Die Auswirkungen des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG) auf den Erwerb eigener Aktien [1 ed.] 9783428520060, 9783428120062

Raphael Koch untersucht, ob das WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien anwendbar ist. Diese Frage ist vor allem deshalb prax

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German Pages 343 Year 2006

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Die Auswirkungen des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG) auf den Erwerb eigener Aktien [1 ed.]
 9783428520060, 9783428120062

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Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Band 163

Die Auswirkungen des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG) auf den Erwerb eigener Aktien Von

Raphael Koch

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

RAPHAEL KOCH

Die Auswirkungen des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG) auf den Erwerb eigener Aktien

Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Herausgegeben im Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster durch die Professoren Dr. Heinrich Dörner Dr. Dirk Ehlers Dr. Ursula Nelles

Band 163

Die Auswirkungen des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG) auf den Erwerb eigener Aktien

Von

Raphael Koch

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster hat diese Arbeit im Jahre 2005 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

D6 Alle Rechte vorbehalten # 2006 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-5383 ISBN 3-428-12006-X Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im September 2004 abgeschlossen und im Wintersemester 2004/2005 von der Juristischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als Dissertation angenommen. Mein Dank gilt Herrn Professor Dr. Ingo Saenger, der nicht nur die Arbeit betreut hat, sondern mir darüber hinaus die Gelegenheit geboten hat, als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl tätig zu sein. Er hat auch das Erstgutachten übernommen. Herrn Professor Dr. Wolfram Timm danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtens. Herrn Professor Dr. Heinrich Dörner, Herrn Professor Dr. Dirk Ehlers und Frau Professorin Dr. Ursula Nelles danke ich für die Aufnahme in diese Schriftenreihe, dem Freundeskreis Rechtswissenschaft der Universität Münster für die Gewährung eines Druckkostenzuschusses. Besonders bedanke ich mich bei meinen Eltern, Elisabeth und Reinhard Koch. Sie haben mir meine Ausbildung ermöglicht und mich stets unterstützt. Herr Florian Wipping hat die Arbeit kritisch durchgesehen und wertvolle Anregungen gegeben. Frau Nadine Moss danke ich für Ihre Unterstützung. Schließlich seien erwähnt Frau Kathrin Lalla, Herr René Dechant, Herr Nicholas Kessler und Herr Carsten Paul, die mir in unterschiedlicher Weise geholfen haben.

Düsseldorf, im Dezember 2005

Raphael Koch, LL.M. (Cambridge)

Inhaltsübersicht § 1 Einführung ........................................................................................................... 23 A. Fragestellung .................................................................................................... 23 B. Gang der Darstellung ........................................................................................ 25 C. Erwerb eigener Aktien ...................................................................................... 26

Teil 1 Grundlagen

29

§ 2 Motive für den Erwerb eigener Aktien und Gefahren...................................... 29 A. Motive............................................................................................................... 29 B. Gefahren ........................................................................................................... 42 C. Zusammenfassende Bewertung......................................................................... 50 § 3 Formen des Rückkaufs ........................................................................................ 53 A. Rückkauf über die Börse................................................................................... 53 B. Rückkauf mittels eines öffentlichen Angebots an die Aktionäre ...................... 55 C. Individuell ausgehandelter Rückkauf................................................................ 60 D. Zusammenfassung ............................................................................................ 62 § 4 Die Regelungen des Aktiengesetzes betreffend den Erwerb eigener Aktien.................................................................................................................... 63 A. Die historische Entwicklung bis zur gegenwärtigen Rechtslage....................... 63 B. Die gegenwärtige Rechtslage............................................................................ 72 C. Künftige Entwicklungen ................................................................................. 103 D. Zusammenfassung .......................................................................................... 104 E. Bewertung....................................................................................................... 106

Teil 2 Entstehungsgeschichte und Inhalt des WpÜG vor seinem europäischen Hintergrund

108

§ 5 Die Entstehungsgeschichte des WpÜG und die Entwicklung der europäischen Harmonisierung.......................................................................... 108

10

Inhaltsübersicht A. Die Entwicklung auf nationaler Ebene ........................................................... 108 B. Die Entwicklung auf europäischer Ebene ....................................................... 112

§ 6 Die Grundlagen des WpÜG und die Auswirkungen der Übernahmerichtlinie ................................................................................... 120 A. Grundlagen des WpÜG................................................................................... 120 B. Der wesentliche Inhalt der Übernahmerichtlinie............................................. 126 C. Der aus der Übernahmerichtlinie folgende Umsetzungsbedarf....................... 131 D. Bewertung....................................................................................................... 133

Teil 3 Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

137

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien ................... 137 A. Die Mitteilung der BaFin................................................................................ 138 B. Unmittelbare Anwendbarkeit.......................................................................... 139 C. Analoge Anwendbarkeit ................................................................................. 209 D. Die Auswirkungen der Richtlinie 2004/25/EG ............................................... 212 E. Rechtsvergleichende Umschau ....................................................................... 216 F. Notwendigkeit gesetzgeberischen Tätigwerdens ............................................ 227 G. Ergebnis.......................................................................................................... 235 § 8 Passiver Kontrollerwerb und Pflichtangebot infolge des Aktienrückkaufs durch die Gesellschaft .......................................................... 236 A. Erwerb der Kontrolle infolge des Aktienrückkaufs durch die Gesellschaft .... 238 B. Bestätigung durch rechtsvergleichende Umschau........................................... 259 C. Die Auswirkungen der Richtlinie 2004/25/EG ............................................... 264 D. Die Beachtlichkeit der Gesetzesbegründung................................................... 265 E. Exkurs: Andere Stimmrechtsausübungshindernisse ....................................... 266 F. Handlungsbedarf............................................................................................. 268 G. Ergebnis.......................................................................................................... 268 § 9 Der Rückerwerb eigener Aktien als Maßnahme zur Abwehr feindlicher Übernahmen.................................................................................... 270 A. Die Tauglichkeit des Erwerbs eigener Aktien als Maßnahme zur Abwehr feindlicher Übernahmen ................................................................................. 270 B. Die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien als Maßnahme zur Abwehr feindlicher Übernahmen ................................................................................. 273 C. Die Auswirkungen der Richtlinie ................................................................... 299 D. Ergebnis.......................................................................................................... 302

Inhaltsübersicht

11

Teil 4 Ergebnisse

304

§ 10 Zusammenfassung ............................................................................................. 304

Literaturverzeichnis ................................................................................................... 311 Sachregister................................................................................................................. 339

Inhaltsverzeichnis § 1 Einführung ........................................................................................................... 23 A. Fragestellung .................................................................................................... 23 B. Gang der Darstellung ........................................................................................ 25 C. Erwerb eigener Aktien ...................................................................................... 26

Teil 1 Grundlagen

29

§ 2 Motive für den Erwerb eigener Aktien und Gefahren...................................... 29 A. Motive............................................................................................................... 29 I. Finanzierungspolitische Motive ............................................................... 30 1. Ausnutzung einer aktuellen Unterbewertung ...................................... 30 2. Umstrukturierung des Verhältnisses von Eigen- und Fremdkapital ....................................................................................... 31 3. Ausschüttung liquider Mittel............................................................... 32 4. Akquisitionswährung .......................................................................... 34 II.

Einflussnahme auf die Eigentümerstruktur .............................................. 35 1. Abwehr feindlicher Übernahmen ........................................................ 36 2. Ausschluss von Kleinstaktionären....................................................... 36 3. Geschlossene Aktiengesellschaften..................................................... 37 4. Aufbau wechselseitiger Beteiligungen ................................................ 37 5. Konzernierung..................................................................................... 38 6. Mitarbeiterbeteiligungen ..................................................................... 38

III. Beeinflussung des Börsenkurses durch Signalsetzung auf den Kapitalmärkten......................................................................................... 40 B. Gefahren ........................................................................................................... 42 I. Gefahren für die Gläubiger der Gesellschaft............................................ 43 1. Gefährdung der Kapitalerhaltung........................................................ 43 2. Gefährdung der Kapitalaufbringung.................................................... 45 3. Preisgestaltung .................................................................................... 45

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Inhaltsverzeichnis II.

Gefahren für die Aktionäre der Gesellschaft und die Gesellschaft........... 46 1. Abbau von Kapital .............................................................................. 46 2. Ungleichbehandlung ........................................................................... 46 3. Einflussnahme auf die Aktionärsstruktur ............................................ 47 4. Ausschluss des Marktes für Unternehmenskontrolle........................... 48

III. Gefahren für den Kapitalmarkt ................................................................ 49 1. Gefahr der Kursmanipulation.............................................................. 49 2. Gefahr des Insiderhandels ................................................................... 49 C. Zusammenfassende Bewertung......................................................................... 50 § 3 Formen des Rückkaufs ........................................................................................ 53 A. Rückkauf über die Börse................................................................................... 53 B. Rückkauf mittels eines öffentlichen Angebots an die Aktionäre ...................... 55 I. Angebot zu Festpreis................................................................................ 55 II. Preisspannenangebot ................................................................................ 57 III. Ausgabe übertragbarer Verkaufsoptionen................................................ 59 C. Individuell ausgehandelter Rückkauf................................................................ 60 D. Zusammenfassung ............................................................................................ 62 § 4 Die Regelungen des Aktiengesetzes betreffend den Erwerb eigener Aktien.................................................................................................................... 63 A. Die historische Entwicklung bis zur gegenwärtigen Rechtslage....................... 63 I. Rechtslage bis 1978 ................................................................................. 63 1. Vor 1870 ............................................................................................. 63 2. Erste Aktienrechtsnovelle von 1870.................................................... 64 3. Zweite Aktienrechtsnovelle von 1884................................................. 65 4. Notverordnung von 1931 .................................................................... 66 5. Aktienrechtsreformen 1937 und 1965 ................................................. 68 II.

Europäische Harmonisierung und ihre nationalen Folgen........................ 68 1. Die Kapitalschutzrichtlinie von 1976.................................................. 68 2. Nationale Regelungen nach Erlass der Kapitalschutzrichtlinie ........... 69

a) Das 2. EG-Koordinierungsgesetz von 1978 ................................... 70 b) Weitere Änderungen bis 1998........................................................ 70 c) Das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich von 1998..................................................... 71 B. Die gegenwärtige Rechtslage............................................................................ 72 I. Erwerbsverbot .......................................................................................... 73 II. Ausnahmen vom Erwerbsverbot .............................................................. 74

Inhaltsverzeichnis

15

1. Begrenzte Ausnahmen vom Erwerbsverbot ........................................ 74 a) Erwerb zur Schadensabwehr .......................................................... 74 aa) Schwerer, unmittelbar bevorstehender Schaden ..................... 74 bb) Notwendigkeit ........................................................................ 75 cc) Einzelfälle............................................................................... 76 (1) Abkauf von Anfechtungsklagen ....................................... 76 (2) Kurspflege ........................................................................ 78 (3) Feindliche Übernahme...................................................... 78 b) Erwerb zum Zwecke des Angebots an die Belegschaft.................. 79 c) Erwerb zur Abfindung von Aktionären.......................................... 80 aa) Abfindung nach dem Aktiengesetz ......................................... 80 bb) Abfindung nach dem Umwandlungsgesetz............................. 82 d) Erwerb zum Wertpapierhandel....................................................... 82 e) Erwerb aufgrund einer Ermächtigung durch die Hauptversammlung ........................................................................ 83 aa) Ermächtigung der Hauptversammlung ................................... 84 bb) Gleichbehandlungsgebot......................................................... 85 (1) Erwerb .............................................................................. 85 (a) Erwerb über die Börse................................................ 86 (b) Öffentliches Rückkaufangebot ................................... 86 (c) Individuell ausgehandelter Rückkauf ......................... 88 (2) Veräußerung ..................................................................... 91 2. Unbegrenzte Ausnahmen vom Erwerbsverbot .................................... 91 a) Unentgeltlicher Erwerb oder Erwerb in Ausführung einer Einkaufskommission ...................................................................... 92 aa) Unentgeltlicher Erwerb........................................................... 92 bb) Einkaufskommission............................................................... 92 b) Erwerb durch Gesamtrechtsnachfolge............................................ 93 c) Erwerb zur Einziehung................................................................... 93 III. Schranken des zulässigen Erwerbs........................................................... 94 IV. Pflichten nach dem Erwerb ...................................................................... 95 V. An das Halten eigener Aktien anknüpfende Rechte und Pflichten........... 96 VI. Sanktionen ............................................................................................... 98 1. Sanktionen nach unzulässigem Erwerb ............................................... 98 2. Sanktionen nach zulässigem Erwerb ................................................... 99 VII. Umgehungsgeschäfte ............................................................................. 100 VIII. § 57 Abs. 1 S. 1 AktG bei überhöhtem Rückkaufpreis .......................... 101 C. Künftige Entwicklungen ................................................................................. 103

16

Inhaltsverzeichnis D. Zusammenfassung .......................................................................................... 104 E. Bewertung....................................................................................................... 106

Teil 2 Entstehungsgeschichte und Inhalt des WpÜG vor seinem europäischen Hintergrund

108

§ 5 Die Entstehungsgeschichte des WpÜG und die Entwicklung der europäischen Harmonisierung.......................................................................... 108 A. Die Entwicklung auf nationaler Ebene ........................................................... 108 I. Leitsätze ................................................................................................. 109 II. Übernahmekodex ................................................................................... 110 III. WpÜG.................................................................................................... 111 B. Die Entwicklung auf europäischer Ebene ....................................................... 112 I. Der Pennington-Entwurf von 1974 ........................................................ 113 II. Die Richtlinienvorschläge von 1989 und 1990 ...................................... 113 III. Die Richtlinienvorschläge von 1996 und 1997 ...................................... 114 IV. Der Gemeinsame Standpunkt des Rates von 2000 und das Scheitern der Richtlinie.......................................................................................... 114 V. Die Verabschiedung der Richtlinie 2004/25/EG .................................... 116 § 6 Die Grundlagen des WpÜG und die Auswirkungen der Übernahmerichtlinie.......................................................................................... 120 A. Grundlagen des WpÜG................................................................................... 120 I. Zielsetzungen ......................................................................................... 120 II. Aufbau des Gesetzes .............................................................................. 120 III. Wesentlicher Inhalt des Gesetzes ........................................................... 121 1. Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen.............................. 121 2. Allgemeine Grundsätze ..................................................................... 122 3. Angebote zum Erwerb von Wertpapieren ......................................... 122 4. Übernahmeangebote.......................................................................... 123 5. Pflichtangebote.................................................................................. 124 IV. (Nicht-)Behandlung des Erwerbs eigener Aktien................................... 124 B. Der wesentliche Inhalt der Übernahmerichtlinie............................................. 126 I. Anwendungsbereich und allgemeine Bestimmungen............................. 126 II. Pflichtangebot ........................................................................................ 127 III. Informations- und Verfahrensvorschriften ............................................. 127 IV. Die Pflichten der Leitungs- und Verwaltungsorgane ............................. 128 V. Das Optionsmodell für Neutralitätspflicht und Durchbruchsregel ......... 130

Inhaltsverzeichnis

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VI. Squeeze-out und Sell-out ....................................................................... 131 C. Der aus der Übernahmerichtlinie folgende Umsetzungsbedarf....................... 131 D. Bewertung....................................................................................................... 133

Teil 3 Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

137

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien ................... 137 A. Die Mitteilung der BaFin................................................................................ 138 B. Unmittelbare Anwendbarkeit.......................................................................... 139 I. Angebot.................................................................................................. 139 II. Öffentlich ............................................................................................... 141 1. Begriffsbestimmung.......................................................................... 141 a) Lösungsansätze ............................................................................ 142 aa) Rückgriff auf § 1 VerkProspG.............................................. 142 bb) Eight factor test oder die Einordnung anhand verschiedener Kriterien......................................................... 144 cc) Funktionale Auslegung......................................................... 145 dd) Keine individuelle Kommunikation...................................... 145 ee) Stellungnahme ...................................................................... 146 b) Nähere Ausgestaltung des Kriteriums der individuellen Kommunikation ........................................................................... 149 aa) Spezifische inhaltliche Gestaltung ........................................ 149 bb) Anzahl der angesprochenen Wertpapierinhaber ................... 150 cc) Persönliche Beziehung.......................................................... 151 dd) Allgemein zugängliches Medium ......................................... 151 ee) Ergebnis................................................................................ 151 c) Zusammenfassung........................................................................ 152 2. Anwendung auf den Rückerwerb eigener Aktien.............................. 152 a) Rückkauf über die Börse .............................................................. 152 b) Rückkauf mittels eines öffentlichen Rückkaufangebots an die Aktionäre...................................................................................... 153 c) Individuell ausgehandelter Rückkauf ........................................... 153 d) Ergebnis ....................................................................................... 154 III. Zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft ........................... 154 1. Diskussionsstand............................................................................... 157 a) Unmittelbare Anwendbarkeit mit teleologischer Reduktion ........ 157 b) Keine unmittelbare Anwendbarkeit.............................................. 161

18

Inhaltsverzeichnis 2. Der vorzugswürdige Lösungsansatz.................................................. 167 a) b) c) d)

Sprachlich-grammatikalische Auslegung ..................................... 167 Wille des Gesetzgebers ................................................................ 168 Entstehungsgeschichte ................................................................. 171 Systematik.................................................................................... 171 aa) Der Begriff des Bieters ......................................................... 172 bb) Das den Vorschriften zu Grunde liegende Regelungssystem .................................................................. 172 (1) Dualität von Bieter und Zielgesellschaft......................... 172 (2) Auswirkungen auf die Anwendbarkeit des WpÜG als Ganzes....................................................................... 176 cc) Ergebnis................................................................................ 177 e) Teleologische Auslegung ............................................................. 177 aa) Schützbedürftigkeit beim Erwerb eigener Aktien................. 178 (1) Preisgestaltung................................................................ 179 (a) Angemessenheit des Preises..................................... 180 (b) Einheitlichkeit des Preises........................................ 181 (aa) Sog. Windhundverfahren .................................. 181 (α) Aktienrechtliche Zulässigkeit ..................... 181 (β) Notwendigkeit des Verbots des sog. Windhundverfahrens .................................. 183 (γ) Ergebnis...................................................... 184 (bb) Änderung des Angebots.................................... 185 (α) Aktienrechtliche Zulässigkeit der Änderung des Angebots.............................. 185 (β) Notwendigkeit weiterer Regelungen........... 186 (γ) Ergebnis...................................................... 187 (c) Ergebnis ................................................................... 187 (2) Gleiche Verkaufschancen ............................................... 187 (a) Bekanntgabe des Rückkaufangebots ........................ 188 (b) Überlegungsfrist....................................................... 189 (c) Zuteilungsverfahren ................................................. 190 (d) Ergebnis ................................................................... 192 (3) Gleicher Zugang zu einem Mindestmaß an Informationen ................................................................. 192 (a) Aktienrechtlich gewährleistete Informationen.......... 193 (b) Notwendigkeit weiterer Informationen .................... 195 (aa) Angaben über den Inhalt des Angebots ............ 195 (bb) Ergänzende Angaben ........................................ 197

Inhaltsverzeichnis

19

(α) Angaben entsprechend § 11 Abs. 2 WpÜG ........................................................ 197 (β) Angaben entsprechend § 11 Abs. 4 WpÜG i. V. m. § 2 WpÜG-VO .................. 198 (αα) Nicht notwendige Angaben................ 198 (ββ) Sinnvolle Angaben............................. 200 (γγ) Ergebnis ............................................. 202 (c) Ergebnis ................................................................... 202 (4) Unzulässigkeit des Preisspannenangebots ...................... 202 (5) Ergebnis.......................................................................... 204 bb) Lösung über Anwendung der Vorschriften des WpÜG ........ 205 (1) Änderung des Angebots ................................................. 205 (2) Mindestangebotsfrist ...................................................... 206 (3) Verbot des Windhundverfahrens und Festlegung von Informationspflichten ..................................................... 207 cc) Ergebnis................................................................................ 207 3. Ergebnis ............................................................................................ 208 IV. Ergebnis ................................................................................................. 209 C. Analoge Anwendbarkeit ................................................................................. 209 D. Die Auswirkungen der Richtlinie 2004/25/EG ............................................... 212 E. Rechtsvergleichende Umschau ....................................................................... 216 I. Österreich............................................................................................... 216 II. Schweiz.................................................................................................. 220 III. Vereinigtes Königreich .......................................................................... 222 IV. Vereinigte Staaten .................................................................................. 224 V. Folgerungen aus der rechtsvergleichenden Umschau............................. 225 F. Notwendigkeit gesetzgeberischen Tätigwerdens ............................................ 227 I. Gesetzgeberische Klarstellung ............................................................... 227 II. Notwendigkeit gesetzlicher Regelungen ................................................ 228 1. Regelungsbedarf................................................................................ 228 2. Gesellschafts- oder übernahmerechtliche Lösung ............................. 229 III. Umsetzung ............................................................................................. 233 G. Ergebnis.......................................................................................................... 235 § 8 Passiver Kontrollerwerb und Pflichtangebot infolge des Aktienrückkaufs durch die Gesellschaft .......................................................... 236 A. Erwerb der Kontrolle infolge des Aktienrückkaufs durch die Gesellschaft .... 238 I. Das Schweigen des Gesetzes.................................................................. 238 II. Der Lösungsansatz der Gesetzesbegründung ......................................... 238

20

Inhaltsverzeichnis 1. Berücksichtigung der eigenen Aktien ............................................... 238 2. Würdigung der Gesetzesbegründung ................................................ 239 III. Alternative Lösungsmöglichkeit ............................................................ 242 1. § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO.................................................................. 242 2. § 9 S. 1 Nr. 6 WpÜG-VO.................................................................. 245 3. § 37 Abs. 1 WpÜG............................................................................ 247 4. Ergebnis ............................................................................................ 247 IV. Der vorzugswürdige Lösungsansatz....................................................... 248 1. Die Begründung des Gesetzgebers und der ihm folgenden Literatur ............................................................................................ 248 a) b) c) d) e)

§ 21 WpHG als Parallelregelung.................................................. 248 Die Übertragbarkeit der Begründung zu § 21 WpHG .................. 249 Der Verweis auf § 20 AktG.......................................................... 250 Die Erkennbarkeit des Aktienbestandes der Gesellschaft ............ 251 Zwischenergebnis......................................................................... 254

2. Die Dominanz in der Hauptversammlung ......................................... 254 3. Überlegenheit einer flexiblen Lösung ............................................... 257 4. Ergebnis ............................................................................................ 258 B. Bestätigung durch rechtsvergleichende Umschau........................................... 259 I. Österreich............................................................................................... 259 II. Schweiz.................................................................................................. 261 III. Vereinigtes Königreich .......................................................................... 262 IV. Vereinigte Staaten .................................................................................. 263 V. Ergebnis ................................................................................................. 263 C. Die Auswirkungen der Richtlinie 2004/25/EG ............................................... 264 D. Die Beachtlichkeit der Gesetzesbegründung................................................... 265 E. Exkurs: Andere Stimmrechtsausübungshindernisse ....................................... 266 F. Handlungsbedarf............................................................................................. 268 G. Ergebnis.......................................................................................................... 268 § 9 Der Rückerwerb eigener Aktien als Maßnahme zur Abwehr feindlicher Übernahmen....................................................................................................... 270 A. Die Tauglichkeit des Erwerbs eigener Aktien als Maßnahme zur Abwehr feindlicher Übernahmen ................................................................................. 270 B. Die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien als Maßnahme zur Abwehr feindlicher Übernahmen ................................................................................. 273 I. Rechtslage vor Erlass des WpÜG .......................................................... 273 1. Die aktienrechtliche Neutralitätspflicht............................................. 273

Inhaltsverzeichnis

21

a) Bestehen einer Neutralitätspflicht ................................................ 274 b) Ablehnung einer Neutralitätspflicht ............................................. 276 c) Stellungnahme.............................................................................. 277 2. Der Erwerb eigener Aktien als präventive Abwehrmaßnahme ......... 278 a) Geltung der aktienrechtlichen Neutralitätspflicht außerhalb eines Übernahmeverfahrens ......................................................... 278 b) Der Erwerb eigener Aktien im Vorfeld eines Übernahmeangebots..................................................................... 278 3. Der Erwerb eigener Aktien als repressive Abwehrmaßnahme .......... 281 a) Grundsätzliche Unzulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien als Abwehrmaßnahme .................................................................. 281 b) Ausnahmen .................................................................................. 282 aa) Laufende Geschäftsführung.................................................. 282 bb) Erheblicher Schaden der Gesellschaft................................... 282 cc) Handlungen aufgrund eines Ad-hocHauptversammlungsbeschlusses........................................... 283 dd) Handlungen aufgrund eines Vorratsbeschlusses der Hauptversammlung............................................................... 283 c) Greenmailing................................................................................ 283 II.

Rechtslage nach Erlass des WpÜG ........................................................ 284 1. Der Erwerb eigener Aktien als präventive Abwehrmaßnahme ......... 286 2. Der Erwerb eigener Aktien als repressive Abwehrmaßnahme .......... 287 a) Verhinderungsverbot des § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG....................... 287 b) Ausnahmen .................................................................................. 289 aa) Die Ausnahmen des § 33 Abs. 1 S. 2 WpÜG ....................... 289 (1) Handlungen eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (§ 33 Abs. 1 S. 2, 1. Var. WpÜG) ........ 289 (2) Suche nach einem konkurrierenden Angebot (§ 33 Abs. 1 S. 2, 2. Var. WpÜG)............................................ 292 (3) Handlungen mit Zustimmung des Aufsichtsrats (§ 33 Abs. 1 S. 2, 3. Var. WpÜG)............................................ 292 bb) Handlungen aufgrund eines Ad-hocHauptversammlungsbeschlusses........................................... 294 cc) Handlungen aufgrund eines Vorratsbeschlusses der Hauptversammlung (§ 33 Abs. 2 WpÜG)............................. 295 c) Greenmailing................................................................................ 297

III. Zusammenfassender Vergleich .............................................................. 298 C. Die Auswirkungen der Richtlinie ................................................................... 299 D. Ergebnis.......................................................................................................... 302

22

Inhaltsverzeichnis Teil 4 Ergebnisse

304

§ 10 Zusammenfassung ............................................................................................. 304

Literaturverzeichnis ................................................................................................... 311 Sachregister................................................................................................................. 339

§ 1 Einführung Der Erwerb eigener Aktien gehört in Deutschland seit der Liberalisierung durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27. 4. 19981 zum Standardrepertoire von Aktiengesellschaften. Verbunden sind mit dem Erwerb eigener Aktien zahlreiche Vorteile und Chancen. Regelungen betreffend den Erwerb eigener Aktien befinden sich vor allem im AktG. Der Gesetzgeber hat am 15. 11. 2001 als Teil des „Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen“2 das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) erlassen, welches am 1. 1. 2002 in Kraft getreten ist. Hinsichtlich dieses neuen Gesetzes wurde seitens der Wissenschaft und der Praxis vor allem der Konstellation Aufmerksamkeit geschenkt, in der eine von der Zielgesellschaft verschiedene natürliche oder juristische Person ein Angebot zum Erwerb von Wertpapieren der Zielgesellschaft unterbreitet. Wenig Beachtung hat die Frage gefunden, inwieweit der Erlass des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien durch eine Gesellschaft Einfluss hat.

A. Fragestellung Von Wissenschaft und Praxis vernachlässigt wurde insbesondere die Frage, ob der Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft3 sich als ein Anwendungsfall des WpÜG darstellt. Eine wissenschaftliche Diskussion wurde erst ausgelöst, als die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) auf eine Anfrage aus der Praxis mitteilte, dass das WpÜG auf den Aktienrückkauf durch eine AG anwendbar sei, wenn er mittels eines öffentlichen Angebots erfolge.4 _______________ 1

BGBl. I 1998, S. 786. BGBl. I 2001, S. 3822. 3 Die Ausführungen gelten für die AG und über § 278 Abs. 3 AktG entsprechend für die KGaA. 4 FAZ vom 3. 5. 2002, Nr. 102, S. 17. 2

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§ 1 Einführung

Der Grund für den wissenschaftlichen Diskurs ergibt sich aus Folgendem: Gem. § 1 WpÜG ist das Gesetz auf Angebote zum Erwerb von Wertpapieren, die von einer Zielgesellschaft ausgegeben wurden und zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, anzuwenden. Angebote sind nach § 2 Abs. 1 WpÜG freiwillige oder aufgrund einer Verpflichtung nach diesem Gesetz erfolgende öffentliche Kauf- oder Tauschangebote zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft. Der Anwendungsbereich beschränkt sich daher nicht auf Übernahmeangebote (§§ 29 ff. WpÜG), die auf den Erwerb der Kontrolle gerichtet sind (§ 29 Abs. 1 WpÜG), und Pflichtangebote (§§ 35 ff. WpÜG), die eine bestehende Kontrollmehrheit voraussetzen (§ 35 Abs. 1 WpÜG). Vielmehr sind auch freiwillige, einfache öffentliche Angebote zum Erwerb von Wertpapieren umfasst. Ein Kauf- oder Tauschangebot i. S. d. § 2 Abs. 1 WpÜG könnte das Angebot einer Gesellschaft zum Rückerwerb eigener Aktien sein, da der Wortlaut keine Einschränkung auf eine Dreipersonenkonstellation vornimmt. Dies hätte zur Folge, dass die Gesellschaft, die eigene Aktien mittels eines öffentlichen Angebots erwirbt, an das WpÜG gebunden ist und sie damit die Pflichten treffen, die auch für einen externen Bieter bestehen. Aus der Anwendung des WpÜG würde sich eine erhebliche Verfahrenserschwernis für die Gesellschaft ergeben. Es müssten die allgemeinen Grundsätze des § 3 WpÜG und im Grundsatz die Verfahrensvorschriften der §§ 10-28 WpÜG beachtet werden. Es stellt sich daher die Frage, ob und inwieweit das WpÜG auf den Rückerwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft anwendbar ist. Der Erwerb eigener Aktien kann im Rahmen des WpÜG darüber hinaus in einer weiteren Fallgestaltung bedeutend sein. Fraglich ist nämlich, ob ein Kontrollerwerb i. S. d. § 29 Abs. 2 WpÜG mit der Folge der Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots nach § 35 Abs. 2 S. 1 WpÜG auch vorliegt, wenn ein Aktionär die relative Kontrollmehrheit ohne eigenes Zutun infolge des Aktienrückkaufs durch die Gesellschaft erlangt. Diese Fragestellung ergibt sich aus folgenden Überlegungen: Kauft eine Gesellschaft eigene Aktien zurück, stehen ihr aus diesen Aktien gem. § 71 b AktG (nach § 23 Abs. 5 S. 1 AktG zwingend) keine Stimmrechte zu; diese ruhen vielmehr.5 Damit wird durch den Rückkauf der Aktien die Gesamtzahl der Aktien, die in der Hauptversammlung zur Ausübung des Stimmrechts berechtigen, verringert. Es ist infolgedessen möglich, dass ein Aktionär zwar weniger als 30 % der insgesamt ausgegebenen Aktien der Gesellschaft hält, jedoch trotzdem über mehr als 30 % der ausübbaren Stimmrechte verfügt. In der Konstellation, dass die Gesellschaft 10 % der eigenen Aktien selbst hält, reichen schon 27 % der insgesamt ausgegebenen Aktien der Gesellschaft aus, um in der Hauptversammlung über einen Stimmrechtsan_______________ 5

Dazu unten § 4 B. V.

§ 1 Einführung

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teil von 30 % zu verfügen.6 Somit ist die vom Gesetzgeber vorgegebene Kontrollschwelle, wenn man in die Berechnung der Gesamtzahl der Aktien die eigenen Aktien nicht einbezieht, erreicht. Bezieht man jedoch auch die eigenen Aktien in die Berechnung der Gesamtzahl der Aktien ein, wird die Kontrollschwelle nicht überschritten. Entscheidend für die Frage, ob ein passiver Kontrollerwerb in dieser Konstellation vorliegt, ist folglich, inwieweit das aktienrechtliche Ruhen des Stimmrechts nach § 71 b AktG auch übernahmerechtlich im Rahmen der §§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG anerkannt wird.7 Damit ist der zweite Untersuchungsgegenstand bezeichnet. Der Erwerb eigener Aktien kann sowohl dazu genutzt werden, Übernahmen präventiv entgegenzuwirken als auch gegenwärtige Übernahmeversuche abzuwehren. Im Übernahmeverfahren kann der Erwerb eigener Aktien Verhinderungswirkung entfalten. Gem. § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG darf der Vorstand der Zielgesellschaft nach der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots bis zur Veröffentlichung des Ergebnisses keine Handlungen vornehmen, durch die der Erfolg des Angebots verhindert werden könnte. § 33 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 WpÜG gewähren jedoch Ausnahmen. Insoweit stellt sich die Frage, ob der Erwerb eigener Aktien im Einklang mit den Anforderungen des § 33 WpÜG steht.

B. Gang der Darstellung Im ersten Teil der Arbeit werden die Grundlagen hinsichtlich des Erwerbs eigener Aktien dargestellt. Zunächst werden die Motive aufgezeigt, die Gesellschaften dazu veranlassen, eigene Aktien zu erwerben. Den Motiven werden die Gefahren des Erwerbs gegenübergestellt. Im Anschluss daran werden die Formen erläutert, die den Gesellschaften für den Aktienrückkauf zur Verfügung stehen. Der Grundlagenteil schließt mit den Regelungen des Aktiengesetzes betreffend den Erwerb eigener Aktien. Die Vorschriften werden im Lichte der historischen Erfahrungen vorgestellt.

_______________ 6

Die Quote von 27 % ergibt sich aus folgender Berechnung: Hält die Gesellschaft 10 % der eigenen Aktien, verbleiben, wenn man andere Stimmrechtsausübungsverbote oder -hindernisse außer Betracht lässt, 90 % der Aktien, die ein Stimmrecht verleihen. Für eine Kontrollmehrheit sind daher nur 30 % von 90 % erforderlich. Die Formel dafür lautet, wenn x die Quote ist, die erreicht werden muss, um über 30 % der Aktien zu verfügen, die ein in der Hauptversammlung ausübbares Stimmrecht gewähren: x = 90 % geteilt durch 100 mal 30 = 27 %. 7 Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2593.

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§ 1 Einführung

Der zweite Teil widmet sich der Entstehungsgeschichte und dem Inhalt des WpÜG vor seinem europäischen Hintergrund. Insoweit werden sowohl die Entwicklungen auf nationaler als auch auf europäischer Ebene auf dem Weg zum Erlass des WpÜG und der Übernahmerichtlinie nachgezeichnet. Daran anschließend werden der wesentliche Inhalt des WpÜG und der Übernahmerichtlinie erörtert. Der aus der Übernahmerichtlinie folgende Umsetzungsbedarf wird skizziert. Den Schwerpunkt der Arbeit bildet Teil 3, in dem die Auswirkungen des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien untersucht werden. Hinsichtlich der Frage der Anwendbarkeit des WpÜG wird immer wieder auf die Ausführungen im Grundlagenteil zurückzugreifen sein. Die Auslegung des WpÜG wird im Wesentlichen anhand der klassischen juristischen Methodenlehre vorgenommen. Insoweit sind die sprachlich-grammatikalische Auslegung, der Wille des Gesetzgebers, die Entstehungsgeschichte, die Systematik des Gesetzes und die teleologische Auslegung zu nennen.8 Sodann wird untersucht, ob infolge des Aktienrückkaufs durch die Gesellschaft ein Pflichtangebot eines Aktionärs ausgelöst werden kann. Dabei werden verschiedene Ansätze dargestellt, um die vorzugswürdige Lösung herauszufiltern. Schließlich wird die Zulässigkeit des Rückerwerbs eigener Aktien als Maßnahme zur Abwehr feindlicher Übernahmeversuche geprüft. Dabei wird die Rechtslage nach Erlass des WpÜG mit der Rechtslage vor Erlass des WpÜG verglichen, um die Übereinstimmungen und Unterschiede zu verdeutlichen. In Teil 3 werden hinsichtlich der einzelnen Sachfragen jeweils die Auswirkungen der europäischen Übernahmerichtlinie hervorgehoben. Die Ergebnisse der Arbeit werden abschließend in Teil 4 zusammengefasst.

C. Erwerb eigener Aktien Die vorliegende Arbeit behandelt den Erwerb eigener Aktien i. S. d. §§ 71 ff. AktG. Darunter ist jedes Rechtsgeschäft zu verstehen, das die Gesellschaft zum Inhaber der Aktien macht oder den schuldrechtlichen Grund für den dinglichen Rechtsübergang bildet.9 Auch wenn die Begriffe „Erwerb“ und _______________ 8

Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einl. Rn. 50 ff.; Larenz, S. 320 ff. Hüffer, AktG, § 71 Rn. 4; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 18; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 68; nicht genügend ist der Erwerb einer Kaufoption (call option), denn der Optionsinhaber erwirbt lediglich das Recht, durch die Ausübung der call option einen Kaufvertrag über die Aktien abzuschließen, vgl. Block, in: AnwKAktienR, AktG, § 71 Rn. 6; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 4; Vetter, AG 2003, 478, 479. Das obligatorische Rechtsgeschäft muss inhaltlich darauf gerichtet sein, der AG die Rechts9

§ 1 Einführung

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„erwerben“ für eine Beschränkung der §§ 71 ff. AktG auf das dingliche Rechtsgeschäft sprechen, ergibt sich doch aus einem Umkehrschluss zu § 71 Abs. 4 S. 2 AktG die Anwendbarkeit auf das obligatorische Rechtsgeschäft.10 Darüber hinaus ist der Begriff Erwerb in Art. 19 ff. der europäischen Kapitalschutzrichtlinie11 nicht im Sinne des deutschen Abstraktionsprinzips gebraucht, sondern er bezeichnet – wie in anderen Mitgliedstaaten üblich – sowohl das dingliche als auch das obligatorische Rechtsgeschäft. Endlich sprechen teleologische Erwägungen für die Einbeziehung des obligatorischen Geschäfts in den Anwendungsbereich der §§ 71 ff. AktG. Die AG geht durch das obligatorische Rechtsgeschäft schon eine Verpflichtung ein, so dass es angemessen erscheint, bereits insoweit die Rechtmäßigkeit zu überprüfen.12 Der Erwerb muss gerichtet sein auf eigene Aktien. Der Begriff der Aktie meint die Mitgliedschaft in einer AG.13 Dabei kommt es auf eine Verbriefung oder die nähere Ausgestaltung (zum Beispiel Inhaber-, Namens-, Stamm- oder Vorzugsaktie) nicht an.14 Der Erwerb von Miteigentumsanteilen ist ausreichend.15 Nicht in den Anwendungsbereich fallen Wandelschuldverschreibungen, Gewinnschuldverschreibungen (§ 221 Abs. 1 S. 1 AktG), Genussrechte (§ 221 Abs. 3 AktG), Bezugsrechte oder Dividendenscheine.16

_______________

inhaberschaft an den eigenen Aktien zu verschaffen; zu den einzelnen Fallgruppen des Erwerbs vgl. etwa Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 18 ff.; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 69 ff. Für eine Beschränkung auf das dingliche Rechtsgeschäft Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 5; Grobecker/Michel, DStR 2001, 1757, 1763; Mick, DB 1999, 1201, 1202 f. 10 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 68; a. A. Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 5, der anführt, dass § 71 Abs. 4 S. 2 AktG gerade ein „schuldrechtliches Geschäft über den Erwerb“ voraussetze. 11 Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. 12. 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Abs. 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABl. EG Nr. L 26 vom 31. 1. 1977, S. 1 ff. 12 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 68. 13 Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 4. 14 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 4; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 13; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 86. 15 Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 13; bedeutend im Rahmen der Girosammelverwahrung nach §§ 5 ff. DepotG, vgl. Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 86. 16 Barz, in: GroßkommAktG, § 71 Anm. 4; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 5; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 13; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 87 f.

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§ 1 Einführung

Eigene Aktien sind die von der AG selbst emittierten Aktien.17 Ein Erwerb eigener Aktien liegt nicht vor, wenn die AG Anteile eines anderen Unternehmens erwirbt, das seinerseits Aktien der AG hält.18 Eine Ausnahme ist lediglich zu machen, wenn das Vermögen des anderen Unternehmens ausschließlich oder fast ausschließlich aus Aktien der AG besteht.19 Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass ein abhängiges oder ein im Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehendes Unternehmen Aktien der AG erwirbt. Auf diese Konstellation finden § 71 Abs. 1 Nr. 1-5, 7, 8 und § 71 Abs. 2 AktG nach § 71 d S. 2 AktG Anwendung.

_______________ 17

Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 89. Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 8; auch wenn eine Vergleichbarkeit mit dem in § 71 d S. 2 AktG geregelten Sachverhalt besteht, handelt es sich doch schon nicht um den Erwerb der Beteiligung, Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 21. 19 So zutreffend die h. M., vgl. Barz, in: GroßkommAktG, § 71 Anm. 5; Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 8; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 21; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 89. 18

Teil 1

Grundlagen § 2 Motive für den Erwerb eigener Aktien und Gefahren A. Motive Seit der Einführung des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG durch das KonTraG vom 27. 4. 1998 haben sich zahlreiche Aktiengesellschaften die Ermächtigung der Hauptversammlung zum Erwerb eigener Aktien erteilen lassen.1 Die Bedeutung des Erwerbs eigener Aktien nimmt stetig zu.2 Dies wäre nicht der Fall, wenn mit dem Erwerb eigener Aktien nicht umfangreiche Vorteile und Chancen verbunden wären.3 Die Ergebnisse der Untersuchung des Deutschen Aktieninstituts zum Rückkauf eigener Aktien durch die Gesellschaft aus dem Jahre 1999 zeigen, dass die Entscheidung, sich von der Hauptversammlung zum Erwerb _______________ 1

Gem. § 78 Abs. 3 S. 3 AktG hat die Gesellschaft die BaFin unverzüglich von der Ermächtigung zu unterrichten. Ein Überblick über die angezeigten Ermächtigungen der Hauptversammlungen findet sich unter www.bafin.de in der Rubrik Datenbanken unter Angezeigte Ermächtigungen der Hauptversammlungen (HV) zum Erwerb eigener Aktien. Ca. zwei Drittel der im DAX vertretenen Unternehmen haben sich in der Hauptversammlungssaison 2001 Ermächtigungen zum Rückkauf eigener Aktien erteilen lassen, vgl. FAZ vom 3. 5. 2002, Nr. 102, S. 17. 2 Für die Entwicklung in Deutschland siehe Fn. 1. Auch im Ausland nimmt die Bedeutung des Aktienrückerwerbs stetig zu: seit dem Jahr 2000 investierte BP plc. insgesamt 6 Mrd. Dollar in Aktienrückkaufprogramme, siehe FAZ vom 11. 2. 2004, Nr. 35, S. 14; die Swatch Group AG hat einen Aktienrückkauf angekündigt, FAZ vom 26. 3. 2004, Nr. 73, S. 20; die PepsiCo Inc. hat nach einem Rückkaufprogramm mit einem Volumen von 5 Mrd. Dollar einen weiteren Aktienrückkauf von bis zu 7 Milliarden Dollar beschlossen, FAZ vom 31. 3. 2004, Nr. 77, S. 20. Die Entwicklung in den USA zeigt Posner, AG 1994, 312, 313 auf, der auch einige Beispiele von Rückkäufen eigener Aktien nennt. 3 Vgl. die Aussage des Vorstandsvorsitzenden der Puma AG Zeitz: „Außerdem hat auch der Aktienrückkauf positive Signale“, FAZ vom 28. 2. 2004, Nr. 50, S. 16.

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Teil 1: Grundlagen

eigener Aktien ermächtigen zu lassen, auf verschiedenen Motiven beruht.4 Übergeordnet können drei Erwerbszwecke hervorgehoben werden. Der Rückkauf eigener Aktien erfolgt aus finanzierungspolitischen Motiven, um Einfluss auf die Eigentümerstruktur zu nehmen und um den Börsenkurs zu beeinflussen.

I. Finanzierungspolitische Motive Überwiegend werden für den Aktienrückkauf finanzierungspolitische Motive angeführt. Für amerikanische Gesellschaften stellt der Erwerb eigener Aktien ein selbstverständliches und unentbehrliches Instrument des Finanzmanagements dar.5 Es war gerade ein Anliegen des deutschen Gesetzgebers, den deutschen Aktiengesellschaften ein Finanzierungsinstrument zur Verfügung zu stellen, welches den internationalen Standards entspricht.6

1. Ausnutzung einer aktuellen Unterbewertung Der Erwerb eigener Aktien kann in Verbindung mit einem späteren Wiederverkauf als Finanzierungsinstrument genutzt werden. Ist die Gesellschaft der Ansicht, dass die Aktien der Gesellschaft derzeit unterbewertet sind, kann sie diese erwerben und nach einer eingetretenen Kurssteigerung wieder auf den Markt bringen. Die Differenz wird zum Gewinn der Gesellschaft. Ohne die Anzahl der ausgegebenen Aktien zu erhöhen, steigert sie ihr Eigenkapital.7 Eine Unterbewertung der Gesellschaft wird für die Gesellschaft fruchtbar gemacht. Funktionieren kann eine solche Finanzierung nur, wenn der Kurs nach dem Aktienrückkauf steigt. Dies wird in der Regel durch den mit dem Aktienrückkauf verbundenen Signalling-Effekt8 sichergestellt.9

_______________ 4 DAI, Untersuchung, S. 9 f.; Benckendorff, S. 49; Hampel, S. 5; Kopp, S. 38; Kellerhals/Rausch, AG 2000, 222, 223. 5 Kübler, Aktie, S. 42. 6 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. 7 Benckendorff, S. 56; DAI, Stellungnahme, S. 2; Wastl/Wagner/Lau, S. 30. 8 Zu diesem Effekt siehe unten § 2 A. III. 9 Johannsen-Roth, S. 32.

§ 2 Motive für den Erwerb eigener Aktien und Gefahren

31

2. Umstrukturierung des Verhältnisses von Eigen- und Fremdkapital Der Aktienrückkauf bietet die Möglichkeit der Optimierung des Verhältnisses von Eigen- und Fremdkapital, wodurch ein Leverage-Effekt10 erzielt werden kann.11 Der Aktienrückkauf bedeutet nämlich eine Verringerung des haftenden Eigenkapitals der Gesellschaft. Verhältnismäßig wird der Anteil des Fremdkapitals erhöht. Dieser Effekt verstärkt sich, wenn der Aktienrückkauf fremdfinanziert wird.12 Der Erwerb eigener Aktien führt folglich zu einem höheren Verschuldungsgrad. Der Verschuldungsgrad bezeichnet das Verhältnis von bestehendem Fremdkapital zu vorhandenem Eigenkapital.13 Ein höherer Verschuldungsgrad führt zu einer höheren Eigenkapitalrentabilität14. Wird Eigenkapital durch Fremdkapital substituiert, steigen mithin der Verschuldungsgrad und damit die Eigenkapitalrentabilität.15 Es tritt mit anderen Worten eine Hebelwirkung des Fremdkapitals ein. Diese Form der Finanzierung bietet sich in Niedrigzinsphasen an. Zur Verdeutlichung der Steigerung der Eigenkapitalrentabilität ein vereinfachtes Beispiel16: Eine Gesellschaft hat ein Grundkapital von 1 Mio. Euro. Die Gesellschaft hat 1 Mio. Aktien zu einem Nennbetrag von 1 Euro ausgegeben. Fremdkapital wurde nicht aufgenommen. Es wurde ein Gewinn von 100.000 Euro erwirtschaftet. Sowohl die Gesamtkapital-17 als auch die Eigenkapitalrentabilität betragen somit 10 %. Ersetzt die Gesellschaft 200.000 Euro Eigenkapital durch Fremdkapital, das zu 6 % verzinst wird, ergeben sich bei gleich bleibender Gesamtkapitalrentabilität folgende Veränderungen: Der Gewinn bleibt bei 100.000 Euro. Die Fremdkapitalzinsen betragen 12.000 Euro. Damit verbleibt ein verteilungsfähiger Gewinn von 88.000 Euro, der sich auf 800.000 Euro Eigenkapital verteilt. Die Eigenkapitalrendite erhöht sich auf 11 %. Zu beachten ist allerdings, dass sich der positive _______________ 10

Von lever (engl.) = Hebel. Benckendorff, S. 51 ff.; Hampel, S. 6 f.; Johannsen-Roth, S. 32 ff.; Pellens/ Schremper, S. 9 f; Kellerhals/Rausch, AG 2000, 222, 223; Posner, AG 1994, 312, 314; von Rosen/Helm, AG 1996, 434, 437. Siehe allgemein zum sog. Leverage-Effekt Perridon/Steiner, S. 487 ff.; Schierenbeck, S. 78 ff. 12 Benckendorff, S. 51; Johannsen-Roth, S. 33; Kopp, S. 50; ausführlich dazu Fleischer, AG 1996, 494, 496 ff. 13 Schierenbeck, S. 78. 14 Die Eigenkapitalrentabilität bezeichnet das Verhältnis von Reingewinn zu Eigenkapital; zu diesem Begriff siehe etwa Schierenbeck, S. 65, 86. 15 Schierenbeck, S. 79; Rams, Die Bank 1997, 216, 218. 16 Nach Benckendorff, S. 51 f. 17 Zu diesem Begriff siehe Schierenbeck, S. 65 ff. 11

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Teil 1: Grundlagen

Leverage-Effekt ab einem gewissen Verschuldungsgrad umkehrt.18 Dies ist der Fall, wenn die Gesamtkapitalrentabilität kleiner als der Fremdkapitalzinssatz ist.19 Ansonsten kann die Eigenkapitalrentabilität effektiv erhöht werden.

3. Ausschüttung liquider Mittel Der Aktienrückkauf kann genutzt werden, um überflüssige liquide Mittel auszuschütten.20 Eine Gesellschaft, die über Liquiditätsreserven verfügt, hat zwei Möglichkeiten. Entweder sie investiert die Mittel und erwirtschaftet dadurch Rendite oder sie gibt den Aktionären diese Mittel zurück. Die Investition der Mittel ist nur sinnvoll, wenn sie eine Rendite abwirft, die mindestens den Kosten des gesellschaftlichen Kapitals entspricht.21 Eine Ausschüttung an die Aktionäre kann erfolgen durch Dividendenzahlungen, durch den Erwerb eigener Aktien oder durch eine Kapitalherabsetzung.22 Im Gegensatz zur erhöhten Dividendenzahlung wird durch den Erwerb eigener Aktien die Kontinuität der Dividendenzahlung gewahrt.23 An der Kontinuität der Dividendenzahlung hat die Gesellschaft ein erhebliches Interesse. Wird in einem Jahr eine Dividende gezahlt, die deutlich über den Dividendenzahlungen der Vorjahre liegt, so werden die Anleger auch in den Folgejahren entsprechende Dividende erwarten.24 Die Erwartung kann nicht erfüllt werden, wenn die Gesellschaft nicht einen vergleichbaren Gewinn erwirtschaftet. Die Dividendenzahlung müsste wieder gekürzt werden. Dies führt in der Regel zu einem Absinken des Börsenkurses.25 Daran hat die Gesellschaft kein Interesse. Die Gesellschaft wird also nach Lösungen suchen, um dies zu vermeiden. Dies _______________ 18 19

Fleischer, AG 1996, 494, 497. Perridon/Steiner, S. 487 ff.; Schierenbeck, S. 78 ff.; Rams, Die Bank 1997, 216,

218. 20 So beispielsweise die Überlegung der Kuoni Reisen Holding AG, vgl. FAZ vom 19. 3. 2004, Nr. 67, S. 22; für weitere Beispiele siehe FAZ vom 13. 8. 2004, Nr. 187, S. 23, 25. 21 Bezzenberger, S. 73. 22 Beispielsweise hat der Softwarekonzern Microsoft am 21. 7. 2004 angekündigt, dass er seinen Aktionären in den folgenden vier Jahren durch Aktienrückkäufe und Dividenden bis zu 75 Milliarden Dollar zukommen lassen will. Der Rückkauf von Aktien soll in einem Umfang von 30 Milliarden Dollar erfolgen, FAZ vom 22. 7. 2004, Nr. 168, S. 11. 23 Johannsen-Roth, S. 36; Kübler, Aktie, S. 43; Rams, Die Bank 1997, 216, 218 f. 24 Bezzenberger, Rn. 74; Wastl/Wagner/Lau, S. 34 f. 25 Benckendorff, S. 55; Hampel, S. 11; Johannsen-Roth, S. 36.

§ 2 Motive für den Erwerb eigener Aktien und Gefahren

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gelingt durch eine Ausschüttung im Wege eines Aktienrückkaufs. Im Gegensatz zur erhöhten Dividendenzahlung ist der Aktienrückkauf als Sonderausschüttung zu erkennen.26 Die Aktionäre erwarten nicht, dass sich eine solche Sonderausschüttung im Folgejahr wiederholt. Somit wird eine Enttäuschung der Aktionäre, die mit einem Absinken des Börsenkurses verbunden wäre, vermieden. Darüber hinaus kann der Aktienrückkauf für die Aktionäre steuerliche Vorteile bieten.27 Im Hinblick auf die steuerliche Behandlung muss danach unterschieden werden, ob die Anteile von einer natürlichen Person im Privatvermögen, im Betriebsvermögen oder von einem Körperschaftsteuersubjekt gehalten werden. Insbesondere wenn es sich um ein privates Veräußerungsgeschäft handelt, können sich steuerliche Vorteile ergeben.28 Gem. §§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG unterliegen Dividendenzahlungen der Einkommensteuer. Dabei ist jedoch nur die Hälfte der Gewinnanteile zu versteuern, da die Hälfte der Einnahmen nach § 3 Nr. 40 S. 1 lit. d EStG steuerfrei ist (sog. Halbeinkünfteverfahren29). Dagegen stellt die Veräußerung von Wertpapieren ein privates Veräußerungsgeschäft des Aktionärs dar, soweit die Anteile im Privatvermögen gehalten werden. Ein solches unterliegt der Einkommensteuer nur, wenn zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr liegt (§§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7, 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG).30 Nach _______________ 26

Benckendorff, S. 56. Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 8; Benckendorff, S. 54; JohannsenRoth, S. 38; Pellens/Schremper, S. 4; Kellerhals/Rausch, AG 2000, 222, 223; zu den Einzelheiten siehe Tischbirek, in: Baums/Thoma, WpÜG, Einl. Rn. 3.34 ff. 28 Zur Rechtslage bei Halten der Anteile im Betriebsvermögen und bei Körperschaftsteuersubjekten siehe ausführlich Tischbirek, in: Baums/Thoma, WpÜG, Einl. Rn. 3.34 ff.; Birk, Rn. 1095 ff. 29 Zum 1. 1. 2001 ist durch das Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz – StSenkG) vom 23. 10. 2000 (BGBl. I 2000, S. 1433) ein Systemwechsel vom Anrechnungs- zum sog. Halbeinkünfteverfahren vollzogen worden. Nach dem Halbeinkünfteverfahren sind Dividenden lediglich zur Hälfte steuerbare Einnahmen, so dass in der wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung eine Doppelbelastung des Anteilseigners durch Körperschaftsteuer (nach § 23 Abs. 1 KStG 25 %) und eigene Einkommensteuer annähernd vermieden wird; vgl. im Einzelnen Tipke/Lang, § 11 Rn. 3 ff. 30 Die Besteuerung von Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften ist vom BVerfG (DB 2004, 628 ff.) für die Jahre 1997 und 1998 für verfassungswidrig erklärt worden. Es bleibt abzuwarten, inwieweit dies auch für die Folgejahre gelten wird. Jedenfalls ab dem Veranlagungszeitraum 2004 dürfte die Besteuerung von Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften wegen der Einführung des § 24 c EStG (eingeführt durch Art. 1 Nr. 9 Zweites Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steuerände27

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Teil 1: Grundlagen

Ablauf dieses Zeitraumes ist der Verkauf von Aktien für die Aktionäre im Vergleich zu Dividendenzahlungen steuerlich günstiger. Gleichwohl kann es für die Aktionäre noch vorteilhafter sein, von der Möglichkeit, an dem Aktienrückkauf teilzunehmen, nicht Gebrauch zu machen. Die Gewinne werden dann nur mit dem Körperschaftsteuersatz i. H. v. 25 % besteuert. Die Entscheidung des Aktionärs wird insoweit von vielen Faktoren abhängen. Jedenfalls können die Aktionäre wählen, ob sie die Aktien halten und sich damit für eine Thesaurierung entscheiden oder ob sie die Aktien verkaufen und damit die Ausschüttung wählen.31 Entscheiden sie sich für die Ausschüttung, können sie die Mittel anderweitig investieren. Die Entscheidung des Aktionärs wird eben von seiner individuellen steuerlichen und Vermögenssituation abhängen.32 Liquide Mittel können ebenfalls durch eine Kapitalherabsetzung ausgekehrt werden. Im Vergleich zum Erwerb eigener Aktien ist jedoch schon zu betonen, dass die Wirkung in der Öffentlichkeit in der Regel negativ ausfällt, da eine Kapitalherabsetzung häufig mit einer Sanierung in Verbindung gebracht wird.33 Darüber hinaus ist der Erwerb eigener Aktien insoweit weniger zeit- und kostenintensiv. Der Aktienrückkauf ist damit auch vorteilhafter als eine Kapitalherabsetzung.

4. Akquisitionswährung Auch zur Vorbereitung einer Übernahme einer anderen Gesellschaft kann der Erwerb eigener Aktien in Betracht kommen.34 In diesem Fall dient dies dazu, sie nachfolgend als Akquisitionswährung einzusetzen.35 Die Gesellschafter der zu übernehmenden Gesellschaft erhalten anstatt Barmitteln Aktien der übernehmenden Gesellschaft.36 Die übernehmende Gesellschaft ist dann nicht _______________

rungsgesetz 2003 – StÄndG 2003) vom 15. 12. 2003, BGBl. I 2003, S. 2645) verfassungsgemäß sein. 31 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 8; Benckendorff, S. 54; Hampel, S. 10; Rams, Die Bank 1997, 216, 219. 32 DAI, Stellungnahme, S. 3. Die Ausschüttung im Wege eines Aktienrückkaufs ist darüber hinaus im Vergleich zu Dividendenzahlungen zeitlich flexibel. Dividendenzahlungen können nur im Zusammenhang mit einer Hauptversammlung erfolgen, der Aktienrückkauf ist an einen solchen festen Termin nicht gebunden, vgl. Bezzenberger, Rn. 74. 33 Claussen, DB 1998, 177, 179; Kellerhals/Rausch, AG 2000, 222, 223. 34 Johannsen-Roth, S. 44. 35 Dazu kurz Picot, M&A 2000, 265 ff.; Wieneke, NZG 2004, 61 ff. 36 Es handelt sich dann um einen Tausch, vgl. Picot, M&A 2000, 265, 266. Zu den damit verbundenen Vorteilen siehe Schmitz, in: von Rosen/Seifert, S. 313, 319 ff.; 80 %

§ 2 Motive für den Erwerb eigener Aktien und Gefahren

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gezwungen, Fremdkapital aufzunehmen (bzw. nur in einem geringeren Maße) oder stille Reserven durch den Kaufpreis aufzudecken.37 Da jedoch der Erwerb eigener Aktien nur bis zu einem Anteil von 10 % des Grundkapitals durchgeführt werden kann, werden die Aktien in der Praxis in der Regel durch eine Kapitalerhöhung geschaffen.38 Ebenso kann der Erwerb eigener Aktien zur Vorbereitung einer Verschmelzung dienen. Eine Verschmelzung kann erfolgen im Wege der Aufnahme (§ 2 Nr. 1 UmwG) oder im Wege der Neugründung (§ 2 Nr. 2 UmwG). Der Rückkauf eigener Aktien als Finanzierungsmittel ist nur für die Verschmelzung im Wege der Aufnahme39 (§§ 4-35 UmwG) relevant.40 Die übernehmende Gesellschaft kann sich Aktien, die sie den Aktionären der übertragenden Gesellschaft gewähren muss, im Wege des Rückerwerbs verschaffen.41 Bestehende Mehrheitsverhältnisse verschieben sich, insbesondere kann eine Sperrminorität oder eine qualifizierte Mehrheit verloren gehen.

II. Einflussnahme auf die Eigentümerstruktur Ein Aktienrückkauf kann dazu genutzt werden, auf die Eigentümerstruktur Einfluss zu nehmen.42 Der Erwerb eigener Aktien führt zu einer Verringerung der am Markt gehandelten Aktien.43 Wird der Rückerwerb nicht auf einer prorata-Basis, d. h. nicht von allen Aktionären im Verhältnis ihres Anteilsbesitzes, _______________

der Transaktionen mit einer Transaktionssumme von mehr als 1 Mrd. Euro werden über eigene Aktien finanziert, siehe Dibelius, in: Picot, Hdb. M&A, S. 33, 35. 37 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 12. Aufgrund der häufig im Milliardenbereich liegenden Volumina internationaler Transaktionen wäre die Liquidität der Unternehmen ansonsten zu stark belastet. Fremdfinanzierungen haben oft nachteilige bilanzielle Auswirkungen, Picot, M&A 2000, 265; zu der Problematik der Abschreibungen auf Firmenwerte (Goodwill) siehe Schmitz, in: von Rosen/Seifert, S. 313, 323 ff. 38 Picot, M&A 2000, 265, 266; dazu Picot/Müller-Eising, in: Picot, Unternehmenskauf und Restrukturierung, Teil II Rn. 128 ff. 39 Zur Anteilsgewährung und Festlegung im Verschmelzungsvertrag siehe etwa Sagasser/Ködderitzsch, in: Sagasser/Bula/Brünger, Abschnitt J Rn. 27; Volhard, in: Semler/Volhard, Bd. 1, § 17 Rn. 120 ff.; zu Ausnahmen Volhard, in: Semler/Volhard, Bd. 1, § 17 Rn. 108 Fn. 209. 40 Johannsen-Roth, S. 44 f. 41 Zu den Vorteilen gegenüber einer Kapitalerhöhung siehe Benckendorff, S. 66; Johannsen-Roth, S. 44 f. 42 Zur Zulässigkeit, insbesondere im Hinblick auf die Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, siehe unten § 4 B. II. 1. e) bb). 43 Duggal, in: Picot/Mentz/Seydel, Teil IX Rn. 1.

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Teil 1: Grundlagen

vollzogen, verschieben sich die Anteilsverhältnisse.44 Die Eigentümerstruktur der Gesellschaft ändert sich.

1. Abwehr feindlicher Übernahmen Dritte können durch den Erwerb von Aktien der Gesellschaft versuchen, die Kontrolle über die Gesellschaft zu erwerben. Dies steht möglicherweise im Gegensatz zu den Interessen der betroffenen Gesellschaft, der Aktionäre oder des Vorstands.45 Der Vorstand wird versuchen, Abwehrmaßnahmen gegen die drohende Übernahme vorzunehmen. Dabei kann der Aktienrückkauf ein wirksames Instrument sein. Dieses kann sowohl präventiv als auch im Zusammenhang mit einem drohenden oder gerade stattfindenden Übernahmeversuch eingesetzt werden.46

2. Ausschluss von Kleinstaktionären Der Erwerb eigener Aktien kann dazu genutzt werden, Kleinstaktionäre auszuschließen. Dadurch können die Shareholder-Servicing-Kosten gesenkt werden. Unter Shareholder-Servicing-Kosten sind die Verwaltungskosten pro Aktionär zu verstehen, also die Kosten, die mit der Betreuung der Aktionäre in Verbindung stehen.47 Verwaltungskosten, die durch den Druck und die Verteilung von Geschäftsberichten, Auszahlung von Dividenden und Zuteilung von Bezugsrechten entstehen, variieren unmittelbar mit der Anzahl der Anteilseigner.48 Aus Kostengründen kann es daher geboten sein, den Aktionärskreis zu verkleinern.49 _______________ 44

Benckendorff, S. 60; Johannsen-Roth, S. 47. Benckendorff, S. 62. 46 Johannsen-Roth, S. 47. Die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien, vor allem im Hinblick auf § 33 WpÜG, wird unter § 9 B. dieser Arbeit untersucht. 47 Kellerhals/Rausch, AG 2000, 222, 224. 48 Nach amerikanischen Schätzungen liegen die Verwaltungskosten zwischen zwölf und zwanzig Dollar pro Aktionär, Kopp, S. 40; Pellens/Schremper, S. 17. 49 Hampel, S. 7; Johannsen-Roth, S. 55. Diese Einspareffekte vergrößern sich bei kleineren Aktiengesellschaften, da die Verwaltungskosten hier im Verhältnis zum Unternehmenswert sehr groß sind, Benckendorff, S. 65; Kopp, S. 41, 85 f. In Deutschland ist das in der US-amerikanischen Praxis gängige Auskaufen einzelner Aktionärsgruppen problematisch, da das Gleichbehandlungsgebot des § 53 a AktG beachtet werden muss; dazu unten § 4 B. II. 1. e) bb). 45

§ 2 Motive für den Erwerb eigener Aktien und Gefahren

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3. Geschlossene Aktiengesellschaften Der Erwerb eigener Aktien kann dazu genutzt werden, die Struktur in kleinen, personalistisch geprägten Aktiengesellschaften (zum Beispiel Familiengesellschaften) zu erhalten (close corporations). In diesen Gesellschaften sind die Anteile unter wenigen bedeutenden Aktionären verteilt.50 Die herrschende Stellung dieser Gesellschafter soll auch erhalten bleiben, wenn ein Aktionär aus der Gesellschaft ausscheidet. Insbesondere in Familiengesellschaften hat die Familie ein Interesse daran, den herrschenden Einfluss der Familie auch in Zukunft sicherzustellen. Nach den Gesellschaftsverträgen steht den Gesellschaftern in der Regel ein Vorkaufsrecht hinsichtlich der Anteile zu.51 Problematisch ist jedoch vielfach die Finanzierung des Anteilserwerbs. Die Aktionäre haben nicht immer die finanziellen Mittel, um einen weiteren bedeutenden Anteil zu übernehmen.52 Aber auch für den Fall, dass einem Gesellschafter die Mittel zur Verfügung stehen, hat der Anteilserwerb durch einen Gesellschafter den Nachteil, dass sich die Mehrheitsverhältnisse zu seinen Gunsten verschieben. Möglicherweise überschreitet er dadurch die Schwelle zu einer Sperrminorität oder zu einer beherrschenden Mehrheit. Die interne Struktur wird gestört. Als Alternative bietet es sich daher an, dass die Gesellschaft den Anteil erwirbt.53

4. Aufbau wechselseitiger Beteiligungen Wechselseitige Beteiligungen werden eingegangen, um die Zusammenarbeit in strategischen Partnerschaften zu festigen.54 Gleichzeitig können damit feindliche Übernahmen verhindert werden, da Aktien, die sich im Besitz der befreundeten AG befinden, für die Bietergesellschaft schwerer zu erreichen sind.55 Die Schaffung wechselseitiger Beteiligungen erfolgt in der Regel durch _______________ 50

Wastl/Wagner/Lau, S. 40. Dies wird in umfassenden sog. Poolverträgen vereinbart, Benckendorff, S. 64. 52 Johannsen-Roth, S. 51. 53 Familiengesellschaften wird es durch den Rückerwerb eigener Aktien darüber hinaus ermöglicht, den Börsengang bei Bedarf rückgängig zu machen (sog. „going private“), Benckendorff, S. 65; Johannsen-Roth, S. 51. Die für den Rückzug von der Börse erforderliche Kapitalherabsetzung kann durch die Einziehung von Aktien (§ 237 AktG) vorbereitet werden; siehe dazu Richard/Weinheimer, BB 1999, 1613, 1614, die auch kurz die Voraussetzungen darstellen, unter denen der Aktienrückkauf eine wertvolle Hilfe sein kann, um ein beabsichtigtes going private durchzuführen. 54 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 11; Benckendorff, S. 67. 55 Siehe unten § 9 A.; Benckendorff, S. 67. 51

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Teil 1: Grundlagen

den Austausch von Aktien.56 Voraussetzung dafür ist, dass die Gesellschaft eigene Aktien zur Verfügung hat.

5. Konzernierung Nach Abschluss eines Unternehmensvertrages57 ist die AG verpflichtet, außen stehende Aktionäre auf Verlangen angemessen abzufinden (§ 305 Abs. 1 AktG). Als Abfindung kommt die Gewährung eigener Aktien dieser Gesellschaft in Betracht (§ 305 Abs. 2 Nr. 1, 2 AktG). Erforderlich dafür ist zunächst der Erwerb eigener Aktien, der nach § 71 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AktG zulässig ist.58

6. Mitarbeiterbeteiligungen Eigene Aktien können von der Gesellschaft erworben werden, um damit Mitarbeiterbeteiligungsprogramme durchzuführen.59 Mitarbeiterbeteiligungen sind sinnvoll, um die Mitarbeiter am Produktivvermögen ihrer Gesellschaft zu beteiligen60 und damit ihre Arbeitsleistung und Motivation zu erhöhen.61 Mitarbeiterbeteiligungen werden als Bestandteil eines erfolgsabhängigen Vergütungssystems eingesetzt.62 Die Mitarbeiter, insbesondere die Führungskräfte, sollen sich die Aktionärsinteressen zu Eigen machen.63 Umgesetzt werden kann dies, indem den Mitarbeitern entweder direkt Aktien zum Bezug angeboten werden oder indem ein Aktienoptionsplan aufgelegt wird. _______________ 56

Benckendorff, S. 67. Nach § 291 Abs. 1 S. 1 AktG fallen darunter Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge. 58 Im Einzelnen siehe unten § 4 B. II. 1. c). 59 Ausführlich zur rechtlichen Gestaltung von Aktienoptionsplänen Klahold, S. 45 ff.; zur Rechtslage nach Erlass des KonTraG Klahold, S. 223 ff.; siehe auch Tollkühn, NZG 2004, 594 ff. 60 Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 34; Benckendorff, S. 63; Johannsen-Roth, S. 52; Posner, AG 1994, 312, 315; zur Beteiligung von Arbeitnehmer insgesamt Lutter, in: von Laßmann/Schwark, S. 85 ff. 61 Richter/Gittermann, AG 2004, 277. 62 Benckendorff, S. 63; Johannsen-Roth, S. 52; Baums, in: FS Claussen, S. 3 ff.; Hüffer, ZHR 161 (1997), 214 ff. 63 Zu den weiteren Gründen siehe Pellens/Schremper, S. 14; Kley, WM 1999, 1055; Lingemann/Wasmann, BB 1998, 853, 861. 57

§ 2 Motive für den Erwerb eigener Aktien und Gefahren

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Sollen die Aktien Personen, die in einem Arbeitsverhältnis zu der Gesellschaft oder einem mit ihr verbundenen Unternehmen stehen oder standen, direkt zum Erwerb angeboten werden, kann die AG die Aktien nach § 71 Nr. 2 AktG erwerben.64 Nicht von dieser Norm erfasst ist die Ausgabe an Vorstandsund Aufsichtsratsmitglieder.65 Aktienoptionspläne sehen vor, dass die Inhaber der Aktienoptionen das Recht haben, Aktien zu einem vorher festgelegten, regelmäßig günstigen Preis (sog. Ausübungs- oder Basispreis) bei Eintritt bestimmter Bedingungen vom Optionsverkäufer (sog. Stillhalter) zu erwerben.66 Voraussetzung für die Aktienoptionsprogramme ist, dass sich die Gesellschaft eigene Aktien verschafft. Zwei Wege stehen dafür zur Verfügung: eine bedingte Kapitalerhöhung (vgl. § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG) oder der Rückerwerb eigener Aktien gem. §§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5, 192 Abs. 2 Nr. 3, 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG.67 Der Gesetzgeber des KonTraG hat in seiner Gesetzesbegründung den Erwerb eigener Aktien zur Bedienung von Aktienoptionen für Geschäftsleitungsmitglieder und Führungskräfte ausdrücklich zugelassen.68 Als besondere Form erfolgsorientierter, langfristig verhaltenssteuernder Vergütung sind Aktienoptionen damit anerkannt.69 Aktienoptionen können den Arbeitnehmern und Mitgliedern der Geschäftsführung angeboten werden. Nicht zulässig sind hingegen Aktienoptionspro_______________ 64

Dazu Richter/Gittermann, AG 2004, 277 ff. Hüffer, AktG, § 71 Rn. 12; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 126; im Referentenentwurf waren Organmitglieder noch in den Anwendungsbereich der Norm einbezogen, mangels praktischen Bedürfnisses ist davon jedoch wieder Abstand genommen worden, Begründung zum Regierungsentwurf des KonTraG, BTDrucks. 13/9712, S. 15. 66 Ausführlich Claussen, § 9 Rn. 162 ff.; Hueck/Windbichler, § 23 Rn. 9, Claussen, WM 1997, 1825 ff.; Baums, in: FS Claussen, S. 3 ff.; Feddersen, ZHR 161 (1997), 269 ff.; Hüffer, ZHR 161 (1997), 214 ff.; Kohler, ZHR 161 (1997), 246 ff.; Semler, in: FS Budde, S. 599 ff. 67 Zur Zulässigkeit der kumulativen Nutzung von bedingtem Kapital und Aktienrückkauf zur Bedienung von Aktienoptionen siehe Knoll, ZIP 2002, 1382 ff.; Mutter, ZIP 2002, 295 ff.; Richter/Gittermann, AG 2004, 277, 279 ff.; Tollkühn, NZG 2004, 594 f.; zum Erwerb eigener Aktien zur Ausnutzung von Aktienoptionsprogrammen vgl. Hirte, in: Schmidt/Riegger, S. 211, 244 ff.; die steuerrechtlichen Aspekte der Bedienung von Aktienoptionsprogrammen durch die Schaffung bedingten Kapitals einerseits und durch den Erwerb eigener Aktien andererseits nach Erlass des Steuersenkungsgesetzes (StSenkG) vom 23. 10. 2000 (BGBl. I 2000, S. 1433) behandelt Eschbach, FB 2002, 376 ff. 68 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 13/9712, S. 14; vgl. auch Benner-Heinacher, in: Schmidt/Riegger, S. 251, 252 ff. und Hirte, in: Schmidt/Riegger, S. 211, 212 ff. 69 BGH, NJW 2004, 1109. 65

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Teil 1: Grundlagen

gramme zugunsten von Aufsichtsratsmitgliedern.70 Dabei ist es unerheblich, ob die Aktienoptionsprogramme mit zurückgekauften eigenen Aktien der Gesellschaft oder mit bedingtem Kapital unterlegt werden. Die Unzulässigkeit von Aktienoptionsprogrammen durch die Schaffung bedingten Kapitals ergibt sich aus § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG, der als abschließende Regelung allein Arbeitnehmer und Mitglieder der Geschäftsführung als Bezugsberechtigte nennt.71 Die Unzulässigkeit von Aktienoptionsprogrammen durch den Erwerb eigener Aktien ergibt sich aus dem Verweis von § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG auf § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG, da sich die Verweisung auch auf § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG erstreckt.72

III. Beeinflussung des Börsenkurses durch Signalsetzung auf den Kapitalmärkten Die Leitung der Gesellschaft kann den Aktienrückkauf zur Beeinflussung des Börsenkurses nutzen.73 Die Entwicklung des Börsenkurses ist an den Kapitalmärkten ein wichtiger Indikator für den Wert des Unternehmens und die zu erwartenden Veränderungen. Ziel der Gesellschaft ist es daher, Unterbewertungen der Aktien am Kapitalmarkt zu verhindern und eine stetige Wertsteigerung zu erreichen. Grund für die Beeinflussung des Börsenkurses ist die Signalsetzung auf den Kapitalmärkten.74 Nach der Signalling-Hypothese liegt eine Informationsasymmetrie zwischen dem Management und den Anteilseignern im Hinblick auf den Unternehmenswert vor.75 Dies kann dazu führen, dass der Markt den Unternehmenswert aus Sicht des Managements zu niedrig bewertet. Die Gesellschaft muss das Ziel haben, das Informationsdefizit zu beseitigen, um die falsche Bewertung zu korrigieren. Dazu bedarf es eines Signals an die _______________ 70

BGH, NJW 2004, 1109, 1110; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63 Rn. 31, 37; Weiß, WM 1999, 353, 360 f.; a. A. Hoff, WM 2003, 910, 914. 71 BGH, NJW 2004, 1109; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63 Rn. 31. 72 BGH, NJW 2004, 1109, 1110; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63 Rn. 37, 31; a. A. Fischer, ZIP 2003, 282, 283. 73 Vgl. die Aussage von BP-Chef Browne, dass die Gesellschaft eigene Aktien zurückkaufe, um Kurspflege zu betreiben, FAZ vom 11. 2. 2004, Nr. 35, S. 14; den gleichen Zweck verfolgte der Pharmahersteller Aventis laut Vorstandschef Landau, FAZ vom 6. 2. 2004, Nr. 31, S. 18. Den Aktienrückkauf von Merrill Lynch bewerteten Händler für den Wert überwiegend positiv, vgl. FAZ vom 11. 2. 2004, Nr. 35, S. 27. 74 Die kurssteigernde Wirkung ist darüber hinaus auf die Erhöhung der Eigenkapitalrendite der verbleibenden Aktien und die Verknappung der Aktien am Markt zurückzuführen, Schäfer, WM 1999, 1345, 1346. 75 Pellens/Schremper, S. 11.

§ 2 Motive für den Erwerb eigener Aktien und Gefahren

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Kapitalmärkte. Wirksam ist ein Signal aber nur, wenn es glaubwürdig ist.76 Ein Hinweis der Geschäftsführung auf eine vermeintliche Unterbewertung alleine reicht nicht aus.77 Die Ankündigung eines Aktienrückkaufs und die spätere Umsetzung werden hingegen als ernsthaftes Signal verstanden, dass die Geschäftsführung den Wert der Aktie, auch im Hinblick auf die Aussichten des Unternehmens in der Zukunft, für unterbewertet hält.78 Die Investition in die eigene Aktie drückt das Vertrauen in die eigene Gesellschaft aus.79 Ist das Signalling erfolgreich, können Unterbewertungen ausgeglichen werden.80 Das Signalling ist am erfolgreichsten, wenn der Rückkauf mittels eines öffentlichen Angebots zu einem Festpreis durchgeführt wird.81 Die Kurssteigerungen sind dann am höchsten.82 Durch die Signalsetzung auf den Kapitalmärkten können allerdings nicht nur Unterbewertungen ausgeglichen werden. Untersuchungen der amerikanischen Kapitalmärkte haben ergeben, dass öffentliche Aktienrückkaufprogramme erhebliche Kurssteigerungen bewirken können.83 Diese Kurssteigerungen sind _______________ 76

Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 1; Hampel, S. 49; Kopp, S. 112; Pellens/Schremper, S. 11. 77 Kopp, S. 113. 78 Benckendorff, S. 56; Asquith/Mullins, 15 Financial Management (1986), S. 27, 34; Kellerhals/Rausch, AG 2000, 222, 224; Posner, AG 1994, 312, 314; zur Ausnutzung einer aktuellen Unterbewertung siehe oben § 2 A. I. 1. 79 Vgl. die Aussage von Karl F. Slacik, ehemaliger Finanzdirektor von Levi Strauss & Company, einem Unternehmen, das 15 % der eigenen Aktien zurückgekauft hat: „There is no greater expression of confidence than to repurchase your own share. It looked to us like the best investment we could make at this time and it should speak about our management’s confidence. We wouldn’t take $ 150 million of our resources and use it this way if we were concerned about the future of our business.“, zitiert bei Asquith/Mullins, 15 Financial Management (1986), S. 27, 34. 80 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 1; Hampel, S. 49. 81 Posner, AG 1994, 312, 317. 82 Dies belegt die empirische Untersuchung von Comment/Jarell, 46 Journal of Finance (1991), 1243, 1265, die Aktienrückkäufe von US-Gesellschaften zwischen 1984 und 1989 ausgewertet haben. Festpreisangebote bewirkten einen Kursanstieg von durchschnittlich 11 %, Preisspannenangebote von 8 % und Rückkäufe über die Börse von 2 %. 83 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 1; Bezzenberger, Rn. 76; Kopp, S. 46 f. Nach einer Untersuchung der US-Investmentbank J. P. Morgan trifft dies auch auf Rückkäufe europäischer Unternehmen zu. Untersucht wurden 52 europäische Unternehmen, die zwischen 1990 und 1997 einen Rückkauf ankündigten. Nach sechs Monaten hatten sich die entsprechenden Kurse um durchschnittlich 9,7 % besser entwickelt als die lokalen Vergleichsindizes; siehe dazu Süddeutsche Zeitung vom 5. 5. 1999, Nr. 102, S. 30.

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Teil 1: Grundlagen

sogar nicht nur kurzfristig, sondern über einen längeren Zeitraum andauernd zu beobachten.84 Ebenfalls können Aktienrückkäufe dazu beitragen, den Kurs zu stabilisieren und eine Negativentwicklung zu verhindern oder jedenfalls zu verringern. Der AG bietet sich die Möglichkeit, auf Überreaktionen des Marktes zu reagieren.85 Der Aktienrückerwerb kann somit eine Kurssteigerung oder eine Kursstabilisierung bewirken.86 Ergänzend sei erwähnt, dass ein verstetigter Börsenkurs aus der Sicht der Gesellschaft generell wünschenswert ist. Eine geringere Volatilität führt dazu, dass die an die Aktionäre zu zahlenden Risikoprämien geringer ausfallen. Die Eigenkapitalkosten durch Dividendenzahlungen sinken.87

B. Gefahren Den dargestellten Motiven und damit verbundenen Vorteilen stehen Gefahren und Risiken gegenüber. Diese bestehen dabei für die Gläubiger und die Aktionäre der Gesellschaft, für die Gesellschaft selbst und für den Kapitalmarkt.

_______________ 84

Kopp, S. 46 ff.; Rams, Die Bank 1997, 216, 220. Ein Beispiel dafür ist der Börsencrash vom 19. 10. 1987. Der Dow-Jones-Index fiel um 22,6 %, an deutschen Börsen betrug der Kursverfall sogar 32 %. Diejenigen 129 Gesellschaften des S&P 500 (Standard & Poor’s Composite Index), die Aktienrückkäufe in Höhe von 5-7 % ihres Aktienbestandes getätigt hatten, konnten den Rückgang ihres Aktienkurses im Vergleich zu den Gesellschaften, die von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hatten, verringern, Benckendorff, S. 58; Kellerhals/Rausch, AG 2000, 222, 223 Fn. 7. Siehe auch Hampel, S. 7; Kübler, Aktie, S. 43; Wastl/Wagner/Lau, S. 32. 86 Die in Deutschland gemachten Erfahrungen mit dem Erwerb eigener Aktien sind jedoch nicht einheitlich. Nach einer Untersuchung der Süddeutschen Zeitung, wie sich der Rückkauf eigener Aktien auf den Börsenkurs auswirkt, lässt sich kein eindeutiger Trend erkennen. Von sieben Unternehmen konnten drei verglichen mit dem Branchenindex deutliche Kursgewinne verbuchen, zwei schnitten schlechter ab als der Branchenindex und bei weiteren zwei konnte kein eindeutiger Trend registriert werden, Süddeutsche Zeitung vom 5. 5. 1999, Nr. 102, S. 30. Ein Kursgewinn der Syngenta-Aktie an der Schweizer Börse wurde unter anderem mit der Ankündigung eines Aktienrückkaufprogramms erklärt, vgl. FAZ vom 12. 2. 2004, Nr. 36, S. 18. 87 Kellerhals/Rausch, AG 2000, 222, 223. 85

§ 2 Motive für den Erwerb eigener Aktien und Gefahren

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I. Gefahren für die Gläubiger der Gesellschaft Eine Gefährdung für die Gläubiger der Gesellschaft kann sich ergeben, wenn der Erwerb eigener Aktien zu einem Verstoß gegen die Grundsätze der Kapitalerhaltung oder Kapitalaufbringung führt. Darüber hinaus kann die Preisgestaltung gegen § 57 Abs. 1 S. 1 AktG verstoßen.

1. Gefährdung der Kapitalerhaltung In der gesellschaftsrechtlichen Literatur wurde der Erwerb eigener Aktien früher eher negativ beurteilt.88 Der Erwerb eigener Aktien sei letztlich eine verbotene Einlagenrückgewähr, der im Widerspruch zum Grundsatz der Kapitalerhaltung stehe.89 Der Erwerb eigener Aktien führt zunächst einmal zu einem Abfluss liquider Mittel. Dafür erhält die Gesellschaft eigene Aktien. Diese Aktien sind wie andere Wertpapiere gem. § 266 Abs. 2 B III. Nr. 2 HGB in der Bilanz im Umlaufvermögen zu aktivieren. Insoweit besteht zwischen dem Erwerb eigener Aktien und dem Erwerb anderer Wertpapiere kein Unterschied. Der Unterschied zwischen eigenen Aktien und Aktien anderer Gesellschaften wird jedoch deutlich, wenn dies aus einem anderen Blickwinkel betrachtet wird. Durch Aktien anderer Gesellschaften erhält die Gesellschaft einen Anteil am Vermögenswert dieser Gesellschaft. Durch den Erwerb eigener Aktien erhält sie nur einen Anteil am eigenen Vermögen, mithin an einem Vermögen, das ihr ohnehin schon zusteht. Der Vermögenswert, den dieser Anteil repräsentiert, ist abhängig von dem Wert des Gesellschaftsvermögens.90 Der Wert der eigenen Aktien variiert mit dem Wert des Gesellschaftsvermögens an sich, da der Kurs der Aktien – jedenfalls in der Idealvorstellung – den Gesellschaftswert ausdrückt. Nur wenn der Vermögenswert der Gesellschaft sinkt, haben auch die eigenen Aktien nur noch einen geringen Wert. Den eigenen Aktien kommt in Krisenzeiten kein Wert zu, da die Aktien nicht zum aktivierten Wert veräußert werden können. Der Grundsatz der Kapitalerhaltung soll aber gerade in Krisenzeiten sicherstellen, dass eine Haftungsgrundlage vorhanden ist. Eigene Aktien dienen dazu nach diesem Befund nicht. Daraus kann allerdings nicht geschlossen werden, es trete durch den Rückerwerb der Aktien generell eine Gefährdung der Kapitalerhaltung ein. Dieser Schlussfolgerung ist nur dann zuzustimmen, wenn der Erwerb eigener Aktien nicht aus dem Bilanzgewinn oder frei _______________ 88 89 90

Würdinger, § 13 I. Ziebe, S. 48; Hettlage, AG 1981, 92, 96 f.; Donath, JA 1993, 289, 292. Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 19.

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Teil 1: Grundlagen

verfügbaren Gewinnrücklagen erfolgt, sondern aus dem Grundkapital oder gesetzlichen Rücklagen finanziert wird. In der Krise der Gesellschaft stehen aber auch die eigenen Aktien nicht als realisierbarer Vermögenswert zur Verfügung. Eine Gefährdung der Interessen der Gläubiger liegt vor. Die Situation ist jedoch anders zu beurteilen, wenn Teile des Bilanzgewinns oder frei verfügbare Rücklagen für den Erwerb der Aktien verwendet werden. Das Grundkapital oder gesetzliche Rücklagen, also die Teile des Gesellschaftsvermögens, die den Gläubigern als Haftungsgrundlage dienen, werden nicht angegriffen. Von einer Beeinträchtigung der Interessen der Gläubiger kann nicht gesprochen werden. Es handelt sich zwar um eine Einlagenrückgewähr i. S. d. § 57 Abs. 1 S. 1 AktG,91 über die Fiktion des § 57 Abs. 1 S. 2 AktG wird dies allerdings für zulässig erachtet, wenn die Voraussetzungen der §§ 71 ff. AktG erfüllt sind. Vergleichbar ist der Erwerb eigener Aktien insoweit mit einer Dividendenzahlung, durch die frei verfügbare Gesellschaftsmittel ausgeschüttet werden. Sowohl bei der Dividendenzahlung als auch beim Erwerb eigener Aktien wird das Gesellschaftsvermögen gemindert. Davor sind die Gläubiger aber generell nicht geschützt. Bedenken gegen den Erwerb eigener Aktien bestehen unter dem Aspekt des Grundsatzes der Kapitalerhaltung dann nicht.92 Der Erwerb zu den Zwecken nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 7 und 8 AktG ist nur zulässig, wenn die Gesellschaft die nach § 272 Abs. 4 HGB vorgeschriebene Rücklage für eigene Aktien bilden kann, ohne das Grundkapital oder eine nach Gesetz oder Satzung zu bildende Rücklage zu mindern, die nicht zu Zahlungen an die Aktionäre verwandt werden darf, § 71 Abs. 2 S. 2 AktG. § 272 Abs. 4 HGB dient der bilanziellen Neutralisierung des Erwerbs eigener Aktien.93 Die als sog. Kapitalgrenze bezeichnete Regelung des § 71 Abs. 2 S. 2 AktG bedeutet, dass die AG in der Lage sein muss, die Rücklagen aus frei verfügbaren Mitteln zu bilden.94 Zu den freien Mitteln zählen zum Beispiel der Jahresüberschuss, frei verfügbare Kapital- oder Gewinnrücklagen oder Gewinnvortrag.95 Eine Gefährdung der Kapitalerhaltung liegt unter diesen Voraussetzungen nicht vor.

_______________ 91 92 93 94 95

Hueck/Windbichler, § 26 Rn. 5. Martens, AG 1996, 337, 341. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 8/1347, S. 33. Hüffer, AktG, § 71 Rn. 21. Beater, in: MünchKommHGB, § 272 Rn. 65.

§ 2 Motive für den Erwerb eigener Aktien und Gefahren

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2. Gefährdung der Kapitalaufbringung Der Grundsatz der Kapitalaufbringung kann durch den Erwerb eigener Aktien nur dann verletzt werden, wenn der Einlagebetrag, d. h. der Nennbetrag oder der höhere Ausgabebetrag (sog. Agio), noch nicht vollständig geleistet ist. Die erwerbende Gesellschaft wäre dann auch Schuldnerin des Einlagebetrages, so dass sich die noch bestehende Forderung der Gesellschaft auf Leistung des vollständigen Einlagebetrages und die Schuld vereinigen würden. Die Einlageforderung würde durch Konfusion erlöschen.96 Um dieser Gefahr zu begegnen, dürfen nur voll eingezahlte Aktien erworben werden. § 71 Abs. 2 S. 3 AktG sieht daher vor, dass in den dort enumerativ aufgezählten Fällen ein Erwerb nur zulässig ist, wenn auf die Aktien der Ausgabebetrag voll geleistet ist.

3. Preisgestaltung Den gerade aufgezeigten Gefahren kann durch gesetzliche Regelungen relativ leicht begegnet werden. Problematischer ist die Preisgestaltung für den Rückerwerb. Der gezahlte Preis kann eine unzulässige Einlagenrückgewähr nach § 57 Abs. 1 S. 1 AktG darstellen. Gem. § 57 Abs. 1 S. 2 AktG gilt als Rückgewähr von Einlagen zwar nicht die Zahlung des Erwerbspreises beim zulässigen Erwerb eigener Aktien. Zulässig ist der Erwerb eigener Aktien unter den Voraussetzungen der §§ 71 ff. AktG. Die dort genannten Voraussetzungen beziehen sich nur auf bestimmte Erwerbsanlässe, verhindern hingegen nicht eine unzulässige Preisgestaltung.97 Die Preisgestaltung des Rückerwerbs ist nicht besonders geregelt. Der für die Aktien gezahlte Erwerbspreis ist daher an § 57 Abs. 1 S. 1 AktG zu messen.98 Dadurch ist sicherzustellen, dass nicht eine unzulässige Einlagenrückgewähr erfolgt.99

_______________ 96

Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 20; Hueck/Windbichler, § 26 Rn. 5. Hüffer, AktG, § 57 Rn. 20; Peltzer, WM 1998, 322, 329; zum Verhältnis von § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG und § 57 Abs. 1 AktG siehe Saria, NZG 2000, 458 ff. 98 Bosse, NZG 2000, 16, 18. 99 Im Einzelnen siehe unten § 4 B. VIII. 97

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Teil 1: Grundlagen

II. Gefahren für die Aktionäre der Gesellschaft und die Gesellschaft

1. Abbau von Kapital Der Erwerb eigener Aktien führt zum Abbau von Eigenkapital der Gesellschaft. Dies ist jedoch nicht nur nachteilig. Im Gegenteil kann die Senkung des Eigenkapitalanteils zu einer Erhöhung der Eigenkapitalrendite führen.100 Dem steht allerdings gegenüber, dass die Fähigkeit des Unternehmens, wirtschaftliche Schwierigkeiten aus eigener Kraft zu überwinden, gesenkt wird.101 Allerdings stellt sich dieser Effekt nicht allein als ein Spezifikum des Erwerbs eigener Aktien dar. Das Risiko, dass ein Unternehmen die Fähigkeit verliert, Unternehmenskrisen aus eigener Kraft zu überwinden, ist jeder Ausschüttung aus Mitteln des Gesellschaftsvermögens immanent. Eine hohe Dividendenausschüttung kann ebenfalls dazu führen, dass der Gesellschaft in schwierigen Zeiten Mittel fehlen. Somit kann festgestellt werden, dass der Abbau von Kapital durch den Erwerb eigener Aktien zwar zu einem Verlust der Fähigkeit der Gesellschaft, Unternehmenskrisen zu überwinden, führen kann. Gleichzeitig ist zu konstatieren, dass sich diese Gefahr bei jeglicher Form von Ausschüttungen ergeben kann.

2. Ungleichbehandlung Der Rückerwerb eigener Aktien kann zur Ungleichbehandlung der Aktionäre führen. Es kann daher ein Konflikt mit dem Gleichbehandlungsgebot des § 53 a AktG entstehen. § 53 a AktG ist gem. § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 AktG auf Erwerb und Veräußerung der Aktien durch die Gesellschaft anzuwenden. Zu einer Ungleichbehandlung kann es kommen, wenn eigene Aktien nur von bestimmten Aktionären erworben werden.102 Diese Aktionäre können von dem Aktienrückkauf profitieren, wenn der Rückkauf mit der Zahlung einer Prämie verbun_______________ 100

Siehe oben § 2 A. I. 2. Grund dafür ist, dass zum einen im Zeitpunkt einer Unternehmenskrise die Aktien nicht zu einem hohen Preis veräußert werden können. Auf sie kann zur Bewältigung der Krise nicht zurückgegriffen werden. Zum anderen ist die Aufnahme von Fremdkapital erschwert, da die Bereitschaft, einem in einer Krise befindlichen Unternehmen Mittel zur Verfügung zu stellen, eher gering ist. Ist diese Bereitschaft doch vorhanden, werden als Risikoprämie hohe Zinsen verlangt, Benckendorff, S. 88; von Rosen/Helm, AG 1996, 434, 437. 102 Beispielsweise der Rückkauf von einzelnen einflussreichen Aktionären noch zu hohen Preisen, Hueck/Windbichler, § 26 Rn. 5. 101

§ 2 Motive für den Erwerb eigener Aktien und Gefahren

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den ist. Ebenfalls liegt eine Ungleichbehandlung vor, wenn die Aktien in einem Zeitpunkt zurückgekauft werden, in dem sich eine Krise der Gesellschaft abzeichnet. Die verkaufenden Aktionäre können ihr eingesetztes Kapital durch die Veräußerung retten, während die anderen Aktionäre ihr Kapital bei einem späteren Zusammenbruch der Gesellschaft vollständig verlieren. Auch unabhängig von einer sich abzeichnenden Unternehmenskrise werden die verbleibenden Aktionäre benachteiligt. Der Aktienrückkauf bedeutet eine materielle Teilliquidation von Gesellschaftsvermögen, so dass sich das Insolvenzrisiko der Gesellschaft potentiell erhöht. Umgekehrt kann der Aktienrückkauf dazu führen, dass ein Preis vereinbart wird, der unter dem inneren Wert der Aktie liegt.103 In diesem Fall liegt eine Ungleichbehandlung zu Lasten der verkaufenden Aktionäre vor. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass der Vorstand gezielt einzelne Aktionäre auskauft, die ihm nicht wohlgesinnt sind, um in der Hauptversammlung eine für ihn günstigere Stimmenverteilung zu erreichen. Diesen Gefahren ist durch die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (§ 53 a AktG) entgegenzutreten. Der Gesetzgeber hat dies für den praktisch wichtigsten Anwendungsfall in § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 AktG festgeschrieben.104 Die Gesellschaft muss daher bei dem Erwerb und der Veräußerung eigener Aktien Neutralität wahren und Chancengleichheit einräumen.105

3. Einflussnahme auf die Aktionärsstruktur Eine Einflussnahme der Verwaltung in der Hauptversammlung über eigene Aktien würde der zwingenden Aufgabenverteilung zwischen Verwaltung und Mitgliederversammlung zuwiderlaufen.106 Gem. § 71 b AktG stehen der Gesellschaft aus eigenen Aktien keine Rechte zu, somit auch keine Stimmrechte. Die Gefahr, dass der Vorstand sich durch die Ausübung von Stimmrechten unmittelbar selbst kontrolliert, besteht mithin nicht. Der Aktienrückkauf führt jedoch dazu, dass sich der verhältnismäßige Anteil der verbleibenden Aktionäre an den Stimmrechten erhöht.107 Die Stellung eines dem Vorstand der Gesellschaft wohlgesinnten Großaktionärs kann gestärkt werden. Dieser Effekt kann ver_______________ 103

Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 22. Rechtssystematisch war diese Verweisung überflüssig, da die Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohnehin selbstverständlich ist, Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 j. 105 Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 15; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 22; zur Gleichbehandlung siehe unten § 4 B. II. 1. e) bb). 106 Hueck/Windbichler, § 26 Rn. 5. 107 Dies kann dazu führen, dass ein Aktionär mehr als 30 % der ausübbaren Stimmrechte hält. Zu der Frage, ob dies ein Pflichtangebot auslöst, siehe unten § 8. 104

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Teil 1: Grundlagen

stärkt werden, indem dem Vorstand gegenüber kritisch eingestellte Aktionäre (insbesondere Kleinaktionäre) ausgekauft werden.

4. Ausschluss des Marktes für Unternehmenskontrolle Die latente Gefahr feindlicher Übernahmen dient als externer Kontrollmechanismus für die Leistungen des Managements (Market for Corporate Governance Control). Suboptimale Managementleistungen und ineffizienter Einsatz von Unternehmensressourcen drücken sich nämlich in niedrigen Börsenkursen aus. Ist der aktuelle Kurs der Aktien gemessen am Potential der Gesellschaft unterbewertet, wird der Übernahmeinteressent bereit sein, die Aktien zu einem über dem Börsenpreis liegenden Übernahmepreis zu übernehmen (Übernahmeprämie).108 Die Unterbewertung der Aktien zeigt, dass die Ressourcen der Gesellschaft nicht richtig ausgenutzt werden. Nach einer Übernahme erscheint eine Wertsteigerung möglich. Die Gefahr einer feindlichen Übernahme besteht also, wenn die Aktie unterbewertet ist. Eine feindliche Übernahme führt in der Regel zum Austausch der Leitungsorgane der Gesellschaft. Der Vorstand einer Gesellschaft wird aus diesem Grund versuchen, feindliche Übernahmen zu verhindern. Eine Übernahme wird unattraktiv, wenn eine ständige Wert- und Kurssteigerung der Gesellschaft erreicht wird.109 Geschieht dies durch den effektivsten Einsatz der Ressourcen, funktioniert der Markt. Letztendlich trägt die latente Gefahr einer feindlichen Übernahme zu optimalen Managementleistungen bei. Diese Ausführungen geben allerdings nur den Idealfall wieder. Die Stabilisierung oder Steigerung des Börsenkurses kann nämlich auch durch einen Aktienrückkauf erzielt werden.110 Stellt der Kurs der Aktie aufgrund des Aktienrückkaufs aber nicht den tatsächlichen Wert der Gesellschaft dar, liegt eine Störung des Marktes vor. Der Markt für Corporate Governance Control funktioniert nicht mehr. Ganz deutlich wird dies, wenn eigene Aktien erst erworben werden, wenn ein konkretes Übernahmeangebot bereits vorliegt.111

_______________ 108

Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 24. Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 24. 110 Siehe oben § 2 A. III. 111 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 24; zur Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien zur Abwehr feindlicher Übernahmen siehe unten § 9. 109

§ 2 Motive für den Erwerb eigener Aktien und Gefahren

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III. Gefahren für den Kapitalmarkt

1. Gefahr der Kursmanipulation Wird der Rückkauf der Aktien nicht mittels eines öffentlichen Rückkaufangebots an die Aktionäre vorgenommen, sondern anonym über die Börse, wird am Markt der Eindruck einer großen Nachfrage vermittelt.112 Angebot und Nachfrage sind entscheidend für den Kurs der Aktie einer Gesellschaft. Wird somit eine Nachfrage suggeriert, die in Wirklichkeit nicht besteht, zeigt der Kurs nicht mehr den Wert, der Angebot und Nachfrage tatsächlich entspricht. Potentielle Anleger werden dadurch über den wahren Wert der Gesellschaft getäuscht und zu Fehlinvestitionen veranlasst. Dadurch besteht die Gefahr der Kursmanipulation durch die Verwaltung, indem diese einen sinkenden Kurs durch Aktienrückkäufe stützt.113 Die Gefahr der Kursmanipulation soll durch § 71 Abs. 1 S. 2 AktG eingedämmt werden. Hinzu kommt die Ad-hocPublizitätspflicht nach § 15 WpHG, die das Vortäuschen einer Nachfrage unterbinden soll. Einer Kursmanipulation ebenfalls entgegenwirken soll die Unterrichtungspflicht nach § 71 Abs. 3 S. 3 AktG.

2. Gefahr des Insiderhandels Die Gesellschaft kann aufgrund der ihr zur Verfügung stehenden Informationen und wirtschaftlichen Daten am besten beurteilen, ob der aktuelle Börsenkurs den Wert des Unternehmens widerspiegelt oder ob die Aktien unterbewertet sind und dementsprechend Kurssteigerungspotential vorhanden ist.114 Im letzten Fall wird die Gesellschaft dazu neigen, eigene Aktien zu erwerben, um die Unterbewertung als Finanzierungsinstrument fruchtbar zu machen.115 Verfügt die AG jedoch über Informationen, die anderen Marktteilnehmern nicht zugänglich sind, können Konflikte mit dem Insiderrecht entstehen.116 Gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG ist es einem Insider verboten, unter Ausnutzung seiner Kenntnis einer Insidertatsache Insiderpapiere für eigene oder frem_______________ 112

Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 24. Hueck/Windbichler, § 26 Rn. 5, die darauf hinweisen, dass die Anreize zum Fehlverhalten mit der Verbreitung von Aktienoptionen als variabler Vergütungsbestandteil für Vorstandsmitglieder noch steigen. 114 Wastl/Wagner/Lau, S. 67. 115 Siehe oben § 2 A. I. 1. 116 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 25; DAI, Stellungnahme, S. 16. 113

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Teil 1: Grundlagen

de Rechnung oder für einen anderen zu erwerben oder zu veräußern. Der Vorstand der Gesellschaft ist in Bezug auf die Aktien des eigenen Unternehmens Primärinsider nach § 13 WpHG. Um einen Verstoß gegen das Insiderrecht zu vermeiden, muss die AG bzw. die für sie handelnde Verwaltung den Erwerb eigener Aktien publizistisch umfassend vorbereiten, d. h. sie muss vor allem die kursrelevanten Tatsachen im Vorfeld der Transaktion gegenüber dem Markt offenbaren.117 Die Gesellschaft hat darüber hinaus, abgesehen von der gesetzlichen Verpflichtung, selbst ein Interesse daran, kursrelevante Tatsachen zu veröffentlichen.118 Hielte die Gesellschaft positive Nachrichten zurück, würde dies einen Kursanstieg nicht fördern. Kommen positive Nachrichten erst nach dem Aktienrückkauf heraus, würde dies das Vertrauen der Aktionäre in die Verwaltung der Gesellschaft enttäuschen. Aber auch negative kursrelevante Tatsachen wird die Gesellschaft veröffentlichen, selbst wenn das Zurückhalten negativer kursrelevanter Tatsachen mangels des Entstehens eines Sondervorteils i. S. d. § 14 Abs. 1 WpHG in der Regel kein Fall des verbotenen Insiderhandels ist. Werden solche Tatsachen nämlich nach dem Aktienrückkauf bekannt, wird das durch die Transaktion geschaffene Vertrauen in die Aktie (Signalsetzung) enttäuscht, so dass eher mit Kursverlusten zu rechnen ist. Gefahren im Hinblick auf den Verstoß gegen insiderrechtliche Vorschriften bestehen beim Erwerb eigener Aktien damit sicherlich. Diese sollten jedoch nicht überbewertet werden.119 Die Gefahren sind durch die gesetzlichen Regelungen weitgehend entschärft.120

C. Zusammenfassende Bewertung Der Rückkauf eigener Aktien bietet der Gesellschaft gewisse Vorteile und kann auch den Aktionären beachtliche Chancen eröffnen. An erster Stelle sind die finanzierungspolitischen Möglichkeiten zu nennen, die der Aktienrückkauf der Gesellschaft bietet. Es werden der Gesellschaft dadurch Optionen an die _______________ 117 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 25; DAI, Stellungnahme, S. 16; Wastl/ Wagner/Lau, S. 68. 118 DAI, Stellungnahme, S. 16 f. 119 Wastl/Wagner/Lau, S. 68. 120 Konflikte mit dem Insiderrecht können darüber hinaus auftreten, wenn Vorstandsmitglieder oder leitende Angestellte in Kenntnis eines bevorstehenden Aktienrückkaufs zu günstigen Konditionen Aktien kaufen, um sie nach einer Kurssteigerung an die Gesellschaft zu verkaufen. Insoweit greifen jedoch auch §§ 13, 14 WpHG ein, vgl. DAI, Stellungnahme, S. 17; zu den kapitalmarktrechtlichen Verhaltenspflichten vgl. etwa Duggal, in: Picot/Mentz/Seydel, Teil IX Rn. 85 ff.; Johannsen-Roth, S. 265 ff.; van Aerssen, WM 2000, 391, 395; Schockenhoff/Wagner, AG 1999, 548 ff.

§ 2 Motive für den Erwerb eigener Aktien und Gefahren

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Hand gegeben, die ohne den Aktienrückkauf nicht bestünden. Der Einsatz des Aktienrückkaufs zur Ausnutzung einer aktuellen Unterbewertung liegt im Interesse sowohl der Gesellschaft als auch der Aktionäre. Insoweit entspricht der Aktienrückkauf einer am Unternehmenswohl ausgerichteten Unternehmenspolitik. Dies gilt auch für die Optimierung des Verhältnisses von Eigen- und Fremdkapital, um über einen Leverage-Effekt die Eigenkapitalrentabilität zu steigern. Die Ausschüttung liquider Mittel, die nicht anders rentabel in der Gesellschaft eingesetzt werden können, führt dazu, dass die Aktionäre die Mittel zur Verfügung haben und eine Investitionsentscheidung treffen können, die sich an den Gesetzen des Marktes orientiert. Der Einsatz eigener Aktien als Akquisitionswährung verhindert die Aufnahme von Fremdkapital und/oder die Aufdeckung stiller Reserven. Nicht zu unterschätzen sind die Vorteile der Einflussnahme auf die Eigentümerstruktur. Durch den Erwerb eigener Aktien können die Anteilsverhältnisse unter den Aktionären verändert werden, wenn der Rückerwerb nicht auf einer pro-rata-Basis durchgeführt wird. Der Aktienrückkauf ist daher vor allem reizvoll, um feindliche Übernahmen abzuwehren oder zu erschweren, Kleinstaktionäre auszuschließen, Strukturen in geschlossenen Aktiengesellschaften aufrechtzuerhalten, wechselseitige Beteiligungen aufzubauen, im Rahmen einer Konzernierung eigene Aktien als Abfindung zu verwenden und Mitarbeiterbeteiligungen durchzuführen. Endlich dient der Aktienrückkauf zur Beeinflussung des Börsenkurses durch eine Signalsetzung auf den Kapitalmärkten. Es liegt im Interesse der Gesellschaft, Unterbewertungen am Kapitalmarkt zu verhindern, da die Entwicklung des Börsenkurses an den Kapitalmärkten ein wichtiger Indikator für den Wert des Unternehmens ist. Gleichzeitig sind die Aktionäre an einer stetigen Wertsteigerung ihrer Aktien interessiert. Auch insoweit zeigt sich der Aktienrückkauf als ein am Aktionärswohl ausgerichtetes Instrument. Den Vorteilen stehen Gefahren für die Gläubiger der Gesellschaft, für die Aktionäre der Gesellschaft und die Gesellschaft selbst und Gefahren für den Kapitalmarkt gegenüber. Hinsichtlich der Gefahren für die Gläubiger der Gesellschaft wurde schon darauf hingewiesen, dass die Kapitalerhaltung und Kapitalaufbringung durch gesetzliche Vorschriften gewährleistet ist. Schwieriger ist es, die Zahlung eines überhöhten Preises zu verhindern. Insoweit ist ein Gefährdungspotential sicherlich vorhanden. Zusammengefasst überwiegen die Vorteile beim Erwerb eigener Aktien. Jedenfalls sind die bestehenden Gefahren nicht so erheblich, dass sie einer generellen Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien entgegenstehen könnten. Vielmehr müssen die gesetzlichen Regelungen so beschaffen sein, dass die Gefahren weitgehend ausgeschaltet werden. Insbesondere ist darauf zu achten, dass

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Teil 1: Grundlagen

der Aktienrückkauf zu einem angemessenen Preis durchgeführt und der Gleichbehandlungsgrundsatz gewahrt wird.121

_______________ 121

Siehe dazu unten § 4 B. II. 1. e) bb), VIII.

§ 3 Formen des Rückkaufs Den Aktiengesellschaften bieten sich verschiedene Möglichkeiten, um Aktien zurückzuerwerben. Da die Erlaubnis zum Aktienrückkauf in Deutschland erst in den letzten Jahren liberalisiert wurde, sind die praktischen Erfahrungen relativ beschränkt. Im Gegensatz dazu hat der Erwerb eigener Aktien in den USA eine lange Tradition.1 Die einschlägigen Regelungen sind dort im internationalen Vergleich sehr liberal ausgestaltet.2 Die Darstellung orientiert sich daher an den dort gewonnenen Erfahrungen.3 In der US-amerikanischen Praxis haben sich drei grundsätzlich zu unterscheidende Erwerbsformen (mit teilweise zu beachtenden Unterspielarten) herausgebildet. Der Aktienrückkauf kann erfolgen über die Börse (open market repurchase), mittels eines öffentlichen Rückkaufangebots an die Aktionäre (self-tender offer) oder aufgrund individueller Verhandlungen mit Aktionären (negotiated repurchase).4

A. Rückkauf über die Börse In der US-amerikanischen Praxis ist der Rückkauf über die Börse die häufigste Form des Aktienrückkaufs.5 Nach einer empirischen Untersuchung des Deutschen Aktieninstituts zum Rückkauf eigener Aktien ist diese Methode auch in Deutschland die in der Praxis gebräuchlichste.6 Dabei wendet sich die Gesellschaft an einen Broker, der die Aktien an der Börse für die Gesellschaft _______________ 1

Benckendorff, S. 73. Wastl/Wagner/Lau, S. 23. Einen kurzen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen in den USA gibt Hampel, S. 59 ff. Ausführlichere Ausführungen dazu finden sich bei Benckendorff, S. 99 ff. (Einzelstaatliches Gesellschaftsrecht), S. 163 ff. (Bundesstaatliches Kapitalmarktrecht) und bei Gärtner, S. 15 ff., der sich mit den aktienrechtlichen Regelungen in den wichtigsten US-Bundesstaaten auseinandersetzt. 3 Soweit vorhanden, werden jedoch auch die Erfahrungen in Deutschland eingebracht. 4 Brealey/Myers, S. 435; Dann, 9 Journal of Financial Economics (1981), 113, 114. 5 Benckendorff, S. 73; Brealey/Myers, S. 435; Johannsen-Roth, S. 14; Wastl/Wagner/Lau, S. 24; Comment/Jarell, 46 Journal of Finance (1991), 1243, 1245; Dann, 9 Journal of Financial Economics (1981), 113, 115; Posner, AG 1994, 312, 316. 6 DAI, Untersuchung, S. 10. 2

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Teil 1: Grundlagen

erwirbt.7 Die Gesellschaft bleibt anonym, d. h. der verkaufende Aktionär weiß nicht, ob er an die Gesellschaft oder einen sonstigen Dritten verkauft.8 In der Regel wird ein über die Börse durchgeführtes Aktienrückkaufprogramm von den Gesellschaften angekündigt.9 Ein genauer Termin wird allerdings nicht genannt, lediglich der Zeitraum, in welchem der Rückkauf erfolgen soll. Der Zeitraum wird meistens großzügig gewählt; er kann sich über einige Monate strecken oder Jahre dauern.10 Verbindlich ist die Ankündigung eines Aktienrückkaufprogramms nicht.11 Die Gesellschaft kann daher trotz Ankündigung sowohl davon absehen als auch den Zeitraum ändern. In der Regel wird das Ende des Rückkaufprogramms von den Gesellschaften veröffentlicht.12 Die mit dem Rückkauf über die Börse verbundenen Vorteile sind damit teilweise schon angesprochen. Die Anonymität der Gesellschaft ermöglicht einen weitgehend lautlosen Rückerwerb der Aktien.13 Der Kapitalmarkt ist zwar darüber informiert, dass ein Aktienrückkaufprogramm durchgeführt wird, nicht aber über den genauen Zeitpunkt.14 Die Gesellschaft erwirbt die Aktien zum jeweiligen Tageskurs, sie muss keine besondere Verkaufsprämie an den verkaufenden Aktionär zahlen.15 Im Vergleich zu den weiteren Erwerbsmethoden werden Kosten gespart.16 Indem keine Prämie gezahlt wird und alle Aktionäre ihre Aktien an der Börse veräußern können, ist gleichzeitig gewährleistet, dass das Gleichbehandlungsgebot gewahrt ist. Darüber hinaus ist der Rückkauf _______________ 7 Hampel, S. 12; Asquith/Mullins, 15 Financial Management (1986), 27, 33; Brennan/Thakor, 45 Journal of Finance (1990), 993, 996; Vermaelen, 9 Journal of Financial Economics (1981), 139, 143. 8 Wastl/Wagner/Lau, S. 24; Barclay, in: Newman/Milgate/Eatwell, S. 408; Vermaelen, 9 Journal of Financial Economics (1981), 139, 143. 9 Brennan/Thakor, 45 Journal of Finance (1990), 993, 996. 10 Benckendorff, S. 73; Hampel, S. 12; Dann, 9 Journal of Financial Economics (1981), 113, 115; Brennan/Thakor, 45 Journal of Finance (1990), 993, 996; Netter/ Mitchell, 18 Financial Management (1989), 84, 85. 11 Hampel, S. 12. 12 Brennan/Thakor, 45 Journal of Finance (1990), 993, 996. 13 Posner, AG 1994, 312, 316. 14 Brennan/Thakor, 45 Journal of Finance (1990), 993, 996; Kopp, S. 36; Netter/ Mitchell, 18 Financial Management (1989), 84, 85. Allenfalls kann die Entwicklung des Börsenkurses darauf schließen lassen, dass Rückkaufaktivitäten stattfinden. 15 Wastl/Wagner/Lau, S. 24; zur Zahlung einer Prämie im Rahmen eines öffentlichen Erwerbsangebots und bei einem individuell ausgehandelten Rückkauf siehe unten § 3 B. und C. 16 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 14.

§ 3 Formen des Rückkaufs

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zeitlich flexibel, so dass auf aktuelle Entwicklungen, vor allem Kurssteigerungen, reagiert werden kann.17

B. Rückkauf mittels eines öffentlichen Angebots an die Aktionäre Der Rückkauf mittels eines öffentlichen Rückkaufangebots an die Aktionäre bietet sich an, wenn innerhalb eines relativ geringen Zeitraums ein relativ hoher Anteil an eigenen Aktien zurückgekauft werden soll.18 Der Grund dafür, dass bei einem Rückkaufprogramm in diesem Umfang diese Methode gewählt wird, liegt darin, dass ein Rückkauf über die Börse aufgrund des eingeschränkten Zeitraums und der hohen Anzahl der zu erwerbenden Aktien einen Kursanstieg zur Folge hätte.19 Der Rückkauf würde sich für die Gesellschaft erheblich verteuern. Ungeachtet dessen sind öffentliche Rückkaufangebote seltener als Rückkäufe über die Börse.20 In der US-amerikanischen Gesellschaftspraxis haben sich drei Erscheinungsformen des Rückkaufs mittels eines öffentlichen Rückkaufangebots herausgebildet: Das Angebot an die Aktionäre erfolgt mittels eines Festpreisangebots (fixed price tender offer), mittels eines Preisspannenangebots (dutch auction tender offer) oder durch Ausgabe von Verkaufsoptionen (transferable put rights).

I. Angebot zu Festpreis Bei dem Angebot zu einem Festpreis setzt die Gesellschaft einen Preis fest, zu dem sie bereit ist, von den Aktionären Aktien zurückzuerwerben.21 Der gebotene Preis liegt über dem Börsenkurs, um einen finanziellen Anreiz für die Aktionäre zu schaffen, die Aktien an die Gesellschaft zu veräußern. Es findet also eine Prämienzahlung statt, die im Durchschnitt etwas über 20 % des Börsenpreises beträgt.22 Das Rückkaufangebot erfolgt öffentlich, der Umfang des _______________ 17

Hampel, S. 12; Wastl/Wagner/Lau, S. 24; Posner, AG 1994, 312, 316. Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 15; Barclay, in: Newman/Milgate/ Eatwell, S. 408; Benckendorff, S. 74; Hampel, S. 11 f. 19 Benckendorff, S. 74; Hampel, S. 12. 20 Barclay/Smith, 22 Journal of Financial Economics (1988), 61, 62. 21 Wastl/Wagner/Lau, S. 24; Comment/Jarell, 46 Journal of Finance (1991), 1243, 1245; Posner, AG 1994, 312, 317. 22 Brealey/Myers, S. 435; Benckendorff, S. 74 und Vermaelen, 9 Journal of Financial Economics (1981), S. 139, 144 sprechen von 23 %. 18

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Teil 1: Grundlagen

Rückkaufprogramms und die Laufzeit des Angebots werden festgelegt.23 Der festgelegte Preis wird während der Geltungsdauer des Angebots nicht mehr verändert. Die Laufzeit des Angebots beträgt regelmäßig höchstens einen Monat.24 Teilweise behalten sich die Gesellschaften vor, die Angebotsfrist zu verlängern oder mehr Aktien als zunächst angekündigt zu erwerben.25 Durch die Prämienzahlung, die der festgesetzte Preis beinhaltet, zeigt sich diese Methode des Aktienrückkaufs allerdings als besonders kostenintensiv.26 Im Gegenzug ist die Signalwirkung eines Aktienrückkaufs mittels eines öffentlichen Rückkaufangebots zu einem Festpreis erheblich.27 Ein weiterer Vorteil gegenüber einem Rückkauf über die Börse liegt darin, dass die Gesellschaft die Bedingungen des Erwerbs festsetzt und von Schwankungen des Preises an der Börse unabhängig ist. Darüber hinaus bietet sich der Rückkauf mittels eines öffentlichen Angebots an, wenn der Markt, an dem die Aktien gehandelt werden, relativ illiquide oder wenig transparent ist.28 Die Festsetzung des Angebotspreises stellt das schwierigste und gleichzeitig wichtigste Merkmal des Verfahrens dar. Wählt die Gesellschaft einen zu geringen Angebotspreis, sind die Prämie und damit der finanzielle Anreiz für die Aktionäre, die Aktien zu verkaufen, zu gering. Der Gesellschaft wird es nicht gelingen, die geplante Anzahl der Aktien zu reakquirieren.29 Wählt die Gesellschaft umgekehrt einen zu hohen Angebotspreis, werden der Gesellschaft mehr Aktien als erwünscht angeboten. Die Gesellschaft ist dann verpflichtet, alle angebotenen Aktien zurückzukaufen oder den Rückkauf auf einer pro-rata-

_______________ 23 Barclay, in: Newman/Milgate/Eatwell, S. 408; Comment/Jarell, 46 Journal of Finance (1991), 1243, 1245; Dann, 9 Journal of Financial Economics (1981), 113, 114; Kopp, S. 36; Hampel, S. 13. 24 Asquith/Mullins, 15 Financial Management (1986), S. 27, 33; Vermaelen, 9 Journal of Financial Economics (1981), 139, 143. 25 Johannsen-Roth, S. 16 f.; Brennan/Thakor, 45 Journal of Finance (1990), 993, 996; Dann, 9 Journal of Financial Economics (1981), 113, 115; Vermaelen, 9 Journal of Financial Economics (1981), 139, 143. 26 Johannsen-Roth, S. 17; Posner, AG 1994, 312, 317. 27 Posner, AG 1994, 312, 317. Dass das Motiv der Signalwirkung nur von untergeordneter Bedeutung ist, zeigt sich daran, dass diese Form des Aktienrückkaufs im Vergleich zu Rückkäufen über die Börse bzw. zu individuell ausgehandelten Rückkäufen selten ist; belegt wird dies für Aktienrückkäufe in Deutschland durch die Untersuchung des Deutschen Aktieninstituts, vgl. DAI, Untersuchung, S. 10. 28 Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 66. 29 Hampel, S. 14.

§ 3 Formen des Rückkaufs

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Basis durchzuführen.30 Dies ergibt sich für das deutsche Recht aus § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 AktG i. V. m. § 53 a AktG. Nach herrschender Meinung bedeutet dies grundsätzlich eine Orientierung an den Beteiligungsquoten, also eine Bedienung nach dem Kapitalanteil,31 da dies dem verbandsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot entspricht.32 Dies hat den Nachteil, dass die verkaufsbereiten Aktionäre nicht den gewünschten Anteil veräußern können, sondern eben nur einen Teil dessen. Dies führt zu Enttäuschungen der Aktionäre und Imageverlusten der Gesellschaft.33 Darüber hinaus behalten auch solche Aktionäre einen Teil ihrer Anteile, die den Aktien den geringsten Wert beigemessen haben. Das Ziel, die Aktien von den Aktionären zurückzukaufen, die ihren Aktien eine geringere „reservation value“ beimessen, wird verfehlt.34 Die falsche Festsetzung des Angebotspreises führt somit zu Effizienzverlusten des Reakquisitionsprogramms.35 Der Erfolg des Rückkaufprogramms hängt damit entscheidend davon ab, ob die Prämie angemessen ist.

II. Preisspannenangebot Seit Anfang der 80er Jahre wird das öffentliche Rückkaufangebot zunehmend durch ein Preisspannenangebot (holländisches Auktionsverfahren) durchgeführt.36 Das Preisspannenangebot ist ebenfalls zeitlich und dem Umfang nach begrenzt. Im Unterschied zum Festpreisangebot wird jedoch kein genauer Preis festgesetzt, sondern eine Preisspanne. Innerhalb dieser Preis_______________ 30

Wastl/Wagner/Lau, S. 25; Hampel, S. 13; Barclay, in: Newman/Milgate/Eatwell, S. 408; Dann, 9 Journal of Financial Economics (1981), 113, 115. In den USA sind die Gesellschaften seit Erlass der SEC Rule 13e-4 im Jahre 1979 verpflichtet, den Rückkauf auf einer pro-rata-Basis durchzuführen. 31 Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 65; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 k; Lutter, in: KölnKommAktG, § 53 a Rn. 22; Bungeroth, in: MünchKommAktG, § 53 a Rn. 9; Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 67, 81; Kiem, ZIP 2000, 209, 213; nicht eindeutig, aber wohl in diese Richtung geht die Begründung zum Regierungsentwurf des KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 14 („nach Quoten“); nur wenn die Beteiligungsquoten nicht hinreichend sicher ermittelt werden können, erfolgt die Zuteilung verhältnismäßig zu den Verkaufsangeboten, Kiem, ZIP 2000, 209, 213; offen lassend Bezzenberger, S. 116 ff.; a. A. Benckendorff, S. 244. 32 Baum, ZHR 167 (2003), 580, 605. 33 Benckendorff, S. 75; Johannsen-Roth, S. 17. 34 Hampel, S. 14. 35 Hampel, S. 14; Wastl/Wagner/Lau, S. 25. 36 Johannsen-Roth, S. 18.

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Teil 1: Grundlagen

spanne ist die Gesellschaft bereit, Aktien zurückzukaufen.37 Die Preisuntergrenze liegt dabei geringfügig über dem Börsenpreis, die Preisobergrenze beinhaltet eine Prämie, die sicherstellen soll, dass für die Aktionäre genug finanzieller Anreiz besteht, Aktien zu veräußern. Die in der Preisobergrenze enthaltene Prämie entspricht in etwa der Prämie, die im Rahmen eines Festpreisangebots festgelegt worden wäre.38 Durch dieses Verfahren wälzt die Gesellschaft die schwierige Frage der Bestimmung des angemessenen Preises auf die Aktionäre ab. Die verkaufsbereiten Aktionäre müssen festlegen, wie viele Aktien sie zu welchem Preis bereit sind zu verkaufen.39 Nach Eingang der Angebote legt die Gesellschaft den niedrigsten Preis fest, der es ermöglicht, die gewünschte Anzahl von Aktien zu reakquirieren.40 Die Aktionäre, die zu diesem oder einem niedrigeren Preis ihre Aktien der Gesellschaft angeboten haben, nehmen an dem Rückkauf teil. Dabei ist jedoch für alle Aktien der gleiche Preis zu zahlen.41 Ist die Anzahl der angebotenen Aktien höher als die gewünschte Anzahl, erfolgt der Kauf auf einer pro-rata-Basis.42 Falls zu wenige Aktien angeboten werden, kann die Gesellschaft die angebotenen Aktien zum höchsten Preis erwerben oder das Angebot zurückziehen, soweit dies vorbehalten wurde.43 Das Preisspannenangebot hat sich zur am häufigsten verfolgten Methode der öffentlichen Rückkaufangebote in den Vereinigten Staaten entwickelt.44 Grund dafür sind die im Vergleich zum Festpreisangebot bestehenden Vorteile. Die an _______________ 37

Benckendorff, S. 76; Wastl/Wagner/Lau, S. 26; Comment/Jarell, 46 Journal of Finance (1991), 1243, 1247; Hampel, S. 15. 38 Benckendorff, S. 76; Johannsen-Roth, S. 18; Comment/Jarell, 46 Journal of Finance (1991), 1243, 1247. 39 Bagwell, 47 Journal of Finance (1992), 71, 74; Gay/Kale/Noe, 20 Financial Management (1991), 44; Posner, AG 1994, 312, 317. 40 Kopp, S. 38; Wastl/Wagner/Lau, S. 26; Bagwell, 47 Journal of Finance (1992), 71, 74; Comment/Jarell, 46 Journal of Finance (1991), 1243, 1247; Hampel, S. 15; Posner, AG 1994, 312, 317. 41 Barclay, in: Newman/Milgate/Eatwell, S. 408; Comment/Jarell, 46 Journal of Finance (1991), 1243, 1247 für das US-amerikanische Recht. Anders ist dies bei der Anwendung des sog. amerikanischen Tenders. Jedem verkaufsbereiten Aktionär wird dabei der geforderte Preis bezahlt. Berücksichtigt werden die Angebote in aufsteigender Reihenfolge der geforderten Preise, vgl. Klug, S. 27. 42 Johannsen-Roth, S. 19; Bagwell, 47 Journal of Finance (1992), 71, 74; Hampel, S. 15. 43 Johannsen-Roth, S. 19; Bagwell, 47 Journal of Finance (1992), 71, 74; Hampel, S. 15. 44 Erstmals im Jahre 1988 hat die Anzahl von Preisspannenangeboten die Anzahl von Festpreisangeboten überstiegen, vgl. Barclay, in: Newman/Milgate/Eatwell, S. 408.

§ 3 Formen des Rückkaufs

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die Aktionäre zu zahlende Prämie beträgt im Durchschnitt 13,4 %45 und ist damit deutlich geringer als im Falle eines Festpreisangebots (durchschnittlich über 20 %46). Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass die Gefahr einer Überzeichnung im Rahmen eines Preisspannenangebots geringer ist. Ein Rückkauf auf pro-rata-Basis mit den angesprochenen Nachteilen47 lässt sich vermeiden.48 Aus diesem Grund wird das Verfahren von den Aktionären auch als gerechter empfunden.49 Endlich kommt hinzu, dass durch dieses Verfahren gerade von den Aktionären die Aktien zurückgekauft werden, die ihren Aktien die geringste „reservation value“ zuschreiben.50 Nachteilig wirkt sich aus, dass die Signalwirkung auf dem Kapitalmarkt geringer ausfällt.51 Darüber hinaus wird an diesem Verfahren kritisiert, dass es wegen seiner Komplexität in der Abwicklung institutionelle gegenüber Privatanlegern bevorzuge.52

III. Ausgabe übertragbarer Verkaufsoptionen Seit Ende der 80er Jahre hat sich die Möglichkeit der Ausgabe übertragbarer Verkaufsoptionen entwickelt.53 Auch in Deutschland gewinnt die Methode an Bedeutung.54 Dieses Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass die Gesellschaft ihren Aktionären proportional zu deren Aktienbesitz Verkaufsoptionen (sog. puts) überträgt.55 Plant die Gesellschaft zum Beispiel 10 % ihrer Aktien zurückzuerwerben, so erhält jeder Aktionär für zehn Aktien eine Verkaufsoption. Die Verkaufsoption berechtigt den Aktionär, eine Aktie innerhalb der Lauf_______________ 45

Nach der Untersuchung von Bagwell, 47 Journal of Finance (1992), 71, 74. Siehe oben § 3 B. I. 47 Siehe oben § 3 B. I. 48 Benckendorff, S. 77. 49 Huber, in: FS Kropff, S. 101, 115. 50 Barclay, in: Newman/Milgate/Eatwell, S. 408. 51 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 15; Kopp, S. 120; Comment/Jarell, 46 Journal of Finance (1991), 1243, 1265. 52 Hampel, S. 16; Huber, in: FS Kropff, S. 101, 115. 53 Johannsen-Roth, S. 20. Erstmals wurde diese Variante in den USA von Millicom im April 1987 angewendet, Kale/Noe/Gay, 25 Journal of Financial Economics (1989), 141, 152. 54 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 16; Kopp, S. 37; Mick, DB 1999, 1201; Paefgen, AG 1999, 67, 69. 55 Johannsen-Roth, S. 20; Kopp, S. 37; Gay/Kale/Noe, 20 Financial Management (1991), 44, 45; Kale/Noe/Gay, 25 Journal of Financial Economics (1989), 141, 142; zur rechtlichen Einordnung übertragbarer Verkaufsrechte siehe Johannsen-Roth, S. 187 ff. 46

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Teil 1: Grundlagen

zeit der Option zu einem festgelegten Basispreis an die Gesellschaft zu verkaufen.56 Nach Ausgabe der Verkaufsoptionen entwickelt sich in der Regel ein Sekundärmarkt, an dem die Optionen gehandelt werden. Die Aktionäre, die ihre Aktien behalten wollen, können die Optionen verkaufen.57 Durch den Verkauf der Optionen im freien Sekundärmarkt erzielen sie einen Gewinn. Umgekehrt ermöglicht der Sekundärmarkt denjenigen Aktionären, die mehr Aktien verkaufen möchten, als ihnen Verkaufsoptionen zustehen, weitere Optionen im Sekundärmarkt zu erwerben. Für die Gesellschaft hat dies den Vorteil, dass diejenigen Aktionäre zum Rückkauf bewegt werden, die ihren Aktien eine geringere „reservation value“ zumessen.58 Feindliche Übernahmen können so verhindert oder zumindest erschwert werden.59 Ein weiterer Vorteil dieses Verfahrens besteht darin, dass die Gesellschaft durch die Ausgabe der Verkaufsoptionen die Anzahl der zu reakquirierenden Anteile beschränken kann. Die Gefahr, nicht alle angebotenen Anteile erwerben zu können und dementsprechend auf einer pro-rata-Basis vorgehen zu müssen, besteht nicht.60 Nachteilig ist an dieser Methode, dass im Gegensatz zum Preisspannenangebot die Gesellschaft den Preis für die Verkaufsoptionen bestimmen muss. Demzufolge beinhaltet dieses Verfahren die Gefahr, dass die gezahlte Prämie zu hoch angesetzt wird.61

C. Individuell ausgehandelter Rückkauf Als letzte Methode ist der individuell ausgehandelte Rückkauf zu nennen.62 Diese Möglichkeit wird häufig genutzt, um Aktienpakete von Großaktionären zurückzuerwerben. Der Kauf erfolgt nach Verhandlungen zwischen Gesell_______________ 56 Johannsen-Roth, S. 20; Gay/Kale/Noe, 20 Financial Management (1991), 44, 45; Kale/Noe/Gay, 25 Journal of Financial Economics (1989), 141, 142. 57 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 16; Benckendorff, S. 78; Hampel, S. 17; Kale/Noe/Gay, 25 Journal of Financial Economics (1989), 141, 142; Posner, AG 1994, 312, 317. 58 Johannsen-Roth, S. 21; Hampel, S. 18; Gay/Kale/Noe, 20 Financial Management (1991), 44, 45; Kale/Noe/Gay, 25 Journal of Financial Economics (1989), 141, 142; Posner, AG 1994, 312, 317. 59 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 15; Posner, AG 1994, 312, 317 f. 60 Kopp, S. 37; Hampel, S. 18; Kale/Noe/Gay, 25 Journal of Financial Economics (1989), 141, 142. 61 Johannsen-Roth, S. 21. 62 Benckendorff, S. 78; Hampel, S. 16; Kopp, S. 38; Wastl/Wagner/Lau, S. 27; Vermaelen, 9 Journal of Financial Economics (1981), 139, 143.

§ 3 Formen des Rückkaufs

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schaft und Aktionär, in denen die genauen Bedingungen festgelegt werden.63 Die Kontaktaufnahme kann von beiden Seiten erfolgen.64 Der Kaufpreis enthält einen Paketzuschlag.65 Die übrigen Aktionäre nehmen an der Rückkaufaktion nicht teil. Der Vorteil dieses Verfahrens ist darin zu sehen, dass es der Gesellschaft ermöglicht wird, in kurzer Zeit einen relativ großen Aktienanteil zu erwerben. Finanziell vorteilhaft ist, dass Maklergebühren oder Durchführungskosten nicht anfallen. Angewendet wird das Verfahren auch gleichzeitig neben anderen Formen des Rückkaufs, zum Beispiel neben einem Rückkauf über die Börse.66 Beim individuell ausgehandelten Rückkauf können sich die bereits dargestellten Gefahren des Erwerbs eigener Aktien am ehesten realisieren. Es besteht die Gefahr, dass der Vorstand bestimmte Aktionäre in Krisenzeiten der Gesellschaft aus der Risikogemeinschaft der Aktionäre entlässt – noch dazu mit einer Prämie – und die verbleibenden Aktionäre im Insolvenzfall ihr eingesetztes Kapital verlieren.67 Außerdem kann das Management versuchen, opponierende Aktionäre auszukaufen, um so seine Stellung zu stärken. Daher ist der individuell ausgehandelte Rückkauf vor allem im Hinblick auf die Gleichbehandlung der Aktionäre problematisch.68 Angewendet wird das Verfahren in der US-amerikanischen Praxis vor allem im Rahmen von Übernahmekämpfen. Die Zielgesellschaft kauft Aktienpakete von dem potentiellen Übernehmer zurück, um somit die Übernahmegefahr zu beseitigen.69 Der Kaufpreis liegt über dem aktuellen Börsenkurs und beinhaltet somit eine Prämienzahlung. Für diese Vorgehensweise hat sich in den USA der Begriff „greenmailing“70 entwickelt.71 Verbunden ist der Rückkauf häufig mit _______________ 63

Ein Beispiel dafür ist der Rückkauf eigener Aktien durch General Motors im Jahre 1986 von Ross Perot, der als größter Einzelaktionär der Gesellschaft für 750 Mio. Dollar ausgekauft wurde, vgl. Handelsblatt vom 12. 3. 1987, Nr. 50, S. 2. 64 Johannsen-Roth, S. 21; Dann, 9 Journal of Financial Economics (1981), 113, 115; Posner, AG 1994, 312, 316; Vermaelen, 9 Journal of Financial Economics (1981), 139, 143. 65 Johannsen-Roth, S. 21; Hampel, S. 16. 66 Benckendorff, S. 79. 67 Wastl/Wagner/Lau, S. 27 f. 68 Siehe unten § 4 B. II. 1. e) bb). 69 Hampel, S. 16. 70 Der Begriff „greenmailing“ setzt sich zusammen aus den Worten „greenback“ = Dollar und „blackmailing“ = erpressen. Eine andere Variante des greenmailing besteht darin, dass ein Dritter damit droht, sein Aktienpaket an einen Übernahmeinteressenten zu veräußern.

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Teil 1: Grundlagen

dem Abschluss eines „standstill agreement“.72 Der potentielle Übernehmer verpflichtet sich, für einen bestimmten Zeitraum von Aktienkäufen und Übernahmeversuchen abzusehen. Inhalt der Vereinbarung kann auch die Festlegung von Höchststimmrechten sein. D. Zusammenfassung Der Rückkauf über die Börse bietet in der Regel Kostenvorteile und zeitliche Flexibilität. Allerdings können dadurch im Vergleich zu den anderen Erwerbsformen zeitnah nur kleine Bestände akquiriert werden. Die Signalwirkung an den Kapitalmärkten ist gering. Im Gegensatz dazu kann im Wege eines öffentlichen Rückkaufangebots ein relativ hoher Anteil an eigenen Aktien zurückgekauft werden. Darüber hinaus ist die Signalwirkung an den Kapitalmärkten groß. Nachteilig wirkt sich jedoch die Zahlung einer Prämie aus, die den Rückkauf verteuert. Als schwierig stellt sich bei einem Festpreisangebot die Festsetzung einer angemessenen Prämie dar. Diese Schwierigkeit besteht nicht bei einem Preisspannenangebot, welches außerdem gegenüber einem Festpreisangebot den Vorteil bietet, dass sich ein Rückkauf auf pro-rata-Basis vermeiden lässt und die zu zahlende Prämie niedriger ausfällt. Endlich werden auf diesem Wege die Aktien von den Aktionären erworben, die ihren Aktien die geringste „reservation value“ zuschreiben. Kritisiert wird das Preisspannenangebot vor allem, weil es Privatanleger überfordere und institutionelle Anleger bevorzuge. Dieser Nachteil wiederum wird mit der Ausgabe übertragbarer Verkaufsoptionen vermieden. Der größte Vorteil des Verfahrens dürfte darin liegen, dass sich ein Sekundärmarkt entwickelt, an dem die Verkaufsoptionen gehandelt werden. Dadurch können sowohl die Aktionäre von dem Aktienrückkaufprogramm profitieren, die ihre Aktien verkaufen, als auch diejenigen, die ihre Aktien behalten und als Surrogat für ihre Verkaufsoptionen einen Geldbetrag erhalten. Im Wege des individuell ausgehandelten Aktienrückkaufs kann die Gesellschaft in sehr kurzer Zeit einen hohen Aktienanteil akquirieren. Ihr wird es ermöglicht, Aktien(pakete) von bestimmten Aktionären zu erwerben. Der Kaufpreis enthält einen Paketzuschlag, der den Rückkauf verteuert. Problematisch an einem individuell ausgehandelten Aktienrückkauf ist vor allem die Vereinbarkeit mit dem aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

_______________ 71 72

Zur Zulässigkeit des greenmailing nach deutschem Recht siehe unten § 9 B. Hampel, S. 16; Johannsen-Roth, S. 22.

§ 4 Die Regelungen des Aktiengesetzes betreffend den Erwerb eigener Aktien Die heutigen Regelungen betreffend den Erwerb eigener Aktien beruhen zum Teil noch auf den historischen Erfahrungen, zum Teil aber vermehrt auf europarechtlichen Vorgaben. Um die aktuellen Regelungen des Erwerbs eigener Aktien und die dahinter stehenden rechtspolitischen und ökonomischen Wertungen verstehen und bewerten zu können, ist die Kenntnis der historischen Entwicklung und Erfahrungen unerlässlich. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Aktienrückerwerb durch das KonTraG im Vergleich zur vorher geltenden Rechtslage eine deutliche Liberalisierung erfahren hat.

A. Die historische Entwicklung bis zur gegenwärtigen Rechtslage Die Entwicklung bis zur gegenwärtigen Rechtslage kann im Wesentlichen in zwei Abschnitte eingeteilt werden. Bis zum Jahr 1978 bestanden keine europarechtlichen Vorgaben, so dass der Gesetzgeber insoweit keinen Bindungen unterlag. Durch die Kapitalschutzrichtlinie von 1976 änderte sich dies. Für den deutschen Gesetzgeber bestand somit erstmals bei der Umsetzung der Richtlinie im Jahr 1978 die Notwendigkeit, europäische Vorschriften zu beachten.

I. Rechtslage bis 1978 Die rechtliche Ausgestaltung des Erwerbs eigener Aktien kann auf eine lange und wechselhafte Geschichte zurückblicken.1 Die ersten rechtlichen Grundlagen für die heutige Rechtslage stammen aus dem 19. Jahrhundert.

1. Vor 1870 Bis zum Jahre 1870 gab es keine Regelungen über den Erwerb von Aktien durch Aktiengesellschaften. Das Preußische ALR von 1794 beinhaltete keine _______________ 1

Bosse, S. 14.

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Teil 1: Grundlagen

besonderen Regelungen für Aktiengesellschaften.2 Eine Regelung für deutsche Aktiengesellschaften findet sich erstmals im Preußischen Gesetz über Aktiengesellschaften vom 9. 11. 1843.3 Der Erwerb eigener Aktien durch die AG wird jedoch nicht erwähnt. Ebenfalls keine Erwähnung findet der Aktienrückerwerb im ADHGB von 1861, obwohl die Aktiengesellschaften die Vorteile des Erwerbs eigener Aktien schon erkannt hatten. Eigene Aktien wurden von den Gesellschaften im Wege der Vollamortisation erworben.4 Einzelne Stimmen in der Literatur hatten schon 1842 eine Beschränkung des Erwerbs eigener Aktien gefordert.5 Erforderlich sei eine Begrenzung des Erwerbs eigener Aktien unterhalb der Vollamortisation des Anlagekapitals, da ansonsten die Gesellschaft aufhören könnte zu existieren.6 Das für den Erwerb erforderliche Kapital dürfe nur aus einem Reservefonds entnommen werden, der von Gewinnteilen gespeist werde.7

2. Erste Aktienrechtsnovelle von 1870 Eine gesetzliche Regelung betreffend den Erwerb eigener Aktien erfolgte erstmals durch die erste Aktienrechtsnovelle vom 11. 6. 1870.8 Art. 215 Abs. 3 ADHGB normierte ein Verbot des Erwerbs eigener Aktien. Darüber hinaus durfte die AG eigene Aktien nicht amortisieren, sofern dies nicht durch den ursprünglichen Gesellschaftsvertrag oder durch einen, vor der Ausgabe der Aktien gefassten Beschluss zugelassen war. Ausgelöst wurde diese Regelung angeblich durch betrügerische Spekulationen mit eigenen Aktien durch Aktienvereine an der Wiener Börse im Jahr 1869.9 Die Gesetzesbegründung stellte _______________ 2 Dies resultierte daraus, dass vor 1800 in Preußen nur fünf Aktiengesellschaften existierten. Aktiengesellschaften bildeten sich im deutschsprachigen Raum erst Anfang des 19. Jahrhunderts verstärkt als Gesellschaftsform heraus, Hopt, in: Coing/Wilhelm, S. 128, 135. Einen Überblick über die frühe Entwicklung der Aktiengesellschaften in Deutschland gibt Lehmann, S. 75 ff. Eine aktuellere Zusammenfassung zur geschichtlichen Entwicklung des Aktienrechts und der AG findet sich bei Semler, in: MünchKommAktG, Einl. Rn. 16-116. 3 PrGS 1843, 341. 4 Pöhls, S. 250 f.; Brinckmann, S. 254; Renaud, S. 760. 5 Siehe Pöhls, S. 251. 6 Pöhls, S. 251. 7 Brinckmann, S. 254. 8 Bundesgesetz betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften vom 11. 6. 1870, BGBl. 1870, Nr. 21, S. 375; ausführlich dazu Schubert, ZGR 1981, 285 ff. 9 Gerber, S. 6; Keyßner, S. 217 Fn. 1; Schön, S. 2.

§ 4 Die Regelungen des Aktiengesetzes

65

hingegen ein anderes Motiv in den Vordergrund: „Ein derartiger Ankauf steht mit dem Wesen der Aktiengesellschaft nicht im Einklang. Die Aktien stellen die Berechtigung des einzelnen Teilhabers an der Gesellschaft dar, und die Gesellschaft kann nicht zugleich als eine von den Aktionären zu unterscheidende Persönlichkeit und dann wiederum selbst als Aktionär erscheinen. Praktisch kann die Wahrnehmung der Rechte zurückgekaufter Aktien durch den Gesellschaftsvorstand leicht zu Unzuträglichkeiten führen.“10 Vorschläge, den Erwerb eigener Aktien unter gewissen Voraussetzungen zuzulassen, konnten sich nicht durchsetzen. Art. 215 Abs. 3 ADHGB wurde schon vor Erlass und erst recht danach in der Literatur als zu streng kritisiert.11 Das Verbot verhindere legitime Geschäfte, die für die Gesellschaft Vorteile mit sich brächten.12 Die Kritik wurde noch verstärkt, nachdem das ROHG entschieden hatte, dass ein Verstoß gegen das Verbot des Erwerbs eigener Aktien die Unwirksamkeit der darauf gerichteten Geschäfte zur Folge hat.13

3. Zweite Aktienrechtsnovelle von 1884 Beeinflusst von der Kritik an der ersten Aktienrechtsnovelle wurde am 8. 7. 1884 die zweite Aktienrechtsnovelle14 verabschiedet. Das absolute Verbot wurde in eine Soll-Vorschrift (Art. 215 d Abs. 3 ADHGB) umgeändert, die den Erwerb und die Inpfandnahme eigener Aktien im geschäftlichen Bereich, sofern nicht eine Einkaufskommission ausgeführt wurde, untersagte. Die Umwandlung in eine Soll-Vorschrift bewirkte, dass ein Verstoß nicht mehr die Unwirksamkeit der Rechtsgeschäfte zur Folge hatte,15 sondern gem. Art. 226 Abs. 2 Nr. 3, 241 Abs. 3, Abs. 4 ADHGB zur Schadensersatzpflicht von Aufsichtsrats- und Vorstandsmitgliedern führte. Der Gesetzgeber entschied sich

_______________ 10 Motive zum Gesetz vom 18. 6. 1870, S. 31 f. (zitiert nach Schön, S. 4); auch heute wird noch davon gesprochen, dass der Erwerb eigener Aktien rechtstheoretisch ein Kuriosum sei, da die Gesellschaft nicht ihr eigener Aktionär sein könne, Henn, Rn. 59 Fn. 295. 11 Keyßner, S. 217 ff.; Löwenfeld, S. 489 ff.; Renaud, S. 412 ff. 12 Löwenfeld, 489 ff.; Schön, S. 5 m. w. N. 13 ROHG 17, 381, 384 f. Vorher wurde unter anderem von Renaud, S. 415 vertreten, dass ein Verstoß nur Schadensersatzpflichten des Vorstands und des Aufsichtsrates auslösen sollte. 14 Gesetz betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften vom 18. 7. 1884, RGBl., No. 22, S. 123. 15 Schön, S. 8.

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Teil 1: Grundlagen

damit trotz der Gründerkrise16 dafür, den Erwerb eigener Aktien unter bestimmten Voraussetzungen zuzulassen. Im Jahre 1897 wurde Art. 215 d Abs. 3 ADHGB mit Modifikationen als § 226 in das neu geschaffene HGB übernommen.17 Die Formulierung „im geschäftlichen Betriebe“ wurde durch die Formulierung „im regelmäßigen Geschäftsbetriebe“ ersetzt.18 Die neue Vorschrift sollte in der Folgezeit zu erheblichen Problemen führen.19 In der Weltwirtschaftskrise20 von 1929 bis 1931 versuchten viele Aktiengesellschaften dem Kursverfall durch den Erwerb eigener Aktien entgegenzuwirken. An die SollVorschrift des § 226 HGB hielten sie sich nicht, da das Merkmal des „regelmäßigen Geschäftsbetriebes“ eng ausgelegt und der Erwerb zum Zwecke der Kursmanipulierung für zulässig erachtet wurde.21 Der Aktienrückerwerb führte zu einem höheren Verschuldungsgrad der Gesellschaften, der letztendlich zu Unternehmenszusammenbrüchen führte.22

4. Notverordnung von 1931 Auf diese Ereignisse reagierte der Reichspräsident mit dem Erlass der Notverordnung vom 19. 9. 1931, die auf Art. 48 Abs. 2 WRV beruhte.23 § 226 Abs. 1 HGB lautete danach: „Die Aktiengesellschaft darf eigene Aktien oder _______________ 16

Während der Gründerkrise beschleunigte der Erwerb eigener Aktien in vielen Fällen den Zusammenbruch deutscher Aktiengesellschaften. Diese Folgen hätten als Argument dafür dienen können, das strikte Verbot des Erwerbs eigener Aktien aufrechtzuerhalten. Ein unternehmerisches Bedürfnis für den Erwerb eigener Aktien in Einzelfällen konnte jedoch nicht abgestritten werden. Daher trat das Schrifttum mit Unterschieden im Detail dafür ein, jedenfalls das ausnahmslose Verbot abzuschaffen. Der Gesetzgeber beachtete diese Argumente teilweise. Zur Gründerkrise siehe im Einzelnen Schön, S. 6 ff. 17 Handelsgesetzbuch vom 10. 5. 1897, RGBl. 1897, No. 23, S. 219. 18 Außerdem wurde nun bei den Rechtsfolgen für voll eingezahlte und nicht voll eingezahlte Aktien unterschieden. Soweit die Aktien voll eingezahlt waren, war der Erwerb wirksam, bei nicht voll eingezahlten Aktien unwirksam, siehe Schön, S. 9. 19 Zur Kritik vgl. zusammenfassend Bertheim, S. 69 oder Schön, S. 10 ff. 20 Siehe zu den Ursachen Schön, S. 15 ff. 21 Schön, S. 10 f.; erst recht fühlten sich die Vorstände der Unternehmen in Krisenzeiten nicht an die „Soll-Vorschrift“ des Art. 226 HGB gebunden. 22 Lingemann/Wasmann, BB 1998, 853, 860. Beispiel dafür sind die Brauerei Schultheiß-Patzenhofer und die Darmstädter und Nationalbank (Danat), siehe Bertheim, S. 8; Schön, S. 17. Die Danat-Bank hatte 58,3 % der Aktien im eigenen Besitz, siehe Bertheim, S. 10. 23 Verordnung des Reichspräsidenten über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie vom 19. 9. 1931, RGBl. I 1931, S. 493.

§ 4 Die Regelungen des Aktiengesetzes

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Interimsscheine erwerben, wenn es zur Abwendung eines schweren Schadens von der Gesellschaft notwendig ist; der Gesamtbetrag der zu erwerbenden Aktien darf zehn vom Hundert oder einen etwa von der Reichsregierung festgesetzten niedrigeren Hundertsatz des Grundkapitals nicht übersteigen. Im übrigen darf die Aktiengesellschaft eigene Interimsscheine nicht, eigene Aktien nur erwerben, wenn auf sie der Nennbetrag oder, falls der Ausgabebetrag höher ist, dieser voll geleistet ist und wenn 1. die Gesellschaft damit eine Einkaufskommission ausführt oder 2. der Gesamtnennbetrag der zu erwerbenden Aktien zusammen mit anderen eigenen Aktien, die der Gesellschaft bereits gehören, zehn vom Hundert oder einen etwa von der Reichsregierung festgesetzten niedrigeren Hundertsatz des Grundkapitals nicht übersteigt und die Aktien zur Einziehung erworben werden; als hierzu erworben gelten die Aktien nur, wenn sie binnen sechs Monaten nach Erwerb eingezogen werden.“ Damit war ein Mittelweg zwischen den beiden Positionen der Novellen von 1870 und 1884 eingeschlagen. Der Erwerb eigener Aktien war grundsätzlich ausgeschlossen, unter bestimmten, engen Voraussetzungen jedoch erlaubt.24 Handelte es sich dabei nicht um eine Einkaufskommission, durfte der Gesamtnennbetrag der zu erwerbenden Aktien 10 % des Grundkapitals nicht übersteigen.25 Ein Verstoß gegen diese Vorschrift berührte die Wirksamkeit nicht, wenn die Aktien voll eingezahlt waren (§ 226 Abs. 2 HGB). Auch dann bestand allerdings eine Schadensersatzpflicht von Aufsichtsrat und Vorstand (§ 227 a HGB). § 226 Abs. 5 HGB bestimmte, dass die Stimmrechte ruhen. Geregelt wurden weiterhin Offenlegungspflichten der Gesellschaft.26

_______________ 24

Siehe zunächst die Einschränkungen in § 226 HGB selbst. Darüber gab es Ausnahmen von dem Erwerbsverbot, die in der Verordnung nicht ausdrücklich erwähnt waren: unentgeltlicher Erwerb, Erwerb durch Gesamtrechtsnachfolge, Erwerb zum Zwecke der Einziehung unter Befolgung der Vorschriften über die Kapitalherabsetzung. Nicht erlaubt war hingegen der Erwerb zum Zwecke der Gewinnerzielung; siehe zu den Ausnahmen Schlegelberger/Quassowski/Schmölder, § 226 Rn. 6-9. 25 Allerdings gestattete die Novellenregelung vom 14. 5. 1936 eine Überschreitung der Höchstgrenze von 10 % für das Gesamtvolumen des Aktienerwerbs, wenn der Reichswirtschaftsminister im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Justiz dies genehmigt hatte. 26 Gem. § 260 a Abs. 3 Nr. 2, 1. Hs. HGB mussten eigene Aktien im Geschäftsbericht ausgewiesen werden. Gem. § 260 a Abs. 3 Nr. 2, 2. Hs. HGB mussten ebenfalls der Erwerbs- und Veräußerungspreis und die Verwendung des Erlöses publiziert werden. Die vorgeschriebene Bilanzierung regelte § 261 a Abs. 1 A IV Nr. 5, Abs. 2 HGB; siehe dazu Bertheim, S. 47 ff.

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Teil 1: Grundlagen

5. Aktienrechtsreformen 1937 und 1965 Ohne wesentliche sachliche Änderungen wurde die Vorschrift des § 226 HGB in das Aktiengesetz von 193727 und später in das Aktiengesetz von 196528 übernommen.29

II. Europäische Harmonisierung und ihre nationalen Folgen Eine deutliche Liberalisierung wurde durch die Kapitalschutzrichtlinie von 1976 geschaffen, wodurch der Erwerb eigener Aktien erstmals auf eine europäische Grundlage gestellt wurde.

1. Die Kapitalschutzrichtlinie von 1976 In der zweiten Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. 12. 197630 (Kapitalschutzrichtlinie) hat die Europäische Gemeinschaft den Erwerb eigener Aktien geregelt. Aus Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie wird deutlich, dass es den Mitgliedstaaten freigestellt ist, ihren Gesellschaften weitreichende Möglichkeiten des Erwerbs eigener Aktien einzuräumen. Gestatten ihre Rechtsvorschriften den Erwerb eigener Aktien, haben die Mitgliedstaaten allerdings Sorge dafür zu tragen, dass gewisse Voraussetzungen vorliegen und Bedingungen eingehalten werden.31 Nach Art. 19 Abs. 1 lit. b der Richtlinie ist ein Erwerb nur zulässig, wenn der Nennbetrag oder im Falle nennbetragsloser Aktien der rechnerische Wert _______________ 27 § 65 des Gesetzes über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien vom 30. 1. 1937, RGBl. I 1937, S. 107. 28 Aktiengesetz, BGBl. I 1965, S. 1089. 29 Die Zulässigkeit des unentgeltlichen Erwerbs wurde zum Beispiel durch § 65 AktG 1937 ausdrücklich zugelassen. In § 71 AktG 1965 wurde die Ausnahme der Zulässigkeit des Erwerbs durch Gesamtrechtsnachfolge oder aufgrund eines Beschlusses der Hauptversammlung zur Einziehung nach den Vorschriften über die Herabsetzung des Grundkapitals normiert. 30 Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. 12. 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Abs. 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABl. EG Nr. L 26 vom 31. 1. 1977, S. 1 ff. 31 Die Bedingungen sind ausdrücklich in Abs. 1 lit. a-d aufgeführt.

§ 4 Die Regelungen des Aktiengesetzes

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der erworbenen Aktien einschließlich der Aktien, die die Gesellschaft selbst oder durch Dritte hält, nicht höher als 10 % des gezeichneten Kapitals ist. In Art. 19 Abs. 1 lit. c wurde eine einheitliche Kapitalgrenze für den Erwerb eigener Aktien eingeführt. Dadurch soll sichergestellt werden, dass das Nettoaktivvermögen der AG den gesetzlichen Garantierahmen nicht unterschreitet. Art. 19 Abs. 1 lit. d bestimmt, dass nur voll eingezahlte Aktien zurückerworben werden dürfen. Art. 20 Abs. 1 legt Fallgruppen fest, in denen die Beschränkungen des Art. 19 nicht gelten. Jedoch müssen die Aktien, auch wenn eine Ausnahme nach Art. 20 Abs. 1 vorliegt, gem. Abs. 2 innerhalb einer Frist von drei Jahren wieder veräußert werden, soweit die eigenen Aktien mehr als 10 % des gezeichneten Kapitals darstellen. Wird dieser Pflicht nicht Folge geleistet, müssen die der Veräußerungspflicht unterliegenden Aktien für nichtig erklärt werden. Gem. Art. 22 Abs. 1 lit. b der Richtlinie erfolgt eine bilanzielle Neutralisierung der eigenen Aktien durch Bildung einer Sonderrücklage. Die Richtlinie sieht ein zweistufiges Sanktionensystem32 für den Fall vor, dass eigene Aktien unter Verletzung der Art. 19 und 20 erworben wurden. Gem. Art. 21 S. 1 und Art. 20 Abs. 2 der Richtlinie sind die Aktien innerhalb eines Jahres zu veräußern. Wird die Veräußerungspflicht nicht befolgt, sind die Aktien gem. Art. 21 S. 2 und Art. 20 Abs. 3 der Richtlinie für nichtig zu erklären.

2. Nationale Regelungen nach Erlass der Kapitalschutzrichtlinie Der deutsche Gesetzgeber war nach Art. 43 Abs. 1 und Art. 44 der Richtlinie verpflichtet, diese in nationales Recht umzusetzen. Dabei hat der Gesetzgeber die durch die Richtlinie geschaffenen Liberalisierungsmöglichkeiten zunächst nicht ausgeschöpft.

_______________ 32 Vorbild dafür waren die Regelungen in den romanischen Ländern, vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 8/1678, S. 14; Ganske, DB 1978, 2461, 2464; Johannsen-Roth, S. 126. Die Gesetzesbegründung selbst wie auch Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 34 gehen von einem dreistufigen Sanktionensystem aus. Der Grund dafür liegt darin, dass diese die Neutralisierung der eigenen Aktien in der Bilanz der Gesellschaft zu den Sanktionen zählen. Systematisch ist dies jedoch als eine an das Halten eigener Aktien geknüpfte Pflicht zu verstehen. Inhaltliche Differenzen ergeben sich aus der unterschiedlichen Einordnung nicht.

70

Teil 1: Grundlagen

a) Das 2. EG-Koordinierungsgesetz von 1978 Der deutsche Gesetzgeber hat die Richtlinie durch das 2. EGKoordinierungsgesetz vom 13. 12. 197833 in innerstaatliches Recht transformiert.34 Im Rahmen der Umsetzung verzichtete er auf die Aufnahme einer Vorschrift i. S. d. Art. 19 Abs. 1 lit. a der Richtlinie, die den Erwerb eigener Aktien ohne Vorliegen eines besonderen Grundes mit einer Ermächtigung durch die Hauptversammlung erlaubt. Der Erwerb eigener Aktien blieb damit weiterhin grundsätzlich verboten und war nur unter bestimmten, ausdrücklich genannten Voraussetzungen erlaubt (§ 71 Abs. 1 AktG). Beibehalten wurde auch, dass der Gesamtnennbetrag eigener Aktien 10 % des Grundkapitals nicht übersteigen durfte (§ 71 Abs. 2 S. 1 AktG). Neu war für das deutsche Recht vor allem, dass die Gesellschaft eine Rücklage bilden musste, welche die aktivierten eigenen Aktien in der Bilanz neutralisierte (§ 150 a AktG), und dass diese zusätzliche Rücklage gebildet werden musste, ohne das Grundkapital, die gesetzliche und eine nicht verteilungsfähige satzungsmäßige Rücklage anzutasten (§ 71 Abs. 2 S. 2 AktG).

b) Weitere Änderungen bis 1998 Bis zum Erlass des KonTraG erfolgten weitere Gesetzesänderungen von unterschiedlicher Relevanz. Das Bilanzrichtliniengesetz vom 19. 12. 198535 brachte keine inhaltlichen Änderungen. § 150 a AktG, der die Rücklage für eigene Anteile regelte, wurde durch § 272 Abs. 4 HGB ersetzt.36 Wesentlichere Änderungen brachte das zweite Finanzmarktförderungsgesetz vom 26. 7. 199437. Der Erlaubnistatbestand des § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG wurde auf ehemalige Arbeitnehmer ausgeweitet. Darüber hinaus wurde ein weiterer Erlaubnistatbestand eingefügt. Nach § 71 Abs. 1 Nr. 7 AktG wurde es Kredit- und Finanzinstituten gestattet, eigene Aktien zum Zwecke des Wertpapierhandels zu erwerben. Damit wurde von der durch Art. 19 Abs. 1 lit. a der Richtlinie ge_______________ 33 Gesetz zur Durchführung der Zweiten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts vom 13. 12. 1978, BGBl. I 1978, S. 1959; vgl. dazu Ganske, DB 1978, 2461 ff.; Hüffer, NJW 1979, 1065 ff. 34 Dazu ausführlich Westphal, S. 25 ff. 35 Gesetz zur Durchführung der Vierten, Siebten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts vom 19. 12. 1985, BGBl. I 1985, S. 2355. 36 Die vormals missverständliche Gesetzesformulierung wurde geändert. 37 Gesetz über den Wertpapierhandel und zur Änderung börsenrechtlicher und wertpapierrechtlicher Vorschriften, BGBl. I 1994, S. 1749.

§ 4 Die Regelungen des Aktiengesetzes

71

schaffenen Möglichkeit, den Erwerb eigener Aktien ohne besonderen Grund zu erlauben, Gebrauch gemacht.38 Durch das Umwandlungsbereinigungsgesetz vom 28. 10. 199439 wurde Art. 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG neu gefasst und um einige Sachverhalte aus dem Umwandlungsgesetz erweitert.40 Durch das Begleitgesetz zum Gesetz zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmonisierung bankund wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften vom 22. 10. 199741 wurde § 71 Abs. 1 Nr. 7 AktG geändert. Eine weitere Änderung brachte das Stückaktiengesetz vom 25. 3. 199842 für Art. 71 Abs. 2 S. 1 und 3 AktG und Art. 71 Abs. 3 S. 1 AktG.

c) Das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich von 1998 Größere Änderungen erfolgten durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27. 4. 1998.43 Die durch Art. 19 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 77/91/EWG geschaffene Möglichkeit wurde nun in nationales Recht umgesetzt. Nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG können eigene Aktien erworben werden aufgrund einer höchstens 18 Monate geltenden Ermächtigung der Hauptversammlung, die den niedrigsten und höchsten Gegenwert sowie den Anteil am Grundkapital, der zehn vom Hundert nicht übersteigen darf, festlegt. Nach S. 2 ist als Zweck der Handel in eigenen Aktien ausgeschlossen.44 Der Gesetzgeber hatte sich zu dieser Regelung entschlossen, nachdem Anfang der 90er Jahre eine Diskussion über die Finanzierungsinstrumente der AG begonnen hatte und immer stärker eine Liberalisierung des Rechts der eigenen

_______________ 38 Nach der Intention des Gesetzgebers sollte der Eigenhandel der Kredit- und Finanzinstitute in eigenen Aktien erleichtert werden, Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/6679, S. 83 f. Der Gesetzgeber hat weiter ausdrücklich angeführt, dass er seine ihm durch die Richtlinie verliehenen Rechte noch nicht ausgeschöpft habe. 39 Gesetz zur Bereinigung des Umwandlungsrechts vom 28. 10. 1994, BGBl. I 1994, S. 3210. 40 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 2; Johannsen-Roth, S. 106. 41 BGBl. I 1997, S. 2567. 42 BGBl. I 1998, S. 590. 43 BGBl. I 1998, S. 786. 44 Zu den Einzelheiten der Regelungen betreffend den Erwerb eigener Aktien siehe § 4 B.

72

Teil 1: Grundlagen

Aktie gefordert wurde.45 Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sollte diese Maßnahme den Börsenhandel beleben, die Akzeptanz der Aktie als Anlageform steigern, die Emissionsneigung erhöhen und damit zur Steigerung der Attraktivität des deutschen Finanzplatzes beitragen.46

B. Die gegenwärtige Rechtslage Das Aktienrecht regelt den Erwerb eigener Aktien in §§ 71-71 e AktG.47 Der Gesetzgeber hat festgelegt, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen der Erwerb eigener Aktien zulässig ist.48 Das grundsätzliche Verbot des Erwerbs eigener Aktien wird von den Ausnahmetatbeständen des § 71 Abs. 1 _______________ 45

DAI, Stellungnahme, S. 17 f.; Kübler, Aktie, S. 62 ff.; Wastl/Wagner/Lau, S. 93, 128, 147, 151; Claussen, AG 1991, 10, 13; ders., AG 1996, 481, 489 ff.; Martens, AG 1996, 337, 342; von Rosen/Helm, AG 1996, 434 m. w. N. Dementsprechend wurde auch der Referentenentwurf zum KonTraG im Hinblick auf den Erwerb eigener Aktien weitgehend befürwortet: Gemeinsamer Arbeitsausschuss des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, des Bundesverbandes deutscher Banken, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, des Deutschen Industrie- und Handelstages, des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft für Fragen des Unternehmensbereichs, WM 1997, 490, 491 f.; Baums, in: AG-Sonderheft 1997, S. 26, 34 f.; Kübler, in: AG-Sonderheft 1997, S. 48, 51; Lutter, in: AG-Sonderheft 1997, S. 52, 56; Deutscher Anwaltverein, ZIP 1997, 163, 170 ff.; Wastl, DB 1997, 461, 465 f.; auch die Führungskräfte börsennotierter Unternehmen beurteilten die Regelungen positiv, vgl. die Ergebnisse einer Umfrage, die Förschle/Glaum/Mandler, DB 1998, 889, 893 anführen. Gleichzeitig gab es jedoch warnende Stimmen aus der Wissenschaft zum Referentenentwurf: Adams, in: AG-Sonderheft 1997, S. 9, 20, der die Ablehnung vor allem mit den im Referentenentwurf zum KonTraG fehlenden Regelungen zum Schutz der Unternehmenseigentümer begründet; Hopt, in: AG-Sonderheft 1997, S. 42, 48, der jedoch nicht die Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien an sich kritisierte, sondern auf die zum damaligen Zeitpunkt noch nicht ausreichende wissenschaftliche Diskussion hinweist; nach Wenger, in: AG-Sonderheft 1997, S. 57, 63 war die Gleichbehandlung der Aktionäre nicht ausreichend gewährleistet. 46 Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. Das Schrifttum sieht die Liberalisierung durch das KonTraG weitgehend als gelungenes Instrument, um diese Ziele zu erreichen; zum Echo nach Erlass des KonTraG siehe nur Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 452; Klingberg, BB 1998, 1575, 1581, der noch auf steuerliche Unklarheiten hinweist. 47 § 71 e AktG betrifft die Inpfandnahme eigener Aktien, die im Wesentlichen dem Erwerb eigener Aktien gleichgestellt wird. Auf die Inpfandnahme eigener Aktien soll nicht näher eingegangen werden. 48 Die Ausnahmetatbestände sind für das Aktienrecht abschließend: § 23 Abs. 5 S. 1 AktG.

§ 4 Die Regelungen des Aktiengesetzes

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AktG durchbrochen.49 Besondere Aufmerksamkeit verdient der durch das KonTraG neu eingefügte § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG. Die Vorschrift ermöglicht den Erwerb eigener Aktien ohne einen bestimmten Erwerbszweck. Gerade dies stellt eine deutliche Liberalisierung dar.

I. Erwerbsverbot Der Erwerb eigener Aktien ist nur in den in § 71 Abs. 1 Nr. 1-8 AktG genannten Fällen zulässig, darüber hinaus besteht ein Erwerbsverbot. Fraglich ist, woraus sich dieses Erwerbsverbot dogmatisch ergibt. Als dogmatische Grundlagen kommen § 71 Abs. 1 AktG oder § 57 Abs. 1 S. 1 AktG in Betracht. § 71 Abs. 1 AktG setzt ein Erwerbsverbot voraus, indem es Verbotsausnahmen regelt. Im Tatbestand des § 71 Abs. 1 AktG wird das Verbot mithin impliziert. Daraus könnte der Schluss gezogen werden, das Erwerbsverbot sei in § 71 Abs. 1 AktG selbst fundiert.50 Richtigerweise ergibt sich das Verbot allerdings schon aus § 57 Abs. 1 S. 1 AktG.51 Die Zahlung des Erwerbspreises beim Erwerb eigener Aktien ist eine Einlagenrückgewähr, die grundsätzlich nicht zulässig ist. Erforderlich ist daher eine Verbotsausnahme, die der Gesetzgeber in § 57 Abs. 1 S. 2 AktG vorgesehen hat. Danach gilt als Rückgewähr von Einlagen nicht die Zahlung des Erwerbspreises beim zulässigen Erwerb eigener Aktien. Die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien richtet sich dann nach §§ 71 ff. AktG.

_______________ 49 Diese Systematik ist auch durch die Liberalisierung, zuletzt durch das KonTraG, nicht geändert worden, Peltzer, WM 1998, 322, 323; das Verhältnis von Verbot und Ausnahme ist aber relativiert, wenn nicht sogar umgekehrt worden, van Aerssen, WM 2000, 391, 393; Kindl, DStR 1999, 1276; Kraft/Altvater, NZG 1998, 448; Schockenhoff/Wagner, AG 1999, 548; teilweise wird sogar davon gesprochen, aus der Verbotsvorschrift mit Ausnahmetatbeständen sei eine generelle, nur noch bestimmten Einschränkungen unterliegende Erlaubnis geworden, Wastl, DB 1997, 461, 462; ähnlich Benckendorff, S. 223; gegen diese neue Einordnung sind Hüffer, AktG, § 71 Rn. 3, 7, der die Kommentierung weiter in „Grundsatz: Erwerbsverbot“ und „Ausnahmen vom Erwerbsverbot“ unterteilt; zweifelnd auch van Aerssen, WM 2000, 391, 393. 50 So wohl Hüffer, AktG, § 71 Rn. 3, der allerdings später die Formulierung verwendet, § 71 Abs. 1 sei „als Ausnahme von § 57 Abs. 1 S. 1 streng auszulegen“ und somit möglicherweise doch § 57 Abs. 1 S. 1 AktG als dogmatische Grundlage des Erwerbsverbotes betrachtet. 51 Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 17; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 61.

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Teil 1: Grundlagen

II. Ausnahmen vom Erwerbsverbot Die Ausnahmen vom Erwerbsverbot sind in § 71 Abs. 1 Nr. 1-8 AktG enumerativ aufgeführt. § 71 Abs. 1 Nr. 1-7 erlauben den Erwerb für bestimmte Zwecke, während Nr. 8 den Erwerb ermöglicht, ohne dass ein vom Gesetzgeber verfolgter Zweck erfüllt werden muss. Da die Ausnahmen teilweise wieder durch § 71 Abs. 2 eingeschränkt werden,52 differenziert man zwischen begrenzten Ausnahmen vom Erwerbsverbot und unbegrenzten Ausnahmen vom Erwerbsverbot.

1. Begrenzte Ausnahmen vom Erwerbsverbot Nach § 71 Abs. 2 S. 1 AktG zählen zu den begrenzten Ausnahmen vom Erwerbsverbot § 71 Abs. 1 Nr. 1-3, 7, 8 AktG.

a) Erwerb zur Schadensabwehr Gem. § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG ist der Erwerb eigener Aktien zulässig, wenn er notwendig ist, um einen schweren, unmittelbar bevorstehenden Schaden von der Gesellschaft abzuwenden.

aa) Schwerer, unmittelbar bevorstehender Schaden Der Begriff des Schadens ist mit dem in §§ 249 ff. BGB identisch.53 Danach liegt ein Schaden in jeder Vermögenseinbuße, zu der auch Folgeschäden, insbesondere entgangener Gewinn, zählen.54 Diese Vermögenseinbuße muss der AG drohen, nicht lediglich ihren Aktionären.55 Ein schwerer Schaden liegt vor, wenn es sich um eine ins Gewicht fallende Vermögenseinbuße handelt, die unter Berücksichtigung von Größe und Finanzkraft der Gesellschaft jedenfalls

_______________ 52

Auf diese sog. Schranken wird unter § 4 B. III. eingegangen. Bandte, Jura 1987, 465, 467. 54 Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 14; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 7; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 22. 55 Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 14; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 22; Aha, AG 1992, 218, 219. 53

§ 4 Die Regelungen des Aktiengesetzes

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beträchtlich ist.56 Die Vermögenseinbuße muss nicht existenzgefährdend sein. Der Schaden steht unmittelbar bevor, wenn er in überschaubarer Zukunft zu erwarten ist.57 Ein zeitlicher Höchstrahmen ist nicht fixierbar.58 Abzustellen ist auf die Schadenswahrscheinlichkeit.59 Die Vorschrift muss allerdings insoweit korrigierend ausgelegt werden, als dass sie auch bereits eingetretene Schäden umfasst.60 Die Vorschrift ist somit so auszulegen, dass nur ein künftiger Schaden unmittelbar bevorstehen muss, ein bereits eingetretener Schaden aber erst recht unter die Vorschrift zu subsumieren ist.

bb) Notwendigkeit Der Erwerb eigener Aktien muss notwendig sein, um den Schaden von der Gesellschaft abzuwenden.61 Dies setzt voraus, dass der Aktienrückerwerb ein taugliches Mittel und er ohne vernünftige Alternative ist.62 Der Rückerwerb wird dadurch zur ultima ratio.63 Die Notwendigkeit beurteilt sich nach objektiven Kriterien, die subjektive Zielsetzung des Vorstands ist nicht maßgeblich.64 Demzufolge ist der Aktienerwerb auch dann zulässig, wenn der Vorstand ihn zwar subjektiv nicht zur Schadensabwendung durchführt, er objektiv aber dazu notwendig ist. _______________ 56

Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 14; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 7; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 28; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 98; Aha, AG 1992, 218, 219. 57 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 7; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 29; die Frage, ob ein schwerer Schaden unmittelbar bevorsteht, ist somit insgesamt eine Prognoseentscheidung, vgl. Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 95, 99. 58 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 8/1678, S. 14 f.; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 7. 59 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 99. 60 Bereits eingetretene Schäden wurden bereits unter Geltung des AktG 1965 erfasst und die Neufassung der Norm mit dem Hinweis auf den „bevorstehenden Schaden“ sollte daran nichts ändern, Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 29 f.; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 99. 61 Das Merkmal der Notwendigkeit dient dazu, den Handlungsspielraum des Vorstands einzuschränken, Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 100. 62 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 8; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 31; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 100. 63 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 100. 64 Heute ganz h. M., vgl. Hüffer, AktG, § 71 Rn. 8; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 31; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 101; a. A. teilweise die ältere Literatur, vgl. von Godin/Wilhelmi, AktG, § 71 Anm. 4; Kronstein, ZBH 1931, 217, 221.

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Teil 1: Grundlagen

cc) Einzelfälle Um die generalklauselartig formulierte Norm des § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG anschaulicher zu machen, sollen einige Einzelfälle dargestellt werden, in denen ein Schaden für die Gesellschaft gegeben beziehungsweise nicht gegeben ist.65

(1) Abkauf von Anfechtungsklagen Beschlüsse der Hauptversammlung können von den Aktionären gem. §§ 243, 245, 246 AktG angefochten werden. Das Anfechtungsrecht stellt ein elementares aktienrechtliches Kontrollinstrument der Aktionäre dar, durch das die Legalität der von der Verwaltung der Gesellschaft vorbereiteten Hauptversammlungsbeschlüsse überwacht werden soll.66 Schon daran wird deutlich, dass an die Zulässigkeit des Abkaufs von Anfechtungsklagen hohe Anforderungen gestellt werden müssen. Die Kontrollfunktion der Anfechtung wäre nicht mehr gegeben, hätte es die Geschäftsleitung der Gesellschaft in der Hand, dem Kläger sein Anfechtungsrecht abzukaufen. Daher ist ein Schaden der Gesellschaft abzulehnen, wenn die Klage begründet ist. Sie dient in diesem Fall zur Wiederherstellung der Legalität.67 Darüber hinaus stellt die Erhebung einer Anfechtungsklage auch dann ein legitimes Mittel dar, wenn sich im Ergebnis herausstellt, dass der Hauptversammlungsbeschluss rechtmäßig und die Klage mithin unzulässig war.68 _______________ 65 Für weitere Einzelfälle siehe Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 19 ff.; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 9 ff.; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 23 ff.; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 102 ff.; Nirk, Hdb. AG, Teil I Rn. 403; Henn, Rn. 59 Fn. 296; Kuhn, NJW 1973, 833, 834; Werner, AG 1990, 1, 14. 66 Heidel, in: AnwK-AktienR, AktG, § 243 Rn. 1; Hüffer, in: MünchKommAktG, § 245 Rn. 2; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 118; Lutter, ZGR 1978, 347, 349. 67 Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 26; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 118; Lutter, ZGR 1978, 347, 361. Etwas anderes kann höchstens dann gelten, wenn es sich um ganz unbedeutende formelle Mängel handelt, an deren Korrektur der Aktionär kein schützenswertes rechtliches Interesse hat, vgl. Schlaus, AG 1989, 113, 116 f.; nach Hommelhoff/Timm, AG 1989, 170 ist für eine Abkaufbefugnis darüber hinaus zu fordern, dass die Gesellschaft zunächst den geltend gemachten Fehler beseitigt. 68 Dafür würde der Rückerwerb der Aktien vom klagenden Aktionär nicht ausreichen. Nach heute h. M. entfällt gem. § 265 ZPO analog mit der Veräußerung der Aktien die Aktivlegitimation für die Anfechtungsklage nicht; vgl. nur Hüffer, AktG, § 245 Rn. 8; Heidel, in: AnwK-AktienR, AktG, § 245 Rn. 6. Daher muss die Gesellschaft darüber hinaus erreichen, dass der Kläger seine Klage zurücknimmt.

§ 4 Die Regelungen des Aktiengesetzes

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Ein Schaden der Gesellschaft kann nur angenommen werden hinsichtlich solcher Klagen, die missbräuchlich erhoben werden, und zwar alleine aus dem Grunde, den „Wert als Schadensstifter“69 auszunutzen.70 Dies kommt vor allem im Zusammenhang mit Verschmelzungen, Vermögensübertragungen oder Kapitalerhöhungen vor, die dadurch blockiert werden können.71 Der Aktionär bringt die AG dabei durch die mit der Erhebung der Anfechtungsklage verbundene verfahrensbedingte Verzögerung in Bedrängnis.72 Dies kann unter Umständen zu erheblichen Vermögenseinbußen für die Gesellschaft führen. Problematisch ist jedoch, dass gerade dadurch ein Erpressungspotential geschaffen wird. Kann sich der Aktionär sicher sein, dass ihm seine Aktien abgekauft werden, wird die Motivation, eine Anfechtungsklage zu erheben, steigen. Eine restriktive Ansicht plädiert daher dafür, Erpressungsversuche mangels Abwehrbefugnis des Vorstands gegenstandslos zu machen.73 Dadurch alleine werden die Probleme der Verzögerung jedoch nicht gelöst. Es ist kaum vorstellbar, dass sich sog. „gewerbliche Oppositionen“74 alleine dadurch von missbräuchlichen Anfechtungsklagen abhalten lassen. Das Pflichtendilemma, in dem der Vorstand steckt, wird nur größer.75 Vielmehr muss der Rückerwerb in bestimmten Fällen, die zu beschränken und an die hohe Anforderungen zu stellen sind, erlaubt sein. Von einem Schaden kann nur gesprochen werden, wenn die An-

_______________ 69

Siehe zu diesem Begriff Mestmäcker, S. 14. Zum Missbrauch aktienrechtlicher Anfechtungsklagen im Einzelnen Hirte, BB 1988, 1469 ff. 71 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 118. 72 Beispielhaft für die Möglichkeit einer solchen Verzögerung sei nur § 16 Abs. 2 S. 1 UmwG genannt. Die Verzögerung kann zu erheblichen Vermögenseinbußen führen. Daher hat die Gesellschaft ein Interesse daran, eine solche Verzögerung abzuwenden. Eine Möglichkeit dazu bietet das Unbedenklichkeitsverfahren nach § 16 Abs. 3 UmwG. Der Gesetzgeber hat dieses Verfahren eingeführt, um Anfechtungsklagen gegen Umwandlungsbeschlüsse zu verhindern, mit denen die Aktionäre nur darauf zielen, sich den „Lästigkeitswert“ ihrer Klagen abkaufen zu lassen, Bork, in: Lutter, UmwG, § 16 Rn. 14 f. Aufgrund seiner engen Voraussetzungen ist dieses Verfahren in vielen Fällen jedoch wenig geeignet, Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 118. Weitere Unbedenklichkeitsverfahren finden sich in § 319 Abs. 6 AktG für die Anmeldung der Eingliederung und in § 327 e Abs. 2 AktG i. V. m. § 319 Abs. 6 AktG für die Anmeldung des Übertragungsbeschlusses nach dem Ausschluss von Minderheitsaktionären (sog. squeeze-out). 73 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 10; auch gegen die Einstufung als schwerer Schaden, allerdings ohne Begründung Günther/Muche/White, RIW 1998, 337, 340. 74 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 119. 75 Schlaus, AG 1988, 113, 115. 70

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Teil 1: Grundlagen

fechtungsklage offensichtlich missbräuchlich erhoben wird. Der Aktienrückerwerb ist dann über § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG zuzulassen.76

(2) Kurspflege Der Kursverlust der Aktien ist nach allgemeiner Ansicht kein Schaden i. S. d. § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG.77 Ein Schaden der Gesellschaft ist jedoch anzunehmen, wenn die Kursverluste zu einem Rückgang der Kreditwürdigkeit der Gesellschaft führen. Bezugspunkt sind dann nicht mehr die Kursverluste, sondern die Kreditwürdigkeit, die der AG selbst zuzuordnen ist.

(3) Feindliche Übernahme Der Erwerb eigener Aktien kann als Mittel eingesetzt werden, um feindliche Übernahmen abzuwehren.78 Fraglich ist jedoch, ob die drohende „Überfremdung“ ein Schaden ist und der Erwerb auf § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG gestützt werden kann. Dies wird unter § 9 B. behandelt.

_______________ 76 Die Ausnahme nach § 57 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 71 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AktG rechtfertigt den Aktienerwerb gleichwohl nur zum Marktpreis. Die darüber hinausgehende Vergütung ist eine unzulässige Einlagenrückgewähr nach § 57 Abs. 1 S. 1 AktG. Die Berechtigung dafür ergibt sich jedoch aus §§ 76 Abs. 1, 93 Abs. 1 S. 1 AktG, Diekgräf, S. 155 f., 190 ff.; Martens, AG 1988, 118, 121; Schlaus, AG 1988, 113, 117. Ebenfalls liegt kein Verstoß gegen § 53 a AktG vor, da die Ungleichbehandlung aus einem sachlichen Grund, und zwar der Schadensabwehr, erfolgt, vgl. Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 120. Zur Lösung, wenn die materielle Rechtslage nicht so eindeutig ist, siehe Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 120 und insbesondere Diekgräf, S. 149, 164. 77 Überwiegend wird als Argument angeführt, dass sich Kursverluste im Vermögen der Aktionäre widerspiegeln, nicht jedoch im Vermögen der AG. Eine Vermögenseinbuße der AG komme daher schon begrifflich nicht in Betracht, Hüffer, AktG, § 71 Rn. 10; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 22; Aha, AG 1992, 218, 219; Claussen, AG 1991, 10, 13. Zum Teil wird ein systematisches Argument angeführt: Gem. § 71 Abs. 1 Nr. 7 und 8 AktG sei die Gesellschaft nur aufgrund eines Beschlusses der Hauptversammlung dazu ermächtigt, Aktien zum Zwecke der Kurspflege zurückzuerwerben. Daraus gehe hervor, dass der Rückerwerb über § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG nicht zum Ausgleich von Kursverlusten erfolgen dürfe, Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 114. 78 Siehe oben § 2 A. II. 1.

§ 4 Die Regelungen des Aktiengesetzes

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b) Erwerb zum Zwecke des Angebots an die Belegschaft Gem. § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG kann die Gesellschaft eigene Aktien erwerben, um sie Personen anzubieten, die im Arbeitsverhältnis zu der Gesellschaft oder einem mit ihr verbundenen Unternehmen stehen oder standen. Das Arbeitsverhältnis ist im Sinne eines arbeitsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses zu begreifen.79 Umfasst sind von diesem Begriff sowohl Arbeiter und Angestellte als auch Prokuristen und sonstige leitende Angestellte, nicht jedoch Organmitglieder (Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder).80 Die Neufassung der Vorschrift durch das 2. Finanzmarktförderungsgesetz81 stellt mit der Formulierung „oder standen“ klar, dass auch frühere Arbeitsverhältnisse ausreichen.82 Dies gilt allerdings nicht, wenn die ehemaligen Arbeitnehmer jetzt Organmitglieder sind, da ansonsten gerade die Interessenkollision auftritt, die durch den Ausschluss der Organmitglieder verhindert werden soll. Freilich ist wieder anders zu entscheiden, wenn sie auch als Organmitglieder mittlerweile ausgeschieden sind.83 Seit Inkrafttreten des 2. EG-Koordinierungsgesetzes84 reicht ein Arbeitsverhältnis mit einem verbunden Unternehmen aus. Der Begriff des verbundenen Unternehmens ist in § 15 AktG definiert. Dabei handelt es sich um einen Oberbegriff, der für fünf Arten von Unternehmensverbindungen gelten soll.85 Die Begriffsbestimmung des § 15 AktG ist auch im Rahmen des § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG anwendbar.86 Die Aktien müssen erworben werden, um sie dem angesprochenen Personenkreis anzubieten. Aus dem Wortlaut („sollen“) wird deutlich, dass die sub_______________ 79

Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 27; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 41. 80 Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 27; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 12; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 41; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 125 f. 81 Gesetz über den Wertpapierhandel und zur Änderung börsenrechtlicher und wertpapierrechtlicher Vorschriften vom 26. 7. 1994, BGBl. I 1994, S. 1749. 82 Nach der alten Gesetzeslage war dies umstritten, vgl. dazu im Einzelnen Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 41 und Butzke, WM 1995, 1389. 83 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 126. 84 Gesetz zur Durchführung der Zweiten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts vom 13. 12. 1978, BGBl. I 1978, S. 1959. 85 Hüffer, AktG, § 15 Rn. 1. 86 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 12; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 127.

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Teil 1: Grundlagen

jektive Seite, mithin die Absicht des Vorstands87, entscheidend ist.88 Liegt eine ausreichend belegte Absicht des Vorstands vor, wird der Erwerb der Aktien nicht dadurch unzulässig, dass eine Ausgabe nicht erfolgt, selbst wenn die Jahresfrist des § 71 Abs. 3 S. 2 AktG überschritten ist.89 Es besteht jedoch dann auch nach Ablauf dieser Frist weiterhin die Verpflichtung, die Aktien an die Arbeitnehmer weiterzugeben.90 Gibt der Vorstand seine Absicht auf, besteht eine Veräußerungspflicht analog § 71 c Abs. 1 AktG.91

c) Erwerb zur Abfindung von Aktionären Gem. § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG darf die Gesellschaft eigene Aktien erwerben, um Aktionäre in bestimmten Fällen nach dem Aktiengesetz oder dem Umwandlungsgesetz abzufinden.

aa) Abfindung nach dem Aktiengesetz Die AG muss, wenn sie die Begünstigte eines Unternehmensvertrages92 ist, auf Verlangen eines außen stehenden Aktionärs dessen Aktien gegen eine im _______________ 87 Die Zuständigkeit des Vorstands für die Abgabe von Belegschaftsaktien ergibt sich daraus, dass es sich um eine Geschäftsführungsmaßnahme i. S. d. § 76 Abs. 1 AktG handelt. Daher ist dessen Absicht maßgeblich. Ist eine Zustimmung des Aufsichtsrats gem. § 111 Abs. 4 S. 2 AktG notwendig, liegt die erforderliche Absicht vor, wenn das Vorhaben des Vorstands zusätzlich die Zustimmung des Aufsichtrats findet, Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 29. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 BetrVG besteht nicht, Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 29; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 37. 88 Um die Ernsthaftigkeit des Vorhabens zu belegen, ist ein schriftlich protokollierter Vorstandsbeschluss erforderlich, Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 35; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 128. Zum Teil wird sogar verlangt, dass dieser die Erwerbskonditionen bzw. die wesentlichen Umstände der geplanten Mitarbeiterbeteiligung festlegt, Hüffer, AktG, § 71 Rn. 13; Wiesner, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 15 Rn. 13; Bosse, NZG 2001, 594, 596. 89 Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 29; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 13; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 129. 90 Wiesner, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 15 Rn. 13; Zilias/Lanfermann, WPg 1980, 61, 63. 91 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 13; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 129; Bosse, NZG 2001, 594, 596. 92 Nach § 291 Abs. 1 S. 1 AktG fallen darunter Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge.

§ 4 Die Regelungen des Aktiengesetzes

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Vertrag bestimmte angemessene Abfindung erwerben (§ 305 Abs. 1 AktG). Handelt es sich um eine nicht abhängige und nicht in Mehrheitsbesitz stehende AG, muss diese sich gem. § 305 Abs. 2 Nr. 1 AktG im Vertrag verpflichten, eigene Aktien zu gewähren. Ist die AG von einer inländischen AG abhängig oder steht sie in deren Mehrheitsbesitz, muss der Vertrag gem. § 305 Abs. 2 Nr. 2 AktG die Gewährung von Aktien der herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten AG oder eine Barabfindung vorsehen. Aktien der herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten AG sind jedoch keine eigenen Aktien i. S. d. § 71 AktG. Der Erwerb der Aktien durch die beherrschte AG wird erst über § 71 d S. 1 AktG erfasst. Die Regelung als Ausnahme zu § 71 AktG erscheint daher systemwidrig. Der Widerspruch löst sich, wenn man § 305 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG dahin gehend auslegt, dass auch die herrschende AG ihre Aktien erwerben darf, um sie der abhängigen AG – also dem anderen Vertragsteil i. S. d. § 305 Abs. 2 Nr. 2 AktG – zur Verfügung zu stellen.93 Daher gestattet § 305 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG sowohl den Erwerb durch die beherrschte AG als auch durch die herrschende AG. Nach einer Eingliederung einer AG durch Mehrheitsbeschluss in eine andere inländische AG (Hauptgesellschaft) i. S. d. § 320 AktG sind die ausgeschiedenen Aktionäre der eingegliederten Gesellschaft angemessen abzufinden (§ 320 b Abs. 1 S. 1 AktG). Gem. § 320 b Abs. 1 S. 2 AktG sind ihnen eigene Aktien der Hauptgesellschaft zu gewähren. Ist die Hauptgesellschaft eine abhängige Gesellschaft, sind den ausgeschiedenen Aktionären nach ihrer Wahl eigene Aktien der Hauptgesellschaft oder eine angemessene Barabfindung zu gewähren (§ 320 b Abs. 1 S. 3 AktG). § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG ermöglicht den Erwerb der benötigten Aktien. Der Erwerb der Aktien ist in den Fällen des § 305 Abs. 2 AktG und des § 320 b AktG zulässig, wenn eine ernste Verwendungsabsicht besteht. Der Vorstand muss damit die eigenen Aktien zu einem der in Nr. 3 genannten Zwecke erwerben.94 _______________ 93

Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 49. Um die Ernsthaftigkeit des Willens zu dokumentieren, sollte – wie schon bei einem Erwerb zum Zwecke des Angebots an die Belegschaft verlangt – ein schriftlich protokollierter Vorstandsbeschluss vorliegen. Anders als bei dem Erwerb nach § 71 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AktG ist jedoch nicht alleine auf die Absicht des Vorstands abzustellen. Über einen Unternehmensvertrag und die Eingliederung haben jeweils die Hauptversammlungen beider Vertragsseiten zu beschließen (§ 293 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 AktG für den Unternehmensvertrag, § 320 Abs. 1 S. 1, Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 319 Abs. 2 S. 1 AktG für die Eingliederung). Aus diesem Grund ist für die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG zu fordern, dass die erforderlichen Hauptversammlungsbeschlüsse bereits gefasst sind oder ein positiver Beschluss aufgrund der Mehrheitsverhältnisse in der Hauptversammlung gesichert ist, Hüffer, AktG, 94

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Teil 1: Grundlagen

bb) Abfindung nach dem Umwandlungsgesetz Die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien, um Aktionäre nach § 29 Abs. 1, § 125 S. 1 i. V. m. § 29 Abs. 1, § 207 Abs. 1 S. 1 UmwG abzufinden, ist durch Art. 6 Nr. 1 UmwBerG95 eingeführt worden. Nach den umwandlungsrechtlichen Vorschriften ist die Gesellschaft verpflichtet, bei Verschmelzung (§ 29 Abs. 1 UmwG)96, Auf- und Abspaltung (§ 125 S. 1 i. V. m. § 29 Abs. 1 UmwG; nicht jedoch bei der Ausgliederung) oder Formwechsel (§ 207 Abs. 1 S. 1 UmwG), jedem Anteilsinhaber, der Widerspruch gegen die Umwandlungsmaßnahme eingelegt hat, den Erwerb seiner Anteile oder Mitgliedschaften gegen eine angemessene Barabfindung anzubieten.97 Um die Verpflichtung zum Rückkauf erfüllen zu können, muss der AG der Erwerb eigener Aktien gestattet sein. Daher war es konsequent, diese Tatbestände in § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG aufzunehmen. Die Verpflichtung der Gesellschaft zum Rückerwerb der Aktien kann dazu führen, dass die 10 %-Grenze des § 71 Abs. 2 S. 1 AktG überschritten wird. Nach § 71 Abs. 4 S. 2 AktG hätte dies zur Folge, dass das schuldrechtliche Geschäft nichtig ist. Um diese Rechtsfolge zu vermeiden, ist die Vorschrift gem. §§ 29 Abs. 1 S. 1, 2. Hs., 207 Abs. 1 S. 1, 2. Hs. UmwG auf die genannten Sachverhalte nicht anwendbar.98 d) Erwerb zum Wertpapierhandel Nach § 71 Abs. 1 Nr. 7 AktG dürfen Kreditinstitute (§§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 KWG), Finanzdienstleistungsinstitute (§§ 1 Abs. 1 a, 2 Abs. 6 KWG) oder Finanzunternehmen (§ 1 Abs. 3 KWG) eigene Aktien aufgrund eines Beschlusses der Hauptversammlung zum Zwecke des Wertpapierhandels erwerben.99 _______________

§ 71 Rn. 14; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 51; Wiesner, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 15 Rn. 14; nach Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 36; Barz, in: GroßkommAktG, § 71 Anm. 16; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 146; Nirk, Hdb. AG, Teil I Rn. 409 reicht schon die Erwartung, dass die Hauptversammlungen der betreffenden Gesellschaften zustimmen werden. 95 Gesetz zur Bereinigung des Umwandlungsrechts vom 28. 10. 1994, BGBl. I 1994, S. 3210. 96 Siehe dazu schon oben § 2 A. I. 4. 97 Zu den Einzelheiten Grunewald, in: FS Boujong, S. 175 ff.; Martens, in: FS Boujong, S. 335 ff.; Butzke, WM 1995, 1389, 1390. 98 Zu den Problemen im Einzelnen Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 139. 99 Die Vorschrift ist durch das 2. Finanzmarktförderungsgesetz (Gesetz über den Wertpapierhandel und zur Änderung börsenrechtlicher und wertpapierrechtlicher Vorschriften vom 26. 7. 1994, BGBl. I 1994, S. 1749) eingeführt worden. Der Eigenhandel

§ 4 Die Regelungen des Aktiengesetzes

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Der Hauptversammlungsbeschluss muss bestimmen, dass der Rückerwerb zum Zwecke des Wertpapierhandels erfolgt und dass der Handelsbestand 5 % des Grundkapitals am Ende jeden Tages nicht übersteigen darf (§ 71 Abs. 1 Nr. 7 S. 2, 1. Hs. AktG). Darüber hinaus muss die Ermächtigung den niedrigsten und höchsten Gegenwert festlegen (§ 71 Abs. 1 Nr. 7 S. 2, 2. Hs. AktG) und darf höchstens für 18 Monate erteilt werden (§ 71 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 AktG). Die Ermächtigung kann während der Laufzeit der Frist erneuert werden.100 Um eine Umgehung der Beschränkung auf 18 Monate zu vermeiden, ist der Rest der noch laufenden Ermächtigung von der Frist der neuen Ermächtigung abzuziehen.101

e) Erwerb aufgrund einer Ermächtigung durch die Hauptversammlung Durch Art. 1 Nr. 5 lit. a cc) KonTraG102 ist § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG eingefügt worden.103 Dadurch ist die seit langem geforderte104 Liberalisierung des Rückerwerbs eigener Aktien Gesetz geworden. Der Rückerwerb eigener Aktien ist nunmehr zulässig, ohne dass ein vom Gesetzgeber vorgegebener Zweck verfolgt werden muss. Systematisch bleibt der Erwerb eigener Aktien weiter grundsätzlich verboten, da § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG eine Ausnahmevorschrift darstellt. Allerdings hat sich das Verhältnis tatsächlich verkehrt. Der Erwerb ist durch die Neuregelung faktisch erlaubt.105 Durch die erweiterte Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien als bedeutendem Finanzierungsinstrument sollte die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Gesellschaften im internationalen Vergleich verbessert werden.106 _______________

sollte dadurch auf eine gesicherte Rechtsgrundlage gestellt werden, Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/6679, S. 83 f. 100 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/6679, S. 84. 101 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 b. 102 Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27. 4. 1998, BGBl. I 1998, S. 786. 103 Auf § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG wird näher eingegangen, da es der Hauptanwendungsfall des Erwerbs eigener Aktien durch die Gesellschaft ist und die gesetzlichen Regelungen relevant für die Frage sind, ob das WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien anwendbar ist. 104 Kübler, Aktie, S. 41 ff.; Claussen, AG 1996, 481, 489 f.; Eberstadt, WM 1996, 1809 f.; Martens, AG 1996, 337, 341 ff.; Piepenburg, BB 1996, 2582, 2585; von Rosen/Helm, AG 1996, 434, 441. 105 Zur Systematik siehe oben § 4 B. I. 106 Kindl, DStR 1999, 1276. Die Regelung wurde daher auch überwiegend positiv aufgenommen, Stellungnahme des Gemeinsamen Arbeitsausschusses des Bundesver-

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Teil 1: Grundlagen

aa) Ermächtigung der Hauptversammlung Vor dem Erwerb eigener Aktien ist ein Hauptversammlungsbeschluss notwendig, der mangels abweichender Regelungen der einfachen Stimmenmehrheit (§ 133 Abs. 1 AktG) bedarf.107 Die Ermächtigung kann höchstens für die Dauer von 18 Monaten erteilt werden. Möglich ist allerdings, sie zu erneuern. Da Hauptversammlungen jährlich stattfinden, kann die Erneuerung jedoch nicht nach 18 Monaten, sondern nur nach einem Jahr erfolgen. Um die 18Monatsfrist nicht zu umgehen, ist die vorangegangene Ermächtigung aufzuheben und durch eine neue zu ersetzen. Der Beschluss muss den niedrigsten und höchsten Gegenwert festsetzen.108 Ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfes können diese Werte durch eine relative Anbindung an einen künftigen Börsenkurs bestimmt werden.109 Darüber hinaus muss der Anteil am Grundkapital, der 10 % nicht übersteigen darf, festgelegt werden. Die Schranke bezieht sich auf das Erwerbsvolumen.110 Nicht in den Ermächtigungsbeschluss aufgenommen werden muss der Zweck des Rückerwerbs, obwohl es der Hauptversammlung freisteht, einen Erwerbszweck zu bestimmen oder eine Eingrenzung der zulässigen Erwerbszwecke vorzunehmen.111 Liegt eine Bestimmung oder Eingrenzung nicht vor, obliegt die Bestimmung als Geschäftsführungsmaßnahme dem Vorstand, der einen entsprechenden Beschluss fasst (§ 77 Abs. 1 AktG). Sofern keine besondere Rückerwerbsform von der Hauptversammlung vorgegeben wurde, entscheidet auch darüber der Vorstand (§ 77 Abs. 1 AktG). Um eine gewisse Transparenz zu wahren, sollte der Vorstand

_______________

bandes der Deutschen Industrie, des Bundesverbandes Deutscher Banken, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, des Deutschen Industrie- und Handelstages sowie des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft für Fragen des Unternehmensbereichs zum Referentenentwurf, WM 1997, 490, 491 f.; Deutscher Anwaltverein, ZIP 1997, 163, 170 ff.; zum Referentenentwurf Wastl, DB 1997, 461, 465 f.; Förschle/Glaum/Mandler, DB 1998, 889, 893 f. geben die Ergebnisse einer Umfrage unter den Führungskräften börsennotierter Unternehmen wieder. Kritik gibt es teilweise an der Ausgestaltung, vgl. etwa Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 c ff. 107 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 d; van Aerssen, WM 2000, 391, 394; Duggal, M&A 2002, 386, 388. 108 Markwardt, BB 2002, 1108, 1109. 109 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; zustimmend etwa Duggal, M&A 2002, 386, 388. 110 Im Unterschied zu der Grenze des § 71 Abs. 2 S. 1 AktG, die sich auf den Bestand bezieht. 111 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 f.; Markwardt, BB 2002, 1108, 1109; a. A. Wiesner, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 15 Rn. 16.

§ 4 Die Regelungen des Aktiengesetzes

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einen entsprechenden Hauptversammlungsbeschluss herbeiführen, wenn er einen Pakethandel vornehmen will.112 Gem. § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 AktG ist als Zweck der Handel in eigenen Aktien ausgeschlossen.113 Damit scheidet ein fortlaufender Kauf und Verkauf eigener Aktien und der Versuch, Trading-Gewinne zu erzielen, als Zweck aus.114 Die Einfügung des S. 2 sollte also vor allem die dauerhafte Kurspflege verhindern. Ebenfalls sollte dem Vorstand kein Spielraum gegeben werden, mit eigenen Aktien zu spekulieren.115 Kurzfristige Maßnahmen, um Einfluss auf den Kurs zu nehmen, sind gleichwohl nicht ausgeschlossen.116

bb) Gleichbehandlungsgebot Gem. § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 AktG ist § 53 a AktG auf Erwerb und Veräußerung anzuwenden.117 § 53 a AktG bestimmt, dass Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln sind.

(1) Erwerb § 53 a AktG gilt also zunächst für den Erwerb eigener Aktien.118 _______________ 112 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 186, 204; Wastl/Wagner/Lau, S. 140; Kiem, ZIP 2001, 209, 214 für kleine Aktiengesellschaften; siehe unten § 4 B. II. 1. e) bb) (1) (c). 113 Wie gerade dargelegt, ist der Zweck des Handels in eigenen Aktien gem. § 71 Abs. 1 Nr. 7 AktG den Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen vorbehalten; dazu Bosse, WM 2000, 806 ff. 114 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. 115 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 i. Grund dafür ist die in der Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1931 gemachte Erfahrung, dass der Handel in eigenen Aktien bei fallenden Kursen in eine Verlustspirale führt. 116 Claussen, DB 1998, 177, 180; Kindl, DStR 1999, 1276, 1279. 117 Die Geltung des aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist eine Selbstverständlichkeit, die nicht besonders angeordnet werden musste. Sie wird sogar als verunglückt bezeichnet, da der Eindruck erweckt werde, der Gleichbehandlungsgrundsatz gelte ohne Verweisung nicht und auch andere Prinzipien, auf die nicht verwiesen werde, wie zum Beispiel die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht, seien nicht zu beachten, Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 j. Im Übrigen war der deutsche Gesetzgeber nach Art. 42 der Kapitalschutzrichtlinie (ABl. EG Nr. L 26 vom 31. 1. 1977, S. 1 ff.) verpflichtet, die Gleichbehandlung der Aktionäre sicherzustellen.

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Teil 1: Grundlagen

(a) Erwerb über die Börse Gem. § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 4 AktG ist das Gleichbehandlungsgebot gewahrt, wenn Erwerb und Veräußerung über die Börse erfolgen.119 Der Rückkauf über die Börse ist somit nach Auffassung des Gesetzgebers die Erwerbsform, die die Gleichbehandlung der Aktionäre am besten gewährleistet.120 Dieser Einschätzung ist zuzustimmen, denn der Erwerb über die Börse mit der damit verbundenen Anonymität und Neutralität gewährleistet die Chancengleichheit der Aktionäre.121

(b) Öffentliches Rückkaufangebot Damit hat der Gesetzgeber jedoch nicht ausgedrückt, dass dies die einzige Erwerbsform ist, die dem Gleichbehandlungsgrundsatz entspricht.122 Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung ist das Gleichbehandlungsgebot ebenfalls bei einem Erwerb mittels eines öffentlichen Rückkaufangebots gewahrt.123 Auch dieser Beurteilung des Gesetzgebers ist zu folgen, denn ein öffentliches Rückkaufangebot richtet sich an alle Aktionäre und kann dementsprechend von diesen angenommen werden. Dabei ist sicherzustellen, dass den veräußernden Aktionären der gleiche Erwerbspreis und insoweit eine identische Prämie gezahlt wird.124 Ist das Festpreisangebot überzeichnet, muss die Gesellschaft den Rückkauf auf einer pro-rata-Basis durchführen.125 Dabei erfolgt eine Orientierung an den Beteiligungsquoten, also eine Bedienung nach _______________ 118

Die Gleichbehandlung der Aktionäre beim Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft wird eingehender behandelt, da die Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ein wesentlicher Diskussionspunkt bei der Frage ist, ob das WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien anwendbar ist. 119 Zur Kritik an dieser Interpretationsregel siehe Huber, in: FS Kropff, S. 101, 113; Paefgen, AG 1999, 67, 69; insgesamt kritisch zu den Regelungen hinsichtlich der Gleichbehandlung beim Erwerb eigener Aktien Paefgen, ZIP 2002, 1509 ff. 120 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. 121 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 213; Martens, AG 1996, 337, 339 f.; zur Kritik an der Einschätzung des Gesetzgebers vgl. Johannsen-Roth, S. 183. 122 Der Gesetzgeber ist nicht den Stimmen in der Literatur gefolgt, ausschließlich den Erwerb über die Börse zuzulassen, vgl. etwa Martens, AG 1996, 337, 339 f. 123 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. 124 Johannsen-Roth, S. 185. 125 Siehe oben § 3 B. I.

§ 4 Die Regelungen des Aktiengesetzes

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dem Kapitalanteil,126 da dies dem verbandsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot entspricht.127 Um einen Rückkauf auf pro-rata-Basis zu vermeiden, wird den Aktionären häufig ein Preisspannenangebot unterbreitet.128 An diesem Verfahren wird insbesondere kritisiert, dass die Festlegung des Preises Privatanleger überfordere und somit institutionelle Anleger bevorzuge.129 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass sich insoweit ein Risiko verwirklicht, welches dem Aktienhandel immanent ist.130 Es handelt sich nicht um die sachwidrige Ungleichbehandlung von Aktionären, sondern um die legitime Ausnutzung besonderer Fachkompetenz.131 Darüber hinaus wird allen Aktionären, die an dem Aktienrückkauf teilnehmen, der gleiche Preis bezahlt, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt keine Ungleichbehandlung eintreten kann.132 Aus Gründen der Gleichbehandlung ist für das deutsche Recht das sog. amerikanische Tenderverfahren, bei dem die Angebote in aufsteigender Reihenfolge der geforderten Preise berücksichtigt werden und jedem Aktionär der geforderte Preis gezahlt wird, unzulässig. Keine Probleme mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz treten auf, wenn die Gesellschaft übertragbare Verkaufsoptionen ausgibt.133 Innerhalb der Erwerbsform des Rückkaufs eigener Aktien mittels eines öffentlichen Angebots an die Aktionäre gewährleistet diese Methode die Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes am besten.134 Schließlich haben die Gesellschafter die Wahl, ob sie das Optionsrecht ausüben, indem sie ihre Aktien (zum Teil) veräußern, oder ob sie ihre Verkaufsrechte veräußern und ihre Aktien halten.135 Dadurch ist gewährleistet, dass alle Aktionäre von dem Rückkaufprogramm profitieren.136

_______________ 126

Siehe oben § 3 B. I. Baum, ZHR 167 (2003), 580, 605. 128 Siehe dazu oben § 3 B. II. 129 Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 66; Hampel, S. 16; Huber, in: FS Kropff, S. 101, 115; siehe schon oben § 3 B. II. 130 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 203. 131 Johannsen-Roth, S. 186. 132 Wastl/Wagner/Lau, S. 135 Fn. 313. 133 Siehe oben § 3 B. III. 134 Kindl, DStR 1999, 1276, 1279; Paefgen, AG 1999, 67, 68 f., 74. 135 Kindl, DStR 1999, 1276, 1279. 136 Kindl, DStR 1999, 1276, 1279. 127

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Teil 1: Grundlagen

Paefgen137 nimmt sogar an, dass der Pflicht des Vorstands zur Gleichbehandlung ein subjektives Recht der Aktionäre als Andienungsrecht bzw. umgekehrtes Bezugsrecht in analoger Anwendung des § 186 Abs. 1 S. 1 AktG entspreche.138 Aus ihm ergebe sich ein Andienungsanspruch gegenüber der Gesellschaft, so dass diese vom Berechtigten so viele Aktien im Verhältnis zur nachgefragten Gesamtmenge abnehmen müsse, wie der Anteil des Berechtigten im Verhältnis zum Grundkapital der Gesellschaft ausmache. Der Anspruch entstehe mit dem Vorstandsbeschluss zur Durchführung des Aktienrückkaufprogramms außerhalb der Börse und sei nach §§ 413, 398 BGB übertragbar.139 Auf diesem Wege sei der Wert des Andienungsrechts auch für diejenigen Aktionäre realisierbar, die ihre Aktien nicht veräußern.140 Ein Ausschluss des Bezugsrechts setze einen mit einfacher Mehrheit (§ 133 Abs. 1 AktG)141 bzw. mit Dreiviertelmehrheit (§ 186 Abs. 3 S. 2 AktG analog)142 gefassten Hauptversammlungsbeschluss und eine sachliche Rechtfertigung des Ausschlusses des Andienungsrechts voraus. Eine sachliche Rechtfertigung könne beispielsweise darin liegen, günstige Marktbedingungen auszunutzen.143

(c) Individuell ausgehandelter Rückkauf Problematisch erscheint der Erwerb mittels eines individuell ausgehandelten Rückkaufs. Verhandlungen betreffend den Rückerwerb eigener Aktien werden nur mit einigen Aktionären geführt, andere sind an den Verhandlungen nicht beteiligt. Für die Letztgenannten besteht nicht die Möglichkeit, Aktien an die Gesellschaft gegen eine Geldleistung zu verkaufen. Im Schrifttum wird unterschiedlich beurteilt, ob ein Verstoß gegen §§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 4, 53 a AktG vorliegt. Zur Lösung dieser Frage ist von der Gesetzesbegründung des KonTraG auszugehen. _______________ 137

Paefgen, AG 1999, 67, 68 f.; ders., ZIP 2002, 1509, 1510. Dieser Forderung schließen sich Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 200 und Hillebrandt/Schremper, BB 2001, 533, 536 an. 138 Dagegen Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 65 Fn. 33, da es dafür an einer gesetzlichen Grundlage fehle. 139 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 k. 140 Nach Paefgen, AG 1999, 67, 69 ist gerade dieser Aspekt für die Gleichbehandlung der Aktionäre wesentlich. Aus diesem Grund werde eine Beschränkung des Gebots der Gleichbehandlung auf die Forderung, ein Rückkaufangebot müsse sich an alle Aktionäre richten, dem Schutzweck des Gleichbehandlungsgebots auch nicht voll gerecht. 141 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 200. 142 Paefgen, AG 1999, 67, 70; ders., ZIP 2002, 1509, 1511. 143 Paefgen, AG 1999, 67, 73.

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Nach der Auffassung des Gesetzgebers144 macht die strikte Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ausdrückliche gesetzliche Verfahrensvorschriften zum An- und Verkauf entbehrlich. Aus dem Gleichbehandlungsgebot ergebe sich schon, dass sich ein Rückkaufs- und Wiederverkaufsangebot an alle Aktionäre zu richten habe. Aus dieser Aussage des Gesetzgebers wird zum Teil der Schluss gezogen, der individuell ausgehandelte Rückkauf sei unzulässig, da er sich eben nicht an alle Aktionäre richte.145 Darüber hinaus könne der Vorstand ansonsten auf die Beteiligungsstruktur der Gesellschaft Einfluss nehmen.146 Gegen diese Auslegung spricht jedoch, dass der Gesetzgeber keine Beschränkung auf bestimmte Erwerbsarten vorgesehen hat.147 Für geschlossene Gesellschaften betrachtet er den Aktienrückkauf im Rahmen eines Generationenwechsels als wertvolle Hilfe, um einvernehmlich die Anteile ausscheidungswilliger Aktionäre zu übernehmen oder Patt-Situationen im Anteilseignerkreis verschiedener Stämme aufzulösen.148 Der Gesetzgeber selbst nennt damit den Pakethandel als zulässige Rückkaufsform, wenn auch nur für geschlossene Gesellschaften. Zunächst ist festzustellen, dass eine formale Ungleichbehandlung der Aktionäre vorliegt, denn der Aktionär, dem ein Angebot zum Rückkauf seiner Aktien gemacht wird, wird anders behandelt als diejenigen, an die sich das Angebot nicht richtet. Die formale Ungleichbehandlung stellt jedoch keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar, wenn für die Differenzierung ein sachlicher Grund gegeben ist.149 Fraglich ist, welche Gründe dies sein können. Der Rückkauf muss durch ein besonderes Interesse der Gesellschaft legitimiert sein und gleichzeitig unter dem Gesichtspunkt des Anlegerschutzes verhältnis_______________ 144

Begründung zum Regierungsentwurf des KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. Huber, in: FS Kropff, 1997, S. 101, 116; Peltzer, WM 1998, 322, 329; schon in der Reformdiskussion vor Erlass des KonTraG gab es Stimmen, die sich explizit gegen die Zulässigkeit des individuell ausgehandelten Rückkaufs aussprachen, vgl. Martens, AG 1996, 337, 339; von Rosen/Helm, AG 1996, 434, 439; wohl gegen eine Beschränkung Benckendorff, S. 79. 146 Kopp, S. 45. 147 Benckendorff, S. 245; Baum, ZHR 167 (2003), 580, 591; Bosse, NZG 2000, 16. 148 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 13/9712, S. 14. Die Zulässigkeit des individuell ausgehandelten Rückkaufs in geschlossenen Aktiengesellschaften ist schon vor dem Hintergrund notwendig, dass regelmäßig kein ausreichend liquider Markt existiert, der den Erwerb mittels eines öffentlichen Angebots als Alternative erscheinen lässt, Johannsen-Roth, S. 192. 149 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 205; Johannsen-Roth, S. 190; Bosse, NZG 2000, 16, 19; Günther/Muche/White, RIW 1998, 338, 342; Kiem, ZIP 2000, 209, 214; Wastl, DB 1997, 461, 463 f.; a. A. Peltzer, WM 1998, 322, 329, der jedoch verkennt, dass einem Risikopotential nicht gleich mit einem Verbot begegnet werden muss. 145

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mäßig erscheinen.150 Sicherlich ist das vom Gesetzgeber genannte Beispiel als sachlicher Grund einzustufen.151 In geschlossenen Gesellschaften ist daher ein Paketerwerb zulässig, um die Homogenität des Gesellschafterkreises zu wahren oder Patt-Situationen zu verhindern.152 Ebenfalls wird die Gesellschaft ein ansonsten unverkäufliches Aktienpaket aufnehmen dürfen, wenn die Zirkulation und Präsenz am Markt zu Nachteilen für das Unternehmen, beispielsweise einem Ansehensverlust, führen würde.153 Ein weiterer Grund kann eine erhebliche Kostenersparnis für die AG sein.154 Schließlich wird man den Paketerwerb zulassen müssen, wenn alle Aktionäre einstimmig zustimmen oder jedenfalls die Aktionäre, die ihre Aktien nicht zurückveräußern dürfen.155 Umstritten ist ein Paketerwerb vor allem im Falle des sog. greenmailing, worauf noch zurückzukommen ist.156 Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass der individuell ausgehandelte Rückkauf zulässig ist, wenn sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung vorliegen. Aufgrund der dem Paketerwerb immanenten Gefahren ist dies nur zurückhaltend anzunehmen. Jedenfalls sollte der individuell ausgehandelte Rückkauf von der Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. In diesem Hauptversammlungsbeschluss sollte ebenfalls das Andie_______________ 150

Hüffer, AktG, § 53 a Rn. 10; Wastl, DB 1997, 461, 464. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen der individuell ausgehandelte Rückerwerb zulässig ist, läuft damit letztlich auf eine Abwägungsentscheidung hinaus, Johannsen-Roth, S. 191. 151 Huber, in: FS Kropff, S. 101, 116 will einzig diesen ausdrücklich genannten Fall als zulässig anerkennen. 152 Benckendorff, S. 246; gleichwohl ist es problematisch, Streitigkeiten in der Gesellschafts- oder Gesellschaftersphäre durch einen Paketerwerb zu lösen, worauf Kiem, ZIP 2000, 209, 214 zu Recht hinweist. 153 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 206; Wastl, DB 1997, 461, 463 Fn. 32. 154 Benckendorff, S. 246. Dies darf jedoch nur zurückhaltend angenommen werden, da allein kapitalmarktpolitische Vorteile den Paketerwerb nicht rechtfertigen können, Johannsen-Roth, S. 195. 155 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 206; Bezzenberger, Rn. 144; Kiem, ZIP 2000, 209, 214; in Anlehnung an das britische Recht, Companies Act 1985, section 164, section 378 Abs. 1, 2, schlägt Bezzenberger, Rn. 144 vor, den Paketerwerb zuzulassen, wenn die Generalversammlung mit Dreiviertelmehrheit zustimmt, wobei die Aktionäre, deren Aktien zurückerworben werden sollen, nicht mitstimmen dürften; gegen eine solche Möglichkeit Peltzer, WM 1998, 322, 329 Fn. 119, der insoweit eine Analogie zu § 186 Abs. 3 AktG ablehnt, da sich der Ausschluss des Bezugsrechts und der Ausschluss des Rechts, bei einem Rückkauf von Aktien berücksichtigt zu werden, zu sehr unterschieden; zu den sog. off-market purchases unter Geltung des Companies Act 1985 siehe Davies, S. 258. 156 Siehe unten § 9 B.

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nungsrecht der Aktionäre ausgeschlossen werden, wobei eine einfache Mehrheit (§ 133 Abs. 1 AktG) ausreichend ist.157

(2) Veräußerung Das Gleichbehandlungsgebot gilt ebenfalls für die Veräußerung eigener Aktien. § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 4 AktG bekräftigt, dass dem Gleichbehandlungsgebot die Veräußerung über die Börse entspricht. Nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5, 1. Hs. AktG kann jedoch die Hauptversammlung eine andere Veräußerung beschließen. Dann sind gem. § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5, 2. Hs. AktG §§ 186 Abs. 3, 4, 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG entsprechend anwendbar. Diese Vorschriften dienen dem Schutz der Aktionäre bei einer Kapitalerhöhung, wenn ein Bezugsrechtsausschluss vorgesehen ist. Der Gesetzgeber hat sie im Rahmen der Veräußerung der eigenen Aktien für anwendbar erklärt, da die Veräußerung der Aktien an einzelne Aktionäre oder Dritte wirtschaftlich der Situation des Bezugsrechtsausschlusses bei neuen Aktien entspricht.158

2. Unbegrenzte Ausnahmen vom Erwerbsverbot Zu den unbegrenzten Ausnahmen zählen § 71 Abs. 1 Nr. 4-6 AktG159.

_______________ 157 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 186, 204. Nach Paefgen, AG 1999, 67, 70 und ZIP 2002, 1509, 1511 ist für die Zulässigkeit des individuell ausgehandelten Rückkaufs darüber hinaus Voraussetzung, dass das Andienungsrecht der nicht an dem Rückkauf beteiligten Aktionäre ausgeschlossen wird, entweder durch Hauptversammlungsbeschluss mit Dreiviertelmehrheit (in entsprechender Anwendung des § 186 Abs. 3, 4 AktG) oder durch Vorstandsbeschluss beruhend auf einer entsprechenden Ermächtigung der Hauptversammlung mit Dreiviertelmehrheit (in entsprechender Anwendung des § 203 Abs. 2 AktG); ähnlich Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 67. Auch nach Bosse, NZG 2000, 16, 20 ist ein Verfahren zu wählen, welches sich eng an § 186 AktG anlehnt. 158 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 13/9712, S. 14; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 l. 159 Eine materielle Beschränkung findet sich auch für § 71 Abs. 1 Nr. 4 AktG in § 71 Abs. 2 S. 3 AktG. Trotzdem zählt dieser Fall zu den unbegrenzten Ausnahmen, denn wenn das Erfordernis der Volleinzahlung erfüllt ist, gibt es keine Einschränkung für den Erwerb.

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Teil 1: Grundlagen

a) Unentgeltlicher Erwerb oder Erwerb in Ausführung einer Einkaufskommission Gem. § 71 Abs. 1 Nr. 4 AktG ist der Erwerb eigener Aktien zulässig, wenn er unentgeltlich geschieht oder ein Kreditinstitut (§§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 KWG) mit dem Erwerb eine Einkaufskommission ausführt.

aa) Unentgeltlicher Erwerb Der Erwerb ist unentgeltlich, wenn keine Gegenleistung zu erbringen ist.160 In Betracht kommt daher vor allem die Erfüllung im Rahmen einer Schenkung oder eines Vermächtnisses, wobei die Haftung für Schenkungs- und Erbschaftssteuer der Unentgeltlichkeit nicht entgegensteht.161 Hauptfall ist die Schenkung zwecks Sanierung der AG. In diesem Fall dürfte in der Regel auch § 71 Abs. 1 Nr. 6 AktG eingreifen.162

bb) Einkaufskommission Zulässig ist weiter der Erwerb, mit dem ein Kreditinstitut eine Einkaufskommission durchführt. Bei der Einkaufskommission übernimmt es die AG als Kommissionär gewerbsmäßig, Waren oder Wertpapiere für Rechnung eines anderen (des Kommittenten) im eigenen Namen zu kaufen (§ 383 Abs. 1, 1. Var. HGB). Damit tritt ein Durchgangserwerb bei der AG ein, die die Wertpapiere dem Kommittenten herauszugeben hat (§ 384 Abs. 2, 2. Hs. HGB).163 Voraussetzung für die Zulässigkeit ist, dass ein wirksamer Vertrag über die Einkaufskommission besteht.164 Scheitert die Weitergabe an den Kommittenten, weil dieser die Abnahme verweigert, wird der Erwerb dadurch nicht unzu_______________ 160

Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 45. Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 45; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 16; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 148; anders hingegen bei gemischter Schenkung oder Vermächtnis unter Auflage. 162 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 16; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 148. 163 Der Gesetzgeber hat den vorübergehenden Erwerb als weniger gefährlich eingeschätzt und daher zugelassen, Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 149. 164 Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 49; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 150. Nicht zulässig ist es hingegen, sich vorsorglich im Hinblick auf zu erwartende Einkaufskommissionen einzudecken. 161

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lässig.165 Macht die AG von einem Selbsteintrittsrecht Gebrauch (§ 400 HGB), darf sie sich später wieder in gleicher Höhe mit eigenen Aktien eindecken.166

b) Erwerb durch Gesamtrechtsnachfolge Die Gesamtrechtsnachfolge der AG in das Vermögen einer anderen Person soll nicht daran scheitern, dass zu dem Vermögen der anderen Person auch Aktien der AG gehören, die sodann zu eigenen Aktien der AG werden. Beispiel dafür ist vor allem die Erbfolge (§ 1922 BGB) kraft Testaments (§ 1937 BGB) oder Erbvertrags (§ 1941 Abs. 1 BGB).167 Weitere Fälle der Gesamtrechtsnachfolge sind die Verschmelzung (§§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 73 UmwG) und der Erwerb des Vermögens einer Personenhandelsgesellschaft gem. § 140 Abs. 1 S. 2 HGB.168

c) Erwerb zur Einziehung Gem. § 71 Abs. 1 Nr. 6 AktG können eigene Aktien aufgrund eines Beschlusses der Hauptversammlung zur Einziehung nach den Vorschriften über die Herabsetzung des Grundkapitals erworben werden. Die Einziehung von Aktien nach dem Erwerb durch die Gesellschaft regelt § 237 Abs. 1 S. 1, 2. Var. AktG. Berücksichtigt werden müssen die Vorschriften über die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien (§§ 237 ff., 222 ff. AktG169), die in _______________ 165

Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 49; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 150; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 17. 166 Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 60; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 150; zweifelnd Hüffer, AktG, § 71 Rn. 17; a. A. Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 46. 167 Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 50; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 18; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 152; nach Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 63 unterfällt der Erwerb, wenn die Aktien voll eingezahlt sind, bereits § 71 Abs. 1 Nr. 4 AktG. 168 Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 51 f.; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 18; kritisch zum Fall des § 140 Abs. 1 S. 2 HGB Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 65 wegen der Gefahr der Umgehung des generellen Verbots aus § 71 Abs. 1 S. 1 AktG. Zur Rechtsfolge der Ausschließung eines Gesellschafters aus der Zweipersonengesellschaft Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 140 Rn. 25. 169 In den Fällen des § 237 Abs. 3 AktG müssen die Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung gem. §§ 222 ff. AktG nicht beachtet werden.

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diesem Fall den Kapitalerhaltungsregeln vorgehen.170 Der Nennbetrag oder der rechnerische Wert der zur Einziehung erworbenen Aktien ist in der Bilanz gem. § 272 Abs. 1 S. 4 HGB offen von dem Posten „Gezeichnetes Kapital“ als Kapitalrückzahlung abzusetzen. Die Gesellschaft hat bei dem Erwerb der Aktien zur Einziehung den Gleichbehandlungsgrundsatz zu wahren.171

III. Schranken des zulässigen Erwerbs Schranken für den zulässigen Erwerb sind in § 71 Abs. 2 AktG normiert. Nach S. 1 dieser Vorschrift dürfen auf die zu den Zwecken nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 7 und 8 AktG erworbenen Aktien zusammen mit anderen Aktien der Gesellschaft, welche die Gesellschaft bereits erworben hat und noch besitzt, nicht mehr als 10 % des Grundkapitals entfallen. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, die Ausnahmen vom Verbot der Einlagenrückgewähr aus § 57 Abs. 1 S. 1 AktG dem Umfang nach absolut zu begrenzen.172 Bezugsgröße ist die Grundkapitalziffer, die sich aus der Bilanz der AG nach § 266 Abs. 3 A. I. HGB ergibt. In die Berechnung gehen ein die in Pfand genommenen Aktien (§ 71 e Abs. 1 AktG), Aktien von Dritten, wenn die Zurechnungsvoraussetzungen des § 71 d S. 1 oder S. 2 AktG vorliegen, sowie Aktien, die von abhängigen oder im Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehenden Unternehmen gehalten werden (§ 71 d S. 2 AktG), § 71 d S. 3 AktG. Unerheblich ist, ob die Aktien zulässig oder unzulässig erworben worden sind.173 Es wurde schon darauf hingewiesen, dass die AG in der Lage sein muss, die Rücklagen aus frei verfügbaren Mitteln zu bilden (§ 71 Abs. 2 S. 2 AktG i. V. m. § 272 Abs. 4 HGB).174 In den Fällen des § 71 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 7 und 8 AktG ist der Erwerb nur zulässig, wenn auf die Aktien der Ausgabebetrag voll geleistet ist, § 71 Abs. 2 S. 3 AktG.175 Einzuzahlen ist der Ausgabebetrag, so dass auch Stückaktien, die gem. § 8 Abs. 3 S. 1 AktG auf keinen Nennbetrag lauten, umfasst sind. Die

_______________ 170

Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 157. Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1510. 172 Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 52. 173 Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 78; Barz, in: GroßkommAktG, § 71 Anm. 18. 174 Siehe oben § 2 B. I. 1. 175 Auch insoweit siehe schon oben § 2 B. I. 2. 171

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Regelung dient dem Zweck der Kapitalaufbringung, indem verhindert wird, dass offene Einlageforderungen durch Konfusion erlöschen.176

IV. Pflichten nach dem Erwerb In den Fällen des § 71 Abs. 1 Nr. 1 und 8 AktG hat der Vorstand die nächste Hauptversammlung über den Erwerb zu unterrichten, § 71 Abs. 3 S. 1 AktG. Die Unterrichtungspflicht umfasst die Gründe, den Zweck des Erwerbs, die Zahl der erworbenen Aktien, ihren Anteil am Grundkapital sowie den Gegenwert der Aktien. Die Angabe des Erwerbstatbestandes (Nr. 1 oder Nr. 8) ist erforderlich, nicht aber hinreichend.177 Im Fall des § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG muss darüber informiert werden, warum der Erwerb zur Schadensabwehr notwendig war, im Fall des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG muss die Einhaltung der dort genannten Anforderungen dargelegt werden. Gem. § 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG gehören die Angaben über den Bestand an eigenen Aktien der Gesellschaft in den Anhang zum Jahresabschluss. Sind die nach § 71 Abs. 3 S. 1 AktG notwendigen Informationen in diesem Anhang enthalten und ist die nächste Hauptversammlung nach dem Erwerb eigener Aktien diejenige, die den Anhang entgegennimmt, wird die Unterrichtungspflicht durch die Vorlage des Jahresabschlusses mit Anhang erfüllt.178 Entsprechen die inhaltlichen Angaben im Anhang nicht den Anforderungen des § 71 Abs. 3 S. 1 AktG oder ist die nächste Hauptversammlung nicht diejenige, die den Anhang entgegennimmt, muss der Vorstand die Hauptversammlung von sich aus unterrichten, jedenfalls auf Verlangen der Aktionäre.179 Im Falle des § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG sind die Aktien innerhalb eines Jahres nach ihrem Erwerb an die Arbeitnehmer auszugeben, § 71 Abs. 3 S. 2 AktG. Dadurch soll verhindert werden, dass nicht erlaubte Zwecke mit den Aktien verfolgt werden,180 insbesondere Kurspflege betrieben wird.181 Da der Vorstand _______________ 176

Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 32; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 280. 177 BGHZ 101, 1, 17 = NJW 1987, 3186, 3190. 178 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 8/1678, S. 15; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 33; Hüffer, NJW 1979, 1065, 1068 f. 179 Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 33; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 286. 180 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 287. 181 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 8/1678, S. 15.

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Teil 1: Grundlagen

die Ausgabeverpflichtung nur erfüllen kann, wenn eine Abnahmebereitschaft seitens der Belegschaft besteht, kann vom Vorstand nur verlangt werden, dass er ernsthaft versucht, die Aktien weiterzugeben.182 Verstreicht die Frist trotz solcher Bemühungen, wird der Erwerb nicht unzulässig.183 Der Vorstand muss sich allerdings weiterhin um Weitergabe bemühen.184 Besteht keine Chance mehr auf Realisierung der Ausgabe oder hat der Vorstand die Absicht aufgegeben, sind die Aktien analog § 71 c Abs. 1 AktG zu veräußern.185

V. An das Halten eigener Aktien anknüpfende Rechte und Pflichten Gem. § 71 b AktG stehen der Gesellschaft aus eigenen Aktien keine Rechte zu.186 Die Regelung betrifft somit nicht den Erwerb eigener Aktien, sondern das Halten. Die Rechte aus eigenen Aktien werden neutralisiert, um die gesetzlich vorgesehene Kompetenzverteilung zwischen Verwaltung und Hauptversammlung zu schützen.187 Der Vorstand soll auf die Abstimmung in der Hauptversammlung nicht durch eigene Stimmabgabe Einfluss erhalten.188 § 71 b AktG bezieht sich auf alle im Bestand der AG befindlichen Aktien,189 gleich wie und zu welchem Zweck diese erworben worden sind und ob der Erwerb zulässig oder unzulässig war. Erheblich erweitert wird der Anwendungsbereich der Vorschrift über § 71 d S. 4 AktG. Danach ruhen die Rechte aus den Aktien der Gesellschaft, die ein mittelbarer Stellvertreter im eigenen Namen für Rechnung der Gesellschaft _______________ 182

Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 288. Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 91; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 23; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 289. 184 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 23; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 289. 185 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 23; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 46; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 289; a. A. Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 92; Preusche, BB 1982, 1638, 1640. 186 Insoweit ist ein Gesichtspunkt des Erwerbs eigener Aktien angesprochen, der sowohl bei der Frage, ob das WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien anwendbar ist, als auch bei der Frage, ob ein passiver Kontrollerwerb eines Aktionärs infolge des Rückkaufs eigener Aktien durch die Gesellschaft eintreten kann, relevant wird; siehe dazu unten § 7 bzw. § 8. 187 Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 b Rn. 1; Hüffer, AktG, § 71 b Rn. 1. 188 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 b Rn. 2. 189 Zum Begriff der eigenen Aktie siehe § 1 C. 183

§ 4 Die Regelungen des Aktiengesetzes

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hält, aus den Aktien, die ein abhängiges oder im Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehendes Unternehmen hält, und aus den Aktien, die ein mittelbarer Stellvertreter im eigenen Namen für Rechnung solcher Unternehmen hält.190 Aus einem Umkehrschluss zu § 71 e Abs. 1 S. 3 AktG folgt schon, dass in Pfand genommene Aktien nicht unter die Regelung des § 71 b AktG fallen.191 Aus den eigenen Aktien ruhen die Mitgliedsrechte, die Mitgliedschaft selbst bleibt davon unberührt.192 Betroffen sind sämtliche Mitwirkungs- und Vermögensrechte.193 Dazu gehören das Stimmrecht, die Anfechtungsbefugnis (§§ 245 Nr. 1-3, 249 Abs. 1 S. 1, 1. Var. AktG)194, das Dividendenrecht (§ 60 AktG), das unmittelbare und mittelbare Bezugsrecht (§ 186 Abs. 1, 5 AktG)195 und das Recht auf Anteil am Liquidationserlös (§ 271 AktG). Da der AG in der Hauptversammlung kein Stimmrecht zusteht, kann sie sich auch nicht durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen oder durch Legitimationsübertragung eine Ermächtigung zur Stimmrechtsausübung erteilen.196 Eine Regelung zu den Pflichten, die aus eigenen Aktien bestehen, enthält § 71 b AktG nicht. Nach allgemeiner Ansicht ruhen die Mitgliedspflichten aus eigenen Aktien und leben erst mit Veräußerung an Dritte wieder auf.197 Die Pflichten, die im Zeitraum des Haltens fällig geworden sind, erlöschen durch Konfusion.198 Die mitgliedschaftlichen Pflichten ruhen jedoch nicht, wenn ein mittelbarer Stellvertreter (§ 71 d S. 1 AktG), ein abhängiges oder im Mehrheits_______________ 190

Umstritten ist, ob § 71 b AktG gilt, wenn das Rechtsverhältnis über die mittelbare Stellvertretung nach § 71 a Abs. 2 AktG nichtig ist, vgl. Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 b Rn. 2 und § 71 d Rn. 18; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 d Rn. 4. 191 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 b Rn. 7. 192 Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 b Rn. 4; Hüffer, AktG, § 71 b Rn. 3; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 b Rn. 5. 193 Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 b Rn. 5; Hüffer, AktG, § 71 b Rn. 4; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 b Rn. 7 ff.; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 b Rn. 8 ff. 194 Unberührt bleibt die Anfechtungsbefugnis gem. §§ 245 Nr. 4, 249 Abs. 1 S. 1, 2. Var. AktG. 195 Gem. § 215 Abs. 1 AktG nehmen eigene Aktien aber an einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§§ 207 ff. AktG) teil. 196 Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 b Rn. 6; Hüffer, AktG, § 71 b Rn. 5; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 b Rn. 8. 197 Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 b Rn. 13; Hüffer, AktG, § 71 b Rn. 6; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 b Rn. 21. 198 Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 b Rn. 13; Hüffer, AktG, § 71 b Rn. 6; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 b Rn. 21; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 b Rn. 15.

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Teil 1: Grundlagen

besitz der Gesellschaft stehendes Unternehmen (§ 71 d S. 2, 1. Var. AktG) oder ein mittelbarer Stellvertreter eines solchen Unternehmens (§ 71 d S. 2, 2. Var. AktG) die Aktien hält.199 Es handelt sich dann um eine mittelbare Selbsteinlage, die sich wirtschaftlich nicht anders auswirkt als die Konfusion von Einlagepflichten, die im Zeitraum des Haltens der AG fällig geworden sind.200

VI. Sanktionen Bezüglich der Sanktionen ist zwischen unzulässigem und zulässigem Erwerb zu differenzieren.

1. Sanktionen nach unzulässigem Erwerb Gem. § 71 Abs. 4 S. 1 AktG macht ein Verstoß gegen § 71 Abs. 1, Abs. 2 AktG den Erwerb eigener Aktien nicht unwirksam.201 Damit wird die AG Inhaberin der Aktie. Die so erworbenen Aktien müssen nach § 71 c Abs. 1 AktG innerhalb eines Jahres nach ihrem Erwerb veräußert werden. Erfüllt die Gesellschaft diese Verpflichtung nicht, sind die Aktien gem. § 237 AktG einzuziehen, § 71 c Abs. 3 AktG.202 Das schuldrechtliche Geschäft über den Erwerb eigener Aktien ist gem. § 71 Abs. 4 S. 2 AktG nichtig, soweit der Erwerb gegen § 71 Abs. 1, 2 AktG verstößt. Dies hat zur Folge, dass keine gegenseitigen Erfüllungsansprüche bestehen. Ist bereits erfüllt worden, liegt darin seitens der AG eine verbotene Einlagenrückgewähr (§ 57 Abs. 1 S. 1 AktG). Daher sind diese Leistungen zurückzugewähren (§ 62 Abs. 1 S. 1 AktG). Der Aktionär kann die Herausgabe der Aktien gem. §§ 812 ff. BGB verlangen. Ein Ausschluss des Bereicherungsanspruchs gem. § 814 BGB kommt aufgrund der Kapitalerhaltungszwecke nicht _______________ 199 Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 b Rn. 14; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 b Rn. 22; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 b Rn. 15. 200 Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 b Rn. 14. 201 Die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB wird durch § 71 Abs. 4 AktG verhindert. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass eine Nichtigkeit des Erwerbs eigener Aktien aus anderen Gründen unberührt bleibt. 202 Beginn und Ende der Jahresfrist des § 71 c Abs. 1 AktG bestimmen sich nach §§ 187, 188 BGB.

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in Betracht.203 Ein Zurückbehaltungsrecht wegen des jeweiligen Gegenanspruchs besteht nicht.204

2. Sanktionen nach zulässigem Erwerb Veräußerungs- und Einziehungspflichten bestehen nicht nur nach unzulässigem, sondern sind teilweise auch nach zulässigem Erwerb gesetzlich vorgesehen. Gem. § 71 c Abs. 2 AktG besteht eine Veräußerungspflicht, wenn die Gesellschaft Aktien zwar zulässigerweise erworben hat, der Bestand an eigenen Aktien jedoch 10 % des Grundkapitals übersteigt. Der Wortlaut des § 71 c Abs. 2 AktG nimmt nur auf § 71 Abs. 1 AktG Bezug. Diese Bezugnahme ist jedoch ungenau. In die Vorschrift hineingelesen werden muss die Vorschrift des § 71 Abs. 2 AktG.205 Dies ergibt sich daraus, dass in den Fällen des § 71 Abs. 1 AktG bereits eine Veräußerungspflicht nach § 71 c Abs. 1 AktG besteht, wenn die 10 %-Grenze überschritten ist. § 71 c Abs. 2 AktG betrifft hingegen die Fälle des Rückerwerbs gem. § 71 Abs. 1 S. 1 Nr. 4-6 AktG, auf die die 10 %-Schranke des § 71 Abs. 2 S. 1 AktG nicht anwendbar ist. Übersteigt der Besitz der zulässig erworbenen Aktien die 10 %-Grenze, muss der über diese Grenze hinausgehende Teil veräußert werden. Zur Ermittlung der 10 %-Grenze werden nur die Aktien herangezogen, die die Gesellschaft in zulässiger Weise erworben hat.206 Für die unzulässig erworbenen Aktien gilt bereits § 71 c Abs. 1 AktG. Dabei ist Besitz nicht i. S. d. § 854 BGB zu verstehen, sondern meint die rechtliche Inhaberschaft.207 Die Veräußerungspflicht nach § 71 c Abs. 2 AktG betrifft nicht gerade die Aktien, durch deren _______________ 203

Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 79; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 300; a. A. Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 104; Barz, in: GroßkommAktG, § 71 Anm. 28. 204 Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 Rn. 103; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 24 entgegen seiner noch in NJW 1979, 1065, 1069 vertretenen Ansicht; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 81; Preusche, BB 1982, 1638, 1640. Der Rückübertragungsanspruch des Verkäufers gegen die AG ist im Rahmen der Verpflichtung der AG zur Veräußerung der Aktien gem. § 71 c Abs. 1 AktG zu beachten. Die AG muss zunächst den Bereicherungsanspruch des Veräußerers bedienen, um die verschärfte Haftung nach §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 292 Abs. 1, 989, 992 BGB zu vermeiden, Hüffer, AktG, § 71 c Rn. 7; vgl. auch Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 c Rn. 16. 205 Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 c Rn. 12; Hüffer, AktG, § 71 c Rn. 4; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 c Rn. 8; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 c Rn. 9. 206 Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 c Rn. 13. 207 Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 c Rn. 11; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 c Rn. 10.

100

Teil 1: Grundlagen

Erwerb die 10 %-Grenze überschritten wurde.208 Soweit vertragliche Verpflichtungen nicht bestehen, steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Vorstands, die zu veräußernden Aktien zu bestimmen.209 Kommt der Vorstand der Veräußerungspflicht nicht nach, sind die Aktien gem. § 237 AktG einzuziehen, § 71 c Abs. 3 AktG.210

VII. Umgehungsgeschäfte Regelungen zu Umgehungsgeschäften finden sich sowohl in § 71 a AktG als auch in § 71 d AktG. Gem. § 71 a Abs. 1 S. 1 AktG ist ein Rechtsgeschäft, das die Gewährung eines Vorschusses, eines Darlehens oder die Leistung einer Sicherheit durch die Gesellschaft an einen anderen zum Zweck des Erwerbs von Aktien dieser Gesellschaft zum Gegenstand hat, nichtig.211 Hinter diesem Verbot steht der Kapitalerhaltungsgedanke.212 Das Verbot des S. 1 gilt nach S. 2 allerdings in zwei Fallgruppen nicht.213 Nach § 71 a Abs. 2 AktG ist ein Rechtsgeschäft nichtig214, das die Gesellschaft mit einem anderen abschließt, wenn der andere dadurch berechtigt und _______________ 208

Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 c Rn. 15. Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 c Rn. 19. Der rechtmäßige Zustand kann auch anders erreicht werden, zum Beispiel durch eine Kapitalerhöhung, vgl. Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 c Rn. 14. 210 Fristbeginn und -ende richten sich auch in den Fällen des § 71 c Abs. 2, 3 AktG nach §§ 187, 188 BGB, Hüffer, AktG, § 71 c Rn. 5. 211 Die Überschrift des § 71 a AktG („Umgehungsgeschäfte“) ist zu eng gewählt, denn Abs. 1 regelt nicht nur die Umgehung des Erwerbs eigener Aktien, sondern verbietet darüber hinausgehend die Finanzierung des Erwerbs der Aktien der AG durch Dritte, Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 a Rn. 1; Hüffer, AktG, § 71 a Rn. 1. 212 Das Verbot ist unabhängig davon, ob der Erwerb eigener Aktien der Gesellschaft nach § 71 Abs. 1, 2 AktG zulässig wäre, Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 a Rn. 1, 3. 213 Ausgenommen sind zunächst Rechtsgeschäfte im Rahmen der laufenden Geschäfte von Kreditinstituten (§§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 KWG) oder Finanzdienstleistungsinstituten (§§ 1 Abs. 1 a, 2 Abs. 6 KWG). Weiter ausgenommen sind Finanzleistungen zum Zweck des Erwerbs durch Arbeitnehmer der AG oder eines mit ihr verbundenen Unternehmens; siehe im Einzelnen Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 a Rn. 39; zur finanziellen Unterstützung des Erwerbs eigener Aktien durch Kreditinstitute Singhof, NZG 2002, 745 ff. 214 Die Nichtigkeitsfolge gilt für das Innenverhältnis zwischen AG und Drittem. Der Dritte hat keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz oder Vergütung, die AG kann die Herausgabe der Aktien nicht verlangen. Verstößt nur Teil des Rechtsgeschäftes gegen § 71 Abs. 1, 2 AktG, ist nur dieser nichtig; etwas anderes kann sich allerdings aus § 139 209

§ 4 Die Regelungen des Aktiengesetzes

101

verpflichtet sein soll, Aktien der Gesellschaft für Rechnung der Gesellschaft oder eines abhängigen oder eines in ihrem Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens zu erwerben, soweit der Gesellschaft der Erwerb durch § 71 Abs. 1, 2 AktG verboten wäre.215 Gem. § 71 d AktG werden der Erwerb und Besitz von Aktien der Gesellschaft durch Dritte, die für Rechnung der Gesellschaft handeln, sowie durch ein abhängiges oder ein im Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehendes Unternehmen dem Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft weitgehend gleichgestellt. Dadurch soll eine Umgehung des Verbots aus § 71 Abs. 1 AktG verhindert werden. Sichergestellt wird dies vor allem durch gezielte Verweisungen auf §§ 71-71 c AktG.216

VIII. § 57 Abs. 1 S. 1 AktG bei überhöhtem Rückkaufpreis § 71 Abs. 1 AktG regelt den Erwerb eigener Aktien, jedoch nicht die Höhe des Erwerbspreises. Es gibt keine besonderen Vorschriften, die die Gefahren, die sich aus der Preisgestaltung ergeben können, eindämmen. Ein unangemessen hoher Preis fällt allerdings nicht unter die Ausnahmeregel des § 57 Abs. 1 S. 2 AktG, sondern stellt eine Rückgewähr von Einlagen nach § 57 Abs. 1 S. 1 AktG dar. Insoweit ist der für die Aktien gezahlte Erwerbspreis an § 57 Abs. 1 S. 1 AktG und somit an den von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätzen über verdeckte Leistungen zu messen.217 Eine verdeckte Leistung liegt vor, wenn Leistung und Gegenleistung in einem objektiven Missverhältnis stehen.218 Wird also ein überhöhter Preis für die Aktie bezahlt, ist eine verdeck_______________

BGB ergeben. Die Nichtigkeit erstreckt sich nicht auf den Aktienerwerb des Dritten. Dieser bleibt wirksam; siehe im Einzelnen Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 a Rn. 27 ff.; Hüffer, AktG, § 71 a Rn. 9; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 a Rn. 23; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 a Rn. 54. 215 Zu den Rechtsgeschäften i. S. d. Abs. 2 gehören Auftrag (§ 662 BGB), Geschäftsbesorgung (§ 675 BGB), Kommission (§ 383 HGB) und kommissionsähnliche Geschäfte (§ 406 HGB), Hüffer, AktG, § 71 a Rn. 7. 216 Zu den einzelnen Voraussetzungen siehe etwa Hüffer, AktG, § 71 d Rn. 5 ff.; zu den Rechtsfolgen siehe etwa Block, in: AnwK-AktienR, AktG, § 71 d Rn. 40 ff.; Hüffer, AktG, § 71 d Rn. 8 ff.; Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 d Rn. 28 ff; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 d Rn. 7 ff. und 47 ff.; Zilias/Lanfermann, WPg 1980, 61, 66 ff. Besondere Beachtung verdient das Verhältnis von § 71 d S. 3-6 AktG zu § 71 a Abs. 2 AktG und § 71 Abs. 4 AktG, da § 71 d S. 3-6 AktG zu diesen Normen systematisch nicht passt, Hüffer, AktG, § 71 d Rn. 8; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 d Rn. 3. 217 Bosse, NZG 2000, 16, 18. 218 Henze, in: GroßkommAktG, § 57 Rn. 40 ff.; Hüffer, AktG, § 57 Rn. 8; Lutter, in: KölnKommAktG, § 57 Rn. 16.

102

Teil 1: Grundlagen

te Einlagenrückgewähr anzunehmen.219 Die Aktionäre haften der Gesellschaft nach § 62 AktG, der Vorstand haftet nach § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG. Keine Probleme bestehen, wenn die Aktien über die Börse zurückgekauft werden, da der Börsenpreis gerade als Maßstab für einen angemessenen Preis angesehen werden kann.220 Bei einem öffentlichen Rückkaufangebot wird hingegen eine Prämie auf den Börsenpreis gezahlt.221 Durch die Zahlung der Prämie an sich liegt aber noch kein überhöhter Preis vor.222 Der Börsenpreis als Index eines anonymisierten Marktes lässt sich nicht auf den Preis für öffentliche Rückkaufangebote übertragen, da insoweit die AG aus der Anonymität des Marktes heraustritt.223 Angemessen kann unter diesen Umständen auch ein über dem Börsenkurs liegender Preis sein.224 Zur Ermittlung eines angemessenen Preises sind verschiedene Faktoren zu berücksichtigen, wie die Anzahl der Aktien, die die Gesellschaft erwerben möchte, und der Zeitraum des Aktienrückerwerbs.225 Ein Paketzuschlag wird auch beim individuell ausgehandelten Rückkauf bezahlt. Hier gilt ebenfalls, dass die Zahlung der Prämie allein noch keinen Verstoß gegen § 57 Abs. 1 S. 1 AktG begründet. Vielmehr sind auch insoweit weitere Faktoren, insbesondere das Interesse der Gesellschaft an dem Paketerwerb, in die Bewertung mit einzubeziehen. Das eigentliche Problem des Paketerwerbs liegt in der Wahrung der Gleichbehandlung der Aktionäre. Der Preis ist jedenfalls dann als angemes-

_______________ 219 Bayer, in: MünchKommAktG, § 57 Rn. 117; Lutter, in: KölnKommAktG, § 57 Rn. 33. Um einen Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr zu vermeiden, verlangt Saria, NZG 2000, 458, 462 die Ermittlung eines betriebswirtschaftlich gerechtfertigten Preises und zwar durch eine Wertbestimmung entsprechend dem Vorgehen bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften. Er räumt allerdings ein, dass die Sorgfaltsanforderungen nicht überspannt werden dürfen. 220 Bayer, in: MünchKommAktG, § 57 Rn. 76; Henze, in: GroßkommAktG, § 57 Rn. 65. 221 Siehe oben § 3 B. 222 Bosse, NZG 2000, 16, 18. 223 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 65; Benckendorff, S. 237 f. 224 Diese Ansicht wird bestätigt durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 2. 12. 1998, wonach die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung gem. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG in der Regel nicht vorliegen werden, wenn die Aktien über die Börse oder im Wege eines öffentlichen Angebots erworben werden und ein über dem Börsenpreis liegender Kaufpreis gezahlt wird, Bundesministerium der Finanzen, DStR 1998, 2011 Tz. 17. 225 Als Anhaltspunkt kann in umgekehrter Anwendung eine Anlehnung an § 186 Abs. 3 S. 4 AktG erfolgen, vgl. Bosse, NZG 2000, 16, 18; Paefgen, AG 1999, 67, 70.

§ 4 Die Regelungen des Aktiengesetzes

103

sen zu beurteilen, wenn der individuell ausgehandelte Rückerwerb dem Gleichbehandlungsgebot entspricht.226

C. Künftige Entwicklungen Auf der europäischen Ebene hat die Arbeitsgruppe Gesellschaftsrecht der EG-Initiative SLIM227 Veränderungen im Bereich der Kapitalrichtlinie vorgeschlagen. Hinsichtlich des Erwerbs eigener Aktien wurde empfohlen, die durch Art. 19 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 77/91/EWG vorgegebene Beschränkung des Erwerbs eigener Aktien auf 10 % des Grundkapitals fallen zu lassen.228 Anstatt dessen sollte der Gläubigerschutz dadurch gewährleistet werden, dass der Erwerb eigener Aktien auf den Betrag des zur Verteilung zur Verfügung stehenden Nettoaktivvermögens beschränkt wird.229 Dies bedeutet, dass zum Aktienrückkauf nur ausschüttungsfähiges Vermögen verwendet werden darf, infolgedessen also keine Unterbilanz entstehen kann.230 Den Mitgliedstaaten soll jedoch offen stehen, ob sie den Erwerb eigener Aktien auf einen bestimmten Prozentsatz des gezeichneten Kapitals begrenzen wollen. Darüber hinaus wird vorgeschlagen, die Geltungsdauer der Genehmigung, die bislang durch Art. 19 Abs. 1 lit. a der Richtlinie auf 18 Monate beschränkt ist, analog dem genehmigten Kapital auf 5 Jahre zu verlängern.231 _______________ 226

Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 66; dazu oben § 4 B. II. 1. e) bb). Umgekehrt wird jedenfalls bei dem individuell ausgehandelten Rückkauf gleichzeitig ein Verstoß gegen § 53 a AktG vorliegen, wenn der Erwerb zu einem überhöhten Preis erfolgt, vgl. Baum, ZHR 167 (2003), 580, 593. 227 Die Abkürzung steht für „Simpler Legislation in the Internal Market“; zu den Aufgaben der Initiative siehe Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom 28. 2. 2000, DOK KOM (2000) 104 endg.; ferner Seibert, in: Schmidt/Riegger, S. 323, 326 f.; Kallmeyer, AG 2001, 406 f., der selbst Mitglied der SLIM-Arbeitsgruppe war; Wiesner, EuZW 1998, 619. 228 Ergebnisse der vierten Phase der SLIM-Initiative, Bericht der Kommission vom 4. 2. 2000, DOK KOM (2000) 56 endg., S. 15, Punkt 2.4.; zustimmend Lutter, AG 2001, 300. 229 Diese Beschränkung ist auch in der Richtlinie in Art. 19 Abs. 1 lit. c vorgesehen, jedoch zwingend in Verbindung mit der 10 %-Grenze des Art. 19 Abs. 1 lit. b der Richtlinie. 230 Kallmeyer, AG 2001, 406, 408. 231 Weiter empfiehlt die SLIM-Arbeitsgruppe, das Verbot einer finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs durch Dritte zu lockern, vgl. Ergebnisse der vierten Phase der SLIM-Initiative, Bericht der Kommission vom 4. 2. 2000, DOK KOM (2000) 56 endg., S. 15, Punkt 2.5.

104

Teil 1: Grundlagen

Die SLIM-Arbeitsgruppe empfiehlt damit durchgehend Erleichterungen beim Erwerb eigener Aktien.232 Die europäische Kommission unterstützt die Vorschläge und hat angekündigt, geeignete Vorschläge zur Umsetzung der Empfehlungen vorzulegen.233 Sollte tatsächlich eine Umsetzung auf europäischer Ebene erfolgen, könnte der gerade erst in Deutschland durch das KonTraG liberalisierte Aktienrückerwerb weiter erleichtert werden. Umgesetzt werden könnte dies vor allem durch eine Streichung der in § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG vorhandenen Erwerbsschranke von 10 % des Grundkapitals. Ebenso könnte die Geltungsdauer der Ermächtigung durch die Hauptversammlung auf 5 Jahre verlängert werden.234 Der deutsche Gesetzgeber wäre jedoch nicht gezwungen, auf die Veränderungen mit einer weiteren Liberalisierung zu reagieren, wenn insoweit auf europäischer Ebene lediglich die Mindestanforderungen an den Erwerb eigener Aktien gesenkt werden. Eine europäische Mindestregelung235 bedeutet nur, dass der nationale Gesetzgeber nicht größere Erleichterungen vorsehen darf, als es die europäischen Vorgaben gestatten. Sie können jedoch strengere Regelungen aufrechterhalten oder erlassen.236 Aus diesem Grund würden Erleichterungen auf europäischer Ebene nicht zwangsläufig zu einer Änderung der deutschen Regelungen betreffend den Erwerb eigener Aktien führen.

D. Zusammenfassung Fehlenden Regelungen bis zum Jahre 1870 folgte ein Verbot des Erwerbs eigener Aktien im Jahre 1870 durch die erste Aktienrechtsnovelle. Mit der zweiten Aktienrechtsnovelle von 1884 wurde auf Kritik an dem Verbot reagiert und eine Soll-Vorschrift eingeführt, die lediglich den Erwerb und die Inpfandnahme eigener Aktien im geschäftlichen Bereich verwehrte. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift führte nicht mehr zur Unwirksamkeit der Rechtsgeschäfte. Im _______________ 232

Nach Drygala, AG 2001, 291, 296 sind die Vorschläge der Arbeitsgruppe Gesellschaftsrecht nicht ausgereift; er weist vor allem auf die entstehenden Folgeprobleme hin. 233 Ergebnisse der vierten Phase der SLIM-Initiative, Bericht der Kommission vom 4. 2. 2000, DOK KOM (2000) 56 endg., S. 6; vgl. auch FAZ vom 29. 7. 2003, Nr. 173, S. 15. 234 Nach Drygala, AG 2001, 291, 293 ergibt sich aus den Empfehlungen der SLIMArbeitsgruppe, dass auch die Anforderung eines von der Hauptversammlung gebilligten Rückkaufplans mit Einzelheiten des vorgesehenen Erwerbs und Preises entfallen könnte, da der Rückkauf zu Marktpreisen erfolgen solle; zwingend ist diese Interpretation, wie er selbst eingesteht, allerdings nicht. 235 Zur Unterscheidung zwischen Mindest- und Höchstregelungen siehe unten § 7 D. 236 Habersack, Rn. 40.

§ 4 Die Regelungen des Aktiengesetzes

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Jahre 1897 wurde das Verbot sogar auf den regelmäßigen Geschäftsbetrieb eingeschränkt, so dass der Erwerb eigener Aktien vor allem in der Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1931 als legitimes Instrument gegen den Kursverfall der Aktien angesehen wurde.237 Der damit verbundene höhere Verschuldungsgrad der Gesellschaften führte im Ergebnis zu Unternehmenszusammenbrüchen.238 Dies war der Auslöser für die Notverordnung von 1931.239 Danach durften eigene Aktien nur noch zur Abwendung eines schweren Schadens von der Gesellschaft erworben werden; weitere enge Voraussetzungen waren zu beachten. Das Aktiengesetz von 1937 und das Aktiengesetz von 1965 änderten diese Rechtslage nicht. Die EG-Kapitalschutzrichtlinie von 1976 regelte den Erwerb eigener Aktien auf europäischer Ebene. Danach war es den Mitgliedstaaten gestattet, den Erwerb eigener Aktien in weitem Umfang zuzulassen, wenn gleichzeitig die Einhaltung gewisser Voraussetzungen sichergestellt wurde. Festgelegt wurden insbesondere eine Erwerbsschranke und eine bilanzielle Neutralisierung. Der deutsche Gesetzgeber machte von den weitreichenden Möglichkeiten zunächst keinen Gebrauch. Eine Regelung, die den Erwerb eigener Aktien lediglich an die Ermächtigung durch die Hauptversammlung bindet und keinen besonderen Erwerbsgrund voraussetzt, wurde nicht geschaffen.240 Erst durch das KonTraG von 1998 wurde den deutschen Aktiengesellschaften diese Option eröffnet. Nunmehr können eigene Aktien erworben werden, wenn eine Ermächtigung der Hauptversammlung gegeben ist, die den niedrigsten und höchsten Gegenwert sowie den Anteil am Grundkapital, der zehn vom Hundert nicht übersteigen darf, festlegt. Abzuwarten bleibt, ob die europäische Kommission Vorschläge zur Umsetzung der Empfehlungen der SLIM-Arbeitsgruppe machen wird. Inwieweit sich der Erlass des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien auswirkt, wird Gegenstand der Untersuchung sein.

_______________ 237 Die Bestände an eigenen Aktien lagen zum Teil über 50 %, vor allem bei den Banken, Hueck/Windbichler, § 26 Rn. 5. 238 Siehe oben § 4 A. I. 3. 239 Lingemann/Wasmann, BB 1998, 853, 860. 240 Grund für die Beibehaltung des grundsätzlichen Erwerbsverbots war die Einschätzung des Gesetzgebers, der Erwerb eigener Aktien habe ganz allgemein einen „zweifelhaften Wert“, Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 8/1678, S. 14; zustimmend Ganske, DB 1978, 2461, 2463.

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Teil 1: Grundlagen

E. Bewertung Von seiner ablehnenden Haltung gegenüber dem Erwerb eigener Aktien hat sich der deutsche Gesetzgeber erst mit dem KonTraG gelöst und in Deutschland den Erwerb eigener Aktien weitgehend zugelassen. Damit hat er zu einer Internationalisierung des Finanzplatzes Deutschland, des deutschen Kapitalmarktes und der Aktie beigetragen.241 Dieser Liberalisierung kann nur zugestimmt werden. Der Rückkauf eigener Aktien zeigt sich in vielen Ländern als bewährtes gesellschaftsrechtliches Instrument, vor allem zur Kapitalanpassung und als Ausschüttungsvariante.242 Es ist nicht zu leugnen, dass Gefahren beim Erwerb eigener Aktien bestehen. Dies wird an den Unternehmenszusammenbrüchen in der Weltwirtschaftskrise deutlich. In der Folgezeit, insbesondere in der Mitte des 20. Jahrhunderts, mögen die schlechten historischen Erfahrungen ein berechtigtes Motiv für restriktive Regelungen gewesen sein.243 Die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich jedoch geändert. Ein restriktives Regelungssystem wie vor Erlass des KonTraG ist nicht mehr gerechtfertigt.244 Die Globalisierung des Wettbewerbs verlangt die Angleichung an andere europäische Länder und die Vereinigten Staaten.245 Darüber hinaus ist zu betonen, dass die Unternehmenszusammenbrüche vor allem auf den Missbrauch der damaligen Vorschriften zurückzuführen sind.246 Ein solcher Missbrauch darf nicht dazu führen, den Erwerb eigener Aktien generell negativ zu bewerten. Vielmehr sollten die historischen Erfahrungen fruchtbar gemacht werden, um den Gefahren durch entsprechende Regelungen entgegenzuwirken.247 Der Gesetzgeber hat insbesondere vorgesehen, dass eigene Aktien nur in der Höhe von 10 % des Grundkapitals erworben und gehalten werden dürfen, dass eine (zeitlich beschränkte) Ermächtigung der Hauptversammlung vorliegen muss, die den niedrigsten und höchsten Gegenwert festlegt und dass der Rückkauf nur aus freien Rücklagen erfolgt.248 Darüber hinaus hat die AG beim Aktienrückkauf den Grundsatz der Gleichbehandlung zu wahren (§ 71 Abs. 1 _______________ 241 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Claussen, DB 1998, 177, 179; Kindl, DStR 1999, 1276; Peltzer, WM 1998, 322. 242 Hueck/Windbichler, § 26 Rn. 5; insbesondere in den Vereinigten Staaten sind die Praxiserfahrungen positiv, vgl. Kindl, DStR 1999, 1276, 1277. 243 Piepenburg, BB 1996, 2582, 2585. 244 Vgl. Wastl/Wagner/Lau, S. 86, die das Recht vor Erlass des KonTraG als hyperpräventiv bezeichnen. 245 Wastl, DB 1997, 461, 465. 246 van Aerssen, WM 2000, 391, 393. 247 Claussen, AG 1991, 10, 13. 248 Zu den einzelnen Regelungen siehe unten § 4 B. II. 1. e).

§ 4 Die Regelungen des Aktiengesetzes

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Nr. 8 S. 3 i. V. m. § 53 a AktG). Damit wird den durch historische Erfahrungen offenbar gewordenen Gefahren entgegengewirkt.249 Der Erwerb eigener Aktien stellt unter diesen Voraussetzungen den Aktiengesellschaften ein Mittel moderner Unternehmensführung, vor allem ein sinnvolles finanzierungspolitisches Instrument, zur Verfügung. Die Beschaffung und Verwendung von Kapital wird flexibler.250 Damit ist die Liberalisierung des Aktienrückerwerbs ein richtiger Schritt in Richtung Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland.251

_______________ 249

Der Gläubigerschutz ist auch schon deswegen gewährleistet, da sich der deutsche Gesetzgeber an die Vorgaben der EG-Kapitalschutzrichtlinie halten muss, vgl. DAI, Stellungnahme, S. 17; von Rosen/Helm AG 1996, 434, 441. 250 Peltzer, WM 1998, 322, 323; von Rosen/Helm, AG 1996, 434, 437. 251 Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 452.

Teil 2

Entstehungsgeschichte und Inhalt des WpÜG vor seinem europäischen Hintergrund § 5 Die Entstehungsgeschichte des WpÜG und die Entwicklung der europäischen Harmonisierung Bestrebungen zur Kodifizierung des Übernahmerechts gab es sowohl in Deutschland als auch auf europäischer Ebene seit den 70er Jahren.1 Dem Erlass des WpÜG gingen unverbindliche Regelungen auf nationaler Ebene und einige Entwürfe auf europäischer Ebene voraus.

A. Die Entwicklung auf nationaler Ebene Bis zum Erlass des WpÜG verfolgte Deutschland das Modell einer freiwilligen Selbstkontrolle.2 Eine rechtsverbindliche oder jedenfalls allgemein anerkannte Kodifizierung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen existierte nicht.3

_______________ 1

Für die Entwicklung auf nationaler Ebene siehe A., für die europäische Entwicklung siehe B. 2 Zehetmeier-Müller, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, Einl. Rn. 1; Pötzsch/Möller, WM 2000, Sonderbeilage 2, S. 13. 3 Hirte, in: Hirte, WpÜG, S. 1. Damit unterschied sich Deutschland von anderen führenden Industrienationen. Dem entspricht, dass in der Bundesrepublik bis zum Ende der 90er Jahre Unternehmensübernahmen durch öffentliche Erwerbsangebote eine verhältnismäßig geringe praktische Bedeutung hatten. Grund dafür waren die bestehenden institutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen, vgl. dazu Hirte, in: KölnKommWpÜG, Einl. Rn. 35.

§ 5 Die Entstehungsgeschichte des WpÜG

109

I. Leitsätze Die Diskussion über die Notwendigkeit der Regelung von Übernahmeangeboten und deren Inhalt entwickelte sich Anfang der 70er Jahre.4 Ausgelöst wurde sie durch die Vorarbeiten von Pennington5, der im Auftrag der EGKommission 1974 einen Bericht über „Übernahmeangebote und andere Angebote“6 vorlegte. Unter diesem Einfluss stellte im Jahre 1979 die Börsensachverständigenkommission beim Bundesministerium der Finanzen (BSK)7 „Leitsätze für öffentliche freiwillige Kauf- und Umtauschangebote bzw. Aufforderungen zur Abgabe derartiger Angebote für im amtlich notierten oder im geregelten Freiverkehr gehandelte Aktien bzw. Erwerbsrechte“ auf.8 Die Vorgaben waren teilweise sehr weitgehend, zum Teil jedoch lückenhaft.9 Insbesondere waren die Regelungen ohne verbindliche Kraft, enthielten damit auch keine Sanktionsmechanismen. Die Lückenhaftigkeit und die fehlende Verbindlichkeit waren die entscheidenden Gründe dafür, dass die Leitsätze in der Praxis kaum beachtet wurden.10

_______________ 4

Die in Gang gesetzte Diskussion wird dokumentiert durch die Referate von Schmitthoff, in: Schmitthoff/Goré/Heinsius, S. 7 ff.; Goré, in: Schmitthoff/Goré/Heinsius, S. 21 ff.; Heinsius, in: Schmitthoff/Goré/Heinsius, S. 35 ff. und den Diskussionsbericht von König, in: Schmitthoff/Goré/Heinsius, S. 63 ff. 5 Der Rechtswissenschaftler und Hochschullehrer Professor Robert Roland Pennington, geb. 22. 4. 1927, war Sonderberater im Arbeitskreis „Recht“ der EWG. 6 „Report on Takeover and other General Bids“, verbunden mit einem Vorschlag für eine Richtlinie, EG-Dokument KOM XI/56/74-E; abgedruckt bei Fleischer/Kalss, S. 831 ff. (Bericht), S. 916 ff. (Vorschlag); dazu Beß, AG 1976, 169; aus neuerem Schrifttum Pluskat, DStR 2001, 897; zum damaligen Bedarf einer europäischen Regelung siehe Behrens, ZGR 1975, 433 ff. 7 Der Börsensachverständigenkommission gehören nach einer Übereinkunft zwischen dem zuständigen Bundesministerium der Finanzen und den Börsen Vertreter des privaten Bankgewerbes, der öffentlich-rechtlichen Banken, des genossenschaftlichen Kreditwesenbereichs, der Emittenten, der Versicherer, der Deutschen Bundesbank, der Anleger und der Wissenschaft an. Siehe dazu im Einzelnen etwa Schuster/Zschocke, S. 16 f. 8 Abgedruckt in den BMF-Nachrichten 6/1979, S. 1 ff. und bei Baumbach/Hopt, HGB, 29. Aufl., Nr. 18. 9 Hirte, in: KölnKommWpÜG, Einl. Rn. 43; Zinser, S. 162. 10 Baums/Fischer, in: Baums/Thoma, WpÜG, Einl. Rn. 1.1; Hirte, in: KölnKommWpÜG, Einl. Rn. 43; Zinser, NZG 2001, 391, 392; Sandberger, DZWiR 1993, 319, 320; Weisgerber, ZHR 1997, 421, 422.

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Teil 2: Entstehungsgeschichte und Inhalt des WpÜG

II. Übernahmekodex Am 1. 10. 1995 trat der von der BSK verabschiedete Übernahmekodex11 an die Stelle der Leitsätze. Geändert wurde dieser Kodex im Juli 1997 mit Wirkung zum 1. 1. 1998.12 Vorbild für die Regelungen war der britische City Code on Takeovers and Mergers.13 Der Übernahmekodex bezweckte den Schutz der Minderheitsaktionäre bei öffentlichen Übernahmeangeboten.14 Auch insoweit stellte sich als problematisch heraus, dass es sich nicht um ein formelles Gesetz handelte und damit keine Rechts- und Allgemeinverbindlichkeit bestand.15 Verbindlich wurden die Regelungen für eine Gesellschaft nur, wenn diese sie anerkannt hatte.16 Der Kodex enthielt keine Sanktionen17, gerichtlicher Schutz war nicht zu erreichen. Die auch hier bestehenden Unzulänglichkeiten18, vor allem die fehlende Verbindlichkeit, führten dazu, dass der Übernahmekodex nicht die gewünschte Wirkung mit sich brachte.19 Im Februar 1999 hat die BSK dem Gesetzgeber daher empfohlen, eine gesetzliche Regelung zu erlassen.20

_______________ 11

Übernahmekodex der Börsensachverständigenkommission beim Bundesministerium der Finanzen vom 14. 7. 1995, abgedruckt in AG 1995, 572 ff. und bei Neye, ZIP 1995, 1464, 1467 ff.; siehe dazu Assmann, AG 1995, 563 ff.; Kallmeyer, AG 1996, 169 ff.; Neye, ZIP 1995, 1464 ff. 12 Abgedruckt in AG 1998, 133 ff.; dazu Wirth/Weiler, DB 1998, 117 ff. 13 Baums/Fischer, in: Baums/Thoma, WpÜG, Einl. Rn. 1.3. 14 Zehetmeier-Müller, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, Einl. Rn. 5. 15 Letzel, NZG 2001, 260; Schander, NZG 1998, 799, 800. 16 Die Anerkennung erfolgte jedoch nicht einmal durch alle im DAX-30 bzw. DAX100 vertretenen Gesellschaften. Von den 933 börsennotierten inländischen Unternehmen hatten bis zum 11. 4. 2000 lediglich 540 börsennotierte Gesellschaften, darunter 79 Unternehmen des DAX-100, den Kodex anerkannt, siehe Begründung des Referentenentwurfs eines Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen, A. I. 2., abgedruckt bei Fleischer/ Kalss, S. 407 ff.; bis zum 11. 4. 2001 hatten lediglich 755 von den 1016 börsennotierten inländischen Gesellschaften, darunter 86 des DAX-100, den Kodex anerkannt, siehe Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 27. 17 Selbst nach Anerkennung des Kodex’ blieben Verstöße faktisch sanktionslos, Schüppen, in: Haarmann/Riehmer/Schüppen, Einl. Rn. 9. 18 Siehe zur Kritik Kallmeyer, ZHR 161 (1997), 435 ff.; Kirchner/Ehricke, AG 1998, 105 ff.; Weisgerber, ZHR 161 (1997), 421 ff. 19 Hirte, in: Hirte, WpÜG, S. 2; Krause, NJW 2002, 705, 706. 20 BSK, Standpunkte, S. 9.

§ 5 Die Entstehungsgeschichte des WpÜG

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III. WpÜG Die Bundesregierung reagierte auf diese Empfehlung und auf die Ereignisse im Rahmen der „Übernahmeschlacht“ der Vodafone AirTouch plc um die Mannesmann AG21 mit der Bildung einer Expertenkommission22, die am 17. 5. 2000 eine zehn Eckpunkte umfassende Empfehlung23 verabschiedete.24 Darin betont die Kommission die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung.25 Grundlage sollte der zu dieser Zeit schon weit fortgeschrittene Entwurf der europäischen Übernahmerichtlinie sein.26 Auf diesen Empfehlungen und auf dem Gemeinsamen Standpunkt des Europäischen Rats zum Entwurf der EUÜbernahmerichtlinie27 aufbauend, legte das Bundesministerium der Finanzen am 29. 6. 2000 einen Diskussionsentwurf28 vor, dem am 12. 3. 2001 ein Referentenentwurf29 folgte. Im Unterschied zum Diskussionsentwurf enthielt der Referentenentwurf nicht nur Regelungen zu Übernahmeangeboten, sondern bezog sich auf sämtliche öffentliche Angebote, die auf den Erwerb von börsennotierten Wertpapieren gerichtet sind.30 Der Referentenentwurf bildete die _______________ 21 Zu weiteren Übernahmeversuchen und der daraus folgenden Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung siehe etwa Dimke/Heiser, NZG 2001, 241. 22 Zur Zusammensetzung der Kommission Möller/Pötzsch, ZIP 2001, 1256, 1257. 23 Empfehlungen der Expertenkommission für Unternehmensübernahmen, abgedruckt bei Pötzsch/Möller, WM 2000, Sonderbeilage 2, S. 37 ff. 24 Zu den vorhergehenden Vorschlägen Hirte, in: KölnKommWpÜG, Einl. Rn. 43. 25 Pötzsch/Möller, WM 2000, Sonderbeilage 2, S. 14. 26 Zehetmeier-Müller, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, Einl. Rn. 9. 27 Siehe unten § 5 B. IV.; der Diskussionsentwurf sollte schon eine spätere Umsetzung der europäischen Richtlinie vorbereiten. 28 Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Unternehmensübernahmen, abgedruckt bei Fleischer/Kalss, S. 237 ff. und in NZG 2000, 844 ff.; siehe dazu Kremer, M&A 2000, 461 ff.; Land/Hasselbach, DB 2000, 1747 ff.; Riehmer/Schröder, NZG 2000, 820 ff. Die in der Anhörung im Bundesfinanzministerium und in den Stellungnahmen vorgebrachten Änderungswünsche fanden Eingang in den folgenden Referentenentwurf, Zinser, NZG 2001, 391, 392. 29 Referentenentwurf eines Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen, abgedruckt in Fleischer/Kalss, S. 374 ff.; siehe dazu Thaeter/Barth, NZG 2001, 545; zur Anhörung im Bundesministerium der Finanzen Möller/Pötzsch, ZIP 2001, 1256, 1257; Riehmer/ Schröder, BB 2001, Beilage 5; die vielfältige Diskussion belegt die Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des DAV, Deutscher Anwaltverein, NZG 2001, 420 ff. 30 Siehe zum einen § 1 DiskE und zum anderen § 1 RefE, die jeweils den Anwendungsbereich des Gesetzes regeln.

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Grundlage für den Regierungsentwurf31, der am 11. 7. 2001 in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht wurde.32 Kontroversen, die im Finanzausschuss sichtbar wurden, bestanden vor allem im Hinblick auf die Reichweite des Abwehrverbots (sog. Neutralitätspflicht) und die Voraussetzungen der Abwehrmaßnahmen.33 Der Finanzausschuss des Bundestages empfahl am 14. 11. 2001 die Annahme des aufgrund der Beratungen geänderten Entwurfs.34 Das WpÜG wurde am 15. 11. 2001 als Art. 1 des Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen vom Bundestag verabschiedet, am 20. 12. 2001 vom Bundespräsidenten unterzeichnet, am 22. 12. 2001 im Bundesgesetzblatt35 verkündet und ist am 1. 1. 2002 in Kraft getreten36. In Deutschland besteht damit erstmalig ein verbindlicher Rechtsrahmen.37

B. Die Entwicklung auf europäischer Ebene Die Diskussion in Deutschland wurde maßgeblich durch die Verhandlungen über eine europäische Übernahmerichtlinie geprägt.38 Die Entwicklung auf europäischer Ebene zeichnet sich vor allem durch Fehlschläge und Verzögerungen aus.39

_______________ 31 Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen, BT-Drucks. 14/7034, S. 1 ff.; abgedruckt bei Fleischer/Kalss, S. 537 ff. und in ZIP 2001, 1262 ff. 32 Der Bundesrat gab seine Stellungnahme am 27. 9. 2001 ab, BR-Drucks. 574/01, S. 1 ff.; abgedruckt bei Fleischer/Kalss, S. 702 ff.; die darauf folgende Gegenäußerung der Bundesregierung ist abgedruckt bei Fleischer/Kalss, S. 710 f. 33 Schüppen, in: Haarmann/Riehmer/Schüppen, Einl. Rn. 11. 34 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 14/7477, S. 1 ff.; abgedruckt bei Fleischer/Kalss, S. 712 ff. 35 BGBl. I 2001, S. 3822; zuletzt geändert durch Art. 71 der achten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 25. 11. 2003, BGBl. I 2003, S. 2304. 36 Art. 12 S. 1 des Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen. 37 Hirte, in: KölnKommWpÜG, Einl. Rn. 84; Zehetmeier-Müller, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, Einl. Rn. 1. 38 Baums/Fischer, in: Baums/Thoma, WpÜG, Einl. Rn. 1.15. 39 Zehetmeier-Müller, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, Einl. Rn. 13; Pötzsch/Möller, WM 2000, Sonderbeilage 2, S. 4.

§ 5 Die Entstehungsgeschichte des WpÜG

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I. Der Pennington-Entwurf von 1974 Die Bemühungen um eine Regelung der öffentlichen Übernahmeangebote begannen durch den bereits angesprochenen Entwurf von Pennington im Jahre 1974.40 Der Entwurf lehnte sich an den britischen City Code on Takeovers and Mergers an. Die Diskussion des Entwurfs in den Gremien der Kommission brachte allerdings keine Einigung,41 so dass das Vorhaben einige Zeit nicht auf der Tagesordnung stand.

II. Die Richtlinienvorschläge von 1989 und 1990 Erst durch die Aufnahme in das Weißbuch der Kommission42 1985 wurde die Diskussion wieder verstärkt. 1987 legte die Kommission einen Vorentwurf43 für eine Richtlinie vor, dem am 19. 1. 1989 der Erste Vorschlag für eine 13. Richtlinie des Rates auf dem Gebiete des Gesellschaftsrechts über Übernahmeangebote44 folgte.45 Der Vorschlag orientierte sich an dem PenningtonEntwurf und damit an dem City Code.46 Da die Zustimmung in den meisten Mitgliedstaaten gering ausfiel,47 legte die Kommission am 14. 9. 1990 einen _______________ 40

Siehe oben § 5 A. I. Zur überwiegenden Kritik an dem Entwurf siehe Basaldua, in: Assmann/Basaldua/Bozenhardt/Peltzer, S. 157, 158; Beß, AG 1976, 206, 209; sogar Großbritannien lehnte den Entwurf trotz der Orientierung an dem City Code ab, Roßkopf, S. 267 f. 42 Weißbuch der Kommission an den Europäischen Rat, KOM/85/310 endg. vom 14. 6. 1985, S. 34. 43 EG-Dokument XV/63/87-DE; dazu Assmann/Bozenhardt, in: Assmann/Basaldua/Bozenhardt/Peltzer, S. 1, 33 ff.; Wiesner, GmbHR 1987, R 81. 44 EG-Dokument KOM/88/823 endg. – SYN 186, ABl. Nr. C 64 vom 14. 3. 1989, S. 8 ff.; abgedruckt bei Fleischer/Kalss, S. 935 ff. 45 Die Kommission stand dabei unter dem Eindruck des Übernahmekampfes um die belgische Holding Société Générale de Belgique, die der Italiener Carlo de Bendetti übernehmen wollte, vgl. van Aubel, S. 1; Zinser, EuZW 2003, 10; Hirte, ZIP 1989, 1233. 46 Hopt, in: Hopt/Wymeersch, S. 165, 167; Roßkopf, S. 270. 47 Roos, WM 1996, 2177; Beckmann, DB 1995, 2407; Roßkopf, S. 272; zur ablehnenden Haltung des Rechtsausschusses des Bundestags siehe BT-Drucks. 11/6612, S. 1 ff. 41

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Teil 2: Entstehungsgeschichte und Inhalt des WpÜG

geänderten Vorschlag48 vor, der ebenfalls auf Ablehnung in den Mitgliedstaaten stieß.49 Eine europäische Lösung scheiterte erneut.

III. Die Richtlinienvorschläge von 1996 und 1997 Um einen genauen Überblick über den Regelungsbedarf und die Präferenzen der Mitgliedstaaten zu erhalten, führte die Kommission 1993 eine Befragung unter den Mitgliedstaaten durch.50 Unter Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse folgte am 7. 2. 1996 ein neuer Richtlinienentwurf51 der Kommission. Am 10. 11. 1997 legte die Kommission einen geänderten Vorschlag52 vor. Auch dieser geänderte Vorschlag wurde von den Mitgliedstaaten, insbesondere Großbritannien, heftig kritisiert.

IV. Der Gemeinsame Standpunkt des Rates von 2000 und das Scheitern der Richtlinie Nach weiteren langen und kontroversen Verhandlungen verabschiedete der Rat am 19. 6. 2000 einen Gemeinsamen Standpunkt,53 dessen Grundlage die _______________ 48

Geänderter Vorschlag für eine 13. Richtlinie des Rates auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über Übernahmeangebote, EG-Dokument KOM/90/416 endg. – SYN 186, ABl. Nr. C 240 vom 26. 9. 1990, S. 7 ff.; abgedruckt bei Fleischer/Kalss, S. 946 ff. 49 Hopt, ZHR 161 (1997), 368, 373; Neye, DB 1996, 1121. 50 Fragebogen der Kommission vom 13. 7. 1993, Kommissions-Dokument XV/ 6019/93. 51 Vorschlag für eine 13. Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates auf dem Gebiete des Gesellschaftsrechts über Übernahmeangebote vom 7. 2. 1996, EGDokument KOM/95/0655 endg. – COD 95/0341, ABl. Nr. C 162 vom 6. 6. 1996, S. 5 ff.; abgedruckt bei Fleischer/Kalss, S. 977 ff. 52 Geänderter Vorschlag für eine 13. Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über Übernahmeangebote vom 10. 11. 1997, EG-Dokument KOM/97/0565/2 endg. – COD 95/0341, ABl. Nr. C 378 vom 13. 12. 1997, S. 10 ff.; abgedruckt bei Fleischer/Kalss, S. 983 ff. in synoptischer Darstellung mit dem Vorschlag vom 7. 2. 1996; dazu Neye, ZIP 1997, 2172. 53 Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 1/2001 vom 19. 6. 2000, vom Rat festgelegt gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG Nr. C 23 vom 24. 1. 2001, S. 1 ff.; abgedruckt bei Fleischer/Kalss, S. 995 ff.; abgedruckt mit Kommentaren bei Neye, AG 2000, 289 ff. und Pötzsch/Möller, WM

§ 5 Die Entstehungsgeschichte des WpÜG

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Richtlinienvorschläge von 1996 und 1997 waren. Der Gemeinsame Standpunkt fand im Parlament keine generelle Zustimmung.54 Insbesondere Deutschland drängte darauf, die strikte Neutralitätspflicht des Vorstands der Zielgesellschaft und das damit einhergehende Behinderungsverbot abzuschwächen. Die deutschen Vertreter setzten sich dafür ein, Vorratsbeschlüsse von Hauptversammlungen weitgehend zuzulassen. Hintergrund dieser Bestrebungen war, dass in Deutschland keine sog. goldenen Aktien (golden shares)55, die in vielen anderen Mitgliedstaaten staatliche Sonderrechte schaffen, oder Höchst- und Mehrstimmrechte existierten, die feindliche Übernahmen verhindern könnten. Deutschland befürchtete, dass seine Unternehmen bevorzugte Übernahmekandidaten würden.56 Es wurde erwartet, dass es für deutsche Investoren an einem „level playing field“57 fehle.58 Am 13. 12. 2000 beschloss das Parlament fünfzehn Änderungen des Gemeinsamen Standpunkts des Rates.59 Da der Rat nicht alle Abänderungen des Parlaments billigte, wurde der Vermittlungsausschuss60 einberufen (Art. 251 Abs. 3 EG). Am 6. 6. 2001 wurde in dem Vermittlungsausschuss ein Gemein_______________

2000, Sonderbeilage Nr. 2, S. 32 ff. Der Text des Gemeinsamen Standpunkts stammt vom 9. 6. 2000, wurde aber erst am 19. 6. 2000 beschlossen. 54 Das Europäische Parlament suchte die Arbeitnehmerrechte durch strengere Informations- und Berichtspflichten zu stärken, Neye, ZIP 2001, 1120, 1121. 55 Zu dem Begriff und zur Bedeutung von goldenen Aktien siehe Grundmann/Möslein, ZGR 2003, 317 ff. 56 Steinmeyer/Häger, WpÜG, Einl. Rn. 6; Wackerbarth, WM 2001, 1741; Zehetmeier-Müller, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, Einl. Rn. 24; außerdem findet in den USA in Abwehrsituationen die „Business Judgment Rule“ Anwendung, Schüppen, in: Haarmann/Riehmer/Schüppen, Einl. Rn. 16. 57 Der Begriff „level playing field“ bezeichnet die Waffengleichheit bei Unternehmensübernahmen. Es dürfen also nicht in einzelnen Ländern Übernahmehindernisse bestehen und in anderen nicht. 58 Sohbi, in: AnwK-AktienR, WpÜG, Einl. Rn. 3; Hirte, in: KölnKommWpÜG, Einl. Rn. 66; Steinmeyer/Häger, WpÜG, Einl. Rn. 6; Schüppen, in: Haarmann/Riehmer/ Schüppen, Einl. Rn. 16. 59 Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Übernahmeangebote, abgedruckt bei Fleischer/Kalss, S. 1015 ff. Zu den Änderungswünschen siehe Neye, ZIP 2001, 1120, 1121; Mülbert/Birke, WM 2001, 705; zu dem Sinneswandel der Bundesregierung Wackerbarth, WM 2001, 1741. 60 Der Vermittlungsausschuss besteht aus Mitgliedern des Rates und des Europäischen Parlaments und verhandelt unter Beteiligung der Kommission, Art. 251 Abs. 4 EG.

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Teil 2: Entstehungsgeschichte und Inhalt des WpÜG

samer Entwurf61 als Kompromiss gefunden.62 Der Rat machte Zugeständnisse bei den Arbeitnehmerrechten und die Vertreter des Parlaments verzichteten auf eine Abschwächung der Neutralitätspflicht.63 Der Gemeinsame Entwurf wurde jedoch bei der Abstimmung im Europäischen Parlament am 4. 7. 2001 mit 273 zu 273 Stimmen bei 22 Enthaltungen abgelehnt (Art. 251 Abs. 5 EG).64 Grund für die Gegenstimmen waren vor allem die bereits dargelegten Befürchtungen (insbesondere in Deutschland65), dass die Unternehmen in den Staaten, in denen es keine Höchst- und Mehrstimmrechte mehr gibt, benachteiligt sind und Hauptziele von Übernahmeversuchen werden.66 Ein europäischer Regelungsversuch scheiterte erneut. Damit war der deutsche Gesetzgeber bei Erlass des WpÜG nicht an europäische Vorgaben gebunden.

V. Die Verabschiedung der Richtlinie 2004/25/EG Am 10. 1. 2002 legte die von der europäischen Kommission beauftragte siebenköpfige Hochrangige Expertengruppe, die sog. „Winter-Kommission“67, ihren Bericht über die Abwicklung von Übernahmeangeboten vor.68 Inhaltlich _______________ 61

Gemeinsamer Entwurf einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Übernahmeangebote in der vom Vermittlungsausschuss am 6. 6. 2001 gebilligten Fassung, PE – CONS. 3629/01, abgedruckt bei Neye, ZIP 2001, 1120, 1123 ff. 62 Deutschland konnte sich mit einer Abschwächung der Neutralitätspflicht nicht durchsetzen. Eine deutliche Mehrheit im Rat stellte sich gegen diese Bestrebungen. Zu der vorher in Deutschland geführten rechtspolitischen Debatte siehe etwa Neye, ZIP 2001, 1120, 1121; Dimke/Heiser, NZG 2001, 241; zu den vorhergehenden Problemen und offenen Fragen siehe Hopt, in: FS Lutter, S. 1361, 1362 ff. 63 Einen Überblick über die Änderungen gibt Neye, ZIP 2001, 1120, 1122. 64 ABl. EG Nr. C 65 E vom 14. 3. 2002, S. 70 f.; Protokoll abgedruckt in Fleischer/Kalss, S. 1026 f.; Ergebnis der Abstimmung auch bei Möller/Pötzsch, ZIP 2001, 1256, 1257 und in der FAZ vom 5. 7. 2001, Nr. 153, S. 13. 65 Der Widerstand wurde angeführt von dem deutschen Europaabgeordneten und Berichterstatter in dieser Sache Klaus-Heiner Lehne, den Baums/Fischer, in: Baums/ Thoma, WpÜG, Einl. Rn. 1.24 als „Spiritus Rector der Kritik“ bezeichnen. 66 Hirte, in: Hirte, WpÜG, S. 3; die ablehnende deutsche Haltung dürfte auch noch auf die Übernahme der Mannesmann AG durch die Vodafone AirTouch plc zurückzuführen sein, Steinmeyer/Häger, WpÜG, Einl. Rn. 6. 67 Die Kommission ist nach dem Vorsitzenden, dem niederländischen Gesellschaftsrechtler Jaap Winter, benannt. Sie wurde im September 2001 auf Druck des Parlaments eingesetzt. Deutsches Mitglied war Klaus J. Hopt (Max-Planck-Institut, Hamburg). 68 Bericht der hochrangigen Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über die Abwicklung von Übernahmeangeboten vom 10. 1. 2002; der Bericht ist

§ 5 Die Entstehungsgeschichte des WpÜG

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unterbreitete sie Vorschläge für ein „level playing field“ in der EU.69 An der Neutralitätspflicht sollte festgehalten werden; nur eine während der Annahmefrist abgehaltene Hauptversammlung sollte die Leitungsorgane von der Neutralitätspflicht entbinden können. Eine sog. Durchbruchsregel sollte eingeführt werden, durch die bestehende Übernahmehindernisse im Übernahmefall bzw. nach Durchbrechen eines von den Mitgliedstaaten individuell festzulegenden Schwellenwerts (höchstens 75 %) unwirksam werden.70 Ausgenommen von dieser Durchbruchsregel waren lediglich die goldenen Aktien.71 Am 2. 10. 2002 legte die Europäische Kommission einen neuen Richtlinienvorschlag vor, der insbesondere die für das Scheitern der Richtlinie maßgeblichen Aspekte aufgriff.72 Der Paradigmenwechsel, der durch den Bericht der „Winter-Kommission“ eingeleitet schien, wurde jedoch durch den Richtlinienvorschlag nicht fortgesetzt. Problematisch an dem Entwurf war aus deutscher Sicht vor allem, dass eventuell vorhandene Mehrstimmrechte nicht durchbrochen werden konnten.73 Unterstützt wurde die deutsche Position durch ein im _______________

abrufbar unter http://www.europa.eu.int/index_de.htm in der Rubrik Binnenmarkt unter Kommission Binnenmarkt, Gesellschaftsrecht & Corporate Governance, Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance; siehe dazu etwa Wiesner, ZIP 2002, 208 ff.; ausführlich Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 387. 69 Wiesner, ZIP 2004, 343, 345. 70 Zur Problematik der Ausdehnung der Durchbruchsregel auf Mehrstimmrechte aus verfassungsrechtlicher Sicht vgl. Schumacher/Sanders, Der Konzern 2003, 178 ff. 71 Diese Ausnahme wurde zunächst kritisiert, vgl. Wiesner, ZIP 2004, 343, 345. Die Kritik verstummte jedoch, als der Europäische Gerichtshof am 4. 6. 2002 in drei Entscheidungen enge Voraussetzungen für die Zulässigkeit der goldenen Aktien aufstellte, vgl. EuGH, Urt. v. 4. 6. 2002 – Rs. C-367/98, NJW 2002, 2306, 2307 (Kommission vs. Portugal); Rs. C-483/99, ZIP 2002, 1085 = NJW 2002, 2305 (Kommission vs. Frankreich); Rs. C-503/99, ZIP 2002, 1090 = NJW 2002, 2302 (Kommission vs. Belgien); für eine kurze Wiedergabe der Urteile siehe Baums/Fischer, in: Baums/Thoma, WpÜG, Einl. Rn. 1.29; ausführlicher Grundmann/Möslein, ZGR 2003, 317 ff.; Ruge, EuZW 2002, 421 ff.; die Urteile haben die Bemühungen um die Verabschiedung der Übernahmerichtlinie wesentlich beflügelt, Hirte, in: KölnKommWpÜG, Einl. Rn. 69. 72 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend Übernahmeangebote vom 2. 10. 2002, KOM (2002) 534 endg. – 2002/0240 (COD), ABl. Nr. C 45 E vom 25. 2. 2003, S. 1 ff., abgedruckt in ZIP 2002, 1863 ff.; dazu Arnold, BB 2003, 267 ff.; Lehne/Haak, Der Konzern 2003, 163 ff.; Dauner-Lieb/Lamandini, BB 2003, 265 ff.; dies., Der Konzern 2003, 168 ff.; Kallmeyer, DB 2002, 2695; Krause, BB 2002, 2341 ff.; Seibt/Heiser, ZIP 2002, 2193; Wiesner, ZIP 2002, 1967; Zinser, EuZW 2003, 10 ff.; ders., ZRP 2003, 78 ff. 73 Mehrstimmrechte sind zum Beispiel in Frankreich und Schweden verbreitet, vgl. Arnold, BB 2003, 267, 268, der darauf hinweist, dass es keinen Grund gibt, Mehrstimmrechte anders zu behandeln als Höchststimmrechte; ebenfalls gegen eine Nichtberücksichtigung von Mehrstimmrechten Arnold, Der Konzern 2003, 173, 176. Auch Großbri-

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Teil 2: Entstehungsgeschichte und Inhalt des WpÜG

Auftrag des Europäischen Parlaments vorgelegtes Rechtsgutachten von Dauner-Lieb und Lamandini: Die Durchbruchsregel müsse, um wirksam zu sein, alle Übernahmehindernisse erfassen.74 Nachdem ein Kompromiss auf der Grundlage des Richtlinienvorschlags vom 2. 10. 2002 nicht in Sicht war,75 nahm die italienische Ratspräsidentschaft schließlich ein von portugiesischer Seite angedachtes Optionsmodell auf. Danach sollte die Entscheidung, ob die Neutralitätspflicht und/oder die Durchbruchsregel umgesetzt werden, den Mitgliedstaaten obliegen.76 Der Rat der Europäischen Union stimmte dem Kompromissvorschlag am 27. 11. 2003 mit 14 Stimmen bei einer Enthaltung ohne Gegenstimme in einer Allgemeinen Ausrichtung zu.77 Das Europäische Parlament nahm den Vorschlag am 16. 12. 2003 mit Änderungsvorschlägen an.78 Der Rat billigte am 30. 3. 2004 die Änderungsvorschläge.79 Die Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend Übernahmeangebote wurde am 21. 4. 2004 vom Europäischen Parlament und Rat unterzeichnet und am 30. 4. 2004 im Amtsblatt veröffentlicht.80 Sie ist am 20. 5. 2004 in Kraft getreten. _______________

tannien, die Niederlande, Belgien und Österreich schlossen sich der Kritik an, vgl. FTD vom 4. 2. 2003, S. 10 und 31. 74 Dauner-Lieb/Lamandini, Der neue Vorschlag für eine Richtlinie auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Übernahmeangebote und die Erreichung von gleichen Ausgangsbedingungen, Gutachten vom 9. 12. 2002, abrufbar unter http://www.europarl. eu.int/home/default_de.htm in der Rubrik Tätigkeiten unter Ausschüsse Sitzungsdokumente. Zusammenfassung bei Dauner-Lieb/Lamandini, BB 2003, 265 ff.; zu dem gleichen Ergebnis kommt Arnold, BB 2003, 267 ff.; a. A. Kallmeyer, DB 2002, 2695. 75 Insbesondere Binnenmarktkommissar Bolkestein zeigte sich wenig kompromissbereit, Baums/Fischer, in: Baums/Thoma, WpÜG, Einl. Rn. 1.32. 76 Kindler/Horstmann, DStR 2004, 866; Mülbert, NZG 2004, 633, 634. 77 Rat der Europäischen Union, Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend öffentliche Übernahmeangebote, Allgemeine Ausrichtung vom 28. 11. 2003, Interinstitutionelles Dossier 2002/0240 (COD), Ratsdokument 15476/03; dazu Maul/Muffat-Jeandat, AG 2004, 221, 225. 78 Stellungnahme des Europäischen Parlaments in erster Lesung am 16. 12. 2003, Bulletin der Europäischen Union, 2003/12/1.3.57; die Änderungsanträge entsprechen der Allgemeinen Ausrichtung des Rates der Europäischen Union; kritisch zu diesem „Minimalkonsens“ Picot, M&A 2004, 45. 79 Bulletin der Europäischen Union, 2004/3/1.3.52; zum Inhalt der Richtlinie Kindler/ Horstmann, DStR 2004, 866 ff.; Krause, BB 2004, 113 ff.; Maul/Muffat-Jeandat, AG 2004, 221 ff.; Wiesner, ZIP 2004, 343, 346 ff. Die legislative Entschließung beruht also letztlich auf einem politischen Kompromiss zwischen dem Europäischen Parlament und der italienischen Präsidentschaft, vgl. Glade/Haak/Hellich, Der Konzern 2004, 455, 456. 80 ABl. Nr. L 142 vom 30. 4. 2004, S. 12 ff.

§ 5 Die Entstehungsgeschichte des WpÜG

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Nach langen und schwierigen Verhandlungen, die hochpolitisch motiviert und durch wirtschaftliche Interessen der Mitgliedstaaten geprägt waren, besteht damit auf europäischer Ebene endlich ein Regelungswerk, welches den Rahmen für Übernahmeangebote in Europa festlegt.

§ 6 Die Grundlagen des WpÜG und die Auswirkungen der Übernahmerichtlinie A. Grundlagen des WpÜG

I. Zielsetzungen Nach der Gesetzesbegründung1 ist es das Ziel des Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen, Rahmenbedingungen bei Unternehmensübernahmen und anderen öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren in Deutschland zu schaffen, die den Anforderungen der Globalisierung und der Finanzmärkte angemessen Rechnung tragen und hierdurch den Wirtschaftsstandort und Finanzplatz Deutschland auch im internationalen Wettbewerb weiter stärken. Das WpÜG soll daher erstens Leitlinien für ein faires und geordnetes Angebotsverfahren schaffen, ohne Unternehmensübernahmen zu fördern oder zu verhindern, zweitens Information und Transparenz für die betroffenen Wertpapierinhaber und Arbeitnehmer verbessern und drittens die rechtliche Stellung von Minderheitsaktionären stärken. Die Umsetzung orientierte sich an international üblichen Standards.2

II. Aufbau des Gesetzes Regelungsmaterien des WpÜG sind der Erwerb von Wertpapieren3, Übernahmeangebote und Pflichtangebote. Diese Einteilung bestimmt auch den Auf-

_______________ 1

Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 28. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 28. 3 Die Erweiterung des Anwendungsbereichs auf sämtliche öffentliche Angebote erfolgte erstmals im Referentenentwurf vom 12. 3. 2001, siehe oben § 5 A. III. 2

§ 6 Die Grundlagen des WpÜG und die Übernahmerichtlinie

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bau des Gesetzes.4 Der Gesetzgeber ist dabei nach dem Baukastenprinzip vorgegangen.5 §§ 1 ff. WpÜG enthalten allgemeine Vorschriften (Abschnitt 1) und die Zuständigkeit der BaFin (Abschnitt 2). Diese Vorschriften sind auf einfache freiwillige Erwerbsangebote, Übernahmeangebote (§ 34 WpÜG) und Pflichtangebote (§ 39 WpÜG) anwendbar. Gleiches gilt für den dritten Abschnitt des Gesetzes (§§ 10 ff. WpÜG), der Angebote zum Erwerb von Wertpapieren regelt.6 Im vierten Abschnitt folgen Regeln zum Übernahmeangebot (§§ 29 ff. WpÜG) und im fünften Abschnitt Regeln zum Pflichtangebot (§§ 35 ff. WpÜG). Auf das Pflichtangebot finden auch die Vorschriften über Übernahmeangebote Anwendung (§ 39 WpÜG). Sodann enthält das Gesetz Verfahrensvorschriften für die BaFin als Aufsichtsbehörde (Abschnitt 6), Vorschriften über Rechtsmittel gegen Entscheidungen der BaFin (Abschnitt 7), Regelungen über Sanktionen (Abschnitt 8) und über die gerichtliche Zuständigkeit sowie Übergangsregelungen (Abschnitt 9).

III. Wesentlicher Inhalt des Gesetzes

1. Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen In § 1 WpÜG wird zunächst der Anwendungsbereich des WpÜG festgelegt.7 Dieses ist anzuwenden auf Angebote zum Erwerb von Wertpapieren, die von einer Zielgesellschaft ausgegeben wurden und zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind.8 § 2 WpÜG definiert die wichtigsten im WpÜG

_______________ 4

Thoma, NZG 2002, 105, 106. Hirte, in: KölnKommWpÜG, Einl. Rn. 85; Thoma, NZG 2002, 105, 106. 6 §§ 10 ff. WpÜG regeln mit anderen Worten den Grundfall, Hirte, in: KölnKommWpÜG, Einl. Rn. 85; Thoma, NZG 2002, 105, 106. 7 Es entspricht dem Aufbau anglo-amerikanischer Gesetze, den Anwendungsbereich einleitend zu bestimmen. § 1 WpÜG ist alleine jedoch ohne sachliche Aussagekraft, Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 1 Rn. 1; Schüppen, in: Haarmann/Riehmer/Schüppen, WpÜG, § 1 Rn. 1. 8 Zu den Einzelheiten des Anwendungsbereichs siehe kurz Hirte, in: KölnKommWpÜG, Einl. Rn. 89 ff.; Zehetmeier-Müller, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, Einl. Rn. 51 ff.; Krause, NJW 2002, 705, 706; ausführlicher etwa Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 1 Rn. 1 ff. 5

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Teil 2: Entstehungsgeschichte und Inhalt des WpÜG

gebrauchten Begriffe, unter anderem fünf der in § 1 WpÜG benutzten.9 Die wichtigste Definition enthält § 2 Abs. 1 WpÜG mit dem Begriff des Angebots.

2. Allgemeine Grundsätze Die Zielsetzungen des WpÜG haben in § 3 WpÜG ihren Niederschlag gefunden. § 3 WpÜG enthält fünf allgemeine Grundsätze, die bei jedem Angebot zum Erwerb von Wertpapieren zu beachten sind.10 Die Regelungen sollen grundsätzliche Wertungen des Gesetzgebers wiedergeben, die auch bei der Auslegung einzelner Rechtsvorschriften heranzuziehen sind.11

3. Angebote zum Erwerb von Wertpapieren Der dritte Abschnitt des WpÜG (§§ 10 ff. WpÜG) ist auf alle öffentlichen Erwerbsangebote anwendbar, unabhängig davon, ob sie auf den Kontrollerwerb gerichtet sind. Auf die einfachen öffentlichen Erwerbsangebote, mithin die _______________ 9

Angerer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 2 Rn. 1; Baums/Hecker, in: Baums/ Thoma, WpÜG, § 2 Rn. 1; kritisch zu den Begriffsbestimmungen Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 2 Rn. 7 f. 10 Die Grundsätze wurden in Anlehnung an andere Rechtsordnungen aufgestellt, vgl. beispielsweise die General Principles des englischen City Code oder die allgemeinen Grundsätze in § 3 öÜbG. Ebenfalls stimmen diese Grundsätze mit dem in dem Gemeinsamen Standpunkt (EG) Nr. 1/2001 vom 19. 6. 2000 des Rates der Europäischen Union (ABl. EG Nr. C 23 vom 24. 1. 2001, S. 1 ff.) festgelegten Grundsatzkatalog überein, vgl. Art. 3 Abs. 1 lit. a-d und lit. f des Gemeinsamen Standpunkts. 11 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 35; Haouache, in: AnwK-AktienR, WpÜG, § 3 Rn. 1. Problematisch an den allgemeinen Grundsätzen ist, dass ihre systematische und inhaltliche Bedeutung zweifelhaft ist, vgl. Wackerbarth, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 3 Rn. 1. Siehe zu den Grundsätzen Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 3 Rn. 4 ff.; Haouache, in: AnwK-AktienR, WpÜG, § 3 Rn.2 ff.; Hirte, in: KölnKommWpÜG, Einl. Rn. 94; Schüppen, in: Haarmann/Riehmer/Schüppen, WpÜG, § 3 Rn. 3 ff.; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 3 Rn. 2 ff.; Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 3 Rn. 2 ff.; Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 3 Rn. 12 ff.; Wackerbarth, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 3 Rn. 4 ff.; ZehetmeierMüller, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, Einl. Rn. 56 ff.; ausführlich zum Gleichbehandlungsgrundsatz Wackerbarth, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 3 Rn. 5 ff.; Krause, WM 1996, 845, 848; zu Forderungen vor Erlass des Gesetzes, insbesondere zu einem umfassenden übernahmerechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz siehe etwa Hopt, ZHR 161 (1997), 368, 411; zur Pflicht zur Stellungnahme Harbarth, ZIP 2004, 3, 10 f.; Peltzer, in: Assmann/Basaldua/Bozenhardt/Peltzer, S. 179, 187: „Magna Charta des Übernahmerechts“.

§ 6 Die Grundlagen des WpÜG und die Übernahmerichtlinie

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Angebote, die abgegeben werden entweder zum Erwerb einer Beteiligung, die unter Berücksichtigung der bereits gehaltenen Anteile unterhalb der Kontrollschwelle bleibt, oder, sofern schon die Kontrolle gehalten wird, zur Aufstockung dieser Beteiligung, findet folglich Abschnitt 3 Anwendung, nicht jedoch Abschnitte 4 und 5. Abschnitt 3 enthält Mindestanforderungen sowohl hinsichtlich des Inhalts als auch des Verfahrens. Insbesondere werden die Anforderungen an das Angebotsverfahren dargelegt.12 An erster Stelle sind die Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots (§ 10 Abs. 1 S. 1 WpÜG) und die Erstellung und Veröffentlichung einer Angebotsunterlage zu nennen (§ 11 Abs. 1 S. 1 WpÜG). Insoweit erfolgt eine Konkretisierung der in § 3 WpÜG enthaltenen Grundsätze, beispielsweise wird der Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 3 Abs. 1 WpÜG) durch § 19 WpÜG konkretisiert.13 Weiter werden die Anforderungen an Information, Transparenz (§ 3 Abs. 2 WpÜG)14 und die rasche Durchführung des Verfahrens (§ 3 Abs. 4 WpÜG)15 näher bestimmt. Ebenfalls werden Bestimmungen über die Änderung des Angebots (§ 21 WpÜG) und konkurrierende Angebote (§ 22 WpÜG) getroffen. Darüber hinaus ist eine Haftung für eine fehlerhafte Angebotsunterlage vorgesehen (§ 12 WpÜG).

4. Übernahmeangebote Auf den Vorschriften des Abschnitts 3 baut Abschnitt 4 (§§ 29 ff. WpÜG) auf, der weitere Vorschriften sowohl für Übernahmeangebote als auch Pflichtangebote enthält. Übernahmeangebote sind Angebote, die auf den Erwerb der Kontrolle gerichtet sind (§ 29 Abs. 1 WpÜG). Kontrolle ist nach § 29 Abs. 2 WpÜG das Halten von 30 % der Stimmrechte. Sodann folgen Vorschriften zur _______________ 12

Dazu ausführlich Thoma, NZG 2002, 105, 107 ff.; kürzer Hirte, in: KölnKommWpÜG, Einl. Rn. 86; Zehetmeier-Müller, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, Einl. Rn. 47; zu den allgemeinen und besonderen Verfahrensregeln siehe auch Assmann, AG 2002, 114, 116 ff. 13 Ausführlich zum Gleichbehandlungsgrundsatz Wackerbarth, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 3 Rn. 5 ff. 14 Die Gewährleistung von Transparenz und Gleichbehandlung bedingen sich gegenseitig. Gleichbehandlung kann nur gewährleistet werden, wenn das Angebotsverfahren transparent verläuft und alle Aktionäre die für ihre Entscheidung notwendigen Informationen erhalten. Transparenz ist nur gegeben, wenn alle Aktionäre, an die sich das Angebot richtet, die gleichen Informationen erhalten; vgl. Haouache, in: AnwK-AktienR, WpÜG, § 3 Rn. 3 und 7; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 3 Rn. 17. 15 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 35. Im gewissen Maße steht der Beschleunigungsgrundsatz in einem Spannungsverhältnis zu Abs. 2, vgl. Wackerbarth, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 3 Rn. 28.

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Teil 2: Entstehungsgeschichte und Inhalt des WpÜG

Zurechnung von Stimmrechten (§ 30 WpÜG), zur (angemessenen) Gegenleistung (§ 31 WpÜG) und die Verpflichtung, das Angebot an alle Aktionäre zu richten (§ 32 WpÜG). Endlich werden Verhaltenspflichten für den Vorstand der Zielgesellschaft während des Übernahmeverfahrens aufgestellt (§ 33 WpÜG).16

5. Pflichtangebote Abschnitt 5 behandelt die Pflichtangebote und ist ausschließlich auf diese anwendbar. Systematisch baut dieser Abschnitt auf den Abschnitten 3 und 4 auf, so dass jene Regeln auch bei einem Pflichtangebot anwendbar sind (§ 39 WpÜG).17 Nach § 35 WpÜG ist derjenige, der unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt, verpflichtet, diesen Tatbestand zu veröffentlichen und ein öffentliches Angebot zu unterbreiten.18 Das Pflichtangebot dient dem Schutz der Minderheitsaktionäre, indem es ihnen ermöglicht, ihre Beteiligung zu einem angemessenen Preis (§ 39 i. V. m. § 31 WpÜG) zu veräußern. Da für Pflichtangebote und Übernahmeangebote grundsätzlich die gleichen Vorschriften gelten, muss ein Pflichtangebot nicht mehr zusätzlich abgegeben werden, wenn die Kontrolle über die Zielgesellschaft aufgrund eines Übernahmeangebots erworben wurde (§ 35 Abs. 3 WpÜG).19 § 36 WpÜG regelt die Nichtberücksichtigung von Stimmrechten auf Antrag und § 37 WpÜG die Möglichkeit der Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Angebots.20

IV. (Nicht-)Behandlung des Erwerbs eigener Aktien Im Gesetzestext des WpÜG werden eigene Aktien lediglich in § 35 Abs. 2 S. 3 WpÜG und damit lediglich an einer Stelle erwähnt. Ein Pflichtangebot nach § 35 Abs. 2 S. 1 WpÜG hat sich grundsätzlich auf alle Aktien der Gesellschaft zu erstrecken (§ 32 i. V. m. § 39 WpÜG). Davon ausgenommen sind _______________ 16

Zur Frage, ob der Vorstand berechtigt ist, eigene Aktien während des Übernahmeverfahrens zu erwerben, siehe unten § 9 B. 17 Zu den Gründen für dieses Regelungskonzept siehe Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 30. 18 Zur Frage, ob ein Pflichtangebot abgeben muss, wer die relative Kontrollmehrheit infolge des Aktienrückkaufs durch die Gesellschaft erlangt, siehe unten § 8. 19 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 30. 20 Die Befreiung nach § 37 WpÜG steht im Ermessen der Aufsichtsbehörde. Zur Konkretisierung wurde § 9 WpÜG-VO erlassen; im Einzelnen siehe unten § 8 A. III.

§ 6 Die Grundlagen des WpÜG und die Übernahmerichtlinie

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nach § 35 Abs. 2 S. 3 WpÜG jedoch unter anderem die eigenen Aktien der Zielgesellschaft.21 Diese Ausnahme ist eine Selbstverständlichkeit,22 denn die Zielgesellschaft ist nicht schutzbedürftig im Sinne des Gesetzes.23 Keine Erwähnung findet hingegen der Erwerb eigener Aktien im Gesetzestext des WpÜG. Dieser wird allein in der Gesetzesbegründung24 angesprochen. Beispielsweise wird der Erwerb eigener Aktien in größerem Umfang durch die Zielgesellschaft als Mittel genannt, um den Erfolg eines Übernahmeangebots zu verhindern.25 Außerdem wird die Möglichkeit des Rückkaufs eigener Aktien in Verbindung mit der Einziehung von Aktien nach § 237 AktG als Beispiel dafür angeführt, wie ein Altaktionär die Kontrollschwelle des § 29 Abs. 2 WpÜG überschreiten kann, ohne seinen Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft zu erhöhen.26 Eng damit verbunden ist die Feststellung der Bundesregierung in der Gesetzesbegründung, dass eigene Aktien bei der Berechnung der Gesamtzahl der Stimmrechte, anhand derer die Schwelle von 30 % des § 29 Abs. 2 WpÜG zu ermitteln ist, zu berücksichtigen sind.27 Mithin kann festgehalten werden, dass der Erwerb eigener Aktien lediglich in der Gesetzesbegründung, nicht aber im Gesetzestext des WpÜG selbst Berücksichtigung findet.

_______________ 21

Diese Ausnahme ist auch auf Übernahmeangebote anzuwenden, vgl. Diekmann, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 32 Rn. 9 f.; Hasselbach, in: KölnKommWpÜG, § 32 Rn. 13; Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 32 Rn. 4 f.; Mülbert, ZIP 2001, 1221, 1223. 22 Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 35 Rn. 203. 23 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 60; Meyer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 35 Rn. 49. 24 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 1 ff. 25 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 58; vgl. ebenfalls die Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 14/7034, S. 86; zur Vereinbarkeit des Erwerbs eigener Aktien mit § 33 WpÜG siehe unten § 9 B. II. 26 Begründung zu § 9 Nr. 5 des Entwurfs einer Verordnung über öffentliche Angebote zum Erwerb von Wertpapieren und über Unternehmensübernahmen, BTDrucks. 14/7034, S. 81; der Text der WpÜG-VO, die das Bundesministerium der Finanzen später erlassen hat, sieht nicht mehr vor, dass sich die Gesamtzahl der Stimmrechte in Folge der Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien verringert hat; zu den Auswirkungen dieser Änderung siehe unten § 8. 27 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 53.

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Teil 2: Entstehungsgeschichte und Inhalt des WpÜG

B. Der wesentliche Inhalt der Übernahmerichtlinie Die dem deutschen Gesetz zeitlich nachfolgende Übernahmerichtlinie baut im Wesentlichen auf dem Konzept des Richtlinienvorschlags von 1996 und dem gescheiterten Richtlinienentwurf von 2002 auf.28 Es handelt sich um eine so genannte Rahmenrichtlinie29, deren Zielsetzung darin besteht, ein gleichwertiges Schutzniveau für Aktionäre zu gestalten und ein effizientes und transparentes Angebotsverfahren zu gewährleisten.30

I. Anwendungsbereich und allgemeine Bestimmungen Die Richtlinie ist anwendbar auf Übernahmeangebote für die Wertpapiere einer dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegenden Gesellschaft, sofern alle oder ein Teil dieser Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt31 in einem oder mehreren Mitgliedstaaten zugelassen sind (Art. 1 Abs. 1).32 Übernahmeangebot oder Angebot ist nach Art. 2 Abs. 1 lit. a33 ein an die Inhaber der Wertpapiere einer Gesellschaft gerichtetes (und nicht von der Zielgesellschaft selbst abgegebenes) öffentliches Pflicht- oder freiwilliges Angebot zum Erwerb eines Teils oder aller dieser Wertpapiere, das sich an den Erwerb der Kontrolle anschließt oder diesen zum Ziel hat. Aus dieser Begriffsbestimmung wird deutlich, dass die Richtlinie nicht nur Pflichtangebote, sondern auch freiwillige Angebote erfasst. Ebenso wie das deutsche Recht enthält auch die Richtlinie

_______________ 28 Baums/Fischer, in: Baums/Thoma, WpÜG, Einl. Rn. 1.34; gleichwohl wurden einige Teile inhaltlich nicht unerheblich verändert oder ergänzt, Wiesner, ZIP 2004, 343, 346. 29 Vgl. Erwägungsgrund (26) der Richtlinie; Kindler/Horstmann, DStR 2004, 866, 867. 30 Vgl. die Erwägungsgründe der Richtlinie, insbesondere Erwägungsgründe (1) und (3); Baums/Fischer, in: Baums/Thoma, WpÜG, Einl. Rn. 1.34; Kindler/Horstmann, DStR 2004, 866; vgl. zu diesen Zielen auch Art. 44 Abs. 2 lit. g EG. 31 Im Sinne der Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. 5. 1993 über Wertpapierdienstleistungen, ABl. L 141 vom 11. 6. 1993, S. 27 ff., zuletzt geändert durch die Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 35 vom 11. 2. 2003, S. 1 ff. 32 Zum Anwendungsbereich im Einzelnen vgl. etwa Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 221, 225 f. 33 Auch die weiteren wesentlichen Begriffe der Richtlinie werden in Art. 2 definiert.

§ 6 Die Grundlagen des WpÜG und die Übernahmerichtlinie

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allgemeine Grundsätze, die in Art. 3 niedergelegt sind.34 An erster Stelle ist der Gleichbehandlungsgrundsatz zu nennen (Art. 3 Abs. 1 lit. a).

II. Pflichtangebot Art. 5 regelt die Rahmenbedingungen für das Pflichtangebot. Danach muss eine natürliche oder juristische Person, die die Kontrolle über eine Gesellschaft im Sinne des Art. 1 Abs. 1 erlangt, allen Aktionären ein Pflichtangebot zu einem angemessenen Preis unterbreiten.35 Die Kontrollschwelle wurde nicht einheitlich festgelegt, sondern deren Bestimmung ausdrücklich den Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat, überlassen (Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie).36 Als angemessene Gegenleistung gilt der höchste Preis, den der Bieter für die gleichen Wertpapiere in einem von den Mitgliedstaaten festzulegenden Zeitraum, der mindestens sechs Monate betragen muss und höchstens zwölf Monate betragen darf, gezahlt hat (Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 1).37

III. Informations- und Verfahrensvorschriften Nach Art. 6 Abs. 1 muss der Bieter seine Entscheidung, ein Angebot abzugeben, sofort bekannt geben und nach Art. 6 Abs. 2 eine Angebotsunterlage veröffentlichen.38 Ihr Mindestinhalt wird durch Art. 6 Abs. 3 vorgegeben. In_______________ 34

Im Überblick dazu Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 221, 226 f. Die Verpflichtung nach Art. 5 Abs. 1 besteht nicht, wenn die Kontrolle aufgrund eines mit den Vorschriften der Richtlinie übereinstimmenden freiwilligen Angebots erlangt wurde, Art. 5 Abs. 2. § 35 Abs. 3 WpÜG entspricht dieser Vorschrift. 36 Der Versuch, die in vielen Mitgliedstaaten bestehende Kontrollschwelle von 30 % festzulegen, scheiterte damit, vgl. Wiesner, ZIP 2004, 343, 347. 37 Nach Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 2 können die Mitgliedstaaten ihre Aufsichtsstellen ermächtigen, den Preis unter ganz bestimmten Voraussetzungen und nach eindeutig festgelegten Kriterien zu ändern. Anders als im deutschen Recht wurde nicht vorgegeben, was als angemessener Preis im Rahmen eines Übernahmeangebots gilt. Der deutsche Gesetzgeber kann trotzdem an dieser Regelung festhalten, denn insoweit ist nur ein Mindestinhalt durch die Richtlinie vorgeschrieben, Kindler/Horstmann, DStR 2004, 866, 872; Wiesner, ZIP 2004, 343, 347. 38 Durch die sofortige Bekanntgabe sollen Insidergeschäfte verhindert werden, vgl. Erwägungsgrund (12) der Richtlinie; Kindler/Horstmann, DStR 2004, 866, 876; Maul/ Muffat-Jeandet, AG 2004, 221, 232. 35

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Teil 2: Entstehungsgeschichte und Inhalt des WpÜG

soweit bestehen umfangreiche Informationspflichten.39 Die Frist für die Annahme des Angebots beträgt zwischen zwei und zehn Wochen (Art. 7 Abs. 1 S. 1). Den genauen Zeitraum legen die Mitgliedstaaten fest.40

IV. Die Pflichten der Leitungs- und Verwaltungsorgane Die Pflichten der Leitungs- und Verwaltungsorgane der Gesellschaft werden in Art. 9 geregelt. Nach Abs. 2 und 3 besteht eine strenge Neutralitätspflicht der Geschäftsleitung; insbesondere sind Abwehrmaßnahmen auf Grundlage von Vorratsbeschlüssen verboten. Ausgenommen sind die Suche nach konkurrierenden Angeboten (sog. weiße Ritter / white knights) sowie Maßnahmen des normalen Geschäftsbetriebes und ihre Umsetzung.41 In Art. 10 werden den Gesellschaften weitreichende Offenlegungspflichten hinsichtlich Kapital- und Kontrollstrukturen auferlegt.42 Die Informationen sollen einem potentiellen Bieter einen Einblick in die Strukturen und Klarheit über etwaige Übernahmehindernisse verschaffen.43 Art. 11 enthält die Durchbruchsregel44, die auf die Vorschläge der WinterKommission zurückgeht.45 Danach werden während des Angebotsverfahrens bestimmte Übernahmehindernisse, insbesondere Mehrstimmrechte, außer Kraft

_______________ 39

Vgl. im Einzelnen etwa Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 221, 232 f. Die Mitgliedstaaten können eine Verlängerung zulassen, jedoch nur unter der Bedingung, dass die Zielgesellschaft dadurch nicht über einen angemessenen Zeitraum hinaus behindert wird und der Bieter seine Absicht zur Schließung des Angebots mindestens zwei Wochen zuvor bekannt gibt (Art. 7 Abs. 1 S. 2 der Richtlinie). 41 Siehe dazu im Einzelnen unten § 9 C. 42 Kritisch zu den zum Teil ungenauen Formulierungen Wiesner, ZIP 2004, 343, 347. 43 Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 306, 308; Wiesner, ZIP 2004, 343, 347. Darüber hinaus soll durch die Transparenzpflicht erreicht werden, dass Unternehmen ihre präventiven Abwehrmaßnahmen gegen Übernahmen zurücknehmen, um Kursabschläge zu vermeiden. Ob die Transparenzpflicht tatsächlich eine so weitgehende Wirkung entfalten kann, erscheint mehr als fraglich; kritisch auch Baums/Fischer, in: Baums/Thoma, WpÜG, Einl. Rn. 1.37. 44 Zu ihrer ökonomischen Analyse Rühland, NZG 2003, 1150 ff. 45 Die deutschen Vertreter forderten diese Regel vehement, um ein level playing field zu erreichen, Wiesner, ZIP 2004, 343, 348. Zu den Einzelheiten der Durchbruchsregeln siehe insbesondere Glade/Haak/Hellich, Der Konzern 2004, 515, 521 ff. 40

§ 6 Die Grundlagen des WpÜG und die Übernahmerichtlinie

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gesetzt bzw. durchbrochen.46 Insoweit ist zwischen drei Stadien zu unterscheiden.47 Zunächst erfolgt eine Durchbrechung, solange die Annahmefrist nach Art. 7 Abs. 1 läuft. In diesem Zeitraum gelten satzungsmäßige Beschränkungen der Übertragung von Wertpapieren nicht gegenüber dem Bieter (Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 1). Ebenfalls sind dem Bieter gegenüber Übertragungsbeschränkungen, die vertraglich zwischen Zielgesellschaft und ihren Aktionären „nach Annahme der Richtlinie“48 vereinbart worden sind, unwirksam (Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 2). In einem zweiten Stadium entfalten Stimmrechtsbeschränkungen, die sich aus der Satzung der Zielgesellschaft ergeben bzw. „nach Annahme der Richtlinie“ zwischen der Zielgesellschaft und ihren Aktionären oder zwischen Aktionären der Zielgesellschaft vereinbart wurden, in einer über Abwehrmaßnahmen beschließenden Hauptversammlung keine Wirkung (Art. 11 Abs. 3 Unterabs. 1 und 2).49 Mehrstimmrechte gewähren in einer über diese Angelegenheit beschließenden Hauptversammlung lediglich eine Stimme (Art. 11 Abs. 3 Unterabs. 3).50 Schließlich gilt die Durchbruchsregel, wenn der Bieter nach dem Angebot 75 % des stimmberechtigten Kapitals der Zielgesellschaft hält. Im Rahmen einer einzuberufenden Hauptversammlung51 sind satzungsmäßige oder vertragliche Übertragungs- und Stimmrechtsbeschränkungen unwirksam, Mehrstimmrechte geben in dieser Hauptversammlung nur eine Stimme und satzungsmäßige besondere Entsendungsrechte finden keine Anwendung (Art. 11 Abs. 4 Unterabs. 1 i. V. m. Abs. 2 und 3). _______________ 46

Zu den Einzelheiten der Durchbruchsregel vgl. etwa Kindler/Horstmann, DStR 2004, 866, 868 f. Entsteht den Inhabern der Rechte aufgrund des Entzuges ein Verlust, haben die Mitgliedstaaten eine angemessene Entschädigung vorzusehen, Art. 11 Abs. 5 der Richtlinie; zu den Einzelheiten der Durchbruchsregel Glade/Haak/Hellich, Der Konzern 2004, 515, 521 ff. 47 Kindler/Horstmann, DStR 2004, 866, 868 f.; Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 306, 311; Glade/Haak/Hellich, Der Konzern 2004, 515, 521 und Krause, BB 2004, 113, 115 unterscheiden zwischen zwei Phasen, woraus sich jedoch inhaltlich kein Unterschied ergibt. 48 Übertragungsbeschränkungen in Altverträgen sind damit von der Durchbruchsregel nicht erfasst, vgl. dazu Krause, BB 2004, 113, 115. 49 Die Durchbruchsregel gilt nicht für Wertpapiere, bei denen die Stimmrechtsbeschränkungen durch besondere finanzielle Vorteile ausgeglichen werden (Art. 11 Abs. 6), vgl. dazu Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 306, 311. 50 Nach Art. 11 Abs. 3 gilt damit der Grundsatz „one share, one vote“. 51 Dazu ist der Bieter nach Art. 11 Abs. 4 Unterabs. 2 berechtigt.

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Teil 2: Entstehungsgeschichte und Inhalt des WpÜG

Nach Art. 11 Abs. 7 findet die Durchbruchsregel keine Anwendung auf Wertpapiere, die von einem Mitgliedstaat gehalten werden und ihm durch Satzung oder nationales Recht besondere Rechte einräumen (goldene Aktien), sofern die Sonderrechte mit dem EG-Vertrag vereinbar sind.52

V. Das Optionsmodell für Neutralitätspflicht und Durchbruchsregel Herzstück des ausgehandelten Kompromisses ist das in Art. 12 geregelte Optionsmodell.53 Die Mitgliedstasten können nach Art. 12 Abs. 1 von einer Umsetzung der Inhalte von Art. 9 Abs. 2 und 3 und/oder Art. 11 der Richtlinie absehen (opt-out), so dass den Gesellschaften weiterhin weitreichende Abwehrmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Die Gesellschaften aus den Mitgliedstaaten, die von dem opt-out Gebrauch machen, können sich jedoch nach Art. 12 Abs. 2 (widerruflich54) dem strengeren Regime der Richtlinie unterwerfen (optin).55 Die Mitgliedstaaten können die Gesellschaften, auf die Art. 9 Abs. 2 und 3 sowie Art. 11 grundsätzlich Anwendung finden, wiederum von der Anwendung dieser strengen Regeln befreien, wenn sie das Ziel eines Übernahmeangebots durch eine Gesellschaft sind, die ihrerseits dieselben Artikel nicht anwendet (Art. 12 Abs. 3).56 Maßnahmen der Gesellschaft basierend auf dieser Befreiung müssen durch einen von der Hauptversammlung gefassten Vorratsbeschluss gedeckt sein (Art. 12 Abs. 5). Durch das (gegebenenfalls) zweifache Optionsverfahren hat die Richtlinie kein generelles level playing field geschaffen, sondern überlässt es den Mitgliedstaaten und (gegebenenfalls) den Unternehmen selbst, ob sie daran teilnehmen möchten. _______________ 52

Dazu Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 306, 313. Glade/Haak/Hellich, Der Konzern 2004, 515; Wiesner, ZIP 2004, 343, 348. 54 Ob es möglich sein sollte, die Entscheidung zu revidieren, war am Schluss der Beratungen höchst umstritten, vgl. Wiesner, ZIP 2004, 343, 348. 55 Es besteht somit ein zweistufiges System: Auf der ersten Stufe erfolgt die Wahl der Mitgliedstaaten. Entscheidet sich ein Mitgliedstaat für das opt-out, folgt auf der zweiten Stufe die Wahl der Unternehmen, ob sie von dem opt-in Gebrauch machen, Glade/Haak/Hellich, Der Konzern 2004, 515, 516 f.; Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 306, 310. 56 Die Unternehmen, die den strengen Regelungen unterliegen, werden als kapitalmarktorientiert (A-Klasse), die anderen als konservativ (B-Klasse) eingestuft, Baums/ Fischer, in: Baums/Thoma, WpÜG, Einl. Rn. 1.38; Glade/Haak/Hellich, Der Konzern 2004, 515, 516. Auch die Frage, ob sich ein Unternehmen aus der A-Klasse gegen ein Unternehmen aus der B-Klasse verteidigen kann, war in der Schlussphase der Verhandlungen heftig umstritten, Wiesner, ZIP 2004, 343, 348. 53

§ 6 Die Grundlagen des WpÜG und die Übernahmerichtlinie

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VI. Squeeze-out und Sell-out Schließlich sei noch erwähnt, dass die Richtlinie von den Mitgliedstaaten verlangt, ein Verfahren vorzusehen, welches dem Bieter im Anschluss an ein an alle Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft gerichtetes Angebot die Möglichkeit gibt, den Ausschluss der Minderheitsaktionäre zu betreiben (squeeze-out; Art. 15).57 Spiegelbildlich zu diesem Verfahren muss den Minderheitsaktionären nach Art. 15 Abs. 2 die Option gegeben werden, dem Bieter ihre Aktien zum Kauf anzubieten (sell-out).58 Die für das squeeze-out aufgestellten Voraussetzungen gelten entsprechend (Art. 15 Abs. 2 und 3).

C. Der aus der Übernahmerichtlinie folgende Umsetzungsbedarf Gem. Art. 21 Abs. 1 der Übernahmerichtlinie ist die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um der Richtlinie spätestens am 20. 5. 2006 nachzukommen. Verbindlich ist die Richtlinie für die Mitgliedstaaten hinsichtlich des zu erreichenden Ziels, die Wahl der Form und Mittel der Umsetzung überlässt sie jedoch den innerstaatlichen Stellen (Art. 249 Abs. 3 EG).59 Die Umsetzungsmaßnahmen im innerstaatlichen Recht müssen mindestens den Rang des vor der Regelung durch Richtlinienrecht im Mitgliedstaat geltenden Rechts haben (Nichtdiskriminierungsgrundsatz).60 Der deutsche Gesetzgeber wird die Richtlinie daher durch ein förmliches Gesetz umsetzen. Da schon das WpÜG existiert, wird lediglich eine Anpassung an die Richtlinie erforderlich sein.61 Zu_______________ 57

Zu den Voraussetzungen Krause, BB 2004, 113, 117 f.; Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 306, 315 ff. 58 Vgl. dazu etwa Kindler/Horstmann, DStR 2004, 866, 871; Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 306, 317. 59 Der EuGH hat diese Wahlfreiheit dahin gehend konkretisiert, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet seien, innerhalb der ihnen nach Art. 249 Abs. 3 EG belassenen Entscheidungsfreiheit die Formen und Mittel zu wählen, die sich zur Gewährleistung der praktischen Wirksamkeit (effet utile) der Richtlinien unter Berücksichtigung des mit ihnen verfolgten Zwecks am besten eignen, EuGH, Rs. 48/75, Slg. 1976, 497, Rn. 69/73 a. E. – Royer. 60 Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 249 Rn. 48. 61 Baums/Fischer, in: Baums/Thoma, WpÜG, Einl. Rn. 1.39; Kindler/Horstmann, DStR 2004, 866, 871 ff.; Wiesner, ZIP 2004, 343, 349; zu möglichen Änderungen im Hinblick auf die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien siehe unten § 7 D.; zur Frage, ob die Richtlinie Auswirkungen auf die Frage hat, ob ein Pflichtangebot eines Aktionärs infolge des Aktienrückkaufs durch die Gesellschaft ausgelöst wird,

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Teil 2: Entstehungsgeschichte und Inhalt des WpÜG

nächst wird er den Zeitraum, der zur Ermittlung des angemessenen Preises im Rahmen des Pflichtangebots maßgeblich ist, aufgrund des Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie ändern müssen.62 Im deutschen Recht ist der Referenzzeitraum derzeit auf drei Monate festgelegt (§§ 39, 31 Abs. 1 S. 2, 2. Hs., § 31 Abs. 7 WpÜG i. V. m. § 4 WpÜG-VO63) und wird auf mindestens sechs Monate erweitert werden müssen.64 Korrigiert werden müssen ebenfalls die Vorschriften zum squeeze-out.65 Insbesondere ist eine Art. 15 Abs. 5 entsprechende Regelung einzufügen, wonach die den ausgeschlossenen Aktionären angebotene Abfindung als angemessen gilt, wenn sie dem Erwerbspreis entspricht, zu dem der Bieter im Rahmen eines zuvor abgegebenen Übernahmeangebots mindestens 90 % des vom Angebot betroffenen stimmberechtigten Kapitals erworben hat.66 Neu in das deutsche Recht einzufügen sind die Transparenzpflicht des Art. 10 der Richtlinie67 und das Sell-out-Verfahren des Art. 16. Darüber hinaus muss der deutsche Gesetzgeber die Entscheidung treffen, ob er von der Möglichkeit des opt-out nach Art. 12 Abs. 1 Gebrauch macht. Vor dem Hintergrund der deutschen Befürchtungen, dass es europaweit kein level playing field geben werde, ist zu erwarten, dass Art. 9 Abs. 2 und 3 nicht umgesetzt werden, so dass § 33 WpÜG bestehen bleiben kann.68 Den deutschen _______________

siehe unten § 8 C.; zu den Auswirkungen auf die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien zur Abwehr feindlicher Übernahmen siehe unten § 9 C. 62 Mülbert, NZG 2004, 633, 642; zu den damit verbundenen Zweifelsfragen Glade/Haak/Hellich, Der Konzern 2004, 455, 457 ff. 63 Verordnung über den Inhalt der Angebotsunterlage, die Gegenleistung bei Übernahmeangeboten und Pflichtangeboten und die Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots (WpÜG-Angebotsverordnung) vom 27. 12. 2001, BGBl. I 2001, S. 4263; zuletzt geändert durch die Erste Verordnung zur Anpassung von Bezeichnungen nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz vom 29. 4. 2002, BGBl. I 2002, S. 1495. 64 Im Einzelnen dazu und zu weiteren Änderungen Baums/Hecker, in: Baums/ Thoma, WpÜG, vor § 35 Rn. 48; Baums/Fischer, in: Baums/Thoma, WpÜG, Einl. Rn. 1.39; Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 221, 230 f. 65 Eingehend Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 306, 316; zum squeeze-out nach gegenwärtiger Rechtslage ausführlich Fleischer, ZGR 2002, 757 ff.; zur Behandlung der eigenen Aktien beim squeeze-out Riegger, BB 2003, 541 ff. 66 Dazu Baums/Fischer, in: Baums/Thoma, WpÜG, Einl. Rn. 1.40; Wiesner, ZIP 2004, 343, 349. 67 Zu dem insoweit bestehenden Umsetzungsbedarf Glade/Haak/Hellich, Der Konzern 2004, 455, 459 ff.; Krause, BB 2004, 113, 116; zu den damit verbundenen Auslegungsproblemen für den deutschen Gesetzgeber vgl. Seibt/Heiser, ZIP 2002, 2193, 2196 ff. 68 Baums/Fischer, in: Baums/Thoma, WpÜG, Einl. Rn. 1.40; Glade/Haak/Hellich, Der Konzern 2004, 515, 524; Kindler/Horstmann, DStR 2004, 866, 872; Krause, BB

§ 6 Die Grundlagen des WpÜG und die Übernahmerichtlinie

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Gesellschaften müsste in diesem Fall die Möglichkeit gegeben werden, sich durch ein opt-in den strengeren Regelungen zu unterwerfen.69 Gleichfalls ist zu entscheiden, ob die Durchbruchsregel eingeführt wird.70 Da in Deutschland präventive Übernahmehindernisse nur in verhältnismäßig geringem Umfang bestehen, erscheint eine Umsetzung sinnvoll.71 Die zurzeit in Deutschland bestehende Rechtslage wird somit im Wesentlichen bestehen bleiben können.72 Einige Änderungen und Anpassungen werden erfolgen.73 Spannend bleibt, wie sich der deutsche Gesetzgeber bei der Frage der Neutralitätspflicht und der Durchbruchsregel entscheiden wird.

D. Bewertung Insgesamt ist es positiv zu bewerten, dass der deutsche Gesetzgeber in Form des WpÜG eine rechtsverbindliche Grundlage für freiwillige Angebote zum Erwerb von Wertpapieren, für Unternehmensübernahmen und für Pflichtangebote geschaffen hat. Die unverbindlichen Regelungen hatten sich in Deutschland – anders als in Großbritannien – nicht bewährt, so dass insoweit Regelungsbedarf, insbesondere vor dem Hintergrund einer steigenden Anzahl und Bedeutung von Unternehmensübernahmen, vorhanden war. Es besteht weitgehend Einigkeit über die effizienz- und wohlstandssteigernden Wirkungen von Unternehmensübernahmen,74 die jedoch nur möglich sind, wenn Hindernisse _______________

2004, 113, 114; Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 306, 314. Mülbert, NZG 2004, 633, 634 äußert die – wohl zutreffende – Befürchtung, dass in den meisten Mitgliedstaaten das opt-out entgegen der Konzeption der Richtlinie zum Grundfall wird; zu den Einzelheiten siehe unten § 9 C. 69 Insoweit ist in jedem Fall eine Umsetzung der strengen Neutralitätspflicht notwendig; zu der Frage, wie der Gesetzgeber vorgehen kann, siehe unten § 9 C. 70 Zum Für und Wider eines opt-out unter Berücksichtigung der Möglichkeit für die Gesellschaften, ein opt-in durchzuführen, ausführlich Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 306, 313 ff.; zu den Fragen, die bei einer Umsetzung geklärt werden müssen, siehe Glade/Haak/Hellich, Der Konzern 2004, 515, 522. 71 Baums/Fischer, in: Baums/Thoma, WpÜG, Einl. Rn. 1.40; Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 306, 314 f. 72 A. A. Mülbert, NZG 2004, 633 ff., der erheblichen Änderungsbedarf sieht. 73 Der Gesetzgeber sollte gleichwohl die Gelegenheit wahrnehmen und über die für eine Umsetzung erforderlichen Regelungen hinaus die Schwachstellen des WpÜG bereinigen, die sich in den ersten Jahren gezeigt haben, vgl. dazu Glade/Haak/Hellich, Der Konzern 2004, 515, 525. 74 Dazu ausführlich etwa Hirte, in: KölnKommWpÜG, Einl. Rn. 2 ff.

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Teil 2: Entstehungsgeschichte und Inhalt des WpÜG

für einen solchen Markt abgebaut werden.75 Grundvoraussetzungen sind insoweit Rechtssicherheit, Vorkehrungen für ein geordnetes Übernahmeverfahren, die Gleichbehandlung der Aktionäre der Zielgesellschaft und der Abbau von Verteidigungsmöglichkeiten, die der Vorstand ohne Ermächtigung durch die Hauptversammlung ergreift,76 gegen feindliche Übernahmen. Der deutsche Gesetzgeber hat dementsprechende Vorgaben in §§ 3 Abs. 1, 10 ff. und 33 WpÜG77 vorgesehen. Sicherlich kann an einzelnen Vorschriften Kritik geübt werden und besteht Reformbedarf.78 Dies hindert jedoch nicht daran, den Erlass des WpÜG als Ganzes zu begrüßen. Auch die Erfahrungen in der Praxis bestätigen den positiven Gesamteindruck des Gesetzes.79 Darüber hinaus ist die Annäherung an europäische Standards zu befürworten, denn insoweit ist eine Stärkung des Finanzplatzes Deutschland zu erwarten.80 Die europäische Übernahmerichtlinie wurde nach zähen Verhandlungen verabschiedet und beruht letztlich auf einem Kompromiss. Genau dies spiegelt sich in der Richtlinie wider, denn sie stellt nur eine Minimallösung81 dar. Insbesondere bei der Regelung des level playing field haben sich die Mitgliedstaaten auf den kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt. Die Optionsregelung wird dazu führen, dass es hinsichtlich Neutralitätspflicht und Durchbruchsregel keine europaweit einheitlichen Standards gibt.82 Darüber hinaus haben sich die Mitgliedstaaten nicht auf eine einheitliche und europaweit verbindliche Festlegung der Kontrollschwelle, ab der ein Pflichtangebot abgegeben werden muss, einigen können. _______________ 75

Hirte, in: KölnKommWpÜG, Einl. Rn. 33. Zu dem Interessenkonflikt des Vorstands siehe nur Kübler, in: Semler/Volhard, Bd. 1, § 3 Rn. 67, 95. 77 Eine Bewährungsprobe, die dem Fall Mannesmann/Vodafone vergleichbar ist, hat § 33 WpÜG allerdings noch nicht bestanden. 78 Baums/Fischer, in: Baums/Thoma, WpÜG, Einl. Rn. 1.14; Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 1 Rn. 4 ff. zur Kritik am Anwendungsbereich des WpÜG; Sohbi, in: AnwKAktienR, WpÜG, Einl. Rn. 5; Habersack, ZHR 166 (2002), 619 ff.; teilweise wird jedoch – über Kritik an einzelnen Punkten hinausgehend – sogar befürchtet, dass eine Welle ausländischer Übernahmeversuche drohe, die eine massive Überfremdung, eine unkontrollierte Neugestaltung bewährter Strukturen und Arbeitsplatzverluste bedeute. 79 Lenz/Behnke, BKR 2003, 43 ff.; Lenz/Linke, AG 2002, 361 ff. 80 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 28; Ekkenga/Schulz, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, Einl. Rn. 26. 81 Baums/Fischer, in: Baums/Thoma, WpÜG, Einl. Rn. 1.37; Picot, M&A 2004, 45. 82 Gerade das Optionsmodell ist Gegenstand von Kritik, da eines der wichtigsten Harmonisierungsziele verfehlt worden sei, Krause, BB 2004, 113, 119 m. w. N. 76

§ 6 Die Grundlagen des WpÜG und die Übernahmerichtlinie

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Aus diesen Gründen kann die Richtlinie nicht als Ideallösung bezeichnet werden. Sie gibt jedoch das wieder, was politisch durchsetzbar war. Immerhin wird durch die Umsetzung der Richtlinie in den Mitgliedstaaten eine Annäherung der Regelungen betreffend Übernahmeangebote erfolgen. Bestimmte Grundprinzipien und Verfahren samt ihrer konkretisierenden Vorschriften werden unionsweit eingeführt. Insoweit sind das Pflichtangebot, die Regelungen zur Gegenleistung, umfangreiche Transparenzgebote, squeezeout und sell-out zu nennen. Dadurch wird eine Basis geschaffen, auf der aufgebaut werden kann. Das Thema Übernahmerichtlinie wird weiter auf der europäischen Agenda stehen. Eine Fortführung der europäischen Vereinheitlichung ist durch die Vorschläge der Kommission zu erwarten, die diese fünf Jahre nach der Umsetzung der Richtlinie machen kann (Art. 20 der Richtlinie). Aufgrund der harten Auseinandersetzungen um ein level playing field kann aber nicht damit gerechnet werden, dass die Abschaffung der Neutralitätspflicht ohne ein Optionsmodell akzeptiert wird. Dazu bedarf es wohl nicht nur europäischer, sondern internationaler Lösungen.83 Hinsichtlich des Optionsmodells ist zu erwarten, dass in letzter Konsequenz zu einem großen Teil der Markt entscheiden wird, welches Modell sich durchsetzt.84 Sollten die Unternehmen, die sich für das opt-in entscheiden und sich damit als kapitalmarktorientiert darstellen, eine Anerkennung des Kapitalmarktes in Form von Kurssteigerungen erhalten, werden andere Unternehmen nachziehen.85 Jedenfalls entscheiden die Unternehmen selbst über ihr „Schicksal“, indem sie sich zwischen restriktivem und liberalem Übernahmerecht wählen können. Positiv ist zu bewerten, dass sich die Mitgliedstaaten bei der Frage der grenzüberschreitenden Zuständigkeit der Aufsichtsstellen geeinigt und Regelungen zum anwendbaren Recht getroffen haben (Art. 4). Dadurch ist ein wichtiger Beitrag zur rechtlichen Beurteilung grenzüberschreitender Sachverhalte geleistet worden. Doppelte Zuständigkeiten und rechtsfreie Räume werden in Zukunft nicht mehr existieren.86

_______________ 83

Wiesner, ZIP 2004, 343, 350. Kindler/Horstmann, DStR 2004, 866, 873. 85 Eine positive Auswirkung auf den Börsenkurs erwartet Picot, M&A 2004, 45; eher zweifelnd Wiesner, ZIP 2004, 343, 350. 86 Krause, ZGR 2002, 500, 517. 84

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Teil 2: Entstehungsgeschichte und Inhalt des WpÜG

Insgesamt ist die europäische Richtlinie – ungeachtet der Kritik nicht nur im Detail – zu begrüßen. Sie führt zwar nicht zu einer vollständigen Harmonisierung des Übernahmerechts in Europa, doch werden wesentliche Teile vereinheitlicht.

Teil 3

Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG § 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien In der Einführung wurde schon darauf hingewiesen, dass der Anwendungsbereich des WpÜG auch freiwillige öffentliche Angebote zum Erwerb von Wertpapieren erfasst, die weder auf den Erwerb der Kontrolle gerichtet sind noch eine Kontrollmehrheit des Bieters voraussetzen.1 Unter den Tatbestand der freiwilligen öffentlichen Angebote könnte der Erwerb eigener Aktien fallen – jedenfalls scheint der Wortlaut so formuliert zu sein, dass er dieser Annahme nicht entgegensteht. Die mit einer Anwendung verbundenen Konsequenzen wären erheblich. So wie einerseits der Wortlaut offen formuliert ist, sind andererseits einzelne Vorschriften nicht auf einen dritten Bieter zugeschnitten. Daher ist zu untersuchen, ob und inwieweit das WpÜG auf den Aktienrückerwerb durch die Gesellschaft anzuwenden ist. Eine Antwort darauf findet sich im Wortlaut des Gesetzes – jedenfalls ausdrücklich – nicht. Auch die Gesetzesbegründung2 nimmt dazu nicht Stellung. Die im Gesetzgebungsverfahren unzureichende Behandlung der Frage der Anwendbarkeit des WpÜG auf den Rückerwerb eigener Aktien hat in der Praxis zu erheblicher Rechtsunsicherheit geführt.3 In der Hauptversammlungssaison 2002, also nach In-Kraft-Treten des WpÜG, haben sich Aktiengesellschaften zwar Ermächtigungen nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG zum Erwerb eigener Aktien, auch „mittels eines öffentlichen Kaufangebots“, erteilen lassen.4 In _______________ 1 Die Erweiterung des Anwendungsbereichs auf freiwillige öffentliche Angebote erfolgte durch § 1 RefE, siehe oben § 5 A. III. 2 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 27 ff. 3 Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 61 f.; siehe auch die Bemerkung von Koch, NZG 2003, 61, 64, der das WpÜG als in dieser Frage widersprüchlich bezeichnet. 4 Beispiele dafür sind: Siemens AG, Hauptversammlung vom 17. 1. 2002; BetaSystems AG, Hauptversammlung vom 21. 5. 2002; Deutsche Bank AG, Hauptversammlung vom 22. 5. 2002; Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG, Hauptversammlung vom

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

einigen Hauptversammlungsbeschlüssen kommt jedoch schon die Unsicherheit über die neue Rechtslage zum Ausdruck. Im Hauptversammlungsbeschluss der Siemens AG vom 17. 1. 2002 heißt es beispielsweise: „Beim Erwerb über ein öffentliches Kaufangebot können ein formelles Angebot der Gesellschaft veröffentlicht oder die Aktionäre zur Abgabe eines Angebots öffentlich aufgefordert werden. Die Vorschriften des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes sind zu beachten, sofern und soweit diese Anwendung finden.“5 Im Folgenden wird untersucht, ob und gegebenenfalls inwieweit der Rückerwerb eigener Aktien dem Anwendungsbereich des WpÜG unterliegt. In Betracht kommt eine unmittelbare Anwendung, gegebenenfalls mit einer teleologischen Reduktion einzelner Vorschriften, oder eine analoge Anwendung, gegebenenfalls die analoge Anwendung nur einzelner Vorschriften. Ergibt die Prüfung, dass sowohl eine unmittelbare als auch analoge Anwendung ausscheidet, ist zu fragen, ob der Gesetzgeber einzelne Vorschriften des WpÜG auf den Rückerwerb für anwendbar erklären sollte oder ob eine Ergänzung des Aktiengesetzes um besondere verfahrensrechtliche Regeln zum Erwerb eigener Aktien sinnvoll ist.

A. Die Mitteilung der BaFin Die bestehende Rechtsunsicherheit hatte den Vorstand der Siemens AG dazu bewogen, ein unverbindliches Auskunftsersuchen an die BaFin zu richten, mit der Frage, ob der Rückerwerb eigener Aktien unter das WpÜG falle. Die BaFin hat daraufhin mitgeteilt, das WpÜG sei anwendbar, wenn der Aktienrückkauf

_______________

23. 5. 2002; Allianz AG, Hauptversammlung vom 12. 6. 2002; Rhön-Klinikum AG, Hauptversammlung vom 17. 7. 2002. Die Ermächtigungen der Hauptversammlung zum Erwerb eigener Aktien sind der BaFin gem. § 71 Abs. 3 S. 3 AktG anzuzeigen; eine Übersicht dazu veröffentlicht die BaFin unter http://www.bafin.de in der Rubrik Datenbanken unter Angezeigte Ermächtigungen der Hauptversammlungen (HV) zum Erwerb eigener Aktien. In der Einladung zur Hauptversammlung der Siemens AG, Bundesanzeiger vom 13. 12. 2001, S. 24809 heißt es: „Der Erwerb erfolgt nach Wahl des Vorstandes (1) als direkter Kauf über die Börse oder (2) mittels eines öffentlichen Kaufangebots oder (3) mittels eines öffentlichen Angebots auf Tausch der Aktien der Siemens Aktiengesellschaft gegen Aktien der Infineon Technologies AG …“. 5 Vgl. die Einladung zur Hauptversammlung, Bundesanzeiger vom 13. 12. 2001, S. 24809; die gleiche Formulierung findet sich im Hauptversammlungsbeschluss der DaimlerChrysler AG vom 9. 4. 2003, siehe Einladung zur Hauptversammlung, Bundesanzeiger vom 25. 2. 2003, S. 3349, 3357.

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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mittels eines öffentlichen Angebots erfolge.6 Der Rückerwerb über die Börse oder der individuell ausgehandelte Rückkauf unterliege hingegen allein den aktienrechtlichen Vorschriften. Die Einschätzung der BaFin ist in der Literatur zum Teil auf erheblichen Widerspruch gestoßen.7

B. Unmittelbare Anwendbarkeit Der Anwendungsbereich des Gesetzes ist in § 1 WpÜG definiert und ist im Wesentlichen durch zwei Merkmale geprägt. Zum einen muss ein öffentliches Angebot gegeben sein und zum anderen muss sich dieses auf den Erwerb von Wertpapieren, die von einer Zielgesellschaft ausgegeben wurden, richten. Da jedoch § 1 WpÜG alleine keine sachliche Aussagekraft besitzt, muss darauf abgestellt werden, ob ein Angebot i. S. d. § 2 Abs. 1 WpÜG gegeben ist.8 Danach sind Angebote freiwillige oder aufgrund einer Verpflichtung nach diesem Gesetz erfolgende öffentliche Kauf- oder Tauschangebote zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft. Der Begriff Zielgesellschaft ist ebenfalls in § 2 Abs. 3 WpÜG legaldefiniert: Es muss sich um eine AG oder KGaA mit Sitz im Inland handeln.

I. Angebot Für die Frage, ob der Erwerb eigener Aktien den Vorschriften des WpÜG unterliegt, ist genau genommen wiederum nicht zu untersuchen, ob ein Angebot i. S. d. § 2 Abs. 1 WpÜG vorliegt, sondern darauf abzustellen, ob ein Kaufoder Tauschangebot zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft vor_______________ 6

FAZ vom 3. 5. 2002, Nr. 102, S. 17. Diese Mitteilung stellt keinen Verwaltungsakt dar, sondern eine Meinungsäußerung in Form eines schlichten Verwaltungshandelns, Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 62. 7 Angerer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 1 Rn. 102; Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 1 Rn. 22; Noack, in: Schwark, WpÜG, §§ 1, 2 Rn. 4; Baum, ZHR 167 (2003), 580, 608; Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 85; Koch, NZG 2003, 61, 65; Süßmann, AG 2002, 424; zwar gegen eine unmittelbare Anwendbarkeit, gleichwohl für eine analoge Anwendung einzelner Vorschriften sind Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 1 Rn. 120 ff.; Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 716 ff. 8 Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass das WpÜG nicht nur Anwendung findet, wenn schon ein Angebot vorliegt. Insoweit ist der Wortlaut von § 1 WpÜG irreführend. Das WpÜG ist beispielsweise auch anwendbar, wenn lediglich die Entscheidung zu einem Angebot getroffen wurde (§ 10 Abs. 1 S. 1 WpÜG); siehe ausführlich Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 1 Rn. 18; Angerer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 1 Rn. 4 f.; Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 1 Rn. 5.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

liegt. Dass es gerade darauf ankommt, ergibt sich aus folgender Überlegung: Das Gesetz definiert in § 2 Abs. 1 WpÜG Angebote als freiwillige oder aufgrund einer Verpflichtung nach diesem Gesetz erfolgende öffentliche Kaufoder Tauschangebote zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft. Damit wird ein spezieller Angebotsbegriff des WpÜG eingeführt, der nicht dem Begriff des Angebots der Rechtsgeschäftslehre entspricht.9 Insoweit wird der Begriff Angebot vielmehr als Oberbegriff für die im Gesetz genannten freiwilligen Angebote, Übernahmeangebote und Pflichtangebote benutzt.10 Der Gesetzgeber nimmt damit eine Unterscheidung technischer Natur vor.11 Insoweit kann aber unter den Begriff nicht subsumiert werden, um zu klären, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit ein Angebot vorliegt. Abzustellen ist vielmehr auf den Begriff Kauf- und Tauschangebot, der einen Bestandteil der Definition der Angebote bildet, und als allgemein bekannt vorausgesetzt wird. Er ist damit dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechend auszulegen. Ein Kauf- oder Tauschangebot ist eine einseitige, den Erklärenden schon bindende Willenserklärung, die auf Vertragsschluss gerichtet ist (§ 145 BGB).12 Der Antrag muss daher die wesentlichen Vertragsbestandteile beinhalten (essentialia negotii) und somit den Erklärungsempfänger in die Lage versetzen, durch seine Annahme den Vertragsschluss zu bewirken.13 Eine invitatio ad offerendum genügt nicht, denn sie beinhaltet keinen Rechtsbindungswillen.14 Nur wenn ein solches Angebot vorliegt, dass den Anforderungen an ein bürgerlich-rechtliches Vertragsangebot entspricht, liegt ein Angebot i. S. d. § 2 Abs. 1 WpÜG vor. Die Willenserklärung muss auf den Kauf (§ 433 BGB; sog. cash offer) oder Tausch (§ 480 BGB) von Wertpapieren gerichtet sein.15 Umfasst werden davon auch Umtauschangebote (exchange offers), also solche, die vorsehen, dass die angebotsgegenständlichen Wertpapiere der Zielgesellschaft als

_______________ 9

Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 10. Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 2 Rn. 5. 11 Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 2 Rn. 5. 12 Angerer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 1 Rn. 4; Baums/Hecker, in: Baums/ Thoma, WpÜG, § 2 Rn. 5; Oechsler, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 2 Rn. 1; Schüppen, in: Haarmann/Riehmer/Schüppen, WpÜG, § 2 Rn. 6; Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 27. 13 Zum bürgerlich-rechtlichen Antrag siehe etwa Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 145 Rn. 1 ff.; ausführlicher Kramer, in: MünchKommBGB, § 145 Rn. 3 ff. 14 Schüppen, in: Haarmann/Riehmer/Schüppen, WpÜG, § 2 Rn. 6; Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 2 Rn. 29. 15 Angerer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 1 Rn. 24. 10

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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Sacheinlage in die Bietergesellschaft eingebracht werden und die Angebotsempfänger dafür junge Aktien der Bietergesellschaft erhalten.16 Das Angebot zum Erwerb eigener Aktien ist damit ein Kauf- oder Tauschangebot i. S. d. § 2 Abs. 1 WpÜG, wenn eine verbindliche Willenserklärung abgegeben wird – und nicht nur eine invitatio ad offerendum unterbreitet wird – und als Gegenleistung eine Geldleistung oder eine andere Sache angeboten wird.

II. Öffentlich Voraussetzung für die Anwendbarkeit des WpÜG ist weiter, dass der Rückerwerb eigener Aktien mittels eines öffentlichen Angebots erfolgt. Insoweit ist zu untersuchen, welche der bereits genannten Formen17 des Rückkaufs diese Anforderung erfüllt. Dazu ist in einem ersten Schritt zu klären, unter welchen Voraussetzungen ein Angebot öffentlich ist, in einem zweiten Schritt ist die gefundene Begriffsbestimmung auf den Rückerwerb eigener Aktien anzuwenden. Diese Notwendigkeit mag zunächst ein wenig überraschend erscheinen, da die Gestaltung des Rückerwerbs eigener Aktien in drei Formen eingeteilt wurde, die nach ihrer Bezeichnung anscheinend schon Aufschluss darüber geben, ob das Angebot öffentlich ist. Es wird sich jedoch zeigen, dass die Bezeichnungen der Rückkaufsformen alleine keinen Aufschluss über die Öffentlichkeit des Angebots geben, sondern dies in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen ist.

1. Begriffsbestimmung Der Begriff des öffentlichen Angebots ist nicht im Gesetz definiert. In der Regierungsbegründung des WpÜG wird darauf hingewiesen, dass im Einklang mit ausländischen Regelungen auf eine gesetzliche Definition verzichtet werde, um angesichts der Vielgestaltigkeit der möglichen Sachverhalte die Gefahr einer Umgehung des WpÜG auszuschalten.18 Immerhin versucht die Gesetzes_______________ 16 Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 2 Rn. 6; a. A. Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 37; ausführlich zu den Voraussetzungen und den damit verbundenen Problemen Geibel/Süßmann, BKR 2002, 52, 59. 17 Siehe oben § 3. 18 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 33; Kritik an dieser Vorgehensweise bei Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 2 Rn. 47; hingegen erachten Schüppen, in: Haarmann/Riehmer/Schüppen, WpÜG, § 2 Rn. 9 und Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 393 es als sachgerecht, die Konkretisierung der Verwaltungspraxis und Rechtsprechung zu überlassen.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

begründung eine kleine Hilfestellung zu geben. Es sei eine Vielzahl von Kriterien für die Beurteilung der Frage, ob ein öffentliches Angebot vorliegt, heranzuziehen.19 Bedeutung habe, ob sich das Angebot nur an einen begrenzten Personenkreis oder eine Vielzahl von Wertpapierinhabern richte oder ob es sich um ein einseitig formuliertes (im Sinne eines „Alles oder Nichts“20) oder ein individuell ausgestaltetes Angebot handele. Einzelne Vertragsbedingungen könnten auf ein öffentliches Angebot schließen lassen, wie zum Beispiel die Bedingung, die dem Bieter ein Rücktrittsrecht bei Nichterreichen einer bestimmten Annahmequote einräume. Die genannten Indizien können jedoch nur zur Annäherung an den Begriff dienen.21 Eine trennscharfe Abgrenzung ist damit noch nicht gefunden.

a) Lösungsansätze Zur näheren Begriffsbestimmung werden in der Literatur verschiedene Lösungsansätze vertreten.

aa) Rückgriff auf § 1 VerkProspG Teilweise wird auf § 1 VerkProspG zurückgegriffen.22 Gem. § 1 VerkProspG unterliegen nur Wertpapiere, die erstmals im Inland öffentlich angeboten werden und nicht zum Handel an einer inländischen Börse zugelassen sind, der Verkaufsprospektpflicht. Eine Legaldefinition des Begriffs Öffentlichkeit findet sich im VerkProspG aber nicht. In der europäischen Emissionsprospekt-Richtlinie23, die durch das VerkProspG in nationales Recht umgesetzt wurde, wird in den Erwägungen auch nur festgestellt: „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist es nicht möglich, für den Begriff „öffentliches Angebot“ und alle seine Bestandteile eine gemeinsame Definition festzulegen.“ In der Geset_______________ 19

Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 33. Zur Maßgeblichkeit der Gesetzesbegründung für die Auslegung des Gesetzes siehe Berrar/ Schnorbus, ZGR 2003, 59, 68 Fn. 52. 20 So die Interpretation von Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1514. 21 Wie noch zu zeigen ist, sind die genannten Kriterien zum Teil sogar nicht zur Konkretisierung geeignet. 22 Angerer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 1 Rn. 14. 23 Richtlinie 89/298/EWG vom 17. 4. 1989 zur Koordinierung der Bedingungen für die Erstellung, Kontrolle und Verbreitung des Prospekts, der im Falle öffentlicher Angebote von Wertpapieren zu veröffentlichen ist, ABl. EG Nr. L 124 vom 5. 5. 1989, S. 8 ff.

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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zesbegründung zum VerkProspG wird darauf hingewiesen, dass Öffentlichkeit nicht gegeben sei, wenn zwischen dem Anbieter und dem Anleger eine „persönliche Beziehung“ bestehe.24 Dadurch ist jedoch für die Begriffsbestimmung kaum etwas gewonnen.25 Eine Erläuterung enthält die Bekanntmachung des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel (BAWe26) zum VerkProspG.27 Diese orientiert sich jedoch an Fallgruppen und kann zur Herausbildung einer allgemeinen Begriffbestimmung nicht dienen. Auch im Rahmen des VerkProspG ist damit die Konkretisierung letztlich Rechtsprechung und Wissenschaft überlassen. Ein öffentliches Angebot ist nach der Literatur anzunehmen, wenn Aufklärung durch einen Verkaufsprospekt hinsichtlich des Informationsbedürfnisses der betroffenen Anleger erforderlich ist.28 Im Vordergrund steht damit die Schutzbedürftigkeit der Anleger. Dieser Ansatz sei modifiziert für die Auslegung des Begriffs „Öffentlichkeit“ im Rahmen des § 2 Abs. 1 WpÜG zu verwenden. Schutzziel des WpÜG sei ebenfalls die ausreichende Information der Aktionäre.29 Es sei daher zu fragen, ob den Aktionären ausreichend Informationen oder zumindest ausreichende Ressourcen zur Beschaffung entsprechender Informationen zur Beurteilung des Angebots zur Verfügung stünden, um eine sachgerechte Entscheidung treffen zu können. Sei dies nicht der Fall, müssten die Anforderungen des WpÜG eingehalten werden. Das Angebot sei dann als öffentlich einzustufen.

_______________ 24

Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über Wertpapier-Verkaufsprospekte und zur Änderung von Vorschriften über Wertpapiere, BT-Drucks. 11/6340 vom 1. 2. 1990, S. 11. 25 Ritz, in: Assmann/Lenz/Ritz, VerkProspG, § 1 Rn. 41; Fleischer, ZIP 2001, 1653, 1654. 26 Das BAWe ist eine der Vorgängerinnen der BaFin. Die BaFin ist zum 1. 5. 2002 auf der Grundlage des Gesetzes über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz – FinDAG) vom 22. 4. 2002 (BGBl. I 2002, S. 1310) gegründet worden. Die BaFin vereinigt unter ihrem Dach die drei ehemaligen Bundesaufsichtsämter für das Kreditwesen (BAKred), für das Versicherungswesen (BAV) und für den Wertpapierhandel (BAWe). 27 Bundesanzeiger Nr. 177 vom 21. 9. 1999, S. 16180. 28 Hamann, in: Schäfer, VerkProspG, § 1 Rn. 13. 29 Angerer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 1 Rn. 16.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

bb) Eight factor test oder die Einordnung anhand verschiedener Kriterien In den Vereinigten Staaten wird als Auslegungshilfe der sog. eight factor test herangezogen.30 Dieser wurde zur Grundlage der Entscheidung Wellmann v. Dickinson.31 Danach kennzeichnen ein öffentliches Angebot folgende Faktoren: (1) aktives und breit gestreutes Erwerben von Aktien bei öffentlichen Anlegern, (2) Angebot hinsichtlich eines beträchtlichen Prozentsatzes von Anteilen der Zielgesellschaft, (3) Angebot eines Aufpreises gegenüber dem gegenwärtigen Marktpreis, (4) fixe, nicht verhandelbare Angebotsbedingungen, (5) Knüpfung des Angebots an eine bestimmte Anzahl erhältlicher Aktien, (6) zeitlich begrenztes Angebot, (7) Erzeugung von Verkaufsdruck gegenüber den Aktionären, (8) öffentliche Bekanntmachung des Aktienkaufprogramms im Zusammenhang mit dem raschen Erwerb von Anteilen der Zielgesellschaft. Der Test verzichtet damit auf absolute Zahlen oder Kriterien und stellt sich so als ein bewegliches System dar.32 Diesem Test vergleichbar ist eine Einordnung anhand von Kriterien, die sich vor allem an den in der Regierungsbegründung zum WpÜG genannten orientieren. Für ein öffentliches Angebot spreche die Verbreitung über ein allgemein zugängliches Medium, ein größerer, unbegrenzter Adressatenkreis oder ein inhaltlich bedingtes Angebot.33 Dabei soll die Untersuchung, ob die Kriterien erfüllt sind, Rücksicht auf die Schutzziele des WpÜG, insbesondere die allgemeinen Grundsätze des § 3, nehmen.34

_______________ 30 Dieser ist mittlerweile weithin anerkannt, vgl. Hazen, S. 619; Loss/Seligman, Vol. V, S. 2201. 31 475 F. Supp. 783, 823 (S.D.N.Y) 1979; dazu Baum, AG 2003, 144, 146. 32 So die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des österreichischen Übernahmegesetzes, in denen auf den Test ausdrücklich Bezug genommen wird; vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage des öÜbG, 1276 BlgNR 20. GP, zu § 1, Z 1; abrufbar unter http://www.takeover.at in der Rubrik Recht unter Erläuterungen; auch abgedruckt in Huber/Löber, öÜbG, S. 11 f.; siehe dazu Baum, AG 2003, 144, 149; Winner/Gall, wbl 2000, 1, 3. 33 Schüppen, in: Haarmann/Riehmer/Schüppen, WpÜG, § 2 Rn. 10; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 393. Nicht durchgesetzt hat sich die Forderung des Bundesrates in seiner Stellungnahme, BR-Drucks. 574/01 vom 27. 9. 2001, S. 1, dass eine Bagatellgrenze eingeführt wird. Daher ist es jedenfalls nicht möglich, feste, quantitative Schwellenwerte als Kriterium zu nehmen, Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 393. 34 Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 1 Rn. 7; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 393.

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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cc) Funktionale Auslegung Zur Konkretisierung des Begriffs des öffentlichen Angebots im Sinne des Übernahmerechts wird teilweise eine funktionale Auslegung vorgenommen.35 Die funktionale Auslegung stellt zur Beurteilung der Öffentlichkeit entscheidend darauf ab, ob eine Verletzung der allgemeinen Grundsätze des § 3 WpÜG droht. Dies soll vor allem von dem mit dem Rückerwerb verbundenen Zweck abhängen. Ein öffentliches Angebot sei gegeben, wenn der Rückerwerb einen Rückzug von der Börse vorbereite oder als Verteidigungsmittel gegen ein feindliches Übernahmeangebot eingesetzt werde.36 Für dieses funktionale Begriffsverständnis wird angeführt, dass § 3 WpÜG kapitalmarktrechtliche Prinzipien enthalte, die sich zur unterstützenden Normauslegung und Ausfüllung von Gesetzeslücken eigneten.37

dd) Keine individuelle Kommunikation Nach einem weiteren Ansatz liegt ein öffentliches Angebot vor, wenn das Angebot nicht individuell kommuniziert wird. Das WpÜG soll ein faires und geordnetes Angebotsverfahren sicherstellen, Information und Transparenz für die Wertpapierinhaber und die Arbeitnehmer verbessern und die rechtliche Stellung von Minderheitsaktionären bei Unternehmensübernahmen stärken.38 Wesentlicher Bestandteil eines fairen Verfahrens sei die Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Durch Information und Transparenz solle eine ohne Zeitdruck und Zwang getroffene Entscheidung ermöglicht werden.39 Diese Grundsätze habe der Gesetzgeber nur dann als gefährdet angesehen, wenn das Angebot öffentlich erfolge. Stehe der Bieter auf der einen Seite mehreren Subjekten auf der anderen Seite gegenüber, sei die Grundkonstellation für die Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gegeben.40 Damit alleine sei gleichwohl noch nicht gesagt, dass es erforderlich ist, die Anforderungen des WpÜG einzuhalten. Dies könne von dem Bieter erst verlangt werden, wenn er die Erwerbstransaktion wähle, die ihm die gleichmäßige Ansprache der Wertpapier-

_______________ 35 36 37 38 39 40

Fleischer, ZIP 2001, 1653, 1658. Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2592. Fleischer, ZIP 2001, 1653, 1658. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 28. Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 2 Rn. 51. Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 2 Rn. 52.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

inhaber ermögliche und zumutbar sei.41 Dies sei der Fall, wenn das Angebot anders als individuell kommuniziert werde.

ee) Stellungnahme Gegen eine Anlehnung an den Begriff der Öffentlichkeit in § 1 VerkProspG spricht, dass die Regelungsziele des VerkProspG und des Übernahmerechts nur zum Teil identisch sind.42 Der Schutzzweck des WpÜG geht weit über den des VerkProspG hinaus, so dass die Begriffe unter Beachtung der jeweiligen Gesetzesteleologie eigenständig auszulegen sind.43 Daraus erklärt sich auch, dass einzelne Kriterien nicht übertragen werden können. Im Rahmen des VerkProspG wird unter anderem darauf abgestellt, ob sich das Angebot an einen bestimmten Personenkreis wendet.44 Ein Angebot zum Erwerb von Wertpapieren richtet sich auch an einen bestimmten Personenkreis, wenn es allen Wertpapierinhabern gemacht wird. Es ist zwangsläufig auf die jeweiligen Wertpapierinhaber begrenzt und somit bestimmt.45 Eine Abgrenzung kann damit nicht erreicht werden. Hinzu kommt, dass Rechtsprechung und Wissenschaft für den Begriff der Öffentlichkeit im Rahmen des § 1 VerkProspG noch keine hinreichende Konkretisierung gelungen ist.46 Die Probleme der Konkretisierung, die im Rahmen des VerkProspG bestehen, würden auf das WpÜG übertragen. § 1 VerkProspG kann daher zur näheren Bestimmung nicht herangezogen werden. Der eight factor test liefert ein bewegliches System. In der Beweglichkeit des Systems liegt jedoch gleichzeitig der Nachteil, da der Test eben nur aus Indizien besteht. Zur Lösung von Grenzfällen leistet er dementsprechend keine große Hilfestellung und ist insoweit unbefriedigend. Die Indizien können zwar zur Lösung herangezogen werden, gewähren aber keinen endgültigen Aufschluss. Gleiches gilt für eine Einordnung anhand verschiedener Kriterien. Letztlich können diese nur als Indizien dienen, nicht aber den Ausschlag für eine Einordnung geben. _______________ 41

Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 2 Rn. 52. Thaeter/Barth, NZG 2001, 545, 547. 43 Sog. „Relativität der Rechtsbegriffe“, Fleischer, ZIP 2001, 1653, 1655. 44 Groß, VerkProspG, § 1 Rn. 22; ähnlich Hamann, in: Schäfer, VerkProspG, § 1 Rn. 14 f. 45 Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 2 Rn. 61; Schüppen, in: Haarmann/ Riehmer/Schüppen, WpÜG, § 2 Rn. 12; Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 1 Rn. 8. 46 Ritz, in: Assmann/Lenz/Ritz, VerkProspG, § 1 Rn. 41; Fleischer, ZIP 2001, 1653, 1654; Hamann, in: Schäfer, VerkProspG, § 1 Rn. 13 ff. 42

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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Problematisch an einer funktionalen Auslegung ist, dass der Wortlaut des § 2 Abs. 1 WpÜG auch bei einer extensiven Auslegung keine Bezugnahme auf die allgemeinen Grundsätze des § 3 WpÜG enthält.47 Es ist zwar richtig, dass § 3 WpÜG zentrale Schutzanliegen des Übernahmerechts beinhaltet. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass alle die Fälle dem WpÜG unterliegen sollen, in denen ein Schutzbedürfnis besteht.48 Aus den inneren Leitprinzipien des Gesetzes kann nicht auf seinen äußeren Geltungsbereich geschlossen werden.49 Sinn und Zweck des Gesetzes sind zwar in die Auslegung einzubeziehen, für eine unmittelbare Anwendung bleibt der Wortlaut aber die Grenze. Eine andere Frage ist, ob sich aus dem Schutzanliegen eine analoge Anwendung aufdrängt.50 Für die unmittelbare Anwendung ist eine rein funktional orientierte Auslegung, die den Wortlaut des § 2 Abs. 1 WpÜG nicht mehr beachtet, jedenfalls abzulehnen. Die Grundsätze der Anlegergleichbehandlung und der rationalen Transaktionsentscheidung alleine können nicht über die Anwendbarkeit entscheiden. Dementsprechend kann die Anwendbarkeit auch nicht von dem Zweck des Rückerwerbs abhängen. Erfolgt der Erwerb zur Abwehr feindlicher Übernahmen, so muss dies nicht durch ein öffentliches Angebot erfolgen.51 Eine Verpflichtung zur Abgabe eines öffentlichen Angebots besteht nur unter den Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 WpÜG (Pflichtangebot). Ein allgemeiner Grundsatz der Waffengleichheit zwischen Bieter und Zielgesellschaft findet im

_______________ 47

Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 70. Siehe auch Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 2 Rn. 54, nach dem „Öffentlichkeit“ nicht ausschließlich davon abhängen kann, ob ein Informationsbedürfnis besteht. Diese würde nämlich dazu führen, dass ein in derselben Weise kommuniziertes Angebot abhängig von den individuellen Verhältnissen der Adressaten öffentlich ist oder nicht. 49 Dieser methodische Kritikpunkt wird auch von den Befürwortern selbst erkannt, jedoch mit dem Argument verworfen, der Gesetzgeber habe ausweislich der Regierungsbegründung, BT-Drucks. 14/7034, S. 33, bewusst einen weit angelegten und dehnbaren Grundbegriff gewählt, vgl. Fleischer, ZIP 2001, 1653, 1658. 50 Die Erwägungen von Fleischer, ZIP 2001, 1653, 1658, dass sich die in § 3 WpÜG genannten Prinzipien für eine Ausfüllung von Gesetzeslücken eigneten, sprechen bei genauerem Hinsehen auch eher für eine analoge Anwendung. Die Ausfüllung von Gesetzeslücken stellt gerade eine Analogie dar und nicht eine unmittelbare Anwendung. 51 Im US-amerikanischen Schrifttum wird dies zum Teil anders gesehen. Die Abwehr eines öffentlichen Übernahmeangebots dürfe nur durch einen öffentlichen Erwerb von Wertpapieren erfolgen. Befürwortet wird dies vor allem von Loss/Seligman, Vol. V, S. 2202: „Given the „neutrality“ purpose of the Williams Act, it is difficult to rationalize subjecting the outside bidder to the requirements of the Williams Act, but not the target’s management.” 48

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

WpÜG keine Grundlage.52 Daher kann der Gesetzeszweck nicht den Ausschlag dafür geben, ob ein öffentliches Angebot vorliegt. Richtig ist an dem vorhergehenden Ansatz, dass die Schutzbedürftigkeit zur Auslegung herangezogen werden kann, soweit dadurch nicht über den Wortlaut hinausgegangen wird.53 Der Zweck des Gesetzes ist ein wichtiges Auslegungskriterium.54 Ein Angebot, welches im Verborgenen bleibt, kann aber auch dann nicht als öffentlich bezeichnet werden, wenn konkret ein Schutzbedürfnis besteht. Diese Grenze muss – wie bereits festgestellt – bei der Auslegung beachtet werden.55 Der zuletzt genannte Ansatz, der darauf abstellt, ob das Angebot individuell kommuniziert wird, geht vom Sinn und Zweck des Begriffs Öffentlichkeit aus, beachtet jedoch die Grenze des Wortlauts. Ein öffentliches Angebot liegt eben nicht schon immer dann vor, wenn die Grundkonstellation für die Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gegeben ist.56 Möglich und zumutbar ist die öffentliche Ansprache nach den Vorstellungen des Gesetzgebers eben erst bei einem öffentlichen Angebot. Daraus ergibt sich im Gegenschluss, dass sie bei einem nicht öffentlichen Angebot nicht zumutbar ist. Nicht zumutbar ist die gleichmäßige Ansprache der Wertpapierinhaber, wenn der Bieter das Angebot individuell an einzelne oder sogar nur einen einzigen Wertpapierinhaber kommuniziert.57 Der Adressat bedarf dann nicht des Schutzes durch das WpÜG, da sich Bieter und Adressat auf „Augenhöhe“ gegenüberstehen. Damit ist das entscheidende Merkmal für die Abgrenzung gefunden. Es kommt darauf an, ob sich der Bieter der individuellen Kommunikation bedient oder nicht. Wird das Angebot vom Bieter individuell an den Adressaten kommuniziert, liegt kein öffentliches Angebot vor. Dieses Kriterium alleine ist jedoch nicht ausreichend, sondern bedarf einer Ergänzung. Ein öffentliches Angebot ist auch dann nicht gegeben, wenn der Erwerb anonym über die Börse erfolgt.58 Es fehlt dann schon an der erforderli_______________ 52

Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1515. Die Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen hat nur in einzelnen Vorschriften Ausdruck gefunden, siehe §§ 22 Abs. 2, 3, 21 Abs. 4 WpÜG. Dem liegt jedoch ein allgemeiner Rechtsgedanke, der eine absolute Waffengleichheit verlangt, nicht zu Grunde. 53 Angerer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 1 Rn. 16. 54 Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 2 Rn. 51. 55 Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 70. 56 Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 2 Rn. 52. 57 Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 2 Rn. 52. 58 Zum Sonderfall des „standing in the market“ siehe unten § 7 B. II. 2. a).

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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chen Außenwirkung.59 Darüber hinaus bleibt nicht nur der Bieter anonym, sondern auch der Wertpapierinhaber, der in dem Zeitraum der Gültigkeit der Kauforder eine Verkaufsorder platziert.60 Es kann unter diesen Umständen nicht von einem öffentlichen Angebot gesprochen werden. Ein öffentliches Angebot ist somit gegeben, wenn das Angebot anders als individuell kommuniziert wird und der Zukauf auch nicht anonym am Markt erfolgt.

b) Nähere Ausgestaltung des Kriteriums der individuellen Kommunikation Das Kriterium der individuellen Kommunikation als Gegensatz zur Öffentlichkeit ist im Folgenden näher auszugestalten, da die gefundene Begriffsbestimmung ansonsten abstrakt bleibt und die Anwendung in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten bereiten würde. Im Interesse der Aktiengesellschaften, die ein Angebot zum Erwerb von Aktien abgeben, bedarf es einer möglichst eindeutigen Bestimmung.

aa) Spezifische inhaltliche Gestaltung Individuelle Kommunikation erfordert, dass der Inhalt des Angebots spezifisch gestaltet ist.61 Fraglich ist, welche Anforderungen an die Individualität des Angebots zu stellen sind. Erhalten mehrere Anleger ähnliche Angebote, ist zweifelhaft, ob dann noch von einem individuell kommunizierten Angebot auszugehen ist. In der Praxis wird einem an einzelne Wertpapierinhaber gerichteten Angebot in der Regel eine unverbindliche Anfrage des Bieters vorausgehen. Nach Abschluss dieser Kommunikation wird dem Adressaten ein Angebot zugeleitet, welches den Angeboten an andere Aktionäre sehr ähnlich sein kann. Trotzdem ist es individuell, da es gerade auf persönlichen Verhandlungen beruht. Anders ist zu urteilen, wenn auch nur einzelnen Wertpapierinhabern Angebote mit einseitig vorformulierten Bedingungen gemacht werden.62 Dem entspricht es, dass Serienbriefe, die persönlich adressiert sind und eine persönliche Anrede enthalten, nicht unter individuell kommunizierte Angebote fal_______________ 59

Fleischer, ZIP 2001, 1653, 1660. Schüppen, in: Haarmann/Riehmer/Schüppen, WpÜG, § 2 Rn. 13; Steinmeyer/ Häger, WpÜG, § 1 Rn. 10. 61 Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 2 Rn. 57. 62 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 33; Steinmeyer/ Häger, WpÜG, § 1 Rn. 11; Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 2 Rn. 58. 60

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

len.63 Das gilt selbst dann, wenn einzelne Formulierungen ausgetauscht werden.64 Das Angebot wurde in diesem Fall nicht spezifisch gestaltet. Indiz dafür, dass ein Angebot nicht spezifisch gestaltet wurde und somit öffentlich ist, sind Angebotsbedingungen, die dem Bieter ein Rücktrittsrecht bei Nichterreichen einer bestimmten Annahmequote gewähren.65

bb) Anzahl der angesprochenen Wertpapierinhaber Weiteres Kriterium für die individuelle Kommunikation ist die Anzahl der angesprochenen Wertpapierinhaber. Dabei ist gleichwohl zu beachten, dass die Feststellung, dass sich das Angebot an einen begrenzten Personenkreis oder eine Vielzahl von Wertpapierinhabern richtet, jeweils nur indizielle Bedeutung hat.66 Die Voraussetzung des begrenzten Personenkreises ist nämlich immer erfüllt, da der Kreis der Inhaber der Wertpapiere der Zielgesellschaft an sich begrenzt ist.67 Aus einem begrenzten Personenkreis kann dementsprechend nicht zwangsläufig darauf geschlossen werden, dass ein individuell kommuniziertes Angebot vorliegt. Umgekehrt kann aus der Feststellung, dass sich das Angebot an eine Vielzahl von Wertpapierinhabern richtet, nicht zwangsläufig darauf geschlossen werden, dass ein öffentliches Angebot vorliegt. Eine Vielzahl von Wertpapierinhabern kann individuell angeschrieben werden, so dass eine spezifische inhaltliche Gestaltung gegeben ist, mithin kein öffentliches Angebot. Diese beiden Kriterien sind daher nur als Indizien zu verwenden.68 Ein zahlenmäßig kleiner Personenkreis deutet auf individuelle Kommunikation hin, ein zahlenmäßig großer Personenkreis hingegen auf ein öffentliches Angebot.

_______________ 63

Schüppen, in: Haarmann/Riehmer/Schüppen, WpÜG, § 2 Rn. 12. Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 2 Rn. 59; siehe dort für Einzelfälle, in denen wieder eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein kann. 65 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 33. Insoweit ist dieses Kriterium beachtlich, aber eben lediglich als Indiz. 66 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 33. Dabei hat sich der Gesetzgeber wohl an § 2 Nr. 2 VerkProspG orientiert und übersehen, dass dieses Kriterium für das WpÜG zumindest ungenau ist. 67 Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 1 Rn. 8. 68 Angerer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 1 Rn. 23. 64

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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cc) Persönliche Beziehung Als Indiz herangezogen werden kann die Frage, ob sich das Angebot an Aktionäre wendet, zu denen eine persönliche Beziehung besteht. Ist diese Frage zu bejahen, liegt in der Regel kein öffentliches Angebot vor. Daraus kann jedoch nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass eine fehlende persönliche Beziehung zu einem öffentlichen Angebot führt.69 Ausschlaggebendes Kriterium kann die persönliche Beziehung damit nicht sein.

dd) Allgemein zugängliches Medium Bedient sich der Bieter zur Verbreitung seines Angebots allgemein zugänglicher Medien, fehlt regelmäßig eine individuelle Kommunikation, so dass ein öffentliches Angebot vorliegt. Zu den allgemein zugänglichen Medien gehören Zeitungen, Zeitschriften und Internetadressen.70 Wiederum verbietet es sich, daraus einen Gegenschluss zu ziehen. Obwohl sich der Bieter „typisch privater“71 Medien bedient, zum Beispiel Brief, Telefax, E-Mail oder Telefonanruf, kann es sich um ein öffentliches Angebot handeln, wenn keine spezifische Ansprache erfolgt, wie bei Serienbriefen unter Verwendung vorformulierter Bedingungen.72 Kriterium ist wieder die spezifische Gestaltung des Angebots. Gleichwohl spricht die Nutzung eines allgemein zugänglichen Mediums indiziell für ein öffentliches Angebot.

ee) Ergebnis Die Untersuchung des Kriteriums der individuellen Kommunikation ergibt, dass die spezifische inhaltliche Gestaltung des Angebots das entscheidende Abgrenzungskriterium ist. Die darüber hinaus genannten Kriterien können nur Indizien sein.

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Siehe mit einem Beispiel Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 2 Rn. 62. Schüppen, in: Haarmann/Riehmer/Schüppen, WpÜG, § 2 Rn. 11. Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 2 Rn. 65. Siehe oben § 7 B. II. 1. b) aa).

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

c) Zusammenfassung Ein öffentliches Angebot ist gegeben, wenn das Angebot anders als individuell kommuniziert wird und der Rückkauf nicht anonym über den Kapitalmarkt erfolgt. Individuelle Kommunikation liegt damit vor, wenn der Bieter in Bezug auf den Adressaten ein spezifisches Angebot erstellt.

2. Anwendung auf den Rückerwerb eigener Aktien Die gefundene Begriffsbestimmung ist auf den Rückerwerb eigener Aktien anzuwenden.

a) Rückkauf über die Börse Der Rückkauf über die Börse erfolgt dadurch, dass sich die Gesellschaft an einen Broker wendet, der die Aktien an der Börse anonym für die Gesellschaft erwirbt.73 Der anonyme Erwerb über die Börse stellt kein öffentliches Angebot dar. Infolgedessen stellt auch der anonyme Rückerwerb über die Börse kein öffentliches Angebot dar.74 Etwas anderes kann jedoch gelten, wenn der Rückerwerb über die Börse mit einem sog. standing in the market75 verbunden ist. Dabei erbietet sich die Gesellschaft, jederzeit Aktien über die Börse zu übernehmen.76 Es liegt dann keine individuelle Kommunikation vor, die Anonymität wird durchbrochen. In diesem Sonderfall handelt es sich um ein öffentliches Angebot.77 Insoweit ist die Auskunft der BaFin, der Rückerwerb unterfalle mangels eines öffentlichen Angebots nicht den Vorschriften des WpÜG, wenn er über die Börse erfolge, _______________ 73

Siehe oben § 3 A. Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 72; Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1515. Dies gilt auch, wenn der Rückkauf über die Börse als Verteidigungsmaßnahme gegen ein feindliches Übernahmeangebot eingesetzt wird. Die Ansicht von Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2592, ist, wie bereits unter § 7 B. II. 1. a) dd) näher dargelegt, abzulehnen. 75 Fleischer, ZIP 2001, 1653, 1659. 76 Dieses Erbieten kann auch in der Hauptversammlung geschehen; vgl. dazu die Entscheidung der Schweizer Regulierungskommission im Fall Holderbank/Ciment Portland, abgedruckt in: SZW 1998, 247, 251 f. 77 Fleischer, ZIP 2001, 1653, 1659; Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1516; zu den damit verbundenen Nachteilen siehe Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 1 Rn. 10. 74

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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jedenfalls ungenau.78 Es sind Fälle denkbar, in denen der Rückkauf über die Börse als öffentliches Angebot einzustufen ist.

b) Rückkauf mittels eines öffentlichen Rückkaufangebots an die Aktionäre Der Rückkauf mittels eines öffentlichen Rückkaufangebots an die Aktionäre ist der typische Fall des öffentlichen Angebots i. S. d. § 2 Abs. 1 WpÜG. Zunächst einmal sprechen die entwickelten Indizien für eine solche Einstufung. Das Angebot richtet sich an einen zahlenmäßig großen Personenkreis, es besteht keine persönliche Beziehung zwischen Bieter und Adressat und die Verbreitung erfolgt mittels allgemein zugänglicher Medien. Entscheidend ist jedoch, dass das Angebot nicht für einzelne Adressaten inhaltlich spezifisch gestaltet wird, so dass keine individuelle Kommunikation vorliegt. Dies gilt für das Festpreisangebot, das Preisspannenangebot und die Ausgabe übertragbarer Verkaufsoptionen.

c) Individuell ausgehandelter Rückkauf Durch individuell ausgehandelte Rückkäufe werden in der Regel Aktienpakete von Großaktionären zurückerworben.79 Wird das Angebot für den Großaktionär inhaltlich spezifisch gestaltet und somit individuell kommuniziert, handelt es sich nicht um ein öffentliches Angebot. Dies gilt auch, wenn mehrere Großaktionäre angesprochen werden und ihnen nach Abschluss der Verhandlungen individuelle Angebote gemacht werden.80 Gleichwohl kann auch in der Direktansprache von Aktionären, vor allem von Namensaktionären (§ 67 AktG), ein öffentliches Angebot liegen. Dies ist der Fall, wenn zum Beispiel Serienbriefe verschickt werden, die zwar persönlich adressiert sind und eine persönliche Ansprache enthalten, aber inhaltlich einseitig vorformulierte Bedingungen aufweisen.81 Individuelle Kommunikation liegt dann nicht vor, sondern ein öffentliches Angebot. _______________ 78

Insoweit zeigt sich, dass die klassische Einteilung der Erwerbsformen in Rückkauf über die Börse, öffentliche Rückkaufangebote und individuell ausgehandelte Rückkaufe jedenfalls nicht immer genau ist und es zumindest Überschneidungen gibt. 79 Siehe oben § 3 C. 80 Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1515; ähnlich Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 72. 81 Siehe oben § 7 B. II. 1. b) aa); es ist dann schon zu fragen, ob es sich noch um einen individuell ausgehandelten Rückkauf handelt. Daran kann man mit guten Gründen

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

d) Ergebnis Der Rückkauf über die Börse stellt ein öffentliches Angebot dar, wenn der Rückerwerb mit einem sog. standing in the market verbunden ist. Der Rückkauf mittels eines öffentlichen Rückkaufangebots an die Aktionäre ist ein öffentliches Angebot i. S. d. § 2 Abs. 1 WpÜG. Dies gilt auch, wenn Serienbriefe verschickt werden, die inhaltlich einseitig vorformulierte Bedingungen aufweisen.

III. Zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft Das Angebot muss zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft abgegeben werden. Insoweit ist fraglich, ob die Gesellschaft, die eigene Aktien erwerben will, auch Zielgesellschaft im Sinne des WpÜG sein kann. Im Gesetz selbst und in der Gesetzesbegründung82 hat der Erwerb eigener Aktien im Hinblick auf die Anwendbarkeit des WpÜG und damit insbesondere des § 3 und der §§ 10-28 WpÜG keine Beachtung gefunden. Auch in der wissenschaftlichen Literatur ist der Themenkreis zunächst kaum behandelt worden. Dies resultierte daraus, dass § 1 DiskE den Anwendungsbereich noch auf die Übernahme von Aktiengesellschaften beschränkte, die Diskussion dementsprechend zunächst von dem Thema Unternehmensübernahmen beherrscht wurde. Der Anwendungsbereich des WpÜG wurde erst durch § 1 RefE auf freiwillige öffentliche Angebote ausgeweitet,83 so dass sich ab diesem Zeitpunkt die Frage der Anwendung des Gesetzes auf den Rückerwerb eigener Aktien stellte. Aufmerksam gemacht auf die Problematik hat als Erstes der Handelsrechtsausschuss des Deutschen Anwaltvereins (DAV). In seiner Stellungnahme84 zum Referentenentwurf hat er darauf hingewiesen, dass durch die Erweiterung des Anwendungsbereichs auf freiwillige öffentliche Erwerbsangebote nunmehr auch Rückkaufangebote zum Erwerb eigener Aktien erfasst seien, sofern diese öffentlich erfolgten. Zur Begründung wird auf den Wortlaut („öffentliches Angebot“) abgestellt.85 Eine weitere Untersuchung, ob der Bieter gleichzeitig Zielgesellschaft im Sinne des Gesetzes sein kann oder Rückkaufangebote vom Sinn und Zweck des Gesetzes erfasst sind, wird jedoch nicht _______________

zweifeln. Es liegt näher, diesen Fall schon in die Gruppe des Rückkaufs mittels eines öffentlichen Rückkaufangebots an die Aktionäre einzuordnen. 82 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034. 83 Siehe oben § 5 A. III. 84 Deutscher Anwaltverein, NZG 2001, 420 ff. 85 Deutscher Anwaltverein, NZG 2001, 420.

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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vorgenommen. Dies ist auch nicht das Anliegen der Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des DAV, der die Vorschriften eher aus rechtspolitischer Sicht würdigt und Veränderungs- und Verbesserungsvorschläge macht. Im Vordergrund steht nicht die Auslegung des Referentenentwurfs, sondern die kritische Würdigung der Regelungsziele und deren Umsetzung in ein Gesetz. Daher wird angeführt, dass es aus kapitalmarktrechtlicher Sicht gerechtfertigt sei, für den öffentlichen Rückerwerb eigener Aktien Mindestregeln zum Verfahren und zur Standardisierung der Angebotsunterlagen einzuführen. Gleichzeitig wird konstatiert, dass die Regelungen für freiwillige öffentliche Erwerbsangebote generell zu weit gehen86 – und damit auch für Rückkaufangebote bezüglich eigener Aktien. Einzelne Vorschriften seien für diese Angebote nicht erforderlich und sollten auf Übernahme- und Pflichtangebote beschränkt werden.87 Welche Konsequenzen der DAV für die Praxis der Anwendbarkeit der aktuellen Fassung des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien ziehen würde, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Aufgrund der Stellungnahme zum Referentenentwurf ist gleichwohl davon auszugehen, dass er die grundsätzliche Anwendbarkeit bejahen, einige Vorschriften aber nicht anwenden würde. Anstoß für eine verstärkte wissenschaftliche Auseinandersetzung war schließlich die Mitteilung der BaFin an die Siemens AG.88 Die Auffassung der Behörde wurde als „böse Überraschung“89 für die Unternehmen bezeichnet, da im Gesetzgebungsverfahren an die Anwendung des WpÜG auf den Rückerwerb eigener Aktien niemand gedacht habe.90 Der Bundestag habe die „typische Dreierkonstellation“ aus Bieter, Zielgesellschaft und deren Aktionären regeln wollen.91 Bei den Emittenten habe die Mitteilung für gewisse Verwirrung gesorgt. Sogar der Vizepräsident des Bundesaufsichtsamtes für den Wert-

_______________ 86

Deutscher Anwaltverein, NZG 2001, 420. Zu den nicht erforderlichen Regelungen zählte der Handelsrechtsausschuss des DAV §§ 17, 18, 23, 24, 26, 27, 28 RefE, vgl. Deutscher Anwaltverein, NZG 2001, 420, 424 ff. Trotz der Kritik sind diese nicht auf Übernahme- und Pflichtangebote beschränkt worden. 88 Siehe oben § 7 A. 89 So Baums, zitiert in der FAZ vom 3. 5. 2002, Nr. 102, S. 17. 90 So Baums, zitiert in der FAZ vom 3. 5. 2002, Nr. 102, S. 17 und Krause, zitiert in der FAZ vom 4. 5. 2002, Nr. 103, S. 14. Dieser Auffassung steht jedoch entgegen, dass in der Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des DAV, Deutscher Anwaltverein, NZG 2001, 420 darauf hingewiesen wurde, dass der Referentenentwurf nunmehr auch öffentliche Rückkaufangebote der Gesellschaft erfasse. 91 So Baums, zitiert in der FAZ vom 3. 5. 2002, Nr. 102, S. 17. 87

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

papierhandel92, Dreyling, gestand ein, dass die Erkenntnis der Anwendbarkeit überraschend gekommen sei.93 Die betroffenen Aktiengesellschaften, die eigene Aktien mittels eines öffentlichen Erwerbsangebots zurückerworben haben, richteten ihr Vorgehen an der Rechtsauffassung der BaFin aus. So haben die Axel Springer AG am 9. 10. 200394, die Spütz AG am 14. 11. 200395 und die Beiersdorf AG am 22. 12. 200396 Angebotsunterlagen gem. § 14 Abs. 3 WpÜG veröffentlicht.97 Damit ist gleichwohl nicht gesagt, dass diese Praxis nach dem WpÜG tatsächlich erforderlich ist.98 Im Folgenden wird untersucht, ob ein Rückerwerbsangebot ein Angebot zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft ist. Zunächst wird der Diskus_______________ 92

Das BAWe ist in der BaFin aufgegangen, siehe oben § 7 B. II. 1. a) aa). FAZ vom 4. 5. 2002, Nr. 103, S. 14. 94 Gem. § 14 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 WpÜG ist die Angebotsunterlage unter anderem im Internet zu veröffentlichen. Die Axel Springer AG hatte sie unter http://www. axelspringer.de veröffentlicht. Die Veröffentlichung gem. § 14 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 WpÜG erfolgte durch Einstellung in den elektronischen Bundesanzeiger und durch Hinweisbekanntmachung am 10. 10. 2003 in den Tageszeitungen Die Welt, Börsen-Zeitung und The New York Times sowie durch Bereithaltung von Exemplaren zur kostenlosen Ausgabe bei der Dresdner Bank AG, Jürgen-Ponto-Platz 1, 60301 Frankfurt am Main. 95 Veröffentlichung gem. § 14 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 WpÜG erfolgte unter http://www. spuetz.de, gem. § 14 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 WpÜG durch Hinweisbekanntmachung am 18. 11. 2003 in der Börsen-Zeitung sowie durch Bereithaltung von Exemplaren zur kostenlosen Ausgabe bei der Deutschen Bank AG, Taunusanlage 12, 60325 Frankfurt am Main. 96 Veröffentlichung gem. § 14 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 WpÜG erfolgte unter http://www. beiersdorf.de, gem. § 14 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 WpÜG durch Hinweisbekanntmachung am 23. 12. 2003 in der Börsen-Zeitung sowie durch Bereithaltung von Exemplaren zur kostenlosen Ausgabe bei der Deutschen Bank AG, Taunusanlage 12, 60325 Frankfurt am Main. 97 Damit haben sich die Prognosen, dass es öffentliche Angebote zum Rückkauf eigener Aktien aufgrund der Rechtsauffassung der BaFin auf absehbare Zeit nicht geben werde, vgl. etwa Baum, ZHR 167 (2003), 580, 587, nicht bewahrheitet. Lenz/Behnke, NZG 2003, 43, 49 berichten, dass seit der Mitteilung der Rechtsauffassung der BaFin im Jahr 2002 nur ein Rückkaufprogramm nach § 10 WpÜG angekündigt worden sei, welches dann von der BaFin untersagt worden sei, und ziehen daraus den Schluss, die praktische Relevanz der Anwendbarkeit sei gering. Diese Schlussfolgerung wird schon durch die im Jahr 2003 erfolgten öffentlichen Rückkaufprogramme widerlegt. 98 Den Unternehmen blieb letztlich nichts anderes übrig, als sich an die Rechtsauffassung der Behörde zu halten. Ansonsten hätte die BaFin gem. § 4 Abs. 1 S. 3 WpÜG entsprechende Anordnungen treffen können, um den Missstand zu beseitigen. 93

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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sionsstand dargestellt. Daran schließt sich ein eigener Ansatz unter Berücksichtigung der vorgetragenen Argumente an.

1. Diskussionsstand Im Wesentlichen werden zur Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien drei Ansichten vertreten. Eine Ansicht bejaht die unmittelbare Anwendung der Vorschriften des WpÜG, lediglich nicht passende Vorschriften sollen nicht oder nur eingeschränkt Anwendung finden. Nach anderer Ansicht sind die Vorschriften zwar nicht unmittelbar anwendbar, aber einzelne Vorschriften im Wege der Analogie. Eine dritte Ansicht lehnt sowohl eine unmittelbare als auch eine analoge Anwendung (einzelner) Vorschriften ab. Hinsichtlich der unmittelbaren Anwendbarkeit stehen sich somit zwei Ansichten gegenüber.

a) Unmittelbare Anwendbarkeit mit teleologischer Reduktion In Anlehnung an die Rechtsauskunft der BaFin geht ein Teil der Literatur davon aus, dass die Vorschriften des WpÜG auf den Rückkauf eigener Aktien unmittelbar Anwendung finden. Diejenigen Vorschriften, die eine Dualität von Bieter und Zielgesellschaft voraussetzen, sollen jedoch nicht oder nur eingeschränkt anzuwenden sein.99 Die Befürworter einer unmittelbaren Anwendung gehen in ihrer Begründung vom Wortlaut des § 2 Abs. 1 WpÜG aus. Dieser sei offen formuliert, so dass er

_______________ 99

Hirte, in: KölnKommWpÜG, Einl. Rn. 81; Kopp/von Dryander, in: Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/Dryander, Sec. 2 Rn. 18; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 202 a; Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 1 Rn. 6; Fleischer, NZG 2002, 545, 546; Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2593; Lenz, NJW 2003, 2073, 2075; Lenz/Behnke, BKR 2003, 43, 49; Lenz/Linke, AG 2002, 420, 422; Oechsler, NZG 2001, 817, 818; Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1514; Witt, BB 2002, Heft 31, I. Die BaFin hatte nur mitgeteilt, dass Aktienrückkäufe unter das WpÜG fallen, sich jedoch nicht dazu geäußert, ob einzelne Vorschriften nicht oder nur eingeschränkt anzuwenden sind. Lenz/Behnke, Referatsleiter bzw. Referent bei der BaFin, äußern sich jedoch in BKR 2003, 43, 49 dahin gehend, dass gegebenenfalls unpassende Vorschriften teleologisch zu reduzieren seien. Es ist davon auszugehen, dass dies die Rechtsauffassung der BaFin trifft, auch wenn die Ausführungen als persönliche Ansicht der Verfasser gekennzeichnet sind. Zu den Vorschriften, die eine Dualität von Bieter und Zielgesellschaft voraussetzen, siehe unten § 7 B. III. 2. d) bb) (1).

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

auch öffentliche Rückkaufangebote umfasse.100 Eine Anwendung des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien halte sich innerhalb der Grenzen des Wortlauts.101 Die Befürworter einer unmittelbaren Anwendung gestehen ein, dass einige Vorschriften von einer Dualität von Bieter und Zielgesellschaft ausgehen.102 Aus diesen Ungereimtheiten könne jedoch nicht geschlossen werden, dass die Vorschriften des WpÜG nicht anwendbar seien.103 Vielmehr sei die Frage durch die Untersuchung zu klären, ob eine Anwendbarkeit dem Willen des Gesetzgebers und dem Sinn und Zweck der Vorschriften entspreche. Der Wille des Gesetzgebers sei jedoch nicht zu erkennen, da in der Gesetzesbegründung auf den Erwerb eigener Aktien nicht eingegangen werde. Die Gesetzesbegründung könne daher nicht zu einem abschließenden Urteil über die Anwendbarkeit des WpÜG verhelfen.104 Aus dem Schweigen des Gesetzgebers könnten keine endgültigen Schlüsse gezogen werden.105 Unter den Befürwortern einer unmittelbaren Anwendbarkeit werten einzig Lenz/Linke106 das Schweigen des Gesetzgebers eher als Votum für eine Anwendbarkeit: Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Gesetzgeber den Wortlaut des § 2 Abs. 1 WpÜG als so eindeutig einstufte, dass er eine Klarstellung in dem Sinne, dass der Rückerwerb eigener Aktien dem Anwendungsbereich unterliege, für entbehrlich hielt. Die Frage des Rückerwerbs eigener Aktien werde in den Übernahmegesetzen anderer Länder und dem Entwurf107 einer EU-Übernahmerichtlinie behandelt. Es sei davon auszugehen, dass diese Lösungsansätze dem Ge_______________ 100

Gleichwohl wird konstatiert, dass dem Wortlaut keine Hinweise zu entnehmen seien, die entscheidend für oder gegen eine Anwendung sprächen. Vielmehr sei nur festgestellt, dass der Wortlaut als Grenze der Auslegung die Einbeziehung nicht verbietet, Lenz, NJW 2003, 2073, 2075. Oechsler, NZG 2001, 817, 818 schließt gleichwohl schon aus dem Wortlaut allein, dass an der Anwendbarkeit kein Zweifel bestehen könne, differenziert dann allerdings bei der Anwendung der §§ 10 bis 28 RefE. Damit wird klar, dass auch er nur vom Wortlaut ausgeht und Einschränkungen zulässt. 101 Wackerbarth, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 2 Rn. 26; Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1513. 102 Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2592; Lenz/Linke, AG 2002, 420, 421; Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1513. 103 Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1513. 104 Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 1 Rn. 6. 105 Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2592. 106 AG 2002, 420, 421. 107 Im Hinblick auf den Willen des Gesetzgebers bei Erlass des WpÜG ist die am 4. 7. 2001 im Europäischen Parlament gescheiterte Richtlinie – und nicht die am 21. 4. 2004 vom Europäischen Parlament und Rat unterzeichnete Richtlinie 2004/25/EG – maßgebend, da nur der insoweit vorliegende Richtlinienentwurf dem deutschen Gesetzgeber bei Erlass des WpÜG bekannt war.

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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setzgeber bekannt gewesen seien und er die Anwendbarkeit ausgeschlossen hätte, wenn er sie denn hätte ausschließen wollen.108 Da der Wortlaut offen formuliert sei, hätte der Gesetzgeber die Anwendung ablehnen müssen, wenn dies denn seine Intention gewesen wäre. Als entscheidendes Argument, welches für eine Anwendbarkeit der Vorschriften des WpÜG spreche, wird der mit diesen verfolgte Sinn und Zweck vorgetragen.109 Das WpÜG solle Leitlinien für ein faires und geordnetes Angebotsverfahren schaffen, ohne Unternehmensübernahmen zu fördern oder zu verhindern, Information und Transparenz für die betroffenen Wertpapierinhaber und Arbeitnehmer verbessern und die rechtliche Stellung von Minderheitsaktionären bei Unternehmensübernahmen stärken.110 Da der Rückerwerb eigener Aktien schon nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 AktG auf 10 % des Grundkapitals beschränkt sei, werde es sich nicht um ein Übernahmeverfahren handeln, so dass der Gesichtspunkt der Stellung von Minderheitsaktionären im Übernahmeverfahren außen vor bleiben könne. Ein faires und geordnetes Angebotsverfahren sowie Information und Transparenz seien jedoch für die Aktionäre im Rahmen eines Angebots der eigenen Gesellschaft zum Erwerb ihrer Aktien genauso wichtig wie im Rahmen des Angebots eines Dritten.111 Aus der Sicht der Aktionäre bestehe zwischen einem Angebot eines Dritten und der eigenen Gesellschaft kein Unterschied.112 Der Aktionär müsse nach einem öffentlichen Angebot entscheiden, ob er seine Aktien verkaufe oder nicht. Diese Entscheidung solle durch eine umfassende Angebotsunterlage erleichtert werden. Um eine sachgerechte Entscheidung treffen zu können, sei ihm eine ausreichende Überlegungszeit zu gewähren, insbesondere um zu prüfen, ob die angebotene Gegenleistung angemessen ist. Gerade diese Schutzmechanismen gewährleiste das WpÜG.113 Der Verkaufsdruck im Rahmen eines Rückerwerbsangebots sei nicht geringer als im Rahmen des Angebots eines Dritten.114 Die Aktionäre _______________ 108

Gleichwohl ist dieses Votum sehr zurückhaltend und wird schließlich von den Verfassern selbst sogar teilweise relativiert. Im Ergebnis wird lediglich festgehalten, dass das Schweigen des Gesetzgebers jedenfalls nicht als Indiz für einen Ausschluss des Rückerwerbs eigener Aktien vom Anwendungsbereich des WpÜG gewertet werden könne. 109 Wackerbarth, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 2 Rn. 32. 110 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 28. 111 Lenz/Linke, AG 2002, 420, 422. Dieses Argument war wohl auch bei der Entscheidung der BaFin leitend, vgl. Lenz, NJW 2003, 2073, 2075. 112 Lenz, NJW 2003, 2073, 2075; Witt, BB 2002, Heft 31, I. 113 Vor allem auf die „Schlüsselvorschrift“ des § 3 WpÜG abstellend Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2592; Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1513. 114 Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2592.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

bedürften des Schutzes durch das WpÜG daher auch bei einem Angebot durch die eigene Gesellschaft. Es sei kein Grund ersichtlich, dass Schutzniveau beim Rückerwerb eigener Aktien geringer zu halten als bei dem Erwerb durch einen Dritten.115 Eine Anwendung der Vorschriften des WpÜG werde auch nicht entbehrlich, weil das Aktienrecht schon gewisse Schutzmechanismen biete. Im Zeitpunkt des Rückerwerbsangebots bestünden zwar bereits mitgliedschaftliche Treubindungen zwischen Gesellschaft und Aktionären, so dass die Regelungen des § 71 AktG, insbesondere § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 AktG i. V. m. § 53 a AktG, zu beachten seien. Diese Regelungen seien jedoch nicht ausreichend, da der Schutz der übernahmerechtlichen Regelungen stärker und als kapitalmarktrechtlicher Flankenschutz damit im Rahmen von Rückerwerbsangeboten unverzichtbar sei.116 AktG und WpÜG würden unterschiedliche Regelungsbereiche darstellen und differierende Zielsetzungen beinhalten.117 Dies zeige sich an dem Gleichbehandlungsgeboten, welche in § 3 Abs. 1 WpÜG und § 53 a AktG normiert seien: Das aktienrechtliche Gleichbehandlungsgebot gelte für eine frei zu bildende Gruppe, nach dem WpÜG seien hingegen alle Inhaber von Wertpapieren der gleichen Gattung gleich zu behandeln. Nach dem AktG sei daher ein sog. Windhundrennen118 zulässig, bei dem die ersten Aktionäre, die ein öffentliches Angebot annehmen, eine höhere Gegenleistung erhalten als diejenigen, die das Angebot später annehmen. Nach dem WpÜG sei dies ausgeschlossen.119 Das übernahmerechtliche Gleichbehandlungsgebot gewährleiste eine ausreichende Überlegungszeit der Aktionäre. Aus diesem Grund sei es neben dem aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgebot anzuwenden.120 Die aktienrechtlichen Vorschriften würden vor allem das „Ob“ des Rückkaufs re_______________ 115

Witt, BB 2002, Heft 31, I. Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2592. 117 Lenz, NJW 2003, 2073, 2075 mit Fn. 13. 118 Ein Windhundverfahren bedeutet, dass entweder nur diejenigen Aktionäre berücksichtigt werde, die das Angebot schnell genug annehmen (first come, first serve), oder dass der Preis für Aktien während der Angebotsphase fällt, also diejenigen Aktionäre, die sich schnell zum Rückkauf entschließen, eine höhere Gegenleistung erhalten als diejenigen, die mit der Annahme des Angebots länger warten, Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 202. 119 Lenz/Linke, AG 2002, 420, 422. 120 Lenz, NJW 2003, 2073, 2075 mit Fn. 13; Lenz/Linke, AG 2002, 420, 422; Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1513; anders hingegen Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 202 a; Oechsler, NZG 2001, 817, 818, der § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG als Spezialregelung ansieht. Die unterschiedlichen Schutzzwecke führen nach seiner Ansicht gerade nicht zu einer parallelen Anwendung, sondern zu einem Konkurrenzverhältnis. 116

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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geln, das WpÜG demgegenüber auch das „Wie“.121 Dieser Schutzaspekt dürfe den Aktionären nicht vorenthalten bleiben. Das Gefährdungspotential sei bei einem Rückerwerb wegen des ausgeprägten Informationsgefälles zwischen dem Management der Gesellschaft und den Anlegern sogar größer als bei einem Erwerbsangebot Dritter.122 Aus den aufgezeigten Gründen123 sei das WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien anzuwenden.124 Insbesondere Sinn und Zweck der Vorschriften des WpÜG würden dafür sprechen. Da der Gesetzestext offen formuliert sei, gebe der Sinn und Zweck der Regelungen den Ausschlag für die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien.

b) Keine unmittelbare Anwendbarkeit Dieser Einordnung widerspricht ein anderer Teil der Literatur. Die Vorschriften des WpÜG seien auf den Rückerwerb eigener Aktien nicht unmittelbar anzuwenden.125 _______________ 121

Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1513. Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2593. 123 Zur Unterstützung der Argumente wird zudem noch darauf hingewiesen, dass auch der Grundsatz der Waffengleichheit im Übernahmeverfahren die Anwendung des WpÜG gebiete. Zur Abwehr feindlicher Übernahmen könne die Gesellschaft eigene Aktien erwerben. Dies dürfe jedoch nur unter Einhaltung der Vorschriften des WpÜG erfolgen, da die Zielgesellschaft ansonsten einen nicht gerechtfertigten Vorteil erlange, Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2592; Lenz/Linke, AG 2002, 420, 422; Witt, BB 2002, Heft 31, I. Darüber hinaus sei es im Interesse des Umgehungsschutzes erforderlich, den Rückerwerb eigener Aktien den Vorschriften des WpÜG zu unterstellen. Es sei nämlich weithin in das Belieben von Manager-Aktionären der Zielgesellschaft gestellt, ob sie das Angebot von einer neu gegründeten Gesellschaft oder durch die eigene Gesellschaft durchführen ließen, Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2592; Winner, S. 59 für das österreichische Recht. 124 Die Anwendbarkeit kapitalmarktrechtlicher Vorschriften auf den Rückerwerb eigener Aktien sei auch nicht ungewöhnlich. So würden die Mitteilungspflichten des § 21 WpHG auch die Gesellschaft selbst treffen, die mit eigenen Anteilen die Schwelle von 5 % erreicht, Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 21 Rn. 34. 125 Angerer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 1 Rn. 102; Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 1 Rn. 22; Noack, in: Schwark, WpÜG §§ 1, 2 Rn. 4; Baum, ZHR 167 (2003), 580, 608; Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 85; Koch, NZG 2003, 61, 65; Süßmann, AG 2002, 424; zwar gegen eine unmittelbare Anwendbarkeit, gleichwohl für einen analoge Anwendung einzelner Vorschriften sind Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 1 Rn. 120 ff.; Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 716 ff. 122

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

Die Gegner einer unmittelbaren Anwendbarkeit stellen zwar fest, dass der Wortlaut des § 2 Abs. 1 WpÜG keine Personenverschiedenheit von Bieter und Zielgesellschaft verlange und dementsprechend auch den Rückerwerb eigener Aktien umfassen könne.126 Der Wortlaut sei aber nur die äußere Grenze der Auslegung. Einschränkungen seien daher durchaus mit dem gefundenen Ergebnis vereinbar. Dass eine solche Einschränkung geboten sei, ergebe sich aus dem Willen des Gesetzgebers, der Entstehungsgeschichte, der Systematik und dem Sinn und Zweck der Vorschriften. Das Schweigen der Materialien sei ein starkes Indiz für den Willen des Gesetzgebers, dass der Erwerb eigener Aktien nicht den Regelungen des WpÜG unterfallen solle.127 Der Gesetzgeber habe – insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass das Gesetzeswerk ursprünglich Unternehmensübernahmen regeln sollte – bei den Regelungen eine Dualität von Bieter und Zielgesellschaft vor Augen gehabt, auch wenn die Personenverschiedenheit nicht ausdrücklich erwähnt worden sei.128 Dies sei aber auch nicht notwendig gewesen. Das Verfahren des Erwerbs eigener Aktien sei im Aktienrecht geregelt. Hätte der Gesetzgeber den Erwerb eigener Aktien nunmehr auch dem WpÜG unterstellen wollen, hätte er diesen Willen zum Ausdruck gebracht.129 Da dies unterblieben sei, habe der Gesetzgeber eine Anwendung auch nicht gewollt. Aus dem Schweigen der Materialien sei damit der Wille des Gesetzgebers, dass der Erwerb eigener Aktien nicht den Vorschriften des WpÜG unterliege, zu entnehmen. Diese Einschätzung ist allerdings auch unter den Gegnern einer Anwendbarkeit umstritten. Da die Materialien eine Stellungnahme des Gesetzgebers zum Erwerb eigener Aktien nicht enthalten, seien sie für die Frage der Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien unergiebig. Die Begründung des Gesetzgebers zur Ausweitung des Gesetzes auf einfache öffentliche Erwerbsangebote sei dürftig ausgefallen. Ein Wille des Gesetzgebers, pro oder contra eine Einbeziehung des Erwerbs eigener Aktien, sei dem nicht zu _______________ 126

Angerer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 1 Rn. 100; Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 1 Rn. 22; Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 705; Süßmann, AG 2002, 424. Nicht eindeutig ist die Aussage von Koch, NZG 2003, 61, 64 f. Zunächst konstatiert er, dass der Wortlaut des § 1 WpÜG den Erwerb eigener Aktien umfasse, stellt jedoch später fest, der Wortlaut des § 1 WpÜG lasse eine Einbeziehung des Erwerbs eigener Aktien in den Anwendungsbereich nicht zu. Seine Ausführungen erscheinen damit widersprüchlich. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich gleichwohl, dass er letzteres eher einer systematischen Auslegung entnimmt und damit wohl den Erwerb eigener Aktien vom Wortlaut des § 1 WpÜG als umfasst ansieht. 127 Koch, NZG 2003, 61, 65; tendenziell ebenso Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 76. 128 Angerer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 1 Rn. 100; Koch, NZG 2003, 61, 65. 129 Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 75 Fn. 80.

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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entnehmen.130 Vielmehr habe der Gesetzgeber die Frage des Erwerbs eigener Aktien übersehen. Auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes wird nur zum Teil als Argument gegen eine Einbeziehung des Erwerbs eigener Aktien in den Anwendungsbereich des WpÜG vorgebracht.131 Der Diskussionsentwurf umfasste einfache öffentliche Erwerbsangebote noch nicht. Er lehnte sich an den Entwurf der 13. Europäischen Richtlinie betreffend Übernahmeangebote vom 10. November 1997 und den Gemeinsamen Standpunkt des Rates der EU vom 19. Juni 2000 an, der nur Übernahmeangebote regelte.132 Art. 2 des Richtlinienentwurfs definierte als Übernahmeangebot oder Angebot ein an die Inhaber der Wertpapiere einer Gesellschaft gerichtetes (und nicht von der Zielgesellschaft selbst gemachtes)133 öffentliches Angebot zum Erwerb eines Teiles oder aller dieser Wertpapiere (…). Der spätere Referentenentwurf und das WpÜG umfassten sämtliche öffentliche Angebote. Den Klammerzusatz der geplanten134 – und jetzt verabschiedeten135 – europäischen Richtlinie hat der deutsche Gesetzgeber nicht übernommen. Die Schlussfolgerung, der deutsche Gesetzgeber habe die Ausklammerung des Erwerbs eigener Aktien aus dem Anwendungsbereich des Übernahmegesetzes gerade nicht übernehmen wollen, könne daraus allerdings nicht gezogen werden.136 Der Gesetzgeber habe nämlich nicht nur auf den Klammerzusatz verzichtet, sondern ebenso die auf europäischer Ebene benutzte Formulierung „Wertpapiere einer Gesellschaft“ durch die Wendung „Wertpapiere, die von einer Zielgesellschaft ausgegeben wurden“ in Art. 1 WpÜG ersetzt. Dadurch habe er hinreichend deutlich gemacht, dass der Erwerb eigener Aktien nicht vom Anwendungsbereich des WpÜG umfasst sei. Der Übernahme des Klammerzusatzes habe es daher nicht mehr bedurft. Weiter spreche die systematische Auslegung gegen eine Einbeziehung des Erwerbs eigener Aktien in den Regelungsbereich des WpÜG. Es sei zu fragen, _______________ 130 Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 1 Rn. 106, Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 706 f. 131 Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 75 Fn. 80; Koch, NZG 2003, 61, 65. 132 Gemeinsamer Entwurf einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Übernahmeangebote in der vom Vermittlungsausschuss am 6. 6. 2001 gebilligten Fassung, PE – CONS. 3629/01, abgedruckt bei Neye ZIP 2001, 1120, 1123 ff. 133 Kursivdruck nicht im Original. 134 Zur Maßgeblichkeit des Entwurfs siehe oben § 7 B. III. 1. a). 135 Richtlinie 2004/25/EG, ABl. Nr. L 142 vom 30. 4. 2004, S. 12 ff., die am 21. 4. 2004 vom Europäischen Parlament und Rat unterzeichnet wurde. 136 Koch, NZG 2003, 61, 65.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

ob sich dem Gesamtzusammenhang der Regelungen des WpÜG Rückschlüsse auf die Anwendbarkeit des WpÜG auf öffentliche Angebote zum Rückerwerb eigener Aktien entnehmen lassen.137 Der Ausdruck „Zielgesellschaft“ sei nicht isoliert, sondern unter Beachtung des Gesamtzusammenhangs auszulegen. Insoweit sei insbesondere der in § 2 Abs. 4 WpÜG eingeführte Begriff „Bieter“ in die Auslegung miteinzubeziehen. Dies ergebe sich schon daraus, dass eine Zielgesellschaft als Objekt ohne ein zielendes Subjekt nicht denkbar sei.138 Untersuche man weitere Vorschriften des WpÜG, stelle sich heraus, dass es sich bei Bieter und Zielgesellschaft um unterschiedliche Rechtsträger handeln müsse.139 Nach § 3 Abs. 1 WpÜG sind Inhaber von Wertpapieren der Zielgesellschaft, die derselben Gattung angehören, gleich zu behandeln. Sei jedoch die Zielgesellschaft gleichzeitig Bieter, bedürfe es dieses Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht, da sich das Gleichbehandlungsgebot schon aus dem Aktienrecht ergebe (§ 53 a AktG).140 Darüber hinaus zeige beispielsweise § 3 Abs. 4 WpÜG mit der dazugehörigen Regierungsbegründung, dass dem Gesetz die Vorstellung einer Dualität von Bieter und Zielgesellschaft zu Grunde liegt. Gem. § 3 Abs. 4 S. 1 WpÜG haben der Bieter und die Zielgesellschaft das Verfahren rasch durchzuführen. Die Zielgesellschaft darf nicht über einen angemessenen Zeitraum hinaus in ihrer Geschäftstätigkeit behindert werden (§ 3 Abs. 4 S. 2 WpÜG). Eine Behinderung der Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft komme beim Erwerb eigener Aktien aber nicht in Betracht.141 Die Vorschrift könne also nur so interpretiert werden, dass das Gesetz von unterschiedlichen Rechtsträgern als Bieter und Zielgesellschaft ausgehe.142 Dem entspreche auch die Regierungsbegründung, die § 3 Abs. 4 WpÜG damit begründet, dass das Angebotsverfahren wegen des entstehenden Schwebezustands und der damit verbundenen Unsicherheiten häufig eine erhebliche Belastung für die Tätigkeit der Zielgesellschaft darstelle. Bei Angebotsverfahren, die Unternehmensübernahmen betreffen, trete hinzu, dass die Zielgesellschaft in ihrer Tätigkeit aufgrund der besonderen Verhaltenspflichten ihres Vorstands und Aufsichtsrats Beschränkungen unterliege.143 Dies sei jedoch nur eine von vielen Vorschriften, die offensichtlich von einer Dualität von Bieter und Zielgesellschaft ausge-

_______________ 137 138 139 140 141 142 143

Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 710. Koch, NZG 2003, 61, 64. Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 77. Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 711. Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 711. Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 77. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 35.

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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hen.144 Die in §§ 1, 2 Abs. 1 WpÜG genannte Zielgesellschaft könne daher nicht gleichzeitig Bieter sein. Auch aus systematischen Erwägungen sei daher eine unmittelbare Anwendung des WpÜG auf den Rückerwerb eigener Aktien nicht zulässig. Schließlich spreche auch der Regelungszweck des WpÜG nicht, wie von den Befürwortern vorgetragen, für eine Anwendung auf den Erwerb eigener Aktien. Die Zielsetzung des WpÜG, ein faires und geordnetes Angebotsverfahren zu schaffen, welches vor allem durch den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 3 Abs. 1 WpÜG erreicht werden solle, sei bei dem Rückerwerb eigener Aktien schon aktienrechtlich gewährleistet.145 Nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 i. V. m. § 53 a AktG sind beim Erwerb eigener Aktien die Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln.146 Daraus folge, dass den Aktionären für ihre Aktien der gleiche Preis zu zahlen sei, eine Zahlung eines höheren Entgelts an einzelne Aktionäre sei ausgeschlossen. Die Geltung des übernahmerechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes sei nicht erforderlich.147 Im Verhältnis zu den Aktionären gehe das Gleichbehandlungsgebot des § 3 Abs. 1 WpÜG nicht über § 53 a AktG hinaus.148 Auch der Gesetzgeber sei bei der Einführung des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG der Ansicht gewesen, dass die strikte Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ausreiche und ausdrückliche Verfahrensvorschriften zum An- und Verkauf entbehrlich mache.149 Eine Anwendung des WpÜG sei daher nicht aus dem Grunde geboten, ein faires und geordnetes Angebotsverfahren sicherzustellen. Auch das zweite Ziel des WpÜG, Information und Transparenz für die betroffenen Wertpapierinhaber zu verbessern, sei kein Ziel, welches beim Rückerwerb eigener Aktien verfolgt werden müsse.150 Die Konfrontation des Aktionärs mit einem Angebot eines Dritten sei üblicherweise mit einem Überraschungsmoment verbunden. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit, den Aktionären Überlegungszeit und ausreichende Informationen zu verschaffen. Für _______________ 144 Weitere Vorschriften untersuchen Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 1 Rn. 113 ff.; Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 711 ff.; Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 77. 145 Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 78. 146 Zum aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz siehe oben § 4 B. II. 1. e) bb). 147 Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 709 mit der Einschränkung, ein faires und geordnetes Angebotsverfahren sei weitgehend bereits wegen des aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zu beachten. 148 Süßmann, AG 2002, 424, 426. 149 Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 78 mit Bezug auf die Begründung zum Regierungsentwurf des KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. 150 Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 78; Süßmann, AG 2002, 424, 426.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

diese Fallgestaltung seien §§ 3 Abs. 2, 11 WpÜG vorgesehen. Ein Überraschungsmoment gebe es im Rahmen des Rückerwerbs eigener Aktien gleichwohl nicht, da die Hauptversammlung den Vorstand zum Rückerwerb ermächtigt habe (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG). Daher sei es nicht erforderlich, den Aktionären die gleiche Überlegungszeit zu gewähren und ihnen die Informationen zu geben, die sie bei dem Angebot eines Dritten erhalten.151 Es bestehe auch keine Drucksituation, die eine längere Überlegungszeit erfordere. So könnte die Ablehnung des Angebots nicht die Folge haben, dass die Gesellschaft plötzlich von einem neuen Großaktionär kontrolliert sei.152 Sowohl die Geschäftstätigkeit als auch die Ertragslage würden durch den Rückkauf grundsätzlich nicht verändert.153 Lediglich die Möglichkeit, ein über dem aktuellen Börsenkurs liegendes Angebot anzunehmen, schaffe noch keine Drucksituation, jedenfalls nicht eine solche, die kapitalmarktrechtlichen Schutz verlange.154 Die Frage, ob der Verkauf der Aktien aus finanziellen Gesichtspunkten sinnvoll erscheint, werde auch mit Hilfe des WpÜG oder der WpÜG-VO nicht beantwortet.155 Der zukünftige Aktienkurs sei eben nicht vorhersehbar. Aus dem Regelungszweck der Verbesserung der Information und Transparenz könne somit keine Notwendigkeit der Anwendung hergeleitet werden.156 Die Gegner einer unmittelbaren Anwendung des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien begründen ihre Ablehnung also vor allem mit systematischen und teleologischen Erwägungen.

_______________ 151

Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 78; einschränkend Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 709, 722 ff., die daraus jedoch den Schluss ziehen, es sei eine analoge Anwendung geboten. 152 Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 78, die in Fn. 95 gleichwohl eingestehen, dass eine andere Beurteilung in Konzernsachverhalten angezeigt sein könne. Die Möglichkeit des passiven Kontrollerwerbs eines Großaktionärs (siehe unten § 8) bleibt an dieser Stelle außen vor. 153 Süßmann, AG 2002, 424, 426. 154 Süßmann, AG 2002, 424, 427 gesteht ein, dass ein Verkaufsdruck dadurch entstehen kann, dass lediglich 10 % des Grundkapitals zurückgekauft werden dürfen (§ 71 Abs. 2 S. 1 AktG). Der dadurch entstehende Entscheidungsdruck werde aber nicht durch verstärkte Informationen gemildert. 155 Süßmann, AG 2002, 424, 427. 156 Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 79; Süßmann, AG 2002, 424, 426 f.

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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2. Der vorzugswürdige Lösungsansatz Der vorzugswürdige Lösungsansatz soll anhand der anerkannten Auslegungsmethoden157 entwickelt werden. Dabei ist auf die bisher vertretenen Ansätze und die dazu vorgebrachten Argumente einzugehen.

a) Sprachlich-grammatikalische Auslegung Die Befürworter und die Gegner einer unmittelbaren Anwendung des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien sind sich weitgehend einig, dass der Wortlaut alleine keine gesicherten Rückschlüsse zulässt.158 Dem ist zuzustimmen: Das Gesetz ist gem. § 1 WpÜG anzuwenden auf Angebote zum Erwerb von Wertpapieren, die von einer Zielgesellschaft ausgegeben wurden und zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind. Nach § 2 Abs. 1 WpÜG sind Angebote freiwillige oder aufgrund einer Verpflichtung nach diesem Gesetz erfolgende öffentliche Kauf- oder Tauschangebote zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft. Der Wortlaut erfasst nicht nur Übernahmeangebote, sondern auch einfache öffentliche Angebote zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft, dementsprechend auch Angebote zum Rückerwerb eigener Aktien.159 Der Begriff Zielgesellschaft, der in §§ 1, 2 Abs. 1 WpÜG verwendet wird, ist in § 2 Abs. 3 WpÜG legaldefiniert: Zielgesellschaften sind Aktiengesellschaften oder Kommanditgesellschaften auf Aktien mit Sitz im Inland. Der Begriff Zielgesellschaft könnte nun voraussetzen, dass es ein zielendes Subjekt gibt, welches bietet, und ein Objekt, auf das gezielt wird.160 Zwingend erscheint gleichwohl nicht, dass es sich um zwei unterschiedliche Akteure handeln muss, denn auch insoweit ist der Gesetzestext offen und erlaubt es, dass das zielende Subjekt und das Objekt, auf das gezielt wird, identisch sind. Dafür spricht ein weiterer Vergleich: Im Rahmen einfacher freiwilliger Angebote, die nicht auf den Erwerb der Kontrolle gerichtet sind, wird bildlich gesprochen nicht auf die Gesellschaft an sich gezielt, sondern nur auf einzelne Anteile.161 Auf einzelne Anteile, die nicht von der Gesellschaft, sondern von den Aktionären gehalten werden, kann auch die eigene Gesellschaft zielen. _______________ 157 158 159 160 161

Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einl. Rn. 34 ff. Lenz/Linke, AG 2002, 420, 421. Diekmann/Merkner, ZIP 2004, 836. Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 72 ff.; Koch, NZG 2003, 61, 64. Ähnlich Wackerbarth, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 2 Rn. 27.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

Damit spricht der Wortlaut des Begriffs Zielgesellschaft ebenfalls nicht gegen eine Einbeziehung des Erwerbs eigener Aktien.162 Eine Dualität von Bieter und Zielgesellschaft wird somit dem Wortlaut nach nicht vorausgesetzt. Der Wortlaut der §§ 1, 2 Abs. 1 WpÜG ist vielmehr offen formuliert. Da jedoch der Wortlaut nur die Grenze der Auslegung163 bildet, ist damit noch nicht gesagt, dass sich nicht aus anderen Gründen Einschränkungen ergeben können. Festzuhalten ist, dass der Wortlaut einer Einbeziehung jedenfalls nicht entgegensteht.

b) Wille des Gesetzgebers Um den Willen des Gesetzgebers des WpÜG zu ermitteln, ist vor allem auf die Gesetzesbegründung abzustellen. In der Regierungsbegründung zum Gesetzesentwurf164 wird jedoch auf den Erwerb eigener Aktien im Zusammenhang mit der Erläuterung des Anwendungsbereichs nicht eingegangen.165 Insoweit _______________ 162 Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 72 ff. gehen davon aus, dass nach dem allgemeinen als auch nach dem juristisch-technischen Sprachgebrauch eine Zielgesellschaft nur ein Rechtsträger sein könne, der in den Einflussbereich einer dritten natürlichen oder juristischen Person geführt werden solle. Die eigene Gesellschaft könne wegen der Erwerbsschranke von 10 % des Grundkapitals aber niemals einen beherrschenden Einfluss in der Hauptversammlung ausüben und damit nicht „Ziel“ einer Transaktion sein. Nach dem allgemeinen und dem juristisch-technischen Sprachgebrauch sei dementsprechend die rückerwerbende Gesellschaft nicht Zielgesellschaft i. S. d. § 2 Abs. 3 WpÜG. Sie räumen allerdings ein, dass nach der gesetzlichen Definition in § 2 Abs. 3 WpÜG die eigene Gesellschaft Zielgesellschaft sein könne und deswegen nach allgemeiner Auffassung rückerwerbende Gesellschaften Zielgesellschaften i. S. d. § 2 Abs. 3 WpÜG sein könnten. Sie erklären das Auseinanderlaufen des allgemeinen Sprachgebrauchs und der gesetzlichen Definition mit der Entstehungsgeschichte. Im Ergebnis gehen auch sie wohl davon aus, dass die gesetzliche Definition vorgeht. Dies steht in Einklang damit, dass in der Regel ein besonderer Sprachgebrauch des Gesetzes dem allgemeinen Sprachgebrauch vorgeht, Larenz, S. 322. Die von Berrar/Schnorbus aufgeworfene Frage, ob Zielgesellschaft nur ein Rechtsträger sein kann, der in den Einflussbereich einer dritten natürlichen oder juristischen Person geführt werden solle, wird hier innerhalb der systematischen Auslegung behandelt. Dies ergibt sich daraus, dass dafür der Begriff des Bieters mitbetrachtet werden muss, der im Wortlaut des § 1 WpÜG nicht eingeführt wird; siehe unten § 7 B. III. 2. d) aa). 163 Larenz, S. 324. 164 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 27 ff. 165 Die Behandlung eigener Aktien wird angesprochen bei der Ermittlung der Gesamtzahl der Stimmrechte nach § 29 Abs. 2 WpÜG, als Möglichkeit zur Abwehrmaßnahme gegen ein feindliches Übernahmeangebot, § 33 WpÜG, bei der Ermittlung der Gegenleistung, wenn die vom Bieter angebotene Gegenleistung in Aktien besteht, § 7 WpÜGVO, und bei der Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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kann aus der Gesetzbegründung – entgegen einiger Stimmen in der Literatur, die das Schweigen teilweise als Votum für oder gegen eine Anwendbarkeit werten – kein eindeutiger Rückschluss gezogen werden.166 Auch gelingt es nicht, den Willen des Gesetzgebers unter Berücksichtigung der gescheiterten Versuche der Rechtsvereinheitlichung auf europäischer Ebene zu ermitteln.167 Zwar hat der Gesetzgeber in der Definition des Angebots in § 2 Abs. 1 WpÜG im Gegensatz zur Definition des Angebots in Art. 2 Nr. 1 lit. a) der zunächst gescheiterten EU-Übernahmerichtlinie168 ein von der Zielgesellschaft selbst gemachtes Angebot nicht aus dem Anwendungsbereich herausgenommen, daraus kann aber nicht zwingend geschlossen werden, dass der Gesetzgeber diese Angebote gerade einbeziehen wollte. Dass der Gesetzgeber in Abweichung von dem EU-Richtlinienentwurf auf den Klammerzusatz verzichtete, kann vielmehr als Argument für die eine oder andere Sichtweise dienen, allerdings ohne dass eine Sichtweise der anderen überlegen wäre: Einerseits kann der Verzicht auf den Klammerzusatz bedeuten, dass man von der EUÜbernahmerichtlinie abweichen wollte und das Gesetz auch den Erwerb eigener Aktien umfassen sollte, andererseits kann das Schweigen bedeuten, dass man zwar nicht von der EU-Übernahmerichtlinie abweichen wollte, aber eine Klarstellung für überflüssig hielt. Objektive Anhaltspunkte in den Gesetzesmaterialien, die für die eine oder andere Sichtweise sprechen, finden sich nicht. Aus diesem Grunde ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Frage übersehen hat. Andernfalls hätte er gleichzeitig die Probleme gelöst, die sich daraus ergeben, dass einige Vorschriften ersichtlich von einer Dualität zwischen Bieter und Zielgesellschaft ausgehen.169 Selbst die Tatsache, dass die Referenten im Finanzministerium darauf hingewiesen wurden, dass der Referentenentwurf nunmehr auch öffentliche Rückkaufangebote erfasse170 und gleichwohl eine negative Klarstellung nicht vorgenommen wurde, spricht nicht zwingend dafür, der Gesetzgeber habe durch ein „beredtes Schweigen“ die Einbeziehung gewollt.171 Das Schweigen deutet darauf hin, dass der Gesetzge_______________

eines Angebots, § 9 Nr. 5 WpÜG-VO, Begründung zum Regierungsentwurf, BTDrucks. 14/7034, S. 53, 58, 80, 81. 166 Zu den unterschiedlichen Interpretationen siehe zum einen oben § 7 B. III. 1. a), zum anderen oben § 7 B. III. 1. b). 167 Dogmatisch ist an dieser Stelle die Entstehungsgeschichte auf europäischer Ebene zur Ermittlung des Willens des Gesetzgebers heranzuziehen; zu den Erkenntnisquellen für die Regelungsabsicht des Gesetzgebers siehe etwa Larenz, S. 328 ff. 168 Zur Maßgeblichkeit des Entwurfs siehe oben § 7 B. III. 1. a). 169 Siehe dazu unten § 7 B. III. 2. d) bb) (1). 170 Deutscher Anwaltverein, NZG 2001, 420, 422. 171 Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 1 Rn. 107; Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 706 f.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

ber keinen Willen in Bezug auf die Problematik gebildet hat, entweder weil er sich mit der Thematik gar nicht auseinandergesetzt hat oder weil er die Frage Rechtsprechung und Wissenschaft überlassen wollte. Aus diesem Grund bedeutet das Schweigen allerdings ebenfalls nicht, dass der Gesetzgeber davon ausging, der Erwerb eigener Aktien unterliege nicht den Vorschriften des WpÜG.172 Lässt ein Blick auf den Willen des Gesetzgebers hinsichtlich des Erlasses des WpÜG keine gesicherten Erkenntnisse zu, kann möglicherweise der Wille des Gesetzgebers hinsichtlich des Erlasses des KonTraG Aufschluss geben. Schließlich wurde durch das KonTraG der Erwerb eigener Aktien liberalisiert und zu diesem Zweck vor allem die Regelung des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG eingeführt.173 Verfahrensrechtlich hat der Gesetzgeber festgelegt, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53 a AktG auf Erwerb und Veräußerung anzuwenden ist (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 AktG). In der Regierungsbegründung wurde darauf hingewiesen, dass die strikte Geltung des Gleichbehandlungsgebots ausdrückliche gesetzliche Verfahrensvorschriften zum An- und Verkauf entbehrlich mache.174 Der Gesetzgeber hatte also ausdrücklich den Willen bekundet, keine weiteren Verfahrensvorschriften für den Erwerb eigener Aktien zu erlassen. Würde der Erwerb eigener Aktien jetzt dem WpÜG unterstellt, würden gerade weitere Verfahrensvorschriften Anwendung finden; es würde also das getan, was der Gesetzgeber beim Erlass des KonTraG gerade nicht wollte. Fraglich ist jedoch, inwieweit die Äußerung des Willens des Gesetzgebers bei Erlass des KonTraG für die Auslegung des WpÜG Bedeutung hat. Schließlich kann sich der Gesetzgeber mittlerweile eine andere Meinung gebildet haben. Entscheidet sich der Gesetzgeber zu einem späteren Zeitpunkt, weitere gesetzliche Regelungen einzuführen, wird der ehemals gebildete Wille unbeachtlich. Dem Schweigen des Gesetzgebers bei Erlass des WpÜG lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass er seine ehemals getroffene Entscheidung korrigieren wollte. Gleichwohl ist das Schweigen aber auch nicht zwingend dahin gehend auszulegen, dass er die Entscheidung aufrechterhalten wollte. Es liegt näher, dass er seine bei Erlass des KonTraG zum Ausdruck gebrachte Einschätzung bei Erlass des WpÜG gar nicht bedacht hat. _______________ 172 Es mag sein, dass der Gesetzgeber in dem Zeitpunkt, in dem der Entwurf des neuen Gesetzes noch als reines Übernahmerecht konzipiert war, von einer Dualität von Bieter und Zielgesellschaft ausging. Jedenfalls für die Fassung des Referentenentwurfs kann das aber nicht mehr gelten. Der Anwendungsbereich wurde erweitert und regelte nicht mehr nur Unternehmensübernahmen. Daher lässt sich auch nicht mit Sicherheit sagen, dass dem Gesetzgeber bei Erlass des WpÜG noch eine Dualität von Bieter und Zielgesellschaft vorschwebte. 173 Siehe oben § 4 B. II. 1.e). 174 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 13/9712, S. 13.

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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Ein Wille des Gesetzgebers für oder gegen eine Einbeziehung des Erwerbs eigener Aktien in den Anwendungsbereich des WpÜG lässt sich folglich nicht ermitteln.

c) Entstehungsgeschichte Der Diskussionsentwurf beinhaltete keine Regelungen für öffentliche Angebote, die auf den Erwerb einer Beteiligung unterhalb der Kontrollschwelle von 30 % oder von einem Aktionär aus einer bereits bestehenden Kontrollmehrheit abgegeben werden. Konzipiert war der Diskussionsentwurf als reines Übernahmerecht. Dies änderte sich, wie bereits angesprochen, mit dem Referentenentwurf und dem später Gesetz gewordenen Regierungsentwurf. Der Anwendungsbereich wurde auf freiwillige öffentliche Angebote erweitert, so dass vom Wortlaut nun auch der Erwerb eigener Aktien umfasst war. Fraglich ist jedoch, ob sich aus dieser Änderung etwas für die Frage des Erwerbs eigener Aktien gewinnen lässt. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Erweiterung des Anwendungsbereichs gerade auch im Hinblick darauf getroffen worden wäre, dass ansonsten der Erwerb eigener Aktien außen vor geblieben wäre.175 Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr wurde der Anwendungsbereich des Gesetzes erweitert und als Folge wurde die Frage der Anwendung auf den Erwerb eigener Aktien aufgeworfen; es stellte sich erst durch die Erweiterung des Anwendungsbereichs die Frage der Einbeziehung des Erwerbs eigener Aktien und nicht umgekehrt. Die Entstehungsgeschichte ist damit für die Frage, ob der Erwerb eigener Aktien den Vorschriften des WpÜG unterfällt, nicht ergiebig.176

d) Systematik Die systematische Auslegung bezieht weitere Vorschriften in die Auslegung mit ein. Insoweit handelt es sich um einen Prozess des Vorausblickens und Zurückblickens, um einen Prozess der wechselseitigen Erhellung.177 Daher dürfen die in §§ 1, 2 Abs. 1 WpÜG verwendeten Begriffe nicht isoliert betrachtet werden, um den Anwendungsbereich festzulegen, sondern müssen in den Kontext mit den anderen Vorschriften des Gesetzes gestellt werden. _______________ 175

An dieser Stelle gehen der Wille des Gesetzgebers und die Entstehungsgeschichte ineinander über. 176 Wackerbarth, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 2 Rn. 28; Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2592. 177 Larenz, S. 207, 321, 325.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

aa) Der Begriff des Bieters § 2 Abs. 4 WpÜG führt den Begriff des Bieters ein. Bieter sind danach natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften, die allein oder gemeinsam mit anderen Personen ein Angebot abgeben, ein solches beabsichtigen oder zur Abgabe verpflichtet sind. Betrachtet man den Begriff des Bieters isoliert, spricht nichts dagegen, dass die Gesellschaft, die eigene Aktien erwerben will, Bieter sein kann. Schließlich ist sie eine juristische Person, die zum Rückerwerb eigener Aktien ein Angebot abgibt. Entscheidend ist im Rahmen der systematischen Auslegung aber, welche Bedeutung den Begriffen Zielgesellschaft und Bieter zukommt, wenn man sie zusammen betrachtet. Aus den getrennten und auch unterschiedlichen Definitionen, zum einen der Zielgesellschaft in § 2 Abs. 3 WpÜG, zum anderen des Bieters in § 2 Abs. 4 WpÜG, könnte zu schließen sein, dass es sich um zwei unterschiedliche Gesellschaften handeln muss. Einer solchen Auslegung steht allerdings entgegen, dass die Normen zwar unterschiedliche Voraussetzungen festlegen, jedoch keineswegs ausschließen, dass eine Gesellschaft gleichzeitig Bieter und Zielgesellschaft ist, sofern sie nur die Voraussetzungen sowohl der einen als auch der anderen Begriffsbestimmung erfüllt. Dafür spricht, dass der Gesetzgeber die Begriffe nur deswegen unterschiedlich definiert hat, um deutlich zu machen, dass der Kreis derjenigen Gesellschaften, die Zielgesellschaft sein können, enger eingegrenzt ist als derjenigen Handelnden, die Bieter sein können. Die Einbeziehung des § 2 Abs. 4 WpÜG in die Auslegung führt dementsprechend nicht zu dem Ergebnis, dass Bieter und Zielgesellschaft verschiedene Gesellschaften sein müssen.

bb) Das den Vorschriften zu Grunde liegende Regelungssystem Jedoch könnte sich aus den Vorschriften der §§ 3, 10 ff. WpÜG ergeben, dass Bieter und Zielgesellschaft nicht dieselbe Gesellschaft sein können. Einige Vorschriften setzen nämlich eine Dualität von Bieter und Zielgesellschaft voraus.

(1) Dualität von Bieter und Zielgesellschaft Nach § 3 Abs. 4 S. 2 WpÜG darf die Zielgesellschaft nicht über einen angemessenen Zeitraum hinaus in ihrer Geschäftstätigkeit behindert werden. Eine Behinderung wird durch ein Angebot zum Rückerwerb eigener Aktien nicht

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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ausgelöst.178 Auf ein Angebot zum Rückerwerb eigener Aktien ist diese Vorschrift also nicht zugeschnitten. Die Vorschrift geht von einer Dualität von Bieter und Zielgesellschaft aus. § 10 Abs. 1 S. 2, 3 WpÜG setzen für die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots ein Beschluss der Gesellschafterversammlung voraus. Gem. § 25 WpÜG kann der Bieter sein Angebot unter der Bedingung eines Beschlusses seiner Hauptversammlung abgeben. Nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG ist jedoch nur die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien Angelegenheit der Hauptversammlung und diese Ermächtigung muss vor Abgabe des Angebots vorliegen.179 Eine Beschlussfassung der Hauptversammlung ist für die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots dann nicht mehr erforderlich. Nach der Systematik des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG bedarf es eines weiteren Beschlusses gerade nicht.180 Im Falle der Identität von Bieter und Zielgesellschaft ist ein weiterer Beschluss der Gesellschafterversammlung des Bieters nicht erforderlich, so dass § 10 Abs. 1 S. 2, 3 WpÜG die Vorstellung einer Dualität von Bieter und Zielgesellschaft zu Grunde liegt.181 Dem Bieter obliegen Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten nach §§ 10 Abs. 5 S. 1, 14 Abs. 4 S. 1 und 21 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 14 Abs. 4 S. 1 WpÜG. Die Mitteilung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots, die der Bieter der Zielgesellschaft übermitteln muss, die Übermittlung der Angebotsunterlage an den Vorstand der Zielgesellschaft und die Pflicht zur Übermittlung einer Änderung des Angebots setzen eine Verschiedenheit von Bieter und Zielgesellschaft voraus,182 da eine Mitteilung einer Gesellschaft an sich selbst keinen Sinn ergibt.183 _______________ 178

Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 1 Rn. 114; Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 711; Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 76 f.; Koch, NZG 2003, 61, 64 Fn. 50; Lenz/Linke, AG 2002, 420, 423. 179 Siehe oben § 4 B. II. 1. e) aa). 180 Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 10 Rn. 105. 181 Koch, NZG 2003, 61, 64 Fn. 50. 182 Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 1 Rn. 114; Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 10 Rn. 105; Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 1 Rn. 22; Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 711; Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 77; Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2592 f.; Koch, NZG 2003, 61, 64; Lenz/Linke, AG 2002, 420, 423. 183 Nicht von einer Dualität geht hingegen § 10 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 10 Abs. 3 S. 1 WpÜG aus. Gem. § 10 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 10 Abs. 3 S. 1 WpÜG hat der Bieter seine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots unverzüglich zu veröffentlichen. Im Falle des Aktienrückerwerbs hat die Gesellschaft die BaFin unverzüglich von der Ermächtigung durch die Hauptversammlung zu unterrichten (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 AktG). Die Pflicht zur Veröffentlichung der Entscheidung des Vorstands über den Rückerwerb folgt nach

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

Im Fall der Identität von Bieter und Zielgesellschaft sind die Angaben nach § 11 Abs. 2 S. 2 Nr.1 und 2 WpÜG identisch; eine doppelte Angabe wäre aber unnötig.184 Nach § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 WpÜG hat die Angebotsunterlage Angaben über die Absichten des Bieters im Hinblick auf die künftige Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft zu enthalten. Der Bieter hat damit seine subjektiven Zielvorstellungen in Bezug auf die Zielgesellschaft offen zu legen.185 Eine Änderung der künftigen Geschäftstätigkeit wird jedoch nur dann beabsichtigt sein, wenn ein Dritter Anteile an der Gesellschaft erwirbt, nicht aber im Fall des Selbstangebots. Angaben über die künftige Geschäftstätigkeit sind in diesem Fall daher überflüssig.186 Gleiches gilt für Angaben über Geldleistungen oder andere geldwerte Vorteile, die Vorstands- oder Aufsichtsratsmitgliedern in Aussicht gestellt werden (§ 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG).187 Durch die Vorschrift sollen bereits im Vorfeld des Angebots mit einzelnen Mitgliedern des Managements der Zielgesellschaft getroffene Absprachen aufgedeckt werden, da die Kenntnis der dadurch entstehenden potentiellen Interessenkonflikte für die Wertpapierinhaber von erheblicher Bedeutung ist.188 Sind Bieter und Zielgesellschaft identisch, können solche Absprachen naturgemäß nicht getroffen werden, so dass auch Angaben darüber nicht möglich sind.

_______________

richtiger Ansicht schon aus § 15 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG, vgl. Schreiben des BAWe vom 28. 6. 1999 an die Vorstände börsennotierter Aktiengesellschaften betreffend den Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 AktG, abzurufen unter http://www.bafin.de in der Rubrik Rechtliche Grundlagen & Verlautbarungen unter Schreiben, Schreiben Wertpapieraufsicht (bis April 2002); Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 451; Oechsler, NZG 2001, 817, 818; von Rosen/Helm, AG 1996, 434, 440; Kindl, DStR 1999, 1276, 1280 nimmt eine Ad-hoc-Publizitätspflicht erst an, wenn feststeht, dass das Programm tatsächlich durchgeführt wird und mit einer Verzögerung oder einem Unterbleiben nicht mehr zu rechnen ist; a. A. Martens, AG 1996, 337, 340 f.; Peltzer, WM 1998, 322, 329 f.; eine Veröffentlichungspflicht nach § 10 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 10 Abs. 3 S. 1 WpÜG ist demnach im Falle des Rückerwerbs eigener Aktien zwar eigentlich nicht notwendig. § 10 Abs. 6 WpÜG ordnet allerdings an, dass § 15 WpHG für Entscheidungen zur Abgabe eines Angebots nicht gilt. Dies übersehen Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 80. 184 Lenz/Linke, AG 2002, 420, 423. 185 Geibel, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 11 Rn. 22. 186 Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 1 Rn. 114; Seydel, in: KölnKommWpÜG, § 11 Rn. 35; Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 712; Koch, NZG 2003, 61, 64 Fn. 50. 187 Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 1 Rn. 114; Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 712; Lenz/Linke, AG 2002, 420, 423. 188 Regierungsbegründung zum WpÜG, BT-Drucks. 14/7034, S. 41.

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§ 16 Abs. 3 S. 1 WpÜG setzt die Einberufung der Hauptversammlung189 der Zielgesellschaft voraus, die sich mit der Angebotsunterlage des Bieters beschäftigt. Im Falle des Rückerwerbs eigener Aktien macht eine solche Einberufung aber keinen Sinn, da die Hauptversammlung schon die Ermächtigung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG erteilt hat und es darüber hinaus keine Notwendigkeit gibt, dass sich die Hauptversammlung noch einmal damit in Form einer von ihrem Vorstand erstellten Angebotsunterlage auseinandersetzt. Nach § 16 Abs. 3 S. 2 WpÜG hat der Vorstand der Zielgesellschaft die Einberufung der Hauptversammlung der Zielgesellschaft unverzüglich dem Bieter und der Bundesanstalt mitzuteilen. Da aber die Gesellschaft sich nicht selbst informieren muss, wird deutlich, dass die Vorschrift von einer Dualität von Bieter und Zielgesellschaft ausgeht. § 20 WpÜG setzt voraus, dass dem Bieter Stimmrechte aus den von ihm gehaltenen Aktien an der Zielgesellschaft zustehen. Gem. § 71 b AktG stehen einer Gesellschaft aus eigenen Aktien jedoch keine Stimmrechte zu, so dass es schon an dieser Voraussetzung des § 20 WpÜG fehlt. Die Vorschrift ist demnach auf eine Dualität von Bieter und Zielgesellschaft zugeschnitten.190 Gem. § 26 Abs. 1 WpÜG tritt eine Sperrfrist von einem Jahr für ein erneutes Angebot des Bieters ein, wenn ein Angebot nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 WpÜG von der Bundesanstalt untersagt worden ist oder ein zur Bedingung gemachtes Mindestquorum nicht erreicht wurde. Gem. § 26 Abs. 2 WpÜG kann die Bundesanstalt von diesem Verbot befreien, wenn die Zielgesellschaft zustimmt. Im Falle des Rückerwerbs eigener Aktien sind Bieter und Zielgesellschaft identisch, so dass das Erfordernis einer Zustimmung bedeutungslos wäre bzw. eine Zustimmung immer vorliegen würde. § 26 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 WpÜG geht also von einer Dualität von Bieter und Zielgesellschaft aus.191 Gem. § 27 Abs. 1 WpÜG haben der Vorstand und der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft eine begründete Stellungnahme zu dem Angebot sowie zu jeder seiner Änderungen abzugeben. Eine Erklärung zu der eigenen Entscheidung ist jedoch überflüssig und vom Gesetzgeber sicherlich nicht intendiert. Infolgedes_______________ 189

§ 16 Abs. 4 WpÜG regelt das Verfahren der Einberufung. Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 1 Rn. 116; Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 712; Lenz/Linke, AG 2002, 420, 423. 191 Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 1 Rn. 116; Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 1 Rn. 22; Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 713; Berrar/ Schnorbus, ZGR 2003, 59, 77; im Ergebnis ebenso Lenz/Linke, AG 2002, 420, 423, allerdings ohne auf § 26 Abs. 2 WpÜG abzustellen, sondern mit der Begründung, dass die Vorschrift darauf abziele, die Zielgesellschaft nicht über einen angemessenen Zeitraum hinaus in ihrer Geschäftstätigkeit zu behindern und es eines solchen Schutzes im Falle des Selbstangebots nicht bedürfe. 190

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

sen liegt auch dieser Vorschrift die Vorstellung der Dualität von Bieter und Zielgesellschaft zu Grunde.192

(2) Auswirkungen auf die Anwendbarkeit des WpÜG als Ganzes Die Ausführungen zeigen, dass eine Anwendung bestimmter Vorschriften nur bei einer Dualität von Bieter und Zielgesellschaft überhaupt möglich oder nur unter dieser Voraussetzung sinnvoll ist. Fraglich ist jedoch, ob daraus der Schluss zu ziehen ist, dass eine unmittelbare Anwendbarkeit des WpÜG insgesamt ausscheidet. Gegen einen solchen Ansatz spricht, dass die Vorschriften, die von einer Dualität von Bieter und Zielgesellschaft ausgehen, auch als Sondervorschriften angesehen werden können, die eben in der Konstellation des Erwerbs eigener Aktien nicht anwendbar sind. Einer Anwendung nur einzelner Vorschriften scheint dies nicht entgegenzustehen.193 Eine solche Vorgehensweise ist dem deutschen Recht keineswegs fremd. Auch innerhalb eines Gesetzes kann der Anwendungsbereich von Normen differieren. Sogar in der Gesetzesbegründung zum WpÜG wird in Bezug auf § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 WpÜG darauf hingewiesen,194 dass im Rahmen eines Angebots, das kein Übernahmeoder Pflichtangebot ist, und in dessen Folge aufgrund der geringen Höhe der angestrebten Beteiligung beispielsweise kein Einfluss auf die künftige Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft genommen werden kann, in der Angebotsunterlage nur darauf hinzuweisen ist, dass entsprechende Absichten mit der Abgabe des Angebots nicht verbunden sind.195 Insoweit sind also auch im Falle des Angebots durch einen Dritten nicht alle Vorschriften des WpÜG sinnvoll. Allerdings hätte eine grundsätzliche Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien zur Folge, dass wesentliche Leitprinzipien, die eine Dualität von Bieter und Zielgesellschaft voraussetzen, nicht zur Geltung kommen. Hierin liegt der entscheidende Gesichtspunkt. Es besteht ein Unterschied, ob eine einzelne Vorschrift nicht oder lediglich eingeschränkt angewendet wird oder zentrale Regelungsbereiche insgesamt keine Anwendung finden. Der Umstand, dass zentrale Vorschriften des WpÜG auf keinen Fall auf den Erwerb eigener _______________ 192

Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 1 Rn. 116; Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 27 Rn. 14; Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 1 Rn. 22; Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 713; Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2592 f.; Koch, NZG 2003, 61, 64; Lenz/Linke, AG 2002, 420, 423. 193 So Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2592. 194 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 41. 195 Seydel, in: KölnKommWpÜG, § 11 Rn. 35 und Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 712 gehen sogar davon aus, dass entsprechende Angaben gar nicht in Betracht kommen.

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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Aktien angewendet werden könnten, spricht daher dafür, dass das WpÜG insgesamt auf den Erwerb eigener Aktien nicht anwendbar ist. Das WpÜG ist als Einheit erlassen worden, die Vorschriften stehen in einem Zusammenhang, so dass sich auch die Anwendung als Einheit gebietet. Die Regelungskonzeption des WpÜG beruht insgesamt auf der Vorstellung einer Dualität von Bieter und Zielgesellschaft.196 Die systematische Auslegung zeigt nicht nur, dass einzelne Vorschriften beim Aktienrückkauf durch die Gesellschaft nicht anwendbar sind, sondern lässt den Rückschluss zu, dass das Gesetzeswerk insgesamt von einer Dualität von Bieter und Zielgesellschaft ausgeht.

cc) Ergebnis Die Einbeziehung des Begriffs des Bieters in die Auslegung führt zu keinem eindeutigen Ergebnis. Jedenfalls kann aus den getrennten Definitionen von Zielgesellschaft (§ 2 Abs. 3 WpÜG) und Bieter (§ 2 Abs. 4 WpÜG) nicht geschlossen werden, dass es sich um zwei personenverschiedene Gesellschaften handeln müsste. Die Vorschriften, die eine Dualität von Bieter und Zielgesellschaft voraussetzen, lassen hingegen den Schluss zu, dass dem WpÜG insgesamt die Vorstellung einer Dualität von Bieter und Zielgesellschaft zu Grunde liegt. Nach der systematischen Auslegung ist das WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien nicht anzuwenden.

e) Teleologische Auslegung Weitere Rückschlüsse können möglicherweise aus dem Regelungszweck des WpÜG gezogen werden. Das WpÜG soll Leitlinien für ein faires und geordnetes Angebotsverfahren schaffen, Information und Transparenz für die betroffenen Wertpapierinhaber und Arbeitnehmer verbessern und drittens die rechtliche Stellung von Minderheitsaktionären stärken. Im Rahmen der hier zu behandelnden Frage kann die Stärkung der rechtlichen Stellung von Minderheitsaktionären bei Unternehmensübernahmen außen vor bleiben, da der Rückerwerb eigener Aktien wegen der Beschränkung in § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG nicht auf den Erwerb der Kontrolle gerichtet ist und folglich kein Übernahmeangebot darstellt.197 Auch im Rahmen des Rückerwerbs eigener Aktien haben die Aktio_______________ 196

Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 1 Rn. 115. Zum Fall des sog. passiven Kontrollerwerbs siehe unten § 8. Dabei geht es jedoch auch nicht um den Erwerb der Kontrolle infolge eines selbst getätigten Aktienkaufs. 197

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

näre jedoch ein Interesse daran, dass das Angebotsverfahren fair und geordnet durchgeführt wird, sie die für ihre Entscheidung erforderlichen Informationen erhalten und die notwendige Transparenz des Verfahrens gewährleistet ist.

aa) Schützbedürftigkeit beim Erwerb eigener Aktien Fraglich ist jedoch, ob es dazu einer Geltung des WpÜG bedarf oder ob die Aktionäre durch die Vorschriften des AktG nicht schon ausreichend geschützt sind. Eine Anwendung des WpÜG ohne ein entsprechendes Schutzbedürfnis der Aktionäre ist abzulehnen, da die Verfahrenserschwernis198 die Gesellschaften beim Rückkauf belasten würde, ohne als Ausgleich wenigstens den Aktionären einen Vorteil zu bringen. Eine solche Folge kann nicht im Interesse des Finanzplatzes Deutschland liegen.199 Zunächst ist daher zu untersuchen, ob die Vorschriften des WpÜG dazu beitragen würden, den Risiken des Erwerbs eigener Aktien entgegenzuwirken. Insoweit ist an die bereits dargestellten Gefahren des Rückerwerbs eigener Aktien anzuknüpfen und zu fragen, inwieweit ein Schutz durch Vorschriften des Aktienrechts gewährleistet ist und inwieweit die Verfahrensregeln des WpÜG diesen Schutz verstärken könnten. Hinsichtlich der Gefahren und Risiken, die beim Aktienrückkauf bestehen, differenziert man zwischen solchen für die Gläubiger der Gesellschaft, für die Aktionäre der Gesellschaft und die Gesellschaft selbst sowie für den Kapitalmarkt.200 Da das WpÜG insbesondere die Aktionäre schützen soll, interessieren für diese Untersuchung vor allem zwei Gefahren, die für die Aktionäre der Gesellschaft bestehen und vielfach zusammenhängen, und zwar die Gefahr der Ungleichbehandlung beim Aktienrückkauf und die Gefahr der Zahlung einer unangemessenen Prämie.201 Um diesen Gefahren entgegenzutreten, ist auf drei Punkte Wert zu legen: Erstens ist zu gewährleisten, dass der Kaufpreis für die Aktien angemessen und einheitlich ist, zweitens müssen alle Aktionäre die gleiche Möglichkeit haben, ihre Aktien an die Gesellschaft zu verkaufen und _______________ 198

Siehe dazu Diekmann/Merkner, ZIP 2004, 836, 837, die die Konsequenzen aufzeigen, die eine (analoge) Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien bedeutet. 199 Vgl. Lenz/Linke, AG 2002, 420, 422. 200 Siehe oben § 2 B. 201 Siehe oben § 2 B. I. 3., II. 2. Die Zahlung einer unangemessenen Prämie ist nicht in jedem Fall ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn insoweit Chancengleichheit besteht. Daher ist die Gefahr der Zahlung eines angemessenen Erwerbspreises extra zu nennen; ungenau Baum, ZHR 167 (2003), 580, 593.

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drittens müssen die Aktionäre über einen gleichen Zugang zu ausreichenden Informationen über das Erwerbsangebot verfügen.202 Diesen Zielen dient auch das WpÜG.203 Damit ist jedoch nicht gesagt, dass eine Anwendung geboten ist, denn es sind die Schutzmechanismen des AktG zu beachten. Darüber hinaus ist zu untersuchen, ob die Art und Weise, wie diese Zielvorstellungen im WpÜG umgesetzt werden, auch für den Rückerwerb eigener Aktien vorzugswürdig ist. In der bisherigen Diskussion wird pauschal darauf abgestellt, ob der Sinn und Zweck, der den Vorschriften des WpÜG zu Grunde liegt, und der damit verfolgte Schutzbedarf auch beim Rückerwerb eigener Aktien besteht, ohne jedoch zu fragen, ob nicht das Aktienrecht schon ausreichende Schutzmechanismen bietet. Können einzelne Verfahrensregeln des WpÜG den Schutz erhöhen, ist zu klären, ob ein erhöhtes Schutzniveau überhaupt sinnvoll ist. Insoweit ist zu fragen, ob die Anwendung von Regelungen, die aktienrechtlich zulässiges Verhalten untersagen, beim Rückerwerb eigener Aktien überhaupt sinnvoll ist.

(1) Preisgestaltung Die Zahlung eines unangemessen hohen Preises stellt eine unzulässige Einlagenrückgewähr nach § 57 Abs. 1 S. 1 AktG dar. Das Kapital der Gesellschaft wird in unzulässiger Weise gemindert. Darüber hinaus ist der gezahlte Preis für die Gleichbehandlung von entscheidender Bedeutung, und zwar unter zwei Gesichtspunkten: zum einen hinsichtlich der Gleichbehandlung von veräußernden und nicht veräußernden Aktionären, zum anderen hinsichtlich der Gleichbehandlung aller veräußernden Aktionäre. Die Gleichbehandlung von veräußernden und nicht veräußernden Aktionären ist durch die Angemessenheit des Erwerbspreises sicherzustellen, die Gleichbehandlung der veräußernden Aktionäre durch die Einheitlichkeit des Preises.204

_______________ 202

Baum, ZHR 167 (2003), 580, 592. Im Hinblick auf die Gleichbehandlung der Aktionäre in Bezug auf den gleichen Zugang zu ausreichenden Informationen ist insbesondere zu klären, wie hoch der Informationsstand sein muss. 203 Siehe oben § 6 A. I. 204 Diese Aussage steht nicht im Widerspruch dazu, dass eine unangemessene Prämie nicht in jedem Fall einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz bedeutet. Eine unzulässige Preisgestaltung kann, aber muss nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

(a) Angemessenheit des Preises Unabhängig davon, ob der öffentliche Rückkauf in Form eines Festpreisoder Preisspannenangebots oder mittels der Ausgabe übertragbarer Verkaufsoptionen durchgeführt wird, liegt der angebotene Rückkaufpreis über dem aktuellen Börsenpreis, um einen Anreiz für die Aktionäre zum Verkauf zu schaffen.205 Insoweit muss der gezahlte Erwerbspreis an § 57 Abs. 1 S. 1 AktG und den dazu von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätzen über verdeckte Sacheinlagen gemessen werden, da die Ausnahmeregelung des § 57 Abs. 1 S. 2 AktG eine unzulässige Preisgestaltung nicht erfasst.206 Ob eine Prämie angemessen ist, richtet sich nach verschiedenen Faktoren.207 Berücksichtigt werden muss die Erwerbsmenge und die Zeitspanne, innerhalb derer der Rückkauf betrieben werden soll.208 Um die Einhaltung des § 57 Abs. 1 S. 1 AktG zu sichern, werden Verstöße sanktioniert: Die Aktionäre haften der Gesellschaft nach § 62 AktG, der Vorstand haftet nach § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG. Das Aktienrecht gewährleistet somit einerseits durch die Geltung des § 57 Abs. 1 S. 1 AktG, andererseits über die den genannten Sanktionsregeln, dass ein angemessener Preis gezahlt wird. Verglichen damit beinhaltet das Übernahmerecht keine weitgehenderen Regelungen. Aussagen über eine angemessene Gegenleistung finden sich lediglich in § 31 Abs. 1 WpÜG i. V. m. §§ 3-7 WpÜG-VO, die jedoch Geltung nur für Übernahme- und Pflichtangebote, zu denen einfache Angebote nicht zählen, beanspruchen. Zur Gewährleistung eines angemessenen Preises könnte demnach das Übernahmerecht nicht beitragen.209 Eine Anwendung des WpÜG ist damit nicht aus dem Grunde gerechtfertigt, die Angemessenheit des Preises zu gewährleisten.210

_______________ 205

Siehe oben § 3 B. Siehe oben § 4 B. VIII. Außerdem wäre eine unangemessene Prämie sachlich nicht zu rechtfertigen, so dass ein Verstoß gegen § 53 a AktG gegeben wäre, wenn die Prämie nur einzelnen Aktionären angeboten wird. 207 Siehe oben § 4 B. VIII. 208 Baum, ZHR 167 (2003), 580, 594. 209 Baum, ZHR 167 (2003), 580, 594. 210 Die Aussage der BaFin, die Anwendung des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien sei auch erforderlich, um zu überprüfen, ob ein fairer Preis gezahlt werde, erstaunt vor diesem Hintergrund; vgl. FAZ vom 4. 5. 2002, Nr. 103, S. 14. 206

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(b) Einheitlichkeit des Preises Der Erwerbspreis muss darüber hinaus einheitlich sein. Um eine Ungleichbehandlung unter den veräußernden Aktionären zu verhindern, ist grundsätzlich allen veräußernden Aktionäre der gleiche Erwerbspreis zu zahlen.

(aa) Sog. Windhundverfahren Wie bereits erwähnt,211 wird das sog. Windhundverfahren als wesentliches Argument dafür angeführt, dass eine Anwendung des WpÜG auf den Rückerwerb eigener Aktien geboten sei.212 In der Gesetzesbegründung zu § 3 Abs. 1 WpÜG213 wird auf die Unvereinbarkeit dieses Verfahrens mit dem übernahmerechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ausdrücklich hingewiesen, da es auf die Aktionäre einen immens starken Verkaufsdruck ausübe. Den Aktionären bringe die Transparenz des Verfahrens verbunden mit den zur Verfügung gestellten Informationen wenig, wenn ihnen nicht die erforderliche Zeit gegeben werde, um das Angebot zu prüfen und zu überdenken.214 Werde ein Windhundverfahren durchgeführt, könnten nur diejenigen Aktionäre, die auf eine Prüfung der Werthaltigkeit des Angebots verzichten und finanzielle Schäden in Kauf nehmen, entweder überhaupt oder zu einem höheren Preis verkaufen.215 Da dieselben Erwägungen auch beim Rückerwerb eigener Aktien Geltung beanspruchten, sei die Anwendung des § 3 Abs. 1 WpÜG auch in diesem Fall angezeigt.

(α) Aktienrechtliche Zulässigkeit Dem wird jedoch entgegengehalten, eine Anwendung sei schon deswegen nicht nötig, weil es schon in der Praxis nicht angewendet werde und darüber hinaus durch eine Konkretisierung des § 53 a AktG den Gefahren eines Wind_______________ 211

Siehe oben § 7 B. III. 1. b). Lenz/Linke, AG 2002, 420, 422; Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1517. 213 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 35. 214 Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1517, der dies allerdings schon damit begründet, dass eine Angebotsunterlage unter dieser Voraussetzung wenig helfe und weitere Vorschriften des WpÜG nur einen Sinn ergeben, wenn ein Windhundverfahren durch § 3 Abs. 1 WpÜG ausgeschlossen sei. Die Anwendung bestimmter Vorschriften des WpÜG setzt er damit voraus, obgleich doch dies gerade noch geprüft werden muss. 215 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 202. 212

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hundverfahrens entgegnet werden könne. Dies soll zunächst untersucht werden. Wenn schon aktienrechtlich das Windhundverfahren nicht zulässig ist, besteht jedenfalls aus diesem Grunde kein Bedarf für eine Anwendung des § 3 Abs. 1 WpÜG. Angeführt werden zunächst praktische Überlegungen.216 Ein Blick in die Praxis zeige, dass ein Windhundverfahren von den Vorständen eher selten zum Rückerwerb von Aktien gewählt werde und damit die Gefahr einer Ungleichbehandlung durch dieses Verfahren in Wirklichkeit kaum vorhanden sei. Grund dafür sei, dass der Rückerwerb eigener Aktien in der Regel problemlos ohne das Windhundverfahren durchgeführt werden könne. Da das Rückerwerbsvolumen gesetzlich auf 10 % beschränkt sei und der Rückerwerbspreis eine angemessene Prämie beinhalte, werde es kaum Schwierigkeiten bereiten, die gewünschte Anzahl von Aktien zu akquirieren. Unter normalen Umständen bestehe für den Vorstand daher nicht die Notwendigkeit, ein Windhundverfahren durchzuführen. Allein die Möglichkeit, eventuell einen wenig günstigeren Erwerbspreis zu erzielen, werde den Vorstand nicht dazu veranlassen. Ein günstigerer Erwerbspreis könne auch über ein Preisspannenangebot217 erzielt werden. Das Windhundverfahren sei in der Praxis ein nur in absoluten Ausnahmefällen angewendetes Verfahren. Dass ein solcher Ausnahmetatbestand zu einem wesentlichen Argument für die Anwendung des WpÜG gemacht werde, unterliege erheblichen Bedenken.218 Zu diesen tatsächlichen Erwägungen komme hinzu, dass missbräuchliche Gestaltungen schon mittels einer Konkretisierung des Gleichbehandlungsgebots des § 53 a AktG unterbunden werden könnten.219 Der Gesetzgeber habe § 53 a AktG eine so zentrale Bedeutung zugemessen, dass er im Zuge der Liberalisierung des Rückerwerbs auf eine gesonderte Regelung verzichtet habe.220 Für eine zeitlich gestaffelte Ungleichbehandlung der Aktionäre fehle es an einem sachlichen Grund im Verhältnis der einzelnen Aktionärsgruppen zueinander. Gegen diese Argumentation ist jedoch einzuwenden, dass zunächst nur darauf abgestellt wird, inwieweit Windhundverfahren in der Praxis durchgeführt werden, nicht aber darauf, ob es aktienrechtlich zulässig ist oder nicht. Hinsichtlich des zweiten Arguments ist anzumerken, dass schon formal gar keine Ungleichbehandlung vorliegt. Aktionäre, die zum gleichen Zeitpunkt verkau_______________ 216 217 218

Baum, ZHR 167 (2003), 580, 595 f. Siehe oben § 3 B. II. Baum, ZHR 167 (2003), 580, 596 spricht von einem „realitätsfernen Horrorszena-

rio“. 219 220

Baum, ZHR 167 (2003), 580, 596. Begründung zum Regierungsentwurf des KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13.

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fen, werden nämlich gleich behandelt.221 § 53 a AktG schreibt eben nur vor, dass Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln sind. Hier sind schon die Voraussetzungen nicht gleich. Aber auch wenn man diese formale Betrachtung ablehnt, ist zu beachten, dass das aktienrechtliche Gleichbehandlungsgebot als verbandsrechtlicher Grundsatz im Gesellschaftsinteresse eingeschränkt werden kann.222 Eine Ungleichbehandlung stellt nur dann einen Verstoß gegen § 53 a AktG dar, wenn die Ungleichbehandlung willkürlich erfolgt und damit nicht sachlich gerechtfertigt ist.223 Das Windhundverfahren verstößt daher gegen § 53 a AktG, wenn ein sachlicher Grund für die ungleiche Behandlung nicht gegeben ist. Ein sachlicher Grund liegt vor, wenn gesellschaftsrechtliche Interessen ein Windhundverfahren erfordern. Das wird beispielsweise der Fall sein, wenn die Gesellschaft in extrem kurzer Zeit eine hohe Anzahl von Aktien zurückerwerben muss. Nimmt man an, dass eine Ungleichbehandlung gegeben ist, wäre sie in diesem Fall sachlich gerechtfertigt. Daher gibt es sehr wohl Konstellationen, in denen das sog. Windhundverfahren aktienrechtlich zulässig ist.

(β) Notwendigkeit des Verbots des sog. Windhundverfahrens Fraglich ist, ob auch für den Fall des Rückerwerbs eigener Aktien das Windhundverfahren verboten werden sollte. Nur dann ist weiter zu fragen, ob die Anwendung des § 3 Abs. 1 WpÜG sinnvoll ist. Für die Beantwortung der ersten Frage ist zu beachten, dass den Aktionären zwar Informationen zur Verfügung gestellt werden müssen,224 sie diese aber unter dem Verkaufsdruck, den ein Windhundverfahren ausübt, nicht ausreichend nutzen können. Ein Rückerwerbsangebot übt zwar in der Regel keinen allzu großen Entscheidungsdruck aus: Es führt nicht zu neuen Mehrheitsverhältnissen, so dass eine Änderung der Strategieausrichtung des Unternehmens nicht zu erwarten ist (jedenfalls nicht ausgelöst durch den Rückerwerb der _______________ 221

Pötzsch, S. 23. Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1518. Nach Schüppen, in: Haarmann/Riehmer/Schüppen, § 3 Rn. 5, gilt auch im Rahmen des § 3 Abs. 1 WpÜG die übliche Dogmatik von Gleichheitssätzen, so dass eine sachlich begründete Differenzierung zulässig sei. Diese Aussage steht jedoch nicht im Widerspruch dazu, dass eine Einschränkung nicht durch das Gesellschaftsinteresse gerechtfertigt werden kann, denn als sachliche Differenzierung scheidet das Gesellschaftsinteresse im Übernahmerecht aus. 223 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 10. 224 Woraus sich die Pflicht zur Information ergibt, wird sogleich behandelt. 222

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Aktien).225 Darüber hinaus wurde der Vorstand von den Aktionären zum Rückerwerb eigener Aktien ermächtigt. Der Ermächtigungsbeschluss muss nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG die wichtigsten Parameter des Rückkaufs enthalten. Es kann daher weder von einem Überraschungsmoment für die Aktionäre gesprochen werden noch ist der gebotene Preis überraschend. Hinzu kommt, dass es den Aktionären nach Annahme des Angebots möglich ist, jederzeit wieder über die Börse Aktien zu erwerben und dadurch den Status herzustellen, der für sie vor dem Rückkaufangebot bestand. Es mag zwar sein, dass der Börsenkurs durch die mit dem Rückkaufprogramm verbundene Signalwirkung eine Steigerung erfahren hat, doch dürfte diese in der Regel nicht so ausgeprägt sein, dass ein Wiedereinstieg unter Berücksichtigung der beim Verkauf erhaltenen Prämie zu einem bedeutendem Verlust beim Aktionär führt. Bei dem Windhundverfahren kommt jedoch hinzu, dass eine Veräußerung nicht mehr möglich ist, wenn schon genügend Aktionäre das Angebot angenommen haben und die Zuteilung nach dem Prinzip „first come, first serve“ erfolgt.226 Es stellt sich die Frage, ob dies dadurch zu unterbinden ist, dass ein Windhundverfahren generell verboten wird oder ob nicht eher die Verpflichtung bestehen muss, ausreichende Informationen zur Verfügung zu stellen, eine Überlegungsfrist zu gewähren und sicherzustellen, dass die Aktionäre sich nicht zu einem „Schnellschuss“ verleiten lassen. Hinsichtlich der letzten Überlegung ist zu betonen, dass ausreichende Informationen durch das Windhundverfahren konterkariert werden. Auch die Gewährung einer Überlegungsfrist läuft letztendlich darauf hinaus, dass ein Windhundverfahren nicht mehr zulässig ist. Da diese Erwägungen im Grundsatz auch für den Fall des Rückerwerbs eigener Aktien gelten, erscheint es sinnvoll, der Zulässigkeit des Windhundverfahrens Schranken zu setzen.

(γ) Ergebnis Das sog. Windhundverfahren ist aktienrechtlich unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Um einen „Schnellschuss“ der Aktionäre ohne eine Prüfung des Angebots zu vermeiden, erscheint es angemessen, den Gesellschaften dieses Verfahren zu untersagen. Es ist damit festzuhalten, dass ein Schutzbedürf_______________ 225

Eine Änderung der Unternehmensstrategie ist zwar auch bei einem einfachen Erwerbsangebot eines Dritten nicht zu erwarten und trotzdem gilt § 3 Abs. 1 WpÜG. Dies ist jedoch damit zu erklären, dass der Dritte nicht an das gesellschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgebot gebunden ist, auch dann nicht, wenn er schon Aktien an der Gesellschaft besitzt. 226 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 202.

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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nis durchaus besteht. Inwieweit dieser durch eine Anwendung des § 3 Abs. 1 WpÜG zu befriedigen ist, wird noch zu klären sein.227

(bb) Änderung des Angebots Die Einheitlichkeit der Preisgestaltung ist noch unter einem anderen Aspekt relevant. Die Gesellschaft wird möglicherweise, wenn das Rückkaufangebot nicht auf genügende Akzeptanz stößt, den Angebotspreis erhöhen wollen. Andererseits wird die Gesellschaft, wenn sie zur Kenntnis nimmt, dass der von ihr gewählte Angebotspreis zu hoch ist, darüber nachdenken, diesen Angebotspreis herabzusetzen. Probleme unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung ergeben sich, wenn die Aktionäre, die das Angebot erst später annehmen, einen höheren Preis erhalten als diejenigen, die schon vorher die Annahme des Angebots erklärt haben. Gleiches gilt für den Fall, dass die Aktionäre, die das Angebot schon angenommen haben, einen höheren Erwerbspreis erhalten als diejenigen, die die Annahme erst nach der Änderung erklären. In beiden Fällen würde es zu unterschiedlichen Prämienzahlungen an die Aktionäre kommen und insoweit eine Ungleichbehandlung vorliegen.

(α) Aktienrechtliche Zulässigkeit der Änderung des Angebots Sowohl beim Festpreisangebot als auch beim Preisspannenangebot setzt die Gesellschaft die Laufzeit des Angebots fest, innerhalb derer der Preis nicht verändert wird.228 Damit besteht eine Bindung an den Antrag, es sei denn, die Gebundenheit wurde ausgeschlossen, § 145 BGB.229 Wurde die Gebundenheit nicht ausgeschlossen, kann die Gesellschaft den Preis nicht einseitig ändern.230 Probleme unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung bestehen daher nicht. _______________ 227

Siehe unten § 7 B. III. 2. e) bb) sowie F. II. 2. In der Praxis wird in der Regel eine Angebotslaufzeit von drei bis vier Wochen festgesetzt, siehe oben § 3 B. 229 Zur Bindung an den Antrag siehe etwa Kramer, in: MünchKommBGB, § 145 Rn. 6 ff. 230 Dass eine einseitige Änderung des Angebots nicht möglich ist, zeigt sich auch an der Regelung des § 21 Abs. 1 WpÜG. Danach sind bestimmte Änderungen des Angebots durch den Bieter möglich, und zwar grundsätzlich nur zugunsten der Wertpapierinhaber, Hasselbach, in: KölnKommWpÜG, § 21 Rn. 2. Die Notwendigkeit der Sonderregelung zeigt, dass eine Änderung des Angebots ohne eine besondere Regelung nicht möglich ist, jedenfalls nicht, wenn die Bindung nicht ausgeschlossen wurde. 228

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

Wurde die Bindung hingegen ausgeschlossen, ist zunächst zu klären, welche Bedeutung dem Ausschluss zukommt. Es kann sich um ein Preisspannenangebot handeln. Probleme unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung treten dann jedoch nicht auf, da allen veräußernden Aktionären der gleiche Erwerbspreis zu zahlen ist.231 Es kann sich auch um eine sog. invitatio ad offerendum handeln, so dass die Gesellschaft noch entscheidet, ob sie das Angebot annimmt. Entscheidet sich die Gesellschaft dazu, die Angebote anzunehmen, muss allen Aktionären der gleiche Erwerbspreis gezahlt werden. Probleme hinsichtlich der Gleichbehandlung der Aktionäre treten nicht auf. Die Gesellschaft kann sich auch einen Widerruf vorbehalten, beispielsweise für den Fall, dass nicht genügend Aktionäre das Rückkaufangebot annehmen. Auch dann werden die Aktionäre allerdings gleich behandelt.

(β) Notwendigkeit weiterer Regelungen Daher bedarf es insoweit nicht der Anwendung übernahmerechtlicher Schutzmechanismen. Nicht zulässig ist es aktienrechtlich, dass die Gesellschaft den Erwerbspreis während der Laufzeit des Angebots verändert und die Aktionäre aufgrund dessen unterschiedliche Prämien erhalten.232 Allerdings könnte es sinnvoll sein, die Regelung des § 21 WpÜG auch beim Rückerwerb eigener Aktien anzuwenden. Danach kann der Bieter sein Angebot während der Angebotsphase ändern. Gleichzeitig werden die Änderungsmöglichkeiten jedoch begrenzt. Die schutzwürdigen Interessen der Aktionäre stehen einer Änderung des Angebots zugunsten der Aktionäre nicht entgegen, weil die Aktionäre, die das Angebot vor Veröffentlichung angenommen haben, ihren Rücktritt erklären können, ohne das neue, obwohl bessere Konditionen beinhaltende Angebot der Gesellschaft annehmen zu müssen (§ 21 Abs. 4 WpÜG). Die Aktionäre können aber auch von ihrem Rücktrittsrecht Gebrauch machen und das Angebot zu den neuen Konditionen annehmen. Die Regelung des § 21 WpÜG stellt sicher, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung gewahrt wird, so dass einer Änderung des Angebots zugunsten der Aktionäre nichts entgegensteht. Auch beim Rückerwerb eigener Aktien sollte dieser Weg den Aktiengesellschaften nicht grundsätzlich verwehrt sein, wenn die Aktionäre von der Änderung profitieren können. An dieser Stelle ist zu betonen, dass insoweit

_______________ 231

Siehe oben § 4 B. II. 1.e) bb) (1) (b). Davon zu unterscheiden ist ein Alternativangebot, welches von dem Bieter während der Laufzeit des ursprünglichen Angebots abgegeben wird und neben das weiter laufende ursprüngliche Angebot tritt. Ein solches alternatives Angebot ist weder im AktG noch im WpÜG geregelt, ungeachtet dessen jedoch zulässig, Hasselbach, in: KölnKommWpÜG, § 21 Rn. 14. 232

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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kein Schutzbedürfnis besteht, sondern es vielmehr darum geht, eine Lösung zu finden, wie alle Aktionäre von einer Erhöhung des Angebots profitieren können. Insoweit könnte eine Anwendung des § 21 WpÜG sinnvoll sein.

(γ) Ergebnis Als Ergebnis ist festzuhalten, dass ein Schutzbedürfnis der Aktionäre hinsichtlich einer etwaigen Änderung des Angebots nicht besteht. Ein Regelungsbedarf kann jedoch insoweit festgestellt werden, dass eine nachträgliche Änderung des Angebots zugunsten der Aktionäre ermöglicht werden sollte, wenn alle Aktionäre von dieser Veränderung profitieren können. Insoweit ist noch zu klären, ob es sinnvoll ist, § 21 WpÜG anzuwenden.233

(c) Ergebnis Die Zahlung eines angemessenen Erwerbspreises wird schon aktienrechtlich gewährleistet. Insoweit könnte durch die Anwendung übernahmerechtlicher Vorschriften kein weitgehenderer Schutz erreicht werden. Insbesondere § 31 Abs. 1 WpÜG i. V. m. §§ 3-7 WpÜG-VO könnte nicht angewendet werden, da die Vorschriften zur Angemessenheit der Gegenleistung lediglich für Übernahme- und Pflichtangebote gelten. Hinsichtlich der Einheitlichkeit besteht ein Schutzbedarf, da das sog. Windhundverfahren aktienrechtlich zulässig ist, jedoch seine Zulässigkeit untersagt werden sollte. Dies könnte durch eine Anwendung des § 3 Abs. 1 WpÜG erfolgen. Vor einer Ungleichbehandlung infolge der Änderung des Angebots durch die Gesellschaft sind die Aktionäre aktienrechtlich ausreichend geschützt. Insoweit ist lediglich fraglich, ob eine Regelung eingeführt werden sollte, die vorsieht, dass Änderungen des Angebots auch ohne einen entsprechenden Vorbehalt im Angebot vorgenommen werden können, wenn sichergestellt ist, dass alle Aktionäre davon profitieren können.

(2) Gleiche Verkaufschancen Eine Gleichbehandlung der Aktionäre ist weiter durch die Gewährleistung gleicher Verkaufschancen zu sichern. Dies setzt voraus, dass alle Aktionäre Kenntnis von dem Rückkaufangebot erlangen können, sie das Angebot prüfen _______________ 233

Siehe dazu unten § 7 B. III. 2. e) bb) sowie F. II. 2.

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können und die Zuteilung im Falle einer Überzeichnung dem Gleichbehandlungsgebot entspricht.

(a) Bekanntgabe des Rückkaufangebots Das Rückkaufprogramm muss in einer Weise veröffentlicht werden, die es allen Aktionären ermöglicht, von dem Angebot Kenntnis zu erlangen. Gem. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG ist der Emittent von Wertpapieren verpflichtet, den Aktienrückkauf im Wege der Ad-hoc-Mitteilung zu veröffentlichen, soweit der Aktienrückkauf das erforderliche Kursbeeinflussungspotential besitzt. Diese Verpflichtung betrifft zunächst einmal die Entscheidung des Vorstands, von seiner ihm von der Hauptversammlung erteilten Ermächtigung Gebrauch zu machen.234 Um die Gewährleistung gleicher Verkaufschancen zu wahren, kommt es allerdings darauf an, dass die Aktionäre von dem tatsächlichen Angebot Kenntnis erhalten, insbesondere müssen sie über den Zeitpunkt informiert werden, in dem der Rückkauf beginnt. Auch diese Information ist jedoch von der Pflicht zur Ad-hoc-Publizität erfasst. Es ist nämlich der wesentliche Inhalt der Rückkaufentscheidung anzugeben235 und dazu gehören der Zeitraum, die Stückzahl und die Preisspanne für den Ankauf.236 Damit haben die Aktionäre die Möglichkeit, von dem Rückkaufangebot Kenntnis zu nehmen. Eine Veröffentlichungspflicht nach § 10 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 3 S. 1 WpÜG würde darüber nicht hinausgehen, so dass es der übernahmerechtlichen Regelung nicht bedarf. Darüber hinaus wird der Gesellschaft aus eigenem Interesse daran gelegen sein, das Angebot später in adäquater Weise zu veröffentlichen, um möglichst viele Aktionäre zu erreichen, denn nur so ist gewährleistet, dass das Rückkaufprogramm erfolgreich sein wird.

_______________ 234

Dazu steht auch nicht im Widerspruch, dass § 15 Abs. 1 WpHG nach § 10 Abs. 6 WpÜG nicht für Entscheidungen zur Abgabe eines Angebots gilt. Angebot in diesem Sinne ist nämlich eines nach § 2 Abs. 1 WpÜG und ob ein solches vorliegt, ist gerade zu prüfen. Nimmt man an, dass ein solches nicht gegeben ist, greift § 10 Abs. 6 WpÜG nicht ein. 235 Schreiben des BAWe vom 28. 6. 1999 an die Vorstände börsennotierter Aktiengesellschaften betreffend den Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 AktG, abzurufen unter http://www.bafin.de in der Rubrik Rechtliche Grundlagen & Verlautbarungen unter Schreiben, Schreiben Wertpapieraufsicht (bis April 2002). 236 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 293; Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 451.

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Etwas anderes gilt aber möglicherweise, wenn der Rückkauf das erforderliche Kursbeeinflussungspotential nicht besitzt. Eine Pflicht zur Veröffentlichung besteht dann nicht nach dem WpHG. Jedoch folgt die Verpflichtung dann aus dem aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgebot des § 53 a AktG. Ein Rückkaufangebot hat sich danach an alle Aktionäre zu richten.237 Dies setzt voraus, dass alle Aktionäre über die Entscheidung des Vorstands, von seiner ihm von der Hauptversammlung erteilten Ermächtigung Gebrauch zu machen, informiert sind. Daher muss der Vorstand das Angebot in einer Art und Weise veröffentlichen, die es allen Aktionären ermöglicht, von dem Angebot Kenntnis zu nehmen. Die Veröffentlichungspflicht ergibt sich ebenfalls aus § 53 a AktG, wenn eine nicht börsennotierte Gesellschaft eigene Aktien erwirbt. In diesem Fall ist nämlich § 15 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Abs. 3 S. 1 WpHG nicht einschlägig, denn § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG schreibt die Veröffentlichungspflicht nur für Emittenten von Wertpapieren, die zum Handel an einer inländischen Börse zugelassen sind, vor. Die Bekanntgabe des Rückkaufangebots ist damit durch § 15 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Abs. 3 S. 1 WpHG, oder in den Konstellationen, in denen diese Vorschrift keine Anwendung findet, durch § 53 a AktG sichergestellt. Ergibt sich die Pflicht zur Veröffentlichung jedoch aus § 53 a AktG, ist zu beachten, dass das Verfahren hier nicht wie in § 15 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Abs. 3 S. 1 WpHG oder § 10 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Abs. 3 S. 1 WpÜG formalisiert ist. Dies bedeutet allerdings nicht zwangsläufig, dass dann die Formen des Übernahmerechts angewendet werden sollten. Insoweit ist nämlich anzumerken, dass hinsichtlich des Erwerbs eigener Aktien bislang kaum gefordert wurde, das Verfahren der Bekanntgabe des Rückkaufangebots zu formalisieren. Es erscheint ausreichend, dass die Gesellschaft sicherstellen muss, dass alle Aktionäre von dem Angebot erfahren können.238 Ein darüber hinausgehender Regelungsbedarf besteht insoweit nicht.

(b) Überlegungsfrist Das Aktienrecht verzichtet auf die Festlegung einer Überlegungsfrist für die Aktionäre. Eine Vierwochenfrist, wie sie in § 16 Abs. 1 S. 1 WpÜG vorgesehen ist, könnte sinnvoll sein, damit die Aktionäre die Informationen zum Angebot sichten, das Angebot ohne Entscheidungsdruck prüfen und sich gegebenenfalls _______________ 237 238

Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 13/9712, S. 13.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

beraten lassen können.239 Dies setzt voraus, dass im Fall des Rückerwerbs eigener Aktien Informationen ausgewertet werden müssen, wofür eine Zeitspanne von vier Wochen benötigt wird, sowie dass ein vergleichbarer Entscheidungsdruck und Beratungsbedarf besteht. Die Aktionäre haben jedoch im Fall des Rückerwerbsangebots nicht eine solche Menge an Informationen zu verarbeiten wie im Fall des Angebots durch einen Dritten. Dies ergibt sich zunächst einmal daraus, dass eine Stellungnahme des Vorstands der Zielgesellschaft nicht vorliegen wird. Die Erarbeitung der Stellungnahme dürfte in der Regel mindestens eine Woche in Anspruch nehmen.240 Schon aus diesem Grund erscheint eine Annahmefrist von vier Wochen nicht gerechtfertigt. Im Vergleich zur Situation bei dem Angebot eines Dritten sind darüber hinaus Entscheidungsdruck und Beratungsbedarf geringer. Die Aktionäre müssen entscheiden, ob sie im Wege des Verkaufs der Aktien an die eigene Gesellschaft eine Sonderdividende mitnehmen. Es stellt sich für sie damit vor allem die Frage, ob der Aktienverkauf ein lohnendes Geschäft ist oder nicht, ob es sinnvoll ist, einen Gewinn zu realisieren oder nicht. Dieses Risiko ist allerdings jeder Investitionsentscheidung immanent241 und kann damit nicht die Begründung für eine Vierwochenfrist sein. Zu bedenken ist auch, dass ein Wiedereinstieg über die Börse möglich ist und damit der Verkauf nicht den dauerhaften Ausstieg aus der Gesellschaft zur Folge hat. Schwieriger könnte der Wiedereinstieg einzig in nicht börsennotierten Gesellschaften sein, aber auf diese findet § 16 WpÜG keinesfalls Anwendung. Da die verfügbaren Informationen und der Entscheidungsdruck geringer sind, sinkt entsprechend der Beratungsbedarf. Daher ist die Übertragung der Vierwochenfrist auf den Rückerwerb eigener Aktien nicht angemessen. Angemessen könnte die Gewährleistung einer im Vergleich dazu kürzeren Frist sein, worauf noch einzugehen sein wird.242

(c) Zuteilungsverfahren Ebenfalls muss das Verfahren der Zuteilung bei Überzeichnung die Gleichbehandlung der Aktionäre sicherstellen. Ist die Anzahl der von den Aktionären angebotenen Wertpapiere höher als die vom Bieter genannte Höchstmenge (Überzeichnung), so sind nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 AktG i. V. m. § 53 a AktG die Anteilsinhaber im Falle einer Überzeichnung pro rata zu bedienen. _______________ 239

Im Ergebnis dafür Wackerbarth, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 2 Rn. 25. Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 733. 241 Vgl. Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 79, die von einem allgemeinen Risiko sprechen. 242 Siehe dazu unten § 7 B. III. 2. e) bb). 240

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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Nach herrschender Meinung bedeutet dies grundsätzlich eine Orientierung an den Beteiligungsquoten, also eine Bedienung nach dem Kapitalanteil,243 da dies dem verbandsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot entspreche.244 Die Annahme nach Beteiligungsquoten wäre aber gerade übernahmerechtlich durch § 19 WpÜG ausgeschlossen.245 Danach sind im Falle einer Überzeichnung die Annahmeerklärungen verhältnismäßig zur Zahl der angebotenen Aktien zu berücksichtigen.246 Die Regelung des § 19 WpÜG steht damit zu der aktienrechtlichen Regelung der §§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 AktG im Widerspruch.247 Im Falle des Rückerwerbs eigener Aktien ist das übernahmerechtliche Zuteilungsverfahren jedoch nicht vorzugswürdig. Da der Rückerwerb eigener Aktien vor allem ein gesellschaftsinterner Vorgang ist, erscheint es passend, die Zuteilung entsprechend dem verbandsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot vorzunehmen. Maßstab für die Gleichbehandlung hinsichtlich des Bezugsrechts der Aktionäre ist die Beteiligung der Aktionäre am Grundkapital der Gesellschaft.248 Darüber hinaus kann die Hauptversammlung aktienrechtlich zulässig in ihrem Ermächtigungsbeschluss ein anderes Zuteilungsverfahren beschließen und insbesondere von einer rein quotalen Zuteilung abweichen.249 In der Praxis wird daher häufig die Regelung vorgesehen, dass geringe Stückzahlen bevorzugt werden, indem zum Beispiel jeder Aktionär mit 50 oder 100 Stück ange-

_______________ 243

Block, in: AnwK-AktienR, § 71 Rn. 65; Bungeroth, in: MünchKommAktG, § 53 a Rn. 9; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 k; Lutter, in: KölnKommAktG, § 53 a Rn. 22; Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 67, 81; Kiem, ZIP 2000, 209, 213; nicht eindeutig, aber wohl in diese Richtung geht die Begründung zum Regierungsentwurf des KonTraG, BTDrucks. 13/9712, S. 14 („nach Quoten“); nur wenn die Beteiligungsquoten nicht hinreichend sicher ermittelt werden können, erfolgt die Zuteilung verhältnismäßig zu den Verkaufsangeboten, Kiem, ZIP 2000, 209, 213; offen lassend Bezzenberger, S. 116 ff.; a. A. Benckendorff, S. 244. 244 Baum, ZHR 167 (2003), 580, 605. 245 Riehmer, in: Haarmann/Riehmer/Schüppen, § 19 Rn. 17; für Ausnahmen lediglich im Einzelfall Hasselbach, in: KölnKommWpÜG, § 19 Rn. 18; nicht eindeutig Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1519, der konstatiert, dass im Falle der Überzeichnung eine Repartierung stattfindet, sich aber nicht dazu äußert, nach welchem Grundsatz. 246 Auch von diesem Grundsatz sind Abweichungen möglich, wenn die betroffenen Wertpapierinhaber auf eine Gleichbehandlung verzichtet haben oder ein sachlicher Grund gegeben ist, Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 19 Rn. 21 ff. 247 Zu den gravierenden unterschiedlichen Folgen siehe etwa Thoma, in: Baums/ Thoma, WpÜG, § 19 Rn. 31; Bezzenberger, S. 117. 248 BGHZ 70, 117, 121. 249 Süßmann, AG 2002, 424, 432.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

dienter Aktien berücksichtigt wird.250 Die Abweichung von der quotalen Berücksichtigung begünstigt Kleinanleger, deren Schutz das WpÜG gerade dienen soll. Im Ergebnis würde durch die Anwendung des § 19 WpÜG ein Verfahren, das dem Schutz der Kleinaktionäre dient, ausgeschlossen. Beim Rückerwerb eigener Aktien kann die Vorschrift des § 19 WpÜG den Interessen der Kleinanleger also auch entgegenstehen. Darüber hinaus ist der Repartierungsmaßstab im Rahmen des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 i. V. m. § 53 a AktG nicht zwingend vorgegeben, so dass auch eine Zuteilung beschlossen werden kann, die § 19 WpÜG entspricht.251 Der Anwendung des § 53 a AktG, der sich im Sinne eines verbandsrechtlichen Gleichbehandlungsgebots an den Beteiligungsquoten orientiert, aber gleichfalls flexible Gestaltungen zu lässt, ist daher im Falle des Rückerwerbs eigener Aktien gegenüber der übernahmerechtlichen Regelung der Vorzug zu geben.

(d) Ergebnis Gleiche Verkaufschancen der Aktionäre sind weitgehend aktienrechtlich gewährleistet. Die Gesellschaft ist schon nach dem Aktienrecht dazu verpflichtet, das Rückkaufangebot in adäquater Weise zu veröffentlichen. § 10 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 3 S. 1 WpÜG würde inhaltlich keine erhöhten Anforderungen stellen. Auch erscheint es nicht notwendig, insoweit Formalien vorzuschreiben. Festgelegt werden könnte hingegen gesetzlich eine Mindestangebotsfrist, die jedoch nicht der Vierwochenfrist des § 16 WpÜG entsprechen muss. Die Gleichbehandlung bei der Zuteilung ist aktienrechtlich gewährleistet. Insoweit zeigt sich § 53 a AktG als gegenüber § 19 WpÜG vorteilhaft.

(3) Gleicher Zugang zu einem Mindestmaß an Informationen Schließlich ist sicherzustellen, dass die Aktionäre über den gleichen Zugang zu Informationen über das Erwerbsangebot verfügen. Dies setzt ein transparen_______________ 250

So wurde etwa in der Hauptversammlung der DaimlerChrysler AG am 9. 4. 2003 beschlossen, dass eine bevorrechtigte Annahme geringer Stückzahlen bis zu 100 Stück zum Erwerb angebotener Aktien der Gesellschaft je Aktionär vorgesehen werden kann, siehe Einladung zur Hauptversammlung, Bundesanzeiger vom 25. 2. 2003, S. 3349, 3357 f., Tagesordnungspunkt 6 c). In der Hauptversammlung 2004 wurde die freenet.de AG dazu ermächtigt, eine Mindestabnahme von bis zu 10 Aktien je Aktionär vorzusehen, vgl. die Einladung zur Hauptversammlung, elektronischer Bundesanzeiger vom 28. 4. 2004, Tagesordnungspunkt 8. 251 Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 19 Rn. 30 Fn. 49 und Rn. 33.

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tes Angebotsverfahren voraus. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der gleiche Zugang zu Informationen nur dann für die Aktionäre sinnvoll ist, wenn diese Informationen einen nennenswerten Umfang aufweisen, so dass sie als Grundlage für eine sachgerechte Entscheidung dienen können.

(a) Aktienrechtlich gewährleistete Informationen Die Aktionäre müssen den Vorstand zum Rückerwerb eigener Aktien ermächtigen (§ 71 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 AktG). Der Hauptversammlungsbeschluss setzt voraus, dass die beabsichtigte Beschlussfassung vorher im elektronischen Bundesanzeiger als Tagesordnungspunkt bekannt gemacht worden ist (§ 124 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 25 S. 1 AktG). Die Ermächtigung der Hauptversammlung muss den niedrigsten und höchsten Gegenwert sowie den Anteil am Grundkapital festlegen (§ 71 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 AktG). Die Beschlussvorlage enthält damit wesentliche Informationen, die auch später bei der Entscheidung der Aktionäre von tragender Bedeutung sind. Erscheinen einem Aktionär die gegeben Informationen als nicht ausreichend, kann er von seinem Auskunftsrecht nach § 131 Abs. 1 S. 1 AktG Gebrauch machen. Gleichwohl sind diese Informationen für den Aktionär, der über die Annahme des Angebots entscheiden muss, nicht vollkommen ausreichend: Sie spiegeln nur den Sachstand im Zeitpunkt der Ermächtigung wider und geben aus diesem Grund zum Beispiel nur eine Preisspanne an, nicht aber den exakten Rückerwerbspreis. Eine Information der Aktionäre wird jedoch auch nach der Entscheidung des Vorstands, von der Ermächtigung Gebrauch zu machen, erfolgen. Gibt er ein öffentliches Angebot zum Rückerwerb eigener Aktien ab, wird dieses beinhalten, welche Wertpapiere genau den Gegenstand des Angebots bilden. Auch Art und Höhe der für die Wertpapiere gebotenen Gegenleistung sind angegeben. Ansonsten wäre den Aktionären eine Annahme des Angebots nämlich nicht möglich. Da dies nicht im Interesse der Gesellschaft sein kann, wird insoweit eine ausreichende Information stattfinden. Fraglich ist, ob darüber hinausgehend der aktienrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz dazu verpflichtet, weitgehendere Informationen zur Verfügung zu stellen. Das könnte sich aus folgender Überlegung ergeben: Formal betrachtet würde auch eine wenig aussagekräftige Information alle Aktionäre gleich behandeln, materiell252 wären jedoch diejenigen benachteiligt, die von Natur aus über einen geringen Informationsstand verfügen, also vor allem die privaten Kleinanleger, die eine gewisse Distanz zum Markt und zur Gesellschaft ha_______________ 252

Zur Differenzierung zwischen formaler und materieller Ungleichbehandlung siehe nur Hüffer, AktG, § 53 a Rn. 9.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

ben.253 Problematisch an einer solchen Begründung der Informationspflicht ist jedoch, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz vor allem ein Instrument der Einwirkungskontrolle ist.254 Er dient dem Schutz der Mitgliedschaft insbesondere durch eine Abwehrbefugnis. Nicht hergeleitet werden können jedoch subjektive Rechte gegenüber der Gesellschaft, die über das hinausgehen, was der Gesetzgeber vorgesehen hat.255 Insoweit sind die Vorschriften zur Information der Aktionäre spezieller. Dieses System darf nicht über die Begründung darüber hinausgehender Informationspflichten aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ausgehebelt werden. Ebenso wenig kann Anknüpfungspunkt für eine Informationspflicht der Gesellschaft die Treuepflicht gegenüber ihren Aktionären sein.256 Aus der Treuepflicht ergibt sich für die AG, dem einzelnen Aktionär eine ungehinderte und sachgemäße Wahrnehmung seiner Mitgliedschaftsrechte zu ermöglichen und alles zu unterlassen, was diese Rechte beeinträchtigen könnte.257 Begrenzt wird die Treuepflicht jedoch ebenfalls durch die Entscheidungen, die der Gesetzgeber getroffen hat. Die Entscheidungen des Gesetzgebers hat der Rechtsanwender zu respektieren; er darf die vorgegebenen Grenzen nicht über die Generalklausel der Treuepflicht aushebeln. Der Gesetzgeber hat im AktG Informationsrechte und Informationspflichten vorgesehen. Der Aktionär hat zunächst einmal in der Hauptversammlung ein Auskunftsrecht (§ 131 AktG). Fragen zum Rückerwerb eigener Aktien können eben auf der Hauptversammlung gestellt werden. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass außerhalb der Hauptversammlung grundsätzlich kein Auskunftsrecht besteht.258 Informationspflichten speziell zum Erwerb eigener Aktien bestehen nach § 71 Abs. 3 S. 1 AktG und § 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG. Der Vorstand hat die nächste Hauptversammlung über den Erwerb zu unterrichten, § 71 Abs. 3 S. 1 AktG. Die Angaben über den Bestand an eigenen Aktien der Gesellschaft gehören in den Anhang zum Jahresabschluss, § 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG. Der Gesetzgeber hat damit Informationspflichten des Vorstands eingeführt, aber gerade nicht eine weitgehendere _______________ 253

Koch, NZG 2003, 61, 69. Hüffer, AktG, § 53 a Rn. 4. 255 Der Gesetzgeber hat beispielsweise in § 131 Abs. 4 AktG vorgesehen, dass sich aus der Pflicht zur Gleichbehandlung eine Informationspflicht ergibt. 256 Die gesellschaftsrechtliche Treubindung beruht auf Gegenseitigkeit und gilt daher auch in diese Richtung, BGHZ 127, 107, 111 – BMW; von Godin/Wilhelmi, AktG, § 93 Anm. 2; Lutter, AG 2000, 342, 344. 257 BGHZ 127, 107, 111; Oechsler, in: MünchKommAktG, § 53 a Rn. 24. 258 Zu den Voraussetzungen des Auskunftsrechts siehe etwa Kubis, in: MünchKommAktG, § 131 Rn. 9 ff. 254

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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Informationspflicht im Zeitpunkt der Abgabe des Angebots zum Rückerwerb eigener Aktien. Um diese gesetzgeberische Entscheidung nicht zu konterkarieren, darf weder aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz noch aus der Treuepflicht eine Pflicht des Vorstands hergeleitet werden, weitgehendere Informationen zu veröffentlichen.259

(b) Notwendigkeit weiterer Informationen Möglicherweise können weitere Informationen, die inhaltlich den Angaben einer Angebotsunterlage nach § 11 WpÜG entsprechen, zu einem Schutz der Aktionäre beitragen, der nicht nur über den des Aktienrechts hinausgeht, sondern auch sachlich erforderlich ist. Nach § 11 Abs. 1 S. 1 WpÜG hat der Bieter eine Unterlage über das Angebot (Angebotsunterlage) zu erstellen und zu veröffentlichen. Zweck ist es, die Aktionäre mit denjenigen Informationen zu versorgen, die notwendig sind, um in Kenntnis der Sachlage über das Angebot entscheiden zu können (§ 11 Abs. 1 S. 2 WpÜG und allgemein § 3 Abs. 2 WpÜG260). Der Mindestinhalt der Angebotsunterlage ist in § 11 Abs. 2 S. 2 WpÜG (Informationen über den Inhalt des Angebots) und in § 11 Abs. 2 S. 3 WpÜG (Ergänzende Angaben) festgelegt. Darüber hinaus hat das Bundesministerium der Finanzen aufgrund der Ermächtigung in § 11 Abs. 4 WpÜG weitere ergänzende Angaben in § 2 WpÜG-VO vorgeschrieben. Im Hinblick auf die Frage, inwieweit es sinnvoll sein könnte, auch beim Rückerwerb eigener Aktien weitere Angaben vorzuschreiben, die den Angaben entsprechen, die in die Angebotsunterlage aufzunehmen sind, ist zu differenzieren.

(aa) Angaben über den Inhalt des Angebots In Bezug auf den Inhalt der Angebotsunterlage ist schon ausgeführt worden, dass im Fall der Identität von Bieter und Zielgesellschaft die Angaben nach § 11 Abs. 2 S. 2 Nr.1 und 2 WpÜG identisch sind, eine doppelte Angabe aber unnötig ist.261 Von diesem Gesichtspunkt einmal abgesehen, bedarf es einer gesetzlichen Verpflichtung zur Angabe der Informationen nach § 11 Abs. 2 S. 2 _______________ 259

Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 1 Rn. 127; Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 723; a. A. Koch, NZG 2003, 61, 69; ähnlich Kiem, ZIP 2000, 209, 212. 260 § 11 WpÜG ist eine spezielle Ausprägung des § 3 Abs. 2 WpÜG. 261 Lenz/Linke, AG 2002, 420, 423.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

Nr. 1-6 WpÜG im Fall des Rückerwerbs eigener Aktien nicht. Die Angaben nach § 11 Abs. 2 S. 2 WpÜG betreffen die essentialia negotii des Angebots, d. h. diejenigen Angaben, die für ein Angebot nach § 145 BGB zwingend erforderlich sind.262 Der Bieter wird sie dementsprechend auch ohne gesetzliche Verpflichtung angeben. Macht der Vorstand von seiner Ermächtigung zum Rückerwerb eigener Aktien Gebrauch, wird er das Angebot so spezifizieren, dass die Aktionäre es auch annehmen können.263 Die Aktionäre kennen dann Name oder Firma, Anschrift oder Sitz sowie die Rechtsform des Bieters (§ 11 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 WpÜG). Sie werden wissen, welche Wertpapapiere genau den Gegenstand des Angebots bilden (§ 11 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 WpÜG) und sie werden Art und Höhe der für die Wertpapiere gebotenen Gegenleistung kennen (§ 11 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 WpÜG). Ansonsten wäre ihnen eine Annahme des Angebots nicht möglich. Ebenfalls wird der Vorstand die Aktionäre darüber informieren, ob das Angebot unter einer Bedingung steht (§ 11 Abs. 2 S. 2 Nr. 5 WpÜG). An einer solchen Klarstellung hat er nämlich ein grundlegendes Eigeninteresse: Wird den Aktionären der Rückkauf der Aktien bedingungslos angeboten und nimmt der Aktionär das Angebot an, ist ein Vertrag zustande gekommen. Ein Bedingung, die der Bieter nach außen nicht deutlich gemacht hat, ist irrelevant, da für das Verständnis der Erklärung der objektive Empfängerhorizont entscheidend ist (§§ 133, 157 BGB).264 Gleiches gilt für die Angabe von Beginn und Ende der Annahmefrist. Hat der Vorstand eine Annahmefrist festgelegt,265 wird er im eigenen Interesse Beginn und Ende der Frist nennen, um nicht noch durch Annahmeerklärungen gebunden zu sein, die erst nach Ablauf der Frist zugehen. Der Verpflichtung nach § 11 Abs. 2 S. 2 Nr. 6 WpÜG bedarf es nicht. Die Erstellung einer Angebotsunterlage mit dem Inhalt des Angebots nach § 11 Abs. 2 S. 2 Nr. 1-6 WpÜG wäre ein reiner Formalismus,266 da die Angaben schon bekannt sind.267 Insoweit gelten die Überlegungen allerdings auch für die Konstellation, in der Bieter und Zielgesellschaft personenverschieden sind. Denn die essentialia negotii muss auch das Angebot eines Dritten beinhalten. Die Angaben zu den Wertpapieren, die Gegenstand des Angebots sind, sowie zur Art und Höhe der gebotenen Gegenleistung sind ebenfalls für ein Angebot konstitutiv, das ein _______________ 262

Geibel, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 11 Rn. 8; Seydel, in: KölnKommWpÜG, § 11 Rn. 46, 48; Liebscher, ZIP 2001, 853, 862. 263 Siehe oben § 3 B. 264 Dörner, in: Hk-BGB, § 133 Rn. 8. 265 Zu der Frage, ob eine Annahmefrist notwendig ist, siehe oben § 7 B. III. 2. e) bb) (2). 266 Oechsler, NZG 2001, 817, 818. 267 Baum, ZHR 167 (2003), 580, 601.

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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Dritter abgibt.268 Daher dient § 11 Abs. 2 S. 2 WpÜG eher dazu, sicherzustellen, dass die Angaben übersichtlich in einem Dokument vorhanden sind. Die Frage kann daher für den Rückerwerb eigener Aktien nur sein, ob es sinnvoll ist, ein formalisiertes Verfahren vorzugeben. Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, dass in der Vergangenheit insoweit für den Fall des Aktienrückerwerbs kein Bedarf gesehen wurde und die Angebote in der Praxis verständlich zur Verfügung gestellt wurden. Bedarf nach einer Formalisierung des Verfahrens besteht daher nicht. Eine Verpflichtung, die Angaben entsprechend § 11 Abs. 2 S. 2 WpÜG in Form einer Angebotsunterlage zur Verfügung zu stellen, erscheint daher nicht sinnvoll.

(bb) Ergänzende Angaben Im Gegensatz zu den Angaben über den Inhalt des Angebots (§ 11 Abs. 2 S. 2 WpÜG) gehören die ergänzenden Angaben (§ 11 Abs. 2 S. 3 WpÜG) nicht zu den essentialia negotii des Angebots, sondern stellen zusätzliche Informationen sicher, die eine Entscheidung der Aktionäre in Kenntnis der Sachlage ermöglichen sollen.269 Für ein Angebot gem. § 145 BGB sind sie daher nicht zwingend erforderlich. Fraglich ist, ob die zusätzlichen Informationen auch beim Rückerwerb eigener Aktien vorgeschrieben werden sollten.

(α) Angaben entsprechend § 11 Abs. 2 WpÜG Hinsichtlich § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 und 3 WpÜG ist bereits ausgeführt worden, dass sie von einer Dualität von Bieter und Zielgesellschaft ausgehen und keinesfalls anwendbar sind.270 Aber auch der ergänzenden Angaben nach § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 und 4 WpÜG bedarf es beim Rückerwerb eigener Aktien nicht. Die Angabe über die notwendigen Maßnahmen zur Finanzierung des Angebots ist überflüssig, da nach § 71 Abs. 2 S. 2 AktG ein Rückkauf ohnehin nur durchgeführt werden darf, wenn ausreichend freie Mittel zur Finanzierung zur Verfügung stehen.271 Aus dem gleichen Grund ist auch eine Finanzierungsbestätigung nach § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 4 i. V. m. § 13 Abs. 1 S. 2 WpÜG überflüssig. Eine Verpflichtung, den Aktionären ergänzende Angaben i. S. d. § 11 _______________ 268

Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 11 Rn. 40; Hamann, ZIP 2001, 2249, 2252 Fn. 45; Liebscher, ZIP 2001, 853, 862. 269 Seydel, in: KölnKommWpÜG, § 11 Rn. 46. 270 Siehe oben § 7 B. III. 2. d) bb) (1). 271 Siehe oben § 2 B. I. 1.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

Abs. 2 S. 3 WpÜG zur Verfügung zu stellen, ergibt demnach im Fall des Rückerwerbs eigener Aktien keinen Sinn. Insoweit besteht kein Schutzbedürfnis der Aktionäre.

(β) Angaben entsprechend § 11 Abs. 4 WpÜG i. V. m. § 2 WpÜG-VO In Frage steht damit nur noch, ob im Fall des Rückerwerbs eigener Aktien den Aktionären Informationen zur Verfügung gestellt werden sollten, die den Angaben nach § 11 Abs. 4 WpÜG i. V. m. § 2 WpÜG-VO entsprechen.272 Dabei ist zwischen den einzelnen Angaben zu differenzieren.

(αα) Nicht notwendige Angaben Überflüssig erscheinen zunächst die Angaben zur Bewertung der Gegenleistung (§ 2 Nr. 3 WpÜG-VO).273 Die Aktionäre haben im Ermächtigungsbeschluss selbst den Rahmen für die Gegenleistung bestimmt, auch wenn nur eine Preisspanne, also der niedrigste und höchste Gegenwert, festgelegt wurde. In der Regel wird bestimmt, dass der Preis höchstens 5 % über oder unter dem aktuellen Börsenkurs liegen darf.274 Auch wenn die Festsetzung des exakten Rückerwerbspreises erst später durch den Vorstand erfolgt, ist durch eine Anlehnung an den Börsenkurs gewährleistet, dass der Maßstab für die Gegenleistung transparent ist. Eine weitgehendere Information darüber, durch welche _______________ 272

Die Einordnung der Angaben nach § 2 WpÜG-VO in Angaben über den Inhalt oder ergänzende Informationen ist nicht einheitlich. Teilweise werden sie generell als ergänzende Angaben eingestuft, Geibel, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 11 Rn. 19, teilweise werden einzelne Angaben als Angaben zum Inhalt qualifiziert, Seydel, in: KölnKommWpÜG, § 11 Rn. 47; Renner, in: Haarmann/Riehmer/Schüppen, § 11 Rn. 22 ff.; Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 11 Rn. 21; dabei besteht wiederum keine Einigkeit darüber, welche Angaben welcher Gruppe zuzuordnen sind, vgl. Seydel, in: KölnKommWpÜG, § 11 Rn. 47. Eine maßgebliche rechtliche Bedeutung kommt der Unterscheidung grundsätzlich nicht zu, Seydel, in: KölnKommWpÜG, § 11 Rn. 47. Jedoch kann für die an dieser Stelle vorzunehmende Untersuchung gesagt werden, dass die Angaben über den Inhalt als essentialia negotii einzustufen sind und dementsprechend ein Angebot auch ohne gesetzliche Verpflichtung diese enthalten wird. 273 Oechsler, NZG 2001, 817, 818. Keinesfalls anwendbar sind die Vorschriften über die Angemessenheit der Gegenleistung nach §§ 31 Abs. 1, 7 WpÜG i. V. m. §§ 3-6 WpÜG-VO, da diese nur für Übernahme- und Pflichtangebote gelten. 274 Vgl. etwa den Hauptversammlungsbeschluss der DaimlerChrysler AG vom 9. 4. 2003, siehe Einladung zur Hauptversammlung, Bundesanzeiger vom 25. 2. 2003, S. 3349, 3357 f., Tagesordnungspunkt 6 c).

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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Bewertungsmethode der exakte Preis ermittelt wurde und warum dieser Preis angemessen ist, erscheint unter diesen Gesichtspunkten überflüssig. Die Gefahr, dass die Aktionäre zu einem, wie sich vielleicht später herausstellt, zu niedrigen Preis verkauft haben, ist dem Verkauf immanent und dem kann auch nicht durch weitere Informationen begegnet werden. Im Übrigen wird die Vorschrift zur Bewertung der Gegenleistung schon im Fall des einfachen Erwerbsangebots eines Dritten als zu umfangreich kritisiert, da sie inhaltlich nichts sagend sei, solange nicht die einzelnen Ertragsdaten und Faktoren mitgeteilt werden müssten.275 Jedenfalls im Fall des Rückerwerbs eigener Aktien bedarf es einer Information zur Bewertung der Gegenleistung nicht. Gem. § 2 Nr. 4 WpÜG-VO hat der Bieter anzugeben, welche Maßnahmen die Aktionäre ergreifen müssen, um das Angebot anzunehmen, welche Kosten für die Aktionäre bei einer Annahme entstehen und wann sie die Gegenleistung erhalten. Diese Angaben sollten die Aktionäre auch im Fall des Rückerwerbs eigener Aktien erhalten.276 Dazu bedarf es aber weder der Erstellung einer Angebotsunterlage noch einer gesetzlichen Verpflichtung überhaupt, denn die Gesellschaft wird diese Informationen den Aktionären schon deshalb zur Verfügung stellen, damit diese das Angebot annehmen können.277 Die Gesellschaft hat gerade ein Interesse daran, dass die „technischen“ Voraussetzungen zur Annahme des Angebots den Aktionären bekannt sind, so dass sie selbstverständlich vorliegen werden.278 Gleiches gilt für die Kosten, die für die Aktionäre entstehen, und den Zeitpunkt des Erhalts der Gegenleistung. Letzteres wird die Gesellschaft schon angeben, da sie ansonsten zur Leistung Zug um Zug verpflichtet ist (§ 320 Abs. 1 BGB). Wie im Hinblick auf die Angaben nach § 11 Abs. 2 S. 2 WpÜG kann auch hier nur fraglich sein, ob das Verfahren formalisiert werden sollte. Insoweit gelten jedoch die bereits angeführten Erwägungen, dass die Informationen in der Vergangenheit in ausreichendem Maße und hinreichender Übersichtlichkeit zur Verfügung gestellt worden sind. Damit bedarf es keiner gesetzlichen Regelung. Die gleichen Erwägungen gelten im Hinblick auf die Informationen nach § 2 Nr. 6 WpÜG-VO. Zunächst einmal wird die Gesellschaft schon aus eigenem Interesse deutlich machen, dass nur ein Teil der Wertpapiere zurückgekauft wird, da sie ansonsten an die Annahmeerklärungen gebunden ist.279 Darüber _______________ 275

Deutscher Anwaltverein, NZG 2001, 420, 423. Baum, ZHR 167 (2003), 580, 601. 277 Aus diesem Grund wird man § 2 Nr. 4 WpÜG-VO als essentialia negotii ansehen müssen, Seydel, in: KölnKommWpÜG, § 11 Rn. 47. 278 Süßmann, AG 2002, 424, 430. 279 Daher ist § 2 Nr. 6 WpÜG-VO ebenfalls als Bestandteil der essentialia negotii einzustufen, Seydel, in: KölnKommWpÜG, § 11 Rn. 47. 276

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

hinaus ist § 19 WpÜG nicht anwendbar, sondern die Zuteilung erfolgt grundsätzlich nach Beteiligungsquoten oder aber nach einem Verfahren, welches im Beschluss der Hauptversammlung festgelegt worden ist. Der Beschluss der Hauptversammlung wird den Aktionären jedoch bekannt sein, jedenfalls besteht die Möglichkeit, sich zu informieren. Darüber hinaus wird die Gesellschaft im eigenen Interesse das Zuteilungsverfahren publik machen. Auf eine Formalisierung des Verfahrens kann verzichtet werden. Das Angebot der eigenen Gesellschaft ist nicht von behördlichen, insbesondere wettbewerbsrechtlichen Genehmigungen und Verfahren abhängig, so dass Angaben nach § 2 Nr. 8 WpÜG-VO nicht erforderlich sein werden. Ein Hinweis auf die erweiterten Annahmefristen (§ 2 Nr. 9 WpÜG-VO) des § 22 Abs. 2 WpÜG und des § 16 Abs. 2 WpÜG scheidet schon deshalb aus, weil auf ein Rückkaufangebot kein konkurrierendes Angebot erfolgen wird und es sich nicht um ein Übernahmeangebot handeln kann. Es bleibt damit nur die Möglichkeit des Hinweises auf die erweiterte Annahmefrist des § 21 Abs. 5 WpÜG. Bezüglich § 21 WpÜG ist schon dargelegt worden, dass ihre Anwendung beim Rückerwerb eigener Aktien sinnvoll sein könnte. Dann könnte auch ein Verweis auf die erweiterte Annahmefrist des § 21 Abs. 5 WpÜG erforderlich sein. Unabhängig davon, ob § 21 Abs. 5 WpÜG anzuwenden ist oder nicht, erscheint ein Hinweis auf eine verlängerte Annahmefrist schon in dem ursprünglichen Angebot nicht notwendig. Vielmehr wäre es ausreichend, vorzuschreiben, dass in der Änderung des Angebots auf die erweiterte Annahmefrist hinzuweisen ist. Gleichzeitig wäre dann anzugeben, dass ein Rücktrittsrecht besteht.280 Ob dies notwendig ist, hängt jedoch eben davon ab, ob die Regelung des § 21 Abs. 5 WpÜG oder eine vergleichbare Regelung anzuwenden ist.

(ββ) Sinnvolle Angaben Andere in § 2 WpÜG-VO genannte Angaben erscheinen jedoch im Fall des Rückerwerbs eigener Aktien sehr wohl erforderlich. Die Angabe nach § 2 Nr. 1 WpÜG-VO kann für die Aktionäre auch im Fall des Rückerwerbs eigener Aktien sehr sinnvoll sein.281 Handeln mit der Gesellschaft andere Personen gemeinsam oder treten als Bieter gleichzeitig Personen auf, deren Stimmrechte aus Aktien der Zielgesellschaft nach § 30 WpÜG Stimmrechten des Bieters gleichstehen oder ihm zuzurechnen sind, so kann dies für die Investitionsentscheidung der Aktionäre ein wichtiger Gesichtspunkt _______________ 280

Da § 21 WpÜG nicht angewendet wird, kommt ein Hinweis nach § 2 Nr. 11 WpÜG-VO auf das Rücktrittsrecht des § 21 Abs. 4 WpÜG nicht in Betracht. 281 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 202 b.

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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sein. Werden die Stimmrechte der Gesellschaft zugerechnet, ruhen sie gem. § 71 d S. 4 i. V. m. § 71 b AktG. Dies hat Auswirkungen auf die Stimmrechtsverhältnisse und kann die Entscheidung der Aktionäre, ob sie Aktien an die Gesellschaft zurückveräußern, beeinflussen. Die Aktionäre sollten daher darüber informiert werden.282 Eine sinnvolle Information stellen die Angaben nach § 7 VerkProspG in Verbindung mit der VerkProspV dar, sofern den Aktionären Wertpapiere dritter Emittenten als Gegenleistung angeboten werden (§ 2 Nr. 2 WpÜG-VO). Zwar wird in der Regel auch die Art der Gegenleistung schon Inhalt des Ermächtigungsbeschlusses gewesen sein,283 doch bedeutet dies nicht, dass die Aktionäre hinreichend über Wertpapiere eines dritten Emittenten informiert sind. Liegt kein Ausnahmefall nach § 2 Nr. 2, 2. Hs. WpÜG-VO vor, sollten zumindest die Angaben gemacht werden, die notwendig sind, um den Aktionären ein zutreffendes Urteil über den Emittenten und die Wertpapiere zu ermöglichen (§ 7 Abs. 1 VerkProspG). Insoweit unterscheidet sich die Sachlage beim Rückerwerb eigener Aktien nicht von der beim Angebot eines Dritten, so dass ein dahin gehender Informationsbedarf besteht. Für die Entscheidung der Aktionäre ist es sinnvoll, darüber informiert zu sein, welchen Anteil an eigenen Aktien die Gesellschaft und mit ihr gemeinsam handelnde Personen schon halten. Die Angaben über den Bestand an eigenen Aktien der Gesellschaft gehören zwar in den Anhang zum Jahresabschluss, § 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG. In der Zwischenzeit können jedoch wieder Aktien erworben worden sein, so dass eine zeitnahe Information notwendig ist. Eine Angabe mit dem Inhalt nach § 2 Nr. 5 WpÜG-VO erscheint daher sinnvoll. Ebenfalls ist die Kenntnis von Transaktionen im Vorfeld des Angebots hilfreich, um das Angebot selbst besser beurteilen zu können.284 Ein Informations_______________ 282 Oechsler, NZG 2001, 817, 818. Nicht richtig ist die Einordnung von Süßmann, AG 2002, 424, 430, der meint, dass § 2 Nr. 1 WpÜG-VO im Fall des Rückerwerbs eigener Aktien keinen Sinn ergebe, da es sich nicht mehr um ein Rückkaufangebot handle, wenn mit dem Bieter andere Personen gemeinsam handeln. Dabei wird übersehen, dass das Angebot der eigenen Gesellschaft unabhängig vom Handeln weiterer Akteure ein Rückerwerbsangebot bleibt. 283 In der Einladung zur Hauptversammlung der Siemens AG, Bundesanzeiger Nr. 230 vom 13. 12. 2001, S. 24809 heißt es beispielsweise: „Der Erwerb erfolgt nach Wahl des Vorstandes (1) als direkter Kauf über die Börse oder (2) mittels eines öffentlichen Kaufangebots oder (3) mittels eines öffentlichen Angebots auf Tausch der Aktien der Siemens Aktiengesellschaft gegen Aktien der Infineon Technologies AG …“. 284 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7039, S. 79 für den Fall des einfachen Erwerbsangebots (eines Dritten); die gleichen Erwägungen gelten beim Rückerwerb eigener Aktien.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

bedarf der Aktionäre, der bei dem Angebot eines Dritten über § 2 Nr. 7 WpÜGVO befriedigt wird, besteht insoweit. Gleichfalls sind die Aktionäre darüber zu informieren, welchem Recht die sich aus der Annahme des Angebots ergebenden Verträge zwischen der Gesellschaft und dem Aktionär unterliegen (vgl. § 2 Nr. 12 WpÜG-VO).

(γγ) Ergebnis Mithin erscheint es sinnvoll, den Aktionären auch im Fall des Angebots zum Rückerwerb eigener Aktien einige Informationen zur Verfügung zu stellen, die den Vorgaben von § 11 Abs. 4 WpÜG i. V. m. § 2 WpÜG-VO entsprechen.

(c) Ergebnis Auch im Fall des Rückerwerbs eigener Aktien sollten den Aktionären damit bestimmte Informationen, die in § 2 WpÜG-VO aufgeführt sind, zur Verfügung gestellt werden. Allein die Tatsache, dass einzelne Vorschriften des § 2 WpÜGVO auch für den Fall des Rückerwerbs eigener Aktien passend sind, kann jedoch nicht eine Anwendung des WpÜG gegebenenfalls mit teleologischer Reduktion bestimmter Normen rechtfertigen. Vielmehr ist insoweit zu fragen, ob der bestehende Regelungsbedarf tatsächlich durch eine Anwendung des § 2 WpÜG-VO befriedigt werden sollte oder eine andere Regelung zu bevorzugen ist. Insoweit ist zu klären, ob eine bestimmte Form für die Angaben vorgeschrieben werden sollte. Nur wenn dies der Fall ist, kann im Übrigen entschieden werden, ob ein Hinweis darauf, wo die Angaben veröffentlicht werden (vgl. § 2 Nr. 10 WpÜG-VO), geboten ist und ob ebenfalls die Angabe der Namen der Personen oder Gesellschaften, die die Verantwortung für den Inhalt der Angebotsunterlage übernehmen (vgl. § 11 Abs. 3, 1. Hs. WpÜG), und ihre Erklärung der Richtigkeit (vgl. § 11 Abs. 3, 2. Hs. WpÜG) zu verlangen ist. Dem schließt sich gegebenenfalls die Frage an, ob die Aufnahme einer Haftungsvorschrift vergleichbar § 12 WpÜG notwendig ist, um den Schutz der Aktionäre zu erhöhen.

(4) Unzulässigkeit des Preisspannenangebots Die Gestaltung eines öffentlichen Rückkaufangebots ist nach dem Aktienrecht frei. Eine zulässige Rückkaufform ist danach unter anderem ein Preis-

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spannenangebot.285 Übernahmerechtlich steht einem Preisspannenangebot die Vorschrift des § 17 WpÜG entgegen. Nach § 17 WpÜG ist eine öffentliche auf den Erwerb von Wertpapieren der Zielgesellschaft gerichtete Aufforderung des Bieters zur Abgabe von Angeboten durch die Inhaber der Wertpapiere (invitatio ad offerendum) unzulässig. Bei einem Preisspannenangebot nennt die Gesellschaft die Höchstzahl der Anteile, die sie erwerben möchte, und eine Preisspanne, innerhalb derer die Gesellschaft bereit ist, Aktien zurückzukaufen. Dieser Aufforderung fehlt die Rechtsverbindlichkeit, das Angebot wird erst durch die Aktionäre gemacht. Es handelt sich mithin um eine invitatio ad offerendum, die zwar aktienrechtlich, nicht aber übernahmerechtlich zulässig ist.286 § 17 WpÜG ist eine besondere Ausprägung des § 3 Abs. 4 S. 2 WpÜG. Sie soll den Interessenausgleich zwischen Bieter und Zielgesellschaft sicherstellen und dient damit insbesondere dem Schutz der Zielgesellschaft.287 Im Falle eines Angebots ist das Management der Zielgesellschaft besonderen Anforderungen ausgesetzt. Im Vordergrund steht die Pflicht zur Stellungnahme (§ 27 WpÜG). Die Anforderungen, denen das Management gerecht zu werden hat, sind jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn das Angebot verbindlich abgegeben wird.288 Die Regelung des § 17 WpÜG ist vor diesem Hintergrund sachgerecht. Im Falle des Selbstangebots bedarf es eines Interessenausgleichs zwischen Bieter und Zielgesellschaft jedoch nicht. Eine Behinderung der Zielgesellschaft in ihrer operativen Tätigkeit ist nicht vorstellbar,289 da vor allem keine Verpflichtung zur Stellungnahme besteht, denn § 27 WpÜG setzt eine Dualität von Bieter und Zielgesellschaft voraus und ist daher unabhängig davon, ob das WpÜG überhaupt (unmittelbar oder analog) anzuwenden ist, nicht anwendbar. Das Argument, nur über § 17 WpÜG sei eine Wettbewerbsverzerrung zwischen miteinander konkurrierenden öffentlichen Angeboten zu vermeiden,290 überzeugt demgegenüber nicht. Der Gedanke der Waffengleichheit hat im WpÜG keine allgemeine gesetzliche Grundlage gefunden.291 Lediglich in einzelnen Vorschriften findet sich dieser Gedanke, vgl. §§ 22 Abs. 2, Abs. 3, 21 Abs. 4 WpÜG. § 17 WpÜG hingegen will nicht die Gleichheit der Wettbewerbsbedin_______________ 285

Siehe oben § 3 B. II. Baum, ZHR 167 (2003), 580, 606; Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 81; Koch, NZG 2003, 61, 63 wegen Verstoßes gegen § 11 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 WpÜG; a. A. Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1519. 287 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 47. 288 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 47. 289 Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 734; Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 81. 290 Oechsler, NZG 2001, 817, 819. 291 Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1515. 286

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gungen sichern, sondern dient dem Schutz der Zielgesellschaft. Die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen ist daher kein Argument für eine Anwendbarkeit des § 17 WpÜG. Die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien als Verteidigungsmaßnahme gegen feindliche Übernahmen ist anhand von § 33 WpÜG zu beurteilen.292 Die aktienrechtliche Zulässigkeit einer invitatio ad offerendum ist demzufolge gegenüber einem übernahmerechtlichen Verbot vorzugswürdig.293 Sinn und Zweck der Vorschrift des § 17 WpÜG erfordern nicht die Anwendbarkeit auf den Erwerb eigener Aktien.

(5) Ergebnis Ein Schutzbedürfnis hinsichtlich des Erwerbs eigener Aktien kann lediglich an wenigen Stellen festgestellt werden. Das sog. Windhundverfahren ist aktienrechtlich zulässig, jedoch sollte es untersagt werden, um zu gewährleisten, dass die Aktionäre die ihnen zur Verfügung gestellten Informationen auswerten können. Ein voreiliger Verkauf von Aktien wird so vermieden. Vor einer Ungleichbehandlung infolge der Änderung des Angebots durch die Gesellschaft sind die Aktionäre aktienrechtlich ausreichend geschützt. Insoweit ist lediglich fraglich, ob eine Regelung eingeführt werden sollte, die vorsieht, dass Änderungen des Angebots auch ohne einen entsprechenden Vorbehalt im Angebot vorgenommen werden können, wenn sichergestellt ist, dass alle Aktionäre davon profitieren können. Festgelegt werden sollte darüber hinaus eine Mindestangebotsfrist, die jedoch nicht der Vierwochenfrist des § 16 WpÜG entsprechen muss. Endlich erscheint es sinnvoll, den Aktionären auch im Fall des Angebots zum Rückerwerb eigener Aktien einige Informationen zur Verfügung zu stellen, die den Vorgaben von § 11 Abs. 4 WpÜG i. V. m. § 2 WpÜG-VO entsprechen. Die Anwendung des § 17 WpÜG erscheint nicht angemessen, denn das Preisspannenangebot sollte im Falle des Rückerwerbs eigener Aktien nicht untersagt werden. _______________ 292

Siehe unten § 9 B. II. Im US-amerikanischen Recht ist durch Rule 13e-4 (a) (2) (tender offer by issuers) eine invitatio ad offerendum im Falle eines Selbstangebots sogar ausdrücklich zugelassen. Für das englische Kapitalmarktrecht sieht Chapter 15.8 Satz 1 der Listing Rules der Financial Services Authority vor, dass auch die Angabe eines Höchstpreises ausreichend ist. Die rechtsvergleichende Betrachtung zeigt, dass die Zulässigkeit des Preisspannenangebots üblich ist. § 17 WpÜG sollte daher auf das Selbstangebot keine Anwendung finden. 293

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bb) Lösung über Anwendung der Vorschriften des WpÜG Insoweit wurde bislang lediglich festgestellt, dass an einzelnen Stellen ein Schutzbedarf besteht. Die Vorschriften des WpÜG könnten den Gefahren entgegenwirken. Fraglich ist jedoch, ob diese Lösung tatsächlich vorzugswürdig ist. Sinnvollerweise könnten nämlich nur angewendet werden: – § 3 Abs. 1 WpÜG, um ein sog. Windhundrennen zu unterbinden, – § 21 Abs. 4 WpÜG, um die Gleichbehandlung der Aktionäre auch bei einer Änderung des Angebots sicherzustellen, – § 16 Abs. 1 S. 1 WpÜG, um durch eine Mindestangebotsfrist die Wahrung gleicher Verkaufschancen zu gewährleisten, und – zum Teil § 2 WpÜG-VO, um einen gewissen Informationsstand aller Aktionäre zu garantieren. Aber auch die uneingeschränkte Anwendung dieser Vorschriften ist insgesamt keineswegs geboten.

(1) Änderung des Angebots Auf den ersten Blick scheint sich zwar eine Anlehnung an der Regelung des § 21 Abs. 1 WpÜG anzubieten, der dem Bieter die Möglichkeit eröffnet, sein Angebot zu ändern, die Änderungsmöglichkeiten gleichzeitig jedoch begrenzt. Das Rücktrittsrecht der Aktionäre (§ 21 Abs. 4 WpÜG) stellt sicher, dass sie gleich behandelt werden. Danach können die Aktionäre, die das Angebot vor Veröffentlichung angenommen haben, ihren Rücktritt erklären, ohne dass sie das neue, obwohl bessere Konditionen beinhaltende Angebot der Gesellschaft annehmen. Schon im Anwendungsbereich des WpÜG wird diese Möglichkeit der Aktionäre, sich wieder von dem Angebot zu lösen, jedoch als zu weitgehend kritisiert. Die Umsetzung des Rücktrittsrechts gehe über den beabsichtigten Schutzzweck hinaus.294 Im Ergebnis führe die Regelung dazu, dass ein Aktionär, der das Angebot schon angenommen hat, jegliche Änderung des Angebots dazu verwenden kann, einer sich einstellenden „Verkaufsreue“ zu folgen und von dem Vertrag zurückzutreten.295 Auch die schutzwürdigen Interessen des Aktionärs und die Gleichbehandlung der Aktionäre würden eine solche Regelung nicht erfordern. Eine Regelung, die den Rücktritt nur dann zulässt, wenn gleichzeitig das neue Angebot angenommen wird, hätte eine _______________ 294 295

Thun, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 21 Rn. 48. Thun, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 21 Rn. 48.

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Lösung sein können, die die Interessen beider Parteien sachgerechter berücksichtigt. Einfacher erfolgte die Umsetzung im österreichischen Übernahmegesetz. Nach § 15 Abs. 2 öÜbG gelten Verbesserungen der Gegenleistung und sonstige Änderungen zugunsten des Beteiligungspapierinhabers auch für zu diesem Zeitpunkt bereits erklärte Annahmen, es sei denn, der Aktionär widerspricht. Trotz der aufgezeigten weitreichenden Folgen hat sich der deutsche Gesetzgeber für die Regelung des § 21 Abs. 4 WpÜG entschieden, die im Rahmen des WpÜG nun einmal so anzuwenden ist. Bedenken ergeben sich jedoch, wenn diese Regelung auf den Rückerwerb eigener Aktien übertragen wird. Unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung erscheint es ausreichend, dass die Gesellschaft verpflichtet ist, allen Aktionären die erhöhte Gegenleistung zu zahlen. Eine solche Verpflichtung ließe sich aus § 53 a AktG ableiten. Daher bedarf es zum einen schon keiner übernahmerechtlichen Regelung, zum anderen wäre die geltende übernahmerechtliche Lösung nicht passend; im Gegenteil, § 53 a AktG ist der Lösung des § 21 Abs. 4 WpÜG überlegen. Nicht aus dem aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz abgeleitet werden kann die Möglichkeit der Aktionäre, der Änderung des Angebots zu widersprechen und das Angebot zu den zunächst genannten Konditionen anzunehmen. Diese Option sollte den Aktionären jedoch gewährt werden, da sich eine Änderung des Angebots, die grundsätzlich zugunsten der Wertpapierinhaber ausfällt, im Einzelfall aus subjektiver oder objektiver Sicht eines Aktionärs zum Nachteil auswirken kann oder inhaltlich neutral ist.296 Im Hinblick auf die Einheitlichkeit des Preises besteht beim Erwerb eigener Aktien insoweit ein Regelungsbedarf, der jedoch nicht mit einem Schutzbedürfnis der Aktionäre verwechselt werden darf. Der Schutz der Aktionäre ist ausreichend und sachgerecht über § 53 a AktG gewährleistet. Der bestehende Regelungsbedarf ist sachgerecht nicht durch die Anwendung von § 21 WpÜG zu befriedigen.297 Vielmehr könnte eine Regelung eingeführt werden, die § 15 Abs. 2 WpÜG entspricht.

(2) Mindestangebotsfrist Die Frist des § 16 Abs. 1 S. 1 WpÜG wurde nicht zuletzt im Hinblick auf die Möglichkeit der Prüfung der Stellungnahme von Vorstand und Aufsichtsrat nach § 27 WpÜG auf vier Wochen festgelegt. Dieser Gesichtspunkt entfällt beim Erwerb eigener Aktien jedoch, da § 27 WpÜG jedenfalls nicht anwendbar _______________ 296 297

Hasselbach, in: KölnKommWpÜG, § 21 Rn. 3. Wie das Schutzbedürfnis befriedigt werden kann, dazu unter § 7 F. II.

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ist. Die Anwendung der übernahmerechtlichen Frist erscheint daher nicht angemessen. Hinsichtlich einer Mindestangebotsfrist ist darauf hinzuweisen, dass die Gesellschaften in der Regel eine Angebotsfrist von vier Wochen vorsehen und in der Praxis die Notwendigkeit der Festlegung einer Frist kaum besteht. Wird eine gesetzliche Vorgabe dennoch als notwendig erachtet, könnte in Anlehnung an § 186 Abs. 1 S. 2 AktG eine Mindestannahmefrist von zwei Wochen festgelegt werden, da insoweit berücksichtigt wäre, dass eine Stellungnahme des Vorstands der Zielgesellschaft nicht berücksichtigt werden muss und der Entscheidungsdruck geringer ist.298

(3) Verbot des Windhundverfahrens und Festlegung von Informationspflichten Uneingeschränkt übertragen werden könnten damit allein § 3 Abs. 1 WpÜG, um ein sog. Windhundverfahren zu unterbinden, und bestimmte Informationspflichten nach § 2 WpÜG-VO, um ein transparentes Verfahren zu gewährleisten. Allein diese Vorschriften können eine Anwendung des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien jedoch nicht rechtfertigen. Dies hätte die Konsequenz, dass ein Gesetzeswerk angewendet wird, um im Ergebnis auf zwei Vorschriften zurückgreifen zu können, die restlichen Vorschriften wegen teleologischer Reduktion jedoch nicht. Insoweit kann auf die Ausführungen verwiesen werden, die dazu gemacht wurden, dass einige Vorschriften des WpÜG eine Dualität von Bieter und Zielgesellschaft voraussetzen. Das WpÜG ist als Einheit erlassen worden, so dass es nicht sachgerecht ist, lediglich zwei Vorschriften anzuwenden. Vielmehr ist eher zu fragen, ob eine analoge Anwendung in Betracht gezogen oder gegebenenfalls der Gesetzgeber tätig werden sollte.

cc) Ergebnis Aus dem Schutzbedürfnis der Aktionäre beim Erwerb eigener Aktien ergibt sich nicht, dass die Vorschriften, die nicht von einer Dualität von Bieter und Zielgesellschaft ausgehen, auf den Rückerwerb angewendet werden sollten. Vielmehr hat sich gezeigt, dass die Anwendung vieler Vorschriften nur eine Verfahrenserschwernis bedeuten würde, ohne jedoch als Ausgleich wenigstens einen Vorteil für die Aktionäre zu bringen. Dementsprechend ist es abzulehnen, die Vorschriften des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien unmittelbar anzu_______________ 298

Kiem, ZIP 2000, 209, 212 hält bei der „kleinen AG“ vierzehn Tage für ausreichend.

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wenden und lediglich diejenigen Vorschriften, die von einer Dualität von Bieter und Zielgesellschaft ausgehen, nicht oder nur eingeschränkt anzuwenden. Zu diesen Erwägungen kommt hinzu, dass einige Vorschriften des WpÜG im Widerspruch zu Rechtsnormen des AktG stehen. Die Untersuchung hat gezeigt, dass, abgesehen von dem Verbot des sog. Windhundverfahrens, eine Anwendung der Vorschriften des AktG vorzuziehen ist. Dies erkennen teilweise auch die Befürworter einer unmittelbaren Anwendbarkeit, die die Zuteilungsregeln der §§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3-5, 53 a AktG gegenüber § 19 WpÜG als leges speciales ansehen.299 Damit widersprechen sie allerdings ihrem sonst vertretenen Ansatz, dass das Übernahmerecht in seinem Anwendungsbereich dem Aktienrecht vorgehe oder zumindest parallel300 anwendbar sei und insbesondere das übernahmerechtliche Gleichbehandlungsgebot dem aktierechtlichen Pendant überlegen sei.301 Es zeigt sich, dass insoweit das Aktienrecht den Erwerb eigener Aktien sachgemäß regelt. Eine Anwendung der Regelungen des WpÜG ist damit nicht notwendig. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschriften des WpÜG ist eine Anwendung auf den Erwerb eigener Aktien damit nicht geboten.

3. Ergebnis Die sprachlich-grammatikalische Auslegung, der Wille des Gesetzgebers und die Entstehungsgeschichte des WpÜG geben über die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien keinen endgültigen Aufschluss. _______________ 299

Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2593; Oechsler, NZG 2001, 817, 819; teilweise wird auch die Geltung des übernahmerechtlichen Gleichbehandlungsgebots für überflüssig gehalten, da schon §§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3, 53 a AktG zur Gleichbehandlung der Aktionäre verpflichte, so Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 711, 717. Das übernahmerechtliche Gleichbehandlungsgebot gehe nämlich inhaltlich nicht über das aktienrechtliche Gleichbehandlungsgebot hinaus, sondern erweitere es lediglich auf Dritte, die eben nicht Aktionäre des Bieters sind. Dieser Erweiterung bedürfe es, da der Bieter, wenn er von der von Zielgesellschaft verschieden ist, an das aktienrechtliche Gleichbehandlungsgebot nicht gebunden ist. Dies gilt auch, wenn der Bieter bereits Aktionär der Zielgesellschaft ist, da ein Aktionär nicht zur Gleichbehandlung anderer Aktionäre verpflichtet ist, OLG Celle, AG 1974, 83, 84; Hüffer, AktG, § 53 a Rn. 4; es bestehen lediglich gewisse horizontale Treuepflichten, Hüffer, AktG, § 53 a Rn. 20. Der Argumentation von Baums/Stöcker ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Gleichbehandlungsgebote auch inhaltlich nicht identisch sind, Pötzsch, S. 23; Lenz/Linke, AG 2002, 420, 422; Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1517 f. 300 Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2593. 301 Süßmann, AG 2002, 424, 428.

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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Die systematische Auslegung hat ergeben, dass zahlreiche Vorschriften von einer Dualität von Bieter und Zielgesellschaft ausgehen. Schon daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass das WpÜG insgesamt auf den Erwerb eigener Aktien nicht anwendbar ist.302 Insbesondere die Auslegung nach dem Sinn und Zweck zeigt, dass den Gefahren des Erwerbs eigener Aktien kaum mit den Vorschriften des WpÜG begegnet werden kann. Hinsichtlich bestehender widersprüchlicher Verhaltensgebote zwischen aktien- und übernahmerechtlichen Regelungen hat die Untersuchung gezeigt, dass zum Teil im Hinblick auf den Fall des Rückerwerbs eigener Aktien die aktienrechtlichen Regelungen gegenüber den übernahmerechtlichen Regelungen sachgerechter sind. Gleichzeitig hat sich an einzelnen Punkten gezeigt, dass ein Regelungsbedarf besteht.

IV. Ergebnis Auch wenn der Rückerwerb eigener Aktien in Form eines öffentlichen Angebots durchgeführt wird, ist das WpÜG auf diesen Tatbestand nicht anwendbar. Es handelt sich nicht um den Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft.

C. Analoge Anwendbarkeit Scheidet eine unmittelbare Anwendbarkeit aus, kommt eine analoge Anwendbarkeit einzelner Vorschriften in Betracht. Vertreten wird die Analogie einzelner Vorschriften von Baums/Hecker303 und Baums/Stöcker304: angewendet werden könnten §§ 3 Abs. 2, 5, 11 Abs. 2 S. 1, 2, 3 Nr. 1, Abs. 3, 4

_______________ 302

Daher kommt es auf die verfassungsrechtlichen Überlegungen von Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 1 Rn. 118 und Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 714 ff. nicht an. Eine verfassungskonforme Auslegung wäre nur vorzunehmen, wenn die Auslegung der Vorschriften nicht zu einem Ergebnis führen würde und insoweit von zwei Auslegungsmöglichkeiten auf diejenige zurückgegriffen werden müsste, die der Verfassung entspricht. 303 Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 1 Rn. 120 ff. 304 Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 716 ff. Von einer Analogie ausgeschlossen seien freilich analogiefeindliche Ermächtigungsgrundlagen zum Erlass belastender Verwaltungsakte seitens der Bundesanstalt und daran anknüpfende Bestimmungen sowie die Bußgeldvorschrift des § 60 WpÜG.

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i. V. m. § 2 WpÜG-VO, §§ 12, 13 Abs. 1 S. 1, 21 Abs. 4, 5 S. 2, 22 Abs. 2, 3 WpÜG.305 In Erwägung zu ziehen ist eine Einzelanalogie. Darunter versteht man die Übertragung der für einen Tatbestand im Gesetz gegebenen Regel auf einen vom Gesetz nicht geregelten, ihm rechtsähnlichen Tatbestand.306 Dies setzt voraus, dass eine planwidrige Regelungslücke vorliegt und dass der zur Beurteilung stehende Sachverhalt mit dem vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat.307 Voraussetzung für eine Analogie ist damit zunächst eine Gesetzeslücke in Gestalt einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes.308 Das Vorliegen einer Regelungslücke allein reicht für eine Analogie also nicht aus. Die Regelungslücke muss darüber hinaus planwidrig sein. Dies setzt voraus, dass eine nach dem Regelungsplan, also nach dem Zweck und dem Gesamtzusammenhang des Gesetzes zu erwartende Regel fehlt.309 Das Gesetz muss an dieser Stelle Vollständigkeit anstreben, sie aber tatsächlich nicht aufweisen.310 Entscheidend ist dafür, dass der Gesetzgeber bei hinreichendem Kenntnisstand diese Lücke so nicht gelassen hätte. Dabei sind strenge Maßstäbe anzulegen, die Engisch311 treffend formuliert: „Wir dürfen eine Regelung nicht bloß vermuten, wir müssen sie vermissen, falls ihr Nichtvorhandensein sich als „Lücke“ darstellen soll.“ In die insoweit vorzunehmenden Überlegungen sind sowohl die Regelungen des Aktiengesetzes als auch des WpÜG einzubeziehen. Die Regelungen zum Erwerb eigener Aktien müssten lückenhaft sein. Wie bereits dargestellt, hat der Gesetzgeber den Erwerb eigener Aktien durch die Einführung des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG liberalisiert. In Form des WpÜG ist eine neue Regelungsmaterie eingeführt worden. Will man einzelne Vorschriften auf den Erwerb eigener Aktien anwenden, hat dies zur Voraussetzung, dass eben eine nach dem Zweck und Gesamtzusammenhang des Gesetzes zu erwartende Regel fehlt, der Ge_______________ 305

Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 753. Fraglich ist gleichwohl schon, ob es sich bei dem Ansatz von Baums/Stöcker überhaupt um eine Analogie handelt. Nach Noack, in: Schwark, WpÜG, §§ 1, 2 Rn. 4 bedeutet die Vorgehensweise von Baums/ Stöcker vielmehr, dass die Handhabung der aktienrechtlichen Regeln durch Rechtsgrundsätze gesteuert wird, die aus dem WpÜG zu gewinnen sind. 306 Heinrichs, in: Palandt, BGB, vor § 1 Rn. 58; Larenz, S. 381. 307 BGHZ 105, 140, 143; BGH, NJW 2003, 2473, 2474 f.; Canaris, S. 31 ff. 308 Canaris, S. 31 ff.; Larenz, S. 373. 309 Engisch, S. 180; Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 84. 310 BVerfGE 65, 182, 191 f.; Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 84. 311 Engisch, S. 180.

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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setzgeber also eine Regelung getroffen hätte, wenn er denn gewusst hätte, dass der Erwerb eigener Aktien nicht unmittelbar den Vorschriften des WpÜG unterliegt. Auf den Erwerb eigener Aktien könnten nur angewendet werden: § 3 Abs. 1 WpÜG, um ein sog. Windhundrennen zu unterbinden, und zum Teil § 2 WpÜG-VO, um einen gewissen Informationsstand aller Aktionäre zu garantieren. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass eine planwidrige Regelungslücke besteht, denn der Gesetzgeber hat im Rahmen des KonTraG auf zusätzliche Verfahrensvorschriften unter Verweis auf § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 i. V. m. § 53 a AktG verzichtet. Dadurch hat der Gesetzgeber eine schlüssige und abschließende Anordnung getroffen.312 Es fehlt jede Andeutung dafür, dass der Gesetzgeber einzelne Vorschriften des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien ausgedehnt hätte, wenn er von einer Regelungslücke ausgegangen wäre. Alleine die Tatsache, dass der Gesetzgeber für den Erwerb von Aktien durch Dritte im Wege eines öffentlichen Angebots ein neues, erhöhtes Schutzniveau geschaffen hat, bedeutet nicht, dass dies auch auf andere Sachverhalte zu übertragen ist. Ein Schutzdefizit allein begründet keine Analogie. Es ist zu differenzieren, ob das Gesetz in sich unvollständig ist oder allenfalls verbesserungswürdig.313 Insbesondere der Umstand, dass das Gesellschaftsrecht derzeit dereguliert wird,314 legt nahe, dass eine erhöhte Regelungsdichte nur anzunehmen ist, wenn eindeutige Anzeichen dafür vorliegen.315 Von eindeutigen Anzeichen kann jedoch keineswegs gesprochen werden. Eigene Aktien werden zwar in der Begründung zum Regierungsentwurf behandelt,316 nicht aber im Zusammenhang mit einem Rückerwerb. Es ergibt sich damit, dass eine Gesetzeslücke in Gestalt einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes nicht vorliegt.317 _______________ 312

Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 84. Larenz, S. 374. 314 Schnorbus, S. 134. 315 Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 85. 316 Die Behandlung eigener Aktien wird angesprochen bei der Ermittlung der Gesamtzahl der Stimmrechte nach § 29 Abs. 2 WpÜG, als Abwehrmaßnahme gegen ein feindliches Übernahmeangebot, § 33 WpÜG, bei der Ermittlung der Gegenleistung, wenn die vom Bieter angebotene Gegenleistung in Aktien besteht, § 7 WpÜG-VO, und bei der Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots, § 9 Nr. 5 WpÜG-VO, Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 53, 58, 80, 81. 317 Dass Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 716 ff. gleichwohl eine analoge Anwendung bejahen, liegt daran, dass sie lediglich prüfen, ob eine Regelungslücke gegeben ist und ob eine vergleichbare Interessenlage besteht. Die Planwidrigkeit der Unvollständigkeit des Gesetzes wird zwar als Voraussetzung einer Analogiebildung genannt, aber nicht untersucht. Insoweit wird die Kritik von Noack, in: Schwark, 313

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

Daher ist eine analoge Anwendung einzelner Vorschriften des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien abzulehnen.

D. Die Auswirkungen der Richtlinie 2004/25/EG Art. 2 Abs. 1 lit. a der EG-Übernahmerichtlinie318 enthält die Begriffsbestimmung von Übernahmeangebot bzw. Angebot. Danach ist ein „Übernahmeangebot“ oder „Angebot“ ein an die Inhaber der Wertpapiere einer Gesellschaft gerichtetes (und nicht von der Zielgesellschaft selbst gemachtes) öffentliches Pflicht- oder freiwilliges Angebot zum Erwerb eines Teils oder aller dieser Wertpapiere, das sich an den Erwerb der Kontrolle der Zielgesellschaft im Sinne des einzelstaatlichen Rechts anschließt oder diesen Erwerb zum Ziel hat. Nach Art. 2 Abs. 1 lit. e der Richtlinie sind Wertpapiere übertragbare Wertpapiere, die Stimmrechte in einer Gesellschaft verleihen. Aus diesen Begriffsbestimmungen, insbesondere aus dem Klammerzusatz in Art. 2 Abs. 1 lit. a ergibt sich, dass die Richtlinie den Erwerb eigener Aktien nicht umfasst. Gem. Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie ist die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um der Richtlinie spätestens am 20. 5. 2006 nachzukommen. Verbindlich ist die Richtlinie für die Mitgliedstaaten hinsichtlich des zu erreichenden Ziels, die Wahl der Form und Mittel der Umsetzung überlässt sie jedoch den innerstaatlichen Stellen (Art. 249 Abs. 3 EG). Der EuGH hat diese Wahlfreiheit dahin gehend konkretisiert, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet seien, innerhalb der ihnen nach Art. 249 Abs. 3 EG belassenen Entscheidungsfreiheit die Formen und Mittel zu wählen, die sich zur Gewährleistung der praktischen Wirksamkeit (effet utile) der Richtlinien unter Berücksichtigung des mit ihnen verfolgten Zwecks am besten eignen.319 Daher müssen die Umsetzungsmaßnahmen im innerstaatlichen Recht mindestens den Rang des vor der Regelung durch Richtlinienrecht im Mitgliedstaat geltenden Rechts haben (Nichtdiskriminierungsgrundsatz).320 Der deutsche Gesetzgeber wird die Richtlinie somit durch ein _______________

WpÜG, §§ 1, 2 Rn. 4 verständlich, der die Vorgehensweise von Baums/Stöcker inhaltlich nicht als Analogie bezeichnet, sondern als Steuerung der Handhabung der aktienrechtlichen Regeln durch Rechtsgrundsätze, die aus dem WpÜG zu gewinnen sind. 318 Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend Übernahmeangebote, ABl. Nr. L 142 vom 30. 4. 2004, S. 12 ff. Gem. Art. 22 der Richtlinie ist sie am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft getreten, also am 20. 5. 2004. 319 EuGH, Rs. 48/75, Slg. 1976, 497, Rn. 69/73 a. E. – Royer. 320 Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 249 Rn. 48.

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förmliches Gesetz umsetzen. Da schon das WpÜG existiert, werden lediglich Anpassungsmaßnahmen erforderlich sein.321 Fraglich ist, welche Möglichkeiten oder unter Umständen welche Verpflichtung sich für den deutschen Gesetzgeber aus dem eingeschränkten Anwendungsbereich der Richtlinie ergibt. Der Gesetzgeber hat – lässt man die rechtliche Zulässigkeit erst einmal unbeachtet – rein tatsächlich mehrere Möglichkeiten: Er kann den Klammerzusatz der europäischen Richtlinie übernehmen (und damit die Nichtanwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien ausdrücklich klarstellen), er kann im Hinblick auf den Anwendungsbereich nicht tätig werden (nach dem hier gefundenen Ergebnis bedeutet dies, dass der Erwerb eigener Aktien nicht vom Anwendungsbereich des WpÜG umfasst ist) oder er kann den Anwendungsbereich auf den Erwerb eigener Aktien ausdehnen (und damit über die Richtlinie hinausgehen322). Im Hinblick auf die Umsetzungsverpflichtung aus Art. 10, 249 Abs. 3 EG wäre die Übernahme des Klammerzusatzes unproblematisch, da insoweit die Regelung der Richtlinie übernommen würde. Gleiches gilt, wenn der Gesetzgeber nicht tätig wird, da – wie die Untersuchung gezeigt hat – auch in diesem Fall nicht über den Anwendungsbereich der Richtlinie hinausgegangen wird. Probleme könnten allein entstehen, wenn der Erwerb eigener Aktien dem deutschen Übernahmerecht unterliegt und so über die Richtlinie hinausgegangen wird. Dies ist der Fall, wenn der deutsche Gesetzgeber das WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien für anwendbar erklärt. Unzulässig wäre die Ausdehnung des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien, wenn die Einschränkung des Anwendungsbereichs auf europäischer Ebene bedeutet, dass der deutsche Gesetzgeber den Anwendungsbereich des WpÜG nicht auf den Erwerb eigener Aktien ausdehnen darf. Dies wäre der Fall, wenn die Einschränkung des Anwendungsbereichs in dem Sinne zu verstehen ist, dass es sich um eine abschließende Regelung handelt, der nationale Gesetzgeber mit anderen Worten nicht befugt sein soll, für den Erwerb eigener Aktien kapitalmarktrechtliche Regelungen aufzustellen. Die Einschränkung des Anwendungsbereichs auf europäischer Ebene könnte aber auch bedeuten, dass nationale Regelungen jedenfalls den Erwerb von Wertpapieren durch Dritte regeln müssen, es den Mitgliedstaaten aber freisteht, darüber hinausgehend den Erwerb eigener Aktien zu regeln. _______________ 321

Zum begrenzten Anpassungsbedarf siehe oben § 6 C. Schließt man sich – entgegen der hier vertretenen Auffassung – der Ansicht der BaFin zur Auslegung des WpÜG an, bedeutet dies ebenfalls die grundsätzliche Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien und damit, dass das WpÜG über die Vorgaben der Richtlinie hinausgeht. 322

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

Um diese Frage zu beantworten, kann möglicherweise ein Blick auf ein vergleichbares Problem hilfreich sein: diskutiert wird nämlich die Frage, ob die auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts ergangenen Richtlinien lediglich Mindest- oder zugleich Höchstregelungen enthalten.323 Die Konsequenz von Mindestregelungen ist, dass die Mitgliedstaaten über die Richtlinie hinausgehen dürfen, d. h. sie können sowohl strengeres Recht aufrechterhalten als auch strengere Vorschriften erlassen. Im Gegensatz dazu hat eine Höchstregelung zur Folge, dass weitgehendere Vorschriften des nationalen Rechts im Widerspruch zur Richtlinie stünden.324 Ob es sich um eine Mindest- oder Höchstregelung handelt, kann zum Teil den Richtlinien selbst entnommen werden. Beispielsweise legt Art. 6 Abs. 1 der Kapitalschutzrichtlinie325 fest, dass das gezeichnete Kapital einer AG mindestens 25.000 Euro betragen muss. Aus der Richtlinie selbst wird deutlich, dass es sich um eine Mindestregelung handelt. Daher durfte der deutsche Gesetzgeber als Mindestnennbetrag des Grundkapitals 50.000 Euro anordnen (§ 7 AktG). Im Gegensatz dazu handelt es sich zum Beispiel bei Art. 11 der Publizitätsrichtlinie326 um eine Höchstregelung, da die Einführung weiterer Nichtigkeitsgründe ausdrücklich als europarechtswidrig eingestuft wird. In den Richtlinien zum Schutz der Verbraucher wird häufig in einem eigenen Artikel darauf verwiesen, dass die Mitgliedstaaten strengere Bestimmungen und weitgehendere Vorschriften zum Schutz der Verbraucher aufrechterhalten oder erlassen dürfen, um ein höheres Schutzniveau für die Verbraucher zu gewährleisten.327 Es handelt sich dann wiederum um Mindestregelungen. Enthält die Richtlinie hingegen keine eindeutige Aussage zur Zulässigkeit darüber hinausgehenden Rechts, ist dies durch Auslegung der jewei_______________ 323

Habersack, Rn. 40. Habersack, Rn. 40. 325 Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. 12. 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABl. EG Nr. L 26 vom 31. 1. 1977, S. 1 ff. 326 Erste Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. 3. 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABl. Nr. L 65 vom 14. 3. 1968, S. 8 ff. 327 Vgl. Art. 8 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. 4. 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. Nr. L 95 vom 21. 4. 1993, S. 29 ff.; Art. 15 der Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. 12. 1986 zur Angleichung der Rechtsund Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit, ABl. Nr. L 42 vom 12. 2. 1987, S. 48 ff. 324

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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ligen Richtlinienbestimmung zu klären.328 Entscheidend ist dabei der Schutzzweck. Soll lediglich ein Mindestmaß an Gleichwertigkeit herbeigeführt werden, wird es sich um eine Mindestregelung handeln.329 Sollen gleichartige Rahmenbedingungen geschaffen werden, um den Standortwettbewerb vor Verzerrungen durch unterschiedliche Gesellschaftsrechte zu schützen, wird eine Höchstregelung vorliegen.330 Vorliegend geht es nicht um die Frage, ob eine Mindest- oder Höchstregelung gegeben ist, sondern um die insoweit vorgelagerte Frage des sachlichen Anwendungsbereichs. Parallelen bestehen jedoch, da auch hinsichtlich des Anwendungsbereichs zu klären ist, ob der deutsche Gesetzgeber über die EGRichtlinie hinausgehen darf. Um dies zu klären, ist auf die Methoden zurückzugreifen, die angewendet werden, um festzustellen, ob eine Vorschrift eine Mindest- oder Höchstregelung enthält. Da in der Richtlinie keine ausdrückliche Aussage dazu enthalten ist, ob die nationalen Gesetzgeber kapitalmarktrechtliche Vorschriften auch für den Erwerb eigener Aktien erlassen dürfen, muss dies durch Auslegung ermittelt werden. Nach Erwägung (1) der Richtlinie bedürfen gewisse Schutzbestimmungen der Koordinierung, um sie gemeinschaftsweit gleichwertig zu gestalten. Daraus kann jedoch nicht allgemein abgeleitet werden, ob es sich bei den einzelnen Regelungen um Mindest- oder Höchstregelungen handelt oder ob der Anwendungsbereich abschließend ist. Dies ist vielmehr für die einzelnen Regelungsbereiche getrennt zu beurteilen und ebenso für den Anwendungsbereich. Dabei ist zu beachten, dass europäische Vorgaben für den nationalen Gesetzgeber nur in dem Umfang bestehen, in dem der europäische Gesetzgeber eine Regelung getroffen hat. Die Richtlinie 2004/25/EG regelt den Erwerb eigener Aktien nicht,331 so dass der nationale Gesetzgeber an deren Vorgaben insoweit nicht gebunden ist, als er den Erwerb eigener Aktien regelt. Nur wenn sich aus der EG-Richtlinie ergäbe, dass verfahrensrechtliche Regelungen für den Erwerb eigener Aktien nicht erlassen werden dürften, könnte eine Sperrwirkung angenommen werden. Dafür finden sich keine Anhaltspunkte. Der Erwerb eigener Aktien wurde vielmehr in der EG-

_______________ 328

Habersack, Rn. 42. EuGH, Urt. v. 19. 11. 1996, Rs. C-42/95, Slg. 1996, I-6017, Tz. 13 ff. – Siemens/Nold; BGHZ 110, 47, 69 f. 330 Habersack, Rn. 42. 331 Dies ergibt sich nicht nur aus dem Klammerzusatz, sondern auch aus dem im Vergleich zum deutschen Recht unterschiedlichen Ansatz der Richtlinie. Während das WpÜG auch einfache öffentliche Angebote regelt, gilt die EG-Richtlinie nur für Pflichtund Übernahmeangebote, so dass der Erwerb eigener Aktien schon aus diesem Grund nicht umfasst ist. 329

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

Kapitalschutzrichtlinie von 1976332 in Art. 19 ff. behandelt. Nur an die Vorgaben dieser Richtlinie ist der nationale Gesetzgeber gebunden, wenn er den Erwerb eigener Aktien regelt. Da die Richtlinie 2004/25/EG den Erwerb eigener Aktien überhaupt nicht umfasst und nicht ersichtlich ist, dass durch den Klammerzusatz deutlich gemacht werden sollte, dass kapitalmarktrechtliche Regelungen für den Erwerb eigener Aktien zu unterlassen sind, kann der deutsche Gesetzgeber das WpÜG damit auch auf den Erwerb eigener Aktien für anwendbar erklären, ohne gegen die Richtlinie zu verstoßen. Auch die Vorgaben der Kapitalschutzrichtlinie stehen dem nicht entgegen.333 Damit ist der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung der Richtlinie 2004/25/EG insoweit frei, als er die Vorschriften auf den Erwerb eigener Aktien anwenden kann oder nicht. Die Untersuchung hat gleichwohl gezeigt, dass es sinnvoll ist, den Erwerb eigener Aktien aus dem Anwendungsbereich des WpÜG herauszunehmen und somit für eine gesetzliche Klarstellung zu sorgen. Dafür bietet die Umsetzung der Richtlinie die passende Gelegenheit.

E. Rechtsvergleichende Umschau Schließlich soll ein Blick auf die Regelungen in anderen Ländern und die dort vertretenen Auslegungen geworfen werden. Diese Erkenntnisse dienen später dazu, Überlegungen de lege ferenda zu entwickeln.

I. Österreich Das österreichische Übernahmegesetz (öÜbG) gilt gem. § 2 öÜbG334 für öffentliche Angebote zum Erwerb von Beteiligungspapieren, die von einer AG _______________ 332

Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. 12. 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABl. EG Nr. L 26 vom 31. 1. 1977, S. 1 ff. 333 Zu den Regelungen der Kapitalschutzrichtlinie im Einzelnen siehe oben § 4 A. II. 1. 334 127. Bundesgesetz betreffend Übernahmeangebote (Übernahmegesetz – ÜbG) sowie über Änderungen des Börsegesetzes und des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991, österreichisches BGBl. I 1998/127, geändert durch 189. Bundesgesetz, mit dem das Übernahmegesetz geändert wird, BGBl. I 1999/189, geändert durch 98. Bundesgesetz (1. Euro-Umstellungsgesetz – Bund), BGBl. I 2001/98,

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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mit Sitz im Inland ausgegeben wurden und an einer österreichischen Börse zum amtlichen Handel oder zum geregelten Freiverkehr zugelassen sind. In § 1 Nr. 1 öÜbG ist ein Angebot definiert als ein öffentliches Angebot an die Inhaber von Beteiligungspapieren einer AG zum Erwerb eines Teils oder aller Beteiligungspapiere gegen Barzahlung oder im Austausch gegen andere Wertpapiere.335 Der 2. Senat der Übernahmekommission336 hat am 4. 6. 1999 in der Stellungnahme GZ 1999/2/4-7337 ausgeführt, dass der Rückkauf eigener Aktien dem öÜbG unterliegt. Dafür spreche zunächst der Wortlaut der §§ 2, 1 Nr. 1 öÜbG. Beide Vorschriften enthielten keine Bezugnahme auf die Person des Bieters, so dass Bieter auch die Zielgesellschaft selbst sein könne. Auch der Zweck des Gesetzes stehe einer Anwendung nicht entgegen. Das Gesetz bezwecke den Schutz der Aktionäre, der vor allem durch die in § 3 öÜbG genannten Zielbestimmungen sichergestellt werden soll. Diese Zielbestimmungen (Gleichbehandlung, Informationspflichten, Mindestlaufzeiten für das Angebot, Schutz vor Marktverzerrungen, Behinderungsverbot) seien unabhängig davon relevant, wer das Angebot unterbreite. Aus der Perspektive der Aktionäre sei es gleichgültig, ob das Angebot von einem Dritten oder der Gesellschaft selbst unterbreitet werde. Darüber hinaus spreche für eine Anwendung, dass die Vorschriften des öÜbG ansonsten umgangen werden könnten. Der Vorstand einer Gesellschaft hätte die Wahl, ein Angebot durch eine neu gegründete Gesellschaft oder durch die eigene Gesellschaft abzugeben. Verworfen wird das Argument, eine Anwendung des öÜbG sei nicht notwendig, da im Rahmen von gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen schon gesellschaftsrechtliche Schutzmechanismen greifen würden. Diese Schutzmechanismen seien nicht gleichwertig _______________

geändert durch 92. Bundesgesetz (Gesellschafts- und Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2003 – GIRÄG 2003, BGBl. I 2003/92; einen Überblick über das öÜbG gibt Kalss, NZG 2001, 421 ff. 335 Auch der Titel des österreichischen Übernahmegesetzes ist damit irreführend, da die Anwendbarkeit des Gesetzes nicht von einem Kontrollwechsel abhängig ist, vgl. Winner/Gall, wbl 2000, 1, 2. 336 Die Übernahmekommission ist eine nach § 28 Abs. 1 öÜbG bei der Wiener Börse eingerichtete Kommission. Sie ist von dieser wie auch von der gesamten staatlichen Verwaltung unabhängig, kontrolliert die Anwendung des Gesetzes und beurteilt die Frage, ob ein Pflichtangebot zu stellen ist (§ 29 Abs. 1 öÜbG). Zu den Einzelheiten siehe §§ 28 ff. öÜbG. 337 Abrufbar unter http://www.takeover.at in der Rubrik Recht unter Stellungnahmen. Anlass war der Erwerb eigener Aktien zur Einziehung durch Kapitalherabsetzung gem. § 65 Abs. 1 Nr. 5 i. V. m. § 192 öAktG. Im Jahr 2000 kamen zwei weitere Fälle des Rückerwerbs eigener Aktien hinzu (Österreichische Postsparkassen AG und Flughafen Wien AG), siehe Jahresbericht 2000 der Übernahmekommission, S. 6 f., abrufbar unter http://www.takeover.at in der Rubrik Jahresberichte unter Jahresbericht 2000.

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und würden nicht immer greifen. Der durch das öÜbG gewährleistete Schutz sei daher erforderlich. Aus diesen Gründen sei das öÜbG grundsätzlich anzuwenden. Allerdings sei nicht zu übersehen, dass einzelne Vorschriften von einer Verschiedenheit von Bieter und Zielgesellschaft ausgingen. Diese seien nicht anzuwenden.338 Die Rechtsauffassung der Übernahmekommission ist von dem Österreichischen Verfassungsgerichtshof (VfGH) bestätigt worden.339 Dieser führte auf eine Beschwerde einer Zielgesellschaft gegen den Gebührenbescheid der Übernahmekommission aus, dass der Gesetzeswortlaut des öÜbG offen formuliert sei und auch den Rückerwerb eigener Aktien umfasse. Eine Nichtanwendung komme daher nur in Betracht, wenn dafür überzeugende systematische, teleologische oder historische Argumente angeführt würden.340 Solche Argumente seien jedoch nicht ersichtlich. Die Tatsache, dass eine Reihe von Vorschriften des öÜbG von „dreipersonalen Verhältnissen“ ausgehe, spreche zwar dafür, dass das öÜbG den dreipersonalen Fall als Regelungsgegenstand vor Augen hatte,341 daraus sei jedoch nicht zu schließen, dass diese Regelungen nicht sinngemäß auf den Rückerwerb eigener Aktien angewendet werden können. Lediglich einzelne Regelungen, die überhaupt nur in dreipersonalen Verhältnissen einen Sinn ergeben, müssten in dieser Konstellation unangewendet bleiben. Auch der Umstand, dass Auslöser für die Schaffung des öÜbG die Übernahme einer Zielgesellschaft durch einen dritten Bieter war, führe nicht dazu, den Anwendungsbereich hierauf zu beschränken. Die Notwendigkeit einer Beschränkung ergebe sich darüber hinaus weder aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage noch aus den Materialien zum Aktienrückerwerbsgesetz (AReG). Letztere enthielten keine Aussage zum Verhältnis zwischen AReG und öÜbG. Da das öÜbG erlassen worden sei, bevor auf europäischer Ebene in den Richtlinienentwurf der Klammerzusatz aufgenommen wurde, wonach ein von der Zielgesellschaft selbst gemachtes Angebot nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt, sei daraus für die Auslegung ebenfalls nichts zu entnehmen. _______________ 338 Nicht anzuwenden sind nach Auffassung des 2. Senats der Übernahmekommission §§ 6 Abs. 1, 2, 11 Abs. 2, 14 Abs. 1 und 19 Abs. 1 S. 2 öÜbG. Außerdem seien nicht, wie in §§ 9, 13 öÜbG vorgesehen, zwei Sachverständige zu bestellen, sondern nur einer. Dieser müsse gleichwohl die Prüfungsaufgaben sowohl nach § 9 öÜbG als auch nach § 14 Abs. 2 öÜbG wahrnehmen. 339 VfGH, Erkenntnis vom 12. 12. 2000, Geschäftszahl B2010/99, wbl 2001, 239; Volltext auch abrufbar unter http://www.takeover.at in der Rubrik Entscheidungen unter Erkenntnis des VfGH. 340 VfGH, wbl 2001, 239, 240. 341 Unterstützt werde diese Auslegung durch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 1276 BlgNR, 20. GP.

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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Entscheidend sei daher, ob gewichtige teleologische Gründe dafür sprächen, den Rückerwerb eigener Aktien aus dem Anwendungsbereich des öÜbG herauszunehmen.342 Ausweislich der Gesetzesmaterialien sei der Schutz der Minderheitsaktionäre vorrangiges Schutzziel des öÜbG. Dieser Schutz werde vor allem durch ausreichende Informationen und ein transparentes Angebotsverfahren sichergestellt. Es sei jedoch nicht ersichtlich, dass das Schutzbedürfnis von Minderheitsaktionären im Fall des Angebots zum Rückkauf eigener Aktien geringer sei. Da eine gleichwertige Information nicht durch die Vorschriften des österreichischen Aktiengesetzes (öAktG) sichergestellt werde, sei die Anwendung des öÜbG notwendig. Der Zweck der Regelungen des öÜbG verlange eine Anwendung auf den Erwerb eigener Aktien. Auch in der österreichischen Literatur wird die Anwendbarkeit der Vorschriften des öÜbG auf freiwillige öffentliche Übernahmeangebote überwiegend bejaht,343 wobei auch nach dieser Auffassung einzelne Vorschriften nicht anzuwenden sind.344 Zur Begründung wird zum größten Teil auf die Entscheidung des VfGH verwiesen. Hervorgehoben wird, dass § 65 Abs. 1 b öAktG in der Fassung des Aktienoptionengesetzes345 klarstellt, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz in den Fällen des Erwerbs eigener Aktien anwendbar ist. Da das öÜbG gerade der Verwirklichung dieses Grundsatzes diene, müsse es anwendbar sein. Darüber hinaus sei das Schutzbedürfnis der Minderheitsaktionäre im Fall des Rückerwerbs sogar größer als im Rahmen von Angeboten Dritter, da der Vorstand gleichzeitig für den Bieter und die Zielgesellschaft handle und sich kaum neutral verhalten könne.346 Werde das Angebot von der Gesellschaft selbst abgegeben, also von dem „Insider“ schlechthin, sei das Informationsgefälle zwischen dem Bieter und den Angebotsadressaten am größten und damit gleichlaufend auch der Informationsbedarf.347 Die Informationspflichten nach § 5 f. öÜbG dienten gerade der Verschaffung dieser Informationen, so dass sie Anwendung finden müssten. _______________ 342

VfGH, wbl 2001, 239, 241. Kaindl, S. 33; Winner, S. 59 ff.; Klement/Dietrich, ecolex 2001, 675, 676; Winner/Gall, wbl 2000, 1, 2 f. 344 Insoweit werden die Vorschriften genannt, die auch nach Auffassung des 2. Senats der Übernahmekommission unangewendet bleiben, vgl. Winner/Gall, wbl 2000, 1, 3. Zu beachten ist, dass die Verfasser Mitarbeiter der Geschäftsstelle der Übernahmekommission sind; die Ausführungen sind gleichwohl als persönliche Meinung der Verfasser gekennzeichnet. 345 42. Bundesgesetz: Aktienoptionengesetz – AOG, BGBl. I 2001/42. 346 Klement/Dietrich, ecolex 2001, 675, 676. 347 Winner/Gall, wbl 2000, 1, 2. 343

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

Dem wird jedoch auch in der österreichischen Literatur zum Teil entgegengehalten, dass schon Publizitätspflichten nach dem österreichischen Börsegesetz (öBörseG) und der Veröffentlichungsverordnung bestehen, die im Falle der Anwendbarkeit des öÜbG überflüssig wären.348 Durch die Anwendung des öÜbG würde eine Doppelgleisigkeit entstehen, die weder geboten noch zweckmäßig sei. Eine selektive Anwendung könne allenfalls in Betracht kommen, wenn ein öffentliches Rückkaufangebot unterbreitet werde, welches nicht den Regelungen des § 82 Abs. 9 öBörseG unterliege. In diesem Fall würden nämlich die Publizitätspflichten nach dem öBörseG nicht greifen.349

II. Schweiz Das schweizerische Börsengesetz (sBEHG)350 und die Übernahmeverordnung-UEK (sUEV-UEK)351 behandeln nicht ausdrücklich die Frage, ob das Übernahmerecht auch auf den Rückerwerb eigener Aktien anwendbar ist.352 Jedoch hat die Übernahmekommission353 in ihrer Empfehlung354 vom 17. 2. 1998 in Bezug auf öffentliche Angebote zum Rückkauf von eigenen Aktien der Pharma Vision 2000 AG, der BK Vision AG und der Stillhalter Vision AG darauf hingewiesen, dass die Bestimmungen des 5. Abschnitts (Art. 22-33) des sBEHG Anwendung finden. Sich dieser Empfehlung anschließend hat die Übernahmekammer der Eidgenössischen Bankenkommission355 am 4. 3. 1998 in _______________ 348

Nowotny, in: FS Lutter, S. 1513, 1522. Nowotny, in: FS Lutter, S. 1513, 1523; als Beispiel wird der Rückerwerb zum Zwecke der Ausgabe an Arbeitnehmer (§ 65 Abs. 1 Nr. 4 öAktG) genannt. 350 Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. 3. 1995, Amtliche Sammlung (AS) 1997 68; zur Entstehungsgeschichte siehe etwa Frei, S. 167 ff. 351 Verordnung der Übernahmekommission über öffentliche Kaufangebote vom 21. 7. 1997, Amtliche Sammlung (AS) 1997 2061. 352 Erste Entwürfe von Art. 4 UEV-UEK enthielten noch Regelungen, die sich in der verabschiedeten Fassung jedoch nicht mehr finden; vgl. dazu Tschäni/Oertle, in: Vogt/ Watter, BEHG, § 22 Rn. 14; zur vorhergehenden Diskussion siehe etwa Bernet, S. 114 f. 353 Die Übernahmekommission ist eine schweizerische Bundesbehörde, die bei Inkrafttreten des sBEHG geschaffen wurde. Sie definiert allgemeine Grundsätze und achtet auf die Einhaltung der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote, vgl. Art. 23 sBEHG. 354 Abrufbar unter http://www.copa.ch in der Rubrik Empfehlungen unter Rückkäufe. 355 Die Eidgenössische Bankenkommission ist die Aufsichtsbehörde, vgl. Art. 34 sBEHG. Ihre Organisation richtet sich nach Art. 23 des Bankengesetzes (Bundesgesetz vom 8. 11. 1934 über die Banken und Sparkassen). 349

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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den genannten Rechtssachen verfügt,356 dass der Rückkauf eigener Aktien dem Begriff der öffentlichen Kaufangebote in Art. 2 lit. e sBEHG unterfallen kann und somit Art. 22 ff. sBEHG anwendbar seien.357 Sowohl die Übernahmekommission als auch die Übernahmekammer stellen zunächst fest, dass der Wortlaut der Vorschrift offen formuliert sei, eine Unterstellung der Rückkäufe unter das Gesetz also weder ausdrücklich statuiert noch explizit ausgeschlossen sei.358 Entscheidend für die Anwendbarkeit sei der Zweck des Gesetzes, welcher in der Gewährleistung der Transparenz der Angebote und der Gleichbehandlung der Aktionäre liege.359 Insoweit ergebe sich im Vergleich zum Angebot durch einen Dritten jedoch kein Unterschied, wenn die Gesellschaft eigene Aktien zurückerwerbe. Schließlich wird darauf hingewiesen, dass nur eine Anwendung sicherstelle, dass die Regeln des Übernahmerechts nicht durch Großaktionäre umgangen würden.360 Trotz dieser Erwägungen hat die Übernahmekammer die drei Gesellschaften in den konkreten Fällen gem. Art. 4 sUEV-UEK von der Anwendung der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote freigestellt. Es würden keine erhöhten Gefahren für die Aktionäre bestehen. Am 28. 3. 2000 hat die Übernahmekommission nach Rücksprache mit der Eidgenössischen Bankenkommission Grundsätze für den Rückkauf eigener Beteiligungspapiere durch eine Gesellschaft verabschiedet, die am 1. 9. 2000 in Kraft getreten sind.361 Danach sind öffentliche Angebote einer Gesellschaft für _______________ 356

Abrufbar unter http://www.copa.ch in der Rubrik Empfehlungen unter Rückkäufe. Unter Geltung des Übernahmekodex’ der Schweizer Börse hatte die Kommission für Regulierungsfragen in einem ersten Entscheid vom 20. 9. 1993 entschieden, dass der Kodex auf ein öffentliches Rückkaufangebot eigener Aktien keine Anwendung findet, da der Vorgang dem Gesellschaftsrecht unterstehe. Später hat die Kommission in einem Entscheid vom 11. 12. 1994 entschieden, der Kodex finde Anwendung, da die Aktionäre den gleichen Schutz benötigten wie bei einem Übernahmeangebot eines Dritten, SZW 1994, 130, 133 f.; zur unentschlossenen Haltung der Kommission für Regulierungsfragen hinsichtlich der Anwendung des vorher geltenden Übernahmekodex’ auf den Rückkauf eigener Aktien siehe Frei, S. 68 Fn. 182 und S. 69 f. Eine folgende Modifikation des Kodex’ klammerte auf Veranlassung der Banken die Angebote zum Erwerb eigener Aktien aus dem Anwendungsbereich aus: Ziffer 2 S. 2 Übernahmekodex der Schweizer Börse, Stand 1. 11. 1994, abgedruckt in Frei, S. 371 ff.; vgl. auch Tschäni/Oertle, in: Vogt/Watter, BEHG, § 22 Rn. 15; Bernet, S. 114 Fn. 437. 358 Übernahmekammer, Erwägung 2 b aa. 359 Übernahmekammer, Erwägung 2 b dd. 360 Ebenfalls für eine Anwendung Böckli, Rn. 1661 g; gegen eine Anwendung Tschäni/Oertle, in: Vogt/Watter, BEHG, § 22 Rn. 16 f. 361 Mitteilung Nr. 1 der UEK vom 28. 3. 2000, abrufbar unter http://www.copa.ch in der Rubrik Weitere Erlasse unter Rückkauf eigener Aktien. 357

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ihre eigenen Aktien öffentliche Kaufangebote im Sinne des Art. 2 lit. e sBEHG und unterstehen damit den Bestimmungen des 5. Abschnitts. Generell freigestellt sind Rückkäufe, welche sich auf eine Beteiligung von maximal 2 % des Kapitals des Anbieters beziehen.362 Darüber hinaus kann eine individuelle Freistellung durch ein Meldeverfahren erteilt werden, wenn bestimmte von der Übernahmekommission festgelegte Voraussetzungen erfüllt sind.363 Die Möglichkeit eines Einzeldispenses besteht, wenn der Rückkauf mit den Zielsetzungen des sBEHG zu vereinbaren ist.364 Die Übernahmekommission hat sich damit für ein abgestuftes System von grundsätzlichem Verbot, genereller Freistellung und Einzelfreistellung entschieden.365

III. Vereinigtes Königreich In England wird der Rückerwerb eigener Aktien vor allem durch Part V, Chapter VII Companies Act 1985366 und Chapter 15 der Listing Rules der Financial Services Authority (FSA)367 geregelt. Ergänzend greifen zum Teil die Vorschriften des City Code on Takeovers and Mergers (City Code) ein.368

_______________ 362

Siehe Mitteilung Nr. 1 der Übernahmekammer der Eidgenössischen Bankenkommission vom 28. 3. 2000 unter II. 363 Zu den Voraussetzungen siehe Mitteilung Nr. 1 der Übernahmekammer der Eidgenössischen Bankenkommission vom 28. 3. 2000 unter III. 364 Siehe Mitteilung Nr. 1 der Übernahmekammer der Eidgenössischen Bankenkommission vom 28. 3. 2000 unter IV. 365 Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2590; zur Mitteilung Nr. 1 der UEK vom 28. 3. 2000 siehe auch Wey/Huber, SZW 2001, 144, 152 f. 366 Zu den Regelungen des Companies Act 1985 siehe auch Bezzenberger, Rn. 144; Davies, S. 245 ff.; Ferran, S. 438 ff. 367 Die FSA ist die durch den Financial Services and Markets Act 2000 (FSMA) neu geordnete Aufsichtsbehörde. Bereits seit 1998 war sie Trägerin der Finanzaufsicht. Sie ist aus dem Securities and Investment Board (SIB) hervorgegangen. Neun früher selbstständig operierende Regulierungseinrichtungen für die verschiedenen Marktsegmente sind jetzt unter dem gemeinsamen Dach der FSA zusammengeführt, vgl. Binder, WM 2001, 2230, 2232. Die Kompetenz zur Ausarbeitung der Listing Rules ist von der London Stock Exchange auf die FSA übergegangen, siehe Sec. 72 (1), 74 (4) FSMA; eingehend dazu Fleischer, RIW 2001, 817, 820; Roßkopf, S. 177 ff. 368 Die Ursprungsfassung des City Code wurde am 27. 3. 1968 veröffentlicht. Angetrieben wurden die Arbeiten dazu von dem Präsidenten der Bank of England; zur Entwicklung siehe Heinle, S. 5 ff. Die leitenden allgemeinen Grundsätze des City Code finden sich in Sec. B des City Code „General Principles“.

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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Nach dem Companies Act 1985 ist zwischen börslichen (market purchases) und außerbörslichen (off-market purchases) Aktienrückkäufen zu unterscheiden. Für die Zulässigkeit eines börslichen Aktienrückkaufs reicht gem. Sec. 166 (1), (2) (a) Companies Act 1985 die Ermächtigung der Verwaltung (board) durch die Hauptversammlung (general meeting). Für diese Untersuchung interessieren eher die Voraussetzungen für einen Aktienrückkauf außerhalb der Börse. Insoweit sind die Vorgaben strenger. Die Hauptversammlung muss gem. Sec. 164 (1), (2) Companies Act 1985 in konkrete Kaufverträge betreffend den Rückkauf eigener Aktien einwilligen (sog. special resolution).369 Der Aktienrückkauf durch eine börsennotierte Gesellschaft unterliegt darüber hinaus insbesondere Sec. 15.6, 15.7 und 15.8 der Listing Rules der FSA. Sec. 15.6 der Listing Rules ist auf einen Aktienrückerwerb von weniger als 15 % der Aktien einer Gattung anwendbar. Insoweit wird vorgegeben, dass neben einem außerbörslichen Erwerb ein börslicher Erwerb zulässig ist, wenn der Preis den durchschnittlichen Börsenpreis an den dem Erwerb vorangehenden fünf Handelstagen nicht um mehr als 5 % übersteigt. Werden mehr als 15 % der Aktien einer Gattung zurückerworben, kann dies nur durch eine einheitliche tender offer oder partial offer erfolgen. Weitere Vorgaben enthält Sec. 15.8 der Listing Rules für eine self-tender offer. Danach ist in dem Angebot ein Höchst- oder Festpreis anzugeben. Darüber hinaus muss das Angebot in zwei überregionalen Zeitungen mindestens sieben Tage vor dem Ende des Angebotszeitraums veröffentlicht werden. Als Ersatz für eine solche Veröffentlichung kann eine Angebotsunterlage an alle Aktionäre versendet werden, die die einzelnen Konditionen des Angebots enthält. Nach dem Aktienrückkauf bestehen für die Gesellschaft Anzeigepflichten nach Sec. 169 Companies Act 1985 und Sec. 15.9 der Listing Rules. Rule 37.3 (a) City Code bestimmt, dass während oder im Vorfeld eines Übernahmeangebots eigene Aktien nur mit Zustimmung der Hauptversammlung zurückgekauft werden dürfen. Nach Rules 37.3 (b) und 37.4 (a) City Code bestehen in diesem Fall sowohl für die Zielgesellschaft als auch für den Bieter während des Angebotszeitraums Offenlegungspflichten nach Rule 8 City Code. Weitere Informationspflichten bestehen nach Rules 37.3 (c) und 37.4 (b) City Code: Zielgesellschaft und Bieter müssen in der Stellungnahme zu einem Angebot bzw. einer Angebotsunterlage Angaben über den Rückerwerb eigener Aktien in dem Zeitraum der letzten zwölf Monate vor dem Angebot machen. Obwohl der City Code370 keine Form des staatlichen Rechts ist und keine Ge_______________ 369

Zu den Einzelheiten siehe etwa Davies, S. 258. Der City Code wird von dem Panel on Takeovers and Mergers erlassen und gibt die gemeinsame Meinung derjenigen, die beruflich mit Übernahmen befasst sind, hinsichtlich guter Grundsätze und eines fairen Umgangs mit den Aktionären wieder, vgl. 370

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

setzeskraft hat,371 sind die Vorschriften gesetzlichen Regeln sehr ähnlich und werden von den Gerichten zur Auslegung rechtlicher Bestimmungen herangezogen.372 Damit ist er das zentrale Regelungswerk für Übernahmeangebote in England und erfüllt seine Aufgabe.373

IV. Vereinigte Staaten In den Vereinigten Staaten wird der Erwerb von Aktien bundesrechtlich durch den Securities Exchange Act geregelt.374 Nach Sec. 14 (d) (1) Securities Exchange Act bestehen Offenlegungs- und Anzeigepflichten, wenn ein öffentliches Angebot zum Erwerb von mehr als 5 % der Anteile einer corporation oder eine Aufforderung zur Abgabe eines solchen Angebots unterbreitet wird. Von dieser Regel nicht umfasst ist jedoch nach Sec. 14 (d) (8) (B) Securities Exchange Act ein Angebot zum Rückerwerb eigener Anteile oder eine Aufforderung zur Abgabe solcher Angebote. Gleichwohl bestehen umfangreiche Veröffentlichungspflichten. Für ein Angebot zum Rückerwerb eigener Anteile oder eine Aufforderung zur Abgabe solcher Angebote gelten nämlich Sondervorschriften, die im Wesentlichen denen der Sec. 14 (d) Securities Exchange Act

_______________

City Code, Introduction 1 (a). Das Panel on Takeovers and Mergers wurde von dem Präsidenten der Bank of England parallel zur Erarbeitung des City Code initiiert und daraufhin von verschiedenen Institutionen der Londoner City gegründet. Er nahm am 27. 3. 1968 die Arbeit auf, vgl. Lee, in: Hopt/Wymeersch, S. 133 ff.; Roßkopf, S. 112 f.; zu den Zielen des Panel on Takeovers and Mergers ausführlich Defirez, in: Button/Bolton, Chapter 1. 371 Dies wird schon in der Einführung des City Code klargestellt: „The Code has not, and does not seek to have, the force of law.”, vgl. City Code, Introduction 1 (c); daher wird dies als System der freiwilligen Selbstregulierung bezeichnet, vgl. Lee, in: Hopt/Wymeersch, S. 133. 372 Roßkopf, S. 185 f. 373 Lee, in: Hopt/Wymeersch, S. 141; Zinser, RIW 2001, 487; zu den Gründen des „Erfolgs“ des City Code siehe Beckmann, S. 34 ff. und den Kommentar von Sir O’Brien, Governor of the Bank of England, 1968: „I ask that you remind your members that the Code and the Panel are a voluntarily established mechanism which can only work if those who have adopted it to regulate their own conduct give it their full and consistend support.” 374 Die hier interessierenden Vorschriften sind durch den Williams Act (Gesetz vom 29. 7. 1968), ein Änderungsgesetz zum Securities Exchange Act von 1934, eingefügt worden, vgl. im Einzelnen Merkt, Rn. 1080 ff.; Helmis, RIW 2001, 825, 826 ff.; zu den einzelstaatlichen Regelungen siehe ebenfalls Merkt, Rn. 1112 ff.; Helmis, RIW 2001, 825, 831 ff.

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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entsprechen.375 Die U.S. Securities and Exchange Commission (SEC)376 hat aufgrund der Ermächtigung der Sec. 13 (e) (1) Securities Exchange Act die Rule 13e-4 (Tender Offers by Issuers) erlassen. Danach hat die Gesellschaft, die eigene Anteile erwerben will, den Aktionären der Gesellschaft die Art und Weise der Finanzierung des Rückerwerbs, die Auswirkungen auf die Finanzstruktur der Gesellschaft und die Intention des Erwerbs offen zu legen. Darüber hinaus werden die Laufzeit des Angebots, Rücktrittsrechte und andere Details geregelt.377

V. Folgerungen aus der rechtsvergleichenden Umschau Hinsichtlich der Anwendbarkeit des Übernahmerechts auf den Erwerb eigener Aktien hat sich gezeigt, dass in Österreich und der Schweiz ähnliche Fragestellungen aufgetreten sind. In Österreich hat die Übernahmekommission die Anwendbarkeit des öÜbG auf den Erwerb eigener Aktien grundsätzlich bejaht, lediglich einzelne Vorschriften, die ersichtlich eine Peronenverschiedenheit zwischen Bieter und Zielgesellschaft voraussetzen, seien nicht anzuwenden. Diese Auffassung ist vom Österreichischen Verfassungsgerichtshof bestätigt worden. Die insoweit vorgebrachten Argumente stimmen im Wesentlichen mit denen überein, die auch für die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien angeführt werden. Gegen eine Anwendung des öÜbG wenden sich teilweise Stimmen in der Literatur, die vor allem darauf verweisen, dass durch die Anwendung eine Doppelgleisigkeit entstehe, die nicht geboten sei. Auch insoweit sind die Argumente von den Gegnern einer Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien bekannt. In der Schweiz hatten die Übernahmekommission und die Übernahmekammer der Eidgenössischen Bankenkommission zunächst festgestellt, dass der Rückerwerb eigener Aktien mittels eines öffentlichen Angebots grundsätzlich ein öffentliches Kaufangebot i. S. d. Art. 2 lit. e sBEHG sei und somit Art. 22 ff. sBEHG anwendbar seien. Trotzdem wurden jedoch drei Gesellschaften gem. Art. 4 sUEV-UEK von der Anwendung der Vorschriften befreit, da keine erhöhten Gefahren für die Aktionäre bestünden. Mittlerweile hat die Übernahmekommission Grundsätze für den Rückkauf eigener Beteiligungspa_______________ 375

Benckendorff, S. 173; Cary/Eisenberg, S. 1217; Hazen, S. 644; Merkt, Rn. 1087; Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2592. 376 Die SEC wurde durch den Securities Exchange Act of 1934 geschaffen, vgl. Sec. 4. Die SEC soll Investoren schützen und die Integrität des Kapitalmarktes sicherstellen. 377 Im Einzelnen siehe Benckendorff, S. 177 ff.

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piere aufgestellt und sich für ein dreistufiges System von grundsätzlichem Verbot, genereller Freistellung und Einzelfreistellung entschieden. Aus den Freistellungen in den konkreten Fällen und den nun aufgestellten Grundsätzen wird jedenfalls deutlich, dass der Rückerwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft als weniger gefahrenträchtig für die Aktionäre angesehen wird. Insoweit kann die rechtsvergleichende Umschau an dieser Stelle nicht zur Auslegung des WpÜG herangezogen werden. Es gleichen sich zwar die Fragestellungen. Endgültig zufrieden stellende Lösungen sind jedoch nicht gefunden worden. Aber auch eine für das österreichische oder schweizerische Übernahmerecht gefundene Lösung wäre für die Auslegung des WpÜG nicht entscheidend, da sich der deutsche Gesetzgeber nicht ausdrücklich an Regelungen dieser Rechtsordnung orientiert hat. Auch wenn eine Orientierung an international üblichen Standards erfolgte,378 so kann nicht davon gesprochen werden, dass in Zweifelsfragen auf die Auslegung einer bestimmten Parallelregelung in einer ausländischen Rechtsordnung zurückgegriffen werden kann. Die Einführung des dreistufigen Systems von grundsätzlichem Verbot, genereller Freistellung und Einzelfreistellung durch die Übernahmekommission in der Schweiz zeigt allerdings, dass mit dem Erwerb eigener Aktien weniger Gefahren verbunden sind als beim Erwerb durch einen Dritten. Aus dieser Einschätzung können auch für das deutsche Recht wertvolle Ansätze, insbesondere im Hinblick auf künftige Änderungen der Rechtslage, gewonnen werden. Wertvoll ist die rechtsvergleichende Umschau für die vorliegende Untersuchung ganz besonders im Hinblick auf die Rechtslage im Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten. Die eigenständigen Regulierungen des Verfahrens beim Erwerb eigener Aktien zeigen, dass insoweit in diesen Ländern ein Regelungsbedarf gesehen wird.379 In Deutschland hingegen hat der Gesetzgeber bei Erlass des KonTraG ausdrücklich festgestellt, dass er aufgrund der Geltung des aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ausdrückliche gesetzliche Verfahrensvorschriften zum An- und Verkauf als entbehrlich ansieht.380 In der vorliegenden Untersuchung hat sich diese Auffassung des Gesetzgebers weitgehend bestätigt, so dass so umfangreiche Verfahrensvorschriften wie in den USA sicherlich nicht geschaffen werden müssen. Vielmehr ist zu überlegen, ob einzelne Verfahrensvorschriften ergänzt werden. Eine wichtige Anregung kann den Regelungen im Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten jedenfalls insoweit entnommen werden, als der Erwerb eigener Aktien in besonderen Vorschriften geregelt wird. Es werden also nicht die Vorschriften angewendet, die auch für das Angebot eines Dritten gelten, sondern _______________ 378 379 380

Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 28. Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 752 f. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 13/9712, S. 13.

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Sondervorschriften. Diese Vorgehensweise zeigt, dass der Erwerb von Aktien durch Dritte einerseits und Aktienrückkäufe durch die Gesellschaft andererseits unterschiedliche Regelungsmaterien darstellen.

F. Notwendigkeit gesetzgeberischen Tätigwerdens

I. Gesetzgeberische Klarstellung Die Untersuchung hat gezeigt, dass das WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien nicht anwendbar ist. Dem steht gleichwohl die gegenteilige Rechtsauffassung der BaFin gegenüber, die das WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien grundsätzlich für anwendbar hält und nur nicht passende Vorschriften nicht anwenden will. Aus diesem Widerspruch ergibt sich für die Aktiengesellschaften das Dilemma: Wollen sie sich nicht auf einen Rechtsstreit mit der BaFin einlassen, haben sie die Ausgestaltung ihres Angebots an der Rechtsauffassung der BaFin auszurichten. Ansonsten kann die Bundesanstalt Anordnungen treffen, die geeignet und erforderlich sind, diese Missstände zu beseitigen oder zu verhindern (§ 4 Abs. 1 S. 3 WpÜG). Darüber hinaus kann die BaFin Sanktionen verhängen (vgl. § 60 WpÜG).381 Zur Vermeidung dieser Folgen werden die Aktiengesellschaften Angebotsunterlagen erstellen und somit Anforderungen erfüllen,382 die nach dem Gesetz, wie die Untersuchung ergeben hat, nicht bestehen. Für die Gesellschaften tritt eine Verfahrenserschwernis ein, die weder sachgemäß ist noch gesetzlich tatsächlich vorgeschrieben. Aber sogar für den Fall, dass sich eine AG an die Vorgaben der BaFin halten möchte, gestaltet sich dies problematisch. Die BaFin hat nämlich nicht klargestellt, welche Vorschriften auf den Erwerb eigener Aktien anwendbar sein sollen und welche nicht.383 Die schon dargestellte Rechtsunsicherheit führte beispielsweise zu dem Be_______________ 381

Zu den Befugnissen der BaFin Cahn, ZHR 167 (2003), 262 ff. Diekmann/Merkner, ZIP 2004, 836 f., die zu Recht darauf hinweisen, dass kein rechtlicher Berater einer Gesellschaft raten kann, die Rechtsauffassung der BaFin zu ignorieren. Sollte eine Gesellschaft dennoch die Rechtsauffassung der BaFin missachten, wird es zu einem Rechtsstreit kommen; zum Rechtsschutz der Betroffenen Cahn, ZHR 167 (2003), 262 ff.; Seibt, ZIP 2003, 1865 f. 383 Zwar äußern sich Lenz, Regierungsdirektor bei der BaFin, und Linke, Regierungsrat bei der BaFin, in AG 2002, 420, 423 f. dazu, welche Vorschriften anwendbar sein sollen und welche nicht, doch ist dies ausdrücklich als persönliche Ansicht der Verfasser gekennzeichnet, so dass es nicht als offizielle Stellungnahme der BaFin gewertet werden kann. 382

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schluss der Hauptversammlung der Siemens AG, dass die Vorschriften des WpÜG zu beachten sind, sofern und soweit diese Anwendung finden.384

II. Notwendigkeit gesetzlicher Regelungen Es hat sich gezeigt, dass die Vorschriften des Übernahmerechts gegenüber den Vorschriften des Aktienrechts im Fall des Rückerwerbsangebots keineswegs leges speciales sind. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist eine Tätigkeit des Gesetzgebers in der Weise angebracht, dass die Nichtanwendbarkeit des WpÜG klargestellt wird.385

1. Regelungsbedarf Fraglich ist, ob es mit der Klarstellung sein Bewenden an gesetzgeberischen Maßnahmen haben sollte. In Betracht kommt vor allem, die Regelung des Erwerbs eigener Aktien im AktG fortzuentwickeln und insbesondere um Verfahrensregelungen zu ergänzen. Dies hätte gleichzeitig den Vorteil, dass Rückerwerbsangebote börsen- und nicht börsennotierter Gesellschaften erfasst wären. Bevor darauf eingegangen wird, ob eine gesellschafts- oder kapitalmarktrechtliche Lösung zu wählen ist, soll untersucht werden, inwiefern überhaupt über die bestehenden Regelungen hinaus für den Erwerb eigener Aktien weitere Vorschriften erlassen werden sollten. Die Untersuchung hat ergeben, dass beim Erwerb eigener Aktien ein Schutzbedürfnis besteht, um insbesondere die Gleichbehandlung der Aktionäre sicherzustellen. Zwar hat der Gesetzgeber des KonTraG ausweislich der Regierungsbegründung die strikte Geltung des aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes für ausreichend und dementsprechend ausdrückliche gesetzliche Verfahrensvorschriften zum An- und Verkauf für entbehrlich gehalten,386 doch kann dieser Einschätzung des Gesetzgebers zwar weitgehend, jedoch nicht uneingeschränkt zugestimmt werden. Es ist richtig, spezielle Verfahrensvorschriften _______________ 384 Vgl. die Einladung zur Hauptversammlung, Bundesanzeiger vom 13. 12. 2001, S. 24809; vgl. auch den Hauptversammlungsbeschluss der DaimlerChrysler AG vom 9. 4. 2003, siehe Einladung zur Hauptversammlung, Bundesanzeiger vom 25. 2. 2003, S. 3349, 3357. 385 So auch die Forderung von Noack, in: Schwark, WpÜG, §§ 1, 2 Rn. 4; hingegen befürworten es Baums/Stöcker, in: FS Wiedemann, S. 703, 754, durch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung klar zu stellen, welche Vorschriften des WpÜG auf öffentliche Rückerwerbsangebote anzuwenden sind. 386 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 13/9712, S. 13.

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nicht einzuführen, wenn sich eine Lösung schon aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ableiten lässt und für die Praxis hinreichende Sicherheit besteht. Beim Erwerb eigener Aktien hat sich jedoch gezeigt, dass die gesetzliche Festlegung einzelner Verfahrensanforderungen nicht nur sinnvoll, sondern auch erforderlich ist. Aus diesem Grund wurde der Gesetzgeber schon in der Diskussion zum Erlass des KonTraG und der damit verbundenen Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien aufgefordert, die Gleichbehandlung der Aktionäre über die Regelung des § 53 a AktG hinaus durch Vorschriften zum Rückkaufverfahren gesetzlich festzuschreiben.387 Regelungsbedarf besteht, wie bei der Untersuchung der einzelnen Punkte schon dargelegt, hinsichtlich der Gewährleistung eines einheitlichen Preises für alle veräußernden Aktionäre. Der Gesetzgeber sollte ein sog. Windhundrennen beim Aktienrückkauf unterbinden. Darüber hinaus sollte eine Regelung eingeführt werden, die vorsieht, dass Änderungen des Angebots auch ohne einen entsprechenden Vorbehalt im Angebot vorgenommen werden können, wenn sichergestellt ist, dass alle Aktionäre davon profitieren können. Weiter ist es angebracht, die Wahrung gleicher Verkaufschancen durch die Anordnung einer Mindestangebotsfrist sicherzustellen. Endlich sollten bestimmte Informationen, die in § 2 WpÜG-VO vorgesehen sind, den Aktionären auch im Fall des Aktienrückkaufs zur Verfügung gestellt werden. Dabei sollte jedoch darauf verzichtet werden, eine bestimmte Form vorzuschreiben. In der Praxis hat sich das bisherige Verfahren bewährt, so dass Änderungen nur behutsam vorgenommen werden sollten. Eine Überregulierung des Aktienrückerwerbs ist auch vor dem Hintergrund abzulehnen, dass sich der Gesetzgeber im Rahmen des KonTraG für eine Liberalisierung des Aktienrückerwerbs entschieden hat. Dadurch ist es bislang jedoch nicht zu Fällen gekommen, die eine Formalisierung des Verfahrens verlangen. Daher erübrigt es sich auch, einen Hinweis darauf zu verlangen, wo die Angaben veröffentlicht werden (vgl. § 2 Nr. 10 WpÜG-VO), ebenfalls die Angabe der Namen der Personen oder Gesellschaften, die die Verantwortung für den Inhalt der Angebotsunterlage übernehmen (vgl. § 11 Abs. 3, 1. Hs. WpÜG) und ihre Erklärung der Richtigkeit (vgl. § 11 Abs. 3, 2. Hs. WpÜG). Auch die Aufnahme einer Haftungsvorschrift vergleichbar § 12 WpÜG erscheint nicht notwendig.

2. Gesellschafts- oder übernahmerechtliche Lösung Der Regelungsbedarf kann gesellschafts- oder kapitalmarktrechtlich befriedigt werden. Ein gesellschaftsrechtlicher Ansatz bietet sich an, wenn sich ein _______________ 387

von Rosen/Helm, AG 1996, 434, 439.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

Rückerwerbsangebot als gesellschaftsrechtlicher, ja sogar gesellschaftsinterner Vorgang darstellt, jedoch nicht als eine in erster Linie den Kapitalmarkt berührende Angelegenheit. Die Frage, ob ein gegebenenfalls bestehender Regelungsbedarf überhaupt übernahmerechtlicher Natur wäre oder nicht eher ein gesellschaftsrechtlicher Ansatz gewählt werden sollte, wird bislang einzig von Baum388 diskutiert, der allerdings nicht aufzeigt, wie die Umsetzung eines gesellschaftsrechtlichen Ansatzes aussehen könnte. An dieser Stelle kommt es entscheidend auf die Abstimmung des WpÜG mit einer benachbarten Rechtsmaterie, dem Aktienrecht, an.389 Das Aktienrecht gilt für alle Aktiengesellschaften (vgl. § 3 Abs. 2 AktG), während das WpÜG eben nur Anwendung findet, wenn von einer Gesellschaft Aktien erworben werden sollen, deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen390 sind. Viele Vorschriften des WpÜG stellen damit einen Teil des Rechtsbereichs dar, der als Börsengesellschaftsrecht bezeichnet wird.391 Die Vorschriften sind mit Blick auf die Besonderheiten börsennotierter Gesellschaften erlassen worden. Dies kennzeichnet das WpÜG als Teil des Kapitalmarktrechts. Eine kapitalmarktrechtliche Regelung des Erwerbs eigener Aktien würde dementsprechend bedeuten, dass nur börsennotierte Gesellschaften dem Anwendungsbereich unterliegen. Dies wäre jedoch nur gerechtfertigt, wenn die Gefahren, die aufgezeigt wurden, eine Problematik des Kapitalmarktrechts darstellen. Eine einheitliche Definition zum Begriff des Kapitalmarktrechts wurde bislang nicht gefunden392 und wird sogar weitgehend für unmöglich gehalten393. Nach Hopt können als Kapitalmarktrecht „die Gesamtheit der Grundsätze und Normen gelten, die sich mit dem öffentlichen Vertrieb und _______________ 388

Baum, ZHR 167 (2003), 580 ff. Das WpÜG weist vielfältige Berührungsbereiche mit benachbarten Regelungsbereichen wie dem Aktien-, Konzern-, Umwandlungs- und Kartellrecht auf, vgl. Merkt/Rossbach, JuS 2003, 217, 223; zur Abstimmung der Regelungsbereiche vgl. Fleischer, NZG 2002, 545 ff.; zur rechtssystematischen Durchdringung auch noch Berding, WM 2002, 1149 ff.; Schneider/Burgard, DB 2001, 963 ff.; zur Diskussion des Verhältnisses von (österreichischem) Übernahme- und Umwandlungsrecht vgl. die Entscheidung der österreichischen Übernahmekommission vom 12. 9. 2000 betreffend die Zusammenführung der Bayerischen HypoVereinsbank AG mit der Bank Austria AG, NZG 2001, 282 m. Anm. Karollus/Geist, NZG 2001, 288. 390 Zur Merkmal der Börsenzulassung siehe Angerer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 1 Rn. 47; Groß, BörsG, §§ 36-39 Rn. 1; Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 1 Rn. 33. 391 Fleischer, ZHR 165 (2001), 513, 514 f.: „Börsengesellschaftsrecht als Recht im Werden“. 392 Merkt/Rossbach, JuS 2003, 217. 393 Kümpel, Rn. 8.32. 389

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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Umlauf von Unternehmensbeteiligungen und verbrieften bzw. öffentlich registrierten Geldforderungstiteln – kurz fungiblen Kapitalmarktpapieren – befassen, um den Individualschutz der Kapitalanleger und den Funktionenschutz von Kapitalmarkt und Wirtschaft zu gewährleisten“394. Kümpel definiert das Kapitalmarktrecht als „die Gesamtheit der Normen, Geschäftsbedingungen und Standards, mit denen die Organisationen der Kapitalmärkte und der auf sie bezogenen Tätigkeiten sowie das marktbezogene Verhalten der Marktteilnehmer geregelt werden sollen“395. Aus den unterschiedlichen Definitionen wird deutlich, dass im Vordergrund der Individualschutz der Kapitalanleger und der Funktionenschutz des Kapitalmarktes stehen.396 Beim Erwerb eigener Aktien geht es jedoch nicht in erster Linie um den Schutz der Aktionäre als Anleger, sondern vielmehr um den Schutz als Mitglied in einer Gesellschaft. Damit steht auch nicht das Funktionieren des Kapitalmarktes im Vordergrund. Die zwei wesentlichen Merkmale des Kapitalmarktrechts sind beim Erwerb eigener Aktien nicht erfüllt. Daraus wird deutlich, dass der Erwerb eigener Aktien nicht Gegenstand des Kapitalmarktrechts ist. Beim Erwerb eigener Aktien ist vor allem auf die Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes als Ausprägung der Mitgliedschaft zu achten, und dies ist eine Frage des Gesellschaftsrechts, nicht des Marktrechts. Wesentlich ist die verbandsrechtliche Beziehung zwischen Gesellschaft und Aktionär. Die fehlende verbandsrechtliche Beziehung bei dem Erwerb von Aktien durch einen Dritten wird im Übernahmerecht durch einen komplizierten marktrechtlichen Mechanismus ausgeglichen.397 Bei dem Erwerb eigener Aktien ist dieser Mechanismus aber gerade überflüssig, da eine verbandsrechtliche Beziehung besteht. Regelungsbedarf besteht daher nicht im Kapitalmarktrecht, sondern im Gesellschaftsrecht. Daher bietet es sich an, eine gesellschaftsrechtliche Lösung zu wählen. Dass sich das Kapitalmarktrecht zur Regelung des Erwerbs eigener Aktien nicht anbietet, kann im Besonderen am übernahmerechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verdeutlicht werden. Dieser ist ein tragendes Element einer Verfassung des Marktes für Unternehmensbeteiligungen und Unternehmenskontrolle.398 Der Rückerwerb eigener Aktien spielt für diesen Markt jedoch keine Rolle, da er schon wegen der 10 %-Schranke des § 71 Abs. 2 S. 1 AktG _______________ 394

Hopt, ZHR 141 (1977), 389, 431. Kümpel, Rn. 1.6. 396 Dies ist die für das Kapitalmarktrecht charakteristische doppelte Zielsetzung, Merkt/Rossbach, JuS 2003, 217, 224; auch das WpÜG verfolgt diese Zielsetzung, Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 386. 397 Baum, ZHR 167 (2003), 580, 609. 398 Baum, ZHR 167 (2003), 580, 607; zum Markt für Unternehmenskontrolle siehe oben § 2 B. II. 4. 395

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

nicht auf den Erwerb der Kontrolle gerichtet ist und auch nicht aus dem Grunde durchgeführt wird, eine Beteiligung aufzubauen. Vielmehr stehen vor allem finanzpolitische Motive im Vordergrund. In die insoweit relevanten Überlegungen ist darüber hinaus mit einzubeziehen, dass es zu einem Auseinanderlaufen der anwendbaren Vorschriften für börsennotierte und nicht börsennotierte Aktiengesellschaften kommt. Für an der Börse nicht zugelassene Gesellschaften wäre jedenfalls nur eine gesellschaftsrechtliche Lösung möglich. Will man verhindern, dass die Regularien auseinander laufen, so muss man entweder die aktienrechtliche Regelung für ausreichend halten oder aber der Gesetzgeber muss eine gesellschaftsrechtliche Lösung finden. Wenig sinnvoll erscheint es unter diesem Gesichtspunkt, die übernahmerechtlichen Vorschriften anzuwenden und somit im Verhältnis von börsennotierten und nicht börsennotierten Aktiengesellschaften quasi ein Sonderrecht für börsennotierte Aktiengesellschaften zu schaffen. Eine ausreichende Begründung würde es dafür nämlich nicht geben: Entweder es besteht kein Schutzbedürfnis betreffend den Erwerb eigener Aktien oder es besteht eines, im letzteren Fall aber konsequenterweise für alle Aktiengesellschaften. Für eine gesellschaftsrechtliche Lösung spricht auch folgende Tatsache: Es wurde bereits aufgezeigt, dass nach Annahme des Angebots der Gesellschaft ein Wiedereinstieg über die Börse in der Regel möglich ist. Doch ist dies nicht möglich bei geschlossenen Gesellschaften. Der Bedarf nach einer Regelung ist dort also sogar größer und spricht, da eine übernahmerechtliche Regelung insoweit jedenfalls nicht anwendbar wäre, ebenfalls für eine gesellschaftsrechtliche Lösung.399 Im Ergebnis führt dies zu einer Privilegierung gesellschaftsinterner Vorgänge, da die Vorschriften des WpÜG auf den Erwerb durch einen Dritten, nicht aber auf einen Erwerb durch die Gesellschaft selbst anzuwenden sind.400 Eine solche Privilegierung ist in ähnlicher Konstellation anerkannt und damit nicht ungewöhnlich: Emittiert eine Gesellschaft neue Aktien, hat sie als Anbieter einen Verkaufsprospekt zu erstellen und zu veröffentlichen (§ 1 VerkProspG). Sind in dem Verkaufsprospekt für die Beurteilung der Wertpapiere wesentliche Angaben unrichtig oder unvollständig, haften entsprechend §§ 45 bis 48 BörsG diejenigen, die für den Prospekt die Verantwortung übernommen haben (§ 45 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BörsG) und diejenigen, von denen der Erlass des Prospekts _______________ 399

Nach Baum, ZHR 167 (2003), 580, 609 hat die gesellschaftsrechtliche Lösung auch den Vorzug, dass sie anders als das Übernahmerecht nicht nur eine Erwerbsart (öffentliche Angebote) erfasst. Dies ist jedoch kein Argument für eine gesellschaftsrechtliche Lösung, da der Regelungsbedarf beim Erwerb über die Börse nicht besteht, da insoweit das Gleichbehandlungsgebot ausreicht. 400 Koch, NZG 2003, 61, 67.

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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ausgeht (§ 45 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BörsG).401 Diese Vorschriften finden keine Anwendung, wenn eine Gesellschaft im Wege der effektiven Kapitalerhöhung402 neue Aktien an ihre Aktionäre ausgibt.403 Obwohl die Aktionäre der Gesellschaft weitere Mittel zur Verfügung stellen, ist die Information in Form eines Verkaufsprospektes nicht erforderlich. Dass die Erstellung eines Verkaufsprospektes nicht notwendig ist, ergibt sich aus dem geringeren Informationsbedürfnis der Aktionäre. Sie stehen in einer mitgliedschaftlichen Bindung zur Gesellschaft und verfügen aus dieser Position heraus schon über einen gewissen Kenntnisstand. Die gleichen Erwägungen gelten jedoch für den Fall, dass die Gesellschaft eigene Aktien von den Aktionären zurückerwirbt. Wird trotzdem der Erwerb eigener Aktien mit dem Erwerb fremder Aktien mit dem Hinweis auf ein übereinstimmendes Informationsbedürfnis gleichgestellt, ergibt sich ein erheblicher Wertungswiderspruch zur Rechtslage bei der Emission von Aktien.404 Auch diesen Wertungswiderspruch gilt es zu vermeiden, und zwar eben dadurch, dass das WpÜG beim Erwerb eigener Aktien nicht anzuwenden ist und der bestehende Regelungsbedarf gesellschaftsrechtlich zu bewältigen ist. Die Privilegierung eines gesellschaftsinternen Vorgangs ist sowohl bei der Emission neuer Aktien an Aktionäre als auch beim Erwerb eigener Aktien sachgerecht. Für den Erwerb eigener Aktien ergibt sich eine Lösung, die sich stimmig in die Systematik des Gesellschaftsrechts insgesamt einfügt.

III. Umsetzung Die Nichtanwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien kann in § 2 Abs. 1 WpÜG klargestellt werden. Im Rahmen der Umsetzung der EUÜbernahmerichtlinie bietet es sich an, den Klammerzusatz zu übernehmen, so dass § 2 Abs. 1 WpÜG danach wie folgt gefasst sein könnte: „Angebote sind freiwillige oder aufgrund einer Verpflichtung nach diesem Gesetz erfolgende (und nicht von der Zielgesellschaft selbst abgegebene) öffentliche Kaufoder Tauschangebote zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft.“405 _______________ 401

Zur Konkretisierung dieser Tatbestandsmerkmale siehe Groß, BörsG, §§ 45, 46 Rn. 16 ff. 402 Dazu K. Schmidt, § 29 III 2. 403 BAWe, Bundesanzeiger vom 30. 4. 1996, S. 5065, 5069; BAWe, Bundesanzeiger vom 21. 9. 1999, S.16177, 16180; Hamann, in: Schäfer, VerkProspG, § 1 Rn. 19; Kullmann/Müller-Deku, WM 1996, 1989, 1993. 404 Süßmann, FAZ vom 15. 5. 2002, Nr. 111, S. 27. 405 Alternativ dazu könnte die Klarstellung auch in § 1 WpÜG erfolgen, der etwa lauten könnte: „Dieses Gesetz ist anzuwenden auf (nicht von der Zielgesellschaft selbst

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

Um einen einheitlichen Preis für alle veräußernden Aktionäre zu gewährleisten, sollte ein sog. Windhundverfahren unterbunden werden. Darüber hinaus ist die zweite Ausprägung des Windhundverfahrens, die Berücksichtung der Annahmeerklärungen nach dem Prinzip „first come, first serve“, für unzulässig zu erklären. In § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG könnte nach S. 4 eingefügt werden: „Erfolgt der Erwerb mittels eines öffentlichen Angebots, darf die Gesellschaft die Höhe der Gegenleistung nicht von dem Zeitpunkt der Annahmeerklärung abhängig machen. Die Berücksichtigung der Annahmeerklärungen nach dem Zeitpunkt ihres Zugangs bei der Gesellschaft ist unzulässig.“

Die Gesellschaft sollte auch während der Angebotsphase das Angebot verändern dürfen, wenn alle Aktionäre von der Änderung profitieren können. In Anlehnung an § 15 Abs. 2 öÜbG sollte in § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG nach der gerade genannten Ergänzung eingefügt werden: „Verbesserungen der Gegenleistung und sonstige Änderungen der Angebotsbedingungen zugunsten der Wertpapierinhaber gelten auch für zu diesem Zeitpunkt bereits erklärte Annahmen, es sei denn, der Aktionär widerspricht. Der Widerspruch ist der Gesellschaft innerhalb der neuen Annahmefrist schriftlich zu erklären. Wird der Widerspruch erklärt, ist das Angebot zu den nicht geänderten Bedingungen angenommen. Die Gesellschaft weist gleichzeitig mit der Änderung des Angebots auf das Widerspruchsrecht und die neue Annahmefrist hin.“

Darüber hinaus ist den Aktionären eine Mindestannahmefrist zu gewähren, die sich im Falle der Änderung des Angebots verlängert. Im Anschluss an die vorhergehenden Ergänzungen ist einzufügen: „Die Frist für die Annahme des Angebots (Annahmefrist) darf nicht weniger als zwei Wochen betragen. Die Annahmefrist beginnt mit der Veröffentlichung des Angebots. Wird das Angebot während der Annahmefrist zugunsten der Aktionäre geändert, beginnt die Annahmefrist neu (neue Annahmefrist).“

Um sicherzustellen, dass allen Aktionären ein Mindestmaß an notwendigen Informationen zur Verfügung steht und eine sachgerechte Entscheidung ermöglicht wird, sollten § 2 Nr. 1, 2, 5, 7, 9, 11, 12 WpÜG-VO vergleichbare Informationspflichten gesetzlich festgelegt werden. Dafür kommen zwei Regelungstechniken in Frage: die einzelnen Angaben können in das Aktiengesetz aufgenommen werden; alternativ bietet sich an, auf die Reglungen der WpÜG-VO zu verweisen. Im Interesse der Übersichtlichkeit und um deutlich zu machen, dass _______________

abgegebene) Angebote zum Erwerb von Wertpapieren, die von einer Zielgesellschaft ausgegeben wurden und zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind.“ Da jedoch § 1 WpÜG alleine ohne sachliche Aussagekraft ist – jedenfalls bislang –, vgl. oben § 6 A. III. 1., erscheint die Änderung in § 2 Abs. 1 WpÜG vorzugswürdiger.

§ 7 Die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien

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der Erwerb eigener Aktien nicht ein kapitalmarktrechtlicher Vorgang ist, ist der erste Ansatz vorzugswürdig. Hinsichtlich der Formulierungen kann eine Anlehnung an die betreffenden Vorschriften in § 2 WpÜG-VO erfolgen.

G. Ergebnis Auf den Erwerb eigener Aktien im Wege eines öffentlichen Angebots ist das WpÜG weder unmittelbar noch analog anwendbar. Auch lediglich einzelne Vorschriften sind nicht anzuwenden. Einer unmittelbaren Anwendung stehen die Systematik des Gesetzes und der Sinn und Zweck der Regelungen entgegen. Die analoge Anwendbarkeit scheitert am Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke. Die Umsetzung der EG-Übernahmerichtlinie sollte der Gesetzgeber aufgrund der bestehenden Rechtsunsicherheit in der Praxis zum Anlass nehmen, die Nichtanwendbarkeit klarzustellen. Darüber hinaus sollte der Gesetzgeber einige Verfahrensregeln betreffend den Erwerb eigener Aktien in das AktG einfügen. Insoweit besteht gesellschaftsrechtlicher Handlungsbedarf.

§ 8 Passiver Kontrollerwerb und Pflichtangebot infolge des Aktienrückkaufs durch die Gesellschaft Abschnitt 5 des WpÜG regelt die sog. Pflichtangebote (§§ 35 ff. WpÜG). Nach § 35 WpÜG ist derjenige, der anders als aufgrund eines Übernahmeangebots unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über eine AG oder KGaA (Zielgesellschaft) erlangt, zur unverzüglichen Veröffentlichung dieses Tatbestandes und zur Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots innerhalb von vier Wochen verpflichtet (Pflichtangebot).1 Über die Verweisung des § 39 WpÜG unter anderem auf den Abschnitt 4 des WpÜG ist § 32 WpÜG anwendbar, so dass die Pflicht besteht, ein Vollangebot abzugeben. Im Einzelnen ergibt sich aus § 35 WpÜG, dass die Erlangung der Kontrolle unter Angabe der Höhe des Stimmrechtsanteils unverzüglich, spätestens innerhalb von sieben Kalendertagen, zu veröffentlichen ist (§ 35 Abs. 1 S. 1 WpÜG). Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem der Kontrollerwerber Kenntnis von diesem Tatbestand hat oder haben musste (§ 35 Abs. 1 S. 2 WpÜG). Darüber hinaus muss der Kontrollerwerber der BaFin eine Angebotsunterlage übermitteln und diese nach Freigabe2 durch die BaFin veröffentlichen (§ 35 Abs. 2 S. 1 WpÜG). Ausgenommen sind von der Angebotspflicht diejenigen Aktien der Zielgesellschaft, die von dieser selbst (direkt oder indirekt) gehalten werden (§ 35 Abs. 2 S. 3 WpÜG). Der Tatbestand der Kontrolle ist nicht in § 35 WpÜG selbst definiert. Insoweit ist auf § 29 Abs. 2 WpÜG zurückzugreifen.3 Danach ist Kontrolle das Halten von mindestens 30 % der Stimmrechte an der Zielgesellschaft. Berechnet wird die Kontrollschwelle, indem die Stimmrechte des Bieters (Zähler) ins _______________ 1

Ungenau ist die Verwendung des Ausdrucks „Bieter“ in § 35 Abs. 2 WpÜG, da die Pflicht zur Abgabe eines Angebots der tatsächlichen Abgabe des Angebots vorgelagert ist, also schon in dem Zeitpunkt besteht, in dem eben noch kein Angebot abgegeben wurde und somit noch kein Bieter vorhanden ist. Zwar wird nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 4 WpÜG auch als Bieter bezeichnet, wer ein öffentliches Angebot beabsichtigt, doch trifft auch dies auf § 35 Abs. 2 WpÜG nicht genau zu, da es sich nicht um eine Absicht handelt, sondern um eine Verpflichtung. 2 Die Freigabe erfolgt nach § 14 Abs. 2 S. 1 WpÜG durch Gestattung oder durch Ablauf von zehn Werktagen, ohne dass die BaFin das Angebot untersagt hat. 3 Ebenfalls über die Verweisung des § 39 WpÜG anwendbar.

§ 8 Passiver Kontrollerwerb und Pflichtangebot

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Verhältnis zur Gesamtzahl der Stimmrechte (Nenner) gesetzt werden.4 Abgesehen von der Einschränkung in § 35 Abs. 3 WpÜG ist unerheblich, auf welche Weise die Kontrolle erlangt wurde.5 Aus diesem Grund kann die Kontrolle über eine Gesellschaft auch ohne Mitwirkung des Kontrollerwerbers erlangt werden (sog. passiver Kontrollerwerb).6 Als Konsequenz folgt daraus, dass eine Pflicht zur Abgabe eines Angebots nach § 35 WpÜG besteht.7 Fraglich ist, ob ein passiver Kontrollerwerb mit der Folge der Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots nach § 35 Abs. 2 S. 1 WpÜG auch vorliegt, wenn ein Aktionär die Kontrollmehrheit ohne eigenes Zutun dadurch erlangt, dass die Gesellschaft eigene Aktien zurückerwirbt. Die Fragestellung wurde schon in der Einführung beschrieben und soll noch einmal kurz in Erinnerung gerufen werden. Infolge des Aktienrückkaufs der Gesellschaft verringert sich die Gesamtzahl der ausübbaren Stimmrechte in der Hauptversammlung, da die Stimmrechte aus den eigenen Aktien der Gesellschaft ruhen (§ 71 b AktG).8 Daher kann ein Aktionär zwar weniger als 30 % der insgesamt ausgegebenen Aktien der Gesellschaft halten, jedoch in der Hauptversammlung über einen Stimmrechtsanteil verfügen, der 30 % der ausübbaren Stimmrechte entspricht oder übersteigt.9 Für die Frage, ob die 30 %-Schwelle überschritten ist, kommt es darauf an, inwieweit das aktienrechtliche Ruhen des Stimmrechts nach § 71 b AktG auch übernahmerechtlich im Rahmen der §§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG anerkannt wird.10 Untersucht wird dementsprechend, ob in die Berechnung des Schwellenwertes nach § 29 Abs. 2 WpÜG auch die eigenen Aktien eingehen.

_______________ 4

von Lingelsheim, in: AnwK-AktienR, WpÜG, § 29 Rn. 5. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 59; von Bülow, in: KölnKommWpÜG, § 35 Rn. 48; Kalss, in: Semler/Volhard, Bd. 2, § 51 Rn. 65; Harbarth, ZIP 2002, 321, 323. 6 von Bülow, in: KölnKommWpÜG, § 35 Rn. 57; Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 88. 7 Zu den verschiedenen Fällen, in denen ein passiver Kontrollerwerb diskutiert wird, siehe nur von Bülow, in: KölnKommWpÜG, § 35 Rn. 57 ff. 8 Dazu oben § 4 B. V. 9 Für ein Rechenbeispiel siehe oben Fn. 6. 10 Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2593. 5

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

A. Erwerb der Kontrolle infolge des Aktienrückkaufs durch die Gesellschaft

I. Das Schweigen des Gesetzes § 29 Abs. 2 WpÜG definiert den Kontrolltatbestand. Zur Ermittlung der Kontrolle sind die Stimmrechte an der Zielgesellschaft zu berücksichtigen. Geht man davon aus, dass es für das Halten der Kontrolle darauf ankommen muss, inwieweit ein Aktionär in der Hauptversammlung die Stimmenmehrheit hat, so sind die nicht ausübbaren Stimmrechte nicht in den Nenner des Grenzwerts einzustellen.11 Vielmehr sind dann nur die ausübbaren Stimmrechte zu berücksichtigen, die schließlich in der Hauptversammlung maßgeblich sind. Dieser Auslegung steht entgegen, dass die Stimmrechte bestehen und lediglich ruhen.12 Sie sind nicht ausübbar. Nach dem Wortlaut ist die Anzahl der Stimmrechte entscheidend, jedoch nicht die Anzahl der ausübbaren Stimmrechte.13 Nur im letzteren Fall könnte von einem eindeutigen Wortlaut gesprochen werden. Der Gesetzeswortlaut alleine gibt mithin keinen Aufschluss darüber, welche Aktien bei der Berechnung der Gesamtzahl der Stimmrechte zu berücksichtigen sind. Ob dazu auch die nicht ausübbaren Stimmrechte zählen, wird daher nicht geklärt.14

II. Der Lösungsansatz der Gesetzesbegründung

1. Berücksichtigung der eigenen Aktien Stellung zu dem Untersuchungsgegenstand wird in der Gesetzesbegründung genommen. Danach sollen bei der Ermittlung der Gesamtzahl der Stimmrechte, anhand derer die Schwelle von 30 % zu ermitteln ist, auch Aktien berücksichtigt werden, bei denen Hindernisse bei der Ausübung der Stimmrechte beste-

_______________ 11 So Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 88 f., die davon ausgehen, dass die Aktien, die zurzeit kein Stimmrecht verleihen, nach dem Gesetzeswortlaut eindeutig nicht mitzuzählen sind. 12 Siehe oben § 4 B. V. 13 Diekmann, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 29 Rn. 60. 14 Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2593.

§ 8 Passiver Kontrollerwerb und Pflichtangebot

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hen. Insbesondere soll dies für die eigenen Aktien der Gesellschaft gelten.15 Nach dem Willen des Gesetzgebers soll das aktienrechtliche Ruhen des Stimmrechts bei der Frage der Kontrolle einer AG damit unberücksichtigt bleiben.16 Dies hätte zur Folge, dass ein passiver Kontrollerwerb eines Großaktionärs, ausgelöst durch den Rückerwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft, ausscheidet. Zur Begründung seiner Ansicht verweist der Gesetzgeber auf die herrschende Meinung für die Parallelregelung in § 21 WpHG.17 Indes ist hervorzuheben, dass die nach der Gesetzesbegründung maßgebliche Berechnungsmethode in der Gesetzesfassung – wie gerade dargelegt – keine Berücksichtigung gefunden hat.18

2. Würdigung der Gesetzesbegründung Ohne schon an dieser Stelle auf die rechtlichen Argumente einzugehen, die für oder gegen die Berücksichtigung eigener Aktien der Gesellschaft sprechen, _______________ 15

Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 53. Neben dem explizit genannten Fall des Haltens eigener Aktien durch die Gesellschaft ist vor allem an wechselseitige Beteiligung (§ 328 AktG) gedacht worden. 16 Der Begründung des Gesetzgebers schließen sich an Adolff/Meister/Randell/ Stephan, Public Company Takeovers, S. 237 i. V. m. S. 118; Baums/Hecker, in: Baums/ Thoma, WpÜG, § 35 Rn. 52 ff.; von Bülow, in: KölnKommWpÜG, § 29 Rn. 129; Diekmann, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 29 Rn. 59 f.; Ekkenga/Schulz, in: Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, WpÜG, § 35 Rn. 24; Kremer/Oesterhaus, in: KölnKommWpÜG, § 31 Rn. 38; von Lingelsheim, in: AnwK-AktienR, WpÜG, § 29 Rn. 5; Lohrmann/von Dryander, in: Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/Dryander, Sec. 29 Rn. 9; Kopp/von Dryander, in: Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/Dryander, Sec. 37 Rn. 3; Riehmer, in: Haarmann/Riehmer/ Schüppen, WpÜG, § 29 Rn. 38; Schlitt, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 35 Rn. 87; Süßmann, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 29 Rn. 29; Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 768, 773; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 415. 17 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 53; zur h. M. im Rahmen des § 21 WpHG siehe Begründung zu Art. 5 des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich, BT-Drucks. 13/9712, S. 30; Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 21 Rn. 34; Schwark, in: Schwark, WpHG, § 21 Rn. 9; Burgard, BB 1995, 2069, 2071; Cahn, AG 1997, 502, 506; Schreiben des BAWe vom 28. 6. 1999 an die Vorstände börsennotierter Aktiengesellschaften betreffend den Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 AktG, Punkt 4, abzurufen unter http://www.bafin.de in der Rubrik Rechtliche Grundlagen & Verlautbarungen unter Schreiben, Schreiben Wertpapieraufsicht (bis April 2002); differenzierend Bosse, ZIP 1999, 2047, 2050; zur herrschenden Meinung für die Parallelregelung in § 21 WpHG siehe unten § 8 A. IV. 1. b). 18 Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2593 lehnen aus diesem Grund eine Bindung des Rechtsanwenders ab; dazu näher unten § 8 D.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

sei auf Fallgestaltungen hingewiesen, die sehr wohl das Bedürfnis nach einem Pflichtangebot hervorrufen: Zum einen kann ein Großaktionär den Vorstand zum Rückkauf eigener Aktien bewegen, um seine Machtposition durch eine Vergrößerung des relativen Stimmrechtsanteils auszubauen.19 Zum anderen kann ein Großaktionär, wenn er Kenntnis von einem bevorstehenden Rückkauf erhält, seinen Anteilsbesitz bis knapp unter die Grenze von 30 % ausbauen, so dass er nach Durchführung des Rückkaufprogramms durch die Gesellschaft einen Anteil an den ausübbaren Stimmrechten von über 30 % hat.20 Diese Fallkonstellationen sprechen dafür, die Pflichtangebotsregelung auch darauf zu erstrecken, dass ein Großaktionär die relative Kontrollmehrheit dadurch erlangt, dass die Gesellschaft eigene Aktien zurückerwirbt. Gleichzeitig ist zu konstatieren, dass die Verpflichtung zur Abgabe eines öffentlichen Vollangebots für denjenigen, der die relative Kontrollmehrheit erlangt, erhebliche negative – vor allem wirtschaftliche – Folgen auslösen kann.21 Die Verpflichtung zur Abgabe eines Übernahmeangebots löst daher Bedenken aus, wenn ein Großaktionär die relative Kontrollmehrheit gegen seinen Willen erlangt.22 Die Gesellschaft kann nämlich, wenn sie erfahren hat, dass ein Aktionär mindestens 27 % der Aktien hält, so lange Aktien zurückkaufen, bis der Aktionär die relative Kontrollmehrheit von 30 % erreicht hat.23 Insbesondere können an einer Auslösung eines Pflichtangebots diejenigen Vorstandsmitglieder ein Interesse haben, die über Aktien der Gesellschaft verfügen und ihre Aktien verkaufen möchten. So könnten Agency-Konflikte24 herausgefordert werden, wenn an der Gesellschaft beteiligte Vorstandsmitglieder sich – beispielsweise wissend um die schlechten Zukunftsaussichten der Gesellschaft – aus der Gesellschaft entfernen möchten, indem sie den Großaktionär durch den Aktienrückkauf über die 30 %-Grenze drücken und auf diesem Wege quasi ein _______________ 19

Zur Gefahr der Umgehung der übernahmerechtlichen Regelungen vgl. Verfügung der Übernahmekammer der Eidgenössischen Bankenkommission vom 4. 3. 1998, Erwägung 2. a) dd), abrufbar unter http://www.copa.ch in der Rubrik Empfehlungen unter Rückkäufe. 20 Dieser Fall ist explizit geregelt in Rule 37.1 City Code, Note 2 (Purchases preceding a redemption or purchase); dazu näher unten § 8 B. III. 21 Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 35 Rn. 25. 22 Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2594, für die diese Konstellation verfassungsrechtliches Unbehagen auslöst. 23 Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 88. 24 Mit diesem Begriff wird der Interessenkonflikt beschrieben, der zwischen den Eigentümern der Gesellschaft und der Unternehmensleitung besteht (daher auch als Principal-Agent-Konflikt bezeichnet); siehe dazu ausführlich Fama/Jensen, 26 Journal of Law and Economics (1983), 301 ff.

§ 8 Passiver Kontrollerwerb und Pflichtangebot

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„squeeze-in“ veranstalten.25 In dieser Konstellation ist jedoch der Großaktionär schutzwürdig, so dass eine Verpflichtung zur Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots nicht sachgerecht erscheint. Nicht entgegen steht die wirtschaftliche Belastung jedoch einer Pflichtenbegründung in den Fällen, in denen ein Aktionär auf den Rückkauf durch die Gesellschaft hinwirkt oder in Kenntnis eines bevorstehenden Aktienrückkaufs durch die Gesellschaft seinen Anteilsbesitz aufstockt. Schließlich wird er dann nicht davon überrascht, sondern hat darauf hingewirkt. Die wirtschaftliche Belastung an sich kann kein Gegenargument sein, denn sie ist jedem Pflichtangebot immanent.26 Der Wortlaut ist weit genug, um diese Fälle zu erfassen.27 Zusammengefasst ergibt sich, dass es einerseits Konstellationen gibt, in denen die Verpflichtung zur Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots sachgerecht erscheint, andererseits Fallgestaltungen, in denen auf ein Pflichtangebot verzichtet werden sollte. Legt man die nach der Gesetzesbegründung bevorzugte Berechnungsmethode zu Grunde, würde in keiner der Konstellationen ein Pflichtangebot ausgelöst. Um beiden Konstellationen gerecht zu werden, erscheint diese Lösung nicht angemessen. In der übernahmerechtlichen Literatur mehren sich daher die Stimmen, die die Berechungsmethode der Gesetzesbegründung mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht für vereinbar halten.28 Es ist daher zu prüfen, ob sich zu der in der Gesetzesbegründung vorgeschlagenen Berechnungsmethode eine alternative Lösungsmöglichkeit anbietet.

_______________ 25 Ekkenga/Schulz, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 35 Rn. 24; Schlitt, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 35 Rn. 87; Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 768, 773. Die identische Situation könnte sich im Übrigen ergeben, wenn bestimmte Aktionäre ihr Stimmrecht durch Vernachlässigung ihrer kapitalmarktrechtlichen Mitteilungspflichten selbst blockieren (§ 28 WpHG) und einen Großaktionär so zu einem Pflichtangebot zwingen könnten; siehe dazu und zu weiteren Stimmrechtsausübungshindernissen unten § 8 E. 26 Bernau, WM 2004, 809, 811. 27 Siehe oben § 8 A. I. 28 Oechsler, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 29 Rn. 15; Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 29 Rn. 40; Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 97 f.; Cahn/Senger, FB 2002, 277, 285; Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2595; Harbarth, ZIP 2002, 321, 326; Thoma, NZG 2002, 105, 112; Zollner, S. 114 schließt seine Untersuchung, ob nach österreichischem Recht ein passiver Kontrollerwerb infolge des Rückkaufs eigener Aktien durch die Gesellschaft gegeben ist, mit einer komparativen Umschau ab und verweist darauf, dass der deutsche Gesetzgeber die Möglichkeit einer passiven Kontrollerlangung anerkannt habe; er diskutiert jedoch nicht die in der Gesetzesbegründung vorgesehene Berechnungsmethode.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

III. Alternative Lösungsmöglichkeit Vorzugswürdig könnte eine differenzierende Betrachtung sein, die den Erwerb der relativen Kontrollmehrheit durch einen Großaktionär, ausgelöst durch den Aktienrückkauf der Gesellschaft, grundsätzlich der Pflichtangebotsregelung des § 35 WpÜG unterstellt und im Einzelfall eine Befreiung über § 37 WpÜG zulässt. Nach § 37 Abs. 1 WpÜG kann die BaFin von der Verpflichtung zur Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots befreien, wenn Gründe vorliegen, die nach Lage des Einzelfalles eine Entlastung des Bieters rechtfertigen können.29 Der Behörde steht hinsichtlich dieser Entscheidung ein Entschließungs- („kann … befreien“)30 und Auswahlermessen (§ 36 Abs. 2 VwVfG)31 zu.32 Zur Konkretisierung der Befreiungsmöglichkeiten hat das Bundesministerium der Finanzen, gestützt auf § 37 Abs. 2 WpÜG, §§ 8-12 WpÜG-VO erlassen.33 In Betracht kommen die Befreiungsmöglichkeiten nach § 9 S. 1 Nr. 5 und 6 WpÜG-VO, eventuell eine Befreiung gestützt auf § 37 Abs. 1 WpÜG selbst.

1. § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO Nach § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO kann die Bundesanstalt von der Pflicht zur Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots befreien, wenn die Kontrolle über die Zielgesellschaft aufgrund einer Verringerung der Gesamtzahl der Stimmrechte an der Zielgesellschaft erfolgte. Würde man (entgegen der Gesetzesbegründung) die nicht ausübbaren Stimmrechte im Rahmen des § 29 Abs. 2 WpÜG bei der Berechnung der Gesamtzahl der Stimmrechte nicht mitzählen, läge ein passiver Kontrollerwerb mit der Verpflichtung zur Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots nach § 35 Abs. 2 S. 1 WpÜG vor, so dass die Befreiungsmöglichkeit nach § 37 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO zu prüfen wäre. Insoweit wäre es dann nur konsequent, den Begriff Stimmrechte im Rahmen des § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO so auszulegen wie im Rahmen des _______________ 29 Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 37 Rn. 1; die Entscheidung über den Antrag stellt einen Verwaltungsakt dar, Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 37 Rn. 74. 30 Siehe auch § 9 S. 1 WpÜG-VO („kann … erteilen“) bzw. § 9 S. 2 WpÜG-VO („kann … erteilt werden“). 31 Die Frage, welche Nebenbestimmung dem Verwaltungsakt beigefügt werden soll, gehört zum „Wie“ des Handelns und damit zum sog. Auswahlermessen, Kopp/ Ramsauer, VwVfG, § 40 Rn. 11. 32 Bernau, WM 2004, 809, 818. 33 Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 37 Rn. 7.

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§ 29 Abs. 2 WpÜG, also darunter nur die ausübbaren Stimmrechte zu fassen. § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO wäre dann einschlägig, da sich infolge des Erwerbs eigener Aktien durch die Gesellschaft die Gesamtzahl der ausübbaren Stimmrechte verringert.34 Im Einzelfall könnte infolgedessen eine Befreiung nach § 37 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO erteilt werden. Die Entscheidung im Einzelfall wird von der BaFin nach pflichtgemäßem Ermessen getroffen.35 In die für die Ermessensausübung notwendige Abwägung fließen nach § 37 Abs. 1 WpÜG das Interesse des Antragstellers an einer Befreiung von der Angebotspflicht und das Interesse der Inhaber der Aktien der Zielgesellschaft an einer Unterbreitung des Angebots ein.36 Das Interesse des Antragstellers wird vor allem sein, den erheblichen Belastungen aus einem Pflichtangebot nicht ausgesetzt zu sein;37 den Aktionären wird insbesondere daran gelegen sein, vor einer Entwertung ihrer Aktien durch den Kontrollerwerb geschützt zu werden.38 In der Abwägung zu berücksichtigen ist darüber hinaus allgemein der Zweck des Gesetzes,39 besonders die Stärkung des Vertrauens der Anleger in den Kapitalmarkt.40 § 37 Abs. 1 WpÜG legt ein offenes Ermessen41 fest, so dass die BaFin bei ihrer Entscheidung „lediglich“ an § 40 VwVfG gebunden ist (vgl. § 56 Abs. 4 WpÜG), ihr Ermessen folglich entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten hat. Fraglich ist jedoch, ob dies auch für den Fall gilt, dass einer der Tatbestände des § 9 WpÜG-VO, etwa § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜGVO, erfüllt ist. Die Erfüllung eines in § 9 WpÜG-VO genannten Tatbestandes bedeutet zunächst einmal, dass die Voraussetzungen des § 37 WpÜG als gegeben gelten.42 Darüber hinaus hat sich die Interessenlage innerhalb der vorzu_______________ 34 Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 97; Harbarth, ZIP 2002, 321, 327; Holzborn/ Blank, NZG 2002, 948, 951. 35 Siehe oben § 8 A. III. 36 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 61; Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 37 Rn. 42; Meyer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 37 Rn. 38. 37 Die wirtschaftliche Belastung ist dem Pflichtangebot immanent und vom Gesetzgeber berücksichtigt, so dass sie grundsätzlich nicht das ausschlaggebende Argument für eine Befreiung sein kann, Bernau, WM 2004, 809, 811. 38 Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 37 Rn. 60. 39 Holzborn/Blank, NZG 2002, 948, 954. 40 Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 37 Rn. 60. 41 Dazu etwa Kopp/Ramsauer, § 40 Rn. 47. 42 Versteegen, in: KölnKommWpÜG, Anh. § 37, § 9 WpÜG-VO Rn. 1; § 37 Abs. 1 WpÜG stellt eine sog. Koppelungsvorschrift dar, Rechtsanwendung und Ermessenaus-

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nehmenden Abwägung zugunsten des Antragstellers verschoben, da der Verordnungsgeber insoweit die Interessenabwägung schon vorweggenommen hat.43 Der Gesetzgeber gibt zu erkennen, dass die Entscheidung im Regelfall positiv ausfallen, die Befreiung mithin erteilt werden soll, wenn die Voraussetzungen eines Befreiungstatbestandes vorliegen (sog. „intendierte“ Entscheidung44). Intendiertes Ermessen bedeutet, dass die Entscheidung der Behörde, dem gesetzlich vorgesehenen Regelfall zu folgen, keiner näheren Begründung bedarf, wenn weder Gründe ersichtlich sind noch geltend gemacht werden, die gegen den Regelfall sprechen.45 Es reicht dann aus, dass die Behörde auf das Gesetz und den darin vorgesehenen Regelfall verweist und kurz anführt, dass besondere Umstände, die eine andere Beurteilung erfordern, nicht gegeben sind. Daher ist im Regelfall die Befreiung nach § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO zu erteilen, wenn die Kontrolle aufgrund einer Verringerung der Gesamtzahl der Stimmrechte an der Zielgesellschaft wahrlich passiv erlangt wurde.46 Haben keine dem Großaktionär zuzurechnenden Handlungen zum Erreichen der relativen Kontrollmehrheit geführt, erscheint eine Befreiung angemessen.47 Ein Ausnahmefall ist anzunehmen, wenn ein Großaktionär den Vorstand zum Rückkauf eigener Aktien bewegt hat, um seine Machtposition durch eine Vergrößerung des relativen Stimmrechtsanteils auszubauen. Gleiches gilt, wenn ein Großaktionär in Kenntnis eines bevorstehenden Rückkaufs seinen Anteilsbesitz bis knapp unter die Grenze von 30 % ausbaut, so dass er nach Durchführung des Rückkaufprogramms durch die Gesellschaft über einen Anteil an den _______________

übung sind strikt zu trennen, Bernau, WM 2004, 809, 818; vgl. auch Ossenbühl, in: Erichsen/Ehlers, § 10 Rn. 47 f. 43 Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 37 Rn. 43; Versteegen, in: KölnKommWpÜG, Anh. § 37, § 9 WpÜG-VO Rn. 1. 44 Dazu etwa BVerwGE 91, 82, 90; Kopp/Ramsauer, § 40 Rn. 47; Ossenbühl, in: Erichsen/Ehlers, § 10 Rn. 13; die Rechtsfigur des intendierten Ermessens ist umstritten, ablehnend etwa Maurer, § 7 Rn. 12. 45 BVerwGE 72, 1, 5 f.; 82, 356, 363. 46 Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 37 Rn. 43; a. A. Versteegen, in: KölnKommWpÜG, Anh. § 37, § 9 WpÜG-VO Rn. 1, nach dem § 9 WpÜG-VO nicht vorgibt, wie das durch § 37 WpÜG eröffnete Ermessen auszuüben ist; nicht eindeutig, jedoch eher zurückhaltend Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 37 Rn. 41. Im Gegensatz zu Versteegen und Steinmeyer/Häger nimmt Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 37 Rn. 43 sogar eine Ermessensreduzierung auf Null an, wenn keinerlei Anhaltspunkte für eine atypische Lage der Dinge sprechen; ähnlich Harbarth, ZIP 2002, 321, 330. 47 Zollner, S. 113 für das österreichische Übernahmerecht; dazu näher § 8 B. I.

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ausübbaren Stimmrechten von über 30 % verfügt.48 In diesen Fällen liegen atypische Situationen vor, die im Interesse der Aktionäre der Zielgesellschaft eine Unterbreitung des Pflichtangebots erfordern. Die BaFin wird in diesen Fällen eine Befreiung nach § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO nicht erteilen.

2. § 9 S. 1 Nr. 6 WpÜG-VO Der Aktionär könnte in den Fällen, in denen § 9 Abs. 1 Nr. 5 WpÜG-VO nicht durchgreift, eine Befreiung nach § 9 S. 1 Nr. 6 WpÜG-VO beantragen. Die Befreiung setzt voraus, dass die Kontrollerlangung nicht beabsichtigt war und die Kontrollschwelle nach Antragstellung unverzüglich wieder unterschritten wird. Die Befreiung nach § 9 S. 1 Nr. 6 WpÜG-VO wäre für den Aktionär also zunächst einmal mit einer anderen Pflicht verbunden, die für ihn möglicherweise nachteilig ist: Er muss Aktien in dem Maße verkaufen, dass seine relative Stimmrechtsmehrheit unter 30 % fällt. Dies wird nicht unbedingt in seinem Interesse liegen. Allerdings könnte man argumentieren, dass es einem Aktionär, der die Kontrollgrenze unbeabsichtigt überschritten hat, zumutbar ist, seine relative Kontrollmehrheit aufzugeben, wenn er dafür im Gegenzug kein Pflichtangebot abgeben muss. Schließlich soll im Regelfall ein Pflichtangebot abgeben werden, wenn ein Aktionär über mehr als 30 % der Stimmrechte verfügt (vgl. § 35 i. V. m. § 29 Abs. 2 WpÜG). Es erscheint sogar konsequent, ihn zu verpflichten, seinen Stimmrechtsanteil abzubauen.49 Dem steht jedoch entgegen, dass der Aktionär zwar kein Recht haben kann, die Kontrollstellung zu behalten und trotzdem kein Pflichtangebot abgeben zu müssen, er aber durchaus aus anderen Gründen ein legitimes Interesse haben kann, Aktien zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu verkaufen. Dies wird insbesondere der Fall sein, wenn er für seine Aktien noch ein erhebliches Wertsteigerungspotential sieht und eine Veräußerung zum gegenwärtigen Zeitpunkt als ungünstiges Geschäft einschätzt. Aus diesem Grund wird es für ihn jedenfalls günstiger sein, eine Befreiung ohne Verpflichtung zur Veräußerung von Aktien zu erhalten, mithin eine Befreiung über § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO zu erreichen. Die Anwendung des § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG ist gegenüber einer Anwendung des § 9 S. 1 Nr. 6 WpÜG für den Aktionär daher vorzugswürdig. _______________ 48 Zu diesen Fallgestaltungen siehe schon oben § 8 A. II. 2.; genau diese Rückausnahme sieht der City Code in Rule 37.1, Note 2 vor, siehe unten § 8 B. III. 49 So auch die Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 81, die eine Befreiung nur dann als gerechtfertigt ansieht, wenn die Kontrollschwelle unverzüglich wieder unterschritten wird.

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Darüber hinaus hätte eine Befreiung nach § 9 S. 1 Nr. 6 WpÜG – und darauf wird es vorliegend entscheidend ankommen – zur Voraussetzung, dass die Kontrollerlangung nicht beabsichtigt war. Ein unbeabsichtigtes Überschreiten der Kontrollschwelle soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers bei Kompetenzüberschreitungen durch Mitarbeiter des Bieters, durch Fehlbuchungen bei Befreiung des Handelsbestandes des Bieters nach § 20 WpÜG oder durch Fehleingaben in elektronischen Handelssystemen vorliegen.50 Ebenfalls kann ein unbeabsichtigtes Überschreiten durch eine Zurechnung des Aktienerwerbs gemeinsam handelnder Personen erfolgen, deren Geschäftsführung der Bieter kaum beeinflussen kann.51 Mit diesen Konstellationen ist es nicht vergleichbar, wenn der Aktionär auf den Vorstand der Gesellschaft einwirkt, eigene Aktien zu erwerben, oder wenn er in Kenntnis eines bevorstehenden Aktienrückkaufs der Gesellschaft Aktien erwirbt. Ein unbeabsichtigtes Unterschreiten der Kontrollschwelle ist dann nicht gegeben. Eine Befreiung nach § 9 S. 1 Nr. 6 WpÜG-VO kann daher nicht erteilt werden, da in dem Fall, dass einer der in § 9 WpÜG-VO aufgeführten Befreiungstatbestände seiner Art nach gegeben ist, eine Befreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen möglich ist.52 Insoweit sind die näheren Bestimmungen, die der Verordnungsgeber aufgrund der Ermächtigung in § 37 Abs. 2 WpÜG erlassen hat, maßgeblich.53 Dies gilt auch, wenn der Verordnungsgeber Einschränkungen vorgesehen hat. Der Verordnungsgeber war zu Einschränkungen berechtigt, da eine „nähere Bestimmung“ i. S. d. § 37 Abs. 2 WpÜG auch in einer Einschränkung liegt.54 Hat ein Großaktionär den Vorstand einer Gesellschaft zum Rückkauf eigener Aktien bewegt, um auf diesem Wege die relative Kontrollmehrheit zu erlangen, oder hat er in Kenntnis eines bevorstehenden Aktienrückkaufs der Gesellschaft Aktien erworben, kann eine Befreiung auch nicht über § 9 S. 1 Nr. 6 WpÜGVO erteilt werden.

_______________ 50

Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 81. Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 37 Rn. 24. 52 Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 37 Rn. 23. 53 A. A. Meyer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 37 Rn. 31. 54 Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 37 Rn. 23. Die Einschränkung liegt hier darin, dass nach § 37 Abs. 1 WpÜG eine Befreiung erteilt werden kann, „sofern dies im Hinblick auf (…) ein nach der Erlangung der Kontrolle erfolgendes Unterschreiten der Kontrollschwelle (…) gerechtfertigt erscheint“, ohne dass als weitere Voraussetzung genannt wird, dass der Kontrollerwerb erlangt sein muss, „ohne dass dies vom Bieter beabsichtigt war“. 51

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3. § 37 Abs. 1 WpÜG § 9 WpÜG-VO ist hinsichtlich der Befreiungstatbestände nicht abschließend, so dass im Hinblick auf § 37 Abs. 1 WpÜG keine Sperrwirkung entfaltet wird.55 Eine Befreiung kann damit erteilt werden, ohne dass ein Tatbestand des § 9 WpÜG-VO einschlägig ist. Nach § 37 Abs. 1 WpÜG kann eine Befreiung unter anderem erteilt werden, sofern dies im Hinblick auf die Art der Erlangung oder die mit der Erlangung der Kontrolle beabsichtigte Zielsetzung gerechtfertigt erscheint. Ist jedoch ein Befreiungstatbestand des § 9 WpÜG-VO seiner Art nach einschlägig, liegen allerdings die Voraussetzungen nicht vor, kann eine Befreiung über die Generalklausel selbst nur in Betracht kommen, wenn sonstige besondere Umstände gegeben sind, die für eine Befreiung sprechen.56 Die Umstände müssen von so großem Gewicht sein, dass sie die teilweise Nichterfüllung des in der Verordnung vorgesehenen Befreiungstatbestandes wenigstens ausgleichen. Das Nichtvorliegen eines nicht in § 9 WpÜG-VO genannten Befreiungstatbestandes spricht zunächst einmal gegen eine Befreiung aufgrund der Generalklausel.57 Solche Umstände werden jedenfalls nicht vorliegen, wenn der Aktionär zielgerichtet auf den Rückkauf durch die Gesellschaft hingewirkt hat. Daher kann unter diesen Umständen eine Befreiung direkt nach § 37 Abs. 1 WpÜG nicht erteilt werden.

4. Ergebnis Als Alternative zu dem in der Gesetzesbegründung vorgesehenen Lösungsvorschlag kommt mithin in Betracht, die Pflichtangebotsregelung des § 35 WpÜG anzuwenden und im Einzelfall eine Befreiung nach § 37 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO zuzulassen. Eine Befreiung wird erteilt, wenn der Aktionär wahrlich passiv die relative Kontrollmehrheit erlangt hat, mithin weder den Vorstand zum Rückkauf eigener Aktien angeregt hat, um selbst eine relative Kontrollmehrheit zu erreichen, noch Aktien in Kenntnis eines bevorstehenden Aktienrückkaufs erworben hat. Insoweit besteht zu der in der Gesetzesbegründung vorgesehenen Berechnungsmethode eine praktikable Alternative. _______________ 55 Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 768, 772; Harbarth, ZIP 2002, 321, 323; in der Begründung zum Entwurf der Rechtsverordnung wird darauf hingewiesen, dass eine abschließende Aufzählung nicht möglich sei und deswegen auf einen enumerativen Katalog von Befreiungstatbeständen verzichtet werde, BT-Drucks. 14/7034, S. 81. 56 Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 37 Rn. 23 und 46 sowie Anh. § 37, § 9 WpÜG-VO Rn. 23. 57 Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 37 Rn. 36.

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IV. Der vorzugswürdige Lösungsansatz Nachdem ein alternativer Lösungsansatz über die Befreiungsmöglichkeit nach § 37 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO vorgestellt wurde, soll beurteilt werden, welche Lösung vorzugswürdig ist. Es wurde schon dargestellt,58 dass es Fallkonstellationen gibt, in denen ein Bedürfnis nach Eingreifen der Pflichtangebotsregelung besteht, vor allem wenn der Großaktionär aktiv in das Geschehen eingreift, indem er entweder den Vorstand zum Rückkauf eigener Aktien bewegt oder in Kenntnis eines bevorstehenden Aktienrückkaufs seinen Anteil knapp unter die Grenze von 30 % ausbaut. Jedenfalls insoweit erscheint die vom Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung vorgeschlagene Lösung nicht sachgerecht, denn danach wäre ein passiver Kontrollerwerb mit der anschließenden Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots gänzlich ausgeschlossen. Der Lösungsvorschlag der Gesetzesbegründung wird den tatsächlichen Anforderungen nicht gerecht.59

1. Die Begründung des Gesetzgebers und der ihm folgenden Literatur Abgesehen davon, dass die Lösung des Gesetzgebers nicht alle Fallkonstellationen sachgerecht erfasst, ist darüber hinaus fraglich, ob die rechtliche Begründung des Gesetzgebers und der ihm folgenden Literatur überzeugend ist.

a) § 21 WpHG als Parallelregelung Die Begründung des Gesetzgebers verweist auf die herrschende Meinung zu § 21 WpHG und sieht darin ein wesentliches Argument für die vorgeschlagene Berechnungsmethode. § 21 WpHG wird als Parallelregelung zu § 29 Abs. 2 WpÜG bezeichnet.60 Eine solche Parallele hinsichtlich der Regelungsbereiche und Schutzanliegen erscheint jedoch zweifelhaft. Ziel des § 21 WpHG ist es, die betroffene Gesellschaft und die BaFin über die Veränderung von maßgeblichen Beteiligungsverhältnissen in Kenntnis zu setzen.61 Es bleibt jedoch nicht bei der Unterrichtung von Gesellschaft und BaFin, sondern gem. § 25 Abs. 1 WpHG muss die Gesellschaft die Mitteilung _______________ 58 59 60 61

Siehe oben § 8 A. II 2. Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2594. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 53. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 21 Rn. 3.

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im Anschluss in einem Börsenpflichtblatt veröffentlichen. Dies verdeutlicht, dass die Unterrichtung des Anlegerpublikums und damit die kapitalmarktrechtliche Transparenz im Vordergrund stehen.62 Im Unterschied dazu ist zentrales Anliegen der §§ 29, 35 WpÜG nicht die Transparenz des Kapitalmarktes, sondern die Stärkung der rechtlichen Stellung von Minderheitsaktionären.63 Die Pflicht zur Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots stellt sicher, dass die Aktionäre im Fall des Kontrollerwerbs durch einen Dritten die von ihnen gehaltenen Aktien der Zielgesellschaft zu einem angemessenen Preis veräußern können.64 Lediglich § 35 Abs. 1 S. 1 WpÜG dient auch der Transparenz, doch stellt diese Veröffentlichungspflicht nur eine Vorstufe auf dem Weg zur Abgabe eines Pflichtangebots dar.65 § 21 WpHG auf der einen Seite und § 29 Abs. 2 WpÜG auf der anderen Seite können daher keineswegs als Parallelvorschriften bezeichnet werden. Der Hinweis des Gesetzgebers auf die herrschende Meinung zu § 21 WpHG beruht damit schon auf der falschen Einschätzung, dass es sich um Parallelregelungen handelt.

b) Die Übertragbarkeit der Begründung zu § 21 WpHG Weiter ist der Verweis – unabhängig davon, ob es sich um Parallelvorschriften handelt oder nicht – deshalb problematisch, weil schon die Begründung der herrschenden Meinung zu § 21 WpHG nicht durchgehend überzeugend, jedenfalls aber nur schwer auf § 29 Abs. 2 WpÜG übertragbar ist. Die herrschende Meinung zu § 21 WpHG wird zum Teil damit begründet, dass ein Verweis auf die Vorschriften der §§ 16 Abs. 3 S. 2 AktG, 290 Abs. 4 S. 2 HGB fehle und daraus nur geschlossen werden könne, dass Ausübungsverbote bei der Berechnung der Gesamtzahl der Stimmrechte nicht zu berücksichtigen seien.66 Warum dieser fehlende Verweis alleine die Auslegung des § 21 WpHG bestimmen soll, wird nicht verdeutlicht. Der fehlende Verweis könnte die Begründung nur dann liefern, wenn ein Grundsatz des Gesellschafts- oder Kapitalmarktrechts bestünde, dass konkrete Ausübungshindernisse bei der Berechnung der Gesamtzahl der Stimmrechte stets außer Betracht blieben. _______________ 62

Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 21 Rn. 3, § 25 Rn. 1; Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 90. 63 Mülbert, ZIP 2001, 1221, 1226. 64 von Bülow, in: KölnKommWpÜG, § 35 Rn. 4. 65 Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 90. 66 Burgard, BB 1995, 2069, 2071.

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Einen solchen Grundsatz gibt es jedoch nicht.67 §§ 16 Abs. 3 S. 2 AktG, 290 Abs. 4 S. 2 HGB zeigen, dass im Aktienkonzernrecht68 und im Recht der Konzernrechnungslegung69, also in Sachverhalten, in denen es um das Halten von Kontrolle geht, Ausübungshindernisse gerade Berücksichtigung finden sollen.70 Darüber hinaus bleiben eigene Aktien auch bei der Berechnung des Schwellenwertes im Rahmen des squeeze-out außer Betracht (§ 327 a Abs. 2 i. V. m. § 16 Abs. 2 S. 2 AktG).71 Eine parallele Regelung findet sich in § 320 Abs. 1 S. 2 AktG für den Fall der Mehrheitseingliederung. Aus diesem Grund kann der fehlende Verweis auf die Vorschriften der §§ 16 Abs. 3 S. 2 AktG, 290 Abs. 4 S. 2 HGB keine Begründung dafür sein, Ausübungsverbote im Rahmen des § 21 WpHG unberücksichtigt zu lassen. Die Begründung zu § 21 WpHG überzeugt nicht. Sie sollte daher jedenfalls nicht auf § 29 Abs. 2 WpÜG übertragen werden.

c) Der Verweis auf § 20 AktG Zum Teil wird zur Unterstützung der herrschenden Meinung zu § 21 WpHG angeführt, dass auch im Rahmen der Mitteilungspflicht nach § 20 AktG die nicht ausübbaren Stimmrechte in die Berechnung der Gesamtzahl der Stimmrechte eingehen.72 Hinsichtlich der Mitteilungspflicht nach § 20 Abs. 1 S. 1 AktG wird in § 20 Abs. 1 S. 2 AktG für die Feststellung, ob dem Unternehmer der vierte Teil der Aktien gehört, auf § 16 Abs. 2 S. 1, Abs. 4 AktG verwiesen. Da gerade nicht auf § 16 Abs. 2 S. 2, 3 AktG verwiesen wird, die bestimmen, dass eigene Anteile bei der Berechnung außen vor bleiben, wird daraus für die Berechnung nach § 20 AktG zu Recht der Umkehrschluss gezogen, dass eigene Anteile ohne weiteres zu berücksichtigen sind. Dieser Umkehrschluss verbietet sich im Rahmen des § 21 WpHG jedoch, da weder ein Verweis auf § 20 AktG noch ein Verweis auf § 16 Abs. 2 S. 2 AktG vorhanden ist. Systematisch überzeugt der Hinweis auf die Auslegung des § 20 AktG daher nicht. Darüber hinaus sind die in § 21 WpHG und in § 20 AktG _______________ 67

Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2593. Dazu Windbichler, in: GroßkommAktG, § 16 Rn. 13. 69 Dazu Berger/Lütticke, in: Berger/Ellrott/Förschle/Hense, HGB, § 290 Rn. 83. 70 Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2593; a. A. Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 35 Rn. 53; Schlitt, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 35 Rn. 87. 71 Fleischer, ZGR 2002, 757, 775. 72 Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 21 Rn. 34 Fn. 1, der auf Koppensteiner, in: KölnKommAktG, § 20 Rn. 10 und Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 68 Rn. 113 verweist. 68

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geregelten Sachverhalte nicht vergleichbar. § 20 AktG knüpft die Mitteilungspflicht an den Anteilsbesitz an, während § 21 WpHG auf den Stimmrechtsanteil abstellt. Insoweit sind die Fragestellungen schon verschieden, so dass die Auslegung des § 21 WpHG auch aus diesem Grund nicht an § 20 AktG angelehnt werden kann. Überzeugen insoweit die Begründungen für die herrschende Meinung zur Auslegung des § 21 WpHG schon nicht, bestehen erhebliche Bedenken, diese Argumentation auf § 29 Abs. 2 WpÜG zu übertragen.73

d) Die Erkennbarkeit des Aktienbestandes der Gesellschaft Ein weiterer Begründungsansatz, der für die herrschende Meinung hinsichtlich § 21 WpHG angeführt wird, ist, dass verhindert werde, dass sich ein Aktionär regelmäßig bei der Gesellschaft erkundigen müsse, ob sie eigene Aktien halte.74 Nur so könnte er nämlich überprüfen, ob er eine Schwelle des § 21 Abs. 1 S. 1 WpHG erreicht, über- oder unterschritten habe. Im Interesse der Rechtssicherheit sei dies nicht zumutbar, vielmehr müssten aus diesem Grund die eigenen Aktien bei der Berechnung der Gesamtzahl der Aktien einbezogen werden, da für Außenstehende der Bestand an eigenen Aktien der Gesellschaft nicht erkennbar sei.75 Unabhängig davon, ob dieser Begründungsansatz die herrschende Meinung zu § 21 WpHG trägt, ist an dieser Stelle entscheidend, ob er auf §§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG übertragen werden kann. Dabei ist zunächst anzuerkennen, dass das Problem der Erkennbarkeit des Haltens eigener Aktien durch die Gesellschaft auch im Rahmen des § 29 Abs. 2 WpÜG besteht. Verfügt der Aktionär nicht über Informationen, inwieweit die Gesellschaft eigene Aktien besitzt, kann er – wenn die eigenen Aktien bei der Berechnung der Gesamtzahl der Aktien außen vor bleiben – nicht zuverlässig beurteilen, ob die Schwelle des § 29 Abs. 2 WpÜG von ihm erreicht ist. Zu bedenken ist jedoch, dass auch die Gesellschaft an die Meldepflicht des § 21 Abs. 1 S. 1 WpHG gebunden ist, wenn sie 5 % oder 10 % der eigenen Aktien hält und dies auch in einem Börsenpflichtblatt zu veröffentlichen hat (§ 25 _______________ 73

Bedenken ergeben sich auch daraus, dass § 29 Abs. 2 WpÜG so ausgelegt werden soll wie § 21 WpHG, § 21 WpHG wiederum wie § 20 AktG. Durch diese doppelte Verweisung besteht die Gefahr, dass für die einzelne Norm bestehende spezifische Regelungszusammenhänge unbeachtet bleiben (wenn es ansonsten auch ein Interesse daran geben kann, bestimmte Begriffe in verschiedenen Gesetzen einheitlich auszulegen), Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 91 Fn. 148. 74 Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 21 Rn. 34; die gleiche Argumentation wird hinsichtlich § 20 AktG fruchtbar gemacht, Koppensteiner, in: KölnKommAktG, § 20 Rn. 10 i. V. m. § 19 Rn. 14. 75 Koppensteiner, in: KölnKommAktG, § 19 Rn. 14.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

Abs. 1 S. 3 WpHG).76 Allerdings ergibt sich aus der Mitteilung nur der Stimmrechtsanteil für den Zeitpunkt, in dem die Mitteilung erfolgt. Spätere Erhöhungen des Stimmrechtsanteils unterliegen nicht der Meldepflicht, es sei denn, die nächste Schwelle wird erreicht. Die für die Aktionäre bestehende Unsicherheit hinsichtlich des Bestandes an eigenen Aktien der Gesellschaft wird dadurch mithin nicht ausgeräumt, immerhin aber eingeschränkt:77 Hat die Gesellschaft noch keine Mitteilung nach §§ 25 Abs. 1 S. 3, 21 Abs. 1 S. 1 WpHG abgegeben, könnte ein Aktionär – wieder unterstellt, dass die eigenen Aktien bei der Berechnung der Gesamtzahl der Aktien außen vor bleiben – die Schwelle des § 29 Abs. 2 WpÜG erst erreichen, wenn er mehr als 28,5 % der Stimmrechte hält.78 Hat die Gesellschaft die Mitteilung veröffentlicht, dass sie 5 % oder mehr, jedoch nicht 10 % der eigenen Aktien hält, müsste der Aktionär über mehr als 27 % der Aktien verfügen, um die Kontrollschwelle des § 29 Abs. 2 WpÜG zu erreichen. Hält die Gesellschaft 10 % der eigenen Aktien, sind 27 % der Aktien erforderlich, um über einen Anteil von 30 % an den ausübbaren Stimmrechten zu verfügen.79 Insoweit zeigt sich schon ein wesentlicher Unterschied zu § 21 WpHG. § 21 WpHG verpflichtet ab einem Stimmrechtsanteil von 5 % zur Mitteilung, weitere Mitteilungspflichten sind vorgesehen bei einem Stimmrechtsanteil von 10 %, 25 %, 50 % oder 75 %. Nach §§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG besteht hingegen nur ein Schwellenwert und dieser ist deutlich höher angesetzt als die unteren Schwellenwerte des § 21 WpHG. Die Abgabe eines Pflichtangebots ist erst ab einem Stimmrechtsanteil von 30 % vorgesehen, unterhalb dieser Grenze besteht keine Verpflichtung zur Abgabe eines Ange_______________ 76

Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 21 Rn. 34; Schreiben des BAWe vom 28. 6. 1999 an die Vorstände börsennotierter Aktiengesellschaften betreffend den Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 AktG, abzurufen unter http://www. bafin.de in der Rubrik Rechtliche Grundlagen & Verlautbarungen unter Schreiben, Schreiben Wertpapieraufsicht (bis April 2002). 77 Insofern ungenau Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 92, die davon ausgehen, dass die Unkenntnis der anderen Aktionäre über den Bestand an eigenen Aktien der Gesellschaft nur bis zur Schwelle von 5 % gegeben sei, weil die Offenlegungspflicht des WpHG dann Transparenz schaffe. 78 Hält die Gesellschaft 5 % der Aktien, verbleiben, wenn man andere Stimmrechtsausübungsverbote oder -hindernisse außer Betracht lässt, 95 % der Aktien, die ein Stimmrecht verleihen. Für eine Kontrollmehrheit sind daher nur 30 % von 95 % erforderlich. Die Formel dafür lautet, wenn x die Quote ist, die erreicht werden muss, um über 30 % der Aktien zu verfügen, die ein Stimmrecht gewähren: x = 95 % geteilt durch 100 mal 30 = 28,5 %. Hält die Gesellschaft weniger als 5 % der eigenen Aktien, erhöht sich die Anzahl der verbleibenden Aktien, die ein Stimmrecht gewähren, so dass der Aktionär mehr als 28,5 % der Aktien halten muss, um über 30 % der Aktien zu verfügen, die ein in der Hauptversammlung ausübbares Stimmrecht gewähren. 79 Zu den letzten Angaben siehe die Berechnung oben § 1 A.

§ 8 Passiver Kontrollerwerb und Pflichtangebot

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bots. Einem Aktionär, der über 27 % der ausgegebenen Aktien verfügt, wird es eher zumutbar sein, sich über den Bestand an eigenen Aktien zu informieren als einem Aktionär, der unter Umständen „lediglich“ die Schwelle von 5 % der ausübbaren Stimmrechte überschreitet.80 Hinzu kommt, dass die Unsicherheit über den Bestand an eigenen Aktien der Gesellschaft durch weitere Informationspflichten weiter abgeschwächt wird. Der Vorstand ist verpflichtet, in den Fällen des § 71 Abs. 1 Nr. 1 und 8 AktG die nächste Hauptversammlung unter anderem über die Zahl der erworbenen Aktien, den auf sie entfallenden Betrag des Grundkapitals und über deren Anteil am Grundkapital zu unterrichten (§ 71 Abs. 3 S. 1 AktG). Dadurch ist zumindest gewährleistet, dass einmal im Jahr über den Aktienerwerb nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG (als wichtigsten Anwendungsfall) informiert wird. Gleichwohl erfasst die Pflicht eben nur die nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 und 8 AktG erworbenen Aktien, so dass eine Information hinsichtlich aller von der Gesellschaft gehaltenen eigenen Aktien nicht gewährleistet ist. Eine solche Information wird jedoch über die Pflicht aus § 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG erreicht. Danach sind in den Anhang zum Jahresabschluss die Angaben über den Bestand an eigenen Aktien der Gesellschaft aufzunehmen. Damit wird jährlich der Bestand an eigenen Aktien der Gesellschaft offen gelegt. Schwäche dieser Informationspflicht ist jedoch, dass eine beträchtliche Zeitspanne zwischen Aktienrückerwerb und Publikation liegen kann. Dies führt allerdings nicht dazu, dass die Verpflichtung zur Veröffentlichung und Abgabe eines Angebots nach § 35 WpÜG besteht, ohne dass der Aktionär von seiner Kontrollstellung weiß. Die Veröffentlichungspflicht des § 35 Abs. 1 S. 1 WpÜG beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem der Bieter Kenntnis davon hat oder nach den Umständen haben musste, dass er die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt hat (§ 35 Abs. 2 S. 2 WpÜG). Der Kontrollerwerber muss den erfolgten Kontrollerwerb kennen, wenn seine Unkenntnis vom Kontrollerwerb auf Fahrlässigkeit beruht (vgl. Legaldefinition in § 122 Abs. 2 BGB). Fahrlässig handelt nach § 276 Abs. 2 BGB, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Insoweit legt das Gesetz einen objektiv-abstrakten Sorgfaltsmaßstab an.81 Jedoch kommt es im Rahmen des § 35 Abs. 1 S. 2 WpÜG darauf an, wann der Kontrollerwerber „nach den Umständen“ Kenntnis haben musste. Dadurch wird der objektiv-abstrakte Sorgfaltsmaßstab durchbrochen; es müssen auch die tatsächlich bei dem Kontrollerwerber bestehenden Verhältnisse berücksichtigt werden.82 Werden die danach bestehenden Sorgfaltsanforderun_______________ 80

Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2593 f. BGHZ 39, 281, 283; NJW 2000, 2812, 2813; Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 276 Rn. 15 m. w. N. 82 von Bülow, in: KölnKommWpÜG, § 35 Rn. 116. 81

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

gen nicht zu hoch gesteckt, ist es für den Großaktionär nicht unzumutbar, dass die eigenen Aktien der Gesellschaft bei der Berechnung der Gesamtstimmzahl nicht berücksichtigt werden. Erfüllt der Aktionär die bestehenden Sorgfaltsanforderungen, wird weder ein Verlust der Rechte aus seinen Aktien eintreten (§ 59 S. 1 WpÜG) noch muss er befürchten, dass gegen ihn eine Geldbuße bis zu 1 Mio. Euro (§ 60 Abs. 3 WpÜG) wegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 lit. a WpÜG) verhängt wird. Durch die Regelung des Fristbeginns in § 35 Abs. 1 S. 2 WpÜG werden auch seine Interessen berücksichtigt.83 Gegen eine Pflicht zur Veröffentlichung des Kontrollerwerbs in dem Fall, in dem die Kontrolle durch den Aktienrückerwerb der Gesellschaft erlangt wurde, spricht dann auch nicht, dass zwischen Kontrollerwerb und Kenntnis bzw. Kennenmüssen eine erhebliche Zeitspanne liegen kann. § 35 WpÜG mit seiner Pflichtangebotsregelung bezweckt vor allem den Minderheitenschutz, der auch noch mit zeitlicher Verzögerung gewährleistet werden kann. Darüber hinaus ist es kaum denkbar und eher praxisfern, auch wenn man die Publizitätspflichten der Gesellschaft einmal außer Betracht lässt, dass die Gesellschaft eigene Aktien erwirbt, ohne dass der Aktionär, der über mehr als 27 % der Stimmrechte verfügt, dies zur Kenntnis nimmt.84 Schließlich hat die Hauptversammlung vorher die Ermächtigung erteilt (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG) und ein Aktionär, der über einen solchen Stimmrechtsanteil verfügt, wird in der Regel über die Angelegenheiten und Vorgänge in der Gesellschaft informiert sein. Auch unter diesem Gesichtspunkt geht der Vergleich mit § 21 WpHG fehl.

e) Zwischenergebnis Aus diesen Gründen ist die rechtliche Begründung des Gesetzgebers nicht überzeugend. § 29 Abs. 2 WpÜG kann schon nicht als Parallelregelung zu § 21 WpHG angesehen werden. Davon abgesehen sind die Begründungen für die herrschende Meinung zu § 21 WpHG zweifelhaft, jedenfalls aber nicht auf § 29 Abs. 2 WpÜG übertragbar.

2. Die Dominanz in der Hauptversammlung Das entscheidende Argument dafür, dass die nicht ausübbaren Stimmrechte bei der Berechnung der Gesamtzahl der Stimmrechte außen vor bleiben müs_______________ 83 84

Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2594. Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 29 Rn. 40.

§ 8 Passiver Kontrollerwerb und Pflichtangebot

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sen, ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung des Pflichtangebots. Dieses dient der Stärkung der rechtlichen Stellung von Minderheitsaktionären bei Übernahmen deutscher börsennotierter Gesellschaften.85 Insoweit ist bei der Frage der Kontrollerlangung ganz wesentlich die Sicht der Minderheitsaktionäre zu berücksichtigen. Die Minderheitsaktionäre sollen die Möglichkeit haben, ihre Beteiligung an dem Unternehmen zu einem angemessenen Preis zu veräußern, wenn ein anderer Aktionär die Kontrollmehrheit erlangt. Ein Schutz der Minderheitsaktionäre vor dem kontrollierenden Aktionär wird als notwendig erachtet, da die Gefahr bestehe, dass der kontrollierende Aktionär seine Kontrollposition ausnutzt, indem er sog. „private benefits of control“ aus dem Unternehmen für sich abschöpft.86 Aus diesem Grund – und dieser Grund besteht zunächst einmal unabhängig davon, ob der Bieter auf die Erlangung der Kontrolle hingewirkt hat oder nicht – wird dem Minderheitsaktionär ein gesetzlich festgelegtes Austrittsrecht gewährt.87 Der kontrollierende Aktionär kann die Kontrolle in der Hauptversammlung ausüben, so dass entscheidender Gesichtspunkt für die Frage, wann ein Austrittsrechts gewährt werden sollte, die Mehrheit in der Hauptversammlung sein muss. Der Gesetzgeber orientierte sich bei der Festlegung der Kontrollschwelle an den Präsenzen in den Hauptversammlungen deutscher Unternehmen.88 Soll jedoch Maßstab für den Erwerb und das Halten der Kontrolle die Mehrheit in der Hauptversammlung sein, kann sich die Mehrheit nur auf die ausübbaren Stimmrechte beziehen. Mehrheiten eines Aktionärs bei Abstimmungen in der Hauptversammlung sind nämlich abhängig von der Anzahl der von ihm gehaltenen ausübbaren Stimmrechte im _______________ 85

Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 30. Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 93. 87 Ähnlich Kalss, in: Semler/Volhard, Bd. 2, § 51 Rn. 65; zu weiteren Begründungsansätzen für das Pflichtangebot, dem mit diesem verbundenen gesetzlichen Austrittsrecht und zur Kritik daran vgl. etwa Letzel, NZG 2001, 260, 261 ff. 88 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 30. Die Präsenz in den Hauptversammlungen bei den DAX-Werten lag Ende der neunziger Jahre nach einer Erhebung der Deutschen Schutzvereinigung für den Wertpapierbesitz e. V. (DSW) im Durchschnitt bei 63,35 %, so dass die Kontrollmehrheit durchschnittlich 31,67 % plus 1 Stimme betrug. Die Ergebnisse der Untersuchung sind abgedruckt bei BennerHeinacher, DB 1997, 2521, 2522. Insoweit ist die Festlegung der 30 %-Grenze folgerichtig; Baums, in: von Rosen/Seifert, S. 165, 170 f.; ders., ZIP 1997, 1310, 1311, der sogar annimmt, dass bei den Hauptversammlungen eine Mehrheit schon bei 25 bis 30 % erreicht wird; Strenger, WM 2000, 952; kritisch zu der Grenze von 30 %: Grunewald, WM 1991, 1361, 1362; Hommelhoff/Kleindiek, AG 1990, 106, 107; zur vorherigen rechtspolitischen Diskussion vgl. etwa Assmann, AG 1995, 563, 571; Hopt, ZHR 161 (1997), 368, 384 ff.; Schiessl, AG 1999, 442, 450; Mülbert, ZIP 2001, 1221, 1225. Darüber hinaus hat sich der deutsche Gesetzgeber an Regelungen in anderen europäischen Staaten orientiert; Vorbild dürfte insbesondere Rule 9.1 lit. a City Code gewesen sein, Oechsler, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 29 Rn. 13. 86

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

Verhältnis zur insgesamt auf der Hauptversammlung präsenten Anzahl ausübbarer Stimmrechte. Dass es gerade auf die Mehrheit bei den Abstimmungen in der Hauptversammlung ankommen muss, zeigt auch die Regelung des Art. 16 S. 2, 4. Fall des bisherigen Übernahmekodex’89. Danach hat Kontrolle über die Gesellschaft erlangt, wer einen Stimmrechtsanteil hält, der bei der ersten Beschlussfassung in allen drei vorhergehenden ordentlichen Hauptversammlungen der Zielgesellschaft zu einem Stimmrechtsanteil von mindestens drei Vierteln des präsenten, stimmberechtigten Grundkapitals geführt hätte. Abgestellt wurde mithin auf die Stimmberechtigung in der Hauptversammlung, so dass nur die ausübbaren Stimmrechte berücksichtigt wurden. Ebenfalls auf die Stimmberechtigung in der Hauptversammlung stellt der Verordnungsgeber in § 9 S. 2 Nr. 2 WpÜG-VO ab. Danach kann die BaFin von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und Abgabe eines Angebots befreien, wenn aufgrund des in den zurückliegenden drei ordentlichen Hauptversammlungen vertretenen stimmberechtigten Kapitals nicht zu erwarten ist, dass der Bieter in der Hauptversammlung der Zielgesellschaft über mehr als 50 % der vertretenen Stimmrechte verfügen wird. Infolgedessen muss für den Kontrollerwerb nach § 29 Abs. 2 WpÜG entscheidend sein, ob in der Hauptversammlung eine Mehrheit hinsichtlich der stimmberechtigten Aktien gegeben ist.90 Es muss darauf abgestellt werden, ob 30 % der ausübbaren Stimmrechte gehalten werden, denn die relativen Stimmrechtsverhältnisse verändern sich. Dies bedeutet, dass bei der Berechnung der Gesamtzahl der Aktien im Rahmen von §§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG eigene Aktien nicht zu berücksichtigen sind, da sie nach § 71 b AktG kein ausübbares Stimmrecht gewähren. Dies führt zu der Konsequenz, dass ein passiver Kontrollerwerb mit der Folge der Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots nach § 35 Abs. 2 S. 1 WpÜG vorliegt, wenn ein Großaktionär die Kontrollmehrheit ohne eigenes Zutun dadurch erlangt, dass die Gesellschaft eigene Aktien zurückerwirbt.

_______________ 89

Übernahmekodex der Börsensachverständigenkommission beim Bundesministerium der Finanzen vom 14. 7. 1995, abgedruckt in AG 1995, 572 ff., geändert mit Wirkung zum 1. 1. 1998, abgedruckt in AG 1998, 133 ff. 90 Aus Praktikabilitätsgründen kann dies natürlich nicht bedeuten, dass für jede Gesellschaft geprüft wird, wie hoch die Präsenz in den Hauptversammlungen ist, um dann festzulegen, welche Grenze für den Kontrollerwerb bei der einzelnen Gesellschaft besteht. Insoweit ist dem Gesetzgeber zuzugestehen, pauschal eine Grenze von 30 % zu bestimmen, die sich an Erfahrungswerte aus der Praxis anlehnt.

§ 8 Passiver Kontrollerwerb und Pflichtangebot

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3. Überlegenheit einer flexiblen Lösung Gleichwohl ist anzuerkennen, dass Konstellationen denkbar sind, in denen ein Aktionär tatsächlich ungewollt, mithin wahrlich passiv, die relative Kontrollmehrheit erlangt. Aus diesem Grunde erscheint es nicht angemessen, dass immer eine Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots besteht.91 Schließlich geht das Gesetz davon aus, dass der Bieter grundsätzlich aktiv handelnd tätig wird. Ansonsten ergäbe beispielsweise die Verpflichtung nach § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 WpÜG, wonach der Bieter Angaben über seine Absichten im Hinblick auf die künftige Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft machen muss, keinen Sinn. Aber auch darüber hinaus erfordert die Pflichtenbegründung grundsätzlich ein Zurechnungsmoment.92 Dieses liegt dann nicht vor, wenn ein Aktionär in die Kontrollposition gedrängt wird. Insoweit kann jedoch auf die Befreiungsmöglichkeit zurückgegriffen werden, die – wie bereits dargelegt93 – durch § 37 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO eröffnet wird. Über die Befreiungsmöglichkeit des § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO ist damit eine Lösung gefunden, die sich aus dem Wortlaut des Gesetzes- und Verordnungstextes ergibt und den unterschiedlichen Fallgestaltungen Rechnung trägt. Eine Anwendung des § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO hätte den Vorteil, dass ein Entschließungs- und Auswahlermessen seitens der Behörde besteht94 und dadurch sachgerechte Entscheidungen im Einzelfall ermöglicht werden.95 Dass es der Intention des Verordnungsgebers entspricht, so zu verfahren, zeigt die Entwicklung des Befreiungstatbestandes. In § 9 Nr. 6 WÜG-VO RefE und ebenfalls in § 9 Nr. 5 WpÜG-VO RegE96 war noch vorgesehen, dass eine Befreiung erteilt werden kann, wenn die Kontrolle über die Zielgesellschaft aufgrund einer Verringerung der Gesamtzahl der Stimmrechte in Folge der Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien erlangt wurde. Diese Einschränkung wurde vom Handelsrechtsausschuss des DAV in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf kritisiert, da die Gesellschaft die zurückgekauften Aktien häufig nicht einziehen werde, sondern zur anderweitigen Verwertung behalte.97 Die Stimmrechtslo_______________ 91

Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2594. Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2594. 93 Siehe oben § 8 A. III. 1. 94 Siehe oben § 8 A. III. 1. 95 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 81; zur Interessenabwägung Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 37 Rn. 42 f.; Meyer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 37 Rn. 38 ff.; Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 37 Rn. 60 ff. und Anh. § 37, § 9 WpÜG-VO Rn. 1. 96 § 9 Nr. 6 WÜG-VO RefE wurde später zu § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO RegE. 97 Deutscher Anwaltverein, NZG 2001, 420, 429 (zu § 37 WÜG). 92

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

sigkeit der Aktien sei jedoch bereits mit dem Rückerwerb eingetreten. Dieser Fall werde von § 9 Nr. 6 WÜG-VO RefE nicht gedeckt, so dass sich der Aktionär auf § 9 Nr. 7 WÜG-VO RefE98 berufen müsse, also auf den Fall des unbeabsichtigten Überschreitens der Schwelle, mit dem bereits genannten Nachteil, Aktien veräußern zu müssen. Nach Ansicht des Handelsrechtsausschusses des DAV war es daher zu bevorzugen, den Tatbestand von § 9 Nr. 6 WÜG-VO RefE auf den Fall des Rückerwerbs ohne Einziehung auszudehnen.99 Das Bundesministerium der Finanzen als Verordnungsgeber hat die im Referentenentwurf vorgesehene Regelung geändert und setzt für eine Befreiung nach § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO nicht mehr voraus, dass die Verringerung der Gesamtzahl der Stimmrechte in Folge der Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien erlangt wurde. Es ist davon auszugehen, dass der Verordnungsgeber damit den vom Handelsrechtsausschuss des DAV angesprochenen Fall, eben den Rückerwerb eigener Aktien ohne anschließende Einziehung der Aktien, regeln wollte. Das bedeutet, dass der Verordnungsgeber den Fall als passiven Kontrollerwerb ansieht, der grundsätzlich die Verpflichtung zur Veröffentlichung und Abgabe eines Angebots auslöst, jedoch über eine Befreiung nach § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO davon ausgenommen werden kann.

4. Ergebnis Auf einer ersten Stufe sollten alle Fälle des Kontrollerwerbs infolge des Aktienrückkaufs durch die Gesellschaft der Pflichtangebotsregelung des § 35 WpÜG unterstellt und auf einer zweiten Stufe im Einzelfall eine Befreiung nach § 37 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO erteilt werden.100 Es kann somit zwischen verschiedenen Fallgestaltungen differenziert werden, die unterschiedlicher Lösungen bedürfen. Es wurde dargestellt, dass es Konstellationen gibt, in denen ein Bedürfnis nach Abgabe eines Pflichtangebots besteht, sowie Konstellationen, in denen kein Bedürfnis besteht.101 Ermöglicht wird eine sachgerechte Entscheidung im Einzelfall insbesondere durch das der BaFin in § 37 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO eingeräumte Ermessen („kann“).102 Die Behörde kann im Einzelfall entscheiden, ob sie überhaupt eine Befreiung erteilt und insbesondere, ob sie die Befreiung mit Nebenbestimmungen verbin_______________ 98

§ 9 Nr. 7 WÜG-VO RefE wurde später zu § 9 S. 1 Nr. 6 WpÜG-VO RegE und dann zu § 9 S. 1 Nr. 6 WpÜG-VO. 99 Deutscher Anwaltverein, NZG 2001, 420, 429 (zu § 37 WÜG). 100 Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2594. 101 Siehe oben § 8 A. II. 2. 102 Siehe oben § 8 A. III. 1.

§ 8 Passiver Kontrollerwerb und Pflichtangebot

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det (§ 36 Abs. 2 VwVfG). Die Befreiungsmöglichkeit nach § 37 WpÜG-VO i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO schafft einen geeigneten Ausgleich für den Kontrollerwerber gegenüber der zunächst einmal eintretenden Angebotspflicht bei Überschreiten der Kontrollschwelle.103 Diese flexible Lösung ist der in der Gesetzesbegründung vorgesehenen Lösung in praktischer Hinsicht überlegen. Schließlich fügt sie sich in angemessener Weise in das Gesamtsystem des 5. Abschnitts des WpÜG ein und kann in der rechtlichen Begründung eher überzeugen als die vom Gesetzgeber vorgesehene Lösung.

B. Bestätigung durch rechtsvergleichende Umschau Rechtsvergleichende Erwägungen zeigen, dass das gefundene Ergebnis in Einklang mit ausländischen Rechtsordnungen steht.

I. Österreich Im österreichischen Recht statuiert § 22 Abs. 1 öÜbG die Pflicht zur Abgabe eines Angebots für alle Beteiligungspapiere der Gesellschaft, wenn eine kontrollierende Beteiligung an der Gesellschaft erlangt wird. Wie im deutschen ist auch im österreichischen Übernahmerecht die Intention des Bieters oder eine bestimmte Technik der Kontrollakquisition unbeachtlich.104 Gem. § 2 Abs. 1 1. österreichische Übernahmeverordnung (1. öÜbV)105 wird das Vorliegen einer kontrollierenden Beteiligung vermutet, wenn der Beteiligte mindestens 30 % der auf die ständig stimmberechtigten Aktien entfallenden Stimmrechte erlangt.106 Nach § 1 Nr. 1 1.öÜbV wird eine kontrollierende Beteiligung sogar unwiderleglich vermutet, wenn einem Aktionär die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschaft zusteht, d. h. er über 50 % hält.107 Bei der Berechnung der _______________ 103

Bernau, WM 2004, 809, 818. Diregger/Kalss/Winner, in: MünchKommAktG, öÜbG, Rn. 134; Zollner, S. 105. 105 1. Verordnung der Übernahmekommission vom 9. 3. 1999 zum Übernahmegesetz, abrufbar unter http://www.takeover.at in der Rubrik Recht unter VO zum ÜbG. 106 § 2 Abs. 1 1.öÜbV stellt eine widerlegliche Vermutung dar. Im Unterschied zum deutschen Recht, dem in § 29 Abs. 2 WpÜG grundsätzlich ein formaler Kontrollbegriff zu Grunde liegt (freilich abgemildert durch §§ 36, 37 WpÜG), hat sich der österreichische Gesetzgeber für einen materiellen Kontrollbegriff entschieden, da es auf das Erreichen starrer Beteiligungsschwellen nur im Rahmen der Vermutungstatbestände ankommt, Diregger/Winner, WM 2002, 1583, 1584; siehe auch Zollner, S. 95 ff. 107 Eine weitere widerlegliche Vermutung enthält § 3 Abs. 1 1.öÜbV: Danach wird schon bei einer Beteiligung von mehr als 20 %, jedoch weniger als 30 %, eine kontrol104

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

Gesamtzahl der Stimmrechte bleiben Stimmrechte aus eigenen Aktien der Gesellschaft, die nach §§ 65 Abs. 5, 114 Abs. 6 öAktG ruhen, außer Betracht (§ 7 1.öÜbV). Daher ist eine Konstellation gegeben, in der nach § 22 Abs. 1 öÜbG grundsätzlich ein Pflichtangebot ausgelöst wird.108 Jedoch sieht § 25 Abs. 1 Nr. 3 öÜbG vor, dass abweichend von § 22 öÜbG eine Mitteilung über den Sachverhalt an die Übernahmekommission genügt, wenn die für das Entstehen einer kontrollierenden Beteiligung erforderliche Zahl an Stimmrechten geringfügig sowie nur vorübergehend oder unbeabsichtigt überschritten wird.109 Da durch den passiven Kontrollerwerb die für eine kontrollierende Beteiligung erforderliche Zahl an Stimmrechten nur geringfügig überschritten wird, kommt es weiter darauf an, ob die Überschreitung nur vorübergehend oder unbeabsichtigt erfolgte. Verkauft der Aktionär unmittelbar Beteiligungspapiere in dem Maße, dass sein relativer Stimmrechtsanteil wieder unterhalb der Schwellenwerte liegt, genügt mithin eine Mitteilung über den Sachverhalt an die Übernahmekommission. Hat der Aktionär ein Interesse daran, seine Beteiligungspapiere zu behalten, ist entscheidend, ob die Überschreitung unbeabsichtigt erfolgte. Dies ist anzunehmen, wenn der Aktionär nicht zielgerichtet auf den Aktienrückkauf durch die Gesellschaft hingewirkt hat und nicht seine Beteiligung im Hinblick auf einen bevorstehenden Aktienrückkauf knapp unter die Grenze von 30 % (bzw. 50 %) ausgebaut hat.110 Insoweit kann bedeutsam sein, ob der betroffene Beteiligte eine zumutbare Möglichkeit hatte, die passive Kontrollerlangung zu verhindern oder nicht.111 In diesem Fall besteht nur eine Anzeigepflicht, unter Umständen unter Anordnung von Bedingungen und Auflagen.112 Gleichwohl _______________

lierende Beteiligung widerleglich vermutet, wenn diese Beteiligung in jeder der letzten drei Hauptversammlungen die relative Stimmenmehrheit bedeutet hätte. An dieser Vermutung zeigt sich, dass es auch im österreichischen Recht auf die Mehrheitsverhältnisse in der Hauptversammlung ankommt. 108 Kaindl, S. 38 und 176; Zollner, S. 112 ff.; Klement/Dietrich, ecolex 2001, 675, 676; Terlitza/Zollner, ÖBA 2000, 671, 672; Winner, RdW 1999, 509, 511; offen lassend Kalss/Zollner, ÖBA 2001, 499, 500 f.; kritisch Hügel/Leitgeb, ÖBA 2000, 965, 968 f.; a. A. Gruber/Zivny, RdW 2002, 132, 135, die sich für eine teleologische Reduktion des Begriffs „Erlangen“ auf aktiv vom Bieter herbeigeführte Sachverhalte aussprechen. 109 § 25 Abs. 1 Nr. 3 öÜbG verdeutlicht noch einmal, dass nach der Gesetzessystematik die Intention des Bieters bei der Beurteilung der Frage, ob eine kontrollierende Beteiligung vorliegt, außen vor bleibt. Erst für die Frage, ob lediglich eine Anzeigepflicht besteht, wird dies bedeutsam. 110 Diregger/Kalss/Winner, in: MünchKommAktG, öÜbG, Rn. 135. 111 Zollner, S. 113. 112 Diregger/Kalss/Winner, in: MünchKommAktG, öÜbG, Rn. 135. Nach Zollner, S. 115 gebietet es schon der verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit,

§ 8 Passiver Kontrollerwerb und Pflichtangebot

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kann die Übernahmekommission nach § 25 Abs. 2 S. 1, 1. Hs. öÜbG die Stellung eines Pflichtangebots anordnen.113 Ihre diesbezügliche Entscheidung ist davon abhängig, ob nach den tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalls eine Gefährdung der Vermögensinteressen der weiteren Aktionäre vorliegt (§ 25 Abs. 2 S. 2 öÜbG).114 Vorzunehmen ist eine Gesamtabwägung aller in Betracht kommenden Umstände.115 Im österreichischen Recht wird mithin nach herrschender Meinung der Erwerb der Kontrollmehrheit infolge des Erwerbs eigener Aktien durch die Gesellschaft als passiver Kontrollerwerb eingestuft. Unter bestimmten Voraussetzungen besteht allerdings nur eine Anzeigepflicht, wenn nicht die Übernahmekommission trotz des Vorliegens dieser Voraussetzungen die Stellung eines Pflichtangebots anordnet. Es besteht damit ein zweistufiges System, welches eine flexible Entscheidung ermöglicht und die angemessene Berücksichtigung der Interessen aller Betroffenen gewährleistet.116

II. Schweiz Nicht eindeutig ist die Rechtslage hingegen im schweizerischen Recht. Nach Art. 32 Abs. 1 S. 1 sBEHG muss, wer Beteiligungspapiere erwirbt und zusammen mit den Papieren, die er bereits besitzt, den Grenzwert von 33 ѿ %117 der Stimmrechte einer Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, überschreitet, ein Angebot unterbreiten für alle kotierten118 Beteiligungspapiere der Gesellschaft.119 Gem. Art. 32 Abs. 2 lit. b sBEHG kann die Aufsichtsbehörde eine Ausnahme von der Angebotspflicht erteilen, wenn die Überschreitung aus einer Verringerung der Gesamtzahl der Stimmrechte der Gesellschaft resultiert. Damit ist nicht geklärt, ob in die Berechnung der Gesamtzahl der Stimmrechte auch die nicht ausübbaren Stimmrechte eingehen. Aus Art. 32 Abs. 2 lit. b _______________

dass eine Ausnahme von der Angebotspflicht besteht, wenn eine Gefährdung der Interessen der übrigen Beteiligungspapierinhaber nicht zu befürchten sei. 113 Dazu etwa Kaindl, S. 181 ff. 114 Dazu Hausmaninger/Herbst, öÜbG, § 25 Rn. 11. 115 Zollner, S. 113. 116 Diregger/Kalss/Winner, in: MünchKommAktG, öÜbG, Rn. 135; Zollner, S. 113. 117 Nach Art. 32 Abs. 1 S. 2 sBEHG können die Zielgesellschaften in ihren Statuten den Grenzwert bis auf 49 % der Stimmrechte anheben. 118 Kotiert bedeutet nach der Legaldefinition in Art. 2 lit. c sBEHG zum Handel an der Haupt- oder Nebenbörse zugelassen. 119 Zur Angebotspflicht in der Schweiz siehe zusammenfassend etwa Frei, S. 142 ff., 236 ff.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

sBEHG kann lediglich geschlossen werden, dass jedenfalls der Aktienrückkauf mit anschließender Kapitalherabsetzung einen passiven Kontrollerwerb eines Aktionärs auslösen kann, denn dieses setzt der Befreiungstatbestand implizit voraus.120 Offen bleibt damit die Frage, ob dies auch für den Fall gilt, dass ein Aktienrückkauf ohne anschließende Kapitalherabsetzung durchgeführt wird. Dafür spricht, dass auch im schweizerischen Recht die Art der Kontrollerlangung bedeutungslos ist.121 Außerdem kommt es – wie im deutschen Recht – zu einer Verringerung der Gesamtzahl der ausübbaren Stimmrechte, denn nach Art. 659 a Abs. 1 OR122 ruhen die Stimmrechte aus eigenen Aktien. Die relative Stimmrechtskraft verändert sich. Trotzdem wird auch für das schweizerische Recht angeführt, dass ein Kontrollerwerb i. S. d. Art. 32 Abs. 1 sBEHG fehle, da die Stimmrechte aus eigenen Aktien weiter – wenn auch nicht ausübbar – bestünden, im Handelsregister eingetragen blieben und somit bei der Berechnung der Gesamtzahl der Beteiligungspapiere zu berücksichtigen seien.123 Im Wesentlichen ist die Rechtslage in der Schweiz mit der in Deutschland vergleichbar. In der Schweiz fehlt es jedoch an einer Gesetzesbegründung, die wie in Deutschland vorsieht, dass die nicht ausübbaren Stimmrechte in die Gesamtzahl der Stimmrechte einfließen. Insoweit liegt es für das schweizerische Recht noch näher, einen passiven Kontrollerwerb anzunehmen, wenn ein Aktionär infolge des Aktienrückkaufs der Gesellschaft die relative Kontrollmehrheit erlangt.

III. Vereinigtes Königreich Nach Rule 37.1 City Code kann ein passiver Kontrollerwerb ausgelöst werden infolge des Rückkaufs eigener Aktien durch die Gesellschaft. Der Anstieg der relativen Stimmrechtsmehrheit führt dazu, dass ein Großaktionär, der dadurch die Kontrollschwelle von 30 % (Rule 9.1 (a) City Code) überschreitet, grundsätzlich der Pflichtangebotsregelung der Rule 9 unterliegt.124 Das Panel _______________ 120

Hofstetter, in: Vogt/Watter, BEHG, Art. 32 Rn. 38. Bernet, S. 218 f. 122 Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht) vom 30. 3. 1911, Amtliche Sammlung (AS) 27 317. 123 Hofstetter, in: Vogt/Watter, BEHG, Art. 32 Rn. 10. 124 Das Pflichtangebot muss nach Rule 9.3 (a) City Code unter der Bedingung abgegeben werden, dass der Bieter durch das Angebot mindestens 50 % der Stimmrechte erlangt. Ansonsten muss er die Annahmeerklärungen wieder zurückgeben und seine Beteiligung auf unter 30 % verringern. Durch das Pflichtangebot kann eine Beteiligung 121

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wird den Aktionär jedoch in der Regel von der Verpflichtung zum Angebot befreien, wenn es nach eingehender Prüfung zu dem Ergebnis kommt, dass der Großaktionär auf den Aktienrückkauf keinen Einfluss ausgeübt hat, die unabhängigen Anteilseigner der Transaktion zugestimmt haben und der Antragsteller das Verfahren der „whitewash guidance note“125 befolgt.126 Eine Befreiung wird jedoch nicht erteilt, wenn der Aktionär zuvor Aktienzukäufe in Kenntnis eines bevorstehenden Aktienrückkaufs durch die Gesellschaft getätigt hat (Rule 37.1 City Code, Note 2). Damit sieht auch der City Code ein flexibles System vor, welches grundsätzlich die Vorschriften über Pflichtangebote für anwendbar erklärt und gleichzeitig großzügige Befreiungstatbestände vorsieht.127

IV. Vereinigte Staaten Ein Vergleich zu Regelungen in den Vereinigten Staaten ist nicht möglich. Das US-amerikanische Bundesrecht sieht weder bei börslichen noch bei außerbörslichen Erwerben von Aktien ein anschließendes Pflichtangebot vor.128 Aus diesem Grund stellt sich die Frage nicht, ob der Erwerb der relativen Kontrollmehrheit infolge des Rückkaufs eigener Aktien durch die Gesellschaft ein Pflichtangebot auslöst.

V. Ergebnis Das österreichische Übernahmerecht und die Regelungen des City Code im Vereinigten Königreich sprechen für ein zweistufiges Vorgehen. Insbesondere der City Code hat sich als Regelungssystem bewährt und zeigt für die hier _______________

zwischen 30 und 50 % damit nicht erreicht werden; vgl. im Einzelnen etwa Pearson, in: Button/Bolton, S. 89 ff.; Zinser, RIW 2001, 481, 484 f. 125 Geregelt in Appendix 1 zum City Code. 126 Heinle, S. 38. 127 Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2594. 128 Traugott/Schaefer, NZG 2004, 158, 160; Zinser, RIW 1999, 844, 845 f. Grund dafür ist, dass das US-amerikanische Modell im Williams Act in einem rein kapitalmarktrechtlichen Regelungsansatz vornehmlich verfahrensbezogen operiert, Baum, RIW 2003, 421, 422. Im Jahre 1983 hat sich eine von der Securities and Exchange Commission (SEC) eingesetzte Beratungskommission ausdrücklich gegen die Einführung eines Pflichtangebots nach dem Vorbild des City Code ausgesprochen, da es einen Eingriff in Prozesse des Marktes darstelle, der erhebliche negative Konsequenzen habe, vgl. Quinn/Martin, in: Steinberg, S. 9, 18 f.

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interessierende Frage, dass eine flexible Lösung gegenüber einer starren Regelung zu bevorzugen ist. Durch die Pflicht zur Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots und die Möglichkeit einer Befreiung wird sowohl dem Interesse desjenigen, der die relative Kontrollmehrheit erlangt hat, als auch dem Interesse der Minderheitsaktionäre entsprochen. Nach dem City Code wird eine Befreiung jedoch nicht erteilt, wenn der Aktionär zuvor Aktienzukäufe in Kenntnis eines bevorstehenden Aktienrückkaufs durch die Gesellschaft getätigt hat (Rule 37.1 City Code, Note 2). Gerade diese Rückausnahme bestätigt das für das deutsche Recht gefundene Ergebnis. Es wurde festgestellt, dass die BaFin in der Regel eine Befreiung nach § 37 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜGVO erteilen wird, wenn die relative Kontrollmehrheit infolge des Aktienrückkaufs durch die Gesellschaft erlangt wurde. Ein Ausnahmefall liegt jedoch vor, wenn ein Aktionär zuvor in Kenntnis eines bevorstehenden Aktienrückkaufs selbst Aktien erworben hat, um dadurch später die relative Kontrollmehrheit zu erreichen.129 Genau dieses Regelungssystem verfolgt der City Code. Die rechtsvergleichenden Erfahrungen bestätigen mithin die Überlegenheit einer flexiblen, zweistufigen Lösung.

C. Die Auswirkungen der Richtlinie 2004/25/EG Die Richtlinie 2004/25/EG130 des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend Übernahmeangebote sieht in Art. 5 Abs. 1 vor, dass ein Pflichtangebot zu einem angemessenen Preis abzugeben ist, wenn eine natürliche oder juristische Person Wertpapiere einer Gesellschaft hält, die einen die Kontrolle begründenden Anteil an den Stimmrechten dieser Gesellschaft verschaffen.131 Eine Kontrollschwelle und deren Berechnung wurden durch die Richtlinie nicht vorgegeben, sondern deren Bestimmung ausdrücklich den Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat, überlassen (Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie).132 Wertpapiere sind nach der Legaldefinition in Art. 2 Abs. 1 lit. e der Richtlinie übertragbare Wertpapiere, die Stimmrechte in einer Gesellschaft verleihen. Damit wird nicht geklärt, ob darunter nur die ausübbaren Stimmrechte fallen oder auch die nicht ausübbaren. Die europäische Richtlinie _______________ 129

Siehe oben § 8 A. III. ABl. Nr. L 142 vom 30. 4. 2004, S. 12 ff. 131 Wie § 35 Abs. 3 WpÜG sieht auch die Richtlinie in Art. 5 Abs. 2 vor, dass ein Pflichtangebot nicht abgegeben werden muss, wenn die Kontrolle aufgrund eines freiwilligen Angebots erlangt worden ist, das im Einklang mit der Richtlinie allen Wertpapierinhabern für ihre Wertpapiere unterbreitet worden ist. 132 Der Versuch, die in vielen Mitgliedstaaten bestehende Kontrollschwelle von 30 % festzulegen, scheiterte damit, vgl. Wiesner, ZIP 2004, 343, 347. 130

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hat somit auf die Konstellation des passiven Kontrollerwerbs infolge des Rückkaufs eigener Aktien durch die Gesellschaft keine Auswirkungen. Hinsichtlich dieser Sachfrage besteht für das WpÜG jedenfalls aufgrund der Richtlinie 2004/25/EG kein Anpassungsbedarf.

D. Die Beachtlichkeit der Gesetzesbegründung Der gefundene Lösungsansatz steht nicht im Einklang mit der in der Gesetzesbegründung vorgesehenen Lösung. Fraglich ist, inwieweit der Rechtsanwender, vor allem die BaFin, in der Praxis an die Gesetzesbegründung gebunden ist.133 Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Bundesministerium der Finanzen als Verordnungsgeber die im Referentenentwurf vorgesehene Regelung geändert hat und damit offenbar den hier diskutierten Fall dem Anwendungsbereich der §§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG unterstellen und im Einzelfall eine Befreiung ermöglichen wollte.134 Dabei wurde jedoch anscheinend übersehen, dass dies mit der in der Gesetzesbegründung vorgesehenen Lösung nicht übereinstimmt.135 Der Wille des Verordnungsgebers geht jedenfalls dahin, dass §§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG anwendbar sind und eine Befreiung über § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO im Einzelfall sachgerecht ist. Diese Einschätzung des Verordnungsgebers ändert gleichwohl nicht den ausweislich der Gesetzesbegründung bestehenden Willen des Gesetzgebers. Aufgrund fehlender Hinweise kann auch nicht darauf geschlossen werden, dass sich der Wille des Gesetzgebers im Gesetzgebungsprozess geändert hat und lediglich eine Korrektur der Gesetzesbegründung unterblieben ist. Gleichzeitig ist hervorzuheben, dass die in der Gesetzesbegründung vorgesehene Lösung im Gesetzestext keinen Ausdruck gefunden hat. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass sie für den Rechtsanwender unbedeutend ist. Vielmehr verdeutlicht eine ausdrückliche Stellungnahme in den Materialien den Gesetzeszweck und wird in der Regel zu befolgen sein.136 Etwas anderes kann sich nur ergeben, wenn der Wille des historischen Gesetz_______________ 133

Dafür Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2593; dagegen Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 94, 97. 134 Siehe oben § 8 A. IV. 3. 135 Im Übrigen ist auch dem Handelsrechtsausschuss des DAV diese Nichtübereinstimmung entgangen, der die Änderung angeregt hatte. Nach Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 95 stellt sich gerade vor dem Hintergrund, dass der mit führenden Aktienrechtlern besetzte Handelsrechtsausschuss des DAV die vom Gesetz abweichende Gesetzbegründung anscheinend nicht gesehen hat, die Frage, ob die in der Gesetzbegründung vorgesehene „Lösung contra legem“ für die Rechtspraxis sinnvoll ist. 136 Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einl. Rn. 55.

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gebers mittlerweile überholt ist.137 Davon kann hinsichtlich des WpÜG aber nicht gesprochen werden.138 Der Wille des Gesetzgebers ist daher auch beachtlich, wenn er im Gesetzestext selbst keinen objektiven Ausdruck gefunden hat.139 Der Gesetzesbegründung des WpÜG kommt eine normative Kraft zu, die der Rechtsanwender zu beachten hat.140 Mithin ist die Entscheidung des Gesetzgebers zu respektieren, so dass de lege lata ein passiver Kontrollerwerb mit der Folge der Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots nach § 35 Abs. 2 S. 1 WpÜG nicht angenommen werden kann, wenn ein Großaktionär die relative Kontrollmehrheit ohne eigenes Zutun dadurch erlangt, dass die Gesellschaft eigene Aktien zurückerwirbt.

E. Exkurs: Andere Stimmrechtsausübungshindernisse Kurz eingegangen werden soll noch auf die Frage, inwieweit andere Stimmrechtsausübungshindernisse bei der Berechnung der Gesamtzahl der Aktien zu berücksichtigen sind.141 Stimmrechtsausübungshindernisse bestehen, wenn bei Namensaktien der Aktionär noch nicht im Handelsregister eingetragen ist (§ 67 Abs. 2 AktG), wenn ein Aktionär die Pflichten aus § 35 Abs. 1 oder 2 WpÜG nicht erfüllt (§ 59 S. 1 WpÜG), wenn ein Aktionär seine Mitteilungspflichten nach § 21 Abs. 1 oder 1 a WpHG (§ 28 S. 1 WpHG) oder nach § 20 Abs. 1 oder 3 AktG (§ 20 Abs. 7 AktG) nicht erfüllt oder wenn ein Aktionär seine Einlage noch nicht vollständig geleistet hat (§ 134 Abs. 2 S. 1 AktG142). Auch in diesen Fällen scheint es – nach den Ergebnissen dieser Untersuchung – auf den ersten Blick angemessen, diese Stimmrechte bei der Berechnung der Gesamtzahl der Stimmrechte nicht zu berücksichtigen. Schließlich können die Stimmrechte in der Hauptversammlung nicht ausgeübt werden und der relative Stimmrechtsanteil anderer Aktionäre steigt. Jedoch wird bei näherem Hinsehen deutlich, dass _______________ 137

Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einl. Rn. 50; Säcker, in: MünchKommBGB, Einl. Rn. 105. 138 Davon ausgehend wohl auch Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 35 Rn. 54. 139 Säcker, in: MünchKommBGB, Einl. Rn. 105; a. A. Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2593. 140 Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 97. 141 Die gleichen Fragen treten auch hinsichtlich der Berechnung der von einem Aktionär gehaltenen Stimmrechte auf; siehe dazu etwa Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 29 Rn. 90 ff. Darauf wird im Rahmen dieser Untersuchung nicht eingegangen, da die Gesellschaft nur 10 % eigener Aktien halten darf und eine Kontrollerlangung damit nicht in Betracht kommt. 142 Nach § 134 Abs. 2 S. 2 AktG kann durch die Satzung davon abgewichen werden.

§ 8 Passiver Kontrollerwerb und Pflichtangebot

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wesentliche Unterschiede zu der Konstellation bestehen, dass die Gesellschaft eigene Aktien hält. Die soeben genannten Stimmrechtsausübungshindernisse bestehen, da Aktionäre ihren Pflichten nicht nachgekommen sind. Ein Pflichtenverstoß soll mithin sanktioniert werden; getroffen werden sollen diejenigen, die ihre Pflichten nicht erfüllt haben. Damit ist es nicht vereinbar dass sich die Pflichtverletzung zum Nachteil anderer Aktionäre auswirkt.143 Unter diesen Umständen ist es nicht zumutbar, auch nur eine Befreiung beantragen zu müssen. Im Gegensatz dazu ist der Rückerwerb eigener Aktien zulässig, so dass das Pflichtangebot eines Aktionärs nicht durch ein pflichtwidriges Verhalten ausgelöst wird.144 In dieser Konstellation kann es der Aktionär darüber hinaus selbst vermeiden, dass er in eine relative Kontrollposition gerät und einen Befreiungsantrag stellen muss, indem er an dem Rückkaufprogramm der Gesellschaft partizipiert.145 Einen solchen Ausweg gibt es nicht, wenn andere Aktionäre ihre Mitteilungspflichten verletzen. Hinzu kommt, dass die Stimmrechtsausübungshindernisse enden, sobald der Aktionär seine Pflichten erfüllt. Die Rechtsfolge der Verpflichtung zu einem öffentlichen Erwerbsangebot mit der Möglichkeit, einen Befreiungsantrag zu stellen, wäre auch unter diesem Gesichtpunkt der jederzeitigen Nachholbarkeit nicht angemessen. Aus diesen Gründen sind Stimmrechtsausübungshindernisse, die nicht aus dem Halten eigener Aktien der Gesellschaft resultieren, bei der Berechnung der Gesamtzahl der Aktien nicht zu berücksichtigen. Dass dieses Ergebnis sachgerecht ist, verdeutlicht ein – zugegebenermaßen extremes – Beispiel: Erreicht ein Aktionär 75 % der Stimmrechte an einer börsennotierten Gesellschaft, ist er nach § 21 Abs. 1 S. 1 WpHG meldepflichtig. Unterlässt er die Meldung, bestehen die Rechte aus den Aktien nicht (§ 28 S. 1 WpHG). Es kommt mithin zu einem Verlust sämtlicher Stimmrechte und nicht nur zu einem Verlust der Stimmrechte, die den Schwellenwert übersteigen.146 75 % der insgesamt verfügbaren Stimmrechte sind damit nicht ausübbar. In diesem Fall reichen schon 7,5 % der insgesamt verfügbaren Stimmrechte, um über 30 % der ausübbaren Stimmrechte zu verfügen.147 Die _______________ 143

Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 29 Rn. 41; das gleiche Argument wendet von Bülow, in: KölnKommWpÜG, § 29 Rn. 97 bei der Berechnung der von einem Aktionär gehaltenen Stimmrechte an. 144 Diesen wesentlichen Unterschied übersieht Versteegen, in: KölnKommWpÜG, § 29 Rn. 129. 145 Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 29 Rn. 40. 146 Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 26. 147 Die Quote von 7,5 % ergibt sich aus folgender Berechnung: Es verbleiben, wenn man andere Stimmrechtsausübungsverbote oder -hindernisse außer Betracht lässt, 25 % der Aktien, die ein Stimmrecht verleihen. Für eine Kontrollmehrheit sind daher nur 30 % von 25 % erforderlich. Die Formel dafür lautet, wenn x die Quote ist, die erreicht

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

Pflicht zu einem öffentlichen Erwerbsangebot erscheint unter diesen Voraussetzungen wenig sachgerecht. Daher bleiben andere Stimmrechtsausübungshindernisse ohne Berücksichtigung.

F. Handlungsbedarf Obwohl de lege lata in der aufgezeigten Konstellation eine Pflicht zur Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots wegen der Kraft der Gesetzesbegründung nicht in Betracht kommt, ist deutlich geworden, dass eine Lösung über eine grundsätzliche Verpflichtung zum Angebot mit der Möglichkeit einer Befreiung sachgerechter ist. Der Gesetzgeber sollte daher klarstellen, dass die Lösung, die der Verordnungsgeber eingeschlagen hat, anzuwenden ist. Insoweit könnte er in § 29 Abs. 2 WpÜG einen S. 2 anfügen, der lautet: „Bei der Ermittlung der Gesamtzahl der Stimmrechte sind die eigenen Aktien der Gesellschaft nicht zu berücksichtigen.“

Diese Lösung hätte den Vorteil, dass sie sachgerecht die Interessen der Beteiligten und den für das Halten von Kontrolle wesentlichen Punkt, die Ausübung von Stimmrechten in der Hauptversammlung, berücksichtigt. Darüber hinaus würde eine Angleichung an die Rechtslage in Österreich und dem Vereinigten Königreich erfolgen.

G. Ergebnis Ein passiver Kontrollerwerb mit der Folge der Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots nach § 35 Abs. 2 S. 1 WpÜG liegt auch vor, wenn ein Aktionär die Kontrollmehrheit ohne eigenes Zutun dadurch erlangt, dass die Gesellschaft eigene Aktien zurückerwirbt. In die Berechnung der Gesamtzahl der Stimmrechte nach § 29 Abs. 2 WpÜG gehen die eigenen Aktien nämlich nicht ein. Im Einzelfall kann jedoch eine Befreiung nach § 37 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO erteilt werden, so dass eine flexible Entscheidung ermöglicht wird. _______________

werden muss, um über 30 % der Aktien zu verfügen, die ein in der Hauptversammlung ausübbares Stimmrecht gewähren: x = 25 % geteilt durch 100 mal 30 = 7,5 %.

§ 8 Passiver Kontrollerwerb und Pflichtangebot

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Die Angemessenheit dieser Lösung wird durch rechtsvergleichende Erfahrungen bestätigt. Da die Gesetzesbegründung einen anderen Lösungsweg vorgibt, der jedoch im Vergleich zur gefunden Lösung keine sachgerechten Entscheidungen im Einzelfall gestattet, sollte der Gesetzgeber tätig werden. Insoweit ist klarzustellen, dass die eigenen Aktien der Gesellschaft im Rahmen der Ermittlung der Gesamtzahl der Stimmrechte (§ 29 Abs. 2 WpÜG) nicht zu berücksichtigen sind.

§ 9 Der Rückerwerb eigener Aktien als Maßnahme zur Abwehr feindlicher Übernahmen Eigene Aktien werden von den Gesellschaften zurückerworben, um feindliche1 Übernahmen zu erschweren. An dieser Stelle wird zunächst dargestellt, inwieweit sich der Rückerwerb eigener Aktien als präventive oder repressive Abwehrmaßnahme eignet. Im Anschluss daran ist die Zulässigkeit des Rückerwerbs als Abwehrmaßnahme zu untersuchen. Nach Erlass des WpÜG ist vor allem § 33 WpÜG2 zu beachten, der die Verhaltenspflichten des Vorstands der Zielgesellschaft bei Übernahmeangeboten regelt.

A. Die Tauglichkeit des Erwerbs eigener Aktien als Maßnahme zur Abwehr feindlicher Übernahmen Der Aktienrückkauf ist verbunden mit einem Liquiditätsabfluss. Gleichzeitig erhöht sich der Verschuldungsgrad der Gesellschaft.3 Die der Gesellschaft zur Verfügung stehenden Mittel, um die mit der Übernahme entstehenden Schulden zu begleichen, werden verringert.4 Eine Übernahme, die hauptsächlich aus der Liquidität der Gesellschaft oder aus der Beleihung der Aktiva finanziert wird (sog. bootstrap acquisition), erschwert sich erheblich bzw. wird unter Umständen unmöglich.5

_______________ 1

Ein feindliches Übernahmeangebot wird vom Vorstand der Zielgesellschaft als unerwünscht angesehen. Das Gegenteil dazu bildet das freundliche Übernahmeangebot, Brandi, in: Thaeter/Brandi, Öffentliche Übernahmen, Teil 3 Rn. 258; Weber-Rey, in: Semler/Volhard, Bd. 1, § 11 Rn. 10; ausführlich zu Kriterien für die Einordnung Richter, in: Semler/Volhard, Bd. 2, § 52 Rn. 10 ff. 2 Zum Normzweck des § 33 WpÜG siehe Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 3 f.; Brandi, in: Thaeter/Brandi, Öffentliche Übernahmen, Teil 3 Rn. 263 ff. 3 Benckendorff, S. 61; Hampel, S. 7; Johannsen-Roth, S. 48; Kopp, S. 41 f.; Kübler, Aktie, S. 43; Wastl/Wagner/Lau, S. 39; siehe schon oben § 2 A. I. 2. 4 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 10; van Aubel, S. 17; Duggal, in: Picot/ Mentz/Seydel, Teil IX Rn. 1; von Falkenhausen, in: FS Stiefel, S. 163, 185 f. 5 Kopp, S. 42; Pellens/Schremper, S. 15; Helmis, M&A 2001, 7, 8 f.

§ 9 Der Rückerwerb eigener Aktien zur Abwehr feindlicher Übernahmen

271

Wie bereits erörtert, kann der Aktienrückkauf zum Anstieg des Kurses der Aktie führen.6 Der Preis für die Übernahme der Aktien erhöht sich infolgedessen.7 Die Anreize, die Zielgesellschaft zu übernehmen, verringern sich.8 Für die derzeitigen Aktionäre wird das Angebot außerdem weniger attraktiv, wenn durch den Erwerb eigener Aktien der Kurs steigt.9 Ein hoher Aktienkurs, der zu einer großen Börsenkapitalisierung führt, ist ein effektiver Schutz gegen feindliche Übernahmeangebote.10 Darüber hinaus erhöht sich der Stimmrechtsanteil der nicht verkaufsbereiten Aktionäre.11 Diejenigen Aktionäre, die den angebotenen Rückkaufpreis nicht akzeptiert und ihre Aktien gehalten haben, werden auch bei einem Übernahmeangebot nicht so schnell verkaufsbereit sein. Es halten nur noch Aktionäre mit einer höheren „reservation value“ die Aktien.12 Hinzu kommt, dass sich die Anzahl der erreichbaren Aktien (sog. free float) verringert.13 Dies kann jedoch auch ein Nachteil sein, denn schließlich ruhen die Stimmrechte aus eigenen Aktien gem. § 71 b AktG14. Die Anzahl der zur Kontrollerlangung erforderlichen Aktien verringert sich damit.15 Aus diesem Grund werden die von der Gesellschaft zurückerworbenen Aktien häufig an befreundete Investoren (sog. white knights) weiterveräußert. Diese Investoren verpflichten sich, ihre Aktien zu halten und ihr Stimmrecht im Sinne des Vorstands der Gesellschaft auszuüben.16 Zusammen mit den Aktien, die die Gesellschaft selbst hält, kommt es

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6 Begründung zum Regierungsentwurf zum WpÜG, BT-Drucks. 14/7034, S. 58; weitere Nachweise siehe oben § 2 A. I. 1., III. 7 Klug, S. 132 ff.; Zech, S. 222. 8 van Aubel, S. 17; von Falkenhausen, in: FS Stiefel, S. 163, 185 f.; Assmann/Bozenhardt, in: Assmann/Basaldua/Bozenhardt/Peltzer, S. 1, 132. 9 Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33 Rn. 28; Schlitt, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 33 Rn. 91; Hirte, ZGR 2002, 623, 632; Krause, BB 2002, 1053, 1059. 10 Schäfer, WM 1999, 1345, 1346. 11 Klug, S. 111 ff. 12 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 10; Benckendorff, S. 62; JohannsenRoth, S. 48 f.; Kopp, S. 43; Helmis, M&A 2001, 7, 9. Um die Aktionäre zu ermitteln, die schon zu einem relativ geringen Preis verkaufen, bietet sich insbesondere der Aktienrückkauf im Wege des Preisspannenangebots an, siehe oben § 3 B. II. 13 Begründung zum Regierungsentwurf zum WpÜG, BT-Drucks. 14/7034, S. 58; Schlitt, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 33 Rn. 91; van Aubel, S. 17; Duggal, in: Picot/Mentz/Seydel, Teil IX Rn. 1; Zech, S. 222. 14 Siehe oben § 4 B. V. 15 Siehe oben § 1 A. mit einem Rechenbeispiel. 16 Voraussetzung dafür ist dann jedoch, dass gem. § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5, 2. Hs. AktG i. V. m. § 186 Abs. 3 S. 1 AktG das Bezugsrecht der Aktionäre ausgeschlossen wird. Dafür ist erforderlich, dass der Beschluss mit Dreiviertelmehrheit gefasst wird (§ 186

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

zur Bildung „übernahmeresistenter“17 Aktionärsgruppen.18 Der Nachteil, dass die Stimmrechte aus eigenen Aktien ruhen (§ 71 b AktG), kann somit ausgeglichen werden. Insgesamt zeigt sich der Erwerb eigener Aktien als taugliche Abwehrmaßnahme gegenüber feindlichen Übernahmen. Gleichwohl ist hervorzuheben, dass dem Erwerb eigener Aktien in Deutschland enge Grenzen gesetzt sind, insbesondere wegen der 10 %-Grenze des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG.19 Die Gesellschaft kann nicht beliebig viele Aktien vom Markt nehmen. Immerhin bleibt ihr aber – wie gerade angesprochen – die Möglichkeit, die Aktien an befreundete Investoren zu veräußern, so dass sie selbst wieder über einen Freiraum für den Erwerb eigener Aktien verfügt. Um einen gegenwärtigen Übernahmeversuch abzuwehren, kann auf eine weitere Strategie zurückgegriffen werden. Die Zielgesellschaft kann demjenigen Aktionär, der bereits über Aktien an der Gesellschaft verfügt und angekündigt hat, die Kontrolle der Gesellschaft übernehmen zu wollen, ein Rückkaufangebot machen.20 Dieses Rückkaufangebot wird in der Regel deutlich über dem aktuellen Kursniveau liegen und somit für den Aktionär lukrativ sein. In der US-amerikanischen Unternehmenspraxis hat sich dadurch das sog. greenmailing21 entwickelt. Der sog. greenmailer droht dem Vorstand der Zielgesellschaft mit der Übernahme der Kontrollmehrheit der Gesellschaft, sollten ihm nicht seine Anteile zu einem über dem aktuellen Aktienkurs liegenden Preis abgekauft werden. Teilweise wird der Aktienrückkauf mit einem „standstill agreement“ verbunden.22 Der Bieter verpflichtet sich darin, für einen bestimmten Zeitraum von einem Übernahmeangebot abzusehen. Im Ergebnis wird durch den Ausverkauf des Interessenten die Übernahmegefahr beseitigt.

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Abs. 3 S. 2 AktG) und der Bezugsrechtsausschluss sachlich gerechtfertigt ist, Hüffer, AktG, § 186 Rn. 25 ff.; Bayer, ZGR 2002, 588, 593 f. 17 Johannsen-Roth, S. 49. 18 Gerade aus dem Gesichtspunkt des § 71 b AktG, wonach der Gesellschaft selbst aus eigenen Aktien keine Stimmrechte zustehen, ergibt sich die Notwendigkeit, befreundete Investoren einzusetzen. 19 Otto, BB-Beilage 12/1988, 1, 8; aus diesem Grunde an der Effektivität des Aktienrückkaufs als Abwehrmaßnahme gegen feindliche Übernahmen zweifelnd Schlitt, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 33 Rn. 267. 20 Benckendorff, S. 63; Johannsen-Roth, S. 49 f. 21 Zum Begriff „greenmailing“ siehe oben § 3 C. 22 Benckendorff, S. 63; Johannsen-Roth, S. 50; Kopp, S. 45.

§ 9 Der Rückerwerb eigener Aktien zur Abwehr feindlicher Übernahmen

273

Der Erwerb eigener Aktien kann deshalb sowohl dazu genutzt werden, feindlichen Übernahmen präventiv entgegenzuwirken als auch gegenwärtige Übernahmeversuche abzuwehren.23

B. Die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien als Maßnahme zur Abwehr feindlicher Übernahmen Zeigt sich der Erwerb eigener Aktien insoweit als taugliches Mittel, um eine Gesellschaft gegen feindliche Übernahmen zu verteidigen, ist damit noch keine Aussage getroffen, dass diese Maßnahmen auch zulässig sind. Vielmehr sind sowohl die Vorschriften des Aktienrechts als auch des Übernahmerechts zu beachten. Rechtsgrundlage für den Erwerb eigener Aktien kann – von extremen Ausnahmefällen abgesehen – nicht § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG sein, da in der feindlichen Übernahme kein Schaden für die Gesellschaft liegt. Insoweit bleibt allein der Rückerwerb aufgrund einer Ermächtigung durch die Hauptversammlung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG. Um die Auswirkungen des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien als Maßnahme zur Abwehr feindlicher Übernahmen aufzuzeigen, soll zunächst kurz die vor Erlass des WpÜG geltende Rechtslage skizziert werden, um daran anschließend die gegenwärtige Rechtslage darzustellen.

I. Rechtslage vor Erlass des WpÜG Die Rechtslage vor Erlass des WpÜG war vor allem dadurch gekennzeichnet, dass es keine Kodifikation gab, die dem Vorstand der Zielgesellschaft besondere Verhaltenspflichten auferlegte.

1. Die aktienrechtliche Neutralitätspflicht Vor Erlass des WpÜG war umstritten, ob der Vorstand der AG einer Neutralitätspflicht24 unterliegt, die Abwehrmaßnahmen gegen feindliche Übernahme_______________ 23 So auch die Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 58, sofern der Erwerb in größerem Umfang erfolge; zweifelnd Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 268. 24 Der Begriff Neutralitätspflicht ist ungenau und missverständlich, da der Vorstand der Zielgesellschaft angesichts des Übernahmeangebots nicht zu völliger Passivität

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

angebote untersagt. Im Wesentlichen war zwischen zwei Ansichten zu differenzieren.

a) Bestehen einer Neutralitätspflicht Nach der herrschenden Meinung unterlag der Vorstand einer Neutralitätspflicht.25 Er befinde sich im Rahmen eines Übernahmeangebots in einem Interessenkonflikt, der durch die Geltung einer Neutralitätspflicht aufzulösen sei. Darüber hinaus werde nur so ein funktionsfähiger Markt für Unternehmenskontrolle gewährleistet. Eine feindliche Übernahme komme nämlich vor allem in Betracht, wenn sich suboptimale Managementleistungen in niedrigen Börsenkursen widerspiegelten. Um dies zu verhindern, solle der Vorstand einer Gesellschaft die Ressourcen der Gesellschaft effektiv nutzen. Die Gefahr einer feindlichen Übernahme gewähre auf diesem Weg eine gute Unternehmensführung.26 Die Funktionsfähigkeit des Marktes werde aber gestört, wenn der Vorstand in eigener Verantwortung gegen feindliche Übernahmeangebote vorgehen dürfe. Schließlich müsse er unter diesen Umständen, auch wenn er die Ressourcen der Gesellschaft nicht optimal ausgenutzt habe, nicht befürchten, dass ein neuer Mehrheitsaktionär gegen seinen Willen in die Gesellschaft eintrete.27 Die dogmatischen Begründungen für die Annahme der Neutralitätspflicht waren nicht einheitlich.28 Zum Teil wurde das aktienrechtliche Gleichbehandlungsgebot (§ 53 a AktG) als Begründungsansatz angeführt,29 teilweise die Pflicht des Vorstands zur Fremdinteressenwahrung (abgeleitet aus § 76 AktG)30 _______________

verpflichtet ist, Drygala, ZIP 2001, 1861, 1863; Grunewald, AG 2001, 288, 289; Hommelhoff/Witt, RIW 2001, 561, 565; Land, DB 2001, 1707, 1711. 25 Mertens, in: KölnKommAktG, § 76 Rn. 26; Assmann/Bozenhardt, in: Assmann/ Basaldua/Bozenhardt/Peltzer, S. 1, 112 ff.; Thiel, in: Semler/Volhard, Bd. 1, § 31 Rn. 88 ff.; Hopt, ZGR 1993, 534, 545 ff.; Kirchner, AG 1999, 481, 482 ff.; grundsätzlich auch Grunewald, AG 2001, 288, 289. 26 Siehe oben § 2 B. II. 4. 27 Ausführlich zu diesem Mechanismus Preuschl, S. 86 ff. 28 Dazu van Aubel, S. 28 ff. 29 Hopt, in: GroßkommAktG, § 93 Rn. 122; Mertens, in: KölnKommAktG, § 76 Rn. 18, 26 und § 93 Rn. 61; Michalski, AG 1997, 152, 159; Schanz, NZG 2000, 337, 340. 30 Mertens, in: KölnKommAktG, § 76 Rn. 26; Assmann/Bozenhardt, in: Assmann/ Basaldua/Bozenhardt/Peltzer, S. 1, 113; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 69 Rn. 15; Adams, AG 1990, 243; Ebenroth/Daum, DB 1991, 1157; Hopt, ZGR 1993, 534, 548 ff.; ders., ZHR 161 (1997), 368, 391; Krause, AG 1996, 209, 214; ders., AG 2000, 217.

§ 9 Der Rückerwerb eigener Aktien zur Abwehr feindlicher Übernahmen

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und schließlich die Überlegung, dass der Vorstand durch die Abwehrmaßnahme mittelbar in die Entscheidungsmacht der Aktionäre eingreife.31 Im neueren Schrifttum wurden diese verbandsrechtlichen Ansätze teilweise abgelehnt und die Neutralitätspflicht kapitalmarktrechtlich begründet.32 Unabhängig von der dogmatischen Grundlage des Neutralitätsgebots herrschte bei den Befürwortern weitgehend Einigkeit über den Inhalt der Neutralitätspflicht. Während eines Übernahmeverfahrens habe sich der Vorstand der Gesellschaft jeder aktiven Einflussnahme zu enthalten, um die Entscheidung der Aktionäre nicht zu beeinflussen.33 Gestattet sei lediglich eine Stellungnahme gegenüber einem Übernahmeangebot.34 Darüber hinaus sei allein von den Aktionären zu entscheiden, ob das Angebot angenommen werde. Insoweit sei die Hauptversammlung zuständig und nicht der Vorstand. Anzuerkennen seien Ausnahmen von der Neutralitätspflicht lediglich in ganz besonderen Fällen, beispielsweise wenn die Änderung der Zusammensetzung des Aktionärskreises unmittelbar eine Gefahr für Existenz oder Wohlergehen des Unternehmens am Markt bewirke.35 Gleiches gelte, wenn die Gefahr bestehe, dass die Gesellschaft schwer und irreversibel geschädigt werde36 oder der Bieter beabsichtige, das Vermögen der Gesellschaft zur Finanzierung des Kaufpreises einzusetzen.37

_______________ 31

Dimke/Heiser, NZG 2001, 241, 246. Grunewald, AG 2001, 288, 289; Merkt, ZHR 165 (2001), 224, 247 ff.; MaierReimer, ZHR 165 (2001), 258, 260; ähnlich jetzt Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG Rn. 14. Die verschiedenen Begründungsansätze ergänzten sich auch teilweise, Thoma, NZG 2002, 105, 110. 33 Schlitt, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 33 Rn. 47. 34 Grunewald, AG 2001, 288, 289; Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 262. 35 van Aubel, S. 43 ff.; Grunewald, WM 1989, 1233, 1237; Hopt, ZGR 1993, 534, 554; Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 271; Mertens, KölnKommAktG, § 76 Rn. 26 nennt als Beispiel einen Bieter, der einer verbrecherischen Organisation angehört („Mafia“-Organisation), oder die Übernahme durch einen politisch exponierten ausländischen Staat; a. A. Assmann/Bozenhardt, in: Assmann/Basaldua/Bozenhardt/Peltzer, S. 1, 114; Brandi, in: Thaeter/Brandi, Öffentliche Übernahmen, Teil 3 Rn. 274; Adams, AG 1990, 243, 246. 36 Hopt, in: GroßkommAktG, § 93 Rn. 125; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 16. 37 Hopt, in: GroßkommAktG, § 93 Rn. 125; Mertens, in: KölnKommAktG, § 76 Rn. 26; Hopt, in: FS Lutter, S. 1392 ff.; Lutter/Wahlers, AG 1989, 1, 8 ff.; Brandi, in: Thaeter/Brandi, Öffentliche Übernahmen, Teil 3 Rn. 274, wenn eine den Kapitalerhaltungsvorschriften zuwiderlaufende Ausbeutung der Gesellschaft zu erwarten sei; a. A. Assmann/Bozenhardt, in: Assmann/Basaldua/Bozenhardt/Peltzer, S. 1, 113 f. 32

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

b) Ablehnung einer Neutralitätspflicht Nach der Gegenansicht bestand keine allgemeine aktienrechtliche Neutralitätspflicht des Vorstands.38 Demnach blieb es bei dem Leitungsermessen (§ 76 Abs. 1 AktG) des Vorstands der Gesellschaft, in dessen Rahmen lediglich einzelne Verhaltenspflichten anzuerkennen seien.39 Weder aus § 76 Abs. 1 AktG noch aus § 53 a AktG sei eine Pflicht des Vorstands zur Neutralität bei Übernahmeangeboten abzuleiten. Der Vorstand habe die Gesellschaft im Unternehmensinteresse zu leiten. Gerade dieses stehe einer Neutralitätspflicht entgegen. Zutreffend sei zwar, dass der Vorstand nicht auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises Einfluss zu nehmen habe, dadurch seien aber Abwehrmaßnahmen nicht verboten, wenn damit auch Auswirkungen auf das Gesellschaftsunternehmen selbst verbunden seien. Es seien nämlich die Interessen der Aktionäre, der Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit zu berücksichtigen, die Abwehrmaßnahmen erfordern könnten.40 Insbesondere in dem Fall, dass die drohende Übernahme die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft verschlechtere, sei der Vorstand zu Abwehrmaßnahmen nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet.41 Außerdem werde dem Vorstand durch eine umfassende Neutralitätspflicht die Möglichkeit genommen, den Kurs der Aktien der Zielgesellschaft zu beeinflussen.42 Eine Waffengleichheit zwischen Bieter und Zielgesellschaft sei nicht mehr gegeben.43 Auch das Argument der Gegenansicht, die Neutralitätspflicht sei eine wesentliche Voraussetzung für einen funktionierenden Markt für Unternehmenskontrolle, sei nicht richtig. Im Gegenteil verlange der Markt für Unternehmenskontrolle sogar, dass der Vorstand im Interesse seiner Gesellschaft Gegenmaßnahmen ergreifen dürfe. Schließlich wird angeführt, dass die Abgrenzung zwischen zulässigen Geschäftsführungsmaßnahmen und unzulässigen Abwehrmaßnahmen schwierig sei und teilweise kaum zu bewältigen. Seien dem Vorstand Abwehrmaßnahmen _______________ 38

Hüffer, AktG, § 76 Rn. 15 d; Weisner, S. 144; Werner, S. 16; Kort, in: FS Lutter, S. 1421, 1432; Martens, in: FS Beusch, S. 529, 549; Müller, in: FS Semler, S. 195, 210 f.; Bungert, NJW 1998, 488, 492; Schneider/Burgard, DB 2001, 963, 967; Thümmel, DB 2000, 461, 462; Wiese/Demisch, DB 2001, 849, 850 f. 39 Hüffer, AktG, § 76 Rn. 15 d. 40 Hüffer, AktG, § 76 Rn. 15 d; Kort, in: FS Lutter, S. 1421, 1435; a. A. Hopt, in: GroßkommAktG, § 93 Rn. 124; Wackerbarth, WM 2001, 1741, 1744 f. 41 Kort, in: FS Lutter, S. 1421, 1434; Schneider/Burgard, DB 2001, 963, 967; Schneider, AG 2002, 125, 130. 42 Wiese/Demisch, DB 2001, 849, 850. 43 Ebenroth/Daum, DB 1991, 1157, 1160; Kirchner, BB 2000, 105, 113.

§ 9 Der Rückerwerb eigener Aktien zur Abwehr feindlicher Übernahmen

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untersagt, bestehe die latente Gefahr, dass er gegen die Neutralitätspflicht verstoße und sich schadensersatzpflichtig mache.44

c) Stellungnahme Hinsichtlich der vorgetragenen Argumente ist maßgeblich, dass die Entscheidung über die Annahme des Angebots allein den Aktionären obliegen muss. Insoweit darf der Vorstand nicht in die Aktionärsrechte eingreifen. Der Vorstand darf seine starke Position nicht durch die Inanspruchnahme von Gesellschaftsmitteln ausnutzen, denn dadurch werden jedenfalls die verkaufswilligen Aktionäre geschädigt.45 Seine organschaftlichen Machtbefugnisse darf der Vorstand nicht zu eigennützigen Zwecken einsetzen, insbesondere nicht, um sein persönliches berufliches Schicksal zu steuern.46 Vielmehr soll der Vorstand die Aktionäre lediglich zutreffend und sachkundig informieren, was aus seiner Sicht die Konsequenz der vom Bieter angestrebten Veränderung des Aktionärskreises sein würde.47 Darüber hinaus kann es dem Vorstand jedoch nicht gestattet sein, in die Zusammensetzung des Aktionärskreises einzugreifen. Der Vorstand soll von der Hauptversammlung kontrolliert werden. Voraussetzung für die Ausübung der Kontrolle ist jedoch, dass der Vorstand nicht vorher einen ihm wohlgesinnten Aktionärskreis geschaffen hatte. Außerdem ist der Markt für Unternehmenskontrolle gefährdet, wenn der Vorstand ohne Legitimation durch die Hauptversammlung gegen Übernahmeangebote vorgehen könnte. Aus einem Umkehrschluss zu § 15 Abs. 3 GmbHG ergibt sich, dass die AG ist im Gegensatz zur GmbH auf einen leichteren Wechsel in der Beteiligungsstruktur angelegt ist. Ferner wurde die Geltung des Neutralitätsgebots dadurch abgefedert, dass Ausnahmen von ihr galten, wenn ein Schaden der Gesellschaft drohte. Daher war vor Erlass des WpÜG grundsätzlich eine aktienrechtliche Neutralitätspflicht anzuerkennen.

_______________ 44 Thümmel, BB 2000, 461, 462. Nach Becker, ZHR 165 (2001), 280, 281 bestand vor Erlass des WpÜG eine Unsicherheit über den Inhalt und die Reichweite der Neutralitätspflicht und damit die Gefahr, dass die Vorstände entweder zu passiv reagierten oder in der Wahl der Verteidigungsmittel zu weit gingen. 45 Ebenroth/Daum, DB 1991, 1157, 1158; Michalski, AG 1997, 152, 159. 46 Altmeppen, ZIP 2001, 1073, 1075; Hopt, ZGR 1993, 534, 541 f.; Merkt, ZHR 165 (2001), 224, 232 ff. 47 Altmeppen, ZIP 2001, 1073, 1077.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

2. Der Erwerb eigener Aktien als präventive Abwehrmaßnahme Insoweit ist geklärt, dass vor Erlass des WpÜG eine aktienrechtliche Neutralitätspflicht des Vorstands während des Übernahmeverfahrens bestand. Fraglich ist, unter welchen Voraussetzungen der Vorstand der Zielgesellschaft Abwehrmaßnahmen ergreifen durfte, wenn ein feindliches Übernahmeangebot nicht vorlag.

a) Geltung der aktienrechtlichen Neutralitätspflicht außerhalb eines Übernahmeverfahrens Auch die Frage, ob die Neutralitätspflicht außerhalb des Stadiums eines Angebotsverfahrens gilt, war vor Erlass des WpÜG umstritten. Die herrschende Meinung innerhalb der eine Neutralitätspflicht annehmenden Ansicht verneinte zu Recht eine Neutralitätspflicht außerhalb eines Übernahmeverfahrens oder trat für eine erheblich abgeschwächte Neutralitätspflicht ein, da die Geschäftsführung der Zielgesellschaft ansonsten zu sehr eingeschränkt werde.48 Darüber hinaus ist der Interessenkonflikt, in dem sich der Vorstand der Zielgesellschaft in einem Übernahmeverfahren befindet, nicht gegeben, wenn ein Angebot noch nicht vorliegt. Daher war die Geltung der Neutralitätspflicht außerhalb eines Übernahmeverfahrens nicht erforderlich. Eine – wie auch immer begründete – aktienrechtliche Neutralitätspflicht bestand außerhalb des Übernahmeverfahrens damit nicht.

b) Der Erwerb eigener Aktien im Vorfeld eines Übernahmeangebots Daher war der Vorstand einer Gesellschaft bei dem Rückerwerb eigener Aktien im Vorfeld eines Übernahmeangebots lediglich an die aktienrechtlichen Regelungen gebunden, die bereits dargestellt wurden.49 Insbesondere musste eine Ermächtigung durch die Hauptversammlung (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG) vorliegen. Weitgehendere Beschränkungen durch eine aktienrechtliche Neutralitätspflicht bestanden nicht.50 Lag noch kein Übernahmeangebot vor, drohte aber ein Aktionär damit, ein Übernahmeangebot für die Gesellschaft abzugeben oder sein Aktienpaket an einen Übernahmeinteressenten zu veräußern, wenn ihm seine Aktien von der _______________ 48 49 50

Hopt, in: GroßkommAktG, § 93 Rn. 126. Siehe oben § 4 B. Hopt, in: FS Lutter, S. 1361, 1399.

§ 9 Der Rückerwerb eigener Aktien zur Abwehr feindlicher Übernahmen

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Gesellschaft nicht abgekauft würden (greenmailing51), war der Vorstand der Gesellschaft an die aktienrechtlichen Vorgaben gebunden.52 Auf die Drohung konnte der Vorstand der Gesellschaft mit dem Erwerb der Aktien im Wege eines individuell ausgehandelten Rückkaufs reagieren.53 Voraussetzung war dafür zunächst eine Ermächtigung der Hauptversammlung (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG), es sei denn, es drohte ein schwerer Schaden für die Gesellschaft (§ 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG). Ein Kontrollwechsel konnte und kann jedoch nicht als Schaden für die Gesellschaft angesehen werden.54 Wie sich aus einem Gegenschluss zu § 15 Abs. 3 GmbHG ergibt, ist die AG auf einen im Vergleich zur GmbH leichteren Wechsel in der Beteiligungsstruktur angelegt. Außerdem ist beispielsweise der Aktienerwerb auch durch die Konkurrenz, mag er dem Vorstand noch so unerwünscht erscheinen, unserer Wirtschaftsverfassung gerade immanent.55 Eine Veränderung in der Struktur des Unternehmens ist kein Schaden, denn der derzeitige Bestand des Unternehmens ist nicht geschützt.56 Eine Ausnahme ist lediglich zuzulassen, wenn der potentielle Erwerber die Kontrolle übernehmen will, um die Gesellschaft zu vernichten oder ihr Wohlergehen am Markt gefährdet.57 In diesem Fall könnte der Erwerb nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG erlaubt sein. Vor der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots wird es jedoch an einer hinreichenden Konkretisierung des Übernahmeangebots fehlen, so dass zu diesem Zeitpunkt der Schaden jedenfalls noch nicht unmittelbar bevorsteht. Voraussetzung war daher eine Ermächtigung der Hauptversammlung (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 AktG), in der auch das Andienungsrecht der übrigen Aktionäre ausgeschlossen werden musste.58 Problematisch war jedoch die Wahrung des aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes (§ 53 a AktG). Es werden nur mit einem Aktionär Verhandlungen über den Rückkauf der Aktien geführt und nur dieser erhält die Möglichkeit, seine Aktien an die Gesellschaft gegen die Zahlung einer Prämie zu verkaufen. Die Aktionäre werden ungleich behandelt. Darin liegt ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn kein sachlicher Grund für die

_______________ 51

Zum Begriff siehe oben § 3 C. Zum greenmailing während des Übernahmeverfahrens siehe unten § 9 B. I. 3. d). 53 Siehe oben § 3 C. 54 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 207. 55 Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 24; siehe auch schon Mestmäcker, S. 145. 56 Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 24. 57 Lutter, in: KölnKommAktG, § 71 Rn. 24; Gamerdinger/Saupe, AG 1976, 29, 34; Werner, AG 1972, 93, 96. 58 Siehe oben § 4 B. II. 1. e) bb) (c). 52

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

Differenzierung vorhanden ist.59 Ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung ist gegeben, wenn der Rückkauf von einem einzelnen Aktionär durch ein besonderes Interesse der Gesellschaft legitimiert ist und gleichzeitig unter dem Gesichtspunkt des Anlegerschutzes verhältnismäßig erscheint.60 Dies läuft auf die Frage hinaus, ob einzelne Aktionäre bevorzugt werden dürfen, weil sie in der Lage sind, die Vorstandsmitglieder der Gesellschaft in Sorge über ihre Beschäftigungsverhältnisse zu versetzen.61 Eine Bevorzugung kommt nur in Betracht, wenn der Kontrollwechsel zu einem Schaden für die Gesellschaft führt. Unter diesen Umständen ist eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt. Insoweit ist wiederum entscheidend, ob die feindliche Übernahme als Schaden angesehen werden kann. Wie gerade ausgeführt, kann ein Kontrollwechsel jedoch grundsätzlich nicht als Schaden angesehen werden, der von der Gesellschaft abgewendet werden muss.62 Eine Ausnahme ist lediglich zu machen, wenn der Erwerb zum Zwecke der Vernichtung der Gesellschaft erfolgt. Jedenfalls vor Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots kann ein sachlicher Grund aber nicht angenommen werden, da es an einer hinreichenden Konkretisierung des Übernahmeangebots fehlen wird.63 Zu diesem Zeitpunkt verbietet sich eine Abwägung der Interessen der Gesellschaft und der Aktionäre.64 Daher verstieß der Rückkauf eigener Aktien im Rahmen des sog. greenmailing außerhalb eines Übernahmeverfahrens gegen § 53 a AktG,65 es sei denn, es stimmten alle Aktionäre zu oder jedenfalls die Aktionäre, die ihre Aktien nicht zurückveräußern können.66 Darüber hinaus lag in diesen Fällen ein Verstoß gegen § 57 Abs. 1 S. 1 AktG vor, da die Zahlung der Prämie mangels _______________ 59 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 205; siehe schon oben § 4 B. II. 1. e) bb) (c). 60 Hüffer, AktG, § 53 a Rn. 10; Johannsen-Roth, S. 191; Wastl, DB 1997, 461, 464. 61 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 207. 62 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 207. Insofern wäre dann auch schon § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG gegeben, so dass eine Ermächtigung der Hauptversammlung nicht vorliegen müsste. 63 Richter, in: Semler/Volhard, Bd. 2, § 52 Rn. 135. 64 Richter, in: Semler/Volhard, Bd. 2, § 52 Rn. 135. 65 Schlitt, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 33 Rn. 94; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 28; Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 33 Rn. 65; Assmann/Bozenhardt, in: Assmann/Basaldua/Bozenhardt/Peltzer, S. 1, 148 f.; Hopt, in: FS Lutter, S. 1361, 1388; Schander, BB 1997, 1801, 1803. 66 Siehe oben § 4 B. II. 1. e) bb) (c); nicht ausreichend ist hingegen ein Mehrheitsbeschluss der Hauptversammlung, da § 53 a AktG gerade auch vor Eingriffen der Hauptversammlung in die Mitgliedschaft des Einzelnen schützen will, Hüffer, AktG, § 53 a Rn. 4; Johannsen-Roth, S. 196. Der Gleichbehandlungsgrundsatz steht nicht zur Disposition der Hauptversammlung, Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 260.

§ 9 Der Rückerwerb eigener Aktien zur Abwehr feindlicher Übernahmen

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eines bestehenden Interesses der Gesellschaft nicht angemessen war und damit eine unzulässige Einlagenrückgewähr darstellte.67 Der Erwerb eigener Aktien war damit außerhalb eines Übernahmeverfahrens als Mittel zur Abwehr feindlicher Übernahmen zulässig, sofern die aktienrechtlichen Vorgaben, insbesondere der Gleichbehandlungsgrundsatz, gewahrt wurden. Um nicht gegen diesen zu verstoßen und eine unzulässige Einlagenrückgewähr zu vermeiden, durfte der Vorstand nicht von einem einzelnen Aktionär Aktien zurückkaufen, der damit drohte, ein Übernahmeangebot für die Gesellschaft abzugeben bzw. sein Aktienpaket an einen Übernahmeinteressenten zu veräußern, wenn ihm seine Aktien von der Gesellschaft nicht abgekauft würden.

3. Der Erwerb eigener Aktien als repressive Abwehrmaßnahme Nach Veröffentlichung eines Übernahmeangebots war der Vorstand der Zielgesellschaft an die aktienrechtliche Neutralitätspflicht gebunden. Er hatte sich – abgesehen von der Abgabe einer Stellungnahme – jeder aktiven Einflussnahme zu enthalten, um die Entscheidung der Aktionäre nicht zu beeinflussen. Maßnahmen gegen Übernahmeangebote durften nur in extremen Ausnahmefällen eingeleitet werden, in denen existenzgefährdende Eingriffe in das Unternehmen zu befürchten waren.

a) Grundsätzliche Unzulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien als Abwehrmaßnahme Vor dem Erlass des WpÜG war der Erwerb eigener Aktien während eines feindlichen Übernahmeangebots als repressive Abwehrmaßnahme wegen des sonst gegebenen Verstoßes gegen die aktienrechtliche Neutralitätspflicht grundsätzlich unzulässig. Nach der herrschenden Meinung durfte der Vorstand auch Maßnahmen, zu denen er zu einem früheren Zeitpunkt von der Hauptversammlung abstrakt und ohne Bezug zur Situation einer feindlichen Übernahme er-

_______________ 67 Schlitt, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 33 Rn. 94; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 28; Assmann/Bozenhardt, in: Assmann/Basaldua/Bozenhardt/ Peltzer, S. 1, 148 f.; von Falkenhausen, in: FS Stiefel, S. 163, 195; Hauschka/Roth, AG 1988, 181, 194; a. A. Böhm, in: von Rosen/Seifert, S. 327, 337, nach dem der Rückkauf eben nur mit den aktienrechtlichen Grundätzen in Einklang gebracht werden muss.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

mächtigt worden war, nicht mehr selbständig ausführen.68 Insoweit war eine Blankettermächtigung nicht ausreichend.69

b) Ausnahmen Vor Erlass des WpÜG konnte der Erwerb eigener Aktien jedoch ausnahmsweise als Abwehrmaßnahme gegen ein feindliches Übernahmeangebot vorgenommen werden.

aa) Laufende Geschäftsführung Gestattet werden musste der Erwerb, wenn er auch ohne das Übernahmeangebot durchgeführt worden wäre, denn durch das Übernahmeangebot darf die Gesellschaft nicht in ihrer allgemeinen Geschäftsführung behindert werden.70 Voraussetzung war insoweit selbstverständlich, dass die aktienrechtlichen Vorgaben eingehalten waren, mithin ein Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG) gegeben war.

bb) Erheblicher Schaden der Gesellschaft Hätte die Übernahme zu einem erheblichen Schaden der Gesellschaft geführt, war die Neutralitätspflicht eingeschränkt.71 Ausnahmen von der Neutralitätspflicht wurden in ganz extremen Ausnahmefällen zugelassen, wenn zum Beispiel eine Gefahr für Existenz oder Wohlergehen des Unternehmens am Markt bestehe.72 In diesen Fällen musste dem Vorstand auch der Erwerb eigener Aktien gestattet sein, der insoweit auf § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG gestützt werden konnte.

_______________ 68 Hopt, in: FS Lutter, S. 1361, 1390 f.; Altmeppen, ZIP 2001, 1073, 1077; Bayer, ZGR 2002, 588, 600; Mülbert, IStR 1999, 83, 89. 69 Hopt, in: FS Lutter, S. 1361, 1391. 70 Hopt, in: FS Lutter, S. 1361, 1391. Insoweit ist jedoch zu betonen, dass es sich dann eigentlich um eine Maßnahme zur Abwehr handelt, sondern die Maßnahme ohne Abwehrintention lediglich Abwehrwirkung entfaltet. 71 Siehe oben § 9 B. I. 1. a). 72 Weitere Beispiele siehe oben § 9 B. I. 1. a).

§ 9 Der Rückerwerb eigener Aktien zur Abwehr feindlicher Übernahmen

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cc) Handlungen aufgrund eines Ad-hoc-Hauptversammlungsbeschlusses Schließlich konnte der Vorstand der Gesellschaft eigene Aktien zurückerwerben, wenn er dazu durch einen Ad-hoc-Beschluss der Hauptversammlung, die anlässlich des Übernahmeangebots einberufen wurde, ermächtigt wurde. Dadurch wurde der Neutralitätspflicht gerade Rechnung getragen, denn ausweislich der Lehre vom Neutralitätsgebot sollten die Aktionäre der Gesellschaft über das Übernahmeangebot entscheiden.73

dd) Handlungen aufgrund eines Vorratsbeschlusses der Hauptversammlung Fraglich war vor Erlass des WpÜG, ob der Vorstand von der Hauptversammlung bereits im Voraus dazu ermächtigt werden durfte, auf feindliche Übernahmeversuche mit dem Erwerb eigener Aktien zu reagieren. Solche Vorratsbeschlüsse wurden nach überwiegender Ansicht jedenfalls zugelassen, wenn kein Eingriff in die Aktionärsstruktur erfolgte, beispielsweise beim genehmigten Kapital unter Wahrung des Bezugsrechts der Aktionäre.74 Die Vorratsbeschlüsse mussten dann jedoch als Anwendungsfall die Abwehr einer feindlichen Übernahme bezeichnen. Auf den Erwerb eigener Aktien übertragen bedeutete dies, dass insoweit eine Vorratsermächtigung, die den Anforderungen des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG genügte, das Handeln des Vorstands legitimieren konnte, wenn die Abwehr einer feindlichen Übernahme gerade als Zweck bezeichnet wurde.75 Auch der deutsche Übernahmekodex erlaubte Handlungen, die auf einer ausdrücklichen Genehmigung der Hauptversammlung für Maßnahmen im Falle eines öffentlichen Angebots beruhten.76

c) Greenmailing Fraglich ist, ob es dem Vorstand gestattet war, während des Übernahmeverfahrens einem Dritten, der damit drohte, sein Aktienpaket an den Bieter zu verkaufen (greenmailing), seine Aktien abzukaufen. Insoweit wurde schon _______________ 73

Bayer, ZGR 2002, 588, 601. Hirte, in: GroßkommAktG, § 202 Rn. 158; Mülbert, IStR 1999, 83, 90. 75 Hopt, in: FS Lutter, S. 1361, 1391; Mülbert, IStR 1999, 83, 90; Schander, ZIP 1998, 2087, 2089. 76 Übernahmekodex der Börsensachverständigenkommission beim Bundesministerium der Finanzen vom 14. 7. 1995 in der Fassung vom Juli 1998, abgedruckt in AG 1998, 133 ff.; Seulen, S. 192. 74

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

festgestellt, dass der Erwerb aufgrund des § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG in Betracht kommt, wenn ein schwerer Schaden für die Gesellschaft droht. Dies ist lediglich anzunehmen, wenn der Bieter die Kontrolle erwerben will, um die Gesellschaft zu vernichten oder ihr Wohlergehen am Markt zu gefährden. Gibt es dafür konkrete Anhaltspunkte, ist der Gesellschaft dazu befugt, die Aktien von einem Dritten zu übernehmen, um ihren Verkauf an den Bieter zu verhindern.77 Unter diesen Umständen ist der Vorstand zur Übernahme der Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG ausnahmsweise ermächtigt.78

II. Rechtslage nach Erlass des WpÜG Der Handlungsfreiheit des Vorstands sind durch die Einführung des § 33 WpÜG im Hinblick auf Maßnahmen zur Abwehr von Übernahmeversuchen Grenzen gesetzt worden.79 Inwieweit die Einführung des § 33 WpÜG auf die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien als Maßnahme zur Abwehr feindlicher Übernahmen Auswirkungen hat, soll im Folgenden untersucht werden. Hinsichtlich der Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien als Maßnahme zur Abwehr von Unternehmensübernahmen ist aufgrund des eingeschränkten temporären Anwendungsbereichs des § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG zu differenzieren. Werden die eigenen Aktien erworben, bevor eine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots veröffentlicht (§ 10 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Abs. 3 S. 1 WpÜG) wurde, ist § 33 Abs. 1 WpÜG nicht anzuwenden, denn ausweislich Abs. 1 S. 1 ist der temporäre Anwendungsbereich auf den Zeitraum nach Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots80 bis zur Veröffentlichung des Ergebnisses nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpÜG81 beschränkt.82 Abwehrmaß_______________ 77

Hüffer, AktG, § 71 Rn. 9. In diesem Fall wäre der Erwerb auch nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG zulässig, wenn eine Ermächtigung der Hauptversammlung gegeben ist. Die Ungleichbehandlung der Aktionäre wäre unter diesen Umständen gerechtfertigt. Auf den Tatbestand des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG kommt es aber unter diesen Umständen schon nicht mehr an. 79 Ausführlich dazu Hens, S. 36 ff. 80 Der Vorstand ist schon vorher an § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG gebunden, wenn er anderweitig von dem Angebot Kenntnis erlangt hat. Eine weitere Karenzzeit ist ihm dann nicht zuzubilligen, Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 34 ff.; Schlitt, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 33 Rn. 71. Darüber hinaus wird man unter Umständen eine Umgehung von § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG annehmen müssen, wenn Handlungen in besonderer zeitlicher Nähe zur Veröffentlichung des Angebots vorgenommen werden, Hirte, ZGR 2002, 623, 627. 81 Verlängert sich die Annahmefrist wegen einer Änderung des Angebots (§ 21 Abs. 5 S. 1 WpÜG), endet das Verhinderungsverbot erst nach Ablauf der weiteren An78

§ 9 Der Rückerwerb eigener Aktien zur Abwehr feindlicher Übernahmen

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nahmen im Vorfeld eines Übernahmeangebots werden davon nicht erfasst.83 Der Vorstand ist an das Verhinderungsverbot84 daher auch noch nicht gebunden, wenn Mutmaßungen über ein eventuell bevorstehendes Übernahmeangebot angestellt werden.85 Das bedeutet allerdings nicht, dass insoweit ein rechtsfreier Raum besteht. Aus § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG kann nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass außerhalb seines temporären Anwendungsbereichs keine Beschränkungen gelten sollen.86 Vielmehr ist auf die aktienrechtlichen Bestimmungen zurückzugreifen. Auch der Gesetzesbegründung zum WpÜG87, in der ausgeführt wird, dass die Vorschrift vorbeugenden Maßnahmen des Managements zur Verhinderung oder Erschwernis von Übernahmen nicht entgegensteht, kann nichts Gegenteiliges entnommen werden. Insoweit wird nur klargestellt, dass vor der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots erfolgende Abwehrmaßnahmen nicht an § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG zu messen sind. Eine weitere Aussage, insbesondere hinsichtlich der Geltung aktienrechtlicher Vorschriften, ist damit nicht getroffen.

_______________

nahmefrist (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 WpÜG), Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 33 Rn. 26; Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 768, 769; Hirte, ZGR 2002, 623, 627. Darüber hinaus kann es im Einzelfall zu Nachwirkungen kommen, beispielsweise wenn noch eine kartellrechtliche Genehmigung aussteht, Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, WpÜG, § 33 Rn. 32; Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 44. 82 Abs. 2 betrifft allerdings schon Handlungen vor der Veröffentlichung des Angebots, sog. Vorratsbeschlüsse. 83 Anders Rule 21.1 City Code, nach der Pflichten ab dem Zeitpunkt bestehen, zu dem die Gesellschaft vernünftigerweise mit einem unmittelbar bevorstehenden Übernahmeangebot rechnen muss. Der deutsche Gesetzgeber ist Vorschlägen, eine in temporärer Hinsicht vergleichbare Regelung zu erlassen, damit nicht gefolgt, Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 38. 84 Da der Begriff Neutralitätspflicht ungenau ist, wird hier der Begriff Verhinderungsverbot verwendet; so auch Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33 Rn. 13; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 10 verwendet den Begriff Vereitelungs- und Behinderungsverbot. 85 Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 37; Schlitt, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 33 Rn. 73. 86 Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 33 Rn. 28; Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 27, 44; Röh, in: Haarmann/Riehmer/Schüppen, WpÜG, § 33 Rn. 53; Bayer, ZGR 2002, 588, 618; Hirte, ZGR 2002, 623, 627; Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 4. 87 BT-Drucks. 14/7034, S. 58.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

1. Der Erwerb eigener Aktien als präventive Abwehrmaßnahme Die Diskussion um die aktienrechtliche Neutralitätspflicht setzt sich nach Erlass des WpÜG fort. Sie konzentriert sich nun auf die Frage, ob neben dem übernahmerechtlichen Verhinderungsverbot eine Neutralitätspflicht besteht und – wenn man ihre Existenz bejaht – in welchem Verhältnis sie zu den übernahmerechtlichen Vorgaben steht. Für die Frage, ob eine aktienrechtliche Neutralitätspflicht eingreift, wenn der zeitliche Anwendungsbereich des WpÜG noch nicht eröffnet ist, ist im Wesentlichen auf das Argument hinzuweisen, dass schon vor Erlass des WpÜG ausschlaggebend war. Der Interessenkonflikt, der zur Begründung der Neutralitätspflicht angeführt wird, besteht vor Abgabe eines Übernahmeangebots noch nicht.88 Hinzu kommt, dass sich der Gesetzgeber gerade dafür entschieden hat, den temporären Anwendungsbereich des § 33 WpÜG auf den Zeitraum zwischen Veröffentlichung des Angebots und Veröffentlichung des Ergebnisses festzulegen. Für diesen Zeitraum hat der Gesetzgeber – entgegen der Fassung des Regierungsentwurfs89 – davon abgesehen, für Maßnahmen, durch die der Erfolg des Angebots verhindert werden könnte, eine Ermächtigung der Hauptversammlung zu verlangen. Erst recht kann im Vorfeld eines Übernahmeverfahrens dann keine Ermächtigung der Hauptversammlung gefordert werden, wenn nach allgemeinen aktienrechtlichen Grundsätzen die Kompetenz des Vorstands begründet ist.90 Aus diesem Grund gilt die aktienrechtliche Neutralitätspflicht außerhalb eines Übernahmeverfahrens nicht.91 Wie bereits dargelegt, bedeutet dies nicht, dass ein rechtsfreier Raum besteht; vielmehr ist der Vorstand an die aktienrechtlichen Regelungen gebunden. Der Vorstand muss daher im Gesellschaftsinteresse handeln und insbesondere für Bestand und Rentabilität des Unternehmens sorgen.92 Somit dürfen präventive Abwehrmaßnahmen nicht dazu dienen, eigene Interessen des Vorstands zu verfolgen.93 Der Erwerb eigener Aktien ist daher nur zulässig, wenn die aktien_______________ 88

Brandi, in: Thaeter/Brandi, Öffentliche Übernahmen, Teil 3 Rn. 301; Drygala, ZIP 2001, 1861, 1866. 89 BT-Drucks. 14/7034, S. 16. 90 Richter, in: Semler/Volhard, Bd. 2, § 52 Rn. 53. 91 Nach Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 33 Rn. 30 soll die aktienrechtliche Neutralitätspflicht gelten, wenn die noch unveröffentlichte Übernahmeabsicht des Bieters dem Vorstand der Zielgesellschaft vorzeitig bekannt wird. Dafür besteht jedoch kein Bedürfnis, denn in diesem Zeitpunkt ist der Vorstand schon an § 33 WpÜG gebunden; siehe oben § 9 B. II. 92 Richter, in: Semler/Volhard, Bd. 2, § 52 Rn. 53. 93 Zur Fremdinteressenwahrung etwa Hopt, ZGR 1993, 534, 540 f.

§ 9 Der Rückerwerb eigener Aktien zur Abwehr feindlicher Übernahmen

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rechtlichen Vorgaben eingehalten werden. Wenn nicht ein schwerer Schaden für die Gesellschaft droht (§ 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG), muss für den Rückerwerb eigener Aktien eine Ermächtigung der Hauptversammlung vorliegen (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG). Darüber hinaus ist der Grundsatz der Gleichbehandlung (§ 53 a AktG) zu wahren. Hinsichtlich der Frage, ob der Vorstand der Gesellschaft eigene Aktien zurückerwerben darf, wenn ein Aktionär damit droht, ein Übernahmeangebot für die Gesellschaft abzugeben bzw. sein Aktienpaket an einen Übernahmeinteressenten zu verkaufen, kann auf die Ausführungen zur Rechtslage vor Erlass des WpÜG verwiesen werden.94 Damit bleibt festzuhalten, dass der Erlass des WpÜG auf die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien als präventives Abwehrmittel keine Auswirkungen hat.

2. Der Erwerb eigener Aktien als repressive Abwehrmaßnahme Der Vorstand einer AG wird insbesondere versuchen, gegenwärtige feindliche Übernahmen abzuwehren. In diesem Fall ist der zeitliche Anwendungsbereich des § 33 WpÜG eröffnet. Die Handlungen des Vorstands sind damit an diesen Vorgaben des Gesetzgebers zu messen. Soweit § 33 WpÜG Anwendung findet und von der aktienrechtlichen Neutralitätspflicht abweicht, kommt dieser Vorschrift als lex specialis und lex posterior Vorrang zu.95 Eine über die übernahmerechtlichen Bestimmungen hinausgehende Neutralität des Vorstands während eines Übernahmeverfahrens besteht nicht.96 Während der Übernahmephase regelt § 33 WpÜG die Rechte und Pflichten des Vorstands abschließend.97

a) Verhinderungsverbot des § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG Gem. § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG darf der Vorstand der Zielgesellschaft nach Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots (§ 10 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Abs. 3 S. 1 WpÜG) bis zur Veröffentlichung des Ergebnisses nach _______________ 94

Siehe oben § 9 B. I. 2. b). Schlitt, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 33 Rn. 52; Bayer, ZGR 2002, 588, 605; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 425. 96 Brandi, in: Thaeter/Brandi, Öffentliche Übernahmen, Teil 3 Rn. 276 und 291; Richter, in: Semler/Volhard, Bd. 2, § 52 Rn. 49. 97 Röh, in: Haarmann/Riehmer/Schüppen, WpÜG, § 33 Rn. 46; Schlitt, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 33 Rn. 53; Krause, AG 2002, 133, 136. 95

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpÜG keine Handlungen vornehmen, durch die der Erfolg des Angebots verhindert werden könnte. Abzustellen ist darauf, ob die Handlung objektiv geeignet erscheint, den Erfolg des Übernahmeangebots zu verhindern. Es kommt weder auf eine Verteidigungsintention noch darauf an, dass die Maßnahme den Erfolg des Angebots tatsächlich verhindert.98 Der Erwerb eigener Aktien ist daher an § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG zu messen, wenn dadurch der Erfolg des Angebots verhindert werden kann. Dies ist der Fall, wenn er in größerem Umfang erfolgt.99 Fraglich ist jedoch, wann ein Aktienrückkauf in größerem Umfang vorliegt und diese Handlung somit objektiv geeignet ist, den Erfolg eines Übernahmeangebots zu verhindern.100 Dies hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.101 Zu beachten ist vor allem, wer die übrigen Aktien hält. So kann ein Rückkauf von 10 % der Aktien den Erfolg eines Übernahmeangebots verhindern, wenn zum Beispiel 45 % des Grundkapitals bei befreundeten, nicht verkaufswilligen Aktionären liegen.102 Erfolgt der Aktienrückerwerb in größerem Umfang, kann dadurch der Erfolg eines Angebots verhindert werden. Nach § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG ist der Erwerb dann unzulässig.

_______________ 98 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 57; Geibel/ Süßmann, BKR 2002, 52, 65; kritisch Witte, BB 2000, 2161, 2164 in Bezug auf die Regelung im Diskussionsentwurf. 99 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 58. Dass der Gesetzgeber den Erwerb eigener Aktien durch die Zielgesellschaft als geeignetes Mittel ansieht, den Erfolg eines Angebots zu verhindern, zeigt sich auch daran, dass er ihn in § 33 Abs. 2 Nr. 2 RefE im Katalog generell unzulässiger Vorstandsmaßnahmen aufführte; vgl. auch die Begründung zu § 33 RefE, abgedruckt in Fleischer/Kalss, S. 407, 481 f. 100 Nach Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 61 sollte die Eignung zur Verhinderung nicht von einem nur willkürlich festlegbaren Grenzwert abhängig gemacht werden. Daher sei auch schon die Festlegung auf einen Erwerb „in größerem Umfang“ abzulehnen. 101 Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 27; Schlitt, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 33 Rn. 93; Zech, S. 223. 102 Beispiel nach van Aubel, S. 17. Van Aubel weist aber auch gleichzeitig darauf hin, dass der Erwerb eigener Aktien eine feindliche Übernahme ebenfalls erleichtern kann, da der Gesellschaft aus eigenen Aktien gem. § 71 b AktG keine Rechte zustehen. Erwirbt die Gesellschaft beispielsweise 10 % der Aktien, bestehen nur noch ausübbare Stimmrechte für 90 % der Aktien. Zur Kontrollerlangung ist nur noch der Erwerb von 45 % + einer Stimme erforderlich.

§ 9 Der Rückerwerb eigener Aktien zur Abwehr feindlicher Übernahmen

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b) Ausnahmen Unter diesen Voraussetzungen kann der Erwerb eigener Aktien nur vorgenommen werden, wenn einer der Ermächtigungstatbestände des § 33 Abs. 1 S. 2 oder Abs. 2 WpÜG einschlägig ist.

aa) Die Ausnahmen des § 33 Abs. 1 S. 2 WpÜG Der Rückerwerb eigener Aktien kann – trotz der Eignung, den Erfolg des Angebots zu verhindern – durchgeführt werden, wenn einer der Ausnahmetatbestände des § 33 Abs. 1 S. 2 WpÜG vorliegt.

(1) Handlungen eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (§ 33 Abs. 1 S. 2, 1. Var. WpÜG) Das Verbot des § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG gilt nach § 33 Abs. 1 S. 2, 1. Var. WpÜG nicht für Handlungen, die auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Gesellschaft, die nicht von einem Übernahmeangebot betroffen ist, vorgenommen hätte.103 Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Gesellschaft während des Angebotsverfahrens nicht unangemessen eingeschränkt wird.104 Die Geschäfte des Zielunternehmens müssen auch während der Angebotsphase geführt werden können.105 Der Vorstand kann daher sowohl das Tagesgeschäft fortführen als auch eine bereits eingeschlagene Unternehmensstrategie weiter verfolgen.106 Die Bindung des Vorstands an die aktienrechtliche Kompetenzordnung und an allgemeine gesellschaftsrechtliche Grundsätze bleibt im Rahmen des § 33 Abs. 1 S. 2, 1. Var. WpÜG erhalten.107 Eine Erweiterung der Kompetenzen des Vorstands erfolgt durch die Vorschrift nicht. _______________ 103

Diese Ausnahme stellt eine Selbstverständlichkeit dar, denn die Zielgesellschaft darf durch ein Übernahmeangebot nicht daran gehindert werden, ihre „normalen“ Geschäfte weiter zu führen, Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 66; Hopt, in: FS Lutter, S. 1361, 1391; Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 274; enger Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 3. 104 Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 33 Rn. 44; Schlitt, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 33 Rn. 131. 105 Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 45. 106 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 58. 107 Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 72; Haouache, in: AnwK-AktienR, WpÜG, § 33 Rn. 6; Merkt, ZHR 165 (2001), 224, 225 f.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

Der Wortlaut des Gesetzes lehnt sich bewusst an die Formulierungen im AktG an, die auf das Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters abstellen (§§ 93 Abs. 1 S. 1, 317 Abs. 2 AktG).108 Aus diesem Grund kann bei der Auslegung auf die dort entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden.109 Trotz des missverständlichen Wortlauts ist damit nicht entscheidend, ob der Geschäftsleiter einer nicht von einem Übernahmeangebot betroffenen Gesellschaft die Handlung tatsächlich vorgenommen hätte, sondern, ob er sie hätte vornehmen dürfen.110 Sie müssten sich im Rahmen seines Ermessens bewegen.111 Dabei ist fraglich, wie weit dieses Ermessen reicht, insbesondere ob die vom BGH im ARAG-Urteil112 aufgestellten Grundsätze gelten. Nach der ARAG-Rechtsprechung steht dem Vorstand bei der Leitung der Geschäfte der Gesellschaft ein weiter Handlungsspielraum zu. Eine Ermessenüberschreitung komme erst in Betracht, wenn die Grenzen des sorgfältigen unternehmerischen Handelns deutlich überschritten seien, die Bereitschaft, unternehmerisches Risiko einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden sei oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten müsse.113 Die Anwendung dieser Grundsätze auf § 33 Abs. 1 S. 2, 1. Var. WpÜG erscheint problematisch, da sich der Vorstand in der Übernahmesituation in einem Interessenkonflikt befindet, denn möglicherweise muss er um seinen Posten bangen. In einer solchen Konfliktsituation sind die in dem Urteil aufgestellten Grundsätze – obwohl der BGH dies nicht ausdrücklich klargestellt hat – nicht anzuwenden.114 Im Fall des § 33 Abs. 1 S. 2, 1. Var. WpÜG wird jedoch für die Überprüfung des Handelns des Vorstands das Übernahmeangebot gerade ausgeklammert und ein hypothetischer Drittvergleich vorgenommen. Über den Drittvergleich wird sichergestellt, dass Interessenkonflikte bei der Beurteilung der Handlungen des Vorstands außen vor bleiben.

_______________ 108

Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 58. Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 67; Schlitt, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 33 Rn. 131. 110 Röh, in: Haarmann/Riehmer/Schüppen, WpÜG, § 33 Rn. 115; Schlitt, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 33 Rn. 131; Hirte, ZGR 2002, 623, 635; a. A. Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 724, 732. 111 Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 67; Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 6; zur Frage, wie weit dieses Ermessen reicht, vgl. etwa Hirte, ZGR 2002, 623, 635 f. 112 BGHZ 135, 244 = NJW 1997, 1926 – ARAG/Garmbeck. 113 BGHZ 135, 244, 253 f. = NJW 1997, 1926, 1928 – ARAG/Garmbeck. 114 Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 69; Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 7. 109

§ 9 Der Rückerwerb eigener Aktien zur Abwehr feindlicher Übernahmen

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Einer weiteren Einschränkung bedarf es dann nicht. Daher können die ARAGGrundsätze insoweit angewendet werden.115 Fraglich ist, ob der Vorstand Ermächtigungen ausnutzen darf, die bereits vor dem Übernahmeangebot erteilt wurden, jedoch keine Vorratsbeschlüsse i. S. d. § 33 Abs. 2 WpÜG darstellen. Zunächst ist zu verdeutlichen, dass die gesetzliche Ermächtigung des § 33 Abs. 1 S. 2, 1. Var. WpÜG einen nach dem Aktienrecht erforderlichen Hauptversammlungsbeschluss nicht ersetzt.116 Der Erwerb eigener Aktien muss somit von der Hauptversammlung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 AktG legitimiert sein.117 Darüber hinaus wird von einem Teil des Schrifttums verlangt, dass die Ermächtigungen die Voraussetzungen des Abs. 2 erfüllen müssten, da diese Vorgaben die gesellschaftsrechtlichen Regelungen überlagerten.118 Dabei wird jedoch übersehen, dass die Vorratsermächtigung nach Abs. 2 etwas ganz anderes ist als eine Geschäftsführungsmaßnahme, die nach Abs. 1 S. 2, 1. Var. durchgeführt wird. Ausweislich der Materialien sollte Abs. 2 im Hinblick auf Abs. 1 gerade keine Sperrwirkung entfalten.119 Der Erwerb eigener Aktien ist damit nach § 33 Abs. 1 S. 2, 1. Var. WpÜG zulässig, wenn die Ausnutzung einer Ermächtigung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG der üblichen Geschäftspolitik entspricht und die Gesellschaft den Rückkauf auch durchgeführt hätte, wenn kein Übernahmeangebot vorliegen würde.120 Insoweit ist jedoch hervorzuheben, dass unter diesen Umständen der Rückerwerb eigener Aktien nicht als Abwehrmittel eingesetzt wird. Es handelt sich vielmehr um eine abwehrgeeignete Maßnahme ohne Verteidigungsintention.121 _______________ 115

Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 33 Rn. 49; Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 69; Röh, in: Haarmann/Riehmer/Schüppen, WpÜG, § 33 Rn. 115; Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 33 Rn. 16; Drygala, ZIP 2001, 1861, 1867; Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 7. 116 Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 33 Rn. 50. 117 Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 73. 118 Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 92, 101; Bayer, ZGR 2002, 588, 617; Hirte, ZGR 2002, 623, 647. 119 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 14/7477, S. 58; Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 33 Rn. 50; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 51; Thoma, NZG 2002, 105, 110; Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 6. 120 Entspricht die Handlung nicht der bereits eingeschlagenen Unternehmensstrategie, greift § 33 Abs. 1 S. 2, 3. Var. WpÜG ein; dazu unten § 9 B. II. 2. b) aa) (3). 121 Insoweit muss der Vorstand der Zielgesellschaft beweisen, dass der Erwerb eigener Aktien auf Planungen zurückgeht, die schon vor Beginn des Übernahmeangebots hinreichend konkretisiert waren, Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 33 Rn. 46.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

(2) Suche nach einem konkurrierenden Angebot (§ 33 Abs. 1 S. 2, 2. Var. WpÜG) Der Vorstand der Zielgesellschaft darf während des Angebotsverfahrens einen Konkurrenzanbieter (sog. Weißer Ritter oder white knight) suchen (§ 33 Abs. 1 S. 2, 2. Var. WpÜG). Dazu gehören alle Handlungen, mit denen ein Zweitbieter angeworben werden soll.122 Die Suche nach einem konkurrierenden Angebot wird zugelassen, da das Interesse der Aktionäre der Zielgesellschaft, selbst über das Angebot entscheiden zu können, nicht vereitelt wird, denn sie können nun nicht nur über ein Angebot, sondern gleich über zwei Angebote entscheiden.123 Ihre Möglichkeiten werden damit erweitert. Aktienrückkäufe der Zielgesellschaften könnten nur dann als ein Konkurrenzangebot angesehen werden und wären somit nach § 33 Abs. 1 S. 2, 2. Var. WpÜG gerechtfertigt, wenn auf sie §§ 10 ff. WpÜG anwendbar wären. Konkurrenzangebote sind nämlich nur solche, die den Regelungen des WpÜG unterliegen.124 Wie bereits dargelegt, ist dies jedoch abzulehnen.125 Der Erwerb eigener Aktien fällt nicht unter die Ausnahmevorschrift des § 33 Abs. 1 S. 2, 2. Var. WpÜG.126

(3) Handlungen mit Zustimmung des Aufsichtsrats (§ 33 Abs. 1 S. 2, 3. Var. WpÜG) Schließlich bleibt dem Vorstand die Möglichkeit, Handlungen mit Zustimmung des Aufsichtsrats vorzunehmen (§ 33 Abs. 1 S. 2, 3. Var. WpÜG).127 _______________ 122

Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 33 Rn. 54. Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 48; van Aubel, S. 27, 171 f.; Assmann/Bozenhardt, in: Assmann/Basaldua/Bozenhardt/Peltzer, S. 1, 106 ff.; Hauschka/Roth, AG 1988, 181, 193. 124 Diekmann, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 22 Rn. 14. 125 Siehe oben § 7 G. 126 Nimmt man entgegen der hier vertretenen Ansicht an, dass auf ein öffentliches Rückerwerbsangebot die Vorschriften des WpÜG anwendbar sind, könnte der Vorstand dadurch ein Konkurrenzangebot abgeben, wodurch sich insbesondere im Hinblick auf die zeitliche Verzögerung durch die Verlängerung des Übernahmeverfahrens (§ 22 WpÜG) erhebliche Verteidigungsmöglichkeiten ergeben könnten; siehe dazu im Einzelnen Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 107 ff. 127 Trotz der anders ausgestalteten Stellung des Aufsichtsrats bei einer KGaA findet die Vorschrift bei einer KGaA als Zielgesellschaft Anwendung, Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33 Rn. 48; Schlitt, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 33 Rn. 163; a. A. Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 78. 123

§ 9 Der Rückerwerb eigener Aktien zur Abwehr feindlicher Übernahmen

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Diese Ausnahme umfasst Maßnahmen, die gerade aus Anlass des Übernahmeangebots getroffen werden sollen.128 Der Vorstand kann mit Zustimmung des Aufsichtsrats Maßnahmen vornehmen, die weder im Tagesgeschäft angelegt sind noch die kontinuierliche Fortführung einer Unternehmensstrategie darstellen.129 Eingeschränkt wird der Ausnahmetatbestand allerdings dadurch, dass er nicht zu einer Verschiebung innerhalb der aktienrechtlichen Kompetenzordnung führen darf.130 Es müssen Handlungen sein, die aktienrechtlich in die Geschäftsführungskompetenz des Vorstands fallen. Die Kompetenz des Vorstands – auch wenn sie von der Hauptversammlung verliehen wurde – wird durch die Vorschrift nämlich nicht erweitert. Die Abwehrmaßnahme ist nur zulässig, wenn sich der Vorstand innerhalb seiner Geschäftsführungskompetenz bewegt.131 Maßnahmen, die in die Zuständigkeit der Hauptversammlung fallen, können nicht über eine Zustimmung des Aufsichtsrats legitimiert werden.132 Der Erwerb eigener Aktien kann mit Zustimmung des Aufsichtsrats durchgeführt werden. Die Zustimmung ist notwendig, wenn sich der Aktienrückkauf nicht als Fortführung einer eingeschlagenen Unternehmensstrategie zeigt und damit nicht unter § 33 Abs. 1 S. 1, 1. Var. WpÜG fällt.133 Hinsichtlich des Konkurrenzverhältnisses zu § 33 Abs. 2 WpÜG gilt das oben Gesagte. Eine Sperrwirkung entfaltet die Vorschrift nicht.134 Voraussetzung ist für den Aktienrückkauf, dass eine Ermächtigung der Hauptversammlung (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG) vorliegt und die Ausführung sich in dem dadurch vorgegebenen Rahmen hält. Ohne einen Hauptversammlungsbeschluss darf der Vorstand Aktien nur zurückerwerben, wenn § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG tatbestandlich erfüllt ist. Es stellt sich letztlich die Frage, ob ein schwerer Schaden unmittelbar bevorsteht. Dies _______________ 128

Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 50. Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 8. Da sich der Vorstand hier in einer Konfliktlage befindet, gelten die „ARAG-Grundsätze“ nicht. Ebenso wenig kann der Aufsichtsrat das „ARAG-Privileg“ in Anspruch nehmen; er hat seine Entscheidung am Gesellschaftsinteresse auszurichten; siehe dazu Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 83 f. 130 Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33 Rn. 49. 131 Eine Ausnahme gilt insoweit, als dass der Vorstand nach Aktienrecht keinen Einfluss auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises nehmen darf und ihm dies mit Zustimmung des Aufsichtsrats im gewissen Maße erlaubt ist, Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 33 Rn. 57. 132 Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33 Rn. 48; Röh, in: Haarmann/Riehmer/ Schüppen, WpÜG, § 33 Rn. 126; Schlitt, in: MünchKommAktG, WpÜG, § 33 Rn. 165. 133 Richter, in: Semler/Volhard, Bd. 2, § 52 Rn. 41 f. 134 Brandi, in: Thaeter/Brandi, Öffentliche Übernahmen, Teil 3 Rn. 329; Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 12. 129

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

ist nur bei einer zerstörerischen Absicht des Aufkäufers der Fall.135 § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG steht dem dann nicht entgegen, wenn eine Ermächtigung des Aufsichtsrates vorliegt. Ein schwerer Schaden steht also unmittelbar bevor, wenn der Aufkauf erfolgt, um die Gesellschaft zu schädigen oder zu zerstören. Problematisch ist allein, dass eine Schädigungsabsicht kaum nachgewiesen werden kann. Dieses Problem ist allerdings dahin gehend zu lösen, dass es ausreicht, wenn der Vorstand Tatsachen nachweist, aus denen sich die ernsthafte Besorgnis der Schädigungsabsicht objektiv ergibt.136

bb) Handlungen aufgrund eines Ad-hoc-Hauptversammlungsbeschlusses Fraglich ist, ob die Hauptversammlung den Vorstand auch ad hoc zu Abwehrmaßnahmen ermächtigen kann. Nach dem Wortlaut des § 33 Abs. 2 WpÜG muss die Ermächtigung vor der Veröffentlichung des Angebots erteilt worden sein. Dies stellt gleichwohl nach allgemeiner Ansicht ein Redaktionsversehen dar, so dass die Hauptversammlung den Beschluss auch nach Beginn der Angebotsphase fassen kann.137 § 16 Abs. 3 und 4 WpÜG sehen Spezialregelungen für die Einberufung der Hauptversammlung vor, die gerade einen solchen Ermächtigungsbeschluss fassen soll.138 Darüber hinaus ergibt sich die Zulässigkeit dieser Vorgehensweise aus einem Erst-Recht-Schluss: Wenn schon ein Beschluss des Aufsichtsrats das Vorgehen des Vorstands legitimieren darf, muss dies erst recht aufgrund eines ad hoc gefassten Beschlusses der Hauptversammlung gelten.139 Für diesen Beschluss gelten dann die allgemeinen Vorgaben. Die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien muss die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG erfüllen. Anders als im Rahmen des § 33 Abs. 2 WpÜG ist eine Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen nicht erforderlich.140 Ausreichend ist vielmehr die einfache Mehrheit, sofern nicht allgemeine Regeln eine höhere Mehrheit verlangen (§ 133 Abs. 1 AktG). Es gelten jedoch nicht die Erleichterungen des § 33 Abs. 2 WpÜG. Da die genauen Umstände des Angebots bereits bekannt sind, muss die Abwehrmaß_______________ 135

Siehe oben § 9 B. I. 2. b). So Hüffer, AktG, § 71 Rn. 9. 137 Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 88 ff.; Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, WpÜG, § 33 Rn. 79; im Diskussionsentwurf (abgedruckt in NZG 2000, 844 ff.) war diese Möglichkeit noch in § 31 Abs. 3 Nr. 2 vorgesehen. 138 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7034, S. 58; Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33 Rn. 60. 139 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 248. 140 Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 250. 136

§ 9 Der Rückerwerb eigener Aktien zur Abwehr feindlicher Übernahmen

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nahme nicht nur ihrer Art nach bestimmt werden, sondern konkrete Abwehrmaßnahmen beschließen.141 Der Erwerb eigener Aktien aufgrund eines ad hoc gefassten Hauptversammlungsbeschlusses, der die dargelegten Voraussetzungen erfüllt, ist dann zulässig.

cc) Handlungen aufgrund eines Vorratsbeschlusses der Hauptversammlung (§ 33 Abs. 2 WpÜG) Der Vorstand darf Handlungen zur Abwehr von Unternehmensübernahmen vornehmen, wenn ihm dies durch einen sog. Vorratsbeschluss der Hauptversammlung der Gesellschaft gestattet wurde (§ 33 Abs. 2 S. 1 WpÜG).142 Eine „Zuständigkeit der Hauptversammlung“ kann über eine Ermächtigung i. S. d. § 33 Abs. 2 S. 1 WpÜG nur auf den Vorstand übertragen werden, wenn dies nach den „allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen“ möglich ist.143 Umfasst sind daher solche Fälle, in denen das Aktienrecht die Übertragung der Zuständigkeit auf den Vorstand ausdrücklich erlaubt – wie beim Rückerwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG – und in denen sich eine Hauptversammlungszuständigkeit aus allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen ergibt.144 Die Höchstdauer der Ermächtigung beträgt nach § 33 Abs. 2 S. 2 WpÜG achtzehn Monate.145 Nach § 33 Abs. 2 S. 3 WpÜG bedarf der Beschluss einer Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals, wenn nicht die Satzung eine größere Mehrheit vorschreibt. Nach § 33 Abs. 2 S. 4 WpÜG bedürfen die Handlungen, die der Vorstand in Ausübung eines Vorratsbeschlusses vornimmt, der Zustimmung des Aufsichtsrats.

_______________ 141

Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33 Rn. 60. Zu den Problemen der Auslegung des § 33 Abs. 2 S. 1 WpÜG aufgrund seines missverständlichen Wortlauts siehe Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 96 f. 143 Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 98. 144 Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33 Rn. 61; Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 99, 102; eine Hauptversammlungszuständigkeit aus allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen kann sich nach den Grundsätzen der Holzmüller- und GelatineRechtsprechung des BGH ergeben; dazu sogleich. 145 Die Befristung muss in dem Vorratsbeschluss selbst angegeben werden, ansonsten ist er gem. § 241 Nr. 3 AktG insgesamt nichtig, Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 33 Rn. 34; Brandi, in: Thaeter/Brandi, Öffentliche Übernahmen, Teil 3 Rn. 321. 142

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

Ferner müssen die sonstigen aktienrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein, denn davon befreit § 33 Abs. 2 WpÜG nicht.146 Der Vorratsbeschluss muss daher die spezifischen aktienrechtlichen Anforderungen gem. § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG erfüllen.147 Einschränkungen ergeben sich lediglich daraus, dass die Handlung nur der Art nach bestimmt sein muss.148 Der Erwerb eigener Aktien unterliegt nicht der Holzmüller-149 und Gelatine150-Rechtsprechung des BGH,151 da kein Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre gegeben ist.152 Würde der Erwerb eigener Aktien dieser Rechtsprechung unterliegen, wäre fraglich, ob noch eine gesonderte Zustimmung der Hauptversammlung notwendig wäre, wenn der Vorstand von der Ermächtigung zum Erwerb eigener Akti_______________ 146

Röh, in: Haarmann/Riehmer/Schüppen, WpÜG, § 33 Rn. 111; Thaeter, NZG 2001, 789, 790. 147 Siehe oben § 4 B. II. 1. e). 148 Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33 Rn. 61. 149 BGHZ 83, 122 = NJW 1982, 1703 – Holzmüller. 150 BGH, NZG 2004, 575; NJW 2004, 1860 – Gelatine; siehe dazu Goette, DStR 2004, 927 f. 151 Nach der Holzmüller-Entscheidung des BGH bedürfen Maßnahmen der Geschäftsführung, die mit schwerwiegenden Eingriffen in die Rechte und Pflichten der Aktionäre verbunden sind, der Zustimmung durch die Hauptversammlung. Die Sorgfaltspflicht des Vorstands gebiete es, das Vorhaben der Hauptversammlung zur Zustimmung gem. § 119 Abs. 2 AktG vorzulegen, da der Vorstand vernünftigerweise nicht annehmen könne, er dürfe solche grundlegenden Entscheidungen ausschließlich in eigener Verantwortung treffen, ohne die Hauptversammlung zu beteiligen, BGHZ 83, 122, 131 f. = NJW 1982, 1703, 1705 – Holzmüller. Die Holzmüller-Rechtsprechung hat der BGH in zwei nahezu identischen Urteilen aus dem Jahre 2004 konkretisiert (sog. Gelatine-Rechtsprechung). Der BGH betont, dass bei der Anerkennung ungeschriebener Mitwirkungsbefugnisse der Hauptversammlung besondere Zurückhaltung angezeigt sei und sie lediglich in Betracht komme, wenn die von dem Vorstand ins Auge gefasste Maßnahme in ihren Auswirkungen die Kompetenz der Hauptversammlung berühre. Darüber hinaus hat der BGH festgelegt, dass die Zustimmung der Hauptversammlung einer Dreiviertelmehrheit des vertretenen Grundkapitals bedürfe. Schließlich betonte der BGH, dass die besondere Zuständigkeit der Hauptversammlung das Ergebnis einer offenen Rechtsfortbildung sei und nicht – wie in der Holzmüller-Entscheidung noch angenommen – aus § 119 Abs. 2 AktG hergeleitet werden könne, BGH, NZG 2004, 575, 578 f.; NJW 2004, 1860, 1863 f. – Gelatine. In der Holzmüller-Entscheidung wurde kein Mehrheitserfordernis festgelegt, so dass die notwendige Mehrheit in der Folge im Schrifttum umstritten war; vgl. für die herrschende Meinung etwa Altmeppen, DB 1998, 49, 51, der eine Dreiviertelmehrheit befürwortete; a. A. etwa Hüffer, in: FS Ulmer, S. 279, 297 ff. 152 Teilweise wird jedoch eine Zuständigkeit nach diesen Grundsätzen auf ein Übernahmeangebot hin immer dann angenommen, wenn die Übernahme zur Begründung einer Abhängigkeit i. S. d. § 311 AktG führt, Mülbert, IStR 1999, 83, 88. Dem steht allerdings entgegen, dass es hier gerade um die Abwehr der Begründung von Abhängigkeit oder Konzernmacht geht, Oechsler, in: MünchKommAktG, § 71 Rn. 250.

§ 9 Der Rückerwerb eigener Aktien zur Abwehr feindlicher Übernahmen

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en Gebrauch macht bzw. wenn die rechtlichen und wirtschaftlichen Einzelheiten des Vorgangs hinreichend konkretisiert sind.153 Umstritten ist nämlich, ob die Zustimmung auch als Vorratsermächtigung erteilt werden kann.154 Da der Erwerb eigener Aktien keine „Holzmüller-Maßnahme“ darstellt, kommt es darauf vorliegend nicht an. Der Erwerb eigener Aktien kann somit in Ausübung eines Vorratsbeschlusses vorgenommen werden, wenn die Ermächtigung der Hauptversammlung nicht nur die nach Aktienrecht bestehenden Voraussetzungen erfüllt (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG), sondern darüber hinaus die Anforderungen an den Vorratsbeschluss (§ 33 Abs. 2 WpÜG) vorliegen und der Aufsichtsrat dem Aktienrückkauf zustimmt. Da die Abwehrmaßnahme in dem Hauptversammlungsbeschluss nur der Art nach bestimmt sein muss, kann die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien in der Weise erteilt werden, dass der niedrigste und höchste Gegenwert, anders als in § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG vorgesehen, nicht festgelegt wird.155

c) Greenmailing Abschließend soll noch kurz erörtert werden, inwieweit der Vorstand während des Übernahmeverfahrens einem Dritten, der damit droht, sein Aktienpaket an den Bieter zu verkaufen (greenmailing), dieses abkaufen darf. Wie bereits ausgeführt, ist das Verfahren nach Aktienrecht zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG gegeben sind, also ein schwe_______________ 153

Brandi, in: Thaeter/Brandi, Öffentliche Übernahmen, Teil 3 Rn. 326; Thaeter, NZG 2001, 789, 790. 154 Für die grundsätzliche Zulässigkeit: Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 69 Rn. 9; Lutter/Leinekugel, ZIP 1998, 805, 815; Schockenhoff, NZG 2001, 921, 925; a. A. Mülbert, in: GroßkommAktG, § 119 Rn. 63 ff. Richtigerweise ist eine Pauschalermächtigung, die nur abstrakte Vorgaben enthält und deren Konkretisierung weitgehend allein dem Ermessen des Vorstands obliegt, unzulässig, Brandi, in: Thaeter/Brandi, Öffentliche Übernahmen, Teil 3 Rn. 326; Lutter/Leinekugel, ZIP 1998, 805, 815; Schockenhoff, NZG 2001, 921, 925. Zulässig ist hingegen – insbesondere im Lichte der Siemens/NoldEntscheidung des BGH - eine Vorratsermächtigung, die die beabsichtigte Maßnahme in hinreichendem Maße konkretisiert, BGH, ZIP 1997, 1499 – Siemens/Nold, vgl. dazu Bungert, NJW 1998, 488 ff.; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 69 Rn. 9; Lutter/Leinekugel, ZIP 1998, 805, 811, 815; Grunewald, AG 1990, 133, 136 f.; Bungert, NZG 1998, 367, 370; kritisch und eher ablehnend Zeidler, NZG 1998, 91, 92 f.; a. A. LG Stuttgart, AG 1992, 236, 237 im Falle einer statuarischen Ermächtigung zur Ausgliederung. 155 Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33 Rn. 62; a. A. von Nussbaum, S. 149.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

rer Schaden für die Gesellschaft droht. Dies ist der Fall, wenn der Bieter die Absicht hat, die Gesellschaft zu zerstören oder ihr Wohlergehen am Markt zu gefährden. Nach Erlass des WpÜG ist darüber hinaus erforderlich, dass der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft zustimmt (§ 33 Abs. 1 S. 2, 3. Var. WpÜG). Das Vorgehen könnte darüber hinaus durch einen Ad-hoc-Hauptversammlungsbeschluss der Gesellschaft legitimiert werden, der den Anforderungen des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG genügt. Insoweit wäre die Ungleichbehandlung der Aktionäre gerechtfertigt. Ebenfalls könnte die Hauptversammlung einen Vorratsbeschluss mit dem Inhalt fassen, dass der Vorstand einem Dritten, der damit droht, sein Aktienpaket an den Bieter zu verkaufen (greenmailing), dieses abkaufen darf. Auch insoweit wäre die Ungleichbehandlung gerechtfertigt, wenn der Bieter die Gesellschaft zerstören oder ihr Wohlergehen gefährden will.

III. Zusammenfassender Vergleich Durch den Erlass des WpÜG ist die Rechtslage hinsichtlich der Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien zur Abwehr feindlicher Unternehmensübernahmen nicht wesentlich verändert worden. Vor Erlass des WpÜG war der Erwerb eigener Aktien außerhalb eines Übernahmeverfahrens als präventives Mittel zur Abwehr feindlicher Übernahmen zulässig, wenn ein Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG) gegeben war und insbesondere der Gleichbehandlungsgrundsatz eingehalten wurde. Nicht zulässig war hingegen der Erwerb der Aktien von einem einzelnen Aktionär, der damit drohte, ein Übernahmegebot für die Gesellschaft abzugeben bzw. sein Aktienpaket an einen Übernahmeinteressenten zu veräußern. Insoweit hatte der Erlass des WpÜG keine Auswirkungen, denn vor Beginn des Angebotsverfahrens gelten weiterhin die allgemeinen aktienrechtlichen Vorgaben. Aufgrund seines eingeschränkten temporären Anwendungsbereichs ist § 33 WpÜG nicht anwendbar. Vor Erlass des WpÜG war der Erwerb eigener Aktien als Maßnahme gegen ein gegenwärtiges Übernahmeangebot wegen des Verstoßes gegen die aktienrechtliche Neutralitätspflicht grundsätzlich unzulässig. Nach § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG darf der Vorstand der Zielgesellschaft keine Handlungen vornehmen, durch die der Erfolg des Angebots verhindert werden könnte. Insoweit ist die Rechtslage vor Erlass des WpÜG weitgehend kodifiziert worden, auch wenn § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG keine strenge Neutralitätspflicht enthält, sondern lediglich ein Verhinderungsverbot. Der Erwerb eigener Aktien war sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage (§ 33 Abs. 1 S. 2, 1. Var. WpÜG) zulässig, wenn er auch ohne das Übernahmeangebot im Rahmen der laufenden Geschäftsführung durchgeführt worden wäre. § 33 Abs. 2 WpÜG entfaltet insoweit keine Sperrwirkung. War

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der Vorstand nach alter Rechtslage zum Erwerb eigener Aktien ohne Bezug zur Situation einer feindlichen Übernahme ermächtigt worden, durfte der Vorstand diese Ermächtigung nicht mehr selbstständig ausführen, wenn der Erwerb nicht auch ohne ein Übernahmeangebot durchgeführt worden wäre. Nach neuer Rechtslage kann der Erwerb eigener Aktien unter diesen Umständen vom Aufsichtsrat legitimiert werden (§ 33 Abs. 1 S. 2, 3. Var. WpÜG). Nach alter Rechtslage war es möglich, dass die Hauptversammlung den Vorstand ad hoc zum Erwerb eigener Aktien ermächtigt. Auch unter Geltung des WpÜG besteht diese Option. Schließlich war der Erwerb eigener Aktien aufgrund eines Vorratsbeschlusses nach alter Rechtslage zulässig, wenn als Zweck die Abwehr einer feindlichen Übernahme angegeben wurde. Das WpÜG eröffnet diese Möglichkeit in § 33 Abs. 2. In dem Vorratsbeschluss muss die Maßnahme nach neuer Rechtslage nur ihrer Art nach bestimmt sein. Die Ermächtigung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG muss daher nicht den niedrigsten und höchsten Gegenwert festlegen. Insoweit ist eine Veränderung eingetreten. Sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage ist es dem Vorstand grundsätzlich untersagt, während des Übernahmeverfahrens einem Dritten, der damit droht, sein Aktienpaket an den Bieter zu verkaufen (greenmailing), dieses abzukaufen. Ausnahmen können nur zugelassen werden, wenn ein schwerer Schaden der Gesellschaft droht. Nach neuer Rechtslage ist für einen Erwerb, der unter diesen Umständen auf § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG gestützt wird, die Zustimmung des Aufsichtsrats notwendig.

C. Die Auswirkungen der Richtlinie In der Richtlinie 2004/25/EG156 ist in Art. 9 eine strenge Neutralitätspflicht des Leitungs- bzw. Verwaltungsorgans der Zielgesellschaft vorgesehen.157 Nach Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie muss das Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan der Zielgesellschaft, bevor es Maßnahmen ergreift, durch die das Angebot vereitelt werden könnte, eine Ermächtigung der Hauptversammlung einholen. Dies gilt nicht für die Suche nach einem konkurrierenden Angebot. Aus einem Umkehrschluss zu Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie ergibt sich darüber hinaus, dass Entscheidungen, die vor der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots (Art. 6 Abs. 1 S. 1 der Richtlinie) getroffen wurden, umgesetzt werden dürfen, wenn _______________ 156 157

ABl. Nr. L 142 vom 30. 4. 2004, S. 12 ff. Siehe oben § 6 B. IV.

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

die Entscheidungen innerhalb des normalen Geschäftsverlaufs gefasst wurden.158 Nach der Konzeption der Richtlinie sollen die Aktionäre über Verteidigungsmaßnahmen entscheiden, wenn ihnen das konkrete Angebot sowie die Stellungnahme des Leitungs- bzw. Verwaltungsorgans (Art. 9 Abs. 5 der Richtlinie) bekannt ist.159 Daher ist für Abwehrmaßnahmen die Ermächtigung der Hauptversammlung vorgesehen. Der Beschluss der Hauptversammlung muss innerhalb der Angebotsdauer herbeigeführt werden.160 Daraus ergibt sich, dass Vorratsbeschlüsse der Hauptversammlung mit einer entsprechenden Vorratsermächtigung für den Vorstand der Zielgesellschaft nicht mehr zulässig sind.161 Die Umsetzung in das deutsche Recht hängt davon ab, ob der deutsche Gesetzgeber von der opt-out-Regelung des Art. 12 der Richtlinie Gebrauch macht.162 Die Mitgliedstaaten können nach Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie von einer Umsetzung der Inhalte von Art. 9 Abs. 2 und 3 absehen, so dass insoweit die deutsche Regelung bestehen bleiben könnte. Gleichzeitig müsste den Gesellschaften dann die Möglichkeit eröffnet werden, sich dem strengeren Regime der Richtlinie zu unterwerfen (sog. opt-in; Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie). Insoweit wäre auch für den Fall, dass sich der deutsche Gesetzgeber für das opt-out entscheidet (womit zu rechnen ist)163, eine Umsetzung der Regelungen der Richtlinie erforderlich. Für die Gesellschaften, die sich dann für das opt-in entscheiden, würden nämlich die strengeren Regelungen gelten. Der Gesetzgeber könnte diesem Umstand dadurch Rechnung tragen, dass er § 33 WpÜG unverändert bestehen lässt und eine weitere Vorschrift erlässt, die für diejenigen Gesellschaften gilt, die sich für ein opt-in entscheiden.164 Eine solche Regelungstechnik wäre nicht notwendig, wenn sich der Gesetzgeber dafür entscheidet, die strengeren Regelungen der Richtlinie verbindlich vorzuschreiben. Um die Auswirkungen der Richtlinie zu verdeutlichen, wird hier dargestellt, inwieweit der deutsche Gesetzgeber tätig werden muss, um den strengeren _______________ 158

Krause, BB 2004, 113, 114. Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 306, 310. 160 Um dies zu ermöglichen, sieht die Richtlinie in Art. 9 Abs. 4 vor, dass die Mitgliedstaaten Vorschriften erlassen können, die eine kurzfristige Einberufung der Hauptversammlung ermöglichen. Im deutschen Recht besteht diese Möglichkeit schon nach § 16 Abs. 3, 4 WpÜG. 161 Glade/Haak/Hellich, Der Konzern 2004, 515, 520 f.; Wiesner, ZIP 2004, 343, 347. 162 Siehe dazu schon oben § 6 B. V., C. 163 Siehe oben § 6 C. 164 Gesetzestechnisch wäre auch ein Anhang zum Gesetz denkbar, der als Sonderregelungswerk für diejenigen Gesellschaften gilt, die von dem opt-in Gebrauch machen. 159

§ 9 Der Rückerwerb eigener Aktien zur Abwehr feindlicher Übernahmen

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Regelungen des Art. 9 der Richtlinie zu entsprechen. Entscheidet sich der Gesetzgeber gegen das opt-out, sind folgende Veränderungen des § 33 WpÜG notwendig: § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG kann unverändert bestehen bleiben, da die Vorschrift den Grundsatz enthält, den die Richtlinie in Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 1 vorsieht. Änderungen wären hinsichtlich der Ausnahmetatbestände des § 33 Abs. 1 S. 2 WpÜG vorzunehmen. Unverändert bestehen bleiben kann nur die 2. Var., die Suche nach einem konkurrierenden Angebot. Geändert werden müsste die 1. Var., die de lege lata Handlungen erlaubt, die auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Gesellschaft, die nicht von einem Übernahmeangebot betroffen ist, vorgenommen hätte. Diese Regelung erlaubt nämlich die Fortführung des Tagesgeschäfts als auch die Verfolgung einer bereits eingeschlagenen Unternehmensstrategie.165 Die Formulierung des Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie „normaler Geschäftsverlauf“ ist enger, so dass insoweit Anpassungsbedarf besteht.166 In der Richtlinie ist eine Ausnahme, die § 33 Abs. 1 S. 2, 3. Var. WpÜG entspricht, nicht enthalten. Da die Richtlinie in Bezug auf die vorgesehenen Ausnahmetatbestände abschließend ist, ist die Ausnahme im WpÜG zu streichen. Hinzu kommt, dass nach der Richtlinie Vorratsbeschlüsse der Hauptversammlung mit einer entsprechenden Vorratsermächtigung für den Vorstand der Zielgesellschaft zur präventiven Abwehr feindlicher Übernahmen unzulässig sind. Der deutsche Gesetzgeber kann daher die Ausnahmeregelung des § 33 Abs. 2 WpÜG nicht aufrechterhalten. Im Gegenzug sollte der Gesetzgeber eine Regelung einfügen, die solche Handlungen zulässt, die auf einer innerhalb der Angebotsdauer eingeholten Hauptversammlungsermächtigung beruhen.167 Nach einer Streichung von § 33 Abs. 2 WpÜG kann der Erst-Recht-Schluss aus dieser Vorschrift nämlich nicht mehr gezogen werden, so dass sich eine Klarstellung empfiehlt.168 Selbstverständlich kann dies auch auf diese Weise geschehen, dass der Ausnahmetatbestand schon wie in der Richtlinie (Art. 9 Abs. 2) in den Grundsatz integriert wird.169 Schließlich ist eine Regelung einzuführen, die in Anlehnung an Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie vorsieht, dass vor Beginn der Angebotsdauer gefasste Entscheidungen über Abwehrmaßnahmen, die weder teilweise noch vollständig umgesetzt worden sind, der Zustimmung oder Bestätigung der Hauptversammlung bedürfen, wenn _______________ 165

Siehe oben § 9 B. II. 2. b) (1). Glade/Haak/Hellich, Der Konzern 2004, 515, 520; a. A. wohl Krause, BB 2004, 113, 114. 167 Glade/Haak/Hellich, Der Konzern 2004, 515, 519. 168 Auch ohne eine Klarstellung könnte man gleichwohl schon eine Kompetenz der Hauptversammlung annehmen; vgl. die Ausführungen von Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 33 Rn. 6 und 88 f.; Hirte, in: KölnKommWpÜG, § 33 Rn. 88 f. 169 Dies würde allerdings die Übersichtlichkeit nicht gerade fördern. 166

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Teil 3: Der Erwerb eigener Aktien unter Berücksichtigung des WpÜG

sie außerhalb des normalen Geschäftsverlaufs gefasst wurden. Die dargelegten Regelungen sind für die Gesellschaften bindend, wenn der deutsche Gesetzgeber nicht gegen eine Anwendung der strengen Vorschriften optiert. Optiert der deutsche Gesetzgeber gegen ihre Anwendung, sind die Gesellschaften an die strengen Regelungen gebunden, wenn ihre Hauptversammlungen ein opt-in beschließen. Der Gesetzgeber kann § 33 WpÜG unverändert lassen und in einer besonderen Vorschrift oder in einem Sonderregelungswerk Regelungen vorsehen, die den strengen Regelungen der Richtlinie entsprechen. Insoweit muss er klarstellen, dass für die Gesellschaften, die sich für ein opt-in entscheiden, nicht § 33 WpÜG gilt, sondern die besonderen Regelungen.170 Unter der Prämisse, dass Deutschland von der Opt-out-Regelung Gebrauch macht, wird sich für diejenigen Gesellschaften, deren Hauptversammlungen keine Opt-in-Beschlüsse fassen, durch die Richtlinie nichts ändern.171

D. Ergebnis Die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien ist durch den Erlass des WpÜG nicht wesentlich verändert worden. Vor Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots kann der Erwerb eigener Aktien – insoweit sind durch den Erlass des WpÜG keine Veränderungen eingetreten – zulässigerweise als präventives Abwehrmittel eingesetzt werden. Notwendig ist dafür eine Ermächtigung durch die Hauptversammlung (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG). Besondere Aufmerksamkeit ist der Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (§ 53 a AktG) zu widmen, weshalb der Erwerb von Aktien von einem einzelnen Aktionär, der damit droht, ein Übernahmeangebot für die Gesellschaft abzugeben bzw. sein Aktienpaket an einen Übernahmeinteressenten zu veräußern, zu diesem Zeitpunkt unzulässig ist. Als Maßnahme gegen ein gegenwärtiges Übernahmeangebot kann der Erwerb eigener Aktien nach neuer Rechtslage eingesetzt werden, wenn er auch ohne das Übernahmeangebot im Rahmen der laufenden Geschäftsführung erfolgt wäre (§ 33 Abs. 1 S. 2, 1. Var. WpÜG). Andernfalls kann der Erwerb mit Zustimmung des Aufsichtsrats durchgeführt werden (§ 33 Abs. 1 S. 2, 3. Var. _______________ 170 Die Mitgliedstaaten können jedoch die Gesellschaften, auf die Art. 9 Abs. 2 und 3 sowie Art. 11 grundsätzlich Anwendung finden, wiederum von der Anwendung dieser strengen Regeln befreien, wenn sie das Ziel eines Übernahmeangebots durch eine Gesellschaft sind, die ihrerseits dieselben Artikel nicht anwendet (Art. 12 Abs. 3); siehe oben § 6 B. V. 171 Es sei denn, der Gesetzgeber nimmt die Umsetzung der Richtlinie zum Anlass, sonstige Änderungen des § 33 WpÜG vorzunehmen.

§ 9 Der Rückerwerb eigener Aktien zur Abwehr feindlicher Übernahmen

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WpÜG). Jeweils setzt der Erwerb aber voraus, dass noch eine gültige Ermächtigung in Form eines Hauptversammlungsbeschlusses vorliegt (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG). Darüber hinaus kann die Hauptversammlung – obwohl diese Möglichkeit nicht in § 33 WpÜG erwähnt ist – den Vorstand ad hoc zum Erwerb eigener Aktien ermächtigen. Der Beschluss muss den Anforderungen des Aktienrechts genügen (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG). Darüber hinaus kann der Vorstand durch einen Vorratsbeschluss von der Hauptversammlung zum Erwerb eigener Aktien ermächtigt werden (§ 33 Abs. 2 WpÜG). Da in dem Vorratsbeschluss die Maßnahme nur seiner Art nach bestimmt sein muss, kann die Ermächtigung erteilt werden, ohne den niedrigsten und höchsten Gegenwert (vgl. § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG) festzulegen. Der Vorstand darf ein Aktienpaket von einem einzelnen Aktionär, der damit droht, sein Aktienpaket an den Bieter zu veräußern, zurückerwerben, wenn der Bieter die Gesellschaft nach Erlangung der Kontrolle liquidieren will oder ihr Wohlergehen am Markt sonst gefährdet. Die Richtlinie 2004/25/EG sieht in Art. 9 eine strenge Neutralitätspflicht des Leitungs- bzw. Verwaltungsorgans der Zielgesellschaft vor. Insbesondere sind danach Vorratsbeschlüsse der Hauptversammlung für den Fall eines feindlichen Übernahmeangebots unzulässig. Nach Art. 12 der Richtlinie muss der deutsche Gesetzgeber diese Regelung nicht umsetzen (opt-out). Entscheidet er sich dennoch für eine Umsetzung, muss die Regelung des § 33 Abs. 2 WpÜG gestrichen werden. Damit würde ein wesentlicher Bestandteil des deutschen Übernahmerechts geändert. Andernfalls könnte die Regelung bestehen bleiben, doch müssten besondere Vorschriften für diejenigen Gesellschaften erlassen werden, die von dem opt-in Gebrauch machen. Insoweit bleibt die Entwicklung abzuwarten.

Teil 4

Ergebnisse § 10 Zusammenfassung 1. Der Erwerb eigener Aktien wird eingesetzt als finanzierungspolitisches Instrument, zur Einflussnahme auf die Eigentümerstruktur und zur Beeinflussung des Börsenkurses. Der Wert des Aktienrückkaufs als Finanzierungsinstrument liegt vor allem darin, dass Unterbewertungen der Aktie ausgenutzt werden können. Darüber hinaus kann das Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital optimiert und somit die Eigenkapitalrentabilität erhöht werden (sog. Leverage-Effekt). Über den Erwerb eigener Aktien können die Anteilsverhältnisse an der Gesellschaft beeinflusst werden, wenn der Rückkauf nicht auf einer prorata-Basis erfolgt. Unter diesem Gesichtspunkt bietet der Rückkauf der Gesellschaft insbesondere die Möglichkeit, feindliche Übernahmen abzuwehren oder jedenfalls zu erschweren oder Kleinstaktionäre auszuschließen. Durch einen gezielten Aktienrückkauf können unter Umständen Unterbewertungen ausgeglichen werden. Weiter gehend können Kursstabilisierungen erreicht werden oder sogar Kurssteigerungen. Den genannten Vorteilen stehen Gefahren für die Gläubiger der Gesellschaft, für die Aktionäre der Gesellschaft, für die Gesellschaft sowie für den Kapitalmarkt gegenüber. Die Gegenleistung für den Erwerb eigener Aktien stellt eine Einlagenrückgewähr i. S. d. § 57 Abs. 1 S. 1 AktG dar. Sind die Voraussetzungen der §§ 71 ff. AktG erfüllt, gestattet jedoch § 57 Abs. 1 S. 2 AktG die Rückgewähr. Über die als sog. Kapitalgrenze des § 71 Abs. 2 S. 2 AktG bezeichnete Regelung wird sichergestellt, dass die AG eine Rücklage für die eigenen Aktien aus den frei verfügbaren Mitteln bilden muss. Der Aktienrückerwerb unterscheidet sich insoweit nicht von einer Dividendenzahlung aus frei verfügbaren Gesellschaftsmitteln. Auch die Kapitalaufbringung wird über gesetzliche Vorschriften gewährleistet. Nach § 71 Abs. 2 S. 3 AktG können die Aktien in den aufgezählten Fällen nur erworben werden, wenn sie voll eingezahlt sind. Ein überhöhter Rückkaufspreis stellt eine unzulässige Einlagenrückgewähr nach § 57 Abs. 1 S. 1 AktG dar. Der Erwerb eigener Aktien führt zu einem Abbau von Kapital. Der Kapitalabbau stellt jedoch keine Besonderheit

§ 10 Zusammenfassung

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des Erwerbs eigener Aktien dar, sondern ist mit jeder Ausschüttung aus dem Gesellschaftsvermögen verbunden. Die größte Gefahr beim Erwerb eigener Aktien liegt in einer Ungleichbehandlung der Aktionäre. In der Regel können nicht alle Aktionäre an dem Rückkauf teilnehmen, nicht alle Aktionäre erhalten daher eine gezahlte Prämie. Auf die Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist wegen dieser Konfliktfelder daher genauestens zu achten. Eine Ungleichbehandlung muss sachlich gerechtfertigt sein. 2. Der Rückkauf kann über die Börse, mittels eines öffentlichen Angebots an die Aktionäre oder im Anschluss an individuelle Verhandlungen erfolgen. Vorteile des Rückkaufs über die Börse sind geringere Kosten und zeitliche Flexibilität. Als Nachteil zeigt sich, dass nur relativ kleine Bestände erworben werden können und die Signalwirkung an den Kapitalmärkten gering ist. Der größte Vorteil des Rückerwerbs mittels eines öffentlichen Angebots an die Aktionäre ist die Möglichkeit, einen hohen Anteil an Aktien zurückerwerben zu können. Allerdings zahlt die Gesellschaft eine Prämie, die den Rückkauf im Vergleich zum Erwerb über die Börse verteuert. Ein öffentliches Angebot kann in Form eines Festpreisangebots oder eines Preisspannenangebots erfolgen. Bei einem Festpreisangebot muss die Gesellschaft den Preis festsetzen. Um die Schwierigkeiten der Preisfestsetzung zu vermeiden, kann ein Preisspannenangebot abgegeben werden. Der Aktienrückkauf im Anschluss an individuelle Verhandlungen ermöglicht die Akquisition eines hohen Anteils in kurzer Zeit. Problematisch ist jedoch die Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Es müssen sachliche Gründe dafür gegeben sein, dass (nur) bestimmten Aktionären ein Angebot unterbreitet wird. 3. Der deutsche Gesetzgeber hat den Erwerb eigener Aktien durch das KonTraG liberalisiert. Es wurde von den Möglichkeiten Gebrauch gemacht, die die EG-Kapitalschutzrichtlinie von 1976 bietet. Der Erwerb eigener Aktien ist nunmehr erlaubt, ohne einen vom Gesetzgeber vorgegebenen Zweck verfolgen zu müssen. Nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG können eigene Aktien erworben werden, wenn eine Ermächtigung der Hauptversammlung vorliegt, die den niedrigsten und höchsten Gegenwert sowie den Anteil am Grundkapital, der zehn vom Hundert nicht übersteigen darf, festlegt. Gleichzeitig hat sich der Gesetzgeber durch negative historische Erfahrungen veranlasst gesehen, Vorschriften einzuführen, die einen Missbrauch verhindern sollen. Daher dürfen eigene Aktien nur in der Höhe von 10 % des Grundkapitals erworben und gehalten werden, der Rückkauf darf nur aus freien Rücklagen erfolgen und auf die Aktien muss der volle Ausgabebeitrag geleistet sein (§ 71 Abs. 2 AktG). Die AG hat beim Aktienrückkauf den Grundsatz der Gleichbehandlung zu wahren (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 i. V. m. § 53 a AktG). Der Gesetzgeber hat somit einen Ausgleich gefunden zwischen dem Bedürfnis der Aktiengesellschaften nach

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Teil 4: Ergebnisse

einem Mittel moderner Unternehmensführung und der Verhinderung eines Missbrauchs. Aus diesem Grund ist die Liberalisierung zu begrüßen. 4. Am 1. 1. 2002 ist das WpÜG in Kraft getreten. Damit besteht in Deutschland erstmalig ein verbindlicher Rechtsrahmen für freiwillige Angebote zum Erwerb von Wertpapieren, für Unternehmensübernahmen und für Pflichtangebote. Auch wenn im Detail Kritik geübt werden muss, ist der Erlass grundsätzlich zu begrüßen. Das System einer freiwilligen Selbstkontrolle hatte sich in Deutschland nicht bewährt. Aufgrund der steigenden Bedeutung von Unternehmensübernahmen bestand ein Regelungsbedarf. Das WpÜG bringt Rechtssicherheit, indem es die die Voraussetzungen für Unternehmensübernahmen festlegt. Die effizienz- und wohlstandssteigernden Wirkungen von Unternehmensübernahmen werden durch einen solchen Rechtsrahmen, der Hindernisse für Unternehmensübernahmen abbaut, gesteigert. 5. Das WpÜG erfasst nicht nur Übernahmeangebote und Pflichtangebote, sondern auch freiwillige öffentliche Angebote zum Erwerb von Wertpapieren, die weder auf den Erwerb der Kontrolle gerichtet sind noch eine Kontrollmehrheit des Bieters voraussetzen. Der Tatbestand der freiwilligen öffentlichen Angebote könnte nach seinem Wortlaut auch Angebote zum Erwerb eigener Aktien umfassen, denn eine Einschränkung sieht der Wortlaut nicht vor. Im Gesetzgebungsverfahren wurde die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien nur unzureichend behandelt. Die Gesetzesbegründung nimmt zu dieser Thematik keine Stellung. Diese Problematik führte in der Praxis zu erheblicher Rechtsunsicherheit. Hauptversammlungsbeschlüsse von Aktiengesellschaften, die zum Erwerb eigener Aktien mittels eines öffentlichen Angebots ermächtigten, enthielten die Klausel, dass die „Vorschriften des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes [zu beachten sind], sofern und soweit diese Anwendung finden.“ Auf ein unverbindliches Auskunftsersuchen hat die BaFin mitgeteilt, das WpÜG sei auf den Rückerwerb eigener Aktien anwendbar, wenn der Aktienrückkauf mittels eines öffentlichen Angebots erfolge. Eine Dualität von Bieter und Zielgesellschaft setzt der Wortlaut von § 2 Abs. 1 WpÜG zwar nicht voraus. Der Wortlaut ist offen formuliert und kann auch das öffentliche Angebot zum Erwerb eigener Aktien umfassen. Allerdings stellt der Wortlaut nur die Grenze der Auslegung dar. Einschränkungen können aus anderen Gründen erforderlich sein. Der Wille des Gesetzgebers, für oder gegen eine Einbeziehung des Erwerbs eigener Aktien in den Anwendungsbereich des WpÜG, lässt sich nicht ermitteln. Auch aus der Entstehungsgeschichte können insoweit keine endgültigen Schlüsse gezogen werden, da die Erweiterung des Anwendungsbereichs des WpÜG auf freiwillige öffentliche Angebote nicht mit dem Ziel vorgenommen wurde, Angebote zum Erwerb eigener

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Aktien zu erfassen. Der Erwerb eigener Aktien wurde auch nicht als logische Folge bedacht. Aus der sprachlich-grammatikalischen Auslegung, dem Willen des Gesetzgebers und der Entstehungsgeschichte des WpÜG können keine Aussagen über die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien hergeleitet werden. Entscheidend sind daher die Systematik des Gesetzes und der Regelungszweck der Vorschriften. Die systematische Auslegung zeigt, dass bestimmte Vorschriften eine Dualität von Bieter und Zielgesellschaft voraussetzen. Daraus kann der Schluss gezogen werden, dass das Gesetz insgesamt auf der Vorstellung einer Personenverschiedenheit von Bieter und Zielgesellschaft basiert. Die teleologische Auslegung zeigt, dass ein Schutzbedürfnis der Aktionäre, welches die Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien verlangt, nicht besteht. Vielfach würde die Anwendung nur eine Verfahrenserschwernis bedeuten. Darüber hinaus bestehen zum Teil nach aktien- und übernahmerechtlichen Regelungen unterschiedliche Verhaltensgebote. Die Anwendung der aktienrechtlichen Regelungen erweist sich jedoch als sachgerechter. Aus diesen Gründen ist die unmittelbare Anwendung des WpÜG auf ein öffentliches Angebot zum Erwerb eigener Aktien abzulehnen. Die analoge Anwendbarkeit scheitert an dem Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat für den Erwerb eigener Aktien im AktG (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 i. V. m. § 53 a AktG) eine schlüssige und abschließende Regelung getroffen. Die Gesetzeslage ist nicht unvollständig. Eine Analogie kann nicht aus einem Schutzdefizit alleine begründet werden. Daher scheidet eine analoge Anwendung einzelner Vorschriften des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien aus. Der Gesetzgeber ist aufgefordert, die Nichtanwendbarkeit des WpÜG klarzustellen. Die Umsetzung der EG-Übernahmerichtlinie, die Deutschland im Hinblick auf diese Sachfrage nicht zu einer Änderung des WpÜG zwingt, bietet dazu die passende Gelegenheit. Das Angebot zum Erwerb eigener Aktien sollte explizit aus dem Anwendungsbereich des WpÜG herausgenommen werden. Die Untersuchung hat auch gezeigt, dass beim Erwerb eigener Aktien in einzelnen Bereichen ein Schutzbedürfnis der Aktionäre besteht. Sachgerecht ist dieser aber nicht durch die Anwendung einzelner Vorschriften des WpÜG zu befriedigen. Vielmehr ist der Regelungsbedarf gesellschaftsrechtlicher Natur, so dass der Gesetzgeber die Vorschriften des AktG um einige Verfahrensvorschriften ergänzen sollte.1 Die rechtsvergleichende Umschau hat gezeigt, dass in Österreich und in der Schweiz ähnliche rechtliche Sachfragen diskutiert werden. Die „Schweizer _______________ 1

Für einen Vorschlag für Verfahrensvorschriften siehe oben § 7 F. III.

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Teil 4: Ergebnisse

Lösung“ über ein dreistufiges System von grundsätzlichem Verbot, genereller Freistellung und Einzelfreistellung verdeutlicht, dass der Rückerwerb eigener Aktien weniger Gefahren bedeutet als der Erwerb von Aktien durch einen Dritten. Im Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten sind eigenständige Regelungen zum Erwerb eigener Aktien erlassen worden. Daraus wird deutlich, dass in diesen Ländern ein Bedarf für besondere Verfahrensvorschriften gesehen wird. Gleichzeitig wird aber auch offensichtlich, dass der Erwerb eigener Aktien und der Erwerb von Aktien durch Dritte als unterschiedliche Regelungsmaterien eingestuft werden. Die Rechtslage im Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten unterstützt die These, dass die Anwendung des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien ausgeschlossen werden sollte und einzelne Verfahrensvorschriften in das AktG eingefügt werden sollten. 6. Aus dem Wortlaut des WpÜG geht nicht hervor, ob ein passiver Kontrollerwerb mit der Folge der Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots nach § 35 Abs. 2 S. 1 WpÜG vorliegt, wenn ein Aktionär die Kontrollmehrheit ohne eigenes Zutun dadurch erlangt, dass die Gesellschaft eigene Aktien zurückerwirbt. § 29 Abs. 2 WpÜG definiert nicht, welche Aktien bei der Berechnung der Gesamtzahl der Stimmrechte zu berücksichtigen sind. Nach der Gesetzesbegründung sollen bei der Ermittlung der Gesamtzahl der Stimmrechte Aktien berücksichtigt werden, bei denen Stimmrechtsausübungshindernisse bestehen, insbesondere im Fall des Haltens eigener Aktien durch die Gesellschaft. Danach wäre ein passiver Kontrollerwerb eines Aktionärs, herbeigeführt durch den Rückerwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft, ausgeschlossen. Allerdings kann die Gesetzesbegründung weder in ihrer rechtlichen Argumentation überzeugen noch für die Praxis sachgerechte Lösungen anbieten. Vorzugswürdig ist eine zweistufige Lösung, die auf einer ersten Stufe die Regelung des § 35 WpÜG auf den passiven Kontrollerwerb infolge des Aktienrückkaufs durch die Gesellschaft anwendet und auf einer zweiten Stufe Befreiungen im Einzelfall nach § 37 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜGVO zulässt. Eine flexible Entscheidung im Einzelfall über die Befreiungsmöglichkeit nach § 37 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 5 WpÜG-VO bietet die Möglichkeit, für unterschiedliche Fallgestaltungen unterschiedliche Entscheidungen zu treffen. Den Besonderheiten des Einzelfalls wird dadurch Rechnung getragen. Eine solche flexible Lösung ist der in der Gesetzesbegründung vorgesehenen Lösung überlegen. Da die Entscheidung des Gesetzgebers jedoch zu respektieren ist, kommt diese Lösung in der Praxis nur in Betracht, wenn der Gesetzgeber tätig wird. Ihm ist zu empfehlen, in § 29 Abs. 2 WpÜG einen Passus einzufügen, wonach eigene Aktien, die die Gesellschaft hält, bei der Berechnung der Gesamtzahl

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der Stimmrechte außer Acht bleiben.2 Dass eine solche Lösung sinnvoll ist, zeigen das österreichische Übernahmerecht und die Regelungen des City Code im Vereinigten Königreich. 7. Der Rückerwerb eigener Aktien kann als Maßnahme zur Abwehr feindlicher Übernahmen eingesetzt werden. Obwohl der Anteil eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 AktG auf 10 % des Grundkapitals beschränkt ist, stellt sich diese Maßnahme unter Umständen als wirkungsvoll dar. Der Effekt wird verstärkt, wenn die zurückerworbenen Aktien an befreundete Aktionäre weitergegeben werden. Dadurch besteht wieder Freiraum für einen Erwerb. Der Erwerb eigener Aktien eignet sich sowohl als präventive als auch als repressive Abwehrmaßnahme. Die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien richtet sich vor der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nach aktienrechtlichen Grundsätzen, da § 33 WpÜG in diesem Zeitpunkt noch nicht eingreift. Auch die aktienrechtliche Neutralitätspflicht gilt in diesem Zeitpunkt jedoch nicht, so dass der Erwerb zulässig ist, wenn er aufgrund einer Ermächtigung durch die Hauptversammlung erfolgt. Wegen Verstoßes gegen den aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 53 a AktG) ist der Erwerb von Aktien von einem einzelnen Aktionär, der damit droht, ein Übernahmeangebot für die Gesellschaft abzugeben bzw. sein Aktienpaket an einen Übernahmeinteressenten zu veräußern, unzulässig. Der Erwerb eigener Aktien zur Abwehr gegenwärtiger Übernahmeversuche ist an § 33 WpÜG zu messen. Danach sind Verteidigungsmaßnahmen grundsätzlich unzulässig (§ 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG). Zulässig ist er der Rückerwerb jedoch, wenn er auch von einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter einer Gesellschaft, die nicht von einem Übernahmeangebot betroffen ist, vorgenommen worden wäre (§ 33 Abs. 1 S. 2, 1. Var. WpÜG). Darüber hinaus konnte der Erwerb mit Zustimmung des Aufsichtsrats erfolgen (§ 33 Abs. 1 S. 2, 3. Var. WpÜG). Eine Selbstverständlichkeit ist es, dass die Hauptversammlung, der gerade das Recht zustehen soll, über ein Übernahmeangebot zu entscheiden, den Vorstand ad hoc in der Angebotsphase zu Verteidigungsmaßnahmen ermächtigen kann. Schließlich kann der Vorstand schon auf Vorrat von der Hauptversammlung ermächtigt werden, im Falle eines Übernahmeangebots Abwehrmaßnahmen zu ergreifen (§ 33 Abs. 2 WpÜG). Die Handlungen, zu denen der Vorstand ermächtigt werden kann, sind in der Ermächtigung lediglich der Art nach zu bestimmen, so dass im Vergleich zu einem ad hoc gefassten Hauptversammlungsbeschluss Erleichterungen gelten. Die Ermächtigung zum Rückerwerb eigener Aktien (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 AktG) für den Fall _______________ 2

Für den Vorschlag einer solchen Vorschrift siehe oben § 8 F.

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Teil 4: Ergebnisse

eines feindlichen Übernahmeangebots kann daher den niedrigsten und höchsten Gegenwert offen lassen. Sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage ist es dem Vorstand grundsätzlich untersagt, während des Übernahmeverfahrens einem Dritten, der damit droht, sein Aktienpaket an den Bieter zu verkaufen (greenmailing), dieses abzukaufen. Ausnahmen können nur zugelassen werden, wenn ein schwerer Schaden der Gesellschaft droht. Dies kann lediglich angenommen werden, wenn der Bieter die Gesellschaft zerstören will oder ihr Wohlergehen am Markt gefährdet.

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Sachregister 2. EG-Koordinierungsgesetz 69 Abbau von Eigenkapital 44 Abfindung von Aktionären 80 Abwehr feindlicher Übernahmen 34 − Rechtslage nach Erlass des WpÜG 287 − Rechtslage vor Erlass des WpÜG 276 ADHGB 63 Ad-hoc-Hauptversammlungsbeschluss 286, 297 Ad-hoc-Publizität 47, 190 Agency-Konflikte 243 Akquisitionswährung 32 Aktienoptionsplan 36 Aktienpaket 58 Aktienrechtsreformen 1937 und 1965 67 Aktienrückkauf − Pflichtangebot 239 Aktionärsstruktur 45 Analogie − Gesetzeslücke 212 − Planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes 212 Angebot 140 − an die Belegschaft 78 − Änderung 207 − Inhalt 197 − öffentlich 142 − zu Festpreis 53 − zum Erwerb von Wertpapieren 22, 123 Angemessenheit des Preises 181

ARAG-Rechtsprechung 293 Ausgabe übertragbarer Verkaufsoptionen 57 Ausnutzung einer aktuellen Unterbewertung 28 Ausschluss von Kleinstaktionären 34 Ausschüttung liquider Mittel 30 BaFin 21, 139 Beeinflussung des Börsenkurses 38 Bootstrap acquisition 273 Börsensachverständigenkommission beim Bundesministerium der Finanzen 109 BSK siehe Börsensachverständigenkommission beim Bundesministerium der Finanzen City Code 110, 266 DAV siehe Deutscher Anwaltverein Deutscher Anwaltverein 155 Durchbruchsregel 117 Eigene Aktien 25 Eigenkapitalrentabilität 29 Eigentümerstruktur 33 Eight factor test 145 Einheitlichkeit des Preises 182 Einkaufskommission 91 Einlagenrückgewähr 41, 101 Einziehung 93 Ergänzende Angaben 199 Erheblicher Schaden der Gesellschaft 285

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Sachregister

Ermächtigung durch die Hauptversammlung 83 Erste Aktienrechtsnovelle 63 Erwerb eigener Aktien 21, 24, 125 − aktienrechtliche Zulässigkeit 309 − als präventive Abwehrmaßnahme 289 − als repressive Abwehrmaßnahme 284, 290 − Erwerbsmethoden 309 − Gefahren 308 − im Vorfeld eines Übernahmeangebots 281 − Maßnahme zur Abwehr feindlicher Übernahmen 273, 313 − Motive 308 − präventive Abwehrmaßnahme 281 − Tauglichkeit als Abwehrmittel 273 − Unmittelbare Anwendbarkeit des WpÜG 140 − Zulässigkeit als Abwehrmittel 276 Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft 155 Erwerbsverbot 72 Erwerbszwecke 28 Europäische Harmonisierung des Übernahmerechts 67, 108

Gemeinsamer Standpunkt des Rates 114 Gesamtrechtsnachfolge 92 Geschlossene Aktiengesellschaften 35 Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich 70 Gesetzesbegründung 268 Gleichbehandlungsgebot 44, 85, 184, 282 Gleichbehandlungsgrundsatz siehe Gleichbehandlungsgebot Golden shares siehe Goldene Aktien Goldene Aktien 115 Greenmailing 59, 275, 282, 301

Finanzierungspolitische Motive 28 Free float 274 Freiwilliges, einfaches öffentliches Angebot 22

Individuelle Kommunikation 150 Informationen − Zugang 194 Informationsasymmetrie 38 Informationspflicht 209 Insiderhandel 47

Gefahren des Aktienrückkaufs 40 − für den Kapitalmarkt 47 − für die Aktionäre der Gesellschaft 44 − für die Gesellschaft 44 − für die Gläubiger der Gesellschaft 41 Gelatine-Rechtsprechung 299

Handelsrechtsausschuss des Deutschen Anwaltvereins 155 Handlungen eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters 292 Handlungen mit Zustimmung des Aufsichtsrats 296 Hauptversammlung − Dominanz 258 Hebelwirkung 29 Historische Entwicklung des Aktiengesetzes 62 Holländisches Auktionsverfahren 55 Holzmüller-Rechtsprechung 299

Kapitalaufbringung 43 Kapitalerhaltung 41 Kapitalschutzrichtlinie 25, 62, 67 Kauf- oder Tauschangebot 22 Konkurrierendes Angebot − Suche nach 295

Sachregister KonTraG siehe Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich Kontrolle − Tatbestand 239 Kontrollerwerb 22 − infolge des Aktienrückkaufs 241 Konzernierung 36 Kursmanipulation 47 Laufende Geschäftsführung 285 Leverage-Effekt 29 Liquiditätsabfluss 273 Market for Corporate Governance Control siehe Markt für Unternehmenskontrolle Markt für Unternehmenskontrolle 46 Minderheitsaktionär 258 Mindestangebotsfrist 208 Mitarbeiterbeteiligungsprogramme 36 Motive 28 Neutralitätspflicht 117, 289 − aktienrechtliche 276 − außerhalb des Übernahmeverfahrens 281 Notverordnung 66 Optionsmodell 131 Passiver Kontrollerwerb 23, 239, 240 Pennington, Robert Roland 109 Pennington-Entwurf 113 Pflichtangebot 22, 125, 128 − infolge des Aktienrückkauf 239 Pflichten nach dem Erwerb 94 Prämienzahlung 53, 59 Preisgestaltung 43, 181 Preisspannenangebot 55, 204 Preußische ALR 63

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Preußisches Gesetz über Aktiengesellschaften 63 Private benefits of control 258 Pro-rata-Basis 56 Puts 57 Rechtsvergleich − Österreich 219, 262 − Schweiz 222, 265 − Vereinigte Staaten 227, 267 − Vereinigtes Königreich 225, 266 Regelungsbedarf 231 Reservation value 274 Richtlinienvorschläge 113, 114 Rückkauf − Bekanntgabe 189 − individuell ausgehandelt 58, 154 − mittels eines öffentlichen Angebots 53, 154 − über die Börse 51, 153 Rückkaufpreis − überhöhter 101 Sanktionen 97 Schadensabwehr 73 Schranken des zulässigen Erwerbs 93 Schützbedürftigkeit 179 Sekundärmarkt 58 Selbstkontrolle 108 Sell-out 132 Shareholder-Servicing-Kosten 34 Signalling-Hypothese 38 Signalsetzung 38 SLIM 103 Squeeze-in 244 Squeeze-out 132 Standing in the market 153 Standstill agreement 60 Stimmrechtsausübungshindernis 270 Überlegungsfrist 191 Übernahmeangebot 22, 124

342 Übernahmekodex 110 Übernahmerichtlinie 116 − Anwendungsbereich 127 − Auswirkungen 214, 268, 303 − Inhalt 127 − Umsetzungsbedarf 132 Übernahmeverfahren 23 Übernahmeversuch 23 Überzeichnung 192 Umgehungsgeschäft 100 Umstrukturierung des Verhältnisses von Eigen- und Fremdkapital 29 Unentgeltlicher Erwerb 91 Ungleichbehandlung 44 Verdeckte Leistung 101 Verhinderungsverbot 288, 289, 291 Verkaufschancen 189 VerkProspG 143 Vorratsbeschluss 286, 298 Wechselseitige Beteiligungen 35 Weißer Ritter 295 Wertpapierhandel 82 White knight siehe Weißer Ritter Windhundverfahren 182, 209 Winter-Kommission 117

Sachverzeichnis WpÜG − Analoge Anwendbarkeit 211 − Anwendbarkeit auf Erwerb eigener Aktien 310 − Anwendungsbereich 138, 310 − Aufbau des Gesetzes 121 − Bieter 173 − Entstehungsgeschichte 108, 172 − Erlass 21, 111, 310 − Gesetzesbegründung 169 − Grundlagen 121 − Inhalt 122 − Keine unmittelbare Anwendbarkeit 162 − passiver Kontrollerwerb 312 − sprachlich-grammatikalische Auslegung 168 − Systematik 173 − teleologische Auslegung 179 − Unmittelbare Anwendbarkeit mit teleologischer Reduktion 158 − Wille des Gesetzgebers 169 Zielgesellschaft 168 Zuteilungsverfahren 192 Zweite Aktienrechtsnovelle 64