Die Annäherung des Wettbewerbsverfahrens an das Gerichtsverfahren: Die Unabhängigkeit der Wettbewerbsbehörde und die Trennung von Ermittlungs- und Entscheidungsfunktion im Wettbewerbsrecht Japans, Deutschlands und der Europäischen Gemeinschaft [1 ed.] 9783428513000, 9783428113002

Grundlage der Marktwirtschaft ist es, den freien und fairen Wettbewerb zu gewährleisten. Diese Aufgabe ist in Japan der

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Die Annäherung des Wettbewerbsverfahrens an das Gerichtsverfahren: Die Unabhängigkeit der Wettbewerbsbehörde und die Trennung von Ermittlungs- und Entscheidungsfunktion im Wettbewerbsrecht Japans, Deutschlands und der Europäischen Gemeinschaft [1 ed.]
 9783428513000, 9783428113002

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Schriften zum Internationalen Recht Band 147

Die Annäherung des Wettbewerbsverfahrens an das Gerichtsverfahren Von

Michiyoshi Mishiro

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

MICHIYOSHI MISHIRO

Die Annäherung des Wettbewerbsverfahrens an das Gerichtsverfahren

Schriften zum Internationalen Recht Band 147

Die Annäherung des Wettbewerbsverfahrens an das Gerichtsverfahren Die Unabhängigkeit der Wettbewerbsbehörde und die Trennung von Ermittlungs- und Entscheidungsfunktion im Wettbewerbsrecht Japans, Deutschlands und der Europäischen Gemeinschaft

Von

Michiyoshi Mishiro

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Universität Regensburg hat diese Arbeit im Jahre 2001 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten (Allgäu) Printed in Germany ISSN 0720-7646 ISBN 3-428-11300-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2000/2001 von der Juristischen Fakultät der Universität Regensburg als Dissertation angenommen. Das Manuskript wurde im Dezember 2000 abgeschlossen. In Kraft getretene Gesetzes-/Verordnungsänderungen, Rechtsprechung und Schrifttum sind bis Ende 2001, jedoch japanische Gesetzes-/Verordnungsänderungen bis Ende 2003 berücksichtigt. Besonderen Dank schulde ich meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Rainer Arnold, der die Arbeit als Dissertation trotz seiner zeitraubenden Tätigkeit vor allem im Ausland freundlich betreut und mir wichtige Hinweise und Anregungen gegeben hat. An dieser Stelle möchte ich ferner dem Zweitgutachter meiner Dissertation, Herrn Prof. Dr. Peter Gottwald, für seine offenen Bemerkungen danken, die eine weitere Vertiefung meiner These veranlassen. Außerdem möchte ich dem Bundeskartellamt und seinen Bediensteten meinen Dank aussprechen, die mir einen einmonatigen Aufenthalt (Oktober 1997) im Amt als ausländischer Praktikant ermöglicht und offenherzig meine Recherchen unterstützt haben. Ferner bedanke ich mich bei folgenden netten Kommilitoninnen und Kommilitonen für ihre Geduld und Hilfsbereitschaft, die meine Arbeit in sprachlicher Hinsicht zu korrigieren: Herrn Dr. Peter Gulo, Herrn Jürgen Heinzelmann, Herrn Dr. Markus Huber, Frau Isabelle von Hydebrand, Herrn Dr. Hagen Schällig, Herrn Robert Schmidt, Herrn Jochen Seemann. Nicht zu vergessen ist schließlich die psychische und in der Endphase auch finanzielle Unterstützung meiner Eltern, Mineko und Yoshiaki Mishiro, wofür ich ihnen hier meinen Dank ausdrücken möchte. Ohne die Hilfe dieser Personen wäre es mir nicht möglich gewesen, diese Arbeit zu vollenden. Regensburg, Februar 2004

Michiyoshi Mishiro

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

Kapitel I Wettbewerbsverfahren A. Japan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verwaltungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Allgemeine Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Verfahrenseinleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Ermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Mündliche Verhandlung (Rechtliches Gehör) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Beiladung Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (f) Öffentliche Anhörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (g) Zusammenschlußkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (h) Zusätzliche Verfahrensregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vorverfahren zur Abschöpfung des Mehrerlöses . . . . . . . . . . . . . . . (2) Stellungnahme der zuständigen Minister zum Monopolzustand. . (i) Verfahrensabschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Förmlicher Beschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zustimmungsbeschluß. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Empfehlungsbeschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Einstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Aussetzung des Vollzugs eines förmlichen Beschlusses. . . . . . . . . (j) Ermittlung nach dem förmlichen Beschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (k) Widerspruchsverfahren innerhalb der FTC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Widerspruch gegen Ermittlungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Widerspruch gegen die Erlaubnis zur Bildung von Kartellen. . . . (4) Sonstige Widersprüche nach WdVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Widerspruch wegen Untätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Wirkung eines Widerspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gerichtliche Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Die erste Instanz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Anfechtungsklage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Untätigkeitsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27 27 28 29 30 31 33 36 37 37 39 39 40 40 40 41 41 42 42 42 43 43 43 43 43 44 44 44 44 45 45

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Inhaltsverzeichnis (3) Anfechtungsklage gegen endgültige Beschlüsse der FTC. . . . . . . (4) Wirkung einer Anfechtungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Einstweilige Anordnung während des Verwaltungsverfahrens der FTC. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Die zweite Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Berufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Revision bezüglich der endgültigen Beschlüsse der FTC . . . . . . . (3) Sonderbeschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Die dritte Instanz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Straf- und Bußgeldverfahren im Wettbewerbsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Zusammenarbeit zwischen FTC und Staatsanwaltschaft . . . . . . . . . . . . (b) Anklage durch die Staatsanwaltschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die erste Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die zweite Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zivilrechtliche Klage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Die erste Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Anspruch auf Schadensersatz nach § 25 AMG . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Anspruch auf Schadensersatz nach § 709 JBGB . . . . . . . . . . . . . . (3) Anspruch auf Unterlassung nach § 24 AMG. . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Die zweite Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Berufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Revision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Die dritte Instanz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zentrale Zuständigkeit des Obergerichts Tokyo. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45 46

B. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verwaltungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Verfahrenseinleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Ermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Rechtliches Gehör (Mündliche Verhandlung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Beiladung Dritter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Anhörung Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (f) Einstweilige Anordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (g) Zusammenschlußkontrolle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Verfahren vor dem Bundeskartellamt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Vorprüfverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Hauptprüfverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ministererlaubnis zur Bildung von Kartellen und Zusammenschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Vollzugsverbot und Auflösung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (h) Mißbrauchsverfahren über Preisempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (i) Dezentrale Struktur des Verfahrens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54 54 55 56 58 60 60 60 61 61 62 62 64

46 47 47 47 48 48 48 49 50 50 50 50 51 51 51 52 52 52 53 53 53

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Inhaltsverzeichnis

9

(j) Verfahrensabschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerichtliche Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Die erste Instanz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Anfechtungs- und Verpflichtungsbeschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Anfechtung einer Durchsuchungsanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Wirkung einer Beschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Die zweite Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Weitere Beschwerde zur Anfechtung einer Durchsuchungsanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bußgeldverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Verfahrenseinleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Ermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Rechtliches Gehör . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Gerichtliche Kontrolle (Einspruchsverfahren) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die erste Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die zweite Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zivilrechtliche Klage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Die erste Instanz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Anspruch nach § 35 a. F. (33 n. F.) GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ansprüche aus anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Die zweite Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Die dritte Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zentrale Zuständigkeiten von Gerichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70 70 71 71 72 72 74 74

C. Europäische Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verwaltungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Allgemeine Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Verfahrenseinleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Beschwerde nach Art. 3 II VO 17 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Ermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Auskunftsersuchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Nachprüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Durchsuchungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Rechtliches Gehör (Mündliche Anhörung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (f) Beiladung Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (g) Anhörung Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (h) Einstweilige Anordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (i) Zusammenschlußkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vorverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Hauptverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3.

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5.

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Inhaltsverzeichnis (4) Vollzugsverbot und Auflösung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Anhörung des Beratenden Ausschusses. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (j) Dezentrale Struktur des Verfahrens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Zuständigkeitsverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Bestimmungen der VO 17 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Bestimmungen der FKVO. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (k) Verfahrensabschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Förmliche Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Informelle Verfahrenserledigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Sonstige Abschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bußgeldverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerichtliche Kontrolle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Die erste Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Anfechtungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Untätigkeitsklage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Nachprüfungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Wirkung einer Anfechtungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Die zweite Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zivilrechtliche Klage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dezentrale Struktur der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99 100 101 101 104 104 104 106 107 107 111 113 113 115 115 115 116 116 117 118 118 119

D. Rechtsvergleichendes Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines, Verfahrenseinleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschwerderecht zur Anregung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtliches Gehör . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenschlußkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Verfahrensabschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Gerichtliche Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Einstweilige Anordnungen und die Wirkung einer Anfechtungsklage . . . 9. Dezentrale Struktur des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

120 120 121 121 123 124 125 126 127 128 129

2. 3.

4. 5.

Kapitel II Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

131

A. Japan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 1. Entstehungsgeschichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 2. Verfassungsrechtliche Stellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

Inhaltsverzeichnis

11

3. Innere Organisationsstruktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 (a) FTC i. e. S. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 (b) Generalsekretariat. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 4. Die erste Instanz mit gerichtsähnlicher Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 (a) Einschränkung der gerichtlichen Nachprüfbarkeit in Wettbewerbssachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 (1) Der Grundsatz von „substantial evidence“ bei der Anfechtungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 (aa) Entstehungsgeschichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 (bb) Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 (cc) Voraussetzung und Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 (dd) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 (ee) Einschränkung des neuen Beweisantrages . . . . . . . . . . . . . . . . 139 (ff) Aufhebung oder Zurückverweisung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 (2) Verwertbarkeit der von der FTC berücksichtigten Beweise in Zivilklagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 (b) Einschränkung des Schadensersatzanspruches nach §§ 25, 26 AMG . 142 (c) Grenze: Gewaltenteilung zwischen Exekutive und Judikative . . . . . . . 144 5. Unabhängigkeit und behördeninterne Funktionstrennung . . . . . . . . . . . . . . . . 147 (a) Art. 13 und 31 JV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 (b) Unabhängigkeit der FTC im Außenverhältnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 (1) Verfassungsmäßigkeit der Unabhängigkeit der FTC . . . . . . . . . . . . 148 (2) Statusgarantie für Kommissare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 (aa) Entlassungsverbot. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 (bb) Gehaltsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 (3) Anweisungsverbot des Premierministers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 (c) Unabhängigkeit der FTC im Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 (d) Behördeninterne Trennung der Entscheidung von der Ermittlung . . . . 150 (1) Rechtsdogmatische Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 (2) Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 (3) Dreieckskonstellation der mündlichen Verhandlung . . . . . . . . . . . . 154 (4) Funktionstrennung bezüglich der Kommissare . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 (5) Leiter der mündlichen Verhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 (6) Bedingung und Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 6. Parlamentarische Kontrolle der FTC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 (a) Ernennung der Kommissare. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 (b) Jahresbericht der FTC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 B. Deutschland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 1. Die Pluralität der Wettbewerbsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 (a) Kompetenzverteilung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 (1) Bundesminister für Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 (2) Bundeskartellamt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

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Inhaltsverzeichnis (3) Landeskartellbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Bundesminister für Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Bundeskartellamt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Rechtsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Präsident . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Beschlußabteilungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Andere Abteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Landeskartellbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Verhältnis zwischen Kartellbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Monopolkommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Rechtsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Verfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Unabhängigkeit und behördeninterne Funktionstrennung. . . . . . . . . . . . . . . . (a) Unabhängigkeit des Bundeskartellamtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Abhängigkeitsverhältnis nach geltendem Recht . . . . . . . . . . . . . . . (2) Forderung nach Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Befürworter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Gegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Weisungsgebundenheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Allgemeine Weisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Problematik der Einzelweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Ministererlaubnis zur Bildung von Kartellen und Zusammenschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Entstehungsgeschichte der Kartellerlaubnis . . . . . . . . . . . . . . (bb) Entstehungsgeschichte der Zusammenschlußerlaubnis. . . . . (cc) „Gesamtwirtschaft“, „Gemeinwohl“ und „Gemeininteresse“ (dd) Problematik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Wirtschafts- bzw. Wettbewerbspolitik und Rechtsanwendung. . . (aa) Kompetenz bezüglich der Rechtsanwendung . . . . . . . . . . . . . (bb) Kompetenz bezüglich der Wirtschafts- bzw. Wettbewerbspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Problematik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Ministerverantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Ministerialprinzip (Ministerialsystem) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Parlamentarische Kontrolle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (ee) Ministerialfreiheit (Ministerialfreie Räume) . . . . . . . . . . . . . . (7) Deutsche Bundesbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

160 161 161 161 162 162 163 163 164 164 164 165 166 166 167 167 168 168 168 169 170 171 171 172 176 177 178 180 181 185 186 188 189 191 192 192 194 196 197 201

Inhaltsverzeichnis

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(aa) Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 (bb) Funktionsbezogene Unabhängigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 (cc) Unterstützungspflicht und Zusammenarbeit. . . . . . . . . . . . . . . 205 (dd) Organisationsstruktur und personelle Besetzung . . . . . . . . . . 206 (8) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 (aa) Zur Ministerverantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 (bb) Zur Grenze der Ministerialfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 (cc) Zum Verhältnis zwischen Bundeswirtschaftsminister und Bundeskartellamt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 (dd) Zur Zulässigkeit von Einzelweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 (b) Einheit der Ermittlung und Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 (1) Verwaltungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 (2) Bußgeldverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 (3) Abschaffung des Einspruchsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 (4) Ausnahme vom Widerspruchsverfahren der VwGO . . . . . . . . . . . . 215 (5) Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 (6) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 4. Umfang der gerichtlichen Nachprüfung in Wettbewerbssachen. . . . . . . . . . . 217 (a) Umfangreiche Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 (b) Grenze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 (c) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 5. Parlamentarische Kontrolle des Bundeskartellamts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 C. Europäische Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 1. Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 (a) Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 (b) Verhältnis zum Rat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 (c) Zusammensetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 (d) Organisationsstruktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 2. Generaldirektion IV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 3. Unabhängigkeit und behördeninterne Funktionstrennung . . . . . . . . . . . . . . . . 224 (a) Unabhängigkeit der EG-Wettbewerbsbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 (1) Eingliederung der Generaldirektion IV in die Kommission . . . . . 224 (2) Forderung nach Unabhängigkeit der Wettbewerbsbehörde . . . . . . 225 (aa) Befürworter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 (bb) Gegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 (3) Weisungsgebundenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 (4) Wirtschafts- sowie Wettbewerbspolitik und Rechtsanwendung . . 233 (5) Entscheidungsträger. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 (6) EG-Industriepolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 (aa) Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 (bb) Art. 3 Buchst. l und 130 a. F. (3 Buchst. m und 157 n. F.) EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

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Inhaltsverzeichnis (cc) Problematik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Vertragsänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Völkerrechtlicher Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Art. 235 a. F. (308 n. F.) EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Art. 6 I EMRK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (8) Institutionelles Gleichgewicht der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . (aa) Erhaltung des statischen Gleichgewichts. . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Keine Normativität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (9) Souveränität der Mitgliedstaaten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Verhältnis zur Europäischen Gemeinschaft. . . . . . . . . . . . . . . (bb) Einflußnahme der Mitgliedstaaten bei der Rechtssetzung. . (cc) Einflußnahme der Mitgliedstaaten auf einzelne Verfahren . (10) „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Zur Freistellung von Kartellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Zur Genehmigung von Zusammenschlüssen . . . . . . . . . . . . . (cc) Problematik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (11) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Zum Zweck der Errichtung einer EG-Wettbewerbsbehörde (bb) Zur Aufteilung der Aufgaben zwischen Kommission und EG-Wettbewerbsbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Zur Souveränität der Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Zur Fremdeinwirkung auf das Verfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . (ee) Zum institutionellen Gleichgewicht der Gemeinschaft . . . . (ff) Zur politischen Kontrolle der vollziehenden Gewalt . . . . . . (gg) Zur gerichtlichen Nachprüfbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Ermittlung und Entscheidung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Unvollständigkeit der Funktionstrennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Anhörungsbeauftragte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Juristischer Dienst. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Fehlen des Widerspruchsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Umfang der gerichtlichen Nachprüfung in Wettbewerbssachen . . . . . . . . . . 5. Kontrolle des Europäischen Parlaments über die Kommission. . . . . . . . . . . (a) Ernennung sowie Wiedererkennung der Kommissare und Mißtrauensvotum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Erörterung des Gesamt- und Wettbewerbsberichts der Kommission .

236 240 240 240 241 241 242 242 243 245 245 246 249 250 250 251 252 255 255 258 260 261 262 263 263 264 264 265 267 269 270 270 271 272 273 273

D. US-Wettbewerbsbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 1. Parallele Zuständigkeit zweier Wettbewerbsbehörden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 2. „Antitrust Division“ des Justizministeriums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274

Inhaltsverzeichnis

15

3. „Federal Trade Commission“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 (a) Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 (b) „Independent Regulatory Commission“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 (c) Verstärkte Kontrolle durch den Kongreß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 (d) „Administrative Law Judge“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 (e) „Substantial Evidence“ zur Einschränkung der gerichtlichen Nachprüfbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 E. Rechtsvergleichendes Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 1. Rechtsstellung der Wettbewerbsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 2. Einschränkung der gerichtlichen Kontrolle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 3. Politik und Rechtsanwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 4. Funktionstrennung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 5. Parlamentarische Kontrolle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287

Kapitel III Institutionelle Garantie für sachgerechte Entscheidungen

289

A. Unabhängigkeit der Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 1. Rechtsprechung und Gewaltenteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 2. Sicherung der sachgerechten Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 (a) Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 (b) Ausschluß der Fremdeinwirkung auf das Gerichtsverfahren . . . . . . . . . 292 B. Organinterne Funktionstrennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 1. Trennung der Ermittlung von der Entscheidungsfindung . . . . . . . . . . . . . . . . 294 2. Funktionstrennung im Strafverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 (a) Kardinalfehler des Inquisitionsprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 (b) Einführung der Staatsanwaltschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 C. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298

Kapitel IV Interessenkonflikt in der Demokratie

300

A. Ungleichgewicht widerstreitender Interessenverbände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 1. Interessenverbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 2. Widerstreit der Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 3. Ungleichgewicht der Interessenverbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 B. Mitwirkung an der politischen Willensbildung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 1. Interessenverbände als Institutionen zur Willensbildung. . . . . . . . . . . . . . . . . 303 2. Externe Einflußnahme auf Legislative und Exekutive. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304

16

Inhaltsverzeichnis (a) Formelle Einflußnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 (b) Informelle Einflußnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305

C. Politische Einflußnahme in der Parteiendemokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Innere Einflußnahme über politische Parteien und Politiker . . . . . . . . . . . . . 2. Politische Parteien und Wahlen in der parlamentarisch-repräsentativen Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einflußnahme der politischen Parteien auf Parlament und Regierung . . . .

305 305 307 309

D. Vielfältigkeit der Interessen in der freiheitlich-pluralistischen Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 E. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ungleichgewicht der Interessenverbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mitwirkung der Interessenverbände in der Parteiendemokratie . . . . . . . . . . 3. Vielfältigkeit der Interessen und Pluralismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

312 312 313 313

Kapitel V Wettbewerbsaufsicht als Aufgabe der Verwaltung

315

A. Verwaltungshandlung der Wettbewerbsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 B. Aufgaben und Funktion der Wettbewerbsbehörden als Verwaltungsorgane. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verwirklichung des Gemeinwohls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ständige Sozialgestaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Eigeninitiative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

317 317 317 318

C. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319

Kapitel VI Gesamtergebnis

320

A. Wettbewerbsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 B. Unabhängigkeit der Wettbewerbsbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 C. Funktionstrennung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 D. Ausschluß der Fremdeinwirkung und Sicherung der Unparteilichkeit. . . 323 E. Interessenkonflikt als der Demokratie immanenter Prozeß . . . . . . . . . . . . . 324 F. Aufsicht der Wettbewerbsbehörde als Verwaltungsorgan . . . . . . . . . . . . . . . 325 G. Annäherung des Wettbewerbsverfahrens an das Gerichtsverfahren . . . . . 325 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352

Abkürzungsverzeichnis a. A. a. a. O. ABl. Abs. a. F. AG AJV ALJ Alt. a. M. AMG

Anl. Art., Artt. BAnz BB BBankG BBG Bd. Begr. 1952 ber. Bericht 1957 Bericht 1965

Beschl. BG BGH BKartA BKM

BMWi

anderer Ansicht am angegebenen Ort Amtsblatt Absatz alte Fassung Die Aktiengesellschaft Alte japanische Verfassung Administrative Law Judge Alternative andere(r) Meinung Japanisches Antimonopolgesetz (förmliche Bezeichnung: Gesetz über das Verbot der privaten Monopolisierung und die Sicherung des lauteren Handels) vom 14. 4. 1947, zuletzt geändert durch das Gesetz Nr. 119 vom 16. 7. 2003. Anlage Artikel Bundesanzeiger Der Betriebs-Berater (Jahr und Seite) Gesetz über die Deutsche Bundesbank Bundesbeamtengesetz Band Regierungsbegründung zu dem Entwurf eines Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, BT-Drucks. II/1158, nach Anl. I berichtigt Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik über den Entwurf eines GWB, zu BT-Drucks. II/3644 Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des GWB, BT-Drucks. IV/ 3533 Beschluß Bezirksgericht Bundesgerichtshof Bundeskartellamt Beschluß der Kommission über das Mandat des Anhörungsbeauftragten in Wettbewerbsverfahren vor der Kommission, 12. 12. 1994 ABl. EG 1994 Nr. L 330/67 Bundesminister für Wirtschaft

18 BR-Drucks. BRRG BRsp. BSt

BT-Drucks. Buchst. BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerwG BVerwGE bzw. Commission dass. DB DBGB DGVG d. h. DStPO DVwVfG DZPO E EG EGKSV EGV a. F.

EGV n. F.

EG-WbR Einf. Einl. EL

Abkürzungsverzeichnis Bundesrat Drucksachen Rahmengesetz zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts Bericht über die Rechtsprechung Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (VO 259/ 68 des Rates vom 29. 2. 1968, ABl. EG 1968 L 56/1 ff., VO 31 des Rates (EWG) und VO 11 des Rates (EAG) vom 18. 12. 1962, ABl. EG 1962 S. 1385 ff.) Bundestag Drucksachen Buchstabe Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Band und Seite) Gesetz über das Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (Band und Seite) beziehungsweise Federal Trade Commission, independent regulatory commission in den USA dasselbe Der Betrieb Deutsches Bürgerliches Gesetzbuch Deutsches Gerichtsverfassungsgesetz das heißt Deutsche Strafprozeßordnung Deutsches Verwaltungsverfahrensgesetz Deutsche Zivilprozeßordnung Entscheidungssammlung Europäische Gemeinschaft Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vom 25. 3. 1957, BGBl. II S. 766, i. d. F. des Vertrages über die Europäische Union 7. 2. 1992, BGBl. II S. 1253/1256, zuletzt geändert durch den Beitragsvertrag vom 24. 6. 1994, BGBl. II S. 2022, i. d. F. des Beschlusses vom 1. 1. 1995, ABl. EG 1995 Nr. L 1/1, ber. ABl. EG 1997 Nr. L 179/12. Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vom 25. 3. 1957, BGBl. II S. 766, i. d. F. des Vertrages über die Europäische Union 1992, BGBl. II S. 1253/1256, zuletzt geändert durch den Vertrag von Nizza vom 26. 2. 2001, ABl. EG 2001 Nr. C 80/1. EG-Wettbewerbsrecht Einführung Einleitung Ergänzungslieferung

Abkürzungsverzeichnis EMRK

19

Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. 11. 1950, BGBl. 1952 II S. 685. Ent. Entscheidung Entwurf 1952 Entwurf eines Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, BTDrucks. II/1158, Anl. I Entwurf 1998 Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, BT-Drucks. 13 (1998)/9720 EP Europäisches Parlament Ergb. Ergänzungsband Erwägungsgründe Erwägungsgründe des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen EuGeI Europäisches Gericht Erster Instanz EuGH Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften EuGHMR Europäischer Gerichtshof der Menschenrechte EuR Europarecht (Jahr und Seite) EUV a. F. Vertrag über die Europäische Union (Maastricht-Vertrag) vom 7. 2. 1992, BGBl. II S. 1253, geändert durch den Beitrittsvertrag vom 24. 5. 1994, BGBl. II S. 2022, i. d. F. des Beschlusses vom 1. 1. 1995, ABl. EG 1995 Nr. L 1/1 EUV n. F. Vertrag über die Europäische Union (Maastricht-Vertrag) vom 7. 2. 1992, BGBl. II S. 1253, zuletzt geändert durch den Vertrag von Nizza vom 26. 2. 2001, ABl. EG 2001 Nr. C. 80/1 f. folgende ff. (fort)folgende FKVfVO Verordnung (EG) Nr. 447/98 der Kommission vom 1. 3. 1998 über die Anmeldungen, über die Fristen sowie über die Anhörung nach der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, ABl. EG 1998 Nr. L 61/1 FKVO Fusionskontrollverordnung, Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. 12. 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen 1997, ABl. EG 1990 Nr. L 257/14, geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1310/97 des Rates vom 30. 6., ABl. EG 1997 Nr. L 180/1 Fn. Fußnoten FTC Fair Trade Commission in Japan FTC i. e. S. kollegiales Entscheidungsgremium der Fair Trade Commission FTCA Federal Trade Commission Act FTCV a. F. Verordnung Nr. 5 der FTC über das Verfahren der Ermittlung und der mündlichen Verhandlung vom 10. 10. 1953, zuletzt geändert durch die Verordnung Nr. 4 der FTC vom 14. 6. 1996 FTCV n. F. Verordnung Nr. 8 der FTC über das Verfahren der Ermittlung und der mündlichen Verhandlung vom 26. 12. 2001 FusV Fusionsvertrag

20 gen. Prinz. GGKA GK GOK

GWB a. F.

GWB n. F.

H. Halbs. HHG h. M. Hrsg. i. d. F. v. i. e. S. insb. i. S. d. i. V. m. i. w. S. JBGB JFGG JGVG JStGB JStPO JV JVwVfG JZPO Kap. KG KGO Lfg. lit. MITI n. F. NJW No.

Abkürzungsverzeichnis Generelle Prinzipien Gesetz zur Gründung des Kabinetamtes vom 16. 7. 1999, zuletzt geändert durch das Gesetz Nr. 61 vom 31. 5. 2003. Gemeinschaftskommentar Geschäftsordnung der Kommission vom 17. 2. 1993, zuletzt geändert durch den Beschluß vom 8. 3. 1995, ABl. EG. 1993 Nr. L 230/15 und 1995 Nr. L 97/82 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 27. 7. 1957, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 26. 4. 1980, BGBl. I 458 (5. Novelle) Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Neufassung der Bekanntmachung vom 26. 8. 1998, BGBl. I 2546, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 19. 6. 2001, BGBl. I 1173 (6. Novelle) Heft Halbsatz Haushaltsgesetz herrschende Meinung Herausgeber in der Fassung von im engeren Sinne insbesondere im Sinne des in Verbindung mit im weiteren Sinne Japanisches Bürgerliches Gesetzbuch Japanisches Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit Japanisches Gerichtsverfassungsgesetz Japanisches Strafgesetzbuch Japanische Strafprozeßordnung Japanische Verfassung Japanisches Verwaltungsverfahrensgesetz Japanische Zivilprozeßordnung Kapitel Kammergericht Geschäftsordnung der Kommission Lieferung litera Ministry of International Trade and Industry (Japanisches Wirtschaftsministerium) neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift number

Abkürzungsverzeichnis Nr. Nrn. o. ObstGH OG OLG OWiG REG RIW Rn. S. s. Sec. Slg. s. o. sog. StAG StSlg. s. u. TB 1976 TB 1989/90 TB 1991/92 Tz. u. UAbs. Urt. usw. u. U. UWG v. VerfO EuGeI

VerfO EuGH

VO

21

Nummer Nummern oben Oberster Gerichtshof Obergericht Oberlandesgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Gesetz über die Richteramtsenthebung Recht der internationalen Wirtschaft Randnummer Satz, Seite siehe Section Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften siehe oben sogenannt Gesetz über die Staatsanwaltschaft Sammlung der Rechtsprechung über Strafsachen siehe unten Tätigkeitsbericht 1976 BTDrucks. 8/704 (Seite) Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamtes 1989/90 BTDrucks. 12/ 847 (Seite) Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamtes 1991/92 BTDrucks. 12/ 5200 (Seite) Textziffer unten Unterabsatz Urteil und so weiter unter Umständen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb von Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften in der Fassung vom 2. 5. 1991, ABl. EG 1991 Nr. L 136/1, ergänzt durch die Verfahrensvorschriften der Ratsverordnung über die Gemeinschaftsmarke betreffen, in ABl. EG 1995 Nr. L 131/33 Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften in der Fassung vom 19. 6. 1991, ABl. EG 1991 Nr. L 176/7, berichtigt in ABl. EG 1992 Nr. L 383/117 und ABl. EG 1995 Nr. L 44/64 Verordnung

22 VO 17

Abkürzungsverzeichnis

Erste Durchführungsverordung Nr. 17/1962 des Rates vom 6. 2. 1962 zu den Artikeln 85 und 86 des EWG-Vertrages, ABl. EG 1962 Nr. 13/204 (Kartellverordnung) VO 19/65 Verordnung (EWG) Nr. 19/65 des Rates vom 2. 3. 1965 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, ABl. EG 1965 Nr. 36/533 VO 99 Verordnung (EWG) Nr. 99/63 der Kommission vom 25. 7. 1963 über die Anhörung nach Artikel 19 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates, ABl. EG 1963 Nr. 127/2268 VO 479/92 Verordnung (EWG) Nr. 479/92 des Rates vom 25. 2. 1992 über die Anwendung des Artikels 85 Absatz 3 des Vertrages auf bestimmte Gruppen von Vereinbarungen, Beschlüssen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen zwischen Seeschiffahrtsunternehmen (Konsortien), ABl. EG 1992 Nr. L 55/3 VO 1534/91 Verordnung (EWG) Nr. 1534/91 des Rates vom 31. 3. 1991 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf bestimmte Gruppen von Vereinbarungen, Beschlüssen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Bereich der Versicherungswirtschaft, ABl. EG 1991 Nr. L 143/1 VO 3976/87 Verordnung (EWG) Nr. 3976/87 des Rates vom 14. 12. 1987 zur Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf bestimmte Gruppen von Vereinbarungen, Beschlüssen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Luftverkehr, ABl. EG 1987 Nr. L 374/9 VOG Gesetz über die Verwaltungsorganisation vol. volume Vor. Vorbemerkung zu VwGO Verwaltungsgerichtsordnung VwOG Gesetz über das Verwaltungsorgan des Staates von 1948 VwPO Japanische Verwaltungsprozeßordnung VwSlg. Sammlung der Rechtsprechung über Verwaltungssachen WdVfG Gesetz über das Widerspruchsverfahren Wettbewerbsbericht Bericht über die Wettbewerbspolitik WRV Verfassung des Deutschen Reiches von 1919 (Weimarer Reichsverfassung) WuW Wirtschaft und Wettbewerb (Jahr und Seite) WuW/E WuW-Entscheidungssammlung zum Kartellrecht z. B. zum Beispiel ZivSlg. Sammlung der Rechtsprechung über Zivilsachen

Einleitung Die Aufgabe des Wettbewerbsrechts ist es, die freie Marktwirtschaft zu garantieren und somit den Wohlstand der Bürger zu erhöhen. In der freien Marktwirtschaft herrscht der Grundsatz der Privatautonomie und der dezentralen Selbstregulierung. Nur dann, wenn sie, z. B. durch Kartelle oder Zusammenschlüsse, gefährdet wird, greift der Staat oder im EG-Recht die Gemeinschaft in die Gestaltungsfreiheit der Unternehmen ein. Der Gegenstand des Wettbewerbsrechts ist daher die unternehmerische Aktivität der am Markt Beteiligten und derer Auswirkung auf den Markt. In einer demokratischen Gesellschaft strebt jeder die Verwirklichung eigener Interessen in rechtmäßiger Weise an. Wirtschaftliche Interessen der Marktteilnehmer verändern sich rasch und dynamisch in einer modernen Gesellschaft. Das Streben nach der Verwirklichung dieser vielfältigen Wirtschaftsziele geschieht jedoch nicht nur im Rahmen der unternehmerischen Aktivitäten auf dem Markt. Interessenverbände versuchen Einfluß auf die Gesetzgebung zu nehmen, durch Lobbyismus oder möglicherweise sogar dadurch, daß sie eine ihre Ziele vertretende Person in einen Ausschuß des Parlaments oder als Abgeordneten ins Parlament schicken, um im Gesetzgebungsprozeß Vorschriften eines Gesetzes zugunsten eigener Interessen zu gestalten. Eine derartige Einflußnahme seitens der Interessenverbände kann dann auch nach dem Inkrafttreten des betreffenden Gesetzes dergestalt geschehen, daß sie versuchen, eine Behörde, die aufgrund dieses Gesetzes ein Verfahren gegen sie eingeleitet hat, zu beeinflussen, damit sie keine für sie nachteilige Entscheidung trifft. Dadurch kann die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts beeinträchtigt werden. In der Europäischen Gemeinschaft erfolgt die Einflußnahme zusätzlich durch die Mitgliedstaaten. Um diese Fremdeinwirkung auszuschließen, ist die Unabhängigkeit des Entscheidungsträgers geboten. Die Gerichte sind von allen anderen Stellen organisatorisch und personell verselbständigt, während die Wettbewerbsbehörde hingegen nicht unabhängig ist. Es fragt sich jedoch, ob zur Ausschaltung der Fremdeinwirkung auf das Wettbewerbsverfahren die gerichtliche Unabhängigkeit auf die Wettbewerbsbehörde übertragbar ist oder ob die Unabhängigkeit der Wettbewerbsbehörde zumindest von denjenigen Stellen garantiert werden kann, die für nicht wettbewerbspolitische Maßnahmen zuständig sind. Die Fremdeinwirkung von außen erfolgt meist über politische Instanzen. Deshalb ist der

24

Einleitung

Grundsatz der Aufgabenteilung in Frage zu stellen, wonach einerseits die Aufgabe der Wettbewerbsbehörde auf die Anwendung der Vorschriften des Wettbewerbsrechts beschränkt ist, andererseits die Wettbewerbspolitik selbst an eine politische Instanz zugewiesen ist. Bedenklich ist der Grundsatz auch deshalb, weil diese beiden Aufgaben schwer voneinander abzugrenzen sind und die effektive Durchsetzung des Wettbewerbsrechts dadurch gefährdet werden kann. Da der Staat oder im EG-Recht die Gemeinschaft im Falle einer drohenden Beeinträchtigung der freiheitlichen Marktordnung auf der Grundlage seines Wettbewerbsrechtes in die Privatautonomie des Marktteilnehmers eingreift und damit die individuelle Freiheitsrechte einschränkt, muß die Entscheidung durch die dafür zuständige Behörde sorgfältig und gerecht getroffen werden. Hilfreich ist dabei der prozessuale Schutz des Interesses des Verfahrensadressaten, wie insbesondere die rechtliche Regelung und Begrenzung des Auskunftsersuchens der Wettbewerbsbehörde, das Recht auf rechtliches Gehör und auf Akteneinsicht sowie der Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Die wesentliche Voraussetzung für eine sachgerechte Entscheidung sind darüber hinaus der Ausschluß von Voreingenommenheit und Befangenheit, somit die Unparteilichkeit und Objektivität des Entscheidungsträgers. Während ein Richter in der Lage ist, als unbeteiligter Dritter einen anhängigen Fall neutral zu prüfen, kann hingegen von demjenigen, der z. B. ein Verfahren gegen ein Unternehmen wegen des Verdachts der Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht eingeleitet, die Ermittlung durchgeführt und sich von der Zuwiderhandlung überzeugt hat, schwerlich erwartet werden, daß er aufgrund möglicher neuer Erkenntnisse, unabhängig vom Ergebnis der bisherigen Ermittlung, noch einmal selbst überprüft, ob seine Überzeugung sachgerecht ist und sie anderenfalls aufhebt. Im Strafverfahren, in dem sich der Staatsanwalt als Ermittler und der Einzelne als Angeklagter vor dem Richter als Entscheidungsträger gegenüberstehen, besteht eine funktionale Trennung von Entscheidung und Ermittlung. Zu untersuchen ist also Rechtsstellung und Funktion der Staatsanwaltschaft einschließlich der Frage, warum in diesen Bereich diese Trennung eingeführt worden ist. Im Verwaltungsverfahren, von dem das Wettbewerbsverfahren umfaßt wird, besteht im Gegensatz zum Strafverfahren keine derartige Funktionstrennung und der Einzelne steht allein dem Staat oder im EG-Recht der Gemeinschaft gegenüber. Aber sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Gerichtsverfahren geht es um die Einschränkung des Freiheitsrechts des Individuums. Zwar kann eine belastende Entscheidung einer Behörde im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit durch das Verwaltungsgericht aufgehoben werden. Dieser gerichtliche Rechtsschutz ist aber im Grunde nachträglich, da im Wettbewerbsrecht die Wirksamkeit der Entscheidung in den meisten Fällen bis zur Aufhebung erhalten bleibt. Zu fragen ist also, ob und wie man

Einleitung

25

zur Verbesserung des Rechtsschutzes des Verfahrensadressaten das Gedankengut der Funktionstrennung auch innerhalb des Wettbewerbsverfahrens verwirklichen kann. Mit der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts sind in Japan, Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft nicht Gerichte, sondern Behörden befaßt. In Deutschland existieren als Wettbewerbsbehörden der Bundesminister für Wirtschaft, das Bundeskartellamt und mehrere Landeskartellbehörden nebeneinander. Wegen der besonders bedeutsamen Rolle des Bundeskartellamtes wird in dieser Arbeit hauptsächlich auf die zweite Behörde eingegangen. Im Gegensatz zum japanischen Wettbewerbsrecht kommt sowohl im deutschen als auch im EG-Recht die Dimension der dezentralen Durchsetzung des Wettbewerbsrechts in Betracht. Um das Verständnis der Rolle der drei Wettbewerbsbehörden zu erleichtern, beschäftigt sich das Kapitel I damit, einen Überblick über das jeweilige Wettbewerbsverfahren, das die Wettbewerbsbehörde durchführt, zu vermitteln und die Rechtsnatur des Verfahrens festzustellen. Da bei Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht ein Beschwerdeverfahren, ein Bußgeldverfahren eingeleitet oder eine zivilrechtliche Klage auf Schadensersatz sowie in Japan darüber hinaus Anklage erhoben werden können, werden diese Rechtsbehelfe und spezifischen Verfahren dabei als Wettbewerbsverfahren im weiteren Sinne dargestellt. Im Kapitel II wird zuerst die Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörden in Japan, Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft analysiert und dann die Frage der Notwendigkeit einer Unabhängigkeit der Wettbewerbsbehörde und einer Funktionstrennung im Wettbewerbsverfahren untersucht. Dabei wird auch ein kurzer Blick auf die Lage der US-amerikanischen Wettbewerbsbehörden geworfen. Behandelt wird dann das wesentliche Argument gegen die Unabhängigkeit der Wettbewerbsbehörde, nämlich daß die Handlungen der zur vollziehenden Gewalt gehörenden Wettbewerbsbehörde aufgrund des Prinzips der Volkssouveränität der Aufsicht der politischen Instanz, die ihrerseits der Volksvertretung verantwortlich ist, zu unterstellen seien. Auch das Argument gegen eine Funktionstrennung im Wettbewerbsverfahren, daß das Wettbewerbsverfahren kein Gerichts- oder Strafverfahren sei, wird erörtert. Im Zusammenhang mit dieser Problematik befaßt sich das Kapitel III mit dem Sinn und Zweck der Institutionen Gericht und Staatsanwaltschaft einschließlich ihrer Entstehungsgeschichte. Ziel ist es, zur Notwendigkeit des Ausschlusses der Fremdeinwirkung und der Gewährleistung der Unparteilichkeit und Objektivität des Verfahrens Stellung zu nehmen. Das Kapitel IV behandelt sodann die Frage, ob es ein Bestandteil der Demokratie ist, daß widerstreitende Interesse vielfältig und Durchsetzungs-

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Einleitung

kräfte der Interessenten ungleich sind. Eine weitere Frage ist, ob es ein legaler Prozeß einer modernen repräsentativen, freiheitlich-pluralistischen Demokratie ist, daß jeder dadurch die Verwirklichung eigener Interesse anstrebt, Einfluß auf staatliche Aktivitäten, nämlich die Gesetzgebung oder die Verwaltung zu nehmen. Im Kapitel V wird nun der Unterschied zwischen der aktiven, gestaltenden Funktion der Verwaltung und der passiven, reagierenden Funktion der Rechtsprechung hervorgehoben. Es wird überlegt, welche Funktion für die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts geeigneter ist. Das Kapitel VI schließt die Arbeit mit folgenden Vorschlägen ab: Zum einen soll, um den Ausschluß der Fremdeinwirkung auf das Verfahren und die Neutralität und Objektivität des Verfahrens zu gewährleisten, die Wettbewerbsbehörde im Außenverhältnis von anderen Stellen verselbständigt werden. Zu wünschen ist hierbei vor allem, daß ihr eine Vollkompetenz, also nicht nur eine Zuständigkeit für die Anwendung der Vorschriften des Wettbewerbsrechts, sondern auch für die Gestaltung der Wettbewerbspolitik zugewiesen wird. Im Innenverhältnis soll zumindest eine organinterne, personelle Trennung der Entscheidungsfindung von der Ermittlung eingeführt werden. Dies würde in Wettbewerbsverfahren, trotz der Unausgewogenheit der politischen und wirtschaftlichen Durchsetzungskräfte der Interessenten, zu einem besseren prozessualen Rechtsschutz des Betroffenen und zur effektiven und eigenverantwortlichen Durchsetzung des Wettbewerbsrechts beitragen. Zum anderen soll die Aufgabe der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts nicht dem Gericht, sondern der Wettbewerbsbehörde zugewiesen werden, da sie als Verwaltungsorgan die freie Wettbewerbsordnung auf einem sich rasch ändernden Markt selbsttätig, kontinuierlich und effektiver durchsetzen kann als das Gericht.

Kapitel I

Wettbewerbsverfahren Das Kapitel I beschäftigt sich damit, einen Überblick über das jeweilige Wettbewerbsverfahren im engeren Sinne, das die Wettbewerbsbehörde durchführt, zu vermitteln und die Rechtsnatur des Verfahrens festzustellen, das die zuständigen Behörden durchführen. Hierbei werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den drei Rechtsordnungen von Japan, Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft berücksichtigt. Das Wettbewerbsverfahren besteht zeitlich aus mehreren Phasen. Wie sie sich darstellen und welche verfahrensrechtlichen Grundsätze sich daraus ergeben, wird in erster Linie anhand von Vorschriften des jeweiligen Wettbewerbsrechts untersucht. Eine weitere Aufgabe dieses Kapitels ist es, einerseits rechtsvergleichend festzustellen, welche Kompetenzen die zuständigen Wettbewerbsbehörden hinsichtlich der Effektivität des Verfahrens haben, andererseits, wie die Grundrechte wettbewerbsverfahrensrechtlich geschützt sind. Da bei Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht ein Beschwerde- bzw. Bußgeldverfahren eingeleitet oder eine zivilrechtliche Klage auf Schadensersatz erhoben werden können, in Japan darüber hinaus auch eine strafrechtliche Anklage, werden diese Rechtsbehelfe und spezifischen Verfahren dabei als Wettbewerbsverfahren im weiteren Sinne zusätzlich dargestellt.

A. Japan In Japan ist die FTC1 als Kartellbehörde ausschließlich für Wettbewerbsverfahren zuständig. Das japanische Wettbewerbsverfahren besteht aus Verwaltungs-, Wettbewerbsstraf- und Bußgeldverfahren sowie aus bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. Die FTC beaufsichtigt und kontrolliert die private Monopolisierung, unlautere Handelsbeschränkungen, den Monopolzustand, unlautere Handelsmethoden, den Aktienbesitz, die Personengleichheit, den Zusammenschluß von Unternehmen, den Betriebskauf und Ausnahmekartelle. Für Verwaltungsverfahren gelten die nachstehend eingehend zu beschreibenden Verfahrensregelungen im Grunde einheitlich. Abweichende oder eigenständige Verfahrensregelungen zur Zusammenschlußkontrolle wie im deutschen oder im europäischen Wettbewerbsrecht existieren nicht. 1

Zur Organisationsstruktur der FTC s. u. Kap. II, A.

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Kap. I: Wettbewerbsverfahren

1. Verwaltungsverfahren Das Wettbewerbsverfahren untergliedert sich als Verwaltungsverfahren in Amtsverfahren und Antragsverfahren. Unter die Amtsverfahren fallen Verfahren, die die FTC unabhängig von Amts wegen (§ 45 IV AMG), aufgrund Anzeige (§ 45 I AMG)2 oder aufgrund Mitteilung des Präsidenten der Staats2 Jeder einzelne Bürger ist nach § 45 I AMG berechtigt, die FTC zur Einleitung des Verfahrens oder zum Ergreifen bestimmter Maßnahmen anzuregen. Die Beeinträchtigung des Rechtsinteresses des Informanten ist nicht Voraussetzung. § 45 II AMG besagt, „im Falle einer schriftlichen Anregung muß die FTC dem Informanten unverzüglich mitteilen, ob sie auf die Anregung hin einen angemessenen Schritt unternimmt oder nicht“. Hier ergibt sich die wesentliche Frage, ob der Informant vor Gericht eine Anfechtungsklage gegen eine Entscheidung der FTC, das Verfahren nicht einzuleiten, oder eine Untätigkeitsklage, da die FTC trotz der Anregung keinen Schritt unternimmt, erheben kann. Der Informant hat nach der Rechtsprechung und der h. M. kein Recht auf die Einleitung des Verfahrens oder auf eine Verfügung und trotz des Wortlautes des § 45 II AMG sei die FTC nicht zur Antwort auf die Anregung verpflichtet, denn das Schutzgut des AMG sei in erster Linie nicht das individuelle Interesse des einzelnen, sondern das öffentliche Interesse, die Wettbewerbsordnung zu erhalten. Die Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens stehe im Ermessen der FTC. Die Entscheidung der FTC sei daher eine rein organinterne Willensbildung und kein Verwaltungsakt, der das rechtliche Interesse des Informanten berühre und gegen den eine Anfechtungsklage erhoben werden könne. Da keine Verpflichtung der FTC zur Einleitung des Verfahrens auf die Anregung des Informanten bestehe, sei einer Untätigkeitsklage nicht stattgegeben. Die h. M. verneint mit der gleichen Begründung ein solches Recht auch desjenigen, dessen rechtliches Interesse durch Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften des AMG verletzt worden ist s. ObstGH 16. 11. 1972, Urt., ZivSlg., Bd. 26, Nr. 9, S. 1573; Imamura (2), S. 245; Irie, S. 423 f.; Takatsu, S. 186; Sonobe, S. 218; Imamura/Kumamoto, § 45, S. 578 f. Diese starre Haltung der h. M. und Rechtsprechung, die das Recht auf die Verfahrenseinleitung weder dem Informanten noch einem Dritten, dessen rechtliche Interessen durch die Zuwiderhandlung gegen das AMG verletzt worden sind, zuerkennen, ist von der a. A. kritisiert worden mit der Begründung, daß im Vergleich zum Schadensersatzanspruch aufgrund § 709 JBGB, der im Wege des Zivilprozesses geltend gemacht wird, der Schadensersatzanspruch nach § 25 AMG, der einerseits zwar kein Verschulden des Zuwiderhandelnden zur Erleichterung der Klageerhebung aber andererseits einen formellen Beschluß der FTC voraussetze, dadurch praktisch ausgeschlossen werden würde (in bezug auf den Geschädigten Shoda, S. 478 ff.; S. Tanaka, S. 461 ff.; Ishii, S. 351 f.). Außerdem wird gegen die h. M. vorgebracht, daß die Einstellung des Verfahrens durch die FTC aufgrund einer Gesetzesänderung einen Verwaltungsakt darstellen soll, dessen Aufhebung der Betroffene nach § 3 I, II VwPO als lex generalis vom Gericht verlangen könne s. S. Tanaka, S. 461 ff., und daß die Anerkennung des Rechts auf Verfahrenseinleitung der Verhinderung grundloser Untätigkeit der FTC diene s. Negishi, S. 336 ff. Zudem stünden das öffentliche Interesse und das individuelle Interesse in engem Verhältnis zueinander und seien voneinander abhängig. Daher könne und solle der Schutz beider Interessen ebenso gewährleistet werden so. Imamura/Kumamoto, § 45, S. 580; Negishi, S. 336 ff. Die Aufgabe des Wirtschaftsrechts ist nicht nur der Schutz der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, sondern auch des Interesses des

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anwaltschaft bei Verdacht einer Wettbewerbsstraftat (§ 74 AMG) oder des Amtes für die mittleren und kleineren Unternehmen (§ 3 V bis VII Gesetz zur Gründung des Amtes für die mittleren und kleineren Unternehmen) einleitet. Zu den Antragsverfahren, in denen ein Antrag zur Einleitung Voraussetzung ist, gehören die Prüfungen der Anmeldung eines Vorhabens von Großunternehmen, fremde Aktien zu besitzen (§§ 9-2 I Nr. 6, 7 AMG), die Mitteilung des Besitzes von fremden Aktien (§ 10 II und 14 II AMG), die Anmeldung eines Vorhabens von Kreditinstituten, fremde Aktien zu besitzen (§ 11 I, II AMG), die Anzeige der Personengleichheit (§ 13 III AMG), die obligatorische Anmeldung eines Zusammenschlußvorhabens (§ 15 II AMG) oder die Anmeldung eines Vorhabens des Betriebskaufs (§ 16 AMG) und eine vorherige Anmeldung der Krisenkartelle (§ 24-3 II, III AMG) und der Rationalisierungskartelle (§ 24-4 II AMG).3 (a) Allgemeine Untersuchung Das Gesetz gibt der FTC unabhängig von konkreten Fällen des Verstoßes gegen die Vorschriften des AMG allgemeine Untersuchungsbefugnisse, die zur Erledigung ihrer Aufgabe unerläßlich sind. Erstens kann die FTC anordnen, daß die öffentlichen Stellen, die aufgrund Sondergesetzen oder Sonderverordnungen gegründeten juristischen Personen, die Unternehmen oder die Unternehmensvereinigungen vor der FTC zu erscheinen oder notwendige Berichte, Informationen oder Materialien vorzulegen haben (§ 40 AMG). Zweitens kann die FTC die öffentlichen Stellen, die aufgrund von Sondergesetzen oder Sonderverordnungen gegründeten juristischen Personen oder die Unternehmensvereinigungen beauftragen, notwendige Untersuchungen durchzuführen (§ 41 AMG). Drittens kann die FTC eine öffentliche Anhörung veranstalten, um Meinungen der Öffentlichkeit zu sammeln (§ 42 AMG). Wenn der Adressat der Untersuchung sich weigert, obengenannten Untersuchungsmaßnahmen nachzukommen oder falsche Berichte, Informationen oder Materialien abgibt, kann gegen ihn eine Geldstrafe nach der Ermittlung durch die Staatsanwaltschaft und aufgrund der darauf folgenden Verurteilung durch das Gericht verhängt werden (§ 94-2 AMG). Hier gilt einzelnen, der sich innerhalb der Rahmenbedingungen der Wirtschaft bewegt. Die Interpretation von Rechtsprechung und h. M. scheint mir zu eng. Wünschenswert wäre zur Beilegung dieses Meinungsstreits die gesetzliche Anerkennung des Rechts auf Verfahrenseinleitung durch denjenigen, dessen Interesse durch Zuwiderhandlung gegen das AMG verletzt ist, und infolgedessen auf Klage gegen die FTC im Falle einer gesetzwidrigen Verfahrenseinstellung oder Unterlassung. 3 Mit der Novelle des AMG von 1999 wurde die Anwendungsausnahme aufgrund anderer Gesetze (§ 22 a. F. AMG) und für Struktur- (§ 24-3 a. F. AMG) sowie Rationalisierungskartelle (§ 24-4 a. F. AMG) abgeschafft.

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Kap. I: Wettbewerbsverfahren

der Grundsatz von Verhältnismäßigkeit und Gleichheit als Schranke gegen eine willkürliche Untersuchung4. (b) Verfahrenseinleitung Im Amtsverfahren prüft der Leiter der Ermittlungsabteilung des Generalsekretariates der FTC den Fall von Amts wegen und legt der FTC i. e. S. einen Bericht darüber vor, ob eine förmliche Ermittlung notwendig ist [§ 9 I, II a. F. (7 I, II n. F.) FTCV] (Offizialprinzip)5. Wenn die FTC i. e. S. auf den Bericht der Ermittlungsabteilung hin eine Ermittlung für erforderlich hält, kann sie einen Bediensteten des Generalsekretariats als Ermittler mit dem Fall betrauen [§ 9 III a. F. (7 III n. F.) FTCV]. Es steht nach dem Opportunitätsprinzip im Ermessen der FTC, ob sie ein Ermittlungsverfahren einleitet6. Im Antragsverfahren dagegen wird das förmliche Verwaltungsverfahren durch Antrag automatisch ausgelöst (Dispositionsmaxime). Die FTC muß dann den Fall prüfen und die dafür erforderlichen Untersuchungen, gegebenenfalls auch Ermittlungsverfahren vornehmen (§§ 65 II, 45 II, 46 AMG) (Legalitätsprinzip)7. 4 Zur Selbstkontrolle der FTC darüber, ob der Grundsatz von Gesetzmäßigkeit und Angemessenheit bei der allgemeinen Untersuchung, die im Ermessen der FTC steht, eingehalten wird, steht dem Adressat der Untersuchung das Recht zu, einen Widerspruch nach dem WdVfG zu erheben. Zur gerichtlichen Nachprüfung der Gesetzmäßigkeit (nicht mehr der Angemessenheit) hat der Adressat das Recht, eine Beschwerde bei Gericht nach VwPO einzureichen oder eine Klage nach dem Gesetz über die staatliche Entschädigung von 1947 erheben, wenn ein Schaden wegen Vorsatzes oder Fahrlässigkeit des Bediensteten entstanden ist. Diese allgemeinen Institutionen zum Schutz des Rechts des Bürgers in Verwaltungsangelegenheiten gelten hierfür, weil keine Sonderregelungen in bezug auf die allgemeinen Untersuchungen der FTC in AMG enthalten sind s. Imamura/Kikuchi, § 40, S. 569 f. 5 Die FTC i. e. S. ist ein Entscheidungsgremium der FTC, das aus einem Vorsitzenden und vier Mitgliedern besteht. Der FTC i. e. S. ist das Generalsekretariat unterstellt. s. u. Kap. II, A.; die Bezeichnung FTC in dieser Arbeit meint die Wettbewerbsbehörde als Ganzes, die das Entscheidungsgremium und das Generalsekretariat umfaßt, während die Bezeichnung FTC i. e. S. nur das Entscheidungsgremium meint. 6 § 45 IV AMG besagt, „Die Fair Trade Commission kann, wenn sie der Auffassung ist, daß ein Verstoß gegen die Vorschriften des AMG oder ein Monopolzustand vorliegt, von Amts wegen adäquate Maßnahmen ergreifen“ Brutzer, S. 492. 7 Wenn die FTC den Antrag als unbegründet zurückweisen will, muß sie einen förmlichen Beschluß fassen. Eine Einleitung der mündlichen Verhandlung ist nicht nötig, da eine mündliche Verhandlung nur dann eingeleitet wird, wenn die FTC eine Verfügung als belastenden Verwaltungsakt erlassen will, aber die Zurückweisung des Antrages auf Erlaubnis hier keinen belastenden Verwaltungsakt darstellt. Das rechtliche Interesse des Antragstellers, das durch die Zurückweisung beeinträchtigt werden könnte, entsteht erst dann, wenn der Antrag von der FTC angenommen wird.

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(c) Ermittlung Für das Ermittlungsverfahren gilt der strenge Untersuchungsgrundsatz8. Die FTC i. e. S. kann bei Bedarf für die jeweiligen Fällen einen oder mehrere Bedienstete des Generalsekretariates mit der Ermittlung betrauen (§ 46 II AMG). Einer davon wird dann zum Ermittlungsleiter ernannt, der die Ermittlung führt. In der Praxis ist die Ernennung des Ermittlungsleiters und der Ermittler durch die FTC i. e. S. die Regel, da sie nicht in der Lage und imstande ist, alle Fälle selbst zu ermitteln9. Der Ermittlungsleiter führt die Ermittlung entweder auf der Basis der Kooperation mit den Betroffenen oder mit Hilfe von mittelbaren Zwangsmitteln durch, ohne an die Anregung gebunden zu sein. Die erste Art der Ermittlung ist zwar nicht konkret vorgeschrieben, ergibt sich aber aus der allgemeinen Aufgabe der FTC (§ 27 I AMG). Der Adressat ist in diesem Fall nicht verpflichtet, der informellen Ermittlung nachzukommen10. Im letzteren Fall kann der Ermittlungsleiter erstens den Betroffenen oder den Zeugen laden, ihm Fragen stellen und von ihm eine Stellungnahme oder Berichterstattung verlangen (§ 46 I Nr. 1 AMG)11. Zweitens kann er einen Sachverständigen zur FTC laden und ihn ein Gutachten erstatten lassen (§ 46 I Nr. 2 AMG). Ferner kann er anordnen, daß Geschäftsbücher oder sonstige Gegenstände abzugeben, und diese in Gewahrsam nehmen (§ 46 I Nr. 3 AMG). Schließlich kann er die Geschäftsräume des Betroffenen mit dessen Zustimmung betreten und die Geschäftsführung, den Vermögensstand, die Geschäftsbücher oder die sonstigen Gegenstände prüfen (§ 46 I Nr. 4 AMG)12. Beim Betreten muß der Ermittler 8 Dieser Grundsatz dient der Aufgabe der FTC, in erster Linie das öffentliche Interesse, nämlich den freien und fairen Wettbewerb, zu gewährleisten. Darin liegt der Unterschied zur Aufgabe des Gerichts, das Streitigkeiten von Parteien um Rechte und Pflichten beizulegen hat Ueki, S. 208 ff. 9 Im folgenden werden daher die Befugnisse des Ermittlungsleiters dargestellt. Die FTC i. e. S. hat jedoch theoretisch die gleichen Befugnisse. 10 Es ist der FTC frei, in welcher Reihenfolge sie ermittelt, und es ist auch zulässig, beide Ermittlungsarten zu mischen. Problematisch ist hier, daß eine gesetzliche Kontrolle über die erste Art der Ermittlung fehlt vgl. Ueki, S. 192. 11 Nach der h. M. findet der Grundsatz des Verbots der Selbstbezichtigung seine Anwendung nur im Strafprozeßrecht, nicht in einem Verwaltungsverfahren. Da ein Wettbewerbsverfahren eine Art Verwaltungsverfahren sei, gelte dieser Grundsatz hier nicht. Das Auskunftsverweigerungsrecht bestehe daher nicht im Wettbewerbsverfahren. Der ObstGH hat diesbezüglich die Geltung dieses Grundsatzes auch in einem nicht strafrechtlichen Verfahren anerkannt, in dem Auskünfte zum Beweis einer Schuld im strafrechtlichen Sinne unmittelbar gesucht und gesammelt werden OberstGH 22. 11. 1972 Urt., StSlg., Bd. 26, Nr. 9, S. 554; Kawakami, S. 162 ff.; Ueki, S. 194 f. 12 Ob der Ermittler auch nach der Eröffnung der mündlichen Verhandlung Ermittlungsmaßnahmen nach § 46 AMG ergreifen kann, ist umstritten. Die FTC hält es für zulässig. Die Begründung der FTC dafür ist folgende: Erstens existierten keine

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Kap. I: Wettbewerbsverfahren

dem Betroffenen einen Ausweis vorzeigen [§ 46 III AMG, § 11 a. F. (8 n. F.) FTCV]. Der Ausweis wird nicht, wie in Deutschland, von einem Richter, sondern von der FTC selbst erteilt. Wie bei einer allgemeinen Untersuchung kann der Betroffene sich weigern, den Ermittlungen nachzukommen. Es droht ihm dann jedoch Zuchthausstrafe oder Geldstrafe (§§ 94, 94-2 AMG), die in einem Strafprozeß verhängt werden können13. Wenn die Ermittlung abgeschlossen ist, legt der Ermittler über den Leiter seiner Ermittlungsabteilung (= Ermittlungsleiter) der FTC einen Bericht des Ergebnisses vor. Die FTC entscheidet aufgrund dieses Berichtes, wie sie vorgehen soll. Sie hat nach dem Abschluß der Ermittlung vier Vorgehensmöglichkeiten: die Eröffnung der mündlichen Verhandlung, die Empfehlung, die Abmahnung und die Einstellung des Verfahrens14. Für die genannten Verfahren gilt das Opportunitätsprinzip, so daß die Einleitung und Durchführung der mündlichen Verhandlung im Ermessen der FTC steht15. Eine Ausnahme von diesem Opportunitätsprinzip besteht im Fall der Abführung des Mehrerlöses an die Staatskasse. Wenn die FTC der Auffassung ist, daß ein Unternehmen oder eine Unternehmensvereinigung aufgrund des Verstoßes gegen die Vorschriften des AMG einen Mehrerlös erlangt, muß die FTC eine Verfügung der Mehrerlösabschöpfung erlassen (§§ 48-2 I, V und 49 II AMG)16. gegensätzliche Regelungen und zweitens sei es nicht zu erwarten, daß die Kompetenz dieser Ermittlungsmaßnahmen nach dem Beginn der mündlichen Verhandlung allein dem Verhandlungsleiter zustehe Atsuya/Hirabayashi, § 46, S. 515. 13 Hier besteht im Vergleich zur Ermittlung der Kartellbehörde in Deutschland nur ein mittelbarer Zwang, Ermittlungsmaßnahmen aufgrund § 46 AMG nachzukommen. Befugnisse, eine Durchsuchung trotz des Widerstandes des Adressaten mit Gewalt durchzuführen, stehen der FTC nicht zu. Jedoch wird die Einführung der unmittelbaren Ermittlungsmaßnahmen wie Beschlagnahme oder Durchsuchung zur effektiven Durchsetzung des Wettbewerbsrechts vorgeschlagen s. Negischi (2), S. 146 f. 14 Die letzten zwei sind nicht im AMG vorgeschriebene, informelle Maßnahmen. Aufgrund des Fehlens einer Bestandskraft sind Widerspruch oder Rechtsmittel ausgeschlossen. Hinsichtlich des Rechtsschutzes des Adressaten der Ermittlung ist ein Abschluß der Ermittlung dieser Art nicht wünschenswert s. Imamura (4), S. 208 ff.; Kawagoe, Nr. 638/1987, S. 64 f. 15 In bezug auf die Empfehlung lautet § 48 I AMG: „Die FTC kann, wenn sie der Auffassung ist, daß ein Verstoß gegen die Vorschriften von §§ 3, 6, 8, 9 I, II, VI, VII, 9-2 I, 10, 11 I, 13, 14, 15 I, 16 I, 17, 19 vorliegt, demjenigen, der den Verstoß begeht, empfehlen, adäquate Maßnahmen zu ergreifen.“ Was die Eröffnung der mündlichen Verhandlung angeht, bestimmt § 49 I AMG: „Die FTC kann, wenn sie bestätigt, daß die Fälle von § 48 I oder II oder ein Monopolzustand vorliegen, eine mündliche Verhandlung für den anhängigen Fall eröffnen, wenn sie es zum Schutz des allgemeinen Interesses für erforderlich hält.“ Hier kommt es darauf an, ob der Wettbewerb effektiv wiederhergestellt werden kann. 16 Die Abrechnung des Mehrerlöses steht nicht im Ermessen der FTC. Die Rechnungsweise ist in § 7-2 AMG im einzelnen festgelegt s. Imamura/Suzuki, § 7-2 AMG, S. 351 ff.; Einzelheiten s. u. Kap. I, A. 1. (h) (1).

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(d) Mündliche Verhandlung (Rechtliches Gehör) Wenn die FTC eine belastende Verfügung, die grundsätzlich aufgrund eines förmlichen Beschlusses, für den rechtliches Gehör in Form der mündlichen Verhandlung obligatorisch ist, erlassen wird, sendet sie dem Beschuldigten eine Abschrift ihrer Beschlußfassung zur Eröffnung der mündlichen Verhandlung zu (§§ 49 AMG)17. Ausgenommen davon ist eine Empfehlung, die eine Zustimmung ihres Adressaten voraussetzt18. Es steht im Ermessen der FTC, ob sie dem Beschuldigten eine Empfehlungsschrift zu sendet oder ohne diese sofort eine mündliche Verhandlung einleitet19. Die mündliche Verhandlung ist zum Interessenschutz des Betroffenen entsprechend dem Gerichtsverfahren kontradiktorisch ausgestaltet. Beteiligt an der mündlichen Verhandlung sind die FTC i. e. S. selbst oder der Leiter der mündlichen Verhandlung, der Ermittler und der Beschuldigte20. Nach dem Grundsatz des AMG soll die FTC i. e. S. die mündliche Verhandlung selbst einleiten und führen. In der Praxis bestellt sie hierzu einen oder drei Bedienstete des Generalsekretariates (§ 51-2 AMG), da es für sie in der Praxis unmöglich ist, alle mündliche Verhandlungen selbst durchzuführen21. Beteiligte, in deren Rechte eingegriffen werden soll, wird durch die Verhandlung nicht nur Gelegenheit zur mündlichen Stellungnahme gegeben, sondern auch die Möglichkeit eingeräumt, vor dem Leiter der mündlichen Verhandlung gegen Beschuldigungen des Ermittlungsleiters zu argumentieren (Mündlichkeits17

Die Abschrift der Beschlußfassung der FTC zur Eröffnung der mündlichen Verhandlung enthält eine Zusammenfassung des Falles, die das vorgeworfene Verhalten und die anzuwendenden Vorschriften (§ 50 AMG) beinhaltet. Die Zusammenfassung muß so konkret verfaßt werden, daß der Beschuldigte aufgrund dieser die Verteidigung während der mündlichen Verhandlung vorbereiten kann s. Imamura/ Tsuji, § 50, S. 598. 18 Zum Empfehlungsbeschluß s. u. Kap. I, A. 1. (i) (3). 19 Mit der Empfehlungschrift verlangt ein Verwaltungsorgan vom Adressat ein bestimmtes Tun oder Unterlassen ohne rechtliche Bindung (§ 2 VI JVwVfG). In der Praxis ist die Einleitung der mündlichen Verhandlung ohne Empfehlung jedoch sehr selten s. Hirata, S. 30. 20 Der Beschuldigte kann einen Rechtsanwalt oder mit Erlaubnis der FTC eine Person zu seinem Vertreter bestellen (§ 52 II AMG). Hierin ist eine Dreieckskonstellation wie in einem Strafprozeß, in dem der Staatsanwalt und der Angeklagte dem Richter gegenüberstehen, zu sehen s. Ouchi, S. 67 ff.; Ueki, S. 206 ff.; Isobe, S. 16 ff.; zur Funktionstrennung, s. u. Kap. II, A. 5. (d). 21 Imamura/Tsuji, § 51-2 AMG, S. 600; Ouchi, S. 64 ff.; Shoda, S. 519 f.; insgesamt sind fünf Leiter der mündlichen Verhandlung dem Generalsekretär des Generalsekretariates unterstellt. Sie führen jedoch die mündliche Verhandlung selbständig und unabhängig von Anweisungen des Generalsekretärs durch (§ 35 III AMG). Sie sind in bezug auf die Führung der mündlichen Verhandlung der Anweisung des Generalsekretärs nicht unterworfen (§ 35 VII AMG). Einzelheiten s. u. Kap. II, A. 5. (d).

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Kap. I: Wettbewerbsverfahren

grundsatz). Die mündliche Verhandlung ist das Kernstück des wettbewerbsrechtlichen Verwaltungsverfahrens. Dies erweist sich dadurch, daß nur Beweise, die in der mündlichen Verhandlung erhoben worden sind, zur Tatsachenfeststellung verwertet werden dürfen. Hiervon ausgenommen sind unbestrittene und öffentliche Tatsachen (§ 54-3 AMG). Die mündliche Verhandlung ist öffentlich, es sei denn, die FTC hält den Ausschluß der Öffentlichkeit zum Schutz des Betriebsgeheimnisses oder des öffentlichen Interesses für notwendig (Öffentlichkeitsprinzip) (§ 53 AMG)22. Die mündliche Verhandlung findet grundsätzlich in einem Verhandlungssaal im Gebäude der FTC, in der Regel an mehreren Terminen, statt23. Ausnahmsweise wird die vorherige Vorlage von Schriftstücken zur Vorbereitung angeordnet. Nach dem Grundsatz des AMG soll die FTC i. e. S. selbst die mündliche Verhandlung führen. Leiter der mündlichen Verhandlung haben die gleichen Ermittlungsbefugnisse wie Ermittler. In der Übertragung der aktiven Rolle an Ermittler und Beschuldigte durch rechtliche Diskussionen und die Trennung der Entscheidung von der Ermittlung, sieht man einen Versuch, Elemente der Verhandlungsmaxime und des Anklagegrundsatzes in das Wettbewerbsverfahren als Verwaltungsverfahren, für das eigentlich der Untersuchungsgrundsatz und die Inquisitionsmaxime gelten, einzubringen24. Damit jeder Beteiligte seine Rechte und Interessen nach eigenem Urteil wahrnehmen kann, garantiert ihm das AMG das Recht auf Einsicht der Akten (Akteneinsichtsrecht), die in der mündlichen Verhandlung offengelegt worden sind (§ 69 AMG). Die FTC kann allerdings die Akteneinsicht verweigern, wenn Interessen Dritter dadurch beeinträchtigt werden könnten oder ein Rechtfertigungsgrund vorliegt (§ 18 I JVwVfG)25. Der Verlauf der mündlichen Verhandlung ist in der FTCV eingehend geregelt. Die FTCV orientiert sich an den Bestimmungen der JStPO. Der Prä22 Dieser Grundsatz der Öffentlichkeit des Verfahrens wird von Art. 82 JV abgeleitet. Art. 82 I JV lautet: „Die Verhandlung des Gerichtsverfahrens und die Verkündung des Urteiles ist öffentlich.“ 23 Die mündliche Verhandlung richtet sich nach dem Strafprozeßrecht. Die Einzelheiten werden weiter unten dargestellt. 24 Hier spiegelt sich der Grundsatz der geltenden Strafprozeßordnung Japans wieder, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach dem Vorbild des US-amerikanischen Strafprozeßrechts verabschiedet worden ist und einige wichtige anglo-amerikanische Grundsätze beinhaltet. 25 Betroffene sind hier der Beschuldigte, der nach §§ 59, 60 AMG Beigeladene und derjenige, der durch eine gerügte wettbewerbswidrige Zuwiderhandlung einen Schaden erlitten hat OG Tokyo 17. 7. 1971 Urt., VwSlg. Bd. 22, Nr. 7, S. 1070; Gegenstand der Einsicht sind nur Akten, die in der mündlichen Verhandlung offengelegt worden sind. OG Tokyo 17. 7. 1971 Urt., VwSlg. Bd. 22, Nr. 7, S. 1022; Imamura/Toshibe, § 69, S. 632 f. Eine Einschränkung des Einsichtsrechts gezielt zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen ist nicht vorgeschrieben.

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sident der FTC oder der Leiter der mündlichen Verhandlung kann, wenn er es für adäquat erachtet um Streitpunkte und Beweise zu ordnen, den Ermittler und den Beschuldigten oder deren Vertreter laden und ein Vorverfahren für die mündliche Verhandlung einleiten [§ 40-2 a. F. (45 n. F.) FTCV]. Der Ermittler trägt zum Beginn der mündlichen Verhandlung eine Zusammenfassung des Falles vor [§ 41 II a. F. (46 II n. F.) FTCV]26. Der Beschuldigte oder sein Vertreter äußert sich zur Zusammenfassung [§ 41 I a. F. (46 I n. F.) FTCV]27. Die Beweisaufnahme findet nach dem Ende des Verfahrens nach § 41 a. F. (46 n. F.) FTCV statt [§ 42 I a. F. (48 I n. F.) FTCV]. Der Ermittler, der Beschuldigte oder sein Stellvertreter können einen Antrag auf Beweiserhebung stellen [§ 43 I a. F. (60 I n. F.) FTCV]. Die FTC i. e. S. oder der Leiter der mündlichen Verhandlung können auch nach dem Untersuchungsgrundsatz von Amts wegen die Beweisaufnahme vornehmen [§ 43 II a. F. (60 II n. F.) FTCV]. Zuerst stellt der Ermittler einen Antrag auf die Beweisaufnahme [§ 44 I a. F. (62 I n. F.) FTCV] und sodann der Beschuldigte [§ 44 II a. F. (62 II n. F.) FTCV]. Die Beweismittel dürfen jedoch zu jeder Zeit im Laufe der Beweisaufnahme vorgelegt werden28. Zum Zweck der Beweisaufnahme kann der Beschuldigte oder sein Vertreter vor der FTC die Zeugenvernehmung, die Prüfung des Falles durch einen Sachverständigen, das Vorlegen der Dokumente, die Einnahme des Augenscheins und das Betreten der Geschäftsräume zur Einsichtnahme der Geschäftsunterlagen beantragen [§ 52 I a. F. (76 I n. F.) AMG]. Zeugen, Sachverständige und der Beschuldigte werden zuerst vom Präsidenten der FTC, von Kommissaren der FTC i. e. S. oder vom Leiter der mündlichen Verhandlung vernommen. Sodann befragt der Ermittler, der Beschuldigte oder dessen Vertreter die Zeugen, Sachverständige oder den Beschuldigten. Die Befragung wird vom Antragsteller begonnen [§ 52 II 2. Halbs. a. F. (76 II 2. Halbs. n. F.) FTCV]. Nach § 55 a. F. (72 n. F.) FTCV ist die gegenseitige Befragung unter Zeugen, Sachverständigen und Beschuldigten möglich29. Jeder Zeuge oder jeder Sachverständige ist verpflichtet, seine Aussage zu beschwören [§ 56 a. F. (74 n. F.) FTCV]. Die Zeugen und die Sachverständigen sind vor dem Beginn der Vernehmung darüber zu belehren, daß bei einer Falschaussage oder einem verfälschten Gutachten eine Strafe nach §§ 92-2, 94-2 AMG verhängt werden kann [§ 57 a. F. (75 n. F.) FTCV]. Nach dem Abschluß der Beweisaufnahme kann sich der Ermittler zu Tatsachen und zur Anwendung des Gesetzes äußern [§ 58 I a. F. (49 I n. F.) FTCV]. Dem Be-

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Sog. Berichterstattung und Plädoyer des Ermittlers. Sog. Plädoyer des Beschuldigten. 28 Kawagoe, Nr. 639/1987, S. 80. 29 Hierin sieht man eine Erweiterung des Kreuzverhörs, das die Einflußnahme des anglo-amerikanischen Strafverfahrens nachweist. 27

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Kap. I: Wettbewerbsverfahren

schuldigten oder seinem Vertreter muß die Gelegenheit zum letzten Wort gegeben werden [§ 58 II a. F. (49 n. F.) FTCV]. Der Leiter der mündlichen Verhandlung verfaßt einen Beschlußentwurf und legt ihn der FTC i. e. S. zur Zustimmung vor. Der Beschlußentwurf und die Akte des Falles werden der FTC i. e. S. zugeleitet. Der Beschuldigte erhält eine Abschrift zugestellt. Gegen den Beschlußentwurf kann der Beschuldigte einen Widerspruch vor der FTC i. e. S. innerhalb von zwei Wochen ab dem Tag der Zustellung des Beschlußentwurfes einlegen [§ 68 a. F. (84 n. F.) FTCV]. Die FTC i. e. S. überprüft den Entwurf. Wenn sie ihn als adäquat erachtet, faßt sie einen förmlichen Beschluß im Namen der FTC gleichen Inhalts [§ 69 a. F. (87 n. F.) FTCV]. Im Fall der mündlichen Verhandlung durch den Verhandlungsleiter kann sich der Beschuldigte auf Antrag innerhalb von zwei Wochen ab dem Tag der Zustellung des Beschlußentwurfes auch unmittelbar vor der FTC i. e. S. äußern, wenn er mit dem Inhalt des Beschlußentwurfes nicht einverstanden ist [§ 53-2-2 AMG, §§ 68-2 a. F. (85 n. F.), 68 a. F. (84 n. F.) FTCV]. Wenn die FTC i. e. S. den Entwurf für nicht richtig erachtet, kann sie entweder selbst eine mündliche Verhandlung einleiten und aufgrund der eigenen Beweiswürdigung einen Beschluß fassen oder den Fall an den Leiter der mündlichen Verhandlung zurückverweisen30. (e) Beiladung Dritter Die FTC kann, wenn sie es für notwendig hält, von Amts wegen einen Dritten, dessen Interesse von der zu erlassenden Verfügung berührt werden könnte, zur mündlichen Verhandlung beiladen, unter der Voraussetzung, daß die FTC vorher den beizuladenden Dritten und den Beschuldigten vernimmt (§ 59 AMG). Ferner können sich öffentliche Stellen oder Körperschaften, die in einem Zusammenhang mit dem anhängigen Fall stehen, wenn sie es für das Gemeinwohl für nötig halten, mit Einverständnis der FTC an der mündlichen Verhandlung beteiligen (§ 60 AMG)31. Beigeladene und Beteiligte erlangen die gleichen verfahrensrechtlichen Rechte und Pflichten wie die Beschuldigten [§ 32 a. F. (37 n. F.) FTCV].

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Kawagoe, Nr. 639/1987, S. 82. Im Gegensatz zur Beiladung Dritter ergreifen öffentlichen Stellen oder Körperschaften die Initiative, nicht die FTC. Dies soll zur Koordinierung der Wettbewerbspolitik der FTC mit der Politik, die die anderen Ministerien und Verwaltungsorganisationen betreiben (z. B. Industriepolitik des MITI), beitragen. Aus dem gleichen Grund können die öffentlichen Stellen oder Körperschaften zum Schutz des öffentlichen Interesses bei der FTC Stellung nehmen (§ 61 AMG) s. Atsuya/Suzuki, § 60, S. 546; Imamura/Kumamoto, § 60, S. 619. 31

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(f) Öffentliche Anhörung Die FTC kann, wenn sie es zur Durchführung ihrer Aufgabe für notwendig erachtet, zur Einholung der Meinung der Allgemeinheit eine öffentliche Anhörung veranstalten. Die FTC ist aber an die Ergebnisse der Anhörung nicht gebunden (§ 42 AMG). Außer dieser allgemeinen öffentlichen Anhörung muß die FTC bei der Beschwerde gegen erlaubte Konjunktur- (§ 24-3 VII AMG) oder Rationalisierungskartelle (§ 24-4 IV AMG) zum Interessenschutz Dritter eine öffentliche Anhörung vornehmen32. Ferner muß die FTC Unternehmen in einem Industriebereich, in dem bisher nicht untersagte unlautere Handelsmethoden praktiziert worden sind, zum Erlaß einer Richtlinie gegen diese unlauteren Handelsmethoden nach § 2 IX AMG anhören und hierzu eine öffentliche Anhörung veranstalten, um die Meinung der Allgemeinheit zur Kenntnis zu nehmen (§ 71 AMG). Im Falle eines Monopolzustandes muß die FTC, wenn sie eine mündliche Verhandlung diesbezüglich einleiten will, ebenfalls eine öffentliche Anhörung veranstalten (§ 72-2 AMG). (g) Zusammenschlußkontrolle Die Zusammenschlußkontrolle in Japan ist seit der Novelle von 1998 grundsätzlich präventiv. Das Zusammenschlußvorhaben ist bei der FTC anzumelden, wenn am Zusammenschluß zwei Unternehmen beteiligt sind, deren gesamte Aktiva die jeweiligen durch eine Verordnung festgelegten Grenze (eine und 10 Billionen Yen) überschreiten, es sei denn, an dem Zusammenschlußvorhaben beteiligte Unternehmen stehen in einem Mutterund Tochterverhältnis oder sie sind Tochtergesellschaften ein und derselben Muttergesellschaft (§ 15 II AMG)33. Bis zum Ablauf von 30 Tage nach der Anmeldung ist der Vollzug des Zusammenschlusses verboten (§ 15 IV 1 AMG). Diese Frist kann die FTC, wenn sie es für notwendig hält, verkürzen (§ 15 IV 2 AMG). Für die Fusionskontrolle gilt grundsätzlich die allgemeine Verfahrensregelung des AMG und der FTCV. In der Praxis führt die FTC bei bedenklichen Vorhaben Vorgespräche mit den beteiligten Unternehmen durch. Wenn die Bedenken dadurch beseitigt werden und das Vorhaben, das dem Inhalt der Ergebnisse der Vorgespäche entspricht, bei der 32 Mit der Novelle des AMG von 1999 wurde die Anwendungsausnahme aufgrund anderer Gesetze (§ 22 a. F. AMG) und für Struktur- (§ 24-3 a. F. AMG) sowie Rationalisierungskartelle (§ 24-4 a. F. AMG) abgeschafft. 33 Zur Entlastung der Unternehmen ist mit der Novelle von 1998 die strenge ausnahmslos-präventive Zusammenschlußkontrolle gelockert worden und die Unternehmen, die unbedenkliche Zusammenschlüsse vorhaben, sind somit von der aufwendigen Anmeldung befreit.

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FTC angemeldet wird, ergreift sie keine weiteren Maßnahmen34. Anderenfalls stellt sie den beteiligten Unternehmen entweder eine Empfehlungsschrift zu oder teilt ihnen die Einleitung einer mündlichen Verhandlung mit und zwar innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach der Anmeldung des Zusammenschlußvorhabens oder innerhalb einer nach § 15 IV 2 AMG vergekürzten Frist (§ 15 V 1 AMG). Die Frist kann auch verlängert werden, bis maximal 120 Tage nach der Anmeldung bzw. bis maximal 90 Tage nach Entgegennahme der Auskünfte, wenn die FTC von den beteiligten Unternehmen Auskünfte verlangt hat und diese Berechnung zu einem späteren Fristende führt (§ 15 V 1 AMG). Die FTC kann auch innerhalb eines Jahres vom Ablauf der in der Anmeldung angegebenen Frist an eine Empfehlungschrift zustellen oder die Einleitung einer mündlichen Verhandlung mitteilen, wenn ein wesentlicher Teil des angemeldeten Zusammenschlußvorhabens nicht innerhalb einer in der Anmeldung geplanten Frist vollzogen worden ist oder falsche Daten bezüglich des wesentlichen Teils des Vorhabens in der Anmeldung enthalten sind (§ 15 V 2 Nr. 1, 2 AMG). Wenn diese Fristen abgelaufen sind, kann der Zusammenschluß vollzogen werden, obwohl die oft über mehrere Termine hinaus dauernde mündliche Verhandlung noch nicht abgeschlossen ist. Um dies zu verhindern, kann die FTC allerdings einen Antrag auf eine einstweilige Anordnung bei Gericht stellen (§ 67 I AMG). Wenn die Bedenken während der mündlichen Verhandlung nicht beseitigt werden können, untersagt die FTC den Zusammenschluß durch förmlichen Beschluß. Wenn der Zusammenschluß bereits vollzogen worden ist, kann die FTC anordnen, alle erforderlichen Aufhebungsmaßnahmen einschließlich der Auflösung zu ergreifen (§§ 17-2 I AMG) und vor Gericht eine Unwirksamkeitsklage erheben (§ 18 AMG). Entscheidungen der FTC können auf Zusagen der beteiligten Unternehmen beruhen. Wenn diese sich dazu bereit erklären, die durch den Zusammenschluß entstehenden wettbewerbswidrigen Unternehmens- und Marktstrukturen in Übereinstimmung mit der Empfehlung der FTC oder aus eigener Initiative zu korrigieren, ordnet die FTC die von am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen zugesagten Maßnahmen mittels Empfehlungs- oder Zustimmungsbeschluß an. Damit werden diese Maßnahmen für die beteiligten Unternehmen verpflichtend35.

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Atsuya/Negishi, § 15, S. 379. FTC 30. 10. 1969 Beschl. Bd. 16, S. 46; Atsuya/Negishi, § 15, S. 374 ff.; Imamura/Sanekata, § 15, S. 461; Brutzer, S. 493; allgemein zu Arten von Verfahrensabschlüssen s. u. Kap. I, A. 1. (i) (2) und (3). 35

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(h) Zusätzliche Verfahrensregelungen (1) Vorverfahren zur Abschöpfung des Mehrerlöses Wenn die FTC der Auffassung ist, daß ein Unternehmen oder eine Unternehmensvereinigung aufgrund eines Verstoßes gegen die Vorschriften des AMG einen Mehrerlös erlangt hat, muß die FTC eine Verfügung der Mehrerlösabschöpfung erlassen (§§ 48-2 I, V und 49 II AMG)36. Die FTC muß vor der Verfügung der Abschöpfung des Mehrerlöses dem Adressat der Verfügung Gelegenheit geben, sich dazu zu äußern und Beweismittel vorzulegen (§ 48-2 IV AMG). Die Äußerung soll grundsätzlich schriftlich sein und die vorzulegenden Beweismittel sollen Urkunden sein [§§ 21-2 a. F. (23 n. F.), 21-3 a. F. (24 n. F.) FTCV]. Dies stellt eine Art Gewährung rechtlichen Gehörs einerseits und ein vereinfachtes Vorverfahren zur Beschleunigung der Abschöpfung des Mehrerlöses andererseits dar. Wenn der Adressat mit der Mehrerlösabschöpfung nicht einverstanden ist, kann er innerhalb von 30 Tagen ab dem Tag der Zustellung der Verfügung der FTC einen Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung stellen (§ 48-2 V AMG). Erhebt der Adressat der Abschöpfungsverfügung hingegen keinen Widerspruch, ordnet die FTC die Abschöpfung des Mehrerlöses ohne mündliche Verhandlung an37. Dieses vereinfachte Vorverfahren kann zwar getrennt vom allgemeinen Untersagungsverfahren eingeleitet werden, setzt aber die Tatsachenfeststellung eines Verstoßes gegen das AMG voraus. Deshalb wird dieses Vorverfahren ausgesetzt, wenn eine mündliche Verhandlung im Rahmen des in Zusammenhang mit der Mehrerlösabschöpfung stehenden Untersagungsverfahrens eingeleitet wird (§ 48-2 I 2 AMG)38. Diese Abschöpfung des Mehrerlöses ist jedoch möglich nur innerhalb von maximal drei Jahre nach dem Ende eines wettbewerbswidrigen Verhaltens bzw. innerhalb maximal einem Jahr nach dem Abschluß der mündlichen 36 Brutzer, S. 493; Mehrerlös im AMG ist der Vermögensvorteil, den ein Unternehmen durch ein durch das AMG verbotenes Kartell rechtswidrig erlangt hat. Die Abschöpfung des Mehrerlöses ist keine Strafe, sondern eine Verwaltungsmaßnahme, die zum Zweck hat, die Durchsetzbarkeit der Verbotsvorschriften des AMG zu gewährleisten. 37 Die Berechnung des Mehrerlöses steht ausnahmsweise nicht im Ermessen der FTC. Die Berechnungsweise ist gesetzlich festgelegt: Der zu zahlende Betrag beträgt seit der Novelle von 1991 im allgemeinen auf 6%, bei Endhändlern 2%, bei Zwischenhändlern 1% des Umsatzes während der Zuwiderhandlung (§ 7-2 I AMG). Bei mittleren und kleineren Unternehmen reduziert sich die Raten jeweils auf 3%, 1% und 0,5% (§ 7-2 II AMG) s. Negishi (4), S. 145 f.; Matsushita, S. 41; vgl. s. o. Kap. I, A. 1.(c). 38 In diesem Fall muß die FTC die mündliche Verhandlung eröffnen (§ 49 II AMG). Ein Ermessen steht ihr nicht zu.

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Verhandlung im Untersagungsverfahren, wenn diese Berechnung zu einem späteren Fristende führt (§ 7-2 VI AMG). (2) Stellungnahme der zuständigen Minister zum Monopolzustand Wenn die FTC der Auffassung ist, daß ein Monopolzustand vorliege, und von Amts wegen eine Gegenmaßnahme ergreifen will, muß die FTC dem für den betroffenen Industriezweig zuständigen Minister über die Angelegenheit Bericht erstatten und von ihm eine Stellungnahme darüber einholen, ob ein solcher Monopolzustand in der Tat besteht, und ob eine andere Maßnahme zur Wiederherstellung des Wettbewerbs in Betracht kommt (§ 45-2 AMG)39. (i) Verfahrensabschluß Wenn die FTC i. e. S. der Auffassung ist, daß ein Verstoß gegen die Vorschriften des AMG vorliegt und die Verwirklichung des Zwecks des AMG dadurch beeinträchtigt werden kann, ergreift sie Gegenmaßnahmen durch Beschluß. Sie entscheidet in der Besetzung mindestens von dem Vorsitzenden (Präsidenten) und zwei Mitgliedern (§ 34 I AMG)40. Der Beschluß als Verwaltungsakt wird mit einfacher Mehrheit gefaßt (§ 34 II AMG) und im Namen der FTC veröffentlicht. Bei Stimmengleichheit entscheidet der Präsident. Es gibt drei Arten von Beschlüssen der FTC. (1) Förmlicher Beschluß Ein förmlicher Beschluß wird nach dem Abschluß der mündlichen Verhandlung gefaßt (§ 54 AMG). Die Zuwiderhandlung gegen den förmlichen Beschluß ist strafbewehrt (§§ 89 ff. AMG)41.

39 Die Einführung dieser Vorschrift ist damals stark kritisiert worden mit der Begründung, daß sie zur Ausübung von politischen Einflüssen auf die Tätigkeit der FTC und zur Beeinträchtigung ihrer alleinigen und unabhängigen Zuständigkeit und Verantwortung für Wettbewerbssachen führen könne s. Atsuya/Hirabayashi, § 45-2, S. 510 f. 40 Aus dieser Vorschrift ergibt sich, daß die FTC i. e. S. beschlußunfähig ist, wenn der Präsident nicht anwesend ist; zur Organisationsstruktur der FTC s. u. Kap. II, A. 41 Brutzer, S. 493.

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(2) Zustimmungsbeschluß Wenn der Beschuldigte die Tatsachenfeststellung und die Anwendung des AMG, die eine Entscheidungsschrift der FTC für die Einleitung der mündlichen Verhandlung beinhaltet, im Laufe der mündlichen Verhandlung doch akzeptiert, in der Regel, wenn er davon überzeugt ist, daß ein weiteres Verfahren für ihn aussichtslos ist, bricht die FTC die mündliche Verhandlung ab und faßt einen förmlichen Beschluß gleichen Inhalts wie die Entscheidungsschrift ohne die mündliche Verhandlung weiter zu führen (§ 53-3 AMG)42. (3) Empfehlungsbeschluß Wenn die FTC nach dem Abschluß der Ermittlung zum Ergebnis kommt, daß ein Verstoß gegen die Vorschriften des AMG vorliegt, kann die FTC, statt die mündliche Verhandlung zur Fassung eines förmlichen Beschlusses einzuleiten, dem Adressat eine Empfehlungsschrift zustellen (§ 48 I, II AMG). Der Adressat ist dann verpflichtet, unverzüglich zu antworten, ob er der Empfehlung nachkommt (§ 48 III AMG). Wenn der Adressat mit dem Inhalt der Empfehlungsschrift einverstanden ist und sich der FTC gegenüber bereit erklärt, empfohlene Maßnahmen zur Abstellung der Zuwiderhandlungen zu ergreifen, faßt sie einen förmlichen Beschluß gleichen Inhalts wie die Empfehlungsschrift ohne eine mündliche Verhandlung einzuleiten (§ 48 IV AMG). Der Beschuldigte akzeptiert die Empfehlung meistens in Hinblick auf die durch die Eröffnung der mündlichen Verhandlung eintretende Zeitverzögerung, Imageschädigung und einen wirtschaftlichen Verluste. Wenn der Adressat der FTC gegenüber sein Einverständnis zu dieser Vorgehensweise verweigert, leitet sie eine mündliche Verhandlung ein (§ 49 I AMG)43. 42 Diese Institution ist mit der ersten Novelle (1949) nach dem Vorbild des „arraignment“ im anglo-amerikanischen Recht zur Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens eingeführt worden s. Ueki, S. 229 f. 43 Diese Art Entscheidung entspricht der „consent order“ der „Federal Trade Commission“ in den USA s. Imamura/Hirabayashi, § 48, S. 586 f.; Sinn und Zweck dieser Institution ist es, zur Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens einen Fall ohne mündliche Verhandlung rasch zu erledigen, wenn die FTC genügend Beweise in der Hand hat und der Adressat sich bereit erklärt, der Empfehlung der FTC nachzukommen. s. ObstGH 28. 11. 1975, Urt., ZivSlg., Bd. 32, Nr. 3, S. 519; OG Tokyo 29. 9. 1975, Urt., VwSlg., Bd. 26, Nr. 9, S. 1088; Ueki, S. 202 ff.; Brutzer, S. 493; die Empfehlungsschrift beinhaltet eine durch von der FTC geplante Maßnahme, die Tatsachenfeststellung und die anzuwendenden Vorschriften. Es steht im Ermessen der FTC, ob sie eine mündliche Verhandlung zur Fassung eines förmlichen Beschlusses einleitet oder dem Beschuldigten eine Emp-

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(4) Einstellung Ohne Entscheidungen zu treffen, schließt die FTC in der Praxis ein eingeleitetes Verfahren durch eine Einstellung informell ab, wenn ein Verstoß gegen das AMG nicht mehr vorliegt. Das AMG enthält hierzu keine Vorschrift.44 (5) Aussetzung des Vollzugs eines förmlichen Beschlusses Ein förmlicher Beschluß der FTC erlangt seine Wirksamkeit zu dem Zeitpunkt, an dem eine Abschrift des Beschlusses dem Beschuldigten zugegangen ist (§ 58 I AMG). Mit Eintritt der Bestandskraft ist er sofort vollziehbar. Der dritte Sondersenat des Obergerichts Tokyo kann jedoch auf Antrag des Adressaten des Beschlusses dessen sofortige Vollziehbarkeit gegen Hinterlegung einer Kaution oder von Wertpapieren bis zu dem Zeitpunkt aussetzen, an dem der Beschluß nicht mehr angefochten werden kann (§ 62 I, 86, 87 AMG). Nachdem der Beschluß Bestandskraft erlangt hat, kann der dritte Sondersenat des Obergerichts Tokyo auf Antrag der FTC durch einen Beschluß den ganzen oder einen bestimmten Betrag der Kaution oder einen Teil der Wertpapiere einbehalten (§ 63 I, 86, 87 AMG)45. (j) Ermittlung nach dem förmlichen Beschluß Nach einem förmlichen Beschluß kann die FTC i. e. S., wenn sie es für notwendig erachtet, Ermittlungsmaßnahmen gemäß § 46 AMG selbst durchführen oder ihre Bediensteten durchführen lassen (§ 64 AMG).

fehlungsschrift zusendet. In der Praxis stellt ihm die FTC zuerst die Empfehlungsschrift zu. Er kann wählen, ob er sie akzeptiert oder verweigert. Wenn er sie verweigert, leitet die FTC die mündliche Verhandlung ein. Durch den Empfehlungsbeschluß erlangt die Empfehlung Bestandskraft und der Adressat wird verpflichtet, die empfohlene Maßnahme in Gang zu setzen s. Imamura/Hirabayashi, § 48, S. 586 ff. 44 Ueki, S. 223 f. 45 § 62 I AMG berücksichtigt, daß der Beschluß der FTC vor Gericht angefochten werden und dann durch den sofortigen Vollzug des Beschlusses beim Adressat ein irreparabler Schaden entstehen kann. Der Normzweck des § 63 AMG ist, in erster Linie einen Mißbrauch des § 62 AMG zu verhindern. Auch wenn kein Mißbrauch vorliegt, wird der Adressat des Beschlusses bei der Abweisung seiner Anfechtungsklage im Endeffekt Zeit gewinnen können, was die verwaltungsrechtliche Institution der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes hätte verhindern sollen. Es ist ein weiterer Zweck des § 63, dieses ungerechte Ergebnis auszugleichen s. Imamura/Kumamoto, § 62, S. 620 f., § 63, S. 622; Atsuya/Suzuki, § 62, S. 547 f.; § 63, S. 54.

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(k) Widerspruchsverfahren innerhalb der FTC (1) Allgemeines § 4 I 2 WdVfG schreibt einerseits vor, daß die allgemeinen Vorschriften des WdVfG durch die spezielle Regelung eines Gesetzes ausgeschlossen werden kann. § 4 II WdVfG räumt andererseits die Möglichkeit ein, ein spezielles Widerspruchsverfahren aufgrund von Gesetzen oder Verordnungen einzuführen. Da die FTC die oberste Behörde ist, ist eine Einlegung des Widerspruches gegen Verfügungen der FTC bei einer oberen Behörde ausgeschlossen (§ 6 WdVfG). Möglich ist nur ein behördeninternes Widerspruchsverfahren. (2) Widerspruch gegen Ermittlungsmaßnahmen Gemäß § 70-3 AMG ist zwar ein Widerspruch nach Vorschriften des WdVfG gegen eine Entscheidung der FTC, die sie während des Ermittlungsverfahrens oder zum Verfahrensabschluß getroffen hat, ausgeschlossen. Aber nach §§ 17-2 a. F. (19 n. F.), 61-2 a. F. (59 n. F.) FTCV kann der Adressat von Ermittlungsmaßnahmen, die nicht die FTC i. e. S., sondern der Ermittler oder der Leiter der mündlichen Verhandlung ergriffen hat, einen Widerspruch vor der FTC innerhalb von einer Woche nach dem Ergreifen der Maßnahme einlegen. (3) Widerspruch gegen die Erlaubnis zur Bildung von Kartellen Gegen die Erlaubnis von Krisenkartellen und Rationalisierungskartellen kann derjenige, dessen rechtliches Interesse durch die Erlaubnis beeinträchtigt werden könnte, einen Widerspruch vor der FTC innerhalb von 60 Tagen nach Kenntnisnahme von der Erlaubnis einlegen (§§ 24-3 VII, 24-4 IV AMG, 4, 6, 45 WdVfG)46. Voraussetzung ist die Durchführung der öffentlichen Anhörung (§§ 24-3 VII, 24-4 IV AMG). (4) Sonstige Widersprüche nach WdVfG Eine Anordnung der FTC zum Auskunftsersuchen über eine abgestimmte Preiserhöhung (18-2 AMG) und Ermittlungsmaßnahmen zur allgemeinen Untersuchung (§ 40 AMG) sind keine Entscheidungen im Sinne des § 70-3 AMG. Daher kann der Adressat nach den allgemeinen Vorschriften des 46 Mit der Novelle des AMG von 1999 wurde die Anwendungsausnahme aufgrund anderer Gesetze (§ 22 a. F. AMG) und für Struktur- (§ 24-3 a. F. AMG) sowie Rationalisierungskartelle (§ 24-4 a. F. AMG) abgeschafft.

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WdVfG einen Widerspruch vor der gerügten Behörde, hier vor der FTC innerhalb einer Frist von 60 Tagen nach Kenntnisnahme dieser beiden Maßnahmen einlegen (§§ 4 I 1, 6, 45 WdVfG). (5) Widerspruch wegen Untätigkeit Wenn die FTC bezüglich eines aufgrund von Gesetzen oder Verordnungen gestellten Antrag innerhalb der dort bestimmten Frist keine Entscheidung trifft, obwohl sie dazu verpflichtet ist, kann der Antragsteller vor der FTC einen Widerspruch wegen Untätigkeit erheben (§ 7, 2 II WdVfG)47. (6) Wirkung eines Widerspruchs Die Einlegung eines Widerspruch vor der FTC löst generell keine aufschiebende Wirkung aus (§ 34 I WdVfG). Die FTC kann jedoch die Wirkung oder den Vollzug der Entscheidung auf Antrag zum Teil oder ganz suspendieren, wenn die dringende Gefahr besteht, daß ein irreparabler Schaden entsteht (§ 34 II WdVfG), es sei denn, das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug übersteigt eine solche Gefahr (§ 34 IV 2 WdVfG)48. 2. Gerichtliche Kontrolle (a) Die erste Instanz Das Verfahren bei Erhebung einer Untätigkeitsklage oder einer Anfechtungsklage wird nach Vorschriften der VwPO, die zum großen Teil auf Bestimmungen der japanischen Zivilprozeßordnung verweist (§ 7 VwPO), geregelt. Im Gegensatz zur Zivilprozeßordnung gilt aber der Untersuchungsgrundsatz (§ 24 VwPO)49. Für eine Klage gegen einen förmlichen, endgültigen Beschluß der FTC ist ausschließlich zuständig der Kartellsenat des Obergerichts Tokyo und es sind nur zwei Rechtszüge gewährleistet. Dies stellt eine Ausnahme der japanischen Judikative, die normalerweise drei Instanzen garantiert. 47 Da in diesem Fall nichts im AMG geregelt ist, gelten hierfür als das lex generalis Vorschriften des WdVfG und der VwPO. 48 Hier gilt der allgemeine Grundsatz des Widerspruchsverfahrens, da das AMG keine Vorschrift darüber enthält. 49 § 24 VwPO besagt: „Das Gericht kann, wenn es es für notwendig erachtet, die Beweisaufnahme von Amts wegen durchführen.“ Obwohl § 7 VwPO auf Vorschriften der JZPO verweist, besitzt dieses Verfahren daher den Charakter eines Verwaltungsprozesses. Angemerkt sei hier, daß es in Japan keine Verwaltungsgerichtsbarkeit, sondern eine vereinheitlichte Gerichtsbarkeit für alle Prozeßarten gibt.

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(1) Anfechtungsklage Gegen eine Entscheidung der FTC, die nicht einen förmlichen Beschluß darstellt, kann eine Anfechtungsklage vor einem für den Sitz der gerügten FTC zuständigen Bezirksgericht, also vor dem Bezirksgericht Tokyo, erhoben werden (§§ 8, 3 III, 12 I VwPO). Die Klage muß binnen drei Monaten nach Kenntnisnahme von der Entscheidung der FTC erhoben werden (§ 14 I VwPO). Im Falle der Klage gegen die Erlaubnis eines Kartells durch die FTC nach §§ 24-3 II, III und 24-4 II AMG, die nach dem AMG nicht dem förmlichen Beschluß zugeordnet wird, ist Klagevoraussetzung, daß das Widerspruchsverfahren vor der FTC keinen Erfolg gehabt hat (§§ 88, 24-3 VII, 24-4 IV AMG)50. (2) Untätigkeitsklage Wenn die FTC in einem Antragsverfahren aufgrund von Gesetzen oder Verordnungen innerhalb der dort bestimmten Frist keine Entscheidung trifft, obwohl sie dazu verpflichtet ist, kann der Antragsteller Untätigkeitsklage bei dem für den Sitz der gerügten FTC zuständigen Bezirksgericht Tokyo einreichen (§§ 37, 3 V, 12 I VwPO)51. Es gibt bei einer Untätigkeitsklage keine Klagefrist. (3) Anfechtungsklage gegen endgültige Beschlüsse der FTC Gegen einen förmlichen und endgültigen Beschluß der FTC kann eine Anfechtungsklage innerhalb von 30 Tagen, im Falle eines Monopolzustandes drei Monaten, nach der Entstehung der Wirksamkeit des Beschlusses vor dem Kartellsenat des Obergerichts Tokyo, welcher ausschließlich für Kartellsachen zuständig ist, erhoben werden (§§ 16, 17 JGVG, 77 I, 85 Nr. 1, 87 AMG)52. Klageberechtigt ist nach § 9 VwPO derjenige, der ein rechtliches Interesse an der Anfechtung des förmlichen Beschlusses der FTC hat53. Ein rechtliches Interesse gegen einen förmlichen Beschluß der FTC hat sein Adressat und dessen Vertragspartner, der einen Widerruf oder eine 50 Mit der Novelle des AMG von 1999 wurde die Anwendungsausnahme aufgrund anderer Gesetze (§ 22 a. F. AMG) und für Struktur- (§ 24-3 a. F. AMG) sowie Rationalisierungskartelle (§ 24-4 a. F. AMG) abgeschafft. 51 Ein Beispiel ist Untätigkeitsklage gegen die FTC wegen Unterlassen des Antrags um die Erlaubnis eines Kartells. 52 Brutzer, S. 493; dieses Gericht entspricht einem Oberlandesgericht in Deutschland. Die FTC ist einem Bezirksgericht, das einem Landgericht in Deutschland entspricht, gleichgestellt. Hier sieht man eine wichtige Ausnahme vom Grundsatz der drei Instanzen in der japanischen Rechtsordnung. 53 Im AMG existiert hierzu keine eigene Regelung.

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Abänderung des Vertrages gemäß einer Verfügung, die von der FTC durch förmlichen Beschluß erlassen worden ist, hinnehmen muß. Gegen einen Empfehlungs- oder Zustimmungsbeschluß hat hingegen nur der Adressat des Beschlusses ein rechtliches Interesse, da der förmliche Beschluß aufgrund seiner Einwilligung gefaßt worden ist und ausschließlich ihn bindet. Kein rechtliches Interesse besteht aber in bezug auf Punkte, die in der Entscheidungsschrift für eine Eröffnung der mündlichen Verhandlung beinhaltet waren, da er diesen Punkten bereits zugestimmt hatte54. Ausnahmsweise kann der Vertragspartner in den Fällen eines Empfehlungs- oder Zustimmungsbeschlusses doch zu einer Anfechtungsklage berechtigt sein, wenn sein rechtliches Interesse bei Vorliegen besonderer Umstände berührt ist. (4) Wirkung einer Anfechtungsklage Eine Anfechtungsklage gegen eine Entscheidung der FTC hat generell keine aufschiebende Wirkung (§ 25 I VwPO). Das Gericht kann jedoch, wie bereits dargelegt, die sofortige Wirkung oder den Vollzug der Entscheidung auf Antrag zum Teil oder ganz suspendieren, wenn eine dringende Gefahr besteht, daß ein irreparabler Schaden entsteht (§ 25 II VwPO), es sei denn, das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug übersteigt eine solche Gefahr (§ 25 III VwPO)55. (5) Einstweilige Anordnung während des Verwaltungsverfahrens der FTC Da es nicht möglich ist, ein Ermittlungsverfahren in einem kurzen Zeitraum abzuschließen, kann das Gericht auf Antrag der FTC durch Beschluß ein Verhalten eines Unternehmens, das möglicherweise gegen die Vorschriften des AMG verstößt und dadurch eine irreparable Beeinträchtigung der Wettbewerbsordnung verursacht, einstweilig bis zum förmlichen Beschluß der FTC untersagen (§ 67 AMG). Voraussetzung sind die Gefahr der irreparablen Beeinträchtigung der Wettbewerbsordnung und das Vorliegen der Dringlichkeit. Nicht Voraussetzung ist hingegen die Anhängigkeit der Hauptsache. Die einstweilige Untersagung kann andererseits auf Antrag ih54

Der Adressat des Empfehlungs- oder Zustimmungsbeschlusses hat kein rechtliches Interesse mehr an den Fragen, die er schon akzeptiert hatte, weil er eben dadurch in die Auffassung der FTC rechtlich eingewilligt hatte. Es besteht für ihn dann keine Möglichkeit mehr, über die gleichen Fragen nochmals rechtlich zu streiten. Generell zur Klageberechtigung s. Atsuya/Kojo, § 77, S. 566 ff.; Imamura/ Sonobe, § 77, S. 650 ff. 55 Hier gilt der allgemeine Grundsatz des Verwaltungsprozeßrechts, da AMG keine Vorschrift hierzu enthält.

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res Adressaten durch Beschluß des Gerichts gegen Kaution oder Wertpapiere wieder ausgesetzt werden (§ 68 I AMG), und die vorgelegte Kaution oder die Wertpapiere können, nachdem ein förmlicher Beschluß der FTC Bestandskraft erlangt hat, teilweise oder ganz auf Antrag der FTC durch Beschluß des Gerichts einbehalten werden und fallen der Staatskasse anheim (§§ 68 II, 63 I AMG). Für Beschlüsse nach §§ 67 und 68 AMG ist der dritte Sondersenat des Obergerichts Tokyo ausschließlich zuständig (§ 86, 87 AMG)56. All dies gilt auch für Rücknahme oder Abänderung der Erlaubnis für Ausnahmekartelle nach §§ 24-3 II, III (Krisenkartelle) oder 24-4 II, III (Rationalisierungskartelle) AMG (§§ 67 II, 68 AMG)57. (b) Die zweite Instanz (1) Berufung Gegen Endurteile des Bezirksgerichts Tokyo über Verpflichtungs- und Untätigkeitsklagen ist eine Berufung beim Obergericht Tokyo möglich (§§ 16 JGVG, 7 VwPO, 281 I JZPO). Die Berufung ist zur tatsächlichen und rechtlichen Nachprüfung beim Bezirksgericht Tokyo, dessen Urteil angefochten wird, binnen zwei Wochen nach der Zustellung des Urteils einzureichen (§§ 7 VwPO, 285, 286 I JZPO). (2) Revision bezüglich der endgültigen Beschlüsse der FTC Gegen das Endurteil des Obergerichts Tokyo ist die Revision bezüglich der endgültigen Beschlüsse der FTC beim Obersten Gerichtshof statthaft (§§ 7 Nr. 1, 8 JGVG, 7 VwPO, 311 I JZPO)58. Die Revisionsschrift ist beim Obergericht Tokyo, dessen Urteil angefochten wird, binnen zwei Wochen nach der Zustellung des Urteils einzureichen (§§ 7 VwPO, 314, 313, 56 § 68 I AMG berücksichtigt, daß das einstweilig untersagte Verhalten doch im Ergebnis rechtmäßig beurteilt werden kann und dann beim Adressat durch die Untersagung seinerseits ein irreparabler Schaden entstehen kann. Durch die Verweisung des § 68 II AMG auf § 63 AMG wird es erstrebt in erster Linie einen Mißbrauch des § 68 I AMG zu verhindern s. Atsuya/Hirabayashi, § 67, S. 553 ff., § 68, S. 555; Imamura/Atsuya, § 67, S. 626 ff., § 68, S. 630 ff.; gegen die Institution des § 68 II AMG ist eine Kritik erhoben worden mit der Begründung, daß der Normzweck des § 68 II AMG – der Ausgleich der Parteieninteresse –, zu dem des § 68 I AMG – der Schutz des öffentlichen Interesses – nicht passe s. Atsuya/Hirabayashi, § 68, S. 555. 57 Mit der Novelle des AMG von 1999 wurde die Anwendungsausnahme aufgrund anderer Gesetze (§ 22 a. F. AMG) und für Struktur- (§ 24-3 a. F. AMG) sowie Rationalisierungskartelle (§ 24-4 a. F. AMG) abgeschafft. 58 Brutzer, S. 493.

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285 JZPO). § 7 VwPO verweist in bezug auf die Voraussetzungen der Revision auf 312 I JZPO und bezüglich der absoluten Revisionsgründe auf § 312 II JZPO (§ 7 VwPO). Geprüft werden danach nur Recht- und Verfassungsmäßigkeit des Endurteils des Obergerichts Tokyo. (3) Sonderbeschwerde Gegen den Beschluß des Obergerichts Tokyo über Erlaß der einstweiligen Anordnung kann ihr Adressat, wenn die Verfassungswidrigkeit des Beschlusses gerügt wird, eine Verfassungsbeschwerde als Sonderbeschwerde innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung des Beschlusses vor dem Obersten Gerichtshof einlegen (§§ 67 II, 62 II AMG, 25 JFGG, 336 I JZPO)59. (c) Die dritte Instanz Gegen das Endurteil eines Obergerichts ist die Revision zum Obersten Gerichtshof möglich (§§ 7 Nr. 1, 8 JGVG, 7 VwPO, 311 I JZPO). Die Revisionsschrift ist beim Obergericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen zwei Wochen nach der Zustellung des Urteils einzureichen (§§ 7 VwPO, 314, 313, 285 JZPO). § 7 VwPO verweist in bezug auf die Voraussetzungen der Revision auf 312 I JZPO und bezüglich der absoluten Revisionsgründe auf § 312 II JZPO. Überprüft werden nur die Recht- und Verfassungsmäßigkeit des angefochtenen Endurteils. 3. Straf- und Bußgeldverfahren im Wettbewerbsrecht Verstöße gegen das materielle Wettbewerbsrecht (§§ 89, 90 Nr. 1, 2, 91 AMG) und gegen das formelle Wettbewerbsrecht (§§ 90 Nr. 3, 91-2, 92-2, 93, 94, 94-2 AMG) können in Japan Straftatbestände erfüllen. Diese können nach allgemeinen Vorschriften der JStPO bestraft werden. Zusätzlich sind im AMG weitere Straftatbestände enthalten, die auch durch juristische Personen, Unternehmen, Unternehmensvereinigungen oder deren Vertreter verwirklicht werden. Vorschriften über die Verhängung der Strafe gegen juristische Personen, Unternehmen, Unternehmensvereinigungen oder deren Vertreter (§§ 95, 95-2, 95-3, 95-4 AMG) und Ordnungswidrigkeiten bezüglich Verstößen gegen das formelle Wettbewerbsrecht beeinhalten die Vorschriften der §§ 97, 98 AMG. Für die Verhängung von Strafe und Geldbußen ist der dritten Sondersenat des Obergerichts Tokyo als erster Instanz zuständig (§§ 86 ff. AMG). Weiter unten werden nur Besonderheiten bei Anklagen ge59 Beschluß des ObstGH von 17. 7. 1975 Bd. 22 S. 312; Imamura/Atsuya, § 67, S. 630.

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gen Verstöße von § 89 bis 91 AMG, für die im Gegensatz zur allgemeinen Strafverfahren anstatt drei nur zwei Instanzen gewährleistet sind, erläutert60. (a) Zusammenarbeit zwischen FTC und Staatsanwaltschaft Die FTC „muß“ nach dem Wortlaut bei einem Verdacht einer Zuwiderhandlung gegen Vorschriften von §§ 89 bis 91 AMG eine Strafanzeige beim Präsidenten der Staatsanwaltschaft erstatten (§ 73 I AMG)61. Erst dann kann die Staatsanwaltschaft erneut ein eigenes Ermittlungsverfahren einleiten62 und muß selbständig Beweise erheben. In der Praxis gibt die FTC die von ihr während der Ermittlung gesammelten Beweismaterialien der Staatsanwaltschaft nicht weiter63. Ob die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten einleitet und eine Anklage erhebt, steht grundsätzlich in ihrem Ermessen. Hier herrscht also das Opportunitätsprinzip. Wenn sie sich entscheidet, den Beschuldigten strafrechtlich zu verfolgen, wird das Verfahren rein nach den Vorschriften der JStPO durchgeführt. Beschuldigte haben nicht nur das Aussageverweigerungsrecht zum Schutz vor Selbstbezichtigung, sondern auch das Schweigerecht (§ 198 II JStPO). Auch der allgemeine Teil des JStGB findet hier Anwendung (§ 8 JStGB). Beschließt die Staatsanwaltschaft dagegen, kein Ermittlungsverfahren einzuleiten, muß dies der Präsident der Staatsanwaltschaft über den 60 Andere Straftaten als die von §§ 89 bis 91 AMG werden nach allgemeinem Strafprozeßrecht, in dem ein dreistufiger Instanzenzug gewährleistet ist, verfolgt. 61 Imamura/Yasumoto, § 73, S. 642 ff.; Imamura (3), S. 100 ff.; OG Tokyo, 29. 9. 1975 Urt., VwSlg., Bd. 26, Nr. 9, S. 1088. Es ist umstritten, ob die FTC wie nach dem Wortlaut des Gesetzes Strafanzeige beim Präsidenten der Staatsanwaltschaft erstatten „muß“. Die h. M., die Rechtsprechung und die Praxis der FTC bejahen diesbezüglich ein Ermessen der FTC mit folgender Begründung: Erstens sei der Präsident der Staatsanwaltschaft nach § 73 II AMG verpflichtet, die Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft dem Premierminister gegenüber schriftlich zu begründen, falls die Staatsanwaltschaft die Ermittlung einstellen wolle. Dadurch sei das Opportunitätsprinzip der Ermittlung durch die Staatsanwaltschaft faktisch eingeschränkt und die Ermessenskompetenz für die Ermittlungseinleitung sei von der Staatsanwaltschaft auf die FTC übergegangen. Zweitens solle die fachspeziellen Kenntnisse und Fähigkeit der FTC respektiert werden. Nach der a. A. solle man die fachspeziellen Fachkenntnisse und Effektivität der FTC zwar respektieren, aber der Gesetzgeber wolle der Staatsanwaltschaft nicht die alleinige Ermessenskompetenz, eine Anklage zu erheben, entziehen s. Itakura, S. 366 f. Nach den Verhandlungen zwischen der japanischen und US-amerikanischen Regierung über die konstruktuellen Probleme hat die FTC 1989 angekündigt, ihre bisherige Zurückhaltung hinsichtlich der Erhebung der Strafanzeige (6 Strafanzeige seit dem Inkrafttreten des AMG in 1947) zu ändern s. Negishi (4), S. 146; Brutzer, S. 493. 62 Ohne Strafanzeige der FTC kann die Staatsanwaltschaft keine Anklage erheben (§ 96 AMG). 63 Atsuya/Hirabayashi, § 46, S. 513.

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Kap. I: Wettbewerbsverfahren

Justizminister dem Premierminister gegenüber schriftlich begründen (§ 73 II AMG)64. (b) Anklage durch die Staatsanwaltschaft Hier sind wie bei der gerichtlichen Kontrolle eines endgültigen, förmlichen Beschlusses der FTC nur zwei Instanzen gewährt, was eine Ausnahme vom allgemeinen Strafprozeßrecht darstellt. Angeklagte haben wie im Ermittlungsverfahren ein Schweigerecht (§ 291, 311 I JStPO). (1) Die erste Instanz Für Anklagen durch die Staatsanwaltschaft gegen Straftaten gemäß §§ 89 bis 91 AMG ist der dritte Sondersenat des Obergerichts Tokyo ausschließlich zuständig (§§ 17 JGVG, 85 Nr. 3, 87 I AMG). (2) Die zweite Instanz Gegen Endurteile des Obergerichts Tokyo ist die Revision zum Obersten Gerichtshof zulässig (§ 405 JStPO). Die Voraussetzung der Revision regelt § 405 JStPO. Absolute Revisionsgründe sind in § 411 JStPO aufgezählt. Die Revision ist binnen 14 Tagen nach der Verkündung oder Zustellung des Urteils bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, einzulegen (§§ 414, 373, 358, 374 JStPO). 4. Zivilrechtliche Klage Neben der Durchführung eines Verwaltungsverfahrens bzw. eines Strafverfahrens im Wettbewerbsrecht kann auch ein Anspruch auf Schadensersatz sowohl gemäß § 25 AMG als auch gemäß § 709 JBGB in einem Zivilverfahren nach der japanischen Zivilprozeßordnung geltend gemacht werden. Weiter unten werden diese zwei deliktsrechtlichen Ansprüche kurz dargestellt. Für eine zivilrechtliche Klage gestützt auf die Anspruchsnorm des § 25 AMG sind im Gegensatz zum allgemeinen Schadensersatzanspruch nach § 709 JBGB, für dessen gerichtliche Geltendmachung drei In64 Die Staatsanwaltschaft ist dadurch faktisch unter Druck gesetzt, eine Anklage zu erheben. Die FTC kann aber nicht einen Widerspruch gegen eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft, die Ermittlung nicht einzuleiten oder einzustellen, beim Ausschuß zur Überprüfung der Staatsanwaltschaft einlegen (§ 30 Gesetz über Ausschuß zur Überprüfung der Staatsanwaltschaft). Im Endeffekt setzt sich der Opportunitätsgrundsatz der Staatsanwaltschaft gegenüber der FTC doch durch.

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stanzen gewährt sind, nur zwei Instanzen garantiert. Seit der Novelle des AMG von 2000 gibt es bei Verstoß gegen das Verbot unlauterer Handelsmethoden die Möglichkeit einer Unterlassungsklage, für welche drei Instanzen gewährt sind. (a) Die erste Instanz (1) Anspruch auf Schadensersatz nach § 25 AMG Nach § 25 I AMG ist ein Unternehmen, das sich privater Monopolisierung, unbilliger Handelsbeschränkung oder unlauteren Handelsmethoden bedient, dem hierdurch Geschädigten zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet. Der Geschädigte kann seinen Anspruch aufgrund § 25 AMG vor dem dritten Sondersenat des Obergerichts Tokyo, der für Wettbewerbssachen ausschließlich zuständig ist, geltend machen (§§ 17 JGVG, 87 I, 85 Nr. 2 AMG). Bei der Vorschrift des § 25 I AMG handelt es sich um eine verschuldensunabhängige Haftungsnorm (§ 25 II AMG)65. Der Kläger muß aber beweisen, daß überhaupt ein Schaden entstanden ist, ob er durch einen Verstoß gegen die Vorschriften des AMG verursacht worden ist und wie hoch der Schaden ist66. (2) Anspruch auf Schadensersatz nach § 709 JBGB Daneben tritt der Anspruch nach § 709 JBGB. Danach kann der durch private Monopolisierung, unbillige Handelsbeschränkung oder unlautere Handelsmethoden eines Unternehmens Geschädigte vom Unternehmen Schadensersatz verlangen67. Im Gegensatz zum Anspruch nach § 25 AMG muß hier der Kläger beweisen, daß sein Schaden durch das Verschulden des Beklagten entstanden ist. Eine Klage nach § 709 JBGB kann vor einem zuständigen Bezirksgericht als erster Instanz erhoben werden (§§ 4 ff. JZPO). 65 Hierdurch ist beabsichtigt, die Beweisführung des Geschädigten zu erleichtern. Die Erleichterung wird damit begründet, daß ein beklagtes Unternehmen seine marktbeherrschende Stellung gegenüber dem Geschädigten ausgenutzt und davon profitiert hat und daß es den dem Geschädigten entstandenen Schaden aus dem Rechtsgedanken von „equity“ im anglo-amerikanischen Recht ohne Verschulden ersetzen soll s. Imamura/Mukaida, § 25, S. 534 f.; Brutzer, S. 493. 66 Diese Beweislast erschwert entgegen dem Ziel der Vorschrift dem Kläger, seine Forderung nach § 25 AMG vor Gericht geltend zu machen, obwohl die FTC ihm dadurch hilft, daß sie Unterlagen an das Gericht sendet s. Imamura/Mukaida, § 25, S. 540 f., § 26, S. 545 f.; Negishi (4), S. 147 f. 67 § 709 JBGB lautet: „Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Recht eines anderen verletzt, ist zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet“. In diesem Wortlaut ist ein klarer Einfluß des DBGB zu sehen.

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Kap. I: Wettbewerbsverfahren

(3) Anspruch auf Unterlassung nach § 24 AMG Schließlich kann derjenige, der durch einen Verstoß gegen das Verbot unlauterer Handelsmethoden einen erheblichen Schaden erlitten hat oder zu erleiden droht, kann nach § 24 AMG verlangen, den Verstoß zu unterlassen. Eine Klage nach § 24 AMG kann vor einem zuständigen Bezirksgericht als erste Instanz erhoben werden (§ 84-2 AMG). Das Gericht teilt dann der FTC die Klageerhebung mit (§ 83-3 I AMG). Es kann eine Stellungnahme der FTC zur Anwendung des AMG und zur Klärung des Sachverhaltes einholen (§ 83-3 II AMG). Die FTC kann ihrerseits mit Erlaubnis des Gerichts Stellung dazu nehmen (§ 83-3 III AMG). Wenn das zuständige Gericht es für angemessen erachtet, kann es den Fall an ein anderes Gericht verweisen (§ 87-2 AMG). Wenn der Beklagte glaubhaft gemacht hat, daß die Klage rechtsmißbräuchlich erhoben worden ist, z. B. um die Geschäfte der Konkurrenten zu stören und somit den Wettbewerb mit ihnen zu vermeiden, kann das Gericht dem Kläger anordnen, eine Sicherheit zu leisten (§ 83-2 AMG)68. (b) Die zweite Instanz (1) Berufung Gegen Endurteile eines Bezirksgerichts über eine Klage aufgrund §§ 709 JBGB und 24 AMG ist die Berufung zu einem zuständigen Obergericht möglich (§§ 16 Nr. 1 JGVG, 281 I JZPO). Die Berufungsschrift ist zur tatsächlichen und rechtlichen Nachprüfung dem Bezirksgericht, dessen Urteil 68 Während der Ausarbeitung des Entwurfes der Gesetzesänderung wurde diskutiert, ob eine Unterlassungsklage, die dem Schutz der privaten Interessen dient, dem AMG entspricht, das grundsätzlich den Schutz des öffentlichen Interesses zum Normzweck hat. Man war sich darüber einig, daß das AMG auch eine zivilrechtliche Natur innehat und eine Zivilklage vor Gericht die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts durch die FTC effektiv ergänzen kann. Vorgesehen war ferner eine Unterlassungsklage hinsichtlich des Verstoßes gegen unzulässige Unternehmenszusammenschlüsse und Handelsbeschränkungen. Angesichts der öffentlichrechtlichen Natur der beiden Kontrollen wurde eine derartige Klage jedoch gestrichen. Die Mitteilung der Klageerhebung an die FTC und die Möglichkeit einer Stellungnahme der FTC (§ 83-3 AMG) sollen dazu beitragen, eine mögliche Diskrepanz der Auffassungen zwischen dem Gericht und der FTC zu vermeiden. Die erschwerte Voraussetzung des „erheblichen“ Schadens (§ 24 AMG) und die Pflicht des Klägers zur Sicherheitsleistung (§ 83-2 AMG) sollen zwar der Vermeidung einer rechtsmißbräuchlichen Klageerhebung dienen. Jedoch ist es fraglich, ob die Voraussetzung des „erheblichen“ Schadens dafür notwendig ist. Zu diesen Fragen s. Shibuya, S. 38 ff.; Awaji/Kojo/Negishi/Yamada, S. 8 ff.; Kawagoe (2), S. 34 ff.; Higashiide (3), S. 27 ff.; ders. (2), S. 31 ff.; ders., S. 4 ff.

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angefochten wird, oder dem zuständigen Obergericht binnen zwei Wochen nach der Zustellung des Urteils einzureichen (§§ 7 VwPO, 285 JZPO). (2) Revision Gegen das Endurteil des Obergerichts Tokyo bezüglich einer Klage gemäß § 25 AMG ist die Revision zum Obersten Gerichtshof statthaft (§§ 8 JGVG, 85 Nr. 2 AMG, 311 I JZPO). Die Revisionsschrift ist dem Obergericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen zwei Wochen nach der Zustellung des Urteils einzureichen (§§ 314, 313, 285 JZPO). Die Voraussetzungen der Revision regelt § 312 I JZPO. Absolute Revisionsgründe sind in § 312 II JZPO aufgezählt. (c) Die dritte Instanz Gegen das Endurteil eines Obergerichts in bezug auf eine Klage nach §§ 709 JBGB und 24 AMG ist eine Revision zum Obersten Gerichtshof möglich (§§ 7 Nr. 1 JGVG, 311 I JZPO). Die Revisionsschrift ist dem Obergericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen zwei Wochen nach der Zustellung des Urteils einzureichen (§§ 314, 313, 285 JZPO). Die Voraussetzungen der Revision regelt § 312 I JZPO. Absolute Revisionsgründe sind in § 312 II JZPO aufgezählt. 5. Zentrale Zuständigkeit des Obergerichts Tokyo Nach § 85 AMG ist das Obergericht Tokyo als erster Instanz ausschließlich zuständig für Anfechtungsklagen gegen endgültige Beschlüsse der FTC (Nr. 1), zivilrechtliche Klagen aufgrund § 25 AMG (Nr. 2) und Anklagen von § 89 bis 91 AMG (Nr. 3), sowie gemäß § 86 AMG für Entscheidungen über die Aussetzung des Vollzuges der Beschlüsse der FTC (§ 62 I AMG), das Einbehalten von vorgelegten Kaution oder Wertpapieren (§ 63 I AMG), die einstweilige Anordnung (§ 67 I AMG) und die Verhängung einer Geldbuße wegen Ordnungswidrigkeiten (§§ 97, 98 AMG). Zu diesem Zweck wurde der dritte Sondersenat, der sich aus fünf Richtern zusammensetzt, im Obergericht Tokyo eingerichtet (§ 87 AMG)69. 69 Diese Konzentration der Zuständigkeit bei einem einzigen Gericht dient der einheitlichen, schnellen und effektiven Rechtspflege durch Fachrichter über komplizierten Wettbewerbssachen. Atsuya/Ouchi, § 85 S. 588 ff., § 86 S. 592 f., § 87 S. 593 f. Der dritte Sondersenat entspricht den Kartellsenaten bei den Oberlandesgerichten in Deutschland.

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Kap. I: Wettbewerbsverfahren

B. Deutschland In Deutschland sind der Bundesminister für Wirtschaft, das Bundeskartellamt und die Landeskartellbehörden als Kartellbehörde für Wettbewerbssachen unter einer Aufgabenverteilung nebeneinander zuständig [§ 44 I a. F. (48 I n. F.) GWB]. Neben den genannten Behörden existiert seit 1973 nach § 24b III bis X a. F. ( §§ 44 ff. n. F.) GWB eine Monopolkommission als Beratungsgremium70. Das Wettbewerbsverfahren in Deutschland ist in drei Teile untergliedert, nämlich das Verwaltungsverfahren i. w. S. [§§ 51–75 a. F. (54–76 n. F.) GWB], das Bußgeldverfahren [§§ 81–86 a. F. (81–86 n. F.) GWB] sowie die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten [§§ 87–91 a. F. (87–90 n. F.) GWB]. 1. Verwaltungsverfahren Das GWB ist in bezug auf das Verfahren lex specialis. Die Regeln über das Verwaltungsverfahren werden vom DVwVfG als lex generalis ergänzt (§ 1 I Nr. 1 DVwVfG). Für die Landeskartellbehörden gelten die wortgleichen Bestimmungen der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder subsidiär, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden dadurch geregelt ist (§ 1 III DVwVfG). Jedes Verfahren der Kartellbehörde, das kein Bußgeldverfahren ist, stellt ein Verwaltungsverfahren dar. Dabei unterscheidet man zwischen Amts- und Antragsverfahren. Grundsätzlich können alle Verfahren, die zu belastenden Verfügungen führen, von Amts wegen eingeleitet werden (Amtsverfahren). Außerdem sind Amtsverfahren alle Verfahren, die keine Antragsverfahren sind. Verfahren, durch die die Unternehmen einen begünstigenden Akt erstreben und die von einem Verfahrensbeteiligten beantragt und durch diesen Antrag automatisch in Gang gesetzt werden, sind Antragsverfahren. Sie gelten für §§ 5 a. F. (5 n. F.) GWB (Rationalisierungskartelle), 4 a. F. (6 n. F.) (Strukturkrisenkartelle) und 8 a. F. (8 n. F.) GWB (Ministerkartelle) jeweils in Verbindung mit § 10 n. F. GWB (Freistellung und Verlängerung), 17 a. F. (15 III n. F.) GWB (Vertikale Preisverbindung), 20 III a. F. (17 III n. F.) (Lizenzverträge), 24 III a. F. (42 n. F.) GWB (Zusammenschlußkontrolle), 27 a. F. (20 VI n. F.) GWB (Wirtschafts- oder Berufsvereinigungen), 24 III a. F. (28 III n. F.) GWB (Wettbewerbsregelung), 51 II Nr. 4 a. F. (54 II Nr. 3 n. F.) GWB (Personen und Personenvereinigungen). Zu den Antragsverfahren gehören im verfahrensrechtlichen Sinne auch Widerspruchsverfahren nach §§ 2 III a. F. (2 II n. F.) GWB (Konditionskartelle), 5a a. F. (3 n. F.) GWB (Spezia70 Die Organisationsstruktur der Kartellbehörden wird weiter unten im Kap. II, B. dargestellt.

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lisierungskartelle), 5b a. F. (4 I n. F.) GWB (Kooperationskartelle) und 102 a. F. (29 n. F.) GWB (Kredit- und Versicherungswirtschaft) jeweils in Verbindung mit § 9 n. F. GWB. (a) Verfahrenseinleitung Das förmliche Verwaltungsverfahren der §§ 51 ff. a. F. (54 ff. n. F.) GWB gilt für alle Verwaltungssachen, die mit einer Verfügung der Kartellbehörde enden können. Ein förmliches Verwaltungsverfahren wird durch die Kartellbehörde von Amts wegen oder auf Antrag eingeleitet (§ 51 I a. F. (54 I n. F.) GWB). Im Amtsverfahren entscheidet die Kartellbehörde über die Verfahrenseröffnung (Offizialprinzip) und nach der h. M. nach pflichtgemäßem Ermessen, ob sie ein solches durchführt (Opportunitätsprinzip) (§ 22 DVwVfG). Dementsprechend stellt § 54 I 2 n. F. GWB klar, daß die Kartellbehörde ein Verfahren auf Ersuchen eines Beschwerdeführers von Amts wegen einleiten kann. In Antragsverfahren wird das Verfahren hingegen durch Antrag automatisch eingeleitet (Dispositionsgrundsatz), und es entsteht nach der h. M. eine allgemeine Pflicht für die Kartellbehörde zur Einleitung des Verfahrens (Legalitätsgrundsatz)71. 71 Nach h. M. besteht eine Pflicht der Kartellbehörde zum Einschreiten nur dann, wenn sich eine solche aus dem Gesetzeswortlaut ergibt. Wird in anderen Fällen die Kartellbehörde aufgefordert, ein Verfahren gegen Dritte einzuleiten, ist dies eine bloße Anregung, kein Antrag i. S. d. § 51 II Nr. 1 a. F. (§ 54 II Nr. 1 n. F.) GWB. In diesem Fall steht es generell im Ermessen der Kartellbehörde, ob sie das Verfahren von Amts wegen einleitet. Die Kartellbehörde ist nicht verpflichtet, den Willen, ein Verfahren einzuleiten, nach außen hin zu dokumentieren. Ein Erlaß einer Einleitungsverfügung ist also nicht notwendig. Da keine Verfügung erlassen wird, bleibt folgerichtig kein Raum für die Erhebung einer Anfechtungsbeschwerde vor Gericht. Derjenige, der die Kartellbehörde zur Verfahrenseinleitung aufgefordert hat (Anreger), wird auf den zivilrechtlichen Rechtsschutz verwiesen. Die Verpflichtungsbeschwerde dagegen, mit der der Erlaß einer Verfügung erstrebt wird, setzt voraus, daß im Verwaltungsverfahren ein entsprechender Antrag gestellt worden ist, der entweder abgelehnt oder über den „ohne zureichenden Grund in angemessener Frist“ nicht entschieden worden ist. Hier kommen nur Antragsverfahren in Betracht. Erforderlich ist ferner, daß der Antragsteller ein Recht auf die Vornahme der beantragten Verfügung geltend machen kann. Verfügungen der Kartellbehörde ergehen ausschließlich im öffentlichen Interesse, ohne daß Dritte darauf Anspruch hätten. Daher sind Verpflichtungsbeschwerden des Anregers auf Erlaß von Verfügungen von vornherein nicht erfolgreich (h. M.). Dem GWB ist ein genereller kartellverwaltungsrechtlicher Drittschutz fremd. Begründet wird dies im Kern mit dem für die Kartellbehörden geltenden Opportunitätsprinzip, mit der Ausrichtung der kartellbehördlichen Tätigkeit auf öffentliche Interessen und mit Hinweis auf die Möglichkeit des zivilrechtlichen Rechtsschutzes. Hierbei wird rechtspolitisch Rücksicht auf die Kartellbehörden genommen, indem eine Flucht aus dem Zivilprozeß in das kartellbehördlichen Verwaltungsverfahren und eine Belastung der Kartellbehörde mit zahllosen Individualschutzverfahren vermieden werden soll s. Immenga/Schmidt, GWB,

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(b) Ermittlung In allen Fällen der Mißbrauchsaufsicht findet in der Regel eine Ermittlung im Rahmen des förmlichen Verwaltungsverfahrens statt. Aufgrund § 54 I a. F. (57 I n. F.) GWB herrscht hier der Untersuchungsgrundsatz im Gegensatz zum Verhandlungsgrundsatz des Zivilprozesses72. Aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes bestimmt die Kartellbehörde Art und Umfang der Ermittlung, ohne an das Vorbringen oder an Zugeständnisse der Beteiligten gebunden zu sein73. Die Beteiligten sind grundsätzlich zu einer bestimmten Mitwirkung bei der Aufklärung des Sachverhalts nicht verpflichtet. Sie haben also keine Beweisführungslast74. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit soll zunächst das mildeste Mittel des Auskunftsbeschlusses ergriffen werden75. Die Kartellbehörde nimmt aufgrund ihrer allgemeinen Verpflichtung [§ 51 I a. F. (54 I n. F.) GWB, § 47 I 1 OWiG] zuerst eine informelle Vorermittlung vor, um zu klären, ob überhaupt für die Einleitung eines förmlichen Verfahrens Veranlassung besteht76. Beim Vorliegen ausreichender Veranlassung bedient sich die Kartellbehörde ganz überwiegend des formlosen Auskunftsersuchens, das keine Verfügung nach § 46 a. F. (59 n. F.) GWB darstellt und den Adressat nicht zur Beantwortung verpflichtet. Bei Nichtnachkommen oder unzureichender Auskunft erläßt die Kartellbehörde einen förmlichen Auskunftsbeschluß77. In diesem Stadium des Verfahrens hat die Kartellbehörde ein Auskunftsrecht [§ 46 I Nr. 1 a. F. (59 I Nr. 1 n. F.) GWB]78. Bei unrichtigen, unvollständigen oder nicht fristgemäßen Auskünften ist der Adressat mit Bußgeld bedroht [§ 39 I Nr. 1 a. F. (81 I Nr. 8 n. F.) GWB]. Ferner hat die Kartellbehörde ein Einsichts- und Prüfungs§ 54 Rn. 2, 7 ff.; Bechtold (4), § 54 Rn. 1; Weiß, S. 151 ff.; Möschel (2), Rn. 1117 ff.; Immenga/Schmidt, GWB, § 63 Rn. 13 ff.; Bechtold (4), § 63 Rn. 3 ff.; zur Beschwerde s. u. Kap. I, B. 2. (a) (1). 72 P. Stelkens/P. Stelkens/Kallerhoff, § 24 Rn. 1 f. 73 Begr. 1952, S. 50; vgl. KG 25. 6. 1968 WuW/E OLG 891 (895) „IGZ“. 74 Langen/Schultz, GWB, § 57 Rn. 1. 75 Bechtold (4), 59 Rn. 3. 76 Z. B. durch Befragung verantwortlicher Persönlichkeiten der betreffenden Unternehmen s. Kurzinformation WuW 1979, S. 289 f.; v. Gamm, § 51 Rn. 2; Immenga/Schmidt, GWB, Vor § 54 Rn. 16. 77 Bechtold (4), § 59 Rn. 9; Immenga/Klaue, GWB, § 59 Rn. 3 f., Immenga/ Schmidt, GWB, Vor. § 54 Rn. 14 ff.; K. Schmidt, S. 292 ff.; Weiß, S. 154; Möschel (2), Rn. 1088. 78 Reagieren die Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen auf ein formloses Auskunftsersuchen nicht oder hat die Kartellbehörde den Eindruck, daß die erteilte Auskunft unrichtig oder unvollständig ist, ergreift die Kartellbehörde diese formellen Maßnahmen s. Bechtold (4), § 59 Rn. 9.

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recht [§ 46 I Nr. 2 a. F. (59 I Nr. 2 n. F.) GWB]. Gegenstand dieses Rechts sind die Geschäftsunterlagen eines Unternehmens oder einer Unternehmensvereinigung. Um das Einsichts- und Prüfungsrecht zu verwirklichen, steht der Kartellbehörde das Recht zu, zur Prüfung der geschäftlichen Unterlagen Räume und Grundstücke zu betreten [§ 46 III a. F. (59 III n. F.) GWB]. Hierbei handelt es sich nur um die Befugnis, sich die Unterlagen an Ort und Stelle vorlegen zu lassen, dagegen nicht um das unmittelbare Durchsuchungs- und Beschlagnahmerecht. Die Adressaten der Ermittlungen der Kartellbehörden sind zu aktiver Mitwirkung verpflichtet [§ 46 II a. F. (59 II n. F.) GWB]. Andererseits hat nach § 46 V a. F. (59 V n. F.) GWB der zur Erteilung einer Auskunft Verpflichtete ein Recht zur Verweigerung der Auskunft auf Fragen, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 I Nr. 1 bis 3 DZPO bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem OWiG aussetzen würde (Auskunftsverweigerungsrecht)79. Wenn der Verdacht entsteht, z. B. durch die Verweigerung der Vorlage an Ort und Stelle, daß die Unterlagen vernichtet werden („Gefahr im Verzug“), können die Bediensteten der Kartellbehörde die erforderliche Durchsuchung ohne richterliche Anordnung durchführen. Liegt eine Gefahr im Verzug nicht vor, kann die Durchsuchung nur auf Anordnung des Amtsrichters, in dessen Bezirk die Durchsuchung erfolgen soll, vorgenommen werden [§ 46 IV a. F. (59 IV n. F.) GWB]80. Ein Recht, die Durchsuchung zu verweigern, besteht für das Verwaltungsverfahren nicht81. Dieses Nachforschungsrecht setzt voraus, daß die Behörde bereits einen konkreten Anfangsverdacht hat82. Nach einer Entscheidung des Kammergerichts sind die Befugnisse nach § 46 a. F. (59 n. F.) GWB auch noch nach dem Abschluß des Verwaltungsverfahrens, insbesondere noch während eines gerichtlichen Beschwerdeverfahren anwendbar83. § 54 II a. F. (57 II n. F.) GWB gibt der Kartellbehörde ein Beweiserhebungsrecht durch Augenschein, Zeugen und Sachverständige. Diese Vor79 Immenga/Klaue, GWB, § 59 Rn. 36 ff.; das Auskunftsverweigerungsrecht steht nur denjenigen zu, die eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen haben. a. a. O. § 59 Rn. 38; zur umstrittenen Frage, ob dem Unternehmen selbst ein Auskunftsverweigerungsrecht zusteht, s. a. a. O. § 59 Rn. 39; zum Vorlageverweigerungsrecht s. a. a. O. § 59 Rn. 54. 80 Bechtold (4), § 59 Rn. 12 ff. 81 Immenga/Klaue, GWB, § 59 Rn. 65. 82 KG 12. 6. 1981 WuW/E OLG 2517 (2518); KG 30. 11. 1977 WuW/E OLG 1961 (1963) „Flug-Union“. 83 KG 10. 2. 1982 WuW/E OLG 2767 (2769), KG 18. 11. 1985 WuW/E OLG 3721 (3722) und KG 22. 3. 1990 WuW/E OLG 4537 (4546) „Linde-Lansing“; diese Anerkennung scheint aber in Hinblick auf die prozessuale Waffengleichheit fragwürdig s. Bechtold (4), § 59, Rn. 6; Möschel Rn. 1086.

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schrift verweist auf § 372 I, §§ 376, 377, 380 bis 387, 390, 395 bis 397, 398 I, §§ 401, 402, 404, 406 bis 409, 411 bis 414 der deutschen Zivilprozeßordnung. Die Zeugenvernehmung z. B. wird nach §§ 395 bis 397 DZPO durchgeführt. Ein Mitglied der Kartellbehörde kann den Zeugen vernehmen, die Vernehmung braucht nicht vor der gesamten Beschlußabteilung stattzufinden [arg. § 54 III 1 a. F. (57 III 1 n. F.) GWB]. Nach § 54 II a. F. (57 II n. F.) GWB, § 397 I DZPO ist der Betroffene berechtigt, dem Zeugen Fragen vorlegen zu lassen oder mit Erlaubnis des Vorsitzenden Fragen unmittelbar an den Zeugen zu richten. Das deutsche Wettbewerbsrecht verleiht dem Betroffenen jedoch kein Recht auf Kreuzverhör. Zur unmittelbaren Fragestellung ist nur der Rechtsanwalt berechtigt [§§ 54 II a. F. (57 II n. F.) GWB, 397 DZPO]84. Fragen müssen zur Aufklärung der Sache oder der Verhältnisse des Zeugen dienlich sein. Für den Beweis durch Sachverständige gelten grundsätzlich die Vorschriften über den Beweis durch Zeugen entsprechend (§ 402 DZPO). Schließlich kann die Kartellbehörde aufgrund § 55 I a. F. (58 I n. F.) GWB Gegenstände beschlagnahmen, die als Beweismittel für die Ermittlung von Bedeutung sein können. Die Beschlagnahme ist dem davon Betroffenen unverzüglich bekanntzumachen. Im Falle seiner Abwesenheit oder im Falle eines Widerspruchs eines erwachsenen Angehörigen während seiner Abwesenheit ist binnen drei Tagen die richterliche Bestätigung des Amtsgerichts, in dessen Bezirk die Beschlagnahme vorgenommen worden ist, einzuholen [§ 55 II a. F. (58 II n. F.) GWB]. Die Ermittlung darf die Kartellbehörde auch nach der Eröffnung der Anhörung durchführen85. (c) Rechtliches Gehör (Mündliche Verhandlung) Die Kartellbehörde hat den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme über alle für die belastende Verfügung maßgeblichen Tatsachen und die damit untrennbar in Verbindung stehenden Rechtsfragen zu geben [§ 53 I a. F. (56 I n. F.) GWB]. Das rechtliche Gehör umfaßt nicht nur die Gelegenheit zur Stellungnahme, sondern auch die Möglichkeit zur Erlangung der erforderlichen Informationen über den Verfahrensstoff, damit der Beteiligte seine Rechte und Interessen nach eigenem Urteil wahrnehmen kann86. Daher hat der Beteiligte auch das Recht auf Akteneinsicht, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung seiner Interessen erforderlich ist (§ 29 I 1 DVwVfG)87. Es bezieht sich nicht nur auf die 84 85 86 87

Immenga/Schmidt, GWB, § 57 Rn. 17. Immenga/Schmidt, GWB, § 57 Rn. 7. Immenga/Schmidt, GWB, § 56 Rn. 1 ff.; Bechtold (4), § 56 Rn. 1 ff. Beteiligte sind in § 51 II, III a. F. (54 II, III n. F.) GWB definiert.

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eigentliche Verfahrensakte, sondern auf alle Akten, die mit dem Gegenstand des Verfahrens in Zusammenhang stehen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können. Dieser Anspruch besteht von der Einleitung bis zum Abschluß des Verfahrens88. Ausnahmsweise ist die Kartellbehörde nicht zur Gestattung der Akteneinsicht verpflichtet, wenn dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben oder das Wohl des Bundes oder Landes als Körperschaft beeinträchtigt würden oder soweit die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheimzuhalten sind (§ 29 II DVwVfG). Der Beteiligte hat andererseits nach § 30 DVwVfG Anspruch darauf, daß Fabrikations-, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht unbefugt offenbart werden (Geheimnisschutz)89. Zur intensiven Aussprache und zur umfassenden Gewährung rechtlichen Gehörs garantiert § 53 a. F. (56 n. F.) GWB den Beteiligten zusätzlich das Recht auf eine mündliche Verhandlung. Die Kartellbehörde kann von Amts wegen selbst eine mündliche Verhandlung anberaumen, wenn es ihr opportun erscheint (fakultative mündliche Verhandlung). Auf Antrag ist die Kartellbehörde jedoch verpflichtet, die Beteiligten zu einer mündlichen Verhandlung zu laden [§ 53 a. F. (56 I n. F.) GWB]. In diesem Fall kann nachträglich mit Einverständnis des Beteiligten in das schriftliche Verfahren übergegangen werden. Lediglich in Mißbrauchsverfahren nach § 22 a. F. (19 n. F.) GWB [§ 53 III 1 a. F. (56 III 1 n. F.) GWB] sowie in Erlaubnisverfahren des Bundesministers für Wirtschaft nach § 24 III a. F. (42 n. F.) GWB [§ 53 III 3 a. F. (56 III 3 n. F.) GWB] ist die mündliche Verhandlung obligatorisch. Sie kann nur mit Einverständnis der Beteiligten entfallen. Wo eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist oder angeordnet wurde, findet ein schriftliches Verfahren statt. In der Praxis bildet die mündliche Verhandlung die Ausnahme, da jeder Beteiligte es vermeiden will, daß seine Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse dadurch den anderen Beteiligten offenbart werden. Die mündliche Verhandlung ist außer in Anhörungsverfahren zur Anerkennung der Wettbewerbsregeln [§ 30 S. 2 a. F. (25 S. 2 n. F.) GWB] und vorbehaltlich der Mißbrauchsverfahren und der Erlaubnisverfahren [§ 53 III 1, 3 a. F. (56 III 1, 3 n. F.) GWB] grundsätzlich nicht öffentlich (§ 68 I 1 DVwVfG). Auch in einer öffentlichen Verhandlung ist auf Antrag eines Beteiligten oder von Amts wegen die Öffentlichkeit ganz oder teilweise auszuschließen, wenn eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung, z. B. der Staatssicherheit, oder die Gefährdung eines wichtigen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses zu besorgen ist. Die mündliche Verhandlung wird von einem Verhandlungsleiter geleitet (§ 68 88

BVerwG 1. 7. 1983 BVerwGE 67, (304); Stelkens/Bonk/Sachs, § 29 Rn. 33. Zum rechtlichen Gehör KG 19. 8. 1986 WuW/E OLG 3908 (3909 ff.); Immenga/Schmidt, GWB, § 56 Rn. 11 ff.; Bechtold (4), § 56 Rn. 1 f.; Stelkens/Bonk/ Kallerhoff, § 29 Rn. 51 ff.; K. Schmidt (3), § 4 II, III. 89

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DVwVfG). Verhandlungsleiter ist der Leiter der für die Entscheidung zuständigen Behörde oder ein von ihm dazu bestellter Bediensteter der Behörde. Der Verhandlungsleiter hat Erörterungs- und Beratungspflichten (§ 68 II DVwVfG). Die Beteiligten werden zwar zu der Verhandlung geladen, sind jedoch nicht verpflichtet, zu erscheinen. Erscheinen nicht alle Beteiligten, so hat die Kartellbehörde mit den Erschienenen zu verhandeln90. (d) Beiladung Dritter Die Kartellbehörde kann auf ihren Antrag hin Personen und Personenvereinigungen, deren Interesse durch die Entscheidung erheblich berührt werden, zum Verfahren beiladen [§ 51 II Nr. 4 a. F. (54 II Nr. 3 n. F.) GWB]91. (e) Anhörung Dritter Die Kartellbehörde kann Vertretern der von dem Verfahren berührten Wirtschaftskreise in geeigneten Fällen Gelegenheit zur Stellungnahme geben [§ 53 II a. F. (56 II n. F.) GWB]. Die Anhörung Dritter steht im Ermessen der Kartellbehörde. Der anzuhörende Dritte hat daher weder Beteiligungsrecht noch Recht auf rechtliches Gehör. Berührte Wirtschaftskreise stellen nicht nur Marktbeteiligte oder Unternehmensbranchen dar, sondern auch Verbraucher oder Arbeitnehmer92. (f) Einstweilige Anordnung Die Kartellbehörde kann bis zur endgültigen Entscheidung in den in Ziffern 1–3 des § 56 a. F. (60 n. F.) GWB aufgezählten Fällen einstweilige Anordnungen treffen, um einen vorläufigen Rechtszustand herzustellen. Erfaßt sind nicht nur Verfahren, die mit dem Ziel belastender Verfügungen durchgeführt werden (vorläufige Untersagung), sondern auch solche, die begün90 Zur mündlichen Verhandlung s. Langen/Schultz, GWB, § 54 Rn. 11 ff.; Immenga/Schmidt, GWB, § 56 Rn. 14 ff.; Bechtold (4), § 56 Rn. 4. 91 Es ist heute im deutschen Schrifttum umstritten, ob die Beiladung im pflichtgemäßen Ermessen der Kartellbehörde steht. Die frühere h. M. bejahte dies. Nach a. A. muß die Kartellbehörde jeden Dritten beiladen, der die Voraussetzungen des § 51 II Nr. 4 GWB erfüllt. Die dritte Meinung unterscheidet die einfache und die notwendige Beiladung. Die notwendige Beiladung liegt vor, wenn sie zum Schutz subjektiver Rechte des Beizuladenden erforderlich ist. Zusammengefaßt s. Bechtold (4), § 54 Rn. 9; Immenga/Schmidt, GWB, § 54 Rn. 43 ff.; K. Schmidt, S. 471 f., 493 ff. 92 Immenga/Schmidt, GWB, § 56 Rn. 20 ff.; Langen/Schultz, GWB, § 56 Rn. 16; K. Schmidt, S. 490 f.

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stigende Verfügungen zum Ziel haben (vorläufige Erlaubnis). Formelle Voraussetzungen sind das Vorliegen eines in Ziffern 1–3 des § 56 a. F. (60 n. F.) GWB genannten Falles und ein anhängiges Hauptverfahren. Materielle Voraussetzungen sind im Gesetz nicht vorgeschrieben. Jedoch ergibt eine Analogie zu § 63a a. F. (65 n. F.) GWB und §§ 123 I VwGO, 132 BVerfGG und 940 DZPO, daß die sofortige Maßnahme im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten geboten sein muß93. Gegen einstweilige Anordnungen der Kartellbehörden kann eine Anfechtungsbeschwerde nach § 62 I 1 a. F. (63 I 1 n. F.) GWB vor dem zuständigen Gericht erhoben werden94. (g) Zusammenschlußkontrolle (1) Allgemeines Die deutsche Zusammenschlußkontrolle ist, da sie zuerst vor dem Bundeskartellamt und dann auf Antrag des Beteiligten vor dem Bundesminister für Wirtschaft erfolgt, zweistufig. Sie ist seit der 6. Novelle von 1998 in Anlehnung an die EG-Fusionskontrolle generell präventiv. Grundsätzlich sind alle Zusammenschlüsse vor dem Vollzug beim Bundeskartellamt anzumelden (§ 39 I n. F. GWB). Die Zusammenschlußkontrolle findet nur dann Anwendung und man kommt zu den in § 36 n. F. GWB geregelten Grundsätzen für die Beurteilung von Zusammenschlüssen, wenn ein Zusammenschluß im Sinne des § 37 n. F. GWB vorliegt, der die Umsatzschwellen des § 35 I n. F. GWB überschreitet, nicht von der Ausnahmevorschrift des § 35 II n. F. GWB erfaßt wird und nach § 35 III n. F. GWB nicht in den Anwendungsbereich der europäischen Fusionskontrollverordnung fällt95. Ein Vollzug von Zusammenschlüssen ist vor Ablauf der Fristen von Vor- und Hauptprüfverfahren grundsätzlich verboten (§ 41 I n. F. GWB). Das Verfahren der Zusammenschlußkontrolle ist ein Verwaltungsverfahren im Sinne der §§ 51 ff. a. F. (54 ff. n. F.) GWB. Für das Verfahren gelten daher die allgemeinen Verfahrensvorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Das Bundeskartellamt kann z. B. auf der Grundlage des § 46 a. F. (59 n. F.) GWB Auskünfte einholen und nach den §§ 54 und 55 a. F. (57 und 58 n. F.) GWB sonstige Ermittlungen anstellen. Darüber hinaus stehen ihm gegenüber den unmittelbar betei93

Immenga/Schmidt, GWB, § 60 Rn. 1 ff.; Bechtold (4), § 60 Rn. 1 ff. Immenga/Schmidt, GWB, § 60 Rn. 24. 95 Bechtold (4), Einf., Rn. 29, Vor. § 35 Rn. 1 f., § 39 Rn. 1 ff.; Emmerich (2), § 22, 4, S. 269, § 23, 1, S. 269 f., § 28, 1, S. 334; Immenga/Mestmäcker, GWB, Vor. 35 Rn. 20; Immenga/Mestmäcker/Veelken, GWB, § 35 Rn. 1, 16, 39, § 39 Rn. 1 ff. 94

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ligten Unternehmen zusätzliche Auskunftsrechte zu. Es kann ohne förmlichen Beschluß und Nachweis einer Erforderlichkeit die für die Beurteilung eines Zusammenschlusses notwendigen Daten über Marktanteile und Umsatzerlöse ermitteln [§ 23 VI a. F. (39 V n. F.) GWB]. Außerhalb dieses gesetzlich geregelten Verfahrens gibt es ein informelles Verfahren, das in der Praxis eine unentbehrliche Rolle spielt96. Wenn ein Zusammenschlußvorhaben durch das Bundeskartellamt untersagt worden ist, können die betroffenen Unternehmen einen Antrag auf Erlaubnis beim Bundesminister für Wirtschaft stellen, der das Zusammenschlußvorhaben hinsichtlich seiner außerwettbewerblichen gesamtwirtschaftlichen Aspekte prüft. Der Bundesminister für Wirtschaft ist Kartellbehörde i. S. d. § 44 I a. F. (48 I n. F.) GWB und das Erlaubnisverfahren vor ihm ist ein Wettbewerbsverwaltungsverfahren, für das die Vorschriften der §§ 51 a. F. (54 n. F.) ff. GWB gelten97. (2) Verfahren vor dem Bundeskartellamt Bei den Verfahren vor dem Bundeskartellamt wird nach dem Vorbild der EG-Zusammenschlußkontrolle, seit der 6. Novelle von 1998, zwischen dem Vorprüfverfahren (§ 40 I 1 n. F. GWB) und dem Hauptprüfverfahren (§ 40 II n. F. GWB) klar unterschieden. Ziel dieser Unterscheidung ist es, einerseits in unproblematischen Fällen Freigaben rasch und unbürokratisch ohne förmliches Verfahren zu erteilen und andererseits dem Bundeskartellamt zu ermöglichen, seine begrenzte Personalressourcen auf eine vertiefte Prüfung der schwierigen Fällen zu konzentrieren98. Im Vorprüfverfahren ist eine Untersagung des Zusammenschlusses ausgeschlossen. Erst im Hauptprüfverfahren kann das Amt durch Verfügung den angemeldeten Zusammenschluß untersagen. (aa) Vorprüfverfahren Das Vorprüfverfahren beginnt mit Eingang der Anmeldung des Zusammenschlusses nach § 39 n. F. GWB beim Bundeskartellamt und dauert höchstens einen Monat (§ 40 I 1 n. F. GWB)99. Voraussetzung ist, daß die 96

TB 1976, BTDrucks. 8/704 (17); Immenga/Schmidt, GWB, Vor § 54 Rn. 16. Zum Verfahren s. o. Kap. I, B. 1. (b) bis (f); Bechtold (4), § 39 Rn. 12 f., § 40 Rn. 28, § 42 Rn. 15; Emmerich (2), § 27, 1, S. 330; der Nachweis, daß das Auskunftsverlangen zur Erfüllung der der Kartellbehörde übertragenen gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist, ist nicht Voraussetzung. Die Erforderlichkeit ergibt sich bereits daraus, daß ein Zusammenschluß vorliegt s. Immenga/Mestmäcker, GWB, § 39 Rn. 29 ff., § 42 Rn. 13 ff., § 59 Rn. 12; Bechtold (4), § 39 Rn. 12 f.; Möschel (2), Rn. 821. 98 Entwurf 1998, BT-Drucks. 13 (1998)/9720, ff.), S. 44. 97

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vorherige Anmeldung des Zusammenschlußvorhabens zutreffend und vollständig ist, d. h. vor allem, daß die Anmeldung sämtliche in § 39 III n. F. GWB bezeichneten Angaben enthält (§ 39 III 4 n. F. GWB). Fehlt es hieran, löst die Anmeldung nicht die kurzen Fristen des § 40 I 1 und II 2 n. F. GWB aus. Reichen die von den Unternehmen gemachten Angaben zur Beurteilung des Zusammenschlusses nicht aus, kann das Bundeskartellamt ergänzende Auskünfte über die Marktanteile und Umsatzerlöse verlangen (§ 39 V n. F. GWB). Die Frist beginnt dann erst mit der nachträglichen Vervollständigung der Anmeldung. Die Nichterfüllung der Anmelde- und Auskunftspflicht stellt eine Ordnungswidrigkeit dar [§ 39 I Nr. 1, 3 a. F. (81 I Nr. 7, 8 n. F.) GWB]. Das Bundeskartellamt kann die richtige Erfüllung der Anmeldepflicht aufgrund des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes von 1953 durch die Festsetzung von Zwangsgeld durchsetzen100. Von der Anmeldung ausgenommen ist der Fall, daß die Europäische Kommission auf Antrag einen Zusammenschluß an das Bundeskartellamt verwiesen hat (Art. 9 III 1 Buchst. b FKVO) und dem Bundeskartellamt die nach § 39 III n. F. GWB erforderlichen Angaben in deutscher Sprache vorliegen. Die Unternehmen können sich somit eine doppelte Anmeldung ersparen101. Ein bereits vollzogener Zusammenschluß kann nicht angemeldet, sondern nur angezeigt werden (§ 39 VI n. F. GWB). Für die Anzeige gelten dann analog die Fristen und Verfahrensvorschriften des § 40 n. F. GWB102. In dem Vorprüfverfahren prüft das Bundeskartellamt, ob der Zusammenschluß offenkundig unbedenklich ist und deshalb ohne weiteres freigegeben werden kann oder ob es wegen der Notwendigkeit einer weiteren Prüfung in das Hauptprüfverfahren eintreten will (§ 40 I n. F. GWB). Im ersten Fall erfolgt die Freigabe durch Ablauf der Monatsfrist; in der Praxis erfolgt zusätzlich eine formlose Mitteilung, daß die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 I n. F. GWB nicht erfüllt sind („Freigabebescheid“). Zu dieser Mitteilung ist das Bundeskartellamt aber nicht verpflichtet. Im zweiten Fall muß das Amt demjenigen, der die Anmeldung bewirkt hat, mitteilen, daß das Hauptprüfverfahren eingeleitet wird. Die Mitteilung muß dem Anmeldenden innerhalb einer Frist von einem Monat seit Eingang der vollständigen Anmeldung zugegangen sein103. 99

Emmerich (2), § 28, 1, S. 334. Bechtold (4), § 39 Rn. 2 ff., § 81 Rn. 18; Immenga/Mestmäcker/Veelken, GWB, § 39 Rn. 13 ff.; Emmerich (2), § 27, 1, S. 330 ff.; BGH 1. 10. 1979 WuW/E BGH 1126 (1127 ff.); BKartA 5. 5. 1969 WuW/E BKartA 1270 (1272) „Isolierwolle“; BKartA 11. 8. 1961 WuW/E BKartA 425 (431 ff.) „Automarkt“. 101 Emmerich (2), § 27, 4, S. 333. 102 Bechtold (4), § 39 Rn. 2, 15. 103 Bechtold (4), Einf., Rn. 31, § 40 Rn. 4 ff.; Immenga/Mestmäcker/Veelken, GWB, § 40 Rn. 15 ff.; Emmerich (2), § 28, 2, a), S. 335. 100

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(bb) Hauptprüfverfahren Im Hauptprüfverfahren entscheidet das Bundeskartellamt innerhalb einer Frist von vier Monaten nach Eingang der vollständigen Anmeldung durch Verfügung, ob der Zusammenschluß untersagt oder freigegeben wird (§ 40 II 1, 2 n. F. GWB). Diese kurze Frist kann jedoch in den Fällen des § 40 II 3 Nr. 1 bis 3 n. F. GWB verlängert werden. Zu einer Fristverlängerung kommt es auch, wenn der Zusammenschluß entgegen dem Vollzugsverbot des § 24a IV a. F. (41 I n. F.) GWB vorzeitig vollzogen wird oder, wegen Fehlens einer wirksamen Anmeldung, wenn der spätere Vollzug des Zusammenschlusses wesentlich vom Inhalt der Anmeldung abweicht104. Wenn das Bundeskartellamt der Ansicht ist, daß der Zusammenschluß gegen § 36 I n. F. GWB verstößt, hat es allen Beteiligten [§ 51 II a. F. (54 II n. F.) GWB] vor Erlaß einer Untersagungsverfügung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und sie auf Antrag eines Beteiligten zu einer mündlichen Verhandlung zu laden [§ 53 I a. F. (56 I n. F.) GWB]. In der Praxis ergeht zuvor eine Abmahnung, die die voraussichtlichen Untersagungsgründe darlegt, zu denen sich die Beteiligten äußern können105. Vor der Untersagung ist ferner den obersten Landesbehörden, in deren Gebiet die beteiligten Unternehmen ihren Sitz haben, Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben [§ 24 II 3 a. F. (40 IV n. F.) GWB]106. Geben die Äußerungen der Beteiligten dem Bundeskartellamt keinen Anlaß zur Änderung seiner Position, untersagt es den Zusammenschluß durch eine Verfügung, die eine Begründung enthalten muß (§§ 24 I, II 1 und 57 I 1 a. F. [36 I und 61 I 1 n. F.) GWB]. Einen Ermessensspielraum besitzt das Amt insoweit nicht107. Erweist sich der Zusammenschluß als unbedenklich, wird er zur Verbesserung der Transparenz und Kontrolle der Zusammenschlußkontrollpraxis des Bundeskartellamtes förmlich durch Verfügung freigegeben (§ 40 II 1 n. F. GWB). Die Freigabeverfügung kann das Bundeskartellamt seit der 6. Novelle von 1998 mit Bedingungen und Auflagen versehen (§ 40 III 1 n. F. GWB). Im Rahmen einer Bedingung kann die Freigabeverfügung auf bestimmte Teile des Zusammenschlusses begrenzt werden. Durch die Auflage wird den beteiligten Unternehmen ein bestimmtes Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben. Bedingungen und Auflagen dürfen nicht darauf abzielen, die beteiligten Unternehmen einer laufenden Verhaltenskontrolle zu unterwerfen (§ 40 III 2 n. F. GWB)108. Ergeht innerhalb einer Frist von vier Monaten 104 Bechtold (4), § 40 Rn. 8 ff.; Immenga/Mestmäcker/Veelken, GWB, § 40 Rn. 25 ff.; Emmerich (2), § 28, 3, S. 337 ff.; Emmerich, § 26, 3, a), S. 431 f. 105 Bechtold (4), § 40 Rn. 26 ff.; Emmerich (2), § 28, 3, b), S. 338. 106 Bechtold (4), § 40 Rn. 29. 107 Bechtold (4), § 40 Rn. 23; Immenga/Mestmäcker/Veelken, GWB, § 40 Rn. 40; Emmerich (2), § 28, 3, c), S. 338.

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seit Eingang der vollständigen Anmeldung keine Entscheidung, so gilt der Zusammenschluß als freigegeben (§ 40 II 2 n. F. GWB). Die Unterlassung jeglicher Verfügung bis zum Fristablauf stellt also eine gesetzliche Freigabefiktion dar, die nicht anfechtbar ist, da ihr keine Verfügung zugrunde liegt109. Nach einer Untersagung haben die betroffenen Unternehmen die Wahl zwischen der Beschwerde gegen die Verfügung des Bundeskartellamtes [§§ 62 ff. a. F. (63 ff. n. F.) GWB] und dem Antrag auf Ministererlaubnis [§ 24 III a. F. (42 n. F.) GWB]. Beide Verfahren schließen sich nicht gegenseitig aus. Legen die Unternehmen zunächst eine Beschwerde bei Gericht ein, beginnt die Frist für den Antrag auf Ministererlaubnis in dem Zeitpunkt des rechtskräftigen Abschlusses des Beschwerdeverfahrens oder Rechtsbeschwerdeverfahrens [§ 24 IV 2 2. Halbs. a. F. (42 III 2 n. F.) GWB]. Wenn sie hingegen einen Antrag auf die Ministererlaubnis stellen, beginnt die Beschwerdefrist mit Zustellung der Verfügung des Bundeswirtschaftsministers [§ 65 I 3 a. F. (66 I 3 n. F.) GWB]. Nach der Verweigerung der Ministererlaubnis können sie dann wieder wählen, ob sie nur die Verfügung des Ministers oder nur die Untersagungsverfügung des Bundeskartellamtes oder beide Verfügungen gleichzeitig anfechten wollen110. Die Freigabeverfügung kann durch Beschwerde angefochten werden. Durch die Einführung dieser Institution ist dritten Unternehmen, die durch Freigabe eines Zusammenschlusses betroffen sind, eine Klagemöglichkeit gegen die Freigabe eröffnet worden. Beschwerdeberechtigt sind auch Dritte, wenn sie sich nach § 51 II Nr. 4 a. F. (54 II Nr. 3 n. F.) GWB zu dem Verfahren beiladen lassen. Mit der Beschwerde gegen eine Freigabeverfügung kann nur erreicht werden, daß das Untersagungsverfahren neu aufgenommen wird. Ziel dieser Beschwerde ist also nicht die Untersagung, sondern nur die Aufhebung der Freigabe. Es folgt dann ein Hauptprüfverfahren, und die Viermonatsfrist beginnt mit Rechtskraft des die Freigabeverfügung aufhebenden Gerichtsbeschlusses neu zu laufen (§§ 40 VI n. F. GWB)111. 108 Bechtold (4), § 40 Rn. 15 ff.; Emmerich (2), § 28, 3, c), bb), S. 339, § 28, 5, S. 341 f.; hiermit ist die bisherige Zusagenpraxis des Bundeskartellamtes auf eine gesetzliche Grundlage gestellt worden. Die frühere Zusagenpraxis zur Beilegung des Falles beruhte auf dem Wegfall der gesetzlichen Untersagungsvoraussetzungen. Durch diese informelle Klärung von Streitfragen zwischen Amt und beteiligten Unternehmen sollte die notwendige Beweglichkeit im Verwaltungsverfahren erreicht werden s. Immenga/Mestmäcker, GWB, § 40 Rn. 43 ff. 109 Bechtold (4), § 40 Rn. 15 ff.; Immenga/Mestmäcker/Veelken, GWB, § 40 Rn. 42; Emmerich (2), § 28, 5, S. 341 f. 110 Bechtold (4), § 42 Rn. 14; Immenga/Mestmäcker/Veelken, GWB, § 40 Rn. 25 ff.; Emmerich (2), § 28, 4, a), S. 339 f.; ders. (2), § 26, 5., d), aa), S. 434; Möschel (2), Rn. 905; zur Ministererlaubnis zur Bildung von Kartellen und Zusammenschlüssen s. u. Kap. II, B. 1. (g) (3), zur Beschwerde II. B. 2. (a) (1).

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(3) Ministererlaubnis zur Bildung von Kartellen und Zusammenschlüssen Im Rahmen der zweiten Stufe des Verfahrens kann der Betroffene beim Bundesminister für Wirtschaft gegen eine Untersagung des Bundeskartellamtes innerhalb eines Monats seit Zustellung der Untersagung des Bundeskartellamtes einen Antrag auf Erlaubnis stellen [§ 24 III 1 a. F. (42 I 1 n. F.) GWB]112. Haben die Unternehmen zunächst eine Beschwerde gegen die Untersagung vor Gericht eingelegt, beginnt die Frist für den Antrag auf Ministererlaubnis in dem Zeitpunkt des rechtskräftigen Abschlusses des Beschwerdeverfahrens [§ 24 IV 2 2. Halbs. a. F. (42 III 2 n. F.) GWB)]113. Über die Erlaubnis entscheidet der Bundesminister für Wirtschaft aufgrund öffentlicher mündlicher Verhandlung [§ 53 III 3 a. F. (56 III 3 n. F.) GWB]114. Die Erlaubnis kann mit Beschränkungen und Auflagen verbunden werden, durch die jedoch auch hier die Unternehmen nicht einer laufenden Verhaltenskontrolle unterstellt werden dürfen [§§ 24 III 3, 4 a. F. (42 II, 40 III n. F.) GWB]. Beschränkungen bedeuten, daß der Bundeswirtschaftsminister seine Erlaubnis in dem Sinne beschränken kann, daß sie nur für einen Teil des Zusammenschlusses gilt. Durch eine Auflage wird beteiligten Unternehmen ein bestimmtes Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben115. Vor einer Untersagung durch das Bundeskartellamt oder einer Erlaubnis durch den Bundesminister für Wirtschaft ist den obersten Landesbehörden, in deren Gebiet die beteiligten Unternehmen ihren Sitz haben, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben [§ 24 IV 4 a. F. (42 IV 2 n. F.) GWB]. Im übrigen sind sie nicht am Verfahren beteiligt. Außerdem muß der Bundesminister für Wirtschaft vor der Entscheidung eine gutachtliche Stellungnahme der Monopolkommission einholen [§ 24b V 7 a. F. (42 111 Bechtold (4), Einf., Rn. 32, § 40 Rn. 21 f.; Immenga/Mesmäcker/Veelken, GWB, § 40 Rn. 75 ff.; Emmerich (2), § 28, 4, b), S. 340 f.; zur Beiladung Dritter s. o. Kap. I, B. 1. (d). 112 Gegen eine Untersagungsverfügung des Bundeskartellamtes ist ebenso eine Beschwerde vor Gericht möglich. Zum Wahlrecht zwischen dem Antrag auf Ministererlaubnis und der Beschwerde s. o. Kap. I, B. 1. (g) (2) (bb); zur Beschwerde s. u. Kap. II, B. 2. (a) (1). 113 Zum Hauptprüfverfahren der Zusammenschlußkontrolle s. o. Kap. I, B. 1. (g) (2) (bb); Emmerich (2), § 28, 4, a), S. 339 f. 114 Hierbei prüft der Bundesminister für Wirtschaft einen Zusammenschluß in Hinblick auf seine gesamten wirtschaftspolitischen Auswirkungen, während das Bundeskartellamt den Fall rein wettbewerbspolitisch bezüglich Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen und ihrer Überlegenheit gegenüber Nachteilen der Marktbeherrschung prüft. Bechtold (4), § 42 Rn. 5 ff.; Immenga/Mestmäcker/Veelken, GWB, § 40 Rn. 26 ff.; auf die Problematik der zweistufigen Zusammenschlußkontrolle wird unten beim Kap. II, B. 3. (a) (4) eingegangen. 115 Bechtold (4), § 42 Rn. 11 ff.; Immenga/Mestmäcker, GWB, § 42 Rn. 45.

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IV 2 n. F.) GWB]. Der Bundesminister für Wirtschaft soll über den Antrag auf Zusammenschlußerlaubnis innerhalb von vier Monaten nach Ablauf der Antragsfrist entscheiden [§ 24 IV 3 a. F. (42 IV 1, III n. F.) GWB], anderenfalls ist die Verpflichtungsbeschwerde vor dem für den Sitz des Bundeskartellamtes zuständigen Oberlandesgericht zulässig [§ 62 IV 1 a. F. (63 IV 1 n. F.) GWB]116. (4) Vollzugsverbot und Auflösung Die Unternehmen dürfen einen Zusammenschluß vor Ablauf der Fristen nach § 24a II 1 a. F. (40 I 1 und II 2 n. F.) GWB grundsätzlich nicht vollziehen oder am Vollzug dieses Zusammenschlusses mitwirken, solange der Zusammenschluß vom Bundeskartellamt nicht wirksam freigegeben ist [§ 24a IV a. F. (41 I 1 n. F.) GWB]. Davon ausgenommen sind gesellschaftsrechtliche Verträge nach § 24a IV 3. Halbs. a. F. (41 I 3 n. F.) GWB. Rechtsgeschäfte, die gegen dieses Vollzugsverbot verstoßen, sind schwebend unwirksam [§ 24a IV 2. Halbs. a. F. (41 I 2 n. F.) GWB]. Ihre Vornahme stellt zudem eine Ordnungswidrigkeit dar [§ 38 I Nr. 8 a. F. (81 I Nr. 1 n. F.) GWB]. Das gegen das Vollzugsverbot verstoßende Geschäft wird nachträglich wirksam, wenn ein dann stattfindendes Zusammenschlußkontrollverfahren durch Freigabe positiv abgeschlossen wird. Andererseits kann das Bundeskartellamt seit der 6. Novelle von 1998 im voraus auf Antrag Befreiung von dem Vollzugsverbot erteilen, wenn die beteiligten Unternehmen hierfür wichtige Gründe geltend machen (§ 41 II 1 n. F. GWB). Die Befreiung kann auch schon vor einer Anmeldung beantragt, erteilt und mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden (§ 41 II 2 n. F. GWB)117. Ein Zusammenschluß, der vom Bundeskartellamt rechtskräftig untersagt und auch nicht vom Bundeswirtschaftsminister nach § 24 III a. F. (42 I n. F.) GWB erlaubt worden ist bzw. zwar freigegeben, dessen Freigabe aber vom Bundeskartellamt widerrufen worden ist, ist aufzulösen, sofern er bereits vollzogen worden ist [§ 24 II 5 a. F. (41 III 1 n. F.) GWB]. Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Auflösungsverpflichtung sind unabhängig davon, ob der untersagte Zusammenschluß zulässigerweise oder unzulässigerweise vollzogen wurde. Wenn die beteiligten Unternehmen der Auflösung nicht freiwillig nachkommen, muß das Bundeskartellamt die zur Auflösung des Zusammenschlusses erforderlichen Maßnahmen anordnen [§ 24 VI 2 a. F. (41 III 2 n. F.) GWB]. Wenn die Unternehmen auch daraufhin nicht reagieren, kann es zur Durchsetzung seiner Anordnung nach Androhung 116 Bechtold (4), § 63 Rn. 9; Immenga/Mestmäcker/Veelken, GWB, § 63 Rn. 40 ff. 117 Bechtold (4), § 41 Rn. 2 ff.; Emmerich (2), § 28, 6, S. 342 f.

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Zwangsgelder festsetzen, die Ausübung des Stimmrechts aus Anteilen an einem der beteiligten Unternehmen untersagen, sowie einen Treuhänder bestellen, der die Auflösung des Zusammenschlusses herbeiführt [§§ 24 VII a. F. (41 IV n. F.) GWB, 15 III DVwVfG]. Eine Auflösung des Zusammenschlusses scheidet jedoch dann aus, wenn die materiellen oder formellen Voraussetzungen einer Untersagung des Zusammenschlusses nach den §§ 23 II, 24 I a. F. (35, 36 I und 37 I n. F.) GWB nicht mehr vorliegen118. (h) Mißbrauchsverfahren über Preisempfehlungen Die Mißbrauchsaufsicht über Preisempfehlungen nimmt das Bundeskartellamt von Amts wegen wahr [§ 38a III 1 a. F. (23 III 1 n. F.) GWB]119. Seit der 5. Novelle enthält das Gesetz für diese Aufsicht keine besonderen Verfahrensvorschriften mehr, die dem Bundeskartellamt erweiterte Auskunftsbefugnisse gewährten, da diese Regelungen, zum einen rechtsstaatlich bedenklich war, zum anderen keine Bedeutung hatten120. (i) Dezentrale Struktur des Verfahrens Das Wettbewerbsverfahren wird in der Bundesrepublik dezentral durchgeführt121. § 44 I Nr. 1 Buchst. d a. F. (48 II n. F.) GWB besagt als Generalklausel, daß das Bundeskartellamt immer dann zuständig ist, wenn der Ge118

Bechtold (4), § 41 Rn. 9 ff.; Immenga/Mestmäcker/Veelken, GWB, § 41 Rn. 32 ff.; Emmerich (2), § 28, 7, S. 343 ff. 119 Ein Antragsrecht eines Empfehlungsempfänger ist in § 38a a. F. (§ 23 n. F.) GWB nicht vorgesehen. Dieser ist auch nicht nach § 51 II Nr. 1 a. F. (§ 54 II Nr. 1 n. F.) GWB an einem Mißbrauchsverfahren vor dem Bundeskartellamt beteiligt. Er kann jedoch das Bundeskartellamt zum Einschreiten gegen ein preisempfehlendes Unternehmen anregen. Individualanspruch darauf besteht aber nicht. BGH 1. 12. 1977 WuW/E BGH 1515 (1516) „Rhenania Pilsener“; Immenga/Sauter, GWB, § 23 Rn. 112 f. 120 Nach § 38a IV a. F. GWB konnte das Bundeskartellamt zusätzlich zu den allgemeinen Auskunftsbefugnissen aufgrund § 46 a. F. GWB schärfere Ermittlungsmaßnahmen ergreifen. Die Besonderheit bestand darin, daß die Befugnisse aufgrund § 38a IV a. F. GWB nicht nur gegenüber dem preisempfehlenden Unternehmen, sondern auch gegenüber allen Unternehmen wahrgenommen werden konnten, soweit die Auskunft für die Überwachung von Preisempfehlungen erforderlich war. Die Voraussetzung war der Anfangsverdacht eines Mißbrauches. Vor einer Mißbrauchsverfügung war eine Abmahnung notwendig (§ 38a V a. F. GWB) s. Erfahrungsbericht, BT-Drucks. 8/703, S. 19. Das bisher geltende Auskunftsrecht war auf preisempfehlende Unternehmen beschränkt s. Immenga/Sauter, GWB, § 23, Rn. 112 ff.; Langen/Klosterfelde, GWB, § 23 Rn. 113 ff.; Bechtold (4), § 23 Rn. 17; ders. (3), § 38a Rn. 16 f.; Immenga/Sauter, GWB, § 23 Rn. 117; Langen/Hennig, GWB, § 38a Rn. 94.

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genstand des Verfahrens über das Gebiet eines Landes hinausreicht. Die Landeskartellbehörden sind dagegen nur dann zuständig, wenn weder die ausschließliche Zuständigkeit des Bundeskartellamtes noch die des Bundesministers für Wirtschaft gegeben ist. Eine Zuständigkeit der Landeskartellbehörden kommt demnach nur in Betracht, wenn sich der Verfahrensgegenstand ausschließlich im Gebiet eines Landes auswirkt122. Da die Zuständigkeitsregelung des § 44 a. F. (48 n. F.) GWB zwingend ist, ist eine Vereinbarung über die Zuständigkeit zwischen dem Bundeskartellamt und den Landeskartellbehörden unzulässig123. Vielmehr sind die Kartellbehörden gegenseitig verpflichtet, das Verfahren an die zuständige Kartellbehörde zu verweisen, wenn sich vor Einleitung eines förmlichen Verfahrens oder während des Verfahrens herausstellt, daß eine andere Kartellbehörde zuständig ist [§ 45 III a. F. (49 II n. F.) GWB]. Vorgeschrieben ist eine Verweisungspflicht nur für das Bundeskartellamt an die Landeskartellbehörde und umgekehrt. Nicht geregelt, jedoch möglich und zum Schutze des Betroffenen geboten, ist – unter Anwendung allgemeiner Grundsätze des Verwaltungsrechts – eine Verweisung durch oder an den Bundeswirtschaftsminister oder von einer Landeskartellbehörde an eine andere Landeskartellbehörde124. Um eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen dem Bundeskartellamt und den Landeskartellbehörden zu sichern, besteht eine gegenseitige Unterrichtungspflicht [§ 45 I, II a. F. (49 I n. F.) GWB]. Diese ist gegeben, wenn ein Verwaltungs- oder Bußgeldverfahren eingeleitet wird oder Ermittlungen durchgeführt werden. Darunter fallen auch solche Verfahren, die sich nicht „gegen ein Unternehmen“ richten, z. B. Erlaubnis- oder Bußgeldverfahren 121 Hier ist der föderalistischen Struktur der Bundesrepublik Deutschland Rechnung zu tragen s. Bericht 1957, S. 33; Immenga/Klaue, GWB, § 48 Rn. 6; Langen/ Schultz, GWB, § 48 Rn. 2 ff. 122 Nach Landesrecht ist in allen Bundesländern der Wirtschaftsminister oder -senator Landeskartellbehörde s. Langen/Schultz, GWB, § 48 Rn. 19. Ob die Wirkung einer Wettbewerbsbeschränkung über ein Land hinausreicht, bestimmt sich nach einer verbreiteten Meinung nach dem Sitz des Unternehmens, nach anderer Ansicht aus der räumlichen und örtlichen Marktabgrenzung. Wenn mehrere oder alle Landeskartellbehörden erkennbar ein Interesse am Ausgang des Verfahren haben, sind alle betreffenden Landeskartellbehörden zu unterrichten s. Immenga/ Klaue, GWB, § 48 Rn. 6 ff., § 49 Rn. 6; Langen/Schultz, GWB, § 49 Rn. 1 ff. Die gegenseitige Unterrichtungs- und Verweisungspflicht trägt zur einheitlichen Anwendung des Wettbewerbsrechts und zur Vermeidung von Überschneidungen kartellbehördlicher Tätigkeit und Doppelverfahren bei s. Immenga/Klaue, § 49 Rn. 1. Zur Unterrichtungs- und Abgabepflicht, Bechtold (4), § 49 Rn. 1 f.; Immenga/Klaue, GWB, § 49 Rn. 3 ff. Das dezentrale Wettbewerbsverfahren der Bundesrepublik hat die Notwendigkeit der Zuständigkeitsverteilung zu Folge. Zur organisationsstrukturellen Frage s. u. Kap. II, B. 123 Immenga/Klaue, GWB, § 44 Rn. 27. 124 Immenga/Klaue, GWB, § 49 Rn. 9.

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gegen Unternehmensmitarbeiter und die Vorermittlungen125. Ferner ist das Bundeskartellamt immer an allen Verfahren der Landeskartellbehörden immer beteiligt [§ 51 III a. F. (54 III n. F.) GWB]. Auf diese Weise soll eine einheitliche Praxis der Kartellbehörden erreicht werden. In dieser Hinsicht tragen auch Tagungen der Kartellreferenten der Landeskartellbehörden mit Vertretern des Bundeskartellamtes zur Koordinierung der Verwaltungspraxis bei. Umgekehrt ist vor einer Untersagung der Zusammenschlüsse den Landeskartellbehörden, in deren Gebiet die beteiligten Unternehmen ihren Sitz haben, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben [§ 24 II 3 a. F. (40 IV n. F.) GWB]126. (j) Verfahrensabschluß Das Verfahren endet entweder mit einer Verfügung oder einer Einstellung. Die Entscheidungen des Bundeskartellamtes werden von den Beschlußabteilungen getroffen [§ 48 II a. F. (51 II n. F.) GWB]. Diese treffen unabhängig und kollegial in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern die Entscheidung [§ 48 III a. F. (51 III n. F.) GWB]. Entscheidungen des Bundesministers für Wirtschaft und der Landeskartellbehörden127 werden dagegen nicht kollegial, sondern monokratisch gefällt. 2. Gerichtliche Kontrolle Das GWB sieht in den §§ 62 ff. a. F. (63 ff. n. F.) ein spezielles, zweistufiges Rechtsmittelverfahren vor: das Beschwerdeverfahren beim Oberlandesgericht und das Rechtsbeschwerdeverfahren beim Bundesgerichtshof. Ergänzend gelten für die Verfahren Bestimmungen der ZPO und des GVG [§ 72 a. F. (73 n. F.) GWB]. Obwohl es sich bei Kartellbeschwerdeverfahren um Verwaltungsstreitigkeitsverfahren – es geht um Verwaltungsakte der Behörde – handelt, hat der Gesetzgeber im Hinblick auf den engen Zusammenhang zwischen allgemeinem Zivilrecht und Wettbewerbsrecht den Rechtsweg nicht zu den Verwaltungsgerichten, sondern zu den ordentlichen Gerichten eröffnet128.

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Langen/Schultz, GWB, § 49 Rn. 1 ff.; Immenga/Klaue, GWB, § 49 Rn. 3 ff. Bechtold (4), § 54 Rn. 3; Möschel (2), Rn. 1122; Immenga/Schmidt, GWB, Rn. 54 Rn. 32; Langen/Bunte, GWB, § 54 Rn. 36. 127 Zu Landeskartellbehörden s. u. Kap. II, B. 1. (d). 128 Immenga/Schmidt, GWB, § 63 Rn. 1; K. Schmidt (2), S. 4 f.; ders., S. 515 ff.; Möschel (2), Rn. 1128. 126

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(a) Die erste Instanz (1) Anfechtungs- und Verpflichtungsbeschwerde Gegen eine Verfügung der Kartellbehörden ist die Anfechtungsbeschwerde [§ 62 I a. F. (63 I n. F.) GWB], um die Vornahme einer beantragten, aber unterlassenen Verfügung zu bewirken, die Verpflichtungsbeschwerde [§62 III a. F. (63 III n. F.) GWB] beim zuständigen Oberlandesgericht [§ 62 IV a. F. (63 IV n. F.) GWB] statthaft129. Die Anfechtungsbeschwerde steht nach §§ 62 II und 51 II, III a. F. (63 II und 54 II, III n. F.) GWB den Verfahrensbeteiligten zu130. Voraussetzungen für die Beschwerde sind nach der h. M. eine formelle und eine materielle Beschwer. Entspricht die angefochtene Verfügung dem, was der Beschwerdeführer während des Verwaltungsverfahrens vor der Kartellbehörde erstrebt hat, ist er nicht formell beschwert. Hat er im Verwaltungsverfahren keinen Antrag gestellt, so ist zu klären, welches Ziel er mit seiner Beteiligung am Verwaltungsverfahren angestrebt hat; für eine Beschwerde mit einem entgegengesetzten Ziel fehlt es ihm an der formellen Beschwer. Eine materielle Beschwer wird dadurch geltend gemacht, daß der Beschwerdeführer eine Verletzung in seinen Rechten rügt. Bei einer vom Bundeskartellamt als Beteiligte nach § 51 III a. F. (54 III n. F.) GWB eingelegten Beschwerde kommt es auf eine materielle Beschwer nicht an. Das Bundeskartellamt vertritt in diesem Fall das öffentliche Interesse und nimmt Funktionen der Wirtschaftsaufsicht wahr131. Bei der Verpflichtungsbeschwerde ist nach der h. M. der Antragsteller, der ein Recht auf die beantragte Verfügung geltend machen kann, beschwerdeberechtigt132. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der Zustellung der Verfügung bei der Kartellbehörde einzurei129 Die Rechtsprechung erkennt außerhalb dieser beiden Beschwerdearten die Leistungsbeschwerde an BGH 8. 5. 1979 WuW/E BGH 1608 ff. „WAZ“; BGH 18. 2. 1992 WuW/E BGH 2760 ff. (2761) „Unterlassungsbeschwerde“; Bechtold (4), § 63 Rn. 7; Immenga/Schmidt, § 63 Rn. 5 ff.; Schmidt (2), S. 7 ff. 130 Immenga/Schmidt, GWB, § 63 Rn. 21 ff.; Unklar ist, ob diese Befugnisse außer den Verfahrensbeteiligten gemäß § 51 II, III a. F. (§ 54 II, III n. F.) GWB auch Personen zustehen kann, die zwar am Verfahren nicht beteiligt, aber durch die Verfügung materiell beschwert sind. Nach der Rechtsprechung des Kammergerichts sei es in Hinblick auf Art. 19 IV GG zu bejahen, wenn der nicht am Verfahren beteiligte Dritte geltend macht, durch die Verfügung in seinen Rechten verletzt zu sein. KG 12. 1. 1982 WuW/E OLG 2720 (2722) „Gepäckstreifenanhänger“; KG 26. 6. 1991 WuW/E OLG 4811 (4820) „Radio NRW“; Bechtold fügt noch dazu, daß eine Beiladung nach Erlaß der Verfügung nicht mehr möglich ist. Bechtold (4), § 63 Rn. 4; so auch Immenga/Schmidt, GWB, § 63 Rn. 22. 131 Zum Inhalt der formellen Beschwer s. Bechtold (4), § 63 Rn. 5; Immenga/ Schmidt, GWB, § 63 Rn. 26; zum Inhalt der materielle Beschwer s. Immenga/ Schmidt, GWB, § 63 Rn. 27.

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chen [§ 65 I 1, 2 a. F. (66 I 1, 2 n. F.) GWB]. Geht der Beschwerde dagegen keine Verfügung voraus, so ist die Beschwerde nicht an eine Frist gebunden [§ 65 II a. F. (66 II n. F.) GWB]. Hinsichtlich des Streitgegenstandes gilt zwar wie im Verwaltungsprozeß der Dispositionsgrundsatz, hinsichtlich der Sachverhaltsaufklärung dagegen der Untersuchungsgrundsatz [§ 69 a. F. (70 n. F.) GWB]. Über die Beschwerde entscheidet ausschließlich der Kartellsenat des für den Sitz derjenigen Kartellbehörde, deren Verfügung angefochten bzw. der eine Verpflichtung auferlegt werden soll, zuständigen Oberlandesgerichts, in den Fällen der §§ 24, 24a a. F. (35 bis 42 n. F.) ausschließlich der Kartellsenat des für den Sitz des Bundeskartellamtes zuständigen Oberlandesgerichts, auch wenn sich die Beschwerde gegen eine Verfügung des Bundesministers für Wirtschaft richtet [§§ 62 IV a. F. (63 IV n. F), 92 a. F. (91 n. F.) GWB]133. (2) Anfechtung einer Durchsuchungsanordnung Zur Anfechtung der Durchsuchungsanordnung verweist § 46 IV 2 a. F. (59 IV 2 n. F.) GWB auf §§ 306 bis 310, 311a DStPO. Danach kann der Adressat der Anordnung eine Beschwerde bei dem erkennenden Amtsgericht einlegen (§ 306 I DStPO). Über die Beschwerde entscheidet das übergeordnete Landgericht als Beschwerdegericht. Das Beschwerdegericht hat der Kartellbehörde Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, wenn sie der Beschwerde stattgeben möchte (§ 308 I DStPO). Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht ohne mündliche Verhandlung (§ 309 I DStPO). (3) Wirkung einer Beschwerde Eine Beschwerde, die nach § 63 I a. F. (64 I n. F.) GWB eine aufschiebende Wirkung entfalten kann, muß eine vollziehbare Verfügung betreffen. Daher kommt nur eine Anfechtungsbeschwerde, nicht hingegen eine Verpflichtungsbeschwerde in Betracht. Die Beschwerde hat grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Eine Ausnahme gilt nur für die in den in § 63 I a. F. (64 I n. F.) GWB ausdrücklich aufgezählten Fälle, nämlich Widerruf, Rücknahme oder Änderung der Erlaubnis nach §§ 11 IV, V und 24 V a. F. (12 II n. F., 42 II 2 n. F.) GWB [§ 63 I Nr. 1 a. F. (64 I Nr. 1 n. F.) GWB] sowie belastende Verbots- und Unwirksamkeitsverfügungen nach § 63 I 132

Es ist umstritten, wer zu einer Verpflichtungsbeschwerde berechtigt ist. Der h. M. folgt Bechtold (4), § 63 Rn. 5; a. A. Immenga/Schmidt, GWB, § 63 Rn. 29 ff. 133 Drei Bundesländer mit mehreren Oberlandesgerichten haben im Wege von Rechtsverordnungen aufgrund §§ 93, 94 a. F. (§ 92, 93 n. F.) GWB die ausschließliche Zuständigkeit eines einzigen Oberlandesgerichts begründet s. Möschel (2), Rn. 1129.

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Nr. 2 a. F. (64 I Nr. 2 n. F.) GWB. Außerdem hat eine Beschwerde aufschiebende Wirkung im Fall der Vorabentscheidung über die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Kartellbehörde [§ 52 I 2 2. Halbs. a. F. (55 I 2 2. Halbs. n. F.) GWB]134. In den Fällen, in denen die Beschwerde nach § 63 I a. F. (64 I n. F.) GWB aufschiebende Wirkung hat, kann die Kartellbehörde nach § 63a I a. F. (65 I n. F.) GWB die sofortige Vollziehung der Verfügung ohne Antrag anordnen, wenn dies im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten geboten ist. Dagegen kann das Beschwerdegericht gemäß § 63a III 1 a. F. (65 III 1 n. F.) GWB auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen135. In den umgekehrten Fällen, in denen die Beschwerde gegen Verfügungen keine aufschiebende Wirkung hat, kann die Kartellbehörde nach ihrem Ermessen die aufschiebende Wirkung durch die Aussetzung der Vollziehung anordnen [§ 63a III 2 a. F. (65 III 2 n. F.) GWB]. Unabhängig davon „muß“ das Beschwerdegericht entgegen des Wortlautes des § 63a III 3 a. F. (65 III 3 n. F.) GWB auf Antrag die aufschiebende Wirkung anordnen, wenn die Voraussetzungen von § 63a III 1 Nr. 2 oder 3 a. F. (65 III 1 Nr. 2 oder 3 n. F.) GWB vorliegen136. Die Tatsachen, auf die der Antrag nach § 63a III 1, 3 a. F. (65 III 1, 3 n. F.) GWB gestützt wird, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen [§ 63a IV 2 a. F. (65 IV 2 n. F.) GWB]. Ist die Verfügung im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Beschwerdegericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen [§ 63a IV 3 a. F. (65 IV 3 n. F.) GWB]. Die Wiederherstellung und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Beschwerdegericht können von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden [§ 63a IV 4 a. F. (65 IV 4 n. F.) GWB]. Die Maßnahmen des Beschwerdegerichts können befristet, geändert oder aufgehoben werden [§ 63a IV 5, V 1 a. F. (§ 65 IV 5, V 1 n. F.) GWB]137. Im Falle der einstweiligen Anordnung nach § 56 a. F. (60 n. F.) GWB kann das Beschwerdegericht nach § 63 II a. F. (64 II n. F.) GWB ohne Antrag anordnen, daß die angefochtene Verfügung ganz oder teilweise erst nach Abschluß des Beschwerdeverfahrens oder nach Leistung einer Sicherheit in Kraft tritt. Materielle Voraussetzung ist, daß das sofortige Inkrafttreten der angefochtenen einstweiligen Anordnung für den Beschwerdeführer eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte oder ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der 134 135 136 137

Bechtold Bechtold Bechtold Bechtold

(4), (4), (4), (4),

§ § § §

64 65 65 65

Rn. Rn. Rn. Rn.

1; vgl. Möschel (2), Rn. 1134. 2 f., 6; Immenga/Schmidt, GWB, § 65 Rn. 2 ff., 9 ff. 4 ff.; Immenga/Schmidt, GWB, § 65 Rn. 16. 6; Immenga/Schmidt, GWB, § 65 Rn. 8, 15.

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angefochtenen einstweiligen Anordnung bestehen138. Nach § 63 III a. F. (64 III n. F.) GWB kann das Beschwerdegericht seinerseits selbst einstweilige Anordnungen erlassen. Vorausgesetzt ist formell, daß Beschwerde eingelegt ist. Die materiellen Voraussetzungen entsprechen teils denen des § 56 a. F. (60 n. F.) GWB, teils sind sie einer sinngemäßen Anwendung des § 123 VwGO zu entnehmen139. (b) Die zweite Instanz (1) Rechtsbeschwerde Gegen die in der Hauptsache erlassenen Beschlüsse der Oberlandesgerichte ist eine Rechtsbeschwerde beim Kartellsenat des Bundesgerichtshofs möglich [§§ 95 I Nr. 1, 73 I a. F. (94 I Nr. 1, 74 I n. F.) GWB]. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb einer Monatsfrist nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung schriftlich bei dem Oberlandesgericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird [§ 75 III a. F. (76 III n. F.) GWB]. Voraussetzung hierfür ist eine Zulassung durch das Oberlandesgericht [§ 73 a. F. (74 n. F.) GWB]. Eine Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann selbständig durch Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden, für die der Bundesgerichtshof zuständig ist [§ 74 I, II a. F. (75 I, II n. F.) GWB]. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung schriftlich bei dem Oberlandesgericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird [§ 73 III a. F. (74 III n. F.) GWB]. Über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs [§§ 95 I Nr. 1, 74 II a. F. (94 I Nr. 1 und 75 II n. F.) GWB]. Die Rechtsbeschwerde und die Nichtzulassungsbeschwerde haben aufschiebende Wirkung [§§ 75 V 1, 74 IV 1 a. F. (76 V 1, 75 IV 1 n. F.) GWB]. Absolute Rechtsbeschwerdegründe sind in § 73 IV a. F. (74 IV n. F.) GWB aufgezählt. Kraft Verweisung gelten für das Verfahren der Rechtsbeschwerde die für das Beschwerdeverfahren geltenden Vorschriften [§ 75 V a. F. (76 V n. F.) GWB], z. B. mündliche Verhandlung [§ 67 a. F. (68 n. F.) GWB], Akteneinsicht [§ 70 I a. F. (71 n. F.) GWB]. Da sich der Bundesgerichtshof als Revisionsgericht nur mit der Nachprüfung der rechtlichen Fragen befaßt, ist nicht auf § 69 a. F. (70 n. F.) GWB verwiesen (Ausschluß des Untersuchungsgrundsatzes). Geprüft wird lediglich, ob eine Entscheidung auf einer Gesetzesverletzung beruht [§ 75 II 1 a. F. (76 II 1 n. F.) GWB]140. 138

Der Unterschied des § 64 II n. F. zu § 65 III 2, IV 4 n. F. GWB liegt nur darin, daß ein Antrag auf die aufschiebende Wirkung nicht gestellt werden muß s. Bechtold (4), § 64 Rn. 3; Immenga/Schmidt, GWB, § 64 Rn. 14 ff. 139 Bechtold (4), § 64 Rn. 5; Immenga/Schmidt, GWB, § 64 Rn. 17 ff.

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(2) Weitere Beschwerde zur Anfechtung einer Durchsuchungsanordnung Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts zur Anfechtung einer Durchsuchungsanordnung ist weitere Beschwerde an das Oberlandesgericht möglich [§§ 46 IV 2 a. F. (59 IV 2 n. F.) GWB, 310 I DStPO]. Gegen die Beschwerdeentscheidung findet keine Rechtsbeschwerde statt, weil es sich bei der Beschwerdeentscheidung um keinen in der Hauptsache ergehenden Beschluß handelt [§ 73 I a. F. (74 I n. F.) GWB], d. h. das angefochtene Auskunftsverlangen ist nicht Gegenstand eines selbständigen Verfahrens, sondern Nebenentscheidung eines anhängigen Hauptverfahrens141. 3. Bußgeldverfahren Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften des GWB sind den Ordnungswidrigkeiten zugeordnet und können in Bußgeldverfahren nach §§ 38, 39 a. F. (81 n. F.) GWB verfolgt werden142. Normadressaten sind die natürlichen und juristischen Personen (§§ 9, 30 OWiG)143. Die Voraussetzungen und das Verfahren richten sich nach den Vorschriften des OWiG, soweit nicht das GWB abweichende Bestimmungen enthält. Es gibt Ordnungswidrigkeitentatbestände in bezug auf Verstöße gegen gesetzliche Verbote [§ 38 I Nr. 1, 3, 8 a. F. (81 I Nr. 1 n. F.) GWB], Verstöße gegen behördliche Verfügungen [§ 38 I Nr. 2, 4, 5, 6 a. F. (81 I Nr. 5, 6, 9 n. F.) GWB] und Verstöße gegen Auskunfts- und Meldepflichten [§ 39 I a. F. (81 I Nr. 2, 3, 4, 7, 8 n. F.) GWB]144. Für das Bußgeldverfahren im Wettbewerbsrecht gelten, soweit das OWiG nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der DStPO (§ 46 I OWiG). Das GWB enthält zahlreiche Verweisungen auf die DStPO 140 Der Bundesgerichtshof ist grundsätzlich an die in der angefochtenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden [§ 75 IV a. F. (76 IV n. F.) GWB]. 141 KG 18. 6. 1971 WuW/E OLG 1189 (1194) „Import-Schallplatten“; Bechtold (4), § 59 Rn. 13, § 74 Rn. 3; Langen/Schultz, GWB, § 59 Rn. 31, Langen/Kollmorgen, GWB, § 74 Rn. 2 ff.; Immenga/Klaue, GWB, § 59 Rn. 69, Immenga/Schmidt, GWB, § 74 Rn. 5 ff. 142 Anders als in Japan und den USA, wo man Verstöße gegen die Verbote des Anti-Trust-Rechts als Straftaten betrachtet, gelten in Deutschland Verstöße gegen die Verbote des GWB grundsätzlich nicht als Straftaten, sondern lediglich als Ordnungswidrigkeiten. Zu Reformbestrebungen, Ordnungswidrigkeitentatbestände des GWB zu echten Straftatbeständen umzuformen s. Möschel (2), Rn. 1106, 1110; Immenga/Dannecker/Biermann, GWB, Vor. § 81 Rn. 4 ff.; Tiedemann, S. 26 ff. 143 Zu Täterkreis und Adressat der Geldbuße s. Immenga/Dannecker/Biermann, GWB, Vor. § 81 Rn. 39 ff., 71 ff. 144 Möschel (2), Rn. 1106; Bechtold (4), § 81 Rn. 3 ff., 12 ff.; Immenga/Dannecker/Biermann, GWB, § 81 Rn. 13 ff.

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[vgl. § 46 IV a. F. (59 IV n. F.) GWB] und das OWiG [vgl. §§ 81, 82 a. F. (81 IV, 83 n. F.) GWB]. (a) Verfahrenseinleitung Ordnungswidrigkeiten nach §§ 38, 39 a. F. (81 n. F.) GWB werden nicht im Verwaltungsverfahren der §§ 48 ff. a. F. (51 ff. n. F.) GWB, sondern in dem vom OWiG geregelten Bußgeldverfahren verfolgt. Für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten ist nach §§ 35 OWiG und 81 a. F. (81 IV n. F.) GWB grundsätzlich die Kartellbehörde als Verwaltungsbehörde zuständig145. Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Kartellbehörde als Verfolgungsbehörde (§ 47 I OWiG). Hier herrscht das Opportunitätsprinzip im Gegensatz zum Legalitätsprinzip, das für das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft nach den Vorschriften der DStPO gilt. Der Gesetzgeber hat Rücksicht auf die positive Wettbewerbsförderungspolitik der Kartellbehörde genommen, die nicht notwendig auf Repression zielen muß146. Dieses Opportunitätsprinzip gilt auch für die Zumessung der Geldbuße durch die Kartellbehörden (§§ 47 I OWiG)147. (b) Ermittlung Für das Bußgeldverfahren in Kartellsachen hat die Kartellbehörde als Verfolgungsbehörde [§§ 81 Nr. 1 a. F. (81 IV Nr. 1 n. F.) GWB, 36 I Nr. 1 OWiG] dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren (§ 46 II OWiG). Nach §§ 81 Nr. 1 a. F. (81 IV Nr. 1 n. F.) GWB, 46 I OWiG, 161 DStPO kann die Kartellbehörde also von allen öffentlichen Behörden Auskunft verlangen und Ermittlungen jeder Art entweder selbst vornehmen oder durch die Behörden und Beamten des Polizeidienstes vornehmen lassen148. § 46 I OWiG verweist z. B. auf folgende Vorschriften der DStPO: §§ 48 ff. (Zeugen- und Sachverständigenverneh145

Göhler, Vor § 59 Rn. 27. Möschel (2), Rn. 1110, 1143. 147 Emmerich (2), § 32, 2, b), S. 386. 148 Ob § 46 a. F. (59 n. F.) GWB ganz oder teilweise in Bußgeldverfahren Anwendung findet, ist im Schrifttum umstritten. Die Rechtsprechung hat zu dieser Frage keine Stellung genommen. Die Kartellbehörden wenden § 46 a. F. (59 n. F.) GWB nicht an. Nach der Neufassung des GWB ist § 59 in Bußgeldverfahren unanwendbar. s. Immenga/Klaue, GWB, 3. Aufl., § 59 Rn. 5, 2. Aufl., § 46 Rn. 8; Grundsätzlich besteht, außer im Falle eines Mißbrauchs, kein Verwertungsverbot der nach § 46 a. F. (59 n. F.) GWB im Rahmen des Verwaltungsverfahrens erlangten Kenntnisse in einem Bußgeldverfahren, da der Auskunftspflichtige über § 46 V a. F. (59 V n. F.) GWB geschützt ist. Jedoch ist es den Kartellbehörden wegen § 136a DStPO nicht gestattet, unter dem Vorwand von Ermittlungen nach § 46 ein Buß146

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mung), 94 ff. (Beschlagnahme), 102 ff. (Durchsuchung), 133 ff. (Beschuldigtenvernehmung), 112 ff. (Verhaftung und vorläufige Festnahme). Beschlagnahmen und Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter angeordnet werden (§§ 46 I OWiG und 98, 105 DStPO). (c) Rechtliches Gehör Den Grundsatz des rechtlichen Gehörs sichern §§ 55 I OWiG und 163a DStPO149. § 55 I OWiG garantiert das rechtliche Gehör mit Einschränkungen. Es genügt, wenn dem Beschuldigten Gelegenheit gegeben wird, sich zu der Beschuldigung zu äußern. Dem Beschuldigten steht ein uneingeschränktes Recht auf Akteneinsicht zu (§§ 46 I OWiG und 147 DStPO). Die Regelung des Bußgeldverfahrens orientiert sich an derjenigen von „einfachen Strafsachen“, bei denen nach § 163a I 2 DStPO die Gewährung der Gelegenheit zu einer schriftlichen Äußerung genügt150. Hier ist kein Platz für eine mündliche Verhandlung. (d) Gerichtliche Kontrolle (Einspruchsverfahren) (1) Die erste Instanz Der Betroffene kann gemäß §§ 46 I, 67 OWiG und § 81 Nr. 1 a. F. (81 IV Nr. 1 n. F.) GWB innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bußgeldbescheides schriftlich oder zur Niederschrift bei derjenigen Kartellbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, Einspruch einlegen. Der Einspruch kann auch bereits vor Zustellung eingelegt werden, frühestens jedoch ab Erlaß des Bescheides. Nach Einlegung des Einspruchs übersendet das Bundeskartellamt die Akten an die Staatsanwaltschaft, die sie nach weiterer Überprüfung dem OLG vorlegt [§§ 69 III OWiG, 82 I a. F. (83 I n. F.) GWB]. Mit Eingang der Akten bei der Staatsanwaltschaft gehen die Aufgaben der Verfolgungsbehörde auf die Staatsanwaltschaft über (§ 69 IV OWiG). Die Kartellbehörde wird gemäß § 76 OWiG an dem weiteren Verfahren vom Gericht beteiligt151. Die aufschiebende Wirkung des Einspruchs an sich kommt nicht in Frage, da der Bestand des Bußgeldbescheides voraussetzt, daß der Betroffene die Einspruchsfrist ablaufen läßt, obwohl er geldverfahren vorzubereiten, da sonst der Betroffene getäuscht würde s. Immenga/ Klaue, GWB, § 59 Rn. 10; Kleinknecht, § 136a Rn. 1, 12 ff. 149 Göhler, § 55 Rn. 1 ff. 150 Immenga/Dannecker/Biermann, GWB, Vor. § 81 Rn. 187. 151 Langen/Kollmorgen, GWB, § 81 Rn. 35 f.; Immenga/Dannecker/Biermann, GWB, Vor. § 81 Rn. 213 ff.

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darauf hingewiesen worden ist, daß der Bescheid in diesem Fall rechtskräftig und vollstreckbar wird (§ 66 II Nr. 1a OWiG). Bei einem zulässigen Einspruch wird die vorläufige Entscheidung des Bußgeldbescheides hinfällig und der Bußgeldbescheid hat dann für das weitere Verfahren nur noch die Bedeutung einer Beschuldigung, die den Gegenstand des Verfahrens in sachlicher und persönlicher Hinsicht begrenzt152. Über den eingelegten Einspruch entscheidet dann abweichend von der Regelung im allgemeinen Bußgeldverfahren nicht das Amtsgericht, sondern der Kartellsenat desjenigen Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk die den Bußgeldbescheid erlassene Kartellbehörde ihren Sitz hat [§§ 67 I OWiG, 82 I a. F. (83 I n. F.), 93 a. F. (92 n. F.) GWB]153. (2) Die zweite Instanz Gegen das Urteil oder den Beschluß über den Einspruch eines Oberlandesgerichts kann eine Rechtsbeschwerde in bestimmten Fällen binnen einer Woche nach Verkündung oder Zustellung des Urteils vor einem Kartellsenat des Bundesgerichtshofes erhoben werden [§§ 79 I OWiG, 341 I, II DStPO, 82, 95 I Nr. 2 a. F. (83, 94 I Nr. 2 n. F.) GWB]. Die Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung (§§ 79 III 1 OWiG und 343 I StPO). 4. Zivilrechtliche Klage Eine zivilrechtliche Klage in Wettbewerbssachen kann nach den Vorschriften der DZPO und des DGVG erhoben werden. Der Anspruch aus § 35 a. F. ( 33 n. F.) GWB schließt die Anwendung anderer Vorschriften des Schadensersatzrechts grundsätzlich nicht aus. § 35 ist dabei lex specialis zu § 823 II BGB. § 823 I BGB i. V. m. dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gilt ebenso nur subsidiär, soweit § 35 GWB als sondergesetzliche Schutzvorschrift einschlägig ist. Im übrigen sind alle anderen Deliktstatbestände inner- und außerhalb der GWB uneingeschränkt neben § 35 a. F. (33 n. F.) GWB anwendbar154. 152 Der Bußgeldbescheid hat eher den Charakter eines Angebots an den Betroffenen, das Verfahren zum endgültigen Abschluß zu bringen, indem der die in dem Bescheid festgesetzten Rechtsfolgen angenommen werden s. Göhler, Vor. § 65 Rn. 6 ff. 153 Langen/Kollmorgen, GWB, § 83 Rn. 1 ff.; Immenga/Dannecker/Biermann, GWB, § 83 Rn. 1 ff. Der Sinn der Abweichung bezüglich der Zuständigkeit liegt darin, daß dasjenige Gericht für die Bußgeldfälle zuständig sein soll, das sich bereits im Verwaltungsverfahren über Beschwerde kartellrechtliche Sachkunde erworben hat s. Langen/Kollmorgen, GWB, § 83 Rn. 3. 154 Bechtold (4), § 33 Rn. 2; Langen/Bornkamm, GWB, § 33 Rn. 51; Immenga/ Emmerich, GWB, § 33 Rn. 61 f.; zur Subsidiarität der Anwendung des § 823 I

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(a) Die erste Instanz (1) Anspruch nach § 35 a. F. (33 n. F.) GWB Nach § 35 a. F. (33 n. F.) GWB kann der Betroffene bei einem Verstoß gegen ein Schutzgesetz oder gegen eine Schutzverfügung aufgrund des GWB Unterlassung verlangen. Bei schuldhafter Handlung des Täters kann er außerdem den aus dem Verstoß entstandenen Schadensersatz fordern. Der Anspruch aus § 35 a. F. (33 n. F.) kann beim zuständigen Landgericht geltend gemacht werden [§ 87 I a. F. (87 I n. F.) GWB]155. (2) Ansprüche aus anderen Vorschriften Ansprüche z. B. aus §§ 823, 826 DBGB oder 1 UWG können auch neben dem Anspruch aus § 35 a. F. (33 n. F.) GWB beim zuständigen Landgericht geltend gemacht werden [§ 87 I a. F. (87 I n. F.) GWB]. (b) Die zweite Instanz Gegen Endurteile der Landgerichte ist eine Berufung möglich. Für die Verhandlung und Entscheidung über die Berufung sind die Kartellsenate der Oberlandesgerichte zuständig [§ 92 a. F. (91 n. F.) GWB]. Die Berufungsschrift ist binnen einer Monatsfrist nach Zustellung des Urteils bei dem zuständigen Berufungsgericht einzureichen (§ 518 I, 516 DZPO). (c) Die dritte Instanz Gegen die Endurteile der Oberlandesgerichte in diesem Zusammenhang ist die Revision beim Bundesgerichtshof möglich. Über die Revision entscheidet ein Kartellsenat [§ 95 I Nr. 3 Buchst. a a. F. (94 I Nr. 3 Buchst. a n. F.) GWB]. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach der Zustellung des Urteils, jedoch spätestens bis zum Ablauf von fünf Monaten nach seiner Verkündung beim Bundesgerichtshofs einzulegen (§ 553 I 1, 552 DZPO). § 546 DZPO regelt die Voraussetzung der Revision. § 551 ZPO nennt absolute Revisionsgründe.

BGB BGHZ 22. 12. 1961, BGH 36, 252 (256 f.); BGHZ 16. 6. 1977, BGH 69, 128 (138 f.). 155 Die praktische Bedeutung des Anspruchs nach § 35 a. F. (33 n. F.) war bisher verhältnismäßig gering s. Immenga/Emmerich, GWB, 3. Aufl., § 33 Rn. 7 f., 2. Aufl., § 35 Rn. 14 ff.; Emmerich (2), § 33, 1, a), S. 384.

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5. Zentrale Zuständigkeiten von Gerichten Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, für die nach § 87 a. F. (87 n. F.) GWB ausschließlich die Landgerichte zuständig sind, einem Landgericht für die Bezirke mehrerer Landgerichte [§ 89 I a. F. (89 I n. F.) GWB] zuzuweisen (§ 89 I a. F. (89 I n. F.). Sie werden ferner ermächtigt, durch Rechtsverordnung Kartellverwaltungssachen und Kartellbußgeldsachen, für die jeweils nach §§ 54 II 2 a. F. (57 II 2 n. F.), 62 IV a. F. (63 IV n. F.) GWB und §§ 82, 84, 85 a. F. (83, 85 und 86 n. F.) GWB ausschließlich die Oberlandesgerichte zuständig sind, in deren Bezirk die Kartellbehörden ihren Sitz haben, einem oder einigen der Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuzuweisen, wenn in einem Land mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind [§ 93 I a. F. (92 I n. F.) GWB]. Voraussetzung dafür ist in beiden Fällen, daß eine solche Zusammenfassung der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dienlich ist [§§ 89 I a. F. (89 n. F.) und 93 I a. F. (92 n. F.) GWB]. Von diesen Ermächtigungen ist in mehreren Bundesländern Gebrauch gemacht worden. In den Fällen der §§ 24 und 24a a. F. (35 bis 42 n. F.) GWB ist das für den Sitz des Bundeskartellamtes zuständige Oberlandesgericht Düsseldorf ausschließlich zuständig [§ 62 IV 1 a. F. ( 63 IV 1 n. F.) GWB]. Darüber hinaus kann durch Staatsverträge die Zuständigkeit eines Landgerichts [§ 89 II a. F. (89 II n. F.) GWB] oder die Zuständigkeit eines Oberlandesgerichts oder Obersten Landesgerichts [§ 93 II a. F. (92 II n. F.) GWB] für einzelne Bezirke oder das gesamte Gebiet mehrerer Länder begründet werden. Von dieser Möglichkeit ist in mehreren Bundesländern Gebrauch gemacht worden156. Nach § 94 S. 1 a. F. (93 S. 1 n. F.) GWB gilt § 93 I, II a. F. (92 I, II n. F.) GWB entsprechend für Rechtsmittel in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nach § 87 I a. F. (87 n. F.) GWB.

C. Europäische Gemeinschaft Das europäische Wettbewerbsrecht kennt nur das Verwaltungsverfahren. Im europäischen Wettbewerbsverfahren wird die VO 17 für Kartelle und die FKVO für Unternehmenszusammenschlüsse angewendet. Die Vorschriften dieser beiden Verordnungen in bezug auf das Verfahren sind nahezu wortgleich157. Vorbehaltlich der Nachprüfung durch den Europäischen Ge156 Von der Ermächtigung aufgrund §§ 89 I (a. F. und n. F.), 93 I a. F. (92 I n. F.) GWB ist in mehreren Bundesländern Gebrauch gemacht worden, während von der Ermächtigung nach §§ 89 II (a. F. und n. F.), 93 II (92 II n. F.) GWB bisher kein Gebrauch gemacht worden is s. Bechtold (4), § 89 Rn. 1 f.; § 92 Rn. 1; Immenga/ Schmidt, GWB, § 89 Rn. 2, §§ 92, 93 Rn. 1 f.

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richtshof – einschließlich des Gerichts erster Instanz – ist die Kommission ausschließlich dafür zuständig, die Nichtanwendung von Art. 85 I a. F. (81 I n. F.) EGV nach Art 85 III a. F. (81 III n. F) EGV zu prüfen (Art. 9 I VO 17) und – außer in den Ausnahmefällen von Art. 9 (Verweisung) und 21 III FKVO (Schutz berechtigter Interessen) – Unternehmenszusammenschlüsse zu kontrollieren (Art. 21 I FKVO)158. Die zuständige Stelle ist die Generaldirektion IV der Kommission. Die Fusionskontrolle nach der FKVO führt die speziell dafür in der Generaldirektion IV errichtete Merger Task Force durch. Dagegen können Verstöße gegen Art. 85 I a. F. (81 I n. F.) und 86 a. F. (82 n. F.) EGV auf Gemeinschaftsebene durch die Kommission und auf nationaler Ebene durch die Behörden der Mitgliedstaaten verfolgt werden159. 1. Verwaltungsverfahren Das Wettbewerbsverfahren der Europäischen Gemeinschaft untergliedert sich als Verwaltungsverfahren in Antragsverfahren und Amtsverfahren160. Antragsverfahren sind solche, die durch Antrag eingeleitet werden, Amtsverfahren hingegen solche, die die Kommission von Amts wegen einleitet. Unter die Antragsverfahren fallen die Prüfung über Negativatteste (Art. 2 VO 17), Zuwiderhandlungen gegen Art. 85 a. F. (81 n. F.) und Art. 86 a. F. (82 n. F.) EGV auf Beschwerde (Art. 3 II VO 17), Freistellung von Neukartellen (Art. 4 VO 17), Freistellungen von Altkartellen (Art. 5 VO 17), Anmeldung von Zusammenschlüssen (Art. 4 FKVO). Unter die Amtsverfahren fallen die Prüfungen von Amts wegen über Zuwiderhandlungen gegen Art. 85 a. F. (81 n. F.) und Art. 86 a. F. (82 n. F.) EGV (Art. 3 I VO 17).

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Auch weitere EG-Durchführungsverordnungen für die Anwendung der EGWettbewerbsregeln im Bereiche des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr (VO 1017/68), für den Seeverkehr (VO 4056/86) sowie für den Luftverkehr (VO 3975/87) sind wörtlich fast identisch und werden daher in dieser Arbeit nicht gesondert erwähnt s. Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, A. Rn. 41 ff. 158 Die Mitgliedstaaten verlieren ihre Zuständigkeit, sobald ein Zusammenschluß gemeinschaftsweite Bedeutung besitzt und in den Anwendungsbereich der Verordnung fällt. Fusionen, die nicht von gemeinschaftsweiter Bedeutung sind, bleiben in der nationalen Zuständigkeit (Rückschluß des Art. 21 II FKVO). Immenga/Immenga, EG-WbR, FKVO, Art. 21 Rn. 2. Dieser Grundsatz der Ausschließlichkeit dient sowohl der Vermeidung einer Parallelkontrolle durch die Kommission und die Wettbewerbsbehörde der Mitgliedstaaten als auch der Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmen s. Langen/Löffler, FKVO, Vor. Rn. 23. 159 Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 9 Rn. 8 ff. 160 Mestmäcker, § 1 II 5. S. 6 ff.

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(a) Allgemeine Untersuchung Wenn in einem Wirtschaftszweig die Entwicklungen des Handels zwischen Mitgliedstaaten, Preisbewegungen, Preiserstarrungen oder andere Umstände vermuten lassen, daß der Wettbewerb innerhalb des Binnenmarktes in dem betreffenden Wirtschaftszweig eingeschränkt oder verfälscht ist, kann die Kommission eine allgemeine Untersuchung des ganzen Wirtschaftszweiges einleiten und von den diesem Wirtschaftszweig angehörenden Unternehmen die Auskünfte verlangen, die zur Verwirklichung der in Art. 85 und 86 a. F. (81 und 82 n. F.) EGV niedergelegten Grundsätze und zur Erfüllung der der Kommission übertragenen Aufgaben erforderlich sind (Art. 12 I VO 17). Die mitzuteilenden Auskünfte betreffen insbesondere sämtliche Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinanderabgestimmte Verhaltensweisen, die nach Art. 4 II und 5 II VO 17 von der Anmeldepflicht befreit sind (Art. 12 II VO 17). Die Kommission hat nach Art. 12 IV VO 17 die allgemeinen Auskunfts- und Nachprüfungsrechte der Art. 11, 13 und 14 VO 17. Zur Einleitung dieser Sektorenuntersuchung sind ein förmlicher Beschluß durch die Kommission und die vorherige Anhörung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen notwendig (Art. 12 IV VO 17). (b) Verfahrenseinleitung Antragsverfahren werden auf Antrag ausgelöst (Dispositionsgrundsatz); die Kommission ist dann verpflichtet, das Verfahren einzuleiten (Legalitätsprinzip)161. In Amtsverfahren herrscht das Offizialprinzip. In Amtsverfahren liegt es im Ermessen der Kommission, ob sie ein Verfahren einleitet (Opportunitätsgrundsatz). Der Grund dafür ist, daß es die Aufgabe der Kommission ist, die Orientierung ihrer Wettbewerbspolitik zu bestimmen. Die Verfahrenseinleitung der Kommission ist grundsätzlich an keine bestimmte Form gebunden. Sie erfolgt im allgemeinen dadurch, daß ein Beamter oder mehrere Beamte damit beauftragt werden, die Untersuchung eines bestimmten Einzelfalles vorzunehmen. Die Anlässe hierzu sind Anfragen von Mitgliedern des Europäischen Parlaments, Beschwerde auf Abstellung von Zuwiderhandlungen von Mitgliedstaaten und von betroffenen Dritten (Art. 3, VO 17), Anzeigen oder informelle Beschwerden über Wettbewerbsverstöße, Anträge auf Erteilung eines Negativattests (Art. 2 VO 17) und auf Abgabe einer Freistellungserklärung (Art. 81 III n. F. EGV, Art. 6 VO 17) und Eigeninitiative der Kommission zur Verfahrenseinleitung 161 Im Fall der Unterlassung steht dem Antragsteller das Recht auf Untätigkeitsklage vor Gericht Erster Instanz zu s. u. Kap. I, C. 3. (a) (2).

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vom Amts wegen. Der mit der Sache beauftragte Kommissionsbeamte wird versuchen, den Sachverhalt zunächst ohne Inanspruchnahme der durch die VO 17 gewährten Befugnisse aufzuklären. Wenn nach Auswertung der so erlangten Informationen der Verdacht eines Wettbewerbsverstoßes fortbesteht, wird geprüft, welche Untersuchungsmittel zur Klärung des Sachverhaltes erforderlich sind162. Die Prüfung der Fusionskontrolle gehört zum Antragsverfahren. Bei der Zusammenschlußkontrolle beginnt die Kommission unmittelbar nach dem Eingang der Anmeldung mit deren Prüfung (Art. 6 I FKVO). Das förmliche Verfahren besteht aus zwei Phasen: die 1-monatige Vorprüfungsphase (Art. 6, 10 I FKVO) und die 4-monatige Hauptprüfungsphase (Art. 8, 10 II, III FKVO)163. (c) Beschwerde nach Art. 3 II VO 17 Nach Art. 3 II VO 17 kann der Beschwerdeberechtigte die Kommission zum Einschreiten gegen eine Zuwiderhandlung gegen Art. 85 und 86 a. F. (81 und 82 n. F.) EGV anregen. Beschwerdeberechtigt sind zum einen Mitgliedstaaten, zum anderen Personen und Personenvereinigungen, die ein berechtigtes Interesse für ein Tätigwerden der Kommission darlegen (Art. 3 II VO 17). Im Gegensatz zu den Mitgliedstaaten haben Personen und Personenvereinigungen keinen Anspruch auf Einleitung eines Verfahrens durch die Kommission164. Ein berechtigtes Interesse liegt immer dann vor, wenn eine natürliche oder juristische Person durch eine Wettbewerbsbeschränkung oder eine mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung unmittelbar und individuell betroffen ist oder sein kann165. In diesem Falle findet ein informeller Meinungs- und Informationsaustausch zwischen der Kommission und dem Beschwerdeführer statt, durch den die tatsächlichen und rechtlichen Umstände geklärt werden sollen166. Der Beschwerdeführer hat die Möglichkeit, seinen Standpunkt darzulegen. Wenn die Kommission die Beschwerde ablehnen will, folgt eine in Art. 6 VO 99 vorgesehene Mitteilung an den Beschwerdeführer, in der diesem die Gründe für die Ablehnung dargelegt werden. Des weiteren setzt die Kommission dem Beschwer162

Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II., VO 17, A., Rn. 19 ff.; Kreis, S. 283 f. Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, C., Rn. 4 ff. 164 EuGH, 18. 10. 1979, Slg. 1979, 3173 (3189 f.) „GEMA/Radio Luxemburg“; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 3 Rn. 7. 165 Langen/Sauter, VO 17, Art. 3 Rn. 5 ff.; Beschwerdeberechtigt sind auch die an einer Wettbewerbsbeschränkung beteiligten Unternehmen 26. 7. 1976 ABl. 1976 L 254/40 „Reuter/BASF“; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 3 Rn. 7 ff. 166 Die vorläufigen Bemerkungen der Dienststellen der Kommission im Rahmen rein informeller Kontakte sind keine anfechtbaren Maßnahmen. 163

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deführer eine Frist, in welcher er Bemerkungen vorbringen soll167. Wenn die Kommission die Beschwerde für unzulässig oder unbegründet hält, schickt sie dem Beschwerdeführer einen endgültig ablehnenden Bescheid. Diese endgültige Entscheidung kann vor dem Europäischen Gerichtshof einschließlich des Gerichts erster Instanz angefochten werden. Wenn die Kommission entgegen der Beschwerde ein Negativattest oder eine Freistellung erteilt, hat der Beschwerdeführer zum Schutz seiner berechtigten Interessen das Recht auf Anfechtungsklage nach Art. 173 IV a. F. (230 IV n. F.) EGV, auch wenn er in ihr nicht als Adressat genannt ist168. Grundsätzlich kann die Kommission ein auf Beschwerde eingeleitetes Verfahren jederzeit von Amts wegen wieder einstellen169. Falls die Kommission auf die Anregung gar nicht reagiert, kann der Antragsteller eine Untätigkeitsklage nach Art. 175 a. F. (232 n. F.) EGV erheben170. (d) Ermittlung (1) Allgemeines Die Kommission kann von den Regierungen und den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sowie von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen zur Erfüllung ihrer Aufgabe alle erforderlichen Auskünfte einholen (Art. 11 I VO 17) und alle erforderlichen Nachprüfungen vornehmen (Art. 14 I VO 17) (Untersuchungsgrundsatz). Erforderlich ist alles, was der 167 Gegen diese Mitteilung kann keine Nichtigkeitsklage erhoben werden, da die Mitteilung nach Art. 6 VO 17 gegenüber der abschließenden Entscheidung lediglich eine vorbereitende Verfahrenshandlung ist s. Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 3 Rn. 18. Diese Mitteilung ist eine Stellungnahme im Sinne von Art. 175 II a. F. (232 II n. F.) EGV, eine Untätigkeitsklage dagegen ist daher unzulässig EuGH, 18. 10. 1979 Slg. 1979, 3173 (3190 f.) „GEMA/Radio Luxemburg“; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 3 Rn. 22. 168 Zur Anfechtungsklage gegen die endgültig ablehnende Entscheidung EuGH, 25. 10. 1977 Slg. 1977, 1875 (1902) „Metro/SABA“; 11. 10. 1983 Slg. 1983, 3045 (3063) „Demo-Studio oder HiFi-Geräte Schmidt“; EuGeI 29. 6. 1993 Slg. 1993, II-669 (683) „Asia Motor France I“; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 3 Rn. 23; Langen/Sauter, VO 17, Art. 3 Rn. 7 ff.; zur Anfechtungsklage gegen Negativattest oder Freistellung EuGH, 25. 10. 1977 Slg. 1977, 1875 (1902) „Metro/ SABA“; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 3 Rn. 24; Langen/ Sauter, VO 17, Art. 3 Rn. 9; durch Zulassung dieser Anfechtungsklage verwandelt sich das Beschwerderecht Dritter langsam in ein echtes Recht auf ein Tätigwerden der Kommission s. Emmerich, § 33, 8., b), S. 514. 169 EuGH, 18. 10. 1979, Slg. 1979, 3173 (3189) „GEMA/Radio Luxemburg“; Emmerich, § 33, 8., b), S. 514. 170 Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 3 Rn. 15; Langen/Sauter, VO 17, Art. 3 Rn. 6.

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Kommission zur Aufklärung dient (Erforderlichkeitsgrundsatz). Die Voraussetzung „Erforderlichkeit“ verlangt aber, daß ein konkreter Verdacht besteht. Die Beurteilung der Erforderlichkeit liegt im Ermessen der Kommission171. Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung oder die Duldung der Nachprüfung darf nicht für das betroffene Unternehmen zu den Erfordernissen der Untersuchung außer Verhältnis stehen (Verhältnismäßigkeitsprinzip)172. Das Ermittlungsverfahren kann auch durch Antrag auf Negativattest (Art. 2 VO 17) oder Freistellung (Art. 4 VO 17) infolge von Untersuchungen von Wirtschaftszweigen (Art. 12 VO 17) angeregt werden. (2) Auskunftsersuchen Die Auskünfte können formlos (ohne Bezugnahme auf Art. 11 VO 17) oder förmlich (aufgrund Art. 11 VO 17) eingeholt werden. Das förmliche Verfahren ist nach Art. 11 V VO 17 aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zweistufig. Zunächst muß die Kommission ein bloßes Auskunftsverlangen nach Art. 11 III VO 17 an die Adressaten richten. Diesen ist in dieser Stufe freigestellt, ob sie die verlangten Auskünfte vorlegen oder nicht173. Reagiert das Unternehmen darauf nicht, nicht rechtzeitig oder unzureichend, dann erläßt die Kommission eine formelle Entscheidung nach Art. 11 V VO 17. In dieser zweiten Phase sind die Adressaten zur Vorlage verpflichtet. Die Entscheidung darf keine umfangreicheren Auskünfte anfordern als das einfache Verlangen nach Art. 11 III VO 17. Die Kommission kann die Auskünfte ohne vorherige Mitwirkung der nationalen Behörde einholen. Sie übermittelt dieser jedoch gleichzeitig eine Abschrift der Entscheidung174. Ein allgemeines Auskunftsverweigerungsrecht zum Schutz von Unterneh171

EuGH, Slg. 1989, 3283, (3347) „ORKEM“; Langen/Sauter, VO 17, Art. 11 Rn. 3; Weiß, S. 128 f.; Arnold, S. 4; Kreis, 284. 172 EuGH, 26. 6. 1980 Slg. 1980, 2033 (2060) „National Panasonic“. Der EuGH entscheidet im „Hoechst“-Fall, daß ein Schutz gegen unverhältnismäßige Eingriffe der öffentlichen Gewalt in die Sphäre der privaten Betätigung, den alle Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten vorsehen, auch als Gemeinschaftsrecht anzuerkennen ist EuGH 21. 9. 1989 Slg. 1989, 2859 (2924) „Hoechst“; DB 1989, 2112 (2113); Langen/Sauter, VO 17, Art. 11, Rn. 14; Arnold, S. 6 f. 173 Arnold, S. 5. Wenn die Adressaten aber die Fragen der Kommission beantworten, müssen sie richtige und vollständige Auskünfte vorlegen. Sonst drohen ihnen Geldbußen gemäß Art. 15 I b) VO 17. 174 Beim Auskunftsersuchen stehen der Kommission jedoch keine unmittelbaren Zwangsbefugnisse zu. Beim Nichtnachkommen oder unrichtigen Auskunftsvorlagen kann die Kommission den Betroffenen nur durch die Verhängung von Geldbußen nach Art. 15 I b) VO 17 und Zwangsgeldern gemäß Art. 16 I c) VO 17 mittelbar zwingen, am Ersuchen mitzuwirken; Arnold, S. 5; Immenga/Burrichter/Hauschild, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 11 Rn. 7 ff.

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men vor Selbstbezichtigung kennt das europäische Wettbewerbsrecht nicht. Das Gericht erkennt nur das Recht an, ein Geständnis zu verweigern175. (3) Nachprüfungen Die Kommission hat ferner die Befugnis, Nachprüfungen bei Unternehmen und Unternehmensvereinigungen entweder nach Art. 14 VO 17 selbst vorzunehmen oder nach Art. 13 VO 17 die nationale Kartellbehörde durchführen zu lassen176. Voraussetzung ist, daß konkrete Anhaltspunkte einen Verstoß gegen EG-Wettbewerbsrecht oder das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung eines Negativattestes oder einer Einzelfreistellung indiziert. Nicht zulässig ist ein Ausforschen ohne konkreten Verdacht. Im Rahmen der Nachprüfung hat die Kommission verschiedene Befugnisse (Art. 14 I Uabs. 2 VO 17): Sie kann sowohl die „Bücher und sonstigen Geschäftsunterlagen“ prüfen, als auch Abschriften oder Auszüge aus Büchern und Geschäftsunterlagen anfertigen, sowie mündliche Erklärungen an Ort und Stelle einholen, und alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel der Unternehmen betreten. Eine vorausgehende Konkretisierung der zu prüfenden Unterlagen ist nicht erforderlich. Nach Auffassung des EuGH kann die Kommission auch nach Informationsquellen suchen, die noch nicht bekannt oder vollständig bezeichnet sind. Die Bediensteten der Kommission haben aber kein Recht, die Geschäftsunterlagen zu beschlagnahmen177. Die Adressaten sind zur Duldung der Nachprüfung und zur 175

Dieses Recht hat der EuGH von dem Erfordernis der Wahrung der Verteidigungsrechte als fundamentalem Grundsatz der Gemeinschaftsrechtsordnung abgeleitet EuGH 18. 10. 1989 Slg. 1989, 3283 (3351) „Orkem“. Dieser Grundsatz des beschränkten Auskunftsverweigerungsrechts ist im Urteil des EuGeI „Société Générale“ bestätigt worden, während das Urteil des EuGHMR „Funke/Frankreich“ nicht nur die Verankerung eines Verbots der Selbstbezichtigung in Art. 6 I EMRK ausdrücklich feststellt, sondern auch mittelbar klarstellt, daß das Auskunftsverweigerungsrecht aufgrund dieser Vorschrift sowohl in Strafverfahren im engeren Sinne, als auch im Rahmen von Verwaltungsverfahren Geltung findet EuGeI 8. 3. 1995 Slg. 1995, II-545 (570) „Société Générale“; Case 82/1991/334/407, Series A, No. 256-A (Rn. 44). Kritisch gegenüber der Haltung von EuGH und EuGeI s. Immenga/ Burrichter/Hauschild, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 11 Rn. 24 ff.; Arnold, S. 9 ff.; Kreis, S. 285 f.; Sedemund (2), S. 57 f. 176 Zu Auftragsnachprüfungen durch nationale Behörden nach Art. 13 VO 17, s. u. Kap. I, C. 1. (j) (2) (bb). 177 Langen/Sauter, VO 17, Art. 14 Rn. 1 ff.; Immenga/Burrichter/Hauschild, EGWbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 14 Rn. 1 ff. Der EuGH erkennt ein Grundrecht der Unverletztlichkeit der Wohnung zwar für die Privatwohnung natürlicher Personen an, nicht aber für Unternehmen. Er begründet dies damit, daß die Rechtsordnungen hinsichtlich des Schutzes von Geschäftsräumen gegen behördliche Eingriffe zwischen Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede aufweisen und er mangels gemeinsamer Verfassungsüberlieferungen einen derartigen grundrechtsgeschützten Bereich im

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aktiven Mitwirkung verpflichtet178. Im Fall des Art. 14 VO 17 muß die Kommission die zuständige Behörde des Mitgliedstaates, in dessen Hoheitsgebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll, rechtzeitig vor der Nachprüfung über den Prüfungsauftrag und die Person des beauftragten Bediensteten unterrichten (Art. 14 II 2 VO 17). Für die Nachprüfung bedarf es allerdings keiner Zustimmung der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten. Nachprüfungen durch die Kommission können aufgrund eines einfachen Prüfungsauftrages (Art. 14 II VO 17), bei welchem dem Adressaten freigestellt ist, der Prüfung tatsächlich nachzukommen, oder einer zwingenden Nachprüfungsentscheidung (Art. 14 III VO 17) vorgenommen werden. Keine Voraussetzung ist im Gegensatz zum Auskunftsersuchen, daß der Prüfungsauftrag vor der Nachprüfungsentscheidung gestellt worden ist. Die Kommission kann zwischen beiden Nachprüfungsarten wählen179. Bei unvollständiger Unterlagenvorlage sowie bei Nichtduldung der Nachprüfung kann die Kommission nach Art. 15 I Buchst. c VO 17 Geldbußen und im Fall der Nichtduldung darüber hinaus nach Art. 16 I Buchst. d VO 17 auch Zwangsgelder verhängen180. Ebenso wie beim Auskunftsverlangen nach Art. 11 VO 17 stellt sich auch im Rahmen der Nachprüfungen die Frage nach dem Schutz von Unternehmen vor Selbstbezichtigung. Das Recht, ein Geständnis zu verweigern, ist insoweit anzuerkennen, als es um die Vorlage von Geschäftsunterlagen geht181. (4) Durchsuchungsbefugnis Umstritten ist in der Literatur, ob in der Prüfungs- und Betretungsbefugnis eine Einsichts- oder gar eine Durchsuchungsbefugnis enthalten ist und Gemeinschaftsrecht nicht anerkennen kann. Diese Entscheidung, die in deutlichem Gegensatz zur Rechtsprechung des BVerfG steht, ist in Deutschland kritisiert worden EuGH 21. 9. 1989, Slg. 1989, 2859 (2924); BVerfG, 13. 10. 1971, BVerfGE 32, 54 (69 ff.); Immenga/Burrichter/Hauschild, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 14 Rn. 17; Weiß, S. 132; Kamburoglou/Pirrwitz, S. 264 f. Zum Umfang der Nachprüfung, EuGH 21. 9. 1989, Slg. 1989, 2859 (2926); Langen/Sauter, VO 17, Art. 14 Rn. 6; Immenga/Burrichter/Hauschild, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 14 Rn. 17; Weiß, S. 134; Kamburoglou/Pirrwitz, S. 268. 178 Immenga/Burrichter/Hauschild, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 14 Rn. 9; Kamburoglou/Pirrwitz, S. 268 f.; Kreis, S. 291 f.; Weis; S. 134 f.; kritisch Bechtold (2), 48 f. 179 EuGH, 26. 6. 1980 Slg. 1980, 2033 (2059) „National Panasonic“; Arnold, S. 4 ff.; Weiß, S. 139. 180 Immenga/Burrichter/Hauschild, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 14 Rn. 16, 18. 181 In der Praxis werden nur wenige Dokumente ein direktes Geständnis beinhalten s. Immenga/Burrichter/Hauschild, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 14 Rn. 25; Arnold, S. 10 f.; Kreis, S. 288 ff., 296.

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inwieweit die Mitwirkung der nationalen Behörde nach Art. 14 VI VO 17 im Falle eines Widersetzens des Adressaten verlangt werden kann182. Nach der Ansicht des EuGH dürfen die Kommissionsbediensteten nach Informationsquellen suchen, die noch nicht bekannt oder vollständig bezeichnet sind. Andererseits können sie sich weder gewaltsam Zugang zu Räumen oder Möbeln verschaffen und noch Durchsuchungen ohne Einwilligung der Adressaten vornehmen. Wenn sich die betroffenen Unternehmen der Nachprüfung widersetzen, kann die Kommission die Duldung der Nachprüfung lediglich durch Zwangsgebühr nach Art. 16 I Buchst. d VO 17 mittelbar erzwingen, denn sie verfügt nicht über Zwangs- und Vollstreckungsbefugnisse. Es fehlt damit an einem für die Durchsuchung charakteristischen Merkmal183. Die Kommissionsbediensteten sind daher beim Widerstand der betroffenen Unternehmen auf die zur Durchführung der Nachprüfung erforderliche Unterstützung durch die nationalen Behörden nach Art. 14 VI VO 17 angewiesen. Es ist dann Sache des einzelnen Mitgliedstaates, die Bedingungen zu regeln, unter denen die nationalen Behörden die Bediensteten der Kommission unterstützen184. Die Kommission muß die im nationalen Recht vorgesehenen Verfahrensgarantien beachten185. Bedenklich ist, daß die Durchsuchung bei Widerstand der betroffenen Unternehmen, obwohl sie der Kommission eigentlich verwehrt ist, durch die Mitwirkung der nationalen Behörden nach Art. 14 VI VO 17 mittelbar möglich wird. Diese Behörden können aufgrund nationaler Gesetze Zwangs- und Vollstreckungsbefugnisse haben, die der Kommission nicht in Art. 14 II, III VO 17 zugewiesen sind. Durch die Mitwirkungspflicht kann die Kommission ihre Befugnisse 182

Weiß, S. 133 ff. EuGH, 21. 9. 1989 Slg. 1989, 2859 (2926 f.) „Hoechst“; Immenga/Burrichter/Hauschild, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 14 Rn. 9, 17 f.; Kamburoglou/Pirrwitz, S. 265 f. Zustimmend Kamburoglou/Pirrwitz, S. 269 f.; Arnold, S. 7 ff. bejaht die Befugnis der EG-Bediensteten zur selbständigen Suche nach Unterlagen; a. A. Bechtold (2) 48 ff. Durch diese Rechtsprechung kommt das Betretungsrecht nach deutschem Rechtsverständnis einem Durchsuchungsrecht nahe s. Immenga/Burrichter/Hauschild, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 14 Rn. 17. Die Durchsuchung ist nach der Rechtsprechung des BVerfG gekennzeichnet durch das „ziel- und zweckgerichtete Suchen staatlicher Organe nach Personen oder Sachen oder zur Ermittlung eines Sachverhalts, um etwas aufzuspüren, was der Inhaber der Wohnung von sich aus nicht offenlegen oder herausgeben will BVerfG, 3. 4. 1979, BVerfGE 51, 97 (106); vgl. BVerwG 6. 9. 1974, BVerwGE 47, 31 (37). 184 EuGH, 21. 9. 1989 Slg. 1989, 2859 (2927) „Hoechst“; Immenga/Burrichter/ Hauschild, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 14 Rn. 18 ff.; Arnold, S. 5, 8 f.; Kamburoglou/Pirrwitz, S. 266, 270 f. Zur Unterstützung durch die mitgliedstaatlichen Behörden, s. u. Kap. I, C. 1. (j) (2). 185 EuGH, 21. 9. 1989 Slg. 1989, 2859 (2928) „Hoechst“; Immenga/Burrichter/ Hauschild, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 14 Rn. 20; Kamburoglou/Pirrwitz, S. 266, 270. 183

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also faktisch erweitern186. Hinzu kommt, daß das Gemeinschaftsrecht im Gegensatz zum nationalen Recht zur Zulassung der „Durchsuchung“ in Geschäftsräumen keinen Richtervorbehalt kennt187. (e) Rechtliches Gehör (Mündliche Anhörung) Rechtliches Gehör bedeutet ein umfassendes Äußerungsrecht des Betroffenen zu allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten, die Grundlage für eine belastende Verwaltungsentscheidung sein können. Wenn die Kommission aufgrund ihrer Ermittlungen zu dem Verdacht gekommen ist, daß ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft vorliegt, teilt sie dem verdächtigen Unternehmen die Beschwerdepunkte mit. In der Mitteilung der Beschwerdepunkte wird zu diesem Zweck eine Frist gesetzt, binnen derer der Adressat sich schriftlich äußern kann (Art. 2 IV, 3 I VO 99). Dann sind die Beteiligten vor Entscheidungen über ein Negativattest, eine Freistellung, ein Verbot oder ein Buß- oder Zwangsgeld nach Art. 2, 3, 6, 7, 8, 15 und 16 VO 17 zu hören (Art. 19 VO 17)188. Den betroffenen Unternehmen neue Tatsachen zur Last zu legen oder den Nachweis bestrittener Zuwiderhandlungen auf eine erheblich geänderte Grundlage zu stellen, ist unter der Bedingung möglich, daß ergänzende Beschwerdepunkte den Betroffenen übermittelt werden und diese dazu erneut nach Art. 19 I VO 17 angehört werden189. Die Kommission kann in ihrer abschließenden 186 Weiß, S. 131 ff.; vgl. Kamburoglou/Pirrwitz, S. 269; unklar Langen/Sauter, VO 17, Art. 14 Rn. 15 ff. In Deutschland könnte aufgrund § 47 a. F. (§ 50 n. F.) GWB auf die Ermittlungsbefugnisse des BKartA gemäß § 46 a. F. (§ 59 n. F.) GWB auch im Rahmen der Mitwirkung in vollem Umfang zurückgegriffen werden. Auf diese Problematik wird wegen des geringen Zusammenhanges mit der Hauptthema dieser Arbeit – Unabhängigkeit der Wettbewerbsbehörde und die Trennung der Entscheidungsfindung von der Ermittlung – nicht weiter eingegangen. 187 EuGH 21. 9. 1989 Slg. 1989, 2859 (2922 ff.) „Hoechst“; Immenga/Burrichter/Hauschild, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 14 Rn. 17; Arnold, S. 7. Das diesbezügliche Vorgehen bedürfte in Deutschland nach § 46 IV 1 a. F. (59 IV 1 n. F.) GWB grundsätzlich einer richterlichen Durchsuchungsanordnung. 188 Langen/Sauter, VO 17, Art. 19 Rn. 2 ff.; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 19 Rn. 3 ff.; Arnold, S. 12 ff.; Sedemund (2), S. 47 ff. Die betroffenen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen sind nicht verpflichtet, auf die ihnen mitgeteilten Beschwerdepunkte zu reagieren s. Langen/Sauter, VO 17, Art. 19 Rn. 7. Die Frist für die schriftliche Stellungnahme der Betroffenen beträgt mindestens zwei Woche (Art. 11 I VO 99). In der Praxis ist sie in mittelschweren Fällen zwei, in schwierigen Fällen drei Monate, im Verfahren einstweiliger Anordnungen zwei Wochen Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 19 Rn. 10. 189 EuGH, 14. 7. 1972 Slg. 1972, 845 (849, 826 f.) „SANDOZ“; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 19 Rn. 5, 11; Langen/Sauter, VO 17, Art. 19 Rn. 6.

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Entscheidung nur die ordnungsgemäß mitgeteilten Beschwerdepunkte in Betracht ziehen, zu denen die Betroffenen zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hatten (Art. 4 VO 99)190. Darüber hinaus können die Betroffenen ihre schriftlichen Äußerungen mündlich erläutern (Art. 7 I VO 99). Voraussetzung dafür ist, daß sie dies in ihrer schriftlichen Äußerung beantragt haben und ein ausreichendes Interesse glaubhaft machen (Art. 7 I 1. Alt. VO 99). Im Sanktionsverfahren ist eine mündliche Anhörung obligatorisch (Art. 7 I 2. Alt. VO 99). Die mündliche Anhörung ist jedoch kein streitiges, kontradiktorisches Verfahren. Sie dient nicht dem Zweck, neue Beschwerdepunkte zu bringen oder neue Beweismittel gegen die Unternehmen zu erheben, sondern nur der Klarstellung der wesentlichen Argumente und der Klärung der nach dem schriftlichen Verfahren noch offenen Fragen. Nach der Auffassung der Kommission ist eine mündliche Anhörung nicht mehr angebracht, wenn die Beteiligten ausreichend Gelegenheit zu einer schriftlichen Stellungnahme gehabt haben und seitdem keine erhebliche Änderung der Sach- und Rechtslage eingetreten ist191. Die mündliche Anhörung leitet der Anhörungsbeauftragte, den die Kommission aus den Bediensteten der Generaldirektion IV beauftragt (Art 9 I VO 99)192. Der Anhörungsbeauftragte muß während der gesamten Anhörung anwesend sein193. Seine Aufgabe ist es, sowohl für einen geregelten Ablauf der Anhörung zu sorgen und auf die Wahrung der Verteidigungsrechte zu achten, als auch zur Objektivität der Anhörung und der späteren Entscheidung beizutragen (Art. 2 I, II BKM)194. Den Ablauf der An190 Langen/Sauter, VO 17, Art. 19 Rn. 3; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 19 Rn. 3; Arnold, S. 13. 191 Kommission, 11. Wettbewerbsbericht Nr. 26; dies., 23. Wettbewerbsbericht Nr. 205; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 19 Rn. 25; Weiß, S. 142 ff.; House of Lords (1), Tz. 18. Im europäischen Wettbewerbsverfahren spielt die mündliche Anhörung im Verhältnis zum schriftlichen Verfahren eine zweitrangige Rolle. Zum Reformvorschlag der mündlichen Verhandlung s. Davidow, S. 182 ff. 192 Zur Rolle des Anhörungsbeauftragten in Hinblick auf die Funktionstrennung s. u. Kap. II, C. 3. (b) (3); um seine Neutralität zu sichern, hat er das unmittelbare Vortragsrecht bei dem zuständigen Kommissionsmitglied (Art. 1 III 2, 9 III BKM) Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 19 Rn. 27. 193 Stattdessen brauchen die Mitglieder der Kommission nicht selbst anwesend zu sein, ebensowenig ist die ununterbrochene Anwesenheit anderer Kommissionsbeamten erforderlich EuGH 15. 7. 1970, Slg. 1970, 769 (802) „Chinin-Boehringer“; EuGH, 29. 10. 1980, Slg. 1980, 3125 (3234) „FEDETAB“; Langen/Sauter, VO 17, Art. 19 Rn. 20. 194 Er wacht insbesondere darüber, daß alle für die Beurteilung des Falles erheblichen Umstände tatsächlicher Art – seien sie für die Beteiligten be- oder entlastend – bei der Ausarbeitung von Entwürfen zu kartellrechtlichen Entscheidungen der Kommission in angemessener Weise berücksichtigt werden (Art. 2 I BKM) Kommission,

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hörung regelt der Anhörungsbeauftragte in eigener Verantwortung (Art. 7 II BKM). Üblicherweise eröffnet er die Sitzung und lädt den Berichterstatter des Kommissionsstabes ein, um sich eine kurze Zusammenfassung des Falles geben zu lassen. Anschließend darf das betroffene Unternehmen sich äußern. Dann folgt ein gegenseitiges Fragen zur Klarstellung der Argumente. Der Anhörungsbeauftragte entscheidet, ob die Betroffenen oder Dritte gemeinsam oder zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen getrennt angehört werden sollen (Art. 9 III VO 99, Art. 7 III BKM)195. Die Vorlage neuer Unterlagen oder die Anhörung weiterer Personen muß vom Anhörungsbeauftragten genehmigt werden (Art. 7 BKM). Weder das Unternehmen noch die Kommission müssen die Fragen beantworten. Der Anhörungsbeauftragte berichtet dem Generaldirektor für Wettbewerb über den Ablauf der Anhörung und seine Schlußfolgerungen (Art. 8 BKM)196. In diesem Bericht kann er anregen, weitere Auskünfte einzuholen, auf bestimmte Beschwerdepunkte zu verzichten oder zusätzliche Beschwerdepunkte mitzuteilen. Ferner kann er auch dem für Wettbewerbsfragen zuständigen Kommissionsmitglied unmittelbar berichten und beantragen, daß seine Stellungnahme dem Entscheidungsentwurf beigefügt wird (Art. 9, 10 BKM). Sein Bericht hat jedoch für die Kommission bloß den Wert eines Gutachtens, bindet sie daher nicht. Er ergänzt weder das Vorbringen der Unternehmen, noch formuliert er neue Beschwerdepunkte, noch liefert er neue Beweismittel. Damit ist der Bericht kein entscheidungserheblicher Faktor, den der Gemeinschaftsrichter bei der Prüfung der Entscheidung zu berücksichtigen hätte197. Die mündliche Anhörung ist nicht öffentlich (Art. 9 III VO 99). Das europäische Wettbewerbsrecht kennt keine öffentliche mündliche Verhandlung. Um den Betroffenen im Rahmen des rechtlichen Gehörs die Wahrung ihrer Verteidigungsrechte zu ermöglichen, besteht das Bedürfnis und Interesse für sie, die Akten der Kommission oder anderer Verfahrensbeteiligter einzusehen (Akteneinsicht)198. In der VO 17 ist die Akteneinsicht nicht ausdrücklich vorgesehen. Diesbezüglich hat die Kommission Richtlinien in der 12. Wettbewerbsbericht Nr. 36; Weiß, S. 141 ff.; Langen/Sauter, VO 17, Art. 19 Rn. 19. 195 Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 19 Rn. 31. 196 Dieser Bericht muß weder der Kommission noch den Mietgliedern des Beratenden Ausschusses übermittelt werden s. Langen/Sauter, VO 17, Art. 19 Rn. 19. Der Bericht ist den Verfahrensbeteiligten nicht mitzuteilen und wird auch nicht veröffentlicht EuGH 24. 10. 1991 Slg. 1991, II-1087 (1113) „Polypropylen-Petrofina“; EuGH 10. 3. 1992 Slg. 1992, II-1275 (1311 f.) „Polypropylen-Linz“; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, Art. 19 Rn. 34; Weiß, S. 141. 197 Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 19 Rn. 34; Langen/Sauter, VO 17, Art. 19 Rn. 19; Arnold, S. 2. Hier ergibt sich die Grenze dieser Institution des Anhörungsbeauftragten.

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Mitteilung vom 23. 1. 1997 erlassen199. Nach diesen Richtlinien wird den Betroffenen im Anschluß an die Mitteilung der Beschwerdepunkte der Zugang zu der als einsehbar eingestuften Ermittlungsakte gewährleistet, zu denen alle Unterlagen, auf die die Kommission ihre Entscheidung zu stützen beabsichtigt, gehören. Hiervon ausgenommen sind zum einen die internen Schriftstücke der Kommission, der nationalen Behörden oder des Beratenden Ausschusses, zum anderen Geschäftsgeheimnisse anderer Unternehmen (Geheimnisschutz). Betroffener ist hier grundsätzlich der Empfänger einer Mitteilung der Beschwerdepunkte. Wenn ein Dritter, insbesondere der Beschwerdeführer, die Akteneinsicht beantragt, darf die Einsichtnahme nur soweit gehen, wie es zur angemessenen Geltendmachung seiner Rechte und Interessen erforderlich ist. Er hat nicht in demselben Umfang wie andere Verfahrensbeteiligte das Recht auf Akteneinsicht. Sonst wäre es für ihn durch die Beschwerde möglich, Einsicht in Geschäftsgeheimnisse von Lieferanten oder Wettbewerbern zu nehmen. Dritte, die an dem Kommissionsverfahren nicht beteiligt sind, haben grundsätzlich kein Recht auf Akteneinsicht200. Der Anspruch auf Akteneinsicht kann grundsätzlich erst nach der Zusendung der Beschwerdepunkte geltend gemacht werden201. Nach der Anhörung der Parteien wird der Beratende Ausschuß für Kartell- und Monopolfragen angehört (Art. 10 III VO 17), der sich aus zuständigen Beamten der Mitgliedstaaten zusammensetzt (Art. 10 IV VO 17). Dazu wird ihm der Vorentwurf der Kommissionsentscheidung und das von den Betroffenen korrigierte Protokoll der Anhörung vorgelegt. Die Stellungnahme des Ausschusses wird dann der Kommission übermittelt, aber nicht veröffentlicht (Art. 10 VI 2, 3 VO 17). Eine endgültige Entscheidung trifft die Kommission, ohne an diese Stellungnahme gebunden zu sein202. 198 Langen/Sauter, VO 17, Art. 19 Rn. 8; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 19 Rn. 12; Arnold, S. 12 f. 199 ABl. 1997 C 23/3. 200 Zur Frage von Umfang und Grenze der Akteneinsicht und des dazu Berechtigten EuGH 24. 6. 1986 Slg. 1986, 1965 (1991 f.) „AKZO“; EuGH 15. 7. 1994 Slg. 1994, II-594 (609) „Matra/Ford-Volkswagen“; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 19 Rn. 13 ff.; Langen/Sauter, VO 17, Art. 19 Rn. 8a ff.; ausführlich zu dieser Frage in Hinblick auf das unterschiedliche Vorgehen der Kommission gegenüber den betroffenen Unternehmen einerseits und dem Beschwerdeführer nach Art. 3 II VO 17/62 andererseits s. Weiß, S. 192 ff.; ebenso Arnold, S. 14 ff.; frühzeitiger Vorschlag zur umfangreichen Akteneinsicht Davidow, S. 184 f. 201 Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 19 Rn. 21. 202 Langen/Sauter, VO 17, Art. 10 Rn. 2 ff.; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 10 Rn. 21 ff.; Kreis, S. 294 f. In Gegensatz dazu wird die Stellungnahme des Beratenden Ausschusses für die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen veröffentlicht (Art. 19 VII FKVO) s. Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 10 Rn. 27 f.; zur Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den nationalen Behörden s. u. Kap. I, C. 1. (j) (2) (bb). Zum Beratenden Ausschus-

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(f) Beiladung Dritter Im Verwaltungsverfahren nach VO 17 existiert keine formelle Beiladung Dritter203. (g) Anhörung Dritter Dieser Grundsatz des rechtlichen Gehörs gilt auch für Dritte, die ein berechtigtes Interesse am Verfahren wegen Betroffenheit ihrer wirtschaftlichen oder rechtlichen Belange glaubhaft machen (Art. 19 II VO 17) oder durch eine von der Kommission beabsichtigte günstige Entscheidung wie Negativattest oder Freistellung benachteiligt werden könnten (Art. 19 III VO 17)204. Die Kommission kann auch andere Personen oder Personenvereinigungen als die beteiligten Unternehmen und Unternehmensvereinigungen von Amts wegen oder auf Antrag – wenn die anzuhörenden Dritte ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen – anhören (Art. 19 II VO 17). Art. 3 III 2 VO 99 gibt dem Betroffenen Gelegenheit, der Kommission die Anhörung von Personen vorzuschlagen, die den Vortrag des Betroffenen bestätigen205. Es kann sich hierbei um Zeugen, Sachverständige, Interessenverbände oder Verbraucherschutzvereinigungen handeln206. Hier stellt sich die Frage, ob die Betroffenen ein selbständiges Recht auf Einvernahme von Zeugen oder Sachverständigen haben. Der Europäische Gerichtshof hat zu dieser Frage noch nicht Stellung bezogen207. Im Schrifttum wird dieses Recht überwiegend verneint. Eine solche Anhörung sei nur im Rahmen der Garantie des rechtlichen Gehöres möglich, wenn also die Betroffenen selbst derartiges anböten und die Aussagen freiwillig gemacht würden. Die Praxis der Kommission zeigt jedoch, daß sie nur selten den Anhörungswunsch nach Art. 3 III 2 VO 99 ablehnt208. ses für die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen s. Langen/Löffler, FKVO, Art. 19 Rn. 9 ff.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D., Art. 19 Rn. 9 ff., Art. 20 Rn. 13; s. o. Kap. I, C. 1. (i) (5); s. u. Kap. I, C. 1. (j) (2) (cc). 203 Bechtold (4), § 54 Rn. 10; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D., Art. 18 Rn. 13. 204 Langen/Sauter, VO 17, Art. 19 Rn. 24 ff.; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II., VO 17, B., Art. 19 Rn. 38 ff.; Arnold, S. 14. 205 Langen/Sauter, VO 17, Art. 19 Rn. 26. 206 Langen/Sauter, VO 17, Art. 19 Rn. 24; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 19 Rn. 42. 207 EuGH, 29. 10. 1980 Slg. 1980, 3125 (3232) „FEDETAB“; EuGH, 17. 1. 1984 Slg. 1984, 19 (57 f.) „VBVB/VBBB“ 208 Schriefers, S. 99. Die Kommission kann die Zeugen und Sachverständigen weder eidlich vernehmen, noch durch Geldbußen zum Erscheinen zwingen s.

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Außer der Anhörung nach Art. 19 II VO 17 ist Dritten Gelegenheit zur Bemerkungen und Einwendungen zu geben, wenn die Kommission ein Negativattest nach Art. 2 a. F. (2 n. F.) EGV oder eine Freistellungserklärung gemäß Art. 85 III a. F. (81 III n. F.) EGV erteilen will, da Dritte (Wettbewerber, Abnehmer oder Verbraucher) dadurch benachteiligt werden könnten. Weil der Kreis der Dritter unüberschaubar groß ist, veröffentlicht die Kommission in diesem Fall den Inhalt des Antrags oder der Anmeldung im Amtsblatt mit der Aufforderung an alle betroffenen Dritten, ihr innerhalb einer festgesetzten Frist Bemerkungen schriftlich mitzuteilen (Art. 19 III 1 VO 17). Die Veröffentlichung muß aber den berechtigten Interessen der Unternehmen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse Rechnung tragen (Art. 19 III 2 VO 17)209. Über die Anhörung Dritter entscheidet der Anhörungsbeauftragte nach Rücksprache mit dem für die Untersuchung des Falles zuständigen Direktor (Art. 3 I BKM). Die Anhörung erfolgt grundsätzlich durch die schriftliche Stellungnahme (Art. 5 VO 99). Außerdem kann die Kommission Dritte zur mündlichen Anhörung laden, wenn sie ein ausreichendes Interesse glaubhaft machen (Art. 19 II VO 17 und 7 VO 99). Über den Antrag Dritter auf die mündliche Anhörung entscheidet der Anhörungsbeauftragte nach Rücksprache mit dem für die Untersuchung des Falles zuständigen Direktor (Art. 4 I BKM). Dritte haben jedoch keinen Anspruch auf mündliche Anhörung210. (h) Einstweilige Anordnungen Einstweilige Anordnungen sind in der VO 17 nicht ausdrücklich vorgesehen211. Jedoch hat der Europäische Gerichtshof das Recht einstweiliger Anordnungen aus Art. 3 VO 17 abgeleitet. Er begründet wie folgt: Der Sinn Langen/Sauter, VO 17 Art. 19 Rn. 26; Bechtold (4) § 57 Rn. 5; Weiß, S. 318 ff., leitet die Verpflichtung aus dem hinter der Vorschrift liegenden Rechtsgrundsatz des rechtlichen Gehörs ab. 209 Langen/Sauter, VO 17, Art. 19 Rn. 25, 28; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, Art. 19 Rn. 38 ff. 210 EuGH 17. 11. 1987 Slg. 1987, 4487 (4572 f.) „BAT/Philip Moris/RohtmansRembrand“; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 19 Rn. 28, 43; Langen/Sauter, VO 17, Art. 19 Rn. 24 f. Zum Anhörungsbeauftragten s. o. Kap. II, C. 3. (b) (3). 211 Ausnahmen sind einstweilige Anordnungen zum Entzug der durch eine Anmeldung bewirkten Bußgeldimmunität (Art. 15 VI VO 17), im Bereich der Zusammenschlußkontrolle des EGKS (Art. 66 § 5 III), der FKVO (Art. 7 II) und der Luftfahrtverordnung 3975/87 (Art. 4a) s. Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 3 Rn. 52; Langen/Sauter, VO 17, Art. 3, Rn. 10.

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und Zweck dieser Vorschrift sehe sichernde Maßnahmen der Kommission vor, wenn diese unerläßlich erscheinen, um zu verhindern, daß die Ausübung der in Art. 3 VO 17 vorgesehenen Entscheidungsbefugnis durch das Verhalten von Unternehmen wirkungslos oder gar illusorisch gemacht werde. Voraussetzung ist nach dem EuGH, daß ein Rechtsverstoß vorliegt, der Gegenstand einer Hauptsachenentscheidung der Kommission sein könnte, und daß eine vorläufige Maßnahme dringend erforderlich ist, um eine Situation zu verhindern, in der ein schwerwiegender, nicht wiedergutzumachender Schaden bei dem durch eine Wettbewerbsbeschränkung oder einen Mißbrauch Betroffenen entsteht. Bei Prüfung der Voraussetzung sind das Interesse des Adressaten der angestrebten einstweiligen Anordnung, das Interesse des von der Zuwiderhandlung Betroffenen und das öffentliche Interesse an der Durchsetzung der Wettbewerbsregeln abzuwägen212. Wenn diese Voraussetzung erfüllt sind, kann die Kommission von Amts wegen oder auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen (Art. 3 I VO 17). Antragsberechtigt sind Mitgliedstaaten sowie Personen und Personenvereinigungen, die ein berechtigtes Interesse darlegen (Art. 3 II VO 17). Eine Ab212 EuGH, 17. 1. 1980 Slg. 1980, 119 (129 ff.) „Camera Care/Hasselblad“; Bechtold (4), § 60 Rn. 8; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 3 Rn. 52 ff.; Langen/Sauter, VO 17, Art. 3, Rn. 10 ff. Die Anerkennung der Befugnis der Kommission zum Erlaß von einstweiligen Maßnahmen aufgrund dieser Rechtsprechung erscheint in Hinblick auf den Grundsatz des Gesetzesvorbehalts der Verwaltung nicht unbedenklich, auch wenn der EuGH Voraussetzungen zum Erlaß einstweiliger Anordnungen aufgestellt hat und die Anordnungen der nachträglichen Kontrolle des EuGH unterstehen. Es besteht zur Zeit keine Vorschrift für einstweilige Anordnungen. Es ist einerseits nicht zu bestreiten, daß unter bestimmten Umständen zur wirksamen Durchsetzung des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft ein Bedürfnis für einstweiligen Anordnung bestehen kann. Der EuGH hat diese Lücke des Gemeinschaftsrechts durch seine Rechtsprechung geschlossen. Andererseits kann das Interesse der Urheber der fraglichen Wettbewerbsbeschränkung durch den Erlaß einer einstweiligen Anordnung in ihren Rechten beeinträchtigt werden. Die Kommission stellt einen supranationalen Verwaltungsapparat dar, der eine direkte Eingriffsbefugnis in die Rechte des Gemeinschaftsbürgers besitzt. Außerdem setzt Art. 3 I VO 17 eine festgestellte Zuwiderhandlung und Verpflichtung durch Entscheidung voraus. Nach Art. 3 III VO 17 kann die Kommission nur eine unverbindliche Empfehlung zur Abstellung der Zuwiderhandlung an ihre Urheber richten, die man nicht vor dem EuGH angreifen kann. Eine „verbindliche“ einstweilige Anordnung ist daher in beiden Vorschriften gar nicht vorgesehen. Nach dem nationalen Verwaltungsrecht wäre in diesem Fall ein Vorbehalt des Gesetzes notwendig. Außerdem ist die gerichtliche Kontrolle über die einstweiligen Anordnungen der Kommission im Grunde nachträglich [Art. 185 S. 1 a. F. (242 S. 1 n. F.) EGV]. Daher soll aufgrund des Grundsatzes des Gesetzesvorbehalts eine Vorschrift über die Zuständigkeit der Kommission, die einstweilige Anordnung zu erlassen, in die VO 17 aufgenommen werden, vgl. Schlußanträge des Generalanwalts Jean-Pierre Warner EuGH, 17. 1. 1980 Slg. 1980, 133 (134 ff.) „Camera Care/Hasselblad“. Zum Grundsatz des Gesetzesvorbehalts s. Maurer, § 2 Rn. 5, § 6 Rn. 1 ff. (21). Zur Wirkung einer Anfechtungsklage, s. o. Kap. I, C. 3. (a) (1).

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schrift des Antrags ist nach Art. 10 VO 17 den Behörden der Mitgliedstaaten zu übermitteln. Der Antrag ist den von ihm betroffenen Unternehmen mitzuteilen. Diese Mitteilung kann mit der Ankündigung einer einstweiligen Anordnung verbunden werden. Aus dem Rechtsgrundsatz des rechtlichen Gehörs gibt die Kommission dann den Beteiligten vor dem Erlaß der einstweiligen Maßnahmen mit kürzeren Fristen als vor Entscheidungen nach Art. 19 I VO 17 Gelegenheit zu Stellungnahmen. Eine mündliche Anhörung ist nicht obligatorisch, wird jedoch in der Praxis meist mit ebenso abgekürzten Fristen gewährt213. Da die einstweilige Anordnung die Feststellung einer Zuwiderhandlung enthält, ist sie von der Kommission als Gremium zu beschließen. Sie ergeht in der Regel mit der Androhung von Zwangsgeld, die einer weiteren Entscheidung bedarf. Die einstweilige Anordnung ist, obwohl sie keine das Verfahren abschließende Entscheidung ist, ihrem inhaltlichen Gewicht nach einer Endentscheidung gleichzustellen, die auch vor dem Europäischen Gerichtshof anfechtbar ist214. (i) Zusammenschlußkontrolle (1) Allgemeines Die europäische Zusammenschlußkontrolle ist als Präventivkontrolle mit vorheriger Anmeldepflicht ausgestaltet. Anmeldepflichtig sind alle Zusammenschlüsse von gemeinschaftlicher Bedeutung im Sinne von Art. 1 II, 3 FKVO (Art. 4 I FKVO)215. In der Praxis werden in aller Regel schon, bevor die Anmeldung förmlich erfolgt ist, in informellen Vorgesprächen vor der Merger Task Force geklärt, welche Angaben die Kommission zur Prüfung benötigt. Oftmals werden die entsprechenden Auskunftsersuchen 213 Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 3 Rn. 56; Langen/Sauter, VO 17, Art. 3 Rn. 17. In der Praxis beträgt die Frist für die schriftliche Stellungnahme der Betroffenen im Verfahren einstweiliger Anordnungen zwei Wochen, während sie bei Entscheidungen nach Art. 19 I VO 17 in mittelschweren Fällen zwei, in schwierigen Fällen drei Monate ist s. Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 19 Rn. 10. 214 Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 3 Rn. 57 f. 215 Langen/Löffler, FKVO, Art. 6 Rn. 1 f.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D., Art. 4 Rn. 1 f. Ein dem Art. 3 II Buchst. b VO 17 vergleichbares Recht, die Anmeldung eines Zusammenschlusses zu erzwingen, haben Dritte nicht. Die Kommission muß jedoch ihren Hinweisen nachgehen. Hat ein Dritter der Kommission eine Frist zur Erzwingung der Anmeldung gesetzt, kann der Dritte im Falle ihres Schweigens nach Art. 175 III a. F. (Art. 232 II n. F.) EGV Untätigkeitsklage, im Falle des Tätigwerdens zu seines Ungunsten nach Art. 173 IV a. F. (Art. 230 IV n. F.) EGV Nichtigkeitsklage erheben EuGeI 24. 3. 1994, Slg. 1994 II, 121 (155 ff.) „Air France/Kommission“; Körber, 272 f.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D., Art. 18 Rn. 13.

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(Art. 11 FKVO) fertiggestellt, damit ab dem Zeitpunkt der Anmeldung die Ermittlungen rechtzeitig und effizient beginnen können216. Das formelle Verfahren der Zusammenschlußkontrolle hat zwei getrennte Prüfungsphasen, nämlich das Vor- und das Hauptverfahren. Grundsätzlich gilt die Verfahrensregelung der VO 17 auch für das Verfahren der Zusammenschlußkontrolle. Die Vorschrift des Art. 11 FKVO über das Auskunftsverlangen der Kommission entspricht fast wörtlich dem Art. 11 VO 17. Nach Art. 11 I FKVO sind zusätzlich eine oder mehrere Personen, die bereits ein Unternehmen kontrollieren, auskunftspflichtig. Wenn solche Personen die Auskünfte unvollständig, unrichtig oder nicht fristgemäß erteilen, können gegen diese Geldbußen oder Zwangsgelder verhängt werden (Art. 14 I Buchst. c, Art. 15 I Buchst. a FKVO). Im Unterschied zur VO 17 werden den Adressaten zur Beantwortung eines Auskunftsersuchens im Rahmen der FKVO wesentlich kürzere Fristen gesetzt217. Die Regelung des Art. 13 FKVO in bezug auf die Nachprüfungsbefugnisse der Kommission ist fast identisch mit der in Art. 14 VO 17. Die wörtlichen Abweichungen der FKVO von der VO 17 sieht man in Art. 13 IV (Anhörung der zuständigen Behörde des Mitgliedstaates) und VI (Unterstützung durch den Mitgliedstaat) FKVO. Inhaltlich ist aber das gleiche in beiden Verordnungen geregelt218. Die Vorschrift des Art. 18 FKVO über rechtliches Gehör und die Anhörung Dritter entspricht in ihren Grundzügen dem Art. 19 VO 17. Art. 18 FKVO wird konkretisiert durch die Vorschriften der Art. 11 ff. FKVfVO. Abweichend von der VO 17 sind die Betroffenen nur bis zur Sitzung des Beratenden Ausschusses für die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen zur Stellungnahme berechtigt. Eine nachträgliche Anhörung ist nur ausnahmsweise bei vorläufigen Entscheidungen über die Erteilung von Befreiungen vom Vollzugsverbot (Art. 7 IV FKVO) erlaubt. Die Kommission ist verpflichtet, Anmeldenden und anderen Beteiligten die Gelegenheit zur Stel216 Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, C., Rn. 4 f., D. Art. 6 Rn. 8 ff.; Langen/Löffler, FKVO, Art. 6 Rn. 4, Art. 10 Rn. 4. Im Rahmen dieses Vorgesprächs ist es möglich, daß sich Kommission und Zusammenschlußbeteiligte schon vor der förmlichen Anmeldung verständigen, das Vorhaben sei nicht anmeldepflichtig. Dies hat zur Folge, daß keine Nichtanwendbarkeitsentscheidung nach Art. 6 I Buchst. a FKVO vorliegt. Hier bestehen dann Bedenken, daß eine solche Verständigung der gerichtlichen Kontrolle entzogen wird und daß Interessen von Konkurrenten nicht durchsetzbar sind. Um diese Rechtsschutzlücken zu vermeiden hat der EuGH ein Antragsrecht Dritter anerkannt und die Klage gegen eine öffentliche Erklärung über die fehlende gemeinschaftsweite Bedeutung des Zusammenschlusses zugelassen EuGeI 24. 3. 1994 Slg. 1994, II-121 (149 ff.) „Air France/Kommission“. 217 Langen/Löffler, FKVO, Art. 11 Rn. 1 ff.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D., Art. 11 Rn. 1 ff. 218 Langen/Löffler, FKVO, Art. 13; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D., Art. 13 Rn. 1 ff.

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lungnahme in einer förmlichen, mündlichen Anhörung zu geben, wenn diese das in ihrer schriftlichen Äußerung beantragt haben und ein hinreichendes Interesse geltend machen (Art. 14 I bis III FKVfVO). Anders als im Rahmen der VO 17 sind auch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten berechtigt, einen Beamten an der Anhörung teilnehmen zu lassen (Art. 14 V FKVfVO). Die mündliche Anhörung wird von einem Anhörungsbeauftragten der Kommission durchgeführt (Art. 15 I FKVfVO) und ist nicht öffentlich (Art. 15 IV 1 FKVfVO). Die Entscheidung darüber, ob ein Dritter mündlich angehört wird, steht letztlich im Ermessen der Kommission mit der Begründung, daß die Kommission sonst wegen der knapp bemessenen Fristen überlastet wäre. Ein Recht auf Akteneinsicht haben nur Anmeldende und Beteiligte, nicht aber Dritte (Art. 13 III FKVfVO)219. Wie die VO 17 sieht die FKVO keine formelle Beiladung Dritter vor220. (2) Vorverfahren In der ersten Phase (Vorverfahren) prüft die Kommission innerhalb einer Frist von höchstens einem Monat nach der Anmeldung (Art. 10 I FKVO) die Anwendbarkeit der FKVO (Art. 6 I Buchst. a FKVO), die Freigabe (Art. 6 I Buchst. b FKVO), die Freigabe nach Änderungen durch Unternehmen (Art. 6 II, 6 I Buchst. b FKVO) oder die Eröffnung des Hauptverfahrens (Art. 6 I Buchst. c FKVO). Die Frist für diese Entscheidung beträgt jedoch sechs Wochen, wenn ein Mitgliedstaat einen Antrag auf Verweisung gemäß Art. 9 II FKVO stellt oder wenn die beteiligten Unternehmen nach Anmeldung eines Zusammenschlusses nach Art. 6 II FKVO eine Modifizierung ihres Zusammenschlußvorhabens anbieten (Art. 10 I UAbs. 2 FKVO). Diese Modifizierung ist der Kommission nicht später als drei Wochen nach dem Tag des Eingangs der Anmeldung vorzulegen (Art. 18 FKVfVO). Hat die Kommission nach Art. 6 FKVO eine Entscheidung getroffen, teilt sie dies den beteiligten Unternehmen und den zuständigen nationalen Behörden unverzüglich mit (Art. 6 V FKVO). Wenn die Kommission innerhalb der genannten Fristen keine Entscheidungen gefällt hat, gilt der Zusammenschluß als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar (Art. 10 VI FKVO). Für die Prüfung gemäß Art. 6 I Buchst. a oder b FKVO kann der zuständige Wettbewerbskommissar im Wege der Delegation allein für die Kommission entscheiden. Zur Einleitung des Verfahrens entscheidet er mit Zustimmung des Präsidenten der Kommission221. 219 Zum rechtlichen Gehör und zur Anhörung Dritter s. Langen/Löffler, FKVO, Art. 18 Rn. 1 ff.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D., Art. 18 Rn. 1 ff.; Ergb. Art. 7 Rn. 2. 220 Bechtold (4), § 54 Rn. Rn. 10; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D., Art. 18 Rn. 13.

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(3) Hauptverfahren In der zweiten Phase (Hauptverfahren) überprüft die Kommission binnen weiterer vier Monate nach der Verfahrenseinleitung (Art. 10 II, III FKVO) sorgfältig, ob Bedenken vorliegen oder gegebenenfalls nach entsprechenden Modifizierungen durch die beteiligten Unternehmen beseitigt worden sind und ob der Zusammenschluß mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist (Art. 8 II FKVO); andernfalls entscheidet sie über die Untersagung (Art. 8 III FKVO). Die Modifizierung nach Art. 8 II FKVO ist der Kommission nicht später als drei Monate nach dem Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung vorzulegen (Art. 18 II 1 FKVfVO). Diese Frist kann die Kommission unter außergewöhnlichen Umständen verlängern (Art. 18 II 2 FKVfVO). Die Fristen für Entscheidungen in Vor- und Hauptverfahren nach Art. 10 I, III werden ausnahmsweise gehemmt, wenn die Kommission wegen unkooperativen Verhaltens der beteiligten Unternehmen eine Auskunft nach Art. 11 FKVO oder eine Nachprüfung nach Art. 13 FKVO anordnet (Art. 10 IV FKVO). Entscheidungen im Hauptverfahren nach Art. 8 werden durch die Kommission kollegial getroffen. Wenn die Kommission innerhalb der genannten Fristen keine Entscheidungen gefällt hat, gilt der Zusammenschluß als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar (Art. 10 VI FKVO)222. (4) Vollzugsverbot und Auflösung Ein Zusammenschlußvorhaben darf weder vor der Anmeldung noch bis zur endgültigen Vereinbarkeitsentscheidung (Art. 6 I Buchst. b, 8 II FKVO) oder Vereinbarkeitsfiktion (Art. 10 VI FKVO) vollzogen werden (Art. 7 I FKVO). Andererseits kann die Kommission auf Antrag, der mit Gründen versehen sein muß (Art. 7 IV 2 FKVO), die Befreiung vom Vollzugsverbot anordnen (Art. 7 IV 1 FKVO). Beim Beschluß über den Antrag berücksichtigt die Kommission die möglichen Auswirkungen des Aufschubs des Vollzugs auf die beteiligten Unternehmen oder Dritte sowie die mögliche Gefährdung des Wettbewerbs durch den Zusammenschluß (Art. 7 IV 3 221 Zum Vorverfahren s. Langen/Löffler, FKVO, Art. 6 Rn. 1 ff., Art. 10 Rn. 1 ff.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, C., Rn. 20 ff., D., Art. 6 Rn. 11 ff., Art. 10 Rn. 1 ff. Nach der bisherigen Praxis der Kommission war es möglich, bereits im Vorverfahren das Zusammenschlußvorhaben durch strukturelle Zusagen seitens der beteiligten Unternehmen zu modifizieren und damit mögliche Bedenken frühzeitig zu beseitigen. Die erste Novelle der FKVO von 1997 hat durch die Einfügung des Art. 6 II dieser Praxis eine Rechtsgrundlage gebracht s. Langen/Löffler, FKVO, Art. 6 Rn. 1, 12 ff.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, C., Rn. 20, D., Art. 6 Rn. 7, Art. 8 Rn. 30 ff., Ergb., FKVO, Art. 6 Rn. 1 ff. 222 Zum Hauptverfahren s. Langen/Löffler, FKVO, Art. 8 Rn. 1 ff.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, C., Rn. 28 ff., D., Art. 8 Rn. 1 ff.

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FKVO). Mit Ausnahme von Rechtsgeschäften über Wertpapiere sind Rechtsgeschäfte, die gegen dieses Verbot verstoßen, schwebend unwirksam (Art. 7 V FKVO). Sie verlieren endgültig ihre Wirksamkeit, wenn die Kommission den geplanten Zusammenschluß untersagt. Die daraus resultierenden Rechtsfolgen bestimmen sich nach nationalem Recht223. Einen bereits vollzogenen Zusammenschluß, der mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, muß die Kommission auflösen (Art. 8 IV FKVO)224. (5) Anhörung des Beratenden Ausschusses Vor jeder endgültigen Entscheidung zur Beendigung des Hauptverfahrens (Art. 8 II bis V FKVO), vor Buß- und Zwangsgeldentscheidungen (Art. 14, 15 FKVO)225 und vor dem Erlaß von Durchführungsbestimmungen (Art. 23 FKVO) ist der „Beratende Ausschuß für die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen“, der sich aus den Vertretern der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten226 zusammensetzt, anzuhören (Art. 19 III, IV FKVO). Seine schriftliche Stellungnahme wird dem Entscheidungsvorschlag beigefügt (Art. 19 VI 3 FKVO). Die Position des Ausschusses ist etwas stärker ausgestaltet als die des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen im Rahmen der VO 17. Erstens muß die Kommission seine Stellungnahme soweit wie möglich berücksichtigen und unterrichtet den Ausschuß darüber, inwieweit sie seine Stellungnahme berücksichtigt hat (Art. 19 IV 4, 5 FKVO). Ferner kann der Ausschuß nach Art. 19 VII 1 FKVO im Gegensatz zur Stellungnahme des Ausschusses des Art. 10 VI VO 17 die Veröffentlichung der Stellungnahme empfehlen. Obwohl es im Ermessen der Kommission steht, die Veröffentlichung vorzunehmen, ist sie bisher den 223 Zum Vollzugsverbot s. Langen/Löffler, FKVO, Art. 7 Rn. 1 ff.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, C., Rn. 16 ff., D., Art. 7 Rn. 1 ff., Ergb. Art. 7 Rn. 1 ff. Die bisherige, regelmäßig nur dreiwöchige Frist für die Geltung des Vollzugsverbotes ist nun durch die Novelle der FKVO 1997 an Ablauf von Vor- und Hauptverfahren angepaßt worden. Die Korrektur der Unstimmigkeit mit der einmonatigen Frist des Vorverfahrens ist durch den Kompromiß zwischen den Befürwortern der zwingenden präventiven Zusammenschlußkontrolle einerseits (Deutschland) sowie der nachträglichen anderseits (Frankreich) zustande gekommen s. Langen/ Löffler, FKVO, Art. 7 Rn. 1 f.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D., Art. 7 Rn. 2, Ergb. Art. 7 Rn. 1. 224 Entgegen dem Wortlaut des Art. 8 IV FKVO steht der Kommission kein Ermessen hinsichtlich des „Ob“ der Auflösung zu s. Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D., Art. 8 Rn. 62 ff. 225 Zum Bußgeldverfahren s. u. Kap. I, C. 2. 226 Deutschland hat den Präsidenten des Bundeskartellamtes und den Leiter des Referats Fusionskontrolle im Bundesministerium für Wirtschaft hierfür benannt, die normalerweise durch die fachlich zuständigen Mitarbeiter vertreten werden s. Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D., Art. 19 Rn. 9 f.

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Empfehlungen nachgekommen. Diese Stellungnahme ist für die Kommission jedoch nicht bindend. Eine endgültige Entscheidung wird von der Kommission getroffen. Die Kommission bemüht sich, Entscheidungen im Einklang mit dem Ausschuß zu treffen227. (j) Dezentrale Struktur des Verfahrens Um unnötige Überschneidungen, aufwendige Doppelverfahren und Divergenzen zu vermeiden und das Wettbewerbsrecht in einem so großen Geltungsbereich effektiv und einheitlich durchzusetzen, sind eine lückenlose Zuständigkeitsverteilung, eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den nationalen Behörden in bezug auf die Aufteilung der Ermittlungstätigkeit sowie eine Koordinierung mit den Regierungen der Mitgliedstaaten unentbehrlich. Dieses dezentrale Verfahren ist eine Forderung des Subsidiaritätsprinzips [Art. 3b a. F. (5 n. F.) EGV] und trägt zur Entlastung und Effizienzsteigerung bei. Allerdings muß die Zersplitterung in der nationalen Anwendung des EG-Wettbewerbsrechts vermieden werden228. (1) Zuständigkeitsverteilung Die Kommission ist nach Art. 9 I VO 17 ausschließlich zuständig für die Freistellung von Kartellen nach Art. 85 III a. F. (Art. 81 III n. F.) EGV. Bei der Verfolgung der Verstöße gegen Art. 85 I und 86 a. F. (Art. 81 I und 82 n. F.) EGV werden die Verfahren nach dem Subsidiaritätsgrundsatz den Behörden der Mitgliedstaaten überlassen, solange die Kommission kein Verfahren nach Art. 2, 3 und 6 VO 17 eingeleitet hat (Art. 9 III VO 17). Stellt die Kommission ihr Verfahren einschließlich eines Negativattests ein, so lebt die Zuständigkeit der nationalen Behörde wieder auf229. Was die Anwendung nationalen Kartellrechts durch die nationalen Behörden angeht, 227 Langen/Löffler, FKVO, Art. 19 Rn. 9 ff.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D., Art. 19 Rn. 9 ff., Art. 20 Rn. 13. Zum Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen s. Langen/Sauter, VO 17, Art. 10 Rn. 2 ff.; Immenga/ Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 10 Rn. 21 ff.; auch s. o. Kap. I, C. 1. (e); s. u. Kap. I, C. 1. (j) (2) (bb). 228 Bekanntmachung über die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den nationalen Kartellbehörden (ABl. 1996 C 262/5) s. Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 10 Rn. 4 ff. Bekanntmachung über die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Gerichten der Mitgliedstaaten (ABl. 1993 C 39/ 6) s. Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 10 Rn. 9 ff.; Arnold, S. 18; Günther, S. 317 f. 229 Dieser Subsidiaritätsgrundsatz gilt auch für die bei der Kommission eingereichten Beschwerden s. Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 9 Rn. 5 ff., 8, 13 ff.; Langen/Sauter, VO 17, Art. 9 Rn. 8.

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Kap. I: Wettbewerbsverfahren

genießt das Gemeinschaftsrecht Vorrang nur im Fall von Überschneidungen von Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht230. In Deutschland werden die den Behörden der Mitgliedstaaten übertragenen Aufgaben vom Bundeskartellamt wahrgenommen [§ 47 a. F. (50 I n. F.) GWB]. Das Bundeskartellamt kann nach Art. 9 III VO 17 zwar in eigener Kompetenz Verwaltungsverfahren zur Verfolgung der Verstöße gegen Art. 85 I und 86 a. F. (81 I und 82 n. F.) EGV einleiten, ist aber mangels einer Verweisung auf Art. 15 VO 17 nicht zur Verhängung von Bußgeldern ermächtigt [§ 47 II 2 a. F. (50 II 2, 3 n. F.) GWB]231. Des Weiteren ist vorbehaltlich der Nachprüfung durch den Europäischen Gerichtshof ausschließlich die Kommission nach Art. 21 I, II FKVO für die Kontrolle der Zusammenschlüsse zuständig, die von gemeinschaftsweiter Bedeutung sind (Ausschließlichkeitsgrundsatz, One-Stop-Shop-Prinzip)232. Zwei Ausnahmen vom Ausschließlichkeitsprinzip der Fusionskontrolle sind die Geltendmachung berechtigter Interessen der Mitgliedstaaten gemäß Art. 21 III FKVO und die Verweisung eines Falles an die nationale Behörde nach Art. 9 FKVO (sog. deutsche Klausel). Nach Art. 21 III FKVO bleiben den Mitgliedstaaten die Befugnisse, zum Schutz bestimmter außerwettbewerblicher Interessen von der Kommission genehmigte Zusammenschlüsse zu untersagen oder von Bedingungen oder Auflagen abhängig zu machen, sofern diese Interessen mit den allgemeinen Grundsätzen und Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts vereinbar sind233. Nach der deutschen Klausel kann ein Mitgliedstaat binnen drei Wochen nach Erhalt der Abschrift der Anmeldung eines Zusammenschlußvorhabens einen Antrag auf Verweisung stellen. Voraussetzung für die Verweisung ist, daß der Zusammenschluß eine beherrschende Stellung zu begründen oder zu verstärken droht, durch die wirksamer Wettbewerb auf einem gesonderten Markt des beantragenden Mitgliedstaates erheblich behindert würde (Art. 9 II Buchst. a n. F. FKVO), oder daß der Zusammenschluß den Wettbewerb auf einem 230 Z. B. ein Zusammenschlußvorhaben, das eine nationale Kartellbehörde untersagen, aber die Kommission hingegen genehmigen will s. Immenga/Ritter, EGWbR, Bd. II, B., VO 17, Art. 9 Rn. 19 ff. 231 Bechtold (4), § 50 Rn. 1 ff.; Langen/Schultz, GWB, § 50 Rn. 1 ff.; Immenga/ Klaue, GWB, § 50, Rn. 10 ff. 232 Langen/Löffler, FKVO, Vor., Rn. 23 f., Art. 21 Rn. 4 ff.; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. I, FKVO, A., Rn. 23 f., C., Rn. 1 ff., D., Art. 21 Rn. 1 ff. 233 Dadurch sollte den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eröffnet werden, nationale Interessen der öffentlichen Sicherheit, der Medienvielfalt und des Aufsichtsrechts, etwa bei Banken und Versicherungen, zu schützen. Diese Vorschrift hat aber keine praktische Bedeutung. Die Mitgliedstaaten können die durch die Kommission für unvereinbar erklärten Zusammenschlüsse nicht genehmigen s. Langen/Löffler, FKVO, Art. 21 Rn. 13 ff.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, C., Rn. 48, D., Art. 21 Rn. 10 ff.; Emmerich, § 37, 6., b), aa), S. 601.

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gesonderten Markt dieses Mitgliedstaates beeinträchtigt, der keinen wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes darstellt (Art. 9 II Buchst. b n. F. FKVO). Der gesonderte Markt besteht aus einem Gebiet, auf dem die betroffenen Unternehmen tätig sind, in dem die Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind und das sich von den benachbarten Gebieten unterscheidet (Art. 9 VII 1 1. Halbs. a. F. und n. F. FKVO). Die Kommission trifft dann die Entscheidung, ob sie den Fall selbst behandelt oder ob sie ihn insgesamt oder teilweise an die zuständige Behörde des beantragenden Mitgliedstaates verweist (Art. 9 III 1, UAbs. 2 FKVO). Wenn kein wesentlicher Teil des Gemeinsamen Marktes betroffen ist, muß die Kommission den Fall an die nationalen Behörden verweisen (Art. 9 III UAbs. 3 FKVO). Die Fristen des Verweisungsverfahrens betragen bei Verweisung im Vorverfahren 6 Wochen nach Anmeldung (Art. 9 IV Buchst. a FKVO), bei Verweisung im Hauptverfahren 3 Monate nach Anmeldung (Art. 9 IV Buchst. b FKVO). Wenn die Kommission trotz Erinnerung durch den beantragenden Mitgliedstaat nicht reagiert, gilt die unwiderlegbare Vermutung, daß der Fall verwiesen ist (Art. 9 V FKVO). Wird der Fall verwiesen, so wendet der Mitgliedstaat seine eigene Wettbewerbsvorschriften an234. Umgekehrt ist die Lage nach der sog. niederländischen Klausel. In diesem Fall können Fusionen, die nicht von gemeinschaftsweiter Bedeutung sind, nach Art. 22 III a. F. und n. F. FKVO auf Antrag eines Mitgliedstaates oder mehrerer gemeinsam handelnder Mitgliedstaaten auch in die Zusammenschlußkontrollkompetenz der Kommission fallen. Vorausgesetzt ist, daß ein geplanter Zusammenschluß eine beherrschende Stellung begründet oder verstärkt, wodurch wirksamer Wettbewerb im Gebiet des oder der betreffenden Mitgliedstaaten erheblich behindert wird. Das Verfahren wird binnen eines Monats seit Eingang des Antrags des oder der Mitgliedsstaaten eröffnet (Art. 22 IV UAbs. 2 S. 1, 10 I n. F. FKVO). Der Antrag muß spätestens einen Monat nach dem Zeitpunkt gestellt werden, zu dem die betreffenden Mitgliedstaaten den Zusammenschluß zur Kenntnis nahmen oder dessen Durchführung erfolgt ist (Art. 22 IV UAbs. 2 S. 2 n. F. FKVO)235. 234 Die deutsche Klausel ist zur Schließung einer Kontrollücke und wegen der Befürchtung als politischer Kompromiß eingeführt worden, daß die Kommission Fusionsfälle zu stark nach industriepolitischen Gesichtspunkten beurteilen würde und damit wesentliche Grundsätze der nationalen Ordnungspolitik beeinträchtigt würden. Von diesem Instrument ist sowohl seitens der Mitgliedstaaten als auch seitens der Kommission bislang zurückhaltend Gebrauch gemacht worden. Antragsberechtigt ist für die Verweisung in Deutschland nach § 47 a. F. (§ 50 n. F.) GWB das Bundeskartellamt, das aber an die politisch-inhaltliche Zustimmung durch den Bundeswirtschaftsminister gebunden ist s. Emmerich, § 37, 6., b), bb), S. 601; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, A., Rn. 25, C., Rn. 41 ff., D., Art. 9 Rn. 1 ff., Ergb., Art. 9 Rn. 1 ff.; Langen/Löffler, FKVO, Vor. Rn. 25, Art. 9 Rn. 1 ff.

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(2) Zusammenarbeit (aa) Allgemeines Angesichts des enormen räumlichen Geltungsbereichs des EG-Wettbewerbsrechts und der fortschreitenden Erweiterung der Gemeinschaft ist die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Wahrnehmung des Wettbewerbsprinzips der Gemeinschaft unerläßlich. Wünschenswert und erfoderlich ist auch eine dezentrale Anwendung des EG-Wettbewebsrechts durch die nationalen Wettbewerbsbehörden236. In Deutschland nimmt die Aufgabe der Zusammenarbeit mit der Kommission ausschließlich das Bundeskartellamt wahr [§ 47 I a. F. (50 I n. F.) GWB]237. Im Rahmen der Mitwirkung an Verfahren der Kommission nach Art. 13, 14 V, VI VO 17 und Art. 12, 13 V, VI FKVO kann das Bundeskartellamt all die Ermittlungsmaßnahmen einsetzen, die es im Verwaltungsverfahren und im Bußgeldverfahren nach deutschem Recht einsetzen kann [§ 47 II a. F. (50 II n. F.) GWB]238. (bb) Bestimmungen der VO 17 Im Rahmen der Aufsicht nach Art. 85, 86 a. F. (81, 82 n. F.) EGV ist eine enge und stetige Verbindung zwischen der Kommission und dem Bundeskartellamt geboten (Art. 10 II VO 17)239. In dieser Hinsicht hat die 235 Diese Ausnahmeregelung ist auf kleinere Mitgliedstaaten ohne eigene nationale Fusionskontrolle zugeschnitten und bislang seitens der Mitgliedstaaten nur äußerst zurückhaltend genutzt worden s. Langen/Löffler, FKVO, Vor., Rn. 26, Art. 22, Rn. 6 ff.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, C., Rn. 47, D., Art. 22 Rn. 4 ff., Ergb., Art. 22 Rn. 4. 236 Zinsmeister, S. 115 ff.; Günther, S. 310 ff. 237 Die Einfügung des § 47 a. F. (§ 50 n. F.) GWB im Jahre 1989 ist durch den Beschluß des Kammergerichts vom 4. 11. 1988 (KG WuW/E OLG 4291, 4292 ff. „Ladegebühr“) veranlaßt worden. Das Gericht hatte dem Bundeskartellamt die Kompetenz abgesprochen, europäisches Kartellrecht auf der Grundlage des Art. 88 EWGV mit Hilfe des nationalen Verfahrensrechts zu vollziehen. Denn eine analoge Anwendung der Bestimmungen des GWB, die auf der bisherigen Auslegung der Bundesregierung – es bedürfe nicht einer Umsetzung des Art. 88 EWGV in nationales Recht – beruht hatte, widerspreche dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung s. Bechtold (4), § 50 Rn. 3. 238 Bechtold (4), § 50 Rn. 12; Langen/Schultz, GWB, § 50 Rn. 23; Immenga/ Klaue, GWB, § 50 Rn. 17 ff. 239 Zur Interpretation von Inhalt und Modalitäten einer gegenseitigen Pflicht zur Unterrichtung und Bekanntmachung, insbesondere zur Gemeinschaftsbedeutung als Aufgriffskriterium der Kommission und zur Frage der Wahrung der Geschäftsgeheimnisse s. Vorentwurf einer Bekanntmachung über Zusammenarbeit zwischen der

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Kommission dem Bundeskartellamt verschiedene Abschriften240 unverzüglich zu übermitteln (Art. 10 I VO 17). Dieses ist berechtigt, zu den Verfahren nach VO 17 Stellung zu nehmen (Art. 10 II 2. Halbs. VO 17). Die Kommission übermittelt dem Bundeskartellamt ferner eine Abschrift der Auskunftsentscheidung, wenn sich der Sitz des betroffenen Unternehmens oder der Unternehmensvereinigung im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik befindet (Art. 11 VI VO 17). Vor der Nachprüfung unterrichtet die Kommission das Bundeskartellamt über den Prüfungsantrag und die Person des beauftragten Bediensteten (Art. 14 II 2 VO 17). Bei einer Weigerung des Betroffenen, Nachprüfungen zu dulden, hat die Kommission vor Erlaß einer Entscheidung über die Duldungsverpflichtung das Bundeskartellamt anzuhören (Art. 14 IV VO 17). Auf Antrag der Kommission können Bedienstete des Bundeskartellamtes die Bediensteten der Kommission bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützen (Art. 14 V VO 17). Leisten die betroffenen Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen Widerstand, so muß das Bundeskartellamt dem beauftragten Bediensteten der Kommission zur Durchführung der Nachprüfung die erforderliche Unterstützung leisten (Art. 14 VI VO 17). Durch diese Zusammenarbeit können die Schwierigkeiten überbrückt werden, die sich daraus ergeben, daß es den nationalen Behörden verwehrt ist, die Ermittlungsergebnisse der Kommission in einem nach nationalem Recht eingeleiteten Verfahren ohne weitere eigene Ermittlungen zu verwerten241. Neben einer Unterstützung nach Art. 14 VO 17 kann eine Nachprüfung an nationale Wettbewerbsbehörden delegiert werden (Art. 13 I VO 17). In diesem Fall hat die Kommission nur eine mitwirkende Funktion dadurch, daß ihre Bediensteten umgekehrt die Bediensteten des Bundeskartellamtes unterstützen (Art. 13 II VO 17)242. Vor allen verKommission und den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Artikel 85 und 86 des EG-Vertrags (ABl. 1996 C 262/5), Bekanntmachung über Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Gerichten der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Artikel 85 und 86 des EG-Vertrags (ABl. 1993 C 39/6); Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 10 Rn. 3 ff. 240 Abschriften der Anträge und Anmeldungen sowie der wichtigsten Schriftstücke wie z. B. die Stellungnahmen der Verfahrensbeteiligten zu den Beschwerdepunkten, die Antwort auf Auskunftsersuchen, die Anhörungsprotokolle und Hinweise dritter Unternehmen, allerdings eingeschränkt durch die Geheimhaltungspflicht des Art. 20 s. Langen/Sauter, VO 17, Art. 10 Rn. 1 f.; VO 17 Immenga/ Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 9 Rn. 14. 241 Zur Unterrichtung und Mitwirkung der nationalen Behörden s. Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 10 Rn. 14 ff., Immenga/Burrichter/Hauschild, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 14 Rn. 18 ff.; Kreis, S. 293 f. 242 Zu Auftragsnachprüfungen durch nationale Behörden s. Langen/Sauter, VO 17, Art. 13 Rn. 1 ff.; Immenga/Burrichter/Hauschild, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 14 Rn. 28 ff.; Kreis, S. 294. In der Praxis hat dieses Instrumentarium bislang eine untergeordnete Rolle gespielt.

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fahrensabschließenden Entscheidungen ist der Beratende Ausschuß für Kartell- und Monopolfragen anzuhören (Art. 10 III VO 17). Er setzt sich aus zuständigen Beamten der Mitgliedstaaten zusammen, wobei jeder Mitgliedstaat seinen Vertreter im Ausschuß selbst bestimmt (Art. 10 IV VO 17)243. Das durch den Bundeswirtschaftsminister bestimmte deutsche Mitglied des Beratenden Ausschusses ist der Präsident des Bundeskartellamtes244. In Fällen von Gruppenfreistellungsverordnungen hat die Kommission den Beratenden Ausschuß zweimal anzuhören, zum einen bevor sie einen Verordnungsentwurf veröffentlicht, und zum anderen bevor sie die Verordnung erläßt. Seine Stellungnahme wird ebensowenig veröffentlicht245. (cc) Bestimmungen der FKVO Die Zusammenarbeit im Rahmen der Zusammenschlußkontrolle ist auch in der FKVO vorgesehen246, z. B. die Durchführung der Verfahren in enger und stetiger Verbindung zwischen der Kommission und dem Bundeskartellamt (Art. 19 II 1 FKVO)247, die Übermittlung von Schriftstücken binnen dreier Arbeitstage (Art. 19 I FKVO)248, das Recht des Bundeskartellamtes auf die Stellungnahme zu den Verfahren nach der FKVO bis zum Erlaß einer Entscheidung (Art. 19 II 1 2. Halbs. FKVO) und auf die Akteneinsicht im Falle einer Verweisung (Art. 19 II 2, 9 FKVO)249, die Übersen243 Zum Beratenden Ausschuß für Kartell- und Monopolfragen s. Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 10 Rn. 21 ff.; Kreis, S. 294 f.; auch s. o. Kap. I, C. 1. (e). Zum Beratenden Ausschuß für die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen s. Langen/Löffler, FKVO, Art. 19 Rn. 9 ff.; Immenga/ Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D., Art. 19 Rn. 9 ff.; auch s. o. Kap. I, C. 1. (i) (5); s. u. Kap. I, C. 1. (j) (2) (cc). 244 Er läßt sich meist durch für internationale oder gemeinschaftliche Fragen zuständige Mitarbeiter des Bundeskartellamtes vertreten s. Langen/Sauter, VO 17, Art. 10 Rn. 2; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 10 Rn. 21. 245 Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 10 Rn. 30. 246 Fast wörtlich entsprechen Art. 19 FKVO dem Art. 10 VO 17, Art. 11 VI FKVO dem Art. 11 VI VO 17 und Art. 13 IV, V, VI FKVO den Art. 14 IV, V, VI VO 17. Die Vorschriften des Art. 12 VO 17 stimmen wörtlich mit denen des Art. 13 VO 17 überein. 247 Art. 19 hat dieselbe Funktion wie Art. 10 VO 17. Das Bundeskartellamt steht in ständigem Kontakt zur Merger Task Force der Generaldirektion IV der Kommission s. Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D., Art. 19 Rn. 1; Langen/Löffler, FKVO, Art. 19 Rn. 1 ff. 248 Die Übermittlungsfrist beträgt 3 Tage und ist nach dem Beschleunigungsgrundsatz der FKVO kürzer als Art. 10 I VO 17, der nur eine unverzügliche Übermittlung verlangt s. Langen/Löffler, FKVO, Art. 10 Rn. 1 f.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D., Art. 19 Rn. 2 ff. 249 Langen/Löffler, FKVO, Art. 19 Rn. 5 ff.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D., Art. 19 Rn. 8.

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dung einer Kopie der Auskunftsentscheidung (Art. 11 VI FKVO), die Benachrichtigung der bevorstehenden Nachprüfung gegenüber dem Bundeskartellamt (Art. 13 II 2 FKVO), die Anhörung des Bundeskartellamtes vor einer Nachprüfungsentscheidung (Art. 13 IV FKVO), die Unterstützung durch das Bundeskartellamt für die Kommission bei der Nachprüfung (Art. 13 V, VI FKVO) und die Nachprüfung durch das Bundeskartellamt mit eigener Kompetenz auf Ersuchen der Kommission (Art. 12 FKVO)250. Der vor jeder endgültigen Entscheidung der Kommission anzuhörende Beratende Ausschuß für die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen setzt sich aus Vertretern der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zusammen, wobei jeder Mitgliedstaat seine Vertreter selbst bestimmt (Art. 19 III, IV FKVO)251. Diese Institution bezweckt den Konsens mit den Mitgliedstaaten252. (k) Verfahrensabschluß (1) Förmliche Entscheidung Die förmlichen verfahrensabschließenden Entscheidungen der Kommission, die nach Art. 189 IV a. F. (249 IV n. F.) EGV für die Adressaten verbindlich sind, werden nach Art. 163 I a. F. (219 II n. F.) EGV kollegial mit einer Mehrheit der anwesenden Kommissare getroffen (Art. 6 III KGO). Für die Entscheidungsfähigkeit ist gemäß Art. 163 II a. F. (219 III n. F.) EGV i. V. m. Art. 5 KGO eine Mindestzahl von elf Mitgliedern notwendig. Zur Entlastung der Kommissionsmitglieder findet die Vorprüfung des Falles durch ihre Kabinettschefs unter dem Vorsitz des Generalsekretärs statt253. Die Entscheidungen werden nach Art. 2 KGO mündlich in gemeinschaftlicher, nicht öffentlicher Sitzung (Art. 6, 7 KGO), oder im schriftlichen Verfahren (Art. 10 KGO) getroffen. Voraussetzung für das schriftliche Verfahren ist eine Zustimmung der betroffenen Generaldirektionen oder Sonderdienste und des Juristischen Dienstes. Da der Arbeitsanfall bei der Kommission es unmöglich macht, alles mündlich zu beraten, ergehen verfahrensabschließende Beschlüsse der Kommission überwiegend im schrift250

Wie in Art. 13 VO 17 ist die Unterstützung des Bundeskartellamtes durch Bedienstete der Kommission möglich s. Immenga/Immenga, EG-WbR, FKVO, C., Rn. 53, D., Art. 12 Rn. 1 f. 251 Zur Anhörung des Beratenden Ausschusses für die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen s. o. Kap. I, C. 1. (i) (5). 252 Bleckmann, Rn. 270; zur Einflußnahmemöglichkeit der Mitgliedstaaten im einzelnen Verfahren s. u. Kap. II, C. 3. (a) (9) (cc). 253 Zur Mitwirkung der Kabinette am Entscheidungsprozeß der Kommission s. v. der Groeben/v. Sydow, Bd. 4, Art. 162 Rn. 12 ff.; Art. 163 Rn. 5; Krenzler, S. 77 ff.

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lichen Verfahren. Im schriftlichen Verfahren wird gemäß Art. 10 KGO der Vorschlag eines oder mehrerer Kommissionsmitglieder den anderen über das Generalsekretariat zugeleitet. Verlangt kein Mitglied der Kommission (d.h. in der Praxis: kein Kabinett der Kommissionsmitglieder) ein mündliches Verfahren innerhalb der Äußerungsfrist, gilt die Entscheidung als gefällt. Andernfalls muß der Vorschlag auf der nächsten Sitzung behandelt werden. Hierbei einigen sich die Kabinettschefs der Kommissionsmitglieder über die Entscheidung und die Kommission stimmt dieser Entscheidung auf der nächsten Sitzung zu, wenn nicht ein Mitglied der Kommission eine Diskussion wünscht. Im Falle der Diskussion muß danach die Entscheidung von allen Mitgliedern gefällt werden254. Eine Delegation der Befugnis der Kommission in bezug auf das Verfahren abschließende Entscheidungen auf einzelne Kommissionsmitglieder oder untergeordnete Beamte der Kommission ist unzulässig. Das schließt jedoch nicht aus, daß die Entscheidungen der Kommission durch ihren eigenen Unterbau, der ressortmäßig organisiert ist, vorbereitet und durchgeführt werden255. In diesem Rahmen wird die Entscheidung zunächst von der Generaldirektion IV in Zusammenarbeit mit anderen Dienststellen, vor allem mit dem Juristischen Dienst, vorbereitet. Der Juristische Dienst prüft die Entwürfe auf ihre Übereinstimmung mit dem Gemeinschaftsrecht und nimmt an allen Kabinettssitzungen teil256. Die Kommission hört bei der Vorbereitung ebenso die Beratenden Ausschüsse an, die aus den Beamten der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bestehen. Somit wird von Anfang an angestrebt, eine Übereinstimmung mit den Mitgliedstaaten zu erreichen257. 254 Geschäftsordnung der Kommission vom 17. 2. 1993, ABl. EG 1993 Nr. L 230/15 ff. und Beschluß der Kommission zur Änderung der Geschäftsordnung, ABl. EG 1995 Nr. L97/82 f.; v. der Groeben/v. Sydow, Bd. 4, Art. 163 Rn. 4 ff. Ausführliche Darstellung zum internen Ablauf der Beschlußfassung der Kommission s. v. Sydow, S. 192 ff.; auch Knöpfle, S. 43 ff.; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, A., Rn. 13, Art. 3 Rn. 26 ff.; Bleckmann, Rn. 271; Schweitzer/Hummer, Rn. 212 ff. 255 Ausführliche Darstellung über den internen Ablauf der Vorbereitung s. v. Sydow, S. 189 ff. 256 Zum Juristischen Dienst s. o. Kap. II, C. 3. (b) (4); v. Sydow, S. 193; Krenzler, S. 76. 257 Bleckmann, Rn. 267, 270; Schweitzer/Hummer, Rn. 212 ff.; zur Zusammenarbeit mit den nationalen Wettbewerbsbehörden s. o. Kap. I, C. 1. (j) (2); zur Einflußnahmemöglichkeit der Mitgliedstaaten im einzelnen Verfahren s. u. Kap. II, C. 3. (a) (9) (cc). Eine Ausnahme von der kollegialen Entscheidung der Kommission ist das Ermächtigungsverfahren, in dem einfache laufende Angelegenheiten der Verwaltung behandelt werden. In diesem Verfahren wird ein Kommissionsmitglied (hier: Wettbewerbskommissar) ermächtigt, für die Kommission eine Entscheidung zu treffen. Dies gilt für die Einleitung eines Verfahrens, für Auskunfts- und Nachprüfungsentscheidungen, für die Festlegung der Beschwerdepunkte, die Ablehnung einer Beschwerde, die Veröffentlichung einer Anmeldung nach Art. 19 III VO 17, die Be-

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Die förmlichen verfahrensabschließenden Entscheidungen der Kommission im Rahmen der Aufsicht nach Art. 85 und 86 a. F. (81 und 82 n. F.) EGV sind Freistellungen (Art. 6 EGV), Negativatteste (Art. 2 VO 17) und Feststellungen von Zuwiderhandlungen sowie Abstellungsanordnungen (Art. 3 VO 17)258. Durch eine Freistellung wird das Verbot des Art. 85 I a. F. (81 I n. F.) EGV für nicht anwendbar erklärt [Art. 85 III a. F. (81 III n. F.) EGV, Art. 6 VO 17]. Die Freistellung erfolgt durch einen konstitutiv wirkenden Rechtsakt, und zwar durch Einzelfreistellung oder Gruppenfreistellung. Voraussetzung für eine Einzelfreistellung ist eine Anmeldung bei der Kommission (Art. 4 VO 17). Die Einzelfreistellung wird durch förmliche Entscheidung der Kommission ausgesprochen. Die Gruppenfreistellung erfolgt durch eine Verordnung, die nach Art. 189 II a. F. (249 II n. F.) EGV unmittelbare Geltung in jedem Mitgliedstaat findet. Die Gruppenfreistellungen wirken automatisch bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen der Verordnungen259. Das Negativattest ist eine in Form einer Entscheidung gekleidete Erklärung der Kommission, daß kein Verstoß gegen Art. 85 I oder 86 a. F. (81 I oder 82 n. F.) EGV vorliegt und daß das EG-Wettbewerbsrecht auf einen bestimmten Sachverhalt demgemäß nicht anwendbar ist. Voraussetzung für die Erteilung eines Negativattestes ist der Antrag nach Art. 2 VO 17. Das Negativattest beinhaltet keine Freistellung und hat im Gegensatz zu dieser keine konstitutive Wirkung. Es bewirkt daher lediglich eine beschränkte Selbstbindung der Kommission. Die Kommission ist an ein Negativattest gebunden, wenn nicht die zugrunde gelegten Tatsachen falsch waren oder sich verändert haben. Die nationalen Behörden und Gerichte sind hingegen daran nicht gebunden. Die Kommission kann einen Negativattestantrag nach Art. 2 VO 17 entweder durch formelle Entscheidung oder durch formloses Verwaltungsschreiben (comfort letter/discomfort rücksichtigung von Geschäftsgeheimnissen und für die Zulassung von Dritten zur mündlichen Anhörung s. Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, A., Rn. 14. 258 Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, A., Rn. 29. Zur Feststellung einer Zuwiderhandlung und Anordnung zur Abstellung der festgestellten Zuwiderhandlung s. Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 3 Rn. 25 ff. 259 Die Gruppenfreistellung betrifft die Freistellung eines Vertragstyps aufgrund von Verordnungen, für deren Erlaß nach Art. 87 II Buchst. b a. F. (83 II Buchst. b n. F.) EGV der Rat ausschließlich zuständig ist. Der Rat kann aber auch in einer Ermächtigungsverordnung festlegen, auf welche Gruppen von Absprachen Art. 85 III a. F. (81 III n. F.) EGV angewendet werden kann, und gleichzeitig die Kommission ermächtigen, die Einzelheiten der Gruppenfreistellung in einer Gruppenfreistellungsverordnung festzulegen. In diesem Fall bleibt für Verträge des in der jeweiligen Verordnung definierten Typs die Bedürftigkeiten einer Anmeldung bei der Kommission nach Art. 4 VO 17 bestehen. Die Gruppenfreistellung trägt zur Verwaltungsvereinfachung bei s. Langen/Bunte, Art. 81, gen. Prinz., Rn. 4, 169 ff., 194 ff.; Immenga/Sauter, EG-WbR, Bd. I, Art. 85 Abs. 3, B., Rn. 1 ff., 7 ff.; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 4 Rn. 1 ff.

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letter)260 bescheiden. Aus der Formulierung des Art. 2 VO 17 „die Kommission kann ein Negativattest erteilen“ wird abgeleitet, daß sie nicht zum Erlaß eines Negativattests verpflichtet ist, so daß auch die Antragsteller ihrerseits keinen Anspruch hierauf besitzen261. Verfahrensabschließende Entscheidungen im Rahmen der EG-Zusammenschlußkontrolle sind in Art. 6, 8 und 10 FKVO geregelt. Entscheidungen nach Art. 6 I FKVO ergehen innerhalb einer Frist von höchstens einem Monat nach der vollständigen Anmeldung (Art. 10 I FKVO). Die Frist verlängert sich auf sechs Wochen, wenn ein Mitgliedstaat einen Antrag auf Verweisung nach Art. 9 II FKVO stellt oder die beteiligten Unternehmen nach Anmeldung eines Zusammenschlusses nach Art. 6 II FKVO Modifizierung anbieten (Art. 10 I UAbs. 2 FKVO). Entscheidungen gemäß Art. 8 II, III FKVO werden innerhalb einer Frist von höchstens vier Monaten nach der Einleitung des Hauptverfahrens getroffen (Art. 10 II, III FKVO). Trifft die Kommission innerhalb der genannten Fristen keine Entscheidung, wird die Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt fingiert (Art. 10 VI FKVO)262. Die förmlichen Entscheidungen werden im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft veröffentlicht (Art. 21 VO 17 und 20 FKVO). Wenn Entscheidungen nach Art. 6 I Buchst. a, b und 8 II FKVO auf von Beteiligten zu vertretenden unrichtigen Angaben beruhen oder die Beteiligten einer in diesen Entscheidungen vorgesehenen Auflage zuwiderhandeln, kann die Kommission die Entscheidungen widerrufen (Art. 6 III und 8 V FKVO), ohne an die oben genannten Fristen gebunden zu sein (Art. 6 IV und 8 VI FKVO). Der Wettbewerbskommissar ist ermächtigt, Entscheidungen der Zusammenschlußkontrolle im Vorverfahren, wie z. B. Nichtanwendbarkeitserklärungen der FKVO (Art. 6 I Buchst. a FKVO) und Freigaben (Art. 6 I Buchst. b FKVO), allein zu treffen263. Die Entscheidungen im Hauptverfahren, wie z. B. Vereinbarkeitserklärungen (Art. 8 I, II FKVO), Untersagungen (Art. 8 I, III FKVO), Entflechtungsanordnungen (Art. 8 I, IV FKVO) oder Widerrufe der Vereinbarkeit (Art. 8 I, V FKVO), trifft die Kommission dagegen kollegial.

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Zur informellen Verfahrenserledigung s. u. Kap. I, C. 1. (k) (2). Zu Negativattesten s. Langen/Bunte, Einf. Zum EG-Kartellrecht, Rn. 77, Art. 81, gen. Prinz., Rn. 4, 178; Langen/Sauter, VO 17, Art. 2 Rn. 1, 5; Immenga/ Schmidt, EG-WbR, Bd. I, Art. 85 Abs. 2, A., Rn. 18 f.; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 2 Rn. 1 ff. 262 Langen/Löffler, FKVO, Art. 6 Rn. 16; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, C., Rn. 29 ff., D., Art. 6 Rn. 11 ff., Art. 8 Rn. 1 ff., 6. 263 Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D., Art. 6 Rn. 4. 261

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(2) Informelle Verfahrenserledigung Da die Kommission im Bereich der Wettbewerbssachen unter den zur Zeit gegebenen Umständen nicht in der Lage ist, sämtliche Wettbewerbsverfahren durch förmliche Entscheidungen abzuschließen, hat sich in der Praxis für einfache, EG-wettbewerbsrechtlich unbedenkliche Fälle die informelle Verfahrenserledigung entwickelt264. Der Verfahrensabschluß ohne förmliche Entscheidung der Kommission im Anwendungsbereich der VO 17 kann erfolgen durch die freiwillige Abstellung festgestellter Zuwiderhandlungen oder Anpassung nach einer Empfehlung (Art. 3 III VO 17)265, durch Einstellung mangels ausreichender Nachweise oder mangels Gemeinschaftsinteresses266 oder durch Verwaltungsschreiben (comfort/discomfort letter)267. Da ein informeller Verfahrensabschluß nicht auf einer förmlichen 264

de Bronett, 461 ff. Bevor eine förmliche Verbotsentscheidung ergeht, richtet die Kommission Empfehlungen zur freiwilligen Abstellung der Zuwiderhandlungen zum Zweck der gütlichen Beilegung des Falles an die betroffenen Unternehmen. Kommen die Betroffenen darauf den Empfehlungen nach und ändern ihre Vorgehensweisen, erfolgen keine weiteren Ermittlungen mehr. Da eine Mitteilung der Beschwerdepunkte eine ähnliche Wirkung wie eine Empfehlung hat, hat die Empfehlung keine praktische Bedeutung mehr s. Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 3 Rn. 49 ff. 266 Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, A., Rn. 31; B., Art. 3 Rn. 34 ff. 267 Ein Comfort letter ist ein Verwaltungsschreiben, durch das die Kommission dem Beteiligten mitteilt, daß nach ihrer Rechtsauffassung im Augenblick kein Anlaß zum Einschreiten oder keine Bedenken gegen bestimmte Vereinbarungen, Beschlüsse oder Verhaltensweisen bestehen und daß das Verfahren somit eingestellt werden kann. In einem discomfort letter teilt die Kommission hingegen dem Beteiligten mit, daß nach ihrer Ansicht in den Vereinbarungen, Beschlüssen oder Verhaltensweisen eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsvorschriften des EGV festgestellt werden müßte, aber ein Anlaß zum Einschreiten aus Opportunitätsgründen verneint wird. Sowohl comfort als auch discomfort letter werden vom Generaldirektor unterschrieben und dienen der Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung. Im Einverständnis mit den beteiligten Unternehmen begründen sie eine beschränkte Selbstbindung der Kommission und einen Vertrauensschutz für die anmeldenden Unternehmen: Die Kommission darf von ihrer Auffassung im comfort/discomfort letter nur bei Änderung der Sach- und Rechtslage Abstand nehmen (s. o.). Ein Verwaltungsschreiben ist jedoch nachteilig hinsichtlich der Rechtssicherheit und der gerichtlichen Kontrolle. Es ist keine Entscheidung, die betroffene Dritte vor dem Gericht anfechten könnten, und besitzt keine präjudizielle Wirkung für spätere Zivilverfahren, sondern stellt einen tatsächlichen Umstand dar, den das Gericht bei seiner Prüfung der Vereinbarkeit der betroffenen Handlungen mit Art. 85 berücksichtigen kann EuGH, 11. 12. 1980, Slg. 1980, 3775 (3788 ff.); EuGH, 10. 7. 1980, Slg. 1980, 2511 (2532 f.); EuGH, 10. 7. 1980, Slg. 1980, 2327 (2373 f.); Langen/ Bunte, Art. 81, gen. Prinz., Rn. 180; Langen/Sauter, VO 17, Art. 4 Rn. 3, 5; Immenga/Schmidt, EG-WbR, Bd. I, Art. 85 Abs. 2 Rn. 18, 35; Immenga/Sauter, EGWbR, Bd. I, Art. 85 Abs. 3, B. Rn. 6; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, 265

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Entscheidung der Kommission beruht, bindet er weder Dritte noch nationale Wettbewerbsbehörden und Gerichte. Die Kommission kann nur dann die Akte wieder eröffnen, wenn sich die ihrer Beurteilung zugrunde liegenden rechtlichen oder tatsächlichen Umstände wesentlich ändern, sei es weil sie von den Antragstellern unrichtig oder unvollständig unterrichtet worden ist, sei es daß sie von Amts wegen neue Tatsachen in Erfahrung gebracht hat268. Wegen seiner Unverbindlichkeit ist der informelle Verfahrensabschluß keiner gerichtlichen Nachprüfung unterworfen [Art. 173 I und 189 V a. F. (230 I und 249 n. F.) EGV]269. Seit 1982 bescheidet die Kommission Negativattestanträge nach Art. 2 VO 17 mehr und mehr in der vereinfachten Form eines Verwaltungsschreibens. Freistellungen gemäß Art. 6 VO 17 ergehen seit 1983 ebenso in der vereinfachten Form eines Verwaltungsschreibens. Die Kommission trifft Entscheidungen in dieser vereinfachten Form jedenfalls dann, wenn die Antragsteller sich mit einem solchen Bescheid zufrieden geben, weil es ihren Bedürfnissen nach Rechtssicherheit genügt. Selbst wenn die Antragsteller einer Entscheidung den Vorrang geben, ist sie daran nicht gebunden270.

A., Rn. 31, B., Art. 2 Rn. 6, 25 ff., Art. 4 Rn. 2, 48 ff.; Emmerich, § 33, 8. d), bb), S. 516 f.; Bechtold (2), S. 45; Ehlermann (4), S. 19; de Bronett, S. 462 ff.; Canenbley, S. 89 f. 268 Langen/Bunte, Art. 81, gen. Prinz., Rn. 180; Langen/Sauter, VO 17, Art. 2 Rn. 4, Art. 4 Rn. 5; Immenga/Schmidt, EG-WbR, Bd. I, Art. 85 Abs. 2 Rn. 18; Immenga/Sauter, EG-WbR, Bd. I, Art. 85 Abs. 3, B. Rn. 6; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 2 Rn. 25 ff., Art. 3 Rn. 39, Art. 4 Rn. 2, 50. 269 Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 3 Rn. 49, Art. 4 Rn. 54. 270 Der Grund für das Negativattest in der vereinfachten Form eines Verwaltungsschreibens ist, daß die Ausarbeitung einer förmlichen Entscheidung wegen der obligatorischen Abfassung in allen Amtssprachen eine erhebliche Zeit in Anspruch nimmt s. Langen/Bunte, Art. 81, gen. Prinz., Rn. 179 ff.; Langen/Sauter, VO 17, Art. 2 Rn. 4; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 2 Rn. 6, 25 ff. Bei Freistellungen nach Art. 6 VO 17 durch Verwaltungsschreiben handelt es sich um formlose Mitteilungen, in denen die Kommission die betreffenden Unternehmen informiert, daß nach den ihr zur Verfügung stehenden Informationen die getroffene Vereinbarung nicht gegen Art. 85 I a. F. (81 I n. F.) EGV verstoße bzw. – falls ein solcher Verstoß gegeben sein sollte – daß die Voraussetzungen für eine Freistellung nach Art. 85 III a. F. (81 III n. F.) EGV erfüllt seien. Aus dem gleichen Grund ergeht die Freistellung gemäß Art. 6 VO 17 bei Negativattestanträgen in der vereinfachten Form eines Verwaltungsschreibens s. Langen/Bunte, Art. 81, gen. Prinz., Rn. 179 ff.; Langen/Sauter, VO 17, Art. 4, Rn. 3; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 4 Rn. 48 ff.; Immenga/Sauter, EG-WbR, Bd. I, Art. 85 Abs. 3, B., Rn. 6.

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(3) Sonstige Abschlüsse Sonstige Verfahrensabschlüsse sind die Rücknahme von Anträgen, der zeitliche Ablauf von angemeldeten Vereinbarungen und die Beilegung der Verfahren aufgrund von einseitigen Verpflichtungserklärungen der Unternehmen271. 2. Bußgeldverfahren Wettbewerbsrechtliche Zuwiderhandlungen stellen im EG-Recht Ordnungswidrigkeiten dar, aufgrund derer Bußgelder verhängt werden können. Das EG-Wettbewerbsverfahrensrecht unterscheidet nicht zwischen Verwaltungs- und Bußgeldverfahren272. Für das Verfahren zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern im Rahmen der Aufsicht von Art. 85 und 86 a. F. (81 und 82 n. F.) EGV gelten Art. 15 und 16 VO 17, für das der Zusammenschlußkontrolle Art. 14 und 15 FKVO. Art. 14 FKVO entspricht inhaltlich weitgehend dem Art. 15 VO 17, Art. 15 FKVO im wesentlichen dem Art. 16 VO 17. Mangels Unterschied beiden Verfahren gelten für letztere (sowohl nach der VO 17 als auch nach der FKVO) die gleichen Regelungen wie für das Verwaltungsverfahren, die oben erläutert worden sind273. Die Entscheidung, ob und in welcher Höhe Geldbußen oder Zwangsgelder verhängt werden, steht im Ermessen der Kommission (Opportunitätsprinzip)274. Diese Entscheidungen können sowohl von den außenpolitischen Interessen der Europäischen Gemeinschaft als auch von der politischen Interessen der Mitgliedstaaten beeinflußt werden275. Die Kommission setzt die 271

de Bronett, S. 469; Kommission, 14. Wettbewerbsbericht, Tz. 94 f. Bechtold (4), § 59 Rn. 18; Immenga/Dannecker, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Vor. Art. 15 Rn. 53; Sedemund (2), S. 46, 57. 273 s. o. Kap. I, C. 1. Im Rahmen der Zusammenschlußkontrolle nach der FKVO können erheblich höhere Bußgelder verhängt werden als bei der Aufsicht von Art. 85 und 86 a. F. (81 und 82 n. F.) EGV. Die Vorschriften von Art. 15 VO 17 und Art. 14 FKVO unterscheiden Verfahrensverstöße von Verstößen gegen das materielle Kartellrecht. Bei letzteren werden härtere Sanktionen verhängt. Art. 15 FKVO sieht die gleiche Unterscheidung vor, während sie im Art. 16 VO 17 fehlt s. Immenga/Dannecker, Bd. II, VO 17, B., Vor. Art. 15 Rn. 4 f.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D., Art. 14 Rn. 3. 274 Zu Bemessungskriterien bei Geldbußen s. Immenga/Dannecker, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 15, Rn. 249 ff.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO D., Art. 14 Rn. 1 ff. Zu Kriterien für die Reduzierung der Zwangsgelder s. Immenga/ Dannecker, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 16, Rn. 50 ff.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D., Art. 15 Rn. 1 f.; Gyselen, S. 562 ff.; Dannecker, S. 281 ff. Zu Aufgriffskriterien s. Dannecker, S. 277 ff. Wegen der unbeschränkten gerichtlichen Nachprüfungsmöglichkeit in bezug auf das Ermessen setzt die Kommission die Geldbuße in nachvollziehbarer Weise fest s. Gyselen, S. 561. 272

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Kap. I: Wettbewerbsverfahren

Geldbußen außerdem gezielt zur Durchsetzung der europäischen Wettbewerbspolitik und Klarstellung der Sozialschädlichkeit der wettbewerbswidrigen Praktiken ein276. Das Verfahren kann von Amts wegen (Art. 3 I VO 17) oder durch Erhebung der Beschwerde eingeleitet werden. Im Rahmen der VO 17 sind Adressaten der Sanktion nur Unternehmen und Unternehmensvereinigungen, im Rahmen der FKVO zusätzlich die in Art. 3 I Buchst. b bezeichneten Personen. Die Verhängung von Zwangsgeldern vollzieht sich in zwei Schritten: In einer ersten Entscheidung wird zunächst der für jeden Tag des Verzuges verwirkte Betrag i. S. d. Androhung, dann die endgültige Höhe des fälligen und vollstreckbaren Zwangsgeldes in einer zweiten Entscheidung festgesetzt, wenn der Adressat die Anordnung der Kommission nicht befolgt (Art. 16 VO 17, Art. 15 FKVO)277. Für die Festsetzung und Verhängung der Geldbußen und Zwangsgelder ist die Kommission allein zuständig278. Die Kommission kann alle im Verwaltungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse auch im Bußgeldverfahren verwenden279. Im Fall der Verhängung von Geldbußen und Zwangsgeldern ist der Beratende Ausschuß für Kartell- und Monopolfragen zu beteiligen (Art. 15 III, 16 III und 10 III bis VI VO 17)280. Da die Sanktionen ausschließlich in Fällen schwerwiegender Wettbewerbsverstöße zur Anwendung kommen, tragen die Geldbußen eindeutig einen strafrechtlichen Charakter im weiteren Sinne, 275 Zum Verzicht auf Geldbußen, Kommission 19. 12. 1984, ABl. EG 1985 Nr. L 92/1 ff., 53 (Tz. 17.2) „Aluminiumeinfuhren aus Osteuropa“. Zur Milderung der Geldbußen, Kommission 5. 2. 1992, ABl. EG 1992 Nr. L 92/1 ff. (27 f.) „Niederländische Bauwirtschaft“; Kommission 2. 8. 1989, ABl. EG 1989 Nr. L 260/1 ff. (41 f.) „Betonstahlmatte“; Immenga/Dannecker, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 15, Rn. 297 f.; Dannecker, S. 282 f. Zur staatlichen Druckausübung s. Wagemann, S. 141 ff. 276 Dieser Praxis der Kommission hat der EuGH zugestimmt EuGH 7. 6. 1983 Slg. 1983, 1825 ff. (1867 f., 1905 f., 1946 f.); Langen/Sauter, VO 17, Art. 15 Rn. 19; Dannecker, S. 289. 277 Immenga/Dannecker, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 16, Rn. 18 ff.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. 1, FKVO, D., Art. 15 Rn. 1. 278 Aufgrund der Nichtverweisung in Art. 9 III VO 17 auf Art. 15, 16 VO 17 s. Immenga/Klaue, GWB, § 50 Rn. 11; Immenga/Dannecker, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Vor. Art. 15 Rn. 74, 114. Wegen des Ausschließlichkeitsgrundsatzes kommt die Zuständigkeit der nationalen Wettbewerbsbehörden für das Bußgeldverfahren im Rahmen der Zusammenschlußkontrolle gar nicht in Frage. Zur Zuständigkeitsverteilung zwischen der Kommission und dem Bundeskartellamtes s. o. Kap. I, C. 1. (j) (1). 279 Immenga/Klaue, GWB, § 50 Rn. 18. Die Mischung von Verwaltungsverfahren und Bußgeldverfahren im EG-Wettbewerbsrecht erscheint hinsichtlich des verfahrensrechtlichen Grundrechtsschutzes nicht unproblematisch. A. A. Immenga/Dannecker, Bd. II, VO 17, B., Vor. Art. 15 Rn. 54. 280 Immenga/Dannecker, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 15, Rn. 195 ff., Art. 16 Rn. 60 f.

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d.h. mit repressiver Zwecksetzung, aber ohne den sittlichen Tadel der Kriminalstrafe, obwohl Bußgeldentscheidungen der Kommission nach dem Wortlaut des Art. 15 IV VO 17 und des Art. 14 IV FKVO nicht strafrechtlicher Art sind281. Die Bußgeldentscheidung der Kommission wird im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft veröffentlicht, obwohl Art. 21 I VO 17 und Art. 20 FKVO es nicht vorsehen282. 3. Gerichtliche Kontrolle (a) Die erste Instanz (1) Anfechtungsklage Gegen Entscheidungen der Kommission283 – sowohl in Verwaltungs- als auch in Bußgeldverfahren – kann binnen einer Frist von zwei Monaten seit Bekanntgabe oder Kenntnisnahme, spätestens seit Veröffentlichung der Entscheidung, eine Anfechtungsklage erhoben werden [173 a. F. (230 n. F.) EGV]. Klageberechtigt sind Mitgliedstaaten und natürliche und juristische Personen, die ersteren ohne weiteres, die zweiteren nur dann, wenn eine Entscheidung an sie ergangen ist oder zwar nicht ergangen ist, aber sie von der Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen sind [Art. 173 IV a. F. (230 IV n. F.) EGV]284. Klagen von Personen sind zuerst vor dem Ge281 Immenga/Dannecker, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Vor. Art. 15, Rn. 53 f.; Wagemann, S. 10 ff.; Dannecker, S. 289; Tiedemann (2), S. 1416. Nach Wagemann, S. 14 trage die Klarstellung in Art. 15 IV VO 17 und des Art. 14 IV FKVO zur Klärung der Rechtsnatur der Geldbuße wenig bei. Denn es handele sich zum einen nur um eine negative Abgrenzung, zum anderen könnten Bezeichnung und wirkliche Natur der Sanktionen auseinanderfallen, doch stehe erstere im freien Belieben des Verordnungsgebers und diene u. U. zu anderen Zwecken als der bloßen rechtsdogmatischen Einordnung. Vgl. Tiedemann (2), S. 1415. 282 Immenga/Dannecker, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Vor. Art. 15 Rn. 75. 283 Eine Entscheidung ist hier jede Maßnahme, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugt, durch welche die Interessen des Klägers durch den Eingriff in seine Rechtsstellung beeinträchtigt und durch die ein Verfahren endgültig abgeschlossen wird. Die äußere Form dieser Maßnahme ist grundsätzlich ohne Einfluß auf ihre Anfechtbarkeit. Empfehlungen und Stellungnahmen sind ihrer Natur nach rechtlich unverbindlich und von der Entscheidung umfaßt EuGH 11. 11. 1981 Slg. 1981, 2639 (2651 f.) „IBM“. Beispiele der Maßnahmen s. Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, Verfahren, A., Rn. 11 ff.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, G., Rn. 6 ff. 284 Zur Klagebefugnis s. Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, Verfahren, A., Rn. 19, 21 ff.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO G., Rn. 21 ff.; v. der Groeben/ Krück, Bd. 4, Art. 173 Rn. 36 ff. Zur Klagefrist, Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, Verfahren A., Rn. 67 ff.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, G., Rn. 36. Das Interesse der Mitgliedstaaten und des Rates an der Wahrung des Rechts beim Erlaß von Rechtsakten der Kommission wird unwiderleglich vermutet s. Geiger,

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Kap. I: Wettbewerbsverfahren

richt Erster Instanz zu erheben, Klagen der Mitgliedstaaten vor dem Europäischen Gerichtshof [Art. 173 IV, 168a a. F. (230 IV, 224, 225 n. F.) EGV]285. (2) Untätigkeitsklage Unterläßt es die Kommission (unter Verletzung des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft), eine Entscheidung zu erlassen, so kann der Antragsberechtigte die Kommission auffordern, tätig zu werden [Art. 175 I, II 1 a. F. (232 I, II 1 n. F.) EGV]. Hat die Kommission binnen einer Frist von zwei Monaten nach der Aufforderung nicht Stellung genommen, kann eine Untätigkeitsklage innerhalb einer weiteren Frist von zwei Monaten erhoben werden [Art. 175 II 2 a. F. (232 II 2 n. F.) EGV]. Klageberechtigt sind die Mitgliedstaaten ohne weiteres, die natürlichen und juristischen Personen nur dann, wenn die unterlassene Entscheidung sie unmittelbar und individuell betroffen hätte [analog Art. 173 IV a. F. (230 IV n. F.) EGV]. Die Klage von natürlichen oder juristischen Personen muß zuerst beim Gericht Erster Instanz erhoben werden [Art. 175 III a. F. (232 I n. F.), 168a I 1 a. F. (225 I 1 n. F.) EGV]286. Die Klage von den Mitgliedstaaten wird hingegen direkt beim Europäischen Gerichtshof erhoben [Art. 175 I a. F. (232 I n. F.) EGV]287. (3) Nachprüfungsklage Gegen Entscheidungen der Kommission, in denen eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld festgesetzt ist, kann der Adressat eine Klage zur Nachprüfung erheben [Art. 17 VO 17, 16 FKVO, Art. 172 a. F (229 n. F.) EGV]. Dies muß innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Bekanntgabe, Mitteilung an den Adressat oder Kenntnisnahme der Entscheidung beim Gericht Erster Instanz geschehen [analog Art. 173 IV, V a. F. (230 IV, V n. F.), 168a a. F. (225 n. F.) EGV]288. Art. 230 Rn. 12 ff.; v. der Groeben/Krück, Bd. 4, Art. 173 Rn. 21 ff.; Immenga/ Ritter, EG-WbR, Bd. II, Verfahren A., Rn. 19 f.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, G., Rn. 3 f. 285 Beschluß des Rates vom 8. 6. 1993, ABl. 1993 L 144/21. 286 Zur Klagebefugnis s. Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, Verfahren, A., Rn. 57 ff. Für die Erhebung einer Untätigkeitsklage durch potentielle Adressaten einer Entscheidung der Kommission nach Art. 6 oder 8 FKVO ist kein Raum, da im Fall der Unterlassung einer Entscheidung nach Art. 8 FKVO die Abgabe einer Vereinbarkeitserklärung seitens der Kommission fingiert wird (Art. 10 VI FKVO) s. Immenga/Immenga, Bd. I, FKVO G., Rn. 40 ff. Zur Klagefrist s. Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, Verfahren A., Rn. 67 ff. 287 Beschluß des Rates vom 8. 6. 1993, ABl. 1993 L 144/21.

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(4) Wirkung einer Anfechtungsklage Nach Art. 185 S. 1 a. F. (242 S. 1 n. F.) EGV haben Anfechtungsklagen gegen Entscheidungen der Kommission grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung289. Jedoch kann der Gerichtshof, wenn er es den Umständen nach für nötig hält, die Durchführung der angefochtenen Handlung aussetzen [Art. 185 S. 2 a. F. (242 S. 2 n. F.) EGV]. In Betracht kommt diesbezüglich auch Art. 186 a. F. (243 n. F.) EGV, nach dem der Gerichtshof ganz allgemein in den bei ihm anhängigen Sachen die erforderlichen Anordnungen treffen kann290. Voraussetzung ist, daß eine Hauptsacheklage anhängig, die Aussetzung des Vollzugs dringlich und in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht notwendig ist (Art. 83 II VerfO EuGH, 104 II VerfO EuGeI). Die Dringlichkeit liegt z. B. vor, wenn ohne Aussetzung ein ernsthafter, schwer wiedergutzumachender Schaden entstünde. Die Notwendigkeit ist gegeben, wenn die Hauptsacheklage des Klägers hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Die zu erlassende einstweilige Anordnung muß schließlich verhältnismäßig sein. Die zur Antragsbegründung angeführten Tatsachen müssen glaubhaft gemacht werden. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung des Antragstellers abhängig gemacht werden (Art. 86 II 2 VerfO EuGH, 107 II VerfO EuGeI). Die Entscheidung über die Aussetzung des Vollzugs steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts291. In der Praxis spielt die Aussetzung des Vollzugs einer Entscheidung der Kommission 288 Bei dieser Nachprüfungsklage ist das Gericht Erster Instanz nicht auf eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit beschränkt, es kann vielmehr die Zumessungskriterien der Kommission bei der Festsetzung der Geldbußen und Zwangsgelder durch eine eigene Wertung ersetzen und die Höhe der Geldbußen und Zwangsgelder aufheben, herabsetzen oder erhöhen. Hier hat der Rat von der Ermächtigung des Art. 172 a. F. (229 n. F.) EGV zur Erweiterung der gerichtlichen Nachprüfung im Bereich des Wettbewerbsrechts durch Art. 17 VO 17 und Art. 16 FKVO Gebrauch gemacht und dadurch die Sanktionsmöglichkeit um die rechtsstaatlich gebotene gerichtliche Dimension ergänzt. Hinsichtlich der Klagefrist wird die Vorschrift des Art. 173 V a. F. (230 V n. F.) EGV entsprechend angewandt. Diese Art unbeschränkter gerichtlicher Nachprüfung hat zur Folge, daß die Kommission die Geldbußen und Zwangsgelder in nachvollziehbarer Weise festsetzt. s. Immenga/Dannecker, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 17 Rn. 1 ff., 22, 23 ff., 32; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D., Art. 16 Rn. 1 f.; Langen/Sauter, VO 17, Art. 17 Rn. 1 f.; Langen/Löffler, FKVO, Art. 16 Rn. 3 ff.; Geiger, Art. 229 Rn. 1 ff. 289 Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, Verfahren, A., 48; Immenga/Immenga, EGWbR, Bd. I, FKVO, G., Rn. 44. Untätigkeitsklagen [Art. 175 a. F. (232 n. F.) EGV] kommen nicht in Betracht, da es bei ihnen an einer anzufechtenden Handlung als Verfahrensgegenstand fehlt. Es gibt diesbezüglich keine Sonderregelung für das Kartellverfahren. 290 Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, Verfahren, A., Rn. 77 ff.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, G., Rn. 43 ff. 291 Bechtold (4), § 64 Rn. 6, § 65 Rn. 8; Geiger, Art. 242 Rn. 9.

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Kap. I: Wettbewerbsverfahren

kaum eine Rolle, denn die Kommission verzichtet von sich aus auf die Durchsetzung, solange ein Verfahren beim Gericht Erster Instanz bzw. beim Europäischen Gerichtshof anhängig ist292. (b) Die zweite Instanz Gegen alle rechtsmittelfähigen Entscheidungen des Gerichts erster Instanz können Rechtsmittel innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach der Zustellung der angefochtenen Entscheidung beim Europäischen Gerichtshof erhoben werden [Art. 168a I 1 2. Halbs. a. F. (225 I S. 1 2. Halbs. n. F.) EGV, Art. 49 I, 52 Satzung des EuGH]. Die zweite Instanz ist auf die Klärung von Rechtsfragen beschränkt293. 4. Zivilrechtliche Klage Klagen aufgrund bürgerlicher Rechtsstreitigkeiten aus Art. 85 I, II und 86 a. F. (81 I, II und 82 n. F.) EGV können vor nationalen Gerichten erhoben werden [§ 97 a. F. (96 n. F.) GWB]294. Für die Klagen sind Landgerichte oder besondere Kartell-Landgerichte, soweit diese gebildet sind, ausschließlich zuständig [§§ 97 1. Halbs., 87 I, 89 a. F. (96 1. Halbs., 87 I, 89 n. F.) GWB]. Berufungen und Beschwerden werden von Kartellsenaten der Oberlandesgerichte oder besonderen Kartell-Oberlandesgerichten, soweit diese gebildet sind, ausschließlich entschieden [§§ 97 1. Halbs., 92, 93 I 292

Wenn dadurch ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist, kann die Kommission die Durchsetzung ihrer Entscheidung nicht mehr nach Art. 16 VO 17 bzw. Art. 15 FKVO erzwingen s. Bechtold (4), § 65 Rn. 8; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, Verfahren, A., Rn. 78. 293 Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, Verfahren, A., Rn. 103 f.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, G., Rn. 46. Bei einem Rechtsmittel gegen die Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern kann der Europäische Gerichtshof nicht nur eine Rechtsverletzung einschließlich Verfahrensfehlern, sondern auch die unrichtige oder unangemessene Tatsachenfeststellung überprüfen und die Entscheidung der Kommission durch die eigene ersetzen [Art. 17 VO 17, 16 FKVO, Art. 172 a. F. (229 n. F.) EGV]. In der Praxis beschränkt sich der EuGH in der Regel auf die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der verhängten Geldbuße bzw. des festgesetzten Zwangsgeldes. Dies sei wünschenswert, da eine umfassende Überprüfung bereits im erstinstanzlichen Verfahren beim EuGeI stattfinde und schon dadurch eine Entlastung des EuGH, was schließlich der Zweck der Einführung des EuGeI gewesen sei, erreicht werden könne s. Immenga/Dannecker, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 17 Rn. 3 ff., 10, 42. 294 Immenga/Schmidt, EG-WbR, Bd. II, Verfahren, B., Rn. 14 ff.; Bechtold (4), § 87 Rn. 9; Immenga/Schmidt, GWB, § 96 Rn. 1 ff. In Betracht kommen Feststellungsklagen, Gestaltungsklagen und Leistungsklagen.

C. Europäische Gemeinschaft

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a. F. (96 1. Halbs., 91, 92 n. F.) GWB]. Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs entscheidet schließlich über Revisionen, Sprungrevisionen oder Beschwerden [§§ 97 1. Halbs., 95 I Nr. 3 a. F. (96 1. Halbs., 94 I Nr. 3 n. F.) GWB]. 5. Dezentrale Struktur der Rechtsprechung Entscheidungen der Kommission über die Zuständigkeitsverteilung sind vor dem Europäischen Gerichtshof einschließlich des Gerichts erster Instanz anfechtbar295. Die Entscheidungen, die die nationalen Behörden in Anwendung der Art. 85 I a. F. und 86 a. F. (81 I n. F. und 82 n. F.) EGV erlassen, sind ihrerseits vor den nationalen gerichtlichen Instanzen anfechtbar296. Die zivilrechtlichen Folgen einer Zuwiderhandlung gegen Art. 85 I, II a. F. und 86 a. F. (81 I, II n. F. und 82 n. F.) EGV können ebenso vor den nationalen Gerichten geltend gemacht werden, ohne daß es einer vorherigen Tätigkeit der Kommission bedarf (Art. 1 VO 17)297. Hat der nationale Richter Zweifel oder erscheint ihm der Fall nicht eindeutig, so setzt er das Verfahren bis zur Entscheidung oder Stellungnahme der Kommission aus, es sei denn, daß die Voraussetzungen der Verbotsvorschrift des Art. 85 I a. F. (81 I n. F.) EGV selbst offensichtlich nicht erfüllt298 oder die Voraussetzungen für eine Freistellung nach Art. 85 III a. F. (81 III n. F.) EGV außer Zweifel nicht gegeben sind299. Der Europäische Gerichtshof einschließlich des Gerichts erster Instanz ist nicht eine den nationalen Gerichten übergeordnete Instanz. Die nationalen Gerichte können jedoch bestehende Zweifel an der Auslegung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts durch Vorlage der Sache an den Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung nach Art. 177 II a. F. (234 II n. F.) EGV klären lassen, wenn sie es für erforderlich halten. In letzter Instanz sind die Gerichte der Mitgliedstaaten zur Vorlage verpflichtet [Art. 177 III a. F. (234 n. F.) EGV]. An die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs sind das vorlegende Gericht und alle weiteren Gerichte gebunden, die in derselben Rechtssache zu entscheiden haben. Dieses Vorabentscheidungsverfahren dient der Wahrung der Rechtseinheit in der Europäischen Gemeinschaft300. 295

Zur gerichtlichen Kontrolle s. o. Kap. I, C. 3. Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, A., Rn. 7 f.; zur gerichtlichen Kontrolle s. o. Kap. I, B. 2. und Kap. I, C. 1. (j) (1). 297 Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, A., Rn. 8; zur zivilrechtlichen Klage s. o. Kap. I, C. 4. 298 EuGH 15. 12. 1994 Slg. 1994, I-5641 (5693) „Gottrup-Klim“; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, Art. 9 Rn. 11. 299 EuGH 6. 2. 1973 Slg. 1973, 77 (87) „Haecht I“; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, Art. 9 Rn. 8 ff. 296

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Kap. I: Wettbewerbsverfahren

D. Rechtsvergleichendes Zwischenergebnis 1. Allgemeines, Verfahrenseinleitung Das Wettbewerbsverfahren in Japan, Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft untergliedert sich als Verwaltungsverfahren in Amtsverfahren und Antragsverfahren. Amtsverfahren werden von Amts wegen eingeleitet (Offizialprinzip). Hierbei steht eine Entscheidung, ob ein förmliches Verfahren eingeleitet werden soll, im Ermessen der jeweils zuständigen Wettbewerbsbehörde (Opportunitätsprinzip). Im Antragsverfahren ist es hingegen dem Antragteller überlassen, seine Rechte durch Antragstellung durchzusetzen (Dispositionsmaxime). Wenn ein Antrag gestellt wird, müssen die Wettbewerbsbehörden das Verfahren einleiten (Legalitätsprinzip)301. In Japan, Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft existieren formlose Ermittlungsverfahren, in denen der Adressat zur Beantwortung der Frage durch die zuständigen Wettbewerbsbehörden nicht verpflichtet ist. Dies ist rechtlich nicht unproblematisch, aber in der Praxis unentbehrlich302. In Deutschland und der Gemeinschaft hat die Zusammenschlußkontrolle in Hinsicht auf Spannung und Harmonie zwischen Wettbewerbs- und Industriepolitik eine besondere Bedeutung erlangt und findet in ihrem Verfahren zum Teil Abweichungen von den übrigen wettbewerbsrechtlichen Aufsichten. Im japanischen Wettbewerbsrecht gibt es hingegen keine abweichenden Regeln über das Verfahren der Zusammenschlußkontrolle303. Außer dem Verwaltungsverfahren kennt das japanische Recht das Wettbewerbsstrafverfahren. Bei Verdacht einer Wettbewerbsstraftat erfolgt im Sinne der Strafanzeige durch die FTC die Übergabe eines Falles an die Staatsanwaltschaft. Zusätzlich gibt es Bußgeldverfahren, die vor Gericht durchgeführt werden304. In Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft sind wettbewerbsrechtliche Zuwiderhandlungen den Ordnungswidrigkeiten zugeordnet, die in Bußgeld- und Verwaltungsverfahren verfolgt werden können. Die Verfolgung der Ordnungswidrigkeiten und die Zumessung der Geldbuße steht dort im Ermessen der Wettbewerbsbehörden (Opportunitätsgrundsatz). Im Gegensatz zu Japan bleiben dort die Wettbewerbsbehörden weiterhin als Verfolgungsbehörden Herrin der Verfahren, und es be300 Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, Art. 9 Rn. 12; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, Verfahren, A., Rn. 106 ff.; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, Verfahren, B., Rn. 54 ff.; Geiger, Art. 234 Rn. 1 ff. 301 s. o. Kap. I, A. 1. (b); Kap. I, B. 1. (a); Kap. I, C. 1. (b). 302 s. o. Kap. I, A. 1. (c); Kap. I, B. 1. (b) und (g) (1); Kap. I, C. 1. (d) und (i) (1). 303 s. o. Kap. I, B. 1. (g); Kap. I, C. 1. (i). 304 s. o. Kap. I, A. 3.

D. Rechtsvergleichendes Zwischenergebnis

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steht keine klare, organinterne Trennung zwischen Ermittlung und Entscheidungsfindung305. 2. Beschwerderecht zur Anregung des Verfahrens Eine zu betonende Differenz zwischen dem japanischen, deutschen und EG-Wettbewerbsverfahren liegt darin, daß das europäische Wettbewerbsrecht dem Interessentenkreis ein Beschwerderecht eingeräumt hat (Art. 3 II VO 17). Wenn die Beschwerde von der Kommission endgültig abgelehnt wird, kann diese Entscheidung Gegenstand einer Klage vor dem Gericht Erster Instanz und dem Europäischen Gerichtshof sein. Der Beschwerdeführer, der sein berechtigtes Interesse geltend macht, kann durch dieses Instrumentarium am Schutz der marktwirtschaftlichen, wettbewerbsorientierten Rahmenbedingungen stärker als in Japan und Deutschland mitwirken. Durch Zulassung von Anfechtungs- und Untätigkeitsklage verwandelt sich das Beschwerderecht Dritter in ein echtes Recht auf Einschreiten der Kommission. Das EG-Recht erkennt hier zutreffend zwei Aufgaben des Wettbewerbsrechts an: Dieses schützt nämlich nicht nur das Interesse der Allgemeinheit, den freien Wettbewerb aufrechtzuerhalten, sondern auch das Individualinteresse, das durch eine Wettbewerbsbeschränkung verletzt würde306. Andererseits ist nicht zu übersehen, daß es hier auch um rechtspolitische Überlegungen zwischen den Institutionen der Europäischen Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten um die Kompetenz hinsichtlich der unmittelbaren Anwendung des eigenen Wettbewerbsrechts auf unternehmerische Aktivitäten auf dem europäischen Binnenmarkt geht307. Ein solches Beschwerderecht ist weder im japanischen noch im deutschen Wettbewerbsrecht zu finden. 3. Ermittlung Im Ermittlungsverfahren haben die zuständigen Behörden von Amts wegen alle erforderlichen Tatsachen und Beweismittel heranzuziehen und zu prüfen, um den Sachverhalt lückenlos aufzuklären (Untersuchungsgrundsatz). Geltung haben in allen drei Rechtsordnungen von Japan, Deutschland 305

s. o. Kap. I, B. 3.; Kap. I, C. 2.; s. u. Kap. II, B. 3. (b); Kap. II, C. 3. (b). s. o. Kap. I, C. 1. (c); Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 3 Rn. 1 f. 307 Z. B. wiederkehrende Kette von Initiativen der Industrie, der Kommission, den kleineren und größeren Mitgliedstaaten bei der Schwellenabsenkung des Art. 1 FKVO s. Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, A., Rn. 19 ff.; Langen/ Bunte, FKVO, Vor. Rn. 27 ff.; zur Souveränität der Mitgliedstaaten s. u. Kap. II, C. 3. (a) (9). 306

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Kap. I: Wettbewerbsverfahren

und der Europäischen Gemeinschaft der Erforderlichkeitsgrundsatz und das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Ermittlungsbefugnisse der FTC, der Kartellbehörden in Deutschland und der Kommission zum Auskunftsersuchen sind Einsichts- und Prüfungsrecht, Vorlage der Auskünfte, Betreten der Geschäftsräume. Im japanischen und deutschen Wettbewerbsrecht ist ferner das Einholen von Gutachten sowie die Ladung von Zeugen vorgeschrieben. In Japan ist eine gegenseitige Fragestellung und Beantwortung unter Zeugen, Sachverständigen und Betroffenen zulässig. In Deutschland ist das Kreuzverhör nicht gestattet. Das EG-Recht hat keine entsprechenden Vorschriften, aber in der Praxis bietet die Kommission ohne Zwangsmaßnahmen dem Betroffenen eine solche Gelegenheit an. Im Gegensatz zum japanischen und deutschen Recht kennt das EG-Wettbewerbsrecht keine Zeugenvernehmung. Die Kommission kann zwar Augenschein nehmen und Sachverständigenbeweis erheben, allerdings ohne Zwangsbefugnisse gegenüber den Parteien oder Dritten. Im deutschen Recht sind den zuständigen Wettbewerbsbehörden zusätzlich ein Durchsuchungs- und ein Beschlagnahmerecht eingeräumt. Daher haben die deutschen Wettbewerbsbehörden die stärkste Position im Rahmen der Ermittlung. Solche unmittelbaren Zwangsbefugnisse zum Zweck der Nachprüfung stehen der FTC und der Kommission nicht zu. Sie können den Betroffenen nur durch die Androhung von Strafe oder Geldbuße im Falle des Nichtnachkommens mittelbar zwingen, an der Nachprüfung mitzuwirken. Das deutsche Wettbewerbsrecht kennt zum Schutz natürlicher Personen vor Selbstbezichtigung ein allgemeines Auskunftsverweigerungsrecht, falls die Kartellbehörden Ermittlungen gegen sie durchführen. Ob dieser Grundsatz auch für Unternehmen gilt oder ob ein Vorlageverweigerungsrecht besteht, ist umstritten. Im Gemeinschaftsrecht gibt es lediglich das Recht, ein Geständnis zu verweigern. Dieses Recht steht sowohl einer natürlichen Person als auch einem Unternehmen zu, jedoch nicht nur beim Auskunftsverlangen, sondern auch bei der Nachprüfung. In Japan findet der Grundsatz des Schutzes vor Selbstbezichtigung Geltung in der wettbewerbsrechtlichen Strafverfolgung, aber nicht im wettbewerbsrechtlichen Verwaltungsverfahren. Allerdings werden in der Praxis die während der Ermittlung des Verwaltungsverfahrens durch die FTC erlangten Beweise nicht an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Die Staatsanwaltschaft muß ihrerseits selbständig nach Vorschriften der japanischen Strafprozeßordnung zur Verfolgung einer Wettbewerbsstraftat Ermittlungen anstellen308.

308

s. o. Kap. I, A. 1. (c); Kap. I, B. 1. (b); Kap. I, C. 1. (d).

D. Rechtsvergleichendes Zwischenergebnis

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4. Rechtliches Gehör In jedem Wettbewerbsverfahren wird das rechtliche Gehör gewährt. In Japan stellt sich das rechtliche Gehör in der Form einer mündlichen Verhandlung dar. Dort herrscht der Mündlichkeitsgrundsatz, was dadurch deutlich wird, daß ein förmlicher Beschluß der FTC ohne mündliche Verhandlung unzulässig ist. Außer unbestrittenen und öffentlichen Tatsachen darf nur das mündlich Verhandelte einer Entscheidung zugrundegelegt werden. Dieses mündliche Verfahren ist kontradiktorisch ausgestaltet und findet grundsätzlich öffentlich und in der Regel zu mehreren Terminen statt. Es trägt zwar auf der einen Seite zum besseren Schutz der Grundrechte bei, aber auf der anderen Seite kann sich seine Schwerfälligkeit doch nachteilig auswirken. Dies ist ein Versuch zum Ausgleich der Vor- und Nachteile des Untersuchungs- und Verhandlungsgrundsatzes einerseits und der Inquisitionsmaxime und dem Anklageprinzip andererseits. So einen hohen Stellenwert hat die mündliche Verhandlung im deutschen und europäischen Wettbewerbsrecht nicht erlangt. In Deutschland ist die mündliche Verhandlung grundsätzlich fakultativ. In den Fällen einer Mißbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen sowie einer Zusammenschlußkontrolle ist eine öffentliche mündliche Verhandlung notwendig, jedoch ist es möglich, mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden oder die Öffentlichkeit auszuschließen. Im EG-Wettbewerbsrecht ist eine mündliche Anhörung nur dann möglich, wenn ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird, während sie im Bußgeldverfahren obligatorisch ist. Nach Auffassung der Kommission ist eine mündliche Anhörung sogar dann nicht mehr angebracht, wenn die Beteiligten ausreichend Gelegenheit zu einer schriftlichen Stellungnahme gehabt haben. Im Gegensatz zum japanischen Wettbewerbsrecht spielt die Mündlichkeit des Verfahrens in Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft eher eine die schriftliche Stellungnahme ergänzende und zweitrangige Rolle. Die Verfahren sind dort überwiegend schriftlich. Zum effektiven Schutz des rechtlichen Gehörs ist in jedem Wettbewerbsverfahren das Akteneinsichtsrecht gewährleistet. Hinsichtlich der Rechtsträger und des Gegenstandes ist die Gestaltung dieses Rechts allerdings unterschiedlich. In Japan ist dieses Recht Beschuldigten, Beigeladenen und demjenigen, der durch eine gerügte Zuwiderhandlung einen Schaden erlitten hat, gewährt. In Deutschland sind Rechtsträger in § 51 II a. F. (54 II n. F.) GWB bestimmte Verfahrensbeteiligte. Im EG-Wettbewerbsrecht steht dem Adressat der Mitteilung der Beschwerdepunkte das Recht auf Akteneinsicht zu. Die Kommission hat zusätzlich dem Beschwerdeführer ein eingeschränkteres Akteneinsichtsrecht zugebilligt. Gegenstände des Akteneinsichtsrechts sind in Japan nur Akten, die in der mündlichen Verhandlung

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Kap. I: Wettbewerbsverfahren

offengelegt worden sind, in Deutschland alle Akten, die mit dem Gegenstand des Verfahrens in Zusammenhang stehen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können. In der Europäischen Gemeinschaft sind es alle Unterlagen, auf die die Kommission ihre Entscheidung zu stützen beabsichtigt. Als Gegenstück des Rechts auf Akteneinsicht kommt der Geheimnisschutz in Betracht. Im deutschen und europäischen Wettbewerbsverfahren ist dieser Geheimnisschutz konkret anerkannt, während er in Japan von der Generalklausel „ein Rechtfertigungsgrund“ umfaßt ist, bei dessen Vorliegen die FTC die Akteneinsicht verweigern kann309. 5. Zusammenschlußkontrolle Zusammenschlüsse werden in jedem der untersuchten Wettbewerbsverfahren grundsätzlich in Antragsverfahren geprüft. Vor der Verfahrenseinleitung spielen informelle Vorverfahren eine unentbehrliche Rolle. In Japan gilt seit der Novelle von 1998 eine grundsätzlich präventive Fusionskontrolle, und nur Zusammenschlußvorhaben von großer Bedeutung sind vorher bei der FTC anzumelden. Für Zusammenschlußkontrolle gilt hier im Grunde die allgemeine Verfahrensregelung des Antimonopolgesetzes. Eine selbständige ist nicht vorgesehen. Für die Zusammenschlußkontrolle ist die FTC ausschließlich zuständig. Für die deutsche und EG-Zusammenschlußkontrolle gibt es von der allgemeinen Verfahrensregelung abweichende Verfahrensvorschriften. Die deutsche Fusionskontrolle ist seit der 6. Novelle von 1998 generell präventiv. Nach dem Vorbild der EG-Zusammenschlußkontrolle ist das Verfahren vor dem Bundeskartellamt klar in Vor- und Hauptprüfverfahren getrennt worden. In Hinblick auf die Entscheidungsträger kann das deutsche Verfahren zweistufig betrachtet werden, da zuerst das Bundeskartellamt und dann der Bundesminister für Wirtschaft nach unterschiedlichen Prüfungskriterien entscheidet. Die Trennung des Verfahrens beim Bundeskartellamt und die Aufteilung der Zuständigkeit zwischen dem Bundeskartellamt und dem Bundeswirtschaftsminister soll der Transparenz des Verfahrens dienen. Die europäische Zusammenschlußkontrolle ist ebenso präventiv. Alle Zusammenschlüsse von gemeinschaftlicher Bedeutung sind vorher bei der Kommission anzumelden. In der Gemeinschaft besteht die Prüfung zwar aus zwei Phasen, Vor- und Hauptverfahren (mit steigender Prüfungsintensität), aber vor dem gleichen Organ, der Kommission. In dieser Trennung von Vor- und Hauptverfahren, die jeweils nach vorgeschriebenen Prüfungskriterien durchgeführt werden, stellt sich eine Tendenz der Vorverlagerung des Verfahrens fest, die zur Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens, Entlastung der Kommission, aber gleichzeitig 309

s. o. Kap. I, A. 1. (d); Kap. I, B. 1. (c); Kap. I, C. 1. (e).

D. Rechtsvergleichendes Zwischenergebnis

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auch zur Wahrung der Rechtssicherheit beitragen soll. In der deutschen und EG-Fusionskontrolle bestehen Prüfungsfristen, innerhalb derer das Prüfungsverfahren abgeschlossen werden muß. Nach dem Ablauf dieser Fristen ohne Untersagung gilt der Zusammenschluß im deutschen und EG-Recht als freigegeben und wirksam. Vor Ablauf dieser Fristen ist der Vollzug eines Zusammenschlusses verboten. In Japan ist lediglich die Mitteilungsfrist vorgesehen und die Prüfung der FTC kann diese Frist überschreiten. Nach Ablauf dieser Frist ist der Vollzug des Zusammenschlusses automatisch zulässig. Um dies zu verhindern, kann die FTC einen Antrag auf einstweilige Anordnung bei Gericht stellen. Eine Verlängerung oder Hemmung der Prüfungsfristen ist in jeder Rechtsordnung vorgesehen. Rechtsgeschäfte, die gegen das Vollzugsverbot verstoßen, sind im deutschen und EG-Wettbewerbsrecht bis zur endgültigen Entscheidung der Wettbewerbsbehörden schwebend unwirksam. In Japan muß die FTC zur Klarstellung der Wirksamkeit solcher Rechtsgeschäfte ein gerichtliches Urteil erwirken. Ein im Zeitpunkt der Untersagung bereits vollzogener Zusammenschluß ist durch die Wettbewerbsbehörden nach allen Vorschriften aufzulösen. Die Erlaubnis eines Zusammenschlusses kann in jeder Wettbewerbsordnung auf einer Zusage einer Modifizierung durch die beteiligten Unternehmen beruhen310. 6. Verfahrensabschluß In jeder Rechtsordnung von Japan, Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft bestehen zwei Arten von Verfahrensabschlüssen, förmliche und nicht förmliche. Im Rahmen des förmlichen Verfahrensabschlusses kennt das japanische Wettbewerbsrecht neben dem förmlichen Beschluß noch zwei andere Arten: Empfehlungs- und Zustimmungsbeschluß. Sie unterscheiden sich dadurch, daß der erste vor der Einleitung der mündlichen Verhandlung und der zweite während ihrer Durchführung gefaßt wird. Beide Beschlußarten basieren darauf, daß der Beschuldigte wegen unwiderlegbarer Beweise zugesteht, daß er eine wettbewerbsrechtliche Zuwiderhandlung begangen hat, und sich bereit erklärt, selbst Maßnahmen zu ihrer Abstellung zu ergreifen. Die Empfehlungs- und Zustimmungsbeschlüsse erlangen Wirksamkeit, wenn die FTC förmliche Beschlüsse gleichen Inhalts faßt. Der Adressat dieser Beschlüsse ist dann dazu verpflichtet, die Zuwiderhandlung einzustellen. Diese Möglichkeiten zum Verfahrensabschluß tragen zur schnellen und gütlichen Erledigung des Falles bei. Eine vergleichbare Möglichkeit existiert weder im deutschen noch im EG-Wettbewerbsrecht311. 310 311

s. o. Kap. I, A. 1. (g); Kap. I, B. 1. (g); Kap. I, C. 1. (i). s. o. Kap. I, A. 1. (i); Kap. I, B. 1. (j); Kap. I, C. 1. (k).

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Kap. I: Wettbewerbsverfahren

7. Gerichtliche Kontrolle Sowohl in Japan als auch in Deutschland sind zentrale Zuständigkeiten von Gerichten hinsichtlich Anfechtungs- bzw. Untätigkeitsklage oder Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsbeschwerde im Wettbewerbsverfahren bei einem oder einigen Gericht(en) vorgesehen. Im japanischen Recht ist das einzige Gericht, nämlich das Obergericht Tokyo, ausschließlich dafür zuständig, so daß seine Überlastung nicht ausgeschlossen werden kann. Gegen eine Entscheidung des Obergerichts Tokyo ist nur ein einziges letztes Rechtsmittel zulässig, das beim Obersten Gerichtshof eingelegt werden muß. In Deutschland ist die Rechtsprechung dezentral aufgebaut. Auf der einen Seite existieren die verschiedenen Gerichtsbarkeiten. Auf der anderen Seite ist die Zuständigkeit des Gerichts zwischen Bund und Ländern aufgeteilt. Obwohl im Wettbewerbsrecht eine verwaltungsrechtliche Natur enthalten ist, sind für Wettbewerbssachen nicht die Verwaltungsgerichte, sondern die ordentlichen Gerichte zuständig. Trotz dieser dezentralen Struktur besteht die Möglichkeit, die Zuständigkeit für Wettbewerbssachen bei einigen ordentlichen Gerichten zu konzentrieren. Auf der Landesebene ist es für die Landesregierungen möglich, die gerichtliche Zuständigkeit für Kartellverwaltungs- und Kartellbußgeldsachen durch Rechtsverordnung einem oder einigen der Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuzuweisen. Von dieser Möglichkeit ist in mehreren Bundesländern Gebrauch gemacht worden. Auf der Bundesebene entscheidet über die Anfechtungs- oder Verpflichtungsbeschwerde sowohl gegen das Bundeskartellamt als auch (bezüglich der Ministererlaubnis) gegen den Bundesminister für Wirtschaft ausschließlich das für den Sitz des Bundeskartellamtes zuständige Oberlandesgericht. Zusätzlich werden in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten die Landesregierungen ermächtigt, die Zuständigkeit durch Rechtsverordnung einem Landgericht für die Bezirke mehrerer Landgerichte zuzuweisen. Von dieser Ermächtigung ist ebenso in mehreren Bundesländern Gebrauch gemacht worden. Darüber hinaus kann durch Staatsverträge die Zuständigkeit eines Landgerichts oder die Zuständigkeit eines Oberlandesgerichts oder Obersten Landesgerichts für ein Gebiet, das in mehrere Länder hineinreicht, begründet werden. Die letzte Instanz ist der Bundesgerichtshof. In der Europäischen Gemeinschaft bestehen nur das Gericht Erster Instanz und der Europäische Gerichtshof als rechtsprechende Organe für Anfechtungs- und Untätigkeitsklagen gegen Handlungen der Kommission. Zwischen diesen beiden und den nationalen Gerichten besteht eine Zuständigkeitsaufteilung. Die Rechtseinheit der Gemeinschaft bezüglich der Auslegung und Anwendung des EG-Rechts ist durch die Aussetzung des anhängigen Falles für die Dauer des Kommissionsverfahrens oder durch das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 177 a. F. (234 n. F.) EGV gewährleistet. Hinsichtlich der

D. Rechtsvergleichendes Zwischenergebnis

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Zubilligung der Anfechtungsklagebefugnis für Beschwerdeführer ist das EG-Wettbewerbsrecht im Vergleich zu den anderen zwei Rechtsordnungen einen Schritt weiter gegangen. Im japanischen und deutschen Wettbewerbsrecht ist ein Rechtsmittel bezüglich Klage und Beschwerde im Rahmen der Wettbewerbsverwaltungs-, Wettbewerbsstraf- und Bußgeldverfahren nur einmal möglich. Im EG-Wettbewerbsrecht bestehen ohnehin lediglich zwei Gerichte. Die FTC, das Bundeskartellamt und die Kommission spielen also eine Rolle der ersten Instanz. Die Konzentration der Zuständigkeit der Gerichte und die Gewährung des zweistufigen Instanzenzuges in den drei Rechtsordnungen sollen der einheitlichen, beschleunigten und effektiven Rechtsprechung dienen. Für Wettbewerbssachen werden wegen Besonderheiten und Schwierigkeiten des Wettbewerbsrechts spezielle Senate eingerichtet: in Japan beim Obergericht Tokyo, in Deutschland sowohl bei den zuständigen Oberlandesgerichten (oder Obersten Landesgerichten) als auch beim Bundesgerichtshof. Dies soll aufgrund der Fachkenntnisse der Spezialsenate zum effektiven Institutions- und Individualschutz beitragen312. Wettbewerbsrechtliche Zuwiderhandlungen können in Japan und Deutschland zusätzlich durch die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche des einzelnen im Rahmen von bürgerlichen Streitigkeiten jeweils nach den Vorschriften der Wettbewerbsgesetze (jeweils AMG und GWB) und der bürgerlichen Gesetze (jeweils JBGB und DBGB) vor Gericht sanktioniert werden. In der Europäischen Gemeinschaft ist die Geltendmachung solcher Ansprüche nur nach dem nationalen Recht vor Gerichten der Mitgliedstaaten, also z. B. vor deutschen Gerichten möglich. Für diesen Rechtsweg ist ein dreistufiger Instanzenzug vorgesehen313. 8. Einstweilige Anordnungen und die Wirkung einer Anfechtungsklage In Japan hat an Stelle der FTC das Obergericht Tokyo die Befugnis, eine einstweilige Anordnung zu erlassen. Dieses erläßt sie auf Antrag der FTC, wenn es sie für nötig hält. Gegen diese Entscheidung ist eine Sonderbeschwerde zum Obersten Gerichtshof statthaft. Der Adressat kann die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung durch Vorlage von Geld bzw. Wertpapieren aussetzen lassen. Nach dem deutschen GWB ist die Befugnis der Kartellbehörden, eine einstweilige Anordnung selbst zu erlassen, ausdrücklich geregelt. Gegen diese einstweilige Anordnung ist eine Beschwerde vor dem zuständigen Gericht möglich. Im EG-Recht ist eine solche Kompetenz 312 s. o. Kap. I, A. 2.; Kap. I, B. 2.; Kap. I, C. 3.; Kap. I, A. 5.; Kap. I, B. 5.; Kap. I, C. 5. 313 s. o. Kap. I, A. 4.; Kap. I, B. 4.; Kap. I, C. 4.

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Kap. I: Wettbewerbsverfahren

der Kommission nicht vorgesehen. Der EuGH hat sie jedoch in seiner Rechtsprechung aus dem Sinn und Zweck des Art. 3 VO 17 abgeleitet. Die einstweilige Anordnung ist vor dem Europäischen Gerichtshof einschließlich des Gerichts erster Instanz anfechtbar. Bei der Prüfung der Voraussetzungen für die einstweiligen Anordnungen sind in jeder Rechtsordnung das öffentliche Interesse, das Interesse des Adressaten sowie des Marktbeteiligten abzuwägen314. Im japanischen und gemeinschaftlichen Wettbewerbsrecht haben Klagen gegen förmliche und endgültige Entscheidungen der Wettbewerbsbehörden grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann ausnahmsweise in angebrachten Fällen eine aufschiebende Wirkung herstellen. Auch im deutschen Recht hat eine Beschwerde außer in den in § 63 a. F. (64 n. F.) GWB ausdrücklich vorgeschriebenen Fällen keine aufschiebende Wirkung. Diese schematische Regelung in Deutschland trägt zwar zur Rechtssicherheit bei, es fehlt aber an der für jeden Einzelfall nötigen Flexibilität. Zum Ausgleich können die Kartellbehörden ihrerseits nach dem § 63a a. F. (65 n. F.) GWB unter noch allgemeineren Voraussetzungen als denen des § 63 a. F. (64 n. F.) GWB einzelfallgerecht die sofortige Vollziehung anordnen oder umgekehrt die Vollziehung aussetzen, das Beschwerdegericht seinerseits auf Antrag die aufschiebende Wirkung wiederherstellen oder unabhängig von der sofortigen Vollziehung durch die Kartellbehörde die aufschiebende Wirkung anordnen. Bei der Prüfung der Voraussetzungen für die aufschiebende Wirkung einer Klage oder Beschwerde sind in jeder Rechtsordnung das öffentliche Interesse, das Interesse des Adressaten sowie des Marktbeteiligten abzuwägen315. 9. Dezentrale Struktur des Verfahrens Deutschland und die Europäische Gemeinschaft sind föderalistisch aufgebaut. Dies spiegeln die dezentralen Strukturen der beiden Wettbewerbsverfahren wider. Vorgesehen ist in diesem Zusammenhang die Zuständigkeitsverteilung und Zusammenarbeit zwischen dem Bundesminister für Wirtschaft, dem Bundeskartellamt und den Landeskartellbehörden im deutschen Wettbewerbsrecht einerseits und der Kommission und dem Bundeskartellamt im EG-Recht andererseits. Während die Zuständigkeitsverteilung im deutschen Wettbewerbsrecht bindend ist, ist im EG-Recht im Falle von Verstößen gegen Art. 85 I und 86 a. F. (81 und 82 n. F.) EGV nach dem Subsidiaritätsgrundsatz eine Überschneidung der Zuständigkeiten zwischen dem Bundeskartellamt und der Kommission möglich. Trotz des Ausschließlich314 315

s. o. Kap. I, A. 2. (a) (5); Kap. I, B. 1. (f); Kap. I, C. 1. (h). s. o. Kap. I, A. 2. (a) (4); Kap. I, B. 2. (a) (3); Kap. I, C. 3. (a) (4).

D. Rechtsvergleichendes Zwischenergebnis

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keitsprinzips in der EG- Zusammenschlußkontrolle kann ein Fall doch nach der sog. deutschen Klausel an das Bundeskartellamt verwiesen werden. Nach der niederländischen Klausel ist umgekehrt eine Verweisung von nationalen Wettbewerbsbehörden an die Kommission möglich, was in bezug auf Deutschland wegen der Aktivität des Bundeskartellamts faktisch ausgeschlossen ist. In Deutschland sind das Bundeskartellamt und die Landeskartellbehörden nach § 45 III a. F. (49 II n. F.) GWB gegenseitig verpflichtet, das Verfahren an die zuständige Behörde zu verweisen. Zur Zusammenarbeit gehört eine gegenseitige Benachrichtigung zwischen den Wettbewerbsbehörden sowohl im deutschen als auch im EG-Wettbewerbsverfahren. In Deutschland ist das Bundeskartellamt an allen Verfahren der Landeskartellbehörden beteiligt. Umgekehrt können die Landeskartellbehörden, in deren Gebiet die beteiligten Unternehmen ihren Sitz haben, vor der Untersagung eines Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt Stellung nehmen. Im EG-Recht geschieht die Einflußnahme Deutschlands als Mitgliedstaat insbesondere durch die Zusammensetzung des Beratenden Ausschusses und Stellungnahmen des Bundeskartellamtes. Die VO 17 und die FKVO schreiben hierzu eine gegenseitige Mitwirkungspflicht vor. Föderalistische Überlegungen bestehen ebenso im Verhältnis zwischen den nationalen Gerichten und der Kommission einerseits sowie zwischen den nationalen Gerichten und dem Europäischen Gerichtshof einschließlich des Gerichts erster Instanz andererseits. Durch Aussetzung des Prozesses vor den nationalen Gerichten für die Dauer des Kommissionsverfahrens und durch Vorabentscheidung durch europäische Gerichte kann einer uneinheitlichen Rechtsprechung vorgebeugt werden. Die Struktur des japanischen Wettbewerbsverfahrens ist im Gegenteil zentralistisch aufgebaut316. 10. Zusammenfassung Es bestehen in den drei Rechtsordnungen Gemeinsamkeiten der Verfahren, die eine Rechtsnatur des Wettbewerbsverfahrens im Kern als Verwaltungsverfahren deutlich machen. Erstens steht es im Amtsverfahren im Ermessen der Wettbewerbsbehörde, ob sie ein Verfahren einleitet oder nicht (Opportunitätsgrundsatz). Diese Entscheidung wird von Amts wegen getroffen (Offizialprinzip). Zweitens können die Wettbewerbsbehörden zur Aufklärung des Falles, unabhängig von der Mitwirkung der Betroffenen, alle erforderlichen Ermittlungsmaßnahmen treffen (Untersuchungsgrundsatz). Drittens besteht für die Wettbewerbsbehörden die Möglichkeit, einstweilige Anordnungen entweder vom Gericht zu erwirken oder selbst bis zu einer endgültigen Entscheidung zu erlassen. Schließlich hat eine Klage oder Be316

s. o. Kap. I, B. 1. (i); Kap. I, C. 1. (j).

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Kap. I: Wettbewerbsverfahren

schwerde gegen eine Entscheidung der Wettbewerbsbehörde außer in Ausnahmefällen keine aufschiebende Wirkung, da die angefochtene Verfügung in erster Linie dem öffentlichen Interesse dient. Statt Dispositionsgrundsatz, Verhandlungsmaxime, Legalitätsprinzip oder Anklagegrundsatz, was im Zivil- oder Strafprozeß üblich ist, haben Gesetz- und Verordnungsgeber die Offizialmaxime, das Opportunitätsprinzip oder den Untersuchungsgrundsatz in das Wettbewerbsverfahren eingeführt. All dies soll eine effektive Durchführung des Verfahrens garantieren. Auf der anderen Seite enthalten alle Wettbewerbsverfahren zusätzlich Elemente eines Gerichtsverfahrens, das strengere Regelungen zum Zweck des Rechtsschutzes der Verfahrensbeteiligten beinhaltet. In diesem Zusammenhang ist die an sich für das Verwaltungsverfahren fremde Mündlichkeit des Verfahrens, die im Zivil-, Straf- und Verwaltungsprozeß den Grundsatz darstellt, zu nennen. Im japanischen Wettbewerbsverfahren, wo die mündliche Verhandlung eine entscheidende Rolle spielt und eine weitgehende Annäherung an den Strafprozeß darstellt, wird angestrebt, die Verfahrensbeteiligten nicht nur als Verfahrensobjekt zu behandeln, sondern auch zum Subjekt des Verfahrens aufzuwerten. In bezug auf die Beweisaufnahme und Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen verweisen das japanische und deutsche Wettbewerbsrecht an vielen Stellen auf Vorschriften der jeweiligen Zivil- und Strafprozeßordnung. Sie sind auch durch Bestimmungen der jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetze ergänzt. Eine Durchbrechung des Opportunitätsprinzips ist in der Institution des Beschwerderechts im EG-Wettbewerbsrecht zu sehen. Diese Institution dient dem besseren Interessenschutz Dritter. Als allgemeine verfassungsrechtliche Verfahrensgrundsätze, die nicht nur in Wettbewerbsverfahren, sondern auch in allen Verfahrensarten gelten, sind in jedem Wettbewerbsrecht außerdem Rechtliches Gehör, der Erforderlichkeits- sowie der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz enthalten. Sie tragen vor allem zum prozessualen Schutz der Grundrechte der Verfahrensbeteiligten bei. Insgesamt ist damit das Wettbewerbsverfahren in Japan, Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft wie ein gerichtsähnliches Verfahren ausgestaltet.

Kapitel II

Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde Die Rechtsnatur des Wettbewerbsverfahrens ist nach dem Ergebnis des Kapitels I die eines Verwaltungsverfahrens, das durch die im Zivil- und Strafprozeßrecht entwickelten Grundsätze ergänzt wird. In Wettbewerbsverfahren der drei Rechtsordnungen von Japan, Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft greifen die für die Anwendung des Wettbewerbsrechts zuständigen Wettbewerbsbehörden in die wirtschaftliche Autonomie der Unternehmen ein und spielen für die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts eine entscheidende Rolle. Das Kapitel II befaßt sich mit den Hauptthemen dieser Arbeit, nämlich der Frage der Unabhängigkeit der Wettbewerbsbehörde im Außenverhältnis und der Trennung der Entscheidungs- von der Ermittlungsfunktion im Innenverhältnis. Es wird zuerst analysiert, wie die Wettbewerbsbehörden in den drei Rechtsordnungen organisationsstrukturell aufgebaut sind, welche Stellung sie innerhalb der Exekutive haben, wie die Fremdeinwirkung auf das Verfahren erfolgt und welche Unterschiede zwischen ihnen bestehen. Dann wird auf den Stand der Diskussionen um die Notwendigkeit einer unabhängigen Wettbewerbsbehörde und einer Funktionstrennung eingegangen. Die diesbezüglichen Argumente und Gegenargumente werden ausführlich dargestellt. Außerdem wird auch ein kurzer Blick auf die Lage der US-amerikanischen Wettbewerbsbehörden geworfen.

A. Japan Die Fair Trade Commission (FTC) ist in Japan die ausschließlich zuständige Behörde für die Aufsicht in Wettbewerbssachen – mit Ausnahme der Fälle der Anwendungsausnahme des AMG (§§ 21 f. AMG)1. Sie hat ihren Sitz in Tokyo. 1 Problematisch waren zahlreiche Ausnahmekartelle, die nicht nach Maßgabe des AMG erlaubt worden waren, sondern aufgrund besonderer Gesetze, die ihrerseits eigentlich nur befristet wirksam sein sollten. Diese Fristen wurden jedoch immer wieder verlängert, so daß auch die Ausnahmekartelle bestehen bleiben durften. Für

132 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

1. Entstehungsgeschichte Die Fair Trade Commission ist 1947 nach dem Vorbild des Systems der „Independent Regulatory Commission“ der USA mit der Verabschiedung des Antimonopolgesetzes gegründet worden und verfügt über umfangreiche Kompetenzen. Diese Behörde besitzt außer exekutiven Funktionen auch quasi-legislative und quasi-justiziale Funktionen und trifft kollegiale Entscheidungen2. Zum Rechtsschutz des einzelnen in der modernen Gesellschaft ist eine auf ihre Änderung und auf die Entwicklung der Lage rasch und flexibel reagierende Verwaltung unentbehrlich. Die zeitraubende Gesetzgebung ist dafür nicht geeignet. Das Parlament soll lediglich den Normzweck, abstrakte Regelungskriterien und Grenzen im Gesetz bestimmen, die Regelung im Einzelnen aber der Exekutive überlassen. Dies gilt ebenso im Bereich des Wirtschaftsrechts, von dem das Wettbewerbsrecht umfaßt wird. Geboten ist daher die schnelle, flexible und effektive Aufsicht über die unternehmerischen Aktivitäten durch die Exekutive. Des weiteren soll die Aufgabe der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts nicht einer herkömmlichen Behörde, die oft eine dem Prinzip des freien Wettbewerbs widersprechende Politik betreibt, sondern einer unabhängigen Behörde zugeteilt werden, die ohne Fremdeinwirkung handelt. Aus diesen Gründen ist die unabhängige, justizförmig ausgestaltete Behörde FTC gegründet worden3. die Anwendung solcher Gesetze waren nicht die FTC, sondern andere Behörden zuständig. Diese Behörden hatten Kartelle oft im Hinblick auf außerwettbewerbliche Auswirkungen, beispielsweise die Förderung der Industrie, die Verstärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, die Stabilisierung der Unternehmensbedingungen, die Sicherung der Arbeitsplätze usw. erlaubt. Somit unterlagen Ausnahmekartelle nicht der unmittelbaren Aufsicht der FTC. Jedoch sind die Ausnahmekartelle in letzter Zeit drastisch reduziert worden. Dazu hat die Änderung der wirtschaftlichen Situation in Japan beigetragen. Japanische Unternehmen haben die Wettbewerbsfähigkeit auf dem internationalen Markt erlangt. Die Verbraucherinteressen sind vielfältiger als früher geworden. Dies hat zu Folge, daß sich der pro-wettbewerbliche Gedanke in der Öffentlichkeit verbreitet hat. Die Forderung der USA nach der weiteren Öffnung und Transparenz des japanischen Marktes hat dabei eine große Rolle gespielt E. Watanabe, S. 7 ff.; Ariizumi, S. 13 ff.; S. Watanabe, S. 13 ff. Mit der Novelle des AMG von 1999 wurde die Anwendungsausnahme aufgrund anderer Gesetze (§ 22 a. F. AMG) und für Struktur- (§ 24-3 a. F. AMG) sowie Rationalisierungskartelle (§ 24-4 a. F. AMG) abgeschafft. 2 Die FTC hat aufgrund von Vorschriften des AMG eine legislative Kompetenz, die Arten der unlauteren Handelsmethoden festzusetzen (§ 2 IX, 72 AMG) sowie Geschäftsordnungen und Verordnungen über Ermittlungs- oder Antragsverfahren zu erlassen (§ 76 AMG). Die FTC leitet ferner wie ein Gericht eine mündliche Verhandlung ein, wenn sie eine den Adressat belastende Verfügung erlassen will. Zur mündlichen Verhandlung s. o. Kap. I, A. 1. (d). 3 Zum Sinn und Zweck der Gründung der FTC s. Kawakami, S. 129 ff.; das Vorbild dieser sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs entwickelten Institution war

A. Japan

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2. Verfassungsrechtliche Stellung Nach der Verfassung ist das Kabinett für die vollziehende Gewalt zuständig (Art. 65 JV). Das AMG besagt, daß die FTC zum Geschäftsbereich des Premierministers gehört (§ 27 II AMG). Nach § 3 II VwOG sind staatliche Verwaltungsorgane die Kanzleien, die Ministerien, die Kommissionen und die Ämter. Ihre Abschaffung oder die Gründung neuer staatlicher Verwaltungsorgane erfolgt danach durch Gesetz4. 3. Innere Organisationsstruktur Die FTC besteht aus einem Gremium – FTC i. e. S. (§ 29 AMG) – und einem ihm unterstellten Generalsekretariat (§ 35 AMG). Die Aufgabe der FTC als Ganzes ist die Regulierung von Monopolisierung, unlauteren Handelsbeschränkungen und -methoden, Monopollagen, die Untersuchung von Unternehmensaktivitäten und der Wirtschaftslage und die Überprüfung vor allem die „Federal Trade Commission“ in den USA. Sie gehört zu der „Independent Regulatory Commission“. Zu berücksichtigen ist der Hintergrund der Gründung der von der Regierung unabhängigen Kommission, wobei unter dem Präsidialsystem ein strenges „Check and Balance“ zwischen dem Präsidenten und dem Parlament bestand Imamura/Akiyama, § 27, S. 550.; Kawakami, S. 129 ff.; Okumiya, S. 26 f.; Albert, S. 52 f.; zur „Federal Trade Commission“ s. u. Kap. II, D. 3.; zum Grundsatz von „substantial evidence“ s. u. Kap. II, A. 4. (a) (1), Kap. II, D. 3. (e). Japan hat im 19 Jh. materielles Verwaltungsrecht aus Preußen übernommen. Dieses Recht ist seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges durch den Einfluß der anglo-amerikanischen Rechtsphilosophie besonders in verfahrensrechtlicher Hinsicht ergänzt worden. Im Gegensatz zur Vorkriegszeit besteht in Japan nur die ordentliche Gerichtsbarkeit nach dem anglo-amerikanischen Recht, jedoch nicht die Verwaltungsgerichtsbarkeit, die mit der Eigenart der Verwaltung zu tun hat, die z. B. durch Massenverfahren oder unbestimmte Adressaten des Verwaltungsaktes gekennzeichnet ist. In der Gegenwart wird die Aufgabe der Verwaltung immer umfangreicher und der einzelne benötigt immer mehr Unterstützung durch den Staat. Um eine mögliche Vernachlässigung der Eigenart der Verwaltung durch die Abschaffung der Verwaltungsgerichte auszugleichen, wurden in Japan mehrere administrative Kommissionen gegründet. Solche speziellen, von anderen Behörden unabhängigen Verwaltungsorganisationen sind auch in anglo-amerikanischen Ländern, insbesondere in den USA zu sehen. Im Gegensatz dazu haben die kontinentaleuropäischen Länder Verwaltungsgerichte und man findet selten ein solch spezielles Verwaltungsorgan s. J. Tanaka, S. 18 ff., 40 f., 220 ff., 270 ff.; Sonobe (2), S. 4 ff. 4 Nach der h. M. hat der Premierminister kein Recht, an die FTC Weisungen zu erteilen. Zum Anweisungsverbot des Premierministers s. u. Kap. II, A. 5. (b) (3). Das GGKA schreibt die Gründung der FTC als Außenstelle des Kabinettsamtes, überläßt jedoch dem AMG die einzelne Regelung über die Organisationsstruktur der FTC und ihre Zuständigkeit und Befugnisse (§§ 49, 64 GGKA). Nach diesen Vorschriften ist es klar, daß die FTC organisationsrechtlich zur vollziehenden Gewalt gehört und dem dafür zuständigen Kabinett untersteht.

134 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

und Koordinierung von Gesetzen und Verordnungen über die Wirtschaft (§ 27-2 AMG). (a) FTC i. e. S. Die FTC i. e. S. ist ein Gremium an der Spitze der FTC, welches sich aus einem vorsitzenden Kommissar (Präsident) und vier Kommissaren (§ 29 I AMG) zusammensetzt. Sie werden unter denjenigen, die das 35. Lebensjahr vollendet haben und vertiefte Kenntnisse und Erfahrungen in Recht und Wirtschaft besitzen, vom Premierminister mit Zustimmung von Unter- und Oberhaus ernannt (§ 29 II AMG). Die Ernennung und Entlassung des Präsidenten wird vom Kaiser bestätigt (§ 29 III AMG). Die Kommissare der FTC i. e. S. sind Beamte (§ 29 IV AMG). Die Amtszeit beschränkt sich auf fünf Jahre. Eine Wiederernennung ist möglich (§ 30 II AMG). Der Kommissar geht jedoch in Ruhestand, wenn er das 70. Lebensjahr vollendet hat (§ 30 III AMG). Dann findet die Ernennung seines Nachfolgers statt, dessen Amtszeit die seines Vorgängers nicht übersteigt (§ 30 IV AMG). Beschlüsse werden von der FTC i. e. S. kollegial nach mündlichen Verhandlungen getroffen5. Der Präsident der FTC leitet die ganze Amtsführung der FTC und vertritt sie (§ 33 I AMG). Im Namen des Präsidenten erfolgen die Einberufung der Sitzung der FTC, die Beschlußfassung, der Vollzug des Beschlusses, die Erteilung der Erlaubnis, der Erlaß von Verordnungen, die Mitteilung an die anderen Behörden, die Berichterstattung an das Parlament und die Erstattung der Strafanzeige6.

5 Die Kommissare vertreten nicht Interessengruppen, was bei anderen administrativen Kommissionen üblich ist, sondern der Premierminister wählt sie nach bestimmten Kriterien aus, nämlich ob die Kandidaten vertiefte Kenntnisse in Recht und Wirtschaft besitzen, und sorgt gleichzeitig dafür, daß sie ausgewogen aus unterschiedlichen Fachbereichen stammen. Die Ernennung erfolgt nicht auf einmal, da die Amtszeiten der Kommissare zu unterschiedlichen Zeitpunkten enden. Dies ist eine Folge der Gründungszeit der FTC, in der die damaligen Kommissare zur Kontinuität der Amtsführung zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit dem Amt begannen. Der Ernennung müssen grundsätzlich beide Parlamentshäuser vorher zugestimmt haben. Wenn das Parlament sich nicht in der Sitzungsperiode befindet oder aufgelöst ist, muß die Zustimmung unverzüglich nachgeholt werden. Im Falle der Verweigerung der Zustimmung muß der Premierminister zwar den betroffenen Kommissar entlassen (§§ 31 Nr. 6, 32 AMG). Aber eine Entscheidung, bei der der betroffene Kommissar bereits mitgewirkt hatte, bleibt wirksam s. Atsuya/Sajima, § 29, S. 489 f., § 30, S. 490 f., Imamura/Akiyama, § 29, S. 552 f., § 30, S. 553 ff.; Brutzer, S. 491. 6 Atsuya/Sajima, § 33, S. 492 f.; Imamura/Akiyama, § 33, S. 557 f.

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(b) Generalsekretariat Das vom Generalsekretär verwaltete Generalsekretariat (§ 35 I AMG) unterstützt die FTC i. e. S. In der Praxis werden Aufgaben der FTC zum großen Teil vom Generalsekretariat übernommen, da es für die FTC i. e. S., die nur aus fünf Kommissaren besteht, praktisch nicht möglich ist, die Flutwelle von Erlaubnisanträgen, die andauernde allgemeine Untersuchung und Überwachung des jeweiligen Wirtschaftssektors, die Ermittlungen innerhalb der vielen Fälle, die Vorbereitungen für Entscheidungen usw. allein zu erledigen. Diese Aufgaben der FTC sind den verschiedenen Abteilungen des Generalsekretariates zugeteilt7. Das Generalsektretariat besteht aus dem Generalsekretär, einem Stab, der Abteilung über Wirtschaftshandel, der Ermittlungsabteilung, regionalen Dienststellen (§§ 27-2, 35-2 I AMG) und Zweigstellen, die den regionalen Dienststellen unterstellt werden (§ 35-2 III AMG)8. Zum Generalsekretariat gehören ferner die Leiter der mündlichen Verhandlung, die durch die FTC i. e. S. benannt und mit einem konkreten Fall zur weiteren Klärung und Leitung der mündlichen Verhandlung betraut werden (§ 51-2 AMG). Sie führen ein Verfahren umfassend bis zu einem Entscheidungsentwurf, der der FTC i. e. S. vorgelegt wird9. Im Stab gibt es die Unterabteilungen, die für allgemeine Angelegenheiten einschließlich der Pressearbeit, die Registratur der Prozeßakten oder die internationalen Angelegenheiten zuständig sind. Der Direktion für Wirtschaftshandel unterstehen eine Abteilung, die für die Aufsicht über Handelsmethoden, Zugaben und Preisangaben zuständig ist, und Abteilungen, die jeweils für ökonomische Untersuchungen von Industriezweigen und für die Zusammenschlußkontrolle zuständig sind. Die Ermittlungsabteilung verfügte 2003 über 318 Mitarbeiter. Sie ermittelt die einzelnen Fälle von Amts wegen10. Die regionalen 7

In der Gegenwart ist die Forderung nach einer Umstrukturierung der japanischen Wirtschaft immer lauter geworden. Die Umstrukturierung soll durch die Deregulierung und die erweiterte Anwendung der Marktwirtschaft durchgeführt werden. Sie liegen der Wettbewerbspolitik zugrunde. Daher hat die Wettbewerbspolitik eine hohe Priorität in der ganzen Politik erlangt. In diesem Zusammenhang hat die FTC, die ausschließlich für die Wettbewerbspolitik zuständig und verantwortlich ist, eine äußerst wichtige Aufgabe. Demzufolge ist ihre Stellung in der japanischen Verwaltungsstruktur durch die 13. Novelle des AMG 1996 verbessert und ihr Personal vergrößert worden (643: Stand 2003) s. Atsuya/Sajima, § 35, S. 494 f.; Negishi (2), S. 21 ff.; ders. (4), S. 144 f. 8 Zur Zeit gibt es fünf regionale Dienststellen und zwei Zweigstellen. Auf den Okinawa-Inseln ist eine von der FTC organisationsstrukturell getrennte Unterabteilung des Sekretariates des Amts zur Entwicklung von Okinawa für Wettbewerbssachen zuständig s. Atsuya/Sajima, § 35-2, S. 498; Brutzer, S. 492. 9 Zum Leiter der mündlichen Verhandlung s. u. Kap. II, A. 5. (d) (5). 10 Zum Ermittlungsverfahren s. o. Kap. I, A. 1. (c). Nach der Verhandlung zwischen der japanischen und der US-amerikanischen Regierung über konstruktive Pro-

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Dienststellen und ihre Zweigstellen sind nach der Organisationsordnung des Generalsekretariats der FTC mit der Entgegennahme der Erlaubnisanträge oder Ermittlung einer Zuwiderhandlung gegen Vorschriften des AMG befaßt und führen allgemeine Untersuchungen über die Geschäftspraxis der Unternehmen, die Ermittlung des Falles, die Vollstreckung der Verfügung und die Nachprüfung der Einhaltung der Verfügung vor Ort durch. 4. Die erste Instanz mit gerichtsähnlicher Natur Die Anfechtungsklage gegen förmliche und endgültige Beschlüsse der FTC, die Schadensersatzklage nach § 25 AMG und die Anklage durch die Staatsanwaltschaft gegen Straftaten nach §§ 89 bis 91 AMG werden vor dem Obergericht Tokyo erhoben (§§ 85 AMG, 17 JGVG)11. Dies stellt eine Ausnahme der allgemeinen Regelung des JGVG dar, nach dem für andere als die genannten drei Klagearten (Anfechtungsklage gegen eine Entscheidung der FTC über einen Widerspruch gegen ihre Ermittlungsmaßnahmen oder die Erlaubnis eines Kartells, Untätigkeitsklage gegen die FTC, Schadensersatzklage nach § 709 JBGB) das Bezirksgericht als erste Instanz zuständig ist (§ 24 Nr. 1 JGVG)12. Dadurch ist Rücksicht darauf genommen worden, daß Entscheidungen über wettbewerbsrechtliche Zuwiderhandlungen rasch und konzentriert von einer fachkundigen Stelle, der FTC, getroffen werden sollen. Zwei Instrumentarien kennzeichnen die faktische Rolle der FTC als erste Instanz13, nämlich zum einen die eingeschränkte gerichtliche Nachprüfbarkeit in Wettbewerbssachen [sogleich (a)], zum anderen der nur eingeschränkt bestehende Schadensersatzanspruch nach §§ 25, 26 AMG [unten (b)]: (a) Einschränkung der gerichtlichen Nachprüfbarkeit in Wettbewerbssachen Neben dem allgemeinen verwaltungsprozeßrechtlichen Grundsatz der eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfbarkeit von Ermessensentscheidungen der Verwaltung (§ 30 VwPO)14 bestehen weitere Einschränkungen der gerichtlichen Kontrolle. bleme ist das Personal der FTC, vor allem der Ermittlungsabteilung, in letzter Zeit aufgestockt worden s. Negishi (2), S. 21 ff.; ders. (4), S. 144 f. 11 Zur Anfechtungsklage gegen förmliche und endgültige Beschlüsse der FTC s. o. Kap. I, A. 2. (a) (3); zur Anklage durch die Staatsanwaltschaft s. o. Kap. I, A. 3. (b); zur Schadensersatzklage nach § 25 AMG s. o. Kap. I, A. 4. (a) (1). 12 Zur Anfechtungs- und Untätigkeitsklage s. o. Kap. I, A. 2. (a) (1) und (2); zur Schadensersatzklage nach § 709 JBGB s. o. Kap. I, A. 4. (a) (2). 13 Ouchi, S. 68.

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(1) Der Grundsatz von „substantial evidence“ bei der Anfechtungsklage (aa) Entstehungsgeschichte Dieser Grundsatz von „substantial evidence“ ist zusammen mit dem System der administrativen Kommissionen, das die „Independent Regulatory Commission“ als Vorbild hat, von den USA übernommen worden. Die Vorbildsvorschriften sind § 5 (c) und 10 (e) FTCA. Danach ist die Tatsachenfeststellung der Commissions abschließend, wenn sie auf einem Beweis beruht15. Dieser Grundsatz spiegelt die US-amerikanische Rechtstradition wider, nach der sich die Judikative hauptsächlich mit der Prüfung der Rechtsfragen befaßt und die Prüfung der Tatsachenfragen der Exekutive überläßt und deren Entscheidung respektiert16. Nicht zu übersehen ist, daß das Jurysystem in den USA Geltung findet. Die Jury ist mit der Tatsachenfeststellung befaßt. Es ist aber nicht auszuschließen, daß ihre Mitglieder als sog. Laienrichter wegen ihrer Unerfahrenheit und Unkenntnis eine angemessene Tatsachenfeststellung einer Behörde, die Experten nach sorgfältiger Untersuchung und Beweisaufnahme getroffen haben, durch eine falsche ersetzen. Es ist daher nicht schwer vorstellbar, daß man diese Gefahr durch „substantial evidence rule“ vermeiden wollte. Hinzu kommt der Gedanke, daß nicht einzusehen ist, warum die Tatsachenfeststellung der fachkundigen Behörden für die Gerichte nicht bindend, die Entscheidung einer mit Laien besetzten Jury zur Tatsachenfeststellung aber bindend sein soll17. (bb) Normzweck § 80 I AMG schreibt vor: „Bei einer Klage nach § 77 I AMG ist das Gericht an die Tatsachen, die die FTC festgestellt hat, gebunden, wenn ein ausreichender Beweis (substantial evidence), auf den sich die Tatsachenfeststellung der FTC stützt, vorliegt.“ Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist die Vermeidung der Gefahr, daß das Gericht die Tatsachenfeststellung der FTC, die sich auf fachspezifische Kenntnisse und Erfahrungen stützt, durch die eigene und möglicherweise falsche ersetzt18. 14 „Ermessensverfügungen der Verwaltungsorgane können nur dann angefochten werden, wenn die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder ein Ermessensmißbrauch vorliegt“ (§ 30 VwPO). 15 „. . . the finding of the Commission as to the facts, if supported by evidence, shall be conclusive“ (15 U. S. C. § 45). 16 Imamura/Sonobe, § 80, S. 658 f.; Okumiya, S. 84 ff. 17 Sato, S. 307 f. 18 Atsuya/Kojo, § 80, S. 574; Imamura/Sonobe, § 80, S. 659.

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(cc) Voraussetzung und Geltungsbereich Der Grundsatz von „substantial evidence“ schränkt das Recht des Beschuldigten auf gerichtliche Nachprüfung ein, da dem Gericht aufgrund dieses Grundsatzes die Prüfung der Tatsachenfeststellung zum Teil entzogen wird. Eine solche Einschränkung auf Kosten des Beschuldigten ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Tatsachenfeststellung durch die FTC zur Beschlußfassung rechtmäßig und mangelfrei – quasi wie vor Gericht – abgeschlossen worden ist. In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber die FTC organisationsstrukturell gerichtsähnlich ausgestaltet und ihr Verfahren an das Gerichtsverfahren, für das die strengen Verfahrensgrundsätze zum verfahrensrechtlichen Schutz der Parteien gelten, angenähert19. Da dieser Grundsatz von „substantial evidence“ die Tatsachenfeststellung der FTC durch das gerichtsähnliche Verfahren voraussetzt, findet er nur für den förmlichen Beschluß, der aufgrund der mündlichen Verhandlung gefaßt wird, Anwendung20. (dd) Inhalt „Substantial evidence“ meint nach der Definition der Rechtsprechung einen Beweis, aufgrund dessen ein vernünftig und gerecht denkender Mensch rational zum gleichen Ergebnis der Tatsachenfeststellung wie die FTC kommt21. „Substantial evidence“ liegt dann nicht vor, wenn die Tatsachenfeststellung durch Gegenbeweise in Frage gestellt wird22. In bezug auf die Tatsachenfeststellung kann das Gericht nach § 80 AMG nur prüfen, ob ein solcher „substantial evidence“ vorliegt, während die Anwendung der Vorschriften des AMG auf die durch die FTC festgestellten Tatsachen hingegen vollständig der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Die festzustellenden Tatsachen sind einerseits grundsätzliche Tatsachen (z. B. Umsatz), andererseits davon abzuleitende abstrakte Tatsachen (z. B. relevanter Markt oder Marktanteil). Die Rechtsprechung interpretiert Tatsachen, für die der Grundsatz von „substantial evidence“ gilt, eng. Die Feststellung der abstrakten Tatsachen unterliegt danach der völligen Kontrolle der Gerichte. Diese Tendenz der japanischen Rechtsprechung, den Umfang der gericht19 Zur organisationsstrukturellen Stellung der FTC s. u. Kap. II, A. 3. und 5.; zum Verwaltungsverfahren der FTC s. o. Kap. I, A. 1. 20 ObstGH 4. 4. 1978, Urt., ZivSlg., Bd. 32, Nr. 3, S. 515; Yoshikawa (2), S. 655 ff.; zum förmlichen Beschluß s. o. Kap. I, A. 1. (i) (1). 21 OG Tokyo 29. 8. 1953 Urt., VwSlg. Bd. 4, Nr. 8, S. 1898; zur Definition von „substantial evidence“ in der US-amerikanischen Rechtsprechung s. Consolidated Edison Co. v. NLRB, 305 U. S. 197 (1983). 22 OG Tokyo 9. 11. 1956 Urt., VwSlg. Bd. 7, Nr. 11, S. 2849.

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lichen Kontrolle über die Verwaltung weit auszulegen, widerspricht dem eigentlichen Normzweck des § 80 AMG: Die Tatsachenfeststellung soll der Verwaltung überlassen werden, die Prüfung durch das Gericht soll sich auf die Rechtsfragen konzentrieren. Dahinter steht das Mißtrauen der Rechtsprechung, ob das Recht des Beteiligten im Verfahren der FTC – im Vergleich zum Gerichtsverfahren – hinreichend geschützt wird23. Um das Vertrauen der Rechtsprechung zu gewinnen, sind – nach dem Vorbild des Gerichtsverfahrens – die Verfahrensregelungen zunehmend strenger ausgestaltet worden. Damit nähert sich das Wettbewerbs- dem Gerichtsverfahren immer mehr an24. (ee) Einschränkung des neuen Beweisantrages Der Grundsatz von „substantial evidence“ stellt sich in einer anderen Phase als Einschränkung des Rechts auf neue Beweisanträge im Hinblick auf die durch die FTC festgestellten Tatsachen bei Anfechtungsklagen gegen endgültige Beschlüsse der FTC vor dem Obergericht Tokyo dar. Nach § 81 I AMG kann der Betroffene nur dann erneut einen Beweisantrag stellen, wenn die FTC ohne Rechtfertigungsgrund den einschlägigen Beweisantrag abgelehnt hat (Nr. 1) oder wenn er den Beweis in der mündlichen Verhandlung ohne grobe Fahrlässigkeit nicht vorbringen konnte (Nr. 2). Eine entsprechende Vorschrift ist in § 5 (c) FTCA zu finden. Danach kann das Gericht anordnen, daß die Federal Trade Commission eine neue Beweisaufnahme erhebt und ihr die neuen Beweise unter den Bedingungen, die das Gericht für angemessen hält, vorgelegt werden, wenn eine der Parteien erneut einen Beweisantrag stellt und nachweist, daß die neuen Beweise für den Fall wesentlich sind und er diese Beweise aus einem vernünftigen Grund nicht während des Verfahrens der Commissions vorlegen konnte25. Ohne eine derartige Einschränkung wäre den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor der FTC die Möglichkeit eröffnet, Beweise aus verfahrenstaktischen Gründen auszuwählen und nicht alle Beweise vorzulegen. Dadurch würde die Rolle der FTC beeinträchtigt, die in erster Linie darin besteht, als gerichtsähnliches Organ mit der Fachkenntnis und der Erfahrung ihrer Bediensteten Tatsachen einer wettbewerbsrechtlichen Zuwiderhandlung aufgrund möglichst vieler Beweise konzentriert, effektiv und schnell festzustellen26. Der zum Antrag zugelassene neue Beweis ist daher nur ein 23 ObstGH 26. 1. 1961, Urt., ZivSlg., Bd. 15, Nr. 15, S. 116; OG Tokyo 17. 2. 1989 Urt., VwSlg. Bd. 35, Nr. 2, S. 144; Atsuya/Kojo, § 80, S. 575 f.; Kawakami, S. 173 ff.; Harada, S. 119; Wada, Nr. 33/1953, S. 11 f. 24 Zum Verwaltungsverfahren der FTC s. o. Kap. I, A. 1. 25 15 U. S. C. § 45 (c); Okumiya, S. 84 ff. 26 Atsuya/Kojo, § 81, S. 577.

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Beweis, den die FTC nicht geprüft hat. Darunter fallen außer den Beweisen nach § 81 I Nr. 1 und 2 AMG z. B. Beweise über einen Verfahrensfehler der FTC, Beweise über die Angemessenheit der Anwendung des Gesetzes oder Gewohnheitsgesetzes durch die FTC oder Beweise zu Tatsachen, die die FTC noch nicht geprüft hat27. Der Antragsteller muß glaubhaft machen, daß die Voraussetzungen von § 81 I Nr. 1 und 2 AMG vorliegen. Wenn die FTC anderer Auffassung ist, fällt die Beweislast dafür dann auf die FTC28. Ein neuer Beweis kann sich sowohl auf die Tatsachen, die die FTC bereits festgestellt hat, als auch auf die Tatsachen, die die FTC noch gar nicht überprüft hat, beziehen. In bezug auf die erste Beweisart verweist das Gericht den Fall an die FTC zurück und läßt sie den neuen Beweis überprüfen, wenn es den neuen Beweisantrag für begründet hält (§ 81 III AMG). Die zweite Beweisart ist im AMG nicht vorgesehen. In diesem Fall kann das Gericht entweder selbst die von der FTC nicht überprüften Tatsachen feststellen, den neuen Beweis überprüfen und den förmlichen Beschluß der FTC aufheben oder den Fall nach § 83 AMG an die FTC zurückverweisen29. Diese Einschränkung des neuen Beweisantrages und die Zurückverweisung des Falles an die FTC beim Vorliegen neuer Beweise stellt eine Ausnahmeregelung zu der Regelung im allgemeinen Verwaltungsprozeß dar. Diese Ausnahme verdeutlicht noch einmal, daß die Kompetenz für die Tatsachenfeststellung in erster Linie der FTC als Quasi-Gericht erster Instanz zugeordnet ist. Nach der Zurückverweisung liegt es im Ermessen der FTC, ob sie nach Prüfung des neuen Beweises ihren Beschluß abändert oder den gleichen Beschluß faßt30. (ff) Aufhebung oder Zurückverweisung Eine Besonderheit bei Anfechtungsklagen gegen endgültige Beschlüsse der FTC ergibt sich ferner daraus, daß das Obergericht Tokyo den Fall an die FTC zurückverweisen kann. Nach § 82 Nr. 1 AMG kann das Gericht zum einen den anhängigen Fall selbst prüfen und den Beschluß der FTC aufheben, wenn ein „substantial evidence“, auf den sich ihre dem Beschluß zugrunde liegende Tatsachenfeststellung stützt, nicht vorliegt31. Das AMG 27

Atsuya/Kojo, § 81, S. 578; Imamura/Sonobe, § 81, S. 664. Okumiya, S. 84 ff., Fn. 92. 29 Atsuya/Kojo, § 81, S. 580; Imamura/Sonobe, § 81, S. 665. 30 Atsuya/Kojo, § 81, S. 579; Imamura/Sonobe, § 81, S. 664 f. 31 Wenn ein Beschluß der FTC verfassungs- oder gesetzwidrig ist, kann das Gericht ihn nach § 82 Nr. 2 AMG aufheben unabhängig davon, ob ein „substantial evidence“ vorliegt oder nicht. Dies ist z. B. der Fall bei einer fehlerhaften Anwendung des Gesetzes oder einem rechtswidrigen Verfahren s. Atsuya/Kojo, § 82, S. 580 f.; Imamura/Sonbe, § 82, S. 665 f. 28

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erlaubt es dem Gericht in diesem Fall andererseits aber auch, den Fall mit Begründung an die FTC zurückzuverweisen, wenn es eine nochmalige Prüfung des Falles von Seiten der FTC (§ 83 AMG) für erforderlich erachtet. Diese Auswahlmöglichkeit des Gerichts stellt eine Ausnahme von den Vorschriften der VwPO dar, die nur die Aufhebung einer rechtswidrigen Entscheidung der Behörde zuläßt. Hiermit hat der Gesetzgeber eine besondere Stellung der FTC, die als Quasi-Gericht mit der Tatsachenfeststellung befaßt ist, berücksichtigt. Diese Ausnahmeregelung ist zweckmäßig, da das Gericht wegen der Einschränkung der gerichtlichen Prüfung durch den Grundsatz von „substantial evidence“ nicht in der Lage ist, den Fall vollständig zu überprüfen und ihn für rechtswidrig zu erklären. Es respektiert daher die gerichtsähnliche Rolle der FTC und verweist in der Praxis den Fall meistens an die FTC zurück, wenn es wegen des Nichtvorliegens von „substantial evidence“ eine Abänderung des ursprünglichen Beschlusses der FTC für adäquat hält32. Rücksicht genommen wurde dabei insbesondere darauf, daß die Wirksamkeit eines Beschlusses der FTC durch die Aufhebung erlöschen würde und ein wettbewerbsrechtlich bedenklicher Zustand entstünde bzw. weiter bestünde33. (2) Verwertbarkeit der von der FTC berücksichtigten Beweise in Zivilklagen Es ist im Hinblick auf den Grundsatz von „substantial evidence“ in § 80 AMG umstritten, ob Gerichte in Zivilklagen zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches gemäß § 25 I AMG an die Tatsachenfeststellung der FTC in ihrem förmlichen Beschluß gebunden sind. Die bisherige h. M. bejaht die Gebundenheit der Gerichte an die Tatsachenfeststellung der FTC in ihrem Beschluß, da die zentrale Rolle der FTC zur Durchsetzung des Wettbewerbsrechts auch für die Klage nach § 25 I AMG gelte und dadurch die Beweislast der Kläger erleichtert werden solle. Im Hinblick auf die Praxis, in der der förmliche Beschluß im Vergleich zu den anderen zwei Beschlußarten, Zustimmungs- und Empfehlungsbeschluß, selten gefaßt werde, solle kein Unterschied zwischen den drei Beschlußarten gemacht werden, damit die Interessen der Betroffenen ausreichend vor Gericht geschützt werden könnten. Hingegen verneint die jetzige h. M. die Gebundenheit der Gerichte und erkennt lediglich die Vermutung an, daß die Tatsachenfeststellung der FTC der Wirklichkeit entspreche. Sie begründet ihre Position damit, daß 32 Außer dem Vorliegen von „substantial evidence“ kommt selbstverständlich das rechtswidrige Verfahren der FTC oder ihre fehlerhafte Anwendung des Gesetzes als allgemeiner Grund für die Abänderung des Beschlusses der FTC in Betracht s. Atsuya/Kojo, § 83, S. 581 ff.; Imamura/Sonobe, § 83, S. 666 f. 33 Atsuya/Kojo, § 83, S. 582.

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eine Bindung der Gerichte an die Tatsachenfeststellung der FTC eine ausdrückliche gesetzliche Regelung entsprechend § 80 AMG erfordere. In dem Falle einer Klage nach § 25 AMG fehle es an einer solchen Vorschrift. Der Rechtsgedanke des FTC-Zentralismus und die Erleichterung der Beweislast für Betroffene der wettbewerbsrechtlichen Zuwiderhandlung werde durch die Vermutung der Tatsache aufgrund der Feststellung der FTC ausreichend berücksichtigt. Die dritte Meinung unterscheidet zwischen förmlichem Beschluß, Zustimmungs- und Empfehlungsbeschluß. Danach binde ein förmlicher Beschluß der FTC Gerichte in bezug auf die Tatsachenfeststellung aus dem gleichen Grund wie nach der bisherigen h. M. Hingegen hätten Zustimmungs- und Empfehlungsbeschlüsse keine solche Bindungskraft, da beiden eine explizite Regelung des im Rahmen der Tatsachenfeststellung einzuhaltenden Verfahrens fehle. Hinsichtlich des Grundsatzes der Gewaltenteilung und des FTC-Zentralismus scheint mir die jetzige h. M. angemessen. Innerhalb dieser Auffassung besteht ferner eine Meinungsverschiedenheit zu der Frage, ob man eine unterschiedliche Stärke der Vermutung der Tatsache bei förmlichen Beschluß, Zustimmungs- und Empfehlungsbeschluß hinsichtlich des Gegenstands und des Zeitpunkts des Zugeständnisses anerkennen kann34. Eine dahingehende Unterscheidung erscheint mir fraglich. (b) Einschränkung des Schadensersatzanspruches nach §§ 25, 26 AMG Nach § 25 I AMG ist ein Unternehmen, das sich privater Monopolisierung, unbilliger Handelsbeschränkung oder unlauterer Handelsmethoden bedient, dem hierdurch Geschädigten zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet35. Diese Klage setzt jedoch einen endgültigen Beschluß der FTC voraus (§ 26 I AMG). Die Einschränkung der Klageerhebung durch Vorabentscheidung der FTC beruht auf dem Gedanken, daß Entscheidungen der fachkundigen und für das Wettbewerbsrecht allein zuständigen Behörde, der FTC, ebenfalls in Zivilklagen respektiert werden sollen und dadurch die 34

Durch förmlichen Beschluß stellt die FTC aufgrund der Beweise Tatsachen fest. Im Zustimmungsbeschluß bestätigt die FTC das Zugeständnis des Beschuldigten, er habe dem AMG zuwidergehandelt. Nach Eröffnung der mündlichen Verhandlung wird der Beschuldigte ein solches regelmäßig dann abgeben, wenn er von der Erfolglosigkeit des weiteren Verfahrens überzeugt ist. Im Empfehlungsbeschluß dagegen akzeptiert der Beschuldigte schon vor Eröffnung der mündlichen Verhandlung unter Abwägung der Vor- und Nachteile der mündlichen Verhandlung, die vor allem zeitaufwendig ist und schlechtes Ansehen und wirtschaftlichen Verlust für den Beschuldigten bedeuten kann s. Atsuya/Shoji, § 26, S. 479 ff.; Imamura/Mukaida, § 26, S. 542 ff.; Yoshikawa (2), S. 659 ff., lehnt eine Bindung der Gerichte an die Tatsachenfeststellung der FTC ab. 35 Zur Schadensersatzklage nach § 25 AMG s. o. Kap. I, A. 4. (a) (1).

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Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen zwischen der FTC und den Gerichten abgewendet werden kann36. Eine Klage gemäß § 25 AMG ohne Vorabentscheidung der FTC ist daher regelmäßig als unzulässig zurückzuweisen37. Nach einer Meinung sei die Einschränkung der Klageerhebung nach § 26 AMG in Zivilklagen als Ausgleich dafür vertretbar, daß der Kläger im Gegensatz zum Schadensersatzanspruch wegen unerlaubter Handlung nach § 709 JBGB das Verschulden des zuwiderhandelnden Unternehmens nicht zu beweisen braucht. Zudem können damit grund- und erfolglose Klageerhebungen verhindert werden. Dies habe wiederum eine Entlastung des Gerichtes zur Folge, so daß ein Fall ohne Verzögerung erledigt werden könne38. Ferner werde die Beweislast des Klägers durch die Vorabentscheidung der FTC erleichtert, da die FTC für die Entscheidung schon den Zuwiderhandelnden belastende Beweise gesammelt habe39. Andererseits behauptet die Gegenmeinung, daß der Anspruch gemäß § 25 AMG insoweit nicht geltend gemacht werden könne, als die FTC das Verfahren nicht eingeleitet und keinen endgültigen Beschluß gefaßt habe. Die Einschränkung der Klageerhebung bedeute in der Tat eine Einschränkung des gerichtlichen Rechtsschutzes für denjenigen, der einen Schaden durch eine wettbewerbsrechtliche Zuwiderhandlung erlitten habe. Nach der bisherigen Anwendung des § 25 AMG sei die Begründung der Vermeidung einer grund- und erfolglosen Klageerhebung nicht zutreffend. Außerdem habe die Konzentration der Befugnisse bei der FTC, Verstöße gegen das AMG zu bekämpfen, negative Auswirkungen hinsichtlich des Rechtsschutzes des betroffenen Bürgers, wenn die Transparenz des Verfahrens der FTC und die gerichtliche Kontrolle der FTC nicht hinreichend gewährleistet seien. Die Vorabentscheidung der FTC führe nur dann zur Beweislasterleichterung für den Kläger, wenn das Gericht an die Entscheidung der FTC gebunden wäre. Daher solle die Vorschrift des § 26 AMG aufgehoben werden40. Eine solche Bindung der FTC ist aber im Schrifttum noch immer sehr umstritten. In Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung und den gerichtlichen Rechtsschutz 36

Atsuya/Shoji, § 26, S. 476 f.; Imamura/Mukaida, § 26, S. 541 f. Imamura/Mukaida, § 26, S. 542. 38 S. Tanaka, S. 398; Shoda, S. 372 ff.; Imamura (4), S. 185 ff.; Yoshikawa (3), S. 387 ff.; ders. (2), S. 660 Fn. 6. 39 In diesem Zusammenhang muß das Gericht nach § 84 I AMG die Auffassung der FTC zur Höhe des Schadens aufgrund einer wettbewerbsrechtlichen Zuwiderhandlung einholen, wenn eine Schadensersatzklage gemäß § 25 AMG erhoben wird. Allerdings ist das Gericht nicht an die Auffassung der FTC gebunden s. Atsuya/ Shoji, § 84, S. 587. 40 Shoda, S. 478; Imamura, Bd. 4 II, S. 467 ff.; Atsuya/Shoji, § 26, S. 477; Imamura/Mukaida, § 26, S. 542. 37

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erscheint es unangemessen, daß eine Klage nach § 25 AMG nur deswegen unzulässig sein soll, weil die FTC das Verfahren nicht eingeleitet hat41. (c) Grenze: Gewaltenteilung zwischen Exekutive und Judikative Der Grundsatz des „substantial evidence“ stellt eine Einschränkung der gerichtlichen Nachprüfbarkeit des Verwaltungshandelns und eine Ausnahme von den üblichen Anfechtungsklagen gegen Entscheidungen der anderen Behörden neben der FTC dar. Die Vorabentscheidung der FTC als Voraussetzung für Schadensersatzklagen vor Gericht nach §§ 25, 26 AMG schränkt das Recht des Einzelnen auf gerichtlichen Rechtsschutz ein. Durch die beiden Einschränkungen scheint die FTC faktisch die Stellung der erstinstanzlichen Gerichte eingenommen zu haben. Aber es geht vorliegend nicht nur um einen Vergleich mit dem Gericht erster Instanz, sondern es stellt sich mithin auch die verfassungsrechtliche Frage, ob eine derartige Einschränkung der gerichtlichen Kontrolle über die Verwaltung überhaupt verfassungskonform ist. Mit anderen Worten, ob sie nach dem Prinzip der Gewaltenteilung zwischen der Exekutive und der Judikative zulässig ist42 und zudem, ob eine derartige Einschränkung der gerichtlichen Kontrolle und die faktische Ersetzung des erstinstanzlichen Gerichtes durch die FTC gegen den Grundsatz des japanischen Justizialsystems, das einen dreistufigen Instanzenzug gewährleistet, verstößt. In bezug auf die erste Frage schreibt die japanische Verfassung die Gewaltenteilung zwischen der Legislative, der Exekutive und der Judikative, die auch das parlamentarische System umfaßt, vor: „Das Parlament ist das höchste Organ der Staatsgewalt und das einzige Gesetzgebungsorgan des Staates“ (Art. 41 JV). „Die Exekutive gehört zum Kabinett“ (Art. 65 JV). „Zur Judikative gehören der Oberste Gerichtshof und die durch Gesetz zu errichtenden unteren Gerichte“ (Art. 76 I JV). Hierbei handelt es sich um die Verteilung der Kompetenzen zur Entscheidungsfindung zwischen Exekutive und Judikative. Das Verfahren zur Beilegung von Rechtsstreitigkeiten einschließlich des Gerichtsverfahrens besteht aus der Tatsachenfeststellung durch Beweise und der Anwendung bestehenden Rechts auf die festgestellten Tatsachen. Der Kern der Rechtsprechung liegt in der Anwendung des Gesetzes auf Tatsachen. Art. 76 II 2 JV verbietet es nicht, die Tatsachenfeststellung Verwaltungsorganen zu überlassen und deren Entscheidungen zu respektieren. Dem widerspricht es auch nicht, die Aufgaben der Gerichte auf die Rechtsanwendung einschließlich der Prüfung des Vorliegens von „substantial evidence“ zu konzentrieren, wenn das Verwaltungsorgan 41 42

Zur Gewaltenteilung s. u. Kap. II, A. 4. (c). Wada, Nr. 33/1953, S. 12.

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als Vorinstanz des Gerichtes Entscheidungen aufgrund der dem Gerichtsverfahren entsprechenden strengen Verfahrensregelung getroffen hat. Die FTC trifft ihre Entscheidungen als Verwaltungsorgan und Vorinstanz des Obergerichtes Tokyo aufgrund einer strengen Verfahrensregelung, die in ihren Anforderungen dem gerichtlichen Verfahren entspricht43. Daher ist es nach der h. M. und Rechtsprechung auch nicht verfassungswidrig, daß die gerichtliche Prüfung bezüglich der Tatsachenfeststellung durch die FTC durch den Grundsatz des „substantial evidence“ eingeschränkt wird44. Das Gericht beschränkt allerdings den Umfang der Möglichkeit zur Feststellung von Tatsachen durch die FTC, für die, wie oben dargestellt, der Grundsatz des „substantial evidence“ gilt, und läßt damit mehr Raum für eine Tatsachenfeststellung durch die Gerichte selbst. Ein Grund dafür liegt ohne Zweifel darin, daß das Verfahren der FTC nach Ansicht der Gerichte dem verfahrensrechtlichen Schutz des Beschuldigten noch nicht in demselben Umfang Genüge getan hat, wie das Gerichtsverfahren45. In diesem Zusammenhang verlangt man zum besseren Rechtsschutz des Beschuldigten eine weitere Annäherung des Verfahrens vor der FTC an das Gerichtsverfahren46. Die Gegenmeinung hält die Trennung zwischen der Tatsachenfeststellung und der Rechtsanwendung für eine Beeinträchtigung der Aufgabe der Rechtsprechung und des Prinzips der Gewaltenteilung. Im Ergebnis sei eine solche Trennung daher verfassungswidrig, da die Tatsachenfeststellung für das Gericht zur Rechtsanwendung unentbehrlich sei47. Sinn und Zweck des Grundsatzes des „substantial evidence“ sei, daß die FTC, die anders als die Gerichte die erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Erfahrungen bezüglich des AMG und der Wettbewerbspolitik besitze, den komplizierten Sachverhalt einer wettbewerbsrechtlichen Zuwiderhandlung feststelle und den Fall angemessen und effektiv erledige. Diese Vorbedingung entspreche jedoch nicht mehr der Wirklichkeit in der Gegenwart, wo die Gerichte regelmäßig 43 Zur dem Gerichtsverfahren entsprechenden Verfahrensregelung der FTC s. o. Kap. I, A. 1. 44 OG Tokyo 29. 8. 1953 Urt., VwSlg. Bd. 4, Nr. 8, S. 1898; Atsuya/Kojo, § 80, S. 574 f.; Kawakami, S. 174; Atsuya (2), S. 81 ff.; Sato, S. 307 f.; in den USA sind nach der verfassungsrechtlichen Regelung die Gerichte ausschließlich für die Auslegung der Gesetze zuständig, während die Entscheidung über Verwaltungssachen aufgrund der Kompetenzübertragung vom Parlament der Behörde zusteht. Nach der h. M. sei die Tatsachenfeststellung dabei die Vorstufe und die unentbehrliche Voraussetzung derartiger Verwaltungsentscheidungen. Daher sei es nicht verfassungswidrig, die Behörden mit der Tatsachenfeststellung zu befassen und die Aufgabe des Gerichts auf die Rechtsanwendung aufgrund der durch die Behörde festgestellten Tatsachen zu beschränken s. Kawakami, S. 174. 45 Zum Inhalt des Grundsatzes „substantial evidence“ s. o. Kap. II, A. 4. (a) (1) (dd). 46 Atsuya/Ouchi, § 85, S. 588 f.; Ouchi, S. 62; ders. (2), S. 57; Harada, S. 115 ff. 47 Yoshikawa, S. 821 ff.; vgl. ders. (2), S. 651 f.

146 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

mit spezifisch wettbewerbsrechtlichen Fällen befaßt sind, zu deren Beilegung es gleichermaßen umfangreicher Fachkenntnisse und Erfahrungen bedürfe48. Die Japanische Judikative ist grundsätzlich dreiinstanzlich aufgebaut49. In Betracht kommen in bezug auf die oben aufgeworfene zweite Frage, ob die Einschränkung der gerichtlichen Kontrolle und die Ersetzung des erstinstanzlichen Gerichts durch die FTC gegen den Grundsatz eines dreistufigen Instanzenzuges der japanischen Gerichte verstoßen, Art. 32 und 76 II 2 JV. Art. 32 JV besagt: „. . . niemandem wird das Recht auf den gerichtlichen Schutz genommen . . .“. Nach Art. 76 II 2 JV kann das Verwaltungsorgan als letzte Instanz keine Entscheidungen zur Beilegung von Rechtsstreitigkeiten treffen. Andererseits läßt § 3 II JGVG zu, daß ein Verwaltungsorgan als Vorinstanz derartige Entscheidungen trifft. Die japanische Verfassung schreibt dagegen nicht vor, daß unbedingt drei gerichtliche Instanzen gewährt sein müssen und verbietet auch nicht, daß die FTC die Stellung des Bezirksgerichts als erste Instanz erlangt und daß dem Betroffenen tatsächlich nur zwei Instanzen gewährt sind. Nach der Rechtsprechung bedarf die Garantie eines dreistufigen Instanzenzuges als Gegenstand der Gesetzgebung einer ausdrücklichen Regelung durch das Parlament. Die Gewährung eines lediglich zweistufigen Instanzenzuges ist demnach mangels einer anderweitigen Regelung nicht verfassungswidrig50. Die FTC setzt sich aus fachkundigen Bediensteten zusammen. Sie sammelt ständig und besitzt wirtschaftlich bedeutsame Informationen, die zur wettbewerbsrechtlichen Aufsicht notwendig sind. Es läßt sich daher nicht in Abrede stellen, daß die Konzentration der Kompetenz bei der FTC, das Wettbewerbsrecht administrativ durchzusetzen, für die einheitliche und effektive Anwendung des AMG vorteilhaft ist. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber der FTC gerichtsähnliche Befugnisse eingeräumt und ihre Entscheidungen haben, wie bereits oben dargestellt, die Bedeutung von Urteilen erstinstanzlicher Gerichte erlangt. Solche Entscheidungen der FTC sollten daher auch von den Gerichten respektiert werden. Dies geht allerdings dann zu weit, wenn die gerichtliche Kontrolle über Entscheidungen der FTC sowohl bei der Anfechtungsklage als auch bei der Klage nach § 25 AMG eingeschränkt werden würde. Unbeachtlich davon, ist es daneben aber wenig wahrscheinlich, daß Gerichte unter gleichen Umständen, 48

Yoshikawa (3), S. 380 ff. Atsuya/Ouchi, § 85, S. 589; Mikazuki, S. 203 ff. 50 ObstGH 3. 10. 1948, Urt., StSlg., Bd. 2, Nr. 3, S. 175; ObstGH 13. 10. 1954, Urt., ZivSlg., Bd. 8, Nr. 10, S. 1846; OG Tokyo; OG Tokyo 17. 7. 1981 Urt., BRsp., Nr. 1005, S. 32; ObstGH 24. 2. 1984, Urt., StSlg., Bd. 38, Nr. 4, S. 1287; Atsuya/Ouchi, § 85, S. 588. 49

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d. h. mit gleichen Tatsachen und Beweisen völlig anders entscheiden als die FTC. Folgerichtig werden Entscheidungen der FTC von Gerichten sachgemäß berücksichtigt. Die Notwendigkeit der Vorschriften der §§ 26, 80 und 81 AMG zur gesetzlichen Einschränkung der gerichtlichen Prüfung ist daher im Ergebnis in Frage zu stellen. 5. Unabhängigkeit und behördeninterne Funktionstrennung Wie oben dargestellt hat die FTC die Stellung eines Gerichts erster Instanz erlangt51. Die FTC sollte daher, sowohl verfahrensrechtlich als auch organisationsstrukturell, möglichst gerichtsähnlich ausgestaltet sein, um den Interessen des Beschuldigten an einem gerechten Verfahren Genüge zu tun. In Betracht kommen hier vor allem die Unabhängigkeit und Neutralität der FTC, die Trennung der Entscheidungsfindung von der Ermittlung. Rücksicht zu nehmen ist gleichzeitig darauf, daß eine Entscheidung in der Verwaltung zügig getroffen werden muß, damit die Massenfälle rechtzeitig erledigt werden können. Die Entscheidung muß aber andererseits rechtmäßig und angemessen getroffen werden. (a) Art. 13 und 31 JV Art. 13 JV schreibt vor: „Jeder Staatsbürger wird als Individuum gewürdigt. Rechte des Staatsbürgers auf Leben, Freiheit und das Anstreben des Wohles müssen bei der Gesetzgebung oder sonstigen Tätigkeit des Staates im höchsten Maße gewährleistet sein, soweit sie nicht dem öffentlichen Wohl entgegenstehen.“ Das allgemeine Recht des Staatsbürgers nach Art. 13 JV umfaßt alles, was nicht im Grundrechtskatalog der JV vorgeschrieben ist. Im Bezug auf den Strafprozeß besagt Art. 31 JV, „ohne Verfahren aufgrund des Gesetzes wird niemandem das Leben oder die Freiheit genommen, oder eine Strafe anderer Art auferlegt.“ Dieses Gebot des fairen Verfahrens gilt nach der h. M. in Verbindung mit dem allgemeinen Recht des Staatsbürgers nach Art. 13 JV auch für das Verwaltungsverfahren, in dem die Staatsgewalt aufgrund der Gesetze belastende Maßnahmen ergreift52. In Hinblick auf die immer wichtiger werdende Rolle der Verwaltung in der Gegenwart, in der sich Gesellschaft und Wirtschaft immer rascher und komplizierter entwickeln und ändern, ist diese Auffassung zum Schutz der Interessen des Bürgers, die zwar nicht im Strafprozeß, aber im Verwaltungsverfahren verletzt werden können, unentbehrlich. 51

Zur gerichtsähnlichen Natur der FTC s. o. Kap. II, A. 4. Atsuya (2), S. 84 f.; Sato, S. 445, 462 ff., 590 f., meint, daß das Gebot des fairen Verwaltungsverfahrens direkt aus Art. 13 JV abgeleitet werden kann. 52

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(b) Unabhängigkeit der FTC im Außenverhältnis Während die FTC dem Geschäftsbereich des Premierministers zugeordnet ist (§ 27 II AMG), ist in § 28 AMG die Unabhängigkeit der FTC ausdrücklich vorgeschrieben53. Dieser Grundsatz der Unabhängigkeit der FTC gilt nicht nur gegenüber dem Premierminister, sondern auch gegenüber allen Organisationen oder Personen außerhalb der FTC, wie etwa Ministerien, Behörden, politischen Parteien, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, Verbraucherschutzverbänden usw54. (1) Verfassungsmäßigkeit der Unabhängigkeit der FTC Die japanische Verfassung besagt, „für die Verwaltung ist das Kabinett zuständig“ (Art. 65 JV), und „das Kabinett trägt die Verantwortung für die Wahrnehmung der Verwaltung gegenüber dem Parlament“ (Art. 66 III JV). Die Verwaltungsorganisationen sind dem Kabinett unterstellt und dadurch im Endeffekt unter der allgemeinen Kontrolle des Parlaments. Daher wäre eine Behörde, die völlig vom Kabinett unabhängig wäre, verfassungswidrig. Nun stellt sich die Frage, ob die FTC verfassungskonform ist. Nach der h. M. genießt die FTC keine völlige Unabhängigkeit vom Kabinett, da sich die Unabhängigkeit nur auf die Ausübung ihrer wettbewerbsrechtlichen Befugnisse beziehe. In bezug auf die Ernennung und Entlassung (§§ 29, 30 AMG), die innere Organisation (§ 7 VI, VIII VOG), den Haushalt (§ 17 II HHG), die Ausarbeitung von Gesetzen und den Erlaß von Verordnungen stehe die FTC unter Kontrolle des Kabinetts. Die Institution der FTC sei daher nicht verfassungswidrig55. (2) Statusgarantie für Kommissare Die Unabhängigkeit der FTC sollte dabei nicht nur auf dem Papier bestehen. Zu ihrer Verwirklichung hat der Gesetzgeber folgende Institutionen zur Gewährleistung des den FTC-Kommissaren aufgrund des AMG eingeräumten Status eingeführt. 53 § 27 II AMG schreibt vor: „Die Fair Trade Commission ist dem Geschäftsbereich des Premierministers zugeordnet.“ § 28 AMG besagt, „der Präsident und Kommissare der Fair Trade Commission nehmen ihre Befugnisse unabhängig wahr“. 54 Atsuya/Sajima, § 28, S. 488; Imamura/Akiyama, § 28, S. 551; Miyasaka, S. 9. 55 Atsuya/Sajima, § 28, S. 488 f.; Imamura/Akiyama, § 28, S. 551 f.; Wada (2), S. 6 f.

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(aa) Entlassungsverbot Ein Kommissar darf nach § 31 AMG während seiner Amtszeit gegen seinen Willen nicht entlassen werden, es sei denn, erstens daß er aufgrund von Geisteskrankheit, Geistesschwäche, Trunksucht, Rauschgiftssucht oder Verschwendung vom Familiengericht56 für geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig erklärt worden ist, zweitens daß sein Konkurs vom Bezirksgericht erklärt worden ist, drittens daß er wegen eines Verstoßes gegen die Geheimhaltungspflicht eines Kommissars der FTC (§ 39 AMG) bestraft worden ist, viertens daß gegen ihn eine schwerere Strafe als Geldstrafe verhängt worden ist, fünftens daß die FTC i. e. S. selbst ohne seine Mitwirkung entschieden hat, daß er wegen geistiger oder körperlicher Störungen außerstande ist, den Dienst zu leisten, oder sechstens daß das Parlament die Genehmigung seiner Ernennung verweigert hat. Mit diesem Enumerationsprinzip schützt das AMG die Kommissare der FTC gegen eine willkürliche Entlassung aufgrund politischer Einflüsse. Dieser Schutz nähert sich der Statusgarantie eines Richters an. (bb) Gehaltsgarantie Das Gehalt des Kommissars ist nach dem „Gesetz über das Gehalt der Beamten mit Sonderstatus“ von 1949 festgelegt und darf nicht gegen den Willen des Kommissares herabgesetzt werden (§ 36 AMG). Dadurch soll die Unabhängigkeit des Kommissares auch in finanzieller Hinsicht gesichert werden. (3) Anweisungsverbot des Premierministers Die Vorschrift des § 27 II AMG in Verbindung mit § 28 AMG ist so auszulegen, daß der Premierminister kein Weisungsrecht gegenüber der FTC in bezug auf die Wahrnehmung ihrer Aufgaben hat, obwohl die FTC eine Außenstelle des Kabinettsamtes ist. Um dies deutlich zu machen, hat der Gesetzgeber den Wortlaut verwendet, „die FTC gehört dem Geschäftsbereich des Premierministers an,“ nicht den Wortlaut, „die FTC ist dem Premierminister unterstellt“57. 56

Das Familiengericht funktioniert in diesem Fall wie das Vormundschaftsgericht in Deutschland. 57 Atsuya/Sajima, § 27, S. 486; Imamura/Akiyama, § 27, S. 551; § 27 II AMG schreibt vor: „Die Fair Trade Commission ist dem Geschäftsbereich des Premierministers zugeordnet.“ § 28 AMG besagt, „der Präsident und Kommissare der Fair Trade Commission nehmen ihre Befugnisse unabhängig wahr“.

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(c) Unabhängigkeit der FTC im Innenverhältnis § 28 AMG schreibt die Unabhängigkeit der FTC nicht nur für das Außenverhältnis, sondern auch für das Innenverhältnis vor, d. h., jedes Mitglied der FTC i. e. S. nimmt seine Aufgabe, das Wettbewerbsrecht durchzusetzen, sowohl gegenüber den anderen Mitgliedern, also auch gegenüber den Bediensteten der FTC unabhängig und nur nach eigener Überzeugung wahr. Ansonsten ginge dieser Grundsatzes ins Leere58. (d) Behördeninterne Trennung der Entscheidung von der Ermittlung (1) Rechtsdogmatische Diskussion Die Trennung der Entscheidungsfindung von der Ermittlung ist eine der im japanischen Wettbewerbsrecht meistdiskutierten Fragen59. Wie oben im Kapitel I analysiert wurde, hat das Wettbewerbsverfahren eine verwaltungsverfahrensrechtliche Natur. Das Wettbewerbsverfahren enthält daher eigentlich den Untersuchungs- und Inquisitionsgrundsatz60. Im herkömmlichen Verwaltungsverfahren steht der Beschuldigte allein gegenüber dem Staatsorgan, hier der FTC, das die Ermittlung und Entscheidungsfindung in einer Person durchführt. Dies ist das Kennzeichen des Verwaltungsverfahrens gegenüber dem Zivil- und Strafprozeßverfahren. Von demjenigen, der selbst den Fall ermittelt hat und den Betroffenen beschuldigt, kann nicht eine neutrale und objektive Entscheidung erwartet werden, da er schon durch seine Ermittlung davon überzeugt ist, daß der Beschuldigte gegen Vorschriften des AMG verstoßen hat, und daher befangen ist. Im Hinblick auf das Gerichtsverfahren, das dem besserem verfahrensrechtlichen Schutz des Beteiligten dient, ist die Verschmelzung beider Funktionen in einer Person scharf kritisiert worden. Nach dem Grundsatz des AMG soll die FTC i. e. S. unmittelbar selbst einen Fall ermitteln, bei Bedarf eine mündliche Verhandlung einleiten, weiterführen und Beschlüsse fassen. In diesem Fall besteht zwar, streng betrachtet, kein Raum für die Trennung der Entscheidungsfindung von der Ermittlung, jedoch kann die FTC zumindest eine be58

Atsuya/Sajima, § 28, S. 487 f.; Imamura/Akiyama, § 28, S. 551. Der Rechtsgedanke richtet sich nach dem Grundsatz der Funktionstrennung (Separation of Function) in den USA. In Japan gibt es keine derart detaillierten Vorschriften wie die des „Federal Administrative Procedure Act“ von 1946, wie etwa zum Innenverhältnis zwischen FTC i. e. S., Verhandlungsleiter, Ermittler und sonstigen Bedienstete oder zu ihrem Verhältnis zu Beschuldigten und Dritten sowie zur Befangenheit (insbesondere 5 U. S. C. §§ 554 (d), 557 (d) und 556 (b)) s. Okumiya (2), S. 273; ders., S. 26 ff. 60 Die Lehre in Japan ist darüber einig. Atsuya (2), S. 74 f. 59

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hördeninterne Trennung beider Funktionen dadurch erreichen, daß sie einen von ihr ernannten Ermittlungsleiter mit dem Ermittlungsverfahren und einen oder bis zu drei der fünf von ihr ernannten Verhandlungsleiter mit der Führung der mündlichen Verhandlung betraut. Dies ist in der Praxis die Regel61. Andererseits ist zu berücksichtigen, daß jede Verwaltungstätigkeit sowohl Ermittlungs- als auch Entscheidungselemente enthält und daß die Konzentration der Funktionen der Ermittlung und der Entscheidungsfindung bei der FTC zur effektiven Bekämpfung wettbewerbsrechtlicher Zuwiderhandlungen und zur einheitlichen Anwendung und Entwicklung des Wettbewerbsrechts beiträgt. Die FTC kann dabei ihre umfangreichen Fachkenntnisse ungestört einsetzen. Zu dieser Frage gibt es drei Standpunkte62: Nach einer Meinung und der früheren Rechtsprechung sei die Aufgabe der FTC die Durchsetzung der Wettbewerbspolitik, die eine demokratische und gesunde Entwicklung durch den freien und fairen Wettbewerb zum Ziel habe. Voraussetzung für die Durchsetzung der Wettbewerbspolitik sei die einheitliche und aktive Anwendung des Wettbewerbsrechts. Das Wettbewerbsrecht bezwecke in erster Linie die Prävention bzw. Ahndung von Zuwiderhandlungen und die Wiederherstellung der Rahmenbedingungen des freien und fairen Wettbewerbs. Dazu diene das Wettbewerbsverfahren, das von seiner Rechtsnatur nicht Gerichts-, sondern Verwaltungsverfahren sei und daher aufgrund des Untersuchungs- und Inquisitionsgrundsatzes durchgeführt werde. Daher sei der Gegenstand des Wettbewerbsverfahren anders als der des Gerichtsverfahrens, bei dem es um Streitigkeiten um Rechte und Pflichten oder um die Schuld eines Täters wegen eines Gesetzesverstoßes in der Vergangenheit gehe. Aus diesem Grund solle das Wettbewerbsverfahren auch anders als das Gerichtsverfahren ausgestaltet sein. Eine strenge Trennung der Entscheidungsfindung von der Ermittlung sei innerhalb der FTC von ihrer Aufgabe her nicht durchsetzbar und auch nicht zweckmäßig63. Nach der jetzigen Rechtsprechung und h. M. habe das Verfahren der FTC zwar eine der erstgenannten Meinung entsprechende Rechtsnatur, es sei aber andererseits kontradiktorisch und gerichtsähnlich ausgestaltet. Im japanischen Wettbewerbsverfahren beschränkt sich die gerichtliche Nachprüfbarkeit nach dem Grundsatz des „substantial evidence“ darauf, zu prüfen, ob ein erheblicher Beweis vorliegt, den der vernünftige Verstand als Grundlage der Tatsachenfeststellung der FTC anerkennt. Im Hinblick auf diese Einschränkung der gerichtlichen Kontrolle sei geboten, das Verfahren zumindest durch eine behördeninterne 61

Hirata, S. 30. Ueki, S. 187 f.; Okumiya, S. 74 ff. 63 OG Tokyo 9. 3. 1953 Urt., VwSlg. Bd. 4, Nr. 3, S. 609; Hirata, S. 30 ff.; Okumiya, S. 76 f.; Atsuya, S. 24. 62

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Trennung der Funktionen möglichst dem Gerichtsverfahren anzunähern, damit ein mit dem Gerichtsverfahren vergleichbarer Schutz des Beschuldigten gewährleistet werden könne64. In diesem Zusammenhang ist weiter vorgeschlagen worden, erstens die Stellung des Leiters der mündlichen Verhandlung zu stärken und ihm die den Kommissaren der FTC entsprechende Unabhängigkeit zu garantieren, zweitens die Verhandlungsleiter nicht dem Generalsekretär, sondern direkt der FTC i. e. S. zu unterstellen, drittens die Anzahl der Kommissare zu erhöhen und, viertens mehrere Sondersenate ausschließlich für Wettbewerbssachen bei jedem Obergericht, oder zumindest beim Obergericht Tokyo zu errichten65. Nach der dritten Auffassung bleibe die Trennung der beiden Funktionen innerhalb der FTC zum Schutz des Beschuldigten auf halbem Wege stehen. Die Befangenheit sei der FTC als in ihrer Gesamtheit immanent, da das Verfahren der FTC in ihrer Gesamtheit wie nach der ersten Meinung entsprechend des Untersuchungsund Inquisitionsgrundsatzes ausgestaltet sei. Außerdem führe die FTC i. e. S. in der Praxis sehr selten selbst die mündliche Verhandlung. Sie übernehme zumeist die Erkenntnis des Leiters der mündlichen Verhandlung, ohne selbst den anhängigen Fall zu würdigen, und habe die Beschuldigung durch ihn nach dem Abschluß der mündlichen Verhandlung sehr selten als unbegründet abgewiesen. Daraus resultiere das Mißtrauen des beschuldigten Unternehmens. Geboten sei daher, das Verfahren vor der FTC zu vereinfachen und zu beschleunigen und es vollständig der gerichtlichen Nachprüfung zu unterstellen66 oder die FTC zu einem reinen Ermittlungsorgan umzugestalten und den Gerichten die Befugnis der Entscheidungsfindung zuzuweisen67.

64 OG Tokyo 25. 2. 1994 Urt., ZivSlg. Bd. 47, Nr. 1, S. 17; ObstG 10. 7. 1975 Urt., ZivSlg. Bd. 29, Nr. 6, S. 888; OG Tokyo 17. 7. 1971 Urt., VwSlg. Bd. 22, Nr. 7, S. 1022 und 1070; in diesen Urteilen haben die Gerichte die Trennung der beiden Funktionen positiv bewertet, da damit ein faires Verfahren gewährleistet wird s. Okumiya, S. 76 f.; zur Lehre s. Ouchi, S. 64 ff.; Kojo, S. 33 ff.; Negishi (3), S. 2 ff.; Imamura (4), S. 204 ff.; ders. (2), S. 243; ders., Bd. 2, S. 134 ff.; Ueki, S. 184 ff.; Isobe, S. 16; Ukai, S. 19 f.; vgl. Irie (2), S. 188 f.; ders., S. 331 ff.; Atsuya/Sajima, § 35, S. 496; zum Verfahren unter Beteiligung von Ermittler und Leiter der mündlichen Verhandlung s. o. Kap. I, A. 1. (c) und (d). 65 Yoshikawa (3), S. 392; ders., S. 839 f., der eigentlich die dritte Auffassung für ideal hält, schlägt dies als Kompromiß vor; so auch Okumiya (2), S. 276 f.; Wada (2), S. 12 ff.; Nagano, S. 10 ff.; hinsichtlich der Statusgarantie der Kommissare s. o. Kap. II, A. 5. (b) (2). 66 Yoshikawa (3), S. 368 ff., 392; ders, S. 824, hält dies für ideal. Der Rechtsgedanke der Vereinfachung des Verfahren der FTC und dem vollständigeren Rechtsschutz in bezug auf Tatsachenfeststellung nähert sich an das Wettbewerbsverfahren des Bundeskartellamtes an. 67 S. Tanaka, S. 458 f.

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(2) Entwicklung Als die FTC 1947 errichtet wurde, war die FTC i. e. S. allein für die Durchführung der mündlichen Verhandlung zuständig und verantwortlich. Die Zuständigkeit der FTC für die Ermittlung und Entscheidungsfindung ist im Hinblick auf ein faires Verfahren kritisiert worden. Andererseits ist es wegen des zahlenmäßigen Ansteigens der von der FTC verfolgten Fällen unrealistisch geworden, daß die FTC i. e. S. alle mündlichen Verhandlungen selbst durchführt. Daher ist die Vorschrift über den Leiter der mündlichen Verhandlung mit der ersten Novelle des AMG von 1949 eingeführt worden und ihm diese Aufgabe der FTC i. e. S. mit Ausnahme der Entscheidungsfindung übertragen worden. Die damalige „Verordnung der FTC über das Verfahren der mündlichen Verhandlung“ in der Fassung von 1950 schrieb vor, daß der Leiter der mündlichen Verhandlung mit dem Fall befaßt wird, die Personen, die an der Ermittlung des anhängigen Falles beteiligt gewesen waren, aber davon ausgeschlossen werden (§ 2). Die Verordnung bestimmte weiter, daß er seine Aufgabe rechtmäßig, rasch und unabhängig erfüllen soll (§ 4). Jedoch war er der Ermittlungsabteilung der FTC unterstellt und daher die Trennung der Entscheidungsfindung von der Ermittlung noch sehr unzureichend. Aus diesem Grund ist der Leiter der mündlichen Verhandlung seit der zweiten Novelle der AMG von 1952 und der daraufhin 1953 erlassenen FTCV von der Ermittlungsabteilung organisationsstrukturell getrennt worden. Hierdurch ist die mündliche Verhandlung der FTC in einer Dreieckskonstellation zwischen dem Leiter der mündlichen Verhandlung, dem Ermittler und dem Beschuldigten wie im Strafprozeß kontradiktorisch ausgestaltet68. Mit der 10. Novelle des AMG von 1977 wurde der Ausschluß der an der Ermittlung des anhängigen Falles beteiligten Personen von der Ernennung zum Leiter der mündlichen Verhandlung, was bis dahin in der FTCV geregelt war (§ 26 II a. F. FTCV), nun im AMG ausdrücklich vorgeschrieben (§ 51-2 II AMG). Der Leiter der mündlichen Verhandlung ist aber immer noch organisatorisch dem Generalsektretär der FTC unterstellt. Dies ermöglicht es, daß der Generalsekretär Einfluß auf die Tätigkeit des Leiters der mündlichen Verhandlung ausübt. Um diese Möglichkeit zur Einflußnahme auszuschließen, ist seit der Novelle des AMG von 1996 der Leiter der mündlichen Verhandlung nunmehr in bezug auf die von der FTC i. e. S. übertragene Aufgabe, die mündliche Verhandlung zu leiten, von Anweisungen des Generalsekretärs freigestellt69. 68

Shoda, S. 518 ff.; Imamura (2), S. 243 f.; Imamura, Bd. 2, S. 134 ff.; zur kontradiktorischen Struktur der mündlichen Verhandlung s. o. Kap. I, A. (d); s. u. Kap. II, A. 5. (d) (3). 69 Atsuya/Sajima, § 35, S. 496; Imamura (2), S. 243 f.

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(3) Dreieckskonstellation der mündlichen Verhandlung Zum Ausgleich der Vor- und Nachteile der Konzentration der beiden Funktionen und hinsichtlich der gerichtsähnlichen Aufgabe und Gestaltung der FTC hat der Gesetzgeber die mündliche Verhandlung durch die personelle Trennung der Zuständigkeit für Ermittlung und Entscheidungsfindung kontradiktorisch ausgestaltet. In der mündlichen Verhandlung stehen sich der Ermittler und der Beschuldigte vor der FTC i. e. S. oder vor dem Leiter der mündlichen Verhandlung gegenüber. Der Ermittler führt die Ermittlung mit verschiedenen Ermittlungsbefugnissen70 durch, sammelt belastende Beweise und stellt Beweisanträge. Der Beschuldigte verteidigt sich. Beide Parteien versuchen, die FTC i. e. S. oder den Verhandlungsleiter von ihrem Standpunkt zu überzeugen. Zur Entscheidungsfindung ist ausschließlich die FTC i. e. S., nicht der Leiter der mündlichen Verhandlung befugt. In der Praxis hat dieser allerdings großen Einfluß auf die Entscheidungsfindung, da er nach der von ihm geführten mündlichen Verhandlung einen Entscheidungsentwurf verfaßt und die FTC i. e. S. ihn in der Regel als förmlichen Beschluß bestätigt [§ 69 a. F. (87 n. F.) FTCV]. Diese Verfahrensweise soll der Entlastung der FTC i. e. S. dienen, damit sie sich auf gewichtige Fälle konzentrieren kann71. Die FTC i. e. S. kann zwar eine andere Entscheidung, als im Beschlußentwurf vom Leiter der mündlichen Verhandlung vorgeschlagen, treffen oder eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anordnen, kann aber den Entwurf selbst nicht abändern72. Dadurch ist eine autonome Verfassung des Beschlußentwurfes sichergestellt. (4) Funktionstrennung bezüglich der Kommissare Während die Trennung der Entscheidungsfindung von der Ermittlung in bezug auf den Leiter der mündlichen Verhandlung vorgeschrieben ist, besteht insoweit keine einschlägige Vorschrift bezüglich der Kommissare. Es gibt auch keine Vorschriften über den Ausschluß und die Ablehnung von Kommissaren wegen Voreingenommenheit und Befangenheit73. Dies liegt daran, daß hierbei eine strenge Trennung beider Funktionen unmöglich ist, da die FTC i. e. S. grundsätzlich an jedem Verfahren in der Form beteiligt ist, daß sie über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens entscheidet und Ermittler damit befaßt, nach der Überprüfung eines Ermittlungsberichts 70 71

Zu Ermittlungsbefugnisse des Ermittlers s. o. Kap. I, A. 1. (c). Irie (2), S. 188 f.; zum Ablauf der mündlichen Verhandlung s. o. Kap. I, A. 1.

(d). 72

Atsuya/Sajima, § 35, S. 496. Ouchi, S. 69, schlägt die Einführung derartiger Vorschriften vor entsprechend den für Richter geltenden. 73

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Empfehlungen ausspricht und über die Eröffnung einer mündlichen Verhandlung entscheidet74. Dies führt jedoch nicht dazu, daß ehemalige Ermittler oder Leiter der mündlichen Verhandlung sich als Kommissar mit dem Fall, an dem sie früher beteiligt waren, befassen können75. Das Obergericht Tokyo hat in diesem Zusammenhang in einem Urteil der Klage entsprechend, die Entscheidung der FTC als rechtswidrig aufgehoben und den Fall zur nochmaligen Prüfung mit rechtmäßiger Besetzung an die FTC zurückverwiesen (§ 82 Nr. 2 AMG), da ein Kommissar früher am anhängigen Fall als Leiter der Ermittlungsabteilung beteiligt gewesen war. Nach Auffassung des Gerichts sei es nicht zu leugnen, daß der Kommissar bezüglich des anhängigen Falles befangen sei und sich seine Überzeugung nicht nur auf die Beweise, die in der mündlichen Verhandlung überprüft worden sind, sondern auch auf andere Beweise, die ihm als Leiter der Ermittlungsabteilung bekannt gemacht worden waren, stütze. Der Kommissar habe demnach bereits eine bestimmte und konkrete Überzeugung in sich. Dies verstoße aber gegen die Vorschriften des § 54-3 AMG, der vorschreibt, daß sich die Tatsachenfeststellung außer bezüglich unbestrittener oder offenkundiger Tatsachen nur auf die in der mündlichen Verhandlung überprüften Beweise stützen darf. Zum Ausschluß vom Entscheidungsprozeß wegen Voreingenommenheit und Befangenheit hat das Gericht drei Kriterien aufgestellt: Erstens, wenn die FTC i. e. S. selbst das Ermittlungsverfahren eingeleitet und durchgeführt hat, kann die FTC i. e. S. als Spruchkörper ohne weiteres später an der Entscheidungsfindung mitwirken – sonst könnte keine Entscheidung getroffen werden –, ein Kommissar nur, soweit die FTC ohne ihn wegen Umernennung des Kommissares entscheidungsfähig bleibt. Zweitens, wenn die FTC i. e. S. nicht selbst das Ermittlungsverfahren eingeleitet und durchgeführt hat, ist ein Kommissar, der vor Ernennung zum Kommissar unmittelbar mit der Ermittlung des anhängigen Falles befaßt gewesen war, von der Entscheidungsfindung ausgeschlossen, es sei denn, daß die FTC i. e. S. dadurch entscheidungsunfähig werden würde. Drittens ist ein Kommissar von der kollegialen Entscheidungsfindung ausgeschlossen, wenn ein objektiver Grund dafür vorliegt, daß die Fairneß des Verfahrens in Frage gestellt wird, z. B. daß er in einem bestimmten persönlichen Verhältnis zum Verfahrensbeteiligten steht, daß er ein konkretes wirtschaftliches Interesse an dem anhängigen Fall hat oder daß seine Aussage über den Fall eine Voreingenommenheit oder Befangenheit darstellt76. Nach der a. A. und 74

Zur Beteiligung der FTC i. e. S. am Verfahren s. o. Kap. I, A. 1. (c) (d) und (i). Kojo, S. 34 f. 76 OG Tokyo 25. 2. 1994 Urt., ZivSlg. Bd. 47, Nr. 1, S. 17; Murakami, (2), S. 67 ff., (3), S. 56 ff.; Kojo, S. 33 ff.; Shoda (2), S. 54 ff.; Negishi (3), S. 2 ff.; zur rechtsdogmatischen Diskussion um die behördeninterne Funktionstrennung s. o. Kap. II, A. 5. (d) (1); bei den Ausschlußkriterien ist ein Einfluß von Vorschriften der 75

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auch der Auffassung der FTC diene die mündliche Verhandlung dazu, die der Entscheidung über ihre Einleitung zugrundeliegende Überzeugung durch die Gewährung rechtlichen Gehörs für den Beschuldigten zu korrigieren. Zu diesem Zweck sei die FTC i. e. S. ausschließlich dafür zuständig, Entscheidungen zuerst über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die Ernennung des Ermittlers (§ 46 I, II AMG), dann über die Empfehlung oder die Eröffnung einer mündlichen Verhandlung (§§ 48, 49 AMG) und schließlich über die Untersagung einer Zuwiderhandlung gegen das AMG (§ 54 AMG) zu treffen77. Daher gälten für das Wettbewerbsverfahren der FTC Untersuchungs- und Inquisitionsgrundsatz. Die FTC treffe die Entscheidungen aufgrund der Überzeugung, daß eine Zuwiderhandlung vorliege. Sie sei daher von Anfang an voreingenommen. Diese Voreingenommenheit sei sogar für ihre Verfahrensleitung in jeder Phase vorausgesetzt. Daher sei der Ausschluß eines Kommissares wegen Voreingenommenheit, Befangenheit oder Verdachts diesbezüglich sinnlos. Die Trennung der Entscheidungsfindung von der Ermittlung gelte nur für das Verhältnis zwischen dem Leiter der mündlichen Verhandlung und dem Ermittler, nicht aber für die Kommissare78. Um die dem System der FTC immanente Voreingenommenheit der Kommissare zu vermeiden, schlagen einige Autoren als Mittelweg vor, daß die FTC i. e. S. Grundrichtlinien zum Verfahren aufstellen, bei Einleitung des Ermittlungsverfahrens und der mündlichen Verhandlung nur formell ihre Zulässigkeit prüfen und die inhaltliche Prüfung dem Ermittler und dem Leiter der mündlichen Verhandlung überlassen solle79. Die letzte Meinung berücksichtigt den Sinn und Zweck der Funktionstrennung, ein faires Verfahren zu gewährleisten, im Rahmen des geltenden Rechts und erscheint daher angemessen80. (5) Leiter der mündlichen Verhandlung Die Leiter der mündlichen Verhandlung – es können bis zu fünf Personen zum Leiter ernannt werden – gehören zwar zum Generalsekretariat (§ 35 VI AMG), werden aber nicht durch den Generalsekretär, sondern durch die FTC i. e. S. aus den Bediensteten des Generalsekretariates, die ihrer AuffasUSA über strenge Vorkehrungen gegen Voreingenommenheit und Befangenheit der Entscheidungsträger zu sehen.; zum Leiter der mündlichen Verhandlung s. u. Kap. II, A. 5. (d) (5); in bezug auf den Leiter der mündlichen Verhandlung fehlen derartige Bestimmungen. Sie sollen jedoch auch für ihn gelten s. Negishi (3), S. 7. 77 Zur entscheidenden Rolle der FTC i. e. S. s. o. Kap. I, A. 1. (c), (d) und (i). 78 Shoda (2), S. 56 ff. 79 Negishi (3), S. 7; Imamura, Bd. 2, S. 136 ff. 80 Zur Bedingung und Grenze der behördeninternen Funktionstrennung s. u. Kap. II, A. 5. (d) (6).

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sung nach die zur fairen Durchführung der mündlichen Verhandlung notwendigen Fachkenntnisse und Erfahrungen über Recht und Wirtschaft haben, ausgewählt (§ 35 VII AMG). Sie sind in bezug auf die Führung der mündlichen Verhandlung den Anweisungen des Generalsekretärs nicht unterworfen (§ 35 II AMG)81. Die FTC i. e. S. kann dann in einem konkreten Fall ein bis drei davon der Komplexität des Falles entsprechend mit der Ermittlung und Leitung der mündlichen Verhandlung zur weiteren Klärung befassen (§ 51-2 AMG)82. Um die Unvoreingenommenheit des jeweiligen Leiters zu gewährleisten, sind diejenigen von der Auswahl ausgenommen, die vor der Ernennung zum Leiter der mündlichen Verhandlung als Ermittler mit dem anhängigen Falle befaßt waren (§ 51-2 2 AMG). Die Leiter der mündlichen Verhandlung sind nach diesen Vorschriften in der Lage, fair und unabhängig nicht nur vom Generalsekretär, sondern auch von der FTC i. e. S. die mündliche Verhandlung zu leiten und einen Entwurf des förmlichen Beschlusses für die FTC i. e. S. zu verfassen [§ 27 II a. F. (32 II n. F.) FTCV]. Es fehlt jedoch an eingehenden Vorschriften zur Gewährleistung von Fairneß und Unabhängigkeit des Verhandlungsleiters83. (6) Bedingung und Grenze Die personelle Trennung der Entscheidungsfindung besteht darin, daß der Ermittler die Ermittlung durchführt und der Leiter der mündlichen Verhandlung aufgrund seiner eigenen Erkenntnis nach dem Abschluß der Anhörung und der Einvernahme von Ermittlern, Beschuldigten und Dritten in der mündlichen Verhandlung einen Entscheidungsentwurf verfaßt. Der Leiter der mündlichen Verhandlung hat, wie ein Richter, eine unabhängige Stellung zur Erfüllung seiner Aufgabe erlangt. Die strenge Trennung der beiden Funktionen wie im Strafprozeß liegt hingegen nicht vor, da sowohl der Ermittler als auch der Verhandlungsleiter immer noch organisationsstruktuell der FTC als ganzer angehören. Hinsichtlich der Aufgabe der FTC, die Wettbewerbspolitik einheitlich durchzusetzen, ist die völlige Herausnahme der Entscheidungsfindung aus der FTC nicht erwünscht und auch nicht 81 Die Vorschrift über die Weisungsunabhängigkeit des Verhandlungsleiters ist erst 1996 durch die 13. Novelle des AMG eingeführt worden Atsuya/Sajima, § 35, S. 496; die Funktion des Leiters der mündlichen Verhandlung ist ähnlich der des „trial examiner“ oder „Administrative Law Judge“ (ALJ) in den USA Sonobe (2), S. 8; zum Administrative Law Judge s. u. Kap. II, D. 3. (d). 82 In der Praxis wird ein Leiter der mündlichen Verhandlung in jedem Fall bestellt. 83 Ouchi, S. 69; Okumiya (2), S. 275 f.; ders., S. 77 ff.; Kawakami, S. 163 f.; Ueki, S. 213; Brutzer, S. 492; als Vorbilder kommen in Betracht die Vorschriften über den ALJ in den USA; zum Administrative Law Judge s. u. Kap. II, D. 3. (d).

158 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

zweckmäßig. In diesem Sinne ist die FTC i. e. S. allein zuständig und verantwortlich für die Entscheidung. Andererseits hätte die mündliche Verhandlung keinen Sinn, wenn die FTC i. e. S. Einfluß auf das einzelne Verfahren der Ermittlungsabteilung und auf die Eröffnung einer mündlichen Verhandlung, die die Ermittlungsabteilung aufgrund ihres Ermittlungsergebnisses bei der FTC i. e. S. beantragt hat, nehmen könnte. Eine Einflußnahme der FTC i. e. S. kann beispielsweise dadurch geschehen, daß sie den Antrag auf die Eröffnung der mündlichen Verhandlung ablehnt, weil das Verfahren ihrer Ansicht nach z. B. wegen mangelnder Beweise aussichtslos erscheint. Aber gerade dies sollte eigentlich in der kontradiktorischen mündlichen Verhandlung überprüft werden. Erwünscht ist daher, daß die FTC i. e. S. auf eine eingehende Kontrolle des einzelnen Ermittlungsverfahren durch die Emittlungsabteilung verzichtet und dieses Verfahren lediglich überwacht. Die FTC soll allgemeine Richtlinien zur Gesetzesanwendung aufstellen und die Eröffnung der mündlichen Verhandlung nur formell in bezug auf ihre Zulässigkeit prüfen. Der Ermittler setzt selbst das Ermittlungsverfahren fort und übt seine Aufgabe als Partei in der mündlichen Verhandlung durch Darlegung seiner Auffassung aus, während der Leiter der mündlichen Verhandlung aufgrund eigener Überzeugung einen Beschlußentwurf verfaßt. Auf diese Weise kann das ganze Verfahren rechtmäßig und effektiv durchgeführt werden84. 6. Parlamentarische Kontrolle der FTC Der FTC ist, wie oben dargestellt, eine weitreichende Unabhängigkeit im Außenverhältnis gewährleistet. Um die Gefahr eines möglichen Alleinganges der FTC abzuwenden, hat der Gesetzgeber die FTC außer der allgemeinen Kontrolle der Legislative über die Exekutive, die aus der Gesetzgebung und der Prüfung des Haushaltsplans der Regierung besteht, auch der parlamentarischen Kontrolle unterworfen. Die parlamentarische Kontrolle erfolgt sowohl durch die Ernennung der FTC-Kommissare durch das Parlament als auch durch die Berichterstattungspflicht der FTC gegenüber diesem. (a) Ernennung der Kommissare Zur Ernennung oder Wiederernennung der Mitglieder der FTC i. e. S. für die Amtszeit von fünf Jahren durch den Premierminister bedarf es der Zustimmung von Ober- und Unterhaus (§§ 29 II und 30 II AMG)85. Dadurch kann das Parlament einerseits seine personelle Kontrolle über die FTC aus84 85

s. Negishi (3), S. 7; Irie (2), S. 188 f.; Imamura, Bd. 2, S. 136 ff. Zur Zusammensetzung der Kommissare s. o. Kap. II, A. 3. (a).

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üben. Andererseits können die Mitglieder der FTC i. e. S., wenn sie einmal ernannt worden sind, während ihrer Amtszeit ihre Befugnisse bezüglich der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts unabhängig von einer politischen Einflußnahme durch das Parlament ausüben. (b) Jahresbericht der FTC Die FTC ist eine Behörde, die nicht nur das Wettbewerbsrecht anwendet, sondern auch ausschließlich und unabhängig die Wettbewerbspolitik betreibt. Daher soll sie einer gewissen Kontrolle des Parlaments unterstehen. Zu diesem Zweck muß die FTC einen Jahresbericht (sog. „AMG Weißes Papier“) über ihre Tätigkeit durch den Premierminister dem Parlament vorlegen (§ 44 I AMG). Die Abänderung des Jahresberichts durch den Premierminister ist nicht gestattet86.

B. Deutschland 1. Die Pluralität der Wettbewerbsbehörden In Deutschland gibt es drei Wettbewerbsbehörden, unter denen die Zuständigkeiten nach § 44 I a. F. (48 n. F.) GWB gesetzlich verteilt sind. Diese sind das Bundeskartellamt, der Bundesminister für Wirtschaft und die Landeskartellbehörde87. Bundeskartellamt und Landeskartellbehörde stehen nicht in einem Verhältnis von Über- und Unterordnung. Das Bundeskartellamt hat kein Weisungsrecht gegenüber den Landeskartellbehörden. Das gleiche gilt für das Verhältnis zwischen dem Bundesminister für Wirtschaft und den Landeskartellbehörden. Hier haben die Grundsätze der föderalistischen Struktur der Bundesrepublik Geltung88.

86 Imamura/Kikuchi, § 44, S. 575 f.; Atsuya/Sajima, § 44, S. 505 f. Im Gegenzug kann die FTC zur Durchsetzung ihrer Wettbewerbspolitik durch ihre Stellungnahme Einfluß auf das Parlament nehmen (§ 44 II AMG). Die Stellungnahme erfolgt über den Premierminister. Die Abänderung der Stellungnahme durch ihn ist nach der h. M. unzulässig. 87 Hinzu kommt noch die Monopolkommission. Sie hat jedoch lediglich eine beratende Funktion ohne Vollzugskompetenz, zählt daher nicht zu den Kartellbehörden s. u. Kap. II, B. 2. 88 Immenga/Klaue, GWB, § 48, Rn. 3; zur dezentralen Struktur des Verfahrens s. o. Kap. I, B. 1. (i).

160 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

(a) Kompetenzverteilung Die Pluralität der Wettbewerbsbehörden setzt die sachliche Verteilung der Zuständigkeit unter ihnen voraus. Sie ist in § 44 I a. F. (48 n. F.) GWB vorgeschrieben. Ausgenommen davon sind die Bereiche in den §§ 99 bis 103 a. F. (28 bis 31 und 130 n. F.) GWB. Da sich die Regelung auf die den Wettbewerbsbehörden nach dem GWB übertragenen Aufgaben schlechthin bezieht, ist eine Unterscheidung nach den verschiedenen Verfahrensarten (Verwaltungs- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren) ausgeschlossen [§ 81 a. F. (81 IV n. F.) GWB]. (1) Bundesminister für Wirtschaft Der Bundesminister für Wirtschaft ist zuständig für die Ministererlaubnis im Rahmen der Kartellaufsicht nach § 8 a. F. (8 n. F.) GWB und der Zusammenschlusskontrolle nach § 24 III a. F. (42 I n. F.) GWB [§ 44 I Nr. 2 a. F. (48 n. F.) GWB]. (2) Bundeskartellamt Das Bundeskartellamt nimmt die nach dem GWB der Kartellbehörde übertragenen Aufgaben und Befugnisse wahr, wenn nicht einer bestimmten Kartellbehörde die Zuständigkeit zugewiesen ist und wenn die Wirkung der Marktbeeinflussung oder des wettbewerbsbeschränkenden oder diskriminierenden Verhaltens oder einer Wettbewerbsregel über das Gebiet eines Landes hinausgeht (§ 48 II 1 n. F. GWB). Es ist zusätzlich ausschließlich zuständig für die Anwendung des EG-Wettbewerbsrechts [§ 47 I a. F. (50 I n. F.) GWB]. (3) Landeskartellbehörde In allen Fällen, in denen keine ausschließliche Zuständigkeit des Bundeskartellamtes oder des Bundesministers für Wirtschaft gegeben ist, sind die Landeskartellbehörden zuständig [§ 44 I Nr. 3 a. F. (48 II 2 n. F.) GWB]. Wenn sich Auswirkungen in einem Bundesland feststellen lassen, ist die Zuständigkeit der Landeskartellbehörde des Bundeslandes gegeben. Mit Zustimmung aller Beteiligten ist allerdings eine einvernehmliche Zuständigkeitsregelung gemäß § 52 II a. F. (55 II n. F.) GWB faktisch möglich89. 89 Zur Zuständigkeitsverteilung zwischen Bundeskartellamt und Landeskartellbehörden nach dem Auswirkungsprinzip s. Langen/Schultz, § 48 Rn. 11 f.

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(b) Bundesminister für Wirtschaft Der Bundesminister für Wirtschaft leitet das Bundeswirtschaftsministerium als oberste Bundesverwaltungsbehörde, die keiner anderen Behörde nachgeordnet ist. Er wendet auch als Kartellbehörde die Vorschriften des GWB an. Sein Einschreiten wird insbesondere dann erfolgen, wenn es um sog. „political questions“ geht. Er berücksichtgt gesamtwirtschaftliche außerwettbewerbsrechtliche Gesichtspunkte. Für die Bearbeitung von Kartellsachen sind die Abteilungen I B 5 und 6 zuständig90. (c) Bundeskartellamt Das Bundeskartellamt ist nach § 48 I a. F. (51 I n. F.) GWB Bundesoberbehörde i. S. d. Art. 87 III GG mit Sitz in Bonn und gehört gemäß § 48 I 2 a. F. (51 I 2 n. F.) GWB zum Geschäftsbereich des Bundesminister für Wirtschaft an. Organisatorisch besteht das Bundeskartellamt aus einem Präsidenten, einer Grundsatzabteilung, einer Europaabteilung und 10 Beschlußabteilungen. (1) Rechtsstellung Als selbständige Bundesoberbehörde ist das Bundeskartellamt eine organisatorisch und funktionell verselbständigte Behörde ohne eigene Rechtspersönlichkeit, die für Aufgaben errichtet werden kann, welche der Sache nach grundsätzlich für das ganze Bundesgebiet wahrgenommen werden können ohne Mittel- und Unterbau und ohne Inanspruchnahme von Landesbehörden. Daraus folgt, daß eine derartige Behörde regelmäßig einer obersten Bundesbehörde unmittelbar nachgeordnet ist91. Der Zweck der Bildung einer selbständigen Bundesoberbehörde ist die organisatorische Trennung von Regierungs- und Verwaltungstätigkeit92. Hierzu wurde explizit klargestellt, daß das Bundeskartellamt eine Verwaltungsbehörde, kein Gericht ist. Anders als das Kartellgericht nach der Kartellverordnung von 1923 müssen Kartellbehörde und Gericht getrennt werden93. Die Selbständigkeit bedeutet, daß das Bundeskartellamt einen eigenen gesetzlich abgegrenzten Zuständigkeitsbereich hat und die ihm zugewiesene Entscheidungsbefugnis nicht durch den Bundesminister für Wirtschaft wahrgenommen werden 90 Immenga/Klaue, GWB, § 48, Rn. 3; zur politischen Rolle des BMWi s. u. Kap. II, B. 3. (a) (4) und (5). 91 Maunz/Lerche, Lfg. 30, 1992, Art. 87, Rn. 183. 92 Müller-Henneberg/Junge, GK, 4. Aufl., 4. Lfg., § 48, Rn. 1. 93 Begr. 1952, S. 28 und 49.

162 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

kann. Die Selbständigkeit bedeutet ferner, daß das Bundeskartellamt haushaltsmäßig aus dem Gesamthaushalt des Bundeswirtschaftsministeriums ausgegliedert ist94. (2) Präsident Das Bundeskartellamt steht unter der Leitung seines Präsidenten. Er regelt die Verteilung und den Gang der Geschäfte des Bundeskartellamtes durch die Geschäftsordnung, die der Bestätigung durch den Bundesminister für Wirtschaft bedarf [§ 48 II 2 a. F. (51 II 2 n. F.) GWB]. Er nimmt alle Aufgaben des Bundeskartellamtes wahr und trifft alle Entscheidungen, soweit sie nicht nach § 48 II 1 a. F. (51 II 1 n. F.) GWB den Beschlußabteilungen übertragen sind. Soweit er darüber hinaus Aufgaben delegiert, werden sie von den einzelnen Bediensteten in seinem Auftrag wahrgenommen95. (3) Beschlußabteilungen Die Entscheidungen werden von den Beschlußabteilungen, die durch den Bundesminister für Wirtschaft gebildet werden, selbständig getroffen [§ 48 II 1 a. F. (51 II 1 n. F.) GWB]. Beschlußabteilungen sind kollegiale Spruchkörper und entscheiden justizähnlich in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern [§ 48 III a. F. (51 III n. F.) GWB]. Jedoch ist es durchaus möglich, daß einer Beschlußabteilung mehr als zwei Beisitzer zugewiesen werden, deren Heranziehung zur Entscheidung sowohl allgemein als auch im einzelnen geregelt werden kann96. Da die Beschlußabteilungen keine Gerichte sind, gelten nicht die strengen Regeln über den gesetzlichen Richter97. Eine Beschlußabteilung besteht aus einem Vorsitzenden, 5 bis 6 Beisitzern und einigen anderen Bediensteten. Vorsitzende und Beisitzer der Beschlußabteilungen müssen Beamte auf Lebenszeit sein und die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst haben [§ 48 IV a. F. (51 IV n. F.) GWB]. Unentbehrlich ist eine institutionalisierte Zusammenarbeit von Ökonomen und Juristen nicht nur bei den Kartellbehörden, sondern auch in den Kartellsenaten der Gerichte98. Die Beteiligung von 94 Immenga/Klaue, GWB, § 51, Rn. 1; Müller-Henneberg/Junge, GK, 4. Aufl., 4. Lfg., § 48, Rn. 1. 95 Immenga/Klaue, GWB, § 51, Rn. 4; Langen/Schultz, § 51, Rn. 2. 96 Immenga/Klaue, GWB, § 51, Rn. 5; Langen/Schultz, § 51, Rn. 3. 97 KG 8. 11. 1990 WuW/E OLG 4627 (4627) „Hamburger Benzinpreise“. 98 Immenga/Klaue, GWB, § 51, Rn. 9; Langen/Schultz, § 51, Rn. 3; zur Diskussion um die Befähigung von Juristen oder Ökonomen als Vorsitzende s. Müller-Henneberg/Junge, GK, Aufl., 4., 4. Lfg., § 48, Rn. 5; zur Kritik gegen die Dominanz

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Nichtjuristen, insbesondere von Ökonomen ist möglich, da die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst sowohl Laufbahnbewerber nach den § 13 BRRG als auch andere Bewerber nach § 16 BRRG haben. Die Zuständigkeitsverteilung zwischen den einzelnen Beschlußabteilungen regelt der Präsident des Bundeskartellamtes durch eine Geschäftsordnung, die der Bestätigung durch den Bundesminister für Wirtschaft bedarf. Die Änderung der so abgegrenzten Zuständigkeit der Beschlußabteilungen ist jederzeit durch den Präsidenten möglich. Haupteinteilungskriterien sind die Unterteilungen der amtlichen Industriestatistik99. Die Zuständigkeit richtet sich zur Zeit nach Wirtschaftsbereichen und nach Sachkomplexen100. Jede Abteilung ist teilweise für bestimmte Branchen zuständig, teilweise branchenübergreifend für bestimmte Sachfragen101. Für die Fusionskontrolle sind jedoch alle diese Abteilungen zuständig102. Die interne Geschäftsverteilung innerhalb der einzelnen Beschlußabteilungen ist frei103. Über die Zuweisung der einzelnen Sachen innerhalb der einzelnen Beschlußabteilungen und die Zusammensetzung des kollegial entscheidenden Dreiergremiums entscheidet der Vorsitzende104. (4) Andere Abteilungen Die Grundsatzabteilung ist nach ihrer Struktur sowohl Stabsabteilung des Bundeskartellamtes als auch Hilfsabteilung der Beschlußabteilungen. Die Europaabteilung befaßt sich mit der reibungslosen Zusammenarbeit mit der EG-Kommission105. (d) Landeskartellbehörden Die Landeskartellbehörden sind die nach Landesrecht zuständigen obersten Landesbehörden [§ 44 I Nr. 3 a. F. (48 II 2 n. F.) GWB], also die Landesminister für Wirtschaft, für Wirtschaft und Arbeit, die für Wirtschaft zuständigen Senatoren der Stadtstaaten usw. Bei ihnen ist nicht wie beim Bundeskartellamt ein Kollegialorgan gebildet, das rechtlich selbständig entder Juristen in Bundeskartellamt und den Kartellsenate der Gerichten s. Griesbach (2), WuW 71, 813 und Raiser, S. 471 ff. 99 Bechtold (4), § 51 Rn. 3. 100 Immenga/Klaue, GWB, § 51, Rn. 8. 101 Möschel (2), Rn. 1072; Müller-Henneberg/Junge, GK, 4. Aufl., 4. Lfg., § 48, Rn. 3. 102 BKartA, TB 1991/92, S. 236. 103 KG 8. 11. 1990 WuW/E OLG 4627 (4627) „Hamburger Benzinpreise“. 104 Immenga/Klaue, GWB, § 51, Rn. 5 ff. 105 Immenga/Klaue, GWB, § 51 Rn. 4, 2. Aufl., § 48 Rn. 4.

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scheidet. Sie sind vielmehr als Kartellreferate nicht nur formal, sondern auch praktisch ganz in die monokratische Organisation des jeweiligen Ministeriums eingegliedert106. Berücksichtigt wurde bei der Einführung des GWB die Tatsache, daß diese Behörde die Aufgaben wahrgenommen hatte, die nach den Dekartellisierungsvorschriften der Besatzungsmächte deutschen Dienststellen übertragen waren107. (e) Verhältnis zwischen Kartellbehörden Die Struktur der Bundesrepublik ist föderalistisch. Das Verhältnis zwischen den Kartellbehörden spiegelt diese föderalistische Struktur des Staates im Gegensatz zur zentralistischen Organisationsstruktur der Deutschen Bundesbank und der Landeszentralbanken wider108. Der Bundesminister für Wirtschaft und das Bundeskartellamt einerseits und die Landeskartellbehörde andererseits stehen nicht in einem Verhältnis von Über- und Nachordnung. Dem Bundeswirtschaftsminister und dem Bundeskartellamt steht kein Weisungsrecht gegenüber den Landeskartellbehörden zu. Eine Bundesinstanz kann einer Landesinstanz nur für die sog. Auftragsverwaltung Weisungen erteilen109. Landeskartellbehörden unterliegen als in die Hierarchie des jeweiligen Landesministeriums eingegliederte Kartellreferate auch bei ihren Sachentscheidungen voll der Weisung ihrer Vorgesetzten110. 2. Monopolkommission Durch die 2. GWB-Novelle 1973 ist eine Monopolkommission anläßlich der Einführung der Zusammenschlußkontrolle geschaffen worden [§§ 24b a. F. (§ 44 ff. n. F.) GWB]. (a) Entstehungsgeschichte Es wurde diskutiert, ob eine unabhängige Monopolkommission zur Durchführung der Zusammenschlußkontrolle eingeführt werden soll. In der Regierungserklärung vom 28. 10. 1969 wurde die Errichtung einer unabhängigen Monopolkommission zur Durchführung der Fusionskontrolle vorgeschlagen. Das Vorbild war die englische „Monopolies and Merger Com106

Immenga/Klaue, GWB § 48 Rn. 3; Langen/Schultz, § 48 Rn. 19; Möschel (2), Rn. 1077 f.; Rittner (2), S. 309, 322 f. 107 Begr. 1952, S. 28. 108 Zur Deutschen Bundesbank s. u. Kap. II, B. 3. (a) (7) (dd). 109 Immenga/Klaue, GWB, § 48, Rn. 3, § 52 Rn. 5; Ewald, S. 318. 110 Rittner (2), S. 322 f.

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mission“. Der Referentenentwurf vom 20. 3. 1970 sah die ausschließliche Zuständigkeit des Bundesministers für Wirtschaft für die Untersagung von Zusammenschlüssen nach obligatorischer Stellungnahme einer Monopolkommission vor. Im Laufe der parlamentarischen Beratungen trat der Rechtsausschuß für die ersatzlose Streichung des § 24b GWB ein. Im Wirtschaftsausschuß begründete die CDU/CSU Opposition die Einführung der unabhängigen Monopolkommission damit, daß erstens der jeweilige Bundeswirtschaftsminister Einflüssen von allen denkbaren Seiten und in unterschiedlichster Stärke ausgesetzt sei und zweitens in einer Marktwirtschaft dem Staat die Aufgabe zufalle, die notwendigen und unabdingbaren Rahmenbedingungen zu schaffen, es aber nicht seine Aufgabe sei, Einzelfälle zu entscheiden. Die aus SPD und FDP bestehende Regierungskoalition, die die Ausschußmehrheit innehatte, hielt dem entgegen, daß eine so bedeutende politische Entscheidung, wie die Ausnahmeerlaubnis in Zusammenschlußfällen, nicht einer Instanz übertragen werden könne, die nicht parlamentarisch kontrolliert werde. Zudem müsse berücksichtigt werden, daß sich das öffentliche Bewußtsein in Fragen der Konzentration wirtschaftlicher Macht mehr und mehr schärfe. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi wendete sich in seinem Gutachten vom 6. 2. 1970 gegen die entscheidende Mitwirkung einer unabhängigen Kommission am Fusionskontrollverfahren. Empfohlen wurde, einer solchen Kommission die Aufgabe zu übertragen, die Auswirkungen der Fusionskontrolle zu beobachten und etwa notwendige Änderungen der rechtlichen Regelungen vorzuschlagen. Diese Empfehlung ist schließlich als Kompromiß in die Neufassung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen aufgenommen worden. Zusätzlich zur Fusionskontrolle hat die Monopolkommission die Aufgabe erhalten, die Entwicklung der Unternehmenskonzentration in der Bundesrepublik und die Anwendung der für marktbeherrschende Unternehmen geltenden Vorschriften, einschließlich der Mißbrauchsaufsicht zu beurteilen und diesbezüglich Gutachten zu erstellen111. (b) Rechtsstellung Die Stellung der Monopolkommission ist der des Sachverständigenrates nachgebildet. Sie ist nur an den durch das GWB begründeten Auftrag gebunden und in ihrer Tätigkeit unabhängig [§ 24b IV 1 a. F. (44 II 1 n. F.) GWB]112. 111 Immenga/Mestmäcker/Veelken, GWB, § 46, Rn. 1; Glassen/Paschke, FK, Lfg. 35, § 24b Rn. 1 ff.; Müller-Henneberg/Harms, GK, 4. Aufl., 13. Lfg., § 24 Rn. 1122 ff., § 24b, Rn. 1 ff.; Müller/Müller, Bd. I, § 24b Rn. 1. 112 Immenga/Mestmäcker/Veelken, GWB, § 46, Rn. 7 ff.; Müller-Henneberg/ Harms/Richter, GK, 13. Lfg., § 24b Rn. 10.

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(c) Organisation Die Monopolkommission besteht aus fünf Mitgliedern, die auf Vorschlag der Bundesregierung durch den Bundespräsidenten für die Dauer von vier Jahren ernannt werden [§ 24b I 2, VI 1 und 4 a. F. (45 I 1, II 1 n. F.) GWB]. Wiederernennungen sind zulässig [§ 24b VI 5 a. F. (45 II 2 n. F.) GWB]. Scheidet ein Mitglied vorzeitig aus, so wird ein neues Mitglied für die Dauer der Amtszeit des ausgeschiedenen Mitglieds auf die gleiche Weise ernannt [§ 24b VI 8 1. Halbs. a. F. (45 II 5 n. F.) GWB]. Die Unabhängigkeit der Mitglieder in der Person ist in höchstem Maße verlangt. In dieser Hinsicht ist die Zugehörigkeit zu einer Organisation, die die Unabhängigkeit beeinträchtigen könnte, oder die Innehabung einer derartigen Stellung während des letzten Jahres vor der Ernennung, mit Ausnahme von Hochschullehrern oder Mitarbeitern wissenschaftlicher Institute, die zwar auch öffentliche Bedienstete sind, aber durch Art. 5 III GG in ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit hinreichend geschützt und daher unabhängig erscheinen, untersagt [§ 24b II a. F. (45 III n. F.) GWB]. Die Kommissionsmitglieder wählen aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden [§ 24b VII 2 a. F. (45 I 2 n. F.) GWB]. Die Monopolkommission erhält ein Generalsekretariat als Geschäftsstelle, das unter der Leitung eines Generalsekretärs mit vier wissenschaftlichen Mitarbeitern ihre Arbeit unterstützt [§ 24b VIII a. F. (46 II n. F.) GWB]. Ihre Geschäftsstelle befindet sich beim Bundesverwaltungsamt in Köln, dem sie auch haushaltrechtlich zugeordnet ist113. (d) Aufgabe Die Aufgabe der Monopolkommission besteht darin, alle zwei Jahre in einem sog. Hauptgutachten die Entwicklung der Unternehmenskonzentration in Deutschland zu beurteilen, die Anwendung der Vorschriften über die Zusammenschlußkontrolle zu würdigen und zu sonstigen aktuellen wettbewerbspolitischen Fragen Stellung zu nehmen [§ 24b V a. F. (44 I 1 n. F.) GWB]. Hinzu kommen sog. Sondergutachten, die teils nach eigenem Ermessen, teils im Auftrag der Bundesregierung erstellt werden [§ 24b V 4, 5 a. F. (44 I 3, 4 n. F.) GWB]. Die Einholung eines Sondergutachtens ist für den Bundesminister für Wirtschaft obligatorisch, wenn im Rahmen der Zusammenschlußkontrolle bei ihm ein Antrag auf Erlaubnis gemäß § 24 III a. F. (42 I n. F.) GWB gestellt wird [§ 24b V 7 a. F. (42 IV 2 n. F.) GWB]. Die Monopolkommission leitet ihre Gutachten der Bundesregierung zu, die diese dann mit ihrer Stellungnahme den gesetzgebenden Körperschaften vorlegt [§ 24b V 1 bis 6 a. F. (44 III 1, 2 n. F.) GWB]. Die Gutachten werden von 113

Bechtold (4), § 46 Rn. 1; Immenga/Mestmäcker/Veelken, GWB, § 46, Rn. 8.

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der Monopolkommission veröffentlicht [§ 24b V 2, 6 a. F. (44 III 3 n. F.) GWB]. Die Monopolkommission berät somit die gesetzgebenden Körperschaften bei zu treffenden Einzelentscheidungen ebenso wie bei Gesetzesänderungen. Sie ist in der Lage, für ihre Berichte die Verfahrensakten des Bundeskartellamtes auszuwerten114. Sie hat jedoch lediglich eine Überwachungs- und Beratungsfunktion. Eine weitere Funktion, unmittelbar am Fusionskontrollverfahren mitzuwirken, hat sie als unabhängiges Organ nicht. (e) Verfahren Die Monopolkommission gehört nicht zu den Kartellbehörden i. S. des § 44 I a. F. (48 n. F.) GWB, so daß sie nicht über das Auskunfts- und Untersagungsrecht gemäß § 46 a. F. (59 n. F.) GWB verfügt. Sie bezieht ihre Informationen aus eigener Marktbeobachtung und aus der engen Zusammenarbeit mit der Regierung und den Behörden. Zur Erleichterung ihrer Tätigkeit besteht eine eingeschränkte Pflicht der statistischen Ämter, der Monopolkommission ermittelte Daten über die Konzentration in den einzelnen Wirtschaftszweigen zu übermitteln [§ 24c a. F. (47 n. F.) GWB]. Darüber hinaus werden der Monopolkommission von der Regierung und den Behörden über die von ihr behandelten Gegenstände umfassende Informationen zur Verfügung gestellt. Dies gilt auch für eine umfassende Information aus den Verfahrensakten der Kartellbehörden. Sie ist außerdem bei ihrer Tätigkeit zum großen Teil auf die freiwillige Mitarbeit der betroffenen Unternehmen, Verbände und anderen Institutionen in der Art, daß sie sich zu Gesprächen, Befragungen und Anhörungen mit ihr bereitfinden, angewiesen115. Die Beschlüsse der Monopolkommission bedürfen der Zustimmung von mindestens drei Mitgliedern [§ 24b VII 1 a. F. (46 I n. F.) GWB]. Die überstimmte Minderheit kann in Gutachten ihre abweichende Meinung zum Ausdruck bringen [§ 24b IV 2 a. F. (44 II 2 n. F.) GWB]. Im übrigen ist die innere Organisation einer Geschäftsordnung überlassen, die sich die Monopolkommission selbst gibt [§ 24b VII 3 a. F. (46 II 1 n. F.) GWB]. 3. Unabhängigkeit und behördeninterne Funktionstrennung Unter oben genannten Behörden liegt der Schwerpunkt der kartellbehördlichen Tätigkeit nach wirtschaftlicher Tragweite und auch zahlenmäßigem Umfang beim Bundeskartellamt116. Nicht zu übersehen ist dabei das Ver114

Möschel (2), Rn. 1081. Langen/Ruppelt, § 46; Immenga/Mestmäcker/Veelken, GWB, § 46, Rn. 9. 116 Müller-Henneberg/Junge, GK, 4. Aufl., 4. Lfg., § 44, Rn. 2; Müller/Schreven, Bd. II, § 44 Rn. 10; Emmerich, § 31, 2, S. 489. 115

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hältnis des Bundeskartellamts zum Bundesminister für Wirtschaft, dem es unterstellt ist. Hingegen spielen die Landeskartellbehörden in der Zeit der Entwicklung des gemeinsamen Binnenmarktes wegen ihrer Kompetenzbeschränkung auf ein Bundesland eine untergeordnete Rolle. Daher wird hier als Institution zur Gewährleistung des fairen Verfahrens in erster Linie das Bundeskartellamt sowie dessen Verhältnis zum Bundeswirtschaftsministerium dargestellt. (a) Unabhängigkeit des Bundeskartellamtes (1) Abhängigkeitsverhältnis nach geltendem Recht Das Bundeskartellamt gehört zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft [§ 48 I 2 a. F. (51 I 2 n. F.) GWB] an. Es befindet sich daher im Verhältnis zum Bundeswirtschaftsminister in einem Unterordnungsverhältnis und genießt organisationsstrukturell keine Unabhängigkeit. Der Bundesminister für Wirtschaft kann daher Anweisungen an das Bundeskartellamt erteilen. Eine faktische Unabhängigkeit erlangt das Bundeskartellamt jedoch dadurch, daß der Bundeswirtschaftsminister grundsätzlich die selbständige Amtsführung des Amtes respektiert. Andererseits erlangt das Bundeskartellamt als selbständige Bundesoberbehörde einen eigenen gesetzlich abgegrenzten Zuständigkeitsbereich. Daher kann dem Bundeskartellamt die ihm durch Gesetz zugewiesene Befugnis nicht durch den Bundesminister für Wirtschaft genommen werden. Ferner hat die Selbständigkeit auch eine haushaltsmäßige Bedeutung. Der Haushalt des Bundeskartellamtes ist aus dem Gesamthaushalt des Bundesministers für Wirtschaft ausgegliedert117. (2) Forderung nach Unabhängigkeit Trotz des Abhängigkeitsverhältnisses zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Bundeskartellamt hat es bis jetzt immer wieder Diskussionen darum gegeben, ob das Bundeskartellamt organisationsstrukturell nach dem Muster der US-amerikanischen Federal Trade Commission eine Unabhängigkeit von den anderen Staatsorganen erlangen und für alle Verwaltungsmaßnahmen auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts zuständig sein sollte, was innerhalb der Diskussion um eine 6. Novelle des GWB wieder aktuell geworden ist118. 117

Immenga/Klaue, GWB, § 51, Rn. 1; Bericht des Abgeordneten Dr. Wahl im Ausschuß für Wirtschaftspolitik (21. Ausschuß) über den Entwurf des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, BT-Drucks. II/3644, S. 31 ff. (33). 118 Möschel (6), S. 242.

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(aa) Befürworter Dörinkel begründet die Forderung nach einer Verselbständigung des Bundeskartellamtes damit, daß die Entscheidungen dadurch unabhängig von politischen Einflüssen und den hinter ihnen stehenden Interessengruppen in Zusammenhang mit der Vielzahl von Wahlberechtigten getroffen werden könnten119. Günther rechtfertigt die Unabhängigkeit des Amtes damit, daß ansonsten dieser Behörde die Durchsetzung des Wettbewerbsprinzips gegenüber staatlich veranlaßten oder geförderten Maßnahmen nicht in hinreichendem Maß möglich sei. Die Gefahr, daß „der Bundesminister für Wirtschaft das Bundeskartellamt anweisen könnte, bestimmte Fälle nicht zu untersuchen bzw. festgestellte Verstöße nicht zu verfolgen“ oder „einzelne Unternehmen, die gesamtwirtschaftlich erhebliche Wettbewerbsbeschränkungen unter Verletzung entsprechender Normen des GWB praktizierten, gegenüber anderen Unternehmen zu begünstigen“, kann nicht ohne die Verselbständigung des Bundeskartellamtes ausgeschlossen werden120. Fikentscher schlägt vor, eine Stelle wie die Bundesbank oder ein weisungsunabhängiges Wirtschaftskontrollamt mit beratender Versammlung als Unterbau, unter Umständen als verselbständigten Bestandteil des Bundesverfassungsgerichts, zu schaffen. Er begründet dies damit, daß die Garantie einer für die Demokratie notwendigen Gleichheit grundsätzlich nicht oder wenigstens nicht ausschließlich Regierung und Parlament anvertraut werden könne und der Schutz von Verfassungsgrundlagen grundsätzlich regierungs- und parlamentsunabhängiger Staatsorgane bedürfe, weil diese beiden Staatsorgane vorhandene Ungleichheiten und Ungleichgewichte in der Gesellschaft widerspiegelten und gerade auch legitimerweise widerspiegeln sollten121. Zohlnhöfer und Gutzler halten die volle Unabhängigkeit des Bundeskartellamtes für notwendig. Nach ihrer Auffassung forderten die in Verbänden organisierten Gegner einer konsequenten Bekämpfung von Wettbewerbsbeschränkungen eine flexible und instrumentelle Handhabung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Sie versuchten eine zeitpunktbezogene politische Einflußnahme auf die Anwendung des Gesetzes im konkreten Fall auszuüben. Diese Fremdeinwirkung solle durch die volle Unabhängigkeit des Bundeskartellamtes ausgeschlossen werden. In dieser Hinsicht sei die Weisungsgebundenheit des Bundeskartellamtes gegenüber dem Bundeswirtschaftsminister inkonsequent und problematisch122. Möschel befürwortet die partielle Unabhängigkeit des Bundeskartellamtes im Sinne der Weisungsfreiheit des Bundeskartellamtes im Einzelfall hinsichtlich des Sinns 119 120 121 122

Dörinkel, S. 941 f. Günther (2), S. 99 f.; ders. (3), S. 33 f. Fikentscher, S. 795 ff. Zohlnhöfer, S. 43 ff.; Gutzler (2), S. 172 ff.

170 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

und Zwecks der Ministererlaubnis nach §§ 8 I, 24 III a. F. (8 I, 42 I n. F.) GWB und des Kollegialprinzips bei der Entscheidungsfindung durch die Beschlußabteilungen123. (bb) Gegner Im Gegensatz dazu behaupten die Gegner, daß eine Umwandlung des Bundeskartellamtes in ein weisungsfreies, nur dem Parlament verantwortliches Bundesorgan nach dem Muster der US-amerikanischen Federal Trade Commission in der Bundesrepublik auf verfassungsrechtliche Schwierigkeiten stoße, da die dort gebräuchliche gesetzliche Konstruktion unabhängiger Kommissionen dem deutschen Verfassungssystem fremd sei124. Wegen der Untrennbarkeit von Wirtschaftspolitik, Wettbewerbspolitik und Anwendung des Wettbewerbsrechts und wegen der Vielfalt der dabei zugrunde gelegten Wirtschaftsstruktur sei es unhaltbar, alle drei Aufgaben allein einer von der Regierung unabhängigen, weisungsfreien, nur dem Gesetz verantwortlichen Instanz, die streng nach Verbotsvorschriften handelt, zu überlassen. In der Gegenwart würden bedeutende Teile der Wirtschaft unter politischem Einfluß durch Gesetz oder hoheitliche, strukturpolitische Maßnahme vom Wettbewerb freigestellt, während der wirtschaftspolitisch weniger bedeutsame Bereich der Wirtschaft streng vom nur dem Gesetz verantwortlichen Bundeskartellamt kontrolliert werde. Die Unabhängigkeit des Bundeskartellamts könnte diese Ungleichbehandlung von Wirtschaftszweigen durch politische Einflußnahme institutionell festigen und zu Spannungen führen, die für die Wirtschaft wie für den Rechtsstaat noch nachteiliger wären als die Probleme der gegenwärtigen Regelung. Geboten sei eine flexible Kartellaufsicht, nicht eine solche, die sich nur nach dem Wortlaut eines Kartellgesetzes richtet125. Nach Zuck würde eine solche Umwandlung eine verfassungsrechtliche Ermächtigung, d. h. eine Verfassungsänderung, voraussetzen. Die Übertragung der für die Regelung des Art. 88 GG maßgeblichen Gesichtspunkte auf das Bundeskartellamt sei nicht möglich, da die Stellung der Deutschen Bundesbank auf einer besonderen verfasssungsrechtlichen Grundlage beruhe und die Verselbständigung des Bundeskartellamtes einen schwerwiegenden Eingriff in tragende Konstitutionsprinzipien des Grundgesetzes darstellen würde. In einem solchen Falle würde das Bundeskartellamt in den Bereich unverzichtbarer Regierungsaufgaben eindringen. Jedoch müsse die Tätigkeit des Bundeskartellamtes, im verfassungsrechtlichen 123 Möschel (6), S. 245 ff.; zur Gebundenheit des BKartA an Einzelweisungen des BMWi u. Kap. II. B. 3. (a) (2) (bb). 124 Gutzler, S. 197, hält stattdessen die Errichtung eines unabhängigen Kartellgerichts für möglich; Ewald, S. 318 f. 125 Müller/Schreven, Bd. II, § 48 Rn. 3; Benisch, S. 17 f.

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System der global gesteuerten Marktwirtschaft zentrale Elemente der deutschen Wirtschaftsverfassung zu aktualisieren, im Steuerungsbereich der Bundesregierung verbleiben, damit verhindert werden könne, daß unpopuläre Maßnahmen auf dem Sektor der Wirtschaftspolitik durch Dritte vorgenommen werden. Dies möge zwar für die Bundesregierung manchmal angenehm sein, würde aber für einen demokratischen Rechtsstaat eine negative Auswirkung dahingehend entfalten, daß die Bundesregierung, wenn einheitliches Regierungshandeln erforderlich sei, durch eigenwilliges Vorgehen der unabhängigen Stelle oder durch auffällige Diskrepanz zwischen ihrer Ansicht und der weisungsfreien Behörde in erhebliche Schwierigkeiten geraten könne. Die schon vorhandene Einflußnahme auf unabhängige Stellen durch die Personalpolitik sei hier unerwünscht, da sie nicht offen erfolge und wichtigen Elementen des Demokratiegedankens, nämlich der Transparenz und der Teilhabe, widerspreche126. Nach Rittner könne eine Unabhängigkeit des Bundeskartellamtes nicht auf entsprechende wettbewerbspolitische Befugnisse gegründet werden, sondern nur darauf, daß das Bundeskartellamt in seinen Beschlußabteilungen Rechtsentscheidungen in Einzelfällen zu treffen habe127. In Hinblick auf die bisherige positive Amtspraxis vom Bundeswirtschaftsministerium und Bundeskartellamt verneint Kartte zudem die Notwendigkeit der Unabhängigkeit des Bundeskartellamtes128. (3) Weisungsgebundenheit Im unmittelbaren Zusammenhang mit der Frage „Unabhängigkeit des Bundeskartellamtes“ steht die Zulässigkeit des Weisungsrechts des Bundeswirtschaftsministeriums gegenüber dem Bundeskartellamt. Die Eingliederung des Bundeskartellamtes in die Organisationsstruktur des Wirtschaftsministeriums stellt sich folgerichtig in der Form der grundsätzlichen Weisungsgebundenheit des Bundeskartellamtes gegenüber dem Bundesminister für Wirtschaft dar. Eine Weisung ist apodiktisch und imperativ und übt Zwang aus129. (aa) Allgemeine Weisungen § 49 a. F. (52 n. F.) GWB schreibt die Veröffentlichung allgemeiner Weisungen des Bundesministers für Wirtschaft vor. Die allgemeinen Weisungen 126 Zuck (2), S. 22 f.; Zuck, S. 1635; BVerfG 27. 4. 1959 BVerfG/E 9, 268 (281 f.). 127 Rittner (2), S. 321 ff.; Rittner, S. 73 f., 77. 128 Kartte, S. 56. 129 Zuck (2), S. 21.

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sind Richtlinien für die Verwaltungspraxis des Bundeskartellamtes. Sie gelten für eine unbestimmte Anzahl von Einzelfällen130. Die allgemeinen Weisungen sind im Bundesanzeiger und im Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamtes zu veröffentlichen [§ 50 I 2 a. F. (53 I 2 n. F.) GWB]. Die Veröffentlichungspflicht bezweckt, die Transparenz für die Einwirkung des Bundeswirtschaftsministers auf die Tätigkeit des Bundeskartellamtes zu erreichen und eine gewisse Bremswirkung zu erzielen. Hieraus ergibt sich konsequent ein entsprechendes Weisungsrecht des Präsidenten an die Beschlußabteilungen. Es kann zur Koordinierung eingesetzt werden, wenn bei mehreren Beschlußabteilungen die gleiche Rechtsfrage zu entscheiden ist. Ferner kann damit eine einheitliche Auffassung des Amtes und seiner Praxis sichergestellt werden, soweit dies nicht schon in der Geschäftsordnung geregelt ist131. Allgemeine Weisungen des Bundeswirtschaftsministers sind grundsätzlich im Falle der Bußgeldverfahrens ebenso zulässig und bindend, da das Bundeskartellamt auch als Verfolgungs- und Ahndungsinstanz und selbst bei justizähnlicher Ausgestaltung des Verfahrens Teil der Exekutive bleibt132. Die Kompetenz für allgemeine Weisungen steht in einem engen Zusammenhang mit der Zuständigkeit für die Wirtschaftspolitik, die unten erläutert wird133. (bb) Problematik der Einzelweisungen Nicht unumstritten ist hingegen, ob und inwieweit der Bundeswirtschaftsminister Einzelweisungen, in der rechtlichen Behandlung eines Einzelfalles in bestimmter Weise zu verfahren, an das Bundeskartellamt erteilen darf. Die überwiegende Meinung bejaht die Weisungsgebundenheit im Einzelfall aus dem Grund, daß das Weisungsrecht der übergeordneten Instanz gegenüber der untergeordneten Instanz aus der Struktur der Verwaltung mit ihrer vertikalen Gliederung, verbunden mit dem Grundsatz der Über- und Unterordnung, folge. Hierzu solle jede Verwaltungstätigkeit nicht nur einer justiziellen Kontrolle, sondern auch einer parlamentarischen Kontrolle unterliegen und infolgedessen den Anweisungen eines parlamentarisch verant130 Bechtold (4), § 52 Rn. 1 f.; Immenga/Klaue, GWB, § 52, Rn. 1 ff.; Müller/ Schreven, Bd. II, § 48, Rn. 3, 5 ff., § 49 Rn. 2; Müller-Henneberg/Junge, GK, 4. Aufl., 4. Lfg., § 48, Rn. 2, § 49 Rn. 1 f.; Emmerich (2), § 34, 1, a), S. 387 f.; ders., § 31, 2, a), S. 489 f.; Möschel (2), Rn. 1073; Richtlinien sind hier Auslegungs- und Anwendungsrichtlinien und Richtlinien zu Organisation und Geschäftsordnung s. Immenga/Klaue, GWB, § 49, Rn. 1. 131 Müller-Henneberg/Junge, GK, 4. Aufl., 4. Lfg., § 48, Rn. 2. 132 Immenga/Dannecker/Biermann, GWB, Vor. § 81, Rn. 153. 133 Zum Verhältnis zwischen der Wirtschafts-/Wettbewerbspolitik und der Rechtsanwendung s. u. Kap. II, B. 3. (a) (5).

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wortlichen Ministers unterstehen. Eine weisungsunabhängige Wettbewerbsbehörde, deren Tätigkeit im Einzelfall nur von Gerichten überprüft werden könnte, würde dem Geist des Grundgesetzes – parlamentarische Verantwortlichkeit der Bundesregierung – widersprechen. Durch die allgemeinen Anweisungen und die Einzelweisungen sei der Gefahr begegnet, daß das Bundeskartellamt Entscheidungen im wirtschaftspolitischen Sinne treffe, die den Bestrebungen des verantwortlichen Ministers entgegenliefen. Obwohl das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Kollegialprinzip und justizähnliches Verfahren vorschreibe, setze es nicht unbedingt die sachliche Unabhängigkeit einer Kollegialbehörde voraus, da die Bildung von Beschlußabteilungen und ein förmliches Verwaltungsverfahren in erster Linie einer umfassenden Erörterung aller Gesichtspunkte und dem Schutz der Beteiligten dienten. Außerdem sei das Bundeskartellamt kein Gericht und in den allgemeinen Verwaltungsaufbau integriert. Je stärker die Anwendung des Gesetzes von wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten bestimmt sei, desto unabweislicher sei die Konsequenz, daß die Verwaltungstätigkeit des Amtes der politischen Kontrolle durch das Parlament unterliegen und den Weisungen des Bundeswirtschaftsministers unterstehen müsse. Wenn dagegen stärker justiziable Kriterien vorherrschten, werde der Spielraum für Weisungen immer enger und das Amt immer unabhängiger. Nur bei der Anwendung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in Form von bloßem Gesetzesvollzug ohne jedes wirtschaftliche Ermessen wäre auch eine formale Unabhängigkeit des Bundeskartellamtes gerechtfertigt. Eine Selbstverständlichkeit sei es, daß sich eine solche Einzelweisung auch im Rahmen des Gesetzes halten müsse, und daß nicht die Anwendung des Gesetzes aus darin nicht vorgesehenen politischen Gründen für einen Einzelfall außer Kraft gesetzt werden könne. Man werde das Weisungsrecht auch gegenüber den Beschlußabteilungen des Bundeskartellamtes hinnehmen müssen. Geboten sei allerdings, daß sich der Bundesminister für Wirtschaft bei Einzelweisungen rechtsstaatlich eindeutiger Form bediene134. Nach der Gegenmeinung sind Einzelweisungen unzulässig, da das Bundeskartellamt seine Entscheidungen in einem justizförmigen Verfahren durch Beschlußabteilungen treffe, welches auf Beratungen, Meinungsbildung und Abstimmung eines Kollegialorgans beruhe. Nach dem justizähnlichen Kollegialprinzip gemäß § 48 II a. F. (51 II n. F.) GWB könne weder der Vorsitzende der befaßten Beschlußabteilung noch der Präsident des Bundeskartellamtes dem mit dem anhängigen Falle befaßten Beamten irgendwelche Einzelweisungen erteilen. Wenn Einzelweisungen vom Bundes134 Bechtold (4), § 52 Rn. 1 f.; Immenga/Klaue, GWB, § 48 Rn. 11; Müller/ Schreven, Bd. II, § 51, Rn. 5 f.; Müller-Henneberg/Junge, GK, 4. Aufl., 4. Lfg., § 48 Rn. 2; Kartte, S. 54 f.; Zuck (2), S. 21 ff.; Gleichmann, S. 936 f.

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minister für Wirtschaft zulässig wären, dann müßte er direkt an jedes einzelne Mitglied einer Beschlußabteilung Anweisungen erteilen. Dadurch verlöre das Kollegialprinzip, das zur neutralen und objektiven Entscheidungsfindung in das GWB eingeführt wurde, seinen Sinn135. Rittner sagt, der Gesetzgeber wollte die Entscheidungen des Amtes mit besonders hohen rechtsstaatlichen Garantien ausstatten. Eine Einzelweisung werde leicht den Verdacht politisch motivierter Willkür erwecken und so an die „Machtsprüche“ erinnern. In der Gesetzesanwendung und auch in der damit verbundenen Ermessensbetätigung seien die Beschlußabteilungen weisungsfrei136. Im Verfahren der Ministererlaubnis nach §§ 8 I, 24 III a. F. (8 I, 42 I n. F.) GWB würden die Einzelweisungen dem Bundeswirtschaftsministerium eine doppelte Einflußnahmemöglichkeit auf das Bundeskartellamt eröffnen. Nach Ansicht von Möschel und Markert widerspräche es jedoch dem Sinn und Zweck von §§ 8 I, 24 III a. F. (8 I, 42 I n. F.) GWB, die eine Teilung der Aufgaben zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Bundeskartellamt vorsähen und dadurch Transparenz des Verfahrens bezweckten, wenn der Bundeswirtschaftsminister aufgrund der Weisungsunterworfenheit des Kartellamtes bereits vor der Antragstellung auf die Ministererlaubnis durch Einzelweisungen Einfluß auf die Handhabung des Bundeskartellamtes nehmen könnte. Schließlich normiere § 49 a. F. (52 n. F.) GWB eine Veröffentlichungspflicht des Bundeswirtschaftsminsters für allgemeine Weisungen aus Gründen einer publizistischen und politischen Kontrolle. Verwaltungsinterne Einzelweisungen seien gar nicht zulässig, da die Anwendung des Kartellgesetzes dadurch im Extremfall aus dem Ministerium gesteuert werden könnte. Dies wäre wettbewerbspolitisch sehr viel gefährlicher137. Nach der dritten Meinung sei die Frage nach der Weisungsgebundenheit, speziell der Beschlußabteilungen, unterschiedlich zu beantworten. Im Verwaltungsverfahren müsse unterschieden werden, ob die Beschlußabteilung bei der Erledigung der Sache ein gebundenes oder nichtgebundenes Ermessen habe. Das gebundene Ermessen bedeute, daß die Beschlußabteilung bei Vorliegen bestimmter im Gesetz vorgeschriebener Voraussetzungen eine Handlung vorzunehmen habe. Das nichtgebundene Ermessen liege vor, wenn die Beschlußabteilung die Freiheit habe, auch bei Erfüllung aller Tatbestandsmerkmale von der Verhängung der Maßnahme abzusehen. Im Antragsverfahren nach §§ 4 a. F. (6 n. F.), 5 II a. F. (5 I n. F.), 5 III a. F. (5 II n. F.), 3 a. F., 6 II a. F. GWB, im Anmeldeverfahren nach §§ 2 a. F. (2 135 Müller-Henneberg/Zweigert, GK, 2. Aufl., Vorb. §§ 62–75 GWB Rn. 2; Emmerich (2), § 34, 1, a), S. 387; Emmerich, § 31, 2, a), S. 489 f.; Möschel (6), S. 241, 246; Markert, S. 17; Möschel (2), Rn. 1073; Fichtmüller, S, 311; Ewald, S. 318 f. 136 Rittner (2), S. 315 ff. 137 Möschel (6), S. 246 f.

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n. F.), 3 a. F., 5a a. F. (3 n. F.), 5b a. F. (4 I n. F.) GWB und in den Verfahren nach §§ 24 ff. a. F. (36 ff. n. F.) GWB könne sie nur das gebundene Ermessen für sich in Anspruch nehmen. In diesem Falle dürfe sie nicht durch eine Weisung anstelle einer Ausübung dieses gebundenen Ermessen zu einer pflichtwidrigen Handlung angehalten werden. Dies wäre dann der Fall, wenn z. B. die Erlaubnis erteilt werden sollte, ohne daß die Voraussetzungen vorlägen, oder wenn die Erlaubnis nicht erteilt werden sollte, trotzdem die Voraussetzungen vorlägen. In anderen Verwaltungsverfahren nach §§ 17 a. F. (15 III n. F.), 22 a. F. (19 n. F.), 37a a. F. (32 n. F.), 38a a. F. (23 n. F.), 102 II a. F. (29 II n. F.), 103 a. F. und 104 a. F. GWB habe die Beschlußabteilung das nichtgebundene Ermessen. Einzelweisungen seien daher sowohl zur Einleitung als auch zur Einstellung eines Verfahrens möglich. Im Bußgeldverfahren, für das das Opportunitätsprinzip gelte, dürften Beschlußabteilungen zur Einleitung, Nichteinleitung und Einstellung des Verfahrens bis zur Feststellung der Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit angewiesen werden, da das Bundeskartellamt auch als Verfolgungs- und Ahndungsinstanz Teil der Exekutive bleibe und dem Bundeswirtschaftsminister unterstellt sei. Hingegen sei eine Anweisung, ein Bußgeld trotz fehlender Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit zu verhängen, nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht zulässig138. In der Praxis hat der Bundesminister für Wirtschaft zwar von seinem Weisungsrecht nur spärlich Gebrauch gemacht, aber in einer geschickten Weise Einfluß auf das Bundeskartellamt genommen139. Um einerseits in der Öffentlichkeit das Aufkommen unterschiedlicher Auffassungen zwischen dem Ministerium und dem Bundeskartellamt zu vermeiden und andererseits den Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit des Amtes zu wahren, hat der Bundesminister für Wirtschaft häufig das Bundeskartellamt in den vom Bundesminister für Wirtschaft ausgearbeiteten Stellungnahmen der Bundesregierung zu den Kartellamtsberichten darauf aufmerksam gemacht, auf welchen Gebieten die Verwaltungspraxis geändert werden soll. Ein Beispiel war eine zwischen den Zeilen zu lesende Rüge der Bundesregierung an der Erlaubnispraxis des Bundeskartellamts für Syndikate, die alsbald eine schärfere Haltung des Amtes auf diesem Gebiet zur Folge hatte. Das Bundeskartellamt hat auch solchen Empfehlungen des vorgesetzten Ministeriums über sog. Fibelsyndikate ohne Weisung entsprochen, die eine Milderung der Kartellaufsicht zum Ziel hatte140. Andere Arten der Einflußnahme sind Briefe oder Mitteilungen des Bundeswirtschaftsministeriums an das Bundeskartell138 Zum Verwaltungsverfahren s. Immenga/Klaue, GWB, § 51, Rn. 13 ff.; zum Bußgeldverfahren s. Immenga/Klaue, GWB, § 51, Rn. 12, Immenga/Dannecker/ Biermann, GWB, Vor. § 81, Rn. 153. 139 Geberth, S. 296; Möschel (2), Rn. 1073, Fn. 11. 140 Benisch, S. 15 f.

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amt. Der Bundesminister für Wirtschaft äußert darin seine Absicht und setzt seine Ministerautorität ein mit der Erwartung, der damit verbundene mittelbare psychologische Zwang werde zur Verfolgung dieser Anregungen, Wünsche und Zielvorstellungen führen, was man mithin faktische Weisungen nennen könnte141. In einem Falle des Selbstbeschränkungsabkommens auf dem Heizölmarkt verlangte das Bundeswirtschaftsministerium in einem Brief faktisch vom Bundeskartellamt „aus übergeordneten wirtschaftspolitischen Gründen“ die Einstellung der Verfolgung. Daraufhin unterließ das Bundeskartellamt weitere Ermittlungen142. In einem anderen Fall äußerte das Bundeswirtschaftsministerium in einer Mitteilung an das Bundeskartellamt seine Auffassung, daß Selbstbeschränkungsabkommen zur Begrenzung von Importen wirtschaftspolitisch unerwünscht seien. Infolgedessen ermittelte das Bundeskartellamt gegen eine Reihe japanischer Elektrofirmen143. Ansonsten wird die selbständige Amtsführung des Bundeskartellamts vom Bundeswirtschaftsministerium respektiert. Es stellt sich allerdings die Frage, wie lange die faktische Autonomie des Bundeskartellamtes in einzelnen Fällen durch die Zurückhaltung des Bundeswirtschaftsministeriums erhalten bleiben kann. Es läßt sich nicht abstreiten, daß dies von der persönlichen Einstellung des Bundesministers für Wirtschaft abhängen kann, solange nicht die Erhaltung der selbständige Amtsführung für das Bundeskartellamt gesetzlich geregelt ist144. (4) Ministererlaubnis zur Bildung von Kartellen und Zusammenschlüssen In Fällen der Ministererlaubnis nach §§ 8 I, 24 III a. F. (8 I, 42 I n. F.) GWB hat der Gesetzgeber dem Bundesminister für Wirtschaft die Kompetenz für Einzelentscheidungen zugewiesen. Dadurch ist ihm neben Weisungen ein Einfallstor für die Einflußnahme auf die einzelnen Fälle geöffnet worden. Nach § 8 I a. F. (8 I n. F.) GWB kann der Bundesminister für Wirtschaft wettbewerbsbeschränkende Verträge oder Beschlüsse, die die Voraussetzungen des § 1 a. F. (1 n. F.) erfüllen, aber nicht nach §§ 2 bis 7 a. F. (7 n. F.) legalisierungsfähig sind, als Ausnahme vom Kartellverbot des § 1 a. F. und n. F. GWB erlauben, wenn sie ausnahmsweise aus überwiegenden Gründen der Gesamtwirtschaft und des Gemeinwohls notwendig sind. Aufgrund des § 24 III a. F. (42 I n. F.) kann der Bundeswirtschaftsmi141

Zuck (2), S. 21. Müller-Henneberg/Müller-Henneberg, GK, Bd. 1, 3. Aufl., § 1 Rn. 115; Biedenkopf, S. 1114. 143 WuW-Kurzinformationen, WuW, H. 9, 1972, S. 551. 144 Möschel (6), S. 242 f. 142

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nister einen bereits vom Bundeskartellamt untersagten Zusammenschluß auf Antrag der beteiligten Unternehmen erlauben, wenn im Einzelfall die Wettbewerbsbeschränkung von gesamtwirtschaftlichen Vorteilen des Zusammenschlusses aufgewogen wird oder der Zusammenschluß durch ein überragendes Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt ist und durch das Ausmaß der Wettbewerbsbeschränkung die marktwirtschaftliche Ordnung nicht gefährdet wird. (aa) Entstehungsgeschichte der Kartellerlaubnis Der § 8 a. F. (8 n. F.) GWB geht zurück auf den § 2 des Regierungsentwurfes. Der Regierungsentwurf sah im § 2 den detaillierten Ausnahmetatbestand des Konjunkturkrisenkartells („infolge eines vorübergehenden, nicht auf nachhaltiger Änderung der Nachfrage beruhenden Absatzrückgangs“) vor. Die Vorschrift nach Art des § 8 a. F. (8 n. F.) GWB hatte die Bundesregierung zuerst nicht vorgesehen, sich sogar in der Begründung vielmehr dezidiert gegen die Schaffung eines generalklauselartigen Zulassungstatbestandes gewandt145. Der Bundesrat schlug hingegen einen solchen generalklauselartigen Ausnahmetatbestand „zur Wahrung eines besonderen, über das Gebiet eines Landes hinausreichenden öffentlichen Interesses“ mit der materiellrechtlichen und verfahrensmäßigen Einschränkung der Generalklausel vor146. Der Bundestag hat den Ausnahmetatbestand des Konjunkturkrisenkartells gestrichen, da er „Kartelle bei konjunkturellen Krisen allgemein für kein geeignetes Mittel zur Erleichterung der Anpassungsvorgänge“ hielt, und ersetzte dann nur noch das vom Bundesrat vorgeschlagene Kriterium des „besonderen öffentlichen Interesses“ auf Vorschlag der Bundesregierung147 durch die etwas präzisere Formulierung der „überwiegenden Gründe der Gesamtwirtschaft und des Gemeinwohls“148. Die Gesetz gewordene Fassung ist ein Kompromiß, der zwar eine generelle Ermächtigung vorsieht, sie aber andererseits durch einengende Voraussetzungen betont als Ausnahmevorschrift zu verstehen sucht149. Was die zuständige Behörde an145 Entwurf 1952, S. 4; Begr. 1952, S. 25: „Eine Generalklausel etwa in der Art Zulassung eines Kartells bei Vorliegen volkswirtschaftlicher Notwendigkeit könnte stets nur einen unbestimmten Begriff geben; er würde ausgefüllt durch die jeweils herrschende Auffassung über das, was volkswirtschaftlich notwendig ist. Das können heute Grundsätze der Marktwirtschaft, morgen Grundsätze der Planwirtschaft sein.“ 146 Änderungsvorschläge des Bundesrates, BT-Drucks. II/1158, Anl. 2, S. 62 f. 147 Stellungnahme der Bundesregierung zu den Änderungsvorschlägen des Bundesrates BTDrucks. II/1158, Anl. 3, S. 81). 148 Bericht 1957, S. 16, 18. 149 Immenga/Immenga, GWB, § 8 Rn. 1 ff.; Möschel (2), Rn. 317.

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geht, war der Bundesrat der Auffassung, daß die Verantwortung für die Anwendung der Generalklausel mit den Kriterien „Gesamtwirtschaft“ oder „Gemeinwohl“ von der Bundesregierung auf Antrag des Bundesministers für Wirtschaft getragen werden sollte, da die Anwendung der Generalklausel eine schwerwiegende wirtschafts- und staatspolitische Entscheidung voraussetze und die Entscheidung daher nicht einer nachgeordneten Behörde, die noch mehr dem Druck von Kartellinteressenten ausgesetzt sei, überlassen werden könne150. Die Bundesregierung war hingegen der Meinung, daß die Aufgabe der Erlaubnis dem Bundeskartellamt zugeteilt werden sollte, denn „diese Behörde ist kraft ihrer Aufgabenstellung am besten in der Lage, Notwendigkeit und volkswirtschaftliche Zweckmäßigkeit einer beantragten Wettbewerbsbeschränkung zu beurteilen“151. Der Bundestag hat sich dem Vorschlag des Bundesrates dem Grunde nach angeschlossen, hat jedoch dem „parlamentarisch unmittelbar verantwortlichen Bundeswirtschaftsminister“ die Entscheidung anvertraut, damit notfalls durch parlamentarische Kontrolle überprüfen werden kann, ob der Minister die Generalklausel nach Sinn und Zweck der Vorschrift richtig ausgelegt und angewendet hat. Dies ist schließlich in das Gesetz aufgenommen worden152. (bb) Entstehungsgeschichte der Zusammenschlußerlaubnis Was die Fusionskontrolle angeht, sah der Regierungsentwurf vom 13. 6. 1951 eine Kontrolle für neue Zusammenschlüsse durch ein dem Geschäftsbereich des Bundeswirtschaftsministeriums zugeordetes Kartellamt ohne Ausnahmeregelung vor153. Die SPD-Fraktion beantragte am 13. 10. 1959 die Bildung einer unabhängigen Monopolkommission, die das Recht hat, bei der Bundesregierung und dem Bundeskartellamt die Einleitung bestimmter Maßnahmen nach dem GWB und allgemeine wirtschaftspolitische Maßnahmen zu beantragen154. Umstritten war vor allem die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen dem Bundeskartellamt, dem Bundesminister für Wirtschaft und der Monopolkommission. Der Vorschlag, die Zusammenschlußkontrolle im ganzen einer unabhängigen Monopolkommission zu übertragen, beruhte auf Befürchtungen, die Fusionskontrolle könne zu einer verdeckten Investitionslenkung mißbraucht werden. Dagegen wurde eingewandt, man dürfe die Fusionskontrolle zur einheitlichen Anwendung des 150

Begr. 1952, Anl. 2, S. 62 f. Stellungnahme der Bundesregierung zu den Änderungsvorschlägen des Bundesrates BTDrucks. II/1158, Anl. 3, S. 81. 152 Bericht 1957, S. 18; zur Diskussion über die zuständige Behörde s. Immenga/ Immenga, GWB, § 8, Rn. 1 ff. 153 BT-Drucks. I/3462. 154 BT-Drucks. III/1279. 151

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Wettbewerbsrechts nicht einer Institution ohne politische Verantwortung übertragen. Der Wissenschaftliche Beirat des Bundesministeriums für Wirtschschaft schlug in seinem Gutachten vom 6. 2. 1970 die Einführung der Ausnahmeerlaubnis des Zusammenschlusses aus überwiegenden Gründen der Gesamtwirtschaft und des Allgemeinwohls entsprechend der Ministererlaubnis nach § 8 a. F. (8 n. F.) GWB und die Zuweisung der Kompetenz bezüglich der Prüfung an das Bundesministerium vor. Das Bundeskartellamt hingegen sollte ausschließlich für rein wettbewerbliche Entscheidungen zuständig sein. Unbestimmte Rechtsbegriffe, wie „Gesamtwirtschaft“ und „Gemeinwohl“ seien unentbehrlich, um Ausnahmeregelungen auch für unvorhersehbare oder andere, kaum zu konkretisierende Fälle, zu formulieren. Die von der SPD-Fraktion vorgeschlagene Monopolkommission sollte nur mit gutachterlichen Funktionen ausgestattet werden. Der Beirat begründete seinen Vorschlag damit, daß Stellung und Verantwortung des Bundeskartellamtes dadurch geschwächt werden würden und Ausnahmegenehmigungen aus Gründen der Gesamtwirtschaft und des Gemeinwohls politische Entscheidungen seien, die von einer dem Parlament unmittelbar verantwortlichen Instanz getroffen werden müßten155. Der erste Referentenentwurf aus dem Bundeswirtschaftsministerium vom 20. 3. 1970 sah die Ausnahmeregelung lediglich zur Verbesserung der Wettbewerbsvoraussetzungen und bei Gefährdung der Wettbewerbsfähigkeit auf ausländischen Märkten vor. Aufgrund des Verständnisses der Fusionskontrolle als einer ausschließlich politisch legitimierten Interventionsbefugnis übertrug er dem Bundeskartellamt lediglich die Feststellungskompetenz, ob eine marktbeherrschende Stellung durch einen Zusammenschluß begründet oder verstärkt werden könne, dem Bundesminister für Wirtschaft hingegen die ausschließliche Zuständigkeit, aufgrund dieser Festellung einen Zusammenschluß zu untersagen, ihn gegebenenfalls aufzulösen oder aus Gründen des öffentlichen Interesses zu erlauben. Der revidierte Referentenentwurf aus dem Bundeswirtschaftsministerium vom 28. 10. 1970 strich den Ausnahmetatbestand einer Verbesserung der Wettbewerbsvoraussetzungen und sah vor, die Kompetenzen, dem Vorschlag des Wissenschaftlichen Beirats im Bundeswirtschaftsministerium vom 6. 2. 1970 folgend, zwischen dem Bundeskartellamt und dem Bundeswirtschaftsminister aufzuteilen. Der Bundeswirtschaftsminister sollte nur noch für die Erlaubnis wegen gesamtwirtschaftlicher Vorteile oder wegen eines überragenden Interesses der Allgemeinheit zuständig bleiben. Der Regierungsentwurf vom 18. 8. 1971 folgte im wesentlichen dem zweiten Referentenentwurf und fügte den dort gestrichenen Ausnahmetatbestand einer Verbesserung der Wettbewerbsvoraussetzungen in § 24 I Nr. 2 wieder ein. Das Bundeskartellmant sollte danach voll für die Beurteilung der Wettbe155 „Fragen der Einführung einer Fusionskontrolle“ von 6. 2. 1970 BAnz Nr. 42 vom 3. 3. 1970, 5 f.

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werbsbedingungen, das Bundeswirtschaftsministerium hingegen lediglich für Berücksichtigung des Gemeininteresses zuständig sein156. CDU-Abgeordnete schlugen im Wirtschaftsausschuß 1973 vor, die Ausnahmeerlaubnis von einer unabhängigen Kommission erteilen zu lassen oder zumindest eine „Ministerfusion“ dann nicht zuzulassen, wenn sich sowohl diese Kommission als auch das Bundeskartellamt gegen den Zusammenschluß ausgesprochen hätten, da wirtschaftspolitische Instanzen sich darauf beschränken sollten, Rahmenbedingungen zu setzen, nicht aber Einzelentscheidungen zu treffen. Schließlich ist der Regierungsentwurf vom 18. 8. 1971 zu §§ 23 ff. a. F. GWB trotz des Vorschlages der CDU-Abgeordneten in unveränderter Form Gesetz geworden. Das Vorbild war ohne Zweifel die Ministererlaubnis für Kartelle nach § 8 I a. F. (8 I n. F.) GWB157. (cc) „Gesamtwirtschaft“, „Gemeinwohl“ und „Gemeininteresse“ Die Begriffe „Gesamtwirtschaft“ und „Gemeinwohl“ in § 8 I a. F. (8 n. F.) GWB sind nicht scharf von einander abgrenzbar. Was unter „gesamtwirtschaftlichen Vorteilen“ zu verstehen ist, ist vielfältig. Was als solcher Vorteil anzusehen ist, bestimmt sich in erster Linie nach den wertfreien Gesetzen ökonomischer Rationalität. Wenn über diese Rationalität Zweifel bestehen, sind sekundär die Zielsetzungen der staatlichen Wirtschaftspolitik als weiterer Beurteilungsmaßstab heranzuziehen. Danach sind gesamtwirtschaftliche Vorteile, z. B. die Erhaltung eines volkswirtschaftlich besonders wertvollen technischen Potenzials oder Know-how, die Lösung von Strukturkrisen, die Sanierung der beteiligten Unternehmen, die Sicherung gesamtwirtschaftlich notwendiger Wirtschaftsbereiche und die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit158. Die Gründe für das Gemeinwohl umfassen darüber hinaus außerökonomische Vorteile, wie politische, soziale, kulturelle und sittliche Güter und Werte. Beipiele sind die Sicherung der Arbeitsplätze, regional-, militär- und gesundheitspolitische Gründe. Nach überwiegender Auffassung schließt das Gemeinwohl als Oberbegriff die gesamtwirtschaftlichen Vorteile ein159. Der Begriff „Interesse der Allge156

BT-Drucks. 6/2520. Zur Entstehungsgeschichte der Zusammenschlußkontrolle s. Müller-Henneberg/Harms, GK, 4. Aufl., 3. Lfg., Einl. Zus.-Kontrolle, § 23a Rn. 39 ff.; Immenga/ Mestmäcker/Veelken, GWB, § 42 Rn. 1 f.; Müller-Henneberg/Harms, GK, 4. Aufl., 13. Lfg., § 24 Rn. 1122 ff.; Bartram, S. 373; Klaue/Lampe/u. a., S. 97; zur Entstehungsgeschichte der Monopolkommission s. o. Kap. II, B. 2. (a); zur Frage der politischen Verantwortung des Bundeswirtschaftsministers s. u. Kap. II, B. 3. (a) (6); zum zweistufigen Verfahren der Fusionskontrolle s. o. Kap. I, B. 1. (g). 158 Immenga/Immenga, GWB, § 8 Rn. 37 ff.; Bechtold (4), § 42 Rn. 8; MüllerHenneberg/Harms, GK, 4. Aufl., 13. Lfg., § 24 Rn. 1155 ff.; Knöpfle (2), S. 9 f.; Monopolkommission, Sondergutachten B. 2, Tz. 25. 157

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meinheit“ des § 24 III a. F. (42 I n. F.) GWB bedeutet ursprünglich „das Interesse der organisierten Gemeinschaft, also vor allem des Staates, das nicht erst durch die Interessen der einzelnen Individuen vermittelt wird.“ Es müssen hier aber auch hinreichend ins Gewicht fallende Individualinteressen berücksichtigt werden160. Das Allgemeininteresse stimmt mit dem „Gemeinwohl“ in § 8 I a. F. (8 I n. F.) GWB überein. Während der Begriff der gesamtwirtschaftlichen Vorteile des § 24 III a. F. (42 I n. F.) GWB auf wirtschaftliche Gründe zielt, erfaßt das „Interesse der Allgemeinheit“ des § 24 III a. F. (42 I n. F.) GWB darüber hinaus auch nichtwirtschaftliche Gemeinwohlerwägungen. Gesamtwirtschaftliche Vorteile sind ebenso wie in § 8 I a. F. (8 I n. F.) GWB regelmäßig ein Unterfall des Interesses der Allgemeinheit161. Daher entsprechen Inhalt und Verhältnis der beiden unbestimmten Rechtsbegriffe in § 8 I a. F. (8 I n. F.) GWB denen der Rechtsbegriffe in § 24 III a. F. (42 I n. F.) GWB. Wenn der Inhalt dieser unbestimmten Rechtsbegriffe im Einzelfall ausgefüllt wird, ist eine Güterabwägung durchzuführen zwischen der grundsätzlichen Freiheit des Wettbewerbs einerseits und den Gründen der Gesamtwirtschaft und des Gemeinwohls oder des Interesses der Allgemeinheit andererseits. Die Ministererlaubnis kann nur dann gegeben werden, wenn diese Abwägung ausnahmsweise zugunsten dieser Gründe ausfällt162. Bei der Abwägung sind Prioritäten zu setzen. Maßstäbe sind hierbei der Rechtsordnung und den in der Rechtsgemeinschaft herrschenden Wertvorstellungen zu entnehmen163. Die Würdigung der gesamtwirtschaftlichen Lage und Entwicklung ist nach § 70 V 2 a. F. (71 V 2 n. F.) GWB der gerichtlichen Nachprüfung entzogen164. (dd) Problematik Bei der Güterabwägung ergeben sich Probleme, weil an sich Unvergleichbares gegeneinander zu gewichten ist. Die Diskrepanz ist besonders groß, wenn es sich um außerökonomische Vorteile handelt. Die Beurteilung, ob im Einzelfall ein „Gemeinwohl“ oder ein „überragendes Interesse der Allgemeinheit“ einschließlich der „gesamtwirtschaftlichen Vorteile“ zu 159 Immenga/Immenga, GWB, § 8 Rn. 37 ff.; Bechtold (4), § 8 Rn. 2, § 42 Rn. 6; GK, Müller-Henneberg/Benisch, 4. Aufl., 8. Lfg., § 8 Rn. 7; Möschel (2), Rn. 319 f.; Knöpfle (2), S. 16 f. 160 Knöpfle (2), S. 15. 161 Langen/Ruppelt, § 42 Rn. 5; GK; Harms, 4. Aufl., § 24 Rn. 1150 ff., 1177 ff.; Möschel (2), Rn. 899; Knöpfle (2), S. 16 f. 162 Immenga/Immenga, GWB, § 8, Rn. 45; Müller-Henneberg/Benisch, GK, 4. Aufl., 8. Lfg., § 8 Rn. 13 ff. 163 Immenga/Immenga, GWB, § 8 Rn. 45; Knöpfle (2), S. 18. 164 Zur Grenze der gerichtlichen Nachprüfung s. u. Kap. II, B. 4. (b).

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bejahen ist, hängt nicht unwesentlich von den einem raschen Wandel unterworfenen Bedürfnissen der modernen Gesellschaft, der dynamischen Entwicklung des Wirtschaftslebens und der staatlichen Politik, insbesondere der von den zuständigen Verfassungsorganen formulierten Wirtschafts- und Sozialpolitik ab165. Die Zielsetzungen, zumindest die Prioritäten, verändern sich aber im Zeitablauf mit der Entwicklung der nationalen und internationalen Rahmenbedingungen, und zwar besonders bei einem Regierungswechsel. Die Festlegung der Ziele und ihre Abwägung mit dem Wettbewerbsprinzip unterliegen nach dem geltenden Recht einer Entscheidung des für die gegenwärtige Wirtschaftspolitik verantwortlichen Bundeswirtschaftsministers, der nach den Erfordernissen der aktuellen Politik entscheidet. Dabei unterscheidet sich die Wirtschaftspolitik des Ministeriums in keiner Weise von anderen Mitteln staatlicher, den Wettbewerb beschränkender Strukturpolitik, wie z. B. Subventionen, Abbauhilfe usw. Bei Konflikten mit außerwettbewerblichen Zielsetzungen könnte die Wettbewerbspolitik mit einem politischen Entscheid in eine sektorale Industriepolitik umschlagen166. Oft wird es sich sogar nicht vermeiden lassen, daß subjektive Wertvorstellungen des Ministers in die Abwägung einfließen167. Außerdem tendiert die Ministererlaubnis zu einer Privilegierung von Großzusammenschlüssen. Denn die Bedeutung der Ministererlaubnis für die Gesamtwirtschaft und das Gemeinwohl läßt sich umso eher nachweisen, je größer beteiligte Unternehmen sind168. Um diese Gefahr zu vermeiden, besteht eine Fülle von Begrenzungen. Die wichtigste Begrenzung in diesem Zusammenhang dürfte sich freilich in dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in der Beziehung zwischen dem eingesetzten Mittel und dem zu erreichenden gesamtwirtschaftlichen Vorteil bzw. dem zu erreichenden öffentlichen Interesse bestehen. § 24 III 1 1. Halbs. a. F. (42 I 1 n. F.) GWB besagt in diesem Zusammenhang, daß die gesamtwirtschaftlichen Vorteile die Wettbewerbsbeschränkungen aufwiegen müssen. Das Ministerkartell nach § 8 I a. F. (8 I n. F.) GWB soll in diesem Sinne zeitlich begrenzt werden. Nach § 24 III 2 a. F. (42 I 3) 165

Knöpfle (2), S. 19. Müller-Henneberg/Benisch, GK, 4. Aufl., 8. Lfg., § 8 Rn. 9; Müller-Henneberg/Harms, GK, 4. Aufl., 13. Lfg., § 24 Rn. 1154; Möschel (2), Rn. 898, 952; Zielsetzung mit der Entwicklung der nationalen und internationalen Rahmenbedingungen, BWM 17. 2. 1959 WuW/E BWM 117 f. „Kohle-Öl-Kartell“; Zieländerung von der Schaffung der Raffineriekapazitäten für die Verbesserung der deutschen Verhandlungsposition auf den internationalen Mineralölmärkten zu ihrem Abbau wegen Strukturproblemen der deutschen Mineralölindustrie, BMW 1. 2. 1974 WuW/E BWM 147 f. „VEBA-Gelsenberg II“ und BMW 3. 5. 1979 WuW/E BMW 165 ff. (171 f.) „Veba-BP“. 167 Knöpfle (2), S. 18. 168 Immenga/Mestmäcker/Veelken, GWB, § 42 Rn. 5; Möschel (2), Rn. 898; vgl. Müller-Henneberg/Harms, GK, 4. Aufl., 13. Lfg., § 24 Rn. 1123, 1152. 166

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n. F. GWB darf die Erlaubnis nur erteilt werden, wenn durch das Ausmaß der Wettbewerbsbeschränkung die marktwirtschaftliche Ordnung nicht gefährdet wird. Ferner dürften die vom Bundeswirtschaftsminister verfügten Auflagen nicht zu einer laufenden Verhaltenskontrolle führen [§ 24 III 4 a. F. (42 II 2 n. F.) GWB]169. Trotzdem ist es nicht auszuschließen, daß die Ausnahme der Ministererlaubnis zur Regel wird, da einerseits die unbestimmten Rechtsbegriffe sich im Zeitablauf verändern sowie vielfältig definierbar sind und andererseits die damit im Zusammenhang stehende, instrumentelle und flexible Anwendung des Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen eine zweckorientierte Handhabung des Gesetzes zum Inhalt hat, damit bestimmte, aus spezieller, zeitpunktbezogener Sicht wirtschaftspolitisch erwünschte Wirkungen erreicht werden können170. Außerdem ist die Würdigung der gesamtwirtschaftlichen Lage und Entwicklung, die den Tatbestand der Ministererlaubnis darstellt, gemäß § 70 V 2 a. F. (71 V 2 n. F.) GWB der gerichtlichen Nachprüfung entzogen171. Es wäre in diesem Zusammenhang sehr bedenklich, daß der Wirtschaftsminister, mit derartigen Generalvollmachten ausgestattet und auf seinen subjektiven Wertvorstellungen beruhend, als letzte Entscheidungsinstanz fungierte172. Die Verteilung der Zuständigkeit zwischen dem Bundeswirtschaftsminister und dem Bundeskartellamt scheint ebenso nicht einwandfrei. Im Falle der Zusammenschlußkontrolle muß das Bundeskartellamt von der Untersagung absehen, wenn die beteiligten Unternehmen nachweisen, daß der Zusammenschluß Wettbewerbsbedingungen verbessert und daß diese Verbesserungen die Nachteile der Marktbeherrschung überwiegen. Nach der Praxis des Bundeskartellamtes ist jedoch die Grenze zwischen der von nach § 24 I a. F. (36 I n. F.) GWB von ihm zu prüfenden Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen einerseits und den nach § 24 III a. F. (42 I n. F.) GWB vom Bundeswirtschaftsminister zu prüfenden Gründen der Gesamtwirtschaft und Interessen der Allgemeinheit andererseits fließend. Die Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen kann sogar gesamtwirtschaftliche Vorteile begründen. Die Tatbestände, die eigentlich vom Bundeskartellamt und vom Bundesminister für Wirtschaft getrennt geprüft werden sollen, können sich überschneiden. Somit können sich die eigentlich getrennten Prüfungen von Bundeskartellamt und Bundeswirtschaftsminister ebenso überschneiden173. 169 Immenga/Mestmäcker/Veelken, GWB, § 42 Rn. 5; Möschel (2), Rn. 900; Müller-Henneberg/Harms, GK, 4. Aufl., 13. Lfg., § 24 Rn. 1185 ff., 1233. 170 Gutzler (2), S. 172 ff. 171 Zur Grenze der gerichtlichen Nachprüfung s. u. Kap. II, B. 4. (b). 172 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Jahresgutachten 1971, BT-Drucks. 6/2847, Rn. 399; zur Frage der politischen Verantwortlichkeit des Bundeswirtschaftsministers s. u. Kap. II, B. 3. (a) (6).

184 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

Zu erwähnen ist hier nur der bekannte Zusammenschluß „Daimler-Benz/ MBB“. Das Bundeskartellamt ist nach der eingehenden Analyse der einzelnen betroffenen Märkte für Wehrtechnik, Raumfahrttechnik und Lastkraftwagen zum Schluß gekommen, daß durch den Zusammenschluß eine marktbeherrschende Stellung von Daimler-Benz/MBB entstehen oder verstärkt würde und daß die möglichen Verbesserungen der Wettbewerbsfähigkeit der Airbus Industrie gegenüber dem Marktführer Boeing auf dem Markt der zivilen Verkehrsflugzeuge die festgestellten Nachteile durch die Entstehung oder Verstärkung marktbeherrschender Stellung auf den drei Märkten nicht überwiegen können. Aus diesem Grund hat das Amt den Zusammenschluß untersagt. Der Bundesminister für Wirtschaft hingegen hat mit Bedingungen und Auflagen den Zusammenschluß genehmigt. Er begründet seine Entscheidung folgend: Der Zusammenschluß leiste einen Beitrag dazu, daß die Übertragung des unternehmerischen Risikos für den Airbus vom Staat auf die Industrie und die längerfristige Entlastung des Bundeshaushaltes durch den Subventionsabbau, der aufgrund der folgenden vollen Privatisierung der Airbus Industrie erzielt werden solle, angesichts der Sicherung ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem dominierenden US-amerikanischen Boeing-Konzern dem gesamtwirtschaftlichen Vorteil und dem überragenden Allgemeininteresse entspreche. Aber einzelne Unternehmen sollten eigentlich nach der Wettbewerbspolitik nicht dauerhaft vom Staat subventioniert werden. Nicht zu übersehen ist hierbei der Standpunkt des gemeinsamen europäischen Interesses. Der Gedanke der Stärkung der internationalen Stellung der Airbus Industrie gegenüber Boeing, stammt aus der EG-Industriepolitik. Dies betonte auch der Vizepräsident der Kommission Bangemann, der damals als Bundeswirtschaftsminister den Zusammenschluß genehmigt hatte, später in seinem Buch174. Die Chance der vom Bundeswirtschaftsminister gewünschten Erzielung der Rentabilität der Airbus Programme durch den Zusammenschluß erscheint sehr begrenzt, solange die Priorität dieser Programme darin liegt, die dominierende Position von Boeing gemeinsam mit den anderen an der Industriepolitik orientierten Staaten, insbesondere Frankreich, zu brechen. Der Bundeswirtschaftsminister hat somit die Entstehung der marktbeherrschenden Stellung von Daimler-Benz/MBB in erster Linie für die EG-Industriepolitik in Kauf genommen. In Wirklichkeit hat der Bund zum Zeitpunkt der Ministererlaubnis 10,7 Mrd. an Zuschüssen zur Entwicklungsfinanzierung und an Hilfen zur 173

Monopolkommission, Sondergutachten B. 5, Tz. 4; Immenga/Mestmäcker/ Veelken, GWB, § 42 Rn. 3; Bechtold (4), § 8 Rn. 2, § 42 Rn. 6; Baur, S. 73 ff.; Knöpfle (2), S. 11. 174 Hellmann, S. 144; Bangemann, S. 114 ff.; BKartA 17. 4. 1989 BKartA 2335 ff. „Daimler-MBB“; AG 8/1989, S. 278 ff.; s. o. Kap. II, B. 3. (a) (4) (dd); zur europäischen Industriepolitik s. u. Kap. II, C. 3. (a) (6).

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Absatz- und Serienfinanzierung gezahlt oder verbindlich zugesagt. Er übernimmt den überwiegenden Teil der Altlast und trägt bis zum Jahr 2000 das Wechselkursrisiko. Schließlich erklärt er sich bereit, seine Rückzahlungsansprüche weit in die Zukunft zu verschieben, was einer enormen Zinssubvention gleich kommt175. In Betracht zu ziehen ist ferner die Überschneidung der Prüfungstatbestände von Bundeswirtschaftsminister und Bundeskartellamt. Während das Bundeskartellamt die Steigerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Airbus Industrie durch den Zusammenschluß als Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen nach § 24 I a. F. (36 I n. F.) GWB geprüft hat, hat sie der Bundesminister für Wirtschaft als Teil der gesamtwirtschaftlichen Vorteile ebenso in seine Prüfung einbezogen. (5) Wirtschafts- bzw. Wettbewerbspolitik und Rechtsanwendung Eng verbunden mit verfassungsrechtlichen Fragen wie der Unabhängigkeit, der Weisungsgebundenheit und der Ministerverantwortung ergibt sich weitere Frage, ob eine nachgeordnete Behörde wie das Bundeskartellamt Politik betreiben darf, genauer, ob es nur das gesetzte Recht auf Tatbestände anzuwenden hat oder darüber hinaus wirtschafts- und wettbewerbspolitische Entscheidungen treffen darf176. Die Wettbewerbspolitik stellt in ordnungspolitischer Hinsicht das Kernstück der allgemeinen Wirtschaftspolitik dar177. In Betracht kommen in diesem Zusammenhang einerseits die Äußerung des Bundeskartellamtes im Tätigkeitsbericht zur wirtschaftlichen Entwicklung [§ 50 I a. F. (53 I n. F.) GWB] und andererseits die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe mit volks- oder betriebswirtschaftlicher Natur wie „Wettbewerb“ [§ 1 a. F. (1 n. F.) GWB], „Rationalisierung“ oder „Leistungsfähigkeit“ [§ 5 II a. F. (5 I n. F.) GWB] oder „gesamtwirtschaftliche Lage und Entwicklung“ [§ 71 V 2 a. F. (70 V 2 n. F.) GWB]178. 175

Berg/Schmidt, S. 88 f. Übersichtliche Darstellung über die Diskussion zu dieser Frage s. Zuck, S. 1633 ff.; Darstellung über die unterschiedliche Einstellung zu dieser Frage innerhalb des Bundeskartellamtes s. Benisch, S. 13 ff. 177 Griesbach, S. 44 f. 178 Zur Unbestimmtheit der Rechtsbegriffe s. Rittner, S. 70 f., 77; Immenga/Immenga, GWB, Einl. Rn. 63; als politische Instanz ist der Bundesminister für Wirtschaft für die Ausfüllung der unbestimmten Rechtsbegriffe „Gesamtwirtschaft“ [§ 8 I a. F. (8 I n. F.) GWB], „gesamtwirtschaftliche Vorteile“ [§ 24 III a. F. (42 I n. F.) GWB], „Gemeinwohl“ [§ 8 I a. F. (8 I n. F.) GWB] und „Interesse der Allgemeinheit“ [§ 24 III a. F. (42 I n. F.) GWB] befugt. Die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffes „Gesamtwirtschaft“ stellt eine wichtige Ausnahme von dem Rechtsstaatsprinzip dar, da die Würdigung der gesamtwirtschaftlichen Lage und Entwicklung nach § 70 V 2 a. F. (71 V 2 n. F.) GWB der gerichtlichen Nachprüfung entzogen ist. Zur Grenze der gerichtlichen Kontrolle s. u. Kap. II, B. 4. (b); um die überschneidende Zuständigkeit von Bundeswirtschaftsminister und Bundeskartellamt für 176

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(aa) Kompetenz bezüglich der Rechtsanwendung In bezug auf den Tätigkeitsbericht behauptet man im Schrifttum, daß das Bundeskartellamt nicht ermächtigt sei, sich zu den aus den berichteten Tatbeständen zu ziehenden wirtschaftspolitischen Folgerungen zu äußern, da das Amt eine dem Bundesminister für Wirtschaft nachgeordnete Verwaltungsbehörde sei. Als Verwaltungsbehörde dürfe das Amt nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nur innerhalb der im Gesetz vorgesehenen Verfahren und nur unter den dort bestimmten Voraussetzungen tätig werden und unterliege rechtlich den Weisungen des Bundeswirtschaftsministers. Außerdem besage das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen nichts darüber, daß das Amt diese Tatbestände zu bewerten habe. Obwohl die Grenze zwischen der notwendigen wirtschaftlichen Wertung und den daraus zu ziehenden politischen Konsequenzen fließend sei, solle durch besondere Zurückhaltung die Trennung von Regierung und Verwaltung betont werden. Daraus sollte sich eine Arbeitsteilung entwickeln, bei der das Bundeskartellamt in den Tätigkeitsberichten lediglich die Grundlagen für die Schlußfolgerung der gesetzlichen Beratungsgremien, nämlich der Monopolkommission und des „Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“ sowie die abschließende Stellungnahme der Bundesregierung liefere179. Soweit es um Zielkonflikte gehe, die letztlich nur politisch entscheidbar seien, sei denn auch folgerichtig eine Zuständigkeit des Ministers begründet. Dies sei den §§ 8 I, 24 III a. F. (8 I, 42 I n. F.) GWB zu entnehmen180. Nach Rittner solle am Verfahren zu politischen Entscheidungen wie der Konzentrationskotrolle ein Organ mit unmittelbarer parlamentarischer Verantwortlichkeit, ein Minister oder ein Ausschuß des Bundestages beteiligt sein. Er fordert sodann, den Beschlußabteilungen des Bundeskartellamtes nur rein wettbewerbsrechtliche Entscheidungen zuzuordnen, die ihrerseits volle auch rechtlich gewährleistete Unabhängigkeit genießen sollen. Dies erleichtere dem Bundeskartellamt jene Aufgabe, tagespolitische Rücksichten abzustreifen. Die Beschlußabteilungen verwirklichten nur den Auftrag des Gesetzes und nicht Aufträge der wirtschaftspolitischen Exekutive181. Zuck sagt, eine Behörde habe die Auslegung des außerwettbewerblichen, wirtschaftspolitischen Merkmals „Gesamtwirtschaft und Gemeinwohl“ zu vermeiden, und dieses Merkmal nicht das Bundeskartellamt, sondern ausschließlich den Bundeswirtschaftsminister prüfen zu lassen, sind in der 6. Novelle des GWB die unbestimmten Rechtsbegriffe „Gesamtwirtschaft“ und „Gemeinwohl“ durch „Wettbewerbsbedindungen in den betroffenen Wirtschaftszweigen“ ersetzt worden BT-Drucks. 13/9720, zu § 6, S. 47; Bechtold (4), § 6 Rn. 1; Emmerich (2), § 10, 4, S. 90 f. 179 Müller-Henneberg/Junge, GK, 4. Aufl., 4. Lfg., § 50 Rn. 2; Müller/Schreven, Bd. II, § 48 Rn. 3, § 50 Rn. 2; Prinz, S. 755. 180 Möschel (6), S. 244.

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die Gesetze auszuführen und spezielle oder allgemeine Weisungen innerhalb der Nachordnung zu befolgen. Die Grenzen des Gesetzesvollzugs durch Behörden ergäben sich aus dem Begriff der Regierung. Der Regierung müsse grundsätzlich die Befugnis bleiben, alle wichtigen politischen Fragen selbst zu entscheiden. Danach dürfe das Bundeskartellamt weder indirekte Wirtschaftspolitik, die durch die Auswahl oder Behauptung von Tatsachen erfolge, noch direkte, z. B. durch wirtschaftspolitische Grundsatzerklärungen zum Begriff der sozialen Marktwirtschaft oder des Wettbewerbs, betreiben. Das Bundeskartellamt müsse die Festlegung des rechtlichen Inhaltes dieser Begriffe durch das Wirtschaftsministerium oder die höchstrichterliche Rechtsprechung hinnehmen. Wenn die Bundesregierung nicht politische Fragen zu beantworten hätte, könnte es für sie manchmal angenehm sein, unpopuläre Maßnahmen im Bereich der Wirtschaftspolitik durch einen Dritten, das Bundeskartellamt vornehmen zu lassen. Handele es um einschneidende Tätigkeiten, oder schlügen die Aktionen fehl, könnte die Bundesregierung im parlamentarischen Raum auf ihre fehlende rechtliche Handhabe verweisen182. Eine flexiblere und instrumentellere Handhabung der Bestimmungen des GWB, die bestimmte, aus spezieller, zeitpunktbezogener Sicht der Wirtschaftspolitik erwünschte Wirkungen zu erreichen suche, verkenne die ordnungspolitische Aufgabe des GWB, die wettbewerbliche Ordnung aufrechtzuerhalten. Das GWB stehe nicht als Mittel zur Erreichung kurzfristiger wirtschaftspolitischer Ziele zur Verfügung. Die der wirtschaftspolitischen Zielsetzung dienende Anwendung des GWB würde, da oft kurzfristig und zeitbedingt, zu unterschiedlichen Interpretationen des GWB führen183. Hinzu müßten die wettbewerbspolitischen Forderungen den Eindruck der Befangenheit des Bundeskartellamtes erwecken, so daß die sachliche Unabhängigkeit des Bundeskartellamtes verlorenzugehen drohe184. Dieses Verbot der instrumentellen Anwendung des GWB habe ebenso in Bußgeldverfahren Geltung. Danach dürfe das Opportunitätsprinzip des Bußgeldverfahrens (§ 47 I OWiG) nicht zur Erreichung spezieller, aus zeitbezogener Sicht der Wirtschaftspolitik erwünschter Wirkungen verwendet werden185.

181 Rittner (2), S. 315 ff.; Rittner, S. 73 f., 77; so auch Müller/Schreven, Bd. II, § 48 Rn. 3. 182 Zuck (2), S. 22 f.; Zuck, S. 1635 f. 183 Gutzler (2), S. 172 ff. 184 Müller/Schreven, Bd. II, § 48 Rn. 3. 185 Immenga/Dannecker/Biermann, GWB, Vor. § 81 Rn. 151; Tiedemann, S. 164 ff.; Gutzler (2), S. 174.

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(bb) Kompetenz bezüglich der Wirtschafts- bzw. Wettbewerbspolitik Nach der anderen Auffassung ist es der amtlichen Begründung zum Regierungsenwurf und dem Sinn und Zweck des GWB und der Aufgabe des Bundeskartellamtes zu entnehmen, daß das Bundeskartellamt im Rahmen des GWB zu Entscheidungen aus wirtschaftspolitischen Gründen mit wirtschaftspolitischem Inhalt und wirtschaftspolitischer Zielsetzung berechtigt sei. Das Bundeskartellamt sei sogar nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, seine Vorstellungen in wirtschaftspolitischer Hinsicht mitzuteilen, soweit sie für die Durchführung des Gesetzes maßgebend sein könnten186. Unbestimmte Rechtsbegriffe seien durch Wertung erst auszufüllen. Ihre Vielzahl im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen finde ihre Begründung darin, daß die Rechtsnormen durch diese ausfüllungsbedürftigen Begriffe elastischer werden und der immer wechselnden Wirtschaftslage angepaßt werden könnten. Die Wertung zur Ausfüllung dieser Begriffe sei nicht nur aus dem Gebiet des Rechts zu entnehmen, sondern habe auch nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten und auch auf Grund von Erkenntnissen der Wirtschaftswissenschaften zu erfolgen. Denn das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen sei in erster Linie ein wirtschaftspolitisches Gesetz, welches das Ergebnis wirtschaftspolitischer Kompromisse darstelle. Politische Erwägungen könnten bei der Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe nicht nur eine Rolle spielen, sondern sogar entscheidend sein187. Die starre Haltung, daß Aufgabe des Bundeskartellamtes die Anwendung feststehender Rechtsnormen sei, sei vom Standpunkt der Beamten verständlich, belaste aber die Wirtschaft dann, wenn das Amt solche Erfahrungen mit dem Gesetz nicht den politischen Instanzen vermittele188. Nach Kartte sei für die Tätigkeit des Bundeskartellamtes hinsichtlich der großen wirtschaftlichen Auswirkung und zur wirksamen Durchsetzung des Wettbewerbsrechts der Einklang mit den Grundsätzen der generellen Wirtschaftspolitik zwar unerläßlich, aber dürfe das Bundeskartellamt die Wirtschaftspolitik aufgrund der politisch-parlamentarischen Verantwortung stets in Einvernehmen mit dem ihm übergeordneten Bundeswirtschaftsministerium durch den dienstlichen Verkehr oder durch die offene Diskussion über verschiedene Zielvorstellungen betreiben189. Geberth zieht jedoch eine Grenze in der Beratungsfunktion. Das Bundeskartellamt sei als Anwender des Kartellrechts der erste Ratgeber. Es solle dadurch die Wettbewerbspolitik des Bundeswirtschaftsministeriums unterstützen. Wenn das Bundeskartellamt diese 186

Übersichtlich Zuck, S. 1633 ff.; Eugen, § 50, Rn. 3; Gleichmann, S. 937. Immenga/Immenga, GWB, Einl. Rn. 67; Kartte, S. 53; Schlecht, S. 60; Gleichmann, S. 936 f. 188 Benisch, S. 14. 189 Kartte, S. 54 ff. 187

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Grenze überschreite, stelle seine Tätigkeit einen unzulässigen Eingriff in die gesetzgeberische Prärogative des Ministeriums dar190. Nach Klaue hat das Bundeskartellamt ein wettbewerbspolitisches Mandat, da es im Tätigkeitsbericht nach § 50 I a. F. (53 n. F.) GWB nicht nur über seine Tätigkeit zu berichten, sondern auch einen Bericht über den Stand der Enwicklung in seinem Aufgabengebiet zu erstellen habe. Dazu gehört die Darstellung des marktwirtschaftlichen Prozeßablaufs, der Funktionen des Wettbewerbs auf den Märkten und das Aufzeigen der gegen den Wettbewerb gerichteten Kräfte, was notwendigerweise mit einem Mandat zur Formulierung wettbewerbspolitischer Forderungen verbunden sei191. Nach Kartte und von Portatius gilt all dies auch in Bußgeldverfahren. Das GWB, das als Kompromißgesetz neben Kartellverbot und Fusionskontrolle vielfältige Ausnahmetatbestände beinhalte, lasse sich die Möglichkeit einer instrumentellen Handhabung mit ganzen Bündeln gegenläufiger wirtschafts- und gesellschaftspolitischer Ziele offen. In diesem Zusammenhang gewähre der Opportunitätsgrundsatz des § 47 I OWiG dem Bundeskartellamt einen Spielraum, der die erforderliche Flexibilität bei der Ahndung von Verletzungen des Wettbewerbsrechts biete192. (cc) Problematik Im Rahmen der Diskussion um die Wettbewerbspolitik unterscheidet man diese nicht immer klar von der Wirtschaftspolitik. Die Wettbewerbspolitik ist die Politik, die einen Ordnungsrahmen schafft, in dem die individuelle wirtschaftliche Betätigungsfreiheit gewährleistet wird, und die die staatliche Intervention nur dann erlaubt, wenn die Erhaltung des Ordnungsrahmens gestört wird oder ausnahmsweise durch diese bessere gesamtwirtschaftliche Ergebnisse zu erzielen sind als ohne sie. Dies ist die Zielsetzung des GWB, die der Auslegung der Verbotsnormen zugrunde gelegt wird193. Sie ist insoweit repressiv, als Verhaltens- oder Zustandsstörungen verboten sind und untersagt werden. Daneben versteht sie sich als aktive Wettbewerbsförderungspolitik, die die strukturellen Voraussetzungen für einen wirksamen Ordnungsrahmen zu sichern oder zu schaffen hat, ohne dabei direkt in die wirtschaftliche Betätigung des einzelnen zu intervenieren194. Die Wettbe190 Zur Zusammenarbeit und Spannung zwischen dem Bundeswirtschaftsminister und dem Bundeskartellamt um die Wettbewerbspolitik s. Geberth, S. 296, 298 f.; Kartte, S. 55 ff. 191 Immenga/Klaue, GWB, § 51 Rn. 2 f. 192 Immenga/Dannecker/Biermann, GWB, Vor. § 81 Rn. 151; Kartte/v. Portatius, S. 1169 ff. 193 Griesbach, S. 41 ff., 44 ff.; vgl. Immenga/Immenga, GWB, Einl. Rn. 59, 64; Kartte, S. 52.

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werbspolitik ist ein interdependenter Bestandteil und Kernstück der allgemeinen Wirtschaftspolitik195. Unter die allgemeine Wirtschaftspolitik fallen, neben der Wettbewerbspolitik, verschiedene anderen Politikarten wie die Konjunkturpolitik, die Strukturpolitik, die Außenwirtschaftspolitik oder die Industriepolitik196. Die Wettbewerbspolitik steht somit in einem engen Zusammenhang mit den anderen Politikarten. Unerläßlich ist es daher, gesamtwirtschaftliche Zielvorstellungen mit dem Wettbewerbsprinzip abzuwägen, was die wichtigste Aufgabe der Wettbewerbspolitik ist197. Wie oben aufgezeigt enthält das GWB als wirtschaftspolitisches Gesetz unbestimmte Rechtsbegriffe, die durch wettbewerbspolitische Wertungen ausgefüllt werden müssen, damit die Rechtsnormen elastisch der immer wechselnden Wirtschaftslage angepaßt werden können. Mit anderen Worten: die Anwendung des GWB setzt wirtschaftspolitische Überlegungen voraus. Die Regelung, daß die gleichen unbestimmten Rechtsbegriffe „Gesamtwirtschaft“ und „Gemeinwohl“ nach §§ 4 a. F., 8 I a. F. (8 I n. F.) GWB sowohl vom Bundeskartellamt als auch vom Bundeswirtschaftsminister geprüft werden sollten, zeigt das enge Verhältnis zwischen der wirtschaftspolitischen Handlung und damit der Wettbewerbspolitik einerseits und der Rechtsanwendung andererseits. Das die Schwierigkeit der Grenzziehung zwischen diesen Aufgaben relativierende und den Unterschied der Prüfungen von beiden Stellen betonende Argument, diese Kriterien nach § 4 a. F. GWB seien vom Bundeskartellamt lediglich zur Abweisung des Antrags auf Kartellerlaubnis zu berücksichtigen, während der Bundeswirtschaftsminister im Falle des § 8 I a. F. (8 I n. F.) Vor- und Nachteile des Kartells aus Gründen der Gesamtwirtschaft und des Gemeinwohls generell abzuwägen habe, ändere nichts daran. Der Unterschied soll darin liegen, daß das Bundeskartellamt diese Kriterien zur Abweisung eines Erlaubnisantrags berücksichtigt, der Bundesminister für Wirtschaft diese hingegen zur Erteilung einer Kartellerlaubnis heranzieht. Es scheint aber schwer vorstellbar, ohne Abwägung von vor- und nachteiligen Auswirkungen eines Kartells derartige Entscheidungen zu treffen. Außerdem muß, sei es auch lediglich zur Berücksichtigung oder zur Abwägung, auf jeden Fall zuerst festgestellt werden, was „Gesamtwirtschaft“ und „Gemeinwohl“ als gemeinsame Kriterien bedeuten. Diese unbestimmten Rechtsbegriffe wurden durch die 6. Novelle des GWB aus § 6 n. F. (4 a. F.) GWB gestrichen und durch das neue, etwas eingeschränktere Merkmal „Wettbewerbsbedingungen in den betroffenen Wirtschaftszweigen“ ersetzt. Trotz der Ersetzung bleibt die Frage, was der neue Begriff bedeutet. Man wollte damit die Berücksichtigung wirtschaftspolitischer, außerwettbewerb194 195 196 197

Kartte, S. 48, 50. Griesbach, S. 42, 44 f. Griesbach, S. 50 ff. vgl. Immenga/Immenga/Mestmäcker, GWB, Einl. Rn. 67; Kartte, S. 52 f.

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licher Gesichtspunkte ausschließen. Das Bundeskartellamt hat bisher in zwei Fällen Strukturkartelle nach § 4 a. F. (6 n. F.) GWB aus dem Grund erlaubt, daß eine planmäßige Kapazitätsanpassung an den starken Rückgang der Nachfrage ermöglicht und somit eine Instabilität der Arbeitsmarktlage vermieden werden kann. Es läßt sich jedoch schwer abstreiten, daß in dieser Begründung nicht nur rein wettbewerbliche, sondern auch außerwettbewerbliche, gesamtwirtschaftliche Gesichtspunkte mit einbezogen wurden198. All dies zeigt die Schwierigkeit, die wirtschaftspolitische Betrachtung von der rein wettbewerblichen Handhabung zu trennen. In dieser Hinsicht scheint es eher unrealistisch, von der Trennbarkeit ausgehend, die erste Aufgabe dem Bundeswirtschaftsministerium und die zweite dem Bundeskartellamt zuzuweisen199. Eine politische Aktivität des Bundeskartellamtes kommt z. B. durch seine Forderung zum Ausdruck, ein selbständiges EGWettbewerbsamt zu errichten200. (6) Ministerverantwortlichkeit Wie oben gesehen sind die organisatorische Eingliederung des Bundeskartellamtes in das Bundeswirtschaftsministerium, d.h. die Unzulässigkeit seiner Unabhängigkeit, die Teilnahme des Bundeswirtschaftsministeriums an dem Verfahren der Zusammenschlußkontrolle (zweistufiges Verfahren) und die Monopolisierung der Wirtschaftspolitik des Bundeswirtschaftsministeriums im Endeffekt alle damit begründet, daß jede Verwaltungstätigkeit der parlamentarischen Kontrolle unterliegen und infolgedessen dem gegenüber dem Parlament politisch verantwortlichen Bundeswirtschaftsminister unterstehen muß. In Frage zu stellen ist dann aber, was die politische Verantwortlichkeit des Ministers gegenüber dem Parlament bedeutet und in welcher Art und Weise er die Verantwortung trägt.

198 BT-Drucks. 13/9720, zu § 6, S. 47; Bechtold (4), § 6 Rn. 1; Emmerich (2), § 10, 4, S. 90 f.; Immenga/Immenga, GWB, § 6 Rn. 1 ff., 55, § 8 Rn. 54 f.; Müller/Müller, Bd. I, § 4 Rn. 16; Müller/Wienholt, Bd. I, § 8 Rn. 4 ff.; Langen/ Kiecker, § 4 Rn. 1, 18 f., § 8 Rn. 5 ff.; zur Schwierigkeit der Abgrenzung zwischen rechtlichen und wirtschaftspolitischen Fragen, v. Köhler, S. 210 ff.; ebenso Baur, S. 73 ff.; zu den Ausnahmetatbeständen „Gesamtwirtschaft“, „Gemeinwohl“ und „Gemeininteresse“ s. o. Kap. II, B. 3. (a) (4) (cc); Erlaubnis von Strukturkartellen (§ 4 a. F. GWB) durch BKartA, BKartA 22. 7. 1987 WuW/E BKartA 2271 (2272 ff.) „Leichtbauplatten“; BKartA 31. 5. 1983 WuW/E BKartA 2049 (2056 ff.) „Betonstahlmatten“. 199 In den USA wurde frühzeitig erkannt, daß die Abgrenzung von „judicial work“ und „policy-determining work“ undurchführbar ist s. Albert, S. 210. 200 Übersichtlich zur Forderung nach einem unabhängigen Europäischen Kartellamt Bartodziej, S. 18 ff., insbesondere S. 33 Fn. 119.

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(aa) Entstehungsgeschichte Die Ministerverantwortlichkeit war zunächst eine Verantwortung der an der Regierung beteiligten Personen gegenüber dem absoluten Monarchen (Ministerverantwortlichkeit im weiteren Sinne). Mit dem Entstehen der Representativverfassung entstand die Ministerverantwortlichkeit im engeren und heutigen Sinne, nämlich der Verantwortung der Regierungsmitglieder und ihrer ranggleichen Organwalter gegenüber dem Parlament. Der Minister der absoluten und später auch der konstitutionellen Monarchie war in erster Linie ein fachliche Aufgaben erfüllender Ressortchef, der vom Vertrauen des Monarchen abhängig war. Die Ministerverantwortlichkeit beschränkte den König in der Ausübung der Staatsgewalt und diente der Garantie der Verfassung. Der Minister erlangte dadurch eine selbständige, in der Verfassungsordnung begründete und der Garantie der verfassungsmäßigen Regierung dienende Stellung. Das Parlament als Volksvertretung konnte den Minister lediglich zwingen, ihm wegen seiner Geschäftsführung Rede und Antwort zu stehen. Während in der absoluten und in der konstitutionellen Monarchie der Ressortsminister in erster Linie Ressortchef als Vertrauensträger des Monarchen war, ist der parlamentarisch verantwortliche Minister der konstitutionellen Demokratie Politiker als Vertrauensträger des Volkes201. Durch die Weimarer Verfassung wurde der Minister im Rahmen des parlamentarischen Regierungssystems und nach dem politischen Gesetz des Parteienstaates insofern einer besonderen Verantwortlichkeit vor dem Parlament unterzogen, als er wegen seiner Handlungen vom Parlament zur Rechenschaft gezogen, durch den Entzug des Vertrauens vom Parlament abberufen oder durch Klage des Parlamentes vor einen Staatsgerichtshof gestellt werden konnte202. (bb) Inhalt Art. 65 GG besagt: „Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung.“ Parlamentarische Ministerverantwortung bedeutet eine Verantwortlichkeit der einzelnen Minister als Kabinettsmitglieder in ihren Geschäftsbereichen gegenüber der Volksvertretung, nämlich dem Bundestag. Die Verantwortlichkeit ist also auf das Ressort beschränkt. Sie ist nach überwiegender Meinung keine kollektive Verantwortung des Kabinetts, son201 Isensee/Schröder, Bd. 2, § 51 Rn. 49; Stern, Bd. II, § 31 IV. 5., S. 313 ff.; Badura, S. 574 ff.; Scheuner (2), S. 386 ff. 202 Art. 54, 56, 59 WRV.

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dern eine individuelle der Kabinettsmitglieder. Sie ist also nicht nur auf den Bundeskanzler, sondern auch auf die Bundesminister bezogen. Sonst entstünde eine Verantwortungslücke, weil der Bundeskanzler wegen des Ressortsprinzips nicht in Ressortsangelegenheiten der Minister hineinregieren darf203. Die Ministerverantwortlichkeit bezieht sich auf die Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und den Erfolg der Aufgabenerfüllung in diesem Ressort204. Der Minister ist gegenüber dem Parlament nur politisch verantwortlich. Politische Verantwortlichkeit bedeutet zweierlei: Erstens ist er nicht für die Legalität, für die die Gerichtsbarkeit zuständig ist, sondern für die Opportunität seiner Akte, mit anderen Worten, für die Übereinstimmung seiner Handlungen mit dem politischen Willen der Parlamentsmehrheit verantwortlich. Zweitens trägt der Minister für alle Vorgänge seines Geschäftsbereiches die gesamte Verantwortung, d. h. daß er sich Fehlleistungen innerhalb seines Ressortes zurechnen lassen muß, ohne Rücksicht darauf, ob ihm ein persönliches Verschulden für Fehler oder Erfolglosigkeit nachgewiesen werden kann205. Vor dem Parlament Verantwortung tragen zu müssen, bedeutet, vor diesem zur Rechenschaft gezogen werden zu können. Darunter fallen auch das Interpellationsrecht und das Untersuchungsrecht des Bundestages und -rates (Art. 43, 44, 53 GG), die Haushaltskontrolle durch das Parlament (Art. 114 GG) und das konstruktive Mißtrauensvotum gegen den Bundeskanzler (Art. 67 GG). Ohne gesetzlich geregelt zu sein, zählen hierzu aber auch Mißbilligungs- und Tadelsanträge gegenüber einzelne Bundesministern, Anträge auf Entlassung eines Bundesministers und die Rücktrittsforderung206. Das Grundgesetz sieht zur Stabilität der Bundesre203 Wassermann/Schneider, Bd. 2, Art. 65 Rn. 1, 8; Maunz/Herzog, Lfg. 23, 1984, Art. 65, Rn. 66, 92; Isensee/Schröder, Bd. 2, § 51 Rn. 51; Badura, S. 576 ff.; Kröger, S. 7 f., 11; v. Mangoldt/Schröder, Bd. 2, Art. 65, Rn. 27 ff., 45 ff.; Böckenförde, S. 144 ff.; die Volksvertretung ist in Bundesrepublik der Bundestag, nicht auch der Bundesrat, da ihm der Rechtscharakter des Parlaments fehlt. Der Bundesrat besitzt daher nicht die spezifisch parlamentarischen Befugnisse, wie etwa das Recht des Mißtrauensvotums nach Art. 67 GG und das Untersuchungsrecht nach Art. 44 GG s. Kröger, S. 11; Schambeck, S. 34 und v. Münch/Meyn, Bd. 2, Art. 65 Rn. 15, erkennen wegen Fehlens eines ausdrücklichen Mißtrauensartikels gegen den Minister im GG keine selbständige Verantwortung der Minister gegenüber dem Bundestag, sondern lediglich eine solche gegenüber dem Kanzler an. 204 Maunz/Herzog, Lfg. 23, 1984, Art. 65 Rn. 94 f.; Stern, Bd. II, § 31 IV. 5. c), S. 315 f., 319; Badura, S. 581. 205 Badura (2), Rn. E 108, 110; J. Ipsen, Rn. 382; Wassermann/Schneider, Bd. 2, Art. 65 Rn. 8; Isensee/Schröder, Bd. 2, § 51 Rn. 50; Stern, Bd. II, § 31 IV. 5. c), S. 316, 319 f.; Badura, S. 573, 579 f., 581; Scheuner (4), S. 305 f.; Schambeck, S. 23, 45 f., 51, 55; Scheuner (2), S. 390 ff.; a. A. in bezug auf den zweiten Sinne Maunz/Herzog, Lfg. 23, 1984, Art. 65 Rn. 94, 95. 206 Badura (2), E 17, 108 ff.; Wassermann/Schneider, Bd. 2, Art. 65 Rn. 7; Isensee/Schröder, Bd. 2, § 51 Rn. 56; Isensee/Achterberg, § 52 Rn. 50; Maunz/Herzog,

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gierung kein Recht des Parlaments zum Ministersturz vor207. Es ist jedoch eine Frage des politischen Ermessens des Parlaments, ob und in welcher Weise es die parlamentarische Verantwortlichkeit der Bundesminister zum Anlaß einer Beschlußfassung nimmt. Dieser Vorgang hat nur die politische Folge einer Ansehensminderung des Ministers. Hingegen besteht eine rechtliche Wirkung auslösende Sanktionsmöglichkeit des Bundestages gegenüber den Bundesministern insofern nicht, als diese – anders als die Reichsminister nach Art. 54 WRV – keinem Mißtrauensvotum unterliegen208. Voraussetzung für die Ministerverantwortlichkeit ist, daß der Minister innerhalb seines Geschäftsbereiches im Rahmen der Richtlinie der Politik eine selbständige Entscheidungsfreiheit vom Bundeskanzler (Art. 65 S. 2 GG) und als Verantwortungsträger eine gewisse Distanz zum Parlament als Verantwortungsadressat hat209. (cc) Ministerialprinzip (Ministerialsystem) Die Ministerverantwortlichkeit ist auf das Ressort, das ihm zugeteilt ist, beschränkt. In diesem Ressort steht ein Minister an der Spitze einer aus mehreren (untergeordneten) Behörden bestehenden Verwaltungshierarchie, die zu dem Ministerium zusammengefaßt ist. Das Ministerialprinzip besagt, daß alle staatliche Tätigkeit im Bereich der vollziehenden Gewalt letztlich einem mit umfassender Weisungsbefugnis versehenen Minister untersteht, der innerhalb seines Geschäftsbereiches (Ressorts) die Handhabung der Exekutivgewalt leitet und gegenüber dem Parlament zu verantworten hat210. Dieses Prinzip wurde zuerst von Napoleon in Frankreich eingeführt und entwickelt. In diesem System wurde die gesamte Staatsverwaltung lückenlos nach Sachgebieten unter die Minister aufgeteilt. Es herrschte ein starres Unterordnungsprinzip mit uneingeschränktem Weisungsrecht. Napoleon bezweckte mit diesem System, seinen Maßnahmen auch auf zivilem Gebiet die höchste Durchschlagskraft zu sichern. Dieses im Nachbarland erfolgreiche System hatte auf Deutschland großen Einfluß. So wurde überall die Lfg. 21, 1983/84, Lfg. 23, 1984, § 62 Rn. 87 ff., § 65 Rn. 66, 67; Stern, Bd. II, § 31 IV. 5. c), S. 317 f.; Badura, S. 577; Kröger S. 153 ff. 207 Badura (2), Rn. E 108; Isensee/Schröder, Bd. 2,§ 51 Rn. 56; Maunz/Herzog, Lfg. 21, 1983/84, Art. 62, Rn. 77, Lfg. 23, 1984, Art. 65 Rn. 64; Badura, S. 576; v. Mangoldt/Epping, Bd. 2, Art. 67 Rn. 1 ff. 208 Badura (2), E 108; Isensee/Achterberg, Bd. 2, § 52 Rn. 51. 209 Maunz/Herzog, Lfg. 23, 1984, Art. 65 Rn. 54; v. Münch/Meyn, Bd. 2, Art. 65 Rn. 14 f.; v. Mangoldt/Schröder, Bd. 2, Art. 65 Rn. 27 ff., 45 ff.; J. Ipsen, Rn. 380; Scheuner, S. 305; Kröger, S. 28, 92 ff., verlangt eine vollständige Distanz des Parlaments von Regierung und Exekutive; Scheuner (2), S. 392. 210 Müller, S. 497; Stern, Bd. II, § 31 II. 4. c), S. 287 f.; Fichtmüller, S. 297.

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Verwaltungsspitze auf das Ressort- und Bürosystem umgestellt. Aber das starre Unterordnungsprinzip setzte sich in Deutschland nicht durch und es wurde z. B. Mittel- und Unterbehörden eine mehr oder minder ausgeprägte Selbständigkeit belassen. Unter Ministerialprinzip verstand man nur die Gliederung der Exekutivspitze in büromäßig aufgebaute, sachliche Ressorts. Erst in der Zeit des Konstitutionalismus wurde die oberste Leitung der Verwaltung, die vom Monarchen beliebig gestaltet werden konnte, dem Minister überlassen. Nach dem konstitutionellen Prinzip standen zwar dem Monarchen alle Rechte der Staatsgewalt zu, er durfte sie jedoch nur im Zusammenwirken mit einem Minister ausüben, der an Stelle des unverletzlichen Monarchen die Verantwortung übernahm. Nach der Zeit des Nationalsozialismus, in der die Leitung der Verwaltung von staatlichen Organen auf die Partei übergegangen war, wurde das Ministerialprinzip beim Wiederaufbau der Verwaltung nach 1945 ohne weiteres grundsätzlich eingeführt211. Die Minister als Ressortchefs und der Bundeskanzler bilden nach dem Ministerialprinzip die Bundesregierung. Die Aufgabe der Bundesregierung ist nach dem Grundgesetz die einheitliche Staatsleitung und die Vertretung des Staatsganzen. Sie dient also der Integration und Repräsentation des Staates. Die Bundesregierung erfüllt diese Aufgabe mit Hilfe des Verwaltungsapparates im Ministerialsystem und unter Mitwirkung des Parlaments im parlamentarischen Regierungssystem212. Grundsätzliche Aufgaben des Bundesministers sind erstens die Führung der Politik als Mitglied der Bundesregierung und zweitens der Vollzug der Gesetze als Ressortchef. Sie sind durch die Doppelfunktion des Ministers gekennzeichnet. Das Bundesministerium stellt somit unter der Leitung des Bundesministers die Schnittstelle zwischen Politik und Verwaltung dar, was die Einheit der Exekutive in ihren beiden Zweigen Regierung und Verwaltung sichert213. Im zweiten Aufgabenbereich hat die Ministerialverwaltung als Hilfsorgan der Regierung die Funktion einer Institution, die, „gegründet auf Sachwissen, fachliche Leistung und loyale Pflichterfüllung eine stabile Verwaltung sichern und damit einen ausgleichenden Faktor gegenüber den das Staatsleben ge211 Zur Entstehungsgeschichte s. Fichtmüller, S. 301 ff.; Jeserich/Knemeyer, Bd. 2, S. 136 ff., 140 f., 144 ff. 212 Badura (2), E 18; v. Münch/Meyn, Bd. 2, Art. 62 Rn. 10 ff.; Wassermann/ Schneider, Bd. 2, vor Art. 62 Rn. 4, Art. 62 Rn. 2, 4; J. Ipsen, Rn. 345; Badura, S. 573 f.; Schambeck, S. 15 f.; Fichtmüller, S. 325; vgl. Isensee/Schröder, Bd. 2, § 50 Rn. 4 ff.; Maunz/Herzog, Lfg. 18, 1980, Art. 20, Rn. 96 ff.; Lfg. 21, 1983/84, Art. 62 Rn. 51 ff.; v. Mangoldt/Schöder, Bd. 2, Art. 62 Rn. 18 ff. 213 BVerfG 31. 10. 1990 BVerfGE 83, 60 (72); Wassermann/Schneider, Bd. 2, Art. 62 Rn. 15 ff., 65 Rn. 7; Isensee/Loschelder, Bd. 3, § 68 Rn. 25; Jeserich/Kölble, Bd. 5, S. 184; Kölble, S. 25 ff.; Maunz/Herzog, Lfg. 23, 1984, Art. 65 Rn. 57 ff.; Stern, Bd. II, § 31 II. 4. c), S. 285; Kröger, S. 74; Böckenförde, S. 144 ff., 174, 204 f.; Köttgen, S. 104.

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staltenden politischen Kräften darstellen soll“214. Die Beamten sollen mit Abstand zur politischen Willensbildung neutral dem ganzen Volk dienen215. Die Ministerialverwaltung kann aber einerseits die ihr obliegende Beratungsaufgabe nicht ohne Kenntnis des politischen Kräftefeldes erfüllen, in dem die Entscheidung getroffen und durchgesetzt werden soll. Sie soll andererseits die Grenze als Hilfsorgan nicht überschreiten und selbst die Politik betreiben. Geboten ist hier die Unparteilichkeit der Verwaltung216. Um die Einheit der Amtsführung sicherzustellen, ist dem Bundesminister als Ressortchef ein personelles und fachliches Weisungsrecht gegenüber den nachgeordneten Stellen eingeräumt217. (dd) Parlamentarische Kontrolle Die eigenverantwortliche Amtsführung der Minister verlöre ihren Sinn, wenn ihr nicht entsprechende Kontrollbefugnisse des Parlaments gegenüberstünden. Die Kontrolle der Bundesminister durch das Parlament als Volksvertretung ist somit das Spiegelbild der parlamentarischen Ministerverantwortlichkeit. Die parlamentarische Kontrolle umfaßt dabei die Kontrolle der Regierung und darüber hinaus der gesamten Exekutive durch das Parlament, was eine Grundlage der demokratischen Legitimation für die Ausübung der Staatsgewalt ist218. Die Überwachung der Regierung219 und der ihr unterstellten Behörden ist seit der Übergabe der Staatsgewalt vom Monarchen auf das Volk das Rückgrat der Volkssouveränität (Art. 20 II GG) gewesen, die das Kernstück der modernen repräsentativen Demokratie darstellt220. Die demokratischen Organe müssen sich durch eine ununterbro214

BVerfG 17. 10. 1957 BVerfGE 7, 155 (162). §§ 52, 54 BBG; Badura (2), E 107; Köttgen, S. 104. 216 Kölble, S. 29, 31 f., 37 f.; vollkommener wäre die Unabhängigkeit der Verwaltung, die jedoch wegen der schwer zu trennenden ersten und zweiten Aufgabe der Bundesminister innerhalb des Ministerialsystems nicht zu gewährleisten ist. 217 § 55 II BBG; Wassermann/Schneider, Bd. 2, Art. 65 Rn. 7; Isensee/Achterberg, Bd. 2, § 52 Rn. 46; Jeserich/Kölble, Bd. 5, S. 185; Maunz/Herzog, Lfg. 21, 1983/84, Art. 62 Rn. 30 ff., Lfg. 23, 1984, Art. 65 Rn. 59; v. Mangoldt/Schröder, Bd. 2, Art. 65 Rn. 30. 218 Isensee/Böckenförde, Bd. 1, § 22 Rn. 24; Isensee/Klein, Bd. 2, § 40 Rn. 30 ff.; Isensee/Schröder, Bd. 2, § 51 Rn. 49; Maunz/Herzog, Lfg. 21, 1983/84, § 62, Rn. 85 ff., Lfg. 23, 1984, § 65 Rn. 91; Badura, S. 580; Schambeck, S. 45 f.; Scheuner (2), S. 384 f. 219 Die Kontrollkompetenz des Bundestages erstrecke sich grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge BVerfG 17. 7. 84 BVerfGE 67, 100 (139); die Kontrolle der Regierung erfolgt in der Tat durch die Minderheit im Parlament, die parlamentarische Opposition, da die Mehrheit normalerweise die Regierung politisch unterstützt und deshalb an wirksamer Kontrolle meist nicht interessiert ist s. Wassermann/Schneider, Bd. 2, vor Art. 62 Rn. 3. 215

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chene Legitimationskette auf das Volk zurückführen lassen, damit die demokratische Willensbildung erhalten bleibt und damit das Handeln der Leitungsorgane in der mittelbaren Demokratie des Art. 20 II GG als autorisiertes Handeln für das Volk und im Namen des Volkes gelten kann221. Das Grundgesetz sieht für das Verhältnis zwischen Legislative und Exekutive das parlamentarische Regierungssystem vor (Art. 63 bis 68 GG). Das parlamentarische Regierungssystem ist im Unterschied zum Präsidialsystem dadurch gekennzeichnet, daß die Regierung in ihrem Bestand vom Vertrauen des Parlaments bzw. dessen Mehrheit abhängig ist. Das Parlament ist befugt, gegebenenfalls die Regierung abzuberufen. Parlamentarische Regierung bedeutet eine vom Vertrauen der Parlamentsmehrheit getragene und dem Parlament verantwortliche Regierung. Die Staatsleitung steht somit Parlament und Regierung, die in einem Kooperations- und Spannungsverhältnis zueinander stehen, gemeinsam zu. Die parlamentarische Kontrolle, die auch in der Präsidialdemokratie zu finden ist, ist im parlamentarischen Regierungssystem viel stärker222. Das parlamentarische Regierungssystem ist weniger aus den rechtsstaatlich-gewaltenteilenden Wurzeln des Verfassungssystems zu erklären, als vielmehr aus seiner demokratischen Komponente223. (ee) Ministerialfreiheit (Ministerialfreie Räume) Wie oben dargestellt dient die Ministerverantwortlichkeit einerseits der Exekuktivkontrolle durch die parlamentarische Volksvertretung. Andererseits dient das Ministerialsystem im Rahmen der Ministerverantwortlichkeit gegenüber dem Parlament der neutralen, effektiven und einheitlichen Verwaltung in der modernen repräsentativen Demokratie. Hier stellt sich die Frage, ob es aus verfassungsrechtlicher Sicht innerhalb der Staatsexekutive Stellen geben darf, die von der obersten Stufe sachlich unabhängig und weisungsfrei – also außerhalb der behördlichen Hierarchie – selbständig staatliche Verwaltungsfunktionen ausüben. Es geht hier um die Freiheit von ministerialer Kontrolle, die eine Suspendierung des Ministerialprinzips in 220 BVerfG 31. 10. 1990 BVerfGE 83, 60 (72); Badura (2), D 10 f.; Kröger, S. 27; s. o. Kap. II, B. 3. (a) (6) (aa), (bb) und (cc). 221 BVerfG 12. 10. 1993 BVerfGE 89, 155 (182); BVerfG 31. 10. 1990 BVerfGE 83, 60 (71 ff.); BVerfG 1. 10. 1987 BVerfGE 77, 1 (40); BVerfG 24. 7. 1979 BVerfGE 52, 95 (130); BVerfG 15. 2. 1978 BVerfGE 47, 253 (275); Isensee/ Böckenförde, Bd. 2, § 30 Rn. 14 f. 222 Badura (2), E 16; v. Münch/Meyn, Bd. 2, Art. 62 Rn. 1a ff.; Wassermann/ Schneider, Bd. 2, vor Art. 62 Rn. 1 ff.; Isensee/Klein, Bd. 2, § 40 Rn. 31; Badura, S. 580; Schambeck, S. 22 f. 223 v. Münch/Meyn, Bd. 2, Art. 62 Rn. 5 f.

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einem Teilbereich der unmittelbaren Staatsverwaltung darstellt, mithin also einen ministerialfreien Raum bildet224. Zu unterscheiden ist davon die sog. mittelbare Staatsverwaltung. Sie liegt vor, wenn der Staat seine Verwaltungsaufgabe nicht selbst durch eigene Behörden erfüllt, sondern rechtlich selbständigen Organisationen zur Erledigung überträgt oder überläßt225. Bei der unmittelbaren Staatsverwaltung erfüllt der Staat hingegen seine Aufgaben durch eigene Behörden226. Nach dem Prinzip der Ministerverantwortlichkeit können dem Minister Fehlleistungen nur innerhalb seines Ressorts zugerechnet werden. Ministerialfreiheit schaltet diese Ministerverantwortlichkeit vor dem Parlament aus. Denkbar ist eine Einflußnahme des Parlaments auf die Exekutive über die Gesetzgebung, die Haushaltsplanfestsetzung und die Entsendung von Vertretern in die Exekutivorgane. Jedoch ist eine laufende Überwachung bestimmter Verwaltungstätigkeiten praktisch nur in geringem Umfang möglich227. Im Hinblick auf eine wirksame parlamentarische Kontrolle sind daher gegen die Ministerialfreiheit verfassungsrechtliche Bedenken erhoben worden228. Diese werden im wesentlichen auf Art. 20 II 1 (Grundsatz der Volkssouveränität) und 20 II 2 (Gewaltenteilungsprinzip), 65 S. 2 (Eigenverantwortlichkeit der Ressortsminister) und 83 ff. (Verwaltungskompetenzen, -monopol) GG gestützt. Das geltende Bundesverfassungsrecht schreibt einerseits kein lückenloses Ministerialsystems vor, andererseits läßt es die Ministerialfreiheit auch nicht ausdrücklich zu229. In Staatspraxis und Literatur sind jedoch eine Reihe von Fällen der Ministerialfreiheit anerkannt. In Betracht kommen als ministerialfreie Verwaltungsorgane auf Bundesebene, außer der Eigenverwaltung der obersten Staats- und Verfassungsorgane wie Bundestag, Bundesrat, Bundespräsidenten und Bundesverfassungsgericht als Scheinformen der Ministerialfreiheit230, erstens Kontrollorgane der Verwaltung wie Bundesrechnungshof, Bundesschuldenverwaltung, Bundespersonalausschuß, Einigungsstellen, die der Sicherung der ordnungsgemäßen Verwaltung dienen. Zweitens Verwaltungsorgane mit Beurteilungsfunktionen 224 Müller, S. 497, 508; Stern, Bd. II, § 41 IV. 10. b), S. 790; E. Klein, S. 58 ff.; Fichtmüller, S. 298; Loening, S. 179 f.; zur negativen und positiven Abgrenzung des Begriffs der Ministerialfreiheit und des ministerialfreien Raumes s. Müller, S. 498. 225 Maurer, § 23 Rn. 1. 226 Müller, S. 498; E. Klein, S. 102 ff. 227 Fichtmüller, S. 330 f.; einige Autoren betrachten daher die Ministerialfreiheit als die Parlamentsfreiheit so Müller, S. 498; E. Klein, S. 67; Böckenförde, S. 96 f., 146; Loening, S. 180. 228 Böckenförde, S. 197 f., 251; Loening, S. 179 f.; Haas, S. 22 f.; übersichtlich s. v. Bonin, S. 166 ff.; E. Klein, S. 151 ff. 229 Müller, S. 503 f.; Fichtmüller, S. 317 ff. 230 Müller, S. 498 ff.; E. Klein, S. 58.

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wie Bundesaufsichtsamt für die Privatversicherung und das Bausparwesen, Bundespatentamt, Bundessortenamt, Staatliche Prüfungsausschüsse, Bundesoberseeamt usw., die streng an das Gesetz gebunden und sachlogisch beurteilen müssen und deshalb nicht in den Dienst politischer Gestaltung gestellt werden können. Drittens die Verwaltung von Sondervermögen wie die Lastenausgleichsverwaltung. Viertens organschaftliche Selbstverwaltungen wie Hauptausschuß und Fachausschüsse zur Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen, Heimarbeitsausschüsse, Tarifausschuß beim Bundeswirtschaftsminister, Frachtausschuß usw. Fünftens politisch neutrale Exekutive wie die Bundesbank, die trotz erheblicher politischer Tragweite zur Währungsstabilität ausnahmsweise von dem Ministerialprinzip oder von der parlamentarischen Kontrolle ausgenommen worden ist231. Nach Meinung der Befürworter der Ministerialfreiheit ist die parlamentarische Kontrolle der Exekutive zwar die ureigene Funktion jedes Parlaments und erst recht des parlamentarischen Regierungssystems in der modernen repräsentativen Demokratie. Zum Prinzip der Demokratie gehöre aber auch das Gewaltenteilungsprinzip, das vom parlamentarischen Regierungssystem zum Teil durchbrochen wird. Das Gewaltenteilungsprinzip verlange neben der Funktionsverteilung ein Gleichgewicht der politischen Kräfte und die Mäßigung aller Machtstellung. Die Demokratie brauche sich nicht in der Beherrschung des Staatsapparates durch das Parlament zu verwirklichen. Die Kontrolle der Exekutive stelle daher nur einen Faktor der freiheitlichen Demokratie dar232. Umgekehrt sei das Staatsleitungsmonopol der Regierung nach dem Gewaltenteilungsprinzip auch nicht gewünscht. Ministerialfreie Räume erforderten jedoch eine verfassungsrechtliche Zulassung, da sie das parlamentarische Prinzip nach Art. 65, 67 und 68 GG durchbrächen. Sie sei auf gesetzlicher oder gewohnheitsrechtlicher Basis ausnahmsweise dann gegeben, wenn gewichtige sachliche Gründe dafür sprächen, nämlich, wenn bestimmte Verwaltungstätigkeiten politisch neutralisiert werden müßten, wenn ein der Rechtsprechung ähnliches Kontrollverfahren eingeführt werden solle, oder wenn es sich um Prüfungsentscheidungen handle233. Ferner stellt sich die Frage, wo die Grenze der Errichtung ministerialfreier Räume liegt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerich231 Wassermann/Bull, Bd. 2, Art. 86 Rn. 27 ff.; Badura (2), G 60; Müller, S. 500 ff.; Stern, Bd. II, § 41 IV. 10. b), S. 790; E. Klein, S. 74 ff., 153 ff.; Füsslein, S. 155 ff.; Fichtmüller, S. 308 ff. 232 Fichtmüller, S. 333 f.; a. A. E. Klein, S. 172 ff. 233 Wassermann/Bull, Bd. 2, Art. 86 Rn. 27; v. Mangoldt/Sommermann, Bd. 2, Art. 20 Rn. 163; v. Mangoldt/Burgi, Bd. 3, Art. 86 Rn. 63, Art. 87 Rn. 30, 37, 94, 127; Fichtmüller, S. 318 ff., 328 ff., 340 ff., 345 ff., 351 f.; vgl. Maunz/Lerche, Lfg. 28, 1989, § 86, Rn. 70; Isensee/Böckenförde, Bd. 1, § 22 Rn. 24; übersichtlich s. v. Bonin, S. 166 ff.

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tes und der h. M. dürfen die Aufgaben der Regierung mit „politischer Tragweite“ nicht generell der Regierungsverantwortung entzogen und auf von Regierung und Parlament unabhängige ministerialfreie Stellen übertragen werden, da solche politischen Aufgaben der parlamentarischen Kontrolle unterliegen müssen. Dies sei ein zwingendes Gebot der demokratischen rechtsstaatlichen Verfassung. Ministerialfreie Stellen seien daher mit dem Prinzip des demokratischen Rechtsstaates (Art. 28 I 1 GG) unvereinbar und verfassungswidrig, wenn sie im Bereich der politischen Gestaltung tätig würden und wesentliche Teilfragen der Exekutive zu regeln hätten234. Die andere Ansicht behauptet zu Recht: Nach diesem generellen Kriterium sei die Tatsache nicht zu erklären, daß innerhalb der vollziehenden Gewalt Aufgaben mit erheblichem politischem Gewicht nicht von der Regierung selbst, sondern von anderen Stellen wahrgenommen würden. Hierfür biete die Deutsche Bundesbank ein Beispiel235. Aufgrund des Demokratiegebotes müßten das Parlament und die ihm verantwortlichen Organe in allen Fällen den Einfluß auf die Gestaltung der Gesamtpolitik behalten, um die Bildung eines Staates im Staate zu verhindern. Die Grenze solle darin liegen, daß nicht ganze Exekutivbereiche neutralen Stellen überlassen werden dürften und die Grundlinien durch einen festen Auftrag genau umrissen sein müßten236. Die Einrichtung, Veränderung oder Aufhebung ministerialfreier Räume bedarf eines förmlichen Gesetzes (Art. 86 II GG). Im Einrichtungsgesetz sind der Gegenstand und die Grenzen der ministerialfreien Verwaltungstätigkeit konkret zu umschreiben237. Ein gesetzlicher Verzicht des Parlaments auf sein Kontrollrecht ist nur insoweit zulässig, als die Verfassung selbst die Exekutivkontrolle durch das Parlament nicht zwingend vorgeschrieben hat238.

234 BVerfG 20. 6. 1967 BVerfGE 22, 106 ff. (113), BVerfG 27. 4. 1959 BVerfGE 9, 268 ff. (282); Wassermann/Bull, Bd. 2, Art. 86 Rn. 27; Maunz/Herzog, Lfg. 23, 1984, § 65 Rn. 104; Müller, S. 504; Stern, Bd. II, § 41 IV. 10. b), S. 790 f.; parlamentarische Kontrolle nur bei politischen Grundentscheidungen s. Fichtmüller, S. 344. 235 v. Bonin, S. 169; v. Arnim, S. 366; v. Mangoldt/Burgi, Bd. 3, Art. 86 Rn. 63, Art. 87 Rn. 30, 37, 94, 127; Samm, S. 98; zur politischen Rolle der Bundesbank s. Wassermann/Faber, Bd. 2, Art. 88 Rn. 1; zur Deutschen Bundesbank s. u. Kap. II, B. 3. (a) (7). 236 Vgl. Maunz/Lerche, Lfg. 28, 1989, § 86, Rn. 70; Fichtmüller, S. 349. 237 Müller, S. 504, 508. 238 Maunz/Herzog, Lfg. 23, 1984, § 65 Rn. 99 ff.; Müller, S. 504; Fichtmüller, S. 329; eingehend auf die sog. „Verzichtstheorie“ s. E. Klein, S. 190 ff.; Fichtmüller, S. 329.

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(7) Deutsche Bundesbank (aa) Aufgabe Nach Art. 88 GG und dem „Gesetz über die Deutsche Bundesbank“ ist die Deutsche Bundesbank als Zentralnotenbank errichtet worden. Die Bundesbank ist eine bundesunmittelbare juristische Person des öffentlichen Rechts. Ihre gesetzliche Hauptaufgabe ist, mit Hilfe der währungspolitischen Befugnisse, die ihr nach dem Gesetz zustehen, den Geldumlauf und die Kreditversorgung der Wirtschaft mit dem Ziel zu regeln, die Währung zu sichern und für die bankmäßige Abwicklung des Zahlungsverkehrs im Inland und mit dem Ausland zu sorgen (§ 3 BBankG). In ihrer Eigenschaft als Notenbank hat die Bundesbank das ausschließliche Recht, Banknoten auszugeben, die das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel sind (§ 14 BBankG). Somit ist die Bundesbank in ihrer Funktion als Hüterin der Währung zu einer wichtigen politischen Instanz geworden. Das Ziel der Währungspolitik ist die Währungsstabilität, die als Grundvoraussetzung für eine Marktwirtschaft und damit mittelbar auch für eine freiheitliche Staatsund Gesellschaftsordnung anzusehen ist. Sie erscheint deshalb als ein absolut zu schützender Wert239. (bb) Funktionsbezogene Unabhängigkeit Die Deutsche Bundesbank regelt zu diesem Zweck Umlauf und Menge des Geldes, welches das Blut der Wirtschaft darstellt. § 12 BBankG bestimmt, daß die Bundesbank „bei der Ausübung der Befugnisse, die ihr nach diesem Gesetz zustehen, von Weisungen der Bundesregierung unabhängig“ ist. Unter dem Begriff der Unabhängigkeit oder Autonomie der Bundesbank wird nach dem Scharnberg-Bericht verstanden, „daß die Bank bei ihren währungspolitischen Entscheidungen nicht der parlamentarischen Kontrolle unterliegt, nicht an Weisungen der Bundesregierung gebunden ist und nicht unter Einfluß potenzieller Interessenten an einer für die Sicherheit unserer manipulierten Währung gefährlichen Ausdehnung des Geldvolumes gerät“. Die Bundesbank ist demzufolge keinem Ressort der Bundesregierung zugeordnet und bei der Ausübung der ihr zustehenden Befugnisse von Weisungen der Bundesregierung unabhängig (§ 12 S. 2 BBankG). Die Bundesbank als Trägerin der Währungshoheit ist trotz wesentlicher politischer Kompetenz ministerialfrei und dementsprechend der mit Sanktions239 Badura (2), Rn. G 78, I 81 f.; Stern, Bd. II, § 35 I. 4., S. 470 ff., § 35 II. 2. d), S. 478 und § 35 III., 478 ff.; Lampe, S. 34 ff.; Samm, S. 62 ff.; Fichtmüller, S. 315; BT-Drucks. II/2781, S. 25.

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möglichkeiten versehenen parlamentarisch-demokratischen Kontrolle durch den Bundestag entzogen. Sie bildet somit einen Fremdkörper im modernen Demokratieprinzip. Der Bundeskanzler und die Bundesminister sind ihrerseits von der parlamentarischen Verantwortlichkeit bezüglich der Währungs- und Kreditpolitik der Bundesbank befreit. Der Bundestag kann lediglich in seinen Beratungen die Politik der Bundesbank oder einzelne ihrer Maßnahmen diskutieren und kritisieren. Die Unabhängigkeit besteht nur gegenüber der Bundesregierung, aber nicht gegenüber der Gesetzgebung und, in bezug auf die rechtliche Vereinbarkeit der Akte der Bank mit den Gesetzen, auch nicht gegenüber der Rechtsprechung. Diese Unabhängigkeit der Bundesbank beruht auf einfachem Bundesgesetz240. Umstritten ist die Verfassungsmäßigkeit der Unabhängigkeit. Einige Autoren halten die Unabhängigkeit der Bundesbank aufgrund des vorkonstitutionellen Gesamtbildes als ungeschriebenen Verfassungsgrundsatzes241, aus dem Wortlaut und dem Sinn des Art. 88 GG242, aus dem Sozialstaatsgebot243 oder aus der systematischen Stellung des Art. 88 GG244 für verfassungsrechtlich garantiert. Die Unabhängigkeit der Bundesbank ist aber nach der h. M. nicht durch das Grundgesetz garantiert. Mehrere Untersuchungen zeigen, daß es kein vorkonstitutionelles Gesamtbild gibt245. Ebensowenig findet die Verfassungsgarantie der Bundesbankautonomie ihre Rechtfertigung im Wortlaut oder Sinn des Art. 88 GG. Wortlaut und Stellung der Vorschrift sprechen gegen eine verfassungsrechtliche Unabhängigkeitsgarantie, da diese wegen ihrer Besonderheit im ausdrücklichen Wortlaut zum Aus240 BT-Drucks. II/3603 S. 5; v. Münch/Bauer, Bd. 3, Art. 88, Rn. 20 ff.; Maunz/ Herdegen, Lfg. 34, 1998, § 88 Rn. 53 ff.; Badura (2), Rn. G 78; Gramlich (2), § 12 Rn. 2; Stern, Bd. II, § 35 I. 4. c) und d), S. 469 f.; Samm, S. 76 ff.; Beck, Rn. E 145; zur Ministerialfreiheit s. o. Kap. II, B. 3. (a) (6) (ee); zum Verhältnis der Bundesbank zur Bundesregierung, Rechtsprechung und Gesetzgebung s. Stern, Bd. II, § 35 V. 3. a), S. 499 f., § 35 V. 4. und 6., S. 502 f. und 505 f.; Lampe, S. 19 ff., 38 ff. 241 BT-Drucks. II/2781, S. 25, S. 49; Wassermann/Faber, Bd. 2, Art. 88 Rn. 20 f.; v. Münch/Bauer, Bd. 3, Art. 88, Rn. 11; Gramlich (2), § 12 Rn. 2 ff.; H. J. Hahn, S. 9 f.; Beck, Rn. E 144; Starke, S. 607; Uhlenbruck, S. 22 ff. 242 Wassermann/Faber, Bd. 2, Art. 88 Rn. 20 f.; Maunz/Herdegen, Lfg. 34, 2001, § 88 Rn. 53 f.; Fögen, S. 104 f.; Uhlenbruck, S. 22 ff.; Samm, S. 177 ff.; Köttgen (2), S. 280 f.; Döll, S. 668 f. 243 Prost, S. 118 f. 244 Samm, S. 180 f. 245 BVerwG 29. 1. 1973 BVerwGE 41, 334 ff. (354 ff.); v. Münch/Bauer, Bd. 3, Art. 88 Rn. 11; Schmidt-Bleibtreu/Klein, Art. 88, Rn. 5; Stern, Bd. II, § 35 V. 2. b) und c), S. 494 ff.; Wandel, S. 67; Gramlich, S. 533; v. Mangoldt/Blanke, Bd. 3, Art. 88 Rn. 2 f., 24 ff.; R. Schmidt, S. 666; Faber, S. 53, 64 f.; Prost, S. 116 f.; Samm, S. 167 ff.; Fichtmüller, S. 315; Vorbrugg, S. 298 f.; Arndt, S. 100 ff., 135 f.; Maunz/Herdegen, Lfg. 34, 1998, § 88 Rn. 53 f.

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druck kommen müßte. Es ist zwar richtig, daß nach allgemeinen Erfahrungen die Zentralbank mit möglichst weitgehender Unabhängigkeit ausgestattet sein sollte. Aber dies führt nicht unbedingt dazu, daß die Währungsbank begriffsnotwendig von der Regierung unabhängig sein muß. Im gesamten staatlichen Bereich werden vielfältige öffentliche Aufgaben von abhängigen Institutionen wahrgenommen, ohne daß an deren Funktionsfähigkeit gezweifelt wird. Daß Währungspolitik auch in Weisungsgebundenheit und parlamentarischer Verantwortung möglich ist, zeigen beispielsweise die Verhältnisse in anderen demokratischen Staaten. Die Bundesbank mag ihre Aufgabe durch die Unabhängigkeit besser erfüllen können; unerläßlich ist diese aber nicht246. Das Sozialstaatsgebot als Argument für die Zentralbankautonomie kann aus dem gleichen Grund nicht überzeugen. Auch die systematische Stellung des Art. 88 GG begründet keine durch die Verfassung garantierte Unabhängigkeit der Bundesbank. Art. 88 GG als lex specialis besagt nur, daß der Bund zur Errichtung der Bundesbank verpflichtet ist, und daß bei der Wahl der Organisationsform der Bundesbank die Vorgabe der Art. 87 GG nicht beachtet werden müssen247. Gegner stützen sich auf die Lehre von den Zulässigkeitsgrenzen ministerialfreier Räume („politische Tragweite“) und halten die Unabhängigkeit der Bundesbank für verfassungsrechtlich bedenklich oder sogar für verfassungswidrig, da die Aufgabe der Bundesbank, die Währung zu sichern („Leitung der Währungspolitik“), von erheblicher politischer Tragweite sei248. Im Hinblick auf den Sinn und Zweck der parlamentarischen Kontrolle der Exekutive einerseits und die parlamentarische Einflußnahme auf die Exekutive andererseits ist diese „politische Tragweite“ als Gesichtspunkt für die Zulässigkeitsgrenze der Ministerialfreiheit nicht geeignet249. Nach einer dritten heute überwiegend vertretenen Meinung ist Art. 88 GG neutral und stellt dem Gesetzgeber die Gestaltung der Währungs- und Notenbank durch einfaches Gesetz frei250. Die Unabhängigkeit der Bundesbank sei aufgrund des allgemeinen Grund246 BVerwG 29. 1. 1973 BVerwGE 41, 334 ff. (354); v. Münch/Bauer, Bd. 3, Art. 88 Rn. 11; Wassermann/Faber, Bd. 2, Art. 88 Rn. 14; a. A. Maunz/Herdegen, Lfg. 34, 1998, § 88 Rn. 53 ff.; Stern, Bd. II, § 35 V. 2. b) und c), S. 494 ff.; v. Mangoldt/Blanke, Bd. 3, Art. 88 Rn. 28 ff.; R. Schmidt, S. 667 ff.; Faber, S. 53 f.; O. Hahn, S. 232 f.; Fichtmüller, S. 315; Arndt, S. 100 ff., 135 f. 247 v. Münch/Bauer, Bd. 3, Art. 88 Rn. 8; vgl. Maunz/Herdegen, Lfg. 34, 1998, § 88 Rn. 53 ff.; R. Schmidt, S. 669. 248 BVerfG 20. 6. 1967 BVerfGE 22, 106 ff. (113), BVerfG 27. 4. 1959 BVerfGE 9, 268 ff. (282); Wassermann/Faber, Bd. 2, Art. 88 Rn. 22; v. Bonin, S. 166 ff.; E. Klein, S. 215; Vorbrugg, S. 297 ff. 249 Zum Ministerialprinzip und zur parlamentarischen Kontrolle s. o. Kap. II, B. 3. (a) (6) (cc) und (dd); zur Einflußnahme der politischen Parteien auf das Parlament und die Regierung s. u. Kap. IV, C. 3. 250 Wassermann/Faber, Bd. 2, Art. 88 Rn. 23; Stern, Bd. II, § 35 V. 2. C) und 3., S. 497 ff.; v. Mangoldt/Blanke, Bd. 3, Art. 88 Rn. 32.

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satzes der Ministerialfreiheit ausnahmsweise sachlich legitimiert und zulässig. Die Begründungen differieren allerdings: Eine politische Neutralisierung sei für den Sachverstand geboten251. Eine unabhängige Zentralbank funktioniere, wie die Geschichte zeigt, zur Erhaltung einer stabilen Währung besser252. Die Bundesbank sei in ein System von Abhängigkeit persönlicher und sachlicher Art eingebunden253. Die Aufgabe der Bundesbank sei auf den Bereich der Währungssicherung begrenzt254. Die Bundesbank sei an die Zielbestimmung der Bundesregierung gebunden255. Die Bundesbankautonomie sei durch die wirtschaftstheoretisch geforderte heteronome Regelbindung beschränkt256. Die persönliche und sachliche Abhängigkeit der Bundesbank, die Begrenzung ihrer Aufgabe oder die Bindung der Bundesbank an die Zielbestimmung der Bundesregierung oder an die heteronome monetaristische Regel, die eine beliebige Währungspolitik seitens der Bundesbank ausschließen soll, ist jeweils für die Rechtfertigung der Autonomie unzureichend. Zusammenfassend wird argumentiert, daß die Unabhängigkeit der Bundesbank durch verschiedene Elemente eingeschränkt werde und somit nicht vollständig und daher verfassungsmäßig sei. Diese Argumente sagen aber nichts darüber aus, warum die funktionelle Unabhängigkeit der Bundesbank wünschenswert ist. Es soll nicht nur eine negative Begründung in dem Sinne gegeben werden, warum die Bundesbank unabhängig sein kann, sondern auch ferner eine positive, warum sie unabhängig sein soll. In diesem Zusammenhang werden die ersten zwei Ansätze in Betracht gezogen. Die Funktionssicherung der Bundesbank basiert auf dem Sachverstand, dem die Neutralität und Objektivität zugrunde liegt. Zu untersuchen ist nun, warum 251 Wassermann/Faber, Bd. 2, Art. 88 Rn. 20, 23; H. J. Hahn (2), S. 36; v. Arnim, S. 360 f., 364 f.; Stern, Bd. II, § 35 V. 2. c), S. 497, § 35 V. 6., S. 508; v. Mangoldt/Blanke, Bd. 3, Art. 88 Rn. 32; R. Schmidt, S. 678; Faber, S. 65 f.; Fichtmüller, S. 314 ff., 349 ff.; Vorbrugg, S. 300 Fn. 22; politische Neutralisierung als allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Ministerialfreiheit s. o. Kap. II, B. 3. (a) (6) (ee). 252 BVerwG 29. 1. 1973 BVerwGE 41, 334 ff. (354); v. Münch/Bauer, Bd. 3, Art. 88 Rn. 11; Maunz/Herdegen, Lfg. 34, 1998, § 88 Rn. 53 ff. Stern, Bd. II, § 35 V. 2. C) und 3., S. 497 ff., § 35 V. 6., S. 508; v. Mangoldt/Blanke, Bd. 3, Art. 88 Rn. 32; R. Schmidt, S. 667 ff. 253 BVerwG 29. 1. 1973 BVerwGE 41, S. 334 ff. (357); Wassermann/Faber, Bd. 2, Art. 88 Rn. 23; R. Schmidt (2), S. 73; v. Arnim, S. 358: „eine mittelbare formal-demokratische Legitimation“. 254 Wassermann/Faber, Bd. 2, Art. 88 Rn. 23; R. Schmidt (2), S. 73; Stern, Bd. II, § 35 V. 6., S. 508; R. Schmidt, S. 677; Fichtmüller, S. 349; H. J. Hahn (2), S. 36. 255 Wassermann/Faber, Bd. 2, Art. 88 Rn. 23; Faber, S. 27 ff., 73; Arndt, S. 304 ff., 353 f.: „de facto von Weisungen abhängig“. a. A., v. Bonin, S. 236 f.; Möschel, S. 58 ff. 256 Wassermann/Faber, Bd. 2, Art. 88 Rn. 24.

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die Entpolitisierung geboten ist. Der Grund für die Unabhängigkeit der Bundesbank liegt darin, das Währungswesen dem Zugriff von Interessengruppen und den an einer Wiederwahl interessierten politischen Mandatsträgern zu entziehen257. Diese Frage knüpft mithin an die Suche nach dem allgemeinen Zulässigkeitsgrund für die Ministerialfreiheit angesichts der Kontrollfunktion des Parlaments über die Exekutive an258. Da die parlamentarische Kontrolle der Exekutive eine Form der modernen repräsentativen Demokratie darstellt, wird auf diese Frage im folgenden näher eingegangen259.

(cc) Unterstützungspflicht und Zusammenarbeit Andererseits ist auch bei Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank, wegen des engen Zusammenhangs der Währungs- mit der allgemeinen Wirtschaftspolitik, eine Zusammenarbeit von Bundesregierung und Bundesbank unerläßlich. Das geltende Gesetz über die Deutsche Bundesbank bringt diesen Gedanken in der Form zum Ausdruck, daß es ihr, wenn auch unter dem Vorbehalt, daß ihre eigene Aufgabe gewahrt bleiben müsse, die Pflicht auferlegt, die allgemeine Wirtschaftspolitik der Bundesregierung zu unterstützen (§ 12 S. 1 BBankG). Die Bundesbank braucht nur an der Verwirklichung der allgemeinen Wirtschaftspolitik der Bundesregierung, die der Stabilität der Währung (§ 3 BBankG) nicht entgegensteht, mitzuwirken, jedoch nicht jede Einzelmaßnahme zu unterstützen260. Aufgrund dieses Gebots der Zusammenarbeit hat die Bundesbank die Bundesregierung in währungspolitisch wesentlichen Angelegenheiten zu beraten und ihr auf Verlangen Auskunft zu geben (§ 13 I BBankG). Ferner soll der Präsident der Bundesbank zu Kabinettsberatungen über Angelegenheiten von währungspolitischer Bedeutung hinzugezogen werden (§ 13 III BBankG). Die Mitglieder der Bundesregierung können andererseits an den Beratungen des Zentralbankrats teilzunehmen, jedoch ohne Stimmrecht (§ 13 II BBankG)261. Dieses gegen257 BVerfG 12. 10. 1993 BVerfGE 89, 155 (208); Regierungsentwurf zum Bundesbankgesetz, BTDrucks. II/2781, S. 24 f. 258 Zur Ministerialfreiheit s. o. Kap. II, B. 3. (a) (6) (ee). 259 Zur Einflußnahme der politischen Parteien auf das Parlament und die Regierung s. u. Kap. IV, C. 3. 260 Gramlich (2), § 12 Rn. 11 f., § 13 Rn. 2 f.; Maunz/Herdegen, Lfg. 34, 1998, § 88 Rn. 57; Stern, Bd. II, § 35 V. 3. b), S. 500 f.; Beck, Rn. K 305 ff.; zum Konflikt zwischen Bundesregierung und Bundesbank s. Wassermann/Faber, Bd. 2, Art. 88 Rn. 6; R. Schmidt (2), S. 75 f.; Caesar, S. 188 ff.; Kaiser, S. 57 ff.; v. Bonin, S. 222 ff.; Robert, S. 17 ff., S. 47 ff. 261 Gramlich (2), § 13 Rn. 4 ff., Rn. 8; Stern, Bd. II, § 35 V. 3. c), S. 501 f.; Lampe, S. 51 ff.; Beck, Rn. K 319 ff., 324 ff.

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seitige Verhältnis ermöglicht einen ständigen Kontakt und eine Koordinierung zwischen beiden Institutionen. (dd) Organisationsstruktur und personelle Besetzung Trotz Unabhängigkeit bleibt die Deutsche Bundesbank ein Teil der Exekutive und stellt nicht etwa eine eigenständige Staatsgewalt neben der Exekutive dar. Dies ergibt sich einerseits aus der systematischen Stellung von Art. 88 im VIII. Abschnitt des GG, zum anderen aus der abschließenden Aufzählung der drei Staatsgewalten in Art. 22 II GG262. Die Bundesbank ist als Kompromiß zwar organisatorisch einheitlich und zentral, jedoch mit Rücksicht auf die föderalistische Struktur Deutschlands aufgebaut. Dies zeigen die Organisationstruktur, die personelle Besetzung der Bundesbank und Geschäftsverteilung263. Die Bundesbank unterhält in jedem Bundesland eine Hauptverwaltung, die die Bezeichnung Landeszentralbank trägt (§ 8 I BBankG). Sie sind die Hauptfilialen der Bundesbank und ihre Landeskopfstellen. Unter den Landeszentralbanken darf die Bundesbank ferner Zweiganstalten unterhalten, die sich in Hauptstellen und in diesen nach- bzw. zugeordnete Zweigstellen gliedern (§ 10 S. 1, 3 BBankG). Die Leiter der Hauptstellen unterstehen der zuständigen Landeszentralbank (§ 10 S. 2 BBankG). Organe der Bundesbank sind der Zentralbankrat, das Direktorium und die Vorstände der Landeszentralbanken (§ 5 BBankG). Der Zentralbankrat bestimmt die Währungs- und Kreditpolitik (§ 6 I 1 BBankG). Er stellt allgemeine Richtlinien für die Geschäftsführung und Verwaltung auf und kann auch im Einzelfall dem Direktorium und den Vorständen der Landeszentralbanken Weisungen erteilen (§ 6 I 1, 2 BBankG). Dem Direktorium obliegt die Durchführung der Beschlüsse des Zentralbankrates sowie die Leitung und Verwaltung der Bank, soweit nicht Vorstände der Landeszentralbanken zuständig sind (§ 7 I 1 BBankG). Dem Vorstand der Landeszentralbanken ist die eigenständige Geschäftsführungsbefugnis bezüglich ländereigener Angelegenheiten zugewiesen (§ 8 II BBankG). Bei jeder Landeszentralbank wird ein Beirat gebildet, der über Fragen der Währungs- und Kreditpolitik mit dem Präsidenten und über die weiteren Aufgaben mit dem Vorstand der Landeszentralbank beraten soll (§ 9 I BBankG). An den Beratungen können auch die zuständigen Landesminister teilnehmen und die Einberufung des Beirates verlangen (§ 9 IV 2, 3 BBankG). Der Zentralbankrat besteht aus dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten der Bundesbank, den weiteren Mitgliedern des Direktoriums sowie den 262 263

v. Münch/Bauer, Bd. 3, Art. 88, Rn. 15. Beck, Rn. E 117 ff., K 114 ff., 228 ff.; Stern, Bd. II, § 35 IV. 1, S. 488.

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Präsidenten der Landeszentralbanken (§ 6 II BBankG). Der Zentralbankrat entscheidet kollegial mit einfacher Stimmenmehrheit (§ 6 III 2 BBankG). Das Direktorium besteht hingegen aus dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten der Bundesbank sowie bis zu acht weiteren Mitgliedern (§ 7 II BBankG). Das Direktorium entscheidet ebenso kollegial mit einfacher Stimmenmehrheit (§ 7 V 2 BBankG). Der Vorstand der Landeszentralbanken besteht aus dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten (§ 8 III 1 BBankG). Der Präsident und der Vizepräsident der Bundesbank sowie die weiteren Mitglieder des Direktoriums werden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung, die dabei den Zentralbankrat anzuhören hat, für acht Jahre, ausnahmsweise auch für kürzere Zeit, mindestens jedoch für zwei Jahre bestellt (§ 7 III BBankG). Dadurch ist der Bundesregierung die Möglichkeit eröffnet worden, im Wege der Personalpolitik die Bundesbank zu beeinflussen. Die Präsidenten der Landeszentralbanken werden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag des Bundesrates, der die nach Landesrecht zuständige Stelle – in der Regel die Landesregierung – und den Zentralbankrat anzuhören hat. Die Vizepräsidenten und die weiteren Vorstandsmitglieder hingegen werden auf Vorschlag des Zentralbankrats vom Präsidenten der Bundesbank, für acht Jahre, ausnahmsweise auch für kürzere Zeit, mindestens jedoch für zwei Jahre berufen (§ 8 IV BBankG). Die Mitglieder des Beirates werden auf Vorschlag der zuständigen Landesregierung und nach Anhörung des Vorstandes der Landeszentralbank durch den Präsidenten der Bundesbank für drei Jahre ernannt (§ 9 III BBankG). Durch Mitwirkung des Bundesrates oder mit Hilfe eines eigenen Vorschlagsrechts können die Landesregierungen Einflüsse auf die personelle Besetzung der Landeszentralbanken nehmen. Dies spiegelt den föderalistischen Staatsaufbau Deutschlands wider264. (8) Stellungnahme (aa) Zur Ministerverantwortlichkeit Die die Unabhängigkeit des Bundeskartellamts ablehnende Meinung stützt sich auf die Ministerverantwortlichkeit, die quasi das spiegelbildliche Gegenstück der parlamentarischen Kontrolle der Exekutive ist. Die Kontrolle der Exekutive ist die ureigenste Funktion jeden Parlaments und dem parlamentarischen Regierungssystem zur Gewährleistung der Volkssouveränität und der repräsentativen Demokratie immanent. Im Ministerialsystem werden Behörden in diese Kontrollkette – Behörde-Ministerium-Regierung264 Zur Organisation der Bundesbank s. Gramlich (2), § 8 Rn. 19; Beck, Rn. K 237; Stern, Bd. II, § 35 IV., S. 488 ff.; v. Bonin, S. 182 ff.

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Parlament – eingegliedert. Das Ministerialprinzip dient in erster Linie der Einbeziehung der Behörden in die parlamentarische Kontrolle. Die einheitliche Staatsleitung und Verwaltung durch die streng hierarchische Verwaltungsstruktur mit Weisungsbefugnis des Vorgesetzten gegenüber ihm unterstellten Bediensteten ist als Ziel des Ministerialsystems eher sekundär, da sie auch durch die Kooperation zwischen voneinander unabhängigen Organen gewährleistet werden kann, wie dies beim Verhältnis zwischen Bundesregierung und Bundesbank der Fall ist. Möglich ist auch die Kontrolle der Verwaltung unmittelbar durch das Parlament, ohne Einschaltung einer Ministerialinstanz265. Alle hier erwähnten Grundsätze dienen schließlich der Gewährleistung der Volkssouveränität. Zulässig ist daher die Ministerialfreiheit, die eine Ausnahme vom Ministerialprinzip und somit eine Ausnahme vom parlamentarischen Regierungssystem darstellt, wenn die Volkssouveränität gewährleistet ist oder wenn die Ministerialfreiheit zur Korrektur der der Volkssouveränität immanenten Fehler notwendig ist266. In welchem Fall die ministerialfreien Räume gerechtfertigt sind und wo die Grenze liegt, ist wie oben dargestellt umstritten. Nach der Auffassung der Befürworter sei die Ministerialfreiheit zulässig, erstens wenn bestimmte Verwaltungstätigkeiten politisch neutral gestellt werden sollten, zweitens wenn ein gerichtsähnliches Kontrollverfahren notwendig sei oder drittens wenn es um Prüfungsentscheidungen gehe267. Die wesentliche Frage ist hierbei, warum die Entpolitisierung notwendig ist. Denkbar sind im Hinblick auf die Gewährleistung der Volksouveränität ministerialfreie Räume, die direkt durch das Parlament ohne Einschaltung der Ministerialinstanz kontrolliert werden können, und ferner solche, die von der parlamentarischen Kontrolle befreit sind. Im Falle des Vorbehalts der unmittelbaren Kontrolle durch das Parlament kann der Grund für die Zulässigkeit der Ministerialfreiheit in der Überwindung von Mängeln des Ministerialsystems, wie etwa der Bekämpfung des Bürokratismus, der Vermeidung der Kollision der Politik der Ministerien oder der Milderung der Übermacht der Exekutive gegenüber den anderen Staatsgewalten aber auch der Übermacht einer Instanz innerhalb der Exekutive liegen. Heranzuziehen ist hierbei das Gewaltenteilungsprinzip. Hingegen, im Falle des Ausschlusses der parlamentarischen Kontrolle, soll der Rechtfertigungsgrund für ministerialfreie Räume nach der zitierten Auffassung in den der Volkssouveränität immanenten Fehlern gesucht werden, da die Kontrollfunktion des Parlaments gegenüber der Exekutive, die eigentlich der Durchsetzung der Volkssouveränität dienen soll, doch zum Zweck der politischen Einflußnahme mißbraucht werden und somit einer 265

H. J. Hahn (2), S. 36 Fn. 65; R. Schmidt, S. 678; Faber, S. 63. Zur Ministerialfreiheit s. o. Kap. II, B. 3. (a) (6) (ee). 267 Zur Ministerialfreiheit und zur funktionsbezogenen Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank s. o. Kap. II, B. 3. (a) (6) (ee) und (7) (bb). 266

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gerechten Durchführung der Verwaltung schaden kann. Es soll diesbezüglich untersucht werden, warum und wie eine politische Einflußnahme auf die Verwaltung erfolgt, in welchem Zusammenhang sie mit dem Grundsatz der Demokratie, der Volkssouveränität, steht und worin die Fehler der Volkssouveränität liegen. Darauf wird unten in der Analyse über die Rolle der Volkssouveränität in der modernen Demokratie eingegangen268. (bb) Zur Grenze der Ministerialfreiheit Die „politische Tragweite“ ist als Grenze der Ministerialfreiheit untauglich. Das Verbot, Aufgaben mit „politischer Tragweite“ von der Regierung auf vom Ministerialsystem unabhängige Stellen zu übertragen, stützt sich darauf, daß die Aufgabe der parlamentarischen Kontrolle unterliegen müsse269. Aber eine solche Übertragung ist, wie oben festgestellt, insofern möglich, als eine politische Aufgabe unmittelbar durch das Parlament kontrolliert wird oder mit einem Ausgleich der Nachteile der Volkssouveränität gerechtfertigt wird. Es steht insoweit nicht fest, daß alle politischen Aufgaben unter Aufsicht der Regierung stehen oder der parlamentarischen Kontrolle unterliegen müssen. Die Deutsche Bundesbank befindet sich z. B. trotz ihrer wesentlichen politischen Kompetenz in einem ministerialfreiem Raum270. Anderseits muß die Bildung eines Staates im Staat angesichts des Gebots der repräsentativen Demokratie, welches besagt, daß das Parlament und die ihm verantwortlichen Organe Einfluß auf die Gestaltung der Gesamtpolitik behalten müssen, verhindert werden. Die Grenze soll daher nur darin liegen, daß nicht ganze Exekutivbereiche neutralen, an sich außerhalb des Ministerialsystems befindlichen Stellen überlassen werden dürfen. Unzulässig sind ministerialfreie Räume in den Fällen, in denen die Verfassung selbst die Exekutivkontrolle durch das Parlament zwingend vorgeschrieben hat. (cc) Zum Verhältnis zwischen Bundeswirtschaftsminister und Bundeskartellamt Nachzudenken ist insoweit auch über das Verhältnis zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Bundeskartellamt, soweit das Bundes268 Zur Einflußnahme der politischen Parteien auf das Parlament und die Regierung s. u. Kap. IV, C. 3. 269 BVerfG 20. 6. 1967 BVerfGE 22, 106 ff. (113), BVerfG 27. 4. 1959 BVerfGE 9, 268 ff. (282); zur Ministerialfreiheit s. o. Kap. II, B. 3. (a) (6) (ee). 270 Zur Aufgabe und funktionsbezogenen Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank s. o. Kap. II, B. 3. (a) (7) (aa) und (bb).

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kartellamt innerhalb des Ministerialsystems bleibt. Das Bundeskartellamt ist nach dem Ministerialprinzip dem Bundesminister für Wirtschaft nachgeordnet. Dieses Über- bzw. Nachordnungsverhältnis ist im Interesse der Allgemeinheit in Frage zu stellen. Die Wettbewerbspolitik bildet ebenso wie die Währungspolitik einen sehr wichtigen Bestandteil der Staatspolitik. Für die Wirtschafts- und Wettbewerbspolitik ist nach der h. M. der Bundeswirtschaftsminister zuständig, da die Ausübung der Wettbewerbspolitik zur Gewährleistung einer einheitlichen Wirtschaftspolitik notwendig sei und wegen ihrer erheblichen politischen Tragweite nicht einer parlamentarisch unverantwortlichen Instanz außerhalb der Bundesregierung überlassen werden könne. Die Wettbewerbspolitik steht aber nicht selten im Konflikt mit anderen Wirtschaftspoltikarten wie der Industriepolitik oder der Konjunkturpolitik, die ebenfalls wichtige Aufgaben des Bundeswirtschaftsministeriums sind und für die sich der Bundeswirtschaftsminister dem Parlament verantworten muß. Hier besteht die Möglichkeit, daß der übergeordnete Bundesminister für Wirtschaft die der Wettbewerbspolitik gegenläufigen Politik, insbesondere die Industriepolitik in die Wettbewerbspolitik einmischt. Dies zeigt der Fall Daimler-Benz/MBB, wobei die Rücksicht auf das Interesse der Europäischen Gemeinschaft eine Rolle gespielt hat271. Nach §§ 8 I, 24 III a. F. (8 I und 42 I n. F.) GWB prüft der Bundeswirtschaftsminister ein Kartell oder einen Zusammenschluß, die vom Bundeskartellamt aus rein wettbewerblichen Gründen untersagt worden ist, in ihrer außerwettbewerblichen, gesamtwirtschaftlichen Auswirkung und kann das Kartell oder den Zusammenschluß erlauben. Dieses zweistufige Verfahren, das in erster Linie der Transparenz des Verfahrens dienen soll, kann somit eine bremsende Wirkung auf die Durchsetzung des Wettbewerbsprinzips haben. Diese Gefahr steigt durch unbestimmte Rechtsbegriffe wie „Gesamtwirtschaft“, „Gemeinwohl“ und „Gemeininteresse“, die aufgrund industriepolitischer Überlegungen ausgefüllt werden können. Auf die fließende Grenze zwischen diesen drei vom Bundeswirtschaftsminister zu prüfenden Tatbeständen und der vom Bundeskartellamt zu prüfenden Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen wurde schon oben hingewiesen272. In Betracht zu ziehen ist ferner die Überschneidung der materiellen Prüfungstatbestände in §§ 4, 8 a. F. (8 n. F.) GWB. Während nach § 4 a. F. GWB das Bundeskartellamt die Kriterien „Gesamtwirtschaft“ und „Gemeinwohl“ berücksichtigen mußte, war die Prüfung der gleichen Tatbestände für die Ministererlaubnis nach § 8 a. F. (8 n. F.) GWB dem Bundeswirtschaftsminister zugewiesen. Dies bestä271 Hellmann, S. 144; BMW 6. 9. 1989 BMW 191 ff. „Daimler-MBB“; AG 1/ 1990, S. 39 ff.; BKartA 17. 4. 1989 BKartA 2335 ff. „Daimler-MBB“; AG 8/1989, S. 278 ff.; s. o. Kap. II, B. 3. (a) (4) (dd). 272 Zur Problematik der Ministererlaubnis zur Bildung von Kartellen und Zusammenschlüssen s. o. Kap. II, B. 3. (a) (4) (dd).

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tigte wiederum die fließende Grenze zwischen den Aufgaben des Bundeskartellamtes und denen des Bundeswirtschaftsministers trotz Differenzierungsversuchs; das Bundeskartellamt habe diese Kriterien zur Abweisung des Antrages auf Kartellerlaubnis „lediglich zu berücksichtigen“, während der Bundeswirtschaftsminister nach § 8 I a. F. (8 I n. F.) GWB diese Gründe zur Ministererlaubnis gegen die mögliche Wettbewerbsbeschränkung abwägen müsse. Im ersten Fall haben beide Kriterien kartellverneinende Bedeutung für das Bundeskartellamt, im zweiten Fall hingegen kartellkonstituierende für den Bundesminister für Wirtschaft. Notwendig war für die Entscheidung beider Behörden, sei es eine erlaubniserteilende, sei es eine erlaubnisantragsabweisende, die Abwägung von vor- und nachteiligen Auswirkungen des Kartells im Hinblick auf die Kriterien „Gesamtwirtschaft“ und „Gemeinwohl“. Deshalb war es für beide Behörden unerläßlich festzustellen, was beide Tatbestände bedeuten. Das Merkmal „Berücksichtigung der Gesamtwirtschaft und des Gemeinwohls“ ist als nicht in der Zuständigkeit des Bundeskartellamtes liegend durch die 6. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gestrichen und ersetzt worden durch das Merkmal „Berücksichtigung der Wettbewerbsbedingungen in den betroffenen Wirtschaftszweigen“273. (dd) Zur Zulässigkeit von Einzelweisungen Die Zulässigkeit der Erteilung von Einzelweisungen ist angesichts des Kollegialprinzips der Beschlußabteilungen in Frage zu stellen, weil dadurch die unabhängige Beratung, Meinungsbildung und Abstimmung, welche eine sachliche Entscheidung gewährleisten, beeinträchtigt werden kann. In Betracht zu ziehen ist hierzu die Institution der Erlaubnis durch den Bundesminister für Wirtschaft zur Bildung von Kartellen nach § 8 I a. F. (8 I n. F.) GWB und Zusammenschlüssen nach § 24 III a. F. (42 I n. F.) GWB. Danach kann er ein Kartell oder Zusammenschluß aus nicht wettbewerblichen, gesamtwirtschaftlichen Gründen erlauben, nachdem das Bundeskartellamt sie unter rein wettbewerblichen Gesichtspunkten geprüft und untersagt hat. Dieses zweistufiges Verfahren soll vor allem der Transparenz des Verfahrens dienen. Wenn dem Bundesminister für Wirtschaft zusätzlich die Befugnis zugewiesen wäre, dem Bundeskartellamt vor der Einleitung des Ministererlaubnisverfahrens Einzelweisungen zu erteilen, wäre ihm zweifach die Möglichkeit der Einflußnahme auf die anhängigen Fälle im einzelnen eingeräumt, was aber der Verfahrenstransparenz widerspräche. Hier geht es 273 Zur Problematik der Abgrenzung zwischen der Wirtschafts- sowie Wettbewerbspolitik einerseits und Rechtsanwendung andererseits s. o. Kap. II, B. 3. (a) (5) (cc).

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nicht um die tatsächliche Praxis des Bundesministers für Wirtschaft, in der er von seinem Weisungsrecht nur spärlich Gebrauch gemacht hat, sondern darum, ob ihm gesetzlich das Weisungsrecht eingeräumt werden soll. Das Argument der Befürworter, Einzelweisungen seien zur politischen Kontrolle der Verwaltung durch den parlamentarisch verantwortlichen Bundeswirtschaftsminister unerläßlich, scheint ebenso nicht überzeugend genug, bevor man nicht den Sinn und Zweck der parlamentarischen Kontrolle in der modernen Demokratie untersucht hat274. Angesichts der Fragwürdigkeit der Rechtsprechung zum Kriterium der „politischen Tragweite“ als Grenze der Ministerialfreiheit und des engen Zusammenhanges zwischen der Wirtschaftspolitik und dem Vollzug des Wettbewerbsrechts ist es denkbar, daß die Wirtschafts- und Wettbewerbspolitik sowie die Rechtsanwendung nicht einheitlich unter der Aufsicht des Bundeswirtschaftsministeriums bleiben müssen, sondern umgekehrt, daß das Bundeskartellamt dafür einheitlich, unabhängig von den Stellen, die möglicherweise eine der Wettbewerbspolitik gegenläufige Politik betreiben, hier vom Bundeswirtschaftsministerium, und befreit von seinen Weisungen zuständig und verantwortlich sein soll275. Wünschenswert ist nicht die von außen wirkende Einmischung der außerwettbewerblichen Gesichtspunkte in die wettbewerbsrechtliche Prüfung, sondern die Koordinierung der Wettbewerbspolitik durch das Bundeskartellamt mit der einheitlichen Wirtschaftspolitik der Bundesregierung, damit das Bundeskartellamt auf eigene Initiative und Verantwortung das Wettbewerbsrecht durchsetzen kann276. Hinzuweisen ist in bezug auf die Koordinierung der Wettbewerbspolitik mit der Wirtschaftspolitik auf die gesetzliche Unterstützungspflicht der Deutschen Bundesbank277. Zu überprüfen sind die verbleibenden Argumente gegen die Unabhängigkeit des Bundeskartellamtes. Es wird angeführt, daß das Bundeskartellamt kein Gericht sei und daß es der politischen Kontrolle durch den Bundeswirtschaftsminister, der seinerseits dem Parlament verantwortlich sei, unterliegen müsse. Dies setzt die Untersuchung über den Zusam274

Zur Unabhängigkeit der Gerichte s. u. Kap. III, A. Steindorff (2), S. 830, hält wegen der Verschiebung der Verantwortung zwischen Bundeskartellamt, Monopolkommission und Bundeswirtschaftsminister die Verfahrenskonzentration auf eine Instanz, das Bundeskartellamt, für wünschenswert. 276 Nicht auszuschließen ist in dieser Hinsicht außer der vollständigen Verselbständigung, z. B. die Unterstellung des Bundeskartellamtes unter den Bundeskanzler, da er als Kabinettschef selbst keine konkrete einzelne Politik betreibt. Dafür sind in erster Linie Bundesminister in ihren Geschäftsbereichen innerhalb der vom Bundeskanzler bestimmten Richtlinien zuständig. Seine Hauptaufgabe ist außer der Fassung der Richtlinien die Gesamtleitung der Bundesregierung (Art. 65 S. 1, 2 und 4 GG). 277 § 12 S. 1 BBankG; zur Unterstützungspflicht der Bundesbank und Zusammenarbeit mit der Bundesregierung s. o. Kap. II, B. 3. (a) (7) (cc). 275

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menhang zwischen dem Parlamentarismus und der Volkssouveränität in der modernen Demokratie und den Sinn und Zweck der Unabhängigkeit der Gerichte voraus278. (b) Einheit der Ermittlung und Entscheidung (1) Verwaltungsverfahren Im Verwaltungsverfahren279 kann das Bundeskartellamt nach §§ 44 I, 54 I a. F. (48 II, 57 I n. F.) GWB in zuständigen Fällen alle Ermittlungen führen und alle Beweise erheben, die erforderlich sind. Alle Sacheentscheidungen werden von den Beschlußabteilungen des Bundeskartellamtes in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern kollegial getroffen [§ 48 II, III a. F. (51 II, III n. F.) GWB]280. Einer der beiden Beisitzer ist der Berichterstatter, der mit dem Fall befaßt ist. Der andere wirkt als Dritter an der Entscheidung mit. Sie gehören alle der gleichen Beschlußabteilung an und stehen von der Einleitung der Ermittlung bis zum Abschluß des Verfahrens in engem Kontakt zueinander. Eine selbständige Ermittlungsabteilung gibt es nicht. Es besteht daher keine Trennung zwischen der Ermittlungstätigkeit und dem Erlaß der abschließenden Entscheidung281. (2) Bußgeldverfahren Im Bußgeldverfahren282 wegen Kartellordnungswidrigkeiten hat das Bundeskartellamt in zuständigen Fällen, sofern nicht die Staatsanwaltschaft zuständig ist283, dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten [§§ 81 Nr. 1, 44 I Nr. 1 a. F. (81 IV Nr. 1, 48 II 1 n. F.) GWB, § 46 II OWiG]. Es kann Ermittlungen jeder Art selbst führen oder die Polizei ersuchen, einzelne Ermittlungshandlungen vorzunehmen (§ 46 I OWiG und § 161 StPO)284. Sachentscheidungen werden dann ebenso wie im Verwaltungsverfahren von den Beschlußabteilungen des Bundeskartellamtes in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern kollegial getroffen [§ 48 II, III a. F. (51 II, III n. F.) GWB]285. Hier 278 Zur Unabhängigkeit der Gerichte und zur organinternen Funktionstrennung s. u. Kap. III; zum Interessenkonflikt s. u. Kap. IV. 279 Zum Wettbewerbsverfahren des Bundeskartellamtes s. o. Kap. I, B. 1. 280 Langen/Schultz, § 51 Rn. 4; Immenga/Klaue, GWB, § 51 Rn. 6. 281 Ehlermann (6), S. 796; Markert, S. 16. 282 Zum Bußgeldverfahren des Bundeskartellamtes s. o. Kap. I, B. 3. 283 Immenga/Dannecker/Biermann, GWB, § 81 Rn. 434 ff. 284 Lutz, S. 70 ff.; Roxin, § 10 Rn. 6 f. 285 Immenga/Klaue, GWB, § 51 Rn. 6; Langen/Schultz, § 48 Rn. 4.

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werden wie im Verwaltungsverfahren sowohl die Ermittlungs- als auch die Entscheidungsbefugnisse der gleichen Beschlußabteilung zugewiesen, es besteht somit ebenso keine Funktionstrennung286. Die Übertragung der QuasiStrafgewalt auf das Bundeskartellamt, dessen Beschlußabteilung Kompetenzen der Verfolgung, Entscheidung und Verhängung der Geldbuße eingeräumt sind, soll daher nach Auffassung der Befürworter einer einheitlichen Funktionsausübung durch das Bundeskartellamt verfassungsmäßig sein, da die durch das Bundeskartellamt verhängte Geldbuße keine (Kriminal-) Strafe im eigentlichen Sinne sei und das Bußgeldverfahren kein Strafverfahren sei287. (3) Abschaffung des Einspruchsverfahrens Die ursprüngliche Fassung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen enthielt Bestimmungen über das Einspruchsverfahren. Danach konnte der Beteiligte am Verfahren vor dem Bundeskartellamt gegen Sachentscheidungen der Beschlußabteilungen binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung der angefochtenen Verfügung Einspruch beim Bundeskartellamt einlegen, wenn er beschwert war (§§ 59 S. 1, 2 und 60 I GWB i. d. F. v. 1957). Die Entscheidung über den Einspruch traf die Einspruchsabteilung in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern (§§ 48 III und 61 I GWB i. d. F. v. 1957). Das Einspruchsverfahren diente dem besseren Rechtsschutz der Beteiligten durch eine nochmalige sorgfältige Nachprüfung in sachlicher Hinsicht sowie der Entlastung des Gerichts288. Das Einspruchsverfahren wiederholte das vorangegangene Verwaltungsverfahren. Der Sachverhalt wurde erneut in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht aufgrund eigener Ermittlungen der Einspruchsabteilung überprüft, so daß auch neue Tatsachen und Beweismittel angeführt werden konnten (§§ 59 S. 3 und 52 bis 56 GWB i. d. F. v. 1957). Im Einspruchsverfahren war die wirtschaftspolitische Würdigung der ersten Entscheidung nach § 4 GWB i. d. F. v. 1957 in vollem Umfange nachprüfbar289. Durch Einschaltung der Einspruchsabteilung bestand eine Trennung zwischen den ersten Ermittlungen der befaßten Beschlußabteilung und der endgültigen Entscheidung 286

Ehlermann (6), S. 796; Markert, S. 16. Immenga/Dannecker/Biermann, GWB, § 81 Rn. 417; Göhler, Vor. § 1 Rn. 6 ff.; BVerfG 16. 7. 1969 BVerfGE 27, 18 (28 ff.); BVerfG 6. 6. 1967 BVerfGE 22, 49 (79 ff.); BVerfG 14. 10. 1958 BVerfGE 8, 197 (207 f.); zum Bußgeldverfahren des Bundeskartellamtes s. o. Kap. I, B. 3. 288 Müller-Henneberg/Junge, GK, 2. Aufl., § 59 Rn. 1 f.; Änderungsvorschläge des Bundesrates, BT-Drucks. II/1158, Anl. 3, Tz. 49, S. 73 ff.; Bericht 1957, zu §§ 48 a–48 c, S. 35 f. 289 Müller-Henneberg/Junge, GK, 2. Aufl., § 59 Rn. 4, § 60 Rn. 2. 287

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des Bundeskartellamtes durch die Einspruchsabteilung. Das Einspruchsverfahren wurde jedoch durch die Novelle 1965 zur Verkürzung des Verfahrens und zur Entlastung des Bundeskartellamtes ersatzlos gestrichen, da sich in der Praxis ergeben hatte, daß die vom Gesetzgeber erwartete Filterwirkung des Einspruchsverfahrens nicht eingetreten war und in der Mehrzahl der Einspruchsfälle im Anschluß auch Beschwerde beim Oberlandesgericht eingelegt worden war. Darüberhinaus hatte der Rechtsausschuß des Bundestages auch keine rechtspolitische Bedenken gegen diese Änderung erhoben290. (4) Ausnahme vom Widerspruchsverfahren der VwGO In der Regel unterliegt der wirksam gewordene Verwaltungsakt einer nachträglichen verwaltungsinternen Selbstkontrolle. Wichtigste Form dieser verwaltungsinternen Kontrollmöglichkeiten ist das Widerspruchsverfahren nach § 68 VwGO. Im Widerspruchsverfahren wird nicht nur die Rechtmäßigkeit, sondern auch die Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsaktes nochmals überprüft (§ 68 I 1 VwGO)291. Das Widerspruchsverfahren soll vor allem dem Rechtsschutz der Betroffenen dienen, während die verwaltungsinterne Selbstkontrolle und die Entlastung der Gerichte als Funktionen des Widerspruchsverfahrens aus strukturellen und historischen Gründen von zweitrangiger Bedeutung sind292. Grundsätzlich entscheidet die nächsthöhere Behörde als Widerspruchsbehörde über den Widerspruch (§ 73 I 2 Nr. 1 VwGO). Ist die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundesbehörde, z. B. das Bundeswirtschaftsministerium, so erläßt ausnahmsweise die Behörde den Widerspruchsbescheid, die den Verwaltungsakt erlassen hat (§ 73 I 2 Nr. 2 VwGO)293. Nach der ursprünglichen Fassung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen hatte das Bundeskartellamt als selbständige Bundesoberbehörde, das dem Bundeswirtschaftsministerium unterstellt ist, dieser Regel der VwGO entsprechend über den Einspruch selbst zu entscheiden. Durch Abschaffung des Einspruchsverfahrens stellt sich das Wettbewerbsverfahren als Ausnahme vom Grundsatz der verwaltungsinternen 290

Müller/Schreven, Bd. II, Vor. § 62 Rn. 1; Bericht 1965, Zu § 48, S. 6 f., Art. 1 Nr. 15, S. 11. Aus dem Bericht des Abgeordneten Aschoff zur Abschaffung des Einspruchsverfahren ergibt sich, daß man vom Einspruchsverfahren vor allem eine Filterwirkung und somit eine Entlastung des Gerichts erwartet hatte. Ein besserer Rechtsschutz der Beteiligten durch eine nochmalige sorgfältige Nachprüfung in sachlicher Hinsicht hatte eher eine sekundäre Bedeutung. 291 Kopp/Schenke, § 68 Rn. 9; Schenke (2), Rn. 683 ff.; Hufen, § 7 Rn. 3, 21. 292 Kopp/Schenke, Vor. § 68 Rn. 1; Schenke (2), Rn. 645 f.; Hufen, § 5 Rn. 15 ff.; Weides, § 1, II., S. 16 f., § 12, S. 217. 293 Kopp/Schenke, § 73 Rn. 3 f.; Hufen, § 6 Rn. 55 ff.; Weides, § 17, I., II., S. 257 ff.

216 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

Nachprüfbarkeit dar. Es gibt somit im Wettbewerbsverfahren keine nochmalige Überprüfung zum Zwecke des besseren Rechtsschutzes der Beteiligten mehr294. (5) Problematik Das Bundeskartellamt fungiert wegen der einheitlichen Ermittlungs- und Entscheidungsfunktion als Ermittler, funktionell in gewisser Weise auch als Ankläger und Richter in einer Person. Diese Konzentration beider Funktionen beim Bundeskartellamt kann dazu führen, daß sich der Betroffene auch für künftige Entscheidungen von dem Wohlwollen der Behörde weitgehend abhängig fühlt. Jedenfalls kann er befürchten, daß das Bundeskartellamt die auf einem Wege erlangte Kenntnis, sei es bewußt, sei es unbewußt, bei der Ausübung anderer Funktionen, wie der Verfolgung ordnungswidrigen Verhaltens oder der Vorlage von Vorschlägen zur Verschärfung des Kartellrechts, ohne nochmalige verwaltungsinterne Selbstkontrolle zu seinem Nachteil verwendet.295. (6) Stellungnahme Sowohl im Verwaltungs- als auch im Bußgeldverfahren des Wettbewerbsverfahrens ist die Ermittlungs- und Entscheidungsfunktion bei den Beschlußabteilungen des Bundeskartellamtes konzentriert. Es liegt somit ein Übergewicht des Bundeskartellamtes als Ermittler und als eine Art Richter oder Regierungsvertreter gegenüber den Betroffenen vor, was aus der Sicht der prozessualen Waffengleichheit bedenklich scheint296. Die personelle Trennung der Entscheidung von der Ermittlung zur Gewährleistung der Unvoreingenommenheit der Entscheidungsträger, ist hier merkwürdigerweise selten in Frage gestellt worden, während eine derartige Trennung im Strafverfahren zum prozessualen Rechtsschutz zugunsten des Beschuldigten durch die Einschaltung der Staatsanwaltschaft erzielt worden ist. Jedoch, auch wenn es sich im Wettbewerbsverfahren nicht um ein Strafverfahren handelt, ist die Unvoreingenommenheit der Entscheidungsträger zum angemessenen Interessenschutz des Betroffenen nicht unwichtig, insbesondere wenn eine ihn belastende Entscheidung, sei es eine Untersagung, sei es ein 294 Zur Abschaffung des Einspruchsverfahrens s. o. Kap. II, B. 3. (b) (3). In der Fusionskontrolle prüft das Bundeswirtschaftsministerium andere Kriterien als die, die vom Bundeskartellamt geprüft werden. Somit stellt die Ministererlaubnis keine Nachprüfung dar. 295 Lieberknecht, S. 152; Benisch, S. 12. 296 Zur Einheit der Ermittlungs- und Entscheidungsfunktion im Verwaltungs- und Bußgeldverfahren s. o. Kap. II, B. 3. (b) (1) und (2).

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Bußgeldbescheid, getroffen werden soll. Auch wenn Entscheidungen des Bundeskartellamtes der gerichtlichen Kontrolle unterworfen sind, sollte hier darauf hingewiesen werden, daß die Anfechtungsbeschwerde gegen Entscheidungen des Bundeskartellamtes in Verwaltungssachen nur in begrenzten Fällen aufschiebende Wirkung entfaltet [§§ 63, 63a a. F. (64, 65 n. F.) GWB] und somit der Rechtsschutz durch Gerichte insoweit verzögert wird297. Hinzuzufügen ist schließlich, daß die Würdigung der gesamtwirtschaftlichen Lage und Entwicklung nach § 70 V 2 a. F. (71 V 2 n. F.) GWB der gerichtlichen Nachprüfung entzogen ist. Sinnvoll ist es, in diesem Zusammenhang eingehend zu untersuchen, warum im Strafverfahren die Entscheidungsbefugnis durch Einführung der Staatsanwaltschaft von der Ermittlungsbefugnis getrennt worden ist298. 4. Umfang der gerichtlichen Nachprüfung in Wettbewerbssachen (a) Umfangreiche Prüfung Nach § 69 V 1 a. F. (70 V 1 n. F.) GWB ist die Verfügung der Kartellbehörde einer umfassenden gerichtlichen Nachprüfung unterworfen. Die Vorschrift gilt sowohl für die Anfechtungs- als auch für die Verpflichtungsbeschwerde. Nach der h. M. erstreckt sich die gerichtliche Kontrolle nicht nur auf die Rechtmäßigkeitskontrolle der Entscheidung, sondern auch auf die Zweckmäßigkeitskontrolle in bezug auf die Ermessensausübung. Dies ergibt sich sowohl aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes als auch aus dem Wortlaut des Gesetzes („fehlsamer“ anstatt „fehlerhafter“, „insbesondere“), dem der Wunsch des Gesetzgebers entnommen werden kann, zwar der Kartellbehörde die Kompetenz für die eigenverantwortlichen Entscheidungen einzuräumen, aber ihre Entscheidungen in weiterem Umfang der gerichtlichen Nachprüfung zu unterstellen als bei den normalen Verwaltungsakten. Dieser Kompromiß wurde zur Lösung der Kontroverse in den Ausschußberatungen zwischen den Verfechtern einer starken und schlagkräftigen Kartellbehörde, die der dynamischen Wirtschaftsentwicklung angepasste Maßnahmen besser ergreifen könne, einerseits und den Befürwortern eines gesteigerten Rechtsschutzes andererseits erzielt. Das Beschwerdegericht kann außer der Prüfung, ob ein Überschreiten des Ermessens oder ein Ermessensmißbrauch vorliegt, auch auf die Frage eingehen, welche von verschiedenen rechtmäßigen Möglichkeiten der Ermessensausübung im konkreten Fall diejenige ist, die dem Sinn und Zweck des Gesetzes eher entspricht als die 297

Zur Wirkung einer Beschwerde s. o. Kap. I, B. 2. (a) (3). Zur Unabhängigkeit der Gerichte und zur organinternen Funktionstrennung s. u. Kap. III. 298

218 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

von der Kartellbehörde ausgewählte. Entscheidend ist nicht das Stichwort „Ermessen“ und die Frage, was die Dogmatik des Verwaltungsrechts darunter zu verstehen hat, sondern Sinn und Zweck des § 70 V a. F. (71 n. F.) GWB. Es darf daher nicht streng zwischen Rechtsbegriffen mit Beurteilungsspielraum und Ermessensentscheidungen unterschieden werden. Das Gericht kann jedoch nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens der Kartellbehörde setzen, sondern die Verfügung nur aufheben bzw. die Kartellbehörde zum Erlaß der beantragten Verfügung verpflichten299. (b) Grenze § 70 V 2 a. F. (71 V 2 n. F.) GWB enthält eine Ausnahme von der umfassenden gerichtlichen Kontrolle der Entscheidung der Kartellbehörde. Danach ist die Würdigung der gesamtwirtschaftlichen Lage und Entwicklung der gerichtlichen Nachprüfung entzogen. Die gerichtliche Kontrolle wird hier insoweit eingeschränkt, als eine Verfügung auf wirtschaftspolitischen Zielvorstellungen beruht. Der Gesetzgeber bezweckt hiermit, daß die Gewaltenkontrolle einen unantastbaren Kern der Gewaltenteilung nicht in Frage stellen darf und daß die wirtschaftspolitischen Wertungen dem parlamentarisch verantwortlichen Bundeswirtschaftsminister und den nachgeordneten weisungsgebundenen Behörden vorbehalten sein sollen. Hierbei läßt sich die gesamtwirtschaftliche Würdigung aufgrund von wirtschaftspolitischen Zielvorstellungen einerseits von dem Gesetzesvollzug durch Tatbestandsfeststellung und Subsumtion andererseits trennen. Der gerichtlichen Kontrolle ist nur die Würdigung selbst entzogen. Die der Würdigung der gesamtwirtschaftlichen Lage und Entwicklung zugrundeliegenden Tatsachen und die Subsumtion sind hingegen von § 70 V 2 a. F. (71 V 2 n. F.) GWB nicht erfaßt. Das Gericht hat zu prüfen, ob die Würdigung der gesamtwirtschaftlichen Lage und Entwicklung durch die Kartellbehörde, die von der Kartellbehörde insgesamt getroffene Entscheidung trägt. Insoweit wird die gerichtliche Kontrolle auf die Frage beschränkt, ob die Würdigung, ihre wirtschaftspolitische Richtigkeit unterstellt, der sachlichen Rechtfertigung der Entscheidung dient. Auszugehen ist von der in § 70 V 2 a. F. (71 V 2 299 Langen/Kollmorgen, § 71 Rn. 44 ff.; Immenga/Schmidt, § 71 Rn. 35 ff.; Bechtold (4), § 71 Rn. 11; Müller/Schreven, Bd. II, § 70 Rn. 18 ff.; Müller-Henneberg/Hinz, GK, 4. Aufl., 4. Lfg., § 70 Rn. 21 ff.; Kull, S. 683 f.; Bericht 1957, BTDrucks. II/3644, S. 12 f.; a. A. Langen/Niederleithinger/Ritter/Schmidt, § 70 Rn. 26; Soell, S. 52 ff.; zur ausführlichen Darstellung der Entstehungsgeschichte s. ders., S. 36 ff.; Halbey, S. 350 f.; Rittner, S. 73 Fn. 39; zur erweiterten Nachprüfung des Gerichts BGH 5. 2. 1968 WuW/E BGH, 907 (911) „Fensterglas VI“; KG 13. 1. 1978 WuW/E OLG, 2021 (2022) „Bahnhofsbuchhandel“; zum Verbot der Ersetzung der kartellbehördlichen Entscheidung durch die gerichtliche KG 7. 2. 1978 WuW/E OLG 1937 ff. (1938 f.) „Thyssen/Hüller“.

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n. F.) GWB zum Ausdruck kommenden Zweckbestimmung, die darauf gerichtet ist, die politischen, nicht justiziablen Elemente einer Verwaltungsentscheidung aus der gerichtlichen Kontrolle herauszunehmen. Zu Entscheidungen der Kartellbehörde, die aufgrund einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtungsweise ergehen, gehören nicht die Feststellung und Beurteilung der Lage und Entwicklung eines einzelnen Industriebereiches. Hauptanwendungsfälle des § 70 V 2 a. F. (71 V 2 n. F.) GWB sind die dem Bundeswirtschaftsminister vorbehaltenen Entscheidungen nach §§ 8 I, 24 III a. F. (8 I, 42 I n. F.) GWB, aufgrund derer die Erlaubnis zur Bildung eines Kartells oder eines Zusammenschlusses unter Abwägung der gesamtwirtschaftlichen Vorteile mit der Wettbewerbsbeschränkung erteilt wird. Insoweit besteht eine Einschätzungsprärogative des Ministers in der Weise, daß dessen Einschätzung nicht durch eine eigene Einschätzung des Beschwerdegerichts ersetzt werden kann. Schwierig ist es allerdings, eine Grenze zwischen nachprüfbarer Tatsachenfeststellung und nicht nachprüfbarer Würdigung zu ziehen, insbesondere bei der Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe und bei Tatbeständen, die eine Berücksichtigung künftiger Entwicklungen erfordern. Schwierig ist es ebenso, rechtliche Fragen von wirtschaftspolitischen zu unterscheiden300. (c) Stellungnahme Entscheidungen der Kartellbehörde unterliegen grundsätzlich einer weitreichenden gerichtlichen Kontrolle. Dadurch kommt zum Ausdruck, daß sie keine gerichtsähnliche Rechtsstellung besitzt. Dies ist deshalb erforderlich, weil der deutschen Kartellbehörde organisationsrechtlich nicht die mit einem Gericht vergleichbaren Unabhängigkeit eingeräumt ist. Angesichts des Weisungsrechts und der Einschaltung des Bundeswirtschaftsministers als Berufungsinstanz in das Wettbewerbsverfahren nach §§ 8 I, 24 III a. F. (8 I, 42 I n. F.) GWB ist das Bundeskartellamt entgegen der verbreiteten Mei300 Langen/Kollmorgen, § 71 Rn. 48 f.; Immenga/Schmidt, § 71 Rn. 38, 44 ff.; Bechtold (4), § 71 Rn. 12; Müller/Schreven, Bd. II, § 70 Rn. 24; Müller-Henneberg/Hinz, GK, 4. Aufl., 4. Lfg., § 70 Rn. 23, 27; Soell, S. 54 ff., weist nach, daß die Einschränkung der gerichtlichen Nachprüfung vor allem durch das Bestreben des Bundeswirtschaftsministers veranlaßt wurde, seine wirtschaftspolitischen Entscheidungskompetenzen abzusichern.; zur nicht unter § 70 V 2 a. F. (71 V 2 n. F.) GWB fallenden Würdigung der Lage und Entwicklung eines einzelnen Industriezweiges KG 8. 5. 1970 WuW/E OLG 1117 (1123) „Fernmeldekabel-Gemeinschaft“; zur Einschätzungsprärogative des Bundeswirtschaftsministers, KG 7. 2. 1978 WuW/E OLG 1937 (1938 f.) „Thyssen/Hüller“; zur Schwierigkeit der Grenzziehung zwischen nachprüfbarer Tatsachenfeststellung und nicht nachprüfbarer Würdigung s. Halbey, S. 351 ff.; Kull, S. 684 f.; zur Schwierigkeit der Unterscheidung zwischen rechtlichen und wirtschaftspolitischen Fragen s. v. Köhler, S. 210 ff.; Bericht 1957, BT-Drucks. II/3644, S. 12 f.

220 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

nung nicht unabhängig301. Andererseits ist die Würdigung der gesamtwirtschaftlichen Lage und Entwicklung durch Gesetz der gerichtlichen Nachprüfung entzogen [§ 70 V 2 a. F. (71 V 2 n. F.) GWB]. Diese Ausnahme stellt einen Ausgleich für die in Hinblick auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit erweiterte Gerichtskontrolle über die Kartellbehörde dar. Angesicht des Charakters des GWB, das dem Wirtschaftsrecht zugeordnet wird, ist es jedoch zweifelhaft, ob man die unter § 70 V 2 a. F. (71 V 2 n. F.) GWB fallenden Tatbestände von den anderen, nicht darunter fallenden, klar abgrenzen kann. Zieht man zusätzlich in Betracht, daß der Bundeswirtschaftsminister während der parlamentarischen Beratungen darauf bedacht war, die Gerichtsbarkeit bezüglich der Würdigung der gesamtwirtschaftlichen Lage und Entwicklung durch Vorschrift auszuschließen, und daß er diese Frage nicht der Rechtsprechung überlassen hat, stellt sich heraus, daß § 70 V 2 a. F. (71 V 2 n. F.) GWB ein höchst politische Klausel ist. 5. Parlamentarische Kontrolle des Bundeskartellamts Parlamentarischer Kontrolle unterliegt das Bundeskartellamt allgemein durch die Gesetzgebung sowie der Prüfung des Haushaltsplans der Bundesregierung und mittelbar über den dem Parlament politisch verantwortlichen Bundeswirtschaftsminister302. Zusätzlich erfolgt die parlamentarische Kontrolle des Bundeskartellamtes durch Vorlage des Tätigkeitsberichts vor dem Bundestag. Nach § 50 I a. F. (53 I n. F.) GWB veröffentlicht das Bundeskartellamt alle zwei Jahre einen Bericht über seine Tätigkeit und über die Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet. Die Bundesregierung leitet den Tätigkeitsbericht dem Bundestag mit einer Stellungnahme zu [§ 50 II a. F. (53 II n. F.) GWB]. Der Tätigkeitsbericht mit der Stellungnahme wird dann als Bundestagsdrucksache den Abgeordneten zugeleitet und im Wirtschaftsausschuß des Bundestages behandelt. Der Tätigkeitsbericht ermöglicht es den Abgeordneten, ein Gesamtbild über die behandelten Wettbewerbsfragen zu gewinnen. In den Tätigkeitsberichten wird auch über viele Verfahren berichtet, die nicht zu förmlichen Entscheidungen gelangt sind. Enthalten sind außerdem ausführliche Statistiken über Unternehmenszusammenschlüsse, Kartelle usw. Dies dient dazu, durch die eingehende Information gegebenenfalls legislatorische Maßnahmen einzuleiten303.

301 Zur Abhängigkeit des Bundeskartellamtes vom Bundeswirtschaftsminister s. o. Kap. II, B. 3. (a) (1). 302 Zur Ministerverantwortlichkeit s. o. Kap. II, B. 3. (a) (6). 303 Bechtold (4), § 53 Rn. 1; Immenga/Klaue, GWB, § 53 Rn. 1 ff.

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C. Europäische Gemeinschaft In der Europäischen Gemeinschaft ist die Generaldirektion IV die unmittelbare Wettbewerbsbehörde. Jedoch bedarf es zur Entscheidung der Zustimmung der Kommission. 1. Kommission (a) Aufgabe Nach Art. 155 a. F. (211 n. F.) EGV trägt die Kommission Sorge für die Anwendung des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft sowie der von den Organen auf Grund des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft getroffenen Bestimmungen (UAbs. 1). Sie gibt Empfehlungen und Stellungnahmen auf den in diesem Vertrag bezeichneten Gebieten ab (UAbs. 2). Sie trifft weiter nach Maßgabe des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in eigener Zuständigkeit Entscheidungen, wirkt am Zustandekommen der Handlungen des Rates und des Europäischen Parlaments mit (UAbs. 3) und übt die Befugnisse aus, die ihr der Rat zur Durchführung der von ihm erlassenen Vorschriften überträgt (UAbs. 4)304. Vor Gericht vertritt die Kommission die Gemeinschaft [Art. 211 S. 2 a. F. (282 S. 2 n. F.) EGV]. Die Kommission ist daher Hüterin des Gemeinschaftsrechts, Motor der Integration, Entscheidungs- und Ausführungsorgan. Sie ist bei der Erfüllung ihrer Aufgaben in vollem Umfang unabhängig und dient dem allgemeinen Wohl der Gemeinschaft [Art. 157 II a. F. (213 II n. F.) EGV]305. (b) Verhältnis zum Rat Die Kommission steht in einem gewissen Subordinationsverhältnis zum Rat. Der Rat ist das Rechtsetzungsorgan der Gemeinschaft. Er erläßt Verordnungen, Richtlinien, Entscheidungen und sonstige Rechtsakte [Art. 189 a. F. (249 n. F.) EGV]306. Ihm fehlt in der Regel das Initiativrecht, das der Kommission zusteht [Art. 155 UAbs. 3, 189a a. F. (211 UAbs. 3, 250 n. F.) 304

v. der Groeben/v. Sydow, Bd. 4, Art. 155 Rn. 1 ff.; Geiger, Art. 211 Rn. 5 ff. Bleckmann, Rn. 247 ff., gibt jedoch zu, daß die Kommission durch die Ernennung der politisch wichtigen Persönlichkeiten in Heimatstaaten in der Erwartung, daß sie die nationalen Interessen ihrer Regierungen nicht vernachlässigen werden, gewissermaßen unter Einfluß der Mitgliedstaaten steht; Kerse, Tz. 1. 27 f.; zur Unabhängigkeit der Kommission und Souveränität der Mitgliedstaaten s. u. Kap. II, C. 3. (a) (9). 306 Geiger, Art. 202 Rn. 9. 305

222 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

EGV]307. Der Rat kann jedoch durch die Aufforderung der Kommission zur Vornahme von Untersuchungen und Vorschlägen eine Initiative anregen [Art. 152 a. F. (208 n. F.) EGV]308. Er kann in einem Disziplinarverfahren einen Antrag auf Amtsenthebung eines Mitgliedes der Kommission stellen, worüber der Europäische Gerichtshof entscheidet [Art. 160 a. F. (216 n. F.) EGV]309. (c) Zusammensetzung Die Kommission besteht aus 20 Mitgliedern [Art. 157 I a. F. (213 n. F.) EGV]. Diese Zahl kann vom Rat einstimmig geändert werden [Art. 157 I UAbs. 2 a. F. (213 I UAbs. 2 n. F.) EGV]. In der Regel schlagen die fünf großen Mitgliedstaaten zwei, die zehn anderen Staaten je ein Mitglied ihrer Staatsangehörigkeit vor, nachdem sie darüber vorher die anderen Mitgliedstaaten konsultiert haben. Dieser Vorschlag wird von den anderen Mitgliedstaaten automatisch akzeptiert. Die Mitglieder der Kommission werden nach Anhörung im Europäischen Parlament und dessen Zustimmung von den Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen für fünf Jahre ernannt [Art. 158 I und II a. F. (214 I und II n. F.) EGV]. Eine Wiederernennung ist zulässig [Art. 158 I UAbs. 2 a. F. (214 I UAbs. 2 n. F.) EGV]310. (d) Organisationsstruktur Die Entscheidungen der Kommission werden zunächst im umfangreichen Behördenapparat der Kommission vorbereitet und unter dem Vorsitz des Generalsekretärs der Kommission durch die Kabinettschefs vorgeprüft. Der Generalsekretär unterstützt den Präsidenten bei der Vorbereitung der Arbeiten und der Sitzungen der Kommission (Art. 15 I GOK). Kabinette unterstützen die Kommission bei der Erfüllung ihrer Aufgaben und bei der Vorbereitung der Kommissionsbeschlüsse (Art. 14 GOK)311. Zur Vorberei307

Geiger, Art. 211 Rn. 12; Bleckmann, Rn. 260, 262 f. Geiger, Art. 208 Rn. 1 ff. 309 Geiger, Art. 216 Rn. 1 ff.; vgl. Bleckmann, Rn. 266. 310 v. der Groeben/Haag/Bieber, Bd. 4, Art. 137 Rn. 12 ff.; v. der Groeben/Bieber, Bd. 4, Art. 144 Rn. 2; v. der Groeben/v. Sydow, Bd. 4, Art. 158 Rn. 13 ff.; Geiger, Art. 213 Rn. 4, Art. 214 Rn. 1 ff.; Bleckmann, Rn. 245. Nach Art. 214 II UAbs. 2 S. 2 EGV in der Fassung von Nizza vom 26. 2. 2001 (ABl. EG Nr. C 80/ 1 ff.) werden die Mitglieder der Kommission nach Zustimmung des Europäischen Parlaments vom Rat mit qualifizierter Mehrheit ernannt. Dadurch soll die Beschlußfassung des Rates im Hinblick auf die Osterweiterung erleichtert werden. 311 Zur Rolle der nach dem Vorbild des französischen Regierungssystems eingerichteten Kabinette in der Kommission s. Krenzler, S. 75 ff.; ders., S. 76, 78 f., 308

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tung sind alle von der Kommission zu bearbeitenden Aufgaben nach Sachgebieten auf Dienststellen aufgeteilt, die wiederum in Generaldirektionen und gleichgestellte Sonderdienste gegliedert sind (Art. 18 GOK). Jedes Kommissionsmitglied steht weisungsbefugt einer oder mehreren Generaldirektionen bzw. Sonderdiensten vor. An der Spitze jeder Generaldirektion bzw. jedes Sonderdienstes steht in der Regel ein Generaldirektor, der dem zuständigen Kommissar direkt verantwortlich ist und das Ressort nach außen vertritt (Ressortsprinzip). Die Generaldirektionen sind in Direktionen, diese wiederum in Referate unterteilt. Der Aufbau der gesamten Organisationsstruktur ist streng hierarchisch312. Wegen der Vielfalt der Aufgaben der Kommission kann die Vorbereitung der Beschlußfassung von ihren Dienststellen allein nicht bewältigt werden. Daher wurden sowohl ständige als auch nicht-ständige Ausschüsse von der Kommission selbst bzw. vom Rat bei der Kommission eingesetzt, die jedoch lediglich beratende Funktion haben313. 2. Generaldirektion IV Für die Vorbereitung in der Zusammenschlußkontrolle und in Verfahren nach den Art. 85 und 86 a. F. (81 und 82 n. F.) EGV ist die Generaldirektion IV zuständig. Sie gliedert sich unter dem Generaldirektor in 7 Direktionen, die jeweils durch einen Direktor geleitet werden: eine Direktion für allgemeine Wettbewerbspolitik und Koordination, vier Direktionen zur Anwendung der Art. 85 und 86 a. F. (81 und 82 n. F.) EGV in Verbindung mit Art. 90 und der Art. 65, 66 EGKSV, eine Direktion zur Anwendung der FKVO (Merger Task Force) und eine Direktion für staatliche Beihilfen. Die Direktionen sind ferner nach Wirtschaftszweigen in Referate aufgeteilt, die jeweils von einem Referatsleiter geleitet werden. Zur Generaldirektion IV sieht eine wichtige Aufgabe des Kabinetts außer der Unterstützung der Kommissionsmitglieder darin, den Kommissar in seiner allgemeinen politischen Tätigkeit außerhalb der Kommission zu unterstützen, wie vor allem der Pflege der Kontakte zum Europäischen Parlament, zu den für das Arbeitsgebiet des Kommissars zuständigen Parlamentsausschüssen, zu nationalen Verwaltungen, Verbänden, europäischen Organisationen, Parteien usw. Es läßt sich schwerlich abstreiten, daß das Kabinett die politische Einflußnahme von außen auf die Beschlußfassung der Kommission erleichtern kann, wenn die Kommissionsmitglieder in der personellen Zusammenfassung ihrer Kabinette frei sind, die Kabinettsangehörigen die gleiche Staatsangehörigkeit wie ihr Kommissar haben und die Kabinette einen weitreichenden Ermessensspielraum besitzen. s. auch Knöpfle, S. 44 ff. 312 Bleckmann, Rn. 268 f.; Schweitzer/Hummer, Rn. 216 ff. 313 Bleckmann, Rn. 270; Schweitzer/Hummer, Rn. 219; zur Anhörung des Beratenden Ausschusses s. o. Kap. I, C. 1. (e), Kap. I, C. 1. (j) (2), s. o. Kap. I, C. 1. (k) (1) und Kap. II, C. 3. (a) (9) (cc).

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gehört auch der Anhörungsbeauftragte, dessen Aufgabe darin besteht, für einen geregelten Ablauf der Anhörung zu sorgen und dadurch zur Objektivität sowohl der Anhörung als auch der späteren Entscheidung beizutragen314. Die der Kommission vorzulegenden Entscheidungsentwürfe werden von der Generaldirektion IV in Zusammenarbeit mit anderen einschlägigen Dienststellen, insbesondere mit dem Juristischen Dienst315 und Beratenden Ausschüssen316 ausgearbeitet317. Die Beamten der Generaldirektion wechseln in der Regel im Laufe ihrer Karriere mehrmals ihre Dienststelle innerhalb der Kommission und beschäftigen sich mit ganz anderen Materien als dem Europäischen Wettbewerbsrecht318. 3. Unabhängigkeit und behördeninterne Funktionstrennung Das Wettbewerbsverfahren wird von der Generaldirektion IV, welche die EG-Wettbewerbsbehörde darstellt, durchgeführt. Zur Gewährleistung der fairen Entscheidungsfindung ist ein Ausschluß fremder Einflußnahme auf das Verfahren geboten. In Betracht zu ziehen sind in dieser Hinsicht die Unabhängigkeit im Außen- und Innenverhältnis, konkret die Unabhängigkeit der Wettbewerbsbehörde an sich und die Trennung der Entscheidungsfindung von der Ermittlung des Sachverhaltes. (a) Unabhängigkeit der EG-Wettbewerbsbehörde (1) Eingliederung der Generaldirektion IV in die Kommission Wie die Bezeichnung der „Generaldirektion IV Wettbewerb“ zeigt, ist die europäische Wettbwerbsbehörde in die Verwaltungshierarchie der Kommission vollständig eingegliedert. Dies hat zu Folge, daß wettbewerbsrechtliche Entscheidungen im Grunde nicht selbständig von ihr, sondern von den 314

Zum Anhörungsbeauftragten s. o. Kap. I, C. (1) (e); s. u. Kap. II, C. 3. (b) (3). Der Juristische Dienst ist dem Präsidenten der Kommission direkt unterstellt und vertritt die Kommission in Rechtsstreitigkeiten vor dem Europäischen Gerichtshof; zum Juristischen Dienst s. o. Kap. II, C. 3. (b) (4). 316 Bleckmann, Rn. 270 f.; zur Anhörung des Beratenden Ausschusses s. o. Kap. I, C. 1. (e), Kap. I, C. 1. (j) (2), Kap. I, C. 1. (k) (1) und Kap. II, C. 3. (a) (9) (cc); zur Zusammenarbeit mit den nationalen Wettbewerbsbehörden s. o. Kap. I, C. 1. (j) (2); zur Einflußnahmenmöglichkeit der Mitgliedstaaten auf einzelne Verfahren s. u. Kap. II, C. 3. (a) (9) (cc). 317 Ausführliche Darstellung über den internen Ablauf bei Ausarbeitung von Entwürfen s. v. Sydow, S. 189 ff. 318 Generell zur Organisation der Generaldirektion IV s. Immenga/Ritter, EGWbR, Bd. II., VO 17, A., Rn. 17 f.; Bartodziej, S. 42 f.; Kerse, Tz. 1. 29. 315

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Kommissaren kollegial getroffen werden. Die Generaldirektion IV ist außerdem innerhalb der Hierarchie der Kommission voll weisungsgebunden. Deshalb besteht auf europäischer Ebene keine Unabhängigkeit der Wettbewerbsbehörde319. Die Forderung nach ihrer Unabhängigkeit ist vor allem von Deutschland erhoben worden. (2) Forderung nach Unabhängigkeit der Wettbewerbsbehörde (aa) Befürworter Nach den guten Erfahrungen mit dem Bundeskartellamt wird die Forderung nach einem EG-Kartellamt von deutscher Seite schon seit 30 Jahren geltend gemacht. Um eine unsachliche Einflußnahme auf wettbewerbsrechtliche Einzelentscheidungen durch die private Wirtschaft oder die Mitgliedstaaten auszuschliessen und letztlich die Objektivität und Sorgfalt der Sachverhaltsaufklärung zu gewährleisten, sowie angesichts der Untauglichkeit der Kommission, die nicht nur für den Wettbewerbsbereich, sondern für den Gesamtbereich zuständig ist, fordert Steindorff, daß die ungewöhnliche Konzentration von legislativen, exekutiven und quasi-richterlichen Funktionen der „Generaldirektion Wettbewerb“ entflochten werden solle. Er schlägt dazu vor, unabhängige Wettbewerbskammern als besondere Verfahrensabteilungen zu errichten und ihnen die Vorbereitung der in Wettbewerbssachen von der Kommission zu treffenden Entscheidungen zu übertragen, während die Vorbereitung der Wettbewerbspolitik der Gemeinschaft der Generaldirektion IV zugeteilt werden solle. Zu dem Entscheidungsvorschlag der Wettbewerbskammer sollten die Betroffenen Stellung nehmen können320. Nach Ansicht von Everling könne die Kommission als zentrales Organ ihrer ganzen Stellung nach die Wettbewerbsvorschriften nicht unbekümmert von politischen Strömungen und Zwängen und wechselnden wirtschaftspolitischen Absichten vollziehen. Hinzu käme eine Flut von Anträgen und Anmeldungen, die eine effiziente Erledigung beeinträchtigten. Wünschenswert sei zur Bewältigung dieser Probleme die Errichtung einer unpolitischen, nachgeordneten Behörde, eines europäischen Kartellamtes, das von der ei319

Bechtold (4), § 51 Rn. 6: Zum Zeitpunkt der Fusionierung der drei Gemeinschaften wurde bereits die Errichtung der Organe mit richterlichen und quasi-richterlichen Aufgaben, einschließlich der für die Durchführung der Wettbewerbsregeln zuständige Stellen, die in Luxemburg unterzubringen wären, überlegt. s. Art. 3 des Beschlusses der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten über die vorläufige Unterbringung bestimmter Organe und Dienststellen der Gemeinschaften am 8. 4. 1965, ABl. EG 1967, Nr. 152/18 ff.; Knöpfle, S. 48; Holderbaum, S. 125 f. 320 Steindorff, S. 49 ff.

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gentlichen ministeriellen, rechtspolitischen Tätigkeit getrennt werde und in eigener Verantwortung entscheide. Dieses würde dann der Entlastung der Kommission, der Handlungsfähigkeit sowie der Rechtssicherheit und der Objektivität sowie Effektivität der Verfahren dienen. Andererseits schließe dies nicht aus, daß die Kommission auf Verlangen der Mitgliedstaaten im Einzelfall Entscheidungen selbst treffe, wenn sie an die Mitgliedstaaten gerichtet seien321. Günther sieht die Problematik in der Vermischung rechtssetzender, politisch-ministerieller, administrativer und quasi-richterlicher Tätigkeiten der Kommission, die die Wirksamkeit des Gesetzesvollzuges beeinträchtigten. Eine selbständige europäische Kartellbehörde wäre politischen Einflüssen, die auf supranationaler Ebene in erhöhtem Maße wirksam seien, weitgehend entzogen. Außerdem erforderten die nicht mehr rein administrativen, sondern quasi-richterlichen Funktionen, wie das Festsetzen von Sanktionen (Geldbußen und Zwangsgelder) nach Art. 15, 16 VO 17 und Art. 14, 15 FKVO, für die Anwendung des EG-Wettbewerbsrechts ein möglichst justizförmig ausgestaltetes Verfahren, das mit einer selbständigen Behörde am besten gewährleistet werden könne. Er weist hierbei auf die erhebliche Verzögerung der Verfahrenserledigung hin, welche dadurch zustande komme, daß in jedem Einzelfall das höchste Exekutivorgan der Gemeinschaft in seiner Gesamtheit eingeschaltet werden müsse322. Holderbaum hält ebenso eine Trennung der politisch-ministeriellen Tätigkeit der Kommission von der rein administrativen Funktion durch die Errichtung einer der Kommission nachgeordneten europäischen Kartellbehörde für erforderlich. Diese sei politischen Einflüssen erheblich weniger ausgesetzt als die Kommission als zentrales Organ der Gemeinschaft. Sie diene daher sorgfältiger Sachaufklärung sowie der Gewährleistung des objektiven und wirksamen Verfahrens. Zu diesem Zweck müßten diesem Amt die vom EG-Recht vorgesehenen Auskunfts- und Prüfungsrechte übertragen werden. All dies trage außerdem angesichts der Tatsache, daß die Kommission durch die Flut der Anmeldungen überlastet sei, zu ihrer Entlastung bei. Die Bildung besonderer Verfahrensabteilungen hält er ebenso wie Everling zur Entlastung der Kommission, wegen der fehlenden Auskunfts- und Prüfungsrechte, für unzureichend. Zur Erreichung eines gewissen Gleichgewichts zwischen der für wirtschaftspolitische Entscheidungen zuständigen Kommission und einer neu zu errichtenden, dann für die verwaltungsmäßige Durchführung des Wettbewerbsrechts zuständigen EG-Kartellbehörde empfiehlt er andererseits, der Kommission das Recht einzuräumen, ein321 322

Everling, S. 38, 45. Günther, S. 302 ff.

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zelne, in ihren Voraussetzungen vorher möglichst genau umrissene Fälle an sich zu ziehen und selbst zu entscheiden323. Greiff und Hellwig halten die Errichtung einer EG-Kartellbehörde vor allem zur Entlastung der Kommission für erwünscht. Auch sie räumen der Kommission das Recht ein, Fälle von grundsätzlicher Bedeutung jederzeit an sich zu ziehen und wirtschaftspolitisch ganz besonders wichtige Fragen selbst zu entscheiden324. Sedemund schlägt vor, im Rahmen einer der Kommission direkt unterstellten Dienststelle kollegial organisierte Beschlußkörper mit einer gewissen sachlichen Unabhängigkeit jedoch ohne eigene Organzuständigkeit einzurichten, da eine zur Errichtung einer Europäischen Wettbewerbsbehörde erforderlichen Vertragsänderung aussichtslos sei. Die Kommission sei aber zur Schaffung einer solchen Dienststelle kraft der ihr ungeschrieben zustehenden Organisationsgewalt befugt. Dies trage zur Funktionsfähigkeit der Gemeinschaft bei325. Lindemann hält aus Unternehmenssicht die Schaffung einer europäischen Kartellbehörde nach dem Vorbild des deutschen Bundeskartellamt zur Beschleunigung des Verfahrens für erforderlich, da das Fusionskontrollverfahren, in dem der Zeitfaktor meist eine wesentliche Rolle spielt, wegen der zur Entscheidung notwendigen Einbeziehung der Kommission als Ganzes schwerfällig ist326. Nach Kantzenbach sei die Schaffung einer unabhängigen Wettbewerbsbehörde zur gerechten Berücksichtigung der Konsumenteninteressen, die im politischen Kräftespiel der Wirtschaftspolitik demokratischer Staaten gegenüber den Produzenteninteressen meist vernachlässigt sind, zweckmäßig327. Merz begründet die Errichtung eines unabhängigen Kartellamtes und die zweistufige Zusammenschlußkontrolle nach Art. 235 a. F. (308 n. F.) EGV vor allem mit der Trennung der wettbewerblichen von den industriepolitischen Erwägungen. Dadurch könne die Schwerfälligkeit des Verfahrens beseitigt werden, die darauf beruhe, daß die gesamte Kommission in jede Entscheidung auch bei unbedeutenden Fällen einbezogen werden müsse. Nur dann sei eine sorgfältige Prüfung möglich. Er begrenzt dies jedoch auf die Fusionskontrolle, da Art. 235 EGV nur anwendbar sei, wenn die notwendigen Kompetenzen nicht bereits ausdrücklich im Vertrag vorgesehen seien. Dies sei bei der Aufsicht nach den Art. 85 ff. a. F. (81 ff. n. F.) EGV nicht 323 324 325 326 327

Holderbaum, S. 117 ff., 122 f., 131. Greiff, S. 36 ff., 102 f.; Hellwig, S. 239 f. Sedemund, S. 323 ff. Lindemann, S. 119 f., 122. Kantzenbach, S. 122.

228 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

der Fall. Im Hinblick auf das Maroni-Urteil lehnt er eine Kompetenz des zu errichtenden Europäischen Kartellamtes bezüglich Ermessensentscheidungen ab und fordert, daß es allein der Kommission überlassen bleiben solle, aus (wirtschafts-)politischen Gründen eine Ermessensentscheidung in Form einer Ausnahmegenehmigung zu treffen. Um den Rechtsweg zum Europäischen Gerichtshof und dem Gericht Erster Instanz zu ermöglichen, müßten die Entscheidungen des Kartellamtes zunächst durch Beschwerde bei der Kommission anfechtbar sein328. Groger und Janicki sehen Vorteile eines selbständigen Europäischen Kartellamtes zum Zweck der Entlastung und Effizienz der Kommission und der Entpolitisierung des Verfahrens in der Verkürzung von Entscheidungswegen und -zeiträumen und in der Trennung zwischen legislatorischen und administrativen Aufgaben. Sie halten zur Erhöhung der Transparenz des Verfahrens, insbesondere in der Fusionskontrolle, nach dem deutschen Vorbild das zweistufige Verfahren durch Einführung des Widerspruchsverfahrens vor der Kommission für sinnvoll329. Nach Möschel hänge die Durchsetzung des EG-Wettbewerbsrechts von der Kompetenz und der politischen Durchsetzungsfähigkeit des zuständigen Kommissars ab, weshalb er fordert, die Anwendung der Fusionskontrolle, gegebenenfalls des gesamten EG-Wettbewerbsrechts, einem unabhängigen europäischen Kartellamt zu übertragen. Der Einführung einer zweistufigen Fusionskontrolle nach deutschem Muster steht er jedoch angesichts einer möglichen Überlagerung der Entscheidung durch politische Erwägungen auf Kommissionsebene skeptisch gegenüber330. Lenaerts hält die Errichtung eines „Gemeinschaftskartellamtes“ mit Entscheidungskompetenz insoweit für zulässig, als es geeignet sei und dazu beitrage, die Qualität der Rechtssetzung der Kommission und den Vollzug des Gemeinschaftsrechts zu verbessern. Die Übertragung von Kompetenzen einschließlich politischer Entscheidungen auf eine unabhängige Behörde verletze nicht den für den organisatorischen Aufbau der Gemeinschaft kennzeichnenden Grundsatz des Gleichgewichts der Gewalten331. 328

Merz (2), S. 143 ff. Groger/Janicki, S. 997 f., 1001 f., 1004; Bartodziej, S. 101, weist zugleich auf die Gefahr der politischen Interpretaion auf der zweiten Stufe durch die Kommission hin; ebenso Monopolkommission, Hauptgutachten 1990/1991, Tz. 625; Krakowski, S. 272. 330 Möschel (4), S. 342 f. 331 Lenaerts, S. 42 f. „To the extent that it appeared appropriate, in a given policy context, to create an internal body outside the Community institutional structure laid down in Article 4 EEC, to take the necessary „political“ decisions in complete independence, it would be for the constitution itself to create such body. [. . .] Another example could exist 329

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Dreher fordert zur Durchsetzung des Wettbewerbsrechts eine klare Trennung von politischer und rechtlicher Zuständigkeit im Hinblick darauf, daß die industriepolitischen Kompetenzen aufgrund des Maastrichter Vertrages erweitert worden sind, und unterstützt die Forderung nach einem unabhängigen europäischen Kartellamt332. Nach Bartodziej ist der derzeitige Vollzug des EG-Wettbewerbsrechts durch die Kommission und die ihr unterstellte Generaldirektion IV mit zahlreichen Defiziten behaftet. Er sieht vor allem ein Gewaltenteilungsdefizit aufgrund der Konzentration hoheitlicher Aufgaben, wie Verordnungsgebung, Förderung und Konzipierung der Wettbewerbspolitik bei der Kommission und wegen der Kumulation der Ermittler-, Ankläger- und Richterfunktion in einer Person bei Verhängen der Verwaltungsstrafen in Form von Bußgeldern. Weiter kritisiert er ein Sachverstands- und Effizienzdefizit der Kommission im Einzelfall, sowie ein Transparenzdefizit aufgrund mangelnder Publizität des Verfahrensausgangs und unklaren kommissionsinternen Zuständigkeitsverteilungen bei informeller Verfahrenserledigung, schließlich ein Sachlichkeitsdefizit wegen Einmischung der der Wettbewerbspolitik gegenläufigen Politik, insbesondere der Industriepolitik. Angesichts des Verbots der Konzipierung eines Europäischen Kartellamtes als neues Organ der Gemeinschaft befürwortet er eine solche Einrichtung nur unter Vorbehalt der Nachordnung des Amtes gegenüber der Kommission mit gewissen Rechtsaufsichtsbefugnissen letzterer über die Tätigkeit des Amtes. Er erkennt jedoch auch die Gefahr einer politischen Interpretation des geltenden Wettbewerbsrechts bei der möglichen Einführung des Widerspruchsverfahrens, des Selbsteintrittsrechts der Kommission oder des zweistufigen Verfahrens nach dem deutschen Vorbild der Ministererlaubnis333. Nach Krüger könne durch die Errichtung einer unabhängigen europäischen Kartellbehörde vermieden werden, daß Konflikte zwischen intensiv dominierenden Partikularinteressen, insbesondere Produzenteninteressen, und den vom einzelnen nur schwach empfundenen Allgemeininteressen, z. B. Verbraucherinteressen, aus sachfremden politischen Gründen zu Lasten in the future with the establishment – through an amendment to the Treaty – of a „Gemeinschaftskartellamt“ (Community Antitrust Agency) with decisional powers of its own. The transfer of authority to an internal body will often extend to a whole range of preparatory or strictly executive acts, even if „decisions“ are needed to that effect [. . .]. Such acts simply tend to improve the quality of Community lawmaking or of the enforcement of Community law. Their delegation to an independent body cannot be a threat to the constitutional „balance of powers“ within the Community legal order.“ 332 Dreher, S. 448. 333 Bartodziej, S. 81 ff., 265.

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des Wettbewerbs entschieden würden. Denn das entscheidende Gremium der Kommissare würden in seiner personellen Besetzung politisch beeinflußt. Die Kommissare seien vom Wählerwillen abhängig und dem Druck von Interessengruppen ausgesetzt. Ein Beispiel zeige etwa die öffentliche Kritik durch den französischen Staatspräsidenten und durch den für die Industriepolitik zuständigen Kommissar an der Zusammenschlußuntersagung beim Fall Aerospatiale-Alena/De Havilland334. Seliger befürwortet die Errichtung eines unabhängigen Kartellamtes, da der politische Einfluß dadurch vermindert werden und sich ein solches Amt auf den Schutz des Wettbewerbs konzentrieren könne. Die politische Entscheidung, den Wettbewerb aus außerökonomischen Gesichtspunkten außer Kraft zu setzen, könnte dann in der zweiten Stufe vor der Kommission erfolgen335. Zur Einführung einer Europäischen Fusionskontrolle spricht sich die Monopolkommission für die Errichtung einer politisch wie organisatorisch unabhängigen Wettbewerbsbehörde aus, um die Komplexität der kollegialen Entscheidungsfindung der Kommission zu bewältigen und die Gefahr der Einflußnahme durch die politischen Interessen auf Genehmigungsentscheidungen zu vermeiden. Sie empfiehlt nach dem deutschen Vorbild, die rein wettbewerbliche Kontrolle einer unabhängigen europäischen Wettbewerbsbehörde zu unterstellen, während der EG-Kommission als genereller Instanz für sämtliche Ziele und Aufgaben der Gemeinschaft die übergeordnete Erlaubnisprüfung zuzuordnen wäre336. In der späteren Veröffentlichung relativiert sie jedoch ihre Stellung aus zwei Gründen: Zum einen bestehe kein konkreter Handlungsbedarf, da es in der Vergangenheit nicht zu echten Konflikten zwischen dem Wettbewerbsrecht und diskretionär gestaltender Politik gekommen sei. Zum anderen sei die Errichtung eines europäischen Kartellamtes dergestalt mit Risiken behaftet, daß einerseits die Verteilung der Stellen etwa nach einem politischen Proporzsystem der Reformintention widersprechen und den Stellenwert politischer Erwägungen erhöhen würde, andererseits das zweistufige Verfahren die Gefahr einer nachhaltigen Politisierung der Entscheidungen auf der zweiten Ebene berge, obwohl die Errichtung des Kartellamtes zu einer verbesserten Begründungstransparenz beitrage. Die Errichtung eines europäischen Kartellamtes werde dann notwendig, wenn die Kommission nicht in der Lage wäre, wettbewerbliche Strukturen auch gegen politische Interessen durchzusetzen337. 334 335 336 337

Krüger, S. 378 f. Seliger, S. 878 f. Monopolkommission, Sondergutachten B. 17, Tz. 136 ff., 180. Monopolkommission, Hauptgutachten 1990/1991, Tz. 623 ff.

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Die Bundesregierung hat sich auch zur Verbesserung der Effizienz des Wettbewerbsschutzes für die Errichtung eines Europäischen Kartellamtes eingesetzt, um so die Herausnahme wettbewerbsfremder Interessen aus der Wettbewerbskontrolle zu erreichen338. (bb) Gegner Nach Priebe ist die Verlagerung sämtlicher oder des überwiegenden Teils der Befugnisse eines Organs auf eine vertragsfremde Einrichtung nach Art. 235 EWGV (Art. 308 n. F. EGV) unzulässig. Ebenso sei die vorbehaltlose Delegation einzelner umfassender Regelungs- und Verwaltungsmaterien, wie sie etwa hinsichtlich der Schaffung gemeinschaftlicher Sonderbehörden im Kartellbereich angeregt worden sei, bedenklich, da sie angesichts begrenzter Gemeinschaftsbefugnisse eine erhebliche Schwächung des betroffenen Gemeinschaftsorgans verursachen und damit das institutionelle Gleichgewicht antasten würde. Dabei sei die Frage der Hoheitsrechte der Mitgliedstaaten zu berücksichtigen. Die Mitgliedstaaten hätten ihre Hoheitsrechte insoweit nicht an die Gemeinschaft abgegeben, als sie sich eine eigene Mitwirkung bei der Verwirklichung gemeinschaftlicher Aufgaben vorbehielten. Die Errichtung eines mit umfassenden Befugnissen ausgestatteten Verwaltungsunterbaus, etwa durch Verlagerung bedeutsamer Materien wie des Kartellwesens auf nachgeordnete Behörden, widerspräche hiernach dem Willen der Mitgliedstaaten339. Dorn hält die Schaffung neuer Organe und Institutionen der Europäischen Gemeinschaft aufgrund Art. 235 EWGV (Art. 308 n. F. EGV), die mit Entscheidungskompetenzen ausgestattet wären, nach dem gemeinschaftlichen Grundprinzip des institutionellen Gleichgewichts für unzulässig, da die Übertragung der Zuständigkeit zur Letztentscheidung auf neue Institutionen den Umfang der Kompetenzen der vertraglich vorgesehenen Gemeinschaftsorgane verringere und auch das vertragliche System der Machtverteilung zwischen den einzelnen vertraglich vorgesehenen Organen der Gemeinschaft verändere. Zulässig sei daher nur die Schaffung neuer Institutionen, denen keine Entscheidungsbefugnisse übertragen würden, sondern lediglich die vertraglich vorgesehenen Organe beraten und deren Entscheidungen vorbereiten340. Nach Ehlermann ist die Zeit sowohl politisch als auch juristisch noch nicht reif für die Schaffung eines unabhängigen Europäischen Kartellamtes, 338 TB 1989/90, BT-Drucks. 12/847 (V); TB 1991/92, BT-Drucks. 12/5200 (I); Möllemann, S. 569. 339 Priebe, S. 116 f. 340 Dorn, S. 147; ebenso Everling (3), S. 15 f.

232 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

da die Vertragsänderung, die er dafür für notwendig hält, in absehbarer Zeit nicht möglich erscheine. Er weist auch, wie bei der Beihilfekontrolle, für die auch die anderen Generaldirektionen zuständig sind, darauf hin, daß die wirtschaftspolitischen Diskussionen mit anderen Generaldirektionen geführt werden sollen. Eine unabhängige Wettbewerbsbehörde sei ohne politische Kontrolle undenkbar. Ihr deutsches Vorbild wäre die Ministererlaubnis. Jedoch fehle in den anderen Mitgliedstaaten die prowettbewerblich orientierte öffentliche Meinung, die Druck auf die Kommission ausüben könnte, wenn sie eine Entscheidung des Europäischen Kartellamts revidieren würde. Er weist ferner auf die vorzusehende Abschottung des selbständigen Amtes und auf den möglichen Kampf um Posten und Einfluß im Hinblick auf das Innenleben einer internationalen Verwaltung hin. Zur Verteidigung des status quo führt er später folgende Argumente an: Erstens sind die Handlungen der Kommission einer umfassenden gerichtlichen Kontrolle unterworfen. Zweitens hätte die Errichtung einer Europäischen Wettbewerbsbehörde die Verlängerung der Verfahrensdauer zur Folge. Drittens bestünde die Gefahr, daß eine solche Behörde eine Art politisches Waisenkind werden würde. Viertens würde aus der Errichtung der unabhängigen europäischen Wettbewerbsbehörde resultieren, daß die Position der Generaldirektion IV gegenüber den anderen Generaldirektionen bei der Ausübung der ihr nach Schaffung eines europäischen Kartellamtes verbleibender Kontrolle von Beihilfe und Monopol der Mitgliedstaaten geschwächt werde. Schließlich sei es notwendig, andere Generaldirektionen in den Prozeß der Entscheidungsvorbereitung einzuschalten. Um eine solide, wissenschaftliche Grundlage für die wettbewerbspolitische Debatte auf der Ebene der Europäischen Gemeinschaft zu schaffen, schlägt er anstatt einer Europäischen Wettbewerbsbehörde die Errichtung einer Europäischen Monopolkommission vor341. Mit der gleichen Begründung hält das House of Lords Distanz zu der Errichtung einer unabhängigen Europäischen Wettbewerbsbehörde342. Nach van Miert liefe ein Europäisches Kartellamt, dessen Befugnis auf Entscheidung von Einzelfällen beschränkt sein soll, Gefahr, von der Entwicklung der übrigen Wettbewerbspolitik isoliert zu werden, weil im Rahmen der europäischen Wettbewerbspolitik die Berücksichtigung ihrer Auswirkung in einer anderen Politik wie der Industrie-, Regional-, Sozial- und der Umweltpolitik unerläßlich und die Wettbewerbspolitik weit mehr als Einzelentscheidungen in Zusammenschlußkontrolle oder Kartellaufsicht sei. Dieses Auseinanderreißen des bisher einheitlichen Konzepts würde aber eine Schwächung der europäischen Wettbewerbspolitik zur Folge haben343. 341 342 343

Ehlermann (4), S. 20; ders. (6), S. 796 f.; ders. (7), S. 287 ff., 295. House of Lords (2), Tz. 104. van Miert, S. 559 f.

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Janick und Molitor befürchten, daß ein zweistufiges Verfahren – zuerst vor der europäsichen Wettbewerbsbehörde, dann vor der Kommission – dazu führe, daß die Anwendung politischer Kriterien im zweiten Verfahren legitimiert werde und die Entscheidungsträger nicht einmal ein schlechtes Gewissen zu haben bräuchten, auch wenn sie mit Monopolisten Industriepolitik machen wollten. Die Vorteile eines europäischen Kartellamtes würden somit durch die zu erwartenden Nachteile aufgewogen344. Die Kommission ist der Meinung, daß keine Notwendigkeit für die Errichtung eines europäischen Kartellamtes bestehe345. (3) Weisungsgebundenheit Da die europäische Kartellbehörde eine der Kommission nachgeordnete Stelle sein soll, muß deren Einfluß auf sie gesichert sein, zumal die Kommission gegenüber dem Europäischen Parlament die Verantwortung für ihre Amtsführung übernehmen muß. Die Kommission soll zu diesem Zweck im Rahmen der Dienstaufsicht das Recht haben, der europäischen Kartellbehörde allgemeine Verwaltungsanweisungen zu erteilen. Dies soll aber nicht die anhängigen Fälle umfassen, damit die sachgerechte Rechtsanwendung durch die Kommission aufgrund des Kollegialprinzips nicht beeinträchtigt wird346. Nach Steindorf sollten die Wettbewerbskammern keinen Weisungen der Generaldirektion Wettbewerb unterstehen347. Bartodziej fordert darüber hinaus für ein Europäisches Kartellamt eine Freiheit von Weisungen von außen348. (4) Wirtschafts- sowie Wettbewerbspolitik und Rechtsanwendung Für die wirtschaftspolitischen Entscheidungen soll die Kommission zuständig sein, die europäische Kartellbehörde hingegen für die verwaltungsmäßige Durchführung der europäischen Wettbewerbsregeln. Für Beschlüsse von allgemeiner und grundsätzlicher Bedeutung und vor allem mit politischer Tragweite wie wirtschaftspolitische Entscheidungen soll die Kommission die Verantwortung gegenüber den anderen Organen, vor allem dem Europäischen Parlament, tragen, so daß die Fassung derartiger Beschlüsse nicht Aufgabe der Europäischen Kartellbehörde sein kann und für diese keinen Spielraum gibt, eine eigene, von den Organen nicht vorgezeichnete 344 345 346 347 348

Janicki/Molitor, S. 38 f. Kommission, 20. Wettbewerbsbericht, S. 302, Punkt 15. Greiff, S. 42, 102; Hellwig, S. 240; Holderbaum, 129 ff.; Everling, S. 44 ff. Steindorff, S. 54. Bartodziej, S. 215.

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Politik zu betreiben. Notwendig ist es, neben den wettbewerbspolitischen Zielen auch die verschiedenen Politikarten der Gemeinschaft, wie etwa Industrie-, Regional-, Sozial- und Umweltpolitik zwecks Erreichung des gemeinsamen Ziels „Binnenmarkt“ zu kombinieren und in Einklang zu bringen. Die Wettbewerbspolitik wirkt ihrerseits bei der Formulierung und Verwirklichung der genannten anderen Politikarten mit. Da die Berücksichtigung derartiger Auswirkungen ohne Zweifel zur Grundlage von Entscheidungen allgemeiner und grundsätzlicher Bedeutung mit politischer Tragweite gehört, soll sie in der Zuständigkeit der Kommission bleiben349. (5) Entscheidungsträger Angesichts der Nationalitätsfrage und der Bedürfnisse nach genauer Aufklärung und Würdigung der zahlreichen Sachverhalte, die binnen kurzer Frist erledigt werden müssen, sind als Entscheidungsträger nicht nur ein Gremium, sondern auch die für die Prüfung des Falles zuständigen Abteilungen kollegial auszugestalten und ihnen möglichst weitgehende Unabhängigkeit zuzusichern, obwohl das Präsidialsystem für die Handlungsfähigkeit eigentlich vorzuziehen ist350. (6) EG-Industriepolitik (aa) Allgemeines Die Kommission ist auch für die der Wettbewerbspolitik oft gegenläufigen Politikarten zuständig. Dabei ist hier zuvorderst neben der Handels-, Regional-, Forschungs- und der Weiterbildungspolitik vor allem die Industriepolitik zu nennen. Eine allgemein akzeptierte Definition des Begriffs Industriepolitik gibt es (noch) nicht. Man versteht jedoch darunter eine Politik zur Verstärkung der Leistungsfähigkeit der Industriezweige durch allgemeine, insbesondere strukturelle sowie sektorelle Maßnahmen. Die EG-Industriepolitik stellt sich in diesem Sinne als das Bemühen seitens der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten um eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und der Strukturen der Industriesektoren in der Gemeinschaft dar351. Für den ehemals für die Industriepolitik zuständigen Vizepräsidenten Bangemann dient sie noch zielorientierter der Herstellung der 349

van Miert, S. 554; Everling (3), S. 10; ders., S. 41, 43 f.; Holderbaum, S. 130 f.; Hellwig, S. 240. 350 Bartodziej, S. 215, lehnt jedoch einen nationalen Proporz bei der Besetzung der einzelnen Beschlußabteilungen aus Gründen der Funktionsfähigkeit ab; Sedemund, S. 326 f.; Greiff, S. 40, 103; Holderbaum, S. 128 f.; Everling, S. 46 f.; generell der Wahrung des Kollegialprinzips zustimmend s. Hellwig, S. 239 f.

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internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Sie sei daher aktiv, und nur sie könne bestehende Wettbewerbsschwächen beseitigen und den Wettbewerb stärken, da sie die produktive Basis der Volkswirtschaft stärke und neue, innovative Impulse auslöse352. Die Industriepolitik ist heute nicht nur auf den verarbeitenden Sektor beschränkt, sondern umfaßt auch den Dienstleistungssektor353. Die EG-Industriepolitik ist durch die zunehmende internationale Konkurrenz mit den USA, Japan und den asiatischen Schwellenländern notwendig geworden354. (bb) Art. 3 Buchst. l und 130 a. F. (3 Buchst. m und 157 n. F.) EGV Aufgrund des Vertrages über die Europäische Union wurde in den Katalog des Art. 3 Buchst. l a. F. (3 Buchst. m n. F.) EGV die „Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie“ als Ziel und Aufgabe der Gemeinschaft eingeführt. Diese neue Aufgabe der Gemeinschaft hat den gleichen Rang wie der Schutz des Wettbewerbs vor Verfälschungen [Art. 3 Buchst. g a. F. (3 Buchst. g n. F.) EGV] erlangt. Gleichzeitig ist die Industriepolitik, auf dem Bangemann-Papier basierend, in Art. 130 a. F. (157 n. F.) EGV, welcher durch den Vertrag über die Europäische Union vor allem auf Druck von Frankreich unter Cresson eingeführt wurde355, unter dem eigenständigen Titel XIII „Industrie“ instrumentalisiert worden. Auf den Begriff der „Industriepolitik“ wurde vor allem zur Vermeidung von mit diesem Begriff verbundenen Ängsten und sprachlich bedingten Mißverständnissen verzichtet356. Ziel der Industriepolitik nach Art. 130 I a. F. (157 n. F.) EGV ist die 351

Oppermann (2), Rn. 947; vgl. Bleckmann, Rn. 2745; Jacob, S. 18; Berg/ Schmidt, S. 3 f.; Immenga (2), S. 14; Meessen, S. 419; Frees, S. 281 f.; Mestmäcker (3), S. 357, sieht die Eigenschaft der Industriepolitik im Primat der Politik; Kommission, 19. Gesamtbericht, Tz. 299; Everling (2), S. 177. 352 Steindorff (3), S. 188; Bangemann, S. 11; ders. (2), S. 27, ist der Auffassung, daß die Wettbewerbspolitik hingegen weitgehend passiv sei und die Wettbewerbshüter zwar wettbewerbswidrige Zusammenschlüsse verhindern, aber nicht den Wettbewerb selbst schaffen könnten. Berg/Schmidt, S. 3 f., üben zu Recht Kritik an der Industriepolitik im Sinne einer Politik zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit aus. 353 Bleckmann, Rn. 2746. 354 Bleckmann, Rn. 2750; Hellmann, S. 36, 42 ff., 141 ff.; Bangemann, S. 114 ff.; Oppermann (2), Rn. 952. 355 Hellmann, S. 14 f. 36; Immenga (2) S. 16; Ehlermann (6), S. 796; Möschel (5), S. 602; Westerhof, S. 29; v. Wartenberg, S. 863 ff., 867 ff. stellt die japanische Industriepolitik und die Rolle des MITI zu Recht nicht übertrieben dar und ruft zur Kooperation mit Japan auf; Monopolkommission, Hauptgutachten 1990/1991, Tz. 25. 356 Bleckmann, Rn. 2755; Ehlermann (6), S. 796; zum neuen industriepolitischen Konzept der Kommission (sog. „Bangemann-Papier“), das vor dem Inkrafttreten des Vertrages über die Europäische Union am 30. 10. 1990 unter dem Titel „Industrie-

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Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie der Gemeinschaft, jedoch entsprechend einem System offener und wettbewerbsfähiger Märkte, was mit dem in den Art. 3a und 102a a. F. (4 und 98 n. F.) EGV festgelegten „Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb“ korrespondiert. Daher sollen für die Industrie der Gemeinschaft nur die notwendige Rahmenbedingungen zur Wettbewerbsfähigkeit gewährleistet werden. Art. 130 I UAbs. 2 a. F. (157 I UAbs. 2 n. F.) EGV präzisiert die Ziele der Industriepolitik357. Hingegen hat Art. 130 II, III a. F. (157 II, III n. F.) EGV eine bremsende Funktion auf Verlangen von Deutschland und Großbritannien358. Nach Art. 130 II a. F. (157 II n. F.) EGV sind die Mitgliedstaaten, soweit erforderlich, über die Kommission zur Konsultation und Koordination der industriepolitischen Maßnahmen verpflichtet, wobei die Kommission ermächtigt wird, dieser Koordinierung dienliche Initiativen zu ergreifen359. Art. 130 III UAbs. 1 S. 1 a. F. (157 III UAbs. 1 S. 1 n. F.) EGV besagt, daß die industriepolitischen Zielsetzungen auch in die anderen Gemeinschaftspolitikarten und umgekehrt einzubeziehen sind. Aufgrund von Art. 130 III UAbs. 1 S. 2 a. F. (157 III UAbs. 1 S. 2 n. F.) EGV kann der Rat zwar spezifische Maßnahmen zur Unterstützung der industriepolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses beschließen, aber nur einstimmig. Nach Art. 130 III UAbs. 2 a. F. (157 III UAbs. 2 n. F.) EGV darf die Gemeinschaft keine industriepolitische Maßnahme einführen, die zu Wettbewerbsverzerrungen führen könnte360. (cc) Problematik In Hinblick auf die praktischen Erfahrungen, daß eine Wettbewerbsfähigkeit häufig durch dirigistische Eingriffe erreicht wird, zeigt sich in Art. 130 a. F. (157 n. F.) EGV das Spannungsverhältnis zwischen hoheitlichem Interventionismus und freier Marktwirtschaft, letztlich also zwischen Industriepolitik in einem offenen und wettbewerbsorientierten Umfeld – Ansätze für ein Gemeinschaftskonzept“ als Mitteilung der Kommission an den Rat und an das Europäischen Parlament veröffentlicht wurde s. BR-Drucks. 880/90; skizziert von Frees, S. 282 ff.; ebenso skizziert von Berg/Schmidt, S. 113 ff.; zur Industriepolitik der Gemeinschaft vor dem Maastricht-Vertrag s. Berg/Schmidt, S. 97 ff. 357 Oppermann (2), Rn. 948; Bleckmann, Rn. 2756 f.; Schweitzer/Hummer, Rn. 1677 ff.; Hellmann, S. 15 ff. 358 Westerhoff, S. 32. 359 Oppermann (2), Rn. 948; Bleckmann, Rn. 2758; Schweitzer/Hummer, Rn. 1688; Hellmann, S. 18 f. 360 Oppermann (2), Rn. 948; Bleckmann, Rn. 2759 f.; Schweitzer/Hummer, Rn. 1689 f.; Hellmann, S. 19 ff.

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politik im klassischen Sinne und einer liberalen Wettbewerbspolitik. Die Genesis des Art. 130 a. F. (157 n. F.) EGV macht deutlich, daß sich zwei grundsätzlich gegensätzliche Auffassungen staatlicher Wirtschaftspolitik bei der Änderung des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft gegenüberstehen: Eine von Deutschland und Großbritannien vertretene freihandelsorientierte und eine von Frankreich vertretene merkantilistische Position. Nach der ersten Position ist die staatliche Aufgabe primär, allgemeine Rahmenbedingungen vorzuhalten, da man im Wettbewerb selbst am ehesten wettbewerbsfähig bleibe. Nach der zweiten Position sind direkte staatliche Eingriffe in Sektoren vorzunehmen, die als Schlüsselindustrien bewertet werden361. Wegen der möglichen Gefahren für den freien Wettbewerb ist die Aufnahme der Industriepolitik in den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft umstritten. Einige Autoren und die Kommission sind der Auffassung, daß die EGIndustriepolitik nach Art. 130 a. F. (157 n. F.) EGV gegenüber dem Wettbewerbsprinzip subsidiär und zeitbegrenzt als Ersatz für eine marktwirtschaftlich orientierte Wettbewerbspolitik anzusehen sei und nur Rahmenbedingungen für den strukturellen Anpassungsprozeß der Industrie schaffe. Der Vertrag sei wirtschaftspolitisch offen und dirigistische Eingriffe blieben verwehrt. Zu diesem Zweck sei auf die spezifische Förderung zukunftsträchtiger Industrien verzichtet worden. Regelungen wie „entsprechend einem System offener und wettbewerbsorientierter Märkte“ [Art. 130 I UAbs. 2 a. F. (157 I UAbs. 2 n. F.) EGV], „soweit erforderlich“ [Art. 130 II a. F. (157 II n. F.) EGV], „einstimmig“ [Art. 130 III UAbs. 1 S. 2 a. F. (157 III UAbs. 1 S. 2 n. F.) EGV] sowie „Wettbewerbsverzerrungen“ [Art. 130 III UAbs. 2 a. F. (157 III UAbs. 2 n. F.) EGV] und die Bedingungen sowohl in Art. 85 III Buchst. a und b a. F. (81 III Buchst. a und b n. F.) EGV als auch in Art. 2 I UAbs. 2 Buchst. b FKVO, die zugunsten des Wettbewerbsgrundsatzes wirken, dienten im Zusammenhang mit der Regelung des Art. 3 Buchst. g a. F. (3 Buchst. g n. F.) EGV der Vermeidung von wettbewerbswidrigem Interventionismus. Nach dieser Auffassung beschränkt sich die EG-Industriepolitik auf die Koordinierung der mitgliedstaatlichen Einzelpolitikarten. Der Kommission sei lediglich die Kompetenz zugeteilt, Initiativen zur Förderung dieser Koordinierung zu ergreifen362. 361

Oppermann (2), Rn. 949; Bleckmann, Rn. 2756; Seliger, S. 875; zur Geschichte der Industriepolitik Frankreichs s. Berg/Schmidt, S. 28 ff.; Hellmann, S. 14 f.; Möschel (5), S. 593 ff.; Westerhoff, S. 29 ff.; Kritik über industrie-protektionistische Vorstellungen vor allem in Frankreich s. v. Wartenberg, S. 869 ff. 362 Bleckmann, Rn. 2756; Hellmann, S. 15 ff.; Westerhoff, S. 28 ff.; Ehlermann (6), S. 796; Bangemann (2), S. 26 ff.; ders., S. 11 ff.; Groger/Janicki, S. 992 ff.; Kommission, 21. Wettbewerbsbericht, Tz. 45 und Anhang, S. 251 Punkte 6 bis 8 (Antwort der Kommission auf die Entschließung des Parlaments); dies., Bulletin,

238 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

Aus der Sicht der Kritiker ist durch die Vorschriften der Art. 3 und 130 a. F. (3 und 157 n. F.) EGV eine Rechtsgrundlage für eine Industriepolitik der Gemeinschaft und die Koordinierung der Politikarten der Mitgliedstaaten ohne vorherige öffentliche Diskussion geschaffen worden. Dies sei hinsichtlich der demokratischen Legitimation fragwürdig. Die industriepolitischen Maßnahmen durch die Gleichrangigkeit der wettbewerbspolitischen und industriepolitischen Vertragsziele in Art. 3 a. F. (3 n. F.) EGV eine stärkere Position als zuvor gegenüber den wettbewerbspolitischen erlangt. Die Interpretaionsfähigkeit der aufgestellten Ziele sei in der Tat unbegrenzt. Die Erweiterung des Zielkatalogs in Art. 3 a. F. (3 n. F.) EGV sowie die Sonderregelungen für die Industriepolitik in Art. 130 a. F. (157 n. F.) EGV ließen es rechtlich zu, daß nicht der Markt, sondern Behörden mit erweiterten Ermessensspielräumen über die Verteilung der Förderungsmittel entschieden, was zur Zentralisierung führen könne. Problematisch sei, daß dabei insbesondere keine klaren Entscheidungskriterien vorhanden seien. Erfahrungsgemäß führe nicht zuviel, sondern zuwenig Wettbewerbsdruck zur Einbuße der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und zur Schwächung der Wachstumsdynamik einer Volkswirtschaft. Dem Wortlaut der genannten Ziele sei nicht eindeutig zu entnehmen, ob es sich um eine Kompetenz für interventionistische Maßnahmen oder nur um eine allgemeine unternehmensfreundliche Politik handele. In Hinblick auf die Vorgeschichte und die Interessen aller Beteiligten bestehe der Verdacht, daß ein abzulehnender strukturpolitischer Dirigismus vorliege. Letztlich werde es auf die Kommission ankommen, wie die neuen Aufgaben verwirklicht würden. Der Wettbewerb könne zum Mittel politischer Instrumentierung geraten363. Die Legitimation der Gemeinschaftsplanung mit den strategisch bedeutsamen Industrien sei nichts anderes als industrielle Planifikation. Die Rechtfertigung industriepolitischer Maßnahmen könne zur Ungleichbehandlung führen, wenn innerhalb eines Sektors Erfolgreiche, die keine Hilfe brauchen, und Erfolglose nebeneinander existieren364. Einschränkungen der Kompetenz Beilage 3/91; Immenga, 371 ff. Auf das Erfordernis der Einstimmigkeit wurde in Art. 157 III UAbs. 1 S. 2 n. F. EGV in der Fassung von Nizza vom 26. 2. 2001 (ABl. EG Nr. C 80/1 ff.) zur Erleichterung der Beschlußfassung des Rates nach der Osterweiterung der EG verzichtet. 363 Streit (2), S. 194 f., 200 ff., 205 f.; Berg/Schmidt, S. 120, 131 f., 136; Immenga (2) S. 16 f.; Bartodziej, S. 97 ff.; Möschel (5), S. 601 ff.; Streit, S. 1 ff.; Meessen, S. 424 f.; vgl. Dreher, S. 439, meint, daß die europäische Industriepolitik sowie die Koordinierung der nationalen Industriepolitiken der Mitgliedstaaten der Harmonisierung der nationalen Wettbewerbspolitiken bedürften. Frees, S. 286 f.; Niederleithinger (2), S. 652; v. Wartenberg, S. 869; Monopolkommission, Hauptgutachten 1990/1991, Tz. 26. 364 Steindorff (3), S. 190 ff.; zur Industriepolitik der Gemeinschaft in Einzelsektoren s. Hellmann, S. 103 ff.

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der Kommission im Hinblick auf die Koordinierung der einzelnen Industriepolitiken nach Art. 130 II a. F. (157 II n. F.) EGV setzten ein Zusammenwirken von Unternehmen, Staaten und EG-Organen voraus, das jedoch ein unabhängiges Verhalten der Unternehmen und damit den Wettbewerb beeinträchtige, da jede spezielle Industrieförderung zu Wettbewerbsverzerrungen führe365. Die Querschnittsklausel nach Art. 130 III UAbs. 1 S. 1 a. F. (157 III UAbs. 1 S. 1 n. F.) EGV könne unter dem Auslegungsaspekt der „Einheit der Rechtsprechung“ dazu führen, daß solche industriepolitischen Zielsetzungen auf die Durchsetzung des europäischen Wettbewerbsrechts, auf die Beihilfekontrolle und auf den Einsatz des außenhandelspolitischen Instrumentariums gegenüber Drittländern durchschlügen. Dies wirke sich zusammen mit der Handelspolitik außerhalb der Europäischen Gemeinschaft wettbewerbsbeschränkend aus. Die Einstimmigkeit in Art. 130 III UAbs. 1 S. 2 a. F. (157 III UAbs. 1 S. 2 n. F.) EGV trage nicht weit, da sie sich politisch durch Paketlösungen aushebeln lasse366. Die Notwendigkeit der Koordinierung nach Art. 130 II a. F. (157 II n. F.) EGV bedeute außerdem, daß den Mitgliedstaaten, die vielfältige Interessen bei der Lösung industriepolitischer Probleme hätten, ein weitgehender Einfluß vorbehalten sei. Die Vielfältigkeit der nationalen Interessen mache jedoch ein gemeinsames Vorgehen der Mitgliedstaaten schwierig, was ein Entscheidungsvakuum verursachen könne367. Im Falle Aerospatiale-Alena/De Havilland hatten die französiche und die italienische Regierung von der Möglichkeit der Einflußnahme Gebrauch gemacht und aus der Sicht der europäischen Industriepolitik die Untersagung des Zusammenschlusses durch die Kommission kritisiert sowie verlangt, die FKVO zu überprüfen und gegebenfalls zu modifizieren368. Auch der ehemalige Vizepräsident Bangemann setzte sich dafür ein, unter Abweichung vom geltenden Recht den Zusammenschluß aus in365

Steindorff (3), S. 192; Möschel (5), S. 603. Streit (2), S. 196, 199 f.; Berg/Schmidt, S. 119, 121, 134; Möschel (5), S. 603; Krakowski, S. 272; v. Wartenberg, S. 870 f.; Monopolkommission, Hauptgutachten 1990/1991, Tz. 27; das Europäische Parlament hat sich sogar für die Koordinierung „der Wettbewerbspolitik und der Industriepolitik, die auf eine Stärkung der Produktionsstruktur in der Gemeinschaft und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit vor allem in den als strategisch zu bezeichnenden Sektoren abzielt“ entschieden, Kommission, 21. Wettbewerbsbericht, Anhang I, S. 246 Tz. 6; Everling (3), S. 5. Auf das Erfordernis der Einstimmigkeit wurde in Art. 157 III UAbs. 1 S. 2 n. F. EGV in der Fassung von Nizza vom 26. 2. 2001 (ABl. EG Nr. C 80/1 ff.) zur Erleichterung der Beschlußfassung des Rates nach der Osterweiterung der EG verzichtet. 367 Frees, S. 286; Berg/Schmidt, S. 125 f.; Everling (2), S. 188 ff., hat diese Problematik schon Ende der 60iger Jahre erkannt und darauf aufmerksam gemacht. 368 Bartodziej, S. 98; Entscheidung der Kommission vom 2. 10. 1991, ABl. EG 1991 Nr. L 334/42 ff., „Aerospatiale-Alena/de Havilland“; Stellungnahme des Beratenden Ausschusses für die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen vom 20. 9. 1991, ABl. EG 1991 Nr. C 314/7; Kleinmann, S. 350 f.; Europa-Report, Fi366

240 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

dustriepolitischen Gründen zuzulassen369. Daraufhin beschloß die Kommission, künftig die unter anderem für Industriepolitik zuständige Generaldirektion bereits in einem frühen Stadium des Prüfungsverfahrens über eventuelle Untersagungsgründe der Generaldirektion Wettbewerb zu unterrichten370. Insgesamt habe die Industriepolitik nach Art. 130 a. F. (157 n. F.) EGV die Wettbewerbsposition nicht gestärkt, sondern geschwächt371. (7) Rechtsgrundlage (aa) Vertragsänderung Nach einer Auffassung bedarf die Errichtung einer eigenständigen EGKartellbehörde einer Vertragsänderung nach Art. N a. F. (48 n. F.) EUV. Begründet wurde dies damit, daß die Übertragung von Hoheitsrechten auf nachgeordnete Behörden aufgrund des Prinzips des institutionellen Gleichgewichts der Europäischen Gemeinschaft nur dann zulässig sei, wenn sie im Vertrage ausdrücklich vorgesehen sei, was hier nicht der Fall ist372. (bb) Völkerrechtlicher Vertrag Nach Holderbaum bedarf es zur Errichtung einer EG-Kartellbehörde eines von allen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft ratifizierten völkerrechtlichen Vertrages, da die Änderung der Befugnisse und Zuständigkeiten sowie der institutionellen Ordnung der durch ratifizierte völkerrechtliche Verträge geschaffenen Europäischen Gemeinschaft nur durch ein gleichwertiges Abkommen erfolgen könne und die Errichtung einer mit eigenen Entscheidungsbefugnissen ausgestatteten EG-Kartellbehörde die Organisationsstruktur der Gemeinschaft auf dem Wettbewerbssektor wesentlich verändern würde373.

nancial Times vom 8. 10. 1991; EuZW 1991, S. 675; zur Einflußmöglichkeit der Mitgliedstaaten, s. u. Kap. II, C. 3. (a) (9) (bb) und (cc). 369 Steindorff (3), S. 186. 370 Kleinmann, S. 350; Kurzinformation, WuW 1992, S. 193. 371 Möschel (5), S. 603. 372 EuGH, 22. 5. 1990, Slg. 1990, I-2067 (2072 f.); EuGH, 17. 12. 1970, Slg. 1958, 1161 (1173); EuGH, 13. 6. 1958, Slg. 1958, 9 (40); zum umstrittenen Verhältnis zum aufgehobenen Art. 236 EGV (Art. 48 n. F. EUV), Grabitz/Grabitz, Art. 235, EL 2, Rn. 4 ff.; Merz, S. 406; Sedemund, S. 323; Günther, S. 304; Everling, S. 42. 373 Merz, S. 406; Holderbaum, S. 126 ff.

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(cc) Art. 235 a. F. (308 n. F.) EGV Eine dritte Meinung, die im neueren Schrifttum immer mehr Zustimmung gewonnen hat, erachtet die Gründung rechtsfähiger Organisationseinheiten auf der Grundlage der Ergänzungsklausel des Art. 235 a. F. (308 n. F.) EGV für zulässig374. Art. 235 a. F. (308 n. F.) EGV begründe jedoch keine Kompetenz-Kompetenz und verschaffe keine Generalermächtigung. Er sei daher im einzelnen unter sehr engen Voraussetzungen als Ergänzungsvorschrift anwendbar. Zuerst dürften die notwendigen Kompetenzen nicht bereits ausdrücklich im Vertrag vorgesehen sein. Diese Voraussetzung sei gegeben, da die Wettbewerbsregeln zwar in Art. 85 ff. a. F. (81 ff. n. F.) EGV enthalten seien, aber keine Regelungen zur Kompetenzverteilung enthielten. Ferner wird vorausgesetzt, daß es um die Verwirklichung eines Zieles der Europäischen Gemeinschaft gehe, dieses Ziel im Rahmen des Gemeinsamen Marktes verwirklicht werden solle und ein Tätigwerden der Gemeinschaft erforderlich sei. Mit der Errichtung eines EG-Kartellamtes gehe es ohne Zweifel um die Verwirklichung eines Zieles der Gemeinschaft, nämlich um die Aufrechterhaltung eines funktionierenden Wettbewerbs in der Gemeinschaft. Angesichts der Überlastung der Kommission, der Schwerfälligkeit des Entscheidungsprozesses der gesamten Kommission, der Sachkundigkeit und der Einmischung der sachfremden politischen Einflüsse, vor allem der industriepolitischen Erwägungen, sei eine EG-Kartellbehörde zur Verwirklichung des Gemeinschaftsziels „Schutz des Wettbewerbs vor Verfälschungen“ in Art. 3 Buchst. g a. F. (3 Buchst. g n. F.) EGV wünschenswert, so daß ein Tätigwerden der Gemeinschaft erforderlich sei375. (dd) Art. 6 I EMRK Als Rechtsgrundlage für die Errichtung einer unabhängigen EG-Wettbewerbsbehörde könnte Art. 6 I EMRK in Betracht kommen. Er bestimmt, daß jede Person ein Recht darauf hat, vor der Entscheidung über rechtliche Streitigkeiten von einem unabhängigen und unparteiischen Gericht in einem fairen Verfahren gehört zu werden. Jedoch hat der Europäische Gerichtshof bisher in zwei Fällen wiederholt die Anwendbarkeit des Art. 6 I EMRK auf das Verfahren der Kommission verneint, da die Kommission mit der Exekutivgewalt ausgestattet sei und somit nicht als Gericht im Sinne von Art. 6 I EMRK betrachtet werden könne376. 374 Zu Rolle und Grenzeen des Art. 235 a. F. (308 n. F.) EGV im Zusammenhang mit den Hoheitsbefugnissen der Mitgliedstaaten Everling (3), S. 2 ff. 375 v. der Groeben/Schwarz, Bd. 5, Art. 235 Rn. 1 ff., 75 ff., 278 ff.; Grabitz/ Grabitz, EL 2, Art. 235 Rn. 1 ff., 37 ff., 80; Merz, S. 406 f.; Hilf, S. 147; Priebe, S. 96 ff.; Everling (3), S. 9 ff.

242 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

(8) Institutionelles Gleichgewicht der Gemeinschaft (aa) Erhaltung des statischen Gleichgewichts Es besteht, wie oben dargestellt, eine Möglichkeit, eine EG-Kartellbehörde aufgrund des Art. 235 a. F. (308 n. F.) EGV zu gründen. Zu untersuchen sind dann die Grenzen für die Zuweisung von Befugnissen. Die Bestimmung ist lediglich eine vertragsgemäße Kompetenz und kann daher nur im Rahmen des geltenden institutionellen Systems ohne Gewichtsverlagerung herangezogen werden377. Im Falle „Maroni“ entschied der Europäische Gerichtshof, daß sich die Organe den im Vertrage übertragenen Aufgaben nicht dadurch entziehen könnten, daß sie sie auf nachgeordnete Stellen übertrugen. Der organisatorische Aufbau der Europäischen Gemeinschaft sei durch das Gleichgewicht der Gewalten gekennzeichnet. Die grundlegende Garantie dieses Gleichgewichts würde durch die „Übertragung von Befugnissen mit Ermessensspielraum auf andere Einrichtungen als solche, die im Vertrag zur Ausübung und Kontrolle dieser Befugnisse im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit vorgesehen sind“, verletzt. Daher dürften nur Ausführungsbefugnisse übertragen werden, die genau umgrenzt seien und deren Ausübung von der Hohen Behörde in vollem Umfang beaufsichtigt werde. Auf dieser Grundlage sei die Übertragung von Hoheitsrechten auf nachgeordnete Behörden nur dann zulässig, wenn sie im Vertrag ausdrücklich vorgesehen sei. Verlangt wird, vom statischen Gleichgewichtsbegriff ausgehend, daß die Gemeinschaft unter allen Umständen imstande bleibt, ihrer Verantwortlichkeit unter Beachtung der vom Vertrag geforderten Gleichgewichtsverhältnisse nachzukommen. Der Europäische Gerichtshof billigt diesem Grundsatz normativen Charakter zu und erachtet ihn in seinem folgenden Urteilen ausnahmslos für justiziabel. Unzulässig ist es nach diesem Prinzip, die Befugnis einer Ermessensentscheidung zu übertragen378. Abgeleitet wurde dieses Prinzip der Rechtsprechung aus Art. 4 I 376 EuGH 7. 6. 1983 Slg. 1983, 1825 (1880); EuGH 29. 10. 1980 Slg. 1980, 3125 (3248) „FEDETAB“; Kommission, 10. Wettbewerbsbericht, Tz. 49; so auch, Arnold, S. 1 f. 377 Everling (3), S. 14 ff., 19 f., sieht gleichzeitig die Rolle des Art. 235 a. F. (308 n. F.) EGV darin, die Entwicklung der Gemeinschaft dynamisch auch dort schrittweise voranzutreiben, wo der Vertrag bereits weitgehend ausgeschöpft ist, was jedoch ohne Gewichtsverlagerung schwer realisierbar scheint. 378 EuGH, 22. 5. 1990-I, Slg. 1990, 2041 (2072 f.); EuGH, 22. 5. 1985, Slg. 1985, 1513 ff. (1588); EuGH, 30. 9. 1982, Slg. 1982, 3107 (3133 f.); EuGH, 4. 2. 1982, Slg. 1982, 297 ff. (316); EuGH, 4. 2. 1982, Slg. 1982, 269 ff. (287); EuGH, 4. 2. 1982, Slg. 1982, 245 ff. (262); EuGH, 5. 5. 1981, Slg. 1981, 1045 ff. (1074); EuGH, 29. 10. 1980, Slg. 1980, 3393 ff. (3420, 3424); EuGH, 29. 10. 1980, Slg. 1980, 3333 ff. (3360); EuGH, 30. 10. 1975, Slg. 1975, 1279 ff. (1302); EuGH, 17. 12. 1970, Slg. 1970, 1197 ff. (1209 f.); EuGH, 17. 12. 1970, Slg. 1970, 1161 ff.

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a. F. (7 I n. F.) EGV, in der früheren Literatur unmittelbar aus den nationalen Verfassungsnormen, aber in der folgenden Zeit entweder ebenso aus Art. 4 I a. F. (7 I n. F.) EGV oder teilweise aus Art. 95 III EGKSV379. Für die Beurteilung des institutionellen Gemeinschaftsrechts ist der herkömmliche nationale Gewaltenteilungsgrundsatz als Maßstab anzulegen. Die Gewaltenteilung ist einerseits im Kern die Zuteilung der Funktionen zu den Gewalten (Gewaltenteilung) und andererseits die gegenseitige Kontrolle und Mäßigung der Gewalten zum Ausgleich (Gewaltenbalancierung), so daß übermäßige Machtkonzentrationen im Staat vermieden werden und dadurch die Freiheit des Einzelnen vor einem möglichen Mißbrauch der Staatsmacht geschützt werden kann. Wenn Funktion und Organstruktur sachlich aneinander gebunden sind, dann soll die Wahrnehmung oder Zuweisung von Funktionen, die der Struktur des Organs und der von ihm wahrzunehmenden Grundfunktion nicht entsprechen, verboten sein380. (bb) Keine Normativität In der neueren Literatur wird jedoch sowohl die Justizialbilität als auch der normative Charakter des Grundsatzes des institutionellen Gleichgewichts vermehrt in Frage gestellt. Der Begriff „institutionelles Gleichgewicht“ widerspreche dem progressiven Konzept des EG-Vertrages und enthalte entweder nur eine Umschreibung der in der Organisationsverfassung positiv geregelten Organbeziehungen oder er artikuliere eine verfassungspolitische Zielsetzung. Es fehle im positiven Recht jegliche Anknüpfungsmöglichkeit, um das Verhältnis der Organe anhand eines derartigen Grundsatzes zu bestimmen. Das institutionelle Gleichgewicht sei bloße Folge der in jeder Verbandsverfassung niedergelegten spezifischen interorganischen Kompetenzausscheidung. Zu messen sei an satzungsmäßigen Delegationskriterien sowie Kompetenzausdehnungstechniken. In der Tat bestehe das institutionelle Ungleichgewicht insbesondere durch den Kompetenzzuwachs des Europäischen Parlaments. Aus diesem Grund eigne sich dieser Grundsatz (1171, 1173); EuGH, 4. 2. 1960, Slg. 1960-I, 95 ff. (117); EuGH, 13. 6. 1958, Slg. 1958, 9 (40, 44, 47); EuGH, 13. 6. 1958, Slg. 1958, 51 (81 f., 85); ausführliche Nachweise zur Rechtsprechung s. Grabitz/Hummer, Vor. Art. 155 Rn. 14; mit Kommentierung Bernhardt, S. 88 ff.; Göttelmann, S. 20 ff., 80 ff.; zu Grenzen und Zulässigkeitsvoraussetzungen der Delegation ders., S. 72 ff., 92 f.; Everling, S. 41 f. 379 Übersichtlich Bernhardt, S. 90 ff.; (Rechtsprechung) EuGH, 22. 5. 1985, Slg. 1985, 1513 ff. (1588); EuGH, 29. 10. 1980, Slg. 1980, 3393 ff. (3424); (Literatur) K. H. Klein, S. 22 f.; Hilf, S. 312; Priebe, S. 77 f. 380 v. Mangoldt/Sommermann, Bd. 1, Art. 20 Rn. 187 ff.; Bernhardt, S. 93 ff.; BVerfG 10. 10. 1972 BVerfGE 34, 52 (59); BVerfG 15. 12. 1970 BVerfGE 30, 1 (28); BVerfG 20. 6. 1967 BVerfGE 22, 106 (111); BVerfG 27. 4. 1959 BVerfGE 9, 268 (279 f.); BVerfG 17. 8. 1956 BVerfGE 5, 85 (199).

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nicht als eigenständige Quelle normativer Aussagen zum Organverhältnis. Die Verwendung dieses Grundsatzes sei irreführend, da jedenfalls die Verteilung der Befugnisse zwischen den Organen bisher keine gleichgewichtigen Beziehungen erzeuge. Das institutionelle System der Gemeinschaft stelle wie jedes institutionelle System keinen Selbstzweck dar, sondern diene als ein organisiertes Ganzes von Instrumenten einer Politik, die bestimmte Ziele habe. Sowohl die Justizialbilität als auch der normative Charakter des Grundsatzes des institutionellen Gleichgewichts werde durch die Selbsterhaltung der Organisationsidentität und die Kooperationspflicht der Organe sowie die Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit zwischen den Organen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten ersetzt381. Andererseits stütze man sich im Hinblick auf die mit der Fortentwicklung der Gemeinschaft einhergehenden offenen und flexiblen Wandlungsprozesse bei den Funktionen, den Strukturen, dem Legitimationszusammenhang und dem Verfahren im institutionellen System, insbesondere über die vom Europäischen Gerichtshof gebilligte Kompetenzerweiterung des Europäischen Parlaments382, auf das „dynamische Gleichgewicht“, das nicht nur die äußere, sondern auch die innere Machtbalance, d. h. die Erhaltung der Funktionsfähigkeit sichere. Das hätten die Gründungsväter der Europäischen Gemeinschaft konzipiert. Wenn man vom dynamischen Gleichgewicht ausgehe, komme ein grundlegendes Ungleichgewicht nicht in Frage, da einem solchen Ungleichgewicht die Vorstellung zugrunde liege, daß ein Gleichgewicht immer statisch sein müsse383. Es sei eine wichtige Aufgabe des Europäischen Gerichtshofs, die dynamische Entwicklung des institutionellen Gefüges der Gemeinschaft rechtlich zu kontrollieren384.

381

v. der Groeben/Bieber, Bd. 1, Art. 4 Rn. 66; Grabitz/Hummer, EL 2, Vor. Art. 155 EGV Rn. 14; Bieber (3), S. 101 ff.; ders. (2), S. 509, 518 ff.; ders., S. 21 ff.; Bernhardt, S. 107; Hilf (2), S. 24 f.; Kutscher, S. 410; Constantinesco, S. 211, 213 ff.; Priebe, S. 76 ff.; zu Kooperationspflicht, „Verfassungstreue“ im deutschen Verfassungsrecht Schenke, S. 19 f., passim; „Gemeinschaftstreue“ im Europarecht Everling (4), S. 150 ff. 382 Z. B. EuGH, 29. 10. 1980, Slg. 1980, 3333 ff. (3360); Grabitz/Läufer, S. 140 ff.; Ehlermann (2), S. 355 ff.; ders., S. 325 ff. 383 Bernhardt, S. 107 ff.; Weidenfeld, S. 34; Bieber, S. 21 ff.; vgl. Kommission, Bulletin, Beilage, 3/82, S. 7 ff., verlangt die vom statischen Gleichgewicht ausgehend die Wiederherstellung des Gleichgewichts, das durch die Änderung des Kräfteverhältnisses zwischen Rat und Kommission auf Kosten der Kommission verloren gegangen ist.; zur Offenheit der europäischen Integration Hilf, S. 311 f.; Sasse, S. 346 f., 349; H. P. Ipsen, S. 1054 f. 384 Bebr, S. 243.

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(9) Souveränität der Mitgliedstaaten (aa) Verhältnis zur Europäischen Gemeinschaft Bei den Überlegungen zur Übertragung von wettbewerblichen Entscheidungsbefugnissen von der Kommission auf eine unabhängige EG-Wettbewerbsbehörde ist die Frage nach der Kollision zwischen den supranationalen Hoheitsrechten der Europäischen Gemeinschaft einerseits und der Souveränität der Mitgliedstaaten andererseits zu berücksichtigen, da eine Entscheidung der zu errichtenden EG-Wettbewerbsbehörde eine unmittelbare Geltung in den Mitgliedstaaten zur Folge hat385. In der Gemeinschaft haben die Mitgliedstaaten zwar ihre Souveränität dadurch begrenzt, daß sie bestimmte Hoheitsbefugnisse vergemeinschaftet und sie durch die Organisation gemeinschaftlicher Institutionen neu verfaßt haben. Dies bedeutet umgekehrt, daß die Hoheitsgewalt der Europäischen Gemeinschaft nach dem Subsidiaritätsprinzip insoweit begrenzt ist, als ihre supranationalen Tätigkeiten auf die ihr ausdrücklich eingeräumten Sachbereiche beschränkt sind und ihre Maßnahmen nicht über das für die Erreichung der Ziele der EU- und EG-Verträge erforderliche Maß hinausreichen [Art. B II a. F. (2 II n. F.) EUV und Art. 3b II a. F. (5 n. F.) EGV]. Allerdings sind die Zuständigkeiten der Gemeinschaft und die der Verwirklichung ihrer Aufgaben dienenden Normen im Zweifel so auszulegen, daß ihre volle praktische Wirksamkeit gewährleistet ist. Der Europäischen Gemeinschaft fehlt es an der Kompetenz-Kompetenz und sie ist insoweit auf eine zusätzliche Übertragung von Hoheitsrechten seitens der Mitgliedstaaten durch die Vertragsergänzung angewiesen. Somit ist die Souveränität trotz der partiellen Übertragung von Hoheitsgewalten auf die Europäische Gemeinschaft, z. B. im Wettbewerbsbereich, und trotz der gebotenen Zusammenarbeit zwischen den Gemeinschaftsorganen und Mitgliedstaaten im Kern bei den Mitgliedstaaten als den „Herren der Verträge“ geblieben, was durch Art. F I a. F. (6 III n. F.) EUV bestätigt wurde. Das allgemeine Subsidiaritätsprinzip [Art. 3b a. F. (5 n. F.) EGV und Art. F I a. F. (6 III n. F.) EUV], das im Kern die Erhaltung des Souveränitätsprinzips widerspiegelt, hat auch im EG-Wettbewerbsrecht Geltung386. Ferner zeigt die Praxis, daß die Kommission durch Ernennung ihrer Mitglieder gewissermaßen unter dem Einfluß der Mitgliedstaaten steht, da die politisch wichtigen Persönlichkeiten, die nach der Beendigung ihres 385

Zur Spannung zwischen der Gemeinschaftspolitik und -rechtsordnung einerseits und der Politik und Rechtsordnung der Mitgliedstaaten andererseits bezüglich des Art. 235 EGV Everling (3), S. 2 ff. 386 v. der Groeben/Beutler, Bd. 1, Art. F Rn. 9 ff.; Immenga/Mestmäcker, EGWbR, Bd. I., Einl., A. Rn. 10 ff., 16, 38, 56 ff.; Schweitzer/Hummer, Rn. 892 ff.; Hilf (3), S. 79.

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Kommissariates wiederum wichtige politische Funktionen im Heimatstaat übernehmen sollen, zu Kommissaren ernannt werden in der Erwartung, daß sie die nationalen Interessen ihrer Regierungen berücksichtigen387. (bb) Einflußnahme der Mitgliedstaaten bei der Rechtssetzung Die Regierungen der Mitgliedstaaten nehmen im eigenen nationalen Interesse Einfluß auf die Gemeinschaftspolitik über den Rat, der sich aus weisungsgebundenen Regierungsvertretern zusammensetzt, da sie die politischen Entscheidungen nicht aus der Hand geben wollen. Symbolisch ist in diesem Zusammenhang die Einschränkung der Rechtssetzungsbefugnisse des Europäischen Parlaments im Vergleich zum nationalen Parlament [Art. 189a bis 189c a. F. (250 bis 252 n. F.) EGV], auch wenn seine Befugnisse immer mehr erweitert worden sind. Insoweit besteht auf der Gemeinschaftsebene ein demokratisches Legitimationsdefizit. Es ist den Mitgliedstaaten überlassen, welches Regierungsmitglied sie je nach allgemeinpolitischem oder besonderem Thema sie zum Rat entsenden. Möglich ist es daher, daß der Ministerrat in verschiedener Zusammensetzung in mehreren Sitzungen gleichzeitig tagt. Zum Zweck der allgemeinen Einflußnahme im nationalen Interesse bei der Rechtssetzung ist das Recht zum Erlaß von Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen beim Rat konzentriert, soweit es sich nicht um technische Entscheidungen handelt, die der Kommission überlassen bleiben können. Die Mitgliedstaaten dürfen im Rat auf diese Weise ihre nationalen Interessen vertreten, sind jedoch durch Art. 5 a. F. (10 n. F.) EGV verpflichtet, die Funktionsfähigkeit des Rates zu sichern und somit einen Kompromiß anzustreben, der den gemeinsamen europäischen Interessen entspricht. Angesichts dieser Verpflichtung zur Gemeinschaftstreue ist die starre Bindung der Vertreter im Rat an eine Regierungsweisung unzulässig388. Allgemeine Vorschriften werden in der Regel vom 387

Seliger, S. 876; Bleckmann, Rn. 252. BVerfG 12. 10. 1993 BVerfG/E 89, 155 (181, 188 ff.); v. der Groeben/ Zuleeg, Bd 1, Art. 3b Rn. 2; Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Bd. I., Einl., A. Rn. 10 f.; Bleckmann, Rn. 79 ff., 93, 142 ff., 207 ff., 224, 306 ff.; vgl. Hilf (3), S. 78 ff.; Everling (5), S. 942 f.; Zuleeg, S. 1073; Oppermann (2), Rn. 280 ff., 318 f., 328 f., 905; Everling (2), S. 190; A. A. v. der Groeben/Beutler, Bd. 1, Art. F Rn. 10; die Souveränität der Mitgliedstaaten bleibt erhalten, bis sich die Völker der Mitgliedstaaten in ein einheitliches Volk der Gemeinschaft verwandelt haben, und solange im Vergleich zu den nationalen Parlamenten ein demokratisches Legitimationsdefizit auf der Gemeinschaftsebene wegen der Beschränkung der Beratungs-, Kontroll- und Gesetzgebungskompetenz besteht und die demokratische Legitimierungsfunktion nicht vollständig von den nationalen Parlamenten auf das Europäische Parlament verlagert worden ist. Zum vollständigen Parlament fehlen dem Europäischen Parlament trotz Vetorecht nach Art. 189b a. F. (251 n. F.) EGV vor allem 388

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Rat auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments sowie gegebenenfalls des Wirtschafts- und Sozialausschusses unter der rechtlichen Kontrolle des Gerichtshofs beschlossen [Art. 189 und 189a a. F. (249 und 250 n. F.) EGV]389. Der Rat kann Beschlüsse als Kollegium nur mit Einstimmigkeit, qualifizierter Mehrheit oder einfacher Mehrheit fassen und nicht einzelne oder mehrere Mitglieder zur Erledigung ermächtigen [Art. 148 a. F. (205 n. F.) EGV]390. Dies führt dazu, daß der Rat das Konfliktzentrum der nationalen Interessen werden kann. Ein Beispiel dafür ist die sog. Luxemburger Vereinbarung vom 29. Januar 1966. Danach sind Mehrheitsbeschlüsse, sobald ein Mitgliedstaat sich auf sehr wichtige Interessen beruft, nurmehr dann möglich sind, wenn alle Mitgliedstaaten damit einverstanden sind, obwohl die rechtliche Verbindlichkeit dieser Vereinbarung in Frage gestellt worden ist391. Dies gilt auch für die Rechtssetzung aufgrund des Art. 235 a. F. (308 n. F.) EGV. Der Rat ist anderseits kein ständiges Vollzugsorgan und daher ist seine Beschlußfassung schwerfällig. Die Untauglichkeit und Unfähigkeit des Rates macht die Delegation von Durchführungsbefugnissen vom Rat auf die Kommission notwendig392. Zum Ausgleich ist die von den nationalen Interessen unabhängige Aufgabenerfüllung der Kommission für das allgemeine Wohl der Gemeinschaft das Gesetzgebungsinitiativrecht und die Befugnis zur abschließenden Beschlußfassung über die Rechtsakte. In dem Sinne, daß der Rat die nationale Interesssen der Mitgliedstaaten vertritt, entspricht er dem Bundesrat der Bundesrepublik Deutschland, der die Interessen der Bundesländer vertritt; vgl. BVerfG 12. 10. 1993 BVerfGE 89, 155 (182 ff.); s. auch Oppermann (2), Rn. 265, 277; zum dynamischen Verhältnis des Europäischen Parlaments zu anderen Organen der Gemeinschaft v. der Groeben/Haag/Bieber, Bd. 4, Vor. zu Art. 137–144 Rn. 7 ff., 16 ff., 21 ff.; Bleckmann, Rn. 288 ff., 307 ff., 312 ff., 319 ff., 325 ff., 1284 ff.; Oppermann (2), Rn. 263 ff., 279; zur Gemeinschaftsgewalt und Staatsgewalt Oppermann (2), Rn. 184, 513 ff., 907 ff.; nach Zuleeg, S. 1073, „je mehr Hoheitsgewalt die Europäische Gemeinschaft gewinnt, desto stärker ist die Notwendigkeit des Ausbaus der Rechte des Europäischen Parlaments.“; zu den Grenzen der Verlagerung der demokratischen Legitimation von den nationalen Parlamenten auf das Europäische Parlament („substanzielles Gewicht“, „eigene Aufgabenfelder, auf denen sich das jeweilige Staatsvolk in einem von ihm legitimierten und gesteuerten Prozeß politischer Willensbildung entfalten und artikulieren kann“), s. BVerfG 12. 10. 1993 BVerfGE 89, 155 (184 ff.). 389 Bleckmann, 260 ff., Rn. 308; Oppermann (2), Rn. 265 ff.; zur Verstärkung der Stellung des Europäischen Parlaments im Verhältnis zu Rat und Kommission, Ehlermann (2), S. 355 ff. 390 Bleckmann, Rn. 225 ff.; Schweitzer/Hummer, Rn. 161 ff.; Oppermann (2), Rn. 286 ff. 391 Bleckmann, Rn. 144, 232 ff.; Schweitzer/Hummer, Rn. 171 ff.; Oppermann (2), Rn. 29 f., 286 ff.; ders., Rn. 288. 392 Oppermann (2), Rn. 294, 328; Ehlermann (2), S. 359 f.; Sehr kritisch Constantinesco, S. 217 ff.

248 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

garantiert, und bei der Erfüllung ihrer Aufgaben ist die Kommission von Anweisungen einer Regierung oder einer anderen Stelle befreit [Art. 157 II UAbs. 1, 2 a. F. (213 II UAbs. 1, 2 n. F.) EGV]. Die vom Rat zu fassenden Beschlüsse enthalten meist nur die grundsätzlichen Bestimmungen und bedürfen weiterer Durchführung durch ergänzende allgemeine Regelungen und durch verwaltungsmäßige Vollziehung im Einzelfall, was in der Regel nach Art. 155 a. F. (211 n. F.) EGV der Kommission übertragen wird. Ermächtigungen der Kommission sind aber nur insoweit zulässig, als es sich um fest begrenzte Bereiche handelt und der wesentliche Rahmen vom Rat selbst festgelegt wird. Der Grund für diese Mischform ist einerseits, daß eine Ermächtigung der Kommission aus praktischen Gründen nicht vermeidbar war, andererseits, daß die Mitgliedstaaten im nationalen Interesse ihre Eingriffsmöglichkeiten nicht völlig preisgeben wollten393. In Fällen von Gruppenfreistellungsverordnungen hat die Kommission den Beratenden Ausschuß zweimal anzuhören: bevor sie einen Verordnungsentwurf veröffentlicht und bevor sie die Verordnung erläßt (Art. 6 VO 19/65, Art. 6 VO 3976/87, Art. 6 VO 479/ 92, Art. 6 VO 1534/91). Auch vor Erlaß anderer Kommissionsverordnungen hört sie ihn an. Darüber hinaus werden Vertreter der Mitgliedstaaten zu allgemeinen Kartellkonferenzen eingeladen oder zu Gesetzesvorhaben und Bekanntmachungen gehört. Dadurch können die Mitgliedstaaten Einfluß auf alle wettbewerbspolitischen Maßnahmen von allgemeiner Bedeutung nehmen, auch wenn dies nicht geregelt ist394. Zu erwähnen ist als Beispiel für die Erhaltung der Souveränität der Mitgliedstaaten und für den Konflikt zwischen unterschiedlichen nationalen Interessen die Verhandlung um die Einführung der industriepolitisch orientierten Tätigkeit der Gemeinschaft in Art. 3 Buchst. l und 130 a. F. (3 Buchst. m und 157 n. F.) EGV. In diesem Fall vertraten Deutschland und Großbritannien ihre nationalen Interessen, eine liberale Wettbewerbs- und Handelspolitik aufgrund freier Marktwirtschaft auf dem gemeinsamen Binnenmarkt zu gewährleisten, während Frankreich ebenso in seinem eigenen nationalen Interesse die interventionistische Industriepolitik im klassischen Sinne und eine merkantilistische Handelspolitik in der Gemeinschaftspolitik zu verankern suchte395. Während der Verhandlungen über die Entwürfe der FKVO trat die deutsche Regierung für einen Ausschluß industriepolitischer Erwägungen ein, und es kam zu einem Kompromiß mit den industriepolitisch orientierten Mitglied393

Everling, S. 34 ff. Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 10 Rn. 30 f. 395 s. o. Kap. II, C. 3. (a) (6) (cc); Bleckmann, Rn. 2756; zur Geschichte der Industriepolitik Frankreichs Berg/Schmidt, S. 28 ff.; Möschel (5), S. 593 ff.; Hellmann, S. 14 f.; Westerhoff, S. 29 ff.; Kritik über industrie-protektionistische Vorstellungen vor allem in Frankreich bei v. Wartenberg, S. 869 ff. 394

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staaten, bei dem die industriepolitischen Überlegungen zwar nicht ausgeschlossen, aber in die wettbewerbsrechtliche Beurteilung eingebunden und dieser untergeordnet wurden396. (cc) Einflußnahme der Mitgliedstaaten auf einzelne Verfahren In der Kartellaufsicht ist nach Art. 10 III VO 17 vor jeder verfahrensabschließenden Entscheidung der Beratende Ausschuß für Kartell- und Monopolfragen, im Rahmen der Zusammenschlußkontrolle nach Art. 19 III, IV FKVO der Beratende Ausschuß für die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen anzuhören. Die beiden Ausschüsse setzen sich aus Vertretern der jeweils zuständigen Behörde der Mitgliedstaaten zusammen (Art. 10 IV VO 17 und 19 IV FKVO). Zur Einleitung einer Untersuchung von Wirtschaftszweigen ist ein Beschluß durch die Kommission und die vorherige Anhörung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen notwendig (Art. 12 IV VO 17). Während Stellungnahmen des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen nicht bindend sind und nicht veröffentlicht werden (Art. 10 VI VO 17), muß die Kommission die schriftlichen Stellungnahmen des Beratenden Ausschusses für die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen soweit wie möglich berücksichtigen; sie unterrichtet den Ausschuß darüber, inwieweit sie seine Stellungnahmen berücksichtigt hat (Art. 19 VI 5 FKVO). Ferner kann ihr der Beratende Ausschuß für die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen die Veröffentlichung der Stellungnahme empfehlen (Art. 19 VII 1 FKVO). Es steht zwar im Ermessen der Kommission, die Veröffentlichung vorzunehmen, aber bisher ist sie seinen Empfehlungen nachgekommen. Obwohl eine endgültige Entscheidung von der Kommission ohne Bindung an die Stellungnahmen der Ausschüsse getroffen wird, bemüht sich die Kommission, Entscheidungen im Einklang mit dem Ausschuß zu treffen. So wird einerseits von Anfang an angestrebt, die Übereinstimmung mit den nationalen Regierungen zu erreichen, was es ihnen andererseits ermöglicht, durch das eigentlich zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten eingeführte Instrument Einfluß auf das einzelne Verfahren im eigenen nationalen Interesse zu nehmen397. 396 s. u. Kap. II, C. 3. (a) (6) (bb); Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, A. Rn. 19 ff.; Meessen, S. 423; Janicki, S. 196 ff.; Koch, S. 65 f.; Kommission, 3. Wettbewerbsbericht, S. 36; Art. 2 III des Geänderten Vorschlages für eine Verordnung (EWG) des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen von 28. 1. 1989 ABl. EG C 22/14 ff. (16); Art. 2 IV des Geänderten Vorschlages für eine Verordnung (EWG) des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen von 19. 5. 1988 ABl. EG C 130/4 ff. (6); Art. 1 III des Vorschlages für eine Verordnung (EWG) des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen vom 31. 10. 1972 ABl. EG C 92/1 4 ff. (3).

250 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

(10) „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ Sowohl Art. 85 a. F. (81 n. F.) EGV als auch Art. 2 FKVO enthalten die zukunftsorientierten Prüfungskriterien aufgrund der dynamischen Betrachtungsweise. (aa) Zur Freistellung von Kartellen Die Kommission bezieht den gesamtwirtschaftlichen Vorteil für die Europäische Gemeinschaft als materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal in die Prüfung über eine Freistellung von Kartellen nach Art. 85 III a. F. (81 III n. F.) EGV mit ein. Zu würdigen ist der Vorteil für die Gemeinschaft nach den Grundsätzen und Zielen des EG-Vertrages. Nach Art. 85 III a. F. (81 III n. F.) EGV ist die Freistellung aufgrund der Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder der Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts zulässig, wenn sie einen wirtschaftlichen und technischen Beitrag mit gesamtwirtschaftlich positiven Auswirkungen in der Gemeinschaft leistet. Dazu gehören nicht die Vorteile, die nur für die an der Absprache beteiligten Unternehmen vorteilhaft sind. Art. 85 III a. F. (81 III n. F.) EGV eröffnet jedoch wegen der Vielzahl von unbestimmten Rechtsbegriffen der Kommission einen weiten Beurteilungsspielraum, den sie in jüngster Zeit zur Förderung der Kooperation von Unternehmen, d. h. zur Durchsetzung von Zielsetzungen der europäischen Industriepolitik, nutzt398. Der Europäische Gerichtshof sieht in Art. 85 III a. F. (81 III n. F.) EGV die Ermächtigung der Kommission, das Erfordernis eines wirksamen Wettbewerbs mit der Wahrung andersartiger Ziele in Einklang zu bringen und bestimmte Beschränkungen des Wettbewerbs zuzulassen, wenn dies für die Verwirklichung dieser Ziele unerläßlich ist und nicht zu einer Ausschaltung des Wettbewerbs für einen wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes führt399. 397 Zur Anhörung des Beratenden Ausschusses und zur Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, s. o. Kap. I, C. 1. (a), (i) und (j) (2); Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 10 Rn. 21 ff.; Langen/Sauter, VO 17, Art. 10 Rn. 2; Immenga/Immenga, EGWbR, Bd. I, FKVO, D. Art. 19 Rn. 9 ff.; Langen/Löffler, FKVO, Art. 19 Rn. 9 ff.; Steindorff, S. 56; Tamura, S. 157, 178 f., stellt es aus der Sicht des fairen Verfahrens in Frage, daß die Anhörung des Beratenden Ausschusses im Gegensatz zum Anhörungsverfahren des Unternehmens nicht eingehend geregelt ist, obwohl er eine wichtige Rolle im europäischen Kartellverfahren spielt. 398 Immenga/Sauter, EG-WbR, Bd. I, Art. 85 III, C. Rn. 2 f., 8 f., 11; Entscheidungen der Kommission, 12. 12. 1994 ABl. EG 1994 Nr. L 341/66 ff. (73); 11. 11. 1994 ABl. EG 1994 Nr. L 309/24 ff. (29 f.); 27. 7. 1994 ABl. EG 1994 Nr. L 223/ 36 ff. (50 f.); 23. 12. 1992 ABl. EG 1993 Nr. L 20/14 ff. (17 f.); Emmerich, § 34, 11. c), S. 554.

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(bb) Zur Genehmigung von Zusammenschlüssen In Art. 2 I UAbs. 2 Buchst. b FKVO ist dem Kriterium des Art. 85 III a. F. (81 III n. F.) EGV entsprechend400 die Genehmigungsvoraussetzung „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ im Hinblick auf den Konflikt in der Europäischen Gemeinschaft zwischen industriepolitischen und wettbewerbspolitischen Zielen während der Verhandlung über den Entwurf der Fusionskontrollverordnung als Kompromiß eingeführt worden. Die Entstehungsgeschichte der Regelung zeigt, daß der früher vorgesehene generalklauselartige Rechtfertigungsgrund „allgemeine Interesse der Gemeinschaft“ zunächst in „Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung“, über „Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts“, „Verbesserung der Wettbewerbsstruktur im Gemeinsamen Markt“ bis schließlich hin zur „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ konkretisiert worden ist. Nach Auffassung der Kommission ist der Begriff „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ im Lichte der in Art. 85 III a. F. (81 III n. F.) EGV verankerten Grundsätze und ihrer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof zu verstehen. Der Beurteilungstatbestand des Art. 2 FKVO verbindet im Gegensatz zur deutschen Fusionskontrolle den Untersagungs- und Genehmigungstatbestand in einem einstufigen Verfahren ohne institutionelle Trennung401. Zu berücksichtigen sind die Effizienzvorteile von Wettbewerbsbeschränkungen für die beteiligten Unternehmen, etwa die Rationalisierungs- oder Synergieeffekte, die unter dem Vorbehalt, daß dadurch Verbraucherinteressen gedient und der Wettbewerb nicht behindert wird, an Abnehmer weitergegeben werden402. Einzubeziehen sind dabei, auch unter 399 EuGH, 29. 10. 1980, Slg. 1980, 3125 ff. (3276); Immenga/Immenga, EGWbR, Bd. I, FKVO, D. Art. 2 Rn. 174. 400 Kommission, Erklärungen für das Ratsprotokoll, Nr. 2 Buchst. d, S. 241. 401 Zur Entstehungsgeschichte der Genehmigungsvoraussetzung eines Zusammenschlusses Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, A. Rn. 19 ff.; Langen/Löffler, FKVO, Art. 2 Rn. 1; Meessen, S. 423; Janicki, S. 196 ff.; Koch, S. 65 f.; Kommission, 3. Wettbewerbsbericht, S. 36; Art. 2 III des Geänderten Vorschlages für eine Verordnung (EWG) des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen vom 28. 1. 1989, ABl. EG 1989 Nr. C 22/14 ff. (16); Art. 2 IV des geänderten Vorschlages für eine Verordnung (EWG) des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen vom 19. 5. 1988, ABl. EG 1988 Nr. C 130/4 ff. (6); Art. 1 III des Vorschlages für eine Verordnung (EWG) des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen vom 31. 10. 1972, ABl. EG 1973 Nr. C 92/1 4 ff. (3); Auffassung der Kommission zur Auslegung des Genehmigungstatbestands „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“, Kommission, Erklärungen für das Ratsprotokoll, Nr. 2 Buchst. d, S. 241; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D. Art. 2 Rn. 168. 402 Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D. Art. 2 Rn. 172 ff.

252 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

dynamischen Aspekten für Forschung und Entwicklung, künftige Veränderungen der Märkte, wo zwischen absterbenden und sich künftig entwickelnden Märkten unterschieden werden muß. Danach ist es möglich, daß ein Zusammenschluß günstig beurteilt wird, wenn er zum technischen oder wirtschaftlichen Fortschritt beiträgt403. Nicht außer Acht zu lassen ist, daß in einigen Mitgliedstaaten der außerwettbewerbliche Aspekt in der Fusionskontrolle ausdrücklich geregelt ist404. (cc) Problematik Gemäß Art. 85 III a. F. (81 III n. F.) EGV kann die Förderung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts die Beschränkung des Wettbewerbs durch ein Kartell rechtfertigen und somit das Kartell freigestellt werden. Die klare Abgrenzung dieses außerwettbewerblichen Merkmales von anderen Kriterien in dieser Vorschrift macht deutlich, daß dieses Merkmal nicht Bestandteil des Wettbewerbsbegriffs und somit eine Ausnahme vom Wettbewerbsgrundsatz darstellt. Art. 2 I UAbs. 2 Buchst. b der FKVO hingegen setzt voraus, daß es eine Entwicklung des „technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ gibt, die den „Wettbewerb“ nicht behindert. Das Kriterum der „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ ist im Hinblick auf seine Stellung und Formulierung in die Prüfung der Vereinbarkeit von Zusammenschlüssen mit dem Gemeinsamen Markt und der Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs miteinbezogen. Dies bedeutet, daß die Berücksichtigung dieses außerwettbewerblichen industriepolitischen Kriteriums die Annahme der Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung einschränkt405. Nicht unumstritten ist hier, wie dieses Merkmal „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ bewertet werden soll, vor allem in welchem Verhältnis es zu den wettbewerblichen Vorbehaltstatbeständen steht, mit anderen Worten, ob die zu prüfenden wettbewerblichen und außerwettbewerblichen Kriterien gleichwertig voneinander abgegrenzt und abgewogen werden können, ferner ob wettbewerbspolitische Gesichtspunkte allein entscheidend oder daneben auch noch andere Vertragsziele der Europäischen Gemeinschaft zu berücksichtigen sind406. 403 Zur Problematik des Verhältnisses zwischen den wettbewerblichen und den außerwettbewerblichen Kriterien s. u. Kap. II, C. 3. (a) (10) (cc); Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D. Art. 2 Rn. 176; v. der Groeben/Albers, 5. Aufl., Bd. 2/II, FKVO, Art. 2, Rn. 504 ff.; Bechtold, S. 258; Meessen, S. 427; vgl. Janicki, S. 198 ff.; Immenga, S. 377 ff.; Koch, S. 70; Niederleithinger, S. 77 f. 404 Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, B. Rn. 31 ff.; Kantzenbach, S. 117, 120. 405 Meessen, S. 427.

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Einige Autoren weisen auf die Gefahr hin, daß ein wettbewerbswidriger Zusammenschluß wie bei Art. 85 III a. F. (81 III n. F.) EGV aufgrund industriepolitisch orientierter Genehmigungstatbestände mit der „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ nach Art. 2 I UAbs. 2 Buchst. b FKVO gerechtfertigt werden kann, wenn also gesamtwirtschaftliche Vorteile für die Gemeinschaft die wettbewerbswidrigen Auswirkungen übersteigen. Der Verordnungsgeber habe sich nach Auseinandersetzung mit den nationalen Interessen während der Verhandlung über die Entwürfe der FKVO für einen industriepolitisch wirksamen Wettbewerb entschieden. Art. 2 FKVO sei einer weiteren Auslegung zugänglich und gehe nicht von demselben Wettbewerbsbegriff wie Art. 85 a. F. (81 n. F.) EGV aus. Der Begriff „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ biete sich als geeignetes Einfallstor für die Mitberücksichtigung der außerwettbewerblichen, vor allem der industriepolitischen Gesichtspunkte an, womit grundsätzlich alle der europäischen Integration dienenden industriepolitischen Zielsetzungen in die Gesamtbetrachtung eingehen könnten. Die vorhandene Kontroverse zwischen Wettbewerbspolitik und Industriepolitik wäre ferner in eine technische Kontroverse über die Marktabgrenzung verwandelt worden407. Nach der h. M. ergibt sich eine wettbewerbsorientierte Ausrichtung aus den Beurteilungskriterien des Art. 2 FKVO insgesamt als auch aus den Erwägungsgründen. Eine mit dem Merkmal der „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ verbundene Abwägungsmöglichkeit würde diesem wettbewerbspolitischen Konzept der FKVO widersprechen. Die Entscheidung der Kommission über einen Zusammenschluß sei eindeutig lediglich an den Tatbestandsmerkmalen des Art. 2 II und III FKVO auszurichten. Die systematische Stellung des Merkmals der Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts zeige zudem, daß ein Zusammenschluß bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Unvereinbarkeitserklärung völlig unabhängig davon zu untersagen sei, ob er zu einem technischen oder wirtschaftlichen Fortschritt führe. Außerdem steht das Kriterium 406

v. der Groeben/Albers, FKVO, Bd. 2/II, Art. 2 Rn. 505 ff.; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, A. Rn. 20 ff., D. Art. 2 Rn. 10 ff., 168; Baur, S. 78 ff. 407 Seliger, S. 876 f.; Jacquemin, S. 549; Röhling, S. 1181 f.; Bechtold, S. 258; Kantzenbach, S. 120 ff.; vgl. Weitbrecht, S. 20; Krakowski, S. 272; Mestmäcker (3), S. 355 ff.; vgl. Albers, S. 446 ff., ist der Auffassung, daß Art. 2 FKVO sowohl der wettbewerblich als auch der industriepolitisch orientierten Betrachtungsweise offen steht; Meessen, S. 427 ff., erachtet die industriepolitische Ausrichtung der europäischen Fusionskontrolle in Hinblick auf die Konkurrenz vor allem mit Japan für sinnvoll; vgl. Miersch, S. 46 f., 56 ff., hält die Möglichkeit einer auf dem gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkt beruhenden, flexiblen, einzelmarktübergreifenden Abwägung für sinnvoll und der grundsätzlichen Ausrichtung der FKVO entsprechend.

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unter dem Vorbehalt, daß seine Anwendung dem Verbraucher diene und den Wettbewerb nicht behindere. Industriepolitische Argumente könnten nur bei Zweifeln oder in einer Grauzone, in der weder das Bestehen noch das Fehlen von Marktbeherrschung eindeutig feststünden, den Ausschlag geben. Der Begriff „beherrschende Stellung“ in Art. 2 FKVO zwinge andererseits zu einer dynamischen Betrachtungsweise, nach der die künftige Marktentwicklung miteinzubeziehen sei. Mitzuberücksichtigen seien außerdem der potenzielle Wettbewerb, die Förderung wirtschaftlich benachteiligter Regionen im Interesse des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts in der Europäischen Gemeinschaft und die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Die industriepolitischen Überlegungen würden zwar nicht ausgeschlossen, aber in die wettbewerbsrechtliche Beurteilung eingebunden und dieser untergeordnet sein. Art. 2 FKVO ermögliche insgesamt zwar eine flexible, den wirtschaftlichen Besonderheiten jedes Einzelfalles Rechnung tragende Handhabung der Unvereinbarkeitsregel, stelle jedoch kein Einfallstor für industrie-, regional- und sozialpolitische Ziele in die Wettbewerbspolitik dar. Eine Abwägung der gesamtwirtschaftlichen Vorteile und Nachteile des Zusammenschlusses sei nach dem Wortlaut und Sinn der Vorschrift rechtlich ausgeschlossen408. 408 Erwägungsgründe, ABl. EG 1989 Nr. L 395/1 ff. ber. ABl. EG 1990 Nr. L 257/13 ff.; Langen/Löffler, FKVO, Art. 2 Rn. 166 ff., fügt jedoch hinzu, daß die Kommission durch ihre Protokollerklärung (Kommission, Erklärungen für das Ratsprotokoll, Nr. 2 Buchst. d, S. 241) klargestellt habe, daß das Merkmal „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ ihrer Auffassung nach als Ausnahmeregel zur Freistellung wettbewerbswidriger Zusammenschlüsse verwendbar sei; Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D. Art. 2 Rn. 9 ff., 168 ff.; Immenga/Mestmäcker, GWB, 2. Aufl., Vor. § 23 Rn. 198 f.; v. der Groeben/Schröter, 4. Aufl., Bd. 2, Art. 87 Rn. 267 ff.; Meessen, S. 421 f.; C. R. Schmidt, S. 188 ff., 191 f., 194 ff., der die Berücksichtigung der industriepolitischen Zielsetzung unter dem Begriff „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ nur mittelbar durch die Anerkennung eines erheblichen Rationalisierungsvorteils beschränkt zuläßt; Ebenroth/Lange, S. 848 f., verneint die Möglichkeit nicht, industriepolitische Gesichtspunkte in die Prüfung eines Zusammenschlusses einfließen zu lassen; Immenga, S. 377 ff., betrachtet das Merkmal „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ aufgrund der wettbewerbsorientierten Ausrichtung des Art. 2 FKVO nur als Relikt der Entstehungsgeschichte der Verordnung, das als politischer Kompromiß gegenüber einem grundsätzlich anderen Verständnis der Fusionskontrolle aufgenommen werden mußte. Das Kriterium der Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts durchbreche nicht das Wettbewerbskonzept des Art. 2 FKVO. Er gibt jedoch zu, daß dieses Merkmal in der zukünftigen Praxis der Kommission zur Legitimierung der Wettbewerbsbeschränkung und damit auch des marktbeherrschenden Zusammenschlusses angewandt werden kann. Janicki, S. 198 ff.; Ehlermann (3), S. 543, schließt es aber nicht aus, daß es Fälle gibt, die in einer Grauzone angesiedelt sind, in der weder das Bestehen noch das Fehlen von Marktbeherrschung eindeutig feststeht und außerwettbewerbliche Gesichtpunkte zur Geltung gebracht werden könnten; Brittan, S. 353 f., betont, daß

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(11) Stellungnahme (aa) Zum Zweck der Errichtung einer EG-Wettbewerbsbehörde Mit der Errichtung einer EG-Wettbewerbsbehörde mit Entscheidungsbefugnissen intendiert man nach deutschem Vorbild die Trennung der Verfahren. In bezug auf die Zusammenschlußkontrolle ist es die Einführung des zweistufigen Verfahrens. Beim ersten Verfahren vor der Europäischen Wettbewerbsbehörde soll der Fall rein wettbewerbsrechtlich geprüft werden, während auf der zweiten Stufe die außerwettbewerblichen, vor allem industriepolitischen Gesichtspunkte in die Prüfung miteinbezogen werden. Durch diese Trennung der Aufgaben würde das Verfahren transparenter und objektiver. Die Prüfung durch die sachverständige EG-Wettbewerbsbehörde würde die sorgfältige und effektive Sachaufklärung ermöglichen und somit der Wirksamkeit des Verfahrens und der Rechtssicherheit dienen409. All dies zielt jedoch in erster Linie auf die Entpolitisierung ab. Abzuwenden ist danach die Gefahr der Einmischung der außerwettbewerblichen, vor allem industriepolitischen Betrachtungsweise. Die Entstehungsgeschichte der industriepolitischen Bestimmungen in Art. 3 Buchst. l und 130 a. F. (3 Buchst. m und 157 n. F.) EGV zeigt, daß die wettbewerbsorientierten Mitgliedstaaten einerseits und die industriepolitisch orientierten andererseits zu diesen Fragen unterschiedliche Positionen vertreten. Die Bestimmungen „entsprechend einem System offener und wettbewerbsorientierter Märkte“ [Art. 130 I UAbs. 2 a. F. (157 I UAbs. 2 n. F.) EGV], „soweit erforderlich“ [Art. 130 II a. F. (157 II n. F.) EGV], „einstimmig“ [Art. 130 III UAbs. 1 S. 2 a. F. (157 III UAbs. 1 S. 2 n. F.) EGV], sowie „Wettbewerbsverzerrungen“ [Art. 130 III UAbs. 2 a. F. (157 III UAbs. 2 n. F.) EGV] und die Bedingungen sowohl in Art. 85 III Buchst. a und b a. F. (81 III Buchst. a und b n. F.) EGV als auch in Art. 2 I UAbs. 2 Buchst. b FKVO sehen zwar im Zusammenhang mit der Bestimmung „Schutz des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarktes vor Verfälschung“ [Art. 3 Buchst. g a. F. (3 Buchst. g n. F.) das Merkmal „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ in der zukunftsorientierten Wettbewerbspolitik dynamisch zu würdigen sei: „We are not taking a snapshot of a market situation at a particular analysis. We are looking at the dynamic development of a market and considering the short, medium and long term impact of a given merger.“; Koch, S. 70; Niederleithinger, S. 77 f., schließt es wie Immenga nicht aus, daß der Kommission die Absicht unterstellt werden kann, „zumindest ausnahmsweise andere als wettbewerbliche Rechtfertigungsgründe für beherrschende Zusammenschlüsse zuzulassen.“ Feldmann, S. 581; Kirchhoff, S. 7 f.; Vonnemann, S. 574; zum Wettbewerb als dynamischer Prozeß, s. Helmstädter, S. 20 ff. 409 Zur Forderung nach der Errichtung einer EG-Wettbewerbsbehörde s. o. Kap. II, C. 3. (a) (2) (aa).

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EGV] eine wettbewerbskonforme Auslegung vor. Es ist jedoch nicht zu leugnen, daß durch die Vorschriften der Art. 3 und 130 a. F. (3 und 157 n. F.) EGV eine Rechtsgrundlage für eine Industriepolitik der Gemeinschaft sowie eine Koordinierung der Politikarten der Mitgliedstaaten geschaffen worden ist und die industriepolitische Maßnahme durch Gleichrangigkeit der wettbewerbspolitischen sowie industriepolitischen Vertragsziele in Art. 3 a. F. (3 n. F.) EGV eine relativ stärkere Positionen gegenüber der wettbewerbspolitischen erlangt hat. Die wirtschaftliche Offenheit des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft bedeutet, daß er sowohl der wettbewerblichen als auch der industriepolitischen Betrachtungsweise offen ist410. Die Mitberücksichtigung der außerwettbewerblichen Gesichtspunkte ist schon durch die materiellrechtlichen Ausnahmetatbestände in der EG-Kartellaufsicht und -Zusammenschlußkontrolle instrumentalisiert worden. Die Durchsetzung wettbewerblicher Prinzipien ist, wie sich der ehemalige Wettbewerbskommissar selbst geäußert hat, nicht ein Zweck an sich, sondern bleibt vielmehr ein Instrument, das zur Erreichung der grundlegenden Ziele und Aufgaben der Europäischen Gemeinschaft, wie der Überwindung der strukturellen Arbeitslosigkeit und der Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft in den zukunftsträchtigen Bereichen, beiträgt411. Die Gefahr einer außerwettbewerblichen industriepolitischen Handhabung ist zwar dadurch relativiert worden, daß solche Gesichtspunkte nur insofern zu berücksichtigen sind, als Wettbewerbsbeschränkungen unerläßlich sind, der wesentliche Wettbewerb erhalten bleibt [Art. 85 III Buchst. a und b a. F. (81 III Buchst. a und b n. F.) EGV], die industriepolitische Handhabung dem Verbraucher dienlich ist und der Wettbewerb nicht behindert wird (Art. 2 I UAbs. 2 Buchst. b FKVO). Aber es ist nicht auszuschließen, daß eine nicht wettbewerbliche Würdigung, vor allem die an der EG-Industriepolitik orientierte Würdigung, in die Feststellung von diesen wettbewerblichen Vorbehaltsklauseln miteinbezogen werden kann, wenn man z. B. einen Blick auf die Ansicht der Kommission wirft, europäische Unternehmen im Hinblick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie aus dem industriepolitischen Gesichtspunkt durch Kooperation und Vergrößerung zu verstärken. In der Zusammenschlußkontrolle wird zudem nach Art. 8 II UAbs. 2 FKVO der Kommission die Befugnis eingeräumt, einen wettbewerbswidrigen Zusammenschluß mit Auflagen und Bedingungen nach ihrem Ermessen zu genehmigen, wobei die industriepolitische Betrachtungsweise miteinbezogen werden kann. Äußerst schwierig ist aber die Entscheidung, welcher Industriesektor Zukunft hat und ob ein Zusammenschluß zur „Entwicklung des tech410 411

Zur EG-Industriepolitik s. o. Kap. II, C. 3. (a) (6). van Miert, S. 553 f.

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nischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ beiträgt412. Die Kommission hat außerdem ihre Ansicht geäußert, daß das Merkmal „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ ihrer Auffassung nach zur Freistellung wettbewerbswidriger Zusammenschlüsse verwendbar ist. Die Wettbewerbspolitik der Kommission findet nicht isoliert statt. Diese hat stets ihre Auswirkungen in anderen Politikarten der Gemeinschaft, etwa der Industrie-, Regional-, Sozial- oder Umweltpolitik, mit in Betracht zu ziehen. Die h. M., die industriepolitisch orientierte Freistellung eines Kartelles oder die Genehmigung eines Zusammenschlusses sei wegen des Vorbehalts der wettbewerbskonformen Interpretation anhand der systematischen Stellung des Merkmals „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ [Art. 85 III Buchst. a und b a. F. (81 III Buchst. a und b n. F.) EGV und Art. 2 I UAbs. 2 Buchst. b FKVO] so gut wie ausgeschlossen, scheint daher nicht überzeugend genug. Die h. M. schließt andererseits in bezug auf die Fusionskontrolle selbst nicht aus, daß das Kriterium der „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ in der zukünftigen Praxis der Kommission unter den industriepolitischen Aspekten in der Grauzone, in welcher weder das Bestehen noch das Fehlen von Marktbeherrschung eindeutig feststeht, ausnahmsweise als außerwettbewerblicher Rechtfertigungsgrund für marktbeherrschende Zusammenschlüsse angewandt werden kann. Ebenso ist es nach der h. M. nicht ausgeschlossen, daß dieses Merkmal in der zukunftsorientierten Wettbewerbspolitik gewürdigt werden kann. Aber die Politik findet ihre Wirksamkeit am meisten in einer solchen Grauzone. Nicht selten befinden sich zusätzlich politisch gewichtige Fälle in der Grauzone. Es ist sogar durchaus möglich, daß die industriepolitische Betrachtungsweise gerade bei der Feststellung darüber eine entscheidende Rolle spielt, ob sich ein Fall überhaupt in der Grauzone befindet. Es ist andererseits eine Selbstverständlichkeit, daß es hier um die Zukunft geht, da die technische und wirtschaftliche Entwicklung nicht in einer kurzen Zeitspanne erzielt werden kann. In Frage gestellt wird hier, daß dieses industriepolitische Merkmal der „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ unter einem zukunftsorientierten industriepolitischen Gesichtspunkt angewandt wird und daraufhin ein mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar zu erklärender Zusammenschluß doch genehmigt werden kann413. 412

Meessen, S. 419. Zum Kriterium „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschrittss“ s. o. Kap. II, C. 3. (a) (10); zur bisherigen Position der Kommission, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie mit den industriepolitischen Maßnahmen zu verstärken, s. Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D. Art. 2 Rn. 168; Kommission, Erklärungen für das Ratsprotokoll, Nr. 2 Buchst. d, S. 241. 413

258 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

(bb) Zur Aufteilung der Aufgaben zwischen Kommission und EG-Wettbewerbsbehörde Die Befürworter der Errichtung einer Europäischen Wettbewerbsbehörde sind überwiegend der Auffassung, daß zwar wettbewerbliche Entscheidungsbefugnisse mit gewissen Ermessensspielräumen auf sie übertragen werden sollen, aber die Kompetenz für die Wirtschafts- und Wettbewerbspolitik nach wie vor bei der Kommission bleiben soll. Dabei könne sie organisatorisch der Kommission unterstellt werden oder von ihr unabhängig bleiben. Die Errichtung einer EG-Wettbewerbsbehörde ziele darauf ab, ihre Amtsführung von der ministeriellen, rechtspolitischen Tätigkeit der Kommission zu trennen414. Die bisherige Untersuchung über die EG-Industriepolitik und über das Merkmal der „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ zeigt, daß die Wettbewerbspolitik in einem engen Zusammenhang mit anderen Politikarten der Europäischen Gemeinschaft steht und außerwettbewerbliche Gesichtspunkte neben den wettbewerblichen mitberücksichtigt werden können oder müssen, auch wenn dies nach der h. M. unter dem Vorbehalt des Wettbewerbsprinzips nur ausnahmsweise erfolgt. Dies bedeutet andererseits, daß beide Elemente nicht eindeutig voneinander trennbar sind. Die nicht wettbewerblichen Überlegungen sind dadurch im wettbewerbsrechtlichen Entscheidungsprozeß der Kommission instrumentalisiert, daß sich der für die Wettbewerbspolitik zuständige Kommissar mit einer Stimme gegen die für die anderen Politikarten zuständigen Kommissare durchsetzen muß. Dies bedeutet, daß die Kommission daher im ganzen sowohl wettbewerbliche als auch außerwettbewerbliche Aspekte insbesondere in politisch gewichtigen Fällen berücksichtigt. Ferner ist hinsichtlich der unbestimmten Rechtsbegriffe des EG-Wettbewerbsrechts, zu deren Ausfüllung der Kommission weitgehende Ermessensspielräume eingeräumt worden sind, in Frage zu stellen, ob und wie die Wirtschafts- sowie Wettbewerbspolitik und ihr Vollzug voneinander abzugrenzen ist415. Die bisherige Untersuchung zeigt, daß die Kommission neben Untersagungen der wettbewerbsrechtlichen Zuwiderhandlungen auch die Geldbußen gezielt zur Durchsetzung der EG-Wettbewerbspolitik und zur Klarstellung der Sozialschädlichkeit der wettbewerbswidrigen Praktiken einsetzt und im Rahmen des Ermessens sowohl außenpolitische Interessen der Gemeinschaft bei der Entscheidung über die Ahndung als auch politische Interessen der Mitgliedstaaten bei der Zumessung der Geldbußen berücksichtigt416. Fragwürdig ist es daher, ob die Effektivität des Verfahrens der Kommission durch 414

Zur Forderung nach der Errichtung einer EG-Wettbewerbsbehörde s. o. Kap. II, C. 3. (a) (2) (aa). 415 Zur EG-Industriepolitik s. o. Kap. II, C. 3. (a) (6); zum Merkmal „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ s. o. Kap. II, C. 3. (a) (10).

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die Errichtung der EG-Wettbewerbsbehörde und die darauffolgende Kompetenzaufteilung beibehalten und verbessert werden kann. Sie könnte möglicherweise umgekehrt die Verlängerung der Verfahrensdauer, die Uneinheitlichkeit der Auffassung und den Konflikt zwischen beiden Stellen, die Politisierung des Verfahrens vor der Kommission als zweite Stufe und schließlich die Legitimation wettbewerblich negativ wirkender Entscheidungen durch die Anwendung außerwettbewerblicher Kriterien zur Folge haben. In diesem Zusammenhang beklagen die Gegner, daß es auf der Gemeinschaftsebene an einer wettbewerbsorientierten Meinung der Öffentlichkeit fehle417. Wirtschaftspolitische Diskussionen mit den für die anderen Politikarten zuständigen Dienststellen der Kommission sind im Hinblick auf den engen Zusammenhang zwischen der Wettbewerbspolitik und den anderen Politikarten, insbesondere der Industriepolitik, im Rahmen der gesamten EG-Wirtschaftspolitik unerläßlich, setzen jedoch nicht unbedingt voraus, daß die für die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts zuständigen Stellen der Kommission unterstellt werden. Derartige nützliche Dialoge wären, auch wenn die EG-Wettbewerbsbehörde errichtet werden würde, nicht ausgeschlossen und durchaus möglich418. Die Beschränkung der Tätigkeit der EG-Wettbewerbsbehörde auf die Vorbereitung der in Wettbewerbssachen von der Kommission zu treffenden Entscheidungen würde keinen Unterschied zur gegenwärtigen Praxis der Kommission und der Generaldirektion IV machen und ist daher nicht zweckmäßig. Die Entlastung der Kommission und die Beschleunigung des Verfahrens durch eine Befreiung der Kommission als höchstes Exekutivorgan der Gemeinschaft von der einzelfallbezogenen Entscheidung in ihrer Gesamtheit ist praktisch schon durch die vereinfachte Beschlußfassung in Bagatellfällen419 erzielt worden und kommt daher nur noch selten vor. Dies ermöglicht die Konzentration der Entscheidung der Kommission in ihrer Gesamtheit auf wirtschaftspolitisch ganz besonders wichtige Fälle. Daher ist der mit der Übertragung der Entscheidungsbefugnisse auf die der Kommission nachgeordnete EG-Wettbewerbsbehörde verbundene Vorschlag, der Kommission das Recht einzuräumen, Fälle von grundsätzlicher Bedeutung für die Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft an sich zu ziehen und selbst darüber zu entscheiden, hiermit eher gegenstandslos.

416 Zum EG-Bußgeldverfahren s. o. Kap. I, C. 2.; zur unvollständigen Funktionstrennung s. u. Kap. II, C. 3. (b) (1). 417 Zum Argument gegen die Errichtung einer EG-Wettbewerbsbehörde s. o. Kap. II, C. 3. (a) (2) (bb). 418 Mitteilungen, NJW 1992, S. 3078. 419 Zum Verfahrensabschluß s. o. Kap. I, C. 1. (k).

260 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

(cc) Zur Souveränität der Mitgliedstaaten Die Gegner verweisen als Argument gegen die Errichtung einer unabhängigen Europäischen Wettbewerbsbehörde ferner auf die Hoheitsrechte der Mitgliedstaaten420. Aus der bisherigen Analyse ergibt sich, daß die Souveränität und die Hoheitsrechte der Mitgliedstaaten erhalten bleiben. Die Durchsetzung des Wettbewerbsprinzips wird zusätzlich durch die Erhaltung der Souveränität der Mitgliedstaaten erschwert. Die Genesis des Art. 130 a. F. (157 n. F.) EGV und der FKVO zeigen, daß sich zwei grundsätzlich gegensätzliche Auffassungen staatlicher Wirtschaftspolitik, nämlich eine von Deutschland und Großbritannien vertretene freihandelsorientierte und eine von Frankreich vertretene merkantilistische Position, gegenüberstehen und keine Einigung über den Vorrang des Wettbewerbsgrundsatzes erzielt worden ist421. Die Regelungen der Fusionskontrolle einiger Mitgliedstaaten sehen ausdrücklich die Berücksichtigung der außerwettbewerblichen Gesichtspunkte vor422. Solche Staaten wollen im Genehmigungsmerkmal „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ industriepolitische Elemente sehen und könnten versuchen, aufgrund der erhalten gebliebenen Souveränität der Mitgliedstaaten im eigenen nationalen Interesse ihren Einfluß auszuüben. Dies kann der sachgerechten Ermittlung und Entscheidung schaden. Beispielsweise warfen im Falle Aerospatiale-Alena/De Havilland Frankreich und Italien aufgrund ihrer eigenen Vorstellungen über die Industriepolitik der Kommission die Untersagung des Zusammenschlusses vor423. Die Einwirkung durch die Mitgliedstaaten erfolgt sowohl bei der Rechtssetzung durch den Rat als auch im einzelnen Verwaltungs- und Bußgeldverfahren durch Anhörung der Beratenden Ausschüsse vor allen abschließenden Entscheidungen der Kommission, die eigentlich der engen Verbindung zu den Mitgliedstaaten dienen soll. Die Beschränkung der EG-Industriepolitik auf die Koordinierung der mitgliedstaatlichen Einzelpolitiken durch die Kommission legitimiert eben diesen unerwünschten Prozeß424.

420 Zum Argument gegen die Errichtung einer EG-Wettbewerbsbehörde s. o. Kap. II, C. 3. (a) (2) (bb); zur Souveränität der Mitgliedstaaten s. o. Kap. II, C. 3. (a) (9). 421 Zur fehlender Einigung über den Vorrang des Wettbewerbsgrundsatzes zwischen den Mitgliedstaaten s. o. Kap. II, C. 3. (a) (6) (cc). 422 Immenga/Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, B. Rn. 22 ff., 42 ff. 423 Zur Problematik der EG-Industriepolitik s. o. Kap. II, C. 3. (a) (6) (cc); Kleinmann, S. 350 f. 424 Zur Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten s. o. Kap. I, C. 1. (j) (2); Zur Souveränität der Mitgliedstaaten s. o. Kap. II, C. 3. (a) (6) (cc).

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(dd) Zur Fremdeinwirkung auf das Verfahren Diese Souveränität der Mitgliedstaaten, die sich für die einheitliche Durchsetzung des Wettbewerbsprinzips in der Europäischen Gemeinschaft negativ auswirken kann, bleibt nach dem Subsidiaritätsprinzip erhalten, bis sich ein gemeinsames Interesse der Gemeinschaft herausgebildet hat oder, wenn es schon existieren sollte, solange ein demokratisches Legitimationsdefizit vor allem durch eine Einschränkung der Rechtssetzungsbefugnisse des Europäischen Parlaments im Gegensatz zu den nationalen Parlamenten besteht. Mit anderen Worten, je mehr Kompetenz das Europäische Parlament erlangt und je vollständiger die demokratische Legitimation der Gemeinschaft wird, desto kleiner wird selbstverständlich der Raum für die Souveränität der Mitgliedstaaten425. Die Grenze der Übertragung der Entscheidungsbefugnisse mit Ermessensspielräumen auf eine mögliche unabhängige Wettbewerbsbehörde der Gemeinschaft ist daher an dem dynamischen Verhältnis zwischen der Vervollständigung der Volkssouveränität des Europabürgers und der Verringerung der Souveränität der Mitgliedstaaten zu messen. Solange die Mitgliedstaaten in der Lage sind, in ihrem nationalen Interesse die Gestaltung der Europapolitik über den Rat ohne Einschaltung des Europäischen Parlaments zu beeinflussen, bis sich mit anderen Worten, das Europäische Parlament zur ersten Kammer und der Rat zur zweiten Kammer fortentwickelt haben426, sollte die Möglichkeit für sie bestehen, auch in ihrem nationalen Interesse Einfluß auf die Durchsetzung der EG-Wettbewerbspolitik zu nehmen. Dies kann sowohl durch den Rat bei der wettbewerblichen Rechtssetzung als auch durch die Ernennung der Entscheidungsträger der EG-Wettbewerbsbehörde – der Kommissare – erfolgen427. Fragwürdig ist hingegen die Möglichkeit der Fremdeinwirkung auf das anhängige Verfahren im einzelnen, da dies einer Verhinderung der Politisierung des Verfahrens durch Beeinflussung von außen und der sachgerechten Klärung des Falles entgegensteht. In der Gegenwart wird die Stellungnahme des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen nicht veröffentlicht (Art. 10 VI 3 VO 17). In der Zusammenschlußkontrolle steht die Entscheidung über die Veröffentlichung der Stellungnahme des Beratenden Ausschusses auf seine Empfehlung hin im Ermessen der Kommission (Art. 19 VII 1, 2 FKVO). Es ist daher nicht auszuschließen, daß die höchst politische Einflußnahme seitens der Mitgliedstaaten der Öffentlichkeit verborgen bleibt. In diesem Zusammenhang sollte man die Wirksamkeit der Anhörung der Beratenden Ausschüsse vor jeder abschließenden 425

Zur Souveränität der Mitgliedstaaten s. o. Kap. II, C. 3. (a) (9). Möschel (3), S. 883. 427 Vgl. o. II. C. 1. (c) zur Zusammensetzung der Kommissare und II. C. 3. (a) (9) (bb) zur Einflußnahme der Mitgliedstaaten bei der Rechtssetzung. 426

262 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

Entscheidung der Kommission nicht überbewerten428, solange unter Mitgliedstaaten und ihren Staatsbürgern unterschiedliche Auffassungen über die Rolle der Wettbewerbspolitik im Zusammenhang mit den anderen Politikarten der Gemeinschaft bestehen und die Rechtsangleichung noch im Gange ist429. (ee) Zum institutionellen Gleichgewicht der Gemeinschaft Die Gegner argumentieren ferner gegen die Errichtung der EG-Wettbewerbsbehörde, die Errichtung einer derartigen Behörde verstoße gegen das Prinzip des institutionellen Gleichgewichts der Gemeinschaft430. Dieser auf dem statischen Gleichgewicht beruhende Grundsatz ist jedoch in der neueren Literatur aufgrund der Theorie des sog. „dynamischen Gleichgewichts“ in Frage gestellt worden. Die Kompetenzerweiterung des Europäischen Parlaments, die sich zur vollständigen Verwirklichung der Volkssouveränität in der Gemeinschaft auf dem erwünschten Weg befindet, wäre nach dem Grundsatz des statischen Gleichgewichts unerklärbar und unzulässig. Die statische Betrachtung des institutionellen Gleichgewichts stünde der zügigen und dynamischen Entwicklung der Gemeinschaft entgegen431. Zu folgen ist daher der Betrachtungsweise des dynamischen Gleichgewichts zwischen den Institutionen der Europäischen Gemeinschaft. Somit ist die Argumentation der Gegner, die auf das institutionelle Gleichgewicht der Gemeinschaft abstellt, nicht überzeugend.

428

Zur Einschaltung des Beratenden Ausschusses ins Kommissionsverfahren s. o. Kap. I, C. 1. (j) (2); vgl. Bartodziej, S. 87. 429 Die vorgesehene Erweiterung der EG setzt zwar im Hinblick auf das enorme räumliche Geltungsgebiet des EG-Wettbewerbsrechts einerseits und auf das begrenzte Personal der Generaldirektion IV andererseits unausweichlich voraus, daß das EG-Wettbewerbsverfahren durch z. B. Aufhebung der Freistellungsmonopol nach Art. 85 III a. F. (81 III n. F.) EGV dezentral durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten durchgeführt wird, um eine effektive Durchsetzung des EGWettbewerbsrechts zu gewährleisten. Aber unter den dargestellten Umständen könnte diese Reform trotz des Einschaltungsrechts der Kommission und der Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur loyalen Zusammenarbeit mit der Kommission gemäß Art. 5 a. F. (10 n. F.) EGV unerwüschterweise zur Divergenz des EG-Wettbewerbsrechts führen: vgl. dazu Wolf/Fink, S. 289 ff.; Ehlermann (5), S. 997 ff. 430 Zum Argument gegen die Errichtung einer EG-Wettbewerbsbehörde s. o. Kap. II, C. 3. (a) ( 2) (bb). 431 Zum institutionellen Gleichgewicht der Europäischen Gemeinschaft s. o. Kap. II, C. 3. (a) ( 8).

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(ff) Zur politischen Kontrolle der vollziehenden Gewalt Übrig bleibt das Argument der Gegner, die für die Wettbewerbspolitik zuständige Stelle müsse unter politischer Kontrolle stehen432. Die politische Kontrolle der vollziehenden Gewalt bedeutet nach dem herkömmlichen staatsrechtlichen Verständnis die Kontrolle der Verwaltung durch die vom Volk gewählten und ihm verantwortlichen Politiker. Sie steht dann in engem Zusammenhang mit dem modernen Demokratieprinzip, genauer mit der Volkssouveränität433. Auf der Gemeinschaftsebene ermöglicht die politische Kontrolle jedoch wegen der Unvollständigkeit der Befugnisse des Europäischen Parlaments, das die Volkssouveränität des Europabürgers wahrnehmen soll, und wegen der Erhaltung der Souveränität der Mitgliedstaaten über den Rat die Einflußnahme seitens der Mitgliedstaaten im nationalen Interesse, die sich für die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts nachteilig auswirken kann. Zu berücksichtigen ist neben der schon oben erwähnten Gefahr der Bevorzugung der industriepolitischen Gesichtspunkte, daß die Interessengruppen Druck auf die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts durch die Kommission mittels Lobbyismus ausüben434. Die negative Wirkung einer derartigen Einflußnahme verursacht ein Ungleichgewicht zwischen dem Produzenteninteresse und dem Allgemeininteresse, z. B. dem Konsumenteninteresse. Dieses Ungleichgewicht ist der modernen Demokratie immanent. Allerdings spielt der Druck der Interessengruppen in Hinblick auf die Erhaltung der Souveränität und auf den Konflikt der nationalen Interessen zur Zeit noch eine zweitrangige Rolle. Auf diese Problematik ist unten einzugehen435. (gg) Zur gerichtlichen Nachprüfbarkeit Was das Argument anbelangt, die Kommission sei kein Gericht und ihre Entscheidung sei jederzeit der Kontrolle des Gerichts Erster Instanz und des Europäischen Gerichtshofs unterworfen, so soll hier nur darauf hingewiesen werden, daß die Anfechtungsklage gegen Entscheidungen der Kommission nach Art. 185 S. 1 a. F. (242 S. 1 n. F.) EGV grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung hat und der gerichtliche Rechtsschutz insoweit verzögert wird436. 432 Zum Argument gegen die Errichtung einer EG-Wettbewerbsbehörde s. o. Kap. II, C. 3. (a) ( 2) (bb). 433 Zum Verhältnis zwischen der Volkssouveränität und der Kontrolle der Verwaltung s. o. Kap. II, B. 3. (a) (6). 434 Kerse, Tz. 6. 63. 435 Zum Interessenkonflikt s. u. Kap. III.

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(b) Ermittlung und Entscheidung (1) Unvollständigkeit der Funktionstrennung Für die Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens, vor allem für die Entscheidung zur Durchführung der Ermittlungen ist die Generaldirektion IV der Kommission zuständig. Sie bereitet aufgrund des Ermittlungsergebnisses unter Einschaltung des Beratenden Ausschusses und in Zusammenarbeit mit anderen Dienststellen, vor allem mit dem Juristischen Dienst437, den Entwurf der förmlichen Entscheidung vor, die das Verfahren abschließt. Dieser wird weiter über den Wettbewerbskommissar der Kommission zur endgültigen Entscheidung, sei es mündlich oder schriftlich, vorgelegt. Die förmliche Entscheidung wird dann durch die Mitglieder der Kommission kollegial getroffen438. Das EG-Wettbewerbsrecht kennt eine verfahrensrechtliche Trennung zwischen einem reinem Verwaltungs- und einem speziellem Bußgeldverfahren nicht439. Daher sind für das Bußgeldverfahren sowohl die Generaldirektion IV als auch die Kommission als kollegiales Entscheidungsorgan zuständig. Die Kommission kann alle im Verwaltungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse auch im Bußgeldverfahren verwenden und nach Art. 15 II VO 17 nach ihrem Ermessen entscheiden, ob und in welcher Höhe ein Verstoß mit einer Geldbuße zu ahnden ist440. Ein Fall wird vom gleichen Referat in der Direktion der Generaldirektion IV aufgegriffen, geklärt und der Sachverhalt wird gewürdigt und bei Bedarf wird ein Entscheidungsentwurf angefertigt. Die Betreuung aller Verfahrens436 Zum Argument gegen die Errichtung einer EG-Wettbewerbsbehörde s. o. Kap. II, C. 3. (a) (2) (bb); zur Wirkung einer Anfechtungsklage s. o. Kap. I, C. 3. (a) (4). 437 Zum Juristischen Dienst s. u. Kap. II, C. 3. (b) (4). 438 Zur förmlichen Entscheidung der Kommission s. o. Kap. I, C. 1. (k) (1). 439 Sedemund (2), S. 46, 57; zum Bußgeldverfahren der Kommission s. o. Kap. I, C. 2; Bechtold (4), § 59 Rn. 18; Immenga/Dannecker, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Vor. Art. 15 Rn. 53. 440 Die Entscheidung der Kommission zur Verhängung der Geldbuße unterliegt jedoch voller gerichtlicher Nachprüfung und dies setzt voraus, daß die Kommission die Geldbuße in nachvollziehbarer Weise festsetzt Gyselen, S. 561 f.; Bechtold (2), S. 42; die Kommission setzt die Geldbußen gezielt zur Durchsetzung der gemeinschaftlichen Wettbewerbspolitik und zur Klarstellung der Sozialschädlichkeit der wettbewerbswidrigen Praktiken ein. Dieser Praxis der Kommission hat der EuGH zugestimmt, EuGH 7. 6. 1983 Slg. 1983, 1825 ff. (1867 f., 1905 f., 1946 f.); Langen/Sauter, VO 17, Art. 15 Rn. 19; Dannecker, S. 289. Umfaßt werden von ihrem Ermessen außenpolitische Interessen der Europäischen Gemeinschaft, besonders bei der Entscheidungsfindung über die Ahndung, die politischen Interessen der Mitgliedstaaten hingegen im Rahmen der Zumessung der Geldbuße. Immenga/Dannecker, EG-WbR, Bd. II, VO 17, Art. 15, Rn. 297 f.; Dannecker, S. 282 f.; zur staatlichen Druckausübung Wagemann, S. 141 ff.

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stufen liegt hier in der Hand eines spezialisierten Teams441. Insoweit gibt es in der Generaldirektion IV keine organinterne Trennung zwischen Verfolgung und Abfassung des Entscheidungsentwurfes, was angelsächsische Juristen überrascht442. Eine solche Funktionstrennung besteht allerdings zwischen der Generaldirektion IV und der Kommission als kollegialem Entscheidungsorgan in dem Sinne, daß einerseits die Generaldirektion IV einzelne Fälle verfolgt, andererseits die das Verfahren abschließende Entscheidung an sich den Kommissionsmitgliedern, die nicht selbst einzelne Fälle verfolgen, vorbehalten ist, abgesehen davon, daß der die Generaldirektion IV leitende Wettbewerbskommissar an der Kommissionsentscheidung mit einer Stimme mitwirkt. (2) Problematik Bis zum Jahr 1982 wurde die mündliche Anhörung von dem für die Ermittlung des anhängigen Fall zuständigen Direktor oder Abteilungsleiter der Generaldirektion IV geleitet. Dies erweckte den Eindruck, daß nicht genügende Unparteilichkeit vorhanden ist und stieß auf die Kritik der Anwaltschaft, insbesondere der englischen, nach der die Generaldirektion IV quasi in einer Person Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und diejenige sei, die als einzige mit vollständiger Kenntnis der Akten der Kommission den Entwurf einer Entscheidung vorlege443. Daß eine Person oder eine kleine Gruppe von Personen der Kommission die Rolle des Ermittlers, Anklägers und Richters in einer Person spielt, stelle das Europäische Parlament in Frage. Es wurde vorgeschlagen, im internen Verwaltungsverfahren die Untersuchungs-, die Verfolgungs- und die Entscheidungsaufgabe deutlich voneinander zu trennen444. Die Trennung zwischen Untersuchungs-, Verfol441

Kommission, 14. Wettbewerbsbericht, Tz. 47; dies., 13. Wettbewerbsbericht, Tz. 45; Bartodziej, S. 44 f.; Hirabayashi, S. 23; Kritik an der vormaligen Trennung von Inspektion und Entscheidungsvorbereitung bei Davidow, S. 178 f. 442 Sedemund (2), S. 63. Die unterschiedliche Vorstellung vom fairen Verfahren im kontinentalen und anglo-amerikanischen Rechtskreis einschließlich der Frage der Trennung von Verfolgungs-, administrativen und richterlichen Funktionen ist in Japan schon seit langem bekannt gewesen. Man sieht dabei einen Annäherungsprozeß der kontinentalen Verfahrensgrundsätze an die anglo-amerikanischen Tamura, S. 159. 443 Bezüglich des Bußgeldverfahrens s. Immenga/Dannecker, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Vor. Art. 15 Rn. 54; Bartodziej, S. 81; Johannes, S. 294; Kreis, S. 282. 444 Europäisches Parlament, Entschließung zum 19. Bericht der Kommission der Europäischen Gemeinschaft über die Wettbewerbspolitik, Kommission, 20. Wettbewerbsbericht, Anhang, Tz. 14, S. 293; dass., Entschließung zum 18. Bericht der Kommission der Europäischen Gemeinschaft über die Wettbewerbspolitik, Kommission, 19. Wettbewerbsbericht, Anhang, Tz. 44, S. 247; dass., Entschließung zum 14. Bericht der Kommission der Europäischen Gemeinschaft über die Wettbewerbspolitik, Kommission, 15. Wettbewerbsbericht, Anhang, Tz. 46, S. 251; Kreis, S. 281 f.;

266 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

gungs- und Entscheidungsfunktion lehnte die Kommission jedoch ab. Die Kommission verweist hierbei auf ihre frühere Praxis, zwischen Untersuchung (durch Nachprüfung vor Ort) und Bearbeitung der konkreten Fälle durch den Berichterstatter zu trennen, woauf die wegen zahlreicher Probleme bei der Planung und Koordinierung der jeweiligen Arbeiten und einer Störung der effektiven Verwaltung der Akten später verzichtet wurde. Sie betont, daß die Einschaltung des Anhörungsbeauftragen, der für die Koordinierung der zuständigen Direktion, des Juristischen Dienstes und schließlich des Beratenden Ausschusses bereits mehrere Garantien für die Kontrolle und Gegenkontrolle bei der Fassung des Entscheidungsentwurfes bietet und die Trennung der Funktionen dadurch faktisch schon realisiert worden sei. Schließlich fügt sie weitere Garantien aufgrund der zweistufigen Gerichtskontrolle durch das Gericht Erster Instanz und den Europäischen Gerichtshof hinzu445. Ebenso abgelehnt wurde die Forderung der Fachkreise, Verwaltungsrichter („Administrative Law Judges“), wie sie bei der US-amerikanischen Federal Trade Commission ernannt werden und über autonome Untersuchungs- und Entscheidungsbefugnisse verfügen und das Recht haben, der Federal Trade Commission Entscheidungen vorzuschlagen, einzurichten sowie der Vorschlag des Europäischen Parlaments, Personen zu ernennen, die von den Dienststellen der Generaldirektion IV unabhängig an den Ermittlungen beteiligt werden und bestimmte Verfahrensprobleme regeln sollen. Die Kommission begründet ihre Ablehnung damit, daß derartige Einrichtungen mit dem institutionellen System der Gemeinschaftsverträge unvereinbar wären und außerdem das Verfahren noch mehr verlängerten, was dem angestrebten Ziel, die Rechtsschutzgarantien wesentlichen zu verstärken, nicht ganz entspreche446. In zwei Fällen hat der schriftliche Anfrage Nr. 849/80 der Abgeordneten Walz, ABl. EG 1980 Nr. C 283/ 41; Kritik, Anfrage und Vorschlag der Abgeordneten des Europäischen Parlaments, Die mündliche Anfrage Nr. 25 vom Abgeordneten Ansquer (H-115/80), ABl. EG 1980, Verhandlung des EP, Nr. 1-256/39, Aussage des Abgeordneten Hopper, ABl. EG 1980, Verhandlung des EP, Nr. 1-253/38. 445 Antwort der Kommission auf die Entschließung zum 19. Bericht über die Wettbewerbspolitik, Kommission, 20. Wettbewerbsbericht, Anhang, Punkt 14, S. 301 f.; Bartodziej, S. 45 f.; Antwort der Kommission auf die schriftliche Anfrage Nr. 849/80 der Abgeordneten Walz, ABl. EG 1980 Nr. C 283/41; so auch in bezug auf Bußgeldverfahren Gyselen, S. 573; ebenso Kreis, S. 297, der gleichzeitig hervorhebt, „daß die Zusammenfassung von Ermittlungs- und Entscheidungsbefugnissen in der Hand einer Verwaltungsbehörde kontinentaleuropäischer Rechtstradition durchaus entspricht“; vgl. Davidow, S. 176. 446 Bartodziej, S. 45, geht davon aus, daß die Konzentration der Befugnisse zu Untersuchung und Entscheidungsvorschlag bei den Verwaltungsrichtern erwünscht sei. Jedoch bedeutet die Verfügung über Untersuchungs- und Entscheidungsbefugnisse nicht unbedingt eine derartige Konzentration der Befugnisse, sondern schließt Ermittlungen durch andere Stellen nicht aus. Denn wie der Wortlaut des Wettbe-

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Europäische Gerichtshof wiederholt entgegen der Behauptung der Klägerinnen entschieden, daß die Wahrnehmung sowohl der Entscheidungs- als auch der Anklagefunktion durch die Kommission nicht gegen Art. 6 I EMRK verstoße und nicht rechtswidrig sei, da die Kommission mit der Exekutivgewalt der Gemeinschaft ausgestattet sei und nicht als Gericht im Sinne des Art. 6 I EMRK angesehen werden könne und somit kein gerichtliches, sondern ein administratives Verfahren durchführe447. (3) Anhörungsbeauftragte Bezüglich des Wettbewerbsverfahrens der Kommission veröffentlichte das House of Lords nach der Anhörung der Industrieverbände, der Anwaltschaftsverbände und weiterer Organisationen einen Bericht über Mängel des verfahrensrechtlichen Rechtsschutzes, insbesondere zur Ausübung der exekutiven und judikativen Funktion in einer Person, und unterbreitete verschiedene Vorschläge. Darin enthalten war auch der Vorschlag, die Anhörung in die Hände eines unabhängigen, mit keinen Einzelfallaufgaben betrauten Beamten zu legen448. Dem Vorschlag hat die Kommission dadurch entsprochen, daß ein Amt des Anhörungsbeauftragten eingeführt wurde. Seit dem 1. 9. 1982 werden mündliche Anhörungen in Wettbewerbssachen von einem relativ unabhängigen Anhörungsbeauftragten geleitet. 1990 wurde zusätzlich der Anhörungsbeauftragte für die Zusammenschlußkontrolle eingeführt. Der Anhörungsbeauftragte ist Mitglied der Generaldirektion IV (Art. 1 III BKM), steht jedoch neben den Abteilungen, die den Fall bearbeiten und die Entscheidung vorbereiten. Es gibt einen ständigen Anhörungsbeauftragten. Ist er verhindert, kann der Generaldirektor für Wettbewerbsberichts der Kommission: „eigene Untersuchungsbefugnisse des Verwaltungsrichters“ andeutet, hätten Verwaltungsrichter nach dem Untersuchungsgrundsatz gegenüber den anderen Dienststellen zusätzlich solche Befugnisse. Der Bedienstete wäre daher nicht daran gehindert, seinerseits eigene Ermittlungen durchzuführen; Kommission, 11. Wettbewerbsbericht, Tz. 27; zum Vorschlag der Einführung des US-amerikanischen ALJ Davidow, S. 187, Fn. 26; vgl. Albert, S. 171 ff. 447 EuGH 7. 6. 1983 Slg. 1983, 1825 (1880); EuGH 29. 10. 1980 Slg. 1980, 3125 (3248) „FEDETAB“; Immenga/Dannecker, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Vor., Art. 15 Rn. 54; Kommission, 10. Wettbewerbsbericht, Tz. 49; s. auch, Arnold, S. 1 f. 448 Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 19 Rn. 27; Kerse, Tz. 4. 25; House of Lords (1), Tz. 6, 9, 18, 27 ff., 42 (e); Hirabayashi, S. 20 ff., hält die in Frage gestellte Handlung der Kommission angesichts des Charakters des Wettbewerbsverfahrens als Verwaltungsverfahren für rechtmäßig; Joshua, S. 20, hält die Kritik am Verfahren der Kommission für unzutreffend, da sie auf einem Mißverständnis des englischen Verwaltungsrechts zu beruhen scheine. In der Tat prüften die britischen Gerichte die Rechtmäßigkeit einer Handlung der Verwaltungsorgane nach ähnlich breiten Grundsätzen („natural justice“ and „fairness“) wie sie der EuGH der Beurteilung zugrunde lege.

268 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

werb im Benehmen mit ihm einen gleichrangigen an der Untersuchung nicht beteiligten Beamten ad hoc bestellen (Art. 1 IV BKM). Dies sollte die Funktion des Ermittlungsbeamten von der richterähnlichen Funktion des Anhörenden trennen, zu einem fairen und objektiven Verfahren beitragen und damit die Verteidigungsrechte der Betroffenen stärker wahren. Der Anhörungsbeauftragte berichtet dem Generaldirektor für Wettbewerb über den Ablauf der Anhörung und seine Schlußfolgerungen (Art. 8 BKM); darüber hinaus kann er auch dem für Wettbewerbsfragen zuständigen Kommissionsmitglied unmittelbar berichten und beantragen, daß seine Stellungnahme dem Entscheidungsentwurf beigefügt wird (Art. 9, 10 BKM). Die bisherige Praxis zeigt jedoch, daß er nicht nach jeder Anhörung einen schriftlichen Bericht verfaßt, sondern nur dann, wenn er mit der Auffassung der Generaldirektion IV nicht übereinstimmt. Seine Stellungnahme kann zwar auf seinen Antrag dem Entscheidungsentwurf aufgrund der Anordnung des Wettbewerbskommissares beigefügt werden, muß jedoch weder der Kommission noch den Mitgliedern des Beratenden Ausschusses übermittelt werden und bindet die Kommission nicht. Seine Stellungnahme ist den Verfahrensbeteiligten nicht mitzuteilen und wird auch nicht veröffentlicht, da sie ein internes Dokument der Kommission ist. Der Anhörungsbeauftragte verfaßt nicht einen Entscheidungsentwurf, sondern eine Stellungnahme, die für die Kommission lediglich den Wert eines Gutachtens hat und keinen entscheidungserheblichen Faktor darstellt, den der Gemeinschaftsrichter bei der Prüfung der Entscheidung zu berücksichtigen hätte. Vom direkten Vortragsrecht macht er nur recht spärlich Gebrauch. Rechtssystematisch bleibt alles beim alten, weil der Anhörungsbeauftragte nicht als unabhängiges Organ neben oder gar über der Generaldirektion IV steht449. Zur Verbesserung der unbefriedigenden Rolle und zur Erweiterung der Befugnisse des Anhörungsbe449

Zum Rechtlichen Gehör im Kommissionsverfahren s. o. Kap. I, C. 1. (e); zur Generaldirektion IV s. o. Kap. II, C. 2.; Kommission, Mitteilung betreffend die Verfahren zur Anwendung der Wettbewerbsregeln der Verträge (Artikel 85 und 86 EWG-Vertrag; Artikel 65 und 66 EGKS-Vertrag), ABl. EG 1982 Nr. C 251/2; dies., 11. Wettbewerbsbericht, Tz. 26 f.; dies., 12. Wettbewerbsbericht, Tz. 36; dies., 13. Wettbewerbsbericht, Tz. 75 f.; dies., Mandat des Anhörungsbeauftragten, 13. Wettbewerbsbericht, Anhang, S. 284 f.; Beschluß der Kommission vom 23. November 1990 über die Durchführung von Anhörungen im Verfahren zur Anwendung der Artikel 85 und 86 EWG-Vertrag sowie der Artikel 65 und 66 EGKS-Vertrag, dies., 20. Wettbewerbsbericht, Anhang, S. 360 ff.; Beschluß der Kommission vom 12. 12. 1994 über das Mandat des Anhörungsbeauftragten in Wettbewerbsverfahren vor der Kommission, ABl. EG 1994 Nr. L 330/67 ff.; dies., 20. Wettbewerbsbericht, Tz. 89; dies., 23. Wettbewerbsbericht, Tz. 203 ff.; Langen/Sauter, VO 17, Art. 19 Rn. 19; Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 19 Rn. 27; Immenga/ Immenga, EG-WbR, Bd. I, FKVO, D., Art. 18 Rn. 10; Weiß, S. 150; Arnold, S. 2; Kerse, Tz. 4. 25 ff.; Bartodziej, S. 44; vor allem zur Praxis des Anhörungsbeauftragten, Johannes, S. 293 ff.; Hirabayashi, S. 22 f.; Canenbley, S. 91.

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auftragten hat das House of Lords sodann vorgeschlagen, die Anzahl der Anhörungsbeauftragten zu erhöhen und ihnen eigene Hilfskräfte zu unterstellen, ihm die Kompetenz für die Leitung einer kontradiktorischen Anhörung einzuräumen, den Beteiligten die Stellungnahme des Anhörungsbeauftragten zugänglich zu machen und es zu ermöglichen, daß seine Entscheidung im Hinblick auf die Leitung der Anhörung auf Antrag eines Beteiligten vom Gericht Erster Instanz nachgeprüft wird. Das House of Lords hält andererseits die organisatorische Trennung zwischen Ermittlung und Entscheidung innerhalb der Kommission nicht für wünschenswert450. (4) Juristischer Dienst Die der Kommission vorzulegenden Entscheidungsentwürfe werden von der Generaldirektion IV in Zusammenarbeit mit dem Juristischen Dienst ausgearbeitet. Er ist organisationsstrukturell direkt dem Präsidenten der Kommission unterstellt. Der Juristische Dienst ist zu allen Entwürfen, Beschlüssen und Vorschlägen von Rechtsakten, sowie zu allen Vorlagen, die rechtliche Wirkungen haben können, zu hören (Art. 20 II 2 GOK). Der Juristische Dienst nimmt an allen Sitzungen der Kabinettschefs teil, die zur Vorprüfung der Beschlußfassung der Kommission unter dem Vorsitz des Generalsekretärs stattfinden451. Seine Aufgabe ist es, neben der Vertretung der Kommission bei Rechtsstreitigkeiten vor dem Europäischen Gerichtshof die Entwürfe auf ihre Übereinstimmung mit dem Gemeinschaftsrecht zu prüfen. Wenn die Kommissionsvorlagen vom Juristischen Dienst nicht befürwortet worden sind, wird seine ablehnende Stellungnahme mit Begründung dem Entscheidungsentwurf beigelegt, was zu einer besonders gründlichen Diskussion im Kommissionsgremium führt452.

450 Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, B., Art. 19 Rn. 27; zur Verstärkung des Amtes des Anhörungsbeauftragten s. House of Lords (2), Tz. 32 ff., 111 f.; zur Funktionstrennung s. House of Lords (2), Tz. 11 ff., 103, 105. 451 Zur förmlichen Entscheidung der Kommission s. o. Kap. I, C. 1. (k) (1); zur Organisationsstruktur der Kommission s. o. Kap. II, C. 1. (d); v. Sydow, S. 193; Krenzler, S. 78. 452 Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, VO 17, A. Rn. 18; Bartodziej, S. 46 f., 87 der einerseits eine nicht unbedeutende Rolle des Juristischen Dienstes hervorhebt, andererseits die Einschaltung des Juristischen Dienstes unter Gesichtspunkten der Verfahrenseffizienz in Frage stellt; Kerse, Tz. 1. 30; v. Sydow, S. 191 f.; Kritik an der zentralisierten Querschnittszuständigkeit des Juristischen Dienstes als eine Art „juristischer Sittenwächter“ Scheuer/Weinstock, S. 79 f.; zur Aufgebe des Juristischen Dienstes s. Antwort der Kommission auf die schriftliche Anfrage Nr. 142/76 der Abgeordneten Ewing, ABl. EG 1976 Nr. C 167/18 f.

270 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

(5) Fehlen des Widerspruchsverfahrens Im EG-Wettbewerbsverfahren besteht im Hinblick auf die Verfahrensökonomie kein Widerspruchsverfahren. Gegen Entscheidungen der Kommission kann Klage vor dem Gericht Erster Instanz erhoben werden453. (6) Stellungnahme Die Funktionstrennung innerhalb der Kommission besteht in dem Sinne, daß einerseits die Generaldirektion IV für die Ermittlung und andererseits die Kommission als kollegiales Organ für die Entscheidung zuständig sind. Die beiden Funktionen sind jedoch durch den Wettbewerbskommissar, der die Position des Entscheidungsentwurfes der Generaldirektion IV gegenüber den anderen Kommissaren vertritt und an der kollegialen Entscheidung der Kommission mitwirkt, verbunden. Außerdem wird der vom Wettbewerbskommissar der Kommission vorgelegte Entscheidungsentwurf der Generaldirektion IV häufig ohne Änderung im schriftlichen Verfahren als endgültige Entscheidung der Kommission angenommen454. Daher liegt eine Funktionstrennung im eigentlichen Sinne nicht vor. Trotz der faktischen Übertragung der Entscheidungsfindung an die Generaldirektion IV behält in vielen Fällen die Kommission als Entscheidungsträger das letzte Wort. Der Verfahrensbeteiligte hat aber kein Recht, unmittelbar vor der Kommission als Entscheidungsgremium Stellung zu nehmen. Er kann lediglich während der Ausarbeitung des Entscheidungsentwurfes von den Bediensteten der Generaldirektion IV gehört werden. Dies ist hinsichtlich des verfahrensrechtlichen Schutzes des Verfahrensbeteiligten nicht unbedenklich455. Als Antwort auf die Kritik an der unvollständigen Funktionstrennung vor allem seitens der Engländer hat die Kommission zur Milderung der Voreingenommenheit zur Trennung der Funktion des Ermittlungsbeamten von der richterähnlichen Funktion des Anhörenden das Amt des Anhörungsbeauftragten eingeführt. Er ist zwar von den Abteilungen, die den Fall bearbeiten und die Entscheidung vorbereiten, getrennt und hat das unmittelbare Vortragsrecht 453 Zur Anfechtungsklage s. o. Kap. I, C. 3. (a) (1); Bartodziej, S. 87, hält die mögliche zweistufige Überprüfung des Falles durch Vorschaltung einer hausinternen Rechtsabteilung, die nur Sacherverhaltsaufklärung und Subsumtion sorgfältig vornehmen soll, für nicht vorteilhaft; Everling, S. 48 f., betrachtet die zweistufige Überprüfung des Falles durch Einschaltung der Kommission als Beschwerdeinstanz als nicht vorteilhaft betrachtet, es sei denn, die Entscheidungen hätten politische Auswirkungen. 454 Zur förmlichen Entscheidung der Kommission I. C. 1. (k) (1). 455 Dies wäre im Hinblick auf die umfangreichen Aufgabenbereiche der Kommission praktisch schwer durchführbar; zum rechtlichen Gehör s. o. Kap. I, C. 1. (e).

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vor dem Generaldirektor für Wettbewerb und gegebenenfalls vor dem Wettbewerbskommissar. Er ist jedoch selbst Mitglied der Generaldirektion IV und verfaßt nicht einen Entscheidungsentwurf, sondern lediglich eine Stellungnahme, die ihm beigefügt wird und die die Kommission nicht bindet. Sie hat für die Kommission nur den Wert eines Gutachtens. Die Stellungnahme des Anhörungsbeauftragten ist außerdem als internes Dokument dem Verfahrensbeteiligten nicht zugänglich und wird auch nicht veröffentlicht. Hinzu kommt, daß das Wettbewerbsverfahren der Gemeinschaft zum großen Teil schriftlich ist. Daher ist es zweifelhaft, ob das Amt des Anhörungsbeauftragten die Gefahr der Voreingenommenheit hinreichend abwenden kann456. Die nachteilige Wirkung der unvollständigen Funktionstrennung kann sich ferner im Hinblick auf den verfahrensrechtlichen Schutz des Verfahrensbeteiligten aufgrund einer Vermengung von Verwaltungs- und Bußgeldverfahren im EG-Wettbewerbsrecht, die unterschiedlichen Charakters sind, verstärken. Was das Argument angeht, die Kommission sei kein Gericht und ihre Entscheidung sei der umfangreichen Kontrolle des Gerichts Erster Instanz und des Europäischen Gerichtshofes unterworfen, soll hier darauf hingewiesen werden, daß die Anfechtungsklage gegen Entscheidungen der Kommission nach Art. 185 S. 1 a. F. (242 S. 1 n. F.) EGV grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung hat und der gerichtliche Rechtsschutz insoweit verzögert wird457. 4. Umfang der gerichtlichen Nachprüfung in Wettbewerbssachen Entscheidungen der Kommission sind nach Art. 164, 168a I und 173 a. F. (220, 225 und 230 n. F.) EGV der Nachprüfung vor dem Gericht Erster Instanz und dem Europäischen Gerichtshof unterworfen. Art. 173 a. F. (230 n. F.) EGV beschränkt die beiden Gerichte grundsätzlich auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle. Bei der Tatsachenwürdigung kann es zu schwierigen Wertungsfragen kommen. Daher beschränken sich die Gerichte meist auf die Prüfung, ob ein offensichtlicher Fehler vorliegt oder ob die Kommission willkürlich gehandelt hat. Bei der Heranziehung wirtschaftlicher Wertungen beschränkt sich die Rechtmäßigkeitskontrolle vor allem auf die Richtigkeit der zugrunde gelegten Tatsachen und die Subsumtion unter die Norm. Bei der Beurteilung des Ermessensspielraumes setzen die Gerichte keinesfalls ihr Ermessen an die Stelle des Ermessens der Kommission. Die 456

Zum rechtlichen Gehör s. o. Kap. I, C. 1. (e); zum Anhörungsbeauftragten s. o. Kap. II, C. 3. (b) (3); Stellungnahme zur Funktionstrennung s. o. Kap. II, C. 3. (b) (6). 457 s. o. Kap. II, C. 3. (a) (2) (bb) und Kap. I, C. 3. (a) (4).

272 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

Prüfung beschränkt sich darauf, ob der Kommission kein offensichtlicher Irrtum unterlaufen ist, ein Ermessensmißbrauch vorliegt oder ob sie die Grenze ihres Ermessensspielraums nicht offensichtlich überschritten hat. Ein Ermessensmißbrauch als Nichtigkeitsgrund liegt allerdings im Gemeinschaftsrecht nur dann vor, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, daß die Handlung zu anderen als den angegebenen Zwecken getroffen wurde. Das ist z. B. der Fall, wenn mit den Mitteln des Gemeinschaftsrechts ein subjektiv rechtswidriges Ziel oder ein subjektiv rechtswidriger Zweck verfolgt wird. Somit halten sich das Gericht Erster Instanz und der Europäische Gerichtshof grundsätzlich an die tatsächlichen Angaben der Parteien, ohne selbst Nachprüfungen anzustellen. Die Grenze zwischen Rechtmäßigkeits- und Zweckmäßigkeitskontrolle ist allerdings fließend. Ist z. B. die Maßnahme für das von der Kommission verfolgte Ziel offensichtlich ungeeignet, so kann dadurch die Rechtmäßigkeit der Maßnahme in Frage stehen458. 5. Kontrolle des Europäischen Parlaments über die Kommission Trotz der eingeschränkten Kompetenz des Europäischen Parlaments bestehen für das Parlament außer der Haushaltskontrolle nach Art. 203 und 206 a. F. (272 und 276 n. F.) EGV folgende Möglichkeiten, die Kontrolle über die Tätigkeit der Kommission im wettbewerbsrechtlichen Bereich auszuüben459. 458 Immenga/Ritter, EG-WbR, Bd. II, Verfahren, A. Rn. 46 f.; v. der Groeben/ Krück, Bd. 4, Art. 164 Rn. 60, Art. 173 Rn. 90 f., 103 ff.; Grabitz/Wenig, Art. 173 Rn. 1, 38, 51; Bleckmann, Rn. 870 ff.; zur Beschränkung der Nachprüfung auf einen offensichtlichen Fehler s. EuGH 11. 7. 1985 Slg. 1985, 2545 (2575, 2578); zur Beschränkung auf willkürliche Handlungen EuGH 13. 3. 1968 Slg. 1968, 127 (145); EuGH 24. 10. 1973 Slg. 1973, 1055 (1074); zur Nachprüfung von Wertungen wirtschaftlicher Art EuGeI 18. 9. 1992 Slg. 1992, II-2223 (2276); EuGeI 24. 1. 1992 Slg. 1992, II-1 (28); EuGH 17. 11. 1987 Slg. 1987, 4487 (4583); EuGH 25. 5. 1978 Slg. 1978, 1245 (1256); EuGH 25. 10. 1977 Slg. 1977, 1875 (1917); EuGH 21. 1. 1976 Slg. 1976, 1 (30); EuGH 14. 5. 1975 Slg. 1975, 533 (547); EuGH 18. 3. 1975 Slg. 1975, 421 (432); EuGH 13. 7. 1966 Slg. 1966, 321 (396); zum Ermessensmißbrauch EuGH 21. 6. 1984 Slg. 1984, 2447 (2465); EuGH 25. 11. 1976 Slg. 1976, 1701 (1710); EuGH 5. 5. 1966 Slg. 1966, 153 (176); zur fließenden Grenze zwischen Rechtmäßigkeits- und Zweckmäßigkeitskontrolle EuGH 11. 2. 1971 Slg. 1971, 23 (36); EuGH 21. 2. 1979 Slg. 1979, 713 (722). 459 Zu den Kontrollbefugnissen des Europäischen Parlaments v. der Groeben/ Haag/Bieber, Bd. 4, Art. 137 Rn. 18 ff.; zum Haushaltsverfahren v. der Groeben/ Bieber, Bd. 4, Art. 206 Rn. 1 ff.; Geiger, Art. 272 Rn. 10 ff., Art. 276 Rn. 1 ff.; Bleckmann, Rn. 1284 ff.

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(a) Ernennung sowie Wiedererkennung der Kommissare und Mißtrauensvotum Zur Ernennung und Wiedererkennung der Mitglieder der Kommission ist die Anhörung und Zustimmung des Europäischen Parlaments erforderlich [Art. 158 II UAbs. 3 a. F. (214 II UAbs. 3 n. F.) EGV]460. Dadurch kann das Europäische Parlament auf die Wettbewerbspolitik der Kommission Einfluß nehmen. Darüber hinaus kann es die Kommission durch ein Mißtrauensvotum stürzen [Art. 144 a. F. (201 n. F.) EGV]. Wird das Mißtrauensvotum mit der Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und mit der Mehrheit der Mitglieder des Europäischen Parlaments angenommen, müssen die Mitglieder der Kommission geschlossen ihr Amt niederlegen [Art. 144 II a. F. (201 II n. F.) EGV]. Die Kommission trägt somit die politische Verantwortung gegenüber dem Europäischen Parlament. Dies führt dazu, daß die Kommission bei der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts die Absicht des Europäischen Parlaments mitberücksichtigt461. (b) Erörterung des Gesamt- und Wettbewerbsberichts der Kommission Die Kommission ist dem Europäischen Parlament zur Vorlage des jährlichen Gesamtberichts verpflichtet. Es erörtert dann den von der Kommission vorgelegten Gesamtbericht [Art. 143 a. F. (200 n. F.) EGV]. Die Kommission veröffentlicht im Zusammenhang mit dem Gesamtbericht auch einen Bericht über die Wettbewerbspolitik (sog. Wettbewerbsbericht). Durch den Wettbewerbsbericht erlangt das Europäische Parlament von den aktuellen Entwicklungen jener Wettbewerbsangelengenheiten Kenntnis, die seiner Meinung zugrunde gelegt werden462. Die Kommission berichtet nicht nur die vergangene Entwicklung, sondern auch die Entwicklungsperspektiven. Dies ermöglicht dem Europäischen Parlament eine Mitwirkung bei der Bestimmung der zukünftigen Entwicklung463.

460 v. der Groeben/Haag/Bieber, Bd. 4, Art. 137 Rn. 12 ff.; v. der Groeben/Bieber, Bd. 4, Art. 144 Rn. 2; v. der Groeben/v. Sydow, Bd. 4, Art. 158 Rn. 13 ff.; Geiger, Art. 213 Rn. 4, Art. 214 Rn. 1 ff.; Bleckmann, Rn. 245; s. o. Kap. II, C. 1. (c). 461 v. der Groeben/Haag/Bieber, Bd. 4, Art. 137 Rn. 28 f.; v. der Groeben/Bieber, Bd. 4, Art. 144 Rn. 1 ff. 462 Bechtold (4), § 53 Rn. 3; v. der Groeben/Bieber, Bd. 4, Art. 143 Rn. 1 ff.; Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. 6. 1971, ABl. EG 1971 Nr. C 66/11 ff. 463 Bleckmann, Rn. 320.

274 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

D. US-Wettbewerbsbehörde Hier werden die US-amerikanischen Wettbewerbsbehörden auf Bundesebene nur kurz zum Zwecke eines Überblicks über den Ursprung der Wettbewerbsbehörde und eines erleichterten Vergleichs zwischen den japanischen, deutschen und EG-Wettbewerbsbehörden dargestellt. 1. Parallele Zuständigkeit zweier Wettbewerbsbehörden US-Wettbewerbsbehörden auf Bundesebene sind das Justizministerium, dessen Antitrust Division mit der Durchsetzung des Bundeswettbewerbsrechts betraut ist, und die Federal Trade Commission. Anzuwenden sind der „Shermann Act“ in der Fassung des „Export Trading Company Acts“ von 1982, der „Clayton Act“ in der Fassung des „Robinson-Patman Acts“, der „Federal Trade Commission Act“ und weitere Antitrust-Gesetze. Es besteht eine Aufgabenteilung zwischen beiden Wettbewerbsbehörden. Nur das Jusitzministerium kann bei den US-Gerichten Strafverfahren zur Ahndung von Wettbewerbsverstößen einleiten. Aus diesem Grund geht das Justizministerium in der Regel gegen die Kartellbildung und sonstige eklatant wettbewerbsschädigende und damit strafbare Handlungen vor. Hingegen sind die Fälle der Preisdiskriminierung ausschließlich vor der Federal Trade Commission aufgrund des Robinson-Patnam Act verfolgt worden. Fusionen, Joint Ventures (Gemeinschaftsunternehmen), Lieferbestimmungen, sowie der Verdacht auf Monopolbildung und andere wettbewerbsschädigende Verhaltensweise überprüfen sowohl das Justizministerium als auch die Federal Trade Commission. In diesen Fällen koordinieren sie sich, um Doppelarbeit zu vermeiden, jedoch besteht ein Rivalitätsverhältnis zwischen beiden Behörden, das immer wieder zur Kritik an der Federal Trade Commission führte464. 2. „Antitrust Division“ des Justizministeriums Die Antitrust Division ist in das Justizministerium als selbständige Abteilung eingegliedert und wird von einem unmittelbar dem „Attorney General“ (Justizminister) unterstehenden „Assistant Attorney General“ geleitet, der vom US-Präsidenten nominiert und vom Senat bestätigt wird. Als Regierungsbehörde ist sie dem Justizminister gegenüber weisungsabhängig. Da464 Immenga/Campbell/Grundmann, EG-WbR, Bd. II, Verfahren, C, Rn. 4 ff.; zur parallelen Zuständigkeit der beiden Behörden und zur Problematik der Zuständigkeitsüberschneidungen Kuhmann, S. 37, 50 ff., 86 ff.; zur Koordinierung beider Behörden im Bereich der Fusionskontrolle Rill, S. 600; ebenso Maxeiner, S. 159; Neale/Goyder, S. 372 f.; ebenso Sullivan, § 241.

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her können Entscheidungen des Leiters der „Antitrust Division“ vom Justizminister aufgehoben werden. Das hat zur Folge, daß wichtige Entscheidungen normalerweise im vorherigen Einvernehmen mit ihm erfolgen. In der Regierungszeit des Präsidenten Carter wies der damalige Justizminister Bell die Antitrust Division an, das Zusammenschlußvorhaben zweier Stahlunternehmen nicht zu beanstanden, obwohl diese die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens beabsichtigte. Jedoch übt der Justizminister selten seine Weisungsbefugnisse gegenüber dem Leiter der Antitrust Division aus. Der Leiter der Antitrust Division spielt die Schlüsselrolle bei der Festlegung der wettbewerbspolitischen Zielsetzungen in dem Sinne, daß er die Ermessensentscheidungen der Division bei der Auslegung der unscharfen Vorschriften des materiellen Wettbewerbsrechts kontrolliert. Die Antitrust Division verfolgt die Verletzungen des Anti-Trust-Rechts im Wege der Einleitung von Zivil- oder Strafverfahren vor den Gerichten. Im zivilrechtlichen Verfahren nimmt sie die Rolle des Klägers, im Strafverfahren die des Staatsanwalts ein. Dies führt zu Schwierigkeiten bei der einheitlichen Anwendung des Kartellrechts, da die Antitrust Division auf die Tätigkeit jener Gerichte, die private Kartellrechtsstreitigkeiten entscheiden, keinen unmittelbaren Einfluß nehmen kann, wobei sie nicht Partei des anhängigen Rechtsstreits ist. Im Verfahren vor den Berufungsgerichten kann sie nur mit Zustimmung des Gerichts eine Stellungnahme zu den im anhängigen Fall aufgeworfenen Rechtsfragen abgeben. Mit der Durchführung der Ermittlungen sind fünf mit Prozeßführungsbefugnis ausgestattete Unterabteilungen befaßt. Angelegenheiten regionaler Bedeutung werden regelmäßig dem jeweiligen geographisch zuständigen Außenbüro zugewiesen, Fälle von höherer Bedeutung oder komplizierte Fälle hingegen durch die Antitrust Division in Washington D. C. zentral bearbeitet. Es besteht weder eine zwingende sachliche oder örtliche Zuständigkeitsverteilung noch eine Zuständigkeitsverteilung für bestimmte Verfahrensarten innerhalb der Antitrust Division465. 3. „Federal Trade Commission“ (a) Allgemeines Die „Federal Trade Commission“ wurde 1914 aufgrund des Federal Trade Commission Act als von anderen exekutiven Stellen unabhängige Bundesverwaltungsbehörde, die als „Independent Regulatory Commission“ bezeichnet wird, gegründet. Das Gründungsziel war die effektive und sorg465 Immenga/Campbell/Grundmann, EG-WbR, Bd. II, Verfahren, C, Rn. 6; Blechmann, S. 167 f.; Kuhmann, S. 36 ff.; Maxeiner, S. 159, 160 ff., stellt wegen der kurzen Dienstzeit der meisten Beamten die Kontinuität der Amtsführung der Antitrust Division in Frage; Sullivan, § 240; Neale/Goyder, S. 373 ff.

276 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

fältige Durchsetzung der Anti-Trust-Gesetze durch ein konzentriertes quasigerichtliches Verfahren. Zur Durchsetzung des Wettbewerbsrechts stehen der Commission sowohl administrative als auch quasi-legislative und -judikative Befugnisse zu. Anders als die Antitrust Division trifft die Commission selbst konkrete Entscheidungen. An ihrer Spitze stehen fünf Kommissare, die jeweils für eine Amtszeit von sieben Jahren vom Präsidenten ernannt und vom Senat bestätigt werden. Dadurch wird einerseits die politische Kontrolle über die Commission durch den Chef der Exekutive ermöglicht, andererseits wird die Commission der Kontrolle des Senats unterstellt, was dem – dem US-amerikanischen Regierungssystem eigentümlichen Prinzip – des Gleichgewichts der Gewalten und der gegenseitigen Gewaltenkontrolle entspricht. Auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts handelt die Commission primär durch eine spezielle Abteilung, das sogenannte „Bureau of Competition“. Diese Abteilung wird von einem Direktor geleitet, der vom Vorsitzenden Commissions ernannt und von den anderen Kommissaren bestätigt wird. Die Ermittlungen führen das „Bureau of Competition“ sowie seine zehn Außenstellen durch466. (b) „Independent Regulatory Commission“ Die „Independent Regulatory Commissions“ sind Bundesbehörden, denen die Regelung und Beaufsichtigung einer stetig wachsenden Anzahl von Sonderbereichen des Wirtschaftslebens übertragen ist und die weder den Ministerien unter- oder nachgeordnet noch an Weisungen des Präsidenten gebunden sind. Sie besitzen insoweit eine weitreichende Selbständigkeit, die nicht unumstritten gewesen ist467. Zur Einsetzung der Commissions führte jenes Rivalitätsverhältnis zwischen dem Präsidenten und dem Parlament, dem das traditionelle US-amerikanische Mißtrauen gegenüber einer Kompetenzerweiterung der Exekutive für den immer mehr wachsenden und Regulierung benötigenden Wirtschaftsbereich zugrunde liegt. Bekannt war die Unfähigkeit des Parlaments als Gesetzgebungsorgan, auf die Änderung und Entwicklung der modernen Gesellschaft zum Schutz des Einzelnen rasch und flexibel zu reagieren. Auch war eine Ermächtigung der Exekutive wünschenswert. Jedoch wollte das Parlament eine Erweiterung der Kompetenzen des Präsidenten – des Chefs der Exekutive – hinsichtlich des sich während der beiden Weltkriege zugunsten des Präsidenten verschobenen Gleichgewichts verhindern und die zu starke Exekutivgewalt durch ein Ge466 Immenga/Campbell/Grundmann, EG-WbR, Bd. II, Verfahren, C, Rn. 7; Kuhmann, S. 44 ff.; Maxeiner, S. 142 f.; Sullivan, § 241; zum Ernennungsrecht des Präsidenten s. Albert, S. 38 ff.; zum Entlassungsrecht des Präsidenten s. ders., S. 40 ff. 467 Allgemein Albert, S. 22 f.; Bericht 1957, S. 11; zu den Ursachen für eine zunehmende staatliche Kontrolle der Wirtschaft ders., S. 27 f.

D. US-Wettbewerbsbehörde

277

gengewicht ausbalancieren. Zum Ausgleich war man sich darüber einig, daß von anderen Staatsorganen unabhängige Commissions, nämlich Independent Regulatory Commissions, die die notwendigen Fachkenntnisse und Erfahrungen besitzen sollten, errichtet werden sowie darüber, daß das Parlament dafür das Gründungsziel, die abstrakten Regulierungskriterien und die Grenzen durch Gesetz bestimmt und den Commissions die einzelne Regelung überlassen wird. Die Judikative hat sich aufgrund ihrer Unfähigkeit, sich mit der stetigen Regulierung der immer komplizierter und spezieller werdenden modernen Gesellschaft zu befassen, zurückgezogen und aufgrund des selbst entwickelten Grundsatzes des „substantial evidence“ die Tatsachenfeststellung den Behörden überlassen468. Eine Einflußmöglichkeit steht dem Präsidenten nur durch die Ernennung der Mitglieder der Commissions und durch die Ausarbeitung des Haushaltsplans zu. Hingegen stehen die Independent Regulatory Commissions unter der stärkeren Kontrolle des Parlaments vor allem aufgrund des Gesetzgebungsrechts einschließlich des Rechts zur Bewilligung der Haushaltsmittel sowie der für Beamtenernennungen durch den Präsidenten erforderlichen Zustimmung des Senats469. Die Commissions wurden als vorteilhaft angesehen, da viele der neuen Aufgaben nicht in den Geschäftsbereich eines Ministeriums paßten oder sich über mehrere solche Bereiche erstreckten. Weiterhin, weil die Entscheidungen von gleichrangigen, an keine Weisungen eines Vorgesetzten gebundenen Mitgliedern der Commissions unabhängig von den einzelnen Personen sachgemäß getroffen würden, desweiteren weil die Einflußnahme von Parteien und Interessengruppen ausgeschaltet oder zumindest erschwert würde. Ferner, weil die Wirtschaftsbereiche, die immer komplexer und komplizierter werden, von spezialisierten, nicht der Weisungsbefugnis der Exekutive unterworfenen Fachleuten besser reguliert würden und schließlich, weil die ungestörte Arbeit neutraler Experten, die die gesammelte praktische Erfahrung besitzen und von langamtierenden (vom politischen Kreis weitgehend unabhängigen) Mitgliedern der Commissions unterstützt werden, auch die Entwicklung langfristiger kontinuierlicher Programme der Wirtschaftspolitik garantierte470. Andererseits bestehen 468 Albert, S. 52 f.; Imamura/Akiyama, § 27, S. 550; Kawakami, S. 129 ff.; Okumiya, S. 26 f. 469 Zum Verhältnis zum Präsidenten s. Albert, S. 38 ff., der die Interventionsversuche der Präsidenten in die Independent Regulatory Commissions darstellt. Zum Verhältnis zum Parlament s. ders., 52 ff. Der Kongreß machte von seinem Kontrollrecht gegenüber der Commission durch die Bewilligung von Haushaltsmitteln Gebrauch und kürzte ihren Haushalt deutlich s. ders., S. 59; zur Kürzung des Haushalts der Commission WuW 1981, S. 21; ebenfalls Kuhmann, S. 49; zur Problematik der Vereinigung exekutiver, quasi-judizieller und -legislativer Funktion innerhalb der Independent Regulatory Commissions im Hinblick auf das Gewaltenteilungsprinzip s. ders. S. 65 ff.

278 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

Bedenken gegenüber den Independent Regulatory Commissions hinsichtlich des Gewaltenteilungsprinzips, des Fehlens der politischen Verantwortlichkeit, des Fehlens der Unterstützung des Präsidenten, welche dazu führen könnte, daß sowohl die Entwicklung der gemeinsamen Pläne und Richtlinien als auch die Koordinierung der Tätigkeit der abhängigen und unabhängigen Behörden erschwert werden und die Commissions entgegen ihres Gründungszweckes leichter unter den Druck der organisierten Wirtschaftsgruppen geraten würden, sowie nicht zuletzt hinsichtlich der Schnelligkeit und Sparsamkeit der Verwaltung. Diese Bedenken veranlaßten die Forderung nach einer Reform des Verhältnisses zwischen Commissions und Exekutive. Vor allem wurde die Bündelung von untersuchender, verfolgender, entscheidender, vollziehender und rechtssetzender Tätigkeit in einer Hand kritisiert. Diese Bedenken können zum großen Teil behoben werden durch eine organinterne Funktionstrennung, d.h., die unterschiedlichen Funktionen würden im Rahmen einer arbeitsteilig strukturierten Organisation von verschiedenen streng voneinander getrennten Abteilungen wahrgenommen471. Der Administrative Law Judge spielt in diesem Sinne eine sehr wichtige Rolle. Ferner verwirklicht der „Federal Administrative Procedure Act“ die interne Funktionstrennung in beschränktem Maße. Nach Sec. 5 (c) APA darf der Beamte, der die Beweisaufnahme durchführt und der auch die Vorentscheidung treffen muß, bezüglich der einschlägigen Tatsachenfragen keine Beteiligten oder sonstigen Personen konsultieren, es sei denn, allen Beteiligten wird nach vorheriger Benachrichtigung die Möglichkeit gegeben, an der Konsultation teilzunehmen. Der für die Beweisaufnahme und die Vorentscheidung zuständige Beamte darf nicht der Aufsicht oder Leitung eines Beamten unterstehen, der die Untersuchung und Verfolgung durchführt. Der mit der Untersuchung und Verfolgung betraute Beamte darf andererseits an einer Vor- oder Endentscheidung nicht beratend oder auf sonstige Weise teilnehmen472. (c) Verstärkte Kontrolle durch den Kongreß Der neue „Federal Trade Commission Improvement Act“ von 1980 hat dem Kongreß zur Verstärkung seiner Kontrolle ein Vetorecht eingeräumt. Danach werden von der Federal Trade Commission aufgestellte Wettbewerbsregeln nicht wirksam, wenn beide Häuser innerhalb von 90 Tagen nach Verkündung der Regeln einen Ablehnungsbeschluß fassen. Zusätzlich muß die Commission den zuständigen Kongreßausschüssen entsprechende 470 471 472

Albert, S. 27 ff. Albert, S. 33 ff., 48 ff., 144, 209 ff. Zum Administrative Law Judge s. u. Kap. II, D. 3. (d).

D. US-Wettbewerbsbehörde

279

Mitteilungen über den Beginn eines Aufstellungsverfahrens einer Wettbewerbsregel machen, damit diese Stellung nehmen und gegebenfalls eine Regelung durch den Kongreß selbst einleiten können (Sec. 18 (b) FTCA). Die Commission ist verpflichtet, halbjährlich eine Liste aller Wettbewerbsregeln zu veröffentlichen, die sie in den folgenden 12 Monaten vorschlagen oder verkünden will, um für die rechtzeitige Information von Kongreß und Öffentlichkeit gleichermaßen zu sorgen. Schließlich ist das zuständige „Consumer Subcommittee“ des Senates zur besseren Beaufsichtigung der Federal Trade Commission verpflichtet, indem es sich zumindest halbjährlich mit der Tätigkeit der Commission befaßt (Sec. 22 FTCA)473. (d) „Administrative Law Judge“ Der „Administrative Law Judge“ ist zwar in die Organisation der Commission eingegliedert, jedoch durch die Trennung der Entscheidungs- von der Ermittlungsfunktion von anderen Abteilungen der Commission völlig unabhängig. Er entscheidet über den Ablauf der mündlichen Verhandlung („hearing“), über die Abnahme von Eiden und eidesstattlichen Erklärungen, die Ladung von Zeugen unter Androhung einer Beugestrafe, die Zeugenvernehmung, die Prüfung der Beweisangebote und die Erhebung der für die Entscheidung relevanten sonstigen Beweise, die Abhaltung der Beratungen, die Entscheidung über verfahrensrechtliche Anträge usw. Nach der mündlichen Verhandlung stellt er die Tatsachen fest, wendet die einschlägigen Vorschriften an und trifft eine Vorentscheidung, die bestimmte Empfehlungen im Hinblick auf die von der Commission zu treffende endgültige Entscheidung beinhaltet. Gegen seine Vorentscheidung kann Beschwerde vor den Kommissaren eingelegt werden. Die Commission ist im Beschwerdeverfahren nicht an die Feststellung des Administrative Law Judge gebunden und trifft eine endgültige Entscheidung, die dessen Entscheidung entweder bestätigt oder abändert. Es steht der Commission jedoch durchaus frei, die Vorentscheidung vorher zu überprüfen. Wenn keine Beschwerde eingelegt wird, wird die Vorentscheidung des Administrative Law Judge als endgültige Entscheidung der Commission angesehen werden. Trotz der dem 473 Tyllack, S. 80 f., bringt im Hinblick auf das Gewaltenteilungsprinzip und ein faires Verfahren durch sachkundige Bedenken hinsichtlich der Einmischung des Gesetzgebers in die letztlich mehr administrative Tätigkeit der Federal Trade Commission vor; zur langjährigen Kritik an der Commission, die zu einer Verstärkung der parlamentarischen Kontrolle über sie und zu einer Einschränkung ihrer Kompetenz nach dem FTC Improvement Act führte s. Kuhmann, S. 50 ff.; nicht wenig bedeutend war bei den wiederholten Reformversuchen der Commission die in den USA vorherrschende Grundauffassung, daß man jeder Ausweitung von Regierungsbefugnissen skeptisch gegenüberzustehen habe s. Maxeiner, S. 158.

280 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

Administrative Law Judge eingeräumten Vorentscheidungsbefugnisse bleibt also die Commission für die endgültige Entscheidung allein verantwortlich. Gegen die endgültige Entscheidungen der Commission kann Berufung vor den Bundesberufungsgerichten („Courts of Appeals“) oder Revision vor dem Obersten Bundesgerichtshof („United States Supreme Court“) eingelegt werden. Die Funktion des Administrative Law Judge als unabhängiger und neutraler Schlichter entspricht gewissermaßen jener der Richter der erstinstanzlichen Gerichte (ohne Geschworene). Er ist in fast allen administrativen Stellen eingeführt worden, die vom Kongreß errichtet worden sind474. Der Administrative Law Judge muß eine Qualifikation als Rechtsanwalt und eine 7-jährige Erfahrung mit Verwaltungsprozessen haben. Für die Ernennung ist ferner ein erfolgreicher Prüfungsabschluß Voraussetzung, wobei das „Office of Personel Management“ grundsätzlich allein zuständig und zur Einsetzung des ernannten Administrative Law Judge in der jeweiligen Behörde die Einwilligung des Office notwendig ist. Wenn ein Administrative Law Judge verdächtig ist, in einem anhängigen Fall befangen zu sein, kann er von dem Verfahren ausgeschlossen werden. Durch dieses Amt soll die Gefahr der Befangenheit im Entscheidungsprozeß des Verwaltungsverfahrens vermindert werden. Die Vorschriften zielen darauf ab, einer Befangenheit im Inneren des Administrative Law Judge vorzubeugen475. (e) „Substantial Evidence“ zur Einschränkung der gerichtlichen Nachprüfbarkeit Nach dem in den USA langjährig entwickelten Grundsatz des „substantial evidence“ können die mit der entsprechenden Sachkenntnis getroffenen tatsächlichen Feststellungen der regulierenden und verwaltenden Behörden durch die Gerichte nicht aufgehoben werden, wenn sie auf substantial evidence beruhen. Substantial evidence ist jeder erhebliche Beweis, den der vernünftige Verstand als Grundlage der gezogenen Schlußfolgerung anerkennt. Sec. 10 (e) (5) APA besagt diesbezüglich, daß Akte, Feststellungen und Schlußfolgerungen einer Behörde aufzuheben sind, wenn sie nicht durch substantial evidence gestützt sind. Das Gericht muß bei der Prüfung, ob die Feststellungen der Behörde auf substantial evidence beruhen, das gesamte Protokoll oder wenigstens die Teile davon, auf die sich die Beteiligten berufen, berücksichtigen. Geprüft werden nicht nur die Tatsachen als 474

Maxeiner, S. 144; Neale/Goyder, S. 383, 385 f.; Albert, S. 171 ff.; Sugimura, S. 57 f., 135 f. 475 In den USA gibt es eingehende Vorschriften bezüglich der Ernennung, der Qualifikation, der Aufgabe, des Gehalts, der Entlassung, des Ausschlusses und der Ablehnung wegen Befangenheit und des Verhältnisses zu anderen Bediensteten der Behörde; zu Einzelheiten s. Okumiya (2), S. 272 ff.; ders., S. 50 ff.

E. Rechtsvergleichendes Zwischenergebnis

281

solche, sondern auch die Schlußfolgerungen. Die gerichtliche Nachprüfbarkeit beschränkt sich jedoch darauf, ob sich die Schlußfolgerungen vernünftigerweise auf die zugrundeliegenden Tatsachen stützen lassen. Das Gericht darf nicht die von der Behörde gezogenen Schlüsse durch eigene, die es für angemessener hält, ersetzen. Davon ausgenommen ist einzig jene Schlußfolgerung, die das Gericht für eine von ihm voll nachzuprüfende Rechtsfrage hält, die jedoch von der Tatfrage nicht klar zu unterscheiden ist476.

E. Rechtsvergleichendes Zwischenergebnis 1. Rechtsstellung der Wettbewerbsbehörden Was die Rechtsstellung der Wettbewerbsbehörde angeht, so ist die japanische FTC mit ihrem kollegialen Entscheidungsgremium allein für Wettbewerbssachen zuständig – mit Ausnahme der Fälle der Anwendungsausnahme des AMG (§§ 21 f. AMG). Sie ist von anderen Ministerien und Stellen unabhängig und nur dem Premierminister unterstellt477, der nach der h. M. jedoch kein Recht hat, ihr Weisungen zu erteilen478. In der Europäischen Gemeinschaft sind die Kommission, die als Hüterin der europäischen Integration in weiten Bereichen zuständig ist, und die Generaldirektion IV, die die Entscheidung der Kommission vorbereitet und der die Aufgabe des EG-Wettbewerbsrechts zum Großteil von den Kommissionsmitgliedern als Entscheidungsträgern übertragen ist, für die wettbewerbsrechtlichen Fragen auf Gemeinschaftsebene zuständig479. Da die Generaldirektion in die Struktur der Kommission völlig eingegliedert ist, kann die Kommission sowohl allgemeine als auch Einzelanweisungen an die Generaldirektion IV erteilen. Da die Kommissionsmitglieder, die mit den der Wettbewerbspolitik gegenläufigen Politikarten befaßt sind, der förmlichen Entscheidung zustimmen müssen und auch außerwettbewerbliche, vor allem industriepolitische Gesichtspunkte im Rahmen des unbestimmten Rechtsbegriffe berücksichtigen müssen, besteht im EG-Wettbewerbsrecht die Möglichkeit der politischen Einflußnahme auf anhängige Fälle, was der Entpolitisierung des Verfahrens durch eine Fremdeinwirkung und einer sachgerechten Klärung des Falles entgegensteht480. Hingegen ist in Deutschland die Zuständigkeit für wettbewerbliche Fragen zwischen dem Bundesminister für Wirtschaft, dem Bundeskartellamt und den Landeskartellbehörden aufgeteilt. Der föderalisti476 477 478 479 480

Neale/Goyder, S. 386 ff.; Albert, S. 196 ff.; Sugimura, S. 44 ff. s. o. Kap. II, A. 2.; II, A. 5. (b) (1). s. o. Kap. II, A. 5. (b) (3). s. o. Kap. I, C. 1. (k); Kap. II, C. 2.; Kap. II, C. 3. (a) (1). s. o. Kap. II, C. 3. (a) (1), (6), (10) und (11).

282 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

schen Struktur des Staates entsprechend sind in den jeweiligen Bundesländern die Landeskartellbehörden, auf der Bundesebene das Bundeskartellamt für Wettbewerbssachen zuständig481; es besteht kein über/nachgeordnetes Verhältnis zwischen dem Bundeswirtschaftsminister und dem Bundeskartellamt einerseits sowie den Landeskartellbehörden andererseits482. Der Bundeswirtschaftsminister schreitet ein, wenn es insbesondere um sog. „political questions“ geht. Er berücksichtigt außerwettbewerbsrechtliche Gesichtspunkte483. Das Bundeskartellamt ist zwar organisatorisch und in bezug auf seinen Haushalt aus dem Bundeswirtschaftsministerium ausgegliedert, jedoch im Gegensatz zum Verhältnis zwischen dem Bundeskartellamt und den Landeskartellbehörden dem Bundesminister für Wirtschaft unterstellt und nach h. M. sowohl an allgemeine als auch an einzelne Weisungen des Bundeswirtschaftsministers gebunden, von denen dieser allerdings nur spärlich Gebrauch gemacht hat484. Die Monopolkommission übt zwar nach ausführlicher Analyse der volkswirtschaftlichen Lage Einfluß auf die drei Kartellbehörden durch die Veröffentlichung ihrer Haupt- und Sondergutachten aus, hat jedoch rechtlich nur eine beratende Funktion485. Im Ergebnis sind das Bundeskartellamt und die Generaldirektion IV nicht – wie ein Gericht – unabhängig organisiert, während die japanische FTC eine weiter reichende gerichtsähnliche Unabhängigkeit besitzt. Das Bundeskartellamt genießt jedoch dank der Zurückhaltung des Bundeswirtschaftsministeriums eine faktische Unabhängigkeit486. Bisher hat es immer wieder Forderungen sowohl nach einer organisationsrechtlichen Unabhängigkeit des Bundeskartellamtes als auch nach der Errichtung einer selbständigen EG-Wettbewerbsbehörde gegeben. Diese Forderung ist in Deutschland insbesondere an dem Lehrsatz gescheitert, daß die Handlung eines Verwaltungsorgans in der repräsentativen Demokratie der Gegenwart dem parlamentarisch-verantwortlichen Minister unterstellt sein muß, damit die Verwaltung der parlamentarischen Kontrolle untersteht und die Einheitlichkeit der Verwaltung im Ministerialsystem erhalten bleibt. Diese Prämisse erweist sich aber als nicht haltbar, da es in der Tat ministerialfreie Räume, etwa die unabhängige Deutsche Bundesbank, gibt und es durchaus möglich ist, die einheitliche Verwaltung durch die Verpflichtung, die Politik der Bundesregierung zu unterstützen, und durch die Förderung der Zusammenarbeit der staatlichen Institutionen zu gewährleisten, wie es bei der Bundesbank der Fall ist487. In 481 482 483 484 485 486 487

s. o. s. o. s. o. s. o. s. o. s. o. s. o.

Kap. Kap. Kap. Kap. Kap. Kap. Kap.

II, B. 1. (a). I, B. 1. (e). II, B. 1. (b). II, B. 3. (a) (1) und (3). II, B. 2. II, B. 3. (a) (1) und (3). II, B. 3. (a) (2) (bb), (6), (7) und (8).

E. Rechtsvergleichendes Zwischenergebnis

283

der Europäischen Gemeinschaft hat die Forderung ebenso wenig Erfolg. Das wichtigste Argument ihrer Gegner, die Gründung einer unabhängigen EG-Wettbewerbsbehörde verstoße gegen das institutionelle Gleichgewicht der Gemeinschaft, ist jedoch im Hinblick auf die bisherige dynamische Entwicklung der Institutionen der Gemeinschaft ebenso unhaltbar. Die parlamentarische Kontrolle ist als Argument gegen die Unabhängigkeit der Wettbewerbsbehörde eher fehl am Platz, da das Demokratieprinzip im eigentlichen Sinne aufgrund der Beibehaltung der Souveränität der Mitgliedstaaten nicht vorhanden ist und die Kompetenz des Europäischen Parlament im Vergleich zu den nationalen Parlamenten trotz der vollzogenen Erweiterung immer noch sehr begrenzt ist488. 2. Einschränkung der gerichtlichen Kontrolle Institutionell ist die Unabhängigkeit der FTC in Japan gekennzeichnet erstens durch die Einschränkung der gerichtlichen Nachprüfbarkeit nach dem Grundsatz des „substantial evidence“ des US-amerikanischen Vorbilds489 und zweitens durch die Einschränkung des Schadensersatzanspruches nach §§ 25, 26 AMG in Zivilklagen490. Durch diese institutionelle Garantie der Unabhängigkeit wird die Position der FTC gegenüber den Gerichten verstärkt. Die umfangreiche Einschränkung der gerichtlichen Kontrolle über die FTC führte angesichts des Gewaltenteilungsprinzips zu Diskussionen um die Verfassungmäßigkeit einer derartigen Einschränkung. Die h. M. hält sie für nicht verfassungswidrig491. Die Rechtsprechung versucht allerdings, den Umfang der rechtlichen Fragen, die nicht unter den Grundsatz des substantial evidence fallen, zu erweitern. Sie trennt die grundsätzlichen Tatsachen von den davon abzuleitenden abstrakteren Tatsachen und unterwirft die Tatsachenfeststellung letzterer Art seiner vollständigen Kontrolle492. In Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft wurde zwar das US-amerikanische Prinzip des substantial evidence nicht eingeführt, es existieren jedoch gewisse Einschränkungen der gerichtlichen Kontrolle von Handlungen der Wettbewerbsbehörden. Entscheidungen der Kartellbehörden sind in Deutschland zwar in größerem Umfang der gerichtlichen Nachprüfung unterworfen als normale Verwaltungsakte. Die gerichtliche Nachprüfung erstreckt sich nämlich bei ersteren nicht nur auf die Rechtmäßigkeit, sondern auch auf die Zweckmäßigkeit der Ermessensent488 489 490 491 492

s. o. s. o. s. o. s. o. s. o.

Kap. Kap. Kap. Kap. Kap.

II, II, II, II, II,

C. 3. (a) (2) (bb), (8), (9) und (11). A. 4. (a); II, D. 3. (e). A. 4. (b). A. 4. (c). A. 4. (a) (1) (dd).

284 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

scheidung. Aber eine bemerkenswerte Ausnahme bildet die gesetzliche Einschränkung der gerichtlichen Nachprüfbarkeit der Würdigung der gesamtwirtschaftlichen Lage und Entwicklung nach § 70 V 2 a. F. (71 V 2 n. F.) GWB. Das Gericht hat danach zu prüfen, ob die Würdigung der gesamtwirtschaftlichen Lage und Entwicklung durch die Kartellbehörde die von ihr getroffene Entscheidung trägt. Der gerichtlichen Kontrolle ist jedoch die Würdigung selbst entzogen. Die der Würdigung der gesamtwirtschaftlichen Lage und Entwicklung zugrundezulegenden Tatsachen und die Subsumtion sind hingegen von § 70 V 2. a. F. (71 V 2 n. F.) GWB nicht erfaßt. Fragwürdig ist hier die Trennbarkeit von unter § 70 V 2 a. F. (71 V 2 n. F.) GWB fallenden wirtschaftspolitischen Wertungen und der gerichtlichen Kontrolle unterworfenen Rechtsanwendungen493. In der Gemeinschaft ist die gerichtliche Prüfung nach Art. 173 a. F. (230 n. F.) EGV grundsätzlich auf die Rechtmäßigkeit beschränkt. Bei der Prüfung der Tatsachenwürdigung beschränkt sich die Nachprüfung zumeist darauf, ob ein offensichtlicher Fehler vorliegt oder ob die Kommission willkürlich gehandelt hat. Bei der Nachprüfung von wirtschaftlichen Wertungen beschränkt sich die Rechtmäßigkeitskontrolle vor allem auf die Richtigkeit der zugrundegelegten Tatsachenfeststellungen und die Subsumtion unter die Norm494. Im Ergebnis besteht damit in Japan die umfangreichste gesetzliche Einschränkung der gerichtlichen Nachprüfung der Entscheidungen der FTC, was andererseits eine weitgehende gerichtsähnliche Unabhängigkeit der FTC erfordert. 3. Politik und Rechtsanwendung Der Versuch von außen, auf die japanische FTC aus außerwettbewerblichen Gesichtspunkten Einfluß zu nehmen, ist nicht zu leugnen. Jedoch besteht in Japan keine Möglichkeit für andere Stellen, im Rahmen des AMG in Einzelentscheidungen der FTC einzugreifen. Für einzelne Entscheidungen, die auch außerwettbewerbliche wirtschaftspolitische Aspekte enthalten können, ist die FTC allein zuständig und verantwortlich – mit Ausnahme der Fälle der Anwendungsausnahme des AMG (§§ 21 f. AMG)495. Hingegen ist dem Bundeskartellamt die wirtschafts- oder wettbewerbspolitische Entscheidung, mit anderen Worten die Würdigung der gesamtwirtschaftlichen Lage und Entwicklung, entzogen. Hierfür ist der Bundesminister für Wirtschaft allein und als letzte Instanz zuständig und verantwortlich [§§ 8 I, 24 III a. F. (8 I, 42 I n. F.) GWB]. Derartige Entscheidungen des Bundeswirtschaftsministers sind der gerichtlichen Nachprüfung entzogen [§ 70 V 2 493 494 495

s. o. Kap. II, B. 4. s. o. Kap. II, C. 4. s. o. Kap. I, A. 1. (i); Kap. II, A. 5. (b) (3).

E. Rechtsvergleichendes Zwischenergebnis

285

a. F. (71 V 2 n. F.) GWB]. Andererseits ist das Bundeskartellamt in diesem Fall von der Verantwortung für wirtschaftspolitische Entscheidungen entbunden. Zusätzlich ist das Bundeskartellamt nicht nur an allgemeine Weisungen des Bundesministers für Wirtschaft [§ 49 a. F. (52 n. F.) GWB], sondern auch nach der h. M. an seine Einzelweisungen gebunden. Das deutsche Wettbewerbsverfahren, das mit der Institution der Ministererlaubnis zur Bildung von Kartellen [§ 8 I a. F. (8 I n. F.) GWB] und Zusammenschlüssen [§ 24 III a. F. (42 I n. F.) GWB] die wirtschaftspolitische Entscheidung grundsätzlich dem Bundesminister für Wirtschaft überläßt, ist zwar transparenter, jedoch kann die Einflußnahme der Interessengruppen über den Bundeswirtschaftsminister, der neben der Wettbewerbspolitik noch weitere, möglicherweise dieser gegenläufige Politikarten betreiben kann, legalisiert werden496. In der Europäischen Gemeinschaft ist die Kommission für die Durchsetzung des europäischen Wettbewerbsrechts allein zuständig und bedarf sogar zu allen das Wettbewerbsverfahren förmlich abschließenden Entscheidungen der Zustimmung der Kommissionsmitglieder, die mit zahlreichen, gegebenenfalls der Wettbewerbspolitik gegenläufigen Politikarten befaßt sind. Dort ist die Berücksichtigung außerwettbewerblicher Elemente aufgrund der Klausel der EG-Industriepolitik und materiellen Voraussetzung „Entwicklung des wirtschaftlichen und technischen Fortschritts“ Bestandteil des einzelnen Verfahrens. Der Versuch der Fremdeinwirkung erfolgt in der Gemeinschaft nicht nur seitens der Betroffenen, sondern auch seitens der Mitgliedstaaten, die im Wettbewerbsrecht unterschiedliche Zielsetzungen sehen und im eigenen nationalen Interesse die Durchführung des Wettbewerbsrechts durch die Kommission beeinflussen wollen, sowohl auf politischem Wege bei der Rechtssetzung als auch im einzelnen Verfahren497. In Deutschland und in der Gemeinschaft ist man überwiegend der Meinung, daß die wirtschafts- und wettbewerbspolitischen Überlegungen auch in Einzelfällen von der politischen Instanz angestellt werden sollen. Dies wird damit begründet, daß die Entscheidungen wirtschaftspolitischer Art dem parlamentarisch verantwortlichen Minister oder Kommissar oblägen. Fraglich ist aber, ob die wirtschaftspolitischen Entscheidungen von den rein wettbewerbsrechtlichen Entscheidungen, die dem Bundeskartellamt oder der vorgeschlagenen EG-Wettbewerbsbehörde überlassen werden sollen, klar abgegrenzt werden können498. Die Einwirkungsmöglichkeit seitens der Politik hat zu Folge, daß das Verfahren in wirtschaftspolitisch wichtigen Fällen den politischen Auseinandersetzungen ausgesetzt sein kann. Angesichts der Entpolitisierung des einzelnen Verfahrens sind das deutsche und das System der Gemeinschaft nicht unbedenklich499. Außerdem ist die Wettbewerbs496 497 498

s. o. Kap. I, B. 1. (g) und (j); Kap. II, B. 3. (a) (3) und (4); Kap. II, B. 4. (b). s. o. Kap. I, C. 1. (k) (1); Kap. II, C. 3. (a) (6), (9) (bb) und (cc), und (10). s. o. Kap. II, B. 3. (a) (4) (dd), (5) und (6); Kap. II, C. 3. (a) (2) und (4).

286 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

behörde kein Gericht, sondern ein Verwaltungsorgan. Wenn sich eine Entscheidung der Wettbewerbsbehörde auf die reine Rechtsanwendung beschränkte, sollte besser das Gericht damit befaßt werden500. 4. Funktionstrennung Im japanischen Wettbewerbsverfahren ist nach dem Vorbild des US-amerikanischen „Hearing Examiners“ (jetzt „Administrative Law Judge“) 1952 das Amt des Leiters der mündlichen Verhandlung eingeführt worden. Dadurch ist die Leitung der mündlichen Verhandlung und die Fassung des Entscheidungsentwurfes von der Ermittlungsabteilung getrennt worden. Trotz der unvollständigen Unabhängigkeit des Leiters der mündlichen Verhandlung im Vergleich zum Amt des Administrative Law Judge besteht eine behördeninterne Trennung zwischen der Verfolgungs- und der Entscheidungsfunktion501. In Deutschland hingegen gibt es keine Funktionstrennung. Die Beschlußabteilung leitet bei einem Verdacht der Zuwiderhandlung gegen Vorschriften des GWB die Ermittlung ein und trifft eine Entscheidung. An der Entscheidung sind der Vorsitzende, ein mit dem Fall befaßter Beisitzer (Berichterstatter) und ein weiterer Beisitzer beteiligt. Die Entscheidung wird zwar kollegial getroffen, jedoch gehören sie alle zur gleichen Abteilung und stehen vom Anfang der Ermittlungen bis zum Abschluß des Verfahrens in engem Kontakt miteinander502. Die Konzentration der Verfolgungs- und Entscheidungsfunktion in einer Person ist in Deutschland bezüglich des Verwaltungsverfahrens nicht in Frage gestellt worden. Die Übertragung der Quasi-Strafgewalt auf das Bundeskartellamt, dessen Beschlußabteilung die Befugnisse der Verfolgung, Entscheidung und Verhängung der Geldbuße in sich vereint, wird als verfassungsmäßig angesehen, da die verhängte Geldbuße keine eigentliche (Kriminal-)Strafe und das Bußgeldverfahren kein Strafverfahren ist503. In der Europäischen Gemeinschaft greift den Fall das zuständige Referat der Generaldirektion IV durch eine Direktion auf, klärt ihn, würdigt den Sachverhalt und arbeitet bei Bedarf einen Entscheidungsentwurf aus, der über den die Generaldirektion IV leitenden Wettbewerbskommissar sodann der Kommission vorgelegt wird. Daher gibt es innerhalb der Generaldirektion IV keine organinterne Funktionstrennung. Das aufgrund der Kritik an der Konzentration der Funktion vor allem seitens der Briten eingeführte Amt des Anhörungsbeauftragten 499

s. o. Kap. II, B. 3. (a) (7) (bb) und (8); Kap. II, C. 3. (a) (2) (aa) und (11). s. o. Kap. II, B. 1; Kap. II, B. 3. (a) (3) (bb), (b) (5) und (6); Kap. II, C. 1. und 2.; Kap. II, C. 3. (b) (2) und (6). 501 s. o. Kap. II, A. 5. (d); Kap. II, D. 3. (d). 502 s. o. Kap. II, B. 3. (b). 503 s. o. Kap. II, B. 3. (b) (2). 500

E. Rechtsvergleichendes Zwischenergebnis

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dient zwar einer sachgerechteren Anhörung, jedoch bleibt die Gefahr der Befangenheit des Entscheidungsträgers, der den Fall in einer Person verfolgt und entscheidet, bestehen, da der Anhörungsbeauftragte nicht mehr als eine beratende Funktion innehat und das Wettbewerbsverfahren zum großen Teil schriftlich ist504. Die Funktionstrennung besteht gewissermaßen zwischen der Generaldirektion IV und der Kommission als kollegialem Entscheidungsorgan, und zwar in dem Sinne, daß die das Verfahren abschließende Entscheidung durch Abstimmung der Kommissionsmitglieder, die die einzelnen Fälle nicht selbst verfolgen, getroffen wird, sieht man einmal davon ab, daß der die Generaldirektion IV leitende Wettbewerbskommissar an der Kommissionsentscheidung mit einer Stimme mitwirkt505. 5. Parlamentarische Kontrolle In Japan ist die FTC unmittelbar der parlamentarischen Kontrolle dadurch unterworfen, daß es zu der alle fünf Jahre stattfindenden Ernennung und Wiederernennung der Kommissare für fünf Jahre der Zustimmung von Ober- und Unterhaus bedarf (§§ 29 II und 30 II AMG) und die FTC ihren Jahresbericht durch den Premierminister dem Parlament vorlegen muß (§ 44 I AMG)506. Die parlamentarische Kontrolle über das Bundeskartellamt erfolgt hingegen mittelbar, nämlich erstens durch die parlamentarische Verantwortlichkeit des Bundesministers für Wirtschaft, zu dessen Geschäftsbereich das Bundeskartellamt gehört [§ 48 I 2 a. F. (51 I 2 n. F.) GWB] und zweitens dadurch, daß der Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamtes durch die Bundesregierung mitsamt Stellungnahme dem Bundestag vorgelegt wird [§ 50 II a. F. (53 II n. F.) GWB]. Die beiden Behörden stehen zudem unter der allgemeinen Kontrolle der Volksvertretung in Gestalt von Gesetzgebung und Prüfung des Haushaltsplans der Regierung507. Im Hinblick auf die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts unterliegen die Kommission und ihre Generaldirektion IV außer in Form der Haushaltskontrolle nach Art. 203 und 206 a. F. (272 und 276 n. F.) EGV auch der Kontrolle des Europäischen Parlaments, das der Ernennung und Wiederernennung der Kommissionsmitglieder zustimmen muß [Art. 158 II UAbs. 3 a. F. (214 II UAbs. 3 n. F.) EGV], der Kommission ihr Mißtrauen aussprechen kann [Art. 144 a. F. (201 n. F.) EGV] und den Bericht über die Wettbewerbspolitik erörtert, der im Zusammenhang mit dem Gesamtbericht (Wettbewerbsbericht) veröffentlicht wird [Art. 143 a. F. (200 n. F.) 504 505 506 507

s. o. s. o. s. o. s. o.

Kap. Kap. Kap. Kap.

I, C. 1. (e); Kap. II, C. 2 und 3. (b). II, C. 3. (b) (1) und (6). II, A. 3. (a), und 6. II, B. 3. (a) (6) (aa), und 5.

288 Kap. II: Rechtsstellung und Organisationsstruktur der Wettbewerbsbehörde

EGV]508. Jeweilige Jahres-, Tätigkeits- und Wettbewerbsberichte bieten den Abgeordneten eine Gesamtinformation über jene Wettbewerbsfragen, die die Basisdaten für eine Aufsicht darstellen.

508

s. o. Kap. II, C. 1. (c), und 5.

Kapitel III

Institutionelle Garantie für sachgerechte Entscheidungen Als institutionelle Garantien für eine sachgerechte Entscheidung im Wettbewerbsverfahren kommen einerseits die Unabhängigkeit der Wettbewerbsbehörde im Außenverhältnis und andererseits die Trennung der Ermittlungs- von der Entscheidungsfunktion im Innenverhältnis im Hinblick auf das Strafverfahren in Betracht. Wie oben dargestellt, ist die Forderung nach der Unabhängigkeit der Wettbewerbsbehörde jedoch in Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft noch nicht Wirklichkeit geworden, und zwar mit dem Argument, daß die Wettbewerbsbehörde der Aufsicht der politischen Instanz unterstehen müsse, die ihrerseits dem Parlament als Volksvertretung verantwortlich sei, also aus demokratietheoretischen Gründen. Die organinterne Funktionstrennung ist in Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft ebenso nicht verwirklicht worden, da das Wettbewerbsverfahren ein Verwaltungsverfahren sei. Nicht eingehend erörtert wurde dabei, warum das Gericht von anderen Stellen unabhängig gemacht und wozu die Staatsanwaltschaft eingeführt wurde. Im Kapitel III wird daher der Sinn und Zweck dieser Institutionen einschließlich der Entstehungsgeschichte untersucht und klargestellt.

A. Unabhängigkeit der Gerichte 1. Rechtsprechung und Gewaltenteilung Das Gericht als Spruchkörper übt die rechtsprechende Gewalt aus, die nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung zur dritten Staatsgewalt gehört und auch als Judikative bezeichnet wird. Die Rechtsprechung ist die auf Antrag des Beteiligten oder der Staatsanwaltschaft veranlaßte, nachträgliche und verbindliche Feststellung bestrittenen, bezweifelten oder gefährdeten Rechts im Einzelfall durch eine vom Staat berufene, selbständige und unabhängige Stelle. Da sie auf Antrag der Beteiligten oder der Staatsanwaltschaft in Gang gesetzt wird, ist ihr Handeln durch Passivität gekennzeichnet. Der mit derartigen Feststellungen betraute Richter entscheidet dabei eine fremde Rechtsangelegenheit; er wird nicht in eigener Sache tätig. Es

290

Kap. III: Institutionelle Garantie für sachgerechte Entscheidungen

ist ferner nicht Aufgabe der Rechtsprechung, politische Initiative zu entfalten, politische Entscheidungen zu treffen1. Gewaltenteilung ist einerseits Gewalten- und Funktionstrennung, die die Verteilung der staatlichen Tätigkeiten auf organisatorisch (objektiv) und personell (subjektiv) getrennte Organe bzw. Organgruppen verlangt, andererseits ist sie Gewaltenbalancierung, die Organe bzw. Organgruppen organisatorisch, personell oder funktionell in gegenseitigen Abhängigkeiten hält. Dabei wird erwartet, daß die getrennten Organgruppen dennoch zusammenspielen und miteinander balanciert werden. Die Organe dürfen nicht von den gleichen Personen gebildet werden. Die Gewaltenteilung trägt damit zu einer Machtbegrenzung durch die gegenseitige Kontrolle der Staatsorgane und einer sachgerechten und rationalen Organisation des Staates bei. Die Vermeidung übermäßiger Machtkonzentration und die Mäßigung der staatlichen Macht durch die Gewaltenteilung bezweckt schließlich den Schutz der individueller Freiheit vor der Willkür der Staatsgewalt2. 2. Sicherung der sachgerechten Entscheidung (a) Allgemeines Die Forderung, zunächst nach Gewährleistung der bürgerlichen Freiheit und Menschenwürde dem absoluten Landesherrn gegenüber, die das ursprüngliche Ziel des Gewaltenteilungsprinzips war, später dann nach Schutz vor einer übermächtigen Staatsgewalt, was in der späteren Entstehung der Verwaltungsgerichtsbarkeit zum Ausdruck kommt, führte zur Verselbständigkeit der rechtsprechenden Gewalt3. Eigentliche und wesentliche Aufgabe 1 Creifelds, „Rechtsprechende Gewalt“; Badura (2), Rn. H 1 ff.; Hesse, Rn. 548 ff.; Benda/Heyde, § 33 Rn. 15; Isensee/Schmidt-Aßmann, Bd. 1, § 24 Rn. 52; Isensee/Kirchhof, Bd. 3, § 59 Rn. 200 f.; Isensee/Bettermann, Bd. 3, § 73 Rn. 17 ff., 35; Merk, S. 61 f.; Zur Lage in Japan s. Sato, S. 293 ff. Hier wird das atypische Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht berücksichtigt. 2 Sachs/Sachs, Art. 20 Rn. 79; Dreier/Schulze-Fielitz, Bd. 2, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 62 ff.; Stein/Frank, § 12; Creifelds, „Gewaltentrennung“; Badura (2), Rn. D 47 f.; Benda/Benda, § 17 Rn. 38 ff.; Kissel, § 1 Rn. 15; Hesse, Rn. 476 ff.; Isensee/Schmidt-Aßmann, Bd. 1, § 24 Rn. 46 ff.; Isensee/Starck, Bd. 2, § 29 Rn. 11; Isensee/Kirchhof, Bd. 3, § 59 Rn. 21; Maunz-Dürig/Herzog, Art. 20 V, Rn. 1 ff., Lfg. 18, 1980; Stern, Bd. II, § 36 I 4 b), S. 516 ff., § 36 III. 1, 527 ff.; Simon, S. 2 ff.; Weber, S. 154 f.; Eichenberger, S. 64 f.; „Gewaltenteilung zur Mäßigung der Staatsherrschaft und zum Schutz der Grundrechte“, BVerfG 17. 7. 1996 BVerfGE 95, 1 (15, 17); BVerfG 10. 10. 1972 BVerfGE 34, 52 (59); BVerfG 18. 12. 1953 BVerfGE 3, 225 (247); BVerfG 27. 4. 1959 BVerfGE 9, 268 (279). 3 Hufen, § 2 Rn. 2 ff., 7, 10 f.; Stolleis, S. 117 f., 240 f.; Mahrenholz, S. 1; Schaffer, S. 643 ff.; Wassermann/Wassermann, Bd. 2, Art. 97 Rn. 1, 3 f.; Jeserich/ Rüfner, Bd. 3, S. 909 ff.; Jeserich/Willoweit, Bd. 1, S. 69 f., 114 ff., 120, 126;

A. Unabhängigkeit der Gerichte

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der Rechtsprechung ist es, eine objektive und sachgemäße Entscheidung ohne Fremdeinwirkung zu fällen. Der Richter darf sich bei der Feststellung und Würdigung der Tatsachen wie auch bei der Auslegung und Anwendung der Rechtsnormen nur von seiner richterlichen Überzeugung leiten lassen. Die Rechtsprechung ist zu diesem Zweck aufgrund des Gewaltenteilungsprinzips von anderen Stellen unabhängig in dem Sinne, daß die organisatorische Selbständigkeit der Gerichte und die sachliche und personelle Unabhängigkeit des Richters gewährleistet sind. Unabhängigkeit bedeutet, daß der Richter frei ist von Einwirkungen autoritativer Art, mögen sie auch als Empfehlungen oder wie auch immer in Erscheinungen treten. Diese Unabhängigkeit des Richters wird als eines der wichtigsten Prinzipien der modernen demokratischen Rechtsordnung bezeichnet und als Kardinalgrundsatz jeder rechtsstaatlichen Rechtsprechung herausgestellt. Die vom Richter erwarteten Eigenschaften wie Unparteilichkeit, Unvoreingenommenheit, Unbefangenheit, Neutralität, Unbeeinflußbarkeit, usw. dienen ebenso der Sicherstellung der objektiver, sachgerechter Entscheidungen4. Die organisatorische Selbständigkeit der Rechtsprechung und die ihrer Sicherstellung dienende sachliche und personelle Unabhängigkeit des Richters sind als unentbehrliche Bestandteile des Rechtsstaates auch in den demokratischen Rechtsordnungen Japans, Deutschlands und der Europäischen Gemeinschaft verankert. Die Europäische Gemeinschaft hat auch die Grundregeln der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheit als allgemeine Rechtsgrundsätze des Gemeinschaftsrechts zu berücksichtigen. Nach Art. 6 I EMRK hat jede Person ein Recht darauf, vor der Entscheidung über rechtliche Streitigkeiten von einem unabhängigen und unparteiischen Gericht in einem fairen Verfahren gehört zu werden. Gefordert wird ebenso der Ausschluß der äußeren Beeinflussung und der Befangenheit des Richters5. Jeserich/Stolleis, Bd. 2, S. 71; Simon, S. 3; Weber, S. 152 ff.; Eichenberger, S. 68, 75 ff. 4 Sachs/Detterbeck, Art. 97 Rn. 11 ff., 22 ff.; Dreier/Schulze-Fielitz, Bd. 2, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 69; Model/Müller, Art. 97 Rn. 1 f., 6 ff.; Badura (2), Rn. H. 11; Schmidt-Räntsch/Schmidt-Räntsch, § 25 Rn 3 ff.; § 26 Rn. 21; Hesse, Rn. 554 f.; Jauernig, § 8 I., V.; Roxin, § 2 Rn. 4; Benda/Heyde, § 33 Rn. 79; Leibholz/Rinck/Hesselberger, Bd. II, Art. 97 Rn. 26 ff., Lfg. 26, 1994, 71 ff., Lfg. 22, 1992; Isensee/Barbey, Bd. 3, § 74 Rn. 40; Pfeiffer, S. 67 ff.; Faller, S. 82 f., 94; Maunz-Dürig/Herzog, Art. 97 Rn. 8 ff., 13 ff., 45 ff., 1970; Eichenberger, S. 66, 68. Der Grundsatz der Unabhängigkeit des Richters gilt auch für den Bereich der Dienstaufsicht uneingeschränkt. 5 Unabhängigkeit des Richters in der EG, Art. 167 I a. F. (223 I n. F.) EGV, Protokoll über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft; v. der Groeben/Krück, Bd. 4, Art. 167 Rn. 1, 8 ff.; Grabitz/Wohlfahrt, Art. 167 Rn. 5 ff., EL 2; Geiger, Art. 223 Rn. 2; Oppermann (2), Rn. 373; Schweitzer/Hummer, Rn. 257; nach ständiger Rechtsprechung gehören die Grundrechte, die sich aus

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Kap. III: Institutionelle Garantie für sachgerechte Entscheidungen

(b) Ausschluß der Fremdeinwirkung auf das Gerichtsverfahren Im Mittelpunkt der einwandfreien Ausübung der Rechtsprechungsfunktion steht der Ausschluß der Fremdeinwirkung. Der Richterspruch muß objektiv und unparteilich sein und darf von keiner Seite beeinflußt werden. Zu den Kräften, die die Unabhängigkeit des richterlichen Spruchkörpers bedrohen, zählen Staatsorgane, Prozeßbeteiligte und gesellschaftliche Gruppierungen. Richterliche Unabhängigkeit ist daher zuvörderst Staats-, Parteiund Gesellschaftsunabhängigkeit. Es ist gesetzgebender wie vollziehender Gewalt untersagt, bei schwebenden Verfahren in anderer als prozeßordnungsgemäß vorgesehener Weise, unmittelbar oder mittelbar, auf die zur den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten und den völkerrechtlichen Verträgen, an deren Abschluß sie beteiligt waren oder denen sie beigetreten sind, zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen des EG-Rechts, die die EG zu achten hat. Einbezogen wurden dabei vor allem die Grundregeln der EMRK, die der Begriff des „Rechts“ in Art. 164 a. F. (220 n. F.) EGV umfaßt, da die Konvention von allen EG-Mitgliedstaaten ratifiziert ist. Seit 1993 verpflichtet Art. F II a. F. (6 II n. F.) EUV die EU förmlich zur Achtung der EMRK-Grundrechte. s. v. der Groeben/Beutler, Bd. 1, Art. F Rn. 64 ff.; v. der Groeben/Krück, Bd. 4, Art. 164 Rn. 27 ff.; Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Bd. 1, Einl., A. Rn. 30; Frowein/Peukert, Art. 6 Rn. 122 ff.; Geiger, Art. 220 Rn. 32 ff.; Oppermann (2), Rn. 76 ff. (77, 116); Bleckmann, Rn. 99 ff.; Frowein (2), S. 730, 737 f.; ders., S. 47 f.; EuGH 28. 3. 1996 Slg. 1996, I-1759 (1767 f.); EuGH 15. 5. 1986 Slg. 1986, 1651 (1682); EuGH 21. 9. 1989 Slg. 1989, 2859 (2923); EuGH 13. 12. 1979 Slg. 1979, 3727 (3744 f.); EuGH 14. 5. 1974 Slg. 1974, 491 (507). Auch in Japan ist dieser grundlegende Grundsatz des Rechtsstaatsprinzips längst etabliert. Zur Unabhängigkeit des Richters schreibt die japanische Verfassung vor, „alle Richter führen das Amt unabhängig und nach dem Gewissen durch, sind lediglich an diese Verfassung und Gesetze gebunden“ (Art. 76 III JV). Zur Gewährleistung des Richterstatus besagt die nach dem Vorbild des deutschen Verfassungsrechts ausgearbeitete alte Verfassung (1890–1947), „ein Richter kann nur durch Disziplinarmaßnahmen aufgrund eines Strafgesetzes seines Amts enthoben werden.“ (Art. 58 II AJV). Die gegenwärtige Verfassung schreibt vor, „ein Richter kann nur durch das Amtsenthebungsverfahren seines Amts enthoben werden, es sei denn, daß im Gerichtsverfahren entschieden wird, daß er wegen körperlichen oder geistlichen Störungen das Amt nicht ausüben kann. Disziplinarmaßnahmen gegen Richter können nicht von der vollziehenden Gewalt ergriffen werden“ (Art. 78 JV). „Das Parlament errichtet ein aus Abgeordneten von Ober- und Unterhaus bestehendes Gericht zur Amtsenthebung eines Richters, gegen den ein Amtsenthebungsantrag vom Amtsenthebungssausschuß gestellt wurde. Einzelheiten sind durch Gesetz zu regeln“ (Art. 64 JV). Demgemäß regelt das Gesetz über Richteramtsenthebung folgendes; „Mitglieder des Amtsenthebungsausschusses sind jeweils 10 Abgeordnete des Ober- und Unterhauses“ (§ 5 I REG), „Mitglieder des Gerichts für Richteramtsenthebung sind jeweils 7 Abgeordnete des Ober- und Unterhauses“ (§ 16 I REG). Dieses Amtsenthebungsverfahren stellt eine Ausnahme vom Gewaltenteilungsgrundsatz dar. Um die finanzielle Unabhängigkeit des Richters sicherzustellen, garantiert die Verfassung, daß die Besoldung des Richters während seiner Amtszeit nicht reduziert werden darf“ (Art. 79 VI, 80 II JV). Sato, S. 177 f., 326 ff.

A. Unabhängigkeit der Gerichte

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Rechtsfindung berufenen Richter einzuwirken. In Betracht zu ziehen ist in diesem Zusammenhang vor allem jegliche sachfremde Einmischung im Wege einer Kabinetts- und Ministerialjustiz. Wenngleich sich die Unabhängigkeit des richterlichen Spruchkörpers in erster Linie gegen die Exekutive richtet, schließt die Garantie der richterlichen Unabhängigkeit auch ein, daß eine Einflußnahme seitens politischer Parteien oder organisierter Interessen unterbleibt. Die rechtsprechende Gewalt hält gleichermaßen Distanz zur Legislative und zu den sozialen Machtfaktoren, welche die Rechtssetzung beeinflussen, namentlich zu den intermediären Kräften moderner Verbandsbildung. Ferner müssen mögliche Einflußnahmen durch gesellschaftliche Kräfte aller Art einschließlich des verstärkten Einflusses der politischen Parteien auf die Besetzung von Richterstellen unterbleiben6. Der Richter, der unabhängig und unbeeinflußt als unparteiischer und nichtbeteiligter Dritter über den Parteien steht, soll im Parteienprozeß den zwischen den Parteien bestehenden Konflikt so regeln, daß er sich dabei nicht aus Gründen, die nicht in der Sache selbst und den einschlägigen Rechtsnormen liegen, von vornherein der einen oder anderen Seite zuneigt. Parteilichkeit fungiert als Oberbegriff für die persönliche und sachliche Voreingenommenheit, die unsachliche innere Einstellung des Richters zu den Beteiligten oder zum Gegenstand des konkreten Verfahrens, aus der heraus er in die Behandlung und Entscheidung dieses Falles auch unsachliche, sachfremde Momente mit einfließen läßt mit der Folge, daß er daraufhin, von der Sache selbst her nicht gerechtfertigt, einen Prozeßbeteiligten benachteiligt oder bevorzugt oder aber zumindest dahin tendiert. Sachliche Voreingenommenheit wird Befangenheit genannt. Nicht beteiligt ist, wer am Ausgang des Verfahrens kein eigenes Interesse hat, wer zu den Parteien und der zu entscheidenden Sache innere Distanz hat. Der Richter wird nicht in eigener Sache tätig. Geboten sind mit der Institution der Unabhängigkeit der Rechtsprechung also die Distanz zur Politik, die Freiheit von Einwirkungen der Staatsorgane in die rechtsprechende Tätigkeit, die Freiheit jedes Richters zur eigenverantwortlichen Entscheidung im Rahmen der Rechtsnorm und die materielle Uninteressiertheit der Richter am Verfahrensausgang. Die Neutralität der rechtsprechenden Gewalt ist ferner Voraussetzung für die Objektivität der Rechtsprechung und damit ein wesentliches Merkmal jeder richterlichen Tätigkeit überhaupt. Mit „Neutralität“ ist hier Neutralität im Sinne von Unparteilichkeit gemeint. Nicht davon erfaßt ist die „Neutralität“ im Sinne von „Nicht-Intervention“ oder „Vom-Konflikt Fernbleiben“, da 6 Sachs/Detterbeck, Art. 97 Rn. 2, 5; Model/Müller, Art. 97 Rn. 1; SchmidtRäntsch/Schmidt-Räntsch, § 25 Rn. 3 ff.; Jauernig, § 8 V. 1.; Badura (2), Rn. H 11; Benda/Heyde, § 33 Rn. 77, 79; Leibholz/Rinck/Hesselberger, Art. 97 Rn. 11, Lfg. 26, 1994; Niebler, S. 281 ff. (287); Stern, Bd. II, § 43 II 4 b), S. 909; E. Schmidt (3), § 295 f.; Eichenberger, S. 69.

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Kap. III: Institutionelle Garantie für sachgerechte Entscheidungen

der Prozeß auf die verfahrensbeendende Entscheidung durch den Richter hin zielt und der Richter gerade mit ihr in die Sache der Parteien eingreifen soll, indem er die Sache an sich zieht und nun seinerseits nach Lage des Falles ihre Rechte und Pflichten verbindlich regelt, nachdem er den Prozeßbeteiligten Gelegenheit gegeben hat, ihre Argumente vorzutragen7.

B. Organinterne Funktionstrennung 1. Trennung der Ermittlung von der Entscheidungsfindung Um zu sachgerechten Entscheidungen zu gelangen ist es, wie oben dargestellt, notwendig, daß in erster Linie die Fremdeinwirkung auf den Richter ausgeschlossen wird und der Richter in der Lage ist, objektive, sachgerechte, unvoreingenommene und unbefangene Entscheidungen zu treffen. Geboten ist in diesem Zusammenhang vor allem die Unparteilichkeit oder Unbeteiligtheit im organinternen Verhältnis. Naturgemäß kann eine objektive Entscheidungsfindung von demjenigen, der in einem besonderen Verhältnis mit einer Prozeßpartei steht, schwerlich erwartet werden. Wer einen Fall selbst verfolgt hat, besitzt bereits eine bestimmte Einstellung zu dem Fall und ist somit voreingenommen. Es fällt ihm schwer, aufgrund neuer Erkenntnisse eine andere Entscheidung als bisher fällen zu sollen. Um die Gefahr der Voreingenommenheit bei der Entscheidungsfindung abzuwenden, ist die Trennung der Beurteilungsfunktion von der Ermittlungs- oder Verfolgungsfunktion aufgrund des Rechtsstaatsprinzips in Erwägung gezogen worden. Diese Fragekonstellation wird um so klarer, wenn es um die Rechte der Bürger gegenüber der öffentlichen Gewalt geht, wie im Strafoder Verwaltungsprozeß8.

7 Sachs/Detterbeck, Art. 97 Rn. 1;Hesse, Rn. 553; Model/Müller, Art. 97 Rn. 1; v. Münch/Meyer, Bd. 3, Art. 92 Rn. 15, Art. 97 Rn. 1 ff.; Jauernig, § 8 I., V.; Roxin, § 2 Rn. 4; Benda/Heyde, § 33 Rn. 15, 77; Leibholz/Rinck/Hesselberger, Art. 97 Rn. 1, Lfg. 26, 1994; Isensee/Bettermann, Bd. 3, § 73 Rn. 35; Isensee/Barbey, Bd. 3, § 74 Rn. 40; Niebler, S. 282; Stern, Bd. II, § 43 I 4 c), S. 897; Riedel, S. 10 ff., 86; „Richter nicht in eigener Sache“, BVerfG 29. 4. 1954 BVerfGE 3, 377 (381); „Richter als nichtbeteiligter Dritter“, BVerfG 8. 7. 1992 BVerfGE 87, 68 (85); BVerfG 2. 5. 1984 BVerfGE 67, 65 (68); BVerfG 20. 4. 1982 BVerfGE 60, 175 (214); BVerfG 8. 2. 1967 BVerfGE 21, 139 (145 f.); BVerfG 24. 11. 1964 BVerfGE 18, 241 (255). 8 s. o. Kap. III, A. 2.; zur Lage in den USA Albert, S. 256 f.

B. Organinterne Funktionstrennung

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2. Funktionstrennung im Strafverfahren (a) Kardinalfehler des Inquisitionsprozesses Im früheren in Europa verbreiteten Inquisitionsprozeß fand die Strafverfolgung wie heute von Amts wegen statt, doch gab es keine Trennung der Funktionen von Ankläger und Gericht. Nach dem Inquisitionsprinzip war der Inquirent das einzige Subjekt des Verfahrens, das alle Verfahrensfunktionen gleichzeitig wahrnehmen mußte. Er hatte die Ermittlung der materiellen Wahrheit bis zur Verdachtsbegründung zu führen, sie sodann gegen den konkret Verdächtigten fortzusetzen, dabei aber gleichzeitig dessen Verteidigungsinteressen unter Berücksichtigung der den Beschuldigten belastenden sowie entlastenden Umstände wahrzunehmen. In manchen Fällen hatte er schließlich noch die eigentliche Richterrolle zu spielen und, obwohl er mit der Sache bereits befaßt war, sich unbefangen eine Überzeugung von der Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu verschaffen und darauf eine Entscheidung zu stützen. Die spätere funktionelle und organisatorische Trennung zwischen Inquirenten und erkennenden Richter änderte die Lage materiell nicht, da das Gerichtsverfahren schriftlich und mittelbar war und dem Urteilsrichter faktisch die Mittel zur Bildung eigenständiger Überzeugung fehlte. Das im allgemeinen kollegial gestaltete Spruchgericht entschied lediglich auf Grund des Akteninhalts, sah den Angeklagten und die Zeugen nicht und konnte sich vom Ablauf des Vorverfahrens kein lebendiges Bild machen, sondern nur das von dem Inquirenten dargelegte Ermittlungsergebnis seiner Entscheidung zugrunde legen. Die Beweisaufnahme war daher vielmehr mit dem Schluß der Akten so gut wie erledigt. Solange das Gericht bei seiner Entscheidung auf das in den Untersuchungsakten niedergelegte Ermittlungsergebnis des Inquirenten angewiesen war, blieb dieser trotz der formalen Trennung zwischen inquirierendem und erkennendem Richter die maßgebliche richterliche Instanz. Die Untersuchungsarbeit des Inquirenten übte daher maßgeblichen Einfluß auf die Sachentscheidung des erkennenden Spruchkollegiums aus und das erkennende Gericht hatte keine reale Möglichkeit, Einseitigkeiten und mögliche Fehler der Untersuchung zu korrigieren. Das Spruchkollegium sah, psychologisch betrachtet, den Sachverhalt mit den Augen des Inquirenten. Der Inquirent mußte sich seinerseits bei der Durchführung der Ermittlungen notwendigerweise hypothetisch auf den Standpunkt eines erkennenden Richters stellen, wenn seine Erarbeitung der vollständigen Tatsachengrundlage für die Entscheidung des erkennenden Gerichts nicht wertlos sein sollte. Von der Richtigkeit des Ergebnisses der Untersuchung des Inquirenten hing also alles ab. Um so gefährlicher war es deshalb, wenn dieses Ergebnis der materiellen Wahrheit widersprach.

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Kap. III: Institutionelle Garantie für sachgerechte Entscheidungen

In bezug auf die Sicherstellung der innerlich unvoreingenommenen, unbefangenen Entscheidung wurde die faktische Vereinigung der Aufgabe des Anklägers, des Verteidigers und des Untersuchungsorgans in einer Person des Inquirenten als psychologische Überforderung erkannt. Die Pflicht des Inquirenten, im Interesse der Erforschung materieller Wahrheit auch die Entlastungsbeweise mit der gleichen inneren Bereitschaft, der gleichen Sorgfalt und dem gleichen Aufwand an Mühe und Zeit zu führen, wie die Belastungsbeweise, wurde als illusorisch erkannt. Die psychologische Überforderung förderte Irrtum wie Vorurteil zum Nachteil des Verdächtigen und verstärkte so die Tendenz zu willkürlichen und sachwidrigen Erkenntnissen der Strafgerichte. Denn wer aufgrund eigener Ermittlungen Anklage erhoben hat, ist durch Vorurteile belastet, die aus der ihm übertragenen Ermittlungstätigkeit erwachsen sind, und schwebt in der Gefahr, die notwendige Unvoreingenommenheit und Unbefangenheit der Tat- und Schuldfrage gegenüber zu verlieren. Wer selbst die Untersuchungen geführt hat, kann in der Regel nicht genügend Distanz zum Ergebnis seiner Ermittlungen erlangen, um als Richtender diesen Ermittlungen unparteilich und objektiv gegenüberzustehen und gegebenenfalls auch ihre Schwächen zu erkennen. Es ist ferner unverkennbar, daß Justizirrtümer dort, wo Ermittlung und Urteilsfindung in einer Hand liegen, deshalb häufiger drohen, weil die gegenseitige Kontrolle und der Grundsatz, daß viele Augen mehr sehen als zwei, nicht zur Geltung kommen. Der einmal in der Ermittlung entstandene Fehler wirkt in der Person des Inquirenten, der ihn selbst gemacht hat, weiter, ohne daß jemand diesen Fehler bei einer Kontrolle bemerken und darauf hinweisen kann. Jedenfalls mußte ein solcher Eindruck bei den Beschuldigten und auch in der Öffentlichkeit entstehen9. (b) Einführung der Staatsanwaltschaft Um den erkennenden Richter von jeder Art von Befangenheit und Einseitigkeit freizuhalten und ihm die objektive Erfüllung seiner urteilenden Funktion zu ermöglichen, wurde die Notwendigkeit der Scheidung der Richterfunktion von der Funktion der Ermittlung und Anklageerhebung von den Bürgerlich-Liberalen erkannt. Aufgrund der Erkenntnis der Unzuläng9 Zum Kardinalfehler des Inquisitionsprozesses s. Wohlers, S. 25, 43, 55; Zimmermann, S. 6, 57 f.; Gössel, S. 327; Kausch, S. 227 f.; Marx, S. 368; Blankenburg/Treiber, S. 162, 166; Löhr, S. 28 ff.; Henkel, S. 93; Küper, S. 111 ff., 179 ff.; E. Schmidt (3), § 254, 288 f.; E. Schmidt (2), Rn. 347; Kohlhaas, S. 36 f.; Hofmeister, S. 61; E. Schmidt, S. 2 f.; Carsten, S. 16 ff.; Elling, S. 22 ff.; Staatsanwaltschaft als Kontrollstruktur s. Blankenburg/Treiber, S. 165 f., 170, 172; Carsten, S. 20 f., 33 f., 37; zur Entstehungsgeschichte der französischen Staatsanwaltschaft s. Blankenburg/Treiber, S. 166 ff.; Carsten, S. 7 ff.

B. Organinterne Funktionstrennung

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lichkeit des Inquisitionsprozesses, in Frankreich eher aus dem Gedanken der Gewaltenteilung heraus, den man im Strafprozeß in Form des Ankläger-Richter Dualismus verwirklichen wollte, wurden während der Reformzeit des 19. Jahrhunderts Staatsanwaltschaft und Anklageprozeß eingeführt und der Inquisittionsprozeß abgelöst. Doch hielten die konservativen Regierungen und Regenten gegenüber den Richtern und Gereichten strikt an der hierarchischen Strukturierung und Unterordnung der Staatsanwaltschaft fest, um die Staatsanwaltschaft steuern zu können. Verfolgungs- und Urteilstätigkeit sind nach der Reform getrennten Organen, nämlich Staatsanwaltschaft und Gericht zugewiesen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt den Fall und erhebt eine Anklage vor Gericht, wenn hinreichender Tatverdacht vorliegt. Der Richter wird nun seinerseits von ermittelnden Tätigkeiten entlastet und soll sich bei seiner Untersuchung und Entscheidung unvoreingenommen mit einem Verdachtsmaterial befassen, das nicht von ihm zusammengetragen, sondern das ohne seine Mitwirkung durch ein anderes Organ, die Staatsanwaltschaft, gesammelt worden ist. Durch die Funktionstrennung durch Einführung der Staatsanwaltschaft wurde bezweckt, die Effektivität der Strafverfolgung zu sichern, die Unbefangenheit und Objektivität der Urteilsfindung zu erhöhen und die richterliche Unabhängigkeit zu verstärken. All dies sollte der Garantie einer sachgerechten Urteilsfindung dienen10. Die Trennung von Ermittlungs- und Entscheidungsinstanz ist eine rechtsstaatliche Errungenschaft, die das moderne Strafverfahren charakterisiert11. Sie ist auch in Japan durchgeführt12. 10

Wohlers, S. 26; Zimmermann, S. 9, 59; Kausch, S. 228; Marx, S. 368; Henkel, S. 54, 94, 132; Küper, S. 179 f.; E. Schmidt (2), Rn. 93, 348; Kohlhaas, S. 36 f.; Görcke, S. 565; Hofmeister, S. 61; E. Schmidt, S. 2. 11 Bericht 1957, S. 13. 12 Die Aufgabe und die Organisation der Staatsanwaltschaft sind in JStPO und StAG geregelt: „Der Staatsanwalt kann, wenn er es für notwendig hält, selbst Ermittlungen bei Verdacht einer Straftat einleiten“ (§ 191 I JStPO). „Der Staatsanwalt kann wegen jeder Straftat ermitteln“ (§ 6 I StAG). „Die Anklage wird vom Staatsanwalt erhoben“ (§ 247 JStPO). „Der Staatsanwalt kann von einer Anklage absehen, wenn er sie nach dem Charakter, dem Alter und den bisherigen Lebensumständen des Beschuldigten, nach der Schwere und dem Hintergrund des Verbrechens und nach Umständen nach der Vollendung der Straftat als nicht erforderlich erachtet“ (§ 248 JStPO). „Der Staatsanwalt erhebt im Strafverfahren die Anklage, fordert vom Gericht die sachgerechte Anwendung des Rechts, überwacht den Vollzug des Urteils, hinsichtlich der Angelegenheiten, für die das Gericht zuständig ist, verlangt vom Gericht eine Erklärung, nimmt Stellung, wenn er es zur Durchführung seines Dienstes für erforderlich hält, und führt die Aufgaben durch, die andere Gesetze und Verordnungen dem Staatsanwalt zugewiesen haben“ (§ 4 StAG). „Das Recht der allgemeinen Aufsicht und Leitung steht hinsichtlich des Staatsanwalts dem Justizminister zu. Jedoch kann der Justizminister bezüglich einzelner Ermittlungen und Entscheidungen nur dem Präsidenten der Staatsanwaltschaft Weisungen erteilen“ (§ 14 StAG). „Der Präsident der Staatsanwaltschaft ist Leiter des Amts der

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Kap. III: Institutionelle Garantie für sachgerechte Entscheidungen

C. Zwischenergebnis In allen drei Rechtsordnungen ist die Rechtsprechung nach dem Gewaltenteilungsprinzip im Außenverhältnis von der Gesetzgebung und vollziehenden Gewalt getrennt und den Gerichten zugewiesen, die von anderen Stellen organisatorisch und funktionell unabhängig sind. Der Prozeß wird auf Antrag des Betroffenen oder der Staatsanwaltschaft betrieben und ist somit durch die Passivität des Gerichts gekennzeichnet13. Gerichtliche Entscheidungen werden von Richtern getroffen, denen weitgehende sachliche und persönliche Unabhängigkeit gewährleistet ist14. Die Unabhängigkeit des Richters als eines der wichtigsten Prinzipien der modernen demokratischen Rechtsordnung dient in erster Linie dazu, daß der Richter eine objektive und sachgemäße Entscheidung ohne Fremdeinwirkung lediglich aufgrund seiner eigenen richterlichen Überzeugung fällen kann. Der Grundsatz der Unabhängigkeit der Rechtsprechung verbietet es sowohl der Legislative als auch der Exekutive, bei schwebendem Verfahren in anderer als prozeßordnungsgemäß vorgesehener Weise unmittelbar oder mittelbar auf die zur Rechtsfindung berufenen Richter einzuwirken. Mögliche Einflußnahme seitens politischer Parteien oder Interessenverbänden auf die Rechtsprechung müssen ebenso unterbleiben. Der Richter entscheidet eine fremde Rechtsangelegenheit, d. h. der Richter steht als unparteiischer und nichtbeteiligter Dritter über den Prozeßparteien und darf sich nicht aus Gründen, die nicht in der Sache selbst und den einschlägigen Rechtsnormen liegen, von vornherein der einen oder anderen Seite zuneigen. Es ist ferner nicht Aufgabe der Rechtsprechung, politische Initiative zu entfalten oder politische Entscheidungen zu treffen. Die Unabhängigkeit der Rechtsprechung verlangt also den Ausschluß der Fremdeinwirkung, mit anderen Worten, die Distanz zur Politik, die Freiheit von Einwirkungen der Staatsorgane auf die rechtsprechende Tätigkeit, die Freiheit jedes Richters zu eigenverantwortlichen Entscheidung im Rahmen der Rechtsnorm und die materielle Uninteressiertheit der Richter am Verfahrensausgang15. Auch wenn die Unabhängigkeit der Rechtsprechung im Außenverhältnis gewährleistet ist, kann eine objektive, sachgerechte Entscheidung schwerlich getroffen werden, wenn der Entscheidungsträger in einem besonderen Verhältnis zu einer Prozeßpartei steht16. Im früheren Inquisitionsprozeß in Obersten Staatsanwaltschaft und Beamte der gesamten Staatsanwalt stehen unter seiner Dienstaufsicht“ (§ 7 I StAG). 13 s. o. Kap. III, A. 1. 14 s. o. Kap. III, A. 2. (a). 15 s. o. Kap. III, A. 2. (b). 16 s. o. Kap. III, B. 1.

C. Zwischenergebnis

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Europa gab es faktisch keine Trennung der Aufgabe des Anklägers, des Verteidigers, des Untersuchungsorgans und Spruchkörpers. Sie lagen alle in einer Person des Inquirenten. Der Inquirent wurde dadurch psychologisch überfordert, was Irrtum wie Vorurteil zum Nachteil des Verdächtigen förderte und die Tendenz zu willkürlichen und sachwidrigen Erkenntnissen der Strafgerichte verstärkte. Um diesen Kardinalfehler zu beseitigen, wurde die Staatsanwaltschaft in der Reformzeit des 19. Jahrhunderts eingeführt. Die Staatsanwaltschaft führt die Ermittlung durch und erhebt beim Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts eine Anklage vor Gericht. Der Richter ist seinerseits von Ermittlungstätigkeiten entlastet und soll sich bei seiner Untersuchung und Entscheidung unvoreingenommen mit einem Verdachtsmaterial befassen, das nicht er, sondern die Staatsanwaltschaft ohne seine Mitwirkung gesammelt hat. Die Trennung von Ermittlungsinstanz und Entscheidungsinstanz bezweckte, den erkennenden Richtern die Unparteilichkeit und Objektivität als Spruchkörper zu ermöglichen und somit eine sachgerechte Entscheidungsfindung zu garantieren17.

17

s. o. Kap. III, B. 2.

Kapitel IV

Interessenkonflikt in der Demokratie Nach der Untersuchung des Kapitels III ist es der Sinn und Zweck der Unabhängigkeit der Gerichte und der funktionellen Trennung der Entscheidung von der Ermittlung, die Fremdeinwirkung auf das Verfahren auszuschließen und die Unparteilichkeit und Objektivität des Verfahrens zu gewährleisten. Der Fremdeinwirkung und Parteilichkeit liegt der Interessenkonflikt in der Gesellschaft zugrunde. In Wettbewerbsverfahren widerstreben einander vor allem Interessen der Verbraucher einerseits und der Unternehmen andererseits. Gegenstand des Kapitels IV ist die Einflußnahme der widerstreitenden Interessenverbände, deren Durchsetzungskräfte unausgewogen sind, auf staatliche Aktivitäten, nämlich die Gesetzgebung oder die Verwaltung, als Kennzeichen der repräsentativen, freiheitlich-pluralistischen Demokratie der Gegenwart.

A. Ungleichgewicht widerstreitender Interessenverbände 1. Interessenverbände Die Gegenwartsgesellschaft ist dadurch geprägt, daß der einzelne allein nicht imstande ist, seine besonderen Interessen zur Geltung zu bringen. Um zu politischem und sozialem Einfluß zu gelangen, muß er sich daher mit Gleichgesinnten zusammenschließen. Zu diesem Zweck bilden sich Interessengruppen oder -verbände, die über einen sonst nicht zu gewinnenden Sachverstand verfügen1. Interesse sind solche Bestrebungen und Bedürfnisse, die sich aus der Vorstellung und dem Wollen der Menschen ergeben. Die unterschiedlichen Interessen können wegen der Knappheit von Zeit, Raum und Mitteln leicht miteinander in dem Sinne kollidieren, daß die Befriedigung des einen Interesses zu Abstrichen bei der Befriedigung des anderen führt2. Interessenverbände sind auf Dauer angelegte, nicht staatliche Vereinigungen, durch deren Existenz und Tätigkeit die Mitglieder be1 Stein/Frank, § 9 V 3; Badura (2), Rn. D 16; Hesse, Rn. 151, 409; Leßmann (2), S. 1546; v. Arnim, S. 130. 2 v. Arnim, S. 32 f.

A. Ungleichgewicht widerstreitender Interessenverbände

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stimmte wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Interessen wirksamer zu verfolgen hoffen und im eigenen Interesse auf politische Parteien und Mitglieder von Volksvertretungen einwirken, die aber nicht die Übernahme der Regierungsverantwortlichkeit anstreben3. 2. Widerstreit der Interessen Die Verbände versuchen durch ihre Tätigkeit ihre eigenen Interessen gegen widerstreitende Interessen anderer Verbände durchzusetzen. Im Bereich der Wirtschaft stehen sich Konsumenten und Unternehmen einerseits, Großund Kleinunternehmen andererseits gegenüber. Verbraucher- und Unternehmens- oder Wirtschaftsverbände vertreten die unterschiedlichen Interessen beider Gruppen. Die Verbraucher sind die von einer konsequenten Wettbewerbspolitik am meisten Begünstigten. Jedoch stellen die Verbraucher keine politisch ins Gewicht fallende Interessengruppierung dar und die Wirtschaftspolitik demokratischer Staaten tendiert dazu, die Interessen der Unternehmen stärker zu berücksichtigen als die der Verbraucher. Dies ist einerseits darauf zurückzuführen, daß die Wohlfahrtseffekte eines funktionsfähigen Wettbewerbs typischerweise breit gestreut in der Form einer besseren Versorgung der Verbraucher anfallen, andererseits darauf, daß sich die Verbraucher in ihrer Funktion als Wähler kaum von wettbewerbspolitischen Belangen leiten lassen und sie sich wegen ihrer Vielfältigkeit in ihren Interessen schlechter organisieren und durchsetzen können als die Wirtschaftsverbände. Die besser organisierten Wirtschaftsverbände, insbesondere großer und starker Firmen, sind hingegen unter massivem Einsatz der Verbandsmacht und ihres Sachverstandes in der Lage, Initiativen zur Bekämpfung von Wettbewerbsbeschränkungen möglichst schon im Keim zu ersticken und können zuverlässiger, feinfühliger und wirkungsvoller auf Verletzungen ihrer Mitgliederinteressen reagieren. Sie bekennen sich zu dem wirtschaftspolitischen Ziel des Wettbewerwbsrechts, der Sicherung eines funktionsfähigen Wettbewerbs, und sie bejahen den Wettbewerb als Ordnungsprinzip der unternehmerischen Wirtschaft. Sie sind der Auffassung, daß die Wirtschaft die Freiheit haben müsse, die Dinge in eigener Verantwortung zu regeln, und der Staat sich darauf beschränken sollte, darüber zu wachen, daß die Freiheit nicht mißbraucht werde. Anderseits aber sind sie nur insoweit für die Durchsetzung des strengen Wettbewerbsprinzips, als es für die Wirtschaftsverbände vorteilhaft ist. Wenn sie wegen einer konjunkturellen oder strukturellen Wirtschaftskrise in Schwierigkeiten geraten sind, verlangen sie nicht selten vom Staat außerwettbewerbliche 3 Badura (2), Rn. D 16; Isensee/Kaiser, Bd. 2, § 34 Rn. 2; Hartmann, S. 19 f.; v. Arnim, S. 134; Maunz/Klein, Lfg. 38, 2001, Art. 21 Rn. 165.

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Kap. IV: Interessenkonflikt in der Demokratie

Maßnahmen. Man könnte sie in diesem Fall als die wichtigsten Nutznießer eines beschränkten Wettbewerbs bezeichnen. Als potenzielle Gegenkräfte kommen in diesem Fall außer den Verbrauchern auch wettbewerbspolitisch engagierte Politiker, sachkundige Beamte und Wissenschaftler in Frage. Zusätzlich treten die kleinen und mittleren Unternehmen insoweit als Befürworter einer Politik zum Schutz des Wettbewerbs auf, als sie durch die aussichtslose Konkurrenz mit einer durch Wettbewerb nicht mehr hinreichend kontrollierten Marktmacht spürbare Einschränkungen ihrer eigenen Entfaltungsmöglichkeiten befürchten müssen. Andererseits teilen sie mit Großunternehmen ein gemeinsames Interesse gegen die Gewerkschaften, gegen Steuern und Abgaben und für die staatlich unterstützte wirtschaftliche Existenzsicherung4. 3. Ungleichgewicht der Interessenverbände Die widerstreitenden organisierten Interessen besitzen nicht notwendig die gleiche Stärke und dasselbe Maße an Organisations- und Konfliktfähigkeit, was einen gerechten Interessenausgleich erschwert und die Vorherrschaft eines Interesses hervorbringen kann. Da die Möglichkeit, daß Interessen bei politischen Entscheidungen berücksichtigt werden, erfahrungsgemäß um so höher ist, je konkreter die Interessen sind, je zuverlässiger und hartnäckiger sie artikuliert werden und von je mehr Sachverstand sie unterstützt werden, haben die besser organisierten Unternehmens- oder Wirtschaftsverbände, die partikulare Interessen vertreten und oft Gegner einer konsequenten Politik gegen Wettbewerbsbeschränkungen sind, einen erheblichen strategischen Vorteil, auch wenn sie eine Minderheit repräsentieren. Dieses Ungleichgewicht der Durchsetzungskraft wird dadurch noch verstärkt, daß sich die Nutznießer von Wettbewerbsbeschränkungen weitgehend darauf konzentrieren können, den wettbewerbsrechtlichen status quo beizubehalten, und sich stets auf die Regelungen berufen können, die sich in der Realität bewährt haben, während die Befürworter eines konsequenten Wettbewerbsschutzes positive Veränderungen, für deren Notwendigkeit sie die Beweislast zu tragen haben, anstreben. Als Pionierarbeit Leistende können sie nur mit theoretisch begründeten Erwartungen argumentieren. Hinzu kommt, daß die Interessen der Unternehmensverbände als Einkommensverdiener über die Verbraucherinteressen als Einkommensverwender dominieren. Im Ergebnis zeigt die verbandsmäßige Organisation der tangierten Gruppeninteressen ein ausgeprägtes Ungleichgewicht zugunsten der 4 Badura (2), Rn. D 16; Kantzenbach, S. 122; zu Unternehmens- oder Unternehmensverbänden s. Hartmann, S. 76 ff., 88 ff.; Leßmann, S. 65 ff.; Mestmäcker (2), S. 60; Zohlnhöfer, S. 37, 39, 43; Riffel, S. 3; Seliger, S. 878.

B. Mitwirkung an der politischen Willensbildung

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von Wettbewerbsbeschränkungen profitierenden Minderheiten. Dieses Ungleichgewicht ist andererseits Ergebnis eines Ausgleichs der organisierten Interessen. In diesem Prozeß werden den einseitig ausgerichteten Interessen eines Verbandes Wünsche und Forderungen anderer Interessengruppen, die ebenfalls verbandsmäßig organisiert sind, gegenübergestellt, wodurch ein Überwiegen des einen Gruppeninteresses über das andere verhindert werden kann. Durch den Interessenausgleich können die mannigfachen Wünsche und Interessen der verschiedenen Verbände in ihrer Schärfe abgeschliffen und in ihrer Einseitigkeit unter dem Druck der anderen Interessen abgeändert werden5.

B. Mitwirkung an der politischen Willensbildung 1. Interessenverbände als Institutionen zur Willensbildung Der wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmens hängt nicht nur und häufig nicht einmal in erster Linie vom Markt ab, sondern von den politischen Korrekturen, die man zugunsten der eigenen Gruppe durchsetzen kann. Die Voraussetzungen für die politische Durchsetzung von Gruppeninteressen unterscheiden sich jedoch wesentlich von denjenigen Bedingungen, unter denen der Wettbewerb bessere Leistungen fördert oder wirtschaftliche Macht begrenzt. Die Durchsetzung von Gruppeninteressen geschieht meist durch die Einwirkung der Interessenverbände auf die Politik des Staates6. Die Interessenverbände sind neben politischen Parteien, einzelnen Bürgern, Gruppen und Vereinigungen ein Faktor der demokratischen Willensbildung und suchen die Unterstützung in der öffentlichen Meinung zu mobilisieren und Entscheidungsträger der öffentlichen Gewalt im eigenen Interesse zu beeinflussen. Dabei stehen jeweils die Instanzen im Vordergrund, die für die Interessengruppe relevante Entscheidungen vorzubereiten und zu treffen haben. Unter solche Instanzen fallen Parlament, Regierung und Verwaltung, Parteien und auch die Organe der Europäischen Gemeinschaft. Die Einflußnahme der Interessenverbände erstreckt sich auf alle Stadien der politischen Willensbildung, in denen Entscheidungen vorbereitet und getroffen und dadurch die Verbandsinteressen berührt werden7. In dieser Eigenschaft sind die Interessenverbände ein Bestandteil des politischen Systems und bilden 5 Stein/Frank, § 9 V 3; Benda/Grimm, § 15 Rn. 6; v. Arnim, S. 135 f., 152 ff.; Leßmann, S. 65 ff.; Gutzler (2), S. 175 f.; Zohlnhöfer, S. 39, 41 f. 6 Zu Beispielen der politischen Einflußnahme in Deutschland s. v. Arnim, S. 140 f.; Mestmäcker (2), S. 60. 7 Stein/Frank, § 9 V 3; Hesse, Rn. 151; Zohlnhöfer, S. 34; v. Arnim, S. 145 f.; Leßmann, S. 63; Scheuner, S. 242 ff.

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Kap. IV: Interessenkonflikt in der Demokratie

als Institutionen zur Zusammenfassung und Artikulation gleichartiger Interessen ein wichtiges Zwischenglied im politischen Prozeß der Umsetzung gesellschaftlicher Vielfalt in staatliche Einheit8. 2. Externe Einflußnahme auf Legislative und Exekutive (a) Formelle Einflußnahme Die politische Einflußnahme der Interessenverbände auf die Regierungspolitik oder den Gesetzgebungsprozeß erfolgt durch die Anhörung von Sachverständigen, Interessenvertretern und anderen Auskunftspersonen in Beiräten oder Ausschüssen, sei es des Parlaments, sei es der Regierung. Entscheidungsbereiche bestehen nicht nur auf der Ebene der Gesetzgebung und Regierung, sondern auch im Bereich der Verwaltung, da die Verwaltung heute nicht nur auf den Vollzug des Gesetzes in dem Sinne beschränkt ist, daß sich die Rechtsfolgen durch Subsumtion von Sachverhalten unter gesetzliche Tatbestände ergeben, sondern auch die Verwaltung die Möglichkeit hat, zwischen mehreren Entscheidungsalternativen zu wählen. Mit der Übertragung eigentlicher Entscheidungen auf die Exekutive verlagert sich auch die Einwirkung der Interessenverbände in diesen Bereich und je geringer die Gesetzesbindung ist, desto mehr wird die Exekutive zum Adressaten der Einflußnahme organisierter Interessen. In der Verwaltung, vor allem in den Ministerien können Sachverständige, Interessenvertreter und andere Auskunftspersonen ebenso zur Beschaffung von Unterlagen für die Gesetzesvorbereitung und Ausarbeitung von Rechtsordnungen herangezogen werden. Zu diesem Zweck wurden bei nahezu allen größeren Bundesministerien Beiräte, Sachverständigenräte, Ausschüsse, Kommissionen und Arbeitskreise errichtet. Obwohl ihre Empfehlungen und Gutachtungen rechtlich unverbindlich sind, kommt ihnen in der Praxis große Bedeutung zu. Große Bedeutung für die Unternehmensverbände besitzt vor allem das Bundesministerium für Wirtschaft. Das Parlament und die Ministerien profitieren ihrerseits vom Sachverstand und dem Spezialwissen der Interessenvertreter und können dadurch den berechtigten Belangen der von ihnen repräsentierten Interessen Rechnung tragen9.

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Badura (2), Rn. D 16; Benda/Grimm, § 15 Rn. 2, 4; Isensee/Kaiser, Bd. 2, § 34 Rn. 2, 28; Leßmann (2), S. 1546; Leßmann, S. 52 ff.; v. Arnim, S. 130 ff.; BVerfG 19. 7. 1966 BVerfGE 20, 56 (99, 114). 9 Benda/Schneider, § 13 Rn. 23 f.; Isensee/Kaiser, Bd. 2, § 34 Rn. 29, 31; Hartmann, S. 106 f.; v. Arnim, 142 f., 146 f.; Leßmann, S. 55 ff.; Kröger, S. 82; Knöpfle, S. 56 ff.; Eichenberger, S. 170 ff.

C. Politische Einflußnahme in der Parteiendemokratie

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(b) Informelle Einflußnahme Es besteht darüber hinaus die Möglichkeit für die Interessenverbände, auf Parlament, Regierung und Verwaltung einschließlich der Wettbewerbsbehörden von außen her einen informellen Einfluß in der Form von Lobbyismus oder „Pressure-groups“ zu nehmen. Zu diesem Zweck unterhalten fast alle Interessenverbände am Sitz der drei Organe Geschäftsstellen, Büros und Verbindungsräume, deren Funktion es ist, mit den dem Verband nahestehenden Abgeordneten und Beamten in Verbindung zu bleiben und sie für ihre Vorstellungen zu gewinnen. Nicht zu übersehen ist in diesem Zusammenhang z. B. die Einflußnahmemöglichkeit der Unternehmen durch Referentenkontakte zwischen Ministerien und Verbänden. Dabei können gemeinwohlbestimmte staatliche Ziele mit partikularen wirtschaftlichen Interessen abgestimmt werden. Dies birgt für beide Seiten einen Vorteil, weil einerseits die Verbände geringen Aufwand haben und der Staat andererseits die Durchsetzungskosten für hoheitliche Anordnungen spart. Mit derartige Mechanismen können die große Interessenverbände Druck auf Gesetzgebungs- und Verwaltungsorgane ausüben und deren Entscheidungen im eigenen Interesse beeinflussen10. Die Fremdeinwirkung kann auch möglicherweise über Besetzung der Spitzenstellen der Regierung und Verwaltung erfolgen11.

C. Politische Einflußnahme in der Parteiendemokratie 1. Innere Einflußnahme über politische Parteien und Politiker Für die Interessenverbände bestehen also Möglichkeiten der Einflußnahme auf die Politik, die wiederum von Seiten dieser aus unterschiedlichen Gründen hingenommen werden oder der man sich gar bewußt öffnet. Für die Parteipolitiker sind die Interessenverbände auch deshalb unerläßlich, weil sie trotz der gewaltigen Zunahme der vom Staat zu erledigenden Aufgaben, wegen der außerordentlichen Verkomplizierung der vielfältigen Zusammenhänge, in welche die Staatsaufgaben heute gestellt sind, regelmäßig nicht über den spezialisierten Sachverstand und über alle Informationen, die für die Beurteilung einer zur Diskussion stehenden Maßnahme relevant 10 Benda/Schneider, § 13 Rn. 23 f.; Benda/Grimm, § 15 Rn. 9; Isensee/Kaiser, Bd. 2, § 34 Rn. 31; Hartmann, S. 106 f.; v. Arnim, 140 ff., 146 f.; Leßmann, S. 62 ff.; Kölble, S. 29; zum Einfluß der Politik und Grenze des Bundeskartellamt als dem Bundeswirtschaftsminister nachgeordnete Bundesoberbehörde s. Benisch, S. 16 ff.; Knöpfle, S. 56 ff.; Scheuner, S. 242 ff.; Eichenberger, S. 170 ff. 11 Leßmann, S. 63 f.; Kröger, S. 85; Maunz/Herzog, Lfg. 23, 1984, Art. 65 Rn. 60.

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Kap. IV: Interessenkonflikt in der Demokratie

sind, verfügen. Sie besitzen keine ausreichenden Informationen über das, was die Wähler wünschen. Interessenverbände vermitteln dieses Wissen an die politischen Entscheidungszentralen. Die Abgeordnete haben in der Regel sogar weit intensivere soziale Kontakte mit führenden Kräften von Wirtschaft und Verbänden als mit der Bevölkerung ihres Wahlkreises. Darüber hinaus besteht für die Interessenverbände die Möglichkeit, in ihrem Interesse Einfluß auf die Willensbildung des Staates dadurch zu gewinnen, daß sie ihre Verbandsführer oder -funktionäre auf die Kandidatenlisten der politischen Parteien, auf deren Aufstellung den Interessenverbänden regelmäßig Einfluß eingeräumt wird, setzen. Ihre Kandidaten werden dann als Volksvertreter gewählt, und gewählte Abgeordnete versuchen, die Verbandsinteressen selbst innerhalb des Staatsorgans zu fördern. Ein nicht sehr häufig beschrittener Weg der Einflußnahme ist die Mitwirkung des Parlaments bei der Bestellung der Mitglieder für beschließende Ausschüsse der Verwaltung. Verbände können ferner ihren unmittelbaren Einfluß auf die Entscheidung des Staates dadurch gewinnen, daß sie selbst zu Regierungsmitgliedern und Ressortministern werden, denen die Verwaltung untersteht. Der Einfluß der Interessenverbände vollzieht sich vor allem in der Fraktionen, da die Arbeitslast des Parlaments in der Gegenwart dazu führt, daß es sich in Fraktionen und Ausschüsse organisiert und die einzelnen Abgeordneten zur Arbeitsfähigkeit des Parlaments und zur Durchsetzungsfähigkeit einer Politik den Zusammenhalt der Fraktionen und die in ihnen festgelegte Arbeitsteilung im Grunde respektieren müssen. Die im Plenum des Parlaments notwendigen Entscheidungen als Ergebnis der öffentlichen Auseinandersetzung, Rechtfertigung und Kritik bedürfen der Vorbereitung durch die Ausschüsse und die Fraktionen. Unter diesem Gesichtspunkt beginnt die parlamentarische Willensbildung bereits auf Ebene der Interessenverbände, um über die Arbeitskreise der Fraktionen und die Ausschüsse ins Plenum vorzudringen. So kommt es, daß nicht selten Gesetzesentwürfe und Stellungnahmen, die von Parteien im Parlament eingebracht werden, in der Tat von Interessenverbänden ausgearbeitet wurden12. Daran ist problematisch, daß Verbandsvertreter, die einen unübersehbaren Einfluß auf die politischen Parteien ausüben, in der Regel nicht in der Lage sind, das zur Diskussion und zur politischen Vorentscheidung stehende Sachproblem neutral zu behandeln. Sachverstand und Spezialkenntnisse sind für sie nur insofern be12 Stein/Frank, § 9 V 3 f.; Benda/Schneider, § 13 Rn. 23 f.; Benda/Grimm, § 14 Rn. 55; Isensee/Badura, Bd. 1, § 23 Rn. 60; v. Arnim, S. 136 ff.; Leßmann, S. 63; Kröger, S. 93; Weber, S. 162 f.; angesicht der Möglichkeit, daß die Interessenverbände ihren Einfluß durch ihre Vertreter als Ressortsminister, die von einer politischen Partei aufgestellt worden sind, nehmen können, ist es fraglich, ob eine Einflußnahme der politischen Parteien auf die Verwaltung versagt ist vgl. Hesse, Rn. 170.

C. Politische Einflußnahme in der Parteiendemokratie

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deutend, als sie ihren Verbandsinteressen dienen. Sie können einerseits die ihnen günstigen Fakten betonen und andererseits die anderen dem Verbandsinteresse gegenläufigen Gesichtspunkte vernachlässigen13. 2. Politische Parteien und Wahlen in der parlamentarisch-repräsentativen Demokratie Die Demokratie bedeutet wörtlich und ursprünglich Volksherrschaft oder Volkssouveränität. Das Volk regiert und entscheidet selbst über seine eigene Angelegenheiten. Die Demokratie ist dadurch gekennzeichnet, daß die Staatsgewalt der Gesamtheit des Volkes zusteht. Die demokratische Legitimation der Ausübung von Staatsgewalt hat danach stets vom Volk auszugehen und ist auf es zurückzuführen. Der Volkswille, der nicht unabhängig und losgelöst von den Einzelwillen existiert, bedarf aber zu seiner Artikulation der Vermittlung, da er in sich selbst zunächst unformuliert und diffus ist. Er gibt sich nicht spontan und unmittelbar Richtung und Inhalt, so daß er als Grundlage für staatliches Handeln dienen könnte. Ferner macht die Größe des modernen Staates und seine schwierige und weitverzweigte Aufgabe eine direkte Teilnahme des ganzen Volkes an jedem staatlichen Handeln utopisch und unrealistisch. Das Volk kann nicht selbst über alle Angelegenheiten des staatlichen Lebens entscheiden. Die Staatsgewalt kann daher nicht unmittelbar durch Entscheidungen des Volkes, sondern nur mittelbar durch die gewählte Volksvertretung ausgeübt werden, die gewährleistet, daß die Staatsgewalt konkret auf der Anerkennung und Bildung des Volkes beruht. Hierdurch gewinnt das Volk repräsentativ die vom Prinzip der Volkssouveränität geforderte Einflußnahme auf die Willensbildung des Staates und auf die Ausübung der Staatsgewalt, und es wird eine vermittelnde, ununterbrochene Legitimationskette vom Volk über die Volksvertretung hin zu den mit staatlichen Aufgaben betrauten Organen und Personen hergestellt. Die Identität von Volkswillen und Staatswillen kann daher nicht als die eigentliche und dem demokratischen Ideal entsprechende Wirklichkeit angesehen werden. Die Einrichtung der parlamentarischen Volksvertretung vermittelt im Rahmen des Gewaltenteilungsprinzips die demokratische Legitimation der Gesetzgebung, der Regierung, der Verwaltung und der Rechtsprechung. Das Parlament ist ein unentbehrliches Hilfsorgan der politischen Willensbildung des Volkes. Repräsentation bedeutet schließlich das politische Prinzip der Anerkennung von Gesetzen und sonstigen Entscheidungen, die nach den Regeln der Verfassung durch das gewählte Parlament verabschiedet werden. 13 v. Arnim, S. 139 f.; zur Einflußnahme durch die Interessenverbände s. o. Kap. IV, B. 1.

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Kap. IV: Interessenkonflikt in der Demokratie

Der modernen parlamentarisch-repräsentativen Demokratie kommt ohne die Vermittlerrolle der politischen Parteien nicht aus14. Konsequenz der Parteiendemokratie ist es, daß der Staat selbst parteipolitisch besetzter und gesteuerter Staat ist. Dem Staat stehen nach dem mit der freiheitlichen Demokratie einzig zu vereinbarenden Mehrparteiensystem die verschiedenen miteinander konkurrierenden Parteien gegenüber. Eine politische Partei ist eine organisierte Vereinigung, die sich auf Dauer bildet und ein politisches Programm aufstellt, um durch die unmittelbare Beteiligung an den Wahlen auf Parlament und Regierung Einfluß zu gewinnen. Sie nehmen eine beherrschende Stellung im demokratischen Prozeß der Meinungs- und Willensbildung des Volkes ein. Ihre Mitglieder geben dann dem Resultat ihrer individuellen Willensbildung in Wahlen und Abstimmungen Ausdruck. Indem sie die mannigfaltigen sozialen Kräfte auffangen, zwischen ungeregelter gesellschaftlicher Meinungs- und Interessenvielfalt einerseits sowie organisierter staatlicher Handlungs- und Wirkungseinheit andererseits vermitteln, verwandte Meinungen und Interessen zusammenfassen, in sich ausgleichen sowie zu politischen Programmen verdichten, bilden sie ein notwendiges Bindeglied im Willensbildungs- und Legitimierungsprozeß, der zwischen dem Volk und dem Staat stattfindet. Den Oppositionsparteien als potenziellen Mehrheitsparteien obliegt die Kritik, die Kontrolle und die Mäßigung der Macht der herrschenden Führungsgruppe sowie die Entwicklung von Alternativen zu der augenblicklichen herrschenden Gesamtrichtung15. Der wichtigste und wesentlichste Prozeß der Vermittlung des Volkswillens durch die politischen Parteien und der Kontrolle dieser staatlichen Willensbildung in der parlamentarisch-repräsentativen Demokratie sind die Wahlen. Die Wahlen dienen der Integration, Legitimation und Repräsentation des politischen Willens des Volkes. Die Wahl vermittelt dem Staatsapparat die notwendige demokratische Legitimation. In der Wahl bewerben sich unterschiedliche Parteien mit unterschiedlicher Größe und Stärke um die Staatsführung und konkurrieren miteinander. Durch sie wird die Macht 14 Tiefgreifend Scheuner (3), S. 45 f.; Badura (2), Rn. D 10 f., E 11; Hesse, Rn. 131; Isensee/Badura, Bd. 1, § 23 Rn. 27 ff., 35, 55 ff.; Isensee/Böckenförde, Bd. 1, § 22 Rn. 1 ff., Bd. 2, § 30 Rn. 4; Böckenförde (2), S. 303, 305, 306 ff.; Stern, Bd. I, § 18 II. 6. b), S. 455 ff., § 18 II. 6. e), S. 461 ff., Bd. 2, § 25 II. 2., S. 22 ff.; Badura, S. 579; Ausführlich Kurz, S. 237 ff.; Leibholz/Rinck/Hesselberger, Art. 21 Rn. 57, Lfg. 28, 1995; Wassermann/Stein, Bd. 1, Art. 20 Abs. 1–3 II Rn. 1 ff.; Scheuner, S. 222 ff.; BVerfG 15. 2. 1978 VerfGE 47, 253 (275). 15 Stein/Frank, § 9 V 3; Badura (2), Rn. D 13, 20, 25; Hesse, Rn. 151, 166 ff.; Benda/Grimm, § 14 Rn. 1, 6 ff., 12 ff., 54 ff., 60 ff.; Isensee/Badura, Bd. 1, § 23 Rn. 55 ff.; Isensee/Kunig, Bd. 2, § 33 Rn. 1; Zohlnhöfer, S. 34 f.; Schambeck, S. 37 f.; Scheuner, S. 245; Dreier/Morlok, Art. 21 Rn. 3 ff., 19 ff., 28 f.; v. Münch/ Kunig, Bd. 2, Art. 21 Rn. 6 ff.; Leibholz/Rinck/Hesselberger, Art. 21 Rn. 16 ff., Lfg. 28, 1995; Maunz/Klein, Lfg. 38, 2001, Art. 21 Rn. 150 ff.

C. Politische Einflußnahme in der Parteiendemokratie

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zwischen ihnen verteilt. Da es vom Wahlausgang abhängt, welche der konkurrierenden Parteien ihr politisches Programm verwirklichen kann, führt die regelmäßige Wiederkehr der Wahl zu einem Zwang zur Rücksichtnahme auf das Volk auch in der Zwischenzeit. Der Wähler läßt sich hierbei ebenso wie die Einflußnahme der Interessenverbände eher von seinem partikularen Interesse, z. B. durch Industriepolitik geretteten Arbeitsplätzen als von unbestimmten Aussichten auf wirtschaftliches Wachstum aufgrund des Wettbewerbs beeindrucken16. 3. Einflußnahme der politischen Parteien auf Parlament und Regierung Der Begriff des politischen Mandats bezog sich ursprünglich auf das Verhältnis des Abgeordneten zu der ihn in das Parlament entsendenden Wählerschaft, wird aber in der Gegenwart zunehmend auf das Verhältnis des Abgeordneten zu seiner Partei bezogen. Die gewählten Abgeordneten sind, obwohl sie an Weisungen eigener Parteien rechtlich nicht gebunden und durch Parteigremien nicht abberufen werden können, doch von ihren Parteien oft faktisch abhängig und in ihren Entscheidungen nicht frei. Denn Abgeordneter wird man in der Zeit der demokratischen Massenwahl nicht mehr aufgrund vorpolitisch begründeten Ansehens, sondern durch eine Parteikarriere. Ebensowenig orientiert sich der Wähler an der Persönlichkeit des Kandidaten. Entscheidend sind die von ihm verfolgten Parteienprogramme. Wegen der Arbeitsbelastung und Kommunikationserwartungen von seiten des Wahlkreises läßt sich das Mandat nicht mit einem Beruf vereinbaren. Für den Abgeordneten ist die Ausübung seines Mandates „Beruf“. Daher ist der Abgeordnete auch wirtschaftlich an seine Partei gebunden. Für die Tätigkeit im Parlament ist für ihn die Entscheidungshilfe seiner Fraktion unerläßlich, zum einen quantitativ, da die Themenfülle die Kapazität des einzelnen Abgeordneten übersteigt, zum anderen qualitativ, da die Mehrzahl von Entscheidungen Fachwissen voraussetzt, über das der einzelne Abgeordnete nicht immer verfügt. Die heutige Arbeitsweise des Parlaments, die eine ausführliche Verhandlung jeder Frage im Plenum nicht mehr zuläßt, geht daher von der fachlichen Aufteilung der parlamentarischen Arbeit in der Fraktion aus. Unter diesen Umständen wirkt bestimmend für die parlamentarische Entscheidung nicht mehr der einzelne Abgeordnete, sondern die parlamentarisch als Frak16 Badura (2), Rn. D 12; Benda/Grimm, § 14 Rn. 6 ff.; Meessen, S. 419; Isensee/Badura, Bd. 1, § 23 Rn. 31; Isensee/Meyer, Bd. 2, § 37 Rn. 1 ff., 22 ff.; Stern, Bd. I, § 18 II. 6. a), S. 454 f.; Leibholz/Rinck/Hesselberger, Art. 21 Rn. 56 ff., Lfg. 28, 1995,

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Kap. IV: Interessenkonflikt in der Demokratie

tion in Erscheinung tretende Partei. Schließlich wird in der modernen parlamentarischen Demokratie das Parlament als oberstes Verfassungsorgan zum Gravitationszentrum des parteilich-verbandlichen Kräftespieles17. Auf die Bestellung der Regierungsmitglieder oder der Beamtenstellen in den Ministerien nehmen die Regierungspartei und die Koalitionspartei faktisch in dem Sinne großen Einfluß, daß die Besetzung des bestimmten Ressorts unter diesen Parteien politisch ausgehandelt wird. Die Regierung ist insofern parteilich, als sie politische Probleme auf der Grundlage ihres nicht von allen geteilten Programms der Regierungspartei oder -koalition löst. Andererseits behält der Staat eine gewisse Neutralität dadurch, daß er auch für andere Parteiprogramme offen ist18. Im Ergebnis spiegelt das Ergebnis des Kompromisses aus der Auseinandersetzung der mannigfaltigen Interessen die Politik des Staates wider. In der Europäischen Gemeinschaft haben wegen des demokratischen Legitimationsdefizites die Regierungen der Mitgliedstaaten entscheidenden Einfluß auf die Politik der Gemeinschaft. Die politischen Parteien spielen eine untergeordnete Rolle, solange die Souveränität der Mitgliedstaaten erhalten bleibt19.

D. Vielfältigkeit der Interessen in der freiheitlich-pluralistischen Demokratie Die Demokratie ist auf dem Weg zur politischen Einheit des Staates grundsätzlich durch stetige Auseinandersetzung zwischen sich begegnenden sozialen Kräften, Interessen und Ideen unter Bedingungen der freien und offenen Beteiligung an diesem Prozeß gekennzeichnet. Politische Ziele klären und wandeln sich in dieser Auseinandersetzung, die öffentliche Meinung formt daraus den politischen Willen. Demokratieprinzip ist das Prinzip der Ordnung des politischen Prozesses, der niemals endgültig abgeschlossen wird, und dem keine Richtigkeitsgewähr immanent ist. Eine dem politischen Prozeß vorgegebene politische Richtigkeit ist hier weder vorausgesetzt noch anerkannt. Die inhaltliche Ausgestaltung der Demokratie ist grundsätzlich der freien politischen Auseinandersetzung überlassen. Dieser Vorgang tritt, wie oben dargestellt20, organisatorisch vor allem in den Interessenverbänden und den politischen Parteien in Erscheinung. Die Demokra17 Benda/Grimm, § 14 Rn. 54 ff.; Wassermann/Schneider, Bd. 2, Art. 38 Rn. 26 ff., 32 ff., vor Art. 62 Rn. 1 ff.; v. Arnim, S. 358 f.; Maunz/Klein, Lfg. 38, 2001, Art. 21 Rn. 150 ff.; Scheuner, S. 238 ff. 18 Benda/Grimm, § 14 Rn. 60 ff.; Badura, S. 579; Kröger, S. 93; Weber, S. 161. 19 Wassermann/Schneider, Bd. 2, Art. 64 Rn. 2; zur Einflußnahme durch die Mitgliedstaaten auf die Politik der Gemeinschaft s. o. Kap. II, C. 3. (a) (9) (bb), (11) und, 5. (a).

D. Vielfältigkeit in der freiheitlich-pluralistischen Demokratie

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tie geht von der Unterschiedlichkeit und der Gegensätzlichkeit der Meinungen, den Interessen, den Willensrichtungen sowie Bestrebungen und damit von der Existenz von Konflikten innerhalb des Volkes aus. In diesem Prozeß bildet die Mehrheit des Volkes den Staatswillen und begründet die zeitlich und sachlich begrenzte und legitimierte Herrschaft, die wiederum im Rahmen der repräsentativen Demokratie der Kritik und Kontrolle des Volkes vor allem durch freie und gleiche Wahlen unterliegen und ihm verantwortlich ist. Hierbei geht es um pluralistische Initiativen und Alternativen. Der Pluralismus geht von der modernen Gesellschaft aus, die in verschiedenartige und differenzierte Gruppen und Verbände, unterschiedliche Interessen, Anschauungen und Lebensbereiche zerfällt. Der Staat wird andererseits durch die Interessenverbände gegliedert und öffnet sich ihrer Einfluß. Die freiheitlich-pluralistische Demokratie bildet ein Staatswesen, das den vielfältigen Positionen und Richtungen der verschiedenen Gruppen und Verbände freie Entfaltung zusichert und die Auseinandersetzung verschiedener gruppenmäßig organisierter Kräfte zuläßt. Die pluralistische Gesellschaft verbürgt jedoch keineswegs eine allgemeine Ausgewogenheit der Interessen, sondern läßt die Bildung differenzierter Kräfte und Richtungen offen, ohne eine bestimmte Richtung zu verfestigen und so zu perpetuieren. Dieses Pluralismusprinzip gibt der Verfolgung unterschiedlicher politischer Ziele Raum und sichert andererseits unter diesem Aspekt sowohl der die Herrschaft tragenden Mehrheit als auch der Minderheit die gleiche Chance auf Durchsetzung jener Ziele. Die Beteiligung unterschiedlicher politischer Kräfte an der politischen Willensbildung führt zu einer gewissen Selbstgesetzlichkeit gegenseitiger Kontrolle sowie zur Begrenzung der Herrschaft und trägt dazu bei, die Einhaltung dieser Grenze zu sichern und Machtmißbrauch sowohl durch die Festlegung auf bestimmte Anschauungen und politische Richtungen als auch durch den Ausschluß der Entfaltung anderer Kräfte zu verhindern. Die Zulassung auch abweichender Strömungen, sowie eine Oposition sind insofern geboten. Die pluralistische Auseinandersetzung und Kritik stellt in der Gegenwart die wichtigste Gegenwirkung gegen die herrschende politische Richtung dar. Wo auf diese Weise ein Ausgleich gefunden wird, wird das Ergebnis, an dem alle Betroffenen mitgewirkt haben, überzeugen und Zwang entbehrlich machen. Solch ein Ergebnis wird, weil alle beteiligten Interessen berücksichtigt werden, meistens auch sachlich richtiger sein als im Falle einseitiger Regelung durch die Machthaber. Wenn aber eine Einigung in diesem Prozeß nicht erzielt werden kann, wird eine Entscheidung nach dem 20 Zum Ungleichgewicht der Interessenverbände s. o. Kap. IV, A.; zur Mitwirkung an der politischen Willensbildung s. o. Kap. IV, B.; zur politischen Einflußnahme in der Parteiendemokratie s. o. Kap. IV, C.

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Kap. IV: Interessenkonflikt in der Demokratie

Mehrheitsprinzip getroffen. Danach hat eine Gruppe nur dann Aussicht, ihr Ziel zu verwirklichen, wenn sie eine möglichst breite Skala von Partikularinteressen vertritt, und wenn es ihr gelingt, diese Interessen bereits in sich vereinheitlichend auszugleichen. Andererseits hat die bei einer Entscheidung unterliegene Minderheit die gleiche Chance, in einem späteren Falle die Mehrheit zu gewinnen. In diesem Sinne ist die Vielfalt von Meinungen und Interessen und das Neben- und Gegeneinander des unterschiedlichen partikularen Willens trotz ihrer Unausgewogenheit eine unentbehrliche Basis und ein wesentlicher Bestandteil der freiheitlich-pluralistischen Demokratie der Gegenwart21.

E. Zwischenergebnis 1. Ungleichgewicht der Interessenverbände In der Gegenwart ist der einzelne nicht in der Lage und im Stande, seine besonderen Interessen allein zur Geltung zu bringen. Um die Artikulation gleichartiger Interessen zu verwirklichen und erleichtern, bildet er mit Gleichgesinnten Interessenverbände, die über einen sonst nicht zu gewinnenden Sachverstand verfügen und politischen und sozialen Einfluß auf die Entscheidungsträger ausüben. Da die Interessen in der gegenwärtigen Gesellschaft vielfältig und widerstreitend sind und jeder in der freiheitlichen Demokratie seine eigene Interessen durchsetzen kann und soll, entsteht unausweichlich der Konflikt zwischen verschiedenen Interessen, vor allem zwischen Interessenverbänden22. Im Bereich der Wirtschaft stehen insbesondere die Verbraucher- und Unternehmensverbände gegenüber. Unternehmensverbände, die oft als die wichtigsten Nutznießer eines beschränkten Wettbewerbs auftreten, haben wegen der besseren Organisation und Verbandsmacht eine stärkere Durchsetzungskraft ihrer Interessen als die Verbraucherverbände, die die von einer konsequenten Wettbewerbspolitik am meisten Begünstigten und die Befürworter einer Politik zum Schutz des Wettbewerbs sind23. 21

Badura (2), Rn. D 9, E 11; Hesse, Rn. 6 f., 129 ff., 140 ff., 153 ff.; Benda/ Grimm, § 14 Rn. 10, § 15 Rn. 4; Isensee/Badura, Bd. 1, § 23 Rn. 29 ff., 56; Isensee/Isensee, Bd. 3, § 57, Rn. 57; Stern, Bd. I, § 18 II. 6. e) und f), S. 461 ff. und 465 ff., Bd. II, § 25 II. 2. b), S. 23 f., § 25 II. 4., S. 25; Leßmann (2), S. 1546; v. Arnim, S. 130 ff.; Leßmann, S. 69; Scheuner (2), S. 380 ff.; Scheuner, S. 242 ff.; Weber, S. 165 f.; Dreier/Morlok, Bd. 2, Art. 21, Rn. 1 f., 21, 25; BVerfG 12. 10. 1993 BVerfGE 89, 155 (185); BVerfG 14. 5. 1985 BVerfGE 69, 315 (344 ff.); BVerfG 19. 7. 1966 BVerfGE 20, 56 (98 f., 114); BVerfG 17. 8. 1956 BVerfGE 5, 85 (135, 198, 205); Zum Mehrheitsprinzip, Stern, Bd. I, § 18 II. 6. c), S. 458 ff. 22 s. o. Kap. IV, A. 1. und 2.

E. Zwischenergebnis

313

2. Mitwirkung der Interessenverbände in der Parteiendemokratie Die Einflußnahme der Interessenverbände mit unterschiedlicher Stärke erstreckt sich, formell oder informell, extern oder intern, durch Sachverständige, Interessenvertreter, Parteienpolitiker oder Abgeordnete, die umfangreiche Sachkunde haben, auf alle Stadien der politischen Willensbildung in Instanzen, die für die Interessengruppe relevante Entscheidungen vorzubereiten und zu treffen haben, z. B. in Parlament, Regierung, Verwaltung oder politischen Parteien24. Es ist die Aufgabe der politischen Parteien, an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken und dem Staatswillen den Volkswille zu vermitteln25. Sie tragen dazu bei, die verschiedenen Interessen der vielfältigen Gesellschaft in sich auszugleichen und die generalisierten politischen Präferenzen zu artikulieren. Sie übermitteln dadurch dem Staat Informationen über gesellschaftliche Interessen und über die Auswirkungen staatlicher Maßnahmen, die der Staatsapparat selbst nur schwer beurteilen kann. In der Gegenwart dehnt sich der öffentliche Sektor immer weiter aus. Die bei staatlichen Maßnahmen zu berücksichtigenden Zusammenhänge werden dadurch dermaßen kompliziert, daß sie für die meisten Bürger und auch für vielen Politiker kaum noch durchschaubar sind. Dies führt zur Verstärkung der Rolle der Verbände und politischen Parteien, da ihre Einwirkungsmöglichkeit zum wesentlichen Teil auf ihrem spezialisierten Sachverstand beruht. Verbände leisten zur Herstellung kollektiv verbindlicher Entscheidungen unter dem Anspruch eines Interessenausgleiches neben den politischen Parteien wichtige Dienste. In diesem Sinne überbrücken die Interessenverbände und die politischen Parteien beide als Bindeglieder in der repräsentativen Demokratie die Kluft zwischen Individuum und Staat; wesentlicher Unterschied zwischen beiden ist, daß nur Parteien unmittelbare Regierungsverantwortung anstreben26. 3. Vielfältigkeit der Interessen und Pluralismus Die moderne freiheitlich-pluralistische Demokratie geht von der Mitwirkung der Interessenverbände und politischen Parteien an und ihrer Einwirkung auf die Entscheidungen des Staates aus. Demokratische Willensbildung vollzieht sich in ständiger Auseinandersetzung und gegenseitiger Vermittlung zwischen verschiedenen Interessen. Das Gravitationszentrum 23 24 25 26

s. o. s. o. s. o. s. o.

Kap. Kap. Kap. Kap.

IV, IV, IV, IV,

A. 2. und 3. B. und C. C. 2. A. 1, B. 1., C. 1. und 2.

314

Kap. IV: Interessenkonflikt in der Demokratie

dieses Vorgangs ist in der parlamentarischen Demokratie der Gegenwart das Parlament als höchstes Verfassungsorgan27. Abschließend ergibt sich, daß die politische Einflußnahme auf die Willensbildung des Staates durch Interessenverbände und politische Parteien trotz des Ungleichgewichts hinsichtlich der Durchsetzungskraft der vielfältigen Interessen ein legitimer Prozeß und ein wesentlicher Bestandteil der gegenwärtigen freiheitlich-pluralistischen Demokratie und positiv in das Strukturbild eines freiheitlichen Staates einzufügen ist.

27

s. o. Kap. IV, C. und D.

Kapitel V

Wettbewerbsaufsicht als Aufgabe der Verwaltung Die Untersuchung des Kapitels I hat ergeben, daß die Rechtsnatur der Wettbewerbsverfahren in Japan, Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft die eines Verwaltungsverfahrens ist und die Behörden als Verwaltungsorgane mit der Aufgabe der Durchführung des Wettbewerbsverfahrens befaßt sind. Das Kapitel V beschäftigt sich schließlich mit der Frage, welche Aufgaben und Funktionen die Wettbwerbsbehörde und die Verwaltung im Gegensatz zu den Gerichten haben. Es wird überlegt, welche Funktion für die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts geeigneter ist.

A. Verwaltungshandlung der Wettbewerbsbehörden Das Wettbewerbsrecht ist ein wirtschaftspolitisches Ordnungsrecht, welches die Wettbewerbsfreiheit im Rahmen des lauteren Wettbewerbs statuiert. Das jedem wirtschaftspolitischen Ordnungsrecht zugrundegelegte Ordnungsprinzip ist die Wettbewerbswirtschaft, die die ökonomischste und zugleich demokratischste Form der Wirtschaftsordnung darstellt. Wettbewerbsfreiheit beinhaltet als konkrete Erscheinungsform des Rechts auf freie wirtschaftliche Betätigung die Handlungsfreiheit zu wettbewerblichen Zwecken, die die Voraussetzung für den wettbewerblichen Marktmechanismus ist. Dadurch ist der Rahmen für die Anwendung des Wettbewerbsrechts abgesteckt. Innerhalb dieses Rahmens garantiert der Staat einen optimalen Freiheitsbereich für den einzelnen am Prozeß der freien Marktwirtschaft Beteiligten. Überwacht werden soll vom Staat in erster Linie, ob die Freiheitsordnung des Wettbewerbs an sich eingehalten ist. Das Wettbewerbsrecht soll die Freiheit des Wettbewerbs sicherstellen und wirtschaftliche Macht da beseitigen, wo sie die Wirksamkeit des Wettbewerbs und die ihm innewohnenden Tendenzen zur Leistungssteigerung beeinträchtigt und die bestmögliche Versorgung der Verbraucher in Frage stellt. Im Rahmen der Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfreiheit kommt der Schutz der individuellen wirtschaftlichen Freiheit als Zwillingsschwester der in einer Demokratie garantierten politischen Freiheit in Betracht. Geschützt ist mit dem Wettbewerbsrecht die wirtschaftliche Handlungsfreiheit nicht nur von

316

Kap. V: Wettbewerbsaufsicht als Aufgabe der Verwaltung

aktiven Vertragsbeteiligten, sondern auch von außenstehenden, passiv betroffenen Marktteilnehmern. Das Wettbewerbsrecht geht anderseits im Rahmen der freiheitlichen Grundordnung von Privatautonomie, tatsächlichem Wettbewerb und dezentraler Selbstregulierung aus. Die Intervention des Staates hat hier eine Ausnahme darzustellen. Daher beschränkt sich die Handlung der Wettbewerbsbehörden als Ordnungsverwaltung darauf, die Einhaltung der gesetzlich geregelten Ordnung zu überwachen. Wird die Ordnung gefährdet oder gestört, kann der Gesetzgeber vorschreiben, daß bestimmte Betätigungen unterbleiben sollen. Erst wenn sich die Rechtsunterworfenen nicht daran halten oder wenn die Gefahr einer Zuwiderhandlung besteht, haben die Wettbewerbsbehörden Rechte und Pflichten, lenkend durch Mitwirkung des Betroffenen, reglementierend durch Befehl oder Zwang sowie sanktionierend durch Auferlegung von Geldbußen in die Privatautonomie der freiheitlichen Wirtschaftsordnung einzugreifen (Eingriffsverwaltung), um die Handlung der Marktteilnehmer zu korrigieren und somit den offenen Marktmechanismus mit freiem und fairem Wettbewerb aufrechtzuerhalten. Da die Wettbewerbspolitik ein Teil der Wirtschaftspolitik darstellt, wird der Inhalt der wettbewerbsrechtlichen Ordnung beeinflußt von der gesamten Wirtschaftspolitik, d. h. aufgrund außerwettbewerblicher, dem Wettbewerbsprinzip gegenläufiger Gesichtspunkte, z. B. Industriepolitik, Sozialpolitik oder Regionalpolitik, die ihrerseits ebenso von der Wirtschaftspolitik umfaßt werden. Die wirtschaftliche Lage der modernen Gesellschaft ändert sich rasch und dynamisch und zwingt an Gewinn orientierte Markteilnehmer, sich daran anzupassen. Geboten ist es zur Aufrechterhaltung des freien Wettbewerbs, daß der Staat darauf dementsprechend zügig reagiert. Dies setzt die beständige Aufsicht über die Unternehmenstätigkeit und die gestaltende Lenkung der freien Marktwirtschaft voraus. Um die einheitliche Erfüllung dieser Voraussetzung zu erleichtern, ist die Aufgabe der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts in Japan, Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft in erster Linie nicht den Gerichten, sondern Verwaltungsorganen zugeteilt, die nach dem Offizial- und dem Opportunitätsprinzip grundsätzlich von Amts wegen und unabhängig von Antrag des Betroffenen tätig werden. Die stetige Eigentätigkeit der Wettbewerbsbehörden ist eine im Verwaltungsverfahren erfolgende Verwaltungshandlung, die schließlich der gerichtlichen Kontrolle untersteht1. 1 Allgemein zur Verwaltungshandlung der Wettbewerbsbehörden s. o. Kap. I und II; zur Aufgabe des Wettbewerbsrechts s. Bechtold (4), Einf., Rn. 41; Langen/Bunte, Einf. zum GWB, Rn. 19 ff. (S. 14 ff.); Langen/Bunte, Einf. zum EG-WbR, Rn. 9, 20 ff.; Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Bd. 1, Einl., A., Rn. 23 ff., 36 ff.; Atsuya/ Sanekata, § 1 S. 10 ff.; Immenga/Mestmäcker, GWB, Einl., Rn. 1 ff.; vgl. MüllerHenneberg/Müller-Henneberg, GK, 2. Aufl., S. 64 ff.; Emmerich (2), § 1, 1, S. 2 ff.; ders., § 1, 2, S. 2 ff.; Möschel (2), Rn. 1 f., 108 ff.; Imamura/Imamura, § 1 S. 20 ff.; EuGH 26. 6. 1980 Slg. 1980, 2033 (2057); Aufgabenkataloge der Verwal-

B. Aufgaben der Wettbewerbsbehörden als Verwaltungsorgane

317

B. Aufgaben und Funktion der Wettbewerbsbehörden als Verwaltungsorgane 1. Verwirklichung des Gemeinwohls Aufgabe der Wettbewerbsbehörde als Verwaltungsbehörde ist in erster Linie, die offene Marktwirtschaft mit freiem und fairem Wettbewerb aufrechtzuerhalten. Gegenstand des Bemühens ist das soziale Zusammenleben. Die Verwaltung muß sich mit den Angelegenheiten des Gemeinwesens und der Menschen im Gemeinwesen befassen. Daraus folgt, daß die Verwaltung nicht beliebige Interessen verfolgen darf, sondern nur am öffentlichen Interesse orientiert sein muß. In die verwaltungsrechtliche Betrachtung müssen in diesem Zusammenhang meist mehrere, sich teilweise überlagernde Rechtsbeziehungen einbezogen werden, während Zivil- und Strafrecht es in der Regel mit isolierbaren, relativ eng umgrenzten Beziehungen zwischen Individuen oder Gruppen zu tun haben und es dabei um den Schutz der konkreten rechtlichen Interessen der Betroffenen geht. Das Schutzgut des Wettbewerbsrechts ist die wirtschaftliche Handlungsfreiheit nicht nur der Vertragsbeteiligten, sondern auch die aller unbestimmten Marktteilnehmer. Die Aufgabe der Wettbewerbsbehörden ist daher am öffentlichen Interesse orientiert, und die Aufrechterhaltung des freien Wettbewerbs in der Marktwirtschaft dient der Verwirklichung und Konkretisierung der Gemeinwohlzwecke, wobei mannigfaltige wirtschaftliche Interesse gleichzeitig berücksichtigt werden müssen2. 2. Ständige Sozialgestaltung Die der Gewährleistung der Wettbewerbsrechtsordnung dienende Überwachung der Marktteilnehmer durch die Wettbewerbsbehörde geschieht permanent, sei es zur Vorbeugung von Verstößen gegen sie, sei es zu deren Wiederherstellung im Falle des Verstoßes, durch Lenkung, Reglementierung und Sanktionierung. Sie geschieht durch Eingriffe in die Grundrechtssphäre der Bürger. Verwaltung ist vor allem kontinuierliche, umfangreiche, in die Zukunft gerichtete Sozialgestaltung im Rahmen der Gesetze, die der Vertung s. Stern, Bd. II, § 41 I. 4. b), S. 746 f.; zur Ordnungsverwaltung Erichsen, § 1 Rn. 36; Wolff/Bachof/Stober, § 3 Rn. 5; zur Eingriffsverwaltung s. Maurer, § 1 Rn. 20; Wolff/Bachof/Stober, § 3 Rn. 5; zur Einbeziehung der außerwettbewerblichen Gesichtspunkte, s. o. Kap. II, B. 3. (a) (4), und C. 3. (a) (10). 2 Zur Verwaltungshandlung der Wettbewerbsbehörden s. o. Kap. V, A.; Bull, Rn. 59, 66; Maurer, § 1 Rn. 10; Erichsen, § 1 Rn. 28;Wolff/Bachof/Stober, § 2 Rn. 23 f.; Möschel (2), Rn. 108; Stern, Bd. II, § 41 I. 3 c) und 4. a), S. 738 und 745; J. Tanaka, S. 7; Merk, S. 7 f.

318

Kap. V: Wettbewerbsaufsicht als Aufgabe der Verwaltung

wirklichung öffentlicher Aufgaben dient. Es geht hier darum, wie Gemeinschaftsaufgaben im Einzelfalle am besten, d. h. vor allem am zweckmäßigsten, im Rahmen der Rechtsordnung gestaltet werden können. In der Hauptsache handelt es sich, unabhängig von konkreten Rechtsstreitigkeiten, um zweckvolles Handeln, das der Gestaltung der Verhältnisse des Gemeinwesens im Einzelfalle dient. Die Verwaltung hat es mit der Sozialordnung als Ganzem zu tun. Das Recht ist dabei Mittel zum Zweck oder auch Schranke. Die Rechtsprechung ist hingegen zur rechtskräftigen Entscheidung von konkreten Streitfällen in Anwendung des geltenden Rechts berufen. Es muß also zuerst ein konkreter Rechtsstreit vorliegen. Insofern geht es nur um die Aufrechterhaltung der schon bestehenden Rechtsordnung. Der Richter entscheidet nur über den Tatbestand, der aus dem Sozialleben herausgeschnitten und isoliert worden ist, und hat das Sozialleben im übrigen als eine Gegebenheit, die zu ändern er grundsätzlich nicht berufen ist, hinzunehmen. Die Wettbewerbsbehörden dagegen nehmen ihre Aufgabe, die freie Wettbewerbsordnung zu sichern, durch wettbewerbskonforme Gestaltung von wirtschaftlichen Verhältnissen des Gemeinwesens wahr. In dieser Hinsicht hat die wettbewerbsrechtliche Aufsicht zum großen Teil den Charakter ständiger und umfangreicher Sozialgestaltung. Die stetige und umfangreiche Gestaltung des wettbewerbsorientierten Gemeinwesens wird in Japan, Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft durch die selbsttätigwerdenden Wettbewerbsbehörden sichergestellt3. 3. Eigeninitiative Nach dem Offizial- und dem Opportunitätsprinzip werden die Wettbewerbsbehörden als Verwaltungsorgane grundsätzlich von Amts wegen und unabhängig von Antrag des Betroffenen selbst tätig. Die Verwaltung ist grundsätzlich auf ihre eigene Initiative gestellt und nimmt öffentliche Aufgaben selbst unmittelbar verbietend, gebietend, entscheidend oder auf sonstige Weise gestaltend wahr. Sie handelt nicht in fremder, sondern in eigener Sache und ist somit selbst beteiligt. Sie ist so eingerichtet, von sich aus ständig durch zahllose Einzelhandlungen die Erfüllung der Staatszwecke zu erstreben. Sie muß sich ständig in der Initiative befinden, die Staatsziele zu verwirklichen. Unabhängig von Antrag des Betroffenen haben die Verwaltungsorgane Ermessen, ob und wie sie zur Erfüllung dieser Aufgabe tätig werden. Die Wettbewerbsbehörde müssen auch von sich aus alle Hindernisse beseitigen, die der Verwirklichung ihrer Aufgaben entgegenstehen. Die Rechtsprechung wird hingegen auf Antrag, typischerweise auf Klage in 3 Zur Verwaltungshandlung der Wettbewerbsbehörden s. o. Kap. V, A.; Maurer, § 1 Rn. 9; Wolff/Bachof/Stober, § 2 Rn. 20; Stern, Bd. II, § 41 I. 3. c), S. 738; J. Tanaka, S. 5 f.; Forsthoff, S. 3, 5 f., 8; Merk, S. 21, 92 f.

C. Zwischenergebnis

319

Streitigkeiten, tätig und entscheidet eine fremde Rechtsangelegenheit als selbst unbeteiligte und von der Verwaltung unabhängiger Dritte letztverbindlich. Der Richter wird nicht in eigener Sache tätig. Aus der Neutralität des Richters folgt die Passivität seiner Rolle. Man kann daher sagen, daß die Verwaltung mehr agierend, die Rechtsprechung mehr reagierend wirkt. Daraus folgt die Grenze des gerichtlichen Rechtsschutzes, daß das Interesse des Einzelnen, das durch die gesetzwidrige Handlung der Verwaltung beeinträchtigt worden ist, grundsätzlich nur nachträglich wiedergutgemacht werden kann. Im Interesse effektiveren Rechtsschutzes und der reibungslosen Verwaltung ist es wünschenswert, daß Beeinträchtigungen bereits im Vorfeld vermieden werden. Daher soll die Eigeninitiative der Wettbewerbsbehörden und die damit eng verbundene beständige Überwachung des Marktes der effektiven Durchsetzung des Wettbewerbsrechts dienen4.

C. Zwischenergebnis Die Handlung der Wettbewerbsbehörden zur wettbewerbsrechtlichen Aufsicht ist Ordnungs- und Eingriffsverwaltung5. Ihre Aufgabe, die freie und faire Wettbewerbsordnung aufrechtzuerhalten, orientiert sich am öffentlichen Interesse und dient der Verwirklichung des Gemeinwohls6. Zur Erfüllung dieser Aufgabe in einem sich rasch und dynamisch ändernden Wirtschaftsgefüge bedarf einer stetigen, einheitlichen, aktiven und gegebenenfalls gestaltenden Aufsicht über die Unternehmenstätigkeit auf dem Markt. Um dies zu sichern, hat der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber der drei Wettbewerbsrechtsordnungen derartige Aufgaben in erster Linie nicht den Gerichten, sondern den Verwaltungsorganen zugeteilt. Der Eingriff der Wettbewerbsbehörden in die Privatautonomie der Marktteilnehmer durch Lenkung, Reglementierung und Sanktionierung, stellt die Erfüllung einer Gestaltungsaufgaben im wettbewerbsorientierten Gemeinwesen dar7. Um die stetige und umfangreiche Aufsicht über den Markt zu erleichtern, wird die Wettbewerbsbehörde grundsätzlich von Amts wegen und ohne Antrag des Betroffenen tätig. Sie handelt aktiv und in eigener Sache. Dadurch unterscheidet sich die Tätigkeit der Wettbewerbsbehörden von der Rechtsprechung, die in Streitigkeiten passiv auf Klage des Betroffenen und neutral als unbeteiligter Dritte herangezogen wird8. 4 Maurer, § 1 Rn. 11; Benda/Heyde, § 33 Rn. 15; Wolff/Bachof/Stober, § 2 Rn. 20; Isensee/Bettermann, Bd. 3, § 73 Rn. 35; Muroi, S. 294 ff.; Ogami, S. 2 ff.; J. Tanaka, S. 6; Sugimura, S. 38, 60, 62, 143 f.; Peters, S. 6 f. 5 s. o. Kap. V, A. 6 s. o. Kap. V, B. 1. 7 s. o. Kap. V, B. 2. 8 s. o. Kap. V, B. 3.

Kapitel VI

Gesamtergebnis A. Wettbewerbsverfahren Das Wettbewerbsverfahren besteht aus dem Amtsverfahren und dem Antragsverfahren. Wie der Wortlaut andeutet, wird das Amtsverfahren von Amts wegen eingeleitet, während das Antragsverfahren auf Antrag des Betroffenen beginnt. Nicht vorausgesetzt ist hierbei das Vorliegen eines rechtlichen Streits. In diesem Sinne ist das Wettbewerbsverfahren Verwaltungsverfahren und unterscheidet sich seinem Wesen nach vom gerichtlichen Verfahren. Zusätzlich ergibt sich die Natur der Wettbewerbsverfahren in den drei Rechtsordnungen als Verwaltungsverfahren dadurch, daß die Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens nach dem Opportunitätsgrundsatz im Ermessen der Wettbewerbsbehörden steht und daß die Klage gegen eine förmliche und endgültige Entscheidung der Wettbewerbsbehörden außer in Ausnahmefällen keine aufschiebende Wirkung entfaltet, da die Handlung der Wettbewerbsbehörden in erster Linie dem öffentlichen Interesse dient. Jedoch entsprechen die Regeln und Grundsätze über Ermittlungsmaßnahmen, Beweisaufnahme und Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen im Hinblick auf den Rechtsschutz der Verfahrensbeteiligten zum großen Teil denen der zivil- und strafgerichtlichen Verfahren. Das Wettbewerbsverfahren in Japan, Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft ist damit als gerichtsähnliches Verfahren ausgestaltet. Während das japanische Wettbewerbsverfahren den Schwerpunkt auf die Mündlichkeit legt, sind Verfahren in Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft überwiegend schriftlich1.

1 Rechtsvergleichendes Kap. I, D.

Zwischenergebnis

zum

Wettbewerbsverfahren

s. o.

B. Unabhängigkeit der Wettbewerbsbehörde

321

B. Unabhängigkeit der Wettbewerbsbehörde Zuständige Wettbewerbsbehörde ist in Japan die FTC, in Deutschland, trotz der Spaltung der Zuständigkeit, in erster Linie das Bundeskartellamt, in der Europäischen Gemeinschaft die Kommission, vor allem ihre Generaldirektion IV. Die FTC gehört zwar zum Geschäftsbereich des Premierministers, dieser kann jedoch nach der h. M. keine Anweisung an die FTC erteilen. In ihren Entscheidungen ist sie autonom. Zusätzlich ist sie wegen der Einschränkung der gerichtlichen Nachprüfbarkeit aufgrund des Grundsatzes der sog. „substantial evidence“ und wegen der Einschränkung des Schadensersatzanspruches nach §§ 25, 26 AMG faktisch ein Gericht erster Instanz. Dies ist ein sehr wichtiger Grund dafür, daß der FTC eine gerichtsähnliche weitgehende Unabhängigkeit von anderen Stellen, sowohl in personeller als auch in sachlicher Hinsicht, eingeräumt ist. Hingegen sind das Bundeskartellamt und die Generaldirektion IV jeweils dem Bundesminister für Wirtschaft bzw. der Kommission unterstellt und nicht wie Gerichte organisiert. Das Bundeskartellamt und die Generaldirektion IV sind daher nach der h. M. nicht nur an generelle, sondern auch an Einzelweisungen jeweils des Bundeswirtschaftsministers bzw. der Kommission gebunden. Jedoch genießt das Bundeskartellamt aufgrund der Zurückhaltung des Bundesministers für Wirtschaft eine faktische Unabhängigkeit, während die Generaldirektion IV auch in tatsächlicher Hinsicht weitgehend von der Kommission abhängig ist. In Deutschland kann der Bundesminister für Wirtschaft in Fällen der Ministererlaubnis zur Bildung von Kartellen [§ 8 I a. F. (8 I n. F.) GWB] und Zusammenschlüssen [§ 24 III a. F. (42 I n. F.) GWB] aufgrund der das Wettbewerbsprinzip umfassenden und darüber hinausgehenden gesamtwirtschaftspolitischen Betrachtungsweisen in den einzelnen Verfahren einschreiten, während das Bundeskartellamt auf die Rechtsanwendung aufgrund des Wettbewerbsprinzips beschränkt ist. Diese in Japan und der Europäischen Gemeinschaft nicht festzustellende Aufgabenverteilung zwischen dem Bundeswirtschaftsminister und dem Bundeskartellamt dient zwar der Transparenz des Verfahrens, führt jedoch zur letztinstanzlichen Legitimation der außerwettbewerblichen Erwägungen. Eine derartige Aufgabenverteilung scheint mir nicht unerläßlich für die Transparenz des Verfahrens, da sie ohne Aufgabenverteilung beispielsweise durch die getrennte Begründung in der Entscheidungsschrift ebenfalls verwirklicht werden kann. In der Gemeinschaft ist, trotz Verbreitung der informellen Erledigung des Falles durch die Generaldirektion IV, zur förmlichen, abschließenden Entscheidung sogar die Zustimmung der Kommissionsmitglieder, die möglicherweise mit den dem Wettbewerbsprinzip gegenläufigen Politikarten befaßt sind, notwendig, und die Entscheidung wird dann im Namen der Kommission getroffen. Einflußmöglichkeiten seitens der Politikarten bestehen darüber hinaus durch die un-

322

Kap. VI: Gesamtergebnis

bestimmten Rechtsbegriffe wie „Gesamtwirtschaft“, „Gemeinwohl“ und „Interesse der Allgemeinheit“ im deutschen Recht oder „Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ im EG-Recht. In der Gemeinschaft erfolgen die Einflußnahmeversuche nicht nur seitens der Betroffenen, sondern auch seitens der Mitgliedstaaten. Um die auf außerwettbewerblichen Erwägungen beruhende Fremdeinwirkung auszuschließen, ist immer wieder die Forderung nach der Errichtung einer unabhängigen Wettbewerbsbehörde im deutschen und EG-Wettbewerbsrecht laut geworden. Diese Forderung ist in Deutschland insbesondere an dem Lehrsatz gescheitert, daß die Handlung des Verwaltungsorgans in der repräsentativen Demokratie der Gegenwart dem parlamentarisch-verantwortlichen Minister unterstellt sein muß, damit die Verwaltung unter der parlamentarischen Kontrolle steht und die Einheitlichkeit der Verwaltung im Ministerialsystem erhalten bleibt. Diesem Lehrsatz widerspricht aber das Bestehen der sogenannten ministerialfreien Räume. Ministerialfreie Räume sollen zulässig sein, wenn die Spitzenperson unmittelbar von der Volksvertretung gewählt wird oder wenn die Objektivität der Verwaltungshandlung durch die in der Demokratie immanenten Interessenkonflikte beeinträchtigt werden kann. Die Einheitlichkeit der Verwaltung kann durch Verpflichtung zur Unterstützung der Politik der Bundesregierung und zur Zusammenarbeit mit anderen Stellen gewahrt werden. Ein Beispiel hierfür ist die unabhängige Stellung der Deutschen Bundesbank. Auch in der Europäischen Gemeinschaft hat die Forderung nach der Errichtung einer selbständigen EG-Wettbewerbsbehörde keinen Erfolg. Dies mit der Begründung, die Gründung der unabhängigen EG-Wettbewerbsbehörde verstoße gegen den Grundsatz des institutionellen Gleichgewichts in der Gemeinschaft. Dieses Argument ist jedoch im Hinblick auf die bisherige dynamische Entwicklung der Institutionen der Gemeinschaft unhaltbar. Die Notwendigkeit parlamentarischer Kontrolle als weitere Begründung ist darüber hinaus nicht stichhaltig, da das Demokratieprinzip im eigentlichen Sinne wegen der Erhaltung der Souveränität der Mitgliedstaaten ohnehin noch nicht durchgesetzt ist und die Kompetenz des Europäischen Parlaments trotz der bisherigen Erweiterungen im Vergleich zu den nationalen Parlamenten begrenzt ist. Die Trennbarkeit der wirtschaftspolitischen Überlegung von der reinen Anwendung des Wettbewerbsrechts, von der man ausgeht und die zur Ablehnung der Unabhängigkeit der Wettbewerbsbehörde herangezogen wird, ist fragwürdig. Die Beschränkung der wettbewerbsbehördlichen Tätigkeit auf die reine Rechtsanwendung ist erstens hinsichtlich ihrer Rechtsstellung nicht als Gericht, sondern als Verwaltungsorgan in Frage zu stellen. Was die personelle Kontrolle über die Tätigkeit der Wettbewerbsbehörden angeht, unterstehen die japanische und die EG-Wettbewerbsbehörde unmittelbarer parlamentarischer Kontrolle in dem Sinne, daß es zur Ernennung und Wiederernennung der Entscheidungsträger der Zu-

D. Ausschluß der Fremdeinwirkung und Sicherung der Unparteilichkeit

323

stimmung der Parlamente bedarf. In Deutschland hingegen unterstehen die Vorsitzenden und Beisitzer der Beschlußabteilungen des Bundeskartellamtes als Entscheidungsträger nicht personeller Kontrolle des Parlaments2.

C. Funktionstrennung Im japanischen Wettbewerbsverfahren besteht zum besseren prozessualen Rechtsschutz des Betroffenen eine gewisse organinterne Trennung zwischen der Ermittlungs- und Entscheidungsfunktion innerhalb der FTC. Dort wird einerseits das Ermittlungsverfahren durch die Ermittlungsabteilung durchgeführt. Andererseits wird die mündliche Verhandlung, die für die Beweisaufnahme die entscheidende Rolle spielt, vom Amt des Leiters der mündlichen Verhandlung geführt, das nach dem Vorbild der US-amerikanischen „Administrative Law Judges“ eingeführt wurde und von der Ermittlungsabteilung organisatorisch getrennt ist. Der Entwurf der Entscheidung der FTC wird dann von ihm angefertigt. Demgegenüber gibt es in Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft keine Trennung der Funktionen innerhalb der Wettbewerbsbehörden. Die Wettbewerbsbehörden untersuchen, ermitteln, entscheiden und sanktionieren als einheitliche Behörden. Beteiligte am Wettbewerbsverfahren sind nicht Subjekt, sondern eher Objekt des Verfahrens. Das auf Kritik des englischen House of Lords eingeführte Amt des Anhörungsbeauftragten bleibt im wesentlichen lediglich das eines Beraters. Die Konzentration der Ermittlungs- und Entscheidungsfunktion in einer Person wird in Deutschland nur bezüglich des Bußgeldverfahrens, aber nicht bezüglich des Verwaltungsverfahrens in Frage gestellt. Die Ablehnung der Funktionstrennung ist sowohl im deutschen als auch im EG-Recht damit begründet, daß das Wettbewerbsverfahren Verwaltungsverfahren sei, nicht Strafverfahren3.

D. Ausschluß der Fremdeinwirkung und Sicherung der Unparteilichkeit Die Rechtsprechung ist nach dem Gewaltenteilungsprinzip von anderen Stellen organisatorisch und funktionell unabhängig. Den Richtern ist sachliche und persönliche Unabhängigkeit weitgehend gewährt. Die Unabhängigkeit des Entscheidungsträgers sollte dazu dienen, daß dieser eine objektive und sachgemäße Entscheidung ohne Fremdeinwirkung lediglich auf2

Rechtsvergleichendes Zwischenergebnis zur Rechtsstellung der Wettbewerbsbehörde s. o. Kap. II, E. 1.; ebenso zum Verhältnis zwischen der Politik und Rechtsanwendung im Wettbewerbsrechts s. o. Kap. II, E. 3. 3 Rechtsvergleichendes Zwischenergebnis zur Funktionstrennung s. o. Kap. II, E. 4.

324

Kap. VI: Gesamtergebnis

grund seiner eigenen Überzeugung fällen kann. Zu diesem Zweck ist es dem Außenstehenden nicht gestattet, bei schwebenden Verfahren in anderer als durch die Regeln des Verfahrens vorgesehener Weise unmittelbar oder mittelbar auf die zur Rechtsfindung berufenen Entscheidungsträger einzuwirken. Der Entscheidungsträger sollte eine fremde Rechtsangelegenheit als unparteiischer und nichtbeteiligter Dritter entscheiden. Die Unparteilichkeit und Objektivität des Entscheidungsträgers kann aber trotz seiner Unabhängigkeit organintern dadurch gefährdet werden, daß er einen Fall selbst ermittelt hat und schon dadurch eine bestimmte Einstellung zu dem Fall besitzt, da er dadurch schon voreingenommen ist. Dies betrifft den Verwaltungs- und Strafprozeß. Um diese Gefahr zu vermeiden, besteht z. B. im Strafverfahren die Staatsanwaltschaft, die zur Funktionstrennung der Ermittlung von der Entscheidungsfindung beiträgt4.

E. Interessenkonflikt als der Demokratie immanenter Prozeß Die politische Auseinandersetzung, die auf das Wettbewerbsverfahren einwirkt, ist eine Folge der Interessenkonflikte. Die Vielfältigkeit der Interessen der gegenwärtigen freiheitlich-demokratischen Gesellschaft, in der jeder seine eigenen Interessen durchsetzen darf und soll, führt unausweichlich zum Konflikt zwischen verschiedenen Interessen. Der einzelne, der nicht in der Lage und im Stande ist, allein seine besonderen Interessen zur Geltung zu bringen, bildet mit Gleichgesinnten Interessenverbände, die über einen sonst nicht zu gewinnenden Sachverstand verfügen und politischen und sozialen Einfluß auf die Entscheidungsträger ausüben können, um die Artikulation gleichartiger Interessen zu verwirklichen und zu erleichtern. In der Wirtschaft stehen sich insbesondere die Verbraucher- und Unternehmensverbände gegenüber. Hinsichtlich der Durchsetzungskraft besteht zwischen beiden Verbänden ein Ungleichgewicht. Die Einflußnahme der Interessenverbände mit unterschiedlicher Stärke erstreckt sich auf alle Stadien der politischen Willensbildung in Instanzen, die für die Interessengruppe relevante Entscheidungen vorzubereiten und zu treffen haben, z. B. in Parlament, Regierung, Verwaltung oder politischen Parteien. Die politischen Parteien tragen dazu bei, die verschiedenen Interessen der vielfältigen Gesellschaft in sich auszugleichen und die generalisierten politischen Präferenzen zu artikulieren. Sie übermitteln dadurch dem Staat Informationen über gesellschaftliche Interessen und Auswirkungen staatlicher Maßnahmen, die der Staatsapparat schwer beurteilen kann. Die moderne freiheitlich-pluralistische Demo4 Zwischenergebnis zur institutionellen Garantie für sachgerechte Entscheidungen s. o. Kap. III, C.

G. Annäherung des Wettbewerbsverfahrens an das Gerichtsverfahren

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kratie geht von derartiger Mitwirkung der Verbände, deren Durchsetzungskräfte unterschiedlich sind, und ihrer Einwirkung auf die Entscheidung des Staates aus. Dies ist ein legitimer Prozeß und ein wesentlicher Bestandteil der gegenwärtigen freiheitlich-pluralistischen Demokratie5.

F. Aufsicht der Wettbewerbsbehörde als Verwaltungsorgan Die Wettbewerbsbehörde überwacht die freiheitliche Wettbewerbsordnung im Rahmen der Privatautonomie und der dezentralen Selbstregulierung. Das heißt, sie schreitet nur dann ein, wenn die Wirksamkeit des Wettbewerbs und die ihm innewohnenden Tendenzen zur Leistungssteigerung beeinträchtigt werden und die bestmögliche Versorgung der Verbraucher in Frage gestellt wird. Da sich die wirtschaftliche Lage der modernen Gesellschaft rasch und dynamisch ändert und sie die am Gewinn orientierten Markteilnehmer zwingt, sich daran anzupassen, ist es zur Aufrechterhaltung des freien Wettbewerbs notwendig, daß die Wettbewerbsbehörde darauf dementsprechend zügig reagiert. Zu diesem Zweck wird sie grundsätzlich von Amts wegen und ohne Antrag des Betroffenen tätig. Sie handelt eigeninitiativ und selbsttätig. Geschützt ist hier die wirtschaftliche Handlungsfreiheit nicht nur von aktiven Vertragsbeteiligten, sondern auch von unbestimmten außenstehenden, passiv betroffenen Marktteilnehmern. In diesem Sinne bildet die Gewährleistung der freiheitlichen Wettbewerbsordnung durch die Wettbewerbsbehörde einen Teil des Gemeinwohls. Ein Verstoß gegen diese Ordnung wird von der Wettbewerbsbehörde durch Lenkung, Reglementierung und Sanktionierung bekämpft, die eine kontinuierliche, umfangreiche, in die Zukunft gerichtete Sozialgestaltung darstellt. In diesen Punkten unterscheidet sich die Handlung der Wettbewerbsbehörde als Verwaltungsorgan von der Funktion der Rechtsprechung, und daher sind in Japan, Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft nicht die Gerichte, sondern die Behörden damit befaßt6.

G. Annäherung des Wettbewerbsverfahrens an das Gerichtsverfahren Vorschriften über das Wettbewerbsverfahren, z. B. in bezug auf die Ermittlung oder Beweisaufnahme richten sich weitgehend nach denen des strengen gerichtlichen Verfahrens. Hingegen entspricht die Organisation der 5 6

Zwischenergebnis zum Interessenkonflikt in der Demokratie s. o. Kap. IV, E. Zur Rechtsnatur der wettbewerbsbehördlichen Handlungen s. o. Kap. V, C.

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Kap. VI: Gesamtergebnis

Wettbewerbsbehörden, nämlich ihre Rechtsstellung und die Funktionstrennung nicht der eines Gerichts. Das Bundeskartellamt und die Generaldirektion IV der Kommission sind institutionell nicht unabhängig und eine organinterne Trennung der Ermittlungs- von der Entscheidungsfunktion besteht dort nicht. Dies wird damit begründet, daß die Wettbewerbsbehörde kein Gericht, sondern ein Verwaltungsorgan, das Wettbewerbsverfahren kein Gerichtsverfahren sei, sondern Verwaltungsverfahren. Die Handlung der Wettbewerbsbehörde als Verwaltungsorgan müsse daher unter Kontrolle der dem Parlament verantwortlichen, politischen Instanz stehen. Jedoch ist die Unabhängigkeit und Funktionstrennung in der Gegenwart nicht deshalb verwirklicht, weil der Entscheidungsträger Gericht ist, sondern deshalb, weil sie dem Ausschluß der Fremdeinwirkung, der Unparteilichkeit und Objektivität der Entscheidung dient. Außerdem kann eine unsachgemäße Entscheidung der Wettbewerbsbehörde zwar nachträglich durch Gerichte aufgehoben werden, doch bleibt die Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes bis zu seiner gerichtlichen Aufhebung grundsätzlich erhalten. Das rechtsstaatliche Gedankengut von Unabhängigkeit und Funktionstrennung sollte daher in Hinsicht auf die Vorverlagerung des verfahrensrechtlichen Interessenschutzes des Beteiligten und die Sachgerechtigkeit der Entscheidung Geltung finden, unabhängig davon, ob das Verfahren Gerichts- oder Verwaltungsverfahren ist. Dem gerichtlichen Verfahren entsprechend sind die Unabhängigkeit der Wettbewerbsbehörden und die organinterne Funktionstrennung wünschenswert. Die politische Verantwortung der unabhängigen Wettbewerbsbehörde gegenüber der Volksvertretung und die parlamentarische Kontrolle über sie sollten zur Gewährleistung der autonomen Handlung, wie bei Richtern, lediglich durch Einwirkung auf die personelle Besetzung der Entscheidungsträger erfolgen. Derartige Behörden unterstehen auf jeden Fall nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung der allgemeinen Kontrolle durch den Gesetzgeber und der Regierung, die den Haushaltsplan derartiger Behörden prüft. Zur Aufrechterhaltung der freien und fairen Wettbewerbsordnung, die dem öffentlichen Interesse und dem Gemeinwohl dient, bedarf es bei dem sich rasch und dynamisch ändernden Wirtschaftsgefüge einer stetigen, schnellen, einheitlichen, aktiven und gegebenenfalls gestaltenden Aufsicht über den Markt. Für die effektive Erfüllung dieser Aufgabe ist nicht die Rechtsprechung, die durch die Passivität und Neutralität gekennzeichnet ist, sondern die Verwaltung geeigneter. Daher sollte mit der Aufgabe eine unabhängige Wettbewerbsbehörde mit einer organinternen Funktionstrennung, nicht aber ein Gericht befaßt werden. Zur effektiveren Erledigung der Aufgaben sollte die unabhängige Wettbewerbsbehörde ohne Zuständigkeitsverteilung einheitlich und eigenverantwortlich in Einvernehmen mit anderen Stellen neben der Rechtsanwendung die Wettbewerbspolitik betreiben

G. Annäherung des Wettbewerbsverfahrens an das Gerichtsverfahren

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und wettbewerbspolitische Überlegungen anstellen dürfen, da die wettbewerbspolitischen Überlegungen im Wettbewerbsrecht, das eine Art Wirtschaftsrecht ist, von der reinen Rechtsanwendung schwer abzugrenzen sind und die Berücksichtigung der außerwettbewerblichen Elemente in einzelnen Fällen unentbehrlich ist. Hingegen sollte die allgemeine Wirtschaftspolitik im Rahmen der parlamentarischen Demokratie nicht von der Wettbewerbsbehörde, sondern von der der Volksvertretung verantwortlichen politischen Instanz betrieben werden. Die Einheitlichkeit der Wirtschaftspolitik würde durch die Zuständigkeit der unabhängigen Wettbewerbsbehörde, die Wettbewerbspolitik zu betreiben, nicht beeinträchtigt, da sie auch durch Verpflichtung der Wettbewerbsbehörde zur Unterstützung und Koordinierung gegenüber der Regierung und anderen Stellen gewahrt werden könnte. Zur Sicherung der sachgerechten Entscheidung ist die gegenwärtige Möglichkeit für die politische Einflußnahme auf einzelne Verfahren im deutschen und EGWettbewerbsrecht auszuschließen. Der Beitritt weiterer Staaten zur Europäischen Gemeinschaft führt unausweichlich zur dezentralen Durchsetzung des Wettbewerbsrechts, die die Zuständigkeitsverteilung und Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden voraussetzt. Andererseits ist es nicht zu bestreiten, daß unter manchen Mitgliedstaaten immer noch eine unterschiedliche Einstellung zur Aufgabe des Wettbewerbsrechts besteht, obwohl die Angleichung der Wettbewerbsrechte zwischen ihnen im Gang ist. Diese unterschiedlichen Verständnisse können durch Zusammenarbeit im Rahmen des dezentralen Wettbewerbsverfahrens, das gleichzeitig die Beibehaltung der Souveränität widerspiegelt, auf die einzelnen Verfahren einwirken. Die Entpolitisierung des Verfahrens durch die Verselbständigung der Wettbewerbsbehörde und die Trennung der Entscheidungs- von der Ermittlungsfunktion könnten in diesem Zusammenhang einen wichtigen Beitrag zur Gewährleistung der sachgerechten Entscheidung im Europäischen Wettbewerbsrecht leisten.

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Sachverzeichnis Abmahnung 32, 64, 68 Abstellungsanordnung 109 Abteilung über Wirtschaftshandel 135 Administrative Law Judge 157, 266, 278–279 Aerospatiale-Alena/De Havilland 230, 239, 260 Ahndungsinstanz 172, 175 Akteneinsicht 34, 58, 74, 77, 91, 98, 106 Aktienbesitz 27 allgemeine Verwaltungsanweisung 233 allgemeine Weisung 171–172 allgemeines Interesse der Gemeinschaft 251 allgemeines Wohl der Gemeinschaft 221, 247 Allgemeininteresse 181, 184, 229, 263 Amtsenthebung 222 Amtsenthebungsverfahren 292 Amtsgericht 58, 72, 78 Amtsverfahren 28, 30, 54–55, 81–82 Amtszeit 134, 149, 158, 166, 276, 292 Anfangsverdacht 57, 68 Anfechtungsbeschwerde 55, 61, 71– 72, 217 Anfechtungsklage 28, 42, 45–46, 53, 84, 115, 117, 136, 139–140, 146, 263, 271 Angleichung der Wettbewerbsrechte 327 anglo-amerikanische Strafverfahren 35 Anhörung Dritter 60, 94, 97 Anhörungsbeauftragte 90, 94, 98, 224, 267, 270 Anhörungsverfahren 59, 250 Anklage 49, 53, 136, 296–297

Anklagefunktion 267 Anklagegrundsatz 34 Anklageprozeß 297 Ankläger 216, 229, 265, 295–296 Ankläger-Richter Dualismus 297 Anmeldepflicht 63 Anmeldeverfahren 174 Antitrust Division 274–276 Anti-Trust-Recht 75, 275 Antragsverfahren 28, 30, 45, 54–55, 81–83, 132, 174 Anwaltschaftsverbände 267 Assistant Attorney General 274 Attorney General 274 aufeinanderabgestimmte Verhaltensweise 82 Aufgabenverteilung 54 Auflage 64, 73, 102 Auflösung 38, 67, 100 aufschiebende Wirkung 44, 46, 72, 74, 77–78, 117, 217, 263, 271 Augenschein 35, 57 Ausführungsorgan 221 Auskunftsbefugnis 68 Auskunftsbeschluß 56 Auskunftsentscheidung 105, 107 Auskunftsersuchen 43, 56, 85, 87, 96, 105 Auskunftspflicht 63 Auskunftsrecht 56, 62, 68 Auskunftsverlangen 62, 75, 85, 97 Auskunftsverweigerungsrecht 31, 57, 85–86 Ausnahmekartelle 27, 47, 131 Ausnahmetatbestand 177, 189, 191, 256

Sachverzeichnis Aussageverweigerungsrecht 49 ausschließliche Zuständigkeit 69, 72, 160, 165, 179 Ausschließlichkeitsgrundsatz 102 Ausschließlichkeitsprinzip 129 Ausschluß des Untersuchungsgrundsatzes 74 Außenbüro 275 außenhandelspolitisches Instrumentarium 239 außenpolitische Interessen der Gemeinschaft 258 Außenstelle der Federal Trade Comission 276 Außenstelle der Kanzlei des Premierministers 133 Außenverhältnis 150, 158 außerökonomische Gesichtspunkte 230 außerwettbewerbliche Gesichtspunkte 212, 256, 260 Autonomie der Bundesbank 201 Bangemann 184, 234, 239 Bangemann-Papier 235 Bausparwesen 199 Befangenheit 150, 152, 154, 187, 280, 291, 293, 296 Begrenzung der Herrschaft 311 behördeninterne Trennung 151 Beihilfekontrolle 232, 239 Belastungsbeweis 296 Beratender Ausschuß für die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen 92, 97, 249 Beratender Ausschuß für Kartell- und Monopolfragen 82, 100, 249, 261 Beratungsfunktion 167, 188 Beratungspflicht 60 Berichterstatter 91, 213, 266 Berichterstattung 31, 35, 134, 158 Berufsvereinigung 54 Berufung 47, 52, 79, 118, 280

353

Berufungsgericht 79, 275 Beschlagnahme 32, 58, 77 Beschlagnahmerecht 57 Beschlußabteilung 58, 70, 161–162, 172, 213, 234 Beschlußentwurf 36, 154, 158 Beschlußkörper 227 Beschuldigte 33–35, 41, 77, 142, 145, 150, 153, 154, 216, 295, 297 Beschuldigtenvernehmung 77 Beschwer 56, 65 Beschwerdeberechtigte 83 Beschwerdeführer 55, 71, 73, 83, 92 Beschwerdegericht 72–73, 75, 217 Beschwerdeinstanz 270 Beschwerdepunkt 89–90, 92 Beschwerderecht 84 Beschwerdeverfahren 57, 66, 70, 74, 279 Bestandskraft 32, 42, 47 Beteiligungsrecht 60 Betretungsbefugnis 87 Betriebsgeheimnis 34, 59 Betriebskauf 27, 29 Beugestrafe 279 Beurteilungsfunktion 198, 294 Beurteilungsspielraum 218, 250 Beweisantrag 139 Beweisaufnahme 35, 44, 137, 139, 278, 295 Beweiserhebungsrecht 57 Beweislast 51, 140–141, 143, 302 Beweiswürdigung 36 Bezirksgericht Tokyo 45, 47 Binnenmarkt 82, 168, 255 Bundesanzeiger 172 Bundesaufsichtsamt für die Privatversicherung 199 Bundesbankautonomie 202 Bundesberufungsgericht 280 Bundesgerichtshof 70, 74–75, 78–79, 119 Bundeshaushalt 184

354

Sachverzeichnis

Bundesinstanz 164 Bundeskanzler 192, 195, 202, 212 Bundeskartellamt 54, 61–62, 64, 66– 68, 70, 77, 80, 100, 102–104, 106, 152, 159, 161, 168, 172, 177, 185, 190–191, 209, 212–214, 216, 220 Bundesminister für Wirtschaft 54, 59, 61, 66, 69–70, 72, 159–162, 166, 168, 171, 176, 185–186, 190

CDU-Abgeordnete 180 Clayton Act 274 comfort letter 109, 111 Consumer Subcommittee 279 Courts of Appeals 280 Cresson 235

Bußgeldimmunität 94

Daimler-Benz/MBB 184, 210 Dekartellisierungsvorschriften der Besatzungsmächte 164 Demokratie 169, 307, 310, 315 demokratische Legitimation 196, 238, 247 demokratische Rechtsordnung 291 demokratischer Prozeß 308 demokratisches Legitimationsdefizit 246, 261 Deutsche Bundesbank 164, 170, 200– 201, 209, 212 deutsche Klausel 102–103 dezentral 68, 101, 104, 262 dezentrales Wettbewerbsverfahren 327 Dienstaufsicht 233, 291, 298 Direktor 94, 223, 265, 276 Direktorium 206 discomfort letter 110–111 Dispositionsgrundsatz 55, 72, 82 Dispositionsmaxime 30 Distanz zur Politik 293 Disziplinarverfahren 222 Dreiergremium 163 dreiinstanzlich 146 dreistufiger Instanzenzug 49, 144, 146 Duldungsverpflichtung 105 Durchsuchung 32, 57, 77, 88 Durchsuchungsanordnung 72, 75, 89 Durchsuchungsbefugnis 87 Durchsuchungsrecht 57, 88 dynamisches Gleichgewicht 244, 262

Bußgeldverfahren 27, 54, 69, 75–76, 104, 113–115, 172, 175, 187, 213, 216, 260, 264, 271

EG-Industriepolitik 184, 234, 237, 256, 258, 260

Bundesoberbehörde 161, 168, 215 Bundesoberseeamt 199 Bundespatentamt 199 Bundespersonalausschuß 198 Bundespräsident 166, 198, 207 Bundesrat 177, 193, 198, 207, 247 Bundesrechnungshof 198 Bundesschuldenverwaltung 198 Bundessortenamt 199 Bundestag 177, 192–193, 196, 198, 202, 215, 220 Bundesverfassungsrecht 198 Bundesverwaltungsamt 166 Bundesverwaltungsgericht 200 Bundeswirtschaftsminister 65, 103, 173, 182, 185, 211, 219 Bundeswirtschaftsministerium 161– 162, 171, 191, 209, 212, 215–216 Bureau of Competition 276 bürgerliche Freiheit und Menschenwürde 290 bürgerliche Rechtsstreitigkeiten 54, 80 Bürokratismus 208 Bußgeld 56, 102, 113, 229 Bußgeldbescheid 77, 217 Bußgeldentscheidung 115

Sachverzeichnis EG-Kartellamt 225, 241 EG-Kartellbehörde 226, 240 EG-Wettbewerbsamt 191 EG-Wettbewerbsbehörde 224, 245, 255 EG-Wettbewerbspolitik 258, 261 EG-Wettbewerbsverfahren 262, 270 EG-Wettbewerbsverfahrensrecht 113 EG-Wirtschaftspolitik 259 Eid 279 Eigenverantwortlichkeit 175, 198 einfache Stimmenmehrheit 207 einfaches Bundesgesetz 202 Einfallstor 176, 253–254 Einflußnahmemöglichkeit 174, 305 Einflußnahmeversuche 322 Eingriffsverwaltung 316 Einheitlichkeit der Verwaltung 282 Einkommensverdiener 302 Einkommensverwender 302 Einschätzungsprärogative des Ministers 219 Einspruch 77, 214–215 Einspruchsabteilung 214 Einspruchsverfahren 214–215 Einstellung 42, 70, 111, 175 einstweilige Anordnung 38, 53, 60, 74, 94, 117 Einzelentscheidung 176, 180, 225, 232 Einzelfreistellung 86, 109 Einzelweisung 172, 175, 211 Empfehlung 32–33, 41, 95, 101, 111, 115, 155, 165, 175, 221, 249, 261, 279, 291, 304 Empfehlungsbeschluß 38, 42, 46, 141– 142 Empfehlungsschrift 33, 38, 41 Entflechtungsanordnung 110 Entlastungsbeweis 296 Entpolitisierung 205, 208, 228, 255 Entscheidungsaufgabe 265

355

Entscheidungsentwurf 91, 135, 154, 157, 264, 266, 268–269 Entscheidungsfindung 89, 144, 147, 150, 153–154, 157, 170, 174, 224, 230, 264, 270, 294 Entscheidungsfunktion 216, 266 Entscheidungsinstanz 183, 297 Entscheidungsschrift 41, 46 Entscheidungsträger 124, 156, 216, 233–234, 261, 270, 303 Entscheidungsvorschlag 100, 225, 266 Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts 251, 254, 257 Erforderlichkeitsgrundsatz 85 Ergänzungsklausel 241 Erlaubnisverfahren 59, 62 Ermächtigungsverfahren 108 Ermessensbetätigung 174 Ermessensentscheidung 136, 218, 228, 242, 275 Ermessensmißbrauch 137, 217, 272 Ermessensspielraum 64, 223, 242, 271 Ermittler 30, 33, 35, 150, 153, 156, 216, 265 Ermittlung 29, 31, 49, 50, 56, 61, 76, 88–89, 97, 105, 111, 135, 147, 150, 153–154, 157, 176, 213–214, 224, 260, 264, 266, 275–276, 295–297 Ermittlungsabteilung 30, 32, 135–136, 153, 155, 158, 213 Ermittlungsakte 92 Ermittlungsbeamter 268, 270 Ermittlungsinstanz 299 Ermittlungsleiter 31, 33, 151 Ermittlungsmaßnahme 31–32, 42–43, 68, 104, 136 Ermittlungstätigkeit 101, 213, 296 Ermittlungsverfahren 30, 46, 49, 76, 85, 151, 155 Ernennung und Entlassung des Präsidenten 134 Erörterungspflicht 60 erstinstanzlich 118, 144, 280

356

Sachverzeichnis

Europaabteilung 161, 163 europäische Industriepolitik 238–239, 250 europäische Kartellbehörde 226, 233 Europäische Kommission 63 Europäische Union 235 Europäische Wettbewerbsbehörde 224, 227, 232, 255, 258, 260 Europäischer Gerichtshof 81, 84, 93– 94, 96, 102, 116, 118–119, 222, 224, 228, 241–242, 244, 250, 263, 266, 269, 271 europäisches Interesse 184, 246 europäisches Kartellamt 225, 228–230, 232–233 Europäisches Parlament 82, 221–222, 236, 243, 246, 261, 266, 273 Exekutive 132, 137, 144, 158, 172, 175, 186, 195–196, 198, 207, 276, 293, 304 Exekutivkontrolle 200, 209 Export Trading Company Act 274 Fair Trade Commission 30, 131, 148 faires Verfahren 147, 152–153, 156, 168, 241, 250, 265, 279, 291 Federal Administrative Procedure Act 150, 278 Federal Trade Commission 41, 133, 139, 168, 170, 266, 274–275, 279 Federal Trade Commission Act 274– 275 Federal Trade Commission Improvement Act 278 Festnahme 77 Feststellungskompetenz 179 Fibelsyndikate 175 föderalistische Struktur 69, 159, 164, 206 föderalistischer Staatsaufbau 207 formelle Beschwer 71 förmliche Entscheidung 109, 111, 264

förmliche Ermittlung 30 förmlicher Beschluß 30, 36, 38, 40, 42, 45, 62, 82, 138, 140–142, 154 förmliches Verfahren 62 Frachtausschuß 199 Fraktion 306 französischer Staatspräsident 230 Freigabebescheid 63 Freigabeverfügung 64 freiheitlich-demokratische Gesellschaft 324 freiheitlich-pluralistische Demokratie 311 freiheitliche Demokratie 199, 308 Freistellung 54, 81–82, 85, 101, 109, 112, 119, 250, 254, 257 Freistellungsmonopol 262 freiwillige Gerichtsbarkeit 290 Fremdeinwirkung 132, 169, 261, 291– 292, 305 FTC-Zentralismus 142 Funktionstrennung 150, 156, 214, 265, 270, 278, 290, 297 Fusionskontrolle 37, 61, 81, 83, 100, 102, 163–164, 178, 189, 216, 227, 251, 253–254, 257, 260 Gehalt 149, 280 Geheimnisschutz 59, 92 Geldbuße 48, 53, 76, 85, 87, 93, 97, 113, 115–116, 118, 214, 226, 258, 264, 316 Gemeininteresse 180, 210 Gemeinschaftskartellamt 228 Gemeinschaftsplanung 238 Gemeinschaftsrichter 91, 268 Gemeinschaftsunternehmen 274 Gemeinwesen 317–318 Gemeinwohl 36, 176–177, 179–180, 190, 210 Generaldirektion IV 81, 90, 106, 108, 221, 223, 225, 229, 232, 259, 262, 264–265, 267, 269–270

Sachverzeichnis Generaldirektion Wettbewerb 225, 233, 240 Generaldirektor 111, 223 Generaldirektor für Wettbewerb 91, 268, 271 generalklauselartiger Zulassungstatbestand 177 Generalsekretär 33, 107, 135, 152, 156, 166, 222, 269 Generalsekretariat 30–31, 33, 108, 133, 135, 156, 166 Generalvollmacht 183 Gericht Erster Instanz 82, 116, 118, 144, 228, 266, 269, 271 gerichtliche Instanz 146 gerichtliche Nachprüfbarkeit 136, 144, 151, 281 gerichtliche Nachprüfung 30, 112– 113, 117, 152, 181, 183, 185, 217– 218, 220 gerichtlicher Rechtsschutz 143–144, 319 gerichtsähnlich 138–139, 141, 146– 147, 151, 154, 208, 219 gerichtsähnliches Verfahren 130 Gerichtsbarkeit 126, 193, 220 Gerichtsverfahren 33–34, 138–139, 144, 150, 292, 295 Gesamtbericht 273 Gesamthaushalt 162, 168 Gesamtwirtschaft 176, 180, 185, 190, 210 gesamtwirtschaftliche Lage und Entwicklung 181, 217–218 Geschäftsbereich 133, 148, 161, 168, 178, 192, 194, 212, 277 Geschäftsgeheimnis 34, 59, 91, 94, 104, 109 Geschäftsordnung 132, 162, 167, 172 Geschworene 280 gesellschaftliche Gruppierungen 292 Gesetzesbindung 304 Gesetzesvorbereitung 304

357

Gesetzgebung 132, 144, 147, 158, 198, 202, 220, 304, 307 Gesetzgebungsorgan 276 Gesetzmäßigkeit der Verwaltung 104, 175, 186 Gewaltenbalancierung 243, 290 Gewaltenkontrolle 218, 276 Gewaltenteilung 142, 144, 218, 243, 289, 297 Gewaltenteilungsgrundsatz 243, 292 Gewaltenteilungsprinzip 198–199, 208, 278–279, 290, 307 Gewerbebetrieb 78 Gewohnheitsgesetz 140 Gleichgewicht der Gewalten 242 Gleichheit 30, 169 Großunternehmen 29, 302 Grundrecht 86, 291 Grundrechtskatalog 147 Grundrechtsschutz 114 Grundrechtssphäre 317 Grundsatzabteilung 161, 163 Gruppenfreistellung 109 Gruppenfreistellungsverordnung 106, 248 Gruppeninteresse 302–303 Handelsmethode 132, 135 Handelspolitik 239, 248 Hauptausschuß und Fachausschüsse zur Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen 199 Haupteinteilungskriterium 163 Hauptgutachten 166 Hauptprüfungsphase 83 Hauptprüfverfahren 61–62, 64 Hauptverfahren 61, 75, 97, 99–100, 103, 110 Haushalt 148, 168, 277 Haushaltskontrolle 193, 272 Haushaltsmittel 277

358

Sachverzeichnis

Haushaltsplan 158, 220, 277 Haushaltsplanfestsetzung 198 hearing 279 Hearing Examiner 286 Heimarbeitsausschuß 199 Hochschullehrer 166 Hohe Behörde 242 Hoheitsgewalt 245, 247 House of Lords 232, 267, 269 Hüterin der Währung 201 Hüterin des Gemeinschaftsrechts 221

Interessenvielfalt 308 internationale Wettbewerbsfähigkeit 132, 180, 184–185, 235, 239, 254, 256 interne Geschäftsverteilung 163 Interpellationsrecht 193 Interventionismus 236 interventionistische Industriepolitik 248 Interventionsbefugnis 179 Investitionslenkung 178

Independent Regulatory Commission 132–133, 137, 275–277 Individualinteresse 121, 181 industrielle Planifikation 238 industriepolitische Betrachtungsweise 255–256 industriepolitische Erwägungen 227, 241 industriepolitisches Kriterium 252 Industrieverbände 267 informelle Verfahrenserledigung 229 informelles Verfahren 62 Innenverhältnis 150, 224 Inquirent 295 Inquisitionsgrundsatz 150, 156 Inquisitionsmaxime 34 Inquisitionsprinzip 295 Inquisitionsprozeß 295 institutionelles Gleichgewicht 231, 240, 243, 262 institutionelles Ungleichgewicht 243 Interesse der Allgemeinheit 121, 177, 181, 185, 210 Interessenausgleich 302 Interessengruppe 134, 169, 205, 230, 263, 277, 300, 303 Interessenkonflikt 322, 324 Interessenverbände 93, 300, 303, 305, 309–310 Interessenvertreter 304

Jahresbericht 159 japanische Elektrofirmen 176 japanische Verfassung 144, 148, 292 japanisches Justizialsystem 144 Joint Venture 274 judicial work 191 Judikative 44, 137, 144, 277, 289 Jurist 162, 265 Juristischer Dienst 107, 224, 264, 266, 269 Jury 137 Jurysystem 137 justizähnlich 162, 172–173 justizförmig 132, 173, 226 Justizminister 50, 274, 297 Justizministerium 274 Kabinett 108, 133, 144, 148, 192, 222 Kabinettsangehörige 223 Kabinettschef 107, 212, 222, 269 Kabinettsjustiz 293 Kabinettsmitglied 192 Kabinettssitzung 108 Kaiser 134 Kammergericht 57, 71, 104 Kartell 80, 101, 132, 177, 180, 211, 220, 250, 257 Kartellaufsicht 160, 170, 175, 232, 249, 256

Sachverzeichnis Kartellbehörde 27, 32, 54, 62, 69, 71– 73, 76–77, 80, 160–161, 164, 167, 217–219 Kartellbeschwerdeverfahren 70 Kartellerlaubnis 190, 211 Kartellinteressent 178 Kartell-Landgericht 118 Kartellordnungswidrigkeit 213 Kartellreferat 164 Kartellreferent 70 Kartellsenat 44, 53, 72, 74, 78–79, 118, 162 Kartellverbot 176, 189 Kartellverordnung von 1923 161 Kaution 42, 47, 53 Koalitionspartei 310 kollegial 70, 99, 107–108, 110, 132, 134, 155, 162, 207, 213, 225, 227, 230, 234, 264, 270, 295 kollegiales Entscheidungsorgan 265 Kollegialprinzip 170, 173, 211, 233 Kommissar 35, 134, 148, 149, 152, 154, 158, 223, 225, 228, 230, 246, 258, 261, 270, 276, 279 Kommissionsbeschluß 222 Kompetenzbeschränkung 168 Kompetenzerweiterung 244, 262, 276 Kompetenz-Kompetenz 241, 245 Konditionskartell 54 Kongreßausschuß 278 Konjunkturkrisenkartell 177 Konjunkturpolitik 190, 210 Konstitutionalismus 195 konstitutionelle Demokratie 192 konstitutionelle Monarchie 192 Konsumenteninteresse 227, 263 kontradiktorisch 33, 90, 151, 154, 158, 269 Konzentration der Befugnisse 143, 266 Kooperationskartell 55 Kooperationspflicht 244 Kreditpolitik 202, 206

359

Kreuzverhör 35, 58 Kriminalpolizei 265 Kriminalstrafe 115 Krisenkartell 29, 43, 47 Kumulation der Ermittler-, Anklägerund Richterfunktion 229 Laienrichter 137 Landesbehörde 161 Landesinstanz 164 Landeskartellbehörde 54, 69–70, 159– 160, 163, 168 Landeskopfstelle 206 Landesminister für Wirtschaft 163 Landesministerium 164 Landesrecht 69, 163, 207 Landesregierung 80, 207 Landeszentralbank 164, 206 Lastenausgleichsverwaltung 199 Legalitätsgrundsatz 55 Legalitätsprinzip 30, 76, 82 Legislative 144, 158, 197, 293 Legitimationsdefizit 310 Legitimationskette 197, 307 Leistungsfähigkeit 185, 234 Leiter der mündlichen Verhandlung 33, 43, 135, 153–154, 156–157 Lenkung 316–317 Lizenzverträge 54 Lobbyismus 263, 305 loyale Zusammenarbeit 244, 262 Luxemburger Vereinbarung 247 Machtbegrenzung 290 Machtmißbrauch 311 Mandat 189, 309 Mandatsträger 205 Marktanteil 62–63, 138 marktbeherrschende Stellung 184 Marktbeteiligte 60 Marktmacht 302 Marktmechanismus 315

360

Sachverzeichnis

Marktteilnehmer 316 Marktwirtschaft 135, 165, 171, 177, 187, 201, 236, 248, 315, 317 Maroni-Urteil 228 materielle Beschwer 71 Mehrerlösabschöpfung 32, 39 Mehrheitspartei 308 Mehrparteiensystem 308 Meinungsvielfalt 308 Meldepflicht 75 Merger Task Force 81, 96, 106, 223 merkantilistische Handelspolitik 248 merkantilistische Position 237, 260 Minister für Allgemeine Angelegenheiten 133, 148–149 Ministerautorität 176 Ministererlaubnis 65–66, 160, 170, 174, 176, 181–182, 184, 210, 216, 229, 232 ministeriale Kontrolle 197 Ministerialfreie Räume 199 ministerialfreies Verwaltungsorgan 198 Ministerialfreiheit 198, 203, 208–209, 212 Ministerialinstanz 208 Ministerialjustiz 293 Ministerialprinzip 194, 197, 208, 210 Ministerialsystem 195–197, 207, 209 Ministerialverwaltung 195 Ministerkartell 54, 182 Ministerverantwortlichkeit 192–194, 197, 207 Ministerverantwortung 185, 192 Mißbrauchsaufsicht 56, 68, 165 Mißbrauchsverfahren 59, 68 Mißtrauensvotum 193, 273 Mitarbeiter wissenschaftlicher Institute 166 Mitwirkungspflicht 88 moderne Demokratie 209, 212, 263 modernes Demokratieprinzip 202, 263 monokratisch 70, 164

Monopolies and Merger Commission 165 Monopolist 233 Monopolkommission 54, 66, 159, 164–165, 167, 178, 186, 212, 230, 232 Monopolzustand 27, 30, 32, 37, 40, 45 Motor der Integration 221 mündliche Anhörung 90, 94, 96, 98, 265, 267 mündliche Verhandlung 30, 32–35, 37–39, 41, 59, 72, 74, 77, 91, 132, 150, 153–154, 156, 158 Mündlichkeitsgrundsatz 34 Nachforschungsrecht 57 Nachprüfungsentscheidung 87, 107– 108 Napoleon 194 nationale Kartellbehörde 86, 102 nationale Wettbewerbspolitik 238 nationales Interesse 221, 239, 246, 253, 263 nationales Parlament 246, 261 Nationalsozialismus 195 Nebenentscheidung 75 Negativattest 81–82, 84–86, 89, 93, 101, 109, 112 Neutralität 90, 147, 204, 291, 293, 310, 319 Nichtanwendbarkeitserklärung 110 Nichtzulassungsbeschwerde 74 Notenbank 201, 203 Obergericht Tokyo 42, 44, 47–48, 50– 51, 53, 136, 139–140, 152, 155 Oberlandesgericht 45, 53, 67, 70–72, 74–75, 78–80, 118, 215 oberste Bundesbehörde 215 oberste Bundesverwaltungsbehörde 161 oberste Landesbehörde 64, 66, 163 Oberster Bundesgerichtshof 280

Sachverzeichnis Oberster Gerichtshof 47–48, 50, 53, 144 oberstes Landesgericht 80 Objektivität 90, 204, 224–225, 293, 297 öffentliche Anhörung 29, 37, 43 öffentliches Interesse 28, 31, 34, 36, 44, 46–47, 52, 55, 61, 71, 73, 95, 177, 179, 182, 317 Öffentlichkeitsprinzip 34 Office of Personel Management 280 Offizialprinzip 30, 55, 82 Ökonomen 162 ökonomische Untersuchung 135 One-Stop-Shop-Prinzip 102 Opportunitätsgrundsatz 50, 82, 189 Opportunitätsprinzip 30, 32, 49, 55, 76, 113, 175, 187, 316, 318 Oppositionspartei 308 ordentliche Gerichtsbarkeit 133 ordentliches Gericht 70 Ordnungswidrigkeit 48, 53, 57, 63, 67, 75, 113, 160 parlamentarische Kontrolle 158, 178, 196, 198, 200, 205, 208, 220 parlamentarische Ministerverantwortlichkeit 196 parlamentarische Verantwortlichkeit 173, 194 parlamentarische Volksvertretung 307 parlamentarische Willensbildung 306 parlamentarisches Regierungssystem 192, 195, 197, 199, 207–208 parlamentarisches System 144 parlamentarisch-repräsentative Demokratie 308 parlamentarisch-verantwortlicher Minister 282 Parlamentsmehrheit 193, 197 Parteiendemokratie 308 Parteienpolitiker 313 Parteienstaat 192 Partikularinteresse 229, 312

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Passivität 289, 319 Personalpolitik 171, 207 personelle Trennung 154, 157, 216 Personengleichheit 27, 29 Personenvereinigung 54, 60, 83, 93, 95 persönliche Einstellung des Bundesministers 176 persönliches Verschulden 193 pflichtgemäßes Ermessen 55, 60, 76, 117 Plädoyer 35 Plenum 306, 309 Pluralismus 311 Pluralismusprinzip 311 pluralistische Auseinandersetzung 311 pluralistische Gesellschaft 311 policy-determining work 191 political question 161 Politiker 192, 263, 302 politische Einflußnahme 159, 169, 208, 223, 261, 304 politische Entscheidung 165, 179, 185, 230, 290 politische Entscheidungszentrale 306 politische Erwägungen 188 politische Initiative 290 politische Instrumentierung 238 politische Interessen der Mitgliedstaaten 258 politische Partei 148, 293, 301, 303, 306, 308, 310 politische Tragweite 203, 209, 210, 212 politische Verantwortlichkeit 191, 193, 278 politische Willensbildung 196, 303, 307, 311 politischer Einfluß 40, 149, 169–170, 226 politisches Waisenkind 232 Politisierung des Verfahrens 259, 261 Präsidialdemokratie 197

362

Sachverzeichnis

Präsidialsystem 133, 197, 234 Präventivkontrolle 96 Preisangaben 135 Preisempfehlung 68 Premierminister 50, 133–134, 158–159 Pressearbeit 135 Pressure-group 305 Privatautonomie 316 private Monopolisierung 27, 51, 142 Produzenteninteresse 227, 229, 263 Prozeßbeteiligte 292 Prozeßpartei 298 Prüfungstatbestand 185, 210 psychologische Überforderung 296 psychologischer Zwang 176 Quasi-Gericht 140–141 quasi-gerichtliches Verfahren 276 quasi-judikativ 276 quasi-justizial 132 quasi-legislativ 132, 276 Querschnittsklausel 239 Rat 109, 117, 221–222, 236, 244, 246–247, 261, 263 Rationalisierung 185 Rationalisierungskartell 29, 37, 43, 45, 47, 54, 132 rechtliches Gehör 33, 39, 58, 60, 77, 89, 93, 96–97, 156 Rechtmäßigkeit 48, 73, 117–118, 193, 215, 267, 272 Rechtmäßigkeitskontrolle 217, 271– 272 Rechtsakt 109, 115, 221, 247, 269 Rechtsanwalt 33, 58, 280 Rechtsaufsichtsbefugnis 229 Rechtsausschuß 165, 215 Rechtsbeschwerdegrund 74 Rechtsbeschwerdeverfahren 65 Rechtsmittelverfahren 70 Rechtspersönlichkeit 161 Rechtssetzungsbefugnis 246, 261

Rechtssicherheit 81, 111–112, 226, 255 Rechtsstaat 170, 200, 291 Rechtsstaatsprinzip 185, 292, 294 Rechtsverordnung 72, 80 Rechtswidrigkeit 175 Referatsleiter 223 Referentenentwurf 165, 179 Regierungsaufgabe 170 Regierungsentwurf 177 Regierungskoalition 165 Regierungspartei 310 Regierungsverantwortlichkeit 301 Regierungsverantwortung 200, 313 Regierungsweisung 246 regionale Dienststelle 135 Regionalpolitik 316 Registratur der Prozeßakten 135 Reglementierung 317 Reichsminister 194 Repräsentation 195, 307–308 repräsentative Demokratie 196–197, 199, 205, 207, 209, 311 Ressort 192, 194, 198, 201, 223, 310 Ressortchef 192, 195 Ressortminister 192, 198, 306 Ressortsprinzip 193, 223 revidierter Referentenentwurf 179 Revision 47–48, 50, 53, 79, 119, 280 Revisionsgericht 74 Richterfunktion 296 richterliche Anordnung 57 richterliche Unabhängigkeit 297 Richtervorbehalt 89 Rivalitätsverhältnis 274, 276 Robinson-Patman Act 274 Rücktrittsforderung 193 sachkundige Beamte 302 Sachverständige 31, 35, 93, 304 Sachverständigenrat 165, 186, 304 Sanktionierung 317

Sachverzeichnis Sanktionsverfahren 90 Schadensersatzanspruch 28, 50, 136, 141, 143 Schadensersatzklage 136, 143–144 Scharnberg-Bericht 201 Schnittstelle 195 Schuld 295 Schweigerecht 49–50 Selbständigkeit 161, 168, 195, 276, 291 Selbstbeschränkungsabkommen auf dem Heizölmarkt 176 Selbstbezichtigung 31, 49, 86–87 Senat 279 Senator 163 Separation of Function 150 Shermann Act 274 Sicherheitsleistung 52, 117 Sitzung der Kommission 222 Sonderbeschwerde 48 Sondergutachten 166 Sondersenat 42, 47–48, 50–51, 53, 152 Sozialgestaltung 317 Sozialpolitik 182, 316 SPD-Fraktion 178 Spezialisierungskartell 55 Spruchgericht 295 Spruchkollegium 295 Spruchkörper 155, 162, 289, 292 Sprungrevision 119 Staat im Staat 200, 209 staatlicher Prüfungsausschuß 199 Staatsangehörigkeit 222–223 Staatsanwalt 33 Staatsanwaltschaft 29, 49–50, 76–77, 136, 213, 216, 265, 289, 297 Staatsbürger 147, 262 Staatsgewalt 144, 147, 192, 195–196, 206, 208, 289–290, 307 Staatsleitungsmonopol 199 Staatsorgan 150, 168–169, 277, 290, 292, 306

363

Staatsverwaltung 194, 198 Staatswille 307, 311 Stab 135 Stabsabteilung 163 statisches Gleichgewicht 244, 262 Statusgarantie 149 Stellungnahmen der Bundesregierung 175 Stimmrecht 68, 205 Strafanzeige 49, 134 Strafprozeßrecht 31, 49, 50 Strafverfahren 49, 50, 86, 214, 216, 274–275, 297 strukturelle Arbeitslosigkeit 256 Strukturkartell 191 Strukturkrisenkartell 54 Strukturpolitik 182, 190 strukturpolitischer Dirigismus 238 subjektive Wertvorstellungen 182 Subordinationsverhältnis 221 Subsidiaritätsgrundsatz 101 Subsidiaritätsprinzip 101, 245, 261 substantial evidence 137–138, 140– 141, 144, 151, 277, 280 supranationale Tätigkeit 245 supranationales Hoheitsrecht 245 Tarifausschuß 199 Tatbestandsmäßigkeit 175 Tätigkeitsbericht 172, 185, 189, 220 Tatsachenwürdigung 271 Tatverdacht 297 Transparenz des Verfahrens 143, 174, 210–211, 228 Trennung von Regierung und Verwaltung 186 Trennung zwischen legislatorischen und administrativen Aufgaben 228 trial examiner 157 Überschreiten des Ermessens 217 Überwachungsfunktion 167 Überzeugung 150, 155, 158, 291, 295

364

Sachverzeichnis

Umsatzerlös 62–63 Umsatzschwelle 61 unabhängige Verwaltungsorganisation 133 unabhängige Wettbewerbsbehörde 227, 230, 232, 261 unabhängige Wettbewerbskammer 225 unabhängiges Kartellamt 227, 230 Unabhängigkeit 89, 147–148, 150, 157, 166, 168, 171, 201, 207, 219, 225, 234 Unabhängigkeit der Verwaltung 196 Unabhängigkeit des Richters 291 Unausgewogenheit 312 Unbeeinflußbarkeit 291 unbestimmter Rechtsbegriff 179, 181, 183, 185, 190, 210, 219, 250, 258 unbillige Handelsbeschränkung 51, 142 Unerfahrenheit und Unkenntnis 137 unerlaubte Handlung 143 Ungleichgewicht 169, 244, 263, 302 Uninteressiertheit der Richter 293 United States Supreme Court 280 unlautere Handelsbeschränkung 27 unlautere Handelsmethode 27, 37, 51, 142 Unparteilichkeit 196, 265, 291, 293– 294, 300 Unschuld 295 Untätigkeitsklage 28, 45, 82, 84, 96, 116–117, 136 Unterabteilung 135, 275 Unternehmenskonzentration 165–166 Unternehmensverband 301 Unternehmensvereinigung 29, 32, 39, 48, 57, 84, 89, 93, 105, 114, 148 Unterordnungsprinzip 194 Unterrichtungspflicht 69 Untersagung 46, 60, 62, 66, 70, 99, 110, 156, 165, 183, 216, 239, 258, 260 Untersagungsverfahren 39, 65 Untersagungsverfügung 64, 66

Unterstützungspflicht 212 Untersuchungsakt 295 Untersuchungsgrundsatz 31, 34, 44, 56, 72, 84, 267 Unverletztlichkeit der Wohnung 86 Unvoreingenommenheit 157, 216, 291, 296 Unwirksamkeitsklage 38 Unwirksamkeitsverfügung 72 US-amerikanische Wettbewerbsbehörde 274 US-amerikanisches Strafprozeßrecht 34 Verbandsführer 306 Verbandsfunktionär 306 Verbandsinteresse 303, 306–307 Verbandsmacht 301 Verbotsverfügung 72 Verbraucher 60, 94, 254, 256, 315 Verbraucherinteresse 132, 229, 251, 302 Verbraucherschutzverband 148 Verbraucherschutzvereinigung 93 Verbraucherverband 301 Vereinbarkeitsentscheidung 99 Vereinbarkeitsfiktion 99 vereinheitlichte Gerichtsbarkeit 44 Verfahrensakte 167 Verfahrensbeteiligte 54, 58, 71, 91, 105, 155, 268, 270 Verfahrensfehler 118, 140 Verfahrensgrundsatz 138, 265 verfahrensrechtlicher Interessenschutz 326 Verfassungsänderung 170 Verfassungsbeschwerde 48 verfassungskonform 144, 148 Verfassungsmäßigkeit 48, 202 Verfassungssystem 170, 197 verfassungswidrig 145, 148, 200, 203 Verfolgungsaufgabe 265 Verfolgungsbehörde 76–77

Sachverzeichnis Verfolgungsfunktion 265–266, 294 Verfolgungsinstanz 172, 175 Verhaftung 77 Verhaltenskontrolle 64, 66, 183 Verhältnismäßigkeit 30, 56, 85 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 182 Verhältnismäßigkeitsprinzip 85 Verhandlungsleiter 32, 36, 59, 150– 151, 154, 157 Verhandlungsmaxime 34 Vernehmung 35, 58 Veröffentlichungspflicht 172, 174 Verpflichtungsbeschwerde 55, 67, 71– 72, 217 Verselbständigung des Bundeskartellamtes 169 Verteidigungsrecht 86, 90, 268 vertikale Preisverbindung 54 Vertragsbeteiligte 316–317 vertragsfremde Einrichtung 231 Verwaltungsdienst 162 Verwaltungsgericht 70, 133 Verwaltungsgerichtsbarkeit 44, 133, 220, 290 Verwaltungshierarchie 194, 224 verwaltungsinterne Nachprüfbarkeit 216 Verwaltungsorgan 33, 133, 137, 144, 198, 267, 305, 316, 318 Verwaltungsorganisation 36, 148 Verwaltungsrichter 266 Verwaltungsschreiben 109, 111 Verwaltungsstreitigkeitsverfahren 70 Verwaltungstätigkeit 54, 151, 161, 172, 191, 198, 208 Verwaltungsverfahren 28, 30–31, 34, 54–55, 57, 61, 65, 71, 76, 78, 80–81, 86, 93, 102, 104, 113–114, 147, 150, 173, 213, 265, 267, 280 Verweisung 47, 74–75, 81, 98, 102– 103, 110 Verweisungspflicht 69 Verwertbarkeit 321

365

Verzichtstheorie 200 Volksherrschaft 307 Volkssouveränität 196, 198, 207, 261– 263, 307 Volksvertreter 306 Volksvertretung 192, 196, 301, 307 Volkswille 307 Vollstreckungsbefugnis 88 vollziehende Gewalt 133 Vollzugsverbot 64, 67, 97, 99 von Amts wegen 28, 30, 35–36, 40, 44, 54–55, 59, 68, 81, 84, 93, 95, 112, 114, 135, 295, 316, 318 Vorabentscheidung 73, 119, 143–144 Voreingenommenheit 154, 270, 293– 294 Vorermittlung 56, 70 vorkonstitutionelles Gesamtbild 202 Vorprüfung 107, 269 Vorprüfungsphase 83 Vorprüfverfahren 62 Vortragsrecht 90, 268, 270 Vorverfahren 35, 39, 98, 103, 110 Wahl 308, 311 Wahlkreis 306, 309 Währungshoheit 201 Währungspolitik 201, 203 Währungssicherung 204 Währungsstabilität 199, 201 Weimarer Verfassung 192 Weisungsbefugnis 194, 208, 275, 277 weisungsfrei 170, 174, 197 Weisungsgebundenheit 169, 171–172, 185, 203 Weisungsrecht 149, 159, 164, 171– 172, 175, 194, 212, 219 weisungsunabhängiges Wirtschaftskontrollamt 169 Weisungsunterworfenheit 174 Wertpapier 42, 47, 53, 100 Wettbewerbsbedingungen 66, 103, 180, 183, 185, 190

366

Sachverzeichnis

Wettbewerbsbehörde 30, 81, 104–105, 112, 114, 159, 173, 221, 305, 316– 318 Wettbewerbsbericht 273 Wettbewerbsfähigkeit 132, 179, 184, 234–236 Wettbewerbsförderungspolitik 76, 189 Wettbewerbsfreiheit 315 Wettbewerbshüter 235 Wettbewerbskommissar 98, 108, 110, 256, 264, 268, 270 wettbewerbskonforme Interpretation 257 Wettbewerbspolitik 36, 82, 114, 135, 145, 151, 157, 159, 170, 182, 184– 185, 188–189, 210, 212, 223, 225, 229, 232, 234, 237, 239, 253, 255, 257, 264, 273, 301, 316 Wettbewerbsprinzip 104, 169, 182, 190, 210, 237, 258, 260, 301, 316 Wettbewerbsregelung 54 Wettbewerbsstraftat 29 Wettbewerbsstrafverfahren 27 Wettbewerbsverfahren 27–28, 31, 34, 54, 68, 80–81, 111, 150, 152, 156, 215–216, 219, 224, 267, 271, 300 Wettbewerbsverzerrung 236–237, 255 Widerspruch 30, 32, 36, 39, 43, 50, 58, 136 Widerspruchsbehörde 215 Widerspruchsbescheid 215 Widerspruchsverfahren 43, 54, 215, 229, 270 Wiederernennung 134, 158, 222 Willensrichtung 311 Willkür der Staatsgewalt 290 willkürliche Entlassung 149 Wirtschafts- und Sozialausschuß 236, 247 Wirtschaftsausschuß 165, 180, 220 Wirtschaftsgruppe 278 Wirtschaftspolitik 170, 172, 180, 182, 185, 187–189, 191, 205, 210, 212, 227, 237, 259–260, 277, 301, 316

wirtschaftspolitische Entscheidung 226, 233 Wirtschaftsrecht 28, 132, 220 Wirtschaftsverband 301–302 Wirtschaftsverfassung 171 Wirtschaftszweig 82, 85, 167, 170, 190, 211, 223 Wissenschaftler 302 wissenschaftliche Mitarbeiter 166 Wissenschaftlicher Beirat 165, 179 Würdigung der gesamtwirtschaftlichen Lage 185 Zentralbankrat 205–206 Zeugenvernehmung 35, 58, 279 Zugabe 135 zurückverweisen, Zurückverweisung 36, 140 Zusammenschluß 37, 61, 70, 81, 96, 102, 165, 178, 211, 252, 254, 257 Zusammenschlußkontrolle 27, 37, 54, 61, 83, 94, 96, 106, 110, 113–114, 135, 164, 166, 178, 183, 191, 223, 227, 232, 249, 255–256, 261, 267 Zusammenschlußvorhaben 29, 37, 62– 63, 98, 102, 275 Zuschuß 184 Zuständigkeitsbereich 161, 168 Zuständigkeitsregelung 69, 160 Zuständigkeitsverteilung 69, 101, 119, 163, 229, 275 Zustimmungsbeschluß 38, 46, 141–142 Zwangsgebühr 88 Zwangsgeld 63, 68, 85, 87, 89, 96–97, 100, 113, 116, 118, 226 Zweckmäßigkeit 178, 193, 215 Zweckmäßigkeitskontrolle 217, 272 Zweigstelle 135, 206 zweistufiger Instanzenzug 127, 146 zweistufiges Verfahren 191, 211, 233