Die Aufgaben der Handelshochschule München: Reden und Begrüssungen anlässlich der feierlichen Eröffnung [Reprint 2019 ed.] 9783486740318, 9783486740301


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Inhaltsverzeichnis
I. Reden anläßlich der feierlichen Eröffnung
Zur Vorgeschichte der Handelshochschule München
Die Aufgaben der Handelshochschule München
II. Begrüßungen durch die Festgäste
Seine Königliche Hoheit Prinz Ludwig von Bayern
Seine Excellenz Dr. Clemens Freiherr von Podewils- Dürniz, Staatsminister des K. Hauses und des Äußern
II. Bürgermeister der Stadt München, Geh. Hofrat Dr. Philipp Ritter von Brunner
Rektor magnificus der Ludwig-Maximilians-Universität München, Professor Dr. Paul
Rektor magnificus der Technischen Hochschule München, Professor Dr. Schröter
Hofrat Professor Raydt, Studiendirektor der Handelshochschule Leipzig
Generaldirektor Hering, Handelskammer Nürnberg
III. Anhang
Vorläufiger Bericht über das Gründungsjahr 1910
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Die Aufgaben der Handelshochschule München: Reden und Begrüssungen anlässlich der feierlichen Eröffnung [Reprint 2019 ed.]
 9783486740318, 9783486740301

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DIE AUFGABEN DER HANDELSHOCHSCHULE MÜNCHEN REDEN UND BEGRÜSSUNGEN ANLÄSSLICH DER FEIERLICHEN ERÖFFNUNG ANHANG: VORLÄUFIGER BERICHT ÜBER DAS GRÜNDUNGSJAHR 1910

MÜNCHEN 1911 • V E R L A G R.OLDENBOURG

Inhaltsverzeichnis. I. Reden anläßlich der feierlichen Eröffnung.

sehe

Zur Vorgeschichte der Handelshochschule München von

Dr.

Georg K e r s c h c n s t e i n e r , Kgl. Studienrat und Stadtschulrat, I. Präsident des Kuratoriums der Handelshochschule München . .

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Die Aufgaben der Handelshochschule MUnchen von

Dr. M. J . B o n n , Direktor der Handelshochschule München, a. o. Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität

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II. Begrüßungen durch die Festgäste. Seine Königliche-Hoheit P r i n z L u d w i g v o n B a y e r n

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Seine Excellenz Dr. Clemens Freiherr v o n P o d e w i l s - D i i r n i z , Staatsminister des Königl. Hauses und des Äußern

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Geh. Hofrat Dr. Philipp Ritter v o n B r u n n e r , II. Bürgermeister der Stadt München

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Professor Dr. P a u l , Rektor magnificus der Ludwig-Maximilians-Universität München

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Professor Dr. S c h r ö t e r ,

Rektor magnificus der Technischen Hochschule

zu München

34

Hofrat Professor R a y d t , Studiendirektor der Handelshochschule Leipzig

34

Generaldirektor A . H e r i n g , Handelskammer Nürnberg

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III. Anhang. Vorläufiger Bericht Uber das Gründungsjahr 1910

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I. REDEN.

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Zur Vorgeschichte der Handelshochschule München von

Dr. Kerschensteiner. Königliche Hoheit!

Eure Excellenzen! Hochansehnliche Versammlung ! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Beginn meiner kurzen Betrachtung über die Geschichte der Entstehung unserer Handelshochschule vor allem einer Pflicht genügen. Das Kuratorium uhd mit ihm die beiden Träger der Handelshochschule sowie die Stadtgemeinde München sind sich der Auszeichnung bewußt, daß so viele hervorragende Männer der Einladung zur Eröffnungsfeier Folge geleistet haben. Wir begrüßen alle heute erschienenen Gäste mit dem Gefühle des Dankes und der Freude. Vor allem begrüßen wir Seine Königliche Hoheit den Prinzen Ludwig von Bayern und danken ihm, daß er trotz anderweitiger Verpflichtungen, die ihm selbst diesen Morgen nur eine beschränkte Zeit zur Verfügung stellen, geruhte, nicht nur der Eröffnungsfeier anzuwohnen, sondern auch einige Worte an die Festteilnehmer zu richten. Wir danken weiterhin Seiner Excellenz dem Herrn Ministerpräsidenten Freiherrn von Podewils, den Excellenzen Herren Staatsministern von Brettreich und von Frauendorfer, Sr. Excellenz dem Herrn Staatsrat von Schätz als dem Vertreter des Herrn Kultusministers und Sr. Excellenz dem Herrn Regierungspräsidenten von Halder. 2*

Wir danken den Magnificenzen und Vertretern der verschiedenen Hochschulen sowie allen übrigen Ehrengästen, die dem Rufe unserer Einladung Folge geleistet haben. Die Bewegung zugunsten der Errichtung wissenschaftlicher Hochschulen für technische und wirtschaftliche Berufe geht in Deutschland auf etwa 80 Jahre zurück. Sie läuft parallel mit der wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands. Unsere deutschen Universitäten, die alten Sitze geistiger Kultur, waren nicht geneigt, den technischen Wissenschaften Lehrstühle einzuräumen. Technische wie wirtschaftliche Berufe mußten zunächst ihre eigenen Stätten für wissenschaftliche Vertiefung suchen. So entstanden die technischen Hochschulen, die landwirtschaftlichen Hochschulen, die tierärztlichen Hochschulen, die Forsthochschulen, die Bergakademien. Inzwischen ist für viele dieser Hochschulen ein Wandel der Anschauung eingetreten. Die bedeutenderen unter diesen Schulen werden als ebenbürtige Schwestern der Universitäten anerkannt, nicht bloß, weil die Möglichkeit exakter wissenschaftlicher Behandlung der in Frage stehenden Wissensgebiete außer Zweifel steht, sondern vielleicht auch, weil einzelne der neuen Hochschulen, vor allem die technischen Hochschulen, an ihre ordentlichen Studierenden die gleichen Anforderungen in bezug auf geistige Vorbildung stellen wie die Universitäten. J a , es ist eine Bewegung zu verzeichnen, welche, wie das an verschiedenen amerikanischen Staatsuniversitäten der Fall ist, einer Eingliederung der technischen Wissenschaften in die alten Universitäten das Wort redet, wie denn auch erst in allerjüngster Zeit die bayerische Forsthochschule bereits in den Organismus der Universitäten eingefügt worden ist. E s ist nicht der Platz, die Möglichkeit, Zweckmäßigkeit oder Notwendigkeit dieser Eingliederung hier zu erörtern. Nur in Bezug auf die Notwendigkeit möchte ich mir eine Bemerkung nicht versagen, auf die ich später wieder Bezug nehmen muß. Der Endzweck aller geistigen Schulung darf nicht die berufliche Bildung sein. Der Endzweck ist der ganze Mensch als lebendige Kraft im Arbeitskreise der Staatsgemeinschaft, der er angehört. Ich habe es oft genug ausgesprochen, was mich nicht nur mein Nachdenken, sondern auch mein eigenes Leben gelehrt hat, daß der normale Weg zu diesem Ziele durch die berufliche Bildung hindurchgeht mit ihrem wissenschaftlichen Ernste, mit ihrer allseitigen Gründlichkeit, mit ihrem Zwange, in die Tiefe zu graben,

mit ihrem unerschöpflichen, fast automatisch sich auslösenden Anreizen zum Forschen. Aber unsere technischen Schulen, auch die wissenschaftlichen technischen Hochschulen werden im allgemeinen nur dann zu diesem Ziele führen, wenn ihre Organisationen und die Pläne ihrer Studien daraufhin angelegt sind, wenn sie über den engen Gesichtskreis der bloßen Berufsbildung den weiten Gesichtskreis der Bildung für die Menschengemeinschaft im Auge behalten. So lange und so weit unsere technischen und wirtschaftlichen Schulen dieser Forderung nachzukommen trachten, ist keine innere Notwendigkeit gegeben zu einer Vereinigung mit den alten Universitäten, die, wenigstens in ihrer Anlage, wenn auch vielleicht nicht in der Ausnutzung durch die Studierenden, das uralte Ziel einer philosophischen Durchbildung des ganzen Menschen im Auge haben. Nun hat die neueste Zeit zu den alten technischen und wirtschaftlichen Hochschulen in Deutschland und in den deutschen Sprachgebieten unserer Nachbarländer eine neue Gattung gebracht, die Handelshochschulen. Vor 12 Jahren erfolgte auf Anregung des österreichischen Handelsministers die Gründung der Exportakademie in Wien behufs stärkerer Förderung des österreichischen Exportes. Im gleichen Jahre wurde die Handelshochschule in Leipzig eröffnet auf Anregung des Kongresses des deutschen Verbandes für kaufmännisches Unterrichtswesen unter der Initiative der Professoren Dr. Ehrenberg-Göttingen, Hofrat Raydt-Leipzig und des Regierungsrates Stegemann, und wieder im gleichen Jahre wurde die allerdings kürzlich wieder aufgehobene Handelshochschule zu Aachen eingerichtet im Anschlüsse an die dortige technische Hochschule. Wenige Jahre später folgten die Handelshochschulen Köln, Frankfurt a. M., Berlin, Zürich, Mannheim. Schon im Jahre nach der Eröffnung der drei ersten Hochschulen, im Jahre 1899, regte der Handelsverein München an, Gelegenheiten für kaufmännisch-wissenschaftliche Bildung für die Münchener Handelswelt zu schaffen. Das Bedürfnis entwickelte sich offenbar aus dem Kaufmannsstande selbst. München verfügt über keine so alte Großkaufmannschaft wie Köln, Frankfurt, Hamburg, Berlin. Wenn wir heute einen blühenden Kaufmannsstand haben, so ist das eine Entwicklung der letzten vierzig Jahre. Mit seiner Entwicklung entstand auch das Bedürfnis nach einer Stätte für höhere, wissenschaftliche kaufmännische Bildung. Im

— 10 — Laufe der beiden nächsten Jahre verdichtete sich die Anregung immer mehr zu dem Gedanken der Gründung einer besonderen Handelshochschule. Dr. Reinhold Schultz wurde vom Münchener Handelsverein und der Handels- und Gewerbekammer von Oberbayern eingeladen, über die Frage der Handelshochschule zu sprechen. Der Vortrag fand am 28. Januar 1903 im neuen Haus für Handel und Gewerbe statt. Dadurch wurde nicht nur der Gedanke der Errichtung einer solchen Anstalt in weite Kreise getragen, der Vortrag führte auch unmittelbar zu einer Eingabe der beiden kaufmännischen Korporationen an den Magistrat der Stadt München mit der Bitte, eine Kommission zu bestellen, welche die Gründung einer Handelshochschule in die Wege leiten soll. Die Eingabe wurde vom Kollegium der Herren Gemeindebevollmächtigten sympathisch aufgenommen und das Ansuchen durch Herrn Gemeindebevollmächtigten Fritz Wörz, der bereits am 1 5 . Januar 1902 aus eigener Initiative einen Antrag auf Errichtung einer Handelshochschule im Gemeindekollegium gestellt hatte, kräftigst unterstützt. Die Folge war, daß auch ich mich mit der Angelegenheit eingehend zu beschäftigen hatte. Meine Studien legte ich im Oktober 1904 in einem längeren Referate den beiden städtischen Kollegien und den beiden kaufmännischen Verbänden vor. Ich gestehe offen, daß meine Stellungnahme zunächst eine zurückhaltende war und daß meine Erhebungen und Studien mich in dieser Zurückhaltung nur bestärkten. Ich entwickelte in meinem Referate die Gründe für und gegen die Errichtung einer selbständigen Handelshochschule in objektiver Weise und gab zum Schlüsse der Meinung Ausdruck, daß man, wie in Aachen, eine Angliederung der Handelshochschule an die technische Hochschule anstreben solle. Damals waren auch bedeutende Kaufleute in München von der Notwendigkeit einer selbständigen Hochschule für diese Zwecke nicht überzeugt. Eine Sitzung der Vorbereitungskommission vom 22. März 1906, an der auch die Vertreter der Kgl. Staatsministerien des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten und des Kgl. Hauses und des Äußern sowie Vertreter der Universität und der Technischen Hochschule teilnahmen, führte insofern zu einem negativen Ergebnis, als einerseits die Möglichkeit der Angliederung an die Technische Hochschule durchaus verneint wurde und anderseits die Mittel zu einer selbständigen Handelshochschule um diese Zeit nicht sichergestellt waren. Die beiden großen



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kaufmännischen Körperschaften hatten die Jahre vorher große Mittel festgelegt für den Bau des Hauses für Handel und Gewerbe und bekamen jetzt erst wieder die Hände frei für die Inangriffnahme neuer großer Aufgaben. Man darf vielleicht auch sagen, das negative Ergebnis war eine Folge der Neuheit der ganzen Frage. Die Anschauungen über den Zweck und den Wert dieser neuen Gattung von Hochschulen waren, wenigstens in den hier maßgebenden Kreisen, die Kaufleute nicht ausgeschlossen, noch viel zu wenig geklärt. Die Analogie mit den übrigen technischen und wirtschaftlichen Hochschulen versagt hier gerade in dem wichtigsten Punkte. Dem Maschinen-Ingenieur, dem Architekten, dem Landwirte, dem Tierarzte, auch dem Forstmann kann die Hochschule in den Laboratorien, Werkstätten, Zeichensälen, Versuchsgärten, Versuchsfeldern, Tierspitälern, Waldkulturen und verschiedenen anderen Einrichtungen, wenn auch einen unvollkommenen, so doch einen immerhin brauchbaren Ersatz für die Praxis des Lebens bieten. Gewisse Haupteigenschaften des Technikers, Landwirtes, Tierarztes usw. lassen sich dort erwerben. Nicht so an einer Handelshochschule. Für die Entwicklung von Wagemut, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Beweglichkeit, Nüchternheit, Umsicht, Weitblick, Ehrlichkeit, diesen Grundeigenschaften des Kaufmannes und vor allem für die komplizierte Eigenschaft des »Disponenten« gibt es keine Schuleinrichtung analog den Laboratorien und Versuchsfeldern. Die sog. »Musterkontore«, die man dafür ansprechen möchte, können nicht in Parallele gezogen werden; ganz abgesehen davon, daß auch sie nicht die berührten Eigenschaften entwickeln können. Es bedurfte einiger Jahre, um diese Analogien in die Ferne zu rücken und Klarheit darüber zu gewinnen, was eine Handelshochschule kann und was sie nicht kann. Sie kann nicht Kaufleute erziehen, etwa wie eine Maschinenbauschule mittlere Techniker, eine technische Hochschule Ingenieure, eine tierärztliche Hochschule Tierärzte erziehen kann. J e klarer wir uns dies vor Augen halten, desto eher werden wir zu dem wahren Zwecke der Handelshochschulen gelangen. Der rechte Kaufmann wächst nur, ganz abgesehen von der notwendigen angeborenen Begabung, im Strome des kaufmännischen Lebens, der kleine Kaufmann und erst recht der große Kaufmann. Aber in den Strom des Lebens zieht zunächst die Erwerbslust, der Grundinstinkt aller kauf-



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männischen Tätigkeit; ein zweifellos berechtigter Instinkt, ohne welchen ein rechter Kaufmann nicht zu denken ist. Alle Unternehmungen, in denen der Zug dieses Instinktes ausgeschaltet ist wie in den meisten städtischen und staatlichen Unternehmungen, leiden naturgemäß durch den Mangel an Kraft und Initiative, ja oft auch an Umsicht und Weitsicht. Nun lehrt aber eine einfache psychologische Überlegung, daß alle egoistischen Instinkte die natürliche Neigung haben, in Selbstsucht auszuarten, sofern es nicht der Erziehung gelingt, sie rechtzeitig mit anders gerichteten Instinkten zu assoziieren. Die Durchführung dieser Assoziation ist neben der Einführung in die Grundlagen der kaufmännischen Wissenschaften die vornehmste Aufgabe der Handelshochschulen. Mit anderen Worten: die Aufgabe der Handelshochschulen muß nicht bloß darin gesucht werden, das praktische Erfahrungswissen des Studierenden wissenschaftlich durchzuarbeiten und so weit als möglich zu vervollständigen, sondern auch darin, den Blick des einzelnen hinauszuführen über den engen Horizont seines persönlichen Erwerbstriebes in den weiten Horizont des wirtschaftlichen Zweckes und der nationalen Bedeutung des Handels. Die Erweiterung des Blickes hat zwar nicht unmittelbar die Umbiegung des Charakters zur Folge. Aber diese Umbiegung ist beim erwachsenen Menschen auch nicht möglich ohne diese Erweiterung des Vorstellungskreises. Ja, sie ist sogar erst dann möglich, wenn diese Erweiterung des Vorstellungskreises auf streng wissenschaftliche Basis gestellt ist. Denn nur die wissenschaftlich fundierte Uberzeugung löst dauernd starke Willensimpulse aus. Zur wissenschaftlichen Fundierung des hier einschlägigen Wissensgebietes bedarf es aber bei einem anders vorgebildeten Schülermaterial mit ausgebildeten beruflichen Interessen anderer Unterrichtsorganisationen und Wege, als die bestehenden Hochschulen haben, die sich ja selbst wieder auf die besondere Eigenart der Vorbildung und Interessen ihrer Schüler stützen müssen. Unter sonst gleichen Verhältnissen wird jeder Dozent einen um so größeren Erfolg seiner Tätigkeit erwarten dürfen, je besser er seine Vorlesungen dem Bildungsstande und dem Interessenkreise seiner Hörer anpassen kann. Denn unsere Interessen sind die Werkzeuge, mit denen wir die geistige Nahrung ergreifen, unser Bildungsstand ist das Organ, mit dem wir sie assimilieren. So erkennen wir die Berechtigung und den Hauptzweck der Handelshochschulen sowie den wesentlichen



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Weg, den sie zu gehen haben. Wie viele andere Zwecke noch mit ihnen verbunden werden können und voraussichtlich auch mit ihnen verbunden werden, will ich hier nicht weiter ausführen. Die bereits erwähnte Sitzung vom 22. März 1906 hatte diese Klärung zwar nicht gebracht; wohl aber eine andere. Sollte Gemeinde und Staat unterstützend eingreifen, so mußten vor allem die beiden Hauptanreger und Interessenten eine ausreichende finanzielle Grundlage schaffen. Dies geschah denn auch am 14. Juni 1907, an welchem Tage die beiden Verbände den städtischen Kollegien unter Darlegung ihrer Gründe für die Notwendigkeit der Errichtung einer Handelshochschule die Erklärung abgaben, daß jeder von beiden vom Jahre 1908 ab für den Unterhalt einer selbständigen Handelshochschule jährlich 20 000 M. zur Verfügung stellen wird. Mit der Erklärung war die Bitte verbunden, daß auch der Magistrat vom gleichen Zeitpunkt an jährlich 40 000 M. zu dem gleichen Zwecke in seinen Etat einstellen möge. Nach einem zweiten eingehenden Referate, das ich ausarbeitete, führten dann die weiteren Verhandlungen rasch zu einem erfreulichen Ergebnisse. Am 3. und 16. Januar 1908 beschlossen die beiden städtischen Kollegien, zunächst ebenso wie jeder der beiden kaufmännischen Verbände, welche als die öffentlichen Träger der neuen Handelshochschule zu gelten hatten, gleichfalls einen jährlichen Zuschuß von 20 000 M. für den Unterhalt der Handelshochschule zu leisten, ein Beschluß, der späterhin darin noch eine wichtige Ergänzung erhielt, daß die Stadtgemeinde sich bereit erklärte, für ein allenfalls sich einstellendes Defizit zu gleichen Teilen mit jedem der beiden kaufmännischen Verbände aufzukommen. Damit war die Hochschule dauernd finanziert. Am 13. Juli 1909 genehmigte das Kgl. Staatsministerium des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten die Errichtung der Handelshochschule, nachdem bereits im April 1909 die Räume des Palais Grafenreuth in der Ludwigstraße gemietet und für Vorlesungszwecke adaptiert waren. Von da ab konnte Professor Dr. Bonn, der vom 1. Januar 1910 als Leiter der Handelshochschule durch das Kuratorium berufen worden war, die schwierige Aufgabe in die Hand nehmen, geeignete Dozenten für den Lehrkörper der Hochschule dem Kuratorium in Vorschlag zu bringen. Heute ist die Organisation glücklich vollendet. Die potentielle Energie, die im Laufe der vergangenen Jahre aufgespeichert 3



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wurde, ist im Begriffe, in eine kinetische umgewandelt zu werden. Welcher Qualität die Arbeit sein wird, die aus ihr hervorgehen wird, hängt nicht bloß davon ab, wie die Herren Dozenten, die wir aus den besten Kräften auszusuchen bemüht waren, ihre Aufgabe erfassen, und nicht bloß davon, welche finanziellen Hilfsquellen zur Verfügung stehen, sondern vor allem auch davon, welche geistigen und moralischen Qualitäten die Studierenden besitzen, welche die neue Handelshochschule besuchen. Es muß die Sorge des Dozentenkollegiums wie des Kuratoriums sein, ein sorgfältiges Augenmerk auf die Qualität derjenigen zu richten, die als ordentliche Studierende Aufnahme suchen, und niemand zuzulassen, der nicht die satzungsmäßigen Aufnahmebestimmungen erfüllt hat, die Erfüllung gemessen nach dem Maßstab unserer deutschen Mittelschulen. Es kann nicht unser Ehrgeiz sein, die bestehenden deutschen Handelshochschulen mit den Karten der Statistik zu übertrumpfen. Es muß unser Ehrgeiz sein, daß die besten Köpfe, die sich dem Großhandel zuwenden, es als eine Auszeichnung betrachten, ein oder mehrere Semester an unserer Handelshochschule eine arbeitsreiche Zeit hingebracht zu haben. Nur dann werden sich die Opfer lohnen, die hier gebracht werden, nur dann wird nicht bloß die Stadt München, sondern auch unser geliebtes engeres und weiteres Vaterland Nutzen aus dieser Institution ziehen, nur dann wird es der Münchener Handelshochschule gelingen, im Laufe der Zeiten als ebenbürtige Schwester in den Kreis der anderen Hochschulen der Stadt einzutreten.

Die Aufgaben der Handelshochschule München von Professor Dr. Bonn. Königliche Hoheit!

Eure Excellenzen! sammlung !

Hochansehnliche Ver-

Meine Damen und Herren! Es ist heute, da die Handelshochschule München als sechste unter den deutschen Handelshochschulen ins Leben tritt, kaum mehr nötig, die Errichtung von Handelshochschulen als solche zu rechtfertigen. Der äußere Erfolg hat das längst getan; haben doch die vier älteren Handelshochschulen im Winter des vorigen Jahres den Besuch von 1734 ordentlichen Studierenden und 4815 Hörern aufzuweisen. Es erübrigt sich auch, vor einem größtenteils aus Münchnern bestehenden Publikum auszuführen, warum wir hoffen, daß sich gerade München als guter Boden für die neue Hochschule erweisen wird. Es liegt mir vielmehr ob, in großen Zügen die Aufgabe darzustellen, der gerade wir unsere Handelshochschule dienstbar machen wollen und deren Lösung wir unsere Organisation, die ja erst in der Entwicklung begriffen ist, anzupassen gedenken. Diese Aufgabe scheint mir nun durch die Gestaltung unseres neuzeitlichen Wirtschaftslebens bedingt zu sein. Der deutsche Kaufmann, Kaufmann im weitesten Sinne des Wortes gefaßt, hat die heutige wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands herbeiführen helfen, auf der zum Teil Deutschlands internationale Machtstellung beruht, ohne daß er eine Hochschulbildung besessen hätte. Er hat das dadurch erreicht, daß er neben einer Allgemeinbildung, die für kleine Verhältnisse nicht verächtlich war, in hohem Maße kaufmännischen Geist besaß. Er hatte nicht nur in weit größerem Umfang ein Interesse für geistige Dinge als seine weit besser gestellten Vorbilder in den angelsächsischen 3*

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Ländern, — und auch vielfach in der Heimat diejenigen Klassen, die sich ihm sozial überlegen dünkten, — er hatte nicht nur eine gründliche technische Schulung; er hatte vor allem die Fähigkeit, eine wirtschaftliche Lage zu beurteilen, zu benutzen und vorauszusehen, und in seinen Führern auch die Fähigkeit, eine solche Lage herbeiführen zu helfen. Es ist diese Fähigkeit — , die Kunst, im gegebenen Moment wirtschaftlich richtig zu handeln — , die weit mehr als technische Kenntnisse den führenden Kaufmann ausmacht. Die technischen Kenntnisse dürfen nicht fehlen. Sie allein haben nie zu den höchsten Stellen geführt. Die Kenntnis der Buchhaltung z. B. kann zu einem vorzüglichen Revisor oder zu einem erstklassigen Buchhalter machen; eine führende Stellung hat zu allen Zeiten nur der errungen, der kaufmännischen Geist besitzt. Die Aufgaben, vor die sich heute die Führer des deutschen Wirtschaftslebens gestellt sehen, verlangen die Betätigung dieses kaufmännischen Geistes in hohem Maße. Nach außenhin ist es dringend nötig, daß Deutschland in dem großen Erschließungsprozeß, der heute in Afrika, in Asien, in Süd- und Mittelamerika, aber auch in bestimmten Gebieten Europas vor sich geht, erfolgreich teilnehme. Während die Ausdehnung der Weltwirtschaft früher in Ländern vor sich ging, die eine dünne Bevölkerung aufwiesen, die vor den europäischen Siedlern abstarb oder zurückwich, erstreckt sich die Ausbreitung heute auf Gebiete, die eine mehr oder minder dichte Bevölkerung besitzen. Es handelt sich darum, diese Rassen, deren Kulturgrad von der Barbarei des Negertums bis zur Höhe der alten Zivilisation des Ostens variiert, an die Erzeugung marktfähiger Rohstoffe und an die Aufnahme europäischer Produkte zu gewöhnen. Eine gänzliche Neuorganisation ihrer Wirtschaft, häufig sogar ihres staatlichen und gesellschaftlichen Lebens muß erfolgen, und der Träger dieser Neuorganisation muß der Kaufmann sein, dessen Kapital und dessen Unternehmungslust heute weite Länder für Europa gewinnen, die der Besiedelung durch Bauern unzugänglich gewesen wären. Im Innern wächst das wirtschaftliche Leben Deutschlands sich mehr und mehr nach der Richtung großer Verwaltungsaufgaben aus. Weite Zweige der deutschen Industrie sind in der Form von Großbetrieben organisiert. Nach der letzten Betriebsstatistik hat die Zahl der Betriebe in der Industrie (ein-

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schließlich Bergbau und Baugewerbe), die weniger als 6 Personen beschäftigen, seit 1895 um 6 °/0 abgenommen, die der Mittelbetriebe (6 bis 50 Personen) hat um 34,1 °/0, die der Großbetriebe gar um 61,8 °/0 zugenommen. Im Bergbau, Hütten-und Salinenwesen werden zwei Drittel aller Arbeiter (606 432 von 860 903) in 420 Großbetrieben (mit mindestens je 500 Arbeitern) beschäftigt. Die Maschinenindustrie zählt 1 120 282 Arbeiter, davon sind 321 876 in 1540 Großbetrieben mit je über 100 Arbeitern, 357 253 in 319 Betrieben mit je über 500 Arbeitern tätig. Die Textilindustrie, die 1088 280 Arbeiter beschäftigt, weist 2018 Betriebe mit 100 bis 500 Arbeitern mit zusammen 426 426 Arbeitern und 2i6Betriebe mit über 500 Arbeitern mit zusammen 170686 Arbeitern auf. Im Bankwesen, das 67 282 Personen in 9918 Betrieben beschäftigt, also im Durchschnitt 6,7 Personen im Betriebe, gibt es in 144 Betrieben mit über 50 Angestellten 22 2 1 1 Beschäftigte oder 154 im Durchschnitt. Aber auch in Industrien, die eine solche Konzentration nicht aufweisen, treten an die führenden Männer Aufgaben von nie geahnter Größe heran. Das deutsche Wirtschaftsleben ist heute in hohem Grade durch gegenseitige Vereinbarungen organisiert. Ob diese die Form von Kartellen annehmen oder ob es sich nur um lose Vereinbarungen handelt, überall tritt an die Stelle des selbständigen Unternehmers der einem Verbände angehörige Betrieb. Von der Kohle bis zjir Krawatte finden wir solche Verbände im deutschen Wirtschaftsleben. Die Enquête von 1905 stellte, ohne erschöpfend zu sein, 385 Verbände fest; das neueste Handbuch zählt deren 501 auf. Die wirtschaftliche Politik eines solchen Verbandes wird naturgemäß in letzter Linie von einigen wenigen führenden Persönlichkeiten gemacht, von deren Begabung also nicht nur das Schicksal ihres Unternehmens, sondern das einer ganzen Industrie, ja eines breiten Ausschnitts des Wirtschaftslebens abhängt. Die Anforderungen an diese führenden Männer sind daher ganz gewaltige ; sie bedingen nicht nur in hohem Maße Verwaltungstalent, sondern auch eine kaufmännische Befähigung, die die ihrer Vorgänger übertrifft. Mit diesen hohen Anforderungen scheint sich aber die Zahl der Kräfte, die ihnen gewachsen sind, kaum vermehrt zu haben. Die Grundlage jedes wirklichen kaufmännischen Erfolges ist der kaufmännische Geist, die Fähigkeit, eine wirtschaftliche



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Lage zu beurteilen und zu benutzen, eine wirtschaftliche Lage vorauszusehen und eine wirtschaftliche Lage zwecks Benutzung zu schaffen. Dieser kaufmännische Geist zeigt sich nicht im bloßen Erkennen, sondern im Zugreifen, in der Tat; er kann nur voll wirken, wenn er stets Gelegenheit zur Entwicklung gehabt hat. Dieselbe neuzeitliche Gestaltung unseres Wirtschaftslebens, die den Leiter eines großen Verbandes oder eines Riesenbetriebes vor neue Aufgaben stellt, erschwert die Ausbildung von Männern, die solchen Aufgaben gewachsen sind. Heute stehen an der Spitze unseres Wirtschaftslebens Männer, die in Selbständigkeit groß geworden sind; das Aufstreben solcher Persönlichkeiten wird in Zukunft erschwert werden. Der Fabrikant, der einem Verband beigetreten ist, hat ein gutes Teil seiner Selbständigkeit eingebüßt. Er ist zum Mitglied einer Organisation geworden, die ihm nur bestimmte Funktionen überläßt und durch ihre Beamte oder durch Sachverständige kontrollieren läßt, ob er sich mit diesen Funktionen bescheidet. Er muß zu den gleichen Preisen und Lieferungsbedingungen wie seine Konkurrenten liefern; er wird im Laufe der Entwicklung vielleicht auf ein bestimmtes Absatzgebiet beschränkt. Schließlich wird ihm die im höchsten Maße kaufmännische Aufgabe, die Art und Weise der Regelung des Absatzes durch eine Zentrale abgenommen, der der Verkauf an die Kunden obliegt. Er liefert fortab nur festgesetzte Marken in. festgesetzten Qualitäten für Kunden, die er nicht sieht, deren Bedürfnisse er persönlich kaum noch kennt. Er produziert für einen mehr oder minder monopolisierten Markt, den er durch Preisnachlaß seinerseits nicht erweitern darf. Er kann seine kaufmännische Schulung und Begabung vielleicht noch im Einkauf seiner Rohstoffe betätigen, wenn derselbe nicht durch Einkaufsgenossenschaften besorgt wird oder in der Annahme bestimmter Marken gleichfalls organisierter Rohstoffkartelle besteht. Soweit er nicht als führende Persönlichkeit die Politik seines Verbandes zu beeinflussen vermag, wird es seine Hauptaufgabe bleiben, durch vorzügliche Organisation seines inneren Betriebes die Kosten seines Produkts möglichst zu verringern und so den Spielraum zu den festgelegten Preisen möglichst zu vergrößern. Das kaufmännische Element tritt neben dem verwaltungstechnischen zurück; es wird von demselben in den zahlreichen Fällen, wo die organisierten Industrien den Absatz ihrer Produkte an die Konsumenten selbst in



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die Hand genommen haben und den Handel, wenn nicht ausschalten, so doch als abhängiges Organ sich angliedern, völlig verdrängt. Diese bestimmen dann vielfach Menge und Preis der abzusetzenden Produkte; sie selbst übernehmen das Risiko der Anpassung der Herstellung an den Verbrauch; aber da nach einem einheitlichen Plane gearbeitet wird, ist dieses Risiko unendlich viel geringer als früher geworden. E s ist vielfach nicht länger so groß, daß es eines kapitalkräftigen, mit der Fähigkeit und dem Willen zur Übernahme von Gefahren ausgestatteten Händlerstandes bedarf. Wo die Produzenten dem Handel den Verkaufspreis vorschreiben, sei es dadurch, daß sie neben den Händlern eine eigene Absatzorganisation unterhalten, oder daß sie den Verkaufspreis vertraglich festlegen, da wird seine Tätigkeit zu einer verteilenden im physischen Sinne des Wortes, derjenigen des Gastwirts vergleichbar, der sein Bier von der Brauerei in Fässern bezieht und es in Krügeln unter seine Gäste verteilt. Eine Ausnützung einer wirtschaftlichen Konjunktur oder die Voraussicht einer solchen ist nur in geringem Maße möglich. Damit verschwindet auf weiten Gebieten in Handel und Industrie die Möglichkeit, sich nach allen Richtungen hin zu betätigen. Die verminderte Bewegungsfreiheit schränkt nicht nur die bestehenden Unternehmer ein, sie erschwert auch das Aufsteigen neuer Persönlichkeiten. Diese Tendenz wird durch die erwähnte Entwicklung der Großbetriebe verstärkt. Unsere Großbetriebe arbeiten natürlich mit einem zahlreichen kaufmännischen Personal. J e größer sie sind, desto arbeitsteiliger wird die Organisation des Angestelltenheeres, desto regelmäßiger wiederkehrend, desto einseitiger werden die Funktionen des einzelnen Angestellten. Er wird ein Teil einer lebenden Maschine, der die ihm zugewiesenen Aufgaben automatisch vorzüglich erfüllt, aber über den Sinn derselben nur mangelhaft unterrichtet ist, da er die ergänzenden Teilfunktionen nicht kennt. Diese Erscheinung ist vom Standpunkte der kaufmännischen Bildung aus schon oft besprochen worden. Es ist oft ausgeführt worden, daß der Lehrling, der in einen solchen Betrieb eintritt, nie eine ausreichende, allseitige technische Bildung haben wird. Die Wirkung dieser Erscheinung geht aber vielleicht noch tiefer. Wer fast mechanisch Teilfunktionen ausübt, entbehrt der Gelegenheit zur Initiative, und wer an eine solche nicht frühzeitig



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gewöhnt wird, ergreift sie niemals. Früher trat der Lehrling ins Geschäft in der Hoffnung ein, sich im Laufe der Zeit selbständig zu machen. Diese Hoffnung läßt sich heute immer schwerer verwirklichen; die Zahl der industriellen Betriebe ist überhaupt nicht gewachsen. Die Zahl der Angestellten hat sich verdoppelt. Im industriellen Leben trägt der Soldat heute nur in Ausnahmefällen den Marschallstab im Tornister. Der kaufmännische Angestellte beginnt daher heute, sich als Angestellter auf Lebenszeit zu fühlen. Angestellter sein wird nicht nur in der Wirklichkeit, sondern auch im Lebensplan aus einem Durchgangsstadium ein Beruf. Der Angestellte betrachtet sich als kleines Rad in einer großen Maschine, ähnlich wie das der Staatsbeamte tut; er wird Privatbeamter. Die Ereignisse seines Lebens werden möglichst schnelles Durchmessen der Vorrückungsstufen und möglichst baldige Erreichung einer möglichst hohen Pension. Es ist selbstverständlich, daß eine Entwicklung, die diese Wege geht, auch die aus ihr folgenden sozialen Ideale zu erstreben sucht, wie sich das in der Privatbeamtenbewegung zeigt. Indem so, wenn ich das Wort gebrauchen darf, die Mittelund Unterstufen unseres Wirtschaftslebens »veramtet« werden, beginnen Bevölkerungsschichten in sie einzuströmen, die sich ihnen früher fernhielten. Es ist naturgemäß, daß die großen Erfolge unseres Wirtschaftslebens heute Schichten locken, die früher allem Erwerb gleichgültig gegenüberstanden. Als ich Student war, wollten meine Altersgenossen Dichter, Politiker, Professoren werden. In meiner Sprechstunde an der Universität gibt es heute nur künftige Bankdirektoren. Die großen Verwaltungsaufgaben des wirtschaftlichen Lebens locken Talente aus dem Staats- und Gemeindedienst in den Privatdienst, wo ihrer weit freier umschriebene Aufgaben harren. Es sind jedoch nicht nur die jungen Leute von großem Ehrgeiz und starker Begabung, die in allen Berufen ihren Mann stellen würden, die dem Wirtschaftsleben zuströmen, es sind manche unter den Bewerbern, die sich vor dem Schrecken eines juristischen Examens fürchten und meinen, die Privatbeamtenkarriere biete größere und bequemere Chancen als der Staatsdienst. Bevölkerungskreise, deren Ideal früher selbstverständlich der Staatsbeamte war, erstreben heute für ihre Söhne die Stellung von Privatbeamten, wenn möglich, Bankbeamten. Sie wenden sich dem Wirtschaftsleben zu, nicht weil sie etwa plötzlich der kaufmännische Geist ergriffen hätte, sondern



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weil die private Stellung heute die gleiche sichere Versorgung zu" bieten scheint wie der Staatsdienst. Sie haben nie den Drang, sich selbständig zu machen, besessen, der kaufmännische Kreise auszeichnet. Sie bringen diesen Mangel an vorwärtsstrebendem Ehrgeiz in unser Wirtschaftsleben, sie bringen in dasselbe auch verwaltungstechnische Fähigkeiten, die dem jungen Kaufmann vielfach abgehen. Wenn ich das Wort ohne jede Nebenbedeutung gebrauchen darf, unser Wirtschaftsleben bureaukratisiert sich. Es kann das straflos in den Mittel- und Unterschichten geschehen ; an der Spitze brauchen wir Leute, die neben Verwaltungstalent kaufmännisches Können besitzen. An solchen Männern, die beide Gaben vereinigten, hat es uns bis jetzt nicht gefehlt. Unsere ganze Vergangenheit, unsere ganzen staatlichen und wirtschaftlichen Überlieferungen verbürgen uns, daß wir auch in Zukunft an Verwaltungstalenten nicht Mangel haben werden. Wird das gleiche auch für kaufmännische Talente zutreffen ? Hier sind, wenn meine bisherigen Ausführungen zutreffen, die Aussichten nicht gleich günstig. Auf der einen Seite vermindert der Gang unserer Entwicklung die Zahl der kleineren kaufmännische Selbständigkeit und Beweglichkeit erfordernden Stellen ; auf der anderen Seite erhält der kaufmännische Nachwuchs nur zum Teil eine abgerundete kaufmännische Bildung. Er wird vor allem gar nicht mehr zur Übernahme von selbständiger Verantwortlichkeit erzogen. Die führenden Stellungen setzen überdies vielfach Kenntnisse und Begabungen voraus, die der Kaufmann ohne Hochschulbildung nicht besitzt. E r muß, um sie zu erreichen, den Wettbewerb mit Persönlichkeiten aufnehmen, die vielfach weit größere Bildungsmöglichkeiten gehabt haben und im Verwaltungsleben bereits erprobt sind, einen Wettbewerb, in dem er nicht immer begünstigt ist. Anderseits treten die Söhne größerer Kaufmannshäuser mit Hochschulbildung vielfach in andere Berufe über. Es sind das Erscheinungen, die heute noch nicht bedenklich sind. Wir haben noch eine hinreichende Anzahl führender Männer unter uns, deren kaufmännische Ausbildung aus den Jahren stammt, wo dem einzelnen Unternehmer, auch dem kleinen, große Selbständigkeit geboten war, wo der Lehrling Gelegenheit zu vielseitiger Ausbildung fand und mit dem Gedanken, sich selbständig zu machen, in die Lehre trat. Diese Vorbedingungen werden sich in Zukunft nicht mehr erfüllen lassen, und die Frage erhebt sich: Wo sollen dann die Führer des Wirtschaftslebens herkommer. ? 4



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Es dürfte selbst in einer Festrede unbescheiden klingen, wenn ich sage: von der Handelshochschule. Daher möchte ich vor allem den Gedanken ausscheiden, als ob wir Theoretiker beabsichtigten, durch unsere Lehren der Entwicklung andere Bahnen zu weisen. Ich will auch nicht etwa behaupten, daß wir durch theoretischen Unterricht selbst begabten jungen Leuten das beibringen können, was sie in technischer Hinsicht zur Übernahme einer leitenden Stellung befähigt. Wir werden natürlich die handelswissenschaftliche Technik, wie Buchhaltung usw. pflegen, aber nicht etwa in dem Sinne, daß wir die praktischen Erfahrungen entbehrlich machen wollen. Bestenfalls werden wir sie ergänzen. Wir wollen sie vor allem vertiefen. Wir wollen unsere Hörer nicht abrichten, gewisse Dinge mechanisch zu machen. Wir wollen sie verstehen lehren, warum sie sie machen. Wir können uns auch nicht schmeicheln, ein Mittel gefunden zu haben, durch das wir kaufmännisch gänzlich unbegabten Jünglingen den kaufmännischen Geist gewissermaßen schmerzlos einflößen können; wir hoffen aber, etwas anderes leisten zu können. Wir können den j u n g e n L e u t e n , die n a c h s t a n d und B e g a b u n g den Willen oder die A u s s i c h t auf eine f ü h r e n d e S t e l l u n g haben, die w i s s e n s c h a f t liche A u s b i l d u n g g e w ä h r e n , die h e u t e zur A u s f ü l l u n g d e r h ö c h s t e n S t e l l e n n o t w e n d i g i s t . Wir hoffen dabei, ihre Erziehung so anlegen zu können, daß ihre kaufmännischen Fähigkeiten nicht verkümmern werden. Der kaufmännische Geist wird geboren, nicht erzogen. Wer ihn nicht hat, dem werden auch die beste Ausbildung und die größten Chancen nie über eine gewisse Mittelmäßigkeit hinaushelfen. Wer ihn besitzt kann ihn wie jede andere Begabung durch entsprechende Erziehung fördern; er kann ihn durch eine nicht entsprechende Erziehung verlieren. Wer die Begabung zu einem führenden Kaufmann hat, der könnte in den meisten Fällen, wenn sein Wille darauf gerichtet wird, sich anderen Berufen mit Aussicht auf Erfolg zuwenden. Ob er das tut, wird im wesentlichen von der Bildungsanstalt abhängen, die er besucht, und von den Idealen, die an derselben herrschen. Unsere Universitäten und technischen Hochschulen haben vielen Führern des wirtschaftlichen Lebens die Bildung gegeben, die sie anderswo nicht hätten gewinnen können. Aber nicht nur, daß sie viele ausschließen müssen, deren Vorbildung ihren Satzungen nicht entspricht, sie haben häufig die begabtesten dem rein



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•wissenschaftlichen Studium, die ehrgeizigsten der Beamtenlaufbahn zugeführt. Wenn ich von denjenigen absehe, die aus bloß gesellschaftlichen Gründen wissenschaftliche Titel erstreben und in ihrer Person Wissenschaft und Praxis vereinen, nicht zur Freude der Wissenschaft und nicht zum Nutzen der Praxis, so sind der Staat, und vor allem die Wissenschaft, mit diesem Zuzug aus den kaufmännischen Kreisen nicht schlecht gefahren. Ich kann es aber wohl verstehen, wenn Kaufleute bedauern, daß gerade ihre begabtesten Söhne sich weigern, das Erbe ihrer Väter anzutreten, und daher die Erwerbung einer Hochschulbildung häufig als Verlust des kaufmännischen Geistes betrachten. Der Besuch der Handelshochschule wird solche Folgen kaum nach sich ziehen. Wir betrachten allerdings unsere Hochschule nicht als eine bloße Fachschule. Wir ziehen den Kreis unserer Besucher so weit, daß wir, Ernst und Vorbildung vorausgesetzt, allen etwas bieten wollen, die ein theoretisches oder praktisches Interesse am Wirtschaftsleben nehmen. Der Jurist wie der Verwaltungsbeamte, der Kaufmann wie der Journalist sind uns willkommen. Aber das Ziel ist immer: die Hochschulbildung, die wir geben, jungen Leuten zu vermitteln, die tätig, nicht bloß beschaulich im Wirtschaftsleben stehen wollen. Die geistige Atmosphäre, die wir schaffen wollen — dafür bürgt schon die Zusammensetzung unseres Lehrkörpers —, soll eine streng wissenschaftliche sein. Wir wollen unsere Studierenden nicht einfach mit wissenschaftlichen Tatsachen vollstopfen, wir wollen sie wissenschaftlich denken lehren. Wir wollen sie mit Respekt vor der Wissenschaft erfüllen und ihnen immer wieder zum Bewußtsein bringen, daß die alltäglichen Handlungen des wirtschaftlichen Lebens, die sie später fast automatisch vornehmen werden, nicht nur sie selbst, sondern auch die Gesamtheit beeinflussen. Wir wollen, daß sie dabei die über den geschäftlichen Erfolg hinausgehende Tragweite ihrer Handlungen voraussehen und berücksichtigen. A b e r w i r w o l l e n i h n e n d i e F ä h i g k e i t , z u z u g r e i f e n , die A c h t u n g vor der Tat nicht v e r kümmern, wir wollen gebildete, nicht gelehrte K a u f l e u t e a u s i h n e n m a c h e n . Bei den freundlichen Beziehungen, die zwischen den Münchener Hochschulen und der Handelshochschule München von Anfang an bestanden haben, wird derjenige, dessen Veranlagung rein theoretischer Natur ist, den Weg zur Universität oder zur Technischen Hoch-

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schule leicht finden können. Wir haben nicht die Absicht, den Universitäten unsere Gleichwertigkeit dadurch zu beweisen, daß wir überflüssige Doktorarbeiten durch unzureichende Diplomarbeiten übertrumpfen wollen. Wir wollen nur durch wissenschaftliche Ernsthaftigkeit und praktische Tüchtigkeit mit den alten deutschen Hochschulen konkurrieren. Wir sind wie die übrigen Handelshochschulen nicht eine Anstalt, deren Prüfungsdiplome etwa gleich einem juristischen Examen Berechtigungen verleihen. Der Abschluß eines Examens bei uns berechtigt zu nichts. Es wird das von den Individuen manchmal schmerzlich empfunden, die nach mehreren Jahren angestrengten Studiums wieder von vorne beginnen müssen. Vom Standpunkt der Handelshochschule kann ich das nicht bedauern. Ich bedaure nur, wenn, wie es manchmal geschehen sei» soll, die Absolventen der Handelshochschule weniger Gelegenheit erhalten, zu zeigen, was sie können, als ihre weniger gebildeten Mitbewerber. Die einzige Berechtigung, die ihnen werden muß — die kaufmännischen Kreise, die unserer Anstalt nahestehen, werden Sorge tragen, daß sie ihnen wird —. soll darin bestehen, daß diejenigen jungen Leute, die die Handelshochschule mit Erfolg besucht haben, Gelegenheit finden, zu zeigen, was sie gelernt haben. Wenn unsere Hochschule imstande sein wird, begabten jungen Kaufleuten ein Wissen zu vermitteln, das ihr Können nicht schädigt, sondern fördert, dann haben wir unsere Aufgabe gelöst. Denn unser Ziel muß es sein, den kaufmännischen Geist und die kaufmännische Energie, die im deutschen Kaufmannsstande solange gewirkt haben, nicht durch totes Wissen zu lähmen, sondern durch lebendiges Erfassen großer Zusammenhänge so anzuregen und so zu stärken, daß er in seinem Interesse wie im Interesse des Vaterlandes den wirtschaftlichen Aufgaben der Zukunft gewachsen sein wird.

II. BEGRÜSSUNGEN DURCH DIE FESTGÄSTE.



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Seine Königliche Hoheit Prinz Ludwig von Bayern: Ich bin ersucht worden, heute eine Ansprache zu halten. Nun bin ich allerdings kein Handelsmann und kein Kaufmann. Aber die große Bedeutimg der Handelswelt für alle anderen Berufe weiß ich wohl zu schätzen. Denn der Kaufmann, der Handelsbeflissene, ist derjenige, der die Verbindung herstellt zwischen Produzenten und Konsumenten. Er ist es, der die Bezugsquellen aufsucht, er ist es, der dem Konsumenten das Wichtigste bietet, und in der Form bietet, wie er es braucht. Die Handelshochschule ist die neueste Hochschule, die wir in München haben. Und es ist hoch erfreulich, daß wir endlich auch in Bayern eine Handelshochschule bekommen haben. Was mich noch mehr freut: sie schließt sich nicht ab, sie will in Gemeinsamkeit mit den älteren Hochschulen arbeiten. Sind ja in dem Vorlesungsverzeichnis der Handelshochschule gar viele Professoren der altehrwürdigen und doch immer jungen Universität enthalten, deren dankbarer Schüler ich zeitlebens bin, und Professoren der Technischen Hochschule, einer viel neueren Institution, aber einer blühenden und glänzenden Institution, der es gelungen ist, der Schülerzahl nach die erste im Deutschen Reiche zu werden. Mit diesen beiden Hochschulen zusammen wollen Sie arbeiten. Und was wollen Sie erreichen ? Sie wollen zunächst den Handelsbeflissenen eine höhere Bildung geben, eine Bildung, die sie ja anderswo teilweise auch hätten erringen können, aber die immer ganz besondere Fächer umfaßt, die ja in erster Linie der Handelsbeflissene braucht. Ich möchte aber noch auf eine andere Bedeutung der Handelshochschule hinweisen. Sie wissen ja alle, daß die große Masse studierter und gebildeter Menschen, die wir speziell im Deutschen Reiche haben, die größte Mühe hat, im Reichs-, Staats- und Gemeindedienste unterzukommen. Auch der Kirchendienst absorbiert nur eine kleine Zahl, und da ist es ja selbstverständlich, daß für letzteren nur ganz speziell entsagungsvolle und dazu besonders berufene Personen sich eignen. Die sogenannten freien Berufe, Wissenschaft und Kunst, können auch nur wenige auf-



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nehmen. Da kann man sagen: Viele sind berufen und nur wenige werden auserwählt. Diejenigen, die die Vorlesungen gehört haben, die werden die Qualität der Lehrer sehr wohl zu unterscheiden wissen. Denn es braucht dazu nicht bloß ein großes Maß von persönlichem Wissen, sondern auch die Kunst, es den Hörern so beizubringen, daß sie mit Interesse diesen Vorlesungen folgen und einen Nutzen davon haben. Examina, Noten, das ist alles sehr notwendig; es beweist aber immerhin nur, daß man ein gewisses Maß von Kenntnissen sich angeschafft hat. Aber ein s c h l e c h t e s Examen, mindere Noten, beweisen noch immer nicht, daß der Mann nicht tüchtig ist. E s sind oft unglückliche Zufälle, die einen Kandidaten dazu gebracht haben, daß er ein weniger gutes Examen machte. Ich sage nichts gegen Examina und Noten; sie müssen sein, weil sonst jeder Maßstab für die Bewertung des Kandidaten fehlt. Aber erst, wenn er ins Leben hinaustritt, — er mag einen Beruf wählen, welchen er will — wird er zeigen und zeigen müssen, daß er etwas k a n n . Denn wir haben gar viele Leute gehabt und haben sie noch, die ausgezeichnete Noten hatten, und wenn sie dann in das Leben hinausgetreten sind, recht wenig geleistet haben. (Zustimmung.) Und umgekehrt, manche auch, die später in der Welt Hervorragendes geleistet haben, und zwar in allen Ständen und in allen Berufen. Und da möchte ich noch auf eines aufmerksam machen: Es heißt, man kann nicht mehr vorwärts kommen! Die Neuzeit schabionisiert, zwingt den einzelnen, in der Tretmühle, in der er sich befindet, mühsam fortzuarbeiten. Das trifft wohl bei vielen zu, aber hervorragend gescheite, tüchtige Menschen, und zwar in allen Ständen, haben es dahin gebracht, vorwärts zu kommen. Es wäre ja geradezu trostlos, wenn das anders wäre. Von den untersten Stufen, von Leuten, denen es im Leben nicht vergönnt war, eine höhere Bildung zu erhalten, ist es ja geschehen, daß sie die höchsten Stufen im Staatsleben eingenommen haben. Ich verweise hier nur auf die Vereinigten Staaten, wo mit die besten Präsidenten ganz unten angefangen haben. Aber, wie gesagt, das soll kein Stein sein, den ich auf die Anstalten werfe. Lernen und wissen kann kein Mensch genug. Er muß nur wissen, es später anzuwenden. Und was speziell die Handelshochschule München und den Münchner Handelsstand betrifft, so ist es ja derjenige, der nebst

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den Gewerben und der Großindustrie den meisten Reichtum ins Land bringt. Und so wünsche ich, daß speziell in München diese beiden Stände möglichst vorwärts kommen. In dieser Beziehung waren wir ja infolge der ungünstigen geographischen Verhältnisse weiter zurück als andere Länder, sind aber, glaube ich, auf diesem Gebiete auf dem besten Wege, v.orwärts zu kommen. Ich habe vorhin von Examen, Noten gesprochen. Wer nicht unterkommen kann im Reichs-, Staats- oder Gemeindedienste usw., der soll sich dem Gewerbe, der Industrie, dem Handel widmen. Gar manche Studierte der Universität und der Technischen Hochschule haben es ja gerade im Handelsfach weit gebracht. Und ich glaube, es wird dem Handelsstande und auch der Industrie gewiß nicht zum Nachteil gereichen, wenn solche studierte Leute auch von anderen Hochschulen sich diesem Berufe widmen. Eines aber möchte ich noch erwähnen: das ist, daß jedermann mehr oder weniger Kaufmann sein soll. Jeder, der ein Geschäft treibt, mit Ausnahme derjenigen, die auf fixes Gehalt angewiesen sind, aber jeder, der produziert, der muß ja auch in gewisser Hinsicht Handelsmann sein. Er muß die Rohprodukte, die jeder braucht, billig und gut zu beziehen wissen, und er muß das, was er selber produziert, auf eine Art verkaufen, daß er wenigstens einen kleinen Gewinn bei all seinen Produktionen hat. Sonst kann er die allerbesten, die allerschönsten Sachen hervorbringen, er wird aber finanziell zugrunde gehen, und seine Bemühungen werden umsonst sein. Darum sage ich: Jeder soll wenigstens in gewisser Hinsicht Kaufmann, Handelsbeflissener sein. Das aber wünsche ich: daß die neue Handelshochschule in München zunächst dem Stande, für den sie gegründet ist, dem Handels- und Kaufmannsstande, zum Segen gereiche, daß aber dieser Segen sich nicht auf diesen Stand beschränken möge, sondern daß alle Stände Nutzen daraus ziehen mögen, inbesondere die Stadt, die ja so wesentlich dazu beigetragen hat, daß sie ins Leben treten konnte, daß ferner das Königreich Bayern und das ganze Reich Nutzen und Segen ziehen möchte. Mit diesen Worten schließe ich meine Rede und wiederhole meine Freude, daß es endlich gelungen ist, in München auch dem Handel eine Hochschule zu errichten.



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Seine Excellenz Dr. Clemens Freiherr von PodewilsDürniz, Staatsminister des K. Hauses und des Äußern: Es ist mir eine ganz besondere Freude und Genugtuung, mich mit den berufenen Vertretern von Handel, Industrie und Gewerbe in einer Stunde vereinigt zu sehen, die längst gehegten Wünschen die Erfüllung, die zäh verfolgten Plänen die Verwirklichung bringt. Die Eröffnung der ersten Handelshochschule Bayerns, wie wir sie unter gnädigster Anwesenheit Sr. Kgl. Hoheit des Prinzen Ludwig, dank der Mitarbeit der Stadt München, der Handelskammer München und des Münchner Handelsvereins heute feierlich begehen können, bedeutet — in dieser Zuversicht weiß ich mich mit Ihnen einig — eine glückverheißende Tat zur Hebung unserer wirtschaftlichen Schaffenskraft. Der rastlose Ausbau dieser Schaffenskraft ist es, den eine neue Zeit gebieterisch von uns fordert. Denn während noch bis in die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts die Beziehungen der Völker wesentlich durch politische Momente bestimmt wurden, hat dies Verhältnis in unseren Tagen sich unverkennbar geändert. Die wirtschaftlichen Fragen drängen mit Ungestüm sich in den Vordergrund, sie sind die Faktoren geworden, die mehr und mehr ausschlaggebend für die innere wie für die äußere Politik der Regierungen sich gestalten. Und je stärker die Exportindustrie eines Landes sich entwickelt, je weiter die Welt sich seinem Unternehmungsgeiste dehnt, desto vielseitiger wird der Charakter seines Wirtschaftslebens, desto schärfer sieht es sich herangezogen zum Wettbewerb der Nationen, desto höher spannen sich damit die Voraussetzungen, die den Produkten seines Fleißes den Erfolg verbürgen. Für den, der in diesem Kampf auf vorgeschobenem Posten stehen will, ist nicht zuletzt ein auskömmlicher Besitz an allgemeineren, theoretischen Kenntnissen von Bedeutung. Der Kaufmann ist ja, soweit wir auf die Anfänge werdender Kultur zurückschauen können, nicht nur der Vermittler materieller Güter, sondern auch der Träger und Verbreiter ideeller Werte gewesen. Verfeinerte Kulturepochen sahen ihn als tatkräftigen Förderer

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geistigen Strebens, als Mäzen, dessen Opferwilligkeit nicht selten mit jener der Fürsten wetteiferte. Es entspricht daher ganz dem alten, dem echten Kaufmannsgeiste, wenn unsere, die neue Zeit das ihre tut, um der strebsamen Jugend des Handelsstandes eine umfassende Berufsbildung zu sichern. Nüchtern, zur Spezialisierung und Methodik geneigt, wie sie ist, stellt diese Zeit bestimmte Forderungen, dehnt diese Forderungen aus auf eine weitere Allgemeinheit. Sie verlangt insbesondere die gediegene Aus- und Durchbildung des einzelnen, weist dem früher oft ziellos strebenden Eifer den Weg geordneten Lehrbetriebs, eröffnet dem Tüchtigen die Möglichkeit, sich eine abgeschlossene zukunftsichernde Bildung zu erwerben. Aus diesem Geiste der Zeit heraus ist unsere Handelshochschule erstanden. Sie ist berufen, ihre Schüler jene Kraft des Wissens sich aneignen zu lassen, die sie befähigen wird, dem deutschen und besonders dem bayerischen Handel allüberall wertvolle Dienste zu leisten, wohin das Wirtschaftsleben sie stellen wird. Ferne aber sei es, daß wir über der Freude an dieser Errungenschaft vergessen, daß die Wissenschaft der Spiegel der Wirklichkeit ist. Allzeit vielmehr wollen wir dankbaren Herzens eingedenk bleiben, daß die Männer, die Deutschlands Handel und Industrie groß gemacht, dem deutschen Volk seinen geachteten Platz auf dem Weltmarkt erkämpft haben, durch die Schule der Praxis geschritten, durch die Erfahrung des Lebens tüchtig geworden sind. Einsichtsvolle Wertschätzung dessen, was uns vorwärts gebracht hat in der Welt, möge denn auch den Geist bestimmen, in dem unsere Handelshochschule geleitet wird; mehr als jede andere akademische Lehrstätte, wird sie bedacht sein müssen, in ununterbrochenem Zusammenhang mit der Praxis, in enger Fühlung mit den Forderungen des Tages zu bleiben. In diesem Sinne wünsche ich der ersten bayerischen Handelshochschule aus innerstem Herzen Blühen und Gedeihen, den Lehrern und Schülern insbesondere den Segen der Arbeit, der offenbar werden möge in den Erfolgen deutschen Wissens, deutscher Tüchtigkeit und deutscher Arbeitskraft.



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II. Bürgermeister der Stadt München, Geh. Hofrat Dr. Philipp Ritter von Brunner: Königliche Hoheit! Hohe Versammlung! Aus den Worten des Herrn Präsidenten des Kuratoriums haben Sie vernommen, welche Reihe von Jahren dahinging, bis wir den heutigen Tag der Eröffnung der Handelshochschule festlich begehen konnten, Jahre des Überlegens, der Arbeit, so daß fast des Dichters Worte wahr geworden wären: nonum prematur in annum. Nun wollen wir wünschen, daß aus dem Kinde das wird, was wir uns erhoffen und erwarten. Die Bedeutung der jüngsten Art von Hochschulen haben die Herren Vorredner in so charakteristischen, erschöpfenden Worten gezeigt und gezeichnet, daß wenig beizufügen ist. Es ist vor allem mit Freude zu begrüßen, daß für unser kaufmännisches und wirtschaftliches Leben eine Hochschule errichtet wird und nicht eine Fachschule, deren es ja viele gibt, die zwar verschieden in den Ansprüchen an das Maß der Vorbildung sind, aber in ihrem Geiste immer Fachschulen bleiben und bleiben wollen. Das Wesen der Handelshochschule ist nicht die Vermittlung eines bestimmten Maßes von Fertigkeiten und Kenntnissen, sondern der Fähigkeit zur Selbständigkeit, der selbständigen Wahrnehmung des wirtschaftlichen Gebietes, in das einer im Leben sich begibt, der selbständigen Arbeit, zu der die Schüler herangezogen werden; das sind die Aufgaben der Handelshochschule im Gegensatze zur Fachschule. Es lassen sich nicht alle Fälle, wie sie das Leben mit sich bringt, in der Schule vorsehen und vorführen, damit der Schüler die richtige Lösung findet; deswegen handelt es sich in der Hochschule darum, ihm diejenige Schulung zu übermitteln, die ihn befähigt, im gegebenen Moment neue Aufgaben und neue Fragen auf dem Gebiete des wirtschaftlichen Lebens, die an ihn herantreten, zu lösen. Das ist, wie heute schon bemerkt wurde, der richtige kaufmännische, aber auch der richtige wissenschaftliche Geist in jeder Branche, der nicht nur auf ein bestimmtes Maß von Kenntnissen und Fertigkeiten allein gerichtet ist, sondern auch zu wirtschaftlichem, selbständigem Können befähigt. Wenn das von unserer neuen Hochschule nach dem Muster der alten Hochschulen durchgeführt wird, dann wird sich für unsere Stadt

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Rektor magnificus der Ludwig-Maximilians-Universität München, Professor Dr. Paul: Königliche Hoheit! Hochansehnliche Versammlung! Im Namen der drei Universitäten Bayerns bringe ich der neuen Hochschule die herzlichsten Glückwünsche entgegen. Daß die Universität München im freundschaftlichen Verhältnis zur neuen Hochschule steht, zeigt schon ein Blick auf die Versammlung; unter den Anwesenden befindet sich eine Reihe Universitätsdozenten, die, worauf schon von Seiner Königlichen Hoheit hingewiesen ist, sich haben bereitfinden lassen, einen Teil der Vorlesungen an der Handelshochschule zu übernehmen. Auch sind bereits Verhandlungen gepflogen, die es den Zöglingen der einen Anstalt ermöglichen, auch die Vorlesungen der anderen zu besuchen. Die Universität wird dabei nicht die allein gebende sein. Schon vor längerer Zeit ist von maßgebender Seite angeregt worden, den Nationalökonomen, den künftigen Verwaltungsbeamten, auch den künftigen Richtern und Rechtsanwälten Gelegenheit zu geben, die Einrichtungen unserer Handelshäuser und ihren Geschäftsverkehr kennen zu lernen. Diese Gelegenheit wird nun durch Gründung der Handelshochschule geboten, und hoffentlich wird auch reichlicher Gebrauch davon gemacht. So hat auch die Universität das höchste Interesse daran, die neue Handelshochschule willkommen zu heißen. Sie möge fröhlich gedeihen und stetig wachsen!

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Rektor magnificus der Technischen München, Professor Dr. Schröter:

Hochschule

Königliche Hoheit! Hochansehnliche Versammlung! Wenn irgendwo sich eine neue Bildungsstätte auftut, die ihre Daseinsberechtigung als ein dringendes Bedürfnis der Zeit nachgewiesen hat, dann haben die bestehenden Bildungsstätten wohl Ursache, sich über den Zuwachs in der Bildungsmöglichkeit des Volkes zu freuen. Ich ergreife die Gelegenheit, dem Auftrage, den mir Senat und Kollegium der Technischen Hochschule erteilt haben, nachzukommen, indem ich der Handelshochschule unsere herzlichsten Glückwünsche zu ihrer heutigen Eröffnung ausspreche. Der Umstand, daß wir den Studierenden der Handelshochschule auch eine Reihe von Fächern der Technischen Hochschule zugänglich gemacht haben, gibt wohl genügenden Beweis dafür, daß wir uns der weitgehenden Interessengemeinschaft wohl bewußt sind, die uns verbindet. Es ist schon vorhin aus beredtem Munde darauf hingewiesen worden, wie innig die Beziehungen sind, die zwischen Technik und Handelshochschule bestehen, daß die eine Gruppe ohne die andere überhaupt nicht denkbar ist, nicht existieren kann. Freilich wäre es nun nicht richtig, wenn man aus dieser Interessengemeinschaft etwa auch auf die Notwendigkeit einer gemeinsamen Erziehung schließen wollte, etwa auf eine kaufmännisch-technische oder eine technischkaufmännische Erziehung, die man den Angehörigen beider Berufsarten geben könnte; die Lösung wird vielmehr die sein: Hie technische Hochschule, hie Handelshochschule! Wir wollen getrennt marschieren, ohne die Fühlung zu verlieren. Und wenn wir uns nach gemeinsam gewonnener Schlacht am gemeinsamen Ziel die Hand reichen, sind wir uns bewußt, daß beide Anstalten wirken an der Erreichung eines Zieles: an der gedeihlichen ideellen und materiellen Förderung der Wohlfahrt und Größe unseres deutschen Vaterlandes!

Hofrat Professor Raydt, Studiendirektor der Handelshochschule Leipzig: Königliche Hoheit!

Hochansehnliche Festversammlung!

Im Namen der deutschen Handelshochschulen habe ich die Ehre, die heute eröffnete Schwesteranstalt herzlich zu begrüßen.



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Daß ich den Vorzug habe, auch für die Handelshochschulen von Köln, Frankfurt a. M., Berlin und Mannheim solchen Gruß auszusprechen, hat seinen Grund darin, daß die Leipziger Handelshochschule, die ich als deren Studiendirektor hier vertrete, die älteste der deutschen Handelshochschulen ist. Sie wurde Ostern 1898 eröffnet, geht also jetzt in ihr 26. Semester. Meine Herren! Als wir im Jahre 1897 an die Gründung der ersten deutschen Handelshochschule in Leipzig herantraten, war das kein leichtes Unternehmen. Einmal fehlte es ganz an entsprechenden Vorbildern; es mangelte aber nicht an Stimmen, die einer Handelshochschule die Berechtigung überhaupt absprachen. In kaufmännischen Kreisen hieß es, daß ein Bedürfnis nicht vorhanden sei, daß sehr wenige Kaufleute die Handelshochschule besuchen würden und daß für diese die Handelshochschulzeit nur ein kaufmännisch-studentisches Bummeln sein würde, und in gelehrten Kreisen meinte man, daß die Handelswissenschaften einer akademischen Behandlung überhaupt nicht fähig seien. Wenn nun bei irgend einer Erscheinung die Vorhersagungen der Pessimisten in das Gegenteil verkehrt und die Hoffnungen der Optimisten nicht nur nicht erfüllt, sondern bei weitem übertroffen worden sind, so ist das bei den deutschen Handelshochschulen der Fall. Während unser erster Voranschlag vorsichtigerweise nur mit 50 Studierenden rechnete, wurde die neue Anstalt schon in ihrem ersten Studienjahre von weit über 100 Studierenden besucht, und später hielt sich die Besucherzahl auf annähernd 500 immatrikulierte Studierende, trotzdem die anderen deutschen Handelshochschulen hinzukamen, die sich einer ähnlichen Frequenz, ganz abgesehen von Hospitanten und Hörern, erfreuen. Und was mehr bedeutet als solche äußerliche Besucherzahl, — das sind die vortrefflichen inneren Erfolge! D i e d e u t s c h e n Handelshochschulen sind Stätten ernstester wissenschaftlich-kaufmännischer Arbeit geword e n , und wir sind fest überzeugt, daß sich auch das neue „Münchner Kindl" nach dieser Seite hin entwickeln wird. Ferner hat sich in den Handelswissenschaften gerade durch die Handelshochschulen eine Blüte wissenschaftlicher Arbeit entfaltet, die zu den schönsten Hoffnungen berechtigt. Man kann in der Tat zusammenfassend sagen, daß die deutschen Handelshochschulen sich ihren großen Schwesteranstalten, den

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deutschen Universitäten, die seit mehr als 500 Jahren das geistige Palladium des Deutschtums gewesen sind, würdig an die Seite gestellt haben. In diesen schönen Kranz der deutschen Handelshochschulen tritt mit dem heutigen Tage die Handelshochschule München. Möge ihr alles beschieden sein, was gut und glücklich ist! Möge sie blühen, wachsen und gedeihen, sich selber, der Stadt München und dem Königreiche Bayern zur Ehre, vor allem aber zum Segen unseres geliebten deutschen Vaterlandes. Das walte Gott!

Generaldirektor Hering, Handelskammer Nürnberg: Königliche Hoheit!

Excellenzen! Hochverehrte Festversammlung !

Im Schöße der Nürnberger Kaufmannschaft hat sich seit Jahren die Uberzeugung Bahn gebrochen, daß der wissenschaftlichen Ausbildung unserer jungen Kaufleute mehr Sorgfalt gewidmet, mehr Vertiefung gegeben werden muß. Die Handelskammer Nürnberg hat auch, eingedenk ihrer Jahrhunderte alten Geschichte, ebenso wie die anderen bayerischen Handelskammern alle Bestrebungen, diesem Ziele näher zu treten, tatkräftig unterstützt. In diesem Sinne ist mir auch der ehrenvolle Auftrag zuteil geworden, der jungen Münchener Handelshochschule namens der Handelskammer Nürnberg und der übrigen bayerischen Handelskammern die herzlichsten Glück- und Segenswünsche auszusprechen. Möge die junge Anstalt kräftig wachsen, blühen und gedeihen und den in sie gesetzten Hoffnungen voll und ganz entsprechen, zur Förderung des Einzelnen und zum Wohle unseres ganzen bayerischen und deutschen Vaterlandes!

III. ANHANG.

Vorläufiger Bericht über das Gründungsjahr 1910. Der Plan, eine Handelshochschule zu errichten, konnte nach langen Vorverhandlungen im vergangenen Jahre verwirklicht werden. Zu Anfang desselben wurde der Unterzeichnete, bisher a. o. Professor an der Kgl. Ludwig-Maximilians-Universität zum Direktor der neuen Handelshochschule ernannt. Schon vorher hatte sich das Kuratorium, dessen Geschäfte bis dahin vom Präsidium und mit ganz besonderer Hingebung vom III. Präsidenten, dem leider inzwischen verstorbenen Kommerzienrat Lebrecht geführt worden waren, das in der Ludwigstraße gelegene Gravenreuthsche Palais gesichert, bei dessen Neubau bereits auf die Bedürfnisse der Handelshochschule Rücksicht genommen worden war. Bis zur Fertigstellung des Gebäudes durfte das Sekretariat, das am 1. März eröffnet wurde, dank dem Entgegenkommen der städtischen Behörden im Rathaus untergebracht werden. Sobald die laufenden Arbeiten in Fluß gekommen waren, wurde ein Vorprospekt versandt, der über die Absichten und Ziele der Handelshochschule Auskunft geben sollte. Die wichtigste und schwierigste Aufgabe des Direktors der Handelshochschule war die Berufung der einzelnen Dozenten. Da unter Einrechnung der Osterferien und der Sommerferien nur ein halbes Jahr bis zur geplanten Eröffnung der Handelshochschule übrig war, mußte dieselbe tunlichst beschleunigt werden. Es wäre das kaum erreichbar gewesen, wenn nicht das Vorhandensein geeigneter Kräfte an der Universität die Ernennung von Dozenten ohne langwierige Berufungsverhandlungen nach auswärts ermöglicht hätte. So aber konnte die hauptamtliche Dozentur für Rechtslehre (Privat- und Handelsrecht), dem Privatdozenten der Ludwig-Maximilians-Universität, Dr. Claudius Freiherrn von Schwerin, die nebenamtliche Dozentur für öffentliches Recht dem Privatdozenten, jetzt a. o. Professor, Dr. Karl Rothenbücher übertragen werden. Der gleiche günstige Umstand ermöglichte es, den Sprachunterricht in die Hände



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zweier an der Universität bereits bewährter Lehrkräfte zu legen. Für französische Sprache wurde Dr. Leo Jordan, Privatdozent an der Universität, für englische Sprache Herr Wilfried Wells, Lektor an der Universität, berufen. Von auswärtigen Dozenten leisteten unserem Rufe Folge Herr Dr. Gustav von Zahn, Privatdozent an der Universität Jena, als hauptamtlicher Dozent für Geographie und Professor Dr. Edgar Jaff6 von der Universität Heidelberg als zweiter (neben dem Direktor) hauptamtlicher Dozent für Volkswirtschaft. Größere Schwierigkeit verursachte die Besetzung der Lehrstühle für Handelswissenschaften, da die Zahl der in Frage kommenden Fachmänner nicht groß ist. Es glückte aber schließlich, die Herren Prof. Dr. Hans Hanisch, Professor an der Handelshochschule Köln, Dr. Wilhelm Prion, bisher in der statistischen Abteilung der Reichsbank und Kaiserlicher Rat, Prof. Artur Weiß, bisher an der Export-Akademie Wien zu gewinnen; doch wird Professor Hanisch sein Amt erst am i. April 1911 antreten können. Die freundschaftliche Gesinnung, die die Universität der Handelshochschule schon von Anfang an entgegengebracht hatte, sprach sich auch darin aus, daß Prof. Dr. Walter Lötz und Unterstaatssekretär Prof. Dr. von Mayr Lehraufträge für Bankwesen resp. Statistik übernahmen. Dank des großen Entgegenkommens Sr. Excellenz des Herrn Verkehrsministers konnte Ministerialrat von Völcker unserer Bitte, eine Vorlesung über »Die Eisenbahnen im heutigen Wirtschaftsleben« zu halten, Folge leisten. Von den Mitgliedern des Kuratoriums hatte sich Herr Direktor von Pechmann bereit erklärt, eine Vorlesung über »Die Organisation des Boden- und Kommunal-Kredits« abzuhalten. Herr Justizrat Dr. Kahn, Syndikus der Handelskammer, übernahm einen Lehrauftrag für eine Vorlesung »Der unlautere Wettbewerb«, Herr Reallehrer Hermann Schmachtenberger einen solchen für kaufmännisches Rechncn und Herr Dr. Alfredo Tortori einen solchen für italienische Sprache. Da die Universität und die Technische Hochschule den Studierenden der Handelshochschule den Besuch zahlreicher Vorlesungen gestatteten, so war bereits im ersten Semester die Zahl der in Frage kommenden Vorlesungen recht beträchtlich. Die Handelshochschule ihrerseits läßt die Studierenden der Universität und der Technischen Hochschule als Hospitanten zu. Nachdem so der Ausbau der Handelshochschule in den Grundzügen feststand, konnte Mitte September das erste Vorlesungs-

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Verzeichnis ausgegeben werden, das Vorlesungen von 15 Dozenten ankündigte, abgesehen von den Vorlesungen an der Universität und der Technischen Hochschule. Die feierliche Eröffnung wurde auf den 4. Oktober, der Beginn der Vorlesungen auf den 24. Oktober festgesetzt. Am 4. Oktober fand die Eröffnungsfeier in dem großen Saale des Hauses für Handel und Gewerbe statt. An derselben nahmen zahlreiche Ehrengäste teil, vor allem Se. Kgl. Hoheit Prinz Ludwig von Bayern, Se. Excellenz der Herr Staatsminister des Äußern, Freiherr von Podewils, die Staatsminister Excellenz von Brettreich und Excellenz von Frauendorfer, Se. Exzellenz Staatsrat von Schätz, Regierungspräsident Excellenz von Haider, Polizeipräsident von der Heydte, Ministerialrat von Knilling, der Präsident der Akademie der Wissenschaften Excellenz Geheimrat Dr. von Heigel, der Rektor Magnifikus der Münchener Universität Prof. Dr. Paul mit den Professoren Dr. Lötz und Unterstaatssekretär z. D. Dr. von Mayr, der Rektor Magnifikus der Technischen Hochschule Prof. Dr. Schröter, der Prorektor der Universität Erlangen Prof. Dr. Varnhagen, der Prorektor der Würzburger Universität Prof. Dr. Kiefl, der Direktor der Tierärztlichen Hochschule Dr. Albrecht, der Direktor der Hof- und Staatsbibliothek Dr. Schnorr von Carolsfeld, Bürgermeister Geh. Hofrat Dr. Philipp Ritter von Brunner mit den Vorständen des Gemeindekollegiums Rentier Schwarz und Kommerzienrat Huber sowie mehreren Magistratsräten und Gemeindebevollmächtigten, Studiendirektor Hofrat Raydt der Handelshochschule Leipzig, Studiendirektor Prof. Dr. Eckert der Handelshochschule Köln, Rektor Dr. Freudenthal der Akademie für Sozialund Handelswissenschaften Frankfurt a. M., Studiendirektor Dr. Behrend der Handelshochschule Mannheim, der Vertreter der Handelshochschule Berlin Prof. Dr. Binz, Vertreter der Handelskammern Augsburg, Bayreuth, Nürnberg, Passau, Regensburg, München und des Münchener Handelsvereins. Bei der Feier wurden die oben veröffentlichten Reden und Ansprachen gehalten. Am Abend gaben Handelskammer München und Münchener Handelsverein ein Bankett, an dem zahlreiche Ehrengäste teilnahmen und bei dem Se. Excellenz Freiherr von Podewils und Kommerzienrat von Pfister, ferner Magistratsrat Schenk, Chefredakteur Dr. Mohr, Unterstaatssekretär z. D. Prof. Dr. von Mayr,

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Prof. Dr. Jaff6 und Direktor Prof. Dr. Bonn der neuen Handelshochschule nochmals die besten Wünsche aussprachen. Die Aufnahme der Studierenden, Hörer und Hospitanten fand vom n . Oktober bis zum 12. November statt. Sie hatte folgendes Ergebnis: Die Gesamtzahl der für das Wintersemester Aufgenommenen betrug 477. Davon waren 103 Studierende und 374 Hörer und Hospitanten. Auf die einzelnen Staaten verteilen sich die Studierenden ihrer Staatsangehörigkeit nach folgendermaßen: Bayern 76, Preußen 1 1 , Elsaß-Lothringen 3, Württemberg 1, Sachsen 1, Baden 1, (zusammen also 93 Reichsdeutsche) Österreich-Ungarn 5, Schweiz 1, Rußland 2, Serbien 1, Griechenland 1 (insgesamt also 10 Ausländer). Ihrer Vorbildung nach haben 61 Studierende das Einjährig-Freiwilligen-Examen abgelegt, 42 besitzen das Abiturium einer neunklassigen Mittelschule. Unter den Hörern und Hospitanten befinden sich 63 Studierende der Universität und der Technischen Hochschule, ferner eine große Anzahl von Kaufleuten meist reiferen Alters, sowie viele Beamte.

Der Direktor.

Druck von R . Oldenbourg in München.