://www.deutschlandfunkkultur.de/usa-und-eu-besorgt-ueber-um strittenes-mediengesetz-in-polen-102.html; Handelsblatt, USA und EU besorgt über umstrittenes Mediengesetz in Polen, Bericht v. 18. 12. 2021, https://www.handelsblatt.com/politik/in ternational/polen-usa-und-eu-besorgt-ueber-umstrittenes-mediengesetz-in-polen/27905476. html?ticket=ST-3582252-TGC2EiANY3RuvCGjwewj-cas01.example.org; Hassel, Wer die Medien kontrolliert, Süddeutsche Zeitung v. 20. 12. 2021, https://www.sueddeutsche.de/politik/ polen-pressefreiheit-fernsehen-1.5491424 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 780 Hassel, Wer die Medien kontrolliert, Süddeutsche Zeitung v. 20. 12. 2021, https://www. sueddeutsche.de/politik/polen-pressefreiheit-fernsehen-1.5491424 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 781 Spiegel, Präsident Duda legt Veto gegen umstrittenes Mediengesetz ein, Bericht v. 27. 12. 2021, https://www.spiegel.de/ausland/polen-andrzej-duda-legt-veto-gegen-medienge

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Kap. 2: Rechtlicher Rahmen der Investitionskontrolle

dere Länder der Europäischen Union wie Deutschland, die über ähnliche Investitionskontrollvorschriften verfügten, auch er messe dem Schutz der freien Medien vor feindlichen Investoren große Bedeutung bei. Indes sah der Präsident aktuell wichtigere Probleme Polens wie die COVID-19-Pandemie oder die Inflation.782 Die amerikanische Regierung wertete sein Veto als „positives Signal“.783 Spätestens der eigens vom polnischen Präsidenten gezogene Vergleich zu deutschen Investitionskontrollvorschriften bietet Anlass für eine Auseinandersetzung mit dieser Kritik aus nationaler Perspektive. Geht es zunächst um die zu kurzfristige Einberufung der Parlamentssitzung betreffend das polnische Mediengesetz,784 dann erscheinen negative Bemerkungen nachvollziehbar. Hinsichtlich des Gesetzesentwurfes selbst lässt sich eine entsprechende Aussage hingegen nicht derart unproblematisch treffen. Auf den ersten Blick sind einige Parallelen zum deutschen Investitionsprüfmechanismus erkennbar, indem auch das polnische Gesetz mit dem Schutz der staatlichen Sicherheit, konkret der freien Medien, begründet wurde, zu deren Gewährleistung die Rechte der Betroffenen Einschränkungen erführen;785 jener Zielkonflikt besteht auch im nationalen Recht. Eben diese Vorschriften sollen insbesondere vor chinesischer Einflussnahme schützen,786 sie richten sich aber wie das polnische Vorhaben allgemein unterschiedslos gegen drittstaatliche Investoren. Man wird berücksichtigen müssen, dass die politische Ausgangslage in beiden europäischen Staaten eine gänzlich andere ist. In Polen veranschaulichen zahlreiche Ereignisse eine stetige Gleichschaltung der Medienlandschaft zugunsten der Re-

setz-ein-a-9a9d55a6-9b24-45f1-bf46-b8aaf77ba8d0. Zu früheren Protesten gegen das Vorhaben vgl. auch ders., Polen protestiert gegen neues Rundfunkgesetz, https://www.spiegel.de/ausland/ polen-zehntausende-demonstrieren-gegen-neues-rundfunkgesetz-a-7a6b914f-cf4c-44f4-a269ba7c71db91b4 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 782 Zeit Online, Polens Präsident legt Veto gegen umstrittenes Mediengesetz ein, Bericht v. 27. 12. 2021, https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-12/andrzej-duda-polen-mediengesetz-ve to?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F; Welt, Präsident Duda stoppt Mediengesetz per Veto, Bericht v. 27. 12. 2021, https://www.welt.de/politik/ausland/article23 5895562/Polen-Praesident-Duda-stoppt-Mediengesetz-per-Veto.html (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 783 Neue Züricher Zeitung, Präsident Duda legt sein Veto gegen das umstrittene polnische Mediengesetz ein, Bericht v. 28. 12. 2021, https://www.nzz.ch/international/praesident-dudalegt-veto-gegen-polnisches-mediengesetz-ein-ld.1662152 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 784 Vgl. hierzu nur Hassel, Polens Parlament verabschiedet umstrittenes Mediengesetz, Süddeutsche Zeitung v. 12. 8. 2021, https://www.sueddeutsche.de/medien/tvn-polen-gesetzsendelizenz-1.5380124 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 785 Sejm, Poselski projekt ustawy o zmianie o radiofonii i telewizji, Druk nr 1389 v. 7. 7. 2021, S. 4, https://orka.sejm.gov.pl/Druki9ka.nsf/0/8C0A008B82EDF7BFC125870C0053 905C/%24File/1389.pdf. Vgl. auch Gnauck, Wie die PiS ihren schärfsten Kritiker mundtot macht, FAZ v. 19. 12. 2021, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/polens-parlament-verab schiedet-umstrittenes-mediengesetz-17692439.html (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 786 Vgl. schon Kap. 2 § 1 C. II.

§ 3 Einordnung der nationalen Entwicklung im internationalen Vergleich

159

gierung.787 Eine vergleichbare Entwicklung ist in Deutschland nicht absehbar. Zudem liegt die Vermutung nahe, dass sich das polnische Vorhaben – wenn auch konkret nicht so bezeichnet – in diesem Fall zumindest ganz vordergründig gegen das regierungskritische Unternehmen TVN24 richtet, das von seiner amerikanischen Mutter Discovery beherrscht wird. Eine ähnliche Konstellation in Bezug auf Kritiker der deutschen Regierung ist demgegenüber nicht abzusehen. Allein auf Discovery findet der „rückwirkende“ Charakter des Vorhabens Anwendung. Dieser zeichnet sich wesentlich dadurch aus, dass das polnische Vorhaben für bereits bestehende Verträge gilt. Demgegenüber ist die Untersagungs- und Anordnungsbefugnis im nationalen Recht auf einen bestimmten Zeitraum im Anschluss an die erwerbsunternehmerische Meldepflicht des Vertragsschlusses beschränkt. In diesem Zeitraum ist das schuldrechtliche Rechtsgeschäft (bedingt) wirksam, wohingegen der dingliche Vollzug schwebend unwirksam ist.788 Eine dem polnischen Gesetz vergleichbare Vertrauensgrundlage ist noch nicht gegeben. Zwar ermöglicht der deutsche Mechanismus grundsätzlich die Prüfung bereits ab dem Erwerb einer zehnprozentigen Beteiligung an Medienunternehmen,789 diese Regelungen beziehen sich ebenfalls auf mittelbare Erwerbe sowie darüber hinaus auch etwa auf missbräuchliche Gestaltungen und Umgehungsgeschäfte.790 Die Schließung solcher „Schlupflöcher“ ist für sich genommen zweckmäßig. Jedoch ist eine verfahrensabschließende Untersagung im nationalen Prüfregime keinesfalls zwingend,791 wohingegen das kritisierte polnische Vorhaben generell und unabhängig von einer behördlichen Prüfung Mehrheitsbeteiligungen unterbindet. Abschließend gilt es aber zu bemerken, dass Beschränkungen ausländischer Direktinvestitionen in Medienunternehmen sehr wohl Grenzen unterliegen, oberhalb derer öffentlich geäußerte Bedenken laut geäußert werden. Wo sich die Grenze einer rechtlichen Zulässigkeit der nationalen Regelungen abzeichnet, bleibt noch zu beantworten. Dieser Frage wurde – soweit ersichtlich – bislang überraschenderweise weder in den Medien noch im rechtswissenschaftlichen Diskurs Beachtung geschenkt.792

787

Zur im Lichte der Presse- und Rundfunkfreiheit bedenklichen Situation in Polen vgl. weiter unten Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa) (2). 788 Zur Untersagungs- und Anordnungsbefugnis s. Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (1) und zum Vollzugsverbot s. Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) aa). 789 Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (1). 790 Zum mittelbaren Erwerb s. Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (5) sowie zu missbräuchlichen Gestaltungen und Umgehungsgeschäften s. Kap. 2 § 1 B. II. 2. b) bb). 791 Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) bb) (2). 792 Vgl. insbesondere die Auseinandersetzung mit der Angemessenheit des Vollzugsverbots im Medienbereich trotz seiner Geltung ab dem Erwerb einer zehnprozentigen Beteiligung Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (a).

Kapitel 3

Vereinbarkeit der deutschen Investitionskontrollvorschriften mit dem nationalen Verfassungsrecht Auf Grundlage dieses rechtlichen Rahmens der Investitionskontrolle widmet sich die vorliegende Studie im nächsten Schritt einer Überprüfung der sektorübergreifenden Investitionskontrollvorschriften in Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung auf ihre Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht. Die Untersuchungen begrenzen sich auf den Erwerb der in § 55a Abs. 1 AWV aufgeführten sicherheitsrelevanten zivilen Unternehmen, weil für den Erwerb dieser gegenüber dem Erwerb sonstiger Branchen verschärfte Regelungen gelten.1 An unterschiedlicher Stelle wird ein besonderes Augenmerk auf Medienunternehmen i. S. v. § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV gelegt werden. Mit Bezug auf die von der sektorübergreifenden Prüfung erfassten Erwerbstatbestände2 werden die Vorschriften in § 2 bis § 4 dieses Kapitels hinsichtlich des Erwerbs eines inländischen Unternehmens untersucht. Diesem unterfallen der Erwerb des gesamten Zielunternehmens sowie auch der Erwerb wesentlicher Betriebsmittel und eines wesentlichen Betriebsteils gem. § 55 Abs. 1a AWV.3 Als weiterer Erwerbstatbestand wird der Beteiligungserwerb behandelt. Gegenständlich erwirbt ein unionsfremdes Unternehmen also das deutsche Zielunternehmen bzw. wesentliche Betriebsmittel oder einen wesentlichen Betriebsteil des Zielunternehmens. Daneben wird die Konstellation beleuchtet, in der ein unionsfremdes Unternehmen eine unmittelbare Beteiligung4 am Zielunternehmen von diesem selbst erwirbt. Eine Gesellschaft – etwa eine Aktiengesellschaft unter den Voraussetzungen des § 71 AktG –5 kann eigene Anteile halten und veräußern.6 Um die Investitions-

1 S. zu den jeweiligen Verschärfungen bereits in Kap. 2 § 1 B. II., als Beispiel können die niedrigere Prüfschwelle des § 56 Abs. 1 AWV sowie das Vollzugsverbot (§ 15 Abs. 3 Satz 1 AWG) genannt werden. 2 Vgl. schon die Übersicht einleitend in Kap. 2 § 1 B. II. 2. a). 3 Zum Begriff des Erwerbs eines inländischen Unternehmens s. Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) bb). 4 Zum Begriff der unmittelbaren Beteiligung s. Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (1). 5 Vgl. hierzu näher Oechsler, in: Goette/Habersack, MüKo AktG, Bd. 1, 5. Aufl. 2019, § 71 Rn. 1 ff. 6 Beispielsweise hält auch das Medienunternehmen ProSiebenSat.1 Media SE eigene Anteile, s. ProSiebenSat.1 Media, Aktionärsstruktur, https://www.prosiebensat1.com/investor-rela

Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht Erwerber: unionsfremdes Erwerbsunternehmen

161

Veräußerer: deutsches Zielunternehmen i.S.v. § 55a Abs. 1 AWV

Erwerb des gesamten Zielunternehmens Erwerb eines inländischen Unternehmens Erwerb wesentlicher Betriebsmittel oder eines wesentlichen Betriebsteils des Zielunternehmens

Erwerbstatbestände im Zweipersonenverhältnis

Erwerb einer Beteiligung (§ 56 AWV)

bei Branchen der § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV (einschl. Medienunternehmen): 10 %-Schwelle bei Branchen der § 55a Abs. 1 Nr. 8 bis Nr. 27 AWV: 20 %-Schwelle

Überblick: Untersuchungsgegenstand Kapitel 3 § 2 bis § 4

kontrollvorschriften einheitlich in Bezug auf vorstehenden Erwerbsformen untersuchen zu können, beschränken sich die Ausführungen in § 2 bis § 4 dieses Kapitels auch für den Beteiligungserwerb auf das Zweipersonenverhältnis. In der Regel hält jedoch ein dritter Beteiligter Anteile an einem Unternehmen und nicht dieses selbst. Ein Beteiligungserwerb kann also auch im – wohl praxisrelevanteren – Dreipersonenverhältnis stattfinden. Insofern wird eine Beteiligung am Zielunternehmen seitens des Unionsfremden von einem dritten Unternehmen erworben, das Anteile am deutschen Zielunternehmen hält (sogenanntes Anteilseignerunternehmen7).8 Die verfassungsrechtlichen Rechtspositionen dieses Anteilseignerunternehmens finden in § 5 dieses Kapitels Berücksichtigung.

tions/aktie/aktionaersstruktur (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vgl. hierzu auch weiter unten Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (a). 7 Zur Frage, warum hier jeweils bezüglich des Erwerbs-, des Ziel- und des Anteilseignerunternehmens von „Unternehmen“ die Rede ist und warum nicht auf natürliche Personen eingegangen wird, s. nachfolgend einleitend Kap. 3 § 1. 8 So etwa im Fall Kuka, vgl. Seibt/Kulenkamp, ZIP 2017, 1345 (1347); Magenheim, Stuttgarter Zeitung v. 20. 7. 2016, https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.kuka-uebernahmemidea-konzern-erobert-kuka-im-sturm.4d2fe71b-f86f-4b93-9d13-17c439219333.html und auch im Fall Aixtron: Seibt/Kulenkamp, ZIP 2017, 1345 (1346 f.). Davon wird auch in den anzugebenden Informationen in der Meldung gem. § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV ausgegangen, vgl. Allgemeinverfügung zu den gem. § 14a des Außenwirtschaftsgesetzes, §§ 55a, 58 und 60

162

Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht Erwerber: unionsfremdes Erwerbsunternehmen

Veräußerer: Anteilseignerunternehmen

(= hält Anteile an Zielunternehmen)

deutsches Zielunternehmen i.S.v. § 55a Abs. 1 AWV

Erwerbstatbestand im Dreipersonenverhältnis

Erwerb einer Beteiligung (§ 56 AWV)

bei Branchen der § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV (einschl. Medienunternehmen): 10 %-Schwelle bei Branchen der § 55a Abs. 1 Nr. 8 bis Nr. 27 AWV: 20 %-Schwelle

Überblick: Untersuchungsgegenstand Kapitel 3 § 5

Nach Maßgabe dieser Untersuchungsgegenstände werden alle Erwerbstatbestände in den nachfolgenden Überprüfungen behandelt. Aus Übersichtlichkeits- und aus Kapazitätsgründen müssen diese aber jeweils auf ihre Grundtatbestände beschränkt werden. Damit begrenzen sich die Prüfungen sowohl im Zwei- (§ 2 bis § 4) als auch im Dreipersonenverhältnis (§ 5) auf den unmittelbaren Erwerb; mittelbare Unternehmens- und Beteiligungserwerbe9 werden also ausgeklammert. Sofern es sich um einen unmittelbaren Beteiligungserwerb handelt, finden Hinzuerwerbe10 Beachtung. Dagegen wird nicht auf Sonderkonstellationen des Erwerbs einer Beteiligung eingegangen. So sind atypische Erwerbe, eine Zurechnung von Stimmrechten Dritter sowie missbräuchliche Gestaltungen und Umgehungsgeschäfte11 nicht Gegenstand der verfassungsrechtlichen Untersuchungen. Den verfassungsrechtlichen Überprüfungen wird die Frage vorangestellt, welche der von den Investitionskontrollregelungen betroffenen Unternehmen sich auf die nationalen Grundrechte berufen können (§ 1). Im Anschluss bietet es sich an, chronologisch nach dem praktischen Ablauf der sektorübergreifenden Prüfung12 vorzugehen. Demnach folgt auf die Untersuchung des Vorliegens einer Grundder Außenwirtschaftsverordnung einzureichenden Informationen und Unterlagen v. 27. 5. 2021 (BAnz AT 11. 6. 2021 – B 2, berichtigt durch BAnz AT 13. 7. 2021 – B 2). 9 Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) bb) und Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (5). 10 Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (2). 11 Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (3) und (4) sowie Kap. 2 § 1 B. II. 2. b) bb). 12 Kap. 2 § 1 B. II. 3. a).

§ 1 Grundrechtsberechtigung der betroffenen Unternehmen gem. Art. 19 Abs. 3 GG 163

rechtsverletzung durch die Meldepflicht des § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV (§ 2 bzw. § 5 A.) eine solche durch die mit der Durchführung des Investitionsprüfverfahrens verbundenen Vorschriften (§ 3 bzw. § 5 B.). Hier sind das Vollzugsverbot in § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG, das Verbot der in § 15 Abs. 4 Satz 1 AWV normierten Handlungen, die erwerbsunternehmerische Mitwirkungspflicht in § 14a Abs. 2 Satz 1 AWG und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen gegenüber allen Erwerbsbeteiligten in § 14a Abs. 2 Satz 4 und Satz 5 AWG bedeutsam. Schließlich kommt auch eine Grundrechtsverletzung der betroffenen Unternehmen durch die in § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV geregelte Untersagungs- und Anordnungsermächtigung in Betracht (§ 4 bzw. § 5 C.). Hinsichtlich der einzelnen nachfolgend untersuchten Regelungen ist zu berücksichtigen, dass die das Prüfverfahren begleitenden Verwaltungsakt-Ermächtigungen sowie auch die verfahrensabschließende Untersagungs- und Anordnungsermächtigung erst die gesetzliche Grundlage für ein exekutives Handeln im Einzelfall bilden. Die Überprüfung (allein) dieser Ermächtigungen sieht sich darin begründet, dass die vorliegende Studie den gesamten rechtlichen Rahmen der sektorübergreifenden Investitionsprüfung in den Blick nimmt. Freilich müssen darüber hinaus auch die jeweiligen Exekutivakte den geltenden Anforderungen standhalten; diese Frage ist jedoch im jeweiligen Einzelfall zu beleuchten und deshalb nicht Gegenstand der nachfolgenden Untersuchung. In diesem Zusammenhang ist unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten die von Art. 14 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und von Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Außenwirtschaftsfreiheit bedeutsam.13 An jenen Grundrechtspositionen sind die Beschränkungsmöglichkeiten ausländischer Direktinvestitionen zu messen. Bei Vorliegen der Merkmale des § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV wird primär die von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierte Medienfreiheit relevant.

§ 1 Grundrechtsberechtigung der betroffenen Unternehmen gem. Art. 19 Abs. 3 GG In persönlicher Hinsicht beschränken sich die Untersuchungen dieses Kapitels im Zweipersonenverhältnis auf das Ziel- und das Erwerbsunternehmen; im Dreipersonenverhältnis des Erwerbs einer Beteiligung am Ziel- von einem Anteilseignerunternehmen tritt letzteres hinzu. Insbesondere wird eine mögliche Grundrechtsverletzung der hinter diesen Unternehmen stehenden natürlichen Personen durch die Investitionskontrollregelungen nicht behandelt. Die untersuchten Vorschriften erfassen auf Seiten des Erwerbers sowie des Zielunternehmens unter gewissen Um13 Epping, Die Außenwirtschaftsfreiheit, 1998, S. 10; Thoms, in: Dorsch, Zollrecht, § 1 AWG (Stand 2020) Rn. 3. Vgl. auch bereits zur von Art. 1 Abs. 1 Satz 1 AWG gewährleisteten Freiheit des Außenwirtschaftsverkehrs Kap. 1 § 1.

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

ständen auch natürliche Personen,14 auch beim Anteilseigner könnte es sich um eine solche handeln. Wegen des großen Volumens der von der Investitionsprüfung betroffenen Transaktionen werden an diesem in der Regel jedoch Unternehmen beteiligt sein.15 Auf diesen Regelfall einer Betroffenheit von Unternehmen beschränkt sich die Verfassungsmäßigkeitsprüfung in diesem Kapitel.

A. Grundrechtsberechtigung des Zielund des Anteilseignerunternehmens Eine Grundrechtsberechtigung des von den Investitionsprüfvorschriften betroffenen deutschen Ziel- (§ 55a Abs. 1 AWV) und des Anteilseignerunternehmens kommt unter den Voraussetzungen des Art. 19 Abs. 3 GG in Betracht. Inländische juristische Personen können sich ebenso wie natürliche16 Personen auf Grundrechte berufen, soweit diese ihrem Wesen nach auf sie anwendbar sind.

I. Das Ziel- und das Anteilseignerunternehmen als juristische Personen Der verfassungsrechtliche Begriff der juristischen Person meint nach allgemeinem Verständnis einen Rechtsträger, der nicht bereits kraft Natur besteht, sondern der erst mittels seiner Kreation durch die Rechtsordnung Träger von Rechten und Pflichten sein kann. Außerdem müssen juristische Personen hinreichend eigenständig sein, also einen institutionalisierten Willen bilden können, um natürlichen Personen gleichzustehen.17 Neben vollrechtsfähigen Rechtsformen wie der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder der Aktiengesellschaft werden nach dem Sinn und Zweck des Art. 19 Abs. 3 GG auch teilrechtsfähige Personenmehrheiten oder Organisationen wie die Offene Handelsgesellschaft erfasst.18 Bei den vom Außenwirtschaftsgesetz und der Außenwirtschaftsverordnung betroffenen Unternehmen handelt es sich um voll- oder teilrechtsfähige juristische Personen oder Personenhandelsgesellschaften,19 die erst infolge ihrer Kreation durch 14

Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) aa) und Kap. 2 § 1 B. II. 2. b) aa). S. schon Kap. 1 § 1. Dies gilt häufig auch für das Anteilseignerunternehmen, das mindestens eine Beteiligung von zehn Prozent am Zielunternehmen halten muss, damit der Erwerb prüfungsrelevant ist. 16 Vgl. verfassungsrechtlichen Begriff der natürlichen Person, welcher alle Menschen impliziert, nur Höfling, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 1 Rn. 56 ff. 17 Kingreen/Poscher, Grundrechte, Staatsrecht II, 38. Aufl. 2022, Rn. 228 ff.; Classen, Staatsrecht II, 2018, S. 29. 18 BVerfGE 4, 7 (12); Enders, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 19 (Stand 2022) Rn. 35; Remmert, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 3, Art. 19 Abs. 3 (Stand 2009) Rn. 37 ff. m. w. N. 19 Vgl. Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) aa). 15

§ 1 Grundrechtsberechtigung der betroffenen Unternehmen gem. Art. 19 Abs. 3 GG 165

die Rechtsordnung Träger von Rechten und Pflichten sind und denen eine institutionalisierte Willensbildung möglich ist. Somit unterfallen die besonders in der Praxis von der Investitionskontrolle betroffenen Kapitalgesellschaften dem Begriff der juristischen Person im Sinne der Verfassung. Die anschließenden Untersuchungen erfolgen sowohl in der Zweipersonenkonstellation für das Ziel- als auch in der Dreipersonenkonstellation für das Anteilseignerunternehmen am Beispiel der Form einer Aktiengesellschaft.

II. Die Inländereigenschaft des Zielund des Anteilseignerunternehmens Art. 19 Abs. 3 GG verlangt ferner die Inländereigenschaft der juristischen Person. Aus verfassungsrechtlicher Perspektive sind hiermit Deutsche gemeint; für juristische Personen wird mit der ganz überwiegenden Auffassung auf den Schwerpunkt ihrer Haupttätigkeit abgestellt. Maßgeblich ist demnach, wo die Entscheidungen über die Geschäftsführung gefällt werden.20 Mit § 2 Abs. 15 Nr. 2 Alt. 1 AWG vertritt auch das Außenwirtschaftsgesetz dieses Verständnis, welches den Sitz, alternativ aber auch den Ort der Leitung als maßgeblich ansieht.21 Für ein Ziel-22 sowie für ein Anteilseignerunternehmen mit dem Ort der Leitung, also mit der Haupttätigkeit in Deutschland, ist die Inländereigenschaft folglich erfüllt. In Bezug auf Deutschengrundrechte wie die Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG wird zum Teil gefordert, dass die juristische Person nicht von Ausländern beherrscht wird; andernfalls würden diese entgegen dem Wortlaut doch geschützt, wenn sie durch eine juristische Person im Kollektiv handeln.23 Gegen diese einschränkende Auslegung spricht, dass Art. 19 Abs. 3 GG gerade auf juristische Personen abstellt und für diese eigene Erfordernisse der Grundrechtsfähigkeit benennt, welche die Anwendungsvoraussetzungen eines Grundrechts auf natürliche Personen verdrängen.24 Dieses Verständnis trägt auch dem Gedanken Rechnung, dass 20

Kingreen/Poscher, Grundrechte, Staatsrecht II, 38. Aufl. 2022, Rn. 233; Heintzen, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. II, 2006, § 50 Rn. 10; Huber, in: ders./ Voßkuhle, GG, Bd. 1, 8. Aufl. 2023, Art. 19 Rn. 318 ff.; Dreier, in: ders., GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 19 Abs. 3 Rn. 79; Remmert, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 3, Art. 19 Abs. 3 (Stand 2009) Rn. 78. Für andere Herangehensweisen dieser Begriffsbestimmung vgl. etwa Remmert, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 3, Art. 19 Abs. 3 (Stand 2009) Rn. 79. 21 § 2 Abs. 15 Nr. 2 Alt. 2 AWG, vgl. bereits auch Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) aa). 22 Für das deutsche Zielunternehmen wird dies regelmäßig der Fall sein, vgl. auch Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 158. 23 Manssen, in: Huber/Voßkuhle, GG, Bd. 1, 8. Aufl. 2023, Art. 12 Rn. 275 m. w. N. Diese Frage hat das Bundesverfassungsgericht bislang offengelassen, s. etwa BVerfG, Beschl. v. 18.1.2002 – 1 BvR 2284/95, NJW 2002, 1485 (1485). 24 Dahingehend auch Sachs, in: ders., GG, 9. Aufl. 2021, Art. 19 Rn. 56; Kahl/Hilbert, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 19 Abs. 3 (Stand 2019) Rn. 338.

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

es für die wesensgemäße Anwendbarkeit bestimmter Grundrechte gerade nicht auf einen Durchgriff auf die natürlichen Personen ankommt.25 Nach überzeugender Auffassung ist mithin nicht die Struktur der Anteilseigner, sondern der Schwerpunkt der Haupttätigkeit für die Inländereigenschaft relevant.26

III. Die wesensgemäße Anwendbarkeit der möglicherweise verletzten Grundrechte auf das Ziel- und das Anteilseignerunternehmen Für das Kriterium einer wesensgemäßen Anwendbarkeit der jeweiligen Grundrechte auf die inländische juristische Person wird teilweise auf den Durchgriff hinsichtlich der hinter der Gesellschaft stehenden natürlichen Personen abgestellt, deren Schutzwürdigkeit eine Anwendung der Gewährleistungen auf die juristische Person erfordern müsse.27 Da in der vorliegend untersuchten Konstellation natürliche Personen in der jeweiligen Aktiengesellschaft tätig sind, „hinter“ diesen also insbesondere nicht etwa der Staat zu erkennen ist, erscheint nach diesem Verständnis ein Durchgriff auf die hinsichtlich der potenziell betroffenen Grundrechte der Eigentums-, der Berufsausübungs-, der Medien- und der allgemeinen Handlungsfreiheit grundrechtsberechtigten natürlichen Personen notwendig. Nach einer anderen Herangehensweise ist entscheidend, ob sich die juristische Person in einer einem Individuum vergleichbaren grundrechtstypischen Gefährdungslage befindet.28 Hierfür spricht, dass es unter den Voraussetzungen des Art. 19 Abs. 3 GG gerade auf die juristische Person selbst und nicht auf die ihr angehörenden Individuen ankommen soll. Sofern das Zielunternehmen nicht staatlicherseits kontrolliert wird,29 ist eine grundrechtstypische Gefährdungslage bei dem eventuell durch außenwirtschaftsrechtliche Vorschriften verletzten Art. 14 Abs. 1 GG gegeben, denn juristische können ebenso wie natürliche Personen Träger von Vermö25 Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 91; zur Diskussion des Durchgriffs auf die natürlichen Personen s. Kap. 3 § 1 A. III. 26 Ebenso auch Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 156 f. für Investitionskontrollvorschriften in früherer Fassung. 27 BVerfGE 21, 362 (369); 68, 193 (205 f.); Enders, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 19 (Stand 2022) Rn. 45. Für eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Lehre vom personalen Substrat s. etwa Ludwigs/Friedmann, NVwZ 2018, 22 (23 f.). 28 BVerfGE 45, 63 (79); 61, 82 (105 f.); Kingreen/Poscher, Grundrechte, Staatsrecht II, 38. Aufl. 2022, Rn. 248 ff.; Enders, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 19 (Stand 2022) Rn. 46; Ernst, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 7. Aufl. 2021, Art. 19 Rn. 56 ff.; Huber, in: ders./Voßkuhle, GG, Bd. 1, 8. Aufl. 2023, Art. 19 Rn. 335 ff.; Kahl/Hilbert, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 19 Abs. 3 (Stand 2019) Rn. 162 ff.; Sachs, in: ders., GG, 9. Aufl. 2021, Art. 19 Rn. 67 ff. 29 Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 157 f. m. w. N. aus Rspr. und Lit.

§ 1 Grundrechtsberechtigung der betroffenen Unternehmen gem. Art. 19 Abs. 3 GG 167

gensrechten sein.30 Auch ist allgemein anerkannt, dass die Berufsfreiheit durch natürliche wie durch juristische Personen des Privatrechts ausgeübt werden kann.31 Anders als bei natürlichen Personen kann eine juristische Person in sachlicher Hinsicht zwar nicht in der Sicherung ihres Lebensunterhalts geschützt werden; der Berufsbegriff ist jedoch weit zu verstehen, sodass auch erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten juristischer Personen vom Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG umfasst werden.32 Bei Zielunternehmen in Form einer Aktiengesellschaft handelt es sich um juristische Personen des Privatrechts. Sofern dies auch für das Anteilseignerunternehmen anzunehmen ist, liegt jeweils eine grundrechtstypische Gefährdungslage vor. Für die in § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV aufgeführten Medienunternehmen und für ein Anteilseignerunternehmen, das im Medienbereich tätig ist, steht auch eine wesensgemäße Anwendbarkeit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG in Rede. Neben natürlichen Personen33 wie Journalisten oder Verlegern können sich auch juristische Personen an der Bereitstellung eines Mediums beteiligen und sich mithin auf das Grundrecht berufen.34 Jenes Kriterium ist für die in Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Handlungsfreiheit ebenfalls erfüllt.35 Schlussfolgernd sind die Eigentums-, die Berufs-, die Medien- und die allgemeine Handlungsfreiheit nach beiden Herangehensweisen ihrem Wesen nach grundsätzlich auf juristische Personen anwendbar. Das von der sektorübergreifenden Prüfung betroffene Ziel- sowie auch das Anteilseignerunternehmen sind demnach grundrechtsberechtigt.

B. Fehlende Grundrechtsberechtigung des Erwerbsunternehmens mangels Inländereigenschaft Demgegenüber ist eine Grundrechtsberechtigung des unionsfremden Erwerbsunternehmens abzulehnen. Zunächst lässt sich auch dieses dem verfassungsrecht30

BVerfGE 4, 7 (17); Labitzke, Die Beschränkung von Auslandsinvestitionen in deutsche Rüstungsunternehmen, 2011, S. 206; Papier/Shirvani, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 2, Art. 14 (Stand 2018) Rn. 331. 31 BVerfGE 50, 290 (363); Classen, Staatsrecht II, 2018, S. 203. 32 Vgl. statt vieler Ruffert, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 12 (Stand 2022) Rn. 38. 33 Classen, Staatsrecht II, 2018, S. 157; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Rn. 114 f. 34 BVerfGE 95, 28 (35); Classen, Staatsrecht II, 2018, S. 157, 298; Ferreau, Öffentlichrechtlicher Rundfunk und ökonomischer Wettbewerb, 2017, S. 189 f.; Groß, Presserecht, 1999, AT Rn. 80; Sachs, Verfassungsrecht II, 3. Aufl. 2017, S. 389, 394; Bethge, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 5 Rn. 78; Grabenwarter, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 1, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 (Stand 2018) Rn. 229, 581, 968; Schemmer, in: Epping/Hillgruber, BeckOKGG, Art. 5 (Stand 2022) Rn. 39, 62, 89. 35 Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 2 Rn. 8; Lang, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 2 (Stand 2022) Rn. 43.

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

lichen Begriff der juristischen Person36 zuordnen, da es – möglicherweise in einer dem deutschen Gesellschaftsrecht vergleichbaren ausländischen Rechtsform – regelmäßig voll- oder zumindest teilrechtsfähig ist und als von der Rechtsordnung geschaffener Rechtsträger über eine institutionalisierte Willensbildung verfügt. Indes fehlt es an der erwerbsunternehmerischen Inländereigenschaft37. Zwar genießen juristische Personen mit Sitz in einem Staat der Europäischen Union zum Schutz vor Diskriminierungen europäischer Staatsangehöriger gem. Art. 18 AEUV den gleichen Grundrechtsschutz wie deutsche juristische Personen.38 Jedoch erfasst die sektorübergreifende Prüfung lediglich Transaktionen, an denen ein unionsfremdes Erwerbsunternehmen beteiligt ist, dessen Sitz oder Ort der Leitung gem. Art. 2 Abs. 19 i. V. m. Abs. 18 AWG nicht in der Europäischen Union ist.39 Insbesondere kommt auch nicht Art. 2 Abs. 1 GG zum Tragen, da sich der Schutz Unionsfremder durch das Auffanggrundrecht40 nicht auf juristische Personen erstreckt.41 An diesem Ergebnis vermag auch die aktuell viel behandelte Frage des extraterritorialen Schutzes deutscher Grundrechte nichts zu ändern.42 Anstoß hierzu bot die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2020 in Bezug auf die Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes. In dieser Entscheidung legt das Bundesverfassungsgericht fest, dass die Bindung der deutschen Staatsgewalt an nationale Grundrechte gem. Art. 1 Abs. 3 GG nicht auf das deutsche Staatsgebiet beschränkt ist.43 Gleichwohl knüpft es für juristische Personen in diesem Kontext hinsichtlich deren Grundrechtsträgerschaft an das Kriterium des Sitzes im Inland bzw. in der Europäischen Union an.44 Dies überzeugt angesichts des ausdrücklichen Wortlauts in Art. 19 Abs. 3 GG. Also genießt der vom untersuchten sektorübergreifenden Prüfregime betroffene Investor keinen nationalen Grundrechtsschutz.

36

Kap. 3 § 1 A. I. Kap. 3 § 1 A. II. 38 BVerfGE 129, 78 (97 ff.); Classen, Staatsrecht II, 2018, S. 29; Enders, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 19 (Stand 2022) Rn. 37. 39 Vgl. bereits Kap. 2 § 1 B. II. 2. b) aa). So im Ergebnis auch Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 120 ff.; Dehne, Investitionskontrolle in Deutschland, 2022, S. 314 ff.; v. Kalben, ZHR 2022, 586 (617). Etwas anderes gilt etwa bei einer missbräuchlichen Gestaltung oder einem Umgehungsgeschäft i. S. v. § 55 Abs. 2 AWV. Diese Ausnahme wird im Folgenden allerdings nicht behandelt, s. schon Kap. 3 zu Beginn. 40 v. Kielmansegg, JuS 2009, 216 (220). 41 Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/ Jatzke/Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 (52). 42 S. beispielsweise Schwader, Extraterritoriale Wirkungen von Grundrechten in Mehrebenensystemen, Berlin 2019; Schmahl, NJW 2020, 2221 (2221 ff.); Krebs, Globale Gefahren und nationale Pflichten, Verfassungsblog v. 4. 6. 2020, https://verfassungsblog.de/globale-gefah ren-und-nationale-pflichten/ (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 43 BVerfGE 154, 152 (152 ff.). 44 BVerfGE 154, 152 (205 ff.). 37

§ 2 Mögliche Grundrechtsverletzung durch die Meldepflicht

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§ 2 Mögliche Grundrechtsverletzung des Zielunternehmens durch die Meldepflicht (§ 55a Abs. 4 Satz 1 AWV) Der Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages über den Erwerb eines in § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 27 AWV bezeichneten inländischen Unternehmens, eines wesentlichen Betriebsteils, wesentlicher Betriebsmittel (§ 55 Abs. 1a AWV) oder einer unmittelbaren Beteiligung (§ 56 Abs. 1 AWV) durch einen Unionsfremden ist gem. § 55a Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 AWV unverzüglich schriftlich oder elektronisch vom Erwerbsunternehmen zu melden.45 § 2 dieses Kapitels geht der Frage nach, ob diese Meldepflicht infolge einer Grundrechtsverletzung des Zielunternehmens mit dem nationalen Verfassungsrecht unvereinbar ist.

A. Vereinbarkeit der Meldepflicht mit Art. 14 Abs. 1 GG Die für Transaktionen unter Beteiligung eines sicherheitsrelevanten Zielunternehmens geltende Meldepflicht ist an der verfassungsrechtlich verankerten Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG zu messen. Im Anschluss an die sachliche Schutzbereichseröffnung46 wird das Vorliegen einer eigentumsrelevanten Maßnahme sowie deren Eingriffscharakter relevant. Sind diese Merkmale gegeben, ist von Bedeutung, ob die eigentumsrelevante Maßnahme unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten gerechtfertigt ist.47

I. Sachliche Schutzbereichsbetroffenheit der Eigentumsfreiheit Mit der Eigentumsfreiheit tritt eine fundamentale Grundentscheidung der Verfassung zutage: Prinzipiell kann ein Eigentümer mit seinem Eigentum verfahren, wie es ihm beliebt. Im alltäglichen Umgang mit dem Eigentum wird die Gesellschaft jene Grundentscheidung verinnerlicht haben, diese wird gar vorausgesetzt. Der Eigentümer eines Autos hält es für selbstverständlich, den Wagen zu jeder Zeit an jede beliebige Person veräußern zu können. Er wäre wohl ziemlich verwundert, womöglich sogar empört, müsste er die beabsichtigte Veräußerung zunächst dem Staat melden mit der Folge einer Untersagungsmöglichkeit des Rechtsgeschäfts. 45 Vgl. schon Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (1); weiterhin ist nach dem Wortlaut der Norm auch der mittelbare Erwerb zu melden, welcher hier nicht untersucht wird, s. ebenfalls schon Kap. 3 zu Beginn. 46 Vgl. zur Schutzbereichsprüfung allgemein Classen, Staatsrecht II, 2018, S. 24; Michael/ Morlok, Grundrechte, 7. Aufl. 2020, Rn. 36. 47 Zum allgemeinen Aufbau der Grundrechtsprüfung s. Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 27; Sachs, Verfassungsrecht II, 3. Aufl. 2017, S. 213 f.

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

Eben dieses freiheitlichen Grundverständnis legt seit vielen Jahrzehnten auch das Außenwirtschaftsrecht an. Der im Jahr 1961 vollzogene Paradigmenwechsel48 fußte auf der Erkenntnis, dass Grundrechte nicht nur als „lästig“ gelten müssen mit der Folge, ihre größtmögliche Einschränkung dem Staat zu erlauben. Vielmehr zeigte sich in den Vorjahren, dass die Freiheiten – hier konkret die Eigentumsfreiheit – des Einzelnen positive Effekte hervorbringen: Sie ermöglichten erst das Wirtschaftswachstum und eine Stärkung Deutschlands als Exportnation. Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistet in seiner individualrechtlichen Komponente als Abwehrrecht den Schutz konkreter Vermögenspositionen eines jeden Rechtssubjekts.49 Gegenstand dieser Gewährleistung sind alle vermögenswerten subjektiven Rechtspositionen, über die der Berechtigte nach der Rechtsordnung nach seiner eigenverantwortlichen Entscheidung und zu seinem privaten Nutzen verfügen darf.50 Eine Besonderheit ist darin zu sehen, dass der grundrechtliche Schutzgegenstand durch das einfache Recht, namentlich durch die Rechtsordnung, definiert wird.51 Der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff wird weit verstanden: Er umfasst alle Vermögenspositionen privatrechtlicher und zum Teil auch öffentlich-rechtlicher Natur. Demgegenüber werden rein faktische oder wirtschaftliche Rechtsgüter wie bloße Interessen, Chancen, Hoffnungen, Erwerbsaussichten oder Verdienstmöglichkeiten nicht geschützt.52 Der Eigentümer hat das Recht, die vermögenswerten Position zu besitzen, zu nutzen, zu verwalten, zu verbrauchen oder über sie zu verfügen. Jener Nutzungsmöglichkeit unterfällt insbesondere auch die gesellschaftsrechtlich gewährleistete rechtsgeschäftliche Veräußerung;53 das Vermögen als Ganzes ist demgegenüber nicht gesichert.54

48

Vgl. schon einleitend in Kap. 1 § 1. Vgl. statt vieler Papier/Shirvani, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 2, Art. 14 (Stand 2018) Rn. 112 ff. Zur Institutsgarantie s. auch Axer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 14 (Stand 2022) Rn. 18 f.; Papier/Shirvani, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 2, Art. 14 (Stand 2018) Rn. 118. 50 BVerfGE 83, 201 (209); 112, 93 (107); 115, 97 (110 f.); 131, 66 (79); Michael/Morlok, Grundrechte, 8. Aufl. 2022, Rn. 377. 51 S. nur Classen, Staatsrecht II, 2018, S. 39. 52 BVerfGE 78, 205 (211 f.); 94, 241 (258); 95, 173 (187 f.); 105, 252 (277); Papier/ Shirvani, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 2, Art. 14 (Stand 2018) Rn. 160; zu einer entgegenstehenden Mindermeinung in der Lit. s. Labitzke, Die Beschränkung von Auslandsinvestitionen in deutsche Rüstungsunternehmen, 2011, S. 211 ff. 53 BVerfGE 97, 350 (370); 101, 54 (75); 104, 1 (8); 115, 97 (111); Michael/Morlok, Grundrechte, 8. Aufl. 2022, Rn. 372 ff.; Sachs, Verfassungsrecht II, 3. Aufl. 2017, S. 579; Dederer, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 14 Teil III (Stand 2018) Rn. 3 ff. 54 BVerfGE 4, 7 (17); 123, 186 (258 f.); Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 447 f.; Leisner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VIII, 3. Aufl. 2010, § 173 Rn. 27; Dederer, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 14 Teil III (Stand 2018) Rn. 177 f. 49

§ 2 Mögliche Grundrechtsverletzung durch die Meldepflicht

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Auch die gebotene völkerrechtsfreundliche Auslegung der nationalen Verfassung55 führt unter Berücksichtigung des von Art. 1 Zusatzprotokoll EMRK56 gewährten Eigentumsschutzes zu keiner erweiterten Schutzbereichsauslegung. Dieser von der EMRK eröffnete Eigentumsschutz bezieht sich ebenfalls nur auf bestehende Rechte.57 Er erlaubt Eingriffe „tendenziell in weiterem Umfang“ als die in Art. 14 Abs. 1 GG verankerte Gewährleistung.58 Dies allgemein vorausgeschickt möchte in der hier untersuchten Konstellation das Zielunternehmen sein Unternehmen, dessen Teile, wesentliche Betriebsmittel oder eine Beteiligung an diesem rechtsgeschäftlich veräußern und dinglich darüber verfügen.59 Diese Gegenstände sind allesamt privatrechtlicher Natur. Insbesondere handelt es sich nicht nur beim gesamten Unternehmen oder bei dessen einzelnen Vermögensgegenständen, sondern auch beim Anteilseigentum etwa in Gestalt von Aktien um Vermögenspositionen.60 Deshalb betreffen sowohl der Asset als auch der Share Deal61 vermögenswerte Rechtspositionen. Infolge der von § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV statuierten Meldepflicht erlangen staatliche Stellen von der Veräußerungs- und Verfügungsabsicht Kenntnis, womit die von Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Freiheit zumindest berührt wird;62 die Erfüllung der Eingriffsmerkmale wird erst später beachtlich.63 Somit ist die zielunternehmerische Eigentumsfreiheit in sachlicher Hinsicht von der Meldepflicht betroffen. Ob diese auch in ihrer besonderen Ausprägung in Gestalt des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb tangiert ist, wäre nicht mehr relevant, wenn es auf der nächsten Stufe jedenfalls an einem Grundrechtseingriff mangelte.64

55

Hierzu s. etwa BVerfGE 74, 358 (370); 111, 307 (317 f.); 141, 1 (29 ff.); 151, 1 (27 ff.). Vgl. auch Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 25 Rn. 5 f. m. w. N. aus der Lit. 56 Europäische Menschenrechtskonvention v. 4. 11. 1950 (BGBl II S. 1952, 685). Vgl. diesbezüglich etwa Streinz, Europarecht, 11. Aufl. 2019, Rn. 79 ff. 57 Hierzu vgl. etwa Meyer-Ladewig/v. Raumer, in: Meyer-Ladewig/Nettesheim/v. Raumer, EMRK, 4. Aufl. 2017, Art. 1 ZP Rn. 10 m. w. N. aus der Rspr. 58 Cremer, in: Dörr/Grote/Marauhn, EMRK/GG, Bd. 2, 3. Aufl. 2022, Kap. 22 Rn. 30. S. auch zum ganzen Strukturvergleich beider Mechanismen des Eigentumsschutzes Kap. 22 Rn. 20 ff. 59 S. näher zum Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft eines jeden Kaufs bzw. Verkaufs nach der deutschen Rechtsordnung Westermann, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, Bd. 4, 8. Aufl. 2019, § 433 Rn. 25 ff. 60 Epping/Lenz, NVwZ 2005, 858 (859). 61 Vgl. zum Unterfallen beider Erwerbsformen dem Anwendungsbereich der sektorübergreifenden Prüfung Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) bb). 62 Insbesondere hat das Zielunternehmen in Form einer Aktiengesellschaft auch eine Verfügungsbefugnis über eigene Anteile, vgl. Oechsler, in: Goette/Habersack, MüKo AktG, Bd. 1, 5. Aufl. 2019, § 71b Rn. 8. 63 Kap. 3 § 2 A. II. 2. 64 S. zu diesem Recht sowie zur Frage, ob es in den Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG einzubeziehen ist, Kap. 3 § 3 A. I. 2.

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

Im speziellen Bereich der Medienunternehmen i. S. v. § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV steht diesem Resultat auch keine etwaige Schutzbereichsbetroffenheit der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG gewährleisteten Presse- und Rundfunkfreiheit entgegen: Da einerseits die Nutzungsmöglichkeit des Eigentums und andererseits die freie wirtschaftliche Betätigung des Grundrechtsträgers im Medienbereich tangiert wird, ist für Regelungen in Bezug auf das Eigentum an Medienunternehmen eine Idealkonkurrenz beider Grundrechte anzunehmen.65 Anderes könnte für das Verhältnis von Eigentums- und Berufsausübungsfreiheit gelten. Auf diese Frage käme es indes nicht an,66 wäre die Meldepflicht schon nicht als eigentumsrelevante Maßnahme zu qualifizieren und wäre eine Grundrechtsverletzung aus diesem Grund abzulehnen.

II. Keine Eigentumsrelevanz der Meldepflicht § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV wäre als eigentumsrelevante Maßnahme anzusehen, wenn es sich hierbei entweder um eine Enteignung oder um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung handelte. Neben dieser Abgrenzung ist auch der Frage nachzugehen, ob die Meldepflicht die Merkmale eines Grundrechtseingriffs erfüllt. 1. Kein Enteignungscharakter der Meldepflicht in Abgrenzung zur Inhalts- und Schrankenbestimmung Gem. 14 Abs. 1 Satz 2 GG werden Inhalt und Schranken des Eigentums durch die Gesetze bestimmt, womit die Schnittstelle zwischen den Befugnissen des Eigentümers und den Einwirkungsmöglichkeiten Dritter auf den Eigentumsgehalt beschrieben wird.67 Begrifflich sind all jene rechtlichen Regelungen erfasst, mit denen der Gesetzgeber das Eigentum und das Erbrecht im Rahmen seiner Ausgestaltungsbefugnis abstrakt-generell definiert. Inhaltsbestimmungen wirken in der Zukunft, wohingegen Schrankenbestimmungen auf die Vergangenheit gerichtet sind, indem sie sich auf bestehende Eigentumspositionen beziehen.68 Beide sind gleichermaßen Ausdruck der in Art. 14 Abs. 2 GG normierten Sozialbindung des Eigentums, welche dogmatisch auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zurückzuführen ist.69 Demgegenüber findet sich in Art. 14 Abs. 3 GG die Einschrän65 Bethge, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 5 Rn. 89a; Grabenwarter, in: Dürig/Herzog/ Scholz, GG, Bd. 1 (Stand 2018) Rn. 335. 66 Dieser Frage widmet sich Kap. 3 § 3 A. I. 3. 67 BVerfGE 58, 300 (330); 100, 226 (240); Epping/Lenz, NVwZ 2005, 858 (860). 68 BVerfGE 52, 1 (27); Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 462; Dederer, in: Kahl/ Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 14 Teil III (Stand 2018) Rn. 553. 69 BVerfGE 24, 367 (396); Classen, Staatsrecht II, 2018, S. 210 f.; Michael/Morlok, Grundrechte, 8. Aufl. 2022, Rn. 374; Voßkuhle, JuS 2007, 429 (430). Zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vgl. Kap. 3 § 3 A. III. 2. b).

§ 2 Mögliche Grundrechtsverletzung durch die Meldepflicht

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kungsmöglichkeit einer Enteignung, welche nach Satz 1 zum Wohle der Allgemeinheit erfolgt. Die Junktimklausel des Satzes 2 verlangt ein Gesetz, das Art und Ausmaß einer Entschädigung regelt, bei deren Bestimmung gem. Satz 3 die Interessen der Allgemeinheit gegen diejenigen der Beteiligten abzuwägen sind.70 Unter Berücksichtigung dieser strengen Anforderungen an eine Enteignung werden die Kriterien für ihre Abgrenzung von einer Inhalts- und Schrankenbestimmung bedeutsam. In der Rechtsprechung71 wurde für einige Zeit mit der Schweretheorie gefragt, ob die eigentumsrelevante Maßnahme für den betroffenen Eigentümer zumutbar ist und bejahendenfalls eine Inhalts- und Schrankenbestimmung angenommen. Bei Überschreitung des Zumutbarkeitskriteriums wurde demgegenüber von einer Enteignung ausgegangen.72 Dieser Herangehensweise ähnelt auch die früher vertretene Sonderopfertheorie, mit der eine Enteignung angenommen wurde, wenn der Betroffene innerhalb seiner Gattung ein Sonderopfer zu erbringen hatte.73 In diesem Zusammenhang war bei jedem Vorliegen einer unzumutbaren Maßnahme bzw. der Annahme eines Sonderopfers eine Enteignung gegeben, obwohl die erforderlichen Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 3 GG nicht immer erfüllt waren;74 dieses Ergebnis ist unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten unbefriedigend. Als problematisch erwies sich aber insbesondere die Unbestimmtheit beider Merkmale, aufgrund derer eine rechtssichere Abgrenzung von Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmungen Schwierigkeiten bereitete. Vor diesem Hintergrund ist nach vorzugswürdiger Ansicht mit dem Bundesverfassungsgericht auf die Form und die Zweckrichtung der staatlichen Maßnahme abzustellen. Eine Enteignung liegt vor, wenn die Entziehung der formalen individuellen Eigentümerpositionen auf hoheitlicher Entscheidung beruht und gezielt zum Zwecke der Güterbeschaffung erfolgt.75

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Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 469; Dolzer/Tietje/Wackernagel, in: Kronke/ Melis/Kuhn (Hrsg.), Hdb. Internationales Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2016, Teil J. Rn. 15. 71 BVerwGE 32, 135 (179). 72 Depenheuer/Froese, in: Huber/Voßkuhle, GG, Bd. 1, 8. Aufl. 2023, Art. 14 Rn. 272 f.; Papier/Shirvani, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 2, Art. 14 (Stand 2018) Rn. 468 f. 73 BGHZ 6, 270 (280); 30, 338 (341); 60, 145 (147); Dederer, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 14 Teil III (Stand 2018) Rn. 495 f.; Depenheuer/Froese, in: Huber/Voßkuhle, GG, Bd. 1, 8. Aufl. 2023, Art. 14 Rn. 267 ff.; Papier/Shirvani, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 2, Art. 14 (Stand 2018) Rn. 464 ff. 74 Classen, Staatsrecht II, 2018, S. 214. 75 BVerfGE 58, 300 (330 f.); 126, 331 (359); Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 469 f.; Michael/Morlok, Grundrechte, 8. Aufl. 2022, Rn. 696; Sachs, Verfassungsrecht II, 3. Aufl. 2017, S. 581; Kreuter-Kirchhof, NVwZ 2019, 1791 (1795). Kritisch mit Blick auf die Kompensationsfrage Froese, NJW 2017, 444 (444 ff.). Insbesondere kann das Vorliegen einer nachfolgend in 2. zu untersuchenden Belastungskumulation infolge erhöhter Intensität keine Enteignung begründen, s. nur Kreuter-Kirchhof, NVwZ 2019, 1791 (1795).

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

In der vorliegend betroffenen Meldepflicht ist die Entscheidung über die Beschränkung der zielunternehmerischen Eigentumsnutzung auf eine abstrakt-generelle Regelung des Gesetzgebers zurückzuführen, durch welche die Eigentumsrechte für eine Vielzahl von Transaktionen formuliert lediglich begrenzt, nicht aber entzogen werden.76 Anders formuliert wird durch den Gesetzgeber das Eigentum an den in § 55a Abs. 1 AWV genannten Zielunternehmen so beschrieben, dass es hinsichtlich der Veräußerung und Verfügung Beschränkungen unterliegt. § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV verfolgt nicht die Intention der Güterbeschaffung, vielmehr soll der Staat möglichst frühzeitig über die Transaktion informiert werden und diese dementsprechend schnell prüfen und bei einer voraussichtlichen Beeinträchtigung der Schutzgüter einschreiten können. Mithin ist in Abgrenzung zu einer Enteignung eine Inhalts- und Schrankenbestimmung gegeben. 2. Kein Eingriff in die Eigentumsfreiheit, insb. unter Berücksichtigung der Figur kumulativer Grundrechtseingriffe Die Meldepflicht des § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV erfüllt die Merkmale eines Eingriffs nach dem klassischen Begriffsverständnis in die zielunternehmerische Eigentumsfreiheit, wenn es sich um einen imperativen – also befehlsartigen – Rechtsakt handelt. Dieser muss mit dem Ziel der Bewirkung einer Grundrechtsbeeinträchtigung und damit final freiheitsverkürzend in die Rechtssphäre des Grundrechtsträgers eingreifen. Erforderlich ist außerdem, dass dieser Eingriff direkt – also unmittelbar – erfolgt und ohne Zwischenursachen auf bestimmte belastende Rechtsfolgen abzielt.77 Bei § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV handelt es sich um eine Rechtsnorm im materiellen Sinne78 und somit um einen Rechtsakt. Mangels eines an das Zielunternehmen gerichteten Ge- oder Verbots entbehrt die Vorschrift indes einer Imperativität, sodass kein Eingriff nach klassischem Verständnis gegeben ist. Neben diesen Merkmalen wurde im Laufe der Jahre ein weiteres Eingriffsverständnis entwickelt, um staatliches Handeln auch außerhalb der klassischen Eingriffskriterien umfassend an die Grundrechte binden zu können.79 Andernfalls würde der Bürger gegenüber dem Staat in einigen Bereichen insbesondere mittelbar-fak76 Dahingehend auch Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 159, 181 für Investitionskontrollvorschriften in früherer Fassung. 77 BVerfG, Beschl. v. 15.3.2018 – 2 BvR 1371/13, NVwZ 2018, 1224 (1224); Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 392; Ipsen, Staatsrecht II, 24. Aufl. 2021, Rn. 143; Michael/ Morlok, Grundrechte, 8. Aufl. 2022, Rn. 492; Sachs, Verfassungsrecht II, 3. Aufl. 2017, S. 131; Peine, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. III, 2009, § 57 Rn. 19 ff.; Herdegen, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 1, Art. 1 Abs. 3 (Stand 2021) Rn. 40; Schenke, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 19 Abs. 4 (Stand 2020) Rn. 509. 78 Art. 2 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch v. 21. 9. 1994 (BGBl I 1994, S. 2494). 79 Vgl. zu dieser Entwicklung Ruschemeier, Der additive Grundrechtseingriff, 2019, S. 82 ff.

§ 2 Mögliche Grundrechtsverletzung durch die Meldepflicht

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tischer Auswirkungen schutzlos gestellt, was nicht hinnehmbar erscheint.80 Das Erfordernis einer Bindung jedes legislativen, exekutiven und judikativen Handelns an die Grundrechte äußert sich im Wortlaut von Art. 1 Abs. 3 GG,81 dem mit seiner systematischen Spitzenstellung eine herausgehobene Bedeutung zukommt. Hinsichtlich der einzelnen Merkmale eines Eingriffs nach dem modernen Verständnis besteht jedenfalls dahingehend Einigkeit, dass zwischen der staatlichen Maßnahme und der Grundrechtsbeeinträchtigung ein kausaler Zusammenhang erforderlich ist.82 Im Sinne der Adäquanz ist dies der Fall, wenn die Grundrechtsverkürzung nicht außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung liegt.83 Dass hier die aus der staatlichen Kenntniserlangung resultierende Schutzbereichsberührung der Veräußerungs- und Verfügungsfreiheit auf der Regelung des § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV beruht, liegt nicht außerhalb der allgemeinen Lebenswahrscheinlichkeit. Die weiteren Voraussetzungen für das Vorliegen eines Eingriffs nach dem modernen Verständnis sind bislang noch ungeklärt.84 Stimmen in der Literatur85 orientieren sich an den Merkmalen des klassischen Begriffsverständnisses und nehmen einen Eingriff im modernen Sinne an, wenn zumindest eines seiner Merkmale gegeben ist. Im Einzelnen müsse sich die Maßnahme entweder auf ein rechtsförmiges, imperatives, finales oder unmittelbares staatliches Handeln zurückführen lassen, um im modernen Sinne als Eingriff qualifiziert werden zu können. Da die staatliche Kenntnisnahme auf der in § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV verankerten Meldepflicht des Erwerbsunternehmens beruht, läge nach diesem Ansatz aufgrund des vorliegenden Rechtsaktes ein Eingriff im modernen Sinne vor. Für die Herangehensweise einer Definition mithilfe der Merkmale des klassischen Begriffsverständnisses eines Eingriffs spricht, dass diese klar bestimmbar sind86 und so eine gewisse Rechtssicherheit erzielt würde. Jedoch kann für die Annahme des Äquivalents eines Eingriffs nach dem klassischen Begriffsverständnis nicht lediglich das Vorliegen eines seiner Merkmale genügen, vielmehr bedarf es weiterer Voraussetzungen.

80

So auch etwa Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 393. Vgl. auch näher Herdegen, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 1, Art. 1 Abs. 3 (Stand 2021) Rn. 1 ff. m. w. N. 81 Michael/Morlok, Grundrechte, 8. Aufl. 2022, Rn. 494; Ruschemeier, Der additive Grundrechtseingriff, 2019, S. 93. 82 BVerfGE 66, 39 (60 ff.); Peine, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. III, 2009, § 57 Rn. 29; Sachs, in: ders., GG, 9. Aufl. 2021, vor Art. 1 Rn. 83. 83 Hobusch, JA 2019, 278 (281); Freund, in: Joecks/Miebach, MüKo StGB, Bd. 1, 4. Aufl. 2020, Vorb. zu § 13 Rn. 348; Oetker, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, Bd. 2, 8. Aufl. 2019, § 249 Rn. 109. Diese Theorie ist zurückzuführen auf Traeger, Der Kausalbegriff im Straf- und Zivilrecht, 1904. 84 Vgl. etwa Hobusch, JA 2019, 278 (278 ff.); Sachs, in: ders., GG, 9. Aufl. 2021, vor Art. 1 Rn. 83 ff.; Peine, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. III, 2009, § 57 Rn. 32 m. w. N. lehnt sogar die Existenz eines fest umrissenen Eingriffsbegriffs an sich ab. 85 Michael/Morlok, Grundrechte, 8. Aufl. 2022, Rn. 493, 496, 500 ff. 86 Hobusch, JA 2019, 278 (280).

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

Mit der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung87 verlangt ein Eingriff im modernen Sinne nach einer Maßnahme, die in ihrer Zielrichtung und Wirkung klassischen Eingriffen gleichkommt, wobei sich die Zielrichtung am Kriterium der Finalität und die Wirkungen an demjenigen der Intensität orientieren.88 Die Wirkung der Maßnahme müsse also stets eine gewisse Schwere erreichen;89 reine Bagatellen seien hinzunehmen.90 Wie intensiv sich eine Maßnahme im Einzelfall auf den grundrechtlichen Schutzbereich auswirkt, richtet sich danach, wie oft, wie lange und wie schwer das betroffene Grundrecht beeinträchtigt wird. Insoweit bedarf es einer Wertung im Einzelfall.91 Zwar ist zuzugeben, dass der jeweiligen Eingriffsintensität im Rahmen der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bei der Prüfung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Rechnung getragen wird, was für eine Trennung von der Wirkung staatlichen Handelns und dessen Rechtsfolgen sprechen könnte.92 Zu bedenken bleibt indes, dass ohne eine Berücksichtigung der Wirkung staatlichen Handelns sehr viele Maßnahmen als Grundrechtseingriffe anzusehen wären. Auch wenn neben dem Eingriff dessen verfassungsrechtliche Rechtfertigung zu prüfen ist, welche als Korrektiv der Annahme unzähliger Verfassungsverletzungen diente, überzeugt es nicht, sämtliche Bagatellen als Beschränkung des grundrechtlichen Schutzbereichs anzusehen. Der teilweise bemerkten schwierigen Bestimmbarkeit93 des Intensitätskriteriums wird damit begegnet, dass Zielgerichtetheit und Intensität der Maßnahme in ihrer Wechselwirkung zu betrachten sind: Wird eine Maßnahme also gerade beabsichtigt, gelten geringere Anforderungen an ihre Intensität.94 Die Intensität ist folglich als Kriterium für einen modernen Eingriffsbegriff notwendig, um sachgerechte Ergebnisse erzielen zu können. Hierfür ist überdies ins Feld zu führen, dass es sich bei dem Eingriff nach dem modernen Verständnis um eine Weiterentwicklung und Ausweitung des Eingriffsbegriffs im klassischen Sinne handelt. Daher überzeugt es, die jeweiligen Merkmale des klassischen Eingriffsbegriffs durch die weiter gefassten modernen Kriterien zu 87 BVerfG, Beschl. v. 24. 5. 2005 – 1 BvR 1072/01, NJW 2005, 2912 (2913 f.); Beschl. v. 26. 6. 2002 – 1 BvR 558, 1428/91, NJW 2002, 2621 (2624). 88 Hobusch, JA 2019, 287 (281). 89 BVerfG, Beschl. v. 15. 3. 2018 – 2 BvR 1371/13, NVwZ 2018, 1224 (1224); Hufen, Staatsrecht II, 9. Aufl. 2021, § 8 Rn. 11; Labitzke, Die Beschränkung von Auslandsinvestitionen in deutsche Rüstungsunternehmen, 2011, S. 275 ff., insbesondere 282 f., zum Elften Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung hinsichtlich der Rüstungsbranche, die die Qualifizierung der Meldepflicht als Eingriff für das Zielunternehmen an der Intensität des Eingriffs scheitern lässt. Vgl. weiterhin auch Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Vorb. vor Art. 1 Rn. 29. 90 Manssen, Staatsrecht II, 19. Aufl. 2022, Rn. 169; Hobusch, JA 2019, 278 (280). 91 Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 397; Michael/Morlok, Grundrechte, 8. Aufl. 2022, Rn. 625. 92 Michael/Morlok, Grundrechte, 8. Aufl. 2022, Rn. 499. 93 Dahingehend auch Peine, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. III, 2009, § 57 Rn. 49 m. w. N. 94 S. nur Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 397.

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ersetzen. Das Kriterium des Rechtsakts kann durch faktisches Handeln ausgetauscht werden, die Zurechenbarkeit tritt an die Stelle der Unmittelbarkeit, sodass die Grundrechtsbeeinträchtigung jedenfalls nicht durch eine selbstständige wesentliche Zwischenursache ausgelöst werden darf. Die Maßnahme muss zwar nicht final, aber vorhersehbar sein und schließlich nicht imperativ, aber intensiv wirken.95 Hiermit erfolgt eine klare Bestimmung von Kriterien, die anders als das Erfordernis lediglich eines Begriffsmerkmals auch dem Äquivalenzerfordernis zwischen klassischen und modernen Eingriff gerecht werden. Konkret stellt sich danach die Frage, ob die fehlende Imperativität der erwerbsunternehmerischen Meldepflicht durch das Kriterium der Intensität ersetzt werden kann. Das Zielunternehmen wird in seiner Veräußerungs- und Verfügungsfreiheit betroffen, indem das von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Verhalten nicht mehr frei ermöglicht wird, weil eine staatliche Stelle von der Transaktion Kenntnis erlangt. Festzuhalten ist zunächst, dass ein in § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV genanntes Zielunternehmen intensiver in seiner Grundrechtsposition betroffen ist als ein solches der § 55a Abs. 1 Nr. 8 bis Nr. 27 AWV, indem bei ersteren die Meldepflicht bereits ab dem Erwerb einer zehnprozentigen Beteiligung besteht (§ 56 Abs. 1 Nr. 1 AWV), bei den übrigen ab dem Erwerb einer 20-Prozent-Beteiligung (§ 56 Abs. 1 Nr. 2 AWV). Daraus folgt bei ersteren Unternehmen infolge der Erfassung von mehr Transaktionen ein größerer Anwendungsbereich der Maßnahme. In der Meldung hat der Erwerber gem. § 55a Abs. 4 Satz 4 AWV insbesondere den Erwerb, den Erwerber, das zu erwerbende inländische Unternehmen und die Beteiligungsstruktur an dem Erwerber anzugeben sowie die Geschäftsfelder des Erwerbers und des zu erwerbenden inländischen Unternehmens in Grundzügen darzustellen.96 Folglich erfährt die Behörde zwar von der Transaktion in Bezug auf das Zielunternehmen und von dessen wesentlichen Geschäftsfeldern. Zumeist handelt es sich bei den Erwerbsunternehmen der in § 55a Abs. 1 AWV aufgelisteten Branchen allerdings ohnehin um solche, die in der Öffentlichkeit viel Aufsehen erregen. Im Übrigen ist die Kenntnis der wesentlichen Geschäftsfelder nicht geheim, beispielsweise sind diejenigen der Axel Springer SE in Grundzügen allgemein bekannt oder können ohne einen großen Aufwand im Internet recherchiert werden.97 Ebenso verhält es sich regelmäßig auch hinsichtlich der Beteiligungsstruktur eines an einer solchen Transaktion beteiligten Erwerbsunternehmens.98

95

Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 393 ff. S. zum Inhalt der Meldung schon Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (1). Auf die gem. § 55a Abs. 4 Satz 5 AWV anzugebenden Stimmrechtsvereinbarungen i. S. d. § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 1. Halbsatz, Satz 2 AWV ist nicht einzugehen, da hier lediglich der unmittelbare Erwerb ohne Stimmrechtszurechnung Dritter untersucht wird. 97 Axel Springer, Unternehmen, https://www.axelspringer.com/de/unternehmen (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 98 Vgl. exemplarisch zur Beteiligungsstruktur der Gesellschafterin Kohlberg Kravis Roberts & Co. Inc an der Axel Springer SE: CNN BUSINESS, KKR & Co Inc, https://money.cnn. 96

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

Darüber hinaus kann das BMWK gem. § 55a Abs. 4 Satz 6 AWV durch Allgemeinverfügung99 weitere für die Meldung maßgebliche Informationen und Unterlagen bestimmen, insbesondere die Mitglieder der Geschäftsführung und sonstige vertretungsberechtigte Personen der beteiligten Unternehmen sowie die Form der Meldung. Die Allgemeinverfügung dient allerdings weniger der Normierung sensiblerer Informationen in Bezug auf die Betroffenen als einer Regelung von Details.100 Auch die unternehmerische Geschäftsführung lässt sich ohne weitere Umstände recherchieren.101 Schließlich ist nicht erkennbar, dass der Geheimhaltung der übrigen vertretungsberechtigten Personen des Unternehmens oder der beabsichtigten Transaktion gegenüber dem Staat ein solch enormes Interesse des Zielunternehmens zukäme, dass aus diesem Grund eine besonders schwere Beschränkung des Art. 14 Abs. 1 GG anzunehmen wäre. Wegen der staatlichen Kenntniserlangung von der Transaktion und der für das Zielunternehmen als wenig sensibel einzustufenden Informationen entfaltet die Meldepflicht daher keine intensive Wirkung auf die Eigentumsfreiheit. Dies gilt auch für die Unternehmen i. S. v. § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV, bei denen die Meldepflicht aufgrund ihres größeren Anwendungsbereichs intensiver als bei den übrigen Katalogunternehmen ist. Zwar sind nach obigen Ausführungen geringere Anforderungen an das Intensitätsmerkmal zu stellen, wenn die Grundrechtsbeeinträchtigung bezweckt wurde. Die Meldepflicht zielt auf die staatliche Kenntniserlangung der bevorstehenden Veräußerung und Verfügung des Zielunternehmens in Bezug auf die jeweilige Transaktion ab, sodass die Berührung des grundrechtlichen Schutzbereichs final beabsichtigt wird. Trotz der geringeren Anforderungen an das Intensitätskriterium überzeugt es jedoch nicht, allein aufgrund des staatlichen Wissens eher oberflächlicher Informationen, an deren Geheimhaltung das Zielunternehmen kein wesentliches Interesse haben wird, der Meldepflicht eine intensive Wirkung zuzuschreiben. Etwas anderes könnte schließlich anzunehmen sein, wenn die verschiedenen Stufen der sektorübergreifenden Prüfung, namentlich die Meldepflicht, die prüfverfahrensrechtlichen Verbote, die Einreichungspflicht und die VerwaltungsaktErmächtigungen sowie letztlich die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung102 als kumulative Grundrechtseingriffe103 zu behandeln wären. Diese Figur trägt com/quote/shareholders/shareholders.html?symb=KKR&subView=institutional (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 99 Allgemeinverfügung zu den gem. § 14a des Außenwirtschaftsgesetzes, §§ 55a, 58 und 60 der Außenwirtschaftsverordnung einzureichenden Informationen und Unterlagen v. 27. 5. 2021 (BAnz AT 11. 6. 2021 – B 2, berichtigt durch BAnz AT 13. 7. 2021 – B 2). 100 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 33 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). 101 Vgl. etwa Axel Springer, Vorstand, https://www.axelspringer.com/de/unternehmen/vor stand (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 102 S. hierzu bereits Kap. 2 § 1 B. II. 3. 103 Gleichbedeutend ist nach dem Verständnis dieser Arbeit der Begriff „additive Grundrechtseingriffe“ sowie der zusammenfassende Begriff „(Belastungs-)Kumulation“. So auch

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dem Gedanken Rechnung, dass mehrere hoheitliche Maßnahmen einen Grundrechtsträger auch erst im Lichte einer Zusammenschau des gesamten Geschehens in verfassungswidriger Weise beeinträchtigen können. Hier ist eine Abweichung von der punktuell konzipierten Grundrechtsprüfung geboten, anhand derer der jeweilige Eingriff gesondert auf seine Verfassungskonformität untersucht wird.104 Eine Belastungskumulation wurde von der Rechtsprechung105 schon vor einiger Zeit etwa bei der Durchführung mehrerer gleichzeitiger Observationsmaßnahmen verschiedener Behörden106 sowie bei der strafgerichtlichen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ohne Berücksichtigung einer in derselben Sache bereits verhängten disziplinarischen Arreststrafe107 angenommen.108 In der Literatur109 fand sie speziell in jüngerer Vergangenheit zunehmend Beachtung. Eine Belastungskumulation hat zur Folge, dass sich die Anforderungen an eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung, insbesondere durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit infolge größerer Eingriffsintensität erhöhen.110 Unsicherheit besteht bislang dahingehend, ob eine Kumulation die Überschreitung des Intensitäts-

etwa Brade, Additive Grundrechtseingriffe, 2020, S. 142 ff.; Klement, AöR 134 (2009), 35 (41 f.); Kreuter-Kirchhof, NVwZ 2019, 1791 (1791). 104 Brade, Additive Grundrechtseingriffe, 2020, S. 145 ff.; Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 401; Hufen, Staatsrecht II, 9. Aufl. 2021, § 8 Rn. 16; Ruschemeier, Der additive Grundrechtseingriff, 2019, S. 82 ff., 130 ff.; Peine, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. III, 2009, § 57 Rn. 53; G. Kirchhof, NJW 2006, 732 (733); Kreuter-Kirchhof, NVwZ 2019, 1791 (1792); Lücke, DVBl 2001, 1469 (1469 ff.); Winkler, JA 2014, 881 (882 ff.). 105 BVerfGE 112, 304 (320 f.). S. hierzu eingehend Ruschemeier, Der additive Grundrechtseingriff, 2019, S. 45 ff.; G. Kirchhof, NJW 2006, 732 (732 ff.). 106 BVerfGE 112, 304 (320 f.). S. hierzu eingehend Ruschemeier, Der additive Grundrechtseingriff, 2019, S. 45 ff.; G. Kirchhof, NJW 2006, 732 (732 ff.). 107 BVerfGE 21, 378 (384). Diesbezüglich sowie zu weiteren Entscheidungen vgl. Brade, Additive Grundrechtseingriffe, 2020, S. 33 ff.; Ruschemeier, Der additive Grundrechtseingriff, 2019, S. 48 ff. 108 Vgl. für ein Beispiel im Sozialrecht auch m. w. N. aus der Rspr. F. Kirchhof, NZS 2015, 1 (7) sowie mit Blick auf das Steuerrecht Dürrschmidt, „Additiver“ bzw. „kumulativer“ Grundrechtseingriff bei einer Kumulation von Belastungen, in: Ismer/Reimer/Rust/Waldhoff (Hrsg.), FS Lehner, 2019, S. 393 (393 f.); Kreuter-Kirchhof, NVwZ 2019, 1791 (1792). 109 Vgl. nach dem Veröffentlichungsjahr zeitlich absteigend Brade, Additive Grundrechtseingriffe, 2020; Ruschemeier, Der additive Grundrechtseingriff, 2019; Kromrey, Belastungskumulation: Ein Beitrag zur Erweiterung des grundrechtlichen Eingriffsbegriffs, 2018; Dürrschmidt, „Additiver“ bzw. „kumulativer“ Grundrechtseingriff bei einer Kumulation von Belastungen, in: Ismer/Reimer/Rust/Waldhoff (Hrsg.), FS Lehner, 2019, S. 393 (393 ff.); Kreuter-Kirchhof, NVwZ 2019, 1791 (1791 ff.); Kaltenstein, SGb 2016, 365 (365 ff.); F. Kirchhof, NZS 2015, 1 (1 ff.). Eine nur seltene Behandlung der Kumulation skizzieren Winkler, JA 2014, 881 (881 f.) und zuvor Klement, AöR 134 (2009), 35 (40 f.). 110 Kreuter-Kirchhof, NVwZ 2019, 1791 (1793); Lücke, DVBl 2001, 1469 (1476 ff.).

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merkmals nach dem modernen Eingriffsbegriffsverständnis herbeiführen könnte mit der Folge, dass ein rechtfertigungsbedürftiger Grundrechtseingriff vorliegt.111 Für die Bestimmung des Vorliegens kumulativer Eingriffe werden unterschiedliche Kriterien diskutiert, wobei nach übereinstimmender Auffassung zumindest112 entscheidend ist, ob mehrere hoheitliche Maßnahmen gleichzeitig auf Grundrechte eines Grundrechtsträgers einwirken.113 Das Merkmal der Gleichzeitigkeit ist für Normen bei einer jedenfalls zeitweise parallelen Geltung anzunehmen.114 Zwar ist die Verfahrensdurchführung und damit auch die Geltung der Verbote, der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen Voraussetzung der Untersagungs- und der Anordnungsermächtigung. Zwingendermaßen greift § 59 Abs. 1 AWV allerdings erst am Ende des Prüfverfahrens. Auch die Meldepflicht geht den Verboten, den Verwaltungsakt-Ermächtigungen und der Untersagungs- und der Anordnungsermächtigung in ihrem Anwendungsbereich zeitlich voraus; eine gleichzeitige Wirkung der Vorschriften ist folglich ausgeschlossen. Insbesondere wirken die Regelungen auch nicht so zeitlich „fort“, dass von ihnen bei weiteren Maßnahmen eine anhaltende Freiheitsbeschränkung ausginge:115 Die grundrechtsbeschränkende, für sich genommen nicht intensive Wirkung der Meldepflicht erschöpft sich in der staatlichen Kenntniserlangung der Veräußerungs- und Verfügungsabsicht in Bezug auf die Transaktion. Wurde dieses Wissen aber einmal erlangt, dann kann eine Fortwirkung nicht in der Weise begründet werden, dass im Zeitraum der sich anschließenden Durchführung des Prüfverfahrens etwa aus der Regelung in § 14a Abs. 2 Satz 1 AWG eine Einreichungspflicht folgt. Jene Infor111 Zustimmend Brade, Additive Grundrechtseingriffe, 2020, S. 119; Kreuter-Kirchhof, NVwZ 2019, 1791 (1793). So auch Klement, AöR 134 (2009), 35 (62), welcher zutreffend darauf hinweist, dass die Begründung eines Eingriffs lediglich mit den modernen Merkmalen möglich ist. Klement lehnt im Anschluss (63 ff.) indes die Figur kumulativer Grundrechtseingriffe ab. Gegen die Konzipierung eines Eingriffs anhand einzelner für sich genommen nicht eingreifender Maßnahmen Ruschermeier, Der additive Grundrechtseingriff, 2019, S. 135; Lücke, DVBl 2001, 1469 (1470). Auch die Rspr. könnte teilweise dahingehend zu verstehen sein, dass eine Belastungskumulation bereits das Vorliegen einzelner (geringfügiger) Eingriffe verlangt, s. etwa BVerfG, Beschl. v. 3. 6. 2014 – 1 BvR 79/09, 1 BvR 1235/09, 1 BvR 1298/09, 1 BvR 1701/09, 1 BvR 3148/10, NJW 2014, 3634 (3638). 112 S. zu weiteren diskutierten Kriterien unten Kap. 3 § 3 A. II. 113 Vgl. etwa Brade, Additive Grundrechtseingriffe, 2020, S. 176 ff.; Kromrey, Belastungskumulation: Ein Beitrag zur Erweiterung des grundrechtlichen Eingriffsbegriffs, 2018, S. 111 ff.; Ruschemeier, Der additive Grundrechtseingriff, 2019, S. 138 f.; Dürrschmidt, „Additiver“ bzw. „kumulativer“ Grundrechtseingriff bei einer Kumulation von Belastungen, in: Ismer/Reimer/Rust/Waldhoff (Hrsg.), FS Lehner, 2019, S. 393 (397 ff.); Kaltenstein, SGb 2016, 365 (369 f.); G. Kirchhof, NJW 2006, 732 (734); Kreuter-Kirchhof, NVwZ 2019, 1791 (1793); Lücke, DVBl 2001, 1469 (1470 f.); Winkler, JA 2014, 881 (882). 114 Klement, AöR 134 (2009), 35 (42). 115 Ruschemeier, Der additive Grundrechtseingriff, 2019, S. 149 f.; Lücke, DVBl 2001, 1469 (1471). Demnach muss nicht mehr der Frage nachgegangen werden, ob ein entsprechendes Verständnis des additiven Grundrechtseingriff überhaupt vorzugswürdig erscheint, vgl. hierzu ablehnend Brade, Additive Grundrechtseingriffe, 2020, S. 177 m. w. N.

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mationen sind von der eigentlichen Kenntniserlangung unabhängig, ist die Verfahrenseröffnung doch insbesondere auch ohne Nachkommen der Meldepflicht infolge einer anderweitigen Kenntnisnahme der Behörden möglich.116 Deutlicher wird dies noch in Bezug auf die Verbote: Etwa § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG wirkt etwa gerade nicht mehr nach dem für die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung gem. § 59 Abs. 1 AWV maßgeblichen Zeitpunkt eines Abschlusses des Kontrollverfahrens, da schon eine Untersagung für sich allein ein endgültiges Veräußerungs- und Verfügungsverbot begründet. Eine darüber hinausreichende schwebende Unwirksamkeit des dinglichen Vollzuges stünde hierzu vielmehr in Widerspruch. Schlussfolgernd ist die Figur der Belastungskumulation im Rahmen der Meldepflicht unanwendbar, sodass auch aus diesem Grund keine gesteigerte Intensität dieser im Hinblick auf zielunternehmerische Veräußerungs- und Verfügungsfreiheit des Zielunternehmens anzunehmen ist.117 Demnach fehlt es an einem Eingriff nach dem modernen Verständnis: Eine Verletzung der in Art. 14 Abs. 1 GG verankerten Gewährleistung scheidet aus.

B. Vereinbarkeit der Meldepflicht mit Art. 12 Abs. 1 GG Weiterhin erscheint eine Verletzung der von Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Berufsfreiheit des sicherheitsrelevanten zivilen Zielunternehmens durch die Meldepflicht des § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV möglich. Insoweit steht wiederum besonders eine Erfüllung der Eingriffsmerkmale infrage.

I. Sachliche Schutzbereichsbetroffenheit der Berufsausübungsfreiheit Während Satz 1 des Art. 12 Abs. 1 GG das Recht der freien Wahl des Berufs, des Arbeitsplatzes und der Ausbildungsstätte gewährleistet, schützt dessen Satz 2 die Berufsausübung. Nach einhelliger Meinung handelt es sich in Anbetracht der Abgrenzungsschwierigkeiten von Berufswahl und -ausübung um ein einheitliches Grundrecht der Berufsfreiheit, das die Persönlichkeitsentfaltung im Bereich der individuellen Leistung und Existenzerhaltung zum Gegenstand hat.118 Der zentrale Berufsbegriff ist nach bundesverfassungsgerichtlicher Rechtsprechung119 weit zu ver116

Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (1). Eine Belastungskumulation ist jedoch im Rahmen der Durchführung des Prüfverfahrens hinsichtlich des Vollzugsverbots, der Handlungsverbote, der Einreichungspflicht sowie der Ermächtigungen gegeben, s. hierzu Kap. 3 § 3 A. II. 118 BVerfG, Urt. v. 19. 12. 2017 – 1 BvL 3/14, 1 BvL 4/14, NJW 2018, 361 (363); BVerfGE 7, 377 (402 f.); 102, 197 (212); 111, 10 (28 ff.); Breuer, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VII, 3. Aufl. 2010, § 170 Rn. 56 f.; Burgi, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 12 (Stand 2019) Abs. 1 Rn. 35 f.; Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 2, Art. 12 (Stand 2006) Rn. 22. 119 BVerfGE 7, 377 (397). 117

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stehen und erfasst jede Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und in ideeller und materieller Hinsicht der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient.120 Es muss eine Gewinnerzielung bezweckt werden, wobei es nicht auf den tatsächlichen Gewinn, sondern lediglich auf eine diesbezügliche Absicht ankommt. Das Kriterium der Dauerhaftigkeit verlangt eine gelegentliche, aber periodisch wiederkehrende Tätigkeit; hingegen genügt eine einmalige Erwerbstätigkeit nicht.121 Stellt man auf eine juristische Person wie das Zielunternehmen gem. § 55a Abs. 1 AWV als Grundrechtsträger ab, kommt der Unternehmensfreiheit Bedeutung zu, welche die Betätigungsfreiheit der Kapital- und Personenhandelsgesellschaften sichert.122 Der unternehmerische Gesellschaftszweck muss als wirtschaftliche Tätigkeit zu qualifizieren sein, wobei dieser Begriff weit gefasst ist.123 Wird der Bereich des Außenhandels tangiert, betrifft Art. 12 Abs. 1 GG die Außenwirtschaftsfreiheit.124 Wenn auch nicht immer eindeutig voneinander getrennt,125 ist hiervon die Unternehmerfreiheit abzugrenzen, welche die freie Gründung und Führung eines Unternehmens gewährleistet und die Dispositionsbefugnis über die ihm und seinem Unternehmen zugeordneten Güter und Rechtspositionen umfasst.126 Unabhängig von der Frage, in welcher Unternehmensbranche sich das Zielunternehmen gem. § 55a Abs. 1 AWV betätigt, übt es als Kapitalgesellschaft in Form einer Aktiengesellschaft eine auf Gewinnerzielung gerichtete, wiederkehrende Tätigkeit aus. Bei dem Erwerb abgrenzbarer Betriebsteile, wesentlicher Betriebsmittel oder Anteile des Zielunternehmens ist für jenes mit der Transaktion beispielsweise die Erschließung neuer Märkte oder der Erhalt einer Kapitalzufuhr verbunden.127 Diese wird durch die Meldepflicht des § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV zumindest berührt, indem das BMWK als staatliche Stelle Kenntnis von der beabsichtigten Tätigkeit des Unternehmens und den hiermit einhergehenden Handlungen – etwa einer Due Di-

120 Graßhof, in: Nachschlagewerk der Rspr. des BVerfG (Hrsg.), Art. 12 GG (Stand 2021) Nr. 50; Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 2, Art. 12 (Stand 2006) Rn. 29 m. w. N. 121 Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 378; Ruffert, in: Epping/Hillgruber, BeckOKGG, Art. 12 (Stand 2022) Rn. 40 ff.; Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 2, Art. 12 (Stand 2006) Rn. 28 ff. 122 Breuer, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VIII, 3. Aufl. 2010, § 170 Rn. 87. 123 Hoffmann, Der grundrechtliche Schutz der marktwirtschaftlichen Unternehmenstätigkeit und der gesellschaftsrechtlichen Unternehmensorganisation durch die „Unternehmensfreiheit“, 1988; ders., BB 1995, 53 (53 ff.); Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 7. Aufl. 2021, Art. 12 Rn. 23, 39. 124 Epping, Die Außenwirtschaftsfreiheit, 1998, S. 68 ff. 125 Dahingehend auch Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 7. Aufl. 2021, Art. 12 Rn. 39. 126 BVerfGE 50, 290 (363); 97, 228 (253); Breuer, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VIII, 3. Aufl. 2010, § 170 Rn. 87 ff.; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 7. Aufl. 2021, Art. 12 Rn. 39; Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 2, Art. 12 (Stand 2006) Rn. 46. 127 Vgl. auch Epping/Lenz, NVwZ 2005, 858 (859 f.).

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ligence-Prüfung128 – erlangt. An dieser Stelle muss die Problematik einer Begrenzung des Schutzbereichs auf erlaubte Tätigkeiten nicht behandelt werden,129 die zielunternehmerische Verfolgung eines erlaubten Zwecks sowie das Fehlen eines Verbots im Hinblick auf die konkrete Transaktion sind zu unterstellen. Somit ist die von Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Unternehmensfreiheit der sicherheitsrelevanten Zielunternehmen i. S. v. § 55a Abs. 1 AWV betroffen. Beachtlich könnte ferner das Verhältnis des sachlichen Schutzbereichs von Art. 12 Abs. 1 GG zu demjenigen von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG sein, da hinsichtlich der in § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV normierten Unternehmen die Medienfreiheit betroffen sein könnte. Auf die Frage des Vorliegens einer Idealkonkurrenz oder eines Spezialitätsverhältnisses käme es hier indes nicht an, stellte die Meldepflicht keinen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit dar.130

II. Kein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit Trotz des in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG normierten Regelungsvorbehalts ergeben sich hinsichtlich der allgemeinen Anforderungen an Grundrechtseingriffe im Rahmen der Berufsfreiheit keine Besonderheiten.131 Während die Annahme eines Eingriffs nach dem klassischen Verständnis am Imperativitätskriterium scheitert,132 fehlt es nach dem modernen Begriffsverständnis ebenfalls an einer intensiven Wirkung der Meldepflicht auf den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG. Mit Blick auf eine mögliche Intensität der Meldepflicht ist es dem Zielunternehmen zwar unmöglich, sich hinsichtlich der beabsichtigten Transaktion ohne staatliche Kenntniserlangung frei wirtschaftlich zu betätigen. Damit unterliegt das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Verhalten Einschränkungen. Jedoch sind die über das grundrechtsrelevante Zielunternehmen vom Erwerbsunternehmen gem. § 55a Abs. 4 Satz 4, Satz 6 AWV i. V. m. der Allgemeinverfügung133 zu veröffentlichenden Informationen wenig sensibel, sie sind von eher oberflächlicher Natur.134 Insbesondere müssen die derzeitigen zielunternehmerischen Geschäftsfelder lediglich in Grundzügen angegeben werden. Das BMWK erfährt nicht bereits von seinen durch die Transaktion ermöglichten Aktivitäten wie etwa von der Erschlie128 Vgl. hierzu eingehend Greitemann/Funk, in: Holzapfel (Begr.), Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 16. Aufl. 2021, Rn. 699 ff. m. w. N. 129 S. dazu Ipsen, Staatsrecht II, 24. Aufl. 2021, Rn. 635 ff.; Breuer, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VIII, 3. Aufl. 2010, § 170 Rn. 68 ff. 130 Diese Problematik wird in Kap. 3 § 3 B. I. 2. näher behandelt. 131 Manssen, in: Huber/Voßkuhle, GG, Bd. 1, 8. Aufl. 2023, Art. 12 Rn. 6, 77 m. w. N. 132 Vgl. schon Kap. 3 § 2 A. II. 2. im Rahmen der Eigentumsfreiheit. 133 Allgemeinverfügung zu den gem. § 14a des Außenwirtschaftsgesetzes, §§ 55a, 58 und 60 der Außenwirtschaftsverordnung einzureichenden Informationen und Unterlagen v. 27. 5. 2021 (BAnz AT 11. 6. 2021 – B 2, berichtigt durch BAnz AT 13. 7. 2021 – B 2). 134 Vgl. zur geringen Sensibilität der Informationen Kap. 3 § 2 A. II. 2.

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ßung neuer Märkte oder vom Ausbau einer Unternehmenssparte mithilfe des Kapitals. Schließlich ist auch kein solch hohes Interesse des Grundrechtsträgers an der Geheimhaltung einer möglichen wirtschaftlichen Betätigung ohne nähere Benennung ihres Ob und Wie gegenüber dem Staat ersichtlich. Insbesondere sind die Anforderungen an das Intensitätskriterium für Zielunternehmen der § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV auch nicht wegen ihres in § 56 Abs. 1 Nr. 1 AWV festgeschriebenen und gegenüber den übrigen Katalogunternehmen größeren Anwendungsbereichs erfüllt. Ein Eingriff im modernen Sinne in Art. 12 Abs. 1 GG durch die Meldepflicht ist abzulehnen.

C. Spezieller Bereich der Medienunternehmen: Vereinbarkeit der Meldepflicht mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG Im Bereich der Medienunternehmen gem. § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV ist der Frage nachzugehen, ob infolge der Meldepflicht die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verankerte Medienfreiheit verletzt wird. Die nachfolgenden Untersuchungen einer sachlichen Schutzbereichsbetroffenheit zeigen auf, dass die Regelung lediglich an der Presseund Rundfunk-, nicht hingegen an der Filmfreiheit zu messen ist. Auf zweiter Ebene kommt der Figur der Ausgestaltung besondere Bedeutung zu, wobei auch hier die Merkmale eines Eingriffs erfüllt sein müssen.

I. Sachliche Schutzbereichsbetroffenheit der Presse- und Rundfunkfreiheit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistet als Mediengrundrecht die Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit. Geschützt werden öffentliche Medien, mit denen die Kommunikation zeitlich und örtlich über die gegenwärtig Anwesenden hinaus an die Allgemeinheit gerichtet ist.135 Über die historisch bedingte Begriffswahl von Presse, Rundfunk und Film hinaus werden sämtliche Formen der medialen Betätigung umfassend gesichert, insbesondere auch die Gründung und Veräußerung von Medienobjekten und -unternehmen,136 wobei eine Verfolgung wirtschaftlicher Inte-

135

Michael/Morlok, Grundrechte, 8. Aufl. 2022, Rn. 219; v. Münch/Mager, Staatsrecht II, 7. Aufl. 2018, Rn. 471, 477, 491. 136 BVerfG, Urt. v. 5. 8. 1966 – 1 BvR 586/62, 1 BvR 610/63, 1 BvR 512/64, NJW 1966, 1603 (1604); Fechner, in: Stern/Becker, GG, 3. Aufl. 2019, Art. 5 Rn. 58; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Rn. 106. Demnach ist mittlerweile die Bezeichnung als einheitliches Grundrecht der Medienfreiheit etabliert, vgl. etwa BVerfG, Urt. v. 12. 3. 2003 – 1 BvR 330/96, 1 BvR 348/99, NJW 2003, 1787 (1793); BGH, Urt. v. 29. 4. 2014 – VI ZR 137/13, NJW 2014, 2276 (2277 f.); Fechner, in: Stern/Becker, GG, 3. Aufl. 2019, Art. 5 Rn. 58 ff.

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ressen diesem Schutz nicht entgegensteht.137 Während die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 GG den Inhalt der Information gewährleistet, sichert die Medienfreiheit ihre mediale Ermittlung, Aufbereitung und Verbreitung.138 Bei der Auslegung des Schutzbereichs ist ihre fundamentale Bedeutung für die freiheitlichdemokratische Grundordnung zu berücksichtigen.139 Die von Var. 1 des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Pressefreiheit betrifft nach einem weiten, formalen Begriffsverständnis alle zur Verbreitung geeigneten und bestimmten Druckerzeugnisse wie Bücher, Zeitungen oder Zeitschriften. Außerdem sind Informationsträger wie Schallplatten oder CD-ROMs umfasst, sofern diese der Informationsverbreitung des Druckwerks dienen.140 Entscheidend ist das Vorliegen eines körperlichen Trägermediums.141 Es werden sämtliche im Zusammenhang mit der Erzeugung und Verbreitung von Presseprodukten stehende Verhaltensweisen unabhängig vom Produktinhalt einbezogen.142 Sowohl die individualrechtliche als auch die objektive Komponente des Instituts der freien Presse werden als die Freiheit des Pressewesens insgesamt gewährleistet.143 Weiterhin erfasst die Freiheit des Rundfunks gem. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 2 GG neben dem traditionellen Hörfunk und dem Fernsehen auch sonstige über elektromagnetische Wellen verbreitete Sendungen wie beispielsweise das Internet, sofern der Empfängerkreis von Anfang an unbestimmt ist.144 Dem Grundrecht unterfallen alle Tätigkeiten, die der Ausstrahlung des Rundfunks dienen, unter anderem auch die Werbung,145 sowie Absicherungen dieser wie beispielsweise Zeugnisverweigerungsrechte. Obwohl die Rundfunkfreiheit den freien demokratischen Meinungs137

Degenhart, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (Stand 2017) Rn. 257. 138 BVerfGE 97, 391 (400). Vgl. zum Schutzbereich auch Degenhart, in: Kahl/Waldhoff/ Walter, BK-GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (Stand 2017) Rn. 108 ff. 139 S. nur Michael/Morlok, Grundrechte, 8. Aufl. 2022, Rn. 221. 140 BVerfGE 66, 116 (34); Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 228; Bethge, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 5 Rn. 68; Grabenwarter, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 1, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 (Stand 2018) Rn. 239; Schemmer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 5 (Stand 2022) Rn. 42 f. 141 Grabenwarter, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 1, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 (Stand 2018) Rn. 239; Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 5 Rn. 34. 142 BVerfGE 95, 295 (307); Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 229; Sachs, Verfassungsrecht II, 3. Aufl. 2017, 388 f.; Grabenwarter, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 1, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 (Stand 2018) Rn. 241. 143 BVerfGE 20, 162 (175 f.); 66, 116 (133); Schemmer, in: Epping/Hillgruber, BeckOKGG, Art. 5 (Stand 2021) Rn. 47. 144 Classen, Staatsrecht II, 2018, 156; Davis, Die „dienende“ Rundfunkfreiheit im Zeitalter der sozialen Vernetzung, 2019, S. 42 ff.; Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 232 f.; Ferreau, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und ökonomischer Wettbewerb, 2017, S. 186 ff.; Degenhart, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. IV, 2011, § 105 Rn. 37. 145 S. nur Degenhart, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (Stand 2017) Rn. 332.

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

bildungsprozess sichern soll, sind nicht nur politische Themen, sondern jegliche Sendeinhalte in den Schutzbereich inbegriffen.146 Die Rundfunkfreiheit dient neben der Betätigung einzelner Akteure im Rundfunkbereich speziell der Aufrechterhaltung des Systems eines freien Rundfunkwesens.147 Überdies schützt Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 3 GG die Filmfreiheit. Der Filmbegriff meint regelmäßig unter Einschluss einer Tonspur belichtete Zelluloidstreifen, sodass z. B. auch DVDs umfasst werden.148 Auf den Inhalt kommt es nicht an.149 Der Film muss sich an die Allgemeinheit richten, private Vorführungen sind wegen des systematischen Bezugs zur Freiheit der Berichterstattung i. S. v. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht gesichert. Neben der Herstellung, Verbreitung und Aufführung von Filmen wird beispielsweise auch die Werbung für diese gewährleistet.150 Dies vorausgeschickt rücken bei der Untersuchung einer sachlichen Schutzbereichsbetroffenheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG durch die Meldepflicht zunächst die betroffenen Medien ins Blickfeld. Mangels weiterer Differenzierung des Oberbegriffs „Medien“ in § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV sind sowohl die verfassungsrechtlichen Schutzbereiche der Presse als auch diejenigen des Rundfunks und des Films betroffen. Zu berücksichtigen ist indes, dass das Unternehmen zur öffentlichen Meinungsbildung beitragen und sich durch eine besondere Aktualität und Breitenwirkung auszeichnen muss. Ungeachtet bestehender Unsicherheiten bei der Bestimmung des Tatbestandsmerkmals „besondere Aktualität und Breitenwirkung“151 werden die von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 3 GG geschützten Filme nicht tangiert. Ebenso wie das Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 2 GG zuzuordnende Radio oder das Fernsehen können als Presse gem. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 GG einzustufende Zeitungen wie z. B. die Frankfurter Allgemeine Zeitung oder die BILD angesichts ihres täglichen Erscheinens neue Informationen übermitteln, die regelmäßig auch eine hohe Anzahl von Menschen in der Bundesrepublik erreichen. Nicht allein Rundfunkmedien eignen sich zur Manipulation ihrer Konsumenten, eine hohe Suggestivkraft kommt ebenfalls auch etwa Zeitungen zu. Demgegenüber weisen

146 Sachs, Verfassungsrecht II, 3. Aufl. 2017, S. 393 f.; Degenhart, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. IV, 2011, § 105 Rn. 38. 147 BVerfGE 114, 371 (393); 121, 30 (50 ff.); 136, 9 (9 ff.); Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, 2003, Rn. 62 ff.; Michael/Morlok, Grundrechte, 8. Aufl. 2022, Rn. 221; Sachs, Verfassungsrecht II, 3. Aufl. 2017, S. 392 f. 148 Bullinger, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VII, 3. Aufl. 2009, § 163 Rn. 3; Trute, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. IV, 2011, § 104 Rn. 72; SchulzeFielitz, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Rn. 112. 149 Trute, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. IV, 2011, § 104 Rn. 72 m. w. N. 150 Trute, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. IV, 2011, § 104 Rn. 73; Schemmer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 5 (Stand 2022) Rn. 91. 151 Vgl. dazu Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) cc).

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Filme regelmäßig eine geringere Breitenwirkung auf.152 Wenngleich ein Unternehmen mithilfe von Filmen im Grundsatz zur öffentlichen Meinungsbildung beitragen kann, wirken Filme nicht mehr in einer etwa der im 20. Jahrhundert sehr populären Wochenschau vergleichbare Weise auf sehr viele Konsumenten. Könnte man die Breitenwirkung im Einzelfall bei einer besonderen Beliebtheit eines Films des Unternehmens begründen, fehlte es diesem an einer dem Rundfunk und der Presse vergleichbaren besonderen Aktualität. Auch wöchentlich erscheinende Filme werden anders als die Wochenschau nicht mehr im Kino, sondern seit einigen Jahrzehnten im Fernsehen gezeigt. Die von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 3 GG geschützten Filme, die im Kino oder auf Datenträgern wie DVDs abgespielt werden, sind ganz überwiegend Spielfilme.153 Diese werden meist innerhalb mehrerer Monate produziert und können den Konsumenten daher zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung keine sehr neuen Informationen offenbaren. Somit handelt es sich bei einem im Filmbereich tätigen Unternehmen zwar um eines der Medienwirtschaft. Mangels Erfüllung der weiteren Tatbestandsmerkmale von § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV ist der Schutzbereich der Filmfreiheit für dieses Unternehmen jedoch nicht eröffnet. Die Presse- und Rundfunkfreiheit gewährleistet sämtliche Verhaltensweisen im Zusammenhang mit diesen Medien unabhängig von jeglicher, insbesondere staatlicher Einfluss- und Kenntnisnahme.154 Jedenfalls bei einem Erwerb abgrenzbarer Betriebsteile, wesentlicher Betriebsmittel oder von Anteilen des Zielunternehmens könnte sich jene etwa in einer durch den Erwerb ermöglichten Zusammenarbeit mit dem Investor im Bereich der Etablierung eines neuen Medienformats äußern. Eine staatliche Einwirkung ist aufgrund der Regelung des § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV jedoch insofern erkennbar, als dass eine hoheitliche Stelle Informationen über den Erwerb des Medienunternehmens erhält und somit ein freier Umgang mit Presse und Rundfunk im Sinne der grundrechtlichen Gewährleistung tangiert wird. Demnach ist der sachliche Schutzbereich bei dem Erwerb eines Unternehmens gem. § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV eröffnet. Mangels Vorliegens der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG geschützten Medien werden die übrigen Branchen des § 55a Abs. 1 AWV nicht in ihrer Presse- und Rundfunkfreiheit berührt. 152

Degenhart, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (Stand 2017) Rn. 419 m. V. a. Kühling, in: Gersdorf/Paal, BeckOK-Informations- und Medienrecht, Art. 5 GG (Stand 2022) Rn. 101, der eine geringe Bedeutung des Films für die Öffentlichkeit annimmt. 153 Dietlein, in: Stern (Hrsg.), Staatsrecht, Bd. IV/2, 1. Aufl. 2011, § 114 V. 3. Für eine Abgrenzung zur Rundfunkfreiheit bei Übertragungen im Internet s. auch Germelmann, in: Stern/Sodan/Möstl (Hrsg.), Staatsrecht, Bd. IV, 2. Aufl. 2022, § 122 Rn. 12. 154 BVerfGE 20, 162 (176); 77, 346 (354); 91, 125 (134); 103, 44 (59); 119, 309 (319 f.); BVerfG, Beschl. v. 10. 12. 2010 – 1 BvR 1739/04, NJW 2011, 1859 (1860); Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 230, 235; Paulus, in: Huber/Voßkuhle, GG, Bd. 1, 8. Aufl. 2023, Art. 5 Rn. 136 ff.; 186 ff. m. w. N. zur Ablehnung eines auf die Nachrichtenübermittlung begrenzten Verständnisses der Rundfunkfreiheit. Vgl. insbesondere auch Degenhart, in: Kahl/ Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (Stand 2017) Rn. 257 m. w. N., welcher Marktbeschränkungen etwa der Fusionskontrolle dem Schutzbereich der Pressefreiheit zuordnet.

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

II. Kein Ausgestaltungscharakter der Meldepflicht in Abgrenzung zu einem Eingriff in die Presse- und Rundfunkfreiheit Die sachlichen Schutzbereichsgewährleistungen von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG enthalten neben ihrer subjektiven Komponente eines Abwehrrechts eine ausgeprägte objektive Dimension. Zwar ist eine entsprechende Differenzierung in der allgemeinen Grundrechtsdogmatik etabliert,155 für die Presse- und die Rundfunkfreiheit ergibt sich als Besonderheit jedoch ein vordergründig objektiver Gehalt in Bezug auf die freiheitliche Ordnung des Staates.156 Jene ist vom Gesetzgeber näher auszugestalten, um dem vermehrten Wirkungs- und Missbrauchspotenzial von Medien zu begegnen.157 Die grundrechtliche Sonderstellung einer Ausgestaltung ist für Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 2 GG zu Beginn der bundesverfassungsgerichtlichen Rundfunkentscheidungen mit dem Argument begründet worden, dass die Veranstaltung von Rundfunkdarbietungen sowohl aus technischen als auch aus finanziellen Gründen nach der Zahl ihrer Träger insbesondere auch im Vergleich zum Medium der Presse verhältnismäßig klein ist.158 Angesichts der erheblichen Zunahme an Anzahl und Breite der Rundfunkveranstaltungen vermag diese Argumentation heutzutage nicht mehr in gleichem Maße zu überzeugen.159 Indes wird für den Rundfunk in Anbetracht seiner besonderen Aktualität, Breitenwirkung und Suggestivkraft ein besonderer Schutz verlangt, um dem enormen Missbrauchspotenzial, welches aus den sich fortwährend weiterentwickelnden technologischen Möglichkeiten160 erwächst, zu begegnen.161 Ein vergleichbares Potenzial kommt der ähnlich schützenswerten Presse zu, weshalb die Ausgestaltungsfigur162 sowohl auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 als auch auf Var. 2 GG Anwendung findet.163 155

So etwa bei Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 11 ff.; Michael/Morlok, Grundrechte, 8. Aufl. 2022, Rn. 863 f.; Sachs, Verfassungsrecht II, 3. Aufl. 2017, S. 43 ff. 156 Davis, Die „dienende“ Rundfunkfreiheit im Zeitalter der sozialen Vernetzung, 2019, S. 24; Hain/Poth, JA 2010, 572 (572 f.); Thum, DÖV 2008, 653 (653 ff.). 157 So erst kürzlich BVerfG, Beschl. v. 20. 7. 2021 – 1 BvR 2756/20, 1 BvR 2775/20, 1 BvR 2777/20, NVwZ 2021, 1283 (1285 f.). Vgl. auch BVerfGE 119, 181 (214 f.); 121, 30 (50); Fechner, in: Stern/Becker, GG, 3. Aufl. 2019, Art. 5 Rn. 194 ff.; Ferreau, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und ökonomischer Wettbewerb, 2017, S. 177 f. 158 BVerfGE 12, 205 (261 f.). 159 BVerfGE 119, 181 (214); dahingehend auch Davis, Die „dienende“ Rundfunkfreiheit im Zeitalter der sozialen Vernetzung, 2019, S. 19 f.; Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, 2003, Rn. 71. 160 Hierzu s. auch weiter unten Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa) (2). 161 BVerfGE 119, 181 (214 ff.); Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien, S. 173 ff.; Dörr, JuS 2008, 544 (546 f.). Eine eingehende Nachzeichnung dieser bundesverfassungsgerichtlichen Judikatur findet sich bei Davis, Die „dienende“ Rundfunkfreiheit im Zeitalter der sozialen Vernetzung, 2019, S. 25 ff., insbesondere auch S. 29 ff. für eine Übertragung dieses Verständnisses auf die privaten Rundfunkanbieter. 162 Die Figur der Ausgestaltung sieht sich aus unterschiedlichen Gründen mitunter Kritik ausgesetzt, vgl. Ferreau, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und ökonomischer Wettbewerb, 2017, S. 182 m. V. a. Cornils, Die Ausgestaltung der Grundrechte, 2005, S. 96 ff. Zweifelnd

§ 2 Mögliche Grundrechtsverletzung durch die Meldepflicht

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Ausgestaltungen sind von Eingriffen in die Presse- und Rundfunkfreiheit abzugrenzen: Wenngleich sie den Grundrechtsträger ebenfalls belasten können,164 gewährleisten Ausgestaltungsgesetze anders als Eingriffe die Realisierung des Grundrechts und sichern eine funktionsfähige Ordnung der öffentlichen Meinungsbildung.165 Hierzu bedarf es materieller, organisatorischer und verfahrensrechtlicher Vorschriften.166 Es bestehen auch Regelungen mit Doppelcharakter, welche die Grundrechte zur Verfolgung interner Ziele ausgestalten und zugleich aus anderen, externen Zwecken beschränken.167

auch Thum, DÖV 2008, 653 (657 ff.); Degenhart, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 (Stand 2017) Rn. 304 ff.; Grabenwarter, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 1, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 (Stand 2018) Rn. 861 ff. jew. m. w. N. Unter Bezugnahme auf die soziale Vernetzung im digitalen Zeitalter plädiert Davis für eine Abkehr vom Ausgestaltungsmodell (Davis, Die „dienende“ Rundfunkfreiheit im Zeitalter der sozialen Vernetzung, 2019, S. 40 ff.), was unter der Prämisse einer Veränderung des gruppenpluralistischen Modells hin zu individuelleren Formen bedingt durch die künstliche Intelligenz, konkret etwa durch Suchmaschinen wie Google oder die sozialen Netzwerke (vgl. hierzu Vesting, Die Veränderung der Öffentlichkeit durch künstliche Intelligenz, in: Unger/Ungern-Sternberg (Hrsg.), Demokratie und künstliche Intelligenz, 2019, S. 33 [40 ff.]; ders., JZ 2020, 975 [975 ff.]), erwägenswert erscheint. Diese Frage soll indes nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit sein; vielmehr wird dem Ausgestaltungsmodell gefolgt, für welches es unter Berücksichtigung des benannten Missbrauchspotenzials der Medien weiterhin gute Gründe gibt. Für den Rundfunk ebenfalls in diese Richtung weisend, wenn auch ohne konkreten Bezug zur Ausgestaltungsfigur, BVerfGE 149, 222 (261 f.) und allgemein die Notwendigkeit einer Regulierung des Rundfunks im Lichte neuer technologischer Missbrauchsmöglichkeiten Kaiser/Reiling, Meinungsfilter durch soziale Medien – und das demokratische Modell der Meinungsvielfalt?, in: Unger/Ungern-Sternberg (Hrsg.), Demokratie und künstliche Intelligenz, 2019, S. 85 (86). 163 BVerfGE 20, 162 (176); Cornils, in: Stern/Sodan/Möstl (Hrsg.), Staatsrecht, Bd. IV, 2. Aufl. 2022, § 119 Rn. 151; Trute, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. IV, 2011, § 104 Rn. 9; Schemmer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 5 (Stand 2022) Rn. 55. S. ferner v. der Decken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 15. Aufl. 2021, Art. 5 Rn. 23, 26 m. w. N. Anderer Ansicht ist Gersdorf, der aufgrund der Pressevielfalt eine Anwendung der Ausgestaltungsfigur auf das Medium der Presse ablehnt (Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, 2003, Rn. 71). 164 Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Rn. 216. S. auch Hoffmann-Riem, in: Denninger/Hoffmann-Riem/Schneider/Stein, AK-GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2001, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 158 m. w. N. 165 BVerfGE 73, 118 (166); Ferreau, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und ökonomischer Wettbewerb, 2017, S. 181 ff.; Schemmer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 5 (Stand 2022) Rn. 76; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Rn. 127, 215 ff. Kritisch zur Abgrenzung von Ausgestaltung und Eingriff Cornils, Die Ausgestaltung der Grundrechte, 2005, S. 104 ff. 166 BVerfGE 57, 295 (320); 73, 118 (152 f.); Degenhart, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BKGG, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 (Stand 2017) Rn. 300; Graßhof, in: Nachschlagewerk der Rspr. des BVerfG (Hrsg.), Art. 5 I/II GG (Stand 2022) Nr. 165. Vgl. zur Organisation und zum Verfahren auch Bethge, NJW 1982, 1 (3 ff.). 167 BVerfGE 95, 220 (235 ff.); Ferreau, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und ökonomischer Wettbewerb, 2017, S. 183; Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, 2003, Rn. 87.

190

Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

Bei einer möglichen Qualifizierung der in § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV statuierten Meldepflicht – ausschließlich – als Ausgestaltungsregelung von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG ist zunächst ihr belastender Charakter in Bezug auf das Agieren des Medienunternehmens frei von staatlicher Kenntnisnahme festzuhalten, welche allerdings nicht für oder gegen die Annahme einer Ausgestaltungsregelung spricht. Die Aufnahme der Medienunternehmen in den Regelbeispielskatalog wird mit einer Sicherung der Pressefreiheit, der freien Berichterstattung sowie der Vielfalt dieser Medien begründet. Ein Schutzbedürfnis dieser Güter wird in einer Gefahr strategischer Einflussnahmen ausländischer Investoren auf deutsche Medienunternehmen i. S. v. § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV insbesondere zu Desinformationszwecken gesehen.168 Daneben sollen andere Rechtsgüter wie etwa die Versorgungssicherheit oder der Erhalt deutscher Schlüsseltechnologien169 nicht gewahrt werden, weil ein Medienunternehmen regelmäßig nicht als bedeutender Technologiesektor zu qualifizieren ist. Auch verfügt es nicht über besondere technische Kenntnisse eines Schlüsselunternehmens. Gegen das alleinige Ziel einer Sicherung der Medienfreiheit könnte vorzubringen sein, dass sich die von drittstaatlichen Einflüssen unter anderem befürchtete Desinformation auf die funktionsfähige Ordnung einer öffentlichen Meinungsbildung auswirkte und mithin auch die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 GG170 geschützt werden sollte.171 Indes wird entsprechenden Entwicklungen gerade mit dem größtmöglichen Schutz der Presse- und Rundfunkfreiheit begegnet, welche zwangsläufig in einem engen Zusammenhang zur Meinungsfreiheit stehen, indem sie gemeinsam die wesentliche Grundlage des demokratischen Meinungsbildungsund Meinungsentäußerungsprozesses bilden.172 Primär wird mit der Investitionsprüfung einschließlich der Meldepflicht jedoch der Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG anvisiert, weshalb es sich bei der Meldepflicht in Abgrenzung zu einer grundrechtlichen Ausgestaltung nicht um einen Eingriff handelt. Problematisch erscheint im Rahmen der Annahme des Vorliegens einer Ausgestaltung gleichwohl, ob bei einer hypothetischen Betrachtung die Schwelle eines 168

S. zu Anlass und Hintergründen der Etablierung von § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV bereits Kap. 2 § 1 C. II. 169 Zum Zweck der Investitionskontrolle im allgemeinen Bereich der übrigen Katalogunternehmen des § 55a Abs. 1 AWV vgl. weiter unten Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa) (1). 170 Zur Meinungsfreiheit s. näher Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 212; Jestaedt, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. IV, 2011, § 102; Degenhart, in: Kahl/ Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (Stand 2017) Rn. 108 ff.; Grabenwarter, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 1, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 (Stand 2013) Rn. 23 ff. 171 Ein Gesetz, das zum Schutz integrer Kommunikation Art. 5 Abs. 1 GG einschränkt, muss hingegen als Grundrechtseingriff der Schranke in Art. 5 Abs. 2 GG genügen, vgl. BVerfGE 71, 206 (214); Löber/Roßnagel, in: Steinebach et al. (Hrsg.), Desinformation aufdecken und bekämpfen, 2020, S. 165. Zu dieser auf Ausgestaltungsregelungen unanwendbaren Schranke s. auch weiter unten Kap. 3 § 3 C. III. 1. 172 Vgl. ausf. zu den im Medienbereich verfolgten Zielen der Investitionskontrollvorschriften Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa) (2).

§ 2 Mögliche Grundrechtsverletzung durch die Meldepflicht

191

Grundrechtseingriffs in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG erfüllt wäre. An die verfassungsrechtliche Rechtfertigung einer Ausgestaltungsregelung sind geringere Anforderungen als an diejenige eines Grundrechtseingriffs zu stellen, sodass die Tendenz besteht, im Falle des Vorliegens einer Ausgestaltungsregelung eine Grundrechtsverletzung eher abzulehnen. Vor diesem Hintergrund erscheint es unzweckmäßig, jene weiter zu fassen als einen Eingriff; es stellt sich die Frage, ob bei hypothetischer Betrachtung der Verfolgung anderer Zwecke mit der Meldepflicht ein Eingriff in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG vorliegen würde. Mangels Imperativität der Meldepflicht in Bezug auf das Zielunternehmen173 sind die modernen Begriffsmerkmale eines Eingriffs in den Blick zu nehmen, wobei wiederum fraglich erscheint, ob die Voraussetzungen des Intensitätsmerkmals174 erfüllt sind. Infolge der Meldepflicht wird die vollumfängliche Presse- und Rundfunkfreiheit insofern tangiert, als dass eine staatliche Stelle Kenntnis von der Transaktion erlangt. Allein diese Kenntnisnahme berührt die Medientätigkeit des Unternehmens jedoch nicht schwer. Insbesondere wird das Zielunternehmen nicht in seiner mit der Transaktion einhergehenden Handlungsfähigkeit im Medienbereich eingeschränkt, indem das BMWK gem. § 55a Abs. 4 Satz 4, Satz 6 AWV i. V. m. der Allgemeinverfügung175 wenig sensible Angaben176 zum Medienunternehmen erhält; interne Informationen zur wirtschaftlichen Betätigung werden nicht veröffentlicht. Zudem erfährt der Staat nicht etwa, welche Ziele und Strategien das Medienunternehmen mit und im Anschluss an die Transaktion verfolgt. Auch lässt sich allein wegen des gegenüber den in § 55a Abs. 1 Nr. 8 bis Nr. 27 AWV genannten Zielunternehmen größeren Anwendungsbereichs der Meldepflicht, welcher sich aus § 56 Abs. 1 Nr. 1 AWV ergibt, keine hinreichende Intensität begründen. Somit wirkt die Pflicht nicht intensiv auf die Presse- und Rundfunkfreiheit, womit auch ein Eingriff nach dem modernen Verständnis abzulehnen wäre. In conclusio handelt es sich bei § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV um keine rechtfertigungsbedürftige Ausgestaltungsregelung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG.

D. Vereinbarkeit der Meldepflicht mit Art. 2 Abs. 1 GG Abschließend ist eine Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit des Zielunternehmens durch die Meldepflicht in § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV zu erwägen. Entgegen dem engen Verständnis der früher vertretenen Persönlichkeitskerntheo173

Kap. 3 § 2 A. II. 2. S. hierzu ausf. Kap. 3 § 2 A. II. 2. 175 Allgemeinverfügung zu den gem. § 14a des Außenwirtschaftsgesetzes, §§ 55a, 58 und 60 der Außenwirtschaftsverordnung einzureichenden Informationen und Unterlagen v. 27. 5. 2021 (BAnz AT 11. 6. 2021 – B 2, berichtigt durch BAnz AT 13. 7. 2021 – B 2). 176 Zur Argumentation bezüglich der geringen Sensibilität der Informationen s. bereits Kap. 3 § 2 A. II. 2. 174

192

Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

rie177 oder jedenfalls dem im Wortlaut von Art. 2 Abs. 1 GG angelegten Bezug zur individuellen Persönlichkeitsentfaltung178 umfasst ihr sachlicher Schutzbereich nach vorzugswürdiger Ansicht jedes menschliche Verhalten, wofür unter anderem insbesondere die Gewährleistung eines lückenlosen Grundrechtsschutzes ins Feld zu führen ist.179 Infolge der Meldepflicht erlangen staatliche Stellen Kenntnis über das (beabsichtigte) Handeln des Zielunternehmens, sodass eine von Art. 2 Abs. 1 GG geschützte vollumfassend freie Betätigung unmöglich ist. Beachtlich ist allerdings das Verhältnis der allgemeinen Handlungsfreiheit zu anderen Freiheitsgrundrechten wie der hier in ihrem Schutzbereichen eröffneten Eigentums-, der Berufs- sowie der Presse- und Rundfunkfreiheit. Die übrigen Freiheitsgrundrechte sind gegenüber dem Auffanggrundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit spezieller,180 sodass Art. 2 Abs. 1 GG in sachlicher Hinsicht lediglich betroffen ist, wenn der Schutzbereich eines spezielleren Freiheitsgrundrechts nicht eröffnet ist oder wenn dieses Grundrecht den jeweiligen Sachverhalt nicht abschließend würdigt.181 Diese – auch in Einklang mit dem bundesverfassungsgerichtlichen Verständnis der allgemeinen Grundrechtslehre stehenden – Herangehensweise erscheint vorzugswürdig: Im Falle der Anwendbarkeit eines spezielleren Grundrechts tritt Art. 2 Abs. 1 GG zurück, damit die differenzierte Schutzbereichsund Schrankendogmatik des Grundrechtskatalogs nicht ausgehebelt wird.182 Wegen der grundsätzlich nachvollziehbar weiten Fassung des sachlichen Schutzbereichs von Art. 2 Abs. 1 GG wäre andernfalls jedes auch durch speziellere Grundrechte 177

S. etwa Bachof, DÖV 1954, 351 (352); Peters, BayVBl 1965, 37 (37 ff.). BVerfGE 80, 137 (166). Vgl. hierzu sowie zur Persönlichkeitskerntheorie Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 549; Sachs, Verfassungsrecht II, 3. Aufl. 2017, S. 237 f. 179 Seit der Elfes-Entscheidung (BVerfGE 6, 32 [32 ff., insbesondere 36]) stRspr., vgl. z. B. BVerfG, Urt. v. 5. 8. 1966 – 1 BvF 1/61, NJW 1966, 1651 (1651 ff.). Cornils erkennt insoweit sogar eine „ungewöhnlich klar hervortretende […] Entschlossenheit, Unbeirrtheit und mittlerweile traditionsgesättigte […] Selbstverständlichkeit“ (Cornils, in: Isensee/Kirchhof [Hrsg.] HStR, Bd. VII, 3. Aufl. 2009, § 168 Rn. 1). Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 550 ff.; Sachs, Verfassungsrecht II, 3. Aufl. 2017, S. 237 f.; Di Fabio, in: Dürig/Herzog/ Scholz, GG, Bd. 1, Art. 2 Abs. 1 (Stand 2001) Rn. 12; Dreier, in: ders., GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 2 Abs. 1 Rn. 26; Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 2 Rn. 5; Lang, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 2 (Stand 2022) Rn. 6 ff.; Lorenz/Krönke, in: Kahl/ Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 2 (Stand 2021) Rn. 52 ff. 180 BVerfGE 6, 32 (37); 58, 358 (363); 83, 182 (194); Classen, Staatsrecht II, 2018, S. 132; Breuer, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VIII, 3. Aufl. 2010, § 170 Rn. 127; Di Fabio, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 1, Art. 2 Abs. 1 (Stand 2001) Rn. 81. Vgl. zum Begriff der Spezialität Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 265 ff. So insbesondere auch für das Verhältnis zur Berufsfreiheit, da die mit der Berufsausübung eng verknüpfte Maßnahme betroffen ist. Dahingehend auch für investitionskontrollrechtliche Vorschriften in a. F. Lecheler/ Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 153 f. m. w. N. 181 Di Fabio, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 1, Art. 2 Abs. 1 (Stand 2001) Rn. 21; Lorenz/Krönke, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 2 (Stand 2021) Rn. 74 f. 182 S. nur Di Fabio, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 1, Art. 2 Abs. 1 (Stand 2001) Rn. 21. 178

§ 3 Grundrechtsverletzung durch prüfverfahrensrechtliche Maßnahmen

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geschütztes Verhalten unter diesen zu subsumieren. Zudem unterliefe man die einigen spezielleren Grundrechten anhaftenden qualifizierten Schrankenvorbehalte,183 ist Art. 2 Abs. 1 GG doch lediglich mit einem einfachen Gesetzesvorbehalt184 ausgestattet.185 Da der Schutzbereich der übrigen Grundrechte von der Meldepflicht berührt ist, kommt eine Anwendbarkeit der allgemeinen Handlungsfreiheit lediglich in Betracht, wenn jene den Sachverhalt nicht abschließend würdigt. Neben der freien Eigentumsnutzung und der freien wirtschaftlichen Betätigung (im Medienbereich) ist indes kein weiteres, von diesen Freiheitsgrundrechten nicht erfasstes und grundrechtlich geschütztes Verhalten des Zielunternehmens im Zusammenhang mit den Investitionskontrollvorschriften, insbesondere mit der Meldepflicht, ersichtlich. Damit ist auch eine Verletzung des Art. 2 Abs. 1 GG abzulehnen, sodass die Regelung in § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV verfassungskonform ist.

§ 3 Grundrechtsverletzung des Zielunternehmens durch die prüfverfahrensrechtlichen Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen Im Zeitraum der Durchführung des zweiphasigen186 Prüfverfahrens ist der dingliche Transaktionsvollzug gem. § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG schwebend unwirksam, die in § 15 Abs. 4 Satz 1 AWG normierten Handlungen sind verboten, und die Erwerbsbeteiligten müssen Unterlagen einreichen sowie Auskünfte erteilen (§ 14a Abs. 2 AWG). Gem. § 14a Abs. 2 Satz 1 AWG besteht die erwerbsunternehmerische Verpflichtung zum Einreichen von Unterlagen kraft Gesetzes. Überdies entspringen Satz 4 und Satz 5 Ermächtigungen des BMWK, den weiteren Erwerbsbeteiligten, mitunter dem Zielunternehmen, Mitwirkungspflichten aufzuerlegen.187 Im Folgenden ist der Frage nachzugehen, ob diese mit dem Prüfverfahren verbundenen gesetzesunmittelbaren Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen den verfassungsrechtlichen Anforderungen standhalten. Hinsichtlich einer möglichen Grundrechtsverletzung des Zielunternehmens werden wiederum die Eigentums-, die Berufsausübungs- und im speziellen Medienbereich die Presse- und Rundfunkfreiheit relevant. 183

So etwa für Eingriffe in die Presse- und Rundfunkfreiheit, vgl. Kap. 3 § 3 C. III. 1. Vgl. zum Begriff Kap. 3 § 3 A. III. 1. 185 BVerfGE 6, 32 (37); Labitzke, Die Beschränkung von Auslandsinvestitionen in deutsche Rüstungsunternehmen, 2011, S. 264 ff. Vgl. zum einfachen Gesetzesvorbehalt für die allgemeine Handlungsfreiheit Sachs, Verfassungsrecht II, 3. Aufl. 2017, S. 243 ff.; Lorenz/ Krönke, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 2 Rn. 102 m. w. N. 186 Vgl. zum Ablauf des Prüfverfahrens Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa). 187 Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) dd). 184

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

A. Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG durch die gesetzesunmittelbaren Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen Im Rahmen einer möglichen Eigentumsverletzung des von der Transaktion betroffenen Zielunternehmens i. S. v. § 55a Abs. 1 AWV ist insbesondere der Eingriffscharakter der in § 3 dieses Kapitels 3 untersuchten Vorschriften und deren etwaige verfassungsrechtliche Rechtfertigung bedeutsam.

I. Sachliche Schutzbereichsbetroffenheit der Eigentumsfreiheit Auf Schutzbereichsebene der zielunternehmerischen Eigentumsfreiheit steht neben ihrer grundsätzlichen Betroffenheit die Schutzbereichseröffnung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als spezielle Ausprägung des Art. 14 Abs. 1 GG durch die prüfverfahrensrechtlichen Vorschriften infrage. Im Anschluss ist von Bedeutung, ob das Konkurrenzverhältnis der sachlichen Schutzbereiche von Art. 14 Abs. 1 GG und von Art. 12 Abs. 1 GG einer möglichen Verletzung der Eigentumsfreiheit entgegensteht. 1. Grundsätzliche Betroffenheit des sachlichen Schutzbereichs von Art. 14 Abs. 1 GG Die prüfverfahrensrechtlichen Regelungen unterfallen der von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Nutzung vermögenswerter Rechtspositionen des Unternehmens, eines abgrenzbaren Betriebsteils, wesentlicher Betriebsmittel oder Anteilen an diesem. Infolge der Regelung in § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG ist die dingliche Verfügung über jene Vermögenspositionen während des Prüfverfahrens schwebend unwirksam, die von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Nutzung wird mithin tangiert. Das gem. § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AWG hinzutretende Handlungsverbot betrifft die Ausübung der mit dem Erwerb verbundenen Stimmrechte. Inhaber eines Stimmrechts ist grundsätzlich der Anteilseigner,188 dessen Anteilseigentum am Unternehmen von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt wird.189 Mit einer Beschränkung der Nutzung dieser an die Vermögenspositionen geknüpften Stimmrechte wird der eigentumsfreiheitliche Schutzbereich berührt. Da in der vorliegenden Konstellation jedoch das Zielunternehmen – hier als Aktiengesellschaft – selbst seine Anteile veräußern möchte, gilt die Beschränkung des § 71b AktG, nach der der Aktienge188 In einer Aktiengesellschaft steht das Stimmrecht also dem Aktionär zu (§ 12 Abs. 1 Satz 1 AktG), s. nur Heider, in: Goette/Habersack, MüKo AktG, Bd. 1, 5. Aufl. 2019, § 11 Rn. 13. 189 Vgl. zum Schutz des Anteilseigentums von Art. 14 Abs. 1 GG auch schon Kap. 3 § 2 A. I.

§ 3 Grundrechtsverletzung durch prüfverfahrensrechtliche Maßnahmen

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sellschaft aus eigenen Aktien grundsätzlich keine Stimmrechte zustehen.190 Eine eigentumsfreiheitliche Schutzbereichsbetroffenheit vom Verbot des § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AWG scheidet für das Zielunternehmen somit aus.191 Auch die gem. § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG verbotene Überlassung oder anderweitige Offenlegung unternehmensbezogener Informationen gegenüber dem Erwerbsunternehmen ist von der Nutzungsmöglichkeit des Eigentums umfasst. Die Informationen enthaltenden Daten oder Unterlagen des Zielunternehmens sind als Vermögenspositionen zu qualifizieren. Indem ihre Zugänglichmachung untersagt ist, wird die Disposition über das zielunternehmerische Eigentum berührt. Neben den gesetzesunmittelbaren Verboten tangiert auch die VerwaltungsaktErmächtigung in § 14a Abs. 2 Satz 5 AWG die zielunternehmerische Eigentumsfreiheit. Jene Unterlagen sind wie auch im Rahmen des § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG als Vermögenspositionen zu qualifizieren, über deren Weitergabe oder Geheimhaltung der Grundrechtsträger gem. Art. 14 Abs. 1 GG grundsätzlich frei entscheiden kann. Auch die in § 14a Abs. 2 Satz 5 AWG normierte Ermächtigung zur Verpflichtung auf Auskunftserteilung tangiert zielunternehmerische Eigentumspositionen, weil beispielsweise eine Aussage dahingehend verlangt werden kann, welche Ziele mit einer Veräußerung der oder einer Verfügung über diese Positionen im Rahmen der Transaktion verfolgt werden oder wie die ihr verbleibenden Anteile im Anschluss an den Erwerb genutzt werden sollen. Ferner betrifft die erwerbsunternehmerische Einreichungspflicht in § 14a Abs. 2 Satz 1 AWG unter anderem den Erwerbsvertrag, eine ausführliche Darstellung des Erwerbszwecks und der Geschäftsstrategie für das Zielunternehmen.192 Demnach müssen dem Staat Einblicke hinsichtlich der Eigentumsnutzung des Grundrechtsträgers verschafft werden. Darüber hinaus folgen aus § 14a Abs. 2 Satz 4 und Satz 5 AWG gesetzliche Verwaltungsakt-Ermächtigungen hinsichtlich weitergehender Auskünfte oder Unterlagen. Diese Informationen können einen Bezug zur zielunternehmerischen Eigentumsnutzung aufweisen, indem sie etwa Abreden über dessen zukünftige Eigentumsstruktur zum Gegenstand haben, weshalb der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG ebenfalls eröffnet ist.

190 Koch, in: Hüffer, AktG, 16. Aufl. 2022, § 71b Rn. 1; Mayer/v. Kolke, in: Hölters/Weber, AktG, 8. Aufl. 2022, § 71b Rn. 1 ff.; Oechsler, in: Goette/Habersack, MüKo AktG, Bd. 1, 5. Aufl. 2019, § 71b Rn. 11. Auf die in § 71d Satz 4 AktG normierten Ausnahmen von diesem Grundsatz, etwa für einen mittelbaren Stellvertreter, welcher die Aktien für die Rechnung der Aktiengesellschaft hält, wird nicht eingegangen, s. hierzu Koch, in: Hüffer, AktG, 16. Aufl. 2022, § 71b Rn. 1. 191 Anders verhält sich dies in der Dreipersonenkonstellation für das veräußernde Anteilseignerunternehmen, vgl. hierzu Kap. 3 § 5. 192 Allgemeinverfügung zu den gem. § 14a des Außenwirtschaftsgesetzes, §§ 55a, 58 und 60 der Außenwirtschaftsverordnung einzureichenden Informationen und Unterlagen v. 27. 5. 2021, S. 5 (BAnz AT 11. 6. 2021 – B 2, berichtigt durch BAnz AT 13. 7. 2021 – B 2).

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

2. Der Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs als spezielle Ausprägung des Art. 14 Abs. 1 GG? Weiterhin erscheint eine spezielle Betroffenheit des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb durch die prüfverfahrensrechtlichen Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen denkbar. Diesem Recht ist die Sach- und Rechtsgesamtheit eines Wirtschaftsunternehmens, also die vom Betriebsinhaber einheitlich zusammengefasste Gesamtheit aller sachlichen, persönlichen und sonstigen Mittel in jeglichen Erscheinungsformen, zuzuordnen.193 Der Untersuchung einer Betroffenheit dieses Rechts in der vorliegenden Konstellation ist die Frage voranzustellen, ob es überhaupt als eine von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Vermögensposition anzusehen ist. Einer Einbeziehung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG stehen der Bundesgerichtshof, das Bundesverwaltungsgericht194 sowie Stimmen in der Literatur195 offen gegenüber. Es umfasst nach der zivilrechtlichen Rechtsprechung die gegenwärtige, selbstständige und gewerbliche Tätigkeit, wobei diese Begriffe weit verstanden werden.196 Neben einzelnen Einrichtungsgegenständen, dem Betriebsgrundstück oder -räumen sollen auch Kundenstämme sowie geschäftliche Verbindungen und Beziehungen vom Gewerbebetrieb und damit vom sachlichen Schutzbereich der Eigentumsfreiheit erfasst sein.197 Allerdings wird eine Verletzung des Gewerbebetriebsrechts nur unter der einschränkenden Voraussetzung bejaht, dass eine unmittelbare betriebsbezogene Beeinträchtigung vorliegt, die zielgerichtet den Betrieb zum Erliegen bringt oder ihn in seiner Substanz beeinträchtigt.198 Nach dem Verständnis der deliktsrechtlichen Rechtsprechung ist das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb neben dem Sacheigentum ebenso dem Eigentum zuzuordnen, weshalb es dem Schutz von § 823 Abs. 1 BGB unterliegen soll.199 Für eine Einbeziehung des Rechts in den sachlichen Schutzbereich der Eigentumsfreiheit wird weiterhin vorgebracht, der effektive eigentumsrechtliche 193

Epping, Die Außenwirtschaftsfreiheit, 1998, S. 74 ff.; Papier/Shirvani, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 2, Art. 14 (Stand 2018) Rn. 200. 194 Vgl. etwa BGHZ 111, 349 (355 f.); BVerwGE 36, 248 (249); 81, 49 (54). 195 So beispielsweise Leisner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VIII, 3. Aufl. 2010, § 173 Rn. 26; Schmidt-Preuß, NJW 2000, 1524 (1524); Axer, in: Epping/Hillgruber, BeckOKGG, Art. 14 (Stand 2022) Rn. 52; Depenheuer/Froese, in: Huber/Voßkuhle, GG, Bd. 1, 8. Aufl. 2023, Art. 14 Rn. 134 ff.; Papier/Shirvani, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 2, Art. 14 (Stand 2018) Rn. 200 ff.; Wieland, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 14 Rn. 63. 196 Teichmann, in: Jauernig, BGB, 18. Aufl. 2021, § 823 Rn. 99 m. w. N. aus Rspr. und Lit. 197 BGH, NJW 1957, 630 (631); Dolzer/Tietje/Wackernagel, in: Kronke/Melis/Kuhn (Hrsg.), Hdb. Internationales Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2016, Teil J. Rn. 12. 198 Labitzke, Die Beschränkung von Auslandsinvestitionen in deutsche Rüstungsunternehmen, 2011, S. 208; Wagner, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, Bd. 7, 8. Aufl. 2020, § 823 Rn. 369. 199 S. nur Sachs, Verfassungsrecht II, 3. Aufl. 2017, S. 576.

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Schutz der im Unternehmen verkörperten Werte und der entfalteten unternehmerischen Tätigkeit könne nicht bei einzelnen Gegenständen enden; es bedürfe vielmehr einer verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Einzelrechte als integrale Einheit des Unternehmens.200 Denn mit der Sach- und Rechtsgesamtheit eines Wirtschaftsunternehmens werde durch Leistung und Kapitaleinsatz ein Eigenwert geschaffen, der als Grundlage wirtschaftlicher Existenz im Ganzen veräußert werden könne.201 Zu bedenken ist, dass der dem Recht nach deliktsrechtlichem Verständnis zukommende Schutzgehalt bedingt bestimmbar ist, wenngleich eine klarere Definition durch die einschränkende Forderung eines betriebsbezogenen Eingriffs erfolgt. Im Gegensatz zu den übrigen von § 823 Abs. 1 BGB geschützten Positionen ist für einen Eingriff in das Gewerbebetriebsrecht keine klassische Rechtfertigung, sondern eine Abwägung kollidierender Interessen notwendig.202 Das Bundesverfassungsgericht hat bislang offengelassen, ob der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb als Eigentum i. S. v. Art. 14 Abs. 1 GG anzusehen ist.203 Diese Zurückhaltung lässt sich zunächst an den Gedanken anknüpfen, dass Inhalt und Schranken des Eigentums gem. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG durch die Gesetze festgelegt werden, das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aber gerade keine gesetzliche Normierung erfahren hat.204 Außerdem ist ein Verschwimmen der Grenzen zu den nicht von Art. 14 GG geschützten bloßen Gewinnchancen und zu anderen Wirtschaftsfreiheiten zu befürchten:205 Das Institut berührt Aspekte des sachlichen Schutzbereichs von Art. 14 Abs. 1 GG und von Art. 12 Abs. 1 GG, der die berufliche Tätigkeit eines Gewerbebetriebes schützt.206 Zwar ist diese Abgrenzung im Zusammenhang mit der Eigentumsfreiheit ein grundsätzliches Problem, das mit der wohl bedeutsamsten Formel207 anhand einer Differenzierung zwischen erworbenem Bestand (Art. 14 Abs. 1 GG) und Erwerb (Art. 12 Abs. 1 GG) zu beseitigen versucht wird.208 Auch gilt es zu bedenken, dass es prinzipiell einer möglichst weiten Auslegung der grundrechtlichen Schutzbereiche bedarf, um mit dem Willen des Verfassungsgebers den größtmöglichen Schutz der Grundrechtsträger erzielen zu können. Jedoch 200 Axer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 14 (Stand 2022) Rn. 52; Papier/Shirvani, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 2, Art. 14 (Stand 2018) Rn. 200; Sachs, in: ders., GG, 9. Aufl. 2021, Art. 14 Rn. 67. 201 Michael/Morlok, Grundrechte, 8. Aufl. 2022, Rn. 383; anderer Ansicht Dederer, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 14 Teil III (Stand 2018) Rn. 164. 202 Classen, Staatsrecht II, 2018, S. 212. 203 BVerfG, Beschl. v. 10. 6. 2009 – 1 BvR 198/98, NVwZ 2009, 1426 (1426); BVerfGE 137, 185 (261); Dederer, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 14 Teil III (Stand 2018) Rn. 165. Dazu kritisch Leisner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VIII, 3. Aufl. 2010, § 173 Rn. 26. 204 Dahingehend auch Sachs, Verfassungsrecht II, 3. Aufl. 2017, S. 576. 205 BVerfGE 51, 193 (221 f.); Michael/Morlok, Grundrechte, 8. Aufl. 2022, Rn. 383. 206 Classen, Staatsrecht II, 2018, S. 212; Labitzke, Die Beschränkung von Auslandsinvestitionen in deutsche Rüstungsunternehmen, 2011, S. 208. 207 Kap. 3 § 3 A I. 3. 208 S. nur Michael/Morlok, Grundrechte, 8. Aufl. 2022, Rn. 383.

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stellte das Bundesverfassungsgericht klar, dass der Schutz des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht weiter reichen kann als der Schutz seiner Grundlagen, sodass lediglich die einzelnen Eigentumspositionen und nicht der Gewerbebetrieb als Ganzes verfassungsrechtlich geschützt werden könnten.209 Der Begriff „Eigentum“ i. S. v. Art. 14 Abs. 1 GG erfasse die dem Einzelnen konkret zugeordneten vermögenswerten Rechtspositionen, während das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb weiter reiche, indem es als Summe verschiedener Rechtspositionen auch Erwerbschancen und Hoffnungen einschließe. Folglich überzeugt es, den Gewerbebetrieb als solchen, nicht aber seine einzelnen Bestandteile der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie zuzuordnen.210 Es ist daher nicht mehr der Frage nachzugehen, ob die hier untersuchten Vorschriften das Gewerbebetriebsrecht tangieren und das Zielunternehmen in seiner Substanz verletzen, indem in den betrieblichen Organismus eingegriffen und auf diese Weise dessen ungestörtes Funktionieren mit dem Ausmaß einer erdrosselnden, existenzbedrohenden Wirkung verhindert oder erschwert wird.211

3. Idealkonkurrenz des sachlichen Schutzbereichs von Art. 14 Abs. 1 GG zu Art. 12 Abs. 1 GG Entscheidend ist zuletzt, ob einer sachlichen Schutzbereichsbetroffenheit der Eigentumsfreiheit durch die mit der Verfahrensdurchführung der sektorübergreifenden Prüfung verbundenen Regelungen eine Schutzbereichseröffnung des Art. 12 Abs. 1 GG entgegensteht. Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG gelten gemeinsam als wirtschaftsbezogene Freiheitsgrundrechte.212 Die sachlich geschützte wirtschaftliche Betätigungsfreiheit unabhängig von staatlicher Einflussnahme wird im Zeitraum der Investitionsprüfung erschwert, wenn dem Zielunternehmen infolge des unwirksamen dingliche Transaktionsvollzugs etwa ein Zugang zu neuen Märkten verwehrt bleibt oder im Gegenzug zu den in § 15 Abs. 4 Satz 1 AWG genannten Handlungen eine Kapitalzufuhr verhindert wird. Überdies könnten die Beteiligten 209 BVerfGE 58, 300 (353); Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 450; Dederer, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 14 Teil III (Stand 2018) Rn. 163. 210 So auch etwa Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 450; Dederer, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 14 Teil III (Stand 2018) Rn. 164. 211 Zu diesem Erfordernis vgl. nur BGH, Urt. v. 29. 5. 1967 – III ZR 191/64, NJW 1967, 1857 (1857 ff.). Eine entsprechende Wirkung spricht Labitzke, Die Beschränkung von Auslandsinvestitionen in deutsche Rüstungsunternehmen, 2011, S. 221 der außenwirtschaftsrechtlichen Untersagungs- und Anordnungsermächtigung a. F. im sektorspezifischen Bereich ab. Ablehnend auch im Rahmen früher geltender Investitionskontrollvorschriften Lecheler/ Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 152. 212 Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/ Jatzke/Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 (51). Vgl. etwa auch die Einordnung in den Elften Teil „Wirtschaft“ bei Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VIII, 3. Aufl. 2010.

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gem. § 14a Abs. 2 AWG Auskünfte zu erteilen oder Unterlagen einzureichen haben, die ihre durch die Transaktion ermöglichte wirtschaftliche Betätigung, beispielsweise eine Kooperation mit dem Drittstaatsunternehmen hinsichtlich bestimmter Geschäftsfelder oder die beabsichtigten Geschäftsstrategien im Anschluss an den Erwerb,213 betreffen. Bei einem Spezialitätsverhältnis214 der Grundrechte könnte die sachliche Schutzbereichsbetroffenheit der Eigentumsfreiheit im Hinblick auf die mit der Verfahrensdurchführung verbundenen Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen abzulehnen sein. Für diese Abgrenzung wird auf die von Wittig215 entwickelte Formel zurückgegriffen, nach der Art. 12 Abs. 1 GG den Erwerb und Art. 14 Abs. 1 GG das Erworbene sowie dessen Bestand schütze. Die Berufsfreiheit sei persönlichkeitsbezogen und zukunftsgerichtet auf den Schutz der individuellen Erwerbs- und Leistungstätigkeit, die Eigentumsfreiheit demgegenüber objektbezogen auf die Sicherung des Innehabens und Verwendung bereits vorhandener Vermögenspositionen gerichtet.216 Teilweise versucht das Bundesverfassungsgericht im Einzelfall das sachlich nähere Grundrecht zu bestimmen, indem es auf den Schwerpunkt der Maßnahme abstellt.217 Ist eine entsprechende Feststellung unmöglich, werden beide Rechte nebeneinander betrachtet.218 Jene Idealkonkurrenz erscheint vorzugswürdig, wenn die freie Eigentumsnutzung beruflichen Zwecken dient und in dieses Recht eingegriffen wird, also von einem Akt sowohl der Erwerb als auch das Erworbene betroffen ist.219 Dies überzeugt besonders auch unter dem Gesichtspunkt, dass der verfassungsrechtliche Schutz bestmöglich ausgeschöpft werden sollte.220

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Hinsichtlich dieser hat das Erwerbsunternehmen unter anderem Unterlagen einzureichen: Allgemeinverfügung zu den gem. § 14a des Außenwirtschaftsgesetzes, §§ 55a, 58 und 60 der Außenwirtschaftsverordnung einzureichenden Informationen und Unterlagen v. 27. 5. 2021, S. 5 (BAnz AT 11. 6. 2021 – B 2, berichtigt durch BAnz AT 13. 7. 2021 – B 2). 214 Vgl. zu dem Begriff schon Kap. 3 § 2 D. in Bezug auf die allgemeine Handlungsfreiheit. 215 Wittig, Bundesverfassungsgericht und Grundrechtssystematik, in: Ritterspach/Geiger (Hrsg.), FS Müller, 1970, S. 575 (590). 216 BVerfGE 30, 292 (334 f.); Breuer, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VIII, 3. Aufl. 2010, § 170 Rn. 130; Papier/Shirvani, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 2, Art. 14 (Stand 2018) Rn. 353 m. w. N. 217 BVerfGE 121, 317 (345); 126, 112 (135 f.). Dies skizzieren auch Papier/Shirvani, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 2, Art. 14 (Stand 2018) Rn. 353. 218 BVerfGE 115, 205 (248); Breuer, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VIII, 3. Aufl. 2010, § 170 Rn. 130; Mangold/Lange, JuS 2018, 161 (166); Axer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 14 (Stand 2022) Rn. 27; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 15. Aufl. 2021, Art. 12 Rn. 56; Nolte, in: Stern/Becker, GG, 3. Aufl. 2019, Art. 12 Rn. 109; Papier/Shirvani, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 2, Art. 14 (Stand 2018) Rn. 353. 219 Labitzke, Die Beschränkung von Auslandsinvestitionen in deutsche Rüstungsunternehmen, 2011, S. 215 f.; Depenheuer/Froese, in: Huber/Voßkuhle, GG, Bd. 1, 8. Aufl. 2023, Art. 14 Rn. 107. 220 Epping, Die Außenwirtschaftsfreiheit, 1998, S. 106.

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Die prüfverfahrensrechtlichen Vorschriften berühren die Nutzung der zielunternehmerischen Vermögenspositionen im Hinblick auf die konkrete Transaktion. Daneben wird die freie wirtschaftliche Betätigung des Grundrechtsträgers insofern tangiert, als dass infolge der für den Zeitraum der Prüfung geltenden Verbote eine gewisse Erwerbstätigkeit wie etwa die Erschließung neuer Märkte unmöglich ist. Auch steht die Offenbarung bestimmter Unterlagen und Informationen betreffend diese Tätigkeit gegenüber dem Staat im Raum. Da all diese Beschränkungen mit dem Prüfverfahren verbunden sind, finden beide Freiheitsgrundrechte aufgrund der gleichzeitigen Betroffenheit von Erwerb und Erworbenem im Sinne einer Idealkonkurrenz Anwendung. Eine sachliche Schutzbereichsbetroffenheit des Art. 12 Abs. 1 GG steht derjenigen des Art. 14 Abs. 1 GG folglich nicht entgegen.

II. Die gesetzesunmittelbaren Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen als eigentumsrelevante Maßnahmen In Ermangelung einer anvisierten Güterbeschaffung handelt es sich bei den Maßnahmen nach § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG, § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG und bei § 14a Abs. 2 AWG um keine Enteignungen. Die Regelungen sind abstraktgenerell für viele Erwerbe formuliert, und der Gesetzgeber versteht das Eigentum am Zielunternehmen so, dass die Nutzung während des Prüfverfahrens beschränkt wird. Es steht das Vorliegen von Inhalts- und Schrankenbestimmungen infrage.221 Das Vollzugsverbot wirkt sich als legislativer Rechtsakt ohne Zwischenursache auf die zielunternehmerische Verfügungsmöglichkeit über sein Eigentum aus. Es wird gerade beabsichtigt, dass das dingliche Rechtsgeschäft für den Zeitraum des Prüfverfahrens nicht durchgeführt wird, sodass also im Hinblick auf die konkrete Transaktion nicht über die Vermögenspositionen verfügt werden kann. Entgegen der (missverständlichen) Bezeichnung als „Vollzugsverbot“ ist der einer Imperativität immanente Befehl nicht gegeben, vielmehr wird die schwebende Unwirksamkeit einer dinglichen Vollzugshandlung für den Zeitraum der Verfahrensdurchführung normiert.222 Man könnte auch Regelungen, die einen nicht befehlsakzessorischen Zwang statuieren, als imperativ qualifizieren.223 Dieser Gesichtspunkt ist indes nicht entscheidend, erfüllt § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG anders als die erwerbsunternehmerische Meldepflicht224 doch jedenfalls das Intensitätskriterium eines Eingriffs nach dem modernen Begriffsverständnis: Zu berücksichtigen ist wiederum, dass das 221

S. zum klassischen Begriffsverständnis Kap. 3 § 2 A. II. 2. S. bereits Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) aa). 223 Dahingehend noch Sachs, in: Stern (Hrsg.), Staatsrecht, Bd. III/2, 1. Aufl. 1994, § 78 II. 3. a) c) cc). Hingegen verlangt Klement für das Imperativitätskriterium grundsätzlich eine Sanktionierbarkeit (Klement, in: Stern/Sodan/Möstl [Hrsg.], Staatsrecht, Bd. III, 2. Aufl. 2022, § 80 Rn. 45). 224 Kap. 3 § 2 A. II. 2. 222

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Vollzugsverbot für die Unternehmen der § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV im Rahmen eines Beteiligungserwerbs bereits ab dem Erwerb einer zehnprozentigen Beteiligung, für die Unternehmen der § 55a Abs. 1 Nr. 8 bis Nr. 27 AWVaber erst ab dem Erwerb einer 20-Prozent-Beteiligung gilt.225 Indem bei der zweiten Gruppe von Zielunternehmen somit eine geringere Anzahl von Transaktionen dem Anwendungsbereich von § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG unterfallen, werden deren Grundrechtspositionen weniger intensiv beschränkt. Trotzdem ist auch hier eine erhebliche Schwerewirkung anzunehmen, denn die verfassungsrechtlich gesicherte Verfügungsmöglichkeit des Eigentümers über seine Vermögenspositionen ist im Hinblick auf die konkrete Transaktion aufgehoben und ihm damit gänzlich unmöglich. Darüber hinaus gilt die erhebliche Beschränkung des grundrechtlichen Schutzes für die lange Dauer der Durchführung des Investitionsprüfungsverfahrens von sechs oder unter Umständen noch weiteren Monaten.226 Insbesondere solche Unternehmen, die etwa infolge drohender Insolvenz oder wegen einer anstehenden beabsichtigten Investition dringend auf Kapital227 angewiesen sind, haben an dieser Verfügung ein großes Interesse. Darüber hinaus sprechen im Allgemeinen aber auch weitere gewichtige Aspekte für ein erhebliches Bedürfnis des veräußernden Unternehmens, die Transaktion möglichst zeitnah zu vollziehen: Im Zeitraum der schwebenden Unwirksamkeit des Erwerbsvollzugs trägt der Veräußerer das Risiko von Marktschwankungen und sowie von einer Inflation. Innerhalb des – mitunter sehr langen – Zeitraums der Investitionsprüfung könnte die Inflation dazu führen, dass der Veräußerer im Vollzugszeitpunkt einen Kapitalbetrag erhält, zu welchem er im status quo gar nicht mehr zur Veräußerung in dieser Gestalt bereit gewesen wäre. Die Handlungsverbote des § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG erwachsen unmittelbar aus den legislativen Rechtsakten, welche gerade eine Beschränkung der freien Nutzungsmöglichkeit des zielunternehmerischen Eigentums bezwecken. Für die Grundrechtsbeschränkung sind keine Zwischenschritte notwendig, und die Verbote können mit Zwang durchgesetzt werden. Mithin handelt es sich um Eingriffe in die Eigentumsfreiheit nach dem klassischen Begriffsverständnis. Auch § 14a Abs. 2 Satz 1, Satz 4 und Satz 5 AWG zielen als legislative Rechtsakte darauf ab, dem Staat Einblicke in die zielunternehmerische Eigentumsnutzung zu gewähren. Bezweckt wird also auch deren Beschränkung, um die außenwirtschaftsrechtliche Prüfung der Transaktion umfassend vornehmen zu können. Die das Erwerbsunternehmen treffende Einreichungspflicht aus Satz 1 besteht im Falle einer Transaktionsprüfung kraft Gesetzes, ein Zwischenschritt ist allerdings darin zu erblicken, dass die eigentumsfreiheitliche Beschränkung erst mit 225

Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (1). Zur Dauer der Verfahrensdurchführung s. bereits Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (2) und (3). 227 Vgl. konkret zur Kaufpreiszahlung als Folge des dinglichen Vollzugs Engelhardt/v. Maltzahn, in: Holzapfel (Begr.), Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 16. Aufl. 2021, Rn. 1251, 1256 ff. 226

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dem erwerbsunternehmerischen Handeln eintritt. Dagegen enthalten § 14a Abs. 2 Satz 4 und Satz 5 AWG lediglich eine Ermächtigung der Exekutive zum Erlass von Verwaltungsakten. Während das Unmittelbarkeitskriterium für die Ermächtigung zur Verpflichtung des Erwerbsunternehmens auch hier aus den bereits zu § 14a Abs. 2 Satz 1 AWG genannten Gründen ausscheidet, wird bei der Ermächtigung zur Verpflichtung des Zielunternehmens die Frage relevant, ob für Ermächtigungsnormen generell die Merkmale eines klassischen Grundrechtseingriffs vorliegen können.228 Indes müsste diese Frage nicht entschieden werden, wenn jedenfalls die Merkmale des modernen Eingriffsbegriffs erfüllt sind.229 Da es § 14a Abs. 2 Satz 1, Satz 4 und Satz 5 AWG auch an einer Befehlswirkung gegenüber dem Zielunternehmen fehlt, müsste der Schutzbereich also zurechenbar und intensiv beschränkt werden. Ihre staatliche Zurechenbarkeit ist gegeben, weil sowohl das erwerbsunternehmerische als auch das exekutive Handeln, also der Erlass von Verwaltungsakten, nicht durch eine selbstständige wesentliche Zwischenursache, sondern durch den jeweiligen Legislativakt ausgelöst werden. Bezüglich der Intensität der jeweiligen Regelungen ist zunächst erneut der für die Unternehmen in § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV beim Anteilskauf gegenüber den übrigen Katalogunternehmen eröffnete größere Anwendungsbereich zu bemerken (§ 56 Abs. 1 Nr. 1 AWV). Weiterhin erscheint bedeutsam, ob die von § 14a Abs. 2 AWG erfassten Unterlagen und Auskünfte sensiblere Informationen enthalten als die, die in einer Meldung anzugeben sind230. Zwar lassen sich beispielsweise Firma, Sitz und die Beteiligungsverhältnisse einer sicherheitsrelevanten Gesellschaft ohne größere Umstände im Internet recherchieren.231 Hingegen kann der ebenfalls gem. § 14a Abs. 2 Satz 1 AWG einzureichende schuldrechtliche Erwerbsvertrag232 weitaus konkretere Informationen in Bezug auf das zielunternehmerische Eigentum enthalten. Treffen die Erwerbsbeteiligten z. B. Vereinbarungen dahingehend, wie in Zukunft die Eigentumsverhältnisse im Unternehmen ausgestaltet sind – möglicherweise indem sich das Zielunternehmen verpflichtet, die ihr verbleibenden Anteile nicht an einen weiteren drittstaatlichen Investor zu verkaufen –, betrifft dies Informationen, an deren Geheimhaltung das Zielunternehmen unter Umständen ein erhöhtes Interesse hat. Zudem sind auch weitere geplante Änderungen wie die Verlagerung oder Einstellung 228

Zu dieser Frage s. noch Sachs, in: Stern (Hrsg.), Staatsrecht, Bd. III/2, 1. Aufl. 1994, § 78 II. 3. c) b) bb). 229 Vgl. zum Ersetzen der klassischen durch die modernen Begriffsmerkmale bereits Kap. 3 § 2 A. II. 2. 230 Zur fehlenden Intensität in diesem Zusammenhang bei einer möglichen Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG s. Kap. 3 § 2 A. II. 2. 231 Für die Beteiligungsverhältnisse an der ProSiebenSat.1 Media SE s. ProSiebenSat.1 Media, Aktionärsstruktur, https://www.prosiebensat1.com/investor-relations/aktie/aktionaers struktur (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 232 Allgemeinverfügung zu den gem. § 14a des Außenwirtschaftsgesetzes, §§ 55a, 58 und 60 der Außenwirtschaftsverordnung einzureichenden Informationen und Unterlagen v. 27. 5. 2021, S. 5 (BAnz AT 11. 6. 2021 – B 2, berichtigt durch BAnz AT 13. 7. 2021 – B 2).

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von Geschäftsaktivitäten gegenüber den staatlichen Stellen offenzulegen,233 welche ebenfalls die Nutzung vermögenswerter Rechtspositionen betreffen. Auch hinsichtlich der in Satz 4 normierten Ermächtigung lässt sich ein enger Bezug zu den zielunternehmerischen Vermögenspositionen erwägen. Diese angeforderten Informationen könnten sensibler sein, denn grundlegende Rahmenverhältnisse gewährt bereits die in § 14a Abs. 2 Satz 1 AWG geregelte Mitwirkungspflicht. Satz 4 und Satz 5 treffen keine Aussage dahingehend, welche Art von Informationen angefordert werden dürfen. Insbesondere verfügt das Erwerbsunternehmen in diesem Zusammenhang auch über sensible Informationen betreffend die zielunternehmerische Eigentumsnutzung, da im Vorgriff auf den Abschluss des Erwerbsvertrags regelmäßig eine Due Diligence-Prüfung durchgeführt wird. Noch empfindlicher könnten regelmäßig die Informationen sein, zu deren Herausgabeverlangen das BMWK gem. § 14a Abs. 2 Satz 5 AWG ermächtigt ist. Die hieraus resultierende Einreichungspflicht kann auch das Zielunternehmen treffen, das über weitere Kenntnisse betreffend seine Vermögenspositionen verfügt als das Erwerbsunternehmen. Freilich ermöglichen beide Ermächtigungen eine exekutive Entscheidung und eine individuelle Abwägung der betroffenen Rechtspositionen. Allerdings enthält Satz 5 anders als Satz 4 eine Beschränkung der Exekutive dahingehend, dass Anforderungen nur „im Einzelfall“ erfolgen dürfen. Schlussfolgernd kommt den Regelungen in § 14a Abs. 2 AWG eine vergleichbare Schwere zu. Für eine hinreichende Intensität der Einreichungspflicht und der Ermächtigungen spricht im Hinblick auf die zielunternehmerische Eigentumsfreiheit schließlich auch das Vorliegen einer Belastungskumulation, aus deren erhöhter Schwerewirkung für alle Maßnahmen strengere Rechtfertigungsanforderungen resultieren.234 Jene äußert sich in der zeitgleichen Wirkung der schwebenden Unwirksamkeit des dinglichen Transaktionsvollzuges und den in § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG normierten Verboten. Diese gelten ab dem Zeitpunkt des schuldrechtlichen Vertragsschlusses bis zur Freigabe bzw. bis zur Untersagung oder Anordnung im Hinblick auf den Erwerb. In diesen Zeitraum der Investitionsprüfung sind jeweils auch die aus § 14a Abs. 2 AWG folgende Einreichungspflicht sowie die Verwaltungsakt-Ermächtigungen einzuordnen. Satz 1 und Satz 4 und dieser Regelung fallen auf den Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung zusammen,235 wohingegen Satz 5 „nachträglich“ zu einem Verwaltungsakt ermächtigt. Wie auch bei der Meldepflicht236 ist keine Fortwirkung der von Satz 1 und Satz 4 ausgehenden Beeinträchtigungen auf den für Satz 5 maßgeblichen Zeitpunkt ersichtlich. 233 Allgemeinverfügung zu den gem. § 14a des Außenwirtschaftsgesetzes, §§ 55a, 58 und 60 der Außenwirtschaftsverordnung einzureichenden Informationen und Unterlagen v. 27. 5. 2021, S. 5 (BAnz AT 11. 6. 2021 – B 2, berichtigt durch BAnz AT 13. 7. 2021 – B 2). 234 Kap. 3 § 2 A. II. 2. 235 Vgl. hierzu den Wortlaut von Satz 1 „im Falle einer Prüfung“ und von Satz 4 „im Eröffnungsbescheid“. S. auch schon Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) dd). 236 Kap. 3 § 2 A. II. 2.

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

Neben diesem zeitlichen Zusammentreffen ist mit dem Gesetzgeber des Außenwirtschaftsgesetzes auch ein Handlungsverantwortlicher gegeben, der mit diesen Vorschriften auf die von Art. 14 Abs. 1 GG237 gesicherte Rechtsposition des Zielunternehmens einwirkt.238 Gebündeltes Ziel ist der Schutz außenwirtschaftsrechtlicher Güter,239 welcher mit den unterschiedlichen Vorschriften gesichert werden soll.240 Die drei Komplexe sind daher nicht isoliert zu betrachten. Unter Berücksichtigung ihrer Kumulation liegen hinsichtlich des Vollzugsverbots, der Handlungsverbote, der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen jeweils intensivere Grundrechtseingriffe vor. Zusammenfassend sind diese Inhaltsund Schrankenbestimmungen der zielunternehmerischen Eigentumsfreiheit.

III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung der gesetzesunmittelbaren Verbote, der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen? Die jeweiligen prüfverfahrensrechtlichen Vorschriften müssen im Rahmen der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung den Anforderungen genügen, die die Verfassung an eigentumsrelevante Maßnahmen dieser Art stellt. Insofern bedarf es einer grundsätzlichen Einschränkungsmöglichkeit des betroffenen Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG sowie ihrer verfassungsmäßigen Konkretisierung.241 Hinsichtlich letzterer Frage wird nachfolgend zwischen den einzelnen Verboten, der Einreichungspflicht und den Ermächtigungen differenziert (2. bis 4.).

237 Somit ist auch unerheblich, ob der kumulative Eingriff die Betroffenheit eines Grundrechts verlangt, insoweit ablehnend etwa Kaltenstein, SGb 2016, 365 (369 f.); G. Kirchhof, NJW 2006, 732 (734). Demgegenüber für das Erfordernis dieses Kriteriums Ruschemeier, Der additive Grundrechtseingriff, 2019, S. 136 ff.; Klement, AöR 134 (2009), 35 (43). 238 Auf die Frage, ob die hoheitlichen Maßnahmen von einem Handlungsträger ausgehen, muss demnach nicht eingegangen werden. Dieses Kriterium verlangt etwa Ruschemeier, Der additive Grundrechtseingriff, 2019, S. 84 ff. für eine Belastungskumulation, verneinend hingegen Kreuter-Kirchhof, NVwZ 2019, 1791 (1796). Eine ausf. Auseinandersetzung zu dieser Frage findet sich bei Kromrey, Belastungskumulation: Ein Beitrag zur Erweiterung des grundrechtlichen Eingriffsbegriffs, 2018, S. 88 ff. 239 Vgl. zu den Zielen Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa), Kap. 3 § 3 A. III. 3. b) sowie 4. 240 Somit ist auch nicht zu erörtern, ob die Maßnahmen gleiche Zwecke verfolgen müssen. Dafür Kaltenstein, SGb 2016, 365 (370); Klement, AöR 134 (2009), 35 (43 ff.); Lücke, DVBl 2001, 1469 (1470); ablehnend Kromrey, Belastungskumulation: Ein Beitrag zur Erweiterung des grundrechtlichen Eingriffsbegriffs, 2018, S. 117 ff.; Ruschemeier, Der additive Grundrechtseingriff, 2019, S. 141 ff.; Kreuter-Kirchhof, NVwZ 2019, 1791 (1796). 241 Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 42 ff.; v. Münch/Mager, Staatsrecht II, 7. Aufl. 2018, Rn. 118 ff.; Epping/Lenz, NVwZ 2005, 858 (860); Papier/Shirvani, in: Dürig/Herzog/ Scholz, GG, Bd. 2, Art. 14 (Stand 2018) Rn. 439.

§ 3 Grundrechtsverletzung durch prüfverfahrensrechtliche Maßnahmen

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1. Wahrung des einfachen Gesetzesvorbehalts als Einschränkungsmöglichkeit der Eigentumsfreiheit durch § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG, § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG und § 14a Abs. 2 AWG In Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG wurzelt neben der prinzipiellen Einschränkbarkeit der Eigentumsfreiheit ein einfacher Gesetzesvorbehalt242 für eigentumsrelevante Maßnahmen in Gestalt von Inhalts- und Schrankenbestimmungen, womit das erforderliche Gesetz anders als bei einem qualifizierten Gesetzesvorbehalt243 inhaltlich keinen bestimmten Anforderungen unterliegt. Die Eigentumsfreiheit ist danach durch jedes Gesetz im materiellen Sinne einschränkbar.244 Somit stellen § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG, § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3, Nr. 4 AWG und § 14a Abs. 2 AWG taugliche Schranken der Eigentumsfreiheit dar.245 2. § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG als verfassungswidrige Konkretisierung der Einschränkungsmöglichkeit der Eigentumsfreiheit Auf zweiter Stufe der Rechtfertigung stellt sich zunächst für § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG die Frage, ob diese Norm ihrerseits verfassungskonform ist. Während hinsichtlich der formellen Verfassungsmäßigkeit246 des Vollzugsverbots keine Bedenken bestehen, sind unter materiellen Gesichtspunkten der rechtsstaatliche Bestimmtheitsgrundsatz und das Verhältnismäßigkeitsgebot von Bedeutung. a) Einwand tatbestandlicher Unbestimmtheit des Vollzugsverbots Bezüglich einer möglichen Unbestimmtheit der Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG rücken auf Grundlage der prinzipiell geltenden Anforderungen des Bestimmtheitsgebots im allgemeinen Bereich der Investitionskontrolle sicherheitsrelevanter Unternehmen die Begriffe „wesentliche Betriebsmittel“ (§ 55 242

Zum Vorbehalt des Gesetzes s. im Allgemeinen Lerche, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. III, 2009, § 62 Rn. 5 ff.; Rux, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 20 (Stand 2022) Rn. 172 ff. jew. m. w. N. 243 So etwa für Eingriffe in die Presse- und Rundfunkfreiheit, vgl. Kap. 3 § 3 C. III. 1. 244 Michael/Morlok, Grundrechte, 8. Aufl. 2022, Rn. 544; Axer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 14 (Stand 2022) Rn. 82; Dederer, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 14 Teil III (Stand 2018) Rn. 46 f.; Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 14 Rn. 34; Papier/Shirvani, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 2, Art. 14 (Stand 2018) Rn. 418. 245 Auf die Auswirkungen einer Belastungskumulation auf den Gesetzesvorbehalt im Falle nichtfinaler Beeinträchtigungen muss an dieser Stelle nicht eingegangen werden, da die hier maßgeblichen Vorschriften allesamt das Finalitätskriterium erfüllen (Kap. 3 § 3 A. II.). Vgl. zu dieser Frage Kromrey, Belastungskumulation: Ein Beitrag zur Erweiterung des grundrechtlichen Eingriffsbegriffs, 2018, S. 136 ff. 246 Zur formellen Verfassungsmäßigkeitsprüfung im Rahmen der Rechtfertigung eines Grundrechtseingriffs s. statt vieler Michael/Morlok, Grundrechte, 8. Aufl. 2022, Rn. 553 ff.

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

Abs. 1a Nr. 2 AWV) sowie „Berührung von Verteidigungsinteressen in besonderem Maße“ (§ 14a Abs. 4 Satz 2 AWG) ins Blickfeld. Speziell im Bereich der Medienunternehmen gilt es, die tatbestandliche Formulierung einer „besonderen Aktualität und Breitenwirkung“ (§ 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV) näher zu untersuchen. Diese Termini könnten den geltenden Bestimmtheitsanforderungen nicht standhalten, da es jeweils an näheren Anhaltspunkten dahingehend fehlt, in welchem Fall die Schwelle für das Merkmal „besonders“ im konkreten Fall überschritten wird. aa) Grundsätzliche Anforderungen des rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebots Das Bestimmtheitsgebot ist eine spezielle Ausdrucksform des Rechtsstaatsprinzips.247 Es findet ausdrückliche Erwähnung in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG sowie in Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG und äußert sich auch in Art. 20 Abs. 2, Abs. 3 GG, in weiteren verfassungsrechtlichen Vorschriften sowie in der Abwehrfunktion der Grundrechte. Nach Maßgabe des Rechtsstaatsprinzips darf die politische Herrschaft nur aufgrund des im jeweiligen Rahmen geltenden Rechts ausgeübt werden, das die öffentliche Gewalt begründet und gleichermaßen begrenzt, um die individuelle Freiheit des Einzelnen zu gewährleisten.248 Konkrete Ausdrucksformen des Rechtsstaatsprinzips sind unter anderem die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit249 und der Rechtssicherheit250. Letzterer bedeutet eine Vertrauensgrundlage der Bürger im Hinblick auf die Rechtsausübung durch staatliche Gewalt, indem bestimmte Anforderungen an die Vorgaben des Rechts gelten, um dieses messbar und bestimmbar zu gestalten. Dessen spezielle Ausprägung ist das Bestimmtheitsgebot, wonach die Gesetze, daraus folgende Rechtsnormen sowie individuelle Entscheidungen hinreichend klar formuliert sein

247

Ob das Bestimmtheitsgebot als elementarer Kernbestand des Rechtsstaatsprinzips anzusehen ist mit der Folge, dass es nach der Ewigkeitsklausel gem. Art. 79 Abs. 3 GG i. V. m. Art. 20 GG zu den unabänderlichen Entscheidungen der deutschen Verfassung zählt, ist bislang noch nicht abschließend entschieden. Dahingehend lässt sich etwa P. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. II, 3. Aufl. 2004, § 21 Rn. 86 verstehen, welcher diesen Grundsätzen jedenfalls die Voraussehbarkeit und Messbarkeit staatlichen Handelns zuordnet. Anderer Ansicht ist Dreier, in: ders., GG, Bd. 2, 3. Aufl. 2015, Art. 79 Abs. 3 Rn. 53 m. w. N. Vgl. zur uneinheitlich beantworteten Grundsatzfrage, ob das Rechtsstaatsprinzip nicht vielmehr „als Ganzes“ von der Ewigkeitsklausel erfasst wird, BVerfGE 30, 1 (24); 97, 198 (217); 98, 218 (261); 107, 395 (401); Bryde, in v. Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 7. Aufl. 2021, Art. 79 Rn. 55; Dreier, in: ders., GG, Bd. 2, 3. Aufl., 2015, Art. 79 Abs. 3 Rn. 49; Herdegen, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 5, Art. 79 (Stand 2014) Rn. 152; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 2, 3. Aufl. 2015, Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 229. 248 Statt vieler vgl. Rux, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 20 (Stand 2022) Rn. 138 ff. 249 Dazu s. näher unter Kap. 3 § 3 A. III. 2. b). 250 Michael/Morlok, Staatsorganisationsrecht, 5. Aufl. 2021, Rn. 336 ff.; Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 3, Art. 20 VII. (Stand 2006) Rn. 49; Rux, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 20 (Stand 2022) Rn. 181 ff.

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müssen, damit ihr Adressat sein Handeln nach ihnen ausrichten kann.251 Ferner sichert das Gebot angemessene und klare gesetzgeberische Handlungsmaßstäbe gegenüber der Verwaltung für eine hinreichende gerichtliche Kontrolle.252 Zwar gilt das Bestimmtheitsgebot für alle materiellen Rechtsnormen, ihm kommt aber insbesondere bei freiheitsbeschränkenden Vorschriften große Bedeutung zu. Die Anforderungen an die Bestimmtheit einer zu Grundrechtseingriffen berechtigenden Vorschrift sind umso höher, desto schwerer die grundrechtsrelevanten Maßnahme wiegt.253 Weiterhin ist die Frage bedeutsam, wie eindeutig, abgrenzbar und vorhersehbar sich der Regelungsgegenstand einer Norm äußert: Ist dieser vielseitig, unübersichtlich und häufigen Veränderungen unterworfen, sind geringere Anforderungen an das Maß der erforderlichen Bestimmtheit dieser Vorschrift zu stellen,254 was auch im außenwirtschaftsrechtlichen Kontext zu berücksichtigen ist.255 Auch steht es dem Gesetzgeber frei, auf unbestimmte Rechtsbegriffe und Ermessenstatbestände zurückzugreifen, um mit einer Vorschrift möglichst viele individuelle Fallkonstellationen erfassen zu können. Eine Grenze erfährt diese Möglichkeit, indem Zielsetzung und Regelungsrahmen erkennbar, ihr Inhalt also durch die allgemeinen Auslegungsregeln ermittelbar sein muss.256 Als besondere Ausprägung des Bestimmtheitsgebots fasst Art. 103 Abs. 2 GG diesen mit dem Gesetzlichkeitsgebot sowie mit dem Rückwirkungsverbot als Voraussetzungen strafrechtlicher Sanktionierung zusammen.257 Ein Ausfluss dieses Gebots ist der Grundsatz nulla poena sine lege certa, demzufolge die Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen einer Strafvorschrift hinreichend klar bestimmt sein müssen.258 Auch ist eine gewisse Regelungsdichte erforderlich, anhand derer die 251

Michael/Morlok, Staatsorganisationsrecht, 5. Aufl. 2021, Rn. 359 ff.; dies., Grundrechte, 7. Aufl. 2020, Rn. 564; Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. II, 3. Aufl. 2004, § 26 Rn. 85; Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 3, Art. 20 VII. (Stand 2006) Rn. 58. 252 S. nur Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 3, Art. 20 VII. (Stand 2006) Rn. 58. 253 BVerfGE 93, 213 (238); 110, 33 (55); 120, 378 (408); Grzeszick, in: Dürig/Herzog/ Scholz, GG, Bd. 3, Art. 20 VII. (Stand 2006) Rn. 60, 65; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 2, 3. Aufl. 2015, Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 132, 135 f. 254 BVerfGE 86, 288 (311); Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 3, Art. 20 VII. (Stand 2006) Rn. 60; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 2, 3. Aufl. 2015, Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 135. 255 Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 163 m. w. N. 256 Michael/Morlok, Staatsorganisationsrecht, 5. Aufl. 2021, Rn. 361; Grzeszick, in: Dürig/ Herzog/Scholz, GG, Bd. 3, Art. 20 VII. (Stand 2006) Rn. 62 f. m. w. N.; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 2, 3. Aufl. 2015, Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 133 ff. 257 Degenhart, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 103 Rn. 53; Pohlreich, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 103 Abs. 2 (Stand 2018) Rn. 41; Remmert, in: Dürig/Herzog/ Scholz, GG, Bd. 6, Art. 103 Abs. 2 (Stand 2017) Rn. 1 f. 258 Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, § 1 Rn. 6, 16 ff.; Schmitz, in: Joecks/Miebach, MüKo StGB, Bd. 1, 4. Aufl. 2020, § 1 Rn. 47 ff. Im Gegensatz zu den tat-

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Voraussetzungen von Strafe und Strafbarkeit in der Norm so klar umschrieben sind, dass allein die Legislative über die Strafbarkeitsbedingungen entscheidet. Aus ihrer ausdrücklichen verfassungsrechtlichen Verankerung259 sowie aus der mit dem strafrechtlichen Ziel einer Verhaltenssteuerung des Adressaten verbundenen Betroffenheit grundrechtlich besonders sensibler Bereiche folgen gegenüber dem allgemeinen Bestimmtheitsgebot erhöhte Anforderungen.260 bb) Einwand tatbestandlicher Unbestimmtheit des Vollzugsverbots im allgemeinen Bereich der sektorübergreifenden Prüfung Der Verordnungsgeber hat unter Beachtung dieser rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen bereits einiger Kritik an den sektorübergreifenden Prüftatbeständen mit Nachsteuerungen abgeholfen.261 Dennoch könnte die in § 55 Abs. 1a Nr. 2 AWV normierte Erfassung des Asset Deals unter Bestimmtheitsgesichtspunkten problematisch sein. Tatbestandlich liegt ein Erwerb i. S. v. § 55 Abs. 1 AWV auch bei dem Erwerb aller wesentlichen Betriebsmittel eines inländischen Unternehmens oder eines abgrenzbaren Betriebsteils dieses Unternehmens vor, die für die Aufrechterhaltung des Betriebs eines Unternehmens oder eines abgrenzbaren Betriebsteils erforderlich sind.262 Hier stellt sich die Frage, in welchem Fall die erworbenen Mittel im Einzelfall als „wesentlich“ anzusehen sind. Durch § 55 Abs. 1a Nr. 2 AWV erfolgt eine begriffliche Konkretisierung dahingehend, dass die Betriebsmittel gerade notwendig sein müssen, damit das Unternehmen seinen Betrieb fortlaufend ausüben kann. Der Verordnungsbegründung sind keine näheren Anhaltspunkte hinsichtlich des Wesentlichkeitsmerkmals zu entnehmen.263 Teleologische Erwägungen stimmen insoweit mit dem Wortlaut überein, dass die Mittel für die unternehmerische Tätigkeit in der jeweiligen Branche durchweg unabkömmlich sein müssen. Welche Betriebsmittel in diesem Zusammenhang relevant sind, richtet sich im Einzelfall nach der konkreten Branche und dem Betrieb des Unternehmens. Diese Auslegungsversuche verdeutlichen, dass eine abschließende Eingrenzung des Begriffs unmöglich ist. Letztlich bleibt die Tatbestandserfüllung eine Frage des Einzelfalls, da es auf die individuelle Struktur des Unternehmens und den Gegenstand seines Betriebs ankommt.

bestandlichen Anforderungen relativierend für Erlaubnissätze Paeffgen/Zabel, in: Kindhäuser/ Neumann/Paeffgen, StGB, 5. Aufl. 2017, Vorb. zu §§ 32 ff., Rn. 58, 68 m. w. N. 259 S. auch Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. II, 3. Aufl. 2004, § 26 Rn. 85. 260 Remmert, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 6, Art. 103 Abs. 2 (Stand 2017) Rn. 77, 87 f.; Rux, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 20 (Stand 2022) Rn. 182.1. 261 Vgl. Kap. 2 § 1 A. sowie unter anderem insbesondere Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (2). 262 Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) bb). 263 Fünfzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 14 f. (BTDrucks. 19/19781 v. 5. 6. 2020).

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Hier wird unter anderem auch relevant, ob das Unternehmen den Branchen der § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV oder denjenigen der § 55a Abs. 1 Nr. 8 bis Nr. 27 AWV zuzuordnen ist. § 56 Abs. 1 AWV ist für den Beteiligungserwerb konzipiert worden, auch sind die jeweiligen Besonderheiten der Erwerbsformen zu berücksichtigen. Diese Besonderheiten äußern sich hinsichtlich des Beteiligungserwerbs darin, dass ein dauerhafter Einfluss auf das Unternehmen vermittelt wird. Hingegen schließt der Asset Deal eine zukünftige Einflussnahme auf die betroffenen Assets aus und er beschränkt sich auf einen bestimmten Teil des Unternehmens, der aber vollumfänglich gewährt wird. Gleichwohl bietet die in § 56 Abs. 1 AWV vorgenommene Differenzierung gewisse Anhaltspunkte für eine Antwort auf die Frage, welche Bedeutung den einzelnen Branchen beizumessen ist. Somit könnte die Wesentlichkeit der Betriebsmittel in Abhängigkeit von der zielunternehmerischen Branche unterschiedlich zu beurteilen sein. Zwar böte eine dem § 56 Abs. 1 AWV vergleichbare Unterscheidung der Anwendungsbereichseröffnung des Asset Deals anhand bestimmter Vermögenswerte des Zielunternehmens264 noch genauere Bezugspunkte und erhöhte die Rechtssicherheit. Sie ließe jedoch außer Acht, dass solche Werte Anhaltspunkte böten. Indes kann es auch Unternehmen geben, deren Mittel die Schwelle (knapp) unterschreiten und dennoch zwingend notwendig für die Aufrechterhaltung des Betriebes sind. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass ein Zielunternehmen selbst bestmöglich für seinen Betrieb einschätzen können wird, welche Mittel für dessen Aufrechterhaltung dringend notwendig sind. Mithin genügt § 55 Abs. 1a Nr. 2 AWV im Lichte der notwendigen Einzelfallbetrachtung auch ohne eine weitere Eingrenzung des Wesentlichkeitsmerkmals dem rechtlichen Bestimmtheitsgebot. Bedenken bestehen ferner hinsichtlich der Regelung in § 14a Abs. 4 Satz 2 AWG, der eine Fristverlängerung der zweiten Prüfphase im Falle der Berührung deutscher Verteidigungsinteressen in besonderem Maße ermöglicht. Jene Fristverlängerung betrifft gem. § 15 Abs. 3 Satz 2 AWG auch die zeitliche Geltung des Vollzugsverbots für die Dauer des gesamten Prüfverfahrens. Stimmen in der Literatur265 legen für diese Verlängerungsoption hohe Maßstäbe an. Es sei nicht bereits ausreichend, wenn das Zielunternehmen in kleinem Umfang Produkte für Rüstungsprojekte zuliefere und kein besonderes oder exportkontrollrechtlich geschütztes militärisches Knowhow auf den ausländischen Investor übergehen könnte. Wann das Merkmal aber konkret erfüllt ist, bleibt ungewiss. Im Gesetzgebungsverfahren erfolgte eine Klarstellung dahingehend, dass hinsichtlich des Begriffs „Verteidigungsinteressen“ z. B. solche des § 35 Abs. 2 VSVgV gemeint seien und es sich um einen besonders komplexen Fall handeln müsse.266 264 Eine solche fordern Linklaters, Stellungnahme zum Referentenentwurf der Siebzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 17. 2. 2021, S. 13, https://www. bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/lin klaters.pdf?__blob=publicationFile&v=6 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 265 Sachs, in: Dorsch, Zollrecht, § 14a AWG (Stand 2020) Rn. 10. 266 S. bereits Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (3).

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

Hinsichtlich der vergaberechtlichen Ausnahmevorschrift ist eine enge Auslegung geboten.267 Verteidigungsinteressen beziehen sich insoweit auf ein militärisches oder polizeiliches Geheimhaltungsbedürfnis, an dem ein öffentliches Interesse besteht, wenn die Offenlegung der Informationen gegen Geheimhaltungsvorschriften verstößt oder mit einer Einzelfallbetrachtung eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im polizeirechtlichen Sinne bewirken könnte.268 Dies sind etwa militärisch-technische Beschaffungen oder wichtige Bauten für die Landesverteidigung an einem geheimen Ort.269 Bezieht man sich hier auf die Auslegung des § 35 Abs. 2 VSVgV, muss jedoch die Beispielhaftigkeit des gesetzgeberischen Verweises bedacht werden. Außerdem ist gem. § 14a Abs. 4 Satz 2 AWG eine Berührung der Verteidigungsinteressen „in besonderem Maße“ erforderlich, hingegen lässt die vergaberechtliche Vorschrift genügen, dass Verteidigungsinteressen zuwidergelaufen werden könnte. Diesen Differenzen im Wortlaut der Normen ist jedenfalls ein Bedürfnis erhöhter Anforderungen an das Vorliegen der außenwirtschaftsrechtlichen gegenüber den vergaberechtlichen Tatbestandsmerkmalen der Ausnahmevorschrift zu entnehmen, wohin sich auch das gesetzgeberische Abstellen auf einen „besonders komplexen Fall“ verstehen lässt.270 Die konkret erforderliche Höhe wird demgegenüber nicht erkennbar. Trotz der gebotenen Einzelfallbetrachtung gelten aufgrund der freiheitsbeschränkenden Wirkung der außenwirtschaftsrechtlichen Fristverlängerungsmöglichkeit gehobene Bestimmtheitsanforderungen. Mit dem zeitlichen Rahmen trägt sie zu einer längeren Geltung des Vollzugsverbots und so zu einer höheren Intensität der eigentumsrelevanten Maßnahme bei. Das betroffene Zielunternehmen kann aufgrund des fehlenden Aussagegehalts hinsichtlich einer Berührung der Verteidigungsinteressen „in besonderem Maße“ nicht absehen, wie lange die Beschränkung anhalten kann. Diese Unsicherheit ist unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht hinnehmbar, sodass ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot vorliegt. cc) Einwand tatbestandlicher Unbestimmtheit des Vollzugsverbots speziell bei Medienunternehmen Im speziellen Bereich der Medienunternehmen kommt in Rückbezug auf die in Kapitel 2 § 1 C. I. angestellten Überlegungen die Frage auf, welche Unternehmen dem Tatbestand des § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWVunterfallen. Diese Problematik wird hier relevant, weil das Vollzugsverbot allein bei der Prüfung einer Transaktion bezüglich einer Branche i. S. v. § 55a Abs. 1 AWV gilt.271 267

Mentzinis, in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 4. Aufl. 2019, § 35 VSVgV Rn. 2. Braun, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl. 2020, § 134 GWB Rn. 154; Rosenkötter, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl. 2020, § 35 VSVgV Rn. 1. 269 Leinemann, in: ders./Kirch, VSVgV, 3. Aufl. 2013, § 35 Rn. 4. 270 Dieser Ansicht ist ebenfalls Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, § 14a AWG (Stand 2022) Rn. 12. 271 S. schon Kap. 2 § 2 B. II. 3. b) aa). 268

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Zu bemängeln ist, dass es an näheren Kriterien und Schwellenwerten für die Bestimmung einer „besonderen Aktualität und Breitenwirkung“ des Medienunternehmens fehlt.272 Zwar fordert das Bundesverfassungsgericht für die Informationsaktualität ein großes Interesse zum fraglichen Zeitpunkt und eine schnelle Erreichung des Empfängers, wobei es auf die Zusammenschau mehrerer Faktoren im jeweiligen Einzelfall ankomme. Für den Begriff „Breitenwirkung“ wird eine zumindest teilweise bundesweite Reichweite des Unternehmens verlangt, welche Medien mit allein kommunalen Empfängern nicht erzielten.273 Das Erfordernis einer Einzelfallbetrachtung unter Berücksichtigung mehrerer Faktoren für die Bestimmung eines Tatbestandsmerkmals erscheint für sich genommen nicht problematisch; bedenklich ist vielmehr, dass dem Zielunternehmen von Vornhinein keine sichere Beurteilung dahingehend möglich ist, ob es die entsprechende Aktualität und Breitenwirkung aufweist. Dies folgt insbesondere aus dem Aspekt, dass die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung274 zwar einer begrifflichen Konkretisierung im Rahmen des Rundfunks dienen kann, sich diese Anforderungen aber nicht ebenso auf andere Medienformate übertragen lassen. Denn etwa bei Tageszeitungen können die Informationen nicht fast zeitgleich die Empfänger erreichen, sodass andere Maßstäbe für deren Aktualität anzuwenden sind. Ist bereits die Erfüllung jener Merkmale einer Einzelfallbetrachtung unterworfen, ist es umso fragwürdiger, in welchem Fall die Aktualität und Breitenwirkung „besonders“ i. S. v. § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV ist. Diesbezüglich entbehrt die Regelung jeglicher Anhaltspunkte. Eine Betrachtung der führenden Medienunternehmen Deutschlands und ihrer Anteile am Meinungsmarkt zeigt, dass abgesehen von den öffentlich-rechtlichen Anstalten ARD und ZDF lediglich vier weitere Medienunternehmen mehr als fünf Prozent der Anteile am Medienmarkt halten.275 Ist aber eine besondere Breitenwirkung des Unternehmens auch denkbar, wenn weniger als fünf Prozent der Meinungsmarktanteile Deutschlands betroffen sind? Und wie schnell muss die Information im konkreten Fall übermittelt werden bzw. wie groß muss ein allgemein bestehendes Interesse der Empfänger an dieser Kenntnis sein, um eine

272

So auch Sachs, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 15 AWG Rn. 17; dies., in: Dorsch, Zollrecht, § 15 AWG (Stand 2020) Rn. 13. 273 Kap. 2 § 1 C. I. 274 BVerfG, Urt. v. 11. 9. 2007 – 1 BvR 2270/05, MMR 2007, 770 (771), vgl. bereits ausf. Kap. 2 § 1 C. I. 275 Im ersten Halbjahr 2021 hielt die Bertelsmann SE & Co. KGaA 11,5 Prozent, die Axel Springer SE 6,8 Prozent, die Kohlberg Kravis Roberts & Co. Inc 6,4 Prozent und die ProSiebenSat.1 Media SE 5,7 Prozent, vgl. Berghofer, Anteile der Medienunternehmen am Meinungsmarkt, 2021, S. 35. Im Jahr 2015 waren es sogar nur drei Unternehmen, die mehr als drei Prozent der Anteile am Meinungsmarkt hielten: Damals hielt die Bertelsmann SE & Co. KGaA 12,3 Prozent, die ProSiebenSat.1 Media SE 8,3 Prozent und die Axel Springer SE 7,9 Prozent, vgl. Hasebrink, Meinungsbildung und Kontrolle der Medien, Bundeszentrale für politische Bildung v. 9. 12. 2016 https://www.bpb.de/gesellschaft/medien-und-sport/medienpoli tik/172240/meinungsbildung-und-kontrolle-der-medien (zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

besondere Aktualität der Informationen bejahen zu können? Hier erhöhte die Nennung näherer Merkmale die erforderliche Rechtssicherheit. Aus praktischer Perspektive gilt es zu bedenken, dass im Rahmen des Prüfverfahrens regelmäßig ein Austausch der beteiligten Behörden mit den Unternehmen erfolgt. In diesem Zusammenhang ließe sich auch die Ansicht des betroffenen Zielunternehmens selbst dahingehend anhören, ob es konkret und in Abgrenzung zu anderen Unternehmen aufgrund des Merkmals „besonders“ der Fallgruppe unterfällt. Abgesehen davon, dass für diese Diskussionsmöglichkeit die Bereitschaft der Beteiligten maßgeblich wäre, ist der schuldrechtliche Vertrag jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt schwebend unwirksam, die zielunternehmerische Grundrechtsposition wird also beschränkt. Überdies bleibt zu berücksichtigen, dass die Bestimmtheitsanforderungen an gesetzliche Vorschriften nicht durch eine spätere exekutive Entscheidung beseitigt werden können. Die Beteiligten können gerade nicht im Vornhinein absehen, ob sie dem Regelbeispielskatalog unterfallen. Hinsichtlich der Aktualität bedürfte es einer (beispielhaften) Differenzierung der Medien mit Blick auf die Frage, in welchem Fall eine Informationsweitergabe schnell ist. In Bezug auf die Breitenwirkung eines Unternehmens steuerte man dieser Problematik entgegen, indem ein Schwellenwert für die Anzahl der Personen vorgegeben würde, die das Medienunternehmen mit seinen Informationen durchschnittlich erreicht. Auf diese Weise ließe sich die Rechtssicherheit für das Zielunternehmen erheblich erhöhen. Alternativ spräche auch eine gewisse Auflagenstärke oder eine bestimmte Anzahl von Onlineaufrufen für die Breitenwirkung eines Mediums.276 Zwar ist zuzugeben, dass es auch dann einer Einzelfallbetrachtung bedürfte. Ferner leuchtet ein, dass nicht auf jegliche Medienformate Bezug genommen werden kann. Indes böten beispielhafte Kriterien und Schwellenwerte insbesondere eine zuverlässige Hilfestellung bei der Einschätzung, in welchem Fall eine Aktualität und Breitenwirkung „besonders“ ist.277 Sie überzeugen auch, weil die Medienunternehmen als kritische Infrastruktur bezeichnet werden,278 für welche die Schwellenwerte der BSIKritisV maßgeblich sind.279 Somit hält das Tatbestandsmerkmal „besondere Aktualität und Breitenwirkung“ den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen nicht stand.

276

Lippert, BB 2021, 194 (197). Kap. 5 § 3. 278 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 34 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). Eine entsprechende Einordnung nahm bereits das BMI im Entwurf des IT-Sicherheitsgesetzes 2.0 vor, vgl. BMI, Referentenentwurf, Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme v. 27. 3. 2019, S. 43, https://intrapol.org/wp-content/uploads/2019/04/IT-Sicherheitsgesetz-2.0-_-ITSiG-2.0.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vgl. auch Haak/Brakalova/Thiemann, CB 2019, 231 (232). 279 Dahingehend auch Lippert, BB 2021, 194 (197). 277

§ 3 Grundrechtsverletzung durch prüfverfahrensrechtliche Maßnahmen

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b) Unverhältnismäßigkeit des Vollzugsverbots Einer Rechtfertigung der von § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG ausgehenden eigentumsfreiheitlichen Beschränkung steht weiterhin seine Unvereinbarkeit mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz280 entgegen. Dieser ist zwar nicht ausdrücklich in der Verfassung normiert, er ergibt sich wie das Bestimmtheitsgebot aber als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips und der Freiheitsgrundrechten.281 Umfang und Ausmaß staatlicher Maßnahmen erfahren hiernach eine Begrenzung auf das notwendige Maß, um den Bürger der hoheitlichen Gewalt nicht willkürlich auszuliefern.282 Die staatliche Maßnahme muss einen legitimen Zweck verfolgen, auf den sich die weiteren Elemente des Verhältnismäßigkeitsgebotes beziehen.283 Hierzu muss die Maßnahme weiterhin auch geeignet, erforderlich und angemessen sein.284 Im Rahmen der vorliegenden Belastungskumulation bedarf es zunächst einer jeweiligen Verhältnismäßigkeitsprüfung der einzelnen Regelungen, an deren Anschluss sodann eine Gesamtschau der Verhältnismäßigkeit mit den übrigen Maßnahmen285 vorgenommen wird. Wenn eine Vorschrift bereits für sich genommen verfassungswidrig ist, ist sie nicht mehr in die Betrachtung einzubeziehen.286 280

Weitgehend synonym verwandt als „Übermaßverbot“, vgl. etwa Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 48; Merten, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. III, 2009, § 68 Rn. 50. Vgl. auch Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 161 in Bezug auf Investitionskontrollvorschriften in früherer Fassung, welche eine aus § 1 Abs. 1 Satz 1 AWG (s. dazu schon Kap. 1 § 1) resultierende Verpflichtung zur freiheitsfreundlichen Auslegung als Einschränkung der grundsätzlichen Verhältnismäßigkeitsmaßstäbe überzeugend ablehnen. 281 Voßkuhle, JuS 2007, 429 (429 ff.); Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 3, Art. 20 VII. (Stand 2006) Rn. 108; Rux, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 20 (Stand 2022) Rn. 189 f. Hierzu kritisch v. Arnauld, JZ 2000, 276 (277), der den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz insbesondere aus den Freiheitsgrundrechten herleiten möchte. S. auch Ruschemeier, Der additive Grundrechtseingriff, 2019, S. 182. 282 Classen, Staatsrecht II, 2018, 82 ff.; Merten, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. III, 2009, § 68 Rn. 50; Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 3, Art. 20 VII. (Stand 2006) Rn. 107. 283 Michael, JuS 2001, 654 (654 f.); Dreier, in: ders., GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, vor Art. 1 Rn. 146 m. w. N. 284 BVerfGE 70, 278 (286); 80, 137 (159 ff.); 92, 262 (273); Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 48; Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 3, Art. 20 VII. (Stand 2006) Rn. 110 ff.; Rux, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 20 (Stand 2022) Rn. 192 ff. 285 Brade, Additive Grundrechtseingriffe, 2020, S. 257 ff.; Kromrey, Belastungskumulation: Ein Beitrag zur Erweiterung des grundrechtlichen Eingriffsbegriffs, 2018, S. 147 ff.; Ruschemeier, Der additive Grundrechtseingriff, 2019, S. 217 ff.; Kaltenstein, SGb 2016, 365 (370); Krether-Kirchhof, NVwZ 2019, 1791 (1793); Lücke, DVBl 2001, 1469 (1476 f.). Darüber hinaus verlangt Merten, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. III, 2009, § 68 Rn. 52 zuletzt noch das Kriterium der Zumutbarkeit, welches nach überzeugender Ansicht jedoch bereits in der Angemessenheit geprüft wird (Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 3, Art. 20 VII. [Stand 2006] Rn. 117 m. w. N.). 286 Kromrey, Belastungskumulation: Ein Beitrag zur Erweiterung des grundrechtlichen Eingriffsbegriffs, 2018, S. 147; Dürrschmidt, „Additiver“ bzw. „kumulativer“ Grundrechts-

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

aa) Legitime Ziele des Prüfverfahrens einschließlich des Vollzugsverbots Zuerst steht die rechtliche Zulässigkeit287 der mit dem Investitionsprüfverfahren einschließlich des hier geltenden Vollzugsverbots verfolgten Ziele infrage. § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG soll seinerseits die mit der sektorübergreifenden Prüfung anvisierten Bestrebungen sichern. Jene könnten bei einem vorherigen dinglichen Vollzug etwa dergestalt konterkariert werden, dass das Erwerbsunternehmen einen Zugriff auf sicherheitsrelevante Informationen des Zielunternehmens erhielte, womit ein technischer Wissenstransfer in den Drittstaat ermöglicht würde.288 Entsprechende negative Auswirkungen zeichneten sich in der Praxis bereits ab.289 In Ermangelung einer schwebenden Unwirksamkeit bestünde also die Gefahr, dass eine verfahrensabschließende Untersagung oder Anordnung gem. § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV ihren Zweck nicht (umfassend) erreicht. Rechtlich erlaubt ist die Sicherung der mit dem Prüfverfahren verfolgten Ziele durch das Vollzugsverbot, wenn diese Ziele ihrerseits in Einklang mit der Rechtsordnung stehen. Die Intentionen der sektorübergreifenden Prüfung reichen im Wesentlichen von einer Sicherung der Versorgung in zahlreichen Bereichen über die Gewährleistung der inneren und äußeren Sicherheit bis hin zur Bewahrung deutscher Schlüsseltechnologien sowie der Verhinderung des Abflusses technischen Know-hows. Diese im Rahmen sicherheitsrelevanter Unternehmen gem. § 55a Abs. 1 AWV angestrebten Ziele sind nachfolgend Gegenstand einer überblicksartigen Darstellung. Im Anschluss widmet sich diese Studie des im speziellen Bereich der Medienunternehmen gem. § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV forcierten Schutzes der Pressefreiheit, der freien Berichterstattung und der Medienpluralität.

eingriff bei einer Kumulation von Belastungen, in: Ismer/Reimer/Rust/Waldhoff (Hrsg.), FS Lehner, 2019, S. 393 (396). 287 Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 50 f.; Merten, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. III, 2009, § 68 Rn. 53 ff.; Voßkuhle, JuS 2007, 429 (430); Huster/Rux, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 20 (Stand 2022) Rn. 193. 288 RegBegr. (BT-Drucks. 19/18700 v. 21. 4. 2020, S. 12, 19). Eine erwerbsunternehmerische Zugriffsmöglichkeit könnte als Bedingung im Erwerbsvertrag vereinbart werden, was unter Umständen auch rechtlich zulässig wäre, s. für die Aktiengesellschaft Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa) (1). 289 Bei dem Erwerb der in der IT-Telekommunikationsbranche tätigen Coriant GmbH & Co. KG griff der amerikanische Investor Infinera Corporation vor Abschluss der Investitionskontrolle im Jahr 2018 1600 zum Teil sensible Patente ab und lagerte die Produktionsstandorte von Berlin nach Thailand aus. S. hierzu v. Rummel, ZfZ 2020, 262 (266); Kaiser, Wie der Industriestratege Joe Kaeser sich selbst hereinlegt, Manager Magazin v. 20. 2. 2019, https://www.manager-magazin.de/unternehmen/industrie/infinera-uebernahme-von-5g-firmacoriant-schadet-siemens-a-1254003.html (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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(1) Legitime Ziele im allgemeinen Bereich der sektorübergreifenden Prüfung des Erwerbs eines sicherheitsrelevanten zivilen Unternehmens Dem ersten Komplex der Versorgungssicherheit der Bundesrepublik lassen sich zunächst kritische Infrastrukturen290 (§ 55a Abs. 1 Nr. 1 AWV) und branchenspezifische Software für ihren Betrieb (§ 55a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AWV) zuordnen.291 Betreiber kritischer Infrastrukturen gewährleisten im Krisenfall die Versorgung der Bevölkerung unter anderem in den Bereichen der Telekommunikation oder Elektrizität. Auch sichern sie die Gewährung von Dienstleistungen mit strategischer Bedeutung, etwa solche im Gesundheitswesen. Beeinträchtigungen oder gar ein Ausfall ihres Betriebs brächte weitreichende soziale und ökonomische Folgen mit sich.292 Mit der Versorgungssicherung erfüllt der Staat also auch seine Schutzpflicht293 für Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG)294. Ein Defizit in einem kritischen Strukturbereich wirkt sich regelmäßig auf weitere Bereiche aus, indem etwa Elektrizitätsausfälle zu Beeinträchtigungen des Transports und damit zu Engpässen der Nahrungsmittelversorgung führen können. Damit ist wiederum ein höheres Schutzbedürfnis einzelner Sektoren verbunden.295 Indem die Gesellschaft zwar einerseits ein sehr hohes technologisches Niveau erreicht hat, werden Störungen besser erkannt und verhindert, andererseits nutzen die Infrastrukturen jedoch regelmäßig auch dieses hohe Niveau und werden damit störanfälliger.296 Daher rief das BMI schon im Jahr 2009, also lange vor Einbeziehung kritischer Infrastrukturen im sektorübergreifenden Regelbeispielskatalog,297 zu deren größerem Schutz auf.298 Seitdem haben sich die technologischen Möglich290

Zum Begriff s. § 2 Abs. 10 BSIG und schon Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) bb). Vgl. im Allgemeinen auch Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 67. 292 Neunte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 13 (BT-Drucks. 18/13417 v. 12. 7. 2017); Bleckmann, DuD 2021, 577 (577); Mangels, DuD 2021, 579 (579); Mester, DuD 2021, 627 (627). S. weiterführend zum Schutz dieser Infrastrukturen in der Ausnahmesituation einer Pandemie Mangels, DuD 2021, 579 (579 ff.). 293 Vgl. zu den unterschiedlichen Dimensionen der Grundrechte Kap. 3 § 2 C. II. 294 Sachs, Verfassungsrecht II, 3. Aufl. 2017, S. 257 ff.; Di Fabio, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 1, Art. 2 Abs. 1 (Stand 2001) Rn. 17 ff., 55 ff.; Lang, in: Epping/Hillgruber, BeckOKGG, Art. 2 (Stand 2022) Rn. 161 ff. 295 BMI, Nationale Strategie zum Schutz Kritischer Infrastrukturen (KRITIS), 2009, S. 5, https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/bevoelkerungs schutz/kritis.pdf;jsessionid=E546F1693C262BE8A01DCF6F0E4BE6CF.1_cid340?__blob= publicationFile&v=4 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 296 BMI, Nationale Strategie zum Schutz Kritischer Infrastrukturen (KRITIS), 2009, S. 8, https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/bevoelkerungs schutz/kritis.pdf;jsessionid=E546F1693C262BE8A01DCF6F0E4BE6CF.1_cid340?__blob= publicationFile&v=4 (zul. aufg. am 28. 2. 2023); dahingehend auch Bleckmann, DuD 2021, 577 (577). 297 Vgl. zur Entstehungsgeschichte schon Kap. 2 § 1 A. 298 BMI, Nationale Strategie zum Schutz Kritischer Infrastrukturen (KRITIS), 2009, S. 9 ff., https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/bevoelke 291

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

keiten erheblich weiterentwickelt. Hinzu kommt, dass sich die in Nr. 2 aufgeführte Branche in Deutschland auf wenige Anbieter beschränkt.299 Entsprechende Gefahren gehen unter anderem von terroristischen Organisationen oder Geheimdiensten aus,300 sodass unionsfremde, insbesondere staatlich motivierte301 Einflussmöglichkeiten auf kritische Infrastrukturen zu einer Beeinträchtigung der Versorgung führen können. Die gem. § 55a Abs. 1 Nr. 3 AWV zur Telekommunikationsüberwachung verpflichteten oder entsprechende technische Einrichtungen herstellenden Unternehmen tangieren mit dem von Art. 10 Abs. 1 GG geschützten Telekommunikationsgeheimnis302 einen hoch sensiblen Grundrechtsbereich.303 Zwar folgt etwa aus der zehnprozentigen Beteiligung an den Stimmrechten eines Unternehmens nicht ohne Weiteres die Kenntnis sensibler, über die einer Due Diligence-Prüfung hinausgehender Informationen, mit denen das Unternehmen betraut ist. In einer Aktiengesellschaft besteht grundsätzlich kein Informationserteilungsanspruch eines Aktionärs hinsichtlich Unternehmensinterna; auch der Aufsichtsrat darf Dritten keine Unternehmensgeheimnisse zugänglich machen. Über eine Offenlegung dieser entscheidet der (Gesamt-)Vorstand, wobei diese Tätigkeit nach einer Abwägung der Umstände im Einzelfall zulässig ist.304 Ist die Offenbarung vertraulicher Informationen im Interesse des Unternehmens, dann tritt die grundsätzlich aus § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG resultierende Schweigepflicht der Vorstandsmitglieder zurück.305 Etwa wenn das Unternehmen auf Kapital angewiesen ist, wäre eine an den Erwerb geknüpfte Offenbarungspflicht spezifischer Informationen im gesellschaftlichen Interesse und mithin schon bei einer zehnprozentigen Beteiligung zulässig. Die Unternehmen i. S. v. Nr. 3 leisten einen wichtigen Beitrag zur Verhinderung schwerer Straftaten und der Strafverfolgung, um Gefahren für die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik abzuwehren.306 Während die innere Sicherheit unter rungsschutz/kritis.pdf;jsessionid=E546F1693C262BE8A01DCF6F0E4BE6CF.1_cid340?__ blob=publicationFile&v=4 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 299 Neunte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 13 (BT-Drucks. 18/13417 v. 12. 7. 2017); Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55a AWV (Stand 2022) Rn. 30. 300 S. nur Bleckmann, DuD 2021, 577 (577). 301 Diesen Investoren spricht die Außenwirtschaftsverordnung ein besondere Beeinträchtigungspotenzial zu, vgl. schon Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) cc). Vgl. zum Motiv von Investitionsbeschränkungen, jenen Investoren Einhalt zu gebieten, auch Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 67 ff. 302 S. hierzu auch Gurlit, NJW 2010, 1035 (1036 f.). 303 Neunte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 13 f. (BTDrucks. 18/13417 v. 12. 7. 2017); s. zu den konkreten (engen) verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Telekommunikationsüberwachung Sieber/Brodowski, in: Hoeren/Sieber/ Holznagel (Hrsg.), Hdb. Multimedia-Recht, Teil 19.3 (Stand 2018) Rn. 116 ff. m. w. N. aus der Rspr. 304 Linker/Zinger, NZG 2002, 497 (497 ff., 501 f.). 305 Spindler, in: Goette/Habersack, MüKo AktG, Bd. 2, 5. Aufl. 2019, § 93 Rn. 150. 306 Neunte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 14 (BT-Drucks. 18/13417 v. 12. 7. 2017). Vgl. zu den näheren Anforderungen einer entsprechenden Überwa-

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anderem die Kriminalitätsbekämpfung betrifft, hat die äußere Sicherheit insbesondere die Verteidigung zum Gegenstand.307 Speziell politisch motivierte Investoren könnten mit einem Zugriff auf die Telekommunikationsüberwachung nicht nur die behördliche Arbeit behindern, sondern darüber hinaus auch sensible Informationen etwa zur staatlichen Verteidigung erlangen und missbrauchen. Für den Sicherheitsschutz der Bundesrepublik sind auch im Bereich von CloudComputing308-Diensten tätige Unternehmen beachtlich, deren genutzte Infrastrukturen die Schwellenwerte der BSIKritisV erreichen oder überschreiten (§ 55a Abs. 1 Nr. 4 AWV). Entsprechende Clouds können sehr unterschiedliche Informationen, insbesondere jedoch Sach- und Personendaten wie Bewegungsprofile, Kontodaten oder verteidigungs- und sicherheitskritische Geodaten, enthalten. Wegen bestimmter cloudspezifischer Risiken ist die Gefahr eines Zugriffs mit diversen unbegrenzten Daten besonders groß.309 Infolge des unionsfremden Erwerbs entstünde die Befürchtung, dass mit einem Zugang zu diesen Daten zielgerichtet ein Angriff auf einzelne Personen oder auf die Bundesrepublik ermöglicht wird.310 Für Einzelne erscheint insoweit auch eine Betroffenheit des Grundrechts auf Privatsphäre311, des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung312 sowie bei der Betroffenheit ganzer Datenbestände auch der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme gem. Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG313 möglich.

chung insbesondere § 100a StPO (Strafprozessordnung i. d. F. der Bekanntmachung v. 7. 4. 1987 [BGBl I 1987, S. 1074, 1319]). 307 Vgl. zur inneren Sicherheit Goetz, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, 3. Aufl. 2006, § 85, zum Begriff insbesondere Rn. 3 ff. sowie zu einer Abgrenzung von innerer und äußerer Sicherheit Rn. 17. S. auch Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestags, Zum „Grundrecht auf Sicherheit“, Ausarbeitung v. 4. 6. 2008, WD 3 – 3000 – 18/08, S. 5 f. m. w. N., https://www.bundestag.de/resource/blob/423604/6bc141a9713732fc4bb4334b6d02693b/ wd-3-180-08-pdf-data.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 308 Vgl. zum Begriff und der Funktion dieses Systems schon Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) bb). 309 Jene können unter anderem in der Unterbrechung von Netzen, welche beim CloudComputing eine erhöhte Komplexität aufweisen, begründet sein, Arbeitskreise Technik und Medien und weitere, Orientierungshilfe – Cloud Computing, Version 2.0, Stand 9. 10. 2014, S. 27 ff., S. 29, https://www.datenschutzkonferenz-online.de/media/oh/20141009_oh_cloud_ computing.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 310 Neunte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 14 (BT-Drucks. 18/13417 v. 12. 7. 2017). 311 BVerfGE 32, 373 (379); Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 643 f.; Di Fabio, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 1, Art. 2 Abs. 1 (Stand 2001) Rn. 149; Lang, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 2 (Stand 2021) Rn. 91 ff. 312 BVerfGE 65, 1 (44 ff.); Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 641 f.; Conrad, in: Auer-Reinsdorff/Conrad (Hrsg.), Hdb. IT- und Datenschutzrecht, 3. Aufl. 2019, § 34 Rn. 28; Lang, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 2 (Stand 2022) Rn. 114 ff. 313 BVerfGE 120, 374 (303 ff.); Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 637 ff.; Conrad, in: Auer-Reinsdorff/Conrad (Hrsg.), Hdb. IT- und Datenschutzrecht, 3. Aufl. 2019, § 34 Rn. 29 ff.; Lang, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 2 (Stand 2022) Rn. 123 ff.

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Diese Grundrechte werden auch im Bereich der Telematikinfrastruktur314 (§ 55a Abs. 1 Nr. 5 AWV) tangiert.315 Darüber hinaus wird mit einer Funktionsfähigkeit der Gesundheitsversorgung insbesondere der Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) anvisiert. Ein drittstaatlicher Erwerber könnte Zugriff auf sensible Daten bezüglich der Gesundheit von Patienten sowie die Möglichkeit erhalten, den störungsfreien Informationsaustausch in der Gesundheitsversorgung zu beeinträchtigen.316 Demnach ist wiederum auch die Versorgungssicherheit ein Ziel der Investitionsprüfung in diesem Bereich. Der staatlichen Sicherheit dient ferner die Prüfung eines Erwerbs eines Unternehmens der in § 55a Abs. 1 Nr. 7 AWV aufgelisteten Branche. Jene gewährleistet die Störungsfreiheit und Funktionsfähigkeit staatlicher Kommunikationsinfrastrukturen der BDBOS, welche ein einheitliches, leistungsstarkes Funknetz für alle Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben in Deutschland schafft.317 Eine drittstaatliche Einwirkungsmöglichkeit auf das Netz könnte z. B. die Kommunikation zwischen Polizei und Feuerwehr im Notfall behindern,318 sodass auch hier zumindest mittelbar Leben und körperliche Unversehrtheit Einzelner (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) gewährleistet werden. Zudem gehen der Beauftragung dieser Unternehmen lange Vorbereitungen mit Sicherheitsprüfungen voraus,319 die bei drittstaatlicher Beteiligung anders hätten entschieden werden können. Der Versorgungssicherheit sind wiederum die Bereiche der § 55a Abs. 1 Nr. 8 bis Nr. 11 AWV zuzuordnen. Eine Prüfung dient der dauerhaften Aufrechterhaltung eines funktionierenden Gesundheitssystems und damit ebenfalls die Sicherung von Leben und körperlicher Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG).320 Dieses Schutzbedürfnis ist speziell zu Beginn der COVID-19-Pandemie erkannt worden, womit eine Aufnahme der Branchen in den Katalog einherging;321 deren Schutzbedürftigkeit lässt sich gleichwohl auf andere Pandemien übertragen. Ohne be314

Vgl. zum Begriff schon Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) bb). Eichenhofer, NVwZ 2021, 1090 (1093 f.), insbesondere auch zu sozial- und datenschutzrechtlichen Erwägungen (1091 ff.). 316 Neunte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 14 f. (BTDrucks. 18/13417 v. 12. 7. 2017). 317 BDBOS, Der Digitalfunk BOS, https://www.bdbos.bund.de/DE/Digitalfunk_BOS/digital funk_bos_node.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 318 BDBOS, Ein Jahr BDBOS, Rückblick und Ausblick, 2008, S. 2, http://www.bdbos. bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/ein_jahr_bdbos.pdf?__blob=publicationFi le&v=1 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 319 Fünfzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 12 f. (BTDrucks. 19/19781 v. 5. 6. 2020). 320 Dahingehend auch Spür, COVuR 2020, 516 (521), die als vordergründiges Ziel zwar nicht die Versorgungssicherheit, sondern die Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems für einschlägig hält. Da ein funktionsfähiges Gesundheitssystem aber gerade der Versorgungssicherheit im Gesundheitswesen dient, wird jene ebenso anvisiert. 321 Fünfzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 1, 10 (BTDrucks. 19/19781 v. 5. 6. 2020). 315

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stimmte Schutzausrüstungen wie FFP2-Masken (§ 55a Abs. 1 Nr. 8 AWV)322 könnten sich die Bürger weniger wirksam vor einem Virus schützen. Ein verminderter Schutz führte zu höheren Infektionszahlen, die eine Überlastung der medizinischen Versorgung, dies vornehmlich in Krankenhäusern, mit sich brächte. Auch im Bereich der für die Gewährleistung der Bevölkerungsgesundheit wesentlichen Arzneimittel (§ 55a Abs. 1 Nr. 9 AWV) wird jener Überlastung begegnet, wobei insbesondere ein COVID-Impfstoff323 eine Ansteckung der Bürger sowie eine Weiterübertragung des Virus verhindert.324 Überdies ermöglichen Unternehmen im Bereich der in § 55a Abs. 1 Nr. 10 AWV genannten Medizinprodukte, von Beatmungsgeräten oder Gesichtsmasken,325 eine gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung, um mitunter schwere Krankheitsverläufe abzumildern.326 Ein Unternehmen i. S. v. § 55a Abs. 1 Nr. 11 AWV, welches z. B. diagnostische Tests zum Nachweis eines Infektionserregers entwickelt,327 fördert die Erkennung einer Infektion und kann somit zur Verhinderung der Weiterübertragung beitragen, indem sich die infizierte Person in Quarantäne begibt.328 Infolge des unionsfremden Erwerbs könnte die Bundesrepublik auf den drittstaatlichen Investor angewiesen sein, was unter Umständen zu einem medizinischen Versorgungsengpass führen könnte. Mit § 55a Abs. 1 Nr. 12 AWV ist im Jahr 2020 die Regelung des § 10 Abs. 1 SatDSiG a. F. in die Außenwirtschaftsverordnung inkorporiert worden, um ein einheitliches Schutzniveau mit anderen Branchen herzustellen.329 Hiermit sollte verhindert werden, dass Daten des Erderkundungssystems330 in die Hände eines unbefugten Dritten gelangen. Der unionsfremde Erwerber könnte mit einem Zugriff auf diese Daten neben Informationen über die Entwicklung der Erde zur Verfolgung von 322 Z. B. unterfallen Hersteller solcher Masken dem Begriff „Schutzausrüstung“, vgl. Fünfzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 13 (BT-Drucks. 19/19781 v. 5. 6. 2020). 323 So wohl auch Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 44. 324 S. hierzu etwa Robert Koch Institut, COVID-19 und Impfen: Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ), Gesamtstand 23. 2. 2023, https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/ COVID-Impfen/gesamt.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 325 Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 45. 326 Healthcare-in-europe, Beatmungsgeräte: Produktionshilfe gegen COVID-19-Engpässe, Bericht v. 23. 10. 2020, https://healthcare-in-europe.com/de/news/beatmungsgeraete-produkti onshilfe-gegen-covid-engpaesse.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 327 Pottmeyer, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, §§ 55 – 59 AWV (Stand 2022) Rn. 46. 328 Vgl. zum PCR-Test etwa Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, PCR-Test: Goldstandard unter den Corona-Tests, https://www.infektionsschutz.de/coronavirus/tests-aufsars-cov-2/pcr-test/#c14909 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 329 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 28 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). 330 Vgl. zum Begriff schon Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) bb).

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Naturkatastrophen, zum Klimaschutz und zu gesundheitsrelevanten Umweltbedingungen331 auch militärische Informationen erhalten. Eine beeinträchtigte Entscheidungsbefugnis der Bundesrepublik hinsichtlich des Zugriffs auf diese Daten verschlechterte ferner ihre politische und militärische Handlungs- und Bündnisfähigkeit mit anderen Staaten.332 Wenn die Daten zu politischen Zwecken missbraucht werden würden,333 dann gefährdete dies die äußere Sicherheit. Die Erwerbsprüfung im Bereich in der § 55a Abs. 1 Nr. 13 bis Nr. 22 AWV genannten Unternehmen forciert insbesondere den Schutz deutscher Schlüsseltechnologien und die Verhinderung eines Abflusses technischen Know-hows,334 um die Zukunftsfähigkeit der Bundesrepublik zu sichern.335 Technologien kommt eine entsprechende Schlüsselstellung zu, wenn sie in einem bestimmten Bereich eine führende Position von entscheidendem Einfluss innehaben.336 Solche Unternehmen sind auf einem hohen technologischen Niveau tätig, ermöglichen aufgrund großer Beschäftigungszuwächse eine Stabilisierung des Arbeitsmarkts und übertragen als Impulsgeber wirtschaftliches Wachstum auf bestimmte Segmente der Volkswirtschaft.337 Das BMWK ordnet dem Begriff „Schlüsseltechnologie“ beispielsweise die Künstliche Intelligenz338 zu. Unternehmen, die die Künstliche Intelligenz nutzen, sind in § 55a Abs. 1 Nr. 13 AWV benannt. Ein drittstaatlicher Erwerb dieser Technologien könnte zu einer Schließung deutscher Produktionsstandorte und Betriebsstätten wegen ihrer Verlagerung in Drittstaaten führen. Auch folgt ein besonderes Schutzbedürfnis aus dem Aspekt, dass andere Staaten wie China einen Ausbau ihrer Schlüsseltechnologien mit dem Ziel einer weltweiten Führungsposition be331

Taubenböck et al., Bundesgesundheitsbl 8/2020, 936 (936 ff.). RegBegr. (BT-Drucks. 16/4763 v. 21. 3. 2007, S. 25); Gerhard/Kroymann/SchmidtTedd, ZLW 2008, 40 (42). 333 Victor, Satellitenbilder im Dienste der Geopolitik, Bundeszentrale für politische Bildung, 2013, https://www.bpb.de/mediathek/178990/satellitenbilder-im-dienste-der-geopolitik (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 334 Vgl. zu diesem Ziel im Allgemeinen auch schon Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 69. 335 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 28 ff. (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). 336 Schlechtriemen, in: Roempp (Begr.), Lexikon Chemie (Stand 2009). S. auch Duden, Schlüsseltechnologie, https://www.duden.de/rechtschreibung/Schluesseltechnologie (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 337 Bathelt, Schlüsseltechnologie-Industrien, 1991, S. 11 ff. Vgl. ferner Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Eine europäische Strategie für Schlüsseltechnologien – eine Brücke zu Wachstum und Beschäftigung v. 26. 6. 2012, COM (2012) 341, S. 3 f., https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri= COM:2012:0341:FIN:EN:PDF (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 338 BMWK, Schlüsseltechnologien, Künstliche Intelligenz, https://www.bmwi.de/Redakti on/DE/Artikel/Technologie/kuenstliche-intelligenz.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Dahingehend ebenfalls Unger, Demokratische Herrschaft und künstliche Intelligenz, in: Unger/Ungern-Sternberg (Hrsg.), Demokratie und künstliche Intelligenz, 2019, S. 113 (113). 332

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absichtigen. Das Strategiepapier Made in China 2025 nennt deutsche Unternehmen als Zielobjekte,339 weshalb ihr „Ausverkauf“ befürchtet340 und an gleiche Bedingungen gegenüber China appelliert wird.341 Schlüsseltechnologien gewährleisten die technologische Souveränität Deutschlands. Sie halten die für die Wohlfahrt, Wettbewerbs- und die staatliche Handlungsfähigkeit als kritisch definierten Technologien selbst vor, entwickeln diese weiter oder können ohne eine eigenständige strukturelle Abhängigkeit von anderen Wirtschaftsräumen bezogen werden.342 Damit korrespondierend wird auch die Versorgungssicherheit der Bevölkerung sichergestellt.343 Weiterhin soll das technische Know-how geschützt werden,344 um die Vorreiterstellung Deutschlands in der Weltwirtschaft hinsichtlich Forschung und Entwicklung zu wahren.345 Im Dezember 2020 bewies die Untersagung einer Transaktion im Rahmen der sektorspezifischen Prüfung346, dass die Bedeutung eines Zielunternehmens für die technologische Souveränität besonders bei vorherigem Erhalt erheblicher öffentlicher Fördermittel anzunehmen ist.347 Es spricht einiges dafür, dass dieser Gedanke auf die Erwägungen für eine Untersagung im sektorübergreifenden Bereich übertragbar ist. Auch Smart-Meter-Gateways348 (§ 55a Abs. 1 Nr. 23 AWV) werden jedenfalls vom BSI als Schlüsseltechnologien angesehen.349 Sie sichern die Versorgung im 339

Lippert, BB 2021, 194 (194). Vgl. ferner Benrath/Barsch/Giesel/Helfert, Made in China 2025, FAZ v. 12. 12. 2018, https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/infografik-made-in-china-202 5-15936600.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 340 Stein/Schwander, StB 2020, 255 (260). 341 Expertenkommission Forschung und Innovation, Gutachten zu Forschung, Entwicklung und technologischer Innovation Deutschlands 2020, S. 71, https://www.e-fi.de/fileadmin/As sets/Gutachten/EFI_Gutachten_2020.pdf; Jungbluth, Kauft China deutsche Schlüsseltechnologien auf?, 2018, S. 5 ff., 23, https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publika tionen/GrauePublikationen/MT_Made_in_China_2025.pdf (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 342 Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung, Technologiesouveränität, Von der Forderung zum Konzept, Bericht v. 7/2020, S. 3, 11 ff., https://www.isi.fraunhofer.de/ content/dam/isi/dokumente/publikationen/technologiesouveraenitaet.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 343 Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 67. 344 So auch Nussbaum, ZEuS 2021, 155 (156). 345 BMWK, Nationale Industriestrategie 2030, Strategische Leitlinien für eine deutsche und europäische Industriepolitik, S. 2, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Indu strie/nationale-industriestrategie-2030.pdf%3F__blob%3DpublicationFile%26v%3D10 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 346 S. zum Begriff in Abgrenzung zur sektorübergreifenden Prüfung Kap. 2 § 1 B. II. 1. 347 Börsenzeitung, Jetzt wird’s ernst in der M&A-Kontrolle, Bericht v. 11. 12. 2020, https:// www.hoganlovells.com/~/media/germany_folder-for-german-team/artikel/2020_boz_fschoe ning_jetzt-wirds-ernst-in-der-maa-kontrolle.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 348 S. zum Begriff schon Kap. 2 § 2 B. II. 2. c) bb). 349 BSI, Das Smart-Meter-Gateway, 2020, S. 6, https://www.bsi.bund.de/SharedDocs/Down loads/DE/BSI/Publikationen/Broschueren/Smart-Meter-Gateway.pdf?__blob=publicationFi le&v=2 (zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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Energiebereich und dienen zur Gewährleistung der hohen gesetzlichen Anforderungen an Datenschutz und -sicherheit intelligenter Messsysteme. Diese Messsysteme stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang zu der zunehmend digitalisierten und automatisierten Energieversorgung.350 Die Versorgung mit Rohstoffen und Erzen351 soll auch die Prüfung des Erwerbs eines in Nr. 25 genannten Unternehmens sicherstellen. Diese Güter werden als beachtlich für die Zukunftsfähigkeit der europäischen Industrie angesehen, wobei etwa Wolfram eine große Bedeutung für die Telekommunikation zukommt.352 Demgegenüber soll im Bereich von § 55a Abs. 1 Nr. 27 AWV die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln garantiert werden. Mit drittstaatlichen Erwerben verbundene Einwirkungsmöglichkeiten könnten die jeweilige Versorgung beeinträchtigen und somit das Leben und die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) negativ beeinflusste.353 Vor dem Hintergrund des russischen Kriegs in der Ukraine hat die Sicherheitsrelevanz dieser deutschen Zielunternehmensbranche an Bedeutung gewonnen. Etwa die Lieferengpässe von Getreide aus der Ukraine354 führen das zwingende Bedürfnis der größtmöglichen Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln aus dem eigenen Land vor Augen. Im Rahmen der in Nr. 24 aufgeführten Branchen, in denen Unternehmen Personen in lebenswichtigen Einrichtungen an sicherheitsempfindlichen Stellen beschäftigen,355 soll die Informations- und Kommunikationstechnik des Bundes und damit die Funktionsfähigkeit staatlicher Einrichtungen als Interesse der inneren Sicherheit vor missbräuchlichen Störungen eines Unionsfremden geschützt werden.356 Sicher350 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 31 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021); BSI, Das Smart-Meter-Gateway, 2020, S. 6 ff., https://www. bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Publikationen/Broschueren/Smart-Meter-Gate way.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 351 Erfasst werden dem Wortlaut nach lediglich solche, die die Europäische Kommission als kritisch einstuft, vgl. bereits Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) bb). 352 Europäische Kommission, Mitteilung der Europäischen Kommission an das Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Widerstandsfähigkeit der EU bei kritischen Rohstoffen: Einen Pfad hin zu größerer Sicherheit und Nachhaltigkeit abstecken v. 3. 9. 2020, COM (2020) 474 final, S. 1, https://eurlex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52020DC0474&from=EN (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 353 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 32 f. (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). 354 Vgl. z. B. Bastian/Brüggmann/Herwartz/Terpitz, Wie der Weizen aus dem Land kommen soll, Handelsblatt v. 12. 5. 2022, https://www.handelsblatt.com/politik/international/nah rungsmittelkrise-40-millionen-tonnen-getreide-lagern-in-der-ukraine-wie-der-weizen-aus-demland-kommen-soll/28333358.html; Tagesschau, Millionen Tonnen Getreide stecken fest, v. 6. 5. 2022, https://www.tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/ukraine-getreide-101.html (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 355 S. zu den Begriffen schon Kap. 2 § 2 B. II. 2. c) bb). 356 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 31 f. (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021).

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heitsinteressen der Bundesrepublik werden ebenfalls im Bereich der Geheimpatente oder geheimgestellten Gebrauchsmuster (Nr. 26) befriedigt, damit insbesondere Staatsgeheimnisse357 vor negativen Einflussnahmen bewahrt bleiben. Jene könnten z. B. im Bereich von Banknoten und Wertpapieren die Produktion von Falschgeld erleichtern, womit ein schwindendes Vertrauen der Gesellschaft in das Bargeld einherginge, was sich wiederum negativ auf die Volkswirtschaft und damit auf die Funktionsfähigkeit des Staates auswirkte.358 Zusammenfassend werden mit der sektorübergreifenden Prüfung, einschließlich des Vollzugsverbots, des Erwerbs eines Unternehmens gem. § 55a Abs. 1 AWV – ausgenommen der Medienunternehmen – rechtlich erlaubte Ziele verfolgt. Diese sind allesamt als gesellschaftliche dem außenwirtschaftsrechtlichen Begriff „öffentliche Ordnung oder Sicherheit“359 zuzuordnen. (2) Speziell bei Medienunternehmen: Schutz der Pressefreiheit, der freien Berichterstattung und der Medienpluralität Demgegenüber bezweckt das Investitionsprüfverfahren im speziellen Bereich des § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV ausschließlich360 den Schutz der Pressefreiheit, der freien Rundfunkberichterstattung und der Medienpluralität.361 Die von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG gesicherten Freiheiten bilden eine wichtige Grundlage der öffentlichen Meinungsbildung362 und kommen so indirekt auch der Meinungsfreiheit 357

Vgl. zum Begriff Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) bb). Aus diesem Grund stehen auch etwa gem. §§ 146 f. StGB bestimmte Geldfälschungsdelikte unter Strafe, vgl. hierzu Erb, in: Joecks/Miebach, MüKo StGB, Bd. 3, 4. Aufl. 2021, Vorb. zu § 146 Rn. 2; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 146 Rn. 1 m. w. N.; Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, § 146 Rn. 1. 359 Jene Tatbestandsmerkmale sind i. S. d. Unionsrechts auszulegen, s. Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) aa). Vgl. ausf. zur Zuordnung dieser Ziele zum unionsrechtlichen Begriff „Grundinteresse der Gesellschaft“ Kap. 4 § 2 C. II. 1. 360 Kap. 3 § 2 C. II. 361 Vgl. zu Anlass und Gründen für die Einbeziehung von Medienunternehmen in den Katalog des § 55a Abs. 1 AWV Kap. 2 § 1 C. II. 362 So beispielsweise ausdrücklich für die Rundfunkfreiheit BVerfGE 114, 371 (386 f.). Vgl. zur Veränderung der öffentlichen Meinungsbildung durch künstliche Intelligenz, konkret etwa durch Suchmaschinen wie Google oder die sozialen Netzwerke, jedoch Vesting, Die Veränderung der Öffentlichkeit durch künstliche Intelligenz, in: Unger/Ungern-Sternberg (Hrsg.), Demokratie und künstliche Intelligenz, 2019, S. 33 (40 ff., insbesondere 47 zur politischen Meinungsbildung); ders., JZ 2020, 975 (975 ff., insbesondere 979 f.). Jener bemerkt in den aktuellen Entwicklungen eine Abkehr vom öffentlichen hin zum früheren individualistischen Modell, in welchem die Beteiligten mittels neuer technologischer Möglichkeiten wieder vermehrt selbst zur Antriebskraft werden. Wenngleich dieses Verständnis eine andere Ausgangslage schaffte, könnte es die Bedeutung einer Vielfaltssicherung der Medien insbesondere wegen der von den neuen Kommunikationstechnologien ausgehenden Gefahren der Vielfaltsverengung im Ergebnis nicht vermindern (dahingehend auch BVerfGE 149, 222 [261 f.] m. w. N. aus der Lit., kritisch demgegenüber Vesting, JZ 2020, 975 [980], welcher letztlich aber trotzdem Bedürfnis einer gesicherten Medienpluralität, dies konkret auch bezogen auf 358

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des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG zugute.363 Eine Vielfalt dieser Medien ermöglicht den Einfluss unterschiedlicher Perspektiven unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen als Ausdruck der sozialen und kulturellen Diversität der modernen Gesellschaft364 in den öffentlichen Meinungsbildungsprozess.365 Mit dem Wortlaut des Bundesverfassungsgerichts366 eröffnen die Gewährleistungen des Art. 5 Abs. 1 GG mit ihrem „konstituierenden“ Charakter für die freiheitlich-demokratische Grundordnung „erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, der ihr Lebenselement ist“.367 Somit sind die Gewährleistungen insbesondere in Zeiten des Wahlkampfs368 wesentlich für die Volkssouveränität als Kernelement der Demokratie.369 Gerade im politischen Bereich können die für den Kommunikationsprozess erforderlichen Informationen größtenteils durch die Presseund Rundfunkmedien beschafft werden.370 Dies mag sich durch die neuen technologischen Möglichkeiten in der Quantität an Informationen, welche etwa Suchmaschinen oder soziale Netzwerke bereithalten, verändert haben. Jedoch ist zumindest die Qualität der Informationen gerade in Presse und Rundfunk bedeutsam, schenkt die Bevölkerung doch etwa in Tageszeiden Schutz von Medienunternehmen vor ausländischen Investoren [ders., So stoppt man Berlusconi nicht, FAZ v. 24. 11. 2021, https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/reformdes-medienkonzentrationsrechts-ist-noetig-17646846.html?premium {zul. aufg. am 28. 2. 2023}, vgl. hierzu weiter unten Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (a)] anerkennt). 363 Sachs, Verfassungsrecht II, 3. Aufl. 2017, S. 390 f.; Bethge, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 5 Rn. 73. Vgl. auch schon Kap. 3 § 2 C. II. 364 Hasebrink, Meinungsbildung und Kontrolle der Medien, Bundeszentrale für politische Bildung v. 9. 12. 2016, https://www.bpb.de/gesellschaft/medien-und-sport/medienpolitik/17224 0/meinungsbildung-und-kontrolle-der-medien (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 365 Vgl. zu dieser Funktion des Rundfunks etwa auch kürzlich BVerfG, Beschl. v. 20. 7. 2021 – 1 BvR 2756/20, 1 BvR 2775/20, 1 BvR 2777/20, NVwZ 2021, 1283 (1285). Vgl. für die Presse auch Groß, Presserecht, 1999, AT Rn. 35 ff. m. w. N. 366 BVerfGE 7, 98 (208). 367 S. konkret für die Presse BVerfGE 7, 98 (208); 10, 118 (121); 20, 162 (174 f.); Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 227; Wendt, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, Art. 5 Rn. 59 sowie für den Rundfunk BVerfGE 35, 202 (221 f.); 107, 299 (329); Degenhart, in: Kahl/ Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (Stand 2017) Rn. 32 ff.; v. der Decken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 15. Aufl. 2021, Art. 5 Rn. 2; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Rn. 44. Vgl. für die große Bedeutung von Presse und Rundfunk, welche die Figur der Ausgestaltung begründet, schon Kap. 3 § 2 C. II. 368 Vgl. hierzu auch Harlan/Göbel, npoR 2020, 253 (253), welche die sinkende Wahlbeteiligung auf ein schwindendes Vertrauen in die Medien zurückführen. 369 Beater, Medienrecht, 2. Aufl. 2016, Rn. 36 f.; Davis, Die „dienende“ Rundfunkfreiheit im Zeitalter der sozialen Vernetzung, 2019, S. 21 f. Vgl. ausf. auch Böckenförde, in: Isensee/ Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. II, 3. Aufl. 2004, § 24 Rn. 3 ff. m. w. N. Zur Volkssouveränität s. etwa Gröpl, Staatsrecht I, 14. Aufl. 2022, Rn. 248 ff. 370 Gräfin Kerssenbrock, Die Legitimation der Medien nach dem Grundgesetz, 2015, S. 41 f.; Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. II, 3. Aufl. 2004, § 24 Rn. 69; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Rn. 46.

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tungen aufgeführten Informationen regelmäßig größeren Glauben. Hierfür spricht auch, dass in Presse- und Rundfunkunternehmen tätige Journalisten bestimmte Privilegien wie etwa Auskunftsansprüche zustehen, sie gleichwohl aber auch bestimmten Pflichten, z. B. zur sorgfältigen Prüfung verbreiteter Nachrichten auf Herkunft und Wahrheit, unterliegen; dies gilt für Internetmediäre wie Google nicht.371 Darüber hinaus dienen Medien einem Bericht über Fragen des Alltags, anhand derer Parlament und Regierung die Interessen und Bedürfnisse der Bevölkerung festmachen können. Als „vierte Gewalt“372 zeichnen sich die Medien durch ihre Kontrolle und Kritik staatlichen Handelns aus, indem Informationen offenbart werden, die einer Geheimhaltung unterliegen sollten.373 Diese Funktionen von Medien setzen allerdings voraus, dass die jeweils betroffenen Informationen der Wahrheit entsprechen.374 Konsumierten die Bürger etwa in Zeiten des Wahlkampfs unrichtige politische Informationen, würde ihre Entscheidung fehlgeleitet und der demokratie-konstituierende Meinungskampf könnte gerade nicht gewährleistet werden.375 Bedenklich erscheint insoweit, dass das BSI für den Bundestagswahlkampf 2021 ein großes Potenzial einer Manipulation der Meinungsbildung erkannte.376 Diese stetig zunehmende Gefährdungslage wird durch die technologischen Entwicklungen377 begünstigt,378 indem das Internet und speziell 371 Zum Ganzen s. v. Ungern-Sternberg, Demokratische Meinungsbildung und künstliche Intelligenz, in: Unger/Ungern-Sternberg (Hrsg.), Demokratie und künstliche Intelligenz, 2019, S. 3 (8). Vgl. zur Diskussion um eine Vielfaltssicherung auch im Bereich dieser „neuen“ Informationsintermediäre dies., Demokratische Meinungsbildung und künstliche Intelligenz, in: Unger/Ungern-Sternberg (Hrsg.), Demokratie und künstliche Intelligenz, 2019, S. 3 (29 ff.) jew. m. w. N. 372 Zum Grundsatz der Gewaltenteilung vgl. statt vieler Rux, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 20 (Stand 2022) Rn. 155 ff. 373 Gräfin Kerssenbrock, Die Legitimation der Medien nach dem Grundgesetz, 2015, S. 41; Branahl/Donges, Warum Medien wichtig sind: Funktionen in der Demokratie, Bundeszentrale für politische Bildung v. 8. 6. 2011, https://www.bpb.de/izpb/7492/warum-medien-wichtigsind-funktionen-in-der-demokratie (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 374 So grundlegend zur Pressefreiheit BVerfGE 12, 113 (130); Löber/Roßnagel, in: Steinebach et al. (Hrsg.), Desinformation aufdecken und bekämpfen, 2020, S. 151. 375 Löber/Roßnagel, in: Steinebach et al. (Hrsg.), Desinformation aufdecken und bekämpfen, 2020, S. 152 f.; Mafi-Gudarzi, ZRP 2019, 65 (65). Vgl. zu Beispielen für Desinformation auch Holznagel, MMR 2018, 18 (19). 376 BSI, Sicher Informiert, Newsletter v. 27. 5. 2021, https://www.bsi.bund.de/SharedDocs/ Newsletter/DE/BuergerCERT-Newsletter/11_Sicher-Informiert_27-05-2021.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 377 Allgemein zur Meinungsbildung unter dem Einfluss Künstlicher Intelligenz vgl. auch v. Ungern-Sternberg, Demokratische Meinungsbildung und künstliche Intelligenz, in: Unger/ Ungern-Sternberg (Hrsg.), Demokratie und künstliche Intelligenz, 2019, S. 3 (7 ff.). 378 Diese in den technologischen Entwicklungen begründete Sorge nimmt Volkmann zum Anlass einer kritischen Auseinandersetzung mit der Frage, ob eine nicht manipulierbare Wahlentscheidung überhaupt realistisch ist, vgl. Volkmann, Der manipulierbare Wähler und das Ideal der autonomen Wahlentscheidung, in: Unger/Ungern-Sternberg (Hrsg.), Demokratie und künstliche Intelligenz, 2019, S. 51 (51 ff.).

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soziale Netzwerke unter anderem wegen ihres hohen Tempos, niedriger Kosten sowie ihrer Anonymität und Massendynamik eine Verbreitung von Desinformationen erleichtern.379 Zugleich wird der Online-Wahlkampf der Parteien immer aufwändiger, denn er gewinnt zunehmend an Bedeutung: Immer mehr Menschen vordergründig, teilweise sogar ausschließlich über soziale Netzwerke und Internetportale informieren, in welchen sie aufgrund der algorithmusbasierten Kommunikation lediglich bestimmte Ansichten konsumieren.380 Auch in Anbetracht dessen kommt den Medien eine sehr große Bedeutung zu, gelten ihre glaubwürdigen Angebote doch als wirksamstes Mittel gegen Desinformation.381 Auf Grundlage der sektorübergreifenden Prüfung werden Transaktionen untersucht, die aus nationaler Perspektive einen nachteiligen Einfluss des drittstaatlichen Investors etwa auf die zielunternehmerische Personalpolitik sowie auf seine gesamte Ausrichtung mit sich bringen könnten. Zwar ist die Staatsferne der Medien zu beachten, sodass eine bestimmte Haltung nicht per se als negativ angesehen werden kann.382 Vielmehr könnte die Freiheit der Presse und der Rundfunkberichterstattung tangiert werden, wenn Journalisten aus dem Unternehmen ausscheiden müssten, die nicht zur Verfolgung bestimmter erwerbsunternehmerischer Ziele bereit sind. So würde eine einseitige Tätigkeit geschaffen, die den notwendigen Diskurs unterschiedlicher Meinungen nicht genügend berücksichtigte. Weiterhin ist eine Änderung der unternehmerischen Ausrichtung hin zur Vereinheitlichung der Medien379

Bader, in: Steinebach et al. (Hrsg.), Desinformation aufdecken und bekämpfen, 2020, S. 22 f. Wenngleich die Verbreitung unwahrer Informationen im politischen Kontext kein neues Phänomen ist, unterscheiden sich die aktuelleren, durch technologische Möglichkeiten begünstigten Entwicklungen dadurch, dass die Unwahrheit bewusst zu manipulativen Zwecken genutzt wird, vgl. Müller/Denner, Was tun gegen Fake News?, 2. Aufl. 2019, S. 7 m. w. N., https://shop.freiheit.org/#!/Publikation/792 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 380 BVerfGE 149, 222 (261 f.). S. auch Vesting, Die Veränderung der Öffentlichkeit durch künstliche Intelligenz, in: Unger/Ungern-Sternberg (Hrsg.), Demokratie und künstliche Intelligenz, 2019, S. 33 (45), welcher insoweit eine „zu einer narzisstischen Blindheit gegenüber den Lebensrealitäten außerhalb der eigenen Gruppe [erkennt], die eine wechselseitige Wahrnehmung der Weltbilder und Weltanschauungen anderer kultureller Milieus kaum mehr zulässt“, womit unter anderem eine Verbreitung von Fake News ermöglicht werden würde. Ebenfalls in diese Richtung weisend Högden/Krämer/Meinert/Schaewitz, in: Steinebach et al. (Hrsg.), Desinformation aufdecken und bekämpfen, 2020, S. 81; Müller/Denner, Was tun gegen Fake News?, 2. Aufl. 2019, S. 8 f., https://shop.freiheit.org/#!/Publikation/792; Schmidt et al., Zur Relevanz von Online-Intermediären für die Meinungsbildung, 2017, S. 27 m. w. N., https://www.hans-bredow-institut.de/uploads/media/default/cms/media/67256764e92e3453 9343a8c77a0215bd96b35823.pdf (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023); Holznagel, MMR 2019, 18 (19). Vgl. weiterführend zum Meinungsfilter sozialer Medien Kaiser/Reiling, Meinungsfilter durch soziale Medien – und das demokratische Ideal der Meinungsvielfalt?, in: Unger/Ungern-Sternberg (Hrsg.), Demokratie und künstliche Intelligenz, 2019, S. 3 (86 ff.). 381 Holznagel, MMR 2018, 18, (18 f.). Vgl. auch zu einem anschaulichen Beispiel für die Wirkung von Desinformation Bader, in: Steinebach et al. (Hrsg.), Desinformation aufdecken und bekämpfen, 2020, S. 16 ff. 382 BVerfGE 121, 30 (53); Kühling, in: Gersdorf/Paal, BeckOK-Informations- und Medienrecht, Art. 5 GG (Stand 2022) Rn. 74 f.

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formate und -inhalte denkbar. Diese Möglichkeit besteht speziell bei dem Erwerb großer Medienunternehmen wie etwa der Axel Springer SE oder der Bertelsmann SE & Co. KG, die in Deutschland mit zahlreichen Formaten einen großen Teil des Meinungsmarktes abdecken.383 Würde auf diesen Meinungsaustausch seitens eines Investors strategisch, eventuell finanziert von einem Drittstaat, Einfluss genommen, dann könnte auch die Meinungsbildung in der Bevölkerung manipuliert werden. Entsprechende Versuche sind in jüngster Vergangenheit insbesondere mithilfe der Verbreitung unwahrer Informationen unternommen worden.384 Eine einseitige politische Ausrichtung verschiedener Medienformate könnte die Position einer Partei gegenüber politischen Gegnern verbessern. Während die Existenz gewisser parteinah orientierter Medien nicht unüblich ist und einen politischen Diskurs nicht abträglich sein muss,385 bringen viele auf eine politische Ansicht begrenzte Medien die Gefahr einer Benachteiligung der Opposition sowie einer manipulativen Einwirkung auf die Meinungsbildung in der Bevölkerung, etwa auch im Hinblick auf die Wahlentscheidung, mit sich. Sie ist umso gefährdender, desto weniger unterschiedliche Medien vorhanden sind, welche sich von der vermittelten Ansicht abheben können. Entsprechende Gefahren zeichnen sich in Ungarn ab, wo unabhängige Medienunternehmen kaum Werbeeinnahmen erhalten. Viele dieser Unternehmen wurden in den vergangenen Jahren von regierungsnahen Geschäftsleuten erworben und sodann eingestellt oder der Regierung zur Verfügung gestellt. Hinzu kommt, dass die ungarische Post ab Juli 2021 den Zustelldienst für Tageszeitungen eingestellt hat.386 Aus Perspektive der Europäischen Union besteht die Sorge um eine freie Wahl in Ungarn; hier regiert Premier Orbán mit seiner rechtspopulistischen Partei Fidesz.387 Auch in Polen liegt die Vermutung des Aufbaus eines neuen Sprachrohrs für Re383

Zu den Anteilen privatrechtlicher Unternehmen am Meinungsmarkt s. bereits Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) cc). 384 Runderlass Außenwirtschaft Nr. 3/2018 (BAnz AT v. 28. 12. 2018 – B 1); s. bereits Kap. 2 § 1 C. II. 385 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Ausmaß der Beteiligung bestimmter Parteien an Medienunternehmen, Ausarbeitung v. 22. 4. 2008, WD 10 – 035/08, S. 4 ff., https://www.bundestag.de/resource/blob/414760/a71dbccce2cfb7936b327fee6e07b0ca/ wd-10-035-08-pdf-data.pdf. Vgl. zu rechtlichen Problemen einer solchen Beteiligung Püschel, Rechtliche Probleme der Beteiligung politischer Parteien an Medienunternehmen, http://www. presserecht.de/index.php?option=com_content&task=view&id=46&Itemid%20=33 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 386 Ozsváth, Ungarn: Wenn die Post keine Zeitung mehr bringt, Deutsche Welle v. 1. 3. 2021, https://www.dw.com/de/ungarn-wenn-die-post-keine-zeitung-mehr-bringt/a-56737739; ders., Wie Orbán sich eindimensionale Sprachrohre verschafft, Deutschlandfunk Kultur v. 29. 11. 2016, https://www.deutschlandfunkkultur.de/ungarn-verliert-medienvielfalt-wie-orban -sich.979.de.html?dram:article_id=372981 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 387 Siebenhaar, Die EU-Kommission will der Medienbranche helfen, Handelsblatt v. 23. 7. 2020, https://www.handelsblatt.com/politik/international/medienwirtschaft-eu-kommission-will -der-medienbranche-helfen/26030788.html?ticket=ST-9275934-cWaqXDK5F6rKpwtUGf7oap1 (zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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gierungspropaganda nahe, seitdem im Jahr 2020 ein staatlicher Ölkonzern in ein Regionalzeitungen vertreibendes Unternehmen investierte. Mit Blick auf die Freiheit von Presse und Rundfunk erscheint bedenklich, dass nach einem Erwerb nahezu alle der 15 Chefredakteure durch regierungsnahe Personen ersetzt wurden.388 Ferner protestierten polnische Medieneinrichtungen gegen eine als Solidaritätsabgabe bezeichnete Steuer, welche aus ihrer Sicht regierungsnahe Medien weiter fördert.389 Vor diesem Hintergrund überrascht Polens Absturz im Ranking der Pressefreiheit innerhalb von fünf Jahren um 44 Plätze auf Platz 62 wenig.390 Käme das umstrittene Mediengesetz trotz des von Präsident Duda eingelegten Vetos zustande, verschlechterte sich die Situation abermals.391 Die vorstehenden Ausführungen bezogen sich auf missliche Einwirkungen der Regierung des eigenen Landes. Gleichwohl kommen die skizzierten Möglichkeiten auch dergestalt in Betracht, dass autoritäre Regime anderer Staaten Einfluss nehmen. Erlangte beispielsweise ein vom chinesischen Staat finanzierter Investor Einfluss auf ein großes deutsches Medienunternehmen, wäre nicht auszuschließen, dass dieser auf die unternehmerischen Prozesse einwirkt. Hiermit könnte der das Ziel verfolgen, Chinas Ansehen erheblich zu verbessern und so eine kritische Presse- und Berichterstattungstätigkeit zu unterbinden.392 Jene Einwirkungen könnten die Meinungsbildung der Deutschen in Bezug auf China beeinflussen; ebenso erschiene aber etwa eine Lenkung der Bundestagswahl in eine bestimmte politische Richtung möglich. Da die chinesische Regierung die Grundsätze der Pressefreiheit im eigenen

388 Adam, Wenn ein Ölkonzern Zeitungen kauft, Tagesschau v. 10. 5. 2021, https://www.ta gesschau.de/ausland/europa/polen-orlen-medien-101.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 389 Łada, Eine Sondersteuer auf Reklame. Dient der neue Vorschlag der polnischen Regierung zur Sanierung des Staatshaushalts oder zur Einschränkung der Medienfreiheit?, Deutsches Polen Institut v. 10. 2. 2021, https://www.deutsches-polen-institut.de/blog/eine-son dersteuer-auf-reklame-dient-der-neue-vorschlag-der-polnischen-regierung-zur-sanierung-desstaatshaushalts-oder-zur-einschraenkung-der-medienfreiheit/ (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 390 Reporter ohne Grenzen, Rangliste der Pressefreiheit 2020, https://www.reporter-ohnegrenzen.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/Ranglisten/Rangliste_2020/Rangliste_der_Presse freiheit_2020_-_RSF.pdf; Stolarek, Polen: Pressefreiheit im freien Fall, Heinrich Böll Stiftung v. 30. 4. 2020, https://www.boell.de/de/2020/04/30/polen-im-freien-fall (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 391 So auch Lesser, Proteste in Warschau geplant, Tageszeitung v. 19. 12. 2021, https://taz. de/Umstrittenes-Mediengesetz-in-Polen/!5822914/ (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Zum polnischen Mediengesetz s. schon weiter oben Kap. 2 § 3 F. 392 Dass eine solche Entwicklung nicht ausgeschlossen und auch durchaus im Interesse Chinas ist, beweist eine Studie aus dem Jahr 2020 in Bezug auf südosteuropäische Staaten: Shopov, Chinas wachsende Medienpräsenz in Südosteuropa, 2020, https://www.kas.de/docu ments/281902/281951/„Wachsende+Medienpräsenz+Chinas+in+Südosteuropa“.pdf/4ce64 5b2-fae9-88a5-6bc2-cc4f6fa16665?version=1.0&t=1607417434521 (zul. aufg. am 28. 2. 2023); s. hierzu näher Kap. 2 § 1 C. II. Vgl. jedoch auch im Rahmen der Angemessenheitsprüfung mit speziellem Blick auf die im Medienbereich geltende zehnprozentige Prüfschwelle Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (a).

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Land nur wenig schätzt,393 wäre zu erwarten, dass ein ähnliches Verständnis auch in Bezug auf deutsche Medienunternehmen angelegt würde. In Anbetracht dessen stellen der Schutz der Pressefreiheit, der freien Berichterstattung und der Medienvielfalt nicht nur rechtlich zulässige, sondern verfassungsrechtlich gebotene Ziele dar. Wie auch die im allgemeinen Bereich der sektorübergreifenden Prüfung verfolgten Ziele sind sie als gesellschaftliche Grundinteressen Bestandteil der öffentlichen Ordnung und Sicherheit i. S. v. § 55 Abs. 1 AWV394. bb) Eignung des Vollzugsverbots zur Erreichung der legitimen Ziele Die Verhältnismäßigkeit des prüfverfahrensrechtlichen Vollzugsverbots wäre abzulehnen, förderte dieses nicht zumindest die vorstehenden Zwecke.395 Jene werden im Zeitraum des Prüfverfahrens indes besser erreicht, da das BMWK die Transaktion eingehend untersuchen kann. Auf diese Weise erlangt der Staat eine nähere Gewissheit dahingehend, ob mit dem Erwerb eventuell eine Beeinträchtigung der legitimen Ziele einhergeht. Hierfür wird ihm eine sowohl zeitlich als auch inhaltlich intensive Grundlage für eine Entscheidung nach § 59 Abs. 1 AWV geschaffen. Bis zum Abschluss dieser Überprüfungen können für die anvisierten Zwecke keine Nachteile aus dem dinglichen Vollzug, etwa in Gestalt einer Offenbarung sensibler Informationen, entstehen. Im Medienbereich verhindert die schwebende dingliche Unwirksamkeit eine strategische Einflussnahme mit dem Ziel einer Verringerung der Medienformate oder der Etablierung eines gewissen Meinungsbildes in der Bevölkerung mithilfe unwahrer Informationen. Auch die Pressefreiheit und die freie Berichterstattung werden gefördert, indem der Investor mangels dinglichen Vollzugs noch nicht auf die unternehmerische Tätigkeit einwirken kann. cc) Erforderlichkeit des Vollzugsverbots zur Erreichung der legitimen Ziele Um den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit zu genügen, muss § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG zur Erreichung der legitimen Ziele erforderlich sein. Es dürfte also kein

393 China befand sich im Jahr 2020 auf Platz 177 von insgesamt 180 Staaten, vgl. Reporter ohne Grenzen, Rangliste der Pressefreiheit 2020, https://www.reporter-ohne-grenzen.de/filead min/Redaktion/Downloads/Ranglisten/Rangliste_2020/Rangliste_der_Pressefreiheit_2020_-_ RSF.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 394 Diese Tatbestandsmerkmale sind i. S. d. Unionsrechts auszulegen, vgl. Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) aa). Vgl. ausf. zur Zuordnung dieser Ziele zum unionsrechtlichen Begriff „Grundinteresse der Gesellschaft“ Kap. 4 § 2 C. II. 1. 395 Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 53; Merten, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. III, 2009, § 68 Rn. 56 m. w. N.; Voßkuhle, JuS 2007, 429 (430).

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weiteres ebenso geeignetes Mittel in Betracht kommen, welches weniger intensiv in die zielunternehmerische Verfügungsfreiheit eingreift.396 Das Vollzugsverbot richtet sich in seiner Anwendungsbereichseröffnung wie auch in zeitlicher Hinsicht nach dem Investitionsprüfverfahren.397 Es ließe sich als demgegenüber milderes Mittel eine Entkopplung dergestalt erwägen, dass § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG z. B. erst ab dem Erwerb einer 25-Prozent-Beteiligung gälte, obwohl bereits der Erwerb einer zehn- bzw. 20-prozentigen Beteiligung dem Prüfverfahren unterfällt. Mit Blick auf die zeitliche Geltung ab dem schuldrechtlichen Vertragsschluss bis zur verfahrensabschließenden Entscheidung erscheint eine schwebende dingliche Unwirksamkeit z. B. für vier Monate denkbar, auch wenn sich die reguläre Prüffrist auf sechs Monate beläuft (1.). Sofern eine Orientierung des Vollzugsverbots am Prüfverfahren erforderlich ist, wäre im Vergleich zur de lege lata normierten sechsmonatigen Prüffrist zuzüglich einer viermonatigen Verlängerungsoption ein kürzerer Zeitraum ohne Verlängerungsmöglichkeit in Betracht zu ziehen (2). Schließlich erscheint auch eine zeitliche Beschränkung der nach geltendem Recht unbegrenzten Dauer einer Fristhemmung bei der Übermittlung von Auskünften und Unterlagen sowie bei Vertragsverhandlungen der Transaktionsbeteiligten mit dem BMWK möglich (3). Neben der Frage, ob mit diesen Mitteln tatsächlich jeweils eine geringere Eingriffsintensität einherginge, ist insbesondere von Belang, ob die außenwirtschaftsrechtlichen Güter mit ihnen im Vergleich zum etablierten Rechtsrahmen ebenso wirksam geschützt werden können. (1) Milderes Mittel: Anwendungsbezogene und zeitliche Entkopplung des Vollzugsverbots vom Prüfverfahren Die Erforderlichkeit des § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG scheitert nicht an seiner möglichen Entkopplung vom Prüfverfahren. Im Anwendungsbereich wäre eine solche mit einer Geltung des Vollzugsverbots etwa ab dem Erwerb einer 25-ProzentBeteiligung denkbar, auch wenn Erwerbe ab der zehn- bzw. 20-Prozent-Schwelle einer Prüfung unterzogen werden würden. Mangels Unwirksamkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts bei Transaktionen unterhalb der 25-Prozent-Schwelle erführe das Vollzugsverbot einen kleineren Anwendungsbereich und besäße somit eine geringere Eingriffsintensität. Ebenso könnte man eine Entkopplung in zeitlicher Hinsicht erwägen, womit das dingliche Rechtsgeschäft lediglich für einen begrenzte Zeitraum des Verfahrens, z. B. für die ersten vier Monate, schwebend unwirksam wäre und anschließend Wirksamkeit entfalten würde, wenngleich die Prüfung noch nicht

396

BVerfGE 90, 145 (172); Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 55; Merten, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. III, 2009, § 68 Rn. 66 ff.; Klatt/Meister, JuS 2014, 193 (195); Rux, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 20 (Stand 2022) Rn. 196. 397 S. bereits Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) aa).

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abgeschlossen wäre. Auch hiermit wäre eine geringere Schwerewirkung auf die zielunternehmerische Verfügungsfreiheit verbunden. Indes können die Ziele einer späteren Untersagung oder Anordnung bei jeglichen Erwerben und zu jeder Zeit des Prüfverfahrens konterkariert werden. Zwar impliziert eine geringere Beteiligung grundsätzlich eine schwächere Einflussnahme des Investors auf das Zielunternehmen, diese kann jedoch sowohl bei Erwerben unterhalb als auch oberhalb der 25-Prozent-Schwelle nicht umfassend ausgeschlossen werden. Ähnlich verhält es sich auf zeitlicher Ebene, denn beispielsweise kann der Investor in den ersten vier wie auch in den weiteren sechs Monaten des Prüfverfahrens darauf hinwirken, dass bestimmte, seine Ansichten nicht vertretende Journalisten eines Medienunternehmens entlassen werden. Eine Ausrichtung des Vollzugsverbots an der Investitionsprüfung ist mithin erforderlich. (2) Milderes Mittel: Kürzere Fristen als sechs Monate ohne mögliche Fristverlängerung Unter Berücksichtigung des Erfordernisses einer entsprechenden Kopplung des Vollzugsverbots ist eine Regelprüffrist des sektorübergreifenden Verfahrens von weniger als sechs Monaten zu erwägen. Jene wirkte im Vergleich zu den etablierten Vorschriften milder, folgt die hohe Eingriffsintensität des § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG doch vor allem auch aus seiner langen Geltung, welche sich ihrerseits nach der Prüfverfahrensfrist richtet.398 Nach aktueller Rechtslage beläuft sich die aus der ersten zweimonatigen und der zweiten viermonatigen Phase zusammensetzende Prüfdauer auf bis zu sechs Monate.399 Dieser Zeitrahmen ist aus internationaler Perspektive vergleichsweise sehr groß,400 was insbesondere ein Blick auf den im Übrigen zahlreiche Parallelen aufweisenden französischen Mechanismus belegt: Bereits ohne die Verlängerungsoptionen ist der deutsche Zeitrahmen mehr als doppelt so lang.401 Dieser Vergleich könnte dafür sprechen, dass auch eine kürzere Frist zum effektiven Schutz außenwirtschaftsrechtlicher Güter genügte. Die erste zweimonatige Prüfphase des deutschen Mechanismus, welche im Jahr 2020 um einen Monat verringert worden ist,402 betrifft allein die Frage, ob es einer Einleitung des vertieften Prüfverfahrens bedarf. Diese Frage wird auf Grundlage der 398

Kürzere Verfahrensfristen der Investitionsprüfung fordert auch die BIO Deutschland, Stellungnahme der BIO Deutschland zum Referentenentwurf des BMWK für eine 17. Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 26. 2. 2021, S. 4, https://www. bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/bio. pdf?__blob=publicationFile&v=6 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 399 Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (2) und (3). 400 Kap. 2 § 3. Anderer Ansicht sind möglicherweise Lecheler und Germelmann, welche die zur damaligen Zeit geltende fünfmonatige Prüffrist als „verhältnismäßig kurz“ einschätzten (Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 45). 401 Kap. 2 § 3 B. 402 Kap. 2 § 1 A.

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in der Meldung anzugebenden Informationen eher oberflächlichen Charakters403 entschieden; detaillierte Untersuchungen finden (noch) nicht statt. Angesichts dieser geringen Prüfdichte könnte auch schneller eine Entscheidung gefunden werden, ohne die anvisierten Ziele schlechter zu erreichen. Allerdings bestünde bei einer zu kurzen ersten Prüfphase die Gefahr einer weniger sorgfältigen Arbeit des BMWK, welche im Zweifelsfall zu einer häufigeren Einleitung der vertieften Prüfung führen könnte. Unter Umständen wären damit sogar insgesamt längere Investitionsprüfungen und so eine schwerere Wirkung des Vollzugsverbots verbunden. Zwar ist das zuständige Referat im BMWK im Rahmen der ersten Prüfphase weder gesetzlich zu einer Absprache mit anderen Ministerien oder der Bundesregierung im Ganzen verpflichtet noch muss es sehr viele oder sensible Informationen sichten. Gleichwohl kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die behördlichen Kapazitäten und Abläufe eine entsprechende kürzere Frist von beispielsweise einem Monat zuließen. Allein der Verweis auf eine Erhöhung der personellen Kapazitäten vermag ebenfalls keine vergleichbare Zwecktauglichkeit bei kürzerem Fristrahmen begründen, denn jedenfalls im Zuge der außenwirtschaftsrechtlichen Novellen ein Mehrbedarf an Personal insbesondere im BMWK erkannt.404 Hinzu kommt, dass in Bezug auf die vorgenannten Aspekte ein nur eingeschränkter Überprüfungsspielraum der exekutiven Gestaltungsmöglichkeiten besteht. Außerdem unterscheiden sich die behördlichen Strukturen in einzelnen Staaten, weshalb eine Erforderlichkeit der nationalen ersten Prüfphase auch nicht mit dem internationalen Vergleich der Fristenregime405 abgelehnt werden kann. Als weniger schwerwiegendes Mittel ließe sich für den Beginn der zweiten Prüfphase auch unmittelbar an die behördliche Entscheidung über die Eröffnung des vertieften Prüfverfahrens anknüpfen. De lege lata vergeht gem. § 14a Abs. 1 Nr. 2 AWG eine weitere, unbestimmt lange Zeit bis zum Eingang der vollständigen Unterlagen, mit dem die viermonatige Prüfung startet. Knüpfte man für den Fristbeginn demgegenüber an die Entscheidung des BMWK an, erstreckte sich auch das Vollzugsverbot auf einen kürzeren Zeitraum und wäre damit weniger eingriffsintensiv. Indes gewährleisten erst diese Unterlagen, welche beispielsweise die Gesellschaftsstruktur oder die nach dem Erwerb anvisierte Geschäftsstrategie406 des Zielunternehmens enthalten, eine effektive Prüfgrundlage hinsichtlich einer voraussichtlichen Beeinträchtigung der Schutzgüter. Im Übrigen könnte das Erwerbsunternehmen die Unterlagen gem. § 14a Abs. 2 Satz 1, Satz 2 und Satz 4 AWG nicht oder erst verspätet einreichen und so eine zielführende Prüfung verhindern.

403

S. hierzu Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (1). Hierzu s. etwa Deutsche Bundesregierung, Kabinettsfassung, Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 21. 4. 2021, S. 2, https://www.bmwi.de/Re daktion/DE/Downloads/J-L/kabinettsfassung-siebzehnte-verordnung-zur-aenderung-der-aussen wirtschaftsverordnung.pdf?__blob=publicationFile&v=6 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 405 S. bereits Kap. 2 § 3. 406 Vgl. zu den einzureichenden Unterlagen Kap. 2 § 1 B. 3. b) dd). 404

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Neben dem Fristbeginn ist auch die Länge der zweiten Prüfphase beachtlich, welche sich bei einem kleineren als dem viermonatigen Zeitrahmen ebenfalls infolge der zeitlich verkürzten Geltung des Vollzugsverbots milder auf die zielunternehmerische Verfügungsfreiheit auswirkte. Angesichts der im Gegensatz zur ersten Phase größeren Prüftiefe kann eine ebenso wirksame Zweckerreichung jedoch nicht angenommen werden. Zwar könnte die zeitliche Belastung des europäischen Kooperationsmechanismus (Art. 6 ScreeningVO)407 unter Umständen dem zur Fristverlängerung berechtigenden Tatbestand besonderer Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art (§ 14a Abs. 4 Satz 1 AWG) unterfallen,408 sodass eine kürzere Frist der zweiten Prüfphase nicht bereits aus diesem Grund ausschiede. Indes benötigt das BMWK für eine Untersagung gem. § 13 Abs. 3 AWG die Zustimmung der Bundesregierung und hat sich für eine Anordnung ins Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt, dem BMI und dem BMVg sowie ins Benehmen mit dem BMF zu setzen.409 Eine Beteiligung von bis zu vier Behörden und ihre Abstimmung untereinander erfordert eine gewisse Zeit und kann erst im Anschluss an die eigentliche Transaktionsprüfung des BMWK erfolgen. Hinzu kommt, dass dem Staat auch hier ein weiter Einschätzungsspielraum verbleibt, weshalb eine vergleichbare Zwecktauglichkeit der kürzeren zweiten Prüfphase nicht bestätigt werden kann. Ist der reguläre Zeitrahmen der Investitionsprüfung und des hier vorgeschriebenen Vollzugsverbots also erforderlich, muss dies nicht ebenso für die Fristverlängerungsmöglichkeit um weitere drei bzw. vier Monate unter den in § 14a Abs. 4 AWG genannten Umständen zutreffen.410 Ein Verzicht auf diese Verlängerungsoption wöge gegenüber den geltenden Regelungen weniger schwer, weil so eine erweiterte Verfahrensdauer und damit ein eingriffsintensiveres Vollzugsverbot verhindert würde. Jedoch trägt der Fristverlängerungstatbestand der erhöhten Komplexität atypischer Fallkonstellationen im Einzelfall Rechnung: Zum einen können besondere Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art (§ 14a Abs. 4 Satz 1 AWG) während des Verfahrens auftreten. Denkbar ist beispielsweise, dass die längere Zusammenarbeit und Abstimmung mit der Europäischen Kommission sowie mit anderen Mitgliedstaaten im Kooperationsmechanismus zu zeitlichen Verzögerungen führen oder neue Aspekte hervorbringen, welche von den nationalen Behörden berücksichtigt werden müssen. Bliebe diesen in einem entsprechenden Ausnahmefall die Fristverlängerung verwehrt, dann könnten nicht alle relevanten Aspekte beleuchtet werden. Zum anderen erscheint auch eine Erweiterung der Prüfungszeit geboten, wenn der Erwerb die Verteidigungsinteressen der Bundesrepublik Deutschland in besonderem Maße berührt und das BMVg diesen Umstand gegenüber dem BMWK rechtzeitig 407

Kap. 2 § 2 B. IV. 1. S. bereits Kap. 2 § 2 C. 409 Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) bb) (2) und (3). 410 Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (3). 408

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

geltend macht (§ 14a Abs. 4 Satz 2 AWG). Ungeachtet der Frage, in welchem Fall eine „besondere“ Berührung im Einzelfall gegeben ist,411 kommt der Verteidigung als zentralem Element der äußeren Sicherheit412 große Bedeutung zu. Gegen die Notwendigkeit dieser Verlängerungsoption ließe sich einwenden, dass die Betroffenheit von Verteidigungsinteressen zwar eher zu einer Untersagung oder Anordnung führe, sie sich aber nicht auf den zeitlichen Rahmen der Investitionsprüfung auswirken könne. Dem ist entgegenzuhalten, dass das Prüfverfahren erst einer Feststellung der voraussichtlichen Beeinträchtigung von Verteidigungsinteressen dient. Um Unsicherheiten in Bezug auf die Frage auszuräumen, ob die Verteidigungsinteressen überhaupt vom Erwerb betroffen sind und ob sie die Schutzgüter tangieren könnten, bedarf es vor der verfahrensabschließenden Entscheidung einer Prüfung von BMWK und BMVg. Erfolgte diese weniger tiefgehend oder würde eine weitergehende Zusammenarbeit mit dem BMVg verhindert, müsste bei Unsicherheiten im Zweifel eine Untersagung oder Anordnung ausgesprochen werden, welche auf die zielunternehmerische Verfügungsfreiheit nicht milder wirkte. Jedenfalls lässt sich auch an dieser Stelle nicht abschließend belegen, dass der Schutz außenwirtschaftsrechtlicher Güter bei einer Investitionsprüfung ohne Verlängerungsoption ebenso zielsicher erreicht werden könnte. (3) Milderes Mittel: Zeitliche Grenze für die Fristenhemmung Ferner kommt eine zeitliche Beschränkung der Fristhemmung gem. § 14a Abs. 6 AWV in Betracht,413 welche bis zur vollständigen Übermittlung nachgeforderter Auskünfte oder Unterlagen i. S. v. § 14a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AWG sowie bei Verhandlungen des BMWK mit den Transaktionsbeteiligten Anwendung findet.414 Eine zeitlich begrenzte Hemmung bezöge sich ebenfalls auf die Geltung des Vollzugsverbots und somit auf seine Eingriffsintensität. Es ließe sich beispielsweise die Option einer Fristhemmung für lediglich zwei Monate normieren, nach deren Ablauf die reguläre Prüffrist weiterliefe oder endete. In Bezug auf das Scheitern der aktuell prominenten Übernahme der Siltronic AG durch den taiwanischen Investor415 hätten die Nachforderungen von Unterlagen seitens des BMWK nicht so lange Verfahrensfristen ermöglicht. Letztlich hätten die staatlichen Prüfstellen also nicht auf den Ablauf der börsenrechtlichen Frist für das 411

Zu dieser Bestimmtheitsproblematik s. bereits Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) bb). Vgl. schon Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa) (1). 413 Eine zeitliche Grenze der Durchführung des Prüfverfahrens fordert auch Rupp, Gesellschaft für Sichere Mobile Kommunikation mbH, Stellungnahme für den Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestags zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes v. 8. 5. 2020 (AusschussDrucks. 19[9]596, v. 12. 5. 2020, S. 4), https://www.bundestag.de/resource/blob/695452/929e486538ae15845b2dbd8923 0e41ee/sv-dr-rupp-data.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 414 Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (3). 415 Diesbezüglich vgl. schon einleitend zu Kap. 1. 412

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Zustandekommen des Erwerbs verweisen können, in deren Zeitraum von mehr als einem Jahr eine abschließende Entscheidung der Investitionsprüfung unmöglich war.416 Vielmehr wären die Behörden bei Ablauf der Fristhemmung zur Findung eines Prüfergebnisses gezwungen gewesen, ganz gleich, ob bis dato bestimmte Unterlagen, hier etwa die Genehmigung der chinesischen Wettbewerbsbehörde,417 geprüft werden konnten oder ob Verhandlungen mit den Parteien stattfanden. Jedoch bedeutete eine zeitliche Grenze der Fristhemmung wiederum einen Nachteil für die behördlichen Prüf- und Verhandlungsmöglichkeiten und wäre dem Schutz außenwirtschaftsrechtlicher Güter deshalb abträglich. Mit Blick auf § 14a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 AWG würde eine umfassende Transaktionsprüfung unmöglich, erhielten die Behörden hierfür erforderliche Auskünfte oder Unterlagen nicht rechtzeitig vor Fristablauf. Liefe die Frist weiter, obwohl die Auskünfte oder Unterlagen noch nicht übermittelt wurden, hätten es die beteiligten Unternehmen in der Hand, eine effektive Investitionsprüfung zu verzögern oder gänzlich zu verhindern. Ein absehbarer Fristablauf könnte sich außerdem negativ auf die Verhandlungen der betroffenen Unternehmen mit dem Staat (§ 14a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 AWG) auswirken, indem das Verhandlungsgewicht zugunsten der staatlichen Seite zum Fristende erhöht würde. Aus Perspektive der Betroffenen bestünde entweder die Möglichkeit, auf Forderungen der Verhandlungen einzugehen oder aber eine verfahrensabschließende Untersagung oder Anordnung zu erwarten. Könnten sie kein übereinstimmendes Verhandlungsergebnis erzielen, dann verbliebe der Behörde lediglich die Möglichkeit einer Entscheidung auf Grundlage von § 59 Abs. 1 AWV. Zusammenfassend ist das Vollzugsverbot, auch unter Berücksichtigung des geltenden Fristenregimes der sektorübergreifenden Investitionsprüfung, erforderlich. Dieses Resultat mag angesichts der Ereignisse im Fall Siltronic Zweifel hervorrufen. Hier kommt die Frage auf, ob das durch die Fristhemmung ermöglichte lange Prüfverfahren in der Weise notwendig war. Das BMWK forderte die Genehmigung der chinesischen Behörde erst im Dezember 2021, also ein Jahr nach Beantragung der deutschen Unbedenklichkeitsbescheinigung durch den Investor, an.418 Damit wurde eine (weitere) Fristhemmung in Gang gesetzt. In der Literatur419 wird 416 Zur börsenrechtlichen Prüffrist und dem Bedürfnis ihrer längeren Bemessung sowie einer solchen Zulässigkeit vor dem Hintergrund des außenwirtschaftsrechtlichen Prüfmechanismus vgl. im Kontext Siltronics eingehend Hasselbach/Stepper, BB 2022, 643 (647 f.). 417 Diese wird auch aufgegriffen vom OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 31. 1. 2022 – OVG 1 S 10/22, juris Rn. 6. Vgl. zur Problematik des Rechtsschutzes im Fall Siltronic weiter unten Kap. 5 § 3. 418 Vgl. hierzu auf Grundlage der eingereichten Dokumente OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 31. 1. 2022 – OVG 1 S 10/22, juris Rn. 6 f., welches die Nachforderung indes jedenfalls nicht als „willkürlich oder überflüssig“ bewertet. 419 Vgl. Abels/Müller, Das Schweigen des Bundeswirtschaftsministers, FAZ v. 15. 2. 2022, https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/das-schweigen-des-bundeswirtschaftsministers-1 7807961.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). In diese Richtung weisen auch Hasselbach/Stepper, BB 2022, 643 (646 f.).

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

darauf hingewiesen, dass auch den behördlichen Prüfstellen das börsenrechtliche Ablaufdatum dieser Transaktion bekannt war. Jedenfalls wäre es nicht mit den Verfassungsgrundsätzen vereinbar, unter Zuhilfenahme des Mittels der Fristhemmung verfahrensabschließend eine Entscheidungsfindung zu umgehen. Indes gilt es zwischen der Verfassungskonformität der einzelnen Regelungen, die Gegenstand der vorliegenden Untersuchungen sind, und ihrer verfassungskonformen Anwendung im Einzelfall zu unterscheiden:420 Die Investitionsprüfvorschriften sind ohne die Einführung einer zeitlichen Grenze für die Fristhemmung erforderlich. Unabhängig davon hat die Exekutive bei der Anwendung dieser Regelungen in der individuellen Situation die Verfassungsgrundsätze zu beachten. dd) Unangemessenheit des Vollzugsverbots Letztlich genügte das Vollzugsverbot auch den Anforderungen der Angemessenheit, stünde die Schwere der eigentumsrelevanten Maßnahme bei einer Abwägung nicht außer Verhältnis zu Gewicht und Dringlichkeit der geförderten Gemeinwohlbelange.421 Da neben dem Gewicht der geschützten Rechte für die Abwägung also auch der Grad ihrer Beeinträchtigung bedeutsam ist,422 kann im Anschluss an eine abstrakte Bewertung der betroffenen Eigentumsfreiheit sowie der Schutzgüter „öffentliche Ordnung oder Sicherheit“ und der Intensität der verkürzten Grundrechtsposition eine konkrete Güterabwägung vorgenommen werden. (1) Abstrakte Bewertung der vom Vollzugsverbot betroffenen Eigentumsfreiheit sowie der Schutzgüter „öffentliche Ordnung oder Sicherheit“ und Intensität der Grundrechtsbeschränkung Abstrakt betrachtet bildet die in Art. 14 Abs. 1 GG verankerte Eigentumsfreiheit als „elementares Grundrecht“ ein wichtiges Fundament des sozialen Rechtsstaats, da sie den gesamtwirtschaftlichen Leistungseffekt optimiert und so unter anderem zur Sicherung des sozialen Wohlstands beiträgt.423 Demnach ist das Eigentum einge420

In diesem Kontext vgl. auch die Formulierung „Gesetze sind (…) nur so gut, wie sie angewendet werden“ von Abels/Müller, Das Schweigen des Bundeswirtschaftsministers, FAZ v. 15. 2. 2022, https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/das-schweigen-des-bundeswirtschaftsmi nisters-17807961.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 421 Klatt/Meister, JuS 2014, 193 (195); Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 3, Art. 20 VII. (Stand 2006) Rn. 117; Sommermann, in: Huber/Voßkuhle, GG, Bd. 2, 8. Aufl. 2023, Art. 20 Rn. 322; Rux, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 20 (Stand 2022) Rn. 197. 422 BVerfGE 100, 313 (392 f.); 105, 17 (36); 115, 320 (360 f.); Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 57; Michael/Morlok, Grundrechte, 8. Aufl. 2022, Rn. 624; Ruschemeier, Der additive Grundrechtseingriff, 2019, S. 182 m. w. N. 423 BVerfGE 14, 263 (277); 102, 1 (15); 143, 246 (323); Sachs, Verfassungsrecht II, 3. Aufl. 2017, S. 575; Depenheuer, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. V, 2013, § 111 Rn. 18 ff.; Axer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 14 (Stand 2022) Rn. 1.

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bunden in staatliche und gesellschaftliche Zusammenhänge zu betrachten.424 Gleichwohl wird der Eigentumsfreiheit primär die Bedeutung als individuelles Abwehrrecht zugeschrieben,425 indem sie einen vermögensrechtlichen Freiheitsraum als Grundlage für eine eigenverantwortliche Lebensgestaltung ermöglicht.426 Diese widerstreitenden Interessen des Grundrechtsträgers und derjenigen des Gemeinwohls sind im Wortlaut des Art. 14 Abs. 1 und Abs. 2 GG angelegt und müssen vom Gesetzgeber bei seiner Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums in einen möglichst schonenden Ausgleich gebracht werden,427 wobei die maßgeblichen Anforderungen divergieren. Das Eigentum ist besonders schützenswert, wenn es die persönliche Freiheit des Individuums in seinen vermögensrechtlichen Positionen gewährleistet. Dagegen sind für die verfassungsmäßige Konkretisierung der eigentumsfreiheitlichen Einschränkung geringere Maßstäbe anzulegen, sofern der Gegenstand des Eigentums einen starken sozialen Bezug aufweist.428 Im konkreten Fall ist den von der schwebenden dinglichen Unwirksamkeit betroffenen Vermögenspositionen eine hohe Sozialrelevanz beizumessen: Die mit der Investitionsprüfung einschließlich des Vollzugsverbots im Bereich der § 55a Abs. 1 AWV verfolgten Ziele, sei es die Versorgungssicherheit429, die innere und äußere Sicherheit, eine Bewahrung deutscher Schlüsseltechnologien, deren technischen Know-hows oder ein Schutz der Pressefreiheit, der freien Rundfunkberichterstattung und der Medienvielfalt, sind dem Oberbegriff „öffentliche Ordnung 424

S. nur Ipsen, Staatsrecht II, 24. Aufl. 2021, Rn. 746. Axer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 14 (Stand 2022) Rn. 17. Vgl. zum Eigentum als Abwehrrecht auch Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 444. 426 BVerfGE 24, 367 (389); 31, 229 (239); 51, 193 (218); 134, 242 (290 f.); Depenheuer, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. V, 2013, § 111 Rn. 6 ff.; KreuterKirchhof, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 14 Teil II (Stand 2021) Rn. 1. Vgl. auch weiterführend zur historischen Entwicklung der Eigentumsfreiheit Depenheuer, in: Merten/ Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. V, 2013, § 111 Rn. 25 ff.; Kreuter-Kirchhof, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 14 Teil II (Stand 2021) Rn. 10 ff. 427 BVerfGE 72, 66 (77 f.); Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 481; Papier/Shirvani, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 2, Art. 14 (Stand 2018) Rn. 416 m. w. N. Ablehnend zur Frage, ob diese Pflicht darüber hinaus auch den Eigentümer selbst trifft, Papier/Shirvani, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 2, Art. 14 (Stand 2018) Rn. 415. Dies bejaht hingegen Depenheuer, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. V, 2013, § 111 Rn. 78. 428 BVerfGE 100, 226 (241); Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 482; Epping/Lenz, NVwZ 2005, 858 (860 f.); Dederer, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 14 Teil III (Stand 2018) Rn. 849; Papier/Shirvani, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 2, Art. 14 (Stand 2018) Rn. 415 f. 429 Vgl. im Bereich der Elektrizität zu den von Russland und China ausgehenden Gefahren Schuelken, Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen, 2021, S. 34 ff. Zum besonderen Schutzbedürfnis bestimmter Betreiber im Energiebereich vgl. S. 54 ff. sowie auch schon anschaulich Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 7, 10 ff. S. auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zur abstrakt hohen Bedeutung eines Schutzes der Energieversorgungssicherheit S. 182. 425

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und Sicherheit“430 zuzuordnen.431 Dessen Gewährleistung kommt als originäre Staatsaufgabe ein hohes Gewicht zu.432 Angesichts der unterschiedlichen Gegebenheiten im Einzelfall vermag es die vorliegende Studie nicht, einem dieser Ziele abstrakt seine hohe Bedeutung abzusprechen. Folglich stehen sich das zielunternehmerische Abwehrrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG und die öffentliche Ordnung und Sicherheit gegenüber. Ausgehend von der Sozialbindung des Eigentums und der großen Bedeutung außenwirtschaftsrechtlicher Güter im Lichte der Allgemeinheit spricht eine abstrakte Bewertung für deren Überwiegen gegenüber der individuellen Eigentumsposition. Zu beachten ist allerdings auch die Intensität des eigentumsrelevanten Vollzugsverbots, welche mit Verweis auf die Ausführungen in Kapitel 3 § 3 A. II. – trotz der im kleineren Anwendungsbereich begründeten geringeren Schwerewirkung für die Branchen der Nr. 8 bis Nr. 27 sowie der übrigen Branchen – erheblich ist. (2) Konkrete Abwägung der vom Vollzugsverbot betroffenen Eigentumsfreiheit und der Schutzgüter „öffentliche Ordnung oder Sicherheit“ Auf dieser Grundlage sind die vom Vollzugsverbot betroffenen und sich gegenüberstehenden Rechtspositionen konkret miteinander abzuwägen. Zuerst ist der Frage nachzugehen, ob die Geltung des § 15 Abs. 3 Satz 1 AWV bereits ab dem Erwerb einer zehnprozentigen Beteiligung an einem in § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV aufgeführten Unternehmen eine unangemessene Beschränkung der Verfügungsfreiheit begründet (a). Dies erscheint speziell im Bereich von Medienunternehmen denkbar, sofern von einem Erwerb ein geringeres Beeinträchtigungspotenzial für die hier maßgeblichen Schutzgüter ausgeht. Auch könnte der Mangel einer gesetzlichen Anweisung zur Berücksichtigung der Beteiligungsschwelle gem. § 56 AWV hinsichtlich der Länge des Prüfverfahrens, welche sich wiederum auf die zeitliche Wirkung des Vollzugsverbots auswirkt, zu einer Unangemessenheit der Grundrechtsbeschränkung führen (b). Angesichts der intensiven eigentumsrelevanten Maßnahme ist eine gesetzliche Verhältnismäßigkeitsanweisung der Exekutive dahingehend zu erwägen, die Verfahrensdauer an der 430

Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) aa). Vgl. schon Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa). 432 S. nur Krings, ZRP 2015, 167 (168) zwar mit Bezug auf das nationale Verständnis dieser Begrifflichkeiten im Polizeirecht, wobei Entsprechendes für die demgegenüber engere unionsrechtliche Auslegung gelten muss (s. hierzu schon Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) aa)). Auf die Diskussion um ein sogenanntes Grundrecht auf Sicherheit soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden (vgl. insoweit Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, 1983, passim); Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestags, Zum „Grundrecht auf Sicherheit“, Ausarbeitung v. 4. 6. 2008, WD 3 – 3000 – 18/08, https://www.bundestag.de/resource/blob/423 604/6bc141a9713732fc4bb4334b6d02693b/wd-3-180-08-pdf-data.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vgl. konkret zur staatlichen Gewährleistung des Kommunikationsprozesses, dessen Grundlage die Medien bilden, statt vieler Löber/Roßnagel, in: Steinebach et al. (Hrsg.), Desinformation aufdecken und bekämpfen, 2020, S. 164. 431

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Beteiligungsgröße des Erwerbers auszurichten. Mit dieser Herangehensweise beliefe sich die Prüfdauer etwa bei dem Erwerb einer zehnprozentigen Beteiligung auf einen kürzeren Zeitraum als bei dem Erwerb von 100 Prozent der Stimmrechte.433 Eine unangemessene Beschränkung des Eigentumsrechts ist ferner in Betracht zu ziehen, weil sich das Vollzugsverbot nachteilig auf das erwerbsunternehmerische Verhalten auswirken könnte (c). Schließlich spricht das Fehlen einer Befreiungsmöglichkeit von der Geltung des Vollzugsverbots in besonderen Ausnahmefällen für eine Unangemessenheit der eigentumsrelevanten Maßnahme (d). (a) Mögliche Unangemessenheit des Vollzugsverbots wegen seiner Geltung ab dem Erwerb einer zehnprozentigen Beteiligung an Unternehmen gem. § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV, insb. bei Medienunternehmen Eine unangemessene Beschränkung der Verfügungsfreiheit könnte für Unternehmen der in § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV aufgeführten Branchen aus der Geltung des Vollzugsverbots ab dem Erwerb einer zehnprozentigen Beteiligung resultieren.434 Diese in § 56 Abs. 1 AWV angelegte Begünstigung der in Nr. 8 bis Nr. 27 genannten Branchen begründet keine Unangemessenheit, wenngleich etwa die Einordnung von hochwertigen Erdfernerkundungssystemen (Nr. 12) verfassungspolitisch fragwürdig erscheint. Der Verordnungsgeber geht selbst davon aus, dass diese Unternehmen zum Teil als Rüstungsgüter der spezielleren sektorspezifischen Prüfung unterfallen,435 für welche gem. § 60a Abs. 1 AWV eine zehnprozentige Prüfschwelle gilt. Zudem sind diese Erwerbe neben denen von Kriegswaffen bereits seit 2004 prüfungsrelevant.436 Es liegt die Vermutung nahe, dass die prinzipiell als positiv zu bewertenden Verhältnismäßigkeitserwägungen437 weniger einzelne Branchen denn das Regime an sich beachten. Angesichts des weiten verordnungsgeberischen Einschätzungsspielraums bestehen indes keine Bedenken gegen die Wahrung der Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes.438

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Eine entsprechende Anweisung ließe sich ferner in Bezug auf die jeweilige Erwerbsform in Betracht ziehen, da ein mittelbarer Erwerb sowie zugerechnete Stimmrechte möglicherweise ein kleineres Beeinträchtigungspotenzial der Schutzgüter implizieren als der unmittelbare Erwerb. Indes beschränken sich die verfassungsrechtlichen Untersuchungen dieser Arbeit auf die unmittelbare Erwerbsform (vgl. schon Kap. 3 zu Beginn). 434 S. bereits Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) aa). 435 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 27 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). Vgl. § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AWV. 436 Kap. 2 § 1 A. 437 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 27 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). 438 Insbesondere ist der allgemeine Gleichheitssatz neben „alle[n] Menschen“ i. S. v. Art. 3 Abs. 1 GG unter den Voraussetzungen des Art. 19 Abs. 3 GG auch auf inländische juristische Personen anwendbar, vgl. nur BVerfGE 3, 383 (390); Kischel, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 3 (Stand 2022) Rn. 6. S. näher zum allgemeinen Gleichheitssatz Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 768 ff.; Pietzcker, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grund-

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Dies vorausgeschickt ist hinsichtlich der § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV für eine Unangemessenheit des § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG vorzubringen, dass die Sperrminorität im nationalen Gesellschaftsrecht regelmäßig erst bei einer 25-Prozent-Beteiligung an den Stimmrechten des betroffenen Unternehmens von einem wesentlichen Einfluss auf zielunternehmerische Entscheidungen ausgeht.439 Im Außenwirtschaftsrecht hat sich der Verordnungsgeber also bewusst gegen das allgemeine nationale Verständnis entschieden, auch der Gesetzgeber hält die Einflussnahme eines lediglich zu zehn Prozent an den Stimmrechten beteiligten Investors für prinzipiell unmöglich.440 Erst kürzlich belegte die Teiluntersagung des chinesischen Erwerbs am Hamburger Hafenterminal von lediglich ab einer 25Prozent-Beteiligung441 die Ansicht der Bundesregierung, von kleineren Anteilspositionen ginge keine Gefahr der Einflussnahme aus.442 Hinzu kommt, dass auf internationaler Ebene der International Accounting Standard 28, den auch unionsrechtliche Vorschriften443 heranziehen,444 erst ab einer 20-Prozent-Beteiligung einen maßgeblichen Einfluss auf das jeweilige Unternehmen vermutet.445 Zu beachten ist allerdings auch, dass die OECD Benchmark ebenfalls an eine zehnprozentige Beteiligung knüpft.446 Zudem soll die Schwelle des § 56 Abs. 1 Nr. 1 AWV nicht den Regelfall eines Einflusses abbilden; sie dient vielmehr einer Einbeziehung von Ausnahmekonstellationen.447 Ein atypischer Fall, in dem bereits mit rechte, Bd. V, 2013, § 125; Kingreen, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 3 (Stand 2020) Rn. 240 ff. m. w. N. 439 Vgl. zur Sperrminorität im Aktienrecht Groh, in: Weber (Hrsg.), Rechtswörterbuch (Stand 2021), Sperrminorität und allgemein weiter Drygala/Staake/Szalai, Kapitalgesellschaftsrecht, 2012, S. 557. 440 RegBegr. (BT-Drucks. 17/3122 v. 1. 10. 2010, S. 13); Böhm, ZBB 2019, 115 (117 f.). 441 S. hierzu schon oben einleitend Kap. 1. 442 Vgl. BMWK, Bundeskabinett verabschiedet Teiluntersagung im Investitionsprüfverfahren Hamburger Hafen, Pressemitteilung v. 26. 10. 2022, https://www.bmwk.de/Redaktion/ DE/Pressemitteilungen/2022/10/20221026-bundeskabinett-verabschiedet-teiluntersagung-im-in vestitionsprufverfahren-hamburger-hafen.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023) sowie insbesondere auch für die Begründung der Reduzierung des Erwerbs „auf eine reine Finanzbeteiligung“ Deutsche Bundesregierung, Antwort auf die Kleine Anfrage zu Investitionsbeziehungen mit China, insbesondere des chinesischen Staatsunternehmens COSCO an dem Hamburger Hafenterminal Tollerort, S. 5 (BT-Drucks. 20/5110 v. 27. 12. 2022). 443 Verordnung (EU) 2019/237 der Kommission v. 8. 2. 2019 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gem. der Verordnung (EG) Nr. 1606/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf den International Accounting Standard 28 (ABl L 39 II, S. 1). 444 Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 56 AWV (Stand 2022) Rn. 6. 445 International Financial Reporting Standards Foundation, IAS 28 Investments in Associates and Joint Ventures, 2021, https://www.ifrs.org/issued-standards/list-of-standards/ias-28investments-in-associates-and-joint-ventures/ (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 446 S. schon Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (2). 447 Dahingehend auch Böhm, ZBB 2019, 115 (117 f.); Haak/Brakalova/Thiemann, CB 2019, 231 (232). Vgl. zu Ausnahmefällen, in welchen auch eine geringe Beteiligung größere

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einer zehnprozentigen Beteiligung auf unternehmerische Entscheidungsprozesse eingewirkt werden kann, wäre etwa bei einer sehr geringen Anwesenheit anderer stimmberechtigter Anteilseigner auf der Hauptversammlung denkbar. An den Hauptversammlungen der DAX-Unternehmen nahmen 2005 45,9 Prozent und 2013 50,8 Prozent teil. Seitdem stieg die Durchschnittszahl zwar regelmäßig bis 2021 mit einem Rückgang um 0,9 Prozent,448 was gegen eine geringe Prüfschwelle sprechen könnte. Indessen handelt es sich lediglich um Durchschnittswerte,449 die im Übrigen auch mit 68,8 Prozent im Jahr 2021 bei einer zehnprozentigen Beteiligung weitaus größere Einflussmöglichkeiten auf Unternehmensentscheidungen eröffnen. In Zeiten der durch die COVID-19-Pandemie bedingten Online-Hauptversammlungen stiegen die Zahlen zum Teil erheblich. An der Online-Hauptversammlung450 der Axel Springer SE nahmen im Jahr 2020 nahezu 100 Prozent teil;451 demgegenüber war hier die Präsenzquote im Jahr 2015 noch bei 74 Prozent zu verzeichnen.452 Die weiteren Entwicklungen sind insoweit nicht absehbar.

Einflussmöglichkeiten vermittelt, Ukrow/Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 63 AEUV (Stand 2021) Rn. 393. 448 Schnorr, HV-Saison 2021: Erster Rückgang seit 2013, Barkow Consulting, https://www. barkowconsulting.com/tag/hauptversammlung/; Handelsblatt, Studie: Teilnahme an Hauptversammlungen sinkt etwas, Bericht v. 27. 6. 2021, https://www.handelsblatt.com/unterneh men/management/dax-unternehmen-studie-teilnahme-an-hauptversammlungen-sinkt-etwas/273 67618.html?ticket=ST-5726242-a6WEwBjz6ncbXaN6HHYZ-cas01.example.org (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). Eine Durchschnittsbeteiligung von lediglich 50 Prozent in den Jahren 2005 bis 2015 skizzieren auch Schuelken und Sichla im unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeitskontext (Schuelken, Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen, 2021, S. 88; ders./Sichla, NVwZ 2019, 1406 [1409]). 449 Etwa bei der dem MDAX zuzuordnenden ProSiebenSat.1 Media SE, die dem Tatbestand des § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV unterfällt, belief sich der Durchschnitt in den vergangenen Jahren auf ungefähr 50 Prozent und im Jahr 2015 auf sogar nur 42 Prozent, s. hierzu ProSiebenSat.1 Media, Abstimmungsergebnisse zur Hauptversammlung der ProSiebenSat.1 Media AG am 21. Mai 2015, München, https://www.prosiebensat1.com/uploads/2015/11/01/p7s1_ hv%202015_abstimmungsergebnisse.pdf; sowie auch für die weiteren Jahre dies., Hauptversammlung, https://www.prosiebensat1.com/hauptversammlung#2015 (Vgl. hierzu auch Schuelken, Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen, 2021, S. 88; ders./ Sichla, NVwZ 2019, 1406 [1409]). Auch bei der Axel Springer SE lag die Präsenzquote im Jahr 2015 noch bei 74 Prozent, vgl. dies., Abstimmungsergebnisse der ordentlichen Hauptversammlung der Axel Springer SE am 14. April 2015, Berlin, https://www.axelspringer.com/ data/uploads/2015/04/Abstimmungsergebnis_Uebersicht.pdf (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 450 Axel Springer, Hauptversammlung 2020, https://www.axelspringer.com/de/hauptver sammlung-2020 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 451 Axel Springer, Abstimmungsergebnisse der ordentlichen Hauptversammlung der Axel Springer SE am 26. November 2020 in Berlin, https://www.axelspringer.com/data/uploads/202 0/11/abstimmungsergebnisse-der-ordentlichen-hv-der-axel-springer-se-am-26.-november-2020. pdf (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 452 Axel Springer SE, Abstimmungsergebnisse der ordentlichen Hauptversammlung der Axel Springer SE am 14. April 2015, Berlin, https://www.axelspringer.com/data/uploads/2015/ 04/Abstimmungsergebnis_Uebersicht.pdf (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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Belief sich die Hauptversammlungspräsenz bei einem deutschen Zielunternehmen in den vergangenen Jahren auf einen sehr geringen Durchschnittswert, bietet dies jedenfalls Anzeichen für größere Einwirkungsmöglichkeiten eines zehn Prozent der Stimmrechte haltenden Investors. Würden entsprechende Konstellationen bereits im Vornhinein allgemein von der Investitionsprüfung einschließlich des Vollzugsverbots ausgeschlossen, bliebe dem Staat im Zweifel ein effektiver Schutz außenwirtschaftsrechtlicher Güter verwehrt. Daher überzeugt grundsätzlich eine weitere Tatbestandsfassung, welcher unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten mit strengeren Rechtsfolgen begegnet werden kann. Wenngleich mit dem Vollzugsverbot eine intensive Verfügungsbeschränkung verbunden ist, steht diese grundsätzlich nicht wegen seiner Geltung ab dem Erwerb einer zehnprozentigen Beteiligung außer Verhältnis.453 Ein anderes Abwägungsresultat lässt sich demgegenüber im Bereich der Medienunternehmen i. S. v. § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV in Betracht ziehen.454 Der Verordnungsgeber begründete das Erfordernis einer zehnprozentigen Prüfschwelle im Medienbereich lediglich mit der Wahrung allgemeiner Verhältnismäßigkeitsmaßstäbe, ohne weitergehende Erwägungen anzustellen. Aus seiner Perspektive sind diese Unternehmen dem Begriff „kritische Infrastrukturen“ zuzuordnen.455 Als die 20-Prozent-Schwelle in § 56 Abs. 1 Nr. 2 AWV n. F. eingeführt wurde, hätte die zuvor für alle Katalogunternehmen geltende zehnprozentige Schwelle auf diese angehoben werden können; dies ist indes nur im Gesundheitsbereich geschehen.456 Festzuhalten ist zunächst, dass medienrechtlichen eine sonstigen Schutzgütern der Investitionsprüfung sicherheitsrelevanter ziviler Unternehmen vergleichbare Bedeutung zuzusprechen ist und auch die Intensität der eigentumsfreiheitlichen Beschränkung als nicht weniger gering einzustufen ist.457 Dennoch könnte vom drittstaatlichen Erwerb eines Medienunternehmens konkret ein geringeres Beeinträchtigungspotenzial medienrechtlicher Schutzgüter ausgehen. Hierfür ließe sich zunächst die Existenz wettbewerbsrechtlicher Vorschriften ins Feld führen, welche wie auch das außenwirtschaftsrechtliche Vollzugsverbot bereits vor der Transaktion Anwendung finden. Obgleich solche Regelungen vordergründig dem ökonomischen Wettbewerb dienen,458 impliziert eine Aufrechterhaltung dieses Wettbewerbs im 453 Ob diese Argumentation auch hinsichtlich des mittelbaren Erwerbs sowie der Zurechnung von Stimmrechten greift, ist an dieser Stelle nicht von Bedeutung, da allein der unmittelbare Erwerb untersucht wird (Kap. 3 zu Beginn). Zu dieser Frage s. Böhm, ZBB 2019, 115 (118). 454 Eine entsprechend andere Bewertung äußert sich beispielsweise im österreichischen Rechtsrahmen, vgl. Kap. 2 § 3 C. 455 Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, S. 27 (BTDrucks. 19/29216 v. 3. 5. 2021). 456 Vgl. Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (1). 457 Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (1). 458 S. nur Müller-Terpitz, in: Gersdorf/Paal, BeckOK-Informations- und Medienrecht, § 60 MStV (Stand 2022) Rn. 7. Vgl. zum beschränkten Schutz vor drittstaatlichen Investitionen

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Bereich unterschiedlicher Medienunternehmen zwangsläufig den Erhalt diverser Formate zugunsten der Medienvielfalt.459 Überdies fördern unter anderem in den Bundesländern etablierte Arbeitsgruppen die Medienpluralität.460 Auch geht die KEK gegen eine vorherrschende Meinungsmacht von Unternehmen im Fernsehen vor,461 deren Handlungsmöglichkeiten anders als außenwirtschaftsrechtliche Optionen nach der Durchführung einer Transaktion erhalten bleiben. Zur Wahrung der inhaltlichen Meinungsvielfalt im privaten Rundfunk kann die Kommission gem. § 60 Abs. 4 MStV unabhängig von der Zulassung eines neuen Programmes oder von Beteiligungsveränderungen die Zulassung für eine Veranstaltung von Rundfunkprogrammen als solche widerrufen, um gegen eine vorherrschende Meinungsmacht vorzugehen.462 Eine entsprechende Macht wird im Fernsehen gem. § 60 Abs. 2 MStV vermutet, wenn die Programme eines Unternehmens einen Zuschaueranteil von 30 Prozent bzw. unter gewissen Umständen von 25 Prozent erreichen. Der Prüfmechanismus der KEK beschränkt sich auf die Meinungsvielfalt im deutschen Fernsehen und damit lediglich auf einen Teilbereich der von § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV geschützten Medien. Allerdings berücksichtigt sie bei ihren Untersuchungen gem. § 60 Abs. 2 Satz 2 MStV verwandte medienrelevante Märkte, denen unter anderem Online-Medien, der Hörfunk oder auch Tageszeitungen zuzuordnen sind.463 Trotz des primären Ziels einer Sicherung der Medienvielfalt im privaten Rundfunkwesen wird also zumindest sekundär eine Ausstrahlungswirkung auf die Vielfalt im Telemedien- und Pressewesen erzeugt. Allerdings kann die KEK nicht auf die Beteiligungsstruktur von Medienunternehmen einwirken; ihr Anknüpfungspunkt beläuft sich allein auf eine vorherrschende Meinungsmacht, also auf einen einseitigen, in hohem Maße ungleichgewichtigen Einfluss einzelner Veranstalter oder Programmen auf die Bildung der öffentlichen

durch kartellrechtliche Vorschriften im europäischen Kontext auch Schuelken, Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen, 2021, S. 113 ff., 130. 459 Vgl. zum einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff noch unter geltendem Rundfunkstaatsvertrag auch Beater, Medienrecht, 2. Aufl. 2016, Rn. 896 ff.; Davis, Die „dienende“ Rundfunkfreiheit im Zeitalter der sozialen Vernetzung, 2019, S. 145 f.; Dörr/Schwartmann, Medienrecht, 6. Aufl. 2019, Rn. 386 ff.; Petersen, Medienrecht, 5. Aufl. 2010, § 9 Rn. 3 ff. m. w. N. 460 S. bereits Kap. 2 § 1 C. II. 461 Vgl. zum einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff noch unter geltendem Rundfunkstaatsvertrag auch Davis, Die „dienende“ Rundfunkfreiheit im Zeitalter der sozialen Vernetzung, 2019, S. 130 ff. Vgl. zur Zusammenarbeit von Kartellbehörden und KEK auch Stockmann, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Bd. 2, 6. Aufl. 2020, § 50c GWB Rn. 27 m. w. N. Zum Nebeneinander von kartellrechtlicher und medienspezifischer Konzentrationskontrolle s. weiter Müller, in: Wandtke/Ohst (Hrsg.), Medienrecht PraxisHdb., Bd. 3, 3. Aufl. 2014, Kap. 2 § 3 Rn. 213 ff. 462 KEK, Auftrag, https://www.kek-online.de/ueber-uns/auftrag/ (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 463 KEK, Medienrelevante verwandte Märkte, https://www.kek-online.de/medienkonzentra tion/medienrelevante-verwandte-maerkte (zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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Meinung,464 sodass Pressefreiheit und freie Berichterstattung von ihr nicht umfassend gesichert werden können.465 Für die Wahrung der Pressefreiheit und der freien Berichterstattung ist weiterhin bedeutsam, dass sich die Berichterstatter unabhängig von den unternehmerischen Beteiligungsverhältnissen auf ihr Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG berufen können.466 Einer Kündigung könnte mit arbeitsrechtlichen Schutzmöglichkeiten467 entgegengetreten werden. Jedoch ist zuzugeben, dass der Erwerb zunächst einen entsprechenden Einfluss gewährt und die unternehmerische Tätigkeit unmittelbar beeinträchtigt werden kann. Es läge in den Händen der Betroffenen, gegen negative Entwicklungen in Presse und Rundfunk vorzugehen, diese müssten sich aktiv zur Wehr setzen. Davon unabhängig könnte etwa auch die Beförderung eines Journalisten an die Verfassung bestimmter Berichte geknüpft werden. Ungeachtet ihrer Zulässigkeit ließe sich im Vornhinein nicht sicher abschätzen, ob entsprechenden Vereinbarungen nicht doch gefolgt werden würde. Dahingehende Einflussnahmen erscheinen insbesondere im Medienbereich bereits mit dem Erwerb einer zehnprozentigen Beteiligung möglich, indem der Investor dem Zielunternehmen z. B. dringend notwendiges Kapital zur Verfügung stellt und im Gegenzug weitere Sitze im Aufsichtsrat, die Gewährung von Vetorechten oder die Einstellung eines neuen Chefredakteurs verlangt.468 Ähnliche Gefahren zeigten sich zuletzt – wenn auch im innerunionalen Kontext – in Bezug auf die in München ansässige ProSieben Sat.1 Media SE, deren vom früheren italienischen Ministerpräsidenten Berlusconi kontrollierter Aktionär MFEMediaforeurope N.V.469 mit einer Nichtverlängerung des Vertrages von Vorstands464

S. nur BVerfGE 73, 118 (160). Vgl. anschaulich zur an einer Untersagung des Bundeskartellsamts sowie der KEK aus Gründen einer vorherrschenden Meinungsmacht gescheiterten Übernahme der ProSiebenSAT.1 Media AG durch die Axel Springer AG Dörr/Schwartmann, Medienrecht, 6. Aufl. 2019, Rn. 397a m. w. N. Der BGH bestätigte die kartellrechtliche Untersagung, vgl. BGH, Beschl. v. 8. 6. 2010 – KVR 4/09, NJOZ 2011, 849 (849 ff.); kritisch zur erstinstanzlichen Entscheidung Bremer/Grünwald, MMR 2009, 80 (80 ff.) m. w. N. S. auch zur Entscheidung der Kommission KEK, Beteiligungsveränderungen bei Tochtergesellschaften der ProSieben SAT.1 Media AG, Az. KEK 293 – 1 bis –5, Beschl. v. 10. 1. 2006, https://www.kek-online.de/fileadmin/user_up load/KEK/Medienkonzentration/Verfahren/kek293prosieben-sat1.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 466 Zum sachlichen Schutz der Presse- und Rundfunkfreiheit s. ausf. Kap. 3 § 2 C. I. und zum persönlichen Grundrechtsschutz natürlicher Personen s. Kap. 3 § 1 A. I. 467 In Betracht käme etwa die Erhebung einer Kündigungsschutzklage nach dem KSchG (Kündigungsschutzgesetz i. d. F. der Bekanntmachung v. 25. 8. 1969 [BGBl I 1969, S. 1317]). 468 Ein ähnlicher Umbruch erfolgte jüngst in Polen mit dem Austausch aller Chefredakteure eines Medienunternehmens im Anschluss an dessen Übernahme durch ein regierungsnahes Unternehmen, vgl. hierzu Hassel, Öl ins Feuer, Süddeutsche Zeitung v. 24. 5. 2021, https://www.sueddeutsche.de/medien/polen-pressefreiheit-pis-gazeta-wyborcza-1.5299817?re duced=true (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 469 In die jüngeren Namensänderung des Unternehmens von Mediaset S.p.A. in MFE-Mediaforeurope N.V. wird ein weiteres Voranbringen der Pläne einer europäischen TV-Allianz 465

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sprecher Beaujean und dem Erhalt weiterer Sitze die Kontrolle im Aufsichtsrat forcierte.470 Entsprechenden Bestrebungen trat die ProSieben Sat.1 Media SE entschlossen mit einer fünfjährigen Verlängerung von Beaujeans Vertrag entgegen.471 Beaujean selbst setzte grundsätzlich darauf, dass der Gesetzgeber Gewähr für die weitere Auftragserfüllung der ProSieben Sat.1 Media SE bietet.472 Fakt ist jedoch, dass Beaujean knapp ein Jahr später aus dem Unternehmen ausschied.473 Medienrechtswissenschaftler Vesting hielt den noch 2021 geltenden Rechtsrahmen des Medienkonzentrationsrechts für unzureichend: Er nahm Berlusconis damaligen Versuch, bei dessen Erfolg eine Fortsetzung des Programmengagements im Bereich gesellschaftlich relevanter Fragestellungen zweifelhaft erscheine, als Beispiel für die Notwendigkeit, das deutsche Medienrecht stärker hinsichtlich der Übernahmegefahren für Medienunternehmen auch durch unionsinterne Investoren zu rüsten. Damit solle nicht nur die programmliche Vielfalt, sondern auch der wirtschaftliche Wettbewerb sowie die Integrität der Medienmärkte gesichert werden.474 Diesem Aufruf kam der bayerische Gesetzgeber mit einer Novelle des Mediengesetzes nach, um die Informationsvielfalt in einem privaten Sender vor einem diese

erblickt, vgl. Niemeier, Media for Europe: Mediaset verpasst sich neuen Namen, DWDL.de v. 25. 11. 2021, https://www.dwdl.de/nachrichten/85511/media_for_europe_mediaset_verpasst_ sich_neuen_namen/?utm_source=&utm_medium=&utm_campaign=&utm_term= (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 470 Kaleta/Özgenc, Übernahmekampf bei ProSiebenSat.1: Greift Silvio Berlusconi mit seinem Konzern Mediaset nach der Macht beim großen deutschen Privatsender?, Business Insider v. 9. 11. 2021, https://www.businessinsider.de/wirtschaft/uebernahmekampf-bei-prosie bensat-1-greift-silvio-berlusconi-mit-seinem-konzern-mediaset-nach-der-macht-beim-grossendeutschen-privatsender-p4/; König, ProSiebenSat.1: Mediaset will Kontrolle im Aufsichtsrat, teletarif v. 5. 11. 2021, https://www.teltarif.de/prosiebensat-1-mediaset-fernsehen-medien/news/ 86234.html; Peitsmeier/Schubert, „Die Politik hat großes Interesse an uns“, FAZ v. 20. 11. 2021, https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/wie-prosiebensat-1-sich-die-zukunftsichern-will-17643195.html?premium. Vgl. schon zu Beginn des Jahres 2021 zur gesteigerten Einflussnahme des Aktionärs Busse, Tschechen steigen aus, Süddeutsche Zeitung v. 18. 2. 2021, https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ps7s1-prosiebensat1-kretinsky-berlusconi-media set-1.5210537 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 471 Herr, ProSiebenSat.1 setzt Zeichen gegen Mediaset, Börsen-Zeitung v. 7. 12. 2021, https://www.boersen-zeitung.de/personen/prosiebensat1-setzt-zeichen-gegen-mediaset-a40d331 6-573d-11ec-bddb-5d04eea0c334 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 472 Peitsmeier/Schubert, „Die Politik hat großes Interesse an uns“, FAZ v. 20. 11. 2021, https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/wie-prosiebensat-1-sich-die-zukunft-si chern-will-17643195.html?premium (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 473 Busse, Warum der Chefwechsel bei Pro Sieben Sat1 so brisant ist, Süddeutsche Zeitung v. 4. 10. 2022, https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/pro-sieben-sat-1-rtl-vorstand-beaujean1.5668421 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 474 Vesting, So stoppt man Berlusconi nicht, FAZ v. 24. 11. 2021, https://www.faz.net/aktu ell/feuilleton/medien/reform-des-medienkonzentrationsrechts-ist-noetig-17646846.html?pre mium (zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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gefährdenden Einfluss eines Gesellschafters effektiver sichern zu können.475 Bereits wenige Tage später kam die Regelung zur Anwendung, als Berlusconi seine Beteiligung an der ProSiebenSat.1 Media SE auf mehr als 25 Prozent der Stimmrechte ausweitete.476 Im Dezember 2022 stellte Berlusconi sodann seinen Kontrollerwerb in Aussicht.477 Nach dieser Ankündigung erfolgte wenige Wochen später (vorerst) ein Rückzug, deutsche und österreichische Behörden wollten die Transaktion umfassenden Prüfungen unterziehen. Ein Ausbau der Einflussnahme des Großaktionärs auf die ProSieben Sat.1 Media SE werde aber weiterverfolgt.478 Zu beachten ist, dass die unabhängig vom Außenwirtschaftsrecht jedenfalls in gewissem Maße erhaltene Medienvielfalt anderen Unternehmen dieser Branche die Möglichkeit bietet, auf negative Entwicklungen unter drittstaatlicher Einflussnahme aufmerksam zu machen. So könnte die Bevölkerung die von diesem Unternehmen veröffentlichten Informationen bewusst mit der Wahrnehmung konsumieren, dass von anderen Unternehmen Versuche negativer Einflüsse ausgehen. Damit wäre die Bevölkerung einer Meinungsmanipulation weniger zugänglich. Auch wenn dies eine Beschränkung der Pressefreiheit und der freien Berichterstattung nicht unmittelbar verhinderte, ginge vom Drittstaatler ein geringeres Beeinträchtigungspotenzial der Schutzgüter aus. Es ließe sich argumentieren, dass viele der in Deutschland etablierten Medienformate wenigen großen Unternehmen zuzuordnen sind, womit die Wirkung gegenübertretender Medienunternehmen verringert würde; jedenfalls ist aber eine gewisse Breite in der Medienlandschaft vorhanden. Jüngere Ereignisse betreffend den ehemaligen BILD-Chefredakteur Reichelt vergegenwärtigten allerdings, dass Medienunternehmen nicht immer bestrebt sind, 475 Einen Bezug der Novelle zu Berlusconis Bestrebungen in dem in München ansässigen Medienunternehmen bemerken auch Hein, Bayern verschärft Mediengesetz für privaten Rundfunk, Horizont v. 11. 3. 2022, https://www.horizont.net/medien/nachrichten/wegen-ambi tionen-von-berlusconi-bayern-verschaerft-mediengesetz-fuer-privaten-rundfunk-198486?cre fresh=1; Kaleta/Özgenc, Politik greift in Machtkampf bei ProSiebenSat.1 ein: Bayern verschärft Mediengesetz, um Berlusconi zu stoppen, Business Insider v. 11. 3. 2022, https://www. businessinsider.de/wirtschaft/handel/politik-greift-in-machtkampf-bei-pro7-ein-bayern-verscha erft-mediengesetz-um-berlusconi-zu-stoppen-a/ (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 476 Bläske, Media for Europe stockt Anteil an ProSiebenSat.1 auf, Börsenzeitung v. 14. 3. 2022, https://www.boersen-zeitung.de/unternehmen-branchen/media-for-europe-stockt-anteil-a n-prosiebensat1-auf-ad1fe448-a3a6-11ec-b407-d40fa6a65bdf; Die Zeit, Berlusconi erhöht ProSiebenSat.1-Beteiligung auf mehr als 25 Prozent, v. 14. 3. 2022, https://www.zeit.de/kultur/ film/2022-03/silvio-berlusconi-prosieben-sat1-beteiligung-deutsches-fernsehen?utm_referrer= https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F. Mittlerweile beträgt die Beteiligung der MFE-Mediaforeurope N.V. an der Axel Springer SE 22,72 Prozent, vgl. https://www.prosiebensat1.com/ investor-relations/aktie/aktionaersstruktur (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 477 Deutsche Fernsehsender, Berlusconi meldet Kontrolle von ProSiebenSat.1 an, FAZ v. 18. 12. 2022, https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/digitec/silvio-berlusconi-meldet-kontrollevon-prosiebensat-1-an-18543102.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 478 Lipinski, Berlusconi will ProSiebenSat.1 nicht übernehmen, Meedia v. 2. 2. 2023, https://www.meedia.de/medien/berlusconi-will-prosiebensat1-nicht-uebernehmen-35304 bb8e324042160488e2503467fba (zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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andere Branchengrößen in ein schlechtes Licht zu rücken: Im konkreten Fall deckten Recherchen einen Machtmissbrauch des Chefredakteurs bezüglich Angestellten auf.479 Möge man sich (ganz selbstverständlich) vorstellen, dass andere Medienunternehmen mit solchen Rechercheergebnissen nur zu gerne an die Öffentlichkeit träten, so liegt man falsch. Vielmehr wurde die Veröffentlichung verhindert, um nicht den Anschein zu erwecken, diese erfolge aus wirtschaftlichen Beweggründen und um dem Wettbewerber Axel Springer SE zu schaden. Hiermit gaben sich die Journalisten selbst jedoch nicht zufrieden.480 In diesen Fall betrafen die Vorwürfe den Machtmissbrauch im Umgang mit Frauen, während sich die Untersuchungen dieser Studie auf drittstaatliche Einflussnahmen beziehen. Eines ist gleichwohl sicher: Unabhängig von der Frage, welche Vorwürfe an die Öffentlichkeit gelangten und wie sehr sie dem Betroffenen schadeten, haben es die übrigen Akteure in der Hand, entsprechende Informationen aufzudecken; dies ist offenkundig nicht immer in ihrem Interesse. Auch kann man sich nicht darauf verlassen, dass sich die Journalisten wie im Fall Reichelt gegen ihr eigenes Unternehmen wenden und eine Veröffentlichung verlangen. Selbst wenn man grundsätzlich auf eine kritische Pressetätigkeit und die Berichterstattung der übrigen Medienunternehmen hoffte, verhindern wettbewerbs- und medienkonzentrationsrechtliche Beschränkungen nicht die Beteiligung unterschiedlicher drittstaatlicher Investoren. Deren strategische Einflussnahme zu Zwecken der Meinungsmanipulation bleibt möglich. Die erforderliche Gegensteuerung wahrten lediglich noch die öffentlich-rechtlichen Medien481, wobei nur schwer abschätzbar ist, ob die Bevölkerung ihnen entgegen allen übrigen Formaten Glauben schenkt. Angesichts dieses Beeinträchtigungspotenzials medienrechtlicher ist mit Blick auf die übrigen Güter im Bereich des § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 5, Nr. 7 AWV be479

Dieser ist daraufhin von seinen Aufgaben als Chefredakteur entbunden worden, s. Axel Springer SE, Nach neuen Erkenntnissen: Axel Springer entbindet Julian Reichelt von seinen Aufgaben, Presseinformation v. 18. 10. 2021, https://www.axelspringer.com/de/presseinforma tionen/nach-neuen-erkenntnissen-axel-springer-entbindet-julian-reichelt-von-seinen-aufgaben; ZDFheute, „Bild“-Chefredakteur von Aufgaben entbunden, Bericht v. 18. 10. 2021, https:// www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/julian-reichelt-bild-axel-springer-100.html (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 480 Albrecht/Blanke, Verleger verhindert Veröffentlichung von Recherchen über die „Bild“, Zeit Online v. 18. 10. 2021, https://www.zeit.de/kultur/2021-10/dirk-ippen-julian-reicheltverlagschef-bild-kritischer-bericht?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F; Smith, At Axel Springer, Politico’s New Owner, Allegations of Sex, Lies and a Secret Payment, The New York Times v. 17. 10. 2021, https://www.nytimes.com/2021/10/17/business/me dia/axel-springer-bild-julian-reichelt.html; SPIEGEL Wirtschaft, Ippen-Verlang verhindert Veröffentlichung von Recherche über „Bild“-Chef Reichelt, Bericht v. 18. 10. 2021, https:// www.spiegel.de/wirtschaft/julian-reichelt-ippen-verlag-verhindert-veroeffentlichung-von-re cherche-ueber-bild-chef-reichelt-a-6a1f4dd2-d1f8-460a-ad89-ffb6dc0ff377 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 481 Vgl. zur eventuell fehlenden Erforderlichkeit einer außenwirtschaftsrechtlichen Untersagung wegen einer erhöhten Finanzierungsmöglichkeit öffentlich-rechtlicher Medien Kap. 3 § 4 A. III. 2. b) ee).

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deutsam, welche Möglichkeiten zu ihrer Sicherung verbleiben, um festzustellen, ob diese tatsächlich nach einem größeren außenwirtschaftsrechtlichen Schutz verlangen. Bereits eine Transaktion ermöglicht die Offenbarung wichtiger Informationen beispielsweise in Bereich der Telematikinfrastruktur, womit die Gesundheitsversorgung beeinträchtigt werden könnte. Entsprechendes gilt für eine der Pressefreiheit und der freien Berichterstattung abträgliche strategische Einflussnahme auf ein Medienunternehmen. Zwar führte ein Erwerb nicht zur gänzlichen Aufweichung der Medienvielfalt; dies ist jedoch für den Erwerb eines Unternehmens der Telematikinfrastruktur, deren Branche regelmäßig weitere Unternehmen angehören, nicht anders zu beurteilen. Die Versorgung der Bevölkerung fiele ebenfalls erst bei weiteren Erwerben aus, auch wenn bereits der Wegfall eines Unternehmens zu erheblichen Engpässen führen könnte. Ein anderes Abwägungsergebnis könnte sich schließlich daraus ergeben, dass bei der Aufnahme von Medienunternehmen in den Katalog des § 55a Abs. 1 AWV mit zunehmend drohenden Bestrebungen strategischer Einflussnahmen, insbesondere Chinas, mit dem Ziel einer Meinungsmanipulation argumentiert wurde. Zwar zeigten obige Untersuchungen, dass entsprechende Einflussversuche in Südosteuropa bereits erfolgreich waren.482 In Anbetracht der divergierenden strukturellen Gegebenheiten ist eine entsprechende Entwicklung in Deutschland zumindest ungewiss; Wiedergaben chinesischer Berichterstattungen oder von Reden des chinesischen Präsidenten lassen sich hierzulande augenscheinlich nicht vernehmen. In den Jahren 2017 bis 2019 markierten Studien einen Zuwachs ausländischer Investitionen in die Sektoren Medien und Unterhaltung. Dieser äußerte sich allerdings vornehmlich in einem Anstieg der Finanzinvestitionen in diese Branche, während strategische Investitionen rückläufig waren. Erwerbe deutscher Unternehmen in diesem Bereich aus China und Hong Kong machten fünf Prozent, diejenigen aus den Vereinigten Staaten von Amerika dagegen 24 Prozent aus.483 Soweit ersichtlich waren chinesische Investoren von 2014 bis 2017 nicht an deutschen Medienunternehmen beteiligt.484 2020 wurde in diesem Bereich erheblich weniger investiert, an der Zahl erfolgten 34 Erwerbe, während 2019 noch 77 Erwerbe stattfanden. Damit handelt es sich um einen Rückgang um mehr als die Hälfte des Vorjahres. Hinzu kommt, dass keine dieser Investition aus China oder Hong Kong stammte.485 Zwar zeigte sich pandemiebedingt allgemein in allen Branchen ein Rückgang von 745 Investitionen 2020 zu immerhin 912 Investitionen im Vorjahr in 482

Kap. 2 § 1 C. II. PwC, Destination Deutschland, M&A-Aktivitäten ausländischer Investoren, 2019, S. 5, 8, https://www.pwc.de/de/finanzinvestoren/destination-deutschland-m-und-a-aktivitaeten-ausla endischer-investoren-2019.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 484 Jungbluth, Kauft China deutsche Schlüsseltechnologien auf?, 2018, S. 25 ff.; Annweiler, NZG 2019, 528 (531). 485 PwC, Destination Deutschland, M&A-Aktivitäten ausländischer Investoren, 2020, S. 8 f., https://www.pwc.de/de/private-equity/destination-deutschland-2020.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 483

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deutsche Unternehmen. Betrachtet man diesen allgemeinen Rückgang mit Verhältnis zur Minderung im speziellen Medienbereich, so zeigt sich, dass letztere deutlich größer ist. Auch ein Blick auf die Beteiligungsverhältnisse in den größten privatrechtlichen Medienunternehmen Deutschlands486 zeigt, dass drittstaatlichen Unternehmen allein an der Axel Springer SE mindestens zehn Prozent der Stimmrechte zuzuordnen sind.487 Die amerikanische Finanzinvestorin Kohlberg Kravis Roberts & Co. Inc hielt nach seinem Übernahmeangebot im Jahr 2019488 mehr als vierzig Prozent der Anteile und war damit Hauptgesellschafter,489 mittlerweile stehen ihm 35,6 Prozent zu.490 Für diesen Erwerb war der Anwendungsbereich des § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV eröffnet;491 (größere) Bedenken der Behörden in Bezug auf die außenwirtschaftsrechtlichen Schutzgüter bestanden offenkundig jedoch nicht. Darüber hinaus sind nach dem Kenntnisstand der vorliegenden Studie keine weiteren Erwerbe von Medienunternehmen im Anschluss an deren Aufnahme in den Regelbeispielskatalog in der Öffentlichkeit publik geworden. Im Gegensatz zum 486 Zu den größten Medienkonzernen Deutschlands im Jahr 2018 s. Institut für Medienund Kommunikationspolitik, Ranking – Die zehn größten deutschen Medienkonzerne 2018, https://www.mediadb.eu/rankings/deutsche-medienkonzerne-2018.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 487 Bei der ProSiebenSat.1 Media SE befinden sich 74,48 Prozent der Anteile in Streubesitz überwiegend von Investoren aus den Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritannien sowie aus der Europäischen Union. 22,72 Prozent der Anteile hält das Medienunternehmen MFEMediaforeurope N.V. und 2,80 Prozent werden vom Unternehmen selbst gehalten (ProSiebenSat.1 Media, Aktionärsstruktur, https://www.prosiebensat1.com/investor-relations/aktie/ak tionaersstruktur). Die Beteiligungsverhältnisse der Bertelsmann SE & Co. KG setzen sich aus der Familie Bertelsmann/Mohn sowie Stiftungen zusammen (Bertelsmann, Aktionärsstruktur, https://www.bertelsmann.de/investor-relations/bertelsmann-im-ueberblick/aktionaere/); die Anteile an der Hubert Burda Media Holding KG befinden sich allesamt in Familienbesitz (s. etwa Horizont Online, Hubert Burda gibt weitere Anteile an seine Kinder ab, Horizont Online v. 16. 6. 2017, https://www.horizont.net/medien/nachrichten/Medienkonzern-Hubert-Burda-gibtweitere-Anteile-an-seine-Kinder-ab-158875 [jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023]). 488 Vgl. hierzu näher Axel Springer, Freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot durch KKR, https://www.axelspringer.com/de/freiwilliges-oeffentliches-uebernahmeangebot-durchkkr (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 489 Busse, New Yorker Finanzinvestor KKR steigt bei Springer ein, Süddeutsche Zeitung v. 5. 8. 2019, https://www.sueddeutsche.de/medien/axel-springer-verlag-kkr-1.4553439; ders., Das bedrohte Erbe des Axel Springer, Süddeutsche Zeitung v. 1. 8. 2019, https://www.sueddeut sche.de/medien/springer-verlag-kkr-1.4549280; Legal Tribune Online, Finanzinvestor KKR steigt bei Axel Springer ein, Bericht v. 13. 6. 2019, https://www.lto.de/recht/kanzleien-unter nehmen/k/freshfields-bruckhaus-deringer-hengeler-mueller-kkr-einstieg-axel-springer/; Renner, Droht Springer die Zerschlagung?, Berliner Zeitung v. 17. 2. 2020, https://www.berlinerzeitung.de/wirtschaft-verantwortung/springer-verlag-vor-massivem-konzern-umbau-li.76219? utm_source=pocket-newtab (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 490 Axel Springer, Investor Relations, https://www.axelspringer.com/de/investor-relations (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 491 Vgl. zum Anwendungsbereich der einschlägigen sektorübergreifenden Prüfung, insbesondere auch zum Beteiligungserwerb ausf. Kap. 2 § 1 B. II. 2.

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Kartellrecht492 ist eine Veröffentlichungspflicht im außenwirtschaftsrechtlichen Kontext nicht vorgesehen.493 Jedoch waren im Jahr 2022 anders als in den Vorjahren494 immerhin 11 der insgesamt 306 Prüffälle dem Medienbereich zuzuordnen.495 Beachtlich erscheint weiterhin, dass der Topos „Freiheit und Pluralität der Medien“ explizit als bedeutsame Zielunternehmensbranche in der Screening-Verordnung aufgeführt ist. Dennoch war die Branche nach Angaben der Europäischen Kommission in den für ihre Berichte maßgeblichen Zeiträumen nicht von größerer Bedeutung.496 Aus praktischer Sicht steht somit die Notwendigkeit der mit der nationalen Katalogaufnahme von Medienunternehmen verbundenen Verschärfungen, besonders das Bedürfnis des etablierten Vollzugsverbots, infrage. In diesem Zusammenhang darf allerdings nicht der weite verordnungsgeberische Prognose- und Einschätzungsspielraum bei der Frage vernachlässigt werden, welche Maßnahmen zur Sicherung hochrangiger Güter notwendig sind. Zwar impliziert eine Aufnahme von Medienunternehmen in den Regelbeispielskatalog erhebliche Verschärfungen, unter anderem insbesondere die Geltung des Vollzugs- und der Handlungsverbote für den Zeitraum der Investitionsprüfung.497 Gleichwohl zeichnen sich die außenwirtschaftsrechtlichen Regelungen gerade dadurch aus, dass ein Tätigwerden auf ihrer Grundlage lediglich im Vorgriff auf eine Transaktion möglich ist. Strengere Vorschriften können nicht allein unverhältnismäßig sein, weil bislang wenige Unionsfremde in deutsche Medienunternehmen investiert haben und im Allgemeinen wenige drittstaatliche Beteiligungen an ihnen bestehen. 492 § 39 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen v. 15. 7. 2005 (BGBl I 2005, S. 2114). Vgl. zu den veröffentlichten Entscheidungen des Bundeskartellamts auch Bundeskartellamt, Entscheidungen, https://www.bundeskartellamt.de/DE/Missbrauchsaufsicht/Ent scheidungen/entscheidungen_node.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Für diese Unterscheidung zum außenwirtschaftsrechtlichen Investitionsprüfverfahren s. Fleischmann, NZKart 2022, 57 (58). 493 Dies problematisiert auch v. Brevern, NZKart 2021, 530 (530). 494 Etwa im Jahr 2020 nicht sind Medienunternehmen Gegenstand der Investitionsprüfung gewesen, vgl. BMWK, Im Fokus: Eine Frage der nationalen Sicherheit, Die Investitionsprüfung im Spannungsfeld von Investitionsfreiheit und der Abwehr sicherheitspolitischer Gefahren, Schlaglichter der Wirtschaftspolitik 7/2021, S. 18, https://www.bmwi.de/Redaktion/ DE/Infografiken/Schlaglichter/2021/07/download-frage-der-nationalen-sicherheit.pdf?__blob= publicationFile&v=8 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 495 Vgl. BMWK, Investitionsprüfungen in Deutschland: Zahlen und Fakten, https://www. bmwk.de/Redaktion/DE/Publikationen/Aussenwirtschaft/investitionsprufung-in-deutschlandzahlen-und-fakten.pdf?__blob=publicationFile&v=18 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 496 Europäische Kommission, Report from the Commission to the European Parliament and the Council, First Annual Report on the screening of foreign direct investments into the Union v. 23. 11. 2021, COM (2021) 714, S. 15, https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2021/november/ tradoc_159935.pdf; dies., Report from the Commission to the European Parliament and the Council, Second Annual Report on the screening of foreign direct investments into the Union v. 1. 9. 2022, COM (2022) 433, S. 17, https://ec.europa.eu/transparency/documents-register/de tail?ref=COM(2022)433&lang=en (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 497 Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) aa) und bb).

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Die Situation könnte sich schnell verändern, wenn ein Drittstaatler in Zukunft eine profitablere Transaktion in Aussicht stellt als ein unionsansässiger Investor. Entsprechende Versuche lassen sich jedenfalls nicht ausschließen, sind Chinas Bestrebungen einer Einflussnahme auf die europäische Medienlandschaft doch unverkennbar.498 Gerade die aktuelle Situation um die ProSiebenSat.1 Media SE verdeutlicht, dass strategische Einflussnahmen auf deutsche Medienunternehmen nicht zu unterschätzen sind. Gilt dies bereits im unionsinternen Bereich, ist eine Abwehrmöglichkeit drittstaatlicher Einflussversuche, welchen regelmäßig kein der Europäischen Union vergleichbares Werteverhältnis zugrunde liegt, erst recht nachvollziehbar. Folglich kann den medienrechtlichen Gütern kein gegenüber denen der § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 5, Nr. 7 AWV vergleichbares Beeinträchtigungspotenzial abgesprochen werden.499 (b) Mögliche Unangemessenheit des Vollzugsverbots mangels einer Verhältnismäßigkeitsanweisung für die Prüfverfahrenslänge unter Berücksichtigung der Beteiligungsschwelle Ist der sektorübergreifende Anwendungsbereich mit dem Erwerb einer zehnbzw. 20-Prozent-Beteiligung an einem sicherheitsrelevanten Unternehmen eröffnet,500 werden der Exekutive keine Kriterien für die Ausgestaltung des Prüfverfahrens im Einzelfall vorgegeben. Es könnte aber zumindest einer gesetzlichen Anweisung dahingehend bedürfen, bei der Verfahrenslänge die jeweilige Beteiligungsschwelle zu berücksichtigen. Ein entsprechendes Bedürfnis ergibt sich aus den im Regelfall mit einer zehnprozentigen Beteiligung verbundenen geringeren Einflussmöglichkeiten des Investors als etwa bei einer 100-Prozent-Beteiligung. Kann aber weniger auf das Zielunternehmen eingewirkt werden, erscheint auch die Beeinträchtigung außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter unwahrscheinlicher. Das insoweit verminderte Beeinträchtigungspotenzial müsste sich demnach in der Länge des Prüfverfahrens und somit auch in der zeitlichen Geltung des Vollzugsverbots widerspiegeln, damit die Grundrechtsbeschränkung angemessen ist. Indes trifft dieses grundsätzlich anzunehmende Bedürfnis noch keine Aussage darüber, ob eine entsprechende Anweisung explizit gesetzlich normiert werden muss. Hier ist die weite Fassung der tatbestandliche Anwendungsbereichseröffnung von § 55 Abs. 1 AWV zu berücksichtigen, welche der Exekutive einen großen Handlungsspielraum im jeweiligen Einzelfall gewährt. Gleichwohl neigt der offene Tatbestand dazu, eine engere Formulierung auf Rechtsfolgenseite zu verlangen. Insofern gilt es, die Regelungen in § 4 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 AWG zu beachten. Nach dem Gesetzeswortlaut sind „Beschränkungen und Handlungspflichten […] nach Art und Umfang auf das Maß zu begrenzen, das notwendig ist, um den in der 498

Kap. 2 § 1 C. II. Gleichwohl besteht das stetige Erfordernis einer Überprüfung der Eingliederung bestimmter Branchen in den Katalog sicherheitsrelevanter Unternehmen, vgl. hierzu Kap. 5 § 3. 500 Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (1). 499

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

Ermächtigung angegebenen Zweck zu erreichen. Sie sind so zu gestalten, dass in die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung so wenig wie möglich eingegriffen wird.“ Mithin fordert das Außenwirtschaftsgesetz unter Bezugnahme auf die zur sektorübergreifenden Prüfung ermächtigenden § 4 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 4a AWG eine Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht.501 Da das Außenwirtschaftsgesetz gegenüber der Außenwirtschaftsverordnung höherrangig ist, gelten die Vorschriften auch für das sektorübergreifende Verfahren; eine weitere ausdrückliche Anweisung in der Außenwirtschaftsverordnung zur Berücksichtigung der Beteiligungsschwelle hinsichtlich der Verfahrenslänge ist zur Wahrung des Angemessenheitskriteriums nicht notwendig. Sie böte zwar für die Betroffenen weitere Anhaltspunkte für die Einschätzung der Investitionsprüfung, was unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten grundsätzlich positiv zu bewerten wäre. Allerdings schiede eine Nennung konkreter Zeitrahmen in Abhängigkeit von der Beteiligungsschwelle aus. In bestimmten Ausnahmekonstellationen, etwa, wenn das Erwerbsunternehmen kumulativ die Merkmale des § 55a Abs. 3 AWVerfüllt und deshalb als besonders gefährlich für die außenwirtschaftsrechtlichen Schutzgüter gilt, kann bei einer geringen Beteiligung ein ebenso langes oder sogar längeres Verfahren notwendig sein wie bei dem Erwerb einer großen Stimmrechtszahl. Demzufolge beschränkte eine entsprechende Vorgabe das exekutive Agieren im Einzelfall zu stark. Angesichts der etablierten Regelungen in § 4 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 AWG scheitert eine Verhältnismäßigkeit des Prüfmechanismus und damit des Vollzugsverbots nicht an einer fehlenden Anweisung zur Berücksichtigung der Beteiligungsschwelle hinsichtlich der Länge des Prüfverfahrens. (c) Mögliche Unangemessenheit des Vollzugsverbots wegen einer potenziellen Abstandnahme des Erwerbsunternehmens vom Erwerb Ferner ist eine unangemessene Beschränkung der zielunternehmerischen Verfügungsfreiheit in Betracht zu ziehen, weil sich § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG eventuell nachteilig auf das Verhalten des Erwerbsunternehmens auswirkt. Angesichts der langen schwebenden Unwirksamkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts könnte der Investor bereits vor Vertragsschluss abgeschreckt werden, während der Prüfung zweifeln und womöglich vom Erwerb Abstand nehmen.502 Dem Zielunternehmen 501

Simonsen, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, § 4 AWG (Stand 2016) Rn. 104; Pelz, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 5 AWG Rn. 37; Thoms, in: Dorsch, Zollrecht, § 4 AWG (Stand 2020) Rn. 35 ff. 502 So auch v. Brevern, BB 2022, 131 (137); v. Rummel, ZfZ 2020, 262 (265). Vgl. ebenfalls BIO Deutschland, Stellungnahme der BIO Deutschland zum Referentenentwurf des BMWK für eine 17. Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 26. 2. 2021, S. 4, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWV-No velle-17te/bio.pdf?__blob=publicationFile&v=6; Die Familienunternehmer, Stellungnahme zum Referentenentwurf für die 17. Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (17. AWV-Novelle) v. 27. 2. 2021, S. 2, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/ Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/familienunternehmer.pdf?__blob=pu

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kann eine entsprechende Beeinflussung in gewissen Situationen auch dienlich sein, etwa, wenn die Kontrolle eines Zulieferers durch den Investor vermieden werden soll.503 Jedenfalls bei dem hier untersuchten unmittelbaren Erwerb504 wirkte sich der Einfluss aber negativ aus. Im Jahr 2017 bestätigte sich die Abschreckungswirkung eines Investitionsprüfverfahrens, zu diesem Zeitpunkt gar noch ohne geltendes Vollzugsverbot,505 auf das Verhalten des Erwerbsunternehmens:506 Im Rahmen des Erwerbs einer Beteiligung am Unternehmen Leifeld gab der Investor die geplante Transaktion bekannt und stellte einen Antrag auf Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung, woraufhin das BMWK ein Prüfverfahren einleitete. Nach eingehenden Verhandlungen mehrten sich Gerüchte über eine bevorstehende Untersagung, woraufhin der Erwerber seinen Antrag zurückzog und die Transaktion scheitern ließ.507 Wenngleich das BMWK gegenüber der Öffentlichkeit angeben kann, den Erwerb nicht untersagt zu haben, sind die negativen Auswirkungen der Prüfung offenkundig. Zwar sind die Behörden zur Verschwiegenheit verpflichtet, und es ist nicht anzunehmen, dass das BMWK die Prüfung mutwillig hinausgezögert oder bewusst die Absicht einer Untersagung nach Außen preisgegeben hat. Jedoch geht mit bedeutenden Transaktionen von hohem Volumen vor allem in sicherheitsrelevanten Bereichen des § 55a Abs. 1 AWV ein gesteigertes öffentliches Interesse einher. Es lässt sich daher nicht ausschließen, dass geheime Informationen publik werden. Hinzu kommt, dass im langen Prüfzeitraum insbesondere bei Fragestellungen hoher medialer Aufmerksamkeit verschiedenste Gerüchte aufkommen können.508 Negative Auswirkungen auf das Investorenver-

blicationFile&v=4; SPECTARIS, Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zur Siebzehnten Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 26. 2. 2021, S. 3, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnah men-AWV-Novelle-17te/spectaris.pdf?__blob=publicationFile&v=4 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 503 BDI, Stellungnahme zur 17. Novelle der Außenwirtschaftsverordnung v. 25. 2. 2021, S. 6, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWVNovelle-17te/bdi.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 504 Vgl. Kap. 3 zu Beginn. 505 S. zu dessen Einführung Kap. 2 § 1 A. 506 Zahlreiche praktische Fälle, in denen Transaktionsparteien im Anschluss an behördlicherseits kundgetane Bedenken vom Erwerb Abstand genommen haben, skizziert auch Barth/ Podszun, WuW 2022, 120 (120). 507 Dammann de Chapto/Brüggemann, NZKart 2018, 412 (413). 508 Etwa im Rahmen des Verkaufs des Halbleiterkonzerns Siltronic AG zeigten zahlreiche Presseberichte im Laufe der Prüfdauer von nicht weniger als einem Jahr das Bestehen eines erheblichen medialen Interesses an dem Ausgang dieser Transaktion, vgl. exemplarisch Bergmann, Siltronic: Was läuft da verkehrt?, Der Aktionär v. 17. 1. 2022, https://www.deraktio naer.de/artikel/aktien/siltronic-was-laeuft-da-verkehrt-20244017.html; Finsterbusch/Kopplin/ Welter, Siltronic-Verkauf kurz vor Genehmigung aus China, FAZ v. 11. 1. 2022, https://www. faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/siltronic-verkauf-kurz-vor-genehmigung-aus-china-1 7726220.html; Kopplin/Welter, Übernahme von Siltronic durch Globalwafers droht zu schei-

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halten sind also unabhängig von der Frage möglich, ob den Behörden ein konkreter Vorwurf zu machen ist. Aus ökonomischer Perspektive wird die Tendenz einer noch größeren Abschreckungswirkung befürchtet.509 Hierfür spricht in jüngerer Praxis auch die vermehrte Veröffentlichung untersagter Transaktionen, welche im Gegensatz zu der einst eher stillschweigenden Behandlung gescheiterter Erwerbe steht. Rieten die Behörden den Betroffenen in der Vergangenheit eher zur öffentlichkeitsfernen Abstandnahme vom Erwerb, wird nunmehr häufiger zum Mittel einer Untersagung gegriffen.510 Seit Einführung der Regelung des § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG im Jahr 2020 ist ein entsprechendes negatives Beeinflussungspotenzial der Investitionsprüfung umso mehr anzunehmen. Anders als bei der dinglichen Wirksamkeit im Zeitraum der Investitionsprüfung steht nicht allein die mögliche Untersagung oder Anordnung im Raum; das Erwerbsunternehmen kann infolge des Vollzugsverbots für die lange Prüfdauer vielmehr keine seiner mit der Transaktion verfolgten Ziele wie etwa den Zugriff auf sensible Informationen erreichen. Indes stellt sich in Anbetracht der allgemeinen, auch außereuropäischen Entwicklung stetiger Verschärfung von Investitionskontrollvorschriften511 die Frage, ob dem Investor eine anderweitige Direktinvestition tatsächlich profitabler erschiene. In der vorzunehmenden Abwägung ist jedenfalls bedeutsam, dass das Vollzugsverbot dem Schutz gewichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit dient und die negativen Auswirkungen seiner Geltung lediglich als zwar mögliche, aber gleichwohl unbeabsichtigte Nebenfolge zu qualifizieren sind. Wäre der dingliche Vollzug im Zeitraum der Investitionsprüfung wirksam, könnte der Zweck einer späteren Untersagung oder Anordnung nicht mehr erreicht werden. Dass die Vorschriften auch Drittstaatsangehörige abschrecken können, von deren Erwerben keine Beeinträchtigung der Schutzgüter ausginge, erscheint insofern unausweichlich. Wenngleich neben diesen gewichtigen Gründen viel dafür spricht, dass die Konzeption des tern, FAZ v. 17. 1. 2022, https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/uebernahme-vonsiltronic-durch-globalwafers-droht-zu-scheitern-17734737.html (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 509 Samuelson, Webinar: 12th New Frontiers of Antitrust Conference #1 Opening Key Note Speech By Bruno Le Maire & Foreign Direct Investment Control, Synthesis v. 8. 6. 2021, https://www.concurrences.com/en/conferences/12th-new-frontiers-of-antitrust-conference-1opening-keynote-speech-by-bruno-le-99732?erreur=lien_perime. Auch der Bericht der Europäischen Kommission zeigt, dass sieben Prozent aller auf Unionsebene untersuchten Transaktionen abgebrochen worden sind, vgl. Europäische Kommission, Report from the Commission to the European Parliament and the Council, First Annual Report on the screening of foreign direct investments into the Union v. 23. 11. 2021, COM (2021) 714, S. 11, https://trade. ec.europa.eu/doclib/docs/2021/november/tradoc_159935.pdf (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 510 Sikorav et al., Foreign investment prohibitions in Europe – a few takeaways from recent cases, Linklaters v. 11. 6. 2021, https://www.linklaters.com/en/insights/blogs/foreigninvestment links/2021/june/foreign-investment-prohibitions-in-europe-a-few-takeaways-from-recent-cases (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 511 Kap. 2 § 3; s. insbesondere auch im Medienbereich das französische Regime, Kap. 2 § 3 B.

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deutschen Investitionsprüfregimes gerade auch eine Abschreckungswirkung gegenüber Drittstaatsunternehmen bereits im Vorgriff auf einen Erwerb erzeugen sollen, lässt sich auch hiermit keine unangemessene Verfügungsbeschränkung begründen. (d) Unangemessenheit des Vollzugsverbots mangels einer Befreiungsmöglichkeit Konkret ist die Verfügungsbeschränkung des Zielunternehmens durch das Vollzugsverbot unangemessen, weil es an einem Befreiungstatbestand für besondere Ausnahmekonstellationen fehlt. Insofern ließe sich die Einführung einer dem wettbewerbsrechtlichen Vollzugsregime vergleichbare Vorschrift erwägen.512 Gem. § 41 Abs. 2 GWB kann das Bundeskartellamt auf Antrag Befreiungen vom Vollzugsverbot erteilen, wenn die beteiligten Unternehmen hierfür wichtige Gründe geltend machen. Solche sind gem. § 41 Abs. 2 Satz 1 GWB insbesondere gegeben, wenn ein schwerer Schaden von den Beteiligten oder von einem Dritten abzuwenden ist. Es erfolgt eine individuelle Abwägung der widerstreitenden Interessen, wobei sich die wettbewerbsrechtliche Befreiungsmöglichkeit auf Ausnahmekonstellationen beschränkt.513 Regelmäßig im Vollzugsverbot begründete Nachteile wie zusätzliche Kosten genügen anders als etwa die drohende Insolvenz des Zielunternehmens nicht.514 Die Befreiung kann nach Satz 2 jederzeit erteilt und mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden. Gem. § 41 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. § 40 Abs. 3a Satz 1 GWB sind ein Widerruf oder Änderungen möglich, wenn die erteilte Befreiung auf unrichtigen Angaben beruht, arglistig herbeigeführt worden ist oder die Beteiligten einer Auflage zuwiderhandeln. Im Falle der Nichterfüllung einer Auflage nennt § 40 Abs. 3a Satz 2 GWB bestimmte Durchsetzungsmöglichkeiten. Trotz des Fehlens einer entsprechenden Befreiungsregelung im Kontext von § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG spricht zwar für die Angemessenheit der Eigentumsbeschränkung, dass eine Befreiung immer ein gewisses Potenzial mit sich bringt, den Schutz außenwirtschaftsrechtlicher Güter zu konterkarieren. Dies kann mit absoluter Ge512 BVK, BVK-Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zur 17. Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 27. 2. 2021, Punkt 4.3.1, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stel lungnahmen-AWV-Novelle-17te/bvk.pdf?__blob=publicationFile&v=6; Linklaters, Stellungnahme zum Referentenentwurf der Siebzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 17. 2. 2021, S. 11, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stel lungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/linklaters.pdf?__blob=publicationFile&v=6 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023), die jedoch nur die Handlungsverbote der § 15 Abs. 4 Satz 1 AWG ansprechen. Für einen Vergleich des außenwirtschaftsrechtlichen mit dem fusionskontrollrechtlichen Vollzugsverbot vgl. Fleischmann, NZKart 2022, 57 (62). 513 S. nur Thomas, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Bd. 3, 6. Aufl. 2020, § 41 GWB Rn. 90, 94. 514 Riesenkampff/Steinbarth, in: Loewenheim et al., Kartellrecht, 4. Aufl. 2020, § 41 GWB Rn. 9; Thomas, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Bd. 3, 6. Aufl. 2020, § 41 GWB Rn. 94 f. Rinne spricht der Befreiungsmöglichkeit in der Praxis „eine stark untergeordnete Rolle“ zu (Rinne, in: Gersdorf/Paal, BeckOK-Informations- und Medienrecht, § 41 GWB [Stand 2021] Rn. 4).

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

wissheit allein verhindert werden, wenn das dingliche Rechtsgeschäft im Zeitraum der Investitionsprüfung schwebend unwirksam ist. Obwohl die Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung im Ermessen des BMWK läge und die Behörde die Umstände im Einzelfall beleuchtete, könnten ihr bei der Einschätzung Fehler unterlaufen, oder sie könnte ex ante gewisse Entwicklungen nicht absehen. Denkbar ist auch, dass sich betroffene Unternehmen nicht an Auflagen hielten oder ein Widerruf aufgrund der zeitlichen Abfolge seine Ziele nicht mehr erreichte. Gleichwohl fänden bei Etablierung einer Befreiungsmöglichkeit besonderen Härtefällen im Einzelfall Berücksichtigung. In der Regel überzeugt es zwar, mit dem Vollzugsverbot das Ziel einer späteren verfahrensabschließenden Entscheidung gem. § 59 Abs. 1 Alt. 1 oder Alt. 2 AWV umfassend gewährleisten zu wollen. Ist der Grundrechtsträger aber dringend auf Kapital angewiesen, dessen Erhalt gerade sein Beweggrund für die Transaktion ist, und drohte bei einer Geldzufuhr erst nach Abschluss des außenwirtschaftsrechtlichen Prüfverfahrens die vorherige Insolvenz, überwögen die Ziele des Vollzugsverbots ausnahmsweise nicht gegenüber dem aus Art. 14 Abs. 1 GG erwachsenden Recht. Ähnlich verhält es sich, wenn lediglich ein Teilbereich der Transaktion zur Entscheidung des BMWK für die Einleitung des vertieften Prüfverfahrens515 führt. § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG fände gleichwohl Anwendung auf den gesamten Erwerb,516 obschon eine Befreiung für einen Teil der Transaktion die Verfügungsfreiheit weniger schwer beschränkte und die Schutzgüter nicht beeinträchtigte. Die sodann erforderliche Einzelfallabwägung stünde im Ermessen des BMWK, womit individuelle Entscheidungen ermöglicht würden. Zudem könnte die Behörde eine Befreiung an Auflagen knüpfen und jederzeit widerrufen. Die verbleibende Gefahr, einen vollumfassenden Schutz außenwirtschaftsrechtlicher Güter mit einer Befreiung zu verfehlen, ist in die vorherige Abwägung einzubeziehen. Allein aus diesem Grund generell eine Befreiungsmöglichkeit zu verwehren, überzeugt nicht. Schlussfolgernd bedarf es neben der Ausnahme für Wertpapiergeschäfte517 einer gesetzlichen Befreiungsmöglichkeit vom Vollzugsverbot für besondere Ausnahmefälle. In Ermangelung dieser steht die Beschränkung der zielunternehmerischen Verfügungsfreiheit in einem unangemessenen Verhältnis zum verfolgten Schutz außenwirtschaftsrechtlicher Güter. Mithin ist das Vollzugsverbot in seiner jetzigen Gestalt nicht genügend ausdifferenziert und daher unverhältnismäßig. Auf die im

515

S. hierzu Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (3). Linklaters, Stellungnahme zum Referentenentwurf der Siebzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 17. 2. 2021, S. 12, https://www.bmwi.de/Redakti on/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/linklaters.pdf?__ blob=publicationFile&v=6 (zul. aufg. am 28. 2. 2023), die in diesem Kontext jedoch nur das Verbot der Handlungen gem. § 15 Abs. 4 AWG ansprechen. 517 Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) cc). 516

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Rahmen einer Belastungskumulation vorzunehmende Gesamtschau mit den übrigen Maßnahmen kommt es infolgedessen nicht mehr an.518 3. § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG als verfassungswidrige Konkretisierung der Einschränkungsmöglichkeit der Eigentumsfreiheit Auch hinsichtlich der in § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG normierten Verbote zur Offenlegung unternehmensbezogener Informationen im Zeitraum der Investitionsprüfung ist auf Ebene der Schranken-Schranken materiell der Einwand einer tatbestandlichen Unbestimmtheit sowie der Unverhältnismäßigkeit der eigentumsfreiheitlichen Beschränkungen zu erheben. a) Einwand tatbestandlicher Unbestimmtheit der Handlungsverbote Für die Annahme einer tatbestandlichen Unbestimmtheit der Handlungsverbote erfolgt zunächst ein Rückbezug zu den im Rahmen des Vollzugsverbots aufgeworfenen Aspekten. Vorab gilt es festzustellen, ob die zielunternehmerische Eigentumsfreiheit jeweils ebenso schwer beschränkt wird wie durch das Vollzugsverbot, da sich die Bestimmtheitsmaßstäbe nach der Intensität der Freiheitsbeschränkung richten.519 Für die Vergleichbarkeit der Beschränkungsintensität spricht, dass alle Verbote gelten, wenn die Voraussetzungen des § 55 AWV erfüllt sind. Insbesondere finden sie beim Erwerb einer zehnprozentigen Beteiligung an einem in § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV genannten Unternehmen und beim Erwerb einer 20-ProzentBeteiligung an den übrigen Katalogunternehmen Anwendung. Außerdem bemisst sich die Schwere eines Grundrechtseingriffs insbesondere nach der zeitlichen Länge der Schutzbereichsbeschränkung, welche sich bei den Verboten jeweils auf die gesamte Dauer der Verfahrensdurchführung erstreckt. Wie das dingliche Vollzugsverbot beschränken die Handlungsverbote des § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG wesentliche Kernbereiche der Eigentumsnutzung, indem gerade diejenigen Informationen nicht verwendet werden dürfen, die für das Zielunternehmen in diesem Zeitraum bedeutsam sind. Beide Verbote berühren den grundrechtlichen Schutzbereich ähnlich intensiv. Das Verbot in Nr. 3 greift immer, dasjenige in Nr. 4 findet nur im Falle einer Anordnung Anwendung und bezieht sich somit auf eine Einzelfallentscheidung hinsichtlich begrenzter Informationen. Letztere gehen nach dem Wortlaut der Norm aber (noch) über die in Nr. 3 Informationen genannten hinaus. Zwar ist hier eine konkrete Handlung, wenn auch unter Bezugnahme auf sehr viele Informationen, betroffen, wohingegen § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG den gesamten dinglichen Vollzug erfasst. Indes ist der Verstoß gegen ein jeweiliges Handlungs518 519

S. schon Kap. 3 § 3 A. III. zu Beginn. Vgl. zu den tatbestandlichen Bestimmtheitsanforderungen Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) aa).

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verbot strafbewehrt, womit die erhöhten Bestimmtheitsanforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG verbunden sind.520 Wenngleich sich das Zielunternehmen unter Berücksichtigung des Schuldgrundsatzes im deutschen Strafrecht als juristische Person selbst nicht strafbar machen kann,521 haben seine Vertretungsorgane gem. § 18 Abs. 1b Nr. 2 AWG eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe zu erwarten.522 Darüber hinaus kann dem Unternehmen gem. § 30 Abs. 2 Nr. 1 OWiG eine Geldbuße von bis zu zehn Millionen Euro auferlegt werden.523 Schließlich spricht auch die im Zeitraum des Prüfverfahrens gegebene Belastungskumulation für eine vergleichbare Schwerewirkung der jeweiligen Handlungsverbote und des Vollzugsverbots auf das zielunternehmerische Eigentumsgrundrecht. In Anbetracht dieser Maßstäbe führt die Begriffswahl „besonders“ in § 14a Abs. 4 Satz 2 AWG und im speziellen Medienbereich in § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV524 zur tatbestandlichen Unbestimmtheit der Handlungsverbote.525 Bezüglich des in § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 AWG aufgeführten Verbotes kommt ferner die Frage auf, in welchem Fall unternehmensbezogene Informationen bei der Investitionsprüfung „besonders zu berücksichtigen sind“.526 Während sich die Informationen i. S. v. § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 AWG auf Unternehmensbe520 Im Allgemeinen bezüglich der Wahrung dieser Anforderungen durch die nationalen Investitionskontrollvorschriften kritisch v. Brevern, NZKart 2021, 530 (531). 521 Meyberg, in: Graf, BeckOK-OWiG, § 30 (Stand 2022) Rn. 1. In Deutschland scheiterte ein Sanktionsregime für Unternehmen, vgl. zum Entwurf BMJ, Gesetz zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft, Gesetzgebungsverfahren v. 22. 6. 2020, https://www.bmj.de/Shared Docs/Gesetzgebungsverfahren/DE/Staerkung_Integritaet_Wirtschaft.html und zum Scheitern etwa Habbe/Pelz, Aus für das Verbandssanktionengesetz, Noerr v. 10. 6. 2021, https://www. noerr.com/de/newsroom/news/aus-fur-das-verbandssanktionengesetz. Anders verhält sich dies beispielsweise in Belgien oder Dänemark, vgl. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Sachstand, Eine Übersicht zum Unternehmensstrafrecht in einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, Ausarbeitung v. 28. 6. 2017, WD 7 – 3000 – 070/17, S. 4 f., https://www.bundestag.de/resource/blob/539400/9f7fe461015429dc5f71c4c3d2816704/wd-7070-17-pdf-data.pdf (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 522 Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) ee). 523 Zum Bußgeldrahmen s. näher Meyberg, in: Graf, BeckOK-OWiG, § 30 (Stand 2021) Rn. 96 ff. 524 S. im Rahmen des Vollzugsverbots Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) bb) und cc). 525 So auch für das Merkmal der besonderen Aktualität und Breitenwirkung Sachs, in: Dorsch, Zollrecht, § 15 AWG (Stand 2020) Rn. 13, 15. 526 Vgl. schon Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) bb); so auch Dammann de Chapto/Brüggemann, NZKart 2020, 374 (377); Jungkind/Bormann, DK 2020, 369 (375); dies., NZG 2020, 619 (622); Niestedt/Kugnik, NJW 2020, 2504 (2506); Spür, COVuR 2020, 516 (519); Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 15 AWG (Stand 2022) Rn. 34; Sachs, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 15 AWG Rn. 19 ff.; dies., in: Dorsch, Zollrecht, § 15 AWG (Stand 2020) Rn. 14, 16. S. auch BVK, BVK-Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zur 17. Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 27. 2. 2021, Punkt 4.3.2, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/ Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/bvk.pdf?__blob=publication File&v=6 (zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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reiche oder -gegenstände beziehen, die bei einer Zusammenschau der §§ 4 f. AWG und §§ 55 ff. AWV weiter eingegrenzt werden können, entbehrt Alt. 2 näherer Anhaltspunkte.527 In welchem Fall werden die Informationen bei der Prüfung also lediglich bedeutsam, ohne die erforderliche höhere Schwelle besonderer Berücksichtigung zu erreichen? Die unpräzise Formulierung kann auch nicht damit begründet werden, der Gesetzgeber wollte der Exekutive einen weiten Handlungsspielraum für nicht klar vorhersehbare Situationen gewähren, gelten hier doch die Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG, mit welchen gerade verhindert werden soll, dass der Adressat eines Verbots im Zweifel Handlungen unterlässt, hier also sämtliche Informationen zurückhält, um einer Strafbarkeit zu entgehen.528 Nähere Ausführungen des BMWK sprechen ebenfalls gegen die Vereinbarkeit mit dem strafrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Hinsichtlich der von § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 AWG erfassten Informationen seien geschäftliche Aktivitäten und das technologische Know-how des Zielunternehmens im jeweiligen Einzelfall entscheidend, wobei die Unternehmen in der Regel selbst einschätzen könnten, welche Informationen und Technologien potenziell sicherheitsrelevant und damit nicht weitergabefähig sind. Problematisch erscheint in diesem Zusammenhang nicht die gebotene Einzelfallbetrachtung, sondern die Tatsache, dass die Behörde offensichtlich auf die eigenständige Einschätzung der Adressaten des Verbots vertraut. Auch die Formulierung „potenziell sicherheitsrelevant“ bietet keine Hilfestellung bei der Entscheidung, in welchem Fall die Informationen „besonders“ zu berücksichtigen sind. Zwar verweist das BMWK auf seine Möglichkeit, Unklarheiten gem. § 15 Abs. 4 Satz 2 AWG mit konkretisierenden Anordnungen zu begegnen.529 Ein Erlass dieser Anordnungen erhöhte zwar die Rechtssicherheit und wäre demnach grundsätzlich wünschenswert; indes steht ihr Erlass im Belieben der Behörde. Zudem betrifft die Anordnung nach dem Gesetzeswortlaut Informationen „über [§ 15 Abs. 4] Satz 1 Nr. 3 [AWG] hinaus“, sodass Satz 2 gerade nicht einer Spezifizierung der Nr. 3 dienen soll.530 Auch ein Blick in die Gesetzesbegründung531 trägt nicht zur Wahrung der Bestimmtheitsanforderungen bei. Hiernach handele sich um Informationen, deren Herausgabe an Unionsfremde durch die Untersagung oder Anordnung gerade verhindert werden soll und die in aller Regel ohnehin erst nach dem Vertragsvollzug stattfinde. Nicht erfasst seien daher üblicherweise rein kaufmännische oder sonstige unternehmensbezogene Informationen, welche die Erwerbsbeteiligten im Rahmen 527

So ebenfalls Enders, RIW 2020, 652 (657). Vgl. auch unten in den Handlungsempfehlungen Kap. 5 § 2. 529 BMWK, Häufige Fragen zu Investitionsprüfungen nach dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) (Stand 1. 5. 2022), https://www.bmwi.de/ Redaktion/DE/FAQ/Aussenwirtschaftsrecht/faq-aussenwirtschaftsrecht.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 530 So auch Sachs, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 15 AWG Rn. 22. 531 RegBegr. (BT-Drucks. 19/18700 v. 21. 4. 2020, S. 19 f.); Enders, RIW 2020, 652 (658). 528

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der Vertragsverhandlungen bzw. des -vollzugs austauschten, damit der Erwerber die ökonomischen Chancen und Risiken der Transaktion belastbar beurteilen kann. So werde sichergestellt, dass die Vertragsanbahnung sowie der -vollzug zielgerichtet und nur so weit wie zur Verhinderung eines Unterlaufens der Prüfungsziele notwendig eingeschränkt werden.532 Allerdings hilft die Tatsache, dass diese Informationen regelmäßig erst nach dem Vollzug offenbart werden, nicht über die Erkenntnisschwierigkeit hinweg.533 Außerdem kann das betroffene Zielunternehmen anders als die Behörde gerade nicht sicher absehen, welche Informationsweitergabe konkret verhindert werden soll. Entwicklungen in der Praxis zeigen, dass Vorschläge des BMWK für öffentlichrechtliche Verträge von einem weiten Begriffsverständnis sensibler Informationen, deren Weitergabe an Dritte mit dem Vertrag anstelle einer Anordnung beschränkt werden soll, ausgehen.534 Ob diese Einschätzungen verallgemeinert und insbesondere auch auf die Informationsweitergabe vor einer verfahrensabschließenden Entscheidung übertragen werden können, bleibt unklar. Jedenfalls tragen diese Entwicklungen nicht zur Rechtssicherheit betreffend die Bestimmtheit des § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 AWG bei. Angesichts der gesteigerten Bestimmtheitsanforderungen bedarf es einer gesetzgeberischen Konkretisierung etwa mittels der Nennung einiger Informationsbeispiele.535 In Ermangelung jener Eingrenzung verstößt auch § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 AWG gegen das (strafrechtliche) Bestimmtheitsgebot. b) Unverhältnismäßigkeit der Handlungsverbote, insb. Unangemessenheit Einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Regelungen in § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG stünde ferner ihre unverhältnismäßige Beschränkung der zielunternehmerischen Eigentumsfreiheit entgegen. Wie auch das Vollzugsverbot dienen sie dem legitimen Ziel eines Schutzes außenwirtschaftsrechtlicher Güter,536 wobei konkret verhindert werden soll, dass eine spätere Untersagung oder Anordnung wegen einer vorherigen Vornahme der Handlungen leerläuft. Die Handlungsverbote fördern diese Ziele im allgemeinen Bereich der sektorübergreifenden Prüfung, indem einem Unionsfremden z. B. keine Einblicke in den Betriebsablauf einer kritischen Infrastruktur, das technische Know-how einer Schlüsseltechnologie oder in personenbezogene Daten der Bürger verschafft werden. Hingegen ermöglicht allein der Erhalt sensibler Informationen im Medienbereich jedenfalls keine unmittelbare Einwirkung auf das Zielunternehmen, um strategisch 532

Vgl. auch Enders, RIW 2020, 652 (658). So auch Travers/Lauth, jurisPR-Compliance 2/2021, Anm. 4. 534 Sachs, in: Dorsch, Zollrecht, § 15 AWG (Stand 2020) Rn. 16. 535 Kap. 5 § 3. 536 Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa). 533

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lenkend zu Zwecken einer Manipulation der Meinungsbildung tätig zu werden. Jedoch könnte der Investor auf diese Weise beispielsweise erfahren, wie die Grundlage der Berichterstattung bildende Informationen von investigativen Journalisten erlangt werden. Unabhängig von der Frage, ob das Zielunternehmen entsprechende Informationen bereits im Vorgriff auf den Transaktionsvollzug gegenüber Dritten offenbaren möchte, bestünde insbesondere bei einem Scheitern des Erwerbs die Gefahr ihrer Veröffentlichung. Damit könnte dem Medienunternehmen die Berichterstattung in diesem Bereich erschwert werden. Ist diese Informationsgewinnung elementarer Bestandteil bestimmter Medienformate, müssten diese unter Umständen eingestellt werden, was zu einer Verringerung der Medienvielfalt führte. Demnach fördern die Verbote auch die im Medienbereich verfolgten Ziele. Mit Verweis auf die im Rahmen des Vollzugsverbots angestellten Überlegungen537 sind die Regelungen in § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG auch erforderlich; insbesondere richten sie sich ebenso wie das Vollzugsverbot in ihrem Anwendungsbereich und ihrer zeitlichen Geltung nach dem Prüfverfahren.538 Mangels einer Befreiungsmöglichkeit von den Handlungsverboten beschränken diese das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG unverhältnismäßig,539 sodass eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung ihres kumulativen Zusammenwirkens mit den übrigen prüfverfahrensrechtlichen Vorschriften nicht angezeigt ist.540 Darüber hinaus folgt aus der in § 18 Abs. 1b Nr. 2 AWG normierten Bewehrung eines Verstoßes gegen die Handlungsverbote mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe nicht die Unverhältnismäßigkeit der zielunternehmerischen Eigentumsfreiheitsbeschränkung. Jene Strafbarkeitsandrohung ist im Vergleich zu anderen Rechtsnormen zwar als hoch einzustufen, wird beispielsweise ein Verstoß gegen das kartellrechtliche Vollzugsverbot gem. § 81 Abs. 2 Nr. 1 GWB bloß als Ordnungswidrigkeit geahndet.541 Die hier gem. § 81c Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GWB in Aussicht stehende Geldbuße in Höhe von bis zu einer Million Euro oder mehr ist beträchtlich, sodass der Ordnungswidrigkeitstatbestand ebenfalls eine gewisse Abschreckung erzeugt. Überdies kann bei einem Verstoß gegen die kartellrechtliche Vorschrift gem. § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 OWiG auch eine Geldbuße gegen das Unternehmen verhängt werden, weshalb das Erfordernis einer Strafbe-

537

Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) cc). Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) bb). 539 Abstrakt ist für die Handlungsverbote jew. dieselbe Rechtsgüterbewertung wie für das Vollzugsverbot vorzunehmen (Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (1)). Da nach den Ausführungen in Kap. 3 § 3 A. III. 3. a) auch eine ebenso intensive Grundrechtsbeschränkung gegeben ist, gelten die in Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (d) angestellten Überlegungen. 540 S. auch schon Kap. 3 § 3 A. III 2. b) dd) (2) (d). 541 Besen/Slobodenjuk, PharmR 2020, 441 (445); Sachs, in: Dorsch, Zollrecht, § 15 AWG (Stand 2020) Rn. 14. Vgl. zum kartellrechtlichen Bußgeldtatbestand näher Meyer-Lindemann, in: Loewenheim et al., Kartellrecht, 4. Aufl. 2020, § 81 GWB Rn. 12 ff.; Thomas, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Bd. 3, 6. Aufl. 2020, § 41 GWB Rn. 66 ff. m. w. N. 538

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wehrung nicht damit begründet werden kann, sie träfe das handelnde Unternehmen nicht direkt.542 Bedeutsam ist jedoch, dass die Ratio der Investitionsprüfung einschließlich der verfahrensabschließenden Entscheidung bei Vornahme der in § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG genannten Handlung nicht mehr (umfassend) erreicht werden könnte. Angesichts der hochrangigen Schutzgüter ist die Strafbewehrung trotz ihrer intensiven Wirkung auf den grundrechtlichen Schutzbereich notwendig, um präventiv die größtmögliche Abschreckung zu erzeugen, welche eine Geldbuße etwa wie bei der kartellrechtlichen Vorschrift nicht in dem Maße zu erreichen vermag.543 Auch ein Blick auf § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB zeigt, dass eine Geldwäsche mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet wird, wobei ihr Unwertgehalt gegenüber den hier untersuchten Handlungen jedenfalls nicht als höher einzustufen ist.544 Zudem gilt es zu bedenken, dass eine Freiheitsstrafe nicht bei jedem Verstoß gegen die Handlungsverbote zu erwarten ist, ihre Anordnung erfolgt vielmehr unter Abwägung aller Gesichtspunkte im Einzelfall. Zuletzt ist auch keine Unangemessenheit wegen des großen Umfangs der von § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 AWG erfassten unternehmensbezogenen Informationen anzunehmen.545 Lässt man die tatbestandliche Unbestimmtheit des in Alt. 2 verwendeten Begriffs „besonders“ außer Acht,546 dann leuchtet ein, dass die eine Investitionsprüfung auslösenden oder für sie bedeutsamen Informationen nicht bereits an den Investor weitergegeben werden dürfen. Die Betroffenheit sehr vieler Informationen des Zielunternehmens ist im Einzelfall unausweichlich, um die effektive Prüfung und so eine Sicherung der gewichtigen Schutzgüter gewährleisten zu können. Würde beispielsweise technisches Know-how für die Herstellung eines Produkts weitergegeben, dessen Abfluss an Drittstaaten die Investitionskontrolle gerade zu verhindern bezweckt, drohte ein Leerlauf ihres eigentlichen Zieles. Insbesondere lässt sich die Unangemessenheit des § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 AWV auch nicht deshalb erwägen, weil die betroffenen Informationen in der Due Diligence-Prüfung relevant werden und ihre Durchführung de erschwert oder gar unmöglich gemacht würde.547 Hiermit wäre eine erhebliche Verminderung der zielunternehmerischen Attraktivität aufgrund seines deutschen Standorts verbunden. 542

S. hierzu für die Handlungsverbote bereits Kap. 3 § 3 A. III. 3. a). Anderer Ansicht ist dagegen Sachs, in: Dorsch, Zollrecht, § 15 AWG (Stand 2020) Rn. 14. 544 Für einen Vergleich der außenwirtschaftsrechtlichen Vorschriften mit der einfachen Körperverletzung in § 223 Abs. 1 StGB s. Schuelken/Sichla, DÖV 2020, 961 (968). 545 Vgl. schon Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) bb). 546 S. hierzu bereits Kap. 3 § 3 A. III. 3. a). 547 Dieser Ansicht ist hingegen Rupp, Gesellschaft für Sichere Mobile Kommunikation mbH, Stellungnahme für den Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestags zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes v. 8. 5. 2020 (AusschussDrucks. 19[9]596 v. 12. 5. 2020, S. 4), https://www.bundestag.de/resource/blob/ 695452/929e486538ae15845b2dbd89230e41ee/sv-dr-rupp-data.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 543

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Problematisch wäre dann auch, ob es überhaupt zum für den Beginn der sektorübergreifenden Prüfung maßgeblichen Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages käme. Denn die Due Diligence-Prüfung bildet dessen wesentliche Grundlage, indem der Investor insbesondere einen Überblick über die Chancen und Risiken im Zielunternehmen und so unter anderem erst eine Vorstellung über den Unternehmenswert gewinnen kann.548 Wenngleich Bedenken bestehen, ob das Zielunternehmen tatsächlich ein Interesse daran hat, dem Erwerbsunternehmen bereits im Vorgriff auf den Transaktionsvollzug sehr sensible Informationen wie etwa das oben im Beispiel angeführte Know-how zu offenbaren, findet das Handlungsverbot nach dem Gesetzeswortlaut jedenfalls erst ab dem Abschluss des Kaufvertrages Anwendung; die ihm vorgeschaltete Due Diligence-Prüfung wird nicht beeinträchtigt.549 Schlussfolgernd ist die Grundrechtsbeschränkung nicht wegen des Umfangs der von § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 AWV erfassten Informationen unangemessen. 4. § 14a Abs. 2 AWG als verfassungswidrige Konkretisierung der Einschränkungsmöglichkeit der Eigentumsfreiheit Neben dem Vollzugsverbot und den Handlungsverboten verletzen auch die gesetzesunmittelbare Pflicht in § 14a Abs. 2 Satz 1 AWG sowie die VerwaltungsaktErmächtigungen in Satz 4 und Satz 5 das zielunternehmerische Eigentumsgrundrecht. Insoweit begründet die rechtliche Unbestimmtheit der Fristverlängerungsmöglichkeit gem. § 14a Abs. 4 Satz 2 AWG550 die Verfassungswidrigkeit des § 14a Abs. 2 Satz 5 AWG, da die Länge des Prüfverfahrens und somit die Möglichkeit eines Verwaltungsakterlasses nicht absehbar ist. Hingegen ist für die zeitliche Geltung von § 14a Abs. 2 Satz 1 und Satz 4 AWG allein der Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über die Eröffnung des vertieften Prüfverfahrens maßgeblich.551 Im speziellen Bereich der Medienunternehmen ist wegen § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV552 eine Wahrung der rechtlichen Bestimmtheitsanforderungen durch die Einreichungspflicht und die Ermächtigungen abzulehnen. Zwar gelten § 14a Abs. 2 Satz 1, Satz 4 und Satz 5 AWG anders als die gesetzesunmittelbaren Verbote nicht lediglich für Katalogunternehmen, indes kommt ihre Anwendung hier bereits ab dem Erwerb einer zehnprozentigen Beteiligung in Betracht, weshalb die Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals für die Betroffenen einschätzbar sein muss. Diese Bestimmtheitseinwände greifen, obwohl die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen die zielunternehmerische Eigentumsfreiheit ge548

Fietz, in: Umnuß (Hrsg.), Corporate Compliance Checklisten, 5. Aufl. 2022, § 14 Rn. 70; Greitemann/Funk, in: Holzapfel (Begr.), Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 16. Aufl. 2021, Rn. 701; v. Busekist/Timmerbeil, CCZ 2013, 225 (225 ff.). 549 Vgl. bereits Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) bb). 550 Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) bb). 551 Vgl. auch Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) dd). 552 Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) cc).

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genüber den Verboten weniger schwer beschränken. Zwar finden die einzelnen Regelungen des § 14a Abs. 2 AWG ebenso wie die Verbote für die Branchen des § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWVab dem Erwerb einer zehnprozentigen und für die übrigen Katalogunternehmen ab dem Erwerb einer 20-Prozent-Beteiligung Anwendung. Auch liegt im Zeitraum des Prüfverfahrens eine Belastungskumulation vor, die eine höhere Intensität der einzelnen Grundrechtsbeschränkungen begründet.553 Jedoch gelten § 14a Abs. 2 Satz 1 und Satz 4 AWG lediglich vor Beginn und § 14a Abs. 2 Satz 5 AWG während des vertieften Prüfverfahrens, wohingegen die gesetzesunmittelbaren Verbote das Zeitfenster des Abschlusses des schuldrechtlichen Vertrages bis hin zur verfahrensabschließenden Entscheidung erfassen. Überdies findet neben den Verboten lediglich § 14a Abs. 2 Satz 1 AWG kraft Gesetzes Anwendung, diese Regelung betrifft aber weniger sensible Informationen als § 14a Abs. 2 Satz 4 und Satz 5 AWG.554 Hingegen eröffnen diese Ermächtigungen der Exekutive einen Entscheidungsspielraum im Einzelfall. Hinzu kommt, dass sich § 14a Abs. 2 AWG wie auch die Handlungsverbote auf konkrete Informationen beziehen bzw. zu ihrer Anforderung ermächtigen, während § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG die gesamte Verfügung erfasst. Indes ist nur ein Verstoß gegen die Handlungsverbote strafbewehrt,555 die Sanktion für eine Zuwiderhandlung der Einreichungspflicht bzw. der Verwaltungsakte auf Grundlage von § 14a Abs. 2 Satz 4 und Satz 5 AWG erschöpft sich in der verzögerten Investitionsprüfung mangels Fristbeginns bzw. wegen der Fristhemmung. Trotz dieser milderen Anforderungen an die tatbestandliche Bestimmtheit überzeugt es nicht, das Zielunternehmen im Ungewissen hinsichtlich der Frage zu belassen, ob und wie lange die Nutzung seiner Vermögenspositionen beschränkt bleibt. Die Regelungen können im Einzelfall sehr sensible Informationen zur Eigentumsnutzung verlangen, womit das Grundrecht intensiv, wenn auch nicht in so hohem Maße wie durch die Handlungsverbote, beschränkt wird. Für die Annahme einer tatbestandlichen Unbestimmtheit spricht zuletzt, dass auch mit einer Gewährung näherer Anhaltspunkte für die jeweilige Bestimmung des Begriffs „besonders“ ein effektives staatliches Handeln gewährleistet wäre. Anders als die Verbote sind die mit § 14a Abs. 2 AWG verbundenen Eigentumsfreiheitsbeschränkungen verhältnismäßig. Die Pflicht sowie die Ermächtigungen dienen jeweils umfassenden Einblicken in die Eigentumsnutzung mit dem Ziel des Schutzes außenwirtschaftsrechtlicher Güter.556 So wird eine weitreichende Grundlage für die Prüfung einer voraussichtlichen Beeinträchtigung der Güter geschaffen bzw. verschärft. Diese Grundlage ermöglicht ihrerseits eine verfahrensabschließende Untersagung oder Anordnung bezüglich der Transaktion, sodass die Ziele zumindest gefördert werden. Die Erforderlichkeit der in § 14a Abs. 2 Satz 5 553

Kap. 3 § 3 A. II. S. hierzu schon Kap. 3 § 3 A. II. 555 Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) ee). 556 Vgl. zu den legitimen Zielen des Prüfverfahrens bereits Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa). 554

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AWG normierten Verwaltungsakt-Ermächtigung wäre indessen abzulehnen, genügten die auf Grundlage der § 14a Abs. 2 Satz 1 und Satz 4 AWG vom Erwerbsunternehmen zu offenbarenden Informationen für eine zielführende Transaktionsprüfung durch das BMWK. In Ermangelung der Ermächtigung in Satz 5 fehlte es an der eigentumsrelevanten Maßnahme, sodass ein milderes Mittel gegeben wäre. Eine vergleichbare Zwecktauglichkeit des behördlichen Prüfverfahrens ohne Nachforderungsmöglichkeit gegenüber allen Erwerbsbeteiligten ist gleichwohl abzulehnen: Neben den bereits vom Erwerbsunternehmen erhaltenen sind weitere Informationen für die Einschätzung einer Beeinträchtigung der Schutzgüter hilfreich. Über solche Informationen verfügt der Investor unter Umständen gar nicht. Ferner scheitert die Erforderlichkeit der Ermächtigung in § 14a Abs. 2 Satz 5 AWG auch nicht am Zeitrahmen der Investitionsprüfung, nach welcher diese sich ebenfalls richtet.557 Die einzelnen Vorschriften sind auch angemessen, da sich die aus Satz 1 erwachsende Pflicht auf abschließend genannte Informationen bezieht, wohingegen die Ermächtigung aus Satz 4 eine einzelfallabhängige Abwägung der Exekutive hinsichtlich der Frage ermöglicht, ob es tatsächlich weiterer Auskünfte oder Unterlagen des Erwerbers bedarf, um die außenwirtschaftsrechtlichen Güter zu schützen. Zwar kommt den von Satz 5 erfassten Informationen ein gegenüber den von Satz 1 und Satz 2 betroffenen sensiblerer Gehalt zu. Informationen, deren Offenlegung auf Grundlage des Satzes 5 verlangt werden darf, können sich auch Aspekte der zielunternehmerischen Eigentumsnutzung betreffen, die sich allein in dessen Zugriffsmöglichkeit befinden. Die Begriffswahl „nachträglich im Einzelfall“ stellt jedoch sicher, dass lediglich bei einem dringenden Bedürfnis in Ausnahmefällen von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht wird. Aus diesem Befund folgt für § 14a Abs. 2 Satz 1 und Satz 4 AWG das in der Belastungskumulation begründete Erfordernis einer Gesamtverhältnismäßigkeitsprüfung. Indem sich die Ermächtigung in Satz 5 auf einen gegenüber den Regelungen in Satz 1 und Satz 4 späteren Zeitraum bezieht und die mit ihr kumulativ auf die Eigentumsfreiheit wirkenden Verbote schon für sich betrachtet unangemessen sind, ist die Regelung einer Zusammenschau verschlossen.558 Das Eingriffsbündel von § 14a Abs. 2 Satz 1 und Satz 4 AWG genügt bei einer Gesamtbetrachtung den Verhältnismäßigkeitsanforderungen, da die Pflicht und die Ermächtigung die Sicherung außenwirtschaftsrechtlicher Güter gemeinsam fördern und kein milderes und ebenso zielführendes Bündel ersichtlich ist. Obschon von ihm eine intensivere Beschränkung der Eigentumsfreiheit ausgeht, überwiegen die Schutzgüter; zumal die Konzeption des § 14a Abs. 2 Satz 4 AWG als Verwaltungsakt-Ermächtigung insgesamt eine Offenbarungspflicht sämtlicher Informationen verhindert.

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Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) cc) (2) und (3). S. zur Gesamtverhältnismäßigkeitsprüfung Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (d) sowie zur Belastungskumulation von § 14a Abs. 2 Satz 1 und Satz 4 AWG Kap. 3 § 3 A. II. 558

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B. Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG durch die gesetzesunmittelbaren Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen Weiterhin ist eine Verletzung der zielunternehmerischen Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG durch die die Prüfverfahrensdurchführung begleitenden Normen zu erwägen. Von Bedeutung ist insbesondere eine mögliche verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Verbote, der Einreichungspflicht und der Ermächtigungen.

I. Sachliche Schutzbereichsbetroffenheit der Berufsausübungsfreiheit Ist der sachliche Schutzbereich der zielunternehmerischen Berufsausübungsfreiheit mit Blick auf die prüfverfahrensrechtlichen Vorschriften grundsätzlich eröffnet, wird dessen Verhältnis zum sachlichen Schutzbereich der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG gewährleisteten Presse- und Rundfunkfreiheit bedeutsam. Ihre Spezialität stünde einer Schutzbereichseröffnung des Art. 12 Abs. 1 GG im Medienbereich (§ 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV) entgegen. 1. Grundsätzliche Betroffenheit des sachlichen Schutzbereichs von Art. 12 Abs. 1 GG Grundsätzlich tangieren die prüfverfahrensrechtlichen Vorschriften die Unternehmensfreiheit als spezielle Ausprägung der Berufsausübung.559 Infolge des dinglichen Transaktionsvollzugs oder im Gegenzug für eine Vornahme der in § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG560 genannten Handlungen könnte das Zielunternehmen im Zeitraum des Investitionsprüfverfahrens bereits einen Zugang zu neuen Märkten oder eine Kapitalzufuhr561 erhalten. In Kooperation mit dem Unionsfremden wäre dem Zielunternehmen etwa auch die Weitergabe sensiblen produktspezifischen Know-hows möglich. Für dieses Know-how könnte das Zielunternehmen Gelegenheit zur Expansion bekommen, indem es Informationen über bestimmte Risiken eines Marktes oder die konkreten Bedürfnisse der dort anzu559 Vgl. auch schon zur Idealkonkurrenz des sachlichen Schutzbereichs von Art. 14 Abs. 1 GG zum sachlichen Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG. 560 Die Handlung des § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AWG ist der hier untersuchten zielunternehmerische Aktiengesellschaft gem. § 71b AktG unmöglich (vgl. hierzu Kap. 3 § 3 A. I. 1.). Somit kann das Unternehmen auch nicht in seiner wirtschaftlichen Betätigung beschränkt werden. 561 Zur beschränkten Kapitalzufuhr infolge der Siebzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung vgl. auch DIHK, Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie v. 22. 1. 2021: Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung – Ausweitung der Investitionsprüfungen v. 26. 2. 2021, S. 2, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/StellungnahmenAWV-Novelle-17te/dihk.pdf?__blob=publicationFile&v=6 (zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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treffenden Kunden erhielte. Der Gewinn finanzieller Mittel ermöglichte dem deutschen Unternehmen eine wirtschaftliche Betätigung z. B. in der Weise, dass es mit der Produktion kürzlich entwickelter Geräte beginnen könnte. Die von § 14a Abs. 2 Satz 1, Satz 4 und Satz 5 AWG betroffenen Unterlagen oder Auskünfte der Erwerbsbeteiligten beziehen sich auf die zielunternehmerische Erwerbstätigkeit etwa hinsichtlich der Frage, welche Ziele mit der erhaltenen Kapitalzufuhr verfolgt oder welche Märkte in Kooperation mit dem Drittstaatsunternehmen erschlossen werden sollen. Insoweit sind unter anderem auch die beabsichtigten Geschäftsstrategien im Anschluss an den Erwerb zu offenbaren,562 bezüglich derer aus taktischen Gründen ein Geheimhaltungsinteresse gegenüber dem Staat bestehen könnte. Schlussfolgernd wird der sachliche Schutzbereich der Unternehmensfreiheit jeweils betroffen. 2. Spezieller Bereich der Medienunternehmen: Spezialität des sachlichen Schutzbereichs von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu Art. 12 Abs. 1 GG Im Bereich der Medienunternehmen könnte dieser Schutzbereichseröffnung die Spezialität des sachlichen Schutzbereichs der Presse- und Rundfunkfreiheit entgegenstehen. Eine Schutzbereichseröffnung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG kommt hinsichtlich der gesetzesunmittelbaren Verbote, der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen in Betracht, weil sie das Agieren im Medienbereich frei von staatlicher Einflussnahme behindern. Von der Transaktion könnte etwa eine Kapitalzufuhr des Investors ausgehen, mit der neue Medienformate etabliert werden sollen. Möglich erscheint auch eine Kooperation beider Unternehmen in der Pressearbeit oder in der Berichterstattung, auf deren Grundlage ein Austausch sensibler Daten der Informationsgewinnung erfolgte. Prinzipiell wird für Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 1 GG eine Idealkonkurrenz ihrer Schutzbereiche angenommen,563 wenn der betroffene Lebensbereich eine Beziehung zu beiden Grundrechten aufweist und kein spezifi562 Hinsichtlich dieser hat das Erwerbsunternehmen unter anderem Unterlagen einzureichen: Allgemeinverfügung zu den gem. § 14a des Außenwirtschaftsgesetzes, §§ 55a, 58 und 60 der Außenwirtschaftsverordnung einzureichenden Informationen und Unterlagen v. 27. 5. 2021, S. 5 (BAnz AT 11. 6. 2021 – B 2, berichtigt durch BAnz AT 13. 7. 2021 – B 2). 563 Sachs, Verfassungsrecht II, 3. Aufl. 2017, S. 403; Bethge, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 5 Rn. 89a; Burgi, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 12 Abs. 1 (Stand 2019) Rn. 377; v. der Decken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 15. Aufl. 2021, Art. 5 Rn. 56; Grabewarter, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG (Stand 2020), Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Rn. 334; Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 5 Rn. 33; Kämmerer, in: v. Münch/ Kunig, GG, Bd. 1, 7. Aufl. 2021, Art. 12 Rn. 164; Mann, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 12 Rn. 199; Nolte, in: Stern/Becker, GG, 3. Aufl. 2019, Art. 12 Rn. 107; Ruffert, in: Epping/ Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 12 (Stand 2022) Rn. 163; Schemmer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 5 (Stand 2022) Rn. 96; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Rn. 318. Insoweit offen m. V. a. unterschiedliche Ansichten Fechner, in: Stern/Becker, GG, 3. Aufl. 2019, Art. 5 Rn. 372.

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

scher Vorrang erkennbar ist.564 Hierfür spreche die weite Fassung des Schutzbereichs von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG, welche tatbestandliche Ergänzungen durch andere, tätigkeitsqualifizierende Grundrechte erlaubte.565 Mitunter wird aber als das sachlich nähere Grundrecht auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG abgestellt, wenn die Maßnahme vor allem auf medienrechtliche Betätigungen oder Strukturen abzielt. Die Presse- und Rundfunkfreiheit sei lex specialis, wenn sie auf die konkrete Tätigkeit bezogen den spezifischeren Schutz entfaltet.566 Wenngleich die grundrechtlichen Schutzbereiche im Allgemeinen weit auszulegen sind mit dem Ziel, ihnen zu größtmöglichem Schutz zu verhelfen, überzeugt der Spezialitätsansatz, sofern die von einem Grundrecht ausgehende Schutzwirkung vollkommen in der eines anderen aufgeht. Dagegen ist die Verdrängung eines Grundrechts bedenklich, wenn bei einem lediglich „sachnäheren“ Grundrecht die Gefahr eines Unterlaufens des anderen Grundrechtsschutzes besteht.567 Im Medienbereich ist eine Gemeinsamkeit beider Schutzbereiche darin zu sehen, dass die Investitionsprüfvorschriften die zielunternehmerische Betätigung frei von staatlicher Einflussnahme tangieren. Diese Tätigkeit betrifft in ihrer konkreten Ausprägung das Presse- und Rundfunkwesen, ein über Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG hinaus eigenständiger Schutzgehalt etwa im Technologiebereich ist für die hier betroffenen Medienunternehmen nicht ersichtlich. Zwar schützt die von Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Unternehmensfreiheit jede wirtschaftliche Betätigung mit Gewinnerzielungsabsicht,568 wohingegen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG die freie Tätigkeit im Presse- und Rundfunkwesen unabhängig vom Ziel eines Gewinns gewährleistet. Indem die Presse- und Rundfunkfreiheit aber jegliche Tätigkeit im Zusammenhang mit diesen Medien betrifft, muss der Schutz auch die wirtschaftliche Betätigung des Medienunternehmens umfassen. Aus diesem Grund wird in der konkreten Situation der von den prüfverfahrensrechtlichen Vorschriften ausgehenden Grundrechtsbeschränkungen des Unternehmens i. S. v. § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV gerade nicht der unternehmensfreiheitliche Schutz unterlaufen. Hierfür spricht schließlich die Schrankensystematik, die gem. Art. 5 Abs. 2 GG anders als Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG qualifizierte Anforderungen an Beschränkungen der 564 Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 15. Aufl. 2021, Art. 12 Rn. 106; Manssen, in: Huber/Voßkuhle, GG, Bd. 1, 8. Aufl. 2023, Art. 12 Rn. 283. 565 Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 2, Art. 12 (Stand 2006) Rn. 170 ff. m. w. N. 566 Classen, Staatsrecht II, 2018, S. 203; Manssen, in: Huber/Voßkuhle, GG, Bd. 1, 8. Aufl. 2023, Art. 12 Rn. 283; Paulus, in: Huber/Voßkuhle, GG, Bd. 1, 8. Aufl. 2023, Art. 5 Rn. 451. Für die Rundfunkfreiheit auch Grabenwarter, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG (Stand 2020), Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Rn. 735. Für Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Var. 2 GG s. BVerfGE 122, 89 (105 f.). M. V. a. Art. 12 Abs. 1 GG als sachlich näheres Grundrecht s. auch BVerfGE 85, 360 (382); vgl. Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 15. Aufl. 2021, Art. 12 Rn. 106. 567 Dahingehend auch Burgi, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 12 Abs. 1 (Stand 2019) Rn. 377; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 7. Aufl. 2021, Art. 12 Rn. 164. 568 Kap. 3 § 2 B. I.

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Presse- und Rundfunkfreiheit stellt.569 Eine Schutzbereichseröffnung des Art. 12 Abs. 1 GG scheidet für Medienunternehmen damit aus.

II. Die gesetzesunmittelbaren Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen als Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit Eine Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG käme in Betracht, wenn die mit der Verfahrensdurchführung verbundenen Handlungsverbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen in den Schutzbereich der Unternehmensfreiheit eingriffen. Da § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG abgesehen vom Merkmal der Imperativität alle Kriterien eines Eingriffs nach dem klassischen Begriffsverständnis erfüllt,570 ist entscheidend, ob die Unternehmensfreiheit durch die Vorschrift intensiv beschränkt wird. Trotz des geringeren Anwendungsbereichs der schwebenden dinglichen Unwirksamkeit für die Unternehmen i. S. v. § 55a Abs. 1 Nr. 8 bis Nr. 27 AWV resultiert eine entsprechende Schwerewirkung aus der langen Geltung des Vollzugsverbots im Zeitraum der Prüfverfahrensdurchführung. Innerhalb dieser Zeit ist eine wirtschaftliche Betätigung hinsichtlich der konkreten Transaktion mangels dinglichen Vollzugs gänzlich unmöglich: Das Zielunternehmen erhält das entsprechende Kapital noch nicht, um hiermit etwa einen neuen Produktionsbereich zu eröffnen. Somit wirkt das Vollzugsverbot neben der Verfügungsfreiheit auch intensiv auf die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit. § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWV erfüllen demgegenüber jeweils alle Merkmale eines Eingriffs nach dem klassischen Begriffsverständnis in die Unternehmensfreiheit.571 Bei § 14a Abs. 2 Satz 1, Satz 4 und Satz 5 AWG handelt es sich um Rechtsakte, deren Beschränkung auch der Berufsausübungsfreiheit dem Staat zurechenbar ist und gerade bezweckt wird. Sie wirken jeweils intensiv auf das zielunternehmerische Grundrecht, auch wenn für die Branchen der § 55a Abs. 1 Nr. 8 bis Nr. 27 AWV wiederum ein kleinerer Anwendungsbereich gegeben ist. Das Erwerbsunternehmen muss bei den gem. § 14a Abs. 2 Satz 1 AWG einzureichenden Unterlagen beispielsweise den Erwerbszweck und die Geschäftsstrategie des Zielunternehmens ausführlich darstellen,572 welche anders als etwa die in der Meldung anzugebenden wesentlichen Geschäftsfelder des Unternehmens konkrete und be569

S. zu diesen Schranken Kap. 3 § 3 B. III. und Kap. 3 § 3 C. III. 1. Vgl. bereits im Rahmen einer möglichen Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG Kap. 3 § 3 A. II.; insbes. ist die Verkürzung dieser Grundrechtsposition auch gerade bezweckt worden. 571 Insoweit ergeben sich keine Unterschiede zu den Untersuchungen im Rahmen von Art. 14 Abs. 1 GG, vgl. hierzu Kap. 3 § 3 A. II. 572 Allgemeinverfügung zu den gem. § 14a des Außenwirtschaftsgesetzes, §§ 55a, 58 und 60 der Außenwirtschaftsverordnung einzureichenden Informationen und Unterlagen v. 27. 5. 2021, S. 5 (BAnz AT 11. 6. 2021 – B 2, berichtigt durch BAnz AT 13. 7. 2021 – B 2). 570

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

deutende Fragen der zukünftigen Ziele wirtschaftlicher Betätigung betreffen. Bestimmte Aspekte der Unternehmensplanung könnten verbotene Tätigkeiten erfassen, sodass ein Geheimhaltungsinteresse gegenüber dem Staat bestünde. Auf Grundlage der Ermächtigungen in Satz 4 und Satz 5 kann das BMWK darüber hinaus die Offenbarung weiterer Strategien zur Erreichung dieser Unternehmensziele verlangen, die mit der Transaktion ermöglicht werden. Für eine intensive Grundrechtsbeschränkung durch die Regelungen in § 14a Abs. 2 AWG spricht auch hier jeweils die kumulative Wirkung auf die Unternehmensfreiheit im Zeitraum der Investitionsprüfung.573 Erfüllen die einzelnen Regelungen in § 14a Abs. 2 AWG wie auch das Vollzugsverbot somit grundsätzlich die modernen Eingriffsmerkmale, erfordert ein Grundrechtseingriff in Art. 12 Abs. 1 GG für diese weiterhin das Vorliegen einer objektiv berufsregelnder Tendenz.574 Die staatliche Maßnahme müsste jeweils also im Schwerpunkt beruflich ausgeübte Tätigkeiten erfassen oder in erster Linie eine rechtliche Rahmenbedingung für die Berufsausübung darstellen.575 Die hier maßgeblichen Vorschriften finden grundsätzlich auf Transaktionen Anwendung, die vom Zielunternehmen aus beruflichen Gründen und mit Gewinnerzielungsabsicht vorgenommen werden, um Kapital zu erhalten oder neue Märkte zu erschließen. Demzufolge weisen die Regelungen eine objektiv berufsregelnde Tendenz auf.

III. Unmöglichkeit einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der gesetzesunmittelbaren Verbote, der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen, insb. unter Beachtung der „Dreistufentheorie“ Auf Ebene der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Eingriffe in die Unternehmensfreiheit wahren § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG, § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3, Nr. 4 AWG sowie § 14a Abs. 2 AWG als formelle Rechtsnormen den einfachen Gesetzesvorbehalt in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG.576 573

Kap. 3 § 3 A. II. In Erfüllung der klassischen Begriffsmerkmale kommt es für die Handlungsverbote demgegenüber nicht auf die subjektiv berufsregelnde Tendenz an, s. hierzu BVerfGE 13, 183 (185); 15, 235 (239); Burgi, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 12 Abs. 1 (Stand 2019) Rn. 132; Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 399; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 7. Aufl. 2021, Art. 12 Rn. 90, 93 m. w. N. 575 BVerfGE 37, 1 (17); 95, 267 (302); 97, 228 (253 f.); 113, 29 (48); Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 399 f.; Voßkuhle/Kaiser, JuS 2009, 313 (314); Burgi, in: Kahl/Waldhoff/ Walter, BK-GG, Art. 12 Abs. 1 (Stand 2019) Rn. 133; Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 12 Rn. 20; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 7. Aufl. 2021, Art. 12 Rn. 91 f.; Manssen, in: Huber/Voßkuhle, GG, Bd. 1, 8. Aufl. 2023, Art. 12 Rn. 77; Ruffert, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 12 (Stand 2022) Rn. 55. 576 BVerfGE 33, 125 (159); 54, 237 (246); Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 402; Mangold/Lange, JuS 2018, 161 (167); Burgi, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 12 574

§ 3 Grundrechtsverletzung durch prüfverfahrensrechtliche Maßnahmen

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Mit Blick auf die Schwerewirkung der von den prüfverfahrensrechtlichen Vorschriften ausgehenden eigentums- und der unternehmensfreiheitlichen Beschränkungen gelten vergleichbare Maßstäbe für ihre tatbestandliche Bestimmtheit.577 Sowohl die Verfügung als auch die mit dem dinglichen Vollzug verbundene wirtschaftliche Betätigung des Zielunternehmens wird für die Dauer des Prüfverfahrens gänzlich unmöglich. In diesem Zeitraum darf es gem. § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG seine Vermögenspositionen nicht nutzen oder Informationen über diese preisgeben. Ebenfalls wird seine wirtschaftliche Betätigung beschränkt, indem ihm im Gegenzug für die vorgenommenen Handlungen etwa eine Kapitalzufuhr verwehrt bleibt.578 Die Einreichungspflicht und die Ermächtigungen ermöglichen die staatliche Kenntnisnahme von der Art der Eigentumsnutzung sowie von der wirtschaftlichen Betätigung des Grundrechtsträgers. § 14a Abs. 2 Satz 5 AWG bildet die Grundlage, um vom Zielunternehmen mitunter die Einreichung für die wirtschaftliche Betätigung benötigter Unterlagen anzufordern. Unter Berücksichtigung der zeitlichen Wirkung sowie der Schwere der einzelnen Maßnahmen lässt sich eine vergleichbare Intensität der Grundrechtsbeschränkungen feststellen, weshalb die obigen Untersuchungsergebnisse zur Bestimmtheit579 auch an dieser Stelle maßgeblich sind. Überdies ist der Frage nachzugehen, ob die prüfverfahrensrechtlichen Vorschriften die Unternehmensfreiheit unangemessen beschränken.580 Im Rahmen der Berufsfreiheit ist die vom Bundesverfassungsgericht581 entwickelte „Dreistufentheorie“ zu berücksichtigen, die den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz konkretisiert.582 Abs. 1 (Stand 2019) Rn. 171; Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 12 Rn. 34 ff.; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 7. Aufl. 2021, Art. 12 Rn. 82; Mann, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 12 Rn. 108 ff. Auf die infolge des Verständnisses von Art. 12 Abs. 1 GG als einheitliches Grundrecht der Berufsfreiheit von dieser Regelung ebenso erfasste Berufswahl (BVerfGE 7, 377 [402 f.]; Mann, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 12 Rn. 107; Burgi, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 12 Abs. 1 [Stand 2019] Rn. 167) muss an dieser Stelle aufgrund der lediglich betroffenen Berufsausübung nicht näher eingegangen werden. 577 Zu den allgemeinen Bestimmtheitsanforderungen vgl. Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) aa). 578 Dass eine fehlende Finanzierung für den langen Zeitraum der Investitionsprüfung zu erheblichen Nachteilen für das Zielunternehmen führt, meint auch der ASW Bundesverband, Positionspapier zur 17. Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 19. 2. 2021, S. 2, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/StellungnahmenAWV-Novelle-17te/asw.pdf?__blob=publicationFile&v=6 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 579 Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) bb), cc), Kap. 3 § 3 A. III. 3. a) und Kap. 3 § 3 A. III. 4. 580 Hinsichtlich der mit den Maßnahmen verfolgten legitimen Ziele, ihrer Eignung und Erforderlichkeit s. Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa) (1) und (2), bb) und cc), Kap. 3 § 3 A. III. 3. b) sowie Kap. 3 § 3 A. III. 4. 581 Maßgeblich war hier das Apothekenurteil, s. BVerfGE 7, 377 (405 ff.), seitdem stRspr., vgl. etwa 95, 173 (183); 103, 172 (183 f.); 115, 276 (304 ff.); 145, 20 (67); Burgi, in: Kahl/ Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 12 Abs. 1 (Stand 2019) Rn. 186. 582 Voßkuhle, JuS 2007, 429 (430); Sommermann, in: Huber/Voßkuhle, GG, Bd. 2, 8. Aufl. 2023, Art. 20 Rn. 329 m. w. N.

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

Hiernach ist zwischen drei Eingriffsstufen zu differenzieren, nach denen sich jeweils erhöhte Anforderungen an die verfassungsrechtliche Rechtfertigung einer Maßnahme richten.583 Während Berufsausübungsregelungen das „Wie“ der beruflichen Tätigkeit betreffen und durch vernünftige Belange des Gemeinwohls gerechtfertigt werden können, stehen subjektive Beschränkungen der Berufswahl auf zweiter Stufe, ihre Rechtfertigung erfordern den Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter. Demgegenüber sind der dritten Stufe einer Einflussnahme des Einzelnen verschlossene objektive Berufswahlregelungen zuzuordnen, die zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlich schwerer Gefahren für überragend wichtige Gemeinschaftsgüter zwingend geboten sein müssen.584 Indem die Verbote, die Einreichungspflicht sowie die Ermächtigungen die Art und Weise der unternehmerischen Betätigung berühren, sind sie auf erster Stufe einzuordnen. Der Ansatz sieht sich der Kritik ausgesetzt, die Stufen seien zu starr und erfassten als bloßen Typisierungen nicht jeden Aspekt sachgerecht unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit. Außerdem erweise sich eine Abgrenzung der Stufen im jeweiligen Einzelfall als schwierig.585 Da sie zu einer Zeit entwickelt worden ist, in welcher der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch wenig etabliert war, und auch das Bundesverfassungsgericht bei seiner Rechtfertigungsprüfung zunehmend dessen Maßstäbe anwendet,586 erscheint es angebracht, die stufenbezogenen Überlegungen in die Verhältnismäßigkeitsprüfung einzubeziehen.587 Dies vorausgeschickt tritt bei abstrakter Betrachtung die gem. Art. 12 Abs. 1 GG geschützte wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des Zielunternehmens den gewichtigen Rechtsgütern der öffentlichen Ordnung und Sicherheit588 gegenüber. Die hochrangigen Rechtsgüter der Allgemeinheit überwiegen das zielunternehmerische 583 Classen, Staatsrecht II, 2018, S. 206; Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 409; Michael/Morlok, Grundrechte, 8. Aufl. 2022, Rn. 675, 677 ff.; Sachs, Verfassungsrecht II, 3. Aufl. 2017, S. 544 ff.; Mann, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 12 Rn. 125 ff.; Burgi, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 12 Abs. 1 (Stand 2019) Rn. 184 ff.; Manssen, in: Huber/ Voßkuhle, GG, Bd. 1, 8. Aufl. 2023, Art. 12 Rn. 145; Wieland, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 12 Rn. 93 ff. 584 Zu den einzelnen Stufen s. nur BVerfGE 7, 377 (405 ff.). 585 Classen, Staatsrecht II, 2018, S. 206; Sachs, Verfassungsrecht II, 3. Aufl. 2017, S. 545 ff.; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 7. Aufl. 2021, Art. 12 Rn. 122 ff.; Manssen, in: Huber/Voßkuhle, GG, Bd. 1, 8. Aufl. 2023, Art. 12 Rn. 146 m. w. N.; Ruffert, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 12 (Stand 2022) Rn. 103. 586 BVerfGE 115, 276 (304 ff.); 119, 59 (83); 138, 261 (284 ff.); 139, 19 (55); 145, 20 (67); Scheidler, GewArch 2009, 1 (3); Burgi, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 12 Abs. 1 (Stand 2019) Rn. 187; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 7. Aufl. 2021, Art. 12 Rn. 123; Manssen, in: Huber/Voßkuhle, GG, Bd. 1, 8. Aufl. 2023, Art. 12 Rn. 146, 148 ff. Vgl. insbesondere auch BVerfGE 99, 202 (214) für die Anwendung der Belastungskumulation im Rahmen der Dreistufentheorie. 587 S. nur Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 409. 588 Zur abstrakten Bewertung dieser Rechtsgüter vgl. Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (1).

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Abwehrrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG. Dies gilt, obwohl die Berufsfreiheit die Persönlichkeitsentfaltung eines Einzelnen „in seiner individuellen Leistung und Existenzsicherung“589 konkretisiert und sie neben Art. 14 Abs. 1 GG eine wesentliche Grundlage für das wirtschaftliche und soziale Gesellschaftssystem bildet.590 Angesichts der ebenso hohen Eingriffsintensität der gesetzesunmittelbaren Verbote, der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen ist an dieser Stelle auf die im Rahmen der möglichen Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG angestellten Überlegungen zu verweisen.591 Zwar erlaubt die „Dreistufentheorie“ bereits die Verfolgung vernünftiger Gründe des Allgemeinwohls für eine Rechtfertigung dieser Eingriffe auf erster Stufe, wobei dem Gesetzgeber insoweit ein weiter Gestaltungsspielraum zuzubilligen ist;592 und hier mit der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit sogar überragend wichtige Gemeinschaftsgüter betroffen sind. Die Vollzugsbeschränkungen des § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG sowie des § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG greifen jedoch in unangemessener Art und Weise in die Unternehmensfreiheit ein, weil es an einer optionalen Befreiungsmöglichkeit fehlt. Der generelle Ausschluss einer individuellen Abwägung in besonderen Ausnahmefällen, die allein mit einer entsprechenden gesetzlichen Vorgabe möglich erscheint, vermag nicht zu überzeugen. Ob es in der konkreten Situation tatsächlich zu einer Befreiung von den Vollzugsbeschränkungen kommen sollte, ist hiermit indes noch nicht entschieden.

C. Spezieller Bereich der Medienunternehmen: Verletzung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG durch die gesetzesunmittelbaren Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen Eine Verletzung der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG gewährleisteten Presse- und Rundfunkfreiheit durch die das Prüfverfahren begleitenden Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen ist für Medienunternehmen i. S. v. § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV zu erwägen. Bedeutsam ist ihre Qualifizierung als Ausgestaltungsregelungen, für die insbesondere mildere Rechtfertigungsanforderungen gelten. 589

BVerfGE 103, 172 (183); 82, 209 (223); 75, 284 (292); 59, 302 (315). Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 374; Breuer, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VII, 3. Aufl. 2010, § 170 Rn. 49 f.; Schneider, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. V, 2013, § 113 Rn. 3 ff.; Burgi, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 12 Abs. 1 (Stand 2019) Rn. 58 f.; Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 12 Rn. 1; Manssen, in: Huber/Voßkuhle, GG, Bd. 1, 8. Aufl. 2023, Art. 12 Rn. 5; Ruffert, in: Epping/ Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 12 (Stand 2022) Rn. 1. 591 Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2), Kap. 3 § 3 A. III. 3. b) und Kap. 3 § 3 A. III. 4. 592 BVerfGE 7, 377 (406); 138, 261 (284 ff.); Manssen, in: Huber/Voßkuhle, GG, Bd. 1, 8. Aufl. 2023, Art. 12 Rn. 148 m. w. N. aus der Rspr. 590

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

I. Sachliche Schutzbereichsbetroffenheit der Presse- und Rundfunkfreiheit Die Unternehmen der § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV betätigen sich sachlich im verfassungsrechtlich geschützten Presse- und Rundfunkbereich. Das Vollzugsverbot und die Handlungsverbote in § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3, Nr. 4 AWG593 könnten eine Kapitalzufuhr für die Etablierung neuer Medienformate oder eine Zusammenarbeit mit dem Investor im Bereich der Informationsbeschaffung verhindern. Infolge der Regelungen in § 14a Abs. 2 Satz 1, Satz 4 und Satz 5 AWG müssen Informationen über zukünftige Strategien der medialen Betätigung oder über gewisse Quellen offenbart werden, hinsichtlich derer unter Umständen ein Geheimhaltungsinteresse besteht. § 14a Abs. 2 Satz 5 AWG bildet ferner eine Grundlage für die Verpflichtung des Zielunternehmens zur Abgabe von Dokumenten, die es für seine Presse- und Rundfunktätigkeit benötigt. Da von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG sämtliche Verhaltensweisen im Umgang mit den Medien geschützt werden,594 tangieren die Vorschriften die verfassungsrechtliche Presse- und Rundfunkfreiheit.

II. Die gesetzesunmittelbaren Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen als Ausgestaltungen der Presse- und Rundfunkfreiheit In Abgrenzung zu einem Eingriff dienen die schwebende dingliche Unwirksamkeit, die Handlungsverbote und § 14a Abs. 2 AWG ausschließlich der Sicherung von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG selbst. Mit diesen Investitionsprüfvorschriften wird ebenso wie mit der Meldepflicht die Sicherung der Pressefreiheit, der freien Berichterstattung und der Medienvielfalt bezweckt. Weitere Ziele wie der Schutz von Schlüsseltechnologien werden im Bereich der Medienunternehmen nicht verfolgt, sodass es sich um reine Ausgestaltungsvorschriften der Presse- und Rundfunkfreiheit handelt.595 Anders als die Meldepflicht erfüllen diese Regelungen bei hypothetischer Betrachtung auch jeweils die Merkmale eines Grundrechtseingriffs.596 Für § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG liegen bereits die Kriterien des klassischen Begriffsverständnisses vor, insbesondere wird eine Beschränkung der freien Presse- und Rundfunktätigkeit auch anvisiert.597 Indem das Vollzugsverbot ebenso wie die Regelungen in § 14a Abs. 2 AWG den von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG 593 Die Handlung des § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AWG ist der hier untersuchten zielunternehmerischen Aktiengesellschaft gem. § 71b AktG nicht möglich, vgl. Kap. 3 § 3 A. I. 1. 594 Kap. 3 § 2 C. I. 595 Kap. 3 § 2 C. II. 596 Vgl. hierzu bereits Kap. 3 § 2 C. II. 597 Kap. 3 § 3 A. II.

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gewährleisteten Schutz intensiv beschränken und dies dem Staat zurechenbar ist, wären sie als Eingriffe nach dem modernen Verständnis zu qualifizieren.598 Die Schwerewirkung auf den grundrechtlichen Schutzbereich sieht sich darin begründet, dass eine aus dem dinglichen Vollzug erwachsende Presse- und Rundfunktätigkeit für den langen Zeitraum des Prüfverfahrens unmöglich ist und die mit § 14a Abs. 2 AWG verbundene Kenntniserlangung sensible Informationen der grundrechtlich geschützten Tätigkeit betrifft. Eine Empfindlichkeit dieser Informationen ist konkret auch in Bezug auf den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG anzunehmen, weil Strategien der zukünftigen medialen Ausrichtung oder geheimhaltungsbedürftigen Informationsquellen599 den Kernbereich der medialen Betätigung ausmachen bzw. die vom Medienunternehmen potenziell einzureichenden Unterlagen deren Grundlage bilden. Ein Geheimhaltungsbedürfnis dieser Quellen könnte sich etwa aus dem Aspekt ergeben, dass Art. 5 Abs. 1 GG zwar nicht die Beschaffung rechtswidriger Informationen, grundsätzlich aber deren Verbreitung schützt.600 Schließlich ist für die Intensität der Regelungen wiederum601 die vorliegende Belastungskumulation anzuführen. Die Figur ist im Kontext von Grundrechtseingriffen entwickelt worden, sie muss konsequenterweise aber auch im Rahmen von Ausgestaltungen bei der Frage Berücksichtigung finden, ob ihre Wirkung die Schwelle eines Grundrechtseingriffs erreicht.

III. Unmöglichkeit einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der gesetzesunmittelbaren Verbote, der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen Hinsichtlich einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der einzelnen Ausgestaltungen ist bedeutsam, ob auch sie dem qualifizierten Gesetzesvorbehalt unterliegen. Auch im Rahmen der Schranken-Schranken sind ausgestaltungsspezifische Besonderheiten zu beachten, die sich in dem für Ausgestaltungen geltenden Parlamentsvorbehalt sowie in den gegenüber Grundrechtseingriffen milderen Anforderungen an ihre tatbestandliche Bestimmtheit und ihre Verhältnismäßigkeit äußern.

598

Kap. 3 § 3 A. II. Medienunternehmen beauftragen häufig Redaktions- und Recherchebüros für entsprechende Recherchearbeiten, vgl. etwa Tillmanns, ZRP 2011, 203 (204 f.). 600 BVerfGE 66, 116 (137 ff.); BGHZ 73, 120 (124 ff.); BGH, Urt. v. 10. 4. 2018 – VI ZR 396/16, NJW 2018, 2877 (2880 f.); Redder, JA 2019, 519 (519 ff.); Grabenwarter, in: Dürig/ Herzog/Scholz, GG, Bd. 1, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 (Stand 2018) Rn. 282; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2, Rn. 95 ff. m. w. N.; Weyhe, in: Paschke/ Berlit/Meyer (Hrsg.), Hamburger Kommentar Gesamtes Medienrecht, 4. Aufl. 2021, 38. Abschnitt, Rn. 20. 601 S. für die Eigentumsfreiheit Kap. 3 § 3 A. II. und für die Berufsausübungsfreiheit Kap. 3 § 3 B. II. 599

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

1. Unanwendbarkeit des qualifizierten Gesetzesvorbehalts für Ausgestaltungen der Presse- und Rundfunkfreiheit Die Schrankentrias des Art. 5 Abs. 2 GG stellen als qualifizierte Gesetzesvorbehalte besondere Anforderungen an ein die Presse- und Rundfunkfreiheit einschränkendes Gesetz.602 Hier ist die Schranke der allgemeinen Gesetze gem. Art. 5 Abs. 2 Var. 1 GG in den Blick zu nehmen, die mit ihrer begrifflichen Weite den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und dem Recht der persönlichen Ehre wenig eigenständige Bedeutung belässt.603 Ein allgemeines Gesetz liegt nach der Abwägungslehre vor, wenn der Schutz des vom Gesetz gesicherten Rechtsguts gegenüber der Beschränkung des von Art. 5 Abs. 1 GG gewährleisteten Schutzes im Einzelfall höherwertig ist. Hingegen verlangt die Sonderrechtslehre ein Gesetz, das sich nicht gegen die geistige Freiheit als solche und auch nicht gegen bestimmte Meinungen richtet, also wertneutral ist.604 Das Bundesverfassungsgericht verbindet diese Herangehensweisen und hält Gesetze in seiner Kombinationsformel damit für allgemein, „wenn sie sich weder gegen die Meinungsfreiheit an sich noch gegen bestimmte Meinungen richten, sondern dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung, zu schützenden Rechtsguts dienen.“605 Dieses Verständnis gilt für die Meinungs- wie 602 Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 239; Michael/Morlok, Grundrechte, 8. Aufl. 2022, Rn. 644; Degenhart, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (Stand 2017) Rn. 92. 603 Vgl. statt vieler Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 247 f. 604 Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 241 f.; Michael/Morlok, Grundrechte, 8. Aufl. 2022, Rn. 648, 651 ff.; Degenhart, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. IV, 2011, § 105 Rn. 64; Schmidt-Jortzig, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VII, 3. Aufl. 2009, § 162 Rn. 50; Trute, in: Merten/Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. IV, 2011, § 104 Rn. 27; Grabenwarter, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 1, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 (Stand 2018) Rn. 121; Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 5 Rn. 67; Paulus, in: Huber/Voßkuhle, GG, Bd. 1, 8. Aufl. 2023, Art. 5 Rn. 277 ff.; Schemmer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 5 (Stand 2022) Rn. 99.1; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2, Rn. 137 ff.; Wendt, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 7. Aufl. 2021; Art. 5 Rn. 113. 605 BVerfGE 7, 198 (209 f.); 97, 125 (146); 113, 63 (78); Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 243; Burghart/Peifer, in: Wenzel (Begr.), Hdb. des Äußerungsrechts, 6. Aufl. 2018, Kap. 2 Rn. 14 f.; Burghart, in: Leibholz/Rinck, GG, Art. 5 (Stand 2021) Rn. 672; Degenhart, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (Stand 2017) Rn. 93; Wendt, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 7. Aufl. 2021, Art. 5 Rn. 114. Demgegenüber wurde in der Entscheidung BVerfGE 7, 198 (209 f.) zusätzlich der Schutz eines Gemeinschaftswertes verlangt, „der gegenüber der Betätigung der Meinungsfreiheit Vorrang hat“. Besonders in BVerfGE 124, 300 (322) wird eine stärkere Zuwendung des Bundesverfassungsgerichts zur Sonderrechtstheorie gesehen, s. ausf. Schemmer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 5 (Stand 2022) Rn. 99.2 ff. Vgl. auch Degenhart, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (Stand 2017) Rn. 93; Grabenwarter, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 1, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 (Stand 2018) Rn. 122 f.; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Rn. 142 f.

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auch für die Medienfreiheiten.606 Da eine Abwägung grundsätzlich charakteristisch für die Verhältnismäßigkeit ist und dogmatisch zur Vermischung der Prüfung von Schranken und Schranken-Schranken führt, überzeugt es, auf Ebene der Schranken nach der Wertneutralität des Gesetzes zu fragen und erst auf Ebene der SchrankenSchranken eine Abwägung in der Verhältnismäßigkeit vorzunehmen.607 Jedoch muss geklärt werden, ob Ausgestaltungen überhaupt dieser Schranke unterliegen. Dafür sprechen neben den regelmäßigen Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Ausgestaltungen und Eingriffen608 die Bedenken, verfassungsrechtlich verankerte Grundrechtsschranken unberücksichtigt zu lassen. Indes bezieht sich der Wortlaut des Art. 5 Abs. 2 GG auf Schranken der in Abs. 1 genannten Rechte, womit er denklogisch eine Einschränkung der Rechte voraussetzt. Hingegen dienen Ausgestaltungsvorschriften, wenn auch teilweise mit belastender Wirkung, einer näheren Ausformung der Rechte. In Anbetracht dessen sprechen die besseren Erwägungen dagegen, der Abgrenzungsproblematik mit der Anwendung einer für jene Vorschriften nicht vorgesehenen Schranke zu begegnen.609 2. § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG, § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG und § 14a Abs. 2 AWG als verfassungswidrige Ausgestaltungen der Presse- und Rundfunkfreiheit Die prüfverfahrensrechtlichen Vorschriften wären als verfassungsmäßige Ausgestaltungen der Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG einzuordnen, wenn auf 606

BVerfGE 91, 125 (135); 113, 63 (78); Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 5 Rn. 67. Vgl. ebenfalls Grabenwarter, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 1, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 (Stand 2018) Rn. 398, s. auch Rn. 399 ff. für Beispiele allgemeiner Gesetze, welche die Pressefreiheit beeinträchtigen. 607 Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 241 ff.; Paulus, in: Huber/Voßkuhle, GG, Bd. 1, 8. Aufl. 2023, Art. 5 Rn. 283; Schmidt-Jortzig, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VII, 3. Aufl. 2009, § 162 Rn. 50; Schemmer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 5 (Stand 2022) Rn. 99.3 f. 608 Bethge, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 5 Rn. 156; Degenhart, in: Kahl/Waldhoff/ Walter, BK-GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (Stand 2017) Rn. 304 ff.; Grabenwarter, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 1, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 (Stand 2018) Rn. 861 f. 609 BVerfGE 57, 295 (321); 73, 118 (166); Cornils, Die Ausgestaltung der Grundrechte, 2005, S. 159 ff.; Ferreau, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und ökonomischer Wettbewerb, 2017, S. 183 ff., insbesondere 185; Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, 2003, Rn. 75 f., 79; Bethge, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 5 Rn. 158; Grabenwarter, in: Dürig/Herzog/ Scholz, GG, Bd. 1, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 (Stand 2018) Rn. 857; Hoffmann-Riem, in: Denninger/Hoffmann-Riem/Schneider/Stein, AK-GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2001, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 158; Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 5 Rn. 56; Ladeur, in: Paschke/Berlit/Meyer (Hrsg.), Hamburger Kommentar Gesamtes Medienrecht, 4. Aufl. 2021, 4. Abschnitt, Rn. 140; Schemmer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 5 (Stand 2022) Rn. 77 f.; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2, Rn. 133, 217. Indes genügen – wie auch in diesem Fall – wohl die meisten Ausgestaltungsregelungen den Anforderungen allgemeiner Gesetze i. S. v. Art. 5 Abs. 2 GG, vgl. auch Cornils, Die Ausgestaltung der Grundrechte, 2005, S. 159 ff.

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formeller Ebene der Parlamentsvorbehalt gewahrt würde. Materiell ist wiederum einer Vereinbarkeit der jeweiligen Tatbestandsmerkmale mit dem Bestimmtheitsgebot sowie ihrer Verhältnismäßigkeit nachzugehen, wobei hier gegenüber Eingriffen mildere Maßstäbe Anwendung finden. a) Wahrung der Anforderungen des für Ausgestaltungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG geltenden Parlamentsvorbehalts Mit Blick auf die Zuständigkeit für Grundrechtsbeschränkungen können nach der bundesverfassungsgerichtlichen Wesentlichkeitstheorie als Ausprägung des demokratischen Rechtsstaats für das Gemeinwesen oder für die Grundrechtsverwirklichung besonders wichtige Entscheidungen lediglich vom gem. Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG durch die Wahl der Bürger legitimierten Parlament getroffen werden.610 Da Ausgestaltungsvorschriften hohe Bedeutung für die Presse- und Rundfunkfreiheit zukommt, unterliegen sie diesem Parlamentsvorbehalt.611 Die Anforderungen des Parlamentsvorbehalts werden von § 15 Abs. 3 Satz 1, § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3, Nr. 4 und § 14a Abs. 2 AWG als formelle Parlamentsgesetze gewahrt. Zwar nennt erst der Regelbeispielskatalog der Außenwirtschaftsverordnung die Medienunternehmen explizit, woraus unter anderem die Geltung des Vollzugs- und des Handlungsverbots folgt. Allerdings verlangt die Wesentlichkeitstheorie nicht nach der Regelung aller Entscheidungen durch das Parlament im Sinne eines Totalvorbehalts,612 dies erscheint auch nicht praktikabel. Obwohl sich die Parlamentsgesetze nicht explizit auf Medien beziehen, ist die Rundfunk- und Pressefreiheit ein wichtiger Bestandteil der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Einem Schutz dieser Güter dienen die hier untersuchten Vorschriften in einer Zusammenschau mit § 4 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 4a AWG, § 5 Abs. 2 AWG.

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BVerfGE 47, 46 (79); 49, 89 (127); 80, 124 (132); 83, 130 (142); 108, 282 (311 f.); Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 404 f.; Lepsius, in: Herdegen/Masing/Poscher/Gärditz (Hrsg.), Hdb. des Verfassungsrechts, 2021, § 12 Rn. 55 ff., 61 ff.; Lerche, in: Merten/ Papier (Hrsg.), Hdb. der Grundrechte, Bd. III, 2009, § 62 Rn. 54 ff.; Hofmann, in: SchmidtBleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 15. Aufl. 2021, Art. 20 Rn. 74; Klein/Schwarz, in: Dürig/ Herzog/Scholz, GG, Bd. 4, Art. 38 (Stand 2021) Rn. 49; Kotzur, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 7. Aufl. 2021, Art. 20 Rn. 156 f. 611 BVerfGE 47, 46 (79); 57, 295 (320 f.); Hain/Poth, JA 2010, 572 (573); Bethge, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 5 Rn. 97 f., 154; Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 5 Rn. 56. 612 Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 406; Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 3, Art. 20 VI. (Stand 2007) Rn. 108; Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 20 Rn. 71. Dem tritt Lepsius mit der Annahme eines Totalvorbehalts entgegen, welcher indes de facto nicht anerkannt sei (Lepsius, in: Herdegen/Masing/Poscher/Gärditz [Hrsg.], Hdb. des Verfassungsrechts, 2021, § 12 Rn. 54).

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b) Einwand tatbestandlicher Unbestimmtheit der gesetzesunmittelbaren Verbote, der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen trotz milderer Rechtfertigungsanforderungen Der Verfassungskonformität der gesetzesunmittelbaren Verbote, der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen stünde ihre tatbestandliche Unbestimmtheit entgegen. Die freie Betätigung im Presse- und Rundfunkwesen wird ebenso intensiv beschränkt wie das wirtschaftliche Agieren des Medienunternehmens i. S. v. Art. 12 Abs. 1 GG. Hinsichtlich dieser Beschränkung der wirtschaftlichen Tätigkeit ist wiederum eine ähnliche Schwerewirkung wie hinsichtlich der Beschränkung der Eigentumsnutzung festzuhalten.613 Zu berücksichtigen sind hier die für die Bestimmtheit von Ausgestaltungen gegenüber den allgemeinen Maßstäben614 geltenden geringere Anforderungen. Die milderen Anforderungen dienen dazu, dem Gesetzgeber einen größeren Handlungsspielraum zu belassen.615 Waren die Vorschriften also nicht schon im Rahmen der zu Art. 14 Abs. 1 GG und zu Art. 12 Abs. 1 GG angestellten Untersuchungen zu unbestimmt, kann dies erst Recht nicht im Rahmen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG gelten. In Anbetracht dessen ist lediglich der Frage nachzugehen, ob die im Rahmen einer möglichen Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG erhobenen Einwände hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals „besonders“ in § 14a Abs. 4 Satz 2 AWG616, § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV617 und § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 AWG618 auch hier die tatbestandliche Unbestimmtheit begründen. Die Herabsetzung der Rechtfertigungsmaßstäbe für Ausgestaltungsvorschriften dient der umfassenden Gewährleistung der Presse- und Rundfunkfreiheit. Sollen die Merkmale im jeweiligen Kontext der Fristverlängerung, des Tatbestands der betroffenen Medienunternehmen sowie des Verbots einer Offenlegung bestimmter Informationen nach dem Wortlaut „besonders“ jedoch auf Ausnahmekonstellationen beschränkt werden, dann leuchtet nicht ein, sie mit unbestimmten Formulierungen „über die Hintertür“ zu erweitern. Dem Gesetzgeber wäre eine Ausgestaltung der Presse- und Rundfunkfreiheit auch mithilfe von eindeutigen Begrifflichkeiten ebenso gut möglich, eröffnete eine Streichung des Merkmals „besonders“ doch gar einen größeren Anwendungsbereich der Regelungen. Unter Beibehaltung des Begriffs könnten konkretisierende Regelbeispiele all diejenigen Informationen in das Handlungsverbot einbeziehen, deren 613

Vgl. schon Kap. 3 § 3 B. III. Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) aa). 615 Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, 2003, Rn. 80; Hoffmann-Riem, in: Denninger/Hoffmann-Riem/Schneider/Stein, AK-GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2001, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 159; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2, Rn. 216. 616 Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) bb). 617 Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) cc). 618 Kap. 3 § 3 A. III. 3. a). 614

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

Geheimhaltung für den Grundrechtsschutz als notwendig erachtet wird. Auch für den Tatbestand des § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV dienten Schwellenwerte sowie Regelbeispiele einer größeren Rechtssicherheit und erlaubten es gleichwohl, die medienrechtlichen Güter besser zu schützen. Im vorliegenden Ausgestaltungskontext könnten diese beispielhaften Merkmale zwar einen geringeren Umfang haben als im Rahmen einer zulässigen Beschränkung von Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG, sie müssen jedoch auch hier in gewissem Maße gegeben sein. Somit können die milderen Rechtfertigungsanforderungen an Ausgestaltungen diese tatbestandlichen Unsicherheiten nicht überwinden. c) Unverhältnismäßigkeit der gesetzesunmittelbaren Verbote, Verhältnismäßigkeit der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen trotz milderer Rechtfertigungsanforderungen Die prüfverfahrensrechtlichen Vorschriften beschränken die Presse- und Rundfunkfreiheit des Medienunternehmens in unverhältnismäßiger Art und Weise, wenn sie zur Erreichung legitimer Zwecke nicht geeignet und angemessen sind.619 Hier ist anders als im allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht auf die Erforderlichkeit einzugehen, da einzelne Komponenten des Grundrechts einander zugeordnet werden und es so nicht auf mildere Mittel ankommen kann.620 Im Rahmen von Ausgestaltungen ist dem Gesetzgeber ein weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zuzubilligen.621 Mitunter wird mit Verweis hierauf und auf die dienende Funktion der Rundfunkfreiheit auch eine Angemessenheitsprüfung von 619 BVerfGE 121, 30 (59 ff.); Cornils, Die Ausgestaltung der Grundrechte, 2005, S. 157 f.; Davis, Die „dienende“ Rundfunkfreiheit im Zeitalter der sozialen Vernetzung, 2019, S. 37; Hain/Poth, JA 2010, 572 (574 f.); Grabenwarter, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 1, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 (Stand 2018) Rn. 855; Herdegen, in: Düring/Herzog/Scholz, GG, Bd. 1, Art. 1 Abs. 3 (Stand 2021) Rn. 42; Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Vorb. vor Art. 1 Rn. 34; Schemmer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 5 (Stand 2022) Rn. 77.1; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Rn. 217. Demgegenüber werden vereinzelt auch mildere Mittel erwogen, vgl. Hoffmann-Riem, in: Denninger/ Hoffmann-Riem/Schneider/Stein, AK-GG, 3. Aufl. 2001, Bd. 1, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 158; Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 5 Rn. 56. Dahingehend auch Ferreau, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und ökonomischer Wettbewerb, 2017, S. 185. Diese Erforderlichkeitsproblematik muss an dieser Stelle nicht entschieden werden, da mildere Mittel jedenfalls keine vergleichbare Zwecktauglichkeit aufweisen (vgl. schon Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) cc)). 620 S. nur Ladeur, in: Paschke/Berlit/Meyer (Hrsg.), Hamburger Kommentar Gesamtes Medienrecht, 4. Aufl. 2021, 4. Abschnitt Rn. 67. 621 BVerfGE 57, 295 (321 f., 325 f.); 83, 238 (296); 90, 60 (94); 114, 371 (387); Davis, Die „dienende“ Rundfunkfreiheit im Zeitalter der sozialen Vernetzung, 2019, S. 37; Ferreau, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und ökonomischer Wettbewerb, 2017, S. 185; Hoffmann-Riem, in: Denninger/Hoffmann-Riem/Schneider/Stein, AK-GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2001, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 158; Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 5 Rn. 56; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Rn. 217 m. w. N.

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Ausgestaltungsvorschriften gänzlich abgelehnt.622 Ein weiter Spielraum kann indes auch im Rahmen der Abwägung berücksichtigt werden, haben Ausgestaltungen doch, wenn auch auf den Medienbereich beschränkt, wie Grundrechtseingriffe unterschiedliche Positionen und Interessen miteinander in Einklang zu bringen.623 In der Angemessenheit624 ist bei abstrakter Betrachtung die Presse- und Rundfunkfreiheit des Medienunternehmens betroffen, welcher mit ihrer demokratiekonstituierenden Funktion625 immense Bedeutung zukommt. Diesem Abwehrrecht626 stehen der der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zuzuordnende Schutz der Pressefreiheit, der freien Berichterstattung sowie der Medienpluralität gegenüber, welche die subjektiven Rechte des Zielunternehmens überwiegen. Obschon gegenüber den Eingriffen in Art. 14 Abs. 1 GG und in Art. 12 Abs. 1 GG eine vergleichbare Schwerewirkung627 vorliegt, sind konkret die für eine Rechtfertigung von Ausgestaltungsvorschriften geltenden milderen Maßstäbe von Bedeutung. Die Verbote könnten die Presse- und Rundfunkfreiheit daher angemessen ausgestalten, obwohl es an deren gesetzlich normierter Befreiungsmöglichkeit fehlt.628 Allerdings überzeugt auch hier das Bedürfnis einer Schaffung individueller Entscheidungsspielräume, welche dem Ziel herabgesetzter Rechtfertigungsanforderungen gleichwohl Rechnung tragen könnten. Erhielte die Exekutive in der konkreten Situation einen Entscheidungsspielraum dahingehend, ob die intensiv wirkenden Vollzugshindernisse tatsächlich für einen Schutz der hochrangigen Güter geboten sind, könnte die besondere Ausgestaltungssituation ebenfalls in der Abwägung Berücksichtigung finden. Beeinträchtigte sie ein Teilvollzug beispielsweise nicht, dann bestünde auch keine Notwendigkeit für die Geltung der Vollzugsbeschränkungen. Schlussfolgernd stünde eine gesetzliche Befreiungsmöglichkeit dem umfassenden Schutz medienrechtlicher Güter nicht entgegen.

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Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, 2003, Rn. 79 ff.; Hain/Poth, JA 2010, 572 (574). In diese Richtung kann auch die frühere Rspr. des Bundesverfassungsgerichts verstanden werden, s. BVerfGE 57, 295 (320); dahingehend auch Ferreau, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und ökonomischer Wettbewerb, 2017, S. 184 f., welcher ebenfalls einen Meinungswandel des Bundesverfassungsgerichts hin zu einer Angemessenheitsprüfung von Ausgestaltungsvorschriften skizziert. 623 Hain/Poth, JA 2010, 572 (574). 624 S. zu den legitimen Zielen im Medienbereich und der Eignung der prüfverfahrensrechtlichen Vorschriften zur Verfolgung dieser bereits Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa) (2) und bb), Kap. 3 § 3 A. III. 3. b), Kap. 3 § 3 A. III. 4. 625 Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa) (2). 626 Vgl. zur Presse- und Rundfunkfreiheit (auch) als Abwehrrechte v. der Decken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 15. Aufl. 2021, Art. 5 Rn. 23, 30 jew. m. w. N. 627 Kap. 3 § 3 C. III. 2. b). 628 Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (d) und Kap. 3 § 3 A. III. 3. b).

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

§ 4 Grundrechtsverletzung des Zielunternehmens durch die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung (§ 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV) Eine Grundrechtsverletzung ist ferner durch die Untersagungs- und durch die Anordnungsermächtigung in Betracht zu ziehen. Gem. § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV kann das BMWK die zweite Phase der vertieften Transaktionsprüfung mit einer Untersagung oder mit dem Erlass einer Anordnung abschließen, um die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik zu gewährleisten.629 Im Folgenden sind wiederum die Eigentums-, die Unternehmens- sowie im speziellen Medienbereich die Presse- und Rundfunkfreiheit des Zielunternehmens relevant.

A. Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG durch die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung Als eigentumsrelevante Maßnahmen verletzen die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung die zielunternehmerische Eigentumsfreiheit, wenn sie nicht den verfassungsrechtlichen Rechtfertigungsanforderungen genügen.

I. Sachliche Schutzbereichsbetroffenheit der Eigentumsfreiheit Beide Ermächtigungen berühren den von Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Schutzbereich in sachlicher Hinsicht. § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV berechtigt zur Untersagung des Erwerbs: Für die rechtsgeschäftliche Veräußerung träte die Bedingung des § 15 Abs. 2 AWG ein und die dingliche Verfügung über vermögenswerte Rechtspositionen gem. § 15 Abs. 3 AWG würde endgültig unwirksam. Hiermit könnte die grundrechtlich geschützte Eigentumsnutzung hinsichtlich der konkreten Transaktion abschließend unterbunden werden. Auf Grundlage des § 59 Abs. 1 Alt. 2 AWV kann eine Veräußerung und Verfügung der von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Positionen nicht umfassend ausgeschlossen. Der eigentumsfreiheitliche Schutz kann jedoch gewissen einzelfallabhängigen Einschränkungen unterworfen werden, indem beispielsweise nur ein Teilerwerb gestattet wird. Insbesondere berühren die Ermächtigungen im Sinne einer Idealkonkurrenz630 sowohl das von Art. 14 Abs. 1 GG gesicherte Erworbene als auch den von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Erwerb. Der wirtschaftlichen Betätigung kommt hinsichtlich der verfahrensabschließenden Entscheidungen ein eigenständiger Schutzgehalt zu. Denn die verfahrensabschließenden Entscheidungen berechtigen unter anderem 629 630

Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) bb) (2) und (3). Vgl. bereits Kap. 3 § 3 A. I. 3.

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dazu, die mit der Transaktion verbundene Kapitalzufuhr für das Zielunternehmen oder die Erschließung neuer Märkte (teilweise) zu verhindern.631

II. Die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung als eigentumsrelevante Maßnahmen Die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung sind als eigentumsrelevante Maßnahmen in Gestalt von Inhalts- und Schrankenbestimmungen zu qualifizieren.632 § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV ermöglichen eine Entscheidung, aufgrund derer das zielunternehmerische Eigentum unverändert in seiner Hand verbleibt; lediglich Art und Ausmaß der Veräußerungs- und Verfügungsbefugnis können abstrakt und generell für unbegrenzt viele Transaktionen modifiziert werden. Dies wäre auch im Falle einer potenziellen Insolvenz des Unternehmens oder dessen unmöglicher Veräußerung in der Zukunft nicht anders zu beurteilen.633 Auch fehlt es an der für eine Enteignung konstitutiven Güterbeschaffung. Als Legislativakte zielen § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV gerade auf die belastende Eigentumsbeschränkung ab, um die außenwirtschaftsrechtlichen Güter zu schützen. Hierbei handelt es sich im Sinne der Zurechenbarkeit um keine bloß unbeabsichtigte Nebenfolge. Mit Blick auf das Intensitätsmerkmal634 ist zwar wieder der kleinere Anwendungsbereich der im Bereich der § 55a Abs. 1 Nr. 8 bis Nr. 27 AWV zu berücksichtigen.635 Gleichwohl beschränkt die Untersagungsermächtigung den eigentumsfreiheitlichen Schutzbereich schwer, indem eine Veräußerung von und eine Verfügung über Vermögenspositionen bei dem konkreten Erwerbsfall für unbestimmte Zeit umfassend verhindert werden können. Eine noch stärkere Beschränkung ist nicht vorstellbar. Für die Wirkung des § 59 Abs. 1 Alt. 2 AWV ist ähnlich zu argumentieren, wenngleich Veräußerung und Verfügung jeweils auch bloß teilweise beschränkt werden können. Dies wirkte sich weniger schwer aus.636 Dennoch kann die zielunternehmerische Eigentumsnutzung durch eine Anordnung je nach ihrer Ausgestaltung im Einzelfall erheblich tangiert werden. Müssten etwa bestimmter Ge-

631 S. zur Betroffenheit von Eigentums- und der Berufsausübungsfreiheit durch eine Untersagung oder Anordnung nach Außenwirtschaftsgesetz und -verordnung nach alter Rechtslage Eppping/Lenz, NVwZ 2005, 858 (859 f.). 632 Vgl. zur Abgrenzung von Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung bereits Kap. 3 § 2 A. II. 2. 633 Epping/Lenz, NVwZ 2005, 858 (858). 634 Zu den Grundrechtsbegriffen vgl. Kap. 3 § 2 A. II. 2. 635 Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (1). 636 Vgl. schon Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) bb) (2).

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schäftsfelder vom Erwerb ausgeklammert werden,637 wöge dies schwerer auf die zielunternehmerische Veräußerungs- und Verfügungsfreiheit als eine dem Erwerbsunternehmen auferlegte Berichtspflicht; zu diesen Verwaltungsakten berechtigt § 59 Abs. 1 Alt. 2 AWV indes gleichermaßen. Überdies könnte der Investor häufig gerade an den von der Anordnung betroffenen Aspekten der Transaktion ein hohes Interesse haben. Bezweckte das Erwerbsunternehmen beispielsweise eine strategische Einflussnahme auf bestimmte Formate eines Medienunternehmens, welche sich für eine Desinformation der Bevölkerung besonders gut eignen, erschiene ihm der gesamte Erwerb bei einer Anordnung zu dessen Ausklammerung unter Umständen nicht mehr profitabel, wodurch mit diesen eine schwere Einwirkung auf die zielunternehmerische Grundrechtsposition verbunden wäre.

III. Unmöglichkeit einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Untersagungs- und der Anordnungsermächtigung Im Rahmen einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung dieser eigentumsrelevanten Maßnahmen wahrt die materielle Rechtsnorm des § 59 Abs. 1 AWV die Anforderungen des einfachen Gesetzesvorbehalts von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG638. Auf Ebene der Schranken-Schranken ist im speziellen Medienbereich aber auch für die Untersagungs- und Anordnungstatbestände die Unbestimmtheit des Merkmals „besondere Aktualität und Breitenwirkung“ einzuwenden. Darüber hinaus könnte eine Rechtfertigung der Maßnahmen an ihrer Unverhältnismäßigkeit scheitern. 1. Einwand tatbestandlicher Unbestimmtheit der Untersagungs- und der Anordnungsermächtigung Bedenken639 gegen die rechtliche Unbestimmtheit der Untersagungs- und Anordnungstatbestände wegen der Formulierung „voraussichtliche Beeinträchtigung 637 Zu diesem Beispiel vgl. auch Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 59 AWV Rn. 32. 638 Kap. 3 § 3 A. III. 1. 639 Für frühere Fassungen jener Regelungen Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 243 ff. Vgl. auch Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S.190 ff., welche jedoch im Ergebnis zur Wahrung des Bestimmtheitsgebots gelangen. Vgl. auch schon S. 176 bezüglich der unionsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen. Diese Problematik bezog sich auf die zuvor maßgebliche Gefährdung der Schutzgüter, wobei das geforderte Konkretisierungsbedürfnis der Prüfkriterien anhand von zielunternehmerischen Branchen und investorbezogenen Kriterien auf eine voraussichtliche Beeinträchtigung der Schutzgüter übertragbar ist. Kritisch auch v. Wilmowsky, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 12 Rn. 50; Bayer/Ohler, ZG 2008, 12 (28); Herrmann, ZEuS 2019, 429 (457 f.); jew. m. w. N. für die unionsrechtliche Bestimmtheit (vgl.

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der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit“ in § 5 Abs. 2 Satz 1 AWG, § 55 Abs. 1 AWV begegnete die Etablierung zielunternehmerischer (§ 55a Abs. 1 AWV) und investorbezogener Regelbeispiele (§ 55a Abs. 3 AWV).640 Darüber hinaus wurden Forderungen nach näheren Anhaltspunkten hinsichtlich des für eine Untersagung oder Anordnung anzuwendenden Prüfmaßstabs laut.641 Angesichts der bereits vorhandenen Konkretisierungen in § 55a Abs. 1 AWV und § 55a Abs. 3 AWV ist ein entsprechendes Vorgehen unter Bestimmtheitsgesichtspunkten nicht zwingend notwendig. Anhand der in diesen Regelungen genannten Merkmale werden bereits einige Kriterien für die Rahmenbedingungen einer möglichen Untersagung oder Anordnung geboten. Weitere Hilfestellungen könnten nicht über die Problematik hinweghelfen, dass die Vorschriften auf eine Vielzahl von Konstellationen angewandt werden müssen und ihre nähere Bestimmung durch die Exekutive im Einzelfall unausweichlich bleibt. Hinzu kommt, dass der Verordnungsgeber auch ohne entsprechende Leitlinien eine gewisse Einschätzung der Sicherheitsrelevanz erkennen lässt. Nach Maßgabe des § 56 Abs. 1 AWV sind die in § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV genannten Branchen gegenüber den übrigen Katalogunternehmen als bedeutsamer einzustufen. Auch könnte ein kumulatives Vorliegen mehrerer investorbezogener Merkmale eher für die voraussichtliche Beeinträchtigung der Schutzgüter sprechen. Entscheidend sind ungeachtet dessen aber die jeweiligen Umstände im Einzelfall, etwa für § 55a Abs. 3 Nr. 1 AWV insbesondere auch die Frage, welcher Drittstaat betroffen ist. Einer Bestimmtheit der Untersagungs- und der Anordnungstatbestände steht dies allerdings nicht entgegen. Unter Rückbezug auf die Bestimmtheitsuntersuchungen des Vollzugsverbots ist der Frage nachzugehen, ob der Untersagungs- und der Anordnungsermächtigung eine vergleichbare Wirkung auf den eigentumsfreiheitlichen Schutzbereich zukommt.642 Eine größere Intensität des § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV ließe sich mit dem Argument begründen, dass neben der zielunternehmerischen Verfügung auch die Veräußerung unterbunden wird. Ferner bezieht sich die Untersagungsermächtigung nicht lediglich auf den Zeitraum der Investitionsprüfung, sondern auf eine unbestimmte Zeit in der Zukunft.

dazu unten Kap. 4 § 2 C. III. 1.), wobei die Erwägungen im Grundsatz auch für die verfassungsrechtlichen Untersuchungen maßgeblich sind. 640 Teilweise wird die Indizwirkung dieser Merkmale bemängelt, vgl. Hindelang/Hagemeyer, EuZW 2017, 882 (883 f., 887) für den im Jahr 2017 lediglich etablierten Katalog von Zielunternehmensbranchen. 641 So Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 129 f. Bedenken zum früheren Gefährdungsmaßstab, die aber gleichwohl auf den de lege lata geltenden Maßstab übertragbar sind, äußern Damman de Chapto/Brüggemann, NZKart 2018, 412 (415). 642 Zur Intensität der eigentumsfreiheitlichen Beschränkung durch das Vollzugsverbots s. Kap. 3 § 3 A. II. Vgl. zu den allgemeinen Bestimmtheitsanforderungen Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) aa).

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Beachtlich ist allerdings weiterhin, dass während des Prüfverfahrens eine Belastungskumulation mit höherer Intensität vorliegt, wohingegen die Untersagungsmöglichkeit nur alternativ zur Anordnungsmöglichkeit von der Exekutive gewählt werden kann. Hinzu kommt, dass § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV lediglich zu einer verfahrensabschließenden Entscheidung ermächtigt und der Behörde damit einzelfallabhängige Überlegungen erlaubt, während § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG kraft Gesetzes und losgelöst von einer Einzelfallentscheidung gilt. Somit wirkt die Untersagungsermächtigung gegenüber dem Vollzugsverbot mit vergleichbar intensiv. Da die Anordnungsermächtigung lediglich bestimmte Einschränkungen der Veräußerung und Verfügung ermöglicht, kommt ihr eine mildere Wirkung auf den von Art. 14 Abs. 1 GG eröffneten Schutzbereich zu als der Regelung in § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV. Die Anordnungsermächtigung wiegt aber zumindest nicht weniger schwer einschränkend als die Einreichungspflicht und die Ermächtigungen aus § 14a Abs. 2 AWV, da der von § 59 Abs. 1 Alt. 2 AWV ermöglichte Exekutivakt unbestimmt lange gilt und den Schutzbereich weitgehend beschränken kann. Angesichts dieser Bestimmtheitsmaßstäbe führt das Merkmal „besondere Aktualität und Breitenwirkung“ des § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV im speziellen Medienbereich auch zur tatbestandlichen Unbestimmtheit der Untersagungs- und Anordnungstatbestände.643 Zwar wird das Investitionsprüfverfahren vor einer Entscheidung auf Grundlage der § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV durchgeführt. Somit können die Medienunternehmen ab dem Zeitpunkt seiner Einleitung abschätzen, ob sie das Tatbestandsmerkmal erfüllen und bereits ab einem zehnprozentigen Beteiligungserwerb eine Untersagung oder Anordnung denkbar ist. Die jeweilige intensive Grundrechtsbeschränkung muss aber im Vornhinein, konkret also vor Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages, absehbar sein. 2. Unverhältnismäßigkeit der Untersagungsermächtigung Unter Verhältnismäßigkeitsaspekten sind gegenüber der Untersagungsermächtigung einige mildere Mittel zu erwägen. Der Angemessenheit der eigentumsfreiheitlichen Beschränkung durch § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV könnte dessen niedriger Prüfmaßstab („voraussichtliche Beeinträchtigung“) der Schutzgüter entgegenstehen. a) Legitime Ziele und Eignung der Untersagungsermächtigung zur Erreichung der legitimen Ziele Die mit der Untersagungsermächtigung wie auch mit der gesamten Verfahrensdurchführung anvisierten Ziele644 werden von § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV zumindest gefördert, indem einem drittstaatlichen Investor jegliche Einflussnahmen auf das 643 Vgl. im Rahmen des prüfverfahrensrechtlichen Vollzugsverbots Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) cc) sowie im Rahmen des § 14a Abs. 2 AWG Kap. 3 § 3 A. III. 4. 644 Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa).

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betroffene inländische Zielunternehmen verwehrt werden können. Beispielsweise wäre ein Betreiber kritischer Infrastrukturen der voraussichtlich nachteiligen Einwirkung des Erwerbsunternehmens nicht zugänglich, womit eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit verhindert würde. Im Bereich des § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV führte ein umfassendes Veräußerungs- und Verfügungsverbot dazu, dass der Pressefreiheit, der freien Berichterstattung und der Medienvielfalt abträgliche Einflussnahmen auf das Unternehmen unterbliebe. b) Erforderlichkeit der Untersagungsermächtigung zur Erreichung der legitimen Ziele Zunächst wirkten Investitionsverbote oder -beschränkungen sowie eine staatliche Eigentümerschaft qua Gesetz wie etwa Art. 87e Abs. 3 Satz 2 GG645 gegenüber § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV nicht milder, weil das zielunternehmerische Eigentum diesen Beschränkungen generell und losgelöst von einer Einzelfallentscheidung unterläge. Möglich wäre für alle Branchen des § 55a Abs. 1 AWV eine Etablierung von Golden Shares,646 die dem Staat als Anteilseigner ein Vetorecht für drittstaatliche Erwerbe einräumten.647 Insoweit bestehen jedoch schon Bedenken hinsichtlich ihrer rechtlichen Zulässigkeit,648 praktischen Umsetzbarkeit und politischen Vorzugswürdigkeit, begrenzten sie doch die unternehmerische Autonomie und verminderten so ihre Attraktivität für Investoren.649 Jedenfalls wären Golden Shares kein gegenüber § 59 Abs. 1 Alt. 1 645 S. hierzu näher Schuelken, Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen, 2021, S. 97 ff.; Möstl, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Bd. 6, Art. 87e (Stand 2017) Rn. 177 m. w. N.; Wieland, in: Dreier, GG, Bd. 3, 3. Aufl. 2018, Art. 87e Rn. 15 ff.; Windthorst, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 87e Rn. 50 ff. 646 Ein Rückgriff auf Golden Shares im Rahmen der COVID-19-Pandemie erwägt auch Sahin m. V. a. den Leitfaden der Europäischen Kommission, vgl. hierzu schon Kap. 2 § 2 A. (Sahin, COVuR 2020, 192 [193 f.]). Entsprechende Stimmrechte wurden auch im Rahmen des Verkaufs des Halbleiterkonzerns Siltronic AG erwogen, um Bedenken der prüfenden Behörden im Hinblick auf den Schutz außenwirtschaftsrechtlicher Güter auszuräumen, vgl. hierzu Kopplin/Welter, Übernahme von Siltronic durch Globalwafers droht zu scheitern, FAZ v. 17. 1. 2022, https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/uebernahme-von-siltronic-durch-glo balwafers-droht-zu-scheitern-17734737.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 647 Schuelken, Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen, 2021, S. 73; Grundmann/Möslein, ZGR 2003, 317 (317 f.). Vgl. auch Groh, in: Weber (Hrsg.), Rechtswörterbuch (Stand 2021), Mehrstimmrechtsaktie sowie Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 1100. 648 Vgl. etwa zum VW-Gesetz EuGH, Urt. v. 23. 10. 2007 – Rs. C-112/05 Kommission/ Bundesrepublik Deutschland, ECLI:EU:C:2007:623. Zur Golden Share Rspr. des Gerichtshofs s. auch Herdegen, Europarecht, 23. Aufl. 2022, § 18 Rn. 9 ff.; Hakenberg, Europarecht, 9. Aufl. 2021, Rn. 449; Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 49 AEUV (Stand 2019) Rn. 101 ff.; Wojcik, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 63 AEUV Rn. 30 ff. jew. m. w. N. 649 S. nur Schuelken, Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieninfrastrukturen, 2021, S. 97.

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AWV milderes Mittel. Denn die Einräumung eines staatlichen Vetorechts für die übrigen Anteilseigner, also auch für das Zielunternehmens in Bezug auf seine Anteile,650 implizierte eine ebenso schwerwiegende Beschränkung der Veräußerungsund Verfügungsmöglichkeit. Demgegenüber wäre mit Blick auf weitere außenwirtschaftsrechtliche Beschränkungsmöglichkeiten eine Anordnungsermächtigung als gegenüber § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV weniger eingriffsintensives Mittel zu qualifizieren (aa). Unter der Prämisse, dass Gefahren für außenwirtschaftsrechtliche Schutzgüter insbesondere von staatlich finanzierten Investoren ausgehen,651 ist das in Ermangelung einer eigentumsrelevanten Maßnahme mildere Mittel des Abschlusses weiterer Abkommen mit Drittstaaten in Betracht zu ziehen (bb). Ferner ist zur Verengung des Anwendungsbereichs auch eine Beschränkung der Untersagungsermächtigung auf Transaktionen unter Beteiligung bestimmter Erwerbergruppen zu erwägen (cc). Als weniger schwerwiegendes Mittel sind überdies aktive staatliche Beteiligungen an sicherheitsrelevanten zivilen Unternehmen zur Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation denkbar (dd). Die Zielunternehmen wären unter Umständen nicht mehr auf drittstaatliches Kapital angewiesen und würden somit von gewissen – die außenwirtschaftsrechtlichen Schutzgüter gegebenenfalls beeinträchtigenden – Transaktionen aus eigenem Antrieb Abstand nehmen. Speziell im Medienbereich wirkte eine erhöhte Finanzierung öffentlich-rechtlicher Medien gegenüber der außenwirtschaftsrechtlichen Untersagungsermächtigung weniger intensiv auf das zielunternehmerische Eigentumsgrundrecht (ee). Damit könnte die Medienvielfalt weiter ausgebaut werden. Um einer Manipulation der Meinungsbildung durch ausländische Investoren zu begegnen, kommt eine Etablierung weiterer Faktenchecks sowie die umfangreiche Aufklärung der Bevölkerung in Betracht, damit diese Informationen vermehrt kritisch hinterfragt (ff). aa) Milderes Mittel: Anordnungsermächtigung Der Erforderlichkeit der Untersagungsermächtigung stünde die in § 59 Abs. 1 Alt. 2 AWV normierte Möglichkeit zum Erlass einer Anordnung entgegen, sofern letztere ebenso zwecktauglich wäre. Im Vergleich zu § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV ist die legislative Ermächtigung zum Anordnungserlass als milderes Mittel zu qualifizieren: Hier darf das Zielunternehmen seine Vermögenspositionen bezogen auf die Transaktion, wenn auch begrenztem Maße, veräußern und über diese verfügen.652

650

Vgl. zur hier untersuchten Konstellation bereits Kap. 3 zu Beginn. Dahingehend auch Schuelken, Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieninfrastrukturen, 2021, S. 30 ff. 652 S. bereits Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) bb) (2) und Kap. 3 § 4 A. II. 651

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Allerdings könnte die vom Erwerb ausgehende voraussichtliche Beeinträchtigung außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter nicht ebenso mit einer auf den jeweiligen Einzelfall zugeschnittenen Anordnung beseitigt werden wie mit einer Untersagung der gesamten Transaktion. Infolge des Transaktionsvollzugs würde zumindest eine gewisse Einflussnahme des Investors ermöglicht. Zwar könnte eine Anordnung individuell in der Art und Weise ausformuliert werden, dass eine Beeinträchtigung der Schutzgüter möglichst umfassend ausgeräumt werden würde. Jedoch erfolgt die Entscheidung gem. § 59 Abs. 1 Alt. 2 AWV im Zeitraum vor dem Transaktionsvollzug, in dem nur eine Prognose getroffen werden kann. Ex ante könnte z. B. die Verpflichtung zum Erhalt bestimmter Zeitungsformate oder bestimmter Chefredakteure genügen, um die Pressefreiheit, die freie Berichterstattung und auch die hinreichende Medienpluralität in diesem Bereich zu gewährleisten. Stellte sich jedoch ex post heraus, dass ein Chefredakteur der drittstaatlichen Beeinflussung zugänglich ist, würde seine freie Tätigkeit doch beeinträchtigt. Auch könnte die Bevölkerung ihr Vertrauen in die redaktionelle Arbeit der erhaltenen Zeitungen verlieren, wodurch eine Manipulation der Meinungsbildung mithilfe verbleibender Formate erleichtert würde. Möglich erscheint zuletzt auch, dass erst mit Ausscheiden weiterer Zeitungen auf dem Medienmarkt die von der Anordnung festgelegte Anzahl zu erhaltender Presseerzeugnisse nicht mehr zur umfassenden Sicherung der Medienvielfalt genügte. bb) Milderes Mittel: Weiterer Abschluss von Abkommen mit Drittstaaten Aus wirtschaftlicher Perspektive wird ein weiterer Abschluss von Freihandelsund Investitionsschutzabkommen653 als gegenüber der Errichtung neuer Hürden für Investoren in Gestalt verschärfter Investitionsprüfregime zielführender angesehen.654 Regelmäßig erfolgen Abstimmungen im Bereich der Investitionsschutzpolitik der Europäischen Union655 sowie Deutschlands656 mit Drittstaaten. Zum Schutz außenwirtschaftsrechtlicher Güter könnte vereinbart werden, ähnliche Ausgangsbedin653 Vgl. allgemein zu den Vorzügen sowie der Notwendigkeit von Investitionsschutz Stöbener de Mora, EuZW 2021, 325 (325 ff.). 654 BDI, Growing National Investment Screenings – in Germany and Worldwide, Bericht v. 25. 9. 2020, https://english.bdi.eu/article/news/growing-national-investment-screenings-in-ger many-and-worldwide/ (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 655 S. allgemein zur Investitionsschutzpolitik der Europäischen Union Herrmann/Guilliard, in: Krenzler (Begr.), EU-Außenwirtschafts- und Zollrecht, Bd. 1, 130. (Stand 2021) Rn. 68 ff. m. w. N. Vgl. beispielsweise auch zum Handels- und Investitionsschutzabkommen der Europäischen Union mit Vietnam Philipp, EuZW 2020, 172 (172 f.). 656 Zu einer Übersicht der über 130 Investitionsschutzabkommen der Bundesrepublik s. BMWK, Investitionsschutzverträge, https://www.bmwi.de/Navigation/DE/Service/Investition sschutzvertraege/investitionsschutzvertraege.html; vgl. auch weiterführend dass., Fragen und Antworten zu Investitionsschutz und Investor-Staats-Schiedsverfahren, https://www.bmwi.de/ Redaktion/DE/FAQ/Investitionsschutz/faq-investitionsschutz.html (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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gungen für Direktinvestitionen zu schaffen und etwa staatliche Investorenfinanzierung mit dem Ziel strategischer Einflussnahme in Branchen des anderen Staates zu unterlassen. Milder wäre dieses Mittel, da es mangels Untersagungsermächtigung an einer eigentumsrelevanten Maßnahme fehlte. Jedoch kommt die Frage auf, ob die vorstehend erwogenen Übereinkünfte aus Sicht anderer Staaten überhaupt wünschenswert erschienen. Dies wäre dann nicht der Fall, wenn gerade der Versuch unternommen würde, mithilfe finanzierter Investitionen strategischen Einfluss in einem anderen Staat zu nehmen.657 Zudem könnte sich in der Praxis die Schwierigkeit ergeben, entsprechende Finanzierungen aufzudecken. Zwar ist davon auszugehen, dass Absprachen grundsätzlich anvisiert werden, um für die Bürger z. B. einen sicheren Rechtsweg im anderen Staat zu erreichen.658 Gleichwohl ist häufig eine unterschiedliche Interessenlage gegeben, die eine übereinstimmende Ergebnisfindung erschwert. Dies vergegenwärtigten die aktuellen Verhandlungen über den Abschluss von Investitions- und Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und China.659 Am 30. Dezember 2020 erfolgte eine Einigung in Bezug auf Fragen des Marktzugangs, die Wahrung von Nachhaltigkeitsstandards und gleichen Wettbewerbsbedingungen. Hingegen wurde im Investitionsschutz keine Übereinstimmung erreicht, weshalb die Verhandlungen diesbezüglich fortgesetzt werden.660 Angesichts dieser Schwierigkeiten erweisen sich Abkommen mit Drittstaaten zwar grundsätzlich als sinnvoll. Wegen der bestehenden Unsicherheiten schützt ihr Abschlusses die außenwirtschaftsrechtlichen Güter aber nicht ebenso zielführend wie die Untersagung eines Erwerbs.661

657 Zu Bestrebungen strategischer Einflussnahmen Chinas in Medienunternehmen s. auch schon Kap. 2 § 1 C. II. 658 Vgl. hierzu auch BMWK, Fragen und Antworten zu Investitionsschutz und InvestorStaats-Schiedsverfahren, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/FAQ/Investitionsschutz/faq-in vestitionsschutz.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 659 Bierwagen/v. Wistinghausen, BB 2020, 1986 (1987); Brauneck, EuZW 2018, 188 (195). 660 Schrott/Stowasser/Tasch-Ronner, in: Gnan/Schneider (Hrsg.), Schwerpunkt Außenwirtschaft 2020/2021, 2021, S. 71 f.; Herrmann/Müller-Ibold, EuZW 2021, 97 (106); Krajewski, Dancing with the Dragon, The new EU-China Investment Agreement, Verfassungsblog v. 5. 1. 2021, https://verfassungsblog.de/dancing-with-the-dragon/. S. auch Europäische Kommission, Schlüsselelemente des umfassenden Investitionsabkommens zwischen der EU und China, Pressemitteilung v. 30. 12. 2020, https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ IP_20_2542 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vgl. zu einem möglichen Investitionsschutzabkommen der Europäischen Union und China schon vor einigen Jahren Philipp, EuZW 2013, 886 (886). 661 So auch Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, Stellungnahme zur 17. Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung – Referentenentwurf v. 26. 2. 2021, S. 1, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWVNovelle-17te/vdma.pdf?__blob=publicationFile&v=6 (zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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cc) Milderes Mittel: Untersagungsermächtigung lediglich gegenüber bestimmten Erwerbergruppen Als gegenüber § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV milderes Mittel kommt eine Beschränkung der Untersagungsermächtigung auf Transaktionen unter Beteiligung bestimmter Erwerbergruppen662 in Betracht. Ginge nur von einzelnen Investoren, etwa in Orientierung an den von § 55a Abs. 3 Satz 1 AWV aufgeführten Merkmalen, eine Beeinträchtigung außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter aus, bedürfte es der de lege lata normierten Untersagungsermächtigung nicht. Dieses Mittel tangierte die Veräußerungs- und Verfügungsfreiheit weniger schwerwiegend, fände die Ermächtigung doch einen kleineren Anwendungsbereich. Indes sicherte eine auf bestimmte Investorengruppen begrenzten Ermächtigung die Schutzgüter weniger stark. Zwar geht von privaten Investoren allgemein ein geringeres Beeinträchtigungspotenzial der Schutzgüter aus als von staatlichen Investoren, die neben wirtschaftlichen Zielen vornehmlich politische Absichten verfolgen. Allerdings kann nicht mit absoluter Gewissheit ausgeschlossen werden, dass erstere möglichst wirtschaftlich handeln, aber (auch) andere Ziele mit dem Erwerb erreichen wollen.663 Deshalb ist es nachvollziehbar, dass staatlich kontrollierte Erwerbe bei der Prüfung einer Direktinvestition gem. § 55 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AWV besonders zu berücksichtigen sind, sich der Anwendungsbereich des § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV jedoch nicht auf sie begrenzt. Ähnlich verhält es sich in Bezug auf die weiteren investorbezogenen Merkmale in § 55a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 AWV. Eine bisherige Beteiligung des Investors an für die Schutzgüter nachteiligen Aktivitäten spricht ebenso wie das Risiko einer bisherigen oder gegenwärtigen Beteiligung an gewissen Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten für eine voraussichtliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit durch die Transaktion. Jedoch sind auch andere Konstellationen denkbar. Eine Beeinträchtigung der Güter käme insbesondere auch in Betracht, wenn gewichtige Anhaltspunkte für eine erst zukünftige Beteiligung des Investors an entsprechenden Aktivitäten vorlägen. Mangels einer Untersagungsoption könnten die Güter in dem Fall weniger effektiv gesichert werden.

662 Schäfer/Voland, EWS 2008, 166 (169). Diese erwägen auch eine Beschränkung der Untersagungsmöglichkeit auf bestimmte Zielunternehmensbranchen; auf diese Frage ist aufgrund der an dieser Stelle ausschließlich untersuchten sicherheitsrelevanten zivilen Unternehmen i. S. v. § 55a Abs. 1 AWV nicht näher einzugehen. Vgl. zu den Merkmalen bereits Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) cc). 663 So im Ergebnis auch Schuelken, Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen, 2021, S. 30 ff.

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dd) Milderes Mittel: Aktive staatliche Beteiligungen an sicherheitsrelevanten zivilen Unternehmen Da die Kapitalzufuhr den wesentlichen Beweggrund einer Transaktion mit einem drittstaatlichen Investor ausmachen kann, ist als gegenüber der Untersagungsermächtigung milderes Mittel eine aktive staatliche Beteiligung an sicherheitsrelevanten Unternehmen des § 55a Abs. 1 AWV in Betracht zu ziehen. Es ließe sich erwägen, Liquiditätsproblemen der für die öffentliche Ordnung und Sicherheit als bedeutsam einzustufenden Unternehmen entgegenzutreten, um den drittstaatlichen Erwerb obsolet werden zu lassen. So wurde in der Vergangenheit im Fall der 50Hertz GmbH vorgegangen, deren Erwerb durch einen chinesischen Staatskonzerns mangels Überschreitung der damals noch maßgeblichen 25-Prozent-Schwelle nicht mit außenwirtschaftsrechtlichen Mitteln untersagt werden konnte. Im Auftrag der Bundesregierung erwarb die KfW die entsprechenden Anteile unmittelbar und veräußerte sie zu einem späteren Zeitpunkt weiter.664 Auch einer amerikanischen Direktinvestition in das deutsche Unternehmen CureVac begegnete eine direkte Beteiligung der KfW,665 obwohl hier die Mittel des sektorübergreifenden Prüfregimes offenstanden.666 Eine aktive staatliche Beteiligung am jeweiligen Unternehmen beschränkte das zielunternehmerische Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht, fehlte es gänzlich an einer eigentumsrelevanten Maßnahme. Der Grundrechtsträger könnte sich frei entschließen, seine Vermögenspositionen an den staatlichen Investor zu veräußern und darüber zu verfügen; ihm würde also lediglich eine weitere Alternative für seine Eigentumsnutzung eröffnet. Gleichwohl scheitert die Erforderlichkeit des § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV nicht an der Option aktiver staatlicher Unternehmensbeteiligungen. Problematisch könnte sein, ob sich der Veräußerer, hier also das Zielunternehmen auf eine staatliche Beteiligung einließe. Seine Zusage gegenüber dem Unionsfremden bliebe also weiterhin möglich bliebe. Beispielsweise war in Bezug auf das Unternehmen 50Hertz nicht absehbar, ob sich der belgische Mehrheitseigentümer zu einer Ausübung seines Vorkaufsrechts

664 S. bereits Kap. 2 § 1 A. Ein entsprechendes Vorgehen würde jüngst auch im Kontext des Falles Gazprom Germania als Alternative zu den Mitteln der sektorübergreifenden Prüfung erwogen, vgl. Ludwig, Die Bestellung der Bundesnetzagentur durch das BMWi zum Treuhänder für die Betreiberfirmen von Erdgasspeichern in Deutschland, Verfassungsblog v. 6. 4. 2022, https://verfassungsblog.de/energiesicherheit-durch-ausenwirtschaftsrecht/ (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 665 S. bereits Kap. 1 § 1 und Kap. 2 § 1 A.; Deutsche Bundesregierung, Antwort auf die Kleine Anfrage zur Beteiligung des Bundes an der Curevac AG IV (BT-Drucks. 19/32698 v. 25. 10. 2021); dies., Unterrichtung über den Erwerb einer Bundesbeteiligung an der CureVac AG et al. (BT-Drucks. 19/20076 v. 15. 6. 2020); Lippert, BB 2021, 194 (195); Spür, COVuR 2020, 516 (522). 666 Dieses Vorgehen könnte im Zeitdruck begründet gewesen sein, wegen dem die Durchführung eines sektorübergreifenden Prüfverfahrens als Grundlage für eine Untersagung oder Anordnung hätte zu spät kommen können, vgl. auch Spür, COVuR 2020, 516 (522).

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und der Weitergabe dieser Anteile an die KfW überzeugen ließe.667 Selbst wenn von staatlicher Seite unbegrenzt viel Kapital geboten würde, könnte die drittstaatliche Investition aus anderen Erwägungen, etwa der Erschließung neuer Märkte, vorzugswürdiger erscheinen, womit eine Beteiligung der Bundesrepublik nicht dienen könnte. Zwar ließe sich eine Regelung erwägen, welche das Zielunternehmen im Falle eines gleichlautenden staatlichen Angebots zu dessen Vorzug gegenüber demjenigen des Drittstaatlers verpflichtete. Jene beschränkte den eigentumsfreiheitlichen Schutzbereich indes bereits nicht weniger intensiv als eine Untersagungsermächtigung. Die freie Veräußerung und Verfügung würden in Bezug auf die konkrete Transaktion mit dem Unionsfremden faktisch unterbunden, womit das Zielunternehmen seine Vermögenspositionen also gerade nicht frei nutzen könnte. Um einen „Ausverkauf“ sicherheitsrelevanter Unternehmen infolge der verschlechterten wirtschaftlichen Situation und den daraus resultierenden Liquiditätsengpässen im Zeitraum der COVID-19-Pandemie zu verhindern, ermöglicht das im Jahr 2020 erlassene WStFG668 bis zum 30. Juni 2022 Stabilisierungsmaßnahmen in Gestalt von direkter staatlicher Unternehmensbeteiligung.669 Gem. § 21 Abs. 1 Satz 2 StFG670 und § 22 Abs. 2 Satz 3 StFG werden Maßnahmen zum Schutz der in § 55a Abs. 1 AWV671 genannten Unternehmen und solchen von vergleichbarer Bedeutung, insbesondere wohl der mittlerweile ebenfalls im Katalog aufgeführten Branchen, erlaubt.672 Es fehlte wiederum an einer eigentumsrelevanten Maßnahme; eine vergleichbare Zwecktauglichkeit ist dem Mittel nicht deshalb abzusprechen, weil die Anteilseigner eine Veräußerung an die Bundesrepublik verweigern könnten, bestünde doch auch die Möglichkeit einer Kapitalerhöhung.673 667

Lippert, BB 2021, 194 (195); Haak/Brakalova/Thiemann, CB 2020, 231 (232); Lippert, BB 2021, 194 (195). 668 Gesetz zur Errichtung eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds v. 27. 3. 2020 (BGBl I 2020, S. 543). Vgl. hierzu auch BMF, Gesetz zur Errichtung eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds (Wirtschaftsstabilisierungsfondsgesetz – WStFG) v. 27. 3. 2020, https://www.bun desfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/ Abteilung_II/19_Legislaturperiode/2020-03-27-WStFG/0-Gesetz.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 669 RegBegr. (BT-Drucks. 19/18109 v. 24. 3. 2020, S. 1, 29); Noack, in: Schmidt (Hrsg.), COVID-19 – Rechtsfragen zur Corona-Krise, 3. Aufl. 2021, § 10 Rn. 97 ff.; Wagner-Cardenal, in: Becker/Heyder/Paudtke, WStFG, 2021, § 15 Rn. 1. 670 Gesetz zur Errichtung eines Finanzmarkt- und eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds v. 17. 10. 2008 (BGBl I 2008, S. 1982). 671 Die Norm bezieht sich ihrem Wortlaut nach auf die „in § 55 AWV genannten Sektoren“, hiermit sind jedoch die Zielunternehmensbranchen in § 55 Abs. 1 Satz 2 AWV a. F. gemeint, welche sich mittlerweile in § 55a Abs. 1 AWV n. F. finden. 672 S. auch Lippert, BB 2021, 194 (195, 201). Vgl. zur Entstehungsgeschichte der außenwirtschaftsrechtlichen Vorschriften bereits Kap. 2 § 1 A. 673 Ein entsprechendes Vorgehen erfolgte etwa bei der TUI AG, vgl. zum Ablauf ausf. BaFin, Veröffentlichung über die Befreiung von den Verpflichtungen nach § 35 Abs. 1 Satz 1

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Ungeachtet der Frage, ob eine stetige Erweiterung staatlicher Beteiligungen an den wichtigsten deutschen Unternehmen mit Maßnahmen des StFG wünschenswert erscheint,674 ist die Untersagungsermächtigung aus anderen Gründen erforderlich. Die Maßnahmen sind an ein Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen gebunden, sodass eine Rekapitalisierung gem. § 22 Abs. 2 Satz 2 StFG etwa nur möglich ist, wenn ein wichtiges Interesse des Bundes an der Stabilisierung des Unternehmens besteht und sich der vom Bund angestrebte Zweck nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen ließe.675 Gerade das Bedürfnis einer Stabilisierung des Zielunternehmens ist allerdings nicht immer gegeben. Auch wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorlägen, stünde es den übrigen Anteilseignern, hier dem Zielunternehmen selbst, weiterhin frei, diese an den drittstaatlichen Investor zu veräußern. Die Verhinderung einer Beeinträchtigung außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter wäre mit diesem Mittel also zumindest ungewiss.676 ee) Milderes Mittel speziell bei Medienunternehmen: Erhöhte Finanzierung öffentlich-rechtlicher Medien Speziell im Bereich des § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV ist eine erhöhte Finanzierung öffentlich-rechtlicher Medien als gegenüber § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV milderes Mittel zu qualifizieren, womit es an einer Beschränkung des eigentumsfreiheitlichen Schutzbereichs fehlte. Die Investitionsprüfung, insbesondere auch die Ermächtigung zur Untersagung des Erwerbs eines Medienunternehmens, dient der Sicherung der Pressefreiheit, der freien Rundfunkberichterstattung und der Medienvielfalt. Damit soll mitunter eine Manipulation der Meinungsbildung in der Bevölkerung durch und Abs. 2 Satz 1 WpÜG gemäß § 37 WpÜG im Hinblick auf die TUI AG, Hannover und Berlin v. 31. 1. 2021, S. 1 ff., 6, https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Befreiungs entscheidung/TUI.pdf?__blob=publicationFile&v=3. S. hierzu auch TUI Group, TUI AG einigt sich mit privaten Investoren, Banken und dem Bund auf Finanzierungspaket in Höhe von 1,8 Mrd. E, Meldung v. 2. 12. 2020, https://www.tuigroup.com/de-de/investoren/news/2020/adhoc-meldungen/20201202 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). Allgemein zur Kapitalerhöhung in der Aktiengesellschaft vgl. Drygala/Staake/Szalai, Kapitalgesellschaftsrecht, 2012, S. 553 ff. und zum Unternehmenserwerb durch eine Beteiligung an der Barkapitalerhöhung Fischer, in: Holzapfel (Begr.), Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 16. Aufl. 2021, Rn. 413 ff. 674 Nicht abgeneigt zeigt sich Sahin m. V. a. den Leitfaden der Europäischen Kommission, vgl. hierzu schon Kap. 2 § 2 A. (Sahin, COVuR 2020, 192 [193 f.]). Demgegenüber ablehnend und mit einer Einstufung des entsprechenden Vorgehens als Ausnahme Spür, COVuR 2020, 516 (522 f.) m. w. N. 675 Vgl. zu den einzelnen Voraussetzungen nur Becker, in: Becker/Heyder/Paudtke, WStFG, 2021, § 22 Rn. 49 ff. 676 Zu einem anderen Resultat führt auch nicht Beckers Vorschlag eines Stabilisierungsmechanismus, da sich dieser erst optional an die erfolgte Untersagung eines Erwerbs anschließen soll (Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 245 ff.). Diese zweifelsohne im Einzelfall erwägenswerte Möglichkeit vermag aber schon deshalb nicht dem Untersagungstatbestand seine Erforderlichkeit absprechen, weil eine Entscheidung auf dessen Grundlage erst ihre Voraussetzung bilden soll.

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strategische Einflussnahmen drittstaatlicher Investoren verhindert werden.677 Eine infolge der erhöhten Finanzierung verbesserte Tätigkeit der Öffentlich-Rechtlichen käme der so anvisierten integren Medienlandschaft zugute. Die öffentlich-rechtlichen Medien könnten mit der höheren Finanzierung ihre Programmgestaltung ausbauen und so noch mehr Bürger ansprechen.678 Auf diese Weise wären Konsumenten privater Medienunternehmen einer strategischen Einflussnahme drittstaatlicher Investoren zu Zwecken einer Meinungsmanipulation weniger zugänglich. Ferner ließe sich die Arbeit der öffentlich-rechtlichen Medien auch inhaltlich verbessern, indem etwa mehr Mittel für fachkundige Berater bereitstünde, was zur Erhöhung medialer Glaubwürdigkeit in der allgemeinen Wahrnehmung beitragen könnte. Objektivität und Unparteilichkeit der Programmherstellung würde somit noch stärker durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gewährleistet, dessen Programmgestaltung mit den gesicherten Beitragszahlungen nicht an marktwirtschaftlichen Anreizen orientiert ist.679 Weiterhin ermöglichten die vorhandenen finanziellen Mittel die Etablierung neuer Formate zwecks Erweiterung der Medienvielfalt. Höhere Geldmittel erlaubten schließlich die Beschäftigung einer

677

Vgl. schon Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa) (2). Mitunter zu diesem Zweck forciert auch die Intendantin von Radio Bremen eine Reform der Öffentlich-Rechtlichen, vgl. Gerner, Regionale Anker in der Welt, FAZ v. 9. 6. 2021, https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/yvette-gerner-intendantin-von-radio-bremen-zuard-und-zdf-17379066.html?premium. Daneben wird eine entsprechende Reform vom Intendant des Hessischen Rundfunks auch befürwortet, um den öffentlich-rechtlichen Medien mehr Freiheiten zu gewähren, s. Krupp, Digital muss sein, Reform von ARD und ZDF, FAZ v. 8. 6. 2021, https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/hr-intendant-krupp-zur-reform-von-ardund-zdf-17376985-p3.html. Krupp skizziert unterdessen die Bewegtbildstrategie des hr-fernsehens, mit welcher die nach 20.15 Uhr ausgestrahlten Formate vor allem an Nutzer der Mediathek richten sollen. Dass hiermit Konsumenten anderer Sendungen eine Absage erteilt wird und jene weniger erreicht werden können, sei eine zwangsläufige Folge dieser Priorisierung und Umschichtung von Mitteln. Vgl. zum Entwurf für eine Reform, welcher indes die Frage einer Erhöhung des Rundfunkbeitrags ausklammert, Deutsche Bundesländer, Zweiter Staatsvertrag zur Änderung medienrechtlicher Staatsverträge, Entwurf v. 22. 10. 2021, https://webc ache.googleusercontent.com/search?q=cache:PP5OSCQN8kYJ:https://www.land.nrw/media/2 5318/download%3Fattachment+&cd=1&hl=de&ct=clnk&gl=de&client=safari; Radionetzwerk Deutschland, Reform von ARD und ZDF: Länder wollen Öffentlich-Rechtliche „zukunftsfest“ machen, Radionetzwerk Deutschland v. 22. 10. 2021, https://www.rnd.de/medien/re form-von-ard-und-zdf-laender-wollen-oeffentlich-rechtliche-zukunftsfest-machen-4 LPOJMHF47LLMFX53MZDTDK75M.html; Welt, Länder wollen Reform des öffentlichrechtlichen Rundfunks, Welt v. 22. 10. 2021, https://www.welt.de/politik/deutschland/arti cle234573694/Laender-wollen-Reform-des-oeffentlich-rechtlichen-Rundfunks.html. S. weiterführend auch Kreissing, welcher die Pluralitätssicherung neben den privaten und öffentlichrechtlichen Medien insbesondere als Aufgabe der Medienanstalten versteht (Kreissing, Wir sichern Meinungsvielfalt, FAZ v. 1. 6. 2021, https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/re form-von-ard-und-zdf-ueber-politik-und-digitalkonzerne-17367250.html?printPagedArticle= true#pageIndex_2 [jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023]). 679 BVerfGE 119, 181 (215 ff.); Scheuer, MMR 2007, 770 (778); Schütz, MMR 2018, 36 (37). 678

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größeren Anzahl an Arbeitnehmern, die nicht auf die Tätigkeit in privaten Medienunternehmen angewiesen wären. In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen wäre eine größere Finanzierung öffentlich-rechtlicher Medien einer Sicherung der im Rahmen des § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV verfolgten Schutzgüter dienlich. Allerdings gilt es zu bedenken, dass diese Anbieter allein das Pressewesen nicht abdecken,680 wenngleich sich diesem ihr Informationsangebot auf digitalen Kanälen zunehmend annähert.681 Hinzu kommt, dass bereits eine umfangreiche Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch die gem. § 35 Satz 1 2. Halbsatz MStV für diesen vordergründige682 Quelle des Rundfunkbeitrags erfolgt.683 In diesem Zusammenhang kommt die Frage auf, wie hoch der Beitrag denn sein müsste, um die vorstehenden Ziele erreichen zu können. Der Finanzierungsbedarf des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird gem. § 36 Abs. 1 MStV regelmäßig geprüft und bewertet,684 sodass insbesondere auch aktuelle Entwicklungen wie zunehmende drittstaatliche Einflüsse in private Medienunternehmen einbezogen werden könnten.

680 Demgegenüber gilt für die Presse vielmehr „die Prämisse der Privatwirtschaftlichkeit“, s. nur BVerfGE 20, 162 (175) und Cornils, in: Binder/Vesting, BeckK-Rundfunkrecht, 4. Aufl. 2018, Präambel RStV Rn. 18. 681 Vgl. beispielsweise die digitalen Wortbeiträge der Tagesschau (Tagesschau, https:// www.tagesschau.de) im Vergleich zur Nachrichtenrubrik der Süddeutschen Zeitung (Süddeutsche Zeitung, https://www.sueddeutsche.de) oder der FAZ (FAZ, https://www.faz.net/aktu ell/). Kritisch in Bezug auf diese Entwicklung äußert sich der unter anderem als Vorsitzender des Zeitungsverlegerverbandes Bremen e. V. tätige Koopmann, Die öffentlich-rechtlichen missachten die freie Presse, FAZ v. 16. 6. 2021, https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/ ard-und-zdf-nehmen-der-freien-presse-die-luft-17390860.html?premium (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 682 S. hierzu BVerfGE 83, 238 (311); 90, 60 (91); 119, 181 (220); Schult, in: Gersdorf/Paal, BeckOK-Informations- und Medienrecht, § 35 MStV (Stand 2022) Rn. 6 ff. m. w. N. Vgl. zum einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff noch unter geltendem Rundfunkstaatsvertrag auch Davis, Die „dienende“ Rundfunkfreiheit im Zeitalter der sozialen Vernetzung, 2019, S. 153 f. 683 Der Gesamtertrag aus den Rundfunkbeiträgen belief sich im Jahr 2020 auf mehr als acht Milliarden Euro, vgl. Beitragsservice ARD, ZDF und Deutschlandradio, Rundfunkbeitrag, Jahresbericht 2020, S. 8, https://www.rundfunkbeitrag.de/e175/e7364/Jahresbericht_2020.pdf. S. auch zur Erhöhung des Rundfunkbeitrags Deutsche Bundesländer, Erster Staatsvertrag zur Änderung medienrechtlicher Staatsverträge v. 29. 9. 2020, https://webcache.googleusercontent. com/search?q=cache:R5LOo0bDvMMJ:https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_show_pdf%3Fp_ id%3D33580+&cd=1&hl=de&ct=clnk&gl=de&client=safari (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). Dessen Zulässigkeit bestätigte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschl. v. 20. 7. 2021, 1 BvR 2756/20, 1 BvR 2775/20, 1 BvR 2777/20, NVwZ 2021, 1283 (1283 ff.)). Vgl. hierzu kritisch Muckel, JA 2021, 1047 (1050) m. w. N. 684 Schult, in: Gersdorf/Paal, BeckOK-Informations- und Medienrecht, § 36 MStV (Stand 2022) Rn. 1 ff. m. w. N. Vgl. näher zu den in Abs. 2 genannten Kriterien für die Festsetzung dies., in: Gersdorf/Paal, BeckOK-Informations- und Medienrecht, § 36 MStV (Stand 2021) Rn. 8 ff. Zu den Grundzügen des Verfahrens s. auch Hartstein/Dörr, in: Hartstein et al., MStV/ JMStV, Bd. 2, § 36 MStV (Stand 2021) m. V. a. dies., in: Hartstein et al., MStV/JMStV, Bd. 2, Anhang § 14 RStV (Stand 2019) Tz. 1 ff.

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Selbst wenn die Öffentlich-Rechtlichen eine (noch) breitere Vielfalt an Formaten gewährleisteten, erschiene unklar, ob dies zur Sicherung der deutschen Medienpluralität genügte. Dagegen könnte im Rundfunkwesen dessen Konzeption einer dualen Ordnung sprechen, welche sich aus einer öffentlich-rechtlichen und einer privaten Säule zusammensetzt. Zwar mögen für erstere höhere Anforderungen gelten, gleichwohl überzeugt ein Zusammenwirken beider Säulen insbesondere unter dem Gesichtspunkt unterschiedlicher Strukturen der Anbieter und den hiermit verbundenen divergierenden Programmorientierungen.685 Würde allein die Pluralität im öffentlich-rechtlichen Bereich umfassend gesichert, dann hätte die Vielfalt insgesamt Einbußen zu erleiden. Ferner könnte ein drittstaatlicher Investor weiterhin die freie Pressearbeit und Rundfunkberichterstattung in privaten Unternehmen beeinträchtigen, was auch deren Gewährleistung in den öffentlich-rechtlichen Medien nicht entkräftet. Die Erforderlichkeit des § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV ist im Medienbereich folglich nicht wegen der Möglichkeit zur höheren Finanzierung öffentlichrechtlicher Medien abzulehnen. ff) Milderes Mittel speziell bei Medienunternehmen: Weitere Etablierung von Faktenchecks und umfangreichere Sachaufklärung der Bevölkerung Schließlich ist im speziellen Medienbereich auch eine weitere Etablierung von Faktenchecks und eine umfangreichere Sachaufklärung der Bevölkerung in Betracht zu ziehen. Diese Mittel wirkten sich in Ermangelung eigentumsrelevanter Maßnahmen ebenfalls milder auf den Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG aus. Das Bereithalten glaubwürdiger Medienangebote als wirksamstes Mittel gegen Desinformation686 erschwerte eine Manipulation der Meinungsbildung, womit die forcierte Sicherung einer Integrität der Medienlandschaft gefördert würde. Eine stärkere Etablierung medialer Faktenchecks, wie beispielsweise CORRECTIV687, ARD-Faktenfinder688 oder BR24 #Faktenfuchs689, könnte mehr Menschen auf Desinformationen aufmerksam werden lassen und korrigierte sie zugleich

685 BVerfGE 73, 118 (155 ff.); 74, 297 (324 f.); 119, 181 (217); Cornils, in: Binder/Vesting, BeckK-Rundfunkrecht, 4. Aufl. 2018, Präambel RStV Rn. 16 ff. v. der Decken, in: SchmidtBleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 15. Aufl. 2021, Art. 5 Rn. 30; Holznagel, in: Spindler/ Schuster, Recht der elektronischen Medien, 4. Aufl. 2019, Vor § 1 RStV Rn. 27 f., 43. Vgl. hierzu auch die Präambel des MStV, welche den öffentlich-rechtlichen und den privaten Rundfunk als wesentliche Säulen des dualen Rundfunksystems kennzeichnet. 686 Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa) (2). 687 Correctiv, Recherchen für die Gesellschaft, https://correctiv.org (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 688 ARD-Faktenfinder, https://www.tagesschau.de/faktenfinder/. Vgl außerdem auch den ARD-Faktenfinder Podcast https://www.tagesschau.de/multimedia/podcasts/faktenfinderfeed-101.html (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 689 BR 24 #Faktenfuchs, https://www.br.de/nachrichten/faktenfuchs-faktencheck,QzSIzl3 (zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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publikumswirksam.690 Möglich erscheint die Förderung von Faktenchecks durch eine staatliche Finanzierung entsprechender Unternehmen oder mittels der Einsetzung zusätzlicher Faktenfinder. Dies erwiese sich insbesondere vor dem Hintergrund als positiv, dass nicht unerhebliche Bedenken seitens der Medienkonsumenten dahingehend bestehen, unwahre von wahren Informationen unterscheiden zu können.691 Problematisch ist jedoch, dass die Neutralität von Faktenfindern aufgrund ihrer staatlichen Unterstützung angezweifelt werden könnte, indem die Konsumenten unter Umständen erwarteten, dass diese Kategorisierung einer Information als Desinformation ihrerseits unwahr und lediglich auf staatlichen Einfluss zurückführen ist. Hinzu kommt, dass sich die Wirkung einer Falschnachricht nach kognitionswissenschaftlichen Studien durch ihre Wiederholung und Richtigstellung im Ergebnis gar verstärken kann, sofern der Fokus auf der Bestätigung von Tatsachen und nicht auf der Wiederlegung von Mythen liegt.692 Dann würde eine Manipulation der Meinungsbildung unter Umständen sogar noch durch Faktenchecks begünstigt. Selbst wenn diese Wirkung nicht einträte, ergibt sich mit Blick auf die vergleichbare Zwecktauglichkeit dieses Mittels jedenfalls die Schwierigkeit, dass das Erreichen aller Konsumenten durch Faktenchecks nicht absehbar ist. Als zielführender könnte es sich demgegenüber erweisen, die Bevölkerung im Vorgriff auf den Konsum entsprechender Informationen umfangreich aufzuklären, damit sie diese hinterfragen.693 Hierfür spricht auch die grundsätzliche Neigung eines Menschen, Informationen so wahrzunehmen, dass sie in Einklang mit ihren bereits 690 Daneben werden als Gegenmaßnahmen von Desinformation insbesondere auch die Löschung dieser sowie Warnhinweise erwogen, vgl. etwa Högden/Krämer/Meinert/Schaewitz, in: Steinebach et al. (Hrsg.), Desinformation aufdecken und bekämpfen, 2020, S. 84 ff. Korrekturen und Gegendarstellungen i. S. v. Faktenchecks werden demgegenüber indes als wirksamstes Mittel eingestuft, vgl. S. 86. 691 Einer Studie zufolge hatten 37 Prozent der Teilnehmenden im Jahr 2020 dahingehend Bedenken, 42 Prozent waren unsicher und nur 22 Prozent hatten keine Bedenken, vgl. Hölig/ Hasebrink, Reuters Institute Digital News Report 2020, Ergebnisse für Deutschland, 2020, S. 35, https://www.hans-bredow-institut.de/uploads/media/default/cms/media/66q2yde_AP50_ RIDNR20_Deutschland.pdf. Eine weitere Studie kommt zu dem Ergebnis, dass 44 Prozent der Befragten nach eigener Einschätzung eher schlechte bzw. gar keine Kenntnisse zu Fake News aufweisen, vgl. PwC, „Fake News“, Ergebnisse einer Bevölkerungsbefragung, 2019, S. 5, https://www.pwc.de/de/technologie-medien-und-telekommunikation/pwc-bevoelkerungsbefra gung-fake-news.pdf (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 692 Cook et al., The Debunking Handbook, 2020, S. 4, 6, https://www.climatechangecommu nication.org/wp-content/uploads/2020/10/DebunkingHandbook2020.pdf; Högden/Krämer/ Meinert/Schaewitz, in: Steinebach et al. (Hrsg.), Desinformation aufdecken und bekämpfen, 2020, S. 88, 93; Müller/Denner, Was tun gegen Fake News?, 2. Aufl. 2019, S. 18, https://shop. freiheit.org/#!/Publikation/792 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). S. auch Holznagel, MMR 2018, 18 (19). 693 Cook et al., The Debunking Handbook, 2020, S. 4, 7 m. w. N., https://www.climatech angecommunication.org/wp-content/uploads/2020/10/DebunkingHandbook2020.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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bestehenden Vorstellungen stehen.694 Je mehr von einem Medienunternehmen veröffentlichte Informationen hinterfragt und auf diese Weise als unwahr herausgefiltert werden, desto weniger sind ihre Konsumenten einer drittstaatlich bestrebten Desinformation zugänglich. Um jedem Einzelnen die Überprüfung einer Information auf ihren Wahrheitsgehalt zu erleichtern, könnten Workshops angeboten und staatliche Hilfestellungen veröffentlicht werden. So würden die Konsumenten unter anderem zur Prüfung von Webseiten oder Blogs auf bestimmte Anhaltspunkte wie das Vorhandensein eines Impressums oder von Bildern und Videos anhand einer Rückwärtsbildsuche auf ihre Plausibilität angeleitet.695 Allerdings ist auch diesem Mittel eine vergleichbare Effektivität zur Verhinderung der Manipulation der Meinungsbildung abzusprechen. Nicht die gesamte Bevölkerung wird bereit sein, entsprechende Angebote wahrzunehmen. Zweifelhaft ist auch, ob eine so große Reichweite zu generieren wäre, dass eine strategische Einflussnahme zu Manipulationszwecken vollkommen erfolglos bliebe. Bedenklich erscheint ferner, dass sich das Erkennen unwahrer Fachinformationen für diesbezügliche Laien selbst mit Hintergrundwissen und trotz einer generellen Sensibilisierung als schwierig erwiese.696 Als zielführender erweist sich hingegen eine Untersagung der Transaktion mit der Folge, eine strategische Einflussnahme auf das Medienunternehmen von Vornhinein umfassend unterbinden zu können. Letztlich gilt es zu bedenken, dass Desinformationen lediglich als eine Gefahr unionsfremder Einflüsse gelten; eine Beschränkung der freien Pressearbeit im Unternehmen etwa würde mit Faktenchecks oder einer besseren Aufklärung der Bevölkerung nicht verhindert. c) Unangemessenheit der Untersagungsermächtigung wegen des niedrigen Prüfmaßstabs „voraussichtliche Beeinträchtigung“ In der konkreten Abwägung697 der zielunternehmerischen Veräußerungs- und Verfügungsfreiheit mit der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist der Frage nachzuge694 Högden/Krämer/Meinert/Schaewitz, in: Steinebach et al. (Hrsg.), Desinformation aufdecken und bekämpfen, 2020, S. 80, 82 f., 91; Müller/Denner, Was tun gegen Fake News?, 2. Aufl. 2019, S. 14, 16 m. w. N., https://shop.freiheit.org/#!/Publikation/792; Schmidt et al., Zur Relevanz von Online-Intermediären für die Meinungsbildung, 2017, S. 27, https://www. hans-bredow-institut.de/uploads/media/default/cms/media/67256764e92e34539343a8c77a021 5bd96b35823.pdf (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). Vgl. zur staatlichen Öffentlichkeitsarbeit gegen Desinformation auch Löber/Roßnagel, in: Steinebach et al. (Hrsg.), Desinformation aufdecken und bekämpfen, 2020, S. 165 f. 695 Vgl. hierzu sowie zu weiteren Handlungsempfehlungen im Umgang mit Desinformation Jansen et al., in: Steinebach et al. (Hrsg.), Desinformation aufdecken und bekämpfen, 2020, S. 195 ff. 696 Högden/Krämer/Meinert/Schaewitz, in: Steinebach et al. (Hrsg.), Desinformation aufdecken und bekämpfen, 2020, S. 83. 697 Für die abstrakte Rechtsgüterbewertung kann auf die in der Verhältnismäßigkeit des prüfverfahrensrechtlichen Vollzugsverbots angestellten Überlegungen verwiesen werden

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hen, ob der für eine Entscheidung auf Grundlage von § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV maßgebliche Prüfmaßstab einer voraussichtlichen Beeinträchtigung dieser Schutzgüter unangemessen ist.698 Bis 2020 war eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung der Schutzgüter Bezugspunkt der Investitionsprüfung.699 Zunächst spricht die im Lichte der Screening-Verordnung gebotene unionsrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts700 nicht gegen die Unangemessenheit der Untersagungsermächtigung infolge des niedrigen Prüfmaßstabs: Zwar betrifft die Verordnung gem. ihres Art. 1 Abs. 1 Satz 1 einen Überprüfungsmechanismus „im Zusammenhang mit ausländischen Direktinvestitionen, die die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung voraussichtlich beeinträchtigen“. Eine Überprüfung ist gem. Art. 2 Nr. 3 ScreeningVO ein „Verfahren, mit dessen Hilfe ausländische Direktinvestitionen geprüft, untersucht, genehmigt, an Bedingungen geknüpft, untersagt oder rückabgewickelt werden können“. Obwohl die Untersagung einer Zusammenschau der Regelungen zufolge aus verordnungsgeberischer Perspektive also bereits bei einer voraussichtlichen Beeinträchtigung der Schutzgüter in Betracht kommt, ist der nationale Gesetzgeber vor dem Hintergrund verfassungsrechtlicher Vorgaben nicht zur Herabsetzung des Gefährdungsgrades verpflichtet.701 Die Absenkung des Prüfmaßstabs trägt mit der Anpassung an die Begrifflichkeiten der Screening-Verordnung zwar zu höherer Rechtssicherheit bei;702 hieraus allein lässt sich die Verfassungsmäßigkeit einer Untersagung allerdings nicht ableiten. Im Gegenteil ist zu berücksichtigen, dass diese angesichts des, anders als in anderen Unions- und Drittstaaten,703 in der Bundesrepublik ohnehin etablierten strengeren Investitionsprüfmechanismus verfassungsrechtlich gerade nicht geboten

(Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (1)). Auch wird das zielunternehmerische Eigentumsrecht durch § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV intensiv beschränkt, s. Kap. 3 § 4 A. II. und zur Feststellung einer vergleichbaren Intensität der Untersagungsermächtigung gegenüber den Verboten hinsichtlich Art. 14 Abs. 1 GG Kap. 3 § 4 A. III. 1. 698 Kritisch auch vor dem Hintergrund der Betroffenheit verfassungsrechtlich verankerter Positionen mit der Forderung (lediglich) einer engen Auslegung Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 191 ff. 699 Kap. 2 § 1 B. II. 2. d), insbesondere auch zur (beabsichtigten) Herabsetzung des Prüfmaßstabs. 700 Vgl. zur gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 1 AEUV Rn. 24 m. w. N. aus Rspr. und Lit. 701 S. bereits Kap. 2 § 1 B. II. 2. d). 702 RegBegr. (BT-Drucks. 19/18700 v. 21. 4. 2020, S. 18), die eine Anpassung der Schwelle an die Screening-Verordnung anvisiert hat. 703 In den Niederlanden, in Frankreich, in Österreich, im Vereinigten Königreich und auch in den Vereinigten Staaten von Amerika erfolgte bislang keine Abkehr vom Gefährdungsbegriff, allein Frankreich legt seit jeher den Maßstab einer voraussichtlichen Beeinträchtigung an (Kap. 2 § 3).

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ist.704 Mithin drängt sich die Frage auf, ob die Herabsetzung des Maßstabs „über das Ziel hinausschießt“.705 Konkret setzt eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung das Vorliegen gänzlich anderer Gegebenheiten voraus als eine voraussichtliche Beeinträchtigung der Schutzgüter: Neben der prognostischen Betrachtungsweise ist mit dem Erfordernis einer geringeren Gewissheit auch der Grad der notwendigen Gefahrenintensität herabgesetzt worden. Beachtlich erscheint darüber hinaus, dass nicht die Bedeutung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit betroffen ist. Vielmehr geht es bei dem herabgesetzten Prüfmaßstab lediglich um eine ganz erhebliche Erweiterung des exekutiven Handlungsspielraums hinsichtlich der sehr intensiven Einschränkung der verfassungsrechtlich verankerten Veräußerungs- und Verfügungsfreiheit.706 Angesichts des unbestimmten Rechtsbegriffs war dieser Spielraum bereits unter der früheren Regelungslage bereits von nicht unerheblicher Größe. Fraglich ist unter rechts- und wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten auch, ob eine Untersagung bereits bei Vorliegen eher geringer Anhaltspunkte für die Schutzgüterverletzung ausgesprochen werden sollte. Einigkeit besteht insoweit, dass ein deutscher Protektionismus abzulehnen ist,707 weil er die Attraktivität Deutschlands als Investitionsstandort infolge weitreichender Beschränkungsmechanismen verminderte und zu einer proaktiven Verlagerung geistigen Eigentums der Zielunternehmen ins Ausland führen könnte.708 Ein zu 704 DIHK, Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie v. 22. 1. 2021: Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung – Ausweitung der Investitionsprüfungen v. 26. 2. 2021, S. 3, https://www.bmwi.de/Re daktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/dihk.pdf?__ blob=publicationFile&v=6. Die deutsche Investitionskontrolle wird teilweise als die schärfste in der Europäischen Union angesehen, vgl. Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien, Stellungnahme 17. AWV-Novelle, S. 4, https://www.bmwi.de/ Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/bitkom. pdf?__blob=publicationFile&v=6 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 705 So im Ergebnis auch Hindelang/Moberg, CMLR 2020, 1427 (1454). 706 Dementsprechend BDI, Stellungnahme zum Referentenentwurf zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes v. 27. 2. 2020, S. 4 f., https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/ Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWG-Novelle/bdi.pdf?__blob=publicationFile&v=4. Kritisch zur erheblichen Erweiterung des Handlungsspielraums infolge des herabgesetzten Prüfmaßstabs auch Deutsche Industrie- und Handelskammertag, Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zum Ersten Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes v. 27. 2. 2020, S. 3, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/ Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWG-Novelle/dihk.pdf?__blob=publicationFi le&v=4 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 707 BMWK, Nationale Industriestrategie 2030, Strategische Leitlinien für eine deutsche und europäische Industriepolitik, S. 8, 15, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/ Industrie/nationale-industriestrategie-2030.pdf%3F__blob%3DpublicationFile%26v%3D10 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 708 So auch Rupp, Gesellschaft für Sichere Mobile Kommunikation mbH, Stellungnahme für den Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestags zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes v. 8. 5. 2020 (AusschussDrucks.

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extensiver Schutzmechanismus käme somit letztlich auch nicht den Zielunternehmen zugute und wäre dem Normzweck daher im Ergebnis gar abträglich. Zu bedenken bleibt indes, dass der Staat lediglich vor Abschluss des Erwerbs mit den Mitteln des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung einschreiten kann. Wird der Erwerb also nicht untersagt, dann sind die außenwirtschaftsrechtlichen Handlungsmöglichkeiten erschöpft. Aus der hohen Bedeutung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit für die Allgemeinheit erwächst insoweit eine staatliche Schutzpflicht. Jedoch ist hier nicht zu klären, wie konkret die Verletzung der Schutzgüter sein muss, um das Prüfverfahren einzuleiten, dient dieses doch gerade einer genaueren Untersuchung der Transaktion. Kommt der Staat aber nach Abschluss jenes Verfahrens von erheblicher Dauer – dies insbesondere auch im Vergleich zu den Fristen anderer Investitionsprüfmechanismen –709 und Intensität710 zu dem Ergebnis, dass vom Erwerb voraussichtlich eine Beeinträchtigung der Schutzgüter ausgeht, darüber hinaus aber keine größere Gewissheit hinsichtlich Wahrscheinlichkeit und Schwere besteht, erscheint die dennoch bestehende Untersagungsmöglichkeit in Anbetracht der intensiven Grundrechtsbeschränkung hinterfragungsbedürftig. Nach Abschluss dieses Verfahrens darf trotz der weiterhin allein hypothetisch-perspektivischen Betrachtungsweise erwartet werden, dass ein eindeutigeres Ergebnis im Hinblick auf eine potenzielle Verletzung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliegt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass auch Hinzuerwerbe des Investors im Falle einer erneuten Überschreitung der maßgeblichen Stimmrechtsschwelle weiteren Investitionsprüfungen unterliegen.711 Bei diesen kristallisierte sich dann möglicherweise eine konkretere Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit heraus und eine Untersagung dieses weiteren Erwerbs wäre möglich. Eine Vorverlagerung der Gefahrenschwelle ist in Deutschland kein rein außenwirtschaftsrechtliches Phänomen; auch im Polizei- und im Strafrecht zeichneten sich in den vergangenen Jahren Bestrebungen ab, die staatlichen Handlungsmöglichkeiten zu erweitern. Während im Strafrecht eine Zunahme an Vorbereitungs-, Gefährdungs- und Besitzdelikten erkennbar ist,712 wurde beispielsweise im bayerischen Polizeirecht mit Art. 11a Abs. 1 PAG713 der Begriff „drohende Gefahr“714 einge19[9]596, S. 5, https://www.bundestag.de/resource/blob/695452/929e486538ae15845b2dbd892 30e41ee/sv-dr-rupp-data.pdf [zul. aufg. am 28. 2. 2023]). 709 Kap. 2 § 3. 710 Zur Intensität der das Investitionsprüfverfahren begleitenden Vorschriften s. schon Kap. 3 § 3 A. II. und Kap. 3 § 3 A. III. 3. a). 711 Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (2). 712 Cerny/Fickentscher, NStZ 2019, 697 (698). 713 Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei v. 14. 9. 1990 (GVBl, 397). 714 Nach dieser Legaldefinition handelt es sich hierbei um „die Entstehung einer Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut […], wenn im Einzelfall 1. das individuelle Verhalten einer Person die konkrete Wahrscheinlichkeit begründet oder 2. Vorbereitungshandlungen für sich oder

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führt.715 Entsprechende Änderungsvorschläge für das Polizeigesetz NordrheinWestfalens scheiterten.716 Anstrengungen, den Begriff der drohenden Gefahr zu etablieren, lassen sich unter anderem auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2016717 zurückzuführen,718 welche in nachfolgenden Entscheidungen719 Bestätigung erfuhr. Die Anforderungen an eine hinreichend konkret absehbare Gefahr der Schutzgüter seien in ein Verhältnis zur Belastung der Betroffenen zu setzen, wobei der Gesetzgeber die Grenzen der Gefährdungslage erweitern könne, indem er die Anforderungen an die Vorhersehbarkeit des Kausalverlaufs reduziere. Jedoch müssten auch bei der Betroffenheit überragend wichtiger Rechtsgüter zumindest tatsächliche Anhaltspunkte auf die Entstehung einer konkreten Gefahr720 im Einzelfall hinweisen.721 Die allgemein anerkannte „Je-desto-Formel“ lässt im Falle der Betroffenheit überragend wichtiger Rechtsgüter eine geringere Wahrscheinlichkeit für den Schadens-

zusammen mit weiteren bestimmten Tatsachen den Schluss auf ein seiner Art nach konkretisiertes Geschehen zulassen, wonach in absehbarer Zeit Angriffe von erheblicher Intensität oder Auswirkung zu erwarten sind“. Bedeutende Rechtsgüter werden abschließend in Art. 11a Abs. 2 PAG aufgelistet. 715 S. ausf. Heckmann, Polizei- und Sicherheitsrecht, in: Becker/ders./Kempen/Manssen (Hrsg.), Öffentliches Recht in Bayern, 8. Aufl. 2022, 3. Teil Rn. 120a; Enders, DÖV 2019, 205 (206 f.); Leisner-Egensperger, DÖV 2018, 677 (678, 681 f.); Möstl, BayVBl 2018, 156 (156 ff.); Müller, BayVBl 2018, 109 (110 ff.); Waechter, NVwZ 2018, 458 (458 ff.). Vgl. auch die einstweilige Anordnung gegen den Begriff der drohenden Gefahr VerfGH München, Entscheidung v. 7. 3. 2019, Vf. 15-VII-18, BeckRS 2019, 3113. Hier steht eine Entscheidung in der Hauptsache bislang noch aus. 716 Legal Tribune Online, „Was bringt des beste Gesetz, wenn es am Verfassungsgericht scheitert?“, Bericht v. 9. 10. 2018, https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/schwarz-gelb-nrw-en tschaerft-geplantes-neues-polizeigesetz-drohende-gefahr-ueberwachung-gewahrsam/ (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 717 BVerfG, Urt. v. 20. 4. 2016 – 1 BvR 996/09, 1 BvR 1140/09, NJW 2016, 1781 (1781 ff.). 718 Böhlje, Betrifft JUSTIZ 2018, 112 (113); anderer Ansicht ist hingegen Leisner-Egensperger, DÖV 2018, 677 (679 f.), welche die Figur schon zuvor in der polizeirechtlichen Rspr. zu erkennen vermochte. 719 BVerfG, Beschl. v. 1. 12. 2020 – 2 BvR 916/11, 2 BvR 636/12, NStZ 2021, 348 (348 ff.); Beschl. v. 27. 5. 2020 – 1 BvR 1873/13, 1 BvR 2613/13, NJW 2020, 2699 (2699 ff.). 720 Eine konkrete Gefahr liegt vor bei einer Sachlage, bei der im einzelnen Falle die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eintreten wird, vgl. etwa die Legaldefinition in § 2 Nr. 1 NPOG (Niedersächsisches Polizei- und Ordnungsbehördengesetz v. 19. 1. 2005 [Nds. GVBl 2005, 9]); Wehr, Examens-Repetitorium Polizeirecht, 4. Aufl. 2019, Rn. 86 ff. 721 BVerfG, Urt. v. 20. 4. 2016 – 1 BvR 996/09, 1 BvR 1140/09, NJW 2016, 1781 (1785); Urt. v. 27. 7. 2005 – 1 BvR 668/04, NJW 2005, 2603 (2603); Leisner-Egensperger, DÖV 2018, 677 (680 f.); Welzel/Ellner, DÖV 2019, 211 (214).

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eintritt genügen.722 Hierzu steht die bundesverfassungsgerichtliche Entscheidung nicht in Widerspruch;723 trotzdem wird ihr eine inspirierende Wirkung für eine Absenkung der Eingriffsschwelle einer konkreten Gefahr zugesprochen.724 Festzuhalten bleibt, dass auch die Betroffenheit überragend wichtiger Rechtsgüter und eine insoweit geringere Schadenseintrittswahrscheinlichkeit nicht das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr zu ersetzen vermögen. Hierfür spricht die gebotene Abwägung der betroffenen Rechtspositionen unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Der in § 55 Abs. 1 AWV a. F. maßgebliche Gefährdungsbegriff war nicht i. S. d. Polizei- und Ordnungsrechts, sondern mit einem unionsrechtlichen Verständnis unter Berücksichtigung der Regelungen in Art. 36, Art. 52 Abs. 1 und Art. 65 Abs. 1 AEUV auszulegen. Damit galten gleichwohl hohe Anforderungen an das Vorliegen einer tatsächlichen und hinreichend schweren Gefährdung.725 Auch der nunmehr etablierte Begriff einer voraussichtlichen Beeinträchtigung der Schutzgüter findet keine Erwähnung im nationalen (Polizei- und Ordnungs-)Recht. Dennoch handelt es sich auch in diesem Kontext um die Abwehr von Gefahren, in deren Rahmen zwischen den bedeutsamen Schutzgütern sowie den beschränkten Rechtspositionen der Betroffenen ein ausgewogenes Verhältnis zu finden ist. Der Verweis auf ein unionsrechtliches Begriffsverständnis bzw. die Begriffswahl einer europäischen Verordnung können jedoch nicht zur Wahrung der nationalverfassungsrechtlichen Anforderungen verhelfen. Demnach sind die nach obigen Erwägungen vorzugswürdigen bundesverfassungsgerichtlichen Maßstäbe auch im Kontext des Außenwirtschaftsrechts bedeutsam.726 Führt man sich die intensive Grundrechtsbeschränkung der zielunternehmerischen Eigentumsfreiheit vor Augen, gelten für die außenwirtschaftsrechtliche Gefahrenabwehr hohe Maßstäbe. Wenngleich es sich bei der öffentlichen Ordnung und Sicherheit um überragend wichtige Rechtsgüter handelt, deren Schutz eine sehr große Bedeutung zukommt, sind zumindest tatsächliche Anhaltspunkte notwendig, aufgrund derer ein Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich erscheint. Diesem Erfordernis hält der Begriff „voraussichtliche Beeinträchtigung“ nicht stand: Mit dem Maßstab ist das Vorliegen greifbarer Tatsachen in Bezug auf einen wahrscheinlichen Schadenseintritt außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter gerade (noch) nicht notwendig. Solche ergeben sich insbesondere auch nicht bereits aus dem 722

Vgl. zur Formel Wehr, Examens-Repetitorium Polizeirecht, 4. Aufl. 2019, Rn. 80 m. w. N.; Korte/Dittrich, JA 2017, 332 (336); Leisner-Egensperger, DÖV 2018, 677 (683 f.); kritisch Leisner, DÖV 2002, 326 (327). 723 So auch Möstl, GSZ 2021, 89 (90 f.). 724 S. nur Enders, DÖV 2019, 205 (205 ff.). 725 Vgl. bereits Kap. 2 § 1 B. II. 2. d). 726 Brüggemann/Moser, DB 2020, 1443 (1445); Enders, RIW 2020, 652 (654); Jungkind/ Bormann, NZG 2020, 619 (622). Vgl. für eine Anwendung der „Je desto“-Formel im Außenwirtschaftsrecht auch bereits Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 183.

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Aspekt, dass an der Transaktion ein sicherheitsrelevantes ziviles Unternehmen i. S. v. § 55a Abs. 1 AWV beteiligt ist; vielmehr müssen weitere Anhaltspunkte hinzutreten.727 Mit den vorstehenden Grundsätzen könnte eine Herabsetzung der Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit der Gefahrenrealisierung von „tatsächlich“ auf „voraussichtlich“ in Einklang stehen. Insofern würde eine geringere Gewissheit des Schadenseintritts gefordert, wie sie auch dem Begriff der drohenden Gefahr immanent ist.728 Darüber hinaus sind im außenwirtschaftsrechtlichen Prüfregime aber die Vorgaben an den Grad der Gefahrenintensität von einer hinreichend schweren Gefährdung auf denjenigen einer Beeinträchtigung abgeschwächt worden. Könnte mit dem bundesverfassungsgerichtlichen Verständnis also das Erfordernis einer geringeren Eintrittswahrscheinlichkeit des Schadens zulässig sein, ist in diesem Zusammenhang gerade nicht die Rede von einem geringeren Schweregrad. Ein solcher folgt indes sowohl aus dem Wortlaut „Beeinträchtigung“ als auch aus den Gesetzgebungsmaterialien.729 Während sich die herabgestufte Wahrscheinlichkeit in der vorzunehmenden Abwägung noch mit der besonders hohen Bedeutung der Schutzgüter begründen lässt, findet sich ein vergleichbar begründbares Gegenstück nicht zum herabgesetzten Schweregrad. Folglich ist der niedrige Prüfmaßstab nicht mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gefahrenabwehr zu vereinbaren. Insbesondere wäre die Untersagungsermächtigung auch nicht mit der Normierung bestimmter Kriterien für die behördliche Ermessensentscheidung im Einzelfall verfassungskonform. Kriterien könnten etwa dergestalt aufgestellt werden, dass eine Untersagung auf Grundlage des Prüfmaßstabs lediglich bei Transaktionen in Bezug auf Branchen der § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV – dies in Anlehnung an die verordnungsgeberische Entscheidung in § 56 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AWV – und bei zusätzlichem Vorliegen eines der investorbezogenen Regelbeispiele des § 55a Abs. 3 AWV verhältnismäßig wäre. Dann könnte eine Entscheidung auf Grundlage von § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV lediglich bei besonders sicherheitsrelevanten Zielunternehmen und nur bei Hinzutretenden eines besonders gefährlichen Investors bereits auf Grundlage des niedrigen Prüfmaßstabs ausgesprochen werden. Eine Gewichtung anhand der Bedeutung von Schutzgütern berechtigt nach dem verfassungsrechtlichen Verständnis zwar zur Abwehr weniger wahrscheinlicher Gefahren. Problematisch erscheint jedoch, dass nach dem gesetzgeberischen Willen darüber hinaus auch der Grad der Gefahrenintensität vermindert worden ist. Ist dieser aber entsprechend gering, obwohl ein besonders sicherheitsrelevantes Zielunternehmen und ein sehr gefährlicher Investor an der Transaktion beteiligt sind, steht die Untersagungsermächtigung auch hier außer Verhältnis. Erforderlich wäre die behördliche Zugrundelegung eines höheren Gefährdungsgrades, der nicht zuletzt im 727

S. schon Kap. 2 § 1 B. II. 2. d). Vgl. hierzu auch Leisner-Egensperger, DÖV 2018, 677 (678 ff.). 729 Kap. 2 § 1 B. II. 2. d). 728

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Widerspruch zum Wortlaut der Ermächtigungsnorm stünde und somit nicht deren Verfassungsmäßigkeit begründen kann. Zu einem anderen Ergebnis gelangt man schließlich auch nicht mittels einer verfassungskonformen Auslegung des Tatbestandsmerkmals „voraussichtliche Beeinträchtigung“ dergestalt, dass der Prüfmaßstab höher anzulegen wäre. Eine einfachgesetzliche Regelung ist zwar nur dann verfassungswidrig, wenn sie nach keiner Auslegungsmethode so verstanden werden kann, dass sie in Einklang mit der Verfassung steht. Dies setzte jedoch voraus, dass die gewählte Auslegung nicht dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers widerspricht.730 Neben der Problematik der Vereinbarkeit eines höheren Maßstabs mit dem Wortlaut „voraussichtliche Beeinträchtigung“ stünde dieser jedenfalls im Widerspruch zum gesetzgeberischen Willen: Dieser intendiert mit einer Ersetzung des Gefährdungsbegriffs durch denjenigen der voraussichtlichen Beeinträchtigung eine Herabsetzung des Prüfmaßstabs, um die vorausschauende Betrachtung der Investitionsprüfung zu unterstreichen und die Schwere der Gefahrenintensität abzumildern.731 Unter Berücksichtigung der intensiven Beschränkung der zielunternehmerischen Veräußerungs- und Verfügungsfreiheit durch die Untersagungsermächtigung stellt sich dieser niedrige Prüfmaßstab, auch unter Berücksichtigung der Sozialbindung des Eigentums und der hohen Bedeutung der Schutzgüter, im Rahmen einer konkreten Güterabwägung als unangemessen und damit als unverhältnismäßig dar. Vielmehr ist am zuvor maßgeblichen Gefahrenbegriff festzuhalten.732 Der verfassungskonformen Verringerung der Gefahrrealisierungswahrscheinlichkeit könnte – de lege ferenda – mit einem Prüfmaßstab „voraussichtliche Gefährdung“ Rechnung getragen werden.733 3. Unverhältnismäßigkeit der Anordnungsermächtigung Die Anordnungs- könnte wie auch die Untersagungsermächtigung die zielunternehmerische Eigentumsfreiheit in unverhältnismäßiger Art und Weise beschränken. Auch § 59 Abs. 1 Alt. 2 AWV fördert die Verfolgung legitimer Ziele734, indem die Transaktion nach der jeweiligen Ausgestaltung einer Anordnung im Einzelfall Beschränkungen unterworfen werden kann, um einer Beeinträchtigung 730 BVerfGE 54, 277 (299 f.); 71, 81 (105); 85, 69 (69 ff.); 88, 203 (333); Butzer/Epping, Arbeitstechnik im Öffentlichen Recht, 3. Aufl. 2006, S. 38 ff.; Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 67. 731 RegBegr. (BT-Drucks. 19/18700 v. 21. 4. 2020, S. 18). S. auch schon Kap. 2 § 1 B. II. 2. d). 732 Unter Berücksichtigung der intensiven Grundrechtsbeschränkung des Art. 14 Abs. 1 GG wurde dies von der FDP-Fraktion gefordert, vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (BT-Drucks. 19/20144 v. 17. 6. 2020, S. 18); Enders, RIW 2020, 652 (654). 733 S. unten Kap. 5 § 3. 734 Vgl. zu den Zielen bereits Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa).

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der Schutzgüter entgegenzuwirken. Wird beispielsweise der Abfluss technischen Know-hows lediglich eines bestimmten zielunternehmerischen Bereichs an den Unionsfremden befürchtet, könnte eine Ausklammerung dieses Bereichs vom Erwerb angeordnet werden. Dann würden die betroffenen Informationen dem Investor nicht durch die Transaktion eröffnet, das technische Wissen flösse also nicht wie befürchtet ab. Im speziellen Medienbereich könnte etwa mit dem Ziel einer Sicherung der Medienvielfalt gegenüber dem Erwerber angeordnet werden, zukünftig eine gewisse Anzahl von Medienformaten zu erhalten. Indem diese Formate erhalten blieben, wirkte sich der Erwerb nicht (so) nachteilig auf die Pluralität aus. Denkbar wäre auch die Ausklammerung eines zielunternehmerischen Geschäftsbereichs vom Erwerb, in dem ein großes Potenzial für strategische Einflussnahmen besteht, die dem freien Presse- und Rundfunkwesen abträglich wären oder in dem Desinformationskampagnen absehbar sein könnten. Dem Unionsfremden bliebe eine Einwirkung auf diese Bereiche verwehrt und er könnte die Gewährleistungen von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG hier nicht unterlaufen. Konkret735 resultiert aus dem niedrigen Prüfmaßstab „voraussichtliche Beeinträchtigung“ der Schutzgüter die Unangemessenheit der Anordnungsermächtigung.736 Auch wenn sich die Ermächtigung weniger schwer auf die zielunternehmerische Eigentumsfreiheit auswirkt als § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV,737 geht dieser Entscheidung ebenfalls ein intensives und langes Prüfverfahren voraus. Nach dessen Ende darf in Anbetracht der mit den Verboten, der Einreichungspflicht und den Verwaltungsakt-Ermächtigungen verbundenen erheblichen Grundrechtsbeschränkungen eine hinreichende Gewissheit der Exekutive auf Grundlage bestimmter Tatsachen erwartet werden, ob eine Verletzung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit in Betracht kommt. Ihr Fehlen spricht hingegen entscheidend dafür, dass diese auch in Zukunft durch die Transaktion nicht verletzt werden. Zwar ließe sich anders als für die Untersagungsermächtigung ein System von Anordnungskategorien unterschiedlicher Schwerestufen erwägen.738 Bei dem geringen Prüfmaßstab einer voraussichtlichen Beeinträchtigung der Schutzgüter dürften hiernach lediglich bestimmte Anordnungen erlassen werden, die das zielunternehmerische Eigentumsgrundrecht weniger schwer beschränkten als andere. Könnten milder wirkende Anordnungen herausgefiltert werden, genügte unter 735 Die Erforderlichkeit der Anordnungsermächtigung ist mangels vergleichbarer Zwecktauglichkeit der in Kap. 3 § 4 A. III. 2. b) bb) bis ff) genannten milderen Mitteln anzunehmen. Vgl. zur abstrakten Rechtsgüterbewertung Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (1). 736 S. schon für die Untersagungsermächtigung Kap. 3 § 4 A. III. 2. c). 737 Kap. 3 § 4 A. II. 738 Ein den Verhältnismäßigkeitsanforderungen Rechnung tragendes abgestuftes System findet sich beispielsweise auch im Tatbestand des § 8 Abs. 1, Abs. 2 NVersG (Niedersächsisches Versammlungsgesetz v. 7. 10. 2010 [Nds. GVBl. 465, 532]) für die Beschränkung auf erster und das Verbot bzw. die Auflösung einer Versammlung auf zweiter Stufe. Vgl. hierzu auch Barczak, in: Ridder/Breitbach/Deiseroth, NVersG, 2. Aufl. 2020, § 8 Rn. 13 ff. m. w. N.

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Umständen die für ihren Erlass maßgebliche voraussichtliche Beeinträchtigung der Schutzgüter, lediglich für schwerwiegendere Anordnungen wäre der Gefährdungsmaßstab anzulegen. Dann könnte § 59 Abs. 1 Alt. 2 AWV mittels verfassungskonformer Auslegung eine tatbestandliche Eingrenzung dahingehend erfahren, dass lediglich mildere Anordnungen erlassen werden dürften. Für eine entsprechende Einstufung kommen als Anordnungen z. B. eine Verpflichtung zur Erhaltung einer bestimmten Anzahl von Arbeitsplätzen, eine Beschränkung der Stimmrechtsausübung, die Übernahme einer Standortgarantie in Deutschland oder in der Europäischen Union, eine Verpflichtung zur Aufrechterhaltung versorgungsrelevanter Produktionszweige für eine gewisse Zeit oder die Ausklammerung einzelner Geschäftsfelder vom Erwerb in Betracht.739 Wenngleich all diese Anordnungen den Erwerb lediglich in einer modifizierten Art und Weise zuließen, fehlte es an einem greifbaren Kriterium für die Bestimmung unterschiedlicher Schweregrade. Als problematisch erwiese sich hinsichtlich einer entsprechenden Kategorisierung insbesondere, dass sich die Anordnungen im Einzelfall unterschiedlich intensiv auf die zielunternehmerische Veräußerungs- und Verfügungsfreiheit auswirken können. Käme es dem Investor etwa gerade auf den Erwerb eines bestimmten Geschäftsfeldes an und nähme er infolge der Ausklammerungsanordnung von der gesamten Transaktion Abstand, wöge sie für das Zielunternehmen weitaus schwerer, als wenn ohnehin ein geringes Interesse an diesem Geschäftsfeld bestünde und die Transaktion unter ähnlichen Umständen stattfinden könnte. Zwar ist häufig davon auszugehen, dass der Investor gerade an den von der Anordnung ausgenommenen Aspekten ein gehobenes Interesse hat, macht z. B. das technische Know-how für ein fortschrittliches Produkt doch das Herzstück des Unternehmens aus. Ein entsprechendes Interesse lässt sich indes nicht generell abschätzen, weshalb die Schwerewirkung einer Anordnung auf die zielunternehmerischen Grundrechte von den Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls abhängt.740 Folglich scheidet ein am abgestuften Beeinträchtigungspotenzial orientiertes System aus, mit dem bestimmte Anordnungsermächtigungen auf Grundlage des geringen Prüfmaßstabs als angemessen zu bewerten sein könnten; freilich hätte sich auch hier im Übrigen die Problematik seiner möglichen Unvereinbarkeit mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gefahrenabwehr gestellt.

739 Asbrand/Nehring-Köppl, IWRZ 2018, 63 (66); Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/ Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 59 AWV Rn. 32. Vgl. zu Beispielen auch schon Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) bb) (3). 740 S. zur Variabilität der Wirkung einer jeden Anordnung im Einzelfall auch Kap. 3 § 4 A. II.

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B. Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG durch die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung Ferner ist eine Verletzung der von Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsausübungsfreiheit sicherheitsrelevanter Zielunternehmen durch die Untersagungsund die Anordnungsermächtigung zu erwägen. Die Ermächtigungen des § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV tangieren die Unternehmens- als spezielle Ausprägung der Berufsausübungsfreiheit der in § 55a Abs. 1 AWV aufgeführten Grundrechtsträger.741 Ihre wirtschaftliche Betätigung wird hinsichtlich der konkreten Transaktion berührt, indem etwa eine Erschließung neuer Märkte durch das Zielunternehmen auf Dauer umfassend bzw. teilweise verwehrt werden kann. Mit dem Erwerb könnte aus zielunternehmerischer Perspektive auch eine Ausweitung bestimmter Geschäftsbereiche anvisiert werden, deren Unterbindung die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung (zum Teil) erlauben. Dieser sachlichen Schutzbereichseröffnung steht im Medienbereich (§ 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV) allerdings die Spezialität aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG entgegen, da sich die freie wirtschaftliche Betätigung auch hier in derjenigen im Presse- und Rundfunkbereich erschöpft.742 In Erfüllung des Intensitätsmerkmals greifen § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV nach dem modernen Verständnis in Art. 12 Abs. 1 GG ein.743 Wenngleich auch hier für die § 55a Abs. 1 Nr. 8 bis Nr. 27 AWV ein geringerer Anwendungsbereich gegeben ist,744 erlaubt die Untersagungsermächtigung eine Beschränkung der wirtschaftlichen Betätigung aller Zielunternehmensbranchen bei der konkreten Transaktion umfassend und für unbestimmte Zeit.745 Alternativ dazu ermächtigt § 59 Abs. 1 Alt. 2 AWV zu einer teilweisen Beschränkung dieser unternehmerischen Tätigkeit. Hiermit ist wiederum746 eine weniger intensive Wirkung auf den unternehmensfreiheitlichen Schutzbereich verbunden, da zumindest gewisse Erwerbsmöglichkeiten aus der abgeschlossenen Transaktion geschöpft werden könnten. Jedoch besteht die Möglichkeit, dieser Freiheit in Abhängigkeit von der jeweiligen Anordnungskonzeption im Einzelfall unterschiedlich schwerwiegende Grenzen zu 741 So im Ergebnis auch Labitzke, Die Beschränkung von Auslandsinvestitionen in deutsche Rüstungsunternehmen, 2011, S. 215 f.; Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 152 f. jew. für die a. F. der Ermächtigungen. 742 Kap. 3 § 3 B. I. 2. 743 Die weiteren Eingriffsmerkmale sind erfüllt (s. schon Kap. 3 § 4 A. II.), insbesondere wird auch die Schutzbereichsbeschränkung von Art. 12 Abs. 1 GG gerade beabsichtigt. Vgl. für einen Eingriff in die Berufsfreiheit durch die außenwirtschaftsrechtliche Untersagungsermächtigung in a. F. auch Geiger, Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 92 f. 744 So mitunter schon Kap. 3 § 2 A. II. 2. 745 Einen „besonders schwerwiegenden Eingriff in die unternehmerische Freiheit“ spricht auch Niestedt der Untersagungsermächtigung zu (Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 59 AWV [Stand 2022] Rn. 9 m. w. N.). 746 Vgl. für die Eigentumsfreiheit bereits Kap. 3 § 4 A. II.

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setzen: Etwa könnte mit einer bedingten Kapitalzufuhr nur ein Teilbereich der zielunternehmerischen Geschäftsbereiche ausgeweitet werden. Mithin geht von der Anordnungsermächtigung ebenfalls eine intensive Beschränkung des von Art. 12 Abs. 1 AWV gewährleisteten Schutzbereichs aus. Ferner ist für beide Ermächtigungen auch die erforderliche berufsregelnde Tendenz gegeben.747 Auf verfassungsrechtlicher Rechtfertigungsebene wahren § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV als materielle Rechtsnormen den einfache Gesetzesvorbehalt in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG748. Unterschiede zu den Untersuchungen für Art. 14 Abs. 1 GG wären in der Verhältnismäßigkeit lediglich denkbar, wenn den Ermächtigungen eine andere Wirkung auf den unternehmensfreiheitlichen Schutzbereich zukäme.749 Zum einen ermöglichen die außenwirtschaftsrechtlichen Vorschriften verfahrensabschließende Entscheidungen, welche sich auf beide Freiheitsrechte gleichermaßen für eine unbestimmte Zeit in der Zukunft auswirken. Zum anderen resultiert eine vergleichbare Schwerewirkung des § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV auf die grundrechtlichen Gewährleistungen auch aus dem Aspekt, dass sowohl die Eigentumsnutzung als auch die wirtschaftliche Betätigung des Zielunternehmens bei der konkreten Transaktion von der Untersagung gänzlich und von einer Anordnung teilweise, dies jeweils in Abhängigkeit von ihrer jeweiligen Ausgestaltung, ähnlich stark unterbunden werden. Angesichts dieser vergleichbaren Intensität greifen die Ermächtigungsnormen wegen des niedrigen Prüfmaßstabs auch unverhältnismäßig in die Unternehmensfreiheit ein.

C. Spezieller Bereich der Medienunternehmen: Verletzung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG durch die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung Für die in § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV aufgeführten Medienunternehmen ist neben einer Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG auch eine Verletzung der Presse- und Rundfunkfreiheit durch die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung in Betracht zu ziehen. Die von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG gewährleistete freie Betätigung wird tangiert, indem durch eine Entscheidung auf Grundlage von § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV z. B. die in Aussicht stehende Kapitalzufuhr durch die Transaktion verwehrt bleibt, die zur Etablierung neuer Zeitungsformate hätte verwendet werden sollen. 747 Vgl. zu diesem Merkmal schon Kap. 3 § 3 B. II. S. dahingehend auch Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 153 zur a. F. außenwirtschaftsrechtlicher Vorschriften. 748 Kap. 3 § 3 B. III. 749 Vgl. zu den legitimen Zielen, welche m. V. a. die Ausführungen in Kap. 3 § 3 B. III. auch mit der Dreistufentheorie in Einklang stehen, der Eignung und der Erforderlichkeit bereits Kap. 3 § 4 A. III. 2. a), b) und 3. sowie zur abstrakten Rechtsgüterbewertung der Unternehmensfreiheit Kap. 3 § 3 B. III.

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Da die Ermächtigungen ausschließlich der Pressefreiheit, einer freien Berichterstattung sowie der Wahrung der Medienvielfalt dienen, handelt es sich bei ihnen um Ausgestaltungsregelungen für die Gewährleistungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG. Konkret sind auch bei hypothetischer Betrachtung die Merkmale eines Grundrechtseingriffs erfüllt.750 Für die hier speziell betroffene wirtschaftliche Betätigung im Presse- und Rundfunkbereich kann auf die allgemeineren Ausführungen zu Art. 12 Abs. 1 GG, insbesondere hinsichtlich des Intensitätskriteriums (Kapitel 3 § 4 B. II.), verwiesen werden. Auf Rechtfertigungsebene werden die Anforderungen des für Ausgestaltungsvorschriften geltenden Parlamentsvorbehalts751 gewahrt. Zwar handelt es sich bei § 59 Abs. 1 AWV nicht um ein Parlamentsgesetz. Jedoch normieren § 4 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 4a AWG und § 5 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 AWG die wesentlichen Rahmenbedingungen der verfahrensabschließenden Entscheidungen. Hieraus ergibt sich die grundsätzliche Möglichkeit einer Beschränkung von Rechtsgeschäften oder Handlungen sowie der Anordnung von Handlungspflichten bei dem Erwerb eines inländischen Unternehmens oder von dessen Anteilen durch einen Unionsfremden. Auch geben die Regelungen den Prüfmaßstab „voraussichtliche Beeinträchtigung“ sowie die Schutzgüter „öffentliche Ordnung und Sicherheit“ vor. Die Verfassungsmäßigkeit der Ausgestaltungen von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG scheitert jedoch an der tatbestandlichen Unbestimmtheit des Merkmals „besondere Aktualität und Breitenwirkung“ in § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV.752 Hingegen begründet der niedrige Prüfmaßstab „voraussichtliche Beeinträchtigung“ außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter keine Unverhältnismäßigkeit.753 Das zu den Untersuchungen im Rahmen von Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG variierendes Abwägungsresultat wurzelt in den geringeren Angemessenheitsanforderungen an Ausgestaltungsvorschriften, die die staatlichen Handlungsspielräume zu Zwecken eines größeren Schutzes der Presse- und Rundfunkfreiheit erweitern. Auf Grundlage des niedrigeren Prüfmaßstabs wird eine Abwehrmöglichkeit voraussichtlicher Beeinträchtigungen der medienrechtlichen Schutzgüter geschaffen, auch wenn anhand des Investitionsprüfverfahrens keine tatsächlichen Anhaltspunkte für einen hinreichend wahrscheinlichen Schadenseintritt festzumachen sind. Hiermit kann auch weniger konkret absehbaren Beeinträchtigungen der 750

Kap. 3 § 2 C. II. Kap. 3 § 3 C. III. 2. a). 752 Hier ist auf die Argumentation in Kap. 3 § 3 C. III. 2. b) zu verweisen, da die Ermächtigungen die Presse- und Rundfunkfreiheit ebenso intensiv beschränken wie die Unternehmens- und die Eigentumsfreiheit und in Kap. 3 § 4 A. III. 1. eine vergleichbare Schwerewirkung der Untersagungsermächtigung gegenüber den Verboten und der Anordnungsermächtigung gegenüber der Einreichungspflicht und den Ermächtigungen begründet worden ist. 753 Für die Eignung der Regelungen zur Verfolgung der legitimen Ziele s. Kap. 3 § 4 A. III. 2. a) und 3., für die abstrakte Rechtsgüterbewertung Kap. 3 § 3 C. III. 2. c) sowie allgemein für die Verhältnismäßigkeitsprüfung von Ausgestaltungen Kap. 3 § 3 C. III. 2. c). 751

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

Schutzgüter effektiv begegnet werden. Das Fehlen einer Befreiungsoption von den prüfverfahrensrechtlichen Verboten bietet gerade keine Erweiterung staatlicher Handlungsspielräume, sondern es verwehrt individuelle Entscheidungen vielmehr bereits im Vornhinein.754 Demgegenüber erweitern die Ermächtigungen für verfahrensabschließende Entscheidungen unter Zugrundelegung des milderen Prüfmaßstabs die behördlichen Entscheidungsperspektiven für den Schutz medienrechtlicher Güter im Einzelfall. Besonders befindet sich die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des Maßstabs auch mit der bundesverfassungsgerichtlichen Judikatur zur Gefahrenabwehr755 in Einklang, denn die gerichtlich für Ausgestaltungsvorschriften festgelegten Rechtfertigungsmaßstäbe finden konsequent auch bei der Gefahrenabwehr Anwendung und können so von den allgemeinen Hürden abweichen.

§ 5 Grundrechtsverletzung des Anteilseignerunternehmens durch die deutschen Investitionskontrollvorschriften, insb. auch durch § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AWG Eine Unvereinbarkeit der sektorübergreifenden Prüfvorschriften mit dem nationalen Verfassungsrecht könnte sich neben den in § 2 bis § 4 dieses Kapitels behandelten zielunternehmerischen Grundrechtsverletzungen auch aus solchen des Anteilseignerunternehmens ergeben. Dessen Grundrechtspositionen werden bedeutsam, wenn das unionsfremde Erwerbsunternehmen von ihm die Beteiligung am sicherheitsrelevanten Zielunternehmen erwirbt.756 In seinem Schutzbereich umfasst Art. 14 Abs. 1 GG die rechtsgeschäftliche Veräußerung und die dingliche Verfügung über eine Beteiligung des Anteilseigners am Zielunternehmen, die als vermögenswerte Rechtsposition zu qualifizieren ist.757 Zwar unterfällt nicht jeder Anteilsverkauf der Unternehmensfreiheit, vielmehr muss dieser der Art. 12 Abs. 1 GG immanenten Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dienen.758 Dieses Merkmal wird aber jedenfalls erfüllt, wenn sich der 754

Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (d). Kap. 3 § 4 A. III. 2. c). 756 Zum Gegenstand der verfassungsrechtlichen Untersuchungen s. bereits Kap. 3 zu Beginn. Vgl. jedoch Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 154 f. zu einer insoweit überzeugenden Ablehnung der Grundrechtsbetroffenheit solcher Anteilseigner, welche selbst nicht veräußern wollen, sondern sich durch die Investition lediglich eine Wertsteigerung ihrer Anteile erhoffen. 757 Dahingehend auch Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 154; Epping/Lenz, NVwZ 2005, 858 (859 f.). 758 So ebenfalls Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 90. 755

§ 5 Grundrechtsverletzung des Anteilseignerunternehmens

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Grundrechtsträger als Finanzinvestor, der sich gerade durch den Beteiligungsankauf und -verkauf mit Gewinnerzielungsabsicht auszeichnet, betätigt. Sofern es sich beim Anteilseigner selbst um ein Medienunternehmen gem. § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV759 handelt, ist der speziellere presse- und rundfunkfreiheitliche Schutzbereich von seiner wirtschaftlichen Betätigung betroffen. Diese Grundrechtspositionen werden von den sektorübergreifenden Vorschriften beim Beteiligungsverkauf des Anteilseigners wie auch bei demjenigen des Zielunternehmens tangiert. Insoweit ergeben sich auf Eingriffs- bzw. auf Ausgestaltungsebene keine Unterschiede zu den Überlegungen in § 3 und § 4 dieses Kapitels. Insbesondere richten sich die Verbote in § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG auch an den Anteilseigner, an den ebenfalls ein Verwaltungsakt auf Grundlage von § 14a Abs. 2 Satz 5 AWG adressiert werden kann. Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung sind keine von den Untersuchungen zielunternehmerischer Grundrechtsverletzungen abweichenden Resultate ersichtlich.760 Zwar könnte lediglich das Zielunternehmen über gewisse der von den Verbotstatbeständen in § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG erfassten unternehmensbezogene Informationen, etwa das Know-how für die technische Entwicklung eines bestimmten Produktes, verfügen. In dem Fall wären dem Anteilseigner die verbotenen Handlungen bereits unmöglich. Dann könnten seine Grundrechtspositionen nach dem modernen Eingriffsverständnis jedoch alternativ auch insofern beschränkt werden, dass der Investor an einem möglichst schnellen Zugang zu den Informationen interessiert wäre. Er erhielte diese Informationen für den langen Prüfzeitraum auch vom Zielunternehmen nicht und könnte die Transaktion abbrechen oder wegen der bevorstehenden Prüfung gar nicht erst in Betracht ziehen. Jedenfalls ergibt sich aus dieser an die Frage, welcher Beteiligte über die im Einzelfall maßgeblichen Informationen verfügt, anknüpfenden Alternativität keine größere Schwerewirkung der Regelungen mit erhöhten Rechtfertigungsanforderungen. Ferner wirkt sich die Dreipersonenkonstellation auf die Ermächtigung in § 14a Abs. 2 Satz 5 AWG dergestalt aus, dass ein auf dieser Grundlage erlassener Verwaltungsakt neben dem unmittelbar erwerbsbeteiligten Investor und dem Anteilseigner ebenfalls an das Zielunternehmen adressiert werden kann. Indes ist auch hiermit keine gegenüber dem Zweipersonenverhältnis erhöhte Schwerewirkung der Regelung auf die maßgeblichen Grundrechtspositionen verbunden, denn das Zielunternehmen verfügt nicht über sensiblere Informationen betreffend den Anteilseigner als dieser selbst. Die Intensität der Ermächtigung richtet sich wiederum nach dem jeweiligen Einzelfall, in welchem die staatlich angeforderten Informationen den 759 Denkbar ist auch, dass es sich um ein anderes Medienunternehmen handelt, für das beispielsweise die von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 3 GG geschützte Filmfreiheit eröffnet ist. Aus Übersichtlichkeits- und Kapazitätsgründen beschränken sich die Untersuchungen dieser Arbeit auf Unternehmen, welche die Anforderungen von § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV erfüllen. 760 Vgl. für die Meldepflicht Kap. 3 § 2; für das Vollzugsverbot sowie die Regelungen in § 14a Abs. 2 AWG Kap. 3 § 3, insbesondere A. III. 2. und 4., sowie für die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung Kap. 3 § 4.

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

Anteilseigner bei einer sehr geringen Beteiligung wohl weniger gravierend träfen als das Zielunternehmen. Anders verhielte sich dies für einen großen Mehrheitsaktionär, dessen Beteiligung, wenngleich in geringerem Ausmaß, auch im Anschluss an die Transaktion fortbestünde. Damit ginge ein gesteigertes behördliches Interesse etwa an zukünftigen Geschäftsstrategien einher. Ein Unterschied äußert sich für den Anteilseigner überdies hinsichtlich der das sektorübergreifende Prüfverfahren begleitenden Regelung in § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AWG. Der Anteilseigner kann die mit dem Erwerb verbundenen Stimmrechte am Zielunternehmen ausüben, da die für das Halten eigener Aktien an einer Aktiengesellschaft maßgebliche Regelung in § 71b AktG nicht eingreift. Diese Nutzungsmöglichkeit der an die Vermögensposition der Unternehmensbeteiligung geknüpften Stimmrechte unterfällt dem Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG.761 Entsprechendes gilt für Art. 12 Abs. 1 GG sowie für Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG, da der Grundrechtsträger für eine bestimmte Stimmrechtsausübung ebenfalls etwa Kapital oder eine andere Gegenleistung erhalten könnte, die ihm eine wirtschaftliche Betätigung (im Presse- und Rundfunkbereich) ermöglicht. Das Verbot in Nr. 1 erfüllt wie die übrigen in Nr. 3 und Nr. 4 (auch) an den Anteilseigner adressierten Verbote die klassischen Merkmale eines Eingriffs in die Eigentums-, Unternehmens- sowie in die Presse- und Rundfunkfreiheit.762 Im speziellen Bereich des § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV dient auch das Stimmrechtsausübungsverbot ausschließlich dem Schutz medienrechtlicher Güter, sodass es sich ebenfalls um eine Ausgestaltung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG handelt.763 § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AWG beschränkt die anteilseignerunternehmerischen Grundrechtspositionen ebenfalls intensiv. Die Nutzung der aus dem Eigentum erwachsenden und für die Handlungs- und Einwirkungsmöglichkeiten des Anteilseigners elementaren Stimmrechte wird im Zeitraum des Prüfverfahrens unterbunden. Wird es dem Anteilseigner auf diese Weise im langen Prüfzeitraum verwehrt, im Interesse des Investors auf die Entscheidungsprozesse im Zielunternehmen Einfluss zu nehmen, ist seine Abstandnahme vom Erwerb ebenso möglich wie bei der unterbliebenen Offenlegung unternehmensbezogener Informationen (§ 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG). Eine vergleichbare schwere Wirkung des § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AWG ist auch auf die Unternehmens- sowie auf die spezielle Presse- und Rundfunkfreiheit gegeben, da sich der Investor z. B. bereits zur Leistung von Kapital verpflichten könnte, welche dem Anteilseigner eine wirtschaftliche Betätigung (im Medienbereich) ermöglichte. Daher scheitert die Rechtfertigung der mit § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AWG verbundenen Grundrechtsbeschränkungen abgesehen vom Bestimmtheitseinwand des § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 AWG im Lichte der Erwägungen in § 3 dieses Kapitels.

761

Kap. 3 § 3 A. I. 1. Vgl. zu Nr. 3 und Nr. 4 für das Zielunternehmen schon Kap. 3 § 3 A. II. 763 Vgl. zu Nr. 3 und Nr. 4 für das Zielunternehmen schon Kap. 3 § 3 C. II.

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§ 6 Zwischenergebnisse zur Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

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§ 6 Zwischenergebnisse zur Vereinbarkeit der deutschen Investitionskontrollvorschriften mit dem nationalen Verfassungsrecht Die in diesem Kapitel angestellten Untersuchungen belegen die Verfassungswidrigkeit einiger deutscher Investitionskontrollregelungen in Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung. Verfassungswidrig sind die während der Durchführung des Investitionsprüfverfahrens geltenden Vorschriften sowie die verfahrensabschließende Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung. Die prüfverfahrensrechtlichen Regelungen in § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG, § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG, § 14a Abs. 2 Satz 1, Satz 4 und Satz 5 AWG sowie die Ermächtigungen in § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV verstoßen jeweils gegen die zielunternehmerische Eigentums- und die Berufsausübungsfreiheit. Handelt es sich um den Erwerb eines Medienunternehmens i. S. v. § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV, wird die gegenüber dem Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG speziellere Presse- und Rundfunkfreiheit verletzt. Eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung der einzelnen Grundrechtseingriffe scheitert an der tatbestandlichen Unbestimmtheit des Begriffs „besonders“ in verschiedenen Kontexten. Dieser Bestimmtheitseinwand ist gleichermaßen für das Vollzugsverbot, für die Handlungsverbote sowie für die Verwaltungsakt-Ermächtigung in § 14a Abs. 2 Satz 5 AWG wegen der von § 14a Abs. 4 Satz 2 AWG ermöglichten Fristverlängerung zu erheben. Bei dieser Norm fehlt es an näheren Anhaltspunkten dahingehend, in welchem Fall die Verteidigungsinteressen „in besonderem Maße“ berührt werden. Weiterhin ergibt sich für § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 AWG eine Verletzung des Gebots der Normenklarheit aus Frage, in welchem Fall die betroffenen Informationen „besonders zu berücksichtigen“ sind. Im speziellen Bereich der Medienunternehmen ist auch das Merkmal „besondere Aktualität und Breitenwirkung“ i. S. v. § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV zu unbestimmt. Außerdem beschränken die Verbotstatbestände die grundrechtlichen Schutzbereiche in unverhältnismäßiger Art und Weise, weil es an einer gesetzlichen Befreiungsmöglichkeit für besondere Ausnahmefälle fehlt. Auch wird in die zielunternehmerischen Grundrechtspositionen aus Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG wegen des Prüfmaßstabs „voraussichtliche Beeinträchtigung“ außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter unverhältnismäßig eingegriffen. Unter Berücksichtigung der milderen Rechtfertigungsanforderungen an Ausgestaltungen des von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG eröffneten Schutzbereichs begründet der Prüfmaßstab „voraussichtliche Beeinträchtigung“ keine unangemessene Beschränkung der Presse- und Rundfunkfreiheit. Denn der abgemilderte Prüfmaßstab ermöglicht erst eine erweiterte Abwehr von Beeinträchtigungen medienrechtlicher Schutzgüter. Handelt es sich um einen Beteiligungserwerb in einer Dreipersonenkonstellation, werden Grundrechtspositionen des Anteilseignerunternehmens verletzt: In diesem

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Kap. 3: Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht

Fall kann der Anteilseigner anders als das Zielunternehmen selbst die mit dem Erwerb verbundenen Stimmrechte ausüben. Daraus folgt eine Anwendbarkeit des § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AWG, die ebenfalls Verfassungsverletzungen begründet. In Bezug auf das in Nr. 1 normierte Stimmrechtsausübungsverbot sind wiederum die Bestimmtheitseinwände in Bezug auf die Regelungen in § 14a Abs. 4 Satz 2 AWG und in § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV im Medienbereich maßgeblich. Zudem fehlt es ebenfalls an einer Befreiungsmöglichkeit vom Handlungsverbot.

Kapitel 4

Vereinbarkeit der deutschen Investitionskontrollvorschriften mit dem europäischen Unionsrecht Den verfassungsrechtlichen Untersuchungen schließt sich eine Überprüfung der sektorübergreifenden Investitionskontrollvorschriften in Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung im Lichte des europäischen Unionsrechts an. Eine Unvereinbarkeit der nationalen Regelungen sieht sich zunächst nicht in einem Verstoß gegen die unionsrechtliche Kompetenzordnung begründet.1 Ein solcher bestünde im Falle einer ausschließlichen Unionszuständigkeit für die Beschränkung ausländischer Direktinvestitionen auf Grundlage des Art. 207 Abs. 2 AEUV als Gestaltung des Rahmens zur Durchführung der gemeinsamen Handelspolitik, woraus eine Sperrwirkung gem. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 AEUV folgte.2 Weiterhin könnte der Wahrung der Kompetenzordnung die geteilte Unionszuständigkeit gem. Art. 2 Abs. 2 Satz 2 AEUV i. V. m. Art. 64 Abs. 2 und Abs. 3 AEUV entgegenstehen.3 Für die (hier allein einschlägige)4 Kapitalverkehrsfreiheit erlaubt der

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Vgl. schon Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 145 ff., S. 168 zur Regelungskompetenz des nationalen Gesetzgebers im Investitionskontrollrecht in früherer Fassung. 2 Zur ausschließlichen Zuständigkeit allgemein s. Calliess, in: ders./Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 2 AEUV Rn. 2 ff.; Häde, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 2, 2017, Art. 2 AEUV Rn. 28 f.; Pelka, in: Schwarze/ Becker/Hatje/Schoo, EU-Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 2 AEUV Rn. 8 ff.; Streinz, in: ders., BeckKK-EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 2 AEUV Rn. 5 ff. und zur Regelung in Art. 207 AEUV Bungenberg, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 3, 2017, Art. 207 AEUV Rn. 4 ff. m. w. N. 3 Zur geteilten Zuständigkeit allgemein s. Calliess, in: ders./Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 2 AEUV Rn. 11 ff.; Häde, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 2, 2017, Art. 2 AEUV Rn. 37 ff.; Pelka, in: Schwarze/Becker/Hatje/ Schoo, EU-Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 2 AEUV Rn. 14 ff.; Streinz, in: ders., BeckKKEUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 2 AEUV Rn. 8 ff. und zur Regelung in Art. 64 AEUV Glaesner, in: Schwarze/Becker/Hatje/Schoo, EU-Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 64 AEUV Rn. 1 ff. m. w. N. Diese beiden Kompetenzgrundlagen zieht unter anderem etwa Günther in Erwägung (Günther, Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht 2018, Heft 157, 1 [18 f., 23 ff.]). 4 Vgl. weiter unten zur Unanwendbarkeit der Grundrechtecharta Kap. 4 § 2 A. II. und zur Abgrenzung von Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit Kap. 4 § 2 A. II.

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Kap. 4: Vereinbarkeit mit dem europäischen Unionsrecht

geschriebene Rechtfertigungsgrund in Art. 65 Abs. 1 AEUV5 jedoch einschränkende Maßnahmen der Mitgliedstaaten; diesen entgegenstehende ausgeübte Unionskompetenzen sind nicht gegeben.6 Auch eine kompetenzielle Sperrwirkung auf Grundlage des Art. 207 Abs. 2 AEUV scheidet jedenfalls seit Geltung der ScreeningVerordnung aus, welche ausweislich ihres Art. 1 Abs. 3 und Art. 3 Abs. 1 nationale Investitionsprüfmechanismen explizit zulässt, in ihrer Zusammenschau von deren Existenz gar ausgeht. Hierin ist eine Rückdelegation i. S. v. Art. 2 Abs. 1 2. Halbsatz Alt. 1 AEUV7 zu erblicken,8 womit eine nationale Gesetzgebungskompetenz für die Beschränkung ausländischer Direktinvestitionen besteht. Auf unionsrechtlicher Ebene sind die sektorübergreifenden Prüfvorschriften an den Unionsgrundrechten der Grundrechtecharta sowie an den Grundfreiheiten, insbesondere an der in Art. 63 Abs. 1 AEUV verankerten Kapitalverkehrsfreiheit, zu messen. Insbesondere eine Vereinbarkeit der Investitionsprüfvorschriften mit den unionsrechtlichen Grundrechten rückte (erst) in jüngerer Vergangenheit zunehmend in den Fokus,9 was in der Etablierung der Screening-Verordnung begründet sein mag. Den jeweiligen Überprüfungen wird der auch für Kapitel 3 dieser Studie maßgebliche Untersuchungsgegenstand zugrunde gelegt.10 Für die in diesem Kapitel maßgeblichen Grundfreiheitsprüfungen ergeben sich keine Unterschiede in der Zwei5 Zu den Voraussetzungen von Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV sowie deren Wahrung durch die das Prüfverfahren begleitenden Vorschriften s. Kap. 4 § 2 C. II. 6 Herrmann, ZEuS 2019, 429 (437 f.). Vgl. auch Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/Jatzke/Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 (55); Korte, GewArch Beilage WiVerw Nr. 2/2019, 79 (102 ff.). 7 Calliess, in: ders./Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 2 AEUV Rn. 8 ff.; Häde, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 2, 2017, Art. 2 AEUV Rn. 30 ff. Für eine Rückdelegation im Zusammenhang mit außenwirtschaftsrechtlichen Investitionskontrollvorschriften in a. F. spricht sich auch Clostermeyer aus, vgl. Clostermeyer, Staatliche Übernahmeabwehr und die Kapitalverkehrsfreiheit zu Drittstaaten, 2011, S. 112; Herrmann, ZEuS 2019, 429 (438). 8 Günther, Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht 2018, Heft 157, 1 (34); Herrmann, ZEuS 2019, 429 (437 f.); Schuelken/Sichla, DÖV 2020, 961 (966); Mausch-Liotta/ Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 55 AWV Rn. 54. S. auch Herrmann, ZEuS 2019, 429 (437) m. V. a. vergleichbare Regelungen im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik. Zweifelnd bezüglich der Annahme einer Rückdelegation hingegen Klamert/Bucher, EuZW 2021, 335 (337), welche eine Entscheidung dieser gleichwohl als „[v]on vornehmlich nur theoretischem Interesse“ einstufen. Vgl. weiterführend Herrmann, ZEuS 2019, 429 (437) m. w. N. zur Frage einer Wirkung der Rückdelegation bereits ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Screening-Verordnung. 9 S. hierzu aktuell beispielsweise Washington, EuZW 2022, 941 (941 ff.). 10 Vgl. einleitend Kap. 3. Die Konstellation eines unmittelbaren Erwerbs ist insbesondere für die nachfolgende grundfreiheitliche Prüfung bedeutsam, da bei einem mittelbaren Erwerb, einer missbräuchlichen Gestaltung oder einem Umgehungsgeschäft unter Umständen kein grenzüberschreitender Bezug vorliegt, womit es gänzlich an einer grundfreiheitlichen Schutzbereichseröffnung fehlte (vgl. hierzu ausf. Clostermeyer, Staatliche Übernahmeabwehr und die Kapitalverkehrsfreiheit zu Drittstaaten, 2011, S. 334 f.).

§ 1 Mögliche Unionsrechtsverletzung durch die Meldepflicht

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und in der Dreipersonenkonstellation eines Beteiligungserwerbs, weshalb eine der § 2 bis § 5 in Kapitel 3 vergleichbare Differenzierung entbehrlich ist. Auch für die unionsrechtlichen Untersuchungen werden die einzelnen Stufen des Investitionsprüfverfahrens bedeutsam. Neben der Meldepflicht in § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV werden das die Verfahrensdurchführung begleitende Vollzugsverbot in § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG, die Handlungsverbote in § 15 Abs. 4 Satz 1 AWG, die erwerbsunternehmerische Einreichungspflicht in § 14a Abs. 4 Satz 1 AWG sowie die Verwaltungsakt-Ermächtigungen in § 14a Abs. 4 Satz 4 und Satz 5 AWG zu behandeln sein. Sodann ist der Unionsrechtskonformität der Untersagungs- und der Anordnungsermächtigung in § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV nachzugehen.

§ 1 Mögliche Unionsrechtsverletzung durch die Meldepflicht (§ 55a Abs. 4 Satz 1 AWV) Auf Unionrechtsebene erscheint ein Verstoß der Meldepflicht in § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV gegen die in der Grundrechtecharta verankerten Grundrechte wie auch gegen die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 63 Abs. 1 AEUV denkbar. Wenngleich der unionsgrundrechtliche Schutzumfang überwiegend als mit dem der Grundfreiheiten, dies insbesondere hinsichtlich der Zulässigkeit von Eingriffen, deckungsgleich gilt11 und die grundfreiheitlichen Schranken im Lichte der Unionsgrundrechte betrachtet werden,12 sind beide Mechanismen gem. Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 2. Halbsatz EUV13 rechtlich gleichrangig und nebeneinander anwendbar. Die Unionsgrundrechte begründen primär subjektiv-individuelle Rechte von Privatpersonen gegenüber der Europäischen Union und – bei der Durchführung von Unionsrecht durch die Mitgliedstaaten – auch diesen gegenüber, wohingegen die Grundfreiheiten vorrangig objektive Pflichten der Mitgliedstaaten gegenüber der Europäischen Union implizieren und private Rechte erst als Regelungsreflex enthalten.14 11 Herrmann, ZEuS 2019, 429 (435). Auch der Gerichtshof grenzt beide Mechanismen nicht immer trennscharf ab, vgl. etwa EuGH, Urt. v. 15. 12. 1995 – Rs. C-415/93 Bosman, ECLI:EU:C:1995:463 Rn. 79, 129; Pache, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 1, 2017, Art. 6 EUV Rn. 14. 12 Frenz, Europarecht, 3. Aufl. 2021, Rn. 1242, 1245; Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/Jatzke/Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 (51). Vgl. hierzu auch noch weiter unten in Kap. 4 § 2 C. III. 2. 13 S. zu Inkorporation der in der Grundrechtecharta verankerten Unionsgrundrechte in die Verträge statt vieler Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 6 EUV Rn. 8 ff. 14 Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 256; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 688; Lorenzmeier, Europarecht, 5. Aufl. 2017, S. 178; Ehlers, in: ders. (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 7 Rn. 13; Kugelmann, in: Niedobitek (Hrsg.), Europarecht, 2. Aufl. 2020, § 4

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Kap. 4: Vereinbarkeit mit dem europäischen Unionsrecht

A. Vereinbarkeit der Meldepflicht mit den Unionsgrundrechten15 Mit Blick auf die Unionsgrundrechte ist eine Verletzung der Berufsfreiheit gem. Art. 15 GRCh16, der unternehmerischen Freiheit gem. Art. 16 GRCh, des Eigentumsrechts gem. Art. 17 GRCh17 und im speziellen Bereich von § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV auch der Medienfreiheit gem. Art. 11 Abs. 2 GRCh zu erwägen. Grundrechtsberechtigt könnten in der vorliegend untersuchten Konstellation das Ziel-, das Anteilseigner- und das Erwerbsunternehmen18 sein. Entsprechende Grundrechtsverletzungen kommen indes nur in Betracht, wenn infolge der Eröffnung des Anwendungsbereichs der Grundrechtecharta ein unionsrechtlicher Grundrechtsschutz gewährleistet ist. Während Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Europäischen Union gem. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 GRCh prinzipiell an diese Grundrechte gebunden sind, beschränkt sich die entsprechende Verpflichtung der Mitgliedstaaten in Alt. 2 auf die Durchführung von Unionsrecht. So wird sichergestellt, dass auch die mitgliedstaatliche Fortführung der Unionsgewalt ihre Grundrechtsbindung nicht unterbricht. Vor diesem Hintergrund dient Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GRCh einer einheitlichen Anwendung unionsrechtlicher Vorgaben (auch) durch die Mitgliedstaaten.19 Eine derartige Durchführung von Unionsrecht könnte im Zusammenhang mit der Screening-Verordnung in den sektorübergreifenden Prüfvorschriften zu sehen sein. Hinsichtlich des Regelungsziels einer einheitlichen Anwendung des Unionsrechts durch die Mitgliedstaaten steht jedoch infrage, inwieweit die in der Grundrechtecharta verankerten GewährleisRn. 29 ff.; Pache, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 1, 2017, Art. 6 EUV Rn. 13 ff. 15 Ausschnitte dieses Abschnitts finden sich ebenfalls bei Hagedorn, Bindung an die Unionsgrundrechte in der Investitionsprüfung?, ZEuS 2023, 125 (125 ff.). 16 Charta der Grundrechte der Europäischen Union v. 26. 10. 2012 (ABl C 326, S. 391). 17 So allgemein für die nationalen Investitionsprüfvorschriften Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/Jatzke/Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 (50); Herrmann, ZEuS 2019, 429 (435); Klamert/Bucher, EuZW 2021, 335 (340); Sahin, EuZW 2021, 348 (351 f.). 18 Bestimmte Unionsgrundrechte, insbesondere Art. 15 bis Art. 17 GRCh, sind auch auf juristische Personen anwendbar, vgl. Schroeder, Grundkurs Europarecht, 7. Aufl. 2021, § 15 Rn. 11; Pache, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 1, 2017, Art. 51 GRCh Rn. 8; Streinz/Michl, in: Streinz EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 51 GRCh Rn. 32. Vgl. konkret für den Schutz juristischer Personen durch die unternehmerische Freiheit Sasse, EuR 2012, 628 (628 ff.). Zum Streitstand ihrer Anwendung auch auf drittstaatliche juristische Personen s. schon Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 135 m. w. N. sowie befürwortend in der jüngeren Lit. Kühling, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 1, 2017, Art. 16 GRCh Rn. 5 m. w. N. aus Lit. und Rspr. 19 Haltern, Europarecht, Bd. 2, 3. Aufl. 2017, Rn. 1554; Schwerdtfeger, in: Meyer/Hölscheidt, GRCh, 5. Aufl. 2019, Art. 51 Rn. 36.

§ 1 Mögliche Unionsrechtsverletzung durch die Meldepflicht

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tungen tatsächlich eine Bindung entfalten und ob sie unter Berücksichtigung ihres Verhältnisses zu den nationalen Grundrechten Anwendung finden.

I. Anwendungsbereichseröffnung der Grundrechtecharta (Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GRCh) Ausgehend vom deutschen Gesetz- und Verordnungsgeber, also einer innerstaatlichen Stelle und damit von einem Mitgliedstaat,20 wären die Investitionskontrollvorschriften in Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung gem. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GRCh an den Unionsgrundrechten zu messen, wenn mit ihnen Unionsrecht durchgeführt werden würde. Bei der Screening-Verordnung handelt es sich um Unionsrecht im Sinne dieser Regelung, welches neben dem Primärrecht auch die in Art. 288 AEUV genannten Sekundärrechtsakte sowie das Tertiärrecht begrifflich einbezieht.21 Dessen mitgliedstaatliche Durchführung i. S. v. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GRCh impliziert auf normativer Ebene neben der Etablierung neuer Regelungen auf Grundlage unionsrechtlicher Vorgaben auch deren Änderung oder Ergänzung, während auf administrativer Ebene ihr Vollzug betroffen ist.22 Der deutsche Gesetz- und der Verordnungsgeber haben einige sektorübergreifende Prüfvorschriften mit dem Ziel geändert und neu eingeführt, Kohärenz des nationalen Rechts mit der Screening-Verordnung herzustellen.23 Hierin könnte die Durchführung von Unionsrecht zu erblicken sein. 20

Der Mitgliedstaatsbegriff in Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GRCh ist weit zu verstehen und erfasst neben den Mitgliedstaaten selbst auch deren Organe, Untergliederungen, Einrichtungen oder sonstige Stellen, vgl. Kugelmann, in: Niedobitek (Hrsg.), Europarecht, 2. Aufl. 2020, § 4 Rn. 54 ff.; Folz, in: Vedder/Heintschel v. Heinegg, Europäisches Unionsrecht, 2. Aufl. 2018, Art. 51 GRCh Rn. 4; Jarass, in: ders., GRCh, 4. Aufl. 2021, Art. 51 Rn. 19; Kotzur, in: Geiger/Khan/Kotzur/Kirchmair, EUV/AEUV, 7. Aufl. 2023, Art. 51 GRCh Rn. 2; Pache, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 1, 2017, Art. 51 GRCh Rn. 8; Schwerdtfeger, in: Meyer/Hölscheidt, GRCh, 5. Aufl. 2019, Art. 51 Rn. 56. 21 Ohler, NVwZ 2013, 1433 (1433); Hatje, in: Schwarze/Becker/Hatje/Schoo, EU-Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 51 GRCh Rn. 14; Jarass, in: ders., GRCh, 4. Aufl. 2021, Art. 51 Rn. 20; Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 51 GRCh Rn. 8; Pache, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 1, 2017, Art. 51 GRCh Rn. 18; Schwerdtfeger, in: Meyer/Hölscheidt, GRCh, 5. Aufl. 2019, Art. 51 Rn. 55; Terhechte, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 51 GRCh Rn. 8. 22 Fastenrath/Groh, Europarecht, 4. Aufl. 2016, Rn. 682; Frenz, Hdb. Europarecht, Bd. 4, 2009, Rn. 243 ff.; Folz, in: Vedder/Heintschel v. Heinegg, Europäisches Unionsrecht, 2. Aufl. 2018, Art. 51 GRCh Rn. 5; Jarass, in: ders., GRCh, 4. Aufl. 2021, Art. 51 Rn. 29 f.; Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 51 GRCh Rn. 8; Pache, in: Pechstein/ Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 1, 2017, Art. 51 GRCh Rn. 20 ff. 23 Vgl. bereits Kap. 2 § 1 A., Kap. 2 § 2 D. sowie konkret auch für die Aufnahme der Medienunternehmen in den Regelbeispielskatalog zielunternehmerischer Branchen zumindest auch im Vorgriff auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. e) ScreeningVO Kap. 2 § 1 C. II.

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Kap. 4: Vereinbarkeit mit dem europäischen Unionsrecht

II. Unanwendbarkeit der Unionsgrundrechte unter Berücksichtigung ihres Verhältnisses zu den nationalen Grundrechten Ein möglicher Verstoß gegen die Gewährleistungen der Grundrechtecharta schiede indes aus, wären diese unter Berücksichtigung ihres Verhältnisses zu den nationalen Grundrechten unanwendbar. Somit gilt es, die Kriterien einer mitgliedstaatlichen Bindung an die Unionsgrundrechte herauszufiltern und sie im Anschluss konkret auf die sektorübergreifenden Investitionsprüfvorschriften anzuwenden. 1. Bestimmung der Kriterien für eine Bindung der Mitgliedstaaten an die Unionsgrundrechte Die Bindung der Mitgliedstaaten an die Unionsgrundrechte und deren Verhältnis zu nationalen Grundrechten waren Gegenstand eines lebhaften Diskurses zwischen Gerichtshof der Europäischen Union und Bundesverfassungsgericht. Vor diesem Hintergrund bietet es sich an, die gerichtlichen Entscheidungslinien nachfolgend in ihren wesentlichen Grundzügen nachzuzeichnen, um darauf aufbauend die für die Anwendbarkeit der jeweiligen Grundrechtsmechanismen maßgeblichen Kriterien bestimmen zu können. Einigkeit besteht zunächst darüber, dass die Mitgliedstaaten ausschließlich an die Grundrechtecharta gebunden sind, wenn das Unionsrecht keine Umsetzungs- bzw. Anwendungsspielräume belässt.24 Diese Herangehensweise stützte das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung Recht auf Vergessen II25 auf die Überlegung, dass die Chartagrundrechte nationale Gewährleistungen bei vollvereinheitlichtem Unionsrecht im Wege des Anwendungsvorrangs zur Gewährleistung einer einheit-

24 Streinz, Europarecht, 11. Aufl. 2019, Rn. 780; Ehlers, in: ders. (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 14 Rn. 73; Entsprechendes ergibt sich im Umkehrschluss auch aus EuGH, Urt. v. 26. 2. 2013 – Rs. C-399/11 Melloni, ECLI:EU:C:2013:107 Rn. 60; Urt. v. 7. 5. 2013 – Rs. C-617/10 Åkerberg Fransson, ECLI:EU:C:2013:105 Rn. 29. Dies setzt mit Blick auf das Verhältnis von Unionsrecht und nationalem Recht freilich voraus, dass ersteres auch Anwendung findet, vgl. hierfür Davis, Die „dienende“ Rundfunkfreiheit im Zeitalter der sozialen Vernetzung, 2019, S. 326 f. m. w. N. aus Rspr. und Lit. 25 Hier begründete das Bundesverfassungsgericht auch zum ersten Mal seine Prüfung von Unionsgrundrechten, vgl. BVerfGE 152, 216 (237 ff.); Peifer, GRUR 2020, 34 (35 f.). Ob tatsächlich eine Schutzlücke besteht mit der Folge, dass das Bundesverfassungsgericht im Ausnahmefall selbst eine Überprüfung der Grundrechtecharta vorzunehmen hat, ist an dieser Stelle unerheblich. Kritisch insoweit Edenharter, DÖV 2020, 349 (353 f.); Hoffmann, NVwZ 2020, 33 (34); Kämmerer/Kotzur, NVwZ 2020, 177 (177 ff.); Klein, DÖV 2020, 341 (343 ff.); Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 51 GRCh Rn. 15 ff., insbesondere Rn. 17 f. Diese Herangehensweise erwog Bäcker hingegen schon im Vorgriff auf die bundesverfassungsgerichtliche Entscheidung (Bäcker, EuR 2015, 389 [410 ff.]).

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lichen Rechtsordnung26 verdrängten.27 Für die Frage, ob im konkreten Fall eine umfassende Harmonisierung gegeben ist, sei weniger die Rechtsform als vielmehr die einzelne Norm entscheidend, für die sich jeweils auch ein unterschiedliches Auslegungsresultat dahingehend ergeben könnte, ob jene divergierende Wertungen erlaube oder ob sie vielmehr auf eine gleichförmige Rechtsanwendung in allen Mitgliedstaaten angelegt sei.28 Als problematischer erweist sich die mitgliedstaatliche Bindung an die Grundrechtecharta demgegenüber bei Vorliegen nicht vollvereinheitlichten Unionsrechts. Beschränkte der Gerichtshof der Europäischen Union diese in der Rechtssache Wachauf29 noch auf den administrativen Vollzug von Verordnungen mit verbleibendem Ermessensspielraum,30 wendet er die Unionsgrundrechte nachfolgend immer dann an, wenn die jeweilige nationale Maßnahme dem Anwendungsbereich des Unionsrechts unterfällt.31 Jene Maßstäbe wurden in der Rechtssache Åkerberg

26 Vgl. zum grundsätzlich von Bundesverfassungsgericht und Gerichtshof der Europäischen Union übereinstimmend angenommenen Anwendungsvorrang von Unionsrecht gegenüber nationalem Recht statt vieler Ludwigs/Sikora, JuS 2017, 385 (387 f.). 27 BVerfGE 152, 216 (233 ff.); Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 701; Schroeder, Grundkurs Europarecht, 7. Aufl. 2021, § 15 Rn. 15; Edenharter, DÖV 2020, 349 (351); Hoffmann, NVwZ 2020, 33 (34); Kämmerer/Kotzur, NVwZ 2020, 177 (177); Sachs, JuS 2020, 284 (285 f.); Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 51 GRCh Rn. 11; Streinz, in: ders., GG, 9. Aufl. 2021, Art. 23 Rn. 52a. S. nur Kühling, NJW 2020, 275 (277) für eine ausf. Auseinandersetzung mit der Argumentation des Bundesverfassungsgerichts in Bezug auf diese Herangehensweise. Vgl. für ein entsprechendes Verständnis auch schon einige Jahre zuvor Kingreen, JZ 2013, 801 (807) und noch früher Calliess, JZ 2009, 113 (120). 28 BVerfGE 152, 216 (247 f.); Haltern, Europarecht, Bd. 2, 3. Aufl. 2017, Rn. 1567 f.; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 702; Karpenstein/Kottmann, EuZW 2020, 185 (187 f.). 29 EuGH, Urt. v. 13. 7. 1989 – Rs. C-5/88 Wachauf, ECLI:EU:C:1989:321 Rn. 18. 30 Hierbei handelt es sich um die sogenannte „agency situation“, s. zu diesem Begriff ausf. Haltern, Europarecht, Bd. 2, 3. Aufl. 2017, Rn. 1565. Vgl. auch Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 699; Kugelmann, in: Niedobitek (Hrsg.), Europarecht, 2. Aufl. 2020, § 4 Rn. 60; Frenz, Hdb. Europarecht, Bd. 4, 2009, Rn. 226; Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 51 GRCh Rn. 8, 14; Schwerdtfeger, in: Meyer/Hölscheidt, GRCh, 5. Aufl. 2019, Art. 51 Rn. 39. 31 EuGH, Urt. v. 18. 6. 1991 – Rs. C-260/89 ERT, ECLI:EU:C:1991:254 Rn. 42; Urt. v. 22. 10. 2002 – Rs. C-94/00 Roquette Frères, ECLI:EU:C:2002:603 Rn. 25; Urt. v. 7. 5. 2013 – Rs. C-617/10 Åkerberg Fransson, ECLI:EU:C:2013:105 Rn. 19 ff.; Urt. v. 10. 4. 2014 – Rs. C198/13 Hernández, ECLI:EU:C:2014:2055 Rn. 33; Fastenrath/Groh, Europarecht, 4. Aufl. 2016, Rn. 682; Haltern, Europarecht, Bd. 2, 3. Aufl. 2017, Rn. 1586 ff.; Haratsch/Koenig/ Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 700; Hobe/Fremuth, Europarecht, 10. Aufl. 2020, § 14 Rn. 17; Nusser, Die Bindung der Mitgliedstaaten an die Unionsgrundrechte, 2011, S. 23 ff.; Ehlers, in: ders. (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 14 Rn. 65; Kugelmann, in: Niedobitek (Hrsg.), Europarecht, 2. Aufl. 2020, § 4 Rn. 67; Schwerdtfeger, in: Meyer/Hölscheidt, GRCh, 5. Aufl. 2019, Art. 51 Rn. 40, 42.

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Kap. 4: Vereinbarkeit mit dem europäischen Unionsrecht

Fransson32 nochmals dahingehend ausgeweitet, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen mitgliedstaatlicher Maßnahme und Unionsrecht maßgeblich sei, wobei es genügte, dass das Primär- und das Sekundärrecht allgemein-sachbezogene Handlungspflichten enthielten.33 Allein bei rein mitgliedstaatlich geprägten Sachverhalten spricht der Gerichtshof den in der Grundrechtecharta verankerten Gewährleistungen keine Geltung zu.34 Werde die jeweilige Maßnahme nicht vollständig durch das Unionsrecht determiniert, dann fänden die nationalen Grundrechtsmechanismen hierzu parallel Anwendung. Der Gerichtshof der Europäischen Union behält sich jedoch insoweit ein Letztentscheidungsrecht vor, als dass sowohl das Schutzniveau der Grundrechtecharta als auch Vorrang, Einheit und Wirksamkeit des Unionsrechts nicht beeinträchtigt werden dürften.35 Dem trat das Bundesverfassungsgericht36 zunächst mit seiner Annahme der Exklusivität beider Grundrechtsmechanismen gegenüber. Es käme ausschließlich auf die Unionsgrundrechte an, wenn die jeweiligen Bereiche durch das Unionsrecht determiniert sind. Die Einrichtung und Ausgestaltung der nationalen Regelungen müsste also beispielsweise durch Verordnungen oder Richtlinien zwingend vorgegeben und geregelt sein, wobei den Mitgliedstaaten keine Spielräume belassen würden.37 Wenig überraschte außerdem, dass das Bundesverfassungsgericht38 eine 32 EuGH, Urt. v. 7. 5. 2013 – Rs. C-617/10 Åkerberg Fransson, ECLI:EU:C:2013:105 Rn. 26 ff. 33 Fastenrath/Groh, Europarecht, 4. Aufl. 2016, Rn. 683; Haltern, Europarecht, Bd. 2, 3. Aufl. 2017, Rn. 1619 ff; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 703 ff.; Streinz, Europarecht, 11. Aufl. 2019, Rn. 780; Classen/Nettesheim, in: Oppermann/Classen/Nettesheim (Hrsg.), Europarecht, 9. Aufl. 2021, § 17 Rn. 14; Kugelmann, in: Niedobitek (Hrsg.), Europarecht, 2. Aufl. 2020, § 4 Rn. 68; Kämmerer/Kotzur, NVwZ 2020, 177 (178); Ludwigs/Sikora, JuS 2017, 385 (390); Ohler, NVwZ 2013, 1433 (1436); Voßkuhle, JZ 2016, 161 (163 f.); Schwerdtfeger, in: Meyer/Hölscheidt, GRCh, 5. Aufl. 2019, Art. 51 Rn. 44. 34 EuGH, Urt. v. 5. 2. 2015 – Rs. C-117/14 Nisttahuz Poclava/Ariza Toledano, ECLI:EU:C:2015:60 Rn. 42; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 704. Unter Zugrundelegung dieses Verständnisses gegenüber einem vorhandenen Raum entsprechender Sachverhalte Haltern, Europarecht, Bd. 2, 3. Aufl. 2017, Rn. 1622 m. w. N. 35 EuGH, Urt. v. 26. 2. 2013 – Rs. C-399/11 Melloni, ECLI:EU:C:2013:107 Rn. 60; Urt. v. 7. 5. 2013 – Rs. C-617/10 Åkerberg Fransson, ECLI:EU:C:2013:105 Rn. 29; Fastenrath/ Groh, Europarecht, 4. Aufl. 2016, Rn. 683; Haltern, Europarecht, Bd. 2, 3. Aufl. 2017, Rn. 1590; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 706; Classen/Nettesheim, in: Oppermann/Classen/Nettesheim (Hrsg.), Europarecht, 9. Aufl. 2021, § 17 Rn. 14; Kingreen, JZ 2013, 801 (803 f.); Karpenstein/Kottmann, EuZW 2020, 185 (186); Schwerdtfeger, in: Meyer/Hölscheidt, GRCh, 5. Aufl. 2019, Art. 51 Rn. 42, 53 f. 36 BVerfGE 118, 79 (95 ff.); 122, 1 (20); 125, 260 (306 f.); 129, 78 (90 f.). 37 Haltern, Europarecht, Bd. 2, 3. Aufl. 2017, Rn. 1590; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 707; Ehlers, in: ders. (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 14 Rn. 66, 74; Kämmerer/Kotzur, NVwZ 2020, 177 (178 f.); Karpenstein/Kottmann, EuZW 2020, 185 (186); Ludwigs/Sikora, JuS 2017, 385 (390); Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 51 GRCh Rn. 11. Vgl. zur unionsrechtlichen Determinierung im Schrifttum auch schon Nusser, Die Bindung der Mitgliedstaaten an die Unionsgrundrechte, 2011, S. 43 ff.; Kingreen, JuS 2000, 857 (864).

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Bindung der Mitgliedstaaten an die Grundrechtecharta ablehnte, sofern das Unionsrecht lediglich allgemein-sachbezogene Handlungspflichten vorgibt.39 Zurückweichend verlangte der Gerichtshof der Europäischen Union daraufhin in der Rechtssache Siragusa40 zwischen mitgliedstaatlichem und Unionsrecht einen hinreichenden Zusammenhang von gewissem Grad, bei welchem die Sachbereiche nicht nur benachbart sein oder mittelbare Auswirkungen aufeinander haben dürften. Fortan wird insbesondere auch für maßgeblich erachtet, ob die unionsrechtlichen Vorschriften eine bestimmte Verpflichtung der Mitgliedstaaten im jeweiligen Sachverhalt beinhalten.41 Mitunter prüfte der Gerichtshof darüber hinaus, ob nationale und unionsrechtliche Maßnahmen ein einheitliches Ziel verfolgen,42 worauf jedoch in nachfolgenden Entscheidungen nicht mehr Bezug genommen wurde.43 Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erreichte im Jahr 2019 mit der Entscheidung Recht auf Vergessen I44 einen Wendepunkt: Beide Grundrechtskataloge sollen hiernach zukünftig in Ausnahmekonstellationen nebeneinander anwendbar sein. Zwar möchte das Bundesverfassungsgericht die Maßnahmen auch weiterhin am verfassungsrechtlichen Maßstab messen, wenn die unionsrechtlichen Vorschriften den Mitgliedstaaten Gestaltungsspielräume belassen. Hier träten indes die Gewährleistungen der Grundrechtecharta ausnahmsweise hinzu, wenn das Unionsrecht der national verantworteten Ausgestaltung einen hinreichend gehalt38

BVerfGE 133, 277 (313 ff.). Fastenrath/Groh, Europarecht, 4. Aufl. 2016, Rn. 683; Haltern, Europarecht, Bd. 2, 3. Aufl. 2017, Rn. 1623 ff.; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 708 f.; Hobe/Fremuth, Europarecht, 10. Aufl. 2020, § 14 Rn. 18; Streinz, Europarecht, 11. Aufl. 2019, Rn. 783; Kugelmann, in: Niedobitek (Hrsg.), Europarecht, 2. Aufl. 2020, § 4 Rn. 69; Kämmerer/Kotzur, NVwZ 2020, 177 (178); Ohler, NVwZ 2013, 1433 (1436); Voßkuhle, JZ 2016, 161 (164); Wollenschläger/Krönke, NJW 2016, 906 (906); Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 51 GRCh Rn. 12; Schwerdtfeger, in: Meyer/ Hölscheidt, GRCh, 5. Aufl. 2019, Art. 51 Rn. 45. 40 EuGH, Urt. v. 6. 3. 2014 – Rs. C-206/13 Siragusa, ECLI:EU:C:2014:126 Rn. 24 ff. 41 EuGH, Urt. v. 10. 4. 2014 – Rs. C-198/13 Hernández, ECLI:EU:C:2014:2055 Rn. 34; Urt. v. 6. 10. 2016 – Rs. C-218/15 Paoletti, ECLI:EU:C:2016:748 Rn. 14; Fastenrath/Groh, Europarecht, 4. Aufl. 2016, Rn. 684; Haltern, Europarecht, Bd. 2, 3. Aufl. 2017, Rn. 1630 ff.; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 710; Classen/Nettesheim, in: Oppermann/Classen/Nettesheim (Hrsg.), Europarecht, 9. Aufl. 2021, § 17 Rn. 14; Kugelmann, in: Niedobitek (Hrsg.), Europarecht, 2. Aufl. 2020, § 4 Rn. 33 f.; Ludwigs/Sikora, JuS 2017, 385 (390); Wollenschläger/Krönke, NJW 2016, 906 (906); Pache, in: Pechstein/Nowak/ Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 1, 2017, Art. 51 GRCh Rn. 19; Schwerdtfeger, in: Meyer/Hölscheidt, GRCh, 5. Aufl. 2019, Art. 51 Rn. 46. 42 EuGH, Urt. v. 6. 3. 2014 – Rs. C-206/13 Siragusa, ECLI:EU:C:2014:126 Rn. 25; Urt. v. 10. 4. 2014 – Rs. C-198/13 Hernández, ECLI:EU:C:2014:2055 Rn. 37; Haratsch/Koenig/ Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 710; Schwerdtfeger, in: Meyer/Hölscheidt, GRCh, 5. Aufl. 2019, Art. 51 Rn. 47. 43 EuGH, Urt. v. 6. 10. 2016 – Rs. C-218/15 Paoletti, ECLI:EU:C:2016:748 Rn. 17 ff.; Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 51 GRCh Rn. 9. 44 BVerfGE 152, 152 (169 f.). 39

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vollen Rahmen setze, der erkennbar auch unter Beachtung der Unionsgrundrechte konkretisiert werden solle.45 Gleichwohl bildete das Verfassungsrecht auch in diesem Fall den primären Prüfmaßstab, wobei die nationalen Grundrechte im Lichte der Grundrechtecharta auszulegen seien. Dieser Ansatz stützt sich auf den Gedanken, das Unionsrecht lasse dort eine Grundrechtsvielfalt zu, wo den Mitgliedstaaten ein Gestaltungsspielraum verbleibt.46 Mit Verweis auf Art. 53 GRCh, der mit einer Auslegung der Grundrechtecharta keine Einschränkung oder Verletzung mitgliedstaatlicher Grundrechte postuliert,47 gelte die widerlegbare Vermutung, dass das Grundgesetz das unionsgrundrechtliche Schutzniveau mitgewährleiste. Dies sei in der übergreifenden Tradition beider Grundrechtsmechanismen begründet, deren gemeinsames Fundament die Europäische Menschenrechtskonvention bilde.48 Ausnahmen von diesem Grundsatz griffen aber erstens, wenn im Einzelfall konkrete und hinreichende Anhaltspunkte dafür gegeben seien, dass das Unionsrecht trotz seiner Gestaltungsoffenheit engere grundrechtliche Vorgaben impliziere, welche sich aus Wortlaut und Regelungszusammenhang ergäben. Zweitens fänden die Schutzmechanismen nebeneinander Anwendung, wenn das grundrechtliche Schutzniveau der Grundrechtecharta ausnahmsweise nicht mitgewährleistet wäre, weil die Rechtsprechung des Gerichtshofs einen spezifischeren Schutz anlegte oder aber der unionsgrundrechtliche Schutzumfang kein Gegenstück in den nationalen Grundrechten finde.49 Diese Differenzierung anhand vorhandener Spielräume der Mitgliedstaaten überzeugt insoweit, als dass zwar die unzweifelhaft notwendige Einheitlichkeit des Unionsrechts gewährleistet wird, welche gem. Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EUV ihre Grenze allerdings im Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung50 findet. Macht die 45

Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 711; Karpenstein/Kottmann, EuZW 2020, 185 (187); Sachs, JuS 2020, 282 (282 f.); Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 51 GRCh Rn. 12. 46 BVerfGE 152, 152 (170 ff., 177); Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 712; Karpenstein/Kottmann, EuZW 2020, 185 (187); Sachs, JuS 2020, 282 (283). 47 Hierzu siehe näher Classen/Nettesheim, in: Oppermann/Classen/Nettesheim (Hrsg.), Europarecht, 9. Aufl. 2021, § 17 Rn. 43; Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 53 GRCh Rn. 1 m. w. N. 48 BVerfGE 152, 152 (170 ff., 175, 177); Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 712; Edenharter, DÖV 2020, 349 (351 f.); Hoffmann, NVwZ 2020, 33 (34); Karpenstein/Kottmann, EuZW 2020, 185 (187 f.); Kühling, NJW 2020, 275 (276 f.); Sachs, JuS 2020, 282 (283). Vgl. zum Verhältnis von Europäischer Menschenrechtskonvention zum Grundgesetz Ludwigs/Sikora, JuS 2017, 385 (386 f.); Masing, JZ 2015, 477 (477 ff.) sowie zur Grundrechtecharta dies., JuS 2017, 385 (391 f.). 49 BVerfGE 152, 152 (179 ff.); Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 713 ff.; Hoffmann, NVwZ 2020, 33 (36); Karpenstein/Kottmann, EuZW 2020, 185 (187 f.); Kühling, NJW 2020, 275 (277); Sachs, JuS 2020, 282 (283). Vgl. zu den Unionsgrundrechten als Prüfungsmaßstab des Bundesverfassungsgerichts weiterführend auch Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 717 ff. 50 Vgl. hierzu Kiekebusch, Der Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung, 2017, S. 7 ff.; Streinz, Europarecht, 11. Aufl. 2019, Rn. 550 f.; Nettesheim, in: Oppermann/Classen/

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Europäische Union von ihr übertragenen Kompetenzen umfassend Gebrauch, sieht sich die Unionseinheit der Regelungen bei divergierender Anwendung gefährdet.51 Belässt sie den Mitgliedstaaten hingegen Freiheiten, wird gerade keine einheitliche Rechtsanwendung und damit auch kein uniformer Unionsgrundrechtsschutz angestrebt. Dann verlangen die verbleibenden Spielräume nationaler Rechtssetzung – im Lichte der historisch individuellen Verfassungsentwicklungen – trotz der allgemeinen Harmonisierungstendenz des Unionsrechts auch nach einer differenzierenden Anwendbarkeit der mitgliedstaatlichen Grundrechtskataloge.52 Innerhalb dieser Spielräume gilt es hinsichtlich der Maßgeblichkeit der nationalen Verfassung auch die Regelungen Art. 1 Abs. 3 GG und Art. 20 Abs. 3 GG zu berücksichtigen, in denen die Grundrechtsbindung der deutschen Staatsgewalt verankert ist.53 Schließlich ist auch der Wortlaut des Art. 52 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GRCh gegen eine mitgliedstaatliche Unionsgrundrechtsbindung vorzubringen, der mit dem Begriff „ausschließlich“ selbst ein restriktives Verständnis begründet.54 Sprechen diese Erwägungen im Rahmen verbleibender Regelungsoptionen also grundsätzlich für eine Anwendbarkeit nationaler Grundrechte, gewährleistet die in Recht auf Vergessen I angelegte Ausnahme von ihrer alleinigen Maßgeblichkeit bei Vorliegen hinreichender und konkreter Anhaltspunkte für eine einheitliche Anwendung eine umfassende Verwirklichung des Unionsrechts. Eine trennscharfe Abgrenzung nach der Frage, ob mitgliedstaatliche Spielräume verbleiben bzw. ob eine vollständige unionsrechtlichen Determination gegeben ist, mag Schwierigkeiten bereiten;55 entsprechendes gilt jedoch ebenso für den vom Gerichtshof der EuNettesheim (Hrsg.), Europarecht, 9. Aufl. 2021, § 11 Rn. 3 ff.; Pache, in: Pechstein/Nowak/ Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 1, 2017, Art. 5 EUV Rn. 17 ff. m. w. N. 51 Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 707 m. w. N.; Hoffmann, NVwZ 2020, 33 (35 f.); Karpenstein/Kottmann, EuZW 2020, 185 (186 f.); Klein, DÖV 2020, 341 (342). 52 Haltern, Europarecht, Bd. 2, 3. Aufl. 2017, Rn. 1637; Bäcker, EuR 2015, 389 (399 f., 402 f.); Voßkuhle, JZ 2016, 161 (164). Vgl. auch BVerfGE 152, 152 (178); Sachs, JuS 2020, 282 (283). Für die Erhaltung einer föderalen Vielfalt im europäischen Grundrechtsschutz plädiert auch Masing, JZ 2015, 477 (486 f.). Eine schwindende Ambivalenz sieht indes Kühling m. V. a. die zunehmende Anwendung der Grundrechtecharta auch in nicht vollvereinheitlichten Unionsbereichen voraus, worin „ein weiterer Schritt zu einer sinnvoll integrierten Grundrechtsordnung“ zu bemerken sei (Kühling, NJW 2020, 275 [278]). Demgegenüber forciert Kingreen eine grundrechtliche Einigung der Europäischen Union „in Vielfalt“ (Kingreen, JZ 2013, 801 [810]). 53 Vgl. insoweit auch BVerfGE 152, 152 (169, 184); Hoffmann, NVwZ 2020, 33 (35). 54 Frenz, Hdb. Europarecht, Bd. 4, 2009, Rn. 249; Wollenschläger/Krönke, NJW 2016, 906 (906); Schwerdtfeger, in: Meyer/Hölscheidt, GRCh, 5. Aufl. 2019, Art. 51 Rn. 37. Vgl. auch ders., in: Meyer/Hölscheidt, GRCh, 5. Aufl. 2019, Art. 51 Rn. 10 ff., 38, 41 m. w. N. zur Entstehungsgeschichte der Norm sowie zum Ringen um eine sowohl weitere als auch engere Tatbestandsfassung. 55 Kühling, NJW 2020, 275 (278); Ohler, NVwZ 2013, 1433 (1437); Schwerdtfeger, in: Meyer/Hölscheidt, GRCh, 5. Aufl. 2019, Art. 51 Rn. 43.

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ropäischen Union geforderten „Anwendungsbereich des Unionsrechts“ bzw. des hinreichenden Zusammenhangs „von gewissem Grad“.56 Über diese Problematik kann indessen die vom Bundesverfassungsgericht zugestandene Ausnahme hinweghelfen, im Zweifel bestünde die Option einer parallelen Anwendung beider Kataloge.57 Gegenüber dem einst vertretenen Trennungsmodell ist in dieser Herangehensweise eine zu begrüßende erhöhte Kooperationsbereitschaft des Bundesverfassungsgerichts mit dem Gerichtshof zu bemerken,58 welche einen wichtigen Beitrag zur Förderung europäischer Integration leistet und zur Fortentwicklung des Grundrechtsschutzes auch auf Unionsebene beiträgt.59 Eine parallele Anwendung des unionsrechtlichen und des nationalen Mechanismus ist auch vor dem Hintergrund größtmöglicher Ausschöpfung des Grundrechtsschutzes vorzugswürdig.60 Mitunter wird eingewandt, im Einzelfall könne ein unterschiedliches Schutzniveau auch zulasten mitgliedstaatlicher Gewährleistungen entstehen, wenn das Unionsrecht strengere Standards vorgebe.61 Zu solch einem Konfliktfall müsste es indes nicht kommen, strebte man nach einer harmonisierenden Auslegung beider Grundrechtsordnungen.62 Zwar bliebe der dahingehend vorgebrachte Hinweis, die nationalen Gerichte könnten ihre Verfassungstraditionen im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens gem. Art. 267 AEUV in die Interpretation der Grundrechtecharta einbringen,63 zumindest im Hinblick auf das Verfahrensergebnis un56

Bäcker, EuR 2015, 389 (392 f.); Schwerdtfeger, in: Meyer/Hölscheidt, GRCh, 5. Aufl. 2019, Art. 51 Rn. 42 f. 57 Kingreen, JZ 2013, 801 (806); ders., in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 53 GRCh Rn. 15 ff., insbesondere Rn. 17. 58 So auch Hoffmann, NVwZ 2020, 33 (37); Karpenstein/Kottmann, EuZW 2020, 185 (188); eher kritisch dagegen Kämmerer/Kotzur, NVwZ 2020, 177 (179 f.); Streinz, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 23 Rn. 52b. In Zeiten der Åkerberg Fransson-Entscheidung ist das Kooperationsverhältnis demgegenüber „am Boden“ gesehen worden (Ohler, NVwZ 2013, 1433 [1438]). Auch Bäcker spricht sich für eine Zusammenarbeit im Lichte der Weiterentwicklung der Grundrechtsstandards aus (Bäcker, EuR 2015, 389 [405 ff.]). Kingreen und Streinz verweisen indes zu Recht darauf, dass diese Kooperation sich in der Praxis seitens beider Gerichte künftig auch bestätigen müsse (Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 51 GRCh Rn. 15 ff., insbesondere Rn. 17; Streinz, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 23 Rn. 52b). 59 Bäcker, EuR 2015, 389 (413 f.) m. w. N. 60 So im Grundsatz Kingreen, JZ 2013, 801 (807). Erweiterte Rechtsschutzmöglichkeiten für die Betroffenen bemerken auch Karpenstein/Kottmann, EuZW 2020, 185 (188 f.). 61 Wollenschläger/Krönke, NJW 2016, 906 (909 f.). Auch Kingreen erkennt die Möglichkeit einer mit dem hinzutretenden Grundrechtsschutz verminderten Wirkung „auf der anderen Seite“ (Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 51 GRCh Rn. 15, ders., JZ 2013, 801 [808]). Vgl. zu unterschiedlichen Schutzstandards auch Bäcker, EuR 2015, 389 (397 ff.). 62 Heuer, Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC: Die Bindung der Mitgliedstaaten an die Unionsgrundrechte, 2014, S. 56 ff. 63 Bäcker, EuR 2015, 389 (405 f.); Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 51 GRCh Rn. 13. Auch Kühling plädiert aus Gründen eines „effektiven Grund-

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gewiss, entscheidet doch allein der Gerichtshof der Europäischen Union über die Auslegung und Gültigkeit von Unionsrecht.64 Divergierenden Schutzstandards begegnete auch eine geringere Prüfdichte des Gerichtshofs in solchen Bereichen, in denen sich die mitgliedstaatlichen Grundrechte unterschiedlich entwickelt haben,65 wobei zu fragen ist, ob in der Praxis zu einer weniger intensiven Prüfung eine Bereitschaft bestünde;66 freilich ließe sich der Erfolg dieses Ansatzes nicht mit hinreichender Gewissheit abschätzen. Im Ergebnis vermag es gleichwohl nicht zu überzeugen, die Gewährleistungen eines Mechanismus bereits im Vornhinein umfassend in der Sorge auszuschließen, eine parallele Anwendung beider Kataloge könnte in der konkreten Situation zu abweichenden Ergebnissen führen; dies ist vielmehr die logische Konsequenz ihrer gemeinsamen Wirkung auf die betroffenen Grundrechtsträger. Mittels einer Beschränkung der Parallelisierung beider Mechanismen auf Ausnahmefälle bringt die bundesverfassungsgerichtliche Judikatur das Ziel eines einheitlichen Unionsgrundrechtsschutzes mit einer Sicherung individueller Verfassungsgewährleistungen der Mitgliedstaaten in ein ausgewogenes Verhältnis. In Anbetracht dieser Erwägungen erscheint es vorzugswürdig, zunächst eine vollständige unionsrechtliche Vereinheitlichung des Sachverhalts in den Blick zu nehmen, wobei in diesem Fall ausschließlich die Grundrechtecharta Anwendung findet. Demgegenüber beschränkt sich die Grundrechtsprüfung bei verbleibenden Spielräumen unionsrechtlicher Regelungen grundsätzlich auf die nationale Verfassung, im Einzelfall ist jedoch ausnahmsweise eine parallele Anwendbarkeit dieser neben den Unionsgrundrechten in Betracht zu ziehen. 2. Unanwendbarkeit der Unionsgrundrechte konkret im Bereich der sektorübergreifenden Investitionskontrollvorschriften Anknüpfend an die vorstehend entwickelten Kriterien für eine Bestimmung des Anwendungsverhältnisses von Unionsgrundrechten und nationalen Verfassungsgewährleistungen soll nachfolgend untersucht werden, ob der deutsche Gesetz- und der Verordnungsgeber im Rahmen der sektorübergreifenden Prüfung tatsächlich an den Schutzmechanismus der Grundrechtecharta gebunden werden. Zunächst ist der Frage nachzugehen, ob die Screening-Verordnung zu einer vollständigen unionsrechtlichen Harmonisierung des sektorübergreifenden Prüfmechanismus in § 4 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 4a, § 5 Abs. 2 AWG und §§ 55 ff. AWV führt. Ungeachtet ihres rechtsschutz[es]“ im Zweifel für eine Vorlage des nationalen Gerichts an den Gerichtshof der Europäischen Union (Kühling, EuZW 2013, 641 [641 f.]). 64 Vgl. hierzu statt vieler Classen, in: Oppermann/Classen/Nettesheim (Hrsg.), Europarecht, 9. Aufl. 2021, § 13 Rn. 68 ff. 65 Kingreen, JZ 2013, 801 (808) m. w. N. Dahingehend auch Thym, NVwZ 2013, 889 (895). 66 Eine Bereitschaft des Gerichtshofs der Europäischen Union zu einer „stark zurückgenommenen Kontrolle“ vermag Voßkuhle nicht zu erkennen (Voßkuhle, JZ 2016, 161 [164]).

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späteren Hinzutretens zu diesen nationalen Investitionsprüfvorschriften schafft die Screening-Verordnung ausweislich ihrer Erwägungsgründe 3 und 8 sowie Art. 1 Abs. 1 einen unionsrechtlichen Rahmen für die Beschränkung ausländischer Direktinvestitionen. Hierbei handelt es sich zwar um eine Verordnung, allerdings kommt es mit dem Bundesverfassungsgericht aber weniger auf die gewählte Rechtsform als vielmehr auf die Frage an, ob die einzelnen Normen unterschiedliche Auslegungsergebnisse ermöglichen und somit unterschiedliche Wertungen erlauben. Vor diesem Hintergrund ist der unionsrechtliche Mechanismus im Einzelnen so ausgestaltet, dass den Mitgliedstaaten zahlreiche Spielräume verbleiben.67 Bedeutsam ist, dass die vorgegebenen Mindestmaßstäbe unter anderem hinsichtlich Transparenz und Nichtdiskriminierung sowie zur Erkennung und Verhinderung von Umgehungen der Überprüfungsmechanismen und -beschlüsse in Art. 3 ScreeningVO lediglich dann gelten, wenn die Mitgliedstaaten überhaupt einen Überprüfungsmechanismus etablieren; hierzu sind sie gerade nicht verpflichtet.68 Sichergestellt werden soll auch, dass Kommentare und Stellungnahmen i. S. v. Art. 6 ff. ScreeningVO berücksichtigt, vertrauliche Informationen geschützt werden und die Betroffenen gegen behördliche Maßnahmen Einspruch erheben können. Wiederum lässt die Verordnung jedoch offen, wie diese Anforderungen konkret zu erfüllen sind.69 Nach Maßgabe von Erwägungsgrund 8, Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 ScreeningVO soll den jeweiligen Staaten vielmehr die notwendige Flexibilität erhalten bleiben, um Direktinvestitionen in der individuellen Situation und unter Beachtung der nationalen Besonderheiten zu prüfen. Es obliegt auch mit Geltung der Verordnung der alleinigen Verantwortung eines Mitgliedstaates, seine nationale Sicherheit und wesentlichen Sicherheitsinteressen zu schützen. Weiterhin normiert Art. 4 ScreeningVO bestimmte Faktoren, welche die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Investitionskontrolle berücksichtigen können; eine verbindliche Handlungsanweisung ist damit nach dem ausdrücklichen Wortlaut allerdings nicht verbunden.70 Ferner war der deutsche Gesetzgeber insbesondere auch nicht zur Herabsetzung des Prüfmaßstabs einer tatsächlichen und hinreichend schweren Gefährdung in Angleichung an den Wortlaut von Art. 4 ScreeningVO verpflichtet.71 Den Mitgliedstaaten wird bei ihrer Einschätzung über die Beeinträchtigung außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter insgesamt ein weiter Ermessensspielraum zugestanden.72 Zwar ergibt sich aus Art. 5 ScreeningVO eine Ver67 Zu diesem Ergebnis gelangt ebenfalls Washington bei seiner Untersuchung der Grundrechtsbindung in der sektorübergreifenden Prüfung (Washington, EuZW 2022, 941 [943]). 68 Klamert/Bucher, EuZW 2021, 335 (337). Vgl. auch schon Kap. 2 § 2 B. 69 Zum rein deklaratorischen Charakter der Vorschrift s. auch Voland/Slobodenjuk, in: Krenzler (Begr.), EU-Außenwirtschafts- und Zollrecht, Bd. 1, 122, Art. 3 ScreeningVO (Stand 2020) Rn. 6. 70 Dahingehend auch Klamert/Bucher, EuZW 2021, 335 (338). 71 S. bereits Kap. 2 § 1 B. II. 2. d). 72 Haak/Brakalova/Thiemann, CB 2020, 357 (358).

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pflichtung zur jährlichen Berichterstattung,73 wobei sich die zu offenbarenden Informationen wiederum nach den Kenntnissen des Mitgliedstaates auf Grundlage seines (wenn überhaupt etablierten) Prüfmechanismus richten. Hingegen betrifft die Übermittlung der von anderen Mitgliedstaaten erhaltenen Ersuchen lediglich ihr Verhältnis untereinander und berührt nicht die Unionsgrundrechtsträger, weshalb schon deshalb ein Verstoß gegen die Grundrechtecharta ausscheidet. Im Rahmen des Kooperationsmechanismus hat ein Mitgliedstaat bei einer untersuchten Direktinvestition gem. Art. 6 Abs. 1 ScreeningVO die in Art. 9 Abs. 2 ScreeningVO genannten Informationen zu übermitteln. Hier verbleibt es nicht nur in seiner Entscheidungsautonomie, die Transaktion überhaupt zu prüfen, sondern auch, in welchem Fall und unter welchen Umständen er die Informationen erhält, mit Blick auf den deutschen Mechanismus also etwa bereits mit der Meldepflicht, mit Einleitung eines vertieften Prüfverfahrens oder aber erst infolge des Nachforderns weiterer Unterlagen auf Grundlage der Ermächtigungen gem. § 14a Abs. 2 Satz 4 und Satz 5 AWG. Wenngleich sich aus Art. 9 Abs. 4 ScreeningVO die mitgliedstaatliche Befugnis zur Informationsanforderung gegenüber den Transaktionsbeteiligten ergibt, verbleibt ihr Ob und Wie im Rahmen nationaler Konkretisierung. Zudem besteht eine individuelle Entscheidungsfreiheit dahingehend, wie die Verpflichtung zur angemessenen Berücksichtigung von Kommentaren und Stellungnahmen in Art. 6 Abs. 9 Satz 1 ScreeningVO bzw. bei einem nicht etablierten Mechanismus in Art. 7 Abs. 7 ScreeningVO konkret erfolgt. Zuzugeben ist, dass auch Stellungnahmen im Lichte des Grundsatzes einer loyalen Zusammenarbeit gem. Art. 4 Abs. 3 EUV74 eine gewisse Wirkung entfalten;75 indes erkennt auch der Gerichtshof an, dass jene in Ermangelung ihrer Verbindlichkeit gerade nicht über die bloße Berücksichtigung hinausgeht.76 Dies überzeugt auch, spräche man der charakteristisch unverbindlichen Stellungnahme doch andernfalls „über die Hintertür“ eben diese Prägung ab. Schließlich trifft allein der Mitgliedstaat nach Art. 6 Abs. 9 Satz 2 ScreeningVO die endgültige Entscheidung in Bezug auf eine jeweils untersuchte Transaktion, während die Stellungnahme im Rahmen von Art. 7 ScreeningVO nicht einmal zu einer Überprüfung verpflichtet. Demgegenüber ist den abgegebenen Stellungnahmen gem. Art. 8 Abs. 2 Buchst. c) ScreeningVO bei voraussichtlich Projekte oder Programme von Unionsinteresse i. S. v. Art. 8 ScreeningVO beeinträchtigenden Direktinvestitionen umfassend Rechnung zu tragen und ihre Nichtbefolgung gegenüber der Kommission zu erklären. Auch wenn hierin gegenüber der in Art. 6 f. ScreeningVO vorgegebenen reinen Berücksichtigung höhere Anforderungen zu sehen sind und die Erklärungs73

Klamert/Bucher, EuZW 2021, 335 (337). Zum Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit s. bereits Kap. 2 § 2 B. IV. 1. 75 EuGH, Urt. v. 13. 2. 2014 – Rs. C-69/13 Mediaset, ECLI:EU:C:2014:71 Rn. 29 ff. (insbesondere Rn. 31 f.); Klamert/Bucher, EuZW 2021, 335 (338). 76 EuGH, Urt. v. 13. 2. 2014 – Rs. C-69/13 Mediaset, ECLI:EU:C:2014:71 Rn. 32; Klamert/Bucher, EuZW 2021, 335 (338). 74

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Kap. 4: Vereinbarkeit mit dem europäischen Unionsrecht

pflicht zwingenden Charakters ist, deren Verletzung mit Blick auf Art. 4 Abs. 3 EUV auch ein Vertragsverletzungsverfahren gem. Art. 258 AEUV begründen könnte,77 gibt die Stellungnahme keine mitgliedstaatliche Entscheidung in Bezug auf die Transaktion vor; auch hier ist danach ein Spielraum gegeben.78 Außerdem dürfen auf Grundlage des Kooperationsmechanismus gewonnene Informationen gem. Art. 10 ScreeningVO nur zum angeforderten Zweck verwendet werden. Es muss ihr Schutz sowie der Geheimhaltungsgrad von Verschlusssachen gewährleistet werden. Um welchen Zweck es sich dabei handelt bzw. wie jenen Gewährleistungen nachzukommen ist, bleibt der mitgliedstaatlichen Handlungsfreiheit überlassen. Weiterhin ist die in Art. 13 ScreeningVO angelegte internationale Zusammenarbeit ausweislich des Wortlauts „können“ fakultativ. Letztlich soll die in Art. 14 ScreeningVO normierte Verarbeitung personenbezogener Daten zwar auf Grundlage den aufgeführten europäischen Verordnungen erfolgen, diese entfalten gem. Art. 288 Abs. 2 AEUVaber ohnehin Geltung, sodass es sich lediglich um einen deklaratorischen Verweis handelt. Die notwendige Erforderlichkeit der Datenverarbeitung und -speicherung beschränkt ebenfalls nicht die individuellen Handlungsoptionen der Mitgliedstaaten, sondern erinnert an den allgemein im Unionsrecht geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.79 Angesichts dieser Gestaltungsoffenheit der die Mitgliedstaaten betreffenden Regelungen in der Screening-Verordnung käme jeweilige ihre Unionsgrundrechtsbindung lediglich ausnahmsweise im Rahmen einer parallelen Anwendung dieser neben den nationalen Grundrechten in Betracht. Allerdings fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass der grundsätzlich von der Screening-Verordnung vorgegebene Rahmen zur Prüfung ausländischer Direktinvestitionen erkennbar unter Beachtung der Unionsgrundrechte konkretisiert werden soll.80 So erscheint bereits fraglich, ob jener Rahmen als „hinreichend gehaltvoll“ im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Judikatur angesehen werden kann, sind die Mitgliedstaaten doch bereits dahingehend frei, überhaupt einen nationalen Überprüfungsmechanismus zu eta-

77

Klamert/Bucher, EuZW 2021, 335 (338). Vgl. zum Vertragsverletzungsverfahren statt vieler Nettesheim, in: Oppermann/Classen/Nettesheim (Hrsg.), Europarecht, 9. Aufl. 2021, § 13 Rn. 29 ff. 78 Dahingehend im Allgemeinen zur Screening-Verordnung Redaktion CMLR, CMLR 2018, 373 (379 ff.). Vgl. insbesondere (381) zur lediglich bedingten Bindungswirkung auch des Art. 8 ScreeningVO, woraus eine endgültige Entscheidung (allein) des jeweiligen Mitgliedstaates im eigenen Interesse geschlussfolgert wird. 79 Vgl. hierzu nachfolgend im Rahmen der Prüfung einer möglichen Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit Kap. 4 § 2 C. III. 2. 80 Eine parallele Anwendung der Grundrechtskataloge in diesem Kontext favorisiert hingegen Washington, dies freilich, ohne sich mit den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Kriterien für einen entsprechenden Ausnahmefall auseinanderzusetzen und lediglich gestützt auf die bereits festgestellte Qualifikation der europäischen Verordnung als „Grundgerüst der Investitionsprüfung“ (Washington, EuZW 2022, 941 [943]).

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blieren;81 indes könnte diese Frage jedenfalls in Anbetracht der mit dem Kooperationsmechanismus gegebenen Umrisse mitgliedstaatlicher Zusammenarbeit untereinander sowie mit der Europäischen Kommission anders zu beurteilen sein. Bei einer Zusammenschau von Wortlaut und Regelungssystematik sind in der sektorübergreifenden Konstellation keine konkreten und hinreichenden Hinweise dafür ersichtlich, dass die Screening-Verordnung engere grundrechtliche Vorgaben impliziert. Das Schutzniveau der Grundrechtecharta wird ebenso mitgewährleistet, da die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union im konkreten Fall weder einen spezifischeren Schutz anlegt noch der unionsgrundrechtliche Schutzumfang kein Gegenstück in den nationalen Grundrechten findet. Zwar wird die unternehmerische Freiheit in Art. 16 GRCh anders als die Eigentums- und die Berufsfreiheit aus Art. 15 und Art. 17 GRCh nicht ausdrücklich im Grundgesetz benannt. Jedoch schützt die Gewährleistung in Art. 16 GRCh die wirtschaftliche Betätigung von Unternehmen, welche im nationalen Recht von Art. 12 Abs. 1 GG demnach als Unternehmens- und damit als wirtschaftliche Betätigungsfreiheit82 gesichert wird.83 Obschon es an einer expliziten Normierung der unternehmerischen Freiheit in der nationalen Verfassung fehlt, ist in Art. 12 Abs. 1 GG ein Gegenstück zu Art. 16 GRCh zu erblicken; der nationale Grundrechtsschutz bleibt also gerade nicht hinter demjenigen der Grundrechtecharta zurück. Dieser Schutzbereich von Art. 16 GRCh überschneidet sich mit demjenigen von Art. 15 GRCh,84 mit all den zahlreichen für die Bestimmung ihres Verhältnisses zueinander herangezogenen Kriterien ist an dieser Stelle aber jedenfalls die unternehmerische Freiheit einschlägig.85 Speziell im 81

S. auch Klamert/Bucher, EuZW 2021, 335 (342), welche zusammenfassend einen „nur sehr schwach vereinheitlichte[n] Regelungsansatz“ der Screening-Verordnung und „bei Betrachtung der deutschen und der österreichischen Regelungen bemerkenswerte Divergenzen“ feststellen. Ausdrücklich offen lassend v. Kalben, ZHR 2022, 586 (615 f.). 82 Kap. 3 § 2 B. I. 83 Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 16 GRCh Rn. 1 Fn. 2. Kritisch hinsichtlich der unionsgrundrechtlichen Abgrenzung von Art. 15 und Art. 16 GRCh aus Perspektive des deutschen Verfassungsverständnisses ders., in: Calliess/Ruffert, EUV/ AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 15 GRCh Rn. 4. Vgl. auch Schmidt, welcher für unternehmerische Bezüge der nationalen Verfassung neben Art. 12 Abs. 1 GG auch auf die wirtschaftsbezogenen Grundrechte in Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG verweist (Schmidt, Die unternehmerische Freiheit im Unionsrecht, 2010, S. 74 ff.). 84 EuGH, Urt. v. 9. 9. 2004 – Rs. C-184/02 Spanien und Finnland/Parlament und Rat, ECLI:EU:C:2004:497 Rn. 51; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 15 GRCh Rn. 4 m. w. N. Vgl. auch Blanke, in: Stern/Sachs, GRCh, 2016, Art. 16 Rn. 20; Bernsdorff, in: Meyer/Hölscheidt, GRCh, 5. Aufl. 2019, Art. 16 Rn. 8; Jarass, in: ders., GRCh, 4. Aufl. 2021, Art. 16 Rn. 5; Kühling, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 1, 2017, Art. 15 GRCh Rn. 22, 25. 85 Insoweit wird etwa eine Zuordnung Unselbstständiger unter Art. 15 GRCh erwogen, wohingegen Selbstständige unter Art. 16 GRCh zu fassen seien, dafür Jarass, in: ders., GRCh, 4. Aufl. 2021, Art. 15 Rn. 4; ders., in: ders., GRCh, 4. Aufl. 2021, Art. 16 Rn. 8; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 15 GRCh Rn. 4; ders., in: Calliess/Ruffert,

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Kap. 4: Vereinbarkeit mit dem europäischen Unionsrecht

Medienbereich ist ferner insbesondere in der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG eine Entsprechung zur Medienfreiheit nach Art. 11 Abs. 2 GRCh zu erblicken.86 Eine ausnahmsweise Anwendbarkeit der Unionsgrundrechte wäre auch dann nicht anzunehmen, wenn man ihre Trägerschaft durch das drittstaatliche Erwerbsunternehmen bejahte87, woraus ein im Vergleich zum nationalen Verfassungsrecht88 höheres Schutzniveau der Grundrechtecharta gefolgert werden könnte. Dies scheitert für den sektorübergreifenden Bereich jedenfalls an der sachlichen Schutzbereichseröffnung der für das Erwerbsunternehmen in Betracht kommenden Unionsgrundrechte: Der betroffene Erwerbsvorgang ist nicht an der Eigentumsfreiheit zu messen, da es auf Investorenseite anders als auf Seiten des Ziel- und des Anteilseignerunternehmens89 an einer für Art. 17 GRCh erforderlichen gesicherten Eigentumsposition fehlt; hierfür genügen der Erwerbsvorgang und bloße Gewinnchancen des Erwerbes (noch) nicht.90 Außerdem könnte die in Art. 16 GRCh verankerte unternehmerische Freiheit einschlägig sein, welche jedoch keinen unionsrechtlich fundierten Anspruch eines

EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 16 GRCh Rn. 1; dagegen Frenz, Europarecht, 3. Aufl. 2021, Rn. 1513. Mitunter wird die unternehmerische Freiheit für juristische Personen und sonstige Personenmehrheiten als lex specialis angesehen, vgl. Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/Jatzke/Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 (50); Sasse, EuR 2012, 628 (629); Jarass, in: ders., GRCh, 4. Aufl. 2021, Art. 16 Rn. 4 f. Abgrenzungsprobleme beider Unionsgrundrechte versucht der Gerichtshof der Europäischen Union mithilfe einer Einordnung von Art. 15 GRCh eher als persönlichkeitsbezogene Wahlfreiheit und Art. 16 GRCh als Ausübungsfreiheit zu lösen (EuGH, Urt. v. 30. 6. 2016 – Rs. C134/15 Lidl, ECLI:EU:C:2016:498 Rn. 26 ff.). Kritisch hierzu Drechsler, EuR 2016, 691 (691 ff.); Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 16 GRCh Rn. 1; Schwarze/v. Vormizeele, in: Schwarze/Becker/Hatje/Schoo, EU-Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 15 GRCh Rn. 4 Fn. 14. 86 Vgl. zur Medienfreiheit der Grundrechtecharta statt vieler Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 1123 ff. 87 S. zu diesem Streitstand schon weiter oben einleitend zu Kap. 4 § 1 A. 88 Kap. 3 § 1 B. 89 Vgl. zu dieser auch für die Unionsgrundrechte maßgeblichen Betroffenheit im Rahmen der Verfassungsmäßigkeitsprüfung Kap. 3 § 3 A. I. 3. für das Ziel- sowie Kap. 3 § 5 für das Anteilseignerunternehmen. 90 Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 135 sowie befürwortend in der jüngeren Lit. Kühling, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 1, 2017, Art. 16 GRCh Rn. 45 jew. m. w. N. In der Lit. wird für die Abgrenzung von Art. 17 GRCh zu Art. 15 f. GRCh weiterhin auch auf die im nationalen Verfassungsrecht geläufige Abgrenzung von Erwerb und Erworbenem verwiesen (hierzu s. schon Kap. 3 § 3 A. I. 3.): Wollenschläger, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 17 GRCh Rn. 7 m. V. a. dens., in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 15 GRCh Rn. 11.

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Drittstaatlers auf Zugang zum Binnenmarkt schützt.91 Handelt es sich bei dem Investor um ein Medienunternehmen, ist es nicht überzeugend, diese Wertungen mit einem Schutz eben jener wirtschaftlichen Betätigung hier konkret im Medienkontext mit einer Anwendung des Art. 11 Abs. 2 GRCh zu unterlaufen. Folglich scheidet eine parallele Anwendung der Unionsgrundrechte neben den nationalen Verfassungsgewährleistungen aus.92 Ein Verstoß gegen die Grundrechtecharta durch die sektorübergreifenden Vorschriften ist nicht zu prüfen.

B. Vereinbarkeit der Meldepflicht mit der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 Abs. 1 AEUV) Allerdings ist ein Verstoß der erwerbsunternehmerischen Meldepflicht in § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV gegen die Kapitalverkehrsfreiheit in Betracht zu ziehen. Mangels Anwendbarkeit vorrangiger Regelungen oder Sondervorschriften93 findet diese grundsätzlich auf die Beschränkung ausländischer Direktinvestitionen Anwendung. Eine Verletzung des Art. 63 Abs. 1 AEUV wäre bei einem nicht gerechtfertigten Eingriff in den kapitalverkehrsfreiheitlichen Schutzbereich anzunehmen.

I. Schutzbereichsbetroffenheit der Kapitalverkehrsfreiheit Ausweislich der Regelung in Art. 63 Abs. 1 AEUV sind im Rahmen der Bestimmungen von Kapitel 4 Titel IV des dritten Teils des AEUV „alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten“.94 Mangels einer Legaldefinition in Art. 63 ff. AEUV wird zur Bestimmung des Kapitalverkehrs auf Anhang I der Ka91 Zu dieser Argumentation s. zutreffend Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 135 f. und konkret für die Novelle des Außenwirtschaftsgesetzes S. 176 f. Entsprechendes gälte im Übrigen auch für die Europäische Menschenrechtskonvention, vgl. zu deren Schutzumfang bereits Kap. 3 § 2 A. I. So im Ergebnis auch Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 118 f., für die sektorübergreifenden Investitionsprüfvorschriften, die die weiteren unionsrechtlichen Grundrechte schon von vornherein nicht für einschlägig erachtet. 92 Auch das Bundesverfassungsgericht gelangt zu diesem Resultat in seiner Entscheidung Recht auf Vergessen I im Kontext der Datenschutzgrundverordnung (Verordnung [EU] 2016/ 679 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 27. 4. 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG [ABl L 119 I, S. 1]) und §§ 823, 1004 BGB analog (BVerfGE 152, 152 [184]). 93 Hierzu s. genauer etwa Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 63 AEUV Rn. 15 m. w. N. 94 Zur historischen Entwicklung der Kapitalverkehrsfreiheit s. Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 156.

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pitalverkehrsrichtlinie95 zurückgegriffen, der unter diesen Begriff einseitige grenzüberschreitende Wertübertragungen subsumiert, die zumeist Vermögensanlagen darstellen und nicht direkt durch den Waren- oder Dienstleistungsverkehr bedingt sind.96 Hiervon wird mit einem weit anzulegenden Verständnis neben Geld- auch das Sachkapital erfasst, sodass insbesondere auch Direktinvestitionen, etwa in Form einer Unternehmensbeteiligung durch Aktienerwerb, dem Kapitalverkehr unterfallen.97 Das transnationale Element der Grenzüberschreitung ist erfüllt, wenn der fragliche Sachverhalt über das Gebiet eines Mitgliedstaates hinausreicht.98 Vor diesem Hintergrund betrifft ein unmittelbarer Erwerb nach § 55 Abs. 1 AWV einen Kapitalverkehrsvorgang i. S. v. Art. 63 Abs. 1 AEUV.99 Bei einer Direktinvestition100 in Gestalt des Erwerbs eines deutschen Zielunternehmens, eines abgrenzbaren Betriebsteils, wesentlicher Betriebsmittel dieses Unternehmens oder einer Beteiligung an diesem Unternehmen handelt es sich um eine einseitige Wertübertragung, die eine Vermögensanlage darstellen kann. Auch ist diese nicht unmittelbar im Waren- oder Dienstleistungsverkehr begründet. Weiterhin erfüllt der Vorgang das transnationale Element, da die sektorübergreifenden Prüfvorschriften 95

Richtlinie 88/361/EWG des Rates v. 24. 6. 1988 zur Durchführung von Art. 67 des Vertrages (ABl L 178 II, S. 5). 96 EuGH, Urt. v. 14. 12. 1995 – verb. Rs. C-163/94, C-165/94, C-250/94 Sanz de Lera, ECLI:EU:C:1995:451; Fastenrath/Groh, Europarecht, 4. Aufl. 2016, Rn. 265; Frenz, Europarecht, 3. Aufl. 2021, Rn. 475; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 1095; Nettesheim, in: Oppermann/Classen/Nettesheim (Hrsg.), Europarecht, 9. Aufl. 2021, § 30 Rn. 9; v. Wilmowsky, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 12 Rn. 2; Herrmann, ZEuS 2019, 429 (439); Korte, in: Calliess/ Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 63 AEUV Rn. 27; Sedlaczek/Züger, in: Streinz, BeckKK-EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 63 AEUV Rn. 18; Wojcik, in: v. der Groeben/ Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 63 AEUV Rn. 1. 97 Fastenrath/Groh, Europarecht, 4. Aufl. 2016, Rn. 265; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 1096 f.; Herdegen, Europarecht, 23. Aufl. 2022, § 18 Rn. 3; Streinz, Europarecht, 11. Aufl. 2019, Rn. 971; Nettesheim, in: Oppermann/Classen/Nettesheim (Hrsg.), Europarecht, 9. Aufl. 2021, § 30 Rn. 2; Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 63 AEUV Rn. 28; Sedlaczek/Züger, in: Streinz, BeckKK-EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 63 AEUV Rn. 19; Ukrow/Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 63 AEUV (Stand 2021) Rn. 165; Wojcik, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 63 AEUV Rn. 4. 98 Frenz, Europarecht, 3. Aufl. 2021, Rn. 282; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 868; Schroeder, Grundkurs Europarecht, 7. Aufl. 2021, § 14 Rn. 8 ff.; v. Wilmowsky, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 12 Rn. 3; Gramlich, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 2, 2017, Art. 63 AEUV Rn. 21; Ukrow/Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 63 AEUV (Stand 2021) Rn. 166. 99 So grundsätzlich auch Clostermeyer, Staatliche Übernahmeabwehr und die Kapitalverkehrsfreiheit zu Drittstaaten, 2011, S. 180 und konkret für frühere Fassungen der nationalen Investitionsprüfung Kemmerer, Kapitalverkehrsfreiheit und Drittstaaten, 2010, S. 312 ff.; Herrmann, ZEuS 2019, 429 (439). 100 Der sektorübergreifende Anwendungsbereich erfasst Direktinvestitionen, vgl. bereits Kap. 2 § 1 B. II. 2. a).

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grundsätzlich nur für eine unionsfremde Investition in ein deutsches Unternehmen gelten. Der Beteiligungserwerb vom deutschen Anteilseignerunternehmen weist ebenfalls einen grenzüberschreitenden Bezug auf. § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV ist eine Verpflichtung zu entnehmen, diesen Wertübertragungsvorgang gegenüber dem Staat zu offenbaren, womit die Kapitalverkehrsfreiheit sachlich tangiert ist. Art. 63 Abs. 1 AEUV ist anders als etwa Art. 49 Abs. 1 AEUV keine ausdrückliche Regelung des persönlichen Schutzbereichs zu entnehmen, womit es allein auf die Übertragung von Kapital ankommt. Daher werden alle natürlichen und juristischen Personen ungeachtet ihrer Nationalität, Rechtsform, Kontrolle, ihres Gründungsstatuts oder Sitzes auf beiden Seiten der Wertübertragung vom Schutz des Art. 63 Abs. 1 AEUV umfasst.101 Bedeutsam erscheint auch die Erstreckung des, entgegen anderer grundfreiheitlicher Gewährleistungen, kapitalverkehrsfreiheitlichen Schutzumfangs auf Drittstaatensachverhalte, wonach das Beschränkungsverbot über das Verhältnis der Mitgliedstaaten hinaus für deren Vorgänge mit Unionsfremden gilt.102 Somit sichert Art. 63 Abs. 1 AEUV grundsätzlich einen Kapitalverkehrsvorgang zwischen dem in Deutschland ansässigen Ziel- bzw. dem Anteilseignerunternehmen auf Kapitalnehmerseite und dem in einem unionsexternen Staat ansässigen Erwerbsunternehmen auf Kapitalgeberseite. Die Geltung der Kapitalverkehrsfreiheit im unionsfremden Kontext dient unter anderem zwar insbesondere einer Gewinnung von Kapital für die Europäischen Union,103 sie verwirklicht anders als im mitgliedstaatlichen Verhältnis aber nicht den Binnenmarkt.104 Da es also insbesondere an im Unionsverkehr angelegten gemein101 Schroeder, Grundkurs Europarecht, 7. Aufl. 2021, § 14 Rn. 114 für die Niederlassungsund Rn. 167 für die Kapitalverkehrsfreiheit. Vgl. auch Fastenrath/Groh, Europarecht, 4. Aufl. 2016, Rn. 268 f.; Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, 157 ff.; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 1104; Herrmann, ZEuS 2019, 429 (439); Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 63 AEUV Rn. 22. 102 Clostermeyer, Staatliche Übernahmeabwehr und die Kapitalverkehrsfreiheit zu Drittstaaten, 2011, S. 175 ff.; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 1104; Kemmerer, Kapitalverkehrsfreiheit und Drittstaaten, 2010, S. 79 ff.; Schroeder, Grundkurs Europarecht, 7. Aufl. 2021, § 14 Rn. 167; Nettesheim, in: Oppermann/Classen/Nettesheim (Hrsg.), Europarecht, 9. Aufl. 2021, § 30 Rn. 11; v. Wilmowsky, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 12 Rn. 4; Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/Jatzke/Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 (48); Ukrow/Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 63 AEUV (Stand 2021) Rn. 146. 103 Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 113 f. S. auch Nettesheim, in: Oppermann/ Classen/Nettesheim (Hrsg.), Europarecht, 9. Aufl. 2021, § 30 Rn. 12; Germelmann, EuZW 2008, 596 (597); Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 63 AEUV Rn. 16. 104 Vgl. zum Binnenmarktziel statt vieler Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010,

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Kap. 4: Vereinbarkeit mit dem europäischen Unionsrecht

samen Grundlagen von Kapitalnehmer und -geber fehlt, wird ein geringerer Schutzumfang solcher Wertübertragungen erwogen.105 Mit Blick auf den offenen Wortlaut des Art. 63 Abs. 1 AEUV106 und die teils nur im Drittstaatenbereich geltenden Rechtfertigungsgründe in Art. 64 f. AEUV, die für ein einheitliches Schutzbereichsverständnis sprechen,107 überzeugt eine Berücksichtigung verbleibender Differenzen von Binnen- und Drittstaatensachverhalten auf Ebene der Rechtfertigung kapitalverkehrsfreiheitlicher Eingriffe.108 Der Eröffnung des kapitalverkehrsfreiheitlichen Schutzbereichs könnte schließlich eine Schutzbereichseröffnung der von Art. 49 Abs. 1 AEUV gewährleisteten Niederlassungsfreiheit entgegenstehen. Diese Folge käme in Betracht, wenn der von Art. 49 Abs. 1 AEUV eröffnete Schutzbereich ebenfalls eröffnet ist und gegenüber dem des Art. 63 Abs. 1 AEUV in der vorliegend untersuchten Konstellation Vorrang genießt. Auf das Konkurrenzverhältnis der beiden Grundfreiheiten käme es für § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV indes nicht an,109 wäre eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit aus Gründen ihres fehlenden Eingriffscharakters abzulehnen.

II. Fehlender Eingriffscharakter der Meldepflicht in die Kapitalverkehrsfreiheit Für die Annahme eines Verstoßes der Meldepflicht gegen die Gewährleistung in Art. 63 Abs. 1 AEUV bedürfte es eines Eingriffs110 in deren Schutzbereich. Verpflichtungsadressaten der Grundfreiheiten sind neben den Unionsorganen auch die Mitgliedstaaten, konkret ihre Staatsorgane, einschließlich ihnen im Einzelfall S. 112 f.; Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 63 AEUV Rn. 21 m. w. N. 105 Dahingehend noch Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2016, Art. 63 AEUV Rn. 35 m. w. N., wohingegen sich entsprechende Hinweise in der aktuellen Kommentierung von Korte nicht mehr finden (Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 63 AEUV Rn. 39; ders., in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 49 AEUV Rn. 39 ff.). 106 Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 161 f. m. V. a. EuGH, Urt. v. 18. 12. 2007 – Rs. C-101/05 Skatteverket/A, ECLI:EU:C:2007:804 Rn. 31 und Bot, Schlussanträge des Generalanwalts v. 11. 9. 2007 – Rs. C-101/05 Skatteverket/A, ECLI:EU:C:2007:493 Rn. 75. S. ferner Kemmerer, Kapitalverkehrsfreiheit und Drittstaaten, 2010, S. 263; Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/Jatzke/Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 (48 f.). 107 Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 162. 108 Vgl. ausf. zur Diskussion und möglichen Differenzen der Rechtfertigungsprüfung s. Kap. 4 § 2 C. I. 109 Vgl. hierzu jedoch nachfolgend Kap. 4 § 2 A. II. 110 Teilweise wird anstelle des Begriffs „Eingriff“ bei gleicher Bedeutung auch „Beeinträchtigung“ gewählt, vgl. etwa Frenz, Europarecht, 3. Aufl. 2021, Rn. 296 f.

§ 1 Mögliche Unionsrechtsverletzung durch die Meldepflicht

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gleichgestellter Privater.111 Somit ist der für die § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV verantwortliche deutsche Verordnungsgeber an die Grundfreiheiten gebunden. Dogmatisch wird auf Eingriffsebene zwischen Diskriminierungen und Beschränkungen des Schutzbereichs einer Grundfreiheit differenziert,112 wenngleich Art. 63 Abs. 1 AEUV ein weit gefasstes einheitliches Beschränkungsverbot des Kapitalverkehrs benennt.113 Eine Diskriminierung liegt bei einer Ungleichbehandlung dergestalt vor, dass unterschiedliche Vorschriften auf gleichartige oder jedenfalls vergleichbare Situationen angewandt werden bzw. dass dieselbe Vorschrift auf unterschiedliche Situationen angewandt wird.114 Bei einer versteckten knüpft die Regelung in Abgrenzung zu einer offenen Diskriminierung ausdrücklich an die Nationalität oder an die Herkunft des Adressaten, konkret in Bezug auf Art. 63 Abs. 1 AEUV also an jene der Kapitalverkehrsbeteiligten,115 an.116 Dieses Kriterium wird von der Meldepflicht erfüllt, richtet sich § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV doch lediglich an drittstaatliche und nicht an unionsinterne Investoren, wodurch eine unterschiedliche Behandlung von Gleichem unter ausdrücklicher Orientierung am Merkmal der Staatsangehörigkeit erfolgt.117 Könnte demnach grundsätzlich ein kapitalverkehrsfreiheitlicher Eingriff vorliegen, ist weiterhin von Bedeutung, ob jener an einer minimis-Grenze118, also einer 111 EuGH, Urt. v. 9. 8. 1994 Rs. C-51/93 Meyhui, ECLI:EU:C:1994:312 Rn. 11; Fastenrath/Groh, Europarecht, 4. Aufl. 2016, Rn. 146 ff.; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 869, 1105; Ehlers, in: ders. (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 7 Rn. 52 ff.; Nettesheim, in: Oppermann/Classen/Nettesheim (Hrsg.), Europarecht, 9. Aufl. 2021, § 30 Rn. 16 f. 112 EuGH, Urt. v. 15. 12. 1995 – Rs. C-415/93 Bosman, ECLI:EU:C:1995:463 Rn. 92; Fastenrath/Groh, Europarecht, 4. Aufl. 2016, Rn. 149 ff.; Frenz, Europarecht, 3. Aufl. 2021, Rn. 298 ff. 113 Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 186; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 1106; v. Wilmowsky, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 12 Rn. 6. 114 EuGH, Urt. v. 8. 7. 2010 – Rs. C-171/08 Kommission/Portugal (Goldene Aktien), ECLI:EU:C:2010:412 Rn. 50, 67; Frenz, Europarecht, 3. Aufl. 2021, Rn. 299; Ehlers, in: ders. (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 7 Rn. 28. 115 S. nur Gramlich, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 2, 2017, Art. 63 AEUV Rn. 28. 116 Schroeder, Grundkurs Europarecht, 7. Aufl. 2021, § 14 Rn. 33 f.; Fastenrath/Groh, Europarecht, 4. Aufl. 2016, Rn. 151; Ehlers, in: ders. (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 7 Rn. 28. Vgl. statt vieler zur versteckten Diskriminierung Schroeder, Grundkurs Europarecht, 7. Aufl. 2021, § 14 Rn. 35 sowie zur nichtdiskriminierenden Beschränkung Fastenrath/Groh, Europarecht, 4. Aufl. 2016, Rn. 153 f. 117 So auch Herrmann und Johannsen für die gesamten deutschen Investitionskontrollvorschriften in früherer Fassung (Herrmann, ZEuS 2019, 429 [443 f.]; Johannsen, IR 2018, 247 [249]). 118 Der Begriff „de minimis“ ist auf das römische Rechtsprinzip de minimis non curat praetor, zu deutsch: Der Strafrichter kümmert sich nicht um Kleinigkeiten, zurückzuführen, vgl. hierzu Nettesheim, in: Oppermann/Classen/Nettesheim (Hrsg.), Europarecht, 9. Aufl. 2021, § 30 Rn. 15.

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Kap. 4: Vereinbarkeit mit dem europäischen Unionsrecht

gewissen Mindestschwere, die über bloße Lästigkeiten hinausgeht, zu messen ist.119 Die Diskussion um eine Mindestgrenze steht im Zusammenhang mit dem Zielkonflikt, den Grundfreiheiten einerseits zu ihrer größtmöglichen Wirksamkeit zu verhelfen, ihre Tatbestände andererseits aber nicht uferlos auszuweiten.120 Unter Berücksichtigung dieser Intentionen vermag die Forderung nach einem bestimmten Schweregrad der Maßnahme für die Annahme eines Grundfreiheitseingriffs nicht zu überzeugen: Jedenfalls die hier vorliegende offene Diskriminierung stellt die Binnenmarktkonzeption121 bzw. die Drittstaatenwirkung der Kapitalverkehrsfreiheit als solche grundsätzlich infrage. Hinzu kommt, dass Art. 63 Abs. 1 AEUV eine Beseitigung sämtlicher Kapitalverkehrsbehinderungen ungeachtet ihrer Größe forciert. Letztlich erwiese sich eine Bestimmung zur Mindestschwere in der Praxis mangels näherer greifbarer Kriterien für den Einzelfall als äußerst schwierig.122 Auch der Gerichtshof der Europäischen Union prüft ein de minimis-Merkmal nicht,123 er klammert von Vornhinein allerdings Maßnahmen vom Eingriffsbegriff aus, die zu ungewiss oder zu indirekt sind.124 Erforderlich ist danach ihre Eignung zur Beeinträchtigung des grundfreiheitlichen Schutzbereichs sowie eine von ihnen ausgehende nicht derart geringfügige Wirkung, dass sie sich in der Realität nicht auf das Verhalten der Marktteilnehmer auswirken könnten.125 Diese Judikatur bringt das Bedürfnis einer umfassenden Verwirklichung der Grundfreiheiten in einen differenzierten Ausgleich mit der Verhinderung ihrer tatbestandlichen Ausuferung. Ist eine Maßnahme nicht zur Beschränkung des Schutzbereichs geeignet oder kann sie 119 Für eine Mindestgrenze Nettesheim, in: Oppermann/Classen/Nettesheim (Hrsg.), Europarecht, 9. Aufl. 2021, § 30 Rn. 15; Grundmann/Möslein, ZGR 2003, 317 (335); Herrmann, ZEuS 2019, 429 (443). Dagegen Thomas, NVwZ 2009, 1202 (1204 f.); Ukrow/Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 63 AEUV (Stand 2021) Rn. 215 m. w. N.; Wojcik, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 63 AEUV Rn. 14. 120 S. nur Thomas, NVwZ 2009, 1202 (1202). 121 Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit, 2006, S. 330. 122 Tesauro, Schlussanträge des Generalanwalts v. 27. 10. 1993 – Rs. C-292/92 Hünermund, ECLI:EU:C:1993:863 Rn. 21; Thomas, NVwZ 2009, 1202 (1205, 1207). 123 EuGH, Urt. v. 13. 3. 1984 Rs. C-16/83 Prantl, ECLI:EU:C:1984:101 Rn. 20; Urt. v. 17. 9. 2015 Rs. C-589/13 F. E. Familienprivatstiftung Eisenstadt, ECLI:EU:C:2015:612 Rn. 49; Thomas, NVwZ 2009, 1202 (1203). 124 EuGH, Urt. v. 27. 1. 2000 – Rs. C-190/98 Graf, ECLI:EU:C:2000:49 Rn. 25; Urt. v. 21. 7. 2005 – Rs. C-231/03 Coname, ECLI:EU:C:2005:487 Rn. 20; Urt. v. 7. 4. 2011 – Rs. C-291/09 Francesco Guarnieri & Cie, ECLI:EU:C:2011:2017 Rn. 17; Urt. v. 13. 10. 2011 – Rs. C-148/10 DHL International, ECLI:EU:C:2011:654 Rn. 61 ff.; Thomas, NVwZ 2009, 1202 (1202 ff.) m. w. N. aus der Rspr.; Ukrow/Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 63 AEUV (Stand 2021) Rn. 216. Dahingehend auch Frenz, Europarecht, 3. Aufl. 2021, Rn. 294 f. Kritisch bezüglich dieser Rspr. Classen, EuR 2004, 416 (418). 125 Für diese insoweit überzeugende Kategorisierung der Rspr. s. Thomas, NVwZ 2009, 1202 (1206 f.), vgl. auch (1203 f.) für die Eignungs- in Abgrenzung zur de minimis-Prüfung.

§ 1 Mögliche Unionsrechtsverletzung durch die Meldepflicht

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sich nicht auf das Verhalten der Betroffenen auswirken, dann sieht sich ihre Exklusion aus dem Eingriffsbegriff nicht zur bestmöglichen Wirksamkeit der Grundfreiheiten im Widerspruch.126 Nach Maßgabe dieser Eingriffsvoraussetzungen ist die Meldepflicht zur Beeinträchtigung der Kapitalverkehrsfreiheit geeignet, da aus dem schuldrechtlichen Vertragsschluss der Transaktion eine Verpflichtung resultiert, womit die Wertübertragung in gewisser Weise erschwert wird. Demgegenüber erscheint eine Auswirkung von § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV auf das Verhalten der Marktteilnehmer zweifelhaft. In der Literatur127 wird dahingehend eine mögliche Abschreckung der Betroffenen etwa bei formellen Grundbuchvorschriften oder notariellen Erfordernissen abgelehnt. Eine ähnliche Wirkung ist der Meldepflicht zuzuschreiben, welche an dieser Stelle isoliert betrachtet werden muss; ein potenzielles Investitionsprüfverfahren in der Zukunft oder gar eine zu erwartende Untersagung oder Anordnung im Hinblick auf den Erwerb sind außer Acht zu lassen. Wenngleich ein Investor die Anweisung in § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV als Erwerbsbarriere verstehen könnte, erschöpft sich jene darin, den Erwerb, den Erwerber, das Zielunternehmen, die Beteiligungsstrukturen an dem Erwerber sowie die Geschäftsfelder der Transaktionspartner in Grundzügen darzustellen. Ferner sind unter anderem die Mitglieder der Geschäftsführung und sonstige vertretungsberechtigte Personen anzugeben,128 womit die Informationen insgesamt einen oberflächlichen Charakter aufweisen.129 Die Meldung ist nach dem Wortlaut des § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV unverzüglich nach Vertragsschluss abzugeben, nach dem bereits eingehende Verhandlungen zwischen beiden Unternehmen erfolgt sind. Umso leichter wird es dem Investor fallen, die entsprechenden Informationen aufzulisten, zumal die Mitteilung gegenüber dem BMWK sogar per E-Mail erfolgen kann und somit nicht viel Zeit in Anspruch nehmen wird.130 Wirkt sich die Meldepflicht somit bereits nicht auf das erwerbsunternehmerische Verhalten aus, muss dieses Ergebnis umso mehr für das ziel- oder anteilseignerunternehmerische Handeln gelten, deren Informationen keine höhere Sensibilität aufweisen und denen noch nicht einmal eine Verpflichtung auferlegt wird. In conclusio kann sich § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV nicht auf das Verhalten der Marktteilnehmer auswirken.131 Damit

126

Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit, 2006, S. 331 f. 127 Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 188; Schürmann, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge, 6. Aufl. 2012, Art. 63 AEUV Rn. 25. 128 Vgl. bereits Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (1). 129 S. zu dieser Argumentation schon im Rahmen der verfassungsrechtlichen Untersuchungen bezüglich der Eingriffsintensität der Meldepflicht in Art. 14 Abs. 1 GG des Zielunternehmens Kap. 3 § 2 A. II. 2. 130 Vgl. bereits Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (1). 131 Dies könnte für die prüfverfahrensrechtlichen Regelungen (Kap. 4 § 2 B.) sowie für die Untersagungs- und Anordnungsermächtigung (Kap. 4 § 3 B.) anders zu beurteilen sein. So

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Kap. 4: Vereinbarkeit mit dem europäischen Unionsrecht

scheidet eine Verletzung der in Art. 63 Abs. 1 AEUV verankerten Kapitalverkehrsfreiheit durch die Meldepflicht aus.132

§ 2 Unionsrechtsverletzung durch die prüfverfahrensrechtlichen Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen Eine Verletzung der unionsrechtlichen Vorschriften käme allerdings in Betracht, wenn das mit der Durchführung des sektorübergreifenden Investitionsprüfverfahrens verbundene Vollzugsverbot (§ 15 Abs. 3 Satz 1 AWG), die Handlungsverbote (§ 15 Abs. 4 Satz 1 AWG), die Einreichungspflicht (§ 14a Abs. 2 Satz 1 AWG) und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen (§ 14a Abs. 2 Satz 4 und Satz 5 AWG) mit der Kapitalverkehrsfreiheit unvereinbar wären.

A. Schutzbereichsbetroffenheit der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 Abs. 1 AEUV) Sofern eine Betroffenheit des kapitalverkehrsfreiheitlichen Schutzbereichs durch die einzelnen das Prüfverfahren begleitenden Vorschriften anzunehmen wäre, käme ferner dem Konkurrenzverhältnis zum Schutzbereich der in Art. 49 Abs. 1 AEUV verankerten Niederlassungsfreiheit Bedeutung zu, das einer Anwendungsbereichseröffnung des Art. 63 Abs. 1 AEUV entgegenstehen könnte.

I. Grundsätzliche Betroffenheit des Schutzbereichs von Art. 63 Abs. 1 AEUV Prinzipiell ist der kapitalverkehrsfreiheitliche Schutzbereich für einen den sektorübergreifenden Investitionsprüfvorschriften zuzuordnenden unmittelbaren Erwerb eines Zielunternehmens i. S. d. § 55a Abs. 1 AWV oder eines dritten Anteilseignerunternehmens durch einen unionsfremden Investor eröffnet.133 Indem das dingliche Rechtsgeschäft gem. § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG schwebend unwirksam ist, wird die von Art. 63 Abs. 1 AEUV gewährleistete freie Wertübertragung im Zeitauch für das gesamte sektorübergreifende Prüfverfahren Dehne, Investitionskontrolle in Deutschland, 2022, S. 488 ff. 132 Einen kapitalverkehrsfreiheitlichen Eingriff durch außenwirtschaftsrechtliche Meldepflichten in früherer Fassung erwägt, freilich ohne nähere Begründung, hingegen v. Wilmowsky, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 12 Rn. 28. 133 Kap. 4 § 1 B. I.

§ 2 Unionsrechtsverletzung durch die prüfverfahrensrechtlichen Maßnahmen

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raum des Prüfverfahrens unterbunden. Zudem ist eine Eröffnung des Schutzbereichs der Kapitalverkehrsfreiheit für die in § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Nr. 3 und Nr. 4 AWG normierten Handlungen insoweit zu erblicken, als dass im Gegenzug für die anteilseignerunternehmerische134 Stimmrechtsausübung oder für die Offenlegung unternehmensbezogener Informationen135 etwa bereits ein Teil der Wertübertragung stattfinden könnte. Schließlich hat der Investor auf Grundlage des § 14a Abs. 2 Satz 1 AWG bestimmte, im Zusammenhang mit dem Kapitalverkehrsvorgang stehende Informationen preiszugeben. Die Regelungen in § 14a Abs. 2 Satz 4 und Satz 5 AWG ermächtigen zum Erlass von Verwaltungsakten gegenüber allen am Kapitalverkehrsvorgang Beteiligten, damit nähere Informationen in Bezug auf die beabsichtigte Wertübertragung erlangt werden können.

II. Unterfallen der gesetzesunmittelbaren Verbote, der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen unter den Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit in Abgrenzung zur Niederlassungsfreiheit Dieser grundsätzlichen Eröffnung des kapitalverkehrsfreiheitlichen Schutzbereichs für die gesetzesunmittelbaren Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen stünde jedoch eine im Verhältnis zu Art. 63 Abs. 1 AEUV alleinige Anwendbarkeit der Niederlassungsfreiheit entgegen. Zu untersuchen ist zunächst, ob sich die prüfverfahrensrechtlichen Vorschriften dem sachlichen Schutzbereich von Art. 49 Abs. 1 AEUV zuordnen lassen. Auf Grundlage beider Schutzbereichseröffnungen erfolgt sodann ihre Abgrenzung. 1. Grundsätzliche Betroffenheit des Schutzbereichs von Art. 49 Abs. 1 AEUV Die Regelung des Art. 49 Abs. 1 AEUV gewährleistet nach einem weiten Verständnis neben dem tatsächlichen Akt einer Niederlassungsgründung auch Vorbereitungshandlungen und von der Niederlassung ausgehende ökonomische Aktivitäten.136 Begrifflich ist unter einer „Niederlassung“ die tatsächliche Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mittels fester Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat 134 Anders als dem Anteilseignerunternehmen sind die in § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG genannten Handlungen dem Zielunternehmen unmöglich, da dieses beim Halten eigener Anteile gem. § 71b AktG über kein Stimmrecht verfügt (vgl. schon Kap. 3 § 3 A. I. 1.). Diese Verbote begründen daher nur bei einem Kapitalverkehrsvorgang zwischen Investor und Anteilseignerunternehmen eine Schutzbereichseröffnung. 135 Zur Offenlegung (ziel-)unternehmensbezogener Informationen durch das Anteilseignerunternehmen s. bereits in den verfassungsrechtlichen Untersuchungen Kap. 3 § 5. 136 S. nur Korte, GewArch Beilage WiVerw Nr. 2/2019, 79 (89 f.).

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Kap. 4: Vereinbarkeit mit dem europäischen Unionsrecht

auf unbestimmte Zeit zu verstehen.137 Hiervon werden Direktinvestitionen als Erwerbe von Unternehmen(-santeilen) erfasst, sofern der Investor tatsächlich138 einen sicheren und bestimmenden Einfluss auf das Zielunternehmen erlangt,139 wohingegen Portfolioinvestitionen in Ermangelung einer selbstständigen Tätigkeit vom Schutzbereich des Art. 49 Abs. 1 AEUV ausgeschlossen sind.140 Angesichts des auf Direktinvestitionen beschränkten Anwendungsbereichs der sektorübergreifende Prüfung141 ist eine Eröffnung des niederlassungsfreiheitlichen Schutzbereichs zu erwägen, da die jeweilige Transaktion eine wirtschaftliche Tätigkeit des Investors mittels fester Einrichtung in Deutschland auf unbestimmte Zeit erlauben könnte.142 Der grenzüberschreitende Bezug143 ist darin zu erkennen, dass ein 137 EuGH, Urt. v. 25. 7. 1991 – Rs. C-221/89 Factortame, ECLI:EU:C:1991:320 Rn. 20. Vgl. auch Fastenrath/Groh, Europarecht, 4. Aufl. 2016, Rn. 222; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 1000; Streinz, Europarecht, 11. Aufl. 2019, Rn. 951; Nettesheim, in: Oppermann/Classen/Nettesheim (Hrsg.), Europarecht, 9. Aufl. 2021, § 28 Rn. 16; Tietje, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 10 Rn. 24a; Kainer, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 2, 2017, Art. 49 AEUV Rn. 14; Kotzur/v. de Loo, in: Geiger/Khan/Kotzur/ Kirchmair, EUV/AEUV, 7. Aufl. 2023, Art. 49 AEUV Rn. 1; Schlag, in: Schwarze/Becker/ Hatje/Schoo, EU-Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 49 AEUV Rn. 15 ff. Vgl. auch zur den Niederlassungsbegriff für das europäische Medienrecht konkretisierenden Richtlinie, welche der Kontrolle eines Mediendienstanbieters durch einen Mitgliedstaat dient und hierfür an den Ort der Übertragung bzw. an den Ort der Ausstrahlung anknüpft: Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates v. 10. 3. 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechtsund Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (ABl L 95 I, S. 1). S. hierzu näher Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 49 AEUV Rn. 32. 138 Allein die Absicht einer Einflusserlangung genügt insoweit nicht, s. nur Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/Jatzke/Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 (47). 139 EuGH, Urt. v. 13. 4. 2000 – Rs. C-251/98 Baars, ECLI:EU:C:2000:205 Rn. 22 ff.; Labitzke, Die Beschränkung von Auslandsinvestitionen in Rüstungsunternehmen, 2011, S. 90; Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/Jatzke/ Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 (47); Schmidt/Meckl, BB 2020, 1218 (1224). 140 Schuelken/Sichla, NVwZ 2019, 1406 (1407); Glaesner, in: Schwarze/Becker/Hatje/ Schoo, EU-Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 63 AEUV Rn. 16. Zur Abgrenzung von der Kapitalverkehrsfreiheit s. nachfolgend Kap. 4 § 2 A. II. 2. a). 141 Kap. 2 § 1 B. II. 2. a). 142 Dahingehend auch Herrmann, ZEuS 2019, 429 (440) m. w. N. für die Investitionsprüfvorschriften in früherer Fassung. 143 EuGH, Urt. v. 20. 4. 1988 – Rs. C-204/87 Baekert, ECLI:EU:C:1988:192 Rn. 12; Urt. v. 5. 2. 2002 – Rs. C-476/98 Kommission/Deutschland, ECLI:EU:C:2002:631 Rn. 146; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 1003; Classen/Nettesheim, in: Oppermann/Classen/Nettesheim (Hrsg.), Europarecht, 9. Aufl. 2021, § 17 Rn. 19; Tietje, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 10 Rn. 38 ff.; Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 49 AEUV Rn. 22 ff.; Kotzur/v. de Loo, in: Geiger/Khan/Kotzur/Kirchmair, EUV/AEUV, 7. Aufl. 2023, Art. 49 AEUV Rn. 2.

§ 2 Unionsrechtsverletzung durch die prüfverfahrensrechtlichen Maßnahmen

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Unionsfremder jene Niederlassung im deutschen Mitgliedstaat begründen möchte; auch die Bereichsausnahme einer Ausübung öffentlicher Gewalt gem. Art. 51 AEUV ist nicht einschlägig.144 Konkret unterfällt Art. 49 Abs. 1 AEUV weiterhin die schwebende Unwirksamkeit des dinglichen Vollzugs in § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG, da auf diese Weise trotz Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages die tatsächliche Ausübung wirtschaftlicher Betätigung im Zeitraum des Prüfverfahrens unmöglich ist. Darüber hinaus sind bestimmte Handlungen gem. § 15 Abs. 4 Satz 1 AWG verboten, wobei die Stimmrechtsausübung oder die Erlangung unternehmensbezogener Informationen im Vorgriff auf die eigentliche Niederlassungsbegründung bereits gewisse wirtschaftliche Tätigkeiten des Investors ermöglicht. Die gesetzesunmittelbare Verpflichtung in § 14a Abs. 2 Satz 1 AWG sowie die Verwaltungsakt-Ermächtigungen in § 14a Abs. 2 Satz 4 und Satz 5 AWG eröffnen die Gelegenheit zu staatlicher Erlangung bestimmter Informationen wie etwa in Bezug auf die Geschäftsstrategien der beabsichtigten wirtschaftlichen Betätigung. Neben der sachlichen Betroffenheit der Niederlassungsfreiheit von den prüfverfahrensrechtlichen Vorschriften ist auch der persönliche Schutzbereich in den Blick zu nehmen. Jener betrifft gem. Art. 49 Abs. 1 Satz 1 AEUV selbstständig erwerbstätige natürliche Personen mit Unionsbürgerschaft sowie gem. Art. 49 Abs. 2, Art. 54 AEUV auch Gesellschaften, wobei sowohl juristische Personen als auch Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts ohne Rechtspersönlichkeit, nicht Personenvereinigungen ohne Erwerbszweck, geschützt werden.145 Ausweislich des Wortlauts in Art. 54 Abs. 1 AEUV muss für die Gesellschaften ein Bezug zum Unionsgebiet gegeben sein, indem sie nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gegründet worden sind oder ihren satzungsgemäßen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder -niederlassung innerhalb der Union haben; auf die Staatsangehörigkeit der Gesellschafter oder Geschäftsführer kommt es hingegen nicht

S. konkret für die grenzüberschreitende Kontrolle von Gesellschaften auch Kainer, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 2, 2017, Art. 49 AEUV Rn. 13. Vgl. zu diesem Merkmal bereits für die Kapitalverkehrsfreiheit Kap. 4 § 1 B. I. 144 Fastenrath/Groh, Europarecht, 4. Aufl. 2016, Rn. 231; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 1004; Tietje, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 10 Rn. 43 ff.; Nettesheim, in: Oppermann/Classen/Nettesheim (Hrsg.), Europarecht, 9. Aufl. 2021, § 28 Rn. 27 f. 145 Fastenrath/Groh, Europarecht, 4. Aufl. 2016, Rn. 220 f.; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 999 f., 1005 ff.; Nettesheim, in: Oppermann/Classen/ Nettesheim (Hrsg.), Europarecht, 9. Aufl. 2021, § 28 Rn. 11 ff.; Tietje, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 10 Rn. 15 f.; Jung, in: Schwarze/Becker/Hatje/Schoo, EU-Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 54 AEUV Rn. 3 ff.; Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 49 AEUV Rn. 8; ders., in: Calliess/ Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 54 AEUV Rn. 10 ff., 27 ff.

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an.146 Vor diesem Hintergrund erfasst die Niederlassungsfreiheit anders als Art. 63 Abs. 1 AEUV ganz überwiegend Binnensachverhalte.147 Während es sich bei dem Ziel- und dem Anteilseignerunternehmen jeweils um eine in Deutschland gegründete juristische Person in Form einer Aktiengesellschaft148 handelt und jedenfalls das Zielunternehmen dort seinen Sitz oder Ort der Leitung149 hat, weist diesen das von der sektorübergreifenden Prüfung betroffene Erwerbsunternehmen nicht auf;150 auch wird es nicht nach Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gegründet sein.151 Mithin wird letzteres, auf dessen Niederlassung es indes konkret ankommt, nicht von Art. 49 Abs. 1 AEUV geschützt und kann sich lediglich auf die Kapitalverkehrsfreiheit berufen.152 Der niederlassungsfreiheitliche Schutzbereich wird von den prüfverfahrensrechtlichen Vorschriften somit in sachlicher Hinsicht nur tangiert.153

146 Fastenrath/Groh, Europarecht, 4. Aufl. 2016, Rn. 221; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 1008; Nettesheim, in: Oppermann/Classen/Nettesheim (Hrsg.), Europarecht, 9. Aufl. 2021, § 28 Rn. 14; Tietje, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 10 Rn. 65; Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/Jatzke/Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 (48); Jung, in: Schwarze/Becker/Hatje/Schoo, EU-Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 54 AEUV Rn. 8 ff.; Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 54 AEUV Rn. 12 ff. 147 Vgl. statt vieler Herrmann, ZEuS 2019, 429 (441). 148 Zu dieser Eingrenzung vgl. schon Kap. 3 § 1 I. am Ende. Ausweislich der Einleitung zu Kap. 4 wird den unionsrechtlichen Überprüfungen der Untersuchungsgegenstand in Kap. 3 zugrunde gelegt. 149 Ein Sitz oder Ort der Leitung in Deutschland muss bezüglich des Zielunternehmens für eine Anwendungsbereichseröffnung der sektorübergreifenden Vorschriften gegeben sein (Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) aa)). 150 Kap. 2 § 1 B. II. 2. b) aa). Etwas anderes könnte lediglich bei einem mittelbaren Erwerb, einer missbräuchlichen Gestaltung oder einem Umgehungsgeschäft gelten (Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (4) und Kap. 2 § 1 B. II. 2. b) bb)). Vgl. auch Herrmann, ZEuS 2019, 429 (443); Hindelang/Hagemeyer, EuZW 2017, 882 (886). Auf diese Ausnahmekonstellation soll im Folgenden jedoch nicht eingegangen werden (Kap. 4 zu Beginn). 151 Zur umstrittenen Frage einer Bestimmung dieses Kriteriums im Einzelfall unter Heranziehung der Gründungs- oder Sitztheorie s. näher Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 1010 m. w. N. 152 EuGH, Urt. v. 13. 11. 2012 – Rs. C-35/11 Test Claimants in the FII Group Litigation (Nr. 2), ECLI:EU:C:2012:707 Rn. 90 f.; Germelmann, EuZW 2008, 596 (596); Herrmann, ZEuS 2019, 429 (438); Hindelang/Hagemeyer, EuZW 2017, 882 (885). 153 So für die nationalen Investitionsprüfvorschriften in früherer Fassung auch schon Schuelken/Sichla, NVwZ 2019, 1406 (1407).

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2. Bestimmung der Kriterien für die Abgrenzung von Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit und Anwendung auf die sektorübergreifende Prüfung Auf sachlicher Schutzbereichsebene wird daher das seit jeher im Mittelpunkt zahlreicher Diskussionen stehende Konkurrenzverhältnis von Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit bedeutsam, ist mit der Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union doch ganz regelmäßig auch der Einsatz von Kapital verbunden.154 Maßgeblich erscheint diese Abgrenzung insbesondere bei Sachverhalten unter Beteiligung von Unionsfremden, für welche lediglich Art. 63 Abs. 1 AEUV einen grundfreiheitlichen Schutz gewährt.155 Nachfolgend wird die Rechtsprechungslinie des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Abgrenzungsfrage in ihren wesentlichen Grundzügen skizziert und auf Beschränkungen ausländischer Direktinvestitionen in Unternehmen der § 55a Abs. 1 AWV angewandt, woran sich sodann eine kritische Würdigung anschließt. a) Skizzierung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Anwendung auf Beschränkungen ausländischer Direktinvestitionen in Unternehmen gem. § 55a Abs. 1 AWV Der Gerichtshof der Europäischen Union verfolgt in seiner Rechtsprechung keinen stringenten Lösungsansatz zur Abgrenzungsproblematik, gleichwohl lassen sich gewisse Kategorisierungen vornehmen.156 Insbesondere in früheren Entscheidungen untersuchte er lediglich einen Verstoß gegen eine der beiden Grundfreiheiten in der Annahme, die jeweils andere müsse nicht mehr geprüft werden.157 Freilich 154

So ebenfalls etwa Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 1099; Islam, Das Kapitalbeteiligungsverbot an Anwaltsgesellschaften, 2017, S. 252 m. V. a. Herz, Unternehmenstransaktionen zwischen Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit, 2014, S. 42; Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 49 AEUV (Stand 2019) Rn. 128; Ukrow/Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 63 AEUV (Stand 2021) Rn. 381. 155 Vgl. statt vieler Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2019, § 3 Rn. 49; Wojcik, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 63 AEUV Rn. 61. 156 Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 1100; Islam, Das Kapitalbeteiligungsverbot an Anwaltsgesellschaften, 2017, S. 253 m. w. N.; Schmidt/Meckl, BB 1218 (1224); Ukrow/Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 63 AEUV (Stand 2021) Rn. 383. So auch schon Germelmann, EuZW 2008, 596 (596). Vgl. indes auch Khan/Eisenhut, in: Vedder/Heintschel v. Heinegg, Europäisches Unionsrecht, 2. Aufl. 2018, Art. 63 AEUV Rn. 12, 15, die auch fortan die fehlende Klärung zahlreicher Probleme im Rahmen dieser Abgrenzung bemerken. 157 EuGH, Urt. v. 1. 6. 1999 – Rs. C-302/97 Konle, ECLI:EU:C:1999:271 Rn. 55; Urt. v. 4. 6. 2002 – Rs. C-367/98 Kommission/Portugal, ECLI:EU:C:2002:326 Rn. 56; Urt. v. 4. 6. 2002 Rs. C-483/99 Kommission/Frankreich, ECLI:EU:C:2002:327 Rn. 56; Urt. v. 13. 5. 2003 – Rs. C-463/00 Kommission/Spanien, ECLI:EU:C:2003:272 Rn. 86; Urt. v. 13. 5. 2003 – Rs. C-98/01 Kommission/Vereinigtes Königreich, ECLI:EU:C:2003:273 Rn. 52. Vgl. etwa

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könnte dieses Vorgehen in der Konzeption des Vertragsverletzungsverfahrens als abstrakter Prüfung eines nationalen Gesetzes unabhängig vom konkreten Fall begründet sein, weshalb ihm keine sichere Aussagekraft zum Konkurrenzverhältnis entnommen werden kann.158 Dennoch konkludierten einige Stimmen in der Literatur159 mitunter die parallele Anwendbarkeit beider Gewährleistungen, auch frühere Verfechter eines Exklusivitätsverhältnisses von Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit schlossen sich diesem Verständnis an.160 Unter Zugrundelegung jener Judikatur wäre konkret bei der sektorübergreifenden Prüfung die in persönlicher Hinsicht allein anwendbare Kapitalverkehrsfreiheit einschlägig. Allmählich entwickelte der Gerichtshof der Europäischen Union jedoch eine Betrachtung des Schwerpunkts161 bzw. des Gegenstandes162 einer Regelung für die Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 143 ff.; Haratsch/ Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 1100; Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 117 f.; Germelmann, EuZW 2008, 596 (597); Schmidt/Meckl, BB 1218 (1224); Tiedje, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 49 AEUV Rn. 24. 158 Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 1100 m. V. a. Urt. v. 4. 6. 2002 – Rs. C-367/98 Kommission/Portugal, ECLI:EU:C:2002:326 Rn. 41 ff. Vgl. auch Germelmann, EuZW 2008, 596 (598). Kritisch gegenüber dieser Argumentation jedoch Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 144; Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit, 2006, S. 223. 159 Islam, Das Kapitalbeteiligungsverbot an Anwaltsgesellschaften, 2017, S. 252 ff.; Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit, 2006, S. 228 ff. So rückblickend auch Herrmann, ZEuS 2019, 429 (441 f.); Schmidt/Meckl, BB 2020, 1218 (1224); Sedlaczek/Züger, in: Streinz, BeckKK-EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 63 AEUV Rn. 33; Ukrow/Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 63 AEUV (Stand 2021) Rn. 384. S. auch Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 118 f., welche auch die Schlussfolgerung einer Subsidiarität der Niederlassungs- gegenüber der Kapitalverkehrsfreiheit erwägen und die Rspr. insgesamt als nicht „[g]anz unproblematisch“ bezeichnen. 160 S. etwa Islam, Das Kapitalbeteiligungsverbot an Anwaltsgesellschaften, 2017, S. 252 m. V. a. Ohler, der zum Zweck der Vermeidung von Widersprüchen für eine Exklusivität plädierte (WM 1996, 1801 [1802 f.]), jedoch später eine Parallelität bejahte (Ohler, EuZW 2002, 251 [252]). Vgl. auch Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 151 mit der Feststellung, die Parallelitätsthese habe sich „zu Recht“ über die früher vertretene Exklusivitätsthese hinweggesetzt. 161 EuGH, Urt. v. 18. 7. 2007 Rs. C-231/05 Oy AA, ECLI:EU:C:2007:439 Rn. 23; Urt. v. 25. 10. 2007 – Rs. C-464/05 Geurts und Vogten, ECLI:EU:C:2007:631 Rn. 16; Urt. v. 19. 7. 2012 – Rs. C-31/11 Scheunemann, ECLI:EU:C:2012:481 Rn. 30; Fastenrath/Groh, Europarecht, 4. Aufl. 2016, Rn. 266; Germelmann, EuZW 2008, 596 (596); Schmidt/Meckl, BB 2020, 1218 (1224). Kritisch Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 147, der den Begriff „Schwerpunkt“ für verfehlt hält, vielmehr handele es sich um einen vorgelagerten Anwendungsbefehl zugunsten der Niederlassungsfreiheit. 162 EuGH, Urt. v. 10. 2. 2011 – verb. Rs. C-436/08 und 437/08 Haribo Lakritzen Hans Riegel, ECLI:EU:C:2011:61 Rn. 33 ff.; Urt. v. 13. 11. 2012 – Rs. C-35/11 Test Claimants in

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Abgrenzung der Anwendungsbereiche von Art. 49 Abs. 1 AEUV und Art. 63 Abs. 1 AEUV.163 Sofern die fragliche Vorschrift überwiegend oder sogar ausschließlich Sachverhalte erfasse, in denen aus dem Erwerb eine sichere und bestimmende Einflussmöglichkeit auf die Kontrolle des Zielunternehmens folge, sei allein der niederlassungsfreiheitliche Schutzbereich betroffen164 und eventuelle Auswirkungen auf den freien Kapitalverkehr müssten als unvermeidbare Konsequenz hingenommen werden. Andernfalls greife lediglich Art. 63 Abs. 1 AEUV.165 Die zunächst auf steuerrechtliche Sachverhalte bezogene Judikatur wurde in der Folgezeit ausdrücklich auf Unternehmensbeteiligungen übertragen.166 Regelungen mit dem Gegenstand einer Stimmrechtsbeteiligung von mindestens 20 oder the FII Group Litigation (Nr. 2), ECLI:EU:C:2012:707 Rn. 91 ff.; Urt. v. 28. 2. 2013 – Rs. C168/11 Beker, ECLI:EU:C:2013:117 Rn. 23 ff.; Urt. v. 3. 3. 2020 Rs. C-323/18 Tesco-Global Áruházak, ECLI:EU:C:2020:140 Rn. 51 ff.; Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2019, § 3 Rn. 50; Schön, Kapitalverkehrsfreiheit und Niederlassungsfreiheit, in: Ackermann/Köndgen (Hrsg.), FS Roth, 2015, S. 551 (570); Schmidt/Meckl, BB 2020, 1218 (1224); Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 49 AEUV (Stand 2019) Rn. 129. 163 In der Lit. wird dieses Vorgehen mitunter einheitlich unter den Begriff einer Schwerpunktbetrachtung zusammengefasst, vgl. Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 1100; Hindelang, IStR 2010, 443 (444); Gramlich, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 2, 2017, Art. 63 AEUV Rn. 36; MüllerGraff, in: Streinz, BeckKK-EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 49 AEUV Rn. 117; Ukrow/Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 63 AEUV (Stand 2021) Rn. 395. 164 EuGH, Urt. v. 13. 11. 2012 – Rs. C-35/11 Test Claimants in the FII Group Litigation (Nr. 2), ECLI:EU:C:2012:707 Rn. 91 f.; Tietje, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 10 Rn. 33; Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 49 AEUV (Stand 2019) Rn. 129; Khan/Eisenhut, in: Vedder/ Heintschel v. Heinegg, Europäisches Unionsrecht, 2. Aufl. 2018, Art. 63 AEUV Rn. 15; Wojcik, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 63 AEUV Rn. 65 f. Vgl. auch schon für die Prüfung der Niederlassungsfreiheit bei einer 100Prozent-Beteiligung, dies jedoch (noch) ohne Schwerpunktbetrachtung, EuGH, Urt. v. 13. 4. 2000 – Rs. C-251/98 Baars, ECLI:EU:C:2000:205 Rn. 21 f.; Islam, Das Kapitalbeteiligungsverbot an Anwaltsgesellschaften, 2017, S. 253 f. 165 EuGH, Urt. v. 19. 7. 2012 – Rs. C-31/11 Scheunemann, ECLI:EU:C:2012:481 Rn. 30; Hindelang/Hagemeyer, EuZW 2017, 882 (885); Schuelken/Sichla, NVwZ 2019, 1406 (1408); Müller-Graff, in: Streinz, BeckKK-EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 49 AEUV Rn. 117; Sedlaczek/Züger, in: Streinz, BeckKK-EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 63 AEUV Rn. 34; Ukrow/ Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 63 AEUV (Stand 2021) Rn. 391; Wojcik, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 63 AEUV Rn. 65. 166 Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 124 ff.; Tietje, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 10 Rn. 33; Germelmann, EuZW 2008, 596 (597 f.); Herrmann, ZEuS 2019, 429 (442); Hindelang/Hagemeyer, EuZW 2017, 882 (886); Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 49 AEUV (Stand 2019) Rn. 129. Vgl. etwa zum Steuerrecht Urt. v. 28. 2. 2013 – Rs. C-168/11 Beker, ECLI:EU:C:2013:117 Rn. 23 sowie zu Unternehmensbeteiligungen Urt. v. 23. 10. 2007 – Rs. C-112/05 Kommission/Deutschland, ECLI:EU:C:2007:623 Rn. 13 ff.

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Kap. 4: Vereinbarkeit mit dem europäischen Unionsrecht

25 Prozent wurden an Art. 49 Abs. 1 AEUV gemessen,167 was im Drittstaatenkontext zur Unanwendbarkeit der Grundfreiheiten führte;168 demgegenüber wurde bei ab einer zehnprozentigen Beteiligung greifenden Vorschriften auf die Kapitalverkehrsfreiheit abgestellt.169 Jedoch lässt der Gerichtshof der Europäischen Union bei individualvertraglichen Regelungen, die eine Kontrolle über das Zielunternehmen ermöglichen, auch geringere Schwellen für die Annahme einer Niederlassung genügen.170 Für die Beurteilung des maßgeblichen Einflusses soll unter anderem die jeweilige nationale Rechtsordnung Berücksichtigung finden, welche im deutschen Gesellschaftsrecht auf die Sperrminorität171 einer 25-Prozent-Beteiligung abstellt.172 In der Literatur173 wird zu bedenken gegeben, dass die OECD Benchmark einen Einfluss auf die zielunternehmerische Tätigkeit bereits ab einer zehnprozentigen Beteiligung sug167

Zur 20-Prozent-Schwelle s. EuGH, Urt. v. 8. 12. 2012 – Rs. C-244/11 Kommission/ Griechenland, ECLI:EU:C:2012:694 Rn. 20 ff. und zur 25-Prozent-Schwelle s. Urt. v. 19. 7. 2012 – Rs. C-31/11 Scheunemann, ECLI:EU:C:2012:481 Rn. 25 ff. 168 EuGH, Urt. v. 19. 7. 2012 – Rs. C-31/11 Scheunemann, ECLI:EU:C:2012:481 Rn. 25 ff.; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 1100. 169 Zur zehnprozentigen Schwelle s. EuGH, Urt. v. 12. 12. 2006 – Rs. C-446/04 Test Claimants in the FII Group Litigation (Nr. 1), ECLI:EU:C:2006:774 Rn. 58; Urt. v. 11. 9. 2014 – Rs. C-47/12 Kronos International, ECLI:EU:C:2014:2200 Rn. 35. Vgl. auch Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 1100; Ludwigs, in: Dauses (Begr.), Hdb. des EU-Wirtschaftsrechts, E. I. (Stand 2017), Rn. 14; Tiedje, in: v. der Groeben/ Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 207 AEUV Rn. 25; Ukrow/ Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 63 AEUV (Stand 2021) Rn. 392 sowie in der außenwirtschaftsrechtlichen Lit. Herrmann, ZEuS 2019, 429 (440, 442); Schmidt/Meckl, BB 2020, 1218 (1224); Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 55 AWV Rn. 15. Vgl. jedoch auch Schön, Kapitalverkehrsfreiheit und Niederlassungsfreiheit, in: Ackermann/Köndgen (Hrsg.), FS Roth, 2015, S. 551 (565) sowie Unger, EuZW 2015, 67 (67) m. V. a. BFHE 239, 45 (45 ff.), in welcher der Bundesfinanzhof eine Vorschrift mit zehnprozentiger Mindestbeteiligung allein an der Niederlassungsfreiheit gemessen hat. S. weiterhin auch Kemmerer, Kapitalverkehrsfreiheit und Drittstaaten, 2010, S. 170, welcher eine Niederlassung noch nicht auf Regelungen im Bereich einer 20-Prozent-Beteiligung anwenden möchte. 170 EuGH, Beschl. v. 10. 5. 2007 – Rs. C-492/04 Lasertec, ECLI:EU:C:2007:273 Rn. 22; Hindelang/Hagemeyer, EuZW 2017, 882 (885). 171 Vgl. schon Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (a). 172 EuGH, Beschl. v. 10. 5. 2007 – Rs. C-492/04 Lasertec, ECLI:EU:C:2007:273 Rn. 21; Bayer/Ohler, ZG 2008, 12 (23); Germelmann, EuZW 2008, 596 (597); Herrmann, ZEuS 2019, 429 (440); Hindelang/Hagemeyer, EuZW 2017, 882 (885). Kritisch Voland, EuZW 2010, 132 (134 f.). Unerheblich sollte insoweit sein, dass die Sperrminorität erst ab einer 25Prozent-plus einprozentigen Schwelle ansetzt, vgl. Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2019, § 3 Rn. 51 m. w. N. 173 Schuelken/Sichla, NVwZ 2019, 1406 (1407); Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/ Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 56 AWV Rn. 7. Vgl. auch Schmidt/Meckl, BB 2020, 1218 (1225), welche dem Begriff der Direktinvestition (vgl. zu dieser begrifflichen Unstimmigkeit sogleich) unter Verweis auf die Benchmark auch zehnprozentige Beteiligungserwerbe zuordnen möchten.

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geriert. Daneben werden atypische Konstellationen erwogen, in welchen eine geringe Beteiligung zu einer weitaus größeren Einflussnahme führen könnte.174 Als besonders problematisch erweist sich die Abgrenzung der Grundfreiheiten bei Regelungen, die sowohl Investitionen mit als auch ohne einen sicheren und bestimmenden Einfluss erfassen. Beispielsweise könnte eine solche Vorschrift sowohl auf den Erwerb einer Beteiligung von einem Prozent als auch auf den Erwerb einer Beteiligung von 100 Prozent anwendbar sein. Entsprechende Regelungen misst der Gerichtshof in Binnensachverhalten nicht an starren Anteilsschwellen. Er fragt also nicht danach, ob die Regelung etwa schon bei einer Beteiligung von einem Prozent Anwendung findet. Vielmehr entscheidet der Gerichtshof hier an den Gegebenheiten des Einzelfalls.175 Vereinzelt gelangt er jedoch auch zu einer parallelen Anwendung beider Grundfreiheiten, sofern ihm eine abschließende Feststellung nicht möglich ist.176 Hingegen bleiben die individuellen Umstände in Fällen mit Drittstaatenbezug, in denen nur die Kapitalverkehrsfreiheit Anwendung finden kann, unberücksichtigt. Betreffe die Vorschrift allein Investitionen, die einen sicheren Einfluss auf die gesellschaftlichen Entscheidungen ermöglichen, dann soll Art. 49 Abs. 1 AEUV Anwendung finden. Seien solche Investitionen aber nicht (ausschließlich) erfasst, dann könnten sich die Betroffenen auf Art. 63 Abs. 1 AEUV berufen.177 174 Schön, Kapitalverkehrsfreiheit und Niederlassungsfreiheit, in: Ackermann/Köndgen (Hrsg.), FS Roth, 2015, S. 551 (566); Sedlaczek/Züger, in: Streinz, BeckKK-EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 63 AEUV Rn. 34; Ukrow/Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 63 AEUV (Stand 2021) Rn. 393. 175 EuGH, Urt. v. 13. 11. 2012 – Rs. C-35/11 Test Claimants in the FII Group Litigation (Nr. 2), ECLI:EU:C:2012:707 Rn. 94 m. w. N. aus der Rspr. Vgl. auch Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2019, § 3 Rn. 50; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 1101; Herz, Unternehmenstransaktionen zwischen Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit, 2014, S. 245; Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 129 f.; Ludwigs, in: Dauses (Begr.), Hdb. des EU-Wirtschaftsrechts, E. I. (Stand 2017), Rn. 15; Herrmann, ZEuS 2019, 429 (440); Schmidt/Meckl, BB 2020, 1218 (1224); Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 49 AEUV (Stand 2019) Rn. 129; Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 49 AEUV Rn. 41; Müller-Graff, in: Streinz, BeckKK-EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 49 AEUV Rn. 117. 176 EuGH, Urt. v. 15. 9. 2011 – Rs. C-310/09 Accor, ECLI:EU:C:2011:581 Rn. 31 ff.; Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 123; Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl. 2017, 4.26 jew. m. w. N. 177 EuGH, Urt. v. 24. 5. 2007 – Rs. C-157/05 Holböck, ECLI:EU:C:2007:297 Rn. 22 ff.; Urt. v. 13. 11. 2012 – Rs. C-35/11 Test Claimants in the FII Group Litigation (Nr. 2), ECLI:EU:C:2012:707 Rn. 96 ff.; Urt. v. 11. 9. 2014 – Rs. C-47/12 Kronos International, ECLI:EU:C:2014:2200 Rn. 38, 42 ff.; Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2019, § 3 Rn. 50; Ludwigs, in: Dauses (Begr.), Hdb. des EU-Wirtschaftsrechts, E. I. (Stand 2017), Rn. 15; Bayer/Ohler, ZG 2008, 12 (23); Klamert/Bucher, EuZW 2021, 335 (339 f.); Unger, EuZW 2015, 67 (67 f.); Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 49 AEUV Rn. 41; Sedlaczek/Züger, in: Streinz, BeckKK-EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 63 AEUV Rn. 35 m. w. N.

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Teilweise wird in diesem Vorgehen eine Abgrenzung der Schutzbereiche nach Direkt- und Portfolioinvestitionen178 erkannt179 und geschlussfolgert, die lediglich auf Direktinvestitionen anwendbare sektorübergreifende Prüfung180 entbehre mangels persönlicher Schutzbereichseröffnung des Art. 49 Abs. 1 AEUV jedes grundfreiheitlichen Schutzes.181 Indes gilt es zu bedenken, dass der Gerichtshof der Europäischen Union danach fragt, ob die seiner Untersuchung zugrundeliegende nationale Regelung auf Beteiligungen anwendbar ist, die einen sicheren Einfluss vermitteln. Zwar führt er weiter aus, dass Bestimmungen über Beteiligungen, welche „in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgen“, ausschließlich an der Kapitalverkehrsfreiheit zu messen sind.182 Er stellt jedoch nachfolgend auf den Regelungsgegenstand einer abstrakten Einflussmöglichkeit und gerade nicht auf die innere Willensrichtung des jeweiligen Investors ab, einen Einfluss oder lediglich einen Gewinn erlangen zu wollen.183 Dies kann auch allein überzeugen, geht es doch um eine abstrakte Vorschrift und nicht um die konkreten Beweggründe eines Erwerbers im individuellen Fall.184 Daran anknüpfend ist die Abgrenzung ungeachtet der begrifflichen Unklarheiten allein mit Blick auf die Option strategischer Einflussnahme vorzunehmen, weshalb grundfreiheitliche Gewährleistungen nicht bereits ausscheiden, weil die sektorübergreifende Prüfung nachvollziehbar lediglich Direktinvestitionen aufzugreifen sucht. Bezogen auf die Vorschriften betreffend den Erwerb eines Zielunternehmens gem. § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWV, welche ab einer zehnprozentigen Beteiligung einschlägig sind,185 wäre mit der Herangehensweise des Gerichtshofs eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit zu prüfen, denn bei dieser Schwelle hält er einen bestimmenden Einfluss des Erwerbers auf das Zielunternehmens abstrakt für unsicher.186 Eine Ausnahme hiervon für den Fall, dass der Investor durch den Erwerb 178

Vgl. zu beiden Begriffen schon Kap. 1 § 1 und Kap. 2 § 1 B. II. 2. a). Kemmerer, Kapitalverkehrsfreiheit und Drittstaaten, 2010, S. 156 ff.; Ludwigs, in: Dauses (Begr.), Hdb. des EU-Wirtschaftsrechts, E. I. (Stand 2017), Rn. 15; Schmidt/Meckl, BB 2020, 1218 (1224 f.); Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 49 AEUV Rn. 39; Ukrow/Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 63 AEUV (Stand 2021) Rn. 394. 180 Vgl. ebenfalls Kap. 2 § 1 B. II. 2. a). 181 Schmidt/Meckl, BB 2020, 1218 (1225). 182 So etwa EuGH, Urt. v. 13. 11. 2012 – Rs. C-35/11 Test Claimants in the FII Group Litigation (Nr. 2), ECLI:EU:C:2012:707 Rn. 91 f. 183 EuGH, Urt. v. 13. 11. 2012 – Rs. C-35/11 Test Claimants in the FII Group Litigation (Nr. 2), ECLI:EU:C:2012:707 Rn. 93 ff. Dahingehend auch Ukrow/Ress, in: Grabitz/Hilf/ Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 63 AEUV (Stand 2021) Rn. 394. 184 Eine Abgrenzung von Direkt- und Portfolioinvestition wird auch abgelehnt von Herz, Unternehmenstransaktionen zwischen Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit, 2014, S. 248 f. 185 Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (1). 186 So auch Herrmann, ZEuS 2019, 429 (442); Klamert/Bucher, EuZW 2021, 335 (339 ff.); Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55 AWV (Stand 2022) Rn. 28. Anderer Ansicht ist Eh179

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einer zehnprozentigen Beteiligung im Einzelfall tatsächlich einen sicheren und bestimmenden Einfluss erlangen wollte und insoweit die Niederlassungsfreiheit betroffen wäre,187 erscheint im Lichte des von der Rechtsprechung in Drittstaatensachverhalten favorisierten Vorgehens einer lediglich abstrakten Prüfung ohne Bezug zu den konkreten Gegebenheiten zweifelhaft.188 Jedenfalls wäre bei einem Erwerb der in § 55a Abs. 1 Nr. 8 bis Nr. 27 AWV genannten Unternehmen mit der 20-Prozent-Schwelle die hier persönlich unanwendbare Niederlassungsfreiheit einschlägig, es fehlte damit an einem grundfreiheitlichen Schutz.189 b) Kritische Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union Einer kritischen Auseinandersetzung mit der Judikatur des Gerichtshofs der Europäischen Union sei folgende Aussage vorangestellt: „Die Niederlassungsfreiheit und der Kapitalverkehr bilden kein Gegensatzpaar, sondern [sie] ergänzen einander.“190 Diese Feststellung sagt freilich noch nichts über den vorzugswürdigen Ansatz zur Abgrenzung aus, sie bildet jedoch die Grundlage einer Überlegung zu der Frage, ob es einer stringenten Trennung beider Schutzbereiche bedarf. Der Gehalt einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Unternehmen anhand einer sicheren und bestimmenden Einflussmöglichkeit des Erwerbers reicht weit über die bloße Kapitalbeteiligung hinaus, welche hier ganz regelmäßig mitverwirklicht ist. Insoweit fragt sich, ob der Kapitalverkehrsfreiheit in jener Situation noch ein eigenständiger Bereich verbleibt, wobei ihre weiterreichenden Beschränkungsmöglichkeiten für ein eher enges Verständnis der Gewährleistung des Art. 63 Abs. 1

lers, der eine parallele Anwendung der Grundfreiheiten mit dem Argument befürwortet, bei Unternehmenserwerben sei ein Schwerpunkt nicht feststellbar, vgl. Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/Jatzke/Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 (48). 187 Herrmann, ZEuS 2019, 429 (441 f.) m. V. a. EuGH, Urt. v. 11. 9. 2014 – Rs. C-47/12 Kronos International, ECLI:EU:C:2014:2200 Rn. 35 ff., 53 f. Vgl. auch Johannsen, IR 2018, 225 (227 f.). 188 Dahingehend ebenfalls Klamert/Bucher, EuZW 2021, 335 (339 f.). 189 So ebenfalls Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2019, § 3 Rn. 51; Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 169; Herrmann, ZEuS 2019, 429 (442); Klamert/Bucher, EuZW 2021, 335 (341); Roth, ZBB 2009, 257 (269) für die 25-ProzentSchwelle außenwirtschaftsrechtlicher Vorschriften, wobei dieses Resultat angesichts der vorstehenden Rspr. einer Anwendbarkeit der Niederlassungsfreiheit auch von Regelungen betreffend eine 20-Prozent-Schwelle übertragbar sein müsste. Vgl. auch Klamert/Bucher, EuZW 2021, 335 (341 f.) zur grundfreiheitlichen Prüfung bei Umgehungskonstellationen im Kontext der Screening-Verordnung. 190 Tiedje, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 49 AEUV Rn. 31.

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AEUV sprechen.191 Auch sind für Kontrollbeteiligungen schärfere Maßstäbe anzulegen, da hiermit eine wirtschaftliche Betätigung in der Union verbunden ist; dies ergibt sich letztlich auch aus der nur für Direktinvestitionen anwendbaren Regelung in Art. 64 AEUV.192 Vor diesem Hintergrund ist eine klare Trennung beider Grundfreiheiten auf Tatbestandsebene zweckmäßig, sofern sie rechtssicher möglich ist.193 Hierfür bietet sich eine Orientierung am Regelungsgegenstand der maßgeblichen Vorschrift an, wobei es sich um ein bei Überschneidungen freiheitlicher Schutzbereiche übliches Vorgehen handelt.194 Freilich könnte man zweifeln, ob eine lediglich in sachlicher und nicht in persönlicher Hinsicht anwendbare Grundfreiheit eine andere überhaupt verdrängen kann,195 ein Vorrang des sachlichen gegenüber dem persönlichen Schutzbereichs findet schließlich keine gesetzliche Verankerung.196 Indes erscheint die nach vorstehenden Ausführungen prinzipiell gebotene Abgrenzung lediglich auf sachlicher Ebene möglich, weil die Kapitalverkehrsfreiheit in persönlicher Hinsicht keinen Einschränkungen unterliegt.197 Unter Berücksichtigung des ökonomischen Gehalts von Art. 49 Abs. 1 AEUV könnte mithin nach dem Vorliegen eines sicheren und bestimmenden Einflusses auf die unternehmerische Tätigkeit differenziert werden.198 Zwar ist das Fehlen einer klar festgelegten Schwelle für das Vorliegen eines sicheren Einflusses, zu welcher sich die Rechtsprechung bislang nicht ausdrücklich geäußert hat, im Lichte der gebotenen Rechtssicherheit misslich.199 In Anlehnung an das grundsätzliche Vorgehen des 191 Herz, Unternehmenstransaktionen zwischen Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit, 2014, S. 407; Germelmann, EuZW 2008, 596 (600). Kritisch O’Brien, CMLR 2007, 1483 (1490 f.). Vgl. auch Kilian, EuZW 2005, 440 (441), welcher eine Entkoppelung beider Grundfreiheiten bei dem Erwerb von Unternehmensbeteiligungen favorisiert. 192 Sedlaczek/Züger, in: Streinz, BeckKK-EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 63 AEUV Rn. 35. 193 Vgl. auch Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 149 mit der treffenden Forderung, die Legitimation einer Verdrängung der Kapitalverkehrsfreiheit von der Niederlassungsfreiheit müsse zweifelsfrei und überzeugend nachweisbar sein. 194 Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 131; Germelmann, EuZW 2008, 596 (596 ff.); Korte, GewArch Beilage WiVerw Nr. 2/2019, 79 (91); ders., in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 49 AEUV Rn. 40. 195 Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2019, § 3 Rn. 51; Schön, Kapitalverkehrsfreiheit und Niederlassungsfreiheit, in: Ackermann/Köndgen (Hrsg.), FS Roth, 2015, S. 551 (575); Hindelang/Hagemeyer, EuZW 2017, 882 (885). 196 Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 152 f. 197 Korte, GewArch Beilage WiVerw Nr. 2/2019, 79 (91). 198 Sedlaczek/Züger, in: Streinz, BeckKK-EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 63 AEUV Rn. 34. 199 Schön, Kapitalverkehrsfreiheit und Niederlassungsfreiheit, in: Ackermann/Köndgen (Hrsg.), FS Roth, 2015, S. 551 (564 ff.) m. w. N.; Schmidt/Meckl, BB 2020, 1218 (1225). S. zur Diskussion auch schon zuvor Kap. 4 § 2 A. II. 2. a). Vgl. zur bedingten Aussagekraft der Beteiligungsschwelle für den tatsächlichen Einfluss und dessen Ausübung durch den Erwerber

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Gerichtshofs wird im Schrifttum daher mit Verweis auf die unterschiedlichen Schutzzwecke der Freiheiten ohne geltende Untergrenze einer Schwelle für die Anwendbarkeit der Niederlassungsfreiheit eine Abgrenzung dahingehend vorgeschlagen, ob die nationale Vorschrift darauf angelegt ist, das unternehmerische Verhalten der Beteiligten zu regulieren oder ob sie lediglich die Investition betreffe; dies mündete bei gleichzeitiger Betroffenheit in eine parallele Anwendbarkeit der Grundfreiheiten.200 Eine abschließende Entscheidung für das vorzugswürdige Kriterium muss hier nicht getroffen werden, grundsätzlich ist jedoch eine Einordnung nach dem Regelungsgegenstand zu befürworten. Auch erscheint es grundsätzlich nachvollziehbar, für sowohl sichere als auch unsichere Einflussmöglichkeiten abdeckende Vorschriften die konkreten Umstände des Einzelfalls heranzuziehen. Während diese Herangehensweise in Binnenkonstellationen eine differenzierte Ergebnisfindung ermöglicht, ist im vorliegenden Drittstaatenkontext problematisch, dass der Gerichtshof die mitgliedstaatlichen Regelungen eben ohne diese konkrete und trennscharfe Betrachtung an der Kapitalverkehrsfreiheit misst, was von dogmatischer Inkonsequenz geprägt und vielmehr am Ergebnis orientiert zu sein scheint. Diese Vorgehensweise führt zur Anwendbarkeit der Niederlassungsfreiheit für Binnensachverhalte, während in vergleichbaren Situationen mit Drittstaatenbezug die Kapitalverkehrsfreiheit einschlägig ist.201 Zwar überzeugt es, den kapitalverkehrsfreiheitlichen Schutz auch im drittstaatlichen Verkehr, der auf einer ausdrücklichen Entscheidung des Unionsrechts fußt und wirtschaftspolitisch zur Gewinnung von Kapital vorzugswürdig ist, umfassend zu gewährleisten. Die Verfolgung dieses Ziels bedarf indes eines tragfähigen dogmatischen Fundaments.202 auch Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit, 2006, S. 104 ff. 200 Schön, Kapitalverkehrsfreiheit und Niederlassungsfreiheit, in: Ackermann/Köndgen (Hrsg.), FS Roth, 2015, S. 551 (566 ff.). 201 Ludwigs, in: Dauses (Begr.), Hdb. des EU-Wirtschaftsrechts, E. I. (Stand 2017), Rn. 15; Unger, EuZW 2015, 67 (68); Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 49 AEUV Rn. 41; Wojcik, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 63 AEUV Rn. 66. Wojcik plädiert daher für eine ausnahmsweise Anwendbarkeit der Kapitalverkehrsfreiheit, bei welcher in der Rechtfertigung die Nähe des Sachverhalts zur Niederlassungsfreiheit mit geringeren Maßstäben Rechnung getragen werden sollte (Wojcik, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 63 AEUV Rn. 66), was jedoch dogmatisch fragwürdig erscheint. Andere Stimmen in der Lit. unternehmen den Versuch, diese „systematischen Unregelmäßigkeiten“ mit den unterschiedlichen grundfreiheitlichen Schutzrichtungen zu begründen (Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2021, Rn. 1101). Indes ist die Niederlassungsfreiheit bei einer wirtschaftlichen Betätigung einschlägig, über deren Nichtvorliegen bei stringenter Heranziehung der aufgestellten Kriterien auch nicht das Ziel einer Ausweitung des Art. 63 Abs. 1 AEUV zur Gewinnung von Kapital für den Binnenmarkt hinweghelfen kann. Zwar ist das Ergebnis dieser Begründung einleuchtend, was aber nichts an dem hierfür beschnittenen unsauberen Lösungsweg zu ändern vermag. 202 Dahingehend ebenfalls Ludwigs, in: Dauses (Begr.), Hdb. des EU-Wirtschaftsrechts, E. I. (Stand 2017), Rn. 15; Unger, EuZW 2015, 67 (68); Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 49 AEUV Rn. 41.

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Für Drittstaatensachverhalte lässt sich der beschriebene Zielkonflikt auch nicht mit einer konsequenten Heranziehung der für Binnenkonstellationen maßgeblichen Grundsätze dergestalt lösen, einen kapitalverkehrsfreiheitlichen Schutz bei der Möglichkeit eines sicheren Einflusses gänzlich zu versagen. Dies führte zum Ausschluss des grundfreiheitlichen Schutzniveaus bei einer höheren Beteiligung des Erwerbers, indem die im Drittstaatenkontext unanwendbare Niederlassungsfreiheit griffe.203 Dann könnte sich praktisch ein Minderheits-, nicht aber ein Mehrheitsgesellschafter auf einen grundfreiheitlichen Schutz berufen, was aus Wertungsgesichtspunkten und aus Gründen der Rechtssicherheit nicht überzeugen kann.204 In Anbetracht dieser Überlegungen kann der Konflikt allein mit einer parallelen Anwendung beider Grundfreiheiten stringent gelöst werden. Sofern im Binnenbereich tatsächlich vordergründig ein Niederlassungsvorgang betroffen ist, führt die ebenfalls eröffnete Kapitalverkehrsfreiheit nicht zu wesentlichen Unterschieden des grundfreiheitlichen Schutzniveaus gegenüber einer alleinigen Anwendbarkeit des Art. 49 Abs. 1 AEUV, sie bereitet jedoch auch keine ernsthaften Probleme.205 Demgegenüber bringt eine parallele Anwendung im Verhältnis zu Unionsfremden die verfolgten Ziele in konsequenter Weise miteinander in Ausgleich. Neben dem dogmatisch offenkundig nicht durchhaltbaren Wunsch, eine klare Trennung der Schutzbereiche in Überschneidungsbereichen vornehmen zu wollen, sprechen weitere Erwägungen ebenfalls für ein Parallelitätsverhältnis. Zunächst findet sich ein engeres Verständnis der Kapitalverkehrsfreiheit in Abgrenzung zur Niederlassungsfreiheit gerade nicht im Wortlaut wieder.206 Zwar kann ein Parallelitätsverhältnis mit Blick auf die weiteren Regelungen nicht auf die wechselseitigen Vorbehalte in Art. 49 Abs. 2 AEUV und Art. 65 Abs. 2 AEUV gestützt werden.207 Beide Normen beziehen sich auf die Rechtfertigungsebene und stellen spiegel203

So im Ergebnis auch Schuelken, Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen, 2021, S. 84. 204 Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 154 f.; Sedlaczek/Züger, in: Streinz, BeckKK-EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 63 AEUV Rn. 35; Ukrow/ Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 63 AEUV (Stand 2021) Rn. 393. 205 S. statt vieler Schön, Kapitalverkehrsfreiheit und Niederlassungsfreiheit, in: Ackermann/Köndgen (Hrsg.), FS Roth, 2015, S. 551 (558). Vgl. jedoch auch zu Recht den Hinweis Geigers, Unterschiede in der Schutzbereichseröffnung wirkten sich auch auf die Anwendung divergierender Rechtfertigungsgründe aus (Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 149). 206 Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit, 2006, S. 233. Vgl. zur Ablehnung einer engen Tatbestandsfassung der Kapitalverkehrsfreiheit im Drittstaatenkontext schon Kap. 4 § 1 B. I. 207 Anders: Schön, Kapitalverkehrsfreiheit und Niederlassungsfreiheit, in: Ackermann/ Köndgen (Hrsg.), FS Roth, 2015, S. 551 (560, 577 f.); Schmidt/Meckl, BB 2020, 1218 (1225); Gramlich, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 2, 2017, Art. 63 AEUV Rn. 21; Ukrow/Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 63 AEUV (Stand 2021) Rn. 398; Wojcik, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 63 AEUV Rn. 61.

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bildlich fest, dass ein gerechtfertigter Eingriff in eine Grundfreiheit auch auf Grundlage der Rechtfertigungsgründe der jeweils anderen Grundfreiheit zulässig ist.208 Ferner stehen die Grundfreiheiten systematisch gleichrangig nebeneinander.209 Mit Blick auf ihren Wortlaut berührt jedoch das Kapitel des Kapital- und Zahlungsverkehrs gem. Art. 65 Abs. 2 AEUV nicht die Anwendbarkeit von Beschränkungen des Niederlassungsrechts, die mit den Verträgen vereinbar sind. Hiermit könnte auch gemeint sein, dass mit dem Unionsrecht vereinbare Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit nicht zugleich eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit darstellen. Die Normen geben also keinen Aufschluss darüber, ob der Gesetzgeber ein Parallelitäts- oder Exklusivitätsverhältnis vor Augen hatte.210 Jedoch kommt mit Blick auf das oben vorgebrachte Argument, der lediglich für Direktinvestitionen geltende Art. 64 Abs. 1 AEUV suggeriere eine begrenzte Anwendung der Kapitalverkehrsfreiheit für Investitionen ohne maßgeblichen Einfluss, unter systematischen Aspekten die Frage auf, warum es der Regelung überhaupt bedurfte, wenn schon im Grundsatz unterschiedliche Maßstäbe anzulegen sind.211 Überdies könnten die unterschiedlichen Normzwecke gerade für eine parallele Anwendbarkeit sprechen,212 denn Art. 63 Abs. 1 AEUV sichert objektbezogen die Erlangung von Kapital, dies auch von drittstaatlicher Seite, für den europäischen Binnenmarkt, wohingegen Art. 49 Abs. 1 AEUV personenbezogen die unterneh-

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Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 140 ff.; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2021, Rn. 1099; Gramlich, in: Pechstein/ Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, 2017, Bd. 2, Art. 63 AEUV Rn. 36. 209 Kemmerer, Kapitalverkehrsfreiheit und Drittstaaten, 2010, S. 155 f.; Sedlaczek/Züger, in: Streinz, BeckKK-EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 63 AEUV Rn. 32. 210 So auch Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 140 ff.; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2021, Rn. 1099; Kemmerer, Kapitalverkehrsfreiheit und Drittstaaten, 2010, S. 169 f.; Ludwigs, in: Dauses (Begr.), Hdb. des EU-Wirtschaftsrechts, E. I. (Stand 2017), Rn. 12; Herrmann, ZEuS 2019, 429 (441); Klamert/Bucher, EuZW 2021, 335 (339); Schmidt/Meckl, BB 2020, 1218 (1225); Wojcik, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 65 AEUV Rn. 26. Vgl. auch Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 132; Germelmann, EuZW 2008, 596 (600), welche „kein Textargument“ für eine parallele Anwendbarkeit beider Grundfreiheiten erkennt. 211 Ukrow/Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 63 AEUV (Stand 2021) Rn. 381 m. w. N., 396. In eine ähnliche Richtung weist auch Streinz, Europarecht, 11. Aufl. 2019, Rn. 973. 212 Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 154; Gramlich, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 2, 2017, Art. 63 AEUV Rn. 21 m. w. N.

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merische Betätigung gerade innerhalb dieses Binnenmarktes zu liberalisieren sucht.213 So spricht das Ziel einer optimalen Verwirklichung der Kapitalverkehrsfreiheit mit dem Grundsatz effet utile214 gegen die Exklusivität beider Schutzbereiche.215 Demnach ist mit der Direktinvestition zwar ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang gegeben; innerhalb dessen decken die Grundfreiheiten jedoch unterschiedliche Aspekte ab. Ob im Einzelfall auch in beide Freiheiten eingegriffen wird, erlangt erst im Anschluss an die Schutzbereichseröffnung Bedeutung.216 Schließlich stimmt diese Lösung insbesondere auch mit der wirtschaftspolitischen Erwägung überein, im Lichte des Ziels einer Kapitalgewinnung für den europäischen Binnenmarkt Investitionen ohne sichere Einflussmöglichkeiten grundfreiheitlich zu schützen. Auch dient sie im Kontext der auf Binnenkonstellationen beschränkten Niederlassungsfreiheit dem Zweck, bei Investitionen mit entsprechendem Einfluss restriktiver vorzugehen, um diese Verhandlungsposition gegenüber Drittstaaten in diesem Bereich fehlender Reziprozität einzusetzen.217 Denn mit der parallelen Anwendbarkeit ist allein der kapitalverkehrsfreiheitliche Schutzbereich im Drittstaatenkontext eröffnet; etwaige Sorgen um eine Entwicklung von Art. 63 Abs. 1 AEUV zu einer „unechten Niederlassungsfreiheit“218 bestünden nicht, wenn für die Beschränkung von Kapitalverkehrsvorgängen Unionsfremder gegenüber solchen im Binnenbereich mildere Rechtfertigungsmaßstäben219 anzulegen wären.220 213 Islam, Das Kapitalbeteiligungsverbot an Anwaltsgesellschaften, 2017, S. 256; Schön, Kapitalverkehrsfreiheit und Niederlassungsfreiheit, in: Ackermann/Köndgen (Hrsg.), FS Roth, 2015, S. 551 (560 ff). 214 Der effet utile (auch: Effektivitätsgrundsatz) dient als Auslegungsgrundsatz, der besagt, dass dem Unionsrecht zu seiner möglichst großen Wirksamkeit verholfen werden soll. S. hierzu ausf. etwa bei Potacs, EuR 2009, 465 (466 ff.). 215 Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 154; Kemmerer, Kapitalverkehrsfreiheit und Drittstaaten, 2010, S. 158; Gramlich, in: Pechstein/Nowak/ Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 2, 2017, Art. 63 AEUV Rn. 36. 216 Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit, 2006, S. 232 f. m. w. N. 217 Schmidt/Meckl, BB 2020, 1218 (1225). Vgl. zur mangelnden Reziprozität im Drittstaatenkontext auch O’Brien, CMLR 2007, 1483 (1498). 218 Dahingehend Unger, EuZW 2015, 67 (68) m. V. a. GA Jääskinen, Schlussanträge v. 19. 7. 2012 – Rs. C-35/1 Test Claimants in the FII Group Litigation (Nr. 2), ECLI:EU:C:2012:482 Rn. 122. S. auch Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 155; Schön, Kapitalverkehrsfreiheit und Niederlassungsfreiheit, in: Ackermann/Köndgen (Hrsg.), FS Roth, 2015, S. 551 (576); Ukrow/Ress, in: Grabitz/Hilf/ Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 63 AEUV (Stand 2021) Rn. 395. Vgl. weiter Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 132 f. 219 Vgl. statt vieler Schuelken/Sichla, NVwZ 2019, 1406 (1408). Ähnlich wird auch in Bezug auf die Rechtfertigung eines Eingriffs in Art. 16 GRCh argumentiert, vgl. Sahin, EuZW 2021, 348 (351 f.); Sasse, EuR 2012, 628 (643).

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c) Zwischenergebnis zur Abgrenzung der Schutzbereiche von Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit Nach alledem ist die Annahme eines Parallelitätsverhältnisses der in Art. 63 Abs. 1 AEUV und Art. 49 Abs. 1 AEUV verankerten Gewährleistungen vorzugswürdig. Daraus resultiert für den Erwerb eines in § 55a Abs. 1 AWV aufgeführten sicherheitsrelevanten Unternehmens, dass die sachlich ebenfalls betroffene Niederlassungsfreiheit einer Schutzbereichseröffnung der in persönlicher Hinsicht allein anwendbaren Kapitalverkehrsfreiheit nicht entgegensteht. Folglich unterfallen die das sektorübergreifende Prüfverfahren begleitenden gesetzesunmittelbaren Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen allein dem Schutzbereich des Art. 63 Abs. 1 AEUV.221

B. Die gesetzesunmittelbaren Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen als Eingriffe in die Kapitalverkehrsfreiheit Eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit durch die in der Verfahrensdurchführung der sektorübergreifenden Prüfung wurzelnden Vorschriften käme in Betracht, wenn diese in ihren Schutzbereich eingriffen. Bei § 15 Abs. 3 Satz 1, § 15 Abs. 4 Satz 1, § 14a Abs. 2 Satz 1, Satz 4 und Satz 5 AWG handelt es sich wegen ihrer auf unionsfremde Erwerbe beschränkten Geltung wie auch bei der Meldepflicht um offene Diskriminierungen. Die Legislativakte sind ferner zur Beeinträchtigung des von Art. 63 Abs. 1 AEUV gewährleisteten Schutzes geeignet222, da die Wertübertragung vor ihrem eigentlichen Stattfinden gewissen Beschränkungen unterliegt. Außerdem kann die schwebende Unwirksamkeit des dinglichen Vollzugs das Verhaltens der Transaktionsbeteiligten beeinflussen, indem der dingliche Vollzug und somit auch die von Art. 63 Abs. 1 AEUV geschützte Wertübertragung im Zeitraum des langen223 Prüfverfahrens unwirksam ist. Die Betroffenen könnten etwa aus Gründen eines dringenden Bedarfs an Kapital224 bzw. 220

Hierzu s. genauer nachfolgend Kap. 4 § 2 C. I. Einen Vorrang der Niederlassungsfreiheit favorisiert hingegen Becker mit der Folge, dass einem dem sektorübergreifende Prüfregime unterfallender Erwerb jeglicher grundfreiheitlicher Schutz verwehrt sei (Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 111 ff.). 222 Vgl. ausf. zum grundfreiheitlichen Eingriff Kap. 4 § 1 B. II. 223 S. hierzu Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa). 224 Dies gilt allerdings lediglich für den veräußerungswilligen und nicht für dritte Anteilseigner, deren Anlagen infolge außenwirtschaftsrechtlicher Vorschriften an Wert verlieren könnten. Vgl. hierzu in Bezug auf die verfahrensabschließenden Ermächtigungen nach älterer Rechtslage, wobei diese Argumentation auf die vorliegende Konstellation übertragbar ist, Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 171 f. 221

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auf Investorenseite wegen des Interesses an einem zeitnahen Erhalt der Gegenleistung einen anderen Erwerb vorziehen, bei dem die Wertübertragung unmittelbar nach dem schuldrechtlichen Vertragsschluss wirksam ist.225 Auch eine Auswirkung der Handlungsverbote auf das Verhalten der Beteiligten erscheint möglich. Während das Erwerbsunternehmen im Vorgriff auf die eigentliche Wertübertragung die hiermit verbundenen Vorzüge in Gestalt des Einflusses auf die Stimmrechtsausübung oder des Gewinns unternehmensbezogener Informationen verwehrt bleiben, kann das Ziel- bzw. das Anteilseignerunternehmen im Gegenzug nicht bereits etwa die Auszahlung eines Teils des Kaufpreises fordern. Insbesondere werden die Marktteilnehmer nicht im Widerspruch zu den Verboten agieren, weil die in § 15 Abs. 4 Satz 1 AWG aufgeführten Handlungen strafbewehrt226 sind. Mithin könnte auch aufgrund dieser Regelungen eine anderweitige Transaktion profitabler erscheinen, bei der die normierten Handlungen nicht verboten sind. Letztlich geht auch von der Einreichungspflicht sowie von den Ermächtigungen ein Beeinträchtigungspotenzial aus, da dem Staat gem. § 14a Abs. 2 Satz 1 AWG sensible Informationen offenbart werden müssen, während § 14a Abs. 2 Satz 4 und Satz 5 AWG die weitergehende Anforderung empfindlicher Informationen erlauben.227 Im Gegensatz zu den oberflächlichen Informationen der Erwerbsmeldung können sich die Regelungen auf das Verhalten der Marktteilnehmer auswirken, da ein Geheimhaltungsinteresse gegenüber dem Staat möglich erscheint. Zudem beansprucht die Umsetzung dieser (potenziellen) Ersuche unter Umständen mehr Zeit, weil der Informationsumfang gegenüber dem in § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV normierten weitaus breiter sein kann. Somit ist es denkbar, dass die Kapitalverkehrsteilnehmer auch wegen §14a Abs. 2 AWG von der Transaktion Abstand nehmen. Folglich greifen die prüfverfahrensrechtlichen Vorschriften jeweils als offene Diskriminierungen in Art. 63 Abs. 1 AEUV ein.

225 Bezüglich einer möglichen Beeinflussung des erwerbsunternehmerischen Verhaltens konkret durch das Vollzugsverbot s. auch schon Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (c) sowie zur möglichen Unangemessenheit aus diesem Grund nachfolgend Kap. 4 § 2 C. III. 2. Wegen des potenziell tangierten Investorenverhaltens wird mitunter auch von Stimmen in der Lit. eine grundfreiheitsbeschränkende Wirkung der außenwirtschaftsrechtlichen Vorschriften angenommen, vgl. Germelmann, DVBl 2009, 78 (84); Hindelang/Hagemeyer, EuZW 2017, 882 (886). Hingegen hält Korte eine entsprechende Wirkung für ungewiss (Korte, GewArch Beilage WiVerw Nr. 2/2019, 79 [92]). 226 S. schon Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) bb) und ee). 227 Vgl. zur erhöhten Sensibilität der gegenüber den in der Meldung anzugebenden Informationen bereits im Rahmen der verfassungsrechtlichen Untersuchungen Kap. 3 § 3 A. II.

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C. Unmöglichkeit einer unionsrechtlichen Rechtfertigung der gesetzesunmittelbaren Verbote, der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen Die von den prüfverfahrensrechtlichen Vorschriften ausgehenden Eingriffe in den kapitalverkehrsfreiheitlichen Schutzbereich könnten jedoch gerechtfertigt sein. Vorab wird den Rechtfertigungsanforderungen eine nähere Betrachtung zuteil, welche durch die vorliegende Drittstaatenkonstellation vermindert sind. Auf Grundlage dieser Maßstäbe könnten die Voraussetzungen eines geschriebenen Rechtfertigungsgrundes erfüllt sein, wenn die gesetzesunmittelbaren Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gem. Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV bestehen, wobei hier insbesondere auf den im nationalen sektorübergreifenden Verfahren herabgesetzten Prüfmaßstab der voraussichtlichen Beeinträchtigung außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter einzugehen sein wird. Zuletzt könnte es sich bei den Regelungen um keine unionsrechtliche Konkretisierung dieser für Art. 63 Abs. 1 AEUV geltenden Einschränkungsmöglichkeit handeln, sofern die Anforderungen des tatbestandlichen Bestimmtheitsgebots und der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt sind.

I. Die geringeren Anforderungen an die Rechtfertigungsprüfung im Rahmen eines Drittstaatensachverhalts Zunächst entbehrt der Wortlaut in Art. 63 ff. AEUV näherer Anhaltspunkte für eine divergierende Rechtfertigungsprüfung kapitalverkehrsfreiheitlicher Eingriffe in Drittstaaten- und Binnensachverhalten. Er bietet indes allgemein keine expliziten Vorgaben an die Art und Weise einer Rechtfertigung.228 Mit dieser Argumentation wurde eine Unterscheidung der Konstellationen auf Schutzbereichsebene abgelehnt, entsprechendes muss aber nicht zwingend für die Rechtfertigungsprüfung gelten. Diese könnte sich als geeigneter erweisen, die in den verschiedenen Bereichen angelegten Unterschiede differenziert zu berücksichtigen und der Kapitalverkehrsfreiheit zugleich zu ihrer umfassenden Wirksamkeit zu verhelfen, indem die prinzipiell vergleichbar hohe Schutzwirkung individuelle Begrenzungen erführe. Unter systematischen Erwägungen normieren Art. 64 ff. AEUV spezielle Beschränkungsmöglichkeiten für Drittstaatensachverhalte;229 diese sind jedoch eng ausgestaltet und könnten sowohl für als auch gegen eine Abmilderung der Recht228

Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 163. Konkret für Art. 65 AEUV vgl. auch Kemmerer, Kapitalverkehrsfreiheit und Drittstaaten, 2010, S. 263 f., 282. 229 Herrmann, ZEuS 2019, 429 (451 f.). Vgl. zu diesen Beschränkungsmöglichkeiten auch Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit, 2006, S. 426 ff. m. w. N.

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fertigungsmaßstäbe im Kapitalverkehr mit Unionsfremden sprechen. So ließe sich einerseits argumentieren, über diese Spezialregelungen hinaus sei der Tatbestand gerade auf ein uniformes Verständnis angelegt;230 andererseits könnten jene aber auch erst auf eine unterschiedliche Auslegung hinweisen. Die Geltung der Kapitalverkehrsfreiheit ist im Drittstaatenbereich als unionsrechtliche Grundsatzentscheidung hinzunehmen. Auch bildet sie ein wesentliches Fundament für die Wirtschafts- und Währungsunion231, um eine Verflechtung in den internationalen Kapitalmarkt zu ermöglichen sowie die Attraktivität der Union als Investitionsstandort zu steigern. Zudem impliziert sie ökonomische Vorteile.232 Gleichwohl ergibt sich hieraus noch nicht das Erfordernis ebenso hoher Rechtfertigungsmaßstäbe wie im Binnenverkehr. Für eine differenzierte Betrachtung spricht unter teleologischen Gesichtspunkten, dass in einem Fall mit Drittstaatenbezug anders als im Binnenbereich kein ähnlicher Rechtsrahmen gegeben, ein entsprechender Grad der Integration also nicht erreicht ist,233 womit es an einem zu dem in der Europäischen Union angelegten vergleichbaren Vertrauensverhältnis fehlt.234 Zudem könnte die Drittstaatenwirkung die Gefahr einer einseitigen Begünstigung implizieren, da im jeweiligen Drittstaat regelmäßig kein ähnliches Schutzniveau gelten wird, womit die Verhandlungsposition der Union und ihrer Mitgliedstaaten unter Reziprozitätsgesichtspunkten geschwächt würde.235 Überdies dienen die

230 Dahingehend Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrsund Niederlassungsfreiheit, 2006, S. 425. 231 S. hierzu nur Herdegen, Europarecht, 23. Aufl. 2022, § 23. 232 Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 171 ff.; Hindelang, IStR 2010, 443 (446); Gramlich, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 2, 2017, Art. 63 AEUV Rn. 11. 233 So auch GA Geelhoed, Schlussanträge v. 6. 4. 2006 – Rs. C-446/04 Test Claimants in the FII Group Litigation (Nr. 1), ECLI:EU:C:2006:240 Rn. 121. Vgl. weiter Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 164 ff.; Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 133; Schmidt/Meckl, BB 2020, 1218 (1223). S. zum rechtlichen Rahmen näher Herrmann, ZEuS 2019, 429 (454). 234 EuGH, Urt. v. 30. 4. 2019 – Gutachten 1/17 des Gerichtshofs CETA, ECLI:EU:C:2019:341 Rn. 128 f., 169, 173. S. auch Clostermeyer, Staatliche Übernahmeabwehr und die Kapitalverkehrsfreiheit zu Drittstaaten, 2011, S. 323; Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 133; Germelmann, EuZW 2008, 596 (599); Herrmann, ZEuS 2019, 429 (453 f.); Schmidt/Meckl, BB 2020, 1218 (1225). 235 Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 163 f.; Herrmann, ZEuS 2019, 429 (452); Rust, EWS 2004, 450 (452). Zur einseitigen Liberalisierung des Kapitalverkehrs gegenüber Drittstaaten s. ebenfalls im Ergebnis auch Kemmerer, Kapitalverkehrsfreiheit und Drittstaaten, 2010, S. 287. Vgl. darüber hinaus Herrmann m. w. N. zur Haltung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu einer an Reziprozitätsüberlegungen ausgerichteten Argumentation (Herrmann, ZEuS 2019, 429 [452]).

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grundfreiheitlichen Gewährleistungen primär der Verwirklichung des Binnenmarktes, welcher im Verkehr mit Unionsfremden gerade nicht gestärkt wird.236 Soweit ersichtlich hatte der Gerichtshof der Europäischen Union bislang keine Gelegenheit, eine differenzierte Rechtfertigungsprüfung für die Beschränkung ausländischer Direktinvestitionen vorzunehmen. Diese wendet er aber bei steuerrechtlichen Regelungen an;237 ein Abweichungsbedürfnis im investitionskontrollrechtlichen Bereich erschließt sich nicht,238 wofür insbesondere auch die zur Abgrenzung von Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit herangezogene steuerrechtliche Judikatur ins Feld zu führen ist.239 Letztlich verweist auch die Europäische Kommission in ihrem in Reaktion auf die COVID-19-Pandemie entwickelten Leitfaden240 auf mildere Rechtfertigungsmaßstäbe grundfreiheitlicher Eingriffe im Drittstaatenkontext, indem die zulässigen Gründe weiter ausgelegt werden sollten.241 In conclusio sprechen die besseren Argumente für eine differenzierende Behandlung der Zulässigkeit, insbesondere der Verhältnismäßigkeit kapitalverkehrsfreiheitlicher Eingriffe in Drittstaaten- und in Binnensachverhalten.242 Nachfolgend 236

Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 182 f. Vgl. zur mit der Zielsetzung der Union begründeten offeneren Rechtfertigungsprüfung auch Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 133. 237 EuGH, Urt. v. 12. 12. 2006 – Rs. C-446/04 Test Claimants in the FII Group Litigation (Nr. 1), ECLI:EU:C:2006:774 Rn. 171. In diese Richtung lassen sich auch weitere Urteile des Gerichtshofs verstehen, vgl. etwa Urt. v. 18. 12. 2007 – Rs. C-101/05 Skatteverket/A, ECLI:EU:C:2007:804 Rn. 37; Urt. v. 19. 11. 2009 – Rs. C-540/07 Kommission/Italien, ECLI:EU:C:2009:717 Rn. 69; Bayer/Ohler, ZG 2008, 12 (24 f.); Herrmann, ZEuS 2019, 429 (454). Vgl. auch Schön, Kapitalverkehrsfreiheit und Niederlassungsfreiheit, in: Ackermann/ Köndgen (Hrsg.), FS Roth, 2015, S. 551 (555, 557 f.), welcher auf ein eher restriktives Verständnis dieser grundsätzlich erweiterten Maßstäbe verweist. 238 S. nur Herrmann, ZEuS 2019, 429 (451). 239 Vgl. schon Kap. 4 § 2 A. II. 2. a). 240 Kap. 2 § 2 A. 241 Europäische Kommission, Communication from the Commission, Guidance to the Member States concerning foreign investment and free movement of capital from third countries, and the protection of Europe’s strategic assets, ahead from, the application of Regulation (EU) 2019/452 (FDI Screening Regulation) v. 25. 3. 2020, C(2020) 1981 final, S. 2 ff., https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2020/march/tradoc_158676.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023). Hierzu s. auch Schmidt/Meckl, BB 2020, 1218 (1223). 242 Dehne, Investitionskontrolle in Deutschland, 2022, S. 492 f.; Kemmerer, Kapitalverkehrsfreiheit und Drittstaaten, 2010, S. 316 f. m. w. N.; v. Wilmowsky, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 12 Rn. 49; Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/Jatzke/Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 (48); Ukrow/Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 63 AEUV (Stand 2021) Rn. 279. Lecheler und Germelmann scheinen diese milderen Maßstäbe in Drittstaatensachverhalten, jedoch ohne nähere Begründung, nicht auf den Grundsatz der Rechtssicherheit, dem auch das rechtliche Bestimmtheitsgebot zuzuordnen ist (s. dazu weiter unten Kap. 4 § 2 C. III. 2.), ausweiten zu wollen (Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen

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Kap. 4: Vereinbarkeit mit dem europäischen Unionsrecht

gilt es also, die auf unionsexterne Transaktionen begrenzte Wirkung der Prüfverfahrensvorschriften zu berücksichtigen, welche weitergehendere Beschränkungen des Art. 63 Abs. 1 AEUV erlaubt.

II. Wahrung der Anforderungen des Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV als Einschränkungsmöglichkeit der Kapitalverkehrsfreiheit durch § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG, § 15 Abs. 4 Satz 1 AWG und § 14a Abs. 2 AWG Unter Berücksichtigung dieser für kapitalverkehrsfreiheitliche Eingriffe in Drittstaatensachverhalten geltenden Anforderungen wird sich der Frage zugewandt, ob diese von den prüfverfahrensrechtlichen Regelungen gewahrt werden. Eine Rechtfertigung der jeweiligen offenen Diskriminierungen243 ist nur aufgrund eines geschriebenen Rechtfertigungsgrundes möglich.244 Als ein solcher kommt Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV in Betracht, demgemäß Art. 63 Abs. 1 AEUV nicht das Recht der Mitgliedstaaten zur Ergreifung solcher Maßnahmen berührt, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt sind.245 Mangels Energierecht, 2010, S. 133). Unter der Prämisse eines allgemeinen Bedürfnisses milderer Rechtfertigungsmaßstäbe erscheint es inkonsequent, hiervon im Einzelnen Ausnahmen zu machen. Ist ein entsprechender Kapitalverkehrsvorgang nicht ebenso schützenswert wie im Binnenbereich, dann muss dies auch für das grundsätzliche Erfordernis einer Transparenz und Vorhersehbarkeit grundfreiheitlicher Eingriffe gelten. Dies bedeutet aber nicht, dass jenes Erfordernis gänzlich ausgehebelt würde. Dahingehend auch Hindelang, JZ 2009, 829 (838); ders./Hagemeyer, EuZW 2017, 882 (887), die sich im Ergebnis allerdings gegen einen milderen Rechtfertigungsmaßstab für Drittstaatensachverhalte aussprechen und möglichen Unterschieden auf Verhältnismäßigkeitsebene im Einzelfall Rechnung tragen möchten. Überzeugender ist demgegenüber Kortes Interpretation, der mildere Rechtfertigungsmaßstäbe grundsätzlich befürwortet, nicht aber „per se oder im Sinne eines drittstaatsgerichteten Generalverdachts“ gelten lassen möchte (Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 63 AEUV Rn. 89 ff.; ähnlich auch v. Wilmowsky, in: Ehlers [Hrsg.], Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 12 Rn. 50 sowie Herrmann, ZEuS 2019, 429 [454]). Diese Herangehensweise erscheint vor dem Hintergrund schlüssig, dass im Allgemeinen zwar mildere Maßstäbe anzulegen sind, diese jedoch trotzdem auf den konkreten Fall angewandt werden und nicht schon allein mit der Drittstaatenkonstellation eine Zulässigkeit grundfreiheitlicher Eingriffe begründet werden kann; dies stünde der Entscheidung für eine Schutzbereichseröffnung der Kapitalverkehrsfreiheit entgegen. 243 Kap. 4 § 2 B. 244 EuGH, Urt. v. 1. 6. 1999 – Rs. C-302/97 Konle, ECLI:EU:C:1999:271 Rn. 40. So auch etwa Frenz, Europarecht, 3. Aufl. 2021, Rn. 304; Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit, 2006, S. 385; Hermann, ZEuS 2019, 429 (444). 245 Schon dem Wortlaut nach kommt demgegenüber für die hier maßgebliche sektorübergreifende Prüfung nicht Art. 346 Abs. 1 Buchst. b) 1. Halbsatz AEUV in Betracht. Diese Norm erlaubt die zur Wahrung wesentlicher Sicherheitsinteressen erforderlichen mitgliedstaatlichen Maßnahmen, soweit sie die Erzeugung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial oder den Handel damit betreffen (vgl. hierzu Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländi-

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des Charakters einer Vollharmonisierung der Screening-Verordnung wäre eine solche Rechtfertigung grundsätzlich möglich.246 Anders als im Rahmen der Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 1 und Var. 2 AEUV, welche die Unerlässlichkeit der Maßnahme verlangen,247 genügt nach dem Wortlaut der Var. 3 eine angemessene sachliche Rechtfertigung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit.248 Jedoch sind die Begriffe „öffentliche Ordnung oder Sicherheit“ mit einer unionsrechtlichen Auslegung eng zu verstehen und verlangen nach der tatsächlichen und hinreichend schweren Gefährdung gesellschaftlicher Grundinteressen.249 Der für die Begriffsausformung bestehende mitgliedstaatliche Beurteilungsspielraum wird vom Gerichtshof der Europäischen Union überprüft, woraus sich ein Spannungsverhältnis zwischen den unionsrechtlichen Zielen und der Wahrung nationaler Besonderheiten ergibt.250 Ist der jeweilige Aspekt in der Unionsrechtsordnung ebenfalls anerkannt, kann er eher einen Rechtfertigungsgrund kapitalverkehrsfreiheitlicher Eingriffe darstellen.251 1. Das Erfordernis eines betroffenen Grundinteresses der Gesellschaft Die auf das Funktionieren des Staates und seiner Einrichtungen sowie auf die Sicherung und Existenz der Bundesrepublik angelegte Interpretation gesellschaftlicher Grundinteressen i. S. v. Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV, die insbesondere wirtschaftliche und finanzielle Belange exkludiert, kann mit einem weiteren Verständnis im drittstaatlichen Kontext auch die Abwehr politisch motivierter Investitionen wie etwa einen Wissenstransfer ins Ausland erfassen. Dies gilt speziell bei einer strategischen Einflussnahme drittstaatlicher Investoren, die auch die Gescher Direktinvestitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/Jatzke/Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 [49 f.] m. w. N.). 246 Urt. v. 23. 10. 2007 – Rs. C-112/05 Kommission/Deutschland, ECLI:EU:C:2007:623 Rn. 72 f. m. w. N. aus der Rspr.; Ukrow/Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 65 AEUV (Stand 2021) Rn. 66. 247 Vgl. hierzu Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 1112 f. m. w. N. 248 Gramlich, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 2, 2017, Art. 65 AEUV Rn. 11. 249 EuGH, Urt. v. 14. 3. 2000 – Rs. C-54/99 Association Église de scientologie de Paris, ECLI:EU:C:2000:124 Rn. 17; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 1114; Kemmerer, Kapitalverkehrsfreiheit und Drittstaaten, 2010, S. 292; Schroeder, Grundkurs Europarecht, 7. Aufl. 2021, § 14 Rn. 47; Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/Jatzke/Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 (49); Hermann, ZEuS 2019, 429 (445 ff.) m. w. N. Vgl. ausf. im Rahmen des an dieser Auslegung orientierten nationalen Verständnisses der Schutzgüter in Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) aa). 250 Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 230. 251 EuGH, Urt. v. 14. 10. 2004 – Rs. C-36/02 Omega, ECLI:EU:C:2004:614 Rn. 34 ff.; Herrmann, ZEuS 2019, 429 (446).

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meinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union gefährden könnten, beruht die Existenz eines Staates doch auch auf seiner politischen Unabhängigkeit und seinem Schutz vor Fremdbestimmung.252 Vor diesem Hintergrund erfüllen die im allgemeinen Bereich der sektorübergreifenden Prüfung eines Erwerbs der in § 55a Abs. 1 AWV aufgeführten Unternehmen – ausgenommen des Medienbereichs – verfolgten Ziele253 gesellschaftliche Grundinteressen.254 Dieser Begrifflichkeit ist insbesondere die Sicherung der Daseinsvorsorge der Bevölkerung zuzuordnen,255 welche z. B. bei kritischen Infrastrukturen (§ 55a Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 AWV)256 in unterschiedlichen Ausprägungen wie etwa im Energiewesen oder im Bereich der Nahrungsmittel (§ 55a Abs. 1 Nr. 27 AWV) verfolgt wird. Obschon Art. 65 Abs. 1 AEUV eines Art. 52 Abs. 1 AEUV vergleichbaren ausdrücklichen Hinweises auf die öffentliche Gesundheit entbehrt, handelt es sich bei dem im Rahmen von § 55a Abs. 1 Nr. 5, Nr. 8 bis Nr. 11 AWV verfolgten Ziel der Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Gesundheitssystems und damit einhergehend der Sicherung der medizinischen Versorgung ebenfalls um ein gesellschaftliches Grundinteresse.257

252 Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 237 ff. m. w. N.; Herrmann, ZEuS 2019, 429 (447 f.). S. auch Kemmerer, Kapitalverkehrsfreiheit und Drittstaaten, 2010, S. 292 f. und S. 316 ff. konkret für die Novelle des Außenwirtschaftsgesetzes im Jahr 2009. Vgl. für eine weitere Auslegung der Tatbestandsmerkmale von Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) AEUV in Drittstaatensachverhalten im Allgemeinen auch v. Wilmowsky, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 12 Rn. 49. 253 S. zu allen im allgemeinen Bereich der sektorübergreifenden Prüfung verfolgten Zielen Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa) (1). 254 Anderer Ansicht in Bezug auf eine frühere Fassung außenwirtschaftsrechtlicher Regelungen sind hingegen Bayer/Ohler, ZG 2008, 12 (28). 255 Vgl. schon Kap. 2 § 1 B. II. 2. c) aa). 256 Demgegenüber erkennen Hindelang und Hagemeyer für die in § 55a Abs. 1 Nr. 2 AWV genannten Entwickler oder Hersteller branchenspezifischer Software zum Betrieb kritischer Infrastrukturen überwiegend keinen Bezug zu gesellschaftlichen Grundinteressen (Hindelang/ Hagemeyer, EuZW 2017, 882 [888]). Angesichts der Notwendigkeit dieser Software für die versorgungssichernden Infrastrukturen vermag dies im Allgemeinen (vgl. zur Notwendigkeit einer jeweiligen Betrachtung der Gegebenheiten im Einzelfall jedoch in diesem Abschnitt weiter unten) nicht zu überzeugen. 257 So auch allgemein für § 55a Abs. 1 Nr. 8 bis Nr. 11 AWV Schuelken/Sichla, DÖV 2020, 961 (965) m. V. a. Art. 4 Abs. 1 Buchst. a) ScreeningVO, welcher die Gesundheit als kritische Infrastruktur einstuft. Für diese Einordnung spricht ferner auch Herrmanns Verweis für die Begriffsbestimmung der gesellschaftlichen Grundinteressen zuzuordnenden Daseinsvorsorge auf Art. 106 Abs. 2 AEUV (Herrmann, ZEuS 2019, 429 [445]), denn diese Regelung erfasst wiederum das Gesundheitswesen, s. hierzu EuG, Urt. v. 12. 2. 2008 – Rs. T-289/03 BUPA u. a./ Kommission, ECLI:EU:T:2008:29 Rn. 175 f.; Krajewski, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Bd. 3, 2017, Art. 106 AEUV Rn. 56; Koenig/Paul, in: Streinz, BeckKK-EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 106 AEUV Rn. 61 jew. m. w. N.

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Auch der auf unterschiedliche Weise, z. B. im Bereich von Satellitendaten (§ 55a Abs. 1 Nr. 12 AWV), bezweckte Schutz der inneren und äußeren Sicherheit258 bildet eine wesentliche Grundlage für die Existenz des deutschen Staates. Darüber hinaus ermöglicht beispielsweise auch die Sicherung der Informations- und Kommunikationstechnik des Bundes die staatliche Funktionsfähigkeit, die ihrerseits nach dem unionsrechtlichen Verständnis ebenfalls als gesellschaftliches Grundinteresse anzusehen ist. Unter diesen Begriff kann ferner der Schutz deutscher Schlüsseltechnologien und die Verhinderung eines Abflusses technischen Know-hows subsumiert werden, da diese Ziele nach den obigen Erwägungen anders als rein wirtschaftliche Interessen dem Rechtfertigungsgrund in Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV unterfallen. Hierfür spricht, dass politisch motivierte Investitionen mit Versuchen strategischer Einflussnahme die Unabhängigkeit Deutschlands im Bereich zukunftsrelevanter Technologien wie der Künstlichen Intelligenz (§ 55a Abs. 1 Nr. 13 AWV) gefährden könnten. Dagegen soll die Investitionsprüfung des Erwerbs eines in § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV genannten Unternehmens die Pressefreiheit, die freie Berichterstattung und die Medienvielfalt sichern,259 welche ebenso als gesellschaftliche Grundinteressen qualifiziert werden können. So würde die staatliche Funktionsfähigkeit in ihrem demokratischen Fundament gefährdet, erlitte die freie Tätigkeit im Bereich dieser Medien und deren Angebotspluralität ihrer Angebote Einbußen. Im Zusammenhang mit diesen Zielen sollen insbesondere politisch motivierte Einflussnahmen ausländischer Investoren auf die demokratisch essentielle Willensbildung der Bevölkerung verhindert werden.260 Diesem Resultat steht auch nicht die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union aus dem Jahr 1993 entgegen, in welcher er der Rechtfertigungsprüfung einer in die Kapitalverkehrsfreiheit eingreifenden Regelung, die der Schaffung eines pluralistischen und nichtkommerziellen Hörfunk- und Fernsehwesens dient, nicht Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV, sondern Allgemeininteressen zugrunde legte.261 Zum einen setzt sich die Rechtsprechung nicht mit der Frage auseinander, ob mit diesem Ziel nicht auch gesellschaftliche Grundinteressen i. S. d. geschriebenen Rechtfertigungsgrundes betroffen sind. Zum anderen hat sich die Situation in den vergangenen Jahrzehnten mit der Erweiterung technischer 258

Vgl. zur Erfassung der inneren und äußeren Sicherheit von diesem Begriff ausdrücklich EuGH, Urt. v. 4. 10. 1991 – Rs. C-367/89 Richardt, ECLI:EU:C:1991:376 Rn. 22; Urt. v. 13. 7. 2000 – Rs. C-423/98 Albore, ECLI:EU:C:2000:401 Rn. 18. Vgl. ferner Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit, 2006, S. 383 f. m. w. N. aus der Lit. 259 Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa) (2). 260 S. bereits ausf. Kap. 2 § 1 C. II. sowie Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa) (2). 261 EuGH, Urt. v. 3. 2. 1993 – Rs. C-36/02 Veronica, ECLI:EU:C:1993:45 Rn. 10. Vgl. hierzu auch Ukrow/Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 65 AEUV (Stand 2021) Rn. 69; Wojcik, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 65 AEUV Rn. 20.

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Möglichkeiten deutlich hin zu einem erhöhten Schutzbedürfnis medienrechtlicher Güter verändert, indem Versuche nachteiliger Einflussnahme auf die demokratische Willensbildung in der Bevölkerung etwa durch Hackerangriffe zugenommen haben.262 Hinzu kommt schließlich auch, dass sich der Zweck der dieser Entscheidung zugrundeliegenden Regelung nicht mit den im Medienbereich der sektorübergreifenden Prüfung relevanten Schutzgütern deckt.263 Mithin können die im Bereich der § 55a Abs. 1 AWV verfolgten Ziele grundsätzlich der öffentlichen Ordnung und Sicherheit i. S. v. Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV) zugeordnet werden.264 2. Das Erfordernis einer tatsächlichen und hinreichend schweren Gefährdung Diese vorstehend untersuchten gesellschaftlichen Grundinteressen müssten tatsächlich und hinreichend schwer gefährdet werden, damit eine Rechtfertigung der kapitalverkehrsfreiheitlichen Eingriffe auf Grundlage von Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV möglich ist.265 Noch nach der alten Fassung von Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung war der Anknüpfungspunkt für eine sektorübergreifende Investitionsprüfung eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit. Maßgeblich war damit eine tatsächliche266 und hinreichend schwere Gefährdung, womit die Anforderungen von Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV gewahrt wurden. Demgegenüber gelten die prüfverfahrensrechtlichen Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen infolge einer Absenkung des Prüfmaßstabs267 nunmehr, wenn eine lediglich voraussichtliche Beein262

Kap. 3 § 2 C. II. und Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa) (2). Ebenso auch Herrmann, ZEuS 2019, 429 (446) m. w. N. 264 Vor der Einführung von § 55a Abs. 1 Nr. 7 bis Nr. 27 AWV wurde eine Verfolgung gesellschaftlicher Grundinteressen hinsichtlich der in Nr. 1 bis Nr. 6 aufgelisteten Branchen in der Lit. bejaht, vgl. Schuelken/Sichla, NVwZ 2019, 1406 (1409). Ebenso Herrmann, ZEuS 2019, 429 (446) m. V. a. Hindelang/Hagemeyer, EuZW 2017, 882 (889 f.), welche die Regelungen trotz ihrer Zweifel in Bezug auf § 55a Abs. 1 Nr. 2 AWV (s. hierzu schon weiter oben in diesem Abschnitt) als unionsrechtskonform bewerten. 265 Vgl. schon Kap. 2 § 1 B. II. 2. d). 266 Vereinzelt wird in der Lit. angenommen, jenes Merkmal sei noch nicht bei dem Erwerb einzelner bedeutsamer Technologieunternehmen erfüllt, vielmehr müsse eine zunehmende Summe solcher Unternehmen erworben werden, womit es Unionsfremden ermöglicht würde, die Technologien europäischen Unternehmen oder Regierungen vorzuenthalten, Europa unter Druck zu setzen oder die europäische Wirtschaft ins technologische Hintertreffen geraten zu lassen (Kölbl, ecolex 2021, 772 [772]; Reich-Rohrwig/Zimmermann, CFOaktuell 2020, 162 [163]). Ungeachtet der Überzeugungskraft dieser Erwägung, auf welche es an dieser Stelle angesichts divergierenden Wortlauts nicht ankommt, wird man diese aber jedenfalls nicht generalisieren können, da sich für den jeweiligen Einzelfall in Abhängigkeit der betroffenen Zielunternehmensbranche sowie der weiteren ihr angehörigen Unternehmen unterschiedliche Resultate ergeben werden. 267 Kap. 2 § 1 B. II. 2. d). 263

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trächtigung außenwirtschaftsrechtlicher Güter infolge des Erwerbs untersucht wird. Dieser Prüfmaßstab wird mit den branchenspezifischen Regelbeispielen in § 55a Abs. 1 AWV sowie mit den investorbezogenen Faktoren in § 55a Abs. 3 AWV konkretisiert, die als Indiz für das Vorliegen einer voraussichtlichen Beeinträchtigung der Schutzgüter zu berücksichtigen sind. Fraglich erscheint mithin, ob die prüfverfahrensrechtlichen Regelungen auf Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV gestützt werden können, obwohl sie die Grundlage für eine verfahrensabschließende Entscheidung lediglich anhand dieses milderen Prüfmaßstabs bilden. Hinsichtlich dieser Problematik wird in der Literatur268 vereinzelt erwogen, sich über seine Absenkung hinwegzusetzen und den alten Wortlaut der Gefährdung heranzuziehen, um die Anforderungen des Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV zu wahren. Mitunter wird die Screening-Verordnung jedoch auch für eine zeitgemäße sekundärrechtliche Ausgestaltung des europäischen Primärrechts gehalten.269 Bewegten sich die nationalen Regelungen innerhalb dieses sekundärrechtlichen Rahmens, stünden sie auch in Einklang mit den Grundfreiheiten des europäischen Primärrechts;270 diese Annahme setzt freilich voraus, dass die Screening-Verordnung ihrerseits mit den Grundfreiheiten vereinbar ist.271 In Bezug auf diese Argumentation gilt es auch zu bedenken, dass die Mitgliedstaaten und die Kommission nach der Verordnung zwar die in Art. 4 genannten Faktoren bei der Feststellung einer voraussichtlichen Beeinträchtigung der Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung berücksichtigen können. Hiermit wird aber noch keine Aussage darüber getroffen, in welchem Stadium der Investitionsprüfung die Feststellung erfolgt und ob auf Grundlage dieses Maßstabs bereits grundfreiheitliche Eingriffe wie etwa das Vollzugsverbot zulässig sind. Andererseits wird unter anderem in Erwägungsgrund 7 die Überprüfung einer voraussichtlichen Beeinträchtigung erwähnt, was dafür sprechen könnte, dass aus verordnungsgeberischer Perspektive Kapitalverkehrseingriffe wie die mit der sektorübergreifenden Prüfung verbundene Einreichungspflicht des § 14a Abs. 2 Satz 1 AWG zulässig sind. Für eine Wahrung der Rechtfertigungsanforderungen durch die Prüfverfahrensvorschriften ist im Besonderen die in der Judikatur angelegte offene Interpretation des Begriffs „tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung“ anzuführen. Trotz 268 Griebel, in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar, § 5 AWG (Stand 2020) Rn. 32. 269 Anderer Ansicht sind Sangi und Berger, die bezweifeln, dass die Screening-Verordnung, welche ausweislich ihrer Erwägungsgründe keiner Harmonisierung dient (vgl. zum Regelungsgehalt der Screening-Verordnung auch schon oben Kap. 2 § 2 B.), in Abweichung vom Primärrecht so weitrechende Freiräume gewähren kann (Sangi/Berger, EuZW 2021, 979 [980, 983]). 270 So Mausch-Liotta/Sattler, in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 56 AWV Rn. 18. 271 Dahingehend auch Hindelang/Moberg, CMLR 2020, 1427 (1454), die der in Art. 4 ScreeningVO genannten Prüfschwelle lediglich eine „inspirierende“ Wirkung zuschreiben. Die Mitgliedstaaten müssten sich dennoch an die Vorgaben des Unionsrechts halten.

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des allgemein eher engen tatbestandlichen Verständnisses von Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV hielt es der Gerichtshof der Europäischen Union jedenfalls für „nicht ganz unbegründet“, dass diese Gefährdung angesichts der wichtigen Schutzgüter, in dem Fall die Versorgung mit Elektrizität und Erdgas, nicht als „konkrete Gefährdung“ verstanden werden dürfe.272 Ein ähnliches Verständnis könnte auch ein Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages aus dem Jahr 2007 anlegen. Dieses Gutachten mochte zwar keine völlig abstrakte und hypothetische Gefährdung genügen lassen, indes verhielt es sich gegenüber der abstrakten Gefahr für strategisch wichtige Unternehmen in sensiblen Branchen offen.273 Für die einzelfallabhängige Möglichkeit eines gegenüber der tatsächlichen und hinreichend schweren Gefährdung milderen Maßstabs lässt sich auch ins Feld führen, dass der Gerichtshof im Bereich des hochrangigen Schutzes der menschlichen Gesundheit Beschränkungsmaßnahmen bereits zugelassen hat, als eine Gefährdung noch völlig ungewiss war.274 Demnach könnte er abhängig von der Bedeutung des Schutzgutes und der Frage, ob bei weiterem Abwarten der Schadenseintritt nicht mehr verhindert oder kontrolliert werden könnte, gegenüber einer tatsächlichen und hinreichend schweren Gefährdung geringere Anforderungen aufstellen.275 Bedeutsam erscheint überdies, dass dem Wortlaut des Rechtfertigungsgrunds selbst keine Aussage darüber zu entnehmen ist, ob eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung oder nur eine voraussichtliche Beeinträchtigung vorliegen muss; er führt lediglich das Erfordernis einer Rechtfertigung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit auf. Eine differenzierte Betrachtung der Anforderungen an den Prüfmaßstabs je nach der Schwere der in Aussicht stehenden Rechtsgüterverletzung trägt dem Ziel des Schutzes freier Wertübertragungen 272

EuGH, Urt. v. 11. 11. 2010 – Rs. C-543/08 Kommission/Portugal, ECLI:EU:C:2010: 669 Rn. 87. Vgl. hierzu sowie zu weiteren einer solchen Interpretation offenstehenden Entscheidungen Herrmann, ZEuS 2019, 429 (449 f.). So bemängelte der Gerichtshof an anderer Stelle ein Investitionsprüfregime, das Anwendung fand, obwohl nicht „auch nur eine potenzielle Gefahr einer Beeinträchtigung“ festgestellt worden sei (EuGH, Urt. v. 8. 12. 2012 – Rs. C-244/11 Kommission/Griechenland, ECLI:EU:C:2012:694 Rn. 70). Auch ein Mechanismus mit dem Maßstab der Eignung zur Gefährdung der Schutzgüter ließ er (allein) an einer tatbestandlichen Unbestimmtheit scheitern (EuGH, Urt. v. 14. 3. 2000 – Rs. C-54/99 Association Église de scientologie de Paris, ECLI:EU:C:2000:124 Rn. 20 f.; hierzu s. auch Ukrow/ Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 65 AEUV [Stand 2021] Rn. 73). 273 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Schutz vor ausländischen Staatsfonds – Zur Zulässigkeit und Möglichkeiten von staatlicher Kontrolle bei ausländischen Investitionen, Ausarbeitung v. 27. 8. 2007, WD 7 – 178/07, S. 11 f., https://www.bundestag.de/ resource/blob/436354/f1d933cc2f060539a331b5a6b2c64dbb/WD-7-178-07-pdf-data.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023); Herrmann, ZEuS 2019, 429 (449); Johannsen, IR 2018, 247 (249). 274 EuGH, Urt. v. 5. 5. 1998 – Rs. C-180/96 Vereinigtes Königreich/Kommission, ECLI:EU: C:1998:192 Rn. 98; Herrmann, ZEuS 2019, 429 (450). 275 Herrmann, ZEuS 2019, 429 (450).

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gleichwohl Rechnung, sie ermöglicht jedoch eine Einzelfallbetrachtung, welche die grundsätzlich enge Auslegungstendenz des Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) AEUV – dies auch zu Recht, müssen Schutzbereich und Rechtfertigungsgründe doch denklogisch zueinander in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis stehen – im Blick behalten kann. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Rechtfertigung eines Eingriffs immer den Voraussetzungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügen muss, welcher ebenfalls streng geprüft wird,276 und dieser der Zulässigkeit einer kleineren Beeinträchtigungsschwelle im Rechtfertigungsgrund hinreichend Einhalt gebietet. Im Rahmen dieser Prüfung kann insbesondere auch berücksichtigt werden, ob die Schutzgüter im konkreten Fall lediglich voraussichtlich beeinträchtigt oder aber tatsächlich und hinreichend schwer gefährdet sind; diese Differenz findet demnach weiterhin Beachtung und kann sich auf das Endergebnis der Rechtfertigungsprüfung auswirken. Für dieses Verständnis sprechen schließlich die im Rahmen eines Drittstaatensachverhalts gegebenen milderen Rechtfertigungsanforderungen an einen Eingriff in den von Art. 63 Abs. 1 AEUV gewährleisteten Schutzbereich,277 wegen derer es umso nachvollziehbarer erscheint, eine Rechtfertigung der Eingriffe nicht schon allgemein am milderen Prüfmaßstab scheitern zu lassen. Folglich ist eine Zulässigkeit kapitalverkehrsfreiheitlicher Eingriffe aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit i. S. v. Art. 63 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV hinsichtlich der das Prüfverfahren begleitenden Vorschriften prinzipiell möglich.

III. § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG, § 15 Abs. 4 Satz 1 AWG und § 14a Abs. 2 AWG als unionsrechtswidrige Konkretisierungen der Einschränkungsmöglichkeit der Kapitalverkehrsfreiheit Neben der Erfüllung der Anforderungen dieses geschriebenen Rechtfertigungsgrunds durch § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG, § 15 Abs. 4 Satz 1 AWG sowie § 14a Abs. 2 Satz 1, Satz 4 und Satz 5 AWG ist der Frage nachzugehen, ob die Regelungen jeweils unionsrechtliche Konkretisierungen dieser Einschränkungsmöglichkeit für Art. 63 Abs. 1 AEUV sind. Dieser Prüfungspunkt auf Rechtfertigungsebene eines grundfreiheitlichen Eingriffs ähnelt dem Vorgehen in den Schranken-Schranken der nationalen Grundrechtsprüfung.278 Somit ist auch an dieser Stelle insbesondere relevant, ob die Tatbestandsmerkmale hinreichend bestimmt sind und ob sie die Kapitalverkehrsfreiheit verhältnismäßig beschränken. 276

Vgl. hierzu Kap. 4 § 2 C. III. 2. S. hierzu Kap. 4 § 2 C. I. Aus diesem Grund halten auch Klamert und Bucher eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit anhand des Maßstabs einer voraussichtlichen Beeinträchtigung außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter grundsätzlich für möglich (Klamert/ Bucher, EuZW 2021, 335 [341]). 278 Frenz, Europarecht, 3. Aufl. 2021, Rn. 309; Schroeder, Grundkurs Europarecht, 7. Aufl. 2021, § 14 Rn. 52 Fn. 36. 277

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1. Einwand tatbestandlicher Unbestimmtheit der gesetzesunmittelbaren Verbote, der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen Die prüfverfahrensrechtlichen Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen müssten den unionsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen standhalten. Diesen Prüfungspunkt beleuchtet der Gerichtshof der Europäischen Union279 häufig im Erforderlichkeitskriterium der Verhältnismäßigkeit eines grundfreiheitlichen Eingriffs, teilweise wird er auch als eigenständiges Rechtfertigungserfordernis angesehen.280 Unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit muss in Bezug auf die jeweils eingreifenden Vorschriften erkennbar sein, welche objektiven Umstände konkret zur Einschränkung des freien Kapitalverkehrs führen können.281 Für die Beteiligung an Unternehmen werden insoweit hohe Anforderungen an Transparenz und Vorhersehbarkeit von Beschränkungen des Art. 63 Abs. 1 AEUV gestellt.282 Eine Rechtfertigung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit, welche gem. Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV grundsätzlich in Betracht kommt, verlangt nicht nur das bloße Aufgreifen des Wortlauts dieses Rechtfertigungsgrundes. Vielmehr bedarf es einer normativen Konkretisierung der Umstände, unter denen die Schutzgüter beeinträchtigt werden sollen.283 Vor diesem Hintergrund erachtete der Gerichtshof der Europäischen Union das französische Investitionskontrollregime insoweit für zu unbestimmt, als dass dieses 279

In der Verhältnismäßigkeit EuGH, Urt. v. 14. 3. 2000 – Rs. C-54/99 Association Église de scientologie de Paris, ECLI:EU:C:2000:124 Rn. 21 f.; Urt. v. 4. 6. 2002 – Rs. C-483/99 Kommission/Frankreich, ECLI:C:2002:327 Rn. 50 und gesondert Urt. v. 22. 6. 2017 – Rs. C49/16 Unibet, ECLI:EU:C:2017:491 Rn. 46. 280 In Herrmann, ZEuS 2019, 429 (456). Zur nicht strikten Trennung der SchrankenSchranken s. auch Khan/Eisenhut, in: Vedder/Heintschel v. Heinegg, Europäisches Unionsrecht, 2. Aufl. 2018, Art. 65 AEUV Rn. 17. 281 Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 176; Ehlers, Beschränkung und Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen – unter besonderer Berücksichtigung der neueren rechtlichen Entwicklungen, in: Summersberger/Merz/Jatzke/Achatz (Hrsg.), FS Wolffgang, 2018, S. 41 (49); Bayer/Ohler, ZG 2008, 12 (27 f.); Johannsen, IR 2018, 247 (248); Schäfer/Voland, EWS 2008, 166 (171). 282 Tietje, Beschränkungen ausländischer Unternehmensbeteiligungen zum Schutz von „Staatsfonds“ – Rechtliche Grenzen eines neuen Investitionsprotektionismus, 2007, S. 5 f., https://opendata.uni-halle.de/bitstream/1981185920/73751/1/iwr_101_322.pdf (zul. aufg. am 28. 2. 2023); Hindelang/Hagemeyer, EuZW 2017, 882 (887); Sedlaczek/Züger, in: Streinz, BeckKK-EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 65 AEUV Rn. 49 m. w. N. aus der Rspr. 283 Dehne, Investitionskontrolle in Deutschland, 2022, S. 529 ff.; v. Wilmowsky, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 12 Rn. 50; Herrmann, ZEuS 2019, 429 (456). Angesichts dieser Maßstäbe hält v. Wilmowsky die frühere außenwirtschaftsrechtliche Fassung der Untersagungs- und Anordnungsermächtigung für unionsrechtswidrig; indes erfolgten seitdem Konkretisierungen bezüglich sicherheitsrelevanter Branchen und bestimmter Erwerbergruppen (vgl. schon Kap. 3 § 4 A. III. 1. zu dieser auch aus unionsrechtlicher Perspektive geäußerten Kritik).

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eine vorherige Genehmigung für jede ausländische Direktinvestition erforderte, „die geeignet ist, die öffentliche Ordnung oder Sicherheit zu gefährden“.284 In einem anderen Verfahren rügte er beispielhafte Kriterien einer Vorschrift, die bei der behördlichen Genehmigung eines Erwerbs berücksichtigt werden durften, als zu allgemein und unpräzise, um die konkreten objektiven Umstände der Genehmigungsversagung zu bestimmen.285 Für diese in der Rechtsprechung festgelegten Maßstäbe tatbestandlicher Bestimmtheit grundfreiheitsbegrenzender Regelungen spricht, dass sie den von ihnen Betroffenen Handlungsanweisungen geben. Auch wenn Art. 63 Abs. 1 AEUV lediglich nachrangig individuelle Rechte und Rechtsgüter zu sichern bezweckt,286 müssen die in den Vorschriften angelegten grundfreiheitlichen Grenzen von den Betroffenen sicher erfasst werden können, um die hieraus erwachsenden Rechte und Pflichten abzusehen und so eine bestmögliche Gewährleistung des grundfreiheitlichen Schutzes zu erreichen. Im Lichte dieser unionsrechtlichen Anforderungen ist das in den prüfverfahrensrechtlichen Vorschriften genannte Tatbestandsmerkmal „besonders“ zu unbestimmt. So können die Kapitalverkehrsteilnehmer nicht sicher absehen, unter welchen Voraussetzungen eine Fristverlängerung gem. § 14a Abs. 4 Satz 2 AWG konkret zu einer längeren Geltung der Vollzugs- sowie der Handlungsverbote führt und wie lange auf Grundlage des § 14a Abs. 2 Satz 5 AWG ein Verwaltungsakt erlassen werden kann.287 Aufgrund dessen führt auch die Unsicherheit in Bezug auf die von § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 AWG erfassten Informationen zu einem Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit.288 Schließlich kann speziell im Medienbereich auch nicht die in § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV angelegte Aktualität und Breitenwirkung des jeweiligen Unternehmens transparent und sicher erkannt werden. Für die Betroffenen stellt sich die Frage, ob das Vollzugsverbot Anwendung findet, ob die Handlungen verboten sind und ob die einzelnen Regelungen in § 14a Abs. 2 AWG bereits bei dem Erwerb einer zehnprozentigen Beteiligung greifen.289 In diesem Zusammenhang sind die mit der Drittstaatenkonstellation verbundenen milderen Rechtfertigungsanforderungen eines Grundfreiheitseingriffs, die sich auch auf die tatbestandliche Bestimmtheit beziehen, von Bedeutung.290 Auch wenn dieser Wertübertragungsvorgang also prinzipiell weniger schützenswert ist und er schärfere Einschränkungen erfahren darf, ist dem Gesetzgeber hier die vorhersehbare Ausgestaltung der jeweiligen Tatbestandsmerkmale zumutbar. Anhand dieser Ausge284

EuGH, Urt. v. 4. 6. 2002 – Rs. C-483/99 Kommission/Frankreich, ECLI:C:2002:327 Rn. 50. Vgl. hierzu auch Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit, 2006, S. 384 f.; Herrmann, ZEuS 2019, 429 (456). 285 EuGH, Urt. v. 8. 12. 2012 – Rs. C-244/11 Kommission/Griechenland, ECLI:EU:C:2012:694 Rn. 74 ff. Vgl. hierzu auch Herrmann, ZEuS 2019, 429 (456 f.). 286 Kap. 4 § 1. 287 Vgl. bereits Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) bb), Kap. 3 § 3 A. III. 3. a) und Kap. 3 § 3 A. III. 4. 288 Vgl. bereits Kap. 3 § 3 A. III. 3. a). 289 Vgl. bereits Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) cc). 290 Kap. 4 § 2 C. I.

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staltung können die Kapitalverkehrsteilnehmer die jeweiligen Beschränkungen in gewissem Umfang rechtssicher bestimmen. Insoweit könnten etwa geringere Anforderungen an eine legislative Konkretisierung der die Umstände einer besonderen Berücksichtigung i. S. v. § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 AWG bestimmenden Faktoren zu stellen sein, sodass für deren Rechtfertigung beispielsweise schon weniger Regelbeispiele als in einem Binnensachverhalt genügen könnten. Dagegen überzeugt es nicht, die intransparenten Formulierungen allein aufgrund der hier fehlenden Binnensituation als bestimmt anzusehen; jenes Verständnis stünde im Widerspruch zur grundsätzlichen Entscheidung für eine Geltung der Kapitalverkehrsfreiheit auch in Drittstaatenkonstellationen. 2. Unverhältnismäßigkeit der gesetzesunmittelbaren Verbote, Verhältnismäßigkeit der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen Die prüfverfahrensrechtlichen Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen könnten weiterhin keine unionsrechtlichen Konkretisierungen des in Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV genannten Rechtfertigungsgrundes sein, wenn sie ihrerseits nicht verhältnismäßig sind.291 Das Verhältnismäßigkeitserfordernis wurzelt im Wortlaut „gerechtfertigt“ in Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV und dient als Korrektiv zur weiten Fassung des geschriebenen Rechtfertigungsgrundes.292 Die mit dem sektorübergreifenden Verfahren verbundenen Regelungen lassen sich als verhältnismäßig qualifizieren, wenn sie zur Erreichung legitimer Zwecke geeignet und erforderlich sind. Einer besonderen Verdeutlichung des Erforderlichkeitsgrundsatzes dient auch der Begriff „unerlässlich“ in Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV.293 Wenngleich die Angemessenheit der Maßnahme anders als im nationalen Recht regelmäßig nicht gesondert untersucht wird, fließt ihre Prüfung in die Erforderlichkeit ein.294 291 S. etwa EuGH, Urt. v. 26. 5. 2016 – Rs. C-244/15 Kommission/Griechenland, ECLI:EU:C:2016:359 Rn. 35 m. w. N. aus der Rspr.; Schroeder, Grundkurs Europarecht, 7. Aufl. 2021, § 14 Rn. 52 ff.; Nettesheim, in: Oppermann/Classen/Nettesheim (Hrsg.), Europarecht, 9. Aufl. 2021, § 30 Rn. 18. 292 Streinz, Europarecht, 11. Aufl. 2019, Rn. 866, 877; Ehlers, in: ders. (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 7 Rn. 129; Wojcik, in: v. der Groeben/ Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 65 AEUV Rn. 20 m. w. N. Vgl. zur Verhältnismäßigkeitsprüfung im Rahmen der Rechtfertigung kapitalverkehrsfreiheitlicher Eingriffe im Allgemeinen auch Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 1115. 293 Glaesner, in: Schwarze/Becker/Hatje/Schoo, EU-Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 65 AEUV Rn. 10; Sedlaczek/Züger, in: Streinz, BeckKK-EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 63 AEUV Rn. 37; Ukrow/Ress, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 65 AEUV (Stand 2021) Rn. 100; Wojcik, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 65 AEUV Rn. 32. 294 EuGH, Urt. v. 19. 11. 2009 – Rs. C-540/07 Kommission/Italien, ECLI:EU:C:2009:717 Rn. 20; Streinz, Europarecht, 11. Aufl. 2019, Rn. 877; Urt. v. 17. 3. 2005 – Rs. C-109/04

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Auf erster Stufe der Verhältnismäßigkeitsprüfung gilt als legitimes Ziel insbesondere die Gewährleistung der in den grundfreiheitlichen Rechtfertigungsgründen genannten Güter.295 Die Prüfverfahrensvorschriften dienen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit i. S. v. Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV,296 sodass mit ihnen legitime Ziele verfolgt werden. Daneben wird auch auf unionsrechtlicher Ebene für das Kriterium der Eignung zumindest eine Zweckförderung verlangt; insofern wird den Mitgliedstaaten bei der Einschränkung von Grundfreiheiten ein Prognose- und Beurteilungsspielraum zugebilligt, die Maßnahmen müssten aber auch im Rahmen des Art. 63 Abs. 1 AEUV einen systematischen und kohärenten Beitrag zur Zielverwirklichung leisten.297 § 15 Abs. 3 Satz 1, § 15 Abs. 4 Satz 1 und § 14a Abs. 2 Satz 1, Satz 4 und Satz 5 AWG sind zweckförderlich298 und mithin geeignet.299 Die Prüfverfahrensregelungen wären auch erforderlich, wenn sie nicht über das für die Zielerreichung Notwendige hinausgehen.300 In Bezug auf die Ineffektivität der gegenüber den Vorschriften milderen Mittel wird auf die verfassungsrechtlichen Untersuchungen301 verwiesen.302 Kranemann, ECLI:EU:C:2005:187 Rn. 32 ff.; Ehlers, in: ders. (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 7 Rn. 130, 132; Brigola, EuZW 2017, 406 (406); Sedlaczek/Züger, in: Streinz, BeckKK-EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 65 AEUV Rn. 45 f., 49. Korte hingegen meint, die Angemessenheit würde in der unionsrechtlichen Judikatur nur selten thematisiert (Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 63 AEUV Rn. 71). 295 EuGH, Urt. v. 17. 3. 2005 – Rs. C-109/04 Kranemann, ECLI:EU:C:2005:187 Rn. 32 ff.; Fastenrath/Groh, Europarecht, 4. Aufl. 2016, Rn. 156; Ehlers, in: ders. (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 7 Rn. 130; Brigola, EuZW 2017, 406 (406); Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 36 AEUV Rn. 92; Sedlaczek/Züger, in: Streinz, BeckKK-EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 65 AEUV Rn. 46, 48. 296 Kap. 4 § 2 C. II. 1. 297 EuGH, Urt. v. 23. 11. 1999 – verb. Rs. C-369/96 und C-376/96 Arblade, ECLI:EU:C: 1999:575 Rn. 35; Urt. v. 17. 3. 2005 – Rs. C-109/04 Kranemann, ECLI:EU:C:2005:187 Rn. 32 ff.; Urt. v. 26. 5. 2016 – Rs. C-244/15 Kommission/Griechenland, ECLI:EU:C:2016: 359 Rn. 35; Fastenrath/Groh, Europarecht, 4. Aufl. 2016, Rn. 159; Ehlers, in: ders. (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 7 Rn. 130; Brigola, EuZW 2017, 406 (406); Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 63 AEUV Rn. 72. 298 Da sich dieses Begriffsverständnis der Eignung mit der nationalen Herangehensweise im Verfassungsrecht deckt, wird auf die Ausführungen in Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) bb), Kap. 3 § 3 A. III. 3. b) und Kap. 3 § 3 A. III. 4. verwiesen. 299 Anderer Ansicht ist Dehne, Investitionskontrolle in Deutschland, 2022, S. 501 ff., 611 f. betreffend die gesamte sektorübergreifende Investitionsprüfung bei mittelbaren Erwerben (vgl. Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) bb) und cc) (5)). Diese sind jedoch nicht Gegenstand der verfassungs- und unionsrechtlichen Untersuchungen der vorliegen Arbeit (vgl. zum Untersuchungsgegenstand jeweils einleitend zu Kap. 3 und 4). 300 Vgl. statt vieler für die Rspr. EuGH, Urt. v. 26. 5. 2016 – Rs. C-244/15 Kommission/ Griechenland, ECLI:EU:C:2016:359 Rn. 35 und für die Lit. Fastenrath/Groh, Europarecht, 4. Aufl. 2016, Rn. 159 jew. m. w. N. 301 Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) cc), Kap. 3 § 3 A. III. 3. b) und Kap. 3 § 3 A. III. 4.

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Kap. 4: Vereinbarkeit mit dem europäischen Unionsrecht

Mit Blick auf das Verhältnis der von den prüfverfahrensrechtlichen Regelungen ausgehenden Grundfreiheitsbeschränkungen und dem verfolgten Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, konkret etwa der Versorgungssicherheit, der inneren und äußeren Sicherheit oder auch im speziellen Medienbereich der Pressefreiheit, freien Berichterstattung und Medienpluralität, soll gewichtigen Interessen der Allgemeinheit zu ihrer Wirksamkeit verholfen werden.303 Dem steht die Freiheit des Kapitalverkehrs gegenüber, der als primärrechtliche Grundsatzentscheidung der Europäischen Union ebenfalls große Bedeutung zukommt; ihr Schutzumfang wird indes durch den vorliegenden Drittstaatenkontext vermindert.304 Zur Bestimmung eines angemessenen Verhältnisses der sich gegenüberstehenden Positionen ist ferner die grundfreiheitliche Eingriffsintensität der jeweiligen Vorschriften beachtlich, die die sektorübergreifende Verfahrensdurchführung begleiten. Die Intensität der einzelnen Kapitalverkehrsfreiheitsbeschränkungen entbehrt der Möglichkeit eines Vergleichs mit Eingriffen in nationalverfassungsrechtlich gewährleistete Grundrechtspositionen. Einer Argumentationslinie in der Literatur305 zufolge berühren letztere Grundrechtseingriffe lediglich die Rechtspositionen des Ziel- bzw. des Anteilseignerunternehmens, wohingegen auf Unionsebene auch das Erwerbsunternehmen vom Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit erfasst werde. Aus dieser Überlegung wird ein gegenüber einem Eingriff in nationale Grundrechte intensiverer Eingriff der Prüfverfahrensvorschriften in den Schutzbereich des Art. 63 Abs. 1 AEUV gefolgert. Jedoch ließe diese Herangehensweise den substanziellen Unterschied beider Mechanismen unberücksichtigt: Während bei den Grundrechten bereits die persönliche Schutzbereichsbetroffenheit eines Grundrechtsträgers zur Eröffnung des Anwendungsbereichs führt, ist die unionsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit erst betroffen, wenn eine Wertübertragung zwischen zwei von ihr in persönlicher Hinsicht geschützten Kapitalverkehrsteilnehmer vorliegt. Wäre das Erwerbsunternehmen nicht persönlich von Art. 63 Abs. 1 AEUV geschützt, dann fände die Kapitalverkehrsfreiheit keine Anwendung. Dagegen ist die grundrechtliche Eingriffsintensität einer Maßnahme unabhängig von der Frage zu beleuchten, ob sich andere Beteiligte ebenfalls auf diesen Schutz berufen können. Aus der Schutzbereichserfassung (auch) des drittstaatlichen Investors mag sich demnach ein weitreichenderer, nicht aber zwangsläufig ein intensiverer Grundfreiheitseingriff ergeben. 302 Vgl. zur Erforderlichkeitsprüfung in Bezug auf mildere und ebenso geeignete Mittel etwa EuGH, Urt. v. 21. 12. 2011 – Rs. C-28/09 Kommission/Österreich, ECLI:EU:C:2011:854 Rn. 139 ff.; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 881, Rn. 48 ff.; Urt. v. 26. 5. 2016 – Rs. C-244/15 Kommission/Griechenland, ECLI:EU:C:2016:359 Rn. 35; Ehlers, in: ders. (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 7 Rn. 130, 133; Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 63 AEUV Rn. 72. 303 Vgl. zur abstrakten Bewertung dieser Schutzgüter bereits ausf. im Rahmen der verfassungsrechtlichen Untersuchungen Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (1). 304 Kap. 4 § 2 C. I. 305 Geiger, Beschränkungen von Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 243.

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Die mit dem Investitionsprüfverfahren verbundenen Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen wirken auf den kapitalverkehrsfreiheitlichen Schutzbereich unterschiedlich schwer. Das Prüfverfahren kann sich auf eine beachtliche Dauer erstrecken. In diesem gesamten Zeitraum gilt das Vollzugsverbot, womit die Wertübertragung als dingliches Rechtsgeschäft im Hinblick auf die konkrete Transaktion unterbunden wird. Zeitgleich greifen auch die Verbote von Handlungen, die eine entsprechende Wertübertragung zumindest teilweise im Gegenzug gestatten könnten. Da die Handlungen aber nicht konkret an die Wertübertragung anknüpfen und diese umfassend ermöglichen könnten, ist eine gegenüber § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG weniger schwerwiegende Begrenzung des von Art. 63 Abs. 1 AEUV gewährleisteten Schutzes zu erkennen. Wenngleich die Strafbewehrung der Handlungsverbote306 Auswirkungen auf das Verhalten der Marktteilnehmer impliziert, kann mit ihr angesichts des nicht-individuellen Charakters der Grundfreiheiten307 keine dem Vollzugsverbot vergleichbare Wirkung in den Regelungen des § 15 Abs. 4 Satz 1 AWG gesehen werden. Die einzelnen Verbote wirken ihrerseits ähnlich schwer auf die Kapitalverkehrsfreiheit, da unbegrenzte Stimmrechtsausübungen (Nr. 1) bzw. unbegrenzte unternehmensbezogene Informationen (Nr. 3) betroffen sind. Zwar gilt das Verbot in Nr. 4 lediglich bei entsprechender Anordnung, die Informationen gehen dem Wortlaut nach allerdings über die von Nr. 3 betroffenen hinaus. Hingegen gelten die in § 14a Abs. 2 AWG normierten Vorschriften jeweils für einen gegenüber den Verboten kürzeren Zeitraum und wirken gegenüber den Handlungsverboten wiederum milder. Untereinander wirken die Kapitalverkehrsbeschränkungen des § 14a Abs. 2 AWG vergleichbar intensiv. Gem. § 14a Abs. 2 Satz 1 AWG sieht sich der Investor einer Einreichungspflicht ausgesetzt, welche sich allerdings auf bestimmte Informationen der Wertübertragung beschränkt.308 Zudem erlauben die Ermächtigungen in § 14a Abs. 2 Satz 4 und Satz 5 AWG eine Auferlegung von Handlungspflichten gegenüber den Kapitalverkehrsteilnehmern. Insofern werden im Vergleich zu § 14a Abs. 2 Satz 1 AWG regelmäßig sensiblere Informationen des grundfreiheitlich geschützten Vorgangs betroffen sein, dies jedoch nur, wenn dahingehend tatsächlich eine individuelle behördliche Entscheidung ergangen ist. Auch werden die von Satz 5 betroffenen Informationen gegenüber denjenigen in Satz 4 noch sensibler sein, obgleich sie von allen Kapitalverkehrsbeteiligten lediglich „nachträglich im Einzelfall“ angefordert werden können. Unter Berücksichtigung der abstrakten Bedeutung betroffener Rechtsgüter und der abweichenden Intensität eines Eingriffs in den von Art. 63 Abs. 1 AEUV eröffneten Schutzbereich durch die untersuchten Regelungen wird eine konkrete

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Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) bb) und ee). Kap. 4 § 1 einleitend. 308 Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) dd).

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Abwägung vorgenommen.309 Hierbei rücken Aspekte ins Blickfeld, die schon in der verfassungsrechtlichen Angemessenheitsprüfung einzelner Grundrechtseingriffe Bedeutung fanden. Gelten diese Erwägungen bereits für das Vollzugsverbot, sind sie erst recht für die jeweils milderen übrigen Prüfvorschriften anzunehmen. Konkret folgt eine Unverhältnismäßigkeit zunächst nicht aus der Anwendbarkeit des § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG ab dem Erwerb einer zehnprozentigen Beteiligung an einem Unternehmen der in § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 AWVaufgeführten Branchen. Weil mit dieser vergleichsweise geringen Beteiligung ebenfalls eine Einflussnahme des Investors – auch auf ein Medienunternehmen – einhergehen kann,310 wird die Sicherung der Schutzgüter allein mit der sektorübergreifenden Anwendungsbereichseröffnung ab einem Erwerb dieser Beteiligungsschwelle zielsicher gewährleistet.311 Der Mangel einer Verhältnismäßigkeitsanweisung hinsichtlich der Prüfverfahrenslänge zur Berücksichtigung der Beteiligungsschwelle begründet mit Blick auf die Regelungen in § 4 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 AWG ebenfalls kein unangemessenes Verhältnis der verfolgten Ziele zu den betroffenen Rechtspositionen.312 Mit diesen allgemein formulierten Vorschriften wird hinreichend gewährleistet, dass die Kapitalverkehrsfreiheit nicht länger und damit schwerer als zur Zielerreichung notwendig beschränkt wird. Eine nähere gesetzliche Konkretisierung erschiene zwar wünschenswert, ihr Fehlen führt angesichts der bedeutsamen Schutzgüter und der notwendigen Einzelfallentscheidung jedoch nicht zur Ablehnung einer unionsrechtlichen Erforderlichkeit. Schließlich resultiert aus dem potenziell nachteiligen Einfluss des Vollzugsverbots auf das erwerbsunternehmerische Verhalten keine unverhältnismäßige Begrenzung der Kapitalverkehrsfreiheit.313 Zunächst ist es be309 Dehne qualifiziert die gesamten im Jahre 2018 und auch noch zu Beginn des Jahres 2021 geltenden sektorübergreifenden Prüfvorschriften als unverhältnismäßigen Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit (Dehne, Investitionskontrolle in Deutschland, 2022, S. 514 ff., 611 f.). Er stützt diese Einschätzung auf die lediglich regelbeispielhafte Aufzählung sicherheitsrelevanter Zielunternehmen in § 55a Abs. 1 AWV, die die Investitionsprüfung nicht auf Transaktionen unter Beteiligung dieser beschränkt. Bedenkt man jedoch die hohe Bedeutung der außenwirtschaftsrechtlichen Schutzgüter, erscheint es jedenfalls nicht unangemessen, eine Investitionsprüfung auch bei dem Erwerb abstrakt weniger sicherheitsrelevanter Unternehmen zu erlauben, zumal diese lediglich mildere Maßnahmen erlaubt (vgl. etwa die höhere Prüfschwelle beim Erwerb einer Beteiligung, Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc)). 310 Insbesondere liegt auch kein geringeres Beeinträchtigungspotenzial medienrechtlicher Schutzgüter vor, vgl. Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (a). 311 So zur kapitalverkehrsfreiheitlichen Verhältnismäßigkeit der allgemeinen Geltung einer zehnprozentigen Schwelle im sektorübergreifenden Prüfverfahren für bestimmte Katalogunternehmen im Ergebnis auch Schuelken, Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen, 2021, S. 88 f. 312 S. hierzu bereits im Rahmen der verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung des Eingriffs in Art. 14 Abs. 1 GG durch das Vollzugsverbot Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (b). 313 S. hierzu bereits im Rahmen der verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung des Eingriffs in Art. 14 Abs. 1 GG durch das Vollzugsverbot Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (c) sowie konkret für eine grundfreiheitsbeeinträchtigende Wirkung schon Kap. 4 § 2 B.

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reits ein Kriterium für das Vorliegen eines grundfreiheitlichen Eingriffs selbst, dass sich die Maßnahme auf das Verhalten der Marktteilnehmer auswirken kann.314 Da dieser Einfluss also jedem Eingriff innewohnt, kann er nicht per se ein unangemessenes Verhältnis begründen. Hinzu kommt, dass diese mögliche Folge im Lichte des gebotenen effektiven Schutzes gewichtiger Unionsrechtsgüter unausweichlich ist. Weiterhin folgt aus der Strafbewehrung der Handlungsverbote keine unverhältnismäßige Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit,315 wofür neben einer effektiven Abschreckungswirkung auch der Gedanke spricht, dass die Grundfreiheiten lediglich als Regelungsreflex subjektive Rechte des Einzelnen schützen.316 Schließlich steht auch nicht der Umfang der von § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 AWG erfassten unternehmensbezogenen Informationen der Erforderlichkeit der grundfreiheitlichen Beschränkung entgegen, da dem Erwerbsunternehmen nur durch dessen Weite all diejenigen Informationen unbekannt bleiben, die die Effektivität einer möglicherweise später ausgesprochenen Untersagung oder Anordnung infrage stellen.317 Anders verhält es sich hingegen bei den Verboten hinsichtlich des Fehlens einer gesetzlichen Befreiungsmöglichkeit.318 Der Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit erfordert ebenso wie ein solcher in die nationalen Grundrechte die Möglichkeit, besonderen Härtefallkonstellationen wie einer drohenden Insolvenz des Zielunternehmens Rechnung zu tragen. Angesichts der den Verboten innewohnenden erheblichen Eingriffsintensität erscheint es trotz der den Handlungsverboten gegenüber der Regelung in § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG milderen Wirkung notwendig, der Exekutive eine individuelle Entscheidungsmöglichkeit im Hinblick auf eine mögliche Befreiung von den Vollzugsbeschränkungen zu eröffnen. Sprach das Vorliegen einer Drittstaatenkonstellation im Rahmen der obigen Aspekte erst recht für die Verhältnismäßigkeit der Vorschriften, könnten die hier geltenden milderen Rechtfertigungsanforderungen319 an einen kapitalverkehrsfreiheitlichen Eingriff gegen die Unverhältnismäßigkeit der Verbote aus Gründen einer fehlenden Befreiungsmöglichkeit anzuführen sein. Wiederum sind die Gründe für die Herabsetzung der Rechtfertigungsanforderungen in einem Drittstaatensachver314 Kap. 4 § 1 B. II. Vgl. auch für das Vorliegen dieses Merkmals in Bezug auf die gesetzesunmittelbaren Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen Kap. 4 § 2 B. 315 Vgl. hierzu im Rahmen der verfassungsrechtlichen Untersuchungen einer Vereinbarkeit der Handlungsverbote mit Art. 14 Abs. 1 GG Kap. 3 § 3 A. III. 3. b). 316 Kap. 4 § 1. Zur Strafbewehrung s. auch schon Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) bb) und ee). 317 Vgl. hierzu im Rahmen der verfassungsrechtlichen Untersuchungen einer Vereinbarkeit der Handlungsverbote mit Art. 14 Abs. 1 GG Kap. 3 § 3 A. III. 3. b). 318 Vgl. hierzu im Rahmen der verfassungsrechtlichen Untersuchungen einer Vereinbarkeit der Verbote mit Art. 14 Abs. 1 GG Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (d) und Kap. 3 § 3 A. III. 3. b). 319 Kap. 4 § 2 C. I.

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Kap. 4: Vereinbarkeit mit dem europäischen Unionsrecht

halt zu berücksichtigen: Bei einer Transaktion mit einem Unionsfremden fehlt es an dem in der Europäischen Union angelegten, durch einen gemeinsamen Rechtsrahmen und die Wirtschafts- und Währungsunion verwirklichten Vertrauensverhältnis. Vor diesem Hintergrund überzeugt es nicht, infolge des fehlenden Vertrauensverhältnisses grundsätzlich die Gelegenheit zu individueller Abwägung zu verwehren: Die besondere Drittstaatensituation könnte auch im Rahmen einer gesetzlichen Befreiungsoption bedacht werden, denn die staatlichen Stellen wären auch bei Etablierung einer solchen keinesfalls zu einer Entscheidung auf Grundlage dieses Tatbestandes gezwungen. Vielmehr könnte das einer Drittstaatenkonstellation immanente mangelnde Vertrauensverhältnis zulasten der Befreiungsgewährung konkret in die Einzelfallentscheidung einfließen. Beschränken folglich also sowohl das Vollzugsverbot als auch die Handlungsverbote den von Art. 63 Abs. 1 AEUV gewährleisteten Schutzbereich unverhältnismäßig, führte auch die verstärkende Wirkung von Unionsgrundrechten zu keinem anderen Resultat. Anderes könnte allerdings für die in § 14a Abs. 2 AWG normierte Einreichungspflicht sowie für die Verwaltungsakt-Ermächtigungen gelten. Obgleich die individuellen Gewährleistungen im sektorübergreifenden Bereich unter Berücksichtigung ihres Verhältnisses zu nationalen Grundrechten prinzipiell nicht anzuwenden sind,320 könnten sie auf Ebene der Schranken-Schranken in der Grundfreiheitenprüfung Beachtung finden. Dieses auf den ersten Blick womöglich inkonsequent wirkende Resultat ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass an dieser Stelle auch in der Beschränkung von Grundfreiheiten eine Durchführung von Unionsrecht i. S. v. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GRCh erblickt wird.321 Mithin ist der Anknüpfungspunkt ein anderer, es geht um die allein vom Gerichtshof der Europäischen Union zu überprüfende Zulässigkeit einer Einschränkung der im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union verankerten Gewährleistungen. Diese – freilich nicht unumstrittene –322 verschachtelte Prüfung der Unionsgrundrechte wird im Wesentlichen von der Annahme getragen, dass die Rechtferti320

Kap. 4 § 1 A. II. 2. S. nur EuGH, Urt. v. 30. 4. 2014 Rs. C-390/12 Pfleger, ECLI:EU:C:2014:281 Rn. 36. 322 Zu einer ausf. Auseinandersetzung mit dem Streitstand s. Wollenschläger, EuZW 2014, 577 (577 ff.) und auch schon Ranacher, ZÖR 2003, 21 (52 ff.) jew. m. w. N. aus der Lit. Ablehnend gegenüber dieser Herangehensweise etwa Kingreen, der eine Indifferenz der Reichweite von Unionsgrundrechten bemerkt, welche ihre zu weit ausufernde Anwendung impliziere; vielmehr müssten die funktionalen Unterschiede von Unionsgrundrechten und Grundfreiheiten stärker profiliert werden (Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 51 GRCh Rn. 22; ders., in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 36 AEUV Rn. 102). Vgl. jedoch Borowski, der die Frage einer gegenläufigen Prüfung, also etwa der Beschränkung von Grundfreiheiten durch Unionsgrundrechte, als „grundsätzlich geklärt“ ansieht, hingegen sei die Frage eines gleichläufigen Verhältnisses schwieriger zu beantworten (Borowski, Zur Verschränkung von Grundfreiheiten und Grundrechten. Der „einheitliche Kontrollmaßstab“ von Generalanwalt Manuel Campos Sánchez-Bordona, in: Paal/Poelzig/Fehrenbacher (Hrsg.), FS Ebke, 2021, S. 123 [123 ff.] m. w. N.). 321

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gung einer mitgliedstaatlichen Maßnahme, die geeignet ist, die Ausübung von Grundfreiheiten zu behindern, im Lichte der allgemeinen Rechtsgrundsätze und insbesondere im Lichte der Grundrechte auszulegen sei.323 Ungeachtet der Frage, ob die Heranziehung individueller Unionsgrundrechte im Rahmen der möglichen Rechtfertigung grundfreiheitlicher Eingriffe tatsächlich vorzugswürdig ist, führte sie an dieser Stelle jedenfalls zu keinem anderen Ergebnis: Während die Verbote bereits ohne eine entsprechende Verstärkungswirkung in Ermangelung einer tatbestandlichen Befreiungsoption unverhältnismäßig in die Kapitalverkehrsfreiheit eingreifen, begründete die Beachtung der Unionsgrundrechte des hier lediglich betroffenen Zielund des Anteilseignerunternehmens324 ebenfalls nicht die Unverhältnismäßigkeit der Einreichungspflicht und der Verwaltungsakt-Ermächtigungen. Unter der Prämisse eines mindestens ebenso hohen Schutzniveaus der nationalen Grundrechte, auf dessen Basis in der oben untersuchten Meldepflicht eine Prüfung der Unionsgrundrechte abgelehnt worden ist, und dem Gesichtspunkt, dass die einzelnen Regelungen in § 14a Abs. 2 AWG die verfassungsrechtlichen Gewährleistungen nicht in unverhältnismäßiger Art und Weise beschränken,325 muss dieses Resultat auch für die jeweils einschlägigen Unionsgrundrechte gelten. Wird in die Chartagrundrechte also in verhältnismäßiger Art und Weise eingegriffen, dann kann ihre Heranziehung keine verstärkende Wirkung in der Weise begründen, dass die Kapitalverkehrsfreiheit unverhältnismäßig beschränkt würde. Die Anwendung der Unionsgrundrechte auf dieser Ebene dient gerade zur Gewährleistung der Einheitlichkeit des Unionsrechts, weshalb eine unionsgrundrechtswidrige Maßnahme keinen zulässigen Grundfreiheitseingriff darstellen können soll. Ein verhältnismäßiger Unionsgrundrechtseingriff vermag es nach dem Telos einer Berücksichtigung der Chartagrundrechte in den Schranken-Schranken indes umgekehrt nicht, die Unverhältnismäßigkeit eines Grundfreiheitseingriffs zu begründen.

323 EuGH, Urt. v. 18. 6. 1991 – Rs. C-260/89 ERT, ECLI:EU:C:1991:254 Rn. 43, seitdem stRspr., vgl. etwa Urt. v. 8. 4. 1992 – Rs. C-62/90 Kommission/Deutschland, ECLI:EU:C: 1992:169 Rn. 23; Urt. v. 26. 6. 1997 Rs. C-368/95 Familiapress, ECLI:EU:C:1997:325 Rn. 24 ff.; Urt. v. 11. 7. 2002 Rs. C-60/00 Carpenter, ECLI:EU:C:2002:434 Rn. 40 ff.; Urt. v. 12. 6. 2003 – Rs. C-112/00 Schmidberger, ECLI:EU:C:2003:333 Rn. 74 f.; Urt. v. 30. 4. 2014 Rs. C-390/12 Pfleger, ECLI:EU:C:2014:281 Rn. 57 ff. Eine ausf. Aufarbeitung der judikativen Entwicklung einer Grundrechtsbindung bei der Einschränkung von Grundfreiheiten findet sich bei Ranacher, ZÖR 2003, 21 (44 ff.). Ausdrücklich zur grundfreiheitsverstärkenden Wirkung der Unionsgrundrechte auf Ebene der Schranken-Schranken EuGH, Urt. v. 26. 6. 1997 Rs. C-368/95 Familiapress, ECLI:EU:C:1997:325 Rn. 27. Vgl. auch Haratsch/Koenig/ Pechstein, Europarecht, 12. Aufl. 2020, Rn. 880; Ehlers, in: ders. (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 7 Rn. 14, 123, § 14 Rn. 75. Vgl. auch Wollenschläger, EuZW 2014, 577 (577 ff.); Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 36 AEUV Rn. 101. 324 Vgl. hierzu bereits Kap. 4 § 1 A. II. 2. 325 Vgl. hierzu bereits Kap. 4 § 1 A. II.

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Kap. 4: Vereinbarkeit mit dem europäischen Unionsrecht

§ 3 Unionsrechtsverletzung durch die Untersagungsund die Anordnungsermächtigung (§ 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV) Neben einer Unionsrechtsverletzung durch die mit der Durchführung des sektorübergreifenden Prüfverfahrens verbundenen Regelungen erscheint weiterhin ein Verstoß der in § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV normierten Untersagungs- und der Anordnungsermächtigung gegen die Kapitalverkehrsfreiheit möglich. Bedeutsam ist insofern besonders die Verhältnismäßigkeit der Vorschriften, welcher der niedrige Prüfmaßstab einer voraussichtlichen Beeinträchtigung außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter entgegenstehen könnte; beachtlich sind allerdings auch die im Drittstaatenbereich anzulegenden milderen Rechtfertigungsmaßstäbe eines Eingriffs in den von Art. 63 Abs. 1 AEUV eröffneten Schutzbereich.

A. Schutzbereichsbetroffenheit der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 Abs. 1 AEUV) Für einen dem sektorübergreifenden Prüfverfahren unterfallenden unmittelbaren (anteiligen) Erwerb eines Zielunternehmens gem. § 55a Abs. 1 AWV selbst durch einen unionsfremden Investor oder über ein drittes Anteilseignerunternehmen ist der kapitalverkehrsfreiheitliche Schutzbereich grundsätzlich eröffnet.326 Indem die Regelungen in § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV dazu ermächtigen, eine konkrete Wertübertragung gänzlich zu untersagen oder ihn an bestimmte anordnungsbezogene Einschränkungen zu knüpfen, ist die Gewährleistung des Art. 63 Abs. 1 AEUV in sachlicher Hinsicht zumindest tangiert.

B. Die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung als Eingriffe in die Kapitalverkehrsfreiheit Die außenwirtschaftsrechtliche Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung verletzten Art. 63 Abs. 1 AEUV nicht, wären sie nicht als grundfreiheitlicher Eingriff zu qualifizieren. Indem § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV lediglich für Transaktionen unter Beteiligung eines unionsfremden Investors Anwendung finden, wird im Sinne einer offenen Diskriminierung ausdrücklich auf das Kriterium der Staatsangehörigkeit des Erwerbsunternehmens abgestellt.327 Wie auch die mit der Prüfverfahrensdurchführung verbundenen Verbote, die Einreichungspflicht und die Verwaltungsakt-Ermächtigungen sind die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung zur Beeinträchtigung der Kapitalverkehrsfreiheit geeignet, weil die 326 327

Kap. 4 § 1 B. I. Kap. 4 § 2 B.

§ 3 Unionsrechtsverletzung durch Untersagungs- und Anordnungsermächtigung

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Wertübertragung in der konkreten Situation zu unterbinden bzw. Bedingungen zu unterwerfen erlaubt wird. Weiterhin können sich die gesetzlichen Vorschriften auch auf das Verhalten der Marktteilnehmer auswirken,328 indem diese im Lichte der bestehenden Möglichkeit eines Verbots der Transaktion oder des Erlasses einer Anordnung vom weniger attraktiven Erwerb Abstand nehmen oder bereits im Vorgriff auf den Vertragsschluss eine Transaktion erwägen könnten, auf die diese verfahrensabschließenden Optionen keine Anwendung finden.329 Schlussfolgernd handelt es sich bei den Ermächtigungen um kapitalverkehrsfreiheitliche Eingriffe.

C. Unmöglichkeit einer unionsrechtlichen Rechtfertigung der Untersagungs- und der Anordnungsermächtigung Eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit käme nur dann in Betracht, wenn die von den Ermächtigungen ausgehenden Eingriffe nicht gerechtfertigt wären. Auf Schrankenebene wird mit § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV im Bereich der in § 55a Abs. 1 AWV aufgeführten Zielunternehmen zunächst die Sicherung gesellschaftlicher Grundinteressen i. S. v. Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV bezweckt.330 Insbesondere können auch die Ermächtigungen zu einer Untersagung oder zum Erlass einer Anordnung auf Grundlage des Prüfmaßstabs einer voraussichtlichen Beeinträchtigung dieser Güter den Anforderungen des geschriebenen Rechtfertigungsgrundes prinzipiell genügen.331 Weiterhin müsste der jeweilige kapitalverkehrsfreiheitliche Eingriff durch § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV eine unionsrechtliche Konkretisierung dieser Einschränkungsmöglichkeit darstellen. Hier steht zuerst das Bestimmtheitsgebot in Rede, das auch bei der Beschränkung von Grundfreiheiten beachtet werden muss. Speziell im Medienbereich können die Kapitalverkehrsteilnehmer nicht erkennen, unter welchen Umständen eine besondere Aktualität und Breitenwirkung eines Medienunternehmens gem. § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV anzunehmen ist.332 Mithin verstoßen die in § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV normierten Ermächtigungen in diesem besonderen Bereich gegen die Kapitalverkehrsfreiheit.333 328

Vgl. zu diesen Voraussetzungen eines Grundfreiheitseingriffs Kap. 4 § 1 B. II. So ebenfalls Geiger, Direktinvestitionen aus Drittstaaten, 2013, S. 189. Vgl. auch bereits die Verweise in Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (c), welche sich ungeachtet ihrer auch für das dort untersuchte Vollzugsverbot anzubringenden Argumentation teilweise auf die verfahrensabschließenden Entscheidungen bezogen. 330 Zur Argumentation s. schon Kap. 4 § 2 C. II. 1. 331 Kap. 4 § 2 C. II. 2. 332 S. zur rechtlichen Unbestimmtheit dieses Merkmals im Rahmen der prüfverfahrensrechtlichen Vorschriften, welche die Kapitalverkehrsfreiheit jedenfalls nicht weniger intensiv beschränken, trotz des Vorliegens eines Drittstaatensachverhalts bereits Kap. 4 § 2 C. III. 1. 333 Unter Bestimmtheitsgesichtspunkten erwog unter anderem v. Wilmowsky eine Unionsrechtswidrigkeit der früheren außenwirtschaftsrechtlichen Fassung der Untersagungs- und 329

384

Kap. 4: Vereinbarkeit mit dem europäischen Unionsrecht

Im Rahmen der Schranken-Schranken ist ferner die Unverhältnismäßigkeit der Ermächtigungen zu erwägen. Diese verfolgen mit dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit legitime Ziele,334 welche sie auch fördern.335 Zudem sind ihnen gegenüber in Betracht kommende mildere Mittel weniger zwecktauglich.336 Insbesondere ist auch das gegenüber § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV mildere Mittel der Anordnungsermächtigung weniger zwecktauglich. Zwar hat der Gerichtshof der Europäischen Union hinsichtlich eines griechischen Genehmigungserfordernisses für Investitionen von mehr als 20 Prozent der Anteile in strategische Unternehmen entschieden, die Auferlegung von Handlungspflichten sei ebenso zwecktauglich und dabei weniger belastend für den Kapitalverkehr.337 Da eine verweigerte Genehmigung gegenüber einer Untersagung ähnlich wirkt, ließe sich diese Argumentation auf § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV übertragen. Indes betreffen die verfahrensabschließenden Ermächtigungen in der Außenwirtschaftsverordnung anders als der dieser Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt eine Drittstaatenkonstellation, in welcher der Gerichtshof andere Maßstäbe anlegt.338 Außerdem erscheint zwar eine Abwehr von Verletzungen außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter durch bestimmte Anordnungen denkbar; gleichwohl findet die Transaktion statt, sodass zumindest keine einem Erwerbsverbot vergleichbare absolute Gewissheit dahingehend besteht, dass jene umfassend wirken. Demgemäß sprechen die besseren Argumente gegen die vergleichbare Effektivität von Untersagungs- und Anordnungsermächtigung.339 Zu untersuchen bleibt jedoch, ob die Untersagung in einem angemessenen Verhältnis zur Beschränkung des von Art. 63 Abs. 1 AEUV gewährleisteten Schutzes steht. Hinsichtlich der abstrakten Rechtsgüterbewertung ist auf die im Rahmen einer Anordnungsermächtigung (v. Wilmowsky, in: Ehlers [Hrsg.], Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, § 12 Rn. 50); indes erfolgten seitdem Konkretisierungen hinsichtlich Zielunternehmensbranchen und Investorengruppen (vgl. Kap. 3 § 4 A. III. 1.). 334 Legitim sind insbesondere die Verfolgung der in den geschriebenen Rechtfertigungsgründen genannten Ziele, also der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (vgl. bereits Kap. 4 § 2 C. III. 2.). 335 Kap. 3 § 4 A. III. 2. a) und 3. Für die zur im nationalen Verfassungsrecht identischen Definition der Eignung vgl. bereits Kap. 4 § 2 C. III. 2. 336 Kap. 3 § 4 A. III. 2. b) und 3. Für diesen Prüfungspunkt der unionsrechtlichen Erforderlichkeit vgl. bereits Kap. 4 § 2 C. III. 2. Auch Schuelken lehnt die Erforderlichkeit eines kapitalverkehrsfreiheitlichen Eingriffs nicht aus den in der Verfassungsmäßigkeitsprüfung (Kap. 3 § 4 A. III. 2. b) einleitend) angesprochenen Optionen von Eigentumsbeschränkungen oder von Golden Shares ab (Schuelken, Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen, 2021, S. 177). 337 EuGH, Urt. v. 8. 12. 2012 – Rs. C-244/11 Kommission/Griechenland, ECLI:EU: C:2012:694 Rn. 68 ff. 338 So ebenfalls Herrmann, ZEuS 2019, 429 (455 f.). Zu den milderen Rechtfertigungsmaßstäben kapitalverkehrsfreiheitlicher Eingriffe in Drittstaatenkonstellationen vgl. bereits Kap. 4 § 2 C. I. 339 Vgl. hierzu ausf. Kap. 3 § 4 A. III. 2. b) aa).

§ 3 Unionsrechtsverletzung durch Untersagungs- und Anordnungsermächtigung

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möglichen Unionsrechtsverletzung durch die das Prüfverfahren begleitenden Vorschriften zu verweisen.340 Die Untersagungsermächtigung beschränkt die von Art. 63 Abs. 1 AEUV geschützte Kapitalverkehrsfreiheit schwerwiegend, welche, zwar an eine individuelle Entscheidung der Exekutive für den jeweiligen Fall geknüpft und nicht umfänglich ipso iure wirkend, die Wertübertragung auf unbestimmte Zeit zu unterbinden ermöglicht. Ähnliches gilt für § 59 Abs. 1 Alt. 2 AWV mit der Einschränkung, dass diese kein umfassendes Verbot der Wertübertragung erlaubt, sondern auf ihrer Grundlage lediglich bestimmte, mangels abschließender Aufzählung von Anordnungsmöglichkeiten freilich gleichwohl schwere Bedingungen des Kapitalverkehrsvorgangs bestimmt werden können. In der konkreten Gesamtabwägung wird der für eine Untersagung und Anordnung gem. § 4 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 4a AWG, § 5 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 AWG i. V. m. § 55 Abs. 1 AWV, § 59 Abs. 1 AWV maßgebliche Prüfmaßstab „voraussichtliche Beeinträchtigung“ der Schutzgüter341 bedeutsam. Eine auf Grundlage des gegenüber einer tatsächlichen und hinreichend schweren Gefährdung geringeren Prüfmaßstabs ausgesprochene Entscheidung kann unter gewissen Umständen gem. Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV gerechtfertigt werden.342 Gleichwohl muss die jeweilige Ermächtigung verhältnismäßig sein. Gegen diese Verhältnismäßigkeit ist vorzubringen, dass der verfahrensabschließenden Entscheidung eine lange und intensive Prüfung der Transaktion vorausgeht, nach deren Abschluss die Feststellung eines bestimmteren Beeinträchtigungspotenzials der Schutzgüter möglich sein sollte. Können die Behörden eine dahingehende Feststellung nicht treffen, spricht dieser Aspekt eben für ein nicht besonders hohes Gefährdungspotenzial, sodass § 59 Abs. 1 Alt. 1 AWV im Verhältnis zur kapitalverkehrsfreiheitlichen Beschränkung unangemessen sein könnte.343 Zwar weist die Anordnungsermächtigung demgegenüber eine geringere Intensität auf; gleichwohl ermächtigt auch § 59 Abs. 1 Alt. 2 AWV zu schwerwiegenden Eingriffen in den grundfreiheitlichen Schutzbereich, die unter den jeweiligen Umständen für die Kapitalverkehrsteilnehmer, etwa, wenn an einer bestimmten Sparte der Transaktion ein besonderes oder sogar ausschließliches Interesse des Investors besteht und dessen Ausklammerung angeordnet wird, nicht milder als eine Untersagung wirken können. Insofern vermag es nicht einzuleuchten, warum der Exekutive im Anschluss an das sektorübergreifende Verfahren ein so weitreichender Handlungsspielraum gewährt werden müsste.344 340

Kap. 4 § 2 C. III. 2. Zum Prüfmaßstab s. schon Kap. 2 § 1 B. II. 2. d). 342 Kap. 4 § 2 C. II. 2. 343 Zu dieser Argumentation s. im Rahmen der Unverhältnismäßigkeit der aus der Untersagungsermächtigung folgenden Beschränkung des von Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Schutzbereichs ausf. Kap. 3 § 4 A. III. 2. c). 344 S. zu dieser Argumentation im Rahmen der Unverhältnismäßigkeit der aus der Anordnungsermächtigung folgenden Beschränkung des von Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Schutzbereichs ausf. Kap. 3 § 4 A. III. 3. 341

386

Kap. 4: Vereinbarkeit mit dem europäischen Unionsrecht

Allerdings finden wiederum die milderen Rechtfertigungsmaßstäbe eines kapitalverkehrsfreiheitlichen Eingriffs in einer Drittstaatenkonstellation Berücksichtigung. Der niedrige Prüfmaßstab einer voraussichtlichen Beeinträchtigung ermöglicht gerade weitreichendere Handlungsspielräume, um dem einer unionsfremden Transaktion innewohnendem größeren Beeinträchtigungspotenzial außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter entgegenzutreten.345 Die grundsätzlich hohen Rechtfertigungsanforderungen an einen grundfreiheitlichen Eingriff wurzeln in dem primär bezweckten Schutz des Binnenmarkts; mangels einer insofern vergleichbaren Vertrauensbasis im Verhältnis zu Drittstaaten wird dieses Ziel aber nicht durch eine weitreichendere Untersagungs- und Anordnungsmöglichkeit in Bezug auf solche Erwerbe konterkariert. Für die angemessene Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit trotz dieses bei einem Handeln auf Grundlage der Ermächtigungen heranzuziehenden Prüfmaßstabs ist schließlich auch anzuführen, dass die unionsrechtliche Grundsatzentscheidung einer Erstreckung des Schutzes von Art. 63 Abs. 1 AEUV auf Sachverhalte unter Beteiligung von Unionsfremden nicht unterlaufen wird. Vielmehr schafft der niedrigere Maßstab eine ausgewogene Entscheidungsgrundlage für den Einzelfall, anhand derer die Behörden sowohl die gegebene Drittstaatenkonstellation mitsamt der hier insbesondere fehlenden Reziprozität als auch die hohe Bedeutung der Schutzgüter berücksichtigen können, welche gleichermaßen in die abschließende Exekutiventscheidung einfließen. Trotz dieser erweiterten Spielräume beschränken die Ermächtigungen in § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV die Kapitalverkehrsfreiheit mithin grundsätzlich verhältnismäßig. Zu einem anderen Ergebnis führt an dieser Stelle auch nicht die Heranziehung von Unionsgrundrechten. So wurde eine entsprechende Verstärkungswirkung der in der Grundrechtecharta verankerten individuellen Gewährleistungen für die in § 14a Abs. 2 AWG normierten Regelungen abgelehnt, denn die Berücksichtigung eines verhältnismäßigen Grundrechtseingriffs in der Rechtfertigung einer für sich genommen verhältnismäßigen Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit kann nicht die Unverhältnismäßigkeit letzterer begründen.346 Ein anderes Resultat könnte sich demgegenüber hinsichtlich der Untersagungs- und der Anordnungsermächtigung ergeben, wenn der von diesen ausgehende Eingriff in die Unionsgrundrechte unverhältnismäßig ist. Dann könnte die Verstärkungswirkung gerade zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung des Art. 63 Abs. 1 AEUV führen. Die Ermächtigungen in § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV beschränken auf nationaler Ebene unter anderem die Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG) des Zielund die des Anteilseignerunternehmens unverhältnismäßig.347 Weil das Schutzni345

In diese Richtung weist auch Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 55 AWV (Stand 2022) Rn. 25. 346 Hierzu vgl. bereits weiter oben Kap. 4 § 2 C. III. 2. 347 Kap. 3 § 4 A. III. 2. c) und 3. für das Ziel- und Kap. 3 § 5 für das Anteilseignerunternehmen.

§ 3 Unionsrechtsverletzung durch Untersagungs- und Anordnungsermächtigung

387

veau der nationalen Grundrechte jedenfalls ebenso hoch ist wie dasjenige der Grundrechtecharta,348 kann auch ein unverhältnismäßiger Eingriff in die unionsgrundrechtliche Eigentumsfreiheit des Art. 17 GRCh nicht ausgeschlossen werden. Selbst wenn aber die Chartagrundrechte durch die Ermächtigungen unverhältnismäßig beschränkt werden würden, überzeugt an dieser Stelle auch unter Berücksichtigung der Unionsgrundrechte nicht die Annahme der Unverhältnismäßigkeit des jeweiligen kapitalverkehrsfreiheitlichen Eingriffs. Während eine Beachtung der Charta im Lichte eines einheitlichen Unionsrechts vorzugswürdig sein könnte, weist der hier gegebene Fall eine ganz entscheidende Besonderheit auf: Die betroffene Kapitalverkehrsfreiheit wirkt im Drittstaatenkontext. Zwar mögen zahlreiche Gründe für die Anwendung dieser Grundfreiheit auch im Verhältnis zu Drittstaaten sprechen. Dennoch gelten dann gegenüber Binnensachverhalten mildere Rechtfertigungsmaßstäbe an Eingriffe in den von Art. 63 Abs. 1 AEUV eröffneten Schutzbereich.349 Wollte man nun aber eine unverhältnismäßige Beschränkung der Unionsgrundrechte vorbringen, um eine Rechtfertigung der von § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV ausgehenden Eingriffe in die Kapitalverkehrsfreiheit abzuwenden, würde die Grundsatzentscheidung eines geringeren Schutzbedürfnisses der Grundfreiheit im Verkehr mit Drittstaaten unterlaufen. Nach den vorherigen Untersuchungen wäre im Binnenverkehr eine Unverhältnismäßigkeit beider Ermächtigungen anzunehmen gewesen. Allein die milderen Rechtfertigungsmaßstäbe kapitalverkehrsfreiheitlicher Eingriffe im Drittstaatenverkehr begründeten eine verhältnismäßige Beschränkung des von Art. 63 Abs. 1 AEUV eröffneten Schutzbereichs. Im Übrigen sieht sich die Ablehnung einer Berücksichtigung unverhältnismäßiger Beschränkungen von Chartagrundrechten im Rahmen der Rechtfertigung von Eingriffen in den Schutzbereich des Art. 63 Abs. 1 AEUVauch nicht im Widerspruch zum allgemeinen Bedürfnis einer Wahrung der einheitlichen Unionsrechtsordnung, konkret der individuellen Grundrechtspositionen. Berechtigte der Chartagrundrechte könnten lediglich das Ziel- und das Anteilseignerunternehmen sein, die sich auf das gegenüber den Unionsgrundrechten mindestens ebenso hohe Schutzniveau der nationalen Grundrechte berufen und deren Verletzung geltend machen können. Hingegen wird dem drittstaatlichen Erwerbsunternehmen jedenfalls mangels sachlicher Schutzbereichseröffnung eine Berufung auf die Unionsgrundrechte verwehrt.350 Schlussfolgernd werden die betroffenen Grundrechtspositionen wegen der konsequent heranzuziehenden milderen Rechtfertigungsmaßstäbe in einer Gesamtschau hinreichend gewahrt. Nach alledem sprechen prinzipiell gewichtige Gründe dafür, die verstärkende unionsgrundrechtliche Wirkung zulasten einer Rechtfertigung der von § 59 Abs. 1 348

Kap. 4 § 1 A. II. S. diesbezüglich ausf. Kap. 4 § 2 C. I. 350 Kap. 4 § 1 A. II. 2. 349

388

Kap. 4: Vereinbarkeit mit dem europäischen Unionsrecht

Alt. 1 und Alt. 2 AWV ausgehenden grundfreiheitlichen Beschränkungen zu berücksichtigen. Indes unterliefe eine Berücksichtigung der Unionsgrundrechte im konkreten Fall die besondere Drittstaatenkonstellation. Sie begründet daher keine Unverhältnismäßigkeit der verfahrensabschließenden Ermächtigungen.

§ 4 Zwischenergebnisse zur Vereinbarkeit der deutschen Investitionskontrollvorschriften mit dem europäischen Unionsrecht Nach Maßgabe vorstehender Überprüfungen sind die deutschen Investitionskontrollvorschriften mit den Chartagrundrechten vereinbar. Diese finden keine Anwendung auf die untersuchten Investitionsprüfvorschriften. Zwar hätten die Chartagrundrechte wegen der unionsrechtlichen Screening-Verordnung grundsätzlich Anwendung finden können, denn nach dem Wortlaut des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GRCh könnten der deutsche Gesetz- und der Verordnungsgeber mit der Screening-Verordnung Unionsrecht durchführen. Nach vorzugswürdiger bundesverfassungsgerichtlicher Judikatur zur Bestimmung des Merkmals „Durchführung von Unionsrecht“ gilt hinsichtlich der sektorübergreifenden Prüfung jedoch die Vermutung einer Mitgewährleistung des unionsgrundrechtlichen Schutzniveaus durch die nationalen Grundrechte; Ausnahmen sind nicht ersichtlich. Dagegen begründet eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit gem. Art. 63 Abs. 1 AEUV eine Unionsrechtswidrigkeit. Von den prüfverfahrensrechtlichen Vorschriften sowie von der Untersagungs- und der Anordnungsermächtigung gehen kapitalverkehrsfreiheitliche Eingriffe aus. Diese wahren die Anforderungen des Rechtfertigungsgrundes in Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV. Eine Rechtfertigung dieser Eingriffe steht die rechtliche Bestimmtheit der untersuchten Vorschriften wegen des Tatbestandsmerkmals „besonders“ entgegen. Wie auch im Verfassungsrecht sind die in § 14a Abs. 4 Satz 2 AWG normierte Fristverlängerungsmöglichkeit und das in § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 AWG aufgeführte Verbot zu unbestimmt. Wegen des Begriffs „besonders“ verstößt im speziellen Medienbereich auch § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. In Ermangelung eines optionalen gesetzlichen Befreiungstatbestandes sind das Vollzugsverbot und die Handlungsverbote unverhältnismäßig. Die Kapitalverkehrsfreiheit gilt hier im Verhältnis zu Drittstaaten, weshalb mildere Rechtfertigungsmaßstäbe bei einer Einschränkung des von Art. 63 Abs. 1 AEUV eröffneten Schutzbereichs anzulegen sind. Indes können die Gründe für diese milderen Rechtfertigungsmaßstäbe auch bei der exekutiven Einzelfallentscheidung in Bezug auf eine Befreiung berücksichtigt werden. Die Regelungen in § 59 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 AWV beschränken den kapitalverkehrsfreiheitlichen Schutzbereich verhältnismäßig, obwohl der niedrige Prüf-

§ 4 Zwischenergebnisse zur Vereinbarkeit mit dem europäischen Unionsrecht

389

maßstab einer voraussichtlichen Beeinträchtigung der Schutzgüter gilt. Hier sind ebenfalls die geringeren Rechtfertigungsanforderungen an kapitalverkehrsfreiheitliche Eingriffe im Drittstaatenverkehr maßgeblich. Anhand des niedrigen Prüfmaßstabs „voraussichtliche Beeinträchtigung“ werden die behördlichen Spielräume bei der Normanwendung erweitert. Damit kann dem mangelnden Vertrauensverhältnis zu einem Drittstaat besser Rechnung getragen werden.

Kapitel 5

Fazit und Ausblick Abschließend erfolgt eine Zusammenfassung der wesentlichen Untersuchungsergebnisse dieser Studie in Thesen. Hier ist insbesondere auf drei wesentliche Aspekte Bezug zu nehmen: Die Bedeutung der Screening-Verordnung für die nationalen Regelungen einschließlich diesbezüglicher Änderungsbedürfnisse, daneben die Vereinbarkeit der Vorschriften des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung zum einen mit dem nationalen Verfassungsrecht sowie zum anderen mit dem europäischen Unionsrecht. Auf Grundlage dieser Untersuchungsergebnisse, die einige Mängel der nationalen Investitionskontrollnormen identifizieren, werden den betroffenen Unternehmen Empfehlungen für einen sicheren Umgang mit dem geltenden Rechtsrahmen in der Praxis zur Hand gegeben. Zuletzt ist ein Reformvorschlag der aktuellen Investitionsprüfvorschriften möglich.

§ 1 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse in Thesen (1) Die sektorübergreifenden Investitionsprüfvorschriften sind jüngst erheblichen Änderungen unterzogen worden, die teilweise im Zusammenhang mit der unionsrechtlichen Screening-Verordnung stehen.1 Daneben ist als weitere Änderung eine redaktionelle Anpassung des § 18 Abs. 2 Nr. 8 AWG erforderlich.2 Darüber hinausreichende Angleichungen des nationalen Rechts an die europäische Verordnung sind nicht notwendig, sie wären gleichwohl wünschenswert. Für eine erhöhte Rechtssicherheit sorgte eine nationale Anweisung an die Behörden, die im Rahmen des Kooperationsmechanismus abgegebenen Kommentare und Stellungnahmen angemessen zu berücksichtigen (Art. 6 und Art. 7 ScreeningVO) und den Stellungnahmen mit dem Wortlaut in Art. 8 ScreeningVO umfassend Rechnung zu tragen.3 (2) Mit Blick auf die Rechtsrahmen der Prüfregime anderer Staaten der Europäischen Union und einzelner Drittstaaten waren in den vergangenen Jahren ganz überwiegend stetige Verschärfungen zu bemerken; gleichwohl erweist sich der deutsche 1

Kap. 2 § 1. Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) ee). 3 Kap. 2 § 2 D.

2

§ 1 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse in Thesen

391

Mechanismus bezüglich einzelner Aspekte wie der Prüffristen und der Herabsetzung des Prüfmaßstabs von einer Gefährdung zu einer voraussichtlichen Beeinträchtigung der Schutzgüter im Vergleich als besonders streng.4 (3) Die Vereinbarkeit der Investitionskontrollvorschriften in Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung betreffend den unmittelbaren Erwerb eines sicherheitsrelevanten zivilen Unternehmens i. S. v. § 55a Abs. 1 AWV mit dem nationalen Verfassungsrecht ist unter den Voraussetzungen von Art. 19 Abs. 3 GG an den Grundrechten des Zielunternehmens selbst sowie in einer Dreipersonenkonstellation des Erwerbs einer Beteiligung an einem Unternehmen der Branchen aus § 55a Abs. 1 AWV vom Anteilseignerunternehmen auch an dessen Grundrechten zu messen. Demgegenüber fehlt es dem unionsfremden Erwerbsunternehmen in Ermangelung seiner Inländereigenschaft an einer Grundrechtsberechtigung.5 (4) Als ziel- und als anteilseignerunternehmerische Grundrechtspositionen sind Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG sowie Art. 2 Abs. 1 GG in ihren Schutzbereichen eröffnet. Während die Eigentumsund die Unternehmensfreiheit parallel Anwendung finden,6 ist die Presse- und Rundfunkfreiheit im Medienbereich gegenüber der allgemeinen wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG spezieller.7 Die allgemeine Handlungsfreiheit tritt gegenüber diesen Gewährleistungen im Wege der Subsidiarität zurück.8 (5) Unter Bezugnahme auf die Beschränkungsvorschriften ausländischer Direktinvestitionen scheidet eine Verletzung dieser Grundrechte mangels Überschreitung der Intensitätsschwelle durch die Pflicht zur Meldung des Abschlusses eines schuldrechtlichen Vertrages gem. § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV aus. Insoweit liegt also kein Grundrechtseingriff bzw. keine Ausgestaltung vor.9 Hingegen erfüllen die übrigen untersuchten Regelungen die Merkmale eines Grundrechtseingriffs bzw. die einer Ausgestaltung.10 Bei den Vorschriften handelt es sich um Ausgestaltungen in Abgrenzung zu Eingriffen in den von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG gewährleisteten Schutzbereich, da sie im speziellen Medienbereich ausschließlich zur Sicherung der Presse- und Rundfunkfreiheit dienen.11 (6) Auf Rechtfertigungsebene führt die wiederholte Verwendung des Begriffs „besonders“ ohne nähere Anhaltspunkte für dessen Auslegung zu Verstößen gegen das (strafrechtliche) Bestimmtheitsgebot: Sowohl die von den gesetzesunmittelbaren Verboten als auch die von der Verwaltungsakt-Ermächtigung in § 14a Abs. 2 Satz 5 4

Kap. 2 § 3. Kap. 3 § 1. 6 Kap. 3 § 3 A. I. 3. 7 Kap. 3 § 3 B. I. 2. 8 Kap. 3 § 2 D. 9 Kap. 3 § 2 A. II. 2., B. II. und C. II. 10 S. beispielsweise für Art. 14 Abs. 1 GG Kap. 3 § 3 A. II. und Kap. 3 § 4 A. II. 11 Vgl. zu dieser Abgrenzung im Rahmen der Meldepflicht Kap. 3 § 2 C. II. 5

392

Kap. 5: Fazit und Ausblick

AWG ausgehenden Eingriffe in die Eigentums- und Unternehmensfreiheit sind nicht verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Die im Kontext dieser Normen maßgebliche Fristverlängerungsnorm des § 14a Abs. 4 Satz 2 AWG ist zu unbestimmt: Das betroffene Unternehmen als Grundrechtsträger kann nicht erkennen, in welchem Fall der Erwerb die Verteidigungsinteressen „in besonderem Maße“ berührt.12 Mangels näherer Anhaltspunkte für die Beurteilung, in welchem Fall die Informationen bei einer Prüfung der voraussichtlichen Beeinträchtigung der Schutzgüter „besonders“ zu berücksichtigen sind, ist auch das in § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 AWG normierte Verbot wegen Verletzung der Gewährleistungen in Art. 14 Abs. 1 GG und in Art. 12 Abs. 1 GG verfassungswidrig.13 (7) Obschon für Ausgestaltungen des von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG gewährleisteten Schutzbereichs zur optimalen Wahrung der Presse- und Rundfunkfreiheit mildere Rechtfertigungsanforderungen gelten, genügen die obigen Tatbestandsmerkmale auch an dieser Stelle nicht dem Gebot der Normenklarheit. Unter Berücksichtigung des Telos weitreichender Ausgestaltungsmöglichkeiten erlaubten auch klarer bestimmbare Tatbestandsmerkmale einen effektiven Schutz der verfassungsrechtlichen Positionen.14 (8) Im speziellen Bereich des Erwerbs eines Medienunternehmens ergibt sich eine Verletzung der Grundrechte ferner aus der rechtlichen Unbestimmtheit des Tatbestandsmerkmals „besondere Aktualität und Breitenwirkung“. Dies gilt sowohl für die prüfverfahrensrechtlichen Regelungen als auch für die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung.15 Hier ergibt sich auch kein abweichendes Ergebnis aus den milderen Rechtfertigungsanforderungen an Ausgestaltungsvorschriften. Die Betroffenen müssen gleichwohl absehen können, in welchem Fall die veröffentlichten Informationen die Schwelle einer besonderen Aktualität erreichen und wann ihnen die erforderliche Breitenwirkung zukommt. Denn nur anhand dessen kann mitunter die Anwendung der sektorübergreifenden Prüfvorschriften bereits ab dem Erwerb einer zehnprozentigen Beteiligung eingeschätzt werden.16 (9) In der Verhältnismäßigkeitsprüfung speziell im Bereich des § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV ist ein hohes Beeinträchtigungspotenzial medienrechtlicher Schutzgüter, konkret der Pressefreiheit, der freien Berichterstattung und der Medienvielfalt, anzunehmen. Dieses Beeinträchtigungspotenzial ist insbesondere nicht gegenüber dem im Bereich der § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 5, Nr. 7 AWV aufgeführten Branchen geringer. Daher bestehen konkret auch keine Bedenken gegen die Geltung der zehnprozentigen Prüfschwelle für den Erwerb eines Medienunternehmens.17 12

Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) bb), 3. a) und 4. sowie Kap. 3 § 3 A. III. 4. Kap. 3 § 3 A. III. 3. a). 14 Kap. 3 § 3 C. III. 2. b). 15 Kap. 3 § 3 A. III. 2. a) cc), 3. a), 4. und Kap. 3 § 4 A. III. 1. 16 Kap. 3 § 3 C. III. 2. b) und Kap. 3 § 4 C. III. 17 Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (a).

13

§ 1 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse in Thesen

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(10) Allerdings beschränken sowohl die Handlungsverbote als auch das in § 15 Abs. 3 Satz 1 AWG normierte Vollzugsverbot die einzelnen Grundrechtspositionen unverhältnismäßig, weil es an einer Befreiungsmöglichkeit für atypische Ausnahmekonstellationen fehlt.18 Dies gilt trotz Geltung milderer Rechtfertigungsmaßstäbe auch im Rahmen der Presse- und Rundfunkfreiheit, zwänge ein Befreiungstatbestand doch nicht zu einer entsprechenden Entscheidung, sondern eröffnete weitreichende Handlungsspielräume, innerhalb derer die Exekutive gleichwohl das hohe Schutzbedürfnis dieser Güter individuell berücksichtigen könnte.19 (11) Die verfahrensabschließende Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung verletzen die zielunternehmerische Eigentums- und die Berufsausübungsfreiheit wegen des Prüfmaßstabs „voraussichtliche Beeinträchtigung“ außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter.20 Angesichts der milderen Rechtfertigungsanforderungen an Ausgestaltungen werden Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 GG jedoch verhältnismäßig beschränkt, weil der niedrige Prüfmaßstab und die weitreichenderen Möglichkeiten einen besseren Schutz gewährleisten, dem die Herabsetzung der Rechtfertigungsmaßstäbe bei Ausgestaltungen dient.21 (12) In der Dreipersonenkonstellation des Erwerbs einer Beteiligung am Zielunternehmen von einem dritten Anteilseigner ergibt sich ein Unterschied zu den zielunternehmerischen Grundrechtsverletzungen im Zweipersonenfall einer Transaktion allein von Erwerbs- und Zielunternehmen. Dem dritten Anteilseignerunternehmen ist anders als dem Zielunternehmen selbst die gem. § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AWG verbotene Stimmrechtsausübung möglich. Diese Norm ist aus den zu § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 AWG angestellten Erwägungen ebenfalls verfassungswidrig.22 (13) Auf unionsrechtlicher Ebene verletzen die deutschen Investitionskontrollvorschriften die in der Grundrechtecharta verankerten Gewährleistungen nicht. Zwar ist der Anwendungsbereich der Grundrechtecharta gem. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GRCh eröffnet, da die Bundesrepublik als Mitgliedstaat der Europäischen Union bei der Anwendung von Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung Unionsrecht durchführt. Nach der vorzugswürdigen Herangehensweise des Bundesverfassungsgerichts ist die sektorübergreifende Prüfung allerdings ausschließlich an den nationalen Grundrechten zu messen, weil die Screening-Verordnung den Mitgliedstaaten weitreichende Gestaltungsspielräume belässt; auch soll der Sachverhalt nicht im Sinne einer parallelen Anwendbarkeit beider Grundrechtskataloge erkennbar unter Beachtung der Unionsgrundrechte konkretisiert werden.23

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Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (d), 3. b) und Kap. 3 § 3 B. III. Kap. 3 § 3 C. III. 2. c). 20 Kap. 3 § 4 A. III. 2. c) und 3. sowie Kap. 3 § 4 B. 21 Kap. 3 § 4 C. III. 22 Kap. 3 § 5. 23 Kap. 4 § 1 A.

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Kap. 5: Fazit und Ausblick

(14) Die untersuchten Vorschriften verstoßen gegen die in Art. 63 Abs. 1 AEUV verankerte Kapitalverkehrsfreiheit. Diese ist nach überzeugender Ansicht neben der (ausschließlich) sachlich von der sektorübergreifenden Prüfung des betroffenen Niederlassungsfreiheit in Art. 49 Abs. 1 AEUVanwendbar.24 Für das Vorliegen eines Eingriffs in einen grundfreiheitlichen Schutzbereich kommt es zwar nicht auf eine Mindestschwere im Sinne einer de minimis-Grenze an; jedoch muss die Maßnahme zur Beeinträchtigung des grundfreiheitlichen Schutzes geeignet sein und sich auf das Verhalten der Marktteilnehmer auswirken können. Die Meldepflicht erfüllt letztere Anforderung nicht,25 wohingegen die übrigen untersuchten Regelungen als Eingriffe zu qualifizieren sind.26 (15) In der unionsrechtlichen Rechtfertigung der von den sektorübergreifenden Prüfregelungen ausgehenden Grundfreiheitseingriffen sind die milderen Anforderungen im vorliegenden Drittstaatensachverhalt von Bedeutung. Diese divergierenden Maßstäbe lassen sich unter anderem insbesondere auf das anders als Binnensachverhalt fehlende Vertrauensverhältnis zurückführen. Insofern überzeugt zwar die Grundsatzentscheidung einer Anwendung der Kapitalverkehrsfreiheit auch auf Wertübertragungen von Unionsfremden mit dem Ziel eines Kapitalgewinns für die Union. Indes müssen die Differenzen zu Binnensachverhalten Beachtung finden.27 (16) Weiterhin erfüllen die mit der Prüfverfahrensdurchführung verbundenen Vorschriften sowie die verfahrensabschließenden Ermächtigungen die Anforderungen des in Art. 65 Abs. 1 Buchst. b) Var. 3 AEUV normierten geschriebenen Rechtfertigungsgrundes. Im sektorübergreifenden Bereich werden gesellschaftliche Grundinteressen verfolgt. Auch erscheint unter gewissen Umständen eine Rechtfertigung unter Zugrundelegung des gegenüber einer tatsächlichen und hinreichend schweren Gefährdung geringeren Prüfmaßstabs einer voraussichtlichen Beeinträchtigung prinzipiell möglich.28 Damit ist jedoch noch nicht die Verhältnismäßigkeit der Ermächtigungen trotz des geltenden niedrigen Prüfmaßstabs zu begründen. (17) Auch unter Berücksichtigung der Drittstaatenkonstellation sind die bereits in den verfassungsrechtlichen Untersuchungen bedeutsamen Tatbestandsmerkmale wegen des Begriffs „besonders“ zu unbestimmt.29 Die gesetzesunmittelbaren Verbote greifen in Ermangelung einer Befreiungsmöglichkeit unverhältnismäßig in den kapitalverkehrsfreiheitlichen Schutzbereich ein.30 Hingegen beschränken die in § 59 Abs. 1 Alt. 1 und in Alt. 2 AWV normierten Ermächtigungen den Schutzbereich des 24

Kap. 4 § 2 A. II. Kap. 4 § 1 B. II. 26 Kap. 4 § 2 B. und Kap. 4 § 3 B. 27 Kap. 4 § 2 C. I. 28 Kap. 4 § 2 C. II. und Kap. 4 § 3 C. 29 Kap. 4 § 2 C. III. 1. 30 Kap. 4 § 2 C. III. 2. 25

§ 2 Handlungsempfehlungen für Unternehmen in der Praxis

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Art. 63 Abs. 1 AEUV verhältnismäßig, obgleich an dieser Stelle der niedrige Prüfmaßstab „voraussichtliche Beeinträchtigung“ außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter maßgeblich ist. Damit ist eine Differenz zum Ergebnis der verfassungsrechtlichen Überprüfungen gegeben. Die Verhältnismäßigkeit der kapitalverkehrsfreiheitlichen Beschränkung durch die Regelungen in § 59 Abs. 1 Alt. 1 und in Alt. 2 AWV ist auf die milderen Rechtfertigungsanforderungen in Drittstaatenbereichen zurückzuführen. Im Kapitalverkehr mit Drittstaaten sind weitreichende Handlungsmöglichkeiten, konkret hier auch der niedrigere Prüfmaßstab „voraussichtliche Beeinträchtigung“ außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter zulässig. Insbesondere steht diesem Ergebnis auch nicht die mögliche Verstärkungswirkung der Unionsgrundrechte in Bezug auf die Grundfreiheiten entgegen.31 (18) Diese Resultate belegen, dass sich der deutsche Gesetz- und der Verordnungsgeber um Transparenz und Verhältnismäßigkeit der sektorübergreifenden Investitionsprüfvorschriften bemühen.32 In Anbetracht des geltenden Rechtsrahmens können diese Bemühungen jedoch nicht ausreichen. Vielmehr müssen bei den etablierten Vorschriften Nachsteuerungen vorgenommen werden, um die Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht zu gewährleisten.

§ 2 Handlungsempfehlungen für Unternehmen in der Praxis Angesichts erheblicher Anwendungsbereichserweiterungen und Verschärfungen des Investitionsprüfmechanismus33 müssen die sektorübergreifenden Vorschriften dringend noch mehr in der Transaktionspraxis Berücksichtigung finden.34 Dies gilt bereits für den Abschluss eines schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts: Aus Transparenzgründen erscheint es im Bereich von Erwerben sicherheitsrelevanter Unternehmen i. S. d. § 55a Abs. 1 AWV vorzugswürdig, die notwendige Freigabe des Erwerbs gem. § 58a Abs. 1 AWV als Vollzugsvoraussetzung in den Kaufvertrag aufzunehmen.35 Diese gilt ohnehin kraft Gesetzes, da die schwebende dingliche Unwirksamkeit gem. § 15 Abs. 3 Satz 2 AWG erst im Zeitpunkt der Freigabe endet. Ihre ausdrückliche vertragliche Normierung erhöhte jedoch das Bewusstsein der Transaktionsbeteiligten in der Praxis. Für den Erlass bestimmter Anordnungen auf Grundlage des § 59 Abs. 1 Alt. 2 AWV wird in der Regel die vertragliche Einräumung eines Rücktrittsrechts für beide 31

Kap. 4 § 3 C. Vgl. unter anderem Kap. 2 § 1 A. 33 Vgl. zu dieser Entwicklung schon Kap. 1 § 1 und Kap. 2 § 1 A. 34 So auch Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 225 f. 35 Bonhage, in: Meyer-Sparenberg/Jäckle (Hrsg.), Beck’sches M&A Hdb., 2. Aufl. 2022, § 91 Rn. 63. Zu Vollzugsvoraussetzungen eines M&A-Kaufvertrags, dies auch unter Bezugnahme auf die fusionskontrollrechtliche Genehmigung, vgl. etwa Liese/Theusinger, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler (Hrsg.), Corporate Compliance, 3. Aufl. 2016, § 27 Rn. 83. 32

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Kap. 5: Fazit und Ausblick

Vertragsparteien zweckmäßig sein; die auflösende Bedingung in § 15 Abs. 2 Satz 1 AWG bezieht sich lediglich auf eine Untersagung des Erwerbs.36 Hingegen könnten bestimmte Begleitklauseln, welche etwa den Ersatz von Aufwendungen, beispielsweise von Pressemitteilungen, betreffen, auch für den Fall einer Untersagung oder eines anordnungsbedingten Rücktritts fortgelten.37 Auch bietet es sich an, den langen Prüfzeitraum im schuldrechtlichen Vertrag etwa anhand von Long Stop-Dates zu berücksichtigen, deren Zeitrahmen angesichts der (potenziell) erheblichen Länge des Investitionsprüfverfahrens großzügig kalkuliert werden sollte. So würde die Ausübung eines Rücktrittsrechts ermöglicht, wenn die aufschiebende Bedingung nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eingetreten wäre.38 Darüber hinaus sollten auch konkrete Kooperations- und Verhaltenspflichten sowie Risikoallokationen in den Transaktionsdokumenten geregelt werden.39 Diese könnten sich konkret auf die Meldung des Vertragsschlusses durch das – ohnehin gesetzlich verpflichtete – Erwerbsunternehmen,40 weiterhin z. B. auf die Nachforschung für bestimmte Auskünfte gegenüber dem BMWK während des Prüfverfahrens beziehen. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass das Zielunternehmen einer Branche des § 55a Abs. 1 AWV unterfällt. Dies gilt insbesondere für Medienunternehmen i. S. v. § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV, deren Tatbestandsmerkmal „besondere Aktualität und Breitenwirkung“ schwer eingrenzbar ist. Daraus ergibt sich das Erfordernis, die mit der Qualifizierung als sicherheitsrelevantes Unternehmen verbundenen weiteren Beschränkungen einzuplanen, woraus sich unter anderem eine Meldepflicht für den Erwerb einer zehn- bzw. 20-Prozent-Beteiligung ergibt.41 Diese Meldung kann be36

Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) aa). Hierzu vgl. nur Mohamed, JZ 2019, 766 (775). Zum vertraglichen Rücktrittsrecht s. im Allgemeinen Schall, in: BeckOGK-BGB (Stand 2022), § 346 Rn. 244 ff. m. w. N. Vgl. ebenfalls etwa Stadler, in: Jauernig, BGB, 18. Aufl. 2021, § 346 Rn. 1. 38 Jungkind/Bormann, DK 2020, 369 (377). Konkret für die Aufnahme von Long StopDates in Kaufverträge, welche dem sektorübergreifenden Anwendungsbereich unterfallen auch Enders, RIW 2020, 652 (660); Niestedt/Kunigk, NJW 2020, 2504 (2509). Vgl. im Allgemeinen zu Long Stop-Dates auch Hübner, in: Scherer (Hrsg.), Unternehmensnachfolge, 6. Aufl. 2020, § 3 Rn. 351 und im Kontext des Fusionskontrollverfahrens, welches sich in einigen Aspekten auf das außenwirtschaftsrechtliche Prüfverfahren übertragen lassen könnte, auch Bischke/Röhrig, in: Meyer-Sparenberg/Jäckle (Hrsg.), Beck’sches M&A Hdb., 2. Aufl. 2022, § 33 Rn. 4 f. 39 Bonhage, in: Meyer-Sparenberg/Jäckle (Hrsg.), Beck’sches M&A Hdb., 2. Aufl. 2022, § 91 Rn. 64 ff.; Barth/dos Santos Goncalves, DB 2020, 2506 (2512); Jungkind/Bormann, DK 2020, 369 (377). Eine eingehende Auseinandersetzung mit diesen Regelungen findet sich m. w. N. bei Mohamed, JZ 2019, 766 (775 f.). 40 Exemplarisch auch Bonhage, in: Meyer-Sparenberg/Jäckle (Hrsg.), Beck’sches M&A Hdb., 2. Aufl. 2022, § 91 Rn. 64. 41 Aus praktischer Perspektive wird generell zu einem vorsichtigen Umgang mit der Meldepflicht geraten, s. etwa Barth/dos Santos Goncalves, DB 2020, 2506 (2510); Brüggemann/ Moser, DB 2021, 1250 (1253). Vgl. in diesem Kontext auch Bonhages Hinweise (Bonhage, in: Meyer-Sparenberg/Jäckle [Hrsg.], Beck’sches M&A Hdb., 2. Aufl. 2022, § 91 Rn. 61). 37

§ 2 Handlungsempfehlungen für Unternehmen in der Praxis

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reits vor Abschluss des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts vorbereitet werden, um eine zeitliche Beschleunigung zu erreichen. Allerdings entsteht die Verpflichtung erst im Zeitpunkt des Vertragsschlusses, in welchem auch alle für die Meldung erforderlichen Informationen bereitliegen dürften.42 In mittelbaren Fallkonstellationen sollte der Unionsfremde den Erwerb im Zweifel melden, auch wenn er lediglich das zwischengeschaltete unionsansässige Unternehmen unmittelbar und das Zielunternehmen nur mittelbar erwirbt, da es in diesem Fall streng genommen keinen unmittelbaren Erwerber als Meldepflichtigen gibt.43 Hierfür spricht, dass er mit der behördlichen Kenntniserlangung des BMWK Rechtssicherheit über einen möglichen Fristbeginn des Prüfverfahrens schafft. Den von der Investitionskontrolle betroffenen Unternehmen ist im praktischen Umgang mit den Vorschriften zu raten, die Regelungen der Screening-Verordnung im Blick zu behalten. Insbesondere sind neben den ohnehin langen nationalen Fristen die zeitlichen Maßstäbe des unionsrechtlichen Kooperationsmechanismus von Mitgliedstaaten und Europäischer Kommission von Bedeutung, die bei der Planung einer bevorstehenden Transaktion einkalkuliert werden müssen.44 Unter Berücksichtigung der tatbestandlichen Unbestimmtheit der Regelung in § 14a Abs. 4 Satz 2 AWG ist im Zweifel auch mit einer (weiteren) Fristverlängerung aus Gründen der Berührung von Verteidigungsinteressen der Bundesrepublik zu rechnen. Bei Unsicherheiten bezüglich einer Erfüllung der Tatbestandsmerkmale eines in § 55a Abs. 1 AWV genannten Regelbeispiels sollte von einer schwebenden Unwirksamkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts sowie vom Verbot der in § 15 Abs. 4 Satz 1 AWG normierten Handlungen ausgegangen werden. Speziell in Bezug auf das Verbot in § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 AWG wird nicht immer sicher einzuschätzen sein, ob die jeweiligen unternehmensbezogenen Informationen mit dem Wortlaut der Norm im Rahmen der behördlichen Prüfung „besonders“ zu berücksichtigen sind. Im Zweifel ist von einer Offenlegung solcher Informationen abzusehen, die § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 AWG tatbestandlich unterfallen könnten. So mag eine weitergehende Geheimhaltung von Informationen erfolgen, als dies tatsächlich vom Gesetzgeber beabsichtigt worden ist. Ein vorsichtiges Handeln verbleibt indes als einzige Möglichkeit, einer Strafbarkeit zu entgehen.45 § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 AWG verbieten nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut keinen Informationsaustausch vor Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages. Folglich verstieße eine etwaige Strafbarkeit dieser Handlung während der

42 Vgl. ebenfalls Bonhage, in: Meyer-Sparenberg/Jäckle (Hrsg.), Beck’sches M&A Hdb., 2. Aufl. 2022, § 91 Rn. 67. 43 Hierzu sowie allgemein zur Meldepflicht s. Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (1). 44 Brüggemann/Moser, DB 2021, 1250, (1252, 1256); dies., DB 2020, 1443 (1448); Brüggemann, DB 2019, 1131 (1136). Dies bemerkt für den österreichischen Investitionsprüfmechanismus auch Yalçın, StAW 2020, 109 (109, 119). 45 So auch Travers/Lauth, jurisPR-Compl 2/2021, Anm. 4; Enders, RIW 2020, 652 (658).

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Kap. 5: Fazit und Ausblick

Due Diligence-Prüfung gegen das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot.46 Dennoch sollten die Transaktionsbeteiligten wenn möglich bereits vor Vertragsschluss zurückhaltend vorgehen.47 In diesem Zusammenhang ist der Abschluss von Clean Team-48 oder Black BoxVereinbarungen zu erwägen, um sensiblere Informationen lediglich gegenüber einer bestimmten Gruppe von Personen zugänglich zu machen.49 Da die Handlungsverbote erst nach Abschluss des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts gelten, könnte ihre Überschneidung mit der erwerbsunternehmerischen Einreichungspflicht bzw. mit einer Verpflichtung auf Grundlage der Ermächtigungen in § 14a Abs. 2 Satz 4 und Satz 5 AWG zu befürchten sein.50 Verfügt der Erwerber nicht bereits im Zeitpunkt des sog. Signings über die jeweiligen Informationen, dann sollte das Zielunternehmen jene selbst oder auf vertraulicher Basis mithilfe von Rechtsberatern des Investors an das BMWK übermitteln.51 Mangels de lege lata etablierter Befreiungsmöglichkeit von den Vollzugsbeschränkungen verbleibt den Betroffenen allein die Option, mit größter Kooperationsbereitschaft auf einen zügigen Abschluss des Investitionsprüfverfahrens hinzuwirken, um den dinglichen Vollzug sowie die Vornahme der Handlungen zu ermöglichen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die mit dem Prüfmaßstab „voraussichtliche Beeinträchtigung“ herabgesetzten Anforderungen an Wahrscheinlichkeit und Gefährdungsgrad einer Verletzung außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter einen sehr weitreichenden exekutiven Entscheidungsspielraum hinsichtlich der verfahrensabschließenden Untersagung oder Anordnung bieten. Ungeachtet seiner Verfassungswidrigkeit bleibt insbesondere der Gefährdungsgrad der Beeinträchtigung bis zu einer Gesetzes- und Verordnungsänderung weiterhin maßgeblich.

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Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) bb). Engelhardt, in: Holzapfel (Begr.), Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 16. Aufl. 2021, Rn. 2318 f.; Enders, RIW 2020, 652 (658, 660); v. Rummel, ZfZ 2020, 262 (266). 48 Für einen Abschluss von Clean Team-Vereinbarungen im Umgang mit den außenwirtschaftsrechtlichen Handlungsverboten plädieren auch Barth/dos Santos Goncalves, DB 2020, 2506 (2510); Dammann de Chapto/Brüggemann, NZKart 2020, 374 (377). Diese hält v. Brevern, BB 2022, 131 (136) angesichts der Wirkung der Verbote erst nach dem Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages demgegenüber nicht für notwendig. 49 Niestedt, in: ders., BeckOK-AWR, § 15 AWG (Stand 2022) Rn. 32. Bei Clean TeamVereinbarungen werden die Informationen bestimmten Mitarbeitern des Unternehmens zugänglich gemacht, wohingegen bei Black Box-Vereinbarungen externe Dritte wie etwa Steuerberater einbezogen werden, vgl. Thurn/Wiegand, in: Walz (Hrsg.), Beck’sches Formularbuch Zivil-, Wirtschafts- und Unternehmensrecht, 5. Aufl. 2022, N. 1. Rn. 1; Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449 (451); Köck, Vertrauliche Informationen beim Unternehmenskauf – was ist aus kartellrechtlicher Sicht zu beachten?, PwC v. 11. 5. 2021, https://blog.pwclegal.at/aus tausch-vertraulicher-informationen-beim-unternehmenskauf-was-ist-aus-kartellrechtlichersicht-zu-beachten/ (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 50 Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) bb) und dd). 51 Hierzu s. nur Jungkind/Bormann, DK 2020, 369 (375). 47

§ 3 Reformvorschläge für die aktuellen Vorschriften

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§ 3 Reformvorschläge für die aktuellen Vorschriften des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung Auf Grundlage dieser Untersuchungsergebnisse werden Ideen für eine Reform der sektorübergreifenden Prüfvorschriften in Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung aufgezeigt. Neben den einzelnen nachfolgenden Regelungsvorschlägen erschiene allgemein eine Inkorporierung der Vorschriften mitsamt denjenigen der sektorspezifischen Prüfung in ein eigenständiges Investitionskontrollgesetz denkbar.52 Dies dürfte im Lichte von Transparenz und Übersichtlichkeit der vorzugswürdige Lösungsweg sein.53 Mit einem eigenständigen Gesetz könnte gesondert ein verständlicherer Rechtsrahmen normiert werden, der bestimmte Verfahrensregelungen wie Meldepflichten oder Verweise auf Allgemeinverfügungen inkludierte.54 Zweifelsohne könnten derartige Bestrebungen nach mehr Übersichtlichkeit jeweils zu einer (noch) weiteren55 Angleichung von sektorübergreifendem und sektorspezifischen Prüfmechanismus einhergehen. Es gilt zu bedenken, dass die Änderung eines Parlamentsgesetzes mehr Zeit in Anspruch nehmen und schnelles Handeln – z. B. wie bei der Fünfzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung in Reaktion auf die COVID-19-Pandemie56 – erschweren könnte. Für solche Fälle ließe sich allerdings eine Verordnungsermächtigung in das neue Gesetz implementieren. Abseits dieser redaktionellen Vereinheitlichung des Prüfmechanismus wäre es wünschenswert, nähere Anhaltspunkte der konkreten behördlichen Prüfpraxis, insbesondere seiner Entscheidungen,57 zu offenbaren.58 Zwar lassen sich entsprechende 52

Kap. 2 § 1 A. Ein solches ist etwa in Österreich etabliert worden, vgl. Kap. 2 § 3 C. Dahingehend unter Zugrundelegung der aktuellen Vorschriften auch v. Brevern, NZKart 2021, 530 (530, 536). 54 Eine Konsolidierung der investitionskontrollrechtlichen Vorschriften in Außenwirtschaftsgesetz und -verordnung ziehen auch schon Barth/dos Santos Goncalves, DB 2020, 2506 (2512) in Erwägung. 55 Zur fortlaufenden Angleichung der Mechanismen in der Vergangenheit vgl. schon Kap. 2 § 1 B. II. 1. 56 Kap. 2 § 1 A. 57 Dahingehend auch v. Brevern, BB 2022, 131 (136) und hinsichtlich der beachtlichen Länge von Untersagungsentscheidungen m. V. a. Stratmann, Radar-Spezialist: Bundesregierung stoppt Übernahme durch chinesischen Investor, Handelsblatt v. 3. 12. 2020, https://www. handelsblatt.com/politik/deutschland/investitionskontrolle-radar-spezialist-bundesregierungstoppt-uebernahme-durch-chinesischen-investor/26684468.html?ticket=ST-1543735-FQidQDJ Kesbr2P3bCkqa-ap3 (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 58 Mehr Transparenz des BMWK fordert auch v. Kalben, ZHR 2022, 586 (619 ff.). Konkret im Umgang mit dem Tatbestand atypischer Kontrollerwerbe gem. § 56 Abs. 3 AWV (hierzu s. Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (3)) plädieren Bürger/Uzunçakmak, NZKart 2022, 63 (63 ff.) für die Offenlegung der Prüfpraxis. Hinsichtlich mittelbarer Beteiligungserwerbe (hierzu s. Kap. 2 § 1 B. II. 2. a) cc) (5)) verlangt eben dies auch v. Bieberstein, BB 2022, Heft 35, Umschlag53

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Kap. 5: Fazit und Ausblick

Bemühungen des BMWK, etwa mit Blick auf die Bereitstellung von Antworten auf „Häufige Fragen“59, bereits feststellen. Diese Informationen erscheinen im praktischen Umgang mit den Regelungen hilfreich, auch wenn sie keine Bindungswirkung entfalten.60 Ferner sind die Veröffentlichung der in den vergangenen Jahren geprüften Fälle, ihrer Gewichtung nach Branchen61 sowie die jährlichen Berichte der Europäischen Kommission zur Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen auf Grundlage der Screening-Verordnung zu begrüßen.62 Darüber hinaus wäre es zweckmäßig, die regelmäßig auf Grundlage von § 14a Abs. 2 Satz 4 und Satz 5 AWG nachgeforderten Informationen aufzuzeigen und unbestimmte Rechtsbegriffe weiter zu konkretisieren.63 Bis zu einer Reform böte sich auch eine Veröffentlichung näherer Hinweise hinsichtlich der Frage an, welcher Transaktionsbeteiligte im Falle des mittelbaren Erwerbs gem. § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV meldepflichtig ist. So könnte den bestehenden Unsicherheiten64 begegnet werden. Auf Unionsebene ist überdies nachdrücklich für eine Veröffentlichung der von der Europäischen Kommission erwogenen Leitlinien im Umgang mit der Screening-Verordnung zu plädieren.65 seite I. Weiter äußern sich Abels/Müller, Das Schweigen des Bundeswirtschaftsministers, FAZ v. 15. 2. 2022, https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/das-schweigen-des-bundeswirtschaftsmi nisters-17807961.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023) kritisch in Bezug auf die Transparenz des Prüfverfahrens am Beispiel Siltronics. Leitlinien für eine erhöhte Transparenz der Investitionsprüfung wurden etwa auch erst im September 2022 für das französische und im Oktober 2022 für das amerikanische Regime veröffentlicht, vgl. Kap. 2 § 3 B. und E. 59 BMWK, Häufige Fragen zu Investitionsprüfungen nach dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) (Stand 1. 5. 2022), https://www.bmwi.de/ Redaktion/DE/FAQ/Aussenwirtschaftsrecht/faq-aussenwirtschaftsrecht.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 60 Barth/dos Santos Goncalves, DB 2020, 2506 (2512). 61 BMWK, Im Fokus: Eine Frage der nationalen Sicherheit, Die Investitionsprüfung im Spannungsfeld von Investitionsfreiheit und der Abwehr sicherheitspolitischer Gefahren, Schlaglichter der Wirtschaftspolitik 7/2021, S. 18, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Info grafiken/Schlaglichter/2021/07/download-frage-der-nationalen-sicherheit.pdf?__blob=publica tionFile&v=8; dass., Investitionsprüfungen in Deutschland: Zahlen und Fakten, https://www. bmwk.de/Redaktion/DE/Publikationen/Aussenwirtschaft/investitionsprufung-in-deutschlandzahlen-und-fakten.pdf?__blob=publicationFile&v=18 (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 62 Europäische Kommission, Report from the Commission to the European Parliament and the Council, First Annual Report on the screening of foreign direct investments into the Union v. 23. 11. 2021, COM (2021) 714, https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2021/november/tra doc_159935.pdf; sowie dies., Report from the Commission to the European Parliament and the Council, Second Annual Report on the screening of foreign direct investments into the Union v. 1. 9. 2022, COM (2022) 433, https://ec.europa.eu/transparency/documents-register/detail? ref=COM(2022)433&lang=en (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 63 So auch Barth/dos Santos Goncalves, DB 2020, 2506 (2512). 64 S. schon Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (1). 65 Vgl. zu diesen Erwägungen Europäische Kommission, Report from the Commission to the European Parliament and the Council, First Annual Report on the screening of foreign direct investments into the Union v. 23. 11. 2021, COM (2021) 714, S. 19, https://trade.ec.euro pa.eu/doclib/docs/2021/november/tradoc_159935.pdf; dies., First annual commission report on

§ 3 Reformvorschläge für die aktuellen Vorschriften

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Solche Hilfestellungen erlaubten den Betroffenen bessere Einschätzungen im praktischen Umgang mit den sektorübergreifenden Prüfvorschriften und wirkten der bestehenden Unsicherheit entgegen. Diese Unsicherheit ist nicht nur auf die unbestimmten Rechtsbegriffe, sondern auch auf die fehlende Rechtsprechungspraxis im Bereich der Investitionskontrolle66 zurückzuführen. Ihr Fehlen ist in unterschiedlichen Aspekten begründet: Einerseits werden sich die im konkreten Fall tangierten Unternehmen genau überlegen, ob sie gegen behördliche Entscheidungen auf Grundlage des investitionskontrollrechtlichen Rahmens gerichtlich vorgehen und auf diese Weise in einem, gerade auch für ihr späteres Agieren potenziell nachteiligen, negativen Licht stehen wollen. Andererseits erscheint das bestehende Interesse an einer möglichst schnellen Abhandlung der jeweiligen Transaktionen bedeutsam. Erfasste nicht bereits das Investitionsprüfverfahren einen zu langen Zeitraum und scheiterte der Erwerb bereits aus diesem Grund, werden die betroffenen Unternehmen wohl spätestens nach dessen Abschluss nicht die weitere Zeit und Unsicherheit eines Gerichtsverfahrens in Kauf nehmen wollen. In diesem Kontext rückt noch ein weiterer Aspekt ins Blickfeld: Im Falle der Siltronic AG67 scheiterte der Erwerb an der Hemmung außenwirtschaftsrechtlicher Prüffristen bis zum Ablauf anderer für die Transaktion maßgeblicher Zeitvorgaben. Eine verfahrensabschließende, für Rechtssicherheit sorgende Verwaltungsentscheidung blieb dementsprechend aus.68 Hier ersuchte der taiwanische Investor um Eilrechtsschutz, als sich eine Nichtentscheidung des BMWK vor Ablauf der börsenrechtlichen Frist abzeichnete. Jedoch entschieden sowohl Verwaltungs- als auch Oberverwaltungsgericht zulasten des potenziellen Erwerbers, was abseits spezifischer Fragen des Fristablaufs69 im Wesentlichen damit begründet wurde, dass jedenfalls „andere offene Rechtsfragen […] in der […] zur Verfügung stehenden Zeit nicht hinreichend verlässlich beurteil[t]“ werden konnten.70 Ob es überzeugen kann, (Eil-)Rechtsschutz mit der Argumentation zu verwehren, die schwierigen Rechtsfragen könnten in der kurzen Zeit nicht beantwortet werden, ist vor dem Hintergrund rechtsstaatlicher Grundsätze hinterfragungsbedürftig. Eines veranschaulicht dieser the screening of foreign direct investments into the Union Factsheet 2020, S. 3, https://trade.ec. europa.eu/doclib/docs/2021/november/tradoc_159937.pdf (jew. zul. aufg. am 28. 2. 2023). 66 Dahingehend s. auch Abels/Müller, Das Schweigen des Bundeswirtschaftsministers, FAZ v. 15. 2. 2022, https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/das-schweigen-des-bundeswirtschafts ministers-17807961.html (zul. aufg. am 28. 2. 2023). 67 S. schon weiter oben einleitend zu Kap. 1. 68 Vor dem Hintergrund demokratischer und rechtsstaatlicher Grundsätze dahingehend ebenfalls kritisch Hasselbach/Stepper, BB 2022, 643 (646 f.). 69 Zur Problematik der Fristhemmung in diesem Fall vgl. Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) cc) (3). 70 OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 31. 1. 2022 – OVG 1 S 10/22, juris Rn. 8; VG Berlin, Beschl. v. 27. 1. 2022 – 4 L 111/22, juris. Vgl. hierzu auch Beninca/Tavakoli, WuW 2022, 163 (163 ff.); Schmidbauer, Globalwafers darf Siltronic nicht übernehmen, Legal Tribune Online v. 1. 2. 2022, https://www.lto.de/recht/kanzleien-unternehmen/k/siltronic-globalwa fers-uebernahme-gescheitert-unbedenklichkeitsbescheinigung-ministerium-wirtschaft-wafer-si lizium/ (zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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Kap. 5: Fazit und Ausblick

prominente Fall jedenfalls: Transaktionsbeteiligte können sich im Rahmen der außenwirtschaftsrechtlichen Investitionsprüfung anders als in anderen Rechtsgebieten nicht auf gerichtlichen Rechtsschutz verlassen – im Eilverfahren wären die Fragen mitunter zu kompliziert, in der Hauptsache käme die Entscheidung zu spät.71 Diese Erkenntnis unterstreicht nochmals die hohe Bedeutung der Bemühung um ein äußerst transparentes behördliches Verfahren.72 Zum Gewinn von Anhaltspunkten für weitere, über den Stand dieser Studie hinausgehende Reformbedürfnisse ist die in § 32 AWG und § 82b AWV bzw. Art. 15 ScreeningVO angelegte Evaluierung der Investitionskontrollvorschriften73 positiv zu bewerten. Regelmäßige Evaluierungen sind auch im Anschluss an die bereits festgelegten Zeitpunkte zwingend notwendig.74 Dies gilt konkret auch auf die Frage, ob die in § 55a Abs. 1 AWV aufgeführten Branchen besonders sicherheitsrelevant sind. Allein anhand wiederkehrender Überprüfungen kann der Gefahr einer Diskrepanz zwischen politisch motivierten Regelungen und ihrer (rechts-)praktischen Begründbarkeit entgegengewirkt werden. Überdies sollten auch weiterhin75 Stellungnahmen der praktisch von der Investitionsprüfung Betroffenen bei weiteren Gesetzes- und Verordnungsnovellierungen berücksichtigt werden. Mit Spannung darf auch der praktische Umgang mit Unternehmen der Gamingbranche erwartet werden, der aktuell im Fokus interner Überlegungen des BMWK zu stehen scheint. Die Gamingbranche wird seitens des BMWK als ein „Trendsektor“ der Investitionsprüfung bezeichnet.76 Offen bleibt bislang die Frage, ob man Gamingunternehmen mit einer extensiven Auslegung unter das Regelbeispiel der Medienunternehmen gem. § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV fassen oder aber in einem neuen 71 Auch ein erstes gerichtliches Hauptverfahren im Bereich der Investitionsprüfung wurde im Herbst 2022 vor dem Termin der mündlichen Verhandlung abgesagt. Mit großer Spannung darf die Entscheidung der vor dem VG Berlin anhängige Klage eines chinesischen Investors anlässlich der Untersagung des Erwerbs der Heyer Medical AG (s. Olk, Regierung untersagt chinesische Übernahme von Beatmungsgeräte-Hersteller, Handelsblatt v. 27. 4. 2022, https:// www.handelsblatt.com/politik/deutschland/heyer-medical-regierung-untersagt-chinesischeuebernahme-von-beatmungsgeraete-hersteller/28281882.html [zul. aufg. am 28. 2. 2023]) erwartet werden, die für das Jahr 2023 vorgesehen ist. Vgl. zu diesen gerichtlichen Verfahren Barth/dos Santos Goncalves/Käser, DB Beilage 03/2022, 42 (43), die ebenfalls eine Rechtsprechungsfortentwicklung im Investitionskontrollrecht begrüßen. Zur eingeschränkten Überprüfbarkeit der gerichtlichen Entscheidungen vgl. überdies Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 214 m. w. N. 72 Die Problematik der eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle im Kontext der nationalen Investitionsprüfung skizziert ebenfalls v. Kalben, ZHR 2022, 586 (627 ff.). 73 Vgl. auch Sattler/Engels, EuZW 2021, 485 (491). 74 In diesem Sinne auch Geber, AW-Prax 2021, 299 (302). 75 Entsprechend ist im Zusammenhang mit der Siebzehnten Änderungsverordnung der Außenwirtschaftsverordnung vorgegangen worden, s. schon Kap. 1 § 2 sowie Kap. 2 § 1. 76 Vgl. Barth, How is German Foreign Investment working in practice? Key takeaways from our podcasts with the Ministry, Linklaters v. 21. 3. 2022, https://www.linklaters.com/en/in sights/blogs/foreigninvestmentlinks/2022/march/how-is-german-foreign-investment-workingin-practice-key-takeaways-from-our-podcast (zul. aufg. am 28. 2. 2023).

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Regelbeispiel sicherheitsrelevanter Zielunternehmen gem. § 55a Abs. 1 AWV aufführen möchte. Gegen eine Subsumtion unter die Regelung in § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV bestehen Bedenken: Selbst wenn man das Merkmal eines Unternehmens der Medienwirtschaft bejahte, erschiene die besondere Aktualität und Breitenwirkung eines Gamingunternehmens zumindest äußerst fraglich. Im Gamingbereich wird eine Beeinträchtigung außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter für möglich gehalten, weil sich eine Vielzahl von Usern auf Plattformen austauschen kann. Dieser Bereich sehe sich mit der Medienbranche des § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV verwandt, da ebenfalls das Schutzbedürfnis vor einer Manipulation der Meinungsbildung in der deutschen Bevölkerung zu erkennen sei.77 Unbestritten könnte sich diese Verhältnismäßigkeitsprüfung an einigen der für „klassische“ Medienunternehmen, also etwa solchen, die große Tageszeitungen vertreiben, angestellten Erwägungen orientieren.78 Zweifelhaft bleibt indessen, ob im Gamingbereich ein diesen gegenüber vergleichbares Beeinträchtigungspotenzial außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter lauert. In jedem Fall vergegenwärtigen die angestellten Überlegungen ein weiteres Mal die Brisanz nationaler Investitionsprüfvorschriften gerade auch für solche Branchen, die man womöglich nicht zuerst auf der Agenda sicherheitsrelevanter ziviler Zielunternehmen hat. Abseits der in dieser Arbeit untersuchten Konstellation mit Drittstaatenbezug wird sich im speziellen Medienbereich in näherer Zukunft, insbesondere aus Anlass der weiteren Entwicklungen in der ProSieben Sat.1 Media SE unter dem Einfluss ihres Aktionärs MFE-Mediaforeurope N.V.,79 zeigen, ob auch Beschränkungsmöglichkeiten unionsinterner Erwerbe zu befürworten sind. Entsprechende Regelungen könnten beispielsweise in Gestalt medienstaatsvertraglicher Schutzklauseln eingeführt werden. Zwar könnten von ihnen ebenfalls nachteilige Einflussnahmen für die medienrechtlichen Schutzgüter ausgehen. In diesem Kontext erscheint ein anderen Abwägungsergebnis im Rahmen des nationalen Verfassungsrechts möglich, in dem sich der unionsangehörige Investor ebenfalls auf die Grundrechte berufen könnte.80 Beachtlich sind darüber hinaus besonders die im Binnenmarkt angelegten Gemeinsamkeiten. Diese Übereinstimmungen bilden auch die Grundlage für das im Binnenverkehr geltende höhere Schutzniveau der europäischen Grundfreiheiten81,

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Zu den im Medienbereich verfolgten Zielen vgl. bereits Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa) (2). Zur besonderen Sicherheitsrelevanz von Medienunternehmen und einer Angemessenheit der hier geltenden zehnprozentigen Prüfschwelle, vgl. Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (a). 79 S. schon Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (a). 80 Wegen seiner Unionsansässigkeit wären für ihn die Voraussetzungen des Art. 19 Abs. 3 GG erfüllt, vgl. hierzu schon Kap. 3 § 1. 81 In diesem Kontext würde die Niederlassungsfreiheit infolge ihrer persönlichen Schutzbereichseröffnung gelten (vgl. Kap 4 § 2 A. II. 1.) und auch die Kapitalverkehrsfreiheit entfaltete einen umfassenderen Schutz (vgl. Kap.4 § 2 C. I.). 78

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welches die rechtliche Zulässigkeit von Beschränkungsmöglichkeiten unionsinterner Erwerbe deutscher Medienunternehmen erschwert.82 Abgesehen von diesen Überlegungen bedarf es aus Gründen der redaktionellen Anpassung83 folgender Änderung des § 18 Abs. 2 Nr. 8 AWG: „Ebenso wird bestraft, wer gegen die Außenwirtschaftsverordnung verstößt, indem er einer vollziehbaren Anordnung nach § 59 Abs. 1 AWV oder Abs. 3 Nr. 1 oder § 62 Abs. 1 zuwiderhandelt.“

Ferner diente eine in § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV normierte Klarstellung der Erfassung mittelbarer Beteiligungserwerbe gem. § 56 Abs. 5 AWV durch die Meldepflicht einer erhöhten Rechtssicherheit.84 Zielführend wäre eine entsprechende Änderung des § 55a Abs. 4 Satz 1 AWV: „Der Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrags über den Erwerb eines in Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 27 bezeichneten inländischen Unternehmens oder einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung i. S. d. § 56 Abs. 1 oder Abs. 2, jeweils auch in Verbindung mit Abs. 4 Satz 1 oder 2 und Abs. 5, an einem inländischen Unternehmen i. S. d. Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 27 durch einen Unionsfremden ist dem BMWK vorbehaltlich des Satzes 2 unverzüglich nach Abschluss des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts schriftlich oder elektronisch zu melden.“

Bedingt durch den in der Screening-Verordnung angelegten Kooperationsmechanismus erscheint eine Anweisung im nationalen Recht vorzugswürdig, die Kommentare und Stellungnahmen in der sektorübergreifenden Prüfung zu berücksichtigen bzw. ihnen hinreichend Rechnung zu tragen. Diese Anweisung ließe sich beispielsweise in einem neuen Abs. 1c des § 55 AWV einfügen. Hierzu diente eine Etablierung des § 55 Abs. 1c AWV: „Bei der Prüfung einer voraussichtlichen Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nach Abs. 1 Satz 1 werden die im Rahmen des Kooperationsmechanismus der Europäischen Union abgegebenen Kommentare der Mitgliedstaaten und die Stellungnahmen der Kommission gem. Art. 6 Abs. 9 ScreeningVO angemessen berücksichtigt. Dies gilt gem. Art. 7 Abs. 7 ScreeningVO auch dann, wenn der Erwerb keiner Prüfung nach Abs. 1 Satz 1 unterliegt. Einer im Rahmen von Art. 8 ScreeningVO abgegebenen Stellungnahme der Kommission wird gem. Abs. 2 Buchst. c) umfassend Rechnung getragen.“

Bezüglich des Merkmals „besonders“ sind wegen seiner Unbestimmtheit im jeweiligen Kontext normative Nachbesserungen erforderlich. Kommt dem Tatbestandsmerkmal aus gesetzgeberischer Perspektive keine nähere Relevanz zu, ist es zu 82 Vgl. auch Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen aus Drittstaaten im deutschen und europäischen Energierecht, 2010, S. 170: Diese hielten außenwirtschaftsrechtlichen Beschränkungsmöglichkeiten des Erwerbs eines deutschen Energieinfrastrukturunternehmens im Binnenverkehr für mit der Niederlassungsfreiheit unvereinbar. Angesichts der gegenüber der Versorgungssicherheit im Medienbereich verfolgten anderen Ziele, konkret der Pressefreiheit, der freien Berichterstattung und der Medienpluralität (s. schon Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) aa)), könnte dies im Ergebnis anders zu bewerten sein. 83 Kap. 2 § 1 B. II. 3. b) ee). 84 Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (1).

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streichen. Bei einem Festhalten am Begriff „besonders“ bei Medienunternehmen i. S. v. § 55a Abs. 1 Nr. 6 AWV ist das Tatbestandsmerkmal „besondere Aktualität und Breitenwirkung“ zu präzisieren. Auch wenn die Merkmale im Einzelfall untersucht werden müssen, sollten den betroffenen Unternehmen gewisse Kriterien hinsichtlich der Erfüllung der Voraussetzungen geboten werden. Im Rahmen der besonderen Aktualität zielunternehmerischer Informationen ist zwischen unterschiedlichen Medien zu differenzieren. Die Spezifizierung des Aktualitätsbegriffs kann durch das Bundesverfassungsgericht im Sinne einer schnellen, möglichst zeitgleichen Informationsweitergabe etwa nicht unterschiedslos für Tageszeitungen gelten. Für die Breitenwirkung könnte an eine gewisse Anzahl von Konsumenten der Medienformate des Unternehmens, an eine Auflagenstärke oder an Onlineaufrufe dieser Medienformate angeknüpft werden. Denkbar wäre insoweit eine entsprechende Etablierung des § 55a Abs. 1 Satz 3 AWV: „Eine besondere Aktualität und Breitenwirkung i. S. d. Satzes 1 Nr. 6 ist gegeben, wenn das Unternehmen in der Regel 1. seine Informationen in Abhängigkeit zur jeweiligen Aktualisierungsmöglichkeit der Medien schnell veröffentlicht, wobei für Tageszeitungen eine tägliche Publikation, hingegen für Internetdienste, Radio und Fernsehen wenige Minuten genügen, und 2. [ ] Prozent der gesamten Bevölkerung der Bundesrepublik oder bezogen auf eine Million Einwohner [ ] Prozent mit seinen Medienformaten erreicht oder diese Formate eine Auflagenstärke von [ ] bzw. Onlineaufrufe in Höhe von [ ] aufweisen.“

Zur Wahrung der verfassungs- und unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsmaßstäbe verlangen das Vollzugverbot und die Handlungsverbote nach einer gesetzlichen Befreiungsmöglichkeit für den Einzelfall. Möglich ist zu diesem Zweck eine Etablierung folgender Regelung: „Das BMWK kann auf Antrag Befreiungen von den Vollzugsbeschränkungen des § 15 Abs. 3 AWG und des § 15 Abs. 4 AWG erteilen, wenn die beteiligten Unternehmen hierfür wichtige Gründe geltend machen, insbesondere, um einen schweren Schaden von einem beteiligten Unternehmen oder von Dritten abzuwenden. Die Befreiung kann jederzeit, auch vor der Meldung, erteilt und mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden. Die Befreiung kann widerrufen oder geändert werden, wenn sie auf unrichtigen Angaben beruht, arglistig herbeigeführt worden ist oder die beteiligten Unternehmen einer mit ihr verbundenen Auflage zuwiderhandeln.“85

85 In Anlehnung an Linklaters, Stellungnahme zum Referentenentwurf der Siebzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 17. 2. 2021, S. 11, https://www. bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Stellungnahmen/Stellungnahmen-AWV-Novelle-17te/lin klaters.pdf?__blob=publicationFile&v=6 (zul. aufg. am 28. 2. 2023), die das Vollzugsverbot ansprechen, sich normativ jedoch nur auf die Handlungsverbote in § 15 Abs. 4 AWG beziehen. Dieser Vorschlag ist ebenfalls an den Befreiungstatbestand vom kartellrechtlichen Vollzugsverbot angelehnt, hierzu s. Kap. 3 § 3 A. III. 2. b) dd) (2) (d).

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Abgesehen von diesen konkreten Novellierungsvorschlägen besteht ein weiterer Änderungsbedarf in Bezug auf die sektorübergreifenden Investitionsprüfvorschriften: Da in bestimmten Konstellationen des mittelbaren Erwerbs streng genommen kein unmittelbarer Erwerber gegeben ist, sollte in § 55a Abs. 5 AWV verdeutlicht werden, dass in diesem Fall der mittelbaren Erwerber zur Meldung eines Abschlusses des schuldrechtlichen Vertrages verpflichtet wird.86 Wird am Merkmal „besonders“ auch im Kontext der Fristverlängerungsoption des § 14a Abs. 4 Satz 2 AWG sowie im Kontext des in § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 AWG normierten Handlungsverbots festgehalten, sorgten nicht abschließende Regelbeispiele für Rechtssicherheit. Diese böten nähere Anhaltspunkte hinsichtlich der Frage, wann Verteidigungsinteressen der Bundesrepublik i. S. d. § 14a Abs. 4 Satz 2 AWG besonders berührt werden. Entsprechende Beispielsfälle könnten anhand typischer Konstellationen wie der Betroffenheit verteidigungsrelevanter Zielunternehmensbranchen sowie bestimmter Investoren eingrenzen, in welchem Fall das Merkmal üblicherweise erfüllt ist. Auch bedarf es einer normativen Konkretisierung dahingehend, in welchem Fall die von § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 AWG erfassten unternehmensbezogenen Informationen im Rahmen der Prüfung einer voraussichtlichen Beeinträchtigung außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter besonders zu berücksichtigen sind. Eine abschließende Aufzählung von Informationen ist schwer umsetzbar, weil diese die jeweiligen Einzelfälle nicht ausreichend berücksichtigte.87 Indes könnten verschiedene Gruppen oder Beispiele von Informationen aufgeführt werden, bei deren Vorliegen regelmäßig eine besondere Berücksichtigung gegeben ist.88 So könnten im speziellen Medienbereich etwa geheime Absprachen bezüglich der Gewinnung oder von Informationen beachtlich sein, mit denen das Zielunternehmen arbeitet. Die Untersagungs- und die Anordnungsermächtigung sind wegen des Prüfmaßstabs „voraussichtliche Beeinträchtigung“ außenwirtschaftsrechtlicher Schutzgüter unangemessen. Weil auch ein abgestuftes System für den Erlass von Anordnungen in Orientierung an deren jeweiliges Beeinträchtigungspotenzial ausscheidet,89 ist für die verfahrensabschließenden Ermächtigungen am zuvor geltenden Gefahrenbegriff festzuhalten.90 Dies gilt mit dem Unterschied, dass der de lege lata gewählte geringere Wahrscheinlichkeitsgrad („voraussichtlich“) angesichts der hochrangigen Schutzgüter zulässig ist.91 Zur Wahrung der Verfassungsanforderungen sind die

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Kap. 2 § 1 B. II. 3. a) aa) (1). So auch Spür, COVuR 2020, 516 (519). Eine abschließende Aufzählung fordern hingegen Jungkind/Bormann, NZG 2020, 619 (622). 88 Eine Benennung von Informationen fordern auch Jungkind/Bormann, DK 2020, 369 (375); Sachs, in: Dorsch, Zollrecht, § 15 AWG (Stand 2020) Rn. 16. 89 Kap. 3 § 4 A. III. 3. 90 Zur Auslegung des Begriffs vgl. Kap. 2 § 1 B. II. 2. d). 91 S. ausf. schon Kap. 3 § 4 A. III. 2. c). 87

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Regelungen in Außenwirtschaftsgesetz und in -verordnung dahingehend zu ändern, dass folgender Prüfmaßstab eingeführt wird:92 „voraussichtliche Gefahr“ Weiterführend ist ähnlich wie im österreichischen Rechtsrahmen93 ein abgestuftes System unterschiedlicher Prüfmaßstäbe zu erwägen. Für die Eröffnung des vertieften Prüfverfahrens gem. § 14a Abs. 1 Nr. 1 AWG könnte ein gegenüber der für die verfahrensabschließenden Entscheidungen milderer Wahrscheinlichkeitsgrad ausreichen. Denn im vertieften Verfahren wird eine voraussichtliche Gefahr – dies nach dem Reformvorschlag de lege ferenda – erst noch untersucht. Für die Verfahrenseinleitung ist derzeit im Gesetz nicht explizit ein Maßstab verankert, jedoch muss die Behörde zur Vermeidung willkürlicher Entscheidungen die für eine spätere Untersagung oder Anordnung heranzuziehenden Kriterien berücksichtigen, sodass – wiederum de lege ferenda – eine Gefahr für eine vertiefte Verfahrenseinleitung jedenfalls möglich sein muss. Vor diesem Hintergrund könnte für diesen Prüfschritt auch der mildere Maßstab einer möglichen Gefahr normiert werden. Die Arbeitsbelastung des im BMWK für Investitionsprüfungen zuständigen Referats hat sich in den vergangenen Jahren erheblich gesteigert;94 angesichts jüngerer Entwicklungen in China und Russland wird sich diese in absehbarer Zeit nicht verringern. Da zugleich der investitionskontrollrechtliche Rechtsrahmen an Komplexität gewonnen hat, sollte der Gesetzgeber die Etablierung einer neuen Behörde in Erwägung ziehen. Diese Behörde könnte – ähnlich wie das Bundeskartellamt – eine gebündelte Entscheidungskompetenz für alle Fragen der Investitionskontrolle erhalten, womit auch einzelne Transaktionen schneller geprüft werden könnten. Wollte man weiterhin einen engen Bezug der Investitionsprüfung zu politischen Entschlüssen knüpfen, dann ließe sich im Zuge dieser Änderung etwa eine Ministerialerlaubnis für verfahrensabschließende Entscheidungen einführen.

92 Vgl. auch den Reformvorschlag Beckers, die eine stärkere Privilegierung von Erwerben nicht sicherheitsrelevanter Unternehmen gem. § 55a Abs. 1 AWV favorisiert und für die sektorübergreifende Prüfung in diesem Bereich den Prüfmaßstab einer „tatsächlichen Gefahr“ fordert (Becker, Die Investitionskontrolle im Außenwirtschaftsrecht, 2023, S. 243 f.). 93 Kap. 2 § 3 C. 94 S. einleitend Kap. 1 § 1. Diese Arbeitsbelastungen durch Prüfungen auf Grundlage des nationalen Rechtsrahmens werden durch die im Rahmen des Kooperationsmechanismus zu untersuchenden Erwerbe in anderen Mitgliedstaaten erhöht, vgl. einleitend Kap. 2 § 2 IV.

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Stichwortverzeichnis 50 Hertz GmbH

45, 292 f.

Anordnungsermächtigung – Begriff 95 ff. – Unionsrechtskonformität 382 ff. – Verfassungskonformität 282 ff. Ausgestaltung 188 ff. Außenwirtschaftsfreiheit 28, 163, 182 Bedingung, auflösende 98 f. Beeinträchtigung, voraussichtliche siehe Prüfmaßstab Berufsfreiheit siehe Grundrechte Bestimmtheitsgebot 206 ff., 372 f. Beteiligungserwerb siehe Erwerb China 30 ff., 113 ff., 136, 220 f., 228 f., 248, 407 COSCO 27 – Direktinvestitionen, ausländische Begriff 28 ff. – Nationales Recht 54 ff. – Screening-Verordnung 121 f. Eigentumsfreiheit siehe Grundrechte Eingriff – Grundfreiheiten – Grundrechte 174 ff., kumulativ 178 ff. Einreichungspflicht – Begriff 104 f. – Unionsrechtskonformität 342 ff. – Verfassungskonformität 193 ff. Enteignung 172 ff. Entstehungsgeschichte – Europäischer Rechtsrahmen 115 ff. – Nationaler Rechtsrahmen 42 ff. Erwerb – Beteiligung 58 ff. – Unternehmen 55 ff. Erwerber – Nationales Recht 64 ff.

– Unionsrecht 122 Erwerbsfreigabe 92 f. Fristen – Nationales Recht 83 ff. – Unionsrecht 126 ff. Gefährdung, tatsächliche und hinreichend schwere siehe Prüfmaßstab Gewerbebetrieb, eingerichteter und ausgeübter 196 ff. Grundfreiheiten – Kapitalverkehrsfreiheit 335 ff., 342 ff., 382 ff. – Niederlassungsfreiheit 343 ff. Grundinteresse der Gesellschaft 366 ff. Grundrechte – Allgemeine Handlungsfreiheit 191 ff. – Berufsfreiheit 181 ff., 266 ff., 309 f. – Eigentumsfreiheit 169 ff., 194 ff., 282 ff. – Grundrechtsberechtigung 163 ff. – Presse- und Rundfunkfreiheit 184 ff., 273 ff., 310 ff. Grundrechtecharta 320 ff. Hamburger Hafenterminal Tollerort 27 Handlungsempfehlungen 395 ff. Handlungsfreiheit, allgemeine siehe Grundrechte Handlungsverbote – Begriff 100 ff. – Unionsrechtskonformität 342 ff. – Verfassungskonformität 193 ff. Inhalts- und Schrankenbestimmung 172 ff. Investitionskontrolle, nationale 51 ff. Kapitalverkehrsfreiheit siehe Grundfreiheiten

Stichwortverzeichnis

457

Medienunternehmen – Anlass und Hintergründe 106 ff. – Branche 110 ff. Meldepflicht – Begriff – Unionsrechtskonformität 319 ff. – Verfassungskonformität 169 ff.

– Anwendungsbereich 121 ff. – Jährliche Berichterstattung 125 – Kooperationsmechanismus 126 ff. – Nationales Recht 132 ff. – Regelungsbedarfe 134 f. Seidenstraße 30 f. Siltronic AG 27, 234 ff., 401 f.

Niederlassungsfreiheit siehe Grundfreiheiten

Untersagungsermächtigung – Begriff 93 ff. – Unionsrechtskonformität 382 ff. – Verfassungskonformität 282 ff.

Presse- und Rundfunkfreiheit siehe Grundrechte Protektionismus 25 f., 33 f., 119 f., 301 f. Prüfmaßstab – Begriff 79 ff., 125 ff. – Unionsrechtskonformität 385 ff. – Verfassungskonformität 299 ff. Prüfung, sektorspezifische 52 f. Prüfung, sektorübergreifende 52 f. Recht auf Vergessen 322 ff. Rechtfertigungsgrund, geschrieben Rechtsschutz 88, 94 ff., 401 f. Reformvorschläge 399 ff. Regelbeispiele – Erwerber 77 ff., 124 f. – Zielunternehmen 70 ff., 123 f. Reziprozität 358, 386

364 ff.

Sanktionen, strafrechtliche und bußgeldliche 105 f. Schutzgüter, außenwirtschaftsrechtliche – Nationales Recht 67 ff. – Unionsrecht 122 ff. Screening-Verordnung, unionsrechtliche – Anlass und Hintergründe 115 ff.

Vergleich, internationaler 135 ff. – Frankreich 141 ff. – Niederlande 137 ff. – Österreich 144 ff. – Polnisches Mediengesetz 156 ff. – Vereinigte Staaten von Amerika 152 ff. – Vereinigtes Königreich 148 ff. Verwaltungsakt-Ermächtigungen – Begriff 104 f. – Unionsrechtskonformität 342 ff. – Verfassungskonformität 193 ff. Vollzugsverbot – Begriff 98 ff. – Unionsrechtskonformität 342 ff. – Verfassungskonformität 193 ff., insb. Befreiungsmöglichkeit 255 ff. Wertpapiergeschäfte

102 ff.

Ziele der Investitionsprüfung – Allgemein 215 ff. – Medienunternehmen 223 ff.