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German Pages 152 Year 2009
ENZYKLOPÄDIE DEUTSCHER GESCHICHTE BAND 8
ENZYKLOPÄDIE DEUTSCHER GESCHICHTE BAND 8 HERAUSGEGEBEN VON LOTHAR GALL IN VERBINDUNG MIT PETER BLICKLE ELISABETH FEHRENBACH JOHANNES FRIED KLAUS HILDEBRAND KARL HEINRICH KAUFHOLD HORST MÖLLER OTTO GERHARD OEXLE KLAUS TENFELDE
DIE AUSSENPOLITIK DES DRITTEN REICHES VON MARIE-LUISE RECKER
2., um einen Nachtrag erweiterte Auflage
R. OLDENBOURG VERLAG MÜNCHEN 2010
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. © 2010 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH, München Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Internet: oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Umschlagentwurf: Dieter Vollendorf Umschlagabbildung: Während der Münchener Konferenz. Am Kartentisch von links nach rechts: Benito Mussolini, Hitler und der italienische Außenminister Graf Galeazzo; Copyright: bpk Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier ( chlorfrei gebleicht) Satz: Schmucker-digital, Feldkirchen b. München Druck: MB Verlagsdruck, Schrobenhausen Bindung: Buchbinderei Kolibri, Schwabmünchen ISBN 978-3-486-59182-8
Vorwort Die „Enzyklopädie deutscher Geschichte" soll für die Benutzer - Fachhistoriker, Studenten, Geschichtslehrer, Vertreter benachbarter Disziplinen und interessierte Laien - ein Arbeitsinstrument sein, mit dessen Hilfe sie sich rasch und zuverlässig über den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse und der Forschung in den verschiedenen Bereichen der deutschen Geschichte informieren können. Geschichte wird dabei in einem umfassenden Sinne verstanden: Der Geschichte der Gesellschaft, der Wirtschaft, des Staates in seinen inneren und äußeren Verhältnissen wird ebenso ein großes Gewicht beigemessen wie der Geschichte der Religion und der Kirche, der Kultur, der Lebenswelten und der Mentalitäten. Dieses umfassende Verständnis von Geschichte muss immer wieder Prozesse und Tendenzen einbeziehen, die säkularer Natur sind, nationale und einzelstaatliche Grenzen übergreifen. Ihm entspricht eine eher pragmatische Bestimmung des Begriffs „deutsche Geschichte". Sie orientiert sich sehr bewusst an der jeweiligen zeitgenössischen Auffassung und Definition des Begriffs und sucht ihn von daher zugleich von programmatischen Rückprojektionen zu entlasten, die seine Verwendung in den letzten anderthalb Jahrhunderten immer wieder begleiteten. Was damit an Unschärfen und Problemen, vor allem hinsichtlich des diachronen Vergleichs, verbunden ist, steht in keinem Verhältnis zu den Schwierigkeiten, die sich bei dem Versuch einer zeitübergreifenden Festlegung ergäben, die stets nur mehr oder weniger willkürlicher Art sein könnte. Das heißt freilich nicht, dass der Begriff „deutsche Geschichte" unreflektiert gebraucht werden kann. Eine der Aufgaben der einzelnen Bände ist es vielmehr, den Bereich der Darstellung auch geographisch jeweils genau zu bestimmen. Das Gesamtwerk wird am Ende rund hundert Bände umfassen. Sie folgen alle einem gleichen Gliederungsschema und sind mit Blick auf die Konzeption der Reihe und die Bedürfnisse des Benutzers in ihrem Umfang jeweils streng begrenzt. Das zwingt vor allem im darstellenden Teil, der den heutigen Stand unserer Kenntnisse auf knappstem Raum zusammenfasst - ihm schließen sich die Darlegung und Erörterung der Forschungssituation und eine entsprechend gegliederte Aus-
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Vorwort
wahlbibliographie an zu starker Konzentration und zur Beschränkung auf die zentralen Vorgänge und Entwicklungen. Besonderes Gewicht ist daneben, unter Betonung des systematischen Zusammenhangs, auf die Abstimmung der einzelnen Bände untereinander, in sachlicher Hinsicht, aber auch im Hinblick auf die übergreifenden Fragestellungen, gelegt worden. Aus dem Gesamtwerk lassen sich so auch immer einzelne, den jeweiligen Benutzer besonders interessierende Serien zusammenstellen. Ungeachtet dessen aber bildet jeder Band eine in sich abgeschlossene Einheit - unter der persönlichen Verantwortung des Autors und in völliger Eigenständigkeit gegenüber den benachbarten und verwandten Bänden, auch was den Zeitpunkt des Erscheinens angeht. Lothar Gall
Inhalt Vorwort der Verfasserin I. Enzyklopädischer
1
Überblick
3
1. Die A n f ä n g e der nationalsozialistischen Außenpolitik (1933-1935)
3
2. Die Erweiterung des außenpolitischen Handlungsspielraums (1935-1937)
12
3. Der Weg in den Krieg (1937-1939)
19
4. Der Krieg gegen die europäischen N a c h b a r n (1939-1941)
28
5. Weltkrieg u n d Untergang (1941-1945)
36
6. Zwischen Revision, Expansion u n d „Lebensr a u m " - K r i e g - die Außenpolitik des Dritten Reiches in historischer Perspektive
43
II. Grundprobleme
und Tendenzen
der Forschung
51
1. G r u n d p o s i t i o n e n der Deutung nationalsozialistischer Außenpolitik
51
2. Die Diskussion um Hitlers außenpolitisches „Programm"
58
3. Die einzelnen außenpolitischen Akteure u n d der außenpolitische Entscheidungsprozeß
64
4. Die Außenpolitik des Dritten Reiches: Quellenpublikationen u n d Standardwerke
71
5. Kontroversen um wichtige Einzelpunkte a) Kontinuität 1933 b) „ W e n d e j a h r " 1937 c) Kriegsausbruch 1939 d) Hitlers W e n d u n g gegen die Sowjetunion e) Hitlers Kriegserklärung an die Vereinigten Staaten .
79 79 83 86 88 93
VIII
Inhalt 6. Außenpolitische Konzeptionen des deutschen Widerstands
III.
96
7. Die nationalsozialistische Außenpolitik in der deutschen und europäischen Geschichte - Gesamtinterpretationen
102
8. Tendenzen der Forschung seit 1990. Nachtrag zur 2. Auflage
110
Quellen und Literatur
117
A.Quelle n 1. Akten werke 2. Editionen und Dokumentationen 3. Selbstzeugnisse, Reden
117 117 118 118
B.Literatu r 1. Gesamtdarstellungen und Überblicke 2. Einzelfragen und-probleme 3. Auswärtiges Amt, Diplomatie 4. Europäische Staaten 5. Außereuropäische Staaten 6. Deutungen 7. Nachtrag 2010
119 119 120 122 123 125 126 127
Zeittafel
131
Register
137
Themen und Autoren
141
Die für Zeitschriften verwendeten Abkürzungen entsprechen denen der „Historischen Zeitschrift".
Vorwort der Verfasserin Das Vorhaben, die Außenpolitik des Dritten Reiches auf denkbar knappstem R a u m nachzuzeichnen, stellte die Verfasserin vor eine außerordentlich schwierige Aufgabe. Die Vielfalt der Handlungsabläufe, die Komplexität des Gegenstandes, aber auch dessen E i n b i n d u n g in den Prozeß der Entfaltung der nationalsozialistischen Diktatur wie in den G a n g der internationalen Beziehungen dieser Jahre machten Auswahl und Beschränkung unumgänglich. Die Konzentration auf die „wichtigen" Vorgänge, auf Wendepunkte u n d Marksteine dieser Entwicklung, auf die zentralen, den G a n g der nationalsozialistischen Außenpolitik bestimmenden Entscheidungen der politischen Spitze in Berlin barg die Gefahr, die Vielschichtigkeit der auswärtigen Beziehungen des Dritten Reiches zu verzeichnen u n d das Neben- u n d Ineinander von N o r m a l e m u n d Außergewöhnlichem, von diplomatischem Alltag u n d „großer Polit i k " nicht genügend zu würdigen. Ungeachtet dessen ließ die Fülle des Stoffes wie der Zwang, eine Auswahl unter den zu behandelnden Problemkomplexen zu treffen, es geboten erscheinen, den „groß e n " außenpolitischen Vorgängen den Vorrang zu geben, waren sie es doch, die Charakter u n d Verlauf der nationalsozialistischen Außenpolitik prägten. Diese Gewichtung bestimmt die Konzeption des Bandes. Die Darstellung beschränkt sich strikt d a r a u f , die nationalsozialistische Außenpolitik nachzuzeichnen, und berührt in dem enzyklopädischen Überblick wie in der Erörterung der G r u n d p r o b l e m e u n d Tendenzen der Forschung darüber hinausgehende Fragen nur, soweit sie f ü r das engere T h e m a unmittelbar relevant sind. Überlegungen zum Wesen des nationalsozialistischen Herrschaftssystems u n d zu seiner typologischen Bestimmung u n d E i n o r d n u n g sind dem Parallelband in dieser Reihe vorbehalten. Diese Einschränkung gilt auch hinsichtlich der Politik der anderen europäischen und außereuropäischen Staaten wie generell der Entwicklung des internationalen Systems in den 1930er und 1940er Jahren. Angesichts der thematischen Festlegung wie der räumlichen Begrenzung dieses Bandes k o n n t e diese Dimension, so notwendig sie zum Verständnis des Handlungsspielraums u n d der Aktionsformen der nationalsozialisti-
2
Vorwort der Verfasserin
sehen Außenpolitik auch ist, nur begrenzt berücksichtigt werden. Auch hier gebieten die Vorgaben des Gesamtwerks die Konzentration auf die deutsche Seite. Mein herzlicher Dank gilt den Herausgebern der Reihe, in der dieses Buch erscheint. Ihre Anregungen und ihre Kritik waren eine wichtige Hilfe bei seiner Abfassung. In besonderem Maße sind hier Herr Professor Dr. Klaus Hildebrand und Herr Professor Dr. Lothar Gall zu nennen, deren Rat und Unterstützung der Darstellung auf vielfältige Weise zugute gekommen sind. Einschließen in diesen Dank möchte ich auch meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Universitäten Münster/Westf., Frankfurt am Main und Bayreuth, die mir bei der Beschaffung und Auswertung der umfangreichen Literatur wie bei der Erstellung des Manuskripts behilflich gewesen sind. Und nicht zuletzt habe ich für die engagierte und sorgfältige Betreuung des Buches durch den Oldenbourg Verlag zu danken. Osnabrück, im Januar 1989
Marie-Luise Recker
Vorwort zur 2. Auflage Die hiermit vorgelegte 2. Auflage ist um eine Darlegung der Tendenzen der Forschung in den letzten zwei Jahrzehnten sowie um einen Nachtrag zur seit 1990 erschienenen Literatur ergänzt worden. Der darstellende Teil blieb unverändert, da sich wesentliche neue Erkenntnisse zur Außenpolitik des Dritten Reiches nicht ergeben haben, ergänzende Sachverhalte und differenzierende Wertungen aber in die Betrachtung des Fortgangs der Forschung mit einbezogen werden konnten. Gerade hinsichtlich der letzteren Frage, also der Beurteilung der nationalsozialistischen Außenpolitik und ihrer Einordnung in den größeren Kontext der internationalen Mächtebeziehungen, sind die produktivsten neuen Ansätze zu verzeichnen. Frankfurt am Main, im Juni 2009 Marie-Luise Recker
I. Enzyklopädischer Überblick 1. Die Anfänge der nationalsozialistischen Außenpolitik (1933-1935) Der 30. J a n u a r 1933 markiert einen wichtigen Einschnitt in der Geschichte des Deutschen Reiches. An diesem Tag wurde mit der Bildung der Regierung der „ n a t i o n a l e n K o n z e n t r a t i o n " ein M a n n zum Reichskanzler e r n a n n t , dessen politische Absichten, wie er sie bis dahin bei verschiedenen Anlässen dargelegt hatte, Substanz und Charakter, Wesen und Form, Bestimmungsort u n d Richtung der deutschen Politik entscheidend verändern mußten. Dies galt nicht zuletzt für die Außenpolitik, in der die Ziele des neuen Regierungschefs räumlich, machtpolitisch u n d ideologisch weit über das hinauswiesen, was die Weimarer Außenpolitik in dieser Hinsicht bestimmt hatte.
Nationalsozialistische „ M a c h t ergreifung"
Für den zeitgenössischen Beobachter im In- u n d Ausland war diese Zäsur jedoch nicht so o f f e n k u n d i g und eindeutig, wie sie aus späterer Sicht erscheint. Gewiß, die politischen Aussagen des neuen Reichskanzlers, so wie er sie in „ M e i n K a m p f , bei W a h l k a m p f a u f tritten oder anderen Gelegenheiten verkündet hatte, waren vielfach mit Besorgnis u n d U n r u h e registriert worden. Allerdings schien die Stellung der Nationalsozialisten im neuen Kabinett - trotz Hitlers Kanzlerschaft - nicht sehr stark zu sein, da sie von einer Überzahl konservativer Bündnispartner „ e i n g e r a h m t " u n d damit o f f e n b a r in ihrem Bewegungsspielraum stark eingeengt waren. Daher sahen m a n c h e Beobachter in der neuen Koalition nur ein schwaches Bündnis auf Zeit, aus dessen Mitte bald die wahren Machthaber, nämlich die Reichswehr oder auch die nationale Rechte um Alfred Hugenberg, offen in den Vordergrund treten würden. Dies war, insgesamt gesehen, auch die Meinung in vielen Nachbarstaaten des Deutschen Reiches. In L o n d o n und Paris u n d auch in anderen europäischen und außereuropäischen Hauptstädten waren der Aufstieg der N S D A P u n d auch die außenpolitischen Ziele der Partei mit Besorgnis beobachtet worden. D e n n o c h vermochte man im allgemeinen in dem neuen Kabinett Hitler-Papen
Stimmen des Ausl a n d s zu Hitlers Kanzlerschaft
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I. Enzyklopädischer Überblick
keine gefährliche B e d r o h u n g der eigenen Sicherheit zu e r k e n n e n , v i e l m e h r galt die A u f m e r k s a m k e i t z u n ä c h s t eher d e n innenpolitischen V o r g ä n g e n , also der U n t e r m i n i e r u n g der G r u n d l a g e n liberaler Freiheiten, der A u s s c h a l t u n g der Parteien, der Z u n a h m e politischer G e w a l t sowie d e m Beginn a n t i j ü d i s c h e r M a ß n a h m e n , währ e n d es im a u ß e n p o l i t i s c h e n Bereich so schien, als h a b e der n e u e K a n z l e r seinen f r ü h e r g e ä u ß e r t e n Zielvorstellungen a b g e s c h w o r e n bzw. als w e r d e er von d e n t r a d i t i o n e l l e n K r ä f t e n im Auswärtigen Amt dominiert. O h n e Zweifel läßt sich die T a t s a c h e , d a ß f ü r die d e u t s c h e Auß e n p o l i t i k d a s J a h r 1933 im In- u n d A u s l a n d nicht als der Einschnitt gesehen w u r d e , der ihm a u s s p ä t e r e r Sicht z u k o m m t , g a n z wesentlich d a r a u s e r k l ä r e n , d a ß auf a u s d r ü c k l i c h e n W u n s c h Hinpolitische Linie des d e n b u r g s d e r bisherige A u ß e n m i n i s t e r , von N e u r a t h , e b e n s o wie Auswärtigen Amtes s e j n Staatssekretär, von Bülow, weiter im A m t geblieben w a r e n . Ger a d e von N e u r a t h g e h ö r t e zu d e n j e n i g e n , die g e m ä ß d e m „ Z ä h m u n g s " - K o n z e p t Hitler u n d die a n d e r e n N a t i o n a l s o z i a l i s t e n im Kabinett „ e i n r a h m e n " u n d d u r c h ihre Überzahl neutralisieren sollten. In diesem Sinne setzte der A u ß e n m i n i s t e r , gestützt auf das besond e r e V e r t r a u e n des R e i c h s p r ä s i d e n t e n , d a r a u f , die bisherige Linie f o r t f ü h r e n u n d die d e u t s c h e A u ß e n p o l i t i k vor u n k a l k u l i e r b a r e n Risiken b e w a h r e n zu k ö n n e n . Die k ü n f t i g e politische Strategie des A u s w ä r t i g e n Amtes, wie sie in diesen W o c h e n entwickelt w u r d e , k n ü p f t e a n die z u v o r von den P r ä s i d i a l k a b i n e t t e n verfolgte Leitlinie einer n a t i o n a l e n Revisions- u n d G r o ß m a c h t p o l i t i k a n u n d verstand sich als „ K o n z e p t der traditionellen politischen F ü h r u n g s s c h i c h t D e u t s c h l a n d s " [114: G. W O L L S T E I N , D e n k s c h r i f t , 78] zur D u r c h s e t z u n g der a u ß e n p o l i t i s c h e n V o r h a b e n , die sich der n e u e n , „ n a t i o n a l e n " Zielen a n s c h e i n e n d b e s o n d e r s verpflichteten R e g i e r u n g stellten. Dies reichte von der f i n a n z i e l l e n , wirtschaftlichen u n d militärischen S t ä r k u n g des Reiches ü b e r territoriale Revisionen, i n s b e s o n d e r e a n der Ostgrenze, die die Verluste des Versailler Vertrags k o m p e n s i e r e n sollten, bis zum „ A n s c h l u ß " Österreichs u n d zur R ü c k e r w e r b u n g der f r ü h e r e n d e u t s c h e n K o l o n i e n bzw. zur E r w e r b u n g „ e v e n t u e l l e r neuer K o l o n i e n " . Orientierungs- u n d Z i e l p u n k t w a r also - verkürzt g e s p r o c h e n - die a u ß e n politische Stellung, die das Kaiserreich vor 1914 g e h a b t hatte, wobei n u n der H a n d l u n g s s p i e l r a u m des D e u t s c h e n Reiches d u r c h den Ausfall R u ß l a n d s als M a c h t f a k t o r u n d d u r c h d e n U n t e r g a n g der D o p p e l m o n a r c h i e noch erweitert u n d seine Position im ostmittele u r o p ä i s c h e n R a u m gestärkt w ü r d e n .
1. Die Anfänge der nationalsozialistischen Außenpolitik
5
Seine eigene außenpolitische Linie hatte Hitler bereits am 3. Februar 1933 vor hohen Repräsentanten der Reichswehr verdeutlicht. Unverhohlen hatte er von seinem Vorsatz der „ E r o b e r u n g neuen Lebensraums im O s t e n " und dessen ,,rücksichtslose[r] Germ a n i s i e r u n g " [21: Ursachen u n d Folgen, Bd. X, 114] gesprochen. Diese Zielsetzung wollte er in mehreren Stufen verwirklichen. Zuerst sollte Deutschland im Inneren in nationalsozialistischem Sinne umgestaltet werden, u n d diesen Prozeß h o f f t e er durch die Fortführung der bisherigen außenpolitischen Linie abschirmen zu k ö n n e n . D a n n sollte die deutsche Großmachtstellung in E u r o p a wiedererlangt werden, begleitet vom „ A u f b a u der W e h r m a c h t " u n d von weiteren Schritten zur Revision des Versailler Vertrags. Als dritte Stufe sollte d a n n der Einsatz des militärischen Potentials folgen im Sinne der erwähnten E r o b e r u n g von „ L e b e n s r a u m " im Osten. Damit hatte der neue Reichskanzler seine kurz- u n d langfristigen außenpolitischen Vorhaben mit bemerkenswerter Offenheit dargelegt, wenn auch in Worten, die die „eigentlichen" Fernziele eher verschleierten. Diese A u s f ü h r u n g e n zeigen, d a ß Hitler auch nach der „ M a c h t e r g r e i f u n g " sein bisheriges politisches „ P r o g r a m m " , so wie er es in seinen in den 1920er Jahren entstandenen Schriften entworfen hatte, nicht aufgegeben hatte, sondern es im Gegenteil zum Leitfaden der deutschen Innen- u n d Außenpolitik machen wollte. K e r n p u n k t e waren die E r o b e r u n g von „ L e b e n s r a u m " im Osten Europas u n d die „rassische" Umgestaltung des deutschen Machtbereiches. Der Weg zu diesem Ziel sollte über ein Bündnis mit Großbritannien und Italien gehen; in dessen Windschatten sollten d a n n die (östlichen und westlichen) Nachbarstaaten des Dritten Reiches niedergeworfen oder zumindest unter deutsche Kontrolle gebracht werden, um so den Ausgangspunkt f ü r die militärische W e n d e gegen die Sowjetunion zu schaffen. Ihre Zerschlagung u n d die Vernichtung des „jüdischen Bolschewismus" waren die K e r n g e d a n k e n dieses außenpolitischen Ansatzes. Mit Hitlers Rede vor den Spitzen der Reichswehr u n d mit den oben angesprochenen Überlegungen des Auswärtigen Amtes lagen zwei Konzepte vor, die sich in ihrer Zielsetzung allerdings deutlich v o n e i n a n d e r unterschieden. Beide waren f ü r die A n f a n g s p h a s e der nationalsozialistischen Außenpolitik konstitutiv und prägten sie in unterschiedlicher Weise. Hierfür war zunächst einmal ausschlaggebend, d a ß der neue Reichskanzler auf die Zustimmung und Mitarbeit seiner konservativen Bündnispartner angewiesen war u n d auf deren politische Vorstellungen Rücksicht zu nehmen hatte. In der
Hitlers R e d e v o m 3.2.1933
Hitlers „Programm"
N e u e A k z e n t e in der Außenpolitik
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I. E n z y k l o p ä d i s c h e r Ü b e r b l i c k
F o r d e r u n g nach forcierter Revision des Versailler Vertrags und nach der Wiedererlangung der deutschen G r o ß m a c h t p o s i t i o n trafen sich f ü h r e n d e Vertreter der Ministerialbürokratie, der Reichswehr, der Wirtschaft sowie weite Kreise der Öffentlichkeit; ihr Einverständnis war ein wichtiges Element zur Stabilisierung des neuen nationalsozialistisch-konservativen Bündnisses, u n d der Beifall, den die ersten außenpolitischen Schritte des Dritten Reiches f a n d e n , k o n n t e als Zeichen f ü r die allgemeine Akzeptanz des neuen Regimes gewertet u n d gegenüber dem Ausland ins Feld geführt werden. D a ß die deutsche Außenpolitik in der Anfangsphase des Dritten Reiches auf eher traditionelle Revisionsforderungen ausgerichtet war, hatte in diesem Sinne auch eine nicht zu unterschätzende innenpolitische Funktion. Als wichtiger noch u n d f ü r den Verlauf der deutschen Außenpolitik charakteristischer m u ß aber die Tatsache gewertet werden, d a ß die beiden genannten Strategien in den Nahzielen miteinander Revision des Ver- korrespondierten u n d d a ß diese (Teil-)Identität die unterschiedlisailler Vertrags chen Endziele überdecken konnte. Die Wiedererlangung der vollen außenpolitischen Handlungsfähigkeit, d.h. die Abschüttelung der finanziellen u n d militärischen Restriktionen des Versailler Vertrags, der A u f b a u einer schlagkräftigen Armee sowie die Rückgewinnung der n a c h dem Ersten Weltkrieg verlorenen Gebiete - dies war f ü r beide Teile die Voraussetzung, um die langfristigen außenpolitischen Ziele verwirklichen zu k ö n n e n , so d a ß diese K o n g r u e n z der ersten Schritte die spätere T r e n n u n g der Wege noch nicht sichtbar werden ließ. Trotz m a n c h e r Unterschiede im Detail und trotz - wie sich zeigen sollte - z.T. abweichender Lagebeurteilungen war es den „ T r a d i t i o n a l i s t e n " k a u m bewußt, d a ß Hitlers Zielsetzung der ihren widersprach, ja, d a ß er ihre Zustimmung bzw. Mitarbeit in der Außenpolitik als Schirm nutzen wollte, hinter der sich seine Absichten vorerst verbergen ließen. Zunächst einmal war der neue Reichskanzler z u s a m m e n mit seinen konservativen Bündnispartnern d a r u m bemüht, die VorbeHitlers „Frie- halte des Auslands gegen das Kabinett Hitler-Papen abzubauen und dens"-Reden damit der G e f a h r einer Isolierung des Reiches vorzubeugen sowie eine gegen Deutschland gerichtete Mächtekonstellation zu verhindern. Dem dienten die mehrfach wiederholten Bekundungen der friedlichen Absichten der neuen Regierung, wenn auch häufig verb u n d e n mit der Forderung, die Gleichberechtigung Deutschlands anzuerkennen. In dem Bemühen, weitere Bestimmungen des Versailler Vertrags zu revidieren, lag d a n n der zweite Ansatzpunkt der
1. Die Anfänge der nationalsozialistischen Außenpolitik
7
deutschen Außenpolitik. Die Aussichten auf Erfolge waren hier nicht ungünstig. Insgesamt profitierte Hitler zu Beginn seiner Kanzlerschaft davon, d a ß mit der „ D o p p e l k r i s e des Weltwirtschafts- u n d Weltstaatensystems" [G. SCHMIDT, Allgemeine Einführung, in: 59: K. R O H E (Hrsg.), Westmächte, 12] die seit den 1920er Jahren bestehenden Verhältnisse in Bewegung geraten waren u n d die Reichsregierung hierdurch größeren Handlungsspielraum gewonnen hatte. N a c h d e m die deutschen Reparationsverpflichtungen auf der Lausanner Konferenz im J u n i / J u l i 1932 de facto gestrichen worden waren, stand nun die A u f h e b u n g der militärischen Restriktionen des Versailler Vertrags an der Spitze der deutschen Wunschliste. Auch hier war dem Deutschen Reich bereits im Dezember 1932 die Gleichberechtigung im Rüstungsbereich grundsätzlich zugesagt w o r d e n ; Einzelheiten sollten nun auf einer weiteren Abrüstungskonferenz erörtert werden. Als in den Verhandlungen deutlich wurde, d a ß die Westmächte die deutschen Forderungen nach „tatsächlicher Gleichberechtigung" nicht akzeptieren würden, entschloß sich die Regierung in Berlin, die K o n f e r e n z zu verlassen u n d gleichzeitig Deutschlands Austritt aus dem Völkerbund zu verkünden. Dies geschah am 14. Oktober 1933. W ä h r e n d dieser Schritt das Deutsche Reich zumindest für den Augenblick außenpolitisch isolierte, war ihm kurz zuvor ein Vertragsabschluß gelungen, der seine internationale Stellung deutlich aufzubessern versprach, nämlich das K o n k o r d a t mit dem Vatikan am 20. Juli 1933. Mit ihm k o n n t e das nationalsozialistische Regime einen Erfolg verbuchen, den die Regierungen der Weimarer Republik vergeblich gesucht hatten. Wenn auch der eigentliche Nutzen dieses Ereignisses für Hitler wohl eher im innenpolitischen Bereich zu suchen ist, so war der Abschluß eines solchen Vertrags gerade mit dem Vatikan, der mit seiner moralischen Autorität das neue Regime in Deutschland diplomatisch aufwertete, ein wichtiger außenpolitischer Erfolg. Er brachte dem Dritten Reich internationale Anerkennung und Beifall. Ist bisher auf die Gleichartigkeit u n d Gleichgerichtetheit der außenpolitischen Zielsetzung Hitlers und seiner konservativen Koalitionspartner hingewiesen worden, so b a h n t e sich doch bereits 1933 ein Konflikt an, der d a n n schon bald in einen überraschenden Bündniswechsel m ü n d e t e , nämlich in den deutsch-polnischen Nichtangriffspakt vom 26. J a n u a r 1934. Zunächst war Hitler dem prosowjetischen, antipolnischen Kurs seines Außenministers gefolgt; die Reichsregierung hatte am 5. Mai 1933 die bereits vom Ka-
Austritt aus dem Volkerbu
nd
Konkordat
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Jeutsch-polnisches Nichtangriffsabkommen
I. Enzyklopädischer Überblick
binett Brüning initiierte Verlängerung des Berliner Vertrags mit der Sowjetunion ratifiziert u n d damit ein deutliches Zeichen in dieser Richtung gesetzt. Schon bald j e d o c h mehrten sich die Indizien, d a ß der neue Reichskanzler einen Partnerwechsel u n d eine neue Stoßrichtung der deutschen Ostpolitik anstrebte. Allerdings erwiesen sich die Verhandlungen mit Polen zunächst als schwierig, da die deutsche Seite jeder Festlegung in Grenzfragen ausweichen wollte u n d auch gehofft hatte, die Bindungen Warschaus an Paris lockern zu k ö n n e n . Als sich zeigte, d a ß dies nicht erreichbar war, einigten sich beide Teile aber relativ rasch auf einen auf zehn Jahre befristeten Nichtangriffspakt, der d a n n am 26. J a n u a r 1934 unterzeichnet wurde. Mit diesem A b k o m m e n hatte Hitler einen deutlichen Erfolg errungen. Nicht nur war die französische K l a m m e r durchstoßen und der wichtigste Stein aus dem „ c o r d o n sanitaire" herausgebrochen, sondern der Vertrag war auch geeignet, die außenpolitische Isolierung des Reiches nach dem Austritt aus dem Völkerbund zu durchbrechen u n d dem neuen Prinzip bilateraler A b k o m m e n Geltung zu verschaffen, das die Reichsregierung an die Stelle multilateraler Bindungen zu setzen bestrebt war. Vor allem aber begünstigte es im europäischen Ausland die Werbekraft der Formel von den „friedlichen" Absichten Hitlers, war es diesem doch o f f e n b a r gelungen, gegen den Widerspruch der bisherigen außenpolitischen Akteure das deutsch-polnische Verhältnis zu entschärfen u n d mit dem bisherigen Widerpart zu einem gutnachbarlichen N e b e n e i n a n d e r zu kommen.
Haltung gegenüber Österreich
Hatte Hitler bei seinem ostpolitischen Neuansatz seine eigenen Vorstellungen nahezu ungeschmälert durchsetzen k ö n n e n , so hatte es den Anschein, als ob ihm bei dem nächsten außenpolitischen Manöver, nämlich dem Versuch, den „ A n s c h l u ß " Österreichs an das Reich zu vollziehen, die Fäden aus der H a n d geglitten seien und er die Kontrolle über den außenpolitischen Entscheidungsprozeß zu verlieren drohe. Der G e d a n k e des „Anschlusses" war ja nicht neu, doch erhielt er mit der „ M a c h t e r g r e i f u n g " eine neue Dimension, da die Nationalsozialisten in Österreich n u n Morgenluft witterten und darauf setzten, den Erfolg der Schwesterpartei zu wiederholen. Hitler selbst schien, da der außenpolitische Weg angesichts der Vetoposition der Westmächte bis auf weiteres versperrt war, auf eine innenpolitische Lösung zu setzen, also auf die Beteiligung der österreichischen Nationalsozialisten an der Regierung u n d auf die innere Gleichschaltung des Landes ohne äußeren „ A n s c h l u ß " .
1. D i e A n f ä n g e d e r n a t i o n a l s o z i a l i s t i s c h e n
Außenpolitik
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Dies jedoch schlug schließlich fehl; weder konnte der Anspruch auf Teilhabe an der Macht in die Tat umgesetzt werden noch hatte ein am 25. Juli 1934 von der österreichischen Parteiführung der Nationalsozialisten inszenierter Putsch, bei dem Bundeskanzler D o l l f u ß ermordert wurde, den erhofften Erfolg. Im Gegenteil, auf die Nachricht von den Vorgängen in Wien hin ließ Mussolini Truppen am Brenner aufmarschieren u n d betonte damit seine Ansprüche auf Mitsprache hinsichtlich der Z u k u n f t der Alpenrepublik. Dies war f ü r Hitler ein schwerer außenpolitischer Rückschlag. Er führte ihm die Wachsamkeit der europäischen Mächte u n d damit die Begrenztheit seines eigenen Handlungsspielraums drastisch vor Augen, er zeigte aber auch, d a ß der Einsatz der N S D A P u n d ihrer Funktionsträger f ü r außenpolitische Aktionen die G e f a h r in sich barg, eine eigene Dynamik zu entwickeln u n d der Kontrolle des „ F ü h r e r s " zu entgleiten. Dies bewog ihn, von ähnlichen Operationen bis auf weiteres abzusehen. Die außenpolitischen Aktionen der neuen Regierung der „nationalen K o n z e n t r a t i o n " , angefangen vom Auftreten auf der Lond o n e r Weltwirtschaftskonferenz im Juni 1933 über den Rückzug von den Abrüstungsverhandlungen u n d den Austritt aus dem Völk e r b u n d im Herbst desselben Jahres bis zum gescheiterten Putschversuch in Osterreich, waren zwar in den Augen der anderen europäischen Mächte deutliche Wegmarken d a f ü r , d a ß die politische Führung in Berlin den Revisionskurs verschärft hatte, doch konnten sie sich nicht auf konkrete gemeinsame Schritte zur Abwehr der deutschen H e r a u s f o r d e r u n g und zur Stabilisierung der europäischen O r d n u n g verständigen. Weder ein entsprechender Ansatz des französischen Außenministers im Sinne ,,eine[r] die Westmächte u n d die Sowjetunion zusammenführende[n] L ö s u n g " [208: K. HILDEBRAND, Krieg im Frieden, 13] noch a n d e r e Überlegungen u n d Versuche f a n d e n die Resonanz, die sie benötigt hätten, um weitere Revisions- oder Expansionsschritte Berlins in Z u k u n f t zu unterbinden. Zwar blieb die Außenpolitik des Dritten Reiches auch in der nächsten Zeit immer unter der D r o h u n g , d a ß die a n d e r e n europäischen Mächte sich zusammenschließen u n d damit den deutschen Handlungsspielraum einschränken würden, doch verhinderten die z.T. divergierenden Interessen, Einschätzungen und Lösungsansätze in London, Paris u n d Rom letztlich ein gemeinsames Vorgehen. Bei der „ H e i m k e h r " des Saarlandes kam dies allerdings noch nicht zum Tragen. Die Rückgliederung dieses Gebietes nach einer
Putschversuch der Nationalsozialister in Österreich
Reaktion des Auslands
Rückgliederung de Saar
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Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht
..Stresafront"
Großbritannien u n d die deutsche Außenpolitik
I. Enzyklopädischer Überblick
Volksabstimmung am 13. J a n u a r 1935, bei der sich 91% der Wähler f ü r die Wiedervereinigung ihrer Heimat mit dem Reich ausgesprochen hatten, fiel der deutschen Regierung gleichsam wie eine reife Frucht in den Schoß. Beim nächsten revisionspolitischen Schritt Berlins, der W i e d e r e i n f ü h r u n g der allgemeinen Wehrpflicht am 16. März 1935, wurde d a n n jedoch der Vorsatz der anderen europäischen Mächte deutlich, weitere Veränderungen des Status quo nicht tatenlos hinzunehmen. Mit diesem ersten der zahlreichen „ W o c h e n e n d c o u p s " , mit denen Hitler in den folgenden Jahren die europäischen Staaten überraschen u n d vor vollendete Tatsachen stellen sollte, wurde die wichtigste der militärischen Bestimmungen des Versailler Vertrags, nämlich die Begrenzung der Armee auf 100.000 M a n n , einseitig aufgehoben und die zukünftige Friedenspräsenzstärke der neuen Wehrmacht auf 550.000 M a n n festgelegt. Die Signatarmächte des Friedensvertrages m u ß t e n dies nicht nur als einen A f f r o n t , sondern auch als eine ernste Beeinträchtigung ihrer eigenen Sicherheit sehen, hatten die entsprechenden Klauseln auf der Pariser Konferenz doch als Garantie gegen einen erneuten deutschen Anlauf zur europäischen Hegemonie gegolten. Zudem hatten auch die bisherigen verdeckten deutschen A u f r ü s t u n g s m a ß n a h m e n , die nicht geheim geblieben waren, Öffentlichkeit und Regierung in den anderen europäischen L ä n d e r n beunruhigt. Vor diesem Hintergrund vereinbarten die Regierungschefs Frankreichs, Italiens u n d G r o ß b r i t a n n i e n s auf einer K o n f e r e n z in Stresa vom 11. bis 14. April 1935, sich in Z u k u n f t „mit allen geeigneten Mitteln jeder einseitigen A u f k ü n d i g u n g von Verträgen zu widersetzen" [21: Ursachen u n d Folgen, Bd. X, 334] u n d damit den Handlungsspielraum Berlins ganz entscheidend einzuengen. Allerdings erwies sich die „Stresa-Front" nicht als Bollwerk zur Verhinderung weiterer deutscher Revisionsschritte, im Gegenteil, sie war von A n f a n g an brüchig u n d Fiel schon bald auf G r u n d der divergierenden Interessen der Partner auseinander. Z u m einen wurde Mussolinis Abessinien-Abenteuer zu einer Klippe, an der die Solidarität der StresaPartner zerbrach, zum a n d e r e n scherte auch G r o ß b r i t a n n i e n aus dieser Front aus, als die deutsche Seite London ein bilaterales Abk o m m e n zur Begrenzung der Flottenrüstung vorschlug, also zum ersten Mal seit dem J a n u a r 1933 das Angebot einer einvernehmlichen, nicht einseitigen Fixierung deutscher Wünsche vorlegte. Aus deutscher Sicht war die britische Regierung der wichtigste Gegenspieler in allen Fragen einer Revision des Versailler Vertrags; nach dem machtpolitischen Bedeutungsverlust Frankreichs seit Be-
1. D i e A n f ä n g e d e r n a t i o n a l s o z i a l i s t i s c h e n
Außenpolitik
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ginn des Jahrzehnts schien der Schlüssel f ü r Erfolg oder Mißerfolg entsprechender Vorstöße Berlins an der Themse zu liegen. Aus diesem G r u n d hatte insbesondere das Auswärtige Amt sich immer wieder bemüht, ein Einverständnis mit Whitehall zu erreichen in der H o f f n u n g , damit auch Frankreich zu Konzessionen zu bewegen. U n d auch für Hitler war ein Bündnis mit G r o ß b r i t a n n i e n der Eckpfeiler seines außenpolitischen „ P r o g r a m m s " , hoffte er doch, durch das Angebot einer Teilung der Interessensphären selbst „freie H a n d " im Osten des Kontinents zu erhalten. Hierfür wollte er im Gegenzug auf Flotten- oder Kolonialforderungen verzichten u n d somit London den Weg zur W a h r u n g u n d zum Ausbau seiner imperialen Position in Übersee ebnen. Vor dem Hintergrund dieser Zielvorstellungen n a h m e n d a n n beide Regierungen E n d e 1934 in London bilaterale Gespräche über eine Begrenzung der deutschen Flottenrüstung auf, in die die britische Seite schließlich eingewilligt hatte in der H o f f n u n g , hierdurch eine einseitige deutsche Aktion abzuwehren. Da Hitler der traditionellen Diplomatie die Verwirklichung seiner Idee eines Bündnisses mit Großbritannien nicht zutraute, ernannte er Mitte April 1935 Joachim von Ribbentrop, bisher schon Abrüstungsbevollmächtigter der Reichsregierung, zum Sonderbotschafter mit dem Auftrag, die anstehenden Flottenverhandlungen zu führen. Diese Aufgabe Deutsch-britisches konnte Ribbentrop auch bald zu einem positiven Abschluß bringen. Flottenabkommen Trotz mancher Irritationen auf britischer Seite über die Art der deutschen V e r h a n d l u n g s f ü h r u n g gelang es ihm, die Ergebnisse am 18. Juni 1935 in einem entsprechenden Notenwechsel festzuhalten. Hiernach sollte die deutsche Marine in Z u k u n f t eine Kapazität von maximal 35% der T o n n a g e der englischen Seestreitkräfte erhalten, während bei U-Booten diese Relation auf 45 :100 festgelegt wurde. Mit diesem A b k o m m e n hatte die deutsche Seite einen großen Erfolg erzielt. Das Einvernehmen der „Stresa"-Partner war zerbrochen oder doch zumindest gestört u n d ein weiterer Schritt getan, um die Bestimmungen des Versailler Vertrags zu überwinden, die bisher die deutsche Handlungsfreiheit beschränkt hatten. Vor allem aber schien sich in Hitlers Sicht das Bündniswerben um England auszuzahlen; die soeben erreichte Übereinkunft ließ seine Zuversicht wachsen, d a ß London auch sein Angebot, die Interessensphären zu teilen, akzeptieren würde. In diesem Sinne soll er den 18. Juni 1935 als den bisher „glücklichsten T a g " seines Lebens bezeichnet haben. D a ß jede Seite die Interessen und Absichten der anderen falsch einschätzte, zeigte sich erst später.
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1. Enzyklopädischer Überblick
2. Die Erweiterung des außenpolitischen Handlungsspielraums (1935-1937)
Abessinienkrieg
Deutsch-italieni-
Zwei Ereignisse waren es, die 1935/36 den außenpolitischen Handlungsspielraum der nationalsozialistischen Führung zu erweitern halfen, nämlich der Abessinien-Krieg u n d der Spanische Bürgerkrieg; beide sprengten die Front der Westmächte u n d führten Italien schließlich näher an das Deutsche Reich heran. Durch Mussolinis Ausgreifen nach Afrika k a m e n die beiden Westmächte in eine Zwickmühle: Sie mußten sich entscheiden, ob sie diesen Schritt ihres Stresa-Partners billigen oder ob sie das Prinzip der kollektiven Sicherheit (hier zugunsten des Völkerbundsmitglieds Abessinien) aufrechterhalten wollten, k o n n t e n aber nicht zu einer einheitlichen Linie finden. Das Ergebnis waren wachsende Mißverständnisse zwischen London u n d Paris, ein halbherziger Kurs der Proteste u n d Sanktionen seitens des Völkerbunds sowie eine deutliche Entfremd u n g zwischen den Westmächten und Italien, das seinen Kolonialkrieg allen Widerständen zum Trotz fortsetzte u n d im Mai 1936 schließlich mit der Annexion des Landes erfolgreich abschloß. Gleichzeitig begann der „ D u c e " , sich auf einen neuen Partner, das Dritte Reich, umzuorientieren, d a ein solches Bündnis geeignet schien, eine weitere A u s d e h n u n g Italiens an der Adria oder in N o r d a f r i k a zu erleichtern. Der Abessinien-Krieg u n d seine Begleiterscheinungen boten in der Sicht Hitlers vielfältige Vorteile für das Deutsche Reich und seine internationale Position: er begünstigte eine A n n ä h e r u n g zwisehen Deutschland u n d Italien, er zog das Interesse des „ D u c e " von
sehe Annäherung ^
Brennergrenze u n d v o m D o n a u r a u m ab hin zum
Mittelmeer
u n d nach Afrika, u n d er war - nach dem Mandschurei-Konflikt von 1931 - eine weitere empfindliche Niederlage f ü r den Völkerbund und f ü r das Prinzip der kollektiven Sicherheit. Die W a f f e wirtschaftlicher, geschweige d e n n militärischer Sanktionen hatte sich als stumpf erwiesen und k o n n t e in Z u k u n f t auch für Berlin keine abschreckende Wirkung mehr haben. Insgesamt war die deutsche Politik darauf aus, den Krieg in Abessinien sich einfressen zu lassen. Dem dienten die deutschen Hilfslieferungen, die nach der Verhängung wirtschaftlicher Sanktionen seitens des Völkerbunds die italienische Kriegführung unterstützen sollten u n d die ausreichten, eine Niederlage Mussolinis zu verhindern, nicht aber, ihm zu einem raschen Sieg zu verhelfen. Dem dienten aber auch heimliche Waffenlieferungen an die abessinische Regierung, die o f f e n k u n d i g machen,
2. Die Erweiterung des außenpolitischen H a n d l u n g s s p i e l r a u m s
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d a ß Hitler an einer Fortsetzung des Konflikts interessiert war, bot er ihm doch vielfältigen politischen Nutzen. Solche Vorteile bezogen sich zunächst einmal auf Österreich. Als der „ D u c e " auf dem H ö h e p u n k t der abessinischen Krise den Regierungen in London u n d Paris drohte, er werde seine T r u p p e n von der Brennergrenze zurückziehen, war dies vor allem als Warnung gedacht, sich seinen Plänen nicht in den Weg zu stellen, doch markierte es gleichzeitig den A n f a n g einer Umorientierung seiner Österreich-Politik. Nicht zuletzt in A n e r k e n n u n g der deutschen materiellen Hilfe in den vergangenen M o n a t e n ließ er erkennen, d a ß die Bewahrung der staatlichen Existenz der Alpenrepublik f ü r ihn zwar noch immer ein zentrales politisches Ziel war, d a ß er sich aber einer inneren u n d äußeren Anlehnung Wiens an Berlin nicht länger in den Weg stellen würde. Damit war der Weg geebnet zum deutschösterreichischen A b k o m m e n vom 11. Juli 1936. Hierbei verpflichtete sich die Reichsregierung, die Unabhängigkeit des Nachbarstaates zu respektieren, während die Wiener Regierung zusagte, sie werde angesichts der Tatsache, „ d a ß Österreich sich als deutscher Staat b e k e n n t " , in Z u k u n f t eine an den deutschen Interessen ausgerichtete Außenpolitik betreiben und auch die „nationale Opposit i o n " im Lande „zur Mitwirkung an der politischen Verantwortung h e r a n . . .ziehen" [21: Ursachen und Folgen, Bd. XI, 592]. Damit war der „ A n s c h l u ß " im Sinne weitgehender innen- wie außenpolitischer „Gleichschaltung" zu einem guten Teil verwirklicht. Wichtiger noch waren jedoch die Vorteile, die Hitler aus dem Abessinien-Krieg im Sinne der Sprengung der „ F e s s e l n " des Versailler Vertrags zu ziehen verstand. Hier galt insbesondere die Entmilitarisierung des Rheinlandes, im Locarno-Vertrag 1925 noch einmal bekräftigt, als Hindernis f ü r eine Erweiterung des deutschen außenpolitischen Handlungsspielraums. Solange das Reich dort weder T r u p p e n stationieren noch Befestigungen bauen durfte, besaß Frankreich jederzeit die Möglichkeit, etwaige Revisions- oder Expansionsschritte Berlins mit der Besetzung von Brückenköpfen jenseits des Rheins oder mit weitergehenden Aktionen zu beantworten. Deshalb galt für Hitler die Wiederherstellung der deutschen „Wehrh o h e i t " auch in diesem Gebiet als wichtiges nächstes Revisionsziel. Mussolini, dem es durchaus gelegen kam, d a ß die Weltöffentlichkeit von seinem Kolonialkrieg abgelenkt wurde, hatte auf erste Sondierungen der deutschen Seite im F r ü h j a h r 1936 hin erkennen lassen, d a ß Italien als G a r a n t i e m a c h t der Locarno-Verträge sich einem deutschen Einmarsch ins Rheinland nicht widersetzen würde.
Deutsch-österreichisches A b k o m men
E i n m a r s c h in das Rheinland
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Auswirkungen auf die ostmitteleuropäischen Staaten
Denkschrift zum Vierjahresplan
1. Enzyklopädischer Überblick
Diese Z u s i c h e r u n g wie die Fixierung der W e s t m ä c h t e auf den abessinischen K r i e g s s c h a u p l a t z nutzte die R e i c h s r e g i e r u n g d a n n aus u n d ließ a m 7. M ä r z 1936 in einem Ü b e r r a s c h u n g s c o u p ca. 30.000 M a n n in die entmilitarisierte Z o n e e i n m a r s c h i e r e n . D a m i t hatte Hitler einen n e u e n a u ß e n p o l i t i s c h e n Erfolg e r r u n g e n . D i e Remilitaris i e r u n g des R h e i n l a n d e s b o t einen w i r k s a m e n F l a n k e n s c h u t z vor ein e m f r a n z ö s i s c h e n Vergeltungsschlag, w e n n Berlin sich anschicken w ü r d e , seine östlichen G r e n z n a c h b a r n politisch o d e r militärisch unter D r u c k zu setzen. D a s o s t m i t t e l e u r o p ä i s c h e Bündnissystem F r a n k r e i c h s w a r mit d e m d e u t s c h e n Schritt deutlich entwertet word e n , d a Paris praktisch k e i n e Möglichkeit m e h r b e s a ß , seinen Vert r a g s p a r t n e r n schnelle u n d u n m i t t e l b a r e U n t e r s t ü t z u n g gegen ents p r e c h e n d e M a ß n a h m e n des Reiches zu g e w ä h r e n . E i n e gewisse U m o r i e n t i e r u n g der Staaten in dieser Region auf Berlin war auf längere Sicht ein weiteres Ergebnis der deutschen Aktion. Für d e n deutschen D i k t a t o r hatte die Passivität der Westm ä c h t e , die diese Vertragsverletzung lediglich mit v e r b a l e n Protesten u n d einer Verurteilung des deutschen V o r g e h e n s d u r c h den V ö l k e r b u n d b e a n t w o r t e t e n , n o c h eine d a r ü b e r h i n a u s g e h e n d e Bed e u t u n g . Sie k o n n t e der I n t e r p r e t a t i o n V o r s c h u b leisten, d a ß G r o ß b r i t a n n i e n auf sein B ü n d n i s a n g e b o t e i n z u g e h e n u n d ihm „ f r e i e H a n d im O s t e n " zu g e w ä h r e n beabsichtigte, d a ß es z u m i n d e s t seine Sicherheitszone als nicht ü b e r den Rhein h i n a u s g e h e n d d e f i n i e r e n w ü r d e . Falls sich dies als falsch erwies, k o n n t e die (in Hitlers Augen) s c h w ä c h l i c h e R e a k t i o n in L o n d o n u n d Paris a b e r i m m e r h i n d a h i n g e h e n d ausgelegt w e r d e n , d a ß sich die „ d e k a d e n t e n " D e m o kratien a u c h im Falle weiterer E x p a n s i o n s s c h r i t t e des Reiches nicht zu militärischen G e g e n m a ß n a h m e n a u f r a f f e n w ü r d e n . Im Sinne dieser E i n s c h ä t z u n g b e g a n n er, seinen a u ß e n p o l i t i s c h e n K u r s zu überd e n k e n u n d erste M a ß n a h m e n zur militärischen E x p a n s i o n ü b e r die d e u t s c h e n G r e n z e n h i n a u s ins A u g e zu fassen. N u r so sind die AnWeisungen in seiner D e n k s c h r i f t z u m V i e r j a h r e s p l a n von E n d e August 1936 zu verstehen, d a ß „ d i e d e u t s c h e A r m e e . . . in 4 J a h r e n einsatzfähig ..., die d e u t s c h e W i r t s c h a f t ... in 4 J a h r e n kriegsfähig s e i n " m ü s s e [21: U r s a c h e n u n d Folgen, Bd. X, 536]. D a m i t w a r der weitere a u ß e n p o l i t i s c h e K u r s abgesteckt. W a r d u r c h Mussolinis A b e s s i n i e n - K r i e g u n d seine Folgen die G e f a h r eines Z u s a m m e n g e h e n s der S t a t u s - q u o - M ä c h t e a b g e w e n d e t u n d somit der H a n d l u n g s s p i e l r a u m des Deutschen Reiches erweitert w o r d e n , so verstärkte sich diese T e n d e n z n o c h mit d e m Spanischen Bürgerkrieg. Auch hier bot sich aus deutscher Sicht die Mög-
2. Die Erweiterung des außenpolitischen H a n d l u n g s s p i e l r a u m s
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lichkeit, die Aufmerksamkeit der europäischen Staaten auf einen Konfliktherd an der Peripherie des Kontinents abzulenken, die Interessenkonflikte zwischen ihnen zu schüren u n d die A n n ä h e r u n g Italiens an das Reich zu vertiefen. In dieser Hinsicht bot die „spani- Spanischer Bürger sehe A r e n a " [115: H.-H. ABENDROTH] ähnliche Perspektiven wie zu- k n e g vor der Abessinien-Krieg. Nicht weniger wichtig war die ideologische Dimension dieses Konflikts. Die Bildung von Volksfrontregierungen in Spanien u n d Frankreich beschwor in Hitlers Augen die G e f a h r herauf, d a ß an der westlichen Flanke des Kontinents eine K o m b i n a t i o n von Staaten entstand, die außenpolitisch in enger A n l e h n u n g an die Sowjetunion agieren und damit dem Deutschen Reich die Rückenfreiheit nehmen würde, die es f ü r den Erfolg seiner Expansionspolitik im Osten benötigte. Somit entschied er sich im Juli 1936, auf das Hilfeersuchen der Aufständischen in Spanien einzugehen. Dies führte in der nächsten Zeit zu einem wachsenden deutschen Engagement auf der Iberischen Halbinsel, womit sich Hitler an die Seite Mussolinis stellte, der Franco schon seit Kriegsbeginn unterstützt hatte. Diese gemeinsame Hilfeleistung vertiefte die sich bereits seit dem Abessinien-Krieg a n b a h n e n d e n Kontakte zwischen R o m und Berlin und begünstigte die weitere A n n ä h e r u n g zwischen beiden Staaten. Das deutsch-italienische Engagement in Spanien, das für den Sieg Francos schließlich entscheidend wurde, führte bündnispolitisch zur Bildung der „Achse Berlin-Rom", die Mussolini am 1. No- „Achse" vember 1936 in einer Rede in Mailand proklamierte. Aus italieni- Berlin-Rom scher Sicht war dies in erster Linie der Versuch, aus der Isolierung herauszukommen, in die das Land durch den Abessinien-Krieg geraten war, also größere Bewegungsfreiheit im Konzert der europäischen Mächte zu erlangen. Zudem h o f f t e der „ D u c e " , durch eine demonstrative Beteuerung der Solidarität der beiden „faschistischen" Partner die eigene Position hinsichtlich Österreichs u n d des Balkanraums wieder stärken zu k ö n n e n . Allerdings überschätzte er den Wert dieser außenpolitischen Umorientierung; die „ A c h s e " selbst engte den Handlungsspielraum Italiens eher ein, als d a ß es zum „peso d e t e r m i n a n t e " - so der italienische Außenminister D i n o G r a n d i - also zum Zünglein an der Waage zwischen Berlin u n d L o n d o n / P a r i s geworden wäre. U n d nicht zuletzt stärkte das gemeinsame Engagement in Spanien die Bindungen der beiden Achsenpartner aneinander u n d ließ die Abhängigkeit Italiens vom Deutschen Reich wachsen. Aus Hitlers Sicht war die „ A c h s e " zwar geeignet, das wach-
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-litlers H a l t u n g zur „Achse"
Ribbentrops außenpolitische Konzeption
„Antikominternpakt"
L Enzyklopädischer
Überblick
sende Gewicht der „faschistischen" Staaten zu demonstrieren, ein Ersatz oder eine Alternative zu einem Bündnis mit London war dies jedoch nicht. Der Vorteil dieses Paktes lag für ihn auch darin, ihn als Druckmittel einsetzen zu können, um England durch die Perspektive einer Koordination des zentraleuropäischen und des mittelmeerischen Konfliktherdes zum Einlenken gegenüber den deutschen Offerten zu bringen. Darüber hinaus war die „Achse" dann vor allem „der Spieß, an dem Österreich braun gebraten" [60: J. R. v. SALIS, Weltgeschichte, Bd. 3, 594] werden sollte. Im Gegensatz hierzu erblickte der neue deutsche Botschafter in London, von Ribbentrop, in einem Bündnis mit Italien (und mit weiteren Partnern) eine Alternative zu der Gewinnung Englands als Juniorpartner des Deutschen Reiches. Seit dem erfolgreichen Abschluß des Flottenabkommens hatte Hitler in Ribbentrop einen willkommenen Vollstrecker seines außenpolitischen Ansatzes gesehen und ihn anläßlich der Ernennung zum Botschafter ausdrücklich beauftragt, das erwünschte Bündnis mit England zustande zu bringen. Dennoch war dem neuen deutschen Vertreter am Hof von St. James kein Erfolg beschieden; wegen seines undiplomatischen Auftretens und seines Mangels an Verständnis für die Grundlagen und Prinzipien englischer Außenpolitik fand er kein engeres Verhältnis zur Londoner Regierung. Die Erfahrung der vermeintlichen Feindseligkeit des Inselstaates veranlaßte Ribbentrop sogar, nach einem Alternativkonzept zu suchen, das er schließlich in dem „weltpolitischen Dreieck" BerlinRom-Tokio zu finden hoffte. Ohne Wissen und Beteiligung des Auswärtigen Amtes unternahm er schon bald vorbereitende Schritte auf ein Bündnis mit Japan hin, die dann am 25. November 1936 in ein Abkommen mündeten. Dieser Vertrag verpflichtete beide Teile zur Bekämpfung der Kommunistischen Internationalen, so daß er die Bezeichnung „Antikominternpakt" erhielt, und in einem geheimen Zusatzprotokoll schrieb er jedem Partner wohlwollende Neutralität im Falle eines militärischen Konflikts des anderen mit der UdSSR vor. Diese antisowjetische Komponente stand in der außenpolitischen Propaganda der folgenden Jahre auch immer im Vordergrund. Mit diesem Abkommen schien sich eine Zusammenarbeit zwischen den internationalen „Störenfrieden" anzubahnen. Formalisiert wurde diese Kooperation, als Italien am 6. November 1937 dem „Antikominternpakt" beitrat, ein Schritt, der endgültig die letztlich antibritische Stoßrichtung dieses Bündnissystems fest-
2. Die Erweiterung des außenpolitischen H a n d l u n g s s p i e l r a u m s
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schrieb u n d von L o n d o n aus auch so aufgefaßt wurde. Er ebnete den Weg zu einer K o o r d i n a t i o n zwischen den drei großen internationalen Konfliktgebieten: dem europäischen Kontinent, dem Mittelmeerraum u n d dem Fernen Osten, die alle im Schnittpunkt der außenpolitischen bzw. strategischen Interessen des britischen Empire lagen. In diesem Sinne war die antibritische Ausrichtung dieses Bündnissystems machtpolitisch bedeutungsvoller als dessen antikommunistische Fassade. Dies entsprach allerdings auch Ribbentrops Absichten bei der Konstruktion dieses „weltpolitischen Dreiecks". Auch Hitler selbst unterzog zu dieser Zeit seine England-Politik gewissen Veränderungen, die zwar nicht so weit gingen wie der dezidiert antibritische Kurs seines Botschafters in L o n d o n u n d nachmaligen Außenministers, die aber d e n n o c h seine bisherigen H o f f n u n gen auf einen Interessenausgleich bzw. eine J u n i o r p a r t n e r s c h a f t zwischen Berlin u n d London revidierten. N a c h d e m er bisher so wenig erfolgreich um den Inselstaat geworben hatte, rückte er von dem bisher dominierenden Konzept „mit E n g l a n d " ab zu einem Kurs „ o h n e E n g l a n d " . Dieser enthielt zwar noch immer die Möglichkeit, d a ß die britische Regierung einlenkte, doch war auch eine Distanz, ja, gegebenenfalls sogar eine passive Gegnerschaft L o n d o n s einkalkuliert, ohne d a ß dies bereits in eine Haltung „gegen E n g l a n d " [136: J. H E N K E , England] umgeschlagen wäre. In diesem Sinne suchte der „ F ü h r e r " Whitehall zum einen durch weitere deutsche (Revisions-)Forderungen - etwa im überseeischen Bereich - unter Druck zu setzen bzw. zum Eingehen auf seine außenpolitische Konzeption zu bewegen, dem Inselstaat zum anderen aber auch weiterhin durch entsprechende Kontakte u n d öffentliche Äußerungen seine bündnispolitischen Präferenzen nahezubringen. Doch mehrten sich Anzeichen d a f ü r , d a ß er seinen bisherigen Kurs grundsätzlich überdachte. Diese Neuakzentuierung der England-Politik kam zum erstenmal in einer Rede Hitlers vor den Spitzen der Wehrmacht und des Auswärtigen Amtes am 5. N o v e m b e r 1937 deutlich zum Ausdruck, in der er seine „grundlegenden G e d a n k e n über die Entwicklungsmöglichkeiten und Entwicklungsnotwendigkeiten unserer a u ß e n p o litischen Lage" darzulegen suchte. Deutlicher als je zuvor in einem solchen Kreis wies er auf seinen „ u n a b ä n d e r l i c h e j n ] E n t s c h l u ß " hin, „spätestens 1943/45 die deutsche R a u m f r a g e zu lösen" [21: Ursachen u n d Folgen, Bd. XI, 550], also Schritte zur Vergrößerung des eigenen Herrschaftsraumes mit militärischen Mitteln zu unterneh-
V e r ä n d e r u n g e n in Hitlers E n g l a n d politik
Hitlers A n s p r a c h e vom 5.11.1937
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I. E n z y k l o p ä d i s c h e r
Überblick
men. Zwar sprach Hitler den geplanten „ L e b e n s r a u m k r i e g " gegen die Sowjetunion jetzt noch nicht konkret an, wohl aber faßte er als nächste außenpolitische Etappen den „ A n s c h l u ß " Österreichs u n d die N i e d e r w e r f u n g der Tschechoslowakei ins Auge u n d verließ damit - f ü r alle Beteiligten sichtbar - den Kurs der (anscheinend bisher verfolgten) Revisionspolitik. In seiner Rede versuchte er, die Anwesenden davon zu überzeugen, d a ß bei diesen Schritten mit einem Eingreifen der Westmächte nicht gerechnet zu werden brauchte. Mit Blick auf innenpolitische Probleme G r o ß b r i t a n n i e n s wie auf Desintegrationserscheinungen innerhalb des Empire schien ihm die G e f a h r , d a ß der Inselstaat militärisch aktiv eingreifen würde, nicht gegeben, und dieser Haltung werde sich auch Frankreich anschließen. Damit war klar u n d eindeutig der Kurs „ o h n e E n g l a n d " eingeschlagen, wenn auch eine Übereinkunft im Sinne der Abstimmung der beiderseitigen Interessensphären noch möglich zu sein schien und die H o f f n u n g bestand, einen militärischen Konflikt mit London (und Paris) vermeiden zu können.
Ribbentropersetzt Neurath
Mit diesen A u s f ü h r u n g e n hatte Hitler vor den Führungsspitzen aus Diplomatie u n d Militär mit bemerkenswerter Offenheit nicht n u r seine langfristigen „Lebensraum"-Ziele angesprochen, sondern auch die nächsten Aktionen zur Erreichung dieser Vorhaben konkret dargelegt. Nur folgerichtig war es, die Realisierung dieser Expansionsschritte mit einer neuen Führung in Wehrmacht und Auswärtigem Amt anzugehen, zumal in der Diskussion um Hitlers A u s f ü h r u n g e n vom 5. N o v e m b e r 1937 einzelne Teilnehmer ernste Bedenken gegen diesen Kurs angemeldet hatten. Im Zuge der sog. Blomberg-Fritsch-Krise ü b e r n a h m der „ F ü h r e r " am 4. Februar 1938 nicht nur den Oberbefehl über die Wehrmacht und besetzte f ü h r e n d e Positionen der Generalität mit ihm ergebenen M ä n n e r n , am gleichen Tage wurde auch der bisherige Außenminister, Neurath, durch den Botschafter in London, Ribbentrop, ersetzt. Dem folgten weitere personelle Veränderungen im Auswärtigen Amt u n d im diplomatischen Dienst. Dieses Revirement machte zweierlei deutlich. Zunächst einmal signalisierte es die machtpolitische Ausschaltung der letzten konservativen Bündnispartner Hitlers, die bisher noch ein gewisses Eigengewicht gehabt hatten. An die Spitze der entsprechenden Ressorts bzw. der Generalität waren nun Personen getreten, die sich den Zielvorstellungen und politischen Anweisungen des „ F ü h r e r s " gefügiger zu zeigen versprachen als ihre Amtsvorgänger. Für das Aus-
3. Der Weg in den Krieg (1937-1939)
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wärtige Amt war die Berufung eines f ü h r e n d e n Nationalsozialisten u n d engen außenpolitischen Vertrauten Hitlers ein deutlicher Einschnitt, wenn auch nicht, wie vielfach befürchtet, nun massiv Parteif u n k t i o n ä r e in f ü h r e n d e Positionen eindrangen. Dagegen stand nicht zuletzt der neue Staatssekretär, Ernst von Weizsäcker, der hoffte, das Ministerium auch weiterhin gegenüber der „ P a r t e i " abschirmen zu können. Z u m anderen ließen Hitlers A u s f ü h r u n g e n vom N o v e m b e r 1937 u n d die personellen Veränderungen drei M o n a t e später auch einen Wandel in den Methoden u n d im T e m p o der deutschen Au- M e t h o d e n - u n d ßenpolitik erkennen. In der Sicht der politischen Führung in Berlin T e m p o w a n d e l der , _ . . , , , . deutschen Außenhatte das Deutsche Reich mittlerweile die „Risikophase der Aufru- p,0Xitik stung durchmessen und eine G r o ß m a c h t p o s i t i o n auf dem europäischen Kontinent (wieder-)erlangt. Die Konsequenzen, die sie daraus zog, waren jedoch unterschiedlich. Für Hitler war die Zeits p a n n e einer vorgeblichen Revisionspolitik beendet, die Grundstein u n d Abschirmung zugleich f ü r die Realisierung seines „eigentlic h e n " außenpolitischen „ P r o g r a m m s " gewesen war. Dies bedeutete, d a ß nun die weiteren E t a p p e n auf dem Weg zu diesem Ziel deutlicher und offener als zuvor in sein Blickfeld traten und d a ß hierbei die Absicht einer auch einen Krieg mit den Westmächten einkalkulierenden militärischen Expansion voll zum Durchbruch kam. Demgegenüber blieb f ü r die eher „traditionellen" K r ä f t e an der Spitze von Diplomatie, Militär und Wirtschaft weiterhin die Maxime gültig, diese G r o ß m a c h t p o s i t i o n zu wahren und auszubauen, aber doch den Kurs einer mit nicht-militärischen Mitteln betriebenen Außenpolitik nicht zu verlassen. In diesem Sinne bedeutete das personelle Revirement zu Beginn des Jahres 1938 die Ausschaltung eines Alternativkurses, der bisher die deutsche Außenpolitik mitbestimmt und mitgetragen hatte, der n u n aber seine f ü h r e n d e n Repräsentanten in der politischen Spitze des Dritten Reiches verlor. Damit gewann Hitler neuen Bewegungsspielraum, den er zu nutzen verstand, um die in seiner Ansprache vom November 1937 genannten nächsten Etappen seines außenpolitischen Kurses in Angriff zu nehmen.
3. Der Weg in den Krieg (1937-1939) Das erste Ziel war hierbei die direkte oder indirekte Angliederung Österreichs an das Deutsche Reich. Seit dem Juli-Abkommen von 1936 war die deutsche Politik darauf bedacht, die Alpenrepu-
Verhältnis zu Östei reich
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I. Enzyklopädischer Überblick
blik politisch und propagandistisch f ü r einen „ A n s c h l u ß " reif zu machen. Mit diesem Vertrag hatte das Land zwar eine G a r a n t i e seiner Unabhängigkeit erhalten, diese aber mit dem Zugeständnis erkauft, die nationale Opposition in die politische Verantwortung mit einbeziehen zu müssen. Dies k o n n t e (und sollte) den Hebel bilden, um eine „ M a c h t e r g r e i f u n g " der österreichischen Nationalsozialisten nach deutschem Vorbild u n d die innere u n d / o d e r äußere „Gleichschaltung" mit dem Deutschen Reich durchzusetzen. Angesichts der z u n e h m e n d e n innenpolitischen U n r u h e und des - wie es schien - schwindenden Rückhalts bei den Westmächten österreichische u n d in Italien sah der österreichische Bundeskanzler, von SchuschKnse n igg 5 keinen anderen Ausweg als die H o f f n u n g , durch einen Ausgleich mit Berlin eine Atempause zu erreichen u n d wenigstens die Unabhängigkeit seines Landes zu retten. In einer U n t e r r e d u n g mit Hitler in Berchtesgaden am 12. Februar 1938 wurde er jedoch ohne Umschweife mit den deutschen Forderungen konfrontiert: freie politische Betätigung für die österreichischen Parteigenossen, Ernenn u n g eines Nationalsozialisten zum Innenminister, Anpassung der österreichischen Außen- u n d Wirtschaftspolitik an die des Reiches sowie schließlich regelmäßige Konsultationen zwischen den Generalstäben beider Länder. Begleitet wurde dieses Ultimatum von militärischen Einschüchterungsversuchen gegenüber Schuschnigg. Dieser sah schließlich keinen anderen Weg, als diesen Versuch einer inneren „Gleichschaltung" beider L ä n d e r zu unterschreiben. Hiermit, so h o f f t e er, sei mindestens die staatliche Unabhängigkeit bis auf weiteres gewahrt.
„ A n s c h i u ß " Österreichs
Seinen Entschluß, dies durch eine für den 13. März 1938 angesetzte Volksabstimmung „ f ü r ein freies u n d deutsches, unabhängiges u n d soziales, für ein christliches u n d einiges Osterreich" [21: Ursachen u n d Folgen, Bd. XI, 635] zu unterstreichen, nahm dann jedoch die deutsche Seite zum Vorwand, den „ A n s c h l u ß " endgültig z u vollziehen. Zunächst hatte Hitler sich damit zufrieden gegeben, d a ß Schuschnigg die Abstimmung auf massiven deutschen Druck hin wieder abgesetzt hatte, sich d a n n aber doch zum militärischen Einmarsch und zur territorialen Angliederung Österreichs an das Deutsche Reich entschlossen. Dieser am 12. März 1938 vollzogene „ A n s c h l u ß " , der in den westlichen Hauptstädten lediglich zu diplomatischen Protesten führte, war ein deutlicher machtpolitischer Erfolg f ü r Berlin. Territorial, militärstrategisch und wirtschaftlich war die Angliederung der Alpenrepublik ein großer Gewinn, zumal die deutschen Grenzen weit nach Südosten vorgeschoben wurden.
3. Der Weg in den Krieg (1937-1939)
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Nicht zuletzt war der „ A n s c h l u ß " aber f ü r Hitler ein Testfall f ü r das Verhalten der westlichen Demokratien bei einer Forcierung der deutschen Expansionspolitik; deren eher distanzierte Reaktion bestärkte ihn in der Einschätzung, sie würden es auch im Falle neuer außenpolitischer Schritte Berlins bei papierenen Protesten belassen, so d a ß er weitere Aktionen o f f e n b a r ohne größeres Risiko in Angriff nehmen könne. Hinsichtlich der Tschechoslowakei, die in der Ansprache vom N o v e m b e r 1937 bereits als nächstes Objekt deutscher Expansionspolitik genannt worden war, kam es - ähnlich wie zuvor in Österreich - zu einem Zusammenspiel zwischen einheimischen K r ä f t e n u n d der deutschen politischen Spitze, durch die der tschechische Staatsverband geschwächt und schließlich in seine ethnischen Bestandteile aufgelöst werden sollte. Als Instrument dazu dienten die sudetendeutsche Volksgruppe und ihre politische Repräsentanz, die Sudetendeutsche Partei; deren F o r d e r u n g nach Selbstbestimmung wurde n u n zum Sprengsatz innerhalb der Tschechoslowakei gemacht. Zunächst schien dieses Kalkül aufzugehen. Auch die Westmächte rieten schließlich der tschechischen Regierung, den Forderungen der Sudetendeutschen n a c h z u k o m m e n ; besonders Großbritannien suchte durch aktive Vermittlung u n d diplomatischen Druck eine Verhandlungslösung zu erreichen, um die Sudetenkrise zu einem friedlichen E n d e zu bringen u n d damit der deutschen Seite jeden Vorwand zu n e h m e n , einseitige M a ß n a h m e n zu ergreifen u n d die anderen Staaten erneut vor vollendete Tatsachen zu stellen. Hitler selbst setzte d a r a u f , die Zerschlagung der Tschechoslowakei ohne einen Konflikt mit L o n d o n u n d Paris durchsetzen zu k ö n n e n . In einer ersten kritischen Zuspitzung der Sudetenkrise Ende Mai 1938 hatte er den Abschluß der militärischen Vorbereitungen für einen deutschen Einmarsch bis zum 1. Oktober verfügt und hierbei auch deutlich gemacht, d a ß die Beseitigung dieses Eckpfeilers der Kleinen Entente den Weg ebnen werde zum „Antreten gegen den Westen", dessen machtpolitische Ausschaltung als Vorbedingung galt f ü r den „eigentlichen" Lebensraumkrieg gegen die Sowjetunion. Die Möglichkeit einer militärischen Auseinandersetzung mit England und Frankreich als Folge der Sudetenkrise rief nun aber auch im Deutschen Reich Kräfte auf den Plan, die einen solchen Kurs ablehnten, weil er zu risikoreich sei u n d die deutschen Kräfte übersteige. Zwar zeigten sie sich durchaus „ f ü r G r o ß d e u t s c h l a n d "
Tschechosiowakische K n s e
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Gegenkräfte gegen Hitlers Außenpolitik
Chamberlain und Hitler
I. E n z y k l o p ä d i s c h e r
Überblick
im Sinne einer politischen Hegemonie in Ostmittel- u n d Südosteuropa aufgeschlossen, waren aber „gegen den großen Krieg" [101: R. A. BLASIUS], der die Option einer großdeutschen Machtpolitik zerstören und das Reich in eine militärische K o n f r o n t a t i o n treiben würde, der es nicht gewachsen wäre. In dieser Einschätzung trafen sich der ehemalige Außenminister Neurath, Militärs wie Generalstabschef Beck u n d sein Nachfolger Halder, eine G r u p p e von Beamten des Auswärtigen Amtes um Staatssekretär von Weizsäcker und nicht zuletzt Göring, der ebenfalls bereits in der Vergangenheit den A u f b a u einer starken Stellung des Reiches im ostmitteleuropäischen Bereich befürwortet hatte. Insbesondere Weizsäcker suchte in dieser Situation den Außenminister, Ribbentrop, den er f ü r die treibende Kraft des militärischen Risikokurses hielt, zu überspielen und Hitler von der Notwendigkeit zu überzeugen, d a ß Berlin auf L o n d o n und Paris Rücksicht n e h m e n müsse, zumal er überzeugt war, d a ß ein Krieg gegen die Westmächte „nicht nur das E n d e des Dritten Reiches, sondern finis G e r m a n i a e w ä r e " [23: L. E. H I L L , Weizsäcker-Papiere, Bd. II, 121 f.]. In den Krisenwochen des September 1938 verdichtete sich dies d a n n sogar zu verdeckten Kontakten zur L o n d o n e r Regierung in der Absicht, sie zur Festigkeit gegen Hitler zu überreden und diesen so zu einem diplomatischen Rückzug zu zwingen. Dahinter standen z.T. sogar Überlegungen eines Staatsstreichs, durch den Hitler abgesetzt und eine neue politische F ü h r u n g ins Amt gebracht werden sollte, die d a n n innen- wie außenpolitisch einen gemäßigteren Kurs verfolgen würde. Die britische Regierung sah jedoch keine Veranlassung, auf diese Kontakte einzugehen, zumal die von dort ausgehenden politischen Signale höchst diffus u n d die dahinter stehenden politischen Kräfte in Deutschland kaum vertrauenswürdig erschienen. Stattdessen entschloß sie sich - als sich im Laufe des Sommers die Sudetenkrise immer mehr zuspitzte - zu dem spektakulären Schritt, direkten Kontakt mit der deutschen Führung a u f z u n e h m e n : bei zwei Begegnungen mit Hitler in Berchtesgaden und Bad Godesberg am 15. bzw. 22.-24. September suchte der britische Premierminister, Neville Chamberlain, die Möglichkeit einer friedlichen u n d einvernehmlichen Regelung auszuloten, die im Sinne eines „peaceful c h a n g e " die gegenwärtigen Konfliktstoffe ausräumen und das Deutsche Reich wieder in eine neu ausbalancierte europäische O r d n u n g einfügen würde. Mit dieser Initiative hatte Chamberlain die Pläne Hitlers durchkreuzt, die darauf beruhten, die anderen europäischen Mächte aus-
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zuschalten und eine einseitige militärische Aktion gegen die Tschechoslowakei zu unternehmen. N a c h d e m der „ F ü h r e r " zunächst versucht hatte, durch Steigerung seiner Forderungen die Gegenseite zum Rückzug zu bewegen, lenkte er d a n n doch noch ein u n d ließ sich bewegen, an einer K o n f e r e n z der vier europäischen Großmächte am 29. und 30. September 1938 in M ü n c h e n teilzunehmen. Hier einigten sich die Regierungschefs Englands, Frankreichs, Italiens und Deutschlands d a r a u f , die sudetendeutschen Gebiete dem Deutschen Reich anzugliedern u n d deutsche T r u p p e n dort nach einem Stufenplan zwischen dem 1. u n d 10. Oktober einmarschieren zu lassen. Auch sollte die Frage der polnischen und ungarischen Minderheit in der Tschechoslowakei geregelt werden.
Münchener Konfe renz
Damit war der „ g r o ß e Krieg" verhindert worden. Auf den ersten Blick hatte das Deutsche Reich einen bedeutenden Erfolg erreicht. Insbesondere hatten die anderen europäischen Mächte den Forderungen Berlins stattgegeben u n d damit die deutsche Großmachtposition unterstrichen. Dies k o n n t e als Bestätigung der bisherigen außenpolitischen Linie u n d als gutes Omen f ü r die Z u k u n f t angesehen werden. Z u d e m besaßen die Sudetengebiete einen hohen strategischen Wert; das tschechische Festungssystem war n u n in deutscher H a n d , der Reststaat war de facto nicht mehr verteidigungsfähig. Diesen neuen Gegebenheiten Rechnung tragend, suchte die Prager Regierung in der Folgezeit eine A n n ä h e r u n g an den mächtigen westlichen N a c h b a r n . Dennoch hatte Hitler, gemessen an seinen Zielen, einen Rückschlag erlitten. Nicht im Alleingang, unter Beiseitestehen der übrigen europäischen Mächte, war die Annexion der Sudetengebiete erfolgt, sondern durch ein mehrseitiges A b k o m m e n , das sogar eine G a r a n t i e der G r o ß m ä c h t e f ü r die (verkleinerte) Tschechoslowakei vorsah. Insbesondere aber hatte sich die Ohne-England-Strategie als Mißerfolg erwiesen, da die britische Regierung sich nicht bereit gezeigt hatte, ihm „freie H a n d " im Osten zu gewähren. In diesem Sinne war „ M ü n c h e n " allenfalls aus der Sicht einer traditionellen Revisionspolitik ein eindrucksvoller Erfolg, nicht aber f ü r Hitler, der hierdurch seine Handlungsfreiheit eingeschränkt u n d seinen Aktionskurs verzögert sah. Bereits vier Wochen nach Abschluß der Konferenz gab er die Weisung zur militärischen „Erledigung der Rest-Tschechei" und zur Annexion des Memel-Landes; auch sollten erste Vorbereitungen f ü r eine Besetzung Danzigs getroffen werden. Mit der Verwirklichung dieses E x p a n s i o n s p r o g r a m m s mußte für alle Welt deutlich werden, d a ß die Versicherung des „ F ü h r e r s " im
Konsequenzen der Munchener Konfe
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I. Enzyklopädischer Überblick
Vorfeld der M ü n c h e n e r Konferenz, die Abtretung der Sudetengebiete sei die letzte territoriale F o r d e r u n g Berlins, unzutreffend war, ja, d a ß die deutschen Ambitionen deutlich über die ethnischen G r e n z e n im Osten hinausgingen, d a ß sie sogar - wie Hitler am 30. J a n u a r 1939 vor dem Reichstag zu erkennen gab - letztlich „die Vernichtung der jüdischen Rasse in E u r o p a " zur Folge haben würden. Im Falle der Tschechoslowakei sollten die slowakischen Nationalisten die Rolle ü b e r n e h m e n , die die Sudetendeutschen im Vorfeld der M ü n c h e n e r K o n f e r e n z gespielt hatten, d . h . sie sollten mit ihrer F o r d e r u n g nach Selbstbestimmung den inneren Zerfall des tschechischen Staatsverbandes vorantreiben. Dieses Kalkül ging auf: nach wachsenden inneren S p a n n u n g e n erklärte das slowakische Parlament schließlich am 14. März 1939 die Unabhängigkeit des Landes. Dieser Schritt war ein Tag zuvor dem nach Berlin gek o m m e n e n Preßburger Regierungschef, Tiso, nahegelegt worden, wenn er nicht - bei der unmittelbar bevorstehenden Besetzung des tschechischen Landesteils durch deutsche T r u p p e n - eine Annexion der Slowakei seitens U n g a r n s riskieren wolle.
„ E r l e d i g u n g " der „Rest-Tschechei
„ G r i f f nach P r a g "
Dieser ultimative Druck auf Tiso, der d a n n die Unabhängigkeitserklärung der Slowakei zur Folge gehabt hatte, war zugleich das Vorspiel zu einer analogen Erpressung gegen den tschechischen Staatspräsidenten, Hacha, der angesichts der Ereignisse in der Slow a k e i zusammen mit seinem Außenminister noch am 14. März nach Berlin gereist war in der Absicht, einen m o d u s vivendi mit dem mächtigen N a c h b a r n zu erreichen u n d durch A n p a s s u n g wenigstens die nationale Unabhängigkeit seines Landes zu retten. Stattdessen sah er sich mit der D r o h u n g konfrontiert, dem für den nächsten Tag angesetzten Einmarsch deutscher T r u p p e n stattzugeben oder es auf eine b e w a f f n e t e Auseinandersetzung a n k o m m e n zu lassen. Vor diese Alternative gestellt, sah Hacha keinen anderen Weg, als „ d a s Schicksal des tschechischen Volkes u n d Landes vertrauensvoll in die H ä n d e des Führers des Deutschen Reiches" [21: Ursachen u n d Folgen, Bd. X I I I , 78] zu legen und dem deutschen Einmarsch zuzustimmen. Damit war das politische Los der Tschechoslowakei besiegelt. Bereits am folgenden Tag, dem 16. März 1939, w u r d e die Bildung des Protektorats Böhmen u n d M ä h r e n verkündet, ein staatliches Gebilde, das - wenigstens bis Kriegsbeginn - noch ein gewisses M a ß an A u t o n o m i e besaß, also eine eigene Regierung behielt, die allerdings einem deutschen Reichsprotektor unterstand. Am
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23. März stellte sich d a n n auch die Slowakei unter den „ S c h u t z " des Deutschen Reiches und wurde damit zu einem deutschen Satellitenstaat. Am gleichen Tage konnte Hitler schließlich auch die Abtretung des Memel-Landes durch Litauen verbuchen, n a c h d e m zuvor eine Verhandlungsdelegation aus Wilna nach b e k a n n t e m Muster massivem politischen Druck ausgesetzt worden war. Die Zerschlagung der Tschechoslowakei und die Bildung des Protektorats Böhmen u n d M ä h r e n bedeuteten erneut einen wichtigen Aktivposten für das Deutsche Reich. Strategisch bot dieses Gebiet einen Aufmarschplatz gegenüber der Sowjetunion u n d / o d e r Polen, u n d ökonomisch brachten die industriellen Kapazitäten dieser Region eine willkommene Entlastung der deutschen Rüstungswirtschaft. U n d nicht zuletzt hatten die territorialen Veränderungen des März 1939 die deutsche Hegemonialposition im ostmittel- und südosteuropäischen Raum endgültig befestigt: mit Wien u n d Prag in deutscher H a n d war der Weg zur politischen und wirtschaftlichen D o m i n a n z des Reiches d o n a u a b w ä r t s geebnet. Alte Pläne eines „mitteleuropäischen" Großwirtschaftsraums schienen nun der Realisierung nahe. Wichtiger als diese Vorteile waren aber die Wirkungen des „ G r i f f s nach Prag" auf die anderen europäischen Staaten. N u n war Gegenkräfte gegen endgültig deutlich geworden, d a ß Revisionsforderungen und die d i e deutsche ExBerufung auf das Selbstbestimmungsrecht f ü r Hitler nur vorgeschoben waren, d a ß sie die Folie bildeten, hinter der er seine Intentionen zur (auch militärischen) Expansion verborgen gehalten hatte, bis er den richtigen Zeitpunkt dazu f ü r g e k o m m e n hielt. O f f e n k u n dig war aber auch geworden, d a ß die zahlreichen Versicherungen des „ F ü h r e r s " , friedliche Absichten zu hegen u n d nur die legitimen außenpolitischen Interessen des Reiches zu vertreten, falsch waren, ja, d a ß er gegebene Zusicherungen u n d A b k o m m e n baldmöglichst wieder brechen würde. G e r a d e in dieser Hinsicht war „ P r a g " ein Akt der Ernüchterung. Dies m u ß t e sich insbesondere auf die Haltung der Westmächte gegenüber dem Deutschen Reich auswirken; deren Garantieerklärungen f ü r die Unabhängigkeit Polens (31. März), R u m ä n i e n s u n d Griechenlands (13. April) sowie die Beistandserklärung f ü r die Türkei (12. Mai) sollten d e n n auch Hitler die W a r n u n g vermitteln, weitere militärische Schritte zu unterlassen. Damit war sein außenpolitischer Handlungsspielraum nach „ P r a g " , o h n e d a ß er dies wahrgen o m m e n hätte, sehr viel enger geworden als zuvor. Die deutsche Antwort auf die Garantieerklärungen der West-
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/erhältnis
I. Enzyklopädischer Überblick
mächte war eine Verhärtung der Position gegenüber Warschau, von dem Berlin n u n Zugeständnisse hinsichtlich Danzigs u n d eines „ K o r r i d o r s " nach Ostpreußen forderte. Ursprünglich hatte Hitler zu Polen einen Krieg gegen Polen im J a h r 1939 nicht geplant, sich vielmehr 1938/39 u m e j n e politische A n n ä h e r u n g zwischen beiden Regierungen bemüht in der Absicht, dies im Falle eines militärischen Konflikts mit L o n d o n / P a r i s oder aber mit Moskau zu seinen Gunsten ausnutzen zu können. N u n aber verwarf er diesen Kurs u n d ließ im Gegenteil Vorbereitungen f ü r eine militärische Aktion gegen den östlichen N a c h b a r n des Reiches treffen mit dem Ziel, ,,bei erster passender Gelegenheit Polen anzugreifen. An eine Wiederholung der Tschechei ist nicht zu glauben. Es wird zum K a m p f k o m m e n . " Ein solcher Überfall - so der „ F ü h r e r " in einer Ansprache vor den Oberbefehlshabern der W e h r m a c h t am 23. Mai, in der er seine Angriffspläne offenlegte - sei „ v o n der Auseinandersetzung mit dem Westen nicht zu t r e n n e n " [21: Ursachen und Folgen, Bd. X I I I , 292]. Frühestmöglicher Angriffstermin sollte der 1. September 1939 sein. Die Alternative einer Verhandlungslösung wie im M ü n c h e n e r A b k o m m e n schlug er bewußt aus, obwohl die englisch-französische G a r a n t i e f ü r Polen keineswegs den konkreten Grenzverlauf umfaßte, eine Vereinbarung über Grenzkorrekturen also durchaus noch möglich war und im Laufe des Sommers auch von seiten Lond o n s u n d Paris' ins Spiel gebracht wurde. Dies hätte in Hitlers Augen jedoch seine Aktionsmöglichkeiten eingeengt u n d seiner Zielsetzung widersprochen. Stattdessen unterstrich er mit der A u f k ü n d i gung des Nichtangriffspakts mit Polen u n d des deutsch-englischen F l o t t e n a b k o m m e n s seine Absicht, seine Handlungsfreiheit zu wahren und ein Mitspracherecht Dritter nicht zu akzeptieren.
Sowjetisch-deut-
sehe Annäherung
In dieser Situation kam der deutschen Seite eine außenpolitische Umorientierung der sowjetischen F ü h r u n g zugute, die sich bereits seit der M ü n c h e n e r K o n f e r e n z abgezeichnet hatte: die Ausschaltung seines Landes von der Regelung der tschechischen Frage hatte Stalin veranlaßt, zur machtpolitischen Absicherung seiner Westgrenze nicht mehr allein auf die Westmächte zu bauen, sondern auch eine A n n ä h e r u n g an Berlin in Erwägung zu ziehen. H¡erm
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d i e S p a n n u n g e n unter den kapitalistischen
Mächten
zu fördern u n d ein Bündnis dieser Staaten gegen die Sowjetunion zu verhindern. Hitler ging schnell auf diese Sondierungen ein, sah er doch in dem Pakt mit dem ideologischen T o d f e i n d die Chance, Polen militärisch zu überrennen und sich gleichzeitig den Rücken f ü r einen Krieg gegen die Westmächte frei zu halten. D a f ü r war er
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sogar bereit, Stalin das zu konzedieren, was L o n d o n und Paris dem sowjetischen Diktator bisher nicht hatten zubilligen wollen, nämlich eine machtpolitische Expansion in den ostmitteleuropäischen Staatengürtel hinein. Vor diesem Hintergrund verdichteten sich die entsprechenden Signale beider Teile schon bald zu einem konkreten Verhandlungsangebot. In diesem Falle hatte sich Hitler dem Kurs seines Außenministers auf Intensivierung der Beziehungen zur Sowjetunion angeschlossen, sogar die sowjetische Seite gedrängt, den f ü r E n d e August 1939 geplanten Moskau-Besuch Ribbentrops noch um einige Tage vorzuziehen, wobei ihn die selbstgesetzte T e r m i n p l a n u n g hinsichtlich Polens (1. September) leitete. Im Sinne der oben genannten Zielsetzungen schlössen d a n n beide Diktatoren am 23. August einen auf zehn Jahre befristeten Nichtangriffspakt, in dem jeder dem anderen zusagte, im Falle kriegerischer Verwicklungen des Bundesgenossen den jeweiligen G e g n e r nicht zu unterstützen. Auch sollte keiner der Vertragspartner einer Mächtegruppierung beitreten, die gegen den anderen gerichtet war. Ergänzt wurde dies durch ein geheimes Zusatzprotokoll über die Aufteilung der Interessensphären in Ostmitteleuropa. Es schrieb den deutschen Anspruch auf Polen westlich der Flüsse Narew, Weichsel und San sowie auf Litauen fest, während der östliche Teil Polens, Estland, Lettland, Finnland u n d Bessarabien der Sowjetunion zugesprochen wurden. Mit diesem Pakt hatte Hitler seine Angriffspläne gegenüber Polen machtpolitisch abgesichert. Noch am Tage des Vertragsabschlusses mit Stalin legte er den Angriffstermin auf den 26. August fest. Zwar war er sich bewußt, d a ß ein solcher Schritt das Risiko eines militärischen Eingreifens der Westmächte einschloß, doch h o f f t e er, sie durch dieses deutsch-sowjetische Z u s a m m e n g e h e n von einer Intervention abzuhalten oder aber - falls sich dies als unrealistisch erwies - durch einen „Blitz"-Feldzug Polen schlagen zu können, bevor London u n d Paris Warschau zu Hilfe k o m m e n würden. D e n n o c h entschied er sich zwei Tage später, also am 25. August, England noch ein letztes „großzügiges A n g e b o t " zu machen in dem Sinne, d a ß das Reich - unter der Prämisse „freier H a n d " im Osten - zur Garantie der deutschen Westgrenze wie generell zu einer Interessenabgrenzung mit der britischen Seemacht bereit sei. Damit bekundete er erneut seine vage (und falsche) H o f f n u n g , L o n d o n werde die gegen den östlichen G r e n z n a c h b a r n des Reiches gerichtete Politik und Kriegführung letztlich doch tolerieren u n d zu dem ihm angetragenen „Ausgleich" mit Berlin bereit sein.
Deutsch-sowjetischer Nichtangriff: pakt
Angebot an England
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I. Enzyklopädischer Überblick
Die unverzügliche Absage der britischen Regierung an diesen Vorschlag veranlaßte die deutsche Seite zunächst, den Angriffstermin kurzfristig zu verschieben. Die verbleibenden Tage sollten genutzt werden, das politische Terrain vorzubereiten, also von Warschau in ultimativer Form Konzessionen bezüglich Danzigs und der deutsch-polnischen Grenze zu verlangen, deren Verweigerung d a n n den propagandistisch verwertbaren Anlaß zu einer militärischen Aktion geben sollte. Hektische Versuche Görings u n d anderer Mitglieder der politischen Spitze des Dritten Reiches, doch noch vermittelnd einzugreifen und einen friedlichen Ausgleich über die strittigen Fragen zu erreichen, scheiterten nicht zuletzt d a r a n , d a ß Hitler sich von seinem Ziel, Polen militärisch niederzuwerfen, nicht abDeutscher Angriff bringen ließ. Mit seiner Unterschrift unter die Weisung Nr. 1 für die auf Polen K r i e g f ü h r u n g vom 31. August 1939, die den Angriffstermin nun endgültig auf den 1. September festlegte, war d a n n die „Entfessel u n g " des Zweiten Weltkriegs vorgezeichnet.
4. Der Krieg gegen die europäischen Nachbarn (1939-1941)
internationale Konsteiiation
Gemessen an Hitlers langfristigen politischen Zielen begann der Krieg f ü r den deutschen Diktator in einer „verkehrten Frontstellung". Dies war kein Krieg um „ L e b e n s r a u m im O s t e n " mit England als Partner, sondern er gründete sich auf ein Bündnis mit der Sowjetunion und zog am 3. September 1939 die Kriegserklärungen Englands u n d Frankreichs nach sich. Allerdings setzte der „ F ü h r e r " d a r a u f , einen schnellen Schlag gegen Polen führen zu k ö n n e n , um so die Westmächte von einem unmittelbaren Eingreifen abzuhalten u n d sie vielleicht doch noch zum Einlenken zu bewegen. Sollte sich dies als falsch erweisen, h o f f t e er, sie nach Abschluß des Polen-Feldzugs in einem neuen „Blitz"-Vormarsch zu besiegen bzw. zu einem Waffenstillstand zu bewegen, um sich d a n n anschließend in der „richtigen" Frontstellung dem Krieg gegen den „jüdischen Bolschewismus" zuwenden zu können. Diese Erwartungen erwiesen sich jedoch als falsch: weder erfüllte sich die H o f f n u n g des „ F ü h rers", den Krieg gegen Polen lokalisieren zu k ö n n e n , noch zeigten sich London oder Paris bereit, auf das „ F r i e d e n s a n g e b o t " einzugehen, das er am 6. Oktober 1939 in einer Reichstagsrede an die britische Regierung richtete. Hintergrund dieser neuen Offerte, die die entsprechenden Überlegungen der vergangenen Wochen wieder
4. Der Krieg gegen die europäischen N a c h b a r n
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a u f n a h m , waren die raschen Erfolge der deutschen T r u p p e n in Polen: Am 27. September hatte Warschau kapituliert, und am 5. Oktober hatten sich die letzten polnischen Verbände ergeben. Am 17. September waren auch russische T r u p p e n in Ostpolen einmarschiert u n d bis zu der am 23. August festgelegten Interessenlinie (Narew-Weichsel-San) vorgerückt. In A b ä n d e r u n g des geheimen Zusatzprotokolls zum Hitler-Stalin-Pakt vereinbarten beide Teile d a n n in einem Grenz- und Freundschaftsvertrag vom 28. September 1939, die „ G r e n z e der beiderseitigen Reichsinteressen im Gebiete des bisherigen polnischen Staates" [21: Ursachen und Folgen, Bd. XIV, 47] an den Bug zu verlegen, so d a ß die deutsche Seite zusätzlich die W o i d w o d s c h a f t e n Warschau u n d Lublin sowie einen Landzipfel bei Suwalki erhielt u n d hierfür Litauen (mit A u s n a h m e des Südwestzipfels) dem sowjetischen Interessenbereich zugeschlagen wurde. Damit war die „vierte Teilung" Polens besiegelt. Die an das Reich gefallenen Teile wurden zunächst unter deutsche Militärverwaltung gestellt, bevor d a n n am 12. Oktober 1939 aus diesem Territorium - nachdem bestimmte Gebietsteile an Ostpreußen u n d Schlesien abgetreten worden waren - die Reichsgaue WestpreußenDanzig u n d Posen (Wartheland) sowie das Generalgouvernement gebildet wurden. N o c h bevor die britische Antwort auf sein „ F r i e d e n s a n g e b o t " vom 6. Oktober in Berlin eingegangen war, ließ Hitler erste Vorbereitungen für einen Feldzug im Westen treffen. Seine Absicht war, durch einen Sieg über Frankreich auch G r o ß b r i t a n n i e n „auf die Knie zu zwingen", d . h . es zu jener J u n i o r p a r t n e r s c h a f t u n d Teilung der Interessensphären zu bewegen, die er der L o n d o n e r Regierung schon so häufig nahegelegt hatte. Dies schien ihm um so notwendiger, als er bereits zu diesem Zeitpunkt die G e f a h r sah, d a ß „die Zeit ... gegen D e u t s c h l a n d " arbeite, wie er gegenüber der militärischen Spitze des Reiches bekannte. Diese Bemerkung ließ seine Sorge erkennen, d a ß die beiden Flügelmächte des internationalen Systems, die Vereinigten Staaten von Amerika u n d die Sowjetunion, sich seinen Plänen entgegenstellen u n d damit seinen Handlungsspielraum einengen würden. Die beste Möglichkeit, eine solche Entwicklung abzuwenden, erblickte er „in der klaren Herausstellung der deutschen Überlegenheit" [21: Ursachen u n d Folgen, Bd. XIV, 276] durch einen raschen Sieg über Frankreich und durch ein Einlenken Englands. Der geplante Angriff im Westen wurde d a n n aber m e h r f a c h schließlich bis Mai 1940 - verschoben. Noch vor dem Westfeldzug
Deutsch-sowjetischer Vertrag
Plan zur Offensive lm Westen
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Angriff auf D ä n e m a r k und Norwegen
Offensive im Westen
litler u n d England 1940
I. Enzyklopädischer Überblick
ließ Hitler im Rahmen des Unternehmens „ W e s e r ü b u n g " Dänemark u n d Norwegen erobern und militärisch besetzen. Damit sollte der Z u g a n g zu den f ü r die deutsche Kriegswirtschaft wichtigen schwedischen Erzlagern u n d - im Falle einer Ausweitung des Krieges gegen England - eine günstige Operationsbasis f ü r die deutsche M a r i n e geschaffen werden. N o c h bevor die K ä m p f e in Norwegen beendet waren, begann d a n n am 10. Mai 1940 die Offensive im Westen. Auch in diesem Fall konnten die Deutschen ihre militärischen Erfolge wiederholen: in einem schnellen Vorstoß überrannten sie zunächst Holland, Belgien u n d Luxemburg und eroberten d a n n den N o r d e n u n d die Mitte Frankreichs. Damit stürzte das Land auch in eine politische Krise; noch am Tage seiner E r n e n n u n g zum neuen Regierungschef, dem 16. Juni 1940, suchte Marschall Petain um Waffenstillstand nach in der H o f f n u n g , hierdurch seinem Vaterland eine gewisse Selbständigkeit sichern zu können. Ein solches Abkommen wurde d a n n am 22. Juni 1940 unterzeichnet. Es teilte Frankreich in eine besetzte Z o n e im N o r d e n unter einem deutschen Militärbefehlshaber u n d eine unbesetzte Z o n e im Süden. Letztere behielt in Vichy eine eigene Regierung u n d gebot auch über, wenngleich stark reduzierte, eigene Streitkräfte; auch verblieb ihr die Verfügungsgewalt über die französische Flotte und das französische Kolonialreich. Wenige Tage später mußte Frankreich d a n n in einem weiteren Waffenstillstandsabkommen einen Grenzstreifen an Italien abtreten, das am 10. Juni - die deutschen Erfolge vor Augen seine Politik der „ N o n b e l l i g e r e n z a " aufgegeben hatte und in den Krieg gegen den Westen eingetreten war. Diese Waffenstillstandsbedingungen hatte Hitler dem geschlagenen Gegner in der Absicht auferlegt, England keinen G r u n d zur Fortsetzung des Krieges zu liefern, vielmehr diejenigen Kräfte auf der Insel zu stärken, die für ein Arrangement mit Berlin eintraten. D e n n trotz des militärischen Triumphs über die westeuropäischen Staaten, der das Prestige des „ F ü h r e r s " innen- u n d außenpolitisch außerordentlich gesteigert hatte, war das strategische Dilemma, f ü r den beabsichtigten Krieg im Osten noch immer keine Rückenfreiheit zu haben, ungelöst. In diesem Sinne suchte Hitler am 19. Juli noch einmal, durch einen „ F r i e d e n s a p p e l l " die britische Regierung zu einer „Teilung der Welt" zu bewegen. Doch stieß er damit auf die unnachgiebige Haltung Churchills, seit dem 10. Mai britischer Premierminister, der nicht bereit war, einem Ausgleich mit dem nationalsozialistischen Deutschland zuzustimmen. Zu dieser k o m p r o m i ß l o s e n Position trug bei, d a ß mittlerweile
4. Der Krieg gegen die europäischen N a c h b a r n
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auch der amerikanische Präsident seine Bereitschaft bekundet hatte, Großbritannien den Rücken zu stärken, ja, sein Land zum entscheid e n d e n Widerpart der „ A c h s e n m ä c h t e " zu machen. Dies brachte den deutschen Diktator erneut unter Zeitdruck, da eine solche Perspektive seine militärischen Planungen u n d Zeitvorgaben in Frage stellte. Angesichts der Ungewißheit, ob L o n d o n sein „großzügiges A n g e b o t " vom 19. Juli akzeptieren würde, hatte er bereits drei Tage zuvor Vorbereitungen zur Operation „Seelöwe", einer L a n d u n g auf O p e r a t i o n den britischen Inseln, treffen lassen, durch die - im Falle eines Er- " S c e , i n v e " folgs - der einzige noch verbliebene Kriegsgegner ausgeschaltet worden wäre. Allerdings zweifelte er nach wie vor an der Durchführbarkeit und politischen O p p o r t u n i t ä t einer solchen Invasion; die am 13. August schließlich eröffnete Luftoffensive gegen Großbritannien konnte zwar als V o r b e r e i t u n g s m a ß n a h m e für diesen Fall - wie auch als psychologisches Druckmittel - gelten, doch wurde sie bereits einen Monat später nach schweren Verlusten wieder abgebrochen. Die Pläne f ü r eine Invasion hatten sich als u n d u r c h f ü h r b a r erwiesen. Durch die militärischen Erfolge, insbesondere den Sieg über Frankreich, hatte Hitler den bisherigen H ö h e p u n k t seiner Macht erreicht. Nicht nur waren skeptische Stimmen und oppositionelle Strömungen im Offizierskorps sowie unter den „traditionellen" Kräften in Diplomatie, Bürokratie u n d Wirtschaft zum Schweigen gebracht worden, s o n d e r n er sah nun auch die Möglichkeit, weitere E t a p p e n des Krieges ins Auge zu fassen, durch deren Realisierung im Zuge eines „improvisierten Gesamtkriegsplans" (Hillgruber) die Weltmachtposition des Deutschen Reiches begründet werden sollte. Die Zeit zwischen dem Waffenstillstand mit Frankreich und dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion war angefüllt mit Überlegungen, Planungen u n d Z u k u n f t s e n t w ü r f e n , die einen tiefen Einblick in die „letzten" außenpolitischen Ziele des deutschen Diktators gestatten. Hierbei war gerade der a n h a l t e n d e Widerstand Londons, auf seinen Vorschlag einer „Teilung der Welt" einzugehen, tieferer G r u n d u n d auslösendes M o m e n t zugleich für die Suche nach Wegen, sein „ P r o g r a m m " doch noch realisieren zu können. Bereits während des Frankreich-Feldzugs hatte Hitler erste Überlegungen angestellt, den Krieg durch einen baldigen, möglichst noch im Herbst 1940 zu e r ö f f n e n d e n Angriff auf die Sowjetunion fortzuführen. Hatte er zunächst darauf gesetzt, England bereits besiegt und damit einer Zweifrontenkriegssituation vorgebaut zu haben, wenn er sich nun in der „richtigen" Frontstellung der UdSSR
Hitlers weitere Zlele
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Kriegsziel Sowjetunion
„Kontinental>lock"-Konzeption
Dreimächtepakt"
I. Enzyklopädischer Überblick
zuwenden würde, so wurde ihm der Fehlschlag seiner Bemühungen, England mit militärischen Mitteln zu einem Einlenken zu bewegen, spätestens seit der zweiten Julihälfte mehr u n d mehr deutlich. Damit gewann der geplante K a m p f um „ L e b e n s r a u m im O s t e n " noch zusätzlich die Funktion, durch Ausschaltung des stalinistischen R u ß l a n d den beiden angelsächsischen Mächten jede Aussicht zu n e h m e n , den Krieg erfolgreich fortsetzen zu k ö n n e n . W e n n Lond o n , so Hitlers Kalkül, nicht mehr darauf rechnen könne, die U d S S R als Festlandsdegen gegen das Deutsche Reich zu benutzen, werde es seinen Widerstand aufgeben und einen Ausgleich mit Berlin suchen. Aber nicht nur G r o ß b r i t a n n i e n würde seinen letzten H o f f n u n g s a n k e r auf dem europäischen Kontinent verlieren, ein Sieg Deutschlands über die Sowjetunion würde zudem J a p a n im Pazifik aufwerten, so d a ß - angesichts der G e f a h r eines Zwei-OzeanKrieges - auch die USA als potentieller Verbündeter Englands von einem Kriegseintritt abgehalten werden würden. Damit bekam der ursprünglich zentrale Schritt in Hitlers außenpolitischem „Prog r a m m " , der K a m p f um „ L e b e n s r a u m im Osten", eine neue, zusätzliche F u n k t i o n ; er wurde Mittel u n d Ziel zugleich: die einzige Möglichkeit in der gegenwärtigen Situation, die militärische Initiative zu behalten, und gleichzeitig Werkzeug zur Realisierung seiner weltanschaulichen Idee. Angesichts der unzureichenden Vorbereitungen wie der ungünstigen Witterungsbedingungen m u ß t e Hitler d a n n aber doch einsehen, d a ß ein Feldzug gegen die Sowjetunion nicht vor Mai 1941 möglich sein würde. In dieser Situation griff er auf Überlegungen seines Außenministers zurück, einen „ K o n t i n e n t a l b l o c k " mit Spitze gegen die Seemächte zu bilden, ohne d a ß er hierdurch seine grundsätzliche Option f ü r eine militärische „ O s t l ö s u n g " aufzugab. Inzwischen k o n n t e durch einen solchen „ B l o c k " eine imponierende Mächtekombination aufgebaut werden, durch die die USA aus dem Krieg herausgehalten u n d England friedensbereit gemacht werden sollten. Der Abschluß eines solchen Bündnissystems gelang allerdings nur unvollkommen. Wohl wurde am 27. September 1940 ein „Dreim ä c h t e p a k t " zwischen dem Deutschen Reich, Italien u n d J a p a n verkündet, die ja bereits vorher durch den „ A n t i k o m i n t e r n " - P a k t miteinander verbunden gewesen waren, doch war die machtpolitische Substanz dieses Vertrages eher d ü n n . In den folgenden M o n a ten traten Ungarn (20. N o v e m b e r 1940), R u m ä n i e n (23. November 1940) und die Slowakei (24. November 1940), später auch Bulgarien
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(1. März 1941) und Kroatien (15. Juni 1941) dem „ D r e i m ä c h t e p a k t " bei, während die - politisch viel wichtigere - A b r u n d u n g dieses Bündnissystems um die westeuropäischen Staaten scheiterte: weder Franco noch Petain sahen sich bei Unterredungen mit Hitler in H e n d a y e bzw. Montoire am 23. u n d 24. Oktober 1940 in der Lage, den gewünschten Beitritt ihres Landes zum „ D r e i m ä c h t e p a k t " u n d seinen Kriegseintritt in Aussicht zu stellen, da Hitler sich weigerte, konkrete Zusagen hinsichtlich des von beiden Gesprächspartnern als K o m p e n s a t i o n beanspruchten Kolonialbesitzes in N o r d a f r i k a zu machen. Somit hatte die deutsche Seite nicht vermocht, die westliche Flanke des Kontinents u n d den Mittelmeerraum durch ein entsprechendes Bündnissystem machtpolitisch abzusichern. N o c h weniger gelang dies hinsichtlich der größeren, eurasischen „ K o n t i n e n t a l b l o c k " - K o n z e p t i o n , also der Einbeziehung der UdSSR. Bei seinem Besuch in Berlin am 12./13. N o v e m b e r 1940 war dem sowjetischen A u ß e n k o m m i s s a r der Entwurf zu einem Abk o m m e n zwischen den Staaten des „ D r e i m ä c h t e p a k t s " u n d der Sowjetunion sowie zu einem geheimen Zusatzprotokoll vorgelegt worden, das Deutschland eine Interessensphäre in Mittelafrika zuweisen, Italien den Mittelmeerraum u n d N o r d o s t a f r i k a überantworten, J a p a n den ostasiatischen Raum als E i n f l u ß z o n e zuerkennen u n d der Sowjetunion Südasien u n d Indien als Expansionsgebiet überlassen wollte. Molotow lehnte es jedoch ab, sich auf einen solchen Viermächteblock und die dort vorgesehene Expansionsrichtung aller Beteiligten nach Süden festzulegen, vielmehr betonte er die aktuellen Ansprüche seines Landes in Nordost-, Ostmittel- u n d Südosteuropa, also einer Zone, wo die Achsenmächte selbst wirtschaftliche und politische Interessen hatten. Damit setzte er den eher vagen Expansionsvorschlägen der deutschen Seite ganz konkrete Ziele entgegen, die zu einem deutlichen Interessenkonflikt zwischen Berlin und Moskau führen mußten. Die Antwort auf die deutschen Vorschläge bestärkte Hitler in seinem Mißtrauen gegen die Absichten des sowjetischen Bündnispartners, zumal er ohnehin in Ribbentrops „Kontinentalb l o c k " - K o n z e p t i o n nur eine u n v o l l k o m m e n e Alternative zu seinen eigenen Absichten sah. Diese Vorbehalte des „ F ü h r e r s " waren schon zu Beginn der G e s p r ä c h e mit Molotow deutlich geworden, als er nämlich die Anweisung gegeben hatte, „gleichgültig, welches Ergebnis diese Besprechungen haben werden, . . . die mündlich befohlenen Vorbereitungen für den Osten fortzusetzen". N a c h dem Scheitern der „Viererpakt"-Sondierungen präzisierte er dies am
U n t e r r e d u n g e n mii Franco und p
®tain
M o l o t o w in B e r l i n
„Weisung Nr.21"
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L Enzyklopädischer Überblick
18. Dezember 1940 in seiner „Weisung Nr. 21" f ü r den Fall „Barbarossa", in der er den Angriff auf die Sowjetunion vorzubereiten befahl u n d der Wehrmacht das Ziel setzte, „auch vor Beendigung des Krieges gegen England Sowjetrußland in einem schnellen Feldzug n i e d e r z u w e r f e n " [16: W. HUBATSCH, Hitlers Weisungen, 71 u. 84]. Als möglichen Angriffstermin faßte er den Mai 1941 ins Auge. Damit waren die Weichen f ü r eine Ausweitung des Krieges nach Osten gestellt.
italienischer Angriff auf G r i e c h e n -
Balkanfeldzug
Zwar setzte die Reichsregierung die laufenden Wirtschaftsverh a n d l u n g e n mit der U d S S R fort, sie k o n n t e auch in einem Abkommen vom 10. J a n u a r 1941 eine Steigerung der sowjetischen Lieferungen erreichen. D e n n o c h verschärften sich zur selben Zeit die S p a n n u n g e n zwischen beiden Teilen, wobei insbesondere der Balk a n r a u m zum Schnittfeld der Einflußzonen wurde. Bereits der für Berlin überraschende Angriff Italiens auf Griechenland am 2 8 . Okt 0 b e r 1940 hatte das Kriegsgeschehen auf die südosteuropäische Flanke ausgedehnt, zumal G r o ß b r i t a n n i e n die Gelegenheit ergriff, den Griechen zu Hilfe zu k o m m e n und damit eine neue Front zu e r ö f f n e n . Mit dem Beitritt R u m ä n i e n s und Bulgariens zum „Dreim ä c h t e p a k t " u n d der Bereitstellung deutscher T r u p p e n dort für einen geplanten Balkanfeldzug wurde d a n n aber o f f e n k u n d i g , d a ß sich die Interessen Berlins u n d Moskaus in dieser Region überschnitten. In diesem Sinne sollte das U n t e r n e h m e n „ M a r i t a " gegen Griechenland nicht nur den bedrängten „ A c h s e n " - P a r t n e r entlasten, sondern ebenso die südosteuropäischen Flanke im Hinblick auf einen Krieg gegen die Sowjetunion absichern. Den Sturz der bisherigen, den „ A c h s e n m ä c h t e n " zuneigenden Regierung in Belgrad am 27. März 1941 n a h m Hitler zum Anlaß, neben Griechenland nun auch Jugoslawien anzugreifen und damit der G e f a h r vorzubeugen, d a ß a n d e r e Mächte - hierbei dachte er an G r o ß b r i t a n n i e n und an die Sowjetunion - dort F u ß fassen könnten. Dieser am 6. April 1941 begonnene Doppelfeldzug konnte wied e r u m rasch abgeschlossen werden: am 17. April kapitulierte die jugoslawische Armee u n d am 21. April die griechische; allein die K ä m p f e auf Kreta, wo britische T r u p p e n gelandet waren, zogen sich noch bis Ende Mai hin. Die Position der „ A c h s e n m ä c h t e " war damit deutlich verstärkt worden, wenn auch zur militärischen Sicherung des Balkanraumes fortan deutsche wie italienische T r u p p e n gebunden waren. Auch war die G e f a h r gebannt, d a ß die britische Seemacht - wie im Ersten Weltkrieg - von der südöstlichen Peripherie des Kontinents aus in den mitteleuropäischen Raum vor-
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dringen und so dem Gegner einen entscheidenden Schlag versetzen würde. Der deutsche Vorstoß bis an das Mittelmeer bot auf der anderen Seite die Möglichkeit, von hier aus die britischen Positionen im N a h e n Osten unter D r u c k zu setzen u n d damit das Empire an einer seiner strategisch empfindlichsten Stellen zu treffen. Eine solche Verlagerung des Schwergewichts der Kriegführung gegen Großbritannien in den Mittelmeerraum hatte der Chef der Marine, Großadmiral Raeder, bereits nach dem Frankreichfeldzug dem „ F ü h r e r " nahezulegen versucht, doch war dieser hierauf nicht eingegangen. Zwar zeigte er sich bereit, dem bedrängten italienischen Bundesgenossen in N o r d a f r i k a durch ein A f r i k a k o r p s unter General Rommel beizustehen. Allerdings k o n n t e ihn selbst dessen schneller Vorstoß bis an die ägyptische Grenze nicht dazu bewegen, seine militärischen Pläne gegen die Sowjetunion zugunsten der sich hier bietenden Möglichkeiten aufzugeben. Nicht nur Hitler, auch die deutsche Generalität erwartete angesichts der vermeintlichen militärischen Schwäche der U d S S R , d a ß der Rußlandfeldzug rasch abgeschlossen werden würde. Vor diesem Hintergrund sind die Pläne zu sehen, die der „ F ü h r e r " bereits im Winter 1940/41 f ü r die Zeit nach Beendigung des U n t e r n e h m e n s „ B a r b a r o s s a " ins Auge faßte. Die Eroberung der Sowjetunion, so Hitler am 9. J a n u a r 1941 vor den Spitzen der Wehrmacht, mache das Reich durch die Verfügungsgewalt über diesen riesigen R a u m „ u n a n g r e i f b a r ... Deutschland müsse ihn wirtschaftlich und politisch beherrschen, jedoch nicht angliedern. Damit verfüge es über alle Möglichkeiten, in Z u k u n f t auch den K a m p f gegen Kontinente zu f ü h r e n , es k ö n n e d a n n von n i e m a n d e m mehr geschlagen werd e n " [21: Ursachen und Folgen, Bd. XVII, 47]. Z u d e m rechnete er damit, daß der militärische Z u s a m m e n b r u c h R u ß l a n d s auch J a p a n die Gelegenheit zu weiterer Expansion im Pazifik geben würde, durch die dann wiederum die USA gebunden und davon abgehalten werden würden, auf dem atlantisch-europäischen Kriegsschauplatz einzugreifen. Damit hätte er das alte Ziel erreicht, die USA auszuschalten und G r o ß b r i t a n n i e n zu einem Ausgleich mit Berlin zu zwingen. Diese weitreichenden militärischen Pläne, die ganz auf die strategische Bedeutung der zu erobernden Sowjetunion a b h o b e n , zeigen aber nur eine Seite des geplanten Rußlandfeldzugs. D a n e b e n trat die rassenideologische K o m p o n e n t e , die der Ostkrieg in Hitlers „ P r o g r a m m " immer gehabt hatte und die durch dessen neue Funk-
R a e d e r s Mittelmeerstrategie
Hitlers Pläne für d i e Zeit n a c h , , B a r barossa"
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L Enzyklopädischer Überblick
tion als Mittel, G r o ß b r i t a n n i e n zum Frieden zu zwingen, nicht an Bedeutung verlor. In diesem Sinne ließ Hitler die Befehlshaber und Stabschefs der für dieses militärische U n t e r n e h m e n vorgesehenen Heeresgruppen und Armeen am 30. März 1941 wissen, d a ß der Feldzug gegen die Sowjetunion den „ K a m p f zweier Weltanschauungen gegeneinander" bedeute. „Bolschewismus ist gleich asoziales Verbrechertum ... Der K a m p f wird sich sehr unterscheiden vom K a m p f im Westen. Im Osten ist Härte mild für die Z u k u n f t " [ebd., 57 f.]. Damit wurde deutlich, d a ß der bevorstehende rassenideologische Vernichtungskrieg im Osten die Maßstäbe der bisherigen Kriegführung weit hinter sich lassen würde.
5. Weltkrieg und Untergang (1941-1945) Angriff auf die Sowjetunion
D e u t s c h e Besätzungspoiitik
Vor diesem Hintergrund b e g a n n am 22. Juni 1941 der Krieg gegen die Sowjetunion. Wie in den vorangegangenen Feldzügen k o n n t e ¿¡g deutsche Seite auch hier das Ü b e r r a s c h u n g s m o m e n t f ü r sich ausnutzen u n d in einem schnellen Vormarsch die gegnerischen Stellungen überrennen. Angesichts dieser spektakulären Anfangserfolge kam der Generalstabschef bereits A n f a n g Juli zu der Überzeugung, d a ß „der Feldzug gegen R u ß l a n d innerhalb [von] 14 Tagen g e w o n n e n " sei und d a n n „die weiteren Aufgaben der Kriegführung gegen England wieder in den Vordergrund treten" [22: F. H A L D E R , Kriegstagebuch, Bd. III, 38f.] würden. In der Tat ließ Hitler wenig später den Schwerpunkt der Rüstung vom Heeresbedarf auf den der M a r i n e und Luftwaffe verlagern, die ja f ü r die weitere Kriegführung gegen die angelsächsischen Seemächte von ausschlaggebender Bedeutung waren. Parallel hierzu löste der vermeintlich bereits errungene Sieg über die UdSSR eine Fülle von Erwägungen, Projekten u n d EntScheidungen zur deutschen Besatzungspolitik in diesem Gebiet aus, durch die die Dimension dieses Krieges als „rassischer Vernichtungskrieg" o f f e n k u n d i g wurde. Hierzu gehörten nicht nur Überlegungen, Moskau u n d Leningrad „ d e m E r d b o d e n gleich zu machen, um zu verhindern, d a ß Menschen darin bleiben, die wir d a n n im Winter ernähren m ü ß t e n " [ 1 8 : P. E. S C H R A M M (Hrsg.), Kriegstagebuch O K W , Bd. I, 1021]; hiermit korrespondierten auch die Vertreibungs- und Vernichtungspläne, wie sie insbesondere im „Reichskommissariat für die Festigung des deutschen Volkstums" ausgearbeitet w u r d e n ; u n d hierzu zählte vor allem der Entschluß, die syste-
5. Weltkrieg u n d U n t e r g a n g (1941-1945)
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matische Vernichtung der J u d e n , bisher von den Einsatzgruppen im Osten b e g o n n e n , auf ganz E u r o p a auszudehnen. Mit dieser Entscheidung hatte das f ü r den Beginn des Rußlandfeldzugs so charakteristische Ineinander von strategischem Kalkül u n d rassenideologischem Dogma seine deutlichste Ausprägung erfahren. Dieses D o g m a , also der Vorsatz zur „ E n d l ö s u n g " der „ J u d e n f r a g e " , wirkte aber auch d a n n noch weiter, als die globalen Herrschaftsziele Hitlers längst durch die militärische Entwicklung in Frage gestellt worden waren, ja, es wurde mehr und mehr zum Movens der deutschen (Kriegs-)Politik. Es zeigte sich allerdings rasch, d a ß die euphorischen Siegesh o f f n u n g e n verfrüht gewesen waren. Der deutsche Vormarsch kam schon bald zum Stehen u n d die sowjetische F ü h r u n g k o n n t e - nicht zuletzt angesichts der E r f a h r u n g des Vernichtungscharakters des Krieges - neue personelle u n d materielle Reserven mobilisieren. Im Scheitern der deutschen Offensive vor Moskau kündigte sich die militärische W e n d e an der Ostfront bereits deutlich an. Z u d e m veränderten sich mit dem britisch-sowjetischen Beistandspakt vom 12. Juli 1941 u n d mit dem wachsenden moralischen u n d materiellen Engagement der USA auf Seiten der Alliierten die außenpolitischen Gewichte und die strategische Lage zu Lasten des Reiches. Dies ließ den deutschen Diktator sogar f ü r einen M o m e n t vermuten, „ d a ß die Erkenntnis, d a ß die beiden Feindgruppen sich nicht vernichten k ö n n e n , zu einem V e r h a n d l u n g s f r i e d e n " führen k ö n n e [22: F. HALDER, Kriegstagebuch, Bd. III, 295]. Derartige Überlegungen waren aber nur aus dem Augenblick geboren, konstitutiv für Hitlers Planungen wurden sie nicht; im Gegenteil, in der Folgezeit hat er jeden G e d a n k e n eines generellen Verständigungsfriedens oder auch eines Separatfriedens mit der Sowjetunion, in dessen Schatten d a n n der Krieg gegen die angelsächsischen Mächte hätte um so erfolgreicher fortgesetzt werden sollen, weit von sich gewiesen. Das D o g m a vom endzeitlichen Vernichtungskampf gegen den „jüdischen Bolschewism u s " war stärker als jedes machtpolitische Kalkül. Dem wachsenden Engagement der USA auf Seiten L o n d o n s folgte d a n n eine Entscheidung, die diesem Krieg endgültig globale A u s m a ß e gab, nämlich die Kriegserklärung des Deutschen Reiches an die Vereinigten Staaten am 11. Dezember 1941. Vorausgegangen war der Angriff japanischer Flugzeuge auf die amerikanische Flotte in Pearl Harbor, durch den die USA nun direkt auf dem fernöstlichen Kriegsschauplatz engagiert wurden. Zu einer entsprechenden Kriegserklärung an Washington war Berlin zwar a u f g r u n d des
Stagnation des Rußlandfeldzugs
Deutsche Kriegserklärung an die USA
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I. Enzyklopädischer Überblick
„ D r e i m ä c h t e p a k t s " nicht verpflichtet, doch hatte die deutsche Seite bereits am 21. N o v e m b e r auf entsprechende Sondierungen hin die japanische Führung wissen lassen, sie könne auch im Falle einer militärischen K o n f r o n t a t i o n mit den USA auf ihre Unterstützung rechnen. Damit hatte sie sich eindeutig an ihren Bündnispartner gebunden. Die Motive Hitlers für diesen Schritt, den er bisher immer hatte vermeiden wollen, sind nicht mit letzter Klarheit zu bestimmen. Off e n k u n d i g ist, d a ß er mit diesem „ B l a n k o s c h e c k " J a p a n in einen Konflikt mit den Vereinigten Staaten stoßen wollte, zumal Washington im Falle eines Ausgleichs mit Tokio das amerikanische Engagement a u f s e i t e n L o n d o n s weiter hätte erhöhen können. Mit dem Uberfall auf Pearl H a r b o r war diese Konstellation beseitigt, u n d die deutsche Kriegserklärung konfrontierte die USA mit der G e f a h r eines Zwei-Ozean-Krieges, so d a ß es ihr nicht mehr möglich war, zunächst das japanische Kaiserreich zu schlagen u n d sich d a n n dem atlantischen Kriegsschauplatz zuzuwenden. Allerdings setzte dieses Kalkül voraus, d a ß der „ D r e i m ä c h t e p a k t " - P a r t n e r in der Lage war, sich gegen beide angelsächsischen Seemächte zu behaupten, u n d d a ß zudem das Dritte Reich den R u ß l a n d f e l d z u g in absehbarer Zeit zum Abschluß bringen mußte, um sich nicht selbst der G e f a h r eines Zweifrontenkriegs auszusetzen.
E r n e u t e Siegeshottnungen
Viliierte „ G e r m a n y first - S t r a t e g i e
Für den Krieg gegen die Sowjetunion ergab sich aus dieser Lage eine immer größere Zeitnot. In der Tat schienen sich die deutsehen Siegeshoffnungen im Sommer 1942 noch einmal zu bestätigen N a c h Beginn der deutschen Offensive im Juni k o n n t e n die deutschen Armeen weite Gebiete einnehmen, ja, im Osten bis an die Wolga u n d in den Kaukasus vorstoßen u n d in N o r d a f r i k a die ägyptische G r e n z e erreichen. Damit hatte allerdings das deutsche Herrschaftsgebiet eine A u s d e h n u n g erlangt, die die eigenen Kräfte überstrapazierte und die Gegenseite ermuntern konnte, in die Schwachp u n k t e der deutschen Verteidigungslinien zu stoßen u n d so die strategische Initiative zu gewinnen. Trotz der beeindruckenden Erfolge des Sommers 1942 wirkte wie Hitler immer befürchtet hatte - die Zeit gegen ihn. A n f a n g des Jahres hatten die beiden angelsächsischen Mächte noch einmal bekräftigt, d a ß sie an der „ G e r m a n y first"-Strategie festhalten, also ¿ ¡ g Entscheidung des Krieges auf dem europäischen Kontinent im K a m p f gegen das nationalsozialistische Deutschland herbeiführen wollten. Damit zeichnete sich die militärische Konstellation ab, die Hitler stets hatte vermeiden wollen. Der noch am ehesten d e n k b a r e
5. Weltkrieg und Untergang (1941-1945)
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Ausweg aus dieser Zwangslage, einen Separatfrieden mit der UdSSR anzustreben, von japanischer, d a n n auch von italienischer Seite an den „ F ü h r e r " herangetragen, kam f ü r diesen jedoch nicht in Betracht. Der K a m p f um „ L e b e n s r a u m " im Osten, mittlerweile zum „rassischen Vernichtungskrieg" gesteigert, nahm in Hitlers „ P r o g r a m m " eine so zentrale Stellung ein, d a ß ein wie auch immer geartetes machtpolitisches Kalkül, das zu einer Übereinkunft mit Stalin hätte raten k ö n n e n , unmöglich war. So schied f ü r die deutsche Seite jede Möglichkeit aus, auf anderem als auf militärischem Weg das U n t e r n e h m e n „ B a r b a r o s s a " zu beenden. Die Schlacht um Stalingrad erwies sich d a n n als der augenfällige W e n d e p u n k t des Krieges. Die Verteidigung dieses vorgeschobenen Postens an der Wolga war für den deutschen Diktator (gegen den Rat seiner Generäle) eine Frage des militärischen Prestiges u n d der Demonstration des deutschen Durchhaltevermögens geworden. Als am 19. N o v e m b e r 1942 zwei sowjetische Heeresgruppen zum Gegenangriff gegen die deutschen Linien ansetzten und die dort stehende Sechste Armee einschlössen, erteilte er deren Oberbefehlshaber die Weisung, in seiner Stellung auszuharren und auf Entsatz zu warten. Bereits zuvor hatten die angelsächsischen Seemächte begonnen, sich an der Peripherie des Machtbereichs der „Dreimächtepakt"-Partner Stützpunkte zu sichern, um so von hier aus in dessen Kern vorzustoßen. Damit lag die militärische Initiative auf allen Kriegsschauplätzen bei den Alliierten.
Stalingrad
Mit dem Fall Stalingrads u n d dem E n d e der Sechsten Armee, deren Reste A n f a n g Februar 1943 in die G e f a n g e n s c h a f t gehen mußten, kam die gesamte russische Front in Bewegung; in den folgenden Monaten mußten die Deutschen mehrere Abschnitte zurücknehmen. Der Versuch, die militärische Initiative gegenüber der UdSSR zurückzugewinnen, mißlang: der am 5. Juli 1943 b e g o n n e n e Sturm auf den russischen Frontbogen bei Kursk, das U n t e r n e h m e n „Zitadelle", geriet schon bald ins Stocken und mußte schließlich ab- U n t e r n e h m e n gebrochen werden, weil im Gegenzug sowjetische T r u p p e n an ande- - Z l t a d e l l e ' rer Stelle einen Durchbruch erzielten. Damit war die letzte deutsche Angriffsoperation im Osten gescheitert; von nun an suchte Hitler die vorhandenen Fronten starr zu halten und die Gegenseite in einem Abnutzungskrieg zu schwächen, um so - durch Demonstration deutschen Durchhaltevermögens - den Westen doch noch zum Einlenken zu bewegen. Die bedrängte Ostfront konnte auch deshalb nicht mit zusätzlichen Kräften gestützt werden, weil am 7. u n d 8. November 1942 al-
40 Alliierte L a n d u n g in N o r d a f r i k a
Sturz Mussolinis
K ä m p f e in I t a l i e n
Hitlers „ N e u e O r d n u n g " in E u r o p a
I. Enzyklopädischer Überblick
liierte T r u p p e n in N o r d a f r i k a gelandet waren u n d die dortige Situation in Bewegung gebracht hatten. Ein großer Teil der französischen Kolonien in Afrika ging zu de Gaulles „freiem F r a n k r e i c h " über. D a r a u f h i n marschierte am II. N o v e m b e r 1942 die deutsche Armee auch in das unbesetzte Frankreich ein, um auf diese Weise ein weiteres Vordringen der Anglo-Amerikaner zu verhindern. Diese Absicht schlug j e d o c h fehl; am 13. Mai 1943 mußten die letzten deutschen und italienischen T r u p p e n in N o r d a f r i k a kapitulieren. Im Gegenzug setzten alliierte Verbände am 10. Juli 1943 nach Sizilien über, so d a ß nun auch Italien direkt in Bedrängnis geriet. Noch während der K ä m p f e auf Sizilien war das faschistische Regime am 25. Juli durch einen Staatsstreich gestürzt u n d der „ D u c e " gefangengesetzt worden. Der neue Ministerpräsident, Marschall Badoglio, schloß am 3. September 1943 einen (fünf Tage später in Kraft tretenden) Sonderwaffenstillstand mit den Alliierten. Damit war die „ A c h s e " zerbrochen u n d der wichtigste Bündnispartner Berlins war aus dem Krieg ausgeschieden. N u n versuchten die Deutschen, den alliierten Vormarsch selbst abzuwehren u n d insbesondere einen Einbruch von Süden in das Reichsgebiet zu verhindern. Dem dienten die hinhaltenden K ä m p f e auf der Halbinsel, wo die W e h r m a c h t die italienischen Streitkräfte e n t w a f f n e t u n d sich den vorrückenden Anglo-Amerikanern entgegengestellt hatte; dem diente aber auch die S c h a f f u n g eines deutschen Vasallenstaates im nördlichen Italien mit Mussolini an der Spitze, den deutsche T r u p p e n befreit hatten. Bis in die letzten Wochen des Krieges dauerten die K ä m p f e im nördlichen Italien an. Der Abfall des ideologisch verwandten „ A c h s e n " - P a r t n e r s verdeutlichte ein Problem, das die Deutschen während des gesamten Krieges begleitet hatte, nämlich die Frage nach einer dauerhaften politischen O r d n u n g in den unter ihrer Herrschaft stehenden Gebieten. Bereits während der ersten Hälfte des Krieges hatten weder die besiegten u n d besetzten Länder noch die (Satelliten-)Regime der „ b e f r e u n d e t e n " Staaten Gewißheit über ihre jeweilige Position in einer Nachkriegsordnung erlangen k ö n n e n , u n d auch nach dem Umschlag der militärischen Lage veranlaßte die deutsche Seite keine entsprechenden Vereinbarungen. Hitlers vage Europa-Ideologie, die die Verteidigung des A b e n d l a n d e s gegen die westlichen Plutokratien wie gegen den sowjetischen Bolschewismus forderte, f a n d nur geringen Widerhall, da sie die vordergründigen Interessen der Hegemonialmacht kaum kaschierte. Im Gegenteil, die deutsche Besatzungsherrschaft ließ überall die K r ä f t e des Widerstandes wach-
5. Weltkrieg u n d Untergang (1941-1945)
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sen, die das f r e m d e Joch abschütteln u n d der eigenen Nation die Unabhängigkeit und Eigenständigkeit zurückgeben wollten. In diesem Sinne basierte die deutsche Position allein auf militärischer M a c h t ; somit mußte Berlin - wie im Falle Vichy-Frankreichs u n d Italiens, später auch U n g a r n s - sich bei Zuspitzung der Lage direkt engagieren oder - wie etwa hinsichtlich R u m ä n i e n s u n d Bulgariens - zusehen, d a ß die ehemaligen Verbündeten zum Gegner überliefen. Hitlers Werbung, die „ F e s t u n g E u r o p a " zu verteidigen, hatte aber noch eine weitere F u n k t i o n : mit dieser Formel umschrieb er die Verteidigungslinie, die er auf alle Fälle halten wollte, um in dieser Stellung auf ein Auseinanderbrechen der gegnerischen Koalition zu warten u n d d a n n zu einer Übereinkunft mit dem „ W u n s c h p a r t n e r " G r o ß b r i t a n n i e n gegen den gemeinsamen Feind, die Sowjetunion, zu k o m m e n . Die H o f f n u n g auf einen solchen U m b r u c h der jeweiligen Allianzen wurde schließlich für Hitlers außenpolitische Planungen um so d o m i n a n t e r , je aussichtsloser die militärische Lage des Reiches sich darbot. Hitlers diesbezügliche Überlegungen entbehrten jedoch jeder Grundlage. Auf der Konferenz von Casablanca vom 14.-25. J a n u a r 1943 hatten sich die Alliierten auf die F o r d e r u n g nach „bedingungsloser K a p i t u l a t i o n " des Gegners verständigt u n d jeden Separatfrieden u n d Bündniswechsel eines Partners ausgeschlossen. Zwar gab es durchaus machtpolitische und ideologische S p a n n u n g e n zwischen Briten, Amerikanern u n d Sowjets, auf die Hitlers Spekulationen hinsichtlich eines Zerfalls dieser „unnatürlichen K o a l i t i o n " bauten. Dennoch gingen diese Konflikte nie so weit, d a ß hierüber die Hauptsache, die gemeinsame Frontstellung gegen das nationalsozialistische Deutschland, zurücktrat. Im Gegenteil, der Wille zur Ausschaltung der „deutschen G e f a h r " war und blieb das einigende Band der alliierten Koalition. Angesichts dieser Situation liefen auch alle H o f f n u n g e n des nationalkonservativen Widerstands in Deutschland ins Leere, im Falle eines Staatsstreichs auf ein Entgegenkommen der Westmächte gegenüber einer neuen, nicht nationalsozialistischen Regierung rechnen zu können. Insbesondere war die Vorstellung abwegig, Großbritannien bzw. die Westmächte könnten sich in diesem Fall dazu verstehen, eine deutsche Führungsposition in E u r o p a zu akzeptieren, um sie als Bollwerk gegen die Sowjetunion zu benutzen. Wie bereits im Vorfeld der M ü n c h e n e r Konferenz, so zeigte sich auch im Krieg, d a ß aus der Sicht der westlichen Allianz (neben grundsätzlichen Fragen der politischen Legitimation einer solchen Regierung)
K o n f e r e n z von Casablanca
Neuformierung der konservativen Opposition
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I. Enzyklopädischer Überblick
die a u ß e n p o l i t i s c h e n Vorstellungen der konservativen W i d e r s t a n d s b e w e g u n g einer möglichen Z u s a m m e n a r b e i t e n t g e g e n s t a n d e n . Vielm e h r u n t e r s c h i e d e n diese sich in der Perspektive des A u s l a n d s k a u m g r u n d l e g e n d von d e n e n der g e g e n w ä r t i g e n politischen Führ u n g in D e u t s c h l a n d . A u c h hier verbot die P e r z e p t i o n der „ d e u t schen G e f a h r " die A u f k ü n d i g u n g der alliierten Solidarität u n d die A b k e h r v o n der V e r e i n b a r u n g , d e n Krieg bis z u m vollständigen Sieg über den g e m e i n s a m e n G e g n e r fortzusetzen.
Alliierte Invasion in der N o r m a n d i e
Vorstoß der Roten Armee
ArdennenOffensive
Ein wesentlicher Schritt war d a n n die E r ö f f n u n g einer zweiten F r o n t in E u r o p a d u r c h die L a n d u n g d e r A n g l o - A m e r i k a n e r in der N o r m a n d i e a m 6. J u n i 1944. Diese Invasion hatte Hitler seit langem erwartet, d o c h trat n u n f ü r ihn n e b e n die Furcht vor der zusätzlichen militärischen Belastung auch die H o f f n u n g , hierbei die Schlagk r a f t der W e h r m a c h t erneut u n t e r Beweis stellen zu k ö n n e n u n d so vor allem G r o ß b r i t a n n i e n doch n o c h zu einem A r r a n g e m e n t mit d e m Reich zu g e w i n n e n . In der Zuversicht, d u r c h D e m o n s t r a t i o n der n a c h wie vor b e a c h t l i c h e n militärischen Stärke D e u t s c h l a n d s die gegnerische U m k l a m m e r u n g d u r c h b r e c h e n , die Briten auf die eigene Seite ziehen u n d so in der „ r i c h t i g e n " F r o n t s t e l l u n g den Krieg gegen die S o w j e t u n i o n siegreich b e e n d e n zu k ö n n e n , hatte der „ F ü h r e r " sogar die K r ä f t e an der O s t f r o n t reduziert. Dies k o n n t e d a n n die R o t e A r m e e n u t z e n , als sie am dritten J a h r e s t a g des d e u t s c h e n Überfalls auf die S o w j e t u n i o n zu einer G r o ß o f f e n s i v e ausholte. I n n e r h a l b weniger Tage b r a c h die d e u t s c h e H e e r e s g r u p p e Mitte völlig z u s a m m e n , u n d d e n sowjetischen Streitk r ä f t e n ö f f n e t e sich der Weg n a c h Westen, wo sie E n d e Juli 1944 bereits bis z u m San u n d zur Weichsel v o r d r a n g e n . Gleichzeitig k o n n ten auch die Westalliierten den bei der Invasion gebildeten Brükk e n k o p f ausweiten u n d ihren V o r m a r s c h fortsetzen. W ä h r e n d sie bereits im S e p t e m b e r 1944 die Westgrenze des Reiches erreichten, d r a n g e n sowjetische T r u p p e n im O k t o b e r 1944 nach O s t p r e u ß e n ein. D a m i t hatte der Krieg auf deutsches T e r r i t o r i u m ü b e r g e g r i f f e n . Hitlers A n t w o r t auf diese Situation lag w i e d e r u m in d e m Versuch, d u r c h eine letzte K r a f t d e m o n s t r a t i o n im Westen, eine O f f e n sive d u r c h die A r d e n n e n , d a s Blatt n o c h zu w e n d e n u n d zu einem A r r a n g e m e n t mit L o n d o n zu k o m m e n . Dies gelang a b e r e b e n s o wenig wie ein halbes J a h r z u v o r ; der Mitte D e z e m b e r 1944 b e g o n n e n e V o r s t o ß k a m s c h o n n a c h wenigen T a g e n zum Stehen. D a m i t w a r e n die letzten d e u t s c h e n Reserven v e r b r a u c h t . Mittlerweile war a u c h der gesamte s ü d o s t e u r o p ä i s c h e R a u m verloren g e g a n g e n , so d a ß sich die alliierten T r u p p e n von allen Seiten d e n d e u t s c h e n G r e n z e n
6. Zwischen Revision, Expansion und „ L e b e n s r a u m " - K r i e g
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näherten und sie schon bald überschritten. Im Februar u n d März fiel das gesamte linksrheinische Gebiet in die H ä n d e der AngloAmerikaner, gleichzeitig k o n n t e die Rote Armee bis zur Oder vordringen. Am 25. April 1945 kam es d a n n zu dem symbolträchtigen Zusammentreffen amerikanischer u n d sowjetischer T r u p p e n bei Torgau an der Elbe. Wenige Tage zuvor hatte der E n d k a m p f um Berlin begonnen. Aus der bisherigen militärischen Zentrale in Ostpreußen in das Regierungszentrum zurückgekehrt, suchte Hitler in einem „politischen T e s t a m e n t " noch einmal seine außen- und rassenpolitischen Konzeptionen zu b e g r ü n d e n , ja, er machte die mangelnde Radikalität bei der D u r c h f ü h r u n g seines „ P r o g r a m m s " für die deutsche Niederlage verantwortlich. Einen Tag später, am 30. April 1945, beging er Selbstmord. Am 2. Mai kapitulierte die Reichshauptstadt. Die nachfolgende Regierung Dönitz suchte zunächst - ähnlich wie ihre Vorgängerin und doch unter anderer Perspektive, nämlich ohne die für Hitler zentrale rassische K o m p o n e n t e - sich mit den Westmächten gegen die Sowjetunion zu verbinden, doch war dies völlig aussichtslos. Was blieb, war der Schritt zur „bedingungslosen K a p i t u l a t i o n " . Sie wurde am 7. Mai 1945 durch die deutsche Unterschrift unter die Gesamtkapitulation der Wehrmacht im alliierten Hauptquartier in Reims besiegelt, ein Akt, der einen Tag später im sowjetischen Hauptquartier in Berlin-Karlshorst wiederholt wurde. Am 9. Mai 1945, 0.01 Uhr, trat sie d a n n in Kraft. Damit war der Zweite Weltkrieg in Europa beendet und die politische wie militärische Macht im Deutschen Reich war in die H ä n d e der Besatzungsmächte übergegangen.
6. Zwischen Revision, Expansion und „Lebensraum"-Krieg - die Außenpolitik des Dritten Reiches in historischer Perspektive Fragt man nach dem „ O r t " der nationalsozialistischen Außenpolitik in der deutschen Geschichte, so scheint sie sich auf den ersten Blick nach dem 30. J a n u a r 1933 in den Bahnen bewegt zu haben, die seit der Reichsgründung für die „gescheiterte G r o ß m a c h t " [41: A. H I L L G R U B E R ] konstitutiv waren. Dies bezieht sich zunächst einmal auf die Leitidee einer „ h a l b h e g e m o n i a l e n " Stellung in Europa, die von dem Ziel machtpolitischer Unabhängigkeit und außenpolitischer Handlungsfreiheit nach allen Seiten gekennzeichnet
S e l b s t m o r d Hitlers Kapitulation Berlins
Deutsche Kapitulation
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Kaiserreich und Drittes Reich
Weimarer Revisionspolitik u n d Drittes Reich
V e r ä n d e r u n g e n in der Weltwirtschaftskrise
L Enzyklopädischer Überblick
u n d von militärischer (und in z u n e h m e n d e n M a ß e auch wirtschaftlicher) Stärke geprägt und getragen war. Sie war Fixpunkt und Wunschbild der politischen Führungselite im Kaiserreich u n d (mit A b w a n d l u n g e n ) in der Weimarer Republik. Gewiß, Bismarcks Diplomatie, die sich die W a h r u n g des Erreichten u n d die Stabilisierung der latenten deutschen G r o ß m a c h t p o s i t i o n zum Ziel gesetzt hatte, genügte seinen Nachfolgern nicht m e h r ; sie suchten statt dessen durch neue Akzente in ihrer Außenpolitik u n d durch das Ausgreifen nach Übersee den D u r c h b r u c h zur Weltmachtstellung zu vollziehen. D e n n o c h blieb auch f ü r sie - bei allem Schwanken im einzelnen u n d bei aller „weltpolitischen" Attitüde - das Leitbild einer auf die Mitte des Kontinents sich g r ü n d e n d e n G r o ß m a c h t p o s i tion nach wie vor gültig. Erst mit der Vision eines wehrwirtschaftlich möglichst autarken, weit nach Osten ausgreifenden „ G r o ß r a u m s " , wie sie im Frieden von Brest-Litowsk Realität wurde, stieß die deutsche Außenpolitik in neue Dimensionen vor. Die Niederlage der Mittelmächte gegen die Entente machte diese Option d a n n zwar wieder zunichte, jedoch lösten sich die hier sichtbar gewordenen Vorstellungen nicht völlig auf. Das Ziel, dem Deutschen Reich in E u r o p a eine Großmachtstellung zu verschaffen, blieb mit gewissen Modifikationen und Gewichtsverlagerungen auch für die Weimarer Außenpolitik konstitutiv. O h n e unterschiedliche Ansätze u n d Zielperspektiven dieser Jahre allzu stark in eine Schablone pressen zu wollen, läßt sich konstatieren, d a ß der Vorsatz zur Revision der neuen Grenzen und zur Abschüttelung auch der finanziellen u n d militärischen „Fesseln von Versailles", der allen relevanten politischen Kräften gemeinsam war, sich direkt oder indirekt an der Position des Kaiserreichs orientierte. Die Erfüllung dieser Forderungen sollte d a n n den Grundstein legen f ü r den erstrebten machtpolitischen Aufstieg. Allerdings waren sich die Verantwortlichen durchaus bewußt, d a ß sie dieses Ziel wohl nur auf dem Wege der Verständigung erreichen k o n n t e n , bei der auf die Interessen der anderen europäischen Staaten Rücksicht zu nehmen war. Mit der politisch-ökonomischen Doppelkrise zu Beginn der 1930er Jahre veränderten sich die inneren wie die äußeren Bedingungen der deutschen Außenpolitik, so d a ß die Realisierung der gesetzten Ziele nun schneller erreichbar schien. In mehreren Etappen vollzog sich der Übergang von dem eher gemäßigten Revisionskurs Stresemanns, der noch um E i n b i n d u n g in eine europäische Gesamto r d n u n g bemüht gewesen war, hin zur (frühen) Außenpolitik des
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Dritten Reiches. Dabei suchte die politische F ü h r u n g in Berlin zum einen die auf eine G r o ß m a c h t p o s i t i o n zielende Revisionspolitik stärker als zuvor im Alleingang durchzusetzen, u n d zum anderen trat f ü r sie die Intention der inneren u n d äußeren „Wiederwehrhaftm a c h u n g " und damit die Option einer militärisch bestimmten Machtpolitik stärker als bisher in den Vordergrund. G e r a d e in der „ K o n t i n u i t ä t einer militärpolitisch akzentuierten außenpolitischen Z i e l s e t z u n g ü b e r d e n 3 0 . 1 . 1 9 3 3 h i n w e g " s i e h t z. B. ANDREAS HILL-
GRUBER [41: Gescheiterte G r o ß m a c h t , 76] die wichtigste Verbindung zwischen der (späten) Weimarer und der (frühen) nationalsozialistischen Außenpolitik. Diese Kontinuität läßt sich auch personell untermauern. Wichtige Repräsentanten des forcierten revisions- u n d machtpolitischen Kurses wie Neurath oder Blomberg, Hugenberg oder Papen bekleideten auch in der neuen Regierung der „nationalen K o n z e n t r a t i o n " bedeutende Kabinettsposten. Ihr bisheriges Bemühen, die N S D A P in eine neue (Präsidial-)Regierung einzubinden, hatte ja nicht zuletzt auf der H o f f n u n g beruht, hierdurch die Basis für eine machtpolitisch akzentuierte Revisionspolitik zu verstärken. Dem entsprach nun das Konzept der „ Z ä h m u n g " und „ E i n r a h m u n g " Hitlers, mit dessen Hilfe der Einfluß u n d das Gewicht des neuen Reichskanzlers auch im außenpolitischen Bereich kontrolliert werden sollte. Diese Kontinuität kam ganz besonders im Auswärtigen Amt zum Ausdruck. Die dort in der Zentrale oder „ v o r O r t " , in den jeweiligen Hauptstädten, tätigen Mitglieder des Auswärtigen Dienstes waren das stärkste Bindeglied in der deutschen Außenpolitik vor u n d nach dem 30. J a n u a r 1933. Allerdings sollte sich die Zuversicht von Neuraths schon bald als Fehlschluß erweisen, d a ß ihm - gestützt auf eine Mehrheit seiner Kabinettskollegen u n d auf die Rükkendeckung des Reichspräsidenten - auch in Z u k u n f t der entscheid e n d e Anteil an der Konzipierung der deutschen Außenpolitik zuk o m m e n würde. D e n n o c h blieb bei der Aufgabe, die von der politischen Spitze ausgehenden Impulse in konkrete Politik umzusetzen und diese Anweisungen „vor O r t " auszuführen, die Beamtenschaft der Wilhelmstraße im Verein mit den Mitgliedern des Diplomatischen Korps nach wie vor das entscheidende Instrumentarium. Je unmittelbarer der Blick auf den G a n g der Beziehungen zu einzelnen außenpolitischen Partnern fällt u n d je stärker er auch der diplomatischen Alltagsarbeit die gebührende Beachtung schenkt, desto deutlicher tritt dies zutage. G e r a d e dort, wo die entsprechenden Weisungen und Vorstellungen Hitlers im außenpolitischen Bereich eher
„Zähmungs"Konzept
Personelle Kontin u i t ä t im A u s w ä r t i gen A m t
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I. Enzyklopädischer Überblick
unbestimmt waren u n d die Angehörigen des Auswärtigen Dienstes einen gewissen Ermessens- u n d Entscheidungsspielraum f ü r ihre Tätigkeit hatten, läßt sich dies erkennen. Ihre eher traditionellen außenpolitischen Leitvorstellungen prägten die deutsche Diplomatie in je spezifischer Weise.
Divergenz der Methoden und Ziele
Revisionspoiitik und „Lebensräum -Konzept
Diese Tatsache darf jedoch nicht zu falschen Schlußfolgerungen verleiten. Die vom Reichsaußen- im Verein mit dem Reichswehr- u n d dem Reichswirtschaftsminister propagierten revisionspolitischen Ziele gewannen im Z u s a m m e n h a n g von Hitlers außenpolitischem „ P r o g r a m m " eine neue Qualität, die ihr Gewicht und ihre s u b s t a n z veränderte. „ W a s f ü r sie" - so ist von kompetenter Seite betont worden - „gleichsam Selbstzweck im Sinne traditioneller deutscher Großmachtpolitik zur Bildung eines K r a f t z e n t r u m s in Mitteleuropa war, bildete f ü r Hitler nur eine, nicht einmal die wichtigste Voraussetzung f ü r seine singuläre weltpolitische Zielsetzung." Zwar habe der deutsche Diktator an Vorstellungen und Konzeptionen a n g e k n ü p f t , die von der militärischen Führung zu Ende des Ersten Weltkriegs im R a h m e n der „ g r o ß r ä u m i g e n " Ost-Lösung propagiert u n d in Brest-Litowsk auch realisiert worden seien, doch stellten seine entsprechenden Überlegungen „infolge der Überlagerung dieser weitgespannten machtpolitischen K o m p o n e n t e mit radikalen rassenideologischen Zielvorstellungen eines universalen Antisemitismus qualitativ etwas anderes dar als selbst die extremen expansionistischen ,Programme' aus den letzten Jahren des Weltkrieges" [A. H I L L G R U B E R , Kontinuität u n d Diskontinuität in der deutschen Außenpolitik von Bismarck bis Hitler, in: 42: ders., Großmachtpolitik, 31]. Dies markiert den 30. J a n u a r 1933 eindeutig als Zäsur in der deutschen Außenpolitik. In der Praxis ergab sich aus diesem N e b e n e i n a n d e r ein vielschichtiges u n d noch heute kontrovers gedeutetes Bild. Die revisionspolitischen Forderungen der Vergangenheit, nun mit neuer Vehemenz vorgetragen u n d teils auch durchgesetzt, bildeten den Vorhang, hinter dem sich Hitlers „ P r o g r a m m " zunächst noch verbergen, aber auch weiter entfalten konnte. Diese Dichotomie von Altem u n d N e u e m , von traditioneller Großmachtpolitik u n d rassenideologisch begründetem „ L e b e n s r a u m " - K o n z e p t prägte die nationalsozialistische Außenpolitik seit ihren Anfängen. Die Normalität und Geschäftigkeit des diplomatischen Alltags, aber auch die Konzentration auf die Verwirklichung erster revisionspolitischer Schritte mochte dies verdecken, konnte diese Doppelgesichtigkeit jedoch nicht aufheben. Hinzu kam, d a ß Hitler - trotz Fixierung auf
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sein „ P r o g r a m m " - im jeweiligen außenpolitischen Entscheidungsprozeß durchaus taktische Abweichungen, Improvisationen u n d Umwege vollzog, die als Antwort auf Veränderungen in der internationalen Konstellation zu verstehen waren. Auch dies trug zur Janusköpfigkeit der (frühen) nationalsozialistischen Außenpolitik bei. Die revisionspolitischen Erfolge, die die Jahre nach der „ M a c h t e r g r e i f u n g " prägten, beruhten auch d a r a u f , d a ß die internationalen R a h m e n b e d i n g u n g e n sich seit Beginn der 1930er Jahre zu verändern begannen u n d d a ß der Handlungsspielraum Berlins sich damit erweiterte. Mit dem Rückzug der G r o ß m ä c h t e aus der internationalen Kooperation, mit Frankreichs (politischem, wirtschaftlichem u n d militärischem) „repli sur l ' H e x a g o n e " u n d seiner Untero r d n u n g unter die englische, zu einem „ a p p e a s e m e n t of G e r m a n y " tendierende Diplomatie, mit dem Scheitern des Prinzips der kollektiven Sicherheit zunächst im Fernen Osten, d a n n in Abessinien und schließlich in E u r o p a gewann die Außenpolitik des Dritten Reiches eine Aktionsfreiheit, die die Regierungen der Weimarer Republik nicht gehabt hatten u n d die die neue politische F ü h r u n g im Sinne ihrer nächsten Zielsetzungen auszunutzen verstand. Durch die hierbei zunächst erreichten Erfolge erhielt Hitler Gelegenheit, nun konkrete Expansionsschritte ins Auge zu fassen, die Voraussetzung und Ausgangspunkt seiner „eigentlichen" Ziele sein würden. Dadurch wurde die Disparität der Ziele des Kanzlers einerseits und des Auswärtigem Amtes bzw. der Reichswehrführung andererseits z u n e h m e n d deutlich. Spätestens in den Krisen der Jahre 1938 u n d 1939 m u ß t e allen Beteiligten klar werden, d a ß der „ F ü h r e r " nicht die Wiederherstellung u n d längerfristige Konsolidierung der deutschen G r o ß m a c h t p o s i t i o n in E u r o p a anvisierte, sondern d a ß seine Ziele d a r ü b e r hinausgingen und d a ß er auch bereit war, militärische Mittel einzusetzen. Diese Zielsetzung selbst wie auch den Weg dorthin, der das bisher Erreichte zunichtemachen u n d „finis G e r m a n i a e " (Ernst von Weizsäcker) bedeuten konnte, lehnte die sich formierende „ n a t i o n a l k o n s e r v a t i v e " Opposition entschieden ab. Hierbei mußte sie sich jedoch eingestehen, d a ß sie sich über die Absichten Hitlers getäuscht oder aber die eigenen C h a n c e n zu dessen „ Z ä h m u n g " überschätzt, ja, d a ß sie selbst die außenpolitischen Erfolge mit geschaffen hatte, die dem deutschen Diktator nun zur G r u n d l a g e seiner weiteren Expansionsschritte wurden. Der entscheidende Wesenszug der nationalsozialistischen Außenpolitik trat d a n n im Laufe des Krieges mehr u n d mehr hervor, nämlich der globale Herrschaftsanspruch und die in universalem
Veränderungen im internationalen System
Von Revision zu Expansion
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I. Enzyklopädischer Überblick
M a ß s t a b zu verwirklichende rassische Utopie. In der Fortentwicklung und Präzisierung von Hitlers „ P r o g r a m m " , wie es auf dem Hö,,Programm" h e p u n k t seines politischen und militärischen Erfolges 1940/41 Gestalt a n n a h m , wurde die Vision eines Anlaufs zur Welt(vor)herrschaft sichtbar, bei dem selbst den Vereinigten Staaten ,,die Stirne" geboten u n d dem germanischen Großreich zum endgültigen Sieg verholfen werden sollte. Diese spezifische Verflechtung von rassischem D o g m a u n d universalem Herrschaftsanspruch, bereits in Hitlers f r ü h e n Schriften angelegt u n d später programmatisch weiterentwickelt, prägte Anspruch wie Realität der deutschen Politik im Zweiten Weltkrieg immer deutlicher. Im Reich selbst, in den besetzten Gebieten wie in Diplomatie u n d Kriegführung wurden die hierauf gegründeten bzw. die hiervon abgeleiteten M a ß n a h m e n und Entscheidungen mehr u n d mehr zum Beweggrund der deutschen Politik. Hitiers
Rassenherrschaft als Ziel
Das „ E n d e " Europas
Diese Perspektive einer globalen, auf der D o m i n a n z der germanischen Rasse beruhenden Herrschaft führt das Dritte Reich aus der Kontinuität der deutschen Außenpolitik heraus. Insgesamt ist der Einschätzung zuzustimmen, daß „das nationalsozialistische Deutschland danach [gestrebt habe], die Qualität der inneren und internationalen Politik durch eine in universalem M a ß s t a b zu verwirklichende rassische Utopie zu verändern. In ihr sollten die Bedingungen des bisher b e k a n n t e n Verlaufs der Geschichte ein für allemal außer Kraft gesetzt, jede soziale Bewegung im biologischen Mythos der Rassenherrschaft zum Stillstand gebracht und das germanische Großreich endlich zur Weltherrschaft geführt w e r d e n " [40: K. H I L D E B R A N D , Drittes Reich, 106]. Die Tatsache, d a ß dieses Ziel nicht erreicht wurde, d a ß diese Vorhaben a u f g r u n d des für das Dritte Reich ungünstigen Kriegsverlaufs ab 1941/42 aufgegeben werden mußten, minderte nicht die Bedeutung dieses „Prog r a m m s " , führte aber wohl dazu, d a ß Hitlers Kriegführung von m a n c h e n Mitgliedern der zivilen oder militärischen Spitze noch immer als Fortschreibung der traditionellen Großmachtpolitik Berlins bzw. als W i e d e r a u f n a h m e der deutschen Ostpolitik von 1918 mißdeutet wurde. Deshalb wirkten sie - trotz mancher Bedenken hinsichtlich des Kriegsverlaufs u n d der Besatzungspraxis - mit in diesem Krieg, obwohl sie damit objektiv wiederum dem deutschen Diktator halfen, sein „ P r o g r a m m " zu verwirklichen. Die von Hitler u n t e r n o m m e n e „letzte . . . Steigerung europäischer Machtpolitik" [ebd.] führte d a n n allerdings zu einem entscheidenden politischen Bedeutungsverlust des alten Kontinents, da
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nun die Flügelmächte des internationalen Systems, die Vereinigten Staaten u n d die Sowjetunion, sich zu Herren E u r o p a s aufschwangen. Ihre Weltmachtposition, latent seit der J a h r h u n d e r t w e n d e vorh a n d e n , in der Zwischenkriegszeit aber im Zeichen einer letzten (Schein-)Blüte traditioneller Machtstaatspolitik zurückgedrängt, erlangten sie in und durch diesen Krieg, in den sie zur Abwehr der vom Dritten Reich ausgehenden H e r a u s f o r d e r u n g eingetreten waren. Der symbolträchtige Handschlag von Soldaten beider Staaten in Torgau an der Elbe am 25. April 1945 machte diese neue Konstellation mehr als deutlich.
II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung 1. Grundpositionen der Deutung nationalsozialistischer Außenpolitik Die Deutungsmuster der Methoden und Ziele, der Bewegg r ü n d e u n d Bestimmungsfaktoren, der Antriebskräfte und Resultate der Außenpolitik des Dritten Reiches gehen in weiten Teilen zurück auf Sichtweisen, die von Zeitgenossen in den 1930er und 1940er Jahren geprägt u n d d a n n von der Geschichtsforschung aufgegriffen u n d weitergeführt worden sind. Sie sollen hier a n h a n d von vier Interpretationsmodellen vorgestellt werden: a) In seiner 1952 publizierten Hitler-Biographie hat der englische Historiker A L A N B U L L O C K Hitler als einen „völlig prinzipienlose[n] Opportunismen]" dargestellt, dessen Außenpolitik allein vom „Willen zur Macht in seiner brutalsten und reinsten F o r m " geleitet worden sei. Hiermit griff Bullock auf Deutungen zurück, wie sie z.B. der Danziger Senatspräsident H e r m a n n Rauschning gegen E n d e der 1930er Jahre entwickelt hatte. In seinen „Gesprächen mit Hitler" hatte er den neuen Reichskanzler als Machtpolitiker einzuschätzen gelernt, dessen Außenpolitik ohne klare Zielsetzung gewesen sei und der von der Ausnutzung „günstige[r] Gelegenheiten" profitiert habe, „bereit, alles preiszugeben, was er bisher verfochten hatte, nur um seine Macht zu vergrößern". Hieran a n k n ü p f e n d , sah Bullock in seiner „Studie über T y r a n n e i " den deutschen Diktator als einen von Fall zu Fall agierenden, die jeweilige internationale Konstellation ausnutzenden Politiker, dessen ,,einzige[s] Prinzip ... Macht und Herrschaft um ihrer selbst willen" [199: A. BULLOCK, Hitler, 794, 364] gewesen sei. b) Dieser Interpretation hat sein L a n d s m a n n H U G H T R E V O R - R O P E R einen eigenen Deutungsversuch entgegengesetzt. In einem 1960 erschienenen Aufsatz über „Hitlers Kriegsziele" versuchte er anhand von vier „ S c h l ü s s e l d o k u m e n t e n " aus unterschiedlichen Jahren, durch die „Licht in die verborgensten G e d a n k e n g ä n g e
Builocks D e u t u n g
Trevor-Ropers Deulun
g
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II. G r u n d p r o b l e m e u n d T e n d e n z e n d e r F o r s c h u n g
Hitlers an den vier W e n d e p u n k t e n seiner politischen L a u f b a h n fällt", nachzuweisen, d a ß dessen Denken u n d H a n d e l n auf ein eindeutiges Ziel hin ausgerichtet gewesen sei. Auch hier k n ü p f t e der englische Historiker an ältere Interpretationen an, wie sie etwa der Journalist K o n r a d Heiden in einer 1936/37 erschienenen Hitler-Biographie dargelegt hatte. Dort bereits wurde dem „ F ü h r e r " ein „Plan der Weltherrschaft" zugeschrieben, den er in allen Einzelheiten nachvollziehe. Diese Sichtweise griff TrevorRoper auf, ja, suchte sie durch Selbstzeugnisse Hitlers, die Heiden noch nicht vorliegen k o n n t e n , weiter zu u n t e r m a u e r n . In diesem Sinne sah er hinter der Außenpolitik des Dritten Reiches Hitlers Willen, sein „ L e b e n s r a u m - K o n z e p t " zu verwirklichen, wobei dessen G r u n d z ü g e von den 1920er Jahren bis zur Niederlage 1945 konstant geblieben seien. G e r a d e die von ihm angef ü h r t e n „Schlüsseldokumente" bezeugten in seiner Sicht eine „ a u s n a h m s l o s absolute Übereinstimmung u n d Folgerichtigkeit im Denken u n d H a n d e l n " des deutschen Diktators seit Beginn seiner politischen Tätigkeit, die d a n n die G r u n d l a g e eines „konsequenten, zielbewußten Vorgehens" [Hitlers Kriegsziele, in: 53: MICHALKA, (Hrsg.), Außenpolitik, 32] zur Verwirklichung dieser Zielvorstellungen gebildet habe. Taylors Deutung
c) Ein dritter englischer Historiker, A. J. P. TAYLOR, wiederum bestreitet, d a ß Hitler u n d seine engere Umgebung einen eigenständigen außenpolitischen Ansatz gehabt hätten. Er sieht die Außenpolitik des Dritten Reiches in der Kontinuität der Linie, die Stresemann und a n d e r e Politiker der Weimarer Republik vorgezeichnet hatten mit dem Ziel, die Versailler O r d n u n g zu revidieren u n d die G r o ß m a c h t p o s i t i o n des Deutschen Reiches wiederherzustellen. Somit war f ü r Taylor Hitlers Außenpolitik ^ k o n t i nental' wie vorher die Stresemanns" im Sinne der Korrektur der deutschen Ostgrenzen u n d der A n e r k e n n u n g u n d Bestätigung als gleichberechtigte europäische Macht. Hierbei stellt er Selbstzeugnisse Hitlers bewußt beiseite u n d bezieht sich im wesentlichen auf die diplomatische K o r r e s p o n d e n z des Auswärtigen Amtes, die in seiner Sicht noch am ehesten die Absichten und Zielsetzungen der politischen Spitze in Berlin wiedergibt. Somit k o m m t er zu der Einschätzung, d a ß Hitlers Außenpolitik „die seiner Vorgänger [war], der Berufsdiplomaten im Auswärtigen Amt und wirklich praktisch aller Deutschen . . . Es gab gelegentlich Unterschiede in der Betonung ... Aber die generelle Struktur blieb u n v e r ä n d e r t " [99: A. J. P. TAYLOR, Ursprünge, 93ff.].
1. Grundpositionen der Deutung nationalsozialistischer Außenpolitik 53 d) Schließlich ist noch auf marxistische Forschungsansätze zu verweisen. Sie k n ü p f e n im allgemeinen an die klassische Formel vom Faschismus als der ,,offene[n] terroristische[n] Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen u n d imperialistischen Elemente des Finanzkapitals" an, wie sie das X I I I . Plenum des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationalen 1933 verkündet hatte, u n d suchen dieses Deutungsmuster weiterzuführen oder zu modifizieren. Somit leiten sie die nationalsozialistische Außenpolitik ab aus dem „Streben der M o n o p o l e u n d G r o ß b a n k e n sowie des ihren Klasseninteressen dienenden Staats- u n d Militärapparates nach Aggression und Neuaufteilung der W e l t " [13: G. H A S S / W . S C H U M A N N (Hrsg.), Anatomie, 8], sprechen ihr jeden a u t o n o m e n Charakter ab u n d interpretieren Hitlers Expansionspolitik als Prozeß, der „ d e m Wesen u n d den Gesetzmäßigkeiten des Finanzkapitals" entspringe. Der „ F ü h r e r " selbst wird zum Agenten u n d „Büttel" der Industrie, die darauf gehofft habe, ihre traditionellen imperialistischen Ziele nun mit seiner Hilfe zu verwirklichen. Diese vier Deutungsmuster bestimmen noch immer - wenn auch mit Modifizierungen u n d Differenzierungen - die Interpretation der nationalsozialistischen Außenpolitik. Hierbei hat der marxistische Ansatz die geringsten A b w a n d l u n g e n erfahren. So ist f ü r J O A C H I M P E T Z O L D Hitler nach wie vor „ d e r verlängerte Arm der reaktionärsten und aggressivsten G r u p p e n des M o n o p o l k a p i t a l s " , die in ihm den „letzten Retter in der N o t " [213: Demagogie, 385 u. XIII] gesehen u n d deshalb seine Kanzlerschaft betrieben hätten. Auch K U R T G O S S W E I U E R sieht „die erste Wurzel des Faschismus" in dem „ D r a n g der Finanzoligarchie nach Reaktion u n d Gewalt, ... [in dem] dem Imperialismus ... innewohnende[n] offensive[n] Streben nach grenzenloser A u s d e h n u n g seiner M a c h t " [205: Aufsätze, 579]. Dies habe sich d a n n in der Außen- und Kriegspolitik niedergeschlagen. Und auch die mehrbändige, von W O L F G A N G S C H U M A N N und G E R H A R T H A S S herausgegebene Geschichte ,,Deutschland[s] im zweiten Weltkrieg" geht von der Prämisse aus, d a ß dieser Krieg „ v o m deutschen Imperialismus u n d Militarismus entfesselt [worden sei]. Als Mittel aggressiver und expansionistischer Politik war er eine gesetzmäßige Erscheinung der kapitalistischen Klassengesellschaft u n d bildete keine A u s n a h m e in ihrer Geschichte. Die deutschen Imperialisten u n d Militaristen hatten ihn geplant und bewußt als Mittel ausersehen, ihren Anspruch auf die Vorherrschaft in Europa und in der Welt durchzusetzen" [62: Bd. I, 23].
Marxistische Deutung
Marxistische i m e r PRETATLON
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II. G r u n d p r o b l e m e u n d T e n d e n z e n d e r F o r s c h u n g
Der Versuch T I M O T H Y W. M A S O N S , diese pauschale Sicht in Frage zu stellen, hat im Kreis dieser Historiker wenig Resonanz gef u n d e n . Zwar ist Mason durchaus bereit, f ü r die Anfangsjahre des Dritten Reiches das klassische marxistische Deutungsmuster von der Indienstnahme Hitlers durch die Industrie zu akzeptieren, doch sieht er spätestens seit 1936 eine z u n e h m e n d e Unabhängigkeit „der Innen- u n d Außenpolitik der nationalsozialistischen Staatsführung ... von der Bestimmung durch die ökonomisch herrschenden Klass e n " [Der Primat der Politik - Politik u n d Wirtschaft im Nationalsozialismus, in: 5 3 : W . M I C H A L K A (Hrsg.), Außenpolitik, 119]. Ja, er konstatiert sogar in wesentlichen Punkten eine Interessendivergenz zwischen beiden Teilen, so d a ß er zu der These vom „Primat der Politik" gelangt. Dem haben E B E R H A R D C Z I C H O N , D I E T R I C H E I C H H O L T Z u n d K U R T G O S S W E I L E R den „ P r i m a t der Industrie im Kartell der nationalsozialistischen M a c h t " [70] entgegengehalten, der in ihrer Sicht durch Masons Argumentation nicht widerlegt worden sei. Damit wird - trotz mancher Differenzierungen hinsichtlich der Zusammensetzung und der Kräfteverhältnisse innerhalb dieses „ K a r t e l l s " - die grundlegende Deutung Hitlers als eines Agenten der Industrie nicht in Frage gestellt, im Gegenteil, die Sichtweise von der nationalsozialistischen Außen- u n d Kriegspolitik als Ausdrucksform kapitalistischer Wirtschaftsinteressen und ihrer traditionellen Trägerschichten erneut unterstrichen. Somit können diese Autoren auf die Kontinuität der „ E u r o p a - u n d Weltherrschaftspläne ... des deutschen Imperialismus von der J a h r h u n d e r t w e n d e bis Mai 1945" [20: W. S C H U M A N N / L . N E S T L E R (Hrsg.), Weltherrschaft] verweisen, die jede eigenständige außen- u n d rassenpolitische Zielsetzung des Dritten Reiches ausschließe. Taylors These von der Ubereinstimmung der außenpolitischen Ziele Stresemanns u n d Hitlers ist von der historischen Forschung nicht akzeptiert und weitergeführt, wohl aber zum Anlaß genomKontinuitätsthese men worden, nach Elementen der Kontinuität über das Jahr 1933 hinaus zu fragen, sei es hinsichtlich der Zielsetzung der deutschen Außenpolitik oder auch der Trägergruppen entsprechender Entscheidungen; hierzu sind bisher eine Fülle unterschiedlicher Antworten gegeben worden, auf die unten (Kap. 5a) noch einzugehen sein wird. Zudem hat sie den Blick geschärft für die Frage, wie weit das Dritte Reich - hier repräsentiert durch seine Außen- und Kriegspolitik - ein Produkt der deutschen Geschichte und ihrer Verwerfungen sei. In diesem Z u s a m m e n h a n g müssen jedoch die eher p l u m p e n Versuche der „ f u n d a m e n t a l forces' school of t h o u g h t "
1. G r u n d p o s i t i o n e n der D e u t u n g nationalsozialistischer A u ß e n p o l i t i k
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[N. R I C H , Hitler's Foreign Policy, in: 86: G. M A R T E L (Hrsg.), Origins, 130] als mehr oder weniger gescheitert gelten, eine Linie „ f r o m Luther to Hitler" (so William M. M c G o v e r n 1946) zu konstruieren, die durch die Besonderheit der deutschen politischen Kultur, Denktraditionen oder auch wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung geprägt worden sei und d a n n die nationalsozialistische Ideologie u n d Herrschaftspraxis bestimmt habe. Sehr viel ernster zu nehmen sind dagegen die Interpretationsansätze derjenigen, die auf die Identität der deutschen Führungsg r u p p e n vom Kaiserreich über die Weimarer Republik bis ins Dritte Reich verweisen u n d die Konstanz ihres außenpolitischen Expansionsstrebens betonen. So hat schon L U D W I G D E H I O Mitte der 1950er Jahre von den beiden Weltkriegen „als zwei Akten desselben D r a m a s " [201 : Deutschland, 27] gesprochen und Vorgeschichte und Verlauf beider Kriege als doppelten Anlauf Deutschlands zur europäischen Hegemonie gedeutet. In Fortsetzung dieses Ansatzes hat auch F R I T Z FISCHER den zweimaligen deutschen „Griff nach der W e l t m a c h t " unterstrichen u n d zur Erläuterung auf das „ B ü n d n i s zwischen dem . . . , F ü h r e r ' ... und den traditionellen agrarischen u n d industriellen Machteliten" im Dritten Reich, auf die „ K o n t i n u i t ä t der M a c h t s t r u k t u r e n " [204: Bündnis, 93] seit dem Bismarck-Reich wie auch auf die Kongruenz der ostpolitischen Zielsetzungen der deutschen politischen Spitze im Ersten und im Zweiten Weltkrieg hingewiesen. Ähnlich, wenn auch stärker auf die innenpolitische Entwicklung des Deutschen Reiches spätestens seit Mitte des 19. J a h r h u n d e r t s fixiert, hat H A N S - U L R I C H W E H L E R die Außenpolitik des Dritten Reiches in der Kontinuität des Kaiserreiches gesehen und sie als Ausdruck eines „extremen Sozialimperialismus" gedeutet, der „ d u r c h den Aufbruch nach ,Ostland' noch einmal den inneren Fortschritt aufzuhalten u n d von der inneren Unfreiheit abzulenken versucht" [217: Krisenherde, 161] habe. Auch die These vom ,,prinzipienlose[n] Opportunismen]" Hitler hat mittlerweile verschiedene Brechungen erfahren. Bereits in einer N e u a u f l a g e seiner Hitler-Biographie hat Bullock selbst sie - nicht zuletzt angesichts der G e g e n a r g u m e n t e seines Kollegen Trevor-Roper - teilweise revidiert. Zudem sind seine Einsichten durch Deutungen ergänzt u n d modifiziert worden, die stark auf die innere Anarchie des Dritten Reiches, auf die Gleichzeitigkeit von herkömmlichem „ N o r m e n s t a a t " und terroristischem „ M a ß n a h m e s t a a t " und auf das Neben- und Gegeneinander verschiedener Machtträger abheben u n d damit die Irrationalität nationalsozialistischer Politik be-
Soziaiimperiaüsmus These
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m p r o v i s i e r t e Herrschaft
„Lebensraum"
als
Metapher
II. G r u n d p r o b l e m e u n d Tendenzen der Forschung
tonen. Vor diesem Hintergrund haben verschiedene Historiker bestritten, d a ß die Entscheidungen der politischen Spitze in Berlin auf ein konkretes Ziel ausgerichtet u n d ihr Handeln d u r c h d a c h t u n d rational gewesen seien. Statt dessen haben sie das Dritte Reich als eine „institutioneile Anarchie ohnegleichen" charakterisiert, in der ^ e j n e z u n e h m e n d e Entsachlichung der Entscheidungsprozesse auf allen Ebenen des Systems" [ 5 5 : H. M O M M S E N , Nationalsozialismus, 702] jede p l a n m ä ß i g e u n d entschlossene Politik unmöglich gemacht, ja, in der die systemimmanente Tendenz zur kumulativen Radikalisierung u n d zur Steigerung der inneren D y n a m i k des Regimes schließlich seine Selbstzerstörung bewirkt habe. Auch wenn diese Sichtweise stärker auf die innenpolitische Situation des Dritten Reiches ausgerichtet ist, so k a n n sie doch den außenpolitischen Sektor nicht aussparen. Hier hat zunächst M A R T I N B R O S Z A T Hitlers Ziel, „ L e b e n s r a u m " im Osten zu erobern, als „ M e tapher u n d utopische... Umschreibung [eines] ... kontinuierlichen Strebens n a c h immer mehr machtpolitischer H a n d l u n g s f r e i h e i t " gedeutet, das nicht als „rationaler H a n d l u n g s p l a n auf ein konkret vorgestelltes begrenztes Objekt hin, sondern - ähnlich wie der Antisemitismus - als fanatisches Festhalten an einer in G a n g gesetzten dynamischen Bewegung" zu verstehen und als „symbolische EndVorstellung f ü r eine in Wahrheit auf unendlichen Progressus gericht e t e Bewegung und M a c h t a k k u m u l a t i o n " [Soziale Motivation und Führer-Bindung des Nationalsozialismus, in: 5 3 : W. M I C H A L K A (Hrsg.), Außenpolitik, 114 f.] zu sehen sei. Ähnlich hat auch H A N S M O M M S E N die Objekt- und Grenzenlosigkeit der machtpolitischen Zielsetzungen des Nationalsozialismus betont und bestritten, „ d a ß Hitler ein ganz bestimmtes außenpolitisches System" [55: Nationalsozialismus, 702] befolgt habe. Diese Interpretationsansätze hat wied e r u m W O L F G A N G S C H I E D E R a u f g e n o m m e n u n d weiterentwickelt. Er möchte in Hitlers außenpolitischer Programmatik „zwei E b e n e n " unterscheiden, „zwischen denen es letzten Endes keine Vermittlung g a b " , nämlich zum einen „seine Vorstellungen einer außenpolitischen E n d l ö s u n g " , an denen er mit ,,fanatische[r] K o n s e q u e n z " festgehalten habe, u n d zum anderen „ m e h r oder weniger klar umschreibbare Objekte", die er mit großer „Beweglichkeit des Denkens u n d H a n d e l n s " zu verwirklichen gesucht habe. Als Fazit will Schieder Hitlers Außenpolitik „ w e d e r ausschließlich als Umsetzung von Langzeitprogrammen begreifen, noch ... als Produkt eines objektlosen Nihilismus ... erklären. Sie besteht vielmehr im ganzen aus einer oft widersprüchlichen Mischung von dogmatischer Starr-
]. Grundpositionen der Deutung nationalsozialistischer Außenpolitik 57 heit im Grundsätzlichen u n d äußerster Flexibilität im Konkreten. Aus dem Zusammenspiel dieser beiden Verhaltensweisen erklärt sich letzten Endes auch die besondere Dynamik und Aggressivität dieser Politik" [Spanischer Bürgerkrieg u n d Vierjahresplan, in: 53: W. M I C H A L K A (Hrsg.), Außenpolitik, 3 2 9 ] . Am wenigsten verändert worden ist die These Trevor-Ropers, d a ß Hitlers außenpolitisches Denken u n d H a n d e l n sich an einem „ P r o g r a m m " orientiert habe. Allerdings sind diese Aussagen mittlerweile angesichts der Verbreiterung der Quellenbasis sowie durch das Auftauchen neuer Fragestellungen modifiziert u n d weiterentwickelt worden. Hier hat sich vor allem eine Kontroverse um die Frage ergeben, ob Hitlers Konzept kontinental ausgerichtet gewesen „Kontinentalsten sei, also in der S c h a f f u n g eines deutschen Ostimperiums seinen Zielpunkt g e f u n d e n habe, oder ob sein Herrschaftsanspruch als global gekennzeichnet werden müsse, da letztlich die Welt(vor)herrschaft sein Fixpunkt gewesen sei. Wie Trevor-Roper betonen auch E B E R H A R D J Ä C K E L [ 4 9 : Weltanschauung] u n d A X E L K U H N [ 5 1 : Programm], H A N S - A D O L F JACOBSF.N [Zur Struktur der NS-Außenpolitik 1 9 3 3 - 1 9 4 5 , in: 3 7 : M . F U N K E (Hrsg.), Hitler, 1 3 7 - 1 8 5 ] und D I E T R I C H A I G N E R [Hitler u n d die Weltherrschaft, in: 5 3 : W. M I C H A L K A (Hrsg.), Außenpolitik, 4 9 - 6 9 ] die kontinentale Dimension von Hitlers außenpolitischem „ P r o g r a m m " . Für sie weist der Plan der Gewinnung neuen „ L e b e n s r a u m s " im Osten auf Hitlers Absicht hin, dort ein Kontinentalimperium unter Einschluß der Sowjetunion zu errichten, wobei diese neue eurasiatische „ W e l t m a c h t " den angloamerikanischen Weltmächten sowie J a p a n ebenbürtig hätte sein sollen. Demgegenüber hat bereits zu Beginn der 1960er Jahre G Ü N T E R M O L T M A N N die globale Zielsetzung von Hitlers Außenpolitik betont „Giobalisten" und damit dessen „ W e l t h e r r s c h a f t s i d e e n " [88] dargelegt. Diese Interpretation hat d a n n A N D R E A S H I L L G R U B E R [ 4 5 : Strategie] aufgegriffen und durch eigene Forschungen weitergeführt, durch die er die Entfaltung und A u s f o r m u n g der außenpolitischen Zielsetzung des „ F ü h r e r s " deutlicher als bisher nachzeichnen konnte. Hierbei entwickelte er einen „ S t u f e n p l a n " , nach dem Hitler in einem ersten Schritt ein sich über ganz Europa bis zum Ural erstreckendes Imperium habe erobern wollen, dem in einer zweiten Phase der Erwerb kolonialen Ergänzungsraums in Afrika habe folgen sollen, um so dieses neue Großreich in die Lage zu versetzen, in einem dritten Anlauf die Auseinandersetzung mit den USA zu bestehen. Damit wäre die Welt(vor)herrschaft erreicht gewesen. Diese Sichtweise teilen auch K L A U S H I L D E B R A N D [Hitlers „ P r o g r a m m " u n d seine Realisie-
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IL Grundprobleme und Tendenzen der Forschung
rung
1939-1942, in: 57: G. NIEDHART (Hrsg.),
Kriegsbeginn,
178-224], JOCHEN THIES [ H i t l e r s „ E n d z i e l e " , i n : 5 3 : W . MICHALKA
(Hrsg.), A u ß e n p o l i t i k , 7 0 - 9 1 ] u n d MILAN HAUNER [80: D i d Hitler?];
auch sie unterstreichen in ihren Forschungen die globale Dimension von Hitlers außenpolitischem „Programm". Insbesondere Hildebrand betont diese Zielperspektive, nämlich die Alternative „Weltmacht oder Untergang", an der in seiner Sicht der deutsche Diktator bis 1945 festgehalten habe.
2. Die Diskussion um Hitlers außenpolitisches „Programm" Angesichts des hohen Stellenwertes, den die zeitgeschichtliche Forschung Hitler für die Formulierung wie für den Vollzug der Außenpolitik des Dritten Reiches zumißt, haben Entstehung und Entwicklung seines außenpolitischen „Programms" schon immer große Aufmerksamkeit gefunden. Der Schwerpunkt lag zunächst auf den frühen Ansätzen und Einflüssen, also insbesondere den alldeutschen und völkischen Zielsetzungen, die in den Jahren vor und irste „programma- nach dem Ersten Weltkrieg die Ansichten des späteren „Führers" tische Aussagen g e p r ägt haben. Gleichzeitig sind auch Rolle und Bedeutung Hitlers innerhalb der frühen NSDAP untersucht worden, in der sein außenpolitischer Ansatz mit anderen Positionen konkurrierte und sich erst allmählich durchsetzen konnte. Und schließlich haben verschiedene Historiker nach den entscheidenden Elementen dieses Konzepts gefragt und hierzu Hitlers Vorsatz gezählt, ein Bündnis mit Italien und Großbritannien abzuschließen, das den machtpolitischen Aufstieg des Deutschen Reiches abschirmen und ermöglichen sollte, aber auch dessen immer wieder bekundete Absicht betont, einen „Lebensraum"-Krieg gegen die Sowjetunion zu führen. Allerdings gibt es unterschiedliche Bewertungen in der Frage, seit wann diese zentralen Aussagen in Hitlers „Programm" ausgeformt gewesen seien. Während beispielsweise AXEL KUHN [51: Hitlers Programm] für die Zeit bis 1925 noch gewisse Schwankungen und Varianten in dessen außenpolitischen Vorstellungen festgestellt hat, konnte GEOFFREY STOAKES [97: Hitler] jüngst nachweisen, daß die genannten zentralen Elemente in ihren Grundzügen bereits 1922 vorhanden waren und daß Hitler nur aus taktischen Rücksichten seine Umgebung hierüber teilweise im unklaren gelassen habe. Seine definitive Ausprägung - so die einhellige Forschungsmei-
2. Die Diskussion um Hitlers a u ß e n p o l i t i s c h e s „ P r o g r a m m "
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nung - hat dieses „ P r o g r a m m " d a n n mit der Niederschrift von „ M e i n K a m p f g e f u n d e n , so d a ß die Grundlinien der außenpolitischen Konzeption des „ F ü h r e r s " spätestens von 1924/25 an feststanden. Alle Autoren betonen die enge Verschränkung von außenu n d rassenpolitischen Zielsetzungen im Sinne der Eroberung neuen „ L e b e n s r a u m s " im Osten des Kontinents. „,Neu* in dieser Konzeption", hierauf hat A N D R E A S H I L L G R U B E R hingewiesen, „ w a r , d a ß radikaler universaler Antisemitismus . . . u n d , L e b e n s r a u m ' - G e d a n k e ... unlösbar miteinander verknüpft wurden. Im Geschichtsbild eines p e r m a n e n t e n , gnadenlosen K a m p f e s der Völker um einen ihrer wachsenden G r ö ß e angemessenen, aber nur bei ,Rassenreinheit' zu b e h a u p t e n d e n ,Lebensraum' f a n d e n diese beiden G r u n d e l e m e n t e ihre Synthese." Dies läßt Hillgruber zu der Schlußfolgerung kommen, d a ß „die militärische Eroberung R u ß l a n d s zwecks G e w i n n u n g neuen ,Lebensraums' u n d die Ausrottung der Juden in Hitlers Programm wie in seiner ... Realisierung u n t r e n n b a r v e r k n ü p f t w a r e n " [Die „ E n d l ö s u n g " u n d das deutsche Ostimperium als Kernstück des rassenideologischen Programms des Nationalsozialismus, in: 43: DERS., G r o ß m a c h t - u n d Weltpolitik, 254 f., 257], Dies macht für ihn das Spezifische in Hitlers außenpolitischem Ansatz aus. Im Sinne dieser Aussagen erschien die Sowjetunion als der wichtigste machtpolitische und ideologische Feind des Dritten Reiches, sie zu erobern u n d zu zerschlagen, war der Fixpunkt dieser (ersten) Phase in Hitlers außenpolitischem „ P r o g r a m m " . Sie wurde als „ H o r t des Bolschewismus und des J u d e n t u m s " eingestuft; durch ihren Untergang sollte der entscheidende Widerpart und „ T o d f e i n d " des Nationalsozialismus ausgeschaltet werden und in den Weiten des Ostens das deutsche Volk zudem den als notwendig erachteten „ L e b e n s r a u m " finden. Absichern und ergänzen wollte der „ F ü h r e r " dies durch ein Bündnis mit G r o ß b r i t a n n i e n , das er durch das Angebot einer Teilung der Interessensphären für einen solchen Schritt zu gewinnen hoffte. Hierbei sollte das Deutsche Reich „freie H a n d " im Osten erhalten, während L o n d o n - begünstigt durch den deutschen Verzicht auf Kolonial- oder Flottenforderungen - sich seinen überseeischen Besitzungen u n d Interessen widmen könnte. Angesichts der Bedrohung der imperialen Stellung G r o ß b r i t a n n i e n s durch die Sowjetunion wie die USA habe - wie alle genannten Autoren betonen - Hitler geglaubt, d a ß jede um den Bestand der britischen Weltgeltung besorgte Regierung in Whitehall auf dieses für sie so vorteilhafte Angebot eingehen würde. Flankiert werden sollte dieses Bündnis schließlich durch eine A n n ä h e r u n g an das faschisti-
,,Mein K a m p f "
Haltung zur Sowjetunion
Haltung gegenübe England
60 ^ l t u n g gegenüber italien
„Zweites Buch"
IL G r u n d p r o b l e m e u n d T e n d e n z e n der F o r s c h u n g
sehe Italien, durch die zum einen die gemeinsame ideologische Ausrichtung unterstrichen, zum anderen aber auch der „ E r z f e i n d " Frankreich in Schach gehalten u n d (politisch oder militärisch) ausgeschaltet werden sollte. G e r a d e die hier skizzierte bündnispolitische Konstellation würde es in Hitlers Augen ermöglichen, die bisherige Vormachtposition Frankreichs abzulösen, den deutschen Einflußbereich auf West- u n d Mitteleuropa auszudehnen und - gestützt auf diese Hegemonialstellung .auf dem Kontinent und mit dem britischen Bündnis im Rücken - den K a m p f um „Lebensr a u m " im Osten führen zu können. Zwar weisen nahezu alle Historiker, die sich Hitlers außenpolitischem „ P r o g r a m m " gewidmet haben, darauf hin, d a ß auch in „ M e i n K a m p f die Perspektive einer Welt(vor)herrschaft des Deutschen Reiches angedeutet sei, doch steht, wie sie unterstreichen, die gegen die UdSSR gerichtete kontinentale Eroberungspolitik mit dem Ziel eines deutschen Herrschaftsgebiets vom Atlantik bis zum Ural eindeutig im Mittelpunkt. Mit der Entdeckung von Hitlers im Jahr 1928 geschriebenem „Zweitem Buch" wird f ü r sie d a n n aber deutlich, d a ß zu diesem Zeitpunkt der „ F a k t o r A m e r i k a " in seinem Denken einen zentralen Stellenwert e i n n a h m ; damit war die globale Dimension des deutschen Herrschaftsanspruchs verstärkt und präzisiert worden. In dieser erst 1961 veröffentlichten Schrift lenkte Hitler den Blick bereits über das zu erobernde Kontinentalimperium in E u r o p a hinaus auf die G e w i n n u n g eines kolonialen Ergänzungsraums in Afrika u n d auf die S c h a f f u n g einer starken Flotte mit Stützpunkten im Atlantik, durch die das Deutsche Reich nicht nur dem britischen Empire u n d den Vereinigten Staaten ebenbürtig werden, s o n d e r n auch in der Lage sein würde, den USA „die Stirne zu bieten". Zwar erwartete Hitler diese Auseinandersetzung erst für eine spätere Generation, doch war für ihn der Weg zu dieser machtpolitischen K o n f r o n t a t i o n eindeutig vorgezeichnet. Damit wird für A N D R E A S H I L L G R U B E R „ e r k e n n b a r , ... d a ß ... der gesperrt gedruckte Satz in seinem , K a m p f - B u c h , ,Deutschland wird entweder Weltmacht oder überhaupt nicht sein', in einem ganz wörtlichen Sinne sein , P r o g r a m m ' u m f a ß t e " [Der Faktor Amerika in Hitlers Strategie 1938-1941, in: 43: DERS., G r o ß m a c h t - und Weltpolitik, 198] und d a ß die Z u k u n f t hier allenfalls noch Konkretisierungen und Präzisierungen dieses „ P r o g r a m m s " bringen würde. In diesen Überlegungen steht die Rolle der beiden angelsächsischen Mächte im Mittelpunkt, während der deutsche Diktator in bezug auf a n d e r e Länder, also insbesondere auf die Sowjetunion u n d
2. Die Diskussion um Hitlers außenpolitisches „ P r o g r a m m "
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auf Italien, seine bisherigen Positionen kaum modifiziert hat. Vor allem aufgrund der Forschungen von J O S E F H E N K E ist deutlich geworden, wie sich Hitlers Pläne hinsichtlich des britischen Inselreiches dadurch verändert haben, d a ß dieser bevorzugte Bündnispartner sich seinen „ A n g e b o t e n " nicht aufgeschlossen zeigte. Henke weist nach, d a ß Hitler sich zunächst im Sinne seiner ursprünglichen Vorstellungen um das geplante Bündnis mit G r o ß b r i t a n n i e n bemüht und versucht habe, L o n d o n die „ I d e e eines deutsch-britischen K o n d o m i n a t s , England auf den Meeren und in Übersee, Deutschland auf dem europäischen K o n t i n e n t " , nahezubringen, d a n n aber habe er sich doch m e h r u n d mehr gezwungen gesehen, das Scheitern dieses Planes einzugestehen und die Allianzidee aufzugeben zugunsten der Einschätzung, d a ß er seine kontinentalen Ziele auch d a n n erreichen könne, wenn das Inselreich sich abseits halten und die Offerten aus Berlin abweisen w ü r d e : „ N i c h t mehr mit England, wie es Hitler in ,Mein K a m p f geplant h a t t e " - so Henkes Fazit - „ s o n d e r n einfach ohne, möglichst aber nicht gegen England gedachte Hitler fortan sein , P r o g r a m m ' zu verwirklichen" [Hitlers E n g l a n d - K o n zeption - Formulierung u n d Realisierungsversuche, in: 37: M. F U N K E (Hrsg.), Hitler, 588 u. 594]. Zwar wurde, wie Henke betont, auch jetzt der alte Bündnisgedanke nicht fallengelassen, er konnte vielmehr jederzeit wieder aufgegriffen werden, doch schloß Hitler f ü r den entgegengesetzten Fall, d a ß nämlich G r o ß b r i t a n n i e n sich seinen außenpolitischen Zielsetzungen widersetzen würde, die Möglichkeit einer kriegerischen Auseinandersetzung nicht mehr aus. Damit war die letzte Etappe, die Haltung „gegen E n g l a n d " , erreicht, die den deutschen Diktator zu einer ursprünglich nicht vorgesehenen, ihm d a n n aber durch das Verhalten Whitehalls „aufgezwungen e n " Zwischenstufe seines „ P r o g r a m m s " , nämlich zur Verdrängung Englands vom Kontinent und zu seiner militärischen Ausschaltung, nötigte. Danach wollte er d a n n zu seinem „eigentlichen" Ziel, dem K a m p f um „ L e b e n s r a u m im Osten", zurückkehren. Dies führte ihn in die - im Sinne seines ursprünglichen Konzepts - „ v e r k e h r t e " Frontstellung des 3. September 1939. Bedeutsamer aber waren die Modifikationen u n d Ergänzungen in Hitlers außenpolitischem „ P r o g r a m m " , die sich hinsichtlich des Ausgreifens nach Übersee und des ,,Faktor[s] A m e r i k a " in den 1930er und 1940er Jahren ergeben sollten. Bereits K L A U S H I L D E B R A N D hat darauf verwiesen, d a ß Forderungen Hitlers nach deutschem Kolonialbesitz immer eine doppelte Funktion hatten, d a ß sie nämlich zum einen ein taktisches Mittel waren, um G r o ß b r i t a n n i e n
Hitlers Englandpolitik
Der „Faktor" Amerika
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II. G r u n d p r o b l e m e u n d T e n d e n z e n d e r F o r s c h u n g
unter Druck zu setzen und es zur Zustimmung zu den kontinentalen Zielen Berlins zu bewegen, u n d sie zum anderen einen Ansatzpunkt bildeten f ü r erste Überlegungen, welche Stoßrichtung die deutsche Außenpolitik nach der N i e d e r w e r f u n g der Sowjetunion nehmen sollte. Damit wird für Hildebrand deutlich, d a ß die „ K o l o n i a l f r a g e als politisches Mittel u n d strategisches Fernziel der auf die Realisierung seiner Grundvorstellungen gerichteten Politik Hitlers" [82: Vom Reich, 772] eine wichtige Fortschreibung seines außenpolitischen „ P r o g r a m m s " gewesen sei. In dieselbe Richtung weisen auch die Forschungen von JOST DÜLFFER; er sieht in Hitlers Entscheid u n g f ü r den Bau einer großen Überwasserflotte, dem sogenannten „ Z - P l a n " vom Dezember 1938, ein Indiz d a f ü r , d a ß dieser bereits im Vorfeld des geplanten „ L e b e n s r a u m " - K r i e g s im Osten „in seiner G e d a n k e n b i l d u n g bei der Stufe einer Weltmachtpolitik angelangt war, die über den europäischen Kontinent hinaus reichte" [74: Weimar, 546] u n d die auf die globale Auseinandersetzung mit den USA hinwies. Die Fortentwicklung von Hitlers außenpolitischen Vorstellungen im Vorfeld und während des Zweiten Weltkriegs wurde im einzelnen von ANDREAS HILLGRUBER aufgezeigt u n d analysiert. Er entProgramm" und wickelte einen als Forschungshypothese zu verstehenden „Stufen„Stufenpian" p i a n ' ^ J e n er so skizziert: „Dieser endete n i c h t . . . bei der projektierten Eroberung neuen ,Lebensraums' im Osten, sondern war ... weltweit angelegt. Auf die ,Stufe' der Eroberung eines europäischen Kontinentalimperiums mit Rückhalt im eroberten R u ß l a n d sollte in einer zweiten ,Stufe' imperialen Ausgreifens ein kolonialer .Ergänzungsraum' in Mittelafrika sowie ein Stützpunktsystem im Atlantik u n d Indischen Ozean gewonnen werden, das einer starken deutschen Überwasserflotte als Basis dienen sollte. Im Bunde mit J a p a n , nach Möglichkeit auch mit ... G r o ß b r i t a n n i e n , sollten dabei die USA als weltpolitischer Hauptgegner zunächst auf dem amerikanischen Doppelkontinent isoliert und in der auf Hitler folgenden Generation - gleichsam in einem K a m p f der Kontinente - gegen Amerika die Weltvorherrschaft des ,Germanischen Reiches deutscher N a t i o n ' e r k ä m p f t w e r d e n " [84: Endlich genug?, 34 f.]. Zwar sind Bedenken artikuliert worden, Hitlers „ D e n k e n u n d Planen ... ex post so etwas wie die stringente Rationalität eines ,Stufenplanes' von der europäischen zur Weltherrschaft zu unterstellen" [67: B.-J. WENDT, G r o ß d e u t s c h l a n d , 176] u n d dessen eher sporadische Aussagen zu einer außenpolitischen Strategie zu verdichten, doch hat Hillgruber gegenüber diesen E i n w ä n d e n auf sein Anliegen hinge-
2. Die Diskussion um Hitlers außenpolitisches „ P r o g r a m m "
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wiesen, die wesentlichen Triebkräfte und zentralen Ziele der Außenpolitik Hitlers zu erfassen, die - gegenüber allen „ I m p r o v i s a t i o n e n " u n d taktischen W e n d u n g e n des deutschen Diktators - unverrückbar gewesen seien. Dem habe die von ihm gewählte Terminologie („Stuf e n p l a n " , „ P r o g r a m m " ) dienen sollen. Dabei geht Hillgruber von der Einsicht aus, d a ß Hitler nach der raschen u n d spektakulären N i e d e r w e r f u n g der europäischen N a c h b a r n einschließlich des als militärisch stark angesehenen Frankreich Überlegungen u n d Planungen habe erkennen lassen, die einen tiefen Einblick in seine „letzten" Ziele ermöglichen. Auf dem (vorläufigen) H ö h e p u n k t seiner Macht a n g e k o m m e n , „anscheinend oder scheinbar so ,frei' wie nie zuvor u n d d a n a c h " [45: Strategie, 17] hat der deutsche Diktator u n d siegreiche Feldherr in Hillgrubers Augen zwischen dem Juli 1940 u n d dem Juni 1941 die oben beschriebenen Zielsetzungen entwickelt u n d sie zu einem improvisierten „ G e s a m t k r i e g s p l a n " zusammengefügt. Nicht genug damit, zei- Hitlers „Gesamtgen aus seiner Sicht auch die Umrüstungspläne für die Wehrmacht k n e g s P l a n " v o m j.
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aus dieser Zeit sowie die Entscheidung, das bei Kriegsbeginn zurückgestellte B a u p r o g r a m m f ü r eine große Überwasserflotte wieder a u f z u n e h m e n , d a ß bereits erste, vorbereitende M a ß n a h m e n getroffen worden seien, um diese Zielperspektive zu verwirklichen. Die in seiner großen Studie über „Hitlers Strategie" entwikkelte These, d a ß der deutsche Diktator „auf dem H ö h e p u n k t der Siegesillusionen im Juli 1941 nicht über die Abschirmung der östlichen ,Hemisphäre' Europa-Asien-Afrika (zusammen mit J a p a n ) in Defensivstellung gegen die auf dem amerikanischen Doppelkontinent zu isolierenden USA hinausgegangen sei" [ebd., 731], hat Hillgruber angesichts neuer Q u e l l e n f u n d e modifiziert u n d ergänzt. Einen zentralen Platz in seiner Argumentation nimmt zum einen das Gespräch Hitlers mit dem japanischen Botschafter Oshima vom 14. Juli 1941 ein, in dem der „ F ü h r e r " den „ D r e i m ä c h t e p a k t " - P a r t ner f ü r ein umfassendes O f f e n s i v b ü n d n i s gegen die Sowjetunion wie gegen die USA zu gewinnen versuchte, um beide „gemeinsam [zu] vernichten". Zum anderen verweist er aber auch auf zeitlich parallele militärische Planungen für die Zeit nach „ B a r b a r o s s a " , die von entsprechenden Vorstößen gegen die britischen Stellungen im Nahen Osten u n d in Indien wie vom A u f b a u von Luftwaffenstützpunkten gegen die USA ausgingen u n d die begleitet waren von analogen Schwerpunktverlagerungen im Rüstungsbereich, mit deren Hilfe die Voraussetzungen zur D u r c h f ü h r u n g dieser militärischen Operationen geschaffen werden sollten. In diesem Sinne konstatiert
Herbst 1940
„Weltblitzkrieg"
64
II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung
Hillgruber eine in den „Krisenwochen des Juli 1941" aufblitzende Vision „eines einzigen globalen Krieges zweier die Kontinente u n d Ozeane übergreifender ... Bündnisblöcke" [Der Zenit des Zweiten Weltkrieges - Juli 1941, in: 46: DERS., Zerstörung, 290], bei der die globale K o n f r o n t a t i o n mit den Vereinigten Staaten eindeutig und unmißverständlich in das Zentrum von Hitlers Planungen gerückt sei. Allerdings sollte, wie er betont, die politische wie die militärische Entwicklung des Krieges die Realisierung dieses Konzepts schließlich vereiteln.
3. Die einzelnen außenpolitischen Akteure und der außenpolitische Entscheidungsprozeß Vor dem Hintergrund der Diskussion um die Rolle Hitlers im Herrschaftsgefüge des Dritten Reiches und um die Bedeutung seines „ P r o g r a m m s " für Politik u n d Charakter des nationalsozialistischen „Struktur" der Deutschland haben die Analyse des außenpolitischen Entscheinationaisoziaiisti- d u n g S p r 0 z e s s e s sowie die Frage nach Rolle u n d Gewicht der hieran :hen Außenpolitik , 7 , ,, , . , „ , ... ,. beteiligten Akteure großes Interesse gelunden. G r u n d l e g e n d lur die Erörterung dieses Problemkreises ist noch immer H A N S - A D O L F J A COBSENS Untersuchung zur „Nationalsozialistische^] Außenpolitik" [47], in der der Autor - erstmals in dieser Breite - die verschiedenen Ämter u n d Institutionen beschreibt, die sich im Dritten Reich mit außenpolitischen Fragen befaßten. Hierbei geht er von einem „ d o p p e l t e n Wesenszug im Charakter der N S - A u ß e n p o l i t i k " im Sinne einer „traditionell-konservativen (d. h. revisionistischen) u n d eine[r] revolutionären Z i e l s e t z u n g ] " aus u n d spricht deshalb auch von einem „traditionellen und revolutionären Instrumentarium der A u ß e n p o l i t i k " [Zur Struktur der NS-Außenpolitik 1933-1945, in: 37: M. F U N K E (Hrsg.), Hitler, 171], das in seiner Verschränkung das Neue u n d Dynamische ihres Erscheinungsbildes ausgemacht habe. Neben den ü b e r k o m m e n e n Behördenapparat, insbesondere das Auswärtige Amt, traten somit - wie Jacobsen in seiner Darstellung betont - neue, nichtstaatliche Dienststellen wie das Außenpolitische Amt der N S D A P unter Alfred Rosenberg, die Auslandsorganisation unter E. W. Bohle oder auch die Dienststelle Ribbentrop, die nun eine konkurrierende Tätigkeit gegenüber den traditionellen Institutionen, aber auch untereinander, entfalteten. Dem Einwand, d a ß hierbei der Eindruck einer außenpolitischen „Systemlosigkeit" und eines „ Ä m t e r c h a o s " entstehe, pflichtet Jacobsen durchaus bei, be-
3. Die einzelnen außenpolitischen Akteure
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tont aber gleichzeitig, d a ß dies die außenpolitische K o m p e t e n z u n d Entscheidungsgewalt Hitlers nicht in Frage gestellt, sondern vielmehr begründet habe. Der von Jacobsens großer Studie ausgehende Anstoß, sich dem Instrumentarium der nationalsozialistischen Außenpolitik und dem außenpolitischen Entscheidungsprozeß stärker als bisher zuzuwenden, ist bisher in unterschiedlicher Weise a u f g e n o m m e n worden. Nicht von ungefähr steht das Auswärtige Amt als zentrale Schaltstelle und traditionelles Instrument außenpolitischer Entscheidungen wie außenpolitischen Handelns im Mittelpunkt dieser Forschungen. Dabei ist zum einen nach seiner Struktur u n d Organisation, nach der personellen oder inhaltlichen E i n f l u ß n a h m e seitens der N S D A P auf das Ministerium und zum anderen nach den außenpolitischen Konzeptionen des Außenministers u n d seiner Beamtenschaft gefragt worden. Hier hat lange Zeit die bereits bei Jacobsen formulierte Einschätzung vorgeherrscht, d a ß „die Angehörigen des höheren auswärtigen Dienstes ... eine weithin homogene, z.T. recht exklusive Beamtenschaft [gewesen seien], die N e u r a t h während seiner Amtszeit gegen lästige Eingriffe der Partei geschickt abzuschirmen verstand" [Ebd., 143]. Erst mit Ribbentrops E r n e n n u n g zum Außenminister im Februar 1938 sowie mit den personalpolitischen Wechseln des Frühjahrs 1943, also insbesondere der Entlassung des bisherigen Staatssekretärs, von Weizsäcker, und seiner Ersetzung durch den (politisch u n b e d e u t e n d e n ) Adolf Baron Steengracht von Moyland, habe d a n n eine stärkere Infiltration durch die Partei und eine korrespondierende Ausrichtung auf neue außenpolitische Ziele stattfinden können. An diesem Bild hat jüngst H A N S - J Ü R G E N D Ö SCHER (104: Das Auswärtige Amt] Korrekturen angebracht u n d auf erfolgreiche personelle u n d institutionelle E i n f l u ß n a h m e n seitens der N S D A P und der SS bereits vor 1937 hingewiesen, aber auch die Beschleunigung dieser Entwicklung ab 1938 nachgezeichnet. Damit k o n n t e er das Bild vom Auswärtigen Amt als einem „Bollwerk", dessen Beamtenapparat gegen nationalsozialistische Einflüsse weitgehend immun gewesen sei u n d das sich allenfalls taktisch an die neue Situation angepaßt habe, doch deutlich modifizieren, obwohl die Frage, wie weit u n d in welchen Teilen diese Einwirkungen die außenpolitische Linie dieses Ministeriums beeinflußt u n d verändert haben, noch der weiteren Erörterung bedarf. Bei allen Überlegungen, wie weit das Auswärtige Amt alternative Konzeptionen zu derjenigen Hitlers entwickelt habe und in welchem M a ß e es diese habe durchsetzen k ö n n e n , stehen n a t u r g e m ä ß
Auswärtiges u d
" DiP lomal1 scher Dienst
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von Neurath
von Ribbentrop
II. G r u n d p r o b l e m e u n d T e n d e n z e n der Forschung
die Außenminister von N e u r a t h u n d von Ribbentrop sowie die höhere Beamtenschaft in der Wilhelmstraße im Zentrum des Interesses. J O H N L. H E I N E M A N hat in seiner Biographie [105: First Foreign Minister] Constantin Freiherr von Neurath als einen Repräsentanten der konservativen Bündnispartner Hitlers beschrieben, der - unfähig, die politische Dynamik u n d Zielsetzung der nationalsozialistischen Bewegung zu erfassen - es als seine Pflicht angesehen habe, auf seinem Posten auszuharren, sein Ministerium gegen personelle u n d politische Einflüsse von außen abzuschirmen u n d , gestützt auf die Rückendeckung des Reichspräsidenten, den neuen Reichskanzler zu außenpolitischer Mäßigung u n d zur W a h r u n g der bisherigen außenpolitischen Linie zu bewegen. N e u e r e Untersuchungen insbesondere zur Frage der außenpolitischen Kontinuität über das Jahr 1933 hinweg u n d zur Rolle Neuraths in dieser Zeit haben dieses Bild eines pflichtbewußten loyalen Staatsdieners, der allerdings den wachsenden Einfluß des „ F ü h r e r s " u n d seiner Partei nicht habe aufhalten k ö n n e n , mittlerweile korrigiert. Statt dessen wird auf seine Zustimmung zu u n d Mitwirkung an verschiedenen außenpolitischen Schritten Hitlers verwiesen, die seine Rolle u n d Funktion doch anders erscheinen lassen. Allerdings fehlt es bisher an einer neueren zusammenfassenden Studie über Hitlers ersten Außenminister. Die außenpolitische Konzeption von Neuraths Nachfolger, Joachim von Ribbentrop, hat mittlerweile W O L F G A N G M I C H A L K A eindringlich analysiert. Dies bezieht sich zunächst einmal auf die Position, die dieser als Leiter der „Dienststelle Ribbentrop 1 ', als Hitlers außenpolitischer Berater und Sonderbevollmächtigter, als Botschafter in London u n d schließlich als Außenminister im Machtgefüge des Dritten Reiches eingenommen hat. Darüber hinaus zeigt Michalka aber auch die wachsenden Differenzen zu Hitler in der England-Politik auf, wo R i b b e n t r o p sich z u n e h m e n d vom probritischen Kurs seines „ F ü h r e r s " entfernte u n d als Alternative zu dessen Bündniskonzeption einen gegen das britische Empire gerichteten eurasiatischen Kontinentalblock zu konstruieren versuchte. Damit so sein Fazit - standen sich „ R i b b e n t r o p s opportunistische Machtpolitik u n d Hitlers ideologisches D o g m a ... unvereinbar gegenüber, so d a ß Ribbentrops R e a l p o l i t i k ' an der Rassenideologie Hitlers schließlich scheitern m u ß t e " [112: Ribbentrop, 305]. Dem entsprach sein schwindender politischer Einfluß spätestens seit der Jahreswende 1940/41, wenn er auch bis 1945 mit diesem Ressort betraut blieb.
3. D i e e i n z e l n e n a u ß e n p o l i t i s c h e n
67
Akteure
Eine gründliche, auf einschlägiger Aktenbasis erarbeitete Darstellung der Struktur und Politik des Auswärtigen Amtes im Dritten Reich steht nach wie vor aus - die Studie von P. SEABURY [Die Wilhelmstraße, F r a n k f u r t am Main 1956] genügt diesen A n f o r d e r u n g e n nicht. Es fehlt auch an Arbeiten zur außenpolitischen Konzeption u n d zur Rolle einzelner höherer Beamter der Wilhelmstraße oder auch wichtiger Mitglieder im Diplomatischen Dienst, die zeigen könnten, wie weit auf dieser Ebene versucht worden ist, neue außenpolitische Ansätze zu formulieren u n d durchzusetzen. Hier haben allein die beiden Staatssekretäre Bernhard Wilhelm von Bülow u n d Ernst von Weizsäcker bisher in begrenztem Rahmen wissenschaftliche Beachtung gefunden. Hinsichtlich von Bülows, einem von Bülow engen politischen Mitarbeiter von Neuraths, haben mehrere Autoren die Identität von dessen Zielvorstellungen mit denen seines Ministers betont u n d in ihm einen typischen Repräsentanten der konservativen Bündnispartner Hitlers gesehen, der der „ K o n z e p t i o n einer bedenkenlosen Risikopolitik mit völliger A b l e h n u n g " [107: P. K R Ü G E R / E . J. C .
HAHN,
Loyalitätskonflikt,
389] b e g e g n e t
sei
und
statt dessen eine forcierte Revisionspolitik befürwortet habe. Geprägt von dem Bemühen, „Politik zu führen nach M a ß g a b e der Staatsräson" [W. B U S S M A N N , Das Auswärtige Amt unter der nationalsozialistischen Diktatur, in: 3 6 : M. F U N K E (Hrsg.), Demokratie, 255], sei es sein Ziel gewesen, die Großmachtstellung Deutschlands in E u r o p a wiederherzustellen, wobei sich f ü r ihn aber der Einsatz militärischer Mittel verboten habe. In ähnlicher Weise hat die Forschung auch eine Beamteng r u p p e um Ernst von Weizsäcker, vom F r ü h j a h r 1938 bis zum Früh- von Weizsäcker j ä h r 1943 Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, in die Kontinuität der außenpolitischen Ziele der bisherigen A m t s f ü h r u n g gestellt. Den deutlichsten Beweis hierfür sehen diese Autoren in deren Bem ü h e n , während der Sudetenkrise u n d im Vorfeld des Zweiten Weltkrieges unter U m g e h u n g des Außenministers, den Weizsäcker als den eigentlichen Scharfmacher ansah, mäßigend auf Hitler Einfluß zu nehmen u n d ihn von seinem Kriegskurs abzubringen bzw. (nach 1939) zu einer baldigen Beendigung des Krieges beizutragen. Dies ist in ihrer Sicht nicht nur ein beredtes Zeugnis für die Fortexistenz entsprechender (Alternativ-)Konzeptionen, sondern läßt auch Handlungsmuster und Zielperspektiven, Möglichkeiten und Grenzen, Realitätsgehalt und Illusion derartiger Überlegungen paradigmatisch deutlich werden. Die Position des Staatssekretärs „zwischen Anpassung und W i d e r s t a n d " [ 1 1 3 : M. T H I E L E N H A U S ] sehen sie
68
Hjaimar Schacht
Hermann Göring
IL Grundprobleme und Tendenzen der Forschung
somit als s y m p t o m a t i s c h f ü r e n t s p r e c h e n d e Initiativen aus dem S c h ö ß e des A u s w ä r t i g e n A m t e s h e r a u s an. N e b e n d e n A u ß e n m i n i s t e r n sind a u c h weitere A k t e u r e (auf Kab i n e t t s e b e n e ) im a u ß e n p o l i t i s c h e n E n t s c h e i d u n g s p r o z e ß nur ungen ü g e n d wissenschaftlich gewürdigt w o r d e n . I n s b e s o n d e r e fehlt eine U n t e r s u c h u n g ü b e r H j a l m a r Schacht, der als R e i c h s b a n k p r ä s i d e n t u n d k o m m i s s a r i s c h e r R e i c h s w i r t s c h a f t s m i n i s t e r sowie generell als R e p r ä s e n t a n t von Hitlers k o n s e r v a t i v e n B ü n d n i s p a r t n e r n mit bed e u t e n d e n i n t e r n a t i o n a l e n K o n t a k t e n z u m i n d e s t in den ersten Jahren nach der nationalsozialistischen „ M a c h t e r g r e i f u n g " eine wichtige Rolle spielen k o n n t e . T r o t z einiger Studien zur d e u t s c h e n Auß e n w i r t s c h a f t s p o l i t i k u n d z u m „ N e u e n P l a n " m u ß die Frage nach seinem politischen Ansatz, n a c h seiner Zielperspektive wie n a c h sein e m relativen Gewicht in F o r m u l i e r u n g u n d Vollzug der d e u t s c h e n A u ß e n p o l i t i k n a c h wie vor o f f e n bleiben. Vor allem a b e r k ö n n t e a n seiner Person der W e g v o n e i n e m A n h ä n g e r des n e u e n Regimes, der in wichtigen F u n k t i o n e n dessen erste a u ß e n p o l i t i s c h e Erfolge mit vorbereitete u n d mit trug, zu e i n e m z u n e h m e n d auf D i s t a n z gehend e n Kritiker von Hitler u n d dessen K u r s verfolgt w e r d e n , der sich, als er sich die U n v e r e i n b a r k e i t seiner Ziele mit d e n e n des „ F ü h r e r s " eingestehen m u ß t e , schließlich sogar d e m W i d e r s t a n d näherte. Dies w ä r e eine wichtige Fallstudie z u m P r o z e ß z u n e h m e n d e r E n t f r e m d u n g u n d Zieldisparität zwischen e h e m a l i g e n B ü n d n i s p a r t n e r n im Z u g e der E n t f a l t u n g der nationalsozialistischen A u ß e n p o l i t i k . Ü b e r H e r m a n n G ö r i n g , n a c h der A u s s c h a l t u n g Schachts m ä c h tigster M a n n im wirtschaftlichen Bereich, liegen seit k ü r z e r e m die A r b e i t e n von S T E F A N M A R T E N S u n d A L F R E D K U B E [ 1 0 8 : P o u r le mérite] vor, die auch dessen Rolle in der A u ß e n p o l i t i k des Dritten Reiches n a c h z e i c h n e n . Beide weisen ihn als einen Politiker aus, der schon f r ü h eine e i g e n s t ä n d i g e Statur in diesem Bereich gesucht u n d d a n n im Zeichen des V i e r j a h r e s p l a n s in der A u ß e n w i r t s c h a f t s p o l i t i k einen K u r s verfolgt h a b e , der d e m Schachts nicht u n ä h n l i c h war. Vor allem in seiner Zielsetzung charakterisieren sie G ö r i n g als einen „ w i l h e l m i n i s c h e n Allerweltspolitiker", der „ e i n e r mit u n k a l k u l i e r b a r e n Risiken v e r b u n d e n e n E r o b e r u n g s p o l i t i k eine auf vertraglichem W e g e zu erzielende . . . territoriale A r r o n d i e r u n g des Reiches in Ost- bzw. S ü d o s t e u r o p a " [ 1 1 1 : S T . M A R T E N S , G ö r i n g , 2 4 9 ] vorgezogen h a b e ; nicht ein rassenideologischer „ L e b e n s r a u m " - K r i e g , s o n d e r n die W i e d e r e r l a n g u n g der d e u t s c h e n G r o ß m a c h t p o s i t i o n , gestützt auf die politische u n d wirtschaftliche H e g e m o n i e ü b e r die östlichen u n d südöstlichen N a c h b a r s t a a t e n des Reiches, sei Rieht-
3. D i e e i n z e l n e n a u ß e n p o l i t i s c h e n
Akteure
69
m a ß u n d Ziel seiner Aktivitäten gewesen. Z w a r unterschied ihn nicht n u r die langjährige V e r b u n d e n h e i t u n d politische K o m p l i z e n schaft mit Hitler von P e r s o n e n wie Neurath o d e r Schacht, doch ließ - wie die Autoren b e t o n e n - auch G ö r i n g e r k e n n e n , d a ß er in außenpolitischen Fragen a n d e r e Wege suchte als sein „ F ü h r e r " . Der Mangel an politischem Profil wie d e r V o r r a n g von Hitlers A n s c h a u ungen bewirkten in ihren Augen j e d o c h , d a ß diese unterschiedliche Zielsetzung letztlich wirkungslos blieb. Vor dem H i n t e r g r u n d dieser außenpolitischen K o n z e p t i o n e n ist die Frage n a c h d e m Verlauf des außenpolitischen Entscheidungsprozesses im Dritten Reich u n d nach d e m relativen Gewicht der an ihm beteiligten A k t e u r e i m m e r wieder gestellt u n d mit unterschiedlichen Akzentuierungen b e a n t w o r t e t w o r d e n . O f f e n k u n d i g ist, d a ß d e r Eindruck m o n o l i t h i s c h e r Geschlossenheit, wie er von Zeitgenossen u n d f r ü h e n I n t e r p r e t e n zum Teil erweckt w u r d e , nicht länger a u f r e c h t erhalten w e r d e n k a n n . D e m g e g e n ü b e r hat insbesondere WOLFGANG MICHALKA d a f ü r plädiert, „ d a s ,Pluralismus'-Modell in der nationalsozialistischen A u ß e n p o l i t i k zu e r p r o b e n u n d anzuwend e n " [Die nationalsozialistische A u ß e n p o l i t i k im Zeichen eines „ K o n z e p t i o n e n - P l u r a l i s m u s " , in: 37: M. FUNKF. (Hrsg.), Hitler, 51], u m so diesen E n t s c h e i d u n g s p r o z e ß besser nachvollziehen, Alternativen zu Hitlers a u ß e n p o l i t i s c h e m „ P r o g r a m m " aufzeigen u n d nicht zuletzt dessen Stellenwert f ü r die A u ß e n p o l i t i k des Dritten Reiches neu definieren zu k ö n n e n . M i c h a l k a selbst wie auch REINHARD BOLLMUS, der das „ A m t R o s e n b e r g " u n d dessen Position im nationalsozialistischen Herrschaftssystem untersucht hat, k o m m e n auf G r u n d ihrer F o r s c h u n g e n zu der A u f f a s s u n g , d a ß ein solcher „ K o n zeptionen-Pluralismus . . . f ü r die deutsche A u ß e n p o l i t i k als typisch bezeichnet w e r d e n " [112: W . MICHALKA, R i b b e n t r o p , 305] k ö n n e u n d Hitlers Position j e nach A n l a ß u n d U m s t a n d jeweils neu bestimmt werden müsse. Auch A L F R E D KUBF. konstatiert, d a ß „Hitlers außenpolitisches P r o g r a m m . . . für die Zeit vor der Entfesselung des Zweiten Weltkrieges . . . nicht als alleiniger Schlüssel zur E r k l ä r u n g d e r A u ß e n - und Wirtschaftspolitik des ,Dritten Reiches' herangezogen w e r d e n " k ö n n e , d a ß vielmehr „ a u ß e n p o l i t i s c h e H a n d l u n g s t r ä ger wie N e u r a t h , G ö r i n g u n d auch R i b b e n t r o p . . . keineswegs vollständig Hitlers a u ß e n p o l i t i s c h e r R i c h t l i n i e n k o m p e t e n z unterworf e n " gewesen seien. K u b e entwickelt hierbei ein Verlaufsmodell, nach dem erst w ä h r e n d des Jahres 1938 Hitlers Gewalt- und Kriegspolitik sich voll habe durchsetzen k ö n n e n , w ä h r e n d bis zu diesem Z e i t p u n k t n a t i o n a l k o n s e r v a t i v e Politiker o d e r auch Nationalsoziali-
These vom „ K o n ze
Pt|°nen-Pluralis
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II. G r u n d p r o b l e m e u n d T e n d e n z e n der Forschung
sten wie Göring u n d Ribbentrop noch Mitwirkungsmöglichkeiten u n d Freiräume gehabt hätten, um ihre eigenen politischen Konzeptionen zu verfolgen. Damit vollzog sich in Kubes Sicht zu diesem Zeitpunkt ein „grundlegender W a n d e l in der A u ß e n p o l i t i k " im Sinne der „Radikalisierung der nationalsozialistischen Außenpolitik u n d . . . [der] damit einhergehendejn] totale[n] Ausrichtung des Staates auf die Verwirklichung von Hitlers Endzielen" [108: Pour le mérite, 361, 363]. Demgegenüber verweisen H I L D E B R A N D u n d H I L L G R U B E R , J A u n d jüngst auch G R A M L auf „die relativ hohe Eigenständigkeit des Hitlerschen ,Programms', dessen inhaltlich umrissene Ziele vom Diktator als Intentionen formuliert und verwirklicht w u r d e n " . Zwar verkennen auch sie nicht die Tatsache, d a ß Hitler aus innenpolitischer Taktik, aus R ü c k s i c h t n a h m e auf die internationale Konstellation oder auch in Anbetracht u n - , , p r o g r a m m " - g e m ä ß e n Verhaltens seiner außenpolitischen Partner gezwungen war, Kompromisse einzugehen, taktische Rückzüge anzutreten oder auch den Konzeptionen anderer Mitglieder der politischen Spitze des Dritten Reiches G e h ö r zu schenken, doch hat ihn dies in ihren Augen „niemals zu grundsätzlichen Alternativen fort[reißen können], f ü r die er nicht offen w a r " [40: K. H I L D E B R A N D , Drittes Reich, 197 f.]. Im Gegenteil, in ihren Augen waren Hitlers programmatische Ziele seit der „ M a c h t e r g r e i f u n g " trotz aller Improvisationen und allen Zögerns, ungeachtet mancher taktischer W e n d u n g e n und bei allen Aktionen, die vorgeblich der Revision der bestehenden europäischen O r d n u n g dienten, M o t o r u n d Movens der deutschen Außenpolitik. „Allein Hitler hat bewirkt", so das pointierte Fazit H E R M A N N G R A M L S , „ d a ß die Gesamtpolitik des Deutschen Reiches an der imperialen Lebensraum-Utopie orientiert blieb, d.h. die Innenpolitik trotz aller Schwierigkeiten nahezu ausschließlich in den Dienst rücksichtsloser Kriegsvorbereitung gestellt u n d die Außenpolitik trotz aller G e f a h r e n zum Vehikel für die Ostexpansion umgeschmiedet w u r d e . " Auch vermag G r a m l eine unmittelbare und entscheid e n d e Mitwirkung von Dritten an den wichtigen außenpolitischen Aktionen nicht zu erkennen, vielmehr handelte der „ F ü h r e r " in seiner Sicht „allein und frei, nur jenen Z w ä n g e n ausgesetzt, die er sich mit der nationalsozialistischen Programmatik selbst geschaffen hatte" [Wer bestimmte die Außenpolitik des Dritten Reiches?, in: 36: M. F U N K E (Hrsg.), Demokratie, 232 u. 234]. Damit sind Rolle u n d Stellenwert des deutschen Diktators im außenpolitischen Entscheidungsprozeß eindeutig umschrieben.
COBSEN Eigenständigkeit v o n Hitlers „Programm"
4. Die Außenpolitik des Dritten Reiches
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4. Die Außenpolitik des Dritten Reiches: Quellenpublikationen und Standardwerke Die Quellenlage zur Geschichte des Dritten Reiches ist selbst heute noch nicht nur f ü r Historiker, sondern „ a u c h f ü r die Archivare so unübersichtlich" [J. H E N K E , Das Schicksal deutscher zeitgeschichtlicher Quellen in Kriegs- u n d Nachkriegszeit. Beschlagn a h m e - R ü c k f ü h r u n g - Verbleib, in: VfZG 30 (1982) 558] u n d lückenhaft, d a ß generelle Aussagen zu diesem Komplex nach wie vor nicht möglich sind. Kernbestand sind die Archivmaterialien, die bei Kriegsende den Alliierten in die H ä n d e fielen. Hierbei haben sich - bedingt durch Kriegseinwirkungen, einen Vernichtungsbefehl seitens der politischen Spitze vom 10. April 1945 sowie nicht zuletzt durch Kriegsfolgen - unterschiedliche Lücken in den einzelnen Beständen ergeben. Teile dieser „ B e u t e a k t e n " sind f ü r den Nürnberger Prozeß 1945/46 u n d die Nachfolgeprozesse als Anklagematerial ausgewertet u n d in Auswahl [17: N ü r n b e r g e r Prozesse] veröffentlicht worden. N a c h Rückgabe des größten Teils der erbeuteten Akten an deutsche Stellen stehen sie mittlerweile in den entsprechenden Archiven in der Bundesrepublik und in der D D R der Forschung zur Verfügung. Angesichts der Kriegs- u n d Nachkriegsverluste, aber auch mit Blick auf Regierungsstil u n d Regierungspraxis, bei dem sich wichtige Entscheidungen, Entschlüsse oder Überlegungen häufig nicht in entsprechenden Aktenvorgängen niederschlugen, ist die Überlieferung zur Geschichte des Dritten Reiches im allgemeinen sehr uneinheitlich. Dies gilt auch f ü r die Außenpolitik zumal mit Blick auf einen analytischen Ansatz, der die verschiedenen Aspekte des Entscheidungsprozesses darlegen sowie die jeweiligen inneren und äußeren Bedingungsfaktoren benennen u n d in einer Synthese verknüpfen möchte. Die einschlägigen Zentralakten aus dem Bereich von Staat u n d Partei, Verbänden, Institutionen etc. sind - soweit sie sich nicht mehr in alliiertem Besitz befinden - mittlerweile im Zentralen Staatsarchiv in Potsdam, im Bundesarchiv in Koblenz (und seiner Außenstelle, dem Bundesarchiv/Militärarchiv in Freiburg/Br.) sowie im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes in Bonn archiviert u n d der zeitgeschichtlichen Forschung verfügbar. Weitere Materialien, insbesondere Nachlässe oder andere Unterlagen privater Herkunft, sind jeweils hinzuzuziehen. Wichtigster Einzelbestand zur Außenpolitik des Dritten Reiches sind die Materialien im Politi-
Archivlage
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Akteneditionen
II. G r u n d p r o b l e m e u n d Tendenzen der Forschung
sehen Archiv des Auswärtigen Amtes, das die nahezu vollständig erhaltenen Bestände des Außenministeriums enthält. Die auf dieser G r u n d l a g e entstandene D o k u m e n t a t i o n der „Akten zur deutschen auswärtigen Politik 1918-1945" [2] ist mittlerweile f ü r die Zeit des Dritten Reiches abgeschlossen u n d gewährt - z u s a m m e n mit entsprechenden Editionen der diplomatischen Akten anderer Staaten einen breiten Einblick in Konzipierung u n d Ablauf der nationalsozialistischen Außenpolitik. Hinsichtlich weiterer Editionen u n d D o k u m e n t a t i o n e n sind zunächst einmal die „Akten der Reichskanzlei" [3] zu n e n n e n , die die jeweiligen Kabinettsprotokolle sowie ergänzende Quellentexte zu diesen Aufzeichnungen enthalten. Weiteres Material bietet auch die D o k u m e n t e n s a m m l u n g „ U r s a c h e n u n d Folgen" [21], in der Quellen unterschiedlicher Herkunft zur deutschen Innen- u n d Außenpolitik seit 1918 publiziert worden sind. Für Hitlers außenpolitisches Konzept m u ß - neben „ M e i n K a m p f u n d dessen „Zweitem Buch" vor allem auf die von M A X D O M A R U S besorgte S a m m l u n g seiner Reden [27] verwiesen werden. Für die Zeit des Zweiten Weltkriegs gewähren die von A N D R E A S H I L L G R U B E R herausgegebenen vertraulichen Aufzeichnungen über Unterredungen europäischer u n d außereuropäischer „ S t a a t s m ä n n e r u n d Diplomaten bei Hitler" [15] sowie die Mitschriften von „Hitlers Tischgesprächen" [26 u. 28] wesentliche Einsichten in außenpolitische Absichten u n d Zielsetzungen des deutschen Diktators. Nicht zuletzt gilt dies auch f ü r entsprechende D o k u m e n t a t i o n e n aus dem Bereich von Kriegführung und Kriegspolitik - so etwa „Hitlers Weisungen f ü r die K r i e g f ü h r u n g " [16], das „Kriegstagebuch des O b e r k o m m a n d o s der W e h r m a c h t " [18] oder auch das Kriegstagebuch des Chefs des Generalstabs des Heeres, F R A N Z H A L D E R [22] - sowie f ü r weitere Selbstzeugnisse und Aufzeichnungen Beteiligter, die hier nicht im einzelnen vorgestellt werden können. Sie ergänzen das Bild der nationalsozialistischen Außen- und Kriegs(ziel)politik. Mit der Rückgabe der alliierten „ B e u t e a k t e n " und der Bereitstellung dieser Materialien für die zeitgeschichtliche Forschung zu Beginn der 1960er Jahre setzte eine intensive wissenschaftliche Auseinandersetzung um Strukturen u n d Erscheinungsformen des nationalsozialistischen „Führerstaates", um Verlauf u n d Ergebnisse seiner Innen- u n d Außenpolitik wie um seinen „ O r t " in der deutschen u n d europäischen Geschichte ein. Dies hat mittlerweile zu einer Fülle einschlägiger Studien zu verschiedenen Aspekten und Problemen der auswärtigen Politik des Dritten Reiches geführt.
4. Die Außenpolitik des Dritten Reiches
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Noch immer wichtig und nach wie vor als „wegweisendes Standardwerk zur N S - A u ß e n p o l i t i k " [ 6 7 : B . - J . W E N D T , Großdeutschland, 2 1 7 ] gerühmt ist H A N S - A D O L F JACOBSENS bereits erwähnte Arbeit zur „Nationalsozialistischen] Außenpolitik 1 9 3 3 - 1 9 3 8 " [ 4 7 ] , Ihr zur Seite steht mittlerweile eine Zahl weiterer Gesamtdarstellungen, die - in je unterschiedlicher Breite u n d mit je unterschiedlichen Blickrichtungen - sich dieser Thematik widmen. A n z u f ü h r e n ist zunächst K L A U S H I L D E B R A N D S k n a p p e , den G a n g der ,,Deutsche[n] Außenpolitik 1 9 3 3 - 1 9 4 5 " [ 3 9 ] prägnant nachzeichnende Studie, in der der Autor im Mit- u n d (schließlichen) Gegeneinander von rational kalkulierter Machtpolitik u n d rassisch-weltanschaulichem D o g m a Antriebskraft u n d Strukturelement der nationalsozialistischen Außenpolitik sieht. Ferner gehört hierzu die stärker diplomatiegeschichtlich orientierte Untersuchung von G E R H A R D L. W E I N BERG [66: Foreign Policy], die die Politik Berlins gegenüber den europäischen und außereuropäischen Staaten in diesem Zeitraum detailliert nachzuzeichnen sucht. Zu n e n n e n ist darüber hinaus M A N F R E D M E S S E R S C H M I D T S Darstellung zur nationalsozialistischen „Außenpolitik u n d Kriegsvorbereitung" innerhalb des vom Freiburger Militärgeschichtlichen Forschungsamt herausgegebenen, auf zehn Bände angelegten Sammelwerkes „ D a s Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg" [32]. Z u s a m m e n mit den anderen Beiträgen im ersten Band dieses Projekts, der der Vorkriegszeit gewidmet ist, will sie „Ursachen u n d Voraussetzungen der deutschen Kriegspolit i k " [Bd. I] darlegen u n d somit die G r u n d l a g e f ü r die weiteren, dem Zweiten Weltkrieg selbst gewidmeten Bände schaffen. Messerschmidts Diktum, d a ß „Hitler im R a h m e n der Kriegsvorbereitungspolitik letztlich den Kurs bestimmt" [Bd. I, 22] habe, entspricht der M e i n u n g weiterer Autoren, die sich der nationalsozialistischen Außenpolitik zugewandt haben. Dies gilt zunächst einmal f ü r N O R M A N R I C H , der die gesamte Politik des Dritten Reiches unter die Zielperspektive gestellt sieht, die rassenideologisch begründeten „ W a r A i m s " [58] des deutschen Diktators zu verwirklichen. Ähnlich sieht auch C H A R L E S B L O C H [ 2 9 : Le I l l e Reich] die Außenpolitik des Dritten Reiches an das Ziel g e b u n d e n , Hitlers Welt(vor)herrschaftspläne in die Realität umzusetzen. U n d ebenso stehen die beiden jüngsten Darstellungen zu dieser Thematik aus der Feder von H A N S - U L R I C H T H A M E R und B E R N D - J Ü R G E N W E N D T unter der Leitlinie, d a ß „die Handschrift Hitlers . . . gerade in der Außenpolitik stets u n d überall sichtbar" [67: G r o ß d e u t s c h l a n d , 116] war. Zwar betonen beide Autoren durchaus die Kontinuitätslinien
S t a n d a r d w e r k e zur Außenpolitik
wichtige MonograPhlen
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II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung
z u m Wilhelminischen I m p e r i a l i s m u s u n d zur W e i m a r e r Revisionspolitik wie a u c h die E l e m e n t e der I m p r o v i s a t i o n u n d der taktischen W e n d u n g e n in der nationalsozialistischen A u ß e n p o l i t i k , d o c h ändert dies nichts an ihrer Ü b e r z e u g u n g , d a ß „ d a s E r o b e r u n g s p r o g r a m m im Osten u n d der G e d a n k e eines L e b e n s r a u m k r i e g e s . . . binn e n kurzer Zeit z u m b e s t i m m e n d e n F a k t o r der d e u t s c h e n A u ß e n p o litik" [63: H.-U. THAMER, V e r f ü h r u n g , 524] g e w o r d e n seien. AufsatzSammlungen
N e b e n diese G e s a m t d a r s t e l l u n g e n treten m e h r e r e AufsatzS a m m l u n g e n , die einen Ü b e r b l i c k ü b e r den D i s k u s s i o n s s t a n d zu ¿JGSEJN T h e m e n k r e i s zu g e b e n suchen. D e r von W O L F G A N G M I CHALKA h e r a u s g e g e b e n e R e a d e r [53: A u ß e n p o l i t i k ] präsentiert in ein e m ersten Teil Aufsätze v e r s c h i e d e n e r A u t o r e n zu G r u n d p r o b l e m e n u n d - i n t e r p r e t a t i o n e n zur A u ß e n p o l i t i k des Dritten Reiches, u m d a n n in einem zweiten Abschnitt F a l l u n t e r s u c h u n g e n zu einzeln e n F r a g e n bzw. Ereignissen a n z u s c h l i e ß e n . Diesem M u s t e r folgt a u c h M A N F R E D F U N K E [37: Hitler], der j e d o c h im letzten Teil seines B a n d e s einen bilateralen Ansatz wählt, u m so die Beziehungen D e u t s c h l a n d s zu einzelnen e u r o p ä i s c h e n u n d a u ß e r e u r o p ä i s c h e n L ä n d e r n n a c h z u z e i c h n e n . Diesen b e i d e n B ä n d e n zur Seite stehen v e r s c h i e d e n e A u f s a t z s a m m l u n g e n zur Politik der B ü n d n i s p a r t n e r u n d G e g n e r Berlins g e g e n ü b e r der nationalsozialistischen Herausf o r d e r u n g [34: E. F Ö R N D R A N U. a. (Hrsg.), I n n e n - u n d A u ß e n p o l i t i k ; 56: W. M O M M S E N / L . K E T T E N A C K E R (Hrsg.), Fascist C h a l l e n g e ; 59: K . R O H E (Hrsg.), W e s t m ä c h t e ; 6 8 : W . B E N Z / H . G R A M L (Hrsg.), S o m m e r 1939], d u r c h die d a s Bild v o m D e u t s c h e n Reich im internat i o n a l e n M ä c h t e s y s t e m 1933-1945 a b g e r u n d e t wird.
A m g r ü n d l i c h s t e n erforscht d ü r f t e bisher d a s deutsch-britische Verhältnis sein. Dies ist nicht v e r w u n d e r l i c h , m u ß d a s Inselreich Beziehungen d o c ^ a ] s ,,Schlüssel im S c h l o ß der d e u t s c h e n A u ß e n p o l i t i k u n d ihrer e x p a n s i v e n H e r a u s f o r d e r u n g e n " [39: K. HILDEBRAND, A u ß e n p o litik 28] a n g e s e h e n w e r d e n . N i c h t n u r „ i n Hitlers politischem Kalk ü l " [136: J. HENKE, E n g l a n d ] k a m L o n d o n die a u s s c h l a g g e b e n d e Rolle zu, auch f ü r a n d e r e Mitglieder der politischen F ü h r u n g in Berlin - N e u r a t h , R i b b e n t r o p , G ö r i n g , Weizsäcker etc. - war, wie die e n t s p r e c h e n d e n B i o g r a p h i e n zeigen, die britische Seemacht der e n t s c h e i d e n d e A n s p r e c h p a r t n e r u n d W i d e r p a r t . A b e r auch f ü r Bew e g u n g s s p i e l r a u m , E r f o l g s b i l a n z e n wie Scheitern der d e u t s c h e n A u ß e n p o l i t i k galt, d a ß dies in h o h e m M a ß e von der H a l t u n g Whitehalls a b h i n g . Vor diesem H i n t e r g r u n d sind eine Fülle von Untersuc h u n g e n z u m G a n g der bilateralen Beziehungen, zur Rolle einzelner A k t e u r e wie zur Politik beider Teile im i n t e r n a t i o n a l e n Mächte-
Deutsch-britische
4. Die Außenpolitik des Dritten Reiches
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system entstanden, die von der „ M a c h t e r g r e i f u n g " über Flottenabk o m m e n und Rheinlandbesetzung, „ M ü n c h e n " und „ P r a g " bis hin zu der zwischen „Friedensinitiativen u n d Machtpolitik" [52: B. M A R T I N ] oszillierenden Haltung Berlins im Zweiten Weltkrieg reichen. Für die Untersuchung der deutsch-französischen Beziehungen k a n n - zumindest für die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg - ein so positives Urteil nicht gefällt werden. Zwar gibt es einige Aufsätze und Studien zu diesem T h e m e n k o m p l e x , doch fehlt es nach wie vor an einer umfassenden Darstellung des Verhältnisses zwischen Berlin und Paris in diesen Jahren, die die einzelnen Faktoren und Ebenen ausgeleuchtet u n d in eine Gesamtbild integriert hätte. Für die Kriegszeit ist dagegen die Rolle „ F r a n k r e i c h s ] in Hitlers E u r o p a " [142: E. JÄCKEL] besser untersucht worden, ob es sich nun um Fragen der politischen Z u k u n f t des Landes, um das Verhältnis Berlins zu Vichy oder auch um die deutsche Besatzungspolitik handelt. Gerade in letzterer Hinsicht k ö n n e n die entsprechenden Forschungsergebnisse zur politisch-administrativen u n d wirtschaftlichen Neuordnung, zur polizeilichen u n d militärischen Sicherung oder auch zu den rassenideologisch begründeten Aktionen der deutschen Besatzungsmacht als wegweisend für das gelten, was für a n d e r e Länder bzw. Territorien innerhalb des deutschen Machtbereichs teils noch zu leisten ist. Hinsichtlich Italiens ist die Situation wiederum günstiger. Die Kontakte der N S D A P und ihrer f ü h r e n d e n Repräsentanten zum faschistischen Vorbild u n d Leitstern, die „ E n t s t e h u n g der Achse Berl i n - R o m " [156: J . P E T E R S E N ] , aber auch der weitere Verlauf der politischen Beziehungen nach diesem Bündnisabschluß haben ein breites wissenschaftliches Interesse g e f u n d e n . Dies gilt ebenso f ü r die Bereiche, in denen sich die politischen Absichten Berlins und Roms überschnitten - so in Österreich, Südtirol und im Balkanraum - , wie für die Felder gemeinsamer Interessen - so in Spanien - , durch die d a n n der „ S t a h l p a k t " geschmiedet und schließlich zu einem militärischen Bündnis ausgeweitet werden konnte. Auch wenn nach wie vor noch einzelne Probleme u n d Fragestellungen der Erforschung harren, können doch die entscheidenden Elemente der „brutalen F r e u n d s c h a f t " [124: F. W. D E A K I N ] zwischen beiden Diktatoren als relativ gut untersucht gelten. Das Verhältnis des nationalsozialistischen Deutschland zu den kleineren europäischen Staaten ist im allgemeinen unter dem Aspekt der wirtschaftlichen und politischen Abhängigkeiten von
Deutsch-französische Beziehungen
Deutsch-italienische Beziehungen
Kleinere europäische Staaten
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II. G r u n d p r o b l e m e u n d Tendenzen der Forschung
Berlin analysiert w o r d e n . Dies gilt vor allem f ü r die s ü d o s t e u r o p ä i schen L ä n d e r , w o d a s Dritte Reich seine V o r m a c h t s t e l l u n g schon b a l d ausspielen u n d ein „ I n f o r m a l E m p i r e " [135: W. S. G R E N Z E BACH] a u f b a u e n k o n n t e . Die Staaten des D o n a u r a u m s h a b e n d a m i t vielfach als Beispiel f ü r die V e r s c h r ä n k u n g v o n K o n t i n u i t ä t u n d N e u a n s a t z in der A u ß e n p o l i t i k des Dritten Reiches gedient, d a hier ältere Vorstellungen z u m A u f b a u eines m i t t e l e u r o p ä i s c h e n G r o ß w i r t s c h a f t s r a u m s , wie sie etwa v o m Auswärtigen A m t , von Schacht o d e r a u c h G ö r i n g vertreten w u r d e n , gegen Hitlers „ L e b e n s r a u m " - K o n z e p t s t a n d e n u n d hiervon m e h r u n d m e h r v e r d r ä n g t w o r d e n sind. „ F ü r i h n " , so ist j ü n g s t b e t o n t w o r d e n , „ g i n g es nie u m einen , G r o ß w i r t s c h a f t s r a u m ' , sein , L e b e n s r a u m ' w a r sowohl w e l t a n s c h a u l i c h , g e o g r a p h i s c h wie politisch a n d e r s g e l a g e r t " [149: A. K U B E , A u ß e n p o l i t i k , 208). Mit gewissen M o d i f i k a t i o n e n h a b e n v e r s c h i e d e n e Historiker dieses I n t e r p r e t a t i o n s m o d e l l auf die s k a n d i n a v i s c h e n wie auf die baltischen Staaten ü b e r t r a g e n ; auch hier k o n n t e n sie zeigen, d a ß Ü b e r l e g u n g e n ö k o n o m i s c h e r Penetration u n d D o m i n a n z schließlich rassenideologischen K o n z e p t i o n e n weichen m u ß t e n , die m e h r u n d m e h r z u m b e s t i m m e n d e n F a k t o r der d e u t s c h e n Politik g e g e n ü b e r diesen Staaten w u r d e n . D e u t s c h e Politik gegenuber Spanien
Von den a n d e r e n L ä n d e r n an der e u r o p ä i s c h e n Peripherie hat i n s b e s o n d e r e S p a n i e n g r o ß e A u f m e r k s a m k e i t g e f u n d e n , da die Ant r i e b s k r ä f t e der d e u t s c h e n Politik in diesem Bereich lange Zeit umstritten w a r e n . Z u j e n e n K r ä f t e n hat m a n zum einen die Absicht gezählt, d u r c h die I n t e r v e n t i o n in den S p a n i s c h e n Bürgerkrieg auf seiten der A u f s t ä n d i s c h e n der noch im A u f b a u b e g r i f f e n e n deutschen L u f t w a f f e ein E r p r o b u n g s - u n d Ü b u n g s f e l d zu erschließen. D a n e b e n hatten auch die B e m ü h u n g e n der d e u t s c h e n Seite Beacht u n g g e f u n d e n , sich die Hilfe f ü r F r a n c o d u r c h E i n r ä u m u n g ö k o n o mischer Vorteile bezahlen zu lassen. Allerdings d ü r f t e n mittlerweile die politisch-ideologischen Motive ,,Hitler[s] in d e r s p a n i s c h e n A r e n a " [115: H. H. A B E N D R O T H ] als e n t s c h e i d e n d angesehen werd e n , nämlich die Absicht, die A u s b r e i t u n g des K o m m u n i s m u s auf die westliche F l a n k e des K o n t i n e n t s zu v e r h i n d e r n , wie auch die H o f f n u n g , die K o o p e r a t i o n mit d e m faschistischen Italien a u s b a u e n u n d die A u f m e r k s a m k e i t der W e s t m ä c h t e von den eigenen G r e n z e n ab- u n d auf d e n s p a n i s c h e n K o n f l i k t h i n l e n k e n zu k ö n n e n . Z u r d e u t s c h e n Politik g e g e n ü b e r den b e i d e n F l ü g e l m ä c h t e n des i n t e r n a t i o n a l e n Systems, der S o w j e t u n i o n u n d d e n Vereinigten Staaten von A m e r i k a , fehlt es n a c h wie vor an G e s a m t d a r s t e l l u n gen, die d e n G a n g der d i p l o m a t i s c h e n Beziehungen, die Wirtschaft-
4. Die Außenpolitik des Dritten Reiches
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liehen Kontakte, die P r o p a g a n d a - und Parteiaktivitäten wie auch die ideologische Dimension nachgezeichnet hätten. In Bezug auf die U d S S R sind die Lücken besonders deutlich. Das R u ß l a n d b i l d führender Vertreter der politischen u n d militärischen Spitze in Berlin, das Zusammenspiel u n d der Gegensatz zwischen Hitler u n d seinen (konservativen) Koalitionspartnern wie f ü h r e n d e n Repräsentanten der N S D A P , aber auch die einzelnen Stationen der deutschen Politik gegenüber der Sowjetunion vor dem Hintergrund von machtpolitischem Kalkül u n d ideologischer Gegnerschaft b e d ü r f e n noch vertiefter Forschungen. In diesem so komplexen Verhältnis „zwischen dem Aggressor u n d seinem O p f e r " [A. K U H N , Das nationalsozialistische Deutschland und die Sowjetunion, in: 37: M. F U N K E (Hrsg.), Hitler, 639] haben vor allem die Verschlechterung der Beziehungen nach der nationalsozialistischen „ M a c h t e r g r e i f u n g " wie d a n n der Hitler-Stalin-Pakt Beachtung g e f u n d e n , da sie als Weichenstellungen f ü r das Verhältnis zwischen Berlin u n d Moskau angesehen werden k ö n n e n . Aber auch die späteren Jahre, zunächst unter dem Vorzeichen beiderseitiger Neutralität u n d gemeinsamer Komplizenschaft, d a n n unter den Prämissen des rassenideologischen Vernichtungskrieges gegen die U d S S R , sind mittlerweile zun e h m e n d ins Blickfeld des wissenschaftlichen Interesses gerückt. Bezüglich der a n d e r e n (zukünftigen) Weltmacht, den USA, sind zunächst vor allem die Ebene der ökonomischen K o n k u r r e n z u n d die unterschiedlichen wirtschaftlichen O r d n u n g s m o d e l l e [190: H.-J. S C H R Ö D E R , Deutschland] von der zeitgeschichtlichen Forschung behandelt worden, w ä h r e n d die politischen Beziehungen u n d d a n n insbesondere die globale Auseinandersetzung zwischen der westlichen Führungsmacht u n d der nationalsozialistischen G r o ß m a c h t im Zweiten Weltkrieg noch im einzelnen untersucht werden müssen. J a p a n wiederum, als „ A n t i k o m i n t e r n " - und „Dreimächtepakt"-Partner von z u n e h m e n d e r Bedeutung für Berlin, ist relativ spät ins Blickfeld der Forschung über die nationalsozialistische Außenpolitik getreten. Erst mit der Verlagerung des wissenschaftlichen Interesses hin zu der globalen Dimension von Hitlers Strategie und Kriegführung hat das fernöstliche Inselreich als ideologischer Weggefährte, als Bundesgenosse wie als strategische Aushilfe in der Auseinandersetzung mit den USA mittlerweile [ 1 8 6 : B. M A R T I N , Deutschland; zuvor 192: T. S O M M E R , Deutschland] erhöhte Beachtung gefunden. Wenn auch in dem Verhältnis von Hakenkreuz u n d S o n n e n b a n n e r zueinander noch manche Fragen weiter verfolgt u n d vertieft werden müssen, so sind die wichtigsten Stationen des ge-
Deutsch-sowjetische Beziehungen
Deutsch-amerikan sehe Beziehungen
Deutsch-japanisch Beziehungen
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IL Grundprobleme und Tendenzen der Forschung
m e i n s a m e n Weges, die jeweilige Position g e g e n ü b e r den a n d e r e n Großmächten und Gegenspielern - Sowjetunion, Großbritannien, U S A - wie nicht zuletzt die V e r f l e c h t u n g v o n Ideologie u n d M a c h t politik in d e n beiderseitigen Beziehungen doch inzwischen relativ gut u n t e r s u c h t .
A n d e r e L ä n d e r in Übersee
i n t e r n a t i o n a l e Beziehungen genereil
In d e m M a ß e , in d e m sich d a s wissenschaftliche Interesse auf die g l o b a l e D i m e n s i o n von Hitlers „ P r o g r a m m " u n d K r i e g f ü h r u n g verlagert hat, ist auch eine w a c h s e n d e Z a h l von U n t e r s u c h u n g e n e n t s t a n d e n , die sich den Beziehungen des Dritten Reiches zu weiteren Staaten in Ubersee w i d m e n . Z u n ä c h s t s t a n d e n hier [188: R. P O M M E R I N , D a s Dritte R e i c h ; 195: K. V O L L A N D , D a s Dritte Reich] die Staaten Mittel- u n d S ü d a m e r i k a s im V o r d e r g r u n d , wo es d e m Dritten Reich bis E n d e der 1930er J a h r e gelungen war, die wirts c h a f t l i c h e n K o n t a k t e in s p e k t a k u l ä r e r Weise a u s z u b a u e n u n d in m e h r e r e n Fällen die U S A wie G r o ß b r i t a n n i e n als wichtigsten H a n d e l s p a r t n e r dieser L ä n d e r zu ü b e r f l ü g e l n . Mittlerweile hat sich der S c h w e r p u n k t eher zum a f r i k a n i s c h e n u n d zum asiatischen K o n t i n e n t verlagert; hier h a b e n e n t s p r e c h e n d e Studien zur d e u t s c h e n Politik im N a h e n u n d Mittleren O s t e n [193: H. T I L L M A N N , A r a b e r p o l i tik; 182: Y. P. H I R S C H F E L D , D e u t s c h l a n d ; 179: M. H A Ü N E R , India] zeigen k ö n n e n , wie stark d a s V o r g e h e n Berlins d o r t unter der Prämisse s t a n d , d u r c h F ö r d e r u n g v o n A u f s t a n d s - u n d U n a b h ä n g i g k e i t s b e w e g u n g e n im a r a b i s c h e n R a u m , in Persien u n d A f g h a n i s t a n , j a , selbst auf d e m I n d i s c h e n S u b k o n t i n e n t die Existenz des britischen E m p i r e zu u n t e r m i n i e r e n u n d L o n d o n zu einem A r r a n g e m e n t in Hitlers Sinn zu zwingen. Diese U n t e r s u c h u n g e n r u n d e n das Bild v o n Reichweite u n d A k t i o n s f o r m e n der A u ß e n p o l i t i k des Dritten Reiches ab. Als ein wichtiges Desiderat der F o r s c h u n g m u ß nach wie vor eine E i n o r d n u n g der A u ß e n p o l i t i k des nationalsozialistischen D e u t s c h l a n d in den Z u s a m m e n h a n g der i n t e r n a t i o n a l e n BeziehunZ W J s c henkriegszeit gelten. Trotz K A R L D I E T R I C H B R A C H E R S en eindringlicher D e u t u n g ,,Europa[s] in der K r i s e " [30] seit 1917, trotz T H E O D O R S C H I E D E R S o p u s m a g n u m ü b e r „ E u r o p a im Zeitalter der W e l t m ä c h t e " [61] o d e r auch weiterer Arbeiten d e u t s c h e r u n d ausl ä n d i s c h e r A u t o r e n fehlt es a n einer n e u e r e n , die Ergebnisse der F o r s c h u n g zu einer G e s a m t s i c h t b ü n d e l n d e n D a r s t e l l u n g der Staatengesellschaft in d e n (1920er u n d ) 1930er J a h r e n , d e r e n „ G e m e n g e lage aus Krieg u n d F r i e d e n " [208: K. H I L D E B R A N D , Krieg im Fried e n , 1] die Struktur des i n t e r n a t i o n a l e n Systems bestimmte. Besser als dies die ( f ü r d e n v o r l i e g e n d e n Band geltende) K o n z e n t r a t i o n auf
g
5. Kontroversen um wichtige Einzelpunkte
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die nationalsozialistische Außenpolitik zu leisten vermag, würde es eine solche Perspektive gestatten, Abhängigkeiten und Grenzen, Kontinuitäten und Neuansätze der deutschen Politik wie auch ihr Oszillieren zwischen autonomem staatlichem Handeln und dem Eingebundensein in die Zwänge des internationalen Systems herauszuarbeiten.
5. Kontroversen um wichtige Einzelpunkte a) Kontinuität
1933
Die Frage, inwieweit die nationalsozialistische Außenpolitik nach der „Machtergreifung" überkommene Ansätze und Methoden fortgeführt, wieweit sie an bisherigen Absichten festgehalten oder aber neue, an Hitlers außenpolitischem „ P r o g r a m m " orientierte Ziele angestrebt habe, gehört zu den grundlegenden Interpretationsproblemen der Geschichte des Dritten Reiches. Im vorliegenden Zusammenhang soll nicht auf die längerfristige Perspektive der außenpolitischen Kontinuität in der preußisch-deutschen Geschichte des 19./20. Jahrhunderts (vgl. Kap. 7) eingegangen, sondern der Blick im wesentlichen auf die Jahre vor und nach dem 30. Januar 1933 gelenkt werden, um die Bedeutung dieses Datums in jenem Rahmen näher bestimmen zu können. Am eindeutigsten wird die Kontinuitätsthese von der marxistisch orientierten Forschung vertreten. In der Sicht von D I E T R I C H E I C H H O L T Z und W O L F G A N G S C H U M A N N kulminierten „alle Bestrebungen des Revanchismus und Antikommunismus sowie der aggressiven Expansionspolitik des deutschen Imperialismus in der Weimarer Republik ... in der Herrschaft des Hitlerfaschismus". Für sie hatten entscheidende Vertreter der deutschen Industrie, Finanzwelt und Landwirtschaft „die Machtergreifung der Nazipartei, die Kanzlerschaft Adolf Hitlers und die Errichtung der faschistischen Diktatur gewollt und organisiert", um so „die Durchführung ihrer weitgespannten Expansionsziele zu sichern" [12: Anatomie 10f.]. Auch für K U R T G O S S W E I I . E R markiert der 30. Januar 1933 die „Übergabe der politischen Macht an die Nazibande durch das deutsche Monopolkapital zur Verwirklichung seiner reaktionären und aggressiven innen- und außenpolitischen Ziele". Mit diesem Datum hatten in seiner Sicht „die deutschen Imperialisten ihr erstes Etappenziel auf dem Marsch in den neuen Krieg um die Aufteilung der Welt erreicht" [205: Aufsätze, 131 f., 326], Damit ist jeder eigenstän-
Marxistischer Ansatz
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IL G r u n d p r o b l e m e u n d Tendenzen der Forschung
dige außenpolitische Ansatz Hitlers bzw. der N S D A P negiert u n d das ausschlaggebende Gewicht seiner konservativen Bündnispartner (auch) in diesem Bereich hervorgehoben. Eine so eindeutige D o m i n a n z der traditionellen Eliten über den Tag der „ M a c h t e r g r e i f u n g " hinaus wird in der nichtmarxistischen Forschung nicht konstatiert, wenngleich die Antworten auf die Frage nach inhaltlichen Neuansätzen in der deutschen Außenpolitik auch hier unterschiedlich ausfallen. Einige Stimmen zugunsten einer Kontinuitätslinie, die auf den Bündnischarakter der Regierung der „nationalen K o n z e n t r a t i o n " verweisen und den Einfluß Hitlers bzw. seines „ P r o g r a m m s " zunächst eher geringschätzen, sind oben ( K a p . 1) schon zitiert worden, ohne d a ß dies jedoch durch weitere entsprechende Forschungen f ü r die frühe Außenpolitik des Dritten Reiches näher erläutert u n d untermauert worden wäre. Demgegenüber haben bereits K A R L D I E T R I C H B R A C H E R , W O L F u n d G E R H A R D S C H U L Z in ihrer grundlegenden Studie 'erschränkung von zur „Nationalsozialistische^] M a c h t e r g r e i f u n g " auf die „VerflechKontinuitätund tung ideologischer u n d realpolitischer K o m p o n e n t e n " in der Anfangsphase der nationalsozialistischen Außenpolitik hingewiesen, die in ihrem In- u n d G e g e n e i n a n d e r Elemente der Kontinuität von Personen, Bestimmungsfaktoren u n d Perspektiven wie des Bruchs mit bisherigen Methoden u n d Zielsetzungen eingeschlossen habe. In dem Vorsatz zur Revision der Versailler O r d n u n g , zur Konsolidierung der nationalsozialistischen Herrschaft wie zur militär- und raumpolitischen Expansion war in ihren Augen „jenes besondere Verhältnis von Innen- u n d Außenpolitik wie zugleich jener ständige Wechsel von Kontinuität u n d Bruch, von Tradition u n d Revolut i o n " [69: Machtergreifung, 319 f.] begründet, die f ü r sie das Charakteristikum der auswärtigen Politik des Dritten Reiches ausmachten. GANG SAUER
Diesem frühen Votum zugunsten einer Verschränkung von Kontinuität und Neuansatz in den A n f ä n g e n der nationalsozialistischen Außenpolitik haben sich mittlerweile eine Vielzahl von Autoren angeschlossen. So stellen beispielsweise auch A N D R E A S H I L L GRUBER u n d K L A U S HILDEBRAND, N O R M A N R I C H , G E R H A R D L . W E I N BERG u n d jüngst auch B E R N D - J Ü R G E N W E N D T durchaus die Absicht der neuen Regierung in Rechnung, die Erfordernisse der inneren Machtkonsolidierung wie der Beruhigung der mißtrauischen europäischen N a c h b a r n nicht a u ß e r acht zu lassen. D e n n o c h sehen sie ungeachtet dieser taktischen Rücksichtnahmen Hitlers Aufrü-
5. Kontroversen um wichtige Einzelpunkte
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stungs-, Expansions- u n d Kriegskurs vom J a n u a r 1933 an als konstitutives Element der nationalsozialistischen Außenpolitik an, das auch nicht durch die „ E i n r a h m u n g " u n d „ Z ä h m u n g " des neuen Reichskanzlers habe neutralisiert werden k ö n n e n . Im Gegenteil unterstreicht etwa Hillgruber, d a ß von einer „ E i n r a h m u n g " und „Zähm u n g " Hitlers „im Bereich der Außenpolitik, speziell hinsichtlich der im Vordergrund der Revisionspolitik stehenden Abrüstungsfrage, in den ersten M o n a t e n seiner Regierung ü b e r h a u p t keine Rede sein" könne. Die Kontinuitätslinie „einer militärpolitisch akzentuierten außenpolitischen Zielsetzung", wie sie nach dem 30. Januar 1933 insbesondere von N e u r a t h und Blomberg verkörpert worden sei, war für ihn nur ein vordergründiger Wesenszug der nationalsozialistischen Außenpolitik, da Hitler sie nicht als Selbstzweck im Sinne einer traditionellen deutschen Großmachtpolitik, sondern als Voraussetzung u n d erste Stufe f ü r seine „singuläre Zielsetzung" gesehen habe im Sinne der Verzahnung u n d Überlagerung dieser machtpolitischen K o m p o n e n t e „mit radikalen rassenideologischen Zielvorstellungen eines universellen Antisemitismus" [A. H I L L G R U BER, Kontinuität u n d Diskontinuität in der deutschen Außenpolitik von Bismarck bis Hitler, in: 42: DERS., Großmachtpolitik, 31]. Dieser Befund wird getragen u n d unterstützt von Fallstudien, die die Frühphase der nationalsozialistischen Außenpolitik behan- A n f a n g s p h a s c dein. So sieht etwa G Ü N T E R W O L L S T E I N die „außenpolitische Macht- Nationalsozialist^ ergreifung" als einen stufenweisen Prozeß an, bei dem es Hitler gelungen sei, „die F e d e r f ü h r u n g auf dem Sektor des Äußeren ... rasch zu ü b e r n e h m e n " . Dies k a n n er nicht nur an den einzelnen Ereignisabläufen und Weichenstellungen in der deutschen Außenpolitik 1 9 3 3 / 3 4 zeigen, sondern ebenso hinsichtlich des Funktionswandels des Auswärtigen Amtes vom außenpolitischen Vordenker und Schrittmacher „zu einem bürokratischen Verwaltungsapparat" [Die außenpolitische Machtergreifung, in: 5 4 : W. M J C H A L K A (Hrsg.), Machtergreifung, 231, 242], der die Anstöße, Initiativen und Entscheidungen des Reichskanzlers n u r m e h r a u f n a h m u n d umsetzte. Dieser Interpretation schließen sich weitere Autoren wie C H A R L E S B L O C H [ 1 2 0 : Hitler], G E R H A R D L . W E I N B E R G [ 6 5 : Friedenspropaganda] oder auch S Ö R E N D E N G G [71: Deutschlands Austritt] im großen u n d ganzen an. Die hier konstatierte Dialektik von Kontinuität und Bruch in der deutschen Außenpolitik nach dem 30. J a n u a r 1933, dieses Neb e n e i n a n d e r von traditioneller Großmachtpolitik, innerer „Wiederw e h r h a f t m a c h u n g " und außenwirtschaftlicher Expansion wird von
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IL Grundprobleme und Tendenzen der Forschung
d e n g e n a n n t e n A u t o r e n in eine f a c e t t e n r e i c h e D a r s t e l l u n g u m g e setzt. Hierbei lenken sie zugleich d e n Blick auf die Sach- u n d K o m petenzstreitigkeiten zwischen d e m Auswärtigen A m t , den n e u e n Ä m t e r n u n d O r g a n i s a t i o n e n der N S D A P sowie d e n S o n d e r b e a u f t r a g t e n u n d Emissären des Reichskanzlers selbst, die schon b a l d d a s Bild der nationalsozialistischen A u ß e n p o l i t i k p r ä g t e n . Vor diesem H i n t e r g r u n d gelingt es ihnen nicht n u r , die einzelnen Felder von Zielidentität u n d -divergenz zwischen d e n a m a u ß e n p o l i t i s c h e n Ents c h e i d u n g s p r o z e ß Beteiligten zu u n t e r s u c h e n u n d die sich hieraus e r g e b e n d e R e i b u n g wie D y n a m i k zu b e s c h r e i b e n , s o n d e r n sie könn e n a u c h zeigen, d a ß selbst eine v o r d e r g r ü n d i g e K o n t i n u i t ä t in S a c h f r a g e n o d e r I n t e n t i o n e n im Z u s a m m e n h a n g von Hitlers langfristigen Zielsetzungen eine n e u e Qualität b e k a m u n d d a m i t die Kontinuitätslinie durchbrach.
Außenwirtschaftspohtik
Als ein Gebiet, auf d e m die F o r t f ü h r u n g bisheriger a u ß e n p o l i t i scher Ansätze auch ü b e r d e n 30. J a n u a r 1933 h i n a u s g a n z b e s o n d e r s ins A u g e fällt, ist i m m e r wieder die A u ß e n w i r t s c h a f t s p o l i t i k angesej j g j j W O R ( J E N i n s b e s o n d e r e H A N S - J Ü R G E N SCHRÖDER hat diese Linie in m e h r e r e n Arbeiten n a c h z u z e i c h n e n versucht u n d hierbei vor allem in der I n t e n t i o n z u m A u f b a u eines „ I n f o r m a l E m p i r e " in Südo s t e u r o p a [162] ein d u r c h g ä n g i g e s E l e m e n t der d e u t s c h e n A u ß e n p o litik seit Beginn der Weltwirtschaftskrise gesehen, in d e m sich Auswärtiges A m t , Wirtschaftsressorts, Schacht, ja, wie n e u e r e Fors c h u n g e n gezeigt h a b e n , selbst G ö r i n g sowie nicht zuletzt wichtige Kreise der deutschen I n d u s t r i e t r a f e n . G e r a d e diese „in der Tradition des d e u t s c h e n liberalkapitalistischen I m p e r i a l i s m u s seit d e m a u s g e h e n d e n 19. J a h r h u n d e r t " s t e h e n d e n B e m ü h u n g e n um den Aufb a u eines „ m i t t e l e u r o p ä i s c h e n " G r o ß w i r t s c h a f t s r a u m s h a b e n auch B E R N D - J Ü R G E N W E N D T dazu v e r a n l a ß t , „ d a s J a h r 1933 als q u a l i t a t i ven S p r u n g ' u n t e r a u ß e n p o l i t i s c h e m A s p e k t z u n ä c h s t einmal erheblich [zu] relativieren" [67: G r o ß d e u t s c h l a n d , 60, 53]. Allerdings weist er gleichzeitig auf die V o r d e r g r ü n d i g k e i t dieser Sichtweise hin, da in dieser Perspektive d a s wirtschaftliche A u s g r e i f e n n a c h Südoste u r o p a lediglich „ d e n C h a r a k t e r eines Zieles an s i c h " hatte, nicht a b e r den „ e i n e r D u r c h g a n g s s t u f e f ü r d a s R a u m p r o g r a m m im O s t e n " [218: D e u t s c h l a n d , 264]. Diese U n t e r s c h e i d u n g zielt auf die D i v e r g e n z zwischen „ M i t t e l e u r o p a " - o d e r Autarkie- bzw. G r o ß w i r t s c h a f t s r a u m k o n z e p t i o n e n traditioneller P r ä g u n g einerseits u n d Hitlers rassenideologisch b e g r ü n d e t e m „ L e b e n s r a u m " - K o n z e p t a n d e rerseits, d a s - wie W e n d t konstatiert - in eine g a n z a n d e r e R i c h t u n g wies. Somit m ö c h t e er den ,,qualitative[n] S p r u n g " des 30. J a n u a r
5. Kontroversen um wichtige Einzelpunkte
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1933 auch hinsichtlich der Südosteuropapolitik nicht übersehen. Für andere Gebiete der deutschen Außenpolitik gilt dies in noch höherem Maße.
b) „ Wendejahr" 1937 Die Frage nach W e n d e p u n k t e n und Umbrüchen in der nationalsozialistischen Außenpolitik, nach einer Periodisierung und Phaseneinteilung weist ebenfalls auf G r u n d p r o b l e m e in der Interpretation des Dritten Reiches zurück, ist sie doch zugleich eng mit der Diskussion um das Herrschaftssystem u n d um Hitlers Rolle u n d Funktion verbunden. In der älteren Forschung wurde das Jahr 1937 vielfach als ein solcher W e n d e p u n k t angesehen, um eine Periode der Revisionspolitik, die sich noch an traditionellen Forderungen orientierte, von einer Expansionspolitik, die über die ethnischen Grenzen hinauswies, abzusetzen. Hatte in dieser Sicht in den ersten Jahren die Befreiung von den „Fesseln" des Versailler Vertrags im Vordergrund gestanden und der neue Reichskanzler hier in enger Übereinstimmung mit seinen konservativen Bündnispartnern handeln k ö n n e n und müssen, so markierte das Jahr 1937 nun den Umschlag zu einer aggressiven Expansionspolitik. Sie erreichte mit den Krisen des Jahres 1938 um Österreich und um die Tschechoslowakei ihren ersten H ö h e p u n k t u n d kalkulierte auch den Konflikt mit den europäischen N a c h b a r n bewußt mit ein. Damit war die Wasserscheide zwischen Friedens- u n d Kriegskurs markiert u n d das von spektakulären außenpolitischen Ereignissen freie „ W e n d e j a h r " 1937 als U m b r u c h p u n k t ausgemacht worden. In dieser Interpretation k o m m t der sogenannten „ H o ß b a c h Niederschrift" eine wichtige Rolle zu. Hitlers Äußerungen vor den politischen u n d militärischen Spitzen des Regimes am 5. November 1937, insbesondere seine Aussagen zu den C h a n c e n u n d zur Stoßrichtung einer künftigen aggressiven Expansion des Deutschen Reiches, sind als gedankliche Z u s a m m e n f a s s u n g u n d Ausgangspunkt für den nun einsetzenden zweiten Abschnitt der deutschen Außenpolitik angesehen worden. In einer gewissen, wenn auch vordergründigen, Analogie zur Heranziehung dieser Niederschrift als Beweisdokument der Anklage auf „Verschwörung gegen den F r i e d e n " in den Nürnberger Prozessen 1945/46 sind die dort festgehaltenen Aussagen des „ F ü h r e r s " als „ P r o g r a m m " und Handlungsanweisung für den künftigen Kriegskurs interpretiert u n d der 5. N o v e m b e r
Revision versus Expansion
Bedeutung der .Hoßbach-Nieder schrift"
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II. G r u n d p r o b l e m e u n d T e n d e n z e n d e r F o r s c h u n g
1937 als ,,,Schicksalstag' unserer jüngeren Geschichte" [67: B.-J. WENDT, G r o ß d e u t s c h l a n d , 37] gedeutet worden. Gleichsam im Sinne eines Nachklangs u n d einer Folgewirkung dieses Ereignisses wurde d a n n das personelle Revirement im Auslevirement in Aus- wärtigen Amt u n d in der Wehrmachtspitze am 4. Februar 1938 in wärtigem Amt u n d engen Bezug zum 5. N o v e m b e r 1937 gesetzt: dort seien diejenigen Wehrmachtspitze Kritiker ihrer Ämter enthoben worden, die in der Diskussion über Hitlers A u s f ü h r u n g e n vier M o n a t e zuvor E i n w ä n d e und Ablehnung gegenüber dem zukünftigen außenpolitischen Kurs hatten erkennen lassen. Damit markieren beide Daten die Ausbootung der konservativen Bündnispartner Hitlers, deren f ü h r e n d e K ö p f e n u n durch willfährige Jasager ersetzt oder von bewährten Nationalsozialisten abgelöst wurden. Insbesondere der Wechsel an der Spitze des Auswärtigen Amtes von Neurath zu Ribbentrop gilt hier als W e n d e m a r k e , da nun Instrumentarium, Methoden wie Ziele der deutschen Außenpolitik sich deutlich geändert hätten. Hiermit wie mit dem parallelen Revirement in der W e h r m a c h t f ü h r u n g habe Hitlers Kriegskurs, wie er am 5. N o v e m b e r 1937 o f f e n b a r geworden sei, zum bestimmenden Element der nationalsozialistischen Politik werden können.
acobsens D e u t u n g
Diese Orientierung an den personalpolitischen Entscheidungen des F r ü h j a h r s 1938, die Charakter, Methodik u n d Struktur der Außenpolitik des Dritten Reiches u n ü b e r s e h b a r verändert hätten, ist am deutlichsten sichtbar in H A N S - A D O L F JACOBSENS Darstellung zur „ N a t i o n a l s o z i a l i s t i s c h e ^ ] Außenpolitik", in der das E n d e der „sogenannten ,Ära' H i t l e r - N e u r a t h " den Schlußpunkt der Untersuchung bildet. Bis zu diesem Zeitpunkt sieht Jacobsen „die Struktur der NS-Außenpolitik als G a n z e s " durch das rivalisierende Nebeneinander des traditionellen diplomatischen Apparates u n d der neuen Ämter u n d Organisationen bestimmt, die „zellenartig partielle Funktionen im R a h m e n dieser . . . Aufgabe ü b e r n o m m e n " und damit den „doppelten Wesenszug im Charakter der NS-Außenpolit i k " begründet hätten. Auch in der Sache selbst unterscheidet er „zwischen einer Phase verdeckter Aggressionsvorbereitungen bis 1937, einer Periode o f f e n e r Expansion mittels G e w a l t a n d r o h u n g seit 1938 u n d der der Entfesselung des Krieges 1939" [47: Außenpolitik, X I X , 612 f.], o h n e hiermit allerdings die d u r c h g e h e n d e n Tendenzen in der Außenpolitik der Jahre 1933-1945 leugnen zu wollen. W ä h r e n d Jacobsen diese Kompetenzvielfalt und den sich hieraus ergebenden Doppelcharakter der nationalsozialistischen Au-
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ßenpolitik bis 1938 als von Hitler bewußt inszeniertes „taktisch bed i n g t e ^ ] Verschleierungsspiel in der Phase der verdeckten Aggress i o n " [ebd., 614] sieht, haben in jüngster Zeit mehrere Autoren diese polykratische Ressortvielfalt als Ausdruck mangelnder Durchsetzungsfähigkeit des „ F ü h r e r s " interpretiert. Insbesondere A L F R E D K U B E sieht „Hitlers eigentliche M a c h t e r g r e i f u n g " , die volle Durchsetzung seines Führerabsolutismus, erst Ende 1 9 3 8 / A n f a n g 1939 abgeschlossen", so d a ß f ü r ihn „bis 1938 ältere imperialistische oder zumindest revisionistische Politik u n d radikale, sozialdarwinistisch begründete Expansionspolitik durchaus vereinbar waren ... Bis 1938 trug die Politik des ,Dritten Reiches' die Charakterzüge einer imperialistischen Revisionspolitik u n d täuschte diese nicht nur vor." Der mit dem „ P r o z e ß der E n t m a c h t u n g der nationalkonservativen Eliten" einhergehende „grundlegende Wandel in der Außenpolitik" 1938 ermöglichte in seiner Sicht „die Durchsetzung von Hitlers sozialdarwinistischer Expansionspolitik", die er (in Anlehnung an Martin Broszat) bedingt sieht durch einen „Akzelerationsprozeß politischer Aggressivität u n d Radikalisierung" [108: Pour le mérite, 361, 363], Ähnlich konstatiert auch N O R B E R T F R E I - parallel zu entsprechenden innenpolitischen Vorgängen - eine „Radikalisierung der deutschen A u ß e n p o l i t i k " , die mit Hitlers Ansprache vom 5. N o v e m b e r 1937 ihren ersten Ansatzpunkt erhielt u n d mit dem politischen Revirement des 4. Februar 1938 noch v o r h a n d e n e Fesseln abschüttelte. Hiermit wurde f ü r ihn die „ G e w i n n u n g von ,Lebensraum im Osten' . . . [als] K e r n p u n k t nationalsozialistischer Programm a t i k " [35: Führerstaat, 130 f.] nun zum dominierenden Faktor der deutschen Außenpolitik. Diesen Periodisierungsansätzen stehen nach wie vor die Interpretationen von Autoren gegenüber, die in dem „ W e n d e j a h r " 1937 keinen programmatischen Neuansatz, Durchbruch oder eine Radikalisierung der nationalsozialistischen Außenpolitik sehen, sondern die Konstanz der Idee des „ L e b e n s r a u m " - K r i e g s seit Hitlers frühen Schriften betonen. In ihren Augen war dies seit der „Machtergreif u n g " ein immer präsentes Element im außenpolitischen Denken des deutschen Diktators, wobei dieser jedoch „ u n t e r dem Eindruck der ihn befallenden Zeitnot die bündnispolitischen Voraussetzungen [überdacht] und . . . sie schließlich n o t g e d r u n g e n " verändert habe. Insgesamt verbarg sich für sie „hinter der Folie der Revisionspolitik des nationalsozialistischen Deutschland die rassische Utopie der ,Lebensraum'-Politik Hitlers". Diese war in ihrer Sicht von Anfang an der Beweggrund der deutschen Außenpolitik, auch wenn
Kubes Interpretation
Vertreter der K o n t nuitätsthese
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IL G r u n d p r o b l e m e u n d Tendenzen der Forschung
„die Hektik, aber auch die Normalität der im Vordergrund stehenden außenpolitischen Geschehnisse oftmals die eigentlichen Triebkräfte der programmatisch gespeisten Politik Hitlers" [40: K. H I L D E BRAND, Drittes Reich, 28, 53] verdecken mochten. Aus der Sicht des späteren Beobachters scheint ihnen diese durchgängige Linie aber nicht zu bestreiten und ein „ W e n d e p u n k t " im Jahr 1937 nicht erkennbar zu sein. c) Kriegsausbruch
Taylors These
Hofers „Entfessellings -These
1939
Eine Diskussion um die „Schuld" am Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, die der um den Ersten Weltkrieg vergleichbar wäre, hat es in der Forschung zum Dritten Reich nicht gegeben. Der maßgebliche Anteil Deutschlands an der Eskalation des politischen und militärischen Konflikts im Sommer 1939 ist unbestritten; der Versuch A. J . P . TAYLORS, Hitler den Kriegswillen abzusprechen und den Kriegsausbruch „eher als Folge eines internationalen Verkehrsunfalls" [57: G. N I E D H A R T (Hrsg.), Kriegsbeginn, 11] zu interpretieren, hat keine (wissenschaftlich ernst zu nehmende) Unterstützung gefunden. Strittig ist allenfalls die Frage, wieweit andere europäische und außereuropäische Staaten durch ihre Politik im Vorfeld dieses Ereignisses Hitlers Kriegskurs direkt oder indirekt begünstigt, ihm zumindest aber keine entscheidenden Hindernisse entgegengesetzt haben. Diese Perspektive soll, da sie den thematischen Rahmen dieser Darstellung überschreitet, nicht weiter verfolgt, sondern es soll hier allein nach den Triebkräften, Motiven und Zielen der deutschen Politik gefragt werden. Von „Schuld" im moralischen Sinne ist allerdings schon sehr früh gesprochen worden. So hat W A L T E R H O F E R Hitler bzw. sein „Lebensraum"-Programm als „entscheidende Ursache des Zweiten Weltkrieges" gesehen. In der Auslösung dieses Ereignisses liegt in seinen Augen „die ungeheuerliche Schuld des Menschen Hitler vor der Geschichte beschlossen, eine Schuld von einem Ausmaße, wie sie wohl nie vorher in der Weltgeschichte ein einzelner Mensch auf sich geladen hat". Angesichts dieses Befundes möchte er auch nicht vom „ A u s b r u c h " des Zweiten Weltkriegs sprechen, sondern den Beg r j f f d e r „Entfesselung" verwenden: „Ein Vulkan ,bricht aus', eine Epidemie ,bricht aus' - der Krieg von 1939 ist nicht in diesem Sinne a u s g e b r o c h e n ' , sondern lange geplant worden, vom Führer des Dritten Reiches, in sozusagen alleiniger Verantwortung" [„Entfesselung" oder „Ausbruch" des Zweiten Weltkriegs?, in: ebd., 486f., 5],
5. Kontroversen um wichtige Einzelpunkte
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Dieser These von der „ E n t f e s s e l u n g " des Zweiten Weltkriegs haben sich im großen u n d ganzen alle diejenigen angeschlossen, die Hitlers frühzeitig fixiertes rassenideologisches „ P r o g r a m m " als Movens und Triebkraft der nationalsozialistischen (Außen-)Politik interpretieren. Wie H o f e r sehen sie die internationalen Krisen der J a h r e 1938 u n d 1939 durch Hitlers Expansionskurs bestimmt u n d getragen, der d a n n mit dem Überfall auf Polen den Kriegseintritt der Westmächte provoziert u n d somit den europäischen Krieg ausgelöst habe. Wie auch immer die Politik der anderen Akteure beurteilt u n d gewertet wird - an der Tatsache, d a ß Hitlers Kriegswille für Vorgeschichte u n d Beginn des Zweiten Weltkriegs ausschlaggebend gewesen sei, gibt es in ihren Augen keinen Zweifel. Demgegenüber hat insbesondere die marxistisch orientierte Geschichtswissenschaft innergesellschaftliche Ursachen f ü r den Kriegsausbruch ausgemacht. Sie sieht ihn „ausgelöst vom deutschen Imperialismus u n d Militarismus" [62: Deutschland im zweiten Weltkrieg, Bd. I, 153], der hierdurch sein Ziel habe erreichen wollen, „die Vorherrschaft des faschistischen deutschen Imperialismus in E u r o p a zu errichten und d a n n den K a m p f um die Weltherrschaft a u f z u n e h m e n " [79: O. G R O E H L E R , Erforschung, 317], Bei der Frage nach der Kriegsschuld steht aber nicht nur das für den Kriegsausbruch „ursächlich verantwortliche staatsmonopolistische System des Faschismus in D e u t s c h l a n d " [G. HASS,,Der K a m p f um die kollektive Sicherheit vor dem Zweiten Weltkrieg und der deutsche Imperialismus, in: 57: G. N I E D H A R T (Hrsg.), Kriegsbeginn, 337] im Mittelpunkt dieser Interpretation, ebenso wird der Blick auf die Antagonismen und Widersprüche im kapitalistischen System selbst gelenkt, die d a n n ihren Ausweg in militärischer Aggression gesucht hätten. Somit gilt der Zweite Weltkrieg als „aus dem kapitalistischen System entstanden und [als] ein Ergebnis der in der Welt auf der G r u n d l a g e des Monopolkapitalismus bestehenden wirtschaftlichen und politischen Gegensätze" [A. D. N I K O N O W , Die politische Vorkriegskrise 1939, in: ebd., 519],
M a r x i s t i s c h e sichtwelse
Auf die innenpolitischen Bedingungsfaktoren der nationalsozialistischen Außenpolitik und die „ F u n k t i o n des Angriffskriegs Masons These von 1 9 3 9 " [ 8 7 ] hat auch TIMOTHY W. M A S O N aufmerksam m a c h e n wol- ^ ' ¿ L ™ ® ™ ime len. Hierbei sieht er Hitlers außenpolitischen Spielraum durch die innen- und wirtschaftspolitische Situation Deutschlands eingeengt, so d a ß die deutschen Kriegsvorbereitungen seit Frühjahr 1939 „im Zeichen einer Ü b e r s p a n n u n g der Kräfte und Reserven" gestanden hätten, die d a n n in eine „ K r i s e des gesamten Wirtschafts- u n d Herr-
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II. G r u n d p r o b l e m e u n d T e n d e n z e n der F o r s c h u n g
schaftssystems" gemündet seien. Zwar hält auch Mason dies nicht für „die primäre Ursache des Zweiten Weltkriegs", die er vielmehr im Expansionsstreben der politischen Führung in Berlin sieht, doch ließ in seinen Augen die innere Krise deren Handlungsspielraum 1938/39 derart schrumpfen, daß „die Entfesselung des Krieges und die Annexion fremden Territoriums [keinen] weiteren Aufschub geduldet" hätte [Innere Krise und Angriffskrieg 1938/39, in: 77: F. FORSTMEIER/H.-E. VOLKMANN (Hrsg.), Wirtschaft, 160, 186, 175]: nur durch den Zugriff auf benachbarte Gebiete, auf deren wirtschaftliche Ressourcen und Arbeitskräfte, konnte in seinen Augen einer weiteren Verschärfung der inneren Krise vorgebeugt und damit die Gefahr für das Regime überwunden werden. Um der innenpolitischen Legitimationskrise zu entgehen, so ließe sich ein Fazit ziehen, suchte Hitler die Flucht nach vorn und nutzte den Krieg als Entlastungsstrategie. Diese Interpretation hat mittlerweile vielfache Kritik erfahren. Gegenstimmen Dabei ist zum einen Masons Krisenbegriff bzw. seine Diagnose einer Krise des Herrschaftssystems in Frage gestellt, zum anderen aber auch Hitlers Kurs im Vorfeld des Kriegsausbruchs erneut betrachtet worden, um die Frage nach den Antriebskräften der deutschen Politik und nach ihrem Handlungsspielraum zu bestimmen. Hierbei hat man die wirtschafts- und sozialpolitischen Krisensymptome zwar im großen und ganzen bestätigt, aber dennoch bestritten, daß Hitler durch die Rücksichtnahme auf diese Situation gebunden gewesen sei. „All the evidence - or rather lack of it - " , so das jüngste Fazit, „suggests that short term economic and social considerations played only the smallest part in Hitler's foreign policy calculations. If anything, it was the part that he deliberately chose to ignore ... His concerns were not primarily with the day to day problems of economics, living standards, and social peace, as were those of his contemporaries, but with questions of race and foreign policy" [89: R. J. OVERY, Hitler's War, 273], Damit sind die Prioritäten Hitlers in den Krisen des Frühjahrs und Sommers 1939 und „Deutschlands Wille zum Krieg" [G. L. WEINBERG, in: 68: W. B E N Z / H . GRAML ( H r s g . ) , S o m m e r
d) Hitlers Wendung gegen die
1939, 15-61] k l a r
umschrieben.
Sowjetunion
Der Einschätzung, daß mit dem 22. Juni 1941 der Zweite Weltkrieg in eine neue Phase getreten sei und daß in dem Krieg gegen die UdSSR sich auch Methoden und Praktiken der deutschen Poli-
5. K o n t r o v e r s e n um wichtige Einzelpunkte
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tik gewandelt hätten, ist in der zeitgeschichtlichen Forschung durchweg beigepflichtet w o r d e n , während die Frage, welche Motive und Ziele auf deutscher Seite für den Entschluß zum Angriff auf die Sowjetunion maßgeblich waren, nach wie vor umstritten ist. Hier hat nach Freigabe der aus der Obhut der Alliierten zurückgekehrten deutschen Akten u n d unter Hinzuziehung weiteren Quellenmaterials aus der U m g e b u n g Hitlers wie der W e h r m a c h t f ü h r u n g - AND R E A S H I L L G R U B E R in seiner Darstellung über „Hitlers Strategie" Hiligrubers inter1940/41 eine bis heute wegweisende Interpretation vorgelegt. Für P R E T A T L 0 N E N Hillgruber speist sich der Entschluß des deutschen Diktators zum Angriff auf die Sowjetunion zunächst einmal aus dessen frühzeitig fixiertem , , L e b e n s r a u m " - P r o g r a m m , das d a n n auch Eigenart u n d Charakter dieses Feldzuges prägen sollte. Diese „qualitative Veränderung des Krieges durch die Entfesselung des rassenideologischen Vernichtungskampfes im Osten mit seinem gegen B o l s c h e w i s m u s ' u n d J u d e n t u m ' gerichteten Doppelgesicht" markiert f ü r ihn den spezifischen Stellenwert des „ U n t e r n e h m e n s Barbarossa". Gleichzeitig kann er aber zeigen, d a ß der Krieg gegen die U d S S R in Hitlers strategischen Überlegungen auch ein Mittel wurde, um - nach der Niederwerfung Frankreichs u n d der f ü r ihn unerwarteten Fortsetzung des Krieges durch G r o ß b r i t a n n i e n - dem Inselreich seinen „ F e s t l a n d s d e g e n " aus der H a n d zu schlagen und es somit zu einem M i t t e l - Z i e l Arrangement mit dem Dritten Reich zu bringen. Zu diesem Zweck R e l a t l 0 n entwickelte der „ F ü h r e r " , wie Hillgruber dies f ü r den Herbst 1940 konstatiert, die Konzeption eines „Weltblitzkriegs", in dessen Verlauf zunächst die Sowjetunion überrannt und unterworfen werden sollte, um auf diesem Weg L o n d o n zu einem Ausgleich mit Berlin zu zwingen. Gleichzeitig sollte die Ausschaltung Englands und die mit dem Sieg über die U d S S R v e r b u n d e n e machtpolitische Aufwertung J a p a n s im Fernen Osten aber auch die USA von einem Kriegseintritt abhalten und als militärischen Faktor neutralisieren. Damit k o n n t e Hillgruber die Bedeutung des „doppelten Aspekts des Ostfeldzuges als entscheidender Schritt zur Verwirklichung der ursprünglichen Ziele Hitlers und zugleich als Mittel im Rahmen seines improvisierten Kriegsplans" [45: Strategie, 18] nachdrücklich herausstellen. Diese Interpretation setzt sich deutlich von m a n c h e n (älteren) Darstellungen ab, die - nicht selten in Anlehnung an Memoiren bzw. Erlebnisberichte beteiligter Militärs - allein auf die militärischstrategische Dimension des Feldzugs gegen die U d S S R a b h o b e n oder gar von einem Präventivkrieg gegen den bisherigen Paktpart-
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II. G r u n d p r o b l e m e und T e n d e n z e n der Forschung
ner ausgingen, um entsprechenden Absichten Stalins zuvorzukommen. Ebensowenig gibt sie Deutungen R a u m , die die Interessen des Marxistische Inter- deutschen „ M o n o p o l k a p i t a l s " an einem wirtschaftlichen Raubkrieg pretationen g e g e n die Sowjetunion herausstellten u n d hier von einer Vorreiterrolle dieser gesellschaftlichen G r u p p e und der Komplizenschaft zwischen Staatsapparat u n d Privatwirtschaft bei dem Entschluß zum Angriff auf den östlichen N a c h b a r n ausgehen. Stattdessen steht für Hillgruber außer Frage, d a ß Hitlers ideologisch-politischem „ P r o g r a m m " in dem Entscheidungsprozeß im Vorfeld des „ U n t e r nehmens Barbarossa" die entscheidende Position zukam. Hillgrubers Ansatz ist seit Mitte der 1960er Jahre in unterschiedlicher Weise weitergeführt u n d modifiziert worden. Hinsichtlich der Frage nach der Bedeutung des wirtschaftlichen Faktors im Z u s a m m e n h a n g mit dem 22. Juni 1941 ist beispielsweise für D I E T R I C H E I C H H O L T Z „eine unmittelbare Beteiligung von Monopolvertretern an der Ausarbeitung von Hitlers grundlegendem strategischen Konzept seit F r ü h s o m m e r 1940 bis zur ,Weisung Nr. 21 (Barbarossa)' . . . bisher nicht nachzuweisen". In seinen Augen war der nach dem Frankreichfeldzug getroffene Entschluß, im F r ü h j a h r 1941 in die Sowjetunion einzufallen, „vielschichtig motiviert". Zwar steht f ü r ihn die Erwartung des deutschen „ M o n o p o l k a p i t a l s " seit 1933 außer Frage, zu einem gegebenen Zeitpunkt einen Angriff auf die U d S S R zu u n t e r n e h m e n , doch ergaben sich „Termin u n d M o d a litäten der Aggression ... als Resultat vielfältiger politischer, militärischer, wirtschaftlicher u n d ideologisch-politischer Faktoren". Ausschlaggebend waren hierbei in Eichholtz' Sicht die „außenpolitischen u n d militärischen Erwägungen von Hitler-Clique, M o n o p o len u n d Militärs", die allerdings „wirkungsvoll von wirtschaftlichen gestützt u n d ergänzt" [75: Geschichte, Bd. I, 206f.] worden seien. Damit ist zwar die These nicht zurückgenommen, d a ß die Vernichtung der Sowjetunion als Hort der Weltrevolution u n d der Zugriff auf ihre materiellen Ressourcen „ d a s Kernstück ... [der] Weltherrschafts- u n d K r i e g s p l a n u n g e n " dieser „reaktionärsten K r ä f t e des Regimes" [ebd., Bd. II, 1] gewesen seien, doch zumindest f ü r den Entschluß zum „ U n t e r n e h m e n Barbarossa" sind die einzelnen ökonomischen u n d nichtökonomischen Faktoren neu gewichtet. Z u d e m hat Hillgrubers Darstellung schon bald eine lebhafte Diskussion über das Verhältnis von ideologisch-programmatischen hese vom Vorrang Zielen u n d strategischen Überlegungen ausgelöst, wie sie sich aus strategischer Hrwa- ¿gj. konkreten militärischen Situation im Vorfeld des deutschen Angungen
griffs auf die Sowjetunion ergaben. Mit dem Erscheinen des vom
5. K o n t r o v e r s e n u m w i c h t i g e
Einzelpunkte
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Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Freiburg herausgegebenen Serienwerks über „ D a s Deutsche Reich u n d der Zweite Weltkrieg" ist diese Debatte erneut aufgeflammt. Hier hat zunächst einmal B E R N D S T E G E M A N N die Bedeutung von Hitlers programmatischem „ L e b e n s r a u m " - K o n z e p t f ü r den Entschluß zum Beginn des „Untern e h m e n s Barbarossa" bezweifelt u n d diese Entscheidung allein aus strategischen Erwägungen nach dem Sieg über Frankreich u n d dem Verlust der Luftschlacht um England abgeleitet. Mit dem Fehlschlag der H o f f n u n g des deutschen Diktators, mit dem Inselreich „zu einem Ausgleich k o m m e n zu k ö n n e n " , wurde in Stegemanns Sicht „ d e r Ostkrieg ... von ihm ausschließlich als strategische Aushilfe begründet, um England doch noch zum Frieden zu zwingen" [95: Hitlers Ziele, 99], Für die S o m m e r m o n a t e 1940 vermag dieser Autor „ n o c h keine Entscheidung f ü r eine militärische L ö s u n g " zu sehen, vielmehr habe Hitler diesen Entschluß erst nach Stalins Absage an seine Kontinentalblock-Konzeption gefaßt. Aber auch zu diesem Zeitpunkt war sie in seiner Sicht aus dem Kalkül geboren, „sich eine genügende Basis u n d zugleich die erforderliche Rückenfreiheit für den K a m p f gegen beide angelsächsische Seemächte sichern zu k ö n n e n " . Für eine „direkte Verbindung von Programm und praktischer Politik" im Sinne Hillgrubers fehlen f ü r Stegemann für das Jahr 1940 entsprechende „zeitgleiche Belege" [32: Das Deutsche Reich, Bd. II, 32, 36, 38], D a r ü b e r hinaus hat J O A C H I M H O F F M A N N die Präventivkriegsthese erneut zur Diskussion gestellt. Er möchte mit Blick auf die in den deutschen Interessenbereich weisenden sowjetischen Kriegsziele, auf die militärische Stärke der Roten Armee sowie deren Offensivstrategie den deutschen Angriff im Juni 1941 als Mittel und M a ß n a h m e interpretieren, um einem sowjetischen Angriff im folgenden F r ü h j a h r zuvorzukommen. Er verweist hierbei auf Äußerungen Stalins im Mai 1941, d a ß die Sowjetunion von der ^ V e r t e i d i gung' im taktischen Sinne dieses Wortes zur V e r t e i d i g u n g ' im strategischen Sinne ü b e r g e h e n " [ebd., Bd. IV, 74] müsse u n d somit die Rote Armee sich gezwungen sehen könnte, nach Abschluß aller Vorbereitungen einen Angriff auf den mutmaßlichen (deutschen) Aggressor zu führen. Vor diesem Hintergrund mißt H o f f m a n n dem sowjetischen Diktator eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung zum 22. Juni 1941 zu, da Hitler sich durch Stalins Verhalten zu einer (militärischen) Reaktion herausgefordert gefühlt habe. Auch hiermit wird die „ P r o g r a m m " - O r i e n t i e r u n g dieser Entscheidung in Frage gestellt u n d der Angriff auf die Sowjetunion als situationsbedingte
Präventivkriegslhese
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Gegenstimmen zur Präventivkriegsthese
II. G r u n d p r o b l e m e u n d Tendenzen der Forschung
Aktion gesehen, die sich aus der aktuellen militärischen Lageeinschätzung ergeben habe. Diese beiden Interpretationen haben eine lebhafte Debatte ausgelöst, die noch heute anhält, ja, die selbst unter den Autoren des Sammelwerkes über „ D a s Deutsche Reich u n d der Zweite Weltkrieg" geführt wird. Hinsichtlich der Präventivkriegsthese ist zu Recht betont worden, d a ß endgültige Aussagen zu Stalins Absichten erst nach Ö f f n u n g der sowjetischen Archive und nach Auswertung der entsprechenden D o k u m e n t e getroffen werden können. Dennoch sind H o f f m a n n s Einschätzungen von Stärke u n d militärischem Auftrag der Roten Armee wie von Stalins politischen Überlegungen u n d längerfristigen Zielen im fraglichen Zeitraum angezweifelt u n d auf dessen Absicht verwiesen worden, den Krieg zwischen dem Dritten Reich und den Westmächten möglichst zu verlängern u n d so eine gemeinsame W e n d u n g der kapitalistischen Staaten gegen die Sowjetunion zu unterbinden. Vor allem aber hat B I A N K A PIET R O W jüngst darauf verwiesen, d a ß „ d e r traditionelle, eng militärische Präventivkriegsbegriff mit seiner s u b j e k t i v e n ' Variante der zeitgenössischen Lageeinschätzung wie auch der ,objektiven' Sehweise aus historischer Perspektive ... angesichts [der] ... Quellenlage j e d e r G r u n d l a g e " [158: Deutschland, 131 f.] entbehre. Angesichts der Einschätzung Hitlers wie auch der militärischen Führung, d a ß man den östlichen N a c h b a r n in einem schnellen „Blitz"-Feldzug niederwerfen könne, vermag sie auf deutscher Seite eine Präventivstrategie beim Angriff auf die Sowjetunion nicht zu erkennen. S T E G E M A N N S Überlegungen, wie weit „Strategie oder Ideologie" [94] f ü r den Entschluß zum „ U n t e r n e h m e n Barbarossa" maßgeblich waren, weisen erneut zurück auf G r u n d f r a g e n der Interpretation der nationalsozialistischen Außen- und Kriegspolitik u n d sind entsprechend kontrovers diskutiert worden. Die deutlichste Unterstützung hat er von H. W. K O C H erhalten, der ebenfalls in Hitlers Haltung gegenüber der Sowjetunion im S o m m e r u n d Herbst 1940 „ n o evidence whatsoever" [148: Hitler's „ P r o g r a m m e " , 905] sieht, d a ß sie von dem „ L e b e n s r a u m " - K o n z e p t bestimmt gewesen sei. In Kochs Sicht reagierte der deutsche Diktator mit dem Entschluß zum Angriff auf die U d S S R auf die sich w a n d e l n d e politische Konstellation, als nämlich der Ausgleich mit G r o ß b r i t a n n i e n ausblieb u n d auch ein Arrangement mit Stalin im Sinne der Kontinentalblock-Konzeption nicht erreicht werden konnte.
Demgegenüber hat H I L L G R U B E R seine Interpretation verteidigt und untermauert und hierbei auch die Unterstützung weiterer Auto-
5. K o n t r o v e r s e n um wichtige Einzelpunkte
93
ren [167: G. R. U E B E R S C H Ä R / W . WETTE (Hrsg.), „Unternehmen Barbarossa"] erhalten. Insbesondere betont er, daß ein Urteil über die Bedeutung von Hitlers „ P r o g r a m m " für dessen Politik und Kriegführung nur „in Kenntnis nicht nur einzelner Etappen, gar nur von Monaten (1939/1940), sondern der ganzen Geschichte Hitlers und seines Reiches" möglich und legitim sei. Dies aber lasse die „Programm"-Orientierung des deutschen Diktators deutlich erkennen. Auf G r u n d neuer, seit Mitte der 1960er Jahre publizierter Quellen betont Hillgruber sogar noch stärker als bisher den „programmatischen" Charakter der Wendung gegen die Sowjetunion, zu der sich Hitler bereits „in diesen Wochen des auslaufenden kontinentalen Westkrieges" [Noch einmal: Hitlers Wendung gegen die Sowjetunion 1940, in: 46: DERS., Zerstörung, 241, 244], also noch im Juni 1940, entschlossen habe. Der Gesichtspunkt, England seines letzten potentiellen Bundesgenossen und „Festlandsdegens" zu berauben, trat dann „erst in der zweiten Juli-Hälfte als zusätzliches Argument bei Hitler a u f , als London wider Erwarten das Arrangement mit Berlin verweigerte. U n d schließlich bekam, wie Hillgruber ausführt, „das dritte Argument: Stalins Erpressertaktik zu begegnen, die man nur durch eine Zerschlagung der Sowjetunion wirklich ausschließen k ö n n e " , erst nach Molotows Berlin-Besuch im November 1940 „eine gewisse Bedeutung in Hitlers Begründungen f ü r die militärische Ost-Lösung" [45: Strategie, 724f.]. Damit ist die Rolle aller Gegenargumente deutlich abgeschwächt und der Vorrang von Hitlers „ P r o g r a m m " für den Entschluß zur Wendung gegen die Sowjetunion unterstrichen. Die Vorbereitung und Ausführung dieses Vorhabens sei dann allerdings von der politischen und strategischen Gesamtsituation abhängig gewesen.
e) Hitlers Kriegserklärung
an die Vereinigten
Staaten
Noch schwieriger sind die Motive und Ziele auszumachen, die Hitler mit seinem Entschluß verband, am 11. Dezember 1941 den USA den Krieg zu erklären. Angesichts der Tragweite dieses Ereignisses für den weiteren Verlauf des Krieges, mit dem nun das wirtschaftliche und militärische Potential der Vereinigten Staaten endgültig auf der alliierten Seite in die Waagschale geworfen wurde, hat die Frage, aus welchen Gründen der deutsche Diktator diesen Schritt getan hat, die zeitgeschichtliche Forschung immer wieder beschäftigt, zumal Berlin durch den „Dreimächtepakt" mit Japan zu einem solchen Beistand nicht verpflichtet war. Der Schwierigkeit,
Hiligrubers Gegen ar urnente
s
94
These des „Alles oder Nichts'
IL G r u n d p r o b l e m e u n d T e n d e n z e n der F o r s c h u n g
diesen Entschluß rational zu begründen, entspringt d a n n auch am ehesten die Einschätzung, Hitler habe hier in einer Haltung des „Al[ e s o c j e r Nichts", in der Alternative „Weltmacht oder U n t e r g a n g " , den Fehlschlag seiner Zielsetzungen besiegeln wollen: „ E s ist, als ob er aus der Erkenntnis, d a ß mit dem Scheitern seines Blitzkriegs gegen R u ß l a n d der Sieg unmöglich geworden war, die Folgerung gezogen hätte, d a n n eben die Niederlage zu wollen - u n d sie so vollständig und katastrophal wie möglich zu m a c h e n . " Statt der Hoffnung, „als der größte Eroberer u n d T r i u m p h a t o r in die Geschichte eingehen" zu k ö n n e n , habe er o f f e n b a r den Entschluß gefaßt, „wenigstens der Architekt der größten Katastrophe zu w e r d e n " [206: S. HAFFNER, A n m e r k u n g e n , 147 f., 153]. Dies weist Hitlers Entscheid u n g allerdings eine Einsicht in die Tatsache zu, d a ß der Dezember 1 9 4 1 tatsächlich die „ K r i e g s w e n d e " [ 9 0 : J. R O H W E R / E . J Ä C K E L (Hrsg.)] bedeutete, und unterstellt ihm eine fatalistische Ergebenheit in dieses Geschehen, die wissenschaftlich höchst fragwürdig erscheint.
Das Verdienst, den „ F a k t o r Amerika in Hitlers Strategie" näher beleuchtet und hierbei auch die Motive für Hitlers Entscheidung vom 11. Dezember 1941 angesprochen zu haben, k o m m t wiederum A N D R E A S H I L L G R U B E R ZU. Zunächst hatte, wie er nachweisen k a n n , der deutsche Diktator eine K o n f r o n t a t i o n und Auseinandersetzung mit den Vereinigten Staaten für die Zeit nach der Zerschlagung der Sowjetunion u n d nach dem A u f b a u eines deutschen Kontinentalimperiums in Europa (abgesichert durch kolonialen Ergänzungsraum in Afrika und eine starke Flotte mit Stützpunkten im Atlantik), ja, f ü r eine spätere Generation ins Auge gefaßt. Angesichts des Stekkenbleibens der Ostoperationen u n d in Anbetracht des erwarteten Kriegsausbruchs im Pazifik - so Hillgrubers Fazit - habe Hitler sich d a n n aber „mit der Unvermeidbarkeit eines Kriegseintritts der USA auf dem Weg über J a p a n zu einem unerwünschten Z e i t p u n k t " abgef u n d e n und den japanischen Überfall auf Pearl H a r b o r mit der deutschen Kriegserklärung an die USA beantwortet. Sie bot für den deutschen Diktator immerhin den Vorteil, Washington zu einem These vom Zwei-Ozean-Krieg zu zwingen u n d damit dessen Kräfte an jedem „ B l a n k o s c h e c k ^ Kriegsschauplatz zu reduzieren. D e n n o c h entsprang dieser Schritt in Hillgrubers Augen „nicht einer zielbewußten außenpolitischen Entscheidung Hitlers, war kein frei gefaßter großer Entschluß, der irgendwie mit seiner Entscheidung zum Ostkrieg verglichen werden könnte, sondern eine Geste, die verschleiern sollte, d a ß er die Entwicklung des Krieges, die seine Pläne zerstört hatte, nicht mehr
5. Kontroversen um wichtige Einzelpunkte
95
steuern konnte, d a ß die Initiative f ü r alle folgenden großen Entscheidungen auf die Gegenseite übergegangen w a r " [43: Großmacht- und Weltpolitik, 220]. Mittlerweile ist die Vorgeschichte der deutschen Kriegserklärung an die USA, insbesondere der Verhandlungen der „ D r e i m ä c h tepakt"-Partner über die Frage der deutschen u n d italienischen Antwort auf einen Kriegseintritt J a p a n s u n d über das wechselseitige Verbot eines Sonderfriedens mit den Westmächten weiter aufgehellt u n d minutiös rekonstruiert worden. Hierbei hat E B E R H A R D JÄCKEL zeigen k ö n n e n , d a ß nicht erst der japanische Angriff auf Pearl Harbor Hitler dazu bewogen hat, nun seinerseits den Vereinigten Staaten den Krieg zu erklären, d a ß vielmehr dieser Entschluß bereits vorher (er datiert dies auf den 4. Dezember) feststand. Diesen Schritt des deutschen Diktators erklärt Jäckel aus dessen Bemühen, eine Entwicklung analog zum Ersten Weltkrieg zu verhindern, als nämlich trotz der russischen Niederlage u n d des Separatfriedens von Brest-Litowsk das Deutsche Reich - vor allem wegen des amerikanischen Eingreifens auf dem westeuropäischen Kriegsschauplatz - doch noch den Krieg verlor. Einer solchen Entwicklung sollte nun vorgebeugt werden: „ J a p a n k o n n t e Amerika an einem vollen Eingreifen in Europa hindern. Es k o n n t e den Teil der amerikanischen u n d britischen Streitkräfte binden, die 1918 so k n a p p den Ausschlag gegeben hatten. Dazu jedoch m u ß t e es in den Krieg eintreten und d u r f t e nicht vorzeitig aus ihm austreten ... Das Geschäft bestand darin, d a ß J a p a n sich gegen den Preis des deutschen Kriegseintritts verpflichtete, keinen Sonderfrieden zu schließen" [183: Kriegserklärung, 137]. Diese Deutung - u n d insbesondere der Verweis auf die frühe Entscheidung Hitlers f ü r eine Kriegserklärung an die USA - hat mittlerweile breite Z u s t i m m u n g g e f u n d e n . W ä h r e n d Jäckel in diesem Entschluß einen ,,zweckentsprechende[n] Schritt" sieht, „ d e n Krieg, der in der H a u p t s a c h e ein Eroberungskrieg gegen die Sowjetunion war u n d blieb, zusammen mit J a p a n trotz allem gewinnen zu k ö n n e n " [ebd.], verweisen G E R H A R D L. W E I N B E R G [196: G e r m a n y ' s Declaration], PETER H E R D E (der Hitlers Entschluß allerdings bereits auf den 28. N o v e m b e r 1941 datiert [Japan, Deutschland u n d die Vereinigten Staaten im Jahre 1941, in: 90: J. R O H W E R / E . JÄCKEL (Hrsg.), Kriegswende, 5 1 ] ) u n d auch A N D R E A S H I U . G R U B E R stärker auf den globalen Aspekt, also die zu erwartende K o n f r o n t a t i o n mit den USA. Insbesondere Hillgruber möchte „das Drängen Hitlers gegenüber J a p a n zum Handeln gegen Amerika Ende N o v e m b e r /
Neue Forschungen Jacke|sund
Herde:
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II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung
A n f a n g Dezember 1941" d a r a u s erklären, „ d a ß er jetzt, angesichts der zum Kriege treibenden Entwicklung im Fernen Osten, erwartet, d a ß die K r ä f t e der USA im Pazifik u n d Atlantik zersplittert würden, so d a ß er damit Zeit gewinnt, den Krieg gegen die Sowjetunion, der 1941 nicht beendet werden konnte, im Jahre 1942 siegreich zu beend e n " [Diskussionsbeitrag in: ebd., 107], Damit wäre d a n n die Möglichkeit gegeben, anschließend die große Auseinandersetzung mit der amerikanischen Seemacht zu suchen, wie dies seinem „Prog r a m m " entsprach.
6. Außenpolitische Konzeptionen des deutschen Widerstands Defizite der w i d e r standsforschung
Kommunistischer Widerstand
Die außenpolitischen Konzeptionen des deutschen Widerstands gegen das Dritte Reich sind bisher erst in Ansätzen analysiert [ ) j e s liegt nicht zuletzt darin begründet, d a ß andere Theworcjen men - insbesondere die Frage nach den moralisch-ethischen G r u n d lagen der Repräsentanten des Widerstandes u n d den gesellschaftlichen u n d politischen Zielvorstellungen u n d Aktionsformen, die sich hieraus ableiten - bisher im Vordergrund des wissenschaftlichen Interesses gestanden haben. Zudem haben die Vielzahl von Personen u n d gesellschaftlichen G r u p p e n im Widerstand u n d auch die Wandlungen, denen die außenpolitischen Konzeptionen in den Jahren von 1933 bis 1945 angesichts sich ä n d e r n d e r internationaler Konstellationen unterworfen waren, eine solche Aufgabe eher erschwert. D e n n o c h m u ß sie als eines der Desiderate der Widerstandsforschung gelten. Am wenigsten wurde diese Frage in den Darstellungen zum kommunistischen u n d sozialdemokratischen Widerstand behandelt. w ä h r e n d hier Probleme der konspirativen Arbeit, der Tätigkeit der Exilgruppen u n d ihres Verhältnisses zur Anhängerschaft in Deutschland, aber auch der innen- und gesellschaftspolitischen Zukunftsvorstellungen breit diskutiert worden sind, hat man die außenpolitischen Konzeptionen im großen u n d ganzen als Fortschreibung der Ansätze gesehen, die bereits vor 1933 f ü r die entsprechenden Parteien bzw. Parteiführungen maßgeblich waren. Für die K P D hat A R N O L D SYWOTTF.K dies als ,,Wille[n] zu freundlicher Nachbarschaft gegenüber der S o w j e t u n i o n " gekennzeichnet u n d in der „Integrationsformel ,Frieden (für die Sowjetunion)' als Tagesparole" [Revolutionäre Perspektiven des kommunistischen Widerstands, in:
6. Außenpolitische Konzeptionen des deutschen Widerstandes
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92: J. S C H M Ä D E K E / P . S T E I N B A C H (Hrsg.), Widerstand, 485, 478] wie im proletarischen Internationalismus ein gemeinsames Band außenpolitischer Zielsetzung für die politische Führung dieser Partei gesehen. In bezug auf die S P D bzw. den demokratischen Sozialismus gilt ein solcher gemeinsamer N e n n e r als noch schwerer auszumachen, waren doch hier politische Ansätze, Handlungsanleitungen u n d Zukunftsvorstellungen der einzelnen G r u p p e n zu disparat, um eine für alle verbindliche Linie zu konstruieren. Frühere Gegenüberstellungen von „östlich" und „westlich" orientierten Sozialdemokraten sind mittlerweile aufgegeben worden zugunsten der Einschätzung, d a ß innerhalb dieser G r u p p e n „eine partielle Korrektur früherer selbstgerechter Klischeebilder über kapitalistische Imperialisten' einerseits u n d die bolschewistische Blutdiktatur' andererseits stattgef u n d e n hätte], ohne die Vorstellung eines (zentraleuropäisch geprägten) dritten Weges a u f z u g e b e n " [D. L E H N E R T , Vom Widerstand zur N e u o r d n u n g ? , in: ebd., 500]. G e r a d e in diesem Konzept eines dritten Weges zwischen West u n d Ost u n d des Zusammenschlusses der europäischen Staaten, um die Rolle einer solchen dritten Kraft auch spielen zu können, ist vielfach die spezifische außenpolitische Leitlinie des demokratischen Sozialismus gesehen worden. Die hier angesprochenen sozialdemokratischen Europavorstellungen haben allerdings, soweit sie in die Beratungen, Diskussionen u n d Zukunftsentwürfe des Kreisauer Kreises eingeflossen sind, bereits eine eingehende W ü r d i g u n g g e f u n d e n . G e r a d e der „europäische Internationalismus Kreisaus" [78: H . G R A M L , Vorstellungen, 45], der wesentlich, wenn auch nicht ausschließlich, von Mitgliedern wie Leber und H a u b a c h beeinflußt und getragen war, ist als konsequentester Versuch gesehen worden, „ d e n Teufelskreis der europäischen Machtpolitik zu sprengen u n d das System der Aushilfen sowie der letztlich doch immer vergeblich verlaufenden Bemühungen um Z ä h m u n g sowie Abbau der Macht in Form von Bündnisu n d Gleichgewichtskonstruktionen ein für allemal hinter sich zu lass e n " [83: K. H I L D E B R A N D , Vorstellungen, 231], Dies bedeutet, d a ß ihr Denken nicht der Revision, sondern der „ Ü b e r w i n d u n g von Versailles" verhaftet gewesen sei u n d in eine veränderte europäische Z u k u n f t gewiesen habe. Hierbei hätten sie sich von der Einsicht leiten lassen, d a ß „aus der ,Anarchie von Versailles' nicht die Verschiebung von G r e n z e n , sondern nur eine neue O r d n u n g E u r o p a s auf der Grundlage aufrichtiger Verständigung herausführen k ö n n e " [78: H. G R A M L , Vorstellungen, 46].
Sozialdemokratisc
^er/^lja,isti"d
K r e i s a u e r Kreis
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G o e r d e l e r , Beck, v o n Hasseil
Kritik a m k o n s e r ativen W i d e r s t a n d
II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung
G e g e n diese Leitidee einer „ R a t i o n a l i s i e r u n g der e u r o p ä i s c h e n A u ß e n p o l i t i k , [der] . . . V e r w a n d l u n g E u r o p a s a u s einem K o n t i n e n t von M a c h t s t a a t e n , die einen h ö c h s t e n sittlichen Wert repräsentieren u n d d a h e r in ihrem H a n d e l n u n v e r a n t w o r t l i c h sind, in einen Kontin e n t der pluralistischen Staatengesellschaft, die in der Lage ist, ihre K o n f l i k t e in einem r a t i o n a l e n Geist zu r e g e l n " [ebd., 47], ist d a n n vielfach die E u r o p a k o n z e p t i o n a n d e r e r G r u p p e n u m G o e r d e l e r , Beck, von Hassell etc. gestellt w o r d e n , o b sie n u n als „ K o n s e r v a t i v N a t i o n a l e " ( G r a m l ) , „ H o n o r a t i o r e n " ( H i l d e b r a n d ) o d e r auch „ n a t i o n a l k o n s e r v a t i v e E l i t e n " (Müller) bezeichnet w e r d e n . Für sie ist wie ü b e r e i n s t i m m e n d b e t o n t wird - der überlieferte e u r o p ä i s c h e N a t i o n a l s t a a t u n d die m a c h t s t a a t l i c h e T r a d i t i o n in den internationalen Beziehungen in h o h e m M a ß e verbindlich geblieben, so d a ß d a s k l e i n d e u t s c h e Reich Bismarcks der Bezugspunkt ihres a u ß e n p o litischen Wollens blieb. I n s b e s o n d e r e K L A U S H I L D E B R A N D hat darauf verwiesen, d a ß die a u ß e n p o l i t i s c h e K o n z e p t i o n dieser G r u p p e „in ihrer Verhaftetheit a n die n a t i o n a l s t a a t l i c h e I d e e u n d in ihrer O r i e n t i e r u n g auf e u r o p ä i s c h e P e r s p e k t i v e n " klarer zutage trete, „ w e n n m a n sie in die a u ß e n p o l i t i s c h e n T r a d i t i o n e n des D e u t s c h e n Reiches auf seinem Weg von Bismarck ü b e r C a p r i v i , B e t h m a n n Hollweg u n d L u d e n d o r f f bis hin zu S t r e s e m a n n u n d B r ü n i n g einzuo r d n e n s u c h t " [83: Vorstellungen, 216]. D e r sich hieraus e r g e b e n d e A n s p r u c h auf W a h r u n g der deutschen G r o ß m a c h t p o s i t i o n , wie er sich in territorialen F o r d e r u n g e n , a b e r auch in den Vorstellungen einer ö k o n o m i s c h e n u n d machtpolitischen R e o r g a n i s a t i o n der e u r o p ä i s c h e n Mitte artikulierte, hat m e h r f a c h d e n Vorwurf provoziert, Z u k u n f t s p e r s p e k t i v e n e n t w o r f e n zu h a b e n , die f ü r die a n d e r e n e u r o p ä i s c h e n Staaten nicht aktzeptabel gewesen seien, ja, die - in ihrer „ V e r b i n d u n g nationalliberalg r o ß d e u t s c h e n u n d preußisch-etatistischen G e i s t e s " [ 7 8 : H . G K A M L , V o r s t e l l u n g e n , 27] - eher als r ü c k w ä r t s g e w a n d t d e n n als gegenwarts- bzw. z u k u n f t s o r i e n t i e r t b e z e i c h n e t werden m ü ß t e n . Insbesondere f ü r H A N S M O M M S E N stellt sich „ d i e Selbstüberschätzung, m a n k ö n n e die deutsche G r o ß m a c h t s t e l l u n g sichern, also die Idee, gleichsam die Erfolge Hitlers f ü r eine antifaschistische d e u t s c h e Reg i e r u n g ü b e r n e h m e n zu k ö n n e n , . . . doch als eine ,länger a n h a l t e n d e d e u t s c h e K r a n k h e i t ' d a r " , die er erzeugt sieht aus den T r a d i t i o n e n a u ß e n p o l i t i s c h e n D e n k e n s in D e u t s c h l a n d wie aus „ j e n e m P h ä n o m e n der ,geistigen E i n s p e r r u n g ' , der m a n im W i d e r s t a n d ausgesetzt gewesen s e i " [Diskussionsbeitrag in: 9 2 : J . S C H M Ä D E K E / P . S T E I N BACH (Hrsg.), W i d e r s t a n d , 1 1 3 9 ] ,
6. A u ß e n p o l i t i s c h e K o n z e p t i o n e n des d e u t s c h e n W i d e r s t a n d e s
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Dieser Sichtweise haben andere Autoren den E i n w a n d entgegengehalten, d a ß dies die innenpolitische Funktion dieser außenpolitischen Zielsetzung verkenne, nämlich die Z u s t i m m u n g und Unter- Gegenargumente Stützung bisher Unentschlossener etwa aus dem Bereich der hohen Militärs zu gewinnen. Zudem hätte Goerdeler „nicht in dem unterstellten M a ß e an die Realisierung solcher Ziele ,geglaubt', in seinen Erwartungen für den Kriegsausgang vielmehr sehr viel realistischer g e d a c h t " [ebd., 1140] u n d sei auch von m a n c h e n zuvor bekundeten Zielsetzungen wieder abgerückt. Zudem hat wiederum HILDEBRAND darauf verwiesen, d a ß die „Praxis, in Kategorien der überlieferten Machtpolitik zu denken, im Europa der 30er u n d 40er Jahre auch bei den westlichen parlamentarischen Nationen durchaus n o r m a l " , ja, selbst in den dortigen Widerstandsbewegungen geläufig gewesen sei. Vor allem aber d ü r f e diese außenpolitische Konzeption nicht mit Hitlers Zielen gleichgesetzt werden, „es sei d e n n , m a n wollte zwischen dem Bemühen um Frieden u n d dem H a n g zum Krieg, zwischen großmächtlichem Führungsanspruch u n d globaler Rassenherrschaft, zwischen der Respektierung u n d der Mißachtung des Völkerrechts, zwischen dem Eintreten f ü r den Schutz nationaler u n d rassischer Minderheiten und der Praxis des Genozids nicht mehr unterscheiden". So o f f e n k u n d i g „ d i e E n t w ü r f e der H o n o r a tioren' . . . an den M a ß s t ä b e n ausgerichtet [waren], die die europäische Staatengeschichte im allgemeinen u n d die der preußisch-deutsche Nationalstaat Bismarckscher H e r k u n f t als Verpflichtungen u n d Belastungen überliefert h a t t e n " [83: Vorstellungen, 225, 232], so deutlich sei doch die Scheidelinie zur nationalsozialistischen Außenpolitik zu ziehen. Die Frage nach Gemeinsamkeiten u n d Unterschieden zwischen den außenpolitischen Konzeptionen der „ N a t i o n a l k o n s e r v a t i v e n " u n d Hitler steht auch im Mittelpunkt der Kontroverse um die Bewertung des „Widerstandes aus dem Ressort" [93: G. SCHULZ, Nationalpatriotismus, 341]. Dieses Problem m u ß t e sich gerade dort stellen, wo Mitwirkung und damit Stützung des Regimes, die sich aus der jeweiligen politischen Funktion ergab, u n d „ O p p o s i t i o n " zu essentiellen (außen-)politischen Zielen des Dritten Reiches sich überschnitten und miteinander verstrickten. Hier sind insbesondere „widerstand" im der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Ernst von Weizsäcker, und Auswärtigen Amt andere Mitglieder dieses Ressorts in den Mittelpunkt einer solchen Diskussion um Beurteilung u n d Würdigung ihrer Aktivitäten gerückt. Unstrittig ist hierbei die Einschätzung, d a ß Weizsäcker eine G r o ß m a c h t p o s i t i o n Deutschlands anstrebte und zu diesem Zweck
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II. G r u n d p r o b l e m e u n d T e n d e n z e n der F o r s c h u n g
eine Revision der deutschen (Ost-)Grenzen, eine ökonomische Vorherrschaft im ostmitteleuropäischen R a u m oder auch einen entsprechenden Kolonialbesitz befürwortete, ohne allerdings das Risiko eines großen europäischen Krieges eingehen zu wollen. Für LEONIDAS E. H I L L , den Herausgeber der Weizsäcker-Papiere, k ö n n e n die sich hieraus ergebenden Aktivitäten in der SudeKontroverseum ten-Krise 1938 und auch in der Krise um Polen ein Jahr später Bewertung von d u r c h a u s als „Opposition oder Widerstand gewertet" w e r d e n ; in Weizsäckers
seiner Sicht basierten Haltung u n d Handlungsweise des Staatssekretärs „ a u f religiösen, ethischen und juristischen Überlegungen, nicht nur auf der Tatsache, d a ß er gegen einen großen Krieg war, von dem er a n n a h m , d a ß Deutschland ihn verlieren w ü r d e " [Alternative Politik des Auswärtigen Amtes bis zum 1. September 1939, in: 92: J. S C H M Ä D E K E / P . STEINBACH (Hrsg.), Widerstand 669 f.]. Vor diesem Hintergrund habe Weizsäcker versucht, unter U m g e h u n g Ribbentrops Hitlers Vorgehen direkt im Sinne außenpolitischer Mäßigung zu beeinflussen und auch dem Ausland, speziell G r o ß b r i t a n n i e n , zu einer Linie zu raten, die den deutschen Diktator vor einem großen militärischen Konflikt zurückscheuen lassen würde. Um dies erreichen zu k ö n n e n , habe er „beschlossen, mit dem Teufel zu paktier e n " , also im Amt zu bleiben u n d „seine höhere Verpflichtung f ü r wichtiger als seinen persönlichen R u f [23: Weizsäcker-Papiere, Bd. II, 51] zu erachten. Die E r f a h r u n g des Scheiterns kann in Hills Augen den Wert dieser Bemühungen nicht m i n d e r n u n d Weizsäkkers N ä h e zum Widerstand nicht in Frage stellen. Dieser Sichtweise fühlt sich auch W A L T E R BUSSMANN verpflichtet. Auch er unterstreicht die Distanz und Ablehnung des Staatssekretärs gegenüber den (außen-)politischen Zielen des Regimes; allerdings habe von Weizsäcker f ü r sein Wirken „die M e t h o d e eines gleichsam verschleierten Widerstandes bevorzugt". In ihm habe das Auswärtige Amt nach Bülow noch einmal einen Repräsentanten gef u n d e n , „ d e r aus der Verantwortung für sein Vaterland u n d für Europa handelte", der sich aber der Tatsache bewußt gewesen sei, d a ß er mit dem Verbleib im Amt „Mißverständnissen ausgesetzt war u n d ausgesetzt bleiben würde". Diese f ü r den Einzelnen schwierige und z e r m ü r b e n d e Zwangslage, bei der (subjektive) Absicht und (objektive) Wirkung nur schwer miteinander in Einklang zu bringen waren, gilt es nach B u ß m a n n s Urteil historisch zu würdigen; im Falle von Weizsäckers ist aber f ü r ihn ganz unbestritten, d a ß er u n d seine engeren Mitarbeiter „in ihrer gestuften Opposition gegen das nationalsozialistische Regime zur Elite des Widerstandes g e h ö r t e n "
6. Außenpolitische Konzeptionen des deutschen Widerstandes
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[Das Auswärtige Amt unter der nationalsozialistischen Diktatur, in: (Hrsg.), Demokratie, 2 6 2 , 2 6 1 , 2 6 4 ] , In der Spannweite dieser Urteile, die „vom , H a n d l a n g e r ' Hitlers bis zum M a n n des ,Widerstands' reichen" [ 1 1 3 : M. T H I E L E N H A U S , Zwischen Anpassung, 1 3 ] , tendieren R A I N E R A. B L A S I U S u n d M A R I O N T H I E L E N H A U S allerdings eher zu einer distanzierteren Halt u n g ; sie sehen in den Aktivitäten des Staatssekretärs den Ansatz zu einer „ G e g e n d i p l o m a t i e " mit den Mitteln, die ihm aus seinem Amt heraus zur Verfügung standen, und als „Versuch der systemimmanenten Opposition". Hierbei habe Weizsäcker zwar dem sich formierenden militärischen Widerstand durch Weitergabe politischer Informationen beigestanden und auch die Bestrebungen seiner Mitarbeiter im Auswärtigen Amt toleriert, einen Staatsstreich vorzubereiten, doch sei er auf G r u n d seiner nationalen Einstellung nicht bereit gewesen, „ d e n außenpolitischen Handlungsspielraum des Reiches durch eine mit einem Staatsstreich v e r b u n d e n e Phase politischer Handlungsunfähigkeit zu g e f ä h r d e n " [ebd., 225] und den Bruch mit dem System zu vollziehen, der zum Schritt in den „Wid e r s t a n d " notwendig gewesen wäre. Auch lasse seine Absicht, „ a u f die Vernunft des ,Führers' [zu setzen] u n d um dessen Entscheidung mit dem ,Kriegstreiber' R i b b e n t r o p zu r i n g e n " [ 1 0 1 : R. A. B L A S I I S, G r o ß d e u t s c h l a n d , 163], doch eine N ä h e zum Regime erkennen, die es verbiete, ihn als „ M a n n des Widerstandes" gegen Hitler zu charakterisieren. 3 6 : M . FUNKE
Insgesamt aber konstatieren alle Beteiligten an diesem „Zweifelsfall von Weizsäcker" [H. M O M M S E N , Diskussionsbeitrag, in: 92: J . S C H M Ä D E K E / P . S T E I N B A C H (Hrsg.), Widerstand, 1129] paradigmatisch die Überschneidungen und Unterschiede, die Fehlperzeptionen und Unterschätzungen, die Teilidentität von Zielen und Divergenz von Methoden und Mitteln, die die Wirkungs- u n d Einflußmöglichkeiten der nationalkonservativen „ O p p o s i t i o n " insgesamt beeinträchtigt u n d untergraben haben. Der gerade für diese G r u p p e lange u n d schmerzliche „Weg von der Kooperation zur Opposition", der innere Konflikt vieler ihrer Mitglieder, die schließlich „zu entschiedenen G e g n e r n einer bedenkenlosen Machtpolitik werden [sollten], deren Voraussetzungen sie indessen zu einem erheblichen Teil mitgeschaffen h a t t e n " [K.-J. M Ü L L E R , Nationalkonservative Eliten zwischen Kooperation u n d Widerstand, in: ebd., 24, 37], spiegelt sich in der Sicht der genannten Autoren auch in der Person des Staatssekretärs des Auswärtigen Amtes wider, so d a ß auch an seinem Beispiel die prinzipiellen Unterschiede zwischen einer Au-
Kritische Stimmen
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II. G r u n d p r o b l e m e u n d Tendenzen der Forschung
ßenpolitik, die sich an der G r o ß m a c h t p o s i t i o n Deutschlands orientierte, u n d Hitlers Kriegspolitik, die auf Rasse- u n d Welt(vor)herrschaft abzielte, deutlich gemacht werden k ö n n e n .
7. Die nationalsozialistische Außenpolitik in der deutschen und europäischen Geschichte Gesamtinterpretationen Die Frage nach der Position des Dritten Reiches in der deutschen Geschichte, nach Kontinuität oder Diskontinuität über den 30. J a n u a r 1933 hinweg, nach Hitlers „ O r t " in der Entwicklung des deutschen Nationalstaats ist eine der maßgeblichen Kategorien zur Beurteilung der nationalsozialistischen Herrschaft. Sie k a n n hier nicht in voller Breite erörtert werden, da wesentliche Argumente sich mit der inneren Struktur des Dritten Reiches sowie mit dem Problem der Kontinuität von Führungseliten u n d ideologischen Denkmustern befassen, also Fragen, die hier nur in Bezug auf den außenpolitischen Entscheidungsprozeß behandelt worden sind. Statt dessen soll hier die Außenpolitik des Dritten Reiches im Mittelpunkt stehen u n d deren „ O r t " in der deutschen u n d europäischen Geschichte bestimmt werden. Marxistische Interpretationen
Die These von der Kontinuität über den 30. J a n u a r 1933 hinweg wird am eindeutigsten und konsequentesten von der marxiorientierten Forschung vertreten. Wie oben bereits angeführt ( K a p . 5 a), sieht sie in Hitlers Kanzlerschaft keinen Einschnitt, vielmehr ist in ihren Augen die deutsche (Innen- wie) Außenpolitik auch nach dessen „ M a c h t e r g r e i f u n g " durch das dem kapitalistischen System inhärente Streben nach „Aggression und Neuaufteilung der W e l t " [ 1 3 : G . H A S S / W . S C H U M A N N (Hrsg.), Anatomie, 8] gekennzeichnet. Die Außen- u n d Kriegspolitik des nationalsozialistischen Deutschland setzte in dieser Interpretation nur die Linie fort, die schon im Kaiserreich u n d in der Weimarer Republik die Zielsetzungen der d o m i n a n t e n gesellschaftlichen Kräfte gekennzeichnet hatte. Somit ist es etwa f ü r J O A C H I M P E T Z O L D „kein Zufall, d a ß bei den Kriegszielen im zweiten Weltkrieg direkt an die des ersten Weltkrieges a n g e k n ü p f t werden konnte. Es war das Programm des deutschen Imperialismus, diktiert vom M o n o p o l - u n d Agrarkapital, das in beiden Fällen verwirklicht werden sollte, von den Nazis allerdings in einer besonders radikalen u n d skrupellosen F o r m " [213: Demagogie, 434]. Das dem Kapitalismus - u n d damit auch sei-
7. Die nationalsozialistische Außenpolitik
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nem letzten Stadium, dem Faschismus - inhärente Telos von imperialer Expansion u n d Weltherrschaft war nach dieser Deutung das prägende Merkmal der deutschen Außenpolitik spätestens seit dem ausgehenden 19. J a h r h u n d e r t . Eine solche Ableitung der Kontinuitätslinie der deutschen Außenpolitik allein aus der (kapitalistischen) Wirtschaftsordnung hat sich die nichtmarxistische Forschung nicht zu eigen gemacht, sondern andere Faktoren als maßgeblich herausgearbeitet. Bereits in den 1940er Jahren sind hier - noch unter dem Eindruck der „deuts c h e ^ ] K a t a s t r o p h e " - Deutungen vorgetragen worden, die d a n n die weitere Diskussion in hohem M a ß e prägen sollten. Hier ist vor allem F R I E D R I C H M E I N E C K E S Versuch zu n e n n e n , die deutschen wie die europäischen Voraussetzungen der nationalsozialistischen Herrschaft zu bestimmten. Diese sieht er zunächst einmal als Variante eines gesamteuropäischen Phänomens, das durchaus „bestimmte Analogien u n d Vorstufen in den autoritären Systemen der Nachbarl ä n d e r " gehabt habe. Andererseits verkennt er aber auch nicht die negative Hypothek, die der „üble Borussismus und Militarismus" des Kaiserreichs und seine bis zu den Alldeutschen reichende außenpolitische Zielsetzung für den deutschen Nationalstaat bedeutete. „ M a n m a g " , so sein Fazit, „ n u n die Unterschiede des damaligen unsozialen Herrengeistes von dem späteren Nationalsozialismus Hitlers noch so stark betonen - im großen Z u s a m m e n h a n g war es doch eine Vorstufe zu i h m " [211: Katastrophe, 9, 39]. Ähnlich, wenn auch mit teilweise anderen Akzentsetzungen, hat auch L U D W I G D E H I O die Grundlinie der preußisch-deutschen Geschichte seit der Mitte des 17. J a h r h u n d e r t s (neben der repressiven Herrschaftstechnik im Inneren) gerade in der T e n d e n z zu außenpolitischer Expansion gesehen. Allerdings möchte er diese Entwicklung in den K a m p f um „Gleichgewicht oder H e g e m o n i e " eingebettet sehen, der f ü r ihn das Bewegungsgesetz des m o d e r n e n europäischen Staatensystems war, und möchte somit die Expansionsund Kriegspolitik des Dritten Reiches als erneuten - und letzten „ A n s t u r m der festländischen Vormacht auf die Höhe der Hegemon i e " [202: Gleichgewicht, 228] verstanden wissen. Die Hybris u n d Ü b e r d e h n u n g dieses Versuchs hat d a n n in seinen Augen das Ende des alten Europa herbeigeführt. Diesen Interpretationsansätzen, die - bei aller Differenzierung im einzelnen - doch insgesamt die Kontinuität der Grundlinien u n d Bestimmungsfaktoren der deutschen Außenpolitik im 19. und 20. J a h r h u n d e r t betonen, ist schon bald entschieden widersprochen
Fr. M e i n e c k e
L. D e h i o
104
G. Ritter
Interpretationen ausgroßdeutscher
F.Fischer
II. G r u n d p r o b l e m e und Tendenzen der Forschung
worden. Die Kritik gilt vor allem der Parallelisierung des Bismarcku n d des Wilhelminischen Reiches mit der nationalsozialistischen Diktatur, die die W a n d l u n g e n u n d Brüche in dieser Entwicklung verkenne, bezieht sich aber auch auf die (Fehl-)Deutung der preußischen Geschichte als ständigen Anlauf zu Expansion u n d Hegemonie. So hat etwa G E R H A R D R I T T E R es f ü r „voreilig u n d ungerecht" gehalten, „ d e n Nationalsozialismus mit seinen G e w a l t m e t h o d e n f ü r eine Art Erblast der Deutschen zu e r k l ä r e n " ; seine Wurzeln seien vielmehr im Jakobinismus als Kind u n d europäischem Erbe der Französischen Revolution zu suchen. Z u d e m hält er „die Wechselfälle deutschen Schicksals . . . [für] viel zu mannigfaltig, als d a ß wir a n n e h m e n dürften, es habe in der Vergangenheit nur den einen Weg gegeben, der uns schließlich in den A b g r u n d geführt h a t " [214: E u r o p a , 199]. Damit ist die Kontinuitätsthese eindeutig zurückgewiesen u n d das nationalsozialistische Deutschland in eine andere, „totalitäre" Linie eingefügt. Beide hier vorgestellten Interpretationsmuster haben die wissenschaftliche Diskussion um den „ O r t " des Dritten Reiches in der deutschen u n d europäischen Geschichte in den 1950er und beginn e n d e n 1960er Jahren in hohem M a ß e geprägt, wobei allerdings die Stimmen überwogen, die sich gegen eine Gleichsetzung von Kaiserreich u n d Hitlers Diktatur wandten. Dies gilt auch f ü r die „in der großdeutschen Tradition der Historiographie stehende[n] Repräsen[40: K H I L D E B R A N D , Drittes Reich, 223]; auch t a n t e n DES F A C H E S « wenn sie die G r ü n d u n g des kleindeutschen Nationalstaates als eine eher verhängnisvolle Weggabelung der deutschen Geschichte einschätzten, wollten sie damit keinesfalls einen direkten Weg von Bismarck zu Hitler behaupten. Insgesamt jedoch wurden in den wissenschaftlichen Auseinandersetzungen dieser Jahre die Wandlungen und Brüche in der Entwicklung von Brandenburg-Preußen zum preußisch-deutschen Nationalstaat u n d zum Dritten Reich hervorgehoben, die es verböten, eine solche Linie zu ziehen. Eine neue, heftige und bis heute a n d a u e r n d e Kontroverse um diese Frage löste d a n n F R I T Z F I S C H E R S 1961 publiziertes großes Werk über die „Kriegszielpolitik des kaiserlichen D e u t s c h l a n d " aus, die er unter dem Postulat des „Grifffs] nach der Weltmacht" sah. Hierbei konstatierte er eine Kontinuität der Machtstrukturen und weitgehende Identität der Führungsgruppen von der Reichsg r ü n d u n g bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs, deren übergreifendes Ziel es gewesen sei, durch äußere Expansion und „ W e l t m a c h t " Streben die inneren Verhältnisse des deutschen Nationalstaats zu
7. Die nationalsozialistische Außenpolitik
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konservieren u n d die eigene Position gegen politische Veränderungen abzusichern. Dieser „ p r i m ä r defensiv-konservativen Zielsetzung nach i n n e n " entsprach in seiner Sicht „eine offensiv-expansive Zielsetzung nach außen. N a c h der Hegemonie Preußens in Deutschland die Hegemonie Preußen-Deutschlands in E u r o p a , zugleich als Basis zur Erringung einer Stellung als W e l t m a c h t . " Zwar wollte Fischer Kontinuität nicht als Identität, „ s c h o n gar nicht als ungebrochene Identität", verstanden u n d auch den politischen Terror u n d Genozid im Dritten Reich als Vorgang sui generis gekennzeichnet wissen. Doch „so singulär die verbrecherisch-unmenschlichen Züge der Hitler-Diktatur waren, es würde eine unzulässige Verkürzung der historischen Wirklichkeit sein, das .Dritte Reich' allein von diesem Geschehen aus zu sehen. Vielmehr ist es nötig, die durchgehenden Strukturen u n d Ziele des 1866/71 entstandenen u n d 1945 untergegangen Preußisch-Deutschen Reiches zu analysieren, sich das K o n t i n u u m im Wandel u n d seine Wirkungen im internationalen System zu vergegenwärtigen" [204: Bündnis, 8 u. 94 f.]. Der von Fischers Thesen ausgehende Impuls hat insbesondere zu einer Neubewertung der inneren Strukturen des Kaiserreichs, damit z u s a m m e n h ä n g e n d aber auch zu einer erneuten Diskussion um die „ E r m ö g l i c h u n g " Hitlers geführt. Hierbei sind außenpolitische Vorgänge im allgemeinen als sozialimperialistische Ablenkungsma- H.-u. növer u n d als Strategie der „ s e k u n d ä r e n Integration" interpretiert worden, die dazu beigetragen hätten, F o r d e r u n g e n nach politischer u n d sozialer Emanzipation abzuwehren. „ W e n n es eine Kontinuität im deutschen Imperialismus gibt", so faßt H A N S - U L R I C H W E H L E R diese Argumentation z u s a m m e n , „ d a n n nicht so sehr in den rein ökonomischen Interessen, sondern im Primat des Sozialimperialismus von Bismarck bis Hitler." Diese Linie zieht er von der Kolonialpolitik des ersten Reichskanzlers über die wilhelminische „Weltpolitik" u n d die Kriegszielpolitik im Ersten Weltkrieg bis hin zum „kontinentalen u n d geplanten überseeischen Imperialismus des Nationalsozialismus" [217: Krisenherde, 131]. Die von diesem Interpretationsansatz ausgehende Herausforderung hat die wissenschaftliche Diskussion um G r u n d z ü g e u n d G r u n d m u s t e r der Entwicklung des deutschen Nationalstaats bis zum heutigen Tag geprägt. Hier war es d a n n zunächst u n d vor allem A N D R E A S H I L L G R U B E R , der - Fischers Ansatz a u f n e h m e n d u n d kritisch reflektierend - die „ K o n t i n u i t ä t u n d Diskontinuität in der deutschen Außenpolitik von Bismarck bis Hitler" neu zu bestimmen gesucht hat. Auch er konstatiert zunächst einmal vielfältige Mo-
Wehler
A. H i l l g r u b e r
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II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung
mente der Kontinuität u n d verweist insbesondere auf die Orientierung an Kategorien einer (auch in den Osten des Kontinents weisenden) G r o ß m a c h t - , ja, Hegemonialposition, aber auch auf die D o m i n a n z militärischer Denkbilder u n d Lösungsansätze, mit denen die erstrebten außenpolitischen Ziele erreicht werden sollten. Demgegenüber markiert er als die entscheidende Bruchstelle in dieser Kontinuitätslinie die „ Ü b e r l a g e r u n g dieser weitgespannten machtpolitischen K o m p o n e n t e mit radikalen rassenideologischen Zielsetzungen eines universalen Antisemitismus", die in seiner Sicht „qualitativ etwas anderes darfstellten] als selbst die extremen expansionistischen ,Programme' aus den letzten Jahren des Weltkrieges 1914/18". Allerdings schränkt Hillgruber dieses ins Grundsätzliche weisende Urteil gleichzeitig wieder durch den Hinweis ein, d a ß ungeachtet Hitlers rassenideologischen „ P r o g r a m m s " „seine im engeren Sinne außenpolitische Zielsetzung doch erstaunlich viele Z ü g e " aufweise, „die mit Einschätzungen u n d Wunschvorstellungen der Wilhelminischen Ära ü b e r e i n s t i m m t e n " und die es deshalb vielen Vertretern der traditionellen Machteliten leicht gemacht habe, sich partiell mit der nationalsozialistischen Außenpolitik zu identifizieren. Somit liegen auch für ihn „ K o n t i n u i t ä t und Diskontinuität gerade in der Außenpolitik des ,Dritten Reiches' doch näher beieinander, als es in einer auf Hitlers ,letzte' Ziele und die Verbrechen des Nationalsozialismus konzentrierten Betrachtungsweise, aber auch bei einer Betonung seiner quasi-revolutionären Methoden, erscheint" [42: Großmachtpolitik, 31 u. 33 f.]. K. H i l d e b r a n d
Dies aufgreifend u n d f o r t f ü h r e n d , hat auch K I . A U S H I L D E B R A N D „Hitlers Ort in der Geschichte des preußisch-deutschen Nationalstaates" [207] zu bestimmen gesucht. Hierbei distanziert er sich zunächst einmal von dem Versuch, die nationalsozialistische Außenpolitik als Beispiel einer sozialimperialistischen „Flucht nach v o r n " zur Konsolidierung der politischen und gesellschaftlichen Machtstrukturen zu interpretieren, da in seiner Sicht Hitler „im Prinzip ... nach der Überwindung, nicht nach der Perpetuierung des bestehenden Herrschafts- und Sozialsystems" getrachtet habe. Zwar verkennt er nicht die Bedeutung des ,,Bündnisabschluss[es] zwischen alten Führungsschichten u n d nationalsozialistischer Bewegung", der f ü r die „ M a c h t e r g r e i f u n g " entscheidend gewesen sei, doch setzt er hiervon Hitlers Zielsetzung einer „rassisch geprägte[n] Eroberung u n d Herrschaft in globalem A u s m a ß " ab, die die traditionelle Linie der deutschen Außenpolitik gesprengt habe. Ähnlich wie Hillgruber zeigt auch er sich bereit, „ d e m Diktum . . . über den zwar verschlun-
7. Die nationalsozialistische Außenpolitik
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genen, aber unleugbar v o r h a n d e n e n Weg deutscher Geschichte, der von Bismarck zu Hitler geführt habe, . . . beizupflichten, wenn m a n an die Bedingungen der ,Ermöglichung' Hitlers denkt, nicht jedoch, wenn man den Blick auf die seit den zwanziger Jahren festliegenden Endziele seiner Herrschaft richtet, die ab 1 9 3 6 / 3 7 ihr Eigengewicht entwickelten u n d verwirklicht w u r d e n " [Innenpolitische Antriebskräfte der nationalsozialistischen Außenpolitik, in: 3 7 : M. F U N K E (Hrsg.), Hitler, 234], N o c h eindeutiger möchte sich H A N S - A D O L . F JACOBSEN von Fischers Kontinuitätsthese absetzen. In seiner Sicht sollte die Außenpolitik des Dritten Reiches „weniger im Lichte der Kontinuität gesehen werden als vielmehr unter dem Aspekt eines revolutionären U m b r u c h s " . Trotz der nicht zu leugnenden Identität mancher Teilziele mit denjenigen der Weimarer Regierungen war f ü r ihn nicht nur die Zielsetzung der nationalsozialistischen Außenpolitik im Sinne des ,,Aufbau[s] eines neuen, nach rassischen Prinzipien gewaltsam ,geordneten' europäischen K o n t i n e n t s " [210: Kontinuität, 10] neu u n d revolutionär, sondern dies gilt ebenso für deren Methoden wie für deren Instrumentarium, wo Elemente des Neuen die traditionellen Eliten und Ämter verdrängten. Auch dies läßt ihn die Zäsur des 30. J a n u a r 1933 betonen. Diesem Urteil schließt sich K A R L D I E T R I C H BRACHER an, der den Befürwortern der Kontinuitätsthese vorhält, die „weitreichenden, die traditionelle Machtpolitik u n d auch die Kontinuität deutschen G r o ß m a c h t s t r e b e n s transzendierenden Herrschafts- u n d Expansionsziele" Hitlers zu verkennen u n d die „radikale ... Konsequenz, mit der sie verfolgt w u r d e n " [198: Kontroversen, 76], zu unterschätzen. Die von diesen kontroversen Einschätzungen ausgehenden Anstöße haben die Diskussion um die nationalsozialistische A u ß e n p o litik u n d ihren historischen Hintergrund bis in die Gegenwart geprägt. Neue Impulse in diesem Z u s a m m e n h a n g brachte die Ende der 1970er u n d A n f a n g der 1980er Jahre erneut geführte Debatte um die Existenz oder Nicht-Existenz eines „deutschen Sonderwegs". Dieses Interpretationsmodell sieht im G a n g der deutschen Geschichte spätestens seit der Mitte des 19. J a h r h u n d e r t s eine Abweichung vom „ n o r m a l e n " westlichen „ M o d e l l " , das zu Parlamentarismus u n d bürgerlicher Gesellschaft hingeführt habe, während im deutschen Fall eine solche Entwicklung durch den Fortbestand obrigkeitlicher Strukturen und durch die D o m i n a n z der traditionellen Eliten abgeblockt worden sei. Dies habe sich im außenpolitischen Bereich in der T e n d e n z zu (sozialimperialistischer) Expansion
H.-A. J a c o b s e n
K. D. B r a c h e r
These vom „deutschen
S o n d e r w e
g"
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II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung
u n d W e l t m a c h t s t r e b e n n i e d e r g e s c h l a g e n . D a s F ü r (vgl. S. 104 f.) u n d W i d e r in der D e b a t t e u m die „ S o n d e r w e g s " - T h e s e hat d a n n a u c h d e n „ O r t " der nationalsozialistischen A u ß e n p o l i t i k neu zu bestimm e n gesucht. D. Caileo Vor allem D A V I D C A L L E O hat mit seinem Vorschlag A u f s e h e n erregt, die illiberale I n n e n - u n d e x p a n s i v e A u ß e n p o l i t i k des deutschen N a t i o n a l s t a a t s a u s dessen schwieriger g e o g r a p h i s c h e r Mitteliage zu e r k l ä r e n : „ M o d e r n G e r m a n y was b o r n e n c i r c l e d " [200: Germ a n P r o b l e m , 206], D a m i t w u r d e Hitlers E x p a n s i o n s - u n d Kriegsk u r s n u n nicht m e h r als Folge der i n n e r e n D i s p o s i t i o n u n d Herrs c h a f t s s t r u k t u r des Dritten Reiches gesehen, s o n d e r n in eine neue, d u r c h d a s i n t e r n a t i o n a l e System b e d i n g t e Entwicklungslinie ger ü c k t , wobei der (objektiv v o r h a n d e n e o d e r subjektiv e m p f u n d e n e ) M a n g e l an ä u ß e r e r Sicherheit die Aggressivität seiner A u ß e n p o l i t i k b e w i r k t habe. C a l l e o k n ü p f t hiermit an F o r d e r u n g e n D e h i o s aus d e n s p ä t e n 1940er J a h r e n a n , a u c h die B e d i n g u n g e n u n d die Struktur des e u r o p ä i s c h e n S t a a t e n s y s t e m s f ü r die Bewertung der Triebk r ä f t e der nationalsozialistischen A u ß e n p o l i t i k zu berücksichtigen, u m so die k o m p l e x e n Beziehungen zwischen „ G e r m a n y a n d the W o r l d O r d e r " a n g e m e s s e n beurteilen zu k ö n n e n . G r ö ß e r e B e a c h t u n g n o c h h a b e n die b e i d e n englischen HistoriG. Eley ker D A V I D BLACKBOURN u n d G E O F F ELEY g e f u n d e n , die die „ S o n d e r w e g s " - T h e s e ebenfalls in Frage gestellt h a b e n . In ihrer Sicht w a r nicht die V o r h e r r s c h a f t der traditionellen, vorindustriellen Eliten d a s K e n n z e i c h e n der i n n e r e n E n t w i c k l u n g des p r e u ß i s c h - d e u t s c h e n N a t i o n a l s t a a t s , s o n d e r n im Gegenteil die D u r c h s e t z u n g der bürgerlichen K r ä f t e ; sie hätten eindeutig die wirtschaftliche u n d gesellschaftliche Situation seit d e m a u s g e h e n d e n 19. J a h r h u n d e r t geprägt. D a m i t k a n n n u n auch nicht m e h r die v o n der e u r o p ä i s c h e n N o r m a b w e i c h e n d e politische u n d soziale S t r u k t u r des Kaiserreichs f ü r d a s A u f k o m m e n des N a t i o n a l s o z i a l i s m u s wie f ü r die W e s e n s m e r k m a l e seiner i n n e r e n u n d ä u ß e r e n Politik v e r a n t w o r t l i c h g e m a c h t w e r d e n , vielmehr sehen Eley u n d B l a c k b o u r n dies eher in „ t h e structures a n d processes of G e r m a n y ' s e x t r a o r d i n a r i l y d y n a m i c capitalist d e v e l o p m e n t " [203: G . ELEY, F r o m U n i f i c a t i o n , 11] b e g r ü n det. D e r u n g l e i c h m ä ß i g e W a c h s t u m s p r o z e ß der d e u t s c h e n Wirts c h a f t u n d die sich h i e r a u s e r g e b e n d e n V e r w e r f u n g e n h a b e n in ihren A u g e n Hitler „ e r m ö g l i c h t " u n d seine Politik geprägt. A u s g e h e n d von dieser g r u n d l e g e n d e n Kritik a n bisherigen D e u t u n g s m u s t e r n der j ü n g e r e n d e u t s c h e n G e s c h i c h t e ist sogar die A n r e g u n g g e m a c h t w o r d e n , den „ S o n d e r w e g s " - B e g r i f f nicht m e h r
7. Die nationalsozialistische A u ß e n p o l i t i k
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auf die gesamte Entwicklung des preußisch-deutschen Nationalstaats seit der Mitte des 19. J a h r h u n d e r t s anzuwenden, sondern ihn allein auf die Zeit des Dritten Reiches zu übertragen. Den Vorschlag, den ,,deutsche[n] Sonderweg . . . auf die Epoche der NSHerrschaft zu b e g r e n z e n " u n d hiervon ein deutsches „Sonderbewußtsein" vor 1 9 3 3 abzusetzen, hat als erster K A R L D I E T R I C H B R A CHER zur Diskussion gestellt, d e n n in seiner Sicht war „ d e r Weg von der Demokratie zur Diktatur ... kein deutscher Sonderfall, wohl aber entsprach die Radikalität der NS-Diktatur jener Schärfe eines deutschen Sonderbewußtseins, das n u n , 1933-1945, auch politisch voll u n d totalitär zur Geltung k a m " [Diskussionsbeitrag in: 216: Deutscher Sonderweg, 53], Ähnlich möchte auch K L A U S H I L D E B R A N D nicht „ v o n einem deutschen Sonderweg ins ,Dritte R e i c h ' " ausgehen, sondern „in der singulären Untat der E r m o r d u n g von vier bis sechs Millionen J u d e n " wie in dem Ziel einer globalen Rassenherrschaft „ d e n zwischen 1933 u n d 1945 eingeschlagenen deutschen Sonderweg" [Deutscher Sonderweg u n d Drittes Reich, in: 54: W . M I C H A L K A (Hrsg.), Machtergreifung, 3 9 2 ] sehen. Dieser „Sonderfall Hitler" hat jedoch in seinen Augen „mit dem Eigenweg der Deutschen im R a h m e n der europäischen Geschichte und mit ihrem spätestens wohl seit 1648 entwickelten, sodann im 19. J a h r h u n d e r t gesteigerten (außen-)politischen Sonderbewußtsein ... nicht ursächlich, jedenfalls nicht bruchlos zu t u n " . Die Aufgabe, Gewicht, Stellung u n d „ O r t " dieser ,,große[n] historische[n] A u s n a h m e " im Verlauf der deutschen Geschichte auszuloten, m u ß in seinen Augen darin liegen, „die unübersehbaren Verbindungslinien im Bereich der inneren und äußeren Politik auszumachen, aber auch den Bruch des Jahres 1933 im Hinblick auf das Totalitäre nationalsozialistischer Herrschaft u n d Rassenpolitik zu b e s t i m m e n " [Der deutsche Eigen weg, in: 3 6 : M. F U N K E (Hrsg.), Demokratie, 31]. Zwischen diesen beiden Polen wird sich auch in Z u k u n f t die Diskussion um das Kontinuitätsproblem in der deutschen Geschichte bewegen. Hierbei wird sie sich - wie bisher - methodisch immer zu gewärtigen haben, d a ß jede Kontinuitätsdebatte bei dem Versuch, „ d a s Spätere aus dem F r ü h e r e n " zu erklären, allzu leicht dazu neigt, die Vieldeutigkeit u n d Vielschichtigkeit geschichtlicher Abläufe zu verengen u n d damit die Offenheit des historischen Prozesses nicht genügend zu berücksichtigen. Dagegen ist, wie T H O M A S N I P P E R D E Y betont hat, „ V e r g a n g e n h e i t . . . mehr, als es in jeder Kontinuitätsperspektive scheint, u n d sie ist anderes und anders. Vergangenheit ist mehr als Vorgeschichte. Jede Epoche vor 1933 ist unmittelbar zu
K. D. B r a c h e r
K. H i l d e b r a n d
Th. N i p p e r d e y
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II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung
Hitler - manche mehr, manche weniger - , aber unmittelbar ist sie noch ganz anderes, ist sie sie selbst" [212: Kontinuität, 204]. Die Balance zwischen der wissenschaftlich legitimen und notwendigen Frage nach dem ,,Ort" des Dritten Reiches in der deutschen Geschichte und dem Bewußtsein von der Offenheit geschichtlicher Epochen zu finden, wird als Aufgabe diejenigen begleiten, die sich auch künftig mit dieser Frage beschäftigen werden.
8. Tendenzen der Forschung seit 1990. Nachtrag zur 2. Auflage Innerhalb der Forschungen zum Dritten Reich hat die Debatte um die nationalsozialistische Außenpolitik schon früh einen zentralen Platz eingenommen. Mit der Rückgabe des Großteils der von den Alliierten 1945 beschlagnahmten Aktenbestände des Auswärtigen Amtes an die Bundesregierung und deren Bereitstellung für wissenschaftliche Recherchen konnten seit den 1960er Jahren noch heute wichtige Darstellungen zu Teilbereichen wie zum Gesamtthema erarbeitet werden. Durch die Öffnung korrespondierender Materialien in Archiven anderer europäischer und außereuropäischer Staaten seit den 1970er Jahren war es zudem möglich, die Außenpolitik des Dritten Reiches in einen breiteren Kontext einzubinden und dessen Position im internationalen System der 1930er und 1940er Jahre zu analysieren. Vor diesem Hintergrund entstand ein breites und ausgefeiltes Panorama der nationalsozialistischen Außenpolitik, über dessen Grundpositionen und Einzelthemen oben berichtet wurde. Hier knüpfte die Forschung seit 1990 an. So wurde seitdem eine große Zahl von Darstellungen publiziert, die das bisherige Bild der Außenpolitik des Dritten Reiches ergänzen, um weitere Details und Nuancen bereichern, auch die Politik verschiedener Akteure beleuchten und es so weiter differenzieren. Ob es sich um die Aufarbeitung bilateraler Kontakte zu einzelnen Ländern, um die Beschäftigung mit spezifischen Phasen und Ereignissen oder um die Nachzeichnung der Handlungsmuster der Beteiligten handelt - insgesamt bestärkten diese Untersuchungen eher die zuvor gefestigte Sicht, als dass grundlegend neue Thesen oder Erkenntnisse zutage gefördert worden wären. Aber auch schon bisher intensiv untersuchte Forschungsfelder kamen erneut ins Blickfeld. Hier sind insbesondere die deutsch-britiDeutsch-französi- sehen Kontakte und die „Appeasement"-Politik zu nennen, aber auch ;chen Beziehungen die deutsch-französischen Beziehungen. Ohnehin ermöglichte es die
8. Teildenzen der Forschung seit 1990
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verbesserte Archivlage in Frankreich seit Ende der 1980er Jahre, gerade letzteres eingehender zu betrachten. So konnte die Ambivalenz der französischen Politik gegenüber dem nationalsozialistischen Deutschland verdeutlicht und ihr Oszillieren zwischen Unsicherheiten und Einschätzungsproblemen, von Anläufen zu einer Politik der Stärke und der Eindämmung sowie einem eher resignierten „Apaisement" Hitlers prägnant herausgearbeitet werden. Während in den Jahren nach der nationalsozialistischen Machtergreifung diese verschiedenen Linien nebeneinander standen bzw. miteinander verschlungen waren und eine solche Offenheit „zu einem Kennzeichen der französisch-deutschen Beziehungen" [247: R.W. Mühle, Frankreich, 358] wurde, verlagerte sich der Schwerpunkt gegen Ende der 1930er Jahre doch mehr zu einer Politik des „Apaisement", um auf diese Weise einen „großen Krieg" abzuwenden. Hierbei ist die Eigenständigkeit der französischen Außenpolitik auch gegenüber dem britischen Partner und der bewussten Annäherung an das nationalsozialistische Deutschland herausgearbeitet worden, deren „Höhepunkte" [219: H.F.Bellstedt, „Apaisement", 260] das Münchener Abkommen und die deutsch-französische Erklärung vom Dezember 1938 waren. Diese Ambivalenz im deutsch-französischen Verhältnis und die Mehrgleisigkeit der französischen Deutschland- und der deutschen Frankreichpolitik konnten auch am Beispiel von zwei Mittelsmännern beleuchtet werden, die in besonderer Weise auf einen Ausgleich zwischen den bisherigen „Erbfeinden" bedacht waren, nämlich Fernand de Brinon [229: C. Franz, de Brinon] und Otto Abetz [253: R. Ray, Annäherung], In beiden politischen Biographien werden nicht nur Bereiche ausgeleuchtet, in denen neben der politisch-diplomatischen Ebene auch der Bau kultureller und ideologischer Brücken versucht und so die Verständigung untermauert werden sollte, beide Autoren können auch zeigen, wie diese Ansätze in Krieg und Besatzung hinein fortdauerten, jedoch angesichts der asymmetrischen Machtverhältnisse zusehends illusionärer wurden. Damit reichen die Darstellungen über Abetz und de Brinon auch Akteuere dernatio in ein Themenfeld hinein, das in den letzten Jahren kontrovers disku- nalsoziahstischen tiert worden ist, nämlich nach dem außenpolitischen Entscheidungs- A u K c n P o l l u k prozess und nach Gewicht und Profil einzelner Akteure. Hier hat Stefan Kley - anknüpfend an die Arbeit von Wolfgang Michalka [112: Ribbentrop] - die Rolle Ribbentrops in der Krise der Jahre 1938 und 1939 detailliert untersucht. Er charakterisiert den Außenminister als einen Opportunisten, der seine eigenen außenpolitischen Vorstellungen willfährig den Zielsetzungen Hitlers unterwarf. „Ribbentrop
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II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung
konnte keinen prägenden Einfluß auf die deutsche Außenpolitik nehmen, weil die wesentlichen Entscheidungen allein von Hitler getroffen wurden." [281: St. Kley, Hitler, 326]. Zwar habe er es „bis an die Spitze des Auswärtigen Amtes gebracht, aber unangefochten an der Spitze der deutschen Außenpolitik stand er deshalb nicht" [ebd., 232], vielmehr habe das Auswärtige Amt im Dritten Reich nur ein Schattendasein geführt. Dies leitet über zu der generellen Frage nach der Rolle dieses traditionsreichen Ministeriums unter der nationalsozialistischen Diktatur. Hierbei ist nicht nur seine Bedeutung für die auswärtige Politik dieser Jahre darzulegen, sondern auch die personelle Struktur des Auswärtigen Dienstes und deren Veränderungen zwischen 1933 und 1945 zu analysieren. Hier hatte Hans-Jürgen Döscher 1987 bereits eine erste Darstellung zur „Diplomatie im Schatten der Endlösung" [104: Das Auswärtige Amt] vorgelegt, die - neben anderen Materialien - auch auf der Auswertung einer in den National Archives der USA überlieferten Sammlung der Personalbögen von 330 Beamten des höheren auswärtigen Dienstes beruhte und in der er die zunehmende Infiltration durch die Dienststelle Ribbentrop und die SS herausgearbeitet hat. Auch die Verstrickung des Auswärtigen Amtes in die Vernichtungspolitik des Regimes sah er durch diese personelle Verflechtung begünstigt. Hier hat Döscher in einer neuen Publikation [270: Seilschaften] angeknüpft. In ihr bekräftigt der Autor nicht nur die Einschätzung, dass die Vorbereitung, Mitwirkung und Abschirmung durch das Auswärtige Amt eine wichtige Voraussetzung für die politische Durchsetzung und organisatorische Effizienz der „Endlösung" gewesen sei, vielmehr sieht er auch deutliche personelle Überlappungen zum Auswärtigen Dienst der frühen Bundesrepublik. Diese Diskussionen über eine angebliche „braune" Vergangenheit des Auswärtigen Dienstes haben den deutschen Außenminister im Sommer 2005 bewogen, eine Historikerkommission zu berufen, die die Rolle des Auswärtigen Amtes während des Dritten Reiches sowie die Frage personeller Kontinuität bzw. Diskontinuität nach 1945 erforschen soll. Auf der Basis dieser Recherchen wird es dann besser möglich sein, das Gewicht des Auswärtigen Amtes in der Außenpolitik des Dritten Reiches näher zu bestimmen, die Rolle seiner Mitglieder zwischen Widerstand, Selbstbehauptung und Zuarbeit zur „Endlösung" darzulegen und somit auch dessen „Erbe" für die Bundesrepublik Deutschland einzuschätzen. Ein deutlicher Schwerpunkt der Forschung kreiste um den lruch 1939 Kriegsausbruch 1939 und um den Weg in den Zweiten Weltkrieg.
8. Teildenzen der Forschung seit 1990
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Auslöser dieser Debatte - wenn auch nicht der alleinige, aber doch der maßgebliche - war eine Neubewertung des Hitler-Stalin-Paktes, die sich durch die Öffnung sowjetischer Archive seit den späten 1980er Jahren ergab. Die politische Führung in Moskau stellte die bisher geleugnete Existenz des geheimen Zusatzprotokolls seit dem Sommer 1989 nicht mehr in Frage, der Kongress der Volksdeputierten setzte sogar einen Ausschuss für eine politische und rechtliche Bewertung des Vertrages und seines Anhangs ein. In ihrem Anfang August 1989 veröffentlichten Bericht verurteilte diese Kommission den Abschluss des Nichtangriffspaktes vom 23. August 1939 samt des Zusatzprotokolls sowie des anschließenden Freundschafts- und Grenzvertrags vom 28. September 1939 als eine Abkehr von den Grundsätzen der Leninschen Außenpolitik und vom Prinzip der Souveränität und Unabhängigkeit der betroffenen Drittländer. Diese Revision der bisherigen Beurteilung des Hitler-Stalin-Paktes war dann Gegenstand brisanter wissenschaftlicher und politischer Auseinandersetzungen in der Sowjetunion, wobei die außenpolitische Situation der UdSSR im Sommer 1939, die Einschätzung der AppeasementPolitik der Westmächte und die Konflikte um die Tschechoslowakei und um Polen im Zentrum standen. Auf einer Tagung anlässlich des 50. Jahrestages des Kriegsbeginns in Berlin haben sowjetische Historiker diese neue Sicht vor einem internationalen Publikum vorgetragen und so der allgemeinen Debatte um „die Entfesselung des Zweiten Weltkriegs und das internationale System" [279: K. Hildebrand u.a. (Hrsg.), 1939. An der Schwelle] zusätzliche Impulse gegeben. Allerdings blieb auch zwischen ihnen die Frage strittig, ob der Abschluss des Nichtangriffspaktes und des geheimen Zusatzprotokolls die Gefahr eines Zweifrontenkrieges von der Sowjetunion abgewendet und dem Land somit zumindest eine Atempause gewährt habe oder ob eine solche Zwangslage nicht vorlag, der Vorteil des Vertrags vielmehr allein bei Hitler gelegen habe. Dennoch bestand Einvernehmen darüber, dass Stalins Option für Hitler in politisch-strategischer Hinsicht gewagt und in moralisch-ethischer Hinsicht verwerflich war. Damit war die Frage neu aufgerollt, wie es in der Wechselwirkung zwischen dem nationalsozialistischen Deutschland und dem internationalen Mächtesystem schließlich zur Entfesselung des Zweiten Weltkriegs gekommen sei. Unter Einbeziehung der nun neu zugänglichen sowjetischen Quellen hat Ingeborg Fleischhauer die Entstehung des Hitler-Stalin-Paktes Hitler-Stalin-Pakt und seine funktionale Bedeutung für die Auslösung des Krieges detailliert untersucht. Hierbei strich sie heraus, dass „die Initiative Hitlers ...
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II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung
für die Entstehung des Paktes in seiner endgültigen Form ausschlaggebend" war [272: Der Pakt, 408]. Hatte Stalin zunächst noch andere außenpolitische Optionen im Auge gehabt, so komprimierten sich seine Möglichkeiten immer mehr auf ein Bündnis mit dem nationalsozialistischen Deutschland um so der Sowjetunion angesichts der bedrohlichen Verengung des internationalen Systems für absehbare Zeit Ruhe und maximale Sicherheit zu gewähren. Diese Erstarrung der diplomatischen Fronten ließ den sowjetischen Diktator in Fleischhauers Sicht auf die Offerten Hitlers eingehen, der seinerseits die Komplizenschaft Stalins für seine nächsten Kriegszüge benötigte, ohne seine langfristigen Eroberungspläne im Osten auch nur einen Moment in Frage zu stellen. An dessen Willen zum Krieg besteht auch für sie kein Zweifel. Bereits die Debatte um den Hitler-Stalin-Pakt hatte generelle Deutungen Fragen nach Motiven und Zielen der nationalsozialistischen Außenpolitik und nach der Entwicklung des internationalen Systems aufgeworfen. Diese Dimension der Einordnung, Zusammenfassung und Deutung ist ebenfalls ein zentrales Element in den wissenschaftlichen Debatten der letzten zwei Jahrzehnte gewesen. Charles Blochs große, nun auch in deutscher Sprache vorliegende Darstellung über „Das Dritte Reich und die Welt" [267] gibt hierbei einen prägnanten Überblick über den Verlauf der nationalsozialistischen Außenpolitik. Getragen und bestimmt sieht er sie von Hitlers programmatischen Zielen, denen sich auch die anderen Akteure letztlich unterordnen mussten. Damit nimmt Bloch Positionen auf, wie sie zuvor vor allem von Jacobsen, Hillgruber und Hildebrand vorgetragen worden sind. Dieser Interpretation folgen auch andere jüngere Gesamtdarstellungen zur nationalsozialistischen Außenpolitik wie die von Christian Leitz [282: Nazi Foreign Policy] und Rainer F. Schmidt [288: Die Außenpolitik]; beide bieten einen konzisen Aufriss ihres Bedingungsrahmens wie ihres Verlaufes und ihres Wegs in Krieg und Untergang. Den Versuch, die Position des Dritten Reiches in den Rahmen Deutschland im des internationalen Systems der Zwischenzeit einzuordnen, hat Horst europaischen Möller [286: Europa] unternommen. Nachdrücklich verweist er auf die Labilität des Ordnungsrahmens, der auf der Pariser Friedenskonferenz vereinbart worden war und der - zusammen mit sozialen und ökonomischen Problemen - die Instabilität der europäischen Staatenwelt dieser Jahre bewirkte. Dennoch konstatiert er bei allen europäischen Großmächten das Bestreben, den Frieden zu wahren und durch Zugehen auf entsprechende Forderungen der „revisionistischen" Mächte letztlich zu retten. Hitlers unbedingter Entschluss zu Krieg
8. Teildenzen der Forschung seit 1990
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und Expansion ist dann in seiner Sicht das systemsprengende Element, das - nach Phasen der Täuschung und des vorgeblichen Friedenswillens — schließlich 1939 die internationale Ordnung zum Einsturz brachte. Einen anderen Blickwinkel, nämlich den „Ort" der nationalsozi- Das Dritte Reich ii alistischen Außenpolitik in der Geschichte des deutschen National- d e r Geschichte des staats zu bestimmen, hat Klaus Hildebrand [280: Das vergangene g t a a t s Reich] eingenommen. Auch er betont zunächst einmal strukturelle Faktoren, die die Position des Deutschen Reiches im Geflecht der europäischen und überseeischen Mächte bestimmt haben, nämlich zum einen die geographische Mittellage im Zentrum des Kontinents sowie zum anderen seine innere „Unvollendetheit". Dennoch bestimmten diese Zwänge und Konstellationen in seiner Sicht letztlich nicht die Aktionsmöglichkeiten der politisch Verantwortlichen, vielmehr unterstreicht er deren Handlungsfreiheit in inneren wie in äußeren Angelegenheiten. Als durchgängiges Element der Außenpolitik des Deutschen Reiches sieht Hildebrand die Wahrung der eigenen Großmachtposition „ohne dauerhafte Anlehnung an fremde Potenzen, unabhängig von den Mächten und Weltanschauungen in West und Ost" [ebd., 852], eine Haltung, die jedoch immer wieder in hegemoniale Ansätze und Ausfälle mündete. Diese Verschränkung von Statuserhalt und Ausbrechen in hegemoniale Hybris galt in seinen Augen auf den ersten Blick selbst noch für die Außenpolitik des Dritten Reiches, was es in- und ausländischen Beobachtern so schwer machte, den prinzipiellen Bruch mit bisherigen Traditionen zu erkennen. Dass Hitlers „'germanische' Entgrenzung der Reichsidee" [ebd., 893] und sein Anlauf zu einem rassisch unterlegten Weltreich eine prinzipielle Abwendung von bisherigen außenpolitischen Wegen war, steht für Hildebrand jedoch nicht in Frage. Der Gewaltmarsch ins „Großgermanische Reich" machte diesen Bruch dann allen Zeitgenossen deutlich.
III. Quellen und Literatur A. Quellen 1.
Aktenwerke
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III. Quelleil und Literatur
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2. Febr.
Beginn der zweiten G e n f e r A b r ü s t u n g s k o n f e r e n z
3. Febr.
G e h e i m e R e d e Hitlers vor den Befehlshabern des Heeres u n d der M a r i n e über die innere Gleichschaltung u n d die Gewinn u n g von „ L e b e n s r a u m " im Osten
5. Mai
Verlängerung des Berliner Vertrags von 1926 mit der Sowjetu n i o n ratifiziert
17. Mai
„ F r i e d e n s r e d e " Hitlers vor dem Reichstag
20. Juli
K o n k o r d a t zwischen dem Deutschen Reich u n d dem Vatikan
14. Okt.
Rückzug von der Abrüstungskonferenz, Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund
1934 26. Jan.
Nichtangriffspakt zwischen dem Deutschen Reich u n d Polen
24. April
R i b b e n t r o p zum Beauftragten f ü r Abrüstungsfragen e r n a n n t ; A u f b a u des „ B ü r o R i b b e n t r o p "
14./15. Juni
Erstes Treffen Hitlers u n d Mussolinis in Venedig
25. Juli
Nationalsozialistischer Putsch in Osterreich, D o l l f u ß ermordet
24. Sept.
„ N e u e r P l a n " H j a l m a r Schachts zur völligen Steuerung des A u ß e n h a n d e l s durch zentrale Devisenbewirtschaftung
Bundeskanzler
1935 13. Jan.
Volksabstimmung im Saargebiet, Rückgliederung der Saar
16. März
W i e d e r e i n f ü h r u n g der allgemeinen W e h r p f l i c h t ; einseitige A u f h e b u n g der militärischen Bestimmungen des Versailler Vertrags durch Deutschland
11.-14. April K o n f e r e n z der Regierungschefs G r o ß b r i t a n n i e n s , Frankreichs u n d Italiens in Stresa: Beschluß, sich in Z u k u n f t der einseitigen A u f k ü n d i g u n g von Verträgen zu widersetzen („StresaFront")
132
Zeittafel
21. Mai
Reichstagsrede Hitlers mit einem „ F r i e d e n s - P r o g r a m m " von 13 Punkten
18. Juni
Deutsch-britisches F l o t t e n a b k o m m e n
1936 7. März
Einmarsch deutscher T r u p p e n in das entmilitarisierte Rheinl a n d ; Versailler Vertrag u n d Locarno-Verträge verletzt
11. Juli
Deutsch-österreichisches A b k o m m e n über die Wiederherstellung freundschaftlicher Beziehungen
25./26. Juli
Hitlers Zusage von militärischer Unterstützung f ü r F r a n c o im Spanischen Bürgerkrieg
9. Sept.
Verkündigung des „ V i e r j a h r e s p l a n s " auf dem „Reichsparteitag der E h r e " in N ü r n b e r g (8.-14. 9.)
25. Okt.
Deutsch-italienischer Vertrag über politische Z u s a m m e n a r b e i t („Achse B e r l i n - R o m " )
25. Nov.
A n t i k o m i n t e r n p a k t zwischen Deutschland u n d J a p a n
1937 5. Nov.
A n s p r a c h e Hitlers vor den Oberbefehlshabern der drei Wehrmachtteile und dem Reichsaußenminister über seine a u ß e n p o litischen Ziele ( „ H o ß b a c h - N i e d e r s c h r i f t " )
6. Nov.
Beitritt Italiens zum A n t i k o m i n t e r n p a k t
1938 4. Febr. 12. Febr.
Revirement an der Spitze der Wehrmacht und des Auswärtigen Amtes; von N e u r a t h durch von R i b b e n t r o p ersetzt U n t e r r e d u n g zwischen dem österreichischen
Bundeskanzler
Schuschnigg u n d Hitler auf dem Obersalzberg 12. März
Einmarsch deutscher T r u p p e n in Österreich
13. März
Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich ( „ A n s c h l u ß " )
24. April
Karlsbader P r o g r a m m der Sudetendeutschen Partei: Forderung nach A u t o n o m i e f ü r die sudetendeutschen Gebiete; Vers c h ä r f u n g der Sudetenkrise
30. Mai
Weisung Hitlers an die W e h r m a c h t zur militärischen Zerschlagung der Tschechoslowakei „in absehbarer Z e i t "
15. Sept.
Unterredung des britischen Premierministers Neville C h a m berlain mit Hitler in Berchtesgaden
22.-24. Sept. U n t e r r e d u n g C h a m b e r l a i n s mit Hitler in Bad G o d e s b e r g zur Regelung der Sudetenkrise 29. Sept.
M ü n c h e n e r K o n f e r e n z der Regierungschefs von G r o ß b r i t a n -
Zeittafel
133
nien, Frankreich, Italien und Deutschland: Abtretung der sudetendeutschen Gebiete an das Deutsche Reich 30. Sept.
Gemeinsame Erklärung Hitlers und Chamberlains
1. Okt.
Beginn des Einmarsches deutscher Truppen in die sudetendeutschen Gebiete
21. Okt.
Erste Weisung Hitlers zur militärischen „Erledigung der RestTschechei"
1939 14. März
(In Berlin diktierte) Unabhängigkeitserklärung der Slowakei und der Karpato-Ukraine
15.
Einmarsch deutscher („Griff nach Prag")
März
Truppen
in
die
Tschechoslowakei
16. März
Bildung des „Reichsprotektorats Böhmen und Mähren"
23. März
Die Slowakei stellt sich unter den „Schutz" des Deutschen Reiches Einmarsch deutscher Truppen in das Memelgebiet, es wird von Litauen abgetrennt Deutsch-rumänisches Handelsabkommen zur Einfügung Rumäniens in ein von Deutschland geführtes mitteleuropäisches Wirtschaftssystem
27. März
Beitritt Spaniens zum Antikomintern pakt
31. März
Britisch-französische Garantieerklärung für die Unabhängigkeit Polens; am 13. 4. auf Rumänien und Griechenland ausgedehnt
11. April
Hitlers Weisung für den „Fall Weiß" (Angriff auf Polen)
28. April
Deutsch-polnischer Nichtangriffspakt und deutsch-britisches Flottenabkommen aufgekündigt
22.
Abschluß eines Militärbündnisses Deutschland („Stahlpakt")
Mai
zwischen
Italien
und
23. Aug.
Abschluß des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakts (HitlerStalin-Pakt) und eines geheimen Zusatzprotokolls
25. Aug.
Angebot Hitlers an Großbritannien zur Zusammenarbeit für die Zeit nach der Beilegung der Auseinandersetzung mit Polen; Unterzeichnung eines britisch-polnischen Bündnisvertrags
1. Sept.
Beginn des deutschen Angriffs auf Polen
3. Sept.
Kriegserklärungen Großbritanniens und Frankreichs an das Deutsche Reich
27. Sept.
Kapitulation Warschaus
6. Okt.
„Friedensappell" Hitlers an die Westmächte
9. Okt.
Erste Weisung Hitlers zum Angriff im Westen
134
Zeittafel
1940 11. Febr. 9. April
Deutsch-sowjetisches W i r t s c h a f t s a b k o m m e n Besetzung D ä n e m a r k s , Invasion in Norwegen
10. Mai
Deutscher Angriff auf Belgien, die N i e d e r l a n d e , Luxemburg u n d Frankreich
15. Mai
Kapitulation der niederländischen Streitkräfte
28. Mai
Kapitulation Belgiens
10. Juni
Kriegseintritt Italiens, das sich zuvor (25. 8.) als „nicht-kriegf ü h r e n d " erklärt hatte Kapitulation der norwegischen Streitkräfte
22. J u n i
Waffenstillstand zwischen Compiegne
16. Juli
Weisung Hitlers f ü r die Vorbereitung einer L a n d u n g in G r o ß britannien ( U n t e r n e h m e n „Seelöwe")
19. Juli
Reichstagsrede Hitlers mit „letztem Friedensappell" an G r o ß britannien
Deutschland u n d
Frankreich
in
13. Aug.
Beginn der Luftschlacht um England
27. Sept.
Abschluß des Dreimächtepaktes zwischen Deutschland, Italien u n d J a p a n
12. Okt.
Abbruch der Vorbereitungen f ü r das U n t e r n e h m e n „ S e e l ö w e "
23. Okt.
Treffen Hitlers mit F r a n c o in H e n d a y e
24. Okt.
Treffen Hitlers mit Petain u n d Laval in M o n t o i r e
28. Okt.
Angriff italienischer T r u p p e n auf Griechenland
12./13. Nov. Besuch Molotows in Berlin 18. Dez.
Unterzeichnung der Weisung Nr. 21 ( „ B a r b a r o s s a " ) durch Hitler: Befehl zum Abschluß der Vorbereitungen f ü r den Ostfeldzug „bis zum 15. 5. 1941"
1941 2. März 31. März 6. April 17. April
Einmarsch deutscher T r u p p e n in Bulgarien Deutsch-italienische Offensive in der C y r e n a i k a (Deutsches „Afrika-Korps") Beginn des Feldzuges gegen Jugoslawien und Griechenland Kapitulation Jugoslawiens
23. April
Kapitulation G r i e c h e n l a n d s
22. Juni
Angriff gegen die Sowjetunion
14. Juli
Weisung Hitlers, den Schwerpunkt der Rüstung vom Heer auf die Kriegsmarine u n d die L u f t w a f f e zu legen, um nach dem als
Zeittafel
135
sicher erwarteten Sieg über die Sowjetunion f ü r den Krieg gegen die angelsächsischen M ä c h t e gerüstet zu sein U n t e r r e d u n g Hitlers mit dem japanischen Botschafter O s h i m a : u m f a s s e n d e s O f f e n s i v b ü n d n i s zwischen Deutschland u n d J a p a n vorgeschlagen, um „ g e m e i n s a m " die U d S S R und die USA zu „ v e r n i c h t e n " Dez.
Steckenbleiben des deutschen Vormarsches vor Moskau
11. Dez.
Kriegserklärung Deutschlands u n d Italiens an die USA, nachdem die U S A am 8. 12. J a p a n als Reaktion auf den j a p a nischen Überfall auf Pearl H a r b o r (7. 12.) den Krieg erklärt hatten
1942 14. Jan.
3.
Juli
E n d e der „ A r c a d i a " - K o n f e r e n z zwischen Churchill u n d Roosevelt: Konzentration der alliierten K r i e g f ü h r u n g auf E u r o p a Steckenbleiben des deutsch-italienischen N o r d a f r i k a (El Alamein)
Vormarsches
in
3. Nov.
Britischer D u r c h b r u c h bei El Alamein, Beginn des Rückzugs des deutschen „ A f r i k a - K o r p s "
7./8. Nov.
L a n d u n g der Alliierten in M a r o k k o u n d Algerien ( „ O p e r a t i o n Torch")
11. Nov.
Einmarsch deutscher T r u p p e n in das bisher unbesetzte französische Gebiet
19. Nov.
Sowjetische Gegenoffensive bei Stalingrad
1943 14.-25. Jan.
K o n f e r e n z von C a s a b l a n c a zwischen Roosevelt u n d Churchill: F o r d e r u n g nach „bedingungsloser K a p i t u l a t i o n " des Gegners
31. J a n . bis 2. Febr.
Kapitulation der 6. Armee in Stalingrad
5. Juli 10. Juli
Beginn des U n t e r n e h m e n s „ Z i t a d e l l e " : deutsche Offensive gegen den sowjetischen Frontbogen um Kursk L a n d u n g der Alliierten auf Sizilien
12. Juli
Beginn der sowjetischen S o m m e r o f f e n s i v e
25. Juli
Sturz Mussolinis, E n d e des faschistischen Regimes in Italien
3. Sept.
Abschluß des zunächst geheimgehaltenen Waffenstillstands Italiens mit den Alliierten, B e k a n n t g a b e am 8. 9.
8. Sept.
Beginn der deutschen Besetzung N o r d - und Mittelitaliens
28. Nov. bis 1. Dez.
K o n f e r e n z von Teheran zwischen Roosevelt, Churchill u n d Stalin
136
Zeittafel
1944 19. März 6. Juni 22. Juni
Besetzung Ungarns durch deutsche Truppen Alliierte Invasion in Nordfrankreich Beginn der sowjetischen Sommeroffensive gegen die deutsche Heeresgruppe Mitte
3. Juli 23. Aug.
Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte im Osten Umsturz in Rumänien, Kapitulation vor den sowjetischen Streitkräften
8. Sept.
Kriegserklärung Bulgariens an das Deutsche Reich
11. Sept.
Amerikanische Truppen erreichen die Reichsgrenze
16.-24. Dez.
Ardennen-Offensive der deutschen Armee
1945 3. Jan.
Alliierte Gegenoffensive in den Ardennen
12. Jan.
Sowjetische Offensive an der Weichsel
14. Jan.
Sowjetische Offensive zur Eroberung Ostpreußens
4.-11. Febr. Konferenz der „Großen Drei" in Jalta 25. April Amerikanische und sowjetische Truppen treffen sich bei Torgau an der Elbe 30. April
Selbstmord Hitlers
7. bis 8./9. Mai
Deutsche Kapitulation in Reims und Berlin-Karlshorst unterzeichnet; Waffenruhe in Europa
Register ABENDROTH, H . - H .
15,76
Abessinien 10, 12, 14f., 47 Afghanistan 78 AIGNER, D .
57
Auswärtiges Amt 4f., 11, 16-19, 22, 31 f., 45,47, 64-68,72, 76, 81 f., 84,99-101 Badoglio, P. 40 Beck, L. 22, 98 Belgien 30
EICHHOLTZ, D . 5 4 , 7 9 , 9 0 ELEY, G ,
108
FISCHER, F . 5 5 , 1 0 4 f . FORNDRAN, E .
74
FORSTMEIER, F .
88
Franco, F. 15,33 Frankreich 8-11, 13-15, 18,21,23, 25-31, 33, 35, 40f., 47, 60, 63, 75, 89,91 FREI, N .
85
FUNKE, M . 5 7 , 6 1 , 6 4 , 6 7 , 6 9 f., 7 4 ,
BENZ, W . 7 4 , 8 8 BLACKBOURN, D .
108
77, 101, 107, 109
BLASIUS, R . A . 2 2 , 1 0 1 BLOCH, C h .
73,81
Blomberg, W. v. 45,81 Bohle, E. W. 64 BOLLMUS, R .
69
Goerdeler, C. 98f. Göring, H. 22, 28, 68-70, 74, 76, 82 GOSSWEILER, K . 5 3 f., 7 9 GRAML, H . 7 0 , 7 4 , 8 8 , 9 7 f.
BRACHER, K . D . 7 8 , 8 0 , 1 0 7 , 1 0 9
Grandi, D. 15
BROSZAT, M . 5 6 , 8 5
GRENZEBACH, W . S.
Brüning, H. 8, 98 Bülow, B. W. v. 4, 67, 100 Bulgarien 32, 34, 41
Griechenland 35, 34 GROEHLER, O .
76
87
BUSSMANN, W . 6 7 , 1 0 0
Großbritannien 5, 10f., 14, 16-18, 21-23, 25-32, 34-37, 39-43, 47, $7-62, 66, 74f., 78, 89, 91-93, 100
CALLEO, D .
Hacha, E. 24
BULLOCK, A .
51,55
108
Chamberlain, N. 22 Churchill, W. 30 CZICHON, E .
54
75
DEHIO, L . 5 5 , 1 0 3 , 1 0 8 D E N G G , S. 8 1
Dönitz, K. 43 DÖSCHER, H . - J .
DÜLFFER, J .
62
67
HALDER, F . 2 2 , 3 6 f . , 7 2
HAUNER, M .
58, 78
HEINEMAN, J . L .
66
HENKE, J. 1 7 , 6 1 , 7 1 , 7 4 HERDE, P .
65
Dollfuß, E. 9 DOMARUS, M .
94
HAHN, E . J . C .
HASS, G. 23,87, 102 Hassell, U. v. 98 Haubach, Th. 97
Dänemark 30 DEAKIN, F . W .
HAFFNER, S.
95
HILDEBRAND, K . 9 , 4 8 , 5 7 f., 6 1 , 7 0 , 7 3 f., 7 8 , 8 0 , 8 6 , 9 7 - 9 9 , 1 0 4 , 1 0 6 ,
72
109 HILL, L . E . 2 2 , 1 0 0
138
Register
HILLGRUBER, A .
31, 43, 45f., 57,
59f., 62-64, 70, 72, 80f., 89-96, 105 f. H i n d e n b u r g , P. v. 4 HIRSCHFELD, Y . P.
MOMMSEN, H .
5 6 , 9 8 , 101
MOMMSEN, W .
74
MÜLLER, K . - J .
9 8 , 101
Mussolini, B. 9f., 12-15, 40
78
Hitlers außenpolitisches „Prog r a m m " 3, 5, 11, 14, 17, 31 f., 35-37, 43, 46-48, 51 f., 55-64, 69 f., 72-74, 76, 78 f., 81 f., 85, 87, 89-94, 106
NESTLER, L.
HOFER, W .
NIPPERDEY, T h .
8 6 f.
54
Neurath, K. Frhr. v. 4, 18, 22, 45, 6 6 f., 6 9 ,
74,81,84
NIEDHART, G .
5 8 , 8 6 f.
NIKONOW, A. D .
87 109
Norwegen 30
HOFFMANN, J. 9 1 f.
H o l l a n d 30 HUBATSCH, W .
Österreich 8 f., 13, 15 f., 18-21,75, 83
34
Hugenberg, A. 3, 45
OVERY, R . J.
Indien 6 3 , 7 8 Italien 5, 10, 12f., 15 f., 20, 23, 30, 3 2 - 3 5 , 3 9 - 4 1 , 5 8 , 60f., 75 f., 95 JACOBSEN, H . - A .
57, 64f., 70, 73, 84,
107
88
Oshima, H. 63 P a p e n , F. v. 3, 6, 45 Persien 78 Petain, Ph. 3 0 , 3 3 PETERSEN, J .
JXCKEL, E .
75
5 7 , 7 5 , 9 4 f.
PETZOLD, J .
J a p a n 16, 32 f., 35, 37-39, 57, 62 f., 77 f., 89, 93-95 Jugoslawien 34
PLETROW, B .
KETTENACKER, L .
Raeder, E. 35 R e i c h s w e h r / W e h r m a c h t 5 f., 10, 13 f., 1 7 - 1 9 , 3 1 , 3 4 , 4 7 , 6 3 , 8 4 Revision des Versailler Vertrags 4-7, 9f., 13, 17-19, 23, 25, 43-47, 52, 54f., 64, 66f., 7 4 , 8 1 , 8 3 , 8 5 , 97, 100 R i b b e n t r o p , J. v. 1 1 , 1 6 - 1 8 , 2 2 , 2 7 , 3 3 , 6 4 - 6 6 , 69 f., 74, 84, 100 f.
KOCH, H . W .
74
92
Kroatien 33 KRÜGER, P.
67
KUBE, A .
68-70,76,85
KUHN, A,
57 f., 7 7
Leber, J. 97 LEHNERT, D .
Litauen
97
25,29
POMMERIN, R .
ROHE, K .
MARTIN, B.
68
77
MASON, T . W .
5 4 , 8 7 f.
MEINECKE, F .
103
MESSERSCHMIDT, M . MICHALKA, W .
104 7, 7 4
ROHWER, J.
94f.
Rommel, E. 35 Rosenberg, A. 64, 69 R u m ä n i e n 25, 32, 34, 41
102, 106 MARTENS, St.
78
55, 73, 80
RITTER, G .
„ M a c h t e r g r e i f u n g " 3, 4 3 , 7 9 - 8 2 ,
92
Polen 7 f., 25-29, 87, 100
RICH, N .
Luxemburg 30
53, 102
SALIS, J . R . v . 73
52, 54, 5 6 - 5 8 , 66, 69,
SAUER, W .
16
80
Schacht, H. 68 f., 76, 82
81, 109 Molotow, W. 33, 93
SCHIEDER, T h .
78
SCHIEDER, W .
56
MOLTMANN, G .
S C H M Ä D E K E , J . 9 7 f . , 1 0 0 f.
74,
57
Register SCHMIDT, G .
THIES, J .
7
SCHRAMM, P . E . SCHULZ, G .
77, 82
80,99
SCHUMANN, W .
58
TILLMANN, H .
36
SCHRÖDER, H . - J .
139
53 f., 7 9 , 102
78
Tiso, J. 24 TREVOR-ROPER, H .
51,55,57
Tschechoslowakei
18,21,23-25,83
UEBERSCHÄR, G . R .
93
Schuschnigg, K. v. 20 SEABURY, P .
67
Ungarn 32,41
Slowakei 32 SOMMER, T H .
77
Sowjetunion 4f., 8, 15 f., 18, 21, 25 f., 28 f., 31-39, 41-43, 49, 57-60, 62 f., 76-78, 88-96 Spanien 12, 14f., 33, 75 f. Stalin, J. 26f., 29, 39, 7 7 , 9 0 - 9 3 Steengracht von M o y l a n d , A. Baron 65
Vatikan 7 Vereinigte Staaten von Amerika 29, 31 f., 35, 37 f., 40-43, 48 f., 57, 59_64, 7 6 - 7 8 , 8 9 , 9 3 - 9 6 Völkerbund 7, 9, 12, 14 VOLLAND, K .
78
VOLKMANN, H . - E .
88
STEGEMANN, B . 9 1 f . STEINBACH, P . 9 7 f . , 1 0 0 f .
WEHLER, H . - U .
STOAKES, G .
WEINBERG, G . L. 7 3 , 8 0 f . , 8 8 , 9 5
58
SYWOTTEK, A .
Weizsäcker, E. v. 19, 22, 47, 65, 67, 74, 99-101
96
TAYLOR, A . J . P . 5 2 , 5 4 , 8 6
WENDT B.-J.
THAMER, H . - U .
WETTE, W .
7 3 f.
THIELENHAUS, M .
55, 105
67,
101
62, 73, 80, 82, 84 93
WOLLSTEIN, G .
4, 81
Enzyklopädie deutscher Geschichte Themen und Autoren Mittelalter Agrarwirtschaft, Agrarverfassung und ländliche Gesellschaft im Mittelalter (Werner Rösener) 1992. EdG 13 Adel, Rittertum und Ministerialität im Mittelalter (Wrner Hechberger) 2004. EdG 72 Die Stadt im Mittelalter (Frank G. Hirschmann) 2009. EdG 84 Die Armen im Mittelalter (Otto Gerhard Oexle) Frauen- und Geschlechtergeschichte des Mittelalters (Hedwig Röckelein) Die Juden im mittelalterlichen Reich (Michael Toch) 2. Aufl. 2003. EdG 44
Gesellschaft
Wirtschaftlicher Wandel und Wirtschaftspolitik im Mittelalter (Michael Rothmann)
Wirtschaft
Wissen als soziales System im Frühen und Hochmittelalter (Johannes Fried) Die geistige Kultur im späteren Mittelalter (Johannes Helmrath) Die ritterlich-höfische Kultur des Mittelalters (Werner Paravicini) 2. Aufl. 1999. EdG 32
Kultur, Alltag, Mentalitäten
Die mittelalterliche Kirche (Michael Borgolte) 2. Aufl. 2004. EdG 17 Mönchtum und religiöse Bewegungen im Mittelalter (Gert Melville) Grundformen der Frömmigkeit im Mittelalter (Arnold Angenendt) 2. Aufl. 2004. EdG 68
Religion und Kirche
Die Germanen (Walter Pohl) 2. Aufl. 2004. EdG 57 Politik, Staat, Das römische Erbe und das Merowingerreich (Reinhold Kaiser) Verfassung 3., Überarb. u. erw. Aufl. 2004. EdG 26 Das Karolingerreich (Jörg W. Busch) Die Entstehung des Deutschen Reiches (Joachim Ehlers) 2. Aufl. 1998. EdG31 Königtum und Königsherrschaft im 10. und 11. Jahrhundert (Egon Boshof) 2. Aufl. 1997. EdG 27 Der Investiturstreit (Wilfried Hartmann) 3., Überarb. u. erw. Aufl. 2007. EdG 21 König und Fürsten, Kaiser und Papst nach dem Wormser Konkordat (Bernhard Schimmelpfennig) 1996. EdG 37 Deutschland und seine Nachbarn 1200-1500 (Dieter Berg) 1996. EdG 40 Die kirchliche Krise des Spätmittelalters (Heribert Müller) König, Reich und Reichsreform im Spätmittelalter (Karl-Friedrich Krieger) 2., durchges. Aufl. 2005. EdG 14 Fürstliche Herrschaft und Territorien im späten Mittelalter (Ernst Schubert) 2. Aufl. 2006. EdG 35
Frühe Neuzeit Bevölkerungsgeschichte und historische Demographie 1500-1800 (Christian Pfister) 2. Aufl. 2007. EdG 28
Gesellschaft
142
Themen und Autoren
Umweltgeschichte der Frühen Neuzeit (Reinhold Reith) Bauern zwischen Bauernkrieg und Dreißigjährigem Krieg (André Holenstein) 1996. EdG 38 Bauern 1648-1806 (Werner Troßbach) 1992. EdG 19 Adel in der Frühen Neuzeit (Rudolf Endres) 1993. EdG 18 Der Fürstenhof in der Frühen Neuzeit (Rainer A. Müller) 2. Aufl. 2004. EdG 33 Die Stadt in der Frühen Neuzeit (Heinz Schilling) 2. Aufl. 2004. EdG 24 Armut, Unterschichten, Randgruppen in der Frühen Neuzeit (Wolfgang von Hippel) 1995. EdG 34 Unruhen in der ständischen Gesellschaft 1300-1800 (Peter Blickle) 1988. Kd(I Frauen- und Geschlechtergeschichte 1500-1800 (N. N.) Die deutschen Juden vom 16. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts (J. Friedrich Battenberg) 2001. EdG 60 Wirtschaft
Kultur, Alltag, Mentalitäten
Die deutsche Wirtschaft im 16. Jahrhundert (Franz Mathis) 1992. EdG 11 Die Entwicklung der Wirtschaft im Zeitalter des Merkantilismus 1620-1800 (Rainer Gömmel) 1998. EdG 46 Landwirtschaft in der Frühen Neuzeit (Walter Achilles) 1991. EdG 10 Gewerbe in der Frühen Neuzeit (Wilfried Reininghaus) 1990. EdG 3 Kommunikation, Handel, Geld und Banken in der Frühen Neuzeit (Michael North) 2000. EdG 59 Renaissance und Humanismus (Ulrich Muhlack) Medien in der Frühen Neuzeit (Andreas Würgler) 2009. EdG 85 Bildung und Wissenschaft vom 15. bis zum 17. Jahrhundert (Notker Hammerstein) 2003. EdG 64 Bildung und Wissenschaft in der Frühen Neuzeit 1650-1800 (Anton Schindling) 2. Aufl. 1999. EdG 30 Die Aufklärung (Winfried Müller) 2002. EdG 61 Lebenswelt und Kultur des Bürgertums in der Frühen Neuzeit (Bernd Roeck) 1991. EdG 9 Lebenswelt und Kultur der unterständischen Schichten in der Frühen Neuzeit (Robert von Friedeburg) 2002. EdG 62
Religion und Kirche
Die Reformation. Voraussetzungen und Durchsetzung (Olaf Mörke) 2005. EdG 74 Konfessionalisierung im 16. Jahrhundert (Heinrich Richard Schmidt) 1992. EdG 12 Kirche, Staat und Gesellschaft im 17. und 18. Jahrhundert (Michael Maurer) 1999. EdG 51 Religiöse Bewegungen in der Frühen Neuzeit (Hans-Jürgen Goertz) 1993. EdG 20
Politik, Staat, Verfassung
Das Reich in der Frühen Neuzeit (Helmut Neuhaus) 2. Aufl. 2003. EdG 42 Landesherrschaft. Territorien und Staat in der Frühen Neuzeit (Joachim Bahlcke) Die Landständische Verfassung (Kersten Krüger) 2003. EdG 67 Vom aufgeklärten Reformstaat zum bürokratischen Staatsabsolutismus (Walter Demel) 1993. EdG 23 Militärgeschichte des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit (Bernhard R. Kroener)
Themen und Autoren
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Das Reich im Kampf um die Hegemonie in Eunpa 1521-1648 (Alfred Kohler) 1990. E d G 6
Altes Reich und europäische Staatenwelt 1648-1806 (Heinz Duchhardt) 1990. EdG 4
Staatensystem, internationale
Beziehungen
19. und 20. Jahrhundert Bevölkerungsgeschichte und Historische Demographie 1800-2000 ( Josef Ehmer) 2004. EdG 71 Migration im 19. und 20. Jahrhundert (Jochen Oltmer) 2010. EdG 86 Umweltgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert (Frank Uekötter) 2007. EdG 81 Adel im 19. und 20. Jahrhundert (Heinz Reif) 1999. EdG 55 Geschichte der Familie im 19. und 20. Jahrhundert (Andreas Oestrich) 1998. EdG 50 Urbanisierung im 19. und 20. Jahrhundert (Klaus Tenfelde) Von der ständischen zur bürgerlichen Gesellschaft (Lothar Gall) 1993. EdG 25 Die Angestellten seit dem 19. Jahrhundert (Günter Schulz) 2000. EdG 54 Die Arbeiterschaft im 19. und 20. Jahrhundert (Gerhard Schildt) 1996. EdG 36 Frauen- und Geschlechtergeschichte im 19. und 20. Jahrhundert (N. N.) Die Juden in Deutschland 1780-1918 (Shulamit Volkov) 2. Aufl. 2000. EdG 16 Die deutschen Juden 1914-1945 (Moshe Zimmermann) 1997. EdG 43
Gesellschaft
Die Industrielle Revolution in Deutschland (Hans-Werner Hahn) Wirtschaft 2., durchges. Aufl. 2005. EdG 49 Die deutsche Wirtschaft im 20. Jahrhundert (Wilfried Feldenkirchen) 1998. EdG 47 Agrarwirtschaft und ländliche Gesellschaft im 19. Jahrhundert (Stefan Brakensiek) Agrarwirtschaft und ländliche Gesellschaft im 20. Jahrhundert (Ulrich Kluge) 2005. EdG 73 Gewerbe und Industrie im 19. und 20. Jahrhundert (Toni Pierenkemper) 2., um einen Nachtrag erw. Auflage 2007. EdG 29 Handel und Verkehr im 19. Jahrhundert (Karl Heinrich Kaufhold) Handel und Verkehr im 20. Jahrhundert (Christopher Kopper) 2002. EdG 63 Banken und Versicherungen im 19. und 20. Jahrhundert (Eckhard Wandel) 1998. EdG 45 Technik und Wirtschaft im 19. und 20. Jahrhundert (Christian Kleinschmidt) 2007. EdG 79 Unternehmensgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert (Werner Plumpe) Staat und Wirtschaft im 19. Jahrhundert (Rudolf Boch) 2004. EdG 70 Staat und Wirtschaft im 20. Jahrhundert (Gerold Ambrosius) 1990. EdG 7 Kultur, Bildung und Wissenschaft im 19. Jahrhundert (Hans-Christof Kraus) 2008. EdG 82 Kultur, Bildung und Wissenschaft im 20. Jahrhundert (Frank-Lothar Kroll) 2003. EdG 65
Kultur. Alltag und Mentalitäten
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T h e m e n und Autoren
Lebenswelt und Kultur des Bürgertums im 19. und 20. Jahrhundert (Andreas Schulz) 2005. EdG 75 Lebenswelt und Kultur der unterbürgerlichen Schichten im 19. und 20. Jahrhundert (Wolfgang Kaschuba) 1990. EdG 5 Religion und Kirche
Kirche, Politik und Gesellschaft im 19. Jahrhundert (Gerhard Besier) 1998. EdG 48 Kirche, Politik und Gesellschaft im 20. Jahrhundert (Gerhard Besier) 2000. EdG 56
Politik, Staat, Verfassung
Der Deutsche Bund 1815-1866 (Jürgen Müller) 2006. EdG 78 Verfassungsstaat und Nationsbildung 1815-1871 (Elisabeth Fehrenbach) 2., um einen Nachtrag erw. Aufl. 2007. EdG 22 Politik im deutschen Kaiserreich (Hans-Peter Ullmann) 2., durchges. Aufl. 2005. EdG 52 Die Weimarer Republik. Politik und Gesellschaft (Andreas Wirsching) 2., um einen Nachtrag erw. Aufl. 2008. EdG 58 Nationalsozialistische Herrschaft (Ulrich von Hehl) 2. Aufl. 2001. EdG 39 Die Bundesrepublik Deutschland. Verfassung, Parlament und Parteien (Adolf M. Birke) 1997. EdG 41 Militär, Staat und Gesellschaft im 19. Jahrhundert (Ralf Pröve) 2006. EdG 77 Militär. Staat u n d G e s e l l s c h a f t im 20. J a h r h u n d e r t ( B e r n h a r d R. K r o e n e r )
Die Sozialgeschichte der Bundesrepublik Deutschland bis 1989/90 (Axel Schildt) 2007. EdG 80 Die Sozialgeschichte der DDR (Arnd Bauerkämper) 2005. EdG 76 Die Innenpolitik der DDR (Günther Heydemann) 2003. EdG 66 Staatensystem, internationale Beziehungen
Die deutsche Frage und das europäische Staatensystem 1815-1871 (Anselm Doering-Manteuffel) 2. Aufl. 2001. EdG 15 Deutsche Außenpolitik 1871-1918 (Klaus Hildebrand) 3., Überarb. und um einen Nachtrag erw. Aufl. 2008. EdG 2 Die Außenpolitik der Weimarer Republik (Gottfried Niedhart) 2., aktualisierte Aufl. 2006. EdG 53 Die Außenpolitik des Dritten Reiches (Marie-Luise Recker) 2., um einen Nachtrag erw. Auflage 2010. EdG 8 Die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland 1949 bis 1990 (Ulrich Lappenküper) 2008. EdG 83 Die Außenpolitik der DDR (Joachim Scholtyseck) 2003. EDG 69 H e r v o r g e h o b e n e Titel sind bereits e r s c h i e n e n . Stand: (September 2009)