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German Pages 242 [243] Year 2020
Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 319
Die Übertragung von Aufgaben durch Kapitalverwaltungsgesellschaften unter dem KAGB Zulässigkeit, Grenzen und Haftung
Von
Frank Herring
Duncker & Humblot · Berlin
FRANK HERRING
Die Übertragung von Aufgaben durch Kapitalverwaltungsgesellschaften unter dem KAGB
Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 319
Die Übertragung von Aufgaben durch Kapitalverwaltungsgesellschaften unter dem KAGB Zulässigkeit, Grenzen und Haftung
Von
Frank Herring
Duncker & Humblot · Berlin
Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main hat diese Arbeit im Jahre 2019 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
D 30 Alle Rechte vorbehalten
© 2020 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI buchbücher.de Gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 978-3-428-18060-8 (Print) ISBN 978-3-428-58060-6 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
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Vorwort Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den Pflichten einer externen Kapitalverwaltungsgesellschaft und der Übertragung dieser Pflichten auf Dritte. Die bis 2004 verbotene Auslagerung der Portfolioverwaltung und der Fondsadministration sind mittlerweile aus der Praxis deutscher KVGen nicht mehr wegzudenken. Gleichwohl sind viele Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Pflichtenkreis der KVGen sowie der damit verbundenen Verantwortung und Haftung nach wie vor nicht befriedigend geklärt. Mit dieser Arbeit habe ich versucht, einen Beitrag zur Klärung dieser Rechtsfragen zu leisten. In diese Arbeit sind Erkenntnisse eingeflossen, die ich in mehr als 20-jähriger Tätigkeit als Rechtsanwalt im Investmentrecht habe gewinnen können. Die Arbeit wurde maßgeblich verbessert durch zahlreiche Diskussionen mit Mandanten und Anwaltskollegen. Herrn Georg Klusak, Herrn Marcus Mecklenburg, Herrn Dr. Max Nikolaus, Herrn Titus Noltenius, Herrn Dr. Olaf Otting, Frau Karola Plumridge, Herrn Dr. Karl-Ludwig Ruppel, Herrn Conrad Ruppel, Herrn Michael Schmidt, Herrn Dr. Christian Schmies sowie Herrn Torsten Ziegler bin ich für ihre Gedanken und Einsichten zu Dank verpflichtet. Ein besonderer Dank für seine wertvolle Unterstützung gilt meinem geschätzten Freund und Kollegen Herrn Dr. Mathias Hanten, einem ausgewiesenen Kenner der Materie. Diese Arbeit wurde im Wintersemester 2019/2020 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Johann Wolfgang Goethe-Universität als Dissertation angenommen. Großen Dank schulde ich meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Andreas Cahn, dessen wertvolle Hinweise diese Arbeit sehr bereichert haben. Ferner danke ich Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Theodor Baums für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Ohne die Ermutigung meiner lieben Frau Sibel wäre diese Arbeit weder begonnen noch beendet worden – daher gebührt ihr zuallererst mein Dank. Frankfurt am Main, im April 2020
Frank Herring
Inhaltsverzeichnis Einleitung und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
Teil 1 Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
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A. Klärung wichtiger Begriffe und Konzepte – Formen von Investmentvermögen . . . . . . 25 I. Externe Kapitalverwaltungsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 II. Investmentvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1. Sondervermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 a) Publikums-Sondervermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 b) Spezial-Sondervermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 c) OGAW und AIF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2. Investmentgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 a) Investmentaktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 b) Investmentkommanditgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 3. Verwahrstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 B. Regelung von Pflichten und Haftung bei der individuellen Vermögensverwaltung . . . 34 I. Der Vermögensverwaltervertrag als aufsichtsrechtlich regulierter Geschäftsbesorgungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 II. Typische Regelungsinhalte von Geschäftsbesorgungsverträgen . . . . . . . . . . . . . 35 III. Regelungen in Vermögensverwaltungsverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 1. Regelung des Leistungsumfangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 a) Anlagerichtlinien zur Festlegung des Leistungsumfangs und zur Begrenzung des Ermessens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 b) Zusammenarbeit mit anderen Dienstleistern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 c) Vertraglicher Regelungsspielraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2. Sorgfaltspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 3. Spezialproblem der produktiven Vermögensverwaltung: Berücksichtigung steuerlicher Verhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 a) Rechtslage ohne vertragliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 b) Vertragliche Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 4. Regelung zur Substitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 5. Einsatz von Erfüllungsgehilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
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Inhaltsverzeichnis 6. Haftungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
C. Der Investmentvertrag im Spannungsfeld von allgemeinem Zivilrecht und speziellem Investmentrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 I. Der Investmentvertrag als Vertrag sui generis mit Geschäftsbesorgungscharakter 46 II. Rechtsbeziehungen im Investment-Viereck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 III. Das Investmentrecht als ausfüllungsbedürftiger und der Ausfüllung zugänglicher Rechtsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 D. Die KVG als Verwalterin des Fondsvermögens und Koordinatorin von Dienstleistungen Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 II. Übertragung von Aufgaben bei Wertpapierfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 1. Überblick über die Wertschöpfungs-Funktionsbereiche . . . . . . . . . . . . . . 53 2. Die Wertschöpfung der kollektiven Vermögensverwaltung im Einzelnen 55 a) Vertrieb von Investmentanteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 b) Ausgabe von Investmentanteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 c) Einzelfunktionen des Front Office . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 aa) Research und finanzielle Analysen zur Vorbereitung der Anlageentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 bb) Vorläufiges Treffen der Anlageentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . 57 cc) Überprüfung der Auswirkung der Entscheidung auf Anlagegrenzen (Pre-trade Investment Compliance) und Risikoparameter . . . 58 dd) Auftragsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 ee) Umsetzen der Anlageentscheidung und Auftragserteilung . . . . . 58 d) Einzelfunktionen des Middle Office . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 aa) Überwachung der Umsetzung der Anlageentscheidung (Trade Reconciliation) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 bb) Post-trade, pre-settlement Investment Compliance . . . . . . . . . . . 60 cc) Abwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 dd) Laufendes Risikomanagement und -controlling . . . . . . . . . . . . . . 61 ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 e) Einzelfunktionen des Back Office . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 aa) Fondsbuchhaltung/Fondsadministration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 bb) Laufende Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 cc) Performance-Messung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 dd) Währungs- und Liquiditätsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 ee) Abwicklung von Kapitalmaßnahmen (Corporate Actions Processing) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 ff) Reporting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 gg) Steuerliches Reporting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
Inhaltsverzeichnis
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3. Stabsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 a) Recht und Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 b) Allgemeine Verwaltungstätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 III. Übertragung von Aufgaben bei Alternativen Assetklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 1. Steuerstrukturierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2. Due Diligence bei Sachwerten, z. B. Grundstückskäufen . . . . . . . . . . . . . 67 3. Bewertung von Vermögensgegenständen eines AIF . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 4. Asset-, Property- und Facility-Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 5. Loan Administration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 6. Prime Broker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 IV. Übertragung von Aufgaben bei Spezial-Investmentvermögen . . . . . . . . . . . . . . . 70 1. Strukturierung des Spezialfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 2. Auswahl des externen Asset Managers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 3. Selbststeuerer-Fonds – Der Anleger als Fondsmanager . . . . . . . . . . . . . . 71 4. Freiwillige Zusatz-Aufgaben, die explizit außerhalb des Investmentvertrages geregelt werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 V. Die Verwahrstelle als Dienstleister für die KVG und den Anleger . . . . . . . . . . . 73 VI. Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 E. Der Begriff der Auslagerung im Sinne des Investmentrechtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 I. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 II. Definition des Begriffs „Auslagerung“ durch die BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 III. Vereinbarkeit der BaFin-Auffassung mit dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 IV. Vereinbarkeit der BaFin-Auffassung mit der Systematik des KAGB . . . . . . . . . 80 1. Systematik des § 36 KAGB und weiterer KAGB-Regelungen mit Auslagerungsbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 2. Beschränkung von Auslagerungstatbeständen auf Portfolioverwaltung und Risikomanagement? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 3. Beschränkung von Auslagerungstatbeständen auf „typischerweise“ von der KVG erbrachte Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 4. Beschränkung von Auslagerungstatbeständen aus gesetzessystematischen Gründen auf „dauerhaft ausgeübte“ Tätigkeiten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 a) Historische Entwicklung des Kriteriums „Dauerhaftigkeit“ bei der investmentrechtlichen Definition der Auslagerung . . . . . . . . . . . . . . . 84 b) Aufsichtsrechtliche Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 c) Gesetzessystematische Gründe für die Berücksichtigung des Kriteriums „Dauerhaftigkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 5. Beschränkung von Auslagerungstatbeständen aus gesetzessystematischen Gründen auf „wesentliche“ Aufgabenübertragungen? . . . . . . . . . . . . . . . . 87 V. Am Gesetzeszweck orientierte Auslegung des Auslagerungsbegriffs . . . . . . . . . 88 1. Zweck des § 36 KAGB und Reaktion der Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
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Inhaltsverzeichnis 2. Zweck des Art. 20 AIFM-RL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 3. Kritische Würdigung und Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 VI. Verfassungskonforme Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 1. Aufgabe der verfassungskonformen Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 2. Argumente gegen die verfassungskonforme Reduktion des § 36 KAGB
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VII. Korrektur des möglicherweise zu weit geratenen Wortlautes auf der Rechtsfolgenseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
Teil 2 Der Investmentvertrag im Spannungsfeld von allgemeinem Zivilrecht und speziellem Investmentrecht
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A. Freiheit der Parteien des Investmentvertrages, den Leistungsumfang der KVG festzulegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 I. Ausdrückliche Regelungen der AIFM-Richtlinie zum Pflichtenkreis eines AIFM 101 1. Vorgaben der AIFM-Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 2. Stand der Diskussion bis November 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 3. Diskussion infolge ESMA FAQ vom November 2016 . . . . . . . . . . . . . . . 105 II. Regelung für AIF-KVGen im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 1. Rechtsauffassung der BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 2. Kritische Analyse der BaFin-Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 a) „Kollektive Vermögensverwaltung“, § 1 Abs. 19 Nr. 24 KAGB . . . . 108 b) Verantwortlichkeit für die Bewertung, § 216 Absatz 7 S. 1 KAGB
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c) Verantwortung für die Einhaltung der Vorschriften des Gesetzes, § 17 Abs. 3 KAGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 d) Zuweisung von administrativen Tätigkeiten in der Level 2-VO . . . . 111 e) Verweis auf Anhang I Nr. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 3. Notwendigkeit der Zuweisung von Aufgaben an die regulierte KVG . . . 112 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 III. Beschränkung des Pflichtenkreises für alle Arten von AIF? . . . . . . . . . . . . . . . . 113 1. Szenario 1: Spezial-Investmentvermögen in Gesellschaftsform . . . . . . . . 113 2. Szenario 2: Publikums-Investmentvermögen in Gesellschaftsform . . . . . 114 3. Szenario 3: Spezial-Sondervermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 4. Szenario 4: Publikums-Sondervermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 IV. Regelungen der OGAW-Richtlinie betreffend den Leistungsumfang des Investmentvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 V. Folgefragen betreffend die Tätigkeiten in Anhang I der AIFM-RL . . . . . . . . . . 120
Inhaltsverzeichnis
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B. Risikomanagement als Hauptpflicht der KVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 I. Rechtsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 1. Rechtsquellen unter dem InvG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 2. Rechtsquellen unter neuem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 II. Risikomanagement als Teilbereich von Compliance? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 III. Compliance als Teilbereich des Risikomanagement? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 IV. Risikomanagement als Oberbegriff für Organisations- und Handlungspflichten 126 1. „Risikocontrolling“ als eigenständiges Konzept im Rahmen des Risikomanagements? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 2. Systematik der gesetzlichen Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 V. Die fondsbezogenen Handlungspflichten im Detail . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 1. Festlegung von Risikolimiten (§ 29 Abs. 3 Nr. 3 KAGB i. V. m. Art. 44 Level 2-VO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 2. Festlegung des maximal zulässigen Leverage, § 29 Abs. 4 KAGB . . . . . 129 3. Prä-Investitions Due Diligence, § 29 Abs. 3 Nr. 1 KAGB i. V. m. Art. 18 Abs. 3 Level 2-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 4. Erfassung, Messung, Analyse und Steuerung von fondsbezogenen Risiken, § 29 Abs. 3 Nr. 2 KAGB i. V. m. Art. 45 Level 2-VO . . . . . . . . . 131 5. Liquiditätsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 6. Zusatzaufgaben unter der DerivateVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 VI. Trennung von Risikomanagement und Portfolioverwaltung als Organisationsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 VII. Vertragliche Gestaltung der Reichweite des Risikomanagements . . . . . . . . . . . . 134 C. Leistungs- und Sorgfaltspflichten im Rahmen der Portfolioverwaltung . . . . . . . . . . . . 134 I. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 II. Umfang der gesetzlich geschuldeten Portfolioverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 1. Hinweise in Gesetzeswortlaut und -systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 2. Hinweise in den Gesetzesmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 3. Die Ansicht der deutschen Investmentaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 4. Ansichten in der Literatur zum Begriff der Portfolioverwaltung . . . . . . . 138 III. Eigene Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 1. Ausgangspunkt der eigenen Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 2. Einschränkung des Geltungsbereichs der Definition für die Zwecke dieser Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 3. Weitere notwendige Einschränkung des Begriffs „Portfolioverwaltung“ 140 IV. Praktische Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 2. Due Diligence bei Sachwerten als Teil der Portfolioverwaltung . . . . . . . 141 3. Beschaffung von Marktdaten als Teil der Portfolioverwaltung . . . . . . . . . 142 4. Anschaffung und Veräußerung von Wertpapieren grundsätzlich kein Teil der Portfolioverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
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Inhaltsverzeichnis 5. Middle Office und Back Office-Funktionen als Teil der Portfolioverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 a) Portfolioverwaltung im Middle Office? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 b) Back Office-Funktionen als Teil der Portfolioverwaltung . . . . . . . . . 146 6. Property Management und Asset Management kein Teil der Portfolioverwaltung von Immobilienfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 7. Loan Administration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 V. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 VI. Einschränkung der Reichweite der Portfolioverwaltung durch Vertrag zwischen KVG und Anleger? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 VII. Plausibilitätskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 VIII. Sorgfaltspflichten des Anlageverwalters bei der kollektiven Vermögensverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
D. Zulässigkeit der Substitution und des Einsatzes von Erfüllungsgehilfen im Rahmen des Investmentvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 I. Inhalt von § 664 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 II. Anwendbarkeit des § 664 Abs. 1 BGB im Rahmen des Investmentvertrages . . . 153 III. „Übertragung auf einen Dritten“ i. S. v. § 664 Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . 153 IV. Auswirkung von § 36 KAGB auf die Zulässigkeit der Substitution . . . . . . . . . . 154 V. Nicht jede Auslagerung ist eine Substitution und vice versa . . . . . . . . . . . . . . . . 155 VI. Zwischenergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 E. Zulässigkeit und Grenzen der Haftungsbeschränkung durch KVGen . . . . . . . . . . . . . . 156 I. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 II. Beschränkung der Haftung für eigenes Verschulden im Investment-Dreieck . . . 158 1. Regelung im BGB – AGB vs. Individualabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 2. Investmentrechtliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 3. Ergebnis für die Rechtslage im Investment-Dreieck . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 III. Beschränkung der Haftung für eigenes Verschulden im Investment-Viereck . . . 162 IV. Beschränkung der Haftung für fremdes Verschulden im Investmentvertrag . . . . 163 1. Kein allgemeines Verbot der Haftungsbeschränkung für Dritte von KVGen in BGB oder KAGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 2. Spezialfall „Objektgesellschaften“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 3. Spezialfall „externer Bewerter“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 4. Spezialfall „Auslagerungen“, § 36 Abs. 4 KAGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
Inhaltsverzeichnis
13
Teil 3 Spezialprobleme des Auslagerungstatbestandes
174
A. Anwendung der „Auslagerungs“-Definition auf Praxisfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 I. Vertrieb von Investmentanteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 1. Relevanz der Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 2. Zu beurteilende Sachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 3. Qualifikation des Einsatzes von Intermediären beim Vertrieb von Investmentanteilen als „Auslagerung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 bb) Beauftragung eines anderen Unternehmens mit der Wahrnehmung von der KVG obliegenden Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 aa) Kein „Absatzauftrag“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 bb) Liegt in der Übertragung von Informationspflichten der KVG eine „Beauftragung“ mit „typischen KVG-Pflichten“? . . . . . . . . 178 b) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 II. Ausführung von Aufträgen durch Dritte (z. B. Broker oder Verwahrstelle) . . . . 181 III. Rechenzentrums-Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 1. Gesetzeswortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 2. Überblick über die Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 3. Eigene Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 4. Kauf und Betrieb von nicht-standardisierter Software . . . . . . . . . . . . . . . 184 IV. Einholung von Informationen oder Empfehlungen Dritter in Bezug auf Vermögensgegenstände, die die KVG für Anlageentscheidungen benötigt . . . . . . . . . . 185 V. Objektgesellschaften und Auslagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 1. Abgrenzung auf Tatbestandsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 2. §§ 234, 235 KAGB als lex specialis im Verhältnis zu § 36 KAGB? . . . . 191 3. Investmentrechtliche „Identität“ von Objektgesellschaft und KVG? . . . . 192 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 VI. Unterauslagerung/Weiterverlagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 B. Teleologische Reduktion der Begriffe „Portfolioverwaltung“ und „Risikomanagement“ für Zwecke des § 36 KAGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 I. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 II. Möglichkeit einer gesetzeskonformen Einschränkung der Begriffe . . . . . . . . . . 197 III. Zielsetzung des § 36 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KAGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 IV. Versuch einer telelogischen Reduktion des § 36 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KAGB . . . . . 199 1. Einschränkung der Vorschrift in Bezug auf Portfolioverwaltung . . . . . . . 200 2. Einschränkung der Vorschrift in Bezug auf Risikomanagement . . . . . . . . 200 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 V. Zielsetzung des § 36 Abs. 1 Nr. 4 KAGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 VI. Versuch einer teleologischen Reduktion in Bezug auf § 36 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 KAGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202
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Inhaltsverzeichnis VII. Zielsetzung des § 36 Abs. 3 KAGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 VIII. Versuch einer teleologischen Reduktion in Bezug auf § 36 Abs. 3 KAGB . . . . . 203 IX. Vollständige Befreiung der Übertragung bestimmter Risikomanagement-Funktionen von den Auslagerungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 X. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
C. Die Grenzen zulässiger Auslagerung – KVGen als „Briefkastenfirmen“ . . . . . . . . . . . 205 I. Eingrenzung der juristischen Problemstellung auf in der Praxis vorkommende Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 II. Wirtschaftliche Bedeutung der Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 III. Strukturelle Kriterien (Art. 82 Abs. 1 lit a) bis c) Level 2-VO) . . . . . . . . . . . . . . 209 IV. Auslagerung im Übermaß (Art. 82 Abs. 1 lit. d) Level 2-VO) . . . . . . . . . . . . . . 212 1. Ganzheitliche vs. Fonds-individuelle Betrachtung? . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 2. Berücksichtigung quantitativer und qualitativer Kriterien . . . . . . . . . . . . 213 3. Qualitatives Kriterium Nr. 1: Die Art der Vermögenswerte . . . . . . . . . . . 215 4. Qualitatives Kriterium Nr. 2: Bedeutung der Vermögenswerte für den Erfolg der Anlagestrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 5. Qualitatives Kriterium Nr. 3: Geographische und sektorale Verteilung der Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 6. Qualitative Kriterien Nr. 4 und 5: Risikoprofil/Anlagestrategien . . . . . . . 217 7. Qualitatives Kriterium Nr. 6: Art der übertragenen/verbleibenden Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 8. Qualitatives Kriterium Nr. 7: „Konfiguration der Beauftragten“ . . . . . . . 218 V. Zusammenfassende Würdigung von Art. 82 Abs. 1 lit. d) Level 2-VO . . . . . . . . 218 VI. Praktische Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219
Teil 4 Fazit, Empfehlungen und Ausblick
221
A. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 B. Empfehlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 C. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 Annex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 Schreiben der Aufsichtsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
Abkürzungsverzeichnis a. A. a. a. O. Abb. ABl. EG ABl. EU Abs. a. F. AG AIF AIFM AIFM-Richtlinie
AIFM-StAnpG AIFM-UmsG AktG AMF AnlV Art. Aufl. BaFin BAIT BAKred BB Beck’scherOK BegrRegE BGB BGBl. BGH BKR BMF BT-Drucks. BVI bzgl.
andere(r) Ansicht am angegeben Ort Abbildung Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Amtsblatt der Europäischen Union Absatz alte Fassung Die Aktiengesellschaft; Aktiengesellschaft Alternativer Investmentfonds (Alternative Investment Fund) Alternativer Investmentfonds Manager (Alternative Investment Fund Manager) Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates v. 8.6.2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/ 65/EG und er Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010, ABl. EU Nr. L 174 v. 1.7.2011, S. 1 ff. AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investment-fonds (AIFM-Umsetzungsgesetz-AIFM-UmsG) Aktiengesetz Autorité des Marchés Financiers Anlageverordnung Artikel Auflage Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Rundschreiben 10/2017 (BA) – Bankaufsichtliche Anforderungen an die IT (BAIT) Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen (seit 1.5.2002 in der BaFin aufgegangen) Betriebs-Berater Beck’scher Onlinekommentar Begründung zum Regierungsentwurf Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Zeitschrift für Bank und Kapitalmarktrecht Bundesministerium für Finanzen Bundestagsdrucksache Bundesverband Investment und Asset Management e. V. bezüglich
16 CESR CSSF DB Der Konzern DerivateVO
Diss. Durchführungs-RL Durchführungs-VO EG Einl. Erg.-Lfg. ESMA EuGH EZB f.; ff. FAQ FAZ Fn. FS Hrsg. InvG InvKG/Investment-KG InvMaRisk InvStG i. S. d. i. S. v. i. V. m. KAG KAGB KAGB-E KAGG KAMaRisk KG KWG
Abkürzungsverzeichnis Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden für das Wertpapierwesen (Committee of European Securities Regulators) Finanzaufsicht Luxemburg (Commission de Surveillance du Secteur Financier) Der Betrieb Zeitschrift für das Konzernrecht, Konzernsteuerrecht sowie das Bilanzrecht und Bilanzierung Verordnung über Risikomanagement und Risikomessung beim Einsatz von Derivaten, Wertpapier-Darlehen und Pensionsgeschäften in Investmentvermögen nach dem Kapitalanlagegesetzbuch Dissertation Durchführungsrichtlinie Durchführungsverordnung Europäische Gemeinschaft Einleitung Ergänzungslieferung Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority) Europäischer Gerichtshof Europäische Zentralbank folgende; fortfolgende Frequently Asked Questions Dokument der BaFin Frankfurter Allgemeine Zeitung Fußnote Festschrift Herausgeber Investmentgesetz Investment-Kommanditgesellschaft Mindestanforderungen an das Risikomanagement für Investmentgesellschaften Investmentsteuergesetz im Sinne der/des im Sinne von in Verbindung mit Kapitalanlagegesellschaft Kapitalanlagegesetzbuch Regierungsentwurf des Kapitalanlagegesetzbuchs Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften Mindestanforderungen an das Risikomanagement fu¨ r Kapitalverwaltungsgesellschaften; BaFin-Rundschreiben 01/2017 (WA) in der Fassung vom 10.01.2017 Kommanditgesellschaft Kreditwesengesetz
Abkürzungsverzeichnis
17
Delegierte Verordnung (EU) Nr. 231/2013 der Kommission v. Level 2-Verordnung; Delegierte VO (EU) 19.12.2012 zur Ergänzung der Richtlinie 2011/61/EU des EuNr. 231/2013 v. 19.12.2012 ropäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Ausnahmen, die Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit, Verwahrstellen, Hebelfinanzierung, Transparenz und Beaufsichtigung; ABl. EU Nr. L 83 v. 22.3.2013, 1 ff. lit. Buchstabe LG Landgericht MaRisk Mindestanforderungen an das Risikomanagement Master-KAG Master-Kapitalanlagegesellschaft Master-KVG Master-Kapitalverwaltungsgesellschaft MiFID I bzw. MiFID Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des I-Richtlinie Rates v. 21.4.2014 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 200/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates, ABl. EG Nr. L 145 v. 30.4.2004, S. 1, 43 f. MiFID II bzw. MiFID Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des II-Richtlinie Rates v. 15.5.2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU, ABl. EU Nr. L 173 v. 12.6.2014, S. 349 ff. MiFID II Level 2-VO Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 der Kommission vom 25. April 2016 zur Erga¨ nzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europa¨ ischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen fu¨ r die Ausu¨ bung ihrer Ta¨ tigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe fu¨ r die Zwecke der genannten Richtlinie MoU Memorandum of Understanding MüKo-BGB Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch m. w. N. mit weiteren Nachweisen NIW Nettoinventarwert NJW Neue Juristische Wochenschrift NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht OGAW Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapiere OGAW -Richtlinie Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 13.7.2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren, ABl. EU Nr. L 302 v. 17.11.2009, S. 32 ff. OLG Oberlandesgericht RdF Recht der Finanzinstrumente RegE Regierungsentwurf RL Richtlinie Rn. Randnummer Tz. Textziffer WM Wertpapier-Mitteilungen WpHG Wertpapierhandelsgesetz
18 ZBB ZfgK ZGR
Abkürzungsverzeichnis Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht
Einleitung und Gang der Untersuchung Die erste deutsche Kapitalanlagegesellschaft wurde 1949 gegründet. Das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) schuf 1957 einen rechtlichen Rahmen für die Tätigkeiten der deutschen Kapitalanlagegesellschaften1, nach immerhin sechs Jahren Vorarbeiten2. Dieser Rechtsrahmen wurde in der Folge maßgeblich weiter entwickelt durch die Umsetzung zweier europäischer Richtlinien, der OGAW-RL und der AIFM-RL. Die Entwicklung mündete 2013 in einem über 350 Paragraphen langen Gesetzeswerk, dem Kapitalanlagesetzbuch (KAGB). Angesichts dieser langen Gesetzgebungshistorie und der großen wirtschaftlichen Bedeutung der deutschen Investmentbranche3 sollte man denken, dass jedenfalls über folgende drei Fragen weitgehend Klarheit herrscht, nämlich: Welches sind die vertraglich nicht abdingbaren originären Leistungs- und Sorgfaltspflichten einer Kapitalverwaltungsgesellschaft4 (KVG) unter dem KAGB bei der Verwaltung von Investmentvermögen? In welcher Form und innerhalb welcher Grenzen darf die KVG für die Erfüllung dieser Pflichten Dritte heranziehen? Hat die KVG die Möglichkeit, die Haftung für eigenes oder fremdes Verschulden zu beschränken? Hinsichtlich dieser Fragen ist das Investmentrecht in seiner langjährigen Entwicklungsgeschichte nicht klarer geworden. Im Gegenteil haben in jüngerer Zeit insbesondere die AIFM-RL und deren Umsetzung in das deutsche Recht maßgeblich zur Verunsicherung darüber beigetragen, welche Pflichten vom Aufgabenkreis einer KVG umfasst sind. Erkenntnisse, die man unter der Geltung des Investmentgesetzes5 (InvG) meinte gewonnen zu haben, müssen unter dem KAGB kritisch hinterfragt werden. 1 Zur Historie vgl. Zeller, in: B/S, Einleitung KAGG, Rn. 6.; ferner Emde, in: E/D/D, Einleitung. 2 Geßler, WM Sonderbeilage Nr. 4/1957, 10. 3 Vergleiche hierzu die detaillierte Darstellung bei Wilkens/Rohleder, S. 22.; die im Bundesverband Investment und Asset Management e. V. (BVI) zusammengeschlossenen deutschen Kapitalverwaltungsgesellschaften verwalteten per 31. Dezember 2018 Investmentvermögen im Wert von EUR 3 bn (vgl. BVI Jahrbuch 2019, S. 32). 4 Die Begriffe Kapitalanlagegesellschaft bzw. KAG und Kapitalverwaltungsgesellschaft bzw. KVG werden in dieser Untersuchung ausschließlich für deutsche Fondsverwaltungsgesellschaften verwendet, im Übrigen wird von „Verwaltungsgesellschaften“ gesprochen. 5 D.h. des Vorgängergesetzes zum KAGB.
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Einleitung und Gang der Untersuchung
Die Fragen sind nicht nur von akademischem oder dogmatischem Interesse: Deutsche KVGen stehen in einem immer schärferen Wettbewerb untereinander und vor allem auch gegenüber ausländischen Konkurrenten. Dieser Wettbewerb sowie die immer größere Beliebtheit sog. „Exchange Traded Funds“6 haben insbesondere im Bereich der Fonds für institutionelle Anleger zu einem Margenverfall geführt. Zugleich legt der Gesetzgeber den KVGen ein immer engeres Korsett von Compliance-Vorschriften an, deren Verletzung erhebliche Haftungsrisiken birgt7. Der Katalog der Ordnungswidrigkeiten-Tatbestände im KAGB umfasst nach letzter Zählung weit über 100 Handlungen bzw. Unterlassungen. Diese können mit zum Teil sehr hohen Bußgeldern geahndet werden. In dieser Situation fragen sich immer mehr KVGen, inwieweit Risiko und Ertrag ihrer Tätigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Sie versuchen auszuloten, welche der bislang von ihnen erbrachten Tätigkeiten ggf. durch Dritte erbracht werden können, am besten unter vollständiger Abwälzung der Haftung auf diese. Die Fragen haben darüber hinaus eine besondere Aktualität und Dringlichkeit durch den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU (Brexit) erhalten. Asset Manager, die bislang in UK beheimatet waren, müssen in einem der EU27-Länder eine voll-lizensierte Verwaltungsgesellschaft gründen, um den effektiven, einfachen Zugang zum Markt der EU27 nicht zu verlieren. Nur so können sie weiterhin vom „EU Passport“ profitieren. Die European Securities and Markets Authority (ESMA) hat sich mehrfach dazu geäußert, welche Pflichten solche Verwaltungsgesellschaften aus ihrer Sicht haben, und in welch engen Grenzen diese Pflichten auf Dritte, insbesondere das britische Mutterhaus, übertragen werden können. Alle oben angesprochenen Fragen, also Pflichtenkreis, Möglichkeit der Einschaltung Dritter sowie Begrenzung der Haftung, haben sowohl aufsichtsrechtliche als auch zivilrechtliche Aspekte. Diese können im Investmentvertrag geregelt werden, soweit nicht investmentrechtliche Vorgaben die Vertragsfreiheit einschränken. Um das Verhältnis von allgemeiner Vertragsfreiheit und speziellem Investmentrecht geht es primär in der vorliegenden Untersuchung. Die AIFM-Richtlinie ist erst seit 2013 in den Mitgliedstaaten der EU umgesetzt. Seither gibt es nur wenige, zum Teil widersprüchliche Äußerungen von BaFin und ESMA zu den hier untersuchten Fragen. Auch deutsche Gerichte mussten sich seit
6 Dabei handelt es sich um an einer Börse notierte Fonds, die anstelle eines aktiven Managements passiv einen Index nachbilden, mit geringerem Aufwand und Ertrag für die Verwaltungsgesellschaft. Zahlreiche Fondsgesellschaften sehen sich in der Kritik, weil sie zur Reduzierung ihrer Aufwände ihren Retail-Kunden angeblich aktiv verwaltete Fonds verkaufen, die jedoch tatsächlich nur einen Index abbilden, sog. „Closet Tracker“. Vgl. hierzu BaFinBefund Closet Tracking und die in Folge der festgestellten Missstände ergriffenen Maßnahmen (BaFin-Maßnahmen Closet Tracking); im Wesentlichen wird eine größere Transparenz bezüglich der Management-Methode verlangt. 7 Kritisch zur Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe und den damit verbundenen Haftungsrisiken Weiser/Jang, BB 2012, 1219 (1222).
Einleitung und Gang der Untersuchung
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2013 nur selten mit investmentrechtlichen Fragen befassen8. Daher wurden für diese Untersuchung auch Aussagen der Aufsichtsbehörden in Frankreich, Liechtenstein, Luxemburg, Österreich, der Schweiz und des Vereinigten Königreichs ausgewertet und, wo dies sinnvoll erschien, zitiert. Auch wenn diese Aussagen für die Auslegung des deutschen Rechtes nicht verbindlich sind, genießen sie doch eine „persuasive authority“. Sie sollten daher bei der Beantwortung der zahlreichen Streitfragen nicht ignoriert werden. Die Untersuchung gliedert sich in vier Teile: In Teil 1 („Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen“) werden u. a. investmentrechtliche Grundbegriffe definiert und erörtert. Es wird gezeigt werden, dass der Umfang der Vertragsfreiheit bzw. deren Einschränkung im kollektiven Investmentrecht sich möglicherweise danach bestimmt, welche Rechtsform die von der KVG verwalteten Fonds haben. Daher ist es sinnvoll, in Abschnitt A. einige Begriffe zu klären, und die verschiedenen Formen von Investmentvermögen, welche KVGen verwalten, in der gebotenen Kürze darzustellen. Ausgangspunkt der weiteren Untersuchung ist die recht banale Erkenntnis, dass auch die „kollektive Vermögensverwaltung“, d. h. die Vermögensverwaltung nicht für einen Anleger, sondern für eine Vielzahl von Anlegern in einem Investmentvehikel9, zunächst einmal „Vermögensverwaltung“ ist. Sie ist damit der individuellen Vermögensverwaltung durchaus ähnlich. Es wird gezeigt werden, in welchem Umfang bei der individuellen Vermögensverwaltung explizit oder implizit die Komplexe Pflichtenkreis, Einschaltung Dritter und Begrenzung der Haftung zu regeln bzw. geregelt sind (Abschnitt B). Im Anschluss wird das Rechtsverhältnis zwischen KVG, Investmentvermögen und Anleger(n) im Rahmen der kollektiven Vermögensverwaltung erläutert (Abschnitt C). Dieser Abschnitt erklärt zunächst nur überblicksartig, in welcher Weise das Investmentrecht den Rahmen setzt, innerhalb dessen die Parteien ihre rechtliche Beziehung frei regeln können. In Abschnitt D. wird zunächst ohne rechtliche Bewertung dargestellt, wie stark KVGen bei der Erledigung ihrer Aufgaben auf Dritte zugreifen und vielfach darauf sogar angewiesen sind. Dies sind neben Marktinfrastrukturanbietern auch unabhängige externe Bewerter, Risikomanagement-Experten, Vertriebspartner, etc. In den Teilen 2 und 3 dieser Untersuchung wird wiederholt der Begriff „Auslagerung“ verwendet, wenn es um die Übertragung von Aufgaben durch KVGen geht. In Abschnitt E. wird daher dargestellt, wie dieser Begriff im Investmentrecht von der BaFin und von ESMA verstanden wird. Es wird zugleich erörtert, ob es zwingende 8 Zur Frage der Wirksamkeit einer Vereinbarung von Aufwendungsersatzansprüchen in AGB einer KVG siehe BGH, Urteil vom 19.5.2016 – III ZR 399/14 – WM 2016, 1118; zur Frage des Bestehens einer organschaftlichen Vertretungsmacht der KVG bei Investmentkommanditgesellschaft siehe OLG München, Urteil vom 1.10.2015 – 23 U 1570/15 – BKR 2016, 42. 9 Zum Begriff vgl. Zetzsche, Prinzipien, S. 1 ff.
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Einleitung und Gang der Untersuchung
oder jedenfalls gute Argumente gibt, den Begriff enger oder weiter auszulegen als dies die Aufsichtsbehörden tun. Teil 2 („Der Investmentvertrag im Spannungsfeld von allgemeinem Zivilrecht und speziellem Investmentrecht“) befasst sich im Detail mit der möglichen Einschränkung der Vertragsfreiheit durch das Investmentrecht. Weil das Investmentrecht den Rahmen für die Vertragsfreiheit der kollektiven Vermögensverwaltung setzt, gilt es zunächst zu klären, inwieweit die Parteien des Investmentvertrages berechtigt sind, die Pflichten einer KVG innerhalb dieses Rahmens frei zu regeln bzw. zu definieren, so wie dies bei der individuellen Vermögensverwaltung möglich ist und praktiziert wird. (Teil 2, Abschnitte A. bis D.). Vorab sei zu den hier zu klärenden Fragen so viel gesagt: Seit der Umsetzung der AIFM-RL in das deutsche Recht ist strittig, welche der vielfältigen Aufgaben, die heute von KVGen faktisch erbracht werden, auch rechtlich zum unabdingbaren Pflichtenkatalog einer KVG gehören. Es besteht noch Einigkeit darüber, dass jedenfalls grundsätzlich die sog. Anlageverwaltung10 zu den unverzichtbaren Kernaufgaben einer KVG gehört, die ein Investmentvermögen verwaltet. Streitig und in Teil 2, Abschnitt A. zu klären ist, ob KVGen sich, allgemein oder jedenfalls im Hinblick auf bestimmte Fondstypen, auf diese Kernaufgaben beschränken dürfen. Wenn dies möglich wäre, dann hieße dies, dass insoweit andere Dienstleister für die von der KVG nicht erbrachten Tätigkeiten originär und nicht nur von der KVG abgeleitet als deren Erfüllungsgehilfe oder Substitut zuständig wären. Mangels Übernahme der Verpflichtung, diese Dienstleistungen zu erbringen, wäre die KVG für die Art und Weise der Dienstleistungserbringung durch diese Dritten auch nicht verantwortlich, und sie würde für deren Fehler zivilrechtlich nicht haften. Risikomanagement und Portfolioverwaltung als Teilfunktionen der Anlageverwaltung sind originäre Kernaufgaben einer jeden KVG, wie noch gezeigt werden wird. Daher sollen diese Tätigkeiten genauer untersucht werden. Den Anfang macht in Teil 2, Abschnitt B. eine Beschreibung der Tätigkeiten, die zum fondsbezogenen Risikomanagement einer KVG gehören. Die Beschränkung auf fondsbezogene Tätigkeiten ist sachgerecht, weil das interne, organisationsbezogene Risikomanagement der KVG für die hier untersuchten zivilrechtlichen Fragestellungen nicht von Belang ist. Der Bereich des fondsbezogenen Risikomanagements muss nicht nur gegen die Portfolioverwaltung, sondern auch gegen den Bereich Compliance abgegrenzt werden.
10 Englisch: „Investment Management“, bestehend aus Portfolioverwaltung und Risikomanagement; dieser aus der OGAW-RL und AIFM-RL stammende Begriff der Anlageverwaltung darf nicht verwechselt werden mit der Anlageverwaltung i. S. d. § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 11 KWG, d. h. der Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten außerhalb der Verwaltung eines Investmentvermögens im Sinne des § 1 Abs. 1 KAGB; vgl. zur Kritik am Begriff Schücking, in: FK, § 17 Rn. 16.
Einleitung und Gang der Untersuchung
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Schon hier sei darauf hingewiesen, dass die Definition der Begriffe und die genaue Unterscheidung einzelner Funktionen von großer praktischer Bedeutung sind. So darf eine Aufgabe, die der Compliance-Funktion zugerechnet wird, grundsätzlich an jedes geeignete Unternehmen ausgelagert werden; die Praxis macht hiervon zunehmend Gebrauch. Hingegen dürfte eine Risikomanagement-Funktion für Fonds nur an einen zugelassenen Vermögensverwalter delegiert11werden, der nicht zugleich auch Verwahrstellenfunktionen für den AIF erfüllt12. Teil 2, Abschnitt C. geht der Frage nach, was unter dem gesetzlich nicht definierten Begriff „Portfolioverwaltung“ zu verstehen ist. Es wird ferner erörtert, ob die Parteien des Investmentvertrages mangels ausdrücklicher Definition im Gesetz berechtigt wären, den Begriff selbst zu definieren. In Teil 2, Abschnitt D. wird die Frage beantwortet, ob sich eine KVG ihrer Pflichten aus dem Investmentvertrag mit dem Anleger durch eine Substitution i. S. d. § 664 BGB entledigen kann, oder ob ihr lediglich der Einsatz von Erfüllungsgehilfen gestattet ist. Dies wird ggf. Auswirkungen auf die zivilrechtlichen Haftungsfragen haben. Gleich, ob eine KVG Aufgaben mit eigenem Personal oder durch Dritte erfüllt, stets wird sich die Frage stellen, ob sie die eigene Haftung begrenzen kann – sei es, dass sie grundsätzlich nur für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz haftet, sei es, dass sie die Haftung für den Erfüllungsgehilfen auf ein Auswahl- und Überwachungsverschulden begrenzt. Solche Haftungsbeschränkungen sind in der Praxis der kollektiven Vermögensverwaltung selten. In Teil 2, Abschnitt E. wird erörtert, warum dies der Fall ist, und ob in dem Rahmen, den das Investmentrecht setzt, für Haftungsbeschränkungen Raum ist. In Teil 3 („Spezialprobleme des Auslagerungstatbestandes“) wird gezeigt, wie die BaFin die Übertragung konkreter Aufgaben durch KVGen in der Praxis behandelt. Die Übertragung einiger Aufgaben wird von der BaFin nicht als Auslagerung behandelt, obwohl sie sich zwanglos unter die BaFin-Definition dieses Begriffs subsumieren ließe. Die Gründe hierfür sind zu erörtern, ebenso wie die Frage, welche Schlüsse sich allgemein hieraus für Aufgabenübertragungen ziehen lassen. (Teil 3, Abschnitt A.). Besonders strenge Vorgaben macht das Investmentrecht in Art. 20 AIFM-RL bzw. § 36 KAGB bei der Auslagerung von Aufgaben der Anlageverwaltung. Anknüpfend an die in Teil 2, Abschnitten B. und C. vorgenommene Definition der Begriffe Risikomanagement und Portfolioverwaltung wird in Teil 3, Abschnitt B. erörtert, ob speziell für die oben genannten Normen engere Begriffe verwendet werden können 11 Die Begriffe „Delegation“ und „Auslagerung“ bzw. „delegieren“ und „auslagern“ werden in dieser Untersuchung synonym verwendet. 12 Vgl. § 36 KAGB; darüber hinaus können Risikomanagement-Funktionen in ein nichtEU-Land nur dann ausgelagert werden, wenn mit diesem Drittland die aufsichtsrechtliche Zusammenarbeit sichergestellt ist.
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Einleitung und Gang der Untersuchung
oder gar müssen. Dies könnte der Fall sein, wenn insbesondere die Verwendung sehr weiter Begriffe von Portfolioverwaltung und Risikomanagement im Auslagerungskontext nicht zu sachgerechten Ergebnissen führt. Der europäische Gesetzgeber erlaubt Verwaltungsgesellschaften nicht, all ihre Aufgaben in ihrer Gänze durch Dritte erledigen zu lassen. In der AIFM-RL bzw. OGAW-RL regelt er vielmehr, dass KVGen nicht durch ein Übermaß an Auslagerung zur „Briefkastenfirma“ werden dürfen. Eine Definition des Begriffs „Briefkastenfirma“ versucht der europäische Gesetzgeber in Art. 82 der Level 2-VO zur AIFMRL zu geben. ESMA hat 2017 im Kontext der Brexit-Diskussion weitere Hinweise zur Auslegung dieses Begriffes gegeben. In Teil 3, Abschnitt C. wird der Versuch unternommen, Art. 82 Level 2-VO auszulegen. Abschließend werden in Teil 4 („Fazit, Empfehlung und Ausblick“) die gefundenen Ergebnisse zusammengefasst und Empfehlungen für KVGen gegeben, wie Zweifelsfragen in Bezug auf Verantwortung und Haftung durch eine klarere Fondsdokumentation beseitigt werden können. Es wird eine Prognose gewagt, wie die Diskussion um Briefkastenfirmen sich weiter entwickeln könnte.
Teil 1
Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen A. Klärung wichtiger Begriffe und Konzepte – Formen von Investmentvermögen Für unter dem KAGB verwaltete Investmentvermögen sind grundsätzlich1 mindestens drei Parteien erforderlich, nämlich die Kapitalverwaltungsgesellschaft, die Verwahrstelle und wenigstens ein Anleger. Man spricht daher auch vom InvestmentDreieck. Diese Dreier-Konstellation, bei welcher das Investmentvermögen keine eigene Rechtspersönlichkeit hat, sondern ein nicht-rechtsfähiges Sondervermögen ist, deckt den weit überwiegenden Teil der in Deutschland aufgelegten Investmentvermögen ab2. Wesentlich seltener sind die Fälle, in denen das Investmentvermögen rechtlich verselbstständigt ist, in Form einer Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft, und in denen das Investment-Dreieck zum Investment-Viereck erweitert wird. Beiden Konstellationen ist gemeinsam, dass - sich die Rolle des Anlegers darauf beschränkt, die zu verwaltenden und anzulegenden Geldmittel zur Verfügung zu stellen; - die Verwahrstelle das verwaltete Vermögen verwahrt, soweit es verwahrfähig ist, bzw. bei nicht-verwahrfähigen Vemögensgegenständen in sonstiger Weise sicher stellt, dass nur mit Zustimmung der Verwahrstelle darüber verfügt werden kann; und - die Kapitalverwaltungsgesellschaft mit der sog. kollektiven Vermögensverwaltung (oder wichtigen Teilen davon) beauftragt wird. Der Verwaltungsauftrag wird entweder durch die Anleger selbst oder von der rechtlich verselbständigten Investmentgesellschaft erteilt. In diesem Abschnitt A. werden nachstehend die Rollen und Aufgaben der Beteiligten dargestellt. 1
Ausnahmen in Bezug auf das Erfordernis einer Verwahrstelle gelten für KVGen, die Vermögenswerte nur in sehr geringem Umfang verwalten, vgl. § 2 Abs. 4 und 5 KAGB. 2 Investmentfonds-Datenbank der BaFin, Stand: 17. April 2020, https://portal.mvp.bafin. de/database/FondsInfo/ (abgerufen am 21. April 2020).
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
I. Externe Kapitalverwaltungsgesellschaft Die vorliegende Untersuchung beschränkt sich auf die Tätigkeiten „externer Kapitalverwaltungsgesellschaften“. Damit sind von dieser Untersuchung die in der Praxis sehr seltenen3 Fälle ausgeschlossen, in denen ein rechtlich verselbständigtes Investmentvermögen (z. B. eine Investmentkommanditgesellschaft) durch eigenes Personal verwaltet wird. In diesen Fällen spricht man von einem intern verwalteten4 Investmentvermögen bzw. einer internen Kapitalverwaltungsgesellschaft5. Die externe Kapitalverwaltungsgesellschaft6 ist rechtlich hingegen nicht identisch mit dem verwalteten Investmentvermögen7. Sie ist als eigenständige juristische Person aufgrund Vertrages mit entweder den Anlegern oder der Investmentgesellschaft zur Verwaltung des Investmentvermögens berufen.
II. Investmentvermögen Deutsche Investmentvermögen8 unter dem KAGB sind entweder als Sondervermögen errichtet oder in Gesellschaftsform9. 3 Zu den Gründen vgl. Wallach, ZGR 2014, 289 (300), der auf die Notwendigkeit verweist, ein eigenes aufwändiges Erlaubnisverfahren zu durchlaufen sowie Organisations- und Compliance-Anforderungen auf Gesellschaftsebene vorzuhalten. 4 Vgl. § 17 Abs. 2 Nr. 2 KAGB: „[Die Kapitalverwaltungsgesellschaft ist] das Investmentvermögen selbst, wenn die Rechtsform des Investmentvermögens eine interne Verwaltung zulässt und der Vorstand oder die Geschäftsführung des Investmentvermögens entscheidet, keine externe Kapitalverwaltungsgesellschaft zu bestellen (interne Kapitalverwaltungsgesellschaft). In diesem Fall wird das Investmentvermögen als Kapitalverwaltungsgesellschaft zugelassen.“ 5 Die wohl detaillierteste heute noch relevante Darstellung intern verwalteter Investmentgesellschaften findet sich bei Wegner, „Die selbstverwaltete Hedgefonds-Investmentaktiengesellschaft mit Teilgesellschaftsvermögen“, Diss. 2010. 6 Der Terminus „Kapitalverwaltungsgesellschaft“ ist jüngeren Datums; unter dem KAGG und InvG wurden diese Unternehmen noch als Kapitalanlagegesellschaften bezeichnet. Inhaltliche Änderungen folgen aus der unterschiedlichen Bezeichnung nicht. 7 Hoch/Preller, BKR 2019, 22 (23) wollen den Begriff der externen Kapitalverwaltungsgesellschaft auf Fälle anwenden, in denen dass Investmentvermögen rechtlich verselbständigt ist und eine Kapitalverwaltungsgesellschaft bestellt hat, nicht jedoch bei der Verwaltung von Sondervermögen. Dieser Ansatz steht jedenfalls mit der Systematik des KAGB nicht im Einklang, in welchem der Begriff allgemein auf alle Kapitalverwaltungsgesellschaften angewandt wird, die nicht identisch mit dem Investmentvermögen sind, vgl. z. B. § 18 KAGB. 8 Zur Systematik der Typen von Investmentvermögens vgl. Emde/Dreibus, BKR 2013, 89 (93 ff.); Burgard/Heimann, WM 2104, 821, (823 f.); Wollenhaupt/Beck, DB 2013, 1950 (1952 ff.); ferner Köndgen/Schmies, Bankrechts-Handbuch, § 113 Rn. 52. 9 Weitere Rechtsformen sind „aus Anlegerschutzgründen“ nicht zulässig, vgl. Niewerth/ Rybarz, WM 2013, 1154 (1158), unter Verweis auf BT-Drs. 17/22994 S. 246.
A. Klärung wichtiger Begriffe und Konzepte
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Quelle: Burgard/Heimann, Das neue Kapitalanlagegesetzbuch, WM 18/2014, S. 823
Im Folgenden werden zunächst die Sondervermögen erörtert. 1. Sondervermögen Bis zum Jahr 2004 gab es als regulierte deutsche Investmentvermögen nur Sondervermögen10. Diese bilden auch heute noch die weit überwiegende Zahl der deutschen Investmentvermögen. Sondervermögen werden auf vertraglicher Grundlage gebildet, und die Gesellschaft, welche ein Sondervermögen verwaltet, ist hierzu kraft eines (Investment-) Vertrages mit den Anlegern berechtigt und verpflichtet (vgl. hierzu Abschnitt C.). Sondervermögen sind bloße Anhäufungen von Vermögensgegenständen (Wertpapiere, Grundstücke, Bankguthaben, etc.). Sie sind daher nicht rechtsfähig. An den Sondervermögen bestehen Eigentumsrechte der Anleger, und zwar entweder Miteigentum (so typischerweise bei Wertpapier-Sondervermögen11) oder Treuhandeigentum (so bei Grundstücks-Sondervermögen12). 10
Es gab auch eine große Zahl von „Investmentfonds“ in Gesellschaftsform, typischerweise Publikums-KGen, doch unterlagen diese keiner Regulierung. 11 Vgl. § 92 Abs. 1 KAGB. Dazu, dass trotz Miteigentums keine „Gemeinschaft“ der Eigentümer besteht, vgl. Zetzsche, Prinzipien, S. 578.
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
a) Publikums-Sondervermögen Sondervermögen, die für einen großen Anlegerkreis konzipiert werden, insbesondere für Kleinanleger, werden als „Publikums-Sondervermögen“ bezeichnet. Eine KVG, die ein solches Publikums-Sondervermögen auflegen will, erstellt hierfür Anlagebedingungen. Diese werden nach Genehmigung durch die BaFin von den jeweils dem Sondervermögen „beitretenden“ Anlegern akzeptiert. In diesen Anlagebedingungen werden die das Sondervermögen verwaltende KVG als solche benannt und einige ihrer Pflichten bzw. korrespondierende Ansprüche der Anleger festgelegt13. Ein großer Teil der der KVG obliegenden Pflichten wird in den Anlagebedingungen nicht explizit aufgeführt, sondern es wird auf das KAGB verwiesen. Eine typische Formulierung in den Anlagebedingungen für Sondervermögen lautet beispielsweise: „Das Rechtsverha¨ ltnis zwischen der Gesellschaft und dem Anleger richtet sich nach den Allgemeinen Anlagebedingungen und Besonderen Anlagebedingungen des Sondervermo¨ gens und dem KAGB.“
Die Anlagebedingungen, welche das Rechtsverhältnis zwischen der KVG und den Anlegern regeln, sind für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert, und werden den Anlegern von der KVG gestellt. Sie sind daher Allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. d. § 305 Abs. 1 BGB14. Dies hat ggf. Auswirkungen auf die Möglichkeit einer KVG, ihren Pflichtenkreis festzulegen und für die übernommenen Pflichten Haftungsbeschränkungen zu vereinbaren. In der Praxis existiert ein Publikums-Sondervermögen typischerweise bereits, wenn die Anleger Anteile daran zeichnen und sich im Zeichnungsschein oder in anderer Form15 mit der Geltung der Anlagebedingungen einverstanden erklären. Typischerweise hat nämlich die KVG oder eines ihrer Konzernunternehmen zuvor selbst einen höheren Betrag in das Sondervermögen investiert16, wodurch das Sondervermögen „aufgelegt“ wurde, d. h. zur Entstehung gelangte. Auch die Aufgaben der KVG sind zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig festgelegt.
12
Vgl. § 245 KAGB. Vgl. § 126 KAGB; zur Anlegerdokumentation gehören gemäß § 297 KAGB ferner der Verkaufsprospekt, die Wesentlichen Anlegerinformationen sowie die Jahres- und Halbjahresberichte. 14 BGH, Urteil vom 19. 5. 2016 – III ZR 399/14 – NJW-RR 2016, 1385; Glander/Mayr, in: E/D/D, § 162 Rn. 22; Patzner/Schneider-Deters, in: FK, § 162 Rn. 20; Hoch/Preller, BKR 2019, 22 (25). 15 Mitunter auch nur konkludent. 16 Sog. „Seed Money“. 13
A. Klärung wichtiger Begriffe und Konzepte
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b) Spezial-Sondervermögen Spezial-Sondervermögen sind Sondervermögen, deren Anteile lediglich von professionellen und semi-professionellen Anlegern17 gehalten werden. SpezialSondermögen (kurz: Spezialfonds) wurden im deutschen Investmentrecht möglich, nachdem der Gesetzgeber im Rahmen des 1. Finanzmarktförderungsgesetzes18 zunächst Investmentvermögen zuließ, welche von Sozialversicherungsträgern etc. gehalten wurden; später wurde die Sozialbindung aufgehoben, so dass Versicherungsgesellschaften, Kreditinstitute und selbst reine Industrieunternehmen heute ihre eigenen Spezialfonds auflegen lassen können19. Als letzten Schritt in der Öffnung des Anlegerkreises erlaubte der deutsche Gesetzgeber 2013 auch semi-professionellen Anlegern, ihre eigenen Spezialfonds aufzulegen (also z. B. begüterten Privatanlegern). So können diese von den steuerlichen und buchhalterischen20 Vorteilen einer Fondsverwaltung profitieren, ohne auf die Interessen anderer Anleger Rücksicht nehmen zu müssen. Spezialfonds unterscheiden sich von Publikums-Sondervermögen häufig dadurch, dass zunächst interessierte Investoren gefunden werden (in sehr vielen Fällen ist es nur ein einziger Investor, also z. B. eine Pensionskasse oder Versicherungsgesellschaft), und dass der Fonds durch eine Einzahlung des Anlegers selbst erst aufgelegt wird. Mitunter treten aber auch später weitere Investoren dem bereits gegründeten und investierenden Spezialfonds bei. Auch werden viele der einzelnen Anlagebedingungen21 bei der Auflegung eines Spezialfonds zur Disposition gestellt und sind somit nicht Allgemeine Geschäftsbedingungen. Mit dem Anleger wird darüber hinaus häufig auch vereinbart, dass die KVG nicht nur berechtigt ist, bestimmte Aufgaben durch Dritte erledigen zu lassen, sondern sogar dazu verpflichtet sein soll. Dies geschieht z. B., weil der Dritte aus Sicht des Anlegers Aufgaben der Portfolioverwaltung kompetenter erledigen kann als die KVG selbst. Dann verpflichtet sich die KVG auf ausdrücklichen Wunsch des Anlegers, die Portfolioverwaltung auszulagern. Ein ganz maßgeblicher Unterschied zwischen Publikums- und Spezial-Sondervermögen ist nach dem Vorstehenden die tatsächliche Möglichkeit der Einflussnahme des Anlegers auf die Gestaltung des Fonds und der Fondsverwaltung.
17
Vgl. § 1 Abs. 6 KAGB. Zur erstmals im KAGB angelegten Kategorie des „semi-professionellen Anlegers“ vgl. die Darstellung bei Schubert/Schumann, BKR 2015, 45. 18 BGBl. I S. 266 vom 28. Feb. 1990. 19 Vgl. zur graduellen Zulassung des Spezialfonds Baur, Anhang zu § 1 KAGG. Zur heutigen wirtschaftlichen Bedeutung von Spezial-Investmentvermögen vgl. die umfassende Darstellung bei Seidenschwann, S. 37 und 61 ff. 20 Vgl. hierzu im Detail die nach wie vor aktuelle Darstellung bei Baur, Anhang zu § 1 KAGG, sowie Rudolph/Schäfer, in: Kleeberg, Jochen (Hrsg.) Handbuch Spezialfonds – ein praktischer Leitfaden für institutionelle Anleger und Kapitalanlagegesellschaften. 21 Innerhalb der gesetzlichen Grenzen, vgl. z. B. § 284 Abs. 2 ff. KAGB.
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
Jedenfalls wenn alle Anleger eines Spezial-Sondervermögens von Anfang an beteiligt sind, könnte man die Ansicht vertreten, dass die Anleger die KVG für die Verwaltung des Fondsvermögens „bestellt“ haben. Bei Publikums-Sondervermögen hingegen ist ein solcher originärer Bestellungsakt weder faktisch noch rechtlich festzustellen. Die Anleger eines Spezialfonds könnten, sofern dies gesetzlich zulässig wäre22, die KVG auch nur für einen Teil der zu erfüllenden Aufgaben bestellen. c) OGAW und AIF Eine weitere Unterscheidung im deutschen und europäischen Investmentrecht ist die zwischen Organismen für die gemeinsame Anlage von Wertpapiervermögen (OGAW) und Alternativen Investmentfonds (AIF). OGAW sind alle Investmentvermögen, die nach den Vorschriften der OGAWRichtlinie verwaltet werden. Nur EU-Verwaltungsgesellschaften i. S. d. § 1 Abs. 17 KAGB sind berechtigt, OGAW zu verwalten. Alle anderen Investmentvermögen sind AIF. Der Begriff ist insofern missverständlich, als auch Investmentvermögen, deren Anlagegenstände „traditionell“ angelegt werden, etwa in Aktien und Schuldverschreibungen, ohne Derivateeinsatz oder Leerverkäufe, als AIF gelten, wenn sie nicht ausnahmsweise die strengen produktbezogenen Vorgaben für OGAW erfüllen und von der zuständigen Aufsichtsbehörde ausdrücklich als OGAW anerkannt sind. AIF können entweder EUInvestmentvermögen oder Drittstaaten-AIF sein. 2. Investmentgesellschaften Unter dem Investmentgesetz gab es seit 2004 als regulierte deutsche Investmentgesellschaften nur Investmentaktiengesellschaften (hierzu unten (1)). Durch das KAGB sind Investmentkommanditgesellschaften in den Kreis der regulierten Investmentvermögen aufgenommen worden (hierzu unten (2)). a) Investmentaktiengesellschaften Bei den Investmentaktiengesellschaften23 (InvAG) unterscheidet man solche mit fixem Kapital (vgl. §§ 140 ff. KAGB), von solchen mit variablem Kapital (vgl. §§ 108 ff. KAGB).
22
Vgl. im Detail Teil 2, Abschnitt A. Zur Nutzung der Investmentaktiengesellschaft vornehmlich durch institutionelle Anleger vgl. Fischer/Jansen, Portfolio Institutionell Oktober 2010, S. 16; vgl. ferner Wallach, Der Konzern 2007, 487. 23
A. Klärung wichtiger Begriffe und Konzepte
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InvAGen mit fixem Kapital müssen immer als geschlossene Investmentvermögen ausgestaltet sein24, bei denen eine Rückgabe der Aktien vor einer Liquidation der Aktiengesellschaft in keinem Fall möglich ist25. InvAGen mit variablem Kapital müssen hingegen immer als offene Investmentvermögen ausgestaltet sein, bei denen die Anleger eine Rückgabemöglichkeit haben. Auf beide Arten von InvAGen finden zunächst die Vorschriften des Aktiengesetzes Anwendung, welche jedoch durch das KAGB mehr oder minder stark modifiziert werden. Auch InvAGen können OGAW sein, aber nur solche InvAGen mit veränderlichem Kapital und einem Rückgaberecht der Anleger. Deutsche OGAW in der Rechtsform der InvAG sind jedoch, wenn überhaupt, nur sehr selten anzutreffen, anders als etwa in Luxemburg, dem Vereinigten Königreich oder Irland, wo viele OGAW als SICAV – S.A., OEIC oder plc26 in Gesellschaftsform ausgestaltet sind. Investmentaktiengesellschaften mit fixem Kapital können intern verwaltete AIF sein (d. h., dass der Vorstand selbst die nach dem KAGB erforderlichen Verwaltungsmaßnahmen ergreift, mit der Folge, dass die Gesellschaft selbst nach dem KAGB erlaubnispflichtig ist). Sie können aber auch extern verwaltete AIF sein, dann nämlich, wenn der Vorstand für die Gesellschaft eine externe KVG „bestellt“. Bestellt wird die Kapitalverwaltungsgesellschaft durch den Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages mit Geschäftsbesorgungscharakter27, dem sog. Investment-, Bestellungs- oder Verwaltungsvertrag (im Folgenden jeweils „Investmentvertrag“). Ob zwischen Anlegern einer Investmentaktiengesellschaft und externer KVG ein Rechtsverhältnis besteht und ob dieses Rechtsverhältnis vertraglicher oder gesetzlicher Natur ist, ist umstritten. Diese Frage wird in Abschnitt C. erörtert. Investmentaktiengesellschaften sind in der Praxis eher selten, die Rechtsform hat sich nicht durchgesetzt, obwohl sie seit 2004 im deutschen Investmentrecht vorgesehen ist. b) Investmentkommanditgesellschaften Häufiger finden sich demgegenüber Investmentkommanditgesellschaften (InvKGen), in der offenen Form28 oder in der weitaus häufiger vorkommenden geschlossenen Form29. 24 Grund: Sie werden lediglich in Abschnitt 5 des KAGB („Geschlossene Investmentvermögen“) erwähnt. 25 Vgl. § 1 Abs. 5 KAGB, welcher über Abs. 4 auf die Level 2-VO verweist, in der der Begriff des offenen Investmentvermögens im Gegensatz zum geschlossenen Investmentvermögen definiert ist. 26 Société d’investissement à capital variable – Société Anonym, Open-ended investment company, public limited company. 27 Vgl. unten Teil 1, Abschnitt C. I. 28 Vgl. §§ 124 ff KAGB. 29 Vgl. §§ 149 ff KAGB.
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
OGAW dürfen weder als geschlossene noch als offene InvKGen aufgelegt werden30, so dass alle InvKGen AIF sind. Die offene InvKG darf gem. § 127 Abs. 1 KAGB lediglich als Spezialfonds aufgelegt werden, d. h. an ihr dürfen sich nur professionelle und semi-professionelle Anleger i. S. d. § 1 Abs. 19 Nr. 32 bzw. 33 KAGB beteiligen. Der weitaus größte Teil aller InvKGen wird aus naheliegenden Haftungsgründen in der Rechtsform der GmbH & Co. KG aufgelegt. Hierbei stellt sich die Frage, ob die GmbH & Co. KG dann, wenn die GmbH die Verwaltungsgeschäfte tatsächlich führt und nicht ein drittes Unternehmen als KVG bestellt, ein intern verwalteter AIF oder ein extern verwalteter AIF ist. Wenn man das Gesellschaftsrecht als Ausgangspunkt nimmt und berücksichtigt, dass die Komplementär-GmbH Gesellschafterin und „Organ“31 der KG ist und dass die KG im Übrigen nicht über weitere Organe verfügt, wird man diese InvKG als intern verwalteten AIF ansehen müssen32. Folgerichtig wird die Erlaubnis für das Betreiben des Investmentgeschäftes der GmbH „in ihrer Eigenschaft als persönliche haftende Gesellschafterin der InvKG“ erteilt, und die Erlaubnis erstreckt sich auch nur hierauf33. Für die vorliegende Untersuchung interessiert jedoch vielmehr der in der Praxis weitaus häufigere Fall, dass die Komplementär-GmbH für die Verwaltung der AIFInvKG eine externe KVG vertraglich bestellt hat. Häufig wird diese externe KVG neben der betreffenden InvKG auch noch zahlreiche andere Investmentvermögen verwalten, seien diese Sondervermögen oder Investmentgesellschaften. Diese Konstellation wirft eine Reihe von Fragen auf, die bislang teilweise nicht zufriedenstellend beantwortet wurden, nämlich - Verträgt sich die Bestellung einer externen KVG mit dem das Recht der Personengesellschaften beherrschenden Prinzip der Selbstorganschaft34? 30 Vgl. § 91 Abs. 2 KAGB. Für geschlossene InvKGen ergibt sich dies bereits aus der fehlenden Rückgabemöglichkeit, vgl. auch Hüwel/Kracke, in B/T, Vormerkung §§ 124 – 138, Rn. 4; zustimmend Freitag, NZG 2013, 329 (332 f.). 31 Zustimmend zur Verwendung dieses Begriffs Bentele, in: B/T, § 17 Rn. 24. 32 Wie hier die Luxemburgische Aufsichtsbehörde CSSF, FAQ AIFMD, Frage 1e; Kunschke/Klebeck in: B/S/V § 129 Rn. 20, in Anlehnung an Weiser/Hüwel, BB 2013, 1091 (1093) und Herring/Loff, DB 2012, 2029 (2030); ferner Bußalb/Unzicker, BKR 2012, 309 (313); Wagner, ZfBR 2015, 113 (114); A. A. Weitnauer, BKR 2011, 143 (144), der jedenfalls den geschäftsführenden Kommanditisten als externen AIFM ansehen möchte. Ebenfalls als Fall der externen Verwaltung sieht es die UK FCA an, wenn der General Partner eines AIF in Form der Limited Partnership zum AIFM bestellt wird (The Perimeter Guidance Manual, Question 3.16), wobei man geneigt ist zu fragen, wer dann eigentlich die Bestellung vornehmen soll, wenn nicht das einzig handlungsfähige Organ. 33 Vgl. Bentele, in: B/T § 17 Rn. 25. 34 Eingeschränkt bejahend Wagner, BKR 2015, S. 410 – 412. Nach Wallach, ZGR 2014, 289 (325) „strapaziert“ zwar die Bestellung einer externen KVG durch eine InvKG den Grundsatz der Selbstorganschaft, dies wird jedoch durch vorrangige aufsichtsrechtliche Erwägungen gerechtfertigt.
A. Klärung wichtiger Begriffe und Konzepte
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- Angenommen, man bejaht diese Frage und hält die Übertragung von Geschäftsführungsbefugnissen auf Nichtgesellschafter grundsätzlich für zulässig: Gibt es gleichwohl Grenzen, d. h. können bestimmte Geschäfte nicht übertragen werden und müssen daher notwendigerweise bei der InvKG, vertreten durch die GmbH als Gesellschafter-Geschäftsführerin, verbleiben35 ? - Ist mit dem Recht und der Pflicht der externen KVG zur Geschäftsführung der Investmentgesellschaft zugleich das Recht verbunden, die Investmentgesellschaft rechtsgeschäftlich zu vertreten36 ? - Handelt es sich bei der Bestellung einer externen KVG um einen Fall der Auslagerung nach § 36 KAGB? Diese Frage ist durch § 129 Abs. 1 S. 3 KAGB gesetzlich geklärt. Bestellung und Auslagerung sind danach zwei unterschiedliche Tatbestände37. Die Bestellung macht eine KVG zu „der“ KVG eines Investmentvermögens mit allen daraus folgenden Pflichten. Demgegenüber geht es bei der Auslagerung um die Übertragung eben dieser Pflichten auf einen oder mehrere Dritte unter voller Beibehaltung der aufsichtsrechtlichen Verantwortung der KVG. - Welches Rechtsverhältnis besteht zwischen Anleger(n) und externer KVG38 ? - Schließlich: welche Funktionen und Befugnisse müssen einem Dienstleister von der Investmentgesellschaft übertragen werden, damit dieser auch tatsächlich als externe KVG gelten kann? Anders ausgedrückt: Wäre es für die Bestellung als externe KVG ausreichend, wenn der Dienstleister lediglich die Aufgaben der Portfolioverwaltung und des Risikomanagements übernimmt, andere Aufgaben wie etwa Fondsadministration o. ä. aber bei der Komplementär-GmbH verbleiben oder von anderen Dritten wahrgenommen werden? Diese letzte hochumstrittene Frage soll nicht an dieser Stelle geklärt werden, wo lediglich begriffliche Grundlagen zu legen sind, sondern in Teil 2, Abschnitt A. dieser Untersuchung.
35 Bejahend und einen Katalog von der InvKG vorbehaltenen Geschäften vorschlagend Hüwel/Kracke, in: B/T, § 129 Rn. 45 ff.; ferner Eichhorn, WM 2016, 110 (147). Die Bestellung der externen KVG soll danach kein Grundlagengeschäft sein, was angesichts der Tragweite dieser Entscheidung aber nicht überzeugt. 36 Mit überzeugender Begründung ablehnend OLG München, Urteil vom 1.10.2015 – 23 U 1570/15 – BKR 2016, 42, Leitsatz: „Eine organschaftliche Vertretungsmacht der externen Kapitalverwaltungsgesellschaft folgt weder aus den Vorschriften des KAGB noch unter der Berücksichtigung der Gesetzgebungsgeschichte und Gesetzesbegründungen noch aus Ausführungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht.“ 37 Koch, in: FK, § 36 KAGB Rn. 30; Wallach, Der Konzern, 2007, 487 (493); Campbell/ Müchler, S. 2. 38 Vgl. Teil 1, Abschnitt C.
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
3. Verwahrstelle Jedes dem KAGB unterfallende Investmentvermögen benötigt eine Verwahrstelle, soweit nicht § 2 KAGB Ausnahmen zulässt. Die Verwahrstelle verwahrt die Vermögensgegenstände des Investmentvermögens (z. B. Wertpapiere) bzw. überwacht es im Falle von nicht-verwahrfähigen Vermögensgegenständen (z. B. Schiffen, Flugzeugen, Grundstücken, etc.). Die Verwahrstelle kontrolliert im ausschließlichen Interesse der Anteilinhaber die Tätigkeit der KVG im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit39 der Anlagetätigkeit, nicht jedoch im Hinblick auf die Zweckmäßigkeit der Anlageentscheidungen40. Für die Verwahrstelle enthält das KAGB zwei verschiedene, inzwischen jedoch größtenteils einander angeglichene Aufsichts- und Zivilrechtsregime, nämlich eines für OGAW-Verwahrstellen und eines für AIF-Verwahrstellen. Diese Aufsichts- und Zivilrechtsregime unterscheiden sich von denen für KVGen bereits konzeptionell so stark, dass es nicht sinnvoll wäre, hierauf im Rahmen dieser Untersuchung einzugehen41. Die Verwahrstelle wird in dieser Untersuchung aber noch an anderer Stelle eine Rolle spielen, nämlich in Abschnitt D. als durchaus nicht unbedeutender Dienstleister für die KVG.
B. Regelung von Pflichten und Haftung bei der individuellen Vermögensverwaltung I. Der Vermögensverwaltervertrag als aufsichtsrechtlich regulierter Geschäftsbesorgungsvertrag Weil die individuelle Vermögensverwaltung für nur einen Anleger der kollektiven Vermögensverwaltung für eine Vielzahl von Anlegern sehr ähnlich ist, soll hier zunächst dargestellt werden, in welchem gesetzlichen Rahmen die individuelle Vermögensverwaltung stattfindet. Verträge, in denen sich eine Partei verpflichtet, das Vermögen der anderen Partei oder Teile davon auf individueller Basis mit Ermessen eigenständig zu verwalten, sind „Dienstverträge, die eine persönliche Geschäftsbesorgung zum Gegenstand
39 Herring, in: B/T, § 76 Rn. 1; Köndgen, in: B/S/L, § 27 InvG Rn. 2; Dreibus, in: E/D/D, § 76 Rn. 1; BaFin-Verwahrstellenrundschreiben, Nr. 7.1.3. 40 OLG Frankfurt, Urteil vom 19.12.1996 – 16 U 109/96 – NJW 1997, 745. 41 Eine sehr gute überblicksartige Darstellung zur Verwahrstelle und ihren Aufgaben findet sich bei Eckhold/Balzer, in: Assmann/Schütze, HB Kapitalanlagerecht, § 22 Investmentgeschäft, Rn. 91; vgl. ferner Kobbach/Anders, Umsetzung der AIFM Richtlinie aus Sicht der Verwahrstellen, NZG 2012, 1170. Zum Haftungsregime im Vergleich zum Investmentgesetz vgl. Wallach, RdF 2013, 92 (98 f.).
B. Regelung von Pflichten und Haftung
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haben“ i. S. v. § 675 Abs. 1 i. V. m. § 611 BGB42. Andere bezeichnen sie als „Geschäftsbesorgungsverträge mit dienstvertraglichem Charakter“43, ohne dass in der Sache Unterschiede zu erkennen wären. Die individuelle Vermögensverwaltung ist, wenn sie Finanzinstrumente i. S. d. § 1 Abs. 11 KWG bzw. § 1 Abs. 4 WpHG zum Gegenstand hat, Finanzportfolioverwaltung i. S. d. § 1 Abs. 1a S. 1 Nr. 3 KWG, und Wertpapierdienstleistung i. S. d. § 2 Abs. 8 S. 1 Nr. 7 WpHG44. Ergänzend gelten u. a. die Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsanforderungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen („WpDVerOV“) sowie die Level 2-Verordnung unter MiFID II45 als unmittelbar anwendbares EU-Recht. Die WpDVerOV regelt einige Nebenpflichten im Zusammenhang mit der Vermögensverwaltung, macht jedoch keine detaillierten Vorgaben in Bezug auf die Hauptleistungspflicht des Vermögensverwalters. Die MiFID II Level 2-VO regelt eine Vielzahl von Handlungs- und Unterlassungspflichten des Vermögensverwalters, ohne jedoch die Hauptleistungspflicht der Vermögensverwaltung klar zu definieren. Das Aufsichtsrecht der individuellen Vermögensverwaltung überlässt es damit weitgehend den Parteien, die wesentlichen Rechte und Pflichten des Vermögensverwalters bzw. des Anlegers vertraglich schriftlich zu regeln, vgl. § 83 Abs. 2 WpHG. Über diese Norm finden zugleich sämtliche Wohlverhaltensregeln der §§ 63 ff. WpHG Eingang in das Vertragsverhältnis mit dem Kunden. Wenn also beispielsweise § 63 Abs. 12 i. V. m. § 83 Abs. 2 S. 1 WpHG, konkretisiert durch Art. 60 MiFID II Level 2-VO, den Vermögensverwalter verpflichtet, regelmäßig Bericht zu erstatten, dann ist der Anspruch des Anlegers auf Erhalt des Berichts vertraglich festzuhalten.
II. Typische Regelungsinhalte von Geschäftsbesorgungsverträgen In Geschäftsbesorgungsverträgen wird das zu besorgende Geschäft mehr oder minder detailliert geregelt. Soweit keine zwingenden spezialgesetzlichen (zivil- oder aufsichtsrechtlichen) Regeln bestehen, sind die Parteien frei, das zu besorgende Geschäft enger oder weiter zu definieren. Sind sich die Parteien einig, dass eine bestimmte Handlung zum Leistungsumfang des Dienstleisters gehört, kann der Geschäftsbesorgungsvertrag die Möglichkeit vorsehen, dass anstelle des Dienstleisters ein Dritter in eigener Verantwortung das 42 Balzer/Lang, in: Schäfer/Sethe/Lang, Handbuch der Vermögensverwaltung, 2012, § 5 Rn. 3; Schäfer, Anlegerschutz (1987), S. 40. 43 Fischer/Rieck, in: Schäfer/Sethe/Lang, Handbuch der Vermögensverwaltung, 2012, § 22 Rn. 1. 44 Wenn keine Finanzinstrumente verwaltet werden, sondern z. B. Grundstücke, dann bedarf es keiner Erlaubnis nach KWG. 45 Verordnung (EU) 2017/565 vom 25. April 2016.
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
Geschäft anstelle des Dienstleisters führt, sog. Substitution i. S. d. § 664 BGB46. Die Substitutionsmöglichkeit muss stets gesondert vereinbart werden, weil § 664 BGB als Regelfall davon ausgeht, dass das gesamte Geschäft in der Verantwortung des Dienstleisters erledigt wird – sei es ggf. auch unter Zuhilfenahme von Erfüllungsgehilfen, welche von Substituten unterschieden werden müssen, und deren Einsatz haftungsmäßig anders behandelt wird als der Einsatz von Substituten. Ob und in welchem Umfang Erfüllungsgehilfen herangezogen werden können, ist ebenfalls häufig Gegenstand von Geschäftsbesorgungsverträgen. Hier gilt, wenn nicht wegen des dienstvertraglichen Charakters eines Vertrages § 613 BGB einschlägig ist, ein umgekehrtes Regel-Ausnahme-Verhältnis: Soweit nicht ausdrücklich anderweitig vereinbart oder aus der Natur des Geschäftes folgend, ist der Beauftragte frei, sich Dritter zu bedienen. Zugleich wird geregelt, ob infolge der Einschaltung eines Erfüllungsgehilfen die Haftung des Beauftragten gegenüber dem Geschäftsherrn beschränkt sein soll. Dabei kann sogar die Haftung für Vorsatz des Erfüllungsgehilfen ausgeschlossen werden47. Im Folgenden wird erörtert, ob und in welcher Weise die vorstehend aufgeführten Aspekte in Geschäftsbesorgungsverträgen regulierter Vermögensverwalter adressiert werden.
III. Regelungen in Vermögensverwaltungsverträgen 1. Regelung des Leistungsumfangs Für individuelle Vermögensverwaltungsverträge ist es typisch, dass detaillierte Vereinbarungen bezüglich des Leistungsumfangs getroffen werden: a) Anlagerichtlinien zur Festlegung des Leistungsumfangs und zur Begrenzung des Ermessens Die in Vermögensverwaltungsverträgen enthaltenen Anlagerichtlinien legen verbindlich48 fest, in welche Vermögenswerte die Gelder des Anlegers investiert werden (Aktien, Renten, Derivate, Fonds, etc.). Die Anlagerichtlinien schränken das Ermessen des Vermögensverwalters ferner ein, indem sie bestimmen, welche Anlagegrenzen zu beachten sind („nicht mehr als 50 % in Aktien“ o. ä.). Anlageziele können vorgegeben werden (Substanzerhalt o. ä.).
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Schäfer, in: MüKo-BGB, Band 5 – 2, § 664 BGB, Rn. 5; Mansel, in: Jauernig, Kommentar zum BGB, 16. Aufl. 2015, § 664 BGB Rn. 2 „in eigener Verantwortung“, zustimmend Wiese, in: Schulze, HK BGB, § 664 BGB Rn. 2. 47 § 278 S. 2 BGB i. V. m. § 276 Abs. 3 BGB. 48 Balzer/Lang, in: Schäfer/Sethe/Lang, Handbuch der Vermögensverwaltung, § 5 Rn. 14.
B. Regelung von Pflichten und Haftung
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Gelegentlich finden sich Regelungen, durch welche die Verwaltungstätigkeit bewusst beschränkt wird. Insbesondere institutionelle Investoren treffen gelegentlich Vereinbarungen mit zwei Vermögensverwaltern, von denen der eine für die Titelauswahl zuständig ist, der andere aber für das Hedging durch Derivative gegen die den erworbenen Wertpapieren innewohnenden Währungsrisiken („Currency Overlay“49). Hier wird also die Hauptleistungspflicht „Portfolioverwaltung“ von den Parteien selbst definiert, und sogar mehreren Verwaltern zugewiesen, die miteinander kooperieren. Diese Kooperation erfolgt, ohne dass die beiden Vermögensverwalter untereinander vertraglich verbunden wären; stattdessen steht jeder Vermögensverwalter nur mit dem Anleger in vertraglichen Beziehungen. Die Parteien können den Leistungsumfang der Vermögensverwalter frei bestimmen, weil das Gesetz ihnen diesbezüglich keine Vorgaben macht. Dies wird für die spätere Betrachtung der KVG-Tätigkeiten von Bedeutung sein. Jenseits dieser „großen Weichenstellungen“ finden sich in Vermögensverwaltungsverträgen aber auch Regeln dazu, ob lediglich die Titelauswahl vom Mandat erfasst sein soll oder auch die Ausführung von Kauf- und Verkaufsaufträgen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Banken als Vermögensverwalter agieren, die eigentlich selbst zur Orderausführung in der Lage wären, diese auf Wunsch des Kunden aber einer anderen Bank überlassen, die typischerweise das Depot des Kunden führt. b) Zusammenarbeit mit anderen Dienstleistern Insbesondere institutionelle Anleger bestehen im Rahmen von Vermögensverwaltungsverträgen darauf, dass der Verwalter mit bestimmten Dienstleistern zusammenarbeitet (Datenlieferanten, Research-Häuser, Unternehmen, die ein SonderReporting für den Anleger erstellen, etc.). Dies kann so weit gehen, dass der Anleger dem Vermögensverwalter für bestimmte komplexe rechtliche oder wirtschaftliche Fragen vorgibt, mit bestimmten Rechtsanwälten oder Investment-Bankern zusammen zu arbeiten. Mitunter wird aber der Vermögensverwalter, etwa wenn es um die Prozessführung wegen einer fehlgeschlagenen Anlage geht, zwar einen Rechtsanwalt aussuchen, mit dem Anleger aber vereinbaren, dass dieser Rechtsanwalt nicht im Pflichtenkreis des Verwalters, also nicht als dessen Erfüllungsgehilfe tätig wird. c) Vertraglicher Regelungsspielraum Auch wenn einige Aspekte aus aufsichtsrechtlichen Gründen aufgrund § 83 Abs. 2 WpHG zwingend in gesetzlich vorgegebener Form im Vermögensverwaltungsvertrag zu regeln sind50, verbleibt für die Parteien ein weites Feld von 49
Zur Methodik des Currency Overlay Management, und dem Kosten-Nutzen-Effekt vgl. Hai Xin, Currency Overlay: A Practical Guide, 2004, S. 12. 50 Beispielsweise, welche persönlichen Verhältnisse im Rahmen der Geeignetheitsprüfung zu berücksichtigen sind, oder wie häufig dem Anleger Bericht zu erstatten ist.
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
leistungsbezogenen Themen, die vertraglich frei geregelt werden können. Dies gilt zum Teil auch für ganz zentrale Fragen, etwa welche Bewertungsmethodik der Vermögensverwalter seiner Tätigkeit zugrunde legen soll, oder welche Risikomessungen vorzunehmen sind. Mit anderen Worten: Soweit nur die gesetzlichen Mindestvorgaben eingehalten sind, welche lediglich einen kleinen Teil der regelungsbedürftigen Materie abdecken, steht es den Parteien eines individuellen Vermögensverwaltungsvertrages frei, die Haupt- und Nebenleistungspflichten des Vermögensverwalters selbst auszuformen. Von dieser Möglichkeit machen die Parteien in der Praxis auch Gebrauch, wie zum Beispiel der vom VuV Verband unabhängiger Vermögensverwalter e. V.51 seinen Mitgliedern empfohlene Mustervertrag zeigt. 2. Sorgfaltspflichten Auch ohne ausdrückliche vertragliche Regelung unterliegt der Vermögensverwalter bei seiner Tätigkeit Sorgfaltspflichten. In der Literatur finden sich Hinweise auf ein „Spekulationsverbot“, ein „Diversifikationsgebot“ und ein „Gebot der produktiven Vermögensverwaltung“, denen Vermögensverwalter unterliegen sollen: Das von Schäfer für Vermögensverwalter postulierte Spekulationsverbot besagt, „dass ein Erwerb von Wertpapieren nicht erfolgen darf in einer vagen Hoffnung auf den Zufallserfolg des Risikos“52.
Von einer vagen Hoffnung auf den Zufallserfolg des Risikos unterscheide sich eine Anlage dadurch, dass sie rational begründbar sei und dementsprechend ihre Gründe überprüfbar werden, so Schäfer53. Gegen ein allgemeines Spekulationsverbot wird vorgebracht54, dass auch Anlagen, die ein besonders hohes Risiko aufwiesen, erworben werden können, wenn dem ein entsprechend höheres Ertragspotential gegenüberstehe. Entscheidend komme es darauf an, ob die Anlage mit den Anlagezielen des Kunden übereinstimme. Auch Schäfer hat später eingeräumt, dass der Begriff der „Spekulation“ ungeklärt sei55. Die Idee eines Spekulationsverbotes hat weder in der Literatur56 noch in der Rechtsprechung57 Anhänger gefunden. Für einzelne Autoren erschöpft sich das Spekulationsverbot in dem Verbot, Anlagerichtlinien zu missachten58. 51
Der Verband vertritt nach eigener Darstellung 250 Mitgliedsunternehmen in Deutschland. Schäfer, S. 70. 53 Ebda. 54 Benicke, ZGR 2004, 760 (777) 55 Schäfer, in: Schäfer/Sethe/Lang, § 10 Rn. 25. 56 A. A. wohl Kiethe/Hektor, DStR 1996, 547 (551), die ohne Begründung pauschal das Bestehen eines Spekulationsverbotes bejahen. 57 Auch die Entscheidung BGH, Urteil vom 29.3.1994 – XI ZR 31/93 –WM 1994, 834 befasste sich nicht mit einem selbständigen Spekulationsverbot, sondern mit der aus Sicht des 52
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Es erscheint jedoch sinnvoll, von einem Vermögensverwalter zu verlangen, dass er die Gründe seiner Anlageentscheidungen darlegen kann. Damit die Gründe für die Anlageentscheidung überprüfbar sind, wird man verlangen müssen, dass diese dokumentiert werden. Entsprechende Vorgaben fehlen allerdings in den meisten Vermögensverwaltungsverträgen. Das Gebot der optimalen Risikodiversifizierung verlangt in Anlehnung an die Erkenntnisse der modernen Portfoliotheorie59, die risikomindernde Wirkung der Diversifikation zu berücksichtigen. So kann das Risiko-Rendite-Verhältnis des Portfolios optimiert werden60. In Vermögensverwaltungsverträgen jedenfalls mit privaten Anlegern fehlt es zwar häufig an Vorgaben bezüglich der Diversifizierung innerhalb einer Asset Klasse; allenfalls gibt es Vorgaben, „nicht mehr als X% in Aktien zu halten“ o. ä. Gleichwohl sind Literatur und Rechtsprechung sich darin einig, dass grundsätzlich ein Vermögensverwalter im Portfolio eine Mischung von Anlageformen und innerhalb einzelner Anlageformen von mehreren Titeln vorsehen muss61. Die Pflicht zur produktiven Vermögensverwaltung besteht darin, nach Möglichkeit nicht nur den Nominalwert des Vermögens zu erhalten, sondern auch einen realen Vermögenszuwachs zu erzielen62. Es schlägt sich u. a. in Geboten und Verboten nieder, darunter dem Gebot, dafür Sorge zu tragen, dass eigene Interessen des Vermögensverwalters sich nicht sich zum Nachteil des Anlegers auswirken, dem Verbot, für das Portfolio unnötig häufig Transaktionen zu tätigen, um dadurch Provisionen zu generieren (Churning), oder im Portfolio minderwertige Wertpapiere aus dem Eigenbestand des Vermögensverwalters abzuladen (Dumping the Trash)63. Postuliert wird auch ein Verbot, hohe Barreserven vorzuhalten64, anstatt das Geld des Anlegers anzulegen. Eine produktive Vermögensverwaltung liege dann nicht vor, so wird argumentiert, wenn das Geld des Anlegers unproduktiv in nicht oder niedrig verzinsten Anlageformen gehalten werde. Dieser Ansicht ist zu widersprechen. Jedenfalls in Zeiten hoher allgemeiner Marktvolatiliät kann es sogar eine Pflicht des Verwalters geben, darüber nachzudenken, kurzfristig „in Kasse zu gehen“, um Wertverluste zu vermeiden.
BGH erforderlichen Diversifikation. Unterbleibe die Diversifikation, so der BGH, stelle dies eine unzulässige Spekulation dar. 58 Sethe, S. 912. 59 Vgl. zu den Grundlagen und den Auswirkungen auf die Sorgfaltsgebote Sethe, S. 393 ff.; Schäfer, Anlegerschutz, S. 59 f. 60 Benicke, ZGR 2004, 760 (781). 61 Nachweise bei Schäfer, in: Schäfer/Sethe/Lang, § 10 Rn. 29 f.; vgl. ferner Kiethe/Hektor, DStR 1996, 547 (551). 62 Benicke, a. a. O., S. 783. 63 Zu diesen Sorgfaltspflichten im Einzelnen Schäfer, S. 82 ff. 64 Benicke, ZGR 2004, 760 (784).
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
Im Einzelnen ist umstritten, ob aus dem Gebot der produktiven Vermögensverwaltung ein Verbot folgt, im Rahmen der individuellen Vermögensverwaltung in andere Investmentvermögen anzulegen, was ggf. zu einer Verdoppelung der Kosten führt65. Die Praxis hat sich über diese Bedenken mit stillschweigender Billigung durch die Aufsichtsbehörden hinweggesetzt: Es gibt mittlerweile zahlreiche standardisierte Vermögensverwaltungen, bei denen ausschließlich in Anteile anderer Investmentvermögen investiert wird. Zum Teil wird sogar eine Pflicht festgestellt, in andere Investmentvermögen zu investieren, wenn nämlich das zu verwaltende Vermögen zu klein ist, um auf anderem Wege die geforderte Risikodiversifikation herzustellen66. Umstritten ist auch, ob eine Pflicht besteht, ausschließlich in breit gestreute Indizes anzulegen, weil das aktive Management im effizienten Kapitalmarkt keinen nachgewiesenen Beitrag zur Performance leisten könne67, und ob es eine Pflicht des aktiven Verwalters zur Fundamentalanalyse gibt68. Zu allen diesen Fragen wird man in den meisten individuellen Vermögensverwaltungsverträgen vergeblich nach einer Regelung suchen. 3. Spezialproblem der produktiven Vermögensverwaltung: Berücksichtigung steuerlicher Verhältnisse In vielen Vermögensverwaltungsverträgen fehlen Aussagen zur Berücksichtigung der steuerlichen Bedürfnisse und Verhältnisse des Anlegers. Gelegentlich finden sich Aussagen, wonach „keine Rechts- und Steuerberatung erbracht“ werde, oder dass die „Haftung für steuerliche Auswirkungen getroffener Maßnahmen ausgeschlossen sei69. In diesem Zusammenhang stellen sich zwei Fragen: Erstens, ob eine Pflicht zur Berücksichtigung steuerlicher Verhältnisse auch besteht, wenn der Vertrag hierzu keine Aussagen trifft. Zweitens, inwieweit dieser Aspekt von den Parteien in AGB oder individualvertraglich geregelt werden kann.
65
Benicke, ZGR 2004, 760 (805), geht davon aus, dass im Zweifel lediglich eine Beimischung von Fonds zulässig sei, auch wenn der Vermögensverwaltungsvertrag ausdrücklich die Anlage in Fonds zulasse. Bei der in der Praxis mittlerweile häufig anzutreffenden fondsgebundenen Vermögensverwaltung hat der Anleger zuvor der Anlage ausschließlich in Fonds zugestimmt, mitunter sogar nur in einen einzigen Dachfonds. 66 Sethe, S. 911. 67 Dagegen Schäfer, S. 77 f. m. w. N. 68 Dagegen Benicke, ZGR 2004, 760 (792 f.), der die Zulässigkeit von Anlageentscheidungen auf Basis von rein technischen Analysen propagiert. 69 Beispielhaft bei http://www.kmld.de/PDFs/VVV.pdf.
B. Regelung von Pflichten und Haftung
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a) Rechtslage ohne vertragliche Regelung Die Rechtsprechung hat sich zur Frage der Berücksichtigung steuerlicher Verhältnisse ohne entsprechende vertragliche Regelung soweit erkennbar nicht geäußert. Zwar hat das OLG Karlsruhe im Jahr 2001 entschieden, dass Steuern, die hätten vermieden werden können, wenn die Spekulationsfrist eingehalten worden wäre, zu den ersatzfähigen Schäden gehören70. Dem lag jedoch ein Sachverhalt zugrunde, bei dem die Parteien sich zuvor über die Berücksichtigung der Spekulationsfrist im Detail ausgetauscht hatten. In der Literatur werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Eine Reihe von Autoren lehnt eine Pflicht zur Berücksichtigung steuerlicher Verhältnisse ab. Als Begründung wird angeführt, dem Vermögensverwalter fehle es typischerweise an einer Übersicht über das gesamte Vermögen des Anlegers, was die Berücksichtigung steuerlicher Aspekte unmöglich mache71. Andere wollen danach differenzieren, ob die nicht-Berücksichtigung von steuerlichen Aspekten Auswirkungen auf die Rendite haben könne72. Nur wenn dies der Fall sei, könne der Vermögensverwalter trotz der Komplexität steuerlicher Aspekte verpflichtet sein, diese bei der Vermögensverwaltung zu berücksichtigen. Diese Autoren differenzieren dann nicht zwischen steuerlichen Aspekten, die dem Anlageprodukt anhaften und steuerlichen Aspekten, die sich aus den besonderen Umständen des Anlegers resultieren. Zwischen diesen Extremen liegt eine vermittelnde Auffassung, welche steuerliche Aspekte nur berücksichtigt sehen will, wenn diese aus der Rechtsnatur des erworbenen Anlageproduktes resultieren73. Steuerliche Aspekte hingegen, die aus der Sphäre des Anlegers stammen, sollen keine Berücksichtigung finden74. Diese Rechtsauffassung überzeugt, sowohl was die Berücksichtigung produktbezogener Steueraspekte betrifft als auch die Nicht-Berücksichtigung persönlicher steuerlicher Aspekte: Produktbezogene steuerliche Aspekte sind für den Anleger ebenso wichtig wie sonstige Aspekte, die dem Produkt anhaften und dessen Rendite bestimmen. Wenn zukünftig die Abgeltungssteuer mit ihrer Pauschalbesteuerung nur noch für Aktiengewinne gilt, Gewinne aus Rentengeschäften hingegen mit dem persönlichen Steuersatz versteuert werden, dann würde ein Vermögensverwalter, der diesen Punkt nicht jedenfalls mit-berücksichtigt, dem Anleger potentiell einen Nachteil zufügen. Die Berücksichtigung allgemeiner produktbezogener steuerlicher Aspekte erfordert 70
OLG Karlsruhe, Urteil vom 16. März 2000 – 12 U 127/99 – WM 2001, 805 (812). Schäfer, in: Schäfer/Sethe/Lang, § 4 Rn. 36 m. w. N. 72 Fischer/Rieck, in: Schäfer/Sethe/Lang, § 23 Rn. 1. 73 So z. B. Sethe, S. 905 f., in Anlehnung an die Standesregeln des Deutschen Verbandes Financial Planners: https://www.fpsb.de/ueber-uns/standesregeln.html; zuletzt abgerufen am 21. April 2020. 74 Schödermeier, WM 1995, 2053 (2057); Schäfer/Bracht, in: BuB, Kapital 11 Rn. 145. 71
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auch keine Kenntnis der spezifischen Situation des Anlegers. Eine produktive Vermögensverwaltung wird die produktbezogenen steuerlichen Aspekte daher immer berücksichtigen müssen, soweit nicht vertraglich etwas anderes geregelt wird (vgl. unter (2)). Persönliche steuerliche Aspekte sind hingegen nicht zu berücksichtigen: Zwar ist es zweifelhaft, ob Vermögensverwalter tatsächlich in der Regel keine Kenntnis des Kundenvermögens außerhalb der Vermögensverwaltung haben; immerhin bemisst sich die Geeignetheit der Vermögensanlagestrategie, die vom Vermögensverwalter zu prüfen und bestätigen ist, nach den Gesamtumständen des Kunden75. Aber selbst dann, wenn der Vermögensverwalter alle Informationen in Bezug auf den Kunden, dessen Vermögen und dessen konkrete steuerliche Situation hat, trifft ihn keine Pflicht, diese Umstände bei der Festlegung der Anlagerichtlinien zu berücksichtigen. Die Anlagerichtlinien müssten vom Vermögensverwalter gemeinsam mit dem Anleger festgelegt werden, damit dessen persönliche steuerliche Situation berücksichtigt würde. Eine solche Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse und die darauf gestützte persönliche Empfehlung wäre jedoch eine „Hilfeleistung in steuerlichen Angelegenheiten“ i. S. d. § 1 SteuerberatungsG: Hilfeleistung in steuerlichen Angelegenheiten setzt voraus, dass der Handelnde in einer konkreten fremden Sache tätig wird. Entscheidend ist, wessen Interesse bei wirtschaftlicher Betrachtung im Vordergrund steht76. Hier wären dies eindeutig die Interessen des Anlegers. Hilfeleistung in Form der Beratung erfolgt durch Unterrichtung eines Ratsuchenden über die Rechtslage in einer konkreten Steuersache sowie über die zu ergreifenden Maßnahmen77. Auf die vorliegende Situation übertragen ersucht der Anleger den Vermögensverwalter um Rat, wie sein Vermögen steuerlich optimal angelegt werden kann. Erteilt der Vermögensverwalter diesen Rat, in Form eines Vorschlages für Anlagerichtlinien, welchen der Anleger zustimmen muss, dann erfüllt dies den Tatbestand der erlaubnispflichtigen Steuerberatung. Diese Tätigkeit ist gesetzlich aber Steuerberatern und Rechtsanwälten vorbehalten, vgl. § 1 SteuerberatungsG. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der Vermögensverwalter Anlagerichtlinien, die ihm von seinem Kunden oder dessen Steuerberater vorgegeben werden, und die der Vermögensverwalter vertraglich akzeptiert hat, auch umzusetzen hat, wenn darin steuerliche Vorgaben gemacht werden. b) Vertragliche Gestaltung Fraglich ist, ob sich der Vermögensverwalter von der Verpflichtung zur Berücksichtigung produktbezogener steuerlicher Aspekte freizeichnen kann. 75 76 77
Schödermeier, WM 1995, 2053 (2058). BFH Beschluss v. 8. Oktober 2010, Az. II B 111/10, Rn. 16 von Galen/Senge, in: Erbs/Kohlhaas StBerG § 1 Rn. 10.
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Vermögensverwalter haben unterschiedliche Kenntnisse und Fähigkeiten, die sie in die Verwaltung mit einbringen. So mag es Vermögensverwalter geben, welche die Titelselektion sehr gut beherrschen, dafür aber weniger versiert im Einsatz von Derivaten zu Absicherungszwecken sind. Andere Vermögensverwalter mögen die internationalen Aktienmärkte sehr gut kennen, dafür verstehen sie weniger von den Besonderheiten des Rentenmanagements. Soweit erkennbar, vertritt niemand die Ansicht, dass jeder Vermögensverwalter alle Finanzinstrumente und alle Anlagetechniken beherrschen muss. Vielmehr kann der Vermögensverwalter bestimmte Instrumente und Techniken im Einvernehmen mit dem Anleger ausdrücklich von seinem Verwaltungsmandat ausnehmen, wenn er den Anleger ausdrücklich hierauf und die ggf. daraus resultierenden Risiken hinweist. Gleiches muss für die Berücksichtigung steuerlicher Aspekte einzelner Produkte gelten. Insofern spricht nichts dagegen, dass Vermögensverwalter und Kunde die Pflicht des Verwalters zur Berücksichtigung steuerlicher Aspekte abbedingen. Dies kann, weil es um die Festlegung des Leistungsumfangs geht, auch in AGB geschehen. 4. Regelung zur Substitution Wenn ein Vermögensverwalter eine Tätigkeit nicht selbst ausführen will, wird er diese, soweit zulässig, typischerweise bereits auf der ersten Stufe als nicht geschuldet ausschließen, also bei der Festlegung des Leistungsumfangs. Eher selten dürfte es vorkommen, dass die Vertragsparteien zwar eine Tätigkeit dem Verwalter auferlegen, ihm zugleich aber ausdrücklich78 die Möglichkeit der Substitution geben. Dies kann aber beispielsweise dann sinnvoll sein, wenn sich während eines laufenden Mandates wesentliche Änderungen ergeben. So kann sich der Anleger entscheiden, seine Vermögenswerte zukünftig von einer anderen depotführenden Stelle verwahren zu lassen und zugleich den Anlageschwerpunkt zu ändern. Die Übertragung von großen institutionellen Vermögen erfolgt vielfach unter Zuhilfenahme von sog. Transition Managern, die möglichst „marktschonend“ den Übertrag und die Portfolioänderung nach eigenem Ermessen vornehmen. Solche Transition Manager sind häufig hochspezialisierte Einheiten in Investmentbanken. Während des Transition Management zieht sich der eigentliche Vermögensverwalter zurück und überlässt für gewisse Zeit den Experten das Feld. Dieses Arrangement kann als temporäre Substitution des Verwalters durch einen anderen Verwalter dokumentiert werden, um deutlich zu machen, dass der eigentliche Vermögensverwalter für die Tätigkeit des Transition Managers nicht verantwortlich ist. Transition Management ist nur bei sehr großen, institutionellen Vermögen relevant, hingegen nicht bei typischen Privatvermögen. Daher finden sich im VuV Mustervertrag keine Ausführungen hierzu. Auch im Übrigen wird im VuV Mustervertrag die Möglichkeit der Substitution nicht angesprochen. 78 Die Substitution ist im Zweifel nicht zulässig, § 664 Abs. 1 BGB, so dass es einer vertraglichen Regelung bedarf, damit die Substitution zulässig wird.
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5. Einsatz von Erfüllungsgehilfen Der Vermögensverwalter darf Erfüllungsgehilfen einsetzen, wenn (i) ihm dies durch den Anleger gestattet ist79 und (ii) er die Vorgaben zur Auslagerung in § 25b KWG und § 80 Abs. 6 WpHG beachtet, sofern es sich bei der Übertragung der Aufgabe um eine Auslagerung handelt. Es wird später80 noch festgestellt werden, dass KVGen im Hinblick auf Auslagerungen seit jeher einem sehr strengen Regime unterliegen, welches durch die AIFM-RL möglicherweise noch verschärft worden ist. Für individuelle Vermögensverwalter als Finanzdienstleiter gelten ebenfalls strenge Regeln, jedoch ist die Regelungstiefe viel geringer als bei KVGen. So wird bei der Auslagerung von Vermögensverwaltungstätigkeiten zwar die fachliche Eignung des Auslagerungsunternehmens gefordert, weil sonst die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation gefährdet wäre81. Es gibt aber beispielsweise kein ausdrückliches Gebot, wonach die Portfolioverwaltung nur an bestimmte Einheiten ausgelagert werden könnte oder nicht an die depotführende Stelle ausgelagert werden dürfte. Im Gegenteil sind neben den freien Vermögensverwaltern vielfach gerade depotführende Banken in der Vermögensverwaltung aktiv. 6. Haftungsregelungen Dem KWG und dem WpHG sind keine Regelungen zu entnehmen, wonach ein Vermögensverwalter seine Haftung82 für eigenes Verschulden nicht beschränken dürfte; Haftungsbeschränkungen sind danach bei der individuellen Vermögensverwaltung im Rahmen des zivilrechtlich Zulässigen möglich und durchaus auch üblich83. Auch der Mustervertrag des VuV sieht eine solche Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit vor84. Ebenso wenig enthalten § 25b KWG oder § 80 Abs. 6 WpHG Vorgaben, wonach der Vermögensverwalter gehindert wäre, seine Haftung für ein Verschulden von Erfüllungsgehilfen oder Substituten zu beschränken. Dies gilt unabhängig davon, ob der Einsatz des Erfüllungsgehilfen einen 79 Die Gestattung ist wegen § 613 BGB erforderlich. Sie muss nicht ausdrücklich erfolgen, sondern kann sich auch aus den Umständen ergeben. 80 Vgl. Teil 1, Abschnitt E. und Teil 3. 81 Vgl. Tz. 9 Nr. 4 MaRisk. 82 Allgemein zur „Haftung des Vermögensverwalters“ Schäfer in: Schäfer/Sethe/Lang, Handbuch der Vermögensverwaltung, § 21. 83 Zur Zulässigkeit der Haftungsbeschränkung Balzer/Lang, in: Schäfer/Sethe/Lang, Handbuch der Vermögensverwaltung, § 5 Rn. 32; sehr weitgehend und wohl verfehlt LG Stuttgart, Urteil vom 13.11.1996 – 14 O 426/96 – WM 1997, 163 (164), welches es für zulässig hält, in AGB die Haftung für die fehlerhafte Auswahl von Vermögensgegenständen zu beschränken. 84 Die Möglichkeit, in AGB die Haftung des Vermögensverwalters zu beschränken, wird in der Literatur unter Hinweis auf die Kardinalpflichtenrechtsprechung des BGH teilweise pauschal verneint, vgl. Kiethe/Hektor, DStR 1996, 547 (552).
C. Der Investmentvertrag
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Fall der Auslagerung darstellt oder nicht. Zwar bestimmen § 25b KWG und § 80 Abs. 6 WpHG, dass ein Institut im Falle der Auslagerung für die Erfüllung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben verantwortlich bleibt85. Es fehlt aber an Aussagen zum Haftungsregime, anders als in § 36 KAGB, der zentralen Auslagerungsvorschrift im deutschen kollektiven Investmentrecht.
IV. Fazit Bei der individuellen Vermögensverwaltung sind die Parteien weitgehend frei, (i) den Pflichteninhalt, (ii) die Möglichkeit der Übertragung von Pflichten auf Dritte und (iii) die Haftung für eigenes und fremdes Verschulden nach eigenem Gutdünken festzulegen. Von dieser Möglichkeit machen die Parteien typischerweise auch Gebrauch. Der VuV Mustervertrag, der oben wiederholt in Bezug genommen wurde, wird vor allem gegenüber Privatanlegern verwendet. Im Bereich der institutionellen individuellen Vermögensverwaltung (also außerhalb von Fonds) werden in deutlich detaillierteren Verträgen typischerweise zu allen oben genannten Fragen Regelungen getroffen.
C. Der Investmentvertrag im Spannungsfeld von allgemeinem Zivilrecht und speziellem Investmentrecht Die zivilrechtlichen Beziehungen zwischen Anleger(n) und KVG hängen maßgeblich davon ab, ob es sich bei dem Investmentvermögen um ein nicht-rechtsfähiges Sondervermögen handelt, oder um eine rechtsfähige Investmentgesellschaft. Im ersten Fall86 wird gemeinhin von einem „Investment-Dreieck“ gesprochen, im zweiten Fall87 von einem „Investment-Viereck“. Beiden Gestaltungsformen ist gemeinsam, dass die Vertragsfreiheit der vertragsschließenden Parteien durch den investmentrechtlich vorgegebenen Rahmen eingeschränkt ist.
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Ebenso § 26 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz sowie § 104 Versicherungsaufsichtsgesetz. Vgl. Teil 1, Abschnitt A. II. 1. Vgl. Teil 1, Abschnitt A. II.2.
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
I. Der Investmentvertrag als Vertrag sui generis mit Geschäftsbesorgungscharakter Bei Investmentvermögen in der Form von Sondervermögen begründet der Investmentvertrag zwischen KVG und Anleger(n) die wechselseitigen Pflichten der Parteien88. Obwohl in der Literatur immer wieder das sog. „Investment-Dreieck“ von KVG, Verwahrstelle und Anleger erwähnt wird, kommt der Investmentvertrag nur zwischen KVG und Anleger zustande. Ob neben dem Investmentvertrag auch vertragliche Bindungen zwischen Anleger und Verwahrstelle bestehen, ist strittig89, braucht hier aber nicht weiter erörtert zu werden. Anders als bei einem „echten“ Geschäftsbesorgungsvertrag im Allgemeinen und anders als bei der individuellen Vermögensverwaltung im Besonderen90 fehlt es bei dem Investmentvertrag an einem Weisungsrecht des Anlegers. Dies gilt selbst für Spezialfondsanleger91. Wenn man davon ausgeht, dass das Weisungsrecht des Anlegers sowie die Möglichkeit, den Auftrag jederzeit zu widerrufen92, zu den unverzichtbaren Wesensmerkmalen eines Geschäftsbesorgungsvertrags zählt, wird man möglicherweise entgegen der herrschenden Meinung93 der Ansicht sein müssen, dass jedenfalls in direkter Anwendung der §§ 675 ff. BGB kein Geschäftsbesorgungsvertrag vorliegt94. Es bietet sich jedoch an, mangels speziellerer Regelungen im BGB jedenfalls einige der Vorschriften des Auftragsrechtes analog anzuwenden. Insoweit besteht wohl in der Literatur Einigkeit95. So soll beispielsweise die Anzeigepflicht des § 663 BGB gelten, wenn die KVG Zeichnungsaufträge eines interessierten Anlegers in Bezug auf ein Investmentvermögen erhält, jedoch beschlossen hat, keine weiteren
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Glander/Mayr, in: E/D/D § 162 Rn. 17 sprechen diesbezüglich von einer fremdnützigen Verwaltungstreuhand der KVG; ebenso v. Ammon/Izzo-Wagner, in: B/T, § 162 Rn. 20. 89 Vgl. hierzu die Diskussion bei Zetzsche, Prinzipien, S. 510 ff., der ein Vertragsverhältnis zwischen Anleger und Verwahrstelle bejaht, sowie die Ausführungen von Karcher, in: B/T, § 68 Rn. 12, die davon ausgeht, dass der Verwahrstellenvertrag, der zwingend zwischen KVG und Verwahrstelle zu schließen ist, als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten der Anleger anzusehen ist. Lediglich ein gesetzliches Schuldverhältnis bejahen Seegebarth, S. 44 sowie Ohl, S. 97. 90 Zum Weisungsrecht im Rahmen der individuellen Vermögensverwaltung vgl. Sethe, S. 899. 91 Vgl. nachstehend Teil 1, Abschnitt D. IV. 3. 92 An die Stelle des Widerrufs tritt im Investmentrecht die Möglichkeit der Rückgabe der Investmentanteile, welche jedoch z. B. bei Immobilien-Publikumsfonds an Mindesthaltefristen und Kündigungsfristen gebunden sein kann. 93 Dieterich, S. 280 mit umfangreichen Nachweisen zur älteren Kommentarliteratur, ferner Polifke, in: W/B/A, § 162 Rn. 2, Patzner/Schneider-Deters, in: FK, § 162 Rn. 18 sowie Hoch/ Preller, BKR 2019, 22 (24). 94 So Köndgen/Schmies, Bankrechtshandbuch, §113 Rn. 115. 95 V. Ammon/Izzo-Wagner, in: B/T, § 162 Rn. 17; Patzner/Schneider-Deters, in: FK, § 162 Rn. 18; Köndgen/Schmies, die den Investmentvertrag als Vertrag sui generis ansehen, bejahen gleichwohl die Anwendung des Rechtes des Auftragsrechtes, „zur Ergänzung der vom KAGB und den Anlagebedingungen gelassenen Lücken“ (vgl. Bankrechts-Handbuch, § 113 Rn. 203).
C. Der Investmentvertrag
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Anteile dieses Investmentvermögens mehr auszugeben96. § 666 BGB, welcher dem Geschäftsbesorger die Pflicht auferlegt, dem Auftraggeber Auskunft über den Stand des Geschäftes zu erteilen, soll hingegen keine Anwendung finden, sondern durch die Pflicht der KVG, Rechenschafts- und Halbjahresberichte zu veröffentlichen97, verdrängt sein98. Ob auch § 664 BGB gilt, soll an anderer Stelle99 erörtert werden.
II. Rechtsbeziehungen im Investment-Viereck Gesellschaftsrechtlich verfasste Investmentvermögen benötigen einen Gesellschaftsvertrag. Im Falle der InvAG wird dieser als „Satzung“ bezeichnet, vgl. § 110 KAGB. Daneben treten sowohl bei offenen als auch bei geschlossenen Investmentgesellschaften die Anlagebedingungen100. Die Anlagebedingungen bestimmen zusammen mit dem Gesellschaftsvertrag das Rechtsverhältnis zwischen den Anlegern und der Investmentgesellschaft101. Die KVG hingegen ist vertraglich nur mit der Investmentgesellschaft verbunden102. Diese beiden Parteien schließen einen Investmentvertrag in Form eines Geschäftsbesorgungsvertrages103. Diejenigen, die im Investment-Dreieck anstelle eines Geschäftsbesorgungsvertrages einen Vertrag sui generis annehmen, weil es am Weisungsrecht der Anleger fehlt, müssten dies konsequenterweise auch im Investment-Viereck tun, weil auch hier die Investmentgesellschaft nicht berechtigt ist, der externen KVG Weisungen zu erteilen104. Umstritten ist, ob die Anlagebedingungen zugleich auch ein vertragliches Rechtsverhältnis im Sinne eines Vertrages zugunsten Dritter105 zwischen Anleger und externer KVG begründen oder ob lediglich ein gesetzliches Schuldverhältnis 96
Baur, § 15 KAGG Rn. 5. Vgl. §§ 101, 103 KAGB. 98 Vgl. v. Ammon/Izzo-Wagner, in: B/T, § 162 Rn. 19. 99 Vgl. Teil 2, Abschnitt D. II. 100 Vgl. §§ 111 KAGB für die InvAG mit variablem Kapital, § 126 KAGB für die offene (Spezial-)InvKG, § 143 KAGB für die InvAG mit fixem Kapital und § 151 KAGB für die geschlossene InvKGen. Ergänzend gilt § 162 KAGB für sämtliche offenen Publikums-Investmentgesellschaften. 101 So für inländische Spezial-AIF in KG-Form ausdrücklich § 273 Nr. 3 KAGB. 102 Umstritten ist, ob die externe KVG Erfüllungsgehilfin der Investmentgesellschaft ist, die damit für das Verschulden der KVG wie für eigenes Verschulden haften würde; dafür Campell/ Müchler, S. 6, dagegen Köndgen, FS Baums, S. 729, welcher die Investmentgesellschaft mangels Einflusses auf die KVG nur für ein Auswahlverschulden haften lassen will. Die Frage kann im Rahmen der vorliegenden Untersuchung, bei der es um die Haftung der KVG geht, offenbleiben. Dass die KVG der Investmentgesellschaft grundsätzlich für ein Fehlverhalten haftet, ist unbestritten. 103 Campbell/Müchler, S. 3; Köndgen, FS Baums, S. 90. 104 Campbell/Müchler, S. 6. 105 So Zetzsche, FS Köndgen, S. 696 f. 97
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
besteht, ggf. ergänzt um die Einstufung des Investmentvertrages als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten der Anleger106. Die von Zetzsche vertretene Ansicht, der Investmentvertrag zwischen KVG und Investmentgesellschaft wirke zugleich zugunsten der Anleger, überzeugt nicht. Wenn wirklich ein Vertrag zugunsten Dritter vorliegen würde, dann hätten die Anleger ein unmittelbares, eigenes Recht, die Leistung zu fordern; ein solches unmittelbares Leistungsforderungsrecht wird in der Tat von Zetzsche nicht bejaht. Dieser meint, man müsse sich die Investmentgesellschaft „hinwegdenken“. Dies überzeugt schon deshalb nicht, weil (i) ungeklärt wäre, wie die gemeinschaftliche Willensbildung der Anleger erfolgen soll und (ii) unklar ist, wie unterschiedliche Weisungen durch die Investmentgesellschaft einerseits und die Anleger andererseits zu behandeln wären. Wenn man von einem Vertrag zugunsten Dritter ausgeht, wäre ferner zu klären, ob die Anleger dann keine Rechte haben sollen, wenn die Parteien des Investmentvertrages ausdrücklich die Drittwirkung ausschließen107. Die Auslegungsregel des § 328 Abs. 2 BGB greift ja nur dann, wenn die Parteien keine ausdrückliche Regelung für oder gegen die Drittwirkung getroffen haben. Zetzsche macht geltend, gegen ein gesetzliches Schuldverhältnis spreche, dass die Parteien des Bestellungsvertrages Modifikationen vornehmen würden, etwa im Hinblick auf Anlagegrenzen, Bewertungsverfahren und Vergütung. Aber auch dies führt nicht notwendigerweise zu einem Vertrag zugunsten der Anleger. Gesetzliche Schuldverhältnisse sind der Gestaltung durch die Parteien zugänglich, etwa wenn eine vertragliche Regel zur Haftungsreduzierung oder Verjährung auf die deliktische Haftung durchschlägt. Das gesetzliche Schuldverhältnis ist akzessorisch zum Vertrag über die externe Verwaltung108 (Investmentvertrag), so dass die inhaltliche Ausgestaltung zwischen den Parteien des Investmentvertrages auf das gesetzliche Schuldverhältnis durchschlägt. Zwischen Anleger und externer KVG besteht daher lediglich ein gesetzliches Schuldverhältnis. Dieses kommt durch den Beitritt des Anlegers zur Investmentgesellschaft zustande, und sein Inhalt bestimmt sich nach der Satzung nebst Anlagebedingungen und dem Investmentvertrag109. Mit anderen Worten hat der Anleger einen Anspruch darauf, dass die KVG die im Investmentvertrag gegenüber der Investmentgesellschaft übernommenen Pflichten erfüllt und 106 So Wallach, Der Konzern 2007, 487, 494; Köndgen/Schmies, Bankrechts-Handbuch, § 113 Rn. 244 m. w. N.; Hoch/Preller, BKR 2019, 22 (28); die Frage der Einstufung offenlassend Einsele, AG 2011, 141, 152 f. Campbell/Müchler, S. 10 f., sehen den Rechtsgrund für das Entstehen des gesetzlichen Schuldverhältnisses in der besonderen Verantwortung, die das Investmentrecht der Verwaltungsgesellschaft zum Schutz der Anleger auferlegt. 107 Dies sollte jedenfalls dann möglich sein, wenn es sich um einen Spezialfonds handelt. Hingegen dürften bei Publikumsfonds vertragliche Bestimmungen, die sich zum Nachteil der Anleger auswirken, wegen des Gebotes, ausschließlich in deren Interesse zu handeln, ausscheiden. 108 Wallach, ZGR 2014, 289 (301); Fischer/Friedrich, ZBB 2013, 153 (156). 109 Für die meisten in der Praxis auftretenden Probleme dürfte der Meinungsstreit unerheblich sein, vgl. Köndgen, FS Baums, S. 730.
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kann Schadenersatz verlangen, wenn dies nicht geschieht110. Mangels Schutzbedürfnisses der Anleger, die durch das gesetzliche Schuldverhältnis hinreichend geschützt sind, ist es auch entbehrlich, den Investmentvertrag als „Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter“ zu qualifizieren111.
III. Das Investmentrecht als ausfüllungsbedürftiger und der Ausfüllung zugänglicher Rechtsrahmen Die Verwaltung jedenfalls eines Spezialfonds mit nur einem Anteilsinhaber weist gewisse Parallelen zur individuellen Vermögenverwaltung auf112. Aber auch bei Publikumsfonds ist die Arbeit eines kollektiven Vermögensverwalters der eines individuellen Vermögensverwalters sehr ähnlich. Vergleicht man die kollektive Vermögensverwaltung mit der individuellen Vermögensverwaltung, so fällt auf, dass beide Dienstleistungen nur lückenhaft geregelt sind, dass aber bei der individuellen Vermögensverwaltung die Verwalter und deren Kunden in weit größerem Umfang von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, den lückenhaften Rechtsrahmen selbst zu füllen113. Untersucht man die Allgemeinen und Besonderen Anlagebedingungen für Investmentverträge, welche der Bundesverband Investment und Asset Management e. V. (BVI) gemeinsam mit der BaFin entwickelt und seinen Mitgliedern zur Verwendung empfohlen hat, so fällt als erstes deren Lückenhaftigkeit ins Auge, jedenfalls wenn man sie mit dem Vertragsmuster des Verbandes unabhängiger Vermögensverwalter e. V. (VuV) vergleicht, welches dieser seinen Mitgliedern empfiehlt. Analysiert man das BVI-Muster der Allgemeinen Anlagebedingungen, welche Kapitalverwaltungsgesellschaften dem Investmentvertrag mit den Anlegern eines OGAW-Publikumsfonds zugrunde legen, dann fällt folgendes auf: - Die Pflichten im Rahmen der Portfolioverwaltung werden nur insofern angesprochen, als von der Verwaltung des Vermögens die Rede ist. Nicht geregelt ist, wie weit z. B. die Pflichten im Rahmen der Portfolioverwaltung reichen. So wird etwa nicht geregelt, ob und in welchem Umfang Portfolioverwalter auch für die Due Diligence der erworbenen Vermögensgegenstände verantwortlich sind. - Ob Dritte für die Ausführung von Aufgaben herangezogen werden dürfen, ist nur rudimentär und typischerweise nur im Zusammenhang mit den dafür anfallenden Kosten geregelt.
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Hoch/Preller, BKR 2019, 22 (28); Fischer/Friedrich, ZBB 2013, 153 (155). Campbell/Müchler, S. 13. 112 OLG Frankfurt, Urteil vom 2.7.2008 – 23 U 55/07 – BKR 2008, 341. 113 Lediglich was die Sorgfaltspflichten angeht, sind die Investmentverträge zum Teil detaillierter, vgl. Teil 2, Abschnitt C. 111
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
- Vertragliche Regelungen zur Haftung finden sich in den Anlagebedingungen nicht. Der allgemeine Verweis in § 1 Abs. 4 der BVI Muster-AAB auf das KAGB reicht nicht aus, um alle rechtlich und ökonomisch bedeutsamen Fragen im Rahmen des Investmentvertrages zu beantworten. Dies gilt für AIF noch mehr als für OGAW, und zwar trotz der „Weiterverweisung“ im KAGB auf die AIFMD-Level 2-Verordnung, die eigentlich für Klarheit hätte sorgen sollen. Jede KVG, die AIF verwaltet, müsste ebenso wie ein individueller Vermögensverwalter ein Interesse daran haben, den Investmentvertrag zu konkretisieren im Hinblick auf - die konkret geschuldeten Haupt- und Nebenleistungen; - die Möglichkeit, Dritte im Rahmen einer Substitution oder jedenfalls einer Erfüllungsgehilfenschaft einzusetzen; und - die Haftung, welcher sie im Rahmen ihrer Tätigkeit unterliegt. Die Realisierung dieses Interesses scheitert möglicherweise an zwingenden Vorschriften des Investmentrechtes: Unbestritten ist, dass das KAGB auch zivilrechtliche Regelungen trifft114 und dass im Investmentrecht die zivilrechtliche Gestaltungsfreiheit der Parteien eingeschränkt ist. Dies gilt sogar im Verhältnis zwischen KVG und Spezialfondsanleger, wie § 284 Abs. 2 KAGB zeigt: Nur die dort genannten Vorschriften sind dispositiv115, nicht hingegen die sonstigen für offene Spezial-Investmentvermögen geltenden Vorschriften, z. B. das Erfordernis der Risikomischung nach § 282 KAGB116. Der grundsätzlich zwingende Charakter auch der zivilrechtlichen Vorschriften des Investmentrechtes prägt das deutsche Investment bereits seit dessen Entstehung. Bereits Canaris117 hat noch unter der Geltung des KAGG darauf hingewiesen, dass die Vorschriften des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften „überwiegend zwingendes Recht darstellen“. Mit den Worten von Rozok (noch zum InvG): „Die Regelungen des [Investmentrechtes] bestimmen den Rahmen, den die KAG bei der Ausgestaltung des Investmentvertrages einzuhalten hat, sie ist insofern bei der Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zu ihren Anlegern nicht frei.“118 114 Hanten, in seiner Besprechung von Zetzsches „Prinzipien kollektiver Vermögensverwaltung“, ZBB 2016, 218 (221) weist darauf hin, dass die zivilrechtliche Geltung investmentrechtlicher Vorschriften keineswegs selbstverständlich ist. So ist es nach wie vor umstritten, ob die prima facie aufsichtsrechtlichen Vorgaben im 11. Abschnitt des WpHG (§§ 63 ff.) auch zivilrechtliche Auswirkungen haben, etwa weil sie Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sind (vgl. zum Meinungsstand Koller, in Assmann/Schneider/Mülbert, § 63 WpHG Rn. 9). 115 Unter Beachtung der in § 284 Abs. 3 und 4 KAGB genannten Grenzen. 116 Schmolke, in: A/W/Z, § 284 Rn. 8 („das zwingende Gebot der Risikomischung“); von Livonius/Riedl, in: FK, § 284 Rn. 12 („von dieser Anforderung kann nicht abgewichen werden“). 117 Bankvertrag, Rn. 2339. 118 Rozok, in: E/D/D/H, § 43 InvG Rn. 16; identisch Glander/Mayr, in: E/D/D, § 162 Rn. 20; gleiches gilt für den Investmentvertrag zwischen KVG und Investmentgesellschaft: Wo das Investmentrecht es einer KVG verbieten würde, für den Anleger nachteilige Regelungen in
D. Die KVG als Verwalterin des Fondsvermögens und Koordinatorin
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Dies dürfte unbestritten sein119, wobei aus dem vorstehenden Zitat zwei Worte hervorzuheben sind, nämlich „Rahmen“ und „insofern“. So detailverliebt das deutsche Investmentrecht an manchen Stellen ist120, so sehr fällt doch auf, dass zahlreiche Fragen offenbleiben bzw. mithilfe unbestimmter Rechtsbegriffe nur scheinbar geregelt sind. Die Situation ist umso misslicher, als unter dem KAGB zahlreiche Gesetzesverstöße bußgeldbewehrt sind. Im nachfolgenden Teil 2 soll die Frage beantwortet werden, ob das Interesse der KVGen, ihre Pflichten und die Haftung für Pflichtverletzungen vertraglich zu regeln, vom europäischen und deutschen Gesetzgeber anerkannt oder für nicht schutzwürdig befunden wurde121. Zuvor jedoch sind noch weitere Grundlagen zu erörtern: Die faktisch-empirischen Feststellungen, in welchem Umfang KVGen auf die Dienste Dritter zurückgreifen, um die ihre eigenen Leistungen zu erfüllen (Abschnitt D.) und die rechtliche Einordnung der Einschaltung Dritter durch die Aufsichtsbehörden (Abschnitt E.).
D. Die KVG als Verwalterin des Fondsvermögens und Koordinatorin von Dienstleistungen Dritter I. Überblick Nachstehend soll gezeigt werden, dass KVGen im Rahmen der kollektiven Vermögensverwaltung in erheblichem Umfang und in unterschiedlichen Formen auf Dritte zurückgreifen. Das Geschäft der KVGen ist seit dem Jahr 2001 immer mehr dadurch gekennzeichnet, dass die KVG als Koordinator der Dienstleistungen Dritter auftritt, hinter welche die eigene Fondsverwaltungs-Expertise zurücktritt122. die Anlagebedingungen eines Sondervermögens aufzunehmen, kann dieser Schutz in Ermangelung anderweitiger gesetzlicher Regelungen nicht dadurch umgangen werden, dass der Fonds stattdessen in Form einer Investmentgesellschaft aufgelegt wird. 119 Selten wird erörtert, warum das Investmentrecht insofern strenger ist als z. B. das Kreditrecht oder die Vorschriften, die für Finanzkommissionsgeschäfte gelten. Schäfer (Anlegerschutz, S. 41) darauf hin, dass aus dem bloßen Umstand, dass eine Vielzahl unerfahrener Anleger dem sehr erfahrenen Verwalter gegenüber stehen, „kein Defizit der Funktionsvoraussetzungen der Vertragsfreiheit“ resultiert, was dafür sprechen würde, auch im Investmentrecht der Vertragsfreiheit weiteren Raum zu geben. 120 Man denke etwa an die Vorgaben der DerivateVO, wo im Detail Risikomesstechniken für jedes einzelne Finanzinstrument geregelt sind. 121 So auch Patzner/Schneider-Deters, in: FK, § 162 Rn. 21: „die investmentaufsichtsrechtlichen Vorschriften [lassen] einen gewissen Gestaltungsspielraum [und sind] ausfüllungsbedürftig.“ 122 Klusak, in: W/B/A, § 68 Rn. 3, bemerkt hierzu „Angesichts der zunehmenden Aufspaltung der Wertschöpfungsketten durch neue Formen von Investmentvermögen und Master KVG sollte man [den] ohnehin wenig aussagekräftigen Begriff [des Investment-Dreiecks] jedoch als nicht mehr zeitgemäß aufgeben und sich auf die tatsächlichen Geschäfts- und zugrundeliegenden Vertragsbeziehungen fokussieren.“
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
In Abschnitt D. II. soll zunächst der Grundfall beschrieben werden, bei dem die KVG ein (Publikums-123)Wertpapier-Sondervermögen verwaltet. Für diese Form von Sondervermögen darf die externe KVG vornehmlich in Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Derivate und andere Investmentanteile anlegen124. Für die Verwaltung von Wertpapier-Sondervermögen greifen KVGen seit jeher in großem Umfang auf unterschiedliche Dienstleister zurück. Daher lässt sich am Beispiel von WertpapierSondervermögen das in der Praxis anzutreffende Ausmaß der Übertragung von Aufgaben besonders gut darstellen. In Abschnitt D. III. wird dargestellt, wie KVGen, die Publikums-AIF verwalten, wie z. B. Grundstücksfonds oder Darlehenfonds125, aufgrund der Spezifika der verwalteten Vermögensgegenstände auf weitere Dritte zurückgreifen. In Abschnitt D. IV. wird untersucht, inwieweit bei Spezial-Investmentvermögen weitere Aufgabenübertragungen festzustellen sind. Diese Spezial-Investmentvermögen sind dadurch gekennzeichnet, dass ihre Anteile häufig von nur einem einzigen professionellen oder semi-professionellen Anleger gehalten werden126. In Abschnitt D. V. wird beschrieben, dass in zunehmendem Umfang auch Verwahrstellen Aufgaben übernehmen, die über die ihnen eigentlich obliegenden Verwahr- und Kontrollaufgaben hinausgehen, und zwar entweder für die KVG oder direkt für den Anleger. Abschnitt D. VI. versucht, aus der Vielzahl von Einzeltatbeständen eine Tendenz abzuleiten.
II. Übertragung von Aufgaben bei Wertpapierfonds Häufig hat die KVG den Fonds selbst konzipiert127, die Anlagebedingungen von der BaFin genehmigen lassen, eine Verwahrstelle bestellt128 und den Fonds durch Einzahlung von „Seed Money“ ins Leben gerufen. Damit kann die eigentliche Wertschöpfung im Rahmen der Vermögensverwaltung beginnen. In der Literatur wird die Wertschöpfung von KVGen für ihre Anleger vielfach als „Wertschöp-
123
OGAW sind immer Publikumsfonds, vgl. Art. 3 lit. b) OGAW-RL. Das Anlageuniversum eines OGAW bestimmt sich nach §§ 193 ff. KAGB. 125 D. h. Fonds, die in unverbriefte Darlehensforderungen investieren bzw. als Darlehensgeber auftreten. 126 Vgl. Teil 1, Abschnitt A. II. 1 a). 127 Unter Berücksichtigung z. B. sektoraler oder geographischer Schwerpunkte, des Anlagestils (Top down, bottom up, …) sowie der Festlegung der anwendbaren Risikolimite etc.; vgl. hierzu Teil 2, Abschnitt B. 128 Vgl. Teil 1, Abschnitt B. I. 124
D. Die KVG als Verwalterin des Fondsvermögens und Koordinatorin
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fungskette“ dargestellt129. Dieses Bild ist für die Leistungen, die eine KVG erbringt, nicht wirklich passend, vielmehr kann man mehrere Wertschöpfungskomplexe oder Funktionsbereiche beobachten, bei denen die einzelnen Funktionen innerhalb dieser Funktionsbereiche nicht nacheinander, sondern parallel stattfinden. Diese Funktionsbereiche werden im Folgenden analysiert; dabei wird jeweils herausgearbeitet, wie KVGen sich bei der Erledigung ihrer Aufgaben Dritter bedienen.
1. Überblick über die Wertschöpfungs-Funktionsbereiche Traditionell wird die Wertschöpfung eines Asset Managers im Wertpapierbereich in drei große Bereiche unterteilt, welche mit englischen Bezeichnungen versehen sind, für die es sinnvolle und gebräuchliche deutsche Begriffe nicht gibt: - Front Office - Middle Office - Back Office Diese Bezeichnungen geben wirtschaftliche Sachverhalte wieder. Sie finden sich in dieser Form nicht im Gesetz, weder im KAGB noch in der OGAW-RL oder der AIFM-RL130, und auch nicht in den wichtigsten Verlautbarungen der deutschen und europäischen Aufsichtsbehörden zum Recht der kollektiven Vermögensverwaltung. Für die Zwecke dieser Arbeit sollen die Begriffe zunächst grob wie folgt definiert werden: - Front Office Im Front Office werden die finanziellen Entscheidungen in Betreff der Portfolien getroffen, namentlich über den Kauf und Verkauf von Vermögensgegenständen. Das Front Office implementiert die Anlagestrategie und legt den Anlagestil nach Maßgabe der vertraglichen Abreden und in Übereinstimmung mit investmentrechtlichen Vorgaben fest. Es berücksichtigt hierbei das gewünschte Risikoprofil des Fonds sowie die Risiken der einzelnen Vermögensgegenstände. Das Front Office bedient sich dabei der Hilfe von Finanzanalysten, um Anlageopportunitäten zu finden. Mit Hilfe des Handelstisches (Trading Desk) werden die Anlageentscheidungen (Kaufund Verkaufsorders) durch Finanzkommissionäre (Broker) oder sonstige Interme129 Frühere Versuche, die Wertschöpfungskette von KVGen systematisch und typischerweise linear als Abfolge von aufeinander folgenden Prozessen darzustellen, stammen beispielsweise von Hanten ZBB, 2003, 291; Dieterich, S. 50 sowie Seidenschwann, S. 92. 130 Man hätte für die Zwecke dieses Kapitels auch erwägen können, die von einer KVG typischerweise erbrachten Leistungen mittels der Funktionsbezeichnungen in den Anhängen der EU-Richtlinien zu beschreiben. Dies wäre jedoch nicht zweckmäßig, weil es in diesem Teil der vorliegenden Darstellung zunächst nur darum geht, in der Praxis vorgefundene Sachverhalte zu beschreiben, und nicht bereits eine rechtliche Bewertung bzw. Subsumtion vorzunehmen. Begriffe wie „Risikomanagement“ oder „Vertrieb“ u.v.a.m. aus den Richtlinien sind jedoch mit rechtlichen Wertungen beladen.
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
diäre umgesetzt; gelegentlich wird die KVG auch direkt am Markt tätig, aber dies ist sehr selten der Fall. Aufgabe des Handelstisches im Front Office ist es, die Handelsaufträge bei Brokern oder Gegenparteien zu platzieren, um so die bestmögliche Ausführung (best execution) sicher zu stellen. - Middle Office Der Umfang der Aufgaben des Middle Office variiert stark von KVG zu KVG. Das Middle Office ist für administrative Aspekte der Transaktionen zuständig, die im Front Office getätigt werden. Das Middle Office überprüft und überwacht die Handelsaufträge, indem es diese mit den Ausführungsanzeigen der Broker und Gegenparteien abgleicht und, soweit erforderlich, die Aufträge um AbwicklungsAnweisungen (Settlement) ergänzt. Sobald ein Handelsauftrag vom Middle Office validiert wurde, wird er an das Back Office der KVG sowie die Verwahrstelle weitergegeben. In vielen KVGen ist das Middle Office zugleich für die laufende Überwachung und Steuerung der Risiken zuständig, welche im Front Office begründet werden. Mitunter wird auch das Management von Liquiditäts- und sonstigen Risiken hierzu gezählt131. - Back Office Das Back Office ist für die Fondsadministration, d. h. die Fondsbuchhaltung und die Bewertung der Vermögensgegenstände zuständig. Hier wird auch der Nettoinventarwert (NIW132) des Investmentvermögens133 berechnet. Zugleich ist es zuständig für die Abwicklung von Kapitalmaßnahmen (Corporate Actions134). Hinzu tritt häufig die Performance-Messung sowie die Berichterstattung an Aufseher und Investoren. In manchen KVGen obliegen diese Aufgaben nicht dem Back Office, sondern dem Middle Office. Ergänzt werden diese drei Funktionsbereiche durch den Vertrieb und sowie die Ausgabe und Rücknahme von Fondsanteilen135.
131 Vgl. Deutsche Finanz Presseagentur „Spezialisten entlasten KVGen im Middle- und Back-Office“, 11. Februar 2019, https://www.dfpa.info/pressedigest-news/spezialisten-entlas ten-kvgen-im-middle-und-back-office.html, S. 1. 132 Im Englischen „Net Asset Value“, NAV. 133 Vgl. § 168 Abs. 1 KAGB. 134 Vgl. die Ausführungen in einer Systembeschreibung eines führenden Anbieters von ITLösungen für KVGen, SimCorp (https://www.northoff.com/simcorp/stuff/infos/SimCorp_Di mension_Produktbroschuere.pdf, S. 3). 135 „Transfer Agency“.
D. Die KVG als Verwalterin des Fondsvermögens und Koordinatorin
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2. Die Wertschöpfung der kollektiven Vermögensverwaltung im Einzelnen Mit dem Absatz, d. h. dem Einwerben von Kundengeldern, soll die Darstellung der Wertschöpfung beginnen. a) Vertrieb von Investmentanteilen In Teil 3, Abschnitt A. I. wird später noch im Detail der Vertrieb von Investmentanteilen beschrieben und analysiert, wenn es nämlich um die Frage geht, ob der Vertrieb von Investmentanteilen durch Drittvertriebe einen Fall der Auslagerung nach § 36 KAGB darstellt. Für diese überblicksartige Darstellung der Wertschöpfung einer KVG sind folgende Hinweise ausreichend: Sehr selten kommt es mittlerweile vor, dass KVGen Anteile von Publikumsfonds136 wie OGAW unmittelbar an den Endanleger vertreiben. Viel häufiger schließen Kreditinstitute mit der Erlaubnis für das Finanzkommissionsgeschäft mit KVGen Vertriebsverträge ab und erwerben nach Maßgabe dieser Vertriebsverträge Anteile als Finanzkommissionäre im Auftrag ihrer Kunden. Daneben gibt es noch einige wenige KVGen, die mit freien Finanzvermittlern nach § 34 f der Gewerbeordnung direkt Vertriebsverträge abschließen. Diese freien Finanzvermittler agieren dann als Boten der Kunden und übermitteln der KVG Zeichnungsaufträge oder Kauforders137. Sowohl Kreditinstitute als auch Finanzvermittler leiten den prospektiven Kunden die von der KVG erstellten, gesetzlich geforderten Verkaufsunterlagen weiter, insbesondere die Wesentlichen Anlageinformationen nach § 164 KAGB138. Mitunter übertragen KVGen spezialisierten Dienstleistern auch die Erstellung, die laufende Aktualisierung und das Inverkehrbringen der Wesentlichen Anlageinformationen nach § 164 KAGB, welche für den Vertrieb von OGAW zwingend erforderlich sind. Die Vertriebspartner der KVGen sind berechtigt, aber nicht verpflichtet, Fondsanteile zu vertreiben. Als Entgelt für einen erfolgreichen Vertrieb erhalten die Vertriebspartner laufend einen Anteil an der von der KVG vereinnahmten Verwaltungsvergütung139, und ggf. ein einmaliges Entgelt in Form eines Ausgabeaufschlages140. 136
Bei Spezialfonds ist der Direktvertrieb durch die KVG hingegen die Regel. Es handelt sich bei dieser Tätigkeit aufsichtsrechtlich gesehen um „Anlagevermittlung“ i. S. d. § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1 KWG, welche bei zum Vertrieb zugelassenen Fonds von den Vorschriften des KWG und des WpHG freigestellt ist (vgl. § 2 Abs. 6 S. 1 Nr. 8 KWG und § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 WpHG). An die Stelle von KWG und WpHG treten § 34 f GewO und die Vorschriften der Finanzanlagenvermittlerverordnung. 138 Dabei handelt es sich um 2- bzw. 3-seitige Dokumente, in welchen Anlegern die wesentlichen Anlagerisiken sowie Informationen zum Risiko-Rendite-Verhältnis in standardisierter Form mitgeteilt werden. 139 Als Bestandsprovision, Vertriebsfolgeprovision, Kontinuitätsprovision, Retrozession oder kick-back bezeichnet. 137
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
b) Ausgabe von Investmentanteilen Während früher bisweilen eine physische Verbriefung von Investmentanteilstücken stattfand, werden neue Anteile heute stückelos in einer Globalurkunde verbrieft, soweit erkennbar ohne Ausnahmen. Die Globalurkunde wird von der KVG erstellt, von der Verwahrstelle gegengezeichnet und von dieser im eigenen Namen bei Clearstream Banking AG, dem deutschen Zentralverwahrer, in Girosammelverwahrung gegeben. Jede Ausgabe eines Anteilscheines setzt daher voraus, dass neben der KVG auch die Verwahrstelle tätig wird. Sie wird nur dann zustimmen, dass ein Teil des Sammelbestandes an Anteilen, den der Zentralverwahrer für sie verwahrt, zugunsten des Erwerbers umgebucht wird, wenn ihr zuvor oder zeitgleich der Gegenwert der Anteile zufließt. Rechtsgrundlage für dieses Miteinander von KVG und Verwahrstelle ist bei OGAW § 71 KAGB, bei AIF § 83 Abs. 1 Nr. 1 KAGB141. Im Verwahrstellenrundschreiben142 der BaFin heißt es hierzu: „Dabei ist nur die Entscheidung über die grundsätzliche Aufnahme, den Umfang und die Einstellung der Anteilsausgabe in einem Fonds als originäre Aufgabe der Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) anzusehen, welche unter den Voraussetzungen eines Auslagerungsverhältnisses bei Einhaltung der Divisionslösung auf die Verwahrstelle oder einen Dritten übertragen werden darf. Das im Rahmen dieser Vorgaben durchgeführte börsentägliche Geschäft der Entgegennahme einzelner Kundenaufträge und deren Bedienung dient der technischen Abwicklung und kann daher wie bisher üblich durch die Verwahrstellen durchgeführt werden, ohne dass es dazu der Begründung eines gesonderten Auslagerungsverhältnisses bedarf.“
Mit anderen Worten geht die BaFin davon aus, dass die Ausgabe der einzelnen Anteile nicht Aufgabe der KVG ist, sondern zu den Aufgaben der Verwahrstelle gehört. Dies ist insofern erstaunlich, als erst durch die Ausgabe der Anteile der Investmentvertrag zustande kommt, der zwischen KVG und Anleger geschlossen wird, und aus dem alle weiteren Pflichten der KVG folgen. c) Einzelfunktionen des Front Office Bei der Verwaltung von Publikumsfonds trifft die KVG typischerweise selbst die Anlageentscheidung und überlässt diese Kernaufgabe der kollektiven Vermögensverwaltung nicht Dritten143. Etwas anderes gilt bei Spezial-Investmentvermögen; 140 Zu den Beschränkungen, denen KVGen und ihre Vertriebspartner in Bezug auf die Zahlung von Zuwendungen unterliegen, vgl. Loff/Hahne, WM 2012, 1512. 141 In Verbindung mit Art. 93 Abs. 1 Nr. i) Level-2-VO. 142 Dort Nr. 9, S. 18. 143 Die Übertragung dieser Aufgabe auf Dritte kommt aber auch bei OGAW und PublikumsAIF durchaus nicht selten vor: Einerseits findet sehr häufig in Gruppen von Investmentgesellschaften (DWS-Gruppe, Allianz Global Investors-Gruppe, Union Investment-Gruppe, etc.) eine gruppeninterne Übertragung von Anlageentscheidungen statt (eine Konzerngesellschaft
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hier ist die Übertragung von Front Office-Tätigkeiten durch die KVG auf einen Dritten, den externen Asset Manager, bereits der Regelfall. Gleichwohl ist auch bei Publikumsfonds zu beobachten, wie eng die KVG sich mit Dritten verzahnt, um die Front Office-Funktionen erbringen zu können. In der Praxis finden im Front Office statt: - Die Beschaffung von Research und sonstiger finanzieller Analysen zur Vorbereitung der Anlageentscheidung - das vorläufige Treffen der Anlageentscheidung - die Überprüfung der Auswirkung der Entscheidung auf Anlagegrenzen und Due Diligence der Risikoparameter - das endgültige Treffen der Anlageentscheidung - das Auftragsmanagement - die Umsetzung der Anlageentscheidung und Auftragserteilung aa) Research und finanzielle Analysen zur Vorbereitung der Anlageentscheidung Im Rahmen der Vorbereitung der Anlageentscheidung greifen KVG üblicherweise auf Finanzanalysen (Research) Dritter zurück. Darin werden Empfehlungen bezüglich des Kaufs, Verkaufs oder Haltens von Finanzinstrumenten gegeben. Die Dritten, von denen Research bezogen wird, sind vielfach dieselben Gesellschaften, auf welche die KVG als Broker (Finanzkommissionäre) zurückgreift144. bb) Vorläufiges Treffen der Anlageentscheidung Liegen alle Informationen vor, welche das Front Office benötigt, dann trifft es eine vorläufige Anlageentscheidung, beispielsweise die Entscheidung, für ein oder mehrere Investmentvermögen ein bestimmtes Wertpapier zu erwerben oder ein trifft z. B. für sämtliche Aktienportfolios die Anlageentscheidung, unabhängig davon, ob das jeweilige Portfolio als Spezial- oder Publikumsfonds oder gar als Direktbestand verwaltet wird). Andererseits nutzen kleinere Asset Manager, die nicht selbst über eine KVG-Lizenz verfügen, sog. „Service-KVGen“, die für diese dritten Manager „White Label“ oder „Private Label“ Fonds auflegen und die Anlageentscheidung durch diese dritten Manager (die „Fondsinitiatoren“) ausüben lassen. 144 Seit Inkrafttreten von MiFID II wird Research in geringerem Umfang von Dritten bezogen. Grund ist das Verbot unter der Art. 24 Abs. 9 MiFID II, im Rahmen der individuellen Vermögensverwaltung Zuwendungen – dazu gehört auch Research – von Dritten entgegen zu nehmen und zu behalten, es sei denn, die KVG bezahlt dafür aus eigenen Mitteln oder erlegt dem Kunden die Kosten explizit auf. Dieses zunächst nur für die individuelle Vermögensverwaltung aufgestellte Verbot wird voraussichtlich bei nächster Gelegenheit auch auf die kollektive Vermögensverwaltung erstreckt werden. De facto wird es von nahezu allen betroffenen Fondsmanagern schon vor Inkrafttreten einer gesetzlichen Regelung beachtet.
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bestimmtes Risiko durch Einsatz eines Derivates zu steigern oder zu mindern. Bevor die Entscheidung umgesetzt werden kann, müssen deren Auswirkungen jedoch in einem strukturierten Prozess geprüft bzw. prognostiziert werden, siehe nachstehend lit. cc). cc) Überprüfung der Auswirkung der Entscheidung auf Anlagegrenzen (Pre-trade Investment Compliance) und Risikoparameter Das Front Office verfügt über Software, welche es ermöglicht, die Auswirkungen der Anlageentscheidungen auf das Portfolio zu untersuchen. So kann das Front Office beispielsweise analysieren, ob durch den Erwerb gesetzliche oder vertragliche Anlagegrenzen verletzt werden (z. B., dass nicht mehr als 10 % des Portfolios in Wertpapiere ein und desselben Ausstellers und seiner verbundenen Unternehmen investiert sein dürfen145). Ferner wird dort überprüft, wie bestimmte Risikomesszahlen (z. B. die Zins-Sensitivität eines Rentenportfolios, die Duration) durch eine Anlageentscheidung beeinflusst werden. Vielfach greifen KVGen für diese Prozesse auf Software zurück, die speziell für ihre Zwecke von Dritten erstellt oder jedenfalls auf ihre Zwecke angepasst wurden. Die Software muss laufend gepflegt werden, z. B. durch Anpassung an neue gesetzliche Rahmenbedingungen; dies wird häufig den Erstellern der Software überlassen. Häufig läuft diese Software auf Servern, die entweder der Softwareersteller oder ein Dritter bereitstellt146. dd) Auftragsmanagement Wurde positiv geklärt, dass eine bestimmte Anlageentscheidung unter Risikound Anlagegrenzgesichtspunkten getroffen werden kann, dann wird im Auftragsmanagement die Erteilung der Aufträge an andere Marktteilnehmer vorbereitet. Hier wird auch festgelegt, wie die Zuteilung auf die einzelnen Investmentvermögen erfolgen soll, wenn die Order mangels ausreichender Liquidität im Markt nicht vollständig ausgeführt werden kann, sondern nur teilweise. Auch dieser Prozess funktioniert nicht mehr händisch, sondern mit Hilfe häufig fremdbezogener Software. ee) Umsetzen der Anlageentscheidung und Auftragserteilung Der Erwerb der Wertpapiere erfolgt, indem die KVG (der Handelstisch/Trading Desk des Front Office) sich typischerweise an einen Broker wendet, der über die Zulassung zu der Börse bzw. dem Markt verfügt, an dem das Wertpapier gehandelt 145
Vgl. für OGAW § 206 Abs. 1 KAGB. Eines der am weitesten verbreiteten, und auch von deutschen KVGen eingesetzten Systeme ist das Produkt Aladdin von BlackRockSolutions, vgl. https://www.blackrock.com/ aladdin/offerings/aladdin-overview; zuletzt abgerufen am 21. April 2020. 146
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wird. KVGen selbst verfügen typischerweise nicht über Börsenzulassungen, und könnten daher die Wertpapiere nicht selbst beschaffen. Der Gesetzgeber verbietet es den KVGen jedoch nicht, Mitgliedschaften an Börsen zu erwerben. Auch verbietet es der Gesetzgeber den KVGen nicht, Wertpapiere außerbörslich selbst zu erwerben. Insofern ist später für die Ausführung von Wertpapierorders zu prüfen, ob der Broker bei der Beschaffung oder Veräußerung eines Wertpapieres eine der KVG zugewiesene Aufgabe erfüllt und damit zivilrechtlich Erfüllungsgehilfe und möglicherweise sogar aufsichtsrechtlich Auslagerungsunternehmen der KVG ist. Im Bereich der OTC-Derivate oder Wertpapierleiheverträge besteht die Umsetzung der risikoerhöhenden oder risikomindernden147 Anlageentscheidung darin, dass die KVG im eigenen Namen, aber für Rechnung des Fonds bzw. seiner Anteilinhaber, den Vertrag unmittelbar mit einer geeigneten Gegenpartei abschließt. Dem geht gelegentlich eine Vermittlungsleistung Dritter voran, welche der KVG eine geeignete Gegenpartei benennen. d) Einzelfunktionen des Middle Office Im Einzelnen gibt es zwischen den verschiedenen KVGen große Unterschiede, welche Tätigkeiten dem Middle Office (und nicht dem Front Office oder Back Office) zugeordnet werden. Typischerweise werden dort folgende Tätigkeiten erbracht: - Überwachung der Umsetzung der Anlageentscheidung (Trade Reconciliation) - Post-trade, pre-settlement Investment Compliance - Anweisung bezüglich der Abwicklung von Transaktionen (settlement instructions), einschließlich Zuteilung - Laufendes Risikomanagement und -controlling Diese Tätigkeiten werden vielfach vollständig von Dritten für die KVG erbracht148. Wo die KVG die Tätigkeit noch selbst erbringt, wird sie vielfach auf Systeme, also Software und Hardware, zurückgreifen, die von Dritten gestellt werden. 147 Köndgen/Schmies, Bankrechts-Handbuch, § 113 Rn. 212, sind der Ansicht, das Hedging von Marktrisiken sei „heute nicht mehr lediglich eine Ermessensangelegenheit, sondern eine Berufspflicht der KVG“. Diese Ansicht ist abzulehnen. Hedging verursacht entweder direkte Kosten oder es kostet Performance. Wenn die Anlagebedingungen nicht explizit nach einer Absicherung verlangen, ist diese auch nicht zwingend geboten. Das OLG Frankfurt, Urteil vom 2.7.2008 – 23 U 55/07 – BKR 2008, 341 (344) verneint beispielsweise auch eine Pflicht, StopLoss-Marken zu setzen. Freiwillig ist auch der Abschluss von Wertpapierdarlehensgeschäften, durch welche eine KVG für den Fonds Zusatzerträge erzielen kann, jedenfalls aus Sicht der Aufsicht, was auch dadurch belegt wird, dass die KVG, wenn sie solche Geschäfte tätigt, einen Teil der Erträge als Sondervergütung vereinnahmen darf. 148 Vgl. zur Erbringung dieser Funktionen durch die Verwahrstelle unten Teil 1, Abschnitt D. V.
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Der Bereich des Middle Office ist Gegenstand einer sehr wichtigen Kontroverse, nämlich der Frage, ob das Middle Office ganz oder teilweise zum Bereich der Portfolioverwaltung i. S. v. Anhang I Nr. 1 der AIFM-RL bzw. Anhang II erster Spiegelstrich der OGAW-RL gehört. Wenn es sich bei den nachstehend unter aa) bis dd) genannten Funktionen um einen Teil der Anlageverwaltung handeln würde, wie gelegentlich von KVGen argumentiert wird, dann dürfte die Verwahrstelle, die für das Investmentvermögen von der KVG bestellt wurde, hiermit nicht betraut werden149. Dies gilt selbst dann, wenn innerhalb des Unternehmens, das als Verwahrstelle fungiert, eine andere Abteilung oder Division150 für die Überwachungsfunktion zuständig wäre. Es dürften auch nur solche Unternehmen tätig werden, welche über eine Erlaubnis für die Vermögensverwaltung verfügen151, was bei vielen Middle Office/Back Office Anbietern nicht der Fall ist. Angesichts der Bedeutung, den die Auslagerung in diesem Bereich hat, wird daher in Teil 2, Abschnitt C. IV. geprüft werden, ob die Überwachungsfunktion des Middle Office Teil der Anlageverwaltung ist. aa) Überwachung der Umsetzung der Anlageentscheidung (Trade Reconciliation) Von jeder Order, welche das Front Office über seinen Handelstisch erteilt, geht eine Kopie an das Middle Office. Dort wird die erteilte Order (Orderart, Stückzahl, Preis, etc.) mit den entsprechenden Daten der tatsächlich vom Broker ausgeführten Order abgeglichen. bb) Post-trade, pre-settlement Investment Compliance Nachdem die Order vom Broker ausgeführt wurde und dieser der KVG seine Ausführungsanzeige übersandt hat, wird nochmals überprüft, ob die Abwicklung (settlement) der Order ggf. dazu führt, dass Anlagegrenzen oder Risikolimite verletzt werden. Das könnte z. B. dann der Fall sein, wenn der Portfoliomanager Rentenpapiere eines Emittenten verkaufen wollte, um mit dem Erlös Aktien desselben Emittenten zu erwerben, die Verkaufsorder aber nicht ausgeführt werden konnte, so dass eine in den Anlagebedingungen festgelegte Emittentengrenze durch den Erwerb der Aktien verletzt würde.
149 150 151
Vgl. § 36 Abs. 3 Nr. 1 KAGB. Zur „Divisionslösung“ vgl. Teil 1, Abschnitt D. V. Vgl. § 36 Abs. 1 Nr. 3 KAGB.
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cc) Abwicklung Anschließend erteilt das Middle Office dem eigenen Back Office und der Verwahrstelle Instruktionen für die Abwicklung (etwa: akzeptiere Lieferung von 1.000 Aktien der ISIN DE … gegen Zahlung von EUR …). dd) Laufendes Risikomanagement und -controlling Selbst wenn die Anlagegrenzen durch Marktbewegungen nicht betroffen sind, mag doch aus Risikogesichtspunkten eine Veränderung des Fondsvermögens geboten sein, etwa weil es sich empfiehlt, aufgrund größerer Volatilität der Märkte das Risiko im Fonds zu reduzieren und „in Kasse“ zu gehen, d. h. Wertpapiere zu liquidieren. Eine solche Entscheidung wird im Middle Office vorbereitet, und gemeinsam mit dem Front Office umgesetzt. Kaum eine KVG kommt in diesem Bereich ohne die Dienstleistungen Dritter aus, die z. T. komplette Softwarelösungen bereithalten. ee) Zwischenergebnis Es sollte deutlich geworden sein, dass es sich bei Front Office und Middle Office um zwei Bereiche handelt, die eng miteinander verzahnt sind, und dass im Tagesgeschäft einer KVG Anlageentscheidungen zu treffen sind, die aus dem einen oder dem anderen Bereich initiiert werden können152. Ferner ist festzuhalten, dass KVGen für die Erbringung von Front Office und Middle Office Funktionen in mehr oder minder starkem Umfang auf Dritte zurückgreifen, sei es, dass sie den Dritten den ganzen Prozess übertragen, sei es, dass sie auf Systeme (Software, Rechenzentrumsleistungen) von Dritten zugreifen. e) Einzelfunktionen des Back Office Damit verbleiben im Back Office alle Funktionen des Investmentprozesses, die nicht bereits dem Front Office oder dem Middle Office zugeordnet wurden, und die nicht Stabsfunktionen sind, namentlich - Fondsbuchhaltung/Fondsadministration153 - Laufende Bewertung der Vermögensgegenstände - Performance-Messung 152
Aus AT 4.7 der KAMaRisk folgt, dass das Treffen von Anlageentscheidungen vom Portfoliomanagement einerseits sowie die Abwicklung der vom Portfoliomanagement initiierten Geschäfte andererseits voneinander organisatorisch zu trennen sind; dieser Grundsatz wird unterlaufen, wenn tatsächlich in Middle Office oder Back Office Anlageentscheidungen treffen; dieser interne organisatorische Aspekt soll hier jedoch nicht weiter erörtert werden. 153 Die Begriffe werden vorliegend synonym verwendet.
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- Währungs- und Liquiditätsmanagement - Abwicklung von Kapitalmaßnahmen (Corporate Actions Processing) - Berichtswesen - Steuern aa) Fondsbuchhaltung/Fondsadministration Zahlreiche Einzelvorschriften im KAGB bilden die Rechtsgrundlage für die Verpflichtung einer KVG, eine Fondsbuchhaltung zu unterhalten. Diese Vorschriften werden durch die Detailvorschriften der KARBV154 konkretisiert. Am Anfang der Fondsbuchhaltung steht die Erfassung von Transaktionen, welche für den Fonds getätigt werden. Sämtliche Transaktionen auf der Geldseite und der Stückeseite müssen in der Fondsbuchhaltung erfasst werden. Darüber hinaus erfasst die Fondsbuchhaltung aber auch Vorgänge wie Rückerstattungen von Quellensteuern oder die Ausschüttung oder Thesaurierung von Erträgen des Fondsvermögens. Letztlich bildet die Fondsbuchhaltung die Grundlage für die Berechnung des Nettoinventarwertes (NIW) eines Investmentvermögens (d. h. des Wertes der Vermögensgegenstände abzüglich einer etwaigen Fremdmittelaufnahme), sowie des NIW pro Anteil. Damit die Transaktionen richtig verbucht werden können, müssen die Vermögensgegenstände regelmäßig, nämlich bei jeder Möglichkeit zur Zeichnung oder Rückgabe155, bewertet werden. In aller Regel geschieht dies börsentäglich. Dabei kooperieren KVG und Verwahrstelle eng miteinander. Die Kurse für die Vermögensgegenstände beziehen KVGen regelmäßig nicht direkt von den Börsen oder Märkten, sondern von spezialisierten Dienstleistern (Data Provider) wie vwd, WM Datenservice, Reuters, o. ä. Um sicher zu gehen, dass die Kurse korrekt sind, werden typischerweise mehrere Data Provider parallel tätig; darüber hinaus erfolgt ein Abgleich mit den Kursen, welche die Verwahrstelle bei ihrer Depotbuchhaltung zugrunde legt. Dies erklärt, warum sich KVGen regelmäßig mit einem vollständigen Haftungsausschluss der Data Provider einverstanden erklären. Die Fondsbuchhaltung ist arbeitsintensiv, IT-lastig, skalierbar und fehleranfällig156. Sie wird daher sehr häufig von KVGen auf spezialisierte Dienstleister über154 Kapitalanlage-Rechnungslegungs- und -Bewertungsverordnung vom 16. Juli 2013 (BGBl. I S. 2483). 155 Vgl. § 212 KAGB. 156 Zu einem der seltenen Fälle, in denen ein Fehler bekannt geworden ist, vgl. N.N., in: Irish Independent, „Deutsche’s Irish fund admin unit suffers loss after filing error“, 21. September 2017. In einem anderen Fall sah sich der IT-Anbieter Sungard gezwungen, sich öffentlich dafür zu entschuldigen, dass die Fondsbuchhaltungs-Plattform, welche BNY Mellon auf Sungard ausgelagert hatte, zeitweilig ausgefallen war: https://www.bnymellon.com/us/en/_locale-assets/
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tragen. Die Übertragung der Funktion findet auf Basis eines Auslagerungsvertrages statt, der allen Vorgaben von Tz. 10 der KAMaRisk genügt. Dort hat die BaFin dargelegt, welches nach ihrer Auffassung die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Auslagerung sind. Fehler in der Fondsbuchhaltung können erhebliche Auswirkungen haben, weil diese Fehler sich in einem fehlerhaft berechneten NIW pro Anteil niederschlagen (z. B. aufgrund einer fehlerhaft erfassten Steuerrückforderung). Dies wiederum führt dazu, dass Anteile zu teuer oder zu günstig an neue Anleger ausgegeben werden bzw. rückgabewillige Anleger zu wenig oder zu viel für ihre Anteile erhalten. Insbesondere wenn die Fehler nicht rasch erkannt werden, kann der Fehler tausende von Anteilszeichnungen und -rückgaben betreffen, und leicht zu Gesamtschäden in Millionenhöhe führen157. Daher muss sich für eine KVG die Frage stellen, ob sie für jeden Fehler ihres Dienstleisters haftet wie für eigenes Verschulden, oder ob die Möglichkeit besteht, die Haftung den Anlegern gegenüber inhaltlich oder der Höhe nach zu beschränken. Diese Frage wird in Teil 2, Abschnitt E. erörtert. bb) Laufende Bewertung Auch ohne dass neue Transaktionen getätigt oder verbucht werden, muss das Back Office fortlaufend tätig werden, weil aufgrund der Marktbewegungen gerade bei Wertpapieren täglich zu prüfen ist, wie sich der Wert der im Portfolio gehaltenen Instrumente verändert. So kann der z. B. plötzliche Wertanstieg einer Position etwa infolge von Merger-Gerüchten dazu führen, dass ein Teil der Position verkauft werden muss, um nicht mit den Emittenten-Grenzen des § 206 KAGB in Konflikt zu geraten. cc) Performance-Messung Ein strukturierter Investmentprozess beinhaltet immer auch eine Messung der Faktoren, die zum Erfolg oder Misserfolg der Vermögensverwaltung beigetragen haben. Diese Performance-Messung158 wird sich bei Spezialfonds häufig unmittelbar
pdf/newsroom/sungard-bny-mellon-investone-external-statement.pdf; zuletzt abgerufen am 20. April 2020. 157 Die Anleger wären für derartige Schäden zu entschädigen. Der Anlegerbestand ändert sich ständig, jedenfalls bei Publikumsfonds: Einige Anleger sind bereits ausgeschieden, wenn der Schaden bekannt wird, andere sind erst später hinzugetreten, und ihnen ist gar kein Schaden entstanden. Daher erfordert ein solches Entschädigungsverfahren komplexe Überlegungen und Berechnungen, und kann nur unter Beteiligung der Verwahrstelle durchgeführt werden. Zu den Einzelheiten vgl. Herring, in: B/T, § 78, Rn. 29 ff. 158 Zu den verschiedenen für die Performance-Messung bei deutschen Investmentvermögen gebräuchlichen Methoden vgl. Raab, S. 101 ff.
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in der Berichterstattung für den Anleger wiederfinden, und auch bei Publikumsfonds idealiter jedenfalls in zusammengefasster Form. Zum Teil wird in der Literatur die Performance-Messung als integraler Bestandteil der Portfolioverwaltungstätigkeit bezeichnet. Dabei wird betont, dass nicht die Abteilung „Portfolio Management“ für diese Kontrollaufgabe zuständig sein soll159. Portfolioverwaltung ohne Performance-Messung, d. h. ohne Kenntnis, ob Gewinne oder Verluste auf z. B. Währungseffekte oder die jeweilige Titelauswahl zurückzuführen sind, gleicht einem Blindflug. Auch die Performance-Messung wird häufig auf Dritte ausgelagert. Marktführer in diesem Bereich ist in Deutschland wohl die DPG Deutsche Performance Messungsgesellschaft. Bei ihr können Messungen sowohl einzelner Fonds als auch Vergleiche mit anderen Fonds in Auftrag gegeben werden, um so eine Bewertung des Portfolioverwalters zu ermöglichen160. dd) Währungs- und Liquiditätsmanagement Hierunter versteht man die Erfassung und Steuerung von Währungsrisiken (etwa durch Abschluss von OTC-Währungsabsicherungsgeschäften), die Anschaffung von Devisen für den Kauf von Vermögensgegenständen in fremder Währung sowie die Anlage von Liquidität, die dem Fonds z. B. durch Dividenden- oder Zinszahlungen zufließt. Es mag erstaunen, diesen Punkt unter der Beschreibung des Back Office wiederzufinden, da doch jede Anlageentscheidung auch die Anlage von überschüssiger Liquidität oder die Absicherung von Währungsrisiken, als Teil des Front Office bzw. Portfolioverwaltung anzusehen sein könnte. Gleichwohl ist dies mitunter Aufgabe des Back Office bzw. wird vom Back Office jedenfalls initiiert. Wenn das Währungs- und Liquiditätsmanagement als Portfolioverwaltung anzusehen wäre, dann müssten die dort tätigen Personen an den für Front OfficeAufgaben zuständigen Geschäftsführer der KVG berichten. Sie dürften ferner wegen des strikten Erfordernisses, Handel und Abwicklung zu trennen, nicht in die Abwicklung dieser Geschäfte eingebunden werden. ee) Abwicklung von Kapitalmaßnahmen (Corporate Actions Processing) Unter Kapitalmaßnahmen/Corporate Actions versteht man Ereignisse aus der Sphäre des Emittenten von Finanzinstrumenten, welche die Rechte der Investoren betreffen161. Im einfachsten Fall gehören hierzu Zins- und Dividendenzahlungen.
159 160 161
Vgl. Seidenschwann, S. 97 und 122. http://www.dpg.de/produkte.html; zuletzt abgerufen am 21. April 2020. Clearstream Banking’s TARGET2-Securities Glossary, S. 8.
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Corporate Actions umfassen aber auch die Einräumung von Bezugsrechten, Stock splits oder Umtauschangebote. Auch hier zeigt sich: Ob z. B. von einem Umtauschangebot Gebrauch gemacht werden soll, kann sinnvoller Weise nur der Portfoliomanager beurteilen, der den Titel erworben hat und betreut. Hat er seine Entscheidung getroffen, kann diese im Back Office abgewickelt werden. Entscheidet hingegen das Back Office selbst, nimmt es unzulässiger Weise Portfolioverwaltungsaufgaben wahr, obwohl diese Aufgabe der getrennt organisierten Portfoliomanagement-Abteilung vorbehalten ist. ff) Reporting Anlegern von OGAW steht jedenfalls zweimal im Jahr ein Bericht darüber zu, wie sich das Fondsvermögen entwickelt hat. Die Jahres- und Halbjahresberichte162, welche eine Vermögensaufstellung enthalten, werden im Back Office erstellt. Vertreter des Front Office steuern jeweils eine Erläuterung der Performance des zurückliegenden Berichtszeitraumes sowie einen Marktausblick bei. gg) Steuerliches Reporting Anleger in OGAW unterliegen mit ihren Erträgen aus dem Fonds einem besonderen Steuerregime nach dem Investmentsteuergesetz. Das Investmentsteuergesetz geht von einem eingeschränkten Transparenzprinzip aus: Der Anleger wird im Grundsatz, allerdings mit zahlreichen, für den Laien nicht nachvollziehbaren Ausnahmen, so behandelt, als hätte er direkt in die Gegenstände des Fondsvermögens angelegt und aus diesen Erträge (Zinsen, Dividenden, etc.) bezogen. Bei der Abgabe der Steuererklärungen sind die Anleger auf die Hilfe der KVG angewiesen, denn nur diese weiß, welche Einkünfte auf Fondsebene erzielt und an den Anleger ausgeschüttet wurden. Diese Informationen werden wiederum vom Back Office erstellt. Die steuerliche Deklarationstätigkeit nach dem früheren § 5 Investmentsteuergesetz wurde von den KVGen schon deswegen typischerweise Steuerberatern übertragen, weil im Rahmen des Reporting an die Finanzbehörden eine Bestätigung eines Steuerberaters beizubringen war, dass die Erträge des Fondsvermögens gemäß den gesetzlichen Vorgaben berechnet wurden. Das zum 1. Januar 2018 in Kraft getretene Investmentsteuerreformgesetz sieht keine solche Berufsträgerbescheinigung mehr vor. Dennoch greifen KVGen immer noch auf Dritte zurück, z. B. um die in § 48 InvStRefG genannten Größen wie Fonds-Aktiengewinn, Fonds-Abkommensgewinn, Fonds-Teilfreistellungsgewinn etc. korrekt zu berechnen.
162
Vgl. §§ 101, 103 KAGB.
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3. Stabsfunktionen a) Recht und Compliance Vor dem Hintergrund eines zunehmend enger werdenden Korsetts investmentrechtlicher Vorschriften haben viele KVGen die eigenen Rechts- und ComplianceAbteilungen in den letzten Jahren ausgebaut. Insbesondere ist die Rechtsabteilung eingebunden in die Konzeption von Investmentvermögen und für deren Dokumentation verantwortlich. Ferner werden Rechtsabteilungen eingeschaltet, wenn es um die Durchsetzung von Rechten der Anleger aus zum Investmentvermögen gehörenden Vermögensgegenständen geht. Kaum eine KVG lässt jedoch sämtliche Rechtsangelegenheiten durch ihre eigene „inhouse“ Rechtsabteilung erledigen. Dies hat zum Teil Kapazitätsgründe, zum Teil rechtliche Gründe (die KVG muss vor Gericht anwaltlich vertreten werden). Mitunter fehlt es der KVG auch an ganz spezieller Expertise, die dann gezielt dazugekauft wird. Es wird zu klären sein, ob unterschiedliche Haftungsmaßstäbe gelten, je nachdem, ob die KVG eine Rechtsangelegenheit, welche Einfluss auf den Wert des Fondsvermögens haben kann, durch eigenes Personal oder durch Dritte erledigen lässt163. Die Antwort auf diese Frage hängt nach Ansicht einiger Autoren davon ab, ob die Entgegennahme von Rechtsrat einen Fall der Auslagerung darstellen kann164. Compliance-Funktionen werden selten an konzernfremde Dritte delegiert; eine gruppeninterne Konzentration der Compliance-Funktion bei nur einer Gruppengesellschaft ist aber häufiger anzutreffen. b) Allgemeine Verwaltungstätigkeiten Wie andere Unternehmen auch, benötigt jede KVG allgemeine Verwaltungsfunktionen (Finanzbuchhaltung, Personalbuchhaltung, Controlling), und wie andere Unternehmen auch bedienen sich KVGen in großem Umfang Dritter, welche diese Funktionen erbringen. „Klassisches“ Beispiel ist die Erledigung der Gehaltsabrechnung unter Einbindung von Unternehmen wie DATEV.
III. Übertragung von Aufgaben bei Alternativen Assetklassen Die nachstehenden Ausführungen gelten gleichermaßen für Publikums- und Spezial-AIF. Verlässt man den Bereich der mittlerweile sehr stark standardisierten Verwaltung von Wertpapierfonds und betrachtet man die Verwaltung von Alternativen Investmentfonds, insbesondere Sachwertfonds, so stellt man fest, dass weitere Funktionen 163 164
Vgl. Teil 2, Abschnitt E. Vgl. Teil 1, Abschnitt E. und Teil 3., Abschnitt A.
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von KVGen auf Dritte übertragen werden. Die oben für den Bereich von Wertpapierfonds verwandte Systematik von Front, Middle und Back Office wird bei Sachwertefonds typischerweise nicht verwandt, hier geht man traditionell von einer Zweiteilung in Front Office und Back Office aus. 1. Steuerstrukturierung Insbesondere bei Immobilien-Sondervermögen nach §§ 230 – 260 KAGB, welche international anlegen, kann die steuereffiziente Gestaltung des Ankaufsprozesses Investoren eine Zusatzrendite bringen. Dabei ist einerseits an die Grunderwerbsteuer zu denken, andererseits aber auch an Quellensteuern. Für deutsche steuerliche Sachverhalte verfügen jedenfalls die größeren deutschen Immobilien-KVGen über hauseigene Expertise. Wenn es aber um den Ankauf von Objekten im Ausland geht, ist das Hinzuziehen externer Steuerexperten zur Regel geworden. Es wird später165 die Frage zu stellen sein, ob die KVG für ein Verschulden dieser Experten wie für eigenes Verschulden haftet. Um diese Frage zu beantworten, wird man klären müssen, ob die Steuerstrukturierung überhaupt zu den Aufgaben der KVG zählt166 und ob bejahendenfalls die Beauftragung eines Dritten als Auslagerung anzusehen ist167. 2. Due Diligence bei Sachwerten, z. B. Grundstückskäufen Unter dem Begriff Due Diligence kann man eine mit großer fachlicher Sorgfalt durchgeführte Prüfung eines Kaufgegenstandes in rechtlicher und steuerlicher Hinsicht, aber auch im Hinblick auf physische Eigenschaften des zu erwerbenden Gegenstandes verstehen. So werden bei Grundstückskäufen Begehungen des Grundstücks vorgenommen168, und Experten mit speziellem Know-how können beauftragt werden, beispielsweise Gutachten betreffend Altlasten zu erstellen. Wenn es sich bei dieser Due Diligence um einen Teilbereich der Portfolioverwaltung handelte, wäre eine Auslagerung ggf. nur unter engen Voraussetzungen möglich, und es würde sich die Frage stellen, ob investmentrechtlich Grenzen für eine etwaige Haftungsbeschränkung bestehen.
165
Vgl. Teil 2, Abschnitt E. Vgl. Teil 2, Abschnitt C. 167 Vgl. Teil 1, Abschnitt E. und Teil 3, Abschnitt A. 168 Bei deutschen Immobilien-Sondervermögen ist dies sogar gesetzlich vorgeschrieben, vgl. § 249 Abs. 1 Nr. 2 KAGB. 166
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3. Bewertung von Vermögensgegenständen eines AIF Sowohl beim Ankauf von Vermögensgegenständen als auch im Rahmen der laufenden Verwaltung ist eine Bewertung von Vermögensgegenständen169 erforderlich. Bei OGAW-Wertpapierfonds wird die Bewertung entweder von der KVG selbst oder von deren ausgelagerten Back Office wahrgenommen (s. o.)170. Hingegen kommen bei AIF, insbesondere bei Sachwerte-AIF, häufig auch spezielle externe Bewerter zum Einsatz. Diese externen Bewerter sind für die Feststellung des Wertes der einzelnen Vermögensgegenstände zuständig, nicht aber für die Berechnung des Nettoinventarwertes (pro Anteil) der Fonds, weil ihnen hierfür die erforderlichen Informationen fehlen171; diese Aufgabe obliegt dann dem Back Office. Die Beauftragung externer Bewerter ist in § 216 KAGB für offene inländische Publikums-AIF ausdrücklich vorgesehen172. Bei Publikums-Immobilienfonds ist sogar der Einsatz zweier externer Bewerter vorgeschrieben173. § 216 Abs. 7 KAGB enthält Aussagen zur Haftung von KVG und externem Bewerter, auf welche noch im Detail einzugehen sein wird174. 4. Asset-, Property- und Facility-Management Bei Immobilienfonds bedürfen die erworbenen Vermögensgegenstände laufend der Bewirtschaftung. Tätigkeiten wie die (Neu-)Vermietung, die Vornahme von wertverbessernden oder werterhaltenden Maßnahmen oder auch schlicht laufende Hausmeistertätigkeiten werden vielfach von KVGen Dritten übertragen, die sich mit eigenem Personal um diese Aufgaben kümmern. Ob es sich hierbei um eine Auslagerung, ja möglicherweise sogar um die Auslagerung von PortfolioverwaltungsAufgaben handelt, soll in Teil 2, Abschnitt B. beantwortet werden. Bei Immobilienfonds ist es eher die Regel als die Ausnahme, dass das Grundstück nicht direkt, sondern über eine Grundstücksgesellschaft i. S. d. § 1 Abs. 19 Nr. 22 KAGB gehalten wird (speziell bei ausländischen Grundstücken175). Auch
169
Zur Bewertung unter dem KAGB allgemein vgl. Miederhoff, RdF 2016, 22. Alternativ kann die Bewertung auch durch die Verwahrstelle unter Mitwirkung der KVG erfolgen, vgl. § 212 KAGB. Dies stellt keinen Fall der Auslagerung von der KVG auf die Verwahrstelle dar, sondern die originäre Handlungspflicht wird durch die originäre Mitwirkungspflicht ersetzt. 171 Miederhoff, RdF 2016, 22 (24). 172 § 271 Abs. 4 KAGB erklärt die Vorschrift für geschlossene Publikums-AIF für anwendbar, (zweifelnd hinsichtlich der Reichweite des Verweises Miederhoff, RdF 2016, 22 (24)), § 278 KAGB für offene Spezial-AIF, § 286 KAGB für geschlossene Spezial-AIF. 173 Vgl. § 250 KAGB. Der Einsatz externer Bewerter ist ferner vorgeschrieben bei geschlossenen Publikums-AIF, vgl. § 261 Abs. 5 und 6 KAGB. 174 Vgl. Teil 2, Abschnitt E. 175 Klusak, in: B/S/L, § 68 InvG Rn. 1. 170
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diese Gesellschaften176 bedienen sich mangels eigenen Personals in großem Umfang der Dienste Dritter, um Funktionen wie Ankauf, Verkauf, Finanzierung, Vermietung sowie Property Management177 zu erbringen178. Es wird zu klären sein179, ob die Erkenntnisse, die sich im Laufe der weiteren Untersuchung bezüglich der Übertragung von Aufgaben und die Haftungsfolgen ergeben, auch auf solche Gesellschaften übertragen werden können. 5. Loan Administration Es gibt bislang nur sehr wenige deutsche Fonds, die in unverbriefte Darlehensforderungen anlegen. Daran hat auch die Reform des KAGB im Jahr 2016 nichts geändert, die die Rechtsgrundlage für deutsche Darlehensfonds schaffen sollte. Die Mehrzahl der im deutschen Markt stark nachgefragten „Darlehensfonds“ wird in Luxemburg aufgelegt180. Wenn aber doch einmal Darlehensforderungen erworben werden, und sei es als Beimischung, dann stellt sich immer auch die Frage, wer für die laufende Kreditverwaltung181 (Loan Administration) verantwortlich sein soll. Dies kann die KVG sein oder beispielsweise die Bank, welche das Darlehen ursprünglich begeben hatte und von der das Darlehen angekauft wurde. Ist es letztere, etwa weil lediglich eine stille Zession der Darlehensforderung erfolgen soll, dann stellt sich die Frage, ob z. B. das Treffen der Entscheidung über die Prolongation einer Darlehensforderung als Teil der Portfolioverwaltung gelten muss. Dies hätte zur Folge, dass grundsätzlich nur zugelassene Vermögensverwalter für diese Tätigkeit in Betracht kämen182. Diese Frage wird in Teil 2, Abschnitt C. IV. 7. näher erörtert. 6. Prime Broker Prime Broker sind typischerweise Kreditinstitute oder Wertpapierfirmen, die KVGen und anderen professionellen Anlegern Dienstleistungen wie beispielsweise Finanzkommissionsgeschäfte oder Wertpapierverwahrung anbieten. Im Rahmen dieser Dienstleistungen gestattet es der Anleger dem Prime Broker, diesem in Ver176
Property Companies, PropCos, Objektgesellschaften. Vgl. hierzu Böhme, BB 2014, 2380 (2384). 178 Zu den wirtschaftlichen Gründen für den Einsatz von Grundstücksgesellschaften vgl. auch Wind/Kautenburger-Behr, in: W/B/A, 1. Auflage 2014, § 234 Rn. 2 sowie SchultzSüchting, in: E/D/D, § 234 Rn. 2. 179 Vgl. Teil 3, Abschnitt A. 180 Zu den zahlreichen aufsichtsrechtlichen Zweifelsfragen bei Einführung von Kreditfonds im deutschen Aufsichtsrecht vgl. Hanten/v. Tiling, WM 2015, 2122. 181 Loan Servicing, Loan Administration. 182 Selbst die das Darlehen originierende Bank käme nicht in Betracht, wenn sie nicht gleichzeitig über eine Erlaubnis für die Vermögensverwaltung verfügt. 177
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
wahrung gegebene Sicherheiten für eigene Zwecke zu nutzen.183 Prime Broker werden insbesondere von solchen KVGen eingesetzt, die stark gehebelte Fonds, also vornehmlich Hedge Fonds, verwalten, oder die in großem Umfang physische Leerverkaufs-Positionen begründen und sich hierfür fortlaufend Wertpapiere leihen müssen. Der 2004 unternommene Versuch, Deutschland als Hedge Fonds-Domizil zu etablieren, ist gescheitert. Es gibt hierzulande nur eine verschwindend geringe Zahl von Hedge Fonds. Daher spielt der Prime Broker in der deutschen Rechtspraxis keine bedeutende Rolle. Soweit er tätig wird, müsste für jede einzelne seiner Funktionen darauf hin untersucht werden, ob es sich um ausgelagerte Funktionen handelt und welches Haftungsregime gilt. Angesichts der Bedeutungslosigkeit dieser Einrichtung in Deutschland soll dies in der vorliegenden Untersuchung jedoch unterbleiben184.
IV. Übertragung von Aufgaben bei Spezial-Investmentvermögen 1. Strukturierung des Spezialfonds Bevor ein Spezialfonds aufgelegt185 wird, finden zwischen der KVG und dem Anleger186, und ggf. den rechtlichen und steuerlichen Beratern auf beiden Seiten, intensive Diskussionen darüber statt, welche Anlagegrenzen und Risikolimite gelten sollen, welche Anlageziele verfolgt werden, wie das Anlageuniversum umschrieben wird, etc. Der Anleger wählt dabei auch die Verwahrstelle aus, deren Aufgabe es sein wird, die KVG zu unterstützen, aber auch zu überwachen. Die Bestellung der Verwahrstelle erfolgt jedoch durch die KVG, ggf. gemeinsam mit der Investmentgesellschaft. Anders als bei Publikums-Investmentvermögen wird der Anleger folglich nicht mit einer fertigen Struktur konfrontiert, sondern nahezu jede Frage der Fondsstrukturierung wird zur Disposition des Anlegers gestellt.
183
Eine Legaldefinition des Prime Brokers enthält. § 1 Abs. 19 Nr. 30 KAGB. Zu den Aufgaben und Rechten eines Prime Brokers insbesondere im Rahmen der Verwahrung von Finanzinstrumenten vgl. Herring/Cristea, ZIP 2004, 1627 sowie Schmies, S. 318 ff. 185 Als „Auflegung“ wird hier das Einzahlen des ersten Anlagegeldes bezeichnet. 186 Zwar liegt ein Investmentvermögen nur vor, wenn das Vermögen Gelder von einer Vielzahl von Anlegern einsammelt. Die Anlagebedingungen für deutsche Spezial-Investmentvermögen schließen dies jedoch auch dann zumeist nicht ausdrücklich aus, wenn der Fonds mit Zustimmung aller Beteiligten nur für einen einzigen Anleger (z. B. eine große Pensionskasse) aufgelegt werden soll. Ohne eine vertragliche oder satzungsmäßige Beschränkung der Anlegerzahl auf einen Anleger kann aber ein Investmentvermögen vorliegen. 184
D. Die KVG als Verwalterin des Fondsvermögens und Koordinatorin
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2. Auswahl des externen Asset Managers Die Mitspracherechte des Anlegers gehen beim Spezialfonds in der Praxis so weit, dass der Anleger sogar bestimmen darf, dass nicht die KVG selbst, sondern ein geeigneter Dritter (externer Asset Manager187) eine Kerntätigkeit der KVG, nämlich die Portfolioverwaltung, übernehmen soll. Dabei spielt es keine Rolle, ob die KVG meint, sie könne für das konkrete Portfolio das Management möglicherweise ebenso gut oder gar besser übernehmen. Vielmehr entscheidet hier der Anleger, dass er trotz des Angebotes der KVG, selbst tätig zu werden, lieber auf die Dienste eines externen Asset Managers zurückgreifen will. Mit diesem externen Asset Manager hat der Anleger allerdings typischerweise kein eigenes Vertragsverhältnis. Lediglich die KVG ist mit dem externen Asset Manager über einen Auslagerungs- oder Beratungsvertrag vertraglich verbunden. In diesem Vertrag verpflichtet sich der externe Asset Manager, die KVG schadlos zu halten, wenn durch sein Verschulden im Rahmen der Portfolioverwaltung dem Anleger ein Schaden entsteht. Angesichts der weitreichenden Entscheidungsmacht des Anlegers, die es ihm ermöglicht, einen externen Asset Manager bestellen zu lassen, selbst wenn die KVG willens und in der Lage wäre, selbst zu agieren, stellt sich die Frage, ob die KVG sich für ein Verschulden des Dritten gegenüber dem Anleger zivilrechtlich wirksam freizeichnen kann188. 3. Selbststeuerer-Fonds – Der Anleger als Fondsmanager Als „Selbststeuerer-Fonds“ bezeichnet man solche Fonds, bei denen der Anleger selbst sämtliche oder einzelne Anlageentscheidungen treffen will oder sich jedenfalls Vetorechte bezüglich der Anlageentscheidungen vorbehält. Die Aufsicht steht solchen Konstruktionen seit jeher sehr kritisch gegenüber und verbietet es KVGen, Weisungen ihrer Anleger ohne Ausübung eigenen Ermessens oder gar ungeprüft zu befolgen189. Die Literatur lehnt ein solches Weisungsrecht ebenfalls ab190, ebenso die einzige zu diesem Thema ergangene obergerichtliche Entscheidung191. 187
Um die Gesellschaft, auf welche die Fondsverwaltung ausgelagert wird, von der internen Portfolioverwaltungsfunktion zu unterscheiden, wird diese als „externer Asset Manager“ bezeichnet. 188 Vgl. Teil 2, Abschnitt E. Erfolgt eine solche Freizeichnung nicht, dann muss die KVG sicherstellen, dass sie die unbeschränkte Haftung an den Asset Manager weitergibt, um nicht einerseits zu vollem Schadenersatz verpflichtet zu sein, andererseits aber keinen Rückgriff nehmen zu können. 189 Vgl. hierzu BaKred-Schreiben Kernfunktion, S. 4. 190 Steffen, in B/T, § 26 KAGB Rn. 32; Zetzsche, Prinzipien, S. 48 sieht es als Wesensmerkmal der kollektiven Vermögensverwaltung an, dass der Anleger gerade kein Weisungsrecht in Bezug auf konkrete Transaktionen hat. So auch schon Ohl, S. 46; A. A. möglicherweise Seidenschwann, S. 46, die es sogar als Hauptmerkmal einer Master-KVG ansieht, dass diese „die Kernfunktion des Portfoliomanagements an den Anleger selbst oder an ein versiertes Drittunternehmen“ auslagert. Die im Vertrag ausdrücklich vorgesehene Auslagerung an den
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
Wird die Vorgabe, dass sich der Anleger aus der Verwaltung des Fondsvermögens herauszuhalten hat192, nicht befolgt, so kann dies zur Folge haben, dass der Fonds für steuerliche Zwecke ignoriert wird193, mit erheblichen Nachteilen für den Anleger. In keinem Fall kann eine KVG für aufsichtsrechtliche Zwecke argumentieren, sie habe bei einer Anlageentscheidung nur auf Weisung ihres Anlegers gehandelt und trage daher keine aufsichtsrechtliche Verantwortung für eine falsche Anlageentscheidung194. Ob die KVG auch die zivilrechtlichen Konsequenzen einer objektiv fehlerhaften Anlageentscheidung ihres Anlegers tragen muss, ist bislang, soweit erkennbar, jedoch nicht Gegenstand der Diskussion gewesen. Einem Spezialfondsanleger, der die KVG für seine eigene Entscheidung in Regress nehmen wollte, könnte die KVG ggf. den Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegenhalten. 4. Freiwillige Zusatz-Aufgaben, die explizit außerhalb des Investmentvertrages geregelt werden KVGen, insbesondere Master-KVGen, welche kennzeichnet, dass sie die Fondsverwaltung für fast alle ihre Fonds auf Dritte ausgelagert haben, übernehmen außerhalb des Investmentvertrages noch zahlreiche weitere Aufgaben für ihre Anleger. Eine Studie der Beratungsfirma TELOS aus dem Jahr 2016195 führt unter den freiwillig übernommenen Aufgaben beispielhaft auf: - Spezialreporting (nach IFRS, US-GAAP, Solvency II) - Integration von Direkt- und Immobilienanlagen in das Reporting bzw. Risikomanagement Anleger selbst kommt in der Praxis nicht vor, dies würde zu einem Eingreifen der Aufsicht führen. Vielmehr kann der Anleger lediglich während der Konzeptionierung des Fonds mitsprechen und, nachdem der Fonds aufgelegt wurde, im Rahmen des Anlageausschusses, der für fast alle Spezialfonds gebildet wird, Vorgaben für die strategische Ausrichtung des Fonds machen (so richtig Seidenschwann, S. 39). Er wird ferner bei Sachwertefonds häufig vor wichtigen Anlageentscheidungen konsultiert, wobei das Letztentscheidungsrecht immer bei der KVG liegen muss. 191 OLG Frankfurt, Urteil vom 2.7.2008 – 23 U 55/07 – BKR 2008, 341 (346). 192 Hoch/Preller, BKR 2019, 22 (25) weisen darauf hin, dass mangels Sachkenntnis der Anleger im Bereich der Portfolioverwaltung ein Mitspracherecht typischerweise gar nicht gewünscht wird; wie gezeigt wäre eine solche Mitsprache aber auch unzulässig. 193 Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 26. Juli 2016 an die Obersten Finanzbehörden der Länder, Az: IV C 1 – S 1980 – 1/15/10001:004. Dieses Schreiben befasst sich mit ausländischen Selbststeuerer-Fonds und deren steuerlicher Anerkennung in Deutschland. Die Argumentation, wonach einem Spezialfondsanleger der Missbrauch eines steuerlich privilegierten Investmentvehikels untersagt sein soll, trägt aber auch für deutsche Selbststeuerer-Fonds, vgl. FG Hessen, Urteil v. 21.06.2016 – 4 K 2299/13. 194 Dieterich, S. 322. 195 TELOS-Studie 2016, S. 43.
D. Die KVG als Verwalterin des Fondsvermögens und Koordinatorin
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- Übernahme des Meldewesens für den Anleger - Konzipierung und Errichtung spezieller, beispielsweise in Luxemburg domizilierter Investmentvehikel Auch für die Erfüllung dieser Aufgaben greifen KVGen auf Dritte zurück. Weil es sich hier aber um freiwillige Aufgaben außerhalb des Investmentvertrages handelt, kann das Investmentrecht keinen Einfluss haben auf die Möglichkeit, diese Aufgaben weiter zu übertragen oder die Haftung für eigenes und fremdes Verschulden einzuschränken. Daher sollen diese Aufgaben hier nicht weiter behandelt werden.
V. Die Verwahrstelle als Dienstleister für die KVG und den Anleger Die Verwahrstelle ist nach der gesetzlichen Konzeption verantwortlich für die Verwahrung und Überwachung der Vermögensgegenstände der Investmentvermögen196. Sie ist zugleich für die Kontrolle der von der KVG getätigten Geschäfte zuständig und klagt Schadenersatzansprüche der Anleger gegen die KVG ein197 – zumindest in der Theorie198. Die Rolle der Verwahrstellen hat sich in den letzten Jahren jedoch erheblich gewandelt. Die großen Verwahrstellen/Global Custodians199, bieten KVGen an, auch Middle Office-Funktionen sowie die Fondsbuchhaltung wahrzunehmen. Wenn eine KVG sich entscheidet, Middle Office- oder Back Office-Prozesse auszulagern, dann ist es unter Kostengesichtspunkten sinnvoll, hiermit die Verwahrstelle zu betrauen, weil Systeme und Prozesse, die für die Verwahr- und Überwachungsfunktion eingesetzt werden, auch für die Zusatz-Dienstleistungen genutzt werden können. Die Auslagerung der Fondsbuchhaltung als einer wesentlichen, fehleranfälligen KVG-Aufgabe ausgerechnet auf die Verwahrstelle, welche gerade kontrollieren soll, ob im Rahmen der Fondsbuchhaltung Fehler gemacht werden, ist allerdings trotz der damit verbundenen Kostenvorteile nicht unbedenklich: Die Verwahrstelle übernimmt hier eine Funktion, die sie zugleich überwachen soll. Aus diesem Grund hat die BaFin die sog. „Divisionslösung“ entwickelt. Sie sieht vor, dass diejenige Abteilung der Verwahrstelle, auf die die Aufgaben der KVG ausgelagert wurden, von 196
Vgl. oben, Teil 1, Abschnitt A. IV. Vgl. hierzu ferner Zetzsche, FS Köndgen, S. 681, Herring, in B/T, § 78 KAGB sowie Möllers, Haftungssystem, S. 262. 198 Kritisch zur mangelnden Durchsetzung von Haftungsansprüchen im deutschen Investmentrecht Köndgen/Schmies, WM Sonderbeilage 1/2004, S. 13. 199 Bespielhaft genannt seien J.P. Morgan, State Street, BNP Paribas, CACEIS, Société Générale. Zum Auftreten der „Global Custodians“ am deutschen Markt vgl. Seidenschwann, S. 141 mit weiteren Literaturhinweisen. Global Custodians treten aufgrund der großen Ähnlichkeit ihrer Tätigkeit mit der Fondsadministration in Konkurrenz zu Master-KVGen, vgl. Seidenschwann, S. 163 sowie TELOS-Studie, S. 43. 197
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
derjenigen Abteilung der Verwahrstelle, die die Verwahrstellenfunktion wahrnimmt und somit Aufgaben der KVG kontrolliert, räumlich, personell sowie funktional und hierarchisch zu trennen ist200. Diese im Wesentlichen auf „Chinese Walls“ basierende Divisionslösung wurde erstmals 2003 zugelassen, zunächst auf informeller Einzelfallbasis. Sie ist inzwischen zum Regelfall geworden. Verwahrstellen haben sich damit fest als wichtige Dienstleister für KVGen etabliert. Verwahrstellen sind daneben in zahlreichen weiteren Funktionen für KVGen tätig. Sie sind, insbesondere wenn die KVG eine Konzerngesellschaft der Verwahrstelle ist, Broker, Gegenpartei für OTC Derivate und Wertpapierdarlehen, Collateral Manager201, IT-Dienstleister etc. Diese enge Verflechtung von Verwahrstelle und KVG ist wiederholt kritisiert worden202. Sie ist in der Investmentindustrie aber mittlerweile so verbreitet, dass es am politischen Willen fehlt, diesen von vielen als Missstand wahrgenommenen Zustand zu beseitigen. Außer für die KVGen werden Verwahrstellen mit immer neuen Zusatzfunktionen auch direkt für die Anleger tätig203.
VI. Fazit und Ausblick Die vorstehenden Ausführungen haben dreierlei ergeben: Erstens, dass es in der kollektiven Vermögensverwaltung für fast jede Funktion der Wertschöpfung Dienstleister gibt, die für die KVG oder anstelle der KVG Aufgaben wahrnehmen. Die weitreichende Einbindung der KVG in ein Netz von Dienstleistern zeigt auch die nachfolgende Darstellung204:
200
Verwahrstellenrundschreiben, Abschnitt 9. Zu dieser Funktion vgl. Teil 2, Abschnitt A. V. 202 Köndgen/Schmies, WM Sonderbeilage 1/ 2004, S. 13. 203 Das Leistungsspektrum der Global Custodians wird eindrucksvoll geschildert bei Schuerhoff, „Höher, schneller, weiter“, Deutsche Pensions & Investmentnachricht, Heft August September 2017, S. 21: „Wertpapierleihe und entsprechendes Collateral Management, spezielle Performance- und Risiko-Reports sowie eine Vielzahl verschiedenster Dienstleistungen wie Insourcing von Administrationsleistungen, Zahlungsverkehrs- und Cash-ManagementServices, Übernahme des Meldewesens, Integration von Direktanlagen, Bewertung von strukturierten Produkten, Rating- und Optimierungsverfahren, Overlay Management, Transaktionskostenanalysen, Kosten-Benchmarking, Clearing-Funktionen, Transition Management, Brokerage sowie Research-Angebote sind nur einige BeispieIe fürAdded-Value-Produkte. Es ist nicht einfach für institutionelle Investoren, in diesem Service-Dschungel den Überblick zu behalten und adäquate kostenoptimale Leistungspakete herauszupicken. Es gibt fast nichts, was es nicht gibt.“ 204 In Anlehnung an Linner, ZfgK, 2002, 49 (51), diese wiederum in Anlehnung an eine Darstellung von State Street. 201
D. Die KVG als Verwalterin des Fondsvermögens und Koordinatorin
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Quelle: Darstellung in Anlehnung an Linner, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, 2002, 49 (51)
Zweitens, dass es sich bei einigen Tätigkeiten des Middle und Back Office um solche Tätigkeiten handelt, die den Bereichen Portfolioverwaltung oder Risikomanagement zuzuordnen sind. Drittens, dass die Bejahung einer solchen Zuordnung zu Portfolioverwaltung oder Risikomanagement erhebliche Auswirkungen darauf hat, ob überhaupt und ggf. an wen eine Auslagerung stattfinden kann. Die Darstellung in diesem Abschnitt D. ist jedoch nur eine Momentaufnahme. Wie viele andere Bereiche des Kapitalmarktes unterliegt auch die Investmentindustrie einem beständigen Wandel. Dieser Wandel ist vor allem durch das sich ändernde Aufsichtsrecht bedingt. Bietet sich irgendwo die Möglichkeit, bislang „auslagerungsresistente“ Bereiche auszulagern, wird diese Möglichkeit konsequent genutzt. Die Immobilienfondsbranche mag hier als Beispiel dienen: Noch im Jahr 2013 wurde die Portfolioverwaltung für kein einziges deutsches Immobilienvermögen insgesamt auf Dritte ausgelagert. Vielmehr musste die KVG sich stets vorbehalten, die Anlageentscheidung selbst zu fällen205. Dies hat sich mit dem KAGB nicht nur rechtlich geändert206: 205
InvMaRisk, AT9 Tz. 4.
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Mittlerweile wird für fast ein Viertel aller deutschen Spezial-Immobilienfonds die gesamte Portfolioverwaltung von KVGen auf Dritte ausgelagert207, Tendenz steigend. Das gleiche Bild bietet sich, was die Fondsbuchhaltung bei Immobilienfonds angeht: Während vor 2013 die Fondsbuchhaltung weitgehend „inhouse“ durchgeführt wurde, gibt es mittlerweile eine Reihe von Anbietern, die diese Tätigkeit anbieten, und dieses Angebot wird von den KVGen, die sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren wollen, sehr gut angenommen208. Die Entwicklung hin zur Auslagerung immer neuer Bereiche wird von den europäischen und deutschen Gesetzgebern mit Sorge verfolgt: Art. 20 AIFM-RL und § 36 KAGB fordern daher, dass jede Auslagerung einer KVG auf die damit verbundenen Risiken hin analysiert und gesondert gerechtfertigt werden muss. Der Anwendungsbereich der Auslagerungsvorschriften wurde durch die deutsche Aufsicht erweitert, wie noch zu zeigen sein wird209. Ferner werden in Art. 82 Level 2-VO der Auslagerung quantitative und qualitative Grenzen gesteckt, bei deren Überschreitung eine KVG als „Briefkastenfirma“ gilt, mit der Folge, dass sie nicht länger berechtigt ist, ein Investmentvermögen zu verwalten. Dieser Aspekt wird im Detail in Teil 3, Abschnitt C. erörtert.
E. Der Begriff der Auslagerung im Sinne des Investmentrechtes I. Problemaufriss Es wurde im vorangehenden Abschnitt D. festgestellt, dass KVGen in großem Umfang auf die Unterstützung Dritter zurückgreifen, um Funktionen der kollektiven Vermögensverwaltung zu erfüllen. Vielfach erbringen die herangezogenen Dritten die Leistung nicht selbst, sondern greifen ihrerseits auf Sub-Dienstleister zurück. Die Übertragung von KVG-Aufgaben auf Dritte ist in § 36 KAGB partiell geregelt. Dritte werden in § 36 KAGB als „Auslagerungsunternehmen“ bezeichnet, wenn die Übertragung eine Auslagerung nach § 36 KAGB darstellt. Sofern es sich bei Dienstleistern bzw. Sub-Dienstleistern um Auslagerungsunternehmen i. S. d. § 36 Abs. 1 KAGB handelt, gelten für die Heranziehung dieser 206
So führt die BaFin aus: „Auch in Bezug auf Immobilien-Sondervermögen kann die Portfolioverwaltung ausgelagert werden und auch die Anlageentscheidung zum Kauf oder Verkauf einer Immobilie durch ein Auslagerungsunternehmen getroffen werden. Insofern ist – im Gegensatz zur bisherigen Verwaltungspraxis (vgl. AT9 Tz. 4 der InvMaRisk) – nun auch die Dispositionsbefugnis als Kernkompetenz der Kapitalverwaltungsgesellschaft auslagerungsfähig.“ (BaFin FAQ Auslagerung Frage 15). 207 BVI Newsletter, 20. September 2017, S. 2. 208 N.N., Deutsche Pensions & Investmentnachrichten, 2017, S. 34. 209 Vgl. den folgenden Abschnitt E.
E. Der Begriff der Auslagerung im Sinne des Investmentrechtes
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Unternehmen durch die KVG strengere Vorschriften als bei einem sonstigen Fremdbezug von Leistungen210. Dies sollen folgende Beispiele verdeutlichen: Sämtliche ausgelagerten Funktionen sowie sämtliche Auslagerungsunternehmen müssen der BaFin angezeigt werden211. Die Anzeige muss erfolgen, bevor der Auslagerungsvertrag in Kraft tritt212. Gleiches gilt für jede Unterauslagerung. Ändert sich auch nur ein Sub-Dienstleister in einer Kette von Auslagerungen, so muss eine diesbezügliche Anpassung der Anzeige erfolgen. Handelt es sich bei der Aufgabenübertragung hingegen um einen sonstigen Fremdbezug von Leistungen, besteht keine Anzeigepflicht. Erfolgt eine Auslagerung durch die KVG, ohne dass das Auslagerungsunternehmen über hinreichende Ressourcen verfügt, um die Dienstleistung ordnungsgemäß zu erbringen, dann stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar213. Diese kann mit einer Geldbuße von EUR 5 Mio. geahndet werden214. Wenn es sich hingegen um einen sonstigen Fremdbezug von Leistungen handelt, ist dieser Ordnungswidrigkeitentatbestand nicht erfüllt. Bislang ist allerdings nicht bekannt, dass die BaFin entsprechende Bußgeldbescheide erlassen hätte. Sehr viel bedeutsamer ist es in der Praxis, dass KVGen mit Auslagerungsunternehmen erster, zweiter und n-ter Stufe vertraglich Prüfungs,– Weisungs- und Kontrollrechte vereinbaren müssen215. Diese Rechte werden von den prospektiven Auslagerungsunternehmen in den Verhandlungen des Auslagerungsvertrages oft nur unter großem Widerstand akzeptiert. Mitunter scheitert die Übertragung von Aufgaben an diesem Punkt. Beim sonstigen Fremdbezug hingegen ist die KVG weitgehend frei, wie sie ihre Dienstleister steuern möchte. Und schließlich: Aufgaben der Anlageverwaltung216 können nur auf zugelassene Vermögensverwalter ausgelagert werden217, zu denen nicht die Verwahrstelle des betroffenen Investmentvermögens gehören darf. Handelt es sich hingegen bei der Übertragung der Aufgabe nicht um eine Auslagerung, sondern um einen sonstigen Fremdbezug, bestehen hinsichtlich der formalen Qualifikation des Dienstleisters keine aufsichtsrechtlichen Anforderungen; der sonstige Fremdbezug darf aber nicht zu einer Beeinträchtigung der Einhaltung allgemeiner Organisationsanforderungen führen. 210 Vgl. zu den Pflichten im Rahmen von Auslagerungen die systematische Darstellung bei Hanten, in: B/T, § 36 Rn. 35 ff. 211 Anders die Situation im Bankenaufsichtsrecht, hier ist gemäß § 25b KWG keine Anzeige erforderlich, noch nicht einmal ex post. 212 § 36 Abs. 2 KAGB. 213 § 340 Abs. 2 Nr. 13 KAGB. 214 § 340 Abs. 7 KAGB. 215 Vgl. § 36 Abs. 1 Nr. 7 KAGB; hierzu Böhm, in: A/W/Z, § 36 Rn. 114. 216 Portfolioverwaltung und Risikomanagement. 217 Vgl. § 36 Abs. 1 Nr. 3 KAGB.
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
Angesichts der weitreichenden Folgen, die § 36 KAGB an den Begriff „Auslagerung“ knüpft, wäre zu erwarten gewesen, dass dieser Begriff vom Gesetzgeber definiert wird. Eine Legaldefinition enthält das KAGB jedoch nicht218. Die BaFin hat die Lücke gefüllt, indem sie in den KAMaRisk219 den Begriff der Auslagerung definiert hat. Im Folgenden soll die von der BaFin verwendete Definition kritisch hinterfragt werden. Sie könnte teilweise zu eng sein, indem Tatbestände, die eigentlich als Auslagerung zu behandeln wäre, nicht als solche behandelt werden. Die Definition könnte aber auch zu weit sein, z. B. weil Tatbestandsmerkmale, die in der Vergangenheit zur Einschränkung des Auslagerungsbegriffs verwendet wurden, nicht länger für maßgeblich erachtet werden. Die Definition der BaFin wird nachstehend geprüft anhand des Wortlautes des § 36 KAGB, der Gesetzessystematik, sowie anhand des vom Gesetzgeber verfolgten Zweckes der Auslagerungsvorschriften, wie sich dieser aus den Gesetzgebungsmaterialien und früheren Verlautbarungen der Aufsicht ergibt. Anschließend wird das gefundene Ergebnis daraufhin untersucht, ob es einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich ist und bejahendenfalls dieser stand hält.
II. Definition des Begriffs „Auslagerung“ durch die BaFin In Tz. 10.1 der KAMaRisk definiert die BaFin den Begriff der Auslagerung wie folgt: „Eine Auslagerung liegt vor, wenn ein anderes Unternehmen mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragt wird (Auslagerungsunternehmen), die ansonsten von der Gesellschaft selbst erbracht würden.“
Diese Definition entspricht der Auffassung der ESMA220. In den Erläuterungen der BaFin zu der obigen Definition findet sich folgende negative Umschreibung des Begriffs: „Nicht als Auslagerung zu qualifizieren ist der Fremdbezug von Leistungen, die typischerweise von einem Unternehmen bezogen und aufgrund tatsächlicher Gegebenheiten oder rechtlicher Vorgaben regelmäßig weder zum Zeitpunkt des Fremdbezugs noch in der Zukunft von der Gesellschaft selbst erbracht werden oder erbracht werden können (…)“221
Die positive und die negative Umschreibung des Begriffs „Auslagerung“ in Abgrenzung zum „sonstigen Fremdbezug“ wird nachstehend als die „BaFin-Definition“ bezeichnet. 218
Volhard/Jang, in: W/B/A, § 36 Rn. 3. Zuvor in den InvMaRisk, AT 10. 220 ESMA Final Technical Advice, S. 25: „,Delegation‘ means an arrangement of any form between an AIFM and a third party by which that third party performs a process, a service or an activity which would otherwise be undertaken by the AIFM itself.“ 221 KAMaRisk, Erläuterungen zu Tz. 10.1. 219
E. Der Begriff der Auslagerung im Sinne des Investmentrechtes
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In den Erläuterungen zu den KAMaRisk erörtert die BaFin die Übertragung einzelner Aufgaben (Vertrieb, Informationsbeschaffung, Wertpapierhandel, etc.) beispielhaft unter dem Gesichtspunkt, ob deren Übertragung eine Auslagerung darstellt. So wie diese Erläuterungen formuliert sind, ist nicht immer klar, ob es sich hierbei um eine Subsumtion unter die BaFin-Definition handelt, oder ob die BaFinDefinition ergänzt wird, und zwar jeweils negativ („Auch nicht als Auslagerung gilt …“, „Nicht als Auslagerung zu qualifizieren ist …“). Die Erörterung dieser Aufgabenübertragungen durch die BaFin lässt daher nur eingeschränkt Rückschlüsse auf die Reichweite der oben genannten BaFin-Definition zu. Zu der BaFin-Definition gehören zwei Tatbestandsmerkmale nicht mehr, die zuvor Teil der Definition von „Auslagerung“ im deutschen Finanzaufsichtsrecht waren, nämlich die „Dauerhaftigkeit“ der Übertragung einer Funktion sowie deren „Wesentlichkeit“. Eine einmalige oder gelegentliche, nicht-dauerhafte Beauftragung eines Dienstleisters im Rahmen z. B. eines Beratungsvertrages oder eines Werkvertrages galt vor Aufgabe des Dauerhaftigkeitskriteriums nicht als Auslagerung. Ebenso wenig galt als Auslagerung die Übertragung einer Funktion, wenn hierdurch keine wesentlichen Risiken für die KVG oder deren Anleger entstanden. Es wird daher in dieser Untersuchung222 dargestellt, welche Auswirkungen die Aufgabe dieser Kriterien durch die BaFin hat bzw. haben kann, und zu prüfen sein, ob die Aufgabe dieser Kriterien zu sachgerechten Ergebnissen führt.
III. Vereinbarkeit der BaFin-Auffassung mit dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften § 36 KAGB dient u. a. der Umsetzung von Art. 20 AIFM-RL und Art. 13 der OGAW-RL. Art. 20 AIFM-RL sowie Art. 75 Level 2-VO sprechen nicht von einer „Auslagerung“, sondern von der „Übertragung“ von Aufgaben, ebenfalls ohne diesen Begriff zu definieren223. In Art. 13 der OGAW-RL ist davon die Rede, dass „eine oder mehrere ihrer Aufgaben zum Zwecke einer effizienteren Geschäftsführung an Dritte … übertragen“ werden, ohne dass weiter ausgeführt würde, ob diese Vorschrift für alle Formen der Aufgabenübertragung und alle Funktionen gilt. Der Wortlaut der Vorschriften schreibt nicht vor, den Anwendungsbereich der Auslagerungsvorschriften einzugrenzen, indem man nur die dauerhafte Übertragung wesentlicher Aufgaben darunter fasst. Der Wortlaut enthält aber auch keine Argumente dafür, dass die BaFin den Tatbestand der Auslagerung zu eng definiert.
222
Vgl. neben diesem Abschnitt E. insbesondere Teil 3, Abschnitt A. Hanten, in B/T, § 36 Rn. 22; Tollmann, in: D/J/K/T, Art. 20 Rn. 22; Partsch/Mullmaier, Delegation, S. 218. 223
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
IV. Vereinbarkeit der BaFin-Auffassung mit der Systematik des KAGB Nachstehend wird erörtert, ob sich aus der Systematik des Gesetzes gute oder gar zwingende Gründe ergeben, die BaFin-Definition auszuweiten oder einzuschränken. 1. Systematik des § 36 KAGB und weiterer KAGB-Regelungen mit Auslagerungsbezug § 36 KAGB enthält eine detaillierte Regelung der Möglichkeiten und Grenzen der Auslagerung durch KVGen. Die Vorschrift enthält sowohl aufsichtsrechtliche Vorgaben als auch Regelungen zivilrechtlicher Natur. Aus § 36 KAGB sowie aus einigen weiteren Vorschriften im KAGB, welche Auslagerungssachverhalte regeln, kann man möglicherweise Rückschlüsse auf den Begriff der Auslagerung ziehen. Zunächst zu § 36 KAGB224: - Absatz 1 enthält materielle Vorgaben für die Auslagerung von Aufgaben. Einige dieser Vorgaben betreffen die Auslagerung jeder Art von Aufgabe, andere lediglich die Auslagerung von Portfolioverwaltung und/oder Risikomanagement. - Absatz 2 verlangt eine formelle Anzeige der KVG an die BaFin, bevor die Auslagerung vorgenommen wird. - Absatz 3 regelt, dass Aufgaben der Anlageverwaltung nur auf zugelassene Vermögensverwalter und nicht an die Verwahrstelle ausgelagert werden dürfen. - Absatz 4 enthält eine Regelung betreffend die Haftung der KVG für ein Verschulden ihrer Auslagerungsunternehmen. - Absatz 5 verbietet AIF-KVGen eine Auslagerung in einem so weiten Umfang, dass sie zu „Briefkastenfirmen“ werden225. - Die Unterauslagerung von Aufgaben durch das Auslagerungsunternehmen ist in den Absätzen 6 und 7 geregelt. - Absatz 8 regelt, dass die Auslagerung von Anlageverwaltungsfunktionen bei OGAW-KVGen nicht die Einhaltung der Anlagegrenzen und -richtlinien beeinträchtigen darf. - Nach Abs. 9 müssen Anleger über den Umstand, dass Aufgaben ausgelagert werden, vorab informiert werden. - Absatz 10 verweist auf die AIFM Level 2-VO bezüglich der Frage, wann eine KVG als „Briefkastenfirma“ gilt. Im Übrigen sind Auslagerungen durch KVGen im KAGB nur vereinzelt geregelt: 224
Vgl. hierzu auch Hanten, in: B/T, § 36 Rn. 35 ff. Die BaFin wendet diese Vorgabe im Einklang mit den Vorgaben von ESMA auch auf OGAW-KVGen an. 225
E. Der Begriff der Auslagerung im Sinne des Investmentrechtes
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- § 22 Abs. 1 Nr. 9 KAGB verlangt, dass eine KVG in ihrem Erlaubnisantrag Angaben zu Auslagerungsvereinbarungen macht, welche sie abzuschließen beabsichtigt. - Nach § 50 Abs. 1 KAGB muss eine KVG, wenn sie beabsichtigt, ausländische OGAW zu verwalten, im Rahmen der entsprechenden Anzeige an die BaFin Angaben zu Auslagerungssachverhalten machen. - Nach § 165 Abs. 2 Nr. 36 KAGB muss der Verkaufsprospekt eines offenen Publikumsfonds Angaben zu sämtlichen übertragenen Verwaltungsfunktionen, zu den betreffenden Dienstleistern sowie etwaigen durch die Übertragung ausgelösten Interessenkonflikten enthalten. - Entsprechendes gilt nach § 307 Abs. 1 Nr. 10 KAGB für Spezial-Investmentvermögen. - Ergänzt werden die Auslagerungsvorschriften durch Ordnungswidrigkeitentatbestände, vgl. § 340 Abs. 2 Nr. 13 KAGB.
2. Beschränkung von Auslagerungstatbeständen auf Portfolioverwaltung und Risikomanagement? § 36 KAGB enthält detaillierte Regelungen für den Fall, dass eine KVG Aufgaben der Anlageverwaltung auslagern möchte. Fraglich ist, ob auch die Übertragung anderer Aufgaben als der Anlageverwaltung als „Auslagerung“ angesehen werden kann, wenn diese Aufgabe der KVG im Investmentvertrag originär zur Erledigung zugewiesen wurde. Unter dem KAGB muss man diese Frage bejahen. Einige Regelungen des § 36 KAGB226 gelten wie erwähnt explizit nur für die Auslagerung von Portfolioverwaltung und Risikomanagement. Hierzu gehören u. a. das Gebot, Funktionen nur auf zugelassene Vermögensverwalter zu übertragen sowie das Verbot, Funktionen auf die Verwahrstelle zu übertragen. Aus dem Umstand, dass diese Gebote bzw. Verbote nur für Anlageverwaltungsfunktionen gelten, die anderen Vorgaben des § 36 KAGB aber nicht derart eingeschränkt sind, kann man schließen, dass auch bei der Übertragung anderer Funktionen eine Auslagerung vorliegen kann. Fraglich ist, ob diese Auslegung des § 36 KAGB mit den Vorgaben des Europarechtes vereinbar ist. Möglicherweise zwingt nämlich die AIFM-RL zu einer engeren Auslegung des Begriffs der Auslagerung227. So lautet Erwägungsgrund 31 der AIFM-RL:
226
Vgl. § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 sowie Abs. 3 KAGB. Dies wäre allerdings nur dann der Fall, wenn die AIFM-RL eine Maximalharmonisierung bezweckt. 227
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen „Die strengen Einschränkungen und Auflagen in Bezug auf die Übertragung von Aufgaben durch die AIFM sollten für die Übertragung des Portfolio- und Risikomanagements gemäß Anhang I gelten. Die Übertragung von Hilfsaufgaben, wie etwa vom AIFM als Teil seiner Leitungsaufgaben ausgeführte Verwaltungs- oder technische Funktionen, sollten nicht den in dieser Richtlinie festgelegten spezifischen Einschränkungen und Auflagen unterliegen.“
Wenn hier von „strengen Einschränkungen und Auflagen“ die Rede ist, dann sind jedoch nicht die Vorgaben des Art. 20 AIFM-RL insgesamt gemeint. Im Blick sind vielmehr nur diejenigen Vorgaben, welche es AIFM verbieten, Aufgaben der Anlageverwaltung auf nicht-Vermögensverwalter auszulagern bzw. auf die Verwahrstelle. Insofern besteht ein Gleichlauf zwischen der Systematik der AIFM-RL und der Systematik des § 36 KAGB, soweit es die Reichweite der Auslagerungsvorschriften betrifft. Erwägungsgrund 82 der unmittelbar in Deutschland anwendbaren Level 2-VO stellt diesen Punkt korrekt dar: „Die Einschränkungen und Anforderungen für die Übertragung von Aufgaben sollten für die in Anhang I der Richtlinie 2011/61/EU dargelegten Verwaltungsfunktionen gelten, …“
Danach kann die Übertragung jeder der Aufgaben, die in Anhang I der AIFMRL228 genannt sind, also auch der bloßen administrativen Funktionen, eine „Auslagerung“ darstellen229. Die BaFin-Definition geht also nicht zu weit, wenn auch sie alle Aufgaben im Rahmen der kollektiven Vermögensverwaltung in den Anwendungsbereich der Auslagerungsvorschriften einbezieht. 3. Beschränkung von Auslagerungstatbeständen auf „typischerweise“ von der KVG erbrachte Tätigkeiten Die Auslagerungsvorschriften können von vornherein nur für solche Funktionen gelten, welche von der KVG selbst ausgeübt werden können230. So ist z. B. die Bestellung der Verwahrstelle durch die KVG aufgrund des Verwahrstellenvertrages keine Auslagerung, denn die KVG darf für die von ihr verwalteten Investmentvermögen keine Verwahrstellenaufgaben wahrnehmen231. Die oben genannte BaFin-Definition geht noch einen Schritt weiter und ist daher möglicherweise zu eng. Die BaFin will nämlich232 den Anwendungsbereich der Auslagerungsvorschriften ausdrücklich beschränken auf Tätigkeiten, die von 228
Vgl. den vollständigen Wortlaut in Annex 1.1. Hanten, in: B/T, § 36 Rn. 26, Partsch/Mullmaier, Delegation, S. 220, vgl. auch BaFin FAQ Auslagerung, Nr. 1. 230 Döser, in: E/D/D, § 36 Rn. 46. 231 Vgl. § 70 Abs. 3 und § 85 Abs. 4 Nr. 1 KAGB. 232 Wie vormals in § 25a Abs. 2 KWG a. F. 229
E. Der Begriff der Auslagerung im Sinne des Investmentrechtes
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KVGen nicht nur erbracht werden können, sondern von diesen auch „typischerweise“ erbracht werden233. Fraglich ist, ob die Übertragung einer Tätigkeit, die von der KVG selbst erbracht werden könnte, nur deshalb keine Auslagerung ist, weil „die typische KVG“ diese Tätigkeit durch andere erbringen lässt. Folgte man dieser Logik, dann wäre die Übertragung der Fondsbuchhaltung auf Dritte, welche heute übereinstimmend als Auslagerung angesehen wird, tatsächlich keine Auslagerung mehr, weil bereits heute die Mehrzahl der KVGen diese Tätigkeit Dritten übertragen hat234. Verwendet man den Begriff „typischerweise“ deskriptiv-empirisch, d. h. schaut man auf die prozentuale Häufigkeit von Eigenerbringung oder Fremdbezug, dann hätten es die KVGen selbst in der Hand, durch ihre Organisations- und Geschäftspraxis den Bereich der Auslagerung nach Belieben einzuschränken, ohne dass die durch die Übertragung verursachten Risiken und das entsprechende Regelungsbedürfnis tatsächlich entfallen würden. Eine Übertragung von Funktionen, welche gegenwärtig noch als Auslagerung gilt, wäre möglicherweise schon in Kürze nur weniger streng regulierter „sonstiger Fremdbezug“. So verstanden, würde das Abstellen auf „typischerweise“ selbst erbrachte Tätigkeiten den Anwendungsbereich der Auslagerungsvorschriften zu eng fassen235. Die Verwendung des Begriffs „typischerweise“ erschließt sich nur dann, wenn man ihn normativ versteht, und nicht deskriptiv-empirisch. Man muss bei der Übertragung einer Aufgabe jeweils prüfen, ob die KVG durch die Übertragung einer Aufgabe von einem Leitbild abweicht, welches der Gesetzgeber vorgegeben hat und/ oder auf dessen Einhaltung Anleger in schutzwürdiger Weise vertrauen236. Versteht man „typischerweise“ in diesem Sinne, dann wird deutlich, warum eine KVG Auslagerungen zu rechtfertigen hat237 und warum sie die Anleger aufklären muss, wenn sie eine Auslagerung vornimmt238. Sämtliche in Anhang I Nr. 1 und 2 AIFM-RL bzw. Anhang II der OGAW-RL genannte Tätigkeiten sind von einer KVG auszuführen, sofern nicht ausnahmsweise239 einem Dritten die Aufgabe originär zugewiesen wird. Daher spielt es auch keine Rolle, ob im Laufe der Zeit de facto immer mehr KVGen sich dafür entscheiden, Dritte für eine der im Anhang I der AIFM-RL bzw. Anhang II der OGAW233
Zustimmend Zetzsche, Prinzipien, S. 693; zum Kriterium der „typischerweise“ von einem Institut erbrachten Tätigkeiten vgl. bereits Eyles, WM 2000, 1217 (1221). 234 Möglicherweise müsste man auch auf die Mehrzahl der Fonds abstellen oder auf die Mehrheit der Assets under Management. 235 Vgl. auch Ketessidis, in: Hanten/Görke/Ketessidis, S. 45 Rn. 61, der vor einer „Gefahr der Dynamisierung der Definition“ warnt. 236 Beckmann, in: B/S/V, § 36 Rn. 22, stellt darauf ab, ob eine Funktion „nach der Verkehrsauffassung nicht mehr dem Verantwortungsbereich des Institutes zuzuordnen“ ist. 237 § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KAGB. 238 § 36 Abs. 9 KAGB. 239 Praktisch wird dies bei Spezial-Investmentvermögen in Gesellschaftsform, vgl. Teil 2, Abschnitt A.
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
RL genannten Aufgaben im Wege der Auslagerung heranzuziehen: Gesetzlich zugewiesene Aufgaben sind stets typischerweise von der KVG selbst zu erfüllen. In diesem Sinne verstanden ist die Verwendung des Begriffs in der oben genannten BaFin-Definition nicht zu beanstanden. 4. Beschränkung von Auslagerungstatbeständen aus gesetzessystematischen Gründen auf „dauerhaft ausgeübte“ Tätigkeiten? Bis zum Jahr 2010 schränkte die BaFin den Anwendungsbereich der investmentrechtlichen Auslagerungsvorschriften auf Sachverhalte ein, bei welchen der Dienstleister „dauerhaft“ von der Investmentgesellschaft mit der Erbringung einer Tätigkeit beauftragt wurde. Im Bankenaufsichtsrecht und Versicherungsaufsichtsrecht findet dieses einschränkende Tatbestandsmerkmal noch heute Anwendung bei der Definition von Auslagerungssachverhalten. Im Folgenden soll gezeigt werden, wie das Merkmal der „Dauerhaftigkeit“ bzw. Synonyme hiervon in den verschiedenen von der BaFin angewandten Definitionen verwendet bzw. nicht verwendet wurde (siehe unten a)). Anschließend wird die Literaturmeinung zu diesem Kriterium referiert (siehe unten b)). Schließlich wird erörtert, ob aus der Gesetzessystematik zwingend zu schließen ist, dass die Dauerhaftigkeit der Leistungserbringung ein unverzichtbares Merkmal einer jeden Auslagerung ist (siehe unten c)). a) Historische Entwicklung des Kriteriums „Dauerhaftigkeit“ bei der investmentrechtlichen Definition der Auslagerung Bis zum Jahr 2009 waren die zunächst im KAGG und ab 2004 im InvG regulierten Kapitalanlagegesellschaften Kreditinstitute im Sinne des KWG. Für sie galt somit zunächst auch das BAKred-Auslagerungsrundschreiben von Dezember 2001. Danach lag eine Auslagerung nur dann vor, wenn die Beauftragung „auf Dauer oder zumindest auf längere Zeit“ erfolgte240. Das BAKred-Auslagerungsrundschreiben wurde 2007 durch die revidierten „Mindestanforderungen an das Risikomanagement der Kreditinstitute“ (MaRisk) abgelöst. Dies diente unter anderem der Umsetzung von Vorgaben des Committee of European Banking Supervisors aus dem Jahr 2006 sowie der neuen Vorgaben gemäß der EU-Finanzmarktrichtlinie MiFID241. In den Erläuterungen der Auslagerungsdefinition wird von der Auslagerung der „sonstige Fremdbezug von Leistungen“ abgegrenzt. Hierzu (also zum sonstigen Fremdbezug) zählt „der einmalige oder gelegentliche Fremdbezug von Gütern und Dienstleistungen“. 240
BAKred-Auslagerungsrundschreiben, Tz. 8. Siehe hierzu Fischer/Petri/Steidle, WM 2007, 2313, 2314 sowie Hanten/Görke, BKR 2007, 489. 241
E. Der Begriff der Auslagerung im Sinne des Investmentrechtes
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Aus dieser Formulierung ergibt sich, dass auch nach der MaRisk ein Zeitelement erforderlich ist, um die Auslagerung vom bloßen Fremdbezug abzugrenzen. In der Literatur wird allem Anschein nach davon ausgegangen, dass die Formulierungen aus dem BAKred-Rundschreiben und aus den MaRisk-Erläuterungen synonym zu verstehen sind242. Im deutschen Bankenaufsichtsrecht gilt der Grundsatz, dass der einmalige oder gelegentliche Fremdbezug von Leistungen keine Auslagerung darstellt, bis heute durchgängig243. (Die Auslagerungs-Leitlinien der European Banking Authority244 sehen das Kriterium allerdings nicht vor.) Auch das deutsche Versicherungsaufsichtsrecht zieht bei der Beurteilung, ob die Übertragung einer Aufgabe als „Ausgliederung“ im Sinne des § 47 VAG anzusehen ist245, das Kriterium der Dauerhaftigkeit und Häufigkeit heran246. Die BaFin-Investmentaufsicht geht seit 2010 einen anderen Weg; sie berücksichtigt jedenfalls in ihrer abstrakt-generellen Definition von „Auslagerung“ nicht mehr, ob eine Dienstleistung dauerhaft oder nur einmalig bzw. gelegentlich erbracht wird247. Lediglich hinsichtlich des Facility Managements bei Grundstücks-Investmentvermögen hat die BaFin-Investmentaufsicht geäußert, dass eine KVG, die sich „einmalig und in geringem Umfang Dienstleistern zur Unterstützung bedient“ keine Auslagerung betreibt248, vorausgesetzt, der Dienstleister habe kein Ermessen. Im Übrigen greift sie auf dieses Kriterium nicht zurück. Dieses Auseinanderfallen von investmentrechtlicher Bewertung einerseits und bank-/versicherungsaufsichtsrechtlicher Bewertung andererseits wird von der BaFin nicht erläutert. Man könnte vermuten, dass die Ursache für diese Unterschiede zwischen investmentrechtlicher Sicht und sonstigem Finanzaufsichtsrecht in der
242
Döser, in: E/D/D, § 36 Rn. 50 f.; Ketessidis, BaFin-Journal, S. 13 erörtert in seinem Aufsatz die Unterschiede zwischen BAKred-Auslagerungsrundschreiben und MaRisk, erwähnt aber in Bezug auf das Dauerhaftigkeits-Kriterium nicht, dass dieses durch die MaRisk modifiziert wurde; möglicherweise a. A. Kaetzler/Weirauch, BKR 2008, 265, 268, welche auf den Wegfall des Kriteriums „Dauerhaftigkeit“ in der MaRisk-Definition hinweisen, ohne dass klar wird, ob die Autoren auch die Erläuterung zur MaRisk berücksichtigen. 243 Vgl. Rundschreiben 09/2017 (BA), Tz. 9.1 (Erläuterungen). 244 EBA Guidelines on outsourcing arrangements. 245 Der Begriff „Ausgliederung“ wird im Versicherungsaufsichtsrecht anstelle von „Auslagerung“ verwendet und ist nicht mit dem umwandlungsrechtlichen Ausgliederungsbegriff aus § 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG gleichzusetzen. 246 Rundschreiben 2/2017 (VA) – Mindestanforderungen an die Geschäftsorganisation von Versicherungsunternehmen (MaGo), Tz. 239 f. 247 InvMaRisk bzw. KAMaRisk, jeweils Tz. 10.1; anders ESMA Final Technical Advice, Box 63, wo „one off“ Tätigkeiten als nicht wesentlich aus dem Anwendungsbereich der Auslagerungsvorschriften ausgenommen sind. 248 FAQ Auslagerung, Frage 16.
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
OGAW-RL oder der AIFM-RL liegt; dort wird jedoch zum Thema „Dauerhaftigkeit als Kriterium der Auslagerung“ keine Aussage getroffen, weder positiv noch negativ. Warum die Investmentaufsicht dieses Kriterium jedenfalls grundsätzlich nicht zur Abgrenzung von Auslagerung und sonstigem Fremdbezug heranziehen will, bleibt somit unklar. b) Aufsichtsrechtliche Literatur Das Kriterium der Dauerhaftigkeit als Ausschlusskriterium ist in der Literatur umstritten249. Zum Teil wird argumentiert250, gegen die Berücksichtigung des negativen Tatbestandsmerkmal „Dauerhaftigkeit“ spreche, dass auch die einmalige Hinzuziehung eines Dritten durch die KVG für die Anteilinhaber Risiken auslösen könne, wenn dieser Dritte nicht sorgfältig ausgesucht und überwacht werde. Ketessidis (seines Zeichens zuständig in der BaFin für Auslagerungsfragen) führte hierzu in 2011251 aus, es sei offensichtlich, dass der Risikogehalt einer Auslagerung nicht unbedingt mit der Vertragslaufzeit korrespondiere. Entsprechend habe die BaFin das Kriterium nicht länger zur Abgrenzung von Auslagerung und sonstigem Fremdbezug angewandt. Der Autor übersieht ab, dass jedenfalls im Banken- und Versicherungsaufsichtsrecht das Kriterium weiter zur Anwendung kommt, indem „einmalige oder nur gelegentliche“ Aufgabenübertragungen nicht vom Anwendungsbereich der Auslagerungsvorschriften umfasst sein sollen. Demgegenüber befürworten andere für das Investmentrecht nach wie vor die Anwendung dieses einschränkenden Tatbestandsmerkmals252. Solle die Leistung zwar nicht dauerhaft, aber auch nicht einmalig erbracht werden, so wird argumentiert, dann müsse im Einzelfall geprüft werden, ob nach dem Grundsatz der Ver249
Die Anwendung dieses Kriteriums im Bankaufsichtsrecht befürwortend Wolfgarten in: B/F/S-M, KWG, § 25b Rn. 31; Langen, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 25a Rn. 119 sowie Kaetzler/Weirauch, BKR 2008, 265 („mittel- bis langfristige, d. h. dauerhafte Nutzung von externen Dienstleistungsangeboten“). 250 Hannemann/Schneider/Weigel, S. 556: „Nach den Anforderungen des Rundschreibens 11/2001 war der Tatbestand der Auslagerung an das Kriterium der Dauerhaftigkeit geknüpft („auf Dauer oder zumindest auf längere Zeit“). Im Zeitablauf wurde dieses Kriterium durch die Praxis konkretisiert. „Dauerhaftigkeit“ lag vor, wenn der Leistungsbezug sich über einen Zeitraum von über 12 Monaten erstreckte (so genannte „12-Monatsregel“) [Fußnote: Vgl. Zentraler Kreditausschuss, Stellungnahme zum ersten Entwurf der neuen Auslagerungsregelungen in den MaRisk, 14. Mai 2007, S. 9]. Da der Zeitraum einer Auslagerung nicht zwangsläufig mit den Risiken der Auslagerung korrespondiert, hat die BaFin das Kriterium der Dauerhaftigkeit gestrichen. Es ist im Grunde genommen nicht vereinbar mit einer risikoorientierten Sichtweise. Dies gilt erst recht für die „12-Monatsregel“. Auch MiFID, CEBSGuidelines und § 25a Abs. 2 KWG (§ 25b KWG-neu) kennen das Kriterium der Dauerhaftigkeit nicht.“ 251 In: Hanten/Görke/Ketessidis, S. 44 Rn. 58. 252 Kritisch zur Aufgabe des Kriteriums der Dauerhaftigkeit aber auch zur mangelnden Bestimmtheit des Begriffs Campbell, ZBB 2008, 148 (155).
E. Der Begriff der Auslagerung im Sinne des Investmentrechtes
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hältnismäßigkeit die Anwendung der Regelungen für Auslagerungen gerechtfertigt sei253. Zum Teil wird die Anwendung des Kriteriums in modifizierter Form befürwortet254, freilich jeweils ohne Begründung. c) Gesetzessystematische Gründe für die Berücksichtigung des Kriteriums „Dauerhaftigkeit“ Die Systematik des KAGB bietet nur kaum Anhaltspunkte dafür, dass die Dauerhaftigkeit der Übertragung von Aufgaben ein Kriterium ist, welches zur Abgrenzung von Auslagerung und sonstigem Fremdbezug herangezogen werden sollte oder gar muss: Für eine solche Sicht spricht möglicherweise § 36 Abs. 1 Nr. 7 KAGB. Dort wird gefordert, dass die KVG sich „Kündigungsrechte“ vertraglich zusichern lassen muss. Das Wort „Kündigung“ wird üblicherweise im Zusammenhang mit Dauerschuldverhältnissen verwendet. Andererseits ist selbst im erfolgsbezogenen Werkvertragsrecht255 die Rede von Kündigungen. Man kann daher allein aus § 36 Abs. 1 Nr. 7 KAGB keine zwingenden Rückschlüsse auf die Frage ziehen, ob „Dauerhaftigkeit“ zur Korrektur der möglicherweise zu weit geratenen BaFin-Definition gesetzlich geboten ist. Somit ergeben sich aus einer systematischen Auslegung keine zwingenden Gründe, die BaFin-Definition durch das Merkmal der Dauerhaftigkeit einzuschränken. 5. Beschränkung von Auslagerungstatbeständen aus gesetzessystematischen Gründen auf „wesentliche“ Aufgabenübertragungen? Der Gesetzessystematik sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die es zwingend gebieten, den Anwendungsbereich der Auslagerungsvorschriften auf „wesentliche“ Aufgabenübertragungen zu beschränken. Im Rahmen der anschließenden teleologischen und verfassungskonformen Auslegung des deutschen und europäischen Investmentrechts wird die Frage, ob lediglich „wesentliche“ Aufgabenübertragungen vom Auslagerungstatbestand umfasst sind, im Detail erörtert werden.
253 Döser, in: E/D/D, § 36 Rn. 51; zur Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes über § 40 VwVfG vgl. unten Teil 1, Abschnitt E. VII. 254 Beckmann, in: B/S/V, § 36 Rn. 21 („auf Dauer oder zumindest längere Zeit durchgeführt“); Koch, in FK, § 36 Rn. 26 („Folglich bedarf es für eine Funktionsübertragung einer gewissen Nachhaltigkeit des Bezuges.“). 255 §§ 648, 648a BGB.
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
V. Am Gesetzeszweck orientierte Auslegung des Auslagerungsbegriffs In diesem Abschnitt wird erörtert, ob aus den vom Gesetz verfolgten Zwecken zwingende Schlüsse gezogen werden können für die Frage, ob nur „dauerhafte“ und/ oder „wesentliche“ Aufgabenübertragungen von § 36 KAGB erfasst sind.
1. Zweck des § 36 KAGB und Reaktion der Aufsicht § 36 KAGB setzt die Linie fort, die durch § 16 InvG und zuvor § 25a Abs. 2 KWG vorgezeichnet wurde. Bis zum Jahr 2007 waren Möglichkeiten und Grenzen der Auslagerung von KVGen in § 25a Abs. 2 KWG geregelt, da Kapitalanlagegesellschaften als Kreditinstitute im Sinne des § 1 KWG galten. Zielsetzung des § 25a Abs. 2 KWG war es zu verhindern, „dass (…) sensible Bereiche im Banken- und Finanzdienstleistungssektor auf externe Unternehmen ausgelagert werden und dadurch die Steuerungsmöglichkeiten der Geschäftsleitung und der aufsichtsrechtliche Zugriff faktisch gelockert werden“256. Um die Kontrolle durch Geschäftsleitung einerseits und Aufsicht andererseits sicher zu stellen, müssen Auslagerungsverträge seither Prüfungs-, Weisungs- und Kontrollrechte für das auslagernde Unternehmen und dessen Prüfer sowie für die Aufsicht vorsehen. Kontrolle ist kein Selbstzweck, sondern sie dient dazu, Risiken zu vermeiden, die das Institut ohne Ausübung von Kontrolle andernfalls treffen könnten. Abs. 2 des § 25a KWG konkretisierte insofern lediglich Abs. 1, wonach Institute über ein angemessenes Risikomanagement verfügen müssen257. Man kann sich angesichts der Risiken, die mit der Übertragung von Aufgaben verbunden sind, die Frage stellen, warum der Gesetzgeber überhaupt eine Auslagerung zulässt. Der Gesetzgeber hätte auch regeln können, dass Kreditinstitute und KVGen alle ihnen obliegenden Aufgaben selbst zu erledigen haben. Die Gesetzesbegründung zu § 25a Abs. 2 KWG258 (der ersten aufsichtsrechtlichen Regelung der Übertragung von Aufgaben auf Dritte) schweigt dazu, warum eine Auslagerung überhaupt zulässig sein sollte. Nach Beckmann259 wollte der Gesetzgeber 1998 durch die Zulassung der Auslagerung Kreditinstitute und KVGen in ihrer Wettbewerbsfähigkeit stärken, indem er ihnen ermöglichte, die spezielle Expertise und die Ressourcen Dritter zu nutzen. Durch die Auslagerung werden Risiken verlagert und ggf. Kosten gesenkt, und der Gesetzgeber, so Beckmann, 256 Wolfgarten, in: B/F/S-M, KWG, § 25b Rn. 2 unter Verweis auf das zwischenzeitlich aufgehobene BaKred-Auslagerungsrundschreiben. 257 Bitterwolf, in R/K, KWG, § 25b Rn. 2. 258 BT-Drucksache 13/7142, S. 87 f. 259 In: B/S/V, § 36, Rn. 6
E. Der Begriff der Auslagerung im Sinne des Investmentrechtes
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wollte es den betroffenen Unternehmen ermöglichen, sich auf ihre Kernkompetenzen zu beschränken. Der Gesetzgeber habe mit den Auslagerungsvorschriften u. a. sicherstellen wollen, dass Leistungs- und Qualitätsstandards, wie sie von der KVG einzuhalten wären, durch die Auslagerung nicht beeinträchtigt werden260. Im Jahr 2004 stellte der Gesetzgeber in § 16 InvG ferner klar, dass die Auslagerung eine KVG nicht hindern darf, im Interesse der Anleger zu handeln. Mit dieser Ergänzung wurde dem speziellen Treuhandverhältnis Rechnung getragen, das KVG und Anleger verbindet261. „Kontrolle“ wird folglich jedenfalls auch im Anlegerinteresse ausgeübt. § 36 KAGB ist zwar detaillierter als die Vorgängervorschrift des § 16 InvG; weitere Ziele als die erwähnten werden aber in der Gesetzesbegründung zum KAGB nicht genannt. Aus der Sicht des deutschen Gesetzgebers ist Zweck der gesetzlichen Vorschriften daher die Sicherstellung von Kontrolle zur Vermeidung von Risiken, die jedenfalls auch den Anleger treffen könnten. Einerseits gilt: Je weiter der Tatbestand der Auslagerung ausgedehnt wird, je mehr Aufgabenübertragungen also strengen Anforderungen genügen müssen, desto unwahrscheinlicher ist es, dass unkontrollierte Risiken entstehen, deren Realisierung sich zulasten der Anleger auswirken. Andererseits führt eine sehr weite Auslegung des Begriffs dazu, dass die Wettbewerbsfähigkeit der KVGen im internationalen Umfeld leidet, obwohl der Gesetzgeber diese Wettbewerbsfähigkeit fördern wollte. Ein Kontrollverlust kann auch mit der nur einmaligen oder gelegentlichen, also nicht-dauerhaften Aufgabenübertragung einhergehen. Somit lässt sich aus dem Gesetzeszweck kein zwingendes Argument herleiten, dass lediglich dauerhafte Aufgabenübertragungen vom Begriff der Auslagerung umfasst sein können oder sollen. Um einen Ausgleich zwischen Kontrollbedürfnis und Wettbewerbsfähigkeit zu schaffen, stellte § 25a Abs. 2 KWG ebenso wie heute die Nachfolgevorschrift § 25b Abs. 1 KWG für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute besondere Anforderungen nur an die Übertragung wesentlicher Aufgaben. Gleiches galt unter § 16 InvG bis zum Inkrafttreten des KAGB auch für KVGen. Das BaKred hat bereits im Rundschreiben 11/2001262 definiert, welche Bereiche aus seiner Sicht wesentlich bzw. nicht wesentlich sind. 260 In: B/S/V, § 36, Rn. 9; in diesem Sinne auch Tz. 1 des BAKred-Auslagerungsrundschreibens von 2001: „§ 25a Abs. 2 KWG tra¨ gt dem Anliegen der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute Rechnung, zur Sta¨ rkung ihrer Wettbewerbsfa¨ higkeit die Unternehmensfunktionen und -prozesse durch die Beauftragung externer Dienstleister zu optimieren. Zugleich soll die Vorschrift der Gefahr entgegenwirken, dass durch die Auslagerung von aufsichtlich sensiblen Bereichen auf Dritte die Steuerungs- und Kontrollmo¨ glichkeiten der Gescha¨ ftsleitung und die aufsichtlichen Einwirkungsmo¨ glichkeiten faktisch gelockert werden.“ 261 BT-Drucksache 15/1553, S. 82. 262 Dort Tz. 11.
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
Als nicht-wesentlich wurden alle Bereiche eingestuft, die keine bankaufsichtlich relevanten Risiken begründen und deren Auslagerung nicht dazu führt, dass die Ordnungsgemäßheit der Geschäfte, die Steuerungsfähigkeit der Geschäftsleitung des auslagernden Institutes oder die Befugnisse der Aufsichtsbehörde beeinträchtigt werden. Der Begriff der Wesentlichkeit wird hier „bereichsbezogen“ verstanden, d. h. es kommt auf die Art, die Qualität der Funktion an, welche nicht von dem Institut selbst, sondern von Dritten erfüllt wird. Hingegen spielt die Frage des Umfangs der Auslagerung, ihrer Bedeutung in Bezug auf einen Bereich als Ganzes, der Quantität also, dem Anschein nach keine Rolle. Diesen qualitativen Ansatz griff das Investmentrecht auf, nachdem Kapitalanlagegesellschaften nicht länger Kreditinstitute waren und die Vorschriften des Kreditwesengesetzes auf Kapitalanlagegesellschaften keine Anwendung mehr fanden. Speziell für das Investmentrecht hatte die BaFin in den Erläuterungen zu den InvMaRisk dargelegt, wie sie den Begriff der Wesentlichkeit im Sinne des § 16 InvG verstanden wissen wollte. Die dort genannten Beispiele263 engen den Kreis nichtwesentlicher Tätigkeiten auf die Wartung technischer Geräte sowie allgemeine Service- und Unterstützungsleistungen ein. Als Gegenbeispiele wesentlicher Art werden Funktionen genannt, die heute in Anhang I der AIFM-RL aufgeführt sind. Somit ist zu konstatieren, dass unter dem InvG nach Ansicht der BaFin zwar allgemein der Begriff der Wesentlichkeit in qualitativer Hinsicht als Korrektiv des zu weit geratenen Wortlautes anerkannt war, dass jedoch durch die Aufsicht nur wenige Bereiche durch dieses Korrektiv tatsächlich aus dem Anwendungsbereich des § 16 InvG herausgefiltert wurden. Nachdem der Wortlaut des § 36 KAGB nicht mehr auf die Wesentlichkeit der übertragenen Aufgabe abstellt, tut dies auch die BaFin grundsätzlich nicht länger. Die BaFin macht sich damit die Erwägungen zu eigen264, welche auf europäischer Ebene zu einer Einschränkung des Anwendungsbereichs der Auslagerungsvorschriften führen. Diese sollen im Folgenden dargestellt werden. 2. Zweck des Art. 20 AIFM-RL § 36 KAGB dient u. a. der Umsetzung von Art. 20 AIFM-RL265. § 36 KAGB muss daher europarechtskonform ausgelegt werden, d. h. unter Berücksichtigung der Zielsetzung der AIFM-RL, soweit es die Verwaltung von AIF betrifft266. 263
AT 9.1: „Weiterhin liegt keine Auslagerung im Sinne des § 16 InvG vor, wenn die Gesellschaft ein anderes Unternehmen mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragt, die zur Durchführung der Geschäfte der Gesellschaft nicht wesentlich sind. Als nicht wesentlich in diesem Sinne können z. B. die Wartung technischer Geräte oder sonstige allgemeine Serviceund Unterstützungsleistungen (z. B. Hausmeister, Kantine, Reinigungsdienst, Sicherheitsdienst, Brandschutz usw.) erachtet werden. Dagegen sind z. B. Aufgaben des Risikomanagements/ Risikocontrollings, des Rechnungswesens, des Managementinformationssystems, der internen Revision oder der Compliance als wesentlich einzustufen.“ 264 BaFin FAQ Auslagerung, Frage 3. 265 Flankiert durch die Level 2-Verordnung.
E. Der Begriff der Auslagerung im Sinne des Investmentrechtes
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Die AIFM-RL selbst trifft keine Aussage zu der Frage, ob nur die Übertragung wesentlicher Funktionen als Auslagerung gelten soll. Nach Verabschiedung der Level 1-Richtlinie hat sich jedoch ESMA zu der Frage geäußert, welche Regelungen durch Level 2-Maßnahmen getroffen werden sollten. ESMA sprach sich für eine allgemeine Einschränkung des Auslagerungstatbestandes durch das Wesentlichkeitskriterium aus267: „1. The AIFM must comply with the provisions of Article 20 of the AIFMD prior to a third party performing a task which would otherwise be undertaken by the AIFM and which is critical or important for the proper performance of the functions it provides to an AIF. 2. A function or task shall be regarded as critical or important if a defect or failure in its performance would materially impair the continuing compliance of the AIFM with the conditions and obligations of its authorisation or its other obligations under the AIFMD, or its financial performance or the soundness or continuity of the functions it performs.”
Hier taucht das Wesentlichkeits-Kriterium in Form der Begriffe „critical or important“ und „materially“ wieder auf. Wenn entweder die Übertragung von vornherein nur unwesentliche Bereiche betrifft, oder wenn es zwar um wesentliche Bereiche geht, diese aber nicht erheblich beeinträchtigt werden, dann sollen die Auslagerungsvorschriften nach Auffassung von ESMA keine Anwendung finden. ESMA vertritt hier also die Ansicht, dass das Wesentlichkeits-Kriterium auf zwei Ebenen eine Rolle spielen kann: Zum einen, wenn die betreffende Funktion als solche nicht wesentlich ist, weil sie z. B. keinen bankaufsichtlichen Bezug hat. Zum anderen, wenn zwar die Funktion in ihrer Gesamtheit wesentlich ist (z. B. die Fondsbuchhaltung), jedoch nur ein so geringer Teil davon übertragen wird, dass dies keine wesentlichen Risiken auslöst. „Wesentlichkeit“ hat nach ESMA demnach einen qualitativen und einen quantitativen Aspekt. Im Jahre 2013 sind die Auslagerungsvorschriften dann in der AIFM Level 2-VO konkretisiert worden. Der ESMA-Ansatz wurde hier aber nur sehr partiell wieder aufgenommen, nämlich nur in qualitativer Hinsicht. Nach Erwägungsgrund 82 der Level 2-VO sollen die Auslagerungsvorschriften für die Übertragung sämtlicher der in Anhang I der AIFM-RL genannten Aufgaben gelten. Lediglich technisch-administrative Hilfsfunktionen sollen vom Anwendungsbereich ausgenommen sein268. 266 Nach Ansicht von Partsch/Mullmaier, Delegation, S. 274 würde die AIFM-RL Mitgliedstaaten allerdings nicht daran hindern, in Bezug auf die Definition der Auslagerung eine strengere Regelung zu treffen als Richtlinie selbst. 267 ESMA Final Technical Advice, Box 63. 268 „Die Einschränkungen und Anforderungen für die Übertragung von Aufgaben sollten für die in Anhang I der Richtlinie 2011/61/EU dargelegten Verwaltungsfunktionen gelten, wohingegen unterstützende Aufgaben wie administrative oder technische Funktionen, die bei den Verwaltungsaufgaben eine Hilfe darstellen, etwa logistische Unterstützung in Form von Reinigungsdiensten, Catering und Beschaffung von Dienstleistungen oder Gütern des Grundbedarfs nicht als Übertragung der Aufgaben des AIFM gelten sollten. Andere Beispiele für technische oder administrative Funktionen sind der Kauf handelsüblicher Standard-Software und die Inanspruchnahme von Software-Anbietern für Hilfe beim Betrieb handelsüblicher
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
Einerseits geht die Level 2-VO bei den genannten Beispielen über die bislang von der BaFin verwandten Beispiele nicht-wesentlicher Funktionen hinaus, wenn „Dienstleistungen oder Güter des Grundbedarfs“ nicht von den Auslagerungsvorschriften erfasst sein sollen. In Teil 3, Abschnitt A. III. wird erläutert, welche praktischen Auswirkungen diese neue Sicht haben kann. Andererseits wird durch die Beispiele im Erwägungsgrund 82 der Anwendungsbereich der Auslagerungsvorschriften erweitert: Die BaFin ging bis zum Inkrafttreten der Level 2-VO nicht davon aus, dass der „Betrieb von Software“ als Auslagerung gelten soll. Dies galt auch dann, wenn die Software speziell nach Vorgaben der KVG erstellt wurde. Im Umkehrschluss zu den Ausführungen im Erwägungsgrund zum Kauf und Betrieb „handelsüblicher Standard-Software“ ist nach der Level 2-VO aber zu prüfen, ob der Kauf oder Betrieb nicht-standardisierter Software als Auslagerung anzusehen ist269. 3. Kritische Würdigung und Zwischenergebnis Die Aufgabe des Kriteriums „Wesentlichkeit“ wird in der Literatur zum Teil kritisch gesehen270. Zum Teil wird darauf hingewiesen, dass es bei unwesentlichen Auslagerungen an einer Gefährdung von Anlegerinteressen fehlt, welche die erheblichen Einschränkungen des Geschäftsbetriebes durch das Auslagerungsregime rechtfertigen würde. Den deutschen Gesetzesmaterialien zu § 36 KAGB ist jedoch kein Hinweis zu entnehmen, dass lediglich die Übertragung wesentlicher Aufgaben als Auslagerung eingestuft werden sollte. Vielmehr wollte der deutsche Gesetzgeber europäisches Recht 1:1 umsetzen271. Auf europäischer Ebene hatte ESMA zwar die Anwendung eines allgemeinen Kriteriums der Wesentlichkeit in qualitativer und quantitativer Hinsicht erwogen, dieser Gedanke wurde in der Level 2-VO aber wieder verworfen. Der subjektive Wille des deutschen Gesetzgebers hat sich auch im Wortlaut des § 36
Systeme oder die Inanspruchnahme personeller Unterstützung durch Zeitarbeitskräfte oder die Durchführung der Lohn- und Gehaltsabrechnung.” 269 BaFin FAQ Auslagerung, Frage 3, vgl. im Detail die Ausführungen in Teil 3, Abschnitt A. III.4. 270 Für eine Beibehaltung des Merkmals „Wesentlichkeit“ in der Definition von Auslagerung; Hanten, in: B/T, § 36 Rn. 31; Weiser/Hüwel, BB 2013, 1091 (1094); dagegen Tollmann, in: DJ/K/T, Art. 20 Rn. 24, der mit der BaFin (FAQ Auslagerung, Nr. 3) davon ausgeht, dass durch die AIFM-RL das Auslagerungsregime verschärft werden sollte; zustimmend Böhm, in: A/W/Z, § 36 Rn. 8; die Frage offen lassend („jedenfalls unklarer geworden“) Volhard/Jang, in: W/B/A, § 36 Rn. 11; unklar Klebeck, RdF 2012, 225 (230), der darauf hinweist, dass dem Richtlinienwortlaut die Unterscheidung zwischen wesentlichen und unwesentlichen Funktionen nicht zu entnehmen sei. 271 Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum AIFM-Umsetzungsgesetz, BR-Drs. 791/12, S. 401.
E. Der Begriff der Auslagerung im Sinne des Investmentrechtes
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KAGB niedergeschlagen, wo anders als noch in § 16 InvG von „wesentlichen“ Funktionen nicht länger die Rede ist. Dementsprechend kann man aus dem vom deutschen Gesetzgeber verfolgten und ausgedrückten Gesetzeszweck kein zwingendes Argument ableiten, dass nur die Übertragung wesentlicher Funktionen als Auslagerung zu betrachten sei.
VI. Verfassungskonforme Auslegung 1. Aufgabe der verfassungskonformen Auslegung Die Qualifikation einer Aufgabenübertragung als „Auslagerung“ führt zu einer erheblichen Belastung der betroffenen KVGen. Die KVGen werden in ihrem Grundrecht auf freie Berufsausübung (Art. 12 GG) eingeschränkt. Dagegen ist per se nichts einzuwenden, weil das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit durch Gesetz eingeschränkt werden darf. Gilt dies aber auch dann, wenn das Gesetz dazu führt, dass auch die Übertragung unwesentlicher Aufgaben als Auslagerung gilt? Als „unwesentlich“ soll für die Zwecke dieser Frage eine Übertragung einer Funktion dann gelten, wenn (1) entweder die Übertragung der Funktion als solches zu keinen Risiken für die Erfüllung gesetzlicher oder vertraglicher Pflichten führt oder (2) zwar ein Risiko minimaler Pflichtverletzung besteht, dieses aber sehr viel weniger schwer wiegt als die Belastung der KVG durch den Grundrechtseingriff. Jede gesetzliche Vorschrift muss sich am Maßstab der Verfassung, und insbesondere am Maßstab der Grundrechte messen lassen. Dies gilt auch dann, wenn die Auslegung der Norm anhand der „klassischen“ Auslegungsmethoden zu einem grundsätzlich sinnvollen, d. h. klaren und widerspruchsfreien Ergebnis geführt hat, so dass der Rechtsanwender daraus seine Rechte und Pflichten ablesen kann272. Eine „verfassungskonforme Auslegung“ einer Norm (hier: § 36 KAGB) verlangt, „im Falle mehrerer, dem Wortsinn und dem Kontext nach möglicher Auslegungen derjenigen den Vorzug zu geben, bei der die Norm, an den Verfassungsprinzipien gemessen, Bestand haben kann“273. Durch die verfassungskonforme Auslegung werden verfassungswidrige Auslegungsvarianten der einfachrechtlichen Norm 272 Über die Frage, an welcher Stelle im Rahmen des Auslegungsprozesses die verfassungskonforme Auslegung zum Tragen kommt, besteht keine Einigkeit. Reimer (S. 278, Rn. 633) geht davon aus, dass die verfassungskonforme Auslegung nach Auslegung „mit den hergebrachten Instrumenten“ vorzunehmen ist; Larenz/Canaris (S. 163 ff.) gehen ebenso vor, lehnen eine „starre Rangfolge“ der Auslegungskriterien aber ab (S. 160) und verlangen, dass im Rahmen der verfassungskonformen Auslegung auch Wortlaut und Telos Berücksichtigung finden; dagegen Walz, ZJS 2010, 482 (488), der vor allen anderen Kriterien – sogar dem Wortlaut – eine Norm verfassungs- und gemeinschaftsrechtkonform auslegen will; vorliegend soll dem Ansatz von Reimer gefolgt werden. 273 Larenz/Canaris, S. 165.
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
ausgeschieden274. Der gedankliche Prozess gleicht insofern einer teleologischen Reduktion, als der Gesetzgeber niemals willentlich einen Gesetzeszweck verfolgen würde, der der Verfassung widerspricht275. Der verfasungsrechtliche Gesichtspunkt, unter dem es geboten sein könnte, lediglich wesentliche Aufgabenübertragungen als Auslagerung anzusehen, ist das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Dieses verlangt erstens, dass in die Grundrechte nur dann eingegriffen wird, wenn der Eingriff zur Förderung des vom Gesetzgebers verfolgten Zwecks geeignet ist. Somit wäre eine Lesart des Gesetzes, wonach Aufgabenübertragungen auch dann als Auslagerung zu behandeln sind, wenn aus ihnen kein Risiko einer Pflichtverletzung resultiert, nicht verfassungskonform. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip erfordert zweitens, dass der Eingriff in das Grundrecht in einem angemessenen Verhältnis zum Erreichen des gesetzgeberischen Zweckes steht („Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne“276). Nur im quantitativen Sinne wesentliche Aufgabenübertragungen rechtfertigen es, KVGen die schwerwiegenden Beschränkungen aufzuerlegen, die mit der Einstufung einer Aufgabenübertragung als „Auslagerung“ verbunden sind. Man kann folgende Gegenprobe machen: Angenommen, § 36 Abs. 1 S. 1 KAGB würde lauten – „Die Kapitalverwaltungsgesellschaft kann Aufgaben auf ein anderes Unternehmen (Auslagerungsunternehmen) nur unter den folgenden Bedingungen auslagern, wobei diese Bedingungen auch dann einzuhalten sind, wenn (a) die Aufgabenübertragung zu keinen Risiken einer Verletzung gesetzlicher oder vertraglichen Pflichten führt, oder (b) die Einhaltung der Bedingungen zu keiner Reduzierung der mit der Aufgabenübertragung verbundenen Risiken führt oder (c) die Einhaltung der Bedingungen zu einer Belastung führt, die in erheblichem Missverhältnis zur Reduzierung der Risiken steht (…).“
– dann wäre evident, dass eine solche Norm nicht dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entspricht. Eine verfassungskonforme Auslegung reduziert notwendigerweise den Anwendungsbereich des § 36 KAGB auf solche Sachverhalte, bei denen die Aufgabenübertragung in qualitativer und quantitativer Hinsicht wesentlich ist. 2. Argumente gegen die verfassungskonforme Reduktion des § 36 KAGB Gegen diese Ansicht kann man drei Argumente vorbringen: Man könnte argumentieren, dass die Grenze der verfassungskonformen Auslegung der Wortlaut der auszulegenden Norm sei. Der Gesetzgeber, so könnte das Argument lauten, habe sich bewusst gegen die Aufnahme des Wortes „wesentlich“ entschieden, und dieser Umstand stelle eine absolute Grenze für die verfassungskonforme Auslegung dar. 274 275 276
Reimer, S. 278, Rn. 632. Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.) Grundgesetz Kommentar, Art. 20 Rn. 87. Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher, S. 70 Rn. 299 ff.
E. Der Begriff der Auslagerung im Sinne des Investmentrechtes
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Dieses Argument überzeugt nicht. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt den Wortlaut des Gesetzes bzw. die Intention des Gesetzgebers als Grenze anerkannt277, es hat aber auch anerkannt, dass eine verfassungskonforme Auslegung den Wortlaut um ungeschriebene Tatbestandsmerkmale erweitern bzw. den Anwendungsbereich einer Norn verkleinern kann, wenn damit das Verdikt einer Verfassungswidrigkeit der ganzen Norm vermieden werden kann278. Im voliegenden Fall der Auslegung des § 36 KAGB ist der gesetzgeberischen Intention viel mehr gedient, wenn das Wort „wesentlich“ hineingelesen wird (und damit der Anwendungsbereich der Norm reduziert wird), als wenn man die ganze Vorschrift für verfassungswidrig erklärt. Ein zweites Argument könnte lauten, dass die verfassungskonforme Auslegung, die zu einer Reduktion des Anwendungsbereichs von § 36 KAGB führt, gar nicht erforderlich sei, weil die Qualifikation einer Aufgabenübertragung als Auslagerung nicht zwingend zu einem Einschreiten der BaFin führen müsse. Wenn aber die BaFin infolge § 5 Abs. 6 KAGB Ermessen habe, ob sie gegen eine aus ihrer Sicht unzulässige oder unzureichend vertraglich dokumentierte Auslagerung vorgehen wolle, dann wäre es sinnvoller, so das Argument, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auf der Rechtsfolgenseite zur Geltung zu verhelfen. Der Ausgangspunkt des Argumentes ist korrekt, wie unten in Teil 1, Abschnitt E. VII. noch im Detail gezeigt werden wird: Im Investmentaufsichtsrecht als Teil des Wirtschaftsverwaltungsrechtes gilt das Opportunitätsprinzip. D. h., die Verwaltung kann, muss aber nicht einschreiten, wenn sie von einem Gesetzesverstoß erfährt. Sie hat diesbezüglich Ermessen. Daraus folgt aber nicht, dass dem Verhältnismäßigkeitsprinzip nur auf der Rechtsfolgenseite zur Geltung verholfen werden muss. In dem bereits zitierten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Versammlungsrecht279 ging es um eine Norm des Polizeirechts und die Konsequenzen der Verletzung dieser Norm. Im Polizeirecht herrscht ebenfalls das Opportunitätsprinzip280, was das Bundesverfassungsgericht nicht daran hinderte, § 14 VersG verfassungskonform auszulegen bzw. zu reduzieren. Gegen eine Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Aspekte ausschließlich auf Rechtsfolgenebene spricht auch, dass es den von § 36 KAGB betroffenen KVGen nicht zugemutet werden kann, unter dem Damoklesschwert einer ständig drohenden Ermessensentscheidung zu leben, wenn bereits der Wortlaut der sie belastenden 277
Vgl. die detaillierten Nachweise bei Reimer, S. 279 f., Rn. 635. In BVerfGE 69, 315 (347 ff.) wurde bezüglich § 14 Abs. 1 VersG („Wer die Absicht hat, eine öffentliche Versammlung … zu veranstalten, hat dies spätestens 48 Stunden vor der Bekanntgabe … anzumelden.“) entschieden, dass eine verfassungskonforme Auslegung einen zweiten Satz „hinzudenken“ müsse, der lauten könnte. „Dies gilt nicht für Eilversammlungen, diese sind vielmehr anzumelden, sobald die Möglichkeit dazu besteht.“ 279 Ebda. 280 § 15 Abs. 1 S. 1 VersG lautet: „Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten, wenn …“ 278
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
Norm sinnvoll teleologisch-verfassungskomform begrenzt werden kann. KVGen benötigen bei der Heranziehung Dritter Planungssicherheit, speziell wenn es darum geht, auch im Sinne der Anleger Effizienzgewinne zu erzielen. Ein drittes Argument schließlich könnte lauten, dass die Auslegung des § 36 KAGB anhand der Vorgaben der deutschen Verfassung unzulässig sei, weil § 36 KAGB Gemeinschaftsrecht umsetze, und die umgesetzte Norm (Art. 20 AIFM-RL) keinen Wesentlichkeitsmaßstab vorsehe. Auch das Recht der europäischen Gemeinschaften kennt jedoch seit 2009 in Form der Charta der Grundrechte der Europäischen Union281 einen verbindlichen Katalog282 von Grundrechten. Die Grundrechtscharta hat den Rang von Primärrecht und ist daher Auslegungsmaßstab283 für die Bestimmungen von EU-Richtlinien wie der AIFM-RL. Diese Grundrechtscharta verbrieft das Recht der freien Berufsausübung in Art. 15284. Sie bindet sämtliche Organe der EU (Art. 51285), und verlangt, dass Einschränkungen der Grundrechte nur aufgrund verhältnismäßiger Gesetze erfolgen (Art. 52 Abs. 1)286. Somit gestattet das europäische Recht nicht nur die verfassungskonforme Reduktion des Anwendungsbereichs von § 36 KAGB vor dem Hintergrund des Art. 20 AIFM-RL, es gebietet sogar, Art. 20 AIFM-RL ebenfalls grundrechtskonform auszulegen. Entsprechend kann der Anwendungsbereich von Art. 20 AIFM-RL auf Fälle „wesentlicher“ Auslagerung reduziert werden, so wie von ESMA gefordert287. Dies wird zum Teil auch von anderen europäischen Aufsichtsbehörden so gesehen288. 281
(2010/C 83/02) Amtsblatt der europäischen Union C 83/389. Vgl. Art. 6 Abs. 1 des Vertrages über die Europäische Union (Amtsblatt der Europäischen Union C 326/13). 283 Schorkopf, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, EUVArt. 6 Rn. 19. 284 Ein Eingriff in die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit liegt vor, wenn der Staat für den Berufstätigen nachteilige Regelungen trifft oder in sonstiger Weise die Berufsausübung erheblich behindert, vgl. Jarass, Grundrechte-Charta, EU-Grundrechte-Charta Art. 15 Rn. 10. 285 Einschließlich des Europäischen Gerichtshofs, vgl. Terhechte, in: von der Groeben/ Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, Art. 51 GRC Rn. 4 f. 286 „Unter Wahrung des Grundsatzes der Verha¨ ltnisma¨ ßigkeit du¨ rfen Einschra¨ nkungen nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsa¨ chlich entsprechen.“ 287 Siehe oben Teil 1, Abschnitt E. V. 2. 288 Vgl. Règlement général der Autorité des Marchés Financiers, Art. 318 – 58: „Lorsque la société de gestion de portefeuille confie à un tiers l’exécution de tâches ou fonctions opérationnelles essentielles ou importantes pour la fourniture d’un service ou l’exercice d’activités, elle prend des mesures raisonnables pour éviter une aggravation indue du risque opérationnel.“ Die englische Übersetzung des Règlement spricht von „critical operational tasks … or tasks that are important for the provision of a service …“ Art. 318 – 60 definiert als „essentielles ou importantes“ diejenigen Funktionen, deren Versagen ernsthaft die Gefahr birgt, dass gesetzliche oder vertragliche Vorgaben nicht eingehalten werden. 282
E. Der Begriff der Auslagerung im Sinne des Investmentrechtes
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VII. Korrektur des möglicherweise zu weit geratenen Wortlautes auf der Rechtsfolgenseite Zieht man ein Fazit des bisher Gesagten, so ist zum einen festzustellen, dass die von der BaFin aufgestellte Definition von „Auslagerung“ im Großen und Ganzen sachgerecht ist. Sie ist, wie oben gezeigt wurde, aus verfassungsrechtlichen Gründen um den Begriff der Wesentlichkeit in qualitativer und quantitativer Hinsicht zu ergänzen, so wie es auch schon ESMA auf europäischer Ebene gefordert hatte. Die Definition ist trotz dieser Einschränkung immer noch recht weit, und sie erfasst bei einer größeren KVG die Zusammenarbeit mit zum Teil Dutzenden von Dienstleistern289. Man könnte daher fragen, ob die BaFin, wenn sie von einer Auslagerung erfährt, die nicht den Anforderungen des § 36 KAGB entspricht, immer gezwungen wäre, hiergegen mit den Mitteln des Aufsichtsrechtes vorzugehen. Ein solcher Zwang besteht indessen nicht. Vielmehr hat die BaFin diesbezüglich Ermessen, wie § 5 Abs. 6 S. 1 KAGB290 zeigt. Die BaFin ist bei Ausübung ihres Ermessens gemäß § 5 Abs. 6 KAGB291 an § 40 VwVfG gebunden, wie jeder andere Teil der Verwaltung292. Über § 40 VwVfG gelangt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zur einfach-gesetzlichen Anwendung293. Die BaFin müsste sich daher vor Erlass eines Verwaltungsaktes294, durch welchen sie einer KVG vorgibt, einen bestimmten Sachverhalt als Auslagerung zu behandeln, die Frage stellen, ob das damit verfolgte Ziel in angemessenem Verhältnis zu dem Eingriff in die Rechte der KVG steht295. Dies gilt sowohl für das „Ob“ als auch das „Wie“ eines Eingriffs296. 289
Vgl. z. B. den Verkaufsprospekt für das OGAW-Investmentvermögen DWS Top Dividende (https://www.fondsprofessionell.de/documents/?d=VPDE20190701-0001030849.pdf) per 1. Juli 2019, S. 26 f.; zuletzt abgerufen am 21. April 2020. 290 „Die Bundesanstalt überwacht die Einhaltung der Verbote und Gebote dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Bestimmungen und kann Anordnungen treffen, die zu ihrer Durchsetzung geeignet und erforderlich sind.“ 291 Die Vorschrift lautet: „Die Bundesanstalt überwacht die Einhaltung der Verbote und Gebote dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Bestimmungen und kann Anordnungen treffen, die zu ihrer Durchsetzung geeignet und erforderlich sind.“ 292 Nach Bußalb, Kompetenzen, S. 226, Rn. 585 stellt § 5 Abs. 6 KAGB die zentrale Kompetenznorm dar, welche die Eingriffbefugnisse der BaFin größtenteils als Generalklauseln enthält und welche „den Problembereichen, Lebensachverhalten und und unterschiedlichsten Fragestellungen … im Bereich Investmentvermögen gerecht werden [sollen]“. 293 Kopp/Ramsauer, § 40 VwVfG Rn. 48; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 40 VwVfG Rn. 83. 294 Dasselbe gilt, wenn die BaFin nicht im Einzelfall, sondern durch Allgemeinverfügung oder Rundschreiben Auslagerungssachverhalte regelt. 295 Die Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes speziell für Auslagerungsfälle bejaht grundsätzlich auch die BaFin, vgl. BaFin-Präsentation vom 5. Februar 2019, Slide 5; zustimmend und den Anwendungsbereich der Auslagerungsvorschriften einschränkend in-
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Teil 1: Zivilrechtliche, investmentrechtliche und ökonomische Grundlagen
Durch Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips kann damit die Anwendung der Auslagerungsvorschriften ganz oder teilweise vermieden werden, auch wenn diese Übertragung einer Aufgabe sich tatbestandsmäßig als Auslagerung darstellt. Insbesondere in den nachfolgenden Abschnitten C. I. und C. II. wird dargestellt, wie das der BaFin vom Gesetzgeber eingeräumte Ermessen genutzt werden kann, um zu sinnvollen, dem Gesetzeszweck zur Geltung verhelfenden Ergebnissen zu gelangen.
terpretierend Döser, in: E/D/D, § 36 Rn. 51; Koch, in FK, § 36 Rn. 15; Tollmann, in: D/J/K/T, Art. 20 Rn. 24. 296 So auch (der BaFin-Referent) Bußalb, in: FK, § 5 Rn. 78 („Im Rahmen des [Opportunitätsprinzips] steht der BaFin sowohl ein Entschließungsermessen als auch ein Auswahlermessen zu. Bei Ersterem geht es darum, ob und wann eine Maßnahme ergriffen wird, bei Letzterem, welche Maßnahme gegen welchen Adressaten ergriffen wird.“)
Teil 2
Der Investmentvertrag im Spannungsfeld von allgemeinem Zivilrecht und speziellem Investmentrecht A. Freiheit der Parteien des Investmentvertrages, den Leistungsumfang der KVG festzulegen Wie oben in Teil 1, Abschnitt B. gezeigt, findet bei der individuellen Vermögensverwaltung häufig auch eine individuelle Festlegung des Leistungsumfangs statt. Dies gilt nicht nur in Bezug auf vertragliche Nebenpflichten, sondern sogar in Bezug auf die Hauptpflicht der Anlageentscheidung. So kann beispielsweise die Titelauswahl (Stock Picking) dem einen Verwalter auferlegt werden, während ein anderer Verwalter oder sogar der Anleger selbst für das Hedging von Währungsrisiken o. ä. zuständig sein soll (Currency Overlay). Bei der kollektiven Vermögensverwaltung wird dies nur möglich sein, wenn der Rahmen des Investmentrechtes für eine solche Festlegung noch Raum lässt, wie in Teil 1, Abschnitt C. kurz angerissen. Unter der Geltung des KAGG und des InvG hat man sich zu der Frage, welches die originären Aufgaben einer KAG sind, jedenfalls in der Kommentarliteratur nur wenige Gedanken gemacht, und zwar weder für Publikumsfonds noch für Spezialfonds. Auch die KAGen akzeptierten, dass sie für alle im Gesetz ausdrücklich genannten Aufgaben originär und umfassend zuständig sein sollten, häufig ohne darüber zu reflektieren und ohne sich über die Frage der daraus resultierenden Haftung und der aufsichts- und zivilrechtrechtlichen Verantwortung Gedanken zu machen. Es fiel ihnen relativ leicht, diese Position einzunehmen, weil die BaFin für einige der kritischsten Aufgabenbereiche in den InvMaRisk festgehalten hatte, dass deren Übertragung auf Dritte keine streng regulierte Auslagerung darstellte. Dies galt insbesondere für den Einsatz von Brokern oder den Einsatz von Drittvertrieben beim Absatz von Fondsanteilen. Gelegentlich wurde in der Praxis die Frage aufgeworfen, wie weit eigentlich die Pflichten von KAGen im Rahmen der Portfolioverwaltung, des Risikomanagements oder bei steuerlichen Sachverhalten reichen. Ein „geschlossenes Weltbild“ davon, wie weit der Pflichtenkreis einer KAG reicht, wurde jedoch nicht für erforderlich gehalten. Diese Zurückhaltung bei der Festlegung des Pflichtenkreises änderte sich grundlegend mit der AIFM-RL. Wie noch zu zeigen sein wird, lässt sich diese Richtlinie nämlich in dem Sinne interpretieren, dass ein AIFM in einigen Fällen nur
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Teil 2: Der Investmentvertrag
für einen Teil der in Teil 1, Abschnitt D. geschilderten Funktionen des Investmentprozesses originär zuständig ist, namentlich Portfolioverwaltung und Risikomanagement, zusammen „Anlageverwaltung“. Andere Aufgaben können nach dieser Lesart hingegen originär von anderen Dienstleistern oder möglicherweise auch von der AIF-Investmentgesellschaft selbst wahrgenommen werden. In diesem Abschnitt soll zunächst untersucht werden, welche ausdrücklichen Anordnungen der europäische Richtliniengeber für die Verwaltung von AIF getroffen hat, und wie diese Anordnungen von ESMA und der EU Kommission interpretiert werden. Unter Berücksichtigung der europarechtlichen Regelungen soll dann die Rechtslage unter deutschem Recht geprüft werden, wo gesetzlich und auch durch die BaFin nicht zwischen OGAW und AIF differenziert wird. Es überrascht nicht, dass die deutsche Aufsicht von einer „Allzuständigkeit“ der KVG ausgeht; dies entspricht dem tatsächlichen, von der deutschen Investmentindustrie klaglos hingenommenen Zustand vor Umsetzung der AIFM-RL in Deutschland. Die BaFin sieht dies anders als etwa die Aufsichtsbehörden in Irland, Luxemburg, Liechtenstein oder dem Vereinigten Königreich. Dort dürfen sich Verwaltungsgesellschaften grundsätzlich auf die Tätigkeiten der Anlageverwaltung beschränken1 und machen davon auch nach wie vor stark Gebrauch. Ein Teil der Literatur vertritt entgegen der Auffassung der BaFin die Ansicht, jedenfalls einer deutschen AIF-KVG sei es möglich, die originär übernommenen Aufgaben auf die Anlageverwaltung zu beschränken2. Bei dieser am Wortlaut der Richtlinie orientierten Sicht wird typischerweise nicht zwischen Publikums- und Spezialfonds und auch nicht zwischen Sondervermögen und Investmentgesellschaften unterschieden. Somit ist zu klären, ob eine solche Beschränkung des Aufgabenkreises tatsächlich für alle Formen von AIF wirksam vereinbart werden könnte. Anschließend sollen die für AIF erarbeiteten Ergebnisse auf OGAW angewandt werden. Abschließend wird in Bezug auf AIF ein Vorschlag erarbeitet, wie die Aufsicht mit den Risiken umgehen könnte, die sich möglicherweise ergeben, wenn eine KVG nur Anlageverwaltungs-Aufgaben übernimmt, andere Aufgaben aber von Dritten originär übernommen werden.
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Das heißt nicht, dass sie diese, ihnen originär zugewiesenen Aufgaben dann auch höchstpersönlich ausführen; vielmehr wird die Erledigung großer Teile dieser Tätigkeiten dann mitunter im Wege der Auslagerung auf Dritte übertragen. 2 Vgl. Teil 2, Abschnitt C. I. 2.
A. Freiheit, den Leistungsumfang der KVG festzulegen
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I. Ausdrückliche Regelungen der AIFM-Richtlinie zum Pflichtenkreis eines AIFM Im Zuge der Beratung der AIFM-RL3 war die Frage zu beantworten, ob der AIFM originär für sämtliche Aufgaben zuständig sein soll, die für einen AIF zu erfüllen sind, oder ob er die Möglichkeit haben soll, sich auf einzelne Aufgaben zu beschränken. In letzterem Fall könnten die von dem AIFM nicht wahrgenommenen Aufgaben originär von der AIF-Investmentgesellschaft selbst oder einem anderen Dienstleister als dem AIFM wahrgenommen werden. Die Frage der „Allzuständigkeit“ des AIFM stellte sich umso drängender, als der EU-Richtliniengeber einen bunten Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen des Pflichtenkreises von Verwaltungsgesellschaften vorfand. In einigen Ländern, z. B. Irland, beschränkte die Rolle des Verwalters Alternativer Investmentfonds sich darauf, die Tätigkeit dritter Dienstleister zu koordinieren, ohne überhaupt noch weitere eigene Tätigkeiten zu erbringen. In Luxemburg gilt seit jeher die Fondsadministration als eine Tätigkeit, die nicht von der regulierten Verwaltungsgesellschaft selbst ausgeübt werden muss4, und lediglich für Portfolioverwaltung und Risikomanagement gibt es seit relativ kurzer Zeit5 Substanzanforderungen. In Deutschland schließlich hatten regulierte KVGen bis zur Umsetzung der AIFM-RL alle Aufgaben der kollektiven Vermögensverwaltung originär selbst wahrgenommen, und diese lediglich unter Wahrung der eigenen Verantwortung zum Teil ausgelagert. 1. Vorgaben der AIFM-Richtlinie In Erwägungsgrund 21 der AIFM-RL wird festgehalten, dass ein AIFM jedenfalls die Tätigkeiten der Portfolioverwaltung und des Risikomanagements ausüben muss6. In Art. 4 AIFM-RL, welcher die wesentlichen Begrifflichkeiten der Richtlinie definiert, heißt es in lit w): „Verwaltung von AIF“ bedeutet, dass mindestens die in Anhang I Nummer 1 Buchstaben a oder b genannten Anlageverwaltungsfunktionen für einen oder mehrere AIF erbracht werden.“
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Die AIFM-RL entfaltet keine unmittelbare Rechtswirkung in Deutschland, sondern bedurfte der Umsetzung im KAGB. Wegen der historischen Entwicklung der Argumentation durch die verschiedenen Aufsichtsbehörden wurde vorliegend die chronologische Darstellung gewählt, anstatt die Regelungen der AIFM-RL inzident bei der Auslegung der KAGB-Vorschriften darzustellen. 4 Hüwel/Kracke, in: B/T, § 129 Rn. 39. 5 Vgl. CSSF Regulation No. 10 – 4; in jüngerer Zeit ergänzt durch CSSF Circular 18/698. 6 „Die Verwaltung von AIF sollte mindestens die Erbringung von Dienstleistungen zur Anlageverwaltung beinhalten. Ein einzelner AIFM, der gemäß dieser Richtlinie bestellt werden soll, sollte keinesfalls ermächtigt werden, die Portfolioverwaltung bereitzustellen, wenn er nicht auch das Risikomanagement anbietet; dasselbe gilt im umgekehrten Fall.“
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Teil 2: Der Investmentvertrag
Nach dem vorstehenden Zitat können die Funktionen unter a) und b) scheinbar alternativ erbracht werden. Dass dies nicht korrekt ist, ergibt sich eindeutig und, soweit erkennbar, unstreitig aus Art. 6 und Anhang I AIFM-RL, wo jeweils die Rede davon ist, dass die Tätigkeiten kumulativ erbracht werden müssen („und“). Relevant ist somit Anhang I der Richtlinie, dessen Wortlaut in Annex 1.1 vollständig wiedergegeben wird. Darin wird unterschieden zwischen Aufgaben, die der AIFM übernehmen muss7 und Aufgaben, die der AIFM übernehmen kann8. Bei den letztgenannten Aufgaben handelt es sich u. a. um administrative Tätigkeiten sowie den Vertrieb9. Art. 5 Abs. 1 AIFM-RL bestimmt, dass für jeden AIF, der im Geltungsbereich dieser Richtlinie verwaltet wird, ein einziger AIFM zuständig sein muss, der fu¨ r die Einhaltung der Vorschriften dieser Richtlinie verantwortlich ist10. Dabei wird nicht zwischen den in Anhang I Nr. 1 AIFM-RL dem AIFM originär zwingend zugewiesenen Funktionen und den dort in Nr. 2 als fakultativ bezeichneten Funktionen unterschieden. In Art. 6 AIFM-RL schließlich wird festgehalten, dass ein externer AIFM in seiner Geschäftstätigkeit beschränkt ist; er darf lediglich die Verwaltung von AIF, von OGAW und damit inhaltlich im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten ausüben11, deren Risiken er überschauen und steuern kann. Anhang I AIFM-RL bestimmt, wie bereits erwähnt, dass die in Anhang I Nr. 2 genannten administrativen Tätigkeiten, Vertriebstätigkeiten und Asset Management Tätigkeiten (im Folgenden zusammen „Zusatzaufgaben“) von einem AIFM erbracht werden dürfen, aber nicht müssen. Die übrigen oben genannten Vorschriften sagen zu der Frage, welche Tätigkeiten ausgeübt werden müssen, nichts aus. Dies gilt auch für Art. 5 Abs. 1 AIFM-RL, der lediglich von einer Verantwortung spricht, nicht aber von der Erbringung einer Leistung. Allenfalls könnte man aus Artt. 4 und 6 AIFMRL im Wege eines Gegenschlusses folgern, dass die in diesen Bestimmungen nicht erwähnten oben genannten Zusatzaufgaben nicht von einem AIFM erbracht werden müssen. Ein solcher Gegenschluss ist angesichts des eindeutigen Wortlautes in Anhang I AIFM-RL jedenfalls für das Europarecht aber gar nicht erforderlich.
7 Im englischen Text: „Investment management functions which an AIFM shall at least perform when managing an AIF:“. 8 Im englischen Text: „Other functions that an AIFM may additionally perform in the course of the collective management of an AIF:“. 9 Im englischen Text: „marketing“. 10 Im englischen Text: „Member States shall ensure that each AIF managed within the scope of this Directive shall have a single AIFM, which shall be responsible for ensuring compliance with this Directive.“ 11 Im englischen Text wird das Wort „perform“ verwendet.
A. Freiheit, den Leistungsumfang der KVG festzulegen
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2. Stand der Diskussion bis November 2016 Die hier vertretene Auffassung, dass ein AIFM aufgrund der AIFM-RL nicht in jedem Fall originär verpflichtet ist, auch nur in Bezug auf einen von ihm verwalteten Fonds die in Anhang I Nr. 2 AIFM-RL aufgeführten Zusatzaufgaben zu erbringen, wird auch in der Literatur geteilt. So führt Tollmann12 aus, dass administrative und Vertriebstätigkeiten nicht zu den von einem AIFM zwingend zu erbringenden Funktionen gehören. Tollmann nimmt den Gesetzestext ernst, indem er annimmt, dass die administrativen und vertrieblichen Tätigkeiten nicht vom AIFM erbracht werden müssen. Er löst sich aber vom Wortlaut des Art. 5 AIFM-RL, wenn er im Weiteren behauptet, der AIFM sei für die von ihm nicht erbrachten Tätigkeiten nicht im aufsichtsrechtlichen Sinne verantwortlich. Tollmann unterscheidet ferner ebenso wenig wie andere Autoren, die eine Beschränkung auf die in Anhang I Nr. 1 AIFM-RL genannten Tätigkeiten allgemein für zulässig halten, nach der Art der von dem AIFM verwalteten AIF13. ESMA und die EU Kommission erkannten schon bald nach Erlass der AIFM-RL, dass die am Wortlaut orientierte Beschränkung der Pflichten des AIFM auf die Anlageverwaltung in der Praxis nicht immer zu befriedigenden Ergebnissen führt. So führte ESMA in ihrem Diskussionspapier vom 23. Februar 201214 aus: „Notwithstanding the fact that the AIFM may choose not to perform itself the additional functions set out in Annex I of the AIFMD, ESMA believes that in such a case these functions should be considered as having been delegated by the AIFM to a third party. Therefore, the AIFM should be responsible for the activities carried out by the delegated entity in relation to the functions set out under Annex I of the AIFMD (…)“
ESMA verfolgt hier einen sehr ungewöhnlichen Ansatz, indem sie anordnet, dass eine Aufgabe, die dem AIFM gar nicht obliegt, „als ausgelagert gelten” soll. Es ist unklar, was dies bedeutet. Ein AIF mit eigener Rechtspersönlichkeit könnte sich entschließen, z. B. die Fondsadministration nicht von dem AIFM erbringen zu lassen, sondern von einem Dritten. Er würde im Bestellungsvertrag mit dem AIFM den Bereich der Fondsadministration ausdrücklich von den Pflichten des AIFM ausnehmen. Dann stellt sich auf Grundlage der ESMA-Ansicht die Frage, ob der AIFM dem Dritten gegenüber die auslagerungstypischen Prüfungs-, Weisungs- und Kon12
In: D/J/K/T, Anh. I, Rn. 6. Vgl. Zetzsche, Prinzipien, S. 651, welcher die in Anhang I Nr. 2 aufgeführten Pflichten als „fakultative Pflichten“ bezeichnet, sowie Zetzsche/Eckner, Appointment, S. 196, wo die Rede davon ist, dass die in Anhang I Nr. 2 genannten Tätigkeiten ausgeübt werden „können“, aber nicht müssen. Zustimmend Bentele, in: B/T, § 17 Rn. 23 und 30; ferner Seidenschwann, S. 49, unter Verweis auf Winterhalder, in: W/B/A § 17 Rn. 17, der jedoch nicht klar zum Ausdruck bringt, ob er die Aufgaben aus Anhang I Nr. 2 AIFM-RL der AIF-KVG originär zuweisen will oder diese als „freiwillig“ ansieht. 14 Discussion Paper Key Concepts, Tz. 10. 13
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Teil 2: Der Investmentvertrag
trollrechte haben muss und woraus diese Rechte resultieren sollen15. Ist überhaupt ein Auslagerungsvertrag erforderlich? Was gilt, wenn der AIF und der AIFM unterschiedliche Weisungen erteilen? Nachdem verschiedene Marktteilnehmer an dem Konzept von ESMA nachdrücklich Kritik geäußert hatten, nahm ESMA in ihrem Konsultationspapier vom 19. Dezember 201216 und in dem Final Report vom 24. Mai 201317 diesen Ansatz nicht wieder auf, sondern betonte ausdrücklich, dass diesbezüglich weitere Überlegungen notwendig seien. Die EU Kommission war mit dem von ESMA im Diskussionspapier verfolgten Ansatz nicht einverstanden, und gab in ihren FAQ18 zwei wertvolle Hinweise: Die Kommission bestätigte, dass der AIFM sich entscheiden kann, die Zusatzaufgaben in Anhang I nicht selbst zu erbringen. Dem Ansatz von ESMA, wonach diese Funktionen dann als ausgelagert gelten, erteilte die Kommission in 2013 eine klare Absage, indem sie darauf hinwies, dass niemand mehr Rechte oder Zuständigkeiten übertragen kann, als ihm selbst zustehen oder obliegen. Die Kommission wollte die Frage differenziert lösen, und ggf. darauf abstellen, ob der AIF überhaupt in der Lage wäre, Aufgaben selbst zu erfüllen bzw. auf einen Dritten zu übertragen, weil er eine eigene Rechtspersönlichkeit hat. Selbst für den Fall, dass ein AIFM nicht für die Erfüllung einer Aufgabe zuständig ist, soll er jedoch nach der EU Kommission eine Restzuständigkeit dafür haben, dass die Vorschriften der AIFM-RL eingehalten werden. Die EU Kommission macht sich in ihrem FAQ damit Erwägungsgrund 11 der AIFM-RL zu eigen, welcher lautet: „Mehrere Bestimmungen dieser Richtlinie verpflichten AIFM, die Einhaltung von Anforderungen sicherzustellen, für die die AIFM bei einigen Fondsstrukturen nicht verantwortlich sind. Ein Beispiel hierfür sind Fondsstrukturen, bei denen der AIF oder ein anderes im Namen des AIF handelndes Unternehmen für die Bestellung der Verwahrstelle zuständig ist. In diesen Fällen hat der AIFM keine letztendliche Kontrolle darüber, ob tatsächlich eine Verwahrstelle bestellt wird, es sei denn, dass der AIF intern verwaltet wird. Da diese Richtlinie keine Regelung für die AIF enthält, kann sie einen AIF nicht verpflichten, eine Verwahrstelle zu bestellen. In den Fällen, in denen ein AIFM nicht sicherstellt, dass der AIF oder ein anderes im Namen des AIF handelndes Unternehmen die geltenden Anforderungen einhält, sollten die zuständigen Behörden es dem AIFM zur Auflage machen, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um dem abzuhelfen. Falls die Anforderungen trotz dieser Schritte weiterhin nicht eingehalten werden …, sollte der AIFM als Verwalter des betreffenden AIF zurücktreten. Falls der AIFM nicht zurücktritt, sollten die zuständigen
15 Vgl. zu diesen Rechten im Rahmen von Auslagerungsverträgen Beckmann, in: B/S/V, § 36 Rn. 72 ff. sowie Rn. 140 – 144; Koch, in: FK, § 36 Rn. 44. 16 ESMA Consultation Paper Key Concepts of the AIFMD. 17 ESMA Final Report Key Concepts, S. 25, Rz. 14. 18 EU Kommission Q&A; ID 1158.
A. Freiheit, den Leistungsumfang der KVG festzulegen
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Behörden seines Herkunftsmitgliedstaats verlangen, dass er zurücktritt und der Vertrieb des betroffenen AIF in der Union sollte nicht länger gestattet sein.“
Der Kommission ist beizupflichten, dass es angesichts der Vielzahl von Aufgaben, die für einen AIF wahrzunehmen ist, eine Stelle geben muss, bei der alle Fäden zusammenlaufen, jedenfalls in dem Sinne, dass eine Stelle überwacht und sicherstellt, dass diese Aufgaben überhaupt irgendeinem Dienstleister zugewiesen sind. Diese Stelle muss der AIFM sein, so Art. 5 Abs. 1 AIFM-RL. Nicht erforderlich ist es hingegen, den AIFM auch für die ordnungsgemäße Erfüllung der den Dritten zugewiesenen Aufgaben originär verantwortlich zu machen oder gar haften zu lassen. Für eine Haftung würde jedenfalls unter deutschem Recht auch eine entsprechende Zurechnungsregel fehlen, weil weder § 278 BGB noch § 664 Abs. 1 BGB anwendbar wären. Auch für den Fall, dass der AIFM feststellt, dass weder der AIF selbst noch ein Dritter in seinem Namen die gesetzlich geforderten Aufgaben wahrnimmt, ist in der Richtlinie Vorsorge getroffen. Art. 5 Abs. 2 AIFM-RL bestimmt nämlich, dass in den Fällen, in denen der AIFM nicht in der Lage ist, dem Gesetz selbst Geltung zu verschaffen, er die Behörden zu informieren hat. Als ultima ratio bleibt ihm die Drohung mit der Niederlegung seines Amtes. Dies hätte zur Folge, dass der AIF nicht länger vertrieben werden könnte und die Aufsichtsbehörden die Abwicklung des AIF verfügen könnten. Als Zwischenergebnis kann man danach festhalten, dass der europäische Richtliniengeber es einem AIFM grundsätzlich freistellen wollte, ob dieser nur die in Anhang I Nr. 1 AIFM-RL genannten Tätigkeiten ausübt oder auch die in Anhang I Nr. 2 AIFM-RL genannten Zusatzaufgaben. Allerdings muss der AIFM sicherstellen, dass alle für die Verwaltung eines AIF erforderlichen Aufgaben einem Dritten zugewiesen wurden und dass dieser Dritte durch den Auftraggeber überwacht werden kann. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich um einen AIF mit eigener Rechtspersönlichkeit und eigenem Management handelt. Ob dies auch gilt, wenn der Fonds als Sondervermögen ohne eigene Rechtspersönlichkeit aufgelegt ist, und ob dies auch für Publikumsfonds mit eigener Rechtspersönlichkeit gilt, soll in Abschnitt A. III. erörtert werden. 3. Diskussion infolge ESMA FAQ vom November 2016 In unregelmäßigen Abständen nimmt ESMA zu Fragen Stellung, welche von den Rechtsanwendern gestellt werden. Im November 2016 äußerte sich ESMA wie folgt19 :
19
ESMA Q&A – Application of the AIFMD.
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Teil 2: Der Investmentvertrag
„Question 2 [last update 16 November 2016]: Where the AIFM does not itself perform the functions set out in Annex I of the AIFMD, does this release the AIFM from its responsibility to ensure compliance of the relevant function(s) with the AIFMD? Answer 2: No. Where a third party performs a function stated in Annex I of the AIFMD, this function should be considered as having been delegated by the AIFM to the third party. Therefore, the AIFM should be responsible for ensuring compliance with the requirements on delegation set out in Article 20 of the AIFMD and the principle expressed in Article 5(1) of the Directive according to which the single AIFM appointed for an AIF is responsible for ensuring compliance with the AIFMD. For the avoidance of doubt, this applies to all functions stated in point 1 and point 2 of Annex I of the AIFMD.“
ESMA hat damit, vier Jahre, nachdem das Konzept der „function … considered as having been delegated“ erstmals vorgebracht und anschließend von der EU Kommission verworfen worden war, dieses Konzept noch einmal ins Spiel gebracht. Die Aussage von ESMA wurde allerdings möglicherweise missverstanden oder jedenfalls überinterpretiert. So verstand eine namhafte irische Anwaltskanzlei20 die Äußerung von ESMA in dem Sinne, dass der AIFM nach ESMA verantwortlich dafür sei, die Funktionen selbst zu erbringen („responsible for providing functions“). Es besteht indessen durchaus ein Unterschied zwischen „responsible for ensuring compliance“ und „responsible for providing“, auch wenn die praktischen Konsequenzen angesichts der „deemed delegation“ auf den ersten Blick nicht sehr groß sind. Die Ausführungen von ESMA sind von zahlreichen Marktteilnehmern kritisiert worden21. Man wird in der Tat konstatieren müssen, dass de lege lata ESMAs Konzept einer „deemed delegation“ nicht nur in der AIFM-RL, sondern allgemein im europäischen Finanzaufsichtsrecht weitgehend ohne Vorbild ist. Eine Ausnahme auf nationaler Ebene scheint für das liechtensteinische Recht zu gelten. Dort bilden die Art. 65 ff des Liechtensteinischen AIFM-Gesetzes eine Grundlage für die Bestellung 20
Arthur Cox, S. 2. Schreiben der City of London Law Society an die UK Financial Conduct Authority vom 16. Mai 2017; Ashurst, S. 1; exemplarisch ferner die Kritik einer führenden Luxemburger Anwaltskanzlei (Elvinger, Hoss & Prussen, Newsletter, Dezember 2016, S. 4), welche ESMA abspricht, eine Rechtsgrundlage für ihre Ausführungen zu haben: „We have purposely quoted rather than summarised or explained the relevant Q&A because the position ESMA seems to adopt does not, in our view, comply with the provisions of the Level I AIFMD. ESMA seems to imply that, even if it performs only portfolio and risk management functions for the AIF, the AIFM should in all circumstances be responsible for ensuring compliance with the administration and marketing functions as if it had contractually agreed to perform these functions and delegated these to third parties. This is clearly not in line with the Level I provisions of the AIFMD which, by stating in Annex I that the AIFM shall at least perform portfolio and risk management functions, clearly mean that the AIFM is not required to perform the administration and marketing functions. ESMA’s statement ,Where a third party performs a function stated in Annex I of the AIFMD, this function should be considered as having been delegated by the AIFM to the third party‘ in our view lacks legal basis. Hopefully, national competent authorities will recognise that ESMA’s position is not justified in the presence of clear Level I provisions on the subject.“ 21
A. Freiheit, den Leistungsumfang der KVG festzulegen
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eines „Administrators“, welche keine Delegation im Sinne des Art. 46 dieses Gesetzes darstellt. Gleichwohl soll der AIFM für dessen Überwachung zuständig sein22. ESMA setzt sich über den Wortlaut der Richtlinie hinweg, weil keine der zahlreichen Vorschriften der Richtlinie, die sich mit den Pflichten eines AIFM befassen, der eindeutigen Aussage in Anhang I AIFM-RL entgegen steht, wonach ein AIFM grundsätzlich die Wahl hat, ob und welche der administrativen Tätigkeiten er ausführen will.
II. Regelung für AIF-KVGen im deutschen Recht Unabhängig von der Frage, ob der europäische Gesetzgeber die Zusatzfunktionen in Anhang I Nr. 2 der AIFM-RL der Verwaltungsgesellschaft zuweisen wollte, stände es dem deutschen Gesetzgeber für die in Deutschland domizilierten KVGen und die von diesen verwalteten Investmentvermögen frei, strengere Maßstäbe anzulegen. Dies gilt jedenfalls für Publikums-AIF, welche vom Anwendungsbereich der AIFMRL nicht erfasst werden. Aber auch für Spezial-AIF erfordert die AIFM-RL insoweit womöglich nicht eine Vollharmonisierung23. Die Frage, ob die AIFM-RL nach einer Vollharmonisierung verlangt, würde sich allerdings im vorliegenden Kontext nur stellen, wenn sich der deutsche Gesetzgeber tatsächlich für eine strengere Regulierung als die AIFM-RL entschieden hätte, mit der Folge, dass die AIF-KVG gesetzlich auch bei Spezialfonds eine Allzuständigkeit hätte. Nach Ansicht der BaFin ist dies der Fall: 1. Rechtsauffassung der BaFin Nach Auffassung der BaFin besteht eine Allzuständigkeit einer AIF-KVG für sämtliche in Bezug auf das Investmentvermögen zu erfüllende Aufgaben. Dies hat sie zuletzt im Dezember 2017 ausdrücklich bestätigt24, dort jedoch nur sehr kurz begründet. Eine wesentlich ausführlichere Begründung enthält der nach wie vor gültige BaFin FAQ Auslagerung25. Dort geht die BaFin noch weiter als ESMA, indem 22 Vgl. den FAQ AIFMG der Liechtensteinischen FMA, Frage zu Art. 65 ff. AIFMG – Administrator. 23 Hierzu Hanten, in: B/T, § 36 Rn. 5: „Die AIFM-RL war als eine Vollharmonisierungsrichtlinie geplant … In Ansehung der zahlreichen Abweichungsmöglichkeiten kann dies aber nur eingeschränkt gelten.“ Möllers/Harrer/Krüger, WM 2011, 1537 (1543) gehen zwar grundsätzlich von einer Vollharmonisierung aus, weisen aber darauf hin, dass dieser Grundsatz von der Richtlinie selbst gelegentlich durchbrochen wird. 24 BaFin Auslegungsentscheidung 2017, Nr. 2. 25 „Für diese Auffassung spricht nicht nur § 1 Absatz 19 Nr. 24 KAGB, wonach die kollektive Vermögensverwaltung auch die administrativen Tätigkeiten umfasst, sondern auch § 216 Absatz 7 KAGB (Artikel 19 Absatz 10 der AIFM-RL), wonach die Kapitalverwaltungsgesellschaft für die Bewertung verantwortlich bleibt (vgl. auch Anhang I Nr. 2. iii) AIFM-
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Teil 2: Der Investmentvertrag
sie die in Anhang I Nr. 2 AIFM-RL genannten Aufgaben „als originäre Aufgaben“ einer AIF-KVG bezeichnet. Sie erspart sich damit den Rückgriff auf das ESMAKonzept einer „deemed delegation“. 2. Kritische Analyse der BaFin-Auffassung Die BaFin verweist zum Beleg ihrer Auffassung auf drei Normen des KAGB, wonach die KVG originär sämtliche Aufgaben, die in Anhang I AIFM-RL genannt sind, erfüllen müsse. Die BaFin meint ferner, der Richtlinie selbst bzw. der Level 2VO Hinweise darauf entnehmen zu können, dass die KVG originär alle Tätigkeiten in Anhang I Nr. 2 selbst erbringen müsse. Daneben verweist sie darauf, dass lediglich die KVG Trägerin einer Erlaubnis sei und unter Aufsicht stehe, so dass sie auch für die Einhaltung der Rechtsvorschriften originär verantwortlich sein müsse. Keines dieser Argumente überzeugt, wie im Folgenden gezeigt wird. a) „Kollektive Vermögensverwaltung“, § 1 Abs. 19 Nr. 24 KAGB Folgt man der BaFin, dann zeigt die Definition der kollektiven Vermögensverwaltung in § 1 Abs. 19 Nr. 24 KAGB, dass die KVG sämtliche Tätigkeiten aus Anhang I originär selbst erbringen muss26. § 1 Abs. 19 Nr. 24 KAGB lautet: „Kollektive Vermögensverwaltung umfasst die Portfolioverwaltung, das Risikomanagement, administrative Tätigkeiten, den Vertrieb von eigenen Investmentanteilen sowie bei AIF Tätigkeiten im Zusammenhang mit den Vermögensgegenständen des AIF.“
Diese Definition einer Tätigkeit sagt indessen nichts darüber aus, wer die aufgeführten Tätigkeiten zu erfüllen hat, die KVG oder Dritte. Angenommen, es gäbe im KAGB einen Rechtssatz, der lautete – „Eine Kapitalverwaltungsgesellschaft muss sämtliche Tätigkeiten im Rahmen der kollektiven Vermögensverwaltung selbst erbringen, soweit sie diese nicht zulässigerweise unter voller eigener Verantwortung auslagert.“ RL). Ferner sieht § 17 Absatz 3 KAGB (Artikel 5 Absatz 1 der AIFM-RL) vor, dass die Kapitalverwaltungsgesellschaft für die Einhaltung aller Anforderungen des Gesetzes verantwortlich ist (vgl. Anhang I Nr. 2 Buchstabe iv) der AIFM-RL). Auch die Verordnung (EU) Nr. 231/2013 (AIFM-VO) regelt weitgehende organisatorische Anforderungen und weist der Kapitalverwaltungsgesellschaft Aufgaben zu, die auch administrative Tätigkeiten beinhalten. Vor allem auch die in Anhang I Nummer 2 a) iv) genannte Tätigkeit der Überwachung der Einhaltung der Rechtsvorschriften zeigt auf, dass es sich bei den administrativen Tätigkeiten zwingend um originäre Aufgaben der Kapitalverwaltungsgesellschaft handeln muss. Denn Trägerin der Erlaubnis oder einer Registrierung ist die Kapitalverwaltungsgesellschaft. Sie steht unter Aufsicht. Somit kann auch nur sie für die Einhaltung der Rechtsvorschriften originär verantwortlich sein.“ 26 Zustimmend Hüwel/Kracke, in: B/T, § 129 Rn. 42.
A. Freiheit, den Leistungsumfang der KVG festzulegen
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– dann hätte die BaFin mit Ihrem Verweis auf die obige Definition den Nachweis für die Richtigkeit ihrer Rechtsauffassung geführt. Eine solche Vorschrift gibt es jedoch im KAGB nicht. Der Begriff der kollektiven Vermögensverwaltung taucht zwar verschiedentlich im KAGB auf, typischerweise aber nicht, um eine Verpflichtung der KVG auszudrücken, sondern um eine Berechtigung, bzw. den Rahmen ihrer Berechtigung abzustecken27. Lediglich an einer Stelle verlangt das Gesetz, dass eine externe KVG Tätigkeiten der kollektiven Vermögensverwaltung erbringen muss, nämlich in § 20 Abs. 4 KAGB: „Externe OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaften und externe AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften dürfen nicht ausschließlich die in Absatz 2 Nummer 1 bis 4 und in Absatz 3 Nummer 1 bis 6 genannten Dienstleistungen und Nebendienstleistungen erbringen, ohne auch die kollektive Vermögensverwaltung zu erbringen.“
Man könnte dieser Vorschrift möglicherweise entnehmen, dass eine KVG bestimmte Nebentätigkeiten nur erbringen darf, wenn sie tatsächlich alle gemäß § 1 Abs. 19 Nr. 24 KAGB genannten Aufgaben erfüllt. Tatsächlich drückt die Definition in § 1 Abs. 19 Nr. 24 KAGB lediglich aus, was alles von den Tätigkeiten einer KVG umfasst sein kann, ohne dass es umfasst sein muss. Aber selbst, wenn man das Gegenteil vertreten wollte, heißt das noch lange nicht, dass jede KVG immer alle Tätigkeiten der kollektiven Vermögensverwaltung selbst erbringen muss. Sie könnte ja auch einfach auf die Erlaubnis für Nebentätigkeiten verzichten, dann würde § 20 Abs. 4 KAGB für sie keine pflichtenbegründende Wirkung haben. b) Verantwortlichkeit für die Bewertung, § 216 Absatz 7 S. 1 KAGB Der von der BaFin zum Beleg für ihre Rechtsauffassung zitierte § 216 Abs. 7 KAGB ist eine hochinteressante, systemfremde Vorschrift, die im Zuge der Analyse der Haftungsvorschriften noch einmal erörtert werden wird28. Die Vorschrift lautet auszugsweise: „Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bleibt auch dann für die ordnungsgemäße Bewertung der Vermögensgegenstände des Publikums-AIF sowie für die Berechnung und Bekanntgabe des Nettoinventarwertes verantwortlich, wenn sie einen externen Bewerter bestellt hat. (…)“
Die Bewertung von Vermögensgegenständen gehört zu den ausdrücklich in Anhang I Nr. 2 AIFM-RL genannten Tätigkeiten29. § 216 Abs. 7 S. 1 KAGB regelt eine andere Frage als die hier zur Entscheidung stehende: Es geht um den Fall, dass die AIF-KVG einen externen Bewerter bestellt. Der Fall, dass der externe Bewerter 27 28 29
Vgl. § 15, § 20 Abs. 2, 3 und 8, §49 und § 51 KAGB. Vgl. Teil 2, Abschnitt E. IV. Anhang I Nr. 2 lit. a) (iii).
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Teil 2: Der Investmentvertrag
von der AIF-Investmentgesellschaft originär bestellt wird, bzw. die Frage, ob ein solches Vorgehen gesetzeskonform wäre, wird in § 216 Abs. 1 Nr. 7 KAGB gar nicht angesprochen30. Die Vorschrift ist daher nicht geeignet, die BaFin-Auffassung zu stützen. Dies gilt ebenso für die folgende von der BaFin genannte Norm. c) Verantwortung für die Einhaltung der Vorschriften des Gesetzes, § 17 Abs. 3 KAGB § 17 Abs. 3 KAGB31 lautet: „Für jedes Investmentvermögen kann nur eine Kapitalverwaltungsgesellschaft zuständig sein, die für die Einhaltung der Anforderungen dieses Gesetzes verantwortlich ist.“
Hier stellt sich die Frage, was „für die Einhaltung … verantwortlich“ sein bedeutet. Die BaFin scheint dies in dem Sinne zu verstehen, dass die KVG für die Erfüllung jeder Rechtspflicht nach dem KAGB originär zuständig ist32. Sie mag die Wahrnehmung dieser Pflicht dann auslagern, aber die originäre Pflicht, so argumentiert die BaFin, verbleibe bei der KVG. Dieses Argument würde dann nicht tragen, wenn es auch nur eine Aufgabe im Gesetz gäbe, deren Übrtragung auf Dritte nicht als Auslagerung anzusehen wäre. Genau dies ist aber der Fall, denn das KAGB enthält zahlreiche Aufgaben, die sie nicht der KVG, sondern der Verwahrstelle zuweist. Die Rechtsnatur der Beziehung zwischen KVG und Verwahrstelle ist umstritten33, weil aber die KVG nicht selbst Aufgaben einer Verwahrstelle wahrnehmen kann34, stellt die Beauftragung einer Verwahrstelle unstreitig keine Auslagerung dar. Gerade der Hinweis auf die Verwahrstelle erhellt aber, was wirklich in § 17 Abs. 3 KAGB angeordnet wird: Versäumt es der AIF mit eigener Rechtspersönlichkeit, eine Verwahrstelle zu bestellen, so muss die KVG hierfür Sorge tragen, m.a.W.: sie ist verantwortlich dafür, dass es eine Verwahrstelle gibt, und dass diese sich vertraglich zur Erfüllung der ihr zugewiesenen Aufgaben verpflichtet. Das Gleiche kann und muss gelten, wenn der AIF, der die KVG nur mit der Anlageverwaltung betraut hat, es versäumt, für andere zwingend erforderliche Aufgaben einen Dritten zu bestellen. § 17 Abs. 3 KAGB sagt mit anderen Worten nichts anderes aus als Erwägungsgrund 11 der AIFM-RL, so wie er oben in Teil 2, Abschnitt A. I. 1. erläutert wurde. Bemerkenswert erscheint es auch, dass die BaFin zwar auf § 17 Abs. 3 KAGB zurückgreift, um ihre Rechtsauffassung zu stützen, Absatz 1 dieser Vorschrift aber unerwähnt lässt, der lautet: 30 31 32 33 34
A. A. Hüwel/Kracke, in: B/T, § 129 Rn. 42. Die Vorschrift entspricht Art. 5 Abs. 1 S. 1 AIFM-RL. Zustimmend Hüwel/Kracke, in: B/T, § 129 Rn. 43. Vgl. Teil 1, Abschnitt C. I. Vgl. § 70 Abs. 3 und § 85 Abs. 4 KAGB.
A. Freiheit, den Leistungsumfang der KVG festzulegen
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„(1) Kapitalverwaltungsgesellschaften sind Unternehmen mit satzungsmäßigem Sitz und Hauptverwaltung im Inland, deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, inländische Investmentvermögen, EU-Investmentvermögen oder ausländische AIF zu verwalten. Verwaltung eines Investmentvermögens liegt vor, wenn mindestens die Portfolioverwaltung oder35 das Risikomanagement für ein oder mehrere Investmentvermögen erbracht wird.“
Angesichts dieser Vorschrift ist es nur schwer nachzuvollziehen, warum nach Ansicht der BaFin die Verwaltung eines Investmentvermögens nur bei Wahrnehmung sämtlicher Funktionn aus Anhang I der AIFM-RL vorliegt, die alle originär der AIF-KVG zugewiesen sein sollen. Gleichwohl sollen auch die letzten Argumente der BaFin noch kurz gewürdigt werden. d) Zuweisung von administrativen Tätigkeiten in der Level 2-VO Es ist der BaFin zuzugeben, dass die Level 2-VO davon ausgeht, dass verschiedene administrative Tätigkeiten vom AIFM erledigt werden. Daraus ist aber nicht zu schließen, dass der AIFM in jedem Fall für diese Tätigkeiten originär zuständig wäre. Zum einen kann sich die Level 2-VO nicht über die Regelungen der Level 1Richtlinie hinwegsetzen, wonach es dem AIFM gerade freisteht, bestimmte Aufgaben zu erfüllen oder eben nicht. Zum anderen kann man diese Vorschriften auch in dem soeben zitierten Sinne verstehen, dass nämlich die KVG dafür Sorge tragen muss, dass jemand sich einer Aufgabe annimmt, ohne jedoch selbst originär hierfür zuständig zu sein. e) Verweis auf Anhang I Nr. 2 Ein Zirkelschluss unterläuft der BaFin, wenn sie zum Beweis für ihre These, dass die KVG für alle in Anhang I Nr. 2 genannten Tätigkeiten zuständig ist, auf eben diesen Anhang und die darin genannten Aufgaben verweist: Da der Anhang seinem klaren Wortlaut nach zwischen Pflichtaufgaben nach Nr. 1, die zwingend der KVG zur Wahrnehmung zugewiesen sind, und weiteren Aufgaben nach Nr. 2, deren Übernahme durch die KVG fakultativ ist, unterscheidet, gibt die Aufnahme einer Aufgabe in den Katalog der Nr. 2 für die Rechtsauffassung der BaFin nichts her. Darüber hinaus sagt die von ihr zitierte Textstelle auch nicht mehr aus als Art. 5 Abs. 1 S. 1 AIFM-RL und § 17 Abs. 3 KAGB, nämlich dass letztlich die KVG darüber wachen muss, dass die vom Gesetz vorgesehenen Aufgaben auch von jemandem erfüllt werden, um ihrer investmentrechtlichen Verantwortung gerecht zu werden.
35 Man wird wohl unterstellen dürfen, dass das „oder“ ein Redaktionsversehen ist, weil unreflektiert der Fehler aus Art. 5 AIFM-RL übernommen wurde.
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Teil 2: Der Investmentvertrag
f) Zwischenergebnis Ebenso wie mit der AIFM-RL lässt sich mit dem KAGB die Ansicht vereinbaren, dass eine KVG nur als Portfolioverwalter und Risikomanager agieren muss, nicht aber in Bezug auf die oben genannten administrativen Zusatzaufgaben36. Die von der BaFin zitierten Normen tragen ihre gegenteilige Argumentation nicht. 3. Notwendigkeit der Zuweisung von Aufgaben an die regulierte KVG Somit bleibt das letzte Argument der BaFin, wonach nur die KVG selbst Trägerin der Erlaubnis, als einzige beaufsichtigt und folglich für alle Tätigkeiten originär zuständig sei. Zwar ist zweifelhaft, ob allein dieses Argument es rechtfertigen könnte, der KVG die Erfüllung aller administrativen Zusatzaufgaben aufzuerlegen, denn man hätte erwarten dürfen, dass der Gesetzgeber eine derart weitgehende Pflicht ausdrücklich im Gesetz verankert. Die Ansicht der BaFin wäre aber möglicherweise dann zutreffend37, wenn es außer der Geschäftsleitung der KVG auf Seiten der Investmentgesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit niemanden gäbe, der qualifiziert genug ist, um geeignete Dienstleister auszusuchen und zu überwachen. Immerhin kann im Bereich der Fondsadministration und der sonstigen Zusatzaufgaben genau so viel Schaden angerichtet werden wie in der Portfolioverwaltung oder im Risikomanagement, und es gilt zu vermeiden, dass eine fachlich ungeeignete Geschäftsleitung z. B. einer Investment-KG ungeeignete Dienstleister bestellt. Das KAGB stellt indessen an die Geschäftsführer einer deutschen Investmentgesellschaft hohe Anforderungen38, und zwar auch dann, wenn die Investmentgesellschaft extern verwaltet wird39. Obwohl sie nach Ansicht der BaFin nur berechtigt sind, den AIFM zu bestellen und gesellschaftsrechtliche Grundlagengeschäfte zu führen, müssen die zwei (!) Geschäftsführer der Investmentgesellschaft über ein hohes Maß an fachlicher Eignung und Zuverlässigkeit verfügen40. Wenn aber die Geschäftsführer selbst qualifiziert sein müssen, und die Qualifikation von der BaFin überwacht wird, trifft das Argument, nur die KVG sei überwacht und daher zur Erledigung gesetzlicher Aufgaben befähigt, offensichtlich nicht zu.
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Wie hier für die Zwecke der AIFM-RL auch die Österreichische Finanzmarktaufsicht, FAQ, Frage I. C.; ebenso die Luxemburgische CSSF, FAQ AIFMD, Frage 9.a. 37 Zustimmend Eichhorn, WM 2016, 145 (148). 38 Zu den Einzelheiten vgl. Kunschke/Klebeck, in: B/S/V, § 128 KAGB Rn. 38 ff.; ferner Fischer/Friedrich, ZBB 2013, 153 (161). 39 Daran ändert sich auch dann nichts, wenn Personalunion zwischen den Geschäftsführungen der KVG und der Investmentgesellschaft herrscht, wie in der Praxis häufig. 40 Vgl. auch Fischer/Friedrich, ZBB 2013, 153 (161), welche darauf hinweisen, dass die BaFin sogar die Abberufung einzelner oder aller Mitglieder der Geschäftsführung anordnen kann.
A. Freiheit, den Leistungsumfang der KVG festzulegen
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4. Ergebnis Weder aus dem europäischen noch dem deutschen Recht folgt, dass externe AIFKapitalverwaltungsgesellschaften immer originär sämtliche Aufgaben übernehmen müssen, die in Anhang I der AIFM-RL geregelt sind.
III. Beschränkung des Pflichtenkreises für alle Arten von AIF? Die BaFin musste sich mit der von der EU Kommission aufgeworfenen Frage nicht befassen, ob die Zulässigkeit der Einschränkung des Pflichtenkreises von der Rechtsform des Fonds abhängt. Diese Frage soll nun beantwortet werden. Hier muss man vier Szenarien unterscheiden: Szenario 1: Das Investmentvermögen ist als Spezial-Investmentvermögen in Gesellschaftsform aufgelegt. Szenario 2: Das Investmentvermögen ist als Publikums-Investmentvermögen in Gesellschaftsform aufgelegt. Szenario 3: Das Investmentvermögen ist als Spezial-Sondervermögen aufgelegt. Szenario 4: Das Investmentvermögen ist als Publikums-Sondervermögen aufgelegt.
1. Szenario 1: Spezial-Investmentvermögen in Gesellschaftsform Die Investmentgesellschaft ist rechtsfähig, sie verfügt über eine eigene hochqualifizierte Geschäftsführung, welche den Vorgaben des KAGB zu genügen hat. Diese Geschäftsführung könnte mit der AIF-KVG einen Investmentvertrag abschließen, in welchem sie die Aufgaben der AIF-KVG auf die Anlageverwaltung beschränkt und Zusatzaufgaben (zur Klarstellung) ausdrücklich ausschließt. Ein oder mehrere Dritte könnten mit Fondsadministration, Bewertung, etc. betraut werden. Dies ist das Modell, welches für AIF in Gesellschaftsform in zahlreichen europäischen Ländern praktiziert wird. Der praktische Unterschied zwischen einer Struktur, bei der die KVG originär eine Aufgabe übernimmt und diese dann auf einen Dritten delegiert und einer Struktur, bei der dem Dritten die Aufgabe originär zugewiesen wird, liegt primär in der Haftung: Hat die KVG die Aufgabe übernommen und lässt sie durch Dritte erledigen, dann haftet sie für diesen Dritten unter dem Gesichtspunkt der Erfüllungsgehilfenhaftung41. Ist hingegen der Dritte originär zuständig, dann haftet nur dieser, und die Haftungsmasse der regulierten AIF-KVG ist dem Anleger entzogen. 41 Anders nur, wenn es der KVG gelingt, die Haftung für ein Verschulden ihrer Erfüllungsgehilfen vertraglich auszuschließen.
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Teil 2: Der Investmentvertrag
Unabhängig davon, ob man den Bestellungsvertrag zwischen Investmentgesellschaft und AIF-KVG als Vertrag zugunsten der Anleger ansieht oder ob man lediglich ein gesetzliches Schuldverhältnis annimmt42, kann die Investmentgesellschaft den Leistungsumfang und damit verbunden den Haftungsumfang wahlweise weit oder eng festlegen. Der Spezialfondsanleger wäre jedoch vor Beitritt zur Investmentgesellschaft als Gesellschafter hierüber zu informieren gemäß § 307 Abs. 1 Nr. 8 KAGB, wo Informationen gefordert werden zur „Identität der AIF-Verwaltungsgesellschaft, der Verwahrstelle des AIF, des Rechnungsprüfers oder sonstiger Dienstleistungsanbieter sowie eine Erläuterung ihrer Pflichten sowie der Rechte der Anleger“. Dass unter „sonstigen Dienstleistungsanbietern“ nicht Auslagerungsunternehmen zu verstehen sind, sondern sonstige Dienstleister, ergibt sich bei systematischer Auslegung aus § 307 Abs. 1 Nr. 10 KAGB. Dort nämlich sind die Auslagerungsunternehmen aufgeführt. In der Praxis würde der Spezialfondsanleger nicht erst bei der Zeichnung, sondern bereits im Rahmen der Fonds-Konzeptionierung in die Entscheidung eingebunden, ob die AIF-KVG für alle oder nur für einen Teil der Tätigkeiten aus Anhang I AIFMRL zuständig sein soll. Man wird einem Spezialfondsanleger auch zutrauen dürfen, die Tragweite dieser Entscheidung zu verstehen. Er wird die Zustimmung nur erteilen, wenn dies in seinem Interesse liegt, etwa weil er die Leistungen der AIF-KVG und der anderen Dienstleister günstiger oder in besserer Qualität beziehen kann, als wenn er das Gesamtpaket von einem einzigen Anbieter bezieht. Mit anderen Worten: Informieren die Investmentgesellschaft und/oder die AIFKVG den Spezialfondsanleger hinreichend detailliert über die gewählte Struktur und die damit verbundenen Risiken und etwaigen Interessenkonflikte, und entscheidet sich der Anleger dann für diese Struktur, dann darf man davon ausgehen, dass diese Struktur seinen Interessen nicht widerspricht. Somit gibt es auch kein Anleger-Schutzbedürfnis, welches die Gestaltungsfreiheit von Investmentgesellschaft und KVG einschränkt. Anders wäre allenfalls dann zu entscheiden, wenn die Geschäftsführung des Spezial-AIF mit der Geschäftsführung der externen AIF-KVG personenidentisch ist, weil dann keine unabhängige und fachlich qualifizierte Prüfung der Struktur erfolgt. 2. Szenario 2: Publikums-Investmentvermögen in Gesellschaftsform Die Situation unterscheidet sich prima facie nicht von der beim Spezial-Investmentvermögen, was die Bestellung der Dienstleister betrifft. Lediglich die Informationspflicht würde auf einer anderen gesetzlichen Regelung beruhen, § 165 Abs. 2 Nr. 35 KAGB, wonach im Verkaufsprospekt zu benennen wären die Namen von 42
Vgl. Teil 1, Abschnitt C.
A. Freiheit, den Leistungsumfang der KVG festzulegen
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Beratungsfirmen43, Anlageberatern oder sonstigen Dienstleistern, wenn ihre Dienste auf Vertragsbasis in Anspruch genommen werden. Das Ergebnis lässt jedoch unter Anlegerschutzgesichtspunkten zu wünschen übrig. Anders als Spezialfondsanleger können die Anleger in einem Publikumsfonds, also meistens Privatanleger, technische Ausführungen in einem Verkaufsprospekt zur Reichweite der KVG-Pflichten und der damit verbundenen Haftung typischerweise nicht richtig einordnen. Wenn aber bei Publikumsfonds davon auszugehen ist, dass Anleger die Folgen eines eingeschränkten Leistungsumfangs nicht erfassen können, dann ist es der Geschäftsleitung der Investmentgesellschaft verboten, mit der AIF-KVG einen eingeschränkten Leistungsumfang zu vereinbaren: Die Geschäftsleitung der Investmentgesellschaft muss ausschließlich im Interesse der Anleger-Gesellschafter handeln44. Wenn die Anleger die Risiken der Aufteilung von Aufgaben auf mehrere Dienstleister nicht verstehen, und folglich auch nicht in der Lage wären, bei Fehlern notwendige Gegenmaßnahmen zu ergreifen45, dann kann diese nicht in ihrem Interesse sein46. Dieses Ergebnis wird auch durch einen Blick auf § 88 Abs. 4 KAGB gestützt47. Diese Vorschrift erlaubt es einem AIF/einer AIF-KVG, mit einer Verwahrstelle eine Haftungsbeschränkung zugunsten der Verwahrstelle zu vereinbaren, wenn die Verwahrstelle einen Dritten als Unterverwahrer einsetzt. Dies ist jedoch nur bei SpezialAIF möglich, und nicht bei Publikums-AIF. Wenn selbst ein bloßer Haftungsausschluss für einen von dem AIF/der AIF-KVG bestellten Dienstleister nur im Falle von Spezial-AIF möglich ist, muss dies erst recht für die komplette Befreiung der KVG von Leistungspflichten und der entsprechenden Haftung gelten48.
43
Zu diesen vgl. die Ausführungen in Teil 3, Abschnitten A. und B. Mit den Worten von Köndgen (Besprechung von Zetzsches „Prinzipien der kollektiven Vermögensverwaltung, AG 2015, 839, 840): „Die zentrale Pflicht zur bestmöglichen Wahrung der Anlegerinteressen oder zur Vermeidung von Interessenkonflikten ist im Vertragsmodell Vertragspflicht, im Gesellschaftsmodell – nahezu ohne jede Abweichung! – Organpflicht [der Geschäftsführung der Investmentgesellschaft]“. 45 Ein effektives Gegensteuern scheitert bereits am Fehlen eines Willensbildungsmechanismus unter den Anlegern, die sich typischerweise gar nicht kennen. 46 Dieses gilt für alle Formen von Investmentgesellschaften, vgl. §§ 119 Abs. 1 Nr. 1, 128 Abs. 1 Nr. 1, 147 Abs. 1 Nr. 1, 153 Abs. 1 Nr. 1 KAGB. 47 Eine entsprechende Vorschrift in der AIFM-RL fehlt, weil dort keine Publikumsfonds geregelt sind. 48 In Luxemburg wird dies anders gesehen, dort findet man auch Publikumsfonds, bei denen die Verwaltungsgesellschaft nur einen Teil der in Anhang I der AIFM-RL genannten Aufgaben übernommen hat. Vgl. z. B. den Verkaufsprospekt des SEB Funds I, https://seb.se/pow/fmk/2 500/fp_eng/FP_SEB_Fund_1.pdf; zuletzt abgerufen am 21. April 2020. 44
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Teil 2: Der Investmentvertrag
3. Szenario 3: Spezial-Sondervermögen Beim Spezial-Sondervermögen ohne eigene Rechtspersönlichkeit gibt es keinen Bestellungsakt, durch den eine externe AIF-KVG mit der Wahrnehmung von Aufgaben betraut würde. Vielmehr legt die AIF-KVG das Sondervermögen auf und ist mangels anderweitiger Regelung automatisch für sämtliche Aufgaben zuständig, welche der Gesetzgeber nicht ausdrücklich anderen Parteien zugewiesen hat, etwa der Verwahrstelle. Es fragt sich jedoch, ob es der AIF-KVG möglich wäre, im Einvernehmen mit dem Anleger des Spezialfonds eine abweichende Aufgabenverteilung festzulegen. Dies hätte zur Folge, dass der Spezialfondsanleger die anderen Dienstleister im eigenen Namen bestellen müsste49. Zivilrechtlich mag dies möglich sein. So könnte theoretisch die sog. „Dreiervereinbarung“ zwischen Anleger, AIF-KVG und Verwahrstelle um weitere vom Anleger bestellte Vertragsparteien erweitert werden (z. B. einen Fondsadministrator, einen Back Office Provider, etc.). Die Parteien könnten im Wege einer solchen Individualabrede die Zuständigkeiten frei verteilen, soweit es nicht um die Kernfunktion der Anlageverwaltung geht. Man wird gegen die Möglichkeit des Spezialfondsanlegers, selbst Dienstleister auszusuchen, auch nicht notwendigerweise Anlegerschutzgründe ins Feld führen können. Die Grenze zwischen Anlegerschutz und Anlegerentmündigung ist im Investmentrecht fließend. Wenn der Anleger hinreichende Sachkenntnis demonstriert, könnte man ihn Dienstleister auswählen und bestellen lassen50. Fraglich ist jedoch, ob ein solches Vorgehen nicht gegen ein „Grundprinzip“ des kollektiven Investmentrechtes verstößt, wonach der Anleger außer der Einlage des Geldes in den Fonds mit der weiteren Verwaltung der Gelder nichts mehr zu tun haben soll51:
49 Eine Bestellung im Namen des Sondervermögens scheidet aus, denn dieses ist nicht rechtsfähig. 50 Vgl. Zetzsche, Prinzipien, S. 628: „Die Differenzierung zwischen qualifizierten Anlegern, die als kundig und potenziell risikotragfähig gelten, und Privatanlegern, die passiv und risikoavers sein sollen, prägt als allgemeines Prinzip der Anlageorganisationen neben dem Vertriebs- und Aufsichtsrecht auch die Binnenorganisation der Kollektivanlage. Sind nur qualifizierte Anleger beteiligt, ist privatautonomen Gestaltungen grundsätzlich nicht unter der Prämisse des Anlegerschutzes entgegenzutreten. Anleger, Verwalter und Verwahrer verkehren auf Augenhöhe, die Vertragsparteien sind nicht disparat. Die Grenze rechtlicher Zurückhaltung liegt dort, wo auch mit Kenntnis und Einsatz Schädigung oder Benachteiligungen nicht zu vermeiden sind. Bei Privatanlegern ist der Anlegerschutz dagegen eine systematisch belastbare Erwägung, die eine Beschränkung privatautonomer Gestaltungsmacht und Nebenpflichten der Intermediäre zugunsten der Anleger rechtfertigt.“ 51 Zetzsche, Prinzipien, S. 104 fasst die vier Grundprinzipien des Investmentrechtes wie folgt zusammen: „Die vier Begriffe Investment, Vermögen, Kollektiv und Fremdverwaltung charakterisieren die Kollektivanlage.“
A. Freiheit, den Leistungsumfang der KVG festzulegen
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Art. 4 Abs. 1 AIFM-RL52 verlangt, dass die Mittel des Fonds von der AIF-KVG „zum Nutzen“ der Anleger verwaltet werden. Hieraus kann man schließen, dass der Anleger im Übrigen keine weiteren Mitwirkungspflichten und Weisungsrechte gegenüber denjenigen haben kann oder darf, die den Fonds „für ihn“ verwalten53. Genau das wäre aber der Fall, wenn der Anleger selbst entschiede, wer für wesentliche Funktionen der kollektiven Vermögensverwaltung verantwortlich sein soll, und nicht, wie bei Investmentvermögen mit eigener Rechtspersönlichkeit, die Geschäftsführung der Investmentgesellschaft. Anders als die qualifizierte Geschäftsführung einer Investmentgesellschaft hat der Spezialfondsanleger vielfach auch keine Erfahrung darin, nach welchen Kriterien die dritten Dienstleister, die neben der AIF-KVG tätig werden sollen, auszusuchen und zu überwachen sind. Gegen diese einschränkende Auffassung spricht auch nicht, dass bei Spezialfonds regelmäßig der Anleger zwar nicht de iure, aber de facto die Verwahrstelle aussucht. Denn auch wenn der Anleger die Verwahrstelle auswählt, wird sie bei Sondervermögen doch von der AIF-KVG im eigenen Namen beauftragt. Die AIF-KVG wird dem Wunsch des Anlegers auch nur dann entsprechen, wenn mit der Verwahrstelle Arbeitsabläufe und Schnittstellen definiert sind. Ferner erkennt die AIF-KVG im Tagesgeschäft, wann in der Zusammenarbeit mit der Verwahrstelle Abläufe nicht ordnungsgemäß funktionieren. Wenn hingegen der Anleger dritte Dienstleister aussucht, wenn er selbst mit diesen eine Vertragsbeziehung eingehen soll und letztlich auch für deren Überwachung zuständig ist, weil die AIF-KVG ja gerade nicht die zivilrechtliche Verantwortung übernehmen will, dann mutet sich der Anleger mehr zu, als der Gesetzgeber für vertretbar hält. Die normative Grundlage für diese einschränkende Auffassung ist nicht sehr stark. Möglicherweise werden die Worte „Verwaltung zum Nutzen der Anleger“ überdehnt, wenn man daraus ableitet, dass selbst ein noch so qualifizierter Spezialfondsanleger nicht selbst die Dienstleister auswählen und mit ihnen Vertragsverhältnisse eingehen kann, wie es ihm sinnvoll erscheint. Man kann daher konstatieren, dass der europäische Gesetzgeber, als er die Aufgaben von Anhang I Nr. 2 AIFM-RL für fakultativ erklärte, sich in fahrlässiger Weise keine Gedanken dazu machte, welche Auswirkungen die vom Wortlaut her eindeutige Regelung in der Praxis haben würde. Der Gesetzgeber fand eine Praxis vor, bei der z. B. in Liechtenstein, Luxemburg, Irland und UK Investmentgesellschaften seit jeher mehrere Dienstleister bestellten. Die Fondsadministration wird in diesen Ländern geradezu typischerweise nicht originär der Verwaltungsgesellschaft übertragen, sondern dritten, spezialisierten Dienstleistern. Aber auch in diesen Ländern ist es nicht üblich, wenn überhaupt jemals praktiziert, dass im Falle von Investmentvermögen ohne Rechtspersönlichkeit54 neben der Verwaltungsgesellschaft andere Unternehmen originär (!) Pflichten übernehmen. Vielmehr erfolgt in 52 53 54
Vgl. auch § 1 Abs. 1 KAGB. Vgl. hierzu auch Teil 1, Abschnitt D. IV. 3. Sondervermögen, Fonds Commun de Placement, Trust.
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Teil 2: Der Investmentvertrag
diesen Ländern eine originäre Übernahme der Pflichten durch die Verwaltungsgesellschaft und anschließend eine Auslagerung seitens der Verwaltungsgesellschaft auf die Dritten. An diesem Leitbild sollte man sich bereits de lege lata auch in Deutschland unter dem KAGB orientieren. Investmentgesellschaften mit qualifizierter eigener Geschäftsführung können Dritte als Dienstleister neben der AIF-KVG bestellen, nicht nur im Wege der Auslagerung, sondern originär. Anleger können es nicht, und zwar auch nicht Spezialfonds-Anleger. 4. Szenario 4: Publikums-Sondervermögen Was für Spezial-Sondervermögen und deren Anleger gilt, muss für PublikumsSondervermögen erst recht gelten. Deren Anleger werden vielfach die Funktionen der Wertschöpfung im Fondsmanagement nicht kennen und verstehen. Sie sind schon von daher nicht in der Lage, eine informierte Entscheidung darüber zu treffen, welche Dritten anstelle der AIF-KVG Funktionen wahrnehmen sollen, mit den daraus resultierenden Haftungsfolgen. Die Frage, ob es in den Allgemeinen und Besonderen Anlagebedingungen von Publikums-Sondervermögen, welche nach dem oben Gesagten AGB darstellen55, überhaupt möglich wäre, rechtsverbindlich einen eingeschränkten Leistungsumfang der AIF-KVG zu vereinbaren (Stichwort: zulässige Festlegung des Leistungsumfangs vs. unzulässiges Abweichen vom gesetzlichen Leitbild56) bedarf daher keiner Erörterung. 5. Ergebnis Somit bleibt festzuhalten, dass im Falle von Spezial-Investmentgesellschaften deren externe AIF-KVG lediglich verpflichtet sein kann, die Portfolioverwaltung und das Risikomanagement zu erbringen, alle anderen Funktionen durch die Geschäftsführung der Investmentgesellschaft jedoch originär einem oder mehreren Dritten zugewiesen werden können. Bei AIF-Publikumsfonds in Gesellschaftsform und sämtlichen Sondervermögen ist die AIF-KVG hingegen originär immer für alle Funktionen der kollektiven Vermögensverwaltung zuständig. Damit ist aber nur die erste Frage des Leistungsumfangs geklärt. Schwieriger ist die Beantwortung der Frage, was genau das Gesetz mit „Portfolioverwaltung“ und „Risikomanagement“ meint57. Zu klären ist auch, ob es den Parteien des Investmentvertrages möglich wäre, den Umfang dieser Tätigkeiten abweichend von einem möglicherweise existierenden gesetzlichen Leitbild selbst zu definieren. Diese und 55 56 57
Vgl. Teil 1, Abschnitt A. II. 1. Vgl. hierzu Patzner/Schneider-Deters, in: FK, § 162 Rn. 21. Z. B. in §§ 17, 23 oder 36 KAGB.
A. Freiheit, den Leistungsumfang der KVG festzulegen
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weitere Fragen des vertraglich festzulegenden Leistungsumfangs sollen in den folgenden Abschnitten B. und C. geklärt werden. Wie man mit den praktischen Folgefragen der eingeschränkten Bestellung einer AIF-KVG umgehen könnte, und ob es sich empfiehlt, de lege ferenda der AIF-KVG originär sämtliche in Anhang I AIFM-RL genannten Aufgaben zwingend zuzuweisen58, soll in Abschnitt A. V. erörtert werden.
IV. Regelungen der OGAW-Richtlinie betreffend den Leistungsumfang des Investmentvertrages Die OGAW-RL regelt sowohl die Frage des Pflichtenkreises einer OGAW-Verwaltungsgesellschaft als auch die Übertragung von Aufgaben weniger detailliert als die AIFM-RL. Grund hierfür ist, dass es sich bei der OGAW-RL ursprünglich um eine bloße Produktrichtlinie handelte. Bei dieser standen die Anlagemöglichkeiten eines OGAW im Vordergrund, die Tätigkeit der Verwaltungsgesellschaft war zunächst nur rudimentär geregelt. Dies änderte sich auch mit der OGAW III-RL in 2001 nur partiell59. Hingegen handelt es sich bei der AIFM-RL um eine ManagerRichtlinie, welche kaum Vorgaben für die AIF enthält, dafür umso detaillierter die Tätigkeit des Verwalters regelt. Umso bemerkenswerter erscheint es daher, dass in der nachstehend in Bezug genommenen Literatur teilweise davon ausgegangen wird, dass die OGAW-RL der Verwaltungsgesellschaft originär sämtliche Aufgaben im Rahmen der Fondsverwaltung zuweist. Gestützt wird dieses Verständnis auf den Wortlaut von Anhang II der OGAW-RL (wiedergegeben in Annex 1.2). Tollmann, der in Bezug auf AIFM zu Recht darauf hinweist, der AIFM müsse die Zusatzaufgaben von Anhang I Nr. 2 nicht in jedem Fall übernehmen, vertritt in Bezug auf OGAW die gegenteilige Meinung, nämlich dass sämtliche der in Anhang II der OGAW-Richtlinie genannten Funktionen von der OGAW-Verwaltungsgesellschaft selbst wahrgenommen werden müssen60. Auch Zetzsche/Eckner61 sehen einen Unterschied zwischen der AIFM-RL und der OGAW-RL, ebenfalls unter Hinweis auf den Wortlaut von Anhang II der OGAW-RL. Dieterich meint, dass die OGAW-RL von einem umfassenden Verwaltungsbegriff ausgehe62, dazu gehöre auch der Vertrieb63. Diese Frage braucht jedoch für Zwecke der vorliegenden Arbeit nicht entschieden zu werden. Ganz unabhängig davon, wie man Anhang II der OGAW-RL versteht, 58
Mit der Möglichkeit, diese zu delegieren. Vgl. zur Wandelung der OGAW-RL unter OGAW III in eine Produkt- und Verwalterrichtlinie Zetzsche, Prinzipien, S. 365. 60 In: D/J/K/T, Anh. I, Rn. 4. 61 Zetzsche/Eckner, Appointment, S. 196. 62 Dieterich S. 167, Fn. 396. 63 Dieterich S. 172. 59
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sind OGAW per Definition immer Publikumsfonds. Für diese scheidet nach dem oben Gesagten mangels eines Anlegers, der die Tragweite einer eingeschränkten Bestellung verstehen und billigen könnte, die eingeschränkte Bestellung aus. Dies gilt für OGAW in Gesellschaftsform ebenso wie für OGAW-Sondervermögen.
V. Folgefragen betreffend die Tätigkeiten in Anhang I der AIFM-RL Auch wenn die Rechtsauffassung von ESMA und BaFin nicht mit dem geltenden Recht vereinbar sind, könnte man de lege ferenda die Ansicht vertreten, dass Anhang I der AIFM-RL oder das KAGB64 geändert werden, und alle Funktionen des Anhangs I AIFM-RL auch für Spezialfonds in Gesellschafsform originär dem AIFM zugewiesen werden sollten. Die von vielen nationalen Aufsichtsbehörden und der Mehrheit der Literatur vertretene Ansicht, wonach die Funktionen in Anhang I Nr. 2 AIFM-RL anstelle des AIFM originär einem oder mehreren Dritten zugewiesen werden können, wirft nämlich einige wichtige Fragen auf: - Müssen in Bezug auf diese dritten Dienstleister materielle Anforderungen gestellt werden, etwa bezüglich deren finanzieller und sachlicher Ausstattung, der Zuverlässigkeit der Geschäftsleitung, dem Vorhandensein einer Risikomanagementoder Compliance-Funktion? - Wie detailliert müsste man dem Spezialfondsanleger offenlegen, dass anstelle des AIFM ein oder mehrere Dritte für den AIF wesentliche Pflichten der kollektiven Vermögensverwaltung originär übernehmen? Wie detailliert müsste man das damit zusammenhängende Haftungsregime darstellen? - Wie muss man sich die Überwachung der vom AIF bestellten Dritten in der Praxis vorstellen? Sollte der AIF, wenn er Dritte bestellt, zugleich verpflichtet sein, entweder durch eigenes Personal oder wiederum andere Dritte die Dienstleister zu überwachen, von ihnen ein Reporting zu verlangen, etc.? - Schließlich: Anhang I Nr. 2 lit. a) (iv) beinhaltet die Compliance-Funktion: Kann man ernsthaft behaupten, dass diese Funktion eines AIFM nur fakultativ sein soll? Der Verfasser hat aus einer Diskussion mit einem Vertreter von ESMA den Eindruck gewonnen, dass es vor allem diese Argumente bzw. Befürchtungen sind, welche ESMA im November 2016 veranlasst haben, ihre mit dem Gesetzeswortlaut unvereinbare Rechtsauffassung noch einmal zu bekräftigen. Offiziell wurden diese Argumente jedoch von ESMA nie in diesem Detaillierungsgrad vorgebracht. Die Überlegungen von ESMA finden bei zahlreichen nationalen Aufsichtsbehörden65 kein Gehör. Anders ist die Situation in Deutschland, wo die BaFin auf einer Linie mit der ESMA liegt und sogar noch über deren Ansicht hinaus geht. Freilich 64 65
Soweit dies im Rahmen des Vollharmonisierungskonzeptes überhaupt möglich ist. Liechtensteinische FMA, Luxemburgische CSSF, Central Bank of Ireland, UK FCA.
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gibt es in Deutschland auch nur wenige Investmentgesellschaften, die von der strengen BaFin-Auffassung betroffen wären, anders als etwa in Luxemburg, wo Fonds in Gesellschaftsform das Spezialfonds-Bild bestimmen. Die Bedenken von ESMA mögen zwar berechtigt sein; dies rechtfertigt jedoch keine Aufsichtspraxis contra legem. Dass die in Anhang I Nr. 2 der AIFM-RL genannten Funktionen vom Gesetzgeber fakultativ ausgestaltet wurden, ist keines der zahlreichen Redaktionsversehen, welche die unter dem Eindruck der Finanzmarktkrise „mit heißer Nadel gestrickte“AIFM-RL leider kennzeichnen66. Vielmehr, darauf wurde bereits hingewiesen, hat hier der Gesetzgeber lediglich den Zustand beschrieben und für zulässig befunden, den er in zahlreichen EU-Ländern vor Erlass der AIFM-RL bereits vorfand. Den Bedenken der Aufsicht ließe sich indessen Rechnung tragen, ohne das Gesetz entgegen seinem eindeutigen Wortlaut und Zweck auszulegen. Nichts würde etwa die BaFin daran hindern, gestützt auf die Ermächtigungsgrundlage in § 5 Abs. 6 KAGB KVG und Investmentgesellschaft, welche sich gemeinsam für einen beschränkten Umfang der Bestellung der KVG entscheiden, Detailvorgaben zu machen. Die Aufsicht könnte, ohne ihre Zuständigkeiten zu überschreiten, verlangen, dass dem Spezialfondsanleger in bestimmter Art und Weise die mit einer nur partiellen Aufgabenwahrnehmung durch die KVG verbundenen Risiken erläutert werden müssten. Sie könnte verlangen, dass die Dritt-Dienstleister regelmäßig an die AIF-KVG berichten müssen, damit die AIF-KVG ihrer aufsichtsrechtlichen Verantwortung nach Art. 5 AIFM-RL und § 17 KAGB genügen können. Sie könnte anordnen, dass in dem Vertrag zwischen Investmentgesellschaft und Dritt-Dienstleister der AIF-KVG Kontrollrechte zugesprochen werden67, etwa das Recht, vor Ort regelmäßige Compliance-Prüfungen durchzuführen. Entsprechen AIF-KVG und Investmentgesellschaft diesen Vorgaben nicht, so könnte die Aufsicht die Struktur als „nicht im Interesse des Anlegers stehend“ untersagen und ggf. die Geschäftsführer der Investmentgesellschaft wegen Unzuverlässigkeit oder mangelnder fachlicher Eignung abberufen lassen68. Es gibt im deutschen Investmentrecht ein Vorbild für ein solches Vorgehen. Unter dem Investmentgesetz war im Zusammenhang mit Wertpapierdarlehen von KVGen für Rechnung von Fonds umstritten, ob Sicherheiten, welche die Darlehensnehmer dem Fonds stellen69, Teil des Fondsvermögens sind. Als Teil des Fondsvermögens hätten die Sicherheiten zwingend von der Verwahrstelle oder einen ihrer Unterverwahrer verwahrt werden müssen. Einige KVGen wollten jedoch in Bezug auf diese Sicherheiten sog. „Collateral Manager“ einsetzen. Diese Collateral Manager 66
Fundamentalkritik an der Richtlinie („opportunistic use of crisis situations to achieve unrelated goals, and crisis- induced regulatory over-reaction“) übt z. B. Ferran, Abstract. 67 So auch Bentele, in: B/T (3. Aufl. 2015), § 17 Rn. 30 („kann die KVG … dem Vertrag beitreten und sich … Zugriffs- und Kontrollbefugnisse einräumen lassen …“). 68 Vgl. z. B. für geschlossene Investment-Kommanditgesellschaften § 153 Abs. 5 KAGB. 69 Vormals für OGAW § 54 Abs. 2 InvG, heute § 200 Abs. 2 KAGB.
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Teil 2: Der Investmentvertrag
sollten die Sicherheiten verwahren und sie für eigene Zwecke nutzen dürfen70. Im Gegenzug sollten sie den KVGen bzw. deren Fonds dafür ein attraktives NutzungsEntgelt zahlen. Einzelne seinerzeit für die KVGen tätige Verwahrstellen sprachen sich vehement dagegen aus, die Sicherheiten vom Collateral Manager verwahren zu lassen. Dies geschah vorgeblich aus rechtlichen Gründen, tatsächlich aber wohl, weil sie befürchteten, dass die Collateral Manager mit ihren KVG-Kunden eine eigene Geschäftsbeziehung begründen und sie in der Folge als Verwahrstellen ablösen würden. Die BaFin hatte sich zwischen der Position der KVGen, die im Interesse ihrer Anleger attraktive Entgelte von den Collateral Managern vereinnahmen wollten, und der Position der Verwahrstellen zu entscheiden. Das Gesetz war in Bezug auf die Verwahrung von Sicherheiten durch Dritte nicht eindeutig, so dass die BaFin sich, anders als im Hinblick auf die hier erörterte Fragestellung, ohne Weiteres für die eine oder andere Ansicht hätte entscheiden können. Die BaFin entschied sich für einen Kompromiss, den sie später wie folgt beschrieben hat: „Soll ein Collateral Manager eingeschaltet werden, so hat die Verwahrstelle mit diesem und der Kapitalverwaltungsgesellschaft eine Vereinbarung zu treffen, in der ein Pool an – nach dem KAGB – erwerbbaren Sicherheiten definiert wird. Der Collateral Manager verpflichtet sich, einen Austausch von Sicherheiten nur innerhalb dieses Pools vorzunehmen und dafu¨ r zu sorgen, dass die ausgetauschten neuen Sicherheiten in ausreichender Höhe vorhanden sind. Im Wege eines der Verwahrstelle zu gewa¨ hrenden elektronischen Zugangs oder durch entsprechende ta¨ gliche Reports/Kontoauszu¨ ge des Collateral Managers hat die Verwahrstelle ex-post zu kontrollieren, ob der Collateral Manager dieser Verpflichtung tatsa¨ chlich nachgekommen ist. Weigert sich der Collateral Manager, eine solche Vereinbarung zu treffen oder einen solchen elektronischen Zugang zu gewa¨ hren oder der Verwahrstelle entsprechende Reports/Kontoauszu¨ ge vorzulegen, hat die Verwahrstelle ihre Zustimmung zur Beauftragung dieses Collateral Managers zu verweigern.“71
Damit wurde ein Modell geschaffen, welches der Verwahrstelle und der Verwaltungsgesellschaft Vorgaben machte für die Ausübung der ihnen obliegenden gemeinsamen Verantwortung in Bezug auf das Collateral Management. Dieses Vorbild könnte auch vorliegend Anwendung finden: Anstatt den Gesetzgeber zu korrigieren, muss die Aufsicht versuchen, mit den ihr zu Gebote stehenden Mitteln das Beste aus einer unbefriedigenden Rechtslage zu machen. Das oben beschriebene praxisgerechte Modell für Collateral Management könnte im deutschen Recht Vorbild für die Beaufsichtigung von Modellen sein, bei welchen die KVG bei Spezialfonds in Gesellschaftsform nur für die Anlageverwaltung bestellt werden soll, 70
Z. B. Wertpapierleihe. Die Beschreibung entstammt einem nicht-datierten Entwurf des Verwahrstellenrundschreibens der BaFin. Sie beschreibt das Vorgehen unter dem Investmentgesetz. Die BaFin musste das Konzept jedoch unter dem KAGB aufgeben, nachdem die bislang dem InvG zugrundeliegende OGAW-RL geändert worden war, so dass Collateral Manager immer als Unterverwahrer der Verwahrstellen agieren müssen. Dies lehnen viele Collateral Manager ab; zu den Einzelheiten vgl. Loff, in: B/T (3. Aufl. 2015), § 200 Rn. 31. 71
B. Risikomanagement als Hauptpflicht der KVG
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und dritte Dienstleister für Zusatzaufgaben. Bevor der Gesetzgeber sich selbst korrigiert und im Zuge der nächsten Revision der AIFM-RL oder des KAGB sämtliche in Anhang I genannten Tätigkeiten originär dem AIFM zuweist, sollte abgewartet und analysiert werden, ob das vorstehend beschriebene „mildere Mittel“ einer vertraglichen Einbindung des Dritt-Dienstleisters nicht ausreicht.
B. Risikomanagement als Hauptpflicht der KVG Das Risikomanagement genießt in der AIFM-RL und unter dem KAGB eine herausgehobene Stellung. Im Folgenden soll gezeigt werden, welche Aufgaben zum Risikomanagement gehören, und wie dieses von anderen Funktionen abzugrenzen ist.
I. Rechtsquellen 1. Rechtsquellen unter dem InvG Schon im Investmentgesetz war das Risikomanagement punktuell geregelt72. Zusätzlich zu den gesetzlichen Regelungen in § 9a (allgemeine Prinzipien), § 80b (Risikomanagement bei Immobilienfonds), § 90k (Sonstige Sondervermögen), § 113 (Dach-Hedgefonds) und § 121 (Anlegerinformation) wurden auf Verordnungsebene (DerivateVO, InvVerOV) Regeln zum Risikomanagement aufgestellt, ergänzt durch die InvMaRisk. Es fehlte jedoch eine auf sämtliche Investmentvermögen anwendbare allgemeine Vorschrift, in der insbesondere Organisationspflichten umfassend geregelt waren. 2. Rechtsquellen unter neuem Recht Das KAGB weist dem Risikomanagement die Stellung zu, die es nach dem europäischen Recht verdient: - Ohne Risikomanagement-Funktion kann einer KVG eine Geschäftserlaubnis nicht erteilt werden73, denn das Vorhandensein eines „angemessenen Risikomanagements“ ist wesentlicher Bestandteil einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation74.
72 73 74
Kort/Lehmann, Risikomanagement, Rz. 481. § 23 Nr. 9 und 10 KAGB. § 28 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KAGB.
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Teil 2: Der Investmentvertrag
- Wie ein solch angemessenes Risikomanagement auszugestalten ist, und welche Pflichten ihm obliegen, regelt § 29 KAGB, ergänzt durch die einschlägigen Vorschriften der Level 2-VO75. - Für jeden einzelnen von ihr verwalteten AIF muss die KVG der BaFin Angaben zum Risikomanagement machen, einschließlich des Managements von Liquiditätsrisiken76. - Spezielle Vorgaben gelten für die Auslagerung des Risikomanagements. Dieses darf im Falle von AIF nur an Unternehmen ausgelagert werden, die für die Vermögensverwaltung77 zugelassen sind. Für AIF und OGAW gilt, dass eine Auslagerung dieser Funktion an die Verwahrstelle nicht in Betracht kommt, selbst wenn diese als Vermögensverwalter zugelassen ist. Ferner spielt die Frage der Auslagerung von Risikomanagement-Funktionen eine Rolle für die Beurteilung, ob es sich bei der KVG womöglich um eine Briefkastenfirma handelt78. - Diverse Vorschriften regeln Informationspflichten in Bezug auf das Risikomanagement in den Verkaufsunterlagen eines Investmentvermögens79. Ergänzend gelten die Vorgaben von § 5 KAVerOV80 sowie die Mindestanforderungen an das Risikomanagement von Kapitalverwaltungsgesellschaften („KAMaRisk“) und die DerivateVO.
II. Risikomanagement als Teilbereich von Compliance? In der Literatur wird die These vertreten81, bei der Risikomanagement-Funktion handele es sich um einen Teilbereich der Compliance. Gestützt wird dieses Verständnis auf § 28 KAGB, wonach Teil einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation auch das Vorhandensein eines angemessenen Risikomanagementsystems ist. Der Begriff „Compliance“ wird im KAGB selbst nur an drei Stellen, jedes Mal im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Tätigkeit von Verwaltungsgesellschaften, verwendet, aber nicht erläutert. „Compliance“ beschreibt herkömmlicherweise die funktionalen und organisatorischen Vorkehrungen zur Überwachung der Einhaltung der relevanten Regeln unter Einschluss des Zivil-, Steuer- und öffentlichen Rechts sowie der firmenspe75 Fehlt es einer KVG an einem angemessenen Risikomanagementsystem, dann stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar, § 340 Abs. 1 Nr. 9 KAGB. 76 § 35 Abs. 2 Nr. 3 KAGB. 77 Dies kann entweder die kollektive Vermögensverwaltung sein, geregelt im KAGB, oder die individuelle Vermögensverwaltung, geregelt in KWG und WpHG. 78 Vgl. hierzu Teil 3, Abschnitt C. 79 §§ 165 Abs. 2, 225 Abs. 5, 297 Abs. 9, 300 Abs. 1 KAGB. 80 Dort werden Begriffe der Level 2-VO zur AIFM-RL konkretisiert. 81 Kort/Lehmann, S. 201.
B. Risikomanagement als Hauptpflicht der KVG
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zifischen internen Richtlinien82. So gehört zu den in Anhang I Nr. 2 AIFM-RL genannten administrativen Tätigkeiten die „Überwachung der Einhaltung der Rechtsvorschriften“. Dies wird im englischen Text mit „regulatory compliance monitoring“ bezeichnet. Diese Funktion ist, weil in Anhang I Nr. 2 AIFM-RL genannt, von dem Risikomanagement in Anhang I Nr. 1 AIFM-RL zu unterscheiden83. Dass es sich bei den Bereichen „Risikomanagement“ und „Compliance“ in der Vorstellung des europäischen Gesetzgebers um getrennte Bereiche handelt84, macht auch Anhang II AIFM-RL klar, wo für die Zwecke der Vergütungspolitik gefordert wird, dass „f) die Vergu¨ tung ho¨ herer Fu¨ hrungskra¨ fte in den Bereichen Risikomanagement und Compliance-Aufgaben vom Vergu¨ tungsausschuss unmittelbar u¨ berpru¨ ft [wird];“.
III. Compliance als Teilbereich des Risikomanagement? Unzulässig wäre es ebenfalls, die Funktion der „Überwachung der Einhaltung der Rechtsvorschriften“ als Teil der Risikomanagement-Funktion anzusehen85, das zeigt Anhang I Nr. 2 der AIFM-RL. Diese verfehlte Sicht hätte beispielsweise zur Folge, dass die Prüfung gesetzlicher oder vertraglicher Anlagegrenzen für AIF nur auf Unternehmen übertragen werden dürfte, die für die Vermögensverwaltung zugelassen sind86. Weder die AIFM-RL noch das KAGB ordnen jedoch die Anlagegrenzprüfung dem Risikomanagement zu, sondern dies ist „Fonds-Compliance“87. 82 Klebeck/Zollinger, BB 2013, 459, 460 bemerken unter Hinweis auf den Entwurf zur Level 2-VO (in der finalen Fassung Art. 61), dass es bei der Compliance-Funktion um Grundsätze und Verfahren geht, die darauf ausgelegt sind, jedes Risiko einer etwaigen Missachtung der in der AIFM-RL festgelegten Pflichten durch den AIFM sowie die damit verbundenen Risiken aufzudecken. 83 In diesem Sinne auch Zetzsche/Eckner, Risikomanagement, S. 331, „risk management and compliance are two different things“; zum Verhältnis von § 28 KAGB, wo es um die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation geht und der Risikomanagementvorschrift § 29 KAGB Sprengnether/Wächter WM 2014, 877 (879) „Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass § 29 trotz der Übernahme des Wortlauts nicht generell als lex specialis von § 28 Abs. 1 Satz. 2 Nr. 1 gelten kann. Vielmehr ist § 29 im Falle seiner Anwendbarkeit lediglich als abschließende Konkretisierung des Risikomanagements für Investmentvermögen anzusehen.“ 84 Unklar Kort, AG 2013, 582, 586: „Hierbei zeigt sich erneut, dass im Recht der Kapitalverwaltungsgesellschaften eine Einbettung des Risikomanagements in die Compliance erfolgt. Dennoch handelt es sich bei der Compliance und dem Risikomanagement um zwei verschiedene Funktionen.“ 85 Dies schließt nicht aus, wie in der Praxis häufig der Fall, dass die Leitungen beider Abteilungen an denselben Geschäftsleiter berichten, vgl. Zetzsche/Eckner, Risikomanagement, S. 332. Gesetzlich zwingend gefordert ist dies unter der AIFM-RL jedoch nicht, vgl. die Auffassung der französischen Aufsichtsbehörde AMF (AMF Risk Management Paper), S. 13. 86 Timmerbeil/Spachmüller, DB 2012, 1425 (1428). 87 Aus diesem Grund hat die BaFin in mehreren Fällen zu Recht die Auslagerung der Anlagegrenzprüfung auf Unternehmen zugelassen, welche nicht über eine Vermögensverwalterlizenz verfügen.
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Teil 2: Der Investmentvertrag
IV. Risikomanagement als Oberbegriff für Organisationsund Handlungspflichten In § 29 KAGB werden Anforderungen in Bezug auf das Risikomanagementsystem aufgestellt, die im Folgenden detaillierter untersucht werden sollen. Bevor dies geschehen kann, muss jedoch eine begriffliche Unklarheit beseitigt werden. 1. „Risikocontrolling“ als eigenständiges Konzept im Rahmen des Risikomanagements? In § 29 Abs. 1 KAGB wird unter der gesetzlichen Überschrift „Risikomanagement“ verlangt, dass die KVG eine „Risikocontrollingfunktion“ aufrecht zu erhalten habe. Der Begriff „Risikocontrolling“ ist nicht neu. Er wurde zwar nicht im Investmentgesetz selbst, wohl aber im Rahmen der InvMaRisk verwendet, jedoch ohne den Begriff zu definieren und vom „Risikomanagement“ abzugrenzen. Nach der Gesetzesbegründung zum KAGB88 dient § 29 Abs. 1 KAGB der Umsetzung von Art. 15 Abs. 1 AIFM-RL. Dort wird der Begriff „Risikomanagement“ verwendet. Der Begriff „Risikocontrolling“ taucht weder in der AIFM-RL noch in der Level 2-VO auf. Auch ESMA verwendet den Begriff nicht in den zahlreichen Dokumenten, in denen sich die Behörde mit Risikomanagement befasst. Der Begriff „Risikocontrolling“ wird auch in den KAMaRisk wieder aufgenommen. Dort wird folgendes ausgeführt: „Das Risikomanagementsystem stellt die Gesamtheit aller Maßnahmen zur Erfassung, ¨ berwachung und Kommunikation von Risiken (Risikocontrolling Messung, Steuerung, U und Risikosteuerung) dar. Das Risikomanagementsystem ist nicht als abschließende Organisationseinheit aufzufassen, sondern als Gesamtheit von umfangreichen formalen Strukturen und Prozessen zu verstehen. Aufbau- und ablauforganisatorisch ko¨ nnen sich Risikocontrolling- und Risikosteuerungsprozesse auf diverse Einheiten erstrecken. Die Funktionstrennung nach 4.3 und 4.5 ist dabei zu gewa¨ hrleisten.“
Die BaFin unterscheidet hier zwar Risikocontrolling und Risikosteuerung, sie stellt aber klar, dass das Trennungsprinzip des § 29 Abs. 1 KAGB für das gesamte Risikomanagement gilt, so wie es der europäische Gesetzgeber anordnet89. Die gegenteilige Auffassung90 wonach ausgerechnet für die Risikosteuerung das Trennungsprinzip nicht gelten soll, weil diese nicht zum Risikocontrolling gehöre, ist abzulehnen: Sie entspricht nicht der europarechtlichen Vorgabe und sie findet nur eine sehr schwache Stütze im Wortlaut des Gesetzes. Vor allem aber widerspricht sie 88
BT-Drucksache 17/12294, S. 281. Zum Trennungsprinzip und dessen Abmilderung durch den Proportionalitätsgrundsatz vgl. Timmerbeil/Spachmüller, DB 2012, 1425 (1426). 90 Sprengnether/Wächter, WM 2014, 877 (882). 89
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dem Zweck der Vorschriften zum Risikomanagement, wonach diejenige Einheit, die nach Erfassung, Messung und Analyse eines Risikos verbindliche Entscheidungen zum Umgang mit diesem Risiko trifft, von den operativen Einheiten getrennt sein soll. Im Übrigen kann man sich bei Lektüre der KAMaRisk des Eindrucks nicht erwehren, dass die Begriffe „Risikomanagement“ und „Risikocontrolling“ wahllos und synonym verwendet werden, ohne dass an den unterschiedlichen Wortlaut unterschiedliche Rechtsfolgen anknüpfen würden. Daher wird in dieser Untersuchung einheitlich der Begriff „Risikomanagement“ verwendet, wenn die in Anhang I Nr. 1 der AIFM-RL benannte Funktion erörtert wird. 2. Systematik der gesetzlichen Pflichten § 29 KAGB und die Vorschriften zum Risikomanagement in der Level 2-VO stellen eine Reihe von Pflichten für KVGen in Bezug auf das Risikomanagement auf. Diese lassen sich wie folgt systematisieren: Erstens gibt es Organisationspflichten, beginnend mit der Pflicht, überhaupt eine Risikomanagementfunktion aufzustellen (d. h. eine Stelle im Unternehmen, welche Risikomanagement-Aufgaben wahrnimmt), diese dann streng von der Portfolioverwaltung und anderen operativen Bereichen zu trennen und schließlich fortlaufend die Wirksamkeit der Risikomanagement-Prozesse zu überprüfen. Zweitens gibt es Handlungspflichten in Bezug auf die Erfassung, Messung, ¨ berwachung und Kommunikation von Risiken. Diese treten auf zwei Steuerung, U Ebenen auf: Zum einen bestehen Risiken auf Ebene der KVG selbst. Hierzu zählen vornehmlich operationelle Risiken, aber auch beispielsweise - das Risiko der Änderung gesetzlicher/steuerlicher Vorschriften mit der Folge eines Ertragseinbruchs; - das Risiko des Versagens der Informationstechnologie, mit welcher die KVG Zugang zum Markt erhält; - das Risiko, dass Schlüsselpersonen (insbesondere „Star-Fondsmanager“) das Unternehmen verlassen; - Betrugsrisiken. Zum anderen müssen Risiken gemanagt werden, die sich auf der Ebene des einzelnen Fonds auswirken können. Dazu zählen Konzentrations-, Markt-, Liqui-
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Teil 2: Der Investmentvertrag
ditäts-, Zins- und Währungsrisiken bei Wertpapierfonds sowie z. B. das Leerstandsrisiko, Planungsrisiko oder Mieterausfallrisiko bei Immobilienfonds91. Nachfolgend sollen ausschließlich die fondsbezogenen Handlungspflichten interessieren. Diese können entweder von der KVG selbst erfüllt werden oder sie kann sich hierfür Dritter bedienen.
V. Die fondsbezogenen Handlungspflichten im Detail Die fondsbezogenen Handlungspflichten sind in § 29 KAGB eher unsystematisch aufgeführt. Weder geht der Gesetzgeber vom Allgemeinen zum Speziellen vor noch folgt er der Chronologie des Investmentprozesses. Dies mag unter anderem daran liegen, dass auch die AIFM-RL und die Level 2-VO ähnlich unsystematisch aufgebaut sind. In Teilen folgt § 29 KAGB dem Aufbau von Art. 15 AIFM-RL. Nachstehend wird versucht, entlang der Chronologie des Investmentprozesses die vom Risikomanagement zu ergreifenden Maßnahmen zu systematisieren. Dabei werden jeweils neben § 29 KAGB auch die konkretisierenden, unmittelbar anwendbaren Vorschriften der Level 2-VO dargestellt. 1. Festlegung von Risikolimiten (§ 29 Abs. 3 Nr. 3 KAGB i. V. m. Art. 44 Level 2-VO) Noch bevor die eigentliche Anlagetätigkeit beginnt, müssen für jedes Investmentvermögen Risikolimite festgelegt werden. Hierbei arbeiten Risikomanagement und Portfoliomanagement eng zusammen. Typischerweise stimmen sie sich im Falle von Spezialfonds auch mit dem Anleger ab. Art. 44 Level 2-VO gibt vor, dass die Risikolimite quantitativer und qualitativer Natur92 sein müssen und dass sie jedenfalls umfassen: - Marktrisiken; - Kreditrisiken; - Liquidita¨ tsrisiken; - Gegenparteirisiken; - operationelle Risiken. Durch das Festlegen von Risikolimiten, die für den Portfoliomanager verbindlich sind, soll sichergestellt werden, dass das dem Anleger mitgeteilte Risikoprofil des 91 Zum Risikomanagementprozess bei Immobilienfonds vgl. Homann/Streckel, S. 405 f.; zu den Risikoklassen, die im Rahmen des Risikomanagements analysiert werden, vgl. Linsin, S. 32. 92 Zu dieser Unterscheidung und zum Einsatz sog. „Risk Maps“ zur Erfassung qualitativer Risiken vgl. Zetzsche/Eckner, Risikomanagement, S. 355.
B. Risikomanagement als Hauptpflicht der KVG
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Fonds in der Praxis auch beachtet wird. Ferner wird der „Risikoappetit“ festgelegt, um unerwartete oder nicht hinreichend durch Erträge kompensierte Risiken zu minimieren93. Bei der obigen Aufzählung fällt auf, dass sich der Gesetzgeber sehr stark an Wertpapierfonds und deren Risiken orientierte, und die typischen Risiken von Sachwertefonds weniger im Blick hatte. Dies mag seine Ursache darin haben, dass die Überwachung von Risikolimiten bei Vermögensgegenständen, die hochgradig illiquide sind, nur eingeschränkt möglich ist. Übersteigt das Marktrisiko eines Wertpapierfonds ein gesetztes Limit, so kann schnell und kostengünstig eine marktgegenläufige Derivateposition begründet werden. Droht hingegen bei einer Immobilie der Ankermieter auszufallen, dann hilft auch ein Risikolimit wie etwa eine Mindest-Bonitätskennziffer dem Vermögensverwalter nicht wirklich weiter94.
2. Festlegung des maximal zulässigen Leverage, § 29 Abs. 4 KAGB Ebenfalls vor Beginn der Verwaltungstätigkeit muss für jedes Investmentvermögen festgelegt werden, wie hoch der Fonds gehebelt werden kann. Natürlich stellt auch dies ein Risikolimit dar, aber die gesonderte Erwähnung des Leverage zeigt, welche besondere Bedeutung der europäische Gesetzgeber dem systemischen Risiko beimisst, das durch hoch gehebelte Fonds begründet werden kann95. Zusätzlich hat das Financial Stability Board96 schärfere Regeln in Bezug auf Leverage gefordert97, über die gegenwärtig beraten wird. Die Festlegung des maximal zulässigen Leverage ist keineswegs trivial. Dies zeigt die Vielzahl der Kriterien, welche die KVG nach § 29 Abs. 4 KAGB berücksichtigen muss. Interessanterweise fehlt bei diesen Kriterien eines, welches sinnvollerweise hätte berücksichtigt werden sollen, nämlich das Kriterium, ob die Portfolioverwal93
Zetzsche/Eckner, Risikomanagement, S. 354. Zu den Besonderheiten des Risikomanagements bei Immobilienportfolien vgl. de Naurois, S. 22 ff. 95 Zur AIFM-RL als Richtlinie zur Begrenzung systemischer Risiken vgl. Zetzsche, Prinzipien, S. 402, „Mit der Finanzmarktkrise tritt neben den Anlegerschutz auch der Systemschutz gleichwertig als Ziel des Gesetzgebers in den Vordergrund: Mit der Finanzmarktkrise rücken die Fragen nach unerwünschten Marktreaktionen in Folge eines gleichgerichteten – wenn gleich nicht koordinierten – Verhaltens von Marktteilnehmern mit großer Kapitalkraft und den Ketteneffekten bei Ausfall eines solchen Akteurs in den Mittelpunkt.“; die systemischen Risiken wurden nach Ansicht des europäischen Gesetzgebers vor allem durch Hedgefonds ausgelöst bzw. gesteigert, vgl. Spindler/Tancredi, WM 2011, 1394 (1395); hiergegen, und gegen die Ansicht, Hedgefonds wären vor Inkrafttreten der AIFM-RL „unreguliert“ gewesen, wenden sich Duncan/Curtin/Crosiagni, CMLJ 2011, 326 (329 f.). 96 Im Financial Stability Board sind Ministerien und Zentralbanken großer Industriestaaten vertreten; es erlässt Empfehlungen, die von nationalen Aufsichtsbehörden aufgegriffen und umgesetzt worden. Vgl. im Einzelnen http://www.fsb.org/about/. 97 Financial Stability Board, Policy Recommendations to address Structural Vulnerabilities from Asset Management Activities, 12. Januar 2017, S. 24 ff. 94
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Teil 2: Der Investmentvertrag
tung von der KVG selbst erbracht oder ausgelagert wurde. Angenommen, die KVG hat die Portfolioverwaltung für eines ihrer Investmentvermögen auf einen externen Asset Manager ausgelagert. Dieser externe Asset Manager verwaltet aber ggf. nicht nur das Portfolio der auslagernden KVG, sondern identisch investierende andere Investmentvermögen (z. B. für andere KVGen). Befinden sich in den Investmentvermögen illiquide, hochvolatile Titel, dann ist der externe Asset Manager möglicherweise aufgrund eines zu hohen Leverage gezwungen, diese Titel zur Unzeit, nämlich in einem fallenden Markt, zu verkaufen, und zwar für alle von ihm verwalteten Portfolien. Diesen Aspekt sollte eine KVG bei der Festlegung des maximal zulässigen Leverage berücksichtigen müssen. 3. Prä-Investitions Due Diligence, § 29 Abs. 3 Nr. 1 KAGB i. V. m. Art. 18 Abs. 3 Level 2-VO Bei der laufenden Verwaltung des Fondsvermögens muss das Risikomanagement vor jedem Erwerb eines Vermögensgegenstandes, und ggf. auch vor dessen Veräußerung, eine sorgfältige risikobezogene Prüfung (Due Diligence) stattfinden98. Weder das KAGB noch die Level 2-VO bestimmen im Detail, was diese Pflicht konkret umfasst. Der Zweck dieser Due Diligence besteht nach Art. 18 Abs. 3 Level 2-VO darin, sicherzustellen, „dass Anlageentscheidungen, die fu¨ r die AIF getroffen werden, mit deren Zielen, Anlagestrategie und gegebenenfalls Risikolimits u¨ bereinstimmen.“ Zur Häufigkeit bzw. Frequenz der Due Diligence schweigt die AIFM-RL. Aus Art. 23 Abs. 4 der OGAW-Durchführungsrichtlinie99 kann man jedoch schließen, dass grundsätzlich vor jeder Anlage eine Due Diligence stattfinden muss. Es geht also um mehr als nur die Pflicht, vor Aufnahme bislang nicht im Fondsvermögen vorhandener Typen von Anlagen einen Neue-Produkte-Prozess unter Beteiligung des Risikomanagements durchzuführen. Dies sieht auch die BaFin so, wenn sie in den KAMaRisk100 im Rahmen der Darstellung des Risikomanagements ausführt, dass für Produkte, bezüglich derer bereits hinreichend Erfahrung besteht, ein vereinfachtes Due Diligence Verfahren ausreichend, aber auch erforderlich ist. Hieraus folgt, dass jeder Anlage eine risikobezogene Due Diligence voranzugehen hat, mag sie auch bei Standardprodukten weniger stark ausgeprägt sein. Da jede Due Diligence auch zu dokumentieren ist101, bleibt für das berühmte „Bauchgefühl“ in der kollektiven Vermögensanlage kein Raum mehr. Zu weitgehend wäre es aber, die Prä-Investitions Due Diligence, die von der Risikomanagement-Abteilung durchzuführen ist und bei der es um die Auswir98
Vgl. auch Timmerbeil/Spachmüller, DB 2012, 1425 (1427). Richtlinie 2010/43/EU. 100 AT 4.4, Tz. 3. 101 Timmerbeil/Spachmüller, DB 2012, 1425 (1427). 99
B. Risikomanagement als Hauptpflicht der KVG
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kungen der Anlage auf das Risikoprofil des Fonds geht, auf „alle relevanten rechtlichen, steuerlichen, finanziellen und andere wertbestimmenden Faktoren“ zu erstrecken, wie bisweilen gefordert wird102. Damit würde das Risikomanagement nämlich in zwei Bereiche vordringen, die anderen Abteilungen vorbehalten sind: Über die wertbildendenden Umstände außerhalb der gesetzlich normierten Risikomanagement-Aspekte macht sich das Portfoliomanagement Gedanken. Die Abteilung Portfoliomanagement, und nicht die Abteilung Risikomanagement, entscheidet, ob eine Aktie als unterbewertet angesehen wird, oder ob ein Grundstück Entwicklungspotential hat. Zugleich darf die Tätigkeit der Risikomanagement-Abteilung nicht in den Zuständigkeitsbereich der Fonds-Compliance übergreifen, wo u. a. die Einhaltung von Anlagegrenzen zu prüfen und die Marktgerechtigkeitskontrolle durchzuführen ist. Die gesetzlichen Vorschriften zur Prä-Investitions Due Diligence sind daher in dem Sinne zu verstehen, dass das Gesetz eine vollumfängliche Due Diligence in Bezug auf sämtliche wertbildenden und risikobegründenden Umstände vorschreibt und dass Teile hiervon durch das Portfoliomanagement und andere Teile vom Risikomanagement ausgeführt werden103. Wenn die Due Diligence bei jeder Anlage vorzunehmen ist, und wenn dies jedenfalls teilweise eine Aufgabe der Risikomanagement-Funktion ist, dann heißt dies zugleich auch, dass das Risikomanagement in jede einzelne Anlageentscheidung eingebunden ist. 4. Erfassung, Messung, Analyse und Steuerung von fondsbezogenen Risiken, § 29 Abs. 3 Nr. 2 KAGB i. V. m. Art. 45 Level 2-VO Eine weitere Kernfunktion des Risikomanagements ist die fortlaufende Überwachung von Risiken. Für Wertpapierfonds werden täglich oder jedenfalls in kurzen Intervallen Anlageentscheidungen getroffen. Hingegen werden bei Sachwertefonds, 102
So aber Timmerbeil/Spachmüller, DB 2012, 1425 (1427). sowie die Ausführungen der Liechtensteinischen Finanzmarktaufsicht im FAQ AIFMG Liechtenstein, Frage zu Art. 39 Risikomanagement: „Die „due diligence“-Verpflichtung ist Teil des internen Risikomanagements, um Risikolimits etc. zu kontrollieren. Dies wird bei Plain Vanilla-Produkten nach anderen Kriterien (Standardabweichung vom Markt aufgrund historischer Betrachtung) erfolgen mu¨ ssen, als sie ein Ka¨ ufer im Private Equity-Bereich anlegen wu¨ rde. Fu¨ r Plain Vanilla-Produkte ist das Liquidita¨ tsrisiko als gering einzustufen. Die Einbeziehung der Marktdaten in das Risikomanagement du¨ rfte in solchen Fa¨ llen grundsa¨ tzlich genu¨ gen (Ausnahmen ko¨ nnen sich aber aus der konkreten Marktsituation ergeben, Bsp. Bankaktien wa¨ hrend Finanzmarktkrise). Anderes gilt bei schwerga¨ ngigen Produkten oder solchen mit etwaigen Nachzahlungspflichten. Hier ist eine Private Equity-typische „due diligence“ erforderlich.“ 103 In diesem Sinne auch Josek/Steffen, in: B/T, § 29 Rn. 76; ferner Sprengnether/Wächter, WM 2014, 877 (881 f.). Dort wird zunächst ausgeführt, dass die eigentliche Sorgfaltsprüfung Teil des Portfoliomanagements sei, dass aber die Einbindung der Risikomanagement-Funktion naheliege, „insbesondere um die Auswirkungen auf das Risikoprofil durch die Risikomanagement-Funktion prüfen zu lassen.“
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Teil 2: Der Investmentvertrag
z. B. Immobilienfonds, i. d. R. nur wenige große Anlageentscheidungen pro Jahr getroffen. Das Risikomanagement bleibt in der „anlagefreien Zeit“ aber nicht untätig, sondern muss laufend dafür sorgen, dass das tatsächliche Risiko des Fonds ständig mit dem den Anlegern mitgeteilten Risikoprofil übereinstimmt. Hierzu wird es die in Art. 45 Level 2-VO genannten Maßnahmen treffen, zu denen u. a. Stresstests104 gehören (können). Die hier genannten Tätigkeiten setzen bei den einzelnen Vermögensgegenständen an, erstrecken sich aber auch auf das Investmentvermögen als Ganzes105 und berücksichtigen dabei insbesondere Korrelationen zwischen den einzelnen Vermögensgegenständen. 5. Liquiditätsmanagement Auf der Level 1-Ebene der AIFM-RL wird zwischen Risikomanagement (Art. 15) und Liquiditätsmanagement (Art. 16) unterschieden. In der Level 2-VO wird dem Liquiditätsmanagement zwar ein eigener Abschnitt gewidmet (Art. 46 – 49, unmittelbar im Anschluss an den Abschnitt zum Risikomanagement (Art. 38 – 45)). Schon Art. 44 im Abschnitt „Risikomanagement“ fordert aber, dass im Rahmen der Festlegung von Risikolimiten auch Liquiditätslimite gesetzt werden. Dies wirft die Frage auf, ob das Liquiditätsmanagement ein Teil des Risikomanagements ist. Beide Bereiche beruhen, das wurde von Zetzsche und Eckner herausgearbeitet106, auf denselben Organisationsprinzipien und Prozessen. Man sollte daher davon ausgehen, dass die Trennung in zwei unterschiedliche Bereiche lediglich der besonderen Hervorhebung des unter systemischen Gesichtspunkten107 besonders relevanten Liquiditätsrisikos dient108. Es ist daher zutreffend wenn das Liquiditätsmanagement als ein Teilbereich des Risikomanagements angesehen wird. Dies hat zur Folge, dass dann auch die strengen Anforderungen des Art. 20 AIFM-RL bzw. § 36 KAGB für die Auslagerung von Liquiditätsmanagement-Funktionen gelten109.
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Hierzu im Detail Zetzsche/Eckner, Risikomanagement, S. 367. Sprengnether/Wächter, WM 2014, 877 (881). 106 Zetzsche/Eckner, Risikomanagement, S. 366. 107 Seretakis, Revue Trimestrielle du Droit Financier, Nr. 2/2014, 1 (4); Seretakis wirft in dem Artikel auch die Frage auf, ob Alternative Investmentfonds tatsächlich eine Bedrohung für das Finanzsystem darstellen. 108 IOSCO International Organization of Securities Commissions, Recommendations for Liquidity Risk Management for Collective Investment Schemes, Final Report, Februar 2018 109 Zetzsche/Eckner, Risikomanagement, S. 367. 105
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6. Zusatzaufgaben unter der DerivateVO Die DerivateVO110 regelt eine Vielzahl technischer Aspekte des Risikomanagements. Auf eine detaillierte Darstellung soll hier verzichtet werden, weil die Details zur Beantwortung der in dieser Untersuchung erörterten Fragen, insbesondere dem Zusammenspiel und Verhältnis von Risikomanagement und Portfolioverwaltung111, nichts beitragen würden.
VI. Trennung von Risikomanagement und Portfolioverwaltung als Organisationsprinzip Es wurde oben112 bereits kurz ein zentrales Erfordernis der europäischen Investmentrichtlinien angesprochen, welches in § 29 Abs. 1 KAGB Niederschlag gefunden hat: die funktionale und hierarchische Trennung des Risikomanagements von der Portfolioverwaltung und anderen operationellen Bereichen. Unter welchen Voraussetzungen von einer hinreichenden Trennung ausgegangen werden kann, wird in Art. 42 Level 2-VO geregelt. Dort wird unter anderem gefordert, dass bis hoch auf die Ebene der Geschäftsleitung Personen, die für das Risikomanagement zuständig sind, nicht für operationelle Einheiten zuständig sein dürfen. Nicht angesprochen ist dort die Frage, ob Aufgaben des Risikomanagements an dieselbe dritte Einheit delegiert werden dürfen, die auch für die Portfolioverwaltung zuständig ist („externer Asset Manager“). Dies ist zu bejahen, weil dem Gesetz kein entsprechendes Verbot zu entnehmen ist. Auch ESMA vertritt hierzu keine gegenteilige Auffassung, anders als gelegentlich in der Literatur zu lesen ist113. ESMA hat sich an der dort zitierten Stelle überhaupt nicht mit der Frage der Zulässigkeit der Auslagerung befasst, sondern mit der Frage, ob das Unternehmen, welches Dienstleistungen im Rahmen des Risikomanagements übernimmt, einer Erlaubnis spezifisch als AIFM bedarf, und dies verneint114. 110 „Verordnung über Risikomanagement und Risikomessung beim Einsatz von Derivaten, Wertpapier-Darlehen und Pensionsgeschäften in Investmentvermögen nach dem Kapitalanlagegesetzbuch“ 111 Eine sehr gute Darstellung der DerivateVO findet sich bei Josek, in: B/T, § 197. 112 Vgl. Teil 2, Abschnitt B. IV. 1. 113 Zetzsche/Eckner, Risikomanagement, S. 342 unter Verweis auf ESMA Discussion Papier Key Concepts, S. 6. Es ist nicht klar, ob sich die Autoren die angebliche Ansicht von ESMA zu eigen machen. 114 ESMA Discussion Paper Key Concepts, S. 6: „ESMA considers that this means that an entity performing either of the two functions (i. e. portfolio management or risk management) is to be considered as managing an AIF according to Article 4(1)(w). Such entity must therefore seek authorisation as an AIFM under Article 6, it being understood that no such authorisation as an AIFM is required when the performance of either the portfolio management or the risk
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Teil 2: Der Investmentvertrag
Voraussetzung für die gleichzeitige Auslagerung von Portfolioverwaltung und Risikomanagement auf denselben Asset Manager ist jedoch, dass (i) auch bei dem externen Asset Manager Portfolioverwaltungs- und Risikomanagementfunktionen getrennt sind und (ii) diese jeweils an die korrespondierende Abteilung innerhalb der KVG berichten.
VII. Vertragliche Gestaltung der Reichweite des Risikomanagements Wie oben erwähnt, nutzen KVGen in der Praxis Dienstleister, die Teilbereiche des Risikomanagements übernehmen. Zum Teil werden diese Dienstleistungsverträge als Auslagerungsverträge angesehen, zum Teil als „sonstiger Fremdbezug von Leistungen“. Dies ist gemäß ausdrücklicher Anordnung in § 36 Abs. 1 Nr. 3 KAGB zulässig. Soweit erkennbar wurde in der Praxis bisher nicht das Bedürfnis geäußert, Teile des Risikomanagements vom originären Pflichtenumfang einer KVG auszunehmen oder diese gemäß den eigenen Vorstellungen so zu modifizieren, dass anstelle der KVG ein anderes Unternehmen für Teile des Risikomanagements originär verantwortlich ist. Eine solche Einschränkung der originären Zuständigkeit der KVG für Risikomanagement-Aufgaben wäre aber auch unzulässig115 : § 17 Abs. 3 KAGB ordnet an, dass es für jedes Investmentvermögen nur eine KVG mit originärer Zuständigkeit für alle Aufgaben der Portfolioverwaltung und des Risikomanagements geben darf. Würde man einer dritten Partei Aufgaben des Risikomanagement originär zuweisen, dann würde man gegen dieses unabdingbare Prinzip der kollektiven Vermögensverwaltung verstoßen116.
C. Leistungs- und Sorgfaltspflichten im Rahmen der Portfolioverwaltung I. Problemaufriss Das Gesetz weist jeder externen KVG zumindest zwei Aufgaben zu, nämlich Portfolioverwaltung und Risikomanagement. Für die Portfolioverwaltung enthält das Gesetz keine Legaldefinition, und deutet in einzelnen Vorschriften jeweils nur an, was unter dem Begriff zu verstehen sein könnte. management function is done under a delegation arrangement with an AIFM in accordance with Article 20 of the AIFMD.“ 115 Dies gilt gleichermaßen für das Investment-Dreieck und das Investmentviereck. 116 Wieland, in: A/W/Z, § 17 Rn. 30 f.; Schücking, in: FK, § 17 Rn. 51 f.; Bentele, in: B/T, § 17 Rn. 29.
C. Leistungs- und Sorgfaltspflichten im Rahmen der Portfolioverwaltung
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In der Praxis führt dies etwa zu einer Reihe von Fragen, z. B. in Bezug auf das Treffen von Anlageentscheidungen: Wie noch gezeigt werden wird, besteht in der Literatur Einigkeit darüber, dass vom Begriff der Portfolioverwaltung jedenfalls das Treffen der Anlageentscheidung umfasst ist. Dies wird auch von der BaFin so gesehen. Um die Anlageentscheidung treffen zu können, muss die KVG zuvor Informationen einholen. So muss etwa beim Ankauf einer Immobilie eine Due Diligence in Bezug auf sämtliche wertbildenden Umstände wie etwa Stand der Vermietung, Umwelt-Altlasten oder rechtliche Verhältnisse117 stattfinden. Fraglich ist, ob die Durchführung dieser Due Diligence zu den Portfolioverwaltungs-Aufgaben der KVG gehört oder ob sich ihre Pflicht darauf beschränkt, einen geeigneten Dritten mit der Durchführung der Due Diligence zu beauftragen. Beispiel: KVG A verfügt über eine eigene Rechtsabteilung, die vor dem Erwerb eines Grundstückes den Bebauungsplan einsieht; KVG B beauftragt hiermit eine qualifizierte Anwaltskanzlei. Wie weit der Pflichtenkreis der KVG im Rahmen des Ankaufs von Grundstücken reicht, lässt sich weder unmittelbar dem Gesetz noch den behördlichen Äußerungen118 entnehmen. Muss sie auch komplexe Aufgaben, für die eine Spezialausbildung erforderlich ist, selbst erbringen, oder gehört es nur zu den Pflichten, Berater/Experten zu beauftragen? Conradi119 vertritt hierzu die Ansicht, dass zu einem gründlich angelegten und sorgfältig strukturierten Ankaufsprozess auch die Auswahl zuverlässiger Berater und sonstiger Dienstleister gehöre. Die Beauftragung von Beratern und anderen Dienstleistern ist zulässig, wie § 36 KAGB und die Regeln bezüglich der Offenlegung in Verkaufsunterlagen zeigen. Sie ist, wenn die KVG keine eigene Expertise vorhält, rechtlich sogar geboten, wenn die KVG im Interesse der Anleger handeln will. Dies klärt aber noch nicht Frage, ob diese Dienstleister Pflichten erfüllen, die aufgrund des Investmentvertrages originär der KVG obliegen oder ob die Pflicht der KVG nur in der Bestellung und ggf. Überwachung besteht. Nur im ersten Fall wären die Dienstleister Erfüllungsgehilfen der KVG bei der Erfüllung des Investmentvertrages, so dass die KVG für ein Verschulden der Dienstleister grundsätzlich haften würde, und nur im ersten Fall könnte die Übertragung der Aufgabe als „Auslagerung“ qualifiziert werden. Daher ist zu klären, was das Gesetz unter dem Begriff „Portfolioverwaltung“ versteht. Anschließend ist zu untersuchen, ob es im Rahmen der privatautonomen Gestaltungsmacht den Parteien des Investmentvertrages möglich wäre, den Begriff anders, insbesondere enger als das Gesetz, zu definieren.
117 118 119
Conradi, in: E/D/D, § 231 Rn. 14. KAMaRisk, KAVerOV Conradi, in: E/D/D, § 231 Rn. 15.
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II. Umfang der gesetzlich geschuldeten Portfolioverwaltung Das KAGB enthält, wie erwähnt, keine Legaldefinition der Portfolioverwaltung, eben so wenig die AIFM-RL oder die OGAW-RL. Gerichtliche Entscheidungen sind hierzu nicht ergangen. Die Meinungen in der Literatur, was diese Funktion umfasst, gehen weit auseinander. 1. Hinweise in Gesetzeswortlaut und -systematik Immerhin gibt § 23 Nr. 9 KAGB einen Hinweis darauf, was nicht Portfolioverwaltung (und auch nicht Risikomanagement) ist, nämlich „administrative Ta¨ tigkeiten, [der] Vertrieb von eigenen Investmentanteilen oder Ta¨ tigkeiten im Zusammenhang mit den Vermo¨ gensgegensta¨ nden des AIF“. Diese Begrifflichkeit greift die Aufzählung in § 1 Abs. 19 Nr. 24 KAGB auf, und damit diejenigen Tätigkeiten, die in Anhang I Nr. 2 der AIFM-RL genannt sind. Dies ist eine nur auf den ersten Blick banale Erkenntnis: Alles was in der Nr. 2 das Anhangs I genannt ist, kann nicht zugleich unter die Nr. 1 fallen120. Es wird später121 noch gezeigt, wie wichtig diese in der Richtlinie trennscharf angelegte Unterscheidung ist, wenn es um das Property und Asset Management von Immobilienfonds geht. Ein weiterer Hinweis auf die Bedeutung des Begriffs „Portfolioverwaltung“ findet sich in § 36 Abs. 3 KAGB. Dieser trifft folgende Regelung „sofern die Auslagerung bei einer OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Portfolioverwaltung und bei einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Portfolioverwaltung oder das Risikomanagement betrifft, du¨ rfen damit nur Auslagerungsunternehmen beauftragt werden, die fu¨ r die Zwecke der Vermo¨ gensverwaltung oder Finanzportfolioverwaltung zugelassen oder registriert sind und einer Aufsicht unterliegen;“
In dieser Norm werden die Begriffe Portfolioverwaltung (in Bezug auf die KVG) und Finanzportfolioverwaltung (in Bezug auf das Auslagerungsunternehmen) verwendet. Einer Erlaubnis als Finanzportfolioverwalter bedarf bereits, wer mit Ermessen fremde Gelder in Finanzinstrumente anlegt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese Person noch weitere Portfolio-relevante Tätigkeiten erbringt122. Daher ist unter „Portfolioverwaltung“ im Sinne des KAGB möglicherweise tatsächlich nur das reine Treffen der Anlageentscheidung zu verstehen. Schließlich zeigt § 216 KAGB, dass die Bewertung von Vermögensgegenständen nicht Teil der Portfolioverwaltung ist, da diese beiden Funktionen nach dieser Vorschrift streng voneinander getrennt werden müssen. 120 121 122
Nr. 1.
Gleiches gilt für Tätigkeiten in Bezug auf OGAW, vgl. § 50 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KAGB. Vgl. Teil 2, Abschnitt C. IV. 6. Merkblatt BaFin zum Tatbestand der Finanzportfolioverwaltung, Stand: Juni 2014,
C. Leistungs- und Sorgfaltspflichten im Rahmen der Portfolioverwaltung
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2. Hinweise in den Gesetzesmaterialien Der deutsche Gesetzgeber hat sich im Regierungsentwurf des KAGB an einer Stelle dazu geäußert, was für den Begriff der Portfolioverwaltung maßgeblich ist, und zwar in Bezug auf die Auslagerungsvorschrift des § 36 KAGB. Dort heißt es zur Frage, wann eine Auslagerung der Portfolioverwaltungsfunktion vorliegt, dass konstitutiv für die Beurteilung einer Tätigkeit als Portfolioverwaltung die Kompetenz eines Vermögensverwalters sei, Gelder im Rahmen einer festgelegten Anlagestrategie nach eigenem Ermessen zu investieren123. Fraglich ist, ob sich auf diese Textstelle die im Schrifttum vertretene Ansicht stützen lässt, Portfolioverwaltung auch im Sinne der §§ 17 und 23 KAGB erschöpfe sich im Treffen der Anlageentscheidung124. 3. Die Ansicht der deutschen Investmentaufsicht Dem dürfte möglicherweise die Aufsicht widersprechen, die in ihrem Schreiben vom 29. September 1997125 noch unter der Geltung des KAGG die Auffassung vertrat, das Fondsmanagement (so der seinerzeit für Portfolioverwaltung verwendete Begriff) umfasse die Planung, Durchsetzung und Kontrolle der Anlageentscheidung. Später, nämlich in den InvMaRisk126 und auch in den aktuellen KAMaRisk127 vertrat bzw. vertritt die BaFin demgegenüber die einschränkende Ansicht „Das Fondsmanagement beinhaltet die Organisationseinheit bzw. die Personen, die Anlageentscheidungen für die Investmentvermögen treffen. Wird dem ,Trading Desk128‘ bei der Platzierung von Aufträgen für das Investmentvermögen Entscheidungsspielraum eingeräumt, ist es ebenfalls dem Bereich Fondsmanagement zuzuordnen.“
Im Widerspruch hierzu steht wiederum folgende Aussage der BaFin in den InvMaRisk129, aus der hervorgeht, dass nach Ansicht der BaFin Portfolioverwaltung sich gerade nicht im Treffen der Anlageentscheidung erschöpft: „Soweit die Auslagerung die Portfolioverwaltung betrifft, du¨ rfen damit nach § 16 Abs. 2 Satz 1 InvG nur Unternehmen betraut werden, die fu¨ r die Zwecke der Vermo¨ gensverwaltung zugelassen sind und einer wirksamen o¨ ffentlichen Aufsicht unterliegen; § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 5 des KWG findet insoweit keine Anwendung. Soweit die Verwaltung von Immobilien fu¨ r ein Sondervermo¨ gen ausgelagert werden soll, kann die Verwaltung auch auf Unter123
Regierungsentwurf AIFM-Umsetzungsgesetz, BT-Drucksache 17/12294, S. 405. So wohl Emde/Dreibus, BKR 2013, 89, 93. 125 BaKred-Schreiben vom 29. September 1997 (V1/02 – 17/97). 126 AT4.4.3, Tz. 1. 127 AT4.6, Tz. 1. 128 Den Ausdruck „Trading Desk“ verwendet die BaFin für einen Handelstisch, an dem Aufträge zum Kauf oder Verkauf von Vermögensgegenständen im Markt platziert werden. 129 AT9, Tz. 4. 124
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nehmen ausgelagert werden, die keine entsprechende Zulassung haben. Allerdings ist bei der Auslagerung der Verwaltung von Immobilien zu beachten, dass der Gesellschaft stets das Letztentscheidungsrecht im Hinblick auf den Erwerb und die Vera¨ ußerung von Immobilien vorzubehalten ist, da diese Dispositionsbefugnis als Kernkompetenz der Gesellschaft nicht auslagerungsfa¨ hig ist.“
Die Entscheidung über den An- oder Verkauf musste nach altem Recht bei der KAG verbleiben. Gleichwohl wurde von der BaFin aber der die KAG beim An- oder Verkauf von Grundstücken unterstützende Dritte als Auslagerungsunternehmen für die Portfolioverwaltung angesehen. Dies kann man als Hinweis darauf sehen, dass nach Ansicht der BaFin Portfolioverwaltung mehr ist als das Treffen der An- und Verkaufsentscheidung mit Ermessen. Angesichts der sich widersprechenden Aussagen ist unklar, welche Tätigkeiten die BaFin zur Portfolioverwaltung zählen würde. 4. Ansichten in der Literatur zum Begriff der Portfolioverwaltung Möglicherweise haben diejenigen Stimmen in der Literatur recht, die einen sehr weiten Begriff der Portfolioverwaltung vertreten, wie etwa Tollmann. Dieser zählt zur Portofolioverwaltung die Festlegung der Anlagestrategie und –taktik, die darauf beruhende Auswahl der Anlageobjekte, deren Erwerb und Veräußerung sowie die Wahrnehmung der mit dem Halten von erworbenen Beteiligungen verbundenen Mitgliedschaftsrechte130. Dies ist ein viel weiterer Bereich als das bloße Treffen der Anlageentscheidung. Selbst dies geht einigen Autoren jedoch nicht weit genug. Diese sind der Ansicht, Portfolioverwaltung umfasse sämtliche Tätigkeiten der „kollektiven Vermögensverwaltung“, auf die in Art. 2 Abs. 1 lit b) OGAW-RL Bezug genommen werde131, oder sämtliche Aufgaben, die zur kollektiven Anlage des Kapitals notwendig seien132. Gleich zwei Kommentare133 verweisen einerseits darauf, „Portfolioverwaltung“ sei mit der „kollektiven Vermögensverwaltung“ gleichzusetzen134. Wenn man dem 130
Tollmann, in: D/J/K/T, Anhang I, Rn. 10; ähnlich Jakovou, in: Langenbucher/Bliesener/ Spindler, Bankrechts-Kommentar, § 39 Rn. 105. 131 So, noch unter der Geltung des Investmentgesetzes, Beckmann, in: B/S/V, § 16 InvG Rn. 101. 132 So Seidenschwann, S. 94; mit diesem weiten Begriff der Portfolioverwaltung setzt sich Seidenschwann in Widerspruch zu ihrer eigenen Analyse der Wertschöpfungskette einer KVG, wo sie nur einzelne Funktionen (aus dem Back Office z. B. die Performance-Messung) der Portfolioverwaltung zuweist. 133 Winterhalder, in: W/B/A, § 17 Rn. 20; Volhard/Jang, in: D/J/K/T, Art. 6 Rn. 10. 134 Nicht sehr klar in diesem Zusammenhang auch Schücking, in: FK, § 17 Rn. 20, der „die kollektive Verwaltung eines Investmentvermögens unter Umsetzung seiner Anlagebedingungen“ zum Portfoliomanagement zählt, es ergänzend aber für erforderlich hält, auch die Ent-
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folgte, hätte der Begriff eigentlich gar keinen eigenen Inhalt mehr. Andererseits erklären dieselben Autoren jedoch, Portfolioverwaltung sei jedenfalls die Anschaffung, die Veräußerung und die Einkünfteerzielung aus Vermögensgegenständen für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger … „und was sonst noch unter den Begriff falle, [werde] sich zeigen“135. Die Gleichsetzung von Portfolioverwaltung und kollektiver Vermögensverwaltung ist abzulehnen. Dagegen spricht die Gesetzessystematik in den Anhängen von OGAW-RL und AIFM-RL. Ferner spricht folgende Erwägung gegen diese Ansicht: Wenn alle Funktionen der kollektiven Vermögensverwaltung einer KVG zugleich Portfolioverwaltung wären, dann würde § 17 KAGB, welcher eine KVG verpflichtet, Portfolioverwaltung und nicht nur administrative Tätigkeiten zu betreiben, ins Leere gehen. Am weitesten geht Beckmann136, wenn er den Begriff der Portfolioverwaltung „dynamisch“ interpretiert. Selbst dann, wenn eine KVG Tätigkeiten ausübe, die unter Anhang I Nr. 2 AIFM-RL fielen, könne dies als Anlageverwaltung gelten, „wenn die Tätigkeit in unmittelbarem Zusammenhang mit der Portfolioverwaltung oder dem Risikomanagement [stehe]“ und „von wesentlicher Bedeutung“ sei. Beckmann bleibt dann aber Abgrenzungskriterien für die Unmittelbarkeit des Zusammenhangs und die „wesentliche Bedeutung“ schuldig, so dass die konkreten Auswirkungen dieser Definition unklar bleiben.
III. Eigene Auffassung 1. Ausgangspunkt der eigenen Definition § 17 Abs. 1 KAGB stellt klar, dass es die Aufgabe einer KVG ist, Investmentvermögen zu verwalten. Von der kollektiven Verwaltung umfasst sind zahlreiche gesondert benannte administrative Funktionen, die, eben weil sie besonders benannt sind, nicht Teil der Portfolioverwaltung sind. Dasselbe gilt für das Risikomanagement als funktional und hierarchisch von der Portfolioverwaltung und anderen operativen Funktionen zu trennende Funktion. Man muss davon ausgehen, dass der Gesetzgeber, als er den Aufgabenkatalog einer KVG beschrieb, damit alle für das Erreichen des Vertragszweckes notwendigen Maßnahmen erfassen wollte. Anders ausgedrückt: Eine gesetzliche Konzeption, welche dazu führte, dass eine KVG nicht originär für alle Verwaltungs-Maßnahmen scheidung über Anschaffung und Veräußerung von Vermögensgegenständen unter die Definition zu ziehen. 135 Volhard/Jang, in: D/J/K/T, Art. 6 Rn. 10 fordern beispielweise eine Klärung, inwieweit die Due Diligence in Rahmen von Immobilien- und Private Equity Fonds noch Teil der Portfolioverwaltung sei. 136 Beckmann, in: B/S/V, § 36 Rn. 183.
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zuständig wäre, die zum Erreichen des Vertragszwecks erforderlich sind, wäre zu eng, weil durch sie das gesetzgeberische Ziel verfehlt würde. Einzige Ausnahme von diesem Grundsatz ist das in der AIFM-RL ausdrücklich angelegte Wahlrecht des AIFM, bestimmte administrative Funktionen nicht selbst originär zu übernehmen, vgl. oben Teil 2, Abschnitt A. Auf den Punkt gebracht würde damit die Definition der Portfolioverwaltung zunächst lauten: „Die Portfolioverwaltung umfasst sämtliche Tätigkeiten, (i) die zur Erreichung des mit dem Anleger vereinbarten Vertragszweckes erforderlich sind und (ii) die sich nicht unter die sonstigen in Anhang I Nr. 1 oder 2 der AIFM-RL genannten Funktionen subsumieren lassen.“
2. Einschränkung des Geltungsbereichs der Definition für die Zwecke dieser Untersuchung Vorab soll festgehalten sein, dass die hier vertretene sehr weite Definition nur für einen Zweck aufgestellt wurde, nämlich für die Bestimmung des vom Gesetz festgelegten originären Leistungsumfangs einer KVG gemäß §§ 17, 23 KAGB. Bei der Analyse des § 36 KAGB wird untersucht werden137, ob diese weite Definition eingeschränkt werden kann oder sogar muss. 3. Weitere notwendige Einschränkung des Begriffs „Portfolioverwaltung“ Die oben gefundene vorläufige Definition wäre dann korrekturbedürftig, wenn es Aufgaben bzw. Funktionen gäbe, die für die Erreichung des Vertragszweckes erforderlich sind, die aber vom Gesetzgeber eindeutig anderen Beteiligten zugewiesen sind. Solche Aufgaben gibt es in der Tat. Dies sind zum einen sämtliche Aufgaben, die der Gesetzgeber der Verwahrstelle zugewiesen hat. Ferner fallen hierunter sämtliche Aufgaben, welche die KVG rechtlich gar nicht erfüllen könnte. So ist es der Zweck eines Investmentvertrages über die Verwaltung eines Immobilienvermögens, dass für Rechnung der Anleger Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte erworben werden. Erkennbar ist die KVG allein dazu nicht in der Lage: So bedarf es bei deutschen Grundstücken des Grundbuchamtes, um den Eigentumserwerb zu bewirken. Bei der Verwaltung eines Wertpapierportfolios kann die KVG nicht selbst die Geldüberweisung bis zum Empfänger einer Zahlung bewirken. Sie bedarf ferner zwingend der Mitwirkung von Clearstream Banking AG als staatlich zugelassener Wertpapiersammelbank, damit die Anleger eines Wertpapierfonds Eigentum an girosammelverwahrten deutschen Wertpapieren erwerben können. 137
Vgl. dazu unten Teil 3, Abschnitt B.
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Diese Beispiele zeigen, dass die obige Definition ergänzungsbedürftig ist, so dass der Anwendungsbereich der Portfolioverwaltung kleiner wird: „Die Portfolioverwaltung umfasst sämtliche Tätigkeiten, (i) die zur Erreichung des mit dem Anleger vereinbarten Vertragszweckes erforderlich sind, (ii) die sich nicht unter die sonstigen in Anhang I Nr. 1 oder 2 der AIFM-RL genannten Funktionen subsumieren lassen und (iii) die der Gesetzgeber nicht Dritten zugewiesen hat.“
IV. Praktische Konsequenzen 1. Allgemeines Nach der vorstehenden Definition ist die KVG originär für sämtliche Aufgaben zuständig, die sie theoretisch erbringen darf und die notwendig sind, damit der Vertragszweck erreicht wird. Darüber hinaus folgt aus der Definition nicht nur die Zuständigkeit der KVG als solche, sondern wann es sich bei dieser Zuständigkeit gerade um eine solche im Rahmen der Portfolioverwaltung handelt. Die hier vertretene Ansicht geht weit über das bisherige Verständnis des Begriffs Portfolioverwaltung hinaus, und sie hat daher potentiell weitreichende praktische Konsequenzen, wie im Folgenden gezeigt wird. 2. Due Diligence bei Sachwerten als Teil der Portfolioverwaltung Es ist nun zu analysieren, ob bestimmte Funktionen der Wertschöpfung unter dem Investmentvertrag als Teil der Portfolioverwaltung für Zwecke des § 17 KAGB anzusehen sind. Dabei soll mit der Due Diligence bei Sachwerten begonnen werden. Vorab sei klargestellt, dass die hier erörterte Due Diligence nicht mit dem Bereich der dem Risikomanagement zuzuordnenden Prä-Investitions Due Diligence nach § 29 Abs. 3 Nr. 1 KAGB i. V. m. Art. 18 Level 2-VO138 zu verwechseln ist. Vielmehr geht es um die Due Diligence in Bezug auf wertbildende Faktoren, wie etwa den Stand der Vermietung, die Belastung der Immobilie mit Rechten Dritter, etc. Die Due Diligence von Kaufgegenständen ist bei Sachwertefonds essentiell für den Anlageerfolg. Daher wird hierauf nicht nur sehr viel Zeit verwendet, die KVGen lassen sich diese Tätigkeiten auch zusätzlich zur allgemeinen Verwaltungsvergütung gesondert vergüten. Die Aufgabe lässt sich grundsätzlich nicht unter die anderen in Anhang I der AIFM-RL genannten Tätigkeiten subsumieren. Die Due Diligence ist daher regelmäßig Teil der Portfolioverwaltung. Eine Ausnahme gilt für die Due Diligence in Bezug auf rechtliche Umstände. Diese Tätigkeit fällt unter Anhang I Teil 2 lit. a) (i) „Rechtliche Dienstleistungen und Dienstleistungen der Fondsbuchhaltung und Rechnungslegung“. Zwar obliegt es der 138
Vgl. dazu Teil 2, Abschnitt B. V. 3.
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KVG, bei Sachwertefonds eine rechtliche Due Diligence durchzuführen; diese ist jedoch nicht Teil der Portfolioverwaltung, sondern eine allgemeine Verwaltungstätigkeit. Somit kann diese Tätigkeit auch auf Dritte ausgelagert werden kann, die nicht zur Vermögensverwaltung zugelassen sind. Wenn man insoweit anderer Auffassung wäre, müsste man auf Basis der BaFin-Definition den Einsatz externer Rechtsberater im Rahmen der Due Diligence als Fall der Auslagerung der Portfolioverwaltung ansehen, siehe auch Teil 3, Abschnitt A. IV., Fallgruppe 2. Von der „rechtlichen Due Diligence“ ist auch die steuerliche Due Diligence umfasst, weil das Steuerrecht ebenfalls „Recht“ ist und dieselben Arten von Dienstleistern, welche rechtliche Verhältnisse des Kaufgegenstandes beurteilen, auch die steuerlichen Verhältnisse beurteilen dürfen und können. Als Teil der Portfolioverwaltung muss hingegen mangels gesetzlicher Sonderregelung die Erfassung und Beurteilung tatsächlicher Verhältnisse (Altlasten, Stand der Vermietung, etc.) gelten. Die anderslautende Auffassung von Partsch/Mullmaier139, wonach die gesamte Due Diligence als der Anlageentscheidung vorgelagerte Tätigkeit unter Anhang I Nr. 2 lit. c) AIFM-RL fallen soll, ist abzulehnen. Diese Vorschrift erfasst lediglich Sachverhalte, bei denen Dienstleistungen in Bezug auf bereits erworbene Vermögensgegenstände erbracht werden140. Jedenfalls schuldrechtlich muss der Erwerb bereits stattgefunden haben, damit Anhang I Nr. 2 lit. c) einschlägig sein kann141.
3. Beschaffung von Marktdaten als Teil der Portfolioverwaltung Nach dem oben Gesagten muss auch die Beschaffung von Marktdaten142 in Bezug auf Wertpapiere und andere Finanzinstrumente zur Portfolioverwaltung gerechnet werden. Diese Tätigkeit ist unabdingbar für den vertraglich geschuldeten Anlageerfolg. Sie kann keinem anderen Bereich zugewiesen werden. Daher handelt es sich um Portfolioverwaltung. Auf den ersten Blick ließe sich zwar auch erwägen, die Beschaffung von Marktdaten der „Bewertung der Vermögensgegenstände“ in Nr. 2 von Anhang I AIFM-RL zuzurechnen und damit von der Portfolioverwaltung auszunehmen. Da die Marktdaten aber bereits vor Erwerb der Vermögensgegenstände für die eigentliche 139
In: Partsch/Mullmaier, Delegation, S. 271. Zustimmend Tollmann, in: D/J/K/T, Anhang I Rn. 25: „in welche der AIF investiert hat.“ 141 Anderer Ansicht – leider ohne Begründung – ist die Belgische Finanzmarktaufsicht FSMA, welche davon ausgeht, dass auch die Due Diligence in Bezug auf noch zu erwerbende Sachwerte unter Anhang I Nr. 2 lit. c) fällt, vgl. FSMA Opinion 2018/08 vom 5. Juni 2018: „doivent être considérées comme des activités liées aux actifs d’un OPCA: les services et activités liés au processus d’investissement, connexes aux décisions liées à l’achat ou à la vente des biens immobiliers en portefeuille de l’OPCA. Sont visés, par exemple la recherche d’opportunités d’investissement et la préparation et la réalisation d’une due diligence.“ 142 Beispielsweise Wertpapierkurse, Währungskurse. 140
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Anlageentscheidung benötigt werden, scheidet diese Möglichkeit aus. Hierfür spricht im Übrigen, dass zu den Marktdaten, welche für die Anlageentscheidung benötigt werden, auch historische Preisinformationen zählen, die zwar nicht für die Bewertung benötigt werden, aber z. B. für die Chartanalyse. 4. Anschaffung und Veräußerung von Wertpapieren grundsätzlich kein Teil der Portfolioverwaltung Damit der Zweck des Investmentvertrages im Falle von Wertpapierfonds erfüllt wird, müssen Wertpapiere angeschafft oder veräußert werden, nachdem die Entscheidung hierüber im Front Office getroffen wurde. Es wurde gezeigt, dass die Beschaffung der Wertpapiere in zwei Teilakte zerfällt: die Erteilung der Order durch den Handelstisch der KVG an einen Broker sowie die anschließende Ausführung der Order durch den Broker. Dieser erwirbt im Falle des Börsenhandels über eine deutsche Börse143 die Wertpapiere typischerweise als Finanzkommissionär, d. h. im eigenen Namen für Rechnung der ihn beauftragenden KVG. Gleiches gilt für die Veräußerung. Jedenfalls theoretisch könnte die KVG in vielen Fällen auch ohne Broker auskommen, indem sie selbst an der Börse handelt. Es gibt keine rechtlichen Zugangsbeschränkungen, welche es einer KVG unmöglich machen würden, selbst eine Börsenmitgliedschaft z. B. an der Frankfurter Wertpapierbörse zu erwerben144. An anderen Börsen mag dies anders geregelt sein. Hier aber soll der Fall interessieren, in dem jedenfalls juristisch die KVG nicht auf einen Broker angewiesen ist, um Wertpapiere über die Börse zu beschaffen. Die Situation ist also anders als etwa beim Erwerb eines deutschen Grundstückes, wo ohne Mitwirkung des Grundbuchamtes ein Eigentumserwerb nicht herbeigeführt werden kann; aus diesem Grund stellt die Eigentumsumschreibung keine Aufgabe der KVG dar, und das Grundbuchamt ist kein Erfüllungsgehilfe der KVG. Ist der Erwerb der Wertpapiere entscheidend für den Anlageerfolg unter dem Investmentvertrag, dann ist jedenfalls prima facie auch die Herbeiführung dieses Erwerbes eine Aufgabe der KVG. Diese Aufgabe ist jedenfalls auf den ersten Blick gesetzlich nicht zwingend einer anderen Partei zugewiesen. Sie lässt sich nicht unter eine der anderen Funktionen der kollektiven Vermögensverwaltung subsumieren, die in Anhang I der AIFM-RL genannt sind. Damit würde es sich bei dem Erwerb der Wertpapiere um eine Aufgabe der KVG und sogar eine Teilfunktion der Portfolioverwaltung handeln.
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Für börsennotierte Wertpapiere ist es wegen der Marktliquidität häufig sinnvoll, dass diese auch tatsächlich an einer Börse gehandelt werden. 144 Vgl. §§ 12 ff. der Börsenordnung Frankfurter Wertpapierbörse (Stand: 01.07.2019) sowie § 12 Abs. 1 S. 3 BörsG.
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Dies scheint auf den ersten Blick auch die BaFin so zu sehen, wenn sie in Bezug auf den Einsatz von Brokern in den Erläuterungen zur KAMaRisk145 ausführt: „Nicht als Auslagerung zu qualifizieren ist auch die Ausfu¨ hrung von Auftra¨ gen durch Dritte (z. B. Broker oder Depotbank), soweit sich der Ermessensspielraum des ausfu¨ hrenden Dritten auf die Sicherstellung der bestmo¨ glichen Ausfu¨ hrung und die Art und Weise der Ausfu¨ hrung (z. B. Timing der Ausfu¨ hrung oder Ausfu¨ hrungsplatz) im Rahmen der Ausfu¨ hrungsgrundsa¨ tze beschra¨ nkt und keinen Einfluss auf die Anlagestrategie hat.“
Damit scheint sie zu unterstellen, dass der Broker Pflichten der KVG erfüllt, ohne diese Ansicht jedoch zu begründen. Man kann die Aussage der BaFin aber auch anders verstehen. Wenn jemand behauptet, die Wahrnehmung einer bestimmten Funktion X sei nicht als Auslagerung durch die KVG zu verstehen, so kann dies zweierlei bedeuten: Entweder soll ausgedrückt werden, dass die Funktion X zwar eine Funktion ist, die von der KVG wahrgenommen werden muss, dass aber deren Übertragung auf einen Dritten keine Auslagerung darstellt, weil die Übertragung nicht die Voraussetzungen einer „Auslagerung“ erfüllt. Alternativ soll ausgedrückt werden, dass die Funktion X von vornherein keine Funktion der KVG war, und deren Wahrnehmung durch Dritte schon deshalb keine Auslagerung sein kann. Im vorliegenden Fall könnte man die Ansicht vertreten, dass die Anschaffung der Wertpapiere gesetzlich jedenfalls indirekt und jedenfalls im Regelfall zwingend einem Broker zugewiesen ist und somit nicht Aufgabe der KVG sein kann. Der Einsatz von Brokern dient nämlich dem Interesse des Anlegers, dem an einer bestmöglichen Ausführung gelegen ist. Broker kennen sich in bestimmten Marktsegmenten besser aus als KVGen. Sie erhalten Aufträge von einer Vielzahl von Kunden und haben daher viel mehr Marktinformationen als die KVG. Sie wissen, ob in einem bestimmten Titel gerade große Nachfrage herrscht, so dass ein Kauf zu vertretbaren Konditionen nicht möglich ist. Sie leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur bestmöglichen Ausführung (Best Execution), die in § 26 Abs. 5 und § 168 Abs. 7 KAGB gefordert wird. Wenn die KVG daher nicht selbst tätig wird, so entledigt sie sich damit nicht einer lästigen Aufgabe, sondern sie fördert den Vertragszweck. Daher ist die KVG im Rahmen der Portfolioverwaltung jedenfalls im Regelfall nicht verpflichtet, selbst Wertpapiere an den einschlägigen Märkten zu handeln. Würde sie selbst handeln, dann würde sie im Regelfall den Vertragszweck nicht fördern, sondern den Anleger schädigen. Broker werden daher nicht im Pflichtenkreis der KVG tätig, und sind daher auch nicht als ihre Erfüllungsgehilfen anzusehen. Die Anschaffung oder Veräußerung von Wertpapieren an der Börse oder anderen Märkten ist somit auch keine Funktion der Portfolioverwaltung. Diese Ansicht wird von der deutschen Investmentindustrie geteilt. Im BVI-Mustervertrag für die Auslagerung der Portfolioverwaltung auf externe Asset Manager wird diesen lediglich 145
Erläuterungen zu AT 10.1.
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die Brokerauswahl auferlegt, nicht aber die eigentliche Beschaffung der Wertpapiere146. Regelmäßig enthalten die Haftungsklauseln dieser Verträge auch den Hinweis, dass Broker keine Erfüllungsgehilfen des externen Asset Managers sind. 5. Middle Office und Back Office-Funktionen als Teil der Portfolioverwaltung Die obige Darstellung der Wertschöpfungs-Funktionsbereiche147 sowie die Analyse des Begriffs „Risikomanagement“148 haben gezeigt, dass die Begriffe „Front Office“ und „Portfolioverwaltung“ nicht deckungsgleich sind. Manche Aktivitäten des Front Office sind dem Risikomanagement zuzuordnen. Dies gilt sowohl im Rahmen der Portfolioplanung als auch der Portfoliorealisierung149.
146 BVI-Muster-Auslagerungsvertrag § 2 Nr. 5 lit e), Stand: Juni 2018: „Broker und Kontrahenten wählt der Verwalter unter Einhaltung aller aufsichtsrechtlichen Vorgaben nach eigenem Ermessen und unter Beachtung der Best-Execution-Policy aus. Das Auswahlermessen ist insofern auf die in der als Anlage D beigefügten Liste genannten Broker und Kontrahenten beschränkt. Der Verwalter überprüft, ob die ausgewählten Broker und Kontrahenten ihrerseits über geeignete Vorkehrungen verfügen, um die bestmögliche Ausführung der Order zu gewährleisten.“ 147 Vgl. Teil 1, Abschnitt D. 148 Vgl. Teil 2, Abschnitt B. 149 Zu diesen Begriffen vgl. die nachstehende Graphik aus Rehkugler, S. 6, dieser nach Schmidt-Rhein, A. „Die moderne Portfoliotheorie im praktischen Wertpapiermanagement“, 1996.
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Andere Aufgaben sind administrativer Natur und damit nicht Teil der Portfolioverwaltung, so die Pre-Trade Compliance Checks, vgl. Anhang I Nr. 2 lit. a) (iv) AIFM-RL. Ferner gilt es zu klären, ob bestimmte Tätigkeiten des Middle Office und des Back Office als Portfolioverwaltung anzusehen sind. a) Portfolioverwaltung im Middle Office? Wendet man die oben entwickelte Definition der Portfolioverwaltung an, dann könnte man erwägen, eine Reihe von Tätigkeiten des Middle Office der Portfolioverwaltung im Sinne des § 17 KAGB zuzuordnen: Dazu gehören beispielsweise der Abgleich der erteilten Order mit der vom Broker ausgeführten Order (Trade Reconciliation) und die Abwicklung der ausgeführten Order (Settlement). Richtigerweise wird man diese Tätigkeiten jedoch nicht der Portfolioverwaltung zuordnen, sondern dem Tatbestand in Anhang I Teil 2 lit. c) AIFM-RL, „Ta¨ tigkeiten im Zusammenhang mit den Vermo¨ genswerten des AIF, worunter (…) Dienstleistungen in Verbindung mit der Verwaltung der AIF und der Unternehmen und anderer Vermo¨ genswerte, in die die AIF investiert haben, fallen.“
Trade Reconciliation und Settlement betreffen Vermögensgegenstände, die vom Fonds bereits erworben wurden. Selbst wenn der dingliche Eigentumserwerb z. B. eines Wertpapieres noch nicht vollzogen wurde, so erwerben doch der Fonds bzw. die Anteilinhaber einen schuldrechtlichen Anspruch auf Lieferung als Teil des Fondsvermögens. Der Anspruch wird durch die Lieferung lediglich erfüllt, das Wertpapier ist das Surrogat für den Lieferanspruch. Folglich sind Trade Reconciliation und (Überwachung des) Settlement nicht der Portfolioverwaltung zuzuordnen, und auch die sonstigen Middle Office Funktionen sind nicht als Portfolioverwaltung anzusehen150. b) Back Office-Funktionen als Teil der Portfolioverwaltung Teilbereiche des Back Office könnten jedoch der Portfolioverwaltung zugerechnet werden. Dazu gehören alle Tätigkeiten, die nicht unter Anhang I Nr. 2 AIFM-RL fallen. Die Grenzen sind dabei nicht immer klar gezogen. So könnte man die Ansicht vertreten, die Abwicklung von Kapitalmaßnahmen (Corporate Actions Processing), welche über die bloße Vereinnahmung von Zahlungen und deren Verbuchung hinausgehe, sei bereits der Portfolioverwaltung zuzurechnen. Man wird dies bejahen müssen, wenn eine im Back Office mit Ermessen getroffene Entscheidung dieselbe wirtschaftliche Tragweite hat wie eine Anlageentscheidung im Front Office. Dies gilt 150
Zustimmend wohl Tollmann, in: D/J/K/T, Anhang I Rn. 25.
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z. B. für die Ausübung eines Bezugsrechtes, die Entscheidung über die Annahme eines Umtauschangebotes, etc. Gleiches gilt für sämtliche Maßnahmen des Währungsmanagements mit Ermessen, also z. B. die Entscheidung, ob und wie (d. h. zu welchen Konditionen) eine Fremdwährungsposition abgesichert werden soll. 6. Property Management und Asset Management kein Teil der Portfolioverwaltung von Immobilienfonds Es gibt mittlerweile eine Reihe von Immobilienfonds, die Portfolien von Wohnimmobilien mit über 10.000 Einheiten halten. Eine typische KVG wäre mit der Immobilienverwaltung eines solchen Portfolios überfordert. Die KVGen, die in diesem Bereich tätig sind, bestellen daher für die Verwaltung typischerweise professionelle Dienstleister (Real Estate Asset Manager)151. Diese treffen im Tagesgeschäft Entscheidungen über Neuvermietungen, Sanierungen, etc. Fraglich ist, wie deren Tätigkeit einzustufen ist. Anhang I Nr. 2 lit. c) AIFM-RL nennt als eine administrative Funktion des AIFM die Immobilienverwaltung. Immobilienverwaltung ist somit nicht Portfoliomanagement. Dies erkennt die BaFin in Ihrem FAQ Auslagerung152 grundsätzlich auch an, indem sie auf die Systematik des Anhang I der AIFM-RL Bezug nimmt. Sie will dann aber unterscheiden, ob die Verwaltungstätigkeit mit weitreichenden Entscheidungsbefugnissen verbunden ist: „Ggf. sind dann die betreffenden Tätigkeiten auch als Portfolioverwaltung anzusehen, so dass deren Übertragung zusätzlich auch den Anforderungen des § 36 Absatz 1 Nummer 3 KAGB genügen muss. In Betracht kommen hierbei Tätigkeiten mit weitgehender Entscheidungsbefugnis bezüglich eines Vermögensgegenstands mit möglicherweise weitreichenden wirtschaftlichen Folgen für den Fonds (z. B. bei Vermietung oder Sanierung von Objekten).“153
Wenn im deutschen Finanzaufsichtsrecht von „Verwaltung“ die Rede ist, dann ist damit stets eine mit einem Ermessen des Verwalters verbundene Tätigkeit gemeint. Dies gilt für die kollektive Vermögensverwaltung nach KAGB insgesamt, für die Finanzportfolioverwaltung nach § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 3 KWG und für die Anlageverwaltung nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 11 KWG. Verwaltung bedingt Ermessen. Immobilienverwaltung i. S. d. Anhang I Nr. 2 lit. c) AIFM-RL wird folglich nicht dadurch zur Portfolioverwaltung, dass dem Verwalter ein Ermessen eingeräumt wird. Qualifizierte man die Immobilienverwaltung mit Ermessen als Portfolioverwaltung, würde dies zu einer massiven Einschränkung des Kreises möglicher Ausla151
So auch Tollmann, in: D/J/K/T, Art. 20 Rn. 24. Vgl. Frage 15. 153 Zustimmend Koch, in: FK, § 36 Rn. 28: „Bei Tätigkeiten mit weitgehender Entscheidungsbefugnis bezüglich eines Vermögensgegenstandes … sind die betreffenden Tätigkeiten als Portfolioverwaltung anzusehen.“; ferner Volhard/Jang, in: W/B/A, § 36 Rn. 12. 152
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Teil 2: Der Investmentvertrag
gerungsunternehmen führen, weil die meisten Real Estate Asset Manager nicht über eine Vermögensverwaltungserlaubnis verfügen. Es ist schließlich auch nicht im Interesse des Anlegerschutzes erforderlich, den Anwendungsbereich der Portfolioverwaltung über die gesetzlichen Grenzen hinaus zu erweitern. Dem Anlegerschutz ließe sich vielmehr hinreichend durch eine Pflicht der KVG Rechnung tragen, einer Immobilienverwaltungsgesellschaft für wesentliche Entscheidungen konkrete Vorgaben zu machen oder allgemeine Leitlinien vorzugeben. Das Gesetz weist somit in Anhang I die Immobilienverwaltung154 den administrativen Funktionen zu, sie ist folglich niemals Teil-Funktion der Portfolioverwaltung. 7. Loan Administration Unter „Loan Administration“ soll hier die laufende Überwachung der Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers, die Überwachung von Zahlungseingängen sowie das Mahnwesen verstanden werden. Nicht dazu gehört die Entscheidung über die Gewährung eines Darlehens, oder über dessen Prolongation, Kündigung oder Restrukturierung. Diese Tätigkeiten müssen unmittelbar der Portfolioverwaltung zugerechnet werden, weil es hier um den Erwerb, das Halten oder die Veräußerung eines Vermögensgegenstandes geht, also um eine Kernaufgabe der Portfolioverwaltung. Loan Administration im so verstandenen engen Sinne ist eine Gruppe von Aufgaben, die sich auf bereits erworbene Vermögensgegenstände bezieht, und die daher Anhang I Teil 2 lit. c) AIFM-RL, nicht aber der Portfolioverwaltung zuzuordnen sind.
V. Zwischenergebnis Die oben erarbeitete Definition der Portfolioverwaltung ist auf den ersten Blick sehr weit. Insbesondere weil viele der Handlungen in Bezug auf bereits erworbene Vermögensgegenstände sich Anhang I Nr. 2 lit. c) AIFM-RL zuordnen lassen, ist der Anwendungsbereich der Portfolioverwaltung dann aber doch erheblich enger, als dies zunächst den Anschein hat. Es bleibt aber dabei, dass einige der eigentlichen Anlageentscheidung vorgelagerten Tätigkeiten integraler Bestandteil der Portfolioverwaltung im gesetzlichen Sinne sind. Dies gilt z. B. die Beschaffung von (Markt-)Informationen über den Kaufgegenstand und deren Analyse. Diese Aufgaben obliegen originär der KVG. Sie mag sie im Wege der Auslagerung oder des sonstigen Fremdbezuges auf Dritte 154
Englischer Ausdruck in der AIFM-RL „Real Estate Administration Activities“.
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übertragen können, aber dies ändert nichts an ihrer gesetzlich festgelegten aufsichtsrechtlichen Verantwortung für diese Funktionen.
VI. Einschränkung der Reichweite der Portfolioverwaltung durch Vertrag zwischen KVG und Anleger? Es wurde oben155 festgestellt, dass in Bezug auf Sondervermögen und PublikumsInvestmentgesellschaften die KVG nicht die Möglichkeit hat, sich von den administrativen Aufgaben des Anhangs I Nr. 2 AIFM-RL vertraglich freistellen zu lassen. Die Freistellung von administrativen Funktionen kann allenfalls bei Spezial-Investmentgesellschaften erfolgen. Besteht bei Sondervermögen oder Investmentgesellschaften jedenfalls die Möglichkeit, die im Rahmen der Portfolioverwaltung zu erbringenden Tätigkeiten vertraglich enger zu fassen, die nicht übernommenen Teile originär Dritten zu übertragen und die KVG aus der primären aufsichts- und zivilrechtlichen Verantwortung zu entlassen? Diese Frage muss man eindeutig verneinen, und zwar für alle Arten von Investmentvermögen, gleich ob in Vertragsform oder Gesellschaftsform: Es kann und darf nur eine KVG für jedes Investmentvermögen geben156. Dieser einen KVG müssen sämtliche Aufgaben der Portfolioverwaltung lückenlos zugewiesen werden. Wäre es möglich, beispielsweise für die Due Diligence die KVG aus der originären Verantwortung zu entlassen, müsste an ihrer Stelle eine andere Einheit originär verantwortlich sein. Dies würde dann zu dem gesetzlich nicht tolerierten Ergebnis führen, dass für ein Investmentvermögen zwei KVGen zuständig wären. Darauf, dass die Portfolioverwaltung auch in Teilbereichen nicht vom Anleger selbst erbracht werden darf, wurde bereits hingewiesen157. Daher ist für die privatautonome Ausgestaltung des Umfangs der von der KVG übernommenen „Portfolioverwaltung“ unter dem KAGB kein Raum.
VII. Plausibilitätskontrolle Als Zwischenergebnis wurde festgestellt, dass der gesetzliche Begriff der Portfolioverwaltung mehr umfasst als das bloße Treffen der Anlageentscheidung, und dass sich die KVG hiervon auch nicht freizeichnen kann. Dieses Ergebnis müsste ggf. revidiert werden, wenn es in der Praxis zu Ergebnissen führen würde, welche zu untragbaren Ergebnissen führen würde, etwa weil die Verantwortung einer KVG und die von ihr typischerweise erzielbare Gegenleistung in einem krassen Missverhältnis stehen würden. 155 156 157
Vgl. Teil 2, Abschnitt A. § 17 Abs. 3 KAGB. Vgl. Teil 1, Abschnitt D. IV. 3.
150
Teil 2: Der Investmentvertrag
Dies ist jedoch nicht der Fall. Nach dem hier entwickelten Begriff der Portfolioverwaltung obliegen einer KVG von Gesetzes wegen zahlreiche Aufgaben, die sie häufig nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten selbst wahrnehmen könnte. Darunter fällt beispielsweise die Beschaffung von Marktdaten, die für die Anlageentscheidung eine unverzichtbare Grundlage bilden, oder die Durchführung einer Due Diligence in Bezug auf komplexe, gar im Ausland belegene Vermögensgegenstände. Zum einen ist aber zu bedenken, dass KVGen sich in ihrer Werbung und Kundenakquisition typischerweise als Experten gerade für diejenigen Vermögensgegenstände gerieren, um deren Verwaltung es geht. Anleger insbesondere von Publikumsfonds sind nicht in der Lage, den Wahrheitsgehalt dieser Behauptungen fundiert zu hinterfragen. An ihrer eigenen Darstellung umfassender Sachkenntnis, die in Verkaufsprospekten typischerweise nicht relativiert wird, muss die KVG sich festhalten lassen. Zum anderen muss die KVG die genannten Tätigkeiten nicht selbst erbringen. Vorbehaltlich Art. 82 Level 2-VO158 kann sie alle Funktionen im Rahmen der Portfolioverwaltung auslagern und dabei nach der hier vertretenen Auffassung159 ihre Haftung für Fehler des Auslagerungsunternehmens zumindest teilweise individualvertraglich beschränken. Ferner kann die KVG, wenn sie nicht über eigene Expertise verfügt und deshalb Experten heranzieht, im Innenverhältnis die Haftung für etwaige Fehler auf diese Experten bzw. deren Haftpflichtversicherung abwälzen. Reichen ihr diese Möglichkeiten der Haftungsbegrenzung nicht, und hält sie das Risiko einer Transaktion für nicht überschaubar, dann sollte die KVG, die gehalten ist, im ausschließlichen Interesse der Anleger zu handeln160, besser von der betreffenden Transaktion Abstand nehmen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass nach hier vertretener Auffassung161 der Begriff der Portfolioverwaltung in § 36 KAGB ein anderer – nämlich engerer – ist als für die Zwecke der Feststellung der geschuldeten Leistung. Der hier entwickelte weite Begriff der Portfolioverwaltung bedarf also nicht deswegen einer Einschränkung, weil er in der Praxis zu unbilligen oder untragbaren Ergebnissen führen würde.
158 159 160 161
Vgl. Teil 3, Abschnitt C. Vgl. unten Abschnitt E. § 26 Abs. 1 KAGB. Vgl. Teil 3, Abschnitt B.
C. Leistungs- und Sorgfaltspflichten im Rahmen der Portfolioverwaltung
151
VIII. Sorgfaltspflichten des Anlageverwalters bei der kollektiven Vermögensverwaltung Die im Rahmen der individuellen Vermögensverwaltung diskutierten162 Sorgfaltspflichten (Spekulationsverbot, Diversifikationsgebot, Gebot der produktiven Vermögensverwaltung) sind im Recht der kollektiven Vermögensverwaltung entweder abbedungen, spezialgesetzlich ausgeformt oder im Investmentvertrag/Verkaufsprospekt abgebildet. Abbedungen ist die Pflicht zur Diversifikation. Zwar gilt für die meisten Fonds nach wie vor ein Diversifikationsgebot, welches dann erfüllt ist, wenn der Fonds in mindestens drei unterschiedlichen Anlagerisiken unterliegende Vermögensgegenstände investiert163. Für OGAW-Publikumsfonds gelten weitergehende Diversifikationsanforderungen164. Es ist unter dem KAGB aber auch zulässig, sog. „EinObjekt-Fonds“ aufzulegen, in welche unter bestimmten Umständen165 sogar Privatanleger investieren können. Weitere Vorgaben zur Diversifikation bestehen im Recht der kollektiven Vermögensverwaltung nicht. Insbesondere gibt es mangels ausdrücklicher Regelung in den Anlagebedingungen keine Pflicht zur geographischen Risikostreuung166. Spezialgesetzlich ausgeformt ist das Spekulationsverbot, wenn man darunter das Verbot versteht, das Vermögen des Fonds ohne nachvollziehbare und dokumentierte Grundlage zu investieren. Wie oben dargestellt167, gehört es zu den Aufgaben des Portfolioverwalters, vor der Anlageentscheidung eine Due Diligence der wertbildenden Umstände durchzuführen. Ergänzt wird diese Aufgabe durch die Pflicht168, in Rahmen des Risikomanagements eine risikobezogene Prä-Investitions Due Diligence durchzuführen169. Viele der Sorgfaltspflichten, die aus dem Gebot zur produktiven Vermögensverwaltung folgen, sind in den Anlagebedingungen und im Verkaufsprospekt geregelt: so können Höchstgrenzen für liquide Vermögenswerte vorgegeben werden, und der Vermögensverwalter macht im Verkaufsprospekt genaue und für ihn schon unter Prospekthaftungsgesichtspunkten verbindliche Angaben zu dem von ihm praktizierten Management-Stil170. Ergänzt werden diese vertraglichen und vorvertraglichen Regelungen durch die fondsspezifischen Regeln zur bestmöglichen 162
Vgl. oben Teil 1, Abschnitt B. III.2. § 262 Abs. 1 KAGB. 164 §§ 206 bis 210 KAGB. 165 Einzelheiten in § 262 Abs. 2 KAGB. 166 BGH. Urteil vom 18.9.2001 – XI ZR 337/00 – WM 2001, 2053 (2054). Gleiches dürfte für die sektorale Risikostreuung gelten. 167 Vgl. Teil 2, Abschnitt C. IV. 2. 168 § 29 Abs. 3 Nr. 1 KAGB. 169 Vgl. oben Teil 2, Abschnitt B. V. 3. 170 Aktiv vs. passiv/Fundamentanalyse vs. technische Analyse. 163
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Teil 2: Der Investmentvertrag
Ausführung von Transaktionen in Finanzinstrumenten, durch welche Transaktionskosten gesenkt werden sollen171. Insofern stehen Anleger im Bereich der kollektiven Vermögensverwaltung besser da als bei der individuellen Vermögensverwaltung, wo die verwendeten Musterverträge die oben genannten Sorgfaltspflichten häufig nicht oder nur vage behandeln. Dies gilt jedoch nicht, soweit es die Pflicht zur Beachtung steuerlicher Aspekte betrifft, welche den Anlagegegenständen anhaften172: Auch die Anlagebedingungen von Investmentvermögen treffen hierzu, wenn überhaupt, nur rudimentäre Aussagen, etwa in Bezug auf die Einhaltung der Vorgaben des Investmentsteuergesetzes.
D. Zulässigkeit der Substitution und des Einsatzes von Erfüllungsgehilfen im Rahmen des Investmentvertrages Es wurde festgestellt173, dass das KAGB der KVG sehr weitreichende Leistungsund Sorgfaltspflichten auferlegt. Ferner wurde der Begriff der Auslagerung solcher Pflichten erläutert174. Es stellt sich nun die Frage, ob die Begriffe „Auslagerung“ und „Substitution“ i. S. v. § 664 Abs. 1 BGB deckungsgleich sind bzw. welche Auswirkung die Auslagerungsvorschriften in § 36 KAGB auf die Möglichkeit und Grenzen der KVG haben, Aufgaben im Wege der Substitution von Dritten erledigen zu lassen.
I. Inhalt von § 664 Abs. 1 BGB § 664 Abs. 1 BGB enthält drei Rechtssätze: Satz 1 verbietet es einem Beauftragten grundsätzlich, seine Pflichten „einem Dritten zu übertragen“. Eine anderweitige Regelung kann durch Vertrag zwischen Auftraggeber und Beauftragtem erfolgen oder gesetzlich gestattet sein. Satz 2 ordnet an, dass, wenn die Gestattung erfolgt, sich die Verantwortung des Schuldners auf ein Auswahl- und ggf. Überwachungsverschulden beschränkt, es sei denn wiederum, dies wird vertraglich oder gesetzlich anderweitig geregelt, so dass der Schuldner trotz der Substitution für den Substituten wie für einen Erfüllungsgehilfen haftet. Satz 3 stellt klar, dass der Erfüllungsgehilfe etwas anderes ist als der „Dritte“ im Sinne der beiden vorangehenden Sätze, indem die allgemeine Erfüllungsgehilfenhaftung für anwendbar erklärt wird: Da der Schuldner für das Verschulden des 171 172 173 174
§ 168 Abs. 7 KAGB. Vgl. Teil 1, Abschnitt B. III. 3. Vgl. Teil 2, Abschnitte A. bis C. Vgl. Teil 1, Abschnitt E.
D. Zulässigkeit der Substitution und des Einsatzes von Erfüllungsgehilfen
153
Gehilfen wie für eigenes Verschulden haftet, bei der vereinbarungsgemäß zulässigen Heranziehung eines Dritten hingegen grundsätzlich nicht für dessen Verschulden haftet, müssen „Gehilfe“ i. S. v. Satz 3 und „Dritter“ i. S. v. Sätzen 1 und 2 auf unterschiedliche unterschiedliche vertragliche Gestaltungen abstellen175.
II. Anwendbarkeit des § 664 Abs. 1 BGB im Rahmen des Investmentvertrages Nach der Rechtsprechung findet § 664 BGB auf Geschäftsbesorgungsverträge Anwendung, obwohl die Vorschrift nicht in § 675 Abs. 1 BGB aufgeführt ist176. Diejenigen, die den Investmentvertrag als Geschäftsbesorgungsvertrag i. S. d. § 675 BGB ansehen, sind einhellig der Auffassung, dass § 664 BGB grundsätzlich auch auf den Investmentvertrag Anwendung findet177. Auch diejenigen, die den Investmentvertrag als Vertrag sui generis ansehen, sind dieser Ansicht178.
III. „Übertragung auf einen Dritten“ i. S. v. § 664 Abs. 1 S. 1 BGB Wesentliches Kriterium für die „Substitution“ i. S. d. § 664 BGB ist nach einer vielfach vertretenen Ansicht179 in erster Linie die Selbstständigkeit des Dritten bei der Auftragsausführung. Der Substitut steht zum Beauftragten nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis, er ist vielmehr dem unmittelbaren Einfluss- und Kontrollbereich des Beauftragten entzogen. Eine Substitution nach Abs. 1 S. 1 liegt nach dieser Ansicht dann vor, wenn das zu besorgende Geschäft insgesamt oder wesentliche Teile davon auf den Dritten übertragen werden und der Dritte das Geschäft in eigener Verantwortung zu besorgen hat. Damit es sich bei der Einschaltung eines Dritten um einen Fall des § 664 BGB handelt, wäre es mit anderen Worten erforderlich, dass „der Beauftragte dem Dritten die Geschäftsbesorgung ganz oder in Teilbereichen in eigener Verantwortung überlassen darf“180. 175
Schäfer, in: MüKo BGB, Band 5 – 2, § 664 Rn. 1. BGH, Urteil vom 18.12.1951 – I ZR 86/51 – NJW 1952, 257; OLG Bamberg, Urteil vom 20.11.2002 – 8 U 133/01 – BeckRS 9998, 04774; Neue Juristische Online Zeitschrift 2003, 665; kritisch Schäfer, in MüKo-BGB, Band 5, § 664 Rn. 3 mit weiteren Nachweisen zum Meinungsstand. 177 Nachweise bei Dieterich, S. 72 sowie Zetzsche, Prinzipien, S. 692. Für die Anwendung von § 664 BGB im Rahmen von Vermögensverwaltungsverträgen auch Benicke, ZGR 2004, 760 (808). 178 Köndgen/Schmies, Bankrechts-Handbuch § 113 Rn. 213. 179 Mansel, in: Jauernig, § 664 BGB Rn. 2 „in eigener Verantwortung“, zustimmend Wiese, in: Schulze, HK BGB, § 664 BGB Rn. 2. 180 BGH, Urteil vom 17.12.1992 – III ZR 133/91 – NJW 1993, 1704. 176
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Teil 2: Der Investmentvertrag
Diese Ansicht ist allerdings nicht gänzlich unbestritten. So wird argumentiert181, eine Substitution sei nicht durch die selbständige Form der Aufgabenerledigung gekennzeichnet, sondern dadurch, dass eine Funktion vollständig oder jedenfalls in wesentlichen Teilen übertragen wird. Die Substitution muss von der bloßen Erfüllungsgehilfenschaft abgegrenzt werden, weil sie einerseits unterschiedliche Zulässigkeitsvoraussetzungen hat und andererseits unterschiedliche Rechtsfolgen. Erfüllungsgehilfenschaft liegt bereits immer dann vor, wenn jemand als Hilfsperson im Pflichtenkreis des Schuldners unter dessen Verantwortung Pflichten des Schuldners erfüllt. Substitution ist etwas qualitativ Anderes182. Das qualitative Kriterium der Selbständigkeit ist besser geeignet als das quantitative Kriterium der Übertragung „wesentlicher Teile“ einer Funktion, um die Substitution von der bloßen Erfüllungsgehilfenschaft zu unterscheiden. Das qualitative Kriterium trägt auch die Rechtsfolge auf der Haftungsseite besser: Der Schuldner, der mit Zustimmung des Gläubigers einen Substituten bestellt, haftet deshalb nur für dessen Auswahl und Einweisung183, weil der Substitut dem unmittelbaren Einflussbereich des übertragenden Schuldners entzogen ist184, und nicht, weil der Substitut in besonderem Umfang Aufgaben übernimmt.
IV. Auswirkung von § 36 KAGB auf die Zulässigkeit der Substitution Substitution ist im Rahmen von Geschäftsbesorgungsverträgen untersagt, wenn sie nicht ausnahmsweise erlaubt ist. Der Investmentvertrag ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag bzw. wird als solcher behandelt185. Dieterich ist der Ansicht, dass auch im Rahmen des Investmentvertrages eine Substitution in Betracht kommt, vorausgesetzt, der Anleger stimme zu186. Für Publikumsfonds, bei denen die Anlagebedingungen durch die BaFin zu genehmigen sind, will Dieterich deren ausdrückliche Genehmigung der Substitution von Aufgaben ausreichen lassen187.
181
Vgl. Detlev Fischer in: Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, § 664 BGB Rn. 3. Schäfer, in: MüKo-BGB, Bd. 5 – 2, § 664 Rn. 6: „Erfüllungsgehilfe ist nach zutreffender Definition, wer mit dem Willen des Schuldners (hier des Beauftragten) bei der Erfüllung der diesem obliegenden Verbindlichkeit als dessen Hilfsperson tätig wird (…) Substitution liegt im Umkehrschluss vor, wenn ein Dritter mit dem Willen des Beauftragten bei wesentlichen Teilen der Auftragsausführung an die Stelle des Beauftragten tritt und somit zur Hauptperson wird.“ 183 § 664 Abs. 1 S. 2 BGB. 184 Dieterich, S. 73. 185 Vgl. Teil 1, Abschnitt C.I. 186 Dieterich, S. 73: „Sonach wird für die zivilrechtliche Zulässigkeit der Substitution die Gestattung der Auslagerung durch den Kunden erforderlich“. 187 Dieterich, S. 281. 182
D. Zulässigkeit der Substitution und des Einsatzes von Erfüllungsgehilfen
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Jedoch finden sich in den Anlagebedingungen weder von Publikumsfonds noch von Spezialfonds solche Genehmigungen. Dies hätte nach Dieterich zur Folge, dass eine Substitution von Aufgaben einer KVG ausschiede. Hier hilft jedoch § 36 KAGB weiter, der die Substitution für Auslagerungssachverhalte implizit für zulässig erklärt188, was neben der aufsichtsrechtlichen auch eine zivilrechtliche Komponente hat: Werden Portfolioverwaltung oder Risikomanagement vollständig auf Dritte übertragen, so wie von § 36 KAGB ausdrücklich erlaubt, so bedingt dies die gleichzeitige Einräumung von Ermessen bezüglich der zu tätigenden Anlagen und der einzugehenden Risiken. Selbst bei administrativen Tätigkeiten wird durch das Auslagerungsunternehmen vielfach Ermessen ausgeübt, weil sich auch administrative Tätigkeiten häufig nicht durch entsprechende Vorgaben der KVG lückenlos regeln lassen. Gegen diese Auffassung wird eingewandt, dass der Substitut definitionsgemäß eigenverantwortlich handele, die KVG sich bei einer Auslagerung aber vertraglich Weisungsrechte vorbehalten müsse189. Dies sei mit dem Wesen der Substitution nicht vereinbar190. Die Befürworter der grundsätzlichen Substitutionsmöglichkeit halten dem zu Recht entgegen, der Vorbehalt, Weisungen zu erteilen, ändere nichts an der selbständigen und eigenverantwortlichen Erledigung der Aufgabe durch den Substituten191. Gerade bei der Auslagerung der Portfolioverwaltung wird die Selbständigkeit und Eigenverantwortung des Auslagerungsunternehmens deutlich. Im normalen „Tagesgeschäft“ werden die von Auslagerungsunternehmen mit Ermessen gefällten Anlageentscheidungen direkt an den Markt gegeben und umgesetzt. Seitens der KVG findet nur eine ex post-Kontrolle statt. Dass die KVG theoretisch von ihrem vertraglichen Recht, Weisungen zu erteilen, Gebrauch machen könnte, ändert an dem selbständigen Charakter der Tätigkeit nichts. § 36 KAGB enthält daher die erforderliche rechtliche Gestattung zur Substitution im Rahmen des Investmentvertrages.
V. Nicht jede Auslagerung ist eine Substitution und vice versa Ist die Substitution durch Selbstständigkeit und sogar ein Ermessen gekennzeichnet, dann ist nicht jede Auslagerung zugleich Substitution. Bestimmte Ausla188 So Köndgen/Schmies, Bankrechts-Handbuch § 113 Rn. 213: „Abweichend von § 664 Abs. 1 BGB muss die Substitution zwar nicht in den Anlagebedingungen gestattet, aber im Verkaufsprospekt angekündigt sein.“, (vgl. § 36 Abs. 9 KAGB). 189 Zetzsche, Prinzipien, S. 697, geht davon aus, dass der KVG Prüfungs-, Weisungs- und Kontrollrechte gegen ihre Auslagerungsunternehmen sogar dann zuständen, wenn diese vertraglich nicht vereinbart würden. Dies scheint eher fernliegend. 190 Fragos, S. 104, erläutert am Beispiel der Portfolioverwaltung. 191 Dieterich, S. 73; Köndgen/Schmies, Bankrechts-Handbuch § 113 Rn. 213.
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Teil 2: Der Investmentvertrag
gerungstatbestände setzen nämlich kein Ermessen seitens des Auslagerungsunternehmens voraus. Vielmehr sind diese in ein so engmaschiges Netz von Weisungen eingebunden, dass von Selbständigkeit keine Rede mehr sein kann. Dies gilt z. B. für die Auslagerung der Fondsadministration auf die Verwahrstelle im Rahmen der sog. „Divisionslösung“192. Bei dieser besteht die BaFin nach wie vor darauf, in den Auslagerungsvertrag eine Vorschrift aufzunehmen, wonach der Dienstleister keinerlei Ermessen haben darf. Der Dienstleister ist in diesem Fall nicht Substitut, sondern einfacher Erfüllungsgehilfe. Umgekehrt ist nicht jede Substitution eine Auslagerung. So kann auch im Falle des sonstigen Fremdbezuges von Leistungen die KVG zur Substitution greifen. Zwar gibt es für den sonstigen Fremdbezug keine Vorschrift entsprechend § 36 KAGB, welche die für § 664 Abs. 1 S. 1 BGB notwendige Gestattung enthält; wenn aber bereits für Kernfunktionen der kollektiven Vermögensverwaltung die Substitution zulässig ist, dann muss dies erst recht für weniger bedeutsame Tätigkeiten der Fall sein. Die Haftungsfragen, die sich für Fälle der Auslagerung im Wege der Substitution stellen, werden im folgenden Abschnitt erörtert.
VI. Zwischenergebnisse Das grundsätzliche Verbot der Substitution, welches für Geschäftsbesorgungsverträge gilt, wird im Investmentrecht durch § 36 KAGB, das Recht zur Auslagerung von Funktionen auf selbständig und mit Ermessen tätige Dritte, aufgehoben. Dies gilt sogar für die Kernfunktionen der Anlageverwaltung, aber nicht nur für diese. Anderseits stellt nicht jede Auslagerung eine Substitution dar.
E. Zulässigkeit und Grenzen der Haftungsbeschränkung durch KVGen I. Problemaufriss Es wurde festgestellt193, dass die BaFin den KVGen auferlegt, sämtliche Funktionen der kollektiven Vermögensverwaltung zunächst einmal originär selbst zu übernehmen, und lediglich ermöglicht, diese Funktionen unter Beachtung der Vorgaben des § 36 KAGB ggf. auf Dritte auszulagern. Es wurde ferner erörtert,194 dass selbst hinsichtlich derjenigen Funktionen, die der Gesetzgeber zweifelsfrei einer 192 193 194
Vgl. Teil 1, Abschnitt D. V. Vgl. Teil 2, Abschnitt A. II. Vgl. Teil 2, Abschnitte II. und III.
E. Zulässigkeit und Grenzen der Haftungsbeschränkung durch KVGen
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KVG zuweist (Anlageverwaltung), zwar im Detail keine Einigkeit darüber besteht, wie weit die jeweiligen Pflichten reichen, nach richtiger Auffassung aber viele der finalen Anlageentscheidung vorgelagerte Prüfungen im Rahmen der Due Diligence zu den originären Pflichten einer KVG zählen. Schließlich wurde beschrieben195, dass KVGen von der Möglichkeit, selbst wesentliche und schadensgeneigte Aufgaben wie Anlageverwaltung und Fondsadministration auszulagern, in weitem Umfang Gebrauch machen. Vor diesem Hintergrund könnte man erwarten, dass KVGen die Haftung für selbst erbrachte Tätigkeiten regelmäßig beschränken oder dies in den Verhandlungen des Investmentvertrages zumindest versuchen196. In der Praxis geschieht dies jedoch üblicherweise nicht. Weder für Publikums-Investmentvermögen noch für SpezialInvestmentvermögen vereinbaren KVGen mit ihren Anlegern oder der die KVG bestellenden Investmentgesellschaft bislang typischerweise eine Beschränkung der Haftung. Vertragliche Regelungen, wonach die KVG für einfache Fahrlässigkeit bei Erfüllung bestimmter Aufgaben gar nicht oder nur begrenzt auf eine bestimmte Höchstsumme haftet, finden sich im Investmentvertrag nur selten. Auch die Haftung für Folgeschäden ist typischerweise weder inhaltlich noch der Höhe nach begrenzt. Ferner gibt es, soweit ersichtlich, in der Praxis nur wenige Fälle, bei denen eine KVG dem Anleger gegenüber ihre Haftung bei der Einschaltung Dritter im Rahmen der Auslagerung oder beim sonstigen Fremdbezug von Leistungen begrenzen würde. Selbst dann, wenn der (Spezialfonds-)Anleger die KVG ausdrücklich anweist, die Portfolioverwaltung auf einen externen Asset Manager zu delegieren, finden sich in der Regel keine haftungsbeschränkenden Regelungen zugunsten der KVG in den Anlagebedingungen oder in den sog. „Dreier-Vereinbarungen“ zwischen Anleger, KVG und Verwahrstelle. Die Situation ist insofern anders als bei Banken, die regelmäßig ihre Haftung in AGB beschränken197. Vielfach befinden sich KVGen in einer Situation, in der sie gegenüber ihren Vertragspartnern (Anleger, Investmentgesellschaft) für etwaige Fehler unbegrenzt haften, gleichzeitig aber der Dienstleister, dessen sie sich zur Erledigung bestimmter Aufgaben bedienen, die Haftung ausgeschlossen oder begrenzt hat. Dies gilt z. B. für die Auslagerung der Fondsadministration: Kein Fondsadministrator, der diese fehleranfällige und höchst haftungsrelevante Tätigkeit von einer KVG übernimmt, wird dafür eine unbegrenzte Haftung übernehmen. Vielmehr wird er in der Regel die Haftung für einfache (oder sogar grobe) Fahrlässigkeit auf 100 % bis 200 % des 195
Vgl. Teil 1, Abschnitt D. Jakovou, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, § 39 Rn. 94, weist darauf hin, dass KVGen in erster Linie einem operationellen Haftungsrisiko aus der Haftung für Pflichtverletzungen unterliegen, wohingegen das Marktrisko vom Anleger getragen werde. 197 Hier sei z. B. auf Nr. 2.3.4 der „Bedingungen für den Überweisungsverkehr“ verwiesen, wo die Haftung der Bank für bestimmte Schadensfälle selbst gegenüber Verbrauchern auf EUR 12.500 beschränkt ist, wenn nicht die Bank vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat. 196
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Teil 2: Der Investmentvertrag
jährlichen von der KVG gezahlten Entgeltes beschränken198. Dies ist ein Betrag, der im Ernstfall viel zu niedrig ist, um die unbegrenzten Schadenersatzansprüche der Anleger auch nur ansatzweise abzudecken. Kann eine KVG die Haftung für eigenes Verschulden im Investmentvertrag mit den Anlegern, d. h. im sog. „Investment-Dreieck“, einschränken? Falls dies zu bejahen ist, warum geschieht dies in der Regel nicht? Diesen Fragen soll in Teil 2, Abschnitt E. II. nachgegangen werden. In Abschnitt E. III. wird erörtert, ob dieselben Möglichkeiten und Grenzen der Haftungseinschränkung auch im „Investment-Viereck“ gelten. Hier verbindet KVG und Anleger kein Vertrag. Vielmehr hat die KVG den Investmentvertrag mit der Investmentgesellschaft geschlossen. Mit den Anlegern besteht nur ein gesetzliches Schuldverhältnis199. Abschnitt E. IV. schließlich befasst sich mit der Haftung der KVG bei der Einschaltung Dritter. Warum beschränken KVG ihre Haftung nicht auf sorgfältige Auswahl und Überwachung dieser Dritten? Gibt es möglicherweise (spezial-, investment-)gesetzliche Regelungen, die derartige Haftungsbeschränkungen unzulässig machen würden?
II. Beschränkung der Haftung für eigenes Verschulden im Investment-Dreieck Verletzt eine KVG die Pflichten aus dem Investmentvertrag, so haftet sie gemäß § 280 Abs. 1 BGB dem Anleger für den dadurch adäquat kausal verursachten Schaden, wenn sie die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Nach § 276 Abs. 1 BGB hat die KVG Vorsatz sowie einfache oder grobe Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn nicht vertraglich oder gesetzlich ein anderer Maßstab festgelegt wird. Da weder im BGB noch im KAGB bezüglich des Vertretenmüssens einer KVG eine Sonderregelung zu finden ist, bleibt es bei der gesetzlichen Regelung, wenn die Parteien nicht in zulässiger Weise ein anderes Haftungsregime vereinbaren. Entscheidend ist daher, ob es einer KVG gesetzlich verboten ist, ihren Anlegern gegenüber die Haftung für eigenes Verschulden inhaltlich oder der Höhe nach zu begrenzen. (Um eine Frage des eigenen Verschuldens geht es auch dann, wenn im Falle einer Auslagerung von Aufgaben auf Dritte die KVG bei deren Auswahl oder Überwachung schuldhaft handelt.) Neben allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften und handelsrechtlichen Vorschriften ist es vor allem das Investmentrecht, welches ein solches Verbot beinhalten könnte. 198
Anders ist die Situation bei der Auslagerung der Portfolioverwaltung. Hier gelingt es den KVGen in aller Regel, den externen Asset Manager zu einer vollen Haftung ohne jede Einschränkung zu verpflichten. 199 Vgl. Teil 1, Abschnitt C.
E. Zulässigkeit und Grenzen der Haftungsbeschränkung durch KVGen
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1. Regelung im BGB – AGB vs. Individualabrede Dem BGB ist ein solches Verbot nicht zu entnehmen. Wenn jedoch die Haftungsbeschränkung in AGB erfolgen soll, sind die absoluten Klauselverbote in § 309 Nr. 7b BGB zu beachten, wonach u. a. die Haftung für grobes Verschulden nicht durch AGB ausgeschlossen oder begrenzt werden kann. Daneben gilt das von der Rechtsprechung in Anlehnung an § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB entwickelte Verbot, die Haftung für die Verletzung von Kardinalpflichten durch AGB zu begrenzen. Dies gilt auch für die Fälle leichter Fahrlässigkeit200. Zu den Kardinalpflichten gehören die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Hauptleistungspflichten201. Ferner erfasst der BGH regelmäßig Neben(leistungs)pflichten, auf deren Erfüllung der Vertragspartner vertrauen darf, weil sie die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung überhaupt erst ermöglichen202. Eine Haftungsfreizeichnung in AGB soll nach dem BGH nicht dazu führen können, dass die Leistungszusage ausgehöhlt wird, indem sie dem Vertragspartner Rechtspositionen nimmt, die ihm der Vertrag zu gewähren hat203. Dies ist ein erstes wichtiges Zwischenergebnis: Soweit der Anwendungsbereich des § 309 Nr. 7b BGB bzw. des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB reicht, kann die Haftung nicht beschränkt werden204. Gegenüber den zahlreichen Anlegern von PublikumsSondervermögen müsste die Regelung zum Ausschluss der Haftung für grobes Verschulden jedoch in AGB, nämlich in den Anlagebedingungen getroffen werden, und wäre daher ohne Wertungsmöglichkeit unwirksam. Sämtliche der in Anhang II der OGAW-RL bzw. Anhang I der AIFM-RL aufgeführten, anlegerbezogenen205 Pflichten sind vertragswesentliche und daher Kardinalpflichten. Bei der Portfolioverwaltung und dem Risikomanagement handelt es sich um Hauptleistungspflichten, weil die Anlage in Vermögenswerte, unter Berücksichtigung der ihnen innewohnenden Risiken, diejenige Leistung ist, für welche der Anleger das Verwaltungsentgelt primär bezahlt206. Fraglich ist, ob die Erfüllung der anderen in Anhang I Nr. 2 der AIFM-RL genannten Funktionen als vertragliche Hauptleistungspflicht angesehen werden muss, so dass diesbezüglich eine Haftungsfreizeichnung auch für leichte Fahrlässigkeit 200
Vgl. hierzu Christensen, in: Ulmer/Brander/Hensen, § 309 Nr. 7 Rn. 3. BGH, Rechtsentscheid vom 24.10.2001 – VIII ARZ 1/01 – NJW 2002, 673 (675) m. w. N. 202 BGH NJW 2002, 673 (674). 203 BGH, Urteil vom 3.3.1988 – X ZR 54/86 – NJW 1988, 1785 (1787). 204 Zustimmend Köndgen/Schmies, Bankrechts-Handbuch § 113 Rn. 249. 205 Einzelne der in den Richtlinien-Anhängen genannten Funktionen sind nicht unmittelbar anlegerbezogen, z. B. die Pflicht zum Führen von Aufzeichnungen sowie das Unterhalten einer Risikomanagementfunktion außerhalb des fondsbezogenen Risikomanagements. 206 Vgl. auch Canaris, Bankvertrag, Rn. 2417; Canaris bezeichnet die „Anlagepflicht“ als Hauptpflicht der Verwaltungsgesellschaft. 201
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Teil 2: Der Investmentvertrag
ausscheidet207. Für einige dieser Funktionen, die unter Anhang I Nr. 2 lit. c) der AIFM-RL fallen, z. B. für die Durchführung von Kapitalmaßnahmen oder die Bewirtschaftung von Grundstücken, wird dies in der Literatur bejaht208. Selbst wenn man der Ansicht wäre, dass es sich nur um vertragliche Nebenpflichten handelt, ändert dies jedoch nichts an dem Charakter als Kardinalpflichten, denn nur die Erfüllung aller dieser Pflichten stellt den mit dem Investmentvertrag verfolgten Zweck sicher. Der Anleger vertraut hierauf und darf hierauf auch vertrauen: Exemplarisch seien hier drei Funktionen aus Anhang I Nr. 2 AIFM-RL genannt, die Fondsbuchhaltung, die Bewertung und die Tätigkeiten im Zusammenhang mit den Vermögenswerten des Investmentvermögens. Kein rationaler Anleger würde den Investmentvertrag abschließen, wenn die KVG ihm zuvor mitteilte, dass sie über den Kauf und Verkauf von Vermögenswerten keine Bücher führt, dass sie die Bewertung der Vermögenswerte nicht nach vorher klar festgelegten Kriterien durchführt209 oder dass sie die erworbenen Vermögensgegenstände nicht bewirtschaftet. Folglich kann für Publikumsfonds in AGB die Haftung der KVG nicht ausgeschlossen und auch nicht beschränkt210 werden. Dies gilt auch dann, wenn ausnahmsweise ausschließlich nicht-Verbraucher an dem Publikumsfonds beteiligt sind, weil § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht nur gegenüber Verbrauchern Anwendung findet. Soweit das AGB-Recht keine Anwendung findet, also z. B. bei einer Individualabrede mit einem Spezialfondsanleger, könnte unter dem BGB auch die Haftung für grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen oder modifiziert werden, nicht jedoch im Voraus die Haftung für Vorsatz, § 276 Abs. 3 BGB.
2. Investmentrechtliche Regelungen Das KAGB enthält keine ausdrücklichen Regelungen, welche die zivilrechtliche Möglichkeit einer KVG, Haftungsbeschränkungen für eigenes Verschulden individualvertraglich zu vereinbaren, begrenzen würde. Fraglich ist, ob aus dem Schweigen des Gesetzes die investmentrechtliche Zulässigkeit von Haftungsbeschränkungen folgt. Mangels Postulationsfähigkeit einzelner geschädigter Anleger liegt keine Rechtsprechung zu dieser Frage vor. Die aktuelle investmentrechtliche Literatur hält sich größtenteils bedeckt, wenn es um die Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung 207
So wohl Glander/Mayr, in: E/D/D, § 162 Rn. 11. Canaris, Bankvertrag, Rn. 2420, diskutiert diese Pflichten unter dem Stichwort „Verwaltungspflicht“; ähnlich Ohl, S. 44 f. 209 Geregelt in der „Verordnung über Inhalt, Umfang und Darstellung der Rechnungslegung von Sondervermögen, Investmentaktiengesellschaften und Investmentkommanditgesellschaften sowie über die Bewertung der zu dem Investmentvermögen gehörenden Vermögensgegenstände“, KARBV. 210 Wurmnest, in: MüKo BGB, § 309 Nr. 7 BGB, Rn. 23. 208
E. Zulässigkeit und Grenzen der Haftungsbeschränkung durch KVGen
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der KVG für eigenes Verschulden geht. Im Zusammenhang mit der Haftung der KVG bzw. dem Erheben von Schadenersatzansprüchen findet man Wendungen wie „es gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften“ bzw. Grundsätze211, „bei Verletzung vertraglicher Pflichten gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze“212, oder „es bestehen grundsätzlich die allgemeinen zivilrechtlichen Schadenersatzansprüche“213. Zum Teil wird eine Haftungsfreizeichnung in AGB für unzulässig erklärt214. Dies könnte im Gegenschluss bedeuten, dass für individualvertragliche Regelungen keine Beschränkungen bestehen. Lediglich in der älteren investmentrechtlichen Literatur finden sich klare, bejahende Aussagen zur Möglichkeit der Haftungsbeschränkung215. Soweit die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung bejaht wird, verbinden die Autoren dies aber teilweise mit dem Hinweis, der Aufnahme eines solchen Ausschlusses in die Vertragsbedingungen216 stehe das Fehlen einer Genehmigung durch die BaFin entgegen217. Ferner wird bemerkt, derartige Regelungen seien nicht in den von der Aufsichtsbehörde genehmigten Vertragsbedingungen enthalten218. Die Anlagebedingungen von Spezial-Investmentvermögen219 unterliegen nicht der Genehmigung durch die BaFin. Selbst wenn sie der Genehmigung unterlägen, müsste die Genehmigung auch bei Vorliegen einer Haftungsbeschränkung bejaht werden, wenn dieser Regelung kein gesetzliches Verbot entgegensteht. Somit besteht auch investmentrechtlich die Möglichkeit der individualvertraglichen Haftungsbeschränkung. Diese scheitert auch nicht daran, dass KVGen in Bezug auf ihre Tätigkeit einem besonderen Sorgfaltsmaßstab unterliegen. § 26 Abs. 2 KAGB verpflichtet die KVGen, ihre Verwaltungstätigkeit mit der gebotenen Sorgfalt auszuüben, aber damit hat es investmentrechtlich ein Bewenden. Die noch in § 9 Abs. 1 InvG enthaltene Regelung, wonach die KAG mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns handeln müsse, ist unter dem KAGB entfallen. Möglicherweise ist in dieser mittlerweile abgeschafften Verweisung auf die Sorgfalt des ordentlichen Kaufmanns in § 9 Abs. 1 InvG die Ursache dafür zu sehen, dass in der Praxis auch sieben Jahre nach Inkrafttreten des KAGB kaum Haftungsbeschränkungen zu finden sind. Es wurde nämlich seinerzeit in der Literatur die Auffassung vertreten, § 9 Abs. 1 InvG verbiete
211
Schmitz, in B/S/L, § 43 InvG Rn. 18; Patzner/Schneider-Deters, in: FK, § 162 Rn. 31. Polifke, in: W/B/A, § 162 Rn. 9. 213 Glander/Mayr, in: E/D/D, § 162 Rn. 35. 214 Köndgen/Schmies, Bankrechtshandbuch § 113 Rn. 249. 215 Noch zum InvG die Möglichkeit der Haftungsfreizeichnung bejahend Reiss, S. 277. 216 So der früher gebräuchliche Begriff für die Anlagebedingungen. 217 Schödermeier/Baltzer, in: B/S, § 10 KAGG Rn. 30. 218 Baur, § 10 KAGG Rn. 32. 219 Nur für diese kommt nach dem oben Gesagten im Investment-Dreieck eine Haftungsbegrenzung in Betracht. 212
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es einer KAG, die Haftung für einfache Fahrlässigkeit zu begrenzen220. Andere konnten allerdings auch seinerzeit schon keinen Grund erkennen, der einer Haftungsbeschränkung entgegengestanden hätte221. Wie auch immer man zu diesem historischen Meinungsstreit stehen mag, auf die gegenwärtige Rechtslage hat er jedenfalls keinen Einfluss mehr. Allenfalls beeinflusst die überholte Rechtsansicht die gegenwärtige vertragliche Rechtspraxis, in der Haftungsbeschränkungen auch für eigenes Verschulden nur selten erfolgen. 3. Ergebnis für die Rechtslage im Investment-Dreieck Bei Publikums-Sondervermögen mit ihrer Vielzahl von Anlegern ist ein Haftungsausschluss oder eine Haftungsbeschränkung in AGB nicht möglich. Hingegen kann eine KVG einem Spezialfondsanleger gegenüber ihre Haftung für eigenes fahrlässiges Verschulden im Wege der Individualabrede ausschließen. Es gelten lediglich die allgemeinen zivilrechtlichen Grenzen. Das KAGB trifft hierzu keine gegenteiligen Aussagen, so dass es bei der allgemeinen Regelung in § 276 Abs. 1, 3 BGB bleibt.
III. Beschränkung der Haftung für eigenes Verschulden im Investment-Viereck Für den Investmentvertrag zwischen KVG und Investmentgesellschaft gelten zivilrechtlich dieselben Grundsätze wie für den Investmentvertrag zwischen Anleger und KVG: In AGB kann auch nicht-Verbrauchern wie einer Investmentgesellschaft gegenüber die Haftung nur sehr begrenzt eingeschränkt werden. Der Investmentvertrag könnte jedoch individualvertraglich ausgehandelt werden. Seine Regelungen wären in diesem Fall nicht am AGB-Recht zu messen. Allerdings kann von einem Aushandeln dann nicht die Rede sein, wenn zwischen der Geschäftsführung der KVG und der Geschäftsführung der Investmentgesellschaft Personenidentität besteht. Die Möglichkeit eines Haftungsausschlusses und einer Haftungsbeschränkung ist aber auch im Investment-Viereck auf Spezialfonds beschränkt. Bei Spezialfonds kann eine Haftungsbeschränkung vereinbart werden, wenn diese in der Fondsdokumentation dem Anleger hinreichend deutlich gemacht wird und der Anleger dieser jedenfalls konkludent zustimmt. Diese Haftungsbeschränkung im Investmentvertrag schlägt auf das akzessorische gesetzliche Schuldverhältnis zwischen KVG und Anleger durch. Demgegenüber würde die Geschäftsführung einer Publikums-In220 So wohl Beckmann, in: B/S/V, § 9 InvG Rn. 66, der in der Regelung nicht einen Haftungsmaßstab, sondern eine Festlegung des Inhaltes der Verwaltungspflicht sieht. . 221 Baur, § 10 KAGG Rn. 11; Schödermaier/Baltzer, in: B/S § 10 KAGG Rn. 4.
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vestmentgesellschaft, welche im Bestellungsvertrag einer Haftungsbeschränkung der KVG zustimmen wollte, damit gegen das Gebot verstoßen, im ausschließlichen (mutmaßlichen) Interesse der Anleger zu handeln222.
IV. Beschränkung der Haftung für fremdes Verschulden im Investmentvertrag Man mag es anstößig oder ordnungspolitisch bedenklich finden, wenn eine KVG sich für eigenes Verschulden „aus der Verantwortung stehlen“ kann, selbst wenn der professionelle oder semi-professionelle Anleger eines Spezialfonds einer Haftungsbegrenzung zustimmt. Man mag es genauso bedenklich finden, wenn die KVG eigene Aufgaben auf Dritte überträgt bzw. auslagert, um beispielsweise Kosten zu sparen. Es gibt aber auch zahlreiche Fälle, in denen der Anleger der KVG vorgibt, mit welchem Dienstleister sie zusammen zu arbeiten hat, namentlich bei der Auslagerung der Portfolioverwaltung auf externe Asset Manager. Hier erscheint es nur angemessen, dass die KVG dem Anleger nicht für Fehler des Dritten haftet, welche sie auch bei Anwendung eigener größtmöglicher Sorgfalt nicht hätte vermeiden bzw. verhindern können. Anders ausgedrückt: Eine KVG kann, das wurde soeben festgestellt, die Haftung für eigenes Verschulden dem Spezialfondsanleger gegenüber begrenzen. Warum sollte sie dann nicht auch in der Lage sein, die Haftung für ein Verschulden ihrer Erfüllungsgehilfen oder Substitute zu begrenzen? Genau diese Ansicht, also dass eine Haftungsbeschränkung verboten wäre, wenn eine KVG Aufgaben auslagert, wird aber in der Literatur vertreten. Es muss daher nun geprüft werden, ob dies zutrifft, wiederum zuerst nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen, und dann unter Berücksichtigung des Investmentrechtes. 1. Kein allgemeines Verbot der Haftungsbeschränkung für Dritte von KVGen in BGB oder KAGB § 278 BGB bestimmt, dass der Schuldner ein Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen wie eigenes Verschulden zu vertreten hat. Aus der Anordnung der NichtAnwendbarkeit des § 276 Abs. 3 BGB in § 278 BGB folgt, dass der Schuldner die eigene Haftung für ein Verschulden von Erfüllungsgehilfen sogar für Vorsatz ausschließen kann. Aus § 309 Nr. 7 BGB und § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB folgt jedoch, dass in AGB die Haftung des Verwenders für grobes Verschulden auch eines Erfüllungsgehilfen sowie für die Verletzung vertragswesentlicher (Kardinal-)Pflichten nicht beschränkt werden kann. Dies ist nur im Wege der Individualabrede möglich. 222
Zu diesem Gebot vgl. die Nachweise in Teil 2, Abschnitt A. IV. 2.
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Das KAGB hingegen enthält keine allgemeinen Vorgaben betreffend die Haftung für Dritte. Wenn somit kein gesetzlicher Spezialfall vorliegt, dann greift der allgemeine zivilrechtliche Grundsatz, dass eine KVG für ein Verschulden Dritter, die sie zur Erledigung ihrer Aufgaben herangezogen hat, wie für eigenes Verschulden haftet. Zugleich kann sie aber, vorbehaltlich eines gesetzlich geregelten Spezialfalls, ihre Haftung für ein Verschulden ihrer Erfüllungsgehilfen und Substitute im Rahmen der allgemeinen zivilrechtlichen Grenzen vertraglich beschränken. Es sollen nun drei Spezialfälle des Einsatzes Dritter genauer untersucht werden, nämlich (i) der Einsatz von Objektgesellschaften, (ii) die Heranziehung externer Bewerter und (iii) die Übertragung von Aufgaben im Wege der Auslagerung. Zu prüfen ist jeweils, ob spezialgesetzliche Vorgaben die grundsätzliche zivilrechtliche Möglichkeit der vertraglichen Haftungsbeschränkung ausschließen oder modifizieren. 2. Spezialfall „Objektgesellschaften“ Wie gezeigt wurde, werden im Rahmen von Immobilien- und anderen Sachwertefonds vielfach Objektgesellschaften eingesetzt223, die Vermögensgegenstände halten und verwalten. Bei Erwerb und Verwaltung kann es zu Fehlern kommen, durch welche Anlegern Schäden entstehen. Ob die KVG für diese Schäden haftet, hängt davon ab, ob ein Fehlverhalten der Objektgesellschaft der KVG zugerechnet werden kann. Als Zurechnungsnorm kommt § 278 BGB nur dann in Betracht, wenn es sich bei der Objektgesellschaft zivilrechtlich um eine Erfüllungsgehilfin der KVG handelt. Erfüllungsgehilfe ist, wer im Pflichtenkreis des Schuldners mit dessen Wissen und Wollen als eine Hilfsperson tätig wird224. Dies ist für die Objektgesellschaft zu bejahen: Die Objektgesellschaft erwirbt Vemögensgegenstände und verwaltet diese. Sie erbringt damit genau die Tätigkeiten, welche die KVG selbst erbringen müsste, wenn es die Objektgesellschaft nicht gäbe. Der Geschäftsführer der Immobiliengesellschaft ist „der verlängerte Arm der KVG“, so die BaFin225. Die Zurechnung eines Verschuldens von Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB gilt unabhängig davon, ob die KVG selbst Gesellschafter der Objektgesellschaft ist, so bei Sondervermögen, oder ob eine extern verwaltete Investmentgesellschaft Gesellschafterin ist. Da ein Verschulden der Objektgesellschaft grundsätzlich der KVG zugerechnet wird, stellt sich die Frage nach der Begrenzung ihrer Haftung. Das KAGB enthält diesbezüglich keine ausdrückliche Regelung. Auch sind keine investmentrechtlichen Prinzipien erkennbar, die zur Folge hätten, dass die allgemeinen zivilrechtlichen 223 Zur Begründung, warum der Einsatz einer Objektgesellschaft nicht als Auslagerung anzusehen ist, vgl. Teil 3, Abschnitt A. VII. 224 BGH, Urteil vom 14.11.2002 – III ZR 131/01 – BGHZ 152, 383, NJW 2003, 81. 225 Vgl. BaFin Auslegungsentscheidung Immobiliengesellschaft, 3. Bulletpoint.
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Grundsätze für den Einsatz von Objektgesellschaften nicht gelten sollen, wonach der Schuldner seine Haftung für Erfüllungsgehilfen beschränken kann. Folglich kann die Haftung für ein Verschulden von Objektgesellschaften beschränkt werden, vorbehaltlich der oben genannten Hindernisse für Regelungen in AGB. 3. Spezialfall „externer Bewerter“ Der Vertrag zwischen KVG und externem Bewerter ist ein auf eine Werkleistung gerichteter Geschäftsbesorgungsvertrag226. Es handelt sich bei der Bestellung des Bewerters nicht um einen Fall der Auslagerung227. Jedoch finden einige Auslagerungsvorschriften gemäß gesetzlicher Anordnung entsprechende Anwendung228. Wie oben229 geschildert, steht es AIG-KVG grundsätzlich frei230, ob sie die Bewertung der von AIF zu erwerbenden bzw. bereits gehaltenen Vermögensgegenstände selbst vornehmen wollen, oder ob sie hierfür auf externe Bewerter zurückgreifen wollen. Im Bereich von Publikums-Immobilienfonds schreibt § 250 KAGB hingegen die Bewertung der Grundstücke durch sogar zwei externe Bewerter vor. Haftet die KVG für diese Bewerter, wenn sie sich freiwillig entschließt, diese einzusetzen und haftet sie möglicherweise sogar dann für ein Verschulden dieser Bewerter, wenn der Gesetzgeber sie zwingt, solche externen Dritten einzusetzen? § 216 Abs. 7 S. 1 KAGB spricht scheinbar nur von der „Verantwortung“ der KVG: „Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bleibt auch dann fu¨ r die ordnungsgema¨ ße Bewertung der Vermo¨ gensgegensta¨ nde des Publikums-AIF sowie fu¨ r die Berechnung und Bekanntgabe des Nettoinventarwertes verantwortlich, wenn sie einen externen Bewerter bestellt hat.“
Tatsächlich soll damit ausgesagt werden, dass die AIF-KVG für ein Verschulden des externen Bewerters haftet, wie Art. 19 Abs. 10 UA 1 AIFM-RL zeigt231. § 216 Abs. 7 S. 1 KAGB macht damit deutlich, dass die AIF-KVG nach dem gesetzlichen Leitbild für den externen Bewerter haftet. Das Gesetz unterscheidet 226
Schultheiß, WM 2015, 603 (607). § 216 Abs. 2 Nr. 3 KAGB. 228 Vgl. im Detail Miederhoff, RdF 2016, 22 (26). 229 Vgl. Teil 1, Abschnitt D. 230 § 216 Abs. 1 KAGB. 231 „Die AIFM sind fu¨ r die ordnungsgema¨ ße Bewertung der Vermo¨ genswerte der AIF, fu¨ r die Berechnung des Nettoinventarwerts und die Bekanntgabe dieses Nettoinventarwerts verantwortlich. Die Haftung des AIFM gegenu¨ ber dem AIF und seinen Anlegern darf deshalb nicht durch die Tatsache beru¨ hrt werden, dass der AIFM einen externen Bewerter bestellt hat.“; zustimmend Möllers, Haftungssystem, S. 261 Rn. 661. 227
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nicht weiter danach, ob die Bestellung durch die AIF-KVG freiwillig oder gezwungenermaßen erfolgte. Kritisch zum Wortlaut des deutschen Gesetzes äußert sich Möllers232. Es wird jedoch nicht deutlich, ob Möllers § 216 Abs. 7 S. 1 KAGB für „unwirksam“ oder anderweitig nicht anwendbar erklären möchte. Viel spricht dafür, den leicht verunglückten Wortlaut der deutschen Vorschrift europarechtskonform auszulegen, und den darin verwendeten Begriff „Verantwortung“ durch „Haftung“ zu ersetzen. Dies hätte zur Folge, dass die Haftung der KVG für die Bewertung nicht per se dadurch berührt wird, dass sie diese Tätigkeit durch einen Dritten ausführen lässt233. Dem Gesetz ist jedoch kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass die KVG gehindert wäre, vertraglich in den Anlagebedingungen mit den Anlegern bzw. bei der Bestellung durch die Investmentgesellschaft eine Haftungsbeschränkung zu vereinbaren. Es gelten hierfür die oben234 dargestellten allgemeinen Grundsätze und Grenzen für vertragliche Haftungsbeschränkungen mit der Differenzierung nach Spezialfonds- und Publikumsfondsanlegern. Die gegenteilige Ansicht von Tollmann235 überzeugt nicht. Seines Erachtens kommt eine vertragliche Haftungsbeschränkung für die AIF-KVG nicht in Betracht, weil es sich bei Art. 19 Abs. 10 AIFM-RL um einen gesetzlichen Haftungstatbestand handele. Weder Art. 19 Abs. 10 AIFM-RL noch § 216 Abs. 7 S. 1 KAGB begründen jedoch eine Haftung der AIF-KVG. Vielmehr stellen sie lediglich klar, dass die KVG sich durch die bloße Benennung eines Dritten nicht der (investment-)vertraglich übernommenen Haftung entziehen kann. Somit kann gegenüber Spezialfondsanlegern die Haftung der KVG für externe Bewerter ausgeschlossen werden, nicht jedoch gegenüber Publikumsfondsanlegern. Exkurs: Haftung des externen Bewerters
Die vorliegende Arbeit hat die Pflichten und Haftung der KVG zum Gegenstand. Gleichwohl soll kurz die Spezialvorschrift zur Haftung des externen Bewerters beleuchtet werden: § 216 Abs. 7 S. 2 KAGB hat folgenden Wortlaut: „Ungeachtet des Satzes 1 und unabha¨ ngig von anders lautenden vertraglichen Regelungen haftet der externe Bewerter gegenu¨ ber der AIF- Kapitalverwaltungsgesellschaft fu¨ r jegliche Verluste der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die sich auf fahrla¨ ssige oder vorsa¨ tzliche Nichterfu¨ llung der Aufgaben durch den externen Bewerter zuru¨ ckfu¨ hren lassen.“ 232
Möllers, Haftungssystem, S. 261 Rn. 661. Die AIF-KVG haftet jedoch dann nicht, wenn nicht sie den externen Bewerter bestellt hat, etwa weil ihre Bestellung für eine Spezial-Investmentgesellschaft auf die Anlageverwaltung beschränkt ist und der externe Bewerter direkt von der Investmentgesellschaft bestellt wurde. 234 Vgl. Teil 2, Abschnitt E. IV. 1. 235 In: D/J/K/T, Art. 19 Rn. 174. 233
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Möglicherweise ordnet hier das Gesetz an, dass der externe Bewerter gegenüber der ihn bestellenden KVG selbst für leichteste Fahrlässigkeit immer in voller Höhe haftet, ohne diese Haftung selbst in einer Individualvereinbarung beschränken zu können. Dieser Ansicht sind weite Teile der investmentrechtlichen Literatur236. Die Meinung ist jedoch nicht unumstritten. So wird z. B. behauptet237, dem Verbot der vertraglichen Haftungsbeschränkung im deutschen Wortlaut der Richtlinie238 liege ein Übersetzungsfehler zugrunde: das Wort „irrespective“ im englischen Text der Richtlinie könne auch mit „unbeschadet“ anstelle von „unabhängig von“ übersetzt werden. Das Argument einer fehlerhaften Übersetzung trägt nicht: Zum einen gibt es keine „verbindliche“ englische Fassung, die für die Interpretation maßgeblich wäre: Alle Sprachfassungen sind grundsätzlich gleichberechtigt. Dies gilt umso mehr, wenn der englische Text interpretationsfähig ist. Zum anderen entspricht der deutsche Wortlaut dem französischen239, italienischen240 und spanischen Text241, was ein Indiz für die Richtigkeit der deutschen Richtlinienformulierung und des deutschen Gesetzestextes darstellt. In der Sache erstaunt die Regelung der Richtlinie jedoch242. Der externe Bewerter hat bei seiner Tätigkeit zwar einen relativ weiten Beurteilungsspielraum, etwa wenn er Faktoren wie die „Lage“ eines Grundstückes, die „Qualität der Ausstattung“ einer Immobilie oder die „Wettbewerbssituation“ vor Ort berücksichtigt, um den Ertragswert eines Grundstücks243 zu berechnen. Dieser weite Beurteilungsspielraum begrenzt de facto das Haftungsrisiko. Wenn der externe Bewerter hierbei jedoch z. B. auf veraltetes Zahlenmaterial zurückgreift, oder einfach nur einen Schreibfehler macht, soll er der AIF-KVG für sämtliche ihr entstehenden Schäden haften, ohne die Möglichkeit, die Haftung vertraglich zu begrenzen. 236 Miederhoff, RdF 2016, 22 (30), der die Haftungsfrage der Privatautonomie entzogen sieht; Patz, BKR 2015, 193 (199); Kretzschmann, in: FK, § 216 Rn. 126; Kobabe, Geschlossene Fonds, S. 349. 237 Schultheiß, WM 2015, 603 (607). 238 Art. 19 Abs. 10, UA 2 lautet: „Ungeachtet des Unterabsatzes 1 und unabha¨ ngig von anderslautenden vertraglichen Regelungen haftet der externe Bewerter gegenu¨ ber dem AIFM fu¨ r jegliche Verluste des AIFM, die sich auf fahrla¨ ssige oder vorsa¨ tzliche Nichterfu¨ llung der Aufgaben durch den externen Bewerter zuru¨ ckfu¨ hren lassen.“ 239 „(…) et inde´pendamment de tout arrangement contractuel en disposant autrement (…).“ 240 „(…) e indipendentemente da qualsiasi clausola contrattuale che stabilisca altrimenti (…).“ 241 „(…) e independientemente de cualquier mecanismo contractual que disponga otra cosa (…).“ 242 So hält Tollmann, in: D/J/K/T, Art. 19 Rn. 179 eine vertragliche Haftungsbeschränkung dem Grunde und der Höhe nach für zulässig, weil Art. 19 Abs. 10 die gesetzliche Haftung unter den Vorbehalt anderslautender vertraglicher Regelungen stelle. Damit setzt er sich in Widerspruch zu seiner oben wiedergegebenen Ansicht, wonach bei gesetzlichen Schuldverhältnissen eine vertragliche Haftungsbeschränkung ausscheidet. 243 Vgl. § 30 Abs. 1 S. 1 KARBV.
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Die Haftung kann durchaus sehr weitreichend sein, etwa wenn infolge einer fehlerhaften Bewertung der Anteilswert rückwirkend über mehrere Jahre hinweg neu berechnet werden muss, wenn Anlegern Schadenersatz gezahlt und ggf. neue Steuererklärungen eingereicht werden müssen. Bei Immobilien-Publikumsfonds dürfte das Haftungsrisiko geringer sein, weil hier jeweils zwei externe Bewerter tätig werden müssen, die sich gegenseitig kontrollieren; dies gilt jedoch nicht für Spezialfonds, bei denen laut Gesetz244 nur ein Bewerter ausreicht, der dann die volle Verantwortung tragen soll. Unter dem Investmentgesetz gab es keine Sonderregelung für die Haftung von Sachverständigen; diese konnten vertraglich der KVG gegenüber die Haftung für ihre Gutachten dem Grunde und der Höhe nach beschränken. Die Möglichkeit einer vertraglichen Einschränkung der Haftung der Mitglieder des Sachverständigenausschusses wurde unter dem Investmentgesetz nicht bestritten, ja nicht einmal diskutiert245. Bemerkenswert ist auch, dass die KVG nach dem oben Gesagten ihre Haftung dem Spezialfondsanleger oder der AIF-Investmentgesellschaft gegenüber individualvertraglich beschränken kann, wenn sie sich entscheidet, selbst die Bewertung durchzuführen, der externe Bewerter dies aber gegenüber der KVG nicht können soll. Dieser offensichtliche Wertungswiderspruch wird von der Mehrheitsmeinung in der Literatur, die sich gegen die Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung ausspricht, noch nicht einmal problematisiert. Als externer Bewerter sollte man sich daher nicht darauf verlassen, dass eine vertragliche Haftungsbeschränkung gerichtlich Bestand hätte. Externen Bewertern ist anzuraten, nur solche Mandate betreffend Spezialfonds anzunehmen, bei denen die AIF-KVG nachweist, dass sie im Wege einer wirksamen Individualvereinbarung ihre eigene Haftung für fehlerhafte Bewertungen beschränkt hat. Dann nämlich kommt mangels Schadens der KVG diese Haftungsbeschränkung mittelbar auch dem externen Bewerter zugute. Alternativ oder kumulativ sollten externe Bewerter ggf. darauf bestehen, dass auch bei Spezialfonds jeweils zwei Bewerter tätig werden, damit eine Plausibilisierung der Ergebnisse stattfindet. Den Schaden der weitreichenden und unklaren Haftungsregelung des § 216 Abs. 7 S. 2 KAGB trägt infolge höherer Kosten dann der Spezialfondsanleger.
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§ 284 KAGB ermöglicht es KVGen bei offenen Immobilien-Spezialfonds, mit Zustimmung des Anlegers von § 250 KAGB abzuweichen. 245 Diskutiert wurde hingegen, ob die Sachverständigen gegenüber Dritten haften, die in den Schutzbereich des Bewertungsvertrages einbezogen sind, etwa finanzierende Banken (dies bejahend Heinichen, Der Sachverständige 2007, 265 (266); verneinend Klusak, in: B/S/L, § 77 InvG Rn. 17; eine vermittelnde Auffassung vertritt Baur, § 32 KAGG Rn. 9.
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4. Spezialfall „Auslagerungen“, § 36 Abs. 4 KAGB Für den Fall der Übertragung von Aufgaben auf ein Auslagerungsunternehmen bestimmt § 36 Abs. 4 KAGB, dass die KVG ein Verschulden ihrer Auslagerungsunternehmen wie eigenes Verschulden zu vertreten hat. Man könnte meinen, hier werde lediglich noch einmal wiederholt, was ohnehin schon nach § 278 BGB gilt. In diesem Sinne äußern sich Teile der Kommentarliteratur246. Die Autoren, die diese Ansicht vertreten, können sich außer auf den Wortlaut der Bestimmung auch darauf berufen, dass die Vorschrift zunächst dazu diente, Art. 5 g Abs. 2 Halbsatz 1 der OGAW-Richtlinie umzusetzen. Diese Regelung findet sich heute in Art. 13 Abs. 2 S. 1 der OGAW-IV-Richtlinie und lautet: „Die Haftung der Verwaltungsgesellschaft oder der Verwahrstelle wird nicht durch die Tatsache berührt, dass die Verwaltungsgesellschaft eigene Aufgaben auf Dritte übertragen hat.“
Dieselbe Regelung trifft Art. 20 Abs. 3 AIFM-RL, um den Fall der Unterauslagerung erweitert. Die Regelung ist evident sinnvoll: In wohl keiner Rechtsordnung wird der Schuldner einer Leistung haftungsmäßig ohne besondere vertragliche Regelung nur deswegen bessergestellt, weil er die geschuldete Leistung nicht selbst erbringt, sondern dies durch Dritte erledigen lässt. Es ist im Aufsichtsrecht nicht üblich, allgemeine zivilrechtiche Vorgaben einfach zu wiederholen. Auch im KAGB findet sich keine weitere Vorschrift z. B. des Dienstvertragsrechtes oder des Rechtes der Geschäftsbesorgung, die zur Klarstellung oder zur Bekräftigung wiederholt würde. Es ist liegt daher nah, dass der Gesetzgeber mehr wollte als einfach nur den Inhalt des § 278 BGB zu wiederholen. In der Tat dient die Vorschrift einem anderen Zweck; in § 36 Abs. 4 KAGB wollte der Gesetzgeber die Haftungs-Folgen einer in § 36 KAGB für zulässig erklärten Substitution regeln: In Teil 2, Abschnitt D. wurde festgestellt, dass § 36 KAGB es einer KVG erlaubt, einem Dritten die selbständige, eigenverantwortliche Erledigung von eigentlich der KVG obliegenden Pflichten im Wege der Substitution zu übertragen (§ 664 Abs. 1 S. 1 BGB). Nach § 664 Abs. 1 S. 2 BGB hätte dies zur Folge, dass die Haftung der KVG schon kraft Gesetzes auf eine sorgfältige Auswahl und Instruktion des Substituten247 begrenzt wäre und § 278 BGB somit keine Anwendung fände. Von dieser allgemeinen Regel weicht § 36 Abs. 4 KAGB für das Investmentrecht ab248. Dieses 246 Döser, in: E/D/D, § 36 Rn. 157: „Die Regelung entspricht § 278 BGB, …“: Koch, in: FK, § 36 Rn. 91: „§ 36 Abs. 4 KAGB entspricht § 278 BGB und bedeutet, dass die KVG die zivilrechtliche Verantwortung für den ausgelagerten Bereich gegenüber den Anlegern trägt“. 247 Nur im Ausnahmefall haftet der Übertragende auch für ein Überwachungsverschulden, vgl. Mansel, in: Jauernig, § 664 Rn. 4 unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 17.12.1992 – III ZR 133/ 91 – NJW 1993, 1704 (1706) sowie Detlev Fischer, in: Beck OK BGB § 664 Rn. 9. 248 So auch Köndgen/Schmies, Bankrechts-Handbuch § 113 Rn. 213: „Die Haftung der KVG [im Rahmen des § 36 Abs. 4] ist nicht auf ein Auswahlverschulden beschränkt (so § 664
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Abweichen vom gesetzlichen Leitbild der Substitution erklärt Dieterich249 noch unter der Geltung des Investmentgesetzes wie folgt: „Im speziellen Investmentrecht aber mit seiner Geneigheit zum Anleger bedeutet die grundsätzliche Möglichkeit der Substitution bereits ein Entgegenkommen für die höchstpersönlich beauftragte Kapitalanlagegesellschaft, so dass die Kompensation des § 664 Abs. 1 S. 2 zur Wiederherstellung der Parität der Vertragsparteien nicht erforderlich ist.“
Steht somit fest, dass im Auslagerungsfall gesetzlich trotz Substitution die Grundsätze der Erfüllungsgehilfenhaftung gelten, ist damit aber noch nicht die Frage geklärt, ob es einer KVG möglich wäre, die Haftung für das Verschulden ihrer Substitute vertraglich auch im Auslagerungsfall ganz oder teilweise zu beschränken, jedenfalls soweit, wie sie die Haftung für eigenes Verschulden beschränkt hat. Wie bereits erörtert, wäre dies zivilrechtlich jedenfalls durch individualvertragliche Vereinbarung möglich. Steht § 36 Abs. 4 KAGB in Auslagerungsfällen auch der Haftungsbeschränkung in einer Individualvereinbarung entgegen? Immerhin geht z. B. der Wunsch, dass die Portfolioverwaltung von einem externen Asset Manager erbracht werden soll und nicht von der KVG selbst, vielfach vom Anleger aus. Dieser legt auch fest, dass der Löwenanteil der vom Anleger gezahlten Vergütung dem externen Asset Manager zufließt, und nicht der KVG. Gleichwohl findet sich in der Literatur die Ansicht, ein vertraglicher Haftungsausschluss für Auslagerungsunternehmen sei ohne Ausnahme unzulässig250, allerdings vielfach ohne Begründung. Daneben gibt es Äußerungen, wonach „eine befreiende Übertragung der haftungsrechtlichen Verantwortung auf das Auslagerungsunternehmen … nicht möglich“ sei251 und „jegliche Form der Auslagerung ohne Konsequenz für die Haftung des AIFM gegenüber dem AIF bzw. seinen Anlegern bleibe“252. Diese Auffassung überzeugt nicht: Wenn der deutsche Gesetzgeber hätte anordnen wollen, dass eine KVG die Haftung für Auslagerungsunternehmen vertraglich nicht beschränken darf oder können soll, dann hätte er in das Gesetz eine Vorschrift aufgenommen, welche der in § 77 Abs. 4 KAGB entspricht. Dort wird angeordnet, dass eine Vereinbarung, durch die eine Verwahrstelle die Haftung für ihre Unterverwahrer beschränkt, nichtig ist. Selbst eine Formulierung wie die in § 216 Abs. 7 S. 2 KAGB wäre besser geeignet gewesen, die Unzulässigkeit eines vertraglichen Haftungsauschlusses gesetzlich Abs. 1 S. 2 BGB), sondern nach dem Vorbild des § 278 BGB ausgestaltet.“: Im Ergebnis, zustimmend, wenn auch ohne Begründung: Volhard/Jang, in: W/B/A § 36 Rn. 44, Tollmann, in: D/J/K/T Art. 20 Rn. 142. 249 S. 281. 250 Schmitz, in: B/S/L, § 43 InvG Rn. 24. 251 Fischer/Friedrich, ZBB 2013, 153, 155. 252 Kramer/Recknagel, DB 2011, 2077, 2081.
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festzuschreiben. Dass der deutsche Gesetzgeber in § 36 KAGB eine andere Formulierung als in § 77 KAGB verwendete, spricht im Umkehrschluss gerade für die Zulässigkeit einer vertraglichen Haftungsbeschränkung253. Auch die AIFM-Richtlinie gebietet es nicht, § 36 Abs. 4 KAGB über seinen Wortlaut hinaus zu interpretieren und diesem Grenzen für die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung zu entnehmen. In der Literatur zur AIFM-RL wird vereinzelt die Ansicht geäußert, aus Art. 20 Abs. 3 der AIFM-RL folge auch ein Verbot der vertraglichen Haftungsbegrenzung254. Die Autoren erklären diese Ansicht unter Rückgriff auf die Vorschriften der Haftung der Verwahrstelle für Unterverwahrer. Diese Unterverwahrung wird in der AIFM-RL auch als „Delegation“ bezeichnet. Im Falle einer solchen Delegation haftet der Verwahrer grundsätzlich für seinen Unterwahrer, und Art. 21 Abs. 6 lit. e) der AIFM-RL ordnet an, dass hiervon abweichende vertragliche Regelungen nicht getroffen werden dürfen. Die Vorschrift entspricht § 77 Abs. 4 KAGB; wie schon im deutschen Recht zeigt indessen das Fehlen einer entsprechenden Vorschrift für Verwaltungsgesellschaften, dass diese gerade nicht daran gehindert sind, ihre Haftung vertraglich zu beschränken. Somit stellt sich die Frage, ob eine Haftungsbeschränkung immer möglich sein soll oder nur in bestimmten Fallgestaltungen. Eine differenzierende Auffassung zur Zulässigkeit einer Haftungsbeschränkung in Bezug auf verschiedene Anlegergruppen vertritt Zetzsche255 : Soweit § 36 Abs. 4 KAGB einschlägig sei256, komme eine Haftungsbeschränkung der KVG gegenüber Privatanlegern für ein Verschulden des Auslagerungsunternehmens nicht in Betracht. Zetzsche führt dann jedoch aus, dass „in Bezug auf qualifizierte Anleger“ abweichende Regelungen zulässig seien, „weil Aktivität und Engagement die fehlende Einstandspflicht [der KVG] ersetzen können.“ Anschließend lässt Zetzsche die Wirksamkeit der Haftungsbeschränkung dann jedoch an den AGB-rechtlichen Klauselverboten scheitern. Im Umkehrschluss bedeutet dies wohl, dass jedenfalls „qualifizierte Anleger“ und KVG wirksam individualvertraglich eine Haftungsbeschränkung vereinbaren können. Mit „qualifizierte Anleger“ meint Zetzsche vermutlich professionelle und semi-professionelle Spezialfondsanleger. Zetzsches Auffassung überzeugt jedenfalls dann, wenn man anstelle von „Privatanlegern“ die Anleger in Publikumsfonds setzt. Die Auffassung steht im Einklang mit den Wertungen, die bereits an anderer Stelle gefunden wurden: Gegenüber Anlegern in Publikumsfonds kann weder der Leistungsumfang der KVG vertraglich 253
§ 28 des österreichischen Investmentfondsgesetzes ordnet beispielsweise an, dass die Verwaltungsgesellschaft „zwingend“ für das Verhalten des Dritten wie für eigenes Verhalten haftet. 254 van Setten/Busch, Alternative Investment Funds in Europe, Rz. 1.17 f. 255 Prinzipien kollektiver Vermögensverwaltung, S. 698. 256 Also nicht, so Zetzsche, bei unwesentlichen oder verwalteruntypischen Tätigkeiten.
172
Teil 2: Der Investmentvertrag
geregelt werden257, noch kann in AGB die Haftung für eigenes Verschulden beschränkt werden258. Für Publikumsfonds ist die Haftungsbeschränkung der Verwahrstelle in § 77 Abs. 4 KAGB nicht möglich. Es wäre daher auch nicht zulässig, die Haftung der KVG für Dritte gegenüber Publikumsfondsanlegern einzuschränken. Anders ist die Interessenlage bei Spezialfondsanlegern: Nichts spricht dafür, eine KVG, was die Haftung für Dritte angeht, bei der Verwaltung eines Spezialfonds schlechter zu stellen als einen Finanzportfolioverwalter, der nicht unter das KAGB fällt259. Für einen solchen Finanzportfolioverwalter gelten § 80 Abs. 6 S. 1 und 2 WpHG260, welche lauten: „Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen muss bei einer Auslagerung von Aktivitäten und Prozessen sowie von Finanzdienstleistungen die Anforderungen nach § 25b des Kreditwesengesetzes einhalten. Die Auslagerung darf nicht die Rechtsverhältnisse des Unternehmens zu seinen Kunden und seine Pflichten, die nach diesem Abschnitt gegenüber den Kunden bestehen, verändern.“
Soweit ersichtlich schließt hieraus niemand, dass für das auslagernde Wertpapierdienstleistungsunternehmen ein Verbot gelte, die eigene Haftung für Fehler des Auslagerungsunternehmens zu beschränken. Es hat auch noch niemand den Nachweis geführt, dass das Investmentgeschäft im Spezialfondsbereich aufgrund besonderer Risiken oder Treupflichten anders behandelt werden sollte als jedes andere Bankgeschäft bzw. jede andere Finanzdienstleistung. Das Versäumen einer Überweisung, der Verkauf der „falschen“ Wertpapiere durch einen Broker, das Einsetzen eines Unterverwahrers, der dann insolvent wird – alles dies kann im Rahmen von Bankgeschäften geschehen, und massive Verluste auf Seiten des Kunden auslösen. Gleichwohl bezweifelt niemand ernsthaft, dass eine Bank sich von den Haftungsrisiken, die aus der Einschaltung Dritter resultieren, durch Individualvereinbarung befreien lassen kann261. Es gibt keinen spezifischen Aspekt des Investmentgeschäftes, der es rechtfertigen würde, eine KVG bei der Verwaltung von Spezialfonds schlechter zu stellen als andere Finanzdienstleister mit Vermögensbetreuungspflichten. Somit bleibt es bei dem Ergebnis, wonach eine KVG ihre Haftung für Dritte bei Spezialfonds durch Individualvereinbarung beschränken kann; dies gilt auch für die Nutzung von Auslagerungsunternehmen. Zulässig sind Haftungsbeschränkungen nicht nur dann, wenn die Initiative zur Nutzung des Auslagerungsunternehmens vom 257
Vgl. Teil 2, Abschnitt A. Vgl. Teil 2, Abschnitt E. II. 1. 259 Zustimmend Böhm, in: A/W/Z, § 36 Rn. 106 für den Fall, dass die Auslagerung auf das Betreiben des Spezialfondsanlegers zurückgeht; zustimmend ebenfalls Hanten, in: B/T, § 36 Rn. 126, sofern es um Individualvereinbarungen mit Spezialfondsanlegern geht. 260 Vormals § 33 Abs. 2 WpHG. 261 Es gilt dann lediglich der Grundsatz „Das Institut bleibt bei einer Auslagerung für die Einhaltung der vom Institut zu beachtenden gesetzlichen Bestimmungen verantwortlich.“, vgl. § 25b Abs. 2 S. 2 KWG. 258
E. Zulässigkeit und Grenzen der Haftungsbeschränkung durch KVGen
173
Spezialfondsanleger ausgeht, zum einen weil dem Gesetz keine entsprechende Differenzierung zu entnehmen ist, zum anderen weil der Spezialfondsanleger die Risiken einer entsprechenden Haftungsbeschränkung auch dann einschätzen kann, wenn die KVG selbst die Nutzung eines Auslagerungsunternehmens vorschlägt. Die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung reicht so weit, wie das allgemeine Zivilrecht sie erlaubt. Die KVG könnte daher im Einvernehmen mit dem Anleger oder der sie bestellenden Investmentgesellschaft die Haftung für jedwedes Verschulden des Erfüllungsgehilfen oder Substituten ausschließen, sogar für Vorsatz262. Dies führt dann dazu, dass sie nur noch für das eigene Verschulden bei der Auswahl des Auslagerungsunternehmens haftet263. Dieses Ergebnis ist nicht die Folge einer ausdrücklichen Anordnung des Gesetzgebers, sondern Folge einer zulässigen privatautonomen Regelung durch die Parteien.
262 263
§ 278 S. 2 BGB. Ggf. wiederum beschränkt auf grobe Fahrlässigkeit.
Teil 3
Spezialprobleme des Auslagerungstatbestandes A. Anwendung der „Auslagerungs“-Definition auf Praxisfälle Die von der BaFin zur Abgrenzung vom „sonstigen Fremdbezug“ verwendete Definition des Begriffs der Auslagerung1 im Sinne des § 36 KAGB und der KAMaRisk ist geeignet, einen Großteil der in der Praxis vorkommenden Fälle sinnvoll zu regeln. Für viele Fälle bleiben aber Zweifelsfragen offen, die im Folgenden erörtert werden sollen. Dabei können drei Fallgruppen unterschieden werden, - erstens Fälle, bei denen die BaFin die Anwendung der Auslagerungsvorschriften ablehnt, obwohl diese sich möglicherweise unter die Definition der Auslagerung subsumieren lassen (vgl. hierzu Abschnitte A. I. und A. II.); - zweitens Fälle, in den die BaFin die Anwendung der Auslagerungsvorschriften bejaht, obwohl bezweifelt werden kann, dass diese sich unter die Definition der Auslagerung subsumieren lassen (vgl. hierzu Abschnitt A. III.); und - drittens Fälle, in den die BaFin keine oder widersprüchliche Aussagen zur Anwendung der Auslagerungsvorschriften macht und die daher näherer Erörterung bedürfen (vgl. hierzu Abschnitte A. IV bis A. VI.).
I. Vertrieb von Investmentanteilen In den Erläuterungen zur KAMaRisk nimmt die BaFin den Vertrieb von Investmentanteilen durch Dritte von der Anwendbarkeit des § 36 KAGB aus. Als Grund führt sie an, es handele sich beim Vertrieb durch Dritte um einen Fremdbezug von Leistungen, die typischerweise von einem anderen Unternehmen bezogen und aufgrund tatsächlicher Gegebenheiten oder rechtlicher Vorgaben regelmäßig nicht von der KVG selbst erbracht werden oder erbracht werden können. 1 „Eine Auslagerung liegt vor, wenn ein anderes Unternehmen mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragt wird (Auslagerungsunternehmen), die ansonsten von der Gesellschaft selbst erbracht würden. Nicht als Auslagerung zu qualifizieren ist der Fremdbezug von Leistungen, die typischerweise von einem Unternehmen bezogen und aufgrund tatsächlicher Gegebenheiten oder rechtlicher Vorgaben regelmäßig weder zum Zeitpunkt des Fremdbezugs noch in der Zukunft von der Gesellschaft selbst erbracht werden oder erbracht werden können.“
A. Anwendung der „Auslagerungs“-Definition auf Praxisfälle
175
Dies erstaunt: KVGen sind weder rechtlich noch tatsächlich daran gehindert, sich selbst um den Absatz ihrer Fondsanteile (im Weiteren: Anteile) zu kümmern; im institutionellen Spezialfonds-Vertrieb ist dies sogar die Regel. Aber auch Anteile von Publikumsfonds werden jedenfalls von einigen wenigen KVGen nach wie vor direkt vertrieben (z. B. über ihre Website). Wie sich zeigen wird, kann man die Frage, ob der Vertrieb von Anteilen durch Drittvertriebe eine Auslagerung darstellt, nicht pauschal mit „ja“ oder „nein“ beantworten, sondern es kommt auf die Art der Zusammenarbeit mit den Vertrieben an2. 1. Relevanz der Fragestellung Die von der BaFin aufgeworfene Frage ist von großer praktischer Relevanz. Wäre der Vertrieb von Anteilen als Auslagerung im Sinne des § 36 KAGB seitens der KVG zu behandeln, so müsste u. a. jeder einzelne Vertriebspartner der BaFin vorab angezeigt und namentlich im Verkaufsprospekt eines Publikumsfonds erwähnt werden3. Unter Umständen müssten tausende indirekte Vertriebspartner, welche über Fondsplattformen für den Vertrieb sorgen, in das Auslagerungscontrolling der KVGen einbezogen werden und sich Prüfungs- Weisungs- und Kontrollrechten in Bezug auf ihre Vertriebstätigkeit unterwerfen. Schwerer noch wöge aus praktischer Sicht, dass ausschließlich deutsche KVGen von der Regelung betroffen wären, weil die BaFin ausländischen Fondsgesellschaften, deren Anteile in Deutschland vertrieben werden, nicht vorschreiben dürfte4, ihre Vertriebstätigkeiten in Deutschland ebenfalls als Auslagerung zu behandeln5. Daher besteht ein erhebliches Interesse deutscher KVGen an der Nicht-Anwendbarkeit von § 36 KAGB. Fraglich ist, ob dieses Interesse auch rechtlich geschützt ist oder ob die BaFin gemäß § 5 Abs. 6 KAGB bei bestimmten Fallgestaltungen berechtigt oder sogar verpflichtet wäre, KVGen im Falle des Vertriebs über Intermediäre (nachstehend: Drittvertrieb) aufzugeben, die Anforderungen an Auslagerungen nach § 36 KAGB zu beachten. 2. Zu beurteilende Sachverhalte Wenn vorliegend von „Drittvertrieb“ die Rede ist, betrifft dies zwei Szenarien: 2 Teile der Ausführungen in diesem Abschnitt entstammen dem Aufsatz von Herring/ Kunschke, WM 2016, 298. 3 Beim Vertrieb handelt es sich um eine Verwaltungsfunktion, deren Auslagerung und Unterauslagerung nach § 36 Abs. 9 KAGB im Verkaufsprospekt offen zu legen wäre. 4 Eine solche Anordnung könnte nur die Heimatstaats-Aufsicht treffen. 5 Vahldiek, S. 145 spricht von „Bürokratie-Overkill“ wenn an den Drittvertrieb als Auslagerung begreifen wollte.
176
Teil 3: Spezialprobleme des Auslagerungstatbestandes
In Szenario 1 schließt die KVG mit einem deutschen Kreditinstitut einen Vertriebsvertrag ab. Danach hat die Bank das Recht, aber nicht die Pflicht, Anteile von der KVG zu beziehen. Erwirbt die Bank Anteile, so handelt sie im eigenen Namen. Sie handelt dabei entweder für eigene Rechnung, mit der Absicht, die Anteile im Rahmen eines Festpreisgeschäftes an ihre Kunden weiterzuverkaufen, oder im eigenen Namen für Rechnung der Kunden, also als Kommissionärin. Die Bank verpflichtet sich gegenüber der KVG, den Kunden die gesetzlich geforderten Produktunterlagen zur Verfügung zu stellen. Die Anteile werden in Bankdepots verwahrt. Szenario 1 deckt den weit überwiegenden Teil der Transaktionen im Publikumsfondsbereich ab. Banken agieren immer im eigenen Namen, nie im Namen der Anleger. Sie sind damit keine Anlagevermittler i. S. d. § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1 KWG oder Abschlussvermittler i. S. d. § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 2 KWG. Der Grund dafür ist simpel: Würde die Bank lediglich als Vermittler agieren, käme der Zeichnungsvertrag direkt zwischen KVG und Anleger zustande. Die KVG kennt diesen Anleger jedoch typischerweise nicht persönlich. Sie hat weder eine Kreditwürdigkeitsprüfung vorgenommen noch die Identität des Anlegers für Zwecke des Geldwäschegesetzes (GwG) und der Abgabenordnung (AO) festgestellt. Die KVG ermittelt auch nicht, ob der Erwerb der Anteile für einen Anleger angemessen oder geeignet ist. Das muss sie auch nicht, da „Anleger“ aus ihrer Sicht die Bank ist. Die Bank hingegen kennt ihren Kunden sowie seine finanziellen Verhältnisse, Kenntnisse, Erfahrung und Anlageziele, soweit sie ihm Anteile auf Grundlage einer Anlageberatung verkauft. Diese Arbeitsteilung zwischen Banken/Fondsplattformen und KVGen ist so effizient, dass sie den nachstehend als Szenario 2 geschilderten Vertriebsweg sowie den Eigenvertrieb durch KVGen weitgehend verdrängt hat. In Szenario 2 schließt die KVG einen Vertriebsvertrag mit einem Finanzanlagenvermittler i. S. d. § 34 f der Gewerbeordnung6 („Vermittler“) ab. Dieser führt ihr die Kunden als Anlagevermittler zu, d. h. er wird als Bote tätig. Es besteht wiederum keine Verpflichtung des Vermittlers, überhaupt Anteile zu vermitteln, aber wenn er es tut, treffen ihn bestimmte Pflichten. Dazu gehört die Pflicht, gesetzlich geforderte Produktunterlagen dem Kunden zur Verfügung zu stellen. Ferner muss der Vermittler den Kunden gemäß den Vorgaben von GwG/AO identifizieren und der KVG gegenüber die Identifizierung bestätigen. Kommt durch die Tätigkeit des Vermittlers ein Zeichnungsvertrag zwischen KVG und Kunde zustande, dann werden die erworbenen Fondsanteile in Depots verwahrt, welche von der KVG selbst geführt werden (auch bekannt als „Anteilkonten“).
6 Gelegentlich verfügen Vermittler auch über eine Finanzdienstleistungs-Lizenz nach § 32 KWG für die Anlagevermittlung.
A. Anwendung der „Auslagerungs“-Definition auf Praxisfälle
177
Szenario 2 ist in den letzten Jahren selten geworden. Nur eine Handvoll KVGen verfügt über eine eigene Anteilkontenverwaltung7. Seit Ende der 90er Jahre hat ein Großteil der KVGen die Anteilkontenverwaltung auf Kreditinstitute übertragen. Teilweise waren dies gruppeneigene Kreditinstitute. In der größeren Zahl der Fälle haben jedoch spezialisierte Kreditinstitute, deren Kerngeschäft die Anteilkontenführung ist („Fondsplattformen“), von einem halben Dutzend oder mehr KVGen deren Anteilkonten übernommen. Der Vertrieb findet über diese Fondsplattformen und deren Untervertriebe statt8. Szenario 2 wird jedoch nach wie vor von einer Reihe großer und mittelgroßer deutscher KVGen praktiziert und bedarf daher einer Analyse unter dem Gesichtspunkt der Auslagerung. 3. Qualifikation des Einsatzes von Intermediären beim Vertrieb von Investmentanteilen als „Auslagerung“ Die oben beschriebenen Szenarien sind nun daraufhin zu untersuchen, ob es sich jeweils um einen Fall der Auslagerung handelt. bb) Beauftragung eines anderen Unternehmens mit der Wahrnehmung von der KVG obliegenden Aufgaben aa) Kein „Absatzauftrag“ Fraglich ist, ob die KVG ihre Vertriebspartner mit dem Absatz von Investmentanteilen „beauftragt“. In keinem der beiden Szenarien verpflichtet sich die Bank oder der Vermittler (nachstehend gemeinsam: Vertriebspartner) zum Absatz von Fondsanteilen. Es besteht demnach insofern kein „Auftrag zum Vertrieb“ – und somit auch keine Auslagerung. Man könnte erwägen, das Kriterium der Beauftragung weniger im rechtlichen Sinne als mehr im Sinne eines faktischen „Betrauens“ zu verstehen. Man könnte folglich die faktische Wahrnehmung einer Aufgabe durch einen Dritten, auch ohne Auftrag, für eine Auslagerung genügen zu lassen. Diese Auffassung wird jedoch soweit erkennbar von niemandem vertreten, und zwar zu Recht: Eine Auslagerung kann nur dann vorliegen, wenn sich die KVG darauf verlassen kann, dass das „Auslagerungsunternehmen“ eine eigentlich der KVG obliegende Funktion wahr-
7
Z. B. DWS. Dieterich, S. 301, weist daher zu Recht darauf hin, dass „es nicht begriffsnotwendigerweise zu einer Kapitalanlagegesellschaft gehört, einen eigenen Vertrieb zu unterhalten“. 8
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Teil 3: Spezialprobleme des Auslagerungstatbestandes
nimmt. Dies bedingt jedoch eine Rechtspflicht zum Tätigwerden, die hier nicht gegeben ist9. bb) Liegt in der Übertragung von Informationspflichten der KVG eine „Beauftragung“ mit „typischen KVG-Pflichten“? Möglicherweise besteht jedoch ein Auftrag, die Verkaufsunterlagen nach § 297 KAGB (Wesentliche Anlegerinformationen, Verkaufsprospekt, etc.) dem Kunden zur Verfügung zu stellen, wenn es zu einem Verkaufsgespräch zwischen Vertriebspartner und Kunde kommt. Ein Auftrag ist nicht bedingungsfeindlich, so dass der Umstand, dass die Pflicht zum Handeln nur unter einer vom Vertriebspartner zu steuernden Bedingung eingreift, unschädlich ist. Man könnte daher von einem „Auftrag zur Kundeninformation“ ausgehen. Eine solche Sichtweise würde jedoch ignorieren, dass der Vertriebspartner die Vertriebsunterlagen zur Erfüllung einer eigenen Rechtspflicht nach § 63 Abs. 7 WpHG bzw. Abschnitt 4 der FinVermV dem Kunden zur Verfügung stellen muss. Der Gesetzgeber hat an anderer Stelle, nämlich im WpHG, Sachverhalte geregelt, bei denen in einer mehrgliedrigen Vertriebskette eine Partei aufgrund einer eigenen gesetzlichen Verpflichtung bereits Informationspflichten erfüllt hat. Er hat angeordnet, dass für die andere (in der Kette hinten stehende) Partei keine Pflicht mehr besteht, dieselbe Information zu erteilen. In § 71 WpHG10 heißt es: „Erhält ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen über ein anderes Wertpapierdienstleistungsunternehmen einen Auftrag, Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapiernebendienstleistungen für einen Kunden zu erbringen, ist das entgegennehmende Unternehmen mit folgenden Maßgaben verantwortlich für die Durchführung der Wertpapierdienstleistung oder Wertpapiernebendienstleistung im Einklang mit den Bestimmungen dieses Abschnitts: 1. das entgegennehmende Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist nicht verpflichtet, Kundenangaben und Kundenanweisungen, die ihm von dem anderen Wertpapierdienstleistungsunternehmen übermittelt werden, auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen, 2. das entgegennehmende Wertpapierdienstleistungsunternehmen darf sich darauf verlassen, dass Empfehlungen in Bezug auf die Wertpapierdienstleistung oder Wertpapiernebendienstleistung dem Kunden von dem anderen Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften11 gegeben wurden.“
9 Anders mag es sein, wenn eine KVG eine einzige gruppenangehörige Hauptvertriebsgesellschaft mit der Koordination sämtlicher Vertriebspartner betraut und diese sich auch verpflichtet, tätig zu werden. 10 Vormals § 31e WpHG. 11 Die Norm setzt voraus, dass vor einer Empfehlung Produktinformationen gegeben werden.
A. Anwendung der „Auslagerungs“-Definition auf Praxisfälle
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Die Vorschrift ist auf die Finanzmarktrichtlinie zurück zu führen12. Sie dient der Vermeidung von Doppelarbeit der betroffenen Wertpapierfirmen13. Soweit erkennbar, vertritt niemand die Auffassung, dass ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen (WpDU), welches sich auf diese Vorschrift beruft, eigene Pflichten i. S. d. § 80 Abs. 6 WpHG14 auf das in der Kette vor ihm stehende Unternehmen ausgelagert hat. Zu Recht: Wenn es keine Pflicht (mehr) gibt, kann diese auch nicht übertragen werden. Es stellt sich jedoch ein Problem hinsicht des Anwendungsbereichs von § 71 WpHG: In § 5 Abs. 2 KAGB wird auf einige Vorschriften des WpHG verwiesen, welche Anwendung finden sollen, wenn KVGen Wertpapierdienstleistungen wie z. B. Anlageberatung oder Anlagevermittlung erbringen. § 71 WpHG gehört jedoch nicht zu den Vorschriften, auf welche verwiesen wird. Es handelt sich hier nicht um ein Redaktionsversehen, sondern um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers15. Es stellt sich ferner das Problem des personellen Anwendungsbereichs der Norm, dass nämlich § 71 WpHG nur die Zusammenarbeit mit voll-lizensierten Wertpapierdienstleistungsunternehmen privilegiert, nicht hingegen die Zusammenarbeit mit Vermittlern nach § 34 f GewO16. Schließlich stellt sich das Problem, dass auch der sachliche Anwendungsbereich der Norm nicht erschlossen ist, denn die KVG erbringt, wenn sie eigene Anteile über Dritte vertreibt, gar keine Wertpapierdienstleistung, weder Anlageberatung noch Anlagevermittlung. Über diese Dreifach-Hürde kommt nur hinweg, wer, wie vormals der Verfasser, § 5 Abs. 2 KAGB trotz Fehlens einer Lücke im Wege einer Mehrfach-Analogie ergänzt, so dass § 71 WpHG auf KVGen Anwendung findet, und zwar selbst dann, wenn weder dessen personeller noch dessen sachlicher Anwendungsbereich erschlossen sind17. Für eine solche Analogiebildung findet sich in der Literatur keine Unterstützung, und die seinerzeit vertretene Auffassung wird nicht aufrecht erhalten.
12
Heute Art. 26 der MiFID II. Koller, in Assmann/Schneider/Mülbert, § 71WpHG Rn. 5, sowie Baum, in: Kölner Kommentar zum WpHG, § 31e WpHG Rn. 4, unter Hinweis auf Erwägungsgrund 45 der MiFID-Durchführungsrichtlinie (2006/73/EG). 14 Vormals § 33 Abs. 2 WpHG. 15 § 5 Abs. 2 KAGB entspricht § 5 Abs. 3 InvG, welcher seinerzeit durch eine eigentlich überflüssige Parallelnorm in § 2a Abs. 3 WpHG ergänzt wurde. Letztere ordnete an, dass der Katalog der WpHG-Vorschriften, die für KAGen gelten sollten, abschließend war („… gelten ausschließlich …“). 16 Baum, in: Kölner Kommentar, § 31e WpHG Rn. 11, ohne dass dieser sich jedoch damit auseinandersetzt, dass zwischenzeitlich für Finanzanlagenvermittler nach § 34 f GewO, soweit es Informationspflichten gibt, die gleichen Vorgaben gelten wie nach dem WpHG. 17 In diesem Sinne Herring/Kunschke, WM 2016, 298 (302 f.). 13
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Teil 3: Spezialprobleme des Auslagerungstatbestandes
Wer allgemein die entsprechende Anwendung von § 71 WpHG auf die Tätigkeit von KVGen ablehnt oder wer mit Baum die Auffassung vertritt, dass schon deshalb eine Berufung auf § 71 WpHG ausscheidet, weil „vorne in der Kette“ nur ein Vermittler nach § 34 f GewO steht, der muss zu dem Schluss kommen, dass der Vertriebspartner mit der Kundeninformation eine Aufgabe erfüllt, welche der KVG obliegt. Eine Auslagerung nach § 36 KAGB läge jedoch nur dann vor, wenn damit der Vertriebspartner eine typischerweise von der KVG erbrachte Aufgabe übernimmt. Dies wäre der Fall, wenn die Kunden und/oder der Gesetzgeber davon ausgehen, dass eine Information durch die KVG erfolgt. Dies ist indessen nicht der Fall. Die Kunden erkennen, dass Ihnen mit dem Vertriebspartner eine natürliche oder juristische Person gegenübersteht, die nicht identisch mit der KVG ist. Sie erwarten die Aufklärung in Form von Wesentlichen Anlegerinformationen, Verkaufsprospekten, etc. von eben diesem Unternehmen zu erhalten, mit welchem das Verkaufsgespräch geführt wird, ohne sich Gedanken darüber zu machen, von wem diese Unterlagen stammen und wer die Verantwortung dafür übernimmt. Nach einer repräsentativen Untersuchung der Vertriebskanäle führender Investmentgesellschaften18 werden unter 5 % aller Fondsanteile heute noch direkt vertrieben, so dass keine Erwartungshaltung seitens der Kunden besteht, Informationen von oder im Auftrag einer KVG zu erhalten. Die Erwartungshaltung der Kunden wäre aber möglicherweise dann irrelevant, wenn der Gesetzgeber die Kundeninformation eindeutig als Aufgabe der KVG zugeschrieben hätte. Genau dies ist jedenfalls seit Inkrafttreten des KAGB nicht der Fall. Das Investmentgesetz galt nur für KVGen, und nicht für deren Vertriebspartner.19 Das KAGB hingegen wurde bewusst so konzipiert, dass die Vertriebsvorschriften auch für Vertriebspartner der KVG gelten. § 297 KAGB, in dem die Verpflichtung aufgestellt wird, Vertriebsdokumente zur Verfügung zu stellen, wurde im Passiv formuliert20, wobei offengelassen wurde, wer diese Pflicht zu erfüllen hat. Es fehlt also, wenn ein Vertriebspartner Produktinformationen zur Verfügung stellt, an der Übernahme einer Aufgabe, die typischerweise von der KVG selbst erfüllt wird. Damit ist die Frage, ob der Vertrieb von Investmentanteilen durch Intermediäre als Auslagerung der KVG zu betrachten ist, für beide Szenarien eindeutig zu verneinen und der Ansicht der BaFin zuzustimmen.
18 Drescher & Cie Consult, Christian Lanzendorf, März 2016, Präsentation Slide 6, https:// diefondsplattform.de/wp-content/uploads/2016/04/UmfrageAssetManagerPublikumsfonds markt_2016.pdf; zuletzt abgerufen am 21. April 2020 19 A. A. VGH Kassel, Urteil vom 01.10.2014 – 6 A 923/13, WM 2015, 282, richtig hingegen VG Frankfurt, Beschluss vom 23.7.2009 – 1 L 1804/09, NZG 2009, 1230. 20 „[Ihm] ist zur Verfügung zu stellen“.
A. Anwendung der „Auslagerungs“-Definition auf Praxisfälle
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b) Zusammenfassung Die Zusammenarbeit von KVG und Drittvertreibern stellt keinen Fall der Auslagerung nach § 36 KAGB dar. Es fehlt an der für eine Auslagerung erforderlichen Übertragung von Aufgaben, die typischerweise von einer KVG erfüllt werden. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Luxemburgische CSSF, wenn sie, anders als die BaFin, den Einsatz von Drittvertrieb als Fall der Auslagerung bezeichnet21, diesen Schritt nicht konsequent zu Ende geht. Weder muss jeder mittelbare Vertriebspartner der CSSF angezeigt werden, noch müssen diese im Verkaufsprospekt genannt werden, noch müssen sich die mittelbaren Vertriebspartner der luxemburgischen KVGen den für Auslagerungsfälle eigentlich vorgesehenen Prüfungs-, Weisungs- und Kontrollrechten durch die CSSF unterwerfen.
II. Ausführung von Aufträgen durch Dritte (z. B. Broker oder Verwahrstelle) Ebenfalls nicht als Auslagerung betrachtet die BaFin die Ausführung von Kaufund Verkaufsaufträgen in Bezug auf Wertpapiere durch Dritte, obwohl prima facie eine Aufgabe wahrgenommen wird, die eigentlich von der KVG erfüllt werden könnte. Zu diesem Thema kann auf die Ausführungen oben in Teil 2, Abschnitt C. IV. 4. verwiesen werden. Dort wurde erläutert, warum lediglich die Beauftragung des Brokers, nicht aber die Durchführung des Kauf- oder Verkaufsauftrages, zu den Aufgaben der KVG zählt.
III. Rechenzentrums-Dienstleistungen In sehr vielen Fällen betreiben KVGen ihre Rechenzentren nicht mehr selbst, sondern haben diese Tätigkeit auf spezialisierte Dienstleister22 übertragen. Von der BaFin werden diese Sachverhalte als Auslagerung behandelt, wie noch gezeigt wird23. Fraglich ist, ob es sich hierbei tatsächlich um einen Fall der Auslagerung handelt. 1. Gesetzeswortlaut § 36 Abs. 1 KAGB spricht von der Auslagerung von „Aufgaben“, Art. 13 Abs. 1 OGAW-RL und Art. 20 der AIFM-RL von der „Übertragung von Aufgaben“. Enger 21 CSSF Circular Authorisation and Organisation, S. 14; in jüngerer Zeit ergänzt durch CSSF Circular 18/698 Rz. 321 ff. 22 Z. B. Accenture, IBM, T-Systems, etc. 23 Vgl. Teil 1, Abschnitt A. III. 2.
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Teil 3: Spezialprobleme des Auslagerungstatbestandes
ist möglicherweise Erwägungsgrund 83 der AIFM-RL, der von der Übertragung von „Funktionen“ spricht. Erwägungsgrund 82 der Level 2-VO grenzt hingegen den Anwendungsbereich der Auslagerungsvorschriften entscheidend ein: ¨ bertragung von Aufgaben sollten fu¨ r die „Die Einschra¨ nkungen und Anforderungen fu¨ r die U in Anhang I der Richtlinie 2011/61/EU dargelegten Verwaltungsfunktionen gelten, wohingegen unterstu¨ tzende Aufgaben wie administrative oder technische Funktionen, die bei den Verwaltungsaufgaben eine Hilfe darstellen, etwa logistische Unterstu¨ tzung in Form von Reinigungsdiensten, Catering und Beschaffung von Dienstleistungen oder Gu¨ tern des ¨ bertragung der Aufgaben des AIFM gelten sollten.“ Grundbedarfs nicht als U
Die vorgenannte Einschränkung des Anwendungsbereichs der Auslagerungsvorschriften hat sich die BaFin zu Eigen gemacht24, ohne freilich explizit das Thema „Rechenzentrum“ anzusprechen. 2. Überblick über die Diskussion Der Betrieb des Rechenzentrums ist eine technische Funktion, und keine im Anhang I AIFM-RL bzw. Anhang II OGAW-RL aufgeführte Verwaltungsfunktion. Sowohl § 36 KAGB als auch Art. 20 AIFM-RL regeln die Übertragung von Funktionen, und nicht die Nutzung einer technischen Infrastruktur zur Erbringung der Funktion. In diesem Sinne kann man die Aussagen von Dieterich25 noch zum Investmentgesetz verstehen. Danach muss unterschieden werden zwischen (i) der Übertragung einer Verwaltungsfunktion, welche von dem Dienstleister mit Hilfe seines eigenen Rechenzentrums oder desjenigen eines Dritten erfolgt – dann liege ggf. eine Auslagerung vor, deren Zulässigkeit unter anderem davon abhänge, ob der Dienstleister Datensicherheit und Business Continuity sicherstellt und (ii) der bloßen Übertragung der Rechenzentrumsfunktion, ohne zugleich Verwaltungsfunktionen zu übertragen – dann liege keine Auslagerung vor, es seien aber organisatorische Vorkehrungen zu treffen, um den Geschäftsbetrieb abzusichern. Fraglich ist, ob bei dieser Sichtweise ein einheitlicher Vorgang nicht künstlich aufgespalten wird. Die Funktion oder Aufgabe einer KVG besteht ja vielfach darin, einen Computer mit Daten zu füttern, so dass der Computer mittels der ihm aufgespielten Software Rechenoperationen durchführen kann. Viele Rechenoperationen (beispielsweise „Berechnung des Nettoinventarwertes“, „Berechnung des Anteilwertes“, „Berechnung der Auslastung von Risikogrenzen“) sind genau die Tätig24 25
KAMaRisk, AT 10, Erläuterungen zu Tz. 1. S. 303.
A. Anwendung der „Auslagerungs“-Definition auf Praxisfälle
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keiten, die in Anhang I der AIFM-RL beschrieben werden. Fällt das Rechenzentrum aus, dann kann auch die Funktion nicht mehr erbracht werden. Die Bankenbereich hat seit jeher die Übertragung der elektronischen Datenverarbeitung als Auslagerung einer sogar wesentlichen Hilfsfunktion angesehen26. Im Bankaufsichtsrecht vertritt die BaFin bereits seit einiger Zeit explizit die Ansicht, dass die Nutzung von Rechenzentren eine Auslagerung darstellt27. Die BaFin-Investmentaufsicht hat sich dieser Auffassung angeschlossen28. 3. Eigene Ansicht Die Übertragung einer Aufgabe als Auslagerung zu betrachten, hat bereits auf der ersten Stufe (KVG – Dienstleister) zum Teil recht einschneidende Wirkungen. So muss der Dienstleister sich Prüfungs-, Weisungs- und Kontrollrechten unterwerfen, die in der Finanzwelt gang und gäbe sind, für IT-Dienstleister aber immer noch als unzumutbare Belastung gelten. Mit der hieraus folgenden Einschränkung des Feldes verfügbarer Dienstleister wird man aber möglicherweise leben müssen, bedenkt man, wie wichtig es ist, dass der Geschäftsbetrieb 24/7 ungestört läuft (insbesondere bei Wertpapier-KVGen). Im Falle einer Kettenauslagerung bzw. Weiterverlagerung gilt nicht anderes29. Die Nutzung von Infrastrukturanbietern wie Energieversorgern und Telekommunikationsunternehmen sollte grundsätzlich nicht als Auslagerung angesehen werden. Weder erwartet der Gesetzgeber, dass jede KVG eine eigene Energieversorgung oder Telefonleitungen unterhält, noch entspricht dies der Erwartungshaltung der Anleger. Ausnahmsweise kommt die Qualifikation des Infrastrukturanbieters als Auslagerungsunternehmen jedoch dann in Betracht, wenn es zu einer untrennbaren Verknüpfung der technischen Dienstleistung und der Funktion im Sinne des Anhang I der AIFM-RL bzw. Anhang II der OGAW-RL kommt: Lagert eine KVG die IT aus, 26
Nachweise bei Beckmann, in: B/S/V, § 36 KAGB Rn. 45. BAIT Nr. 8, Tz. 52: „IT-Dienstleistungen umfassen alle Auspra¨ gungen des Bezugs von IT; dazu za¨ hlen insbesondere die Bereitstellung von IT-Systemen, Projekte/Gewerke oder Personalgestellung. Die Auslagerungen der IT-Dienstleistungen haben die Anforderungen nach AT 9 der MaRisk zu erfu¨ llen. Dies gilt auch fu¨ r Auslagerungen von IT-Dienstleistungen, die dem Institut durch ein Dienstleistungsunternehmen u¨ ber ein Netz bereitgestellt werden (z. B. Rechenleistung, Speicherplatz, Plattformen oder Software) und deren Angebot, Nutzung und Abrechnung dynamisch und an den Bedarf angepasst u¨ ber definierte technische Schnittstellen sowie Protokolle erfolgen (Cloud-Dienstleistungen).“; vgl. auch EBA Guidelines on outsourcing arrangements, Rz. 54. 28 KAIT Abschnitt 8, Tz. 63. 29 So ausdrücklich Ketessidis, in: Hanten/Görke/Ketessidis, S. 67 Rn. 139 („Mit jeder Weiterverlagerung wird es für das Institut immer schwieriger, seine bankaufsichtsrechtlichen Anforderungen … einzuhalten. Das darf aber nicht dazu führen, dass die regulatorischen Anforderungen durch Weiterverlagerungen ausgehöhlt werden.“) 27
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und läuft die Software, welcher sich die KVG bedient, auf dem Server eines Drittunternehmens, dann sollten die Auslagerungsvorschriften grundsätzlich Anwendung finden. D. h., dass gegenüber dem IT-Anbieter vertraglich Prüfungs-, Weisungs- und Kontrollrechte bestehen müssen. Es ist hingegen grundsätzlich nicht sachgerecht, wenn auf den IT-Anbieter die speziellen Vorgaben des § 36 KAGB Anwendung finden, die für die Auslagerung von Portfolioverwaltung und Risikomanagement gelten. Diese Ansicht wird nachstehend in Teil 3, Abschnitt B., im Detail erläutert werden. Nur ausnahmsweise kommt bei einer IT-Auslagerung auch die Anwendung der speziellen Vorgaben für Portfolioverwaltung und Risikomanagement in Betracht, wenn nämlich die Software, die auf dem fremden Server läuft, selbst die Anlageentscheidung bzw. Risikoentscheidung trifft, etwa im algorhithmischen Portfoliomanagement. 4. Kauf und Betrieb von nicht-standardisierter Software In Teil 1, Abschnitt E. V. 2. ist dargelegt worden, dass nach den Erwägungsgründen zur AIFM-RL der Kauf und der Betrieb von Standard-Software nicht als Fall der Auslagerung gelten soll. Daraus könnte man im Umkehrschluss herleiten, dass der Kauf und Betrieb von nicht-standardisierter Software einen Fall der Auslagerung darstellt. Nicht-standardisiert wäre z. B. eine Software, die den speziellen Anforderungen einer KVG genügen muss. Im Falle des Kaufs von Software ist indessen nicht zu erkennen, inwieweit hier überhaupt eine Funktion der KVG übertragen wird. Der Kauf einer Software (typischerweise ergänzt durch einen Lizenzvertrag) unterscheidet sich nicht vom Kauf der Hardware oder sonstiger Betriebs- und Geschäftsausstattung. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, stellt die Erstellung von Software keine Tätigkeit dar, welche typischerweise von einer KVG erbracht wird: Weder schreibt der Gesetzgeber KVGen vor, sie hätten nicht-standardisierte Software selbst zu erstellen, noch entspricht dies der Erwartungshaltung der Anleger. Dementsprechend handelt es sich beim Erwerb von Software auch nicht um einen Fall der Auslagerung. Was genau man unter dem „Betrieb“ einer Software zu verstehen hat, ist nicht klar. „Betrieb“ einer Software kann wohl nur bedeuten, dass diese auf einen Computer/Rechenzentrum aufgespielt und dann genutzt wird. Wenn „Betrieb von Software“ Rechenzentrumsleistungen entspricht, dann kann insofern auf das oben zu Rechenzentren Gesagte verwiesen werden.
A. Anwendung der „Auslagerungs“-Definition auf Praxisfälle
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IV. Einholung von Informationen oder Empfehlungen Dritter in Bezug auf Vermögensgegenstände, die die KVG für Anlageentscheidungen benötigt Die BaFin nimmt in den Erläuterungen zur KAMaRisk ein Konvolut von ganz unterschiedlichen Funktionen vom Auslagerungstatbestand aus, die sich im Detail sehr stark voneinander unterscheiden, und die lediglich eines gemeinsam haben: Ein Dritter gibt der KVG Informationen oder Empfehlungen, die sich auf Anlagegegenstände beziehen, und die von der KVG für ihre Anlageentscheidung benötigt werden. Hinsichtlich der Einholung von Informationen lassen sich drei Fallgruppen unterscheiden: - erstens Fälle, in denen ein Dritter (Reuters, vwd, Immobilienmakler, etc.) der KVG Preis- oder Marktinformationen zur Verfügung stellt, welche die KVG für ihre Anlageentscheidung nutzt (Fallgruppe 1); - zweitens Fälle, in denen Sachverständige (Rechtsanwälte, Steuerberater, Gutachter) ihre Einschätzung in Bezug auf Vermögensgegenstände abgeben („Vertrag ist wirksam“, „Steuerstruktur ist optimal“, „keine Altlasten auf dem Grundstück“, etc.) oder Informationen erteilen und die KVG diese Informationen bei ihrer Anlageentscheidung berücksichtigt (Fallgruppe 2); und - drittens Fälle, in denen ein externer Asset Manager, der möglicherweise selbst zuvor auf Informationsdienste und Sachverständige zurückgegriffen hat, Empfehlungen in Bezug auf den Kauf oder Verkauf von Vermögensgegenständen erteilt, und die KVG diese Empfehlung umsetzt (Fallgruppe 3). Die BaFin erläutert für diese drei Fallgruppen nicht ausdrücklich, warum keine Auslagerung vorliegen soll. Dem Anschein nach handelt es sich aus Sicht der BaFin nicht um Fälle, an denen es an der „Typizität“ der Tätigkeit fehlt, denn die hier besprochenen Fälle werden gerade nicht in dem vorhergehenden Absatz der KAMaRisk-Erläuterungen erörtert, wo Fälle des „typischen Fremdbezuges“ erörtert werden. Der Ansicht der BaFin, die Einstufung als Auslagerung nicht wegen der fehlenden Typizität abzulehnen, ist zuzustimmen: Zwar könnte man erwägen, bei Gutachtern mit spezieller Expertise, die kaum eine KVG vorhält (etwa um Altlasten auf Grundstücken zu analysieren), die Anwendung der Auslagerungsvorschriften deswegen abzulehnen, weil das Erstellen der betreffenden Gutachten keine typische Tätigkeit einer KVG darstellt. Es wurde in Teil 1, Abschnitt E. jedoch festgestellt, dass die Typizität einer Funktion nicht nur davon abhängt, wie viele KVGen tatsächlich (noch) eine bestimmte Funktion erbringen – dann wäre nämlich die Übertragung der Fondsadministration bei Wertpapierfonds schon lange keine Auslagerung mehr. Maßgeblich ist vielmehr die Erwartungshaltung der Anleger und des Gesetzgebers. Der typische Anleger, wenn er sich überhaupt Gedanken zu dieser
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Teil 3: Spezialprobleme des Auslagerungstatbestandes
Frage macht, würde sicher nicht erwarten, dass in einer KVG Chemiker, Physiker o. ä. arbeiten. Der Gesetzgeber aber verlangt, dass die KVG grundsätzlich30 sämtliche wertbildenden Umstände mit eigenem Personal selbst bewertet31. Es gibt, man mag dies bedauern, im Gesetz keine Vorschrift, die es erlauben würde, z. B. die Beurteilung der Vermietbarkeit eines Grundstückes aus Marktgründen noch der Zuständigkeit der KVG zuzuschlagen, die Vermietbarkeit aus anderen Gründen (Altlasten o. ä.) aber aus deren Zuständigkeit auszuklammern. Wenn es daher nicht gelingt, die Tätigkeit von Gutachtern über andere Tatbestandsmerkmale aus dem Auslagerungstatbestand herauszuhalten, dann ist auch ein Gutachter prima facie (vorbehaltlich der Ausführungen in Teil 3, Abschnitt B.) Auslagerungsunternehmen, denn er nimmt eine der KVG zugewiesene Tätigkeit wahr. Die BaFin führt weiter aus32, dass in den oben genannten Fällen eine Auslagerung nicht vorliegt, „… sofern die qualifizierte Anlageentscheidung auf Basis der eigenen Analyse der Anlage für das Investmentvermögen beruht. Eine eigene qualifizierte Anlageentscheidung auf Basis einer Anlageempfehlung liegt z. B. dann nicht vor, wenn die Anlageempfehlung lediglich einer formalen Kontrolle – z. B. im Hinblick auf die Einhaltung von Anlagegrenzen – unterzogen wird.“
Umgekehrt würden also die obigen Fälle als Auslagerung zu behandeln sein, wenn es an einer eigenen qualifizierten Analyse der Anlage fehlt. Wendet man dieses Kriterium auf die drei Fallgruppen an, so ergibt sich folgendes Bild: Bei Fallgruppe 1 wird eine KVG typischerweise zwar nicht die Preis- und Marktinformationen mit Informationen abgleichen, welche sie selbst von der ursprünglichen Quelle dieser Informationen eingeholt hat, also z. B. von einer Börse. Sie wird aber typischerweise die Informationen des ersten Dienstleisters mit Informationen eines weiteren Dienstleisters abgleichen33, und so eine Plausibilisierung der Ergebnisse erzielen. Das Risiko, dass beide Dienstleister den gleichen Fehler begehen und Preise falsch mitteilen, ist dadurch so gering, dass es unverhältnismäßig wäre, in dieser Fallgruppe die Auslagerungsvorschriften anzuwenden, selbst wenn man davon ausgeht, dass der Tatbestand der Auslagerung erfüllt ist34. 30
Eine Ausnahme gilt für die Analyse rechtlicher und steuerlicher Verhältnisse, vgl. oben Teil 2, Abschnitt C. IV. 2. 31 Die französische Finanzaufsicht AMF sieht die Einholung von Rechtsrat zwar als Fall der Auslagerung an, qualifiziert dies jedoch nicht als wesentliche Auslagerung, mit der Folge, dass die Auslagerungsvorschriften keine Anwendung finden (vgl. Règlement Générale, Article 318 – 60). 32 KAMaRisk, AT 10, Erläuterungen zu Tz. 1. 33 Dies können auch Informationen sein, welche der KVG von der Verwahrstelle zur Verfügung gestellt werden. 34 Dem würde für das französische Recht auch die AMF zustimmen, vgl. Art. 318 – 60 des Règlement Générale, wo die Einholung von Marktdaten als „nicht-wesentlich“ charaktierisiert wird; zustimmend ESMA Final Technical Advice, Box 63.
A. Anwendung der „Auslagerungs“-Definition auf Praxisfälle
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Bei Fallgruppe 2 wird eine KVG mitunter über eigene Experten verfügen, welche die Informationen der Sachverständigen zumindest plausibilisieren können. Holt die KVG z. B. ein Rechtsgutachten ein, so wird sie darauf bestehen, dass die dem Gutachten zugrunde liegenden Annahmen offengelegt sowie etwaige Einschränkungen rechtlicher Natur mitgeteilt werden. In Fällen einer qualifizierten Plausibilisierung mag es daher vertretbar sein, von der Anwendbarkeit der Auslagerungsvorschriften abzusehen, auch wenn der Tatbestand erfüllt ist. Fraglich ist, ob dies auch dann gilt, wenn die KVG noch nicht einmal über Experten verfügt, welche zur Plausibilisierung einer Information eingesetzt werden können. In diesem Fall würde, wenn man die BaFin-Ausführungen konsequent zu Ende denkt, eine Auslagerung zu bejahen sein. Die Einstufung als Auslagerung kann nur vermeiden, wer ausschließlich die dauerhafte Übertragung von Aufgaben auf Dritte als Auslagerung ansieht, die projektbezogene Hinzuziehung Dritter jedoch nur als sonstigen Fremdbezug einstuft. Soweit erkennbar, hat die BaFin in ihrer täglichen Praxis noch nie die Beauftragung von Gutachtern als Auslagerung eingestuft. Dies mag daran liegen, dass sie trotz der offiziellen Ablehnung des Kriteriums „Dauerhaftigkeit“ dieses stillschweigend doch anwendet. Fallgruppe 3 ist diejenige Gruppe von Sachverhalten, auf welche die Ausführungen der BaFin zur qualifizierten Anlageentscheidung eigentlich abzielen. Die BaFin will vermeiden, dass externe Asset Manager sich hinter dem Begriff des „Beraters“ verstecken, während sie tatsächlich die Anlageentscheidung anstelle der KVG treffen. Daher akzeptiert die BaFin die Charakterisierung als „Berater“ nur, wenn tatsächlich das eigene Portfoliomanagement der KVG die Anlageempfehlung umsetzt, nachdem es zuvor die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit der Empfehlung geprüft hat. Es ist hingegen nicht ausreichend, wenn lediglich die Compliance-Abteilung der KVG oder auch die Risikomanagement-Experten der KVG die Übereinstimmung mit Anlagerichtlinien und Risikolimiten geprüft haben. Liegen hingegen die Voraussetzungen einer eigenen qualitativen Prüfung der Anlageempfehlung vor, dann kann diese Empfehlung sogar von der Verwahrstelle der KVG kommen, ohne dass dies eine unerlaubte Auslagerung der Portfolioverwaltung auf diese darstellt. Fazit: Die Auffassung der BaFin, wonach die Entgegennahme von Informationen und Empfehlungen nur im Falle einer eigenen qualifizierten Prüfung durch die KVG keine Auslagerung darstellt, überzeugt nicht in jedem Fall. Wie soeben anhand verschiedener Fallgruppen gezeigt wurde, kommt es vielmehr auf die Art der Informationen an.
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Teil 3: Spezialprobleme des Auslagerungstatbestandes
V. Objektgesellschaften und Auslagerung KVGen, die Immobilienfonds verwalten, nutzen hierfür häufig Objektgesellschaften35. Jede Objektgesellschaft verfügt über eine eigene Geschäftsführung. Diese ist mitunter identisch mit der Geschäftsführung der KVG. Die Objektgesellschaft erwirbt den eigentlichen Investitionsgegenstand, d. h. die Immobilien. Nach dem Erwerb ist es regelmäßig die Objektgesellschaft, die in Bezug auf die erworbenen Immobilien langlaufende Verträge über das Asset Management36, das Property Management oder das Facility Management mit Dritten abschließt37. Sie schließt typischerweise auch die Mietverträge ab. Die Gesellschaftsanteile an diesen Objektgesellschaften werden im Falle von Sondervermögen von der KVG selbst gehalten (Treuhandmodell), im Falle von Investmentgesellschaften von letzteren. Aus rechtlichen oder steuerlichen Gründen halten KVGen für Rechnung von Sondervermögen und Investmentgesellschaften sehr häufig nur Mehrheitsbeteiligungen an den Objektgesellschaften anstelle von 100 %-Beteiligungen. Es ist sogar zulässig, dass die KVG/Investmentgesellschaft nur eine Minderheitsbeteiligung an der Objektgesellschaft hält. Sehr häufig findet man Gestaltungen, bei denen die die Immobilie haltende Gesellschaft nicht direkt, sondern über eine Holdinggesellschaft gehalten wird38, die dann ebenfalls als Immobiliengesellschaft gilt. Diese Gestaltungen sind meistens steuerlich motiviert. Fraglich ist, ob es sich bei dem Einsatz solcher Objektgesellschaften um einen Fall der Auslagerung handelt. Dies ist zu klären einerseits für Immobiliengesellschaften, andererseits für solche Objektgesellschaften, über die andere Sachwerte (Flugzeuge, Schiffe, etc.) gehalten werden. Weder in der umfangreichen Literatur zur Grundstückgesellschaft39 noch in der Literatur zur Auslagerung bei KVGen finden sich hierzu Hinweise. Auch die Aufsicht schweigt. Soweit erkennbar, weist keine Immobilien-KVG in ihren Prospekten unter dem Stichwort „Ausgelagerte Funktionen“ darauf hin, dass sie sich zur Erfüllung eigener Aufgaben der Objektgesellschaften bedient. Dies überrascht, überträgt doch die KVG den Objektgesellschaften wesentliche Aufgaben, die sie
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Im Falle von offenen Immobilienfonds werden diese Gesellschaften im Gesetz als „Immobiliengesellschaften“ bezeichnet, vgl. § 1 Abs. 19 Nr. 22 KAGB, in der Praxis häufig als „Grundstücksgesellschaften“. 36 Unter dem Begriff „Asset Management“ ist in diesem Abschnitt A. VII. vornehmlich die Entscheidung über Vermietungen zu verstehen, nicht die Entscheidung über An- und Verkauf von Vermögensgegenständen. 37 Böhme, BB 2014, 2380 (2384); dem Vernehmen nach hat die BaFin gegenüber dem BVI bekundet, dass der Abschluss von derartigen Verträgen durch die Objektgesellschafteb keinen Fall der Auslagerung darstellt, weil § 36 KAGB sich nur an die KVG, nicht aber an die Objektgesellschaften richte. 38 Klusak, B/S/L, § 68 InvG Rn. 4. 39 Nachweise bei Schultz-Süchting, in: E/D/D, §§ 234, Einleitung.
A. Anwendung der „Auslagerungs“-Definition auf Praxisfälle
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grundsätzlich selbst ausführen könnte und die sie typischerweise auch selbst ausführt. Auch die Gefahrenlage ist bei der Nutzung von Objektgesellschaften der von klassischen Auslagerungen nicht unähnlich: Mit der Übertragung von Aufgaben auf die Objektgesellschaften geht ein Kontrollverlust der KVG einher, worauf in der Literatur verschiedentlich hingewiesen wurde40. Schultz-Süchting41 führt hierzu aus: „Im Gegenzug enthalten die §§ 234 ff. solche Regelungen nicht, die bei Lichte besehen höchst sinnvoll wären. Das zusätzliche Risiko eines indirekten Immobilieninvestments liegt … in anderen, vom Gesetz nicht geregelten Themen zB … der Gefahr, dass ein Geschäftsführer mit der Gesellschaft oder der Immobilie anders verfährt, als es die KVG will.“
Dieses Problem ließe sich lösen, wenn man die Grundstücksgesellschaft als Auslagerungsunternehmen ansehen würde, denn dann ständen der KVG die üblichen Prüfungs-, Weisungs- und Kontrollrechte zu. Die Einstufung des Einsatzes von Objektgesellschaften als Auslagerung hätte jedoch drastische Konsequenzen. So müsste man z. B. den Erwerb von Vermögensgegenständen durch Objektgesellschaften noch zur Portfolioverwaltung zählen42, wodurch die Auslagerung auf eine nicht-regulierte Objektgesellschaft jeweils von der BaFin zu genehmigen wäre. Wenn die Objektgesellschaft der KVG/Investmentgesellschaft nicht zu 100 % gehört oder sie gar nur Minderheitsgesellschafter ist, würde die vertragliche Begründung der für eine Auslagerung stets erforderlichen Prüfungs-, Weisungs- und Kontrollrechte auf erheblichen Widerstand der Mitgesellschafter stoßen. In Drittstaaten, mit denen kein Memorandum of Understanding besteht, könnte man nicht mit Objektgesellschaften zusammenarbeiten, weil dorthin keine Teilfunktionen der Portfolioverwaltung ausgelagert werden dürfen43. 1. Abgrenzung auf Tatbestandsebene Einige Tätigkeiten, die von Objektgesellschaften ausgeübt werden, lassen sich möglicherweise bereits mithilfe der Tatbestandsmerkmale der BaFin-Definition44 aus dem Anwendungsbereich des § 36 KAGB ausschließen. 40 Brockhausen, in: FK, § 234 Rn. 9 („unmittelbare Einflussnahme … eingeschränkt“); Schultz-Süchting, in: E/D/D, § 234 Rn. 10 („weniger direkter Zugriff“). 41 In: E/D/D, § 234 Rn. 21. 42 Die BaFin würde sogar den Abschluss von Mietverträgen mit Ermessen hierzu zählen, vgl. BaFin FAQ Auslagerung, Frage 16. 43 § 36 Abs. 1 Nr. 4 KAGB. 44 Vgl. oben Teil 1, Abschnitt E. II.: „Eine Auslagerung liegt vor, wenn ein anderes Unternehmen mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragt wird (Auslagerungsunternehmen), die ansonsten von der Gesellschaft selbst erbracht würden. Nicht als Auslagerung zu qualifi-
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Teil 3: Spezialprobleme des Auslagerungstatbestandes
Nicht als Ausschlusskriterium geeignet ist allerdings der Umstand, dass die Objektgesellschaft ggf. Konzernunternehmen der KVG ist. Auch die Übertragung von Aufgaben auf Konzernunternehmen kann eine Auslagerung darstellen, weil das Gesetz insoweit zu Recht keine Privilegierung enthält45. Mitunter ist das direkte Halten eines Grundstückes, einschließlich der damit zusammenhängenden Verwaltung, für eine KVG aus rechtlichen Gründen unzulässig, etwa wegen gesetzlicher Beschränkungen im Investitionsland. In einem solchen Fall stellt der Einsatz einer Objektgesellschaft, um diese Hürde zu überwinden, keine Auslagerung dar, weil nur solche Funktionen als ausgelagert gelten, „die ansonsten von der Gesellschaft (typischerweise) selbst erbracht würden“. Ähnlich wird man argumentieren können, wenn der Erwerb zwar rechtlich möglich, aber steuerlich ineffizient wäre, weil die KVG dann durch einen Direkterwerb gegen das Gebot verstoßen würde, im Interesse der Anleger zu handeln46. Hilfreich für den Ausschluss jedenfalls einiger Funktionen wäre das von der Bafin im Investmentrecht nicht akzeptierte Kriterium der Dauerhaftigkeit: So stellt der Ankauf der Immobilie einen einmaligen Vorgang dar und die Qualifizierung als Auslagerung würde ausscheiden, wenn nur die dauerhafte Beauftragung als Auslagerung gelten würde. Dies hilft freilich dann nicht weiter, wenn die Objektgesellschaft von der KVG mit Tätigkeiten wie Property und Facility Management betraut wird, welche dauerhaft ausgeübt werden müssen. Wenn jedoch weder die anerkannten noch die strittigen tatbestandsmäßigen Ausschlusskriterien greifen, dann gerät man in Begründungsnot, wenn man das Vorliegen einer Auslagerung ablehnen will. Man könnte versuchen, den in der Praxis vorgefundenen Zustand, bei dem scheinbar niemand die Nutzung von Objektgesellschaften als Auslagerung betrachtet, durch zwei alternative Erklärungsansätze zu begründen: Erklärungsansatz 1 geht davon aus, dass die Vorgaben zur Auslagerung in § 36 KAGB durch andere, speziellere Regelungen verdrängt werden („Lex specialisAnsatz“) – siehe nachstehend Abschnitt A. V. 2. Erklärungsansatz 2 geht davon aus, dass für investmentrechtliche Zwecke eine Identität zwischen KVG und Objektgesellschaft besteht („Identitäts-Ansatz“), und die Auslagerungsregeln aus diesem Grund nicht zur Anwendung gelangen – siehe nachstehend Abschnitt A. V. 3.
zieren ist der Fremdbezug von Leistungen, die typischerweise von einem Unternehmen bezogen und aufgrund tatsächlicher Gegebenheiten oder rechtlicher Vorgaben regelmäßig weder zum Zeitpunkt des Fremdbezugs noch in der Zukunft von der Gesellschaft selbst erbracht werden oder erbracht werden können (…)“. 45 Vgl. hierzu auch Beckmann, in: B/S/V, § 36 KAGB Rn. 27; KAMaRisk, AT 10, Erläuterungen zu Tz. 2 (lediglich im Rahmen der Risikoanalyse kann die Gruppenzugehörigkeit als risikomindernd berücksichtigt werden.). 46 § 26 Abs. 1 KAGB.
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2. §§ 234, 235 KAGB als lex specialis im Verhältnis zu § 36 KAGB? § 234 KAGB adressiert den Kontrollverlust, den die KVG bei Einsatz von Objektgesellschaften erleidet, indem eine Reihe von Vorgaben gemacht wird, welche die Folgen dieses Kontrollverlustes mindern sollen. Die Vorschrift gilt dem Wortlaut nach allerdings nur für Immobiliengesellschaften und nicht für andere Objektgesellschaften. In den Anlagebedingungen der Investmentvermögen ist ausdrücklich auf die Möglichkeit des Einsatzes von Immobiliengesellschaften hinzuweisen. Im Regelfall soll die KVG Mehrheitsgesellschafter sein, und sich so die Einflussmöglichkeiten vorbehalten, die ihr normalerweise erst durch die vertraglich zu regelnden Prüfungs-, Weisungs- und Kontrollrechte zustehen. Ein besonders wichtiger Punkt ist die Pflicht der KVG, vertraglich mit der Immobiliengesellschaft zu vereinbaren, dass die Verwahrstelle ihre Rechte (Kontrollrechte, Zustimmungsvorbehalte, vgl. §§ 83, 84 KAGB) auch in Bezug auf die von der Immobiliengesellschaft gehaltenen Vermögensgegenstände ausüben kann47. Durch diese Vorgabe wird der Kontrollverlust der KVG kompensiert. Der Verwahrstelle stehen dadurch gegenüber der Immobiliengesellschaft mehr Rechte zu als gegenüber einem Auslagerungsunternehmen, dem gegenüber ihr lediglich Auskunftsrechte zustehen48. Ergänzende Vorgaben macht § 235 KAGB, soweit es um den sehr stark eingeschränkten zulässigen Geschäftsgegenstand der Immobiliengesellschaften sowie um die Frage der sachgerechten Bewertung der indirekt erworbenen Vermögensgegenstände geht. Fazit: § 36 KAGB und §§ 234, 235 KAGB regeln jeweils die Folge eines möglichen Kontrollverlustes der KVG. Mit diesen Folgen kann man auf unterschiedliche Art und Weise umgehen. Beide Bestimmungen sind jedenfalls dem Grunde nach geeignet, den Kontrollverlust einzugrenzen. Der Lex specialis-Ansatz weist jedoch zwei erhebliche Schwachpunkte auf. Zum einen kann er nicht vermeiden, dass bei Minderheitsbeteiligungen an Immobiliengesellschaften die Einflussnahmemöglichkeiten der KVG nicht annähernd so weit reichen, wie dies bei einer Auslagerung der Fall wäre. Zum anderen gelten die oben genannten Vorschriften ausdrücklich nur für Immobiliengesellschaften, nicht aber für andere Objektgesellschaften. Zwar könnte man erwägen, an Stelle der Anwendung von Auslagerungsvorschriften auch auf andere Objektgesellschaften die 47 Dieser Schutz greift bei Minderheitsbeteiligungen allerdings nicht immer, vgl. § 84 Abs. 1 Nr. 5 KAGB. 48 Vgl. beispielhaft Art. 2 Abs. 2 lit. o) der OGAW-V Durchführungsverordnung (EU) 2016/438 der Kommission vom 17. Dezember 2015 zur Erga¨ nzung der Richtlinie 2009/65/EG des Europa¨ ischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Pflichten der Verwahrstellen) sowie den Muster-Auslagerungsvertrag des Bundesverbandes Investment und Asset Management e. V.
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§§ 234, 235 KAGB analog anzuwenden – dies tut die BaFin jedoch nicht, so dass jedenfalls in der Praxis der Lex specialis-Ansatz nicht zur Begründung dafür herangezogen werden kann, warum die Auslagerungsvorschriften nicht angewandt werden. Da der Lex specialis-Ansatz nicht als Begründung ausreicht, die Auslagerungsvorschriften nicht anzuwenden, soll nachstehend ein anderes Argument untersucht werden, welches die Nicht-Anwendung möglicherweise rechtfertigt. 3. Investmentrechtliche „Identität“ von Objektgesellschaft und KVG? Objektgesellschaften erbringen im Zusammenhang mit der Verwaltung Tätigkeiten, die zur kollektiven Vermögensverwaltung gehören. Sie sind als Einzweckgesellschaften von KVGen konzipiert, um typischerweise einen einzelnen Vermögensgegenstand zu erwerben und zu halten. Die Geschäftsführung der Objektgesellschaft ist dann lediglich verlängerter Arm der KVG49 ; darauf wurde oben bereits hingewiesen, als es um die Haftung der KVG für die Objektgesellschaft ging50. Die BaFin geht davon aus, dass ein Handeln der Objektgesellschaft als Handeln der KVG gilt, wie folgende Ausführungen aus dem Verwahrstellenrundschreiben51 zeigen: „Investiert die Kapitalverwaltungsgesellschaft für das Investmentvermögen aus Strukturierungsgründen mittelbar über eine Objektgesellschaft in Vermögensgegenstände, sodass die Portfolioverwaltung gemäß Anlagestrategie mittelbar über die Objektgesellschaft ausgeführt wird, so handelt es sich bei der Objektgesellschaft regelmäßig nicht um ein Investmentvermögen. Die Objektgesellschaft verfolgt in diesen Fällen keine eigene Anlagestrategie, sondern dient lediglich als Vehikel zur Umsetzung der Anlagestrategie der Portfolioverwaltung. In diesen Fällen sind die Tätigkeiten der Objektgesellschaft und die von ihr gehaltenen Vermögensgegenstände aus Sicht der Verwahrstelle wie Tätigkeiten und Vermögensgegenstände des Investmentvermögens bzw. der Kapitalverwaltungsgesellschaft anzusehen. Die Rechte und Pflichten der Verwahrstelle, insbesondere die Verwahr- und Kontrollpflichten, erstrecken sich uneingeschränkt auf die Vermögensgegenstände und Tätigkeiten dieser Objektgesellschaften. Betreffend die Verwahrpflichten sehen Art. 89 Abs. 3 und Art. 90 Abs. 5 der Level-2-Verordnung diesen „Look-Through-Ansatz“ für direkt oder indirekt vom AIF oder AIFM kontrollierte Finanz- und Rechtsstrukturen explizit vor.“
Weil die Objektgesellschaft Aufgaben der KVG wahrnimmt, muss sich auch die Verwahrstelle gegenüber der Objektgesellschaft grundsätzlich dieselben Rechte vorbehalten wie gegenüber der KVG selbst52.
49 50 51 52
BaFin Auslegungsentscheidung Immobiliengesellschaft, 3. Bulletpoint. Vgl. Teil 2, Abschnitt E. IV. 2. Vgl. BaFin Verwahrstellenrundschreiben, Nr. 3 („Objektgesellschaften“). Ebda.
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Die BaFin geht aber noch einen Schritt weiter. Sie verlangt, dass nicht nur die Verwahrstelle Informations- und Kontrollbefugnisse haben muss, sondern dass sich auch die KVG solche Befugnisse vertraglich einräumen lässt53. Diese Ausführungen der BaFin aus dem Jahr 2015 erscheinen prima facie plausibel: Weil die Objektgesellschaft keine eigene Anlagestrategie verfolgt, sondern lediglich verlängerter Arm der KVG ist, wird deren Tätigkeit so betrachtet, als hätte die KVG selbst gehandelt. Daher ist die Anwendung der Auslagerungsvorschriften nicht erforderlich. Seit 2018 lässt die BaFin aber auch die Anlage in solche Immobiliengesellschaften zu, die selbst einen Status als AIF haben54. AIF müssen definitionsgemäß eine eigene Anlagestrategie haben, die von einer eigenständigen, qualifizierten Geschäftsführung umgesetzt werden. Daher kann nicht die Rede davon sein, dass die „AIF-Immobiliengesellschaft“ immer nur der verlängerte Arm der KVG ist. Dies gilt insbesondere bei Minderheitsbeteiligungen, die im Kontext der Anlage in AIF-Immobiliengesellschaften der Regelfall sein dürften. 4. Ergebnis Auch der „Identitäts-Erklärungsansatz“ ist nicht in jeder Hinsicht zufriedenstellend. Immerhin hat er gegenüber dem Lex specialis-Ansatz den Vorteil, dass er für alle Arten von Objektgesellschaften nutzbar gemacht werden kann, und nicht nur für Immobiliengesellschaften. Es bleibt daher dabei, dass mangels einer klaren Regelung im Gesetz (z. B. „Der Einsatz von Objektgesellschaften gilt nicht als Auslagerung im Sinne des § 36 KAGB.“), die Nicht-Anwendung dieser Vorschriften zwar rechtlich zweifelhaft, aus Sicht der Anleger, die weltweit steuereffizient investieren wollen, aber zu begrüßen ist. Dies gilt umso mehr, als die von der BaFin im Verwahrstellenrundschreiben vorgegebenen Kontrollmechanismen in der Mehrzahl der Fälle geeignet sein sollten, die Risiken der Auslagerung zu begrenzen.
53 BaFin-Verwahrstellenrundschreiben Nr. 3 am Ende: „Im Rahmen des Verwahrstellenvertrages ist sicherzustellen, dass die Objektgesellschaften in die Informations- und Kontrollbefugnisse der Verwahrstelle sowie von diesen beauftragten Dritten einbezogen und die Kapitalverwaltungsgesellschaften zu entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen mit den Objektgesellschaften verpflichtet werden.“ 54 Die BaFin entspricht damit einem von der Praxis geäußerten Bedürfnis; bei Immobilienanlagen insbesondere in Frankreich und Italien ist es steuerlich vorteilhaft, in Immobiliengesellschaften zu investieren, die nach dem lokalen Recht zugleich den Status eines AIF haben.
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VI. Unterauslagerung/Weiterverlagerung Der vorliegende Abschnitt A. sollte dazu dienen, die Auswirkungen des von der BaFin vertretenen Begriffs der Auslagerung anhand einzelner Beispiele zu schildern, und zugleich zu demonstrieren, welche Auswirkungen es in der Praxis haben kann, wenn auf Tatbestandsmerkmale wie „dauerhaft“ und „wesentlich“ in der Definition verzichtet wird. An keiner Stelle wird die Bedeutung dieser Tatbestandsmerkmale aber deutlicher als bei der Unterauslagerung55. Vor dem Hintergrund des § 36 Abs. 7 KAGB56 könnte man denken, dass eine Unterauslagerung im investmentrechtlichen Sinne nur bei der Portfolioverwaltung und dem Risikomanagement in Betracht kommt. Warum sonst hätte der Gesetzgeber gerade diese beiden Tatbestände besonders hervorheben sollen? Eine solche Lesart würde aber dem Auslagerungskonzept, welches der AIFM-RL und dem KAGB zugrunde liegt, nicht gerecht. Art. 20 Abs. 4 AIFM-RL57 macht deutlich, dass eine Unterauslagerung in Bezug auf jede übertragene Funktion in Betracht kommt, nicht nur Anlageverwaltungsfunktionen. Die BaFin vertritt, wie erwähnt58, die Ansicht, dass die Wesentlichkeit der übertragenen Funktion unter dem KAGB nicht länger Teil der Definition von „Auslagerung“ sei. Dies gilt jedenfalls, soweit „Wesentlichkeit“ nicht im qualitativen Sinne (bezogen auf die Art der Tätigkeit), sondern im quantitativen Sinne (bezogen auf deren Umfang) verstanden wird. Somit würde dieses Merkmal auch nicht für die Unterauslagerung gelten, weil es keinen normativen Anknüpfungspunkt für eine separate Definition von „Unterauslagerung“ gibt. Auf die Spitze getrieben, sind die Auswirkungen erheblich: So hatte der Verfasser im Auftrag einer KVG deren Auslagerungsstrukturen zu begutachten und dabei festgestellt, dass diese KVG nicht nur die Auslagerung der IT-Funktion auf einen Dienstleister der BaFin als Auslagerung angezeigt hatte, sondern auch den Umstand, dass dieser IT-Dienstleister sich seinerseits ca. drei Dutzend Sub-Dienstleister bediente59. Diese wurden zum Teil für einfachste, für die KVG vollkommen risikofreie 55
Die Begriffe „Unterauslagerung“ und „Weiterverlagerung“ sollen synonym verwendet werden. 56 „[§ 36] Absatz 3 [KAGB] gilt entsprechend bei jeder Unterauslagerung der Portfolioverwaltung oder des Risikomanagements.“ 57 „Dritte dürfen jede der ihnen übertragenen Funktionen weiterübertragen, sofern die folgenden Bedingungen eingehalten werden: (…)“ 58 Teil 1, Abschnitt E. 59 Ein anderes, öffentlichen Quellen entnehmbares Beispiel ist die Nutzung des Systems „Aladdin“ von BlackRock Solutions. Dieses System wird zur Unterstützung der Portfolioverwaltung sowie der Überwachung der Einhaltung von Rechtsvorschriften (Anlagegrenzprüfung und Risikomessung) genutzt. Außer dem Dienstleister erster Stufe geht die Kapitalverwaltungsgesellschaft DWS davon aus, dass 10 Tochtergesellschaften dieses Unternehmens in acht verschiedenen Zeitzonen in das Auslagerungscontrolling einbezogen werden müssen, weil sie trotz zum Teil nur unwesentlicher Leistungen als (Unter-)Auslagerungsunternehmen gelten, vgl. Verkaufsprospekt des OGAW-Investmentvermögens DWS Top Dividende (https://
B. Reduktion der Begriffe „Portfolioverwaltung“ und „Risikomanagement“
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Aufgaben genutzt. Jedem dieser Sub-Dienstleister gegenüber musste die KVG für sich, die BaFin und die Wirtschaftsprüfer Prüfungs- und Zugangsrechte vereinbaren und sich Weisungsrechte vorbehalten. Dies alles, weil man nach Wegfall des Kriteriums der Wesentlichkeit keine Möglichkeit mehr sah, „die Spreu vom Weizen zu trennen“, also (Unter-)auslagerungssachverhalte von nicht relevanten Aufgabenübertragungen abzugrenzen. Wer entgegen der hier60 vertretenen, am Schutz der Berufsausübungsfreiheit und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip orientierten verfassungskonformen Auslegung auf das Kriterium der Wesentlichkeit im quantitativen Sinne verzichtet, schränkt die Möglichkeit von KVGen ein, in effizienter Art und Weise ihre Geschäfte zu organisieren, und zwar, ohne dass dem ein angemessenes „Mehr“ an Anleger- oder Systemschutz gegenüberstände. Daher sollte dieses Kriterium auch in Zukunft weiter Verwendung finden. Ein anderes Ergebnis würde wie gezeigt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zuwiderlaufen.
B. Teleologische Reduktion der Begriffe „Portfolioverwaltung“ und „Risikomanagement“ für Zwecke des § 36 KAGB I. Problemaufriss Es wurde festgestellt61, dass die Anlageverwaltungsfunktionen der Portfolioverwaltung und des Risikomanagements eine Vielzahl von Funktionen beinhalten, welche häufig nicht allein von der KVG selbst, sondern mithilfe Dritter erbracht werden. Es wurde ferner festgestellt62, dass die Aufsicht viele Formen der Aufgabenübertragung auf Dritte als Auslagerung ansieht und vormals geltende Korrektive wie „Dauerhaftigkeit“ und „Wesentlichkeit“ grundsätzlich nicht länger in ihrer Definition der Auslagerung berücksichtigt. Wenn Aufgaben der Anlageververwaltung vollständig oder teilweise als ausgelagert gelten, enthält § 36 KAGB besonders strenge Vorgaben, welche für die Auslagerung anderer Funktionen nicht gelten. So dürfen Anlageverwaltungsfunktionen bei AIF nur auf zugelassene Vermögensverwalter ausgelagert werden63. Bei OGAW bezieht sich die Beschränkung nur auf die Portfolioverwaltung. Ferner dürfen bei AIF und OGAW Funktionen der Portfolioverwaltung und des Risikowww.fondsprofessionell.de/documents/?d=VPDE20190701-0001030849.pdf), S. 26, zuletzt abgerufen am 21. April 2020; kritisch zu der (wenigstens auf Ebene der UnterauslagerungsUnternehmen) unregulierten Tätigkeit von Aladdin Zetzsche/Birdthistle/Arner/Buckley, Financial Operating Systems, S. 46 f. 60 Vgl. Teil 1, Abschnitt E. VI. 61 Vgl. Teil 2, Abschnitte B. und C, im Zusammenhang mit Teil 1, Abschnitt D. 62 Vgl. Teil 1, Abschnitt E. 63 § 36 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KAGB.
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Teil 3: Spezialprobleme des Auslagerungstatbestandes
managements nicht auf die Verwahrstelle oder deren Unterverwahrer ausgelagert werden64. Darüber hinaus dürfen Anlageverwaltungs-Aufgaben nur in solche Drittstaaten ausgelagert werden, mit denen die BaFin eine Vereinbarung bezüglich der aufsichtlichen Zusammenarbeit (Memorandum of Understanding, MoU) abgeschlossen hat65. Wenn nach dem oben Erarbeiteten also z. B. die Due Diligence in Bezug auf Grundstücke Teil der Anlageverwaltung66 ist, und wenn die KVG Teile dieser Due Diligence durch Dritte ausführen lässt, stellt sich die Frage, ob mit der Due Diligence nur Unternehmen beauftragt werden dürfen, die als Vermögensverwalter zugelassen sind. Dies würde z. B. Sachverständige, die Grundstücke auf Altlasten überprüfen, als Dienstleister ausschließen. Ferner wären Sachverständige in Drittstaaten ausgeschlossen, mit denen die BaFin kein MoU abgeschlossen hat. Beim Risikomanagement stellt sich die gleiche Problematik. Darf eine KVG bestimmte komplexe Risikoberechnungsprozesse nur auf zugelassene Vermögensverwalter übertragen, oder kommen hierfür auch nicht als Vermögensverwalter zugelassene Experten in Betracht67? Mit den üblichen „Filtern“, die angewandt werden könnten, um Aufgabenübertragungen aus dem Anwendungsbereich der Auslagerungsvorschriften auszuschließen, kommt man dabei oft nicht weiter: Die Aufgabenübertragung ist vielfach dauerhaft68, sie betrifft wesentliche Aspekte69 und es handelt sich um Aufgaben, die zwingend den KVGen zugewiesen sind und somit auch „typischerweise“ von diesen ausgeübt werden. Auch die Möglichkeit, von der BaFin im Einzelfall eine Befreiung vom Gebot zu erwirken, nur an Vermögensverwalter auszulagern, löst dieses Problem nicht. Zum einen ist dieser Prozess langwierig, zum anderen ist eine Befreiung bei OGAW unzulässig. Das bislang gefundene Ergebnis befriedigt nicht: Die KVG wäre durch § 36 KAGB gezwungen, offensichtlich geeignete Anbieter von Dienstleistungen nicht zu berücksichtigen, und müsste möglicherweise sogar offensichtlich ungeeignete Dienstleister heranziehen, etwa den Vermögensverwalter zur Durchführung 64
§ 36 Abs. 3 KAGB. § 36 Abs. 1 Nr. 4 KAGB; es kommt hier nur auf die Art der Zusammenarbeit an, nicht darauf, dass das aufsichtsrechtliche Regime in dem betreffenden Land mit dem deutschen Regime gleichwertig ist. 66 Partiell Risikomanagement, partiell Portfolioverwaltung. 67 Über anerkannte Expertise in diesem Bereich verfügt beispielsweise die Value & Risk AG, ein nicht von der BaFin als Vermögensverwalter zugelassenes Unternehmen: http://www. valuerisk.com, oder die risklab GmbH (http://www.risklab.com), die zwar als Anlageberater, nicht aber als Vermögensverwalter zugelassen ist. 68 Bei der Due Diligence wird hingegen typischerweise projektbezogen mandatiert, so dass es am umstrittenen Merkmal der Dauerhaftigkeit fehlt. 69 Wobei es nach der BaFin darauf noch nicht einmal ankommt. 65
B. Reduktion der Begriffe „Portfolioverwaltung“ und „Risikomanagement“
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von Bodenanalysen auf einem von Altlasten betroffenen Grundstück oder zur Beurteilung des Zustandes eines Schiffes, welches für einen Sachwertefonds erworben wird. In vielen Ländern könnte sie gar nicht auf örtliche Experten zugreifen. Zu überlegen ist daher, (1) ob man den Anwendungsbereich der Begriffe „Portfolioverwaltung“ und „Risikomanagement“ ausschließlich für Zwecke der speziellen Vorgaben des § 36 KAGB einschränken kann und (2) wie genau diese begriffliche Einschränkung aussehen könnte.
II. Möglichkeit einer gesetzeskonformen Einschränkung der Begriffe In Teil 2, Abschnitten B. und C. wurden zwecks Feststellung des gesetzlich geschuldeten Leistungsumfangs nach §§ 17 und 23 KAGB relativ weite Definitionen von „Portfolioverwaltung“ und „Risikomanagement“ erarbeitet. Daher stellt sich zunächst die Frage, ob es dennoch zulässig ist, für eine andere Norm innerhalb desselben Gesetzes eine andere, engere Definition zu verwenden. Was das Risikomanagement betrifft, wird dies in der Literatur teilweise bejaht: Zetzsche/Eckner vertreten die Ansicht, dass nicht der gesamte Bereich des Risikomanagements auch von den Auslagerungsvorschriften erfasst wird. Sie gehen sogar so weit, dass sie nicht nur die speziellen Vorgaben des Art. 20 AIFM-RL für unanwendbar erklären, sondern die Norm als Ganzes70. Andere wollen hingegen auch für die Zwecke von § 36 KAGB denselben Begriff von Risikomanagement zugrunde legen wie in § 29 KAGB, ohne die Möglichkeit einer Einschränkung des Tatbestandes zu erwägen71. Was die Portfolioverwaltung angeht, scheint auch die BaFin der Auffassung zu sein, dass man innerhalb des KAGB einen weiten und einen engen Portfolioverwaltungsbegriff unterscheiden muss. Die BaFin äußert sich zu dieser Frage in einem Konsultationspapier72, welches nach massiver Kritik der Verbände zu Recht wieder zurückgenommenen wurde. Der darin in Bezug auf die Portfolioverwaltung entwickelte Gedankengang verdient es aber, hier wiedergegeben zu werden: „Geht es um die Entscheidung, ob und zu welchen Bedingungen Vermo¨ gensgegensta¨ nde beispielsweise erworben, vera¨ ußert oder belastet werden sollen, so handelt es sich dabei um den Kernbereich der Portfolioverwaltung. Im Rahmen dieser Ta¨ tigkeiten hat die KVG im eigenen Namen zu handeln, wenn sie Vertra¨ ge mit Dritten abschließt. (…) Anders verha¨ lt es sich mit der konkreten Ausfu¨ hrungshandlung; der Erwerb, die Vera¨ ußerung oder die Belastung von Vermo¨ gensgegensta¨ nden geho¨ rt nicht zur Kernkompetenz der Portfolioverwaltung. Es handelt sich vielmehr um einen Annex. Die eigentliche Verwaltungshandlung (Entscheidung u¨ ber das „Ob“ und „Wie“) wurde bereits geta¨ tigt.“ 70 Zetzsche/Eckner, Risikomanagement, S. 344 f.; zu den von den Autoren entwickelten Abgrenzungskriterien vgl. Teil 3, Abschnitt B. IX. 71 Hanten, in: B/T, § 36 Rn. 85. 72 BaFin-Auslegungsschreiben (Konsultation), S. 6.
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Teil 3: Spezialprobleme des Auslagerungstatbestandes
Es muss deutlich gesagt werden: Der BaFin geht es vorliegend nicht um eine Interpretation der Reichweite des § 36 KAGB, sondern um die Frage, ob die KVG bei bestimmten Tätigkeiten im eigenen oder fremden Namen handelt. Für diese Rechtsfrage hielt sie es aber für sinnvoll und mit dem Gesetz vereinbar, zwischen einem Kernbereich der Portfolioverwaltung und einem nicht-Kernbereich zu differenzieren, und je nach Rechtsakt mal den einen, mal den anderen Begriff zur Anwendung zu bringen. Im Bereich des Risikomanagements will die BaFin laut Konsultationspapier diese Unterscheidung von „Kernbereich“ und „Annex“ hingegen nicht vornehmen. Die Rechtsfigur, die eine solche Einschränkung der Begriffe Portfolioverwaltung und Risikomanagement rechtfertigen würde, ist die am Normzweck orientierte Einschränkung, die teleologische Reduktion73. Voraussetzung für eine solche Reduktion wäre, dass der Gesetzgeber mit den Vorgaben des § 36 KAGB für die Auslagerung der Anlageverwaltung über das verfolgte Ziel hinausgeschossen ist und dem Gesetzeszweck besser gedient wäre, wenn zwar die allgemeinen Vorgaben zur Auslagerung74 auch für die Auslagerung der Anlageverwaltung gelten, die besonderen Regeln des § 36 KAGB75 aber nur für die Anlageverwaltung im engeren Sinne, also für deren Kernbereich. Dies müsste dann von der BaFin bei ihrer Entscheidung, bestimmte Sachverhalte als Auslagerung der Anlageverwaltung zu behandeln, berücksichtigt werden76.
III. Zielsetzung des § 36 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KAGB Festzustellen ist somit zunächst, welche Ziele der europäische und der deutsche Gesetzgeber mit den Regelungen in Art. 20 Absatz 1 lit. c) erster Halbsatz AIFMRL/Art. 13 Abs. 1 lit. c) OGAW-RL bzw. § 36 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KAGB als verfolgen. Sowohl die OGAW-RL77 als auch die AIFM-RL78 stellen klar, dass eine Delegation von Aufgaben der Effizienzsteigerung dienen muss. Im Übrigen erläutern sie nicht, warum nur zugelassene Vermögensverwalter als Auslagerungsunternehmen für die Anlageverwaltung herangezogen werden dürfen.
73 Zu den Voraussetzungen der teleologischen Reduktion vgl. Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie mit Juristischer Methodenlehre, S. 527 Rn. 903. 74 Prüfungs-, Weisungs- und Kontrollrechte, etc. 75 Auslagerung nur an Vermögensverwalter, keine Auslagerung an die Verwahrstelle, Auslagerungen nur in Drittstaaten mit MoU. 76 Bei Gesetzen zur Umsetzung von EU-Richtlinien sind auch deren Ziele bei der Ermessensausübung zu beachten, vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 40 VwVfG Rn. 63, BVerwGE 102, 282, 286 f. 77 Erwägungsgrund 16. 78 Erwägungsgrund 30.
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Der deutsche Gesetzgeber erläutert die mit der Vorschrift verbundene Zwecksetzung nicht unmittelbar. Der Zweck wird jedoch in den Passagen der Gesetzesbegründung zu der Frage deutlich, unter welchen Umständen die Aufsicht Ausnahmen von dem Gebot zulassen darf, Anlageverwaltungsfunktionen nur auf Vermögensverwalter auszulagern: „Ob eine Genehmigung im betreffenden Einzelfall erteilt werden kann, richtet sich u. a. danach, wie weitreichend die ausgelagerten Ta¨ tigkeiten und die damit u¨ bertragenen Befugnisse im Hinblick auf die mit der Ausu¨ bung der Befugnisse verbundenen Risiken fu¨ r die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bzw. den AIF – insbesondere fu¨ r den Fall einer etwaigen mangelhaften Leistungserbringung durch das Auslagerungsunternehmen – sind.“79
Dem deutschen Gesetzgeber geht es also primär darum sicherzustellen, dass der derjenige, der als Dienstleister mit Aufgaben der Anlageverwaltung betraut wird, hierfür auch über die erforderlichen Fähigkeiten verfügt. Diese Zielsetzung steht mit der des europäischen Rechts im Einklang.
IV. Versuch einer telelogischen Reduktion des § 36 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KAGB Geht es dem Gesetzgeber um Effizienzsteigerung sowie darum, die Befähigung des Dienstleisters sicher zu stellen, dann kann und muss auch der Anwendungsbereich der §§ 36 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KAGB so reduziert werden, dass das Gebot, nur zugelassene Vermögensverwalter für Anlageverwaltungsaufgaben einzusetzen, dieses Ziel erreicht und nicht konterkariert. Entscheidend ist also, was den zugelassenen Vermögensverwalter vor anderen Dienstleistern im Hinblick auf seine Expertise auszeichnet, und bezüglich welcher Tätigkeiten er möglicherweise sogar weniger befähigt ist als andere Dienstleister. Dabei kommt es für die Gesetzesauslegung nicht auf den konkreten Dienstleister an, sondern auf den idealtypischen Dienstleister, und zwar um einen, der die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt, um selbst eine Erlaubnis als Vermögensverwalter zu erhalten. Der idealtypische Vermögensverwalter nach KWG80 erhält seine Geschäftserlaubnis81, wenn er darlegen kann, dass die Geschäftsführung des Unternehmens über die fachliche Expertise verfügt, Anlageentscheidungen in Bezug auf Finanzinstrumente zu treffen. Hingegen erwartet der Gesetzgeber nicht, dass der Vermögensverwalter über eigene Expertise für die Due Diligence von Sachwerten verfügt. 79
Regierungsentwurf zum AIFM-RL Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 17/12294, S. 221. Der rechtliche korrekte Terminus ist „Finanzportfolioverwalter“, vgl. § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 3 KWG. 81 Zum Erlaubnisverfahren vgl. das Merkblatt der Deutschen Bundesbank u¨ ber die Erteilung einer Erlaubnis zum Erbringen von Finanzdienstleistungen gema¨ ß § 32 Absatz 1 KWG (Stand: 6. Juli 2018). 80
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1. Einschränkung der Vorschrift in Bezug auf Portfolioverwaltung Was den Bereich der Portfolioverwaltung angeht, könnte man daher die Ansicht vertreten, dass die der Anlageentscheidung vorgelagerten Tätigkeiten nicht von § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KAGB erfasst sind, wenn und soweit die Übertragung dieser Aufgaben auf den Vermögensverwalter dort nicht notwendigerweise zu einer Effizienzsteigerung, sondern sogar zu Effizienzverlusten führt. Ein solcher gesetzlich unerwünschter Effizienzverlust droht aber, wenn anstelle eines spezialisierten Experten, der eine Vielzahl gleich gelagerter Fälle beurteilt hat, gar nicht oder weniger stark spezialisierte Angestellte von Vermögensverwaltern Gutachten über Sachwerte erstellen. Dementprechend sollten die speziellen Vorgaben für die Auslagerung von Portfolioverwaltungsaufgaben nicht gelten, wenn externe Gutachter mit der Due Diligence von Sachwerten beauftragt werden. Für die Portfolioverwaltung kann man damit festhalten, dass nur ein Kernbereich der Portfolioverwaltung von § 36 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KAGB erfasst sein sollte, nämlich das Treffen der eigentlichen Anlageentscheidung82. Nur hierfür verfügt der idealtypische Vermögensverwalter über eine von staatlicher Stelle geprüfte Expertise, die der anderer Dienstleister überlegen ist. Nur auf das Treffen der Anlageentscheidung kann sich somit das Gebot des Gesetzgebers beziehen, als Auslagerungsunternehmen nur Vermögensverwalter zu berücksichtigen. Andere Tätigkeiten der Portfolioverwaltung, wie die Due Diligence bei Sachwerten, dürfen daher auch auf Nicht-Vermögensverwalter ausgelagert werden, allerdings nur unter Beachtung der sonstigen Voraussetzungen des § 36 KAGB. 2. Einschränkung der Vorschrift in Bezug auf Risikomanagement Aus Sicht der Fondsindustrie wäre es wünschenswert, bestimmte Teilfunktionen des Risikomanagements gänzlich aus dem Anwendungsbereich des § 36 KAGB insgesamt oder jedenfalls aus dem Anwendungsbereich des § 36 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KAGB auszunehmen. So verlangt die European Fund and Asset Management Association (EFAMA) eine „Klarstellung, dass die Kalkulation einzelner Risikokennzahlen durch Dritte nicht eine Auslagerung des Risikomanagements darstellt“83.
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Insofern deckt sich die Auffassung des Verfassers mit der im Konsultationspapier der BaFin vom Januar 2017 geäußerten Ansicht, wonach es einen Kernbereich der Portfolioverwaltung gibt, der das Treffen der Anlageentscheidung umfasst. 83 EFAMA Response to the ESMA Discussion Paper Key Concepts of the Alternative Investment Fund Managers Directive and types of AIFM, S. 3: „EFAMA also requests a clarification regarding that the calculation of individual risk figures by external providers should not be considered partial delegation of functions, but rather an ancillary service for the internal performance of risk management. This view should be clearly endorsed for situations where the third party has been assigned only with the task of regular risk measurement while the relevant processes for evaluation of risk measurement results and assessment of risk limits retain with the responsible AIFM.“
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Was hier als „Klarstellung“ eingefordert wird, bedarf einer rechtlichen Begründung. Anders als im Bereich der Portfolioverwaltung, wo es im mitunter um projektbezogene Beauftragungen Dritter ging, werden Dienstleister im Bereich Risikomanagement sogar typischerweise auf Basis langfristiger Dienstleistungsverträge tätig. Möglicherweise hilft aber auch hier das Kriterium weiter, auf welches im Rahmen der Portfolioverwaltung zurückgegriffen wurde: Nur soweit man feststellen kann, dass ein Vermögensverwalter bestimmte Funktionen effizienter erbringen kann als ein Nicht-Vermögensverwalter, ist es gerechtfertigt, die Übertragung von Risikomanagementaufgaben auf Dritte an deren Status als Vermögensverwalter zu knüpfen. Vermögensverwalter sind nicht per se effizienter oder vertrauenswürdiger als andere staatlich überwachte Unternehmen wie z. B. Banken oder Versicherer, Daten für das Risikomanagement zur Verfügung stellen und auswerten. Daher ist es juristisch auch nicht zu rechtfertigen, wenn als Dienstleister für diese Funktion nur Vermögensverwalter in Betracht kommen sollen. Folglich muss der Anwendungsbereich von § 36 Abs. 1 Nr. 3 KAGB um die Funktionen von Datenlieferung und Datenmanagement bereinigt werden. Daraus folgt: Weder für Beschaffung von Risikodaten und deren Aggregation noch für die Messung von Risiken oder für die Meldung von Risiken sind Vermögensverwalter besonders befähigt. Wozu sie befähigt sein müssen, um eine Erlaubnis als Vermögensverwalter zu erhalten, ist das Treffen der Entscheidung, ob ein erkanntes Risiko akzeptiert oder abgelehnt/vermindert werden soll. Diese Tätigkeit der Risikosteuerung ist die Kerntätigkeit des Vermögensverwalters im Risikomanagement, untrennbar verbunden mit der Portfolioverwaltung, und nur dies stellt somit Risikomanagement im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 3 KAGB dar. 3. Zwischenergebnis Von § 36 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KAGB sind im Bereich der Portfolioverwaltung nur das eigentliche Treffen der Anlageentscheidung und im Bereich des Risikomanagements nur die Risikosteuerung erfasst. Sonstige, diese Tätigkeiten vorbereitende oder begleitende Tätigkeiten sind hiervon nicht umfasst. Sie können folglich auch auf NichtVermögensverwalter ausgelagert werden.
V. Zielsetzung des § 36 Abs. 1 Nr. 4 KAGB Art. 78 Abs. 3 Level 2-VO stellt dar, welche Anforderungen ein MoU zu erfüllen hat, damit Anlageverwaltungsfunktionen in ein Drittland ausgelagert werden dürfen. Er zeigt damit zugleich, welche Ziele mit der Regelung in Art. 20 Abs. 2 AIFM-RL
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bzw. dem gleichlautenden Art. 13 Abs. 1 lit. d) OGAW-RL und deren deutscher Umsetzung in § 36 Abs. 1 Nr. 4 KAGB verfolgt werden: - Die für den AIFM zuständige Aufsichtsbehörde muss auf Verlangen alle relevanten Informationen aus dem Drittland von der dort zuständigen Aufsichtsbehörde erlangen; - sie muss Zugang zu den dort vorhandenen Unterlagen erhalten; - sie muss von den örtlichen Aufsichtsbehörden Informationen erhalten, wenn gegen die dort unter Aufsicht stehenden Unternehmen wegen aufsichtsrechtlicher Verstöße ermittelt wird; und - sie muss vor Ort bei dem Auslagerungsunternehmen Prüfungen vornehmen dürfen. Der Abschluss derartiger Vereinbarungen zwischen Aufsichtsbehörden ist alles andere als selbstverständlich, weil Staaten sich durch derartige Vereinbarungen teilweise ihrer Souveränität begeben84.
VI. Versuch einer teleologischen Reduktion in Bezug auf § 36 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 KAGB Die von § 36 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 KAGB verfolgten Ziele lassen sich nicht dadurch besser erreichen, dass man bestimmte Teilfunktionen der Anlageverwaltung von der Vorschrift ausnimmt. Dies gilt zumindest dann, wenn das Auslagerungsunternehmen in dem Drittstaat tatsächlich ein dort beaufsichtigter Vermögensverwalter ist; nur die örtlich zuständige Aufsichtsbehörde kann nämlich die Rechte zugestehen, die Art. 78 Abs. 3 Level 2-VO für die AIFM-Aufsicht einfordert. Aber selbst dann, wenn man mit der hier vertretenen Auffassung die Auslagerung bestimmter Teilfunktionen auch auf nicht-regulierte Unternehmen zulässt, ist das MoU sinnvoll und erforderlich. Zwar kann die örtliche Aufsicht dann selbst keine Informationen mehr zuliefern. Nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des Drittstaates, in dem das nicht-regulierte Unternehmen seinen Sitz hat, ist es aber möglich, dass die AIFM-Aufsicht vor Ort Prüfungen vornimmt und damit in die Souveränität eines anderen Staates eingreift. Eine teleologische Reduktion des § 36 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 KAGB scheidet damit aus.
84 Die (kurze) Liste derjenigen Länder und Aufsichtsbehörden, mit denen MoU bestehen, kann unter folgendem Link eingesehen werden: https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentli chungen/DE/Merkblatt/WA/mb_130722_internat_koopvereinbarungen_kagb.html; zuletzt abgerufen am 21. April 2020.
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VII. Zielsetzung des § 36 Abs. 3 KAGB Von der Antwort auf die Frage, warum Anlageverwaltungstätigkeiten nicht auf die Verwahrstelle ausgelagert werden dürfen, hängt ab, ob und in welchem Umfang § 36 Abs. 3 KAGB bzw. Art. 20 Abs. 1 lit. d) AIFM-RL und Art. 13 Abs. 1 lit. e) teleologisch zu reduzieren sind. Die Verwahrstelle hat im Wesentlichen zwei Funktionen: Sie verwahrt bzw. überwacht das Investmentvermögen und sie kontrolliert bestimmte, gesetzlich definierte Aspekte der KVG-Tätigkeit85. Mit der Verwahrfunktion könnte beispielsweise eine Gestaltung kollidieren, bei der die Verwahrstelle selbst entscheidet, dass ein Vermögensgegenstand an ein Konzernunternehmen der Verwahrstelle veräußert wird, und sie dann diesen Vermögensgegenstand an den Käufer überträgt, ohne Zugum-Zug Zahlung des Kaufpreises zu verlangen86. Ziel der Regelung des § 36 Abs. 3 KAGB ist es daher sicherzustellen, dass die Kontrollfunktion interessenkonfliktfrei ausgeübt werden kann87.
VIII. Versuch einer teleologischen Reduktion in Bezug auf § 36 Abs. 3 KAGB Als Verwahrstellen deutscher Investmentvermögen fungieren sehr häufig Unternehmen, die großen Bankengruppen88 angehören, und die sehr kapitalkräftig sind. Diese Unternehmen müsen schon zur Erfüllung ihrer eigenen vertraglichen Pflichten in großem Umfang markt- und risikorelevante Daten vorhalten. Sie verfügen über ITSysteme, die mit denen der KVGen sehr gut korrespondieren und stellen vielfach sogar den KVGen ihre IT-Systeme zur Verfügung. Sie können daher Teilaspekte des IT-lastigen Risikomanagements besser und günstiger anbieten als viel andere Mitbewerber. Unternehmen, die als Verwahrstelle im Sinne des KAGB fungieren, überprüfen in dieser gesetzlichen Rolle nie die Zweckmäßigkeit einer Anlageentscheidung. Sie prüfen ferner nur diejenigen Entscheidungen im Rahmen der Risikosteuerung, die Einfluss auf die Einhaltung gesetzlicher oder vertraglicher Anlagegrenzen haben. Es droht mit anderen Worten kein Interessenkonflikt, wenn ein Unternehmen, das als Verwahrstelle fungiert, bestimmte Teilaspekte von Portfolioverwaltung oder Risikomanagement erbringen. 85
Vgl. Nachweise in Teil 1, Abschnitt D. V. Zu dieser Pflicht sicher § 83 Abs. 1 Nr. 2 KAGB. 87 Vgl. auch Beckmann, in: B/S/V, § 36 KAGB Rn. 245: „Ein typischer Fall von möglichen Interessenkonflikten besteht zwischen der KVG und der Verwahrstelle … da die Sicherungsund Überwachungsfunktion der Verwahrstelle nicht unabhängig ausgeübt werden können, wenn die von ihnen zu kontrollierenden Funktionen von ihnen selbst wahrgenommen werden.“; im gleichen Sinne Koch, in: FK, § 36 Rn. 80; 88 BNP Paribas, Société Générale, State Street, Bank of New York. 86
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Kosteneffizienz und Qualitätssteigerung, welche für die Möglichkeit der Auslagerung auch an die Verwahrstelle sprechen, stehen keine anlegerschützen Gesichtspunkte gegenüber, welche dagegen sprechen. Daher sollten Tätigkeiten im Vorfeld der eigentlichen Anlageentscheidung, sowie alle Risikomanagement-Tätigkeiten mit Ausnahme der Risikosteuerung betreffend Anlagegrenzen auch von der Verwahrstelle übernommen werden können. Es bietet sich allerdings auch hier an, die für den Bereich der Fondsadministration entwickelte „Divisionslösung“89 anzuwenden, um bereits den Verdacht eines Interessenkonfliktes zu vermeiden. Ist diese Voraussetzung erfüllt, dann erscheint eine teleologische Reduktion des § 36 Abs. 3 KAGB vertretbar. Jedenfalls aber muss die BaFin berücksichtigen, dass Interessenkonflikte nicht existieren, wenn sie im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung nach § 5 Abs. 6 S. 1 KAGB erwägt, Schritte gegen KVGen zu ergreifen, die Aufgaben der Portfolioverwaltung oder des Risikomanagement an ihre Verwahrstelle auslagern.
IX. Vollständige Befreiung der Übertragung bestimmter Risikomanagement-Funktionen von den Auslagerungsvorschriften Zetzsche/Eckner gehen noch einen Schritt weiter als nur die speziellen Auslagerungsvorschriften für das Risikomanagement teleologisch zu reduzieren: Sie nähern sich der Frage „Was umfasst der Begriff Risikomanagement spezifisch für Zwecke von Art. 20 AIFM-RL?“, indem sie zunächst eine eigene Systematik der Risikomanagement-Funktionen erarbeiten, die in fünf Teilschritte zerlegt wird: - Schritt 1: Identifizierung und Steuerung von Risiken - Schritt 2: Reporting von Risiken - Schritt 3: Messung von Risiken - Schritt 4: Aufarbeitung von extern erhaltenen Risikodaten - Schritt 5: Einholen externer Risikodaten90 Nach Zetzsche/Eckner gilt Art. 20 AIFM-RL nur für die Schritte 1 – 3, nicht jedoch für Schritte 4 und 5. Dies würde entsprechend auch für § 36 KAGB gelten. Die Autoren wollen bestimmte Risikomanagement-Funktionen komplett vom Anwendungsbereich des Art. 20 AIFM-RL ausnehmen und nicht nur von dem Erfordernis, dass diese Tätigkeiten nur auf Vermögensverwalter ausgelagert werden können. Sie begründen diese Ansicht damit, dass die Teilfunktionen der Einholung externer 89
Vgl. Teil 1, Abschnitt D. V. Bei Lichte betrachtet stellt diese Systematik lediglich die herkömmliche Darstellung auf den Kopf, wenn der chronologisch erste Schritt an das Ende, der letzte Schritt an den Anfang gestellt wird. 90
C. Die Grenzen zulässiger Auslagerung – KVGen als „Briefkastenfirmen“
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Risikodaten sowie deren Aufarbeitung außerhalb des AIFM besser aufgehoben wären.91 Selbst wenn man sich der Bewertung in Bezug auf eine effizientere Erbringung durch Dritte anschließt, überzeugt die juristische Begründung nicht: Nur deshalb, weil eine bestimmte Funktion durch Dritte effizienter erbracht werden kann und weil dies sich zugunsten des AIF und seiner Anleger auswirkt, heißt dies noch nicht, dass die Übertragung dieser Tätigkeit auf einen Dritten keine Auslagerung mehr darstellt. Art. 76 Level 2-VO gibt an, dass die „Optimierung von Geschäftsfunktionen und -verfahren“ ein Aspekt sein kann, der die rechtfertigungsbedürftige Auslagerung rechtfertigt; diese Formulierung wäre sinnlos, wenn jede Optimierung oder jeder Effizienzgewinn per se den Auslagerungstatbestand ausschließen würde. Dementsprechend finden die allgemeinen Vorgaben von § 36 KAGB auf sämtliche Teilfunktionen des Risikomanagement Anwendung.
X. Ergebnis § 36 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 und Abs. 3 KAGB können teleologisch reduziert werden. Kriterien für diese Reduktion lassen sich aus der Gesetzesbegründung ableiten. Von diesen Vorschriften erfasst sind lediglich das Treffen der Anlageentscheidung sowie die Risikosteuerung. Für die Auslagerung aller anderen Anlageverwaltungsfunktionen gelten (lediglich) die allgemeinen Vorgaben des § 36 KAGB. Dabei hat sich einmal mehr gezeigt, dass es naheliegen könnte, den Anwendungsbereich von § 36 KAGB auf Formen der dauerhaften Aufgabenübertragungen zu beschränken, und projektbezogene Tätigkeiten auszublenden. § 36 Abs. 1 S.1 Nr. 4 KAGB ist einer teleologischen Reduktion nicht zugänglich.
C. Die Grenzen zulässiger Auslagerung – KVGen als „Briefkastenfirmen“ I. Eingrenzung der juristischen Problemstellung auf in der Praxis vorkommende Gestaltungen Wie oben festgestellt wurde, stehen deutscher und europäischer Gesetzgeber der Auslagerung kritisch gegenüber. Sie verlangen, dass jede Auslagerung begründet
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Zetzsche/Eckner, Risikomanagement, S. 344 f.: „We deem Steps 4 and 5 to be important steps, however both benefit from being organised differently than with the firm’s risk organization: data collection improves when data of more than one entity is included, and the data management benefits from including data delivered by the (external) portfolio managers, (if any).“
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wird und gestatten die Auslagerung von Kernfunktionen der Anlageverwaltung grundsätzlich nur an regulierte Vermögensverwalter. Um einem Übermaß an Auslagerung entgegen zu wirken, wurden in der Level 2VO Kriterien festgelegt, bei deren Vorliegen ein AIFM als „Briefkastenfirma“ gilt. Diese Kriterien wendet der deutsche Gesetzgeber92 nicht nur auf AIF-KVGen an, sondern auch auf OGAW-KVGen93. Tollmann und Seidenschwann haben sich jeweils mit der Frage befasst, ob Verwaltungsgesellschaften eine Erlaubnis erhalten dürfen, wenn sie selbst entweder keine Portfolioverwaltung oder kein Risikomanagement vornehmen. Sie haben in diesem Zusammenhang die Frage erörtert, ob Portfolioverwaltung und Risikomanagement „höchstpersönliche“ Pflichten sind, so dass eine Auslagerung selbst von Teilfunktionen dieser Bereiche ausscheidet94. Was diese Frage betrifft, treffen europäischer und deutscher Gesetzgeber eine klare Regelung. Art. 20 Abs. 1 lit. c) AIFM-RL und § 36 Abs. 1 und 3 zeigen, dass grundsätzlich Funktionen der Portfolioverwaltung und des Risikomanagements ausgelagert werden können. Dies führt weder dazu, dass die Erlaubnis einer KVG zu verweigern bzw. zu widerrufen wäre, noch führt die Auslagerung einzelner Funktionen dieser Bereiche dazu, dass die KVG insgesamt oder in Bezug auf einen Fonds zu einer Briefkastenfirma wird95. Zur Begründung bedarf es insbesondere keines Rückgriffs auf eine historische Auslegung bzw. auf Art. 4 Abs. 1 lit w) der AIFMRL, wie gelegentlich behauptet wird96. Auch die Teleologie der Vorschriften muss hierfür nicht bemüht werden97. Es reicht hier der Blick ins Gesetz, welches die Zulässigkeit der Auslagerung auch von Kernfunktionen zweifelsfrei bestätigt98. Von der Vorstellung, dass es Funktionen von so großer Bedeutung gibt, dass diese gar
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Der deutsche Gesetzgeber handelt hier im Einklang mit den Anforderungen von ESMA Juli Opinion, „ESMA is of the view that the interpretation of Article 13 of the UCITS Directive and the relevant national laws transposing this provision should be consistent with the principles set out in Articles 75 to 82 of the AIFMD Level 2 Regulation. In this respect, NCAs should ensure that UCITS investors, which are often retail investors, benefit from at least the same level of protection as AIF investors.“ 93 § 36 Abs. 10 KAGB. Für OGAW-KVGen regelt Art. 13 Abs. 2 S. 2 der OGAW-RL ebenfalls das Verbot, OGAW durch eine Briefkastenfirma verwalten zu lassen. 94 Tollmann, in: D/J/K/T, Art. 20 Rn. 129 f.; Seidenschwann, S. 278 ff. 95 So auch die BaFin im FAQ Auslagerung, Frage 11: „Grundsätzlich ist es möglich, dass entweder die Portfolioverwaltung oder das Risikomanagement ausgelagert wird. Es ist auch möglich, dass jeweils Teile ausgelagert werden. Es können jedoch nicht beide Funktionen vollständig ausgelagert werden, so dass die Kapitalverwaltungsgesellschaft beispielsweise nur administrative Tätigkeiten für alle Investmentvermögen ausübt.“ 96 Seidenschwann, S. 261. 97 Seidenschwann, S. 263 ff. 98 Wie hier Beckmann, in: B/S/V, § 36 KAGB Rn. 180.
C. Die Grenzen zulässiger Auslagerung – KVGen als „Briefkastenfirmen“
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nicht ausgelagert werden können (sog. „Kernbereichstheorie“), hat sich die deutsche Finanzaufsicht schon vor vielen Jahren verabschiedet99. Man kann wie die oben genannten Autoren eine Reihe theoretischer Szenarien bilden, bei denen eine KVG beispielsweise ihr gesamtes Risikomanagement ausgelagert hat, oder bei dem sie über keinerlei eigene Portfoliomanager mehr verfügt100 und sich jeweils fragen, welchen Einfluss dies auf die Erlaubnisfähigkeit einer KVG hätte. Die von Tollmann und Seidenschwann aus Art. 5 AIFM-RL bzw. § 23 Nr. 9 KAGB abgeleiteten Argumente bezüglich der Zulässigkeit der Auslagerung vermischen zwei streng auseinander zu haltende Fragen: Erstens die Frage, wann eine KVG eine Erlaubnis erhalten darf bzw. behalten darf – dies regeln Art. 5 AIFM-RL bzw. § 23 Nr. 9 KAGB. Zweitens die Frage, ob und in welchem Umfang eine zugelassene KVG Funktionen ganz oder teilweise auslagern darf – dies regeln Art. 20 AIFM-RL, § 36 Abs. 5 KAGB und ergänzend Art. 82 Level 2-VO101. Jedenfalls was deutsche KVGen, auch Master-KVGen angeht, kommen die von Tollmann und Seidenschwann erörterten Szenarien in der Realität nicht vor. Deutsche Master-KVGen verfügen über umfangreiche Risikomanagement-Ressourcen, und die meisten von ihnen verfügen jedenfalls über eine kleine Zahl von Portfoliomanagern. Letztere werden bereits benötigt, um diejenigen Mandate zu betreuen, bei denen keine Auslagerung der Portfolioverwaltung stattfindet, sondern die Master-KVG sich durch einen Anlageberater beraten lassen, dem zumeist die Lizenz für die Vermögensverwaltung fehlt. Dennoch stellt sich seit der ESMA Opinion vom Juli 2017 und der sich hieran anschließenden Änderung der BaFin-Auffassung im November 2017102 mit neuer Prägnanz die Frage, ob die typische deutsche Master-KVG nach den einschlägigen Kriterien als Briefkastenfirma anzusehen ist103. 99
Vgl. Herring/Steck, ZfgK 2000, S. 23. Zu diesem Szenario kritisch Klebeck, RdF 2012, 225 (230) sowie Hanten, ZBB 2003, 291 (292). 101 Wie hier Weiser/Hüwel, BB 2013, 1091 (1097); A. A. Emde/Dreibus, BKR 2013, 89 (92), die in § 23 Nr. 9 KAGB die Frage geregelt sehen wollen, inwieweit eine Doppelauslagerung von Portfolioverwaltung und Risikomanagement zulässig wäre. Diese Auffassung überzeugt nicht, weil sich § 23 KAGB nicht mit Fragen der Zulässigkeit der Auslagerung befasst, sondern mit der originären Zuweisung von Verantwortung an die KVG. 102 Vgl. hierzu nachstehend Abschnitt C. IV. 1. 103 Bejahend Volhard/Jang, in: W/B/A, § 36 Rn. 7 für den Fall, dass die typische MasterKVG das gesamte Risikomanagement auslagert, was in dieser Form allerdings nicht vorkommt. Zweifel an der Zulässigkeit des Master-KVG-Modells äußern auch Klebeck, RdF 2012, 225 (230), Wallach, RdF 2013, 92 (97) sowie Wollenhaupt/Beck, DB 2013, 1950 (1956): „Die verschärften Voraussetzungen für die Auslagerung unter dem KAGB werden das Geschäftsmodell nicht grundsätzlich in Frage stellen, könne aber eine Adjustierung in Teilbereichen erforderlich machen.“; Niewerth/Rybarz, WM 2013, 1154 (1159) gehen ebenfalls davon aus, dass durch Art. 82 Level 2-VO der Auslagerungsspielraum deutscher KVGen erheblich eingeschränkt wird. 100
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Teil 3: Spezialprobleme des Auslagerungstatbestandes
Bevor in den Abschnitten C. III. und C. IV. die gesetzlichen Kriterien für Briefkastenfirmen dargestellt werden, soll die wirtschaftliche Bedeutung von MasterKVGen, und damit die wirtschaftliche Relevanz der Fragestellung illustriert werden.
II. Wirtschaftliche Bedeutung der Fragestellung Im Jahr 1997 wurde Kapitalanlagegesellschaften durch die BAKred kategorisch verboten, die Portfolioverwaltung104 auf Dritte auszulagern. Bereits bestehende Auslagerungen mussten beendet werden. Schon 1997 bestand jedoch das dringende Bedürfnis deutscher institutioneller Anleger, auf die Expertise internationaler Asset Manager zuzugreifen. Daher versuchten diese Asset Manager in der Folge, mittels sogenannter „Advisory“ und „Echo-Systeme“ das Auslagerungsverbot zu umgehen. Dabei wurde einer KAG ein Anlagevorschlag durch den externen Asset Manager unterbreitet, der dann jeweils aktiv durch die KAG bestätigt werden musste. Diese Lösungen funktionierten eher schlecht als recht, insbesondere wenn der Asset Manager in einer anderen Zeitzone ansässig war oder für seine zeitkritischen Anlageentscheidungen die Freigabe jeder einzelnen KAG einholen musste, deren Fonds er entsprechend dem von ihm verwandten Muster-Portfolio verwaltete. Anfang des Jahrtausends vollzog die Aufsichtsbehörde eine Kehrtwende und ließ die Auslagerung sämtlicher Funktionen, einschließlich der Portfolioverwaltung, zu, im Vorgriff auf die Umsetzung der OGAW-Richtlinie in 2004105. Diese investmentrechtliche Kehrtwende106 war der Startschuss für die Entwicklung des MasterKVG-Modells in Deutschland107. Die Beratungsgesellschaft Telos GmbH veröffentlicht jedes Jahr eine Studie zur Entwicklung des Master-KVG-Marktes.: - Deutsche Master-KVGen verwalteten in 2018 über EUR 1,1 bn., zwei Jahre zuvor waren es noch EUR 100 mrd weniger, und in 2004, bei Inkrafttreten des Investmentgesetzes, war es gerade einmal ein knappes Fünftel dieser Summe108. Unter den Spezialfonds machen Master-KVG-Fonds 75 % des Gesamtmarktes aus109. 104
Seinerzeit noch als „Fondsverwaltung“ bezeichnet. Die Begründung – man wolle OGAW-RL-konform handeln – überzeugte insofern nicht, als die OGAW-RL den Mitgliedstaaten freistellte, ob sie eine Auslagerung zulassen wollen. Wenn die Portfolioverwaltung tatsächlich eine so kritische Funktion darstellt wie noch 1997 behauptet, dann hätte nichts den deutschen Gesetzgeber gehindert, auch weiterhin auf einem Auslagerungsverbot zu bestehen. 106 Vgl. Vorbeck, Börsenzeitung vom 20. Mai 2017, S. B4. 107 Eine vertiefte Darstellung der Gründe, warum deutsche institutionelle Anleger in Spezialfonds im Allgemeinen und in solche von Master-KVGen im Besonderen anlegen, findet sich bei Seidenschwann, S. 54 ff. 108 Telos Studie 2018, S. 73. 109 Telos Studie 2018, S. 135. 105
C. Die Grenzen zulässiger Auslagerung – KVGen als „Briefkastenfirmen“
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- Die von Telos befragten institutionellen Anleger (Versicherungen, Pensionskassen, Versorgungswerke, etc.) nutzen für 80 % ihres Vermögens Master-KVGen, lediglich 20 % des Vermögens wird außerhalb dieser Strukturen angelegt110. - Nur jeder dritte institutionelle Anleger nutzte die Expertise der Master-KVG auch für die Anlageverwaltung. Dies gilt auch für diejenigen Master-KVGen, die gern aktiv ihr eigenes Portfoliomanagement dem Kunden anbieten würden. Anders ausgedrückt: 67 % der institutionellen Investoren schätzen die Struktur der Master-KVG gerade deshalb, weil die Fondsadministration streng vom Asset Management getrennt ist. Telos verweist auf Beispiele, in denen KVGen im Zuge der Übernahme eines Master-KVG-Mandates auf Wunsch des Anlegers ihre eigenen aktiven Mandate niederlegen mussten111. Wer aufgrund einer Auslegung des Art. 82 Level 2-VO112 zu dem Ergebnis gelangt, deutsche Master-KVGen wären Briefkastenfirmen, würde konsequent eine Neuanlage von EUR 1,1 bn. verlangen, da die Master-KVG ja nicht über die erforderliche Expertise in Bezug auf alle Asset-Klassen verfügt. Gleichzeitig würde man institutionellen Anlegern eine Struktur verwehren, für welche diese ganz offensichtlich eine Präferenz haben.
III. Strukturelle Kriterien (Art. 82 Abs. 1 lit a) bis c) Level 2-VO) Zur Frage, wann eine Briefkastenfirma vorliegt, verweist § 36 Abs. 5 i. V. m. Abs. 10 KAGB auf die Level 2-VO. Art. 82 Level 2 VO beschreibt zunächst in Abs. 1 lit a) bis c) eine Reihe von Szenarien, die jedenfalls in der deutschen Rechtspraxis nicht anzutreffen sein dürften. Dies gilt beispielsweise für folgende Situationen113: „a) der AIFM verfügt nicht mehr über die Fachkenntnisse und Ressourcen, die für eine wirksame Überwachung der übertragenen Aufgaben und die Steuerung der mit der Übertragung verbundenen Risiken erforderlich sind;“114
ESMA hat 2017 erläutert115, wieviel qualifiziertes Personal eine Verwaltungsgesellschaft grundsätzlich vorhalten muss: „NCAs should apply additional scrutiny to situations where relocating entities, even those of smaller size employing simple investment strategies and having a limited range of business activities, do not dedicate at least 3 locally-based FTE (including time commitments at both Senior Management and staff level) to the performance of portfolio management and/or risk management functions and/or monitoring of delegates.“ 110 111 112 113 114 115
Telos Studie 2016, S. 69. Telos Studie 2016, S. 71. Vgl. dazu sogleich Abschnitt C. III. Zu diesen allgemeinen Kriterien vgl. Beckmann, in: B/S/V, § 36 KAGB Rn. 230 ff. Seidenschwann, S. 284. ESMA Juli-Opinion, S. 14, Rz. 60.
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Teil 3: Spezialprobleme des Auslagerungstatbestandes
Diese Vorgabe wird von allen deutschen Kapitalverwaltungsgesellschaften, und erst recht von den Master-KVGen, eingehalten. Hierüber wacht die BaFin. Seit Umsetzung der AIFM-RL stellt ferner die BaFin im Rahmen der Erlaubniserweiterungsverfahren sicher, dass eine KVG jeweils über Geschäftsleiter verfügt, die nicht nur das KVG-Geschäft allgemein, sondern auch die von ihr speziell verwalteten Asset-Klassen verstehen116. Nach Art. 82 Level 2-VO kann sich die Einstufung als Briefkastengesellschaft aber auch aus folgendem Umständen ergeben: „b) der AIFM hat in zentralen Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit der Geschäftsleitung fallen, keine Entscheidungsgewalt mehr oder ist — insbesondere im Zusammenhang mit der Umsetzung der allgemeinen Anlagepolitik und der Anlagestrategien — nicht mehr befugt, Geschäftsleitungsfunktionen auszuüben;“117
Dies dürfte allenfalls dann der Fall sein, wenn der Investmentvertrag durch einen AIF in Gesellschaftsform so modifiziert wird, dass dem AIFM nicht mehr die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Befugnisse zustehen. Dieses Risiko dürfte schon deshalb zu vernachlässigen sein, weil es typischerweise der AIFM ist, der den Investmentvertrag stellt, und nicht der mit seiner Hilfe gegründete AIF in Gesellschaftsform. Ein drittes mögliches Szenario für das Entstehen einer Briefkastenfirma liegt vor, wenn „c) der AIFM […] seine vertraglichen Rechte auf Einsichtnahme, Ermittlung, seine Zugangsrechte oder das Recht auf Erteilung von Anweisungen an seine Beauftragten [verliert] oder die Wahrnehmung dieser Rechte […] in der Praxis nicht mehr mo¨ glich [ist]“118
Der von Master-KVGen typischerweise verwendete Muster-Auslagerungsvertrag des BVI sieht umfangreiche Prüfungs-, Weisungs- und Kontrollrechte vor, welche die Geschäftsleitung einer KVG direkt, durch ihre Mitarbeiter oder ihre Prüfer ausüben kann. Insofern stellt sich der oben beschriebene, gesetzlich verbotene Kontrollverlust ebenfalls nicht als Problem dar. Die drei oben beschriebenen Szenarien sind somit praktisch irrelevant, jedenfalls was deutsche Master-KVGen angeht. Anders mag die Situation sich im Ausland darstellen. Dem Verfasser sind irische Verwaltungsgesellschaften bekannt, die noch 2017 weder eine eigene Geschäftsleitung noch auch nur einen einzigen Angestellten 116 BaFin-Merkblatt Erlaubnisverfahren, Nr. 4: „Die fachliche Eignung muss zudem in Bezug auf die fondsspezifische, von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beabsichtigte Geschäftstätigkeit vorliegen. Die fondsspezifische beabsichtigte Geschäftstätigkeit ergibt sich aus dem in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag festgelegten Unternehmensgegenstand sowie aus der Angabe im Geschäftsplan in Bezug auf die Arten von AIF, die die Gesellschaft zu verwalten beabsichtigt.“ 117 Hanten, in: B/T, § 36 Rn. 129; Volhard/Jang, in: W/B/A, § 36 Rn. 46; Seidenschwann, S. 285. 118 Seidenschwann, S. 285.
C. Die Grenzen zulässiger Auslagerung – KVGen als „Briefkastenfirmen“
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hatten: Buchstäblich das ganze Unternehmen wurde ausgelagert. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die ESMA Juli-Opinion diesem offensichtlichen Missstand ein Ende bereitet119. Dem Vernehmen nach hat im Zuge der zahlreichen Brexit-motivierten Umzüge britischer Unternehmen nach Irland die Central Bank of Ireland bereits selbst die Substanzanforderungen erheblich verschärft. Trotz der fehlenden praktischen Relevanz in Deutschland sollte jedoch ein Punkt klargestellt werden: Die oben genannten strukturellen Kriterien betreffen nicht nur die Auslagerung der Anlageverwaltung. Art. 82 Abs. 1 lit a) bis c) Level 2-VO können vielmehr auch einschlägig sein, wenn andere Funktionen als die Anlageverwaltung ausgelagert werden, weil in diesen Tatbeständen, anders als in lit. d), der gleich zu erörtern ist, gerade nicht eine Beschränkung auf die Anlageverwaltung stattfindet. Soweit sich Autoren120 zum Beleg für ihre gegenteilige Auffassung auf die BaFin berufen, tun sie dieser Unrecht. Die BaFin stellt nämlich völlig zu Recht nur für Zwecke von lit. d) allein auf die Anlageverwaltung ab121. Dies ist nicht nur vom Gesetzeswortlaut gedeckt, es ist im Hinblick auf den vom Gesetzgeber verfolgten Zweck des Anlegerschutzes auch sinnvoll: Man stelle sich vor, eine KVG führt zwar sämtliche Anlageverwaltungsaktivitäten selbst durch, hat aber das Back Office mit der risikobehafteten Fondsbuchhaltung auf Dritte ausgelagert. Wenn ihr dann eigene Expertise zur Überwachung des Dienstleisters fehlt, wenn sie gar die üblichen Prüfungs-, Weisungs- und Kontrollrechte nicht hat, dann liegt es nahe, diese Mängel ebenso zu behandeln wie Mängel bei der Auslagerung der Anlageverwaltung.
119 Interessanterweise steht das Verhalten der irischen Aufsicht in offenkundigem Gegensatz zu der veröffentlichten Amtsmeinung. So heißt es in den Q&A der Central Bank of Ireland zur AIFM-RL: ID 1037 „Q. Will the Central Bank permit AIFM to delegate portfolio or risk management functions? A. In part, yes. However, this cannot include either of the functions in its entirety. Specifically, it can never include the tasks, as set out in the AIF Rulebook, which must be exercised directly by the board or its designated persons. Rather, certain portfolio and risk management tasks may be delegated. The proposed extent of delegation must be set out clearly for the Central Bank which will review each such proposed arrangement.“ 120 Z. B. Seidenschwann, S. 283 („Entscheidend für die Beurteilung, ob eine Briefkastenfirma vorliegt, sind ausschließlich die beiden Kernaufgaben der Portfolioverwaltung und des Risikomanagements.“). 121 BaFin FAQ Auslagerung, Frage 11: „(…) Die Beurteilung nach Artikel 82 Absatz 1 Buchstabe d der AIFM-VO bezieht sich jedoch auch in quantitativer Hinsicht ausschließlich auf die Anlageverwaltungsfunktionen, d. h. auf die Portfolioverwaltung und das Risikomanagement (vgl. Anhang I Nummer 1 der AIFM-RL). Die administrativen Tätigkeiten können das ausgelagerte Portfolio- und Risikomanagement daher nicht aufwiegen bzw. können für die quantitative Beurteilung im Sinne des Artikels 82 Absatz 1 Buchstabe d der AIFM-VO nicht herangezogen werden. (…)“.
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Teil 3: Spezialprobleme des Auslagerungstatbestandes
IV. Auslagerung im Übermaß (Art. 82 Abs. 1 lit. d) Level 2-VO) Die nun zu analysierende Vorschrift ist, vorsichtig ausgedrückt, missglückt122. Selbst die EU-Kommission war von dem in der Vorschrift verfolgten Ansatz so wenig überzeugt, dass sie eine Prüfung der Kriterien im Jahr 2015 vorschlug, wozu es dann allerdings nicht kam123. 1. Ganzheitliche vs. Fonds-individuelle Betrachtung? Zunächst die Einleitung der Vorschrift: „Ein AIFM wird zur Briefkastenfirma und nicht mehr als Verwalter des AIF angesehen, wenn zumindest eine der folgenden Situationen eintritt: [es folgen lit. a) bis d)]“
Hier soll ausgedrückt werden, dass die Frage, ob ein AIFM Briefkastenfirma ist, nicht allgemein beantwortet werden soll, also nicht pauschal in Bezug auf den AIFM, sondern individuell in Bezug auf jeden einzelnen von dem AIFM verwalteten AIF („des AIF“). So sieht es teilweise die Literatur124 und so sieht es ESMA: „Authorised entities should not delegate investment management functions to an extent that exceeds by a substantial margin the investment management functions performed internally. This assessment must be carried out in relation to and at the level of each individual fund and not in relation to a group of funds.“125
Die BaFin vertrat hingegen in ihrem FAQ Auslagerung bis zum November 2017 zur Frage, ob eine Briefkastenfirma vorliegt, eine ganzheitliche Auffassung, d. h. sie stellte auf die Gesamtzahl der verwalteten Fonds ab126. Erst im November 2017
122 Seidenschwann, S. 286 „Die Auslegung der Norm gestaltet sich als sehr schwierig.“; Görke/Ruhl, BKR 2013, 142 (148) bemängeln ebenfalls die „wenig aussagekräftigen Kriterien“ der Norm. 123 Kuper, Rechtsquellen, S. 57, Rn. 116: „Auch der Kommission scheint bewusst zu sein, dass sie mit diese Mixtur aus quantitativen und qualitativen Kriterien, gespickt mit unbestimmten Rechtsbegriffen, keinen wesentlichen Beitrag zur Konvergenz der Aufsichtspraxis in Europa leistet.“ 124 Seidenschwann, S. 291. 125 ESMA Juli-Opinion, S. 13, Rz. 56. 126 „Im Übrigen ist es, sofern den qualitativen Kriterien 82 Absatz 1 d) i) bis vii) Rechnung getragen ist, auch möglich, dass eine Kapitalverwaltungsgesellschaft, die mehrere Investmentvermögen verwaltet, bezüglich eines dieser Investmentvermögen die Portfolioverwaltung und das Risikomanagement vollständig auslagert. Allerdings dürfen im Rahmen der gesamten Auslagerungsstruktur der Kapitalverwaltungsgesellschaft quantitativ die ausgelagerten Anlageverwaltungsfunktionen die zurückbehaltenen Portfolioverwaltungs- und Risikomanagementfunktionen insgesamt nicht deutlich übersteigen. Dabei sind die für bestimmte Fondsarten und -kategorien unterschiedlichen Anforderungen an die Portfolioverwaltung und das Risikomanagementsystem ebenfalls in die Gewichtung einzubeziehen.“; zustimmend Koch, in: FK, § 36 Rn. 96.
C. Die Grenzen zulässiger Auslagerung – KVGen als „Briefkastenfirmen“
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änderte die BaFin ihre Ansicht. Sie vertritt seither wie ESMA die Meinung, dass das Vorliegen einer Briefkastenfirma jeweils auf Einzelfondsebene zu bestimmen ist127. Die vormalige Auffassung der BaFin mag dem Wortsinn „Briefkastenfirma“ besser entsprechen als die der ESMA. Es liegt in der Tat fern, ein Unternehmen als Briefkastenfirma zu bezeichnen, welches über hunderte Mitarbeiter verfügt, und welches nahezu alle Fonds vollständig selbst verwaltet, nur weil für einen Fonds die Anlageverwaltung im Übermaß ausgelagert wurde. Andererseits nützt es dem Anleger gerade dieses einen Fonds nichts, wenn alle anderen Fonds ordnungsgemäß verwaltet werden, der seine aber nicht, weil im Übermaß Anlageverwaltungsfunktionen ausgelagert wurden128. Abgesehen vom eindeutigen Wortlaut der Vorschrift129 spricht dieses am Anlegerinteresse ausgerichtete Argument für eine individuelle Betrachtung auf Fondsebene130. Es wird jedoch nachstehend gezeigt, dass es diese Sichtweise nahezu unmöglich macht, Lebenssachverhalte unter die in Art. 82 Abs. 1 lit d) genannten Kriterien zu subsumieren. 2. Berücksichtigung quantitativer und qualitativer Kriterien Art. 82 Abs. 1 lit d) stellt klar, dass neben quantitativen auch qualitative Kriterien zu berücksichtigen sind, wenn es um die Qualifikation als Briefkastenfirma geht: „der AIFM u¨ bertra¨ gt Funktionen der Anlageverwaltung131 in einem Umfang, der die Wahrnehmung solcher Funktionen durch den AIFM selbst deutlich u¨ berschreitet. Bei der ¨ bertragungsumfangs bewerten die zusta¨ ndigen Beho¨ rden die gesamte Ermittlung des U ¨ bertragungsstruktur, wobei sie neben den im Rahmen der U ¨ bertragung verwalteten U Vermo¨ genswerten auch folgenden qualitativen Aspekten Rechnung tragen: (…)“
Hieraus wird teilweise geschlossen, dass für einen Fonds entweder die gesamte Portfolioverwaltung oder das gesamte Risikomanagement ausgelagert werden
127
BaFin FAQ Auslagerung, Frage 11. Im gleichen Sinne Dieterich, S. 197 „Der Anlegerschutz bei Fonds A wird nicht beeinflusst durch die neu hinzugekommene Auslagerung des Management von Fonds B.“ 129 Und zwar nicht nur der einleitenden Formulierung, sondern hinsichtlich jedes einzelnen Tatbestandsmerkmals in lit. d). 130 Kritisch zum früheren Ansatz der BaFin auch Tollmann, Der materielle Managerbegriff, S. 377 Fn. 62, der darauf hinweist, dass schon auf Level 1 Art. 20 Abs. 3 AIFM-RL von „dem AIF“ im Singular die Rede sei. 131 Weiser/Hüwel, BB 2013, 1091 (1097), sind der Ansicht, dass neben der Portfolioverwaltung und dem Risikomanagement auch Geschäftsleitungsfunktionen zur Anlageverwaltung gehören (können), und dass deshalb die bloße Ausübung der Geschäftsleitungsfunktion dazu führen könnte, dass selbst eine weitgehende Auslagerung von Portfolioverwaltung und Risikomanagement kompensiert würde. Da jede KVG eine Geschäftsleitung benötigt, und darüber hinaus Geschäftsleitungsfunktionen in Art. 82 Abs. 1 lit. b) speziell geregelt sind, ist dieser Ansatz abzulehnen. 128
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Teil 3: Spezialprobleme des Auslagerungstatbestandes
können132, ohne die Grenze des lit. d) zu überschreiten. Dem liegt wohl die Meinung zugrunde, dass beide Bereiche „gleich viel wiegen“133. Auch wird die Ansicht vertreten, dass eine Auslagerung von „bis zu 55 %“ der Anlageverwaltungstätigkeiten (also wohl z. B. die ganze Portfolioverwaltung plus „ein Quäntchen“ Risikomanagement) in Bezug auf einen Fonds übertragen werden dürften134, ohne dass der AIFM für diesen Fonds zur Briefkastenfirma wird. Art. 82 Level 2-VO, ESMA und BaFin schweigen zu der Frage, ob ein „deutliches Überschreiten“ bereits bei Übertragung von 56 % oder erst bei z. B. 67 % der Anlageverwaltungstätigkeit vorliegt. Selbst wenn eine Zahl angegeben worden wäre, stellt sich die Frage: Wie quantifiziert man Anlageverwaltung135 ? Möglicherweise kommt es auf die Zahl der Mitarbeiter an, die in der Verwaltungsgesellschaft einerseits und in dem oder den Auslagerungsunternehmen andererseits beschäftigt werden. Dieser Ansicht scheint ESMA zu sein, wenn sie in der Opinion vom Juli 2017 im Kontext der Relocation von UK-Asset Managern in die EU schreibt: „In the context of relocations, NCAs136 should be satisfied that relocating entities have transferred a sufficient amount of portfolio management and/or risk management functions for the relevant funds to their new home Member State. Granting authorisations to relocating entities should not result in a situation in which these entities could continue to perform substantially more portfolio management and/or risk management functions for the relevant funds in their original Member State or third country on a delegation basis and therefore also maintain substantially more relevant human and technical resources there despite a relocation. Moreover, such a situation would contradict the requirement that authorised entities must have both their head office and their registered office located in the same Member State.“
Obwohl unter dem Aspekt von Art. 82 Level 2-VO erörtert, stellt ESMA hier scheinbar nicht mehr auf den einzelnen Fonds, sondern auf die Zahl der Fonds als Gesamtheit und die jeweils für deren Verwaltung verwendeten Personalressourcen und technischen Ressourcen ab. Art. 82 Abs. 1 lit d) Level 2-VO verlangt einen quantitativen Vergleich von zwei Tätigkeiten, die sich nur mit Mühe quantifizieren lassen. Soll es darauf ankommen, wie lange ein Portfoliomanager über eine bestimmte Anlage nachgedacht hat, oder wie lange sein Kollege aus dem Risikomanagement für das Messen eines Risiko132 Seidenschwann, S. 289; so auch Finanzmarktaufsicht Liechtenstein, FAQ AIFMG, Frage zu Art. 29 AIFMG. 133 Seidenschwann, S. 305, ferner Browne, Delegation of investment management under the AIFMD, 2013, S. 4. 134 Seidenschwann, S. 289. 135 Koch, in: FK, § 36 Rn. 95, ist beispielsweise der Ansicht, die Auslagerung der „passiven“ Portfolioverwaltung eines Indexfonds könne „untergewichtet“ werden, es fehlt aber an Vorschlägen, wie diese Gewichtung konkret erfolgen soll. 136 Nationally Competent Authorities.
C. Die Grenzen zulässiger Auslagerung – KVGen als „Briefkastenfirmen“
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parameters benötigte? Wie geht man mit Sachverhalten um, bei denen die Anlageentscheidung zunächst von einem internationalen Kollegium von Portfoliomanagern und Analysten vorbereitet wird, um dann lokal in Fonds umgesetzt zu werden? Wessen Tätigkeit zählt bzw. zählt nicht zu den übertragenen Aufgaben137 ? Für die hier vordringlich interessierende Frage, wann KVGen insgesamt oder jedenfalls in Bezug auf einzelne Fonds als Briefkastenfirma anzusehen sind, gehen quantitative Analysen ins Leere und am Kern der Sache vorbei: Die Funktionen, die unter dem Muster-Rahmenvertrag des BVI ausgelagert werden und die Funktionen, die bei der KVG verbleiben, sind im Wesentlichen immer die Gleichen, unabhängig von der Mitarbeiterzahl des Auslagerungsunternehmens und der KVG. Ob die ausgelagerten Funktionen von einem der „Branchenriesen“ oder einer kleinen „Boutique“ erbracht werden, die gegebenenfalls über weniger Personal verfügt als die auslagernde KVG, kann sinnvollerweise für die Frage, ob die KVG eine Briefkastenfirma ist, keine Rolle spielen. Als Zwischenergebnis wird man feststellen können, dass das in Art. 82 Abs. 1 lit. d) genannte quantitative Kriterium mangels klarer Vorgaben dafür, wie ausgelagerte und selbst erbrachte Tätigkeiten zu messen sind, ins Leere geht und nur scheinbar für Klarheit sorgt. Im Folgenden soll gezeigt werden, dass auch die qualitativen Kriterien nicht für mehr Klarheit sorgen. 3. Qualitatives Kriterium Nr. 1: Die Art der Vermögenswerte Für Art. 82 Abs. 1 lit d) kommt es qualitativ u. a. auf die Art der Vermögenswerte an: „Arten von Vermo¨ genswerten, in die der AIF oder der fu¨ r ihn handelnde AIFM investiert hat, ¨ bertragung verwalteten Vermo¨ genswerte fu¨ r das und der Bedeutung der im Rahmen der U Risiko- und Renditeprofil des AIF“
Wenn die Verwaltung aller Vermögenswerte dem Auslagerungsunternehmen übertragen wird, kann es dann noch auf die Art der Vermögenswerte ankommen, in die der AIF investiert hat? Spielt es für die Frage „Briefkastengesellschaft: ja –
137 Kritisch auch Weiser/Hüwel, BB 2013, 1091 (1096): „Kritisch und in der Praxis viel diskutiert ist insbesondere die letztgenannte Regelung des Art. 82 Abs. l (d) Level-2-Verordnung, die ihrerseits trotz des gegenüber der AIFM-R erhöhten Grades an Konkretisierung auslegungsbedürftig bleibt. Insbesondere die zentrale Frage, wie Art und Umfang der zwingend beim Verwalter zu verbleibenden Funktionen der Anlageverwaltung zu bestimmen sind, bleibt unbeantwortet. Rein rechnerisch bedeutet die genannte Grenze „überwiegend” jedenfalls, dass mehr als die Hälfte der Funktionsbereiche ausgelagert werden darf, wobei freilich unklar ist, wie die einzelnen Teilbereiche zu gewichten sind. Unzulässig wird eine Auslagerung erst dann, wenn „deutlich” mehr ausgelagert als selbst ausgeübt wird.“
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Teil 3: Spezialprobleme des Auslagerungstatbestandes
nein?“ eine Rolle, ob ein Wertpapierfonds oder ein Grundstücksfonds verwaltet wird? Auf diese Fragen gibt das obige Kriterium keine Antwort. 4. Qualitatives Kriterium Nr. 2: Bedeutung der Vermögenswerte für den Erfolg der Anlagestrategie Art. 82 Abs. 1 lit d) stellt weiter ab auf die ¨ bertragung verwalteten Vermo¨ genswerte fu¨ r den Erfolg „Bedeutung der im Rahmen der U der Anlagestrategie des AIF“
Gelegentlich kommt es vor, dass eine KVG für das Portfolio- und Risikomanagement eines Fonds verantwortlich ist, jedoch einzelne Teilfunktionen in Bezug auf die Verwaltung von Vermögensgegenständen auf Dritte delegiert, etwa das Transition Management oder das Währungsmanagement (Currency Overlay)138. Wenn in solchen Fällen alle anderen Anlageentscheidungen von der KVG getroffen werden, dann ist der Schluss gerechtfertigt, dass die Bedeutung der übertragenen Vermögenswerte eher gering ist, was gegen das Vorliegen einer Briefkastenfirma in Bezug auf diesen Fonds spricht. Wenn hingegen von einer Master-KVG die Anlageverwaltung in Bezug auf alle Vermögenswerte eines Fonds delegiert wird, dann wäre unter qualitativen Gesichtspunkten wohl das Verdikt „Briefkastenfirma“ eher gerechtfertigt, wenn in einer Gesamtschau auch die nachstehenden Kriterien jedenfalls überwiegend erfüllt sind. 5. Qualitatives Kriterium Nr. 3: Geographische und sektorale Verteilung der Anlagen Für die qualitative Beantwortung der Frage „Briefkastenfirma – ja/nein?“ muss „der geografischen und sektoralen Verteilung der Anlagen des AIF“
Rechnung getragen werden. Man vergleiche zwei Fonds, für welche die Anlageverwaltung ausgelagert werde: Fonds 1 ist ein global investierender Mischfonds. Fonds 2 ist ein Fonds, der ausschließlich in deutsche Mid-Cap Aktien investiert. Für beide Fonds hat die KVG das Portfoliomanagement ausgelagert. Liegt bei Fonds 1 das Urteil „Briefkastenfirma“ näher? Der Gesetzeswortlaut bleibt hierauf die Antwort schuldig. Allenfalls könnte man argumentieren, dass das Geschäftsmodell einer KVG umso riskanter ist, je komplexer und diversifizierter das verwaltete Portfolio ist. Lagert sie die Anlageverwaltung aus, und hat sie nicht für
138
Zu Transition Management und Currency Overlay vgl. Teil 1, Abschnitt B.
C. Die Grenzen zulässiger Auslagerung – KVGen als „Briefkastenfirmen“
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solch komplexe/diversifizierte Portfolien eine Restexpertise zurückbehalten, dann liegt das Urteil „Briefkastenfirma“ näher139. Dieselbe Sichtweise könnte in Bezug auf die beiden folgenden Kriterien Geltung beanspruchen. 6. Qualitative Kriterien Nr. 4 und 5: Risikoprofil/Anlagestrategien Bei der Frage „Briefkastenfirma – ja/nein?“ in Bezug auf einen Fonds sind zu berücksichtigen „iv) [das] Risikoprofil des AIF; v) [die] Art der Anlagestrategien des AIF oder des fu¨ r ihn handelnden AIFM;“
Auch hier gibt die Verordnung keine Antwort, ob die obige Frage eher mit „ja“ zu beantworten ist, wenn es sich um einen z. B. hoch gehebelten und daher eher riskanten Fonds handelt, und welche Art von Anlagestrategie das Pendel stärker in Richtung „Briefkastenfirma“ ausschlagen lässt. 7. Qualitatives Kriterium Nr. 6: Art der übertragenen/verbleibenden Aufgaben Es soll nach Art. 82 Abs. 1 lit d) (vi) darauf ankommen, welche „Arten von Aufgaben“ verglichen mit den verbleibenden ausgelagert werden. Nachdem es insgesamt unter Art. 82 Abs. 1 lit. d) nur auf Aufgaben der Anlageverwaltung ankommt, erschließt sich nicht, worauf der Verordnungsgeber hier wohl abstellt. Es wäre insbesondere ein Fehlschluss, wenn man annähme, dass die 139
ESMA macht sich in seiner Juli-Opinion die Rechtsgedanken von Art. 82 Abs. 1 lit. d) zunutze, um die Zulässigkeit des Einsatzes von Drittstaaten-Asset Managern (zukünftig also auch solchen aus UK) stärker einzuschränken: „Article 82(1)(d)(i) to (vii) of the AIFMD Level 2 Regulation include a number of qualitative criteria that have to be used when assessing the extent of delegation with regard to AIFMs. NCAs should assess these qualitative criteria on a case-by-case basis. With respect to delegation of investment management functions to non-EU entities, NCAs should assess and weigh these criteria also in light of the principle that the entire delegation structure must be based on objective reasons. By way of example, where authorised entities intend to delegate portfolio management and/or risk management functions to a larger extent to non-EU delegates with respect to (i) UCITS investing in transferable securities issued by EU issuers or (ii) EU AIFs investing in real estate or portfolio undertakings located in an EU Member State, NCAs should require detailed information and evidence from such authorised entities on why delegation to non-EU entities to a larger extent is objectively justified despite the fact that the geographical spread of investments serves as an argument against such delegation structure. In such case, NCAs could require additional information from authorised entities in accordance with Article 76(2) of the AIFMD Level 2 Regulation and should only permit such delegation structures if there are clear reasons and evidence to conclude that the entire delegation structure is based on objective reasons.“
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Totalauslagerung der Anlageverwaltung dadurch kompensiert wird, dass administrative Funktionen vollständig „inhouse“ erbracht werden140. Das Kriterium Nr. 6 wirft daher eher mehr Fragen auf, als es beantwortet. 8. Qualitatives Kriterium Nr. 7: „Konfiguration der Beauftragten“ Als letztes Kriterium ist im Rahmen der qualitativen Analyse zu berücksichtigen „(vii) die Konfiguration der Beauftragten und deren Unterbeauftragten, ihres geografischen Ta¨ tigkeitsbereichs und ihrer Unternehmensstruktur, wozu auch za¨ hlt, ob die Aufgaben einem Unternehmen u¨ bertragen wurden, das der gleichen Unternehmensgruppe angeho¨ rt wie der AIFM.“
Auch die in (vii) genannten Sub-Kriterien verdecken mehr, als dass sie die Antwort erhellen: Was versteht man unter „Konfiguration“? Welche „geographischen Tätigkeitsbereiche“ gelten als besonders kritisch und rücken die KVG näher an die Briefkastenfirma? Wirkt es sich positiv aus, und wenn ja, wie stark, wenn das Auslagerungsunternehmen derselben Unternehmensgruppe angehört wie die KVG? Man ist geneigt, dies zu bejahen, weil beispielsweise beide Unternehmen auf denselben IT Systemen arbeiten und stark aufeinander abgestimmte Prozesse anwenden. Kann dieser positive Effekt aber dadurch zunichtegemacht werden, dass das Unternehmen aus der gleichen Unternehmensgruppe z. B. in den USA seinen Sitz hat (andere Zeitzone, andere rechtliche Rahmenbedingungen, andere Sprache)?
V. Zusammenfassende Würdigung von Art. 82 Abs. 1 lit. d) Level 2-VO Die Vorschrift bietet keine ausreichende Grundlage dafür, Grenzfälle, d. h. Fälle, bei denen Aspekte sowohl für als auch gegen die Einordnung als „Briefkastenfirma“ sprechen, sachgerecht voneinander abzugrenzen. Es lassen sich jedoch insbesondere im Zusammenhang mit den Art. 82 Abs. 1 lit a) bis c) Level 2-VO Tendenzen aus der Vorschrift herauslesen, die man wie folgt zusammenfassen kann: Erstens muss die Frage für jeden Fonds gesondert bestimmt werden. Zweitens hilft es nichts, administrative Tätigkeiten auszuüben, wenn dem eine weitreichende Auslagerung der Anlageverwaltung gegenübersteht. 140 BaFin FAQ Auslagerung Nr. 11; zustimmend Volhard/Jang, in: W/B/A, § 36 Rn. 48 sowie Seidenschwann, S. 287.
C. Die Grenzen zulässiger Auslagerung – KVGen als „Briefkastenfirmen“
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Drittens, je mehr Teilaspekte der Anlageverwaltung auf das oder die Auslagerungsunternehmen übertragen werden und je weniger solche Tätigkeiten bei der KVG selbst verbleiben, umso eher handelt es sich bei der KVG um eine Briefkastenfirma. Viertens, je komplexer und risikobehafteter die Tätigkeit des Dritten ist, für den die KVG aufsichtsrechtlich geradestehen muss, desto eher droht eine KVG in den Bereich der Briefkastenfirma abzugleiten.
VI. Praktische Auswirkungen Bislang musste nach Umsetzung der AIFM-RL gleichwohl keine einzige deutsche Master-KVG ihr Geschäftsmodell ändern, vielmehr erfreut sich das Modell großer Beliebtheit bei KVGen und Anlegern. Zum Teil wird sogar die Ansicht vertreten, dass bislang nur in wenigen Ländern vorzufindende Geschäftsmodell könne de lege ferenda auf europäischer Ebene beispielhaft sein, weil trotz der Arbeitsteilung zwischen AIFM und externem Asset Manger dder AIFM immer noch für einen hinreichend großen Teil der Anlageverwaltung im Tagesgeschäft verantwortlich sei141. Art. 82 Level 2-VO ist eine holzschnittartige Vorschrift, die den unterschiedlichen Lebenssachverhalten der europäischen Investmentbranche nicht gerecht wird. Anlageverwaltung lässt sich nicht messen, weder quantitativ noch qualitativ. Wenn man sie nicht messen kann, dann gibt es auch keine Mess-Ergebnisse, anhand derer festgestellt werden kann, ob eine Auslagerung im Übermaß und damit eine Briefkastenfirma vorliegt. So hat sich z. B. die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA kritisch zum Ansatz von Art. 82 Level 2-VO geäußert und diesen Ansatz bewusst nicht in das Schweizer Recht bzw. seine Aufsichtspraxis übernommen: „Ab wann eine angemessene Organisation nicht mehr gegeben ist, ist im Einzelfall zu entscheiden und kann nicht anhand quantitativer Angaben generell abstrakt … geregelt werden.“142 141 Zetzsche/Eckner, Appointment, S. 196 f.: „As such, we could envisage an AIFM who is qualified to manage the risk of an AIF and delegates the portfolio management with respect to that AIF to other entities, hereafter called Master AIFM. (21) Such a structure is established in Continental Europe, particularly in Germany, Luxembourg, and Liechtenstein. Since the risk management AIFM performs, at the same time, administrative services and markets the fund units, it is called the Master Management Company. Given that it can fulfil the outsourcing requirements (including the rules on letter boxes for which, in our opinion merely portfolio and risk management services matter), we could envisage the same entity under the AIFMD, performing as a Master AIFM. The Master AIFM operates in a network of delegation and service agreements whereby the core operative efforts lies in properly adhering to the delegation requirements as stipulated under Article 20 AIFMD.“ 142 Eidgenössische FINMA, S. 42.
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Teil 3: Spezialprobleme des Auslagerungstatbestandes
Gelegentlich wird behauptet, Art. 82 Level Abs. 1 lit. d) II-VO sei auf Betreiben der französischen Regierung in die Level 2-VO aufgenommen worden. Die Franzosen, so heißt es, hätten aus dem Madoff-Skandal Konsequenzen ziehen wollen und insbesondere Missstände in Luxemburg anhand klarer Regeln in den Griff bekommen wollen. Dies erscheint plausibel, denn in Frankreich wird seit jeher grundsätzlich verlangt, dass die Verwaltungsgesellschaft mehr Portfoliomanagement betreibt als sie auslagert143. Wenn es so wäre, würde sich wieder einmal der Satz bestätigen „hard cases [wie Madoff] make bad law“. Die französische Aufsicht (Autorité des Marchés Financier – AMF) jedenfalls hat selbst noch in 2008 eine Position vertreten, welche dem holzschnittartigen Ansatz von Art. 82 Level 2-VO diametral entgegensteht, und bezeichnet es als „illusorisch“, die Charakterisierung als Briefkastenfirma auf ein universelles Kriterium – im Falle des Art. 82 Level 2-VO: die Auslagerung „im Übermaß“ – zurückführen zu wollen144. Art. 82 Level 2-VO geht von der grundsätzlich vernünftigen Annahme aus, dass durch Auslagerungen gerade von Kernfunktionen für den Anleger, die KVG oder für den „Markt“ Risiken entstehen können. Diese Annahme ist zwar richtig, aber mithilfe der ungeeigneten Kriterien des Art. 82 Level 2-VO kann man dieses Problem nicht lösen. Art. 82 Level 2-VO lit. d) sollte daher gestrichen werden; der Rest der Vorschrift enthält ausreichende, sinnvoll formulierte und in der Praxis leicht zu überprüfende Vorgaben.
143 Zetzsche, Fondsregulierung, ZBB 2014, 22 (25); Zetzsche spricht im Zusammenhang mit der Diskussion um die Grenzen der Auslagerung von einem „Konflikt zwischen den Asset Manager und Administratorenstandorten“. Von Delegationsbeschränkungen, so Zetzsche, profitierten Staaten wie z. B. Frankreich mit starkem Asset Management, woran das Gros der Wertschöpfung anknüpfe. 144 AMF Delegation Paper, S. 2 „La mise en place de sche´mas de de´le´gation et d’externalisation pour la gestion d’OPCVM et la gestion de portefeuille pour le compte de tiers“: „La combinaison de l’interdiction des socie´te´s boiˆtes aux lettres et de la ne´cessite´ de maintenir au sein de la socie´te´ de gestion une capacite´ de controˆ le des activite´s de´le´gue´es a amene´ l’AMF a` conside´rer que le poids des activite´s de´le´gue´es ne pouvait exce´der celui des activite´s non de´le´gue´es. Ce poids s’appre´cie selon des crite`res adapte´s a` chaque situation. La de´finition d’un crite`re universel serait en effet illusoire compte tenu de la diversite´ des situations rencontre´es. L’AMF a ainsi e´te´ amene´e a` prendre en compte, a` l’occasion de dossiers pre´sente´s par des socie´te´s de gestion, le montant des encours, le nombre de ge´rants, le nombre de fonds ou encore la re´partition du chiffre d’affaires entre gestion de´le´gue´e et gestion exerce´e en direct.“
Teil 4
Fazit, Empfehlungen und Ausblick A. Zusammenfassung der Ergebnisse Ziel dieser Arbeit war es, drei Fragen zu beantworten, auf welche Aufsicht, Rechtsprechung und Literatur bisher entweder keine oder nur unbefriedigende Antworten gegeben haben: (1) Welches sind die vertraglich nicht abdingbaren originären Leistungs- und Sorgfaltspflichten einer Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) bei der Verwaltung von Investmentvermögen unter dem KAGB? Im Bereich von OGAW sind sämtliche in Anhang II der OGAW-RL genannten Funktionen Pflichtaufgaben der OGAW-KVG, jedenfalls soweit diese bei dem betreffenden Fonds überhaupt in Betracht kommen. Im Bereich von AIF muss differenziert werden: Für AIF in Form von Sondervermögen sind alle in Anhang I der AIFM-RL genannten Funktionen Pflichtaufgaben. Für AIF in Gesellschaftsform kommt eine Beschränkung auf die in Anhang I Nr. 1 AIFM-RL genannten Funktionen der Anlageverwaltung in Betracht, allerdings nur bei Spezial-AIF. Bei Publikums-AIF scheitert eine nur beschränkte Bestellung an dem entgegenstehenden Interesse der Anteilinhaber. Der gesetzlich nicht definierte Begriff „Portfolioverwaltung“ ist für Zwecke der Festlegung des Leistungsumfangs wie folgt zu umschreiben: „Die Portfolioverwaltung umfasst sämtliche Tätigkeiten, (i) die zur Erreichung des mit dem Anleger vereinbarten Vertragszweckes erforderlich sind, (ii) die sich nicht unter die sonstigen in Anhang I Nr. 1 oder 2 der AIFM-RL genannten Funktionen subsumieren lassen, und (iii) die der Gesetzgeber nicht anderen Personen zwingend zugewiesen hat.“
Der Umfang der im Rahmen von Portfolioverwaltung und des Risikomanagements zu erbringenden Leistungen kann von den Parteien des Investmentvertrages nicht eingeschränkt werden, weil eine solche Einschränkung dazu führen würde, dass neben der KVG ein Dritter für diese Aufgaben originär zuständig wäre. Damit würden für einen Fonds zwei Verwalter bestellt werden. Dies ist nicht zulässig, anders als im Bereich der individuellen Vermögensverwaltung.
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Teil 4: Fazit, Empfehlungen und Ausblick
Die erstmals von Schäfer erwähnte und von Benicke mit Blick auf die moderne Portfoliotheorie weiter entwickelte Trias der Sorgfaltsgebote für Vermögensverwalter („Spekulationsverbot“, „Diversifikationsgebot“, „Gebot der produktiven Vermögensverwaltung“) ist im Bereich der kollektiven Vermögensverwaltung spezialgesetzlich ausgeformt bzw. partiell aufgehoben. (2) In welcher Form und innerhalb welcher Grenzen darf die KVG für die Erfüllung dieser Pflichten Dritte heranziehen? KVGen dürfen für die Erledigung ihrer Pflichten auf Dritte zurückgreifen. Diese Dritten können nicht nur einfache, weisungsgebundene Erfüllungsgehilfen sein, sondern auch eine Aufgabenübertragung zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erledigung i. S. d. § 664 Abs. 1 S. 1 BGB (Substitution) kommt in Betracht. Im Bereich der Übertragung von Portfolioverwaltungsaufgaben ist trotz der Prüfungs,– Weisungs- und Kontrollrechte der KVG gegenüber dem externen Asset Manager die Substitution die Regel. Die Auslagerung von Funktionen der kollektiven Vermögensverwaltung unterliegt strengen Anforderungen. Der Begriff der Auslagerung wird zwar nicht vom Gesetz, aber von der BaFin definiert. Deren Definition stimmt grundsätzlich mit Wortlaut, Systematik und Gesetzeszweck der einschlägigen Vorschriften überein. Die Kriterien der „Dauerhaftigkeit“ und „Wesentlichkeit“ der Aufgabenübertragung, welche die BaFin nur punktuell anwendet, sind häufig geeignet und erforderlich, in gesetzeszweck-konformer und verfassungskonformer Weise Auslagerungen vom sonstigen Fremdbezug zu unterscheiden. Funktionen der Portfolioverwaltung und des Risikomanagements können gemäß § 36 KAGB nur auf zugelassene Vermögensverwalter und nicht auf die Verwahrstelle ausgelagert werden. Für Zwecke der speziellen Vorgaben des § 36 KAGB in Bezug auf die Qualität des Auslagerungsunternehmens sind die Begriffe „Portfolioverwaltung“ und „Risikomanagement“ aber einschränkend auszulegen. Sie umfassen insbesondere nicht die der Anlageentscheidung oder Risikosteuerung vorgelagerten und nachgelagerten Tätigkeiten, für welche Vermögensverwalter nicht über eine besondere Expertise verfügen. Obwohl, mit Ausnahme der Geschäftsleitungsfunktion, jede einzelne Funktion einer KVG auslagerungsfähig ist, bestehen strukturelle, qualitative und quantitative Grenzen der Auslagerung. Die strukturellen Grenzen sind in Art. 82 Abs. 1 lit. a) bis c) Level 2-VO zwar mittels unbestimmter Rechtsbegriffe beschrieben, aber hinreichend klar, um in der Praxis vorkommenden Sachverhalte darunter zu subsumieren. Die in Art. 82 Abs. 1 lit. d) Level 2-VO beschriebene quantitative und qualitative Grenze für Auslagerungen hingegen weist erhebliche Mängel an Klarheit auf.
A. Zusammenfassung der Ergebnisse
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Diejenigen europäischen Aufsichtsbehörden, die zu Recht Vorbehalte gegen diese missglückte Vorschrift haben, sollten sich auf europäischer Ebene für eine Neuregelung einsetzen. (3) Hat die KVG die Möglichkeit, die Haftung für eigenes oder fremdes Verschulden zu beschränken? Zunächst zur Haftung für eigenes Verschulden: Die KVG kann die Haftung für eigenes Verschulden im Investment-Dreieck innerhalb der allgemeinen Grenzen des Zivilrechtes beschränken. Zu den Grenzen des Zivilrechtes gehört das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen; dieses macht es einer KVG unmöglich, in AGB die Haftung für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zu beschränken, sowie ferner die Haftung für die Verletzung vertragswesentlicher Pflichten. Sämtliche in den Anhängen zur OGAW-RL und AIFM-RL genannten, anlegerbezogenen Funktionen sind vertragswesentliche Pflichten; folglich scheidet eine Haftungsbeschränkung in AGB aus. Somit kommt für eine Haftungsbeschränkung nur Spezial-AIF in Betracht, bei denen mit dem jeweiligen Anleger eine Individualvereinbarung getroffen werden kann. Im Investment-Viereck, bei dem zwischen Anleger und KVG nur ein gesetzliches Schuldverhältnis besteht, muss die Investmentgesellschaft, welche die KVG bestellt, im Bestellungsvertrag die (mutmaßlichen) Interessen der Anleger wahren. Dies gebietet es, bei Publikumsfonds Haftungsbeschränkungen nicht vorzunehmen, sondern diese nur bei Spezial-Investmentgesellschaften zuzulassen, wenn die voll informierten Anleger jedenfalls konkludent zustimmen. Folgendes gilt für die Haftung für ein Verschulden Dritter: Für ein Verschulden Dritter, welche die KVG zur Erledigung der ihr obliegenden Pflichten heranzieht, haftet sie gemäß den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften. Dies gilt für sämtliche Formen der Aufgabenübertragung, einschließlich solcher, die als Auslagerung anzusehen sind. § 36 Abs. 4 KAGB stellt klar, dass die eigentlich zulässige Substitution nicht dazu führt, dass die KVG bereits kraft Gesetzes nur für ein Auswahlverschulden haftet. § 36 Abs. 4 KAGB hindert eine KVG jedoch nicht, die Haftung für ein Verschulden der Erfüllungsgehilfen vertraglich zu beschränken oder sogar vollständig auszuschließen und damit doch nur für ihr eigenes Auswahl- und ggf. Überwachungsverschulden zu haften. Dies gilt auch für Auslagerungsunternehmen im Sinne des § 36 KAGB. Auch hierbei verhindert jedoch das AGB-Recht weitgehend eine Haftungsbeschränkung bei der Verwaltung von Publikumsfonds.
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Teil 4: Fazit, Empfehlungen und Ausblick
B. Empfehlung Kapitalverwaltungsgesellschaften sind gut beraten, wenn sie sich zunächst des sehr weiten Pflichtenkreises bewusst werden, der für sie insbesondere im Rahmen der Portfolioverwaltung gilt. Möglicherweise ist eine KVG bislang der Auffassung, dass ihre Pflicht im Rahmen der Due Diligence sich darin erschöpft, geeignete Dritte für diese Tätigkeiten heran zu ziehen, und dass sie auch ohne entsprechende vertragliche Regelung nur für ein Auswahlverschulden haften. Tatsächlich jedoch bedarf es hierfür einer individualvertraglichen Regelung. Dasselbe gilt, wenn die Haftung für ein Fehlverhalten des externen Asset Managers oder Fondsbuchhalters ausgeschlossen werden soll. Damit eine vertragliche Regelung als Individualabrede gilt, muss diese ernsthaft zur Disposition gestellt werden. Dies gelingt am besten, indem man dem jeweiligen Vertragspartner die Wahl lässt zwischen einem Vertrag, in dem die Haftung beschränkt ist, und einem mit unbeschränkter Haftung, in welcher der Vertragspartner der KVG eine „Risikoprämie“ zahlt. Risiko und Ertrag einer jeden kommerziellen Tätigkeit müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen. Die Geschäftsleitung einer KVG hat ihren Gesellschaftern gegenüber die Pflicht zu prüfen, ob und inwieweit Haftungsbeschränkungen in den Anlagebedingungen mit dem Anleger (Investment-Dreieck) oder in ihrem Bestellungsvertrag (Investment-Viereck) juristisch zulässig sind und in der Praxis auch vereinbart werden können. Was die juristischen Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung betrifft, weist möglicherweise die vorliegende Arbeit den Weg. Die praktische Durchsetzung hängt von den Marktverhältnissen und dem Verhandlungsgeschick der KVGen ab.
C. Ausblick
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C. Ausblick Realistischerweise ist nicht zu erwarten, dass die BaFin ihre Sicht zu den Aufgaben nach Anhang I Nr. 2 der AIFM-RL ändert, obwohl sie mit ihrer Rechtsauffassung, soweit für den Verfasser erkennbar, unter den maßgeblichen Aufsichtsbehörden allein steht und noch nicht einmal ESMA so weit geht wie die BaFin. Ein erheblicher Nachteil für die deutsche Investmentbranche dürfte darin indessen nicht zu sehen sein. Zwar hat insbesondere Luxemburg sich zwischenzeitlich längst als Standort erster Wahl für Spezialfonds für den deutschen Markt (insbesondere bei Private Equity, Darlehensfonds, Grundstücksfonds und anderen Sachwertefonds) etabliert. Dies liegt aber nicht an der richtlinienkonformen Haltung der Luxemburgischen Aufsicht, was Anhang I Nr. 2 AIFM-RL angeht, sondern an zahlreichen anderen großen und kleinen Unterschieden bei der Aufsicht und Besteuerung. Eine Änderung der deutschen Amtspraxis in Bezug auf Anhang I Nr. 2 AIFM-RL würde hieran vermutlich nichts ändern.
Annex Annex 1.1 – Anhang I der AIFM-Richtlinie
1) Anlageverwaltungsfunktionen, die ein AIFM bei der Verwaltung eines AIF mindestens übernehmen muss: a) Portfolioverwaltung, b) Risikomanagement. 2) Andere Aufgaben, die ein AIFM im Rahmen der kollektiven Verwaltung eines AIF zusätzlich ausüben kann: a) administrative Tätigkeiten: i)
rechtliche Dienstleistungen sowie Dienstleistungen der Fondsbuchhaltung und Rechnungslegung,
ii)
Kundenanfragen,
iii)
Bewertung und Preisfestsetzung, einschließlich Steuererklärungen,
iv)
Überwachung der Einhaltung der Rechtsvorschriften,
v)
Führung eines Anlegerregisters,
vi)
Gewinnausschüttung,
vii) Ausgabe und Rücknahme von Anteilen, viii) Kontraktabrechnungen, einschließlich Versand der Zertifikate, ix)
Führung von Aufzeichnungen;
b) Vertrieb; c) Tätigkeiten im Zusammenhang mit den Vermögenswerten des AIF, worunter Dienstleistungen, die zur Erfüllung der treuhänderischen Pflichten des AIFM erforderlich sind, das Facility Management, die Immobilienverwaltung, die Beratung von Unternehmen über die Kapitalstruktur, die industrielle Strategie und damit verbundene Fragen, Beratungs- und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Fusionen und dem Erwerb von Unternehmen und weitere Dienstleistungen in Verbindung mit der Verwaltung der AIF und der Unternehmen und anderer Vermögenswerte, in die die AIF investiert haben, fallen.
Annex
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Annex 1.2 – Anhang II der OGAW-Richtlinie
Aufgaben, die in die gemeinsame Portfolioverwaltung einbezogen sind - Anlageverwaltung. - Administrative Ta¨ tigkeiten: a) gesetzlich vorgeschriebene und im Rahmen der Fondsverwaltung vorgeschriebene Rechnungslegungsdienstleistungen; b) Kundenanfragen; c) Bewertung und Preisfestsetzung (einschließlich Steuererklärungen); d) Überwachung der Einhaltung der Rechtsvorschriften; e) Führung des Anlegerregisters; f) Gewinnausschüttung; g) Ausgabe und Rücknahme von Anteilen; h) Kontraktabrechnungen (einschließlich Versand der Zertifikate); i) Führung von Aufzeichnungen. - Vertrieb.
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Schreiben der Aufsichtsbehörden
OPCA; FMSA Opinion 2018/08 vom 5. Juni 2018 https://www.fsma.be/fr/opinion/societesde-gestion-dopca-qui-investissent-en-biens-immobiliers-criteres-de-distinction; zuletzt abgerufen am 21. April 2020. Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA): Eidgenössiche FINMA: Kollektivanlagenverordnung-FINMA, Erla¨ uterungsbericht zur Totalrevision der KKV- FINMA, 3. April 2014, https://www.admin.ch/ch/d/gg/pc/documents/24 82/erl-bericht-kkv-finma-de.pdf; zuletzt abgerufen am 21. April 2020.
Sachwortverzeichnis Anlagebedingungen 28 Ausgabe von Investmentanteilen 56 Auslagerung – Begriff 76 – Beschränkung auf typische Tätigkeiten 82 – Beschränkung auf wesentliche Tätigkeiten 87 – Einsatz von Brokern 181 – Informationen und Empfehlungen Dritter 185 – nicht-standardisierte Software 184 – Rechenzentren 181 – und Objektgesellschaften 188 – Unterauslagerung 194 – verfassungskonforme Auslegung 93 Back Office 54 Berücksichtigung steuerlicher Verhältnisse 40 Briefkastenfirma 206 Collateral Manager 121 Compliance 124 Corporate Actions 64, 146 Currency Overlay 37 – bei kollektiver Vermögensverwaltung 216 Dauerhaftigkeit 79, 84 Diversifikationsgebot 38, 151 Due Diligence bei Sachwerten 67, 141 Externe Kapitalverwaltungsgesellschaft 26 Fondsbuchhaltung 62 – Auslagerung bei Immobilienfonds 76 Formen von Investmentvermögen 25 Front Office 53
Gebot der produktiven Vermögensverwaltung 38, 151 Haftungsbeschränkung – bei Auslagerung durch Individualvereinbarung 170 – bei Objektgesellschaften 164 – der KVG für externe Bewerter 166 – des externen Bewerters 167 – im Investment-Viereck 162 – in AGB 159 – keine KAGB-Regelung für eigenes Verschulden 160 Investment-Dreieck 25 Investment-Viereck 25 – Rechtsbeziehungen 47 Investmentaktiengesellschaften 30 Investmentgesellschaften 31 Investmentkommanditgesellschaften Investmentvermögen 26 Investmentvertrag – bei der Investment-AG 31 – Pflichtenkreis bei OGAW 119 – rechtliche Qualifikation 46 – und Vertragsfreiheit 99 Loan Administration
31
69, 148
Master-KVG – freiwillige Zusatzaufgaben 72 – und Briefkastenfirma 207 – wirtschaftliche Bedeutung 208 Middle Office 54 Performance-Messung 61, 63 f., 138 Portfolioverwaltung – Beschaffung von Marktdaten 142 – Einschränkung durch Vertrag 149 – im Middle und Back Office 145 – Leistungs- und Sorgfaltspflichten 134
242
Sachwortverzeichnis
– teleologische Reduktion i. R. d. § 36 KAGB 195 Pre-trade Investment Compliance 58 Prime Broker 69 Property Management 69, 147 Publikums-Sondervermögen 28 – keine Beschränkung des Pflichtenkreises 118 Risikomanagement – Abgrenzung zur Compliance-Funktion 124 – als Hauptpflicht im Investmentvertrag 123 – Prä-Investitions Due Diligence 130 – Risikolimite 128 – teleologische Reduktion i. R. d. § 36 KAGB 195 – Trennung von der Portfolioverwaltung 133 – und Liquiditätsmanagement 132 – und „Risikocontrolling“ 126 Selbststeuerer-Fonds 71 f. Sondervermögen 27 Spekulationsverbot 38, 151 Spezial-Sondervermögen 29
– keine Beschränkung des Pflichtenkreises 116 Steuerstrukturierung 67 Substitution – im Investmentvertrag 152 – im Rahmen der indivuduellen Vermögensverwaltung 43 Transition Management – Begriff 44 – im Rahmen der kollektiven Vermögensverwaltung 216 Vermögensverwalter – Einsatz von Erfüllungsgehilfen 44 – vertragliche Haftungsregelung 44 Vermögensverwaltung – Anlagerichtlinien 36 – rechtliche Qualifikation 34 – Rolle der WpDVerOV 35 – Vertragsfreiheit 37 – VuV-Mustervertrag 45 Vertrieb von Investmentanteilen 55, 174, 180 Verwahrstelle 34 – als Dienstleister für KVG und Anleger 73 Wertschöpfungskette
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