Die Annäherung der Schadensersatzhaftung für Lieferung mangelhafter Ware an das UN-Kaufrecht [1 ed.] 9783428524464, 9783428124466

Elisabeth Sauthoff beantwortet in der vorliegenden Arbeit die Frage, ob und inwieweit sich die Schadensersatzhaftung für

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Die Annäherung der Schadensersatzhaftung für Lieferung mangelhafter Ware an das UN-Kaufrecht [1 ed.]
 9783428524464, 9783428124466

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Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Band 173

Die Annäherung der Schadensersatzhaftung für Lieferung mangelhafter Ware an das UN-Kaufrecht

Von

Elisabeth Sauthoff

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

ELISABETH SAUTHOFF

Die Annäherung der Schadensersatzhaftung für Lieferung mangelhafter Ware an das UN-Kaufrecht

Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Herausgegeben im Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster durch die Professoren Dr. Heinrich Dörner Dr. Dirk Ehlers Dr. Ursula Nelles

Band 173

Die Annäherung der Schadensersatzhaftung für Lieferung mangelhafter Ware an das UN-Kaufrecht

Von

Elisabeth Sauthoff

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster hat diese Arbeit im Jahre 2006 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D6 Alle Rechte vorbehalten # 2007 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-5383 ISBN 978-3-428-12446-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2006 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten bis zur Einreichung des Manuskripts beim Verlag im Oktober 2006 berücksichtigt werden. Meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Ingo Saenger danke ich zum einen herzlich für die motivierende Betreuung dieser Arbeit, die meinen Blick stets auf das Wesentliche lenkte, und zum anderen für die lehrreiche Zeit, die ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin an seinem Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht und Gesellschaftsrecht verbracht habe. Ferner danke ich sowohl ihm als auch dem zweiten Berichterstatter Herrn Prof. Dr. Johann Kindl herzlich für ihr Engagement, welches mir den zügigen Abschluss des Promotionsverfahrens ermöglichte. Herrn Prof. Dr. Heinrich Dörner, Frau Prof. Dr. Ursula Nelles und Herrn Prof. Dr. Dirk Ehlers danke ich herzlich für die Aufnahme dieser Arbeit in die Schriftenreihe „Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft“. Dem Lehrstuhl-Team (in seinen verschiedenen Zusammensetzungen) danke ich sehr für die hervorragende Arbeitsatmosphäre, die hilfreichen praktischen Ratschläge hinsichtlich der Realisierung meines Promotionsvorhabens und der Bereitschaft zur rechtlichen Diskussion. Für wertvolle Anregungen danke ich insbesondere meinem ehemaligen Kollegen Herrn Dr. Peter Bujotzek. Frau Tamara Cipolla, Frau Simone Friesenhahn und Frau Jutta Gratopp danke ich herzlich für die sorgfältige Durchsicht des Manuskripts, die konstruktive Kritik und ihre freundschaftliche Unterstützung. Bei Herrn Daniel Lübcke bedanke ich mich herzlich für seine Hilfe bei der Formatierung dieser Arbeit. Herzlichst danke ich Arne Schuster, der in den verschiedenen Phasen meines Studiums und meiner Promotion stärkend an meiner Seite stand. Mein ganz besonderer Dank gilt schließlich meinen Eltern Christel und Prof. Dr. Gerhard Sauthoff, die mich stets in jeder Hinsicht unterstützten, förderten und ermutigten. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Düsseldorf, im Oktober 2006

Elisabeth Sauthoff

Inhaltsübersicht § 1 Einleitung .............................................................................................................31 I.

Gegenstand der Untersuchung und Zielsetzung...............................................31

II. Gang der Untersuchung ...................................................................................34 1. Teil Schadensersatzhaftung des Verkäufers für Lieferung mangelhafter Ware nach UN-Kaufrecht

37

§ 2 Das UN-Kaufrecht, sein Anwendungs- und Regelungsbereich sowie die Möglichkeit seines Ausschlusses .........................................................................37 I.

Entstehung des UN-Kaufrechts .......................................................................37

II. Anwendungsbereich ........................................................................................38 III. Regelungsbereich ............................................................................................39 IV. Möglichkeit des Ausschlusses durch Parteivereinbarung ................................39 § 3 Der Schadensersatzanspruch des Käufers gegen den Verkäufer gem. Art. 45 Abs. 1 lit. b CISG bei mangelhafter Lieferung .....................................40 I.

Anspruchsgrundlage und -voraussetzungen.....................................................40

II. Die Lieferung mangelhafter Ware als Vertragsverletzung i. S. d. Art. 45 Abs. 1 CISG ....................................................................................................40 III. Voraussetzungen für die Erhaltung des Schadensersatzanspruchs ..................43 IV. Inhalt des Schadensersatzes (Art. 74 S. 1 CISG) .............................................44 § 4 Schadensersatz als Garantiehaftung ..................................................................46 I.

Vorbildfunktion des Common Law .................................................................46

II. Haftungskonzeption im Haager Kaufrecht ......................................................48 § 5 Die Befreiungstatbestände der Art. 79, 80 CISG bei Lieferung mangelhafter Ware ..............................................................................................51

Inhaltsübersicht

10 I.

Befreiungstatbestand des Art. 79 CISG ...........................................................51

II. Befreiungstatbestand des Art. 80 CISG ...........................................................72 § 6 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe....................................................73 I.

Die dem Käufer grundsätzlich zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe.........73

II. Besonderheiten im Fall der Lieferung mangelhafter Ware ..............................74 III. Kriterium der wesentlichen Vertragsverletzung ..............................................76 IV. Die Lieferung mangelhafter Ware als wesentliche Vertragsverletzung ...........77 V. Das Verhältnis des Schadensersatzes zu den einzelnen Rechtsbehelfen........100 § 7 Das Vorhersehbarkeitserfordernis des Art. 74 S. 2 CISG..............................111 I.

Funktion des Art. 74 S. 2 CISG.....................................................................111

II. Maßstab .........................................................................................................113 III. Vorhersehbarkeit bestimmter Schäden ..........................................................114 § 8 Möglichkeiten von Haftungsausschluss und -beschränkungen durch Parteivereinbarung ............................................................................................118 § 9 Zusammenfassung .............................................................................................121 2. Teil Schadensersatzhaftung des Verkäufers für Lieferung mangelhafter Ware nach BGB

125

§ 10 Bedeutung des UN-Kaufrechts für die Auslegung der Regelungen über die Schadensersatzhaftung des Verkäufers im BGB.......................................125 I.

Auslegung des neuen Schuldrechts unter Berücksichtigung des UN-Kaufrechts im Allgemeinen ....................................................................126

II. Einfluss des UN-Kaufrechts auf die Schadensersatzhaftung des Verkäufers und Konsequenzen für die Auslegung ...........................................................135 § 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers für Lieferung mangelhafter Ware ....................................................................153 I.

Mangelhaftigkeit der Kaufsache....................................................................153

II. Rügepflicht ....................................................................................................166 III. Zwischenergebnis ..........................................................................................166

Inhaltsübersicht

11

IV. Die verschiedenen Schadensersatzansprüche wegen Lieferung mangelhafter Ware ........................................................................................169 § 12 Verschuldensprinzip ..........................................................................................210 I.

Neufassung des § 276 Abs. 1 S. 1 BGB ........................................................211

II. Rechtsnatur des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB und Konsequenzen .........................219 III. Gefahr der Ausweitung der Haftung des Verkäufers .....................................224 IV. Zwischenergebnis ..........................................................................................224 § 13 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe..................................................227 I.

Die dem Käufer grundsätzlich zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe.......227

II. Das Verhältnis des Schadensersatzes zu den anderen Rechtsbehelfen ..........234 III. Das Kriterium der Unerheblichkeit der Pflichtverletzung .............................251 IV. Zwischenergebnis ..........................................................................................263 § 14 Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung.............................267 I.

Schadensersatz statt der Leistung wegen eines unbehebbaren Mangels ........267

II. Schadensersatz statt der Leistung wegen eines behebbaren Mangels (§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB) .........................................322 § 15 Voraussetzungen des Schadensersatzes neben der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB ............................................................................360 I.

Relevante Pflichtverletzung...........................................................................360

II. Konkurrierender Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Schutzpflicht..................................................................................................361 III. Vertretenmüssen ............................................................................................364 IV. Zwischenergebnis ..........................................................................................366 § 16 Voraussetzungen des Schadensersatzes wegen Verzögerung der Nacherfüllung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 2, 286 i. V. m. § 439 BGB.......368 I.

Relevante Pflichtverletzung und zeitlicher Bezugspunkt für das Vertretenmüssen ............................................................................................368

II. Vertretenmüssen ............................................................................................370 III. Zwischenergebnis ..........................................................................................372

Inhaltsübersicht

12

§ 17 Möglichkeiten von Haftungsausschluss und -beschränkungen durch Parteivereinbarung ............................................................................................373 I.

Sonderfall des Verbrauchsgüterkaufs ............................................................373

II. Ausschluss oder Beschränkung durch individualvertragliche Vereinbarung.374 III. Ausschluss oder Beschränkung in allgemeinen Geschäftsbedingungen ........374 IV. Selbstbelieferungsklauseln ............................................................................391 V. Vergleich mit dem UN-Kaufrecht .................................................................391 § 18 Zusammenfassung, Fazit und Handlungsempfehlung ....................................394 I. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse ...........................................394 II. Fazit und Handlungsempfehlung für die Vertragsparteien ............................400 Literaturverzeichnis ...................................................................................................402 Stichwortverzeichnis ..................................................................................................428

Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung .............................................................................................................31 I.

Gegenstand der Untersuchung und Zielsetzung...............................................31

II. Gang der Untersuchung ...................................................................................34 1. Teil Schadensersatzhaftung des Verkäufers für Lieferung mangelhafter Ware nach UN-Kaufrecht

37

§ 2 Das UN-Kaufrecht, sein Anwendungs- und Regelungsbereich sowie die Möglichkeit seines Ausschlusses .........................................................................37 I.

Entstehung des UN-Kaufrechts .......................................................................37

II. Anwendungsbereich ........................................................................................38 III. Regelungsbereich ............................................................................................39 IV. Möglichkeit des Ausschlusses durch Parteivereinbarung ................................39 § 3 Der Schadensersatzanspruch des Käufers gegen den Verkäufer gem. Art. 45 Abs. 1 lit. b CISG bei mangelhafter Lieferung .....................................40 I.

Anspruchsgrundlage und -voraussetzungen.....................................................40

II. Die Lieferung mangelhafter Ware als Vertragsverletzung i. S. d. Art. 45 Abs. 1 CISG ....................................................................................................40 1. Vertragsgemäßheit der Ware ......................................................................41 2. Freiheit der Ware von Rechten und Ansprüchen Dritter.............................43 III. Voraussetzungen für die Erhaltung des Schadensersatzanspruchs ..................43 1. Untersuchungs- und Rügeobliegenheit bei vertragswidriger Lieferung......43 2. Rügeobliegenheit bei Vorliegen eines Rechtsmangels ...............................44 IV. Inhalt des Schadensersatzes (Art. 74 S. 1 CISG) .............................................44 § 4 Schadensersatz als Garantiehaftung ..................................................................46 I.

Vorbildfunktion des Common Law .................................................................46

Inhaltsverzeichnis

14

II. Haftungskonzeption im Haager Kaufrecht ......................................................48 § 5 Die Befreiungstatbestände der Art. 79, 80 CISG bei Lieferung mangelhafter Ware ..............................................................................................51 I.

Befreiungstatbestand des Art. 79 CISG ...........................................................51 1. Anwendbarkeit des Art. 79 CISG auf die Haftung des Verkäufers für mangelhafte Lieferung................................................................................53 a) Argumente gegen die Anwendbarkeit....................................................53 b) Argumente für die Anwendbarkeit ........................................................54 c) Diskussion und eigene Stellungnahme ..................................................55 2. Risiken innerhalb des typischen Einflussbereichs des Verkäufers..............56 a) Der Verkäufer als Zwischenhändler ......................................................57 aa) Haftung für Vorlieferanten..............................................................57 (1) Direkte Anwendung des Art. 79 Abs. 2 CISG..........................59 (2) Analoge Anwendung des Art. 79 Abs. 2 CISG ........................61 (3) Haftung nach Art. 79 Abs. 1 CISG...........................................61 bb) Haftung für verdeckte Mängel ........................................................61 b) Der Verkäufer als Hersteller der Ware ..................................................63 aa) Risiken aus dem Bereich der Produktion und Organisation einschließlich des Personalrisikos...................................................63 bb) Haftung für Entwicklungsfehler......................................................63 (1) Urteil des BGH vom 9.1.2002..................................................64 (2) Unbeherrschbarkeit von Entwicklungsfehlern .........................65 (3) Diskussion und eigene Stellungnahme .....................................66 cc) Haftung für Zulieferer und Haftung für verdeckte Mängel .............67 3. Risiken außerhalb des typischen Einflussbereichs des Verkäufers .............67 4. Haftung für Dritte gem. Art. 79 Abs. 2 CISG.............................................68 5. Zwischenergebnis .......................................................................................69 6. Beweislast...................................................................................................70 7. Vertragliche Ausgestaltung der Haftungsbefreiung....................................71

II. Befreiungstatbestand des Art. 80 CISG ...........................................................72

Inhaltsverzeichnis

15

§ 6 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe....................................................73 I.

Die dem Käufer grundsätzlich zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe.........73

II. Besonderheiten im Fall der Lieferung mangelhafter Ware ..............................74 1. Lieferung vertragswidriger Ware................................................................75 2. Lieferung von mit einem Rechtsmangel behafteter Ware...........................75 III. Kriterium der wesentlichen Vertragsverletzung ..............................................76 IV. Die Lieferung mangelhafter Ware als wesentliche Vertragsverletzung ...........77 1. Wesentliche Vertragsverletzung bei Vorliegen eines Sachmangels............78 a) Qualitätsmangel und Falschlieferung ....................................................78 aa) Möglichkeit und Zumutbarkeit einer anderweitigen Verwertung ...79 (1) Möglichkeit anderweitiger Verwertung....................................80 (2) Zumutbarkeit anderweitiger Verwertung .................................83 (3) Bewertung ................................................................................85 bb) Behebbarkeit des Mangels ..............................................................87 (1) Unerheblichkeit der Behebbarkeit des Mangels .......................88 (2) Berücksichtigung der Behebbarkeit des Mangels.....................89 (a) Rechtsprechung .................................................................89 (b) Literatur.............................................................................90 (aa) „Dynamischer“ Begriff der wesentlichen Vertragsverletzung .....................................................91 (bb) Suspendierung des Vertragsaufhebungsrechts ...........92 (cc) Abwägung zwischen der Schwere der Vertragsverletzung und den Modalitäten ihrer Behebbarkeit ..............................................................93 (3) Diskussion und eigene Stellungnahme .....................................93 b) Quantitätsmangel ...................................................................................97 2. Wesentliche Vertragsverletzung bei Vorliegen eines Rechtsmangels ........97 3. Zwischenergebnis .......................................................................................98 V. Das Verhältnis des Schadensersatzes zu den einzelnen Rechtsbehelfen........100 1. Mögliche Schadensarten...........................................................................101 a) Nichterfüllungsschaden im engeren Sinne...........................................101

Inhaltsverzeichnis

16

b) Begleitschäden.....................................................................................101 c) Folgeschäden .......................................................................................102 d) Sinn dieser Kategorien.........................................................................102 e) Verzögerungsschaden als eigene Kategorie? .......................................103 2. Isolierte Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs..........................104 3. Schadensersatz in Verbindung mit der Vertragsaufhebung ......................105 4. Schadensersatz in Verbindung mit dem (Nach-)Erfüllungsanspruch........108 5. Schadensersatz in Verbindung mit der Minderung ...................................109 § 7 Das Vorhersehbarkeitserfordernis des Art. 74 S. 2 CISG..............................111 I.

Funktion des Art. 74 S. 2 CISG.....................................................................111

II. Maßstab .........................................................................................................113 III. Vorhersehbarkeit bestimmter Schäden ..........................................................114 1. Unmittelbar aus der Nichterfüllung resultierende Schäden ......................114 2. Folgeschäden ............................................................................................115 § 8 Möglichkeiten von Haftungsausschluss und -beschränkungen durch Parteivereinbarung ............................................................................................118 § 9 Zusammenfassung .............................................................................................121 2. Teil Schadensersatzhaftung des Verkäufers für Lieferung mangelhafter Ware nach BGB

125

§ 10 Bedeutung des UN-Kaufrechts für die Auslegung der Regelungen über die Schadensersatzhaftung des Verkäufers im BGB.......................................125 I.

Auslegung des neuen Schuldrechts unter Berücksichtigung des UN-Kaufrechts im Allgemeinen ....................................................................126 1. Berücksichtigung des UN-Kaufrechts im Rahmen der historischen Auslegung.................................................................................................126 2. „Einflusslinie“ vom UN-Kaufrecht über die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bis in das BGB .........................................127 a) Auslegung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie unter Berücksichtigung des UN-Kaufrechts .....................................................................127

Inhaltsverzeichnis

17

b) Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in das deutsche Recht....................................................................................................129 c) Richtlinienkonforme Auslegung von Transformationsnormen im deutschen Recht...................................................................................130 d) Quasi-richtlinienkonforme Auslegung bei überschießender Umsetzung...........................................................................................130 aa) Einheitliche Auslegung aufgrund autonomer Entscheidung des Gesetzgebers .................................................................................131 bb) Gemeinschaftsrechtlicher Ansatz..................................................132 e) Zwischenergebnis ................................................................................135 II. Einfluss des UN-Kaufrechts auf die Schadensersatzhaftung des Verkäufers und Konsequenzen für die Auslegung ...........................................................135 1. Schadensersatzhaftung des Verkäufers für die Lieferung mangelhafter Ware nach altem Recht.............................................................................135 2. Grundlegende Aspekte der Neuregelung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers für die Lieferung mangelhafter Ware .....................................139 3. Unmittelbarer Einfluss des UN-Kaufrechts und Konsequenzen für die Auslegung.................................................................................................142 4. Mittelbarer Einfluss des UN-Kaufrechts durch die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ..................................................................144 a) Ausklammerung der Schadensersatzhaftung aus dem Regelungsbereich der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ..........................145 b) Interne Harmonisierung und autonome Rechtsangleichung.................146 5. Konsequenzen für die Auslegung .............................................................150 6. Zwischenergebnis .....................................................................................151 § 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers für Lieferung mangelhafter Ware ....................................................................153 I.

Mangelhaftigkeit der Kaufsache....................................................................153 1. Freiheit von Sachmängeln ........................................................................154 a) Überblick über die Regelung des § 434 BGB......................................154 b) Berücksichtigung des UN-Kaufrechts im Rahmen der Auslegung von § 434 BGB und Vergleich ............................................................155 aa) Eignung für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung..............156

18

Inhaltsverzeichnis (1) Vergleich von Art. 2 Abs. 2 lit. b VerbrGK-RiL und Art. 35 Abs. 2 lit. b CISG...................................................................156 (2) Vertraglich vorausgesetzte Verwendung i. S. d. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB .......................................................................157 (3) § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB als gesetzlich typisierte konkludente Beschaffenheitsvereinbarung.............................159 bb) Eignung für die gewöhnliche Verwendung...................................160 cc) Öffentliche Äußerungen und Montagefehler ................................161 dd) Aliud-Lieferungen und Mengenabweichungen .............................161 c) Haftungsausschluss nach § 442 Abs. 1 BGB und Vergleich mit dem UN-Kaufrecht ......................................................................................163 d) Beweislast und Vergleich mit dem UN-Kaufrecht ..............................164 2. Freiheit von Rechtsmängeln und Vergleich mit dem UN-Kaufrecht ........165 II. Rügepflicht ....................................................................................................166 III. Zwischenergebnis ..........................................................................................166 IV. Die verschiedenen Schadensersatzansprüche wegen Lieferung mangelhafter Ware ........................................................................................169 1. Schadensersatz statt der Leistung .............................................................170 a) Behebbarer Mangel..............................................................................170 b) Unbehebbarer Mangel .........................................................................170 c) Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 282 BGB ...........................................................................172 d) Schadensersatz statt der ganzen Leistung im Gegensatz zum Schadensersatz statt der Leistung ........................................................174 2. Schadensersatz neben der Leistung ..........................................................175 3. Abgrenzung von Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung....................................................................................175 a) Abgrenzung anhand der alten Kategorien............................................176 b) Abgrenzung nach Art der verletzten Pflicht.........................................177 c) „Schadensphänomenologische“ Abgrenzung ......................................178 d) Abgrenzung nach dem Sinn und Zweck der Sonderregelung des Schadensersatzes statt der Leistung .....................................................181

Inhaltsverzeichnis

19

aa) Schadensersatz statt der Leistung als Schadensersatz anstelle der primär geschuldeten mangelfreien Kaufsache...............................181 bb) Dynamisches Verständnis .............................................................182 (1) Schadensersatz statt der Leistung als Schaden infolge des endgültigen Ausbleibens der Leistung ...................................182 (2) Schadensersatz statt der Leistung als der durch eine gedachte Nacherfüllung im spätestmöglichen Zeitpunkt vermeidbare Schaden .............................................................183 (a) Spätestmöglicher Zeitpunkt bei Unmöglichkeit der Nacherfüllung..................................................................184 (b) Spätestmöglicher Zeitpunkt bei Wegfall des Nacherfüllungsanspruchs gem. § 281 Abs. 4 BGB..........184 (3) Sinnlosigkeit der Fristsetzung ................................................188 (4) Zwischenergebnis...................................................................189 (5) Einordnung mangelbedingter Folgeschäden...........................190 (a) Das Erfüllungsinteresse betreffende Folgeschäden .........190 (b) Das Integritätsinteresse betreffende Folgeschäden ..........191 (6) Kritik an dem dynamischen Verständnis und eigene Stellungnahme........................................................................195 4. Nachteile gegenüber dem UN-Kaufrecht..................................................196 5. Konkurrenzverhältnis von Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung ..........................................................197 6. Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung....................................199 a) Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung ......................199 b) Schadensersatz wegen Verzögerung der geschuldeten mangelfreien Leistung ...............................................................................................201 aa) Ersatz des Nutzungsausfallschadens gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 2 i. V. m. § 286 BGB ........................................................201 bb) Gesetzeswortlaut und Regierungsbegründung ..............................203 cc) Argumente für den Ersatz von Nutzungsausfallschäden gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB und eigene Stellungnahme ...........204 dd) Konsequenzen für die Definition des Schadensersatzes wegen Verzögerung der Leistung.............................................................207 7. Zwischenergebnis .....................................................................................207

Inhaltsverzeichnis

20

§ 12 Verschuldensprinzip ..........................................................................................210 I.

Neufassung des § 276 Abs. 1 S. 1 BGB ........................................................211 1. Übernahme einer Garantie ........................................................................212 2. Übernahme eines Beschaffungsrisikos .....................................................213 a) Legitimation einer Risikohaftung bei der Beschaffungsschuld............213 b) Dogmatische Grundlage der verschuldensunabhängigen Haftung für Beschaffungsschulden .........................................................................214 aa) § 276 Abs. 1 S. 1 BGB als Auslegungsregel für Beschaffungsschulden...................................................................214 bb) Diskussion und eigene Stellungnahme..........................................215 c) Art der übernommenen Risiken ...........................................................218

II. Rechtsnatur des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB und Konsequenzen .........................219 1. Gesetzliche Beweislastregel .....................................................................219 2. Beweislastregel und Verschuldensvermutung ..........................................220 3. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB als Einwendungsnorm bzw. materieller Haftungsausschluss...................................................................................221 4. Prozessuale Konsequenzen .......................................................................222 III. Gefahr der Ausweitung der Haftung des Verkäufers .....................................224 IV. Zwischenergebnis ..........................................................................................224 § 13 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe..................................................227 I.

Die dem Käufer grundsätzlich zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe.......227 1. Überblick ..................................................................................................227 2. Vergleich der Stufung der Rechtsbehelfe mit dem UN-Kaufrecht............228 3. Situation nach Ablauf der Nachfrist .........................................................230 4. Ius variandi zwischen Nacherfüllung und Schadensersatz statt der Leistung bzw. Rücktritt ............................................................................232 5. Erlöschen des Nacherfüllungsanspruchs...................................................233

II. Das Verhältnis des Schadensersatzes zu den anderen Rechtsbehelfen ..........234 1. Schadensersatz statt der Leistung und sein Verhältnis zu den anderen Rechtsbehelfen .........................................................................................234 a) Isolierte Geltendmachung des Schadensersatzes statt der Leistung.....234

Inhaltsverzeichnis

21

b) Ius variandi ..........................................................................................236 c) Das Verhältnis von Rücktritt und Schadensersatz statt der Leistung...238 aa) Kumulation von Rücktritt und Schadensersatz statt der Leistung ........................................................................................239 bb) Ius variandi zwischen Rücktritt und kleinem Schadensersatz .......239 (1) Weite Auslegung des § 325 BGB...........................................240 (2) Diskussion und eigene Stellungnahme ...................................241 d) Das Verhältnis von Minderung und Schadensersatz statt der Leistung ...............................................................................................243 aa) Kumulation von Minderung und Schadensersatz statt der Leistung ........................................................................................243 bb) Ius variandi zwischen Minderung und Schadensersatz statt der ganzen Leistung ............................................................................243 e) Das Verhältnis von Ersatz vergeblicher Aufwendungen und Schadensersatz statt der Leistung ........................................................244 aa) Alternativität der Ansprüche .........................................................244 bb) Teleologische Reduktion des § 284 BGB .....................................245 (1) Aufwendungen zu ideellen oder konsumtiven Zwecken ........245 (2) Ausbleiben einer doppelten Entschädigung............................246 2. Das Verhältnis des Schadensersatzes neben der Leistung und des Schadensersatzes wegen Verzögerung der Nacherfüllung zu den anderen Rechtsbehelfen ............................................................................249 III. Das Kriterium der Unerheblichkeit der Pflichtverletzung .............................251 1. Vorliegen einer unerheblichen Pflichtverletzung......................................252 2. Übertragung der Rechtsprechungsgrundsätze zu § 459 Abs. 1 S. 2 BGB a. F. auf das neue Recht............................................................254 3. Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie............................................255 4. Einflusslinie vom CISG über die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in das BGB ...................................................................................................255 5. Vergleich mit dem UN-Kaufrecht ............................................................258 6. Fall der Zuweniglieferung im Kaufrecht ..................................................258 a) Argumente für die Anwendung der §§ 281 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 5 S. 2 BGB..............................................................................................259

Inhaltsverzeichnis

22

b) Argumente für die Anwendung der §§ 281 Abs. 1 S. 2, 323 Abs. 5 S. 1 BGB..............................................................................................260 c) Diskussion und eigene Stellungnahme ................................................260 IV. Zwischenergebnis ..........................................................................................263 § 14 Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung.............................267 I.

Schadensersatz statt der Leistung wegen eines unbehebbaren Mangels ........267 1. Anfängliche Unbehebbarkeit des Mangels (§§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 BGB) .............................................................................................267 a) Bezugspunkt für die Kenntnis bzw. die zu vertretende Unkenntnis bei mangelhafter Lieferung..................................................................268 b) Struktur des § 311a Abs. 2 BGB..........................................................269 aa) Haftungsgrund ..............................................................................269 bb) Verschuldens- oder Garantiehaftung.............................................271 c) Positive Kenntnis.................................................................................273 d) Zu vertretende Unkenntnis...................................................................273 aa) Haftung „für die Zulänglichkeit des eigenen Geschäftskreises“ ...274 bb) Untersuchungspflichten des Verkäufers........................................276 (1) Untersuchungspflichten des Verkäufers im Allgemeinen ......277 (a) Zwischenhändler .............................................................277 (b) Hersteller .........................................................................280 (2) Übertragung der allgemeinen Grundsätze auf § 311a Abs. 2 S. 2 BGB.....................................................................281 cc) Zurechnung Dritter........................................................................282 e) Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos .................284 aa) Übernahme einer Garantie ............................................................284 (1) Bezugspunkt...........................................................................285 (2) Stillschweigende Übernahme einer Garantie..........................286 (3) Fälle des anfänglichen Unvermögens.....................................287 bb) Übernahme eines Beschaffungsrisikos..........................................289 (1) Übernahme des Beschaffungsrisikos in Bezug auf die Fehlerfreiheit der Ware ..........................................................290

Inhaltsverzeichnis

23

(2) Kritik und Diskussion ............................................................291 (3) Heranziehung des UN-Kaufrechts und Vergleich ..................295 (4) Übernahme des Beschaffungsrisikos in Bezug auf die Nachlieferung.........................................................................297 (5) Konsequenzen für die Haftung aus § 311a Abs. 2 BGB.........298 f) Beweislast............................................................................................299 g) Garantiehaftung auf das negative Interesse nach § 122 BGB analog...301 h) Zwischenergebnis ................................................................................304 2. Nachträgliche Unbehebbarkeit des Mangels (§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 283 BGB) ..................................................................306 a) Relevante Pflichtverletzung.................................................................306 aa) Grundkonstellation........................................................................307 (1) Streng verhaltensbezogener Ansatz........................................307 (2) Eintritt der Unmöglichkeit als Pflichtverletzung ....................308 (3) Diskussion und eigene Stellungnahme ...................................309 bb) Mangelhafte Lieferung..................................................................313 (1) Eintritt der Unbehebbarkeit des Mangels vor Gefahrübergang......................................................................313 (2) Eintritt der Unbehebbarkeit des Mangels nach Gefahrübergang......................................................................314 b) Vertretenmüssen ..................................................................................317 aa) Verschulden ..................................................................................317 bb) Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos ..........318 (1) Übernahme einer Garantie......................................................318 (2) Übernahme eines Beschaffungsrisikos...................................318 cc) Beweislast hinsichtlich des Vertretenmüssens ..............................319 c) Zwischenergebnis ................................................................................321 II. Schadensersatz statt der Leistung wegen eines behebbaren Mangels (§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB) .........................................322 1. Relevante Pflichtverletzung......................................................................322 a) Wortlaut des § 281 Abs. 1 BGB ..........................................................323 b) Historische Auslegung.........................................................................323

24

Inhaltsverzeichnis c) Mangelhafte Lieferung als Pflichtverletzung.......................................324 d) Mangelhafte Lieferung und Nichtvornahme der Nacherfüllung als Pflichtverletzung..................................................................................325 e) Nichtvornahme der Nacherfüllung als Pflichtverletzung.....................326 f) Mangelhafte Lieferung oder Nichtvornahme der Nacherfüllung als Pflichtverletzung..................................................................................331 g) Vergleich mit dem UN-Kaufrecht .......................................................332 2. Vertretenmüssen .......................................................................................333 a) Vertretenmüssen der mangelhaften Lieferung .....................................333 aa) Verschulden ..................................................................................334 (1) Schuldhafte Herbeiführung des Mangels ...............................334 (a) Verkäufer als Hersteller...................................................334 (aa) Zurechnung des Verschuldens Dritter nach § 278 BGB ...............................................................335 (bb) Vergleich mit der Zurechnung des Verhaltens Dritter nach Art. 79 CISG ........................................335 (b) Verkäufer als Zwischenhändler .......................................336 (aa) Zurechnung des Herstellerverschuldens nach § 278 BGB ...............................................................336 (bb) Vergleich mit der Haftung für das Verhalten von Vorlieferanten nach CISG........................................340 (c) Unterschiede zwischen der Haftung des Herstellers und der des Händlers ..............................................................341 (2) Schuldhafte Nichtbeseitigung des Mangels............................343 bb) Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos ..........344 (1) Übernahme einer Garantie......................................................344 (2) Übernahme eines Beschaffungsrisikos...................................345 cc) Beweislast .....................................................................................345 b) Vertretenmüssen der gescheiterten Nacherfüllung ..............................346 aa) Verschulden ..................................................................................347 (1) Unterlassen der Nacherfüllung...............................................347

Inhaltsverzeichnis

25

(2) Mangelhafte Ersatzlieferung oder Nichtbeseitigung des Mangels durch die Nachbesserung.........................................347 (a) Die anzuwendende Sorgfalt bei der Ersatzlieferung........347 (b) Die anzuwendende Sorgfalt bei der Nachbesserung........349 bb) Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos und Einstandspflicht für finanzielles Unvermögen ..............................349 (1) Übernahme einer Garantie......................................................350 (2) Übernahme eines Beschaffungsrisikos...................................350 (a) Unterlassen der Ersatzlieferung.......................................350 (b) Mangelhafte Ersatzlieferung............................................351 (3) Einstandspflicht für finanzielles Unvermögen .......................354 cc) Beweislast .....................................................................................355 3. Zwischenergebnis .....................................................................................355 § 15 Voraussetzungen des Schadensersatzes neben der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB ............................................................................360 I.

Relevante Pflichtverletzung...........................................................................360

II. Konkurrierender Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Schutzpflicht..................................................................................................361 III. Vertretenmüssen ............................................................................................364 1. Übernahme einer Garantie ........................................................................364 2. Übernahme eines Beschaffungsrisikos .....................................................365 3. Beweislast.................................................................................................365 IV. Zwischenergebnis ..........................................................................................366 § 16 Voraussetzungen des Schadensersatzes wegen Verzögerung der Nacherfüllung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 2, 286 i. V. m. § 439 BGB.......368 I.

Relevante Pflichtverletzung und zeitlicher Bezugspunkt für das Vertretenmüssen ............................................................................................368

II. Vertretenmüssen ............................................................................................370 1. Übernahme einer Garantie ........................................................................370 2. Übernahme eines Beschaffungsrisikos .....................................................371 3. Beweislast.................................................................................................371

Inhaltsverzeichnis

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III. Zwischenergebnis ..........................................................................................372 § 17 Möglichkeiten von Haftungsausschluss und -beschränkungen durch Parteivereinbarung ............................................................................................373 I.

Sonderfall des Verbrauchsgüterkaufs ............................................................373

II. Ausschluss oder Beschränkung durch individualvertragliche Vereinbarung .................................................................................................374 III. Ausschluss oder Beschränkung in allgemeinen Geschäftsbedingungen ........374 1. § 309 Nr. 8 lit. b (aa) BGB .......................................................................375 2. § 309 Nr. 7 BGB.......................................................................................375 3. Wirksamkeit eines Ausschlusses oder einer Begrenzung der Haftung für leichte Fahrlässigkeit...........................................................................375 a) Wirksamkeit nach § 309 Nr. 7 lit. b BGB und nach der europäischen Klausel-Richtlinie ..........................................................376 b) Wirksamkeit nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ........................................................................376 aa) Grundsätze im alten Recht ............................................................377 bb) Übertragung auf das neue Recht ...................................................377 (1) Gesetzesmaterialien................................................................378 (2) Urteil des BGH vom 20.7.2005..............................................379 (3) Qualifizierung der Pflicht zur mangelfreien Lieferung als Kardinalpflicht .......................................................................380 (a) Differenzierung zwischen Mangel- und Mangelfolgeschäden........................................................380 (b) Die Pflicht zur mangelfreien Lieferung als Hauptleistungspflicht.......................................................381 (4) Gefährdung der Erreichung des Vertragszwecks....................382 (a) Mittelbare Gefährdung des Vertragszwecks ....................384 (b) Differenzierung zwischen einer Haftungsfreizeichnung bei gebrauchten und bei neuen Sachen ............................386 cc) Zwischenergebnis .........................................................................388 c) Wirksamkeit nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ........................................................................389 4. Sonderfall der Haftung für anfänglich unbehebbare Mängel....................389

Inhaltsverzeichnis

27

IV. Selbstbelieferungsklauseln ............................................................................391 V. Vergleich mit dem UN-Kaufrecht .................................................................391 § 18 Zusammenfassung, Fazit und Handlungsempfehlung ....................................394 I. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse ...........................................394 II. Fazit und Handlungsempfehlung für die Vertragsparteien ............................400 Literaturverzeichnis ...................................................................................................402 Stichwortverzeichnis ..................................................................................................428

Abkürzungsverzeichnis AcP

Archiv für die civilistische Praxis

a. F.

alte Fassung

BB

Betriebsberater

BGB-DiskE

Diskussionsentwurf eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom Bundesministerium der Justiz

BGB-KE

Kommissionsentwurf (Abschlussbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts)

BGB-RE

Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts der Bundesregierung

BMJ

Bundesministerium der Justiz

CISG

Convention on Contracts for the International Sale of Goods

CISG-online Nr.

Urteile mit einer CISG-online Nr. sind abrufbar unter: http://www.cisg-online.ch/cisg/cases.html

CLOUT

Case Law on UNCITRAL Texts

CLOUT Nr.

Urteile mit einer CLOUT Nr. sind abrufbar unter: http://www.cisg-online.ch/cisg/cases.html

DB

Der Betrieb

DIHK

Deutscher Industrie- und Handelskammertag

DStR

Deutsches Steuerrecht

EAG

Einheitliches Gesetz über den Abschluss von internationalen Kaufverträgen über bewegliche Sachen

EKG

Einheitliches Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen

EuZ

Zeitschrift für Europarecht

EWG

Erwägungsgrund

GVO

gentechnisch veränderte Organismen

I.C.L.Q.

International and Comparative Law Quarterly (Großbritannien)

IHR

Internationales Handelsrecht

Abkürzungsverzeichnis

29

IPRax

Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts

Jb. J. ZivRWiss.

Jahrbuch junger Zivilrechtswissenschaftler

JDI

Journal du droit international (Frankreich)

JR

Juristische Rundschau

JuS

Juristische Schulung

JZ

Juristenzeitung

MDR

Monatsschrift für deutsches Recht

NJ

Nederlandse Jurisprudentie

NJW

Neue juristische Wochenschrift

NJW-RR

Neue juristische Wochenschrift – Rechtsprechungs-Report

OGH

Oberster Gerichtshof (Österreich)

O.R.

Official Records

RabelsZ

Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht

RDAI/IBLJ

Revue de droit des affaires internationales/International business law journal (Frankreich)

Rev. crit. dr. internat. privé Revue critique de droit international privé (Frankreich) RIW

Recht der Internationalen Wirtschaft, Außenwirtschaftsdienst des Betriebsberaters

SZIER

Schweizerische Zeitschrift für Internationales und Europäisches Recht (Schweiz)

TranspR-IHR

Internationales Handelsrecht, Mitteilungen für die Wirtschaftsrechtliche Praxis, Beilage zu der Zeitschrift Transportrecht (1998-2000)

Trib.

Tribunale (Italien)

UNCITRAL

United Nations Commission on International Trade Law

Unilex

Die Datenbank Unilex ist abrufbar unter: http://www.unilex.info

VerbrGK-RiL

Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, ABlEG Nr. L 171, 12

VersR

Versicherungsrecht

VJ

The Vindobona journal of international commercial law and arbitration (Österreich)

WM

Wertpapiermitteilungen

30

Abkürzungsverzeichnis

ZEuP

Zeitschrift für europäisches Privatrecht

ZGS

Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht

ZIP

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

ZRP

Zeitschrift für Rechtspolitik

ZZP

Zeitschrift für Zivilprozess

Im Übrigen siehe: Kirchner, Hildebert / Butz, Cornelie: Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 5. Auflage, Berlin 2003.

§ 1 Einleitung Das UN-Kaufrecht ist bis zum Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes1 am 1.1.2002 von deutschen Händlern überwiegend abbedungen worden.2 Seit der Schuldrechtsreform mehren sich jedoch die Stimmen in der Literatur, die von einem Ausschluss der Geltung des UN-Kaufrechts abraten.3 Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag empfiehlt inzwischen, das UN-Kaufrecht nicht kategorisch abzubedingen. 4 Da die Schadensersatzhaftung im UN-Kaufrecht als Garantiehaftung ausgestaltet ist, wird in der Literatur jedoch trotz dieser Tendenz weiterhin betont, dass die verschuldensunabhängige Haftung des Verkäufers einen erheblichen Nachteil für diesen darstelle. Dem Verkäufer sei daher nach wie vor von der Wahl des UN-Kaufrechts abzuraten.5 Demgegenüber findet sich in der Literatur allerdings auch die Feststellung, dass die verschuldensunabhängige Haftung des UN-Kaufrechts kein wirklicher Vorteil mehr für den Käufer sei, da sich die Schadensersatzhaftung des Verkäufers im BGB an eine Garantiehaftung angenähert habe.6 Diese gegensätzlichen Aussagen geben Anlass zu einer näheren Untersuchung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers gegenüber dem Käufer für mangelhafte Lieferung nach dem UN-Kaufrecht und nach dem BGB.

I. Gegenstand der Untersuchung und Zielsetzung Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers für mangelhafte Lieferung ist im deutschen Recht durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz neu geregelt worden. Das UN-Kaufrecht hatte sowohl Einfluss auf das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz als auch auf die europäische Verbrauchsgüterkaufrichtlinie,7 die durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz in deutsches Recht umgesetzt __________ 1

BGBl. 2001 I S. 3183 ff. R. Koch, NJW 2000, 910. 3 s. nur Hoeren, ZGS 2002, 68, 71; Regula/Kannowski, IHR 2004, 45, 53. 4 s. DIHK, Vertragsgestaltung im Exportgeschäft, S. 27 f. 5 Schillo, IHR 2003, 257, 268. 6 Regula/Kannowski, IHR 2004, 45, 53. 7 RiL 1999/44/EG v. 25.5.1999, ABlEG Nr. L 171, 12. 2

32

§ 1 Einleitung

worden ist. Diese Vorbildfunktion des UN-Kaufrechts wirft verschiedene Fragen auf: Erstens ist zu untersuchen, ob und inwieweit sich die Neuregelung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers für mangelhafte Lieferung im BGB an die Schadensersatzhaftung des Verkäufers im UN-Kaufrecht anlehnt und dadurch eine Annäherung an das UN-Kaufrecht stattgefunden hat. Zweitens stellt sich die Frage, ob und inwieweit das UN-Kaufrecht im Rahmen der Auslegung der deutschen Vorschriften über die Schadensersatzhaftung des Verkäufers für mangelhafte Lieferung herangezogen werden kann oder sogar muss. Im Zusammenhang damit ist zu untersuchen, ob eine Berücksichtigung des UNKaufrechts im Rahmen der Auslegung dieser Vorschriften zu einer Annäherung des deutschen Rechts an das UN-Kaufrecht führt. Drittens ist zu fragen, ob sich die deutsche Regelung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers für mangelhafte Lieferung in bestimmten Punkten an die Regelung im UN-Kaufrecht angenähert hat, auch ohne dass in diesen Punkten eine Orientierung am UNKaufrecht vorliegt. Den Gegenstand der Untersuchung bildet daher die Annäherung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers für Lieferung mangelhafter Ware im deutschen Recht an das UN-Kaufrecht. Unter diesem Aspekt betrachtet werden die wesentlichen Voraussetzungen für die Schadensersatzhaftung des Verkäufers bei mangelhafter Lieferung sowie die Stellung der Schadensersatzhaftung im System der Rechtsbehelfe. Die Untersuchung ist mit der Zielsetzung verbunden, die Vor- und Nachteile der Schadensersatzhaftung für mangelhafte Lieferung nach dem UN-Kaufrecht und nach dem BGB sowohl für den Verkäufer als auch für den Käufer aufzuzeigen, da diese für die Entscheidung über die Abbedingung der Geltung des UN-Kaufrechts von erheblichem Gewicht sind. Einleitend seien nur einige der zu untersuchenden Aspekte angesprochen. Zunächst ist zu klären, ob durch die Neufassung des § 434 BGB die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Mangels an das UN-Kaufrecht angeglichen worden sind. Fraglich ist beispielsweise, ob das UN-Kaufrecht zur Klärung des Verhältnisses von § 434 Abs. 1 S. 1 BGB und § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB herangezogen werden kann. Zu untersuchen ist ferner, unter welchen Voraussetzungen der Käufer nach dem UN-Kaufrecht und nach dem BGB Schadensersatz wegen Nichterfüllung unter Abstandnahme vom Vertrag verlangen kann. Weder nach dem UNKaufrecht noch nach dem BGB kann der Käufer Schadensersatz wegen Nichterfüllung unter Abstandnahme vom Vertrag in allen Fällen mangelhafter Lieferung verlangen. Während im UN-Kaufrecht das Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung gem. Art. 25 CISG Voraussetzung für die Geltendmachung dieses Rechtsbehelfs ist, wird im deutschen Recht das Vorliegen einer nicht unerheblichen Pflichtverletzung verlangt (§ 281 Abs. 1 S. 2 BGB). Diese Paral-

§ 1 Einleitung

33

lelität wirft die Frage auf, wie die genannten Voraussetzungen jeweils auszulegen sind. Die Schadensersatzhaftung nach deutschem Recht setzt insbesondere das Vorliegen einer Pflichtverletzung voraus (§ 280 Abs. 1 S. 1 BGB), welche den Bezugspunkt für das Vertretenmüssen des Schuldners bildet. Mit der Einführung des Begriffs der Pflichtverletzung in § 280 Abs. 1 BGB ist das Konzept der Nichterfüllung bzw. der Vertragsverletzung aus dem UN-Kaufrecht aufgegriffen worden, welches dort dem System der Gewährleistungsrechte zugrunde liegt. Fraglich ist vor diesem Hintergrund, ob und inwieweit die Interpretation der deutschen Haftungsmaßstäbe unter Heranziehung des UN-Kaufrechts erfolgen kann.8 Zudem stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die Übernahme des Konzepts der Pflichtverletzung in das deutsche Recht und insbesondere die Verbindung dieses Konzepts mit dem Verschuldensprinzip haben. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise auf die Diskussionen hinzuweisen, auf welche Pflichtverletzung sich im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung wegen eines nachträglich unbehebbaren Mangels gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 283 BGB oder im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung wegen eines behebbaren Mangels gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB das Vertretenmüssen beziehen muss. Ferner ist in diesem Zusammenhang auch die Kritik an der Haftung auf das positive Interesse bei anfänglich unbehebbaren Mängeln gem. §§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 BGB anzusprechen. Die Haftungsvoraussetzung des Vertretenmüssens ist Ausgangspunkt für die Untersuchung, ob sich die im deutschen Recht beibehaltene Verschuldenshaftung an eine Garantiehaftung angenähert hat. Auf der einen Seite ist die Beibehaltung des Verschuldensprinzips kritisiert worden, weil hierdurch die Diskrepanz des BGB zum UN-Kaufrecht gefestigt werde.9 Auf der anderen Seite wird inzwischen diskutiert, ob das deutsche Kaufrecht auf dem Weg zu einem Garantiesystem ist10 bzw. ob es sich beim Schadensersatz wegen kaufrechtlicher Schlechtleistungen um eine Verschuldens- oder um eine Garantiehaftung handelt.11 Beispielsweise wird aufgrund der Beweislastanordnung in § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zu Lasten des Verkäufers von einer „Quasi-Garantiehaftung“ im __________ 8 s. hierzu Dauner-Lieb, Entwicklungstendenzen, S. 19, die eine Interpretation der Haftungsmaßstäbe im Lichte des UN-Kaufrechts als nahe liegend bezeichnet hat. 9 Brüggemeier, WM 2002, 1376, 1382; ähnlich auch Herber, in: Ferrari (Hrsg.), The 1980 Uniform Sales Law, 2003, S. 59, 68. 10 Schubel/T. Koch, Die Nacherfüllung als Haftungsfalle: Das deutsche Kaufrecht auf dem Weg zum Garantiesystem?, DB 2004, 119 ff. 11 Ehmann/Sutschet, Schadensersatz wegen kaufrechtlicher Schlechtleistungen – Verschuldens- und/oder Garantiehaftung?, JZ 2004, 62 ff.; Finkenauer, „Garantiehaftung“ des Verkäufers für Sachmängel?, WM 2003, 665 ff.

34

§ 1 Einleitung

neuen Schuldrecht gesprochen.12 Schon Ernst Rabel hatte festgestellt, dass der Gegensatz zwischen dem System der Garantiehaftung und dem der Verschuldenshaftung stark durch die Beweislastverteilung abgemildert werde,13 weshalb die Beweislastverteilung im neuen Recht zu untersuchen ist. Teilweise wird auch aufgrund der Einführung des Nacherfüllungsanspruchs festgestellt, dass die Haftung des Verkäufers auf Schadensersatz statt der Leistung im praktischen Ergebnis nicht mehr allzu weit von einem Garantiehaftungssystem entfernt sein dürfte.14 Ferner sind im deutschen Recht Tendenzen zur Relativierung des Verschuldensprinzips festgestellt worden, die offensichtlich stark vom Vergleich mit dem UN-Kaufrecht bestimmt seien.15 Angesprochen sei hier beispielsweise die Frage, ob der Verkäufer beim Gattungskauf typischerweise auch das Beschaffungsrisiko in Bezug auf die Fehlerfreiheit der Ware übernimmt (§ 276 Abs. 1 S. 1 BGB) und somit aufgrund der Übernahme des allgemeinen Beschaffungsrisikos verschuldensunabhängig für Mängel einzustehen hat, die ihre Ursache im Bereich eines Vor- oder Zulieferanten haben. Hinsichtlich der Stellung des Schadensersatzes im System der Rechtsbehelfe erscheint die Einführung des Vorrangs der Nacherfüllung als eine Besonderheit gegenüber dem UN-Kaufrecht. Was die Stellung des Schadensersatzes im System der Rechtsbehelfe betrifft, spielt ferner die Neufassung des § 325 BGB eine Rolle. Um die Schadensersatzhaftung des Verkäufers für mangelhafte Lieferung nach dem UN-Kaufrecht und nach dem BGB dahingehend bewerten zu können, wie nachteilig oder vorteilhaft sie für den Verkäufer ausgestaltet ist, sind schließlich die im UN-Kaufrecht und im BGB bestehenden Möglichkeiten zu berücksichtigen, die Haftung durch Parteivereinbarung auszuschließen oder zu beschränken.

II. Gang der Untersuchung Um untersuchen zu können, ob sich die Schadensersatzhaftung des Verkäufers für mangelhafte Lieferung nach dem BGB an die Regelung im UNKaufrecht angenähert hat, erfolgt zunächst die Darstellung und Analyse der Schadensersatzhaftung des Verkäufers für mangelhafte Lieferung nach dem __________ 12 Regula/Kannowski, IHR 2004, 45, 50; ähnlich Dylakiewicz, S. 205, nach der die Beweislastumkehr wie eine Garantie wirkt. 13 Rabel, 1. Bd., § 44 I. 14 Schubel/T. Koch, DB 2004, 119, 125. 15 Dauner-Lieb, in: dies./Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 3, 11 f.; dies., Entwicklungstendenzen, S. 18 ff.

§ 1 Einleitung

35

UN-Kaufrecht (1. Teil). Anschließend wird die Schadensersatzhaftung des Verkäufers für mangelhafte Lieferung nach dem BGB unter Klärung der zahlreichen strittigen Fragen dargestellt und dahingehend untersucht, ob eine Annäherung an das UN-Kaufrecht stattgefunden hat (2. Teil). Im Einzelnen sind im 1. Teil nach der Darstellung des Anwendungs- und Regelungsbereichs des UN-Kaufrechts sowie der Möglichkeiten der Abbedingung der Geltung des UN-Kaufrechts (§ 2) zunächst die Voraussetzungen und der Inhalt des Schadensersatzanspruches des Käufers gegen den Verkäufer bei mangelhafter Lieferung nach Art. 45 Abs. 1 lit. b CISG zu klären (§ 3). Da die Untersuchung, ob sich die Verschuldenshaftung im deutschen Recht an eine Garantiehaftung angenähert hat, einen Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit bildet, ist auf die Gründe für die Ausgestaltung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers als Garantiehaftung im UN-Kaufrecht einzugehen (§ 4). In § 5 wird ermittelt, in welchen Fällen sich der Verkäufer bei mangelhafter Lieferung nach Art. 79, 80 CISG von seiner Haftung entlasten kann. Insbesondere ist zu klären, ob Art. 79 CISG auf die Lieferung mangelhafter Ware Anwendung findet (I. 1.) und für welche Risiken der Verkäufer typischerweise einstehen muss (I. 2.). Umstritten und daher – auch im Hinblick auf das deutsche Recht – diskussionswürdig ist die Haftung für Mängel aus dem Bereich von Vor- und Zulieferanten [I. 2. a), aa)], für verdeckte Mängel [I. 2. a), bb)] und für Entwicklungsfehler [I. 2. b), bb)]. Im Rahmen der Darstellung des Schadensersatzes im System der Rechtsbehelfe (§ 6) ist zunächst zu klären, in welchen Fällen eine mangelhafte Lieferung eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt (IV.), um insbesondere feststellen zu können, in welchen Fällen der Käufer Schadensersatz wegen Nichterfüllung unter Abstandnahme vom Vertrag verlangen kann (V. 3.). Schließlich ist die Haftungsbeschränkung auf vorhersehbare Schäden (§ 7) zu untersuchen, und es sind die Möglichkeiten eines Haftungsausschlusses oder von Haftungsbeschränkungen durch Parteivereinbarung darzustellen (§ 8). Es folgt eine Zusammenfassung der Ergebnisse des 1. Teils (§ 9). Der 2. Teil der Arbeit weist in seinem Aufbau Parallelen zum 1. Teil auf. Zunächst ist allerdings die grundsätzliche Bedeutung des UN-Kaufrechts für die Auslegung der Vorschriften über die Schadensersatzhaftung des Verkäufers im BGB zu klären (§ 10), damit die gefundenen Grundsätze bei den in der weiteren Untersuchung auftretenden Auslegungsfragen berücksichtigt werden können. In einem Überblick über die Schadensersatzhaftung des Verkäufers für mangelhafte Lieferung nach dem BGB (§ 11) werden insbesondere die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Mangels vor dem Hintergrund des UNKaufrechts analysiert (I.). Zudem wird eine Lösung für die Abgrenzung von Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung vorgeschlagen (IV. 3.). Um eine Annäherung der Verschuldenshaftung im BGB an eine Garantiehaftung untersuchen zu können, werden in § 12 die Neufassung des § 276 Abs. 1 S. 1 BGB (I.) und die Beweislastanordnung in § 280 Abs. 1

36

§ 1 Einleitung

S. 2 BGB im Allgemeinen erörtert (II.). Bezüglich der Stellung des Schadensersatzes im System der Rechtsbehelfe (§ 13) wird zunächst die Stufung der Rechtsbehelfe im deutschen Recht mit dem UN-Kaufrecht verglichen und die Möglichkeit der Geltendmachung des Schadensersatzes statt der Leistung nach Ablauf der Nachfrist untersucht (I.). Des weiteren bedarf das Verhältnis des Schadensersatzes zu den anderen Rechtsbehelfen einer Klärung (II.). Hierbei geht es nicht nur um die kumulative Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs mit einem anderen Rechtsbehelf, sondern auch um das Bestehen eines ius variandi. Schließlich ist das Kriterium der Unerheblichkeit der Pflichtverletzung als Voraussetzung für den Schadensersatz statt der ganzen Leistung insbesondere im Hinblick darauf zu untersuchen, ob eine Einflusslinie vom UN-Kaufrecht bis in das BGB vorliegt (III.). Nach der Klärung dieser Grundlagen werden die Voraussetzungen der Pflichtverletzung und des Vertretenmüssens für den Schadensersatz statt der Leistung (§ 14), den Schadensersatz neben der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB (§ 15) und den Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 2, 286 i. V. m. § 439 BGB (§ 16) analysiert. Im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung ist dabei zwischen dem Schadensersatz wegen eines anfänglichen unbehebbaren Mangels gem. §§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 BGB (§ 14 I. 1.), wegen eines nachträglichen unbehebbaren Mangels gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 283 BGB (§ 14 I. 2.) und wegen eines behebbaren Mangels gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB (§ 14 II.) zu unterscheiden. Zu diskutieren ist jeweils, welche Pflichtverletzung den Bezugspunkt für das Vertretenmüssen des Verkäufers bildet, wobei die Vorbildfunktion des UN-Kaufrechts zu berücksichtigen ist. Bezüglich des Vertretenmüssens ist jeweils zu klären, welche Sorgfaltsanforderungen an den Verkäufer zu stellen sind, ob dem Verkäufer das Verschulden des Herstellers zuzurechnen ist, in welchen Fällen die Übernahme einer Garantie durch den Verkäufer vorliegt und inwieweit der Verkäufer typischerweise ein Beschaffungsrisiko übernimmt. Auch ist zu klären, wie sich die Beweislastanordnung gem. §§ 311a Abs. 2, 280 Abs. 1 S. 2 BGB zu Lasten des Verkäufers im konkreten Fall auswirkt. Mögliche Einflüsse des UN-Kaufrechts sind jeweils zu untersuchen. Ferner sind Tendenzen zu einer Garantiehaftung im konkreten Fall aufzuzeigen und zu diskutieren. Schließlich stellt sich die Frage nach der Möglichkeit der Parteien, die Schadensersatzhaftung des Verkäufers für mangelhafte Lieferung nach dem BGB auszuschließen oder zu beschränken, um diesbezüglich einen Vergleich zum UN-Kaufrecht ziehen zu können (§ 17). Auf Grundlage der beiden Diskussionsteile werden abschließend in § 18 die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst, es wird ein Fazit gezogen, und es wird eine darauf beruhende Handlungsempfehlung für die Vertragsparteien abgegeben.

1. Teil

Schadensersatzhaftung des Verkäufers für Lieferung mangelhafter Ware nach UN-Kaufrecht § 2 Das UN-Kaufrecht, sein Anwendungsund Regelungsbereich sowie die Möglichkeit seines Ausschlusses I. Entstehung des UN-Kaufrechts Das von UNCITRAL1 erarbeitete und in Wien am 11.4.1980 geschlossene2 Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (Convention on Contracts for the International Sale of Goods – CISG) ist gem. Art. 99 Abs. 1 CISG am 1.1.1988 in Kraft getreten. Grundlage für die Arbeit von UNCITRAL bildete das Haager Kaufrecht von 1964, welches aus dem Einheitlichen Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen (EKG) und dem Einheitlichen Gesetz über den Abschluss von internationalen Kaufverträgen über bewegliche Sachen (EAG) bestand.3 Diese Gesetze beruhten wiederum auf wissenschaftlichen Vorarbeiten des Römischen Instituts für Privatrechtsvereinheitlichung (Unidroit) unter der Leitung von Ernst Rabel. Bis heute4 haben 67 Staaten das UN-Übereinkommen ratifiziert.5 Das Haager Kaufrecht hatten dagegen nur 9 Staaten ratifiziert, darunter auch die Bun__________ 1 United Nations Commission on International Trade Law, eingesetzt als ständiger Ausschuss der UN im Jahre 1966. Vgl. http://www.uncitral.org. 2 Im Rahmen der diplomatischen Konferenz in Wien vom 10.3. bis zum 11.4.1980 haben von 62 teilnehmenden Staaten in der Schlussabstimmung 42 Staaten für das Übereinkommen gestimmt. Die restlichen an der Schlussabstimmung teilnehmenden Staaten enthielten sich, vgl. Staudinger/Magnus Einl zum CISG Rn. 26. 3 Staudinger/Magnus Einl zum CISG Rn. 24; Honnold, Documentary History, S. 1. 4 Stand 8.10.2006. 5 Ägypten, Argentinien, Australien, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Burundi, Chile, China, Dänemark, Deutschland, Ecuador, Estland, Finnland, Frankreich, Gabun, Georgien, Griechenland, Guinea, Honduras, Irak, Island, Israel, Italien, Kanada, Kirgisistan, Kolumbien, Kroatien, Kuba, Lesotho, Lettland, Liberia, Litauen, Luxemburg, Mauretanien, Mexiko, Moldawien, Mongolei, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Österreich, Paraguay, Peru, Polen, Republik Korea, Rumänien, Russische Föderati-

38

1. Teil: Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

desrepublik Deutschland. Die hohe Zahl der Vertragsstaaten des CISG spiegelt seine Akzeptanz und seinen Erfolg wider.6 In der Bundesrepublik Deutschland gilt das CISG seit dem 1.1.19917 und ist somit Bestandteil des deutschen Rechts.

II. Anwendungsbereich Gem. Art. 1 Abs. 1 lit. a CISG ist das Übereinkommen auf Kaufverträge über Waren zwischen Parteien anzuwenden, die ihre Niederlassung in verschiedenen Vertragsstaaten haben. Es ist also ein grenzüberschreitender Bezug erforderlich. Falls eine Partei oder auch beide Parteien ihre Niederlassung nicht in Vertragsstaaten haben, ist das Übereinkommen anzuwenden, wenn die Regeln des internationalen Privatrechts des Forumstaates8 zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates führen (Art. 1 Abs. 1 lit. b CISG).9 Hat eine Partei mehr als eine oder keine Niederlassung, ist die Niederlassung i. S. d. Art. 1 Abs. 1 CISG mit Hilfe von Art. 10 CISG zu bestimmen. Auf die Kaufmannseigenschaft oder die Nationalität der Parteien kommt es gem. Art. 1 Abs. 3 nicht an. Vom sachlichen Anwendungsbereich des CISG ausgenommen sind Verbraucher- sowie die übrigen in Art. 2 CISG aufgezählten Käufe. Für alle dem Verbraucherkauf vorgeschalteten Handelsstufen gilt jedoch das UNKaufrecht.10 Nach Art. 3 Abs. 1 CISG erfasst das UN-Kaufrecht auch den internationalen Werklieferungsvertrag, es sei denn, dass der Besteller einen wesentlichen Teil der für die Herstellung oder Erzeugung notwendigen Stoffe __________ on, Sambia, Schweden, Schweiz, Serbien und Montenegro, Singapur, Slowakei, Slowenien, Spanien, St. Vincent und die Grenadinen, Syrien, Tschechien, Uganda, Ukraine, Ungarn, Uruguay, USA, Usbekistan, Weißrussland und Zypern. 6 Magnus, ZEuP 2006, 96, 98. Zu den Perspektiven für die künftige Bedeutung des CISG s. ders., in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 79, 81 ff. 7 In der Bundesrepublik Deutschland wurde das Übereinkommen mit dem dazugehörigen Vertragsgesetz vom Bundesrat durch die Beschlüsse vom 23.9.1988 und 12.5.1989 gebilligt und vom Bundestag am 20.4.1989 angenommen. Die Ratifikationsurkunde wurde am 21.12.1989 hinterlegt, die Haager Übereinkommen mit Wirkung zum 1.1.1991 gekündigt (Art. 99 Abs. 3 CISG). In der ehemaligen DDR war das Übereinkommen seit dem 1.3.1990 in Kraft. 8 Im deutschen Recht Art. 27, 28 EGBGB. 9 Zu beachten ist die durch Art. 95 CISG eröffnete Möglichkeit, Art. 1 Abs. 1 lit. b CISG nicht in Geltung zu setzen. Die BRD hat von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht, vgl. Schlechtriem/Schwenzer/Ferrari Art. 1 Rn. 79; Staudinger/Magnus Art. 1 Rn. 112. 10 Piltz, IHR 2002, 2, 3.

§ 2 Anwendungs- und Regelungsbereich sowie Ausschluss

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selbst zur Verfügung zu stellen hat. Art. 3 Abs. 2 CISG erweitert den sachlichen Anwendungsbereich des CISG auf Lieferverträge mit arbeits- oder dienstvertraglichen Pflichten, sofern diese Pflichten nicht den überwiegenden Teil der Verkäuferpflichten darstellen.

III. Regelungsbereich Nach Art. 4 S. 1 CISG erfasst der Regelungsbereich des CISG ausschließlich den Abschluss des Kaufvertrags und die aus ihm erwachsenden Rechte und Pflichten des Verkäufers und des Käufers, nicht dagegen die Gültigkeit des Vertrags oder einzelner Vertragsbestimmungen oder die Gültigkeit von Gebräuchen (Art. 4 S. 2 lit. a CISG). Zu den aus dem Kaufvertrag erwachsenden Rechten zählen auch die Rechtsbehelfe wegen einer Vertragsverletzung. Soweit der Geltungsumfang des Übereinkommens reicht, tritt es an die Stelle des jeweiligen nationalen Rechts und verdrängt auch zwingende nationale Vorschriften.11 Daraus folgt, dass sich die Schadensersatzhaftung des Verkäufers gegenüber dem Käufer für die Lieferung mangelhafter Ware bei Anwendbarkeit des CISG ausschließlich nach diesem und nicht nach nationalem Recht richtet.

IV. Möglichkeit des Ausschlusses durch Parteivereinbarung Die Parteien haben gem. Art. 6 CISG nicht nur die Möglichkeit, von den Bestimmungen des Übereinkommens abzuweichen, sondern können seine Anwendung auch ganz ausschließen. Ebenso steht es den Parteien frei, die Geltung des CISG für Fälle zu vereinbaren, in denen seine Anwendungsvoraussetzungen nicht vorliegen.12 Von der Möglichkeit des Ausschlusses machen deutsche Unternehmen, insbesondere mittelständische Unternehmen,13 häufig Gebrauch.14

__________ 11

Piltz, IHR 2002, 2, 4. UNCITRAL Digest Art. 6 Anm. 12; Staudinger/Magnus Art. 6 Rn. 4, 62; Schlechtriem, Rn. 23. 13 Stadie/Nietzer, MDR 2002, 428, 431. 14 R. Koch, NJW 2000, 910; Schillo, IHR 2003, 257. 12

§ 3 Der Schadensersatzanspruch des Käufers gegen den Verkäufer gem. Art. 45 Abs. 1 lit. b CISG bei mangelhafter Lieferung I. Anspruchsgrundlage und -voraussetzungen Alleinige Anspruchsgrundlage für den Schadensersatzanspruch des Käufers gegen den Verkäufer ist im UN-Kaufrecht Art. 45 Abs. 1 lit. b CISG.1 Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs richten sich dagegen nach Art. 74– 77 CISG. Art. 45 Abs. 1 lit. b CISG setzt voraus, dass der Verkäufer (irgend)eine seiner Pflichten („any of his obligations“) nach dem CISG oder dem Vertrag nicht erfüllt. Aus Art. 74 S. 1 CISG ergibt sich als weitere Voraussetzung das Vorliegen eines auf dieser Vertragsverletzung kausal beruhenden Verlustes des Gläubigers. Jede Vertragsverletzung durch den Verkäufer, die einen Schaden beim Käufer verursacht hat, zieht also im UN-Kaufrecht regelmäßig eine Schadensersatzhaftung nach sich.2 Schadensersatz ist im UNKaufrecht der Mindestbehelf3 und daher der gewöhnliche und zugleich wichtigste Rechtsbehelf.4

II. Die Lieferung mangelhafter Ware als Vertragsverletzung i. S. d. Art. 45 Abs. 1 CISG Gem. Art. 35 Abs. 1 CISG hat der Verkäufer vertragsgemäße Ware zu liefern. Nach Art. 41 f. CISG hat der Verkäufer ferner Ware zu liefern, die frei von Rechten oder Ansprüchen Dritter ist. Verletzt der Verkäufer eine dieser Pflichten, liegt eine Nichterfüllung seiner Pflichten i. S. d. Art. 45 Abs. 1 CISG vor. Die Mängelhaftung ist im UN-Kaufrecht folglich nicht als besondere Ge__________ 1

Secretariat Commentary O.R. Art. 41 (Art. 45) Anm. 1; MünchKommBGB/P. Huber Art. 45 Rn. 13; Staudinger/Magnus Art. 45 Rn. 18. 2 Enderlein/Maskow/Strohbach Art. 74 Rn. 1; Soergel/Lüderitz/Schüßler-Langeheine Art. 45 Rn. 7; Staudinger/Magnus Art. 45 Rn. 19, Art. 74 Rn. 8; Heuzé, Anm. 433; Kranz, S. 190; Ryffel, S. 13; Leser, in: FS Kitagawa, S. 455, 459. 3 MünchKommHGB/Mankowski Art. 74 Rn. 4; Staudinger/Magnus Art. 74 Rn. 8. 4 Leser, in: FS Kitagawa, S. 455, 459.

§ 3 Schadensersatzanspruch gemäß Art. 45 Abs. 1 lit. b CISG

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währleistungshaftung, sondern als „Unterfall“ der allgemeinen Haftung für Vertragsverletzungen ausgestaltet.5 Dem Käufer steht infolge der Verletzung einer der Pflichten aus Art. 35, 41 f. CISG durch den Verkäufer ein Anspruch auf Schadensersatz gem. Art. 45 Abs. 1 lit. b CISG zu.

1. Vertragsgemäßheit der Ware Gem. Art. 35 Abs. 1 CISG ist der Verkäufer verpflichtet, die Ware zu liefern, die in Menge, Qualität und Art sowie hinsichtlich Verpackung oder Behältnis den Anforderungen des Vertrags entspricht. Um festzustellen, ob die Ware bei Gefahrübergang (vgl. Art. 36 Abs. 1 CISG) vertragsgemäß ist, ist somit in erster Linie auf die Parteivereinbarung abzustellen. Aus dem Wortlaut des Art. 35 Abs. 1 CISG geht hervor, dass nicht nur Qualitäts-, sondern auch Quantitätsmängel eine vertragswidrige Beschaffenheit darstellen. Folglich sind sowohl die Zuwenig- als auch die Zuviellieferung eine nicht vertragsgemäße Lieferung,6 wobei hinsichtlich der Zuweniglieferung die Sonderregelung des Art. 51 CISG zu beachten ist. Da die Ware gem. Art. 35 Abs. 1 CISG auch der vereinbarten Art („description“) entsprechen muss, stellt die Lieferung eines Aliuds ebenfalls eine Vertragswidrigkeit dar.7 Die Ansicht, welche die Lieferung eines krassen Aliuds als Nichtlieferung einordnen will,8 ist aufgrund der Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen der Lieferung eines einfachen und der eines krassen Aliuds abzu__________ 5 Kantonsgericht Schaffhausen, Schweiz, Urt. v. 27.1.2004 – Nr. 11/1999/99, CISGonline Nr. 960. 6 MünchKommHGB/Benicke Art. 35 Rn. 3; Schlechtriem/Schwenzer/Schwenzer Art. 35 Rn. 8; Staudinger/Magnus Art. 35 Rn. 7, 9; Piltz § 5 Rn. 29; Schlechtriem, Rn. 134. 7 BGH, Urt. v. 3.4.1996 – VIII ZR 51/95, BGHZ 132, 290, 296; OLG Stuttgart, Urt. v. 12.3.2001 – 5 U 216/99, CISG-online Nr. 841; OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.4.2004 – I-15 U 222/02, CISG-online Nr. 914; OGH, Urt. v. 29.6.1999 – 1 Ob 74/99k, CISGonline Nr. 483 = TranspR-IHR 1999, 48, 49; OGH, Beschluss v. 21.3.2000 – 10 Ob 344/99g, IHR 2001, 40, 41; Bianca/Bonell/Will Art. 46 Anm. 2.2.1.2; Enderlein/Maskow/Strohbach Art. 35 Anm. 5; Honnold Art. 39, 40, 44 § 256.1; Honsell/Magnus Art. 35 Rn. 6; MünchKommHGB/Benicke Art. 35 Rn. 4; Schlechtriem/Schwenzer/Schwenzer Art. 35 Rn. 10; Staudinger/Magnus Art. 35 Rn. 9; U. Huber, S. 11; Karollus, S. 105 f; Kranz, S. 70; Piltz § 5 Rn. 26; Ryffel, S. 17 f.; Schlechtriem, Rn. 134; Aicher, in: Hoyer/Posch (Hrsg.), Das Einheitliche Wiener Kaufrecht, S. 111, 120 ff.; Graffi, in: Ferrari (Hrsg.), The 1980 Uniform Sales Law, S. 305, 316; Bitter/Bitter, BB 1993, 2315, 2320; van Houtte/Wautelet, RDAI/IBLJ 2001, 293, 308. 8 Bianca/Bonell/Bianca Art. 35 Anm. 2.4; U. Huber, S. 11; Loewe, K Art. 30; Neumayer, RIW 1994, 99, 105, unter Berufung auf Secretariat Commentary O.R. Art. 29 (Art. 31) Anm. 3.

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1. Teil: Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

lehnen.9 Zudem wird im Fall der krassen Falschlieferung häufig Art. 40 CISG Anwendung finden,10 so dass der Käufer bei unterlassener oder nicht ordnungsgemäßer Rüge nicht schlechter als bei der Nichtlieferung steht. Fehlen ausdrückliche oder konkludente Vereinbarungen in Bezug auf die Beschaffenheit der Ware, bestimmt sich die Vertragsgemäßheit der Ware nach den in Art. 35 Abs. 2 lit. a–d CISG aufgestellten objektiven Standards. Die Ware ist danach nur vertragsgemäß, wenn sie sich für die gewöhnlichen Verwendungszwecke ( lit. a) oder einen bestimmten, dem Verkäufer bei Vertragsabschluss ausdrücklich oder auf andere Weise zur Kenntnis gebrachten Verwendungszweck eignet und der Käufer auf die Sachkenntnis und das Urteilsvermögen des Verkäufers vertraut hat (lit. b), wenn sie einem beim Kauf vorgelegten Muster oder einer beim Kauf vorgelegten Probe entspricht (lit. c) und wenn sie in der üblichen oder in einer für die Erhaltung und den Schutz der Ware angemessenen Weise verpackt ist (lit. d). Gem. Art. 35 Abs. 3 CISG entfällt die Haftung des Verkäufers nach Art. 35 Abs. 2 lit. a–d CISG für eine Vertragswidrigkeit der Ware, wenn der Käufer diese bei Vertragsschluss kannte oder darüber nicht in Unkenntnis sein konnte. Leitet der Käufer aus der Vertragswidrigkeit der Ware Rechte oder Ansprüche ab, trägt er grundsätzlich die Beweislast für die Vertragswidrigkeit der Ware im Zeitpunkt des Gefahrübergangs.11

__________ 9 Enderlein/Maskow/Strohbach Art. 35 Anm. 5; Honsell/Magnus Art. 35 Rn. 6; MünchKommHGB/Benicke Art. 35 Rn. 4; Staudinger/Magnus Art. 35 Rn. 9; van Houtte/Wautelet, RDAI/IBLJ 2001, 293, 308. 10 Díez-Picaso/Morales Art. 35 VIII.; Honsell/Magnus Art. 35 Rn. 6; MünchKommHGB/Benicke Art. 35 Rn. 4; Schlechtriem/Schwenzer/Schwenzer Art. 35 Rn. 10; Staudinger/Magnus Art. 35 Rn. 9; Karollus, S. 105. 11 BGH, Urt. v. 9.1.2002 – VIII ZR 304/00, NJW 2002, 1651, 1653 (nach rügeloser Abnahme der Ware durch den Käufer); Schweizerisches Bundesgericht, Urt. v. 13.11.2003 – 4C.198/2003/grl, IHR 2004, 215, 218; U.S. Court of Appeals (7th Circuit), Urt. v. 23.5.2005 – Nr. 04-2551, CISG-online Nr. 1026, der dies allerdings entgegen dem Gebot der autonomen Auslegung gem. Art. 7 Abs. 1 CISG auf einen Vergleich mit dem Uniform Commercial Code stützt; Trib. Vigevano, Italien, Urt. v. 12.7.2000 – Nr. 405, IHR 2001, 72, 77; Brunner Art. 35 Rn. 24 ff.; Staudinger/Magnus Art. 35 Rn. 55; Piltz, IHR 2002, 2, 6 f. Dafür, dass der Verkäufer das Nichtvorliegen der Vertragswidrigkeit im Zeitpunkt des Gefahrübergangs zu beweisen hat, wenn der Käufer die Vertragswidrigkeit bei Untersuchung der Ware innerhalb der Untersuchungsfrist feststellt und rechtzeitig anzeigt, Appellationshof des Kantons Bern, Urt. v. 11.2.2004 – 304/11/2003/wuda/scch II, IHR 2006, 149, 152; Obergericht des Kantons Luzern, Urt. v. 12.5.2003, SZIER 2004, 104, 105; Baumgärtel/Laumen Art. 35 Rn. 1; Herber/Czerwenka Art. 35 Rn. 9; MünchKommBGB/Gruber Art. 35 Rn. 45; Schlechtriem/Schwenzer/Schwenzer Art. 35 Rn. 49; Dylakiewicz, S. 78.

§ 3 Schadensersatzanspruch gemäß Art. 45 Abs. 1 lit. b CISG

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2. Freiheit der Ware von Rechten und Ansprüchen Dritter Gem. Art. 41 S. 1 CISG hat der Verkäufer Ware zu liefern, die frei von Rechten oder Ansprüchen Dritter ist. Etwas anderes gilt nur bei Einwilligung des Käufers (Art. 41 S. 1 2. Hs. CISG). Beruhen die Rechte oder Ansprüche des Dritten auf gewerblichem oder anderem geistigen Eigentum, so trifft Art. 42 CISG eine Sonderregelung (Art. 41 S. 2 CISG). Ist die Ware mit Schutzrechten Dritter belastet, so haftet der Verkäufer gem. Art. 42 Abs. 1 CISG nur, wenn er diese bei Vertragsabschluss kannte oder über sie nicht in Unkenntnis sein konnte. Ferner schuldet der Verkäufer die Freiheit von Schutzrechten nur in dem bei Vertragsschluss in Betracht gezogenen Bestimmungsland der Ware (Art. 42 Abs. 1 lit. a CISG) oder hilfsweise in dem Land der Niederlassung des Käufers (Art. 42 Abs. 1 lit. b CISG). Gem. Art. 42 Abs. 2 lit. a CISG entfällt die Haftung des Verkäufers, wenn der Käufer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses das Recht oder den Anspruch kannte oder nicht in Unkenntnis sein konnte. Ferner scheidet eine Haftung gem. Art. 42 Abs. 2 lit. b CISG aus, wenn der Verkäufer sich nach Angaben gerichtet hat, die ihm der Käufer zur Verfügung gestellt hat.

III. Voraussetzungen für die Erhaltung des Schadensersatzanspruchs In Art. 38, 39 CISG sowie in Art. 43 CISG sind Voraussetzungen für die Erhaltung des Schadensersatzanspruchs normiert.

1. Untersuchungs- und Rügeobliegenheit bei vertragswidriger Lieferung Die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs setzt im Fall vertragswidriger Ware voraus, dass der Käufer die gelieferte Ware zuvor gem. Art. 38 Abs. 1 CISG innerhalb einer kurzen Frist untersucht und dem Verkäufer die Vertragswidrigkeit innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Zeitpunkt, in dem er sie festgestellt hat oder hätte feststellen müssen, unter genauer Bezeichnung angezeigt hat (Art. 39 Abs. 1 CISG). Die Anzeige muss gemäß der Ausschlussfrist des Art. 39 Abs. 2 CISG spätestens innerhalb von zwei Jahren erfolgen. Unterlässt der Käufer die Anzeige oder rügt er nicht ordnungsgemäß, verliert er gem. Art. 39 Abs. 1 CISG seine Ansprüche wegen der Vertragswidrigkeit der Ware, es sei denn, dass der Verkäufer bösgläubig gem. Art. 40 CISG war oder der Käufer eine vernünftige Entschuldigung für die Unterlassung der erforderlichen Anzeige hat (Art. 44 CISG).

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1. Teil: Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

2. Rügeobliegenheit bei Vorliegen eines Rechtsmangels Bei Rechtsmängeln gem. Art. 41 S. 1 CISG oder bei Belastung der Ware mit Schutzrechten Dritter aus gewerblichem oder geistigem Eigentum gem. Art. 42 Abs. 1 CISG muss der Käufer dem Verkäufer die Rechtsmängel innerhalb angemessener Frist unter genauer Bezeichnung gem. Art. 43 Abs. 1 CISG anzeigen. Anders als bei der Lieferung vertragswidriger Ware muss der Käufer die Ware nicht von sich aus auf einen Rechtsmangel hin untersuchen. Unterlässt der Käufer die Anzeige oder rügt er nicht ordnungsgemäß, kann er sich auf die Rechtsmängel nicht berufen (Art. 43 Abs. 1 CISG), es sei denn, dass der Verkäufer das Recht oder den Anspruch des Dritten und seine Art kannte (Art. 43 Abs. 2 CISG) oder der Käufer eine vernünftige Entschuldigung für das Unterlassen der Anzeige vorbringen kann (Art. 44 CISG). Die Ausschlussfrist des Art. 39 Abs. 2 CISG gilt für Rechtsmängel nicht.

IV. Inhalt des Schadensersatzes (Art. 74 S. 1 CISG) Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Art. 74 S. 1 CISG ist dem Gläubiger der infolge der Vertragsverletzung entstandene Verlust, einschließlich des entgangenen Gewinns, zu ersetzen. Das UN-Kaufrecht geht vom Prinzip der Totalreparation aus.12 Der Gläubiger ist so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung stünde.13 Geschützt ist vor allem das Erfüllungsinteresse (expectation interest) des Gläubigers,14 welches sich auf diejenigen Vorteile richtet, die dem Gläubiger bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Pflichten des Schuldners zugekommen wären.15

__________ 12 OGH, Urt. v. 14.1.2002 – 7 Ob 301/01t, IHR 2002, 76, 80; Bianca/Bonell/Knapp Art. 74 Anm. 3.2; MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 17. 13 U.S. Court of Appeal, 2nd Circuit, Urt. v. 6.12.1995 – 95-7182, 95-7186 (Delchi Carrier SpA v. Rotorex Corporation), CLOUT Nr. 138 (expectation interest); OGH, Urt. v. 14.1.2002 – 7 Ob 301/01t, IHR 2002, 76, 80; Secretariat Commentary O.R. Art. 70 (Art. 74) Anm. 3; Bamberger/Roth/Saenger Art. 74 Rn. 2. 14 OGH, Urt. v. 14.1.2002 – 7 Ob 301/01t, IHR 2002, 76, 80; U.S. District Court, N.D., New York, Urt. v. 9.9.1994 – 88-CV-1078 (Delchi Carrier S.p.A. v. Rotorex Corp.), CISG-online Nr. 113; Bamberger/Roth/Saenger Art. 74 Rn. 2; Staudinger/Magnus Art. 74 Rn. 20. 15 OGH, Urt. v. 14.1.2002 – 7 Ob 301/01t, IHR 2002, 76, 80; MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 18; MünchKommHGB/Mankowski Art. 74 Rn. 12; Schlechtriem/Schwenzer/ Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 2; Staudinger/Magnus Art. 74 Rn. 20.

§ 3 Schadensersatzanspruch gemäß Art. 45 Abs. 1 lit. b CISG

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Ferner ist das Integritätsinteresse (indemnity interest) erfasst,16 also das Interesse des Gläubigers, keine Einbußen an seinem bereits vorhandenen Vermögen zu erleiden.17 In Bezug auf durch die mangelhafte Sache entstandene Personenschäden ist Art. 5 CISG zu beachten, nach dem das Übereinkommen keine Anwendung auf die Haftung des Verkäufers für den durch die Ware verursachten Tod oder die Körperverletzung einer Person findet. Diese Haftung richtet sich vielmehr nach dem vom IPR des Forumstaates berufenen nationalen Recht. Schließlich kann der Käufer nach der Vertragsaufhebung18 alternativ zum Schadensersatz in Bezug auf das positive Interesse auch Schadensersatz gerichtet auf das Vertrauensinteresse (negatives Interesse/reliance interest) verlangen.19 Durch den Schutz des Vertrauensinteresses wird bezweckt, dass die im Vertrauen auf die Leistung erbrachten Aufwendungen nicht durch Vertragsverletzungen entwertet werden.20 Der Gläubiger ist wirtschaftlich so zu stellen, wie wenn ein Vertrag gar nicht abgeschlossen worden wäre, er sich nie auf Vertragsverhandlungen eingelassen und nicht auf die Durchführung des Vertrags vertraut hätte.21 __________ 16

OGH, Urt. v. 14.1.2002 – 7 Ob 301/01t, IHR 2002, 76, 80; Bamberger/Roth/Saenger Art. 74 Rn. 2; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 2; Staudinger/Magnus Art. 74 Rn. 20. 17 OGH, Urt. v. 14.1.2002 – 7 Ob 301/01t, IHR 2002, 76, 80; MünchKomm/P. Huber Art. 74 Rn. 18; Neumayer/Ming Art. 74 Anm. 1; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 2; Staudinger/Magnus Art. 74 Rn. 20. Anschaulich beschreibt Treitel, Law of Contract, Chap. 21 Sec. 1 1. (2) (e), S. 944 den Unterschied zum Erfüllungsinteresse anhand eines Falls, in dem die gekaufte Kuh die bereits vorhandenen Kühe des Gläubigers ansteckt: „Nor can it be said that (the buyer) expected not to lose the other animals; he simply did not expect to lose them, which is a wholly different state of mind.“ 18 Handelsgericht St. Gallen, Urt. v. 3.12.2002 – HG.1999.82-HGK, IHR 2003, 181, 184; Kantonsgericht Schaffhausen, Schweiz, Urt. v. 27.1.2004 – Nr. 11/1999/99, CISGonline Nr. 960; Brunner Art. 74 Rn. 6; Díez-Picaso/Pantaleón Art. 74 III.; Honsell/Schönle Art. 74 Rn. 15, 17; MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 18, 48 (Vertragsaufhebung als Voraussetzung für den Ersatz des Vertrauensinteresses in der Regel erforderlich); Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 2, 5; Weber, in: Bucher (Hrsg.), Wiener Kaufrecht, S. 165, 192. Die Vertragsaufhebung als Voraussetzung für den Ersatz des Vertrauensinteresses nennen dagegen nicht der OGH, Urt. v. 14.1.2002 – 7 Ob 301/01t, IHR 2002, 76, 80; MünchKommHGB/Mankowski Art. 74 Rn. 11; Staudinger/Magnus Art. 74 Rn. 21; Stoll, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 257, 261 (Ersatz für vergebliche Aufwendungen auch ohne Vertragsaufhebung); Roßmeier, RIW 2000, 407, 408. 19 A. A. Rummel, in: Hoyer/Posch (Hrsg.), Das Einheitliche Wiener Kaufrecht, S. 177, 179; zweifelnd Karollus, S. 215 f. 20 MünchKomm/P. Huber Art. 74 Rn. 18; Staudinger/Magnus Art. 74 Rn. 21. 21 Brunner Art. 74 Rn. 6; Honsell/Schönle Art. 74 Rn. 15.

§ 4 Schadensersatz als Garantiehaftung Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers aus Art. 45 Abs. 1 lit. b CISG ist eine Garantiehaftung. Auf ein Verschulden des Verkäufers kommt es nicht an.1 Die Schadensersatzverpflichtung wird vielmehr schon durch jede objektive Vertragsverletzung seitens des Verkäufers ausgelöst, soweit dem Käufer hieraus ein Schaden entsteht.2 Der Verkäufer haftet dem Käufer allein aufgrund seines Leistungsversprechens.3

I. Vorbildfunktion des Common Law Diese Garantiehaftung entspricht dem Common Law.4 Nach dessen Verständnis beinhaltet der Vertrag ein Garantieversprechen, im Fall der Nichterfüllung oder der nicht vertragsgemäßen Erfüllung der Leistung für diese einzustehen.5 Das Garantieversprechen begründet keinen Erfüllungsanspruch, sondern eine objektive Einstandspflicht.6 Ein Vertragsbruch (breach of contract) zieht im Common Law daher grundsätzlich eine verschuldensunabhängige Scha-

__________ 1 Secretariat Commentary O.R. Art. 70 (Art. 74) Anm. 3; Honsell/Schnyder/Straub Art. 45 Rn. 70. 2 Enderlein/Maskow/Strohbach Art. 74 Anm. 1; Bianca/Bonell/Will Art. 45 Anm. 2.1.2.; Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 45 Rn. 23. 3 Keil, S. 18 f.; Rummel, in: Hoyer/Posch (Hrsg.), Das Einheitliche Wiener Kaufrecht, S. 177, 178; Stoll, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 257. 4 Bianca/Bonell/Will Art. 45 Anm. 2.1.2.; Díez-Picaso/López Art. 45 III.; Kranz, S. 190 f.; Ryffel, S. 37; Erauw/Flechtner, in: Šarþeviü/Volken (Hrsg.), The International Sale of Goods Revisited, S. 35, 39; Rummel, in: Hoyer/Posch (Hrsg.), Das Einheitliche Wiener Kaufrecht, S. 177, 178; Stoll, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 257. 5 OLG Zweibrücken, Urt. v. 31.3.1998 – 8 O 1995/95, CISG-online Nr. 481; Kirchhof, S. 272; Kranz, S. 191; H.-J. Meyer, S. 6; Rabel, 1. Bd., § 33 II. 1.; Ryffel, S. 4; Zweigert/Kötz § 36 IV, S. 501; Tiling, RabelsZ 32 (1968), 258, 267; Zerres, RIW 2003, 746, 748. 6 Jud, S. 24.

§ 4 Schadensersatz als Garantiehaftung

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densersatzhaftung nach sich (principle of strict liability).7 Der Schuldner kann sich von der Garantie allerdings unter bestimmten Voraussetzungen freizeichnen.8 Dass im Common Law durch den Vertrag anders als in den kontinentaleuropäischen Rechtsystemen kein Anspruch auf Erfüllung begründet wird, ist historisch bedingt.9 Der Anspruch auf Erfüllung des Vertrags (specific performance), der in der „equity“-Praxis entwickelt worden ist,10 hat vom Grundsatz her11 Ausnahmecharakter und wird nur dann nach gerichtlichem Ermessen gewährt, wenn Schadensersatz den Gläubiger nicht zu befriedigen vermag.12 Schadensersatz ist somit im Common Law der primäre und für den Gläubiger immer verfügbare Rechtsbehelf.13 Das Gewährleistungsrecht ist im Common Law in die allgemeine Vertragshaftung eingeordnet. Dies folgt daraus, dass auch die Lieferung mangelhafter Ware eine Garantie verletzt, nämlich die (stillschweigende) Garantie eines bestimmten Zustandes der Ware. Da in der Lieferung mangelhafter Ware folglich ein „breach of contract“ liegt,14 begründet auch diese eine verschuldensunabhängige Schadensersatzhaftung des Verkäufers.15 Allerdings wird im deut__________ 7

Keil, S. 8; Ryffel, S. 6f.; Treitel, Remedies, Chap. II Sec. 10, S. 9; Zweigert, in: Some Comparative Aspects of the Law Relating to Sale of Goods, I.C.L.Q. Supplementary Publication No. 9 (1964), S. 1, 2. 8 Zweigert/Kötz § 36 IV, S. 503, Kirchhof, S. 272 f.; Tiling, RabelsZ 32 (1968), 258, 267. 9 Rabel, 1. Bd., § 33 II. 1.; Zweigert/Kötz § 35 IV, S. 478. 10 Treitel, Remedies, Chap. III Sec. 62; Zweigert/Kötz § 35 IV, S. 478. 11 Treitel, Remedies, Chap. III Sec. 70, S. 71, und Zweigert/Kötz § 35 V, S. 482, weisen auf die Tendenz englischer und vor allem amerikanischer Gerichte hin, die Voraussetzungen für die „specific performance“ weniger restriktiv zu handhaben. 12 Keil, S. 9 Fn. 23; Jud, S. 24; Ryffel, S. 5; Treitel, Remedies, Chap. III Sec. 62; Zweigert/Kötz § 35 IV, S. 478; Aicher, in: Hoyer/Posch (Hrsg.), Das Einheitliche Wiener Kaufrecht, S. 111, 128; Zerres, RIW 2003, 746, 748; Zweigert, in: Some Comparative Aspects of the Law Relating to Sale of Goods, I.C.L.Q. Supplementary Publication No. 9 (1964), S. 1, 5. Im englischen Kaufrecht ist die „specific performance“ in Sec. 52 des Sale of Goods Act 1979, im amerikanischen Kaufrecht in § 2-716 (1) des Uniform Commercial Code geregelt. 13 Treitel, Remedies, Chap. IV Sec. 73, S. 75; ders., Law of Contract, Chap. 21 Sec. 1, S. 926. 14 Ryffel, S. 5; Zweigert/Kötz § 36 IV, S. 502; Zweigert, in: Some Comparative Aspects of the Law Relating to Sale of Goods, I.C.L.Q. Supplementary Publication No. 9 (1964), S. 1, 2. Im englischen Recht sind für Kaufverträge über Waren Qualitätsstandards heute in den Sec. 13 bis 15 des Sale of Goods Act 1979 normiert (sog. implied terms). Im amerikanischen Kaufrecht finden sich Regelungen über Garantien (warranties) in den §§ 2-313 bis 2-315 des Uniform Commercial Code. 15 Im englischen Recht richtet sich der Anspruch auf Schadensersatz wegen Lieferung mangelhafter Ware entweder nach Sec. 51 oder nach Sec. 53 des Sale of Goods Act 1979 je nachdem, ob ein „breach of condition“, aufgrund dessen der Käufer den Vertrag

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1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

schen Schrifttum darauf hingewiesen, dass sich in rechtspolitischer Hinsicht eher selten der Gedanke der dem Käufer gegebenen Garantie finden lasse. Vielmehr werde der beschriebene Haftungsstandard rechtspolitisch über den dadurch im Ergebnis verwirklichten Rückgriff auf den eigentlichen Verantwortlichen in der Vertragskette, zumeist also den Hersteller, begründet.16 Zumindest in der Theorie führen nämlich die in der Vertragskette zwischen dem Hersteller und dem Einzelhändler vorliegenden „implied terms“ dazu, dass der Hersteller als letztes Glied der Kette die Verantwortung trägt.17

II. Haftungskonzeption im Haager Kaufrecht In der Ausgestaltung der allgemeinen Schadensersatzhaftung im einheitlichen Kaufrecht als Garantiehaftung liegt eine bewusste Abkehr vom Verschuldensprinzip,18 welches in kontinentaleuropäischen Rechtssystemen aufgrund des Einflusses des römischen Rechts vorherrschend ist.19 Schon für die Verfasser des EKG war die Frage der Einführung einer Garantie- oder einer Verschuldenshaftung eine der wichtigsten, wobei der Schadensersatzanspruch wegen einer Vertragswidrigkeit der Sache im Vordergrund der geführten Diskussion stand.20 Der auf den Vorarbeiten von Rabel beruhende Entwurf des EKG sah, insoweit dem anglo-amerikanischen und dem skandinavischen Recht folgend,21 eine verschuldensunabhängige Schadensersatzhaftung für Sachmängel vor.22 Rabels Hauptargument war, dass für englische Exporteure ein Prestigeverlust zu befürchten sei, sollten sie nicht mehr für ihre nationalen Waren einstehen. Die Verkäufer anderer europäischer Länder würden zudem den englischen Exporteuren an Prestige nicht nachstehen wollen und könnten durch die Übernahme der vollen Verantwortung für Sachmängel ebenfalls ihr Vertrauen in ihre eigenen Waren demonstrieren.23 Ferner wurde argumentiert, dass der __________ aufgehoben hat, oder nur ein „breach of warranty“ vorliegt, vgl. dazu Zerres, RIW 2003, 746, 749. Im amerikanischen Recht sind die Einzelheiten des Schadensersatzes für die Lieferung mangelhafter Ware in den §§ 2-711 bis 2-715 des Uniform Commercial Code geregelt, vgl. dazu Krämer, RIW 1994, 123 ff. 16 Schmidt-Kessel, S. 235. 17 Rogers, Winfield & Jolowicz, Rn. 10.1, S. 340 f. 18 Leser, in: FS Kitagawa, S. 455, 459. 19 Vgl. zum deutschem, österreicherischem, schweizerischem und französischem Recht Treitel, Remedies, Chap. II. Sec. 8.,9. und 11., S. 7 ff. 20 Kirchhof, S. 272 f. 21 Dölle/Stumpf Art. 41 Rn. 6; Marschall, in: Leser/Marschall (Hrsg.), Das Haager Einheitliche Kaufgesetz und das Deutsche Schuldrecht, S. 21. 22 Kirchhof, S. 273. 23 Rabel, 2. Bd., § 104 III. 1.

§ 4 Schadensersatz als Garantiehaftung

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kontinentaleuropäische Verkäufer ebenso wie der englische, amerikanische und skandinavische Verkäufer zur Übernahme einer strengen Haftung in der Lage sein müsse.24 Gegen die dargelegte Argumentation wurde insbesondere von deutscher Seite eingewendet, dass auch und gerade englische, amerikanische und skandinavische Verkäufer regelmäßig die in diesen Ländern bestehende verschuldensunabhängige Schadensersatzpflicht für Mängel vertraglich ausschließen würden.25 Ferner betonte der deutsche Delegierte Weitnauer auf der Haager Konferenz über die internationale Vereinheitlichung des Kaufrechts vom 2.–25. April 1964 die Härte einer Garantiehaftung für den Verkäufer, wenn dieser zwischen dem Einkauf der Ware und deren Lieferung an seinen Abnehmer keine Möglichkeit zur Untersuchung habe.26 In wirtschaftlicher Hinsicht wurde in der deutschen Literatur außerdem das Argument angeführt, dass das Schadensersatzrisiko nur durch hohe Preisaufschläge kompensiert werden könne.27 Dem wurde entgegengehalten, dass diesem Risiko mit dem Abschluss einer Versicherung begegnet werden könne und dass durch die zu zahlenden Prämien die Ausgaben der Verkäufer nur geringfügig steigen würden.28 Wie auch schon zuvor der Kaufrechtsausschuss schloss sich die Konferenz im Ergebnis der Ansicht Rabels an.29 Dabei spielte insbesondere auch das Bestreben eine Rolle, den Begriff des Verschuldens im Entwurf des EKG zu vermeiden,30 weil dieser in den verschiedenen Rechtsordnungen mit unterschiedlichen Konzepten behaftet ist. Für die Einführung einer Garantiehaftung sprach zudem, dass diese den Erfordernissen des internationalen Handelsverkehrs besser entspricht als eine Verschuldenshaftung. 31 Denn zum einen erleichtert und beschleunigt sie die Abwicklung von gestörten Vertragsverhält-

__________ 24 So auch Zweigert, in: Some Comparative Aspects of the Law Relating to Sale of Goods, I.C.L.Q. Supplementary Publication No. 9 (1964), S. 1, 4. 25 Dölle/Stumpf Art. 41 Rn. 7; Weitnauer, zitiert in: Riese, RabelsZ 29 (1965), 1, 54. 26 Zitiert in: Riese, RabelsZ 29 (1965), 1, 55. 27 Grimm, RIW 1956, 1, 2. 28 Zweigert, in: Some Comparative Aspects of the Law Relating to Sale of Goods, I.C.L.Q. Supplementary Publication No. 9 (1964), S. 1, 4. 29 Dölle/Stumpf Art. 41 Rn. 7; Marschall, in: Leser/Marschall (Hrsg.), Das Haager Einheitliche Kaufgesetz und das Deutsche Schuldrecht, S. 21. 30 Ryffel, S. 37; Riese, RabelsZ 29 (1965), 1, 55. Vgl. dazu auch Rabel, RabelsZ 9 (1935), 1, 61. 31 Díez-Picaso/López Art. 45 III. zum CISG; Tiling, RabelsZ 32 (1968), 258, 269; Zweigert, in: Some Comparative Aspects of the Law Relating to Sale of Goods, I.C.L.Q. Supplementary Publication No. 9 (1964), S. 1, 13 ff.

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1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

nissen,32 wodurch Rechtsverfolgungskosten vermieden werden.33 Zum anderen führt sie zu einer Erhöhung der Rechtssicherheit,34 so dass sowohl der Käufer als auch der Verkäufer wirtschaftlich besser kalkulieren können. 35 Dem EKG wurde somit das Garantiehaftungsprinzip zugrunde gelegt. 36 Der Schadensersatzanspruch wegen Vertragswidrigkeit der Sache fand seine Regelung in Art. 41 Abs. 2 EKG. Die Schadensersatzhaftung konnte allerdings durch Parteivereinbarung ausgeschlossen werden (Art. 3 EKG).37 Art. 74 EKG sah zudem eine Entlastungsmöglichkeit für den Schuldner vor, welche eine Kompromisslösung zwischen den Befürwortern einer Garantiehaftung nach dem Vorbild des Common Law und den Fürsprechern des Verschuldensprinzips darstellte.38 Die Haftungskonzeption aus dem EKG ist in das CISG übernommen worden. Für den Schadensersatzschuldner besteht nach Art. 79, 80 CISG die Möglichkeit, sich von der verschuldensunabhängigen Schadensersatzhaftung zu befreien. Ferner wird die Schadensersatzhaftung durch das Vorhersehbarkeitserfordernis in Art. 74 S. 2 CISG begrenzt.

__________ 32 Bartels/Motomura, RabelsZ 43 (1979), 649 (704); Zweigert, in: Some Comparative Aspects of the Law Relating to Sale of Goods, I.C.L.Q. Supplementary Publication No. 9 (1964), S. 1, 13 ff. S. auch Bianca/Bonell/Will Art. 45 Anm. 2.1.2. 33 Díez-Picaso/López Art. 45 III. 34 Bartels/Motomura, RabelsZ 43 (1979), 649 (704). 35 Díez-Picaso/López Art. 45 III. 36 Bartels/Motomura, RabelsZ 43 (1979), 649, 652 f. 37 Zweigert, in: Some Comparative Aspects of the Law Relating to Sale of Goods, I.C.L.Q. Supplementary Publication No. 9 (1964), S. 1, 4. 38 Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 1; Kirchhof, S. 274; Bach/Stieber, IHR 2006, 59, 61. So auch Brand, in: Ferrari/Flechtner/Brand (Hrsg.), The Draft UNCITRAL Digest and Beyond, S. 392, 393.

§ 5 Die Befreiungstatbestände der Art. 79, 80 CISG bei Lieferung mangelhafter Ware I. Befreiungstatbestand des Art. 79 CISG Gem. Art. 79 Abs. 1 CISG hat eine Partei für die Nichterfüllung einer ihrer Pflichten nicht einzustehen, wenn sie beweist, dass die Nichterfüllung auf einem außerhalb ihres Einflussbereichs liegenden Hinderungsgrund beruht und dass von ihr vernünftigerweise nicht erwartet werden konnte, den Hinderungsgrund bei Vertragsabschluss in Betracht zu ziehen oder den Hinderungsgrund oder seine Folgen zu vermeiden oder zu überwinden. Voraussetzungen des Art. 79 Abs. 1 CISG sind folglich das Vorliegen eines Hinderungsgrundes außerhalb des Einflussbereichs des Schuldners als Ursache der Nichterfüllung, dessen Unvorhersehbarkeit bei Vertragsschluss sowie dessen Unabwendbarkeit. In Art. 79 Abs. 2 CISG sind die Einstandspflichten für das Verhalten Dritter geregelt. Art. 79 CISG ist – wie auch die Vorgängervorschrift des Art. 74 EKG – die notwendige Beschränkung der verschuldensunabhängigen Garantiehaftung.1 Während Befreiungstatbestände gewöhnlich beim Erfüllungsanspruch ansetzen, gilt Art. 79 CISG gem. Abs. 5 nur für die Schadensersatzhaftung.2 In den Rechtsordnungen mit Verschuldensprinzip ist die Befreiung von der Schadensersatzpflicht dagegen über das Verschulden geregelt.3 In Art. 79 CISG kommt das Prinzip der Haftungsbegrenzung nach Maßgabe des vertragsimmanenten, von den Parteien mit dem Vertragsschluss übernom-

__________ 1 MünchKommBGB/P. Huber Art. 79 Rn. 1; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 1. 2 Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 4. Die Anwendung des Art. 79 CISG auf den Erfüllungsanspruch wird diskutiert und ist streitig; befürwortend Brunner Art. 79 Rn. 3, 38, 41 ff.; ablehnend Rummel, in: Hoyer/Posch (Hrsg.), Das Einheitliche Wiener Kaufrecht, S. 177, 185; Stoll, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 257, 279; s. auch MünchKommHGB/ Mankowski Art. 79 Rn. 7; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 46; Staudinger/Magnus Art. 79 Rn. 57. 3 Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 4.

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1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

menen Risikos zum Ausdruck.4 Der Schuldner haftet nach diesem Prinzip für die aus seinem Einflussbereich stammenden Risiken,5 wobei die vertragliche Risikoverteilung vorrangig zugrunde zu legen ist. 6 Bedeutung erlangen insbesondere vertragliche Risikoübernahmen bzw. Garantien. Subsidiär ist auf die typische Risikoverteilung abzustellen.7 Dem typischen Einfluss- oder Verantwortungsbereich des Schuldners gehören diejenigen Risiken an, die seiner Kontrolle unterliegen.8 Für einen Umstand, der seinen Ursprung zwar im Herrschaftsbereich des Schuldners hat, aber nicht vom Schuldner beherrscht werden kann, haftet der Schuldner nicht (z. B. Sabotageakte).9 Beruht die Nichterfüllung auf einem außerhalb seines Einflussbereichs liegenden Hinderungsgrund, haftet der Schuldner nur, wenn er diesen bei Vertragsschluss vorhersehen und/oder vermeiden oder überwinden konnte. Dabei kommt es auf ein Verschulden des Schuldners nicht an. Vielmehr ist ein objektiver Maßstab anzulegen, der auf die Erkenntnis- und Handlungsmöglichkeiten einer vernünftigen Person in gleicher Lage abstellt. 10 Gegen das Abstellen auf ein Verschulden des Schuldners sprach bei der Konzeption der Vorschrift beispielsweise, dass bei Lieferung mangelhafter Ware aufwendige und teure Untersuchungen hinsichtlich des Herstellungsprozesses und der Art und Weise der Lagerung nicht nur beim Verkäufer, sondern auch bei den Zulieferern vorzunehmen wären.11 Dass die Tragweite der Einstandspflicht nach dem Vertrag selbst bestimmt wird, wird gegenüber dem an abstrakte Maßstäbe anknüpfenden Verschuldensprinzip in der deutschen Literatur teilweise als Vorteil empfunden.12

__________ 4 Stoll, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 257. 5 Bamberger/Roth/Saenger Art. 79 Rn. 5; Rummel, in: Hoyer/Posch (Hrsg.), Das Einheitliche Wiener Kaufrecht, S. 177, 186; Schlechtriem, JZ 1999, 794. 6 MünchKommBGB/P. Huber Art. 79 Rn. 7; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 1; Karollus, S. 208; Kranz, S. 193, 196 f.; Weber, in: Bucher (Hrsg.), Wiener Kaufrecht, S. 165, 171. Vgl. auch OLG Zweibrücken, Urt. v. 31.3.1998 – 8 O 1995/95, CISG-online Nr. 481. 7 MünchKommBGB/P. Huber Art. 79 Rn. 7. 8 Vgl. MünchKommHGB/Mankowski Rn. 24; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 14, die dies aus der englischen Fassung „impediment beyond his control“ ableiten. 9 Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 14. 10 OLG Zweibrücken, Urt. v. 31.3.1998 – 8 O 1995/95, CISG-online Nr. 481; Staudinger/Magnus Art. 79 Rn. 8. 11 Hudson, in: McKendrick (Hrsg.), Force Majeure and Frustration of Contract, S. 175, 183; vgl. auch Honnold Art. 79 § 427. 12 Leser, in: FS Kitagawa, S. 455, 460.

§ 5 Die Befreiungstatbestände bei Lieferung mangelhafter Ware

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Die praktische Bedeutung des Art. 79 CISG ist allerdings – anders als es die große Anzahl der zu dieser Vorschrift erschienenen Veröffentlichungen13 vermuten lässt – eher gering.14 Zu untersuchen ist, ob und in welchen Fällen sich der Verkäufer bei Lieferung mangelhafter Ware entlasten kann.

1. Anwendbarkeit des Art. 79 CISG auf die Haftung des Verkäufers für mangelhafte Lieferung Strittig ist zunächst, ob Art. 79 CISG auf die Haftung des Verkäufers für Lieferung mangelhafter Ware überhaupt anwendbar ist.

a) Argumente gegen die Anwendbarkeit Die Anwendbarkeit des Art. 79 CISG auf die Haftung des Verkäufers für mangelhafte Lieferung wird in der Literatur insbesondere von Vertretern aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis in Anlehnung an das englische und amerikanische Recht verneint.15 Im Common Law kann sich der Verkäufer bei Lieferung mangelhafter Ware von seiner Haftung nicht entlasten, da er die Lieferung mangelfreier Ware stillschweigend garantiert hat (implied warranty).16 Die von dieser Ansicht gegen die Anwendbarkeit des Art. 79 CISG auf die Haftung wegen mangelhafter Lieferung angeführten Argumente stützen sich sowohl auf die Entstehungsgeschichte als auch auf den Wortlaut der Vorschrift. Der noch in Art. 74 EKG verwendete weite Ausdruck „circumstances“ sei in Art. 79 Abs. 1 CISG bewusst durch den engeren Begriff „impediments“ (Hinderungsgrund) ersetzt worden, um eine Entlastungsmöglichkeit bei Lieferung mangelhafter Ware auszuschließen.17 Unter „impediment“ fielen nur Hindernisse, die der Leistung als solcher entgegenstünden. Nicht damit gemeint __________ 13

s. nur die Literaturnachweise bei Unilex zu Art. 79 CISG. So hat die Rechtsprechung nur in wenigen Fällen eine Entlastung nach Art. 79 CISG angenommen, vgl. auch MünchKommBGB/P. Huber Art. 79 Rn. 1; Magnus, in: Šarþeviü/Volken (Hrsg.), The International Sale of Goods Revisited, S. 1, 10, 31 ff. 15 Honnold Art. 79 § 427; Nicholas, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 283, 287. 16 Krüger, S. 63; Nicholas, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 283, 287; vgl. auch Stoll, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 257, 275. 17 Honnold Art. 79 § 427; Hudson, in: McKendrick (Hrsg.), Force Majeure and Frustration of Contract, S. 175, 182. 14

1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

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seien Umstände, die zu einer mangelhaften Leistung führen würden. Gestützt werde dies auch durch den Wortlaut des Art. 79 Abs. 4 CISG: „The party who fails to perform must give notice to the other party of the impediment …“. Zudem mache das Anzeigeerfordernis bei verdeckten Mängeln keinen Sinn. 18 Auch zeigt sich nach dieser Ansicht am Beispiel des verdeckten Mangels, welche Schwierigkeiten bei der Anwendung des Art. 79 CISG auf die Haftung wegen mangelhafter Lieferung bestehen. Gerade beim verdeckten Mangel stelle sich die Frage, worauf als Hinderungsgrund abgestellt werden müsse. Würde der Nachweis fehlender Kenntnis des Verkäufers von dem Mangel als Hinderungsgrund angesehen, liefe dies auf einen Nachweis mangelnden Verschuldens hinaus. Stelle man dagegen auf den Mangel als Hinderungsgrund ab, führe dies zu einem Zirkelschluss,19 da der Mangel dann einerseits die Haftung begründe, andererseits aber Entlastungsgrund sei.

b) Argumente für die Anwendbarkeit Überwiegend wird die Anwendbarkeit des Art. 79 CISG auf die Haftung des Verkäufers für Lieferung vertragswidriger Ware jedoch bejaht.20 Durch die Verwendung des nicht eindeutigen21 Ausdrucks „impediment“ sollte eine stärkere Objektivierung der Vorschrift erreicht werden, um Verschuldensgesichts__________ 18

Honnold Art. 79 § 427. Nicholas, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 283, 287 f. 20 BGH, Urt. v. 9.1.2002 – VIII ZR 304/00, IHR 2002, 16, 21; LG Köln, Urt. v. 16.11.1995 – 5 O 189/94, CISG-online Nr. 265; OLG Zweibrücken, Urt. v. 31.3.1998 – 8 O 1995/95, CISG-online Nr. 481; Bamberger/Roth/Saenger Art. 79 Rn. 2; Bianca/Bonell/Tallon Art. 79 Anm. 2.4.1; Brunner Art. 79 Rn. 21; Enderlein/Maskow/Strohbach Art. 79 Anm. 2; Herber/Czerwenka Art. 79 Rn. 8; Honsell/Magnus Art. 79 Rn. 4; MünchKommBGB/P. Huber Art. 79 Rn. 3; MünchKommHGB/Mankowski Art. 79 Rn. 19; Neumayer/Ming Art. 79 Anm. 2; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 6; Soergel/Lüderitz/Dettmeier Vor Art. 79 Rn. 3; Staudinger/Magnus Art. 79 Rn. 12; Dylakiewicz, S. 198; Heuzé, Anm. 453; Janser, S. 35 f.; Kranz, S. 194; Piltz § 4 Rn. 217; Schlechtriem Rn. 289a, 292; Silva-Ruiz, in: Cranston/Goode (Hrsg.), Commercial and Consumer Law, S. 54, 56; Plate, S. 46; Stoll, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 257, 275; Gustin, RDAI/IBLJ 2001, 379, 395; Rathjen, RIW 1999, 561, 562; Van den Hole, Revue de droit commercial belge 1998, 356, 360 Fn. 41; Lurger, IHR 2005, 221, 229; s. auch Gabriel, S. 220 und Secretariat Commentary O.R. Art. 65 (Art. 79) Anm. 9 Bsp. 65D, wo der Fall der fehlerhaften Verpackung erwähnt ist, woraus man auch auf die Einbeziehung fehlerhafter Lieferungen schließen kann, da die Verpackung zur Vertragsgemäßheit der Ware gezählt wird, vgl. Art. 35 Abs. 2 lit. d CISG. Offen gelassen von BGH, Urt. v. 24.3.1999 – VIII ZR 121/98, BGHZ 141, 129, 132 f. = NJW 1999, 2440 f. 21 MünchKommHGB/Mankowski Art. 79 Rn. 19; Staudinger/Magnus Art. 79 Rn. 12. 19

§ 5 Die Befreiungstatbestände bei Lieferung mangelhafter Ware

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punkte auszuschließen. Nicht aber sollte im Vergleich zu Art. 74 EKG ein engerer Begriff gewählt werden.22 Die Formulierung „failure to perform“ (Nichterfüllung) in Abs. 1 meine nicht nur die Nichterfüllung im Sinne der Nichterbringung der Leistung, sondern auch die mangelhafte Leistung.23 Auch kenne das CISG anders als das Common Law keine von der allgemeinen Lieferpflicht des Verkäufers zu unterscheidende Gewährleistung eines bestimmten Zustandes der Ware. Vielmehr habe der Verkäufer dem Käufer die Ware im Rahmen seiner allgemeinen Lieferpflicht frei von Mängeln zu verschaffen.24 Auf diese allgemeine Lieferpflicht sei Art. 79 CISG jedoch anwendbar. Der Verkäufer müsse sich bei Lieferung von Ware, die Terroristen vergiftet haben, genauso von seiner Haftung befreien können wie in dem Fall, in dem Terroristen die Lieferung ganz verhindern.25

c) Diskussion und eigene Stellungnahme Der vorliegende Streit ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass sich jeweils Vertreter aus verschiedenen Rechtskreisen gegenüberstehen und das UNKaufrecht aus ihrem Blickwinkel betrachten. Da im Common Law keine Entlastungsmöglichkeit für die Lieferung mangelhafter Ware besteht, verstehen die Vertreter aus diesem Rechtskreis den Begriff „impediment“ so, als erfasse er die mangelhafte Lieferung nicht. Auch haben sie die Befürchtung, dass z. B. bei einer Entschuldbarkeit von verdeckten Mängeln, die der Verkäufer trotz sorgfältiger Untersuchung nicht entdecken konnte, doch wieder Verschuldenskriterien ins Spiel kommen.26 Dagegen ist den Vertretern aus den Staaten, deren Rechtsordnungen das Verschuldensprinzip zugrunde liegt, eine unbeschränkte Garantiehaftung für die Lieferung mangelhafter Ware fremd, so dass sie eher dazu tendieren, Art. 79 CISG als Entlastungsgrund bei der Lieferung mangelhafter Ware zuzulassen. Gem. Art. 7 Abs. 1 CISG ist das Übereinkommen autonom auszulegen.27 Stellt man auf den Wortlaut der Vorschrift ab, ist sowohl der Begriff „failure to __________ 22 Bianca/Bonell/Tallon Art. 79 Anm. 2.6.1; MünchKommHGB/Mankowski Art. 79 Rn. 19; Keil, S. 36 f. 23 Bamberger/Roth/Saenger Art. 79 Rn. 2; Piltz § 4 Rn. 217. 24 Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 6; Rathjen, RIW 1999, 561, 562; vgl. auch Stoll, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 257, 275. 25 Magnus, in: Šarþeviü/Volken (Hrsg.), The International Sale of Goods Revisited, S. 1, 13. 26 Schlechtriem, JZ 1999, 794, 795. 27 Bamberger/Roth/Saenger Art. 7 Rn. 2; Schlechtriem/Schwenzer/Ferrari Rn. 9.

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1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

perform“ in der englischen Fassung des Übereinkommens als auch der Begriff der „Nichterfüllung“ in der deutschen Fassung für sich gesehen wenig aufschlussreich. Grundsätzlich bezieht sich der Begriff der Nichterfüllung im CISG jedoch auf alle Pflichten, so z. B. anerkanntermaßen in Art. 45 Abs. 1 CISG. Zudem heißt es in Art. 79 Abs. 1 CISG „… failure to perform any of his obligations …“, „… l’inexécution de l’une quelconque de ses obligations …“ bzw. „… Nichterfüllung einer ihrer Pflichten …“, womit alle Pflichten einer Partei gemeint sind, einschließlich der Pflicht zur Lieferung mangelfreier Ware.28 Ferner lässt sich aus der Entstehungsgeschichte des Art. 79 CISG nicht zweifelsfrei schließen, dass der Begriff „impediment“ gewählt worden ist, um eine Entlastungsmöglichkeit für die Lieferung mangelhafter Ware auszuschließen. Zieht man die Systematik des CISG heran, hat der Verkäufer die Ware mangelfrei im Rahmen seiner allgemeinen Lieferpflicht zu beschaffen, auf deren Nichterfüllung Art.79 CISG anwendbar ist. Es ist daher im Ergebnis vorzugswürdig, Art. 79 CISG auch auf die Haftung für die Lieferung vertragswidriger Ware anzuwenden. Dies bedeutet nicht, dass das Verschuldensprinzip durch die Hintertür eingeführt wird. Aufgrund der in Bezug auf die Anwendbarkeit des Art. 79 CISG bestehenden Rechtsunsicherheiten ist den Vertragsparteien zu raten, im Vertrag Entlastungsmöglichkeiten für den Fall der Lieferung mangelhafter Ware ausdrücklich vorzusehen.29 Im Folgenden ist auf die Besonderheiten einzugehen, die bei der Anwendung des Art. 79 CISG auf die Haftung des Verkäufers für mangelhafte Lieferung bestehen. Problematisch ist bei der Lieferung mangelhafter Ware insbesondere die Voraussetzung des Vorliegens eines Hinderungsgrundes außerhalb des Einflussbereiches des Verkäufers.

2. Risiken innerhalb des typischen Einflussbereichs des Verkäufers Meist wird die Mangelhaftigkeit der Ware auf Risiken beruhen, die der Kontrolle des Verkäufers unterliegen und somit in dessen Einflussbereich fallen. In diesen Fällen kann sich der Verkäufer mangels Vorliegen eines Hinderungsgrundes außerhalb seines Einflussbereiches nicht gem. Art. 79 CISG entlasten. Aufgrund des Bestehens unterschiedlicher Risiken im Bereich des Zwischenhändlers und des Herstellers ist es sinnvoll, bei der Bestimmung des typischen __________ 28 So Krüger, S. 60; Ryffel, S. 107; Magnus, in: Šarþeviü/Volken (Hrsg.), The International Sale of Goods Revisited, S. 1, 13; Schlechtriem, JZ 1999, 794. s. auch Bianca/Bonell/Tallon Art. 79 Anm. 2.4.1; Silva-Ruiz, in: Cranston/Goode (Hrsg.), Commercial and Consumer Law, S. 54, 56. 29 Vgl. Brand, in: Ferrari/Flechtner/Brand (Hrsg.), The Draft UNCITRAL Digest and Beyond, S. 392, 402.

§ 5 Die Befreiungstatbestände bei Lieferung mangelhafter Ware

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Einflussbereichs des Verkäufers zwischen diesen Personengruppen zu unterscheiden.

a) Der Verkäufer als Zwischenhändler Ohne weiteres hat der Verkäufer, der als Zwischenhändler fungiert, für Mängel einzustehen, die in seiner Sphäre, z. B. durch eine falsche Lagerung, entstanden sind. Aufgrund seines Personalrisikos haftet der Verkäufer für das Verhalten seiner eigenen, seiner direkten Kontrolle und seinen Weisungen unterstehenden und in seine Organisation eingegliederten Leute gem. Art. 79 Abs. 1 CISG.30 In vielen Fällen wird der Mangel allerdings nicht in der Sphäre des Zwischenhändlers entstanden sein, sondern aus dem Bereich eines Vorlieferanten stammen. Fraglich ist daher, ob der Zwischenhändler auch für die Mangelhaftigkeit der Ware einstehen muss, deren Ursache im Bereich eines Vorlieferanten liegt.

aa) Haftung für Vorlieferanten Grundsätzlich trägt der Verkäufer beim marktbezogenen Gattungskauf nach dem typischen Sinn des Vertrags das Risiko, dass ihm die Beschaffung der Ware gelingt.31 Daraus wird im UN-Kaufrecht abgeleitet, dass der Verkäufer auch für die Beschaffung mangelfreier Ware einzustehen hat.32 Wie insbesondere der BGH in dem so genannten „Rebwachs-Fall“ entschieden hat, besteht im UN-Kaufrecht eine Einstandspflicht des Verkäufers aufgrund des allgemeinen Beschaffungsrisikos auch für Mängel, die im Bereich eines Vorlieferanten verursacht worden sind.33 Da nach dem Einheitskaufrecht für die nicht rechtzei__________ 30 MünchKommBGB/P. Huber Art. 79 Rn. 14; MünchKommHGB/Mankowski Art. 79 Rn. 28; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 21; Staudinger/Magnus Art. 79 Rn. 19 f.; Janser, S. 21; Kranz, S. 202. Nicht eindeutig in Bezug auf die Zuordnung zu Art. 79 Abs. 1 CISG dagegen das Schiedsgericht der Handelskammer Hamburg Teilschiedsspruch v. 21.3.1996, NJW 1996, 3229, 3231 = CISG-online Nr. 187. 31 Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 18. 32 Honsell/Magnus Art. 79 Rn. 19; MünchKommBGB/P. Huber Art. 79 Rn. 17; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 40; Soergel/Lüderitz/Dettmeier Art. 79 Rn. 16; Neumayer, RIW 1994, 99, 107. 33 BGH, Urt. v. 24.3.1999 – VIII ZR 121/98, BGHZ 141, 129, 133 f.; ebenso ICCSchiedsspruch Nr. 8128, 1995, CISG-online Nr. 526; Brunner Art. 79 Rn. 15, 22; Bamberger/Roth/Saenger Art. 79 Rn. 5; Honsell/Magnus Art. 79 Rn. 19; MünchKommBGB/ P. Huber Art. 79 Rn. 17, 19; MünchKommHGB/Mankowski Art. 79 Rn. 47; Neumay-

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1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

tige Lieferung und die Lieferung nicht vertragsgemäßer Ware derselbe Haftungsmaßstab gelte, hafte der Verkäufer bei Gattungsschulden dafür, dass ihn sein Vorlieferant fehlerfrei beliefere, ebenso wie dafür, dass sein Vorlieferant ihn pünktlich beliefere.34 Auch wird in der Literatur das Argument angeführt, dass das Risiko der Lieferung mangelhafter Ware durch einen Lieferanten im Einflussbereich des Verkäufers liege, da dieser den Lieferanten auswähle.35 Teilweise wurde zwar in der Rechtsprechung das vertragswidrige Verhalten des Vorlieferanten als Hinderungsgrund angesehen.36 Dem wird jedoch entgegengehalten, dass dieser Hinderungsgrund jedenfalls überwindbar sei, soweit Ersatzware auf dem Markt erhältlich sei.37 Der BGH hat in seiner Entscheidung zum „Rebwachs-Fall“ eine Entlastungsmöglichkeit für den Fall offen gelassen, in dem die Lieferung vertragswidriger Ware auf ein Risiko zurückgeht, welches weder dem Einflussbereich des Verkäufers noch dem seines Vorlieferanten zugerechnet werden kann. 38 Diese Voraussetzungen nähern sich an die Regelung des Art. 79 Abs. 2 CISG an. In der Literatur werden Zu- oder Vorlieferer teilweise als selbständige Dritte i. S. d. Art. 79 Abs. 2 CISG angesehen, bzw. Art. 79 Abs. 2 CISG wird analog auf diese angewendet.39 Auch in Entscheidungen und Schiedssprüchen wird hinsichtlich der Haftung des Verkäufers für Mängel aus dem Bereich des Vorlieferanten auf das allgemeine Beschaffungsrisiko abgestellt und dies aus Art. 79 Abs. 2 CISG hergeleitet40 oder auf die Voraussetzungen des Art. 79 __________ er/Ming Art. 79 Anm. 10; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 29; Staudinger/Magnus Art. 79 Rn. 40; W. Witz/Salger/M. Lorenz/Salger Art. 79 Rn. 8; Janser, S. 26, 38; Karollus, S. 212; Keil, S. 154; Ryffel, S. 108; Schlechtriem Rn. 292; Rathjen, RIW 1999, 561, 564; Schlechtriem, JZ 1999, 794, 797; s. auch Gabriel, S. 220. 34 BGH, Urt. v. 24.3.1999 – VIII ZR 121/98, BGHZ 141, 129, 134. 35 Neumayer/Ming Art. 79 Anm. 10; s. auch Díez-Picaso/Salvador Art. 79 V. 3. b. 36 So das Tribunal de Commerce de Besançon, Frankreich, Urt. v. 19.1.1998 – 97/009265, CISG-online Nr. 557, welches eine Entlastung des Verkäufers nach Art. 79 CISG zuließ, da sich die Herstellung des Produkts seiner Kontrolle entziehe und er nicht bösgläubig gehandelt habe. Dies ist schon aus dem Grund abzulehnen, dass das Gericht auf die Bösgläubigkeit des Verkäufers abstellt und somit entgegen der objektiven Fassung des Art. 79 CISG Verschuldenskriterien heranzieht. 37 Vgl. BGH, Urt. v. 24.3.1999 – VIII ZR 121/98, BGHZ 141, 129, 133; OLG Hamburg, Urt. v. 28.2.1997 – 1 U 167/95, CISG-online Nr. 261 für den Fall der Nichterfüllung; MünchKommBGB/P. Huber Art. 79 Rn. 17. Das Tribunal de Commerce de Besançon, Frankreich, Urt. v. 19.1.1998 – 97/009265, CISG-online Nr. 557, welches eine Entlastung des Verkäufers nach Art. 79 CISG zuließ (s. vorherige Fn.), ist dagegen auf die Überwindbarkeit des Hinderungsgrundes nicht eingegangen. 38 BGH, Urt. v. 24.3.1999 – VIII ZR 121/98, BGHZ 141, 129, 134. 39 Loewe, K Art. 79; Reinhart Art. 79 Rn. 8; Schmidt-Kessel, S. 186; U. Huber, S. 21, 23 (analoge Anwendung des Art. 79 Abs. 2 CISG); wohl auch Lurger, IHR 2005, 221, 229. 40 ICC-Schiedsspruch Nr. 8128, 1995, CISG-online Nr. 526.

§ 5 Die Befreiungstatbestände bei Lieferung mangelhafter Ware

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Abs. 2 CISG Bezug genommen.41 Der BGH hat die Einordnung, ob Zu- und Vorlieferanten unter Art. 79 Abs. 1 oder Abs. 2 CISG fallen, offen gelassen.42

(1) Direkte Anwendung des Art. 79 Abs. 2 CISG Art. 79 Abs. 2 CISG setzt voraus, dass die Nichterfüllung der Partei auf der Nichterfüllung durch einen Dritten beruht, dessen sie sich zur völligen oder teilweisen Vertragserfüllung bedient. Ein Vor- bzw. Zulieferer ist jedoch kein Dritter, „dessen sie (die Partei) sich zur völligen oder teilweisen Vertragserfüllung bedient“.43 Da der Verkäufer nur die Lieferung der Ware, nicht aber deren Beschaffung schuldet, werden Zulieferer nämlich nur in der vorbereitenden Phase der Leistung tätig.44 Dies gilt auch dann, wenn der Vorlieferant auf Veranlassung des Verkäufers hin direkt an den Käufer liefert (sog. Streckengeschäft),45 also erst nach Vertragsschluss des Verkäufers mit dem Käufer eingeschaltet worden ist.46 Denn auch in diesem Fall schuldet der Verkäufer dem Käufer nicht die Beschaffung. Der Lieferant erfüllt nur seine eigene Verbindlichkeit gegenüber dem Verkäufer.47 Der Wortlaut des Art. 79 Abs. 2 CISG spricht somit gegen die Erstreckung der Vorschrift auf Vor- und Zulieferer. __________ 41

OLG Hamburg, Urt. v. 28.2.1997 – 1 U 167/95, CISG-online Nr. 261 für den Fall der Nichterfüllung. 42 BGH, Urt. v. 24.3.1999 – VIII ZR 121/98, BGHZ 141, 129, 134. 43 Secretariat Commentary O.R. Art. 65 (Art. 79) Anm. 12; Brunner Art. 79 Rn. 14; Heuzé, Anm. 458; Neumayer/Ming Art. 79 Anm. 9; Stoll, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 257, 277; Gustin, RDAI/IBLJ 2001, 379, 397; Neumayer, RIW 1994, 99, 107; Van den Hole, Revue de droit commercial belge 1998, 356, 368. 44 Díez-Picaso/Salvador Art. 79 V. 3. b; MünchKommBGB/P. Huber Art. 79 Rn. 23; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 29; W. Witz/Salger/M. Lorenz/Salger Art. 79 Rn. 9; Janser, S. 26; Keil, S. 153; Kranz, S. 203; Stoll, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 257, 277; Welser, in: Doralt (Hrsg.), Das UNCITRAL-Kaufrecht im Vergleich zum österreichischen Recht, S. 105, 131. 45 Brunner Art. 79 Rn. 14; Keil, S. 153 f.; Rummel, in: Hoyer/Posch (Hrsg.), Das Einheitliche Wiener Kaufrecht, S. 177, 191; Stoll, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 257, 277. 46 Missverständlich insofern die Aussage von Neumayer/Ming Art. 79 Anm. 9; Gustin, RDAI/IBLJ 2001, 379, 397; Neumayer, RIW 1994, 99, 107, nach denen der Zulieferer Dritter ist, wenn er nach Vertragsschluss zur Erfüllung eines bestimmten Vertrags oder eines Teils eines Vertrags beauftragt wird, sich also der Verkäufer des Zulieferers zur Vertragserfüllung bedient. In diesem Fall wird der Zulieferer aber nicht als solcher, sondern als Erfüllungsübernehmer tätig. 47 Vgl. Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 26.

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1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

Auf der Wiener Konferenz 1980 sind zudem Anträge, Vor- und Zulieferer ausdrücklich in Art. 79 Abs. 2 CISG zu erwähnen, abgelehnt worden. Die Ablehnung dieser Anträge spricht allerdings nicht ohne weiteres gegen die Einbeziehung von Vor- und Zulieferern in Art. 79 Abs. 2 CISG, weil auf der Konferenz über das Verhältnis von Art. 79 Abs. 2 zu Art. 79 Abs. 1 CISG Unklarheit herrschte.48 Heute wird Art. 79 Abs. 2 CISG allgemein als Haftungsverschärfung gegenüber Abs. 1 verstanden.49 Die Einbeziehung von Vor- und Zulieferern in Art. 79 Abs. 2 CISG hätte folglich zur Konsequenz, dass sich der Verkäufer praktisch fast nie entlasten könnte – und zwar auch nicht im Fall der Nichtlieferung oder der verzögerten Lieferung. 50 Zwar wird sich der Verkäufer auch bei Anwendung des Art. 79 Abs. 1 CISG aufgrund des von ihm zu tragenden allgemeinen Beschaffungsrisikos nur selten von seiner Haftung befreien können. Die Möglichkeit einer Entlastung des Verkäufers wird aber unter der Voraussetzung anerkannt, dass er wegen unüberwindlicher Hindernisse keinen anderen als den betreffenden Vorlieferanten unter Vertrag nehmen konnte, z. B. aufgrund einer Monopolstellung des Vorlieferanten. 51 Diese Möglichkeit der Entlastung besteht im Rahmen des Art. 79 Abs. 2 CISG nicht.52 Zu Recht wird daher darauf hingewiesen, dass man das normale Beschaffungsrisiko durch eine Haftung für Vor- und Zulieferer nach Art. 79 Abs. 2 CISG stark in Richtung einer Garantie erweitern würde.53 Eine direkte Anwendung des Art. 79 Abs. 2 CISG auf Vor- oder Zulieferanten ist aus diesen Gründen abzulehnen.

__________ 48 Zu der Diskussion auf der Wiener Konferenz 1980 über das Verhältnis des Art. 79 Abs. 2 zu Art. 79 Abs. 1 CISG und die Einbeziehung von Zulieferern in Abs. 2 s. Janser, S. 24; Keil, S. 143 f.; Rathjen, RIW 1999, 561, 563; Schlechtriem, JZ 1999, 794, 796 f. 49 Bamberger/Roth/Saenger Art. 79 Rn. 7; Brunner Art. 79 Rn. 13; MünchKommHGB/Mankowski Art. 79 Rn. 45; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 27; Staudinger/Magnus Art. 79 Rn. 39; W. Witz/Salger/M. Lorenz/Salger Art. 79 Rn. 9; Keil, S. 144; Piltz § 4 Rn. 231; Ryffel, S. 99; Rummel, in: Hoyer/Posch (Hrsg.), Das Einheitliche Wiener Kaufrecht, S. 177, 190; a. A. Schmidt-Kessel, S. 185. Kritisch gegenüber der Diskussion Enderlein/Maskow/Strohbach Art. 79 Anm. 7.3. 50 Schlechtriem, JZ 1999, 794, 796 f. 51 So Díez-Picaso/Salvador Art. 79 V. 3. b; Neumayer/Ming Art. 79 Anm. 10; Schlechtriem/ Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 29; W. Witz/Salger/M. Lorenz/Salger Art. 79 Rn. 8; Kranz, S. 203 f.; Stoll, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 257, 278; Neumayer, RIW 1994, 99, 107; Schlechtriem, JZ 1999, 794, 796. Dies meint wohl auch Ryffel, S. 101. 52 Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 28. Nach Loewe, K Art. 79 besteht dagegen in dem Fall, in dem der Verkäufer den Lieferanten nicht aussuchen kann und dies dem Käufer bei Vertragsschluss bekannt ist, ein ausdrückliches oder stillschweigendes Abgehen vom Erfordernis des Abs. 2 lit. b CISG. 53 MünchKommHGB/Mankowski Art. 79 Rn. 47.

§ 5 Die Befreiungstatbestände bei Lieferung mangelhafter Ware

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(2) Analoge Anwendung des Art. 79 Abs. 2 CISG Teilweise wird eine analoge Anwendung des Art. 79 Abs. 2 CISG auf Vorund Zulieferer damit begründet, dass dem Schuldner die Haftungsbefreiung des Art. 79 Abs. 2 CISG zugute kommen müsse, wenn sein Vorlieferant Opfer höherer Gewalt werde.54 Es wird also auf eine vergleichbare Interessenlage bei der Einschaltung von Vorlieferanten und der Einschaltung von Erfüllungsübernehmern abgestellt. Aufgrund der Ablehnung der Anträge auf der Wiener Konferenz, Zulieferer ausdrücklich in Art. 79 Abs. 2 CISG aufzunehmen, fehlt es jedoch schon an einer planwidrigen Regelungslücke. Die Voraussetzungen einer Analogie liegen somit nicht vor.

(3) Haftung nach Art. 79 Abs. 1 CISG Da eine (entsprechende) Anwendung des Art. 79 Abs. 2 CISG nach den vorstehenden Ausführungen ausscheidet und das Risiko eines im Bereich eines Zuoder Vorlieferanten entstandenen Mangels vom allgemeinen Beschaffungsrisiko erfasst ist, welches zum typischen Verantwortungsbereich des Verkäufers gehört und Art. 79 Abs. 1 zuzuordnen ist, 55 richtet sich die Haftung für Zu- und Vorlieferanten im Ergebnis nach Art. 79 Abs. 1 CISG.

bb) Haftung für verdeckte Mängel Dass der Verkäufer aufgrund seines allgemeinen Beschaffungsrisikos für Mängel haftet, die ihre Ursache im Bereich eines Vor- oder Zulieferanten haben, gilt grundsätzlich für alle Mängel. Teilweise wird jedoch vertreten, dass sich der Verkäufer bei Vorliegen eines verdeckten Mangels entlasten könne, da zu dem Beschaffungsrisiko nur gehöre, was der Verkäufer auch beherrschen könne.56 Konkret wird eine Entlastung zugelassen, wenn der Verkäufer die Waren von zuverlässigen Lieferanten bezogen hat und der Mangel auch bei Anwendung vernünftiger und zumutbarer Untersuchungsmethoden generell __________ 54

U. Huber, S. 21. s. Schlechtriem Rn. 294; so auch Schmidt-Kessel, S. 186, der allerdings Art. 79 Abs. 2 CISG anwenden will, wenn in der beim Lieferanten eingetretenen Störung ein Leistungshindernis i. S. d. Art. 79 Abs. 1 CISG liegt, etwa weil die Parteien das Beschaffungsrisiko abweichend verteilt haben oder weil dessen Grenzen erreicht sind. 56 So Rathjen, RIW 1999, 561, 562. 55

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1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

nicht erkennbar und damit unbeherrschbar war.57 Beispielsweise können nach dieser Ansicht sehr hohe Kosten zur Unzumutbarkeit einer Untersuchungsmethode führen.58 In der Tat lässt sich argumentieren, dass verdeckte Fehler aufgrund mangelnder Erkennbarkeit unbeherrschbar sind. Dagegen wird jedoch – insbesondere von Vertretern aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis – eingewendet, dass sich mit dem Kriterium der Erkennbarkeit Sorgfalts- und Verschuldenskriterien einschleichen würden, die jedoch im Rahmen des Art. 79 CISG gerade nicht herangezogen werden sollten.59 Im UN-Kaufrecht könne es anders als in Rechtsordnungen, denen das Verschuldensprinzip zugrunde liege, nicht auf die Erkennbarkeit von Mängeln und Untersuchungspflichten des Verkäufers ankommen.60 Stellt man allerdings auf eine generelle Erkennbarkeit für einen vernünftige Person in der Lage des Schuldners ab,61 nimmt man also eine objektive Beurteilung der Erkennbarkeit vor, steht dies mit dem objektiven Maßstab des Art. 79 Abs. 1 CISG grundsätzlich in Einklang. Dennoch bleibt die Gefahr, dass Gerichte die Entlastungsmöglichkeit des Art. 79 Abs. 1 CISG als Ausdruck des Verschuldensprinzips verstehen könnten.62 Auch ist den Vertretern aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis darin zuzustimmen, dass die Heranziehung von Sorgfaltskriterien angesichts der objektiven Garantiehaftung im CISG widersprüchlich erscheint.63 Im Einzelfall müssten aufwendige Untersuchungen angestellt werden, um zu klären, ob der Mangel bei sorgfältiger Anwendung __________ 57 BGH, Urt. v. 9.1.2002 – VIII ZR 304/00, IHR 2002, 16, 21; OLG Köln, Urt. v. 16.11.1995 – 5 O 189/94, CISG-online Nr. 265; Díez-Picaso/Salvador Art. 79 V. 3. b; MünchKommHGB/Mankowski Art. 79 Rn. 26; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 40; Keil, S. 155; Rathjen, RIW 1999, 561, 562 f.; U. Huber, RabelsZ 1979, 413, 497; s. auch Stoll, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 257, 278; s. auch Krüger, S. 176 ff.; a. A. Brunner Art. 79 Rn. 15; Heuzé, Anm. 454; MünchKommBGB/P. Huber Art. 79 Rn. 20; Staudinger/Magnus Art. 79 Rn. 26; U. Huber, S. 23 und Fn. 50 in Abkehr von seiner früheren Ansicht; Ryffel, S. 108; Gustin, RDAI/IBLJ 2001, 379, 395; Lurger, IHR 2005, 221, 229 f.; Neumayer, RIW 1994, 99, 107; Schlechtriem, JZ 1999, 794, 797. 58 Díez-Picaso/Salvador Art. 79 V. 3. b. 59 Nicholas, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 283, 287 f. [s. auch schon o. § 5 I. 1. c)]. 60 U. Huber, S. 23 und Fn. 50. 61 So ausdrücklich das OLG Köln, Urt. v. 16.11.1995 – 5 O 189/94, CISG-online Nr. 265; vgl. aber auch MünchKommHGB/Mankowski Art. 79 Rn. 26. 62 Schlechtriem, JZ 1999, 794, 797. s. als Beispiel das Tribunal de Commerce de Besançon, Frankreich, Urt. v. 19.1.1998 – 97/009265, CISG-online Nr. 557, welches eine Entlastung des Verkäufers nach Art. 79 CISG zuließ, da sich die Herstellung des Produkts seiner Kontrolle entziehe und er nicht bösgläubig gehandelt habe. s. hierzu auch Lurger, IHR 2005, 221, 229. 63 In diese Richtung auch Staudinger/Magnus Art. 79 Rn. 26.

§ 5 Die Befreiungstatbestände bei Lieferung mangelhafter Ware

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der gebotenen Untersuchungsmethoden objektiv erkennbar war. Dadurch würde die Rechtssicherheit, die eine objektive Garantiehaftung mit sich bringt, erheblich geschwächt. Aus diesen Gründen ist dem Verkäufer die Möglichkeit einer Entlastung gem. Art. 79 Abs. 1 CISG bei Vorliegen eines verdeckten Mangels zu versagen.

b) Der Verkäufer als Hersteller der Ware aa) Risiken aus dem Bereich der Produktion und Organisation einschließlich des Personalrisikos Ist der Verkäufer zugleich Hersteller der Ware, kann er sich bei der Verwirklichung von Risiken im Bereich der Produktion und Organisation nicht entlasten,64 da diese seinem Einflussbereich zuzuordnen sind. Er hat also beispielsweise für Konstruktions-, Fabrikations-, Instruktions-, Organisations- oder Kontrollfehler einzustehen.65 Das gleiche gilt für so genannte „Ausreißer“,66 also mangelhaft hergestellte Einzelstücke bei ansonsten mangelfreier Konstruktion. Auch der Hersteller haftet aufgrund seines Personalrisikos gem. Art. 79 Abs. 1 CISG für das Verhalten seiner eigenen Leute, die seiner direkten Kontrolle und seinen Weisungen unterstehen und in seine Organisation, z. B. den Herstellungsprozess, eingegliedert sind.

bb) Haftung für Entwicklungsfehler Unterschiedlich wird beurteilt, ob den Hersteller Entwicklungsfehler entlasten. Eine Sache mit einem Entwicklungsfehler entspricht zwar zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und der Herstellung dem technischen und wissenschaftlichen Stand, stellt sich aber im Nachhinein als mangelhaft heraus.67

__________ 64

Bamberger/Roth/Saenger Art. 79 Rn. 5; Díez-Picaso/Salvador Art. 79 IV. 2. OLG Zweibrücken, Urt. v. 31.3.1998 – 8 O 1995/95, CISG-online Nr. 481; Brunner Art. 79 Rn. 21; Díez-Picaso/Salvador Art. 79 IV. 2.; MünchKommHGB/Mankowski Art. 79 Rn. 26; Staudinger/Magnus Art. 79 Rn. 25; Kranz, S. 198; Ryffel, S. 107. 66 Brunner Art. 79 Rn. 21; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 39; U. Huber, S. 23 Fn. 48; Karollus, S. 209; Keil, S. 108; Ryffel, S. 107; Rummel, in: Hoyer/Posch (Hrsg.), Das Einheitliche Wiener Kaufrecht, S. 177, 186. 67 Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 39. 65

1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

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(1) Urteil des BGH vom 9.1.2002 Der BGH hat die Frage, ob Entwicklungsfehler den Hersteller entlasten, offen gelassen.68 In dem zu entscheidenden Fall hatte die in den Niederlanden ansässige Klägerin bzw. ihre Zedentin von der Beklagten Milchpulver bezogen, welches diese aus Frischmilch hergestellt hatte. Das Milchpulver wurde von der Klägerin bzw. Zedentin stichprobenartig ohne besonderen Befund untersucht und anschließend nach Algerien und nach Aruba/Niederländische Antillen verschifft. Die dort aus dem Milchpulver produzierte Trinkmilch wies teilweise einen ranzigen bzw. sauren Geschmack auf, weshalb das Milchpulver von den Abnehmern der Klägerin als mangelhaft beanstandet wurde. Die Klägerin machte gegenüber der Beklagten den Schaden geltend, der ihr aufgrund von Schadensersatzleistungen an ihre Abnehmer entstanden war. Sie behauptete unter anderem, dass der bei den Endabnehmern festgestellte ranzige Geschmack auf einen im Zeitpunkt des Gefahrübergangs bereits angelegten Lipasebefall des Milchpulvers zurückzuführen sei, der auf einer fehlerhaften Verarbeitung der Frischmilch beruhe. Dieser Mangel sei erst nach der Lieferung erkennbar geworden und sei von ihr unverzüglich gerügt worden. Demgegenüber behauptete die Beklagte, dass der Lipasebefall des nach Algerien gelieferten Milchpulvers erst nach Gefahrübergang entstanden, zumindest aber nicht von ihr verursacht worden sei. Das nach Aruba gelieferte Pulver sei allein durch Insektenbefall ungenießbar geworden. Das Landgericht wies die Klage ab. Auf die Berufung der Klägerin hin gab das Oberlandesgericht der Klage teilweise statt. Mit ihrer Revision vor dem BGH verfolgte die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung in vollem Umfang weiter. Sie machte geltend, dass eine Nichterfüllung ihrer vertraglichen Pflichten auf einem von ihr nach Art. 79 CISG nicht zu verantwortenden Hinderungsgrund beruhe, weil nach ihrem beweisbewehrten Vorbringen das von ihr aus angelieferter Milch produzierte Milchpulver nach aktuellen Erkenntnissen von Wissenschaft und Technik hergestellt sei und etwa vorhandene Lipasebestände nur solche hätten sein können, die auf der Grundlage eines ordnungsgemäßen Verfahrens niemals auszuschließen seien. Damit spielte die Beklagte auf einen Entwicklungsfehler an. Der BGH wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass eine Befreiung der Beklagten von ihrer Schadensersatzpflicht allenfalls in Betracht käme, wenn sie nachweisen könnte, dass ein etwaiger Lipasebefall der angelieferten Milch auch bei sorgfältiger Anwendung der gebotenen Untersuchungsmethoden vor der Weiterverarbeitung nicht erkennbar gewesen wäre und dass eine mögliche Verseuchung bei der Herstel__________ 68

BGH, Urt. v. 9.1.2002 – VIII ZR 304/00, IHR 2002, 16, 21.

§ 5 Die Befreiungstatbestände bei Lieferung mangelhafter Ware

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lung des Milchpulvers auf einem außerhalb ihres Einflussbereichs liegenden Hinderungsgrund beruhen würde. Teilweise69 wird diese Aussage des BGH so verstanden, dass das Gericht eine Entlastung des Verkäufers bei Vorliegen eines Entwicklungsfehlers für möglich hält und die Voraussetzungen dafür nennt. Zu beachten ist jedoch Folgendes: In dem vorliegenden Fall war unklar, ob schon bei der von den Milcherzeugern angelieferten Milch ein Lipasebefall vorlag oder sich die Lipasebestände erst beim Herstellungsprozess des Milchpulvers bilden. War bereits die angelieferte Milch befallen, kommt das Vorliegen eines verdeckten Mangels in Betracht. Die Voraussetzungen für eine Haftungsbefreiung bei Vorliegen eines verdeckten Mangels nennt der BGH im ersten Teil seiner Aussage. Danach muss die Beklagte zu ihrer Entlastung nachweisen, dass ein etwaiger Lipasebefall der angelieferten Milch auch bei sorgfältiger Anwendung der gebotenen Untersuchungsmethoden vor der Weiterverarbeitung nicht erkennbar gewesen wäre. Hingegen bezog sich der BGH nicht auf die Erkennbarkeit des Mangels in der Phase zwischen der Verarbeitung der angelieferten Milch zu Milchpulver durch die Beklagte und der Weiterverarbeitung des Milchpulvers durch Endabnehmer.70 Erst im zweiten Teil seiner Äußerung nimmt das Gericht Bezug auf beim Herstellungsprozess gebildete Lipasebestände und somit auf einen eventuellen Entwicklungsfehler. Die Beklagte muss zu ihrer Entlastung nach Auffassung des BGH nachweisen, dass eine mögliche Verseuchung bei der Herstellung des Milchpulvers auf einem außerhalb ihres Einflussbereiches liegenden Hinderungsgrund beruhte. Ob ein Entwicklungsfehler einen solchen Hinderungsgrund darstellt, geht aus der Äußerung des BGH nicht hervor. Die Entscheidung hält lediglich eine Entlastung nicht für grundsätzlich ausgeschlossen, wenn ein Produkt nach dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik hergestellt ist und trotzdem einen Schaden verursacht.71

(2) Unbeherrschbarkeit von Entwicklungsfehlern Teilweise – insbesondere in der österreichischen und deutschen Literatur sowie in der deutschen Rechtsprechung – wird eine Befreiung des Verkäufers von seiner Schadensersatzpflicht bei Entwicklungsfehlern aufgrund deren Unbeherrschbarkeit zugelassen.72 Dass dies zum Teil auch in der deutschen Recht__________ 69

Schlechtriem Rn. 292 Fn. 306; Magnus, ZEuP 2002, 523, 539. So aber Magnus, ZEuP 2002, 523, 539. 71 So auch Magnus, ZEuP 2002, 523, 539. 72 OLG Zweibrücken, Urt. v. 31.3.1998 – 8 O 1995/95, CISG-online Nr. 481; DíezPicaso/Salvador Art. 79 V. 3. b; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 39; Dylakiewicz, S. 198 Fn. 66; Karollus, S. 209; Keil, S. 108, 147; Krüger, S. 169 f. mit 70

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1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

sprechung vertreten wird, ist unter dem Aspekt interessant, dass im Rahmen der deutschen Produzentenhaftung das Verschulden des Herstellers bei Entwicklungsfehlern entgegen der Regel nicht vermutet wird. Teilweise wird daher die Möglichkeit der Haftungsbefreiung des Verkäufers bei Entwicklungsfehlern befürwortet, um einen Gleichlauf zwischen Vertrags- und Deliktsrecht zu erreichen.73

(3) Diskussion und eigene Stellungnahme Bringt der Hersteller Neuentwicklungen auf den Markt und schafft dadurch Risiken, sind diese grundsätzlich seiner Sphäre zuzurechnen. 74 Dies gilt auch, wenn dem Gläubiger die Neuartigkeit des Produkts oder des Verfahrens bekannt ist, da die Kenntnis des Gläubigers allein noch zu keiner anderen Risikoverteilung führt.75 Fraglich ist jedoch, inwieweit der Hersteller Entwicklungsfehler kontrollieren kann. Einerseits lässt sich argumentieren, dass Entwicklungsfehler gerade trotz Einhaltung der wissenschaftlichen und technischen Standards auftauchen und sich somit der Kontrolle des Herstellers entziehen. Andererseits muss jedoch berücksichtigt werden, dass der Verkäufer insofern auf Entwicklungsfehler einen Einfluss hat, als er diese durch Investitionen in die Entwicklung, in Tests und Kontrollen weitestgehend minimieren kann.76 Zwar können gewisse Entwicklungsfehler nicht gänzlich ausgeschlossen werden.77 Würde man eine Entlastung bei Entwicklungsfehlern zulassen, müsste aber in jedem Einzelfall festgestellt werden, ob der Fehler nach dem damaligen wissenschaftlichen und technischen Stand erkennbar und vermeidbar gewesen war. Diese Beurteilung würde sich zum einen sehr schwierig gestalten. Zum anderen bestünde die Gefahr der Heranziehung von Sorgfalts- und Verschuldenskriterien, was im Rahmen des Art. 79 Abs. 1 CISG gerade vermieden wer__________ Ausführungen zur Voraussehbarkeit und Vermeidbarkeit, die m. E. schon in Bezug auf die Erkennbarkeit und die Risikoverteilung hätten angestellt werden müssen; Ryffel, S. 107 f.; Magnus, in: Šarþeviü/Volken (Hrsg.), The International Sale of Goods Revisited, S. 1, 16 f.; Weber, in: Bucher (Hrsg.), Wiener Kaufrecht, S. 165, 171; Welser, in: Doralt (Hrsg.), Das UNCITRAL-Kaufrecht im Vergleich zum österreichischen Recht, S. 105, 131; Rathjen, RIW 1999, 561, 562; U. Huber, RabelsZ 1979, 413, 496 f.; zweifelnd Kranz, S. 198. 73 So Magnus, in: Šarþeviü/Volken (Hrsg.), The International Sale of Goods Revisited, S. 1, 16 f. Allerdings vertritt Magnus in: Staudinger Art. 79 Rn. 25, dass Entwicklungsfehler grundsätzlich nicht entlasten. 74 s. auch Schlechtriem Rn. 292 Fn. 306. 75 A. A. Keil, S. 108. 76 Neumayer/Ming Art. 74 Anm. 2; Van den Hole, Revue de droit commercial belge 1998, 356, 361. 77 MünchKommHGB/Mankowski Art. 79 Rn. 26.

§ 5 Die Befreiungstatbestände bei Lieferung mangelhafter Ware

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den sollte.78 Aus diesen Gründen ist es vorzugswürdig, eine Entlastungsmöglichkeit des Verkäufers bei Entwicklungsfehlern zu verneinen.79 Da der Verkäufer gem. Art. 5 CISG nicht für Personenschäden haftet, ist eine Haftung des Verkäufers für Entwicklungsfehler hinnehmbar.80 Zudem sind auf dem Mangel beruhende Folgeschäden nur in den Grenzen der Vorhersehbarkeit nach Art. 74 S. 2 CISG erstattungsfähig. Durch diese Haftungsbegrenzungen ist auch die mit der Haftung einhergehende Gefahr von „horrenden“ Versicherungssummen, welche die Innovation hemmen könnten,81 eingedämmt. Der Verkäufer kann die Haftung für Entwicklungsfehler zudem vertraglich ausschließen, indem er eine Beschaffenheit entsprechend dem gegenwärtigen Stand von Wissenschaft und Technik vereinbart.82

cc) Haftung für Zulieferer und Haftung für verdeckte Mängel Bezieht der Verkäufer als Hersteller von einem Zulieferer mangelhafte Ware für die Produktion, stellen sich bezüglich der Haftung für Zulieferanten und der Haftung für verdeckte Mängel dieselben Fragen wie bei der Haftung des Zwischenhändlers. Auf die Ausführungen über die Haftung des Zwischenhändlers wird daher verwiesen.83

3. Risiken außerhalb des typischen Einflussbereichs des Verkäufers Hinderungsgründe außerhalb des typischen Einflussbereichs des Verkäufers entlasten den Verkäufer, sofern diese unvorhersehbar und/oder unvermeidbar oder unüberwindbar sind. Dass ein Sach- oder Rechtsmangel der Ware auf für den Verkäufer unbeherrschbaren, von außen kommenden Ereignissen beruht, __________ 78

Brunner Art. 79 Rn. 21; Schlechtriem Rn. 292 Fn. 306. Ebenso Brunner Art. 79 Rn. 21; MünchKommBGB/P. Huber Art. 79 Rn. 20; MünchKommHGB/Mankowski Art. 79 Rn. 26, der allerdings einräumt, dass dies nicht für den völlig unwahrscheinlichen und mit zumutbaren Aufwand nicht zu findenden, der Fachwelt unbekannten Entwicklungsmangel bei einer Entwicklung nach dem voll beachteten Stand der Wissenschaft und Technik gelte, und die Grenze entlang der Vorhersehbarkeit zieht; Neumayer/Ming Art. 74 Anm. 2; Staudinger/Magnus Art. 79 Rn. 25; U. Huber, S. 23 Fn. 48 in Abkehr von seiner früher vertretenen Ansicht; Schlechtriem Rn. 292; Rummel, in: Hoyer/Posch (Hrsg.), Das Einheitliche Wiener Kaufrecht, S. 177, 186. 80 Staudinger/Magnus Art. 79 Rn. 25. 81 Diese Gefahr erwähnt Brunner Art. 79 Rn. 21. 82 Brunner Art. 79 Rn. 21; Schlechtriem Rn. 292 Fn. 306. 83 s. o. § 5 I. 2. a). 79

1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

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ist zwar denkbar, jedoch werden solche Hinderungsgründe nur selten vorliegen. Als Beispiel kommen Sabotageakte in Betracht,84 wie z. B. die nachträgliche Vergiftung von Lebensmitteln durch Dritte.85 Auch für einen Mangel, der durch eine außergewöhnliche Witterung auf dem Transportweg verursacht worden ist, kann sich der Verkäufer entlasten.86 Ist der Mangel im Bereich eines Vor- oder Zulieferers verursacht worden, lässt der BGH, wie schon erwähnt, eine Entlastung zu, wenn die Ursache weder dem Einflussbereich des Verkäufers noch dem des Vor- oder Zulieferanten zugerechnet werden kann.87 Auch dies wird nur selten vorliegen, da wiederum nur Hinderungsgründe wie Sabotageakte in Betracht kommen. Eine Entlastung des Verkäufers ist ferner möglich, wenn sich der Verkäufer seinen Lieferanten nicht frei aussuchen konnte, z. B. aufgrund der Monopolstellung des Lieferanten, aufgrund der Bestimmung des Lieferanten durch den Staat in einer Planungswirtschaft88 oder auch aufgrund der Bestimmung des Zulieferers durch den Käufer.89

4. Haftung für Dritte gem. Art. 79 Abs. 2 CISG Zu unterscheiden von der auf dem Personalrisiko des Verkäufers beruhenden Haftung für eigene Leute gem. Art. 79 Abs. 1 CISG ist die schon angesprochene Haftung für Dritte gem. Art. 79 Abs. 2 CISG. Wesentliche Aussage des Art. 79 Abs. 2 CISG ist, dass auch Dritte dem Verantwortungsbereich des Schuldners zugerechnet werden und eine Haftungsbefreiung nur nach den Grundsätzen des Art. 79 Abs. 1 CISG möglich ist.90 Der Verkäufer ist von der Haftung nur befreit, wenn er selbst nach Art. 79 Abs. 1 CISG befreit ist und kumulativ der Dritte ebenfalls nach Art. 79 Abs. 1 CISG befreit wäre, sofern Abs. 1 CISG auf ihn Anwendung fände. Folglich wird der Schuldner nicht allein durch die sorgfältige Auswahl und Überwachung des Dritten entlastet. 91 __________ 84

Díez-Picaso/Salvador Art. 79 V. 3. b; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 39. 85 MünchKommHGB/Mankowski Art. 79 Rn. 26; U. Huber, S. 22 f.; Stoll, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 257, 276. 86 Ryffel, S. 107. 87 BGH, Urt. v. 24.3.1999 – VIII ZR 121/98, BGHZ 141, 129, 134. 88 s. o. § 5 Fn. 51. 89 s. Neumayer/Ming Art. 79 Anm. 10; s. auch Schlechtriem Rn. 294, der eine Entlastung in diesem Fall allerdings auf Art. 80 CISG stützen will. 90 Karollus, S. 211. 91 Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 27; Piltz § 4 Rn. 231.

§ 5 Die Befreiungstatbestände bei Lieferung mangelhafter Ware

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Dritter i. S. d. Art. 79 Abs. 2 CISG sind solche Personen, derer der Verkäufer sich zur völligen oder teilweisen Vertragserfüllung bedient (so genannte Erfüllungsübernehmer).92 Entscheidend ist, dass diese nicht im Organisationsbereich des Schuldners und in dessen Verantwortung tätig werden, sondern eigenverantwortlich handeln und selbständig sind. 93 Erfüllungsunternehmer sind z. B. Subunternehmer, die Teile der vom Verkäufer geschuldeten Leistung an den Gläubiger erbringen.94 Schuldet der Verkäufer, wie im Fall der Bringschuld, den Transport oder die Versendung der Ware, ist auch der selbständige Transporteur Dritter i. S. d. Art. 79 Abs. 2 CISG.95 Zu- und Vorlieferanten fallen nach der hier vertretenen Auffassung nicht unter Art. 79 Abs. 2 CISG.96

5. Zwischenergebnis Wendet man, wie hier befürwortet, Art. 79 CISG auch auf die Mängelhaftung an, muss der Verkäufer im Ergebnis dennoch in den meisten Fällen für die Lieferung mangelhafter Ware haften, da diese in der Regel auf Risiken beruht, die in der beherrschbaren Sphäre des Verkäufers liegen und für die er sich nicht gem. Art. 79 Abs. 1 CISG entlasten kann. Dies gilt nicht nur für den produzierenden Verkäufer, der für Konstruktions-, Fabrikations-, Instruktions-, Organisations-, oder Kontrollfehler sowie „Ausreißer“ und auch Entwicklungsfehler einstehen muss. Es trifft auch für den Zwischenhändler zu, da dieser aufgrund seines allgemeinen Beschaffenheitsrisikos gem. Art. 79 Abs. 1 CISG für Mängel aus dem Bereich seiner Vorlieferanten einstehen muss.97 Der Verkäufer haftet nach vorzugswürdiger Ansicht auch dann, wenn er die Ware von zuverlässigen Lieferanten bezogen hat und der Mangel auch bei Anwendung vernünftiger und zumutbarer Untersuchungsmethoden generell nicht erkennbar war. Insoweit ist der Unterschied zum anglo-amerikanischen Recht, in dem bei __________ 92

MünchKommBGB/P. Huber Art. 79 Rn. 23; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 25. 93 s. MünchKommBGB/P. Huber Art. 79 Rn. 23; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 25. 94 Brunner Art. 79 Rn. 14; MünchKommBGB/P. Huber Art. 79 Rn. 23; Staudinger/Magnus Art. 79 Rn. 40; Kranz, S. 203. Vgl. auch OLG Zweibrücken, Urt. v. 31.3.1998 – 8 O 1995/95, CISG-online Nr. 481. 95 Brunner Art. 79 Rn. 14; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 25. 96 s. o. § 5 I. 2. a) aa). 97 Daher unzutreffend Kranz, S. 203, nach dem in der Regel davon auszugehen sein wird, dass Vor- und Zulieferanten des Verkäufers außerhalb seines Risikobereichs liegen. Allerdings nimmt Kranz eine Befreiung auch nur für den Fall an, dass der Verkäufer seinen Zulieferer nicht auswählen und kontrollieren konnte und dass das Produkt wegen der tatsächlichen Monopolstellung des Zulieferers nicht anderweitig zu beschaffen, herzustellen oder nachzubessern war.

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1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

der Lieferung mangelhafter Ware keine Entlastungsmöglichkeit existiert, nicht so groß, wie es auf den ersten Blick scheint. Begründet sind jedoch die Befürchtungen der Vertreter aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis, dass bei der Lieferung mangelhafter Ware im Rahmen des Art. 79 Abs. 1 CISG Sorgfalts- und Verschuldenskriterien herangezogen werden. Die Gefahr der Heranziehung solcher Kriterien besteht insbesondere aufgrund der Diskussionen um die Möglichkeit der Entlastung bei verdeckten Fehlern und bei Entwicklungsfehlern.

6. Beweislast Wie sich aus dem Wortlaut des Art. 79 Abs. 1 CISG ergibt, trifft den Schuldner die Beweislast für alle Voraussetzungen des Befreiungstatbestandes.98 Das heißt, dass der Schuldner einen Hinderungsgrund außerhalb seines Einflussbereichs, Kausalität zwischen Nichterfüllung und Hinderungsgrund, mangelnde Voraussehbarkeit bei Vertragsabschluss und Unvermeidbarkeit bzw. Unüberwindbarkeit des Hinderungsgrundes zu beweisen hat.99 Ebenso hat der Schuldner die Voraussetzungen des Art. 79 Abs. 2 CISG zu beweisen.100 Für diese Beweislastverteilung wird folgende Erklärung gegeben: Die Entlastung des Schuldners setze voraus, dass er die geschehene Pflichtverletzung nicht zu verantworten habe. Die Verantwortung des Schuldners für eine Pflichtverletzung werde vermutet; entlastende Umstände habe der Schuldner daher zu beweisen.101 Ob man von einer vermuteten Verantwortung des Schuldners sprechen kann, ist angesichts der verschuldensunabhängigen Garantiehaftung und des objektiv gefassten Befreiungstatbestands des Art. 79 Abs. 1 CISG zweifelhaft. Vielmehr hat der Schuldner nach Art. 79 Abs. 1 CISG für diejenigen Risiken einzustehen, die er nach dem Vertrag übernommen hat.

__________ 98 Baumgärtel/Laumen/Hepting Art. 79 WKR Rn. 1; Honsell/Magnus Art. 79 Rn. 29; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 54. 99 Baumgärtel/Laumen/Hepting Art. 79 WKR Rn. 7. 100 Baumgärtel/Laumen/Hepting Art. 79 WKR Rn. 2; Bianca/Bonell/Tallon Art. 79 Anm. 2.7.3; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 54. 101 Schlechtriem Rn. 287.

§ 5 Die Befreiungstatbestände bei Lieferung mangelhafter Ware

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7. Vertragliche Ausgestaltung der Haftungsbefreiung Gem. Art. 6 CISG ist Art. 79 CISG dispositiv. Die Parteien können durch ausdrückliche oder stillschweigende Vertragsvereinbarung von Art. 79 CISG abweichen und sowohl die Voraussetzungen als auch die Rechtsfolge des Befreiungstatbestandes selbst gestalten.102 In Betracht kommen insbesondere Force-Majeure-Klauseln, die einen Katalog von Entlastungsgründen enthalten.103 Die Auslegung solcher Klauseln kann im Zweifel unter Rückgriff auf die Grundsätze des Art. 79 CISG erfolgen,104 insbesondere wenn es sich um Generalklauseln handelt. Die Kataloge können sowohl abschließend sein als auch nur beispielhaften Charakter haben, was durch Auslegung gem. Art. 8 CISG zu ermitteln ist.105 Im Fall eines abschließenden Kataloges verbietet sich ein Rückgriff auf Art. 79 CISG. Es geht allerdings zu weit, allein aufgrund des Vorliegens einer Force-Majeure-Klausel einen vollständigen Ausschluss des Art. 79 CISG anzunehmen.106 Ratsam ist, bei der Verfassung einer individuellen Klausel klarzustellen, ob eine Verdrängung oder eine bloße Ergänzung von Art. 79 CISG gewollt ist.107 Bei der Abgabe von Garantien wird in der Regel nur eine verschuldensunabhängige Haftung, von der sich der Schuldner gem. Art. 79 CISG entlasten kann und die auch das Übereinkommen vorsieht, vorliegen. Denn der Schuldner will im Regelfall nicht das Risiko für unbeherrschbare, unvorhersehbare und unvermeidbare bzw. unüberwindbare Leistungshindernisse übernehmen. Ob im Einzelfall nicht doch eine absolute Garantie abgegeben worden ist, die über die Haftung nach dem Übereinkommen hinausgeht, weil der Schuldner eben auch solche Risiken übernehmen will, ist durch Auslegung gem. Art. 8 CISG zu ermitteln.108 In Bezug auf die Mängelhaftung ist den Parteien angesichts der bereits aufgezeigten bestehenden Rechtsunsicherheiten anzuraten, die Anwendbarkeit des Befreiungstatbestandes auf die Lieferung mangelhafter Ware vertraglich zu __________ 102

Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 51. Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 51. 104 Brunner Art. 79 Rn. 46. 105 Brand, in: Ferrari/Flechtner/Brand (Hrsg.), The Draft UNCITRAL Digest and Beyond, S. 392, 399. 106 So aber Brand, in: Ferrari/Flechtner/Brand (Hrsg.), The Draft UNCITRAL Digest and Beyond, S. 392, 404. s. dazu auch Konarski, RDAI/IBLJ 2003, 405, 412, der auf die klare Tendenz in der internationalen Vertragspraxis hinweist, dass Aufzählungen in Force-Majeure-Klauseln nur beispielhaften Charakter haben. 107 Vgl. Plate, S. 52. 108 Díez-Picaso/Salvador Art. 79 XI. 3.; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 52. 103

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regeln bzw. Entlastungsgründe für die Lieferung mangelhafter Ware vorzusehen.109 So kann z. B. festgelegt werden, in welchen Fällen der Schuldner sich bei vertragswidrigem Verhalten von Vorlieferanten oder Erfüllungsübernehmern entlasten kann.110 Die Haftung für Entwicklungsfehler kann dadurch ausgeschlossen werden, dass eine Beschaffenheit entsprechend dem aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik vereinbart wird. Die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Vertrag richtet sich nach Art. 14 ff. CISG, ihre Wirksamkeit dagegen gem. Art. 4 lit. a CISG nach dem vom IPR des Forumstaates berufenen nationalen Recht. Teilweise wird der Ausschluss jeglichen Entlastungsgrundes durch Allgemeine Geschäftsbedingungen als den Grundwertungen des CISG entgegenstehend angesehen. Dies kann zu einer Unwirksamkeit nach nationalem Recht führen (vgl. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).111

II. Befreiungstatbestand des Art. 80 CISG Gem. Art. 80 CISG kann sich eine Partei nicht auf die Nichterfüllung von Pflichten durch die andere Partei berufen, soweit diese Nichterfüllung durch ihre Handlung oder Unterlassung verursacht wurde. Die Vorschrift ist Ausdruck des Gebots von Treu und Glauben (Art. 7 Abs. 1 CISG) in der Form des Verbots des venire contra factum proprium.112 Für den Fall der Lieferung mangelhafter Ware bedeutet dies, dass sich der Käufer nicht auf die Schlechtleistung durch den Verkäufer berufen kann, soweit diese durch sein Handeln oder Unterlassen verursacht worden ist. Dabei hat der Käufer für seine eigenen Leute sowie für selbständige Dritte i. S. d. Art. 79 Abs. 2 CISG wie für eigenes Verhalten einzustehen.113

__________ 109

Brand, in: Ferrari/Flechtner/Brand (Hrsg.), The Draft UNCITRAL Digest and Beyond, S. 392, 402. 110 s. Brand, in: Ferrari/Flechtner/Brand (Hrsg.), The Draft UNCITRAL Digest and Beyond, S. 392, 402. Vgl. auch Ryffel, S. 117; Konarski, RDAI/IBLJ 2003, 405, 416. 111 Staudinger/Magnus Art. 79 Rn. 65. 112 Van den Hole, Revue de droit commercial belge 1998, 356, 357. 113 Bamberger/Roth/Saenger Art. 80 Rn. 2; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 80 Rn. 3.

§ 6 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe Verletzt der Verkäufer eine seiner Pflichten aus Art. 35, 41 f. CISG, kann der Käufer nicht nur Schadensersatz gem. Art. 45 Abs. 1 lit. b CISG verlangen. Vielmehr stehen ihm gem. Art. 45 Abs. 1 lit. a CISG weitere Rechtsbehelfe zur Verfügung, deren Geltendmachung Einfluss auf den Schadensersatzanspruch hat.

I. Die dem Käufer grundsätzlich zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe Art. 45 Abs. 1 lit. a CISG verweist auf die in den Art. 46–52 CISG geregelten Rechtsbehelfe, insbesondere den Anspruch auf Erfüllung gem. Art. 46 Abs. 1 CISG bzw. Nacherfüllung gem. Art. 46 Abs. 2 und Abs. 3 CISG, die Vertragsaufhebung gem. Art. 49 CISG und die Minderung gem. Art. 50 CISG. Durch eine berechtigte Ausübung des Nacherfüllungsrechts (Art. 48 CISG) durch den Verkäufer können diese Ansprüche bzw. Rechte des Käufers eingeschränkt werden.1 Das Nacherfüllungsrecht soll dem Verkäufer die Vertragsdurchführung trotz anfänglicher Erfüllungsschwierigkeiten ermöglichen, wobei allerdings die Zumutbarkeit der Nacherfüllung für den Käufer zu beachten ist. 2 Art. 51 CISG enthält Sonderregelungen in Bezug auf Teillieferungen. Art. 51 Abs. 1 CISG verweist für den fehlenden oder nicht vertragsgemäßen Teil auf die Art. 46–50 CISG. Nach Art. 51 Abs. 2 CISG kann der Käufer nur dann die Aufhebung des gesamten Vertrags erklären, wenn die unvollständige oder nicht vertragsgemäße Leistung eine wesentliche Vertragsverletzung dar__________ 1 Macht der Verkäufer von seinem Nacherfüllungsrecht Gebrauch, entfallen die (Nach)Erfüllungsansprüche und das Minderungsrecht des Käufers. Die Vertragsaufhebung bleibt dem Käufer grundsätzlich erhalten, der Verkäufer kann sie aber nach Art. 48 Abs. 2 CISG ausschließen. Der Schadensersatzanspruch bleibt bestehen, richtet sich bei Ausübung des Nacherfüllungsrechts aber nur auf den Ersatz von Verzögerungs-, Begleit- und Folgeschäden, s. Brunner Art. 45 Rn. 1; Staudinger/Magnus Art. 45 Rn. 38; Magnus, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 79, 89; Welser, in: Doralt (Hrsg.), Das UNCITRAL-Kaufrecht im Vergleich zum österreichischen Recht, S. 105, 117, 124. 2 Jud, S. 54 f.

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stellt. Art. 73 CISG enthält ferner Sonderregelungen in Bezug auf Sukzessivlieferungsverträge. In Art. 52 CISG finden sich Regelungen über die vorzeitige Lieferung und die Zuviellieferung. Ferner stehen dem Käufer bei einer Vertragsverletzung seitens des Verkäufers die aus Art. 58 CISG herzuleitende Einrede des nichterfüllten Vertrags,3 die Unsicherheitseinrede gem. Art. 71 CISG sowie die antizipierte Vertragsaufhebung gem. Art. 72 CISG zur Verfügung. Ein Zinsanspruch findet sich in Art. 78 CISG. Auch die Art. 86– 88 CISG enthalten Rechtsbehelfe des Käufers. Die Rechtsbehelfe der (Nach-)Erfüllung, der Vertragsaufhebung und der Minderung können aufgrund ihrer verschiedenen Rechtsfolgen nicht miteinander kumuliert werden. Sie stehen dem Käufer alternativ zur Wahl4 und in keinem Rangverhältnis.5 Auch dem Nacherfüllungsrecht des Verkäufers gem. Art. 48 CISG kommt kein grundsätzlicher Vorrang vor anderen Rechtsbehelfen zu. Es beschränkt lediglich das Wahlrecht des Käufers im Interesse des Verkäufers. Gem. Art. 45 Abs. 2 CISG verliert der Käufer das Recht, Schadensersatz zu verlangen, nicht durch die Ausübung anderer Rechtsbehelfe. Er kann den Schadensersatzanspruch neben der (Nach-)Erfüllung, Minderung oder Vertragsaufhebung oder als alleinigen Rechtsbehelf geltend machen.

II. Besonderheiten im Fall der Lieferung mangelhafter Ware Obgleich im UN-Kaufrecht ein einheitliches Rechtsbehelfssystem für alle Arten von Vertragsverletzungen besteht 6 und grundsätzlich nicht zwischen Nichterfüllung, Verzug, Unmöglichkeit oder Schlechterfüllung unterschieden wird, gelten für den Fall der Lieferung mangelhafter Ware Besonderheiten, 7 wie sich aus dem Gesetzeswortlaut ergibt.

__________ 3 Bamberger/Roth/Saenger Art. 45 Rn. 7; Brunner Art. 45 Rn. 4; Schlechtriem/Schwenzer/ Müller-Chen Art. 45 Rn. 22; Karollus, S. 83 f.; Schlechtriem, in: Bucher (Hrsg.), Wiener Kaufrecht, S. 103, 109. 4 Brunner Art. 45 Rn. 1; Honsell/Schnyder/Straub Art. 45 Rn. 60; Schlechtriem/ Schwenzer/Müller-Chen Art. 45 Rn. 12; Staudinger/Magnus Art. 45 Rn. 16; Kranz, S. 101. 5 Magnus, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 79, 89. 6 W. Witz/Salger/M. Lorenz/Salger Art. 45 Rn. 2. 7 Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 45 Rn. 5, 7.

§ 6 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe

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1. Lieferung vertragswidriger Ware Bei Lieferung vertragswidriger Ware ist der Erfüllungsanspruch des Käufers gem. Art. 46 Abs. 1 CISG insofern modifiziert, als der Käufer an dessen Stelle nur Ersatzlieferung gem. Art. 46 Abs. 2 CISG oder Nachbesserung gem. Art. 46 Abs. 3 CISG verlangen kann. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift in Abs. 2 und Abs. 3 („Ist die Ware nicht vertragsgemäß …“).8 Die Minderung gem. Art. 50 CISG steht dem Käufer nur bei der Lieferung vertragswidriger Ware zur Verfügung, nicht dagegen bei der Nichtlieferung. Will der Verkäufer den Vertrag aufgrund der mangelhaften Lieferung gem. Art. 49 CISG aufheben, ist ihm dies nur unter der Voraussetzung des Vorliegens einer wesentlichen Vertragsverletzung gem. Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG möglich. Die Möglichkeit einer Vertragsaufhebung nach der Setzung einer Frist gem. Art. 49 Abs. 1 lit. b CISG besteht bei mangelhafter Lieferung nicht, da die Vorschrift nach ihrem Wortlaut nur auf die Nichtlieferung Anwendung findet.9

2. Lieferung von mit einem Rechtsmangel behafteter Ware Liefert der Verkäufer Ware, die nicht frei von Rechten oder Ansprüchen Dritter ist, kann er gem. Art. 46 Abs. 1 CISG Erfüllung, also Beseitigung des Rechtsmangels oder Ersatzlieferung, verlangen. Die Absätze 2 und 3 mit ihren zusätzlichen Voraussetzungen sind nicht auf Rechtsmängel anwendbar. Dies ergibt sich aus der Formulierung „Ist die Ware nicht vertragsgemäß …“, die nur die Fälle des Art. 35 CISG, nicht aber die der Art. 41, 42 CISG erfasst.10 Aus dem gleichen Grund steht dem Käufer bei Vorliegen eines Rechtsmangels die Minderung gem. Art. 50 CISG nicht zur Verfügung.11 Für diese besteht kein __________ 8

Honsell/Schnyder/Straub Art. 45 Rn. 41. Bamberger/Roth/Saenger Art. 49 Rn. 8; Brunner Art. 45 Rn. 5; Schlechtriem/ Schwenzer/Schlechtriem Art. 25 Rn. 21; Staudinger/Magnus Art. 49 Rn. 21. 10 MünchKommBGB/P. Huber Art. 46 Rn. 9; MünchKommHGB/Benicke Art. 46 Rn. 27; Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 46 Rn. 22; Staudinger/Magnus Art. 46 Rn. 15; a. A. Herber/Czerwenka Art. 46 Rn. 6; Reinhart Art. 46 Rn. 3 f. 11 Bamberger/Roth/Saenger Art. 50 Rn. 2; Honnold Art. 50 § 313.1; Honsell/Schnyder/Straub Art. 50 Rn. 11; MünchKommBGB/P. Huber Art. 50 Rn. 8; MünchKommHGB/Benicke Art. 50 Rn. 2; Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 50 Rn. 2; Heuzé, Anm. 442; Garro/Zuppi S. 190; Karollus, S. 158; Piltz § 5 Rn. 304; Schlechtriem Rn. 202; a. A. aber Brunner Art. 50 Rn. 3 (Art. 50 analog); DíezPicaso/López Art. 50 II.; Herber/Czerwenka Art. 50 Rn. 3; Neumayer/Ming Art. 50 Anm. 2; Reinhart Art. 50 Rn. 2; Staudinger/Magnus Art. 50 Rn. 9f.; Kranz, S. 113; Niggemann, in: Hoyer/Posch (Hrsg.), Das Einheitliche Wiener Kaufrecht, S. 77, 106; Welser, in: Doralt (Hrsg.), Das UNCITRAL-Kaufrecht im Vergleich zum österreichi9

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1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

praktisches Bedürfnis, weil der Käufer anstelle der Minderung den – in der Höhe allerdings möglicherweise von der Minderung abweichenden12 – verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch nach Art. 45 Abs. 1 lit. b CISG geltend machen kann. Der Schadensersatzanspruch wird auch nur selten durch Art. 79 CISG ausgeschlossen sein.13 Hinsichtlich der Vertragsaufhebung gem. Art. 49 CISG gilt das zur Lieferung vertragswidriger Ware Gesagte.

III. Kriterium der wesentlichen Vertragsverletzung Welche Rechtsbehelfe dem Käufer bei der Lieferung mangelhafter Ware im konkreten Fall zur Verfügung stehen, richtet sich insbesondere auch danach, ob in der Lieferung vertragswidriger Ware eine wesentliche Vertragsverletzung gem. Art. 25 CISG liegt oder nicht.14 Es kommt daher für die Ermittlung der zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe auf die Schwere der Vertragsverletzung an, nicht dagegen auf die Art der Vertragsverletzung. Die Unterscheidung, ob solch eine wesentliche Vertragsverletzung vorliegt oder nicht, wird sogar als das wichtigste Kriterium für die Ermittlung der zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe bezeichnet.15 Während dem Käufer der Anspruch auf Erfüllung gem. Art. 46 Abs. 1 CISG bzw. der Anspruch auf Nachbesserung gem. Art. 46 Abs. 3 CISG, die Minderung gem. Art. 50 CISG und grundsätzlich auch der Anspruch auf Schadensersatz gem. Art. 45 Abs. 1 lit. b CISG bei jeder mangelhaften Lieferung zur Verfügung stehen, setzen die Vertragsaufhebung gem. Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG (bzw. gem. Art. 51 Abs. 2 CISG im Fall der Teillieferung und gem. Art. 73 Abs. 2 CISG im Fall des Sukzessivlieferungsvertrags) sowie die Ersatzlieferung gem. Art. 46 Abs. 2 CISG das Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung voraus. Da sich eine Rückabwicklung des Ver__________ schen Recht, S. 105, 122 f.; s. auch LG Stendal, Urt. v. 12.10.2000 – 22 S 234/99, IHR 2001, 30, 33. 12 Darauf weist Schlechtriem Rn. 202 hin. 13 Bamberger/Roth/Saenger Art. 50 Fn. 5; Honnold Art. 50 § 313.1; MünchKommHGB/Benicke Art. 50 Rn. 2; Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 50 Rn. 2. 14 Enderlein/Maskow/Strohbach Art. 45 Anm. 1; Honsell/Schnyder/Straub Art. 45 Rn. 36; Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 45 Rn. 5; Staudinger/Magnus Vorbem zu Art. 45 ff. Rn. 3; W. Witz/Salger/M. Lorenz/Salger Art. 45 Rn. 4; Gabriel, S. 146; Ryffel, S. 28; Magnus, in: Ferrari/Flechtner/Brand (Hrsg.), The Draft UNCITRAL Digest and Beyond, S. 319, 320 f.; Welser, in: Doralt (Hrsg.), Das UNCITRAL-Kaufrecht im Vergleich zum österreichischen Recht, S. 105, 116; Ferrari, IHR 2005, 1; van Houtte/Wautelet, RDAI/IBLJ 2001, 293, 334 f. 15 Erauw/Flechtner, in: Šarþeviü/Volken (Hrsg.), The International Sale of Goods Revisited, S. 35, 40; Lurger, IHR 2001, 91.

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trags bzw. eine Ersatzlieferung aufgrund der Distanz im internationalen Handelsverkehr als schwierig erweisen und mit hohen Kosten z. B. für den Rücktransport und die Lagerung der Ware verbunden sind, sollen diese Rechtsbehelfe nicht in jedem Fall einer Vertragsverletzung geltend gemacht werden können. Vielmehr sollen sie nur zur Verfügung stehen, wenn die übrigen Rechtsbehelfe, insbesondere der Schadensersatz, den Gläubiger nicht in angemessener Weise zu befriedigen vermögen.16 Die wesentliche Vertragsverletzung stellt daher die Trennungslinie zwischen den leichteren und den schwereren Sanktionen dar.17 Liegt in der Lieferung vertragswidriger Ware keine wesentliche Vertragsverletzung, hat der Käufer nur die Wahl zwischen der Nachbesserung gem. Art. 46 Abs. 3 CISG, der Minderung gem. Art. 50 CISG und/oder dem Anspruch auf Schadensersatz gem. Art. 45 Abs. 1 lit. b CISG. Bei Lieferung mit einem Rechtsmangel behafteter Ware stehen dem Käufer sogar nur der Anspruch auf Erfüllung gem. Art. 46 Abs. 1 CISG und/oder der Anspruch auf Schadensersatz gem. Art. 45 Abs. 1 lit. b CISG zur Verfügung. Stellt dagegen die Lieferung vertragswidriger Ware eine wesentliche Vertragsverletzung dar, kann der Käufer wahlweise auch Ersatzlieferung gem. Art. 46 Abs. 2 CISG verlangen oder den Vertrag gem. Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG aufheben. Bei Vorliegen eines Rechtsmangels, der eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt, steht dem Käufer über die ihm auch bei einer nicht wesentlichen Vertragsverletzung zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe hinaus die Vertragsaufhebung gem. Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG zu.

IV. Die Lieferung mangelhafter Ware als wesentliche Vertragsverletzung Nach Art. 25 CISG ist eine von einer Partei begangene Vertragsverletzung wesentlich, wenn sie für die andere Partei einen solchen Nachteil zur Folge hat, dass ihr im Wesentlichen entgeht, was sie nach dem Vertrag hätte erwarten dürfen, es sei denn, dass die vertragsbrüchige Partei diese Folge nicht vorausgesehen hat und eine vernünftige Person der gleichen Art diese Folge unter den gleichen Umständen auch nicht vorausgesehen hätte. Wesentliches Tatbestandselement des Art. 25 CISG ist, dass die Vertragsverletzung des Schuldners das Erfüllungsinteresse des Gläubigers im Wesentlichen entfallen lässt. 18 Dies __________ 16

MünchKommBGB/P. Huber Art. 45 Rn. 6 ff.; U. Huber, S. 14; Ryffel, S. 13. Van Houtte/Wautelet, RDAI/IBLJ 2001, 293, 335. 18 Schweizerisches Bundesgericht, Urt. v. 28.10.1998 – 4 C. 197/1998/odi, CLOUT Nr. 248; vgl. auch MünchKommBGB/P. Huber Art. 49 Rn. 18. 17

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ist dann zu bejahen, wenn der Käufer den Vertrag bei Kenntnis der Vertragsverletzung – im Fall der mangelhaften Lieferung also bei Kenntnis des Mangels – nicht abgeschlossen hätte. Hätte der Käufer die Sache trotz des Mangels gekauft, lässt der Mangel auch nicht sein wesentliches Erfüllungsinteresse entfallen.19 Für die Beurteilung, ob ein Mangel eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt, ist zwischen dem Vorliegen eines Sachmangels und dem Vorliegen eines Rechtsmangels zu unterscheiden.

1. Wesentliche Vertragsverletzung bei Vorliegen eines Sachmangels Sachmängel sind gem. Art. 35 Abs. 1 CISG Qualitätsmängel, die Falschlieferung sowie Quantitätsmängel.20 Für die Beurteilung der Wesentlichkeit eines Quantitätsmangels ist allerdings auf andere Kriterien abzustellen als für die Beurteilung der Wesentlichkeit eines Qualitätsmangels und einer Falschlieferung, weshalb der Quantitätsmangel gesondert behandelt wird.

a) Qualitätsmangel und Falschlieferung Grundsätzlich begründet ein Sachmangel eine wesentliche Vertragsverletzung, wenn er objektiv so schwerwiegend ist, dass es dem Käufer nicht zuzumuten ist, sich mit einer Schadensersatzleistung oder Minderung des Kaufpreises zufrieden zu geben.21 Problematisch ist jedoch, wann dies der Fall ist. Zunächst haben die Parteien die Möglichkeit, die für wesentlich gehaltenen Eigenschaften im Vertrag ausdrücklich als solche festzuhalten.22 Die Wesentlichkeit bestimmter Eigenschaften kann auch dadurch zum Ausdruck kommen, dass der Verkäufer in Bezug auf diese eine Garantie abgegeben hat.23 Ebenso ist der __________ 19

So überzeugend Jud, S. 309; s. auch Heuzé, Anm. 390. s. o. § 3 II. 1., S. 12. 21 Bamberger/Roth/Saenger Art. 25 Rn. 8; Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 46 Rn. 24; Ferrari, IHR 2005, 1, 6. 22 BGH, Urt. v. 3.4.1996 – VIII ZR 51/95, BGHZ 132, 290, 298; MünchKommHGB/Benicke Art. 25 Rn. 22; Schlechtriem/Schwenzer/Schlechtriem Art. 25 Rn. 21a; Schlechtriem Rn. 117; Freiburg, S. 101; s. auch Holthausen, RIW 1990, 101, 106; Kappus, NJW 1994, 984, 985. 23 s. Hof’s – Gravenhage, Niederlande, Urt. v. 23.4.2003, Nr. 99/474, NJ 2003, Nr. 713 = IHR 2004, 119, der eine wesentliche Vertragsverletzung bei Lieferung von Ware, die entgegen der Garantie des Verkäufers internationalen Standards nicht entsprach, bejaht hat, da die Vereinbarung solch einer Garantie zeige, welch essentielle 20

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Hinweis des Käufers auf spezielle Verwendungszwecke (vgl. Art. 35 Abs. 2 lit. b CISG) von Bedeutung.24 Fehlt eine Parteivereinbarung, sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.25 Zunächst ist das objektive Gewicht des Mangels von Bedeutung.26 Über die weiteren maßgeblichen Kriterien für die Beurteilung, ob ein Qualitätsmangel oder eine Falschlieferung eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt oder nicht, besteht keine Einigkeit.27 Dies betrifft insbesondere die Kriterien der anderweitigen Verwertbarkeit der Ware sowie der Behebbarkeit des Mangels.

aa) Möglichkeit und Zumutbarkeit einer anderweitigen Verwertung In der Literatur werden die Gebrauchstauglichkeit und die Handelbarkeit der Ware als wichtige Beurteilungskriterien genannt.28 Vor allem die deutsche, aber auch die schweizerische Rechtsprechung verneint das Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung bei Lieferung mangelhafter Ware, solange dem Käufer eine anderweitige Verarbeitung oder der Absatz der Ware im gewöhnlichen Geschäftsverkehr, wenn auch mit einem Preisabschlag, ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich und zumutbar ist.29 Dabei sind nach dem BGH auch __________ Bedeutung die Parteien der Qualität der Ware beimessen würden. s. auch Appellationsgericht Basel-Stadt, Schweiz, Urt. v. 22.8.2003 – 33/2002/SAS/so, CISG-online Nr. 943 und dazu ausführlich § 6 IV. 1. a) aa) (1), S. 51 f. 24 Schlechtriem/Schwenzer/Schlechtriem Art. 25 Rn. 21a; v. Caemmerer, in: FS Coing II, S. 33, 52; Bonell/Liguori, ULR/RDU 1996, 359, 365. s. auch Neumayer/Ming Art. 25 Anm. 3, nach denen eine wesentliche Vertragsverletzung unabhängig von einer anderen Verwertungsmöglichkeit vorliegt, wenn die konkrete im Vertrag vereinbarte Gebrauchstauglichkeit der Sache aufgrund des Mangels erheblich vermindert oder gänzlich aufgehoben ist. 25 BGH, Urt. v. 3.4.1996 – VIII ZR 51/95, BGHZ 132, 290, 299; Herber/Czerwenka Art. 49 Rn. 4; Honsell/Schnyder/Straub Art. 49 Rn. 28. 26 MünchKommBGB/P. Huber Art. 49 Rn. 37. s. dazu auch OLG München, Urt. v. 2.3.1994 – 7 U 4419/93, NJW-RR 1994, 1075, 1076 = CISG-online Nr. 108. 27 R. Koch, in: Review of the CISG 1998, S. 177, 214 f. 28 Graffi, in: Ferrari (Hrsg.), The 1980 Uniform Sales Law, S. 305, 317. Z. B. bejahte das LG Landshut, Urt. v. 5.4.1995 – 54 O 644/94, CISG-online Nr. 193, eine wesentliche Vertragsverletzung, da die gelieferten und beim ersten Waschen stark einlaufenden T-Shirts in eingelaufenem Zustand nicht mehr tragbar und daher grundsätzlich nicht absatzfähig waren. Das Kantonsgericht Schaffhausen, Schweiz, Urt. v. 27.1.2004 – Nr. 11/1999/99, CISG-online Nr. 960, bejahte das Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung, weil die Ware aufgrund der Vielzahl der Mängel unverkäuflich war. 29 BGH, Urt. v. 3.4.1996 – VIII ZR 51/95, BGHZ 132, 290, 298; OLG Frankfurt a. M. Teilurteil vom 18.1.1994 – 5 U 15/93, NJW 1994, 1013, 1014; OLG Stuttgart, Urt. v. 12.3.2001 – 5 U 216/99, CISG-online Nr. 841; OLG Köln, Urt. 14.10.2002 – 16 U 77/01, IHR 2003, 15, 16 f. (fast alle gelieferten Kleidungsstücke erwiesen sich als nicht verkäuflich); Schweizerisches Bundesgericht, Urt. v. 28.10.1998 – 4 C. 197/1998/odi,

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Absatzmöglichkeiten im Ausland mit einzubeziehen.30 Dies kann jedoch nur gelten, wenn der Käufer auch sonst im gewöhnlichen Geschäftsverkehr Ware im Ausland absetzt.31 Verluste durch Preisnachlass sowie z. B. Kosten für erforderliche zusätzliche Werbung kann der Käufer gegenüber dem Verkäufer im Wege des Schadensersatzes geltend machen.32 Dieser Ansatz wird deshalb auch „remedy-oriented approach“ genannt.33

(1) Möglichkeit anderweitiger Verwertung Fraglich ist, ob die Möglichkeit einer anderweitigen Verwertung zu verneinen ist, wenn die Ware nach den nationalen öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Käuferlandes nicht verkehrsfähig ist. Französische Gerichte nahmen eine wesentliche Vertragsverletzung in Fällen an, in denen die Ware aufgrund ihrer Abweichung von den nationalen Lebensmittelvorschriften des Käuferlandes dort unverkäuflich war und dem Verkäufer die Veräußerungsabsicht des Käu__________ CLOUT Nr. 248; ähnlich LG München, Urt. v. 27.2.2002 – 5 HKO 3936/00, IHR 2003, 233, 235. S. aber auch OLG Hamburg, Urt. v. 26.11.1999 – 1 U 31/99, IHR 2001, 19, 21, welches, ohne auf die Möglichkeit eines Weiterverkaufs der Ware einzugehen, eine wesentliche Vertragsverletzung allein aufgrund der Qualitätsabweichung der Ware annahm, obwohl ein Sonderverkauf der vertragswidrigen Ware sogar erfolgt war. Zu Recht merkt Piltz, IHR 2001, 22, 23 dazu an, dass der mitgeteilte Tatbestand gerade gegen die Annahme einer wesentlichen Vertragsverletzung spreche. Wie die Rechtsprechung in der Literatur auch Achilles Art. 25 Rn. 4; MünchKommHGB/Benicke Art. 25 Rn. 23; Schlechtriem/Schwenzer/Schlechtriem Art. 25 Rn. 21a; Schlechtriem/Schwenzer/ Müller-Chen Art. 46 Rn. 24; Soergel/Lüderitz/Fenge/Budzikiewicz Art. 25 Rn. 2; Staudinger/Magnus Art. 46 Rn. 39; W. Witz/Salger/M. Lorenz/Salger Art. 25 Rn. 8; Ferrari, IHR 2005, 1, 7; Piltz, IHR 2001, 22, 23; ders., NJW 2005, 2126, 2130; noch weitergehender OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.1.2004 – I-17 U 110/2, CISG-online Nr. 918 und Schlechtriem Rn. 186, der eine wesentliche Vertragsverletzung nur dann annimmt, wenn der Mangel nicht behebbar und die Sache anderweitig praktisch überhaupt nicht verwendbar ist; ähnlich auch Enderlein/Maskow/Strohbach Art. 25 Anm. 3.4. 30 BGH, Urt. v. 3.4.1996 – VIII ZR 51/95, BGHZ 132, 290, 300. Graffi, in: Ferrari (Hrsg.), The 1980 Uniform Sales Law, S. 305, 318, spricht diesbezügliche Differenzen zwischen der deutschen und der französischen Rechtsprechung unter Verweis auf das Urteil des französischen Cour de Cassation v. 23.1.1996 – 96-16.542, CLOUT Nr. 150 = Rev. crit. dr. internat. privé 1996, 460 f. an. Allerdings ist auch das LG Ellwangen, Urt. v. 21.8.1995 – 1 KfH O 32/95, CISG-online Nr. 279 im Fall der Lieferung von belastetem Paprikapulver nicht auf eine Möglichkeit der Weiterveräußerung im Ausland eingegangen. Ob eine solche Möglichkeit bestand, ist aber aufgrund der Tatsache, dass das Paprikapulver gesundheitsgefährdend war, ohnehin zu bezweifeln. 31 Schlechtriem/Schwenzer/Schlechtriem Art. 25 Rn. 21a. 32 MünchKommBGB/P. Huber Art. 49 Rn. 39; Kappus, NJW 1994, 984. 33 Vgl. R. Koch, in: Review of the CISG 1998, S. 177, 221, 243; Butler, IHR 2003, 208 ff.

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fers auf dem entsprechenden nationalen Markt bekannt war.34 Auf die Möglichkeit einer anderweitigen Verwertung wurde dabei nicht abgestellt.35 Das LG Ellwangen bejahte eine wesentliche Vertragsverletzung in dem Fall, in dem nach Deutschland geliefertes Paprikapulver aufgrund einer hohen Ethylenoxidbelastung nach deutschen Vorschriften nicht verkäuflich war.36 Die Verkehrsfähigkeit nach deutschem Lebensmittelrecht war in diesem Fall allerdings Vertragsinhalt gewesen. Ähnlich ist ein Fall gelagert, über den das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt zu entscheiden hatte. Das von der Beklagten in die Schweiz gelieferte Produkt wies DNA von gentechnisch veränderter Soja auf, obwohl die Beklagte die Freiheit des Produktes von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) garantiert hatte. Darüber hinaus war nach damaligem schweizerischen Recht eine Kontamination auch in geringsten Mengen rechtlich zu beanstanden und daher eine Verarbeitung in der Schweiz nicht zulässig. Das Gericht nahm das Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung gem. Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG an, wobei es sich allerdings im Wesentlichen auf die Garantieerklärung der Beklagten stützte.37 Bemerkenswert an dieser Entscheidung des Appellationsgerichts Basel-Stadt ist ferner, dass die festgestellte geringe Kontamination des Lebensmittelprodukts zwar nach damaligem Recht zu beanstanden war, inzwischen eine solch geringe Kontamination aber als GVO-frei und unbedenklich gilt. Trotzdem hat das Gericht – insbesondere im Hinblick auf die Garantieerklärung der Beklagten – die Wesentlichkeit der Vertragsverletzung bejaht, ohne die Möglichkeit und Zumutbarkeit einer anderen Verwertung der Ware in Betracht zu ziehen. In der Literatur wurde dagegen in diesem Fall eine anderweitige Verarbeitung oder ein Absatz der Ware mit Preisabschlag noch für möglich und auch zumutbar gehalten.38 Der BGH verneinte in einem Fall, in dem der Kadmiumgehalt in Muscheln die unverbindlichen Richtwerte des Bundesgesundheitsamtes überstieg, die Berücksichtigung der Richtwerte aber nicht von den Parteien vereinbart worden war, bereits die behauptete Vertragswidrigkeit der Ware gem. Art. 35 Abs. 1 __________ 34 Cour de Cassation, Frankreich, Urt. v. 23.1.1996 – 96-16.542, CLOUT Nr. 150 = Rev. crit. dr. internat. privé 1996, 460 f.; wohl auch Cour d’appel de Grenoble, Urt. v. 13.9.1995 – 93/4126, JDI 1996, 948, 956 f., der zwar nur ausdrücklich eine Vertragswidrigkeit gem. Art. 35 CISG feststellt, aber von einer wesentlichen Vertragsverletzung auszugehen scheint, wie C. Witz, JDI 1996, 960, 963 plausibel erläutert. 35 s. Anm. von Schlechtriem, IPRax 1997, 132 zum Cour de Cassation, Urt. v. 23.1.1996 – 96-16.542, der darauf hinweist, dass der gezuckerte Wein evtl. noch für die Herstellung von Industriealkohol verwertbar gewesen wäre. s. auch Lurger, IHR 2005, 221, 223. 36 LG Ellwangen, Urt. v. 21.8.1995 – 1 KfH O 32/95, CISG-online Nr. 279. 37 Appellationsgericht Basel-Stadt, Schweiz, Urt. v. 22.8.2003 – 33/2002/SAS/so, CISG-online Nr. 943. 38 Piltz, NJW 2005, 2126, 2130.

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und Abs. 2 lit. a und b CISG.39 Die Muscheln waren in diesem Fall für den menschlichen Verzehr noch geeignet gewesen, ein gelegentlicher Verzehr der belasteten Muscheln sollte keine gesundheitlichen Schäden hervorrufen. Nach Auffassung des BGH kann für die Vertragswidrigkeit der Ware auf Vorgaben im Käuferland nur abgestellt werden, wenn dieselben Vorgaben im Land des Verkäufers bestehen, der Verkäufer auf die Vorgaben hingewiesen worden ist oder ihm diese aufgrund der Umstände bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen.40 Strengere Voraussetzungen für das Vorliegen vertragswidriger Ware bei einer Abweichung derselben von den im Käuferland bestehenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften hat der österreichische OGH aufgestellt. Nach diesem ist für die Vertragswidrigkeit der Ware nur dann auf bestimmte Vorgaben im Land des Käufers abzustellen, wenn die Vorgaben ebenso im Verkäuferstaat bestehen oder wenn sie vereinbart oder dem Verkäufer gem. Art. 35 Abs. 2 lit. b CISG bei Vertragsabschluss zur Kenntnis gebracht wurden. 41 Auch die Audiencia Provincial de Granada sieht Ware, die nach öffentlichrechtlichen Vorschriften nicht verkehrsfähig, aber noch für den menschlichen Verzehr geeignet ist, als vertragsmäßig an, es sei denn, dass dem Verkäufer die Vorschriften zur Kenntnis gebracht wurden.42 Der U.S. District Court Louisiana hat unter Heranziehung der vom BGH aufgestellten, oben genannten Voraussetzungen für das Vorliegen einer Vertragswidrigkeit der Ware das Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung ohne weitere Begründung in einem Fall bejaht, in dem die Ware den nationalen öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Bestimmungsland nicht entsprach und der Verkäufer die Vorschriften aufgrund der Umstände hätten kennen müssen. 43 Das Gericht hat also nicht zwischen der Vertragswidrigkeit der Ware und dem Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung unterschieden. Auch in der Literatur werden die vom BGH aufgestellten, oben genannten Kriterien für die Beurteilung der Wesentlichkeit der Vertragsverletzung herangezogen.44 Die Frage, ob bei Unverkäuflichkeit der Ware wegen Verstoßes gegen öffentlich-rechtliche Vorgaben eine wesentliche Vertragsverletzung vorliegt, ist __________ 39

BGH, Urt. v. 8.3.1995 – VIII ZR 159/94, BGHZ 129, 75, 80 ff. BGH, Urt. v. 8.3.1995 – VIII ZR 159/94, BGHZ 129, 75, 82 f.; bestätigt durch BGH, Urt. v. 2.3.2005 – VIII ZR 67/04, IHR 2005, 158, 159; a. A. Schlechtriem, IPRax 1996, 12, 13 ff.; ders., IPRax 2001, 161, 162 f.; diesem folgend Lurger, IHR 2001, 91, 101 f.; dies., IHR 2005, 221, 227 f. 41 OGH, Urt. v. 13.4.2000 – 2 Ob 100/00w, CISG-online Nr. 576; bestätigt durch OGH, Urt. v. 25.1.2006 – 7 Ob 302/05w, CISG-online Nr. 1223. 42 Audiencia Provincial de Granada, Spanien, Urt. v. 2.3.2000 – 143/2000, abrufbar unter http://www.uc3m.es/cisg/. 43 s. auch U.S. District Court, E.D., Lousiana, Urt. v. 17.5.1999 – Civ. A. 90-0380, CISG-online Nr. 387. 44 Staudinger/Magnus Art. 49 Rn. 14. 40

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im Ergebnis mangels klarer Kriterien nur schwer zu beantworten. Insbesondere ist fraglich, ob es für das Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung ausreicht, dass der Verkäufer die Absicht des Käufers kannte, die Ware auf dem entsprechenden nationalen Markt zu veräußern, oder dass der Verkäufer die Vorschriften aufgrund der Umstände hätte kennen müssen. Auf die Möglichkeit einer anderweitigen Verwertung ging die Rechtsprechung in keinem der dargestellten Fälle ein. In der Literatur wurde in diesen Fällen teilweise eine anderweitige Verwertung oder ein Absatz der Ware mit Preisaufschlag für möglich und zumutbar gehalten, so dass danach eine Abweichung der Ware von öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Bestimmungslandes allein nicht ohne weiteres zur Verneinung der Möglichkeit einer anderweitigen Verwertung führt.45 Eine wesentliche Vertragsverletzung ist jedoch in Anbetracht der vorliegenden Rechtsprechung anzunehmen, wenn die Parteien die Verkehrsfähigkeit der Ware nach den im Käuferland geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften als wesentliche Beschaffenheit vereinbart haben. Liegt eine solche Parteivereinbarung vor, kommt es auf die Möglichkeit und Zumutbarkeit einer anderweitigen Verwertung der Ware nicht mehr an. Stellt man dennoch auf diese Kriterien ab, dürfte dem Käufer eine anderweitige Verwertung der Ware angesichts der Parteivereinbarung nicht zumutbar sein. Bei Lebensmitteln wird zudem – unabhängig von einem Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Bestimmungsland – eine wesentliche Vertragsverletzung dann vorliegen, wenn ihr Verzehr gesundheitsschädigend oder gesundheitsgefährdend ist46 und die Lebensmittel auch nicht anderweitig verwertet werden können.47 Das gleiche ist bei Sicherheitsmängeln anzunehmen, welche die Ware absolut unverwertbar machen.48 Zu Recht weist Magnus darauf hin, dass die Wesentlichkeit der Vertragsverletzung nicht allein aus dem Grund entfällt, dass die Lieferung gefährlicher Produkte im Bestimmungsland noch zugelassen ist.49

(2) Zumutbarkeit anderweitiger Verwertung Was die Zumutbarkeit einer anderweitigen Verwertung betrifft, ist zunächst der Verwendungszweck der Ware von Bedeutung.50 Ist die Ware zum eigenen __________ 45

Vgl. Schlechtriem, IPRax 1997, 132; Piltz, NJW 2005, 2126, 2130. s. auch Hof’s Gravenhage, Niederlande, Urt. v. 23.4.2003 – Nr. 99/474, IHR 2004, 119; Magnus, ZEuP 2006, 96, 119 f. 47 So auch Piltz, NJW 2005, 2126, 2130. 48 Schlechtriem, IPRax 1999, 388, 389. 49 Staudinger/Magnus Art. 49 Rn. 14. 50 Honsell/Karollus Art. 25 Rn. 21; Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 46 Rn. 24; Schlechtriem Rn. 116; Benicke, IPRax 1997, 326, 329; Bitter/Bitter, BB 1993, 46

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1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

Gebrauch, zur Verarbeitung oder zum Einsatz in der Produktion im Betrieb des Käufers bestimmt, kann diesem die Verwertung der vertragswidrigen Ware nicht zugemutet werden.51 Ein Mangel von erheblicher Bedeutung ist dann in der Regel gegeben.52 Die Weiterveräußerung minderwertiger Ware ist einem reinen Produzenten regelmäßig nicht zumutbar, da er auf einen Weiterverkauf nicht eingerichtet ist.53 Liegt der Verwendungszweck in der Weiterveräußerung der Ware, stellt sich die Frage, ob die Weiterveräußerung trotz des Mangels zumutbar ist.54 Einem Großhändler kann der Weiterverkauf minderwertiger Ware an Kunden je nach Lage des Einzelfalls zugemutet werden.55 Einem Einzelhändler ist wiederum nicht in gleicher Weise wie einem Großhändler zumutbar, minderwertige Ware weiterzuverkaufen.56 Ihm kann insbesondere eine Weiterveräußerung außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs nicht zugemutet werden, da er darauf nicht eingerichtet ist.57 Eine Veräußerung minderwertiger Ware kann von ihm höchstens in geringem Umfang verlangt werden, nicht jedoch, wenn die gesamte Ware von der Mangelhaftigkeit betroffen ist.58

__________ 2315, 2320; s. auch Holthausen, RIW 1990, 101, 106. s. auch Neumayer/Ming Art. 25 Anm. 3, nach denen eine wesentliche Vertragsverletzung unabhängig von der Möglichkeit einer anderweitigen Verwertung der Sache vorliegt, wenn durch den Mangel die übliche Gebrauchstauglichkeit der Ware erheblich vermindert oder völlig aufgehoben ist. 51 MünchKommBGB/P. Huber Art. 49 Rn. 40; MünchKommHGB/Benicke Art. 25 Rn. 22; Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 46 Rn. 25; R. Koch, in: Review of the CISG 1998, S. 177, 222; Lurger, IHR 2005, 221, 223. Vgl. auch U.S. Court of Appeal, 2nd Circuit, Urt. v. 6.12.1995 – 95-7182, 95-7186 (Delchi Carrier SpA v. Rotorex Corporation), CLOUT Nr. 138. Die Audiencia Provincial de Barcelona, Urt. v. 28.4.2004 – No. 862/2003, CISG-online Nr. 931, hat eine wesentliche Vertragsverletzung in Bezug auf die Lieferung von Metallabdeckungen bejaht, die zum Einbau bestimmt waren und sich als nicht ausreichend belastbar herausstellten. 52 Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 46 Rn. 25. s. aber LG München, Urt. v. 27.2.2002 – 5 HKO 3936/00, IHR 03, 233, 235. 53 Lurger, IHR 2001, 91, 97. 54 MünchKommHGB/Benicke Art. 25 Rn. 23; Schlechtriem/U. Huber (3. Aufl.) Art. 46 Rn. 38; a. A. R. Koch, RIW 1995, 98, 99. 55 Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 46 Rn. 25; Benicke, IPRax 1997, 326, 329. 56 MünchKommBGB/P. Huber Art. 49 Rn. 40; MünchKommHGB/Benicke Art. 25 Rn. 24; Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 46 Rn. 25. 57 Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 46 Rn. 25. 58 MünchKommHGB/Benicke Art. 25 Rn. 25; ähnlich MünchKommBGB/P. Huber Art. 49 Rn. 40; weitergehender R. Koch, in: Review of the CISG 1998, S. 177, 222, nach dem es einem Einzelhändler grundsätzlich nicht zuzumuten ist, mangelhafte Ware an seine Kunden zu verkaufen.

§ 6 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe

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Die Zumutbarkeit einer anderweitigen Verwertung dürfte ferner desto eher zu verneinen sein, je größer die Qualitätsabweichung ist.59 Eine anderweitige Verwertung ist bei Lieferung eines Aliuds allerdings nicht per se unzumutbar, vielmehr richtet sich die Zumutbarkeit nach den allgemeinen Grundsätzen. 60 Unzumutbar kann eine anderweitige Verwertung insbesondere bei der Falschlieferung im Fall eines Spezieskaufs sein.61 Auch ist die Weiterveräußerung von Ware, die nicht zum sonstigen Sortiment des Käufers passt, unzumutbar.62 Weitere Kriterien für die Zumutbarkeit einer anderweitigen Verwertung können auch das Risiko, die getätigten Aufwendungen vom Verkäufer nicht ersetzt zu erhalten, das mit der Unsicherheit über den zu erzielenden Preis einhergehende Risiko einer Verletzung der Schadensminderungsobliegenheit nach Art. 77 CISG63 und das Risiko einer Rufschädigung durch den Weiterverkauf minderwertiger Ware sein.64

(3) Bewertung Der dargestellten Rechtsprechung wird vorgeworfen, dass sie insbesondere die Auswirkungen der Vertragsverletzung auf das Geschäft der vertragstreuen Partei z. B. bezüglich des good wills zu wenig beachtet und dem Verkäufer __________ 59

Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 46 Rn. 24. MünchKommHGB/Benicke Art. 25 Rn. 27; Schlechtriem/Schwenzer/Schlechtriem Art. 25 Rn. 21a; Staudinger/Magnus Art. 46 Rn. 39 (s. aber auch Art. 49 Rn. 15); Trommler, S. 119; R. Koch, in: Review of the CISG 1998, S. 177, 222; Ferrari, IHR 2005, 1, 7; Holthausen, RIW 1990, 101, 106; a. A. Bianca/Bonell/Will Art. 46 Anm. 2.2.1.2. und Honsell/Schnyder/Straub Art. 49 Rn. 28 nehmen eine wesentliche Vertragsverletzung bei Lieferung von Ware einer vollständig anderen Art als der Kaufsache an. Ähnlich W. Witz/Salger/M. Lorenz/Salger Art. 25 Rn. 8, die eine wesentliche Vertragsverletzung bejahen, wenn das Aliud derart krass von den Erwartungen des Käufers abweicht, dass es als nicht mehr genehmigungsfähiges Aliud i. S. d. § 378 HGB a. F. anzusehen wäre. Da die Falschlieferung auch eine Vertragswidrigkeit i. S. d. Art. 35 CISG darstellt, ist es jedoch überzeugender, auf diese die Grundsätze für das Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung anzuwenden, die für Qualitätsmängel entwickelt worden sind. Zudem wird so die schwierige Abgrenzung zwischen genehmigungsfähigem und nicht genehmigungsfähigem Aliud vermieden, die auch im deutschen Recht aufgrund der Gleichstellung des Aliuds mit dem Sachmangel gem. § 434 Abs. 3 BGB und der Streichung des § 378 HGB nicht mehr getroffen werden muss. 61 MünchKommHGB/Benicke Art. 25 Rn. 27; Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 46 Rn. 24; R. Koch, in: Review of the CISG 1998, S. 177, 222; wohl auch Ferrari, IHR 2005, 1, 7. 62 MünchKommBGB/Gruber Art. 25 Rn. 22; Freiburg, S. 102; Kappus, NJW 1994, 984. 63 Dazu insbesondere R. Koch, RIW 1995, 98 f. 64 MünchKommHGB/Benicke Art. 25 Rn. 23. 60

1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

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zum Schaden des Käufers und zum Schaden der Wirtschaft im Allgemeinen erlaubt, minderwertige Produkte zu liefern. 65 Durch eine enge Auslegung des Begriffs der wesentlichen Vertragsverletzung würden dem Käufer diejenigen Rechtsbehelfe abgeschnitten, die eine wesentliche Vertragsverletzung voraussetzen.66 Hiergegen lässt sich einwenden, dass ein auf die mangelhafte Lieferung zurückzuführender Verlust von Kunden für die Annahme einer wesentlichen Vertragsverletzung allein nicht genügen dürfte.67 Ferner berücksichtigt die dargestellte Rechtsprechung, dass die Rechtsbehelfe im UN-Kaufrecht aufgrund der Schwierigkeiten, die sich bei der Rückabwicklung eines internationalen Warenkaufs ergeben, primär auf die Aufrechterhaltung des Vertrags gerichtet sind.68 So soll die Vertragsaufhebung nur ultima ratio sein.69 Durch das Erfordernis einer wesentlichen Vertragsverletzung als Voraussetzung für verschiedene Rechtsbehelfe im CISG soll gerade eine schwierige und teure Rückabwicklung des Vertrags vermieden werden. Die dargestellte Rechtsprechung entspricht also dem Rechtsbehelfssystem des CISG.70 Tatsächlich wenden aber deutsche und schweizerische Gerichte strengere Maßstäbe als Gerichte in anderen Staaten an,71 da Letztere die anderweitige Verwertbarkeit der mangelhaften Ware häufig nicht72 oder nicht so eingehend73 prüfen und teilweise ausschließlich das Gewicht des Mangels berücksichtigen. So hat z. B. ein amerikanisches Gericht allein darauf abgestellt, inwieweit der

__________ 65

Butler, IHR 2003, 208, 210 ff. Butler, IHR 2003, 208, 212. 67 Lurger, IHR 2001, 91, 97 unter Hinweis darauf, dass das Schweizerische Bundesgericht, Urt. v. 28.10.1998 – 4 C. 197/1998/odi, CLOUT Nr. 248, den Verlust von Kunden nur im Rahmen des Schadensersatzes berücksichtigt hat; dies., IHR 2005, 221, 223; a. A. aber Soergel/Lüderitz/Fenge/Budzikiewicz Art. 25 Rn. 2; Soergel/Lüderitz/Schüßler-Langeheine Art. 49 Rn. 7. 68 MünchKommBGB/P. Huber Art. 49 Rn. 39; zum Prinzip der Aufrechterhaltung des Vertrags Honsell/Schnyder/Straub Art. 45 Rn. 30 f.; MünchKommBGB/P. Huber Art. 45 Rn. 6 ff.; Staudinger/Magnus Vorbem zu Art 45 ff. Rn. 7. 69 BGH, Urt. v. 3.4.1996 – VIII ZR 51/95, BGHZ 132, 290, 298; LG München, Urt. v. 27.2.2002 – 5 HKO 3936/00, IHR 2003, 233, 235; Schweizerisches Bundesgericht, Urt. v. 28.10.1998 – 4 C. 197/1998/odi, CLOUT Nr. 248. Zustimmend Schlechtriem/ Schwenzer/Schlechtriem Art. 25 Rn. 21a; P. Huber/Kröll, IPRax 2003, 309, 313. 70 R. Koch, in: Review of the CISG 1998, S. 177, 344. 71 Schlechtriem/Schwenzer/Schlechtriem Art. 25 Rn. 21a. 72 Lurger, IHR 2001, 91, 97; dies., IHR 2005, 221, 223. s. dazu auch schon o. § 6 IV. 1. a) aa) (1). 73 Z. B. Cour de Cassation, Urt. v. 23.1.1996 – 96-16.542, CLOUT Nr. 150 = Rev. crit. dr. internat. privé 1996, 460 f. Vgl. Dazu Schlechtriem, IPRax 1997, 132. 66

§ 6 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe

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Wert des Produkts durch den Mangel herabgesetzt ist.74 Der Court of Arbitration of the International Chamber of Commerce hat eine wesentliche Vertragsverletzung in einem Fall, in dem die Kosten für das Aussortieren der mangelhaften Ware aus der Gesamtlieferung mehr als ein Drittel des Gesamtkaufpreises betrugen, mit der Begründung bejaht, dass ein wichtiger Teil der gelieferten Ware mangelhaft war.75 In beiden Fällen wurde ausschließlich auf den wirtschaftlichen Nachteil für den Käufer im Verhältnis zum Vertragswert abgestellt.76 Aus der uneinheitlichen Rechtsprechung und der erforderlichen Einzelfallbetrachtung resultieren für die Praxis erhebliche Rechtsunsicherheiten.77

bb) Behebbarkeit des Mangels Umstritten ist, ob bei Vorliegen eines objektiv schwerwiegenden Mangels die Behebbarkeit des Mangels bzw. das Angebot des Verkäufers, den Mangel zu beheben, als Kriterium für die Bestimmung der Wesentlichkeit der Vertragsverletzung zu berücksichtigen ist. Dabei kommt es entscheidend auf das Verhältnis von Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG und Art. 48 Abs. 1 CISG an. Letztere Vorschrift steht nach ihrem Wortlaut unter dem Vorbehalt des Art. 49 CISG. Es stellt sich daher die Frage, ob die Berücksichtigung der Behebbarkeit des Mangels bei der Beurteilung der Wesentlichkeit der Vertragsverletzung im Rahmen des Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG mit der Regelung des Art. 48 Abs. 1 CISG vereinbar ist. Im Sekretariatskommentar wird zu diesem Problem nicht eindeutig Stellung bezogen. Nach diesem kann die Tatsache, dass der Verkäufer zur Nacherfüllung ohne Unannehmlichkeiten für den Käufer fähig und bereit ist, zur Verneinung einer wesentlichen Vertragsverletzung führen, es sei denn, der Verkäufer behebt den Mangel nicht innerhalb angemessener Zeit.78 Auch die

__________ 74 U.S. Court of Appeal, 2nd Circuit, Urt. v. 6.12.1995 – 95-7182, 95-7186 (Delchi Carrier SpA v. Rotorex Corporation), CLOUT Nr. 138. s. dazu Lurger, IHR 2005, 221, 223. 75 ICC Court of Arbitration, Arbitral Award 7531/1994, Unilex. 76 R. Koch, in: Review of the CISG 1998, S. 177, 238 f., der anschließend auf S. 331 zu Recht kritisiert, dass dieser Ansatz nicht erklären kann, warum Schadensersatz den Käufer nicht zufrieden stellt und darüber hinaus die Vertragsaufhebung notwendig ist. 77 R. Koch, RIW 1995, 98, 99 zur Rechtsunsicherheit aufgrund der Einzelfallbetrachtung. s. aber auch Lurger, IHR 2005, 221, 223, nach der die Überprüfung der weiteren Verwertbarkeit wohl in einigen der ausländischen Fälle nichts am Ergebnis der Wesentlichkeit der Vertragsverletzung zu ändern vermocht hätte. 78 Secretariat Commentary O.R. Art. 45 (Art. 49) Anm. 6.

1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

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Entstehungsgeschichte des Art. 48 Abs. 1 CISG lässt keinen eindeutigen Schluss hinsichtlich des Verhältnisses zu Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG zu.79

(1) Unerheblichkeit der Behebbarkeit des Mangels In der internationalen Rechtsprechung existieren Entscheidungen, in denen bei Vorliegen eines objektiv schwerwiegenden Mangels eine wesentliche Vertragsverletzung bejaht wird, ohne dass auf die Behebbarkeit des Mangels eingegangen wird.80 Auch in Teilen der Literatur wird die Behebbarkeit des Mangels als unerheblich für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Vertragsverletzung angesehen und allein auf die Schwere des Mangels abgestellt.81 Diese Sichtweise wird vor allem auf den Wortlaut des Art. 48 Abs. 1 CISG gestützt, nach dem Art. 48 CISG unter dem Vorbehalt des Art. 49 CISG steht und das Aufhebungsrecht daher dem Nacherfüllungsrecht des Verkäufers vorgeht.82 In systematischer Hinsicht wird darauf verwiesen, dass in Art. 49 CISG anders als in Art. 50 S. 2 CISG der Vorrang des Nacherfüllungsrechts des Verkäufers gegenüber der Vertragsaufhebung nicht ausdrücklich statuiert wird.83 Ferner wird angeführt, dass ein Recht auf Vertragsaufhebung bei Lieferung vertragswidriger Ware gerade nicht nach Setzung einer Nachfrist gem. Art. 49 Abs. 1 lit. b CISG bestehe.84 Im Übrigen sei das Interesse des Käufers gegenüber dem Interesse des Verkäufers vorrangig, da der Verkäufer die Vertragsverletzung begangen habe. Dem Käufer müsse es daher freistehen, ein Nacherfüllungsangebot des Verkäufers anzunehmen oder nicht.85 __________ 79

So auch MünchKommBGB/P. Huber Rn. 23; Magnus, in: FS Schlechtriem, S. 599, 607. Vgl. zu den unterschiedlichen Auffassungen nur Honnold Art. 48 § 296; Krebs, S. 39; R. Koch, in: Review of the CISG 1998, S. 177, 282 ff.; Bitter/Bitter, BB 1993, 2315, 2322; Karollus, ZIP 1993, 490, 494; Neumayer, RIW 1994, 99, 106. 80 s. z. B. U.S. Court of Appeal, 2nd Circuit, Urt. v. 6.12.1995 – 95-7182, 95-7186 (Delchi Carrier SpA v. Rotorex Corporation), CLOUT Nr. 138. 81 Neumayer/Ming Art. 25 Anm. 3, Art. 49 Anm. 4; Garro/Zuppi S. 186 f.; Freiburg, S. 105; Jud, S. 307; Graffi, in: Ferrari (Hrsg.), The 1980 Uniform Sales Law, S. 305, 319 f.; R. Koch, in: Review of the CISG 1998, S. 177, 323 f.; Welser, in: Doralt (Hrsg.), Das UNCITRAL-Kaufrecht im Vergleich zum österreichischen Recht, S. 105, 125; Holthausen, RIW 1990, 101, 106; Neumayer, RIW 1994, 99, 106. 82 Neumayer/Ming Art. 48 Anm. 3, 4, die allerdings Ausnahmen dann zulassen, wenn dies nach Treu und Glauben und der Kooperationspflicht im internationalen Handel geboten ist; R. Koch, in: Review of the CISG 1998, S. 177, 323; Graffi, in: Ferrari (Hrsg.), The 1980 Uniform Sales Law, S. 305, 319 f.; Neumayer, RIW 1994, 99, 105 f. 83 R. Koch, in: Review of the CISG 1998, S. 177, 324. 84 Neumayer/Ming Art. 48 Anm. 4. 85 Neumayer/Ming Art. 49 Anm. 4; Graffi, in: Ferrari (Hrsg.), The 1980 Uniform Sales Law, S. 305, 320.

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(2) Berücksichtigung der Behebbarkeit des Mangels (a) Rechtsprechung In der Rechtsprechung finden sich allerdings auch Entscheidungen, welche das Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung bei Behebbarkeit des Mangels verneinen.86 In anderen Entscheidungen wird zusätzlich auf die Nacherfüllungsbereitschaft des Verkäufers und die Zumutbarkeit der Mängelbehebung für den Käufer abgestellt. Nach dieser deutschen und schweizerischen Rechtsprechung liegt eine wesentliche Vertragsverletzung auch bei einem schwerwiegenden Mangel der Kaufsache nicht vor, wenn der Mangel behebbar ist und der Verkäufer auf die Rüge des Käufers hin ohne unzumutbare Verzögerung und Belastung des Käufers zur Beseitigung des Mangels bereit ist. 87 Dabei kommen sowohl die Nachbesserung als auch die Nachlieferung in Betracht,88 so dass ein Mangel der Ware bei einem Gattungskauf aufgrund der Möglichkeit der Ersatzlieferung regelmäßig behebbar sein wird.89 Da ein objektiv schwerer, aber behebbarer Mangel nach dieser Rechtsprechung grundsätzlich erst als wesentliche Vertragsverletzung qualifiziert werden kann, wenn der Verkäufer keine Bereitschaft zur Beseitigung des Mangels zeigt oder den Mangel nicht innerhalb angemessener Frist ohne Unannehmlichkeiten für den Käufer behebt, geht diese Rechtsprechung von einem „dynamischen“ Begriff der wesentlichen Vertragsverletzung aus. Als Begründung wird angeführt, dass bei der Prüfung, in welchen Fällen bei Fehlen ausdrücklicher Vereinbarungen eine Vertragsverletzung des Verkäufers das Erfüllungsinteresse des Käufers im Wesentlichen entfallen lässt, vor allem auch die Tendenz des CISG zu berücksichtigen sei, die Vertragsaufhebung zugunsten der anderen in Betracht kommenden Rechtsbehelfe zurückzudrängen.90 Solange und sofern ein schwerwiegender Mangel durch Nachbesserung oder Nachlieferung noch behoben werden könne, sei die Erfüllung durch den __________ 86 Cour d’appel de Grenoble, Urt. v. 26.4.1995 – 93/4879 CISG-online Nr. 154; Handelsgericht des Kantons Zürich, Urt. v. 26.4.1995 – HG 920670, CISG-online Nr. 248 (obiter dictum). 87 OLG Koblenz, Urt. v. 31.1.1997 – 2 U 31/96, IHR 2003, 172, 175; OLG Köln, Urt. v. 14.10.2002 – 16 U 77/01, IHR 2003, 15, 16; Handelsgericht des Kantons Aargau, Urt. v. 5.11.2002 – OR.2001.00029, IHR 2003, 178, 179 f. 88 Vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 31.1.1997 – 2 U 31/96, IHR 2003, 172, 175; OLG Köln, Urt. v. 14.10.2002 – 16 U 77/01, IHR 2003, 15, 16 (jeweils Nachlieferung); Handelsgericht des Kantons Aargau, Urt. v. 5.11.2002 – OR.2001.00029, IHR 2003, 178, 179 f. (Nachbesserung). 89 Vgl. Magnus, in: FS Schlechtriem, S. 599, 601. 90 OLG Köln, Urt. v. 14.10.2002 – 16 U 77/01, IHR 2003, 15, 16; Handelsgericht des Kantons Aargau, Urt. v. 5.11.2002 – OR.2001.00029, IHR 2003, 178, 179.

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1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

Verkäufer noch möglich und das wesentliche Erfüllungsinteresse des Käufers noch nicht definitiv gefährdet.91 Auf die Frage, welche Anforderungen an die Erklärung des Verkäufers hinsichtlich seiner Bereitschaft zur Nacherfüllung zu stellen sind,92 wird in den Entscheidungen allerdings nicht eingegangen. Nach dem Handelsgericht des Kantons Aargau genügten von der Verkäuferin in einem Schreiben unterbreitete, verschiedene Vorschläge, mit denen das „Ziel gemeinsam“, d.h. die Nacherfüllung, habe erreicht werden können. Das Handelsgericht hielt die „sinngemäße Erklärung“ der Nachbesserungsbereitschaft für ausreichend.93 Zu Recht wird jedoch darauf hingewiesen, dass aufgrund der niedrigeren Belastungsgrenze des Käufers bei schwerwiegenden Mängeln auf die Ernsthaftigkeit und die Erfolgsaussichten des Nacherfüllungsangebots des Verkäufers besonderen Wert zu legen ist.94 In bestimmten Ausnahmefällen wird das Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung und somit das Recht des Käufers zur sofortigen Vertragsaufhebung allerdings bejaht, ohne dass er die Bereitschaft des Verkäufers zur Mängelbeseitigung und diese selbst abwarten müsste. Ein solcher Ausnahmetatbestand liegt vor, wenn eine Nacherfüllung, wie beispielsweise bei Vereinbarung eines Fixgeschäfts, nicht mehr möglich ist, vom Verkäufer verweigert wird oder dem Käufer nicht zugemutet werden kann.95 So entschied das OLG Köln, dass sich die Käuferin angesichts der Vielzahl der Mängel nicht auf die Nachbesserungsbereitschaft der Verkäuferin einzulassen brauchte, die sich auch nur auf einen Teil der Ware bezog und für die kein konkreter Termin genannt worden war.96

(b) Literatur In der Literatur wird eine Zurückdrängung des dem Käufer zustehenden Rechts zur Vertragsaufhebung zu Gunsten des Nacherfüllungsrechts des Verkäufers, welches sowohl die Nachbesserung als auch die Nachlieferung ein__________ 91 Handelsgericht des Kantons Aargau, Urt. v. 5.11.2002 – OR.2001.00029, IHR 2003, 178, 179. 92 s. dazu auch Bianca/Bonell/Will Art. 48 Anm. 3.2.2. 93 Handelsgericht des Kantons Aargau, Urt. v. 5.11.2002 – OR.2001.00029, IHR 2003, 178, 180. 94 W. Witz/Salger/M. Lorenz/Salger Art. 48 Rn. 2. 95 Handelsgericht des Kantons Aargau, Urt. v. 5.11.2002 – OR.2001.00029, IHR 2003, 178, 180. 96 OLG Köln, Urt. v. 14.10.2002 – 16 U 77/01, IHR 2003, 15, 17.

§ 6 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe

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schließt,97 überwiegend befürwortet. Wie auch in der Rechtsprechung wird argumentiert, dass die Möglichkeit und Durchführung der Mängelbehebung innerhalb angemessener Frist Einfluss auf die Beurteilung hat, inwieweit die Interessen des Käufers beeinträchtigt sind.98 Ferner wird darauf hingewiesen, dass der Käufer dem Verkäufer sonst das Recht zur zweiten Andienung nehmen könnte99 und Art. 48 CISG nur noch bei leichteren Mängeln anwendbar wäre. Dies würde zu einem Bedeutungsverlust des Art. 48 CISG führen.100 Ferner bestünde ein Wertungswiderspruch zwischen Nichtlieferung und Schlechtlieferung. Der Verkäufer bekomme nämlich im Fall der Nichtlieferung über das Nachfristverfahren gem. Art. 49 Abs. 1 lit. b, 47 Abs. 1 CISG Gelegenheit nachzuerfüllen, weil die Verzögerung der Leistung in der Regel noch keine wesentliche Vertragsverletzung darstelle.101 Die Zurückdrängung des Vertragsaufhebungsrechts des Käufers zu Gunsten des Rechts zur zweiten Andienung des Verkäufers wird in der Literatur allerdings auf verschiedenen Wegen erreicht.

(aa) „Dynamischer“ Begriff der wesentlichen Vertragsverletzung Teilweise wird wie in der Rechtsprechung ein „dynamischer“ Begriff der wesentlichen Vertragsverletzung vertreten. Danach verhindert eine für den Verkäufer bestehende Nacherfüllungsmöglichkeit102 und dessen Bereitschaft zur Nacherfüllung innerhalb angemessener Frist, dass ein wesentlicher Vertragsbruch bereits mit der Lieferung von Ware, die mit einem schwerwiegenden Mangel behaftet ist, vorliegt.103 Es sind jedoch verschiedene Fallgruppen gebil__________ 97 s. dazu MünchKommBGB/P. Huber Art. 49 Rn. 27; Kappus, ZIP 1993, 490, 492. A. A. v. Caemmerer/Schlechtriem/U. Huber (1. Aufl.) Art. 48 Rn. 18. Nach MünchKommBGB/Gruber Art. 25 Rn. 26 ist die Möglichkeit der Ersatzlieferung im Rahmen des Art. 46 Abs. 2 CISG nicht zu beachten. 98 Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 48 Rn. 15; Magnus, in: FS Schlechtriem, S. 599, 608; R. Koch, RIW 1995, 98, 100; Lurger, IHR 2001, 91, 98; dies., IHR 2005, 221, 224. 99 Bianca/Bonell/Will Art. 48 Anm. 2.1.1.1.1. 100 Honnold Art. 48 § 296; MünchKommHGB/Benicke Art. 48 Rn. 10; Krebs, S. 40; Fountoulakis, IHR 2003, 160, 168. 101 MünchKommBGB/P. Huber Art. 49 Rn. 25; Dylakiewicz, S. 143 f.; Krebs, S. 40 f.; Fountoulakis, IHR 2003, 160, 168; Karollus, ZIP 1993, 490, 492 f. 102 Allein auf die Möglichkeit der Nachbesserung stellt R. Koch, RIW 1995, 98, 99 f. ab. Mit dieser Tendenz auch Schlechtriem/U. Huber (3. Aufl.) Art. 46 Rn. 32 ff. 103 Achilles Art. 25 Rn. 4; Brunner Art. 48 Rn. 8; Honnold Art. 25 § 184, Art. 48 § 296; MünchKommBGB/Gruber Art. 25 Rn. 26; MünchKommBGB/P. Huber Art. 49 Rn. 28 ff.; MünchKommHGB/Benicke Art. 25 Rn. 28, Art. 48 Rn. 10 f.; Schlechtriem/ Schwenzer/Müller-Chen Art. 46 Rn. 26 f., Art. 48 Rn. 15, Art. 49 Rn. 8; Schlechtriem/

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1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

det worden, bei denen das Interesse des Käufers an einer sofortigen Vertragsaufhebung überwiegt und daher das Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung zu bejahen ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Mängelbehebung nicht oder nicht innerhalb angemessener Frist möglich ist,104 sie scheitert oder der Verkäufer sie verweigert,105 ein Fixgeschäft vereinbart worden war106 oder es sich um Saisonartikel handelt,107 das Vertrauen des Käufers zerstört ist108 oder dem Käufer die Behebung des Mangels durch den Verkäufer sonst unzumutbar ist.

(bb) Suspendierung des Vertragsaufhebungsrechts Dieses „dynamische“ Verständnis des Begriffs der wesentlichen Vertragsverletzung wird teilweise kritisiert. Eine von Anfang an wesentliche Vertragsverletzung erhalte diese Eigenschaft nicht erst dadurch, dass der Verkäufer die Vertragsverletzung nicht innerhalb angemessener Zeit behebe.109 Auch werde der Begriff der wesentlichen Vertragsverletzung durch die „dynamische“ Auffassung weiter geschwächt.110 Aus diesen Gründen soll die Wesentlichkeit der Vertragsverletzung allein anhand des objektiven Gewichts des Mangels bestimmt werden. Liege nach diesem eine wesentliche Vertragsverletzung vor, bestehe aber eine Nachbesserungsmöglichkeit und sei der Verkäufer zur Beseitigung des Mangels bereit, sei dem Käufer die Berufung auf die wesentliche __________ Schwenzer/Schlechtriem Art. 25 Rn. 20; W. Witz/Salger/M. Lorenz/Salger Art. 48 Rn. 2, Art. 49 Rn. 2; Dylakiewicz, S. 160; Krebs, S. 40 f.; Piltz § 5 Rn. 162; Schlechtriem Rn. 180; Aicher, in: Hoyer/Posch (Hrsg.), Das Einheitliche Wiener Kaufrecht, S. 111, 140 ff.; Schlechtriem, in: FS Trinkner, S. 321, 327; Ferrari, IHR 2005, 1, 7; Fountoulakis, IHR 2003, 160, 168; Lurger, IHR 2001, 91, 99; dies., IHR 2005, 221, 224; Piltz, NJW 2005, 2126, 2130; wohl auch Gabriel, S. 154. Enderlein/Maskow/Strohbach Art. 25 Anm. 3.4 stellen nur auf den Zeitfaktor ab. s. auch C. Witz, JDI 1996, 960, 965. 104 Brunner Art. 48 Rn. 8; Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 49 Rn. 8; Schlechtriem Rn. 180; R. Koch, RIW 1995, 98, 100. 105 Brunner Art. 48 Rn. 8; MünchKommBGB/Gruber Rn. 26; Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 49 Rn. 9; Schlechtriem Rn. 180; Aicher, in: Hoyer/Posch (Hrsg.), Das Einheitliche Wiener Kaufrecht, S. 111, 142, R. Koch, RIW 1995, 98, 100. 106 Brunner Art. 48 Rn. 8; MünchKommBGB/Gruber Art. 25 Rn. 26; Schlechtriem/ Schwenzer/Müller-Chen Art. 48 Rn. 15, Art. 49 Rn. 9; R. Koch, RIW 1995, 98, 100; Lurger, IHR 2001, 91, 98. 107 MünchKommBGB/Gruber Art. 25 Rn. 26. 108 Brunner Art. 48 Rn. 8; Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 48 Rn. 15, Art. 49 Rn. 9; MünchKommBGB/Gruber Art. 25 Rn. 26; MünchKommHGB/Benicke Art. 25 Rn. 28, Art. 48 Rn. 11; Krebs, S. 40; Aicher, in: Hoyer/Posch (Hrsg.), Das Einheitliche Wiener Kaufrecht, S. 111, 142; R. Koch, RIW 1995, 98, 100. 109 Magnus, in: FS Schlechtriem, S. 599, 612; Bitter/Bitter, BB 1993, 2315, 2323. 110 Bianca/Bonell/Will Art. 48 Anm. 3.2.2.

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Vertragsverletzung für eine angemessene Frist versagt.111 Schutzwürdige Interessen des Käufers könnten allerdings sein Recht auf eine sofortige Vertragsaufhebung rechtfertigen.112

(cc) Abwägung zwischen der Schwere der Vertragsverletzung und den Modalitäten ihrer Behebbarkeit Nach einer weiteren Ansicht hat die Feststellung der Wesentlichkeit einer Vertragsverletzung aufgrund einer Abwägung zwischen ihrer Schwere und den Modalitäten ihrer Behebbarkeit im Rahmen einer hypothetischen Gesamtschau aller objektiven Umstände des Einzelfalls zu erfolgen. Überwiege die Möglichkeit der Mängelbehebung die Schwere des Mangels, liege eine unwesentliche Vertragsverletzung vor. Ob die angemessene Behebung des Mangels auch tatsächlich erfolgt, ist nach dieser Ansicht ohne Bedeutung.113

(3) Diskussion und eigene Stellungnahme Der ausdrückliche Vorbehalt des Art. 49 CISG in Art. 48 Abs. 1 CISG spricht dagegen, das Aufhebungsrecht des Käufers zu Gunsten des Nacherfüllungsrechts des Verkäufers zurückzudrängen, sei es durch Suspendierung des Aufhebungsrechts oder durch Berücksichtigung der Behebbarkeit des Mangels bei der Bestimmung der Wesentlichkeit der Vertragsverletzung im Rahmen des Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG. Es ist jedoch eine grundlegende Tendenz des CISG, die Vertragsaufhebung und auch die Ersatzlieferung zu Gunsten der anderen Rechtsbehelfe zurückzudrängen.114 Zwar ist beispielsweise in Art. 49 Abs. 1 CISG anders als in Art. 50 S. 2 CISG kein ausdrücklicher Vorrang des Nacherfüllungsrechts normiert. Sähe man aber die Behebbarkeit des Mangels als unerheblich für die Wesentlichkeit der Vertragsverletzung an, wäre die __________ 111 Bianca/Bonell/Will Art. 48 Anm. 3.2.2 (Suspendierung des Vertragsaufhebungsrechts nur für den Fall, dass der Verkäufer die Nacherfüllung anbietet); Audit, S. 130; Magnus, in: FS Schlechtriem, S. 599, 612; Bitter/Bitter, BB 1993, 2315, 2323. 112 Magnus, in: FS Schlechtriem, S. 599, 612. Vgl. dazu die o. dargestellten Fallgruppen S. 62 f. 113 Honsell/Schnyder/Straub Art. 49 Rn. 23; Bamberger/Roth/Saenger Art. 49 Rn. 5. s. auch Soergel/Lüderitz/Schüßler-Langeheine Art. 49 Rn. 7, welche die Behebbarkeit des Mangels im Rahmen der Abwägung, ob der konkrete Mangel für den Käufer zumutbar ist, berücksichtigen wollen. 114 s. dazu Gabriel, S. 154 und Bitter/Bitter, BB 1993, 2315, 2323.

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1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

Vertragsaufhebung leichter zu erreichen als die Minderung.115 Der Hinweis auf Art. 50 S. 2 CISG ist im Übrigen nur ein formalistisches Argument, da die Zurückdrängung der Vertragsaufhebung und der Ersatzlieferung gerade durch die Auslegung des Merkmals der wesentlichen Vertragsverletzung erreicht werden soll. Durch die Zurückdrängung dieser Rechtsbehelfe sollen keineswegs die Verkäuferinteressen in den Vordergrund gestellt werden. Vielmehr soll in erster Linie eine unwirtschaftliche Vertragsabwicklung vermieden werden. Zwar wird zu Recht darauf hingewiesen, dass der Verkäufer eine objektiv schwerwiegende Vertragsverletzung begangen hat und daher das Käuferinteresse grundsätzlich als vorrangig anzusehen ist. Allerdings ist zur Feststellung einer wesentlichen Vertragsverletzung gem. Art. 25 CISG entscheidend, ob dem Käufer im Wesentlichen entgeht, was er vom Vertrag erwarten durfte. Nur in diesem Fall hat das Käuferinteresse also absoluten Vorrang. Ist der Mangel behebbar und der Verkäufer bereit, diesen ohne unzumutbare Verzögerung und unzumutbare Unannehmlichkeiten zu beseitigen, entfällt das wesentliche Erfüllungsinteresse des Käufers aber nicht. Dies bedeutet nicht, dass das Interesse des Käufers nicht im Einzelfall überwiegen und ein sofortiges Recht zur Vertragsaufhebung rechtfertigen kann. Da Art. 25 CISG nach der Vornahme dieser Wertungen verlangt,116 ist es vorzugswürdig, die Behebbarkeit des Mangels und die Nacherfüllungsbereitschaft des Verkäufers bei der Bestimmung der Wesentlichkeit der Vertragsverletzung zu berücksichtigen. Dass die Kriterien der Behebbarkeit des Mangels und der Nacherfüllungsbereitschaft des Verkäufers gewisse Unsicherheiten mit sich bringen und zu einer weiteren Schwächung des Begriffs der wesentlichen Vertragsverletzung führen,117 ist zwar nicht von der Hand zu weisen. Diese Unsicherheiten bestehen aber auch dann, wenn das Aufhebungsrecht des Käufers bei Behebbarkeit des Mangels und Nacherfüllungsbereitschaft des Verkäufers für eine angemessene Frist suspendiert wird. Genauso wie der Käufer sich bei Anwendung des „dynamischen“ Wesentlichkeitsbegriffs fragen muss, ob bereits eine wesentliche Vertragsverletzung vorliegt oder noch nicht, muss sich der Käufer im Fall der Suspendierung des Vertragsaufhebungsrechts fragen, ob er den Vertrag aufgrund der wesentlichen Vertragsverletzung schon aufheben darf oder nicht.118 __________ 115 So MünchKommBGB/P. Huber Art. 49 Rn. 25; Dylakiewicz, S. 144; Aicher, in: Hoyer/Posch (Hrsg.), Das Einheitliche Wiener Kaufrecht, S. 111, 141; Bitter/Bitter, BB 1993, 2315, 2323. 116 Ähnlich Lurger, IHR 2003, 91, 98; a. A. Freiburg, S. 105, nach der es sich verbietet, aufgrund von „Gerechtigkeitserwägungen“ Voraussetzungen in den Begriff der wesentlichen Vertragsverletzung hineinzuinterpretieren, für die das Gesetz keinen Anhaltspunkt liefert. 117 Bianca/Bonell/Will Art. 48 Anm. 3.2.2. 118 Ähnlich MünchKommBGB/P. Huber Art. 49 Rn. 26.

§ 6 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe

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Gegen die Suspendierung des Vertragsaufhebungsrechts des Käufers bestehen insbesondere systematische Bedenken. Sieht man Art. 48 Abs. 2 CISG als eigenständiges Nacherfüllungsrecht unabhängig von demjenigen in Abs. 1 an,119 erscheint es widersprüchlich, die nur unter den Voraussetzungen des Abs. 2 bestehende Suspendierung des Vertragsaufhebungsrechts nach Art. 48 Abs. 2 S. 2 CISG auf Abs. 1 zu übertragen.120 Aus dem Vorbehalt des Art. 48 Abs. 1 CISG kann eine Suspendierung des Vertragsaufhebungsrechts für eine angemessene Frist nicht hergeleitet werden. Aus diesen Gründen ist es abzulehnen, das Vertragsaufhebungsrecht des Käufers bei Behebbarkeit des Mangels und Nacherfüllungsbereitschaft des Verkäufers für eine angemessene Frist zu suspendieren. Um den Widerspruch zu vermeiden, die Wesentlichkeit der Vertragsverletzung als Voraussetzung für die Ersatzlieferung gem. Art. 46 Abs. 2 CISG nur zu bejahen, wenn der Mangel auch nicht durch Ersatzlieferung beseitigt werden kann, wird eine rechtsfolgenorientierte Auslegung des Begriffs der wesentlichen Vertragsverletzung vorgeschlagen.121 Danach ist die Behebbarkeit des Mangels bei der Bestimmung der Wesentlichkeit der Vertragsverletzung im Rahmen des Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG zu berücksichtigen, nicht aber im Rahmen des Art. 46 Abs. 2 CISG.122 Eine unterschiedliche Auslegung des Begriffs der wesentlichen Vertragsverletzung je nachdem, ob der Verkäufer den Vertrag nach Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG aufhebt oder gem. Art. 46 Abs. 2 CISG Ersatzlieferung verlangt, ist jedoch abzulehnen. Der Begriff der wesentlichen Vertragsverletzung in Art. 25 CISG ist unter der Überschrift „Allgemeine Bestimmungen“ geregelt. Somit ist davon auszugehen, dass dieser Begriff für alle Bestimmungen des CISG einheitlich auszulegen ist.123 Der Widerspruch, dass die Möglichkeit einer Ersatzlieferung das Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung verhindert, der Anspruch auf Ersatzlieferung nach Art. 46 Abs. 2 CISG jedoch das Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung voraussetzt, wird dadurch aufgelöst, dass man nicht nur auf die Behebbarkeit des Mangels, sondern auch auf die Bereitschaft des Verkäufers abstellt, den Mangel __________ 119 So MünchKommBGB/P. Huber Art. 48 Rn. 23, 27; Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 48 Rn. 24; a. A. Bamberger/Roth/Saenger Art. 48 Rn. 12; Honsell/Schnyder/Straub Art. 48 Rn. 22. 120 MünchKommBGB/P. Huber Art. 49 Rn. 26. Honsell/Schnyder/Straub Art. 49 Rn. 22 und Freiburg, S. 105 wenden in systematischer Hinsicht ein, dass Art. 48 CISG bei Vorrang des Aufhebungsrechts gerade die Möglichkeit der Ablehnung einer Nacherfüllung durch den Käufer vorsieht. 121 Karollus, ZIP 1993, 490, 496. 122 Ähnlich MünchKommBGB/Gruber Art. 25 Rn. 26, der die Möglichkeit der Ersatzlieferung im Rahmen des Art. 46 Abs. 2 CISG nicht berücksichtigen will. 123 Honsell/Schnyder/Straub Art. 49 Rn. 21; MünchKommBGB/P. Huber Art. 49 Rn. 31; Krebs, S. 40; Bitter/Bitter, BB 1993, 2315, 2322.

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1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

innerhalb angemessener Frist ohne unzumutbare Unannehmlichkeiten für den Käufer zu beseitigen. Ist der Verkäufer dazu bereit, bedarf es der Ersatzlieferung nach Art. 46 Abs. 2 CISG nicht mehr. 124 Nimmt man eine Abwägung zwischen der Schwere der Vertragsverletzung und den Modalitäten ihrer Behebbarkeit vor, wird man in vielen Fällen zu demselben Ergebnis kommen wie bei Anwendung des „dynamischen“ Begriffs der wesentlichen Vertragsverletzung. Denn im Rahmen dieser Abwägung sind wie bei Anwendung des „dynamischen“ Begriffs der wesentlichen Vertragsverletzung die Umstände des Verhaltens des Verkäufers und die Möglichkeit einer nachträglichen Leistungserbringung durch den Verkäufer, deren Kosten und die dafür erforderliche Dauer zu berücksichtigen.125 Nicht zuzustimmen ist dieser Ansicht jedoch darin, dass es keine Bedeutung hat, ob der objektiv schwere Mangel tatsächlich behoben wurde. Bei Scheitern der Mängelbehebung innerhalb angemessener Frist126 wird der Käufer nämlich regelmäßig ein berechtigtes Interesse an einer sofortigen Vertragsaufhebung haben. Aus den genannten Gründen ist im Ergebnis dem „dynamischen“ Begriff der wesentlichen Vertragsverletzung zu folgen. Danach liegt eine wesentliche Vertragsverletzung auch bei einem schwerwiegenden Mangel der Kaufsache nicht vor, wenn der Mangel behebbar ist und der Verkäufer auf die Rüge des Käufers hin ohne unzumutbare Verzögerung und Belastung des Käufers zur Beseitigung des Mangels bereit ist. Dies entspricht auch der Forderung nach einer restriktiven Auslegung127 des Begriffs der wesentlichen Vertragsverletzung. Hat der Käufer allerdings ein berechtigtes Interesse an der sofortigen Vertragsaufhebung, z. B. aufgrund erschütterten Vertrauens in den Verkäufer, steht ihm diese unabhängig von der Möglichkeit der Mängelbeseitigung und der Nacherfüllungsbereitschaft des Verkäufers zu. Daraus lässt sich allerdings nicht im Umkehrschluss folgern, dass jeder unbehebbare Mangel unabhängig von der Schwere der Interessenbeeinträchtigung des Käufers automatisch als wesentlich __________ 124 MünchKommHGB/Benicke Art. 48 Rn. 12; Dylakiewicz, S. 144 f.; Krebs, S. 40; ähnlich Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 46 Rn. 29, die darauf abstellen, ob der Verkäufer freiwillig und innerhalb angemessener Frist nacherfüllt hat. MünchKommBGB/P. Huber Art. 49 Rn. 32 schlägt dagegen vor, die Wesentlichkeit der Vertragsverletzung bei Art. 46 Abs. 2 CISG unter der Hypothese zu beurteilen, dass die Ersatzlieferung nicht erfolgt ist. 125 Vgl. Honsell/Schnyder/Straub Art. 49 Rn. 23. 126 Allerdings führt der erfolglose Ablauf einer Nachfrist nicht bei jedem Mangel automatisch zu einer wesentlichen Vertragsverletzung, vgl. Schlechtriem/Schwenzer/ Schlechtriem Art. 25 Rn. 20; Lurger, IHR 2001, 91, 98. Art. 49 Abs. 1 lit. b CISG ist nur auf die Nichtlieferung, nicht aber auf die Lieferung vertragswidriger Ware anwendbar, vgl. Bamberger/Roth/Saenger Art. 49 Rn. 8; Schlechtriem/Schwenzer/Schlechtriem Art. 25 Rn. 21; Staudinger/Magnus Art. 49 Rn. 21. 127 Neumayer/Ming Art. 25 Anm. 2.

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zu qualifizieren ist.128 Die Kriterien der Behebbarkeit des Mangels und der Bereitschaft des Verkäufers zur Nacherfüllung gelten auch für die Bestimmung der Wesentlichkeit der Vertragsverletzung bei Lieferung eines Aliuds.129

b) Quantitätsmangel Im Fall eines Quantitätsmangels kommt es für das Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung i. S. d. Art. 25 CISG auf die Bedeutung der Vollständigkeit der Ware für den Käufer an. Diese kann sich aus der Parteivereinbarung,130 einem konkreten Hinweis oder aus der Verkehrsanschauung ergeben.131 Soweit aus der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung keine Anhaltspunkte zur Gewichtung des ausgebliebenen Leistungsteils hervorgehen, ist auf die tatsächliche Verwendbarkeit der gelieferten Teile abzustellen.132 Eine wesentliche Vertragsverletzung wird jedenfalls dann vorliegen, wenn die gelieferten Teile der Ware ohne den ausgebliebenen Leistungsteil für den Käufer faktisch nicht brauchbar sind.133

2. Wesentliche Vertragsverletzung bei Vorliegen eines Rechtsmangels Ob ein Rechtsmangel eine wesentliche Vertragsverletzung i. S. d. Art. 25 CISG begründet, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.134 In einem Rechtsmangel grundsätzlich eine wesentliche Vertragsverletzung zu

__________ 128

BGH, Urt. v. 3.4.1996 – VIII ZR 51/95, BGHZ 132, 290, 299; MünchKommHGB/Benicke Art. 25 Rn. 28; Schlechtriem/Schwenzer/Schlechtriem Art. 25 Rn. 20; Lurger, IHR 2003, 91, 98. 129 Ferrari, IHR 2005, 1, 7. 130 s. dazu OGH, Urt. v. 21.6.2005 – 5Ob45/05m, IHR 2005, 195, 197, welches eine solche Parteivereinbarung in dem konkreten Fall nicht feststellen konnte. 131 Schlechtriem/Schwenzer/Schlechtriem Art. 25 Rn. 19; Trommler, S. 117; a. A. Holthausen, RIW 1990, 101, 106, nach dem es darauf ankommt, ob die gelieferte von der bestellten Menge offensichtlich und so erheblich abweicht, dass der Verkäufer eine Genehmigung nach Maßgabe des § 378 HGB a. F. als ausgeschlossen betrachten musste. Diese Ansicht ist aufgrund der schwierigen Unterscheidung zwischen genehmigungsfähiger und nicht genehmigungsfähiger Lieferung abzulehnen, vgl. auch § 6 Fn. 60. 132 Piltz, IHR 2005, 197, 198 zu OGH, Urt. v. 21.6.2005 – 5Ob45/05m, IHR 2005, 195, 197. 133 s. OGH, Urt. v. 21.6.2005 – 5Ob45/05m, IHR 2005, 195, 197. 134 Freiburg, S. 120.

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1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

sehen, geht dagegen zu weit.135 Für diesen Mangel gelten vielmehr die gleichen Grundsätze wie für den Sachmangel,136 das heißt, dass die Kriterien der Verwertbarkeit und Handelbarkeit der Ware sowie der Behebbarkeit des Mangels und der Nacherfüllungsbereitschaft des Verkäufers eine Rolle spielen. So gilt nach dem „dynamischen“ Begriff der Wesentlichkeit der Vertragsverletzung, dass eine wesentliche Vertragsverletzung zu verneinen ist, wenn der Verkäufer das Drittrecht innerhalb angemessener Frist und ohne Unannehmlichkeiten für den Käufer ablöst oder Ersatzware liefert.137 Gleiches gilt, wenn der Käufer die Möglichkeit hat, das Drittrecht innerhalb angemessener Zeit abzulösen, und ihm dies auch zumutbar ist.138 Ein Rechtsmangel stellt jedoch dann eine wesentliche Vertragsverletzung dar, wenn der Käufer die Ware sofort herauszugeben oder ihre Nutzung zu unterlassen hat.139

3. Zwischenergebnis Liegt keine Vereinbarung der Parteien darüber vor, welche Eigenschaften der Ware als wesentlich anzusehen sind, ist unklar, auf welche Kriterien über das objektive Gewicht des Mangels hinaus für die Bestimmung der Wesentlichkeit der Vertragsverletzung i. S. d. Art. 25 CISG abzustellen ist. Nach der deutschen und schweizerischen Rechtsprechung ist das Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung bei mangelhafter Ware zu verneinen, solange dem Käufer eine anderweitige Verarbeitung oder der Absatz der Ware im gewöhnlichen Geschäftsverkehr ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich und zumutbar ist. Dies entspricht dem Rechtsbehelfssystem des CISG, welches in erster Linie auf die Aufrechthaltung des Vertrags gerichtet ist. Auch kann dem Käufer in diesen Fällen zugemutet werden, sich mit einer Schadensersatzleistung oder der Minderung des Kaufpreises zufrieden zu geben. Rechtsunsicherheiten entstehen allerdings dadurch, dass in der Rechtsprechung anderer Staaten, die das Übereinkommen ratifiziert haben, die Möglichkeit und Zumutbarkeit einer anderweitigen Verwertung der Ware meist keine Rolle spielt. Auch ist nicht geklärt, wie sich eine Abweichung der Ware von öffentlich-rechtlichen __________ 135 Schlechtriem/Schwenzer/Schwenzer Art. 41 Rn. 21; Freiburg, S. 119; so aber im Ergebnis Herber/Czerwenka Art. 25 Rn. 7, Art. 41 Rn. 10. 136 Ferrari, IHR 2005, 1, 7. 137 MünchKommHGB/Benicke Art. 25 Rn. 28. Zum Verhältnis von Art. 48 und Art. 49 CISG s. o. § 6 IV. 1. a) bb). 138 Achilles Art. 25 Rn. 7; Schlechtriem/Schwenzer/Schwenzer Art. 41 Rn. 21; Staudinger/Magnus Art. 41 Rn. 24; Freiburg, S. 120; Trommler, S. 121 f. Zurückhaltender MünchKommBGB/Gruber Art. 25 Rn. 28, nach dem vom Käufer grundsätzlich nicht verlangt werden kann, dass er das Recht selbst ablöst. 139 MünchKommBGB/Gruber Art. 25 Rn. 28; Staudinger/Magnus Art. 41 Rn. 24.

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Vorschriften im Bestimmungsland auf die Möglichkeit einer anderweitigen Verwertung auswirkt. Aus den Anmerkungen der Literatur zu der in diesem Bereich ergangenen Rechtsprechung geht jedoch hervor, dass die Möglichkeit einer anderweitigen Verwertung nicht schon zu verneinen ist, weil die Ware nicht den öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Käuferlandes entspricht. Unzweifelhaft liegt nach der Rechtsprechung eine wesentliche Vertragsverletzung vor, wenn die Parteien die Verkehrsfähigkeit der Ware nach den im Käuferland geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften als wesentliche Beschaffenheit vereinbart haben. Im Übrigen kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, bei Lebensmitteln z. B. auf ihre Genießbarkeit. Für die Beurteilung, ob dem Käufer eine anderweitige Verwertung der Ware zumutbar ist, ist insbesondere der Verwendungszweck der Ware von Bedeutung. So kauft ein Hersteller Ware meist zu einem anderen Zweck ein als ein Zwischenhändler. Ferner sind die Größe des Unternehmens des Käufers und das Maß der Qualitätsabweichung zu berücksichtigende Kriterien.140 Nach einem „dynamischen“ Begriff der wesentlichen Vertragsverletzung liegt eine solche selbst bei einem objektiv schwerwiegenden Mangel der Kaufsache nicht vor, wenn der Mangel durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung behebbar ist und der Verkäufer auf die Rüge des Käufers hin ohne zumutbare Verzögerung und Belastung des Käufers zur Beseitigung des Mangels bereit ist. Dadurch findet entsprechend der Tendenz des CISG, den Vertrag aufrecht zu erhalten, eine Zurückdrängung insbesondere des Rechts zur Vertragsaufhebung gem. Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG zu Gunsten des Nacherfüllungsrechts des Verkäufers statt. Auch wenn in der Rechtsprechung eine „sinngemäße Erklärung“ der Nacherfüllungsbereitschaft durch den Verkäufer für ausreichend gehalten wurde, muss die Ernsthaftigkeit der Erklärung verlangt werden. Auch sind die Erfolgsaussichten einer Nacherfüllung in die Betrachtung einzubeziehen. Ausnahmsweise ist eine wesentliche Vertragsverletzung ohne Rücksicht auf die Behebbarkeit des Mangels und die Nacherfüllungsbereitschaft des Verkäufers zu bejahen, wenn das Interesse des Käufers an einer sofortigen Vertragsaufhebung das Interesse des Verkäufers an einer Nacherfüllung überwiegt. Dies ist der Fall, wenn eine Mängelbehebung nicht oder nicht innerhalb angemessener Frist möglich ist (z. B. aufgrund des Vorliegens eines Fixgeschäfts oder bei Saisonartikeln), wenn die Mängelbehebung scheitert oder der Verkäufer sie verweigert oder wenn das Vertrauen des Käufers in den Verkäufer zerrüttet ist oder dem Käufer eine Mängelbehebung aus anderen Gründen nicht zumutbar ist. Dieser „dynamische“ Begriff der wesentlichen Vertragsverletzung gilt einheitlich sowohl für die Vertragsaufhebung gem. Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG als auch für den Anspruch auf Ersatzlieferung gem. Art. 46 Abs. 2 CISG. __________ 140 R. Koch, in: Review of the CISG 1998, Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 46 Rn. 24.

S. 177,

221 f.;

s.

auch

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Während diese Kriterien bei Vorliegen eines Qualitätsmangels und bei der Lieferung eines Aliuds Anwendung finden, liegt bei einem Quantitätsmangel die entscheidende Frage darin, welche Bedeutung die Vollständigkeit der Ware für den Käufer hat. Ist die gelieferte Ware mit einem Rechtsmangel behaftet, gelten für die Beurteilung der Wesentlichkeit des Mangels grundsätzlich die für den Qualitätsmangel und die Falschlieferung genannten Kriterien. Darüber hinaus ist eine wesentliche Vertragsverletzung zu verneinen, wenn dem Käufer die Ablösung des Drittrechts innerhalb angemessener Zeit möglich und zumutbar ist. Sie ist dagegen zu bejahen, wenn der Käufer die Ware aufgrund des Rechtsmangels sofort herauszugeben oder ihre Nutzung zu unterlassen hat.

V. Das Verhältnis des Schadensersatzes zu den einzelnen Rechtsbehelfen In welchem Umfang dem Käufer ein Schadensersatzanspruch aus Art. 45 Abs. 1 lit. b CISG zusteht, hängt zunächst davon ab, ob dieser als alleiniger Rechtsbehelf geltend gemacht oder ob er mit einem anderen Rechtsbehelf kombiniert wird. Ist Letzteres der Fall, kommt es ferner darauf an, mit welchem Rechtsbehelf der Käufer den Schadensersatzanspruch kombiniert. Denn durch den Schadensersatz ist lediglich der Nachteil auszugleichen, der nach Ausübung des anderen Rechtsbehelfs noch verbleibt.141 Ansonsten würde eine Überentschädigung des Käufers eintreten.142 Hierin zeigt sich die Subsidiarität des Schadensersatzes. Um einen Überblick darüber geben zu können, welche Schäden der Käufer bei isolierter Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs oder bei Kombination dieses Anspruchs mit einem anderen Rechtsbehelf ersetzt verlangen kann, empfiehlt sich eine Bildung von Schadenskategorien.

__________ 141 Honsell/Schnyder/Straub Art. 45 Rn. 79; MünchKommBGB/P. Huber Art. 45 Rn. 16, Art. 74 Rn. 7; Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 45 Rn. 25; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 5; Staudinger/Magnus Art. 45 Rn. 21; W. Witz/Salger/M. Lorenz/Salger Art. 45 Rn. 11; Heuzé, Anm. 433; Piltz § 5 Rn. 319; Weber, in: Bucher (Hrsg.), Wiener Kaufrecht, S. 165, 191 f.; s. auch OLG Schleswig, Urt. v. 22.8.2002 – II U 40/01, IHR 2003, 20, 21. 142 Brunner Art. 45 Rn. 13; Honsell/Schnyder/Straub Art. 45 Rn. 79; MünchKommBGB/P. Huber Art. 45 Rn. 16; Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 45 Rn. 25; Staudinger/Magnus Art. 45 Rn. 21.

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1. Mögliche Schadensarten Mögliche Formen eines infolge einer Vertragsverletzung erlittenen Verlustes, die durch Schadensersatz kompensiert werden können, sind der Nichterfüllungsschaden im engeren Sinne (primärer oder unmittelbarer Schaden/direct loss), Begleitschäden (incidental loss) und Folgeschäden (mittelbare Schäden/consequential loss).143 Diese Kategorien sind insbesondere im Common Law geläufig.144

a) Nichterfüllungsschaden im engeren Sinne Der Nichterfüllungsschaden im engeren Sinne besteht in dem bei einer Vertragsverletzung verbleibenden Defizit an Erfüllung.145 Als Schadenspositionen sind zum einen der mangelbedingte Minderwert der Sache bzw. die Kosten der Mangelbeseitigung, zum anderen die Kosten eines Deckungskaufs bzw. der Wert der mangelfreien Sache denkbar.

b) Begleitschäden Begleitschäden sind die durch die Vertragsverletzung veranlassten Aufwendungen des Gläubigers, die nicht der Befriedigung des Erfüllungsinteresses dienen, sondern zusätzliche Nachteile abwenden sollen.146 Dies können z. B. Kosten für die Lagerung147 und den Erhalt148 mangelhafter Ware sein. Auch fallen darunter Kosten für die Rücksendung mangelhafter Ware (z. B. Kosten für die Verschiffung und Zoll149) oder Mehraufwendungen bei der Nachlieferung150 in Form von für die Nachlieferung aufgewendeten Reisekosten, Maut-

__________ 143

Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 13. Vgl. nur § 2-714 und § 2-715 UCC und dazu Gabriel, S. 206. 145 Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 13. 146 Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 13. 147 U.S. Court of Appeals (2nd Cir.), Urt. v. 6.12.1995 – 95-7182, 95-7186 (Delchi Carrier SpA v. Rotorex Corporation), CISG-online Nr. 140; Gabriel, S. 203. 148 Gabriel, S. 203. 149 U.S. Court of Appeals (2nd Cir.), Urt. v. 6.12.1995 – 95-7182, 95-7186 (Delchi Carrier SpA v. Rotorex Corporation), CISG-online Nr. 140. 150 Brunner Art. 74 Rn. 29; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 18. 144

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gebühren und Frachtkosten.151 Ebenso sind angemessene Kosten für die Untersuchung der Ware auf ihre Vertragsgemäßheit hin zu ersetzen, sofern ein Mangel tatsächlich festgestellt und gerügt wird.152 Gleiches gilt für Kosten zur Abwendung oder Minderung eines Schadens, wie z. B. die Kosten für die Vornahme und Durchführung eines Deckungsgeschäfts.153

c) Folgeschäden Folgeschäden sind über die Nichterfüllung hinausgehende Verluste.154 Ein typischer Folgeschaden ist der entgangene Gewinn, soweit er den Nichterfüllungsschaden im engeren Sinne übersteigt.155 Bei Lieferung einer mangelhaften Sache kommen als Folgeschäden auch Schäden an anderen Rechtsgütern des Gläubigers in Betracht,156 wobei Art. 5 CISG zu beachten ist. Weitere Folgeschäden sind Reputationsverluste sowie Haftungsschäden z. B. in dem Fall, in dem der Käufer die mangelhafte Sache weiterverkauft hat und nun gegenüber seinem Abnehmer haftet.157

d) Sinn dieser Kategorien Die Einteilung der Schäden in diese – oder andere – Kategorien ist im UNKaufrecht an sich nicht erforderlich, da alle genannten Schadensarten nach Art. 45 Abs. 1 lit. b i. V. m. Art. 74 CISG ersatzfähig sind. Teilweise wird auch nur zwischen dem Nichterfüllungsschaden im engeren Sinn und Folgeschäden unterschieden.158 Für eine solche Differenzierung spricht, dass die Voraussehbarkeit von Folgeschäden gem. Art. 74 S. 2 CISG einer genaueren Prüfung __________ 151 OLG Oldenburg, Urt. v. 9.11.1994 – 12 O 674/93, RIW 1996, 65, 66 = CISGonline Nr. 114. 152 Brunner Art. 74 Rn. 29; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 19; Gabriel, S. 203. 153 Brunner Art. 74 Rn. 32. 154 Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 13. 155 Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 43. 156 Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 13, 21. 157 Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 21. 158 Schlechtriem/U. Huber (3. Aufl.) Art. 74 Rn.17; Weber, in: Bucher (Hrsg.), Wiener Kaufrecht, S. 165, 196; ähnlich Brunner Art. 74 Rn. 22 ff., der zwischen dem unmittelbaren und dem mittelbaren Nichterfüllungsschaden unterscheidet und unter den Ersteren auch Begleitschäden fasst.

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bedarf159 und teilweise Verträge – beeinflusst durch die anglo-amerikanische Vertragspraxis – einen Haftungsausschluss für Folgeschäden enthalten.160 Die hier vorgenommene Einteilung ermöglicht nicht nur einen besseren Überblick darüber, welche Schäden durch Schadensersatz kompensiert werden können, wenn der Gläubiger kumulativ zum Schadensersatz einen anderen Rechtsbehelf ausübt. Auch erleichtert eine solche Einteilung einen Vergleich mit der im deutschen Recht in den §§ 437 Nr. 3, 280 ff., 311a Abs. 2 BGB geregelten Schadensersatzhaftung des Verkäufers bei mangelhafter Lieferung, bei der – anders als im UN-Kaufrecht – von der Rechtsfolge ausgegangen wird.

e) Verzögerungsschaden als eigene Kategorie? Angesichts dieser Kategorien erscheint die Einordnung eines Verzögerungsschadens problematisch. Zunächst ist fraglich, ob bei der Lieferung mangelhafter Ware ein Verzögerungsschaden überhaupt denkbar ist. Denn schließlich hat der Verkäufer geleistet, eben nur mangelhaft. Es ließe sich argumentieren, dass der Verkäufer gem. Art. 35, 41 f. CISG zur Lieferung einer mangelfreien Sache verpflichtet ist und folglich in der Lieferung einer mangelhaften Sache zugleich immer auch eine Verzögerung der geschuldeten mangelfreien Leistung liege. Diese im deutschen Recht anzutreffende Argumentation161 ist freilich im Zusammenhang mit der Diskussion um die Einordnung des durch die Mangelhaftigkeit verursachten Nutzungsausfallschadens in die Systematik der §§ 280 ff. BGB zu sehen. Bei dieser Diskussion geht es darum, unter welchen Voraussetzungen Ersatz für den Nutzungsausfallschaden, also z. B. für den Betriebsausfall während der Reparatur, für die Kosten einer vorübergehenden Ersatzanmietung und für den entgangenen Gewinn, verlangt werden kann. Im UN-Kaufrecht führt die Argumentation, dass in der Lieferung einer mangelhaften Sache gleichzeitig immer eine Verzögerung der geschuldeten mangelfreien Leistung liege, indes nicht weiter, da zum einen Ersatz für jegliche Form des Verlustes stets unter denselben Voraussetzungen gewährt wird und zum anderen die genannten Schäden als Begleit- und Folgeschäden qualifiziert werden können. Daraus folgt, dass im Fall der mangelhaften Lieferung der Verzöge__________ 159

Brunner Art. 74 Rn. 33; Schlechtriem/U. Huber (3. Aufl.) Art. 74 Rn.17; Weber, in: Bucher (Hrsg.), Wiener Kaufrecht, S. 165, 196. 160 Brunner Art. 74 Rn. 33. s. z. B. der dem Urteil des U.S. District Court, Northern District of Illinois, Eastern Division v. 29.1.2003 – 01 C 5938, Unilex, zugrunde liegende Sachverhalt. 161 AnwK/Dauner-Lieb § 280 Rn. 55, 60, 62; dies., in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/ Ring (Hrsg.), Das Neue Schuldrecht, § 2 Rn. 45; dies./Dötsch, DB 2001, 2535, 2537; Grigoleit/Riehm, JuS 2004, 745, 747.

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rungsschaden neben den genannten Schadenskategorien nicht als eigene Kategorie existiert.

2. Isolierte Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs Für den Käufer besteht die Möglichkeit, bei Lieferung mangelhafter Ware anstelle eines anderen Rechtsbehelfs lediglich einen Anspruch auf Schadensersatz gem. Art. 45 Abs. 1 lit. b CISG i. V. m. Art. 74 CISG geltend zu machen162 und anstatt der Erfüllung Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu begehren.163 Der Vertrag bleibt in diesem Fall mangels Vertragsaufhebung bestehen, so dass der Käufer die mangelhafte Sache behalten und seine Gegenleistung erbringen muss. Der Käufer kann jedoch Ersatz des Nichterfüllungsschadens im engeren Sinne in Form des mangelbedingten Minderwerts der Sache verlangen.164 Daneben kann er den Ersatz weiterer Schäden geltend machen, die ihm trotz der Durchführung des Vertrags verbleiben. In Betracht kommen Begleitschäden und auf dem Mangel beruhende Folgeschäden, z. B. Schäden an anderen Sachen des Käufers. Macht der Verkäufer von seinem Nacherfüllungsrecht des Art. 48 CISG Gebrauch, so führt dies zu einer Beschränkung des Schadensersatzanspruchs insofern, als der Käufer nur Ersatz desjenigen Schadens verlangen kann, der nicht durch die Nacherfüllung behoben worden ist.165 Durch die Nacherfüllung wird jedenfalls der mangelbedingte Minderwert beseitigt. Dies bedeutet, dass der Käufer Ersatz des mangelbedingten Minderwerts nur verlangen kann, wenn die Mangelbeseitigung unmöglich ist, der Verkäufer dazu nicht bereit ist oder die Mangelbeseitigung dem Käufer nach den Kriterien des Art. 48 CISG unzumutbar ist.166 Der Käufer kann den Mangel im Wege der Ersatzvornahme auch selbst beheben und die Reparaturkosten im Wege des Schadensersatzes verlangen,167 vorausgesetzt, dass ein Nacherfüllungsrecht des __________ 162 Enderlein/Maskow/Strohbach Art. 45 Anm. 6; Garro/Zuppi S. 205; Piltz § 5 Rn. 322; Ryffel, S. 30. 163 Karollus, S. 155 (Schadensersatz wegen Nichterfüllung anstatt des Erfüllungsanspruchs bei aufrechtem Vertrag). 164 Bamberger/Roth/Saenger Art. 74 Rn. 5; Brunner Art. 74 Rn. 23; MünchKommHGB/Mankowski Art. 74 Rn. 28; Staudinger/Magnus Art. 74 Rn. 41; Karollus, S. 155 f. Diese Fallkonstellation übersieht Ernst, in: MünchKommBGB § 325 Rn. 21, nach dem Schadensersatz ohne Vertragsaufhebung im UN-Kaufrecht nur als Schadensersatz neben der Leistung in Frage kommt. 165 MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 14; Karollus, S. 156; Piltz § 5 Rn. 322. 166 Jud, S. 125. 167 AG München, Urt. v. 23.6.1995 – 271 C 18968/94, CISG-online Nr. 368; OGH, Urt. v. 14.1.2002 – 7 Ob 301/01t, CISG-online Nr. 643; Secretariat Commentary O.R. Art. 70 (Art. 74) Anm. 6; Bamberger/Roth/Saenger Art. 74 Rn. 5; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 15; W. Witz/Salger/M. Lorenz/W. Witz Art. 74 Rn. 18;

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Verkäufers nach Art. 48 CISG nicht mehr besteht, die Kosten durch eine Nacherfüllung seitens des Verkäufers also nicht mehr vermieden werden können.168 Der Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten steht dem Käufer folglich erst zu, wenn der Verkäufer den Mangel nicht selbst innerhalb angemessener Frist beseitigt hat.169 Die isolierte Geltendmachung des Schadensersatzes entspricht nach der deutschen Terminologie dem Schadensersatz statt der Leistung bzw. dem „kleinen Schadensersatz“. Bei diesem behält der Gläubiger die mangelhafte Leistung und kann die Differenz zwischen mangelfreier und mangelhafter Sache in Geld geltend machen.170 Unter Umständen kann der Käufer allerdings aufgrund seiner Schadensminderungsobliegenheit nach Art. 77 CISG zur Ausübung eines anderen zumutbaren Rechtsbehelfs verpflichtet sein.171

3. Schadensersatz in Verbindung mit der Vertragsaufhebung Die Kumulation von Vertragsaufhebung und Schadensersatz entspricht nach allgemeiner Ansicht dem einheitlichen Rechtsbehelf des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung,172 der auf den Ersatz des positiven Interesses gerichtet ist. Da zwischen der Vertragsaufhebung und dem Schadensersatz aufgrund der Rückabwicklung der erfolgten Leistungen nach Art. 81 ff. CISG173 kein Kolli__________ Karollus, S. 156. s. auch U.S. Court of Appeals (2nd Circ.), Urt. v. 6.12.1995 – 95-7182, 95-7186 (Delchi Carrier SpA v. Rotorex Corporation), CISG-online Nr. 140. 168 AG München, Urt. v. 23.6.1995 – 271 C 18968/94, CISG-online Nr. 368; OGH, Urt. v. 14.1.2002 – 7 Ob 301/01t, CISG-online Nr. 643; Bamberger/Roth/Saenger Art. 74 Rn. 5; MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 14; Jud, S. 248. 169 Jud, S. 248. 170 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 281 Rn. 31; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 50, 125; Staudinger/Otto § 280 Rn. E 8. 171 Piltz § 5 Rn. 322. 172 Schiedsgericht der Handelskammer Hamburg, Teil-Schiedsspruch v. 21.3.1996, NJW 1996, 3229, 3231 = CISG-online Nr. 187; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 5; U. Huber, S. 13, 14; ders., in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 199, 216; Stoll, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Oligationenrecht, S. 257, 264; Roßmeier, RIW 2000, 407, 415. 173 Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 45 Rn. 27; Weber, in: Bucher (Hrsg.), Wiener Kaufrecht, S. 165, 169 (Die speziellen Rückabwicklungsregelugen gehen den allgemeinen Schadensersatzregelungen vor und dem Schadensersatz bleibt eine lückenfüllende Funktion); Roßmeier, RIW 2000, 407, 408. Dabei ist die Rückabwicklung als Einzelposten in der Gesamtabrechnung bei der Ermittlung des Schadensersatzes zu sehen, vgl. Leser, in: FS Kitagawa, S. 455, 470. Von einer Überlagerung der in Art. 81– 84 CISG vorgesehenen Folgen der Vertragsaufhebung durch den einheitlichen Rechtsbehelf des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung sprechen dagegen das Schiedsgericht

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sionsverhältnis besteht, ist Schadensersatz in Hinblick auf das volle Erfüllungsinteresse zu gewähren.174 Dies entspricht nach der Terminologie des deutschen Rechts dem Schadensersatz statt der ganzen Leistung bzw. dem „großen Schadensersatz“.175 Das heißt, der Gläubiger kann die bereits erhaltene mangelhafte Leistung zurückweisen und an deren Stelle ein geldwertes Äquivalent verlangen.176 Konkret steht dem Käufer Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen seinem Interesse an der Vertragserfüllung und der von ihm ersparten Gegenleistung zu.177 Als Nichterfüllungsschaden im engeren Sinne kann er die Kosten eines Deckungsgeschäfts (vgl. Art. 75 CISG) oder den Wert der Sache in mangelfreiem Zustand (vgl. Art. 76 CISG) geltend machen. Daneben kann der Käufer Ersatz für Begleit- und Folgeschäden verlangen, sofern diese gem. Art. 74 S. 2 CISG bei Vertragsschluss vorhersehbar waren. Da der Käufer so zu stellen ist, wie er bei ordentlicher Erfüllung stünde, sind auch diejenigen Folgeschäden zu ersetzen, die das Integritätsinteresse des Käufers betreffen. Liegt dagegen, z. B. aufgrund des Ablaufs der Fristen aus Art. 49 Abs. 2 lit. b CISG, keine wirksame Vertragsaufhebung vor, kommt nach CISG nur eine Berechnung des Schadens auf Basis der Aufrechterhaltung und Durchführung des Vertrags in Betracht.178 Der Käufer soll durch die Geltendmachung des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung gerade nicht die Wirkungen der Vertragsaufhebung, also die Rückgabe der erhaltenen Leistung und die Rückzahlung des Kaufpreises bzw. die Verweigerung der Bezahlung des Kaufpreises, erreichen können.179 Könnte der Käufer Ersatz des vollen Erfüllungsinteresses unter Gesamtliquidierung des Vertrags verlangen, ohne dass er die Ver__________ der Handelskammer Hamburg, Teil-Schiedsspruch v. 21.3.1996, NJW 1996, 3229, 3231 = CISG-online Nr. 187; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 5; Schlechtriem/Schwenzer/Hornung Vor Art. 81–84 Rn. 18. 174 OLG Hamburg, Urt. v. 26.11.1999 – 1 U 31/99, IHR 2001, 19, 21 („… umfasst den gesamten Nichterfüllungsschaden“); Soergel/Schüßler-Langeheine Art. 45 Rn. 8; Staudinger/Magnus Art. 45 Rn. 24; Jud, S. 295; Ryffel, S. 34. 175 Vgl. Staudinger/Magnus Art. 45 Rn. 24; U. Huber, S. 14; ders., in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Oligationenrecht, S. 199, 215 f., 223; Leser, in: FS Kitagawa, S. 455, 470 und auch Krebs, S. 19. 176 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 281 Rn. 32; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 50, 125; Staudinger/Otto § 280 Rn. E 8. 177 OLG Hamburg, Urt. v. 26.11.1999 – 1 U 31/99, IHR 2001, 19, 21. 178 OGH, Urt. v. 6.2.1996 – 10 Ob 518/95, CISG-online Nr. 224; OGH, Beschl. v. 9.3.2000 – 6 Ob 311/99z, IHR 2001, 39, 40; OGH, Urt. v. 14.1.2002 – 7 Ob 301/01t, IHR 2002, 76, 81= CISG-online Nr. 643; MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 12; Weber, in: Bucher (Hrsg.), Wiener Kaufrecht, S. 165, 191. Zur Berechnung des Schadens auf Basis der Aufrechterhaltung und Durchführung des Vertrags s. o. § 6 V. 2. 179 MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 9; Staudinger/Magnus Art. 45 Rn. 22; Jud, S. 295; Stoll, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 257, 265; Weber, in: Bucher (Hrsg.), Wiener Kaufrecht, S. 165, 191.

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tragsaufhebung erklärt, würden die strengen Voraussetzungen der Vertragsaufhebung, insbesondere die Voraussetzung der wesentlichen Vertragsverletzung, umgangen.180 Durch das Aufstellen dieser Voraussetzungen sollen jedoch eine Rückabwicklung des Vertrags und die damit verbundenen Schwierigkeiten beim internationalen Warenkauf möglichst vermieden werden. Hierin kommt das dem CISG zugrunde liegende Prinzip der Zurückdrängung der Vertragsaufhebung und der Aufrechterhaltung des Vertrags zum Ausdruck. Eine Ausnahme von dem Erfordernis der Erklärung der Vertragsaufhebung nach Art. 75, 76 CISG gilt nach dem Gebot von Treu und Glauben nur, wenn eine Vertragsaufhebung möglich ist und wenn aufgrund einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung feststeht, dass der Schuldner keinesfalls mehr erfüllen wird.181 Abgesehen von der Vertragsaufhebungserklärung müssen jedoch auch in diesem Ausnahmefall die Voraussetzungen der Vertragsaufhebung vorliegen, so dass diese Voraussetzungen durch das Verlangen des vollen Erfüllungsinteresses unter Gesamtliquidierung des Vertrags durch den Gläubiger nicht umgangen werden. Dem Schuldner ist es in diesem Fall aufgrund seiner jetzt mangelnden Schutzwürdigkeit nur verwehrt, sich auf die fehlende Vertragsaufhebungserklärung zu berufen. Eine Ausdehnung dieser Ausnahme auf andere Fallkonstellationen wie auf die Überschreitung eines Fixtermins und auf die Unmöglichkeit der Leistung ist abzulehnen. Diese Fallkonstellationen unterscheiden sich nämlich von dem Fall der ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung durch den Schuldner, weil dieser in letzterem Fall nicht schutzwürdig ist.182 Da der Verkäufer vollen Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur in Verbindung mit der Vertragsaufhebung verlangen kann, steht ihm dieser bei mangelhafter Lieferung nur zu, wenn die mangelhafte Lieferung eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt. Diesbezüglich sei auf die obigen Ausführungen verwiesen.183

__________ 180

s. zu dieser Problematik auch Schlechtriem, in: FS Georgiades, S. 3 ff. (pdf). OLG München, Urt. v. 15.9.2004 – 7 U 2959/04, IHR 2005, 70, 71, dessen Entscheidung allerdings insoweit keine Zustimmung findet, als das Verbot des venire contra factum proprium aus dem nationalen Recht hergeleitet wird; OLG Hamburg, Urt. v. 28.2.1997 – 1 U 167/95, CISG-online Nr. 261; OLG Bamberg, Urt. v. 13.1.1999 – 3 U 83/98, IHR 2000, 17; Brunner Art. 75 Rn. 3, Art. 76 Rn. 2; MünchKommBGB/P. Huber Art. 75 Rn. 4; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 75 Rn. 5, Art. 76 Rn. 3; Staudinger/Magnus Art. 75 Rn. 8, Art. 76 Rn. 10; Weber, in: Bucher (Hrsg.), Wiener Kaufrecht, S. 165, 201; Sauthoff, IHR 2005, 151, 153 f. 182 MünchKommBGB/P. Huber Art. 75 Rn. 4 f.; Sauthoff, IHR 2005, 151, 154; a. A. Brunner Art. 75 Rn. 3. 183 s. o. § 6 IV. 181

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4. Schadensersatz in Verbindung mit dem (Nach-)Erfüllungsanspruch Verlangt der Käufer bei vertragswidriger Lieferung Ersatzlieferung gem. Art. 46 Abs. 2 CISG oder Nachbesserung gem. Art. 46 Abs. 3 CISG oder bei Vorliegen eines Rechtsmangels Erfüllung gem. Art. 46 Abs. 1 CISG, so ist als Schaden nur der verbleibende Nachteil auszugleichen, der durch die (Nach-) Erfüllung nicht behoben werden kann.184 Da der Nichterfüllungsschaden im engeren Sinn durch die (Nach-)Erfüllung beseitigt wird, kommt nur der Ersatz von Begleit- und Folgeschäden in Betracht, welche die mangelhafte Ware verursacht hat und die trotz der (Nach-)Erfüllung bestehen bleiben.185 Kann der Käufer z. B. einen Weiterverkaufsgewinn nach der (Nach-)Erfüllung noch realisieren, kann er diesen nicht im Wege des Schadensersatzes in Kombination mit der Nacherfüllung geltend machen, da sonst eine Überkompensation einträte. Dagegen kann er neben der (Nach-)Erfüllung beispielsweise den Ersatz von Integritätsschäden, die durch den Mangel an anderen Gegenständen des Käufers entstanden sind, verlangen, da diese durch die (Nach-)Erfüllung nicht mehr beseitigt werden können. Aus Art. 47 Abs. 2 S. 2 CISG geht hervor, dass der Käufer diese Schäden auch geltend machen kann, wenn er eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat und vor Ablauf dieser Frist keinen Rechtsbehelf wegen Vertragsverletzung ausüben kann. In Art. 47 Abs. 2 S. 2 CISG ist zwar nur der Verzögerungsschaden ausdrücklich genannt, die Vorschrift ist aber nach ihrem Zweck auf sonstige Schäden, die durch die mangelhafte Lieferung entstanden sind und durch die nachträgliche Erfüllung nicht mehr beseitigt werden können, entsprechend anzuwenden.186

__________ 184

Staudinger/Magnus Art. 45 Rn. 21; Piltz § 5 Rn. 320. Honsell/Schnyder/Straub Art. 45 Rn. 80; Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 45 Rn. 26; Staudinger/Magnus Art. 45 Rn. 21; W. Witz/Salger/M. Lorenz/Salger Art. 45 Rn. 11; U. Huber, S. 14. 186 Herber/Czerwenka Art. 47 Rn. 8; Honsell/Schnyder/Straub Art. 47 Rn. 29; Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 47 Rn. 19; Staudinger/Magnus Art. 47 Rn. 23; ohne nähere Begründung Ryffel, S. 33. Nach MünchKommBGB/P. Huber Art. 47 Rn. 23 bleiben dem Käufer die Ansprüche auf Ersatz solcher weiteren Schäden über den Wortlaut des Art. 47 Abs. 2 S. 2 CISG aufgrund eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes nach Art. 7 Abs. 2 CISG erhalten, nach dem die Nachfristsetzung dem Käufer nicht diejenigen Ansprüche nehmen soll, die unabhängig von einer etwaigen nachträglichen Erfüllung entstanden sind und durch diese nicht mehr behoben werden können. 185

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5. Schadensersatz in Verbindung mit der Minderung Grundsätzlich kann die Minderung gem. Art. 50 CISG in Verbindung mit der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs erklärt werden.187 Mindert der Käufer den Kaufpreis gem. Art. 50 CISG, so ist allerdings der auf das unmittelbare Erfüllungsinteresse, also der auf den Minderwert oder auf die zur Beseitigung des Mangels aufgewendeten Kosten188 gerichtete Schadensersatzanspruch ausgeschlossen. Verlangt werden kann jedoch der Ersatz weiterer Schäden, die über den Mangel hinausgehen und nicht durch die Minderung ausgeglichen werden.189 Meist wird der Käufer allerdings nicht die Minderung gem. Art. 50 CISG mit dem Schadensersatzanspruch gem. 45 Abs. 1 lit. b CISG kombinieren, sondern von vornherein nur einen Anspruch auf Schadensersatz geltend machen.190 Denn dieser umfasst den Minderwert der Sache und wird wie die Minderung unabhängig vom Verschulden des Verkäufers gewährt.191 Die Minderung erlangt jedoch in den Fällen Bedeutung, in denen der Verkäufer gem. Art. 79 CISG von der Schadensersatzhaftung befreit ist, da die Befreiung den Käufer gem. Art. 79 Abs. 5 CISG nicht an der Ausübung der Minderung hindert. Aufgrund der verschiedenen Berechnungsmethoden von Minderung und Schadensersatz192 ist die Minderung ferner günstiger, wenn der Marktpreis der Ware zwischen Vertragsschluss und Lieferzeitpunkt gesunken ist oder der Käufer die Ware über Wert gekauft hat. Auch kann der Käufer bei __________ 187 AG Luzern-Land, Kanton Luzern, Schweiz, Urt. v. 21.9.2004 – 11 04 4/ZU 016, CISG-online Nr. 963. 188 s. dazu OLG Schleswig, Urt. v. 22.8.2002 – II U 40/01, IHR 2003, 20, 21, welches entschied, dass der Käufer neben der Minderung des Kaufpreises für zu magere Schafe nicht die Kosten für die nachträgliche Mästung dieser Schafe im Wege des Schadensersatzes geltend machen könne. 189 Schweizerisches Bundesgericht, Urt. v. 28.10.1998 – 4 C. 197/1998/odi, CLOUT Nr. 248; Brunner Art. 50 Rn. 12, Art. 74 Rn. 2; Honsell/Schnyder/Straub Art. 45 Rn. 81; MünchKommBGB/P. Huber Art. 50 Rn. 30, 32; Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 45 Rn. 28; W. Witz/Salger/M. Lorenz/W. Witz Art. 74 Rn. 18; Garro/Zuppi S. 210; Ryffel, S. 35. 190 Vgl. Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 45 Rn. 28. Zweifelnd, ob für den Ersatz des Minderwerts im Wege des Schadensersatzes neben der Minderung ein sinnvoller Anwendungsbereich bleibt, v. Hoffmann, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 293, 302. 191 MünchKommBGB/P. Huber Art. 50 Rn. 30 f. 192 Die Minderung erfolgt nach der relativen Berechnungsmethode, vgl. Schlechtriem/ Schwenzer/Müller-Chen Art. 50 Rn. 8; Staudinger/Magnus Art. 50 Rn. 19. Der Schadensersatz wird nach der sog. linearen oder absoluten Berechnungsmethode ermittelt, also durch Berechnung der absoluten Wertdifferenz zwischen der mangelfreien und der mangelhaften Sache. Dabei wird auf den Wert abgestellt, den die Sache im mangelfreien Zustand im Zeitpunkt der Schadensberechnung hätte, vgl. Brunner Art. 50 Rn. 1; MünchKommBGB/P. Huber Art. 50 Rn. 31; Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 50 Rn. 8.

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1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

Nachweisschwierigkeiten eines konkreten Schadens auf die Minderung zurückgreifen.193 Zudem ist Art. 77 CISG nicht auf die Minderung anwendbar.194

__________ 193 MünchKommBGB/P. Huber Art. 50 Rn. 31; Schlechtriem/Schwenzer/MüllerChen Art. 50 Rn. 18; Gabriel, S. 159 ff.; ders., in: Ferrari/Flechtner/Brand (Hrsg.), The Draft UNCITRAL Digest and Beyond, S. 336, 358 f. 194 s. Staudinger/Magnus Art. 77 Rn. 7; Garro/Zuppi S. 211; Sondahl, VJ 255, 266 (2003).

§ 7 Das Vorhersehbarkeitserfordernis des Art. 74 S. 2 CISG Gem. Art. 74 S. 2 CISG darf der Schadensersatz nicht den Verlust überschreiten, den die vertragsbrüchige Partei bei Vertragsabschluss als mögliche Folge der Vertragsverletzung vorausgesehen hat oder unter Berücksichtigung der Umstände, die sie kannte oder kennen musste, hätte voraussehen müssen.

I. Funktion des Art. 74 S. 2 CISG Wie bereits dargestellt, setzt die Schadensersatzhaftung voraus, dass dem Gläubiger durch die Vertragsverletzung ein kausaler Schaden entstanden ist (Art. 74 S. 1 CISG). Kausalität nach der conditio-sine-qua-non-Formel reicht aus,1 Adäquanz- oder Schutzzweckerwägungen werden nicht angestellt, um eine Haftung für entfernte Schäden auszuschließen.2 Der Ausgrenzung solcher Schäden dient stattdessen die Vorhersehbarkeitsregel des Art. 74 S. 2 CISG.3 Im Schrifttum findet sich die Aussage, dass die Vorhersehbarkeit an die Stelle des Verschuldens tritt.4 Das Verschulden muss sich aber klassischerweise auf die Vertragsverletzung beziehen,5 wohingegen Bezugspunkt für die Vorhersehbarkeit die Schadensfolge als eine bei Vertragsschluss abschätzbare Konse-

__________ 1 Handelsgericht des Kantons Zürich, Urt. v. 26.4.1995 – HG 920670, CISG-online Nr. 248; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 23; Staudinger/Magnus Art. 74 Rn. 28. 2 Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 23; Staudinger/Magnus Art. 74 Rn. 29; Roßmeier, RIW 2000, 407, 410. 3 Handelsgericht des Kantons Zürich, Urt. v. 26.4.1995 – HG 920670, CISG-online Nr. 248; Brunner Art. 74 Rn. 11; MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 25; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 23; Soergel/Lüderitz/Dettmeier Vor Art. 74 Rn. 1; Staudinger/Magnus Art. 74 Rn. 30; Jud, S. 227; Ryffel, S. 55; Rummel, in: Hoyer/Posch (Hrsg.), Das Einheitliche Wiener Kaufrecht, S. 177, 181 f.; vgl. auch Bianca/Bonell/Knapp Art. 74 Anm. 2.8; Leser, in: FS Kitagawa, S. 455, 461; Welser, in: Doralt (Hrsg.), Das UNCITRAL-Kaufrecht im Vergleich zum österreichischen Recht, S. 105, 127. 4 Stoffel, EuZ 2002, 2, 3. 5 Rummel, in: Hoyer/Posch (Hrsg.), Das Einheitliche Wiener Kaufrecht, S. 177, 181.

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1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

quenz einer möglichen Pflichtverletzung ist. 6 Es kommt auch nicht auf die subjektive Vorhersehbarkeit i. S. eines Verschuldens an.7 Zwar ist die Vorhersehbarkeit des Schadens wie das Verschulden ein Zurechnungskriterium,8 im Rahmen der Vorhersehbarkeitsregel wird aber nicht der Haftungsgrund in Frage gestellt, sondern es geht allein um die Begrenzung der Haftung.9 Sinn und Zweck des Art. 74 S. 2 CISG ist, den Schadensersatz auf das bei Vertragsschluss übernommene Haftungsrisiko zu beschränken.10 Der Vertrag wird dabei als Rahmen und Grenze für das übernommene Risiko fruchtbar gemacht.11 Das Haftungsrisiko richtet sich also nach den bei Vertragsschluss eingegangenen Pflichten und den zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Umständen. Es kann z. B. durch die Übernahme einer Garantie erhöht, durch Haftungsbeschränkungen dagegen niedrig gehalten werden.12 Die Parteien sollen kalkulieren können, mit welchen Kosten bei Nichteinhaltung des Vertrags zu rechnen ist.13 Dies soll ihnen die privatautonome Entscheidung ermöglichen, ob der mögliche Gewinn aus dem Vertrag die Übernahme des Haftungsrisikos rechtfertigt.14 Die Vorhersehbarkeitsregel wird auch als das notwendige Korrelat zur verschuldensunabhängigen Haftung bezeichnet.15 Allerdings wird in der deutschen Literatur kritisiert, dass es ein massives Gerechtigkeitsdefizit darstelle, wenn ein Schaden, der im Zeitpunkt der Pflichtverletzung, jedoch noch nicht bei Vertragsschluss voraussehbar gewesen sei, nicht ersatzfähig sei. Dies trage dem Rang und Gewicht des Verschuldensprinzips, __________ 6 OGH, Urt. v. 14.1.2002 – 7 Ob 301/01t, CISG-online Nr. 643; MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 27; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 36; Staudinger/Magnus Art. 74 Rn. 32. 7 MünchKommHGB/Mankowski Art. 74 Rn. 24; Stoll, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 257, 260; vgl. auch Weber, in: Bucher (Hrsg.), Wiener Kaufrecht, S. 165, 193, 198. Missverständlich insoweit Rummel, in: Hoyer/Posch (Hrsg.), Das Einheitliche Wiener Kaufrecht, S. 177, 182. 8 s. dazu Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 34; W. Witz/Salger/M. Lorenz/W. Witz Art. 74 Rn. 27. 9 MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 27; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 36; Stoll, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 257, 260. 10 Honsell/Schönle Art. 74 Rn. 23; Weber, in: Bucher (Hrsg.), Wiener Kaufrecht, S. 165, 193; Roßmeier, RIW 2000, 407, 410. 11 Leser, in: FS Kitagawa, S. 455, 461. 12 Schlechtriem Rn. 302. 13 MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 25; MünchKommHGB/Mankowski Art. 74 Rn. 21; W. Witz/Salger/M. Lorenz/W. Witz Art. 74 Rn. 27; Kranz, S. 212; Ryffel, S. 60; Schlechtriem Rn. 302. 14 Ryffel, S. 60; Weber, in: Bucher (Hrsg.), Wiener Kaufrecht, S. 165, 198. 15 s. Herber/Czerwenka Art. 74 Rn. 10; W. Witz/Salger/M. Lorenz/W. Witz Art. 74 Rn. 2.

§ 7 Das Vorhersehbarkeitserfordernis des Art. 74 S. 2 CISG

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dessen Entwicklung einen der bedeutendsten rechtsethischen Durchbrüche der Privatrechtsgeschichte darstelle, nicht angemessen Rechnung. Zwar wird anerkannt, dass es bei Zugrundelegung des Haftungssystems der Garantiehaftung folgerichtig ist, für die Voraussehbarkeit auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses und nicht auf den Zeitpunkt der Pflichtverletzung abzustellen. Dies wird aber als Schwäche angesehen.16 Die Kritik richtet sich also vielmehr gegen das System der Garantiehaftung als speziell gegen das Vorhersehbarkeitserfordernis in Art. 74 S. 2 CISG. Im Gegensatz zu Art. 74 S. 2 CISG wird in Art. 9:503 der Principles of European Contract Law die Beschränkung der Ersatzpflicht auf vorhersehbare Schäden für diejenigen Fälle durchbrochen, in denen die Nichterfüllung vorsätzlich oder grob fahrlässig erfolgt ist.17 Dies lässt sich durch die Überlegung rechtfertigen, dass der Verkäufer in diesen Fällen nicht schutzwürdig und die vertragliche Risikoverteilung insoweit aufgehoben ist.18 Die Gründe, die für eine Garantiehaftung im CISG sprachen, sind jedoch bereits ausführlich dargestellt worden. Dabei war es ein Hauptanliegen, den Begriff des Verschuldens im UN-Kaufrecht zu vermeiden, weil dieser in den unterschiedlichen Rechtsordnungen mit unterschiedlichen Konzepten behaftet ist. Eine Lösung wie in Art. 9:503 der Principles of European Contract Law kam für das CISG daher nicht in Betracht.

II. Maßstab Die Voraussehbarkeit i. S. d. Art. 74 CISG ist objektiv zu beurteilen.19 Entscheidend ist somit, ob es nach den Umständen, die der Schuldner bei Vertragsschluss kannte oder eine vernünftige Person in seiner Lage hätte erkennen können, vorhersehbar war, dass eine Vertragsverletzung der geschehenen Art den entstandenen Schaden herbeiführen würde.20 Da sich die Vorhersehbarkeitsregel nicht auf das Eintreten der den Schaden auslösenden Vertragsverletzung bezieht, kann ein Verkäufer bei Vorliegen eines verdeckten Mangels nicht __________ 16

s. Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 253. Hierzu kritisch Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 252 f., dem dies noch nicht weit genug geht. 18 Dylakiewicz, S. 202 f., 217. 19 OGH, Urt. v. 14.1.2002 – 7 Ob 301/01t, CISG-online Nr. 643; Brunner Art. 74 Rn. 12; Honsell/Schönle Art. 74 Rn. 24; MünchKommHGB/Mankowski Art. 74 Rn. 24; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 38; Staudinger/Magnus Art. 74 Rn. 35; Faust, S. 13; Ryffel, S. 62; Weber, in: Bucher (Hrsg.), Wiener Kaufrecht, S. 165, 198; Roßmeier, RIW 2000, 407, 411. 20 OGH, Urt. v. 14.1.2002 – 7 Ob 301/01t, CISG-online Nr. 643; Neumayer/Ming Anm. 3; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art 74 Rn. 38; Stoll, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 257, 260 f. 17

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1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

einwenden, er habe die Vertragsverletzung und den auf ihr beruhenden Schaden nicht voraussehen können.21 Vielmehr ist zu fragen, ob der Schuldner den Schaden hätte vorhersehen können, wenn er die Vertragsverletzung bei Vertragsschluss als gegeben angesehen hätte. 22 Die subjektive Risikoeinschätzung des Schuldners erlangt nur Bedeutung, wenn dieser weiß, dass eine Vertragsverletzung ungewöhnliche oder ungewöhnlich hohe Schäden auslösen würde. Dann sind ihm auch diese Folgen zuzurechnen.23

III. Vorhersehbarkeit bestimmter Schäden In der Literatur sind hinsichtlich der Vorhersehbarkeit von Schäden Fallgruppen gebildet worden. Dies dient der Praktikabilität der Vorschrift.24

1. Unmittelbar aus der Nichterfüllung resultierende Schäden Der unmittelbar aus der Nichterfüllung resultierende Schaden soll in der Regel voraussehbar sein.25 Dies gilt bei Lieferung mangelhafter Ware z. B. für den mangelbedingten Minderwert und für Reparaturkosten (Nichterfüllungsschaden im engeren Sinne) sowie für Untersuchungs- und Rücktransportkosten. 26 Aller__________ 21 W. Witz/Salger/M. Lorenz/W. Witz Art. 74 Rn. 33. So auch Stoll, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 257, 261 kritisch in Bezug auf LG Duisburg, Urt. v. 16.7.1976 – 11 O 73/76, RIW/AWD 1977, 424 zum EKG. Ebenso Weber, in: Bucher (Hrsg.), Wiener Kaufrecht, S. 165, 198. 22 MünchKommHGB/Mankowski Art. 74 Rn. 22. 23 OGH, Urt. v. 14.1.2002 – 7 Ob 301/01t, CISG-online Nr. 643; Honsell/Schönle Art. 74 Rn. 25; MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 30; MünchKommHGB/Mankowski Art. 74 Rn. 25; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn.38; Staudinger/Magnus Art. 74 Rn. 36; Roßmeier, RIW 2000, 407, 411. 24 MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 34; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 40. 25 OGH, Urt. v. 14.1.2002 – 7 Ob 301/01t, CISG-online Nr. 643; Brunner Art. 74 Rn. 22; Honsell/Schönle Art. 74 Rn. 29; MünchKommHGB/Mankowski Art. 74 Rn. 24, 27; Neumayer/Ming Art. 74 Anm. 4; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 41; Staudinger/Magnus Art. 74 Rn. 40; Faust, S. 17; Kranz, S. 214; Ryffel, S. 63; Weber, in: Bucher (Hrsg.), Wiener Kaufrecht, S. 165, 199; Roßmeier, RIW 2000, 407, 411. 26 Brunner Art. 74 Rn. 23, 24; Herber/Czerwenka Art. 74 Rn. 12; MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 35; Neumayer/Ming Art. 74 Anm. 4; Soergel/Lüderitz/Dettmeier Art. 74 Rn. 14; Staudinger/Magnus Art. 74 Rn. 41; Kranz, S. 214; Ryffel, S. 64; Schlechtriem Rn. 303; Roßmeier, RIW 2000, 407, 411. s. auch Arbitration

§ 7 Das Vorhersehbarkeitserfordernis des Art. 74 S. 2 CISG

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dings sind unverhältnismäßige Aufwendungen, wie unangemessen hohe Reparaturkosten im Verhältnis zum Warenwert, nicht ersatzfähig.27 Strittig ist, ob Art. 74 S. 2 CISG im Rahmen der Art. 75, 76 CISG anwendbar ist. Teilweise wird eine Anwendbarkeit vor allem mit Hinweis auf Wortlaut und Systematik des Übereinkommens28 abgelehnt.29 Nach einer anderen Ansicht kommt die Voraussehbarkeitsregel im Rahmen der genannten Vorschriften nicht zum Tragen.30 So sei es regelmäßig voraussehbar, dass sich der Gläubiger durch ein angemessenes Deckungsgeschäft Ersatz für den Nichterfüllungsschaden verschaffe.31 Die genannten Ansichten werden nur in Ausnahmefällen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Nach Art. 75, 76 CISG berechnete Schäden sind in aller Regel erstattungsfähig.

2. Folgeschäden Die Voraussehbarkeit von Folgeschäden ist dagegen genau zu prüfen.32 Entgangener Gewinn ist bei einem Verkauf handelbarer Ware an einen Kaufmann im Rahmen der üblichen Gewinnspanne voraussehbar, da bei Kaufmännern mit dem Weiterverkauf solcher Ware gerechnet werden muss.33 Ungewöhnlich hohe entgangene Gewinne sind dagegen nur ersatzfähig, wenn der Käufer den Verkäufer bei Vertragsschluss auf dieses Risiko hingewiesen hat.34 Mangelbe__________ Institute of the Stockholm Chamber of Commerce, Arbitral Award 107/1997, 1998, Unilex. 27 MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 35; Staudinger/Magnus Art. 74 Rn. 41. 28 s. dazu insbes. Faust, S. 25 f. 29 MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 26; Piltz § 5 Rn. 448. 30 Brunner Art. 75 Rn. 1; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 75 Rn. 6, Art. 76 Rn. 6; Staudinger/Magnus Art. 75 Rn. 3, Art. 76 Rn. 6; Schlechtriem Rn. 301; Rummel, in: Hoyer/Posch (Hrsg.), Das Einheitliche Wiener Kaufrecht, S. 177, 183. 31 Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 75 Rn. 6; Ryffel, S. 67; ähnlich MünchKommHGB/Mankowski Art. 75 Rn. 11. 32 Weber, in: Bucher (Hrsg.), Wiener Kaufrecht, S. 165, 199; vgl. auch Neumayer/Ming Art. 74 Anm. 1, 4; Jud, S. 226. 33 OGH, Urt. v. 28.4.2000 – 10 Ob 292/99v, IHR 2001, 206, 208; Handelsgericht St. Gallen, Urt. v. 3.12.2002 – HG.1999.82-HGK, IHR 2003, 181, 185; Brunner Art. 74 Rn. 35; Herber/Czerwenka Art. 74 Rn. 12; MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 36; Neumayer/Ming Art. 74 Anm. 5; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 44; Soergel/Lüderitz/Dettmeier Art. 74 Rn. 21; W. Witz/Salger/M. Lorenz/W. Witz Art. 74 Rn. 34; Faust, S. 17; Karollus, S. 217 f.; Ryffel, S. 67; Schlechtriem Rn. 304; Stoll, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 257, 263; Weber, in: Bucher (Hrsg.), Wiener Kaufrecht, S. 165, 199; Roßmeier, RIW 2000, 407, 411. 34 MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 36; Ryffel, S. 68; Schlechtriem Rn. 304.

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1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

dingte Folgeschäden an anderen Gegenständen des Käufers gelten als ersatzfähig, wenn der eingetretene Schaden als hinreichend wahrscheinliche Folge erkannt werden konnte.35 Sie sind daher nicht voraussehbar, wenn sie auf einem bestimmungswidrigen Gebrauch der Sache beruhen.36 Gehen sie dagegen auf das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft zurück, sind sie ersatzfähig, da der Verkäufer insoweit das Schadensrisiko übernommen hat. 37 Haftungsschäden, z. B. aufgrund von Schadensersatzpflichten gegenüber den eigenen Abnehmern, sind voraussehbar, soweit die Ersatzpflicht nicht den üblichen Umfang38 übersteigt.39 Reputationsschäden gelten überwiegend als nicht voraussehbar,40 es sei denn, dass der Käufer den Verkäufer bei Vertragsschluss auf dieses Schadensrisiko konkret hingewiesen habe.41 Die Vorhersehbarkeit eines solchen good-will-Verlustes ist jedoch schon dann zu bejahen, wenn der Käufer erkennbar als Zwischenhändler in einem empfindlichen Markt tätig ist,42 da der __________ 35 OGH, Urt. v. 14.1.2002 – 7 Ob 301/01t, CISG-online Nr. 643; Staudinger/Magnus Art. 74 Rn. 46, die Schäden an anderen Gegenständen nur als voraussehbar ansehen, wenn kein ganz ungewöhnlicher Kausalverlauf zugrunde liegt und sich ein Risiko verwirklicht, das nach der vertraglichen Risikoverteilung der Verkäufer zu tragen hatte. 36 Brunner Art. 74 Rn. 47; MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 41; MünchKommHGB/Mankowski Art. 74 Rn. 32; Neumayer/Ming Art. 74 Anm. 4, 5; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 47; Soergel/Lüderitz/Dettmeier Art. 74 Rn. 16; W. Witz/Salger/M. Lorenz/W. Witz Art. 74 Rn. 36; Faust, S. 22; Karollus, S. 218; Kranz, S. 218; Schlechtriem Rn. 306; Ryffel, S. 66; Weber, in: Bucher (Hrsg.), Wiener Kaufrecht, S. 165; s. auch Staudinger/Magnus Art. 74 Rn. 47; Roßmeier, RIW 2000, 407, 411. 37 Kranz, S. 218; Ryffel, S. 65; Roßmeier, RIW 2000, 407, 411. 38 Kranz, S. 215 bezeichnet als den üblichen Umfang zurückhaltend nur Lohn-, Material- und Reparaturaufwendungen bei Schadensersatzpflichten gegenüber den Abnehmern. 39 OLG Köln, Urt. v. 21.5.1996 – 22 U 4/96, CISG-online Nr. 254; OGH, Urt. v. 14.1.2002 – 7 Ob 301/01t, CISG-online Nr. 643; Brunner Art. 74 Rn. 42; MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 37, 38; MünchKommHGB/Mankowski Art. 74 Rn. 31; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 45; Soergel/Lüderitz/Dettmeier Art. 74 Rn. 16; Staudinger/Magnus Art. 74 Rn. 45; W. Witz/Salger/M. Lorenz/W. Witz Art. 74 Rn. 34; Karollus, S. 217 f.; Ryffel, S. 68; Weber, in: Bucher (Hrsg.), Wiener Kaufrecht, S. 165, 199. 40 s. W. Witz/Salger/M. Lorenz/W. Witz Art. 74 Rn. 35; Kranz, S. 216; Ryffel, S. 69; Stoll, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 257, 263. 41 So Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 46; Karollus, S. 218; Ryffel, S. 70; Stoll, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 257, 263; Roßmeier, RIW 2000, 407, 411. 42 Schweizerisches Bundesgericht, Urt. v. 28.10.1998 – 4C.179/1998, CISG-online Nr. 413, welches zusätzlich auf das Fehlen der Möglichkeit des Käufers abstellt, seine Abnehmer durch eigene Vorkehren anderweitig fristgerecht mit mangelfreier Ware zu versehen; Brunner Art. 74 Rn. 21; Schlechtriem Rn. 306; ähnlich auch Soergel/Lüderitz/Dettmeier Art. 74 Rn. 17. MünchKommHGB/Mankowski Art. 74 Rn. 42 bezeichnet die Empfindlichkeit des Markts, in welchem der Gläubiger tätig ist, als einen wichti-

§ 7 Das Vorhersehbarkeitserfordernis des Art. 74 S. 2 CISG

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Verkäufer in diesem Fall mit einem solchen Schaden rechnen konnte. Für Betriebsausfallschäden gilt, dass sie nur ersatzfähig sind, wenn bei Vertragsschluss ein konkreter Hinweis auf das Schadensrisiko erfolgt ist, 43 z. B. indem der Käufer deutlich macht, dass er die Sache zur Produktion einsetzen wird. Ansonsten sei davon auszugehen, dass ein kaufmännisch kalkulierender Unternehmer in der Regel für den Fall ausbleibender oder mangelhafter Lieferung Vorkehrungen treffe.44 Dieses Argument vermag zwar allein nicht zu überzeugen. Es ist aber anzunehmen, dass der Schuldner nicht ohne weiteres ein solch unkalkulierbares Risiko wie einen Betriebsausfallschaden eingehen will und der Einsatz von Waren zur Produktion oder anderweitigen eigenen Verwendung bei Unternehmern nicht die Regel darstellt.

__________ gen Faktor. Ablehnend MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 39, der die Ersatzfähigkeit eines good will-Schadens unter Hinzuziehung normativer Gesichtspunkte verneint, da der Verkäufer in der Regel ein derart unkalkulierbares Risiko erkennbar nicht ohne weiteres eingehen wolle. 43 Karollus, S. 217; Kranz, S. 215 f.; Weber, in: Bucher (Hrsg.), Wiener Kaufrecht, S. 165; Roßmeier, RIW 2000, 407, 411; wohl auch Neumayer/Ming Art. 74 Anm. 5. Brunner Art. 74 Rn. 12, 39; Soergel/Lüderitz/Dettmeier Art. 74 Rn. 17 und Schlechtriem Rn. 305 lassen dagegen schon die konkrete Erkennbarkeit ausreichen; ebenso Ryffel, S. 70 bis zur Grenze des normalen Betriebsgewinns. Noch weitergehender Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 44, die es bei einem nicht außergewöhnlichen Schaden ausreichen lassen, dass der Verkäufer bei Vertragsschluss damit habe rechnen müssen, dass der Käufer die Sache im eigenen Betrieb verwenden werde; für eine großzügigere Handhabung auch Herber/Czerwenka Art. 74 Rn. 12; MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 40. 44 Schlechtriem Rn. 305; Weber, in: Bucher (Hrsg.), Wiener Kaufrecht, S. 165; a. A. MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 40.

§ 8 Möglichkeiten von Haftungsausschluss und -beschränkungen durch Parteivereinbarung Die Parteien können den Schadensersatzanspruch – wie auch die anderen Rechtsbehelfe – gem. Art. 6 CISG durch Parteivereinbarung ausschließen oder von den Schadensersatzregelungen abweichen. Freizeichnungsklauseln i. S. einer unbeschränkten Abbedingung der Gewährleistung lassen sich allerdings nicht mit der ausdrücklichen Zusicherung einer bestimmten Eigenschaft vereinbaren. Zulässig ist in den Fällen der Zusicherung einer Eigenschaft aber die gleichzeitige Beschränkung der Haftung.1 Aufgrund der Unwägbarkeiten der Vorhersehbarkeitsregel wird es als sinnvoll angesehen, Art und Umfang der ersatzfähigen Schäden vertraglich zu vereinbaren.2 Weist der Käufer den Verkäufer auf besondere vertragliche Risiken hin, hat der Verkäufer die Möglichkeit, eine Haftung für diese auszuschließen.3 Ein Haftungsausschluss für Folgeschäden sollte möglichst in Bezug auf konkrete Schäden und nicht pauschal vereinbart werden, da ansonsten die Vorhersehbarkeitsregel das zur Haftungsbegrenzung überlegenere Instrument ist.4 Summenmäßige Beschränkungen der Haftung können beispielsweise unter Anknüpfung an eine Haftpflichtversicherung oder den Kaufpreis erfolgen.5 Auch kann die Haftung auf bestimmte Handlungsformen beschränkt werden. Der Haftungsausschluss für vorsätzliche oder grob fahrlässige Schädigung wird aber als nicht mit Treu und Glauben (Art. 7 Abs. 1 CISG) vereinbar angesehen.6 Eventuell können sich Modifikationen auch aufgrund beachtlicher Gebräuche oder zwischen den Parteien geübter Gepflogenheiten ergeben (Art. 9 CISG).7 Die wirksame Einbeziehung haftungsausschließender oder -beschränkender Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nach den Vertragsschluss__________ 1 Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Schweiz, Urt. v. 22.8.2003 – 33/2002/SAS/so, CISG-online Nr. 943. 2 MünchKommBGB/P. Huber Art. 74 Rn. 56. 3 Ryffel, S. 115. 4 W. Witz/Salger/M. Lorenz/W. Witz Art. 74 Rn. 43. 5 W. Witz/Salger/M. Lorenz/W. Witz Art. 74 Rn. 43. 6 Staudinger/Magnus Art. 45 Rn. 46. S. zum Ausschluss der Haftung für vorsätzlich verursachte Schäden auch Ostendorf/Neumann/Ventsch, IHR 2006, 21 mit Fn. 4. 7 Piltz § 5 Rn. 323.

§ 8 Möglichkeiten von Haftungsausschluss und -beschränkungen

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regelungen des CISG (Art. 14 ff. CISG) zu beurteilen. Die Gültigkeitskontrolle erfolgt dagegen gem. Art. 4 lit. a CISG nach Maßgabe des nach den Vorschriften des internationalen Privatrechts des Forumstaates anwendbaren nationalen Rechts. Stellt dieses zur Beurteilung der Wirksamkeit der Klauseln auf die gesetzlichen Grundwertungen ab (z. B. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB), ist ein völliger Ausschluss der Schadensersatzhaftung unwirksam, da die verschuldensunabhängige Schadensersatzhaftung als allgemeiner Rechtsbehelf eine Grundwertung des CISG darstellt.8 Teilweise wird aber eine formularmäßige Haftungsfreizeichnung für nicht wesentliche Vertragsverletzungen als mit der Wertung des CISG vereinbar angesehen, zumindest wenn die außervertragliche Haftung bestehen bleibe.9 Fraglich ist, ob im Fall einer wesentlichen Vertragsverletzung i. S. d. Art. 25 CISG die Haftung des Verkäufers für einfache Fahrlässigkeit ausgeschlossen werden kann, wenn sich die Gültigkeit der AGB nach deutschem Recht und somit nach § 307 BGB beurteilt. Die Unwirksamkeit eines solchen Haftungsausschlusses wird mit der Begründung für möglich gehalten, dass der Maßstab der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht auf die Leitbildkontrolle gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB beschränkt sei, sondern auch die Prüfung umfasse, ob wesentliche Rechte oder Pflichten so eingeschränkt würden, dass der Vertragszweck gefährdet werde (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Ein fortbestehendes Rücktrittsrecht allein könnte die Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes gerade im Fall von Mangelfolgeschäden nicht hinreichend kompensieren und damit den Vertragszweck gefährden.10 In diesem Zusammenhang ist jedoch ein Urteil des österreichischen OGH zu beachten. Hiernach zählt zu den zu wahrenden Grundwertungen des UN-Kaufrechts u. a. das Recht zur Aufhebung des Vertrages. Werde auch dieses Aufhebungsrecht eingeschränkt, so müsse der vertragstreuen Partei in jedem Fall ein Anspruch auf Ersatz des durch den Erfüllungsmangel entstandenen Schadens verbleiben.11 Angesichts dieser Entscheidung lässt sich argumentieren, dass die Erreichung des Vertragszwecks bei bestehendem Vertragsaufhebungsrecht nicht gefährdet ist und die Schadensersatzhaftung des Verkäufers für leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen werden kann. Daher ist die Ansicht vorzugswürdig, nach der eine Beschränkung der Schadensersatzhaftung auf vorsätzliche oder grob fahr__________ 8 Staudinger/Magnus Art. 74 Rn. 59; Piltz § 5 Rn. 323; s. auch OLG Zweibrücken, Urt. v. 31.3.1998 – 8 U 46/97, CISG-online Nr. 481, in diesem Punkt bestätigt durch den BGH, Urt. v. 24.3.1999 – VIII ZR 121/98, BGHZ 141, 129, 135. 9 W. Witz/Salger/M. Lorenz/W. Witz Art. 74 Rn. 42. 10 Ostendorf/Neumann/Ventsch, IHR 2006, 21, 23, die aus diesem Grund zur Anwendung von UN-Kaufrecht unter gleichzeitiger Wahl eines Vertragsstatuts raten, das eine dem deutschen Recht vergleichbare rigide Kontrolle von Standardverträgen nicht kennt. 11 OGH, Beschl. v. 7.9.2000 – 8 Ob 22/00v, IHR 2001, 42, 43.

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1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

lässig verursachte Schäden in Allgemeinen Geschäftsbedingungen grundsätzlich zulässig ist.12

__________ 12 Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 74 Rn. 50; Staudinger/Magnus Art. 74 Rn. 59; s. auch OLG Zweibrücken, Urt. v. 31.3.1998 – 8 U 46/97, CISG-online Nr. 481, in diesem Punkt bestätigt durch den BGH, Urt. v. 24.3.1999 – VIII ZR 121/98, BGHZ 141, 129, 135.

§ 9 Zusammenfassung Erfüllt der Verkäufer eine seiner Pflichten nach dem Vertrag oder dem CISG nicht, stehen dem Käufer gem. Art. 45 Abs. 1 CISG insbesondere die Rechtsbehelfe der (Nach-)Erfüllung gem. Art. 46 CISG, der Vertragsaufhebung gem. Art. 49 CISG, der Minderung gem. Art. 50 CISG und des Schadensersatzes gem. Art. 45 Abs. 1 lit. b CISG zu. Den Anspruch auf Schadensersatz kann der Käufer kumulativ zu den anderen Rechtsbehelfen geltend machen (Art. 45 Abs. 2 CISG). Verletzt der Verkäufer seine Pflichten aus Art. 35 oder Art. 41 f. CISG, wofür dem Käufer grundsätzlich die Beweislast obliegt, liegt darin eine Nichterfüllung i. S. d. Art. 45 Abs. 1 CISG. Das UN-Kaufrecht kennt folglich keine eigenständigen Gewährleistungsregelungen. Die Schlechtleistung ist vielmehr ein Unterfall der Nichterfüllung, so dass dem Käufer die ihm im Fall einer Nichterfüllung zustehenden Rechtsbehelfe auch bei der Schlechtleistung zur Verfügung stehen. Den Ersatz der Schäden, die dem Käufer infolge der Vertragswidrigkeit der Ware oder infolge eines Rechtsmangels entstanden sind, kann er daher gem. Art. 45 Abs. 1 lit. b CISG i. V. m. Art. 74 ff. CISG verlangen. Die Haftung ist auf den Ersatz des Erfüllungsinteresses und des Integritätsinteresses des Käufers gerichtet. Alternativ zum Ersatz des Erfüllungsinteresses kann der Käufer nach der Vertragsaufhebung auch den Ersatz des negativen Interesses verlangen. Die Schadensersatzhaftung ist eine Garantiehaftung, ein Verschulden des Verkäufers ist nicht erforderlich. Der Schuldner haftet allein aufgrund seines Leistungsversprechens. Als Begründung für die Ausgestaltung der Haftung im CISG als Garantiehaftung können die Besonderheiten im internationalen Handel sowie die Besonderheiten des Einheitsrechts angeführt werden. Eine Garantiehaftung bringt im internationalen Handel insofern Vorteile mit sich, als sie die Rechtssicherheit erhöht und eine Abwicklung im Schadensfall erleichtert und beschleunigt wird. Bei einer vom Verschulden unabhängigen Haftung wird zudem das Problem umgangen, dass der Begriff des Verschuldens in den verschiedenen nationalen Rechtsordnungen mit unterschiedlichen Konzepten belegt ist. Die Garantiehaftung im CISG unterliegt jedoch Einschränkungen. Der Schuldner kann sich gem. Art. 79 oder Art. 80 CISG von seiner Haftung befreien. In Art. 74 S. 2 CISG ist ferner eine Haftungsbegrenzung auf den vorhersehbaren Schaden vorgesehen. Sowohl die Befreiungstatbestände der Art. 79,

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1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

80 CISG als auch die Vorhersehbarkeitsregel in Art. 74 S. 2 CISG setzen bei der vertraglichen Risikoverteilung an. Im Rahmen des Art. 79 CISG richtet es sich nach der vertraglichen oder subsidiär nach der typischen Risikoverteilung, welche Risiken in den Einflussbereich des Schuldners fallen, für die der Verkäufer infolgedessen einstehen muss. Durch Art. 74 S. 2 CISG wird der Schadensersatz auf das bei Vertragsschluss übernommene Haftungsrisiko beschränkt. Der Befreiungstatbestand des Art. 79 CISG, für dessen Voraussetzungen der Schuldner die Beweislast trägt, ist auch auf die Lieferung mangelhafter Ware anwendbar. In der Regel wird sich der Verkäufer jedoch im Fall der mangelhaften Lieferung nicht nach Art. 79 CISG entlasten können, da die Vertragswidrigkeit der Ware oder der ihr anhaftende Rechtsmangel nur im Ausnahmefall auf ein außerhalb des Einflussbereichs des Schuldners liegendes Risiko zurückgehen wird. Dies gilt auch für Folgeschäden,1 wobei gem. Art. 5 CISG die Haftung für Tod oder Körperverletzung vom Anwendungsbereich des CISG ausgeschlossen ist. Da das allgemeine Beschaffungsrisiko im UN-Kaufrecht auch die Beschaffung mangelfreier Ware erfasst, hat der Verkäufer bei einem Gattungskauf gem. Art. 79 Abs. 1 CISG für Mängel einzustehen, die im Bereich eines Voroder Zulieferers entstanden sind. Dies gilt auch bei verdeckten Mängeln. Es kommt nicht darauf an, dass der Mangel auch bei Anwendung vernünftiger und zumutbarer Untersuchungsmethoden generell nicht erkennbar war. Der Hersteller haftet zudem für Entwicklungsfehler unabhängig davon, ob der Fehler nach dem wissenschaftlichen und technischen Stand zum Zeitpunkt der Herstellung erkennbar und vermeidbar war. Ließe man nämlich die Möglichkeit einer Entlastung in diesen Fällen zu, müssten diesbezüglich schwierige Untersuchungen angestellt werden. Darüber hinaus bestünde die Gefahr der Heranziehung von Sorgfalts- und Verschuldenskriterien. Art. 79 CISG ist jedoch dispositiv, so dass z. B. die Haftung für Entwicklungsfehler durch Parteivereinbarung ausgeschlossen werden kann. Der Umfang des Schadensersatzanspruchs gem. Art. 45 Abs. 1 lit. b CISG hängt davon ab, ob er als alleiniger Rechtsbehelf oder in Kombination mit einem anderen Rechtsbehelf geltend gemacht wird. Der Käufer kann Ersatz des vollen Erfüllungsinteresses unter Gesamtliquidierung des Vertrags, was dem „großen“ Schadensersatz entspricht, nur in Kombination mit der Vertragsaufhebung gem. Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG geltend machen. Er kann dieses Ergebnis nicht auch dadurch erreichen, dass er allein einen Anspruch auf Schadensersatz geltend macht. Vielmehr ist der Schadensersatz in diesem Fall auf Basis __________ 1 Kritisch Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 252, nach dem hierfür eine teleologisch überzeugende Legitimation bisher nicht vorgebracht ist.

§ 9 Zusammenfassung

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der Aufrechterhaltung und der Durchführung des Vertrags zu berechnen, da ansonsten die strengen Voraussetzungen des Rechtsbehelfs der Vertragsaufhebung gem. Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG durch die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs umgangen werden würden. Voraussetzung der Vertragsaufhebung gem. Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG ist insbesondere das Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung i. S. d. Art. 25 CISG, an die hohe Anforderungen zu stellen sind. Darin kommt zum Ausdruck, dass die Vertragsaufhebung aufgrund der mit einer Vertragsrückabwicklung im internationalen Handel verbundenen Schwierigkeiten nur ultima ratio ist. Ein Mangel der Ware begründet nur dann eine wesentliche Vertragsverletzung, wenn er objektiv so schwerwiegend ist, dass es dem Käufer nicht zuzumuten ist, auf Minderung oder Schadensersatz verwiesen zu werden. Subsidiär zu der Parteivereinbarung ist insbesondere auf die Gebrauchstauglichkeit und Handelbarkeit der Ware abzustellen. Eine wesentliche Vertragsverletzung wird in der deutschen und schweizerischen Rechtsprechung verneint, solange dem Käufer eine anderweitige Verarbeitung oder der Absatz der Ware im gewöhnlichen Geschäftsverkehr ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich und zumutbar ist. Diese Rechtsprechung ist an den Gegebenheiten des internationalen Handels ausgerichtet. Ferner liegt eine wesentliche Vertragsverletzung auch bei einem objektiv schwerwiegenden Mangel nicht vor, wenn der Mangel behebbar ist und der Verkäufer innerhalb einer angemessenen Frist in einer für den Käufer zumutbaren Weise zur Beseitigung des Mangels bereit ist. Hier wird das Recht des Käufers zur Vertragsaufhebung zu Gunsten des Nacherfüllungsrechts des Verkäufers gem. Art. 48 CISG und zu Gunsten der Aufrechterhaltung des Vertrags zurückgedrängt. Rechtsunsicherheiten bestehen jedoch, weil im Zusammenhang mit diesen Grundsätzen noch nicht alle Fragen geklärt sind und diese Grundsätze in der internationalen Rechtsprechung nur teilweise zur Entscheidungsfindung herangezogen werden. Macht der Käufer nur einen Anspruch auf Schadensersatz geltend, muss er die Sache behalten, kann aber den mangelbedingten Minderwert der Sache oder die Reparaturkosten sowie die weiteren ihm entstandenen Schäden ersetzt verlangen. Zu beachten ist jedoch, dass der Verkäufer den Schadensersatzanspruch durch die Ausübung seines Nacherfüllungsrechts gem. Art. 48 CISG beschränken kann. Verlangt der Käufer neben einem Anspruch auf (Nach-)Erfüllung gem. Art. 46 CISG oder neben der Minderung gem. Art. 50 CISG Schadensersatz, umfasst der Schadensersatzanspruch nur solche Schäden, die nicht schon durch die (Nach-)Erfüllung oder die Minderung ausgeglichen werden. In Betracht kommt daher nur der Ersatz von Begleit- und Folgeschäden. Insbesondere in Bezug auf Folgeschäden erlangt die Vorhersehbarkeitsregelung des Art. 74 S. 2 CISG Bedeutung, da die Vorhersehbarkeit von Folgeschäden genau zu prüfen ist. Der Schuldner soll nicht verschuldensunabhängig für

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1. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach UN-Kaufrecht

jegliche Folgeschäden haften, sondern nur für solche, die er bei Vertragsschluss als mögliche Folge der Vertragsverletzung vorausgesehen hat oder unter Berücksichtigung der Umstände, die er kannte oder kennen musste, hätte voraussehen müssen. Dies kann auch aufgrund eines konkreten Hinweises des Gläubigers zu bejahen sein. Art. 74 S. 2 CISG hat im UN-Kaufrecht eine ähnliche Funktion wie Adäquanz- oder Schutzzweckerwägungen im deutschen Recht. Gem. Art. 6 CISG können die Parteien die Schadensersatzhaftung durch Parteivereinbarung ausschließen oder von den Schadensersatzregelungen abweichen. Hierbei sind die Parteien sehr frei. Die Parteien können z. B. die Haftung für konkrete Folgeschäden ausschließen. Der Haftungsausschluss für vorsätzliche oder grob fahrlässige Schädigung ist allerdings mit dem Gebot von Treu und Glauben nicht vereinbar. Die Wirksamkeit von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen richtet sich nach dem vom internationalen Privatrecht des Forumstaates berufenen nationalen Recht. Auch wenn dies das deutsche Recht sein sollte und infolgedessen § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB Anwendung finden sollte, ist ein formularmäßiger Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit bei fortbestehendem Vertragsaufhebungsrecht im Fall einer wesentlichen Vertragsverletzung als zulässig anzusehen.

2. Teil

Schadensersatzhaftung des Verkäufers für Lieferung mangelhafter Ware nach BGB § 10 Bedeutung des UN-Kaufrechts für die Auslegung der Regelungen über die Schadensersatzhaftung des Verkäufers im BGB Durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz 1, welches am 1.1.2002 in Kraft getreten ist, ist das Kaufrecht umfassend reformiert worden. Anlass dafür war die europäische Verbrauchsgüterkaufrichtlinie2 (VerbrGK-RiL) gewesen, die es in deutsches Recht umzusetzen galt. 3 Ein Schwerpunkt der Kaufrechtsreform lag auf der Neuregelung der Mängelhaftung4 einschließlich der Schadensersatzhaftung des Verkäufers gegenüber dem Käufer bei mangelhafter Lieferung. Sowohl die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie als auch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz sind in erheblichem Maße vom UN-Kaufrecht inspiriert worden.5 Die Europäische Kommission betonte in ihrem Richtlinienvorschlag an verschiedener Stelle die gewollte Angleichung der Richtlinie an das UNKaufrecht.6 Auch in der Regierungsbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz finden sich zahlreiche Stellen, an denen auf das UN-Kaufrecht __________ 1

BGBl. 2001 I S. 3183 ff. RiL 1999/44/EG v. 25.5.1999, ABlEG Nr. L 171, 12. 3 Büdenbender, in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring (Hrsg.), Das Neue Schuldrecht, § 8 Rn. 1. 4 Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 140. 5 Zum Einfluss des UN-Kaufrechts auf die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie s. AnwKomBGB/Pfeiffer Kauf-RL Rn. 2; Staudinger/Beckmann Vorbem zu § 433 ff Rn. 27; Jud, S. 28; Magnus, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 79; Schlechtriem, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 71, 72; Magnus, ZEuP 2002, 523; ders., ZEuP 2006, 96, 106 f.; Pfeiffer, ZGS 2002, 23, 24; Staudenmayer, NJW 1999, 2393 f.; dies bezweifelnd Doehner, S. 91. Herber, in: Ferrari (Hrsg.), The 1980 Uniform Sales Law, S. 59, 65, weist freilich darauf hin, dass der vom Gesetzgeber beabsichtigte Gleichlauf von Richtlinie und CISG nur eines von mehreren Motiven und nicht so bedeutend wie das Ziel des Verbraucherschutzes war. 6 COM (95) 520 final, 96/0161 (COD), S. 5, 11, 12, 13. 2

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Bezug genommen wird.7 Aufgrund der Vorbildfunktion des CISG stellt sich die Frage, ob und inwieweit das UN-Kaufrecht im Rahmen der Auslegung der neuen Regelungen über die Schadensersatzhaftung des Verkäufers bei mangelhafter Lieferung herangezogen werden kann. Angesichts der zahlreichen, diskutierten Probleme, die im neuen Schuldrecht hinsichtlich der Schadensersatzhaftung aufgrund eines Vertrags oder eines sonstigen Schuldverhältnisses im Allgemeinen und hinsichtlich der Schadensersatzhaftung des Verkäufers im Besonderen bestehen, ist zu untersuchen, ob bei der Suche nach Lösungen dieser Probleme auf das UN-Kaufrecht zurückgegriffen werden kann. Auch ist zu fragen, inwieweit das UN-Kaufrecht zu einem besseren Verständnis der Regelungen über die Schadensersatzhaftung des Verkäufers beitragen kann. Die Beantwortung dieser Fragen erfordert zunächst die Klärung, ob und inwieweit das UN-Kaufrecht grundsätzlich im Rahmen der Auslegung der Vorschriften des neuen Schuldrechts zu berücksichtigen ist. Von dem Einfluss, den das CISG konkret auf die Neuregelung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers hatte, hängt schließlich ab, ob und inwieweit das UN-Kaufrecht im Rahmen der Auslegung der Regelungen über die Schadensersatzhaftung des Verkäufers Berücksichtigung finden kann.

I. Auslegung des neuen Schuldrechts unter Berücksichtigung des UN-Kaufrechts im Allgemeinen 1. Berücksichtigung des UN-Kaufrechts im Rahmen der historischen Auslegung Soweit sich das neue Schuldrecht unmittelbar an das CISG anlehnt, ist es im Rahmen der historischen Auslegung zu berücksichtigen.8 Ist die zu untersuchende Vorschrift oder das zu untersuchende Tatbestandsmerkmal nicht vom UN-Kaufrecht beeinflusst worden, kann das CISG nur im Rahmen einer rechtsvergleichenden Betrachtung herangezogen werden.

__________ 7 8

s. z. B. BT-Drucks. 14/6040, S. 86, 89, 92, 134. Vgl. Jud, in: Jb. J. ZivRWiss. 2001, S. 205, 208.

§ 10 Bedeutung des UN-Kaufrechts für die Auslegung

127

2. „Einflusslinie“ vom UN-Kaufrecht über die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bis in das BGB Ferner ist denkbar, dass das UN-Kaufrecht aufgrund einer „Einflusslinie“ vom UN-Kaufrecht über die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bis ins BGB im Rahmen einer richtlinienkonformen Auslegung deutschen Rechts herangezogen werden kann.

a) Auslegung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie unter Berücksichtigung des UN-Kaufrechts Ausgangspunkt für die Untersuchung einer solchen „Einflusslinie“ ist die Auslegung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, welche grundsätzlich autonom zu erfolgen hat.9 Soweit sich die Richtlinie an das UN-Kaufrecht anlehnt, ist dieses im Rahmen der Auslegung der Richtlinie zu berücksichtigen.10 Eine unkritische Heranziehung des CISG im Rahmen der Auslegung der Richtlinie unter Hinweis auf deren Entstehungsgeschichte, die Modellfunktion des CISG und den Angleichungswillen des Gemeinschaftsgesetzgebers ist jedoch aus verschiedenen Gründen problematisch. Zunächst bestehen zwischen den Regelungen des UN-Kaufrechts und der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie Divergenzen,11 die im Rahmen der Auslegung der Richtlinie zu beachten sind. Beispielsweise ist die Richtlinie nur auf Verbraucherverträge anwendbar, die meisten Vorschriften der Richtlinie sind zwingend (Art. 7 VerbrGK-RiL), und der Ersatzlieferungsanspruch kann auch bei geringfügigen Mängeln geltend gemacht werden (Art. 3 Abs. 2 VerbrGK-RiL). Zu Recht wird angesichts dieser bestehenden Abweichungen und mangels ausdrücklichen Hinweises des Gemeinschaftsgesetzgebers angenommen, dass dieser keine (statische oder dynamische) Verweisung auf das CISG wollte. 12 Ferner haben das UN-Kaufrecht und die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie unterschiedliche Zielsetzungen, nämlich __________ 9

Gebauer/Wiedmann/Leible Kap. 9 Rn. 24. AnwKomBGB/Pfeiffer Kauf-RL Rn. 2; Höffe, S. 10; Jud, S. 28; dies., in: Jb. J. ZivRWiss. 2001, S. 205, 208; Mittmann, S. 12; Schwartze, in: Schermaier (Hrsg.), Verbraucherkauf in Europa, S. 127, 143; a. A. grundsätzlich Gebauer/Wiedmann/Leible Kap. 9 Rn. 24. 11 AnwKomBGB/Pfeiffer Kauf-RL Rn. 2; Riesenhuber, S. 478; Ernst, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 325, 330; s. auch Magnus, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 79, 88 ff. Abweichend Grundmann, AcP 202 (2002), 40, 45 ff., der die generelle Übereinstimmung der Regelungen in der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie und im UN-Kaufrecht hervorhebt; ähnlich ders., in: Grundmann/Bianca Einl. Rn. 6. 12 MünchKommBGB/St. Lorenz Vor § 474 Rn. 8; Riesenhuber, S. 478. 10

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

die weltweite Vereinheitlichung des Rechts für internationale Handelskäufe einerseits13 und die Sicherung des Verbraucherschutzes auf hohem Niveau (EWG 1 VerbrGK-RiL) andererseits.14 Auch ist zu berücksichtigen, dass die Richtlinie durch ihre Anpassung an moderne Gegebenheiten, wie z. B. sich gegenseitig beeinflussende Vertragsketten (Art. 4 VerbrGK-RiL), das UNKaufrecht quasi fortentwickelt hat.15 Dass durch die Heranziehung des CISG kein Widerspruch zu den übrigen Regelungen des europäischen Privatrechts entstehen darf,16 folgt schon aus der ebenfalls vorzunehmenden systematischen Auslegung. Grundsätze des CISG können aus diesen Gründen nicht unbesehen auf die Richtlinie übertragen werden,17 auch nicht bei übereinstimmendem Wortlaut der Regelungen. Teilweise wird aus diesen Gründen befürwortet, dem CISG nur Anregungen für das Verständnis der Richtlinie zu entnehmen.18 Dies schließt jedoch nicht aus, das UN-Kaufrecht im Rahmen der historischen19 und rechtsvergleichenden Auslegung20 als Bestandteil der autonomen Auslegung der Richtlinie zu berücksichtigen. Gegen die Berücksichtigung des CISG im Rahmen der historischen Auslegung der Richtlinie wird allerdings vorgebracht, dass darin ein Verstoß gegen den Grundsatz der autonomen Auslegung der Richtlinie liege, nach dem die Begriffe des europäischen Gemeinschaftsrechts durch das Gemeinschaftsrecht selbst und nicht durch Verweisung auf das nationale Recht zu bestimmen seien.21 Begründet wird dieser Einwand damit, dass das UNKaufrecht Teil nationalen Rechts sei, soweit ein Staat das Übereinkommen ratifiziert habe.22 Nach der hier vertretenen Auffassung sollen Gemeinschaftsrechtsbegriffe aber gerade nicht durch Verweisung auf das CISG, sondern durch das Gemeinschaftsrecht selbst ggf. unter Berücksichtigung des CISG im Rahmen der historischen und rechtsvergleichenden Auslegung bestimmt wer__________ 13 Magnus, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 79. 14 MünchKommBGB/St. Lorenz Vor § 474 Rn. 8; Höffe, S. 10. s. auch Riesenhuber, S. 478; Ernst, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 325, 329 f. 15 Ausführlich Grundmann/Bianca/Grundmann Einl. Rn. 7; ebenso Gebauer/ Wiedmann/Leible Kap. 9 Rn. 24. 16 Vgl. Riesenhuber, S. 478. 17 MünchKommBGB/St. Lorenz Vor § 474 Rn. 8; Riesenhuber, S. 478. 18 MünchKommBGB/St. Lorenz Vor § 474 Rn. 8; Riesenhuber, S. 478. 19 Im Gegensatz zum Primärrecht legt der EuGH das Sekundärrecht häufig unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte der Rechtsakte aus, vgl. nur Bleckmann, NJW 1982, 1177, 1178. 20 Befürwortend Gebauer/Wiedmann/Leible Kap. 9 Rn. 24. 21 Doehner, S. 90 f., der das UN-Kaufrecht deshalb nur im Rahmen eines wertenden Rechtsvergleiches zur Auslegung der Richtlinie heranziehen will. 22 Doehner, S. 90 f.

§ 10 Bedeutung des UN-Kaufrechts für die Auslegung

129

den. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der autonomen Auslegung liegt hierin also nicht. In welchem Maß das UN-Kaufrecht bei der Auslegung der Richtlinie herangezogen werden kann, hängt von dem konkreten Einzelfall ab.

b) Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in das deutsche Recht Eine „Einflusslinie“ vom UN-Kaufrecht über die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bis in das BGB setzt ferner voraus, dass die im deutschen Recht auszulegenden Vorschriften die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie umsetzen. Der Gesetzgeber entschied sich bei der Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie für die so genannte „große Lösung“. Anstatt nur den zwingenden Inhalt der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in innerstaatliches Recht umzusetzen, gestaltete er das Kaufrecht über die verbindlichen europarechtlichen Vorgaben hinaus umfassend neu, indem er die Richtlinie einheitlich für alle Kaufverträge umsetzte und gleichzeitig zahlreiche Mängel des alten Kaufrechts beseitigte.23 In der einheitlichen Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie für alle Kaufverträge liegt eine auf nationalrechtlichem Ermessen des Gesetzgebers basierende Übererfüllung der Richtlinie in personeller und sachlicher Hinsicht.24 Man spricht auch von einer überschießenden Umsetzung. Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie war nicht nur Anlass für die Reform des Kaufrechts, sondern auch für die Neuordnung des allgemeinen Leistungsstörungsrechts.25 Eines der wesentlichen Ziele der Schuldrechtsreform war nämlich die Integration des Gewährleistungsrechts in das allgemeine Leistungsstörungsrecht,26 die schon im Abschlussbericht der Schuldrechtskommission empfohlen worden war.27 Zur Verwirklichung dieses Ziels mussten das allgemeine Leistungsstörungsrecht und das Kaufrecht aneinander angepasst werden.28 Beispielsweise enthält die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in Art. 3 Abs. 2, 5, 6 VerbrGK-RiL Vorgaben für den Rechtsbehelf des Rücktritts. Aufgrund der beabsichtigten Verknüpfung von allgemeinem Leistungsstörungsrecht und Gewährleistungsrecht findet sich im neuen Kaufrecht jedoch keine kaufspezifische Regelung über den Rücktritt mehr. Vielmehr wird in § 437 Nr. 2 BGB auf die Rücktrittsregelungen im allgemeinen Leistungsstörungsrecht verwiesen. __________ 23 Büdenbender, in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring (Hrsg.), Das Neue Schuldrecht, § 8 Rn. 3; ders., ZEuP 2004, 36; Pfeiffer, ZGS 2002, 23, 24. 24 Büdenbender, ZEuP 2004, 36, 45 f., 57. 25 AnwKomBGB/Pfeiffer Kauf-RL Rn. 1. 26 MünchKommBGB/Ernst Vor § 275 Rn. 22; Medicus, JuS 2003, 521, 525. 27 BMJ, Abschlussbericht, S. 32 f. 28 MünchKommBGB/Ernst Vor § 275 Rn. 4, 22; H. P. Westermann, NJW 2002, 241, 243.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Soweit ein Verbrauchsgüterkauf betroffen ist, hat daher § 323 BGB die Funktion, die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie umzusetzen. 29 Ähnlich verhält es sich mit weiteren Vorschriften im allgemeinen Leistungsstörungsrecht.30

c) Richtlinienkonforme Auslegung von Transformationsnormen im deutschen Recht Soweit die Vorschriften im neuen Schuldrecht die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie umsetzen und ein Auslegungsspielraum besteht,31 sind diese richtlinienkonform gem. Art. 10 i. V. m. Art. 249 Abs. 3 EGV auszulegen.32 Dies betrifft nicht nur die Sonderregelungen der §§ 474 ff. BGB über den Verbrauchsgüterkauf, sondern aufgrund der einheitlichen Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie für alle Kaufverträge beinahe alle Normen der §§ 433 ff. BGB. Das Gebot der richtlinienkonformen Auslegung gilt daher auch für die §§ 433 ff. BGB, soweit ein Verbrauchsgüterkaufvertrag nach der Richtlinie betroffen ist und die konkrete Vorschrift auf Verbrauchsgüterkaufverträge Anwendung findet.33 Gleiches gilt für die Transformationsnormen aus dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht.34

d) Quasi-richtlinienkonforme Auslegung bei überschießender Umsetzung Aufgrund der einheitlichen Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie für alle Kaufverträge haben die Transformationsnormen der §§ 433 ff. BGB und des allgemeinen Leistungsstörungsrechts eine „hybride“ Rechtsnatur.35 Zum __________ 29

MünchKommBGB/Ernst Vor § 275 Rn. 22. Grundmann/Bianca/Grundmann Einl. Rn. 131; MünchKommBGB/Ernst Vor § 275 Rn. 22. 31 EuGH, Urt. v. 10.4.1984 – Rs. 14/83 (v. Colson und Kamann), Slg. 1984, 1891, 1909 Tz. 26, 28; Hommelhoff, in: 50 Jahre BGH, S. 889, 891 f.; ausführlich Unberath, ZEuP 2005, 5, 6 ff. 32 AnwKomBGB/Pfeiffer Kauf-RL Art. 11 Rn. 4; Erman/Grunewald Vor § 433 Rn. 34; Staudinger/Beckmann Vorbem zu §§ 433 ff Rn. 55; Büdenbender, in: DaunerLieb/Heidel/Lepa/Ring (Hrsg.), Das Neue Schuldrecht, § 8 Rn. 8. Zur richtlinienkonformen Auslegung s. z. B. EuGH, Urt. v. 10.4.1984 – Rs. 14/83 (v. Colson und Kamann), Slg. 1984, 1891, 1909 Tz. 26, 28. 33 MünchKommBGB/H. P. Westermann Vor § 433 Rn. 5, § 434 Rn. 2; Büdenbender, ZEuP 2004, 36, 39; s. auch MünchKommBGB/St. Lorenz Vor § 474 Rn. 3; ders., NJW 2005, 1889, 1892. 34 MünchKommBGB/Ernst Vor § 275 Rn. 23. 35 AnwKomBGB/Pfeiffer Kauf-RL Art. 11 Rn. 6. 30

§ 10 Bedeutung des UN-Kaufrechts für die Auslegung

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einen setzen sie die Richtlinie um, zum anderen unterfallen ihnen aufgrund der überschießenden Umsetzung auch Fallgestaltungen, die nicht vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst sind. Dies wirft die Frage auf, ob die Normen auch in letzterem Fall richtlinienkonform auszulegen sind. Grundsätzlich gilt das Gebot der richtlinienkonformen Auslegung ausschließlich für den Anwendungsbereich der Richtlinie.36 Trotzdem muss das Ergebnis richtlinienkonformer Auslegung aufgrund der Entscheidung des Gesetzgebers, die Richtlinie einheitlich für alle Kaufverträge umzusetzen, auch auf diejenigen von der Vorschrift erfassten Fallgestaltungen durchschlagen, die nicht den Verbrauchsgüterkauf gemäß der Richtlinie betreffen und deshalb nicht der Richtlinie unterworfen sind.

aa) Einheitliche Auslegung aufgrund autonomer Entscheidung des Gesetzgebers Durch seine Entscheidung zur einheitlichen Umsetzung der Richtlinie für alle Kaufverträge hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass die Umsetzungsvorschriften einheitlich auszulegen sind.37 Eine gespaltene Auslegung anhand unterschiedlicher Auslegungskriterien, je nachdem ob ein Verbrauchsgüterkaufvertrag nach der Richtlinie betroffen ist oder nicht, würde zu erheblichen Rechtsanwendungsproblemen38 und zu einer Rechtszersplitterung führen, die durch die „große Lösung“ gerade vermieden werden sollte.39 Nur im Einzelfall können verbraucherspezifische Erwägungen eine solche gespaltene Ausle-

__________ 36 Staudinger/Beckmann Vorbem zu §§ 433 ff Rn. 55; Hommelhoff, in: 50 Jahre BGH, S. 889, 915. 37 Bamberger/Roth/Faust Vor § 433 Rn. 7; Erman/Grunewald Vor § 433 Rn. 34; MünchKommBGB/St. Lorenz Vor § 474 Rn. 4; ders., NJW 2005, 1889, 1892; Brandner, S. 105; Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 55; Hommelhoff, in: 50 Jahre BGH, S. 889, 915; Jud, in: Jb. J. ZivRWiss. 2001, S. 205, 207 f.; Bärenz, DB 2003, 375; Büdenbender, ZEuP 2004, 36, 51; Canaris, JZ 2003, 831, 837; vgl. auch Grundmann/Bianca/Grundmann Einl. Rn. 39; Jud, S. 28; Büdenbender, in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring (Hrsg.), Das Neue Schuldrecht, § 8 Rn. 9; W.-H. Roth, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt, Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 25, 35; ders., in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 113, 129; Grundmann, AcP 204 (2004), 569, 527 mit Fn. 8; s. auch Gebauer/Wiedmann/Gebauer Kap. 3 Rn. 23; Gebauer/Wiedmann/Leible Kap. 9 Rn. 32; kritisch und differenzierend Mayer/Schürnbrand, JZ 2004, 545, 551. 38 Vgl. BGH, Urt. v. 9.4.2002 – XI ZR 91/99, NJW 2002, 1881, 1884 zu der richtlinienkonformen Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG a. F. bei überschießender Umsetzung. 39 Büdenbender, ZEuP 2004, 36, 51, 58; s. auch Bärenz, DB 2003, 375.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

gung rechtfertigen, was einer sorgfältigen Prüfung bedarf.40 Etwas anderes wird allerdings für das allgemeine Schuldrecht angenommen. Bei den Transformationsnormen des allgemeinen Schuldrechts sei die richtlinienkonforme Auslegung in der Regel auf den Anwendungsbereich der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie zu beschränken, da der Gesetzgeber zwar auch mit diesen Normen die Richtlinie umsetzen, nicht aber allgemein den Rechtszustand an die Richtlinie angleichen wollte.41 Insgesamt lässt sich festhalten, dass das Gebot richtlinienkonformer Auslegung bei einer überschießenden Umsetzung der Richtlinie grundsätzlich mittelbar wirkt.42 Man kann also von einer „quasi-richtlinienkonformen“43 oder „richtlinienorientierten“44 Auslegung sprechen, die mangels Bindungswirkung der Richtlinie für die überschießende Umsetzung45 allein aus dem nationalen Recht folgt46 und daher keinen Vorrang vor den übrigen Auslegungskriterien hat.47 Vielmehr ist die quasi-richtlinienkonforme Auslegung im Rahmen einer interpretatorischen Gesamtabwägung zu berücksichtigen und erlangt hierbei im Rahmen der teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung. 48

bb) Gemeinschaftsrechtlicher Ansatz Die beschriebene Herleitung der quasi-richtlinienkonformen Auslegung aus nationalem Recht wird durch einen gemeinschaftsrechtlichen Ansatz überlagert.49 Nach dem EuGH besteht ein klares Interesse der Gemeinschaft daran, __________ 40 AnwKomBGB/Pfeiffer Kauf-RL Art. 11 Rn. 7; MünchKommBGB/St. Lorenz Vor § 474 Rn. 4; ders., in: Karlsruher Forum 2005, S. 63; weitergehend Mayer/Schürnbrand, JZ 2004, 545, 549 f. s. auch Brandner, S. 105 f. 41 St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 101. 42 MünchKommBGB/St. Lorenz Vor § 474 Rn. 4; ders., in: Karlsruher Forum 2005, S. 100; ders., NJW 2005, 1889, 1892. 43 AnwKomBGB/Pfeiffer Kauf-RL Art. 11 Rn. 7; Hommelhoff, in: 50 Jahre BGH, S. 889, 915; Mayer/Schürnbrand, JZ 2004, 545, 549. 44 St. Lorenz, NJW 2005, 1889, 1892; Unberath, ZEuP 2005, 5, 7. 45 Canaris, JZ 2003, 831, 837. 46 AnwKomBGB/Pfeiffer Kauf-RL Art. 11 Rn. 7; MünchKommBGB/St. Lorenz Vor § 474 Rn. 4; ders., in: Karlsruher Forum 2005, S. 100; Hommelhoff, in: 50 Jahre BGH, S. 889, 916; W.-H. Roth, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt, Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 25, 36; Bärenz, DB 2003, 375, 376; Büdenbender, ZEuP 2004, 36, 50 f. 47 MünchKommBGB/St. Lorenz Vor § 474 Rn. 4; Gebauer/Wiedmann/Gebauer Kap. 3 Rn. 23; Hommelhoff, in: 50 Jahre BGH, S. 889, 916; Mayer/Schürnbrand, JZ 2004, 545, 551; Unberath, ZEuP 2005, 5, 7. 48 St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 100. 49 W.-H. Roth, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 25, 36.

§ 10 Bedeutung des UN-Kaufrechts für die Auslegung

133

dass die aus dem Gemeinschaftsrecht übernommenen Bestimmungen unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen sie angewandt werden sollen, einheitlich ausgelegt werden, um künftige Auslegungsunterschiede zu verhindern.50 Der EuGH sieht daher eine Vorlage nationaler Gerichte gem. Art. 234 Abs. 2 EGV in Fällen einer überschießenden Umsetzung von Richtlinien in ständiger Rechtsprechung als zulässig an, wenn sich aus Sicht des Gerichts die Frage nach der Auslegung des europäischen Rechts anlässlich einer nicht von der Richtlinie erfassten Fallgestaltung stellt.51 Die Frage, ob in Fällen einer überschießenden Umsetzung sogar eine Pflicht letztinstanzlicher Gerichte zur Vorlage an den EuGH besteht (vgl. Art. 234 Abs. 3 EGV), ist dagegen weiterhin offen.52 Nach einem Teil der Lehre folgt aus der EuGH-Rechtsprechung konsequenterweise eine Vorlagepflicht der letztinstanzlichen Gerichte, 53 andere wiederum lehnen eine solche Pflicht ab.54 Materiell-rechtlich wird aus der Rechtsprechung des EuGH teilweise die Pflicht zu einer einheitlichen und damit richtlinienkonformen Auslegung von Transformationsnormen gefolgert.55 Die erforderliche richtlinienkonforme Auslegung könne nicht aufgespalten werden, 56 da eine Aufspaltung zu Rechtsunsicherheiten nicht nur im nationalen, sondern auch im gemeinschaftsrechtlichen Bereich sowie zu Verwirrungen der Rechtspraxis führen würde.57 Nach Art. 10 Abs. 2 EGV hätten die Mitgliedstaaten alles zu unterlassen, was die Verwirklichung der Ziele des Gemeinschaftsrechts gefährden könnte. Diese __________ 50

EuGH, Urt. v. 18.10.1990 – Rs. C-297/88, C-197/89 (Dzodzi), Slg. 1990, I-3783, 3793 Tz. 37; EuGH, Urt. v. 17.7.1997 – Rs. C-28/95 (Leur-Bloem), Slg. 1997, I-4190, 4201 f. Tz. 32. 51 s. EuGH, Urt. v. 18.10.1990 – Rs. C-297/88, C-197/89 (Dzodzi), Slg. 1990, I-3783, 3792 ff. Tz. 29 ff.; Urt. v. 8.11.1990 – Rs. C-231/89, Slg. 1990, I-4012, 4016 ff. Tz. 15 ff.; Urt. v. 17.7.1997 – Rs. C-28/95 (Leur-Bloem), Slg. 1997, I-4190, 4198 ff. Tz. 16 ff.; Urt. v. 7.1.2003 – Rs. C-306/99 (BIAO), Slg. 2003, I-64 Tz. 88 ff. = EWS 2003, 121, 124 ff. = JZ 2003, 413, 415; zustimmend Gebauer/Wiedmann/Gebauer Kap. 3 Rn. 24. Ausführlich zu dieser Rechtsprechung Habersack/Mayer, JZ 1999, 913, 921. Gegen eine Zuständigkeit des EuGH in Fällen überschießender Umsetzung Hommelhoff, in: 50 Jahre BGH, S. 889, 920 ff.; Mayer/Schürnbrand, JZ 2004, 545. 52 MünchKommBGB/St. Lorenz Vor § 474 Fn. 30; W.-H. Roth, in: DaunerLieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 25, 36 Fn. 60; Habersack/Mayer, JZ 1999, 913, 919. 53 Drexl, in: FS Heldrich, S. 67, 84. MünchKommBGB/Ernst Vor § 275 Rn. 23; Staudinger/Beckmann Vorbem zu §§ 433 ff Rn. 55 gehen von einer Vorlagepflicht aus. 54 AnwKomBGB/Pfeiffer Kauf-RL Art. 11 Rn. 7; Gebauer/Wiedmann/Leible Kap. 9 Rn. 32 (im Grundsatz); Brandner, S. 134 f. 55 MünchKommBGB/Ernst Vor § 275 Rn. 23; W.-H. Roth, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 113, 128 f. Differenzierend Drexl, in: FS Heldrich, S. 67, 82 ff. 56 Schwartze, in: Schermaier (Hrsg.), Verbraucherkauf in Europa, S. 127, 143. 57 Drexl, in: FS Heldrich, S. 67, 82 f.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

allgemeine Pflicht konkretisiere sich zu der Pflicht, eine gespaltene Auslegung bei überschießender Umsetzung zu unterlassen, soweit damit die richtlinienkonforme Auslegung im angeglichenen Bereich gefährdet werde. Die europarechtliche Pflicht zur einheitlichen Auslegung sei als Ausprägung des allgemeinen, in Art. 10 EGV verankerten Grundsatzes der vollständigen Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts (effet utile) zu verstehen.58 Zu Recht wird demgegenüber auf die rein verfahrensrechtliche Natur der Rechtsprechung des EuGH hingewiesen. Die Rechtsprechung beschränke sich nur auf die Zulässigkeit von Vorlagen nach Art. 234 EGV, beziehe sich aber nicht auf die Reichweite des Prinzips europarechtskonformer Auslegung für Fälle freiwilliger Übererfüllung. Aus der Zulässigkeit der Vorlage europarechtlich eingekleideter nationalrechtlicher Auslegungsprobleme könne keine gemeinschaftsrechtliche Verankerung des Prinzips europarechtskonformer Auslegung im Falle übererfüllter Richtlinien abgeleitet werden.59 Hingegen kann nicht ohne weiteres mit der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache ICI argumentiert werden.60 In dieser führte der EuGH zwar aus, dass in dem Fall, in dem der Rechtsstreit vor dem nationalen Gericht einen nationalen Sachverhalt betreffe, der nicht unter den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts falle, dieses Gericht nach dem Gemeinschaftsrecht weder verpflichtet sei, seine Rechtsvorschriften gemeinschaftsrechtskonform auszulegen, noch sie unangewendet zu lassen.61 Die Entscheidung betraf aber nicht die Frage der richtlinienkonformen Auslegung in Fällen überschießender Umsetzung, sondern die Frage der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung nationalen Rechts im Lichte der Grundfreiheiten.62 In den Entscheidungen, in denen sich der EuGH mit der Zulässigkeit von Vorlagen in Fällen überschießender Umsetzung befasste, betonte er gegenüber der Entscheidung in der Rechtssache ICI vielmehr das Interesse der Gemeinschaft an einer einheitlichen Auslegung der aus dem Gemeinschaftsrecht übernommenen Bestimmungen. Dieses Interesse kann zwar die Zulässigkeit einer Vorlage von nationalen Gerichten nach Art. 234 EGV in Fällen überschießender Umsetzung rechtfertigen, dogmatisch aber nicht die Pflicht zu einer einheitlichen, europarechtskonformen Auslegung begründen.

__________ 58

Drexl, in: FS Heldrich, S. 67, 84. Bärenz, DB 2003, 375; Büdenbender, ZEuP 2004, 36, 57. 60 So aber Büdenbender, ZEuP 2004, 36, 57. 61 EuGH, Urt. v. 16.7.1998 – Rs. C-264/96 (ICI), Slg. 1998, I-4711, 4725 Tz. 34. 62 So Mayer/Schürnbrand, JZ 2004, 545, 548, welche die Aussage des EuGH jedoch allgemein und nicht nur in Bezug auf die gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung nationalen Rechts im Lichte der Grundfreiheiten verstehen. 59

§ 10 Bedeutung des UN-Kaufrechts für die Auslegung

135

e) Zwischenergebnis Grundsätzlich ist das Vorliegen einer „Einflusslinie“ vom UN-Kaufrecht über die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bis in das BGB möglich. Soweit sich die Richtlinie an das UN-Kaufrecht anlehnt, kann dies bei der Auslegung der Richtlinie im Rahmen der historischen oder rechtsvergleichenden Auslegung berücksichtigt werden. Dieses Ergebnis kann wiederum im Rahmen der richtlinienkonformen Auslegung von Transformationsnormen im deutschen Recht bzw. im Rahmen der quasi-richtlinienkonformen Auslegung bei überschießender Umsetzung zu beachten sein. Jedoch ist bei der Auslegung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie unter Heranziehung des CISG aufgrund der zwischen dem UN-Kaufrecht und der Richtlinie bestehenden Divergenzen, der unterschiedlichen Zielsetzungen beider Regelungswerke und aufgrund der zu beachtenden inneren Systematik des europäischen Vertragsrechts Vorsicht geboten. Ob eine „Einflusslinie“ vom UN-Kaufrecht über die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bis in das BGB vorliegt, bedarf daher für die jeweilige Vorschrift und das jeweilige Tatbestandsmerkmal einer sorgfältigen Prüfung.63

II. Einfluss des UN-Kaufrechts auf die Schadensersatzhaftung des Verkäufers und Konsequenzen für die Auslegung Fraglich ist, inwieweit das UN-Kaufrecht – unmittelbar oder mittelbar über die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie – Einfluss auf die Neuregelung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers für die Lieferung mangelhafter Ware hatte. Von der Antwort auf diese Frage hängt ab, ob und inwieweit das UN-Kaufrecht bei der Auslegung der Regelungen über die Schadensersatzhaftung des Verkäufers berücksichtigt werden kann oder sogar muss.

1. Schadensersatzhaftung des Verkäufers für die Lieferung mangelhafter Ware nach altem Recht Im alten Kaufrecht war – dem römischen Recht folgend – die Gewährleistung für Sachmängel ohne systematische Anknüpfung an das allgemeine Leistungsstörungsrecht als lex specialis in den §§ 459 ff. BGB a. F. geregelt.64 Die __________ 63 64

Pfeiffer, ZGS 2002, 23, 25; s. auch Jud, S. 28. BT-Drucks. 14/6040, S. 86 f.; Jud, S. 13, 15; Wältermann, S. 35 f.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

fehlende Abstimmung zwischen den beiden Regelungsmaterien führte zu zahlreichen Streitigkeiten und großer Rechtsunsicherheit.65 Dagegen war die Haftung für Rechtsmängel mit dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht verknüpft. § 440 Abs. 1 BGB a. F. verwies auf die allgemeinen Vorschriften über die Nichterfüllung gegenseitiger Verträge (§§ 320– 327 BGB a. F.), die in § 440 Abs. 2 BGB a. F. für bewegliche Sachen modifiziert wurden. Lag ein behebbarer Rechtsmangel vor, wurde der Verkäufer nach Ablauf der vom Käufer gesetzten und mit einer Ablehnungsandrohung verbundenen Frist nach den allgemeinen für den Verzug geltenden Vorschriften schadensersatzpflichtig (§§ 326, 286 Abs. 1 BGB a. F.). Bei Vorliegen eines unbehebbaren Mangels galten die Schadensersatzbestimmungen des Unmöglichkeitsrechts (§ 325 BGB a. F.). In beiden Fällen setzte die Haftung Verschulden voraus. Nur im Fall des anfänglichen Unvermögens wurde überwiegend eine Garantiehaftung angenommen.66 Für Rechtsmängelansprüche galt im Wesentlichen die lange dreißigjährige Verjährungsfrist, für Sachmängelansprüche bei beweglichen Sachen dagegen die kurze sechsmonatige Frist (§ 477 Abs. 1 S. 1 BGB a. F.). Die teilweise schwierige Abgrenzung von Sach- und Rechtsmängeln67 hatte aufgrund der verschiedenen Haftungsregelungen entscheidende Bedeutung.68 Was die Haftung für Sachmängel betrifft, kannte das alte Recht keinen allgemeinen Schadensersatzanspruch des Käufers und zwar selbst dann nicht, wenn der Verkäufer den Mangel zu vertreten hatte.69 Eine Haftung des Verkäufers für Fahrlässigkeit war im Gesetz nicht erwähnt. Die gesetzliche Schadensersatzpflicht des Verkäufers beschränkte sich vielmehr auf die Fälle des Fehlens einer vom Verkäufer zugesicherten Eigenschaft und der arglistigen Täuschung (§ 463 BGB a. F. für den Stückkauf, § 480 Abs. 2 BGB a. F. für den Gattungskauf). Der dem Käufer in diesen Fällen gem. §§ 463, 480 Abs. 2 BGB a. F. zustehende Schadensersatz wegen Nichterfüllung richtete __________ 65 BT-Drucks. 14/6040, S. 87. s. auch U. Huber, Leistungsstörungen, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Bd. I, S. 647, 663, 670 f., 693; Schmidt-Räntsch Rn. 675. 66 Z. B. BGH, Urt. v. 28.10.1953 – II ZR 78/53, BGHZ 11, 16, 21 f.; Urt. v. 31.1.1990 – VIII ZR 314/88, NJW 1990, 1106, 1107; Urt. v. 20.12.1996 – V ZR 277/95, NJW 1997, 938, 939; Erman/Grunewald (10. Aufl.) § 440 Rn. 5; Medicus, SchuldR II (10. Aufl.) Rn. 24; Grunewald, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 3, 11; einschränkend MünchKommBGB/H. P. Westermann (3. Aufl.) §§ 440, 441 Rn. 8. 67 s. nur BT-Drucks. 14/6040, S. 87; Grunewald, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 3. 68 Wältermann, S. 36. 69 BT-Drucks. 14/6040, S. 224.

§ 10 Bedeutung des UN-Kaufrechts für die Auslegung

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sich auf das positive Interesse.70 Zu ersetzen war der so genannte Mangelschaden.71 Als solcher anerkannt waren von der h. M. der mangelbedingte Minderwert,72 die Mehrkosten für einen Deckungskauf,73 die fehlende oder eingeschränkte Gebrauchstauglichkeit der Sache,74 die zur Mängelbeseitigung erforderlichen Reparaturkosten,75 der Nutzungsausfall während der Reparatur oder bis zur Ersatzbeschaffung,76 die Gutachterkosten für die Feststellung eines Mangels77 und der aufgrund des Mangels entgangene Gewinn.78 So genannte Mangelfolgeschäden an anderen Rechtsgütern des Käufers (Körper, Eigentum) oder an seinem Vermögen (z. B. Haftungsschäden79)80 waren bei Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft zu ersetzen, wenn die Zusicherung gerade den Sinn __________ 70

Soergel/U. Huber (12. Aufl.) § 463 Rn. 38. Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 220. 72 BGH, Urt. v. 2.6.1980 – VIII ZR 78/79, BGHZ 77, 215, 218; Urt. v. 5.7.1978 – VIII ZR 172/77, NJW 1978, 2241, 2242; Soergel/U. Huber (12. Aufl.) § 463 Anh Rn. 28; Grunewald, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 313; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 221. 73 BGH, Urt. v. 29.10.1980 – VIII ZR 148/79, NJW 1981, 222, 223; Soergel/U. Huber (12. Aufl.) § 463 Anh Rn. 28; Grunewald, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 313; U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1180. 74 BGH, Urt. v. 2.6.1980 – VIII ZR 78/79, BGHZ 77, 215, 218; Soergel/U. Huber (12. Aufl.) § 463 Anh Rn. 28; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 221. 75 BGH, Urt. v. 2.6.1980 – VIII ZR 78/79, BGHZ 77, 215, 218; Urt. v. 5.7.1978 – VIII ZR 172/77, NJW 1978, 2241, 2242; Soergel/U. Huber (12. Aufl.) § 463 Anh Rn. 28; Grunewald, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 313; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 221; U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1180. 76 BGH, Urt. v. 2.6.1980 – VIII ZR 78/79, BGHZ 77, 215, 218; Urt. v. 5.7.1978 – VIII ZR 172/77, NJW 1978, 2241, 2242; Soergel/U. Huber (12. Aufl.) § 463 Anh Rn. 28; Grunewald, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 313; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 221; U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1180. 77 BGH, Urt. v. 5.7.1978 – VIII ZR 172/77, NJW 1978, 2241, 2242; Grunewald, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 313. 78 BGH, Urt. v. 2.6.1980 – VIII ZR 78/79, BGHZ 77, 215, 218; Soergel/U. Huber (12. Aufl.) § 463 Anh Rn. 28; Grunewald, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 313; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/ Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 221; U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1180. 79 Soergel/U. Huber (12. Aufl.) § 463 Anh Rn. 31. 80 Zum Begriff des Mangelfolgeschadens s. BGH, Urt. v. 2.6.1980 – VIII ZR 78/79, BGHZ 77, 215, 218; s. auch U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1179 f. m. w. N. der Rechtsprechung. 71

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

hatte, den Käufer gegen solche Folgeschäden zu schützen.81 Umstritten war, ob der Verkäufer Mangelfolgeschäden bei Arglist zu ersetzen hatte, soweit diese durch den arglistig verschwiegenen Mangel oder das Fehlen der arglistig vorgespiegelten Eigenschaft adäquat verursacht waren.82 Eine Haftung für den Mangelschaden bestand darüber hinaus beim Gattungskauf, wenn der Käufer den Verkäufer mit der Ersatzlieferung in Verzug gesetzt hatte (§§ 480 Abs. 1, 326 BGB a. F.).83 Da im alten Recht eine Schadensersatzhaftung hinsichtlich des Mangelschadens im Wesentlichen nur bei Zusicherung einer fehlenden Eigenschaft und Arglist begründet war,84 war es von maßgeblicher Bedeutung, ob nur ein „einfacher“ Fehler vorlag oder eine vom Verkäufer ausdrücklich oder konkludent zugesicherte Eigenschaft fehlte.85 Diese eingeschränkte gesetzliche, verkäuferfreundliche Haftung blieb deutlich hinter den nach dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht bestehenden Schadensersatzansprüchen des Gläubigers zurück86 und stellte, insbesondere aus wirtschaftlicher Sicht, einen gravierenden Unterschied zum UN-Kaufrecht mit seinem allgemeinen Schadensersatzanspruch dar.87 Die gesetzliche Haftung wurde freilich durch die Rechtsprechung zur positiven Forderungsverletzung (pVV) ergänzt. Nach deren Grundsätzen haftete der Verkäufer für alle schuldhaft – also auch fahrlässig – verursachten Mangelfolgeschäden.88 Diese Haftung beschränkte sich auf das Integritätsinteresse. Eine allgemeine Schadensersatzhaftung bestand im alten Recht somit nur für auf Sachmängeln beruhende Mangelfolgeschäden. Die Anwendbarkeit der pVV neben § 463 BGB a. F. machte die Unterscheidung zwischen Mangel- und Mangelfolgeschäden erforderlich89 und führte zu „höchst verwirrenden Ab-

__________ 81

BGH, Urt. v. 29.5.1968 – VIII ZR 77/66, BGHZ 50, 200, 204 f.; Soergel/U. Huber (12. Aufl.) § 463 Rn. 60. 82 Dafür Soergel/U. Huber (12. Aufl.) § 463 Rn. 65; Staudinger/Honsell (13. Bearb. 1995) § 463 Rn. 55; MünchKommBGB/H. P. Westermann (3. Aufl.) § 463 Rn. 31; a. A. OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.3.1990 – 6 U 185/89, NJW-RR 1990, 732, 733. 83 U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1180. 84 Soergel/U. Huber (12. Aufl.) § 463 Anh Rn. 21. 85 U. Huber, Leistungsstörungen, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Bd. I, S. 647, 767 f.; ders., Kaufvertrag, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Bd. I, S. 911, 915. s. dazu auch U. Huber, S. 31 f. 86 Büdenbender, in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring (Hrsg.), Das Neue Schuldrecht, § 8 Rn. 2. 87 Herber, in: Ferrari (Hrsg.), The 1980 Uniform Sales Law, S. 59, 63 f. 88 BT-Drucks. 14/6040, S. 87, 224; U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1179. 89 Erman/Grunewald (10. Aufl.) Vor § 459 Rn. 34; Schmidt-Räntsch Rn. 675; Büdenbender, in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring (Hrsg.), Das Neue Schuldrecht, § 8 Rn. 2.

§ 10 Bedeutung des UN-Kaufrechts für die Auslegung

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grenzungsproblemen“.90 Dieses Gesamtbild der Schadensersatzhaftung, welches insbesondere durch das Nebeneinander von gesetzlich geregelten Fällen und Rechtsprechung verworren erschien,91 wurde – auch in Hinblick auf seine internationale Singularität92 – stark kritisiert.93

2. Grundlegende Aspekte der Neuregelung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers für die Lieferung mangelhafter Ware Im neuen Leistungsstörungsrecht bestehen nur zwei Anspruchsgrundlagen für Schadensersatz aufgrund eines Vertrags oder eines anderen Schuldverhältnisses, nämlich § 280 Abs. 1 BGB und § 311a Abs. 2 BGB.94 § 280 Abs. 1 BGB ist dabei die Grundnorm der Schadensersatzhaftung.95 § 311a Abs. 2 BGB betrifft allein den Fall der anfänglichen Unmöglichkeit. Voraussetzung für § 280 Abs. 1 BGB ist gem. S. 1 zunächst, dass der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt hat und dem Gläubiger hierdurch ein Schaden entstanden ist. Da der Verkäufer dem Käufer gem. § 433 Abs. 1

__________ 90 BT-Drucks. 14/6040, S. 87. s. auch Büdenbender, in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/ Ring (Hrsg.), Das Neue Schuldrecht, § 8 Rn. 2; U. Huber, Leistungsstörungen, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Bd. I, S. 647, 693, 768. 91 BT-Drucks. 14/6040, S. 87. 92 Büdenbender, in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring (Hrsg.), Das Neue Schuldrecht, § 8 Rn. 1 f.; Flessner, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 233, 244; s. auch Däubler-Gmelin, NJW 2001, 2281, 2283. 93 Büdenbender, in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring (Hrsg.), Das Neue Schuldrecht, § 8 Rn. 2; Flessner, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 233, 243 f. („… weil das heutige Recht der Schadensersatzhaftung des Verkäufers … sich in einem unüberblickbaren, unberechenbaren, unvermittelbaren, insgesamt abschreckenden und unhaltbaren Zustand befindet …“); Grunewald, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 3 ff.; U. Huber, Leistungsstörungen, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Bd. I, S. 647, 670 f., 765 f. 94 BT-Drucks. 14/6040, S. 135, 137 f.; AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 1, 28; Staudinger/Otto § 280 Rn. E 4; Rolland, in: Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 1 Rn. 22; Hirsch, Jura 2003, 289, 290 (s. aber auch S. 291); Medicus, JuS 2003, 521, 524; a. A. aber Schlechtriem/Schmidt-Kessel Rn. 559, nach dem § 311a Abs. 2 S. 1 BGB lediglich einen besonderen Maßstab des Vertretenmüssens für anfängliche Leistungsstörungen begründet; a. A. auch Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 34 f.; Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 755; v. Wilmowsky, JuS Beilage 1/2002, 3, 4, nach denen die §§ 281–283 BGB eigene Anspruchsgrundlagen darstellen. 95 Heinrichs, in: FS Schlechtriem, S. 503, 506; St. Lorenz, JZ 2001, 742.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

S. 2 BGB die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen hat, ist die mangelhafte Lieferung eine Pflichtverletzung i. S. d. § 280 Abs. BGB.96 Im alten Recht war eine Pflicht zur mangelfreien Leistung nur für Rechtsmängel in § 434 BGB a. F. normiert, nicht dagegen für Sachmängel. Bei Gattungskaufverträgen ergab sich eine solche Pflicht allerdings aus dem Anspruch auf Lieferung einer mangelfreien Sache (§ 480 Abs. 1 BGB a. F.). Beim Stückkauf hatte der Käufer keinen solchen Anspruch gegenüber dem Verkäufer.97 Insgesamt wich dieses Modell stark vom Werkvertragsrecht ab,98 nach dem der Unternehmer schon im alten Recht gem. § 633 Abs. 1 BGB a. F. die Pflicht hatte, das Werk so herzustellen, dass es die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die seinen Wert oder seine Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern. Durch § 433 Abs. 1 S. 2 BGB wird die Pflicht zur Verschaffung der Kaufsache frei von Sachmängeln auch für den Spezieskauf eingeführt. In § 433 Abs. 1 S. 2 BGB liegt eine gesetzliche Verankerung der Erfüllungstheorie, wodurch sich der frühere dogmatische Streit zwischen der Erfüllungstheorie und der damals herrschenden Gewährleistungstheorie erledigt hat99 und dem Käufer ein Nacherfüllungsanspruch (§ 439 BGB) eingeräumt werden kann. Die Erhebung der Gewährleistung zur Leistungspflicht wird als zentraler Punkt der Neuordnung des Kaufrechts angesehen,100 da durch das Verständnis der Gewährleistung als Unterfall der Nichterfüllung die vom Gesetzgeber beabsichtigte Verzahnung der Gewährleistung mit dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht möglich geworden ist.101 § 437 BGB, der die Rechte des Käufers bei Mängeln betrifft, verweist für den Rücktritt und den Schadensersatz auf das allgemeine Leistungsstörungsrecht (§ 437 Nr. 2, 3 BGB), so dass die Gewährleistung im __________ 96 Bamberger/Roth/Faust Vor § 433 Rn. 5; Jud, S. 42; P. Huber/Faust/P. Huber Kap. 12 Rn. 4; Dauner-Lieb, in: dies./Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 3, 16. 97 BMJ, Abschlussbericht, S. 194; Reinicke/Tiedtke Rn. 207; Büdenbender, in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring (Hrsg.), Das Neue Schuldrecht, § 8 Rn. 6; Haas, in: ders./ Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 36. 98 Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 55. 99 MünchKommBGB/H. P. Westermann § 433 Rn. 3, 59; Jud, S. 41; Reinicke/Tiedtke Rn. 207; Wältermann, S. 44; Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 54; St. Lorenz, JZ 2001, 742. 100 MünchKommBGB/H. P. Westermann § 433 Rn. 3, 59. 101 MünchKommBGB/H. P. Westermann Vor § 433 Rn. 2, § 433 Rn. 59; P. Huber/Faust/P. Huber Kap. 12 Rn. 4; Jud, S. 41; Schmidt-Räntsch Rn. 659; Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 54; Dauner-Lieb, in: dies./Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 3, 16; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 37; Däubler-Gmelin, NJW 2001, 2281, 2285; St. Lorenz, JZ 2001, 742.

§ 10 Bedeutung des UN-Kaufrechts für die Auslegung

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neuen Recht nicht mehr zusammenhanglos neben dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht steht.102 § 433 Abs. 1 S. 2 BGB ist dabei die technische Schnittstelle der beiden Regelungsmaterien. 103 Mit dem neuen Konzept ist neben der Annäherung an das Werkvertragsrecht die weitestgehende Gleichstellung von Sach- und Rechtsmängeln (§§ 433 Abs. 1 S. 2, 434, 435 BGB)104 sowie die Beseitigung der Unterschiede zwischen Gattungs- und Spezieskaufverträgen im Gesetz verbunden.105 Die Anknüpfung der Schadensersatzhaftung wegen Schlechtleistung an das allgemeine Leistungsstörungsrecht hat ferner zur Folge, dass dem Käufer bei schuldhafter Schlechtleistung ein allgemeiner Schadensersatzanspruch zur Verfügung steht106 und sich der Schadensersatzanspruch nicht mehr auf die Fälle des Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft und der Arglist beschränkt. Dadurch bietet das Gesetz keinen Anhaltspunkt mehr für die Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen Mangel- und Mangelfolgeschäden. Mit der Schaffung eines allgemeinen Schadensersatzanspruchs findet nach Heinrichs das deutsche Recht endlich Anschluss an die von Ernst Rabel in Gang gebrachte Modernisierung des Kaufrechts.107 Die Schadensersatzhaftung setzt grundsätzlich voraus, dass der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB), was widerleglich vermutet wird. Der Gesetzgeber hat also – abweichend vom UN-Kaufrecht – am Verschuldensprinzip festgehalten.108 Im Rahmen des Vertretenmüssens ist auch von Bedeutung, ob der Verkäufer eine Garantie übernommen hat (vgl. __________ 102 Reinicke/Tiedtke Rn. 207; Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 54; Heinrichs, in: FS Schlechtriem, S. 503, 512; s. auch Schlechtriem, in: DaunerLieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 71, 83. Missverständlich ist daher die Aussage des BGH, Urt. v. 23.2.2005 – VIII ZR 100/04, NJW 2005, 1348, 1350, der Gesetzgeber habe in den §§ 437 ff. BGB die Rechte des Käufers bei Mängeln besonders geregelt. Kritisch dazu St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 37 Fn. 104. 103 Dauner-Lieb, in: dies./Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 3, 16; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 65; ders., NJW 2002, 2497. 104 Bamberger/Roth/Faust Vor § 433 Rn. 3, § 433 Rn. 12; MünchKommBGB/H. P. Westermann Vor § 433 Rn. 2, § 433 Rn. 59; Schmidt-Räntsch Rn. 682; Haas, in: ders./ Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 37; H. P. Westermann, NJW 2002, 241, 242 f. 105 Bamberger/Roth/Faust Vor § 433 Rn. 4, § 433 Rn. 12; Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 56; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/ Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 37; St. Lorenz, NJW 2002, 2497; s. auch MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 21. 106 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 41; Wältermann, S. 50. 107 Heinrichs, in: FS Schlechtriem, S. 503, 513. 108 BT-Drucks. 14/6040, S. 131; U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1195.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

§ 276 Abs. 1 S. 1 BGB), so dass die Zusicherung einer Eigenschaft noch eine Rolle spielt.109

3. Unmittelbarer Einfluss des UN-Kaufrechts und Konsequenzen für die Auslegung Das UN-Kaufrecht hatte aufgrund der Tatsache, dass es zu dem damaligen Zeitpunkt das modernste Kaufrecht war, unmittelbaren Einfluss auf den Entwurf der im Jahr 1984 einberufenen Schuldrechtskommission. Diesbezüglich ist festgestellt worden, dass die Regelungen des CISG als solche nicht übernommen werden sollten und auch keine Harmonisierung mit ihnen stattfinden sollte, sondern dass das CISG vielmehr aufgrund seiner einfachen und klaren Strukturen in bestimmten Bereichen automatisch zum Vorbild geworden war, z. B. für die Regelung der Rechtsbehelfe der Vertragsparteien und die Haftung des Verkäufers für Schlechtleistung.110 Schon der Kommissionsentwurf sah die Regelung des schuldrechtlichen Schadensersatzes in einem einheitlichen, allgemeinen Grundtatbestand der Pflichtverletzung vor (§ 280 BGB-KE). Der Entwurf griff ausdrücklich den Gedanken des EKG und des UN-Kaufrechts auf, dass das Grundelement jeder Schadensersatzpflicht aus der Sonderverbindung eines Schuldverhältnisses die Nichterfüllung der sich aus dem Schuldverhältnis ergebenden Pflichten durch den Schuldner ist.111 Während das einheitliche Kaufrecht an den gemeinsamen Kern der verschiedenen Formen der Leistungsstörungen, nämlich das Zurückbleiben des Schuldners hinter seinem Pflichtenprogramm anknüpft, standen im alten BGB die Arten der Leistungsstörungen im Vordergrund. Insbesondere war das alte Recht auf die Unmöglichkeit der Leistung zugeschnitten.112 Das einheitliche Kaufrecht war also Vorbild für die Schaffung eines umfassenden, an einer Pflichtverletzung anknüpfenden Haftungstatbestandes im deutschen Recht.113 Der Begriff der Pflichtverletzung in § 280 Abs. 1 S. 1 BGB entspricht den Begriffen der Vertragsverletzung oder der Nichterfüllung (Art. 45 Abs. 1, 61

__________ 109 Vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 226; Bamberger/Roth/Faust Vor § 433 Rn. 6; Heinrichs, in: FS Schlechtriem, S. 503, 513. 110 Herber, in: Ferrari (Hrsg.), The 1980 Uniform Sales Law, S. 59, 64. 111 BMJ, Abschlussbericht, S. 130; s. auch BT-Drucks. 14/6040, S. 133, 134. 112 BT-Drucks. 14/6040, S. 134. 113 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 17; dies., Entwicklungstendenzen, S. 19.

§ 10 Bedeutung des UN-Kaufrechts für die Auslegung

143

Abs. 1 CISG) im UN-Kaufrecht,114 geht allerdings aufgrund der Erfassung auch außervertraglicher Pflichten115 noch über diese hinaus.116 Die Ursache für die Abweichung vom vertraglichen Pflichtenprogramm spielt für das Auslösen der Schadensersatzhaftung grundsätzlich keine Rolle. Dass eine Verletzung der Pflicht aus § 433 Abs. 1 S. 2 BGB durch Lieferung mangelhafter Ware eine Pflichtverletzung i. S. d. § 280 Abs. 1 S. 1 BGB darstellt, ist bereits ausgeführt worden. Das aus dem CISG übernommene Konzept der Pflichtverletzung wird jedoch dadurch wieder aufgeweicht, dass Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung und Schadensersatz statt der Leistung nur unter zusätzlichen Voraussetzungen geltend gemacht werden können (§ 280 Abs. 2 i. V. m. § 286 BGB sowie § 280 Abs. 3 i. V. m. §§ 281, 282 oder § 283 BGB). Im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung werden die Verletzung leistungsbegleitender Nebenpflichten und Schutzpflichten (§ 282 BGB) sowie die Unmöglichkeit (§ 283 BGB) gesondert geregelt. Durch diese Vorschriften sollten ein hoher Abstraktionsgrad des Gesetzestextes und eine Bildung von Fallgruppen entsprechend der Arten der Leistungsstörungen vermieden werden.117 Zudem entspricht es der deutschen Rechtstradition, dass der Ersatz des Verzögerungsschadens nur unter den Voraussetzungen des Verzugs (§ 286 BGB) verlangt werden kann. Was den Schadensersatz statt der Leistung betrifft, soll durch die zusätzlichen Voraussetzungen der Vorrang des Primäranspruchs gewahrt werden.118 Aufgrund dieser Aufweichung des Konzepts der Pflichtverletzung bleiben die verschiedenen Arten der Leistungsstörung im Gegensatz zum UN-Kaufrecht im neuen Recht letztendlich für die Wahl der Anspruchsgrundlage des Schadensersatzanspruchs relevant. Die Regelungstechnik des CISG ist also nur im Grundsatz in das deutsche Recht übernommen worden. Dies ist im Rahmen der historischen Auslegung zu beachten. Dabei müssen insbesondere die zwischen dem UN-Kaufrecht und der Regelung im deutschen Recht bestehenden Unterschiede gewürdigt werden. Die bedeutendste Abweichung zum CISG liegt in der Beibehaltung des Verschuldensprinzips. Der Gesetzgeber ist damit der Empfehlung der Schuldrechtskommission gefolgt.119 Diese hatte einen von Ulrich Huber formulierten

__________ 114 BT-Drucks. 14/6040, S. 92; Heinrichs, in: FS Schlechtriem, S. 503, 508; Schlechtriem, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 71, 74; Schlechtriem, IHR 2001, 12, 16. 115 BT-Drucks. 14/6040, S. 135. 116 Schlechtriem, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 71, 74. 117 BT-Drucks. 14/6040, S. 135. 118 Looschelders, SchuldR AT, Rn. 450. 119 BMJ, Abschlussbericht, S. 123.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Vorschlag für § 276 BGB, der sich eng an Art. 74 EKG anlehnte, 120 nicht übernommen. Obwohl also das Konzept der Pflichtverletzung im UN-Kaufrecht Vorbild für einen einheitlichen, schadensersatzrechtlichen Grundtatbestand im deutschen allgemeinen Leistungsstörungsrecht war, wird gerade aufgrund der bestehenden Unterschiede zwischen den Haftungsgrundsätzen von CISG und BGB vor einer vorschnellen Parallelisierung gewarnt.121 Hieraus folgt, dass insbesondere bei der Suche einer Lösung für Probleme, die aus der Aufweichung des einheitlichen Konzepts der Pflichtverletzung durch das Aufstellen besonderer Voraussetzungen für den Schadensersatz statt der Leistung und den Ersatz des Verzögerungsschadens sowie aus der Verbindung des Konzepts der Pflichtverletzung mit dem Verschuldensprinzip resultieren, nicht auf das UNKaufrecht zurückgegriffen werden kann. Konkrete Anleihen an das CISG finden sich im Bereich der Schadensersatzhaftung des Verkäufers im BGB nur vereinzelt. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang z. B. der neue § 325 BGB, der im Gegensatz zum alten Recht (§§ 325, 326 BGB a. F.) das Nebeneinander von Rücktritt und Schadensersatz zulässt.122 Das CISG kann in solchen Fällen im Rahmen der historischen Auslegung Berücksichtigung finden. Soweit keine unmittelbaren Einflüsse des CISG auf die Schadensersatzregelungen vorliegen, kann das CISG allein im Rahmen einer rechtsvergleichenden Betrachtung berücksichtigt werden.

4. Mittelbarer Einfluss des UN-Kaufrechts durch die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie Dadurch, dass das UN-Kaufrecht Vorbildfunktion für die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie hatte und der deutsche Gesetzgeber diese in deutsches Recht umgesetzt hat, besteht ferner die Möglichkeit, dass die Neuregelung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers mittelbar über die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie durch das UN-Kaufrecht beeinflusst worden ist. Dies setzt zunächst voraus, dass die Schadensersatzhaftung in der Richtlinie überhaupt geregelt ist.

__________ 120 U. Huber, Leistungsstörungen, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Bd. I, S. 647, 673. 121 MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 19; Dauner-Lieb, Entwicklungstendenzen, S. 19 ff. 122 BMJ, Abschlussbericht, S. 173; BT-Drucks. 14/6040, S. 188.

§ 10 Bedeutung des UN-Kaufrechts für die Auslegung

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a) Ausklammerung der Schadensersatzhaftung aus dem Regelungsbereich der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie Zwar orientiert sich das von der Richtlinie vorgegebene System der Rechtsbehelfe des Käufers grundsätzlich an dem Konzept des UN-Kaufrechts.123 Eine entscheidende Abweichung der Richtlinie vom Rechtsbehelfssystem des CISG liegt jedoch darin, dass die Schadensersatzhaftung des Verkäufers in der Richtlinie nicht geregelt wird.124 Nach Art. 8 Abs. 1 VerbrGK-RiL werden vielmehr andere Ansprüche, die der Verbraucher aufgrund innerstaatlicher Rechtsvorschriften über die vertragliche oder außervertragliche Haftung geltend machen kann, nicht durch die aufgrund der Richtlinie gewährten Rechte berührt. Gleiches geht aus Erwägungsgrund 6 hervor, nach dem die Angleichung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über den Verbrauchsgüterkauf nicht die Bestimmungen und Grundsätze des innerstaatlichen Rechts über die Regelung der vertraglichen und außervertraglichen Haftung beeinträchtigen darf. Die Richtlinie überlässt damit die Regelung der Schadensersatzhaftung wegen mangelhafter Leistung dem nationalen Gesetzgeber.125 Dies wurde als empfindliche Lücke und als Inkonsequenz hinsichtlich der Zielsetzungen der Richtlinie angesehen, weil der Schadensersatzanspruch in vielen europäischen Ländern der wichtigste Rechtsbehelf bzw. das „Käuferrecht mit dem schärfsten Biss“126 ist.127 Grund für die Ausklammerung des Schadensersatzes war die Einstufung seiner Bedeutung als unwesentlich für die Ziele der Richtlinie.128 Dem Subsidiaritätsprinzip entsprechend beschränkte sich der Richtlinienvorschlag laut der Europäischen Kommission auf die wesentlichen Aspekte gesetzlicher Gewährleistung.129 Der Vermögensschaden des Verbrauchers bestehe in der Regel nur in dem Umstand, dass er gutes Geld für schlechte Ware gegeben habe, wogegen ihn schon Minderung und Vertragsauflösung schützen würden.130 Zudem

__________ 123 COM (95) 520 final, 96/0161 (COD), S. 13; AnwKomBGB/Pfeiffer Kauf-RL Rn. 2; MünchKommBGB/St. Lorenz Vor § 474 Rn. 2; Herber, in: Ferrari (Hrsg.), The 1980 Uniform Sales Law, S. 59, 65. 124 AnwKomBGB/Pfeiffer Kauf-RL Rn. 2; Herber, in: Ferrari (Hrsg.), The 1980 Uniform Sales Law, S. 59, 65. 125 Herber, in: Ferrari (Hrsg.), The 1980 Uniform Sales Law, S. 59, 65, 67. 126 Ernst, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 325, 328. 127 So Höffe, S. 8 f.; Schlechtriem, in: Ernst/Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 205, 208, 222; ders., IHR 2002, 12, 14. 128 Grundmann/Bianca/Grundmann Einl. Rn. 38. 129 COM (95) 520 final, 96/0161 (COD), S. 6, 9. 130 Flessner, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 233, 243.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

waren Folgeschäden an sonstigen Rechtsgütern des Verbrauchers schon durch die Produkthaftungsrichtlinie abgedeckt.131 Festzuhalten bleibt, dass die Richtlinie den Schadensersatz ausklammert und insoweit gerade keine Anlehnung der Richtlinie an das UN-Kaufrecht vorliegt. Die Neuordnung der Schadensersatzhaftung wegen mangelhafter Leistung im Zuge der Schuldrechtsreform beruht folglich auf einer autonomen Entscheidung des nationalen Gesetzgebers und war nicht durch die Richtlinie vorgegeben.132 Ein Fall der überschießenden Umsetzung ist in der Neuregelung der Schadensersatzhaftung nicht zu sehen, da ein solcher nur vorliegen kann, wenn die Materie in der Richtlinie überhaupt geregelt ist und diese Regelung in deutsches Recht umgesetzt worden ist.

b) Interne Harmonisierung und autonome Rechtsangleichung Dennoch ist die Neuregelung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers im BGB indirekt durch das Gewährleistungsmodell der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie beeinflusst worden,133 welches sich wiederum an das UN-Kaufrecht anlehnt. Dadurch, dass das Gewährleistungsmodell der Richtlinie unter Verknüpfung von Leistungsstörungs- und Gewährleistungsrecht in deutsches Recht umgesetzt worden ist und die Schadensersatzhaftung zu dem System der Rechte gehört, die im Zusammenhang mit dem Erwerb einer vertragswidrigen Sache stehen,134 war im nationalen Recht eine interne Harmonisierung135 des Schadensersatzes wegen mangelhafter Lieferung mit dem neuen Gewährleistungsrecht zur Vermeidung von Systemwidersprüchen notwendig.136 Selbst solche Vertreter in der Literatur, die eine groß angelegte Schuldrechtsmodernisierung kritisierten, empfahlen eine Anpassung der Schadensersatzhaftung an das neue, an den Vorgaben der Richtlinie ausgerichtete Gewährleistungsrecht.137 So sind z. B. die Vorschriften über den Schadensersatz statt der Leistung gleichlaufend __________ 131 Grundmann/Bianca/Grundmann Einl. Rn. 38; Flessner, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 233, 243. 132 AnwKomBGB/Pfeiffer Kauf-RL Rn. 1. 133 Gebauer, in: Jb. J. ZivRWiss. 2000, S. 201, 212. 134 Flessner, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 233, 243. 135 Zu diesem Begriff s. Gebauer, S. 201 ff.; ders., in: Jb. J. ZivRWiss. 2000, S. 201, 203, 208. 136 Jud, S. 28, 40, 43. s. auch Flessner, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 233, 243; H. P. Westermann, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 251, 258. 137 Ernst/Gsell, ZIP 2000, 1410, 1418 f. Hierauf weist Jud, S. 43 Fn. 225 hin.

§ 10 Bedeutung des UN-Kaufrechts für die Auslegung

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mit den Bestimmungen über den Rücktritt ausgestaltet,138 um eine Umgehung der Rücktrittsvoraussetzungen durch die Geltendmachung des Schadensersatzes statt der Leistung zu vermeiden.139 Ein Gleichlauf besteht insbesondere zwischen § 281 BGB und § 323 BGB. Da § 323 BGB die Funktion hat, die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie umzusetzen, soweit Verbrauchsgüterkäufe nach der Richtlinie betroffen sind, ist auch § 281 BGB mittelbar durch die Richtlinie beeinflusst. Beispielsweise besteht eine Übereinstimmung von § 323 BGB mit § 281 BGB insofern, als sowohl der Rücktritt vom ganzen Vertrag als auch der Schadensersatz statt der ganzen Leistung voraussetzen, dass die Pflichtverletzung nicht unerheblich ist (§§ 323 Abs. 5 S. 2, 281 Abs. 1 S. 3 BGB). Da § 323 Abs. 5 S. 2 BGB Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL umsetzt,140 nach dem der Verbraucher bei einer geringfügigen Vertragswidrigkeit keinen Anspruch auf Vertragsauflösung hat, hat Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL mittelbar auch die Konzeption des Schadensersatzes statt der ganzen Leistung beeinflusst. In der Ausgestaltung des Schadensersatzes im Einklang mit dem neuen, die Richtlinie umsetzenden Gewährleistungsrecht könnte nicht nur eine interne Harmonisierung des deutschen Rechts, sondern zugleich auch eine autonome Rechtsangleichung an das Gemeinschaftsprivatrecht liegen.141 Als autonom wäre diese Rechtsangleichung zu bezeichnen, weil die Reform des Schadensersatzes von der Richtlinie nicht gefordert wurde.142 Streng genommen liegt eine autonome Rechtsangleichung allerdings nur dann vor, wenn Regelungen aufgrund ihrer Qualität nachgeahmt werden,143 was für die Neuregelung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers in Hinblick auf das europäische Recht zu verneinen ist. Es könnte bei der Neuregelung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers aber die Struktur des europäischen Gewährleistungsmodells adaptiert worden sein. Das Gewährleistungsmodell der Richtlinie beruht auf der in Art. 2 Abs. 1 VerbrGK-RiL statuierten Pflicht des Verkäufers, dem Käufer dem Kaufvertrag gemäße Güter zu liefern. Verletzt der Verkäufer diese Pflicht aus Art. 2 Abs. 1 VerbrGK-RiL und liefert vertragswidrige Ware, stehen dem Verbraucher die in Art. 3 Abs. 2 VerbrGK-RiL genannten Rechte zu, nämlich das Recht auf unentgeltliche Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes des Verbrauchsgutes durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung, das Recht auf angemessene Minderung des Kaufpreises oder auf Vertragsauflösung. Art. 3 __________ 138

MünchKommBGB/Ernst Vor § 275 Rn. 22. AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 323 Rn. 4. 140 MünchKommBGB/St. Lorenz Vor § 474 Rn. 13. 141 Vgl. Gebauer, in: Jb. J. ZivRWiss. 2000, S. 201, 212. 142 s. dazu auch Höffe, S. 216, 225. 143 Zum Begriff der autonomen Rechtsangleichung s. Gebauer, S. 203 f. 139

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Abs. 5 VerbrGK-RiL normiert den Vorrang der Nachbesserung oder Ersatzlieferung vor den übrigen Rechtsbehelfen. Es wird vertreten, dass die Verankerung der Erfüllungstheorie im deutschen Recht durch § 433 Abs. 1 S. 2 BGB auf das Gewährleistungsmodell der Richtlinie zurückzuführen ist.144 Dazu ist anzumerken, dass auch schon der von der Schuldrechtskommission vorgeschlagene § 434 BGB-KE die Pflicht des Verkäufers enthielt, dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen. Hintergrund des § 434 BGB-KE war die Intention, die Haftung für Sachmängel grundsätzlich in das System des allgemeinen Leistungsstörungsrechts einzubeziehen. § 434-KE ging ein entsprechender Vorschlag Ulrich Hubers voraus, der sich wiederum an das einheitliche Kaufrecht anlehnte.145 Auch die Schuldrechtskommission zog das einheitliche Kaufrecht (Art. 19 Abs. 1, Art. 33 EKG, Art. 35 Abs. 1 UN-Kaufrecht) rechtsvergleichend heran.146 Insofern bestanden also Parallelen zwischen dem Kommissionsentwurf und der ebenfalls vom UN-Kaufrecht inspirierten Richtlinie. Die Normierung einer Pflicht zur mangelfreien Leistung im deutschen Recht geht somit nicht allein auf die Richtlinie zurück.147 Es ist daher sowohl ein unmittelbarer Einfluss als auch ein mittelbarer Einfluss des UN-Kaufrechts über die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie hinsichtlich der Einführung der Pflicht zur mangelfreien Leistung gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB zu verzeichnen. Ein wichtiger Punkt ist allerdings, dass die Richtlinie den deutschen Gesetzgeber dazu verpflichtete, für den Verbrauchsgüterkauf einen Erfüllungsanspruch auch bei Sachmängeln – und zwar sowohl beim Stück- als auch beim Gattungskauf – zu regeln (s. Art. 2 Abs. 1 VerbrGK-RiL).148 Aufgrund der gleichen Grundstruktur der Vorschläge der Schuldrechtskommission und der Richtlinie war eine Reform auf der Grundlage der Vorschläge freilich eine Gelegenheit für die Integration des Verbrauchsgüterkaufs in das deutsche Kaufrecht.149 § 433 Abs. 1 S. 2 BGB ist Transformationsnorm der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie,150 soweit Verbrauchsgüterkäufe nach der Richtlinie betroffen __________ 144

Jud, S. 41. U. Huber, Leistungsstörungen, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Bd. I, S. 647, 866 f. 146 BMJ, Abschlussbericht, S. 195. 147 Ausführlich hierzu Dylakiewicz, S. 203 f., 211. 148 Schmidt-Räntsch Rn. 1, 12; Däubler-Gmelin, NJW 2001, 2281 f; s. auch Gebauer/Wiedmann/Leible Kap. 9 Rn. 29; Zimmer, in: Ernst/Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 191, 197. 149 Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 7. 150 MünchKommBGB/St. Lorenz Vor § 474 Rn. 2; H. P. Westermann, NJW 2002, 241, 242; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 98 f.; Canaris, Vortrag vom 15.9.2001 in Padua, S. 4. 145

§ 10 Bedeutung des UN-Kaufrechts für die Auslegung

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sind. Der dogmatische Wandel im deutschen Gewährleistungsrecht kann damit als letztendlich durch die Richtlinie veranlasst angesehen werden. 151 Für die Schadensersatzhaftung bedeutet die Normierung der Pflicht zur Lieferung einer mangelfreien Sache gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB, dass die Leistung einer mangelhaften Sache eine Pflichtverletzung i. S. d. § 280 Abs. 1 BGB darstellt, an die grundsätzlich auch die allgemeinen Schadensersatzregeln wegen Nichterfüllung geknüpft werden können.152 Der Schadensersatzanspruch konnte also als regelmäßige Folge der Verletzung einer vertraglichen Pflicht und nicht mehr lediglich als Folge von Arglist oder dem Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft konzipiert werden.153 Die Neuregelung der Schadensersatzhaftung wegen mangelhafter Leistung ist daher hauptsächlich mittelbar auf die Richtlinie zurückzuführen.154 Eine autonome Rechtsangleichung ist zu bejahen. Dadurch, dass sich das Gewährleistungsmodell der Richtlinie an das UNKaufrecht anlehnt, hatte das UN-Kaufrecht auch mittelbar über die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie einen Einfluss auf die Neuregelung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers. Dieser Einfluss ist freilich in zweifacher Hinsicht mittelbar, da auch die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nur einen indirekten Einfluss auf die Neuregelung die Schadensersatzhaftung des Verkäufers mittels interner Harmonisierung und autonomer Rechtsangleichung hatte. Zu betonen ist jedoch, dass sich das Gewährleistungsmodell der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in erster Linie an der Regelungstechnik des UN-Kaufrechts und den dem Käufer grundsätzlich zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfen orientiert. Daraus folgt noch nicht, dass das UN-Kaufrecht auch Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung der Rechtsbehelfe in der Richtlinie, also z. B. den Rücktritt, hatte. Vielmehr bestehen zwischen dem Gewährleistungsmodell der Richtlinie und dem des CISG auch erhebliche Unterschiede. So ist im UNKaufrecht anders als in der Richtlinie kein Vorrang des Nachbesserungs- und des Ersatzlieferungsanspruchs vor den übrigen Rechtsbehelfen normiert. Ein mittelbarer Einfluss des UN-Kaufrechts auf die Neuregelung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers im BGB über die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ist daher vor allem in Bezug auf die Anknüpfung der Schadensersatzhaftung an die Verletzung der Pflicht zur mangelfreien Leistung und somit in Bezug auf die Grundstruktur der Regelung festzustellen. Allerdings orientierte sich die Neuregelung des Schadensersatzes in dieser Hinsicht auch unmittelbar am UN-Kaufrecht. Ein mittelbarer Einfluss des UN-Kaufrechts über die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bezüglich der konkreten Ausgestaltung der Neu__________ 151

Jud, S. 41. Jud, S. 42. 153 Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 37. 154 Jud, S. 43. 152

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

regelung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers ist indes fraglich und im Einzelfall zu untersuchen. Beispielsweise stellt sich die Frage, ob sich das Kriterium der „nicht geringfügigen Vertragswidrigkeit“ i. S. d. Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL, welches durch § 323 Abs. 5 S. 2 BGB in deutsches Recht umgesetzt worden ist und welches aufgrund des gewollten Gleichlaufs zwischen § 323 BGB und § 281 BGB die Ausgestaltung des Schadensersatzes statt der ganzen Leistung indirekt beeinflusst hat, an die Voraussetzung der wesentlichen Vertragsverletzung in Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG anlehnt.

5. Konsequenzen für die Auslegung Da die Richtlinie die Regelung des Schadensersatzes dem nationalen Recht überlässt und diesbezüglich keine Vorgaben macht, greift das Gebot der (quasi-)richtlinienkonformen Auslegung für die Schadensersatzregelungen nicht. Im Rahmen der Auslegung nach den üblichen Auslegungskriterien ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Reform des Schadensersatzes unter anderem der internen Harmonisierung des deutschen Rechts diente und darin gleichzeitig eine autonome, legislative Rechtsangleichung an das Gemeinschaftsrecht liegt. Die durch die Rechtsangleichung bewirkte interne Harmonie lässt sich als ein systematisches Argument zur Rechtfertigung eines bestimmten Auslegungsergebnisses heranziehen.155 Beispielsweise ist im Rahmen der systematischen Auslegung zu beachten, dass der Gesetzgeber prinzipiell einen Gleichlauf zwischen den Vorschriften über den Rücktritt und den Vorschriften über den Schadensersatzes statt der Leistung erreichen wollte. Dies ist etwa im Rahmen der Auslegung des Kriteriums der „Unerheblichkeit der Pflichtverletzung“ i. S. d. § 281 Abs. 1 S. 3 BGB zu beachten. Ferner kann im Rahmen der Auslegung zu berücksichtigen sein, dass § 323 BGB der Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie dient und daher, soweit ein Verbrauchsgüterkauf nach der Richtlinie betroffen ist, richtlinienkonform auszulegen ist. Soweit eine andere Fallgestaltung vorliegt und keine gespaltene Auslegung angezeigt ist, ist er quasi-richtlinienkonform auszulegen.156 Daher spielt im Rahmen der Auslegung des Kriteriums der „Unerheblichkeit der Pflichtverletzung“ in § 281 Abs. 1 S. 3 BGB aufgrund der Orientierung des § 281 Abs. 1 S. 3 BGB an § 323 Abs. 5 S. 2 BGB eine Rolle, wie das Kriterium der „geringfügigen Vertragswidrigkeit“ in Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL zu verstehen ist, welches durch § 323 Abs. 5 S. 2 BGB in deutsches Recht umgesetzt wird. Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie kann folg__________ 155 156

So Gebauer, in: Jb. J. ZivRWiss. 2000, S. 201, 215. MünchKommBGB/Ernst Vor § 275 Rn. 22 f.

§ 10 Bedeutung des UN-Kaufrechts für die Auslegung

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lich aufgrund der internen Harmonisierung auch mittelbar bei der Auslegung der Vorschriften über den Schadensersatz statt der Leistung zu berücksichtigen sein. Lehnt sich die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in dem konkreten Fall wiederum an das CISG an, kann auch das UN-Kaufrecht im Rahmen der Auslegung der Vorschriften über die Schadensersatzhaftung des Verkäufers Bedeutung erlangen. Wurden beim System der Rechtsbehelfe des CISG allerdings nur technische Anleihen oberflächlicher Natur gemacht, 157 bedeutet dies noch keine Anlehnung der Richtlinie an das CISG im Einzelfall.

6. Zwischenergebnis Das UN-Kaufrecht hatte sowohl unmittelbar als auch mittelbar über die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie auf die Neuregelung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers im BGB Einfluss. Dies betrifft jedoch in erster Linie nur die Grundstrukturen der neuen Regelung. Einen unmittelbaren Einfluss auf die Neuregelung der Schadensersatzhaftung im neuen Schuldrecht hatte das UN-Kaufrecht vor allem insofern, als mit § 280 Abs. 1 BGB ein allgemeiner, einheitlicher Grundtatbestand der Pflichtverletzung geschaffen worden ist. Der Begriff der Pflichtverletzung entspricht dem Begriff der Nichterfüllung im UN-Kaufrecht. Hier liegt zwar eine Überseinstimmung in der Grundstruktur der Schadensersatzhaftung im BGB und der Schadensersatzhaftung im UN-Kaufrecht vor, die im Rahmen der historischen Auslegung zu berücksichtigen ist. Zu beachten ist allerdings, dass das Konzept der Pflichtverletzung im deutschen Recht aufgeweicht worden ist und der Gesetzgeber zudem am Verschuldensprinzip festgehalten hat. Bei den sich daraus ergebenden Problemen kann das UN-Kaufrecht lediglich im Rahmen einer vergleichenden Betrachtung herangezogen werden. Soweit sich die Ausgestaltung der Regelungen über die Schadensersatzhaftung des Verkäufers im Einzelnen an das UN-Kaufrecht anlehnt, ist dies ebenfalls im Rahmen der historischen Auslegung zu berücksichtigen. Fehlt es an solch einem Einfluss, kann das UN-Kaufrecht wiederum nur im Rahmen einer rechtsvergleichenden Betrachtung herangezogen werden. Zwar ist die Schadensersatzhaftung des Verkäufers aus dem Regelungsbereich der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ausgeklammert, ein mittelbarer Einfluss des UN-Kaufrechts auf die Neuregelung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers über die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie liegt aber dennoch aufgrund der internen Harmonisierung der Schadensersatzregelung mit dem neuen, auf __________ 157 Vgl. Ernst, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 325, 330.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

der Richtlinie beruhenden Gewährleistungsrecht sowie aufgrund der autonomen Rechtsangleichung an das Gewährleistungsmodell der Richtlinie vor, da sich das Modell der Richtlinie wiederum an das UN-Kaufrecht anlehnt. Auf diesen Einfluss geht die Anknüpfung der Schadensersatzhaftung an die Verletzung der Pflicht zur mangelfreien Lieferung zurück. Die vom deutschen Gesetzgeber beabsichtigte interne Harmonie ist im Rahmen der systematischen Auslegung zu berücksichtigen. Hierbei kann die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie Bedeutung erlangen, sofern die Regelung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers mit einer Vorschrift harmonisiert werden sollte, welche die Richtlinie in deutsches Recht umsetzt und deshalb (quasi-)richtlinienkonform auszulegen ist. Das UNKaufrecht kann im Rahmen dieser Auslegung herangezogen werden, soweit sich die Richtlinie an dieses anlehnt.

§ 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers für Lieferung mangelhafter Ware Gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB hat der Verkäufer dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen. Ist die Sache bei Gefahrübergang gem. § 446 BGB oder ggf. gem. § 447 BGB mangelhaft, kann der Verkäufer gem. § 437 Nr. 3 BGB nach §§ 440, 280, 281, 283 und 311a BGB Schadensersatz oder nach § 284 BGB Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen, wenn die Voraussetzungen dieser Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Auslöser für die Schadensersatzansprüche ist folglich die Mangelhaftigkeit der Sache.1 Dies bedeutet aber nicht zugleich, dass die vom Grundtatbestand des § 280 Abs. 1 BGB vorausgesetzte Pflichtverletzung, die jedem Schadensersatzanspruch zugrunde liegt, stets in der Verletzung der Pflicht zur Lieferung mangelfreier Ware liegt.2 Liegt ein behebbarer Mangel vor, so wandelt sich z. B. die Primärpflicht nach Gefahrübergang aufgrund der gesetzlichen Verankerung der Erfüllungstheorie in eine Nacherfüllungspflicht um,3 welche hinsichtlich der Pflichtverletzung mit in die Betrachtung einzubeziehen ist. Im Fall eines anfänglich nicht behebbaren Mangels kann die Pflichtverletzung schon gar nicht in der mangelhaften Lieferung als solcher liegen, weil die Pflicht zur Lieferung einer mangelfreien Sache gem. § 275 BGB nie bestand.

I. Mangelhaftigkeit der Kaufsache In welchen Fällen ein Sachmangel vorliegt, ist in § 434 BGB geregelt, wohingegen der Rechtsmangel in § 435 BGB definiert ist.

__________ 1

Wältermann, S. 153 f. Wältermann, S. 197; s. auch v. Wilmowsky, JuS Beilage 1/2002, 3, 19. Ungenau insofern AnwKomBGB/Büdenbender § 437 Rn. 61. 3 Jud, S. 41; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 145. 2

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

1. Freiheit von Sachmängeln a) Überblick über die Regelung des § 434 BGB § 434 BGB geht vorrangig vom subjektiven Fehlerbegriff aus.4 Nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Eine Beschaffenheit kann auch durch die Vorlage eines Musters oder einer Probe vereinbart werden.5 Soweit eine Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sachmängelfreiheit hilfsweise gem. § 434 Abs. 1 S. 2 BGB zu bestimmen. Die Sache ist dann frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB), sonst wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB). Nach § 434 Abs. 1 S. 3 BGB gehören zu der Beschaffenheit nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB auch Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers (§ 4 Abs. 1, 2 ProdukthG) oder seines Gehilfen insbesondere in der Werbung oder bei der Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache erwarten kann. Eine Ausnahme davon besteht, wenn der Verkäufer die Äußerung nicht kannte und auch nicht kennen musste, wenn die Äußerung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in gleichwertiger Weise berichtigt war oder wenn sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte. § 434 Abs. 2 BGB, bekannt als „IKEA-Klausel“, 6 regelt den Sachmangel bei vom Verkäufer oder vom Käufer selbst zu montierenden Sachen. Gem. § 434 Abs. 2 S. 1 BGB liegt ein Sachmangel vor, wenn die vereinbarte Montage durch den Verkäufer oder dessen Erfüllungsgehilfen unsachgemäß durchgeführt worden ist. Nach § 434 Abs. 2 S. 2 BGB liegt ein Sachmangel bei einer zur Montage bestimmten Sache ferner vor, wenn die Montageanleitung mangelhaft ist, es sei denn, die Sache ist fehlerfrei montiert worden. In § 434 Abs. 3 BGB werden schließlich die Aliud-Lieferung und die Zuweniglieferung einem Sachmangel gleich gestellt. Strittig ist, ob die Regelung auch auf den Stückkauf, also die Lieferung eines Identitätsaliuds Anwendung __________ 4 BT-Drucks. 14/6040, S. 212; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 434 Rn. 5; Reinicke/Tiedtke Rn. 298 f.; Büdenbender, in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, § 8 Rn. 29. 5 BT-Drucks. 14/6040, S. 212; Bamberger/Roth/Faust § 434 Rn. 45; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 434 Rn. 13. 6 MünchKommBGB/H. P. Westermann § 434 Rn. 33; P. Huber/Faust/P. Huber Kap. 12 Rn. 30.

§ 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung

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findet. Dies wird überwiegend bejaht.7 Wie im UN-Kaufrecht wird zudem diskutiert, ob § 434 Abs. 3 BGB und infolgedessen das Sachmängelgewährleistungsrecht auch bei krassen Abweichungen anwendbar sein soll.8 Dies ist anzunehmen, da es ansonsten zu nicht zu unterschätzenden Abgrenzungsschwierigkeiten käme.9

b) Berücksichtigung des UN-Kaufrechts im Rahmen der Auslegung von § 434 BGB und Vergleich Fraglich ist, ob und inwieweit eine Einflusslinie vom UN-Kaufrecht über die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bis zu § 434 BGB vorliegt. § 434 Abs. 1 und 2 BGB setzen Art. 2 Abs. 1, 2, 4 und 5 VerbrGK-RiL um.10 Art. 2 VerbrGKRiL orientierte sich grundsätzlich an Art. 35 CISG,11 jedoch liegen Unterschiede zwischen Art. 2 VerbrGK-RiL (und entsprechend § 434 BGB) und Art. 35 CISG vor, die sich meist durch die unterschiedlichen Zielsetzungen der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie und des CISG erklären lassen. Mit Art. 35 CISG kann im Rahmen der historischen und rechtsvergleichenden Auslegung des Art. 2 VerbrGK-RiL in zweierlei Weise argumentiert werden: Zum einen ist denkbar, dass in der Richtlinie gerade eine andere Regelung als im UNKaufrecht getroffen werden sollte. Zum anderen kann eine Anlehnung der Regelung in der Richtlinie an das UN-Kaufrecht beabsichtigt gewesen sein. Unabhängig davon, wie die Auslegung im Ergebnis ausfällt, ist dieses auch im Rahmen der (quasi-)richtlinienkonformen Auslegung des deutschen Rechts zu berücksichtigen.

__________ 7 Bamberger/Roth/Faust § 434 Rn. 107; Erman/Grunewald § 434 Rn. 61; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 434 Rn. 40; Jauernig/Berger § 434 Rn. 20; Palandt/Putzo § 434 Rn. 52a; Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 300; Dylakiewicz, S. 66 ff.; Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 288; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 111 f.; Musielak, NJW 2003, 89, 90 ff.; a. A. Hk-BGB/Saenger § 434 Rn. 20; Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 68 ff. 8 Bejahend Bamberger/Roth/Faust § 434 Rn. 108; Palandt/Putzo § 434 Rn. 52a (bei Offensichtlichkeit); Musielak, NJW 2003, 89, 92; s. auch BT-Drucks. 14/6040, S. 126, wonach die Unterscheidung zwischen genehmigungsfähigen und nicht genehmigungsfähigen Abweichungen aus § 378 HGB nicht übernommen werden sollte; a. A. aber Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 288. 9 Bamberger/Roth/Faust § 434 Rn. 108. 10 s. BT-Drucks. 14/6040, S. 212 ff. 11 Grundmann/Bianca/Grundmann Art. 2 Rn. 8; Unberath, ZEuP 2005, 5, 12; vgl. auch COM (95) 520 final, 96/0161 (COD), S. 11.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

aa) Eignung für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung Die Regelung des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB, nach der bei fehlender Beschaffenheitsvereinbarung die Sache frei von Sachmängeln ist, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, setzt Art. 2 Abs. 2 lit. b VerbrGK-RiL um.

(1) Vergleich von Art. 2 Abs. 2 lit. b VerbrGK-RiL und Art. 35 Abs. 2 lit. b CISG Nach Art. 2 lit. b VerbrGK-RiL sind die Verbrauchsgüter vertragsgemäß, wenn sie sich für einen bestimmten vom Verbraucher angestrebten Zweck eignen, den der Verbraucher dem Verkäufer bei Vertragsschluss zur Kenntnis gebracht und dem der Verkäufer zugestimmt hat. Nach Art. 35 Abs. 2 lit. b CISG reicht es dagegen aus, dass der Käufer dem Verkäufer den bestimmten Zweck bei Vertragsschluss ausdrücklich oder auf andere Weise zur Kenntnis gebracht und dabei auf dessen Sachkunde vertraut hat.12 Im Gegensatz zur Richtlinie ist im UN-Kaufrecht daher eine einseitige Festlegung des Vertragsinhalts in Grenzen möglich.13 Die von der Richtlinie verlangte Zustimmung des Verkäufers ist letztendlich aber nur von geringer Bedeutung,14 da der Verkäufer dem ihm zur Kenntnis gebrachten Zweck regelmäßig durch den Vertragsschluss zustimmt,15 jedenfalls sofern er unternehmerisch handelt und nicht wenigstens seine Unkenntnis hinsichtlich der Verwendungseignung zum Ausdruck gebracht hat. Ob im Einzelfall eine Zustimmung durch Vertragsschluss vorliegt, ist freilich eine Auslegungsfrage. 16 Auch im UN-Kaufrecht muss der Verkäufer dem besonderen Gebrauchszweck widersprechen, wenn ihm dieser ausdrücklich zur Kenntnis gebracht wurde und er eine Einstandspflicht vermeiden will.17 Für den Fall der konkludenten Bekanntgabe des besonderen Ver__________ 12 Magnus, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 79, 87. 13 Staudinger/Magnus Art. 35 Rn. 26. 14 Anders aber Dylakiewicz, S. 30, nach der sich die Richtlinienfassung aufgrund des Zustimmungserfordernisses erheblich von der Vorbildregelung des Art. 35 Abs. 2 lit. b CISG unterscheidet. 15 Schlechtriem., in: Ernst/Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 205, 215; Schinkels, ZGS 2004, 226, 228, nach dem der Verkäufer sich aufgrund des gemeineuropäischen Grundsatzes der Unbeachtlichkeit einer protestatio facto contraria anschließend nicht darauf berufen könne, nicht zugestimmt zu haben; s. auch Grundmann/Bianca/Grundmann Art. 2 Rn. 25. 16 Grigoleit/Herresthal, JZ 2003, 233, 235. 17 Schlechtriem/Schwenzer/Schwenzer Art. 35 Rn. 21.

§ 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung

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tragszwecks ist im CISG strittig, ob es auf die tatsächliche Kenntnis des Verkäufers ankommt18 oder es ausreicht, dass ein vernünftiger Verkäufer den besonderen Gebrauchszweck aus den Umständen erkennen konnte.19 Für die letztere Ansicht kann zum einen der Wortlaut des Art. 35 Abs. 2 lit. b CISG angeführt werden. Zwar spricht er von Kenntnis und nicht von Kennenmüssen, jedoch stellt er auf den Akt der Bekanntgabe ab.20 Zum anderen ist die tatsächliche Kenntnis des Verkäufers nur schwer zu beweisen.21 In diesem Punkt ist das UN-Kaufrecht daher weitergehend als die Richtlinie. Die in Art. 35 Abs. 2 lit. b CISG gemachte Einschränkung, dass der Käufer auf die Sachkenntnis und das Urteilsvermögen vertraut haben musste, findet sich aus Verbraucherschutzgründen nicht in der Richtlinie und daher auch nicht in § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB.22

(2) Vertraglich vorausgesetzte Verwendung i. S. d. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB Vertraglich vorausgesetzte Verwendung i. S. d. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB meint insbesondere, dass die vom Käufer beabsichtigte Verwendung dem Verkäufer bei Vertragsschluss erkennbar sein muss.23 Lediglich einseitige, dem Verkäufer zur Kenntnis gebrachte Erwartungen des Käufers reichen allerdings nicht aus.24 Dies ergibt sich sowohl aus der Formulierung „vertraglich vorausgesetzt“ als auch aus der Regierungsbegründung, nach der eine konkludente Übereinstimmung der Parteien erforderlich ist, aber auch genügt.25 Fraglich ist jedoch, ob für eine solche konkludente Übereinstimmung sich deckende Vor__________ 18

Secretariat Commentary O.R. Art. 33 (Art. 35) Anm. 8. Bamberger/Roth/Saenger Art. 35 Rn. 7; MünchKommBGB/Gruber Art. 35 Rn. 11; MünchKommHGB/Benicke Art. 35 Rn. 8; Schlechtriem/Schwenzer/Schwenzer Art. 35 Rn. 21; Staudinger/Magnus Art. 35 Rn. 28. 20 Bamberger/Roth/Saenger Art. 35 Rn. 7; Schlechtriem/Schwenzer/Schwenzer Art. 35 Rn. 21. 21 Bamberger/Roth/Saenger Art. 35 Rn. 7; MünchKommHGB/Benicke Art. 35 Rn. 11; Schlechtriem/Schwenzer/Schwenzer Art. 35 Rn. 21. 22 Schlechtriem, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 71, 84; ders., in: Ernst/Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 205, 215; anders aber Dylakiewicz, S. 30, die auf den Schutz des Verkäufers abstellt. 23 Erman/Grunewald § 434 Rn. 17; Oechsler § 2 Rn. 92; Wältermann, S. 206. 24 Hoeren/Martinek/Malzer § 434 Rn. 45; Palandt/Putzo § 434 Rn. 22; Staudinger/Matusche-Beckmann § 434 Rn. 61; Gebauer/Wiedmann/Leible Kap. 9 Rn. 44; P. Huber/Faust/P. Huber Kap. 12 Rn. 30; Reinicke/Tiedtke Rn. 321, 323; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 102. 25 BT-Drucks. 14/6040, S. 213. 19

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

stellungen der Parteien im Vorfeld des Vertrags ausreichen26 oder ob eine – ggf. konkludente27 – echte vertragliche Vereinbarung über die Verwendung erforderlich ist.28 Teilweise wird in Anlehnung an Art. 2 Abs. 2 lit. b VerbrGKRiL für eine von den Parteien vorausgesetzte Verwendung auch verlangt, dass der Käufer dem Verkäufer bei Vertragsschluss den Zweck des Sachkaufs zur Kenntnis bringen und der Verkäufer dem ausdrücklich oder stillschweigend zustimmen müsse.29 Der Wortlaut des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB ist diesbezüglich nicht eindeutig. „Vertraglich vorausgesetzt“ kann „nach dem Vertrag vorausgesetzt“ bedeuten, so dass eine tatsächliche Übereinstimmung der Vorstellungen der Parteien ausreichen würde. Die Betonung kann jedoch auch auf „vertraglich“ gelegt werden, was für das Erfordernis einer Vereinbarung sprechen würde.30 Ließe man eine bloße tatsächliche Übereinstimmung der Vorstellungen der Parteien ausreichen, würde dies zu Rechtsunsicherheiten führen.31 Auch der Wortlaut des Art. 2 Abs. 2 lit. b VerbrGK-RiL kann dafür herangezogen werden, dass „vertraglich vorausgesetzt“ meint, dass der Verkäufer dem ihm zur Kenntnis gebrachten Verwendungszweck konkludent oder ausdrücklich zustimmen muss.32 Auf Art. 35 Abs. 2 lit. b CISG kann aufgrund der in diesem Punkt zu Art. 2 Abs. 2 lit. b VerbrGK-RiL bestehenden Unterschiede im Rahmen der Auslegung des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB allerdings nicht abgestellt werden. Der insbesondere bei formbedürftigen Kaufverträgen relevante Streit um die Voraussetzungen für eine vertraglich vorausgesetzte Verwendung spielt allerdings keine so große Rolle, wie es zunächst scheint. Überwiegend verlangen nämlich auch diejenigen, die eine tatsächliche Übereinstimmung der Vor__________ 26

AnwKomBGB/Büdenbender § 434 Rn. 21; ders., in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/ Ring (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, § 8 Rn. 29; Hoeren/Martinek/Malzer § 434 Rn. 47; Wältermann, S. 206; wohl auch Ball, ZGS 2002, 49. s. auch Schinkels, ZGS 2004, 226, 228, nach dem die vertraglich vorausgesetzte Verwendung keine Vertragsvereinbarung ist, sondern sich in einer Grauzone zwischen Geschäftsgrundlage und Vertragsvereinbarung bewegt. 27 A. A. Staudinger/Matusche-Beckmann § 434 Rn. 58, die dies allerdings in Rn. 63 wieder einschränkt. 28 So Bamberger/Roth/Faust § 434 Rn. 50; Staudinger/Matusche-Beckmann § 434 Rn. 58, 61; Dylakiewicz, S. 44; Gebauer/Wiedmann/Leible Kap. 9 Rn. 44; Reinicke/Tiedtke Rn. 321 ff.; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 102; wohl auch Erman/Grunewald § 434 Rn. 17; Medicus, SchuldR II, Rn. 45 (Einigung). 29 Palandt/Putzo § 434 Rn. 22. Auch Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 57 will angesichts der Richtlinie strenge Anforderungen stellen. 30 Oetker/Maultzsch, S. 41. 31 Oetker/Maultzsch, S. 41. 32 s. auch Dylakiewicz, S. 44; Gebauer/Wiedmann/Leible Kap. 9 Rn. 44; a. A. Schinkels, ZGS 2004, 226, 228.

§ 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung

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stellungen der Parteien ausreichen lassen, dass der konkret-individuelle Verwendungszweck zumindest andeutungsweise aus der Urkunde hervorgehen müsse, damit er als Auslegungskriterium herangezogen werden könne. 33

(3) § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB als gesetzlich typisierte konkludente Beschaffenheitsvereinbarung Häufig findet sich die Aussage, dass in einer konkludenten Vereinbarung über den Verwendungszweck oft schon eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB liege.34 Abgrenzungsprobleme zwischen § 434 Abs. 1 S. 1 BGB und § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB35 treten jedoch dann nicht auf, wenn man § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB als gesetzlich typisierte konkludente Beschaffenheitsvereinbarung36 und somit als Regelungen versteht, die Auslegungskriterien für die Ermittlung einer Beschaffenheitsvereinbarung nach §§ 133, 157 BGB enthalten.37 Für eine solche Sichtweise spricht der Wortlaut des Art. 35 Abs. 2 CISG, an dem sich auch die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie orientiert hat. Denn nach Art. 35 Abs. 2 CISG darf auf die objektivierten Mindeststandards erst dann zurückgegriffen werden, wenn die Parteien „nichts anderes vereinbart“ haben.38 Dementsprechend werden die in Art. 35 Abs. 2 CISG normierten Standards hinsichtlich Qualität, Funktion und Verpackung der Ware als Teil des Kaufvertrags begriffen und als „implied terms“ bezeichnet.39 In EWG 8 VerbrGK-RiL heißt es allerdings lediglich, dass die in der Vermutung des Art. 2 Abs. 2 VerbrGK-RiL genannten __________ 33 Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 58; Grigoleit/Herresthal, JZ 2003, 233, 239; s. auch Oetker/Maultzsch, S. 41. Oechsler § 2 Rn. 92 verlangt dies jedoch nicht. Zu Zweifeln bezüglich der Vereinbarkeit mit der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie s. Schinkels, ZGS 2004, 226, 228. In denjenigen Fällen, in denen der Kaufvertrag nach deutschem Recht einer bestimmten Form bedarf (z. B. § 311b Abs. 1 BGB), wird jedoch kein Verbrauchsgüterkauf gem. § 474 BGB Abs. 1 S. 1 BGB vorliegen. 34 BT-Drucks. 14/6040, S. 213; Hoeren/Martinek/Malzer § 434 Rn. 46; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 434 Rn. 14; Schmidt-Räntsch Rn. 715. 35 Solche sieht z. B. Wältermann, S. 207. 36 Schlechtriem, in: Ernst/Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 205, 215 mit Fn. 16 (implizierte Zusagen); ders., in: DaunerLieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 71, 84; Grigoleit/Herresthal, JZ 2003, 233, 234; Unberath, ZEuP 2005, 5, 14; a. A. wohl Wältermann, S. 207. 37 Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 57 f.; Unberath, ZEuP 2005, 5, 14. 38 Grigoleit/Herresthal, JZ 2003, 233, 234. 39 UNCITRAL Digest Art. 35 Anm. 5.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Elemente in Ermangelung spezifischer Vertragsklauseln sowie im Fall der Anwendung der Mindestschutzklausel verwendet werden können, um die Vertragswidrigkeit der Ware zu bestimmen. Zumindest Art. 2 Abs. 2 lit. a und lit. b VerbrGK-RiL werden jedoch als Fälle einer konkludenten Parteivereinbarung angesehen.40 Das Verständnis von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB als gesetzlich typisierte konkludente Beschaffenheitsvereinbarung verschafft zudem dem in EWG 8 VerbrGK-RiL formulierten Prinzip Geltung, dass die in der Vermutung des Art. 2 Abs. 2 VerbrGK-RiL genannten Elemente kumulativ gelten.41

bb) Eignung für die gewöhnliche Verwendung Hinsichtlich der Eignung für die gewöhnliche Verwendung ist auf einen bedeutsamen Unterschied zwischen der Richtlinie bzw. dem deutschen Recht und dem UN-Kaufrecht hinzuweisen. In Art. 2 Abs. 2 lit. d VerbrGK-RiL bzw. in dem diesen umsetzenden § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB wird hinsichtlich der üblichen Beschaffenheit ausdrücklich auf den Erwartungshorizont des Käufers abgestellt.42 Zwar muss die Ware nach dem Sekretariatskommentar auch im UN-Kaufrecht in ihrer Qualität den Erwartungen entsprechen, die ein durchschnittlicher Nutzer an sie stellt,43 wobei die im üblichen Nutzerkreis herrschende Verkehrsauffassung maßgeblich ist.44 Die Rechtsprechung zu Art. 35 Abs. 2 lit. a CISG stellt allerdings eher auf die Verkäufersicht ab. So kommt es bei der Bestimmung der Geeignetheit der Ware für den gewöhnlichen Zweck grundsätzlich auf die öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Verkäuferland an, nicht aber auf diejenigen im Land des Käufers.45

__________ 40

So Grundmann/Bianca/Grundmann Art. 2 Rn. 8, 18, 23, 24. Ausführlich dazu Unberath, ZEuP 2005, 5, 10 ff. Zu dieser Problematik s. auch Bamberger/Roth/Faust § 434 Rn. 49. 42 Schlechtriem, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 71, 84; Piltz, IHR 2002, 2, 6. 43 Secretariat Commentary O.R. Art. 33 (Art. 34) Anm. 5. 44 Staudinger/Magnus Art. 35 Rn. 18, 21. 45 BGH, Urt. v. 8.3.1995 – VIII ZR 159/94, BGHZ 129, 75, 81 ff.; OGH, Beschluss v. 13.4.2000 – 2 Ob 100/00w, IHR 2001, 117, 119: „Über die Eignung für gewöhnliche Zwecke bestimmen grundsätzlich die Standards im Lande des Verkäufers.“; Audiencia Provincial de Granada, Spanien, Urt. v. 2.3.2000 – 143/2000, abrufbar unter http://www.uc3m.es/cisg/; vgl. auch Piltz, IHR 2002, 2, 6. s. auch schon o. § 6 IV. 1. a) aa) (1). 41

§ 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung

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cc) Öffentliche Äußerungen und Montagefehler § 434 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 BGB und Art. 2 Abs. 2 lit. d, Abs. 4, 5 VerbrGKRiL gehen mit der Einbeziehung von öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers oder seines Vertreters über konkrete Eigenschaften der Sache sowie der Einbeziehung von Montagefehlern über Art. 35 CISG hinaus.46 Allerdings können öffentliche Werbeaussagen des Verkäufers oder Herstellers die Verkehrsauffassung über den gewöhnlichen Verwendungszweck der Ware gem. Art. 35 Abs. 2 lit. a CISG beeinflussen.47 Auch bei Montagefehlern oder einer falschen Anleitung fehlt die gewöhnliche Zweckeignung gem. Art. 35 Abs. 2 lit. a CISG.48 Folglich wird man in diesen Fällen nach dem UNKaufrecht meist zu demselben Ergebnis kommen wie nach dem BGB und der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie.

dd) Aliud-Lieferungen und Mengenabweichungen Die Gleichstellung der Aliud-Lieferung und der Zuweniglieferung mit einem Sachmangel gem. § 434 Abs. 3 BGB entspricht dem UN-Kaufrecht,49 so dass hier eine Annäherung an das UN-Kaufrecht vorliegt. Ob sie von der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie geboten war, ist umstritten.50 Nach Art. 35 __________ 46

Grundmann/Bianca/Grundmann Art. 2 Rn. 34 in Bezug auf öffentliche Äußerun-

gen. 47 Staudinger/Magnus Art. 35 Rn. 21; Magnus, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 79, 87; s. aber auch Schlechtriem, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 71, 84, der darauf hinweist, dass es in diesen Fällen häufig um eine außergewöhnliche Verwendung geht. 48 Staudinger/Magnus Art. 35 Rn. 19; Magnus, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 79, 88. 49 MünchKommBGB/H. P. Westermann § 434 Rn. 38; W.-H. Roth, in: Ernst/Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 225, 240; Schlechtriem, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 71, 85. 50 Für die Regelung der Aliud-Lieferung und der Zuweniglieferung durch die Richtlinie AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 323 Rn. 39 für die Zuweniglieferung; Grundmann/Bianca/Grundmann Art. 2 Rn. 12; MünchKommBGB/St. Lorenz Vor § 474 Rn. 12; Dylakiewicz, S. 65 ff. für die Aliud-Lieferung; Gebauer/Wiedmann/Leible Kap. 9 Rn. 60, 67; Riesenhuber, S. 482; Wältermann, S. 212 f. für die Aliud-Lieferung; W.-H. Roth, in: Ernst/Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 225, 240 ff.; Schwartze, ZEuP 2000, 544, 555; dagegen MünchKommBGB/H. P. Westermann § 434 Rn. 38; Grigoleit/Riehm, ZGS 2002, 115, 121; wohl auch Schlechtriem, in: Ernst/Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 205, 213.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Abs. 1 CISG ist auch die Zuviellieferung eine Vertragswidrigkeit, bei der allerdings die Sondervorschrift des Art. 52 Abs. 2 CISG gilt. Teilweise wird im deutschen Recht eine entsprechende Anwendung des § 434 Abs. 3 BGB auf die Zuviellieferung mit der Begründung befürwortet, dass Art. 35 Abs. 1 CISG für die Auslegung des Art. 2 VerbrGK-RiL heranzuziehen sei.51 Der Wortlaut des Art. 2 Abs. 1 VerbrGK-RiL, nach dem der Verkäufer „dem Kaufvertrag gemäße Güter“ liefern muss, lässt zwar die Einbeziehung der Zuviellieferung zu.52 Gegen die Erfassung von Mengenabweichungen und somit auch der Zuviellieferung spricht jedoch, dass das als Vorbild dienende UNKaufrecht in Art. 35 Abs. 1 CISG eine Formulierung enthält, die ausdrücklich auf Mengenabweichungen und somit auch auf die Zuviellieferung hinweist. Diese Formulierung ist in Art. 2 VerbrGK-RiL nicht übernommen worden. Auch in den Erwägungsgründen der Richtlinie findet sich kein entsprechender Hinweis.53 Während für die Erfassung der Zuweniglieferung durch die Richtlinie der Zweck des Art. 2 VerbrGK-RiL spricht, Abgrenzungsprobleme zu vermeiden und die Rechtsanwendung zu vereinfachen,54 zeigt ein Blick auf das CISG, dass dies nicht für die Zuviellieferung gilt.55 Die Einbeziehung der Zuviellieferung in den Begriff der Vertragsmäßigkeit nach Art. 35 Abs. 1 CISG dient nämlich hauptsächlich dem Ziel, dem Verkäufer im Fall der Verletzung der Rügepflicht nach Art. 39 CISG durch den Käufer einen Anspruch auf Bezahlung der Zuviellieferung nach Art. 52 Abs. 2 S. 2 CISG zu geben. Hingegen sollte kein Vertragsaufhebungs- oder Minderungsrecht für den Käufer begründet werden.56 Weder die Richtlinie noch das BGB kennen einen dem Art. 52 Abs. 2 S. 2 CISG vergleichbaren, ausdrücklich normierten Anspruch. Abgesehen von dem Rechtsbehelf der Nachbesserung, der in Bezug auf die Zuviellieferung einen verschuldensunabhängigen Anspruch auf Abholung der zuviel __________ 51

Pfeiffer, ZGS 2002, 138, 139 f. Staudinger/Matusche-Beckmann § 434 Rn. 121. 53 Riesenhuber, S. 482 Fn. 111, der sich im Ergebnis aber für die Erfassung zumindest der Minderlieferung ausspricht; Grigoleit/Riehm, ZGS 2002, 115, 121, die dieses Argument gegen die Einbeziehung der Zuweniglieferung in die Richtlinie anbringen. Ablehnend auch MünchKommBGB/H. P. Westermann § 434 Rn. 43; Staudinger/Matusche-Beckmann § 434 Rn. 121 mit der zweifelhaften Begründung, dass die Richtlinie autonom auszulegen sei; zweifelnd Bamberger/Roth/Faust § 434 Rn. 117; a. A. Grundmann/Bianca/Grundmann Art. 2 Rn. 12. 54 MünchKommBGB/St. Lorenz Vor § 474 Rn. 12; Riesenhuber, S. 482; W.-H. Roth, in: Ernst/Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 225, 242. 55 MünchKommBGB/St. Lorenz Vor § 474 Rn. 12. 56 MünchKommBGB/St. Lorenz Vor § 474 Rn. 12 Fn. 61; ders., in: Karlsruher Forum 2005, S. 103 f. mit Fn. 375; s. auch Bamberger/Roth/Saenger Art. 39 Rn. 13; Schlechtriem/Schwenzer/Schwenzer Art. 39 Rn. 30. 52

§ 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung

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gelieferten Ware begründen könnte,57 passen die übrigen Rechtsfolgen des Gewährleistungsrechts zudem nicht auf die Zuviellieferung.58 Dies spricht dafür, dass die Zuviellieferung nicht von der Richtlinie erfasst und § 434 Abs. 3 BGB nicht analog auf die Zuviellieferung anzuwenden ist.

c) Haftungsausschluss nach § 442 Abs. 1 BGB und Vergleich mit dem UN-Kaufrecht Gem. § 442 Abs. 1 BGB haftet der Verkäufer nicht für die Mangelhaftigkeit der Ware, wenn der Käufer den Mangel bei Vertragsschluss kennt (S. 1) oder ihm der Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist, es sei denn, dass der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat (S. 2). Die Vorschrift ist weitgehend mit Art. 35 Abs. 3 CISG vergleichbar, nach dem der Verkäufer nicht für die Vertragswidrigkeit der Sache nach Art. 35 Abs. 2 lit. a–d CISG (nicht aber nach Art. 35 Abs. 1 CISG!)59 haftet, wenn der Käufer die Vertragswidrigkeit kannte oder darüber nicht in Unkenntnis sein konnte. Mit letzterer Alternative ist nach überwiegender Ansicht grobe Fahrlässigkeit gemeint.60 Im UN-Kaufrecht wird aus Art. 40 CISG und aus dem Gebot von Treu und Glauben gem. Art. 7 Abs. 1 CISG gefolgert, dass der arglistige Verkäufer auch dann haften muss, wenn der Käufer über die Vertragswidrigkeit nicht in Unkenntnis sein konnte. Grund dafür ist, dass der grob fahrlässig handelnde Käufer schutzwürdiger erscheint als der arglistig handelnde Verkäufer.61 __________ 57 Bamberger/Roth/Faust § 434 Rn. 117; Staudinger/Matusche-Beckmann § 434 Rn. 121; Pfeiffer, ZGS 2002, 138, 139 f. 58 Bamberger/Roth/Faust § 434 Rn. 117; Staudinger/Matusche-Beckmann § 434 Rn. 121; s. auch Schwartze, S. 119; Gebauer/Wiedmann/Leible Kap. 9 Rn. 64, nach denen Ansatzpunkt sämtlicher Gewährleistungsregeln der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie eine nachträgliche Störung des Äquivalenzinteresses ist, es hieran aber bei der Zuviellieferung fehlt; a. A. Pfeiffer, ZGS 2002, 138, 139 f. 59 Dies gilt im Grundsatz, s. Bamberger/Roth/Saenger Art. 35 Rn. 12; Brunner Art. 35 Rn. 20; MünchKommBGB/Gruber Art. 35 Rn. 35; MünchKommHGB/Benicke Art. 35 Rn. 22; Schlechtriem/Schwenzer/Schwenzer Art. 35 Rn. 38; Staudinger/Magnus Art. 35 Rn. 49 ff.; für eine analoge Anwendung auf Beschaffenheitsvereinbarungen Herber/Czerwenka Art. 35 Rn. 11. 60 Bamberger/Roth/Saenger Art. 35 Rn. 11; Brunner Art. 35 Rn. 20; Herber/Czerwenka Art. 35 Rn. 10; MünchKommBGB/Gruber Art. 35 Rn. 36; Staudinger/Magnus Art. 35 Rn. 48; Karollus, S. 119; a. A. Schlechtriem/Schwenzer/Schwenzer Art. 35 Rn. 34, nach denen mehr als grobe Fahrlässigkeit gemeint ist. Vermittelnd MünchKommHGB/Benicke Art. 35 Rn. 21. 61 OLG Köln, Urt. v. 21.5.1996 – 22 U 4/96, CISG-online Nr. 254; Bamberger/Roth/Saenger Art. 35 Rn. 11; Brunner Art. 35 Rn. 20; MünchKommBGB/Gruber

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

d) Beweislast und Vergleich mit dem UN-Kaufrecht Die Beweislast für die zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs den Sachmangel begründenden Tatsachen trifft den Käufer,62 was grundsätzlich dem UNKaufrecht entspricht. Allerdings enthält § 476 BGB, der Art. 5 Abs. 3 VerbrGK-RiL in deutsches Recht umsetzt, eine Beweislastumkehr für den Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB). Nach dieser Vorschrift wird in dem Fall, in dem sich ein Sachmangel innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang zeigt, vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Obgleich die Schadensersatzhaftung aus dem Anwendungsbereich der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ausgeklammert ist, gilt der im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie eingeführte § 476 BGB auch für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach §§ 437 Nr. 3, 280 ff., 311a Abs. 2 BGB.63 Die durch § 476 BGB statuierte Beweislastumkehr findet gem. § 478 Abs. 3 BGB auch im Rahmen des Unternehmerregresses zwischen Unternehmern in der Lieferkette Anwendung. Darin besteht ein praktisch äußerst relevanter Unterschied zum UN-Kaufrecht, welches eine solche Beweislastumkehr nicht kennt.64 Zu beachten ist allerdings, dass der BGH § 476 BGB eng auslegt. Nach dem Gericht setzt die Vorschrift einen binnen sechs Monaten seit Gefahrübergang aufgetretenen Sachmangel voraus und enthält eine lediglich in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung, dass dieser Mangel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen hat.65 Daher komme dem Käufer die Beweislastumkehr nach § 476 BGB nur dann zugute, wenn die Frage, ob ein Sachmangel vorliege, allein davon abhänge, dass eine Abweichung von der Sollbeschaffenheit, die sich innerhalb von sechs Monaten nach der Übergabe der Sache an den Käufer zeige, bereits bei Gefahrübergang vorhanden gewesen sei.66 Nicht von § 476 BGB erfasst sind demnach solche Fälle, bei denen der Sachmangel unstreitig erst nach Gefahrübergang eingetreten ist, aber unklar ist, __________ Art. 35 Rn. 37; MünchKommHGB/Benicke Art. 35 Rn. 23; Schlechtriem/Schwenzer/ Schwenzer Art. 35 Rn. 37; Staudinger/Magnus Art. 35 Rn. 52; Karollus, S. 119; abweichend Loewe, K Art. 35, nach dem neben Art. 35 CISG die Rechtsfolgen hinsichtlich der Gültigkeit des jeweils auf den Vertrag anwendbaren nationalen Rechts aufrecht bleiben. 62 BGH, Urt. v. 2.6.2004 – VIII ZR 329/03, NJW 2004, 2299, 2300. 63 MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 75. 64 Piltz, IHR 2002, 2, 6 f.; ders., NJW 2005, 2126, 2129. 65 BGH, Urt. v. 2.6.2004 – VIII ZR 329/03, NJW 2004, 2299, 2300; bestätigt durch Urt. v. 14.9.2005 – VIII ZR 363/04, NJW 2005, 3490, 3491 f. = ZGS 2005, 434, 436 und Urt. v. 23.11.2005 – VIII ZR 43/05, ZGS 2006, 72, 74. 66 BGH, Urt. v. 14.9.2005 – VIII ZR 363/04, ZGS 2005, 434, 436.

§ 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung

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ob dieser Mangel schon bei Gefahrübergang in der Beschaffenheit der Kaufsache angelegt war.67

2. Freiheit von Rechtsmängeln und Vergleich mit dem UN-Kaufrecht Nach § 435 S. 1 BGB ist die Sache frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Sache keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können. §§ 435 S. 2, 436 BGB haben nur für den Kauf von Grundstücken, nicht aber für den Kauf von beweglichen Sachen Bedeutung. Da die Rechtsmängelhaftung schon im alten BGB in das System des allgemeinen Leistungsstörungsrechts eingefügt war, war keine grundlegende Änderung der Regelung durch die Schuldrechtsreform erforderlich.68 Zudem ist umstritten, ob die mit der Schuldrechtsreform in das deutsche Recht umzusetzende Verbrauchsgüterkaufrichtlinie den Rechtsmangel überhaupt erfasst, weil sie von „dem Kaufvertrag gemäßen“ Gütern (Art. 2 Abs. 1 VerbrGK-RiL) oder von „Vertragswidrigkeit“ (Art. 3 Abs. 1 VerbrGK-RiL) spricht. 69 Nach § 435 S. 1 BGB liegt wie nach § 442 BGB a. F. ein Rechtsmangel nicht bereits vor, wenn ein Dritter ein Recht geltend macht. Das Recht des Dritten muss vielmehr bestehen. Hierin liegt ein Unterschied zum UNKaufrecht, da Art. 41 CISG die ernsthafte Geltendmachung eines Rechts durch einen Dritten dem Bestehen eines Rechts gleichstellt („Ware…frei von Ansprüchen Dritter“).70 Folglich muss der Käufer im deutschen Recht das Recht des Dritten behaupten und beweisen, um die Rechtsmängelhaftung gem. § 435 S. 1 BGB auszulösen, wohingegen er nach UN-Kaufrecht nicht die Berechtigung des Dritten, sondern nur die Inanspruchnahme durch diesen vortragen und __________ 67 A. A. aber Looschelders/Benzenberg, VersR 2005, 233 f. und Saenger/Veltmann, ZGS 2005, 450, 451 f. unter Hinweis auf Art. 5 Abs. 3 VerbrGK-RiL und Art. 36 Abs. 1 CISG; ebenfalls ablehnend St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 127; ders., NJW 2004, 3020, 3021; ders., NJW 2005, 1889, 1894; H. Roth, ZIP 2004, 2025 ff. s. auch Gsell, JuS 2005, 967, 970 ff., die in diesen Fällen im Ergebnis zu einer Beweiserleichterung nach § 476 BGB kommt. 68 BT-Drucks. 14/6040, S. 217. 69 Für eine Einbeziehung von Rechtsmängeln Grundmann/Bianca/Grundmann Art. 2 Rn. 14; dagegen MünchKommBGB/St. Lorenz Vor § 474 Rn. 10; Gebauer/Wiedmann/Leible Kap. 9 Rn. 70; Höffe, S. 48 ff.; Riesenhuber, S. 482 f.; W.-H. Roth, in: Ernst/Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 225, 238 ff.; Zimmer, in: Ernst/Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 191, 195. 70 BT-Drucks. 14/6040, S. 217 f.; Schlechtriem, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 71, 83; Piltz, IHR 2002, 2, 6. Zum UNKaufrecht s. MünchKommBGB/Gruber Art. 41 Rn. 6 ff.; Schlechtriem/Schwenzer/ Schwenzer Art. 41 Rn. 9 ff.; Staudinger/Magnus Art. 41 Rn. 15 ff.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

beweisen muss.71 Dass der Verkäufer im UN-Kaufrecht auch für die Freiheit von Ansprüchen Dritter haftet, ist damit zu rechtfertigen, dass es dem Käufer im internationalen Handelsverkehr nur sehr schwer oder oft gar nicht möglich sein wird, ein nach einer ausländischen Rechtsordnung bestehendes Recht eines Dritten an der Sache darzulegen und zu beweisen.72 Im deutschen Recht kann allerdings eine Vertragsauslegung gem. §§ 133, 157 BGB ergeben, dass der Verkäufer auch dafür einsteht, dass Dritte keine Rechte geltend machen.73 Eine Sonderregelung wie in Art. 42 CISG für Rechte aus dem Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts erschien für das BGB als überflüssig. Bei den einschlägigen Fallkonstellationen könne im Wege der Vertragsauslegung auch ohne gesetzliche Bestimmung festgestellt werden, ob der Verkäufer für die Freiheit von Rechten Dritter umfassend oder nur mit territorialer Beschränkung haften solle.74 § 442 Abs. 1 BGB ist auch auf Rechtsmängel anwendbar. Die Vorschrift des Art. 42 Abs. 2 lit. a CISG ist mit § 442 Abs. 1 BGB vom Grundsatz her vergleichbar. Nach Art. 42 Abs. 2 lit. b CISG entfällt die Haftung des Verkäufers auch, wenn er die Vorgaben des Käufers befolgt hat.

II. Rügepflicht Von der in Art. 5 Abs. 2 VerbrGK-RiL vorgesehenen Möglichkeit, dem Käufer eine Mängelrügepflicht aufzuerlegen, hat der deutsche Gesetzgeber bei der Schuldrechtsreform weder für den Kauf nach BGB im Allgemeinen noch für den Verbrauchsgüterkauf Gebrauch gemacht. Eine Rügepflicht besteht nach deutschem Recht weiterhin nur gem. § 377 HGB im Fall des beiderseitigen Handelsgeschäfts.

III. Zwischenergebnis § 434 Abs. 1 und Abs. 2 BGB setzen Regelungen des Art. 2 VerbrGK-RiL um, der sich grundsätzlich an Art. 35 Abs. 2 CISG anlehnt. Gemeinsamer Aus__________ 71 Schlechtriem, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 71, 83. 72 Schlechtriem, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 71, 83 f. 73 BT-Drucks. 14/6040, S. 218. 74 BT-Drucks. 14/6040, S. 218.

§ 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung

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gangspunkt der Regelungswerke für das Vorliegen eines Sachmangels ist die Parteivereinbarung. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 BGB sind als gesetzlich typisierte konkludente Beschaffenheitsvereinbarungen zu sehen. Dies entspricht dem Verständnis von Art. 2 lit. a und b VerbrGK-RiL und insbesondere dem Wortlaut von Art. 35 Abs. 2 CISG, der über die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bei der Auslegung des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB herangezogen werden kann. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB setzt nach vorzugswürdiger Ansicht eine vertragliche Vereinbarung über den Verwendungszweck der Kaufsache voraus, übereinstimmende Vorstellungen der Parteien reichen nicht aus. Dagegen kann der Vertragsinhalt nach Art. 35 Abs. 2 lit. b CISG dadurch einseitig festgelegt werden, dass der Käufer dem Verkäufer bei Vertragsabschluss einen bestimmten Zweck zur Kenntnis gebracht hat. Dafür reicht es schon aus, dass ein vernünftiger Verkäufer den besonderen Gebrauchszweck aus den Umständen erkennen konnte. Ob im deutschen Recht eine konkludente oder ausdrückliche vertragliche Vereinbarung über den Verwendungszweck vorliegt, ist eine Frage der Auslegung. Wird dem Verkäufer ein besonderer Verwendungszweck zur Kenntnis gebracht und schließt dieser den Vertrag ab, so kann darin – wie auch bei Art. 2 Abs. 2 lit. b VerbrGK-RiL – eine konkludente Zustimmung des Verkäufers gesehen werden, wenn dieser Fachhändler oder zumindest Unternehmer ist. Dadurch relativiert sich der theoretisch zwischen § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB und Art. 35 Abs. 2 lit. b CISG bestehende Unterschied. Nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB ist allerdings anders als gem. Art. 35 Abs. 2 lit. b CISG ohne Bedeutung, ob der Käufer auf die Sachkenntnis und das Urteilsvermögen des Verkäufers nicht vertraute oder vernünftigerweise nicht vertrauen konnte. Für die übliche Beschaffenheit ist gem. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB in Übereinstimmung mit Art. 2 Abs. 2 lit. d VerbrGK-RiL auf den Erwartungshorizont des Käufers abzustellen, wohingegen die Rechtsprechung zu Art. 35 Abs. 2 lit. a CISG zumindest hinsichtlich der Vereinbarkeit der Ware mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften grundsätzlich auf die öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Land des Verkäufers abstellt. Dies ist auf die besonderen Gegebenheiten beim internationalen Kauf zurückzuführen, da in den verschiedenen Bestimmungsländern der Ware jeweils unterschiedliche öffentlichrechtliche Vorschriften vorliegen werden. Das UN-Kaufrecht enthält zwar anders als die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie und das deutsche Recht keine speziellen Regelungen in Bezug auf öffentliche Äußerungen über Eigenschaften der Ware und in Bezug auf Montagefehler. In vielen Fällen wird man allerdings über Art. 35 Abs. 2 lit. a CISG zu denselben Ergebnissen kommen wie im deutschen Recht. Wie in Art. 35 Abs. 1 CISG ist die Aliud-Lieferung dem Sachmangel in § 434 Abs. 3 BGB ausdrücklich gleichgestellt. Dies gilt nach vorzugswürdiger

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Ansicht für beide Regelungen auch bei krassen Abweichungen. Ebenso wird die Zuweniglieferung in § 434 Abs. 3 BGB einem Sachmangel gleichgesetzt, worin eine weitere Parallele zum UN-Kaufrecht besteht. Anders als Art. 35 Abs. 1 CISG nennt § 434 Abs. 3 BGB dagegen nicht die Zuviellieferung. Eine analoge Anwendung des § 434 Abs. 3 BGB auf die Zuviellieferung kann nicht damit begründet werden, dass § 434 BGB Art. 2 VerbrGK-RiL umsetzt und Art. 35 Abs. 1 CISG dieser Vorschrift als Vorbild diente. Gegen die Einbeziehung der Zuviellieferung in die Richtlinie spricht nämlich insbesondere, dass die Zuviellieferung von Art. 35 Abs. 1 CISG erfasst ist, um dem Verkäufer im Fall der Verletzung der Rügepflicht nach Art. 39 CISG durch den Käufer einen Anspruch auf Bezahlung der Zuviellieferung nach Art. 52 Abs. 2 S. 2 CISG zu geben. § 442 Abs. 1 BGB schließt die Haftung des Verkäufers im Prinzip in den gleichen Fällen aus wie Art. 35 Abs. 3 CISG. Im deutschen Recht trägt – wie grundsätzlich auch im CISG – der Käufer die Beweislast für die zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs den Sachmangel begründenden Tatsachen. Hinsichtlich der Beweislast für die Vertragswidrigkeit der Ware ist im deutschen Recht die Beweislastumkehr des § 476 BGB zu berücksichtigen, die nach dem BGH allerdings eng auszulegen ist. Die Beweislastumkehr kann über § 478 Abs. 3 BGB auch zwischen Unternehmern Anwendung finden, worin ein praktisch äußerst bedeutsamer Unterschied zum UN-Kaufrecht liegt. Was die Regelungen über das Vorliegen eines Rechtsmangels betrifft, ist hervorzuheben, dass im deutschen Recht das Bestehen eines Rechts eines Dritten erforderlich ist, während nach Art. 41 CISG die ernsthafte Geltendmachung eines Rechts durch einen Dritten ausreicht. Eine Sonderregelung über die Belastung mit Schutzrechten Dritter wie in Art. 42 CISG existiert im deutschen Recht nicht, vielmehr ist der Vertrag auszulegen. Die in § 442 Abs. 1 BGB und in Art. 41, 42 CISG genannten Gründe für den Ausschluss der Verkäuferhaftung sind im Wesentlichen vergleichbar. Eine Rügepflicht besteht im deutschen Recht gem. § 377 HGB beim beiderseitigen Handelskauf. Im UN-Kaufrecht setzt die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs stets voraus, dass der Käufer dem Verkäufer die Vertragswidrigkeit der Ware oder den Rechtsmangel angezeigt hat (Art. 39 Abs. 1, 43 Abs. 1 CISG).

§ 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung

169

IV. Die verschiedenen Schadensersatzansprüche wegen Lieferung mangelhafter Ware Die Schadensersatzansprüche, auf die § 437 Nr. 3 BGB bei Mangelhaftigkeit der Sache verweist, unterscheiden sich in ihrem Inhalt und ihren Voraussetzungen. Anders als im UN-Kaufrecht existiert bei mangelhafter Lieferung nicht nur eine einzige Anspruchsgrundlage für Schadensersatz, die sowohl bei Verletzung des Erfüllungsinteresses, bei Verletzung des Integritätsinteresses als auch bei Verletzung des negativen Interesses einschlägig ist und nach der Ersatz der eingetretenen Schäden verlangt werden kann, gleich ob es sich um den Nichterfüllungsschaden im engeren Sinne, Begleit- oder Folgeschäden handelt. Abgesehen von § 311a Abs. 2 BGB ist zwar § 280 Abs. 1 BGB der einheitliche Grundtatbestand, der die Mindestvoraussetzungen für alle Schadensersatzansprüche, insbesondere die Voraussetzung des Vertretenmüssens (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB), enthält.75 Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger jedoch gem. § 280 Abs. 2 BGB nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 286 BGB verlangen, Schadensersatz statt der Leistung gem. § 280 Abs. 3 BGB nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen der §§ 281– 283 BGB. Aus den drei Absätzen des § 280 BGB ergeben sich daher drei Kategorien des Schadensersatzes, die jeweils unterschiedlichen Voraussetzungen unterliegen.76 Gegenüberzustellen sind die beiden Kategorien des Schadensersatzes statt der Leistung (§ 280 Abs. 3 i. V. m. § 281–283 BGB) und des sonstigen Schadensersatzes (§ 280 Abs. 1 BGB), auch einfacher Schadensersatz77 oder Schadensersatz neben der Leistung78 genannt. Daneben besteht als dritte Kategorie der Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung (§ 280 Abs. 2 i. V. m. § 286 BGB).

__________ 75

Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 728 f. Staudinger/Otto § 280 Rn. E 1; Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 728 f. St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 41, geht dagegen nicht von einer Dreiteilung, sondern von einer Zweiteilung aus, die zwischen dem Schadensersatz „statt“ der Leistung und dem Schadensersatz „neben“ der Leistung verlaufe. In der Tat kann auch der Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung als Schadensersatz „neben“ der Leistung verstanden werden. S. dazu u. § 11 IV 6. a). 77 Staudinger/Otto § 280 Rn. E 11; Reinicke/Tiedtke Rn. 500. 78 Staudinger/Otto § 280 Rn. E 11; St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2500; Hirsch, Jura 2003, 289, 290. 76

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

1. Schadensersatz statt der Leistung Schadensersatz statt der Leistung kann der Käufer bei mangelhafter Lieferung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 oder i. V. m. § 283 BGB oder gem. §§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 BGB verlangen. Zu untersuchen ist, ob dem Käufer bei mangelhafter Lieferung auch ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 282 BGB zustehen kann.

a) Behebbarer Mangel Liegt ein behebbarer Mangel vor, kann der Käufer Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB geltend machen. Voraussetzung ist insbesondere der erfolglose Ablauf einer vom Käufer bestimmten angemessenen Frist zur Nacherfüllung (§ 281 Abs. 1 S. 1 BGB). In der Fristsetzung liegt die rechtstechnische Umsetzung des Rechts des Verkäufers zur zweiten Andienung.79 Für die Entbehrlichkeit der Fristsetzung enthält § 440 BGB neben § 281 Abs. 2 BGB eine Sonderregelung. Der Anspruch nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB setzt ferner voraus, dass der Verkäufer die Pflichtverletzung zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB).

b) Unbehebbarer Mangel Im Fall eines unbehebbaren Mangels, d.h. im Fall qualitativer Unmöglichkeit,80 ist danach zu unterscheiden, ob die Behebung des Mangels schon bei Vertragsschluss gem. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich oder gem. § 275 Abs. 2, 3 BGB unzumutbar war oder sie dies erst nach Vertragsschluss geworden ist. Lag ein unbehebbarer Mangel schon bei Vertragsschluss vor, sind §§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 BGB Anspruchsgrundlage für den Schadensersatz statt der Leistung.81 Ist dagegen der Mangel erst nach Vertragsschluss unbehebbar geworden oder ist ein unbehebbarer Mangel erst zwischen Vertragsschluss und Gefahrübergang entstanden, bilden §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 283 BGB die Anspruchsgrundlage.82 Für die Abgrenzung des § 283 BGB von § 311a __________ 79

AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 281 Rn. 2. St. Lorenz, NJW 2002, 2497 f. 81 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 102. 82 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 107. 80

§ 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung

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Abs. 2 BGB kommt es also entscheidend auf den Zeitpunkt der Unbehebbarkeit des Mangels an, nicht dagegen auf den des Bestehens des Mangels.83 Ist die Unmöglichkeit zwar erst nach Vertragsschluss eingetreten, beruht sie aber auf einer bereits vor Vertragsschluss liegenden Ursache, wird § 311a Abs. 2 BGB analog anzuwenden sein.84 Wie bei Vorliegen eines anfänglich unbehebbaren Mangels ist in diesem Fall nämlich maßgeblich, ob der Schuldner die Ursache bei Vertragsschluss kannte oder kennen musste (vgl. § 311a Abs. 2 S. 2 BGB). Eine Fristbestimmung zur Nacherfüllung ist bei unbehebbaren Mängeln sinnlos und daher nicht erforderlich.85 Während der Anspruch aus §§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 BGB entfällt, wenn der Verkäufer das Leistungshindernis bei Vertragsschluss nicht kannte und seine Unkenntnis auch nicht zu vertreten hat (§ 311a Abs. 2 S. 2 BGB), setzt der Anspruch nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 283 BGB Vertretenmüssen des Verkäufers gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB voraus. Die Regelungen, nach denen sich der Schadensersatz statt der Leistung bei Vorliegen eines unbehebbaren Mangels richtet, werden teilweise für entsprechend anwendbar gehalten, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung berechtigterweise nach § 439 Abs. 3 BGB verweigert. 86 Nach dem Gesetzeswortlaut steht dem Käufer in diesem Fall ein sofortiger Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3, 281 i. V. m. § 440 BGB zu. Zuzugeben ist jedoch, dass dem Verkäufer bei einer berechtigten Verweigerung der Nacherfüllung gem. § 439 Abs. 3 BGB nur vorgeworfen werden kann, dass er sich über seine Leistungsfähigkeit nicht informiert hat. Dieser Verschuldensvorwurf wird nur von § 311a Abs. 2 S. 2 BGB erfasst, nicht dagegen von § 280 Abs. 1 S. 2 BGB.87

__________ 83

Staudinger/Otto § 280 Rn. E 13, § 283 Rn. 48; Oetker/Maultzsch, S. 117; Reinicke/Tiedtke Rn. 501, 529; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 70; ders., NJW 2002, 2497, 2501; Hirsch, Jura 2003, 289, 296, 298; s. auch Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 107; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 22, 24, 25; anders Jauernig/Berger § 437 Rn. 18; Schlechtriem, SchuldR BT, Rn. 83; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 250; v. Wilmowsky, JuS Beilage 1/2002, 3, 26; ungenau St. Lorenz/Riehm Rn. 534 („unbehebbare Sachmängel, die zwischen Abschluss des Kaufvertrags und Gefahrübergang eintreten“); Schur, ZGS 2002, 243. 84 St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 54 Fn. 174 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 12.1.1960 – VIII ZR 34/59, DB 1960, 261 f. 85 BT-Drucks. 14/6040, S. 225. 86 Erman/Kindl § 311a Rn. 9; MünchKommBGB/Ernst § 311a Rn. 83; St. Lorenz/Riehm Rn. 536; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 75 Fn. 252; zurückhaltend AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 311a Rn. 12. 87 Erman/Kindl § 311a Rn. 9; MünchKommBGB/Ernst § 311a Rn. 83.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

c) Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 282 BGB Obwohl § 437 Nr. 3 BGB nicht auf § 282 BGB verweist, stellt sich die Frage, ob der Käufer bei mangelhafter Lieferung auch einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 282 BGB haben kann. Nach § 282 BGB kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn der Schuldner eine Pflicht nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt und dem Gläubiger die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zuzumuten ist. Liefert der Verkäufer mangelhafte Ware, verletzt er dadurch seine Pflicht zur mangelfreien Lieferung gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB. Da allerdings neben dieser Leistungspflicht eine Schutzpflicht des Verkäufers nach § 241 Abs. 2 BGB bestehen kann, die Rechte und Rechtsgüter des Käufers nicht durch die Lieferung mangelhafter Ware zu gefährden und den Käufer bei Lieferung auf einen bestehenden Mangel hinzuweisen,88 kommt bei mangelhafter Lieferung auch die Verletzung einer solchen Schutzpflicht in Betracht. In der Literatur wird die Möglichkeit, in diesem Fall Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 282 BGB zu verlangen, zum Teil bejaht.89 Dafür spricht, dass § 437 Nr. 3 BGB auf § 280 BGB verweist, also auch auf dessen Abs. 3, der wiederum einen Verweis auf § 282 BGB enthält. Dem kann jedoch entgegengehalten werden, dass § 437 Nr. 3 BGB im Gegensatz dazu die §§ 281, 283 BGB ausdrücklich nennt, obwohl er schon auf § 280 BGB verweist. In der Regierungsbegründung wird § 282 BGB im Zusammenhang mit dem Kaufrecht nicht erwähnt.90 Zudem betrifft § 282 BGB grundsätzlich die Fälle, in denen der Schuldner die versprochene Leistung an sich zwar ordnungsgemäß erbringt, er aber dabei eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB derart verletzt, dass dem Gläubiger ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten ist.91 Im Fall der mangelhaften Lieferung erbringt der Verkäufer dagegen schon die Leistung nicht ordnungsgemäß, so dass der Käufer bei Vorliegen eines behebbaren Mangels nach erfolglosem Ablauf einer Nachfrist, bei Vorliegen eines unbehebbaren Mangels ohne eine solche Fristsetzung Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 __________ 88

Gsell, JZ 2002, 1089, 1091 f.; Münch, Jura 2002, 361, 364 mit Beispielsfall; s. auch Canaris, ZIP 2003, 321, 324. 89 So Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 118 ff.; MünchKommBGB/Ernst § 282 Rn. 2, 12; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 21; Schur, ZGS 2002, 243, 244; v. Wilmowsky, JuS Beilage 1/2002, 3, 27. 90 BT-Drucks. 14/6040, S. 224 f. 91 Hk-BGB/Schulze § 282 Rn. 1.

§ 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung

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i. V. m. § 281 oder i. V. m. § 283 BGB oder gem. §§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 BGB verlangen kann. Allerdings kann argumentiert werden, dass das Unterlassen des Hinweises auf den Mangel durch den Verkäufer häufig zu einer Situation führen wird, die von § 282 BGB gerade erfasst werden soll. Das Unterlassen der Aufklärung wird nämlich in vielen Fällen dazu führen, dass das Vertrauen des Käufers zum Verkäufer zerstört ist und ihm daher die Aufrechterhaltung oder weitere Durchführung des Vertrags nicht mehr zuzumuten ist.92 Eine Anwendung des § 282 BGB bei mangelhafter Lieferung begegnet jedoch deshalb Bedenken, weil dadurch die Gefahr der Umgehung des Fristsetzungserfordernisses nach § 281 Abs. 1 S. 1 BGB geschaffen wird. Der Käufer soll bei Vorliegen eines behebbaren Mangels Schadensersatz statt der Leistung erst verlangen können, nachdem er dem Verkäufer eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat und diese erfolglos abgelaufen ist. Werden durch den Mangel Rechtsgüter des Käufers so erheblich gefährdet, dass diesem die Nacherfüllung durch den Verkäufer nicht mehr zuzumuten ist, wird ihm die Ausnahmeregel des § 440 S. 1, 3. Fall BGB zu Hilfe kommen und eine Fristsetzung entbehrlich sein. Diejenigen, die eine Anwendung des § 282 BGB bei mangelhafter Lieferung befürworten, wollen dagegen im Rahmen der Prüfung der Unzumutbarkeit i. S. d. § 282 BGB berücksichtigen, ob dem Verkäufer noch die Möglichkeit zur Nacherfüllung gegeben werden muss. § 282 BGB sei deshalb von Bedeutung, weil der Verkäufer bei § 281 BGB die ursprüngliche mangelhafte Leistung zu vertreten haben müsse, während für § 282 BGB das Vertretenmüssen der Nebenpflichtverletzung genüge.93 Dafür, ob der Verkäufer die Verletzung der Schutzpflicht zur Aufklärung über den Mangel zu vertreten hat, kommt es entscheidend darauf an, ob der Verkäufer den Mangel kannte oder kennen musste. Darüber hinaus muss sich das Vertretenmüssen auch darauf beziehen, dass der Verkäufer den Käufer nicht auf den Mangel hingewiesen hat.94 Kannte der Verkäufer den Mangel oder musste er diesen kennen und hat er diesen schuldhaft nicht beseitigt, hat der Verkäufer allerdings auch die ursprüngliche mangelhafte Leistung zu vertreten, so dass der Käufer schon Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB verlangen kann.95 Auf einen __________ 92

Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 118. Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 122. Zum Bezugspunkt des Vertretenmüssens im Rahmen von § 281 BGB s. ausführlich unten § 14 II. 1. 94 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 120, 138. 95 s. dazu auch St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 57 f., nach dem der Maßstab des Vertretenmüssens bei einer Haftung des Verkäufers aus § 280 Abs. 1 BGB gestützt auf die Verletzung einer Schutzpflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB und bei einer Haftung des Verkäufers aus § 280 Abs. 1 BGB gestützt auf die Verletzung der Pflicht aus § 433 Abs. 1 S. 2 BGB jeweils identisch ist. 93

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Anspruch aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 282 BGB wird es daher im Fall des behebbaren Mangels in der Regel nicht ankommen. Anders könnte dies jedoch bei Vorliegen eines unbehebbaren Mangels sein. Denkbar ist der Fall, dass der Verkäufer zwar den unbehebbaren Mangel bei Vertragsschluss weder kannte noch kennen musste (vgl. § 311a Abs. 2 S. 2 BGB), er ihn aber später entdeckt und dennoch die mangelhafte Sache an den Käufer liefert, ohne auf den Mangel hinzuweisen. Auch ist möglich, dass die Behebung eines Mangels der Kaufsache nach Vertragsschluss unmöglich wird, ohne dass der Verkäufer dies zu vertreten hat, er aber dennoch liefert und schuldhaft die Aufklärung über den Mangel unterlässt. In diesen Fällen kann ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 282 BGB Bedeutung erlangen. Denn für diesen genügt das Vertretenmüssen der Schutzpflichtverletzung, während es für einen Anspruch aus §§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 BGB auf die Kenntnis oder das Kennenmüssen des Schuldners zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ankommt und für einen Anspruch aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 283 BGB entscheidend ist, ob der Verkäufer die zum Eintritt der Unmöglichkeit der Nacherfüllung führenden Umstände zu vertreten hat.

d) Schadensersatz statt der ganzen Leistung im Gegensatz zum Schadensersatz statt der Leistung Gem. § 281 Abs. 1 S. 3 BGB kann der Schuldner bei nicht wie geschuldet erbrachter Leistung Schadensersatz statt der ganzen Leistung nicht verlangen, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist. § 311a Abs. 2 S. 3 und § 283 S. 2 BGB verweisen jeweils auf § 281 Abs. 1 S. 3 BGB. Schadensersatz statt der ganzen Leistung meint den so genannten „großen Schadensersatz“.96 Aus § 281 Abs. 1 S. 3 BGB folgt, dass der Gläubiger nur „kleinen Schadensersatz“97 verlangen kann, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.98 Der Gläubiger kann folglich grundsätzlich „kleinen Schadensersatz“ geltend machen, wahlweise auch „großen Schadensersatz“, wenn die Voraussetzungen des § 281 Abs. 1 S. 3 BGB vorliegen.99 Es ist daher nicht vertretbar, dass Schadensersatz statt der Leistung nur den Schadensersatz statt der Kaufsache meint und § 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB oder i. V. m. § 283 BGB und §§ 437 __________ 96 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 125; Staudinger/Otto § 280 Rn. E 8. Zum „großen Schadensersatz“ s. schon o. § 6 V. 3. 97 Zum „kleinen Schadensersatz“ s. schon o. § 6 V. 2. 98 Staudinger/Otto § 280 Rn. E 9. 99 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 281 Rn. 31 ff.

§ 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung

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Nr. 3, 311a Abs. 2 BGB nur anwendbar sind, wenn der Gläubiger die mangelhafte Kaufsache zurückgeben will.100

2. Schadensersatz neben der Leistung Schadensersatz neben der Leistung kann der Käufer gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB verlangen. Eine Fristsetzung ist nicht erforderlich. Wie bereits ausgeführt, setzt § 280 Abs. 1 S. 1 BGB lediglich voraus, dass der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt hat und dem Gläubiger hierdurch ein Schaden entstanden ist. Dies gilt gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

3. Abgrenzung von Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung Problematisch ist, wie Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung voneinander abzugrenzen sind. Da der Käufer im Fall eines behebbaren Mangels Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB grundsätzlich nur nach erfolglosem Ablauf einer von ihm gesetzten Nachfrist geltend machen kann, ist die Abgrenzung im Hinblick auf das Erfordernis der Fristsetzung bedeutsam.101 Von der Einordnung als Schadensersatz statt der Leistung oder Schadensersatz neben der Leistung hängt zudem der Anknüpfungspunkt für das Vertretenmüssen ab. Auch spielt es für die Möglichkeit der Kombination des Schadensersatzes mit anderen Rechtsbehelfen eine Rolle, ob der Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung oder Schadensersatz neben der Leistung verlangt. So kann der Gläubiger z. B. nach dem Gesetzeswortlaut Schadensersatz statt der Leistung und Ersatz vergeblicher Aufwendungen gem. § 284 BGB nur alternativ geltend machen. In der Regierungsbegründung heißt es, dass der Schadensersatz statt der Leistung dem alten Schadensersatz wegen Nichterfüllung entspreche. In § 280 Abs. 1 BGB-RE gehe es um den Ersatz solcher Schäden, die nach geltendem Recht unter dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung ersatzfähig seien, die also durch die Mangelhaftigkeit der Kaufsache an anderen Rechtsgütern als der Kaufsache selbst eingetreten seien (Körperschäden, Vermögensschäden). Ersatz des eigentlichen Mangelschadens könne der Käufer nach __________ 100 101

So aber Schellhammer, MDR 2002, 301, 304. MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 65; Staudinger/Otto § 280 Rn. E 14.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

§ 281 BGB-RE grundsätzlich erst nach erfolglosem Ablauf einer Nachfrist zur Nacherfüllung verlangen.102

a) Abgrenzung anhand der alten Kategorien Die Begründung des Regierungsentwurfs legt nahe, Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung anhand der alten Unterscheidung zwischen Mangelschaden und Mangelfolgeschaden bzw. zwischen Erfüllungsinteresse und Integritätsinteresse abzugrenzen.103 Dagegen spricht jedoch, dass der Gesetzgeber die „spitzfindige Unterscheidung von Mangelschäden und Mangelfolgeschäden“ an anderer Stelle kritisierte104 und die Beseitigung der bestehenden Abgrenzungsprobleme eines der wesentlichen Ziele der Schuldrechtsmodernisierung war.105 Zudem wurden auch im alten Recht Mangelfolgeschäden über § 463 S. 1 BGB a. F. ersetzt, soweit sie nur von der Zusicherung umfasst waren.106 Der Umfang des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung bei einer zugesicherten Eigenschaft gem. § 463 S. 1 BGB a. F. hing folglich nicht von der Art des Schadens, sondern von der Reichweite der vom Verkäufer übernommenen Garantie ab.107 Eine Abgrenzung anhand der alten Kategorien wird deshalb zu Recht nicht nur als höchst fragwürdig angesehen,108 es wird __________ 102

BT-Drucks. 14/6040, S. 225. P. Huber/Faust/P. Huber Kap. 13 Rn. 99 ff., 105. Auf diese Weise grenzen auch Kohte/Micklitz/Rott/Tonner/Willingmann/Tonner/Echtermeyer § 437 Rn. 11 f. ab; Brox/ Walker § 4 Rn. 107 f.; Gursky, S. 30; Buck, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, S. 105, 155 f.; Ball, ZGS 2002, 49, 51; Brüggemeier, WM 2002, 1376, 1382 f.; Hampel, JuS 2003, 465, 468; Münch, Jura 2002, 361, 368; Schur, ZGS 2002, 243; v. Wilmowsky, JuS Beilage 1/2002, 3, 19 ff. s. auch Rust, in: FS Ehmann, S. 117, 119, der zwar die Begriffe des Mangel- und Mangelfolgeschaden als überkommen bezeichnet, gleichzeitig aber auf das Integritäts- und Erfüllungsinteresse abstellt. 104 BT-Drucks. 14/6040, S. 224. 105 BT-Drucks. 14/6040, S. 133; AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 49; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 54; Grunewald, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt, Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 313, 315; Ady, ZGS 2003, 13; Gsell, JZ 2002, 1089; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 617; s. auch Recker, NJW 2002, 1247, 1248. 106 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 50; Kohte/Micklitz/Rott/Tonner/Willingmann/Willingmann/Hirse Vor §§ 280–288 Rn. 8. s. auch schon o. § 10 II. 1. 107 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 50. 108 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 49 ff.; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 65; kritisch auch Schubel, JuS 2002, 313, 319. Nach Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 236 und Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 732, hat das Begriffspaar Mangelschaden/Mangelfolgeschaden keine Funktion mehr. Nach Döll/Rybak, Jura 2005, 582, 585 f., stiftet die Fortführung der Differenzierung zwischen Mangel- und Mangelfolgeschäden unter der Geltung des neuen Rechts mehr Schaden als Nutzen. 103

§ 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung

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auch davor gewarnt, sich mit alten Begrifflichkeiten wie „Mangelschaden und Mangelfolgeschaden“ oder „Äquivalenzinteresse und Integritätsinteresse“ die Sicht auf die Systematik zu verstellen.109 Wird das Begriffspaar Mangelschaden/Mangelfolgeschaden weiterhin verwendet, so werden die Begriffe häufig neu definiert.110 Dem gesetzgeberischen Ziel der Abschaffung der Unterscheidung zwischen Mangelschaden und Mangelfolgeschaden entspricht es, die zitierte Begründung des Regierungsentwurfs lediglich als Erläuterung oder Orientierungshilfe, nicht aber als verbindliche Vorgabe dafür zu verstehen, wie zwischen dem Schadensersatz statt der Leistung und dem Schadensersatz neben der Leistung abzugrenzen ist.111 Im Schrifttum finden sich verschiedene Vorschläge für eine Abgrenzung unter Aufgabe der im alten Gewährleistungsrecht verankerten Begrifflichkeiten. Während Einigkeit darüber besteht, dass der unmittelbare Nichterfüllungsschaden unter den Schadensersatz statt der Leistung fällt, ist die Einordnung mangelbedingter Folgeschäden strittig.112 Gemeint sind damit nicht nur typische Mangelfolgeschäden nach altem Recht, die das Integritätsinteresse betreffen, sondern auch dem Erfüllungsinteresse zuzuordnende Folgeschäden (z. B. entgangener Gewinn).113

b) Abgrenzung nach Art der verletzten Pflicht Vorgeschlagen wird unter anderem eine Abgrenzung nach Art der verletzten Pflicht. Sowohl dem Verzug als auch dem Schadensersatz statt der Leistung liege – abgesehen vom Sonderfall der Unmöglichkeit – die Verletzung einer Leistungspflicht zugrunde. Sie würden damit alle Fälle der Verletzung von Haupt- und Nebenpflichten erfassen. Der Anspruch auf einfachen Schadensersatz beschränke sich dagegen auf die Fälle der Verletzung nicht leistungsbezo__________ 109

St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2500. Z. B. Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 40 f., der für die Abgrenzung von § 280 BGB und § 281 BGB auf die Unterscheidung zwischen Mangelschaden und Mangelfolgeschaden abstellt, den Begriff des Mangelschadens aber eng und den des Mangelfolgeschadens weit fassen will. Der Begriff des (reinen) Mangelschadens umfasse entgegen der vorherrschenden Ansicht zum alten Recht nur denjenigen Schaden, der in der Verringerung des Wertes des Leistungsgegenstandes durch den Mangel liege. 111 So verstehen Reinicke/Tiedtke Rn. 510 f.; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 617 die Gesetzesbegründung; ähnlich Dylakiewicz, S. 207 f. s. aber auch Schubel, in: M. Schwab/Witt (Hrsg.), Einführung in das neue Schuldrecht, S. 123, 142 mit anderer Begründung. 112 Staudinger/Otto § 280 Rn. E 14. 113 s. auch schon § 6 V. 1. c). 110

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

gener Pflichten, da er gem. § 280 Abs. 2, 3 BGB nur dann einschlägig sei, wenn die besonderen Voraussetzungen des Verzugs oder des Schadensersatzes statt der Leistung nicht vorlägen.114 Nach diesem Verständnis fallen bei mangelhafter Lieferung sowohl Mangelschäden als auch Mangelfolgeschäden im Sinne des alten Rechts unter den Schadensersatz statt der Leistung.115 Gegen diese Ansicht sprechen vor allem systematische Gründe. Eine Abgrenzung von Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung nach Art der verletzten Pflicht erscheint angesichts dessen, dass im neuen Recht jegliche Art von Pflichtverletzung eine Pflichtverletzung im Sinne des Grundtatbestandes des § 280 Abs. 1 BGB ist116 und §§ 281, 286 BGB gem. §§ 280 Abs. 2, 3 BGB auf diesem Grundtatbestand aufbauen, zweifelhaft.117 Auch würde der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 282 BGB wegen Verletzung einer nicht leistungsbezogenen Pflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB nicht in ein solches System passen. Dies zeigt, dass die Verweisungsnorm des § 281 Abs. 3 BGB unabhängig von der Art der Pflichtverletzung anzuwenden ist.118 Eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Arten von Pflichten spielt im Gesetz nur innerhalb der Kategorie des Schadensersatzes statt der Leistung eine Rolle. 119 Die Systematik der §§ 280 ff. BGB spricht überdies dafür, eine Abgrenzung zwischen Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung von der Rechtsfolgenseite her vorzunehmen.

c) „Schadensphänomenologische“ Abgrenzung Ausgehend von der Rechtsfolgenseite wird eine „schadensphänomenologische“ Abgrenzung vertreten.120 Schadensersatz statt der Leistung erfasse alle und nur diejenigen Schadensposten, die gerade durch das Ausbleiben der Naturalleistung bedingt seien, d.h. an deren Stelle träten, da die Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung den Wegfall des Rechts des Schuldners __________ 114

Recker, NJW 2002, 1247. Recker, NJW 2002, 1247, 1248. Im Ergebnis auch AnwKomBGB/Büdenbender § 437 Rn. 56, nach dem vom Schadensersatz statt der Leistung der Minderwert, daraus resultierende Folgeschäden (z. B. entgangener Gewinn) sowie Mangelfolgeschäden erfasst werden. Anders aber ders. § 437 Rn. 67 ff. 116 Hk-BGB/Schulze § 280 Rn. 1; Jauernig/Stadler § 280 Rn. 1. 117 s. dazu auch Jauernig/Stadler § 280 Rn. 3; Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 730. 118 Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 731. 119 s. auch Grigoleit/Riehm, JuS 2004, 745, 749. 120 Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 730 ff. 115

§ 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung

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auf Naturalandienung regelten. Der Schadensersatz statt der Leistung müsse daher zu einer schadensrechtlichen Rekonstruktion des Naturalleistungsinteresses im Vermögen des Gläubigers führen.121 Zu unterscheiden seien dabei der Aspekt des Ausbleibens der gegenständlichen bzw. unmittelbaren Naturalleistung und der Aspekt des Ausfalls der planmäßigen Verwendungsmöglichkeit bezüglich der (naturalen) Leistung. Unter den ersten Aspekt würden als Substanzausfallschäden die Kosten eines Deckungsgeschäfts bzw. einer Ersatzvornahme sowie der mangelbedingte Minderwert fallen. Der zweite Aspekt erfasse – abhängig vom Verwendungsplan des Gläubigers – Ertragsausfallschäden, z. B. entgangenen Gewinn. 122 Scheitere der konkrete Verwendungsplan des Gläubigers, z. B. die Weiterveräußerung, endgültig und bliebe der Ertrag nicht nur vorübergehend aus, sei das Naturalleistungsinteresse des Gläubigers endgültig geschmälert bzw. entfallen. Der entgangene Gewinn sei daher stets Bestandteil des Schadensersatzes statt der Leistung und zwar auch dann, wenn der angestrebte Vermögensvorteil vor Ablauf der Frist endgültig ausfalle. Die Fristsetzung sei hier gem. § 281 Abs. 2, 2. Fall BGB entbehrlich, weil der Gläubiger kein Interesse mehr an der Naturalleistung habe.123 Falle der Naturalleistungsanspruch des Gläubigers nach §§ 275, 281 Abs. 4 BGB oder § 346 BGB weg, so trete der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung an seine Stelle.124 Für den Schadensersatz neben der Leistung gem. § 280 Abs. 1 BGB blieben diejenigen Schadensposten, die weder dem Schadensersatz statt der Leistung i. S. v. § 280 Abs. 3 BGB noch dem Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung gem. § 280 Abs. 2 BGB zuzurechnen seien. Demnach würden vom Schadensersatz neben der Leistung Verletzungen des Integritätsinteresses erfasst.125 Zwar könnten solche teilweise ebenfalls durch eine rechtzeitige (mangelfreie) Leistung verhindert werden, es fehle insoweit aber am spezifischen Bezug zum Naturalleistungsinteresse. Das Fristsetzungserfordernis würde daher nicht greifen.126 Diese Ansicht läuft methodisch darauf hinaus, dass zunächst der konkrete Schaden zu bestimmen und dieser je nachdem, ob eine Beeinträchtigung des Erfüllungs- oder des Erhaltungsinteresses vorliegt, dem Schadensersatz statt der __________ 121 Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 735. Ähnlich Wältermann, S. 97, 103, nach dem der richtige Ausgangspunkt für den Umfang des Schadensersatzes statt der Leistung das verletzte Erfüllungsinteresse ist. 122 Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 735 ff. 123 Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 741; s. auch Wältermann, S. 108 ff., 100, 111, 115. 124 Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 743. 125 Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 751; s. auch Wältermann, S. 142. 126 Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 751 f.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Leistung oder dem Schadensersatz neben der Leistung zuzuordnen ist.127 Ein entscheidender Nachteil einer solchen Abgrenzung liegt darin, dass Folgeschäden, die wie der entgangene Gewinn das Erfüllungsinteresse betreffen, grundsätzlich dem Schadensersatz statt der Leistung zugeordnet werden unabhängig davon, ob sie durch die Nacherfüllung noch beseitigt oder verhindert werden können oder nicht. Hat sich z. B. die Weiterveräußerungsmöglichkeit des Gläubigers schon vor Fristablauf endgültig erledigt, kann der entgangene Gewinn durch eine Nacherfüllung nicht mehr vermieden werden. Verlangt der Gläubiger daraufhin Ersatz des entgangenen Gewinns, erlischt nach den Vertretern der „schadensphänomenologischen“ Abgrenzung gem. § 281 Abs. 4 BGB der Anspruch auf die Leistung. Der Gläubiger kann folglich keine Nacherfüllung mehr verlangen, obwohl durch den Ersatz des entgangenen Gewinns in diesem Fall kein Schaden kompensiert wird, der durch eine Nacherfüllung noch beseitigt oder vermieden werden könnte. Zweck des § 281 Abs. 4 BGB ist jedoch die Beendigung einer Schwebelage, in welcher der Gläubiger zwischen Nacherfüllung und Schadensersatz statt der Leistung die Wahl hat.128 Kann ein Folgeschaden nicht mehr durch Nacherfüllung beseitigt oder verhindert werden, besteht aber keine solche Wahlmöglichkeit.129 § 281 Abs. 4 BGB passt nach seinem Sinn und Zweck nicht auf diese Situation. Als Lösung wird eine teleologische Reduktion des § 281 Abs. 4 BGB für den Fall vorgeschlagen, dass der Gläubiger nur einen solchen Schaden geltend macht, bei dem eine Fristsetzung sinnlos ist. Der Gläubiger solle in diesem Fall an der Erfüllung festhalten können. Der Erfüllungsanspruch erlösche trotz § 281 Abs. 4 BGB erst, wenn die Wahl zwischen Nacherfüllung und Schadensersatz statt der Leistung ausgeübt worden sei, wenn also solche Schäden liquidiert würden, die durch Nacherfüllung im konkreten Fall behoben werden könnten.130 Diese Argumentation zeigt jedoch, dass § 281 Abs. 4 BGB darauf ausgelegt ist, dass unter § 281 BGB nur solche Schäden fallen, die durch Nacherfüllung behoben oder vermieden werden können. Dafür spricht auch das Erfordernis der Nachfristsetzung in § 281 Abs. 1 S. 1 BGB. Macht man zudem die Ausnahme vom Fristsetzungserfordernis in § 281 Abs. 2, 2. Fall BGB für bestimmte Schadenspositionen von vornherein zur __________ 127

So ausdrücklich Wältermann, S. 103. Ebenso gehen vor Oetker/Maultzsch, S.

113 f. 128 Wältermann, S. 100; Canaris, in: E. Lorenz, Karlsruher Forum 2002, S. 5, 48; s. auch Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 127; Staudinger/Otto Vorbem zu §§ 280-285 Rn. 18. 129 Wältermann, S. 101. 130 Wältermann, S. 100 f.

§ 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung

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Regel, besteht die Gefahr der Aufweichung des Fristsetzungserfordernisses.131 Aufgrund dieser systematischen Bedenken überzeugt die „schadensphänomenologische“ Abgrenzung nicht. Würden dagegen bereits eingetretene, durch Nacherfüllung nicht zu beseitigende oder zu verhindernde Folgeschäden unter § 280 Abs. 1 BGB fallen, so könnte der Gläubiger diese sofort geltend machen und daneben weiterhin Erfüllung verlangen. Einer Ausnahme vom Fristsetzungserfordernis nach § 281 Abs. 2, 2. Fall BGB sowie einer teleologischen Reduktion von § 281 Abs. 4 BGB bedürfte es nicht.

d) Abgrenzung nach dem Sinn und Zweck der Sonderregelung des Schadensersatzes statt der Leistung Im Rahmen der Abgrenzung von Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung ist neben der Systematik des Gesetzes auch der Sinn und Zweck der Sonderregelung des Schadensersatzes statt der Leistung zu beachten.132 Ein Schaden nach § 281 BGB soll erst ersetzbar sein, nachdem der Gläubiger dem Schuldner durch die Setzung einer Nacherfüllungsfrist die Möglichkeit zur Vermeidung dieses Schadens eingeräumt hat.133 Hierdurch soll der Vorrang der Primärleistung vor dem Schadensersatz gesichert werden.134

aa) Schadensersatz statt der Leistung als Schadensersatz anstelle der primär geschuldeten mangelfreien Kaufsache Da der Gesetzgeber dem Verkäufer eine zweite Erfüllungsmöglichkeit einräumen wollte, wird vorgeschlagen, dass der Schadensersatz statt der Leistung nur diejenigen Schäden umfasst, die unmittelbar durch eine ordnungsgemäße Nacherfüllung vermieden worden wären. Dies seien der Minderwert, die Reparaturkosten und die Aufwendungen für einen Deckungskauf. Gestützt werden könne dieses Verständnis auch auf den Wortlaut der Vorschrift, nach dem Schadensersatz statt der Primärleistung (der mangelfreien Sache) verlangt wer__________ 131

Staudinger/Otto § 280 Rn. E 32. So ausdrücklich AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 53; Kohte/Micklitz/Rott/ Tonner/Willingmann/Willingmann/Hirse Vor §§ 280–288 Rn. 9; Dylakiewicz, S. 207 f., die aber keine Abgrenzung vornimmt; St. Lorenz, NJW 2497, 2500; Schubel, JuS 2002, 313, 319; s. auch Dauner-Lieb/Dötsch, DB 2001, 2535, 2537. 133 MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 66; Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 734 f.; St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2500; Schubel, JuS 2002, 313, 319. 134 St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 43. 132

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

de. In allen anderen Fällen gehe es um mangelbedingte Folgeschäden und somit um Schadensersatz neben der Leistung. Dies gelte z. B. für den entgangenen Gewinn, da der Verkäufer den Gewinn nicht im Zuge der Nacherfüllung erbringen sollte.135 Eine solche Abgrenzung hätte den Vorzug der Einfachheit. Der Nichterfüllungsschaden im engeren Sinne fiele unter den Schadensersatz statt der Leistung, Folgeschäden dagegen unter den Schadensersatz neben der Leistung. Allerdings ist dieses Verständnis zu eng, da der Sinn und Zweck der Regelung des Schadensersatzes statt der Leistung nicht ausreichend berücksichtigt wird. Zwar soll z. B. der Gewinn nicht im Zuge der Nacherfüllung erbracht werden, dennoch kann eine Fristsetzung auch hinsichtlich eines entgangenen Gewinns Sinn machen, wenn der Verlust des Gewinns noch durch Nacherfüllung vermieden werden kann.

bb) Dynamisches Verständnis Dieser statischen Abgrenzung zwischen dem Schadensersatz statt der Leistung und dem Schadensersatz neben der Leistung steht ein dynamisches Verständnis gegenüber. Hier existieren verschiedene Ansätze, die jedoch im Wesentlichen zu denselben Ergebnissen führen.

(1) Schadensersatz statt der Leistung als Schaden infolge des endgültigen Ausbleibens der Leistung Unter Berücksichtigung der ratio des § 281 BGB wird der Schadensersatz statt der Leistung im Schrifttum teilweise als derjenige Schaden definiert, der sich aus dem endgültigen Ausbleiben der Leistung ergebe, sei es, dass der Schuldner die Leistung gem. § 275 Abs. 1–3 BGB nicht mehr erbringen könne oder er sie aufgrund des Verlangens des Gläubigers nach Schadensersatz statt der Leistung gem. § 281 Abs. 4 BGB nicht mehr erbringen dürfe. Im Gegensatz dazu liege kein Schadensersatz statt der Leistung vor, wenn die Schäden nicht auf das endgültige Ausbleiben der Leistung zurückzuführen, sondern bereits vor diesem Zeitpunkt unabhängig davon eingetreten seien. Hier komme ein

__________ 135 Erman/Grunewald § 437 Rn. 14; Grunewald, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 313, 317.

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Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB oder aus §§ 280 Abs. 1, 2 i. V. m. § 286 BGB in Betracht.136 Gegen diese Ansicht wird eingewendet, dass der Käufer oft nicht wisse, ob die Leistung endgültig ausbleibe oder nicht. Auch sei gerade in diesem Fall das Setzen einer Nachfrist nicht mehr sinnvoll.137 Folgt man der Ansicht, dass Schadensersatz statt der Leistung derjenige Schaden ist, der auf dem endgültigen Ausbleiben der Leistung beruht, kommt es auf eine Nachfristsetzung jedoch nicht mehr an. Ist die Leistung aufgrund von Unmöglichkeit gem. § 275 Abs. 1 BGB oder aufgrund eines Leistungsverweigerungsrechts gem. § 275 Abs. 2, 3 BGB endgültig ausgeschlossen, so ist eine Nachfristsetzung ohnehin nicht erforderlich. Bleibt die Leistung endgültig aus, weil der Schuldner gem. § 281 Abs. 4 BGB nicht mehr leisten darf, so ist eine Nachfristsetzung gem. § 281 Abs. 1 S. 1 BGB schon erfolgt. Ferner muss der Käufer nicht wissen, ob die Leistung endgültig ausbleibt oder nicht. Dem Käufer, der sich fragt, welche Schäden er erst nach Setzung und erfolglosem Ablauf einer Nachfrist verlangen kann und welche Schäden er im Gegensatz dazu sofort geltend machen kann, ist mit folgender Überlegung geholfen: Ergibt sich der Schaden aus dem endgültigen Ausbleiben der Leistung, kann gleichzeitig über diesen Schaden gesagt werden, dass ihn eine mögliche Nacherfüllung beseitigt oder verhindert hätte.138

(2) Schadensersatz statt der Leistung als der durch eine gedachte Nacherfüllung im spätestmöglichen Zeitpunkt vermeidbare Schaden Aufgrund der am Ende des vorhergehenden Abschnitts angesprochenen Überlegung wird auch formuliert, dass der Schadensersatz statt der Leistung den Ersatz der Schäden umfasse, die vermieden worden wären, wenn der Ver-

__________ 136 St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 42; ders., NJW 2002, 2497, 2500; ders., NJW 2004, 26, 27; ders., NJW 2005, 1889, 1891; ihm folgend Hk-BGB/Saenger § 437 Rn. 10, 12; Hk-BGB/Schulze § 280 Rn. 4; Staudinger/Otto § 280 Rn. E 7, 11; Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 346; Reinicke/Tiedtke Rn. 505; Döll/Rybak, Jura 2005, 582, 586; Hirsch, Jura 2003, 289; Mankowski, JuS 2006, 481, 483; Schulze/Ebers, JuS 2004, 462, 464; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 617. s. auch Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 40 ff. 137 Erman/Grunewald § 437 Rn. 14; Grunewald, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 313, 317. 138 s. Staudinger/Otto § 280 Rn. E 7; Döll/Rybak, Jura 2005, 582, 586.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

käufer im spätestmöglichen Zeitpunkt noch nacherfüllt hätte.139 Hier stellt sich die Frage, wie der spätestmögliche Zeitpunkt zu definieren ist.

(a) Spätestmöglicher Zeitpunkt bei Unmöglichkeit der Nacherfüllung Der spätestmögliche Zeitpunkt für eine Nacherfüllung ist bei einem anfänglich unbehebbaren Mangel der Zeitpunkt der Lieferung140 und bei einem nachträglich unbehebbaren Mangel der Zeitpunkt des Eintretens der Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 BGB) bzw. des Eintretens der Voraussetzungen der Einrede (§ 275 Abs. 2, 3 BGB).141 Letzteres gilt zumindest dann, wenn die Unmöglichkeit oder die Voraussetzungen des Leistungsverweigerungsrechts nach Gefahrübergang eintreten. Bei Eintreten zwischen Vertragsabschluss und Gefahrübergang ist dagegen auf den Zeitpunkt der Lieferung abzustellen.

(b) Spätestmöglicher Zeitpunkt bei Wegfall des Nacherfüllungsanspruchs gem. § 281 Abs. 4 BGB Bei Wegfall des Nacherfüllungsanspruchs gem. § 281 Abs. 4 BGB wird teilweise der Zeitpunkt des Ablaufs der Nachfrist als der spätestmögliche Zeitpunkt für die Nacherfüllung angesehen,142 teilweise aber auch der Zeitpunkt des Schadensersatzverlangens.143 Entscheidend ist, ob der Gläubiger nach Ablauf der Nachfrist ein Recht hat, die Leistungserbringung durch den Schuldner abzulehnen144 oder ob der Schuldner die Möglichkeit zur Nacherfüllung noch bis zum Zeitpunkt des Schadensersatzverlangens durch den Gläubiger hat.145 Geht __________ 139 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 51; Staudinger/Eckpfeiler/Beckmann S. 545; Reinicke/Tiedtke Rn. 506; Haedicke, ZGS 2006, 55, 60; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 42; ders., NJW 2005, 1889, 1891; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 517; kritisch Staudinger/Otto § 280 Rn. E 33. s. auch Jauernig/Stadler § 280 Rn. 4 mit einem ähnlichen Ansatz. 140 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 51; Reinicke/Tiedtke Rn. 506; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 617. 141 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 51. 142 Reinicke/Tiedtke Rn. 506; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 617. 143 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 51. 144 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 281 Rn. 51; Staudinger/Otto § 281 Rn. D 8; Finn, ZGS 2004, 32, 33 ff.; M. Schwab, JR 2003, 133, 134; s. auch BGH, Urt. v. 27.2.2003 – VII ZR 338/01, NJW 2003, 1526 in einem obiter dictum in Bezug auf die Mängelbeseitigung im Werkvertragsrecht nach neuem Recht. 145 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 51, 160. Dafür, dass dem Schuldner die Erbringung der Leistung nach Ablauf der Nachfrist grundsätzlich noch gestattet ist, auch Jau-

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man von einem besonderen Ablehnungsrecht des Gläubigers aus, ist auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Nachfrist als spätestmöglichen Zeitpunkt für die Nacherfüllung abzustellen. Nimmt man dagegen an, dass der Gläubiger einen etwaigen Erfüllungsversuch des Schuldners durch die Wahl von Schadensersatz abwehren kann,146 ist der Zeitpunkt des Schadensersatzverlangens maßgeblich. Gleiches gilt, wenn man ein Abwehrrecht des Gläubigers ablehnt und dem Schuldner die Möglichkeit der Nacherfüllung bis zum Schadensersatzverlangen zugesteht. Für die Gestattung der Nacherfüllung auch noch nach Fristablauf können die Gesetzesmaterialien angeführt werden. Die Regierungsbegründung geht davon aus, dass der Schuldner die Ungewissheit, die ihm dadurch entsteht, dass der Gläubiger mit Fristablauf zwischen den Rechtsbehelfen der Erfüllung, des Schadensersatzes statt der Leistung und des Rücktritts wählen kann, jederzeit dadurch beenden könne, dass er die nach dem Schuldverhältnis geschuldete Leistung erbringe.147 Gegen dieses Argument wird eingewendet, dass im Regierungsentwurf hinsichtlich des Nacherfüllungsanspruchs von einer „letzten Chance“ des Verkäufers gesprochen wird.148 Es wäre aber ein Fehlschluss, in der Gestattung der Nacherfüllung auch noch nach Fristablauf eine dritte Nacherfüllungsmöglichkeit zu sehen. Denn das Gesetz räumt dem Schuldner die letzte Chance zur Leistungserbringung durch den Vorrang des Nacherfüllungsanspruchs ein. Nach Ablauf der Frist liegt es dann in der Hand des Gläubigers, ob er sofort Schadensersatz statt der Leistung verlangt oder dies hinauszögert. Teilweise wird jedoch befürchtet, dass dem Schuldner durch die Gestattung der Leistungserbringung auch noch nach Fristablauf der Anreiz zur Leistung genommen werde.149 Nach Ablauf der Frist muss der Schuldner jedoch jederzeit mit einem Schadensersatzverlangen oder einem Rücktritt rechnen, so dass er aus diesem Grund bemüht sein wird, innerhalb der Nachfrist zu leisten. Gegen ein Ablehnungsrecht des Gläubigers nach Ablauf der Nachfrist spricht im Übrigen, dass sich der Schuldner weiterhin der beschriebenen Ungewissheit __________ ernig/Stadler § 281 Rn. 15; MünchKommBGB/Ernst § 281 Rn. 82; P. Huber/Faust/Faust Kap. 3 Rn. 155; Schlechtriem/Schmidt-Kessel Rn. 534; Schultz, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das Schuldrecht 2002, S. 17, 50 ff.; Althammer, ZGS 2005, 375 f.; ders., NJW 2006, 1178, 1181; St. Lorenz, NJW 2005, 1889, 1892 mit Fn. 28. 146 Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 49; Gsell, in: Jb. J. ZivRWiss. 2001, S. 105, 115; Heinrichs, in: FS Derleder, S. 87, 107; Derleder/Hoolmans, NJW 2004, 2787, 2790. s. dazu auch AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 281 Rn. 51, nach der in der Ablehnung der Leistung regelmäßig das Verlangen nach Schadensersatz zu sehen ist. 147 BT-Drucks. 14/6040, S. 140. So auch Althammer, ZGS 2005, 375 f. 148 BT-Drucks. 14/6040, S. 221, worauf insbesondere Finn, ZGS 2004, 32, 34, hinweist. 149 Finn, ZGS 2004, 32, 35.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

ausgesetzt sieht, wenn der Gläubiger die Leistung nicht annimmt. Die Vorschläge, dem mit einer (analogen) Anwendung des § 264 Abs. 2 BGB150 bzw. § 350 BGB151 zu begegnen, überzeugen nicht, wie im Folgenden zu zeigen ist. Gegen eine direkte Anwendung des § 264 Abs. 2 BGB spricht, dass zwischen Erfüllung, Schadensersatz statt der Leistung und Rücktritt nach Fristablauf kein Wahlschuldverhältnis, sondern ein Verhältnis „elektiver Konkurrenz“ besteht.152 Bei einer Wahlschuld besteht nämlich nur eine Forderung mit alternativem Inhalt.153 Dagegen kann der Gläubiger zwischen den inhaltlich verschiedenen Ansprüchen auf Erfüllung und Schadensersatz statt der Leistung bzw. dem Gestaltungsrecht des Rücktritts, welche sich gegenseitig ausschließen, wählen.154 Freilich wird gegen diese Abgrenzungsformel eingewendet, dass diese eine formal rechtfertigende Begründung des von Anfang an gewünschten Ergebnisses sei.155 Für das Vorliegen einer „elektiven Konkurrenz“ spricht jedoch auch § 281 Abs. 4 BGB. Da im Fall einer Wahlschuld die Ausübung des Wahlrechts gem. § 263 Abs. 2 BGB bindend ist und nicht mehr wie bei einer „elektiven Konkurrenz“ nachträglich zu dem anderen Recht gewechselt werden kann, wäre § 281 Abs. 4 BGB hier rein deklaratorisch. 156 Des Weiteren kann zwischen dem Anspruch auf Nacherfüllung und dem Rücktritt kein Wahlschuldverhältnis bestehen, da § 262 BGB sich nur auf Ansprüche i. S. d. § 194 Abs. 1 BGB bezieht.157 Das Verhältnis zwischen dem Anspruch auf Nacherfüllung und dem Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung kann jedoch nicht anders qualifiziert werden als das Verhältnis zwischen dem Anspruch auf Nacherfüllung und dem Rücktritt. __________ 150 Palandt/Heinrichs § 262 Rn. 6; Heinrichs, in: FS Derleder, S. 87, 107; M. Schwab, JR 2003, 133, 134. 151 Staudinger/Otto § 280 Rn. D 8. 152 BGH, Urt. v. 20.1.2006 – V ZR 124/05, ZGS 2006, 149, 151; AnwKomBGB/ Dauner-Lieb § 281 Rn. 53; AnwKomBGB/Büdenbender § 437 Rn. 78; Bamberger/Roth/Grüneberg § 262 Rn. 6; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 160; MünchKommBGB/Ernst § 281 Rn. 68 f., 70; Palandt/Heinrichs § 262 Rn. 6; Heinrichs, in: FS Derleder, S. 87, 105; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 87 f.; Althammer, ZGS 2005, 375, 376 f.; ders., NJW 2006, 1179, 1180; wohl auch Hk-BGB/Schulze § 262 Rn. 3; a. A. M. Schwab, JR 2003, 133, 134 f. 153 Bamberger/Roth/Grüneberg § 262 Rn. 5; Palandt/Heinrichs § 262 Rn. 6. 154 Heinrichs, in: FS Derleder, S. 87, 104; a. A. MünchKommBGB/Ernst § 281 Rn. 68, der den Erfüllungsanspruch und den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung als einen Anspruch auffasst, welcher mit veränderlichem Inhalt besteht. Trotz dieser Auffassung lehnt Ernst jedoch ein Wahlschuldverhältnis ab und nimmt elektive Konkurrenz an (Rn. 68 f.). 155 Büdenbender, AcP 205 (2005), 386, 401 f. 156 So auch Althammer, ZGS 2005, 375, 377. 157 Büdenbender, AcP 205 (2005), 386, 398; s. auch MünchKommBGB/Ernst § 281 Rn. 70, § 323 Rn. 147. So auch M. Schwab, JR 2003, 133, 136, der aus diesem Grund allerdings § 264 Abs. 2 BGB analog anwenden will.

§ 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung

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Eine direkte Anwendung des § 350 BGB kommt nicht in Betracht, da dieser nur auf vertragliche, nicht aber auf gesetzliche Rücktrittsrechte anwendbar ist.158 Eine analoge Anwendung des § 264 Abs. 2 BGB bzw. des § 350 BGB scheidet aus, weil es der Gesetzgeber bewusst unterlassen hat, dem Schuldner nach Fristablauf ein Mittel in die Hand zu geben, mit dem er den Gläubiger bei der Wahl des Rechtsbehelfs unter Druck setzen kann. 159 Allenfalls käme hier eine Anwendung des § 242 BGB in Betracht, nach dem der Gläubiger gehindert wäre, nach einmaliger Ablehnung der Leistung diese erneut zu verlangen.160 Aufgrund der vorstehend genannten Argumente ist es vorzugswürdig, dem Schuldner die Erbringung der Leistung auch noch nach Fristablauf bis zum Verlangen des Schadensersatzes statt der Leistung zu gestatten. Für den spätestmöglichen Zeitpunkt für die Nacherfüllung kommt es daher auf den Zeitpunkt des Schadensersatzverlangens und nicht auf den des Ablaufs der Nacherfüllungsfrist an.161 Bei behebbaren Mängeln umfasst der Schadensersatz statt der Leistung nach dieser Auffassung folglich diejenigen Schäden, deren Entstehung durch eine (gedachte) Nacherfüllung im Zeitpunkt des Ersatzverlangens noch verhindert worden wäre.162 § 280 Abs. 1 BGB beschränkt sich damit auf den Ersatz von Schäden, die durch eine Nacherfüllung nicht mehr entfallen können.163

__________ 158

St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 87. BT-Drucks. 14/6040, S. 140. Ebenso MünchKommBGB/Ernst § 281 Rn. 70; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 87; Althammer, ZGS 2005, 376; ohne weitere Begründung auch Schlechtriem/Schmidt-Kessel Rn. 534 zu § 350 BGB; a. A. Heinrichs, in: FS Derleder, S. 87, 107 f., nach dem diese Bedenken dadurch ausgeräumt werden können, dass man diesen Lösungsvorschlag für alle Fälle übernimmt, in denen der Gläubiger bei elektiver Konkurrenz das Wahlrecht hat. Der Gedanke des § 264 Abs. 2 BGB sei nichts anderes als eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben. 160 Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 49; Finn, ZGS 2004, 32, 37. s. auch AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 281 Rn. 51, nach der in der Ablehnung der Leistung regelmäßig das Verlangen nach Schadensersatz zu sehen ist. 161 Für den Zeitpunkt des Ablaufs der Nachfrist aber Reinicke/Tiedtke Rn. 506. 162 MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 66. 163 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 60; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 66; Reinicke/Tiedtke Rn. 507; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 617. s. auch Jauernig/Stadler § 280 Rn. 4; Ady, ZGS 2003, 13, 15; Reischl, JuS 2003, 250, 252 f. 159

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

(3) Sinnlosigkeit der Fristsetzung Können Schäden durch eine spätere Erfüllung nicht mehr beseitigt werden, ist auch eine Nachfristsetzung sinnlos.164 Abgegrenzt werden Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung daher zum Teil auch danach, ob die nach § 281 Abs. 1 BGB grundsätzlich erforderliche Fristsetzung sinnvoll ist. Dies sei der Fall, wenn die Aufforderung zur Nacherfüllung noch bewirken könne, dass der Schaden nicht eintrete oder beseitigt werde. Könne die Nacherfüllung den Schaden dagegen nicht mehr vermeiden oder beseitigen, richte sich der Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB.165 Gestützt wird diese Argumentation teilweise auf einen Vergleich mit der Rechtslage zu §§ 635 BGB a. F. für den Werkvertrag,166 weil das Kaufrecht nach der Schuldrechtsreform wie das Werkvertragsrecht konzipiert sei.167 Die Abgrenzung danach, ob eine Nachfristsetzung zweckmäßig ist oder nicht, bezieht sich auf die Rechtslage vor Wegfall der Nacherfüllungsmöglichkeit. Dies macht insofern Sinn, als sich der Käufer zu diesem Zeitpunkt überlegen muss, ob er den Schadensersatz sofort verlangen kann oder dem Verkäufer zuvor eine Frist zur Nacherfüllung setzen muss. Gegen eine solche Abgrenzung wird die Systematik des Gesetzes angeführt: Aus der Existenz der Ausnahmeregelung des § 281 Abs. 2 BGB könne geschlossen werden, dass auch die Fälle, in denen eine Nachfrist nicht sinnvoll sei, unter § 281 Abs. 1 BGB fielen.168 Dieses Argument überzeugt aber nicht, weil § 281 Abs. 2 BGB nur in Fällen greift, in denen die Fristsetzung an sich zweckmäßig gewesen wäre, eine Fristbestimmung zur Nacherfüllung aber aufgrund der Erfüllungsverweigerung des Schuldners keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 281 Abs. 2, 1. Fall BGB) oder eine Interessenabwägung zu ihrer Ent__________ 164

Vgl. AnwKomBGB/Büdenbender § 437 Rn. 67; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 60. 165 Erman/H. P. Westermann § 280 Rn. 11; Hoeren/Martinek/Wolff § 437 Rn. 54; Palandt/Heinrichs § 280 Rn. 18; Palandt/Putzo § 437 Rn. 34 f.; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 235; Heinrichs, in: FS Schlechtriem, S. 503, 512 f.; U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1181; ders., in: FS Schlechtriem, S. 521, 524; ähnlich auch Emmerich, Leistungsstörungen, § 21 Rn. 16; Sailer, S. 31; s. auch Gsell, NJW 2006, 125, 126 Fn. 10. 166 Erman/H. P. Westermann § 280 Rn. 11; Palandt/Heinrichs § 280 Rn. 18; Heinrichs, in: FS Schlechtriem, S. 503, 512; U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1180 f.; ders., in: FS Schlechtriem, S. 521, 524 Fn. 10a unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 8.6.1978 – VII ZR 161/77, BGHZ 72, 31, 33 f.; Urt. v. 16.10.1984 – X ZR 86/83, BGHZ 92, 308, 310 und auch Urt. v. 13.9.2001 – VII ZR 392/00, NJW 2002, 141, 142 zu § 13 VOB/B. 167 Palandt/Heinrichs § 280 Rn. 18; Heinrichs, in: FS Schlechtriem, S. 503, 512 f. 168 Grunewald, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 313, 315 f.; s. auch MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 33.

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behrlichkeit führt (§ 281 Abs. 2, 2. Fall BGB).169 In den Fällen, in denen der Schaden durch Nacherfüllung nicht beseitigt oder verhindert werden kann, ist eine Fristsetzung zur Nacherfüllung jedoch von vornherein sinnlos. Allein der Umstand, dass im Rahmen der §§ 634, 635 BGB a. F. die Entbehrlichkeit der gem. § 634 BGB a. F. erforderlichen Fristsetzung anerkannt war, wenn Schäden geltend gemacht wurden, die auch durch eine Nachbesserung nicht mehr zu beseitigen waren, bedeutet nicht, dass § 281 Abs. 2 BGB diese zu § 634 BGB a. F. entwickelte Ausnahme erfasst.

(4) Zwischenergebnis Fasst man die dargestellten Überlegungen zusammen, so fallen diejenigen Schäden, die entstehen, solange eine Nacherfüllungsmöglichkeit besteht, und die über eine Nacherfüllung im spätestmöglichen Zeitpunkt hinaus bestehen bleiben würden, unter den Schadensersatz neben der Leistung gem. § 280 Abs. 1 BGB. Der spätestmögliche Zeitpunkt für die Nacherfüllung ist bei anfänglich unbehebbaren Mängeln der Zeitpunkt der Lieferung. Gleiches gilt bei nachträglich unbehebbaren Mängeln, wenn die Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 BGB) oder die Voraussetzungen einer Einrede gem. § 275 Abs. 2, 3 BGB nach Vertragsschluss und vor Gefahrübergang eingetreten sind. Ist der Eintritt nach Gefahrübergang erfolgt, so ist dies der spätestmögliche Zeitpunkt für die Nacherfüllung. Bei Wegfall des Nacherfüllungsanspruchs nach § 281 Abs. 4 BGB ist auf den Zeitpunkt des Schadensersatzverlangens abzustellen. In Bezug auf diese Schäden, die durch eine Nacherfüllung im spätestmöglichen Zeitpunkt nicht beseitigt oder verhindert werden würden, ist eine Nachfristsetzung sinnlos. Hingegen fallen diejenigen Schäden, die durch Nacherfüllung im spätestmöglichen Zeitpunkt beseitigt oder vermieden worden wären und somit auf dem endgültigen Wegfall der Nacherfüllungsmöglichkeit gem. § 281 Abs. 4 BGB bzw. dem Eintritt der Unmöglichkeit der Nacherfüllung gem. § 275 Abs. 1 BGB oder der Voraussetzungen einer Einrede nach § 275 Abs. 2, 3 BGB beruhen, unter den Schadensersatz statt der Leistung. Aufgrund dieses zwischen dem Schadensersatz neben der Leistung und dem Schadensersatz statt der Leistung bestehenden dynamischen Verhältnisses sind bestimmte Schadensposten nicht stets derselben Anspruchsgrundlage zuzuordnen. Nur der unmittelbare Nichterfüllungsschaden, also der Minderwert der Sache, die Reparaturkosten und die Kosten eines Deckungskaufs, fallen immer __________ 169 A. A. MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 33; Recker, NJW 2002, 1247 f.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

unter den Schadensersatz statt der Leistung.170 Denn diese Schäden beruhen auf dem endgültigen Ausbleiben der Leistung und hätten durch eine hypothetische Nacherfüllung im Zeitpunkt des Schadensersatzverlangens vermieden werden können, weshalb auch eine Nachfristsetzung sinnvoll gewesen wäre.

(5) Einordnung mangelbedingter Folgeschäden Mangelbedingte Folgeschäden können im Gegensatz zum unmittelbaren Nichterfüllungsschaden nicht statisch dem Schadensersatz statt der Leistung oder dem Schadensersatz neben der Leistung zugewiesen werden.

(a) Das Erfüllungsinteresse betreffende Folgeschäden Einigkeit unter den Vertretern einer dynamischen Abgrenzung besteht darüber, dass dem Erfüllungsinteresse zuzuordnende Folgeschäden nicht stets derselben Anspruchsgrundlage zuzuweisen sind.171 Ein Beispiel hierfür ist der entgangene Gewinn. Konnte der Gewinn zum Zeitpunkt des Schadensersatzverlangens noch erzielt werden, beruht der entgangene Gewinn auf dem endgültigen Ausbleiben der Leistung und hätte durch eine Nacherfüllung in diesem Zeitpunkt noch abgewendet werden können. Eine Nachfristsetzung wäre noch sinnvoll gewesen. Der entgangene Gewinn fällt in diesem Fall unter den Schadensersatz statt der Leistung. Bestand eine günstige Verkaufsmöglichkeit aber nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vor Wegfall der Nacherfüllungsmöglichkeit und ist die geplante Weiterveräußerung infolge des Sachmangels endgültig gescheitert, so kann der entgangene Gewinn nicht mehr durch die Nacherfüllung vermieden werden und ist als Schadensersatz neben der Leistung gem. § 280 Abs. 1 BGB einzuordnen.172 Will der Verkäufer bei Vorliegen eines __________ 170 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 52; Palandt/Heinrichs § 280 Rn. 18; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 235; U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1181. Nach Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 40 f., sind entgegen der zum alten Recht vorherrschenden Ansicht nur diese Schäden als Mangelschäden zu definieren. 171 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 53; Staudinger/Otto § 280 Rn. E 43 allerdings nur für den Fall, dass es nicht zu einer Gesamtliquidation kommt; Reinicke/Tiedtke Rn. 514; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 236; U. Huber, in: FS Schlechtriem, S. 521, 525 f.; s. auch Reischl, JuS 2003, 250, 253. 172 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 53; Staudinger/Otto § 280 Rn. E 43 allerdings nur für den Fall, dass es nicht zu einer Gesamtliquidation kommt; Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 346; Reinicke/Tiedtke Rn. 514; Haas, in: ders./Medicus/Rol-

§ 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung

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behebbaren Mangels entgangenen Gewinn im Wege des Schadensersatzes geltend machen, muss er also dann eine Nachfrist i. S. d. § 281 Abs. 1 S. 1 BGB setzen, wenn die Chance besteht, dass ein entsprechender Gewinn nach erfolgreicher Nacherfüllung noch realisiert werden kann.173 Der frühere Mangelschaden, der den entgangenen Gewinn stets erfasste, und Schadensersatz statt der Leistung sind folglich nach diesem Verständnis nicht deckungsgleich.174

(b) Das Integritätsinteresse betreffende Folgeschäden Streit besteht darüber, ob die dynamische Abgrenzung auch für die dem Erhaltungsinteresse zuzuordnenden Folgeschäden gilt175 oder ob diese stets dem Schadensersatz neben der Leistung gem. § 280 Abs. 1 BGB zuzuweisen sind. 176 Tritt bei dem Käufer ein Integritätsschaden vor Wegfall der Nacherfüllungsmöglichkeit ein, kommt man auch nach dem dynamischen Verständnis zur Einschlägigkeit des § 280 Abs. 1 BGB, da eine Nacherfüllung im spätestmöglichen Zeitpunkt diesen Schaden nicht beseitigen würde. Verletzt sich der Käufer z. B. an einem defekt gelieferten, technischen Gerät, kann dieser Personenschaden durch eine Nacherfüllung im spätestmöglichen Zeitpunkt nicht mehr behoben werden. Zu unterschiedlichen Ergebnissen führen die beiden Ansichten jedoch hinsichtlich solcher Integritätsschäden, die erst nach dem Wegfall der Nacherfüllungsmöglichkeit eintreten. Ein Beispiel für diese Problematik ist der Fall, dass der Käufer infolge der Mangelhaftigkeit des gelieferten technischen __________ land/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 236; U. Huber, in: FS Schlechtriem, S. 521, 525 f.; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 42 f.; ders, NJW 2005, 1889, 1891; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 618; s. auch AnwKomBGB/Büdenbender § 437 Rn. 69; Reischl, JuS 2003, 250, 253. Vom Grundsatz her auch AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 74, die den entgangenen Veräußerungsgewinn aufgrund ähnlicher Überlegungen entweder dem Schadensersatz statt der Leistung oder dem Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung zuordnet; ebenso Looschelders, SchuldR AT, Rn. 574. Jauernig/Stadler § 280 Rn. 4 und Palandt/Heinrichs § 280 Rn. 18 ziehen dagegen diese Konsequenz nicht. 173 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 74. 174 Reinicke/Tiedtke Rn. 512; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 617. 175 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 54; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 67; Reinicke/Tiedtke Rn. 513; St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2503 Fn. 49 (anders dieser aber auf S. 2500); Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 618. 176 Staudinger/Otto § 280 Rn. C 20, E 38; s. auch Jauernig/Stadler § 280 Rn. 4. s. ebenfalls AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 68, 76, die allerdings im Grundsatz von einer anderen Abgrenzung zwischen den Schadenskategorien ausgeht, da sie diejenigen Vermögensschäden, die nicht unter den Schadensersatz statt der Leistung fallen, als nach §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB ersatzfähig ansieht. s. dazu ausführlich u. § 11 IV. 6. b).

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Geräts einen Schaden an einem seiner absoluten Rechtsgüter erleidet, nachdem er bereits Schadensersatz in Form des kleinen Schadensersatzes verlangt hat und infolgedessen die Nacherfüllungsmöglichkeit gem. § 281 Abs. 4 BGB weggefallen ist.177 Führt man die dargestellte dynamische Abgrenzung konsequent durch, kommt man zu dem Ergebnis, dass dieser Schaden auf dem endgültigen Ausbleiben der Leistung beruht. Er hätte nämlich durch eine Nacherfüllung im spätestmöglichen Zeitpunkt vermieden werden können. Nach dem dynamischen Verständnis ist der Schaden in diesem Fall folglich dem Schadensersatz statt der Leistung zuzuordnen. Dagegen wird die stete Zuordnung solcher Schäden zum Schadensersatz neben der Leistung gem. § 280 Abs. 1 BGB mit der Begründung vertreten, dass in diesem Fall eine Beeinträchtigung der in § 241 Abs. 2 BGB genannten Rechtspositionen vorliege.178 Für die Zuordnung von mangelbedingten, das Erhaltungsinteresse betreffenden Folgeschäden zum Schadensersatz neben der Leistung gem. § 280 Abs. 1 BGB kann in der Tat angeführt werden, dass Beeinträchtigungen der in § 241 Abs. 2 BGB genannten Rechtspositionen ohne gleichzeitige Nicht- oder Schlechtleistung stets § 280 Abs. 1 BGB unterfallen. Allerdings verletzt der Verkäufer durch eine Schlechtleistung primär die Pflicht zur mangelfreien Lieferung gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Verletzung einer Schutzpflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB, die daneben bestehen kann, tritt in den Hintergrund.179 Auch liefe eine solche Argumentation auf eine Abgrenzung nach Art der Pflichtverletzung hinaus,180 die jedoch nach der bisher befürworteten Abgrenzung nach dem Sinn und Zweck der Vorschriften zweifelhaft erscheint. Ferner spricht für eine dynamische Abgrenzung auch bei mangelbedingten, das Erhaltungsinteresse betreffenden Folgeschäden, dass auf diese Weise eine Gleichbehandlung solcher Schäden mit mangelbedingten, das Erfüllungsinteresse betreffenden Folgeschäden gewährleistet wäre. Hiergegen wird jedoch eingewendet, dass die Einordnung mangelbedingter Folgeschäden an absoluten Rechtsgütern des Käufers als Schadensersatz statt der Leistung nicht zu begründen sei, da der Ersatz solcher Schäden nicht an die Stelle der Leistung trete.181 Zwar könnten Verletzungen des Integritätsinteresses des Gläubigers teilweise durch eine rechtzeitige (mangelfreie) Leistung verhindert werden, es

__________ 177

AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 76. Staudinger/Otto § 280 Rn. C 20, E 38. 179 s. hierzu ausführlich u. § 15 II. 180 Dies vertreten Staudinger/Otto § 280 Rn. E 12, E 39 f. 181 So AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 76, § 311a Rn. 25. 178

§ 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung

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fehle insoweit aber am spezifischen Bezug zum Naturalleistungsinteresse, weshalb das Fristsetzungserfordernis nicht greife.182 Zuzugeben ist, dass bei einer dynamischen Abgrenzung das Fristsetzungserfordernis bei mangelbedingten Folgeschäden an anderen Rechtsgütern des Käufers de facto keine Bedeutung hat: Erleidet der Käufer aufgrund des Mangels einen Schaden an einem anderen Rechtsgut, muss er sich nämlich weder in dem Fall, in dem der Schaden vor Wegfall der Nacherfüllungsmöglichkeit gem. § 281 Abs. 4 BGB bzw. vor Eintritt der Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Nacherfüllung gem. § 275 BGB verursacht wird, noch in dem Fall, in dem der Schaden nach diesem Zeitpunkt entsteht, Gedanken um das Erfordernis einer Nachfristsetzung machen. Tritt der Schaden vor dem Wegfall der Nacherfüllungsmöglichkeit ein, würde er durch die Nacherfüllung nicht mehr beseitigt, so dass der Käufer den Schaden sofort im Wege des Schadensersatzes neben der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB geltend machen kann. Tritt der Schaden erst nach diesem Zeitpunkt ein, ist eine Nachfristsetzung bei Vorliegen eines behebbaren Mangels entweder schon erfolgt oder war diese bei Vorliegen eines unbehebbaren Mangels nicht erforderlich, so dass der Käufer den Schaden ohne weiteres im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung geltend machen kann. Der Käufer ist daher anders als z. B. beim entgangenen Veräußerungsgewinn nie in der Situation, dass er sich Gedanken darüber machen muss, ob der Schaden durch eine Nacherfüllung noch verhindert werden könnte. Solche Überlegungen könnten nur einen hypothetischen, nach Wegfall der Nacherfüllungsmöglichkeit an anderen Rechtsgütern des Käufers möglicherweise eintretenden Schaden betreffen. 183 Während die Mangelhaftigkeit einer zum Weiterverkauf erworbenen Kaufsache bei Ausbleiben der Nacherfüllung zu einem Schaden in Form von entgangenem Gewinn führen wird, ist in der Regel offen, ob bei Ausbleiben der Nacherfüllung aufgrund der Mangelhaftigkeit der Kaufsache ein Schaden an einem anderen Rechtsgut des Käufers eintreten wird. Der Käufer kann nicht Ersatz eines nur möglichen Schadens verlangen, weshalb sich auch die Frage nach der Erforderlichkeit einer Fristsetzung zur Nacherfüllung hinsichtlich eines solchen Schadens nicht stellt. Der Schaden in Form des entgangenen Gewinns tritt bei noch vorhandener Chance der Realisierung des Gewinns endgültig mit dem Ausbleiben der Nacherfüllung ein, wohingegen das Ausbleiben der Nacherfüllung nicht zu dem endgültigen Eintreten von Schäden an anderen Rechtsgütern des Käufers führt. Bei Schäden an anderen Rechtsgütern des Käufers geht es daher nicht darum, den Vorrang der Primärleistung vor dem Schadensersatz in Bezug auf den konkreten Schaden zu sichern. Dies zeigt auch ein Vergleich mit dem so genannten Weiterfresserschaden, der durch Ausbreitung des Mangels in der Kaufsache selbst ent__________ 182 183

Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 751 f. s. dazu auch AnwKomBGB/Büdenbender § 437 Rn. 67.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

steht. In Bezug auf solch einen Schaden, der sich insbesondere auch mit Zeitablauf verschlimmern kann (z. B. mangelhafte Strickhandschuhe lösen sich mit der Zeit auf), ist eine Nachfristsetzung sinnvoll, da solch ein Folgeschaden durch die Nacherfüllung gem. § 439 BGB noch beseitigt bzw. verhindert werden kann.184 Haftet der Käufer aufgrund der Mangelhaftigkeit der Kaufsache einem Dritten und erleidet er dadurch einen Vermögensschaden, so ist zu differenzieren. Hat der Käufer die fehlerhafte Kaufsache an einen Dritten weiterveräußert und entsteht bei diesem aufgrund ihrer Mangelhaftigkeit ein Schaden an anderen Rechtsgütern, für den der Käufer Schadensersatz leistet, gelten die Ausführungen zu den Schäden an anderen Rechtsgütern des Käufers entsprechend. Ist dieser Haftungsschaden vor Wegfall der Nacherfüllungsmöglichkeit eingetreten, kann der Käufer ihn sofort gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB geltend machen, da er durch eine Nacherfüllung im spätestmöglichen Zeitpunkt nicht mehr beseitigt würde. Eine Nachfristsetzung in Bezug auf einen möglicherweise aufgrund des Mangels eintretenden Haftungsschaden kommt nicht in Betracht. Auf die Sicherung des Vorrangs der Primärleistung vor dem Schadensersatz kommt es hier deshalb nicht an. Etwas anderes gilt jedoch beispielsweise, wenn der Käufer aufgrund der Mangelhaftigkeit der Kaufsache einen Vertrag mit einem Dritten nicht erfüllen kann und sich zur Zahlung einer Vertragsstrafe für den Fall der Nichterfüllung verpflichtet hat. Besteht die Möglichkeit, dass der Käufer den Vertrag mit dem Dritten nach erfolgreicher Nacherfüllung seitens des Verkäufers noch erfüllen kann, muss er dem Verkäufer bei Geltendmachung des Haftungsschaden im Wege des Schadensersatzes zunächst eine Frist zur Nacherfüllung gem. § 281 Abs. 1 S. 1 BGB setzen. In diesem Fall ist eine Fristsetzung sinnvoll und sichert den Vorrang der Primärleistung vor dem Schadensersatz. Nach den vorstehenden Ausführungen ist festzustellen, dass es nach dem Sinn und Zweck des § 281 BGB entscheidend darauf ankommt, dass durch die Fristsetzung in Bezug auf den betreffenden Schaden der Vorrang der Primärleistung vor dem Schadensersatz gesichert wird. Dies berücksichtigt die Formel, dass unter den Schadensersatz statt der Leistung derjenige Schaden fällt, der durch eine Nacherfüllung im spätestmöglichen Zeitpunkt verhindert oder beseitigt worden wäre, nicht hinreichend. Nach dieser Formel wäre nämlich ein mangelbedingter Integritätsschaden, der nach dem Wegfall der Nacherfüllungsmöglichkeit eintritt, dem Schadensersatz statt der Leistung zuzuweisen, weil er bei rechtzeitiger Nacherfüllung verhindert worden wäre. In Bezug auf einen solchen Schaden wird die gesetzte Frist jedoch regelmäßig nicht der __________ 184 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 56; Oetker/Maultzsch, S. 120; s. auch AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 78.

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Sicherung des Vorrangs der Primärleistung vor dem Schadensersatz dienen, da sich dieser Schaden anders als z. B. der entgangene Gewinn zum Zeitpunkt der Fristsetzung in der Regel noch nicht abzeichnet, der Käufer Ersatz eines solchen Schadens noch nicht verlangen kann und das Ausbleiben der Nacherfüllung nicht zu dem endgültigen Eintritt eines solchen Schadens führt. Dies gilt insbesondere für Folgeschäden an anderen Rechtsgütern des Käufers und für Haftungsschäden infolge von Schäden an anderen Rechtsgütern eines Dritten. Vorzugswürdig ist daher, diese Schäden grundsätzlich dem Schadensersatz neben der Leistung gem. § 280 Abs. 1 BGB zuzuordnen. Dennoch sollte eine Abgrenzung stets unter besonderer Berücksichtigung des Sinn und Zwecks der Vorschrift des § 281 BGB, insbesondere unter Berücksichtigung der Frage erfolgen, ob eine Fristsetzung in dem konkreten Fall der Sicherung des Vorrangs der Primärleistung vor dem Schadensersatz dient.

(6) Kritik an dem dynamischen Verständnis und eigene Stellungnahme Das dynamische Verständnis der Abgrenzung von Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung wird kritisiert, weil danach die gleichen Schadensposten, etwa der entgangene Gewinn, in einem Fall unter den Schadensersatz statt der Leistung, in einem anderen Fall unter den Schadensersatz neben der Leistung fallen,185 wodurch die Differenzierung zwischen dem Erfüllungs- und dem Integritätsinteresse missachtet werde.186 Letzteres Argument setzt jedoch voraus, dass dem Verhältnis von Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung eine solche Differenzierung zugrunde liegt. Zwar spricht die Regierungsbegründung dafür, dass der Schadensersatz neben der Leistung auf das Integritätsinteresse gerichtet ist, während der Schadensersatz statt der Leistung auf das Erfüllungsinteresse gerichtet ist.187 Es wurde allerdings bereits darauf hingewiesen, dass die Regierungsbegründung nur als Orientierungshilfe dienen kann. Auch wurde schon festgestellt, dass sowohl das Fristsetzungserfordernis gem. § 281 Abs. 1 S. 1 BGB als auch die Vorschrift des § 281 Abs. 4 BGB nicht auf die Fälle passen, in denen ein mangelbedingter, das Erfüllungsinteresse betreffender Folgeschaden vor Wegfall der Nacherfüllungsmöglichkeit endgültig eingetreten ist. Eine dynamische Abgrenzung hat gerade den Vorteil, dass das Wahlrecht des Gläubigers zwischen Erfüllung und Schadensersatz statt der Leistung nicht beeinträchtigt wird. Die Systematik des Gesetzes spricht folglich dagegen, dass § 280 Abs. 1 BGB ausschließlich auf das Integritätsinteresse gerichtet ist. Dass ein __________ 185

Erman/Grunewald § 437 Rn. 14. Wältermann, S. 101 f. 187 s. BT-Drucks. 14/6040, S. 225. 186

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Schadensersatzanspruch stets nur auf das Erfüllungsinteresse oder nur auf das Integritätsinteresse gerichtet ist, ist zudem nicht zwingend, wie ein Blick auf Art. 45 Abs. 1 lit. b CISG zeigt. Ferner wird gegen das dynamische Verständnis der Einwand erhoben, dass der Gläubiger verleitet werde, die Fristsetzung zur Nacherfüllung sowie das Schadensersatzbegehren nach § 281 Abs. 4 BGB hinauszuzögern, da er z. B. entgangenen Gewinn sofort liquidieren könne, solange er weiterhin Erfüllung begehre.188 Mit einem Hinauszögern der Fristsetzung und des Schadensersatzverlangens würde der Käufer sich jedoch selbst schädigen, da er entgangenen Gewinn dann nicht sofort verlangen kann, wenn die Chance besteht, dass der Gewinn nach einer ordnungsgemäßen Nacherfüllung noch realisiert werden kann. Der Käufer kann also entgangenen Gewinn nicht stets sofort liquidieren, solange er weiterhin Erfüllung begehrt. Er kann den entgangenen Gewinn in diesem Fall erst ab dem Zeitpunkt sofort ersetzt verlangen, ab dem der Gewinn nicht mehr realisierbar ist. Dem dynamischen Verständnis des Verhältnisses von Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung ist im Grundsatz zuzustimmen, da es sowohl der Systematik des Gesetzes als auch dem Sinn und Zweck der Sonderregelung für den Schadensersatz statt der Leistung entspricht. Es bietet handhabbare Kriterien für eine Abgrenzung. Darüber hinaus kann hiernach der Schadensersatz statt der Leistung sowohl für § 281 BGB als auch für §§ 283, 311a Abs. 2 BGB einheitlich definiert werden.189 Die zur dynamischen Abgrenzung entwickelten Formeln können jedoch nicht ohne weiteres auf mangelbedingte, das Erhaltungsinteresse betreffende Folgeschäden angewendet werden, die nach dem endgültigen Ausbleiben der Leistung eingetreten sind. Hier ist insbesondere zu fragen, ob die Fristsetzung in Bezug auf den konkreten Schaden der Sicherung des Vorrangs der Primärleistung vor dem Schadensersatz dient. Dies wird in der Regel zu verneinen sein, weshalb solche Schäden dem Schadensersatz neben der Leistung gem. § 280 Abs. 1 BGB zuzuordnen sind.

4. Nachteile gegenüber dem UN-Kaufrecht Die Tatsache, dass sich die Kriterien für eine Abgrenzung zwischen dem Schadensersatz neben der Leistung und dem Schadensersatz statt der Leistung in Deutschland bis zu einer Klärung durch den BGH im Ungewissen halten __________ 188 189

Wältermann, S. 102. Dies bestreitet Wältermann, S. 102.

§ 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung

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werden, wird gegenüber dem UN-Kaufrecht als Nachteil bezeichnet. Das innerdeutsche Recht bleibe in einem aus wirtschaftlicher Sicht wesentlichen Punkt für ausländische Vertragspartner unsicher, schwer durchschaubar und damit unattraktiv. Das gegen das UN-Kaufrecht immer wieder vorgetragene Argument, wegen fehlender Rechtsprechung bestünde nur geringe Rechtssicherheit, müsste nun vielmehr umgekehrt gegen das BGB und für das UNKaufrecht streiten.190 Die im deutschen Recht mangels endgültig geklärter Abgrenzungskriterien bestehenden Rechtsunsicherheiten wiegen in der Tat schwer, da die Abgrenzung von Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung nicht nur für die Erforderlichkeit der Fristsetzung, sondern auch für den Anknüpfungspunkt des Vertretenmüssens und die Möglichkeit der Kombination des Schadensersatzes mit anderen Rechtsbehelfen eine Rolle spielt.

5. Konkurrenzverhältnis von Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung Im Zusammenhang mit der Abgrenzung zwischen dem Schadensersatz statt der Leistung und dem Schadensersatz neben der Leistung stellt sich die Frage nach dem Konkurrenzverhältnis von Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung in zwei Fallkonstellationen. Zum einen ist das Konkurrenzverhältnis für den Fall zu klären, dass vor dem endgültigen Ausbleiben der Leistung ein mangelbedingter, das Erfüllungsinteresse betreffender Folgeschaden endgültig eintritt und der Käufer anschließend nach erfolglosem Ablauf der Nachfrist bzw. nach Eintritt der Unmöglichkeit der Nacherfüllung Schadensersatz statt der Leistung verlangt. Zu beachten ist in dieser Fallkonstellation, dass es zu einem Nebeneinander von Schadensersatz neben der Leistung und Schadensersatz statt der Leistung nicht kommen kann, wenn der Mangel schon bei Vertragsschluss unbehebbar ist.191 Gleiches gilt für den Fall, in dem der Mangel zwischen Vertragsschluss und Lieferung unbehebbar wird. In diesen Fällen entsteht ein mangelbedingter Folgeschaden nämlich erst nach Lieferung und somit nach dem Eintritt der Unmöglichkeit der Nacherfüllung, also nach dem endgültigen Ausbleiben der Leistung. Zum anderen stellt sich die Frage nach dem Konkurrenzverhältnis in dem Fall, in welchem dem Käufer aufgrund des Mangels Integritätsschäden entstanden sind, die stets unter den Schadensersatz neben der Leistung fallen, und der __________ 190 191

Regula/Kannowski, IHR 2004, 45, 53 mit Fn. 87. MünchKommBGB/Ernst § 311a Rn. 89.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Käufer neben diesem den Schadensersatz statt der Leistung verlangt. In dieser Fallkonstellation kann es auch bei einer schon bei Vertragsschluss bestehenden Unbehebbarkeit des Mangels bzw. bei einer zwischen Vertragsschluss und Gefahrübergang eintretenden Unbehebbarkeit des Mangels zu einem Nebeneinander von Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung kommen.192 Weitgehend Einigkeit besteht darüber, dass Ansprüche auf Schadensersatz neben der Leistung wegen mangelbedingter, das Erhaltungsinteresse betreffender Folgeschäden getrennt neben dem Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung stehen.193 Fraglich ist jedoch hinsichtlich vor dem Wegfall der Nacherfüllungsmöglichkeit endgültig eingetretener, das Erfüllungsinteresse betreffender mangelbedingter Folgeschäden, ob der Anspruch aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB neben dem Anspruch aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB bzw. § 283 BGB bestehen bleibt194 oder der Schadensersatz neben der Leistung in dem Schadensersatz statt der Leistung aufgeht.195 Teilweise wird auch ein Wahlrecht des Käufers angenommen, den Schadensersatz neben der Leistung als Bestandteil des Schadensersatzes statt der Leistung geltend zu machen.196 Dogmatisch lässt sich nicht begründen, warum § 280 Abs. 1 BGB im Schadensersatz statt der Leistung aufgehen sollte.197 Eine Gesamtliquidation hätte zudem zur Folge, dass die Grenzen zwischen den verschiedenen Ansprüchen unnötig verwischt würden.198 Insbesondere liegen den Ansprüchen verschiedene Pflichtverletzungen zugrunde, was im Rahmen des Vertretenmüssens von Bedeutung ist.199 Zudem ist es im Hinblick auf die Geltendmachung von Ersatz für vergebliche Aufwendungen gem. § 284 BGB erforderlich, zwischen dem __________ 192

AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 81 f., § 283 Rn. 2, § 311a Rn. 25. AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 56; Staudinger/Otto § 280 Rn. E 34, E 43, E 47; Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 753; Mankowski, JuS 2006, 481, 486 f. Allgemein auch Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 62; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 69; Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 10, 41 f. A. A. wohl Schlechtriem/Schmidt-Kessel Rn. 643. 194 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 56, 85, § 281 Rn. 58; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 62; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 69; Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 10, 41 f. 195 So Staudinger/Otto § 280 Rn. E 34, E 43. 196 St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2504 (a. A. jetzt aber ders., in: Karlsruher Forum 2005, S. 46); wohl auch Hirsch, Jura 2003, 289, 294. 197 Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 10, 41 f. 198 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 62; so jetzt auch St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 46. 199 s. auch Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 62; St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2504; a. A. Staudinger/Otto § 280 Rn. E 45 ff. 193

§ 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung

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Schadensersatz statt der Leistung und dem Schadensersatz neben der Leistung zu unterscheiden, da der Schadensersatz statt der Leistung und der Ersatz vergeblicher Aufwendungen nach dem Gesetzeswortlaut (§ 284 BGB) in einem Alternativverhältnis stehen.200 Aus diesen Gründen ist es abzulehnen, dass vor dem Wegfall der Nacherfüllungsmöglichkeit endgültig eingetretene, das Erfüllungsinteresse betreffende, mangelbedingte Folgeschäden als Rechnungsposten in den Schadensersatz statt der Leistung einzubeziehen sind.201 Für die Praxis wird allerdings darauf hingewiesen, dass im Prozess eine Zuordnung eines Schadens dahingestellt werden kann, falls beide Ansprüche bestehen und die Zuordnung problematisch ist.202 Dies zeigt, dass §§ 280, 281 BGB zusammengenommen einen umfassenden Schadensersatzanspruch gewähren.203

6. Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung Da sich in § 437 Nr. 3 BGB kein Verweis auf § 286 BGB findet, ist fraglich, ob dem Käufer im Fall der Schlechtleistung ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung zur Verfügung steht.

a) Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung Einigkeit besteht darüber, dass der Käufer den Schaden, der aus der Verzögerung der Nacherfüllung resultiert, gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 2, 286 i. V. m. § 439 BGB ersetzt verlangen kann.204 § 286 Abs. 1 S. 1 BGB setzt __________ 200

s. auch AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 56, 85, § 281 Rn. 58. A. A. Staudinger/Otto § 280 Rn. E 43, nach denen kein einleuchtender Grund dafür vorliegt, zuvor entstandene Schäden nicht als Rechnungsposten in den Schadensersatz statt der Leistung einzubeziehen, soweit sie das Erfüllungsinteresse betreffen. 202 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 62; s. auch Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 41. In diesem Sinne ist wohl auch St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2504 zu verstehen. 203 Staudinger/Otto § 280 Rn. E 26. 204 BT-Drucks. 14/6040, S. 225; AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 60; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 63; Erman/H. P. Westermann § 280 Rn. 35; Hk-BGB/Saenger § 437 Rn. 13; Kohte/Micklitz/Rott/Tonner/Willingmann/Tonner/Echtermeyer § 437 Rn. 13; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 59; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 32; Staudinger/Otto § 280 Rn. E 30; Brox/Walker § 4 Rn. 105; Gursky, S. 32; P. Huber/Faust/P. Huber Kap. 13 Rn. 146; Oetker/Maultzsch, S. 114; Sailer, S. 33 f.; Reinicke/Tiedtke Rn. 522, 560 ff.; Buck, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das Schuldrecht 2002, S. 105, 156; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 247; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 45; ders., NJW 2005, 1889, 1891; Schubel, in: M. Schwab/Witt (Hrsg.), Einführung in das neue 201

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

insbesondere das Vorliegen einer Mahnung und ein Vertretenmüssen des Schuldners (§§ 286 Abs. 4, 280 Abs. 1 S. 2 BGB) voraus. Da in der Aufforderung zur Nacherfüllung und in der Fristsetzung regelmäßig auch eine Mahnung liegen dürfte, stellt das Mahnungserfordernis allerdings keine praktische Schwierigkeit dar.205 Ersatzfähig sind nur solche Schäden, die die (Nach-)Erfüllungsmöglichkeit des Gläubigers unberührt lassen, die also neben den fortbestehenden Leistungsanspruch treten können.206 Aus diesem Grund wird der Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung teilweise unter die Kategorie des Schadensersatzes neben der Leistung gefasst.207 Beispielsweise fallen unter den Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung Rechtsverfolgungskosten, die dem Käufer durch die Geltendmachung des Nacherfüllungsanspruchs aus § 439 BGB entstehen.208 Weiterhin sind Schäden erfasst, die während des Verzugs aus der fehlenden oder eingeschränkten Nutzbarkeit der Sache infolge des Mangels entstehen, also entgangener Gewinn oder Kosten für die Anmietung einer Ersatzsache. Ferner fallen hierunter während des Verzugs eintretende Schäden an Personen, an anderen Sachen oder am Vermögen des Käufers, z. B. Haftungsschäden.209 Der Verzug endet durch die Nacherfüllung, durch das Verlangen von Schadensersatz statt der Leistung (§ 281 Abs. 4 BGB), durch Rücktritt oder das Unmöglichwerden der Nacherfüllung gem. § 275 BGB. Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung spielt keine Rolle, wenn der Mangel von Anfang an unbehebbar war210 oder der Mangel vor Ablauf der Nacherfüllungsfrist unbehebbar geworden ist.211 Gegen die Einbeziehung des Schadensersatzes wegen Verzögerung der Nacherfüllung in einen später geltend gemachten Schadensersatz statt der Leistung sprechen dieselben Gründe wie gegen die Einbeziehung des Schadensersatzes neben der Leistung in den Schadensersatz statt der Leistung.212 Scha__________ Schuldrecht, S. 123, 144 f.; Canaris, ZIP 2003, 321, 326; Döll/Rybak, Jura 2005, 582, 583, 586; Ebert, NJW 2004, 1761. Kritisch St. Lorenz/Riehm Rn. 547. 205 BT-Drucks. 14/6040, S. 225. 206 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 54, 73. 207 St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 44. 208 BT-Drucks. 14/6040, S. 225. 209 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 63. 210 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 48. 211 s. Reinicke/Tiedtke Rn. 561. 212 s. o. § 11 IV. 5., S. 169 ff. s. dazu auch Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 63; Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 41 f.; für eine Einbeziehung St. Lorenz/Riehm Rn. 538 (a. A. jetzt aber St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 46); Wieser, MDR 2002, 858, 859.

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densersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung und Schadensersatz neben der Leistung können dieselben Schadensposten umfassen.213 Ein wichtiger Unterschied besteht jedoch darin, dass die Ansprüche verschiedene Anknüpfungspunkte für das Vertretenmüssen aufweisen.214 So erlangt der Anspruch auf Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 2, 286 i. V. m. § 439 BGB praktische Bedeutung, wenn der Verkäufer die Lieferung der mangelhaften Ware nicht zu vertreten hat, wohl aber die Verzögerung der Nacherfüllung.215 Liegen die Voraussetzungen beider Ansprüche vor, besteht Anspruchskonkurrenz.216

b) Schadensersatz wegen Verzögerung der geschuldeten mangelfreien Leistung Problematisch ist dagegen im Fall der Schlechtleistung, ob der Käufer gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 2 i. V. m. § 286 BGB den Schaden geltend machen kann, der ihm dadurch entsteht, dass die Kaufsache aufgrund des Mangels nicht sofort, sondern erst nach erfolgreicher Nacherfüllung durch den Verkäufer einsatzbereit ist. Gemeint ist der Nutzungsausfallschaden, etwa die Kosten für die Miete einer Ersatzsache bis zur Nacherfüllung, Betriebsausfallschäden oder entgangener Weiterverkaufsgewinn, der dem Käufer bis zur Nacherfüllung entsteht.217

aa) Ersatz des Nutzungsausfallschadens gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 2 i. V. m. § 286 BGB Der Ersatz von Schäden infolge der verspäteten Nutzbarkeit der geschuldeten Sache nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 2 i. V. m. § 286 BGB wird von einem Teil der Lehre218 damit begründet, dass im neuen Recht die Pflicht zur mangel__________ 213 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 48, 64; Henssler/v. Westphalen/v. Westphalen § 437 Rn. 20; s. auch MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 59. 214 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 48, 64; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 59; Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 45 ff.; ders., ZIP 2003, 321, 326. 215 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 48, 64; Reinicke/Tiedtke Rn. 561. s. dazu u. § 16 I. 216 Henssler/v. Westphalen/v. Westphalen § 437 Rn. 20; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 59; Reinicke/Tiedtke Rn. 559. 217 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 61; Reinicke/Tiedtke Rn. 520. 218 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 60 ff.; AnwKomBGB/Büdenbender § 437 Rn. 71 ff.; Jauernig/Berger § 437 Rn. 17; Brox/Walker § 4 Rn. 106; P. Hu-

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freien Leistung gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB zur Erfüllungspflicht des Verkäufers gehöre und folglich in der mangelhaften Leistung zugleich eine Verzögerung der geschuldeten mangelfreien Leistung liege. 219 Denn der Verkäufer habe eine mangelfreie Sache nicht termingerecht geliefert.220 Es sei gerade eines der erklärten Ziele der Schuldrechtsreform gewesen, das Gewährleistungsrecht in das allgemeine Leistungsstörungsrecht zu integrieren. 221 Durch die Haftung des Verkäufers für den Nutzungsausfallschaden bei der Schlechtleistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 2 i. V. m. § 286 BGB werde zudem ein Gleichlauf mit dem Fall der Nichtleistung erreicht, da der Verkäufer bei Nichtleistung nur unter den Voraussetzungen des Verzugs für den Nutzungsausfallschaden hafte.222 Es sei wertungsmäßig nur schwer vertretbar, dass der Verkäufer, der überhaupt nicht leiste, wegen der Verzugsschwelle schadensersatzrechtlich günstiger stünde als der Verkäufer, der zwar leiste, aber mangelhaft leiste.223 Hiernach wäre der Nutzungsausfallschaden erst ab Verzug i. S. v. § 286 BGB ersatzfähig. Voraussetzung für den Verzug wäre gem. § 286 Abs. 1 BGB eine Mahnung, es sei denn, dass eine solche gem. § 286 Abs. 2 BGB im Einzelfall entbehrlich wäre.224 Teilweise wird eine Mahnung im Fall des mangelbedingten Nutzungsausfallschadens anders als im Fall der Nichtleistung aber auch als grundsätzlich gem. § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB entbehrlich angesehen.225 __________ ber/Faust/Faust Kap. 3 Rn. 223; Looschelders, SchuldR AT, Rn. 575; Oetker/Maultzsch, S. 114 ff.; Schlechtriem, SchuldR BT, Rn. 90; Schlechtriem/SchmidtKessel Rn. 639; Buck, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das Schuldrecht 2002, S. 105, 166; Dauner-Lieb, in: dies./Heidel/Lepa/Ring (Hrsg.), Das Neue Schuldrecht, § 2 Rn. 45; Arnold, ZGS 2004, 16, 21 mit Fn. 42; Dauner-Lieb/Dötsch, DB 2001, 2535, 2537; Fliegner, JR 2002, 314, 322; Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 754 ff.; dies., JuS 2004, 745, 747; Schur, ZGS 2002, 243, 244; Wieser, JR 2002, 269, 270; wohl auch Palandt/Putzo § 437 Rn. 36; Oechsler, NJW 2004, 1825, 1828; ebenso Wältermann, S. 137 ff. für den Fall, dass es noch zu einer Nacherfüllung kommt; differenzierend v. Wilmowsky, JuS Beilage 1/2002, 3, 20. 219 AnwK/Dauner-Lieb § 280 Rn. 55, 60, 62; dies., in: DaunerLieb/Heidel/Lepa/Ring (Hrsg.), Das Neue Schuldrecht, § 2 Rn. 45; dies./Dötsch, DB 2001, 2535, 2537; Looschelders, SchuldR AT, Rn. 575; Grigoleit/Riehm, JuS 2004, 745, 747. 220 P. Huber/Faust/Faust Kap. 3 Rn. 223; v. Wilmowsky, JuS Beilage 1/2002, 3, 21. 221 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 60, 62. 222 Oetker/Maultzsch, S. 115; s. auch P. Huber/Faust/Faust Kap. 3 Rn. 223; DaunerLieb/Dötsch, DB 2001, 2535, 2537; Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 759. 223 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 55, 62; dies., in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring (Hrsg.), Das Neue Schuldrecht, § 2 Rn. 45; Jauernig/Berger § 437 Rn. 17; Brox/Walker § 4 Rn. 106; Schur, ZGS 2002, 243, 244. 224 Oetker/Maultzsch, S. 115 f.; Buck, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das Schuldrecht 2002, S. 105, 166; Dauner-Lieb, in: dies./Heidel/Lepa/Ring (Hrsg.), Das Neue Schuldrecht, § 2 Rn. 45. 225 Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 755 ff.; dies., JuS 2004, 745, 747 f.; a. A. AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 66. Zurückhaltender dagegen Looschelders,

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bb) Gesetzeswortlaut und Regierungsbegründung Der gegen die dargestellte Argumentation vorgebrachte Einwand, dass sich in § 437 Nr. 3 BGB keine Verweisung auf § 286 BGB finde und die Verweisungen auf §§ 281, 283 BGB ihres Sinnes beraubt würden, wenn man die Verweisung auf § 280 Abs. 2 BGB für die Anwendbarkeit des § 286 BGB ausreichen ließe,226 überzeugt nicht.227 Denn in der Regierungsbegründung ist für den Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung die Normkette der §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 2, 286 BGB ausdrücklich genannt228 und auch allgemein anerkannt.229 Auch ist dort der Verweis auf § 280 Abs. 2 BGB explizit angesprochen.230 Allerdings entfaltet der Verweis in § 437 Nr. 3 BGB auf § 280 Abs. 2 BGB laut Regierungsbegründung insoweit keine Wirkung, als die Pflichtverletzung i. S. d. § 280 Abs. 1 S. 1 BGB darin liegt, dass der Verkäufer entgegen seiner vertraglichen Verpflichtung aus § 433 Abs. 1 S. 2 BGB eine mangelhafte Sache geliefert hat. Eine Anwendung des § 286 BGB-RE sei insoweit in § 280 Abs. 1 BGB-RE nicht vorgesehen. Liefere der Verkäufer z. B. schuldhaft eine mangelhafte Maschine und verzögere sich dadurch die Inbetriebnahme, so sei der Betriebsausfallschaden unmittelbar nach § 280 Abs. 1 BGB-RE zu ersetzen.231 Befindet sich der Verkäufer also aufgrund einer Schlechtleistung mit der geschuldeten mangelfreien Leistung in Verzug, so ist nach der Regierungsbegründung der dadurch verursachte Schaden gem. § 280 Abs. 1 BGB zu ersetzen. Dem folgt inzwischen die überwiegende Meinung im Schrifttum.232 __________ SchuldR AT, Rn. 575, nach dem die Mahnung im Allgemeinen nach § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB entbehrlich sein wird. 226 St. Lorenz/Riehm Rn. 546; Reinicke/Tiedtke Rn. 520; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 619; s. auch Staudinger/Matusche-Beckmann § 437 Rn. 12; Staudinger/Eckpfeiler/Beckmann S. 548. 227 So auch Ebert, NJW 2004, 1761, 1762. 228 BT-Drucks. 14/6040, S. 225. 229 s. o. § 11 IV. 6. a). Hierauf weist auch Ebert, NJW 2004, 1761, 1762, hin. 230 BT-Drucks. 14/6040, S. 225. 231 BT-Drucks. 14/6040, S. 225. 232 Erman/H. P. Westermann § 280 Rn. 35; Henssler/v. Westphalen/v. Westphalen § 437 Rn. 20 f.; Hk-BGB/Saenger § 437 Rn. 11, 13; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 55 ff.; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 32, 34; Palandt/Heinrichs § 280 Rn. 13, 18, 20; Staudinger/Otto § 280 Rn. E 28 ff.; Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 346 ff.; Staudinger/Eckpfeiler/Beckmann S. 547 f.; St. Lorenz/Riehm Rn. 546 f.; Medicus, SchuldR II Rn. 73; Reinicke/Tiedtke Rn. 560; Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 38; ders., ZIP 2003, 321, 326; Haas, in: ders./Medicus/ Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 246; U. Huber, in: FS für Schlechtriem, S. 521, 525; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 44 ff.; ders., NJW 2002, 2497, 2501 Fn. 32; ders., NJW 2005, 1889, 1891; Schubel, in: M.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

cc) Argumente für den Ersatz von Nutzungsausfallschäden gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB und eigene Stellungnahme Für die Einordnung des Nutzungsausfallschadens als Schadensersatz neben der Leistung gem. § 280 Abs. 1 BGB wird häufig das Argument angeführt, dass die Schlechtleistung und nicht die Verzögerung der mangelfreien Leistung die relevante Pflichtverletzung sei.233 Dieser Differenzierung wird vorgeworfen, dass sie vor dem Hintergrund der Grundstrukturen des neuen Schuldrechts, insbesondere nach der vollständigen Einbettung des Gewährleistungsrechts in das allgemeine Leistungsstörungsrecht, kaum nachvollziehbar sei. Eine Gleichbehandlung von Nichtleistung und Schlechtleistung sei nunmehr geboten, es sei denn, es gebe Gründe für eine Ungleichbehandlung, die sich gerade aus der Eigenart der Schlechtleistung ergeben würden.234 Freilich kann man in einer Schlechtleistung zugleich auch immer eine Verzögerung der mangelfreien Leistung sehen. Allerdings ist bei der Schlechtleistung die Besonderheit zu berücksichtigen, dass sich der ursprüngliche Erfüllungsanspruch mit Lieferung einer mangelhaften Sache in einen Nacherfüllungsanspruch umwandelt. Ab Gefahrübergang kann der Schuldner also mit der Erfüllung nicht mehr in Verzug sein, wenn er mangelhaft geliefert hat.235 Er kann ab diesem Zeitpunkt nur mit der Nacherfüllung in Verzug sein. Zudem kann eine Mahnung im Fall der Schlechtleistung häufig ihre Funktion nicht erfüllen.236 Der Schuldner soll bei Verzug grundsätzlich erst haften, wenn er unter anderem durch eine Mahnung gewarnt worden ist, womit eine gewisse Privilegierung des säumigen Schuldners verbunden ist.237 Wenn allerdings der Verkäufer die Sache zwar pünktlich, aber mit einem schadensbringenden Mangel behaftet liefert, bemerkt der Käufer diesen häufig erst mit dem Schadenseintritt.238 Hat der Käufer nicht schon vorsorglich gemahnt, kann er __________ Schwab/Witt (Hrsg.), Einführung in das neue Schuldrecht, S. 123, 143 f.; ders., JuS 2002, 313, 319; Vollkommer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 123, 124 mit Fn. 5; Ebert, NJW 2004, 1761 f.; Hirsch, Jura 2003, 289, 294; Mankowski, JuS 2006, 481, 486; Medicus, JuS 2003, 521, 528 f.; Reischl, JuS 2003, 250, 251; Schulze/Ebers, JuS 2004, 462, 465. 233 Erman/H. P. Westermann § 280 Rn. 35; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 32; Staudinger/Otto § 280 Rn. E 30; St. Lorenz/Riehm Rn. 547; Mankowski, JuS 2006, 481, 486; Schubel, JuS 2002, 313, 319; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 619; s. auch Hirsch, Jura 2003, 289, 294. 234 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 63. 235 Ebenso Döll/Rybak, Jura 2005, 582, 585; Mankowski, JuS 2006, 481, 486. 236 Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 347; Döll/Rybak, Jura 2005, 582, 584. 237 Schubel, JuS 2002, 313, 319. 238 Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 347; ähnlich St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 45.

§ 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung

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den eingetretenen Schaden nicht ersetzt verlangen. Dagegen bemerkt es der Gläubiger typischerweise sofort, wenn der Schuldner überhaupt nicht leistet, und kann sogleich mahnen.239 Die Privilegierung des säumigen Schuldners sollte daher nicht in das Mängelhaftungsrecht hineingetragen werden.240 Diese Argumentation wird auch nicht durch den Hinweis entkräftet, dass der Gläubiger den Mangel in den meisten Fällen sofort erkennt.241 Wäre dies der Fall, wäre z. B. eine Verlängerung der kurzen 6-monatigen Verjährungsfrist des alten Rechts nicht so vehement gefordert worden. Dass das Mahnungserfordernis auf die Fälle der mangelhaften Leistung nicht passt, zeigt sich auch in den Vorschlägen, das Mahnungserfordernis in den Fällen der Schlechtleistung grundsätzlich gem. § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB als entbehrlich anzusehen.242 Es erscheint jedoch fragwürdig, eine einzelfallbezogene Ausnahme243 in Fällen der Schlechtleistung grundsätzlich zur Regel zu erheben. Auch § 286 Abs. 2 Nr. 1, 2 BGB führen hinsichtlich der Schlechtleistung zu unbilligen Ergebnissen. Bei Terminbestimmung ist eine Mahnung gerade entbehrlich, weil der Schuldner weiß, dass er zu dem bestimmten Zeitpunkt in Verzug gerät. Liefert der Verkäufer eine mangelhafte Sache zu dem bestimmten Termin, so gerät er aber in Verzug, ohne dies zu wissen, wenn er den Mangel nicht kennt.244 Ferner ist eine unterschiedliche Behandlung des Nutzungsausfallschadens in den Fällen der Schlechtleistung und der Nichtleistung gerechtfertigt, weil die Lieferung einer mangelhaften Sache durchaus ein höheres Gefahrenpotenzial bergen kann als eine Nichtlieferung.245 Schließlich kann auch die Rechtsprechung des BGH zur vergleichbaren bisherigen Rechtslage im Werkvertragsrecht herangezogen werden.246 Dort wurde entschieden, dass die durch ein mangelhaftes Werk verursachten (entfernten) Mangelfolgeschäden unabhängig von den Voraussetzungen der §§ 325,

__________ 239

Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 347; Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 39; Canaris, ZIP 2003, 321, 323, 326; Medicus, JuS 2003, 521, 528 f.; s. auch MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 57; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/ Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 246. 240 s. dazu Schubel, JuS 2002, 313, 319, der dafür Argumente von einigem Gewicht verlangt. 241 So aber Wältermann, S. 129. 242 s. o. § 11 Fn. 225. 243 Canaris, ZIP 2003, 321, 323. 244 MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 56; Döll/Rybak, Jura 2005, 582, 584. 245 Canaris, ZIP 2003, 321, 323; Döll/Rybak, Jura 2005, 582, 584; Medicus, JuS 2003, 521, 529; Schulze/Ebers, JuS 2004, 462, 465. 246 Staudinger/Otto § 280 Rn. E 29; Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 347; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 46, der diesem Argument allerdings nur wenig Gewicht beimisst; Canaris, ZIP 2003, 321, 326; Schulze/Ebers, JuS 2004, 462, 465.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

326 BGB a. F. und somit auch des Verzugs sowie des § 635 BGB a. F. auf der Grundlage der pVV zu ersetzen seien.247 Aus diesen Gründen ist die Zuordnung mangelbedingter Nutzungsausfallschäden zum Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung abzulehnen. Dem wird zwar entgegengehalten, dass dies zu einer Aufspaltung des Verzögerungsschadens führe.248 Angesichts des neuen Rechts ist jedoch zweifelhaft, ob noch in den alten Kategorien zu denken ist. Es wurde bereits bei der Diskussion über die Abgrenzung von Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatzes neben der Leistung gezeigt, dass die bisherigen Schadenskategorien aufzugeben sind. Es ist demnach nicht zwingend, dass der Verzögerungsschaden nur einer Anspruchsgrundlage zuzurechnen ist. Auch ist die Zuordnung des Nutzungsausfallschadens zum Schadensersatz neben der Leistung nach dem dynamischen Verständnis einer Abgrenzung von Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung nicht deshalb abzulehnen, weil dieser das Erfüllungsinteresse betrifft.249 Folglich ist der bis zur Nacherfüllung entstehende Nutzungsausfallschaden dem Schadensersatz neben der Leistung gem. § 280 Abs. 1 BGB zuzuweisen. Eine Hinweispflicht des Gläubigers auf den Schaden kann sich aus § 254 BGB ergeben.250 Dementsprechend ist auch eine Abgrenzung der Schadensersatzkategorien im neuen Recht von der Überlegung ausgehend, dass eine Schlechtleistung immer auch eine Verzögerung der Leistung darstelle und daher reine Vermögensschäden, die nicht unter den Schadensersatz statt der Leistung fallen, regelmäßig nur nach §§ 280 Abs. 1, 2 i. V. m. § 286 BGB ersatzfähig sind,251 abzulehnen. Vielmehr ist auch hinsichtlich des Nutzungsausfallschadens grundsätzlich eine Abgrenzung zwischen dem Schadensersatz neben der Leistung und dem Schadensersatz statt der Leistung nach dem dynamischen Verständnis vorzunehmen.252 __________ 247

BGH, Urt. v. 12.12.2001 – X ZR 39/00, NJW 2002, 816, 817. Wältermann, S. 128 f.; Buck, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das Schuldrecht 2002, S. 105, 156 f. 249 So aber Gursky, S. 33, nach dem der Nutzungsausfallschaden infolgedessen unter den Schadensersatz statt der Leistung fällt; Wältermann, S. 131; mit dieser Tendenz auch Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 754. 250 MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 58; Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 347; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 45. 251 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 60 ff., insbesondere auch Rn. 68 ff., 73 ff. Allein Schäden an absoluten Rechtsgütern des Gläubigers fallen nach dieser Ansicht unter den Schadensersatz neben der Leistung nach § 280 Abs. 1 BGB. 252 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 53; Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 345 f.; Staudinger/Eckpfeiler/Beckmann S. 547; Reinicke/Tiedtke Rn. 519 ff.; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 619 f.; wohl auch Ebert, NJW 2004, 1761. 248

§ 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung

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dd) Konsequenzen für die Definition des Schadensersatzes wegen Verzögerung der Leistung Der Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung ist daher einschlägig, wenn dem Verkäufer außer der Verzögerung der Leistung nichts vorzuwerfen ist,253 er also z. B. nicht zusätzlich mangelhaft geleistet hat. Die Pflichtverletzung des Schuldners darf also nicht in einem Mehr oder einem Anderem bestehen als in der bloßen Nichterbringung der Leistung bei Fälligkeit.254 Anders als die Abgrenzung von Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung erfolgt die Bestimmung des Anwendungsbereichs von § 280 Abs. 2 BGB somit nach der Art der Pflichtverletzung.255

7. Zwischenergebnis Aus § 280 BGB ergeben sich die drei Schadenskategorien des Schadensersatzes statt der Leistung, des Schadensersatzes neben der Leistung und des Schadensersatzes wegen Verzögerung der Leistung. Liegt ein behebbarer Mangel vor, richtet sich der Schadensersatz statt der Leistung nach § 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB. Liegt ein unbehebbarer Mangel vor, ist danach zu unterscheiden, zu welchem Zeitpunkt die Nacherfüllung unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB) oder unzumutbar (§ 275 Abs. 2, 3 BGB) geworden ist. Lag die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Nacherfüllung schon bei Vertragsschluss vor, kann der Käufer Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 BGB geltend machen. Ist sie dagegen erst nach Vertragsschluss eingetreten, bilden §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 283 BGB die Anspruchsgrundlage. Kam es erst nach Vertragsschluss zur Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Nacherfüllung, beruht diese aber auf einer bereits vor Vertragsschluss bestehenden Ursache, wird § 311a Abs. 2 CISG analog anzuwenden sein. Die Regelungen über den Schadensersatz statt der Leistung bei qualitativer Unmöglichkeit sind zudem entsprechend anwendbar, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung berechtigterweise nach § 439 Abs. 3 BGB verweigert. Ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 282 BGB wegen der Verletzung der Schutzpflicht des Verkäufers, die Rechte und Rechtsgüter des Käufers nicht durch die Lieferung mangelhafter Ware zu gefährden und den Käufer bei Lieferung auf __________ 253

Ebert, NJW 2004, 1761, 1762. Canaris, ZIP 2003, 321, 323 f.; diesem folgend Döll/Rybak, Jura 2005, 582, 584. 255 St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 44; Canaris, ZIP 2003, 321, 324. 254

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

einen bestehenden Mangel hinzuweisen, kann bei Vorliegen eines unbehebbaren Mangels Bedeutung erlangen. Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung sind nach einem dynamischen Verständnis unter besonderer Berücksichtigung des Sinn und Zwecks der Sonderregelung des Schadensersatzes statt der Leistung abzugrenzen. Diejenigen Schäden, die entstehen, solange eine Nacherfüllungsmöglichkeit besteht, und die über eine Nacherfüllung im spätestmöglichen Zeitpunkt hinaus bestehen bleiben würden, fallen nach diesem Verständnis unter den Schadensersatz neben der Leistung gem. § 280 Abs. 1 BGB. Hingegen sind diejenigen Schäden, die durch eine Nacherfüllung im spätestmöglichen Zeitpunkt beseitigt oder vermieden worden wären und folglich auf dem endgültigen Ausbleiben der Leistung beruhen, dem Schadensersatz statt der Leistung zuzuordnen. Diese Formeln können jedoch nicht ohne weiteres auf mangelbedingte, das Erhaltungsinteresse betreffende Folgeschäden angewendet werden. Solche Schäden sind vielmehr regelmäßig dem Schadensersatz neben der Leistung gem. § 280 Abs. 1 BGB zuzuordnen, da auch bei ihrem Eintreten nach dem endgültigen Ausbleiben der Leistung der Zweck der Sonderregelung über den Schadensersatz statt der Leistung, den Vorrang der Primärleistung vor dem Schadensersatz zu sichern, nicht berührt ist. Die Kriterien für eine Abgrenzung von Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung bedürfen jedoch noch einer endgültigen Klärung durch den BGH. Aufgrund der verschiedenen, in der Literatur vertretenen Ansätze bestehen hier zurzeit erhebliche Rechtsunsicherheiten. Die Abgrenzung wirkt sich nicht nur auf die Erforderlichkeit der Setzung einer Nachfrist aus, sondern auch auf den Bezugspunkt für das Vertretenmüssen sowie auf die Möglichkeit der Kombination des Schadensersatzes mit anderen Rechtsbehelfen. Da im UN-Kaufrecht nur eine einzige Anspruchsgrundlage für den Schadensersatzanspruch des Käufers gegen den Verkäufer bei mangelhafter Lieferung existiert, bestehen im CISG keine derartigen Abgrenzungsprobleme. Dies stellt gegenüber dem deutschen Recht einen Vorteil dar. Hinsichtlich des Konkurrenzverhältnisses von Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung ist festzuhalten, dass der Schadensersatz neben der Leistung nicht im Schadensersatz statt der Leistung aufgeht, wenn der Käufer diese nebeneinander geltend macht. Insbesondere aufgrund der verschiedenen Anknüpfungspunkte für das Vertretenmüssen ist zwischen dem Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung und dem Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung sauber zu trennen. Der Käufer kann Ersatz des aus der Verzögerung der Nacherfüllung resultierenden Schadens nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 2, 286 i. V. m. § 439 BGB verlangen. Da der Schadensersatz neben der Leistung und der Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung dieselben Schadensposten erfassen

§ 11 Überblick über die Regelung der Schadensersatzhaftung

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können, erlangt der Anspruch auf Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung Bedeutung, wenn der Schuldner zwar nicht die mangelhafte Lieferung, jedoch die Verzögerung der Nacherfüllung zu vertreten hat. Aus denselben Gründen wie schon der Schadensersatz neben der Leistung geht auch der Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung nicht im Schadensersatz statt der Leistung auf. Ersatz des Nutzungsausfallschadens kann der Käufer aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB verlangen. Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Käufer also nur geltend machen, wenn dem Verkäufer außer der Verzögerung der Leistung nichts vorzuwerfen ist, er also nicht zugleich mangelhaft geliefert hat.

§ 12 Verschuldensprinzip Wie bereits angesprochen, hat der Gesetzgeber das Verschuldensprinzip im Rahmen der Schuldrechtsreform beibehalten. Der Schuldner haftet im Fall einer Pflichtverletzung gem. §§ 280 ff. BGB nicht, wenn er diese nicht zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Dies ist insofern bemerkenswert, als sich der Gesetzgeber bei der Schaffung eines Grundtatbestandes der Pflichtverletzung für die Schadensersatzhaftung aufgrund eines Vertrags oder eines anderen Schuldverhältnisses am UN-Kaufrecht orientiert hat, welches eine Garantiehaftung vorsieht.1 Angesichts im deutschen Recht existierender, in dieser Arbeit zu untersuchender Tendenzen zur Relativierung des Verschuldensprinzips stellt sich die Frage, ob die Kombination des aus dem UN-Kaufrecht stammenden Pflichtverletzungskonzepts mit dem das alte Leistungsstörungsrecht prägenden Verschuldensprinzip systematisch tragfähig ist.2 Konsequenz dieser Kombination ist, dass die Ursache der Pflichtverletzung Bezugspunkt für die Prüfung des Vertretenmüssens des Schuldners ist.3 Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, insbesondere der eine Pflicht zur mangelfreien Lieferung vorsehende Art. 2 Abs. 1 VerbrGK-RiL, stand der Beibehaltung des Verschuldensprinzips im deutschen Recht nicht entgegen. Dies wird damit begründet, dass der Schadensersatz auch im CISG, welches Art. 2 Abs. 1 VerbrGK-RiL als Modell diente, von zusätzlichen Anforderungen abhängig gemacht wird, die für die Nacherfüllung, die Minderung und die Vertragsaufhebung nicht gelten. So haftet der Schuldner nach UN-Kaufrecht nicht, wenn ein Befreiungsgrund gem. Art. 79 Abs. 1 CISG vorliegt.4 Die Haftungsbefreiung gilt gem. Art. 79 Abs. 5 CISG nur für den Schadensersatz. Aufgrund der Einführung eines allgemeinen Schadensersatzanspruchs des Käufers gegen den Verkäufer bei Lieferung mangelhafter Ware durch die Schuldrechtsreform wirkt sich die Beibehaltung des Verschuldensprinzips auch auf das Kaufrecht aus. Die Fahrlässigkeitshaftung des Verkäufers, der als __________ 1 Kritisch dazu U. Huber, in: Ernst/Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 31, 104 ff. 2 Dauner-Lieb, Entwicklungstendenzen, S. 21; dies., in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 3, 12. 3 Schlechtriem, IHR 2001, 12, 16. 4 Grundmann/Bianca/Grundmann Art. 2 Rn.3.

§ 12 Verschuldensprinzip

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Händler fungiert, ist in der Literatur im Vorfeld der Reform in verschiedener Weise kritisiert worden. Unter anderem wurde argumentiert, dass mit der Einführung einer Fahrlässigkeitshaftung des Händlers der kaufrechtliche Schadensersatz im deutschen Privatrecht nahezu beseitigt werde, da eine Mitverantwortlichkeit des Händlers für den schadensursächlichen Sachmangel beim Massenvertrieb neu hergestellter und original verpackter Produkte kaum noch vorstellbar sei.5 Ob diese Bedenken berechtigt sind, hängt davon ab, worauf sich das Vertretenmüssen des Verkäufers bei der Schadensersatzhaftung wegen mangelhafter Lieferung bezieht und inwieweit dem Verkäufer Untersuchungspflichten obliegen. Zudem wurde unter Hinweis auf die Unterscheidung zwischen der „obligation de résultat“ und der „obligation de moyens“ im französischen Recht sowie auf die Garantiehaftung im Common Law und im UNKaufrecht festgestellt, dass durch die Einführung einer Fahrlässigkeitshaftung im Kaufrecht die durch die Reform angestrebte Wiederannäherung des deutschen Rechts an die anderen europäischen Privatrechte verfehlt werde.6 Dass das Verschuldensprinzip als Element des alten Rechts im Umfeld moderner Regelungen beibehalten wurde, stieß auf Unverständnis, da dies zu Lasten der Einheitlichkeit des Rechts für den internen und den externen Handel ginge.7 Die Unterschiede zwischen der Haftung im internen Handel und dem externen Handel, der dem UN-Kaufrecht unterliegt, sind im Rahmen dieser Arbeit herauszuarbeiten. Da entgegen den angesprochenen Befürchtungen auch diskutiert wird, ob sich die Schadensersatzhaftung des Verkäufer bei mangelhafter Lieferung nach dem BGB an eine Garantiehaftung angenähert hat, werden im Folgenden die Neufassung des § 276 Abs. 1 S. 1 BGB und die Regelung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB untersucht.

I. Neufassung des § 276 Abs. 1 S. 1 BGB Gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB hat der Schuldner Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos zu entnehmen ist. Der konditionale Nebensatz ist durch die Schuldrechtsreform eingefügt worden. In § 276 Abs. 1 S. 1 BGB a. F. hieß es lediglich, dass der Schuldner unter Vorbehalt einer abweichenden Bestimmung Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten habe. Dagegen wird die Verschuldenshaftung in § 276 Abs. 1 S. 1 BGB um __________ 5

Brüggemeier/Reich, BB 2001, 213, 220. Brüggemeier/Reich, BB 2001, 213, 220; Brüggemeier, WM 2002, 1376, 1382. 7 Herber, in: Ferrari (Hrsg.), The 1980 Uniform Sales Law, S. 59, 68. 6

212

2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

verschuldensunabhängige Elemente ergänzt. Der Schuldner haftet auch ohne Verschulden, wenn er eine Garantie oder ein Beschaffungsrisiko übernommen hat.

1. Übernahme einer Garantie Mit der „Übernahme einer Garantie“ in § 276 Abs. 1 S. 1 BGB sind im Bereich des Kaufvertrags insbesondere Eigenschaftszusicherungen gemeint, wie sie schon im alten Kaufrecht im Rahmen des § 463 S. 1 BGB a. F. eine Rolle gespielt haben. Im neuen Recht stellt sich daher bei der Prüfung eines Schadensersatzanspruchs wegen mangelhafter Lieferung die Frage nach einer Eigenschaftszusicherung beim Vertretenmüssen.8 Es wird hier stets eine ausdrückliche oder konkludente Erklärung des Verkäufers vorliegen müssen.9 Ob eine Garantie i. S. v. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB übernommen worden ist, ist im Wege der Auslegung des Leistungsversprechens des Verkäufers gem. §§ 133, 157 BGB zu ermitteln.10 Wie auch schon im alten Recht muss der Wille des Verkäufers zum Ausdruck kommen, unabhängig von einem Verschulden bei Mängeln des Kaufgegenstandes Schadensersatz zu leisten.11 Allein die Vereinbarung der Beschaffenheit i. S. v. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB reicht nicht aus.12 Ebenfalls ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, für welchen Zeitpunkt und mit welcher Reichweite die Garantie übernommen worden ist.13 Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass die Rechtsprechung zu §§ 459 Abs. 2, 463 S. 1 BGB a. F. nicht ohne weiteres übernommen werden kann. Die weite Annahme von Zusicherungen durch die Rechtsprechung im alten Recht ist nämlich vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Annahme einer Eigenschaftszusicherung fast die einzige Möglichkeit war, eine Schadensersatzhaftung für Mangelschäden zu begründen. Im neuen Recht geht es dagegen nicht

__________ 8

BT-Drucks. 14/6040, S. 132. Otto, Jura 2002, 1, 8. 10 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 23; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 72; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 36. 11 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 22; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 72; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 37; Oetker/Maultzsch, S. 123; St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2502. 12 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 22; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 72; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 36 f. 13 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 73. 9

§ 12 Verschuldensprinzip

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mehr um die Begründung einer Schadensersatzhaftung, sondern darum, ob die Schadensersatzhaftung verschuldensabhängig ist oder nicht.14

2. Übernahme eines Beschaffungsrisikos In dem Merkmal der Übernahme eines Beschaffungsrisikos geht die Garantiehaftung des Schuldners nach § 279 BGB a. F. auf. Solange die Leistung aus der Gattung möglich war, hatte der Schuldner hiernach bei der Gattungsschuld sein Unvermögen zur Leistung auch dann zu vertreten, wenn ihm ein Verschulden nicht zur Last fiel.

a) Legitimation einer Risikohaftung bei der Beschaffungsschuld Da in Bezug auf das neue Schuldrecht vor allem diskutiert wird, ob und inwieweit die Übernahme eines Beschaffungsrisikos zu einer verschuldensunabhängigen Verkäuferhaftung bei mangelhafter Lieferung führt, sollte zunächst kurz die teleologische Legitimation einer Risikohaftung bei der Beschaffungsschuld geklärt werden. Canaris legt überzeugend dar, dass die Risikohaftung die Aufgabe habe, Defizite der Verschuldenshaftung zu kompensieren. Der vernünftige Rechtsgedanke, der sich hinter § 279 BGB a. F. verborgen habe und den nunmehr der Hinweis auf die „Übernahme eines Beschaffungsrisikos“ in § 276 Abs. 1 BGB zum Ausdruck bringen solle, sei darin zu sehen, dass das Verschuldensprinzip die spezifischen Besonderheiten einer erfolgsbezogenen Beschaffungsschuld nicht angemessen zu erfassen vermöge und daher aus Gründen der Gerechtigkeit und der ökonomischen Effizienz durch eine Risikohaftung zu ergänzen sei.15 Dies wird an dem Beispiel verdeutlicht, dass der Schuldner zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht über die erfüllungstaugliche Ware verfügt und die rechtzeitige Beschaffung der Ware anschließend misslingt. Festgestellt wird, dass für eine Haftung auf das positive Interesse als Ansatzpunkt für ein Verschulden weder die Tatsache in Betracht komme, dass der Schuldner die Ware zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht in seiner Verfügungsmacht gehabt habe, noch die Tatsache, dass der Schuldner den Gläubiger nicht über die noch erforderliche Beschaffung der Ware informiert habe. Der Schuldner gehe jedoch dadurch, dass er den Vertrag abschlie__________ 14

Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 74; Reinicke/Tiedtke Rn. 570; s. auch MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 36. Oetker/Maultzsch, S. 122 wollen dagegen die alte Rechtsprechung auf das neue Recht ohne weiteres übertragen. 15 Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 206 f.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

ße, ohne über die Ware zu verfügen, bewusst besondere Risiken ein, welche vorteilhaft für ihn seien, weil er die Preisentwicklung abwarten und Lager- und Transportkosten sparen könne. Diese besonderen Risiken, die der Verkäufer eingehe und bei Vorhandensein der Ware zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht bestünden, ließen es als ungerecht erscheinen, dass der Verkäufer mangels Verschulden nicht haften müsse. Stellte man allein auf das Verschulden des Verkäufers ab, bestünde auch kein Anreiz für den Verkäufer, die Risiken zu minimieren.16

b) Dogmatische Grundlage der verschuldensunabhängigen Haftung für Beschaffungsschulden Diskutiert wird, ob die Einstandspflicht des Schuldners für das Beschaffungsrisiko primär gesetzlicher oder vielmehr privatautonomer Natur ist. Nehme man Ersteres an, so sei bei einer Beschaffungsschuld – zumindest bei einer Gattungsschuld – generell davon auszugehen, dass der Schuldner grundsätzlich das Beschaffungsrisiko übernommen habe. Gehe man dagegen von einer privatautonomen Natur der Einstandspflicht aus, sei im Einzelfall durch Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB eine entsprechende vertragliche Abrede zu ermitteln.17

aa) § 276 Abs. 1 S. 1 BGB als Auslegungsregel für Beschaffungsschulden Gegen eine privatautonome Natur der Einstandspflicht wird eingewendet, dass bei einem solchen dogmatischen Verständnis die Aufnahme des Beschaffungsrisikos in § 276 Abs. 1 BGB ein Hinweis auf eine blanke Selbstverständlichkeit und daher völlig überflüssig wäre. Dies wäre unvereinbar mit der Absicht des Gesetzesverfassers, einen Ersatz für die gestrichene Vorschrift des § 279 BGB a. F. zu schaffen, die keineswegs nur eine Selbstverständlichkeit ausgesprochen, sondern eine eigenständigen Regelungsgehalt besessen und generell für die Gattungsschuld gegolten habe. Auch wäre bei einer privatautonomen Natur der Einstandspflicht die Doppelung „Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos“ überflüssig. Denn unter einer „Garantie“ sei im vorliegenden Zusammenhang nichts anderes zu verstehen als eben die Übernahme einer vom Verschulden unabhängigen Einstandspflicht durch eine entsprechende vertragliche Abrede. Bei einer privatautonomen Natur der __________ 16 17

Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 203 ff. Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 214 f.

§ 12 Verschuldensprinzip

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Einstandspflicht für das Beschaffungsrisiko wäre die Übernahme eines Beschaffungsrisikos nur ein Unterfall einer Garantie. Zudem würde ein privatautonomes Verständnis der Einstandspflicht zu untragbaren Wertungswidersprüchen führen. Nach den allgemeinen Regeln der Vertragsauslegung würde eine besondere vertragliche Abrede über die Übernahme des Beschaffungsrisikos durch den Schuldner nämlich voraussetzen, dass der Gläubiger von der Notwendigkeit einer Beschaffung etwas wisse oder zumindest ahnen könne. Eine solche Beschränkung könne keinesfalls richtig sein, weil der Gläubiger erst recht schutzwürdig sei, wenn ihm die Notwendigkeit der Beschaffung verborgen geblieben sei. Befriedigend sei aus diesen Gründen nur die Interpretation, nach der bei einer (erfolgsbezogenen) Beschaffungsschuld grundsätzlich generell von einer Übernahme des Beschaffungsrisikos durch den Schuldner auszugehen sei unabhängig davon, ob sich im Einzelfall dafür konkrete Auslegungsindizien fänden, und insbesondere unabhängig davon, ob (auch) dem Gläubiger die Beschaffungsnotwendigkeit bekannt oder erkennbar gewesen sei. § 276 Abs. 1 BGB enthalte also insoweit eine Auslegungsregel für Beschaffungsschulden. Diese knüpfe zwar noch an den Parteiwillen an, typisiere diesen aber stark und weise daher in erheblichem Umfang einen heteronomen Regelungsgehalt auf. Die Anknüpfung an den Parteiwillen müsse allerdings wenigstens insofern gewahrt bleiben, als von einer „Übernahme“ des Beschaffungsrisikos folgerichtig nur dann die Rede sein könne, wenn dem Schuldner die Notwendigkeit einer Beschaffung überhaupt bewusst gewesen sei. Die Auslegungsregel könne im Einzelfall widerlegt werden. Die Darlegungs- und Beweislast liege beim Schuldner.18

bb) Diskussion und eigene Stellungnahme Gegen eine gesetzliche und für eine privatautonome Natur der Einstandspflicht des Schuldners für ein Beschaffungsrisiko kann zunächst der Wortlaut des § 276 Abs. 1 S. 1 BGB angeführt werden. Nach diesem sind sowohl die Übernahme einer Garantie als auch die Übernahme eines Beschaffungsrisikos Beispiele für eine strengere Haftung des Schuldners, die sich aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses ergeben kann. Der Beispielcharakter wird durch das Wort „insbesondere“ verdeutlicht. Für die Übernahme eines Beschaffungsrisikos durch den Schuldner ist daher der Inhalt des Schuldverhältnisses maßgeblich. Folglich ist durch Auslegung der vertraglichen Regelung gem. §§ 133, __________ 18 Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 214 ff.; ders., allerdings nach eigener Aussage noch zu vorsichtig, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 32 (s. dazu ders., in: FS Wiegand, S. 179, 217 Fn. 108); mit ähnlicher Tendenz MünchKommBGB/Grundmann § 276 Rn. 178.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

157 BGB unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, ob und inwieweit der Schuldner ein Beschaffungsrisiko übernommen hat.19 Dies kann auch auf die Regierungsbegründung gestützt werden, nach der es für die Übernahme eines Beschaffungsrisikos nach § 276 Abs. 1 S. 1 BGB entscheidend auf den „Inhalt einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung“ ankommt.20 Freilich wird der Schuldner nur selten ausdrücklich ein Beschaffungsrisiko übernehmen. Vielmehr wird sich in den meisten Fällen eine konkludente Übernahme eines Beschaffungsrisikos durch den Schuldner aus dem Inhalt des Vertrags ergeben. Der Schuldner kann ein Beschaffungsrisiko also schon durch das bloße Leistungsversprechen übernehmen,21 während für die Übernahme einer Garantie ein Garantiewille des Schuldners vorliegen muss, an den hohe Anforderungen zu stellen sind. Fraglich ist, ob solch eine konkludente Übernahme des Beschaffungsrisikos voraussetzt, dass der Gläubiger von der Notwendigkeit einer Beschaffung etwas weiß oder zumindest ahnen kann. In den meisten Fällen wird der Gläubiger nämlich nicht wissen, wie der Schuldner sein Geschäft organisiert und ob er die versprochene Leistung noch beschaffen muss. Dies wird ihn meistens auch nicht interessieren. Verspricht allerdings der Schuldner, eine Gattungssache zu leisten, ist dies nach dem objektiven Empfängerhorizont bei verständiger Würdigung in der Regel zugleich dahingehend zu deuten, dass der Schuldner auch das Risiko der Beschaffung übernimmt, sofern er noch nicht über die Sache verfügen sollte. Die Aufnahme der Übernahme eines Beschaffungsrisikos in § 276 Abs. 1 S. 1 BGB mag man bei einem solchen dogmatischen Verständnis als Hinweis auf eine blanke Selbstverständlichkeit ansehen. Indes zeigt schon der Wortlaut des § 276 Abs. 1 S. 1 BGB, dass die Übernahme eines Beschaffungsrisikos nur als Beispiel für eine strengere Haftung genannt wird, die sich aus dem Inhalt des Schuldverhältnisses ergeben kann. Die Übernahme eines Beschaffungsrisikos stellt neben der Übernahme einer Garantie lediglich eine weitere Fallgruppe dar.22 Der Regelung kommt daher eine konkretisierende und klarstellende Funktion zu.23 Ein solches Verständnis ist auch nicht unvereinbar mit der Absicht der Gesetzesverfasser, einen Ersatz für die gestrichene Vorschrift des § 279 BGB a. F. zu schaffen, die einen eigenständigen Regelungsgehalt besaß und generell für die Gattungsschuld galt. Denn in der Regelung des § 276 Abs. 1 S. 1 BGB findet sich der dem § 279 BGB a. F. zugrunde liegende Ge__________ 19 Für eine solche Auslegung der vertraglichen Regelung AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 31; Erman/H. P. Westermann § 276 Rn. 19; Looschelders, SchuldR AT, Rn. 538; Schlechtriem/Schmidt-Kessel Rn. 591; v. Westphalen, ZGS 2002, 154, 155. 20 BT-Drucks. 14/6040, S. 132. 21 s. U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1169. 22 BT-Drucks. 14/6040, S. 132. 23 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 20.

§ 12 Verschuldensprinzip

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danke einer Haftung für Beschaffungsrisiken in verallgemeinerter Form wieder.24 So ist von § 276 Abs. 1 S. 1 BGB auch die Übernahme eines Beschaffungsrisikos bei einer Stückschuld erfasst.25 Selbst wenn man den Hinweis auf das Beschaffungsrisiko in § 276 Abs. 1 S. 1 BGB als Auslegungsregel für Beschaffungsschulden ansähe, käme man im Übrigen nicht umhin, zunächst anhand der vertraglichen Regelung festzustellen, ob eine Beschaffungsschuld überhaupt vorliegt. Geht man von einer privatautonomen Natur der Einstandspflicht aus,26 ist freilich der Parteiwille im Rahmen der Vertragsauslegung wegen der Maßgeblichkeit des objektiven Empfängerhorizonts (§ 157 BGB) einer gewissen Typisierung zugänglich. 27 So wird eine typisierende Vertragsauslegung ergeben, dass der Schuldner bei einer marktbezogenen Gattungsschuld das Risiko der Beschaffung der Ware am Markt grundsätzlich übernimmt, solange die Ware dort zu beschaffen ist, wohingegen bei der Stückschuld für die Übernahme des Beschaffungsrisikos konkrete Anhaltspunkte vorliegen müssen.28 Die verschiedenen Ansichten werden daher zu denselben Ergebnissen kommen. Ein Unterschied ergibt sich auf den ersten Blick jedoch hinsichtlich der Beweislastverteilung. Geht man von einer Übernahme des Beschaffungsrisikos durch eine vertragliche Abrede aus, hätte der Gläubiger das Vorliegen einer solchen Abrede zu beweisen. Sieht man dagegen § 276 Abs. 1 S. 1 BGB als Auslegungsregel für Beschaffungsschulden an, wäre bei solchen von der Übernahme des Beschaffungsrisikos auszugehen. Dem Schuldner würde dann die Darlegungs- und Beweislast dafür obliegen, diese Vermutung zu widerlegen.29 Dieser bestehende Unterschied wird jedoch dadurch relativiert, dass der Gläubiger erst einmal darlegen und beweisen müsste, dass überhaupt eine Beschaffungsschuld vorliegt, damit die Auslegungsregel des § 276 Abs. 1 S. 1 BGB Anwendung finden könnte. Legt der Schuldner aber dar und beweist er, dass ein Kaufvertrag über eine Gattungssache abgeschlossen worden ist, wird davon __________ 24

BT-Drucks. 14/6040, S. 132. AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 30; Bamberger/Roth/Grüneberg § 276 Rn. 41; Henssler/v. Westphalen/Dedek § 276 Rn. 7; MünchKommBGB/Grundmann § 276 Rn. 178 f.; Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 202, 214; v. Westphalen, ZGS 2002, 154, 158. 26 So auch AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 20, 31; Looschelders, SchuldR AT, Rn. 530; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 61, 136. 27 St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 61, 136. s. auch Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 45 („bei sachgerechtem Verständnis“ des Leistungsversprechens); U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1176: „Es handelt sich hierbei um eine typisierende Vertragsauslegung, die danach fragt, welche Lösung für ‚solche Verträge‘ als richtig erscheint.“ 28 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 31; Looschelders, SchuldR AT, Rn. 539. 29 Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 214 f., 218. 25

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

bei einer typisierenden Vertragsauslegung grundsätzlich auch nach dem privatautonomen Verständnis auf die konkludente Übernahme des Beschaffungsrisikos durch den Schuldner zu schließen sein. Eine Beschränkung auf eine bestimmte Produktion (produktionsbezogene Gattungsschuld) oder einen bestimmten Vorrat (vorratsbezogene Gattungsschuld)30 hat dann nach beiden Ansichten der Schuldner darzulegen und zu beweisen.31 Geht man von einer privatautonomen Natur der Einstandspflicht für die Beschaffung aus, so führt dies allerdings gegenüber der Auffassung, die § 276 Abs. 1 S. 1 BGB als gesetzliche Auslegungsregel versteht, zu einer höheren Flexibilität. Die früher in § 279 BGB a. F. angeordnete gesetzliche Garantiehaftung wurde gerade deshalb kritisiert und schließlich aufgehoben, weil sie einerseits zu eng, andererseits aber zugleich zu weit war.32 Sieht man § 276 Abs. 1 S. 1 BGB als gesetzliche Auslegungsregel an – zumindest bei Gattungsschulden – führt dies wie nach § 279 BGB a. F. im Ergebnis wieder zu einer gesetzlichen Garantiehaftung bei Gattungsschulden. Im Gegensatz dazu muss nach dem vorzugswürdigen privatautonomen Verständnis der Einstandspflicht für die Beschaffung eine Garantiehaftung im konkreten Fall positiv auf der Basis des Parteiwillens begründet werden. 33 Hierin wird gegenüber § 279 BGB a. F. zu Recht eine Hinwendung zum Verschuldensprinzip gesehen. 34

c) Art der übernommenen Risiken Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass der Schuldner bei Gattungsschulden in der Regel nur solche Beschaffungsrisiken übernehmen will, die in einem inneren Zusammenhang mit der Notwendigkeit einer Beschaffung stehen. Dies sind solche Risiken, die nicht aufträten, sofern der Schuldner schon bei Vertragsschluss einen erfüllungstauglichen Gegenstand gehabt hätte.35 Darunter fallen z. B. das Fehlen entsprechender Geschäftsverbindungen und finanzielle Mittel, die zu der Beschaffung erforderlich sind.36 Nicht übernommen werden __________ 30

Ausführlich zu diesen Kategorien Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 192 ff.; U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1169 ff. 31 Anders AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 48. 32 BT-Drucks. 14/6040, S. 132. 33 St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 28 f., 59 ff., 136. 34 St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 59 ff., 136. 35 Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 220 ff., der sich kritisch zu dem üblichen Ausdruck des „typischen Beschaffungsrisikos“ äußert. 36 Bamberger/Roth/Grüneberg § 276 Rn. 42; AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 31; Staudinger/Löwisch § 276 Rn. 149; Vollkommer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 123, 129.

§ 12 Verschuldensprinzip

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dagegen regelmäßig Risiken, die nicht mit der Eigenart der Beschaffungsschuld zusammenhängen und somit auch auftreten würden, sofern der Schuldner schon bei Vertragsschluss einen erfüllungstauglichen Gegenstand gehabt hätte (z. B. Krankheit, Verhaftung).37 Auch wird der Schuldner typischerweise nicht solche Beschaffungsrisiken übernehmen, die auf der bloßen Hinausschiebung des Erfüllungszeitpunktes beruhen (z. B. Verhängung eines staatlichen Ausfuhrverbots für Waren der geschuldeten Art zwischen Vertragsschluss und Erfüllungszeitpunkt).

II. Rechtsnatur des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB und Konsequenzen Aufgrund der negativen Formulierung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB, dass § 280 Abs. 1 S. 1 BGB nicht gilt, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat, bestehen verschiedene Ansichten zur Rechtsnatur des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Zum einen wird die Vorschrift als gesetzliche Beweislastregel, zum anderen als Einwendungsnorm bzw. materieller Haftungsausschluss verstanden. Die Diskussion über die Rechtsnatur des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB ist insbesondere unter dem Aspekt interessant, ob in der Norm eine Abschwächung des Verschuldensprinzips oder sogar eine Tendenz hin zu einer eingeschränkten Garantiehaftung zu sehen ist.

1. Gesetzliche Beweislastregel Überwiegend wird in § 280 Abs. 1 S. 2 BGB eine gesetzliche Beweislastregel gesehen, nach welcher der Schuldner beweisen muss, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.38 Dafür spricht, dass durch die Einführung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB die Beweislastregeln der §§ 282, 285 BGB a. F. verallgemeinert werden sollten und mit § 280 Abs. 1 S. 2 BGB eine für alle Leistungsstörungen geltende Beweislastregelung geschaffen werden sollte. 39 Auch der Rechtsausschuss des Bundestages fasste § 280 Abs. 1 S. 2 BGB als Beweis-

__________ 37 Bamberger/Roth/Grüneberg § 276 Rn. 42; AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 31; Staudinger/Löwisch § 276 Rn. 151; Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 221. 38 Bamberger/Roth/Grüneberg § 280 Rn. 20; Musielak/Foerste § 286 Rn. 36; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 4, 31; Zöller/Greger Vor § 284 Rn. 17a; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 114 Rn. 12. 39 s. BT-Drucks. 14/6040, S. 136.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

lastregel auf, nach der das Vertretenmüssen des Schuldners durch die Pflichtverletzung indiziert werde.40

2. Beweislastregel und Verschuldensvermutung Inzwischen ist beobachtet worden, dass sich im Schrifttum die Stimmen mehren, die § 280 Abs. 1 S. 2 BGB nicht bloß als Beweislastumkehr im Falle eines non liquet verstanden wissen wollen, sondern als ein Mehr,41 als eine „Haftung mit Verschuldensvermutung“. Dazu wird angemerkt, dass nicht deutlich werde, worin der Unterschied bestehen solle. 42 In der Tat findet sich im Schrifttum häufig die Aussage, dass das Vertretenmüssen nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB widerlegbar vermutet werde.43 Dies ist jedoch gegenüber der Beweislastanordnung nicht als „Mehr“ zu verstehen. Vielmehr ergibt sich aus der Beweislastanordnung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB auf materiell-rechtlicher Ebene, dass das Vertretenmüssen des Schuldners vermutet wird.44 Mittelbar haben Beweislastregeln nämlich auch materiell-rechtliche Bedeutung für die Parteien. So entscheidet die Beweislastverteilung im Haftungsrecht über die Schadenszurechnung im Fall der Beweislosigkeit.45 Der Schuldner trägt nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB das außerprozessuale Haftungsrisiko im Fall der Nichtbeweisbarkeit. Dies läuft materiell-rechtlich auf eine widerlegbare Vermutung des Verschuldens des Schuldners hinaus. Im Übrigen wurde auch schon bei § 282 BGB a. F., der unstreitig Beweislastregel war, von vermutetem Verschulden gesprochen.46 Versteht man § 280 Abs. 1 S. 2 BGB als Beweislastregel, wird das rechtsbegründende Merkmal des Vertretenmüssens im Ergebnis in § 280 Abs. 1 __________ 40

BT-Drucks. 14/7052, S. 184. So Brüggemeier, WM 2002, 1376. 42 Finkenauer, WM 2003, 665. Auch Münch, Jura 2002, 361, 367, stellt die Haftung für vermutetes Verschulden der Verschuldenshaftung mit Beweislastumkehr gegenüber. 43 Bamberger/Roth/Grüneberg § 280 Rn. 20; Erman/H. P. Westermann § 280 Rn. 16; Hk-BGB/Schulze § 280 Rn. 15; Hk-BGB/Saenger § 437 Rn. 7; Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 333; Staudinger/Eckpfeiler/Beckmann S. 548; Brox/Walker § 4 Rn. 86; Looschelders, SchuldR AT, Rn. 558; Dylakiewicz, S. 204; Emmerich, Leistungsstörungen, § 9 Rn. 22; St. Lorenz/Riehm Rn. 173; Oetker/Maultzsch, S. 120; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 26; Magnus, in: Schulze/Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 67, 74 zum BGB-DiskE; Deutsch, AcP 202 (2002), 889. 44 s. Emmerich, Leistungsstörungen, § 9 Rn. 22; vgl. auch Medicus, SchuldR II, Rn. 850 zu § 831 BGB. 45 Rosenberg/Schwab/Gottwald § 114 Rn. 34; Gottwald, Jura 1980, 225, 229. 46 Werner/Saenger, (1. Aufl.), S. 22. 41

§ 12 Verschuldensprinzip

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S. 2 BGB als rechtshinderndes Merkmal behandelt. 47 Grundsätzlich gilt nämlich, dass der Antragsteller die (ggf. negativen) anspruchsbegründenden Tatsachen, der Gegner dagegen die Voraussetzungen der rechtshindernden, -vernichtenden und -hemmenden Einwendungen und sonstiger Gegenrechte zu beweisen hat.48

3. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB als Einwendungsnorm bzw. materieller Haftungsausschluss Teilweise wird § 280 Abs. 1 S. 2 BGB jedoch nicht nur so verstanden, dass das Vertretenmüssen dort als rechtshinderndes Merkmal behandelt wird. Vielmehr wird § 280 Abs. 1 S. 1 BGB als haftungsbegründende Norm und § 280 Abs. 1 S. 2 BGB als Einwendungsnorm49 bzw. als materieller Haftungsausschluss50 angesehen. Dies wird damit begründet, dass das Vertretenmüssen nicht mehr positiv als Haftungsvoraussetzung, sondern als negatives Tatbestandsmerkmal formuliert sei. Die Haftung entfalle also nur, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung ausnahmsweise nicht zu vertreten habe. Im Übrigen werde seine Verantwortlichkeit bzw. sein „Vertretenmüssen“ vermutet.51 Nach Kohler sei dem Schuldner die auf das Vertretenmüssen bezogene Behauptungslast sowie die subjektive und objektive Beweislast schon nach der beweisrechtlichen Grundregel zugewiesen, dass jeder grundsätzlich diejenigen Tatsachen darzulegen und zu beweisen hat, die den Tatbestand einer ihm günstigen Norm erfüllen. Materiell-rechtlich und ganzheitlich betrachtet lasse sich aus dem Verständnis des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB als Einwendungsnorm in dem Sinne, dass mangelndes Vertretenmüssen den Schuldner von der Schadensersatzpflicht befreie, folgern, dass die Schadensersatzhaftung im Ergebnis weiterhin vom Vertretenmüssen abhänge.52 Davon abweichend formuliert Otto, dass wegen der Verschuldensvermutung das Vertretenmüssen des Schuldners gerade nicht positiv festgestellt werden müsse, was zu einer Abschwächung des Verschuldensprinzips führe.53 Tatsächlich rückt diese Auffassung die Haftung nach __________ 47

Musielak/Foerste § 286 Rn. 36. BGH, Urt. v. 13.11.1998 – V ZR 386-97, NJW 1999, 352, 353; Hk-ZPO/Saenger § 286 Rn. 58. 49 Kohler, ZZP 118 (2005), 25, 26 f.; ders., JZ 2004, 961, 962. Eine rechtshindernde Einwendung nehmen auch Palandt/Heinrichs § 280 Rn. 34 und P. Becker, S. 218 an. 50 Staudinger/Otto § 280 Rn. D 2 ff.; Gursky, S. 29; Krause, Jura 2002, 217, 222; Otto, Jura 2002, 1, 5, 6. 51 Staudinger/Otto § 280 Rn. D 2; Otto, Jura 2002, 1, 5. 52 Kohler, ZZP 118 (2005), 25, 26 f., 28 f.; ders., JZ 2004, 961, 962. 53 Staudinger/Otto § 280 Rn. D 2; Otto, Jura 2002, 1, 5. 48

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB mehr in Richtung einer eingeschränkten Garantiehaftung, bei welcher der Schuldner haftet, wenn er sich nicht ausnahmsweise entlasten kann. Fasst man § 280 Abs. 1 S. 2 BGB allerdings als bloße Beweislastregel auf, ist auch in der Anordnung der Beweislast des Schuldners für das Vertretenmüssen eine Abschwächung des Verschuldensprinzips zu sehen.54 Für die Auffassung, dass das Vertretenmüssen nicht mehr Element der Anspruchsgrundlagennorm ist, wird § 619a BGB angeführt, nach dem der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber abweichend von § 280 Abs.1 BGB Ersatz für den aus der Verletzung einer Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis entstehenden Schaden nur zu leisten hat, wenn er die Pflichtverletzung zu vertreten hat. 55 Diese Vorschrift führe entgegen der irreführenden authentischen Überschrift nicht nur zu einer Umkehr der Beweislast zum Nachteil des Arbeitgebers als Gläubiger, sondern modifiziere § 280 Abs. 1 S. 2 BGB ausdrücklich positiv dahin, dass der Arbeitnehmer nur hafte, „wenn er die Pflichtverletzung zu vertreten hat.“ 56 Dieses Argument überzeugt jedoch nicht. Mit § 619a BGB sollte die Rechtsprechung des BAG kodifiziert werden, nach der § 282 BGB a. F. nicht analog auf die Haftung des Arbeitnehmers anzuwenden war.57 Zudem bezieht sich die Formulierung des § 619a BGB auf die des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Fasst man § 280 Abs. 1 S. 2 BGB als Beweislastregel auf, gilt dies somit auch für § 619a BGB.

4. Prozessuale Konsequenzen Das Verständnis des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB als Beweislastregel auf der einen Seite und die Auffassung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB als Einwendungsnorm bzw. als materieller Haftungsausschluss auf der anderen Seite sollen zu unterschiedlichen Anforderungen an den Klägervortrag führen. Eine unterschiedliche Verteilung der Behauptungslast hätte insbesondere Auswirkungen bei einem Versäumnisverfahren. Sähe man in § 280 Abs. 1 S. 2 BGB eine bloße Beweislastregel, so müsste das Vertretenmüssen mit in den Klagevortrag aufgenommen und vom Kläger behauptet werden, damit die Klage schlüssig wäre. Fasste man das Vertretenmüssen dagegen als negatives Tatbestandsmerkmal auf, so wäre die Klage schon schlüssig, wenn der Kläger eine Pflichtverletzung des Beklagten und einen darauf beruhenden, kausalen Schaden vortragen, zum Vertretenmüssen aber keine Angaben machen würde. Gelänge dem Verkäufer __________ 54

Jauernig/Stadler § 276 Rn. 9. Staudinger/Otto § 280 Rn. D 4; P. Becker, S. 219; Kohler, ZZP 118 (2005), 25, 26. 56 Staudinger/Otto § 280 Rn. D 4. 57 BT-Drucks. 14/7052, S. 204. 55

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der Entlastungsbeweis nicht, müsste er haften, ohne dass das Vertretenmüssen positiv festgestellt worden wäre.58 Diesbezüglich ist jedoch festzustellen, dass auch nach der Ansicht, die § 280 Abs. 1 S. 2 BGB als Beweislastregel versteht, dem Schuldner hinsichtlich des Vertretenmüssens nicht nur die Beweislast, sondern auch die Behauptungslast obliegt.59 So wird § 280 Abs. 1 S. 2 BGB auch als Darlegungs- und Beweislastregel bezeichnet.60 Zu Recht wird festgestellt, dass der den Grund der Pflichtverletzung nicht kennende Gläubiger ohne eine solche Umkehr auch der Behauptungslast zu gewagten Mutmaßungen über diesen Grund und letztlich zu Behauptungen ins Blaue hinein gezwungen wäre.61 In der Regierungsbegründung heißt es zudem: „Die strenge Folge der Schadensersatzpflicht soll nur denjenigen Schuldner treffen, der für die Pflichtverletzung im Sinne der §§ 276 bis 278 verantwortlich ist. Dabei soll der Schuldner behaupten und beweisen müssen, dass er die Verletzung nicht zu vertreten hat; das ergibt sich aus der Fassung des Satzes 2.“62 Ferner heißt es in der Entgegnung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates hinsichtlich der Beweislastverteilung nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB: „Verletzt der Schuldner objektiv eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so stammt die Störung bei der Abwicklung aus seinem Bereich; ihm ist deshalb sehr viel eher als dem Gläubiger zuzumuten, die Ursache der Pflichtverletzung darzulegen.“63 Dass durch § 280 Abs. 1 S. 2 BGB dem Schuldner auch die Behauptungslast auferlegt wird, entspricht auch dem Grundsatz, dass sich die Behauptungslast nach Gegenstand und Umfang mit der objektiven Beweislast deckt.64 Festzuhalten ist daher, dass die Rechtsnatur des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB strittig sein mag, die verschiedenen Ansichten jedoch zu demselben Ergebnis hinsichtlich der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast kommen. Es verwundert daher nicht, dass teilweise auch ein und derselbe Autor § 280 Abs. 1 S. 2 BGB einmal als Einwendungstatbestand und einmal als Beweislastregelung bezeichnet.65 Auch heißt es, dass § 280 Abs. 1 S. 2 BGB sicher eine Be__________ 58

Staudinger/Otto § 280 Rn. D 3; Kohler, ZZP 118 (2005), 25, 28 f. P. Huber/Faust/Faust Kap. 3 Rn. 16; P. Huber/Faust/P. Huber Kap. 13 Rn. 110; Medicus, SchuldR I, Rn. 385; U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1175; Magnus, in: Schulze/Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 67, 74. 60 s. z. B. Brors, JuS 2002, 355, 356. 61 Medicus, SchuldR I, Rn. 385. 62 BT-Drucks. 14/6040, S. 136. 63 BT-Drucks. 14/6857, S. 49. 64 Zu dem Grundsatz s. BGH, NJW 1989, 161, 162; Hk-ZPO/Saenger § 286 Rn. 84. 65 Brudermüller, in: FS Derleder, S. 3, 5. 59

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

weislastregel sei, vielleicht aber größere materielle Bedeutung aufweise.66 Die Darlegungs- und Beweislast obliegt nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB dem Schuldner. Der Käufer muss für die Schlüssigkeit des Schadensersatzanspruchs gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB keine Angaben zum Vertretenmüssen des Verkäufers machen.67 Weiterhin kann in materiell-rechtlicher Hinsicht formuliert werden, dass das Vertretenmüssen des Schuldners gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB widerlegbar vermutet wird. Hierin ist eine Abschwächung des Verschuldensprinzips zu sehen, die im Bereich des Kaufrechts im Grundsatz zu einer Annäherung an das UN-Kaufrecht führt.

III. Gefahr der Ausweitung der Haftung des Verkäufers In der Literatur ist insbesondere aufgrund der widerlegbaren Verschuldensvermutung in § 280 Abs. 1 S. 2 BGB und der Neufassung des § 276 Abs. 1 S. 1 BGB bezweifelt worden, dass die Voraussetzung des Vertretenmüssens die Haftung des Verkäufers bei Lieferung einer mangelhaften Sache wirklich begrenzt. Es bestehe die Gefahr, dass nach der Neufassung des § 276 BGB, der auf die Übernahme eines Beschaffungsrisikos ausdrücklich hinweise, der Bezug mangelhafter Ware von dritter Seite wie im UN-Kaufrecht dem Beschaffungsrisiko des Verkäufers zugerechnet werde.68 Gerade der Vergleich mit dem UN-Kaufrecht, aber auch mit anderen Rechtsordnungen kann zu einer Auslegung des deutschen Rechts mit Tendenz hin zu einer Garantiehaftung führen. Aufgrund der ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers für die Beibehaltung des Verschuldensprinzips wird in der Literatur vor einer Verwässerung des Verschuldensprinzips gewarnt. Eine Relativierung der Entscheidung des Gesetzgebers wird als unzulässig angesehen.69 Die angesprochenen Punkte werden im Folgenden nach Klärung der Stellung des Schadensersatzes im System der Rechtsbehelfe des Käufers zu untersuchen sein.

IV. Zwischenergebnis Obwohl sich der deutsche Gesetzgeber bei der Schaffung eines Grundtatbestandes der Pflichtverletzung für die Schadensersatzhaftung aufgrund eines __________ 66

Erman/H. P. Westermann § 280 Rn. 2. Althammer/Löhnig, AcP 205 (2005), 520, 540. 68 Stoll, JZ 2001, 589, 597. 69 Dauner-Lieb, in: dies./Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 3, 12. 67

§ 12 Verschuldensprinzip

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Vertrags oder eines anderen Schuldverhältnisses am UN-Kaufrecht orientiert hat, hat er das Verschuldensprinzip beibehalten. Die Verbindung des Konzepts der Pflichtverletzung mit dem Verschuldensprinzip führt dazu, dass die Ursache der Pflichtverletzung Bezugspunkt für das Vertretenmüssen des Schuldners ist. Im Rahmen der Schuldrechtsreform ist § 276 Abs. 1 S. 1 BGB um verschuldensunabhängige Elemente ergänzt worden. Für die Übernahme einer Garantie ist wie auch schon im alten Recht ein Garantiewille des Verkäufers erforderlich. Ob ein solcher vorliegt, ist ebenso wie der für die Garantie relevante Zeitpunkt und ihre Reichweite im Rahmen der Auslegung des Leistungsversprechens des Verkäufers gem. §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Die weite Annahme von Zusicherungen durch die Rechtsprechung zum alten Recht kann nicht auf das neue Recht übertragen werden, da im neuen Recht ein allgemeiner Schadensersatzanspruch des Käufers besteht und das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft nicht mehr nur einer von zwei Fällen ist, der eine Schadensersatzhaftung des Verkäufers begründet. Vielmehr hängt von der Zusicherung einer Eigenschaft im neuen Recht ab, ob der Verkäufer verschuldensunabhängig oder nur bei Verschulden haftet. Ob der Verkäufer ein Beschaffungsrisiko übernommen hat, ist ebenfalls durch Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Die verschuldensunabhängige Haftung des Schuldners aufgrund der Übernahme eines Beschaffungsrisikos ist folglich auf der Grundlage des Parteiwillens zu begründen. Daraus folgt, dass die Einstandspflicht des Schuldners für ein Beschaffungsrisiko privatautonomer und nicht gesetzlicher Natur ist. Dies kann auf den Wortlaut des § 276 Abs. 1 S. 1 BGB sowie auf die Regierungsbegründung gestützt werden und hat gegenüber einer gesetzlichen Auslegungsregel den Vorteil einer höheren Flexibilität. Da bei der Auslegung gem. § 157 BGB auf den objektiven Empfängerhorizont abzustellen ist, ist der Parteiwille allerdings einer Typisierung zugänglich. Hiernach wird der Schuldner bei einer marktbezogenen Gattungsschuld regelmäßig das Risiko der Beschaffung der Ware am Markt übernehmen, solange die Ware dort zu beschaffen ist. Für die Übernahme eines Beschaffungsrisikos bei der Stückschuld müssen hingegen konkrete Anhaltspunkte vorliegen. Der Gläubiger hat zu beweisen, dass der Verkäufer aufgrund der vertraglichen Regelung ein Beschaffungsrisiko übernommen hat. Selbst wenn man § 276 Abs. 1 S. 1 BGB dagegen als eine gesetzliche Auslegungsregel in Bezug auf Beschaffungsschulden ansähe, würde dies zu keinen gravierenden Unterschieden in der Beweislastverteilung führen, da der Gläubiger zunächst das Vorliegen einer Beschaffungsschuld beweisen müsste, damit die Auslegungsregel Anwendung finden könnte. Die verschuldensunabhängige Haftung bei Übernahme eines Beschaffungsrisikos durch den Schuldner kann damit gerechtfertigt werden, dass der Schuldner bei Abschluss eines Vertrags über noch zu beschaffende Ware gewisse Vorteile, wie z. B. die Einsparung

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

von Lagerkosten, hat und er aufgrund dieser Vorteile bewusst besondere Risiken in Kauf nimmt, welche von einer Verschuldenshaftung nicht hinreichend erfasst werden. Allein aufgrund der Ergänzung des § 276 Abs. 1 S. 1 BGB um die verschuldensunabhängigen Elemente der Übernahme einer Garantie oder der Übernahme eines Beschaffungsrisikos kann im Vergleich zum alten Recht noch keine Annäherung an das UN-Kaufrecht konstatiert werden, da eine verschuldensunabhängige Haftung des Verkäufers aufgrund der Übernahme einer Garantie oder aufgrund der Übernahme eines Beschaffungsrisikos auch schon im alten Recht existierte. Ob eine Annäherung an eine Garantiehaftung und an das UNKaufrecht stattgefunden hat, hängt eher von der Auslegung der Begriffe der Übernahme einer Garantie und der Übernahme eines Beschaffungsrisikos ab. Dies gilt insbesondere für den Begriff der Übernahme eines Beschaffungsrisikos. Ansonsten ist bemerkenswert, dass der Gesetzgeber die verschuldensunabhängigen Elemente der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos als Beispiele dafür nennt, dass sich aus dem Inhalt des Schuldverhältnisses eine strengere Haftung als eine Verschuldenshaftung ergeben kann. Der Gesetzgeber stellt damit in erster Linie auf den Inhalt des Schuldverhältnisses ab, weshalb der Parteiwille im Vordergrund steht. Anders als im alten Recht existiert daher keine gesetzliche Garantiehaftung für Gattungsschulden mehr. Eine verschuldensunabhängige Haftung muss vielmehr mit dem Inhalt des Schuldverhältnisses begründet werden. Dies bedeutet eine Stärkung des Verschuldensprinzips im Gesetz. Wegen der negativen Formulierung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB besteht Unklarheit, ob es sich bei der Vorschrift um eine gesetzliche Beweislastregel oder um eine Einwendungsnorm bzw. einen materiellen Haftungsausschluss handelt. Selbst wenn man § 280 Abs. 1 S. 2 BGB nicht als Einwendungsnorm bzw. gesetzlichen Haftungsausschluss, sondern als gesetzliche Beweislastregel verstünde, wäre anzuerkennen, dass § 280 Abs. 1 S. 2 BGB auf materiellrechtlicher Ebene eine widerlegbare Vermutung des Vertretenmüssens des Schuldners nach sich zieht. Auch trägt nach beiden Ansichten der Schuldner sowohl die Darlegungs- als auch Beweislast dafür, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Für den Klägervortrag reicht daher aus, dass der Kläger eine Pflichtverletzung des Beklagten und einen darauf beruhenden, kausalen Schaden behauptet. In § 280 Abs. 1 S. 2 BGB liegt eine Verallgemeinerung der Beweislastregeln der §§ 282, 285 BGB a. F. Insgesamt ist in § 280 Abs. 1 S. 2 BGB daher eine Abschwächung des Verschuldensprinzips zu sehen, mit der im Bereich des Kaufrechts grundsätzlich eine Annäherung an die Garantiehaftung im UN-Kaufrecht einhergeht.

§ 13 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe Um die Stellung des Schadensersatzes im deutschen System der Rechtsbehelfe untersuchen zu können, sind zunächst die dem Käufer grundsätzlich zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe darzustellen. Insbesondere ist auf die Fragen einzugehen, bis zu welchem Zeitpunkt der Käufer nach Ablauf der von ihm gesetzten Nachfrist Schadensersatz statt der Leistung verlangen kann und ob er Schadensersatz statt der Leistung auch noch geltend machen kann, nachdem er zuvor weiterhin Erfüllung verlangt hat. Ferner ist das Verhältnis des Schadensersatzes zu den anderen Rechtsbehelfen zu klären. Von der Auslegung des Kriteriums der Unerheblichkeit der Vertragsverletzung in § 281 Abs. 1 S. 3 BGB hängt schließlich ab, in welchen Fällen der Käufer Schadensersatz statt der ganzen Leistung geltend machen kann.

I. Die dem Käufer grundsätzlich zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe 1. Überblick In § 437 BGB findet sich eine Aufzählung der Rechtsbehelfe, die der Käufer bei mangelhafter Lieferung geltend machen kann. Abgesehen vom Schadensersatz (§ 437 Nr. 3 BGB) kann er gem. § 439 BGB Nacherfüllung wahlweise in Form der Beseitigung des Mangels oder der Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen (§ 437 Nr. 1 BGB), vom Vertrag zurücktreten (§§ 440, 323, 326 Abs. 5 BGB) oder nach § 441 BGB den Kaufpreis mindern (§ 437 Nr. 2 BGB). Anders als im alten Recht und anders als im UN-Kaufrecht ist die Minderung im neuen Recht auch bei Vorliegen eines Rechtsmangels möglich. Schließlich kann der Käufer auch Aufwendungsersatz gem. § 284 BGB verlangen (§ 437 Nr. 3 BGB). Zwischen den einzelnen Rechtsbehelfen steht dem Käufer ein Wahlrecht zu.1 Anders als im UN-Kaufrecht ist allerdings eine Stufung der Rechtsbehelfe vorgesehen. Das Recht zur Nacherfüllung besteht vorrangig vor dem Rücktritt, __________ 1

Reinicke/Tiedtke Rn. 590.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

der Minderung, dem Schadensersatz statt der Leistung und dem Ersatz vergeblicher Aufwendungen. Der Vorrang der Nacherfüllung ergibt sich daraus, dass der Käufer die genannten Rechtsbehelfe grundsätzlich erst nach dem erfolglosen Ablauf einer von ihm gesetzten Nachfrist geltend machen kann (§§ 323 Abs. 1, 441 Abs. 1 S. 1, 281 Abs. 1 S. 1, 284 BGB).2

2. Vergleich der Stufung der Rechtsbehelfe mit dem UN-Kaufrecht Auch wenn im UN-Kaufrecht die Rechtsbehelfe grundsätzlich gleichrangig sind, spielen die Behebbarkeit des Mangels und die Bereitschaft des Verkäufers zur Nacherfüllung innerhalb einer angemessenen Frist für die Beurteilung der Wesentlichkeit der Vertragsverletzung gem. Art. 25 CISG, die Voraussetzung für die Vertragsaufhebung nach Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG ist, eine Rolle. 3 Eine wesentliche Vertragsverletzung liegt auch bei einem schwerwiegenden Mangel der Kaufsache nicht vor, wenn der Mangel behebbar ist und der Verkäufer auf die Rüge des Käufers hin ohne unzumutbare Verzögerung und Belastung des Käufers zur Beseitigung des Mangels bereit ist. Dabei kommen sowohl die Nachbesserung als auch die Ersatzlieferung in Betracht. Dies wirkt sich auch auf den Schadensersatz wegen Nichterfüllung unter Abstandnahme vom Vertrag aus, da dieser im UN-Kaufrecht nur in Verbindung mit der Vertragsaufhebung geltend gemacht werden kann. Macht der Verkäufer von seinem Nacherfüllungsrecht nach Art. 48 CISG Gebrauch führt dies zu einer Einschränkung des Anspruchs auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung unter Aufrechterhaltung des Vertrags. Die Minderung ist gem. Art. 50 S. 2 CISG durch das Recht des Verkäufers zur Nacherfüllung gem. Art. 48 CISG beschränkt. Insofern wird dem Verkäufer auch im UN-Kaufrecht trotz der prinzipiellen Gleichrangigkeit der Rechtsbehelfe die Möglichkeit eingeräumt, die Rechtsbehelfe des Rücktritts, des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung unter Abstandnahme vom Vertrag, des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung unter Aufrechterhaltung des Vertrags sowie der Minderung durch Nacherfüllung seinerseits abzuwenden. Überwiegt im UN-Kaufrecht das Interesse des Käufers an einer sofortigen Vertragsaufhebung, z. B. weil der Verkäufer die Nacherfüllung verweigert, ein Fixgeschäft vereinbart worden war, es sich um Saisonartikel handelt oder das Vertrauen des Käufers zerstört ist, ist eine wesentliche Vertragsverletzung gem. __________ 2

BT-Drucks. 14/6040, S. 230; BGH, Urt. v. 23.2.2005 – VIII ZR 100/04, 1348, 1350; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 160, § 439 Rn. 2; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 4; St. Lorenz/Riehm Rn. 504. 3 s. dazu auch Rolland, in: FS Schlechtriem, S. 629, 644 f.

§ 13 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe

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Art. 25 CISG zu bejahen, und das Nacherfüllungsrecht des Verkäufers (Art. 48 CISG) tritt hinter das Aufhebungsrecht des Käufers (Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG) zurück. Gewisse Parallelen dazu finden sich im BGB. Die Fristsetzung ist sowohl beim Rücktritt als auch beim Schadensersatz statt der Leistung gem. § 440 S. 1 BGB entbehrlich, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung gem. § 439 Abs. 3 BGB verweigert oder die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ihm unzumutbar ist. Es bedarf nach allgemeinem Schuldrecht weder beim Rücktritt noch beim Schadensersatz statt der Leistung einer Fristsetzung, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert (§§ 323 Abs. 2 Nr. 1, 281 Abs. 1, 1. Fall BGB). Auch ist die Fristsetzung bei beiden Rechtsbehelfen entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt bzw. die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen (§§ 323 Abs. 2 Nr. 3, 281 Abs. 2, 2. Fall BGB). Unter diesen Auffangtatbestand kann z. B. auch der Fall des zerstörten Vertrauens des Käufers fallen.4 Darüber hinaus ist für den Rücktritt keine Fristsetzung erforderlich, wenn der Schuldner die Leistung zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer bestimmten Frist nicht bewirkt und der Gläubiger im Vertrag den Fortbestand seines Leistungsinteresses an die Rechtzeitigkeit der Leistung gebunden hat (§ 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Erfasst wird von diesem Tatbestand das relative Fixgeschäft,5 worunter auch die Bestellung von Saisonartikeln für einen bestimmten Anlass fallen kann.6 Bei der Lieferung von Saisonartikeln können zudem §§ 323 Abs. 2 Nr. 3, 281 Abs. 2, 2. Fall BGB einschlägig sein, wenn ohne Bestimmung eines festen Liefertermins allein der Zeitablauf eine offensichtliche Zweckverfehlung auf Seiten des Gläubigers nach sich zieht.7 Auch bei Vereinbarung eines absoluten Fixgeschäfts ist nach deutschem Recht keine Fristsetzung erforderlich, da in diesem Fall bei Nicht- oder Schlechterfüllung Unmöglichkeit gem. § 275 Abs. 1 BGB vorliegt8 (vgl. § 326 Abs. 5 BGB für den Rücktritt und §§ 311a Abs. 2, 283 BGB für den Schadensersatz). Der Käufer ist für die Voraussetzungen des Rechts zur sofortigen Vertragsaufhebung gem. Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG sowie für die Voraussetzungen der Entbehrlichkeit der Fristsetzung gem. §§ 323 Abs. 2, 281 Abs. 2 BGB beweispflichtig. Im Ergebnis finden sich im UN-Kaufrecht und im BGB folglich dieselben Wertungen, in welchen Fällen das Nacherfüllungsrecht des Verkäufers hinter das Interesse des Käufers an einer sofortigen Vertragsaufhebung und __________ 4

Hk-BGB/Schulze § 323 Rn. 8. Erman/H. P. Westermann § 323 Rn. 19; Hk-BGB/Schulze § 323 Rn. 7; MünchKommBGB/Ernst § 323 Rn. 111. 6 MünchKommBGB/Ernst § 323 Rn. 116. 7 Erman/H. P. Westermann § 323 Rn. 21. 8 MünchKommBGB/Ernst § 323 Rn. 112. 5

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

an einer sofortigen Geltendmachung des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung unter Abstandnahme vom Vertrag zurücktritt.9

3. Situation nach Ablauf der Nachfrist Da der Ablauf der vom Käufer gesetzten Frist zur Nacherfüllung im BGB nicht automatisch zum Erlöschen des Nacherfüllungsanspruchs führt,10 stehen dem Käufer nach Fristablauf oder bei Entbehrlichkeit einer Fristsetzung die übrigen Rechtsbehelfe alternativ zum Nacherfüllungsanspruch zur Verfügung.11 Rücktritt und Minderung schließen sich nach dem Wortlaut des § 441 Abs. 1 BGB („Statt zurückzutreten …“) und des § 437 Nr. 2 BGB („oder“) gegenseitig aus.12 Aus § 325 BGB und aus dem Umstand, dass § 437 Nr. 3 BGB mit der vorhergehenden Nr. 2 durch ein „und“ verbunden ist,13 ergibt sich, dass der Gläubiger sowohl Schadensersatz als auch Ersatz vergeblicher Aufwendungen neben dem Rücktritt14 und neben der Minderung15 verlangen kann. Bis der Gläubiger sich für die Ausübung eines Rechtsbehelfs entscheidet, besteht ein Schwebezustand, den der Schuldner nur durch das Angebot der geschuldeten Leistung beenden kann.16 Dieser Schwebezustand ermöglicht dem Gläubiger Spekulationen auf Kosten des Schuldners und ist daher problematisch.17 Zu diesem Problem gibt es verschiedene Lösungsansätze. Eine (analoge) Anwendung des § 264 Abs. 2 BGB bzw. des § 350 BGB ist jedoch bereits abgelehnt worden.18

__________ 9 s. dazu auch Schlechtriem, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 71, 78. 10 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 160; Reinicke/Tiedtke Rn. 590; Haas, in: ders./Rolland/ Medicus/Schäfer/Wendtland, Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 196; St. Lorenz, NJW 2005, 1889, 1892. 11 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 160; s. auch Haas, in: ders./Rolland/Medicus/Schäfer/ Wendtland, Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 196. 12 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 162; Reinicke/Tiedtke Rn. 591. 13 BT-Drucks. 14/6040, S. 226. 14 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 275/04, ZIP 2005, 1512, 1513; AnwKomBGB/ Arnold § 284 Rn. 42; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 163; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 84; ders., NJW 2004, 26, 28. 15 s. hierzu Staudinger/Otto § 284 Rn. 42. 16 s. dazu schon o. § 11 IV. 3. d) bb) (2) (b). 17 Schlechtriem/Schmidt-Kessel Rn. 533; St. Lorenz, NJW 2005, 1889, 1892. 18 s. o. § 11 IV. 3. d) bb) (2) (b).

§ 13 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe

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Alternativ wird vorgeschlagen, das Verlangen nach Schadensersatz statt der Leistung nur innerhalb einer angemessenen Frist zuzulassen.19 Diese Lösung käme dem UN-Kaufrecht nahe, da dort der Schadensersatz wegen Nichterfüllung unter Abstandnahme vom Vertrag an die Vertragsaufhebung gekoppelt ist, für welche bei mangelhafter Lieferung die Fristen nach Art. 49 Abs. 2 lit. b CISG einzuhalten sind. Im deutschen Recht ist eine solche Frist jedoch nicht gesetzlich normiert worden und entspricht auch nicht dem Willen des Gesetzgebers.20 Dennoch kann der Vorschlag, das Verlangen nach Schadensersatz statt der Leistung nur innerhalb einer angemessenen Frist zuzulassen, nicht schon aufgrund dieser Argumente vollständig abgelehnt werden.21 Der Vorschlag bezieht sich nämlich nur auf die Situation, dass das Schadensersatzverlangen zugleich den Abbruch eines weiteren Vertragsvollzugs bewirken würde. Für den Rücktritt sei anzuerkennen, dass dieser wenigstens dann innerhalb einer angemessenen Frist nach Entstehen der Rücktrittsberechtigung ausgeübt werden müsse, wenn er nicht nur zu einer Rückabwicklung der bisher bewirkten Leistungen, sondern zu einem Abbruch eines noch im Vollzug befindlichen Vertragsprogrammes führen würde, arg. § 314 Abs. 3 BGB, Art. 73 Abs. 3 CISG. Dies ergebe sich auch aus dem Gebot der Beachtung von Treu und Glauben. Gleiches müsse für den Schadensersatz statt der Leistung gelten.22 Ähnlich wird argumentiert, dass man im Einzelfall die Verwirkung von Rücktritt und großem Schadensersatz anzunehmen habe, wenn der Gläubiger den Schuldner sehenden Auges zu einem Zeitpunkt Aufwendungen machen lasse, in welchem er sich bereits zur Abstandnahme vom Erfüllungsanspruch entschlossen habe.23 Eine Einschränkung nach § 242 BGB erscheint in diesem Fall in der Tat geboten. Zwar wird hiergegen der Einwand erhoben, dass dieser Ansatz § 323 BGB betreffend nicht mit der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie vereinbar sei, die eine derartige zeitliche Begrenzung des Rechts auf Lösung vom Vertrag nicht kenne, und dass eine solche daher auch nicht für § 281 BGB __________ 19

MünchKommBGB/Ernst § 281 Rn. 70. AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 281 Rn. 53; s. dazu auch OLG Celle, Urt. v. 17.5.2005 – 16 U 232/04, NJW 2005, 2094, nach dem der Gläubiger nicht gehalten ist, zur Vermeidung eines Rechtsverlustes sein mit Fristablauf entstandenes Rücktrittsrecht alsbald auszuüben oder seinen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, da der Gesetzgeber die Unsicherheit des Schuldners gesehen, diskutiert und dennoch in Kauf genommen habe; s. des Weiteren Erman/H. P. Westermann § 323 Rn. 24; Staudinger/Otto § 281 Rn. D 8. 21 So aber St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 88; ders., NJW 2005, 1889, 1892 („zu weit gehend“). 22 MünchKommBGB/Ernst § 281 Rn. 99, § 323 Rn. 150. 23 St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 87 f.; ders., NJW 2005, 1889, 1892; zustimmend Althammer, ZGS 2005, 375, 376; allgemeiner, aber von dem gleichen Gedanken ausgehend Schlechtriem/Schmidt-Kessel Rn. 534. 20

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

gelten sollte.24 Dieser Einwand überzeugt jedoch nicht, weil das Gebot von Treu und Glauben auch im Rahmen des europäischen Privatrechts zu beachten ist.

4. Ius variandi zwischen Nacherfüllung und Schadensersatz statt der Leistung bzw. Rücktritt Fraglich ist, ob der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung oder der Rücktritt noch geltend gemacht werden können, nachdem der Gläubiger zuvor nach Ablauf der Nachfrist weiterhin Erfüllung verlangt hat. Diese Frage stellt sich insbesondere auch deshalb, weil dem Käufer in der Literatur dazu geraten wird, zunächst den Nacherfüllungsanspruch geltend zu machen, um die weitere Entwicklung abwarten und die Vermögenssituation des Verkäufers mit in seine Überlegungen einbeziehen zu können.25 Nach dem OLG Celle geht der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung, soweit er die bisherigen Vertragsverletzungen betrifft, endgültig unter, wenn der Gläubiger sein nach Ablauf der Frist entstandenes Wahlrecht unmissverständlich für die Vertragserfüllung ausübt. Der Gläubiger sei an die getroffene Wahl gebunden (§ 262 BGB analog). Verlange er unmissverständlich Erfüllung, so habe er kein achtenswertes Interesse daran, die Annahme der angebotenen Erfüllung zu verweigern. Der Gläubiger würde sich damit vielmehr zu seinem vorausgegangenen Verhalten in Widerspruch setzen (§ 242 BGB). Leiste der Schuldner auf das neue Erfüllungsverlangen nicht, sei es dem vertragstreuen Gläubiger möglich, nunmehr ein zweites Mal eine angemessene Frist zu setzen, nach deren ergebnislosem Ablauf er zurücktreten oder Schadensersatz verlangen könne. 26 Dieser Entscheidung ist nicht zuzustimmen, da zwischen dem Erfüllungsanspruch und dem Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung nach Fristablauf kein Wahlschuldverhältnis, sondern ein Verhältnis „elektiver Konkurrenz“ besteht.27 Dementsprechend ist ein ius variandi zwischen Nacherfüllung und Schadensersatz statt der Leistung bzw. Rücktritt anzunehmen. Der BGH hat das Urteil des __________ 24

AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 281 Rn. 53. s. Althammer/Löhnig, AcP 205 (2005), 520, 544. 26 OLG Celle, Urt. v. 17.5.2005 – 16 U 232/04, NJW 2005, 2094, 2095. Ähnlich Jauernig/Stadler § 281 Rn. 15, nach denen § 281 Abs. 4 BGB reziprok gilt, wenn der Gläubiger nach Fristablauf statt Schadensersatz (doch wieder) Erfüllung verlangt. Er müsse erneut nach Abs. 1 vorgehen, um wieder Schadensersatz statt der Leistung verlangen zu können. Für eine erneute Fristsetzung auch M. Schwab, JR 2003, 133, 135. Dies ablehnend BGH, Urt. v. 20.1.2006 – V ZR 124/05, ZGS 2006, 149, 150 f. 27 s. dazu schon o. § 11 IV. 3. d) bb) (2) (b). Ebenso BGH, Urt. v. 20.1.2006 – V ZR 124/05, ZGS 2006, 149, 151; Althammer, ZGS 2005, 375, 376; ders., NJW 2006, 1179, 1180. 25

§ 13 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe

233

OLG Celle daher zu Recht aufgehoben.28 Das ius variandi steht jedoch unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben. Dies bedeutet, dass erst eine angemessene Frist verstrichen sein muss, bevor der Käufer von dem Nacherfüllungsverlangen zu einem Schadensersatzverlangen übergehen kann.29 § 242 BGB suspendiert also die Geltendmachung des Schadensersatzes statt der Leistung für den Zeitraum, den der Schuldner für die Vorbereitung und Erbringung der Leistung üblicherweise benötigt.30

5. Erlöschen des Nacherfüllungsanspruchs Tritt der Käufer nach Ablauf der Nachfrist vom Vertrag zurück, mindert er den Kaufpreis oder verlangt er Schadensersatz statt der Leistung oder Ersatz vergeblicher Aufwendungen, erlischt der Nacherfüllungsanspruch.31 Dies ergibt sich für den Rücktritt aus der Umwandlung des Kaufvertrags in ein Rückabwicklungsverhältnis gem. § 346 Abs. 1 BGB. Ob § 346 Abs. 1 BGB auf die Minderung analoge Anwendung findet, ist angesichts der Tatsache, dass § 441 Abs. 4 S. 2 BGB nur für den Fall der Kaufpreiszahlung über den geminderten Betrag hinaus auf § 346 Abs. 1 BGB verweist, zweifelhaft.32 Schon aus der Unvereinbarkeit der Rechtsfolgen von Nacherfüllung und Minderung und dem Umstand, dass die Minderungserklärung wie der Rücktritt zu einer Umgestaltung des Vertragsverhältnisses führt, ergibt sich aber, dass der Nacherfüllungsanspruch bei der Minderung des Kaufpreises erlischt.33 Für den Schadensersatz statt der Leistung ist der Ausschluss des Leistungsanspruchs in § 281 Abs. 4 BGB normiert.34 Das Erlöschen des Nacherfüllungsanspruchs bei Ersatz vergeblicher Aufwendungen ergibt sich ebenfalls aus § 281 Abs. 4 BGB.35 Erfüllt der Verkäufer umgekehrt nach Ablauf der Nachfrist noch ordnungsgemäß nach, verliert der Käufer das Recht zum Rücktritt und zur Minderung __________ 28

BGH, Urt. v. 20.1.2006 – V ZR 124/05, ZGS 2006, 149 ff. Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 160, § 439 Rn. 10. s. auch BGH, Urt. v. 20.1.2006 – V ZR 124/05, ZGS 2006, 149, 151 zum Rücktritt. 30 Zu Recht MünchKommBGB/Ernst § 281 Rn. 101; diesem zustimmend AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 281 Rn. 52; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 88; Althammer, ZGS 2005, 375, 377; ders., NJW 2006, 1179, 1181. 31 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 160; Reinicke/Tiedtke Rn. 590; s. auch MünchKommBGB/H. P. Westermann § 280 Rn. 51. 32 So aber Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 160. 33 s. auch AnwKomBGB/Büdenbender § 437 Rn. 81; Haas, in: ders./Rolland/ Medicus/Schäfer/Wendtland, Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 197. 34 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 160; Reinicke/Tiedtke Rn. 590; s. dazu auch OLG Celle, Urt. v. 17.5.2005 – 16 U 232/04, NJW 2005, 2094, 2095. 35 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 160. 29

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

sowie die Ansprüche auf Schadensersatz statt der Leistung und auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen.

II. Das Verhältnis des Schadensersatzes zu den anderen Rechtsbehelfen Bei der Betrachtung des Verhältnisses des Schadensersatzes zu den anderen Rechtsbehelfen ist zwischen dem Schadensersatz statt der Leistung, dem Schadensersatz neben der Leistung und dem Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung zu unterscheiden. Das Verhältnis dieser Schadenskategorien untereinander ist bereits erörtert worden.36

1. Schadensersatz statt der Leistung und sein Verhältnis zu den anderen Rechtsbehelfen Hinsichtlich des Schadensersatzes statt der Leistung ist auf die Möglichkeit seiner isolierten Geltendmachung sowie die Möglichkeit der Kumulation mit dem Rücktritt und der Minderung einzugehen. Von der kumulativen Geltendmachung ist die Frage zu unterscheiden, inwieweit ein Wechsel von dem geltend gemachten Rechtsbehelf zu einem anderen Rechtsbehelf möglich ist. Das Bestehen eines solchen ius variandi zwischen dem Schadensersatz statt der Leistung und dem Rücktritt sowie der Minderung ist nach der Schuldrechtsreform Gegenstand von Meinungsverschiedenheiten. Ferner ist auf das Verhältnis von Schadensersatz statt der Leistung und dem Ersatz vergeblicher Aufwendungen einzugehen. Auch dieses Verhältnis ist teilweise noch ungeklärt.

a) Isolierte Geltendmachung des Schadensersatzes statt der Leistung Nach erfolglosem Ablauf der Nacherfüllungsfrist bzw. bei Entbehrlichkeit der Frist kann der Käufer einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung als alleinigen Rechtsbehelf geltend machen. Dies gilt sowohl für den Schadensersatz statt der ganzen Leistung als auch für den Schadensersatz statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes. Zwischen diesen kann der Gläubi-

__________ 36

s. o. § 11 IV. 5. und 6. a).

§ 13 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe

235

ger bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Schadensersatz statt der ganzen Leistung nach § 281 Abs. 1 S. 3 BGB wählen. 37 Hierin besteht ein Unterschied zum UN-Kaufrecht, nach dem Schadensersatz wegen Nichterfüllung unter Abstandnahme vom Vertrag nur in Verbindung mit einer wirksamen Vertragsaufhebung zur Verfügung steht, da ansonsten die strengen Voraussetzungen der Vertragsaufhebung, insbesondere die Voraussetzung der Wesentlichkeit der Vertragsverletzung, umgangen werden würden.38 Im deutschen Recht herrscht – abgesehen von der Voraussetzung des Vertretenmüssens – dagegen eine Parallelität zwischen den Voraussetzungen des Rücktritts und des Schadensersatzes statt der ganzen Leistung. So ist der Rückritt bei Schlechtleistung zwar gem. §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 5 S. 2 BGB ausgeschlossen, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist. Allerdings kann der Käufer gem. §§ 437 Nr. 3, 281 Abs. 1 S. 3 BGB in diesem Fall auch keinen Schadensersatz statt der ganzen Leistung verlangen. Dieser Gleichklang der Vorschriften rechtfertigte es, auf die im Rahmen des Modernisierungsprozesses ursprünglich vorgesehene Koppelung des Schadensersatzes wegen Nichtausführung des Vertrags an einen Rücktritt (§ 327 Abs. 1 S. 1 KE) zu verzichten.39 Aufgrund der Angleichung der Voraussetzungen dieser Rechtsbehelfe können die Voraussetzungen des Rücktritts durch die Geltendmachung des Schadensersatzes statt der ganzen Leistung nicht unterlaufen werden.40 Ob der Gläubiger gem. § 325 BGB gleichzeitig mit dem Verlangen nach Schadensersatz statt der Leistung den Rücktritt vom Vertrag erklärt, hat Auswirkungen auf die Berechnung des Schadensersatzes. Nach erklärtem Rücktritt kann diese aufgrund des Erlöschens der Gegenleistungspflicht nur nach der Differenzmethode erfolgen.41 Hingegen enthalten die Vorschriften über den Schadensersatz statt der Leistung keinen Hinweis auf das Schicksal der Gegenleistungspflicht. Deshalb ist bei isolierter Geltendmachung des Schadensersatzes statt der Leistung strittig, ob der Schuldner im Fall der noch nicht von ihm erbrachten Gegenleistung den Schaden auch nach der Differenzmethode berechnen kann, also wie im alten Recht ein Wahlrecht zwischen Surrogationsund Differenzmethode hat,42 oder er Schadensersatz nur im Wege der Surroga__________ 37

Erman/H. P. Westermann § 281 Rn. 38; MünchKommBGB/Ernst § 281 Rn. 154. s. o. § 6 V. 3. 39 BT-Drucks. 14/6040, S. 188; s. dazu auch Staudinger/Otto § 325 Rn. 17. 40 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 323 Rn. 4. 41 s. Bamberger/Roth/Grothe § 325 Rn. 6; Hk-BGB/Schulze § 281 Rn. 13; Jauernig/Stadler § 281 Rn. 18; MünchKommBGB/Emmerich Vor § 281 Rn. 29; MünchKommBGB/Ernst § 325 Rn. 6; Staudinger/Otto § 325 Rn. 25; Jud, S. 285 f.; St. Lorenz/Riehm Rn. 214. 42 Erman/H. P. Westermann § 281 Rn. 25; Hk-BGB/Schulze § 281 Rn. 13; Jauernig/Stadler § 281 Rn. 18; Palandt/Heinrichs § 281 Rn. 20 f.; Staudinger/Otto § 325 38

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

tionsmethode geltend machen kann. 43 Verlangt man allerdings für den Schadensersatz statt der Leistung nach der Differenzmethode einen Rücktritt, so wird in der Geltendmachung des Schadensersatzes statt der Leistung im Wege der Differenzmethode regelmäßig eine konkludente Rücktrittserklärung liegen.44 Unabhängig davon, welcher Meinung gefolgt wird, bleibt festzuhalten, dass der Unterschied zwischen der Kombination von Rücktritt und Schadensersatz statt der Leistung gem. § 325 BGB und der isolierten Geltendmachung des Schadensersatzes statt der ganzen Leistung in der Schadensberechnung liegt.45

b) Ius variandi Hat der Käufer z. B. mangels Vertretenmüssens zu Unrecht Schadensersatz geltend gemacht, kann er problemlos auf den Rücktritt oder die Minderung übergehen. Der Erfüllungsanspruch, der durch die Minderung umgewandelt wird, erlischt nur nach § 281 Abs. 4 BGB, wenn das Schadensersatzverlangen berechtigt ist.46 Fraglich ist, ob ein ius variandi des Gläubigers im Fall des berechtigten Schadensersatzverlangens zu befürworten ist. Für die Möglichkeit des Übergangs vom Schadensersatz statt der Leistung zum Rücktritt und zur Minderung spricht, dass der Schadensersatz statt der Leistung anders als der Rücktritt und die Minderung keine Gestaltungswirkung hat.47 Dem Verlangen nach Schadensersatz kommt allerdings insoweit gestaltungsähnliche Wirkung zu, als es nach § 281 Abs. 4 BGB den Anspruch auf die Leistung entfallen lässt.48 Trotzdem ist der Übergang vom Schadensersatz statt der ganzen Leistung zum Rücktritt schon deshalb unproblematisch, weil die Kaufsache nach beiden Rechtsbehelfen zurückgegeben werden muss.

__________ Rn. 27, 31; St. Lorenz/Riehm Rn. 211, 214; Schulze/Ebers, JuS 2004, 366, 368 f; Stoppel, AcP 204 (2004), 81, 109. 43 MünchKommBGB/Ernst § 325 Rn. 8; Gsell, JZ 2004, 643, 647; wohl auch Bamberger/Roth/Grothe § 325 Rn. 6. 44 Bamberger/Roth/Grothe § 325 Rn. 15; MünchKommBGB/Ernst § 325 Rn. 22; Palandt/Heinrichs § 281 Rn. 20; s. auch Erman/H. P. Westermann § 281 Rn. 25, nach denen jedenfalls eine besondere Rücktrittserklärung nicht mehr nötig ist; a. A. Staudinger/Otto § 325 Rn. 36. 45 s. auch Jud, S. 285 f. 46 s. Stellungnahme des Bundesrates zu § 281 Abs. 3 BGB-RE und die Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 14/6857, S. 13, 50; AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 281 Rn. 47. 47 Bamberger/Roth/Grothe § 325 Rn. 14; Gsell, JZ 2004, 643, 648 in Anlehnung an das alte Recht. 48 Bamberger/Roth/Grothe § 325 Rn. 14; Gsell, JZ 2004, 643, 648.

§ 13 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe

237

Eine Änderung der Entscheidung des Käufers liegt dagegen in dem Übergang vom kleinen Schadensersatz zum Rücktritt.49 Auch ein solcher Wechsel ist aber grundsätzlich möglich. Nach § 281 Abs. 4 BGB ist der Anspruch des Käufers auf die noch ausstehende Leistung bereits erloschen. Der Käufer kann darüber hinaus auf sein Recht verzichten, die mangelhafte Sache zu behalten. Der Wechsel vom kleinen Schadensersatz zum Rücktritt scheidet nur dann aus, wenn der Schuldner sich erkennbar auf das Schadensersatzverlangen eingerichtet hat50 bzw. den Schadensersatz geleistet hat.51 Teilweise wird angenommen, dass Gleiches für den Wechsel vom großen Schadensersatz zur Minderung gelte.52 Solange der Schuldner sich nicht erkennbar auf das Schadensersatzverlangen eingerichtet habe, verdiene er grundsätzlich keinen Schutz vor einem Wechsel, weshalb das Flexibilitätsinteresse des Gläubigers vorrangig sei.53 Diese Grundsätze werden auch auf den Wechsel vom kleinen zum großen Schadensersatz und umgekehrt übertragen.54 Hinsichtlich des Wechsels vom Schadensersatz statt der ganzen Leistung zur Minderung oder zum Schadensersatz statt der Leistung ist jedoch zu bedenken, dass durch die Geltendmachung des Schadensersatzes statt der ganzen Leistung der Erfüllungsanspruch des Käufers gem. § 281 Abs. 4 BGB erlischt und dieser gem. §§ 281 Abs. 5, 346 BGB zur Rückgewähr der mangelhaften Kaufsache verpflichtet ist. Der Käufer hat daher keinen Anspruch mehr, die Kaufsache zu behalten, welches aber die Minderung und der kleine Schadensersatz voraussetzen. Ein Wechsel vom Schadensersatz statt der ganzen Leistung zur Minderung oder zum Schadensersatz statt der Leistung ist daher nicht möglich. 55 Hingegen kann der Käufer auch nach Verlangen des Schadensersatzes statt der Leistung auf den Schadensersatz statt der ganzen Leistung überwechseln,56 __________ 49 Derleder, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 411, 421. 50 Gsell, JZ 2004, 643, 648; zum alten Recht s. Soergel/Wiedemann (12. Aufl.) § 325 Rn. 27; Staudinger/Otto (13. Bearb. 1995) § 325 Rn. 95. 51 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 164; zum alten Recht s. Soergel/Wiedemann (12. Aufl.) § 325 Rn. 28. 52 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 164. 53 Gsell, JZ 2004, 643, 648. 54 Gsell, JZ 2004, 643, 648; für die Möglichkeit des Wechsels auch AnwKomBGB/Büdenbender § 437 Rn. 85; Derleder, NJW 2003, 998, 1000, 1001. Zum alten Recht s. BGH, Urt. v. 9.5.1990 – VIII ZR 237/89, NJW 1990, 2683, 2684; Urt. v. 9.10.1991 – VIII ZR 89/90, NJW 1992, 566, 568; Erman/Grunewald (10. Aufl.) § 463 Rn. 19. 55 Zutreffend Althammer/Löhnig, AcP 205 (2005), 520, 541 f. für den Wechsel vom Schadensersatz statt der ganzen Leistung zum Schadensersatz statt der Leistung. Gegen einen solchen Wechsel auch MünchKommBGB/Ernst § 281 Rn. 158. 56 MünchKommBGB/Ernst § 281 Rn. 158; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 51.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

da es sich nicht anders als beim Wechsel vom Schadensersatz statt der Leistung zum Rücktritt verhält. Allerdings ist auch hier zu beachten, dass ein solcher Wechsel ausscheidet, wenn der Verkäufer sich erkennbar nur auf den Schadensersatz statt der Leistung eingerichtet hat, indem er z. B. über die geminderte Kaufpreissumme bereits verfügt hat bzw. den Schadensersatz statt der Leistung bereits geleistet hat.57 Gegen die Möglichkeit eines solchen Wechsels wird eingewendet, dass der Käufer an die Geltendmachung des Schadensersatzes statt der Leistung gebunden sein müsse, wolle man nicht die Bindungswirkung der Minderung aushebeln. Denn die Geltendmachung des Schadensersatzes statt der Leistung komme der Minderung gleich. Die Erklärung eines Laien, er wolle die Kaufsache behalten und verlange Ersatz des Minderwerts, müsse laiengünstig stets als Schadensersatzverlangen und nicht als Minderung angesehen werden, was zu einer Umgehung der Gestaltungswirkung der Minderung und ihrer Rechtssicherheitswirkung zugunsten des Verkäufers führen würde.58 Indes sind die Minderung und der Schadensersatz statt der Leistung als selbständige Rechtsbehelfe und nur die Minderung in Form eines Gestaltungsrechts ausgestaltet worden. Auch ist angesichts des Erfordernisses des Vertretenmüssens beim Schadensersatz statt der Leistung fraglich, ob eine laiengünstige Auslegung stets dazu führt, dass das Verlangen des Käufers als Schadensersatz statt der Leistung und nicht als Minderung angesehen wird. Der vorgebrachte Einwand überzeugt daher nicht.

c) Das Verhältnis von Rücktritt und Schadensersatz statt der Leistung Das Verhältnis von Rücktritt und Schadensersatz statt der Leistung wird von § 325 BGB bestimmt, durch den eine Anpassung des deutschen Rechts an Art. 45 Abs. 2, 61 Abs. 2 UN-Kaufrecht stattgefunden hat.59 Zwar verweist § 437 Nr. 3 BGB nicht direkt auf § 325 BGB. Da aber für den Rücktritt und den Schadensersatz auf das allgemeine Leistungsstörungsrecht verwiesen wird, ist auch § 325 BGB im Kaufrecht anwendbar.60

__________ 57

A. A. Althammer/Löhnig, AcP 205 (2005), 520, 542. Althammer/Löhnig, AcP 205 (2005), 520, 542. 59 Bamberger/Roth/Grothe § 325 Rn. 1; s. auch Staudinger/Otto § 325 Rn. 1. 60 Ähnlich Derleder, NJW 2003, 998, 1000, 1001. 58

§ 13 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe

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aa) Kumulation von Rücktritt und Schadensersatz statt der Leistung Gem. § 325 BGB wird das Recht, bei einem gegenseitigen Vertrag Schadensersatz zu verlangen, durch den Rücktritt nicht ausgeschlossen. Dies bezieht sich auf jegliche Art des Schadensersatzes, also auch auf den Schadensersatz statt der Leistung, worin eine Änderung gegenüber dem alten Recht liegt. 61 Da sich der Kaufvertrag durch die Rücktrittserklärung gem. § 346 Abs. 1 BGB in ein Rückgewährschuldverhältnis wandelt, kann der Käufer neben dem Rücktritt nur den Schadensersatz statt der ganzen Leistung unter Rückgabe der Kaufsache geltend machen.62 Der Schadensersatz statt der ganzen Leistung beinhaltet die Folgen des Rücktritts, beide Rechtsbehelfe haben dasselbe wirtschaftliche Ziel.63 Hingegen schließen sich die Folgen des Rücktritts und des kleinen Schadensersatzes statt der Leistung gegenseitig aus.64

bb) Ius variandi zwischen Rücktritt und kleinem Schadensersatz Fraglich ist allerdings, ob der Käufer nach der Erklärung des Rücktritts noch zum kleinen Schadensersatz statt der Leistung wechseln kann, wenn sich herausgestellt hat, dass es für ihn günstiger ist, die mangelhafte Sache zu behalten. Ein solcher Fall wird zwar als selten bezeichnet.65 Ein praktisches Bedürfnis zu solch einem Wechsel bestünde aber z. B. in dem Fall, in dem der Verkäufer aufgrund von Insolvenz den bereits gezahlten Kaufpreis nicht wieder herausgeben könne.66 Auch wäre ein ius variandi zum kleinen Schadensersatz für den Käufer günstig, wenn er die Sache nicht mehr zurückgeben kann oder sich die Verwertbarkeit der Sache erst im Nachhinein herausstellt.67 Die Anerkennung eines solchen ius variandi zwischen Rücktritt und kleinem Schadensersatz

__________ 61

Bamberger/Roth/Grothe § 325 Rn. 2; Staudinger/Otto § 325 Rn. 20. Hk-BGB/Schulze § 325 Rn. 2; Staudinger/Otto § 325 Rn. 42; Oetker/Maultzsch, S. 118; Althammer/Löhnig, AcP 205 (2005), 520, 539 f.; Gsell, JZ 2004, 643, 645, 647; s. auch Schlechtriem/Schmidt-Kessel Rn. 637a. 63 Reinicke/Tiedtke Rn. 593; Derleder, NJW 2003, 998, 1000. 64 MünchKommBGB/Ernst § 325 Rn. 28. 65 Heinrichs, in: FS Derleder, S. 87, 104. 66 Reinicke/Tiedtke Rn. 594; Derleder, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 411, 425. 67 Derleder, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 411, 425; ders., NJW 2003, 998, 1000. 62

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

würde dem Käufer auch bei einem übereilten Rücktritt eine optimale Schadensersatzlösung lassen.68

(1) Weite Auslegung des § 325 BGB Die Möglichkeit eines solchen Wechsels wird unter einer weiten Auslegung des § 325 BGB aus dem Grund bejaht,69 dass § 325 BGB gerade die Flexibilität des Käufers im Fall der übereilten Rücktrittserklärung erweitern und nicht einschränken sollte.70 Im alten Recht (§§ 459, 462, 465 BGB a. F.) habe der Käufer auch nach Erklärung der Wandlung noch zu einem anderen Rechtsbehelf überwechseln können, solange keine Einverständniserklärung des Käufers oder ein sie ersetzendes Urteil vorgelegen habe.71 Auch sollten durch die Einführung des § 325 BGB die von der Rechtsprechung teilweise vorgenommenen Umdeutungen von Rücktrittserklärungen und andere vom Schrifttum vorgeschlagenen Hilfskonstruktionen zur Umgehung der Alternativität von Rücktritt und Schadensersatz hinfällig werden. 72 Die besondere Bedeutung des § 325 BGB liege darin, die Möglichkeit des kleinen Schadensersatzes bei einem zeitlich vorhergehenden Rücktritt nicht zu verschließen.73 Das ius variandi ende in Anlehnung an das alte Recht, wenn sich der Verkäufer mit dem Rücktritt einverstanden erkläre und im Vertrauen darauf Dispositionen getroffen habe.74

__________ 68

Derleder, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 411, 421; auch Gsell, JZ 2004, 643, 649, führt den Schutz vor den Folgen des übereilten Rücktritts als Ziel der Schuldrechtsmodernisierung an. 69 AnwKomBGB/Büdenbender § 437 Rn. 87; Palandt/Heinrichs § 281 Rn. 46; ders., in: FS Derleder, S. 87, 104; Palandt/Grüneberg § 325 Rn. 2; Derleder, in: DaunerLieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 411, 420 ff.; ders., NJW 2003, 998, 999 ff. Auch Canaris, JZ 2001, 499, 514, bejaht die aus § 325 BGB folgende Möglichkeit eines nachträglichen Wechsels vom Rücktritt zum kleinen Schadensersatz. 70 Heinrichs, in: FS Derleder, S. 87, 104; Derleder, NJW 2003, 998, 1000. 71 Derleder, NJW 2003, 998, 999. 72 Derleder, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 411, 420 f. 73 AnwKomBGB/Büdenbender § 437 Rn. 87. 74 Derleder, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 411, 422 f.; im Ergebnis auch Gsell, JZ 2004, 643, 649.

§ 13 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe

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(2) Diskussion und eigene Stellungnahme Gegen ein solches ius variandi spricht jedoch die Tatsache, dass sich der Kaufvertrag durch die Rücktrittserklärung mit ihrer rechtsgestaltenden Wirkung in ein Rückgewährschuldverhältnis umwandelt und der Käufer die Kaufsache zurückgewähren muss. Ein Wechsel zum kleinen Schadensersatz ist mit dem Rückgewährschuldverhältnis dogmatisch nicht vereinbar.75 Dem wird entgegengesetzt, dass das Rückgewährschuldverhältnis durch die anschließende Geltendmachung des kleinen Schadensersatzes gem. § 281 Abs. 4 BGB erlösche. Denn § 325 BGB eröffne dem Gläubiger die Möglichkeit, durch sein Schadensersatzverlangen für eine schadensrechtliche Saldierung und Neutralisierung aller durch die Vertragsverletzung verursachten Nachteile und Vorteile zu sorgen und damit auch den Rückgewähranspruch in Wegfall zu bringen. Der Schadensersatzanspruch verwandele das Schuldverhältnis in ein einseitiges Abrechnungsverhältnis, in dem die beiderseitigen Ansprüche zu unselbstständigen Rechnungsposten würden, so dass sie nicht mehr selbständig eingeklagt werden könnten.76 Es ist jedoch zweifelhaft, ob § 325 BGB dem Gläubiger diese Möglichkeit wirklich eröffnet. Richtig ist zwar, dass durch die Einführung des § 325 BGB dem Gläubiger die Möglichkeit geschaffen werden sollte, auch noch bei einem übereilten Rücktritt Schadensersatz zu verlangen. Aus der Regierungsbegründung zu § 325 BGB geht jedoch hervor, dass es in § 325 BGB nur um die Möglichkeit der Kumulation von Rücktritt und Schadensersatz geht, wie auch der Hinweis auf Art. 75, 76 CISG zeigt. Es sei, so die Gesetzesbegründung, nicht einsichtig, weshalb der Gläubiger nur bei der Wahl des Schadensersatzes die Rechtsfolgen von Schadensersatz und Rücktritt kombinieren können solle, nicht aber bei der Wahl des Rücktritts.77 Die Kombination von Rücktritt und Schadensersatz betrifft jedoch nur den Schadensersatz statt der ganzen Leistung, wie sich wiederum dem Verweis auf Art. 75, 76 CISG entnehmen lässt, da diese Vorschriften nur für den Schadensersatz wegen Nichterfüllung unter Abstandnahme vom Vertrag gelten. Über die Möglichkeit eines Wechsels vom Rücktritt zum kleinen Schadensersatz statt der Leistung enthält § 325 BGB dagegen keine Aussage.78 Zwar sollten durch die Einführung des § 325 BGB auch Umdeutungen von Rücktrittserklärungen durch die Rechtsprechung ent__________ 75

s. auch MünchKommBGB/Ernst § 325 Rn. 28; Staudinger/Otto § 325 Rn. 42; Schultz, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das Schuldrecht 2002, S. 17, 95 f.; Althammer/Löhnig, AcP 205 (2005), 520, 539 f. 76 Derleder, NJW 2003, 998, 1001; ihm folgend Palandt/Grüneberg § 325 Rn. 2; Reinicke/Tiedtke Rn. 595. 77 s. BT-Drucks. 14/6040, S. 188. 78 So im Ergebnis auch Gsell, JZ 2004, 643, 648.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

behrlich werden. In den von der Gegenansicht angeführten Fällen, in denen die Rechtsprechung Rücktrittserklärungen umdeutete, ging es allerdings nicht um die Möglichkeit der Geltendmachung von kleinem Schadensersatz, sondern um die Möglichkeit der Geltendmachung von Schadensersatz wegen Verzugs.79 Die besondere Bedeutung des § 325 BGB liegt nach alldem entgegen der Gegenansicht also nicht darin, die Möglichkeit der Geltendmachung des kleinen Schadensersatzes bei einem zeitlich vorhergehenden Rücktritt zu erhalten. Aus diesen Gründen ist eine weite Auslegung des § 325 BGB abzulehnen80 und kann aus dieser Vorschrift kein ius variandi zwischen Rücktritt und kleinem Schadensersatz hergeleitet werden. Zwar ist zuzugeben, dass eine Gleichbehandlung des Wechsels vom kleinen Schadensersatz statt der Leistung zum Rücktritt mit dem Wechsel vom Rücktritt zum kleinen Schadensersatz statt der Leistung den Vorzug der Einheitlichkeit und der einfacheren Rechtsanwendung mit sich brächte.81 Dies hilft jedoch nicht über die bestehenden dogmatischen Schwierigkeiten hinweg. Zu der Bindungswirkung des Rücktritts wird angeführt, dass diese kein unangreifbares Axiom darstelle, das es verbiete, eine Abwägung der beteiligten Interessen vorzunehmen.82 Eine Einschränkung der Bindungswirkung, die schon bezüglich des alten Rechts diskutiert worden sei,83 sei daher zu befürworten.84 Zum Hinweis auf die Diskussion in Bezug auf das alte Recht sei jedoch Folgendes angemerkt: Aufhänger dieser Diskussion war die Ansicht der Rechtsprechung und der herrschenden Meinung, dass es dem Gläubiger verwehrt sei, nach der Erklärung des Rücktritts noch Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen.85 Durch § 325 BGB wird jedoch im neuen Recht genau dies ermöglicht und der damals bestehende Missstand beseitigt. Schon aus diesem Grund kann die alte Diskussion nicht ohne weiteres auf das neue Recht übertragen werden. Es erscheint zweifelhaft, dass die Bindungswirkung des Rücktritts zugunsten __________ 79

s. nur BGH, Urt. v. 10.2.1982 – VIII ZR 27/81, NJW 1982, 1279, 1280 (Auslegung der Rücktrittserklärung bei Verzug mit der Lieferung); BGH, Urt. v. 11.5.1988 – VIII ZR 138/87, NJW-RR 1988, 1100 (Auslegung der Rücktrittserklärung bei Verzug mit der Fertigstellung des Pachtobjekts); OLG Hamm, Urt. v. 1.12.1986 – 5 U 107/86, NJW 1987, 2089, 2090 (Auslegung der Rücktrittserklärung bei Verzug mit der Zahlung des Kaufpreises). 80 A. A. Canaris, JZ 2001, 499, 514 zu § 325 der konsolidierten Fassung des Diskussionsentwurfs vom 6.3.2001. 81 Gsell, JZ 2004, 643, 649. 82 Gsell, JZ 2004, 643, 649 in Anlehnung an Lindacher, JZ 1980, 48, 51 zum alten Recht; ebenso zum alten Recht Staudinger/Otto (13. Bearb. 1995) § 325 Rn. 99. 83 Zur Diskussion im alten Recht s. nur Staudinger/Otto (13. Bearb. 1995) § 325 Rn. 99 f. 84 Gsell, JZ 2004, 643, 649. 85 s. Erman/Battes (10. Aufl.) § 325 Rn. 25; Soergel/Wiedemann (12. Aufl.) § 325 Rn. 26; Berghoff, S. 189; Larenz § 22 II a, S. 339.

§ 13 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe

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der Flexibilität des Käufers eingeschränkt werden kann. So zeigt die im Gesetz vorgeschriebene strenge Alternativität von Rücktritt und Minderung, dass der Flexibilität des Käufers Grenzen gesetzt sind. Im Ergebnis ist daher ein ius variandi zwischen dem Rücktritt und dem kleinen Schadensersatz zu verneinen.

d) Das Verhältnis von Minderung und Schadensersatz statt der Leistung aa) Kumulation von Minderung und Schadensersatz statt der Leistung § 325 BGB muss entsprechend auch für die Minderung gelten, da der Käufer diese anstelle des Rücktritts wählen kann.86 Eine Kumulation von Minderung und Schadensersatz statt der Leistung ist daher zulässig.87 Während sich die Minderung und der Schadensersatz statt der ganzen Leistung von den Rechtsfolgen her ausschließen,88 ist eine kumulative Geltendmachung von Minderung und kleinem Schadensersatz möglich. Dabei ist bei der Berechnung des Schadensersatzes all das auf ihn anzurechnen, was der Käufer durch die Minderung erlangt.89

bb) Ius variandi zwischen Minderung und Schadensersatz statt der ganzen Leistung Angesichts der Tatsache, dass die Minderung ein Gestaltungsrecht90 und ihre Ausübung unwiderruflich ist, stellt sich die Frage nach einem ius variandi zwischen Minderung und Schadensersatz statt der ganzen Leistung.91 Teilweise wird vertreten, dass ein Übergang von der Minderung zum Schadensersatz statt __________ 86 AnwKomBGB/Büdenbender § 441 Rn. 28; Jauernig/Stadler § 325 Rn. 2; Jauernig/Berger § 441 Rn. 7; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 441 Rn. 3; Palandt/Putzo § 437 Rn. 40; Henssler/v. Westphalen/v. Westphalen § 437 Rn. 34; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 219; Althammer/Löhnig, AcP 205 (2005), 520, 538. 87 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 164; Erman/Grunewald § 441 Rn. 13; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 441 Rn. 3; indirekt bringt dies auch Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 219, zum Ausdruck; a. A. aber Palandt/Heinrichs § 281 Rn. 41; Palandt/Putzo § 437 Rn. 31, § 441 Rn. 19; Staudinger/Matusche-Beckmann § 441 Rn. 41. 88 AnwKomBGB/Büdenbender § 437 Rn. 89; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 164. 89 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 164. 90 BT-Drucks. 14/6040, S. 234. 91 Derleder, NJW 2003, 998, 1001.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

der ganzen Leistung möglich ist.92 Die Minderungserklärung des Käufers schließe analog § 325 BGB ein begrenztes ius variandi nicht aus. 93 Die Problematik, ob ein ius variandi zwischen der Minderung und dem Schadensersatz statt der ganzen Leistung besteht, ist vergleichbar mit der Frage, ob der Gläubiger vom Rücktritt auf den kleinen Schadensersatz übergehen kann.94 Da auch eine Minderung übereilt erklärt werden kann,95 wird für ein ius variandi zwischen Minderung und Schadensersatz statt der ganzen Leistung ähnlich argumentiert wie für ein ius variandi zwischen Rücktritt und kleinem Schadensersatz.96 Die für eine weite Auslegung des § 325 BGB angeführten Argumente sind jedoch bereits entkräftet worden. Daher ist auch ein ius variandi zwischen der Minderung und dem Schadensersatz statt der ganzen Leistung abzulehnen.97

e) Das Verhältnis von Ersatz vergeblicher Aufwendungen und Schadensersatz statt der Leistung Das Verhältnis von Ersatz vergeblicher Aufwendungen und Schadensersatz statt der Leistung ergibt sich aus § 284 BGB.

aa) Alternativität der Ansprüche Nach dem Wortlaut des § 284 BGB schließen sich Schadensersatz statt der Leistung und Ersatz vergeblicher Aufwendungen gegenseitig aus („Anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung …“), so dass dem Gläubiger ein Wahlrecht zwischen dem Schadensersatz statt der Leistung und dem Aufwendungsersatz zusteht. In diesem Zusammenhang sollte zunächst der Grund für die Alternativität von Schadensersatz statt der Leistung und Aufwendungsersatz hervorgehoben werden. St. Lorenz stellt heraus, dass der Gläubiger, wenn er Schadensersatz statt der Leistung verlangt, so zu stellen sei, wie er stünde, wenn die __________ 92 AnwKomBGB/Büdenbender § 437 Rn. 88; Palandt/Putzo § 437 Rn. 31; Derleder, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 411, 426. 93 AnwKomBGB/Büdenbender § 437 Rn. 88; Derleder, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 411, 426; a. A. Reinicke/Tiedtke Rn. 596, die eine planwidrige Regelungslücke verneinen. 94 Derleder, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 411, 426. 95 Reinicke/Tiedtke Rn. 596; Derleder, NJW 2003, 998, 1002. 96 Derleder, NJW 2003, 998, 1001 f. 97 Im Ergebnis ebenso Althammer/Löhnig, AcP 205 (2005), 520, 540.

§ 13 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe

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Leistung ordnungsgemäß erfolgt wäre. In diesem Fall müsste der Gläubiger aber auch die seinen Gewinn mindernden Erwerbsaufwendungen tragen. Deren Ersatz wäre damit schon im Wege der schadensersatzrechtlichen Differenzhypothese des § 249 S. 1 BGB ausgeschlossen.98 Könnte der Gläubiger die seinen Gewinn schmälernden Aufwendungen zusätzlich zum vollen Erfüllungsschaden nach § 284 BGB ersetzt bekommen, stünde er besser als im Fall der ordnungsgemäßen Erfüllung.99 Es käme zu einer Überkompensation. Die vom Gesetz angeordnete Alternativität der Ansprüche erleichtert insgesamt also die Rechtsanwendung, indem sie komplizierte Erwägungen auf der Ebene der Haftungsausfüllung erspart.100

bb) Teleologische Reduktion des § 284 BGB In der Literatur wird der Wortlaut des § 284 BGB teilweise als zu eng bezeichnet und die Kumulation von Schadensersatz statt der Leistung und Aufwendungsersatz im Wege einer teleologischen Reduktion in bestimmten Fällen für möglich gehalten.101

(1) Aufwendungen zu ideellen oder konsumtiven Zwecken Die Möglichkeit einer Kumulation von Aufwendungsersatz und Schadensersatz wird zum einen für den Fall angenommen, in dem der Gläubiger Aufwendungen getätigt habe, die allein ideellen oder konsumtiven Zwecken dienten und die objektiv nach dem hypothetischen Kausalverlauf bei korrekter Leistung __________ 98 St. Lorenz, Karlsruher Forum 2005, S. 84; ders., NJW 2004, 26, 28; ebenso Canaris, JZ 2001, 499, 517; Weitemeyer, AcP 205 (2005), 275, 289. 99 Weitemeyer, AcP 205 (2005), 275, 289. 100 So Canaris, JZ 2001, 499, 517; St. Lorenz, Karlsruher Forum 2005, S. 84; ders., NJW 2004, 26, 28. 101 Mit verschiedenen Ansätzen AnwKomBGB/Arnold § 284 Rn. 38 (wenn sich Schadensersatz statt der Leistung und § 284 BGB auf verschiedene Teile des Interesses des Gläubigers am Erhalt der Leistung beziehen); Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 166; Erman/H. P. Westermann § 284 Rn. 9; Gsell, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 321, 339 f.; dies., JZ 2004, 643, 646 und insbes. dort Fn. 32; dies., NJW 2006, 125 f.; Canaris, JZ 2001, 499, 517 (wenn die kumulative Anerkennung beider Schadensersatzansprüche schadensrechtlich korrekt ist); Tröger, ZIP 2005, 2238, 2243; a. A. Bamberger/Roth/Grüneberg § 284 Rn. 3; MünchKommBGB/Ernst § 284 Rn. 29 f.; Palandt/Heinrichs § 284 Rn. 4; Staudinger/Otto § 284 Rn. 19; Derleder, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 411, 426.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

keine Vermögensvorteile bedingt hätten. Als Beispielsfall wird der Fall genannt, dass der Gläubiger als Kunstliebhaber für das gekaufte, aber später nicht gelieferte Bild einen ansonsten unverwendbaren und den Wert des Bildes nicht steigernden Rahmen gekauft habe und der Wert des Bildes den Kaufpreis übersteige. Der Gläubiger könne in diesem Fall sowohl die Kosten des Rahmens gem. § 284 BGB als auch den entgangenen Mehrwert des Bildes im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung verlangen.102 Da hier verschiedene Interessen betroffen seien, erfolge keine doppelte Kompensation desselben Interesses. Zu Recht wird jedoch auf die Folge dieser Ansicht hingewiesen, dass der private Käufer besser gestellt wäre als der Geschäftsmann, der das Bild zu einem höheren Preis weiterveräußern wolle. Denn während bei einer geplanten Weiterveräußerung die Kosten für den Rahmen im Ersatz des entgangenen Gewinns aufgehen würden, könnte der private Käufer sowohl den Ersatz dieser Kosten als auch den entgangenen Mehrwert des Bildes geltend machen.103

(2) Ausbleiben einer doppelten Entschädigung Zum anderen wird eine Kumulation von Schadensersatz statt der Leistung und Aufwendungsersatz auch dann zugelassen, wenn der Gläubiger im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung keine Entschädigung für das Ausbleiben der Leistung, sondern nur die Kompensation von Begleitschäden verlangt, deren Ersatz neben dem Aufwendungsersatz nicht zu einer doppelten Entschädigung des Gläubigers führen würde.104 In Betracht kommen z. B. die Kosten eines Gutachtens oder Rechtsverfolgungskosten, sofern diese unter den Schadensersatz statt der Leistung fallen.105 Gleiches kann für Haftungsschäden gelten.106 Begründet wird diese Ansicht damit, dass der Gläubiger sich nur zwi__________ 102

Gsell, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 321, 339; dies., NJW 2006, 125 f. mit einem anderen Beispiel. 103 Weitemeyer, AcP 205 (2005), 275, 295; ebenso AnwKomBGB/Arnold § 284 Rn. 39; ablehnend auch Stoppel, AcP 204 (2004), 81, 108. A. A. Tröger, ZIP 2005, 2238, 2243. 104 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 166; P. Huber/Faust/Faust Kap. 4 Rn. 49; Reim, NJW 2003, 3662, 3667; Stoppel, AcP 204 (2004), 81, 107; Weitemeyer, AcP 205 (2005), 275, 290 ff. (Schadenspositionen, die sowohl vom negativen als auch vom positiven Interesse erfasst sind); wie Letztere auch AnwKomBGB/Arnold § 284 Rn. 38; s. auch Gsell, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 321, 339. Im Ansatz auch Schlechtriem/Schmidt-Kessel Rn. 649. 105 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 166; P. Huber/Faust/Faust Kap. 4 Rn. 49; Reim, NJW 2003, 3662, 3667; Stoppel, AcP 204 (2004), 81, 107; s. auch Gsell, NJW 2006, 125; zur Einordnung von Gutachterkosten in diesem Zusammenhang s. St. Lorenz, NJW 2004, 26, 28. 106 s. dazu o. § 11 IV. 3. d) bb) (5) (b).

§ 13 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe

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schen Schadensersatz statt der Leistung und Aufwendungsersatz entscheiden müsse, als die Vergeblichkeit seiner Aufwendungen als Ausfall aufwendungsbedingten Gewinns im Wege des Schadensersatzes kompensiert würde.107 Diese Ansicht hätte zur Folge, dass der Gläubiger, der den Beweis der Rentabilität seiner Aufwendungen im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung nicht zu führen vermag, auf § 284 BGB zurückgreifen und von der Beweislastumkehr in § 284 Hs. 2 BGB profitieren könnte. Daneben könnte er im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung weitere Schäden geltend machen, deren Ersatz sich nicht mit der Kompensation der vergeblichen Aufwendungen überschneidet. Die bisher von der Rechtsprechung bei der Schadensberechnung angewendete Rentabilitätsvermutung, die nach überwiegender Meinung im neuen Recht nicht durch § 284 BGB ausgeschlossen wird,108 würde verzichtbar.109 Gegen diese Ansicht wird die Gesetzeskonzeption angeführt, nach welcher der Gläubiger sich zwischen Schadensersatz statt der Leistung und Aufwendungsersatz entscheiden und lediglich einmal abrechnen solle, anstatt einzelne Rechnungsposten § 284 zuzuschlagen und sich auf diese Weise an den von ihm erlittenen Gesamtschaden „heranzutasten“.110 Eine strenge Alternativität der Ansprüche würde jedoch dazu führen, dass die Kompensation von zu wirtschaftlichen Zwecken gemachten vergeblichen Aufwendungen im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung im Wege der Rentabilitätsvermutung erreicht werden könnte und daneben im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung weitere Schadensposten geltend gemacht werden könnten, 111 während im Fall von vergeblichen Aufwendungen zu immateriellen Zwecken entweder der Ersatz dieser Aufwendungen nach § 284 BGB oder der Ersatz weiterer Schäden im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung verlangt werden __________ 107 Gsell, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 321, 340. 108 LG Bonn, Urt. v. 30.10.2003 – 10 O 27/03, NJW 2004, 74, 75 f.; OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.9.2004 – 8 U 97/04, NJW 2004, 989, 991; Bamberger/Roth/Grüneberg § 281 Rn. 44; Erman/H. P. Westermann § 281 Rn. 33, § 284 Rn. 3; Hk-BGB/Schulze § 284 Rn. 2; MünchKommBGB/Emmerich Vor § 281 Rn. 31; Staudinger/Otto § 284 Rn. 12; Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 357; Heinrichs, in: FS Derleder, S. 87, 105; St. Lorenz, Karlsruher Forum 2005, S. 84; ders., NJW 2004, 26, 28; ders., NJW 2005, 1889, 1892; Canaris, JZ 2001, 499, 517; Weitemeyer, AcP 205 (2005), 275, 278 f.; a. A. AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 86, § 281 Rn. 64; Wältermann, S. 121 f.; Rolland, in: Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 1 Rn. 30; Stoppel, AcP 204 (2004), 81, 112 f., 114. 109 Gsell, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 321, 340. 110 Otto/Staudinger § 284 Rn. 19. 111 So z. B. in dem Fall, über den das LG Bonn, Urt. v. 30.10.2003 – 10 O 27/03, NJW 2004, 74, 75 f. zu entscheiden hatte.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

könnte.112 Zwar kann argumentiert werden, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 284 BGB gerade die Fallgruppe der Aufwendungen zur Verfolgung eines ideellen Zwecks vor Augen hatte113 und § 284 BGB dennoch bewusst derartig gestaltet hat, dass der Gläubiger nur anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung Aufwendungsersatz verlangen kann. Die Unterschiede, die sich daraus ergeben, dass Aufwendungen zu materiellen Zwecken sowohl nach § 284 BGB als auch nach § 281 BGB geltend gemacht werden können, Aufwendungen zu immateriellen Zwecken aber nur nach § 284 BGB, müssten dann hingenommen werden. Allerdings sollten durch die Einführung des § 284 BGB gerade Unsicherheiten und Zufälligkeiten in der Bewertung von Vorteilen aus dem Geschäft als materiell oder immateriell vermieden werden.114 Bei einer strengen Alternativität käme es aber entscheidend auf die Bewertung des Vorteils als materiell oder immateriell an. Dies spricht für eine teleologische Reduktion des § 284 BGB in den Fällen, in denen im Wege des Schadensersatzes statt der Leistung solche Schadenspositionen geltend gemacht werden, die nicht schon durch den Ersatz vergeblicher Aufwendungen kompensiert werden. Für dieses Ergebnis kann auch eine neuere BGH-Entscheidung herangezogen werden.115 Die Revision vertrat die Auffassung, dass der Klägerin ein Anspruch auf Ersatz bestimmter vergeblicher Aufwendungen nach § 284 BGB verwehrt sei, weil sie zuvor einen – von der Beklagten anerkannten und der Klägerin somit nach Auffassung der Revision bereits durch das landgerichtliche Urteil rechtskräftig zugesprochenen – Schadensersatzanspruch hinsichtlich der Erstattung der Kosten eines außergerichtlich eingeholten Beweissicherungsgutachtens geltend gemacht habe. Die Gutachtenkosten fielen in diesem Fall unter den Schadensersatz neben der Leistung. Der BGH führte dazu aus, dass Aufwendungsersatz eine Alternative allein zum Schadensersatz statt der Leistung sei, nicht zum Schadensersatz schlechthin. Bezweckt werde mit dieser Alternativstellung, dass der Geschädigte wegen ein und desselben Vermögensnachteils nicht sowohl Schadensersatz statt der Leistung als auch Aufwendungsersatz und damit doppelte Kompensation verlangen könne. Daraus folge, dass der von der Klägerin geltend gemachte und ihr zuerkannte Anspruch auf Ersatz der Gutachterkosten dem hier zu beurteilenden Aufwendungsersatzanspruch schon deswegen nicht entgegenstehen __________ 112

Weitemeyer, AcP 205 (2005), 275, 294 f.; s. dazu auch Reim, NJW 2003, 3662,

3667. 113

s. BT-Drucks. 14/6040, S. 143. BT-Drucks. 14/6040, S. 143. Zu den diesbezüglichen Unsicherheiten s. die Ausführungen von Weitemeyer, AcP 205 (2005), 275, 279 anlässlich der Entscheidung des LG Bonn v. 30.10.2003 – 10 O 27/03, NJW 2004, 74; s. auch BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 275/04, ZIP 2005, 1512, 1513. 115 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 275/04, ZIP 2005, 1512, 1513 f. 114

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könne, weil die Gutachterkosten nicht Gegenstand des Aufwendungsersatzanspruchs seien. Außerdem sei der Anspruch auf Ersatz der Kosten des außergerichtlich eingeholten Beweissicherungsgutachtens nicht auf Schadensersatz statt der Leistung, sondern auf Schadensersatz „neben der Leistung“ (§ 280 Abs. 1 BGB) gerichtet, der schon seiner Art nach nicht in einem Alternativverhältnis zum Aufwendungsersatz nach § 284 BGB stehe. Wenn auch der BGH in diesem Fall über das Verhältnis zwischen dem Aufwendungsersatzanspruch und einem Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung zu entscheiden hatte, brachte das Gericht jedoch als Hauptargument für das Bestehen einer Anspruchskonkurrenz hervor, dass die Gutachterkosten nicht Gegenstand des Aufwendungsersatzanspruchs seien.116 Gleiches hätte aber auch dann gelten müssen, wenn die Gutachterkosten vom Schadensersatz statt der Leistung erfasst gewesen wären.

2. Das Verhältnis des Schadensersatzes neben der Leistung und des Schadensersatzes wegen Verzögerung der Nacherfüllung zu den anderen Rechtsbehelfen Schadensersatz neben der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB und Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 2, 286 i. V. m. § 439 BGB können, da sie stets nur Begleit- und Folgeschäden erfassen, grundsätzlich neben den Rechtsbehelfen der Nacherfüllung, der Minderung, dem Rücktritt und dem Ersatz vergeblicher Aufwendungen geltend gemacht werden.117 Für den Rücktritt folgt dies aus § 325 BGB, der die Möglichkeit, neben dem Rücktritt Schadensersatz zu verlangen, nicht auf den Schadensersatz statt der Leistung beschränkt.118 Da der Gläubiger im Fall des Rücktritts gem. § 346 Abs. 1 BGB gezogene Nutzungen herauszugeben hat, wird teilweise vertreten, dass er nicht gleichzeitig einfachen Schadensersatz oder Schadensersatz wegen __________ 116

s. auch Gsell, NJW 2006, 125; Saenger/Klockenbrink, ZGS 2006, 61, 63. Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 161, 165, 166; in Bezug auf den Ersatz vergeblicher Aufwendungen BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 275/04, ZIP 2005, 1512, 1514; AnwKomBGB/Arnold § 284 Rn. 40; Bamberger/Roth/Grüneberg § 284 Rn. 3; MünchKommBGB/Ernst § 284 Rn. 32; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 84; ders., NJW 2004, 26, 28; ders., NJW 2005, 1889, 1892; Weitemeyer, AcP 205 (2005), 275, 287. 118 Bamberger/Roth/Grothe § 325 Rn. 2; Erman/H. P. Westermann § 325 Rn. 3; HkBGB/Schulze § 325 Rn. 3; Jauernig/Stadler § 325 Rn. 5, 6; MünchKommBGB/Ernst § 325 Rn. 2; Palandt/Grüneberg § 325 Rn. 4; Staudinger/Otto § 325 Rn. 20; Gsell, JZ 2004, 643, 644. 117

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Verzögerung der Leistung für ihm entgangene Nutzungen fordern könne. Denn ein solcher Schaden hätte, wäre er nicht eingetreten, beim Gläubiger zu einem im Fall des Rücktritts herauszugebenden Vermögensvorteil geführt. Der Schadensersatzanspruch sei allerdings nur insoweit gesperrt, als er dazu führen würde, dass der Käufer besser stünde, als wenn er die Sache genutzt und infolge des Rücktritts die Nutzungen vergütet hätte. Soweit der Schaden diesen Betrag übersteige, sei er zu ersetzen.119 Dem wird allerdings zu Recht entgegengehalten, dass aus § 325 BGB gerade folge, dass der Gläubiger sich schadensrechtlich nicht mit der Herstellung des Zustandes begnügen müsse, der ohne Vertrag (bzw. nach dessen Rückabwicklung) gegeben wäre (negatives Interesse), sondern seinem positiven Interesse Rechnung zu tragen sei.120 Bei der Geltendmachung des Schadensersatzes neben der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB oder des Schadensersatzes wegen Verzögerung der Nacherfüllung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 2, 286 i. V. m. § 439 BGB ist zu berücksichtigen, dass diese nach dem hier vertretenen dynamischen Verständnis von der Abgrenzung von Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung unter Umständen auch den entgangenen Gewinn erfassen können.121 Würden aber dem Gläubiger neben dem entgangenen Gewinn die für die Erreichung des Gewinns getätigten Aufwendungen ersetzt, käme es zu einer Überkompensation.122 Die im Gesetz für den Aufwendungsersatz und den Schadensersatz statt der Leistung angeordnete Alternativität ist daher in diesem Fall auf den Schadensersatz neben der Leistung und den Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung zu erstrecken. Dass im Gesetz ausdrücklich nur die Alternativität zwischen dem Aufwendungsersatz und dem Schadensersatz statt der Leistung normiert ist, ist wohl darauf zurückzuführen, dass der Gesetzgeber bei der Anordnung der Alternativität den Nichterfüllungsschaden nach altem Recht, der auch den entgangenen Gewinn umfasste, vor Augen hatte.123 Aus diesem Grund können der Schadensersatz neben der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB oder der Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 2, 286 i. V. m. § 439 BGB nur insoweit neben dem Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangt werden, als es zu keiner Überkompensation kommt.124

__________ 119

Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 165; P. Huber/Faust/Faust Kap. 3 Rn. 89 f. Hk-BGB/Schulze § 325 Rn. 3; Jauernig/Stadler § 325 Rn. 5, 1; Gsell, JZ 2004, 643, 644. 121 s. o. § 11 IV. 3. d) bb) (5) (a). 122 s. dazu o. § 13 II. 1. e) aa). 123 Weitemeyer, AcP 205 (2005), 275, 289; im Ergebnis auch Gsell, NJW 2006, 125, 126. 124 Im Ergebnis ebenso Weitemeyer, AcP 205 (2005), 275, 289 f. 120

§ 13 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe

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III. Das Kriterium der Unerheblichkeit der Pflichtverletzung Während dem Käufer die Rechtsbehelfe der Nacherfüllung, des Schadensersatzes statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes, der Minderung und des einfachen Schadensersatzes bei jedem Mangel zur Verfügung stehen, enthalten der Rücktritt und der Anspruch auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung für den Fall der Schlechtleistung eine identische Schwelle:125 Beide Rechtsbehelfe sind ausgeschlossen, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist (§§ 281 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 5 S. 2 BGB). Dies beruht auf dem Gedanken, dass die Rechtsfolge einer Vertragsverletzung verhältnismäßig sein muss.126 Die Möglichkeit der Gesamtliquidation des Vertrags soll bei nur unerheblichen Pflichtverletzungen ausgeschlossen sein.127 Dafür sprechen zum einen der Grundsatz „pacta sunt servanda“, zum anderen auch gesamtwirtschaftliche Überlegungen.128 In den Fällen einer nur unerheblichen Pflichtverletzung ist dem Gläubiger der Verweis auf die Minderung oder auf den kleinen Schadensersatz zuzumuten,129 da in diesen Fällen sein Leistungsinteresse in der Regel durch die erbrachte Leistung und den zu zahlenden Differenzbetrag gedeckt wird. Wie bereits thematisiert worden ist, setzt § 323 Abs. 5 S. 2 BGB die Regelung des Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL um, nach welcher der Verbraucher bei einer geringfügigen Vertragswidrigkeit keinen Anspruch auf Vertragsauflösung hat.130 Wie gesehen, kann der Käufer auch im UN-Kaufrecht nicht bei jeder Schlechtleistung den Vertrag aufheben und Schadensersatz wegen Nichterfüllung unter Abstandnahme vom Vertrag verlangen. Diese Rechtsbehelfe setzen vielmehr das Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung gem. Art. 25 CISG voraus. Die Einschränkungen des Vertragsauflösungsrechts im deutschen Recht, in der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie und im CISG knüpfen folglich jeweils an die Schwere der Pflichtverletzung an. Fraglich ist, wie das Kriterium der Unerheblichkeit der Vertragsverletzung im deutschen Recht auszulegen ist und ob eine Einflusslinie von Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG über Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL bis in das BGB vorliegt, die es im Rahmen der Auslegung zu berücksichtigen gilt. Ferner stellt sich die Frage, ob §§ 281 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 5 S. 2 BGB im deutschen Recht auch auf die Zuweniglieferung Anwendung finden. __________ 125

Jud, S. 294. AnwKomBGB/Büdenbender § 437 Rn. 6; Bamberger/Roth/Grothe § 323 Rn. 39; Jud, S. 293. 127 Staudinger/Otto § 323 Rn. C 28; Münch, Jura 2002, 361, 365. 128 Rolland, in: FS Schlechtriem, S. 629, 639; Münch, Jura 2002, 361, 365. 129 Grigoleit/Riehm, ZGS 2002, 115, 118. 130 MünchKommBGB/St. Lorenz Vor § 474 Rn. 13. 126

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

1. Vorliegen einer unerheblichen Pflichtverletzung Nach der Regierungsbegründung ist eine Pflichtverletzung unerheblich, wenn durch sie das Leistungsinteresse des Gläubigers im Grunde nicht gestört ist.131 Ob die Pflichtverletzung nicht unerheblich ist, ist durch Vornahme einer umfassenden Interessenabwägung zwischen dem vertraglichen Leistungsinteresse des Gläubigers und dem Interesse des Schuldners am Bestand des Vertrags festzustellen.132 Hiergegen wird zwar eingewendet, dass durch die Vornahme einer solchen Interessenabwägung die Unterschiede zwischen §§ 281 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 5 S. 2 BGB und §§ 281 Abs. 1 S. 2, 323 Abs. 5 S. 1 BGB beseitigt würden.133 Die Regelungen der §§ 281 Abs. 1 S. 2, 323 Abs. 5 S. 1 BGB setzen jedoch einen gänzlichen Interessenfortfall voraus, nicht nur eine Störung des Leistungsinteresses. Im Rahmen der nach den §§ 281 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 5 S. 2 BGB vorzunehmenden Interessenabwägung ist vor allem der Verwendungszweck der Kaufsache zu berücksichtigen.134 Bei Vorliegen eines unbehebbaren Mangels ist vor allem entscheidend, ob und inwieweit die Funktion und das äußere Erscheinungsbild der Kaufsache durch den Mangel beeinträchtigt werden.135 Dagegen ist bei Vorliegen eines behebbaren Mangels der Aufwand für dessen Beseitigung ein maßgebliches Beurteilungskriterium.136 Nicht ohne weiteres übernommen werden kann allerdings die Formulierung der Rechtsprechung zu § 459 Abs. 1 S. 2 BGB a. F., dass eine Pflichtverletzung unerheblich ist, wenn der Mangel leicht erkennbar ist und mit nur geringen Kosten alsbald beseitigt __________ 131

BT-Drucks. 14/6040, S. 187. Bamberger/Roth/Grüneberg § 281 Rn. 67; Bamberger/Roth/Grothe § 323 Rn. 39; Hk-BGB/Schulze § 323 Rn. 14; MünchKommBGB/Ernst § 323 Rn. 243; Palandt/Heinrichs § 281 Rn. 48; Staudinger/Otto § 281 Rn. C 33, § 323 Rn. C 30; Looschelders, SchuldR AT, Rn. 628; a. A. Müller/Matthes, AcP 204 (2004), 732, 747 f., nach denen wie bei der Minderung allein auf das Gläubigerinteresse abzustellen ist. 133 So aber AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 323 Rn. 36. 134 Brox/Walker § 4 Rn. 62. 135 Bamberger/Roth/Grüneberg § 281 Rn. 67; Hk-BGB/Schulze § 323 Rn. 14; Palandt/Heinrichs § 281 Rn. 48; vgl. auch St. Lorenz, NJW 2006, 1925. 136 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.2.2004 – 3 W 21/04, NJW-RR 2004, 1060, 1061 zum Gebrauchtwagenkauf. Da die Reparaturkosten nur 2–3 % des Kaufpreises ausmachten, hielt das Gericht die Pflichtverletzung für unerheblich. Ebenfalls LG Kiel, Urt. v. 3.11.2004 – 12 O 90/04, DAR 2005, 38 zum Gebrauchtwagenkauf. Hier hätte der Kostenaufwand für die Beseitigung des Mangels nur ca. 4, 5 % des Kaufpreises ausgemacht, weshalb das Gericht die Pflichtverletzung als unerheblich ansah. Offen gelassen von BGH, Urt. v. 24.3.2006 – V ZR 173/05, NJW 2006, 1960, 1961. s. auch Bamberger/Roth/Grüneberg § 281 Rn. 67; Bamberger/Roth/Grothe § 323 Rn. 39; HkBGB/Schulze § 323 Rn. 14; Palandt/Heinrichs § 281 Rn. 48; Brox/Walker § 4 Rn. 62; kritisch AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 281 Rn. 33. 132

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werden kann.137 Denn Rücktritt und Schadensersatz statt der ganzen Leistung stehen im neuen Recht aufgrund der Vorschaltung des Rechtsbehelfs der Nacherfüllung grundsätzlich erst auf zweiter Stufe. Die Frage, in welchen Fällen der Käufer zurücktreten oder Schadensersatz statt der ganzen Leistung verlangen kann, stellt sich im Fall eines behebbaren Mangels daher grundsätzlich nur, wenn der Verkäufer nicht innerhalb der vom Käufer gem. § 281 Abs. 1 S. 1 BGB gesetzten, angemessenen Frist nacherfüllt hat. Die Behebbarkeit des Mangels kann folglich bei der Beurteilung der Unerheblichkeit des Mangels nicht auf gleiche Weise wie im alten Recht eine Rolle spielen.138 Vielmehr wird bei Vorliegen eines behebbaren Mangels von Bedeutung sein, ob der durch die Nacherfüllung nicht beseitigte Mangel leicht zu beheben ist,139 was auf das Beurteilungskriterium des Beseitigungsaufwandes hinausläuft. Dementsprechend wird in der Regierungsbegründung bei abgrenzbaren Mängeln, die ohne Schwierigkeiten behoben werden können, von unerheblichen Mängeln ausgegangen.140 Im Rahmen der §§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 BGB, der §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 283 BGB und der §§ 437 Nr. 3, 326 Abs. 5, 323 BGB spielt das Kriterium der leichten Behebbarkeit des Mangels dagegen keine Rolle.141 Würde man nämlich im Rahmen der Prüfung des Schadensersatzes statt der Leistung wegen eines unbehebbaren Mangels auf dieses Kriterium abstellen, käme man stets zu dem Schluss, dass ein nicht unerheblicher Mangel vorliegt, da ein unbehebbarer Mangel seiner Natur nach nicht behoben werden kann. §§ 311a Abs. 2 S. 3, 283 S. 2 und § 326 Abs. 5 i. V. m. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB würden durch solche Überlegungen überflüssig. Allenfalls kann aus dem Kriterium der leichten Behebbarkeit geschlossen werden, dass die Erheblichkeitsschwelle bei unbehebbaren Mängeln niedriger anzusetzen ist als bei behebbaren Mängeln.142 Teilweise wird vertreten, dass auch die Schwere des Verschuldens der Pflichtverletzung in die Interessenabwägung einzufließen habe.143 Vorzugswürdig ist jedoch angesichts des objektiven Begriffs der Pflichtverletzung im Grundtatbestand des § 280 Abs. 1 S. 1 BGB, auch bei der Beurteilung der Er__________ 137 So aber AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 323 Rn. 36; Erman/Grunewald § 437 Rn. 7; Staudinger/Otto § 281 Rn. C 33. Auch das LG Kiel, Urt. v. 3.11.2004 – 12 O 90/04, DAR 2005, 38, geht von diesem Grundsatz aus, stellt dann aber richtigerweise auf den Kostenaufwand für die Beseitigung des Mangels ab. 138 s. Jud, S. 300; dies., in: Jb. J. ZivRWiss. 2001, S. 205, 221. 139 So Brox/Walker § 4 Rn. 62; P. Huber/Faust/Faust Kap. 3 Rn. 163. 140 BT-Drucks. 14/6040, S. 140. Ebenso Hampel, JuS 2003, 465, 468; R. Koch, WM 2002, 2173, 2179; v. Wilmowsky, JuS Beilage 1/2002, S. 3, 25. 141 So aber Hampel, JuS 2003, 465, 468. 142 So im Ergebnis AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 283 Rn. 9. 143 Dafür Bamberger/Roth/Grüneberg § 281 Rn. 67; Palandt/Heinrichs § 281 Rn. 48 (in Zweifelsfällen); Staudinger/Otto § 281 Rn. C 33.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

heblichkeit der Pflichtverletzung nur objektiv auf die Schwere des Mangels abzustellen.144 Ferner dürfte es nicht mit der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie vereinbar sein, die Schwere des Verschuldens des Gläubigers bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen.145 Schließlich wird eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung dann anzunehmen sein, wenn der Schuldner die fehlende Eigenschaft zugesichert, also garantiert hat. Denn der Käufer lässt sich in der Regel eine Eigenschaft zusichern, auf die er gesteigerten Wert legt. Fehlt diese Eigenschaft, ist sein Leistungsinteresse gestört.146

2. Übertragung der Rechtsprechungsgrundsätze zu § 459 Abs. 1 S. 2 BGB a. F. auf das neue Recht Im Übrigen ist insgesamt hinsichtlich der Anwendung der Rechtsprechung zum alten Recht zu beachten, dass § 459 Abs. 1 S. 2 BGB a. F. auch für die Minderung galt. Da der Käufer nur in besonderen Fällen Schadensersatz verlangen konnte und bei unerheblichen Minderungen des Wertes oder der Tauglichkeit der Sache somit praktisch keine Gewährleistung beanspruchen konnte, wurde § 459 Abs. 1 S. 2 BGB a. F. eng ausgelegt. Die Norm war daher nahezu funktionslos.147 Im neuen Recht setzt die Minderung hingegen ausdrücklich keine erhebliche Pflichtverletzung voraus (§ 441 Abs. 1 S. 2 BGB). Dem kann entnommen werden, dass die Erheblichkeitsschwelle in §§ 281 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 5 S. 2 BGB höher anzusetzen ist als im alten Recht und mit einer unerheblichen Pflichtverletzung nicht nur Bagatellen gemeint sind. Liegt ein Mangel vor, bei dem Rücktritt und Schadensersatz statt der ganzen Leistung unverhältnismäßig wären, wird dem Gläubigerinteresse durch die Möglichkeit der Geltendmachung der Minderung oder des kleinen Schadensersatzes entsprochen. Würde man die gleiche Grenze wie im alten Recht ziehen und das Merkmal der unerheblichen Pflichtverletzung einschränkend auslegen, würden Minderung und der kleine Schadensersatz stark an Bedeutung verlieren.148 Hierin eine __________ 144

s. auch MünchKommBGB/Ernst § 281 Rn. 147. Müller/Matthes, AcP 204 (2004), 732, 748. 146 Ähnlich Hk-BGB/Saenger § 437 Rn. 21; P. Huber/Faust/Faust Kap. 3 Rn. 163; im Ergebnis auch AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 323 Rn. 36. 147 Staudinger/Otto § 281 Rn. C 33, § 323 Rn. C 30. 148 Henssler/v. Westphalen/Dedek § 281 Rn. 38; MünchKommBGB/Ernst § 323 Rn. 243; Jud, S. 315; Müller/Matthes, AcP 204 (2004), 732, 747; s. auch Bamberger/Roth/Grothe § 323 Rn. 39; Staudinger/Otto § 281 Rn. C 33, § 323 Rn. C 30; Looschelders, SchuldR AT, Rn. 628; a. A. Gröschler, NJW 2005, 1601, 1604; Piltz, IHR 2002, 2, 7, nach denen der Unerheblichkeitsvorbehalt des BGB lediglich völlig unbedeutende Mängel i. S. v. reinen Bagatellfällen als Auslöser für einen Vertragsrücktritt 145

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Anlehnung an Art. 49 CISG zu sehen, mag vielleicht von der Tendenz her zu bejahen sein. Da die Wesentlichkeitsschwelle in Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG – wie noch zu zeigen ist – höher anzusetzen ist als die Erheblichkeitsschwelle in §§ 281 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 5 S. 2 BGB, geht es jedoch zu weit, eine Anlehnung an das CISG über eine solche Tendenz hinaus anzunehmen.149

3. Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob es mit Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL vereinbar ist, die Erheblichkeitsschwelle im neuen Recht aus den im vorherigen Abschnitt genannten Gründen höher anzusetzen als im alten Recht. Dies wird teilweise als nicht gesichert angesehen und dementsprechend empfohlen, den Vorstellungen des Gesetzgebers zu folgen und sich bei der Auslegung der §§ 281 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 5 S. 2 BGB an § 459 Abs. 1 S. 2 BGB a. F. zu orientieren.150 Da jedoch auch im Rahmen der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bei einer niedrigen Geringfügigkeitsschwelle die Gefahr besteht, dass die Minderung ihre Bedeutung verliert, ist zu bezweifeln, dass die hier vertretene Auslegung des Kriteriums der Unerheblichkeit der Pflichtverletzung nicht mit Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL vereinbar ist. Zuzugeben ist allerdings, dass noch unklar ist, was unter einer geringfügigen Vertragsverletzung i. S. d. Art. 3 Abs. 6 der Richtlinie gemeint ist. Dies führt zu Schwierigkeiten hinsichtlich einer richtlinienkonformen bzw. quasirichtlinienkonformen Auslegung des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB, deren Ergebnis im Rahmen der systematischen Auslegung des § 281 Abs. 1 S. 3 BGB zu berücksichtigen ist.151

4. Einflusslinie vom CISG über die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in das BGB Fraglich ist, ob eine Einflusslinie von Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG über Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL bis zu § 323 Abs. 5 S. 2 BGB vorliegt. Zu untersuchen ist diesbezüglich zunächst, ob die Schwelle der nicht geringfügigen Vertragswid__________ ausschließt; a. A. auch AnwKom/Dauner-Lieb § 281 Rn. 33, § 323 Rn. 36; Brox/Walker § 4 Rn. 63; Dylakiewicz, S. 167, 168, 187; P. Huber/Faust/Faust Kap. 3 Rn. 163, nach denen auf die zu § 459 Abs. 1 S. 2 BGB a. F. ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann. Offen gelassen von LG Kiel, Urt. v. 3.11.2004 – 12 O 90/04, DAR 2005, 38. 149 So aber AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 323 Rn. 36. 150 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 281 Rn. 33, § 323 Rn. 36. 151 s. dazu o. § 10 II. 5.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

rigkeit in Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL im Ergebnis mit der Schwelle der wesentlichen Vertragsverletzung gem. Art. 49 Abs. 1 lit. a, 25 CISG übereinstimmt. Dies wird teilweise mit der Begründung angenommen,152 dass die Beschränkung des Vertragsauflösungsrechts auf nicht geringfügige Mängel ein Zugeständnis an die Common Law-Staaten und die skandinavischen Staaten darstelle. Vor allem die skandinavischen Kaufrechte sähen in Anlehnung an das UNKaufrecht vor, dass der Vertrag wegen unwesentlicher Mängel nicht angefochten werden könne. Da sich auch die Richtlinie insgesamt am UN-Kaufrecht orientiert habe, könne zur Auslegung des Begriffs der geringfügigen Vertragswidrigkeit die Regelung des UN-Kaufrechts herangezogen werden.153 Gegen diese Ansicht können jedoch gewichtige Argumente dafür angeführt werden, dass die Schwelle der wesentlichen Vertragsverletzung gem. Art. 25 CISG höher ist als die der nicht geringfügigen Vertragswidrigkeit i. S. d. Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL.154 Zunächst weicht der Wortlaut des Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL von dem des Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG ab.155 Anders als die Vertragsaufhebung nach Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG ist die Vertragsauflösung in der Richtlinie zudem gerade nicht als ultima ratio ausgestaltet.156 Das UN-Kaufrecht stellt durch die Schwelle der wesentlichen Vertragsverletzung das Prinzip vom Vorrang der Erfüllung sicher,157 wohingegen in der Richtlinie ein Nacherfüllungsanspruch als vorrangig gegenüber der Minderung und dem Rücktritt normiert ist. Wie das deutsche Recht geht auch die Richtlinie anders als das CISG von regelmäßig kleineren Geschäften von Verbrauchern aus, denen es nicht zumutbar wäre, von der Vertragsauflösung nur als ultima ratio Gebrauch zu machen.158 Bei der Schaffung des CISG hatte man dagegen internationale Handelskäufe über eine größere Distanz im Auge, deren Rückabwicklung sich weitaus schwieriger darstellt und höhere Kosten mit sich bringt als die Rückabwicklung im nationalen Warenverkehr.159 Nach der Rechtsprechung __________ 152 Grundmann/Bianca/Bianca Art. 3 Rn. 45; Schwartze, ZEuP 2000, 544, 567; offen gelassen und als vorläufig unklar hingestellt dagegen von AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 323 Rn. 36. 153 Jud, S. 305 f., 309 f. 154 Dafür, dass die Schwelle der wesentlichen Vertragsverletzung höher ist als die der nicht geringfügigen Vertragsverletzung i. S. d. Richtlinie Dylakiewicz, S. 168 f.; Flessner, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 233, 243; Magnus, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 79, 89; offen gelassen von Müller/Matthes, AcP 204 (2004), 732, 745. 155 Müller/Matthes, AcP 204 (2004), 732, 745. 156 Riesenhuber, S. 488 f.; a. A. aber Schwartze, ZEuP 2000, 544, 567. 157 Regula/Kannowski, IHR 2004, 45, 53. 158 Riesenhuber, S. 488 f. 159 Flessner, in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 233, 243.

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zum UN-Kaufrecht liegt zudem bei der Schlechtleistung eine wesentliche Vertragsverletzung gem. Art. 25 CISG noch nicht vor, solange dem Käufer eine anderweitige Verarbeitung oder der Absatz der Ware im gewöhnlichen Geschäftsverkehr, wenn auch mit Preisabschlag, ohne unverhältnismäßgen Aufwand möglich und zumutbar ist.160 Einem Gewerbetreibenden ist jedoch eher als einem Verbraucher zumutbar, vertragswidrige Ware zu verwerten und die ihm dadurch entstehenden Verlusten im Wege des Schadensersatzes geltend zu machen.161 Wie die Schwelle in Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL zu definieren ist, wird aber erst nach einer Klärung durch den EuGH sicher feststehen. Teilweise wird zumindest darin, dass die Wesentlichkeit i. S. d. Art. 25 CISG danach bestimmt wird, ob die im Weiterverkauf liegende Nutzung beeinträchtigt ist, ein übertragbarer Grundgedanke gesehen. Geringfügig i. S. d. Art. 3 Abs. 6 VerbrGKRiL seien daher nur solche Vertragsmängel, die keinen der Gebrauchszwecke der Ware beeinträchtigen würden.162 Bei der Festlegung der Gebrauchszwecke ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Richtlinie nur auf Verbraucherverträge Anwendung findet. Selbst wenn man die Voraussetzung der nicht geringfügigen Vertragswidrigkeit in Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL mit der Voraussetzung der wesentlichen Vertragsverletzung in Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG gleichsetzt, bedeutet dies jedoch noch nicht, dass § 323 Abs. 5 S. 2 BGB die gleiche Schwelle enthält. Gegen eine entsprechende Schwelle in § 323 Abs. 5 S. 2 BGB spricht, dass der Rücktritt im deutschen Recht nicht als ultima ratio ausgestaltet worden ist und der Rücktrittsregelung in erster Linie Inlandsgeschäfte und auch Verbrauchergeschäfte unterfallen. Zudem wird in der Regierungsbegründung auf § 459 Abs. 1 S. 2 BGB a. F. verwiesen.163 Da die Richtlinie Mindestschutzcharakter hat, steht es den Mitgliedstaaten frei, die Schwelle für die Vertragsauflösung zu senken und eine für den Verkäufer strengere Regelung zu schaffen. Gegen die Richtlinie würde es nur verstoßen, wenn man das Vertragsauflösungsrecht des Käufers weiter einschränken würde, als in der Richtlinie vorgesehen.164 Eine Einflusslinie vom CISG über die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bis in das BGB ist nach den vorstehend aufgeführten Argumenten für § 323 Abs. 5 S. 2 BGB im Ergebnis zu verneinen. __________ 160

s. o. § 6 IV. 1. a) aa). Schlechtriem, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 71, 85 f.; s. auch Dylakiewicz, S. 169, 188, die allerdings im deutschen Recht von einer mit § 459 Abs. 1 S. 2 BGB a. F. vergleichbaren Schwelle ausgeht. 162 AnwKomBGB/Pfeiffer Kauf-RL Art. 3 Rn. 25. 163 Hierzu s. aber die Ausführungen o. § 13 III. 2. 164 Jud, S. 296, 314. 161

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

5. Vergleich mit dem UN-Kaufrecht Im Hinblick auf das UN-Kaufrecht ist folglich hervorzuheben, dass die Schwelle der wesentlichen Vertragsverletzung gem. Art. 25 CISG höher ist als die der nicht unerheblichen Pflichtverletzung im deutschen Recht.165 Eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung ist somit noch keine wesentliche Vertragsverletzung. Während eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung im deutschen Recht bei der Schlechtleistung in der Regel vorliegen wird, ist das Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung im UN-Kaufrecht bei mangelhafter Lieferung häufig zu verneinen.166 Insbesondere liegt nach der Rechtsprechung zum UNKaufrecht eine wesentliche Vertragsverletzung gem. Art. 25 CISG nicht vor, solange dem Käufer eine anderweitige Verarbeitung oder der Absatz der Ware im gewöhnlichen Geschäftsverkehr, wenn auch mit Preisabschlag, ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich und zumutbar ist. Zudem bestehen im deutschen Recht und im UN-Kaufrecht Unterschiede bezüglich der Beweislast. Im CISG obliegt die Beweislast für das Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung dem Gläubiger.167 Hingegen hat im deutschen Recht nach dem Wortlaut der §§ 281 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 5 S. 2 BGB der Schuldner die Unerheblichkeit der Pflichtverletzung zu beweisen.168 Diese Beweislastverteilung im deutschen Recht ist auf Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL zurückzuführen. Im Ergebnis ist folglich in diesem Punkt das UN-Kaufrecht verkäuferfreundlicher und das BGB vorteilhaft für den Käufer.

6. Fall der Zuweniglieferung im Kaufrecht Im deutschen Recht ist problematisch, ob §§ 281 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 5 S. 2 BGB im Kaufrecht auch auf die Zuweniglieferung anwendbar sind169 oder __________ 165

St. Lorenz, NJW 2006, 1925, 1926; Piltz, IHR 2002, 2, 7. s. auch Regula/Kannowski, IHR 2004, 45, 53. 166 Schlechtriem, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 71, 85. 167 Bamberger/Roth/Saenger Art. 25 Rn. 12; Regula/Kannowski, IHR 2004, 45, 49. 168 MünchKommBGB/Ernst § 323 Rn. 243; Brox/Walker § 4 Rn. 94. 169 So AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 281 Rn. 35, § 323 Rn. 37 ff. (allerdings nur für verdeckte Teilleistungen); AnwKomBGB/Büdenbender § 437 Rn. 96; Bamberger/Roth/Faust § 434 Rn. 115; Erman/Grunewald § 437 Rn. 6; Henssler/v. Westphalen/Dedek § 281 Rn. 42; Henssler/v. Westphalen/Muthers § 323 Rn. 10, 19f.; HkBGB/Schulze § 323 Rn. 13; Palandt/Heinrichs § 281 Rn. 38; Staudinger/MatuscheBeckmann § 434 Rn. 123; Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 342; Brox/Walker § 4 Rn. 96;

§ 13 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe

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ob in diesem Fall die Vorschriften der §§ 281 Abs. 1 S. 2, 323 Abs. 5 S. 1 BGB über die Teilleistung gelten.170 Nach Letzteren kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nur verlangen, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Die Schwelle für den Schadensersatz statt der ganzen Leistung liegt damit bei der Teilleistung höher als bei der Leistung nicht wie geschuldet.171 Da eine Gesamtabwicklung des Vertrags nur bei fehlendem Interesse des Gläubigers an der Teilleistung in Betracht kommt, ist bei Teilleistungen die teilweise Abwicklung des Vertrags der Regelfall. Dagegen ist bei einer Schlechtleistung gem. §§ 281 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 5 S. 2 BGB die Gesamtabwicklung die Regel, da der Gläubiger nur bei einer unerheblichen Pflichtverletzung am Vertrag festgehalten wird.172 Die Beweislast für den Interessenfortfall (§§ 281 Abs. 1 S. 2, 323 Abs. 5 S. 1 BGB) liegt beim Gläubiger, während die Beweislast für die Unerheblichkeit der Pflichtverletzung (§§ 281 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 5 S. 2 BGB) beim Schuldner liegt.173

a) Argumente für die Anwendung der §§ 281 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 5 S. 2 BGB Für die Anwendung der §§ 281 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 5 S. 2 BGB spricht, dass die Zuweniglieferung dem Sachmangel gem. § 434 Abs. 3 BGB gleich gestellt ist. Dadurch sollten einheitliche Rechtsfolgen für die Zuweniglieferung und für den Sachmangel geschaffen werden, nämlich die Anwendbarkeit der §§ 437 ff. BGB.174 Von der Anwendung der §§ 281 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 5 S. 2 BGB geht auch die Regierungsbegründung aus.175 Allerdings heißt es in der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Rechtsausschusses zu dem vorliegenden Problem, dass man § 434 Abs. 3 BGB auch eng in dem Sinne __________ P. Huber/Faust/Faust Kap. 3 Rn. 164; P. Huber/Faust/P. Huber Kap. 5 Rn. 40; Buck, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das Schuldrecht 2002, S. 105, 145 f. 170 Jauernig/Berger § 434 Rn. 24; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 434 Rn. 42; Gebauer/Wiedmann/Leible Kap. 9 Rn. 63; Gursky, S. 11; Looschelders, SchuldR AT, Rn. 629; St. Lorenz/Riehm Rn. 219; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/ Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 173, 242; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 113; Schlechtriem, in: Ernst/Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 205, 214; Canaris, ZRP 2001, 329, 334; Grigoleit/Riehm, ZGS 2002, 115, 116 ff.; differenzierend Jud, S. 316 f., nach der § 323 Abs. 5 S. 2 BGB einschlägig ist, wenn der Käufer den angebotenen Teil der Leistung als Erfüllung angenommen hat, dagegen § 323 Abs. 5 S. 1 BGB anwendbar ist, wenn der Käufer die angebotene Leistung nur als „Teilerfüllung“ annimmt. 171 St. Lorenz, NJW 2003, 3097, 3098. 172 Grigoleit/Riehm, ZGS 2002, 115, 116. 173 MünchKommBGB/Ernst § 281 Rn. 136; St. Lorenz, NJW 2003, 3097, 3098. 174 Grigoleit/Riehm, ZGS 2002, 115, 120. 175 BT-Drucks. 14/6040, S. 187.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

auslegen könne, dass dort nur geregelt werden solle, dass die Teillieferung ein Mangel sei, nicht aber auch, welche Bedingungen für den Schadensersatz statt der Leistung gelten sollten.176 Die Klärung der Frage überließ der Ausschuss der Rechtsprechung.

b) Argumente für die Anwendung der §§ 281 Abs. 1 S. 2, 323 Abs. 5 S. 1 BGB In der Literatur wird die Gleichstellung von Sachmangel und Zuweniglieferung teilweise in der Tat als auf das Kaufrecht beschränkt angesehen und für den Bereich des allgemeinen Leistungsstörungsrechts verneint. Würde die Gleichstellung auch im Bereich des allgemeinen Leistungsstörungsrechts gelten, so würden §§ 281 Abs. 1 S. 2, 323 Abs. 5 S. 1 BGB eines großen Teils ihres Anwendungsbereichs beraubt.177 Auch würden dann im Fall der verdeckten Mankolieferung andere Vorschriften zur Anwendung kommen als im Fall des offen als Teilleistung deklarierten Erfüllungsversuchs, für den §§ 281 Abs.1 S. 2, 323 Abs. 5 S. 1 BGB gelten.178 Ferner würden Wertungswidersprüche zwischen Kauf- und Werklieferungsverträgen einerseits und den übrigen Verträgen andererseits entstehen, bei denen keine gleichstellende Vorschrift wie § 434 Abs. 3 BGB existiert.179

c) Diskussion und eigene Stellungnahme Es wird darauf hingewiesen, dass eine Gleichstellung nur im Kaufrecht zu Verwerfungen zwischen Kaufgewährleistungs- und allgemeinem Leistungsstörungsrecht führen würde.180 So würde sich z. B. bei Unmöglichkeit der Lieferung die Gegenleistung gem. § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB automatisch vermindern, und gleichzeitig stünde dem Käufer die Minderung offen.181 § 326 Abs. 1 S. 2 BGB soll jedoch gerade verhindern, dass die Minderung gegenstandslos wird. Die Systematik des Gesetzes scheint somit prinzipiell darauf ausgelegt zu sein, dass die Gleichstellung von Sachmangel und Zuwenigliefe__________ 176

BT-Drucks. 14/7052, S. 185. Gursky, S. 11; St. Lorenz/Riehm Rn. 219; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 113; Canaris, ZRP 2001, 329, 334 f.; Grigoleit/Riehm, ZGS 2002, 115, 117. 178 MünchKommBGB/H. P. Westermann § 434 Rn. 42. 179 Looschelders, SchuldR AT, Rn. 629; Canaris, ZRP 2001, 329, 335. 180 Bamberger/Roth/Faust § 434 Rn. 115; s. auch Staudinger/Matusche-Beckmann § 434 Rn. 123. 181 Bamberger/Roth/Faust § 434 Rn. 115. 177

§ 13 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe

261

rung auch im allgemeinen Leistungsstörungsrecht durchgehalten wird. Allerdings kann auch nicht geleugnet werden, dass die §§ 281 Abs. 1 S. 2, 323 Abs. 5 S. 1 BGB bei einer Gleichstellung von Zuweniglieferung und Sachmangel auch im allgemeinen Leistungsstörungsrecht praktisch leer liefen, da sich das Problem der Teilleistung überwiegend bei Kauf- und Werkverträgen stellt.182 Zudem sollte hinsichtlich der Beantwortung der Frage, ob dem Käufer im Fall der Zuweniglieferung auch der Rücktritt vom gesamten Vertrag und der Schadensersatz statt der ganzen Leistung zur Verfügung stehen sollten, in erster Linie berücksichtigt werden, welche Bedeutung die Vollständigkeit der Leistung für den Käufer hat. Diese Überlegung, die auch im UN-Kaufrecht entscheidend für die Bestimmung der Wesentlichkeit der Vertragsverletzung gem. Art. 25 CISG bei einer Zuweniglieferung ist,183 findet sich allein in §§ 281 Abs. 1 S. 2, 323 Abs. 5 S. 1 BGB wieder. Hinter diesen Vorschriften steht der Gedanke, dass bei einer Teilleistung in der Regel auch das Leistungsinteresse des Gläubigers teilbar ist. Der Gläubiger hat zu einem Teil genau das bekommen, worauf er einen Anspruch hatte. Das Leistungsinteresse wird dadurch voll befriedigt, dass er die Teilleistung behält und sich hinsichtlich des fehlenden Rests anderweitig eindeckt, teilweise vom Vertrag zurücktritt oder kleinen Schadensersatz verlangt. Dagegen hat der Gläubiger im Fall der Schlechtleistung in der Regel kein Interesse daran, die mangelhafte Sache zu behalten. Die gesamte Leistung ist mit einem Mangel behaftet. Sein Leistungsinteresse ist typischerweise nicht teilbar.184 Diesen unterschiedlichen Interessenlagen werden die verschiedenen Regelungen in §§ 281 Abs. 1 S. 2, 323 Abs. 5 S. 1 BGB auf der einen Seite und in §§ 281 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 5 S. 2 BGB auf der anderen Seite gerecht. Der Wertung des Gesetzes widerspräche es, wenn man die Gleichstellung von Zuwenigleistung und Sachmangel auch auf das allgemeine Leistungsstörungsrecht erstrecken würde. Hingegen ist die durch § 434 Abs. 3 BGB bezweckte Vereinheitlichung der Rechtsfolgen für den Sachmangel und die Zuweniglieferung auch bei Anwendung der §§ 281 Abs. 1 S. 2, 323 Abs. 5 S. 1 BGB auf die Zuweniglieferung noch gewährleistet. Denn § 434 Abs. 3 BGB stellt weiterhin sicher, dass die §§ 437 ff. BGB sowohl auf den Sachmangel als auch auf die Zuweniglieferung anwendbar sind.185 Die besseren Gründe sprechen daher dafür, die Gleichstellung von Zuweniglieferung und Sachmangel auf das Kaufrecht zu beschränken, so dass §§ 281 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 5 S. 2 BGB keine Anwendung auf die Zuweniglieferung finden. __________ 182 Gebauer/Wiedmann/Leible Kap. 9 Rn. 63; Grigoleit/Riehm, ZGS 2002, 115, 117; in diesem Punkt zustimmend Bamberger/Roth/Faust § 434 Rn. 115. 183 s. o. § 6 IV. 1. b). 184 Grigoleit/Riehm, ZGS 2002, 115, 118; s. auch MünchKommBGB/Ernst § 323 Rn. 243; Jud, S. 316. 185 Grigoleit/Riehm, ZGS 2002, 115, 120.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Dieses Ergebnis könnte jedoch den Rücktritt betreffend mit der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie unvereinbar sein, da diese keine mit § 323 Abs. 5 S. 1 BGB vergleichbare Vorschrift enthält.186 In Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL findet sich nur die Regelung, dass der Verbraucher bei einer geringfügigen Vertragswidrigkeit keinen Anspruch auf Vertragsauflösung hat. Es ist jedoch unklar, ob die Zuweniglieferung überhaupt eine Vertragswidrigkeit im Sinne der Richtlinie darstellt.187 Selbst wenn dies der Fall wäre, wäre aber aufgrund der Vorbildfunktion des UN-Kaufrechts davon auszugehen, dass bei der Beurteilung, ob in der Zuviellieferung eine nicht geringfügige Vertragswidrigkeit liegt, zu berücksichtigen wäre, welche Bedeutung die Vollständigkeit der Leistung für den Käufer hat.188 Dem steht auch nicht entgegen, dass eine grundsätzliche Übereinstimmung zwischen dem Kriterium des nicht geringfügigen Mangels und dem der wesentlichen Vertragsverletzung zu verneinen ist, da es hier nicht um die Höhe der Schwelle geht. Problematisch ist jedoch die unterschiedliche Beweislastverteilung in Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL und in § 323 Abs. 5 S. 1 BGB. Während nach Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL der Verkäufer für die Geringfügigkeit beweispflichtig ist, liegt die Beweislast für den Interessenfortfall nach § 323 Abs. 5 S. 1 BGB beim Käufer. Sofern die Zuweniglieferung durch die Richtlinie geregelt wird, ist es aufgrund dieser Beweislastverteilung bei einem Verbrauchsgüterkauf nicht mit der Richtlinie vereinbar, § 323 Abs. 5 S. 1 BGB auf eine Zuweniglieferung anzuwenden. Vielmehr muss sich in diesem Fall die von § 434 Abs. 3 BGB vorgenommene Gleichsetzung von Mangel und Zuweniglieferung auch in das allgemeine Leistungsstörungsrecht erstrecken. Bei Anwendung des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB und bei der Auslegung der Voraussetzung der Unerheblichkeit der Pflichtverletzung wird man jedoch die bereits angesprochenen Besonderheiten bei einer Teilleistung berücksichtigen müssen. Stellt sich die Anwendung des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB auf die Zuweniglieferung im Fall eines Verbrauchsgüterkaufs als europarechtlich zwingend heraus, ist aufgrund des vom Gesetzgeber gewollten Gleichlaufs zwischen § 323 Abs. 5 BGB und § 281 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB in diesem Fall auch § 281 Abs. 1 S. 3 BGB anzuwenden. __________ 186 Dies bejahen Bamberger/Roth/Faust § 434 Rn. 115. Nach AnwKomBGB/DaunerLieb § 281 Rn. 33, § 323 Rn. 39 scheint eine Anwendung der §§ 281 Abs. 1 S. 2, 323 Abs. 5 S. 1 BGB europarechtlich vorläufig nicht gesichert. s. auch Staudinger/ Matusche-Beckmann § 434 Rn. 123. 187 s. o. § 11 I. 1. b) dd). 188 s. dazu auch Grundmann/Bianca/Bianca Art. 3 Rn. 45; anders aber Gebauer/Wiedmann/Leible Kap. 9 Rn. 63, nach denen der Begriff „Interesse“ in § 323 Abs. 5 S. 1 BGB so zu interpretieren ist, dass er den Vorgaben des Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL Rechnung trägt.

§ 13 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe

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IV. Zwischenergebnis Während im deutschen Recht ein Vorrang der Nacherfüllung und damit eine Stufung der Rechtsbehelfe besteht, sind die Rechtsbehelfe im UN-Kaufrecht prinzipiell gleichrangig. Allerdings hat der Verkäufer auch im CISG die Möglichkeit, die Rechtsbehelfe des Rücktritts, des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung unter Abstandnahme vom Vertrag, des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung unter Aufrechterhaltung des Vertrags und der Minderung durch Nacherfüllung seinerseits abzuwenden. Für den Rücktritt und den daran gekoppelten Schadensersatz wegen Nichterfüllung unter Abstandnahme vom Vertrag ergibt sich dies aus der Berücksichtigung der Behebbarkeit des Mangels und der Bereitschaft des Verkäufers zur Nacherfüllung bei der Beurteilung der Wesentlichkeit der Vertragsverletzung. Darüber hinaus finden sich im deutschen Recht und im UN-Kaufrecht dieselben Wertungen, in welchen Fällen das Nacherfüllungsrecht des Verkäufers hinter das Interesse des Käufers an einer sofortigen Vertragsaufhebung und an einer sofortigen Geltendmachung des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung unter Abstandnahme vom Vertrag zurücktritt. Hat der Käufer dem Verkäufer aufgrund der mangelhaften Lieferung eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt und ist diese erfolglos abgelaufen, kann der Käufer Schadensersatz statt der Leistung geltend machen. Zwar besteht hierfür keine gesetzliche Frist. Würde aber das Schadensersatzverlangen zugleich den Abbruch eines weiteren Vertragsvollzugs bewirken, ist dem Käufer die Geltendmachung des Schadensersatzes statt der Leistung nach dem Gebot von Treu und Glauben gem. § 242 BGB versagt. Auch ist der Anspruch auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung verwirkt, wenn der Gläubiger den Schuldner noch zu einem Zeitpunkt Aufwendungen zur Vertragserfüllung machen lässt, zu dem er von der Durchführung des Vertrags bereits Abstand genommen hat. Hat der Gläubiger nach erfolglosem Ablauf der Nachfrist zunächst weiterhin Erfüllung verlangt, kann er ohne erneute Fristsetzung auf den Schadensersatz statt der Leistung oder den Rücktritt übergehen, da zwischen dem Nacherfüllungsanspruch und diesen Rechtsbehelfen ein Verhältnis „elektiver Konkurrenz“ besteht. Dieses ius variandi ist allerdings nach § 242 BGB für den Zeitraum suspendiert, den der Schuldner für die Vorbereitung und Erbringung der Leistung unter normalen Umständen benötigt. Nach erfolglosem Ablauf der Nacherfüllungsfrist bzw. bei Entbehrlichkeit einer Fristsetzung kann der Käufer einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes oder in Form des großen Schadensersatzes als alleinigen Rechtsbehelf geltend machen. Eine Koppelung des Schadensersatzes statt der ganzen Leistung an den Rücktritt war im deutschen

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Recht anders als im UN-Kaufrecht nicht erforderlich, da ein Gleichlauf zwischen den Vorschriften des Schadensersatzes statt der ganzen Leistung und des Rücktritts besteht. Sowohl der Schadensersatz statt der ganzen Leistung als auch der Rücktritt stehen dem Käufer im Fall der Schlechtleistung nur zur Verfügung, wenn die Pflichtverletzung nicht unerheblich ist (§§ 281 Abs. 1 S. 3 BGB, 323 Abs. 5 S. 2 BGB). Der Unterschied zwischen der Kombination von Rücktritt und Schadensersatz und der isolierten Geltendmachung des Schadensersatzes statt der ganzen Leistung liegt in der Schadensberechnung. Der Käufer kann sowohl vom großen Schadensersatz als auch vom kleinen Schadensersatz auf den Rücktritt übergehen. In letzterem Fall ist dies allerdings nur möglich, solange der Verkäufer sich nicht erkennbar auf das Schadensersatzverlangen eingerichtet hat. Gleiches gilt für den Wechsel vom kleinen Schadensersatz zum großen Schadensersatz. Ein ius variandi zwischen dem Schadensersatz statt der ganzen Leistung und der Minderung bzw. dem kleinen Schadensersatz besteht dagegen nicht, da der diesen Rechtsbehelfen zugrunde liegende Erfüllungsanspruch durch die Geltendmachung des Schadensersatzes statt der ganzen Leistung bereits gem. § 281 Abs. 4 BGB erloschen ist. Nach dem Vorbild des UN-Kaufrechts wird im neuen Recht gem. § 325 BGB das Recht, bei einem gegenseitigen Vertrag Schadensersatz zu verlangen, durch den Rücktritt nicht ausgeschlossen. Kumulativ zum Rücktritt kann allerdings nur der Schadensersatz statt der ganzen Leistung geltend gemacht werden. Ein ius variandi zwischen dem Rücktritt und dem kleinen Schadensersatz ist aufgrund der Gestaltungswirkung des Rücktritts abzulehnen. Gegen eine weite Auslegung des § 325 BGB spricht die Entstehungsgeschichte der Vorschrift, insbesondere auch der Verweis auf Art. 75, 76 CISG in der Regierungsbegründung. Die Minderung und der kleine Schadensersatz können kumulativ geltend gemacht werden. Gegen ein ius variandi zwischen der Minderung und dem Schadensersatz statt der ganzen Leistung sprechen dieselben Gründe wie gegen die Möglichkeit eines Wechsels zwischen Rücktritt und kleinem Schadensersatz. Der Schadensersatz statt der Leistung und der Ersatz vergeblicher Aufwendungen stehen grundsätzlich in einem Alternativverhältnis. § 284 BGB ist jedoch teleologisch zu reduzieren und eine kumulative Geltendmachung von Schadensersatz statt der Leistung und Ersatz vergeblicher Aufwendungen ist zuzulassen, wenn die im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung geltend zu machenden Schadenspositionen nicht Gegenstand des Aufwendungsersatzanspruchs sind. Schadensersatz neben der Leistung und Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung können grundsätzlich neben den übrigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Zu beachten ist jedoch, dass sie neben dem Ersatz

§ 13 Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe

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vergeblicher Aufwendung nur insoweit verlangt werden können, als es zu keiner Überkompensation kommt. Der Schadensersatz statt der ganzen Leistung und der Rücktritt stehen dem Käufer bei mangelhafter Lieferung nur zur Verfügung, wenn die Pflichtverletzung nicht unerheblich ist. Dies ist durch Vornahme einer umfassenden Interessenabwägung zwischen dem vertraglichen Leistungsinteresse des Gläubigers und dem Interesse des Schuldners am Bestand des Vertrags festzustellen, wobei vor allem der Verwendungszweck der Kaufsache zu berücksichtigen ist. Während bei Vorliegen eines unbehebbaren Mangels in die Beurteilung einfließt, ob und inwieweit der Mangel die Funktion und das äußere Erscheinungsbild der Kaufsache beeinträchtigt, ist bei Vorliegen eines behebbaren Mangels maßgeblich, wie leicht der Mangel zu beheben und welcher Aufwand dafür erforderlich ist. Die Schwere des Verschuldens des Schuldners ist im Rahmen der Interessenabwägung nicht zu berücksichtigen. Eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung ist unproblematisch anzunehmen, wenn der Schuldner die fehlende Eigenschaft zugesichert hat. Die Rechtsprechungsgrundsätze zu § 459 Abs. 1 S. 2 BGB a. F. können nicht ohne weiteres auf das neue Recht übertragen werden, da ansonsten die Minderung und der kleine Schadensersatz erheblich an Bedeutung verlieren würden. Daher muss die Erheblichkeitsschwelle im neuen Recht höher angesetzt werden als die in § 459 Abs. 1 S. 2 BGB a. F. Dies ist auch mit Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL vereinbar, da im Rahmen der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bei einer niedrigen Geringfügigkeitsschwelle ebenfalls die Gefahr besteht, dass die Minderung an Bedeutung verliert. Wie Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL auszulegen ist, bedarf allerdings noch einer Klärung durch den EuGH. Eine Einflusslinie von Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG über Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL bis zu § 323 Abs. 5 S. 2 BGB, die im Rahmen der systematischen Auslegung des § 281 Abs. 1 S. 3 BGB berücksichtigt werden müsste, liegt nicht vor. Zum einen sprechen der Wortlaut des Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL, das Rechtsbehelfssystem der Richtlinie und die unterschiedlichen Zielsetzungen der Richtlinie und des UN-Kaufrechts gegen eine Orientierung des Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL am CISG. Zum anderen kann § 323 Abs. 5 S. 2 BGB aufgrund des Mindestschutzcharakters der Richtlinie eine niedrigere Schwelle als Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL enthalten, so dass ein Gleichlauf von Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL und Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG nicht automatisch bedeuten würde, dass das BGB dieselbe Schwelle enthält. Gegen eine entsprechende Schwelle im deutschen Recht spricht insbesondere, dass der Rücktritt im deutschen Recht nicht als ultima ratio ausgestaltet ist, was Verbrauchern auch nicht zumutbar wäre. Die Schwelle der wesentlichen Vertragsverletzung in Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG ist somit höher als die der nicht unerheblichen Pflichtverletzung im deutschen Recht. Bei mangelhafter Lieferung wird die Schwelle der nicht unerheblichen Pflichtverletzung in der Regel erreicht sein, wohingegen eine wesentliche Vertragsverletzung aufgrund der an

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

sie zu stellenden strengen Anforderungen in vielen Fällen zu verneinen sein wird. Während im deutschen Recht der Schuldner die Unerheblichkeit der Pflichtverletzung zu beweisen hat und dementsprechend eine widerlegbare Vermutung für die Erheblichkeit der Pflichtverletzung vorliegt, obliegt im CISG dem Gläubiger die Beweislast für die Tatsachen, die eine wesentliche Vertragsverletzung begründen. Das UN-Kaufrecht enthält damit die verkäuferfreundlichere Regel. Auch wenn §§ 323 Abs. 5 S. 1, 281 Abs. 1 S. 2 BGB der Interessenlage bei der Zuweniglieferung besser entsprechen, ist aufgrund einer richtlinienkonformen Auslegung § 323 Abs. 5 S. 2 BGB und infolgedessen auch § 281 Abs. 1 S. 3 BGB auf die Zuweniglieferung im Kaufrecht anzuwenden. Ein anderes Ergebnis wäre mit der von Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL vorgegebenen Beweislastverteilung nicht vereinbar. Bei der Beurteilung, ob in der Zuweniglieferung eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung liegt, ist allerdings nach dem Vorbild des UN-Kaufrechts zu berücksichtigen, welche Bedeutung die Vollständigkeit der Leistung für den Käufer hat.

§ 14 Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung Fraglich ist, worin die für das Vertretenmüssen relevante Pflichtverletzung beim Schadensersatz statt der Leistung zu sehen ist. Dies ist zu klären, bevor auf die Voraussetzung des Vertretenmüssens eingegangen werden kann. Hier ist zwischen dem Schadensersatz statt der Leistung wegen eines unbehebbaren Mangels und wegen eines behebbaren Mangels zu unterscheiden.

I. Schadensersatz statt der Leistung wegen eines unbehebbaren Mangels Zur Feststellung der relevanten Pflichtverletzung bei Vorliegen eines unbehebbaren Mangels ist zwischen anfänglicher und nachträglicher Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 BGB) bzw. Unzumutbarkeit (§§ 275 Abs. 2, 3 BGB) der Nacherfüllung zu differenzieren.

1. Anfängliche Unbehebbarkeit des Mangels (§§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 BGB) War der Mangel schon bei Vertragsschluss unbehebbar, richtet sich der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 BGB. Im Fall des anfänglich unbehebbaren Mangels liegt insofern eine Besonderheit vor, als der Schuldner gem. § 275 Abs. 1 BGB zu keinem Zeitpunkt des Schuldverhältnisses zur mangelfreien Leistung verpflichtet war bzw. die mangelfreie Leistung von Anfang an gem. § 275 Abs. 2, 3 BGB verweigern durfte.1 Die für das Vertretenmüssen relevante Pflichtverletzung kann daher nicht in der mangelhaften Lieferung liegen. Gem. § 311a Abs. 2 S. 2 BGB haftet der Schuldner nicht, wenn er das Leistungshindernis bei Vertragsschluss nicht kannte und seine Unkenntnis auch nicht zu vertreten hat.

__________ 1

St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2500.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

a) Bezugspunkt für die Kenntnis bzw. die zu vertretende Unkenntnis bei mangelhafter Lieferung Wie aus § 311a Abs. 2 S. 2 BGB folgt, ist für die Exkulpation des Schuldners bei mangelhafter Lieferung die Frage entscheidend, ob der Schuldner den Mangel und dessen Unbehebbarkeit bei Vertragsschluss kannte bzw. seine Unkenntnis bezüglich des Mangels und dessen Unbehebbarkeit zu vertreten hat.2 Das Vertretenmüssen des Schuldners ist zu bejahen, wenn er bei Vertragsschluss weiß oder schuldhaft nicht weiß, dass er den bei Vertragsschluss bestehenden Mangel nicht mehr beseitigen kann.3 Dem Schuldner wird folglich nicht allein vorgeworfen, dass er den Kaufvertrag trotz Kenntnis oder zu vertretender Unkenntnis bezüglich des Mangels abgeschlossen hat.4 Ihm wird vielmehr zum Vorwurf gemacht, dass er sich trotz der ihm bekannten oder schuldhaft nicht bekannten Unbehebbarkeit des Mangels zu der vertraglichen Leistung verpflichtet hat.5 Teilweise wird allerdings auch vertreten, dass sich die Kenntnis oder zu vertretende Unkenntnis nur auf das Vorhandensein des Mangels bei Vertragsschluss beziehen müsse.6 Hierzu wird zu Recht angemerkt, dass aus der Kenntnis bzw. der zu vertretenden Unkenntnis bezüglich des Mangels in aller Regel zumindest Kennenmüssen bezüglich seiner Unbehebbarkeit folge,7 da der Verkäufer verpflichtet sei, die Erfüllbarkeit seines Leistungsversprechens zu prüfen.8 Der Verkäufer, der Kenntnis von der Mangelhaftigkeit der Sache hat, muss sich folglich vor Vertragsschluss über die Behebbarkeit des Mangels informieren.9 Irrt der Verkäufer über die Behebbarkeit des Mangels, fällt ihm in der Regel Fahrlässigkeit zu Last.10 __________ 2

AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 311a Rn. 20; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 105; St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2501; wohl auch MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 22. 3 Vgl. St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 53 f. 4 s. dazu Hirsch, Jura 2003, 289, 298, nach dem es gleichgültig ist, ob der Schuldner den Mangel kannte bzw. seine entsprechende Unkenntnis zu vertreten hat. 5 BT-Drucks. 14/7052, S. 190; Vollkommer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 123, 128; Otto, Jura 2002, 1, 5; s. dazu auch Grunewald, JZ 2001, 433, 435; Hirsch, Jura 2003, 289, 297. 6 Ehmann/Sutschet, § 7 VII 1 b (1), S. 208; St. Lorenz/Riehm Rn. 532; Hampel, JuS 2003, 465, 467. 7 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 311a Rn. 20; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 105; MünchKommBGB/Ernst § 311a Rn. 84; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 23; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 70; Schur, ZGS 2002, 243, 247; im Ergebnis ebenso Reinicke/Tiedtke Rn. 527; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 620. 8 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 311a Rn. 20; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 23. 9 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 105; Schur, ZGS 2002, 243, 247. 10 MünchKommBGB/Ernst § 311a Rn. 84.

§ 14 Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung

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b) Struktur des § 311a Abs. 2 BGB Schon im Vorfeld der Schuldrechtsreform hatte eine bis heute anhaltende, heftige Diskussion über § 311a Abs. 2 BGB eingesetzt, die insbesondere die Frage nach dessen Haftungsgrund betrifft. Die als „fruchtlos“ bezeichnete Debatte11 ist an dieser Stelle von Interesse, weil sie zeigt, dass die Verbindung des aus dem UN-Kaufrecht stammenden Konzepts der Pflichtverletzung mit dem Verschuldensprinzip im Fall der Haftung wegen anfänglicher Unmöglichkeit auf das positive Interesse gem. § 311a Abs. 2 BGB nicht möglich ist.

aa) Haftungsgrund Weil sich der Verschuldensvorwurf gem. § 311a Abs. 2 S. 2 BGB auf die Kenntnis bzw. das Kennenmüssen der Unmöglichkeit der Leistung bezieht, liegt es nahe, die vorvertragliche Verletzung einer Aufklärungspflicht als haftungsbegründende Pflichtverletzung anzusehen. Aus der Verletzung einer solchen Pflicht ergibt sich nach den allgemeinen Regeln des Schadensersatzrechts allerdings nur ein Anspruch auf das negative Interesse,12 da der Vertrag gar nicht erst zustande gekommen wäre, wenn sich der Schuldner über seine eigene Leistungsfähigkeit informiert und den Gläubiger aufgeklärt hätte.13 Eine solche Haftung auf das negative Interesse existierte in § 307 BGB a. F. für den Fall der anfänglichen objektiven Unmöglichkeit. Dementsprechend wurde im Rahmen der Schuldrechtsreform vorgeschlagen, die Haftung nach § 311a Abs. 2 BGB auf das negative Interesse zu begrenzen. 14 Dieser Vorschlag wurde jedoch nicht verwirklicht, obwohl § 311a Abs. 2 BGB eine Sondervorschrift gerade aus dem Grund ist, dass sich das Pflichtenprogramm des Schuldners vor Vertragsschluss grundlegend anders gestaltet als nach Vertragsschluss, da es im Wesentlichen um Informationspflichten geht. 15 § 311a Abs. 2 BGB richtet sich dagegen nach seinem Wortlaut auf den Schadensersatz statt der Leistung und somit auf das positive Interesse, wie in der Regierungsbegründung besonders betont wird16 und was vehement kritisiert

__________ 11

So St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 9. BT-Drucks. 14/6040, S. 165. 13 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 311a Rn. 6. 14 BMJ, Abschlussbericht S. 146. 15 BT-Drucks. 14/6040, S. 165; Canaris, JZ 2001, 499, 507. 16 BT-Drucks. 14/6040, S. 165. 12

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

worden ist.17 Als Grund für eine solche Haftung auf das positive Interesse wird angeführt, dass der genaue Zeitpunkt des Eintritts der Unmöglichkeit (vor oder nach Vertragsschluss) vom Zufall abhänge und häufig schwer beweisbar sei. Es sollte daher ein Gleichlauf mit §§ 280 Abs. 1, 3 i. V. m. 283 BGB erreicht werden.18 Aufgrund dieser auf das positive Interesse gerichteten Haftung kann die vorvertragliche Verletzung einer Aufklärungspflicht nicht haftungsbegründend sein. Haftungsgrund ist vielmehr die Nichterfüllung des Leistungsversprechens,19 was im Einklang mit § 311a Abs. 1 BGB steht. Deshalb ist auch die erst kürzlich geäußerte Ansicht abzulehnen, dass die objektive Pflichtverletzung zwar grundsätzlich in dem Vertragsschluss als solchem liege, Voraussetzung dafür aber sei, dass der Schuldner den Gläubiger über die anfängliche Unmöglichkeit hätte aufklären müssen. Dass der Schuldner durch den Abschluss des Vertrags den Rechtsschein erzeuge, dass die mangelfreie Leistung möglich sei, sei nur dann pflichtwidrig, wenn der Schuldner den Rechtsschein unter Verletzung einer Aufklärungspflicht erzeugt habe. 20 Für die Aufklärungspflicht des Verkäufers seien die im Zusammenhang mit § 463 S. 2 BGB a. F. entwickelten Grundsätze zum arglistigen Verschweigen bedeutsam.21 Nach diesen Grundsätzen müssen nur solche Umstände offen gelegt werden, die für die Entscheidung des Käufers erkennbar von Bedeutung sind.22 Selbst wenn man jedoch davon ausginge, dass die objektive Pflichtverletzung bei § 311a Abs. 2 BGB in der Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht läge, wäre die Übertragung der im Zusammenhang mit § 463 S. 2 BGB a. F. entwickelten Grundsätze auf § 311a Abs. 2 BGB abzulehnen. __________ 17 s. vor allem Altmeppen, DB 2001, 1399 ff.; s. dazu die Replik von Canaris, DB 2001, 1815, 1817 ff. und die Antwort darauf von Altmeppen, DB 2001, 1821, 1822 f.; s. auch Pohlmann, S. 133, 148 ff.; Wilhelm, JZ 2001, 861, 867. Lobinger, S. 296 f. schlägt sogar entgegen der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung eine teleologische Reduktion des § 311a Abs. 2 BGB dahingehend vor, dass die Haftung grundsätzlich auf das negative Interesse zu beschränken ist. Scharf kritisiert wird dies von Canaris, in: FS Heldrich, S. 11, 36 ff. 18 s. BT-Drucks. 14/6040, S. 164. 19 BT-Drucks. 14/6040, S. 165; Erman/Kindl § 311a Rn. 6; Henssler/v. Westphalen/Dedek § 311a Rn. 13; Hk-BGB/Schulze § 311a Rn. 2; MünchKommBGB/Ernst § 311a Rn. 15; Palandt/Heinrichs § 311a Rn. 7; Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 334; Dauner-Lieb/Arnold/Dötsch/Kitz, S. 35; P. Huber/Faust/Faust Kap. 7 Rn. 12; Medicus, SchuldR I, Rn. 496; Wältermann, S. 161; Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 51; ders., in: FS Heldrich, S. 11, 12, 27; ders., DB 2001, 1815, 1818; ders., JZ 2001, 499, 507; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 52; Rieble, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 137, 152; Häublein, NJW 2003, 388, 392; Schur, ZGS 2002, 243; kritisch Katzenstein, JR 2003, 447, 449. 20 Gröschler, NJW 2005, 1601, 1603. 21 Gröschler, NJW 2005, 1601, 1602. 22 BGH, Urt. v. 8.12.1989 – V ZR 246/87, BGHZ 109, 327, 330.

§ 14 Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung

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Denn wäre die Schadensersatzhaftung nach § 311a Abs. 2 BGB nur dann begründet, wenn der dem Verkäufer bekannte, unbehebbare Mangel für den Käufer erkennbar von Bedeutung ist, würde eine Haftung auf Schadensersatz statt der Leistung nach § 311a Abs. 2 BGB für dem Verkäufer bekannte, unerhebliche Mängel ausscheiden. Dies widerspricht jedoch der gesetzlichen Systematik. Aus § 311a Abs. 2 S. 3 BGB ergibt sich im Umkehrschluss, dass dem Käufer bei dem Verkäufer bekannten, unerheblichen Mängeln der kleine Schadensersatz statt der Leistung zustehen soll.

bb) Verschuldens- oder Garantiehaftung Der Gedanke der Nichterfüllung des Leistungsverprechens als Haftungsgrund findet sich im UN-Kaufrecht wieder. Dort haftet der Verkäufer ohne Verschulden allein aufgrund seines Leistungsversprechens.23 Im Übrigen sah die herrschende Meinung zum alten Recht in der Abgabe des Leistungsversprechens durch den Schuldner bei anfänglichem Unvermögen zugleich die stillschweigende Übernahme einer Garantie für das Leistungsvermögen.24 Im Rahmen der Schuldrechtsreform wurde dem Verschuldensprinzip jedoch eine „höhere rechtsethische Überzeugungskraft“ und „größere Flexibilität“ beigemessen,25 und § 311a Abs. 2 BGB wurde verschuldensabhängig ausgestaltet. Folglich ist im deutschen Recht anders als im UN-Kaufrecht ein Bezugspunkt für das Vertretenmüssen erforderlich, welcher jedoch nicht in der Nichterfüllung des Leistungsversprechens liegen kann.26 Im Fall des § 311a Abs. 2 BGB gelingt daher keine dogmatisch saubere Verbindung des aus dem UN-Kaufrecht stammenden Pflichtverletzungskonzepts mit dem Verschuldensprinzip. Vielmehr haben Haftungsbegründung und Exkulpation nach § 311a Abs. 2 S. 2 BGB verschiedene Bezüge. Während der Haftungsgrund in der Nichterfüllung des Leistungsversprechens liegt, kommt es für das Vertretenmüssen auf die Kenntnis bzw. die zu vertretende Unkenntnis des Leistungshindernisses an.27 __________ 23

s. o. § 4. s. dazu z. B. Soergel/Wolf (12. Aufl.) § 306 Rn. 26. 25 BT-Drucks. 14/6040, S. 165; ebenso Canaris, in: FS Heldrich, S. 11, 21 ff; ders., JZ 2001, 499, 506. 26 Erman/Kindl § 311a Rn. 6; s. auch P. Huber/Faust/Faust Kap. 7 Rn. 12, nach denen dem Gesetzgeber keine andere Möglichkeit blieb, als das Vertretenmüssen nicht an den Haftungsrund anknüpfen zu lassen, wenn er keine Garantiehaftung statuieren wollte. 27 Erman/Kindl § 311a Rn. 6; MünchKommBGB/Ernst § 311a Rn. 15; P. Huber/Faust/Faust Kap. 7 Rn. 12 f.; s. auch Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 102. Ausführlich Canaris, in: FS Heldrich, S. 11, 25 ff., der anschaulich zwischen Haftungsgrund und Zurechnungsprinzip unterscheidet. 24

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Die Ablehnung einer Garantiehaftung wird im Schrifttum kritisch gesehen.28 Die Vorschrift wird als „merkwürdige Melange aus Garantieversprechen und vorvertraglichem Verschulden“29 und als dogmatisch inkonsequent30 bezeichnet. Dogmatische Schwierigkeiten sind jedoch letztendlich zwingend, wenn die Haftung für anfängliche Unmöglichkeit auf das positive Interesse gerichtet und gleichzeitig verschuldensabhängig sein soll. Angesichts des Haftungsgrundes der Nichterfüllung des Leistungsversprechens ist es dogmatisch am überzeugendsten, in § 311a Abs. 2 BGB eine abgemilderte Garantiehaftung bzw. eine Garantiehaftung mit Entlastungsmöglichkeit zu sehen: Der Schuldner hat die Leistung des positiven Interesses garantiert, er ist aber kraft Gesetzes von der Haftung befreit, wenn er das Leistungshindernis nicht kannte und auch nicht hätte kennen müssen.31 Auf diese Weise kann dogmatisch sauber zwischen den beiden Ebenen des Haftungsgrundes und des Zurechnungsprinzips differenziert werden.32 Das eine Garantie beinhaltende Leistungsversprechen ist dabei der Haftungsgrund, wohingegen sich das Zurechnungsprinzip in der Entlastungs__________ 28

Ehmann/Sutschet, § 4 V 7 a, S. 122 f. v. Olshausen, ZIP 2002, 237, 239; ähnlich Katzenstein, JR 2003, 447, 450, 451. 30 Palandt/Heinrichs § 311a Rn. 7; Medicus, in: Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/ Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 3 Rn. 71; s. auch Rieble, in: DaunerLieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 137, 148, nach dem man qualitative Anforderungen an moderne Gesetze ohnehin nicht mehr hegen darf. Nach Palandt/Heinrichs § 311a Rn. 7 gab es de lege ferenda gute Gründe, die Ersatzpflicht des Schuldners auf das negative Interesse zu beschränken. Der Gesetzgeber habe sich aber entschieden und seine Entscheidung sei für den Rechtsanwender bindend. Anders aber Lobinger, S. 279 ff., der die Haftung nach § 311a Abs. 2 BGB für den Regelfall im Wege einer teleologischen Reduktion auf das negative Interesse beschränken will. 31 So auch Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 334; Schlechtriem/Schmidt-Kessel Rn. 576; P. Becker, S. 226 f.; Dauner-Lieb, Entwicklungstendenzen, S. 21; DaunerLieb/Arnold/Dötsch/Kitz, S. 35; Ehmann/Sutschet, § 4 V 7 b, S. 125; Emmerich, Leistungsstörungen, § 5 Rn. 12; Lobinger, S. 48 f.; Wältermann, S. 167 ff.; Rust, in: FS Ehmann, S. 117, 130; v. Olshausen, ZIP 2002, 237, 239; Reichenbach, Jura 2003, 512, 516, 519; Schwarze, Jura 2002, 73, 80 f.; Sutschet, NJW 2005, 1404, 1405; Pohlmann, S. 148 f. für den Fall des anfänglichen Unvermögens, jedoch ablehnend für den Fall der anfänglichen objektiven Unmöglichkeit (S. 133); im Ergebnis auch Rieble, in: DaunerLieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 137, 148, der allerdings den dogmatischen Streit um die Haftungsregelung in § 311a Abs. 2 BGB zunächst als Höhenflug bezeichnet; s. auch Schultz, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das Schuldrecht 2002, S. 17, 76; Windel, JR 2004, 265, 266; a. A. St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 28; wohl auch Henssler/v. Westphalen/Dedek § 311a Rn. 12, 17; Jud, S. 114; Hammen, in: FS Hadding, S. 41, 49 f. Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 51, hielt es zunächst zumindest für möglich, von einer „eingeschränkten“ Garantie zu sprechen. s. neuerdings ders., in: FS Heldrich, S. 11, 29: „Das Leistungsversprechen enthält eine Garantie der Leistungsfähigkeit, jedoch nur für den Fall, dass der Schuldner ihr Fehlen kannte oder in zurechenbarer, d.h. grundsätzlich fahrlässiger Weise verkannt hat.“ 32 Canaris, in: FS Heldrich, S. 11, 29. 29

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möglichkeit nach § 311a Abs. 2 S. 2 BGB wieder findet.33 Zwar wird in der Literatur gegen die dogmatische Einordnung des § 311a Abs. 2 BGB als eingeschränkte Garantiehaftung eingewendet, dass diese Deutung sich nicht ohne weiteres in das gesetzgeberische Konzept füge und vor allem auch in einem deutlichen Spannungsverhältnis zum Postulat des Gesetzgebers stehe, dass die Garantiehaftung des Schuldners bei anfänglichem Unvermögen aufgegeben werde, weil sich das Verschuldensprinzip durch höhere rechtsethische Überzeugungskraft auszeichne. Trotz dieser Bedenken wird aber gleichzeitig zugegeben, dass § 311a Abs. 2 BGB jedenfalls gegenüber der allgemeinen Haftungsregel des § 280 BGB eine atypische Struktur aufweise, die einer Garantiehaftung deutlich näher stehe.34 Diese Nähe zeigt sich auch in der Erklärung, dass die Entscheidung des Gesetzgebers, den Schuldner einer anfänglich unmöglichen oder unzumutbaren Leistung auf das positive Interesse haften zu lassen, auf einer Risikoverteilung basiere.35

c) Positive Kenntnis Der Verkäufer haftet nach § 311a Abs. 2 BGB, wenn er den Mangel und dessen Unbehebbarkeit bei Vertragsschluss positiv kannte36 und zwar auch dann, wenn bezüglich des Mangels keine Offenbarungspflicht bestand und deshalb nach altem Recht keine Arglist und folglich auch keine Haftung nach § 463 S. 2 BGB a. F. begründet gewesen wäre.37

d) Zu vertretende Unkenntnis Kannte der Schuldner den Mangel und dessen Unbehebbarkeit nicht, richtet sich das Vertretenmüssen seiner Unkenntnis nach den §§ 276 ff. BGB.38 Da § 311a Abs. 2 S. 2 BGB schon den Fall der positiven Kenntnis des Schuldners erfasst, ist die Haftung für Vorsatz nach § 276 Abs. 1 S. 1 BGB nicht rele__________ 33 Anders formuliert dies jedoch Canaris, in: FS Heldrich, S. 11, 31, nach dem die Haftung aus einer Garantie auch von Verschulden abhängen kann. 34 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 311a Rn. 6. 35 Staudinger/Löwisch § 311a Rn. 34. 36 MünchKommBGB/Ernst § 311a Rn. 47. 37 Ehmann/Sutschet, JZ 2004, 62, 66. 38 OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.9.2004 – 8 U 97/04, NJW 2004, 989, 990; Erman/Kindl § 311a Rn. 7; Hk-BGB/Schulze § 311a Rn. 6; Jauernig/Stadler § 311a Rn. 7; MünchKommBGB/Ernst § 311a Rn. 50; Palandt/Heinrichs § 311a Rn. 9; Emmerich, Leistungsstörungen, § 5 Rn. 14.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

vant.39 Somit kommt es in erster Linie darauf an, ob der Schuldner nach § 276 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB fahrlässig gehandelt hat. Auch wenn man, wie hier vertreten, § 311a Abs. 2 BGB als Garantiehaftung mit Entlastungsmöglichkeit auffasst, sind damit für die Entlastung des Schuldners Sorgfalts- und Verschuldenskriterien maßgeblich. Während ein Rückgriff auf solche Kriterien im Rahmen der Prüfung des Befreiungstatbestandes nach Art. 79 Abs. 1 CISG zu vermeiden ist,40 ist es in § 311a Abs. 2 S. 2 BGB aufgrund des Willens des Gesetzgebers, die Vorschrift verschuldensabhängig auszugestalten, gesetzlich vorgesehen. Die Anforderungen an die vom Schuldner zu beachtende Sorgfalt hängen von den Umständen des Einzelfalls ab.41

aa) Haftung „für die Zulänglichkeit des eigenen Geschäftskreises“ Es wird vertreten, dass man vorvertragliche Pflichten des Schuldners zur Vergewisserung über seine eigene Leistungsfähigkeit in relativ weitem Umfang werde annehmen können, weil und soweit Umstände betroffen seien, die ausschließlich in seiner Einflusssphäre lägen.42 Es mache einen Unterschied, ob es sich im Einzelfall um objektive, für den Schuldner nur schwer erkennbare Leistungshindernisse aus einer von ihm nicht beherrschbaren Sphäre handele oder um Leistungshindernisse, die mit seiner Person sowie mit seinen Möglichkeiten und Fähigkeiten zusammenhingen.43 Aufgrund dieser Erwägungen wird festgestellt, dass die Haftung nach § 311a Abs. 2 BGB in die Nähe einer Haftung „für die Zulänglichkeit des eigenen Geschäftskreises“ rücke, wie sie z. B. Larenz44 bereits zum alten Recht postuliert hatte.45 Zum Teil wird zumindest für das anfängliche Unvermögen, teilweise aber auch für die anfängliche objektive Unmöglichkeit ausdrücklich eine Anknüpfung an die Haftung „für die Zulänglichkeit des eigenen Geschäftskreises“ verlangt, um der besonderen Bedeutung des § 311a Abs. 2 S. 2 BGB als Entlastungsgrund im Rahmen einer Garantiehaftung Rechnung zu tragen.46

__________ 39

MünchKommBGB/Ernst § 311a Rn. 50. s. o. § 5 I. 2. b) bb) (3). 41 OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.9.2004 – 8 U 97/04, NJW 2004, 989, 990; Erman/Kindl § 311a Rn. 7; MünchKommBGB/Ernst § 311a Rn. 51; Palandt/Heinrichs § 311a Rn. 9. 42 St. Lorenz/Riehm Rn. 333. 43 Emmerich, Leistungsstörungen, § 5 Rn. 17. 44 Larenz § 8 II, S. 102 f. 45 St. Lorenz/Riehm Rn. 337. 46 Windel, JR 2004, 265, 267. 40

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In diesem Zusammenhang bietet sich ein Vergleich mit Art. 79 CISG an, der nach überwiegender Ansicht auch auf den Fall der anfänglichen Unmöglichkeit anwendbar ist.47 Für eine Entlastung nach Art. 79 Abs. 1 CISG muss die Nichterfüllung zunächst auf einem außerhalb des Einflussbereichs des Schuldners liegenden Hinderungsgrund beruhen. Zudem setzt Art. 79 Abs. 1 CISG voraus, dass von dem Schuldner vernünftigerweise nicht erwartet werden konnte, den Hinderungsgrund bei Vertragsabschluss in Betracht zu ziehen oder den Hinderungsgrund oder seine Folgen zu vermeiden oder zu überwinden. Die nach Art. 79 Abs. 1 CISG erforderliche Unvorhersehbarkeit liegt vor, wenn das Leistungshindernis für eine verständige Vertragspartei bei objektiver Betrachtung nicht erkennbar bzw. nicht abzusehen war.48 Ein Unterschied zu der nicht zu vertretenden Unkenntnis des Schuldners nach § 311a Abs. 2 S. 2 BGB liegt also darin, dass die Unvorhersehbarkeit objektiv zu beurteilen ist. Eine Parallele zwischen den Merkmalen liegt nur insoweit vor, als beide auf die Erkennbarkeit des Leistungshindernisses abstellen. Herauszustellen ist, dass im Rahmen des Art. 79 Abs. 1 CISG zunächst ein Hinderungsgrund außerhalb des Einflussbereichs des Schuldners gegeben sein muss und anschließend zu prüfen ist, ob dieser objektiv unvorhersehbar war. Dass ein für den Schuldner unbeherrschbarer Hinderungsgrund vorliegt, bedeutet im UN-Kaufrecht also nicht zugleich, dass dieser nicht vorhersehbar war. Liegt ein für den Schuldner beherrschbarer Hinderungsgrund vor, kommt es auf das Merkmal der Unvorhersehbarkeit nach Art. 79 Abs. 1 CISG nicht mehr an, weil der Schuldner für diesen Hinderungsgrund ohne weiteres einstehen muss. Etwas anderes würde jedoch bei einer Heranziehung der Grundsätze der Haftung „für die Zulänglichkeit des eigenen Geschäftskreises“ im Rahmen des § 311a Abs. 2 S. 2 BGB gelten. Hier würden sich die an den Schuldner zu stellenden Sorgfaltsanforderungen danach richten, ob der Hinderungsgrund innerhalb oder außerhalb des Geschäftskreises des Schuldners liegt. Während im UN-Kaufrecht bei einem außerhalb des Einflussbereichs des Schuldners liegenden Hinderungsgrund nach der objektiven Vorhersehbarkeit dieses Hinderungsgrundes gefragt wird, würde man im Rahmen des § 311a Abs. 2 S. 2 BGB unter Heranziehung der Grundsätze der Haftung „für die Zulänglichkeit des __________ 47 Secretariat Commentary O.R. Art. 65 (Art. 79) Anm. 4; Bamberger/Roth/Saenger Art. 79 Rn. 3; Enderlein/Maskow/Strohbach Art. 79 Anm. 5.2; MünchKommBGB/P. Huber Art. 79 Rn. 8; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 12 f.; Staudinger/Magnus Art. 79 Rn. 33; Plate, S. 46; a. A. Bianca/Bonell/Tallon Art. 79 Anm. 2.4.3. Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 13 weisen darauf hin, dass sich das Problem aus deutscher Sicht weitgehend erledigt habe, da das BGB nun bei anfänglicher Unmöglichkeit nicht mehr die Nichtigkeit des Vertrags anordne (so aber noch § 306 BGB a. F.), sondern bei Erkennbarkeit eine Schadensersatzhaftung vorsehe. Schadensersatzansprüche nach § 311a Abs. 2 BGB würden in jedem Fall durch das CISG verdrängt. 48 MünchKommBGB/P. Huber Art. 79 Rn. 8; Staudinger/Magnus Art. 79 Rn. 32.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

eigenen Geschäftskreises“ bei einem außerhalb des Geschäftskreises liegenden Hinderungsgrund in der Regel aufgrund geringerer Sorgfaltsanforderungen darauf schließen, dass der Schuldner diesen nicht hätte kennen müssen. Die Haftung „für die Zulänglichkeit des eigenen Geschäftskreises“ mag in ihrer Grundtendenz im Rahmen des § 311a Abs. 2 S. 2 BGB herangezogen werden können. So werden die Sorgfaltsanforderungen innerhalb des eigenen Geschäftskreises weiter reichen als außerhalb des eigenen Geschäftskreises. Angesichts der Wertung im UN-Kaufrecht, dass es für eine Entlastung des Schuldners nach Art. 79 Abs. 1 CISG bei außerhalb seines Einflussbereichs liegenden Hinderungsgründen zusätzlich noch auf die objektive Unvorhersehbarkeit des jeweiligen Hindernisses ankommt, ist es auch im Rahmen des § 311a Abs. 2 S. 2 BGB vorzugswürdig, anstelle einer schematischen Wertung auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen.

bb) Untersuchungspflichten des Verkäufers Eine Pflicht des Schuldners, sich vor Vertragsschluss über die eigene Leistungsfähigkeit zu vergewissern, ist bei Zweifeln des Schuldners an seiner Leistungsfähigkeit oder bei einem die Leistungsfähigkeit gefährdenden Vorverhalten anzunehmen.49 Dies gilt grundsätzlich auch für den Verkäufer. Hinsichtlich der Sorgfaltsanforderungen, die an einen Verkäufer zu stellen sind, kommt es darauf an, ob diesem vor oder bei Vertragsschluss die Pflicht zur Untersuchung der Kaufsache oblag und ob er den Mangel und dessen Unbehebbarkeit bei der Untersuchung hätte erkennen können. Die Frage nach den dem Verkäufer obliegenden Untersuchungspflichten stellt sich insbesondere im Fall des Zwischenhändlers.50 Zu Recht wird davor gewarnt, erhöhte Untersuchungspflichten des Verkäufers mit der Begründung anzunehmen, dass er sich seiner Leistungsfähigkeit vergewissern müsse, bevor er etwas verspreche. Denn der Gesetzgeber hat sich bewusst gegen eine Garantiehaftung in den Fällen eines anfänglichen Leistungshindernisses entschieden.51

__________ 49

AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 311a Rn. 19; Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 334 f. Ehmann/Sutschet, § 7 VII 1 b (1), S. 208; Windel, JR 2004, 265, 268; s. auch Ehmann/Sutschet, JZ 2004, 62, 66. 51 P. Huber/Faust/P. Huber Kap. 13 Rn. 117. 50

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(1) Untersuchungspflichten des Verkäufers im Allgemeinen Untersuchungspflichten des Verkäufers haben im alten Recht im Rahmen der positiven Forderungsverletzung eine Rolle gespielt. Im neuen Recht finden sich in erster Linie im Zusammenhang mit der Haftung nach §§ 280 ff. BGB Ausführungen über Untersuchungspflichten des Verkäufers. Zu differenzieren ist danach, ob der Verkäufer als Zwischenhändler fungiert oder Hersteller der Ware ist.52

(a) Zwischenhändler Die Rechtsprechung zur positiven Forderungsverletzung nach altem Schuldrecht lehnte es ab, dem Verkäufer als Händler eine allgemeine Pflicht aufzuerlegen, die Ware vor Weiterlieferung an den Abnehmer auf Herstellungsfehler zu untersuchen.53 Nach der Literatur bietet die Erstreckung der Verschuldenshaftung auf den „eigentlichen Mangelschaden“ keinen Anlass, hieran etwas zu ändern.54 Vielmehr wird auf die Gefahr hingewiesen, dass die flexible Haftungsbegründung, der Verkäufer hätte den Mangel kennen müssen, durch Unterstellung von Prüfungs- und Untersuchungspflichten fast nach Belieben gedehnt werden könne.55 Nach allgemeiner Meinung trifft daher den Händler auch nach neuem Recht grundsätzlich keine Untersuchungspflicht.56 Nach der __________ 52 Gem. § 651 S. 1 BGB finden auf einen Vertrag, der die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen zum Gegenstand hat (Werklieferungsvertrag), die Vorschriften über den Kauf Anwendung. 53 s. nur BGH, Urt. v. 25.9.1968 – VIII ZR 108/66, NJW 1968, 2238, 2239; Urt. v. 16.6.1971 – VIII ZR 69/70, WM 1971, 1121, 1122 f.; Urt. v. 10.11.1976 – VIII ZR 112/75, WM 1977, 220; Urt. v. 11.6.1979 – VIII ZR 224/78, BGHZ 74, 383, 388 f.; Urt. v. 18.2.1981 – VIII ZR 14/80, NJW 1981, 1269, 1270. 54 U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1188; s. auch Dauner-Lieb/Dötsch, DB 2001, 2535, 2536; Schubel/T. Koch, DB 2004, 119, 120. 55 Stoll, JZ 2001, 589, 597. 56 OLG Karlsruhe, Urt. v. 2.9.2004 – 12 U 144/04, ZGS 2004, 432, 434; AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 35; AnwKomBGB/Büdenbender § 437 Rn. 62; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 82; Erman/H. P. Westermann § 280 Rn. 16; Erman/Grunewald § 433 Rn. 28; Henssler/v. Westphalen/v. Westphalen § 434 Rn. 75; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 28; Palandt/Heinrichs § 280 Rn. 19; Palandt/Putzo § 433 Rn. 31; Staudinger/Beckmann § 433 Rn. 103, 105; Staudinger/Eckpfeiler/Beckmann S. 548 f.; Oetker/Maultzsch, S. 121; Sailer, S. 46 f.; Reinicke/Tiedtke Rn. 567; U. Huber, in: FS Schlechtriem, S. 521, 528 Fn. 13; Rust, in: FS Ehmann, S. 117, 129; Ehmann/Sutschet, JZ 2004, 62, 66, 71; Brüggemeier, WM 2002, 1376, 1382; Leenen, DStR 2002, 34, 37; St. Lorenz, ZGS 2004, 408, 410; Stoppel, ZGS 2006, 49, 50; v. Wilmowsky, JuS Beilage 1/2002, 3, 20; Windel, JR 2004, 265, 268; s.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Regierungsbegründung kann die Frage, wie weit die in dieser Hinsicht im Verkehr erforderliche Sorgfalt reicht, nicht für alle Arten von Kaufverträgen gleich beantwortet werden. Von einem privaten Verkäufer zum einen und einem gewerblichen Verkäufer, der mit industriell hergestellten Massenartikeln handele, zum anderen könne nicht stets erwartet werden, dass er seine Waren auf Konstruktions- und Fertigungsmängel untersucht.57 Anderes könne bei hochwertigen oder fehleranfälligen Produkten gelten oder – in Anlehnung an die Rechtsprechung zum alten Recht58 – bei besonderer Sachkunde des Verkäufers.59 Einen Sonderfall sieht die Regierungsbegründung in dem Verkauf gebrauchter Kraftfahrzeuge. Habe der Händler keine eigene Werkstatt, könne der Käufer regelmäßig nur eine Überprüfung auf leicht erkennbare Mängel erwarten. Betreibe der Verkäufer eine Werkstatt, werde zu seinen Sorgfaltspflichten eine eingehendere Untersuchung gehören.60 In der Literatur wird auf die Unverbindlichkeit dieser Ausführungen hingewiesen.61 Kritisch wird bemerkt, dass diese Ausführungen besser hätten unterbleiben sollen, da sie auf einer Verallgemeinerung von Entscheidungen beruhten, die sich im Wesentlichen auf den Autokauf bezögen.62 Dennoch werden aus der Regierungsbegründung teilweise folgende Kriterien für die Bestimmung der Reichweite der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt __________ auch Finkenauer, WM 2003, 665, 668 f.; kritisch aber Emmerich, Leistungsstörungen, § 21 Rn. 19. 57 BT-Drucks. 14/6040, S. 210; ebenso Hk-BGB/Schulze § 276 Rn. 14; Buck, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das neue Schuldrecht 2002, S. 105, 152 f.; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 227 f.; Heinrichs, in: FS Schlechtriem, S. 503, 517; Windel, JR 2004, 265, 268 (insbesondere nicht, wenn die Ware original verpackt verkauft zu werden pflegt.). 58 BGH, Urt. v. 11.6.1979 – VIII ZR 224/78, BGHZ 74, 383, 392 zum Gebrauchtwagenkauf. 59 BT-Drucks. 14/6040, S. 210; ebenso Palandt/Heinrichs § 280 Rn. 19; Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 336 f.; Gursky, S. 29 (wenn es sich um einen Fachhändler handelt); Medicus, SchuldR II, Rn. 72; Reinicke/Tiedtke Rn. 567; Buck, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das neue Schuldrecht 2002, S. 105, 152 f.; Haas, in: ders./Medicus/ Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 45, 227; Windel, JR 2004, 265, 268. Nach v. Wilmowsky, JuS Beilage 1/2002, 3, 20, kann der Verkäufer zur Untersuchung der Sache verpflichtet sein, wenn er mit einer besonderen Sachkunde wirbt. 60 BT-Drucks. 14/6040, S. 210; ebenso Hk-BGB/Schulze § 276 Rn. 14; Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 296; Reinicke/Tiedtke Rn. 567; Buck, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das neue Schuldrecht 2002, S. 105, 152 f.; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/ Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 227. Kritisch aber Windel, JR 2004, 265, 268, da hierdurch der seriöse gegenüber dem unseriösen Händler benachteiligt würde. 61 U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1188 Fn. 89. 62 U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1188 Fn. 89. Einen Überblick über die bisherige Rechtsprechung bietet Stoppel, ZGS 2006, 49 ff.

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des Händlers abgeleitet: die Untersuchungsmöglichkeiten des Verkäufers; die Chance, bei einer dem Verkäufer zumutbaren Untersuchung den betreffenden Mangel zu erkennen; die typische Fehleranfälligkeit der Kaufsache (z. B. bei gebrauchten Sachen) sowie die berechtigten Erwartungen des Käufers (z. B. bei besonders hochwertigen Sachen).63 Als weitere Kriterien werden in der Literatur eine weniger verlässliche Herkunft der Ware sowie ein relativ hohes Schadens- bzw. Gefährdungspotential angeführt.64 Teilweise wird auch wie im alten Recht65 der Grundsatz formuliert, dass den Händler abgesehen von dem Fall besonderer Sachkunde seinerseits eine Untersuchungspflicht ausnahmsweise dann treffe, wenn Verdachtsmomente dafür bestünden, dass die Kaufsache mit Mängeln behaftet sein könne, z. B. weil bereits Schadensfälle bei der Verwendung des Produkts eingetreten seien oder andere Umstände eine Überprüfung nahe legten.66 So hat das OLG Köln in einer Entscheidung zum neuen Recht eine Untersuchungspflicht des Verkäufers mangels konkreter Anhaltspunkte für das Vorliegen von Mängeln verneint.67 Das oben genannte Kriterium der typischen Fehleranfälligkeit ist eine Kronkretisierung dieses Grundsatzes. Gleiches gilt für das Kriterium der weniger verlässlichen Herkunft der Ware. Dagegen werden bei hochwertigen Produkten grundsätzlich keine Verdachtsmomente für die Mangelhaftigkeit der Sache bestehen. Von diesem Kriterium wird also eine Fallgruppe erfasst, welche nicht __________ 63 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 82; P. Huber/Faust/P. Huber Kap. 13 Rn. 114; ebenso AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 35; zustimmend Schubel/T. Koch, DB 2004, 119, 122. 64 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 35; Staudinger/Beckmann § 433 Rn. 103; Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 337; Oetker/Maultzsch, S. 121; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 45. 65 Zum Gebrauchtwagenkauf s. BGH, Urt. v. 11.6.1979 – VIII ZR 224/78, BGHZ 74, 383, 388 f.; Urt. v. 14.3.1979 – VIII ZR 129/78, NJW 1979, 1707; Urt. v. 11.2.2004 – VIII ZR 386/02, NJW 2004, 1032, 1033. Allgemein Erman/Grunewald (10. Aufl.) § 460 Rn. 11; Soergel/U. Huber (12. Aufl.) Anh § 463 Rn. 17. 66 Erman/Grunewald § 433 Rn. 28; Henssler/v. Westphalen/v. Westphalen § 434 Rn. 77; Emmerich, SchuldR BT, § 4 Rn. 53; Oetker/Maultzsch, S. 121; Rust, in: FS Ehmann, S. 117, 129; Ehmann/Sutschet, JZ 2004, 62, 71; im Ergebnis auch Staudinger/Beckmann § 433 Rn. 103, die darauf abstellen, ob der Verkäufer Anlass hat, der Güte der Ware zu misstrauen; ähnlich AnwKomBGB/Büdenbender § 437 Rn. 62, nach dem sich das Bestehen eines Mangels als Möglichkeit aufdrängen muss. s. dazu auch BGH, Urt. v. 22.6.2005 – VIII ZR 281/04, ZGS 2005, 348, 351, nach dem der Beklagte zur Untersuchung des mangelhaften Hundes im Wege einer Röntgendiagnostik ohne greifbare Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer solchen Röntgendiagnostik nicht verpflichtet war. Anders aber Windel, JR 2004, 265, 269: „In Wahrheit dürfte in den einschlägigen Fällen die Haftung nicht auf einer selbständig formulierbaren Pflicht, sondern darauf beruhen, dass sich der Verkäufer der Einsicht in die Mangelhaftigkeit schuldhaft verschlossen hat.“ 67 OLG Köln, Urt. v. 21.12.2005 – 11 U 46/05, ZGS 2006, 77, 78.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

unter den alten Grundsatz fällt. Die aus der Regierungsbegründung abgeleiteten Kriterien zur Bestimmung der an den Händler zu stellenden Sorgfaltsanforderungen sind daher weiter reichend als im alten Recht. Es bleibt abzuwarten, wie die Rechtsprechung ihre zum alten Recht – und dort meist zum Gebrauchtwagenkauf – entwickelten Grundsätze auf das neue Recht überträgt. Regelmäßig wird es auf die besonderen Umstände des Einzelfalls ankommen. Zudem kann eine Untersuchungspflicht auch aufgrund einer Vereinbarung der Parteien, einer Verkehrssitte oder eines Handelsbrauchs bestehen.68

(b) Hersteller Beim Hersteller ist zwischen Untersuchungspflichten bezüglich eines von einem Zulieferer bezogenen Vorproduktes, welches er bei der Herstellung verwendet, und Untersuchungspflichten bezüglich des von ihm hergestellten Endproduktes zu unterscheiden. Bezüglich des Endproduktes kann eine grundsätzliche Untersuchungspflicht des Herstellers bejaht werden.69 Es werden zumindest stichprobenweise Ausgangskontrollen verlangt. 70 Als Kriterien für die Bestimmung, in welchem Umfang Kontrollen durchzuführen sind, werden z. B. die Fehleranfälligkeit der Ware sowie die von einem Mangel ausgehenden Risiken genannt.71 Auch dafür, inwieweit die im Verkehr erforderliche Sorgfalt es im Einzelfall gebietet, bei der Herstellung zu verwendende Vorprodukte auf Mängel hin zu untersuchen, werden diese Kriterien herangezogen. Ferner soll eine Rolle spielen, welche vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Hersteller und dem Vorlieferanten im Hinblick auf Qualitätsstandards und die Vornahme von Kontrollen bestehen.72 Insgesamt wird sich der Hersteller schwerer entlasten können als der Händler.

__________ 68 BGH, Urt. v. 18.6.1969 – VIII ZR 148/67, NJW 1969, 1708, 1710 (Vereinbarung); Urt. v. 25.9.1968 – VIII ZR 108/66, WM 1968, 1249, 1250 (Verkehrssitte); Urt. v. 16.3.1977 – VIII ZR 283/75, WM 1977, 584, 586 (Handelsbrauch); Staudinger/Beckmann § 437 Rn. 103; Emmerich, Leistungsstörungen, § 21 Rn. 18. 69 Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 336; s. auch Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 296. 70 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 82; Reinicke/Tiedtke Rn. 567. 71 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 82. 72 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 80.

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(2) Übertragung der allgemeinen Grundsätze auf § 311a Abs. 2 S. 2 BGB Fraglich ist, ob sich die hinsichtlich der Haftung nach §§ 280 ff. BGB formulierten Grundsätze über die Untersuchungspflichten eines Verkäufers ohne weiteres auf die Haftung nach § 311a Abs. 2 BGB übertragen lassen.73 Es wird vertreten, dass sich die auch durch die bisherige Rechtsprechung geprägte Haftungsbegrenzung, wonach der Verkäufer in der Regel nicht zur Prüfung und Untersuchung der Ware verpflichtet sei, bei anfänglichen Mängeln nicht auswirke. Der haftungsbegründende Sorgfaltsverstoß liege in der Abgabe eines Leistungsversprechens trotz fehlender Vergewisserung über die eigene Leistungsfähigkeit. Habe der Verkäufer bei Vertragsschluss erklärt, die Sache habe eine bestimmte Beschaffenheit oder eigne sich für einen bestimmten Zweck, so müsse er dafür einstehen. Wenn aus der Vertragswidrigkeit der Ware ein Schaden entstehe, könne der Verkäufer sich nicht durch das Vorbringen entlasten, er sei nicht zur Untersuchung der Ware verpflichtet, denn er habe bereits durch sein fahrlässig abgegebenes Leistungsversprechen seine Sorgfaltspflichten verletzt und damit die Schlechtlieferung zu vertreten.74 Hiergegen ist jedoch einzuwenden, dass die Beantwortung der Frage, ob der Verkäufer sein Leistungsversprechen fahrlässig abgegeben hat, gerade davon abhängt, inwieweit er ihm obliegende Informations- und Untersuchungspflichten verletzt hat. Insgesamt ist auch bei der Haftung nach § 311a Abs. 2 BGB davon auszugehen, dass den Händler eine Untersuchungspflicht nur in den oben genannten Ausnahmefällen trifft.75 Bei der Übertragung der Grundsätze über die Untersuchungspflichten eines Verkäufers ist aber zum einen zu beachten, dass es anders als bei der Haftung nach §§ 280 ff. BGB bei der Haftung nach § 311a Abs. 2 BGB auf die im Verkehr erforderliche Sorgfalt zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ankommt. Schließt der Verkäufer den Kaufvertrag ab, bevor er die Ware von seinem Zulieferer erhält oder bevor er die Ware herstellt, werden ihn eher Informationspflichten als Untersuchungspflichten treffen. Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass es bei der Haftung nach § 311a Abs. 2 BGB meist um die Untersuchungspflichten des Verkäufers bei einem Spezieskauf, nicht aber um Untersuchungspflichten bei einem Kauf von Massenware gehen wird. Grund dafür ist, dass ein anfänglich unbehebbarer Mangel nur dann vor__________ 73

Z. B. Hampel, JuS 2003, 465, 467 und Windel, JR 2004, 265, 268, übertragen die Grundsätze zur Untersuchungspflicht des Verkäufers auf § 311a Abs. 2 S. 2 BGB, ohne dies zu problematisieren. 74 Sailer, S. 45. 75 So nimmt z. B. Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 249 an, dass in dem Fall, in dem der Verkäufer ein Autohändler mit Werkstatt gewesen sei, dieser seine Unkenntnis wohl zu vertreten hätte, wenn er den Schaden nicht gekannt habe.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

liegt, wenn sämtliche denkbare Arten der Nacherfüllung (§ 439 BGB) nach § 275 BGB ausgeschlossen sind,76 bei einem Kauf von mangelhafter Massenware aber meist noch eine Ersatzlieferung möglich sein wird. Scheidet eine Ersatzlieferung aus, etwa weil das Produkt an sich für die im Vertrag vorausgesetzte Verwendung ungeeignet ist (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB) und daher die gesamte Gattung an dem Mangel leidet, so ist zu fragen, inwieweit der Verkäufer sich über das entsprechende Produkt informieren musste. Auf Untersuchungspflichten des Verkäufers kommt es in diesem Fall nicht an. Die Verletzung von Untersuchungspflichten wird daher bei § 311a Abs. 2 S. 2 BGB keine große Rolle spielen. Zu beachten ist ferner, dass die Verletzung einer dem Verkäufer obliegenden Untersuchungspflicht zunächst nur zu der Feststellung führen kann, dass der Verkäufer den Mangel hätte kennen müssen. Es wurde jedoch bereits ausgeführt, dass die fahrlässige Unkenntnis des Verkäufers von dem Mangel für eine Haftung nach § 311a Abs. 2 BGB nicht ausreicht, sondern der Verkäufer auch die Unbehebbarkeit des Mangels hätte kennen müssen.77 Es sind daher Fälle denkbar, in denen der Verkäufer zwar aufgrund von Untersuchungspflichten den Mangel hätte kennen müssen, in denen er aber die Unbehebbarkeit des Mangels nicht hätte kennen müssen. Auch wenn dies nur selten der Fall sein dürfte, kann dennoch nicht ohne weiteres von der fahrlässigen Unkenntnis bezüglich des Mangels auf eine fahrlässige Unkenntnis bezüglich dessen Unbehebbarkeit geschlossen werden. Vielmehr ist Letztere gesondert zu begründen.

cc) Zurechnung Dritter Weitgehend Einigkeit besteht darüber, dass dem Schuldner die Kenntnis Dritter, die zur Sicherstellung hinreichender Kenntnis bezüglich der Leistungsfähigkeit eingeschaltet worden sind, nach § 278 BGB zuzurechnen ist.78 Dies wird damit begründet, dass es sich um die Zurechnung der Verletzung vorvertraglicher Pflichten handele.79 Ob der Schuldner seine Unkenntnis aufgrund von Fahrlässigkeit zu vertreten hat, wird in der Tat davon abhängig gemacht, ob dieser vorvertragliche Pflichten zur Vergewisserung über seine Leistungsfähig__________ 76

Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 102; Windel, JR 2004, 265, 268. s. o. § 14 I. 1. a). 78 Erman/Kindl § 311a Rn. 7; Jauernig/Stadler § 311a Rn. 7; MünchKommBGB/Ernst § 311a Rn. 60; Palandt/Heinrichs § 311a Rn. 9; Emmerich, Leistungsstörungen, § 5 Rn. 15, der allerdings unpräzise von „Verhandlungsgehilfen“ spricht, deren Kenntnis oder Kennenmüssen aber nach § 166 BGB analog zuzurechnen ist. 79 Erman/Kindl § 311a Rn. 7. 77

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keit verletzt hat. Setzt der Schuldner eine Hilfsperson zur Erfüllung dieser Pflichten ein, so scheint § 278 BGB direkt anwendbar zu sein. Problematisch ist in dogmatischer Hinsicht allerdings, dass die Verletzung vorvertraglicher Pflichten gerade nicht Haftungsgrund des § 311a Abs. 2 BGB ist. Nach § 278 BGB wird dem Verkäufer in diesem Fall also nicht das Verschulden der Hilfsperson hinsichtlich der haftungsbegründenden Pflichtverletzung zugerechnet, sondern hinsichtlich von Pflichtverletzungen, die zu einer Negierung der Exkulpation nach § 311a Abs. 2 S. 2 BGB führen. Konsequent erscheint daher die Auffassung, nach der sich § 278 BGB auf die Exkulpation nach § 311a Abs. 2 S. 2 BGB bezieht. Es gehe darum, dass die Exkulpation nur gelinge, wenn weder der Schuldner noch die Personen, die insoweit als seine „Erfüllungsgehilfen“ zu gelten hätten, die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hätten. Man könne daher die Anwendung des § 278 BGB als eine Analogie ansehen.80 Eine analoge Anwendung des § 278 BGB, die eine planwidrige Regelungslücke sowie eine vergleichbare Interessenlage voraussetzt,81 lässt sich wie folgt begründen: Da es aufgrund des dogmatischen Bruchs in § 311a Abs. 2 BGB nicht auf die Zurechnung von Verschulden Dritter in Bezug auf die haftungsbegründende Pflichtverletzung ankommt, sondern auf die Zurechnung der Kenntnis Dritter im Rahmen der Exkulpation, ist § 278 BGB nicht direkt anwendbar. Eine anderweitige gesetzliche Regelung existiert nicht. Die vorliegende Regelungslücke ist auch planwidrig, weil der Gesetzgeber die aus dem dogmatischen Bruch in § 311a Abs. 2 BGB folgende Problematik der Zurechnung der Kenntnis Dritter, die der Verkäufer zur Vergewisserung über die eigene Leistungsfähigkeit eingeschaltet hat, nicht erkannt hat. Eine vergleichbare Interessenlage besteht aus dem Grund, dass der Schuldner in dem Fall, in dem er sich durch Dritte seiner Leistungsfähigkeit versichert und sich die Vorteile einer Arbeitsteilung zunutze macht, ebenso das Personalrisiko zu tragen hat wie im Fall der Einschaltung Dritter bei der Erfüllung seiner sonstigen Pflichten. Bedient sich der Schuldner zur Sicherstellung hinreichender Kenntnis bezüglich seiner Leistungsfähigkeit Dritter, ist daher im Rahmen der Exkulpation nach § 311a Abs. 2 S. 2 BGB die Vorschrift des § 278 BGB analog anzuwenden. Die Kenntnis bzw. zu vertretende Unkenntnis von Hilfspersonen, die als Stellvertreter oder als Verhandlungsgehilfen am Vertragsschluss beteiligt waren, ist dem Verkäufer im Fall des Stellvertreters nach § 166 Abs. 1 BGB, im Fall des Verhandlungsgehilfen nach § 166 Abs. 1 BGB analog zurechenbar.82 __________ 80

MünchKommBGB/Ernst § 311a Rn. 43. Larenz/Canaris Kap. 5, 2. b, S. 202. 82 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 311a Rn. 19; Jauernig/Berger § 437 Rn. 18; MünchKommBGB/Ernst § 311a Rn. 59 f.; Staudinger/Löwisch § 311a Rn. 46; P. Huber/Faust/Faust Kap. 7 Rn. 20; St. Lorenz/Riehm Rn. 532. Dies übersieht Emmerich, 81

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Darüber hinaus kommt eine Haftung aufgrund eigenen Organisationsverschuldens des Schuldners in Betracht, beispielsweise wenn er seine Mitarbeiter nicht dahingehend instruiert hat, ihre Kenntnis bezüglich etwaiger Leistungshindernisse an ihn oder den vertragsschließenden Stellvertreter weiterzugeben.83

e) Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos Nach § 276 Abs. 1 S. 1 BGB hat der Schuldner Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos zu entnehmen ist. Fraglich ist daher, ob sich eine Haftung nach § 311a Abs. 2 BGB auch aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos ergeben kann.

aa) Übernahme einer Garantie Im Fall der anfänglichen Unmöglichkeit ist eine strengere Haftung aus dem Inhalt des Schuldverhältnisses zu entnehmen, wenn der Schuldner eine Garantie übernommen hat.84 Ein entsprechender Einstandswille ist im Wege der Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu ermitteln.85 Dies mag auf den ersten Blick verwirrend erscheinen, da bereits festgestellt worden ist, dass der Schuldner aufgrund seines Leistungsversprechens haftet und in § 311a Abs. 2 BGB eine eingeschränkte Garantiehaftung zu sehen ist. Übernimmt der Schuldner aber schon aufgrund seines Leistungsversprechens eine Garantie, fragt sich, welche Auswirkung die Übernahme einer Garantie i. S. d. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB auf __________ Leistungsstörungen, § 5 Rn. 14, nach dem die Kenntnis oder die auf Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis eines Verhandlungsgehilfen in Bezug auf das Leistungshindernis gem. § 278 BGB zuzurechnen ist. 83 MünchKommBGB/Ernst § 311a Rn. 63. 84 Henssler/v. Westphalen/Dedek § 311a Rn. 17; Hk-BGB/Schulze § 311a Rn. 6; Jauernig/Stadler § 311a Rn. 7; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 23; Brox/Walker § 4 Rn. 99; Jud, S. 114 Fn. 524; Looschelders, SchuldR AT, Rn. 660; St. Lorenz/Riehm Rn. 333, 533; Reinicke/Tiedtke Rn. 527; Schlechtriem/Schmidt-Kessel Rn. 578; Canaris, in: FS Heldrich, S. 11, 33; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 53; ders., JZ 2001, 742, 744; Maier-Reimer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 291, 304; Schultz, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das Schuldrecht 2002, S. 17, 76; Canaris, DB 2001, 1815, 1819; Kohler, AcP 205 (2005), 93, 108 Fn. 44; Sutschet, NJW 2005, 1404, 1405 f.; v. Wilmowsky, JuS Beilage 1/2002, 3, 26. 85 St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 53.

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die Haftung nach § 311a Abs. 2 BGB hat. Ihre Bedeutung liegt darin, dass der Schuldner bei Übernahme einer Garantie ohne Einschränkung haftet. Die gesetzliche Einschränkung in § 311a Abs. 2 S. 2 BGB, dass der Schuldner nicht haftet, wenn er das Leistungshindernis nicht kannte und seine Unkenntnis nicht zu vertreten hat, gilt in diesem Fall nicht. Nach der Ansicht, die in § 311a Abs. 2 BGB eine Verschuldenshaftung sieht, haftet der Schuldner aufgrund der Übernahme einer Garantie i. S. v. § 276 Abs. 1 S.1 BGB verschuldensunabhängig. Zieht man die Unterscheidung von Haftungsgrund und Zurechnungsprinzip heran, geht es hier um das Zurechnungsprinzip.86

(1) Bezugspunkt Fraglich ist, worauf sich die Garantie beziehen muss. Wohl überwiegend wird als Bezugspunkt für die Garantie die Leistungsfähigkeit des Schuldners genannt.87 In der Garantie in Bezug auf die Leistungsfähigkeit wird zu Recht ein Verzicht auf die Entlastungsmöglichkeit nach § 311a Abs. 2 S. 2 BGB gesehen, nach der der Schuldner im Fall eines nicht zu vertretenden Irrtums über seine Leistungsfähigkeit von der Haftung gem. § 311 Abs. 2 S. 1 BGB befreit ist.88 Durch die Übernahme einer Garantie in Bezug auf die Leistungsfähigkeit wird die Entlastungsmöglichkeit nach § 311a Abs. 2 S. 2 BGB folglich abbedungen.89 Sieht man § 311a Abs. 2 BGB als Garantiehaftung mit Entlas__________ 86

s. o. § 14 Fn. 27 und § 14 I. 1. b) bb). MünchKommBGB/Ernst § 311a Rn. 54 (Leistungsvermögen); Erman/Kindl § 311a Rn. 7; P. Huber/Faust/Faust Kap. 7 Rn. 22; St. Lorenz/Riehm Rn. 533; Wältermann, S. 167; s. auch Henssler/v. Westphalen/Dedek § 311a Rn. 17; Canaris, in: FS Heldrich, S. 11, 36; Kohler, AcP 205 (2005), 93, 99; anders St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 53, nach dem sich die Garantie nur darauf beziehen kann, dass der Schuldner Schadensersatz statt der Leistung auch für den Fall verspricht, dass ein anfängliches Leistungshindernis für ihn nicht erkennbar war. Nach anderer Ansicht ist die Leistungserbringung Bezugspunkt für die Garantie, s. Ehmann/Sutschet, § 4 V 7 b, S. 125; Vollkommer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 123, 128 (Garantie in Bezug auf die Leistungserbringung, nicht in Bezug auf die Unkenntnis des Leistungshindernisses); s. auch Wieser, MDR 2002, 858, 859, nach dem eine Garantie für die Leistungsfähigkeit oder die Richtigkeit des eigenen Informationsstandes nicht ausreicht, um die Ersatzpflicht nach § 311a Abs. 2 BGB zu begründen. § 311a Abs. 2 BGB lasse es aber zu, dass eine verschuldensabhängige Ersatzpflicht unmittelbar durch Vertrag begründet wird, so dass der Vertrag selbst die Anspruchsgrundlage bilde. Die Leistungserbringung als Bezugspunkt ablehnend St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 53 Fn. 169. 88 s. MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 23; Wältermann, S. 167. 89 So Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 104; P. Huber/Faust/Faust Kap. 7 Rn. 22; s. auch MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 23; Reinicke/Tiedtke Rn. 527; Sutschet, NJW 2005, 1404, 1406. 87

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tungsmöglichkeit an, so ist dies konsequent, da eine Garantie i. S. v. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB im Rahmen der Entlastungsmöglichkeit nur schwer zu verankern ist.90 Bei mangelhafter Lieferung wird es stets darum gehen, ob eine Garantie in Bezug auf die Mangelfreiheit vorliegt91 bzw. ob eine bestimmte Beschaffenheit zugesichert worden ist.92

(2) Stillschweigende Übernahme einer Garantie Fraglich ist, ob eine Garantie i. S. v. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB auch stillschweigend übernommen werden kann. In der neueren Rechtsprechung wird teilweise eine ausdrückliche vertragliche Garantieübernahme verlangt.93 Die Möglichkeit der stillschweigenden Übernahme einer Garantie wird in der Literatur mit dem Argument verneint, dass der im alten Recht bei anfänglichem Unvermögen bestehenden Hypothese, der Schuldner habe durch die Abgabe seines Leistungsversprechens stillschweigend eine Garantie für sein Leistungsvermögen übernommen, durch die Neuregelung des § 311a Abs. 2 BGB gerade der Boden entzogen werden sollte.94 Die in § 311a Abs. 2 S. 2 BGB vorgesehene Entlastungsmöglichkeit verbietet es in der Tat, allein aufgrund des Leistungsversprechens ohne weiteres von der Übernahme einer vorbehaltlosen Garantie auszugehen, da § 311a Abs. 2 S. 2 BGB sonst gegenstandslos wäre. Finden sich jedoch im Parteiwillen, auf den gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB abzustellen ist, konkrete Anhaltspunkte für die Übernahme einer Garantie, so steht auch der Umstand, dass der Gesetzgeber grundsätzlich eine verschuldensabhängige Haftung einführen wollte und § 311a Abs. 2 S. 2 BGB eine Entlastungsmöglichkeit enthält, der Annahme __________ 90

A. A. Canaris, in: FS Heldrich, S. 11, 33, nach dem diese Problematik im Rahmen der Frage des Vertretenmüssen zu thematisieren ist und der in der Haftung aufgrund „Übernahme einer Garantie“ i. S. v. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB den Gegensatz zu einer Verschuldenshaftung sieht (S. 36). A. A. auch Maier-Reimer, in: DaunerLieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 291, 304, der die Konstruktion der Abbedingung des § 311a Abs. 2 S. 2 BGB als gekünstelt ansieht. Er will den Fall der Garantieübernahme nicht nach § 311a Abs. 2 BGB, sondern nach §§ 280 Abs. 1, 3, 283, 276 BGB lösen. Dies widerspricht jedoch der gesetzlichen Systematik, nach der § 283 BGB nur für die nachträgliche Unmöglichkeit gilt. 91 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 104; Reinicke/Tiedtke Rn. 527. s. dazu aber auch St. Lorenz/Riehm Rn. 533, nach denen sich die Garantieübernahme in diesem Fall nicht direkt auf die Mängelfreiheit, sondern auf die Richtigkeit der mit der vertraglichen Verpflichtung erfolgten Erklärung der Leistungsfähigkeit bezieht. 92 s. Jauernig/Berger § 437 Rn. 18, 23; St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2502. 93 OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.9.2004 – 8 U 97/04, NJW 2004, 989, 990. 94 Bamberger/Roth/Gehrlein § 311a Rn. 8.

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einer Garantie nicht entgegen. Eine stillschweigende bzw. konkludente Garantieübernahme ist daher möglich.95 Diese bedarf jedoch einer positiven, auf konkrete Anhaltspunkte im Parteiwillen gestützten Begründung.96 Als Beispiele für solche konkreten Anhaltspunkte werden die Thematisierung der Leistungsfähigkeit in den Verhandlungen, ausdrückliche Äußerungen des Schuldners zu seiner Leistungsfähigkeit oder ein besonderes dringendes Interesse des Gläubigers an der unbedingten Verlässlichkeit der Vertragsgestaltung genannt.97

(3) Fälle des anfänglichen Unvermögens An verschiedenen Stellen ist auf die grundsätzliche Möglichkeit hingewiesen worden, die alten im Zusammenhang mit der Haftung für anfängliches Unvermögen entwickelten Grundsätze auf § 311 Abs. 2 S. 2 BGB zu übertragen. Der Gedanke, dass in dem Leistungsversprechen die Übernahme einer Garantie der gegenwärtigen eigenen Leistungsfähigkeit enthalten sei, könnte im Fall des anfänglichen Unvermögens im Rahmen der Haftung nach § 311a Abs. 2 BGB über § 276 Abs. 1 S. 1 BGB Geltung erlangen, da sich nach dieser Vorschrift eine strengere Haftung des Schuldners aus der Übernahme einer Garantie ergeben könne.98 Insbesondere für den Fall des fehlenden Eigentums wird angenommen, dass der Schuldner seine Unkenntnis hinsichtlich des Leistungshindernisses aufgrund der dem Leistungsversprechen immanenten Garantie stets zu vertreten habe. Eine Entlastung gem. § 311a Abs. 2 S. 2 BGB komme nicht in Betracht, weil der Schuldner seine Leistungsfähigkeit zu kennen habe. 99 Zu Recht wird jedoch die Übertragung der alten Grundsätze über die Haftung für anfängliches Unvermögen auf § 311a Abs. 2 S. 2 BGB abgelehnt.100 __________ 95

AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 311a Rn. 22; Erman/Kindl § 311a Rn. 7; MünchKommBGB/Ernst § 311a Rn. 54; P. Becker, S. 226. 96 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 311a Rn. 22; Palandt/Heinrichs § 311a Rn. 9; Emmerich, Leistungsstörungen, § 5 Rn. 15 (deutliche Hinweise); Wieser, MDR 2002, 858, 859 für den Fall des anfänglichen Unvermögens; s. auch Kohte/Micklitz/Rott/Tonner/Willingmann/Willingmann/Hirse § 311a Rn. 9. Allgemein zu den Anforderungen an eine Garantieübernahme s. auch St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 28. 97 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 311a Rn. 22. 98 P. Huber/Faust/Faust Kap. 7 Rn. 24 f.; Zimmer, NJW 2002, 1, 3; Wieser, MDR 2002, 858, 859. 99 Sutschet, NJW 2005, 1404, 1406 in Anlehnung an Jhering: „Wer eine Sache verkauft, muss wissen, ob sie ihm gehört.“ 100 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 311a Rn. 23; MünchKommBGB/Ernst § 311a Rn. 64; Palandt/Heinrichs § 311a Rn. 9; P. Becker, S. 224 ff.; P. Huber/Faust/Faust Kap. 7 Rn. 24 ff., insbes. Rn. 26 f.; Wieser, MDR 2002, 858, 859 f.; s. auch St. Lorenz/Riehm Rn. 337.

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Die Fälle des anfänglichen Unvermögens und der anfänglichen objektiven Unmöglichkeit sollten im Zuge der Schuldrechtsreform in gleicher Weise geregelt werden, wie insbesondere § 275 Abs. 1 BGB zeigt.101 Der Gesetzgeber hat zudem seinen Willen zum Ausdruck gebracht, dass die Haftung nach § 311a Abs. 2 BGB verschuldensabhängig sein soll.102 Es liefe damit dem Willen des Gesetzgebers zuwider, bei anfänglichem Unvermögen in dem Leistungsversprechen des Schuldners eine stillschweigende Übernahme einer Garantie in Bezug auf das Leistungsvermögen zu sehen.103 Vielmehr muss auch im Fall der anfänglichen Unmöglichkeit eine Entlastungsmöglichkeit für den Schuldner bestehen. Teilweise wird allerdings angemerkt, dass das bereits vorliegende Leistungshindernis, das für den Schuldner eigentümlich sei, sicherlich häufiger gekannt werden müsse als das externe, bereits bestehende Leistungshindernis.104 In diesem Zusammenhang sei auf die Ausführungen zur Haftung „für die Zulänglichkeit des eigenen Geschäftskreises“ verwiesen.105 Lässt man die Möglichkeit einer strengeren Haftung durch die ausdrückliche oder – bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte – schlüssige Übernahme einer Garantie zu, liest man aber eine uneingeschränkte Garantie bei anfänglichem Unvermögen nicht in jedes Leistungsversprechen hinein, so wird dadurch die Entscheidung des Gesetzgebers für das Verschuldensprinzip bzw. für eine Entlastungsmöglichkeit des Schuldners hinreichend respektiert. Eine Relativierung der eindeutigen Entscheidung des Gesetzgebers über die Fiktion einer „Garantie“ ist darin nicht zu sehen.106 __________ 101 BT-Drucks. 14/6040, S. 128. Dazu ausführlich Canaris, FS Heldrich, S. 11, 17 f. s. auch St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 28, nach dem der größte Verdienst der neuen Regelung in der Gleichstellung von anfänglicher und nachträglicher sowie subjektiver und objektiver Unmöglichkeit und der dadurch bedingten Vermeidung wertungsmäßig nicht legitimierbarer Zufallsergebnisse bestehe. 102 BT-Drucks. 14/6040, S. 165. 103 Ebenso P. Huber/Faust/Faust Kap. 7 Rn. 26. Anders aber Vollkommer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 123, 128 f. zur Haftung beim Rechtskauf: „Die Annahme einer stillschweigenden Garantie des Verkäufers für den Bestand des verkauften Rechts aufgrund des ,sonstigen Inhalts des Schuldverhältnisses‘ verstößt auch nicht gegen Grundaussagen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, sondern greift nur die in § 276 BGB neu akzentuierte gesetzliche Ermächtigung an Rechtsprechung und Lehre auf, die allgemeinen Haftungsregeln sachgerecht zu ergänzen.“ 104 Grundmann, AcP 204 (2004), 569, 585. 105 s. o. § 14 I. 1. d) aa). 106 s. dazu auch Kohler, AcP 205 (2005), 93, 99, der feststellt, dass die Unterschiede zum alten Recht sich nur einebnen würden, wenn in Fällen des § 311a Abs. 2 BGB als richtig angesehen würde, dass der Schuldner unabhängig von § 311a Abs. 2 S. 2 BGB haften könne und nicht nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände hafte, wenn und indem er Bezug auf seine bei Vertragsschluss vorliegende Leistungsfähigkeit

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bb) Übernahme eines Beschaffungsrisikos Nach überwiegender Ansicht kann sich im Rahmen des § 311a Abs. 2 BGB, insbesondere bei der Gattungsschuld, eine strengere Haftung auch aus der Übernahme eines Beschaffungsrisikos ergeben (§ 276 Abs. 1 S. 1 BGB a. E.).107 Wie durch die Übernahme einer Garantie wird § 311a Abs. 2 S. 2 BGB durch die Übernahme eines Beschaffungsrisikos abbedungen.108 Ob und in welchem Umfang der Schuldner ein Beschaffungsrisiko übernommen hat, ist gestützt auf den Inhalt des Vertrags und somit auf den Parteiwillen positiv zu begründen, wobei der Parteiwille einer gewissen Typisierung zugänglich ist. Teilweise wird vertreten, dass die Übernahme eines Beschaffungsrisikos anfängliche Leistungshindernisse nicht erfasse.109 Dem ist zumindest insoweit zu folgen, als Leistungshindernisse i. S. d. § 275 Abs. 1, 2. Fall BGB gemeint sind, also objektive Unmöglichkeit vorliegt. Es ist nämlich in der Regel anzunehmen, dass der Schuldner das Beschaffungsrisiko nicht schlechthin übernommen hat, sondern nur in Bezug auf solche Umstände, deren Überwindung objektiv möglich ist.110 Der Schuldner haftet in den Fällen anfänglicher objektiver Unmöglichkeit daher nach § 311a Abs. 2 S. 2 BGB üblicherweise nur, wenn er das Leistungshindernis bei Vertragsschluss kannte oder seine Unkenntnis zu vertreten hat. Als Beispiel ist im Bereich der qualitativen Unmöglichkeit der Fall zu nennen, dass die gesamte Gattung mangelhaft ist und die geschuldete Beschaffenheit nicht aufweist. Der Verkäufer garantiert mit Abschluss des Kaufvertrags höchstens, aus der Gattung leisten zu können, nicht dagegen, dass die gesamte Gattung eine bestimmte Beschaffenheit aufweist.111

__________ eine Garantie oder er das Beschaffungsrisiko übernehme. Kritisch aber Dauner-Lieb, in: dies./Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 3, 12. 107 Bamberger/Roth/Gehrlein § 311a Rn. 8; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 104; Henssler/v. Westphalen/Dedek § 311a Rn. 17; Hk-BGB/Schulze § 311a Rn. 6; MünchKommBGB/Ernst § 311a Rn. 55; Palandt/Heinrichs § 311a Rn. 9; Staudinger/Löwisch § 311a Rn. 47; Brox/Walker § 4 Rn. 99; Emmerich, Leistungsstörungen, § 5 Rn. 14 f.; Jud, S. 114 Fn. 524; Schlechtriem/Schmidt-Kessel Rn. 578; Canaris, in: FS Heldrich, S. 11, 33 f., 36; Kohler, AcP 205 (2005), 93, 108 Fn. 44. Auch das OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.9.2004 – 8 U 97/04, NJW 989, 990, prüft im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs aus § 311a Abs. 2 BGB, ob der Verkäufer bezüglich der vereinbarten Stückschuld ein Beschaffungsrisiko übernommen hatte. 108 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 104. 109 Jauernig/Stadler § 311a Rn. 7. 110 Jauernig/Stadler § 276 Rn. 49; P. Huber/Faust/Faust Kap. 3 Rn. 25; Medicus, SchuldR I, Rn. 349; Vollkommer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 123, 132 f. 111 St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 61; ders., NJW 2002, 2497, 2502.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Fraglich ist, ob sich damit für den Bereich des Gattungskaufs bei qualitativer Unmöglichkeit keinerlei Abweichungen von der Rechtslage beim Stückkauf ergeben.112 Zu untersuchen ist der Fall, dass der Verkäufer mangelhafte, nicht reparable Ware liefert und er schon bei Vertragsschluss nicht in der Lage gewesen ist, fehlerfreie Ware der Gattung zu beschaffen, obwohl solche am Markt existiert (anfängliche subjektive Unmöglichkeit). Hier stellt sich die Frage, ob sich das vom Schuldner beim Gattungskauf typischerweise übernommene Beschaffungsrisiko darauf beschränkt, überhaupt aus der Gattung leisten zu können, oder ob es sich auch auf die Mangelfreiheit der Kaufsache bezieht. Dies richtet sich grundsätzlich nach dem Parteiwillen, der durch Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu ermitteln ist.113 Wie bereits festgestellt, kann jedoch eine Typisierung vorgenommen werden.

(1) Übernahme des Beschaffungsrisikos in Bezug auf die Fehlerfreiheit der Ware Teilweise wird im Bereich des Gattungskaufs in der Übernahme des Beschaffungsrisikos regelmäßig zugleich die Übernahme des Risikos der Beschaffung fehlerfreier Ware gesehen.114 Danach würde der Schuldner bei mangelhafter Lieferung aufgrund der Übernahme des Beschaffungsrisikos in Bezug auf die Fehlerfreiheit der Lieferung verschuldensunabhängig haften. Begründet wird dies damit, dass der Schuldner bei der Gattungsschuld nach § 243 Abs. 1 BGB eine Sache von mittlerer Art und Güte zu leisten habe. Daher gehöre zu dem von ihm übernommenen Beschaffungsrisiko nicht nur die bloße Beschaffung der Ware, sondern grundsätzlich auch, dass die von ihm beschaffte Sache fehlerfrei sei.115 Zudem könne aus dem Blickwinkel des § 433 Abs. 1 S. 2 BGB die Übernahme eines Beschaffungsrisikos nur dahin verstanden wer__________ 112

So St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2502. St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 60 f.; s. hierzu insbesondere auch AnwKomBGB/Büdenbender § 437 Rn. 65 f. 114 So Sailer, S. 48; Canaris, DB 2001, 1815, 1816; ders., ZRP 2001, 329, 335 Fn. 37; v. Westphalen, ZIP 2002, 545, 548; ders., ZGS 2002, 154, 157 ff.; v. Wilmowsky, JuS Beilage 1/2002, 3, 24; wohl auch Regula/Kannowski, IHR 2004, 45, 50. Zurückhaltender aber v. Westphalen, BB 2005, 1, 4, wonach dies immer eine Frage der Auslegung sei. Nicht ganz eindeutig Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 43, der sich zwar in erster Linie auf den Nacherfüllungsanspruch, daneben aber auch auf die ursprüngliche mangelhafte Lieferung zu beziehen scheint; a. A. aber ders., in: FS Wiegand, S. 179, 230 f. Offen gelassen von Schlechtriem/Schmidt-Kessel Rn. 594. 115 Sailer, S. 48; Canaris, DB 2001, 1815, 1816; ders., in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 43; v. Westphalen, ZIP 2002, 545, 548; s. auch Henssler/v. Westphalen/v. Westphalen § 434 Rn. 89 f.; v. Westphalen, ZGS 2002, 154, 156; v. Wilmowsky, JuS Beilage 1/2002, 2, 24. 113

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den, dass der Verkäufer auch eine mangelfreie Sache liefere, er also auch insoweit das Haftungsrisiko übernehme. Denn es entspreche sicherlich „nie und nimmer“ dem Willen der Parteien, dass der Verkäufer schon dann das von ihm begründete „Beschaffungsrisiko“ erfülle, wenn er mangelhaft liefere, was unter dem Regime des § 434 Abs. 3 BGB die Lieferung einer anderen Sache einschließen würde.116

(2) Kritik und Diskussion Gegen diese Ansicht, die im Schrifttum überwiegend auf Ablehnung gestoßen ist,117 wird zunächst angeführt, dass „Beschaffen“ nach dem natürlichen Sprachgebrauch „Besorgen“ oder „Herbeischaffen“ bedeute, sich aber nicht ohne weiteres auf die Qualität des zu besorgenden Gegenstands beziehe. 118 Dem wird jedoch entgegengehalten, dass in § 276 Abs. 1 S. 1 BGB nicht nur von „Beschaffen“ die Rede sei, sondern von der Übernahme eines „Beschaffungsrisikos“.119 Auch wenn man den Begriff „Beschaffungsrisiko“ betrachtet, bleibt allerdings die Frage, was unter „Beschaffung“ zu verstehen ist. Dass abweichend vom natürlichen Sprachgebrauch auch die Beschaffung einer fehlerfreien Sache erfasst sein könnte, zeigt ein Blick auf das UN-Kaufrecht. Beim marktbezogenen Gattungskauf wird dort die Einstandspflicht des Verkäufers für die Beschaffung mangelfreier Waren mit dem allgemeinen Beschaffungsrisiko des Verkäufers begründet. Auf diese Weise argumentiert im Bereich des CISG auch der BGH.120 Teilweise wird befürwortet, diese Rechtsprechung auch bei der Auslegung des Begriffs der „Übernahme eines Beschaffungsrisi__________ 116

v. Westphalen, ZGS 2002, 154, 157. Ausführlich AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 34 ff., § 281 Rn. 17; dies./Dötsch, DB 2001, 2535, 2536; ebenso AnwKomBGB/Büdenbender § 437 Rn. 65 f.; Bamberger/Roth/Grüneberg § 276 Rn. 42; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 76; Erman/H. P. Westermann § 276 Rn. 20; Hk-BGB/Schulze § 276 Rn. 23; HkBGB/Saenger § 437 Rn. 12; Jauernig/Berger § 437 Rn. 25; Palandt/Heinrichs § 276 Rn. 32; P. Becker, S. 232 ff.; Dylakiewicz, S. 221; Looschelders, SchuldR AT, Rn. 539, Rn. 609; Reinicke/Tiedtke Rn. 584; Buck, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das Schuldrecht 2002, S. 105, 153; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 231; U. Huber, in: FS Schlechtriem, S. 521, 532; ders., in: FS Ulmer, S. 1165, 1191; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 61 f.; ders., ZGS 2004, 408, 410; ders., NJW 2005, 1889, 1895 Fn. 72; Vollkommer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 123, 129 f.; Leenen, DStR 2002, 34, 37. 118 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 36; dies./Dötsch, DB 2001, 2535, 2536; P. Becker, S. 234; s. auch Dylakiewicz, S. 221. 119 v. Westphalen, ZGS 2002, 154, 157. 120 BGH, Urt. v. 24.3.1999 – VIII ZR 121/98, BGHZ 141, 129, 133 f. s. dazu o. § 5 I. 2. a) aa), S. 28 f. 117

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

kos“ in § 276 Abs. 1 S. 1 BGB heranzuziehen.121 Ob dies möglich ist, ist im Folgenden noch zu diskutieren. Zunächst zeigt diese Rechtsprechung jedoch, dass mit „Beschaffung“ i. S. d. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB nicht zwingend nur die bloße Lieferung gemeint ist, sondern der Wortlaut durchaus auch offen für andere Deutungen ist. Ferner wird argumentiert, dass zum Beschaffungsrisiko nur gehöre, was der Verkäufer regelmäßig beherrschen könne, und dass es im Handelsverkehr wesentlich leichter sei, die von einer Erfüllungsverweigerung oder einem Verzug eines Zulieferanten ausgehenden Hindernisse zu überwinden, als sicherzustellen, dass die von dritter Seite bezogene Ware stets einwandfrei beschaffen sei. Auch dieses Argument begegnet jedoch angesichts des Urteils des BGH im „Rebwachs-Fall“ Zweifeln, da die Beherrschbarkeit von Mängeln im UNKaufrecht nur im Rahmen der Diskussion um die Entlastungsmöglichkeit des Schuldners bei verdeckten Mängeln und bei Entwicklungsfehlern thematisiert wird. Hält man sich die teleologische Legitimation einer Risikohaftung bei der Beschaffungsschuld vor Augen, die darin zu sehen ist, dass das Verschuldensprinzip die spezifischen Besonderheiten einer erfolgsbezogenen Beschaffungsschuld nicht angemessen zu erfassen vermag,122 so bestehen Bedenken, die Risikohaftung auch auf den Fall der Mangelhaftigkeit der Ware auszudehnen. Im Fall der Schlechtleistung besteht nämlich durchaus ein Anknüpfungspunkt für das Verschulden. Davon, dass das Verschuldensprinzip die spezifischen Besonderheiten einer mangelhaften Leistung nicht zu erfassen vermag, kann keine Rede sein. Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Schuldrechtsreform sogar eine allgemeine Haftung des Schuldners für Fahrlässigkeit bei mangelhafter Lieferung eingeführt. Überzeugend wird zudem argumentiert, dass es bei der Lieferung einer mangelhaften Sache nicht um das Risiko gehe, dass dem Verkäufer die Beschaffung einer mangelfreien Sache gelinge, sondern um das Risiko, dass er zur Erkenntnis eines verborgenen Mangels in der Lage sei.123 Einigkeit besteht darüber, dass sich in der Gesetzesbegründung keine Anhaltspunkte für eine scharfe Verkäuferhaftung, wie sie aus der Übernahme des Beschaffungsrisikos auch in Bezug auf die Fehlerfreiheit der Sache folgen würde, finden lassen.124 Insbesondere würde die Übernahme eines Beschaffungsrisikos bezüglich der Mangelfreiheit der Ware dazu führen, dass der Ver__________ 121

Schlechtriem Rn. 292. Ausführlich o. § 12 I. 2. a). 123 Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 231. 124 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 36; dies., Entwicklungstendenzen, S. 21 f.; dies./Dötsch, DB 2001, 2535, 2536; Dylakiewicz, S. 221; v. Westphalen, ZGS 2002, 154, 156. 122

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käufer auch für Mängel aus dem Bereich eines Vor- oder Zulieferanten einzustehen hätte. In der Regierungsbegründung wird jedoch einer Ausweitung der Verkäuferhaftung für Mängel aus dem Bereich eines Vor- oder Zulieferanten durch die Feststellungen entgegen gewirkt, dass dem Zwischenhändler grundsätzlich keine Untersuchungspflicht obliege und der Hersteller nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers sei.125 Dieser grundlegenden Tendenz widerspräche es, ließe man den Verkäufer für Mängel aus dem Bereich eines Vor- oder Zulieferanten aufgrund der Übernahme des Beschaffungsrisikos haften. Zudem wird in der Regierungsbegründung betont, dass die Übernahme eines Beschaffungsrisikos nicht schlechthin zu einer Garantiehaftung führe, sondern nur zu einer Haftung für die Überwindung von Beschaffungshindernissen. 126 Die Verpflichtung zur mangelfreien Leistung gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB sollte die Anbindung der Sachmängelhaftung an das allgemeine Leistungsstörungsrecht ermöglichen, jedoch nicht die Haftung des Verkäufers durch Neuzuweisung von Risiken verschärfen.127 Zu bezweifeln ist, dass § 243 Abs. 1 BGB und § 433 Abs. 1 S. 2 BGB dafür sprechen, dass sich die Übernahme des Beschaffungsrisikos nach § 276 Abs. 1 S. 1 BGB bei Gattungsschulden auch auf die Fehlerfreiheit der Sache bezieht. § 243 Abs. 1 BGB bestimmt die Qualität von Gattungsware. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB statuiert die Pflicht des Verkäufers, die Sache frei von Rechts- und Sachmängeln zu verschaffen. Beide Vorschriften bestimmen objektive Leistungspflichten des Schuldners.128 Liefert der Verkäufer mangelbehaftete Ware und nimmt der Käufer diese als Erfüllung an, so stehen dem Käufer aufgrund der Verletzung der Pflicht aus § 433 Abs. 1 S. 2 BGB die Rechtsbehelfe aus § 437 BGB zu. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB begründet sozusagen den Tatbestand, während die Schadensersatzhaftung nach § 437 Nr. 3 BGB die Rechtsfolge darstellt. Würde man die Übernahme des Beschaffungsrisikos in Bezug auf die Fehlerfreiheit der Ware mit der Begründung bejahen, dass § 433 Abs. 1 S. 2 BGB dem Verkäufer die Pflicht auferlegt, die Ware mangelfrei zu verschaffen, so würde dies im Ergebnis bedeuten, dass der Verkäufer beim Gattungskauf in der Regel allein aufgrund der objektiven Verletzung seiner Pflicht zur Beschaffung mangelfreier Ware nach § 433 Abs. 1 S. 2 BGB haftet. Dies läuft aber auf eine Garantiehaftung des Verkäufers hinaus, die dem Willen des Gesetzgebers zuwider läuft. Auch vermag das Argument, dass es sicherlich „nie und nimmer“ dem Willen der Parteien entspreche, dass der Verkäufer schon dann die Beschaffung der __________ 125

BT-Drucks. 14/6040, S. 210. BT-Drucks. 14/6040, S. 132. 127 BT-Drucks. 14/6040, S. 209; Leenen, DStR 2002, 34, 37. 128 Vollkommer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 123, 129. 126

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Ware erfülle, wenn er mangelhaft liefere, nicht zu überzeugen. Nimmt der Käufer die mangelhafte Lieferung als Erfüllung an, ist er in seinen Interessen insoweit geschützt, als ihm die Rechtsbehelfe nach § 437 Nr. 3 BGB zustehen. Insbesondere hat der Käufer bei Vorliegen eines behebbaren Mangels weiterhin das Recht, Lieferung einer fehlerfreien Sache zu verlangen (§§ 437 Nr. 3, 439, 2. Fall BGB). Dem Verkäufer steht dadurch gleichzeitig ein Recht zur zweiten Andienung zu. Aus systematischer Sicht spricht zudem das Nebeneinander der Merkmale der „Übernahme einer Garantie“ und der „Übernahme eines Beschaffungsrisikos“ in § 276 Abs. 1 S. 1 BGB gegen eine Übernahme des Beschaffungsrisikos in Bezug auf die Mangelfreiheit der Ware. Die Übernahme des Beschaffungsrisikos bedeutet zunächst, dass der Schuldner die Beschaffung des zu leistenden Gegenstandes verspricht. Würde dies darüber hinaus bedeuten, dass der Schuldner die Beschaffung eines fehlerfreien Gegenstandes verspricht, so würde dies einer „Garantie der Fehlerfreiheit“ gleichkommen.129 Dieser Fall ist jedoch durch den Tatbestand der „Übernahme einer Garantie“ in § 276 Abs. 1 S. 1 BGB eigenständig geregelt.130 Es wäre widersprüchlich, auf der einen Seite für die Übernahme einer Garantie das Vorliegen eines Garantiewillens131 zu verlangen, auf der anderen Seite aber für die Übernahme des Beschaffungsrisikos in Bezug auf die Fehlerfreiheit der Kaufsache das bloße Versprechen der Lieferung einer Gattungssache ausreichen zu lassen und einen entgegenstehenden Willen nur bei klarer Artikulation anzunehmen.132 Die Alternative der „Übernahme einer Garantie“ in § 276 Abs. 1 S. 1 BGB wäre damit teilweise gegenstandslos bzw. würde bei der Lieferung mangelhafter Gattungsware zum Regelfall erhoben, ohne dass ihre Voraussetzungen vorlägen. 133 Wortlaut, Gesetzesbegründung sowie Systematik sprechen somit dagegen, die Übernahme des Beschaffungsrisikos auch auf die Fehlerfreiheit der Sache zu beziehen. __________ 129 Ähnlich argumentiert St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 61 f. s. als Bestätigung für dieses Argument insbesondere die Formulierung von v. Wilmowsky, JuS Beilage 1/2002, 3, 24: „… da der Verkäufer gem. § 243 I nur mit einer fehlerfreien Sache erfüllen kann, wird er typischerweise in dem Gattungskaufvertrag auch die Garantie für die Fehlerfreiheit der von ihm auszusuchenden Sache übernehmen.“ 130 Dauner-Lieb, Entwicklungstendenzen, S. 22; dies./Dötsch, ZGS 2001, 2535, 2536; P. Becker, S. 234 f.; v. Westphalen/Meier-Göring, S. 41 f.; ähnlich Bamberger/ Roth/Faust § 437 Rn. 76; Buck, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das Schuldrecht 2002, S. 105, 153; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 231; s. auch Reinicke/Tiedtke Rn. 584; U. Huber, in: FS Schlechtriem, S. 521, 532 Fn. 22; ders., in: FS Ulmer, S. 1165, 1191; St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2504; ders., ZGS 2004, 408, 410. 131 s. St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2502. 132 So aber v. Wilmowsky, JuS Beilage 1/2002, 3, 24. 133 Ebenso AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 37.

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(3) Heranziehung des UN-Kaufrechts und Vergleich Dieses Ergebnis unterscheidet sich vom CISG. Aufgrund des Bestehens einer Garantiehaftung erübrigt sich im UN-Kaufrecht eine Vorschrift, nach welcher der Verkäufer bei Übernahme des Beschaffungsrisikos haftet. Der Schuldner hat ohne weiteres für die fehlende Fähigkeit zur Beschaffung der Ware einzustehen, da diese in den Einflussbereich des Schuldners fällt.134 Wie bereits angesprochen, haftet der Verkäufer aufgrund der Übernahme des allgemeinen Beschaffungsrisikos auch für die Beschaffung mangelfreier Gattungsware. Dies gilt auch, wenn die Ursache des Mangels im Bereich eines Vorlieferanten liegt. Es ist jedoch zweifelhaft, dass diese Grundsätze im Rahmen der Auslegung des § 276 Abs. 1 S. 1 BGB herangezogen werden können.135 Ein unmittelbarer Einfluss des UN-Kaufrechts auf § 276 Abs. 1 S. 1 BGB ist aufgrund der Garantiehaftung im CISG und den darauf beruhenden, vom deutschen Recht abweichenden oben beschriebenen Strukturen des Haftungssystems nicht vorhanden. Auch ein mittelbarer Einfluss über die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie liegt aufgrund der Ausklammerung der Schadensersatzhaftung aus dem Regelungsbereich der Richtlinie nicht vor. Vielmehr wollte der Gesetzgeber den hinter § 279 BGB a. F. stehenden Grundsatz in § 276 Abs. 1 S. 1 BGB in allgemeiner Form festschreiben.136 Die aus der Verknüpfung von Kaufgewährleistungsrecht und allgemeinem Leistungsstörungsrecht resultierende Frage, ob sich die Übernahme des Beschaffungsrisikos auch auf die Fehlerfreiheit der Kaufsache erstreckt, hat der Gesetzgeber nicht gesehen. Das UNKaufrecht ist daher nur im Rahmen einer vergleichenden Betrachtung zu berücksichtigen. Bei einem Vergleich von Art. 79 Abs. 1 CISG mit der Alternative der „Übernahme des Beschaffungsrisikos“ in § 276 Abs. 1 S. 1 BGB lassen sich zunächst vom Grundsatz her Ähnlichkeiten feststellen. Wie bereits ausführlich dargelegt,137 ist Art. 79 CISG Ausdruck des Prinzips der Haftungsbegrenzung nach Maßgabe des vertragsimmanenten, von den Parteien mit dem Vertragsschluss übernommenen Risikos. Vorrangig ist die vertragliche Risikoverteilung zugrunde zu legen. Bedeutung haben insbesondere vertragliche Risikoübernahmen bzw. Garantien. Subsidiär ist auf die typische Risikoverteilung abzustellen. Auch nach § 276 Abs. 1 S. 1 BGB kommt es darauf an, ob sich die Übernahme eines Beschaffungsrisikos aus dem Inhalt eines Schuldverhältnisses ergibt. Beim marktbezogenen Gattungskauf trägt sowohl nach UN-Kaufrecht __________ 134

Staudinger/Löwisch § 276 Rn. 155; s. auch BMJ, Abschlussbericht, S. 127. Dafür aber Schlechtriem Rn. 292. 136 BT-Drucks. 14/6040, S. 132. 137 s. o. § 5 I. 135

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

als auch nach deutschem Recht der Verkäufer mangels gegenteiliger Vereinbarung nach dem typischen Sinn des Vertrags das Risiko, dass ihm die Beschaffung der Ware gelingt. Angesichts dieser vergleichbaren Ausgangslage stellt sich die Frage, aus welchen Gründen das Risiko der Beschaffung fehlerfreier Ware im UNKaufrecht zum allgemeinen Beschaffungsrisiko gerechnet wird und ob diese Gründe eine solche Ansicht auch im deutschen Recht rechtfertigen könnten. Nach dem BGH ist das vertragswidrige Verhalten des oder der Vorlieferanten, wenn dies überhaupt ein Hinderungsgrund i. S. d. Art. 79 CISG darstellt, ein solcher Hinderungsgrund, den der Verkäufer nach dem Inhalt des Kaufvertrags vermeiden oder überwinden muss. So wie der Verkäufer bei Gattungsschulden dafür hafte, dass ihn sein Vorlieferant pünktlich beliefere, hafte er auch dafür, dass ihn sein Vorlieferant fehlerfrei beliefere. Das Einheitskaufrecht unterscheide insoweit nicht zwischen einer nicht rechtzeitigen Lieferung und der Lieferung einer nicht vertragsgemäßen Ware. Für beide Vertragsverletzungen gelte derselbe Haftungsmaßstab.138 Aufgrund der Anknüpfung des neuen kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts an das allgemeine Leistungsstörungsrecht könnte man argumentieren, dass auch im deutschen Recht für die nicht rechtzeitige Lieferung und die mangelhafte Lieferung derselbe Haftungsmaßstab gilt. Das Vertretenmüssen nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB richtet sich in beiden Fällen nach § 276 BGB. Allerdings stehen dem Käufer bei Verletzung der Pflicht zur mangelfreien Lieferung (§ 433 Abs. 1 S. 2 BGB) durch den Verkäufer die in § 437 BGB genannten kaufrechtlichen Rechtsbehelfe zu. Hier besteht ein Unterschied zum allgemeinen Leistungsstörungsrecht insofern, als dem Schuldner grundsätzlich durch das Recht zur zweiten Andienung die Möglichkeit zur Nachlieferung (§ 439 Abs. 1, 2. Fall BGB) gegeben wird. Damit hat der Schuldner die Chance, den Mangel der Sache zu überwinden und eine fehlerfreie Sache zu beschaffen. Vorausgesetzt, dass die mangelhafte Lieferung ein Bezugspunkt für das Vertretenmüssen im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB ist,139 wäre es widersprüchlich, den Verkäufer schon für die Lieferung der mangelhaften Ware aufgrund der Übernahme des Beschaffungsrisikos haften zu lassen, wenn dem Verkäufer durch das Gesetz noch eine zweite Chance zur Beschaffung fehlerfreier Ware eingeräumt wird. Erst wenn es dem Verkäufer nicht gelingt, innerhalb der Nachfrist Ersatz zu liefern, kann daher argumentiert werden, dass der Verkäufer aufgrund der Übernahme eines Beschaffungsrisikos für das Scheitern der Nacherfüllung haftet. Erst zu diesem Zeitpunkt besteht eine Vergleichbarkeit mit dem nach __________ 138 139

BGH, Urt. v. 24.3.1999 – VIII ZR 121/98, BGHZ 141, 129, 133 f. s. dazu u. § 14 II. 1. f).

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dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht zu beurteilenden Fall der Nichtlieferung von Gattungsware, bei dem der Schuldner nicht innerhalb der gesetzten Nachfrist liefert und aufgrund der Übernahme des Beschaffungsrisikos auf Schadensersatz statt der Leistung haftet. Die zu Art. 79 CISG entwickelten Grundsätze lassen sich daher aufgrund des Vorrangs der Nacherfüllung nicht ohne weiteres auf das deutsche Recht übertragen. Mit Blick auf das Haftungssystem des UN-Kaufrechts ist zudem festzustellen, dass die Haftung für Personenschäden nach Art. 5 CISG aus dem Regelungsbereich des UN-Kaufrechts ausgeklammert ist und sich die Schadensersatzhaftung nach Art. 74 S. 2 CISG auf vorhersehbare Schäden beschränkt. Solche, insbesondere die Haftung für Folgeschäden begrenzende Regelungen finden sich im deutschen Recht nicht,140 was vor allem hinsichtlich des Anspruchs auf Schadensersatz neben der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB von Bedeutung ist. Auch dies spricht gegen eine Übertragung der vom BGH zum UN-Kaufrecht entwickelten Grundsätze in das deutsche Recht. Eine Relativierung des Verschuldensprinzips mit Blick auf das UN-Kaufrecht ist daher in diesem Punkt abzulehnen.

(4) Übernahme des Beschaffungsrisikos in Bezug auf die Nachlieferung Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich die Übernahme eines Beschaffungsrisikos bei mangelhafter Lieferung nicht auswirkt.141 Vor der Untersuchung des Falls der anfänglichen qualitativen Unmöglichkeit ist der Grundfall zu betrachten, dass der Verkäufer im Rahmen eines Gattungskaufs eine mangelhafte Sache liefert und eine Ersatzlieferung noch möglich ist. Aus § 243 Abs. 1 BGB ist in diesem Fall abzuleiten, dass der Schuldner typischerweise das Risiko übernimmt, dass ihm im Fall der mangelhaften Lieferung die Beschaffung einer mangelfreien Sache im Ergebnis gelingt, wenn auch nicht bei der ersten Lieferung.142 Der Schuldner übernimmt also das Beschaffungsrisiko in Bezug auf die __________ 140

Dauner-Lieb, Entwicklungstendenzen, S. 22. Hingegen spielt nach Brox/Walker § 4 Rn. 87 die Übernahme eines Beschaffungsrisikos für die Mängelhaftung des Verkäufers keine Rolle. 142 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 39; AnwKomBGB/Büdenbender § 437 Rn. 65; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 76; Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 338; P. Huber/Faust/Faust Kap. 3 Rn. 26; Oetker/Maultzsch, S. 121; Reinicke/Tiedtke Rn. 584 f.; Schlechtriem/Schmidt-Kessel Rn. 594; Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 232 f., der dies allerdings nicht auf § 243 Abs. 1 BGB stützt; U. Huber, in: FS Schlechtriem, S. 521, 535 f.; ders., in: FS Ulmer, S. 1165, 1191, 1194; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 61; ders., NJW 2002, 2497, 2503 f. Dies meinen wohl auch Henssler/v. Westphalen/Dedek § 276 Rn. 11, nach denen sich zwar die Risikoübernahme 141

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Ersatzlieferung. Dies ist damit zu begründen, dass der Nacherfüllungsanspruch eine modifizierte Form des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs ist und daher auch wie dieser behandelt werden muss. Da der Verkäufer bei einer Gattungsschuld typischerweise das Beschaffungsrisiko hinsichtlich des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs übernimmt, ergibt sich daraus auch die Übernahme des Beschaffungsrisikos hinsichtlich des Nacherfüllungsanspruchs.143 Liefert der Verkäufer nicht (rechtzeitig) nach, haftet er folglich aufgrund der Übernahme des Beschaffungsrisikos in Bezug auf diese Nachlieferung verschuldensunabhängig ebenso, wie er aufgrund der Übernahme des Beschaffungsrisikos verschuldensunabhängig für die Nichtlieferung einzustehen hätte. Dies entspricht auch der Rechtslage im alten Recht.144 Lieferte der Verkäufer mangelhafte Gattungsware, so konnte der Käufer vom Verkäufer Ersatzlieferung gem. § 480 Abs. 1 BGB a. F. verlangen und ihm hierfür eine Nachfrist gem. § 326 Abs. 1 BGB a. F. setzen. Bei Fälligkeit des Lieferanspruchs lag die Voraussetzung des Verzuges gem. § 326 Abs. 1 BGB a. F. unproblematisch vor, da der Verkäufer gem. § 279 BGB a. F. für seine Fähigkeit, den Käufer bei Fälligkeit mit vertragsgemäßer Ware zu beliefern, ohne Rücksicht auf Verschulden haftete. Der Verkäufer war daher bei fruchtlosem Ablauf der Nachfrist verpflichtet, nach § 326 Abs. 1 BGB a. F. Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu leisten.145

(5) Konsequenzen für die Haftung aus § 311a Abs. 2 BGB Überträgt man diesen Ansatz auf den Fall der anfänglichen qualitativen Unmöglichkeit, so haftet der Verkäufer aufgrund der Übernahme eines Beschaffungsrisikos bei Lieferung mangelhafter Ware in der Regel in dem Fall, in dem es mangelfreie Stücke gibt, mit denen der Verkäufer erfüllen könnte, er aber schon bei Vertragsschluss nicht zu ihrer Beschaffung in der Lage gewesen __________ des Sachschuldners wegen § 243 Abs. 1 BGB in der Regel auch auf die Fehlerfreiheit der Sache bezieht, bei denen es aber anschließend heißt: „Genügt daher im Falle der Lieferung einer mangelhaften Gattungssache der Verkäufer nicht seiner Nacherfüllungspflicht nach § 439 BGB, so hat er dies [Hervorhebung durch Verf.] in der Regel bereits wegen des übernommenen Beschaffungsrisikos zu vertreten.“ 143 So auch Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 43; ähnlich ders., in: FS Wiegand, S. 179, 233. 144 Reinicke/Tiedtke Rn. 585; U. Huber, in: FS Schlechtriem, S. 521, 535 f.; Altmeppen, DB 2001, 1821, 1822. 145 So die früher h. M., s. BGH, Urt. v. 9.6.1999 – VIII ZR 149/98, ZIP 1999, 1446 f.; Soergel/U. Huber (12. Aufl.) § 480 Rn. 30 f.; U. Huber, in: FS Schlechtriem, S. 521, 535.

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ist.146 Auf die Kenntnis oder zu vertretene Unkenntnis des Verkäufers vom Mangel und dessen Unbehebbarkeit kommt es in diesem Fall nicht mehr an. Hiergegen könnte jedoch eingewendet werden, dass beim Gattungskauf auf diese Weise eine verschuldens-unabhängige Haftung für anfängliches Unvermögen begründet werde, eine Garantiehaftung für anfängliches Unvermögen aber durch die Schuldrechtsreform abgeschafft werden sollte.147 Allerdings haftet der Schuldner in diesem Fall nicht schon aufgrund seines Leistungsversprechens verschuldensunabhängig, sondern aufgrund der Übernahme eines Beschaffungsrisikos, worin ein Unterschied liegt. Für dieses Ergebnis spricht auch, dass § 279 BGB a. F. gerade auf den Fall des Unvermögens bei Gattungsschulden anwendbar war. Die verschuldensunabhängige Haftung des Verkäufers aufgrund der Übernahme eines Beschaffungsrisikos ist positiv auf der Grundlage des Parteiwillens zu begründen.148 So wird ein Verkäufer, der zugleich Hersteller der Ware ist, typischerweise nur das Risiko übernehmen, aus der eigenen Produktion bzw. bei Einstellung der Produktion aus seinem eigenen Vorrat leisten zu können. Der Händler wird in der Regel nur das Risiko übernehmen, Ware aus der laufenden Produktion oder im Großhandel beschaffen zu können. Wenn dort die entsprechende Ware nicht mehr erhältlich ist, übernimmt er in der Regel nicht das Risiko, die Ware von Händlern der gleichen Handelsstufe oder von Verbrauchern ankaufen zu können.149

f) Beweislast Der Schuldner muss gem. § 311a Abs. 2 S. 2 BGB darlegen und beweisen, dass er bei Vertragsschluss mit dem Kläger das Leistungshindernis, also den unbehebbaren Mangel nicht kannte und seine Unkenntnis auch nicht zu vertreten hat.150 Das OLG Karlsruhe führt aus, dass der bloße Hinweis des Verkäufers, Zwischenhändler zu sein, nicht genüge, um der den Verkäufer treffenden Darlegungs- und Beweislast für das Fehlen eines Verschuldens nachzukom__________ 146

Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 104. s. dazu Staudinger/Löwisch § 311a Rn. 47. 148 Dies verkennen jedoch Ehmann/Sutschet, JZ 2004, 62, 64 f., nach denen der Verkäufer, der aus irgendwelchen anderen Gründen als anfängliche oder nachträgliche objektive Unmöglichkeit nicht leistet, dem Käufer (nach Fristsetzung) zum Geldersatz (Schadensersatz statt der Leistung) verpflichtet ist, ohne dass dies ein schuldhaftes Verhalten des Verkäufers erfordert. 149 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 98. 150 OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.9.2004 – 8 U 97/04, NJW 2004, 989, 990; Bamberger/Roth/Gehrlein § 311a Rn. 9; MünchKommBGB/Ernst § 311a Rn. 105. 147

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

men. Dabei ließ das Gericht offen, ob ein Zwischenhändler nicht zumindest behaupten muss, dass keine Umstände vorgelegen hätten, die in Abkehr von der Regel zu einer außerordentlichen Überprüfung hätten Anlass geben können.151 Fraglich ist daher, ob in dem Fall, in dem nicht schon der Käufer die für das Bestehen einer Untersuchungspflicht sprechenden Umstände darlegt und beweist, der Schuldner zu seiner Entlastung behaupten muss, dass ihn keine Untersuchungspflicht getroffen habe152 bzw. dass keine für das Bestehen einer Untersuchungspflicht sprechenden Umstände vorgelegen hätten. Hierfür spricht, dass die Verletzung einer Untersuchungspflicht keine Pflichtverletzung i. S. v. § 280 Abs. 1 S. 1 BGB ist,153 sondern erst bei der Prüfung der Fahrlässigkeit im Rahmen des Vertretenmüssens relevant wird, hinsichtlich deren Nichtvorliegens den Schuldner sowohl nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB als auch nach § 311a Abs. 2 S. 2 BGB die Darlegungs- und Beweislast trifft. Zu beachten ist jedoch, dass den Verkäufer grundsätzlich keine Untersuchungspflicht trifft. Hierzu stünde die Vermutung im Widerspruch, dass der Verkäufer seine Unkenntnis hinsichtlich des Mangels zu vertreten habe. Daher kann der Verschuldensvorwurf nur darauf gestützt werden, dass der Händler den Mangel gekannt hat.154 Die Verschuldensvermutung nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB bzw. § 311a Abs. 2 S. 2 BGB wird dann durch die Feststellung widerlegt, dass der Mangel nicht offensichtlich und nur durch eine besondere Untersuchung zu erkennen war.155 Der Käufer trägt demgegenüber die Darlegungs- und Beweislast für solche Umstände, die ausnahmsweise doch eine Untersuchungspflicht des Käufers begründen (z. B. Fehleranfälligkeit der Kaufsache). Ob eine Untersuchungspflicht bestand, ist eine Rechtsfrage. War der Verkäufer zur Untersuchung der Ware verpflichtet, wird deren Verletzung durch den Verkäufer bei mangelhafter Lieferung nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB bzw. § 311a Abs. 2 S. 2 BGB vermutet. In diesem Fall obliegt es dem Verkäufer, diese Vermutung zu widerlegen.156 Da der Mangel in der Regel nicht im Zuständigkeitsbereich des Zwischenhändlers verursacht worden sein wird, trifft im Ergebnis die Beurteilung zu, dass die Beweislastumkehr im Fall des Zwi__________ 151 OLG Karlsruhe, Urt. v. 2.9.2004 – 12 U 144/04, ZGS 2004, 432, 434; zustimmend v. Westphalen, BB 2005, 1, 4. s. dazu die Bemerkung von St. Lorenz, ZGS 2004, 408, 410 Fn. 19, dass diese „Hilfsbegründung“ offensichtlich ausschließlich der Vermeidung der Revisionszulassung (§ 543 Abs. 2 ZPO) diene. 152 Nach AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 36 kann sich der Zwischenhändler bereits mit dem Hinweis entlasten, dass ihn keine Untersuchungspflicht getroffen habe. 153 A. A. Finkenauer, WM 2003, 665, 667 f. 154 U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1188 f.; s. auch Ehmann/Sutschet, JZ 2004, 62, 71 f. 155 U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1188 f. 156 U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1188 f.; Ehmann/Sutschet, JZ 2004, 62, 71.

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schenhändlers, den keine Untersuchungspflicht trifft, gegenstandslos ist,157 sofern der Mangel nicht offensichtlich und dem Verkäufer somit erkennbar war. Festzuhalten ist damit, dass durch die Beweislastanordnungen in §§ 311a Abs. 2 S. 2, 280 Abs. 1S. 2 BGB zwar im Grundsatz eine Annäherung an die Garantiehaftung im UN-Kaufrecht stattgefunden hat.158 In dem typischen Fall, dass ein Zwischenhändler mangelhafte Ware liefert, werden diese Beweislastanordnungen jedoch häufig bedeutungslos sein. Etwas anderes würde allerdings gelten, wenn die Rechtsprechung vom Verkäufer für seine Entlastung den Beweis verlangen würde, dass keine für das Bestehen einer Untersuchungspflicht sprechenden Umstände vorgelegen hätten. In dem Urteil des OLG Karlsruhe ist diese Frage zumindest schon angesprochen worden. Gelingt dem Schuldner der Beweis, dass er den unbehebbaren Mangel bei Vertragsschluss nicht kannte und seine Unkenntnis auch nicht zu vertreten hatte, so hat der Gläubiger die Umstände darzulegen und zu beweisen, aus denen sich die Übernahme einer Garantie ergibt,159 da durch die Übernahme einer Garantie die Exkulpationsmöglichkeit nach § 311a Abs. 2 S. 2 BGB zum Vorteil des Klägers abbedungen wird. Gleiches gilt für die Beweislast hinsichtlich der Übernahme eines Beschaffungsrisikos.

g) Garantiehaftung auf das negative Interesse nach § 122 BGB analog Für den Fall, dass sich der Schuldner nach § 311a Abs. 2 S. 2 BGB entlasten kann, wird eine analoge Anwendung des § 122 BGB, also eine Garantiehaftung auf das negative Interesse diskutiert. Eine solche analoge Anwendung des § 122 BGB wird teilweise für unumgänglich gehalten, weil ansonsten der Schuldner bei nicht zu vertretender Unkenntnis des Leistungshindernisses aufgrund eines bloßen Motivirrtums, der in der Regel einen Eigenschaftsirrtum i. S. d. § 119 Abs. 2 BGB darstelle oder einem solchen doch zumindest stark ähnele, von seiner vertraglich übernommenen Leistungspflicht ersatzlos frei werde. Darin liege ein Wertungswiderspruch zu den §§ 119 Abs. 2,

__________ 157

Brüggemeier, WM 2002, 1376, 1382; ähnlich U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1188 f.: „Die Beweislastumkehr (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB) ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.“ 158 s. dazu ausführlich o. § 12 II. 4. 159 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 311a Rn. 22; Ehmann/Sutschet, § 4 II 2 c, S. 68; Schultz, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das Schuldrecht 2002, S. 17, 77.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

122 BGB.160 Um einen Gleichlauf zwischen Anfechtungs- und Unmöglichkeitsrecht zu erreichen, müsse der Gläubiger bei anfänglichen Leistungshindernissen ebenso wie im Anfechtungsrecht gem. § 122 BGB analog geschützt werden.161 Nach der Regierungsbegründung ist dies ein „gangbarer Lösungsansatz“ und bleibt die Frage der analogen Anwendung des § 122 BGB der Rechtsprechung überlassen.162 In der Literatur wird dieser Lösungsansatz jedoch ganz überwiegend abgelehnt.163 Es wird ein Widerspruch darin gesehen, dass einerseits die Anfechtung durch den Schuldner nach § 119 Abs. 2 BGB wegen des Vorrangs der Sachmängelhaftung ausgeschlossen sei,164 andererseits aber dem Schuldner die Pflichten des § 122 BGB auferlegt werden sollten.165 Ferner solle die Schadensersatzpflicht nach § 122 Abs. 2 BGB die Interessen desjenigen wahren, der sich infolge einer wirksamen Irrtumsanfechtung einem nichtigen Rechtsgeschäft gegenübersehe. Hingegen belasse es § 311a BGB bei der Wirksamkeit des Vertrags.166 Auch werde die Gleichbehandlung des anfänglich und nachträglich zur Leistung unvermögenden Schuldners wieder beseitigt.167 Gegen eine analoge Anwendung des § 122 BGB spricht daneben insbesondere, dass sich der Gesetzgeber bei der Regelung für anfängliche Leistungshin__________ 160 Canaris, in: Schulze/Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 43, 64 f.; ders., JZ 2001, 499, 507 f.; s. auch ders., DB 2001, 1815, 1819; diesem folgend Hk-BGB/Schulze § 311a Rn. 9. 161 Hk-BGB/Schulze § 311a Rn. 9. 162 BT-Drucks. 14/6040, S. 166. 163 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 311a Rn. 30; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 106; Erman/Kindl § 311a Rn. 5; Jauernig/Stadler § 311a Rn. 12; MünchKommBGB/Ernst § 311a Rn. 41; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 23; Palandt/Heinrichs § 311a Rn. 15; Staudinger/Löwisch § 311a Rn. 48; Kohte/Micklitz/Rott/Tonner/Willingmann/Willingmann/Hirse § 311a Rn. 14; CekovicVuletic, S. 72 ff.; Ehmann/Sutschet, § 4 V 7 c, S. 126; Emmerich, Leistungsstörungen, § 5 Rn. 19; P. Huber/Faust/Faust Kap. 7 Rn. 38; Lobinger, S. 298 ff.; Looschelders, SchuldR AT, Rn. 665; Reinicke/Tiedtke Rn. 527; Schlechtriem/Schmidt-Kessel Rn. 580; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 34; Rieble, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 137, 148 f.; DaunerLieb/Dötsch, DB 2001, 2535, 2539; v. Wilmowsky, JuS Beilage 1/2002, 3, 13; Windel, JR 2004, 265, 270; s. auch Bamberger/Roth/Gehrlein § 311a Rn. 12; Otto, Jura 2002, 1, 5. 164 s. nur BT-Drucks. 14/6040, S. 165; Erman/Kindl § 311a Rn. 11. 165 Palandt/Heinrichs § 311a Rn. 15. 166 Staudinger/Löwisch § 311a Rn. 48. 167 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 311a Rn. 30; Erman/Kindl § 311a Rn. 5; CekovicVuletic, S. 74; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 34; Dauner-Lieb/Dötsch, DB 2001, 2535, 2539. Dies nimmt Canaris, in: Schulze/Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 43, 64, als das kleinere Übel hin.

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dernisse für das Verschuldensprinzip entschieden hat.168 Daher ist schon das Vorliegen einer Regelungslücke fraglich.169 Fasst man zudem – wie hier vertreten – § 311a Abs. 2 BGB im Gegensatz zum Gesetzgeber als abgeschwächte Garantiehaftung auf das positive Interesse auf,170 so wäre es widersprüchlich, den Schuldner im Fall des Vorliegens eines Entlastungsgrundes im Wege einer Garantiehaftung auf das negative Interesse haften zu lassen.171 Eine Regelungslücke kann möglicherweise noch darin gesehen werden, dass in dem Irrtum des Schuldners über seine Leistungsfähigkeit ein Motivirrtum liegt, der oft einen Eigenschaftsirrtum i. S. d. § 119 Abs. 2 BGB darstellen wird, aber anders als dieser keine Haftung auf das negative Interesse nach sich zieht. Der Gesetzgeber hat jedoch den vorgeschlagenen Lösungsansatz nicht gesetzlich festgeschrieben, obwohl er die Problematik gesehen hat, so dass die Planwidrigkeit der Regelungslücke zu bezweifeln ist. Hinsichtlich einer vergleichbaren Interessenlage ist zu beachten, dass der Schuldner bei anfänglichen Leistungshindernissen anders als der Anfechtende wegen des Leistungshindernisses von der Primärleistungspflicht befreit wird, nicht aber wegen seines Irrtums.172 Wegen Letzterem wird der Schuldner bei anfänglicher Unmöglichkeit nur von der Haftung auf das positive Interesse befreit. Aus diesen Gründen ist die analoge Anwendung des § 122 BGB auf den Fall der anfänglichen Unmöglichkeit abzulehnen.

__________ 168 MünchKommBGB/Ernst § 311a Rn. 41; s. auch Erman/Kindl § 311a Rn. 5; Palandt/Heinrichs § 311a Rn. 15; Cekovic-Vuletic, S. 74; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 55 f. 169 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 311a Rn. 30; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 23; Dauner-Lieb/Dötsch, DB 2001, 2535, 2539; s. auch Kohte/Micklitz/ Rott/Tonner/Willingmann/Willingmann/Hirse § 311a Rn. 14. Ebenso bezweifeln Erman/Kindl § 311a Rn. 5 das Vorliegen einer Gesetzeslücke, allerdings ohne Begründung. Emmerich, Leistungsstörungen, § 5 Rn. 19; Schlechtriem/Schmidt-Kessel Rn. 580 und Windel, JR 2004, 265, 270, verneinen eine Regelungslücke unter Hinweis auf eine mögliche Haftung aus culpa in contrahendo. Die Anwendung der Haftung aus c.i.c. neben § 311a Abs. 2 BGB ist allerdings umstritten, vgl. P. Huber/Faust/Faust Kap. 7 Rn. 17; Rieble, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 137, 151 f.; Windel, JR 2004, 265, 270 f. Nach Rieble, in: DaunerLieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 137, 148 f., fehlt es an einer Regelungslücke, weil § 311a Abs. 2 BGB gerade in Verbindung mit dem Aufwendungsersatz des § 284 BGB die Frage abschließend regele. 170 s. o. § 14 I. 1. b) bb). 171 Ähnlich auch Rieble, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 137, 148 f. 172 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 106; P. Huber/Faust/Faust Kap. 7 Rn. 38; ähnlich Windel, JR 2004, 265, 270.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

h) Zwischenergebnis Durch die Ausgestaltung der Schadensersatzhaftung für anfängliche Unmöglichkeit als Haftung auf das positive Interesse gelingt im Fall des § 311a Abs. 2 BGB die Verbindung des aus dem UN-Kaufrecht stammenden Konzepts der Pflichtverletzung mit dem Verschuldensprinzip nicht. Vielmehr haben der Haftungsgrund und die Exkulpation verschiedene Bezüge. Während der Haftungsgrund in der Nichterfüllung des Leistungsversprechens liegt, ist für das Vertretenmüssen des Schuldners gem. § 311a Abs. 2 S. 2 BGB seine Kenntnis bzw. seine zu vertretende Unkenntnis hinsichtlich des Leistungshindernisses entscheidend. Da der Haftungsgrund in der Nichterfüllung des Leistungsversprechens liegt, stellt § 311a Abs. 2 BGB im Ergebnis dogmatisch eine Garantiehaftung mit Entlastungsmöglichkeit dar. Bei mangelhafter Lieferung haftet der Verkäufer nicht schon, wenn er den Mangel kannte oder diesen z. B. aufgrund ihm obliegender Untersuchungspflichten hätte kennen müssen. Vielmehr ist zusätzlich die Kenntnis bzw. zu vertretende Unkenntnis des Verkäufers hinsichtlich der Unbehebbarkeit des Mangels erforderlich. Freilich werden an den Verkäufer, der den Mangel kennt, erhöhte Sorgfaltsanforderungen zu stellen sein, so dass er seine Unkenntnis hinsichtlich der Unbehebbarkeit des Mangels in der Regel zu vertreten haben wird. Bezüglich der an den Verkäufer zu stellenden Sorgfaltsanforderungen lässt sich aus den Grundsätzen über die „Haftung für die Zulänglichkeit des eigenen Geschäftskreises“ herleiten, dass die Sorgfaltsanforderungen des Schuldners innerhalb des eigenen Geschäftskreises weiter reichen als außerhalb des eigenen Geschäftskreises. Ein Vergleich mit Art. 79 Abs. 1 CISG zeigt allerdings, dass allein aus dem Umstand, dass das Leistungshindernis nicht aus der Sphäre des Schuldners stammt, nicht der Schluss zu ziehen ist, dass der Schuldner seine Unkenntnis hinsichtlich des Leistungshindernisses nicht zu vertreten hat. Vielmehr kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Dem privaten Verkäufer und dem Verkäufer, der als Zwischenhändler mit industriell hergestellter Massenware handelt, obliegen grundsätzlich keine Untersuchungspflichten. Eine Untersuchungspflicht besteht nur ausnahmsweise, wenn Verdachtsmomente für die Mangelhaftigkeit der Sache gegeben sind, z. B. bei Fehleranfälligkeit oder bei unzuverlässiger Herkunft der Ware. Eine Untersuchungspflicht des Verkäufers kann auch aufgrund der Erwartungen des Käufers bei besonders hochwertigen Produkten bestehen sowie bei Waren, von denen ein erhöhtes Gefahrenpotential ausgeht. Ob der Verkäufer zur Untersuchung der Ware verpflichtet ist, hängt des Weiteren von dessen Sachkunde sowie von seinen Untersuchungsmöglichkeiten, wie z. B. dem Vorhandensein einer Werkstatt, ab. An den Hersteller sind grundsätzlich höhere Sorgfaltsan-

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forderungen zu stellen als an den Zwischenhändler. Eine Ausweitung der Haftung des Verkäufers für Mängel aus dem Bereich von Vorlieferanten ergibt sich aus diesen Grundsätzen im Vergleich zum alten Recht nicht. Eine Annäherung an das UN-Kaufrecht ist in diesem Punkt nicht festzustellen. Bei der Übertragung dieser allgemeinen Grundsätze auf § 311a Abs. 2 S. 2 BGB ist zu beachten, dass es im Rahmen dieser Vorschrift in erster Linie um die Haftung für einen unbehebbaren Mangel beim Spezieskauf und nicht beim Kauf von Massenware gehen wird. Ferner spielen im Rahmen des § 311a Abs. 2 S. 2 BGB Informationspflichten des Verkäufers eine größere Rolle als Untersuchungspflichten. Hätte der Verkäufer aufgrund einer bestehenden Untersuchungspflicht den Mangel kennen müssen, bedeutet dies noch nicht automatisch, dass der Verkäufer auch die Unbehebbarkeit hätte kennen müssen. Dies ist vielmehr positiv zu begründen. Die Kenntnis oder zu vertretende Unkenntnis Dritter, die zur Sicherstellung einer hinreichenden Kenntnis bezüglich der Leistungsfähigkeit eingestellt worden sind, ist dem Verkäufer gem. § 278 BGB analog zuzurechnen. War ein Stellvertreter oder ein Verhandlungsgehilfe am Vertragsabschluss beteiligt, so ist dem Verkäufer dessen Kenntnis oder zu vertretende Unkenntnis gem. § 166 BGB (analog) zuzurechnen. Eine strengere Haftung des Verkäufers kann sich aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB ergeben. Hierin liegt eine Abbedingung der Entlastungsmöglichkeit des Schuldners nach § 311a Abs. 2 S. 2 BGB. Der Schuldner kann eine Garantie auch stillschweigend übernehmen. Die Übernahme einer Garantie folgt nach dem Willen des Gesetzgebers jedoch nicht schon aus dem Leistungsversprechens des Schuldners, und zwar auch nicht im Fall des anfänglichen Unvermögens, für den im alten Recht eine Garantiehaftung bestand. Vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte für die Übernahme einer Garantie vorliegen. Typischerweise übernimmt der Schuldner beim Gattungskauf das Beschaffungsrisiko nicht in Bezug auf die Mangelfreiheit der Ware, wofür der Wortlaut des § 276 Abs. 1 S. 1 BGB, die Gesetzesbegründung sowie die Systematik angeführt werden können. Die für das UN-Kaufrecht entwickelten Grundsätze können aufgrund des Vorrangs der Nacherfüllung im deutschen Recht und einer fehlenden Beschränkung der Haftung auf vorhersehbare Schäden und auf Sachschäden nicht auf das deutsche Recht übertragen werden. Tendenzen, das Verschuldensprinzip mit Blick auf das UN-Kaufrecht in diesem Punkt zu relativieren, sind daher abzulehnen. Der Verkäufer übernimmt allerdings typischerweise das Beschaffungsrisiko in Bezug auf die Nachlieferung. Aufgrund der Übernahme dieses Beschaffungsrisikos haftet der Verkäufer bei Vorliegen

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eines anfänglichen unbehebbaren Mangels in der Regel in dem Fall, in dem es mangelfreie Stücke der Gattung gibt, mit denen der Verkäufer erfüllen könnte, er aber schon bei Vertragsschluss nicht zu ihrer Beschaffung in der Lage ist. Der Schuldner muss gem. § 311a Abs. 2 S. 2 BGB darlegen und beweisen, dass er den Mangel und dessen Unbehebbarkeit bei Vertragsschluss nicht kannte und seine Unkenntnis auch nicht zu vertreten hat. Da dem Verkäufer grundsätzlich keine Pflicht zur Untersuchung der Ware obliegt, trifft jedoch den Käufer die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen solcher Umstände, die für das Bestehen einer Untersuchungspflicht des Verkäufers sprechen. Die in § 311a Abs. 2 S. 2 BGB enthaltene Beweislastanordnung wird damit im Fall des Zwischenhändlers, den keine Untersuchungspflicht trifft, in der Regel gegenstandslos sein, sofern der Mangel nicht offensichtlich und für den Verkäufer nicht erkennbar war. Die grundsätzliche Aussage, dass durch die Beweislastanordnungen in §§ 280 Abs. 1 S. 2, 311a Abs. 2 S. 2 BGB eine Annäherung an die Garantiehaftung im UN-Kaufrecht stattgefunden hat, trifft daher nicht auf den praktisch wichtigen Fall des Zwischenhändlers zu. Abzuwarten bleibt jedoch, welche Anforderungen die Rechtsprechung an den Entlastungsbeweis des Zwischenhändlers stellen wird. Der Käufer muss die Umstände darlegen und beweisen, die für die Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos durch den Verkäufer sprechen. Bei einer Entlastung des Schuldners kommt eine Garantiehaftung auf das negative Interesse gem. § 122 BGB analog mangels des Vorliegens der Voraussetzungen einer Analogie nicht in Betracht.

2. Nachträgliche Unbehebbarkeit des Mangels (§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 283 BGB) Wird die Behebung des Mangels erst nach Vertragsschluss unmöglich oder unzumutbar oder tritt ein unbehebbarer Sachmangel erst nach Vertragsschluss ein, so richtet sich der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 283 BGB. Gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB haftet der Schuldner nicht, wenn er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

a) Relevante Pflichtverletzung Bevor untersucht werden kann, worin die für das Vertretenmüssen relevante Pflichtverletzung bei der Lieferung von Ware liegt, die mit einem nachträglichen unbehebbaren Mangel behaftet ist, ist die für das Vertretenmüssen maß-

§ 14 Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung

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gebliche Pflichtverletzung zunächst für die Grundkonstellation des § 283 BGB festzustellen.

aa) Grundkonstellation Worin die für das Vertretenmüssen relevante Pflichtverletzung des Schuldners in der Grundkonstellation des § 283 BGB zu sehen ist, ist umstritten.

(1) Streng verhaltensbezogener Ansatz Nach dem streng verhaltensbezogenen Ansatz ist die Pflichtverletzung nicht schon in dem Eintritt der Unmöglichkeit und somit in der Nichterfüllung der Leistung zu sehen, sondern erst in einer sorgfaltswidrigen Handlung des Schuldners, welche die Unmöglichkeit der Leistung herbeigeführt hat (äußere Sorgfaltspflichtverletzung).173 Da der Gläubiger die Pflichtverletzung darzulegen und zu beweisen hat, obläge ihm hiernach der Beweis für das die Unmöglichkeit herbeiführende, pflichtwidrige Verhalten des Schuldners.174 Für den __________ 173 Ehmann/Sutschet, § 4 II 2 b, S. 64 ff., 83 ff.; dies., JZ 2004, 62, 67 f.; Wältermann, S. 179 (Haftung für die Verletzung einer leistungsbezogenen Nebenpflicht); Rust, in: FS Ehmann, S. 117, 126 ff.; Harke, ZGS 2006, 9, 10; Mattheus, JuS 2002, 209, 213; Reichenbach, Jura 2003, 512, 514 f.; Schapp, JZ 2001, 583, 586; M. Schwab, JuS 2002, 1, 3; ähnlich auch v. Wilmowsky, JuS Beilage 1/2002, 3, 14, 26, nach dem die Pflichtverletzung darin liegt, dass es der Schuldner versäumt, das nachträgliche Leistungshindernis abzuwehren. Kohler, ZZP 118 (2005), 25, 37, hält es für sinnvoll, in den Fällen der Unmöglichkeit, des Verzugs, der Mangelgewährleistung und überhaupt der erfolgsbezogenen Leistungspflichten über die Pflichtwidrigkeit des eingetretenen Zustands bzw. Erfolges hinaus zusätzlich die Pflichtwidrigkeit des zum Schaden führenden Verhaltens als selbstständige Haftungsvoraussetzung neben dem Verschulden zu verlangen. s. auch Finkenauer, WM 2003, 665, 669. 174 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 283 Rn. 4; Hk-BGB/Schulze § 283 Rn. 1; MaierReimer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 291, 300; Staudinger/Otto § 283 Rn. 12; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 39; ders., NJW 2005, 1889, 1890; vgl. auch Schulze/Ebers, JuS 2004, 265, 269; a. A. v. Wilmowsky, JuS Beilage 1/2002, 3, 14; anders auch Kohler, ZZP 118 (2005), 25, 40 ff., der bei erfolgsbezogenen Leistungsprogrammen im Fall des Ausbleibens des Erfolges eine vollständige Umkehr der Darlegungs- und Beweislast unter dem Gesichtspunkt des Bestehens einer widerleglichen Vermutung für das Vorhandensein eines pflichtwidrigen Tuns oder Unterlassens des Schuldners oder seiner Erfüllungsgehilfen annimmt; ähnlich Ehmann/Sutschet, § 4 V 3 a, S. 112 zu § 281 BGB, offen gelassen aber in § 4 II 2 b, S. 88; dies., JZ 2004, 62, 71 (Beweiserleichterung in Form des Anscheinsbeweises); ähnlich auch Harke, ZGS 2006, 9, 10 f. Zu Recht wird dies als inkonsequent kritisiert, s. AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 33.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Entlastungsbeweis nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB bliebe nur noch die innere Seite des Verschuldens (Erkennbarkeit und Vermeidbarkeit der äußeren Sorgfaltswidrigkeit).175 Das streng verhaltensbezogene Konzept der Pflichtverletzung wird damit begründet, dass die bloße Nichterfüllung (aufgrund Unmöglichkeit) ein geeigneter Anknüpfungspunkt nur für eine Garantiehaftung sei.176 Die §§ 280 ff. BGB beruhten dagegen auf dem Verschuldensprinzip. Verschulden knüpfe an ein zurechenbares Verhalten an, welches zudem rechtswidrig sein müsse. Rechtswidrigkeit setze den Verstoß gegen eine objektive Sorgfaltspflicht voraus. Leistungspflichten seien jedoch erfolgsbezogene Pflichten, deren Nichterfüllung zwar auf der Verletzung einer Verhaltenspflicht beruhen könne, aber nicht müsse. Die Nichterfüllung könne daher nur Folge einer rechtswidrigen Handlung sein, aber die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Schuldners nicht begründen.177 Die Nichtleistung infolge Unvermögens oder Unmöglichkeit lasse sich daher schwerlich als Fehlverhalten des Schuldners begreifen, ohne vorher seine ursächliche Verantwortlichkeit geprüft zu haben. Zudem sei der Schuldner nach § 275 Abs. 1 BGB gerade nicht mehr zur Primärleistung verpflichtet bzw. könne deren Erfüllung gem. § 275 Abs. 2, 3 BGB verweigern.178 Ferner könnten bzw. müssten bei einem nicht verhaltensbezogenen Pflichtwidrigkeitsverständnis handlungsbezogene Rechtsfertigungsgründe, wie etwa die Notwehr, in atypischer Weise erst im Rahmen des Vertretenmüssens als haftungsausschließend berücksichtigt werden.179

(2) Eintritt der Unmöglichkeit als Pflichtverletzung Hingegen sieht die überwiegende Ansicht schon in dem Eintritt der Unmöglichkeit eine objektive Pflichtverletzung i. S. d. §§ 280 Abs. 1 S. 1, 283 BGB und berücksichtigt das die Unmöglichkeit herbeiführende Verhalten des __________ 175

MünchKommBGB/Ernst § 283 Rn. 4; Ehmann/Sutschet, JZ 2004, 62, 68. Schur, S. 81 ff.; Rust, in: FS Ehmann, S. 117, 131; Reichenbach, Jura 2003, 512, 515. Diesen Standpunkt nimmt auch U. Huber, in: Ernst/Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 31, 104 ff., insbes. S. 107, und ebenfalls in ZIP 2000, 2273, 2279, ein: „Das Non-performance-Konzept des Einheitskaufrechts steht und fällt mit dem Grundkonzept der Garantiehaftung.“ 177 Ehmann/Sutschet, § 4 II 2. b, S. 64 f.; dies., JZ 2004, 62, 67; Rust, in: FS Ehmann, S. 117, 131; Reichenbach, Jura 2003, 512, 515. 178 Harke, ZGS 2006, 9, 10; Mattheus, JuS 2002, 209, 213; Reichenbach, Jura 2003, 512, 515; Schapp, JZ 2001, 583, 586; M. Schwab, JuS 2002, 1, 3; v. Wilmowsky, JuS Beilage 1/2002, 3, 14. 179 Kohler, ZZP 118 (2005), 25, 37. 176

§ 14 Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung

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Schuldners erst im Rahmen des Vertretenmüssens, welches nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet wird.180 Erst hier ist nach dieser Ansicht hinsichtlich der leistungsbezogenen Störung zu prüfen, ob der Schuldner sich gemäß seiner aus dem Schuldverhältnis resultierenden Pflichten verhalten hat.181

(3) Diskussion und eigene Stellungnahme Zwar erscheint es in der Tat widersprüchlich, einerseits die Pflichtverletzung in der Unmöglichkeit und damit in der Nichterfüllung zu sehen, wenn andererseits der Schuldner von seiner Leistungspflicht gem. § 275 Abs. 1 BGB befreit ist bzw. deren Erfüllung gem. § 275 Abs. 2, 3 BGB verweigern kann.182 Es ist jedoch in § 283 BGB i. V. m. § 280 Abs. 1 BGB angelegt183 und entspricht dem Willen des Gesetzgebers, dass die Pflichtverletzung bei § 283 BGB in dem Eintritt der Unmöglichkeit und damit in der Nichterfüllung liegt, wie folgende Argumente zeigen. Gegen das streng verhaltensbezogene Konzept der Pflichtverletzung spricht insbesondere, dass der Grundtatbestand der Pflichtverletzung nach dem Vorbild des UN-Kaufrechts geschaffen worden ist.184 Im UN-Kaufrecht liegt eine Pflichtverletzung vor, wenn der Schuldner hinter seinem Pflichtenprogramm zurückbleibt, also auch schon bei bloßer Nichterfüllung der Leistungspflicht aufgrund von Unmöglichkeit. Diese Nichterfüllung ist Auslöser für die verschiedenen Rechtsbehelfe (Art. 45 Abs. 1 CISG). Nach dem Grund der Nichterfüllung wird nicht differenziert. Die Unmöglichkeit der Leistung und deren __________ 180

AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 33, § 283 Rn. 3 ff.; Bamberger/Roth/Grüneberg § 280 Rn. 14; Henssler/v. Westphalen/Dedek § 283 Rn. 4; HkBGB/Schulze § 437 Rn. 1; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 12 ff., § 283 Rn. 4; Staudinger/Otto § 280 Rn. C 7, § 283 Rn. 13; Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 299; P. Huber/Faust/Faust Kap. 3 Rn. 121; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 37 ff.; ders., NJW 2002, 2497, 2500 mit Fn. 24; ders., NJW 2005, 1889, 1890; Meier-Reimer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 291, 299 ff.; Canaris, JZ 2001, 499, 512; Schulze/Ebers, JuS 2004, 266, 269; Schwarze, Jura 2002, 73, 79; Wieser, MDR 2002, 858, 860; s. auch Palandt/Heinrichs § 280 Rn. 13; kritisch Schultz, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das Schuldrecht 2002, S. 17, 22; Zimmer, NJW 2002, 1, 8. 181 MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 17. 182 s. auch AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 19, § 283 Rn. 3; P. Huber/ Faust/Faust Kap. 3 Rn. 118 f.; Meier-Reimer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 291, 299. 183 Erman/H. P. Westermann § 283 Rn. 1; Henssler/v. Westphalen/Dedek § 283 Rn. 4; Jauernig/Stadler § 283 Rn. 1; Staudinger/Otto § 283 Rn. 10. s. auch BT-Drucks. 14/6040, S. 142. 184 Schulze/Ebers, JuS 2004, 266, 269. s. dazu schon o. § 10 II. 3.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Ursache spielen vielmehr erst auf der Ebene der Rechtsbehelfe eine Rolle. So entfällt der allgemeine Erfüllungsanspruch gem. Art. 46 Abs. 1 CISG, wenn die vertragsgemäße Leistung objektiv unmöglich ist. Bei subjektiver Unmöglichkeit, wenn also lediglich der Verkäufer nicht leisten kann, wird dieser nur ausnahmsweise entlastet, da er beim marktbezogenen Gattungskauf das Beschaffungsrisiko trägt. Zu dem im deutschen Recht bestehenden Widerspruch, dass die Pflichtverletzung in der Nichterfüllung zu sehen ist, obwohl der Schuldner aufgrund der Unmöglichkeit nicht leisten muss, kommt es nicht an, da der Erfüllungsanspruch nach Art. 46 Abs. 1 CISG erst auf der Ebene der Rechtsbehelfe ausgeschlossen ist. Was die Schadensersatzhaftung betrifft, erlangt die Ursache für die Nichterfüllung erst im Rahmen der Prüfung des Befreiungstatbestandes des Art. 79 CISG Bedeutung. Ist aber im deutschen Recht der Begriff der Pflichtverletzung wie im UN-Kaufrecht zu verstehen, so dürfen auch dort die Ursachen für die Nichterfüllung erst auf zweiter Stufe, also im Rahmen des Vertretenmüssens eine Rolle spielen. Dieses Verständnis liegt auch der Regierungsbegründung zugrunde. Nach dieser soll nach dem Vorbild des UN-Kaufrechts im deutschen Recht eine Pflichtverletzung dann vorliegen, wenn der Schuldner hinter dem vorgesehenen Pflichtenprogramm zurückbleibt. In der Regierungsbegründung wird ausdrücklich von dem rein objektiven Inhalt des Tatbestandes der Pflichtverletzung gesprochen.185 Weiter heißt es in der Regierungsbegründung: „Die Trennung von Pflichtverletzung und Vertretenmüssen lässt sich gut an den klassischen Tatbeständen der Unmöglichkeit und des Verzugs verdeutlichen: Die ,Pflichtverletzung‘ im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB-RE besteht hier ganz einfach darin, dass die geschuldete Leistung nicht bzw. nicht pünktlich erbracht wird; die Verletzung der verkehrserforderlichen Sorgfalt liegt demgegenüber darin, dass der Schuldner z. B. den Vertragsgegenstand unsorgfältig behandelt und so die Unmöglichkeit herbeigeführt hat …“186 Nach dem Willen des Gesetzgebers liegt also schon in der Nichterfüllung gem. § 275 Abs. 1– 3 BGB eine Pflichtverletzung,187 weshalb auch nach deutschem Recht für das Vorliegen einer Pflichtverletzung auf die Abweichung vom vorgesehenen Pflichtenprogramm nach § 241 BGB abzustellen ist.188 __________ 185

BT-Drucks. 14/6040, S. 134, 135. BT-Drucks. 14/6040, S. 135 f.; wortgleich Canaris, JZ 2001, 499, 512. 187 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 29 ff.; Hk-BGB/Schulze § 283 Rn. 1. 188 Erman/H. P. Westermann § 283 Rn. 1; s. auch AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 3; Schlechtriem/Schmidt-Kessel Rn. 452; Meier-Reimer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 291, 300, die den Begriff der Pflichtverletzung so definieren. Ähnlich Münch, Jura 2002, 361, 364, nach dem das rein objektive Zurückbleiben des Erbrachten („Istzustand“) hinter dem zu Erbringenden („Sollzustand“) maßgeblich ist. 186

§ 14 Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung

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In systematischer Hinsicht wird § 275 Abs. 4 BGB dafür angeführt, dass im Rahmen des § 283 BGB die Pflichtverletzung schon in dem Eintritt der Unmöglichkeit liegt. Die Vorschrift zeige, dass der Wegfall der Leistungspflicht nur die Primärleistungspflicht, nicht aber etwaige daraus resultierende Schadensersatzpflichten berühren solle.189 Hiergegen ist jedoch einzuwenden, dass § 275 Abs. 4 BGB auch auf § 311a BGB verweist, dass aber im Rahmen des § 311a Abs. 2 BGB gerade nicht auf die Nichtleistung abgestellt wird, da der Schuldner hier von Anfang an nicht zur Leistung verpflichtet war (§ 275 Abs. 1 BGB) bzw. diese von Anfang an verweigern konnte (§ 275 Abs. 2, 3 BGB). Dafür, dass die Pflichtverletzung schon in dem Eintritt der Unmöglichkeit zu sehen ist, spricht allerdings der in § 283 S. 2 BGB enthaltene Verweis auf § 281 Abs. 1 S. 3 BGB. Danach kann in dem Fall, in dem der Schuldner die Leistung nicht wie geschuldet bewirkt hat, Schadensersatz statt der ganzen Leistung nicht verlangt werden, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist. Mit der Pflichtverletzung kann bei Schlechtlieferung im Rahmen des § 283 BGB nur der unbehebbare Mangel gemeint sein, nicht aber das zur Unbehebbarkeit des Mangels führende Verhalten des Schuldners.190 Im Übrigen ist das verhaltensbezogene Konzept nicht mit einer Haftung aus der Übernahme einer Garantie nach § 276 Abs. 1 S. 1 BGB vereinbar.191 Es würde in diesem Fall zu einer Vermischung von Elementen der Verschuldensund der Garantiehaftung führen. Für die Haftung aus der Übernahme einer Garantie ist allein die Nichterfüllung entscheidend, nicht aber ein sorgfaltswidriges Verhalten des Schuldners. Vielmehr haftet der Schuldner aufgrund der Übernahme einer Garantie auch unabhängig von einem solchen Verhalten. Die Anhänger des verhaltensbezogenen Konzepts sind daher gezwungen, in diesem Fall den Haftungsgrund in der Garantieerklärung selbst zu sehen. 192 Ferner würde das verhaltensbezogene Konzept der Pflichtverletzung zu einer Beweislastverteilung führen, die den Schuldner übermäßig belasten würde.193 Dem Schuldner wäre es regelmäßig nicht möglich, die zur Unmöglichkeit führenden Gründe darzulegen und zu beweisen.194 Auch widerspräche eine solche Beweislastverteilung dem Willen des Gesetzgebers. Nach diesem soll die Ver__________ 189 So St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 38; s. auch Staudinger/Eckpfeiler/ Kaiser S. 299. 190 Dies erkennt trotz grundsätzlich anderer Auffassung auch Wältermann, S. 180 an. 191 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 33; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 17. 192 s. Ehmann/Sutschet, JZ 2004, 62, 68 f. 193 MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 17, § 283 Rn. 4; s. auch P. Huber/Faust/Faust Kap. 3 Rn. 120. 194 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 283 Rn. 4.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

teilung der Behauptungs- und Beweislast nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB den §§ 282, 285 BGB a. F. entsprechen, wonach den Schuldner die Beweislast dafür traf, dass die Unmöglichkeit bzw. der Verzug nicht Folge eines von ihm zu vertretenden Umstandes war.195 Dem Zweck des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB würde es somit nicht entsprechen, folgte man dem verhaltensbezogenen Konzept der Pflichtverletzung.196 Da es dem Gesetzgeber freisteht, die Fiktion anzuordnen, dass die Pflichtverletzung im Rahmen des § 283 BGB in der Nichterfüllung zu sehen ist,197 ist das verhaltensbezogene Konzept der Pflichtverletzung im Ergebnis abzulehnen. Die angesprochenen, zugegebenermaßen bei § 283 BGB bestehenden dogmatischen Schwierigkeiten rühren daher, dass zum einen der Begriff der Pflichtverletzung jegliche Pflichtverletzung umfassen soll und damit sowohl die Verletzung von Schutzpflichten als auch die Verletzung von Leistungspflichten erfasst und dass zum anderen gleichzeitig eine Verschuldenshaftung angeordnet ist, welche grundsätzlich eine rechtswidrige Pflichtverletzung voraussetzt. Der Gesetzgeber dachte bei der Schaffung eines allgemeinen Tatbestandes der Pflichtverletzung wohl in erster Linie an den Fall der Verletzung einer Schutzpflicht. Nach der Regierungsbegründung sollten nämlich gerade die Fälle der positiven Forderungsverletzung von dem Begriff der Pflichtverletzung erfasst werden.198 Anders als bei der Verletzung einer Leistungspflicht liegt bei der Verletzung einer Schutzpflicht schon mit dieser eine rechtswidrige Pflichtverletzung vor. Dementsprechend besteht bei der Verletzung einer Schutzpflicht die Pflichtverletzung nach allgemeiner Meinung in dem gegen die Schutzpflicht verstoßenden Verhalten des Schuldners. Dogmatische Probleme aufgrund der Verbindung des Pflichtverletzungskonzepts mit dem Verschuldensprinzip entstehen in diesem Fall anders als bei der Verletzung einer Leistungspflicht nicht. Was aber den Fall der Verletzung einer Leistungspflicht betrifft, ist die vom Gesetzgeber vorgesehene Trennung von objektiver Pflichtverletzung und Vertretenmüssen konsequent anzuwenden und die Fiktion hinzunehmen, dass die Pflichtverletzung im Rahmen des § 283 BGB in der Nichterfüllung liegt. Zu Recht wurde jedoch angemerkt, dass das Konzept, die verschiedenen Leistungsstörungstypen durch die übergeordnete Kategorie der Pflichtverletzung in einer einheitlichen Anspruchsgrundlage zu verklammern, jedenfalls in den __________ 195 BT-Drucks. 14/6040, S. 136. Ebenso wie hier argumentieren AnwKomBGB/ Dauner-Lieb § 280 Rn. 33, § 283 Rn. 4; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 17, § 283 Rn. 4; Staudinger/Otto § 280 Rn. C 4, § 283 Rn. 12; Schulze/Ebers, JuS 2004, 265, 269. 196 St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 39; ders., NJW 2005, 1889, 1890; Maier-Reimer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 291, 300. 197 St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2500 Fn. 24. 198 BT-Drucks. 14/6040, S. 135.

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Fällen der Unmöglichkeit an seine Grenzen stoße.199 Grund dafür ist die Verbindung des Konzepts der Pflichtverletzung mit dem Verschuldensprinzip.

bb) Mangelhafte Lieferung Bei mangelhafter Lieferung ist für die Bestimmung der relevanten Pflichtverletzung, auf die sich das Vertretenmüssen gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB bezieht, zwischen zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden.

(1) Eintritt der Unbehebbarkeit des Mangels vor Gefahrübergang In der ersten Fallkonstellation wird die Behebung des Mangels zwischen Vertragsschluss und Gefahrübergang200 nach § 275 Abs. 1 BGB unmöglich oder der Verkäufer kann sie gem. § 275 Abs. 2, 3 BGB verweigern. Das heißt, dass entweder zu diesem Zeitpunkt ein unbehebbarer Mangel auftritt oder dass ein Mangel bereits bei Vertragsschluss bestand, dessen Behebung vor Gefahrübergang unmöglich wird oder der Verkäufer verweigern kann.201 Liegen die Voraussetzungen des § 275 Abs. 1–3 BGB bereits vor Gefahrübergang vor, so ist der Anspruch auf mangelfreie Leistung gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB nach § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen, bzw. der Schuldner kann die mangelfreie Leistung nach § 275 Abs. 2, 3 BGB verweigern. Eine Pflicht des Verkäufers zur mangelfreien Lieferung gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB besteht infolgedessen nicht mehr, so dass die mangelhafte Lieferung als Pflichtverletzung ausscheidet.202 Die für das Vertretenmüssen relevante Pflichtverletzung ist in diesem Fall deshalb darin zu sehen, dass nach Vertragsschluss und vor Gefahrübergang ein unbehebbarer Mangel entstanden ist bzw. ein bereits bei Vertragsschluss __________ 199

So AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 283 Rn. 4. Nach h. M. greift § 437 BGB ab Gefahrübergang ein. Ab diesem Zeitpunkt ist also Gewährleistungsrecht und nicht mehr allgemeines Leistungsstörungsrecht anzuwenden, vgl. AnwKomBGB/Büdenbender § 437 Rn. 7; Erman/Grunewald Vor § 437 Rn. 4; Jauernig/Berger § 437 Rn. 2; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 6 f.; Palandt/Putzo § 433 Rn. 21; Oechsler § 2 Rn. 75; Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 72 ff.; Jacobs, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 371, 373 f.; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 110 f.; P. Huber, NJW 2002, 1004, 1005; a. A. Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 4 ff.; Oetker/Maultzsch, S. 77 f.; Reinicke/Tiedtke Rn. 529 (Zeitpunkt des § 363 BGB). 201 Reinicke/Tiedtke Rn. 530. 202 Dies übersieht Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 337, für die entscheidend ist, ob der Verkäufer den Sachmangel zu vertreten hat. 200

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

bestehender Mangel vor Gefahrübergang unbehebbar geworden ist.203 Hat der Schuldner die Gründe, die zu der Unbehebbarkeit des Mangels nach § 275 Abs. 1 BGB geführt haben, zu vertreten, haftet er gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 283 BGB auf Schadensersatz statt der Leistung. Liegt ein Fall des § 275 Abs. 2, 3 BGB vor, haftet der Schuldner, wenn er die Umstände zu vertreten hat, die ihn zu der Erhebung der Einrede berechtigt haben.204

(2) Eintritt der Unbehebbarkeit des Mangels nach Gefahrübergang Wird der Mangel erst nach Gefahrübergang unbehebbar oder liegen die Voraussetzungen für die Erhebung einer Einrede nach § 275 Abs. 2, 3 BGB erst nach Gefahrübergang vor, so entsteht zunächst bis zu diesem Zeitpunkt ein Nachlieferungsanspruch des Käufers gem. §§ 437 Nr. 3, 439 Abs. 1 BGB.205 Mögliche Bezugspunkte für das Vertretenmüssen können in diesem Fall daher die mangelhafte Lieferung oder das Unmöglichwerden der Nacherfüllung sein. Einigkeit besteht lediglich darüber, dass der Verkäufer nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 283 BGB haftet, wenn er die Umstände zu vertreten hat, die zu dem Ausschluss des Nacherfüllungsanspruchs nach § 275 Abs. 1 BGB geführt haben206 oder die ihn zu der Erhebung einer Einrede nach § 275 Abs. 2, 3 BGB berechtigt haben.207 Umstritten ist hingegen, ob der Schuldner auch dann haftet, wenn er zwar nicht diese Umstände, dafür aber die mangelhafte Lieferung zu vertreten hat. Teilweise wird vertreten, dass sich das Vertretenmüssen bei Unmöglichwerden der Mangelbehebung erst nach Gefahrübergang auf beide Pflichtverletzungen beziehen könne. Beide Alternativen seien praktisch relevant, da der Verkäufer möglicherweise nur die ursprüngliche mangelhafte Leistung zu vertreten habe, nicht aber das Unmöglichwerden der Nacherfüllung oder umgekehrt. Lägen die Voraussetzungen beider Alternativen vor, würden die Ansprüche miteinander konkurrieren.208 __________ 203 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 108; Erman/Grunewald § 437 Rn. 12; Reinicke/Tiedtke Rn. 530. 204 St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 26 f. 205 Reinicke/Tiedtke Rn. 531. 206 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 109; Jauernig/Berger § 437 Rn. 18; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 24 f.; Brox/Walker § 4 Rn. 102; Reinicke/Tiedtke Rn. 532; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 26; ders., NJW 2002, 2497, 2501; Hirsch, Jura 2003, 289, 296; anders aber Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 337, für die nur entscheidend ist, ob der Verkäufer den Sachmangel zu vertreten hat. 207 St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 26 f. 208 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 109.

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Gegen diese Auffassung können jedoch verschiedene Argumente angeführt werden. In § 283 S. 1 BGB, auf den § 437 Nr. 3 BGB verweist, heißt es: „Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen.“ Mit den Worten „Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten“ wird die für § 283 S. 1 BGB relevante Pflichtverletzung umschrieben. Auf diese müssen sich die Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB und mithin auch das Vertretenmüssen nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB beziehen. Überträgt man dies auf den Fall der qualitativen Unmöglichkeit, so ist die soeben zitierte Formulierung auf die Nacherfüllung zu beziehen. Die Schlechtleistung ist dagegen in § 283 S. 1 BGB anders als in § 281 Abs. 1 S. 1 BGB („Leistung nicht wie geschuldet“) nicht genannt,209 obwohl § 283 BGB auch für den Fall der Schlechtleistung konzipiert ist, wie der Verweis in § 283 S. 2 BGB auf § 281 Abs. 1 S. 3 BGB zeigt. Der Wortlaut des § 283 S. 1 BGB spricht also dafür, auch im Fall der qualitativen Unmöglichkeit die für das Vertretenmüssen relevante Pflichtverletzung nur in dem Unmöglichwerden der Nacherfüllung und nicht in der mangelhaften Lieferung zu sehen. Teilweise wird für diese Auffassung auch die Regierungsbegründung zitiert.210 Dort heißt es: „§ 437 Nr. 3 BGB-RE nimmt außerdem die Vorschriften in Bezug, die im allgemeinen Leistungsstörungsrecht die Schadensersatzpflicht des Schuldners bei Unmöglichkeit der Leistung regeln, nämlich die §§ 283 und 311a RE. Damit sind in dem hier maßgeblichen Zusammenhang die Fälle angesprochen, in denen die Erfüllung des Anspruchs aus § 439 BGB-RE unmöglich ist.“211 Dieses Zitat soll dafür sprechen, dass es auch im Fall der qualitativen Unmöglichkeit bei der Grundkonzeption des § 283 BGB bleibt, wonach ausschließlich an das Ausbleiben der Leistung infolge Unmöglichkeit anzuknüpfen ist.212 Dem ist jedoch entgegenzusetzen, dass in der zitierten Passage nur erläutert wird, auf welche Fälle §§ 283 und 311a BGB im Gewährleistungsrecht anwendbar sind. Eine Aussage über die für das Vertretenmüssen relevante Pflichtverletzung im Rahmen des § 283 BGB kann daraus nicht hergeleitet werden. Überzeugend ist dagegen in systematischer Hinsicht der Verweis auf die Grundkonzeption des § 283 S. 1 BGB.213 Grundsätzlich knüpft § 283 S. 1 BGB ausschließlich an das Ausbleiben der Leistung infolge Unmöglichkeit an. Der __________ 209

s. auch Reinicke/Tiedtke Rn. 535. Reinicke/Tiedtke Rn. 534. 211 BT-Drucks. 14/6040, S. 225. 212 Reinicke/Tiedtke Rn. 534. 213 So Reinicke/Tiedtke Rn. 533; auch Hirsch, Jura 2003, 289, 296. 210

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Schuldner muss die Gründe zu vertreten haben, die zum Entfallen der Leistungspflicht geführt haben.214 Dies gilt sowohl im allgemeinen Leistungsstörungsrecht für die Unmöglichkeit der Lieferung der Ware nach Vertragsschluss als auch im Gewährleistungsrecht für das Unmöglichwerden der Nacherfüllung vor Lieferung.215 Für eine Anknüpfung des Vertretenmüssens an das Unmöglichwerden der Nacherfüllung auch in dem Fall, in dem die Unmöglichkeit der Nacherfüllung nach Gefahrübergang eintritt, spricht die daraus resultierende einheitliche Behandlung der Fälle nachträglicher Unmöglichkeit der Nacherfüllung. Dass der Gesetzgeber, wie aus dem Verweis in § 437 Nr. 3 BGB folgt, die Fälle des nachträglichen Unmöglichwerdens der Nacherfüllung vor und nach der Lieferung unter § 283 BGB zusammengefasst und in § 283 BGB abgesehen von § 283 S. 2 BGB keine Sonderregelung für die Fälle der Schlechtleistung getroffen hat, deutet darauf hin, dass die unter die Vorschrift fallenden Fälle grundsätzlich einheitlich behandelt werden sollen. Auch würde es in der praktischen Rechtsanwendung zu Problemen führen, wenn im Fall des Unmöglichwerdens der Nachlieferung nach Gefahrübergang im Gegensatz zu dem Fall des Unmöglichwerdens der Nachlieferung vor Lieferung zusätzlich auf die mangelhafte Lieferung als Bezugspunkt für das Vertretenmüssen abgestellt werden könnte. Der Käufer, der bis auf das Vertretenmüssen nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB grundsätzlich die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 283 BGB, insbesondere auch die den Nacherfüllungsanspruch gem. § 275 BGB ausschließenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen hat, 216 müsste beweisen, zu welchem Zeitpunkt nach Vertragsschluss die Unmöglichkeit der Nacherfüllung eingetreten ist. Von diesem Beweis hinge es ab, ob auch die mangelhafte Lieferung Bezugspunkt für das Vertretenmüssen sein kann, wenn der Verkäufer die Umstände, die zu der Unmöglichkeit der Nachlieferung geführt haben, nicht zu vertreten hat. Den Beweis, zu welchem Zeitpunkt die Unmöglichkeit der Nacherfüllung eingetreten ist, wird der Käufer aber in vielen Fällen nur schwer führen können. Daher ist die Ansicht abzulehnen, nach welcher der Bezugspunkt für das Vertretenmüssen bei nachträglichem Unmöglichwerden der Nacherfüllung nach Gefahrübergang alternativ entweder die mangelhafte Lieferung oder das Unmöglichwerden der Nacherfüllung ist. Ferner kommt aus diesen Gründen auch nicht in Betracht, allein darauf abzustellen, ob der Verkäufer den Sach__________ 214 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 281 Rn. 6; Erman/H. P. Westermann § 283 Rn. 1; MünchKommBGB/Ernst § 283 Rn. 6 für das Verschulden; Staudinger/Otto § 283 Rn. 50; Maier-Reimer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 291, 301; Schwarze, Jura 2002, 73, 79. 215 s. o. § 14 I. 2. a) aa) (3) und bb) (1). 216 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 117.

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mangel zu vertreten hat.217 Alleiniger Anknüpfungspunkt für das Vertretenmüssen ist folglich auch bei nachträglichem Unmöglichwerden der Nacherfüllung nach Gefahrübergang der Grund für die Unbehebbarkeit des Mangels.218

b) Vertretenmüssen Das Vertretenmüssen (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB) richtet sich nach § 276 BGB. Da ein unbehebbarer Mangel nur vorliegt, wenn sowohl die Beseitigung des Mangels (§ 439 Abs. 1, 1. Fall BGB) als auch die Lieferung einer mangelfreien Sache (§ 439 Abs. 1, 1. Fall BGB) nach § 275 Abs. 1 BGB unmöglich sind oder gem. § 275 Abs. 2, 3 BGB vom Schuldner verweigert werden können, stellt sich die Frage, ob das Vertretenmüssen von Umständen, die zu der Unmöglichkeit von nur einer Art der Nacherfüllung geführt haben, für eine Haftung nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 283 BGB ausreicht. Dies ist aufgrund der allgemeinen Grundsätze über die kumulative Kausalität zu bejahen.219

aa) Verschulden Der Schuldner haftet dementsprechend nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 283 BGB, wenn er beispielsweise nach Vertragsschluss eine Speziessache vorsätzlich oder fahrlässig irreparabel beschädigt hat.220 Fahrlässigkeit kann z. B. bei falscher Lagerung vorliegen221 oder in dem Fall, in dem der Verkäufer die Unbehebbarkeit des Mangels fahrlässig bei einem Reparaturversuch verursacht.222 Für ein Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen hat der Verkäufer gem. § 278 S. 1 BGB einzustehen.

__________ 217

So aber Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 337. Ebenso MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 24 f.; Reinicke/Tiedtke Rn. 532 ff.; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 71; Hirsch, Jura 2003, 289, 296; auch Reichenbach, Jura 2003, 512, 518, der allerdings als Anhänger des verhaltensbezogenen Konzepts der Pflichtverletzung die Herbeiführung der Unbehebbarkeit des Mangels als haftungsbegründende Pflichtverletzung ansieht. 219 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 111, 114. 220 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 111. 221 Erman/Grunewald § 437 Rn. 12. 222 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 114. 218

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

bb) Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos (1) Übernahme einer Garantie Der Verkäufer haftet gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB verschuldensunabhängig, wenn er eine Garantie für die Mangelfreiheit der Sache übernommen hat. 223 Beim Spezieskauf ist zu berücksichtigen, dass eine Garantie in der Regel nur für das Vorliegen der garantierten Beschaffenheit im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gegeben wird. Es ist nämlich regelmäßig nicht anzunehmen, dass der Verkäufer auch für später eintretende Veränderungen verschuldensunabhängig haften will.224 Schon nach § 463 S. 1 BGB a. F. kam es beim Spezieskauf für das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses an. Beim Gattungskauf verlagerte sich der relevante Zeitpunkt hingegen gem. § 480 Abs. 2 BGB a. F. auf den Moment des Gefahrübergangs. Hieran hat sich im neuen Recht nichts geändert. Der für die Garantie relevante Zeitpunkt ist im neuen Recht freilich im Wege der Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu ermitteln.225 Es kommt daher maßgeblich auf die vertragliche Vereinbarung im Einzelfall an.226

(2) Übernahme eines Beschaffungsrisikos Der Verkäufer haftet ferner gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB verschuldensunabhängig, wenn er das Beschaffungsrisiko in Bezug auf die Nachlieferung übernommen hat.227 Liegt beim Gattungskauf jedoch eine qualitative Unmöglichkeit vor, weil die gesamte Gattung die geschuldete Beschaffenheit nicht mehr aufweist (objektive Unmöglichkeit), haftet der Schuldner nicht verschuldensunabhängig. Wie schon im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 BGB ausgeführt wurde, ist beim Gattungskauf aus dem Inhalt des Schuldverhältnisses typischerweise nur abzuleiten, dass der Verkäufer garantiert, aus der Gattung leisten zu können. Im Gegensatz dazu übernimmt er allein durch das Leistungsver__________ 223

MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 25. AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 283 Rn. 6; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 73; Jauernig/Berger § 437 Rn. 18 und MünchKommBGB/Ernst § 283 Rn. 19, die diese Aussage jedoch nicht auf den Stückkauf begrenzen; Staudinger/Otto § 283 Rn. 50; St. Lorenz/Riehm Rn. 534. 225 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 73; Jauernig/Berger § 437 Rn. 18. 226 MünchKommBGB/Ernst § 283 Rn. 19. 227 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 111, 98; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 25. 224

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sprechen keine Garantie, dass die gesamte Gattung die geschuldete Beschaffenheit aufweist.228 Eine verschuldensunabhängige Haftung des Schuldners gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB aufgrund der Übernahme des Beschaffungsrisikos kommt im Fall der qualitativen Unmöglichkeit daher nur in Betracht, wenn es dem Schuldner subjektiv unmöglich ist, fehlerfreie Ware zu beschaffen. Eine solche Haftung ist positiv zu begründen.229

cc) Beweislast hinsichtlich des Vertretenmüssens Lehnt man – wie hier vertreten – das streng verhaltensbezogene Konzept der Pflichtverletzung ab, obliegt dem Gläubiger nicht der Beweis eines die Unbehebbarkeit des Mangels herbeiführenden pflichtwidrigen Verhaltens des Schuldners. Vielmehr hat er als Pflichtverletzung nur den Eintritt der Unbehebbarkeit des Mangels nach Vertragsschluss darzulegen und zu beweisen. Das Vertretenmüssen des Schuldners oder das seines Erfüllungsgehilfen wird gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB widerlegbar vermutet.230 Dem Schuldner obliegt daher der Beweis, dass weder ihn noch einen seinen Erfüllungsgehilfen ein Verschulden hinsichtlich der Gründe trifft, die zur nachträglichen Unbehebbarkeit des Mangels geführt haben. Er kann sich mit dem Vorbringen entlasten, dass er den Eintritt der Umstände, die zur Unbehebbarkeit des Mangels geführt haben, nicht hätte vorhersehen oder nicht hätte vermeiden können.231 Auch kann sich der Schuldner durch den Nachweis entlasten, dass die von ihm zu vertretenden Umstände für den Eintritt der Unmöglichkeit nicht kausal geworden sind.232 Nach allgemeiner Meinung zu § 282 BGB a. F. sind an den Entlastungsbeweis keine zu hohen Anforderungen zu stellen.233 Da in der Gesetzesbegründung darauf hingewiesen wird, dass die Verteilung der Behauptungs- und Beweislast in § 280 Abs. 1 S. 2 BGB den zu diesem Zeitpunkt noch geltenden §§ 282, 285 BGB a. F. entspreche, kann der genannte Grundsatz auf § 280 Abs. 1 S. 2 BGB übertragen werden.234 Wie im alten Recht wird es daher auch im __________ 228

St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2502. Vgl. dazu o. § 14 I. 1. e) bb) (5). 230 s. o. § 12 II. 4. 231 MünchKommBGB/Ernst § 283 Rn. 7. 232 Bamberger/Roth/Grüneberg § 280 Rn. 79; Emmerich, Leistungsstörungen, § 9 Rn. 25. 233 Zum alten Recht BGH, Urt. v. 12.11.1952 – II ZR 67/52, NJW 1952, 59 f.; Urt. v. 14.11.1989 – X ZR 116/88, NJW-RR 1990, 446; Urt. v. 13.12.1991 – LwZR 5/91, BGHZ 116, 334, 337. 234 So Bamberger/Roth/Grüneberg § 280 Rn. 81; Jauernig/Stadler § 280 Rn. 25; Palandt/Heinrichs § 280 Rn. 40; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 34; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 39. 229

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

neuen Recht als ausreichend angesehen werden, dass der Schuldner die hinreichende Wahrscheinlichkeit darlegt, dass die Unmöglichkeit nicht auf Umständen beruht, die er zu vertreten hat.235 Die bloße Darlegung der Möglichkeit, dass die Unmöglichkeit nicht auf Umständen beruht, die der Schuldner zu vertreten hat, genügt dagegen nicht.236 Welche Anforderungen an den Entlastungsbeweis zu stellen sind, hängt letztendlich von den Umständen des Einzelfalls ab. Auch auf den Beweis des ersten Anscheins und die Erfahrungen des Lebens kann sich der Schuldner stützen.237 Sind die Gründe für den Eintritt der Unmöglichkeit der Nacherfüllung unaufklärbar, so kann sich der Schuldner durch den Nachweis entlasten, dass er jede ihm obliegende Sorgfalt beobachtet hat.238 Ob der Schuldner eine Garantie oder ein Beschaffungsrisiko übernommen hat, sind ebenfalls Fragen des Vertretenmüssens (§ 276 Abs. 1 S. 1 BGB). Fraglich ist daher, ob sich die in § 280 Abs. 1 S. 2 BGB enthaltene Beweislastanordnung auch auf die Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos erstreckt. Der Schuldner müsste dann das Nichtvorliegen der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos darlegen und beweisen. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass eine solche Beweislastverteilung das UN-Kaufrecht kenne, wo nach Art. 79 CISG der Schuldner u. a. darzulegen und zu beweisen habe, dass das eingetretene Leistungshindernis nicht in seinen vertraglichen Risikobereich falle. 239 Dass sich die in § 280 Abs. 1 S. 2 BGB enthaltene Beweislastanordnung auch auf die Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos bezieht, ist jedoch zu verneinen. Gelingt dem Verkäufer der Entlastungsbeweis gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB und beruft sich der Käufer auf die Übernahme einer Garantie oder auf die Übernahme eines Beschaffungsrisikos durch den Verkäufer, hat vielmehr der Käufer die dafür maßgeblichen Tatsachen darzulegen und zu beweisen.240 So muss der Käufer auch beweisen, dass der Mangel in den Schutzbereich der Garantie fällt __________ 235 Zum alten Recht BGH, Urt. v. 12.11.1952 – II ZR 67/52, NJW 1952, 59 f.; Urt. v. 14.11.1989 – X ZR 116/88, NJW-RR 1990, 446. Zum neuen Recht s. Bamberger/Roth/Grüneberg § 280 Rn. 81; Jauernig/Stadler § 280 Rn. 25; Palandt/Heinrichs § 280 Rn. 40; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 38; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 39. 236 Zum alten Recht BGH, Urt. v. 12.11.1952 – II ZR 67/52, NJW 1952, 59 f.; Urt. v. 14.11.1989 – X ZR 116/88, NJW-RR 1990, 446. Zum neuen Recht s. Jauernig/Stadler § 280 Rn. 25. 237 Bamberger/Roth/Grüneberg § 280 Rn. 81; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 34; Emmerich, Leistungsstörungen, § 9 Rn. 26. 238 Bamberger/Roth/Grüneberg § 280 Rn. 81; Palandt/Heinrichs § 280 Rn. 40; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 39. 239 s. dazu v. Westphalen/Henssler/Dedek § 280 Rn. 14. 240 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 48; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 86; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 30; St. Lorenz/Riehm Rn. 181; Otto, Jura 2002, 1, 8; U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1175.

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und er während der Garantiezeit aufgetreten ist. Dem Verkäufer obliegt dagegen der Beweis, dass der Mangel durch eine unsachgemäße Behandlung des Käufers oder sonstige Einwirkung von außen entstanden ist.241 Grund für diese Beweislastverteilung ist, dass nach § 276 Abs. 1 S. 1 BGB die Verschuldenshaftung den gesetzlichen Regelfall darstellt. 242 Es ist daher davon auszugehen, dass der Schuldner Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten hat. Beruft sich der Schuldner darauf, dass sich aus bestimmten Tatsachen eine mildere Haftung ergibt, hat er diese zu beweisen. Umgekehrt ist der Gläubiger für solche Tatsachen beweispflichtig, die eine strengere Haftung des Schuldners begründen. 243

c) Zwischenergebnis Die Verbindung des aus dem UN-Kaufrecht stammenden Pflichtverletzungskonzepts mit dem Verschuldensprinzip führt im Rahmen des § 283 BGB zu Schwierigkeiten, weil Verschulden ein dem Schuldner zurechenbares, rechtwidriges Verhalten voraussetzt. Ein solches liegt regelmäßig in der Verletzung einer Schutzpflicht, nicht aber in der Verletzung einer Leistungspflicht. Dennoch ist im Rahmen des § 283 BGB schon der Eintritt der Unmöglichkeit als Pflichtverletzung und somit als Bezugspunkt für das Vertretenmüssen anzusehen. Dafür und gegen einen streng verhaltensbezogenen Ansatz spricht im Wesentlichen, dass der Gesetzgeber den Grundtatbestand der Pflichtverletzung nach dem Vorbild des UN-Kaufrechts geschaffen hat und eine Pflichtverletzung dort bei jeglichem Abweichen vom bestehenden Pflichtenprogramm vorliegt. Ob der Schuldner hinsichtlich der Verletzung der Leistungspflicht sorgfaltswidrig gehandelt hat, ist erst im Rahmen des Vertretenmüssens zu prüfen. Bei mangelhafter Lieferung besteht die Pflichtverletzung folglich in dem Eintritt qualitativer Unmöglichkeit nach Vertragsschluss. Dies gilt auch für den Fall, dass die Unmöglichkeit der Nacherfüllung erst nach Gefahrübergang eintritt. In diesem Fall auch die mangelhafte Lieferung als Bezugspunkt für das Vertretenmüssen anzusehen, ist aufgrund des Wortlauts des § 283 BGB, seiner Grundkonzeption und der zu befürchtenden Probleme bei der Rechtsanwendung abzulehnen. Zu fragen ist daher stets, ob der Verkäufer die Gründe zu vertreten hat, die nach Vertragsabschluss zu der Unmöglichkeit der Nacherfüllung geführt haben. Das Vertretenmüssen richtet sich nach § 276 Abs. 1 S. 1 BGB. Ausreichend ist, wenn der Schuldner die Gründe für die Unmöglichkeit von nur einer Art der __________ 241

Sailer, S. 49. Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 86; St. Lorenz/Riehm Rn. 181. 243 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 48; U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1175. 242

2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

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Nacherfüllung zu vertreten hat. Hinsichtlich einer verschuldensunabhängigen Haftung aufgrund der Übernahme einer Garantie ist darauf hinzuweisen, dass der Schuldner beim Spezieskauf eine Garantie typischerweise nur für das Vorliegen einer Beschaffenheit zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses übernimmt. Eine verschuldensunabhängige Haftung des Schuldner aufgrund der Übernahme eines Beschaffungsrisikos gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB kommt in Betracht, wenn er beim Gattungskauf nicht in der Lage ist, am Markt erhältliche fehlerfreie Exemplare aus der Gattung zu beschaffen. Das Vertretenmüssen des Schuldners oder das seines Erfüllungsgehilfen wird gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB widerlegbar vermutet. An den Entlastungsbeweis sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Beruft sich der Käufer auf die Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos durch den Verkäufer, hat der Käufer die dafür maßgeblichen Tatsachen darzulegen und zu beweisen.

II. Schadensersatz statt der Leistung wegen eines behebbaren Mangels (§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB) Ist der Mangel behebbar, richtet sich der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB. Unklarheit besteht zunächst darüber, worin die für das Vertretenmüssen relevante Pflichtverletzung liegt.

1. Relevante Pflichtverletzung Liefert der Verkäufer mangelhafte Ware, so verstößt er gegen seine Pflicht aus § 433 Abs. 1 S. 2 BGB auf Verschaffung der Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln. Ist der Mangel behebbar und setzt der Käufer dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung, so liegt in der nicht ordnungsgemäßen Nacherfüllung eine zweite Pflichtverletzung. 244 Fraglich ist daher, ob das Vertretenmüssen des Schuldners im Rahmen des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB auf die mangelhafte Lieferung oder auf die nicht ordnungsgemäße Nacherfüllung oder kumulativ auf beide Pflichtverletzungen bezogen werden muss. Denkbar ist ferner, dass der Bezugspunkt für das Vertretenmüssen des Schuldners alternativ entweder in der mangelhaften Lieferung oder in der nicht ordnungsgemäßen Nacherfüllung liegen kann. Der BGH hat in seiner Entschei__________ 244

St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2502.

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dung vom 22.6.2005 offen gelassen, auf welche Pflichtverletzung sich das Vertretenmüssen beziehen muss. 245

a) Wortlaut des § 281 Abs. 1 BGB Der Wortlaut des Gesetzes scheint dafür zu sprechen, dass das Vertretenmüssen an die „nicht wie geschuldet“ erbrachte Leistung anknüpfen muss.246 Denn die Formulierung „unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1“ nimmt Bezug auf die Nichterbringung der fälligen Leistung oder die Erbringung der Leistung nicht wie geschuldet. Der Konditionalsatz in § 281 Abs. 1 S. 1 BGB („… wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat.“) normiert lediglich eine weitere Voraussetzung für den Schadensersatzanspruch statt der Leistung. Allerdings wird auch darauf hingewiesen, dass nach der Formulierung des § 281 Abs. 1 S. 1 BGB zu dem Zeitpunkt, zu dem die Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB vorliegen müssten, die erfolglose Fristbestimmung schon erfolgt sein müsse. Dies ergebe sich aus der Fassung des Konditionalsatzes im Perfekt. Es komme daher darauf an, dass die Leistung zur Zeit des Fristablaufs nicht wie geschuldet erbracht worden sei. Die Ursache für die nicht wie geschuldete Erbringung der Leistung könne also auch in dem Scheitern der Nacherfüllung liegen. 247 Auch wird vertreten, dass die Nichtvornahme der Nacherfüllung unter „Nichtleistung“ gem. § 281 Abs. 1 S. 1 BGB falle.248 Beide Argumente sprechen dafür, dass der Bezugspunkt für das Vertretenmüssen alternativ die mangelhafte Leistung oder die nicht ordnungsgemäße Nacherfüllung ist. Dennoch ergibt sich aus dem Wortlaut des § 281 BGB keine eindeutige Antwort darauf, an welche Pflichtverletzung das Vertretenmüssen nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB anknüpft.

b) Historische Auslegung Wie der Wortlaut des § 281 BGB ist auch die Regierungsbegründung verschiedenen Auslegungen zugänglich. Dort heißt es, dass § 281 Abs. 1 BGB-RE den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung von einer Fristsetzung sowie davon abhängig mache, dass der Schuldner schuldhaft nicht leiste oder __________ 245

BGH, Urt. v. 22.6.2005 – VIII ZR 281/04, ZGS 2005, 348, 350. Hirsch, Jura 2003, 289, 293. 247 Reinicke/Tiedtke Rn. 541, Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 622. 248 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 67. 246

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

nicht nacherfülle.249 Dieser Passage wird entnommen, dass der Gesetzgeber sowohl die mangelhafte Lieferung als auch alternativ das Scheitern der Nacherfüllung als Bezugspunkt für das Vertretenmüssen ansehe.250 Diese Auslegung setzt jedoch voraus, dass unter die Formulierung „nicht leistet“ auch die Schlechtleistung fällt. In § 281 Abs. 1 S. 1 BGB wird aber gerade zwischen der Nichtleistung und der nicht wie geschuldet erbrachten Leistung unterschieden. Die Schlechtleistung ist in dieser Norm also gesondert aufgeführt und kein Fall der Nichtleistung. Deshalb liegt der Schluss nahe, dass die Formulierung „nicht leistet“ in der Regierungsbegründung auch nur die Nichtleistung meint.251 Dies würde bedeuten, dass im Fall der Schlechtleistung allein darauf abzustellen wäre, ob der Verkäufer schuldhaft nicht nacherfüllt hätte. An anderer Stelle heißt es allerdings in der Regierungsbegründung, dass „der Schadensersatzanspruch gemäß §§ 437 Nr. 3, 440 BGB-RE in Verbindung mit den allgemeinen Vorschriften dann nicht entsteht, wenn der Verkäufer den Sachmangel im Sinne der §§ 276, 278 BGB-RE nicht zu vertreten hat.“252 Diese Aussage beschränkt sich nicht auf den Schadensersatz neben der Leistung nach § 280 Abs. 1 BGB, wie die Erwähnung des Ersatzes des Mangelschadens bzw. der §§ 437 Nr. 3, 439 i. V. m. § 281 BGB-RE im Anschluss zeigt.253 Da die Regierungsbegründung folglich keinen eindeutigen Hinweis auf die für das Vertretenmüssen relevante Pflichtverletzung enthält, sind systematische und teleologische Erwägungen maßgeblich.

c) Mangelhafte Lieferung als Pflichtverletzung Sieht man allein die mangelhafte Lieferung als Bezugspunkt für das Vertretenmüssen an,254 so kommt man in dem Fall, in dem der Verkäufer die mangelhafte Leistung an sich nicht zu vertreten hat, er jedoch die Nacherfüllung schuldhaft unterlässt bzw. sie aufgrund seines Verschuldens misslingt, zu dem zweifelhaften Ergebnis, dass dem Käufer kein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung zusteht.255 Eine vorsätzliche Nichtvornahme der Nacherfül__________ 249 250

BT- Drucks. 14/6040, S. 140. Brox/Walker § 4 Rn. 84; Reinicke/Tiedtke Rn. 542; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615,

622. 251

s. auch Harke, ZGS 2006, 9. BT-Drucks. 14/6040, S. 209 f. 253 BT-Drucks. 14/6040, S. 210. 254 So Erman/Grunewald § 437 Rn. 12, 25; P. Huber/Faust/P. Huber Kap. 13 Rn. 111; Oechsler § 2 Rn. 228; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 224 f. 255 So auch Reinicke/Tiedtke Rn. 542; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 622. 252

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lung bliebe sanktionslos. Durch das Recht zur zweiten Andienung soll dem Verkäufer die Möglichkeit gegeben werden, weitergehende Rechtsbehelfe des Käufers durch eine ordnungsgemäße Nacherfüllung abzuwenden.256 Bei nicht ordnungsgemäßer Nacherfüllung durch den Verkäufer soll der Käufer auf den Rücktritt, die Minderung und den Schadensersatz statt der Leistung bzw. Aufwendungsersatz übergehen können. Im Widerspruch dazu stünde es, dem Käufer einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung zu versagen, wenn der Verkäufer zwar die mangelhafte Lieferung nicht zu vertreten hat, er aber in vertretbarer Weise nicht ordnungsgemäß nacherfüllt. Da der Schuldner durch die mangelhafte Lieferung für Unsicherheiten hinsichtlich der Nacherfüllung gesorgt hat, muss er verantwortlich bleiben.257 Auch heißt es in der Regierungsbegründung, dass die Einführung eines Nacherfüllungsanspruchs des Käufers bei einem Sachmangel eine Sanktion verlange, wenn der Verkäufer die Nacherfüllung verzögere und dies von ihm zu vertreten sei.258 Es wäre unstimmig, für den Fall der zu vertretenden Verzögerung eine Sanktion in Form des Schadensersatzes wegen Verzögerung der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 2, 286 i. V. m. § 439 BGB vorzusehen, dem Käufer den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aber zu versagen, wenn der Verkäufer die Nacherfüllung schuldhaft erst gar nicht vornimmt. Aus diesen Gründen ist die Ansicht abzulehnen, dass allein die mangelhafte Lieferung Bezugspunkt für das Vertretenmüssen des Verkäufers ist.

d) Mangelhafte Lieferung und Nichtvornahme der Nacherfüllung als Pflichtverletzung Im Schrifttum findet sich auch die Ansicht, nach welcher der Mangel der Kaufsache zu vertreten sein muss, gleichzeitig aber „wohl grundsätzlich bejaht werden“ müsse, dass es für die Schadensersatzpflicht des Verkäufers nach § 281 Abs. 1 S. 1 BGB darauf ankomme, dass der Verkäufer die Nachfrist in vorwerfbarer Weise versäumt habe.259 Wörtlich heißt es: „Festzuhalten bleibt, dass das Erfordernis des Vertretenmüssens sich primär auf die Gründe der Schlechterfüllung bezieht, erst in zweiter Linie auf die Frage, aus welchen Gründen der Schuldner innerhalb der Frist nicht nacherfüllt hat.“260 Hiernach muss der Verkäufer also kumulativ sowohl den Mangel als auch die nicht ordnungsgemäße Nacherfüllung zu vertreten haben. Wie die zuvor dargestellte __________ 256

Vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 220. Staudinger/Otto § 280 Rn. D13. 258 BT-Drucks. 14/6040, S. 225. 259 Hirsch, Jura 2003, 289, 292 f. 260 Hirsch, Jura 2003, 289, 293. 257

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Ansicht führt allerdings auch diese Auffassung zu einem unsachgerechten Ergebnis in dem Fall, in dem der Verkäufer zwar den Mangel nicht zu vertreten hat, aber schuldhaft nicht ordnungsgemäß nacherfüllt, weshalb dieser Meinung ebenfalls nicht gefolgt werden kann.

e) Nichtvornahme der Nacherfüllung als Pflichtverletzung Zum Teil wird mit Blick auf § 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 283 BGB argumentiert, dass Bezugspunkt der Haftung auf Schadensersatz statt der Leistung nie der Mangel, sondern seine Nichtbehebung sei. So wie sich das Vertretenmüssen nach § 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 283 BGB auf den Umstand beziehe, der die Unmöglichkeit der Nacherfüllung herbeigeführt habe, komme es bei § 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB darauf an, ob der Verkäufer die Gründe, die zur Nichtvornahme der Nacherfüllung geführt hätten, zu vertreten habe. 261 Nach dieser Ansicht steht dem Käufer kein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung zu, wenn der Verkäufer die Nichtvornahme der Nacherfüllung innerhalb der Nacherfüllungsfrist nicht zu vertreten hat, selbst wenn der Verkäufer zuvor ganz bewusst mangelhaft geliefert hat.262 Schutzlücken ergeben sich dadurch nach dieser Meinung allerdings nicht, weil der Käufer sämtliche Begleitschäden, Nutzungsausfall etc. ersetzt verlangen und gem. § 323 BGB vom Vertrag zurücktreten könne.263 Für diese Ansicht spricht, dass hiernach das Vertretenmüssen sowohl bei einem Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen nachträglicher qualitativer Unmöglichkeit gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 283 BGB als auch bei einem Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen eines behebbaren Mangels gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB einheitlich auf die Gründe für die Unmöglichkeit bzw. für das Scheitern der Nacherfüllung bezogen würde. Bei einem Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB daneben die mangelhafte Lieferung als Bezugspunkt für das Vertre__________ 261

St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 49 f., 75; ders., NJW 2002, 2497, 2501, 2503; ders., NJW 2005, 1889, 1891 f.; s. auch ohne nähere Begründung St. Lorenz/Riehm Rn. 535 und St. Lorenz, JZ 2001, 742, 744. Diesem folgend Jauernig/Berger § 437 Rn. 19; mit anderer Begründung Palandt/Heinrichs § 281 Rn. 16; auch Vollkommer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 123, 125; Münch, Jura 2002, 361, 368. Anders Reichenbach, Jura 2003, 512, 519, nach dem die Pflichtverletzung genauer darin liegt, dass der Schuldner den aus seiner Pflicht zur mangelfreien Leistung resultierenden Nacherfüllungsanspruch trotz Ablaufs der ihm gesetzten Frist nicht erfüllt hat. 262 Schubel/T. Koch, DB 2004, 119, 121. 263 St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 51, 75; ders., NJW 2005, 1889, 1892.

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tenmüssen anzusehen, erscheint im Vergleich zum Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 283 BGB inkonsequent,264 wie folgendes Beispiel zeigt: Würde der Verkäufer schuldhaft eine mangelhafte Sache liefern, hätte er aber nicht das Scheitern der möglichen Nacherfüllung zu vertreten, so würde er nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB haften, wenn man auch die mangelhafte Lieferung als Bezugspunkt für das Vertretenmüssen ansähe. Würde dem Verkäufer dagegen die Nacherfüllung nach Gefahrübergang schuldlos unmöglich, so hätte der Käufer mangels Vertretenmüssens keinen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 283 BGB, da nach der hier vertretenen Ansicht die mangelhafte Lieferung in diesem Fall nicht als Bezugspunkt für das Vertretenmüssen in Betracht kommt. Wegen der schuldhaften Lieferung einer mangelhaften Sache stünde ihm lediglich einfacher Schadensersatz nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB zu.265 Fraglich ist jedoch, ob aus dem Umstand, dass im Rahmen des § 283 BGB die Gründe für den Eintritt der Unmöglichkeit den Bezugspunkt für das Vertretenmüssen bilden, auf ein gesetzgeberisches System geschlossen werden kann, aufgrund dessen auch im Rahmen des Schadensersatzanspruchs aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB für das Vertretenmüssen allein auf die Gründe für das Scheitern der Nacherfüllung abzustellen ist.266 Zumindest in dem Fall, in dem die Beseitigung des Mangels nach Vertragsschluss, aber noch vor Gefahrübergang unmöglich oder unzumutbar wird, wird der Verkäufer von seiner Pflicht zur Lieferung mangelfreier Ware nach § 275 Abs. 1–3 BGB befreit, so dass in diesem Fall allein entscheidend sein kann, ob der Verkäufer die zur Unmöglichkeit oder zur Unzumutbarkeit führenden Gründe zu vertreten hat. Die Frage, ob auch die Lieferung mangelhafter Ware Bezugspunkt für das Vertretenmüssen sein kann, stellt sich im Fall der nachträglichen qualitativen Unmöglichkeit daher nicht grundsätzlich, sondern nur in den Fällen, in denen die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Mängelbeseitigung erst nach Gefahrübergang eintritt. Wie bereits festgestellt, entspricht es dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes, auch in diesen Fällen allein den Eintritt der Unmöglichkeit der Nacherfüllung als Bezugspunkt für das Vertretenmüssen anzusehen.267 Ist ein Mangel jedoch behebbar, so kommt grundsätzlich auch die mangelhafte Lieferung als für das Vertretenmüssen relevante Pflichtverletzung in Betracht. Die Fälle der nachträglichen qualitativen Unmöglichkeit unterscheiden sich folglich in ihrer __________ 264

Reinicke/Tiedtke Rn. 536; St. Lorenz, Karlsruher Forum 2005, S. 76 („schwerer Wertungswiderspruch“); Hirsch, Jura 2003, 289, 296; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 623. 265 So auch Reinicke/Tiedtke Rn. 536; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 623. 266 Ein solches gesetzgeberisches System verneinen Reinicke/Tiedtke Rn. 547; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 623. 267 s. o. § 14 I. 2. a) bb) (2).

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Grundkonstellation von den Fällen des Vorliegens eines behebbaren Mangels, so dass nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass der Gesetzgeber die beiden Fälle einheitlich regeln wollte. Zudem führt die Ansicht, dass der Bezugspunkt für das Vertretenmüssen im Rahmen des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB allein die Nichtvornahme der Nacherfüllung sei, zu systematischen Schwierigkeiten, wenn eine Nachfristsetzung gem. § 440 BGB oder gem. § 281 Abs. 2 BGB entbehrlich ist.268 Für den Fall, dass eine Fristsetzung gem. § 440 S. 1, 1. Fall BGB nicht erforderlich ist, weil der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung gem. § 439 Abs. 3 BGB verweigert, wird dem allerdings entgegnet, dass in diesem Fall der die Einrede begründende Umstand Bezugspunkt für das Vertretenmüssen sei. Dies ergebe sich daraus, dass die Haftung bei Verweigerung beider Arten der Nacherfüllung durch den Verkäufer gem. § 439 Abs. 3 BGB denselben Regelungen unterliege wie im Fall eines unbehebbaren Mangels.269 Ähnlich könnte man argumentieren, dass in dem Fall, in dem die Frist nach § 440 S. 1, 2. Fall BGB aufgrund eines Fehlschlagens der Nacherfüllung entbehrlich ist, die Gründe für das Fehlschlagen der Nacherfüllung Bezugspunkt für das Vertretenmüssen sind. Dies ist jedoch dogmatisch nicht zu begründen. Eine Parallele zur Unmöglichkeit der Nacherfüllung liegt hier nicht vor. Nicht ohne weiteres übertragen werden kann die Argumentation im Übrigen auf den Fall, in dem es einer Fristsetzung nicht bedarf, weil dem Käufer die Nacherfüllung unzumutbar ist (§ 440 S. 1, 3. Fall BGB). Zwar können die Gründe für die Unzumutbarkeit in der Sphäre des Verkäufers liegen, z. B. in der Person des Verkäufers. Sie können aber auch auf der Art der Mangelhaftigkeit beruhen.270 Auch in Bezug auf § 281 Abs. 2, 2. Fall BGB ergeben sich Schwierigkeiten. Hingegen liegt in einer ernsthaften und endgültigen Verweigerung der Nacherfüllung (§ 281 Abs. 2, 1. Fall BGB) eine zu vertretende Nichtvornahme der Nacherfüllung. Vorgeschlagen wird angesichts der beschriebenen Schwierigkeiten, als Bezugspunkt für das Vertretenmüssen grundsätzlich die Nichtvornahme der Nacherfüllung anzusehen, ausnahmsweise aber auf das Verhalten bis zur Schlechterfüllung abzustellen, wenn eine Nacherfüllung ausscheide.271 Der Käufer habe nur dann die Möglichkeit, ohne Fristsetzung Schadensersatz statt der Leistung zu verlangen, __________ 268

AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 37; Hirsch, Jura 2003, 289, 293. St. Lorenz/Riehm Rn. 536; St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2501 Fn. 33; noch weitergehender ders., in: Karlsruher Forum 2005, S. 75 Fn. 252. s. dazu auch o. § 11 IV. 1. b). 270 Bamberger/Roth/Faust § 440 Rn. 37 f. 271 Staudinger/Otto § 280 Rn. D13. s. dazu jetzt auch St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 50, nach dem sich im Falle von § 281 BGB das Vertretenmüssen auf die Nichtleistung zum Zeitpunkt des Vorliegens der objektiven Tatbestandsvoraussetzungen, d. h. in der Regel auf denjenigen des Ablaufs der Nachfrist bezieht, sofern deren Setzung bzw. Ablauf nicht nach § 281 Abs. 2 BGB entbehrlich ist. 269

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wenn der Verkäufer, dem die Chance der Nacherfüllung nicht eingeräumt werde, die in der Lieferung der mangelhaften Sache liegende Pflichtverletzung zu vertreten habe.272 Die Ansicht, nach welcher der Bezugspunkt für das Vertretenmüssen allein in der Nichtvornahme der Nacherfüllung liegt, lässt sich also nicht für alle Fallkonstellationen durchhalten. Zudem ist fraglich, inwieweit das mit dem Nacherfüllungsanspruch korrespondierende Recht des Verkäufers zur zweiten Andienung den Verkäufer begünstigen soll. Liefert der Verkäufer eine mangelhafte Sache, so bekommt er mit dem Recht zur zweiten Andienung die Chance, diesen Mangel zu beseitigen und sich den Kaufpreis zu verdienen und zwar auch dann, wenn er die Schlechtleistung zu vertreten hat. Erfüllt der Verkäufer nun nicht ordnungsgemäß nach, ohne dass er dies zu vertreten hat, so stellt sich die Frage, ob er deshalb auch nicht mehr für die ursprünglich zu vertretende mangelhafte Lieferung im Wege des Schadensersatzes statt der Leistung haften muss. Es ist zweifelhaft, dass die nicht schuldhafte erfolglose Ausübung des Rechts zur zweiten Andienung den Schuldvorwurf bezüglich der ursprünglichen Schlechtleistung für den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung beseitigt.273 Das Recht zur zweiten Andienung stärkt in erster Linie den Grundsatz „pacta sunt servanda“.274 Nur bei erfolgreicher Nacherfüllung soll der Käufer keine weitergehenden Rechtsbehelfe mehr geltend machen können. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass der Käufer bei erfolgloser Ausübung des Rechts zur zweiten Andienung auf die Rechtsbehelfe der Minderung, des Rücktritts und des Schadensersatzes neben der Leistung beschränkt sein soll, wenn der Verkäufer zwar die Erfolglosigkeit der Nacherfüllung nicht zu vertreten hat, wohl aber die ursprüngliche mangelhafte Leistung. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass die Nacherfüllung keine „Amnestie“ sei.275 Hiergegen könnte eingewendet werden, dass der Nacherfüllungsanspruch den Erfüllungsanspruch fortsetze und daher der Tatbestand der Pflichtverletzung, der den Anspruch aus § 281 BGB begründet, erst mit dem erfolglosen Ablauf der Nachfrist vollendet sei.276 Mit dieser Argumentation ließe sich in der Tat dogmatisch begründen, die nicht ordnungsgemäße Nacherfüllung als alleinigen Bezugspunkt für das Vertretenmüssen des Verkäufers anzusehen. Allerdings spricht ein Vergleich mit dem Werkvertragsrecht gegen eine solche Sicht. Im Gegensatz zum alten Kaufrecht kannte das alte Werkvertragsrecht __________ 272

St. Lorenz, Karlsruher Forum 2005, S. 75. Gegen eine solche Beseitigung Reinicke/Tiedtke Rn. 544; Schubel/T. Koch, DB 2004, 119, 121; Tiedtke/Schmidt, BB 2005, 615, 623. 274 St. Lorenz/Riehm Rn. 504; Jud, S. 54; St. Lorenz, JZ 2001, 742, 743. 275 So Reinicke/Tiedtke Rn. 544; Tiedtke/Schmidt, BB 2005, 615, 623; ähnlich argumentieren auch Schubel/T. Koch, DB 2004, 119, 121. 276 So Palandt/Heinrichs § 281 Rn. 16. 273

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

bereits einen Nacherfüllungsanspruch in Form des Rechtsbehelfs der Mängelbeseitigung (§ 633 Abs. 2 S. 1 BGB a. F.). Der Besteller konnte erst nach erfolglosem Ablauf der von ihm für die Mängelbeseitigung gesetzten Frist den Vertrag wandeln oder Minderung verlangen (§ 634 Abs. 1 BGB a. F.). Schadensersatz wegen Nichterfüllung konnte er statt der Wandelung oder Minderung nach § 635 BGB a. F. verlangen, wenn der Mangel des Werkes auf einem Umstand beruhte, den der Unternehmer zu vertreten hatte. Hatte der Unternehmer also den Werkmangel zu vertreten und konnte er ihn nicht innerhalb der vom Besteller gesetzten Frist beseitigen, ohne dass er die Nichteinhaltung der Frist zu vertreten hatte, so konnte der Besteller gem. § 635 BGB a. F. Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Gleiches gilt für den Schadensersatz statt der Leistung im neuen Werkvertragsrecht (§§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB).277 Da das Kaufrecht und das Werkvertragsrecht durch die Schuldrechtsreform in puncto Mängelhaftung aneinander angeglichen werden sollten,278 muss Gleiches auch im Kaufrecht gelten. Dabei ist zu betonen, dass hierdurch eine Anpassung des Kaufrechts an das neue Werkvertragsrecht statt findet. Es werden also nicht bisherige Erkenntnisse des vom allgemeinen Leistungsstörungsrecht unabhängigen alten Werkvertragsrechts ungeprüft auf das neue allgemeine Leistungsstörungsrecht und von diesem wieder auf das Kaufrecht übertragen.279 Die Ansicht, die im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung wegen eines behebbaren Mangels für das Vertretenmüssen allein auf die Nichtvornahme der Nacherfüllung abstellt, wird freilich durch die Feststellung abgeschwächt, dass dem Schuldner nicht selten der Sorgfaltsverstoß, der zum ursprünglichen Leistungsdefizit (also der mangelhaften Lieferung) geführt habe, auch im Hinblick auf das Ausbleiben rechtzeitiger Nacherfüllung zum Vorwurf gemacht werden könne.280 Zwar sei die für das Vertretenmüssen relevante Pflichtverletzung stets darin zu sehen, dass der Schuldner die Leistung auch nach Ablauf der Nachfrist nicht wie geschuldet erbracht habe. Jedoch könne unter bestimmten Voraussetzungen auch auf ein früheres Fehlverhalten des Schuldners zurückgegriffen werden. Liege bezüglich des Mangels Fahrlässigkeit vor und werde durch diese auch das Risiko begründet, dass die Nacherfüllung innerhalb der Leistungspflicht unverschuldet unterbleiben könne, so sei dem Schuldner bei Verwirklichung dieses Risikos auch das Scheitern der __________ 277

U. Huber, in: FS Schlechtriem, S. 521, 528; ebenso Reinicke/Tiedtke Rn. 548; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 623; s. auch Bamberger/Roth/Voit § 636 Rn. 47 f.; MünchKommBGB/Busche § 634 Rn. 61; Raab, in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, § 9 Rn. 23, 62. 278 BT-Drucks. 14/6040, S. 260. 279 So aber St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 52, 76. 280 St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 51.

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Nacherfüllung zuzurechnen. Der Sorgfaltsverstoß, der zu dem Mangel geführt habe, müsse dem Schuldner also auch in Hinblick darauf vorzuwerfen sein, dass die Möglichkeit der Nacherfüllung innerhalb der Leistungspflicht unverschuldet unterbleiben könne.281 Hiernach haftet der Schuldner also nicht, wenn er weder das Scheitern der Nacherfüllung zu vertreten hat noch die Nacherfüllung aus Gründen unterbleibt, die ihre Ursache nicht in der ursprünglichen Mangelhaftigkeit der Kaufsache haben. Als Beispiel dafür wird der Fall angeführt, dass die Nacherfüllung nur durch den Schuldner oder dessen Leute selbst vorgenommen werden kann und der Schuldner aufgrund von Krankheit oder nicht vorhersehbarer Bestreikung seines Betriebs an der Nacherfüllung gehindert ist.282 Folgt man dem Gedanken, dass die vom Schuldner nicht zu vertretende Nichtvornahme der Nacherfüllung nicht den Schuldvorwurf bezüglich der ursprünglichen Schlechtleistung beseitigt, muss dies aber grundsätzlich für alle Fälle gelten, und der Schuldvorwurf bezogen auf die mangelhafte Lieferung darf nicht nur in denjenigen Fallkonstellationen durchschlagen, in denen der Schuldner durch eine fahrlässige mangelhafte Lieferung zugleich das Risiko begründet, dass die Nacherfüllung innerhalb einer vom Gläubiger gesetzten Nachfrist unverschuldet unterbleiben kann.

f) Mangelhafte Lieferung oder Nichtvornahme der Nacherfüllung als Pflichtverletzung Die vorstehende Diskussion zeigt, dass es in bestimmten Fällen problematisch ist, für das Vertretenmüssen allein auf die Nichtvornahme der Nacherfüllung abzustellen. Dazu zählen insbesondere die Fälle, in denen die Setzung einer Nachfrist entbehrlich ist. Soll das Recht der Nacherfüllung nicht den Schuldvorwurf bezüglich der ursprünglichen, vom Schuldner zu vertretenden Schlechtleistung aufheben, muss im Rahmen des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB auch die mangelhafte Lieferung Bezugspunkt für das Vertretenmüssen sein können. Der Tatsache, dass im Ergebnis zwei Pflichtverletzungen vorliegen und den Schuldner in Bezug auf beide Pflichtverletzungen unabhängig voneinander ein Schuldvorwurf treffen kann, wird die Ansicht am besten gerecht, nach welcher Voraussetzung für einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gem. § 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB ist, dass der Schuldner alternativ __________ 281 MünchKommBGB/Ernst § 281 Rn. 48; s. dazu auch Brox/Walker § 4 Rn. 84, nach denen es keinen Unterschied mache, ob das Vertretenmüssen sich auf ein Verhalten vor oder nach der Fristsetzung beziehe, sofern dieses nur ursächlich dafür ist, dass bis zum Ablauf der Nacherfüllungsfrist nicht mangelfrei geliefert wird. 282 St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 51 Fn. 165.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

die mangelhafte Lieferung oder die nicht ordnungsgemäße Nacherfüllung zu vertreten hat.283 Dies bedeutet, dass ein Schadensersatzanspruch sowohl an die mangelhafte Lieferung als auch an die nicht ordnungsgemäße Nacherfüllung anknüpfen kann. Es handelt sich hierbei um zwei verschiedene Schadensersatzansprüche, die auch miteinander konkurrieren können.284

g) Vergleich mit dem UN-Kaufrecht Die im deutschen Recht bestehende Problematik, an welche Pflichtverletzung das Vertretenmüssen im Rahmen des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB anknüpft, resultiert nicht allein aus der Verbindung des aus dem UN-Kaufrecht stammenden Konzepts der Pflichtverletzung mit dem Verschuldensprinzip. Auch trägt der im deutschen Recht vorgesehene Vorrang der Nacherfüllung zu der Entstehung dieser Problematik bei, wie ein Blick auf das UN-Kaufrecht zeigt. Im UN-Kaufrecht ist nämlich ebenso wie im deutschen Recht zwischen der ursprünglichen Schlechtleistung und der Verletzung der Pflicht zur Ersatzlieferung bzw. Nachbesserung zu unterscheiden, wenn der Gläubiger einen Anspruch auf Ersatzlieferung oder Nachbesserung geltend macht und der Schuldner diesen nicht erfüllt.285 Da die Schadensersatzhaftung im UN-Kaufrecht eine Garantiehaftung ist und kein Verschulden voraussetzt, stellt sich die Frage nach einem Anknüpfungspunkt für ein Vertretenmüssen nicht. Allerdings kann sich der Verkäufer von der Schadensersatzhaftung im UN-Kaufrecht nach Art. 79 CISG entlasten. Ein Entlastungsgrund muss bezüglich der Pflichtverletzung vorliegen, wegen der Schadensersatz verlangt wird. Liefert der Verkäufer eine mangelhafte Sache und verlangt der Käufer deshalb Schadensersatz, so ist klar, dass ein Entlastungsgrund in Bezug auf die mangelhafte Lieferung vorliegen muss. Wie sieht es jedoch aus, wenn der Käufer zunächst Ersatzlieferung oder Nachbesserung verlangt und der Verkäufer diesem Verlangen nicht nachkommt? Macht der Käufer zunächst seinen Ersatzlieferungsanspruch geltend __________ 283

Dies vertreten AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 37, § 281 Rn. 15, die allerdings vorrangig auf die Schlechtleistung abstellen und nur ergänzend auf die Verletzung des Nacherfüllungsanspruchs zurückgreifen will; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 67; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 22, 26, 27; Palandt/Putzo § 437 Rn. 37; Staudinger/Eckpfeiler/Beckmann S. 546; Brox/Walker § 4 Rn. 84; Reinicke/Tiedtke Rn. 537 ff.; U. Huber, in: FS Schlechtriem, S. 521, 528 ff.; Canaris, DB 2001, 1815, 1816; Schubel/T. Koch, DB 2004, 119, 121 f.; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 621 ff. 284 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 67; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 26, 27; U. Huber, in: FS Schlechtriem, S. 521, 528 ff. 285 s. auch MünchKommBGB/P. Huber Art. 46 Rn. 66.

§ 14 Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung

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und kommt der Verkäufer diesem nicht nach, so bleibt es bei der mangelhaften Lieferung. Wegen dieser kann der Käufer dann Schadensersatz verlangen, so dass ein Entlastungsgrund bezüglich der mangelhaften Lieferung vorliegen müsste. Sind dem Käufer aufgrund des Ausbleibens der Ersatzlieferung Schäden entstanden, so kann der Käufer auch einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Pflicht zur Ersatzlieferung geltend machen, der mit dem Schadensersatzanspruch wegen des Mangels der Sache konkurriert. Gleiches gilt für den Fall, in dem der Verkäufer der verlangten Nachbesserung nicht nachkommt. Die Schwierigkeiten im deutschen Recht sind folglich im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen eines behebbaren Mangels gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB voraussetzt, dass der Gläubiger erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt hat. Erst durch die Normierung des Vorrangs der Nacherfüllung kommt die Nichtvornahme der Nacherfüllung als relevante Pflichtverletzung und als Anknüpfungspunkt für das Vertretenmüssen im Rahmen des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung wegen eines behebbaren Mangels in Betracht. Diese Überlegungen sprechen ebenfalls dafür, dass für das Vertretenmüssen im Rahmen des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB alternativ auf die mangelhafte Lieferung oder auf die Nichtvornahme der Nacherfüllung abgestellt werden sollte.

2. Vertretenmüssen Da im Rahmen des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB sowohl die mangelhafte Lieferung als auch das Scheitern der Nacherfüllung als Bezugspunkte für das Vertretenmüssen in Betracht kommen, ist bezüglich des Vertretenmüssens zwischen diesen beiden Anknüpfungspunkten zu unterscheiden.

a) Vertretenmüssen der mangelhaften Lieferung Hinsichtlich der mangelhaften Lieferung hat der Schuldner gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos zu entnehmen ist.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

aa) Verschulden Verschulden in Bezug auf die mangelhafte Lieferung liegt vor, wenn der Verkäufer den Mangel vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt oder diesen vorsätzlich oder fahrlässig nicht beseitigt hat, obwohl er diesen kannte oder hätte kennen müssen.286 Aufgrund der verschieden anzulegenden Sorgfaltsmaßstäbe ist es sinnvoll, zwischen dem Verkäufer, der die Ware selbst hergestellt hat, und dem Verkäufer, der bloßer Händler ist, zu unterscheiden.

(1) Schuldhafte Herbeiführung des Mangels (a) Verkäufer als Hersteller Eine schuldhafte Herbeiführung des Mangels wird eher bei einem Verkäufer, der die Ware selbst hergestellt hat, in Betracht kommen als bei einem Verkäufer, der nur Händler ist. Zu fragen ist, ob der Hersteller bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nach § 276 Abs. 2 BGB mangelfreie Ware hergestellt hätte.287 Dies ist z. B. beim Auftreten von „Ausreißern“ zu verneinen, so dass den Verkäufer für deren Herbeiführung kein Verschulden trifft. Zu prüfen bleibt jedoch in diesem Fall, ob er die Nichtbeseitigung des „Ausreißers“ zu verschulden hat.288 Grundsätzlich kann wie im alten Recht bei der positiven Forderungsverletzung angenommen werden, dass der Verkäufer, der von ihm hergestellte Ware verkauft, für Herstellungsfehler haftet289 und zwar unabhängig davon, ob er die bestellte Ware erst nach Vertragsschluss produziert oder die Lieferpflichten aus bereits vorhandener produzierter Ware erfüllt.290 Der Hersteller kann sich gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB nur entlasten, wenn er darlegen und beweisen kann, welche Gründe zu der Lieferung der mangelhaften Ware geführt haben und

__________ 286 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 77; Erman/Grunewald § 437 Rn. 25; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 27; Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 337; Staudinger/Eckpfeiler/Beckmann S. 548; P. Huber/Faust/P. Huber Kap. 13 Rn. 111; Reinicke/Tiedtke Rn. 565. 287 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 80; Reinicke/Tiedtke Rn. 566. 288 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 80. 289 MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 27. Ausführlich zu der Entwicklung der Rechtsprechung zum alten Recht U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1182 ff. 290 U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1187.

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dass sowohl ihn als auch seine Erfüllungsgehilfen diesbezüglich kein Verschulden trifft.291

(aa) Zurechnung des Verschuldens Dritter nach § 278 BGB Erfüllungsgehilfen sind zunächst die eigenen Mitarbeiter des Herstellers, die am Herstellungsprozess beteiligt sind. 292 Ferner sind Erfüllungsgehilfen Subunternehmer, denen der Verkäufer die Herstellungsaufgaben oder einen Teil davon übertragen hat.293 Fraglich ist, ob dem Verkäufer das Verschulden eines Zulieferers zuzurechnen ist. Dies ist grundsätzlich zu verneinen.294 Der Verkäufer haftet vielmehr nur, wenn er den Mangel des Vorprodukts bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen müssen.295 In welchen Fällen dem Hersteller eine Untersuchungspflicht obliegen kann, ist bereits dargelegt worden.296

(bb) Vergleich mit der Zurechnung des Verhaltens Dritter nach Art. 79 CISG Wie bereits dargestellt, haftet der Verkäufer, der die Ware selbst hergestellt hat, gem. Art. 79 Abs. 1 CISG aufgrund seines Personalrisikos für eigene, seiner direkten Kontrolle und seinen Weisungen unterstehenden und in seine Organisation eingegliederten Personen. 297 Für Subunternehmer haftet der Hersteller ebenfalls, wie sich aus Art. 79 Abs. 2 CISG ergibt. Der Verkäufer kann sich nur entlasten, wenn er selbst nach Art. 79 Abs. 1 CISG befreit ist und der Subunternehmer ebenfalls nach Art. 79 Abs. 1 CISG befreit wäre. Hier ergeben sich im Vergleich zum deutschen Recht keine Unterschiede. Solche bestehen jedoch insoweit, als der Hersteller im UN-Kaufrecht für Mängel aus dem Bereich von Zulieferern einstehen muss. Beruht der Mangel auf der Verwendung __________ 291

s. zur positiven Forderungsverletzung im alten Recht BGH, Urt. v. 4.10.1972 – VIII ZR 117/71, BGHZ 59, 303, 309. 292 U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1185. 293 MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 27; U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1185 (vollständige Überlassung der Vertragsdurchführung). 294 U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1185. 295 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 80; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 27. 296 s. o. § 14 I. 1. d) bb) (1) (b). 297 MünchKommBGB/P. Huber Art. 79 Rn. 1; Schlechtriem/Schwenzer/Stoll/Gruber Art. 79 Rn. 1, 21.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

eines mangelhaften Vorprodukts, so haftet der Verkäufer, der die Ware selbst herstellt, aufgrund seines Produktionsrisikos.

(b) Verkäufer als Zwischenhändler Wenn auch nicht in gleichem Maße wie beim Hersteller, so kommt auch beim Händler eine schuldhafte Herbeiführung des Mangels in Betracht, etwa durch unsachgemäße Lagerung oder unsachgemäßen Transport.298 Beim Händler stellt sich jedoch hauptsächlich die Frage, ob ihm das Verschulden eines Vor- oder Zulieferanten bezüglich der Herbeiführung eines Mangels nach § 278 BGB zugerechnet werden kann.

(aa) Zurechnung des Herstellerverschuldens nach § 278 BGB Die Zurechnung des Verschuldens des Herstellers nach § 278 BGB wurde früher als ein Ansatz zur Bewältigung der Problematik der Produzentenhaftung diskutiert. Sowohl die Rechtsprechung als auch die herrschende Meinung im Schrifttum nahmen die Position ein, dass Vor- und Zulieferer keine Erfüllungsgehilfen i. S. d. § 278 BGB seien, da der Verkäufer nach § 433 BGB die Übereignung der Sache und nicht deren Herstellung schulde.299 Im Gegensatz dazu wurde allerdings vertreten, dass der Käufer sich bei mangelhafter Lieferung an den Verkäufer halten könne, der sich seinerseits hinsichtlich seiner Pflicht, sorgfältig geprüfte und verkehrssichere Ware zu liefern, des Herstellers als Erfüllungsgehilfen bedient habe. Dies gelte jedenfalls für den Fall, dass den Verkäufer nach Art des Verkaufsobjekts eine Prüfungspflicht treffe.300 Hiergegen wurde jedoch eingewendet, dass dem Verkäufer gegenüber dem Käufer im Regelfall keine Kontroll- bzw. Untersuchungspflicht obliege, zu deren Erfüllung der Verkäufer sich des Herstellers bedienen könnte,301 und zwar auch nicht beim Streckengeschäft.302 Der Hersteller werde auch nicht deswegen zum Er__________ 298 MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 27; Staudinger/Eckpfeiler/Beckmann S. 548; Medicus, SchuldR II, Rn. 70. 299 BGH, Urt. v. 15.3.1956 – II ZR 284/54, LM § 276 [Hb] Nr. 2; Urt. v. 21.6.1967 – VIII ZR 26/65, BGHZ 48, 120 ff.; Urt. v. 25.9.1968 – VIII ZR 108/66, NJW 1968, 2238, 2239; Urt. v. 10.11.1976 – VIII ZR 112/75, WM 1977, 220; Urt. v. 9.2.1978 – VII ZR 84/77, NJW 1978, 1157 f.; Soergel/Wolf (12. Aufl.) § 278 Rn. 34, 49. 300 Esser § 58 2. c, S. 215 f. 301 BGH, Urt. v. 16.6.1971 – VIII ZR 69/70, WM 1971, 1121, 1122 f.; Diederichsen, S. 32 ff. 302 BGH, Urt. v. 16.6.1971 – VIII ZR 69/70, WM 1971, 1121, 1122 f.

§ 14 Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung

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füllungsgehilfen des Händlers, weil dessen eigene Untersuchungspflicht infolge seines berechtigten Vertrauens auf die Zuverlässigkeit des Herstellers entfalle.303 Fraglich ist, welche Bedeutung in diesem Zusammenhang die Einführung der Pflicht zur Lieferung einer mangelfreien Sache gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB hat. Nach der Regierungsbegründung hat die Verpflichtung zur mangelfreien Lieferung nicht die Rechtsfolge, dass der Warenhersteller Erfüllungsgehilfe des Verkäufers ist. Die Verpflichtung des Verkäufers solle sich auf die mangelfreie Verschaffung der Sache beschränken, hingegen nicht die Herstellung der Sache umfassen. Bei der Erfüllung der Verschaffungspflicht bediene sich der Verkäufer nicht des Herstellers, die Herstellung der Sache sei nicht in den Pflichtenkreis des Verkäufers einbezogen. Der Warenhersteller sei deshalb nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers.304 Damit behält die Regierungsbegründung die zum alten Recht vertretene Position bei. Dies entspricht auch der ganz herrschenden Meinung zum neuen Recht.305 Neben der Argumentation in der Regierungsbegründung wird für diese Ansicht vorgebracht, dass zu der von § 278 BGB auszugleichenden Arbeitsteilung die Funktionsteilung zwischen Herstellung und Handel nicht zu rechnen sei, da der typische Händler trotz § 433 Abs. 1 S. 2 BGB schon durch sein Auftreten vertraglich klar mache, dass er nur die Lieferung der Ware schulden und mit der Herstellung der Ware nichts zu tun haben wolle.306 Auch unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts des Käufers habe der Verkäufer nicht das Risiko der ordnungsgemäßen Herstellung dadurch übernommen, dass er sich zur Lieferung einer mangelfreien Sache verpflichtet habe. Denn der Käufer könne vernünftigerweise nicht davon ausgehen, dass der Verkäufer für alle Schäden einzustehen habe, die auf sorgfaltswidrigem Verhalten des Herstellers beruhten.307 Zudem zeige die __________ 303 BGH, Urt. v. 15.3.1956 – II ZR 284/54, LM § 276 [Hb] Nr. 2; Jauernig/Stadler § 278 Rn. 16; Staudinger/Löwisch § 278 Rn. 90. 304 BT-Drucks. 14/6040, S. 210. 305 OLG Köln, Urt. v. 21.12.2005 – 11 U 46/05, ZGS 2006, 77, 78; AnwKomBGB/Büdenbender § 437 Rn. 63; Bamberger/Roth/Grüneberg § 278 Rn. 27; Erman/H. P. Westermann § 278 Rn. 19, § 280 Rn. 16; Erman/Grunewald § 437 Rn. 28; Henssler/v. Westphalen/v. Westphalen § 437 Rn. 23; Hk-BGB/Schulze § 278 Rn. 10; Jauernig/Stadler § 278 Rn. 7, 16; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 61; Palandt/Putzo § 437 Rn. 37; Staudinger/Löwisch § 278 Rn. 90; Staudinger/Beckmann § 433 Rn. 105; Staudinger/Eckpfeiler/Beckmann S. 548; Gursky, S. 29; P. Huber/Faust/P. Huber Kap. 13 Rn. 123; Oetker/Maultzsch, S. 121; Reinicke/Tiedtke Rn. 566; Buck, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das Schuldrecht 2002, S. 105, 153; Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 227 f.; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 44, 226; U. Huber, in: FS Schlechtriem, S. 521, 522; ders., in: FS Ulmer, S. 1165, 1187 f.; Vollkommer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 123, 133 f.; Schubel/T. Koch, DB 2004, 119, 123. 306 Medicus, SchuldR I, Rn. 327. 307 Sailer, S. 47.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Rechtsprechung zum Werkvertragsrecht, dass sich der Anwendungsbereich des § 278 BGB nicht schlechthin auf jeden erstrecke, der durch eigenes Tätigwerden eine Vorbedingung für die Leistungserbringung gesetzt habe. So hafte der Werkunternehmer seinem Besteller gegenüber über § 278 BGB nicht für Fehler von zugekauftem Material oder für das Fehlverhalten eines Vorunternehmers. Die Verkäuferverpflichtung nach §§ 433 Abs. 1 S. 2, 439 BGB gehe jedenfalls nicht über die Herstellungspflicht des Werkunternehmers hinaus.308 Einzelne Stimmen haben diese Position angesichts der neu eingeführten Pflicht zur mangelfreien Lieferung nach § 433 Abs. 1 S. 2 BGB jedoch in Frage gestellt. Es dränge sich angesichts der beiden maßgeblichen Strukturentscheidungen der Pflicht zur mangelfreien Lieferung und der allgemeinen Verschuldenshaftung des Verkäufers auf, dem Händler die Nachlässigkeit all derer zuzurechnen, auf die er zur Erfüllung seiner Gutleistungspflicht angewiesen sei.309 Die bisher herrschende Meinung sei angesichts der Normierung der Pflicht zur Lieferung mangelfreier Ware nur noch schwer zu halten,310 da hiermit ihr wichtigstes dogmatisches Argument beseitigt sei.311 Teilweise wird auch argumentiert, dass sich aus dem Nachbesserungsanspruch nach §§ 433 Abs. 1 S. 2, 439 Abs. 1, 1. Fall BGB ergebe, dass der Verkäufer im Zweifel auch für die Herstellung sorgen müsse.312 Zurückhaltender wird angemerkt, dass das Argument der Regierungsbegründung und der herrschenden Meinung, dass sich der Händler bei der Erfüllung seiner Verschaffungspflicht nicht des Herstellers bediene, unter dem neuen Recht immer weniger überzeuge. Hinzu komme, dass dem Letztverkäufer bzw. Händler neuerdings auch sonstige produktbezogene Handlungen des Herstellers zugerechnet würden, wie „öffentliche Äußerungen“, Montageanleitungen etc., weshalb ihm umgekehrt ein Rückgriffsrecht eingeräumt werde.313 Auch wenn in § 433 Abs. 1 S. 2 BGB die Pflicht zur mangelfreien Lieferung eingeführt worden ist, bleibt es dabei, dass der Verkäufer, der bloßer Händler ist, zu der Lieferung einer – mangelfreien – Sache, nicht aber zu deren – mangelfreien – Herstellung verpflichtet ist. 314 Der Kreis der Pflichten des Händlers __________ 308

MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 61. E. Schmidt, in: FS Heinrichs, S. 511, 528. 310 MünchKommBGB/Grundmann § 278 Rn. 31; s. auch Grundmann/Bianca/Grundmann Art. 2 Rn. 3 sowie Grundmann, in: ders./Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 281, 296 (zum zweiseitigen Unternehmensgeschäft). 311 Schmidt-Kessel, S. 421. 312 Schlechtriem/Schmidt-Kessel Rn. 610. 313 Brüggemeier, WM 2002, 1376, 1382. 314 s. auch MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 61; P. Huber/Faust/P. Huber Kap. 13 Rn. 123; Buck, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das Schuldrecht 2002, S. 105, 153; Schubel/T. Koch, DB 2004, 119, 123. 309

§ 14 Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung

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gegenüber dem Käufer beschränkt sich nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses auch weiterhin regelmäßig nur auf die Lieferphase. Dies wird teilweise auf § 434 Abs. 1 S. 3 BGB gestützt. Denn dieser halte es für notwendig, die Voraussetzungen, unter denen der Verkäufer für Angaben des Herstellers über die Beschaffenheit der Kaufsache verantwortlich sei, differenzierend zu bestimmen.315 Da § 434 Abs. 1 S. 3 BGB in Folge der Umsetzung des Art. 2 Abs. 1 lit. d VerbrGK-RiL und somit unabhängig von der Problematik der Zurechnung des Herstellerverschuldens in das deutsche Recht eingeführt worden ist, kann die Vorschrift argumentativ weder für die eine noch für die andere Ansicht herangezogen werden. Was die Problematik der Zurechnung des Herstellerverschuldens angeht, hat sich der Gesetzgeber, wie bereits ausgeführt, ausdrücklich dahingehend geäußert, dass der Warenhersteller grundsätzlich nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers sei. Eine Ausdehnung der Haftung des Verkäufers auf das Verschulden des Herstellers kann auch nicht damit begründet werden, dass dem Verkäufer ein Rückgriffsrecht eingeräumt wird und letztendlich der Hersteller den Schaden trägt. Hiergegen wird zu Recht argumentiert, dass in diesem Fall das Risiko, dass sich der Regressanspruch nicht realisieren lasse, beim Händler verbliebe.316 Hinter der Regressregelung des § 478 BGB steht zudem der Gedanke, dass der Verkäufer dafür kompensiert wird, dass seine Haftung für Sachmängel gegenüber dem Verbraucher nach § 475 BGB weitestgehend zwingend ausgestaltet ist.317 Eine zusätzliche Ausweitung der Haftung des Verkäufers dadurch, dass er für das Verschulden des Herstellers nach § 278 BGB haftet, kann durch die Vorschrift nicht gerechtfertigt werden.318 Eine Zurechnung des Herstellerverschuldens nach § 278 BGB kommt aber dann in Betracht, wenn der Verkäufer sich des Herstellers zur Erfüllung seiner eigenen Pflichten bedient. Dies ist denkbar in dem Fall, in dem der Hersteller die Ware auf Weisung des Verkäufers direkt zum Käufer befördert. In diesem Fall ist der Hersteller hinsichtlich des Transports Erfüllungsgehilfe des Verkäufers, soweit der Verkäufer zu diesem aufgrund der Vereinbarung einer Bringschuld verpflichtet ist.319 Der Verkäufer haftet nach § 278 BGB für Schäden,

__________ 315

Erman/H. P. Westermann § 278 Rn. 19. U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1196 f. 317 MünchKommBGB/St. Lorenz § 478 Rn. 1. 318 s. dazu Schmidt-Kessel, S. 235, nach dem in § 478 BGB nicht der Grund für eine strengere Haftung des Verkäufers, sondern ein Mittel zu dessen wirtschaftlicher Entlastung gesehen wird. 319 Bamberger/Roth/Grüneberg § 278 Rn. 27; MünchKommBGB/Grundmann § 278 Rn. 31; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 61; Gursky, S. 29. 316

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

die sein Lieferant beim Liefervorgang verursacht.320 Obliegt dem Verkäufer eine Instruktionspflicht und bedient er sich der fehlerhaften Bedienungsanleitung des Herstellers, so findet ebenfalls eine Zurechnung des Herstellerverschuldens über § 278 BGB statt.321 Liefert der Verkäufer dagegen eine fehlerhafte Gebrauchsanweisung zusammen mit der Ware, ohne dass ihn eine eigene Untersuchungs- oder Instruktionspflicht trifft, wird ihm das Herstellerverschulden nicht zugerechnet.322 Festzuhalten bleibt daher, dass der Verkäufer über § 278 BGB nur für das Herstellerverschulden haftet, wenn er sich des Herstellers für die Erfüllung einer eigenen Pflicht bedient. Die Herstellung zählt trotz der Einführung der Pflicht zur Lieferung einer mangelfreien Sache nach § 433 Abs. 1 S. 2 BGB nicht zu dem Pflichtenkreis des Verkäufers.

(bb) Vergleich mit der Haftung für das Verhalten von Vorlieferanten nach CISG Nach dem UN-Kaufrecht hat der Verkäufer, der Zwischenhändler ist, für Mängel aus dem Bereich eines Vor- oder Zulieferers aufgrund seines allgemeinen Beschaffungsrisikos einzustehen. Denn das allgemeine Beschaffungsrisiko erfasst im UN-Kaufrecht auch die Beschaffung mangelfreier Ware. Der Verkäufer haftet also für Mängel aus dem Bereich eines Vor- oder Zulieferanten schon nach Art. 79 Abs. 1 CISG. Ein Vor- bzw. Zulieferer wird von der herrschenden Meinung nicht als Dritter i. S. d. Art. 79 Abs. 2 CISG angesehen, dessen der Verkäufer sich zur völligen oder teilweisen Vertragserfüllung bedient. Dies wird damit begründet, dass der Verkäufer nur die Lieferung der Ware schuldet und Vor- und Zulieferer in der vorbereitenden Phase tätig werden. Diese Argumentation findet sich nicht nur im deutschen, sondern auch im internationalen Schrifttum zum UN-Kaufrecht.323 In gleicher Weise wird im deutschen Recht von der herrschenden Meinung begründet, dass der Hersteller kein Erfüllungsgehilfe des Verkäufers i. S. d. § 278 BGB sei. Dies ist insofern bemerkenswert, als im UN-Kaufrecht, wie auch im deutschen Recht, gem. Art. 35 Abs. 1 CISG eine Pflicht des Verkäufers zur Lieferung vertragsgemäßer __________ 320 Erman/H. P. Westermann § 278 Rn. 19; MünchKommBGB/Grundmann § 278 Rn. 31. 321 BGH, Urt. v. 5.4.1967 – VIII ZR 32/65, BGHZ 47, 312, 316; Bamberger/Roth/Grüneberg § 278 Rn. 27; Erman/H. P. Westermann § 278 Rn. 19; Jauernig/Stadler § 278 Rn. 16; Staudinger/Löwisch § 278 Rn. 90. 322 Bamberger/Roth/Grüneberg § 278 Rn. 27; Erman/H. P. Westermann § 278 Rn. 19. 323 s. o. § 5 Fn. 44.

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Ware besteht und im deutschen Recht die Einführung der Pflicht zur mangelfreien Lieferung in § 433 Abs. 1 S. 2 BGB gerade zum Anlass dafür genommen worden ist, die herrschende Meinung als nicht mehr haltbar zu bezeichnen. Das UN-Kaufrecht zeigt somit, dass die Einführung der Pflicht zur mangelfreien Lieferung gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB, auf die das CISG einen mittelbaren Einfluss hatte,324 nicht ohne weiteres dazu führt, dass der Hersteller nun als Erfüllungsgehilfe des Verkäufers anzusehen ist. Es spricht in diesem Punkt gegen eine Ausweitung der Haftung des Verkäufers durch eine Zurechnung des Herstellerverschuldens über § 278 BGB. Im UN-Kaufrecht haftet der Zwischenhändler aufgrund seines allgemeinen Beschaffungsrisikos allerdings dennoch für Mängel, die im Bereich seiner Vor- oder Zulieferanten entstanden sind. Eine Übertragung dieses Grundsatzes auf das deutsche Recht ist jedoch bereits insbesondere aufgrund des im deutschen Recht bestehenden Vorrangs der Nacherfüllung, der Haftung auch für Personenschäden und des Fehlens einer Haftungsbeschränkung auf vorhersehbare Schäden abgelehnt worden.

(c) Unterschiede zwischen der Haftung des Herstellers und der des Händlers Dass der Verkäufer, der die Ware selbst herstellt, für von ihm zu vertretende Fehler bei der Herstellung haftet, während der als Händler fungierende Verkäufer für Fehler des Herstellers nicht gem. § 278 BGB einstehen muss, wird als Eigentümlichkeit des deutschen Rechts bezeichnet und auf das Verschuldensprinzip zurückgeführt.325 Im Gegensatz dazu haftet der Verkäufer im UNKaufrecht für Fehler bei der Herstellung unabhängig davon, ob er die Ware selbst herstellt oder nicht, da der Verkäufer im UN-Kaufrecht für seine Bezugsquellen einstehen muss. Die im deutschen Recht bestehende unterschiedliche Haftung des Herstellers und des Händlers wird teilweise als äußerst bedenklich beurteilt. Ob der Verkäufer selbst herstelle oder herstellen lasse, dürfte vom Ergebnis her keinen Unterschied machen, denn nach der Ratio des § 278 BGB solle der Schuldner gerade nicht dadurch entlastet werden, dass er sich die Vorteile der Arbeitsteilung zunutze mache. Maßgeblich für die Haftung für Produktionsfehler könne daher eigentlich nicht sein, wer produziere, sondern nur, ob der Verkäufer die Anwendung verkehrserforderlicher Sorgfalt im Hinblick auf die Produktion nach dem Kaufvertrag schulde oder nicht. Sei der Verkäufer bloßer Händler, träfen ihn keine vertraglichen Sorgfaltspflichten hinsichtlich der Produktion. Sei er dagegen Hersteller oder trete er z. B. durch das Anbringen seiner Marke __________ 324 325

s. o. § 10 II. 4. b). U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1194 ff.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

am Produkt als solcher auf, sei er zu sorgfältiger Produktion verpflichtet und hafte, soweit er ganz oder teilweise von Dritten produzieren lasse, für deren Verschulden nach § 278 BGB.326 Teilweise wird auch eine Lösung unmittelbar über § 276 Abs. 1 BGB vorgeschlagen. Hiernach ist auf den Inhalt des Schuldverhältnisses abzustellen und zu fragen, ob der Verkäufer wie ein Zwischenhändler auftritt oder ob er im Lager des Herstellers steht. Mache sich der Verkäufer in besonderer Weise die Herstellerqualität zu Eigen oder erscheine er als verlängerter Arm des Herstellers, so ergebe die Vertragsauslegung, dass er sich im Verhältnis zum Käufer auch wie der Hersteller der verkauften Ware behandeln lassen müsse.327 Diese Ansicht hat den Vorteil, dass sie den konkreten Inhalt des Vertrags zur Grundlage macht, aus dem sich auch die von der zuerst dargestellten Meinung angesprochenen Sorgfaltspflichten ergeben. Die Regelung des § 276 Abs. 1 S. 1 BGB, nach der sich eine strengere Haftung aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses ergeben kann, lässt eine solche Lösung durchaus zu.328 Zu Recht wird jedoch darauf hingewiesen, dass § 276 BGB aufgrund seiner Konturlosigkeit mit Vorsicht zu handhaben und die gesetzgeberische Grundentscheidung für die Verschuldenshaftung und die daraus folgende Unterscheidung zwischen der Hersteller- und der Händlerhaftung zu respektieren seien.329 Verkauft ein Händler ausschließlich oder überwiegend Ware eines bestimmten Markenherstellers, dürfte dies noch nicht zu einer strengeren Haftung führen.330 Dagegen wird eine strengere Haftung anzunehmen sein, wenn der Händler als Hersteller auftritt,331 indem er beispielsweise die von Dritten produzierte Ware mit einer Eigenmarke332 oder dem Hinweis versieht, dass das Produkt speziell für ihn hergestellt worden sei.333 __________ 326 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 81; kritisch auch Schlechtriem/Schmidt-Kessel Rn. 610. 327 Vollkommer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 123, 135. 328 So auch Schubel/T. Koch, DB 2004, 119, 123. 329 Schubel/T. Koch, DB 2004, 119, 123 f.; zu letzterem Punkt s. insbes. auch U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1195 f. 330 Schubel/T. Koch, DB 2004, 119, 124; a. A. wohl Vollkommer, in: DaunerLieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 123, 134 f., nach dem die beiden Vertriebsmethoden des Herstellers – einmal über einen Handelsvertreter und einmal über einen Vertragshändler, bei dem regelmäßig die Marke und das Image des Herstellers im Vordergrund stehen – so nahe beisammen liegen, dass sie einen Unterschied in der Haftung kaum rechtfertigen können. 331 Bamberger/Roth/Grüneberg § 278 Rn. 27. 332 Schubel/T. Koch, DB 2004, 119, 124; im Ergebnis auch Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 81. 333 Schubel/T. Koch, DB 2004, 119, 124.

§ 14 Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung

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(2) Schuldhafte Nichtbeseitigung des Mangels Hat der Schuldner die Herbeiführung des Mangels nicht zu vertreten, so ist zu prüfen, ob er den Mangel schuldhaft nicht beseitigt hat. Dies setzt zunächst voraus, dass der Verkäufer den Mangel kannte oder hätte kennen müssen.334 Wie bereits festgestellt, ist der Verkäufer, der nur Zwischenhändler ist, grundsätzlich nicht zur Untersuchung der Ware verpflichtet. Untersuchungspflichten kommen nur in den oben angesprochenen Ausnahmefällen in Betracht.335 Von dem Verkäufer, der selbst herstellt, werden stichprobenweise Ausgangskontrollen verlangt.336 Dem Verkäufer ist die Kenntnis des Mangels dann zu unterstellen, wenn der Mangel auch ohne besondere Untersuchung auffällt.337 Wenn der Verkäufer den Mangel kannte oder hätte kennen müssen, muss er es ferner zu vertreten haben, dass der Mangel nicht durch Reparatur oder bei der Gattungsschuld durch Beschaffung von Ersatzware beseitigt worden ist.338 Der Verkäufer, der Zwischenhändler ist, kann sich hierbei nicht darauf berufen, dass er keine eigene Werkstatt habe oder nicht die erforderliche Sachkunde besitze, um die erforderliche Reparatur durchzuführen. Vielmehr muss er in diesem Fall Dritte mit der Reparatur beauftragen, für die er nach § 278 BGB haftet.339 Allein die Kenntnis oder das Kennenmüssen des Mangels reicht demgegenüber für das Vertretenmüssen des Verkäufers nicht aus.340 Grund dafür ist, dass das Vorliegen von Kenntnis oder zu vertretender Unkenntnis hinsichtlich des Mangels nicht bedeutet, dass der Verkäufer mangelfrei leisten kann und muss.341 Zudem ist gerade der Fall der anfänglichen Unmöglichkeit, bei dem es auf die Kenntnis oder zu vertretende Unkenntnis der Unbehebbarkeit des Mangels ankommt, in § 311a Abs. 2 BGB als eigener Haftungstatbestand ausgestaltet worden.342 Zu Recht wird daher darauf hingewiesen, dass der Verkäufer nach neuem Recht nicht in allen Fällen auf das positive Interesse haftet, in __________ 334

P. Huber/Faust/P. Huber Kap. 13 Rn. 111; Reinicke/Tiedtke Rn. 566. Ausführlich o. § 14 I. 1. d) bb) (1) (a). 336 Ausführlich o. § 14 I. 1. d) bb) (1) (a). 337 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 83. 338 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 84; Reinicke/Tiedtke Rn. 566, 568. 339 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 84; Staudinger/Eckpfeiler/Beckmann S. 549; Reinicke/Tiedtke Rn. 568. 340 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 70; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 433 Rn. 27; Schur, ZGS 2002, 243, 247 f.; s. auch P. Huber/Faust/P. Huber Kap. 13 Rn. 111 Fn. 99; a. A. aber St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 70; anders auch Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 229; Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 230; v. Wilmowsky, JuS Beilage 1/2002, 3, 24; nicht eindeutig Erman/Grunewald § 437 Rn. 25, 28; Palandt/Putzo § 437 Rn. 37. 341 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 70. 342 s. auch Schur, ZGS 2002, 243, 247. 335

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

denen er nach § 463 S. 2 BGB a. F. gehaftet hätte.343 Dies wird jedoch in der Regierungsbegründung nicht berücksichtigt, in der es heißt: „Wenn der Verkäufer den Sachmangel kennt und damit seinen Vorsatz gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB-RE zu vertreten hat, so entspricht die dadurch begründete Haftung der Schadensersatzpflicht für das arglistige Verschweigen eines Fehlers dem bisherigen § 463 Satz 2.“344 Kennt allerdings der Verkäufer den Mangel oder hat er seine Unkenntnis zu vertreten, so wird er meist auch die Nichtbeseitigung des Mangels zu vertreten haben.

bb) Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos (1) Übernahme einer Garantie Hat der Verkäufer gegenüber dem Käufer eine Eigenschaft zugesichert, die der Kaufsache fehlt, oder hat er die Mangelfreiheit der Ware garantiert, jedoch mangelhaft geleistet, so haftet er aufgrund der Übernahme einer Garantie verschuldensunabhängig gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB. Unter Zusicherung einer Eigenschaft ist nach der Regierungsbegründung wie im bisherigen Recht die Äußerung des Verkäufers zu verstehen, dass die Kaufsache (bei Gefahrübergang) eine bestimmte Eigenschaft habe, verbunden mit der Erklärung, verschuldens-unabhängig für die Folgen ihres Fehlens einstehen zu wollen.345 Hinsichtlich der Voraussetzungen und hinsichtlich der Ermittlung der Reichweite einer Eigenschaftszusicherung kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.346 Bezüglich der bereits diskutierten Frage, ob der Verkäufer für Mängel aus dem Bereich des Herstellers einzustehen hat, ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass in der Bezeichnung der Ware durch den Händler gegenüber dem Abnehmer keine stillschweigende Zusicherung der Freiheit der Ware von Herstellungsfehlern liegt.347 Auch kann in der Regel nicht angenommen werden, dass der Händler Angaben aus der Herstellerwerbung zusichert.348 __________ 343 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 70; anders Haas, in: ders./Medicus/Rolland/ Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 229. 344 BT-Drucks. 14/6040, S. 210. 345 BT-Drucks. 14/6040, S. 236. 346 s. o. § 12 I. 1. 347 BGH, Urt. v. 25.9.1968 – VIII ZR 108/66, NJW 1968, 2238, 2239 f.; Urt. v. 25.2.1981 – VIII ZR 35/80, NJW 1981, 1501 f.; s. auch U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1189 m. w. N. 348 Medicus, SchuldR II, Rn. 94.

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Für eine stillschweigende Zusicherung müssen vielmehr besondere Umstände vorliegen, aus denen hervorgeht, dass der Händler sich die Angaben des Herstellers zu Eigen macht und verschuldensunabhängig für die Folgen des Fehlens dieser Eigenschaften einstehen will.349

(2) Übernahme eines Beschaffungsrisikos Die Ansicht, dass der Verkäufer beim Gattungskauf hinsichtlich der Erstlieferung typischerweise das Risiko der Beschaffung mangelfreier Ware übernimmt und somit bei mangelhafter Lieferung gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB verschuldensunabhängig haftet, ist bereits diskutiert und abgelehnt worden.350 Eine Haftung des Verkäufers für Mängel aus dem Bereich eines Vor- und Zulieferanten kann daher im deutschen Recht anders als im UN-Kaufrecht nicht aus der Übernahme des allgemeinen Beschaffungsrisikos durch den Verkäufer hergeleitet werden.

cc) Beweislast Gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB hat der Schuldner darzulegen und zu beweisen, dass weder er noch ein Erfüllungsgehilfe die mangelhafte Lieferung zu vertreten hat. Da der Mangel häufig nicht in der Sphäre des Verkäufers entstanden sein wird, wird dieser in der Regel darlegen und beweisen können, dass weder er noch ein Erfüllungsgehilfe den Mangel schuldhaft herbeigeführt hat. Ferner muss der Verkäufer darlegen und beweisen, dass weder er noch ein Erfüllungsgehilfe den Mangel schuldhaft nicht beseitigt hat. Dies schließt den Beweis mit ein, dass er den Mangel weder kannte noch hätte kennen müssen. Die Tatsachen, die ausnahmsweise eine Untersuchungspflicht des Verkäufers begründen, hat der Käufer darzulegen und zu beweisen.351 Obliegt dem Verkäufer keine Untersuchungspflicht, kann sich dieser schon dadurch entlasten, dass er darlegt und beweist, dass der Mangel nicht offensichtlich und nur durch eine besondere Untersuchung zu erkennen war. Es ist bereits festgestellt worden, dass in diesem Fall die Beweislastanordnung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB leer läuft. Denkbar ist angesichts der Entscheidung des OLG Karlsruhe allerdings, dass die Rechtsprechung die Anforderungen an den Entlastungsbeweis des Schuldners __________ 349

BGH, Urt. v. 18.2.1981 – VIII ZR 14/80, NJW 1981, 1269, 1270. s. o. § 14 I. 1. e) bb) (1)–(4). 351 s. o. § 14 I. 1. f). 350

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

verschärfen wird.352 Beruft sich der Käufer auf die Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos durch den Verkäufer, so hat der Käufer die dafür maßgeblichen Umstände darzulegen und zu beweisen.353 Zu beachten ist, dass es beim Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB zusätzlich auf den Entlastungsbeweis des Schuldners hinsichtlich der gescheiterten Nacherfüllung ankommt.

b) Vertretenmüssen der gescheiterten Nacherfüllung Die Nacherfüllung ist zum einen gescheitert, wenn der Verkäufer innerhalb der vom Käufer gesetzten angemessenen Nachfrist keinen Ersatz liefert oder nicht nachbessert. Zum anderen ist sie gescheitert, wenn der Verkäufer innerhalb der Nachfrist mangelhaft nachliefert oder den Mangel durch die Nachbesserung nicht beseitigt. Der Käufer kann in letzteren Fällen den an den Fristablauf geknüpften Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB geltend machen, ebenso wie wenn die Nacherfüllung unterblieben wäre. Der Käufer muss dem Verkäufer keine neue Frist zur Behebung der mangelhaften Nacherfüllung setzen.354 Dies gilt zumindest dann, wenn z. B. die Ersatzlieferung mit dem gleichen Mangel behaftet ist wie die ursprüngliche Lieferung.355 Der Verkäufer muss die Gründe, die zum Scheitern der Nacherfüllung geführt haben, zu vertreten haben.356 Gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB hat der Schuldner wiederum Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos zu entnehmen ist. Zu beachten ist, dass der Schuldner ferner gem. § 287 S. 2 BGB verschuldensunabhängig haftet, wenn er sich mit der Nacherfüllungspflicht in Verzug befindet.357

__________ 352

s. dazu schon o. § 14 I. 1. f). s. dazu schon o. § 14 I. 2. c). 354 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 100; Erman/H. P. Westermann § 323 Rn. 22; MünchKommBGB/Ernst § 323 Rn. 87; P. Huber/Faust/Faust Kap. 3 Rn. 148. Hiervon gehen auch Schubel/T. Koch, DB 2004, 119, 121 ff. aus. 355 Liegt ein anderer Mangel vor, verlangt die h. M. eine erneute Fristsetzung, s. Erman/H. P. Westermann § 323 Rn. 22; MünchKommBGB/Ernst § 323 Rn. 88; a. A. AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 281 Rn. 29. 356 Vollkommer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 123, 125; St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2503. 357 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 281 Rn. 26; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 76. 353

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aa) Verschulden Das Verschulden des Verkäufers kann sich zum einen auf das Unterlassen der Nacherfüllung beziehen und zum anderen darauf, dass auch die Ersatzlieferung mangelhaft ist oder der Mangel trotz Nachbesserung fortbesteht.

(1) Unterlassen der Nacherfüllung Vorsatz hinsichtlich des Unterlassens der Nacherfüllung wird regelmäßig dann vorliegen, wenn der Verkäufer die Nacherfüllung unberechtigterweise verweigert.358 Fahrlässigkeit des Verkäufers wird eher in den Fällen vorliegen, in denen der Verkäufer eine mangelhafte Ersatzsache liefert oder der Mangel trotz Nachbesserung fortbesteht.

(2) Mangelhafte Ersatzlieferung oder Nichtbeseitigung des Mangels durch die Nachbesserung Hinsichtlich der vom Verkäufer bei der Nacherfüllung anzuwendenden Sorgfalt ergeben sich Unterschiede zwischen der Ersatzlieferung (§ 439 Abs. 1, 2. Fall BGB) und der Nachbesserung (§ 439 Abs. 1, 1. Fall BGB).

(a) Die anzuwendende Sorgfalt bei der Ersatzlieferung Bezüglich der bei der Ersatzlieferung anzuwendenden Sorgfalt ist insbesondere fraglich, inwieweit dem Zwischenhändler, der bei der ursprünglichen Lieferung grundsätzlich nicht zur Untersuchung der Ware verpflichtet ist, bei der Ersatzlieferung Untersuchungspflichten obliegen. Nach der Regierungsbegründung können Untersuchungspflichten bei Fehleranfälligkeit der Ware bestehen.359 Zu fragen ist, ob eine Gattungssache schon als fehleranfällig gilt, wenn bei der ursprünglichen Lieferung eine mangelhafte Sache aus der Gattung geliefert worden ist. Dies ist in dieser allgemeinen Form zu verneinen, da eine Fehleranfälligkeit der Ware primär von der allgemeinen Beschaffenheit der Sache abhängt. Dass dem Verkäufer bei fehleranfälliger Ware Untersuchungs__________ 358 Schubel/T. Koch, DB 2004, 119, 121; s. auch MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 29. 359 BT-Drucks. 14/6040, S. 210.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

pflichten obliegen können, ist allerdings eine Konkretisierung des Grundsatzes, dass ausnahmsweise eine Untersuchungspflicht des Verkäufers besteht, wenn Verdachtsmomente für die Mangelhaftigkeit der Sache vorliegen.360 Hat der Verkäufer aufgrund der Mangelhaftigkeit der ursprünglichen Lieferung gem. § 439 Abs. 1, 2. Fall BGB eine Ersatzsache zu liefern, so besteht gerade wegen dieser mangelhaften ursprünglichen Lieferung ein Verdachtsmoment für die Mangelhaftigkeit der Ersatzsache,361 da sich bei einer Sache aus derselben Gattung bereits Mängel gezeigt haben. Aus diesem Grund obliegen dem Verkäufer bezüglich der Ersatzsache gesteigerte Sorgfaltspflichten. Eine generelle Untersuchungspflicht des Verkäufers in Bezug auf die Ersatzlieferung ist jedoch abzulehnen.362 In welchem Umfang dem Verkäufer hinsichtlich der Ersatzlieferung Sorgfaltspflichten obliegen, wird vielmehr von der Art des Mangels bei der ursprünglichen Lieferung abhängen. Die Kriterien, die bei der ursprünglichen Lieferung für das Bestehen einer Untersuchungspflicht des Verkäufers sprechen, spielen hier wieder eine Rolle. Weist z. B. das ursprünglich gelieferte Kleidungsstück Kugelschreiberspuren auf, die wahrscheinlich auf die auf dem Verkaufstresen herumliegenden Kugelschreiber zurückzuführen sind, so hat der Verkäufer seine Lagerbestände nicht auf Kugelschreiberspuren zu untersuchen, da dieser Mangel nur dem einen Kleidungsstück anhaften wird.363 Bei Auslieferung muss der Verkäufer allerdings auf solche Mängel achten, die auch bei einer oberflächlichen Prüfung erkennbar sind.364 Erhöhte Sorgfaltspflichten werden hinsichtlich der Ersatzlieferung aber bestehen, wenn aufgrund der Art des bei der ursprünglichen Lieferung aufgetretenen Mangels wahrscheinlich ist, dass nicht nur einem Stück der Gattung ein solcher Mangel anhaftet und somit eine Fehleranfälligkeit des Produkts vorliegt. Gleiches gilt, wenn bereits eine große Anzahl mangelhafter Stücke bekannt ist. Der Verkäufer wird in diesem Fall stichprobenartige Kontrollen durchführen müssen. 365 Auch trifft den Verkäufer eine Untersuchungspflicht, wenn der bei der ursprünglichen Lieferung aufgetretene Mangel ein relativ hohes Schadens- oder Gefährdungspotential birgt.366 Zu Recht wird angenommen, dass es auf die eigenen Untersuchungsmöglichkeiten des Verkäufers nicht mehr ankommen kann, wenn von einer fehlerhaften Ersatzsache wesentliche Schadensrisiken ausgehen würden. Der Verkäufer muss bei eigener Untersuchungsunfähigkeit __________ 360

s. schon o. § 14 I. 1. d) (1) (a). Schubel/T. Koch, DB 2004, 119, 122; Stoppel, ZGS 2006, 49, 50. 362 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 42. s. auch Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 234. Mit dieser Tendenz aber Stoppel, ZGS 2006, 49, 50. 363 Weitergehend aber AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 42. 364 Staudinger/Beckmann § 433 Rn. 105. 365 BGH, Urt. v. 10.11.1976 – VIII ZR 112/75, WM 1977, 220, 221 zur Ersatzlieferungspflicht des Gattungskäufers nach § 480 Abs. 1 BGB a. F. 366 So auch Schubel/T. Koch, DB 2004, 119, 122. 361

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sachkundige Dritte oder den Hersteller einschalten, 367 für deren Verschulden er in diesem Fall nach § 278 BGB haftet.368 Ferner haftet der Verkäufer für das Verschulden des Herstellers, wenn dieser bei Bestehen einer Untersuchungspflicht des Verkäufers die Ersatzsache auf Weisung desselben direkt an den Käufer liefert und der Verkäufer sich daher des Herstellers zur Erfüllung seiner Untersuchungspflicht bedient.369

(b) Die anzuwendende Sorgfalt bei der Nachbesserung Hinsichtlich der Nachbesserung werden höhere Sorgfaltsanforderungen an den Verkäufer gestellt als hinsichtlich der Ersatzlieferung, da er in diesem Fall gesteigerte Möglichkeiten zur Einwirkung auf die Kaufsache habe.370 Verfügt der Verkäufer nicht über eine Werkstatt oder die nötige Sachkunde, um die Kaufsache zu reparieren, muss er Dritte mit der Reparatur beauftragen, für die er nach § 278 BGB haftet.371 Schaltet der Verkäufer bei der Reparatur den Hersteller ein, so haftet er auch für diesen nach § 278 BGB.372

bb) Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos und Einstandspflicht für finanzielles Unvermögen Neben der Übernahme einer Garantie in Bezug auf die Nacherfüllung und neben der Übernahme eines Beschaffungsrisikos kann auch die Einstandspflicht des Schuldners für sein finanzielles Unvermögen eine verschuldensunabhängige Haftung des Schuldners begründen.

__________ 367 Schubel/T. Koch, DB 2004, 119, 122; ebenso AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 42. 368 Enger AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 42 mit Fn. 156. 369 Schubel/T. Koch, DB 2004, 119, 125; ebenso AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 42. 370 Schubel/T. Koch, DB 2004, 119, 122. 371 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 99; Staudinger/Eckpfeiler/Beckmann S. 549; Reinicke/ Tiedtke Rn. 568; s. auch U. Huber, in: FS Schlechtriem, S. 521, 529; Schubel/T. Koch, DB 2004, 119, 125. 372 Jauernig/Stadler § 278 Rn. 16; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 61; s. auch Schubel/T. Koch, DB 2004, 119, 125.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

(1) Übernahme einer Garantie Übernimmt der Verkäufer eine Garantie, wird sich diese grundsätzlich auf die Mangelfreiheit der Ware beziehen oder in ihr die Zusicherung einer Eigenschaft liegen. Der Verkäufer haftet in diesem Fall bereits für die mangelhafte ursprüngliche Lieferung verschuldensunabhängig. 373 Zu bezweifeln ist, dass derjenige, der die Mangelfreiheit zum Zeitpunkt der Ablieferung garantiert, zugleich seine Fähigkeit zur Nacherfüllung innerhalb einer angemessenen Frist garantiert.374 Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass der Verkäufer auch oder nur eine Garantie in Bezug auf die Nacherfüllung übernimmt, was durch Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu ermitteln ist.375 Als Beispiel für eine Garantie hinsichtlich der Nacherfüllung wird die Erklärung des Verkäufers genannt, aufgetretene Mängel kurzfristig, ohne Prüfung ihres Vorhandenseins im Zeitpunkt des Gefahrübergangs oder ohne Formalitäten auszubessern oder (durch einen Vertragshändler) beheben zu lassen.376

(2) Übernahme eines Beschaffungsrisikos Eine strengere Haftung des Schuldners aufgrund der Übernahme eines Beschaffungsrisikos gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB kommt in zwei Fällen in Betracht. Zum einen kann sie in dem Fall bestehen, in dem der Verkäufer keine Ersatzware liefert. Zum anderen ist zu untersuchen, ob eine strengere Haftung aufgrund der Übernahme eines Beschaffungsrisikos auch dann greift, wenn der Verkäufer zwar Ersatzware liefert, diese aber ebenfalls mangelhaft ist.

(a) Unterlassen der Ersatzlieferung Es ist bereits dargestellt worden, dass der Schuldner beim Gattungskauf typischerweise auch das Risiko übernimmt, bei mangelhafter Lieferung fehlerfreie Ersatzware zu beschaffen.377 Liefert der Verkäufer nicht innerhalb der ihm vom Käufer nach § 281 Abs. 1 S. 1 BGB gesetzten Frist nach, so hat er dies aufgrund der Übernahme des Beschaffungsrisikos gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB __________ 373

Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 97. s. schon o. § 14 II. 2. a) bb) (1), S. 320 f. So aber St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2503. 375 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 73, 97; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 29. 376 MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 29. 377 s. o. § 14 I. 1. e) bb) (4). 374

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auch ohne Verschulden zu vertreten. Dies führt dazu, dass der Verkäufer Vorsorge für einen eventuellen Nachlieferungsfall treffen muss.378 Verweigert bei einem marktbezogenen Gattungskauf der Lieferant der mangelhaften Sache die Neubelieferung des Verkäufers und erhält dieser von den übrigen potenziellen Lieferanten mangels Vertragshändlerstellung keine Ware, so wird die verschuldensunabhängige Haftung aufgrund der Übernahme des Beschaffungsrisikos auch mit dem Argument gerechtfertigt, dass der Verkäufer grundsätzlich einen Nachlieferungsanspruch aus § 439 Abs. 1, 2. Fall BGB gegen seinen Lieferanten habe. Es sei daher sein Risiko, ob er diesen durchsetzen und so rechtzeitig geeigneten Ersatz beschaffen bzw. Regress nehmen könne.379 So könne die gesamte Regresskette verschuldensunabhängig aufgerollt werden. Eine Risikoübernahme scheide nur dann aus, wenn es nicht um einen zurechenbaren Vertragsbruch gehe, sondern um eine Störung, die von keinem Glied der Lieferkette zu vertreten sei, wie z. B. eine auf höherer Gewalt beruhende Unterbrechung der Produktion der geschuldeten Waren. Festgestellt wird in diesem Zusammenhang, dass eine gewisse Nähe zum Lösungsmodell von Art. 79 Abs. 2 CISG unverkennbar sei. 380 Eine noch größere Nähe weist diese Einschränkung allerdings zu der Entlastungsmöglichkeit auf, die der BGH im „Rebwachs-Fall“ zugelassen hat. Danach kann sich der Verkäufer im CISG für vertragswidrige Ware entlasten, wenn diese auf ein Risiko zurückgeht, welches weder dem Einflussbereich des Verkäufers noch dem seines Vorlieferanten zugerechnet werden kann.381

(b) Mangelhafte Ersatzlieferung Eine verschuldensunabhängige Haftung aufgrund der Übernahme eines Beschaffungsrisikos wird beim Gattungskauf nicht nur für den Fall vertreten, dass der Verkäufer innerhalb der vom Käufer gesetzten Nachfrist keinen Ersatz liefert, sondern auch für den Fall, dass der Verkäufer mangelhaften Ersatz liefert und die Nacherfüllung aus diesem Grund scheitert.382 Aufgrund gesteigerter Sorgfaltspflichten bezüglich der Ersatzlieferung wird der Verkäufer hier aller__________ 378

AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 39. Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 233. 380 Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 228 f. 381 BGH, Urt. v. 24.3.1999 – VIII ZR 121/98, BGHZ 141, 129, 134. 382 Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 233 ff.; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 62; wohl auch Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 100, der für diesen Fall auf die Ausführungen zum Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen unterlassener Nacherfüllung verweist. 379

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

dings in vielen Fällen schon wegen Fahrlässigkeit haften.383 Der Fall der mangelhaften Ersatzlieferung wird im Zusammenhang mit der verschuldensunabhängigen Haftung aufgrund der Übernahme des Beschaffungsrisikos auch nur von wenigen Autoren ausdrücklich thematisiert.384 Die meisten Autoren drücken sich dagegen nicht eindeutig aus. So heißt es beispielsweise, dass der Verkäufer aufgrund der Übernahme des Beschaffungsrisikos verschuldensunabhängig für das „Fehlschlagen der Nacherfüllung“385 hafte. Bei einer solchen Formulierung bleibt unklar, ob sich diese nur auf das Ausbleiben der Nachlieferung oder auch auf den Fall einer mangelhaften Ersatzlieferung bezieht. Canaris begründet eine verschuldensunabhängige Haftung aufgrund der Übernahme eines Beschaffungsrisikos bei mangelhafter Ersatzlieferung damit, dass der Verkäufer hier im Unterschied zur mangelhaften Erstlieferung schon einmal eine fehlerhafte Sache geliefert habe und in dem Bewusstsein handele, nunmehr seinen zweiten Erfüllungsversuch zu unternehmen.386 Es gehe daher nicht mehr lediglich um das Risiko der bloßen Erkennbarkeit des Mangels, sondern um das Risiko, in der durch das Fehlschlagen des ersten Erfüllungsversuchs entstandenen prekären Lage die Pflicht zur Lieferung einer mangelfreien Sache zu erfüllen. Dies sei aber ein Problem der Beschaffung. Denn der Verkäufer habe nunmehr mit gesteigertem Einsatz zu gewährleisten, dass er dieses Mal eine fehlerfreie Sache erlange – etwa indem er ausnahmsweise selbst eine ihm sonst nicht obliegende Untersuchung der Sache vornehme und sich bei negativem Ergebnis sofort eine andere Ersatzsache beschaffe oder indem er seinen Lieferanten zu einer besonders sorgfältigen, über die normalerweise gebotene Intensität hinausgehende Prüfung veranlasse oder ihn zur Übernahme einer verschuldensunabhängigen Garantie für die Mangelfreiheit bewege und sich zugleich eine Regressmöglichkeit sichere.387 Dieser Argumentation ist jedoch entgegenzuhalten, dass es bei dem gesteigerten Einsatz des Verkäufers, z. B. durch die Untersuchung der Sache, wieder um die Erkennbarkeit des Mangels geht. Zudem führen die Überlegungen, dass der Verkäufer nunmehr mit gesteigertem Einsatz zu gewährleisten habe, dass er dieses Mal eine fehler__________ 383

s. o. § 14 II. 2. b) aa) (2). s. o. § 14 Fn. 382. 385 Reinicke/Tiedtke Rn. 585. 386 Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 233 f. In diesem Sinne auch St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 62 Fn. 205, der U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1193 im Hinblick auf eine Haftung für die ursprünglich mangelhafte Lieferung mit dem Satz zitiert: „Die Haftung für das ,Beschaffungsrisiko‘ kann also nicht dazu führen, dass der Verkäufer für unerkannte Mängel der Sache haftet, die er als solche nicht zu vertreten hat, so lange der Käufer sie nicht gerügt hat; eine solche Haftung liegt außerhalb des Beschaffungsrisikos.“ 387 Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 233 f. 384

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freie Sache erlange, eher zu der Annahme gesteigerter Sorgfaltspflichten des Verkäufers, die in Bezug auf die Ersatzlieferung bereits bejaht worden sind.388 Verletzt der Verkäufer eine solche Sorgfaltspflicht, so haftet er schon wegen Fahrlässigkeit. Weiter wird jedoch argumentiert, dass die Annahme einer generellen Sorgfaltspflicht des Inhalts, dass der Verkäufer die Ersatzsache auf Mängel zu kontrollieren habe, gänzlich unpraktikabel sei. Ebenso wenig könne man aber den Käufer vor die Alternative stellen, sich entweder auf einen Streit mit dem Verkäufer über die Verletzung einzelfallbezogener Untersuchungspflichten einzulassen oder diesem die Möglichkeit zu der Lieferung einer dritten, vierten usw. Ersatzsache zuzugestehen. Demgemäß könne hier, anders als bei der ersten Lieferung, argumentiert werden, dass ein Verkäufer der – schuldlos – eine mangelhafte Ersatzsache liefere, grundsätzlich nicht besser stehen dürfe als ein Verkäufer, der – schuldlos – eine Ersatzsache erst nach Ablauf der Nacherfüllungsfrist oder überhaupt nicht liefere.389 Die Haftung nach § 281 BGB unabhängig von Verschulden sei jedoch nicht begründet, wenn der Mangel selbst bei optimaler Sorgfalt unerkennbar gewesen sei. Denn ein Mangel, den niemand entdecken könne, habe mit dem Beschaffungsrisiko nichts mehr zu tun, und eine Schadensersatzhaftung hierfür liefe daher auf eine allgemeine „strikte“ Haftung für die Mangelfreiheit der Kaufsache hinaus, die dem BGB fremd sei.390 Die Begründung dieser Ausnahme lehnt sich an die Argumente an, die ein Teil der Literatur zum UN-Kaufrecht für eine Entlastungsmöglichkeit des Verkäufers nach Art. 79 Abs. 1 CISG bei Vorliegen eines verdeckten Mangels anführt. Fraglich ist angesichts dieser Argumentation, ob der Verkäufer, der – schuldlos – eine mangelhafte Ersatzsache liefert, grundsätzlich nicht besser stehen darf als ein Verkäufer, der – schuldlos – innerhalb der Nachfrist überhaupt keine Ersatzsache liefert. Bedenken im Hinblick auf eine Gleichstellung dieser Fälle ergeben sich daraus, dass der Nacherfüllungsanspruch eine modifizierte Form des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs darstellt und hinsichtlich des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs die Übernahme eines Beschaffungsrisikos in Bezug auf die Fehlerfreiheit der Ware regelmäßig zu verneinen ist. Für eine Gleichbehandlung spricht dagegen, dass die Nacherfüllung in beiden Fällen gescheitert ist und dem Schuldner im Ergebnis in beiden Fällen nicht die Beschaffung einer mangelfreien Sache gelungen ist. St. Lorenz fasst daher zu Recht zusammen, dass der Verkäufer aufgrund der Übernahme eines Beschaffungsrisikos in der Regel verschuldensabhängig für Schäden einzustehen hat, __________ 388

s. o. § 14 II. 2. b) aa) (2) (a). Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 234 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 9.6.1999 – VIII ZR 149/98, BGHZ 142, 36, 39 f. 390 Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 234 f. 389

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

die sich aus dem Ausbleiben einer (rechtzeitigen und mangelfreien) Nacherfüllung ergeben, nicht aber für solche, die (allein) auf die ursprünglich mangelhafte Leistung zurückgehen.391 Lässt man aufgrund der Übernahme des Beschaffungsrisikos eine verschuldensunabhängige Haftung wegen mangelhafter Ersatzlieferung zu, haftet der Verkäufer aber nur für solche Schäden, die auf das Ausbleiben der Nacherfüllung zurückzuführen sind. Dagegen kann eine verschuldensunabhängige Haftung nicht bezüglich solcher neuen Schäden begründet werden, die auf dem Mangel an der Ersatzsache beruhen.392

(3) Einstandspflicht für finanzielles Unvermögen Teilweise wird im Schrifttum vertreten, dass die Gründe für das Scheitern der Nacherfüllung, sofern die Nacherfüllung nicht ausschließlich in persona möglich ist, in der Regel zumindest auf momentanen Geldmangel zurückzuführen sei,393 den der Schuldner nach § 276 Abs. 1 S. 1 BGB stets zu vertreten habe.394 Fehlendes Vertretenmüssen sei denkbar, wenn die Nacherfüllung nur durch eine unvertretbare Handlung möglich sei und der Verkäufer vorübergehend zu ihrer Vornahme bzw. Veranlassung außer Stande sei, ohne dass er dies zu vertreten habe. Auch sei der Fall eines entschuldbaren Rechtsirrtums über die Nachbesserungspflicht denkbar.395 Sofern das Scheitern der Nacherfüllung tatsächlich auf momentanen Geldmangel zurückzuführen ist, hat der Schuldner dies in der Tat nach § 276 Abs. 1 S. 1 BGB zu vertreten. Diese Haftung geht – wie zu Recht herausgestellt wird – auf ein allgemeines Prinzip zurück.396 Nach diesem hat der Schuldner für das Vorhandensein von Geld verschuldensunabhängig einzustehen.397 Dieses Prinzip sollte nach dem Regierungsentwurf in § 276 Abs. 1 S. 1 BGB durch die Bezugnahme auf die „Natur der Schuld“ verankert werden.398 Der Bundesrat wollte die Wörter „der Natur der Schuld“ durch die Wörter „bei einer Geldschuld“ ersetzen, da er die Formulierung im Regierungsentwurf als zu unbe__________ 391

St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 62. AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 42. 393 St. Lorenz/Riehm Rn. 535; Vollkommer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 123, 125; St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2503. 394 St. Lorenz/Riehm Rn. 535; St. Lorenz, Karlsruher Forum 2005, S. 76, 121 f.; ders., NJW 2002, 2497, 2503; zustimmend MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 52 Fn. 74. 395 St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2503. 396 St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 122. 397 MünchKommBGB/Grundmann § 276 Rn. 180. 398 BT-Drucks. 14/6040, S. 132. 392

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stimmt ansah und darin die Gefahr einer Haftungsverschärfung im Sinne einer Garantiehaftung ohne Verschulden für weite Teile des Vertragsrechts erblickte.399 Letztendlich wurde auf Empfehlung des Rechtsausschusses hin die Geldschuld in § 267 Abs. 1 S. 1 BGB gar nicht ausdrücklich angesprochen. Der genannte Grundsatz ist vielmehr an dem Merkmal der „Übernahme eines Beschaffungsrisikos“ festzumachen. Derjenige, der eine Leistung verspricht, übernimmt regelmäßig das Risiko dafür, dass er sich die zur Erfüllung erforderlichen finanziellen Mittel beschaffen kann.400 Hierin eine kaufrechtliche Garantiehaftung zu sehen, die nichts anderes voraussetze, als dass der Gläubiger die geschuldete Leistung nicht fristgemäß erhalte,401 dürfte jedoch zu weit gehen.402 Denn das Scheitern der Nacherfüllung kann auch auf anderen Gründen als momentanem Geldmangel beruhen, auch wenn dies seltener der Fall sein dürfte.

cc) Beweislast Gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB muss der Verkäufer darlegen und beweisen, dass er die Gründe für das Scheitern der Nacherfüllung nicht zu vertreten hat, weil er sie nicht hätte vorhersehen und nicht hätte vermeiden können. Dieser Beweis wird ihm in der Regel nicht gelingen.403 In diesem Fall erübrigt es sich, eine verschuldensunabhängige Haftung mit der Übernahme einer Garantie oder der Übernahme eines Beschaffungsrisikos zu begründen.404 Die Tatsachen, die für die Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos durch den Verkäufer sprechen, hat der Käufer darzulegen und zu beweisen.

3. Zwischenergebnis Macht der Käufer einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen eines behebbaren Mangels gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB geltend, so ist unklar, worin die für das Vertretenmüssen relevante Pflichtverletzung liegt. Als solche kommen sowohl die ursprüngliche mangelhafte Lieferung als auch die nicht ordnungsgemäße Nacherfüllung in Betracht. __________ 399

BT-Drucks. 14/6857, S. 12. BT-Drucks. 14/7052, S. 184. 401 So aber Ehmann/Sutschet, JZ 2004, 62, 63 f. 402 Ähnlich St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 122. 403 MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 52. 404 MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 52 Fn. 74. 400

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Diese Unklarheit resultiert nicht allein aus der Verbindung des aus dem UNKaufrecht stammenden Pflichtverletzungskonzepts mit dem Verschuldensprinzip. Vielmehr geht sie in erster Linie auf den im deutschen Recht verankerten Vorrang der Nacherfüllung zurück. Vorzugswürdig ist diejenige Ansicht, nach der sich das Vertretenmüssen alternativ auf die ursprüngliche mangelhafte Lieferung oder auf die gescheiterte Nacherfüllung beziehen kann. Hierfür sprechen sowohl die Systematik des Gesetzes als auch der hinter dem Nacherfüllungsrecht des Schuldners stehende Gedanke, dass der Schuldner eine zweite Chance zur Vertragserfüllung erhalten soll, durch diese zweite Chance aber nicht der Schuldvorwurf hinsichtlich der ursprünglichen mangelhaften Lieferung beseitigt wird. Durch die beiden möglichen Anknüpfungspunkte für das Vertretenmüssen kommen im Ergebnis zwei verschiedene Schadensersatzansprüche in Betracht, die miteinander konkurrieren können. Das Vertretenmüssen des Schuldners richtet sich in beiden Fällen nach § 276 BGB. Der Schuldner hat die mangelhafte Lieferung zunächst zu vertreten, wenn er den Mangel vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt hat. Der Hersteller, bei dem eine vorsätzliche oder fahrlässige Herbeiführung des Mangels eher in Betracht kommt als beim bloßen Händler, wird grundsätzlich haften, es sei denn, dass z. B. ein „Ausreißer“ vorliegt. Wie im UN-Kaufrecht ist dem Hersteller das Verschulden seiner Mitarbeiter und Subunternehmer gem. § 278 BGB zuzurechnen. Für ein Verschulden von Vor- oder Zulieferanten haftet er dagegen anders als im CISG nur, wenn er den Mangel des Vorprodukts bei der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen müssen. Beim Verkäufer, der bloßer Händler ist, stellt sich in erster Linie die Frage, ob ihm das Verschulden des Herstellers über § 278 BGB zuzurechnen ist. Dies ist trotz der Einführung der Pflicht zur Lieferung einer mangelfreien Sache gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB zu verneinen. Diese verpflichtet den Verkäufer weiterhin nur zur Lieferung, nicht aber zur Herstellung einer mangelfreien Sache. Der Pflichtenkreis des Händlers bleibt also auf die Lieferphase beschränkt. Eine Verschärfung der Verkäuferhaftung in diesem Punkt entspricht nicht dem Willen des Gesetzgebers. Die Einräumung eines Rückgriffsrechts des Händlers kann die Zurechnung des Herstellerverschuldens nicht rechtfertigen. Im Übrigen spricht auch ein Vergleich mit dem UN-Kaufrecht gegen die Zurechnung des Herstellerverschuldens über § 278 BGB. Im CISG werden nämlich trotz der Pflicht zur Lieferung vertragsgemäßer Ware gem. Art 35 Abs. 1 CISG Vor- und Zulieferer nicht als Dritte i. S. d. Art. 79 Abs. 2 CISG angesehen, weil diese nur vorbereitend tätig werden. Grundsätzlich ist dem Verkäufer das Verschulden des Herstellers daher auch im neuen Recht nicht gem. § 278 BGB zuzurechnen. Der Verkäufer haftet nur für das Verschulden des Herstellers über § 278 BGB, wenn er sich ausnahmsweise des Herstellers zur Erfüllung eigener Pflichten bedient, wie z. B. zum Transport bei einer Bringschuld.

§ 14 Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung

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Lehnt man die Zurechnung des Herstellerverschuldens gem. § 278 BGB grundsätzlich ab, führt dies zu Unterschieden zwischen der Haftung des Herstellers und der Haftung des bloßen Händlers. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sich aus dem Inhalt des Vertrags gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB eine strengere Haftung des Händlers ergeben kann, wenn dieser als Hersteller auftritt, indem er z. B. die von Dritten produzierte Ware mit einer Eigenmarke oder dem Hinweis versieht, dass das Produkt speziell für ihn hergestellt worden sei. Die zwischen der Haftung des Herstellers und der Haftung des Händlers bestehenden Unterschiede werden auch nicht durch die Beweislastanordnung in § 280 Abs. 1 S. 2 BGB abgeschwächt. Der Händler wird nämlich in der Regel darlegen und beweisen können, dass der Mangel nicht in seiner Sphäre entstanden ist, und sich mit diesem Nachweis entlasten können. Hat der Verkäufer den Mangel weder vorsätzlich noch fahrlässig herbeigeführt, ist zu prüfen, ob er ihn vorsätzlich oder fahrlässig nicht beseitigt hat. Dies setzt voraus, dass der Verkäufer den Mangel kannte oder hätte kennen müssen. Grundsätzlich obliegt dem Verkäufer, der Zwischenhändler ist, jedoch keine Pflicht, die Ware zu untersuchen. Er kann sich schon dadurch entlasten, dass er darlegt und beweist, dass der Mangel nicht offensichtlich und nur durch eine besondere Untersuchung zu erkennen war. Tatsachen, die ausnahmsweise für das Bestehen einer Untersuchungspflicht des Verkäufers sprechen, hat der Käufer darzulegen und zu beweisen. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass die Rechtsprechung die Anforderungen an den Entlastungsbeweis des Verkäufers in Zukunft erhöhen wird. Der Verkäufer haftet verschuldensunabhängig, wenn er eine Garantie für die Mangelfreiheit der Kaufsache übernommen oder eine fehlende Eigenschaft zugesichert hat (§ 276 Abs. 1 S. 1 BGB). Nicht ohne weiteres angenommen werden kann eine stillschweigende Zusicherung des Verkäufers dahingehend, dass die Ware frei von Herstellungsfehlern ist. Da der Verkäufer bei einem Gattungskauf typischerweise nicht das Beschaffungsrisiko in Bezug auf die Fehlerfreiheit der Ware übernimmt, ist eine verschuldensunabhängige Haftung für die mangelhafte Lieferung aufgrund der Übernahme des Beschaffungsrisikos gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB zu verneinen. Festzuhalten bleibt, dass der Verkäufer, der Hersteller der Ware ist, regelmäßig für die mangelhafte Lieferung einzustehen haben wird, wohingegen sich der Verkäufer, der bloßer Zwischenhändler ist, hinsichtlich der mangelhaften Lieferung in der Regel entlasten können wird. In diesem Fall kommt es darauf an, ob er sich auch für das Scheitern der Nacherfüllung entlasten kann. Im Ergebnis hat sich die Haftung des Zwischenhändlers für die Lieferung mangelhafter Ware weder durch eine Ausweitung der dem Händler obliegenden Untersuchungspflichten noch durch eine Zurechnung des Herstellerverschuldens über § 278 BGB, noch durch eine Erstreckung des übernommenen Beschaffungsri-

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

sikos auf die Fehlerfreiheit der Ware nach dem Vorbild des CISG verschärft, so dass hinsichtlich der Haftung des Zwischenhändlers für mangelhafte Lieferung keine Entwicklung in Richtung einer Garantiehaftung zu verzeichnen ist. Die Nacherfüllung gilt sowohl als gescheitert, wenn sie ganz ausbleibt, als auch dann, wenn sie mangelhaft erfolgt. Der Verkäufer muss die Gründe für das Scheitern der Nacherfüllung zu vertreten haben. Zu beachten ist, dass er gem. § 287 S. 2 BGB für Zufall haftet, wenn er sich mit der Nacherfüllung in Verzug befindet. Liefert der Verkäufer mangelhaften Ersatz, wird er dies aufgrund von gesteigerten Sorgfaltspflichten häufig zu vertreten haben. Zwar gilt auch hier, dass keine generelle Untersuchungspflicht des Verkäufers besteht. Dem Verkäufer wird aber eine Pflicht zur Untersuchung der Sache obliegen, wenn aufgrund der Art des bei der ursprünglichen Lieferung aufgetretenen Mangels wahrscheinlich ist, dass nicht nur ein Stück der Gattung mit einem solchen Mangel behaftet ist. Auch besteht eine Untersuchungspflicht, wenn von dem bei der ursprünglichen Lieferung aufgetretenen Mangel ein relativ hohes Schadens- und Gefahrenpotential ausgeht. Bei der Nachbesserung werden ebenfalls erhöhte Sorgfaltsanforderungen an den Verkäufer gestellt, da er in diesem Fall gesteigerte Möglichkeiten zur Einwirkung auf die Kaufsache hat. Bessert der Verkäufer nach, besteht aber der Mangel dennoch fort, so wird der Verkäufer dies häufig zu vertreten haben. Hat der Verkäufer eine Garantie übernommen, so hat er diese meist schon in Bezug auf die Mangelfreiheit der Ware übernommen, so dass er bereits für die mangelhafte Lieferung verschuldensunabhängig haftet. Der Verkäufer haftet jedoch beim Gattungskauf aufgrund der Übernahme des Beschaffungsrisikos gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB verschuldensunabhängig für das Scheitern der Nacherfüllung. Dies gilt sowohl für den Fall, dass der Verkäufer keinen Ersatz liefert, als auch für den Fall, dass der Verkäufer mangelhaften Ersatz liefert. In letzterem Fall kann aus der Übernahme des Beschaffungsrisikos allerdings keine verschuldensunabhängige Haftung für solche Schäden hergeleitet werden, die auf dem Mangel der Ersatzsache beruhen. Eine verschuldensunabhängige Haftung aufgrund der Übernahme des Beschaffungsrisikos wird jedoch in Anlehnung an Art. 79 Abs. 2 CISG verneint, wenn die Störung von keinem Glied der Lieferkette zu vertreten ist. Im Übrigen hat der Verkäufer gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB auch für finanzielles Unvermögen verschuldensunabhängig einzustehen. In den meisten Fällen wird der Verkäufer, insbesondere der mit Massenware handelnde Zwischenhändler, daher das Scheitern der Nacherfüllung zu vertreten haben. In der Regel wird er sich nicht gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB entlasten können. Darauf, ob der Verkäufer in diesen Fällen auch die mangelhafte Lieferung zu vertreten hat, kommt es dann nicht mehr an. Die in der Literatur geäußerte, bereits angesprochene Befürchtung, dass mit der Einführung einer Fahr-

§ 14 Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung

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lässigkeitshaftung des Händlers der kaufrechtliche Schadensersatz im deutschen Privatrecht nahezu beseitigt werde, da eine Mitverantwortlichkeit des Händlers für den schadensursächlichen Sachmangel beim Massenvertrieb neu hergestellter und original verpackter Produkte kaum noch vorstellbar sei,405 wird somit im Ergebnis nicht bestätigt. Eher ist durch die Einführung einer Fahrlässigkeitshaftung des Händlers unter gleichzeitiger Normierung des Vorrangs der Nacherfüllung eine Erweiterung der Haftung des Verkäufers erfolgt, wodurch sich die Unterschiede zur Haftung des Verkäufers nach dem UNKaufrecht verringern. Dies gilt zumindest für den Schadensersatz statt der Leistung. Die Annäherung an das UN-Kaufrecht beruht jedoch nicht auf dem Einfluss desselben, sondern auf der Ausweitung der Sorgfaltspflichten des Verkäufers durch die Einführung eines Rechts zur Nacherfüllung sowohl bei Stück- als auch bei Gattungsschulden und der gleichzeitigen Normierung des Vorrangs der Nacherfüllung. Eine verschuldensunabhängige Haftung aufgrund der Übernahme eines Beschaffungsrisikos in Bezug auf die Nacherfüllung war vom Grundsatz her schon im alten Recht vorhanden.

__________ 405

s. o. § 12.

§ 15 Voraussetzungen des Schadensersatzes neben der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz neben der Leistung kann der Käufer nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB verlangen. Gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB haftet der Schuldner nicht, wenn er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

I. Relevante Pflichtverletzung Die für das Vertretenmüssen relevante Pflichtverletzung ist in diesem Fall die Verletzung der in § 433 Abs. 1 S. 2 BGB normierten Pflicht, dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.1 Die Gegenansicht sieht die relevante, den Anspruch begründende Pflichtverletzung hingegen in der Verletzung einer Schutzpflicht zugunsten der Rechtsgüter des Käufers.2 Dies wird zum Teil damit begründet, dass die nicht ordnungsgemäße Erfüllung der Leistungspflicht grundsätzlich nicht Grundlage einer Schadensersatzpflicht sein könne. Die Verletzung einer Schutzpflicht sei kausal für den eingetretenen Schaden, nicht aber die nicht ordnungsgemäße Lieferung. Auch setze eine schuldhafte Nichterfüllung einer Leistungspflicht ein rechtswidriges Verhalten und somit eine Schutzpflichtverletzung voraus.3 Der in dieser Argumentation zum Ausdruck kommende verhaltensbezogene Ansatz ist jedoch bereits insbe__________ 1 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 36; Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 134; Hk-BGB/Saenger § 437 Rn. 10; ders./Klockenbrink, ZGS 2006, 61, 63; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 53; MünchKommBGB/H. P. Westermann § 437 Rn. 30; Palandt/Heinrichs § 280 Rn. 19; Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 345; Brox/Walker § 4 Rn. 110; P. Huber/Faust/P. Huber Kap. 13 Rn. 111, Kap. 14 Rn. 16; Oetker/Maultzsch, S. 119; Reinicke/Tiedtke Rn. 516; Buck, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das Schuldrecht 2002, S. 105, 152; Schubel, in: M. Schwab/Witt (Hrsg.), Einführung in das neue Schuldrecht, S. 123, 140; Brors, WM 2002, 1780, 1783; St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2500, 2504; Schulze/Ebers, JuS 2004, 265, 269 und 462, 464; s. auch Hampel, JuS 2003, 465, 469. 2 Gursky, S. 32; M. Schwab, in: ders./Witt (Hrsg.), Einführung in das neue Schuldrecht, S. 1, 19; ders., JuS 2002, 1, 7 f.; Ehmann/Sutschet, JZ 2004, 62, 70; Reichenbach, Jura 2003, 512, 519; Reischl, JuS 2003, 40, 47 li. Sp; v. Wilmowsky, JuS Beilage 1/2002, 3, 19; wohl auch Schur, ZGS 2002, 243, 244. 3 Ehmann/Sutschet, JZ 2004, 62, 70.

§ 15 Voraussetzungen des Schadensersatzes neben der Leistung

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sondere aus dem Grund abgelehnt worden, dass nach dem Willen des Gesetzgebers, der sich an dem Tatbestand der Nichterfüllung im UN-Kaufrecht orientierte, eine Pflichtverletzung i. S. d. § 280 Abs. 1 S. 1 BGB in jedem Abweichen des Schuldners von seinem vertraglichen Pflichtenprogramm liegt und daher auch die Nicht- oder Schlechterfüllung als Pflichtverletzung i. S. d. § 280 Abs. 1 S. 1 BGB zu qualifizieren ist.4

II. Konkurrierender Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Schutzpflicht Von der Frage nach der für das Vertretenmüssen relevanten Pflichtverletzung im Rahmen des Anspruchs auf einfachen Schadensersatz aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB ist die Frage zu unterscheiden, ob neben diesem Anspruch ein Anspruch aus §(§ 437 Nr. 3), 280 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung einer Schutzpflicht geltend gemacht werden kann. Denn neben der Leistungspflicht nach § 433 Abs. 1 S. 2 BGB kann für den Verkäufer auch eine nicht leistungsbezogene Schutzpflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB bestehen, nach welcher er die Rechte und Rechtsgüter des Käufers nicht durch die Lieferung mangelhafter Ware gefährden darf5 und nach welcher er den Käufer bei Lieferung auf den Mangel aufmerksam machen muss.6 Im Schrifttum wird die Geltendmachung eines konkurrierenden Anspruchs auf Schadensersatz neben der Leistung aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung einer nicht leistungsbezogenen Nebenpflicht zur Aufklärung über den Mangel gem. § 241 Abs. 2 BGB für möglich gehalten.7 Dieser Anspruch sei über § 437 Nr. 3 BGB herzuleiten und unterstehe damit den Sonderregelungen des Gewährleistungsrechts,8 insbesondere der Verjährungsregelung des § 438 BGB.9 Folgt man dieser Ansicht, besteht bezüglich der Verjährung __________ 4

Ausführlich o. § 14 I. 2. a) aa) (3). Hierin und nicht in dem Unterlassen einer Aufklärung liegt nach Staudinger/Otto § 280 Rn. C 20 die primäre Pflichtverletzung. 6 Gsell, JZ 2002, 1089, 1091 f.; Münch, Jura 2002, 361, 364 mit Beispielsfall; s. auch Canaris, ZIP 2003, 321, 324. 7 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 133, 138 ff., 184; Staudinger/MatuscheBeckmann § 437 Rn. 49; P. Huber/Faust/P. Huber Kap. 14 Rn. 20; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 57 f. Auch Staudinger/Otto § 280 Rn. C 20 bejaht ein Nebeneinander von Schlechterfüllung und Schutzpflichtverletzung, sieht die primäre Schutzpflichtverletzung aber in der Lieferung mangelhafter Sachen, die in den Schutzbereich des Integritätsinteresses fallende Rechte, Rechtsgüter und Interessen gefährden. 8 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 138, 184. 9 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 184; P. Huber/Faust/P. Huber Kap. 14 Rn. 20. Für eine Verjährung nach § 438 BGB auch AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 280 Rn. 38; 5

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

ein Gleichlauf mit dem Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung der Pflicht zur mangelfreien Lieferung gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Gefahr einer Umgehung der kaufrechtlichen Sonderregelung des § 438 BGB10 liegt folglich nicht vor. Zudem ist bei Geltendmachung des Anspruchs ggf. das Erfordernis einer Nacherfüllungsfrist zu beachten, wenn der zu ersetzende Schaden, wie z. B. ein Weiterfresserschaden, durch Nacherfüllung noch beseitigt werden kann.11 Dieser Ansicht wird eine schwere Vereinbarkeit mit den Vorschriften der §§ 433 Abs. 1 S. 2, 437 BGB vorgeworfen, da diese davon ausgingen, dass die dem Käufer im Fall der Lieferung einer mangelhaften Sache zustehenden Rechte nicht auf konkurrierenden Pflichtverletzungen, sondern auf nur einer Pflichtverletzung beruhten.12 Dieses Argument kann jedoch wie folgt entkräftet werden: Zwar knüpft § 437 Nr. 3 BGB an die mangelhafte Lieferung an. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Pflichtverletzung i. S. d. § 280 Abs. 1 S. 1 BGB auch stets allein in der Verletzung der Pflicht zur mangelfreien Leistung nach § 433 Abs. 1 S. 2 BGB liegt, wie bereits an anderer Stelle gezeigt worden ist. Liegt ein Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung gem. § 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung der Pflicht zur mangelfreien Lieferung vor, heißt dies nicht, dass eine weitere Pflichtverletzung keinen konkurrierenden Schadensersatzanspruch nach sich ziehen kann. Angesichts dieser möglichen Anspruchskonkurrenz wird allerdings zu Recht darauf hingewiesen, dass bei dem Ersatz von mangelbedingten Folgeschäden grundsätzlich keine Notwendigkeit bestehe, Schadensersatzansprüche aus der Verletzung einer nicht leistungsbezogenen Pflicht aus § 241 Abs. 2 BGB herzuleiten.13 Eine neben der Verletzung der Pflicht zur mangelfreien Lieferung gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB bestehende Schutzpflichtverletzung sei als Haftungsgrundlage in aller Regel deshalb irrelevant, weil eine Schadlosstellung des Käufers bereits auf Grund der Haftung für die Schlechterfüllung erfolgen könne.14 Die Haftung wegen einer Schutzpflichtverletzung tritt also grundsätzlich hinter die Haftung wegen der Verletzung der Pflicht zur mangelfreien Liefe__________ Staudinger/Matusche-Beckmann § 437 Rn. 49; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 58; Gsell, JZ 2002, 1089, 1092. Offen gelassen von MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 54. 10 s. dazu Dauner-Lieb, Entwicklungstendenzen, S. 25 f. 11 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 140; Staudinger/Matusche-Beckmann § 437 Rn. 49. 12 Palandt/Heinrichs § 280 Rn. 19. Gegen einen Anspruch aus Schutzpflichtverletzung bei Mangelhaftigkeit der gekauften Sache auch Palandt/Putzo § 437 Rn. 32. 13 St. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2500; Tettinger, AcP 205 (2005), 1, 11 f. 14 MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 54. s. auch Hk-BGB/Saenger § 437 Rn. 10, nach dem es für das Vorliegen einer Pflichtverletzung auf eine Schutzpflichtverletzung nicht ankommt.

§ 15 Voraussetzungen des Schadensersatzes neben der Leistung

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rung gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB zurück. Sie kann allerdings in Einzelfällen Bedeutung erlangen, wenn der Schuldner ausnahmsweise nicht den Mangel, wohl aber die unterlassene Aufklärung darüber zu vertreten haben sollte.15 Bei einem Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung einer Schutzpflicht zur Aufklärung über den Mangel bezieht sich das Vertretenmüssen auf die Verletzung dieser Schutzpflicht. Wie beim Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung wegen der Verletzung der Pflicht zur mangelfreien Lieferung ist auch hier die zentrale Frage, ob der Verkäufer den Mangel kannte oder kennen musste,16 so dass es wiederum auf das Bestehen von Untersuchungspflichten des Verkäufers ankommt.17 Darüber hinaus muss sich das Vertretenmüssen auch darauf beziehen, dass der Verkäufer dem Käufer keine Warnung zukommen ließ. Eine Entlastung gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB sei insofern nur in krassen Ausnahmefällen möglich.18 Hingegen muss der Verkäufer für einen Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung wegen der Verletzung der Pflicht zur mangelfreien Lieferung die Nichtbeseitigung des Mangels zu vertreten haben, worin folglich der entscheidende Unterschied zwischen den beiden Ansprüchen im Rahmen des Vertretenmüssens besteht. Da der Schuldner, der den Mangel kannte oder ihn hätte kennen müssen, in der Regel auch die Nichtbeseitigung des Mangels zu vertreten hat, wird bestätigt, dass die Haftung wegen der Verletzung einer Schutzpflicht grundsätzlich hinter die Haftung wegen der Verletzung der Pflicht zur mangelfreien Lieferung zurücktritt. Hat der Käufer einen Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung wegen der Verletzung der Schutzpflicht zur Aufklärung über den Mangel, sind diejenigen Schäden zu ersetzen, die ihm nicht entstanden wären, hätte der Verkäufer ihn auf den Mangel hingewiesen, also z. B. durch den Mangel verursachte Schäden an anderen Rechtsgütern des Käufers oder an Personen. Hinsichtlich der Beweislastverteilung ist hervorzuheben, dass dem Käufer grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Schutzpflichtverletzung gem. § 241 Abs. 2 BGB obliegt, wobei ihm unter dem Gesichtspunkt der Sphärentheorie Beweiserleichterungen zugute kommen können. Der Verkäufer muss sich gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB entlasten. __________ 15 Staudinger/Matusche-Beckmann § 437 Rn. 49; Gsell, JZ 2002, 1089, 1092; Schulze/Ebers, JuS 2004, 462, 464; Tettinger, AcP 205 (2005), 1, 12. Zu Beispielsfällen s. MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 54; P. Huber/Faust/P. Huber Kap. 14 Rn. 17; Gsell, JZ 2002, 1089, 1092; Schulze/Ebers, JuS 2004, 462, 464. Gegen ein grundsätzliches Zurücktreten der Schutzpflichtverletzung, sondern für ein Nebeneinander der beiden Pflichtverletzungen aber Staudinger/Otto § 280 Rn. C 20, E 40. 16 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 138. 17 s. dazu oben § 14 I. 1. d) bb) (1). 18 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 138.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

III. Vertretenmüssen Bezüglich eines Verschuldens hinsichtlich der Verletzung der Pflicht zur mangelfreien Lieferung gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB kann auf die Ausführungen zum Vertretenmüssen der mangelhaften Lieferung im Rahmen des Schadensersatzanspruchs statt der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB verwiesen werden.19 Festzuhalten ist in Kürze, dass sich der Verkäufer, der Zwischenhändler ist, trotz der Beweislastanordnung in § 280 Abs. 1 S. 2 BGB meist mangels ihm obliegender Untersuchungspflichten und mangels Zurechnung eines Herstellerverschuldens nach § 278 BGB wird entlasten können. Demgegenüber wird einem Hersteller der Entlastungsbeweis selten gelingen.20 Gleiches gilt für den Händler, der sich als Hersteller ausgibt oder die Produkte mit einer Eigenmarke versieht.21 Was die verschuldensunabhängige Haftung aufgrund der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos angeht, sind an dieser Stelle die beim Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB auftretenden Besonderheiten hervorzuheben.

1. Übernahme einer Garantie Hat der Verkäufer eine Garantie für eine bestimmte Eigenschaft, einen bestimmten Verwendungszweck oder die Mangelfreiheit der Sache übernommen, so ist es eine Frage der Reichweite und des Zwecks dieser Garantie, ob der Verkäufer auch für die Folgen des Fehlens der garantierten Eigenschaft bzw. der garantierten Mangelfreiheit einstehen will. 22 Wird z. B. durch den Mangel ein Rechtsgut des Käufers verletzt, haftet der Verkäufer verschuldensunabhängig, wenn sich die Garantie auch darauf erstreckt, dass keine solchen Rechtsgüter des Käufers verletzt werden.23 Dies ist durch Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu ermitteln24 und wird z. B. anzunehmen sein, wenn sich die Zusi-

__________ 19

s. dazu o. § 14 II. 2. a). So auch Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 45. 21 s. dazu o. § 14 II. 2. a) aa) (1) (c). 22 St. Lorenz, NJW 2002, 1497, 2502. 23 v. Wilmowsky, JuS Beilage 1/2002, 3, 20. 24 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 23; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 62; Looschelders, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 395, 403; St. Lorenz, NJW 2002, 1497, 2502. 20

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cherung des Verkäufers auf die Geeignetheit der Sache für einen bestimmten Verwendungszweck oder auf die Ungefährlichkeit der Ware bezieht.25

2. Übernahme eines Beschaffungsrisikos Hinsichtlich einer verschuldensunabhängigen Haftung aufgrund der Übernahme eines Beschaffungsrisikos wurde bereits die Ansicht diskutiert, nach welcher der Verkäufer beim Gattungskauf typischerweise auch das Beschaffungsrisiko hinsichtlich der Fehlerfreiheit der Ware übernimmt. Aus der Übernahme eines solchen Beschaffungsrisikos in Bezug auf die Fehlerfreiheit der Ware wird teilweise auch eine verschuldensunabhängige Haftung nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB für mangelbedingte Folgeschäden hergeleitet.26 Es ist jedoch bereits abgelehnt worden, dass der Verkäufer beim Gattungskauf typischerweise auch das Beschaffungsrisiko hinsichtlich der Mangelfreiheit der Ware übernimmt,27 so dass sich die Frage nach einer verschuldensunabhängigen Haftung für mangelbedingte Folgeschäden aufgrund der Übernahme eines solchen Beschaffungsrisikos hier nicht mehr stellt. Dies schließt freilich nicht aus, dass sich im Einzelfall (aber eben nicht typischerweise) aus dem Inhalt des Vertrags die Übernahme eines Beschaffungsrisikos auch in Bezug auf die Mangelfreiheit der Ware und daraus eine verschuldensunabhängige Haftung auch für mangelbedingte Folgeschäden ergibt.

3. Beweislast Gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB hat der Schuldner darzulegen und zu beweisen, dass weder er noch ein Erfüllungsgehilfe die mangelhafte Lieferung zu vertreten hat. Diesbezüglich sei auf die Ausführungen zur Beweislast für das Vertretenmüssen der mangelhaften Lieferung im Rahmen des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB verwiesen.28

__________ 25

Sailer, S. 51. So Medicus, JuS 2003, 521, 528; v. Westphalen, ZGS 2002, 154, 158; ders., ZIP 2002, 545, 548; dagegen aber Sailer, S. 48 f.; Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 44; ders., in: FS Wiegand, S. 179, 235 f.; ders., DB 2001, 1815, 1816 Fn. 4; ders., ZIP 2003, 321, 326 f. 27 s. ausführlich o. § 14 I. 1. e) bb) (1)–(3). 28 s. o. § 14 II. 2. a) cc). 26

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

IV. Zwischenergebnis Beim Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung gem. § 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB liegt die für das Vertretenmüssen relevante Pflichtverletzung in der Verletzung der Pflicht zur mangelfreien Lieferung gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB. Der streng verhaltensbezogene Ansatz, nach dem die relevante Pflichtverletzung in der Verletzung einer Schutzpflicht zugunsten der Rechtsgüter des Käufers zu sehen ist, ist insbesondere wegen der Orientierung des Gesetzgebers am UN-Kaufrecht abzulehnen. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass der Schuldner mit der Lieferung mangelhafter Ware zugleich eine Schutzpflicht zugunsten der Rechtsgüter des Käufers gem. § 241 Abs. 2 BGB verletzt und diese Pflichtverletzung einen Schadensersatzanspruch nach sich zieht. Dieser Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Schutzpflicht gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB unterliegt der Verjährungsregelung des § 438 BGB. Grundsätzlich tritt der Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Schutzpflicht gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB hinter den Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Pflicht zur mangelfreien Lieferung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB zurück. Er hat nur im Einzelfall Bedeutung, wenn nicht schon die Verletzung der Pflicht zur mangelfreien Lieferung gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB zu einer Schadensersatzhaftung des Verkäufers führt. Wie bereits ausgeführt, wird sich der Verkäufer, der selbst Hersteller ist, nur selten in Bezug auf die mangelhafte Lieferung entlasten können. Der Verkäufer, der als Zwischenhändler fungiert, wird dagegen in der Regel nicht haften, da ihm grundsätzlich keine Pflicht zur Untersuchung der Ware obliegt und ihm ein Herstellerverschulden nicht gem. § 278 BGB zugerechnet wird. Wie gesehen, ändert hieran auch die Beweislastanordnung in § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zu Lasten des Verkäufers nichts.29 Ob eine vom Verkäufer übernommene Garantie den konkreten mangelbedingten Folgeschaden oder Begleitschaden umfasst, ist im Wege der Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Eine verschuldensunabhängige Haftung aufgrund der Übernahme des Beschaffungsrisikos in Bezug auf die Fehlerfreiheit der Ware ist bereits abgelehnt worden. Eine Ausweitung der Haftung des Verkäufers für den Schadensersatz neben der Leistung – sei es durch eine Erweiterung der Untersuchungspflichten des Verkäufers, sei es durch eine Zurechnung des Herstellerverschuldens über § 278 BGB oder sei es durch eine Heranziehung des UN-Kaufrechts bei der Auslegung der Alternative der Übernahme eines Beschaffungsrisikos in § 276 Abs. 1 S. 1 BGB – liegt daher im Ergebnis nicht vor. Anders als beim Schadensersatz statt der Leistung ist die mangelhafte Lieferung beim Schadensersatz neben der Leistung der alleinige Bezugspunkt für das Vertretenmüssen. Eine Annäherung an eine Ga__________ 29

s. schon o. § 14 II. 2. a) cc).

§ 15 Voraussetzungen des Schadensersatzes neben der Leistung

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rantiehaftung ist für den Schadensersatz neben der Leistung folglich zu verneinen. Umso bedeutsamer wird aus diesem Grund die Abgrenzung von Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung. Unter den Schadensersatz neben der Leistung fallen nach der hier vertretenen Auffassung insbesondere mangelbedingte Folgeschäden, die das Erhaltungsinteresse betreffen. Zu einem anderen Ergebnis gelangt man jedoch bei einer rein dynamischen Abgrenzung von Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung.

§ 16 Voraussetzungen des Schadensersatzes wegen Verzögerung der Nacherfüllung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 2, 286 i. V. m. § 439 BGB Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung kann der Käufer gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 2, 286 i. V. m. § 439 BGB verlangen. Gem. § 286 Abs. 4 BGB kommt der Schuldner nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat. Fraglich ist das Verhältnis dieser Vorschrift zu § 280 Abs. 1 S. 2 BGB.

I. Relevante Pflichtverletzung und zeitlicher Bezugspunkt für das Vertretenmüssen Im Rahmen des Schadensersatzes wegen Verzögerung der Nacherfüllung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 2, 286 i. V. m. § 439 BGB wird die Verzögerung der Nacherfüllung als die für das Vertretenmüssen relevante Pflichtverletzung angesehen.1 Allerdings ist strittig, ob sich das Vertretenmüssen im Rahmen des Anspruchs auf Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung gem. §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB zeitlich auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der Leistung,2 also auf den Zeitpunkt der Pflichtverletzung (Nichterfüllung bei Fälligkeit), oder wegen § 286 Abs. 4 BGB auf den Zeitpunkt des Vorliegens der objektiven Verzugsvoraussetzungen beziehen muss. 3 Dieser Streit scheint hinsichtlich des Anspruchs wegen Verzögerung der Nacherfüllung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 2, 286 i. V. m. § 439 BGB nicht von Bedeutung zu sein. Denn der Nacherfüllungsanspruch wird zu dem Zeitpunkt des Zugangs des Nacherfüllungsverlangens des Käufers beim Verkäufer

__________ 1

Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 142; Reinicke/Tiedtke Rn. 561. MünchKommBGB/Ernst § 286 Rn. 104. 3 Bamberger/Roth/Grüneberg § 286 Rn. 51; Erman/Hager § 286 Rn. 56; Jauernig/Stadler § 286 Rn. 40; Palandt/Heinrichs § 286 Rn. 39; Staudinger/Eckpfeiler/Kaiser S. 339; St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 47 f.; Kohler, JZ 2004, 961, 962 ff. 2

§ 16 Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung

369

fällig.4 Gleichzeitig ist in der hinreichend bestimmten Geltendmachung des Nacherfüllungsanspruchs und in der Setzung einer Nachfrist durch den Käufer in aller Regel eine Mahnung zu sehen,5 so dass zu diesem Zeitpunkt an sich auch schon die objektiven Verzugsvoraussetzungen vorliegen und der Verkäufer sofort in Verzug kommt.6 Zu Recht wird jedoch ausgeführt, dass der Verkäufer mit der Nacherfüllung erst in Verzug komme, wenn er auf die Geltendmachung des Anspruchs hin nicht nacherfülle. Der Verkäufer müsse zumindest eine realistische Chance haben, den Verzug durch umgehende Nacherfüllung abzuwenden. Der ihm dafür verbleibende Zeitraum sei allerdings in aller Regel kürzer als die angemessene Frist nach § 281 Abs. 1 S. 1 BGB.7 Folgt man dieser Ansicht, so fallen die Fälligkeit des Nacherfüllungsanspruchs und das Vorliegen der objektiven Verzugsvoraussetzungen auseinander. Nach vorzugswürdiger Ansicht ist für das Vertretenmüssen auf den Zeitpunkt des Vorliegens der objektiven Verzugsvoraussetzungen abzustellen. Die Maßgeblichkeit dieses Zeitpunkts ergibt sich aus § 286 Abs. 4 BGB,8 wonach der Schuldner nicht in Verzug kommt, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat. Die Vorrangigkeit des § 286 Abs. 4 BGB vor § 280 Abs. 1 S. 2 BGB, der für das Vertretenmüssen auf die Pflichtverletzung abstellt, folgt aus der Totalverweisung auf § 286 BGB in § 280 Abs. 2 BGB.9 Zudem findet sich in § 286 BGB anders als in §§ 281 Abs. 1 S. 1, 282 und § 283 S. 1 BGB keine Rückverweisung auf § 280 Abs. 1 BGB, was ebenfalls dafür spricht, dass sich das Vertretenmüssen nach § 286 Abs. 4 BGB und nicht nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB richtet. Der Verkäufer muss also die Umstände zu vertreten haben, auf denen das Ausbleiben der __________ 4

Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 61; Palandt/Putzo § 439 Rn. 3a; Vollkommer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 123, 130; Döll/Rybak, Jura 2005, 582, 584. 5 s. auch Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 61, 141; MünchKommBGB/Ernst § 280 Rn. 59; Staudinger/Eckpfeiler/Beckmann S. 547; Brox/Walker § 4 Rn. 105; Gursky, S. 32; Oetker/Maultzsch, S. 114; Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 45 f.; Haas, in: ders./Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 247; Vollkommer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 123, 130. 6 Vollkommer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 123, 130. 7 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 141. s. auch Canaris, in: FS Wiegand, S. 179, 231, der in Bezug auf eine Gattungsschuld von dem Ablauf einer angemessenen Frist für die Beschaffung einer fehlerfreien Sache spricht; ähnlich U. Huber, in: FS Ulmer, S. 1165, 1194, nach dem der Händler erst in Verzug kommen kann, wenn ihm die Wiederbeschaffung nicht innerhalb angemessner Frist gelingt; ders., in: FS Schlechtriem, S. 521, 533 Fn. 22c (angemessene Reaktionszeit). s. auch AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 41 im Zusammenhang mit der Übernahme eines Beschaffungsrisikos. 8 A. A. Hk-BGB/Schulze § 286 Rn. 25. 9 Kohler, JZ 2004, 961, 962 f.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Nacherfüllung zum Zeitpunkt des Vorliegens der objektiven Verzugsvoraussetzungen beruht. Aufgrund der unterschiedlichen Anknüpfungspunkte für das Vertretenmüssen im Rahmen des Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB und im Rahmen des Anspruchs auf Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 2, 286 i. V. m. § 439 BGB, erlangt der Anspruch auf Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 2, 286 i. V. m. § 439 BGB insbesondere dann Bedeutung, wenn der Verkäufer nicht schon die mangelhafte Leistung zu vertreten hat.10

II. Vertretenmüssen Der Schuldner haftet gem. § 276 Abs. 1 BGB zunächst für Vorsatz und Fahrlässigkeit. Ferner kann sich gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB eine strengere Haftung des Schuldners aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos ergeben.

1. Übernahme einer Garantie Wie bereits angesprochen, kann der Verkäufer eine Garantie dafür übernehmen, dass er bei Mangelhaftigkeit der ursprünglichen Lieferung zur Nacherfüllung in der Lage ist.11 Fraglich ist in diesem Fall, ob der Verkäufer nur für die Folgen des Ausbleibens der Nacherfüllung überhaupt oder auch für die Folgen einer nicht rechtzeitigen Nacherfüllung einstehen will. Dies ist durch Auslegung der Garantie gem. §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. In den meisten Fällen wird der Käufer jedoch die Mangelfreiheit der Sache garantiert oder eine bestimmte Eigenschaft zugesichert haben, so dass er im Fall mangelhafter Leistung schon nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB verschuldensunabhängig haftet, sofern die entstandenen Schäden von dem Umfang der Garantie erfasst sind. 12

__________ 10

s. dazu schon o. § 11 IV. 6. b). s. o. § 14 II. 2. b) bb) (1). 12 Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 142. 11

§ 16 Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung

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2. Übernahme eines Beschaffungsrisikos Ebenfalls eine Frage der Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB ist, ob der Verkäufer beim Gattungskauf nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses über das Risiko hinaus, überhaupt zur Beschaffung einer Ersatzsache in der Lage zu sein, typischerweise auch das Risiko übernommen hat, eine Ersatzsache rechtzeitig beschaffen zu können.13 Dies wird in der Regel anzunehmen sein,14 da der Schuldner beim Gattungskauf auch hinsichtlich des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs typischerweise das Risiko der nicht rechtzeitigen Beschaffung übernimmt.15 Anders als § 279 BGB a. F. nimmt § 276 Abs. 1 S. 1 BGB aus diesem Grund nicht mehr auf das Unvermögen des Schuldners Bezug.16 Der Schuldner haftet daher beim Gattungskauf z. B. verschuldensunabhängig, wenn er sich kurzfristig mit der Ware eindecken wollte, eine Knappheit der Ware jedoch die Beschaffung und somit die Erfüllung verzögert.17 Da der Nacherfüllungsanspruch lediglich den ursprünglichen Erfüllungsanspruch modifiziert, kann für ihn nichts anderes gelten.18 Im Hinblick darauf, dass der Schuldner eine realistische Chance zur Nacherfüllung haben muss, ist davon auszugehen, dass er nur das Risiko der Beschaffung einer Ersatzsache innerhalb einer angemessenen, knapp zu bemessenen Frist übernimmt, nicht aber das Risiko der sofortigen Beschaffung.19

3. Beweislast Gem. §§ 280 Abs. 1 S. 2, 286 Abs. 4 BGB hat der Schuldner darzulegen und zu beweisen, dass er die Umstände nicht zu vertreten hat, auf denen das Ausbleiben der Nacherfüllung im Zeitpunkt des Vorliegens der objektiven Verzugsvoraussetzungen beruht. Die für die Übernahme einer Garantie oder eines __________ 13

Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 142. Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 142; Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 45 ff.; Vollkommer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 123, 130; Canaris, ZIP 2003, 321, 326 f.; s. auch Erman/H. P. Westermann § 280 Rn. 35; Jauernig/Stadler § 276 Rn. 48. 15 Bamberger/Roth/Grüneberg § 286 Rn. 51; Hk-BGB/Schulze § 286 Rn. 26; MünchKommBGB/Grundmann § 276 Rn. 177; MünchKommBGB/Ernst § 286 Rn. 103; Palandt/Heinrichs § 276 Rn. 32; Staudinger/Löwisch § 286 Rn. 142; P. Huber/Faust/Faust Kap. 3 Rn. 26. 16 BT-Drucks. 14/6040, S. 132; s. auch AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 30. 17 Dieses Beispiel stammt von MünchKommBGB/Ernst § 286 Rn. 103. 18 Canaris, in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 47. 19 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 41. 14

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Beschaffungsrisikos sprechenden Umstände hat dagegen der Käufer darzulegen und zu beweisen.

III. Zwischenergebnis Der Verkäufer muss die Gründe für das Ausbleiben der Nacherfüllung im Zeitpunkt des Vorliegens der objektiven Verzugsvoraussetzungen zu vertreten haben, wie aus § 286 Abs. 4 BGB herzuleiten ist. Sein Vertretenmüssen wird gem. §§ 280 Abs. 1 S. 2, 286 Abs. 4 BGB widerlegbar vermutet. Hat der Verkäufer eine Garantie abgegeben, dass er bei mangelhafter Erstlieferung zur Nacherfüllung in der Lage ist, ist durch Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu ermitteln, ob der Verkäufer auch für die Folgen einer nicht rechtzeitigen Nacherfüllung einstehen will. Beim Gattungskauf übernimmt der Verkäufer typischerweise auch das Risiko, eine Ersatzsache rechtzeitig zu beschaffen. Dies bedeutet, dass der Verkäufer das Risiko übernimmt, eine Ersatzsache innerhalb einer angemessenen Frist zu beschaffen, und hierfür verschuldensunabhängig einsteht. Die Umstände, die für die Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos seitens des Verkäufers sprechen, hat der Käufer darzulegen und zu beweisen.

§ 17 Möglichkeiten von Haftungsausschluss und -beschränkungen durch Parteivereinbarung Fraglich ist, ob und inwieweit die Vertragsparteien eine Schadensersatzhaftung wegen mangelhafter Lieferung im deutschen Recht abbedingen können.

I. Sonderfall des Verbrauchsgüterkaufs Bei einem Verbrauchsgüterkauf gem. § 474 Abs. 1 BGB gilt grundsätzlich gem. § 475 Abs. 1 S. 1 BGB, dass der Unternehmer (§ 14 BGB) sich nicht auf eine Vereinbarung berufen kann, die vor Mitteilung eines Mangels an ihn getroffen wurde und die zum Nachteil des Verbrauchers (§ 13 BGB) von den §§ 433–435, 437, 439–443 BGB abweicht. Allerdings gilt § 475 Abs. 1 BGB gemäß Abs. 3 unbeschadet der §§ 307–309 BGB nicht für den Ausschluss oder die Beschränkungen des Anspruchs auf Schadensersatz. Beim Verbrauchsgüterkauf ist daher ein Ausschluss oder eine Beschränkung von Schadensersatzansprüchen unter Beachtung der allgemeinen und insbesondere der AGBrechtlichen Grenzen möglich.1 Grund für die Ausnahmevorschrift des § 475 Abs. 3 BGB ist, dass die Schadensersatzhaftung aus dem Regelungsbereich der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ausgeklammert ist und es daher keine Vorgaben der Richtlinie umzusetzen galt.2 Inhaltsgleiche Regelungen sind in § 478 Abs. 4 S. 1 und 2 BGB für das Verhältnis zwischen dem Letztverkäufer und seinem Lieferanten zu finden. Nach § 478 Abs. 4 S. 1 BGB kann sich der Lieferant nicht auf eine vor Mitteilung eines Mangels an ihn getroffene Vereinbarung berufen, die zum Nachteil des Letztverkäufers von den §§ 433–435, 437, 439– 443 BGB sowie von § 478 Abs. 1–3 BGB und von § 479 BGB abweicht, wenn dem Rückgriffsgläubiger kein gleichwertiger Ausgleich eingeräumt wird. Dies gilt gem. § 478 Abs. 4 S. 2 BGB jedoch unbeschadet des § 307 BGB nicht für den Ausschluss oder die Beschränkung des Anspruchs auf Schadensersatz. Diese Vorschriften finden entsprechend auf die gesamte Lieferkette Anwendung (§ 478 Abs. 5 BGB). __________ 1

St. Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 124. LG Essen, Urt. v. 4.11.2003 – 13 S 84/03, NJW-RR 2004, 527, 528; Tettinger, AcP 205 (2005), 1, 6. 2

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

II. Ausschluss oder Beschränkung durch individualvertragliche Vereinbarung Individualvertraglich können die Parteien die Schadensersatzhaftung für Sach- und Rechtsmängel ausschließen, sofern dies nicht die Haftung wegen Vorsatzes betrifft (§ 276 Abs. 3 BGB). Ferner kann sich der Verkäufer auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, gem. § 444 BGB nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat. Zu beachten ist, dass bei der Anwendung des § 444 BGB die Reichweite der übernommenen Garantie zu berücksichtigen ist („… soweit …“). Werden z. B. mangelbedingte Folgeschäden, die das Erhaltungsinteresse des Käufers betreffen, nicht von der vom Verkäufer übernommenen Garantie erfasst, so steht die Vorschrift des § 444 BGB der Berufung des Verkäufers auf den Ausschluss oder die Beschränkung der Haftung für solche Schäden nicht entgegen.

III. Ausschluss oder Beschränkung in allgemeinen Geschäftsbedingungen Fraglich ist, ob und inwieweit die Schadensersatzhaftung für Mängel in allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen werden kann. Hinsichtlich der Verwendung von AGB beim Verbrauchsgüterkauf ist zu beachten, dass bei Verbraucherverträgen allgemeine Geschäftsbedingungen gem. § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB als vom Unternehmer gestellt gelten, es sei denn, dass eigene AGB durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden. Gem. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB finden zudem beim Verbrauchervertrag § 305c Abs. 2 BGB und §§ 306, 307–309 BGB auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese Bedingungen nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher nur auf Grund der Vorformulierung keinen Einfluss auf ihren Inhalt nehmen konnte. Bei einem Ausschluss oder einer Beschränkung der Schadensersatzhaftung in allgemeinen Geschäftsbedingungen sind insbesondere die in § 309 Nr. 5, 7 und Nr. 8 lit. b (aa) BGB normierten Grenzen zu beachten. Gem. § 310 Abs. 1 S. 1 BGB findet § 309 BGB keine Anwendung auf allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden. Nach § 310 Abs. 1 S. 2 BGB finden allerdings § 307 Abs. 1 und 2 BGB in diesem Fall auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 309 BGB genannten Vertragsbestimmungen führt. Die Wertungen des § 309 BGB sind beim Unternehmervertrag im Rahmen des § 307 Abs. 1 und 2 BGB zu berücksichtigen.

§ 17 Möglichkeiten von Haftungsausschluss und -beschränkungen

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1. § 309 Nr. 8 lit. b (aa) BGB Nach § 309 Nr. 8 lit. b (aa) BGB ist eine Bestimmung in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen die Ansprüche gegen den Verwender der allgemeinen Geschäftsbedingungen wegen eines Mangels insgesamt oder bezüglich einzelner Teile ausgeschlossen sind. Unwirksam ist also der Ausschluss aller Mängelrechte. § 309 Nr. 8 lit. b (aa) BGB gilt über §§ 310 Abs. 1, 307 BGB auch für Verträge zwischen Unternehmern.3 Die Vorschrift erlangt nur bei Geschäften zwischen Unternehmern oder bei Geschäften, bei denen der Verkäufer Verbraucher ist, praktische Bedeutung, da bei Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs gem. § 474 Abs. 1 BGB die Vorschrift des § 475 Abs. 1 BGB spezieller ist.

2. § 309 Nr. 7 BGB Speziell den Schadensersatz betreffend ist vor allem § 309 Nr. 7 BGB zu beachten. Nach § 309 Nr. 7 lit. a BGB ist ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen, in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam. Gleiches gilt nach § 309 Nr. 7 lit. b BGB für einen Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Vertreters beruhen. Diese Wertungen sind auch für den Verkehr zwischen Unternehmern anerkannt.4

3. Wirksamkeit eines Ausschlusses oder einer Begrenzung der Haftung für leichte Fahrlässigkeit Angesichts der Regelung in § 309 Nr. 7 lit. b BGB stellt sich die Frage, ob die Haftung für andere Schäden als Personenschäden, die auf einer leicht fahr__________ 3

Palandt/Heinrichs § 309 Rn. 60; Hoeren, ZGS 2002, 10, 12. Palandt/Heinrichs § 309 Rn. 48; Arnold, ZGS 2004, 16 und 17; Hoeren, ZGS 2002, 68, 69. 4

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

lässigen Pflichtverletzung des Verwenders beruhen, wirksam in allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen oder begrenzt werden kann.

a) Wirksamkeit nach § 309 Nr. 7 lit. b BGB und nach der europäischen Klausel-Richtlinie Nach § 309 Nr. 7 lit. b BGB isoliert betrachtet kann die Haftung für andere Schäden als Personenschäden wegen einfacher Fahrlässigkeit in allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen oder begrenzt werden.5 Europarechtlich ist ein solcher Ausschluss oder eine solche Begrenzung unbedenklich. Nach Art. 3 i. V. m. Anh. Nr. 1 lit. b der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen6 kann eine Klausel als missbräuchlich erklärt werden, die darauf abzielt oder zur Folge hat, dass die Ansprüche des Verbrauchers gegenüber dem Gewerbetreibenden oder einer anderen Partei, einschließlich der Möglichkeit, eine Verbindlichkeit gegenüber dem Gewerbetreibenden durch eine etwaige Forderung gegen ihn auszugleichen, ausgeschlossen oder ungebührlich eingeschränkt werden, wenn der Gewerbetreibende eine der vertraglichen Verpflichtungen ganz oder teilweise nicht erfüllt oder mangelhaft erfüllt. Daraus folgt, dass Schadensersatzansprüche des Verbrauchers gegenüber dem Gewerbetreibenden grundsätzlich ausgeschlossen werden können, insbesondere wenn dem Verbraucher andere Ansprüche verbleiben. Durch einen solchen Ausschluss darf es im Einzelfall allerdings nicht zu einer ungebührlichen Einschränkung der Rechte des Verbrauchers kommen. 7

b) Wirksamkeit nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB Wird allerdings in allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Abschluss eines Kaufvertrags die Haftung für den unmittelbaren Nichterfüllungsschaden sowie für mangelbedingte Folgeschäden, die nicht in der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit bestehen, wegen einfacher Fahrlässigkeit ausgeschlossen, könnten dadurch die sich aus der Natur des Kaufvertrags ergebenden wesentlichen Rechte und Pflichten so eingeschränkt werden, dass damit die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet würde. Es läge dann eine unangemessene Benachteiligung gem. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB vor, so dass der Ausschluss nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam wäre. __________ 5

Schulze/Ebers, JuS 2004, 462, 466. Amtsbl. Nr. L 095 v. 21.4.1993, S. 0029-0034; abgedruckt in NJW 1993, 1838 ff. 7 Hk-BGB/Schulte-Nölke § 309 Rn. 25. 6

§ 17 Möglichkeiten von Haftungsausschluss und -beschränkungen

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aa) Grundsätze im alten Recht Nach der Rechtsprechung des BGH zum alten Recht durfte die formularmäßige Freizeichnung von oder die Begrenzung der Haftung für einfache Fahrlässigkeit des Klauselverwenders gem. § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBGB a. F. (jetzt: § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB) sowohl im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern als auch im Unternehmerverkehr nicht zur Aushöhlung von vertragswesentlichen Rechtspositionen des Vertragspartners führen, etwa weil ihm solche Rechte weggenommen oder einschränkt werden, die ihm der Vertrag nach seinem Inhalt und Zweck gerade zu gewähren hat. Ferner durfte die Haftungsfreizeichnung oder Haftungsbeschränkung nicht dazu führen, dass der Klauselverwender von Verpflichtungen (sog. Kardinalpflichten) befreit wird, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrags überhaupt erst ermöglicht und auf deren Einhaltung der Vertragspartner regelmäßig vertraut und vertrauen darf. Eine Begrenzung der Haftung für einfache Fahrlässigkeit war regelmäßig unwirksam, wenn die Haftung vertragstypische, vorhersehbare Schäden, die aus der Verletzung vertragswesentlicher Pflichten entstehen, nicht abdeckte.8 Im Jahre 2000 wurde schließlich vom BGH auch die Verpflichtung des Verkäufers zur Verschaffung einer fehlerfreien Sache, auf welche die vertragstypische Erwartung des Käufers gerichtet ist, als zu den Kardinalpflichten des Verkäufers gehörend erklärt.9 Der Verkäufer konnte daher die Haftung für Mangelfolgeschäden, die auf einfacher Fahrlässigkeit beruhen, formularmäßig nicht vollständig ausschließen, sie aber auf typische und vorhersehbare Mangelfolgeschäden begrenzen. Es werden jedoch Zweifel geäußert, ob der BGH die Verpflichtung zur Verschaffung einer fehlerfreien Sache stets für eine Kardinalpflicht hielt oder nur dann, wenn im konkreten Fall die vertragstypische Erwartung des Käufers auf sie gerichtet war.10 Allerdings dürfte bei einem Kaufvertrag die vertragstypische Erwartung des Käufers stets auf die Verschaffung einer mangelfreien Sache gerichtet sein.

bb) Übertragung auf das neue Recht Zu fragen ist, ob die vom BGH entwickelten Grundsätze auch im neuen Kaufrecht gelten. Diese Frage ist schon deshalb von großer Bedeutung, weil eine fahrlässige Verletzung der Pflicht zur mangelfreien Leistung gem. § 433 __________ 8 BGH, Urt. v. 27.9.2000 – VIII ZR 155/99, NJW 2001, 292, 302; Rechtsentscheid v. 24.10.2001 – VIII ARZ 1/01, NJW 2002, 673, 674. 9 BGH, Urt. v. 27.9.2000 – VIII ZR 155/99, NJW 2001, 292, 302. 10 AnwKomBGB/Kollmann § 307 Rn. 34.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Abs. 1 S. 2 BGB im neuen Recht nicht nur einen Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB begründen kann, sondern auch einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB. Daher geht es auch um die Möglichkeit der formularmäßigen Freizeichnung von oder Begrenzung der Haftung auf Schadensersatz statt der Leistung. Gerade weil der Verkäufer im neuen Recht für den unmittelbaren Nichterfüllungsschaden schon aufgrund einfacher Fahrlässigkeit haftet, würde sich eine Übertragung der zum alten Recht entwickelten Grundsätze stark zu seinem Nachteil auswirken. Er könnte seine Haftung nämlich nur für unvorhersehbare oder atypische Schäden ausschließen, wozu der unmittelbare Nichterfüllungsschaden nicht gehört. Bei der in diesem Zusammenhang zu führenden Diskussion ist zu beachten, dass im neuen Recht nicht mehr zwischen den alten Kategorien des Mangelschadens und des Mangelfolgeschadens zu unterscheiden ist, sondern dass vielmehr der Schadensersatz statt der Leistung und der Schadensersatz neben der Leistung grundsätzlich in einem dynamischen Verhältnis zueinander stehen.11

(1) Gesetzesmaterialien Im Gesetzesentwurf war in § 309 Nr. 8 lit. a (bb) BGB-RE die Regelung vorgesehen, dass in allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Bestimmung unwirksam ist, die bei einer vom Verwender zu vertretenden Pflichtverletzung das Recht des anderen Vertragsteils, nach §§ 280, 281, 283 oder § 311a Abs. 2 BGB-RE Schadensersatz statt der Leistung zu verlangen, ausschließt oder entgegen § 309 Nr. 7 BGB-RE einschränkt.12 Da diese Regelung auch die Schlechtleistung erfasste, sprach sich der Bundesrat für eine Beschränkung dieser Regelung derart aus, dass insbesondere Geschäfte zwischen Verbrauchern nicht mehr von ihr erfasst sind.13 Der Bundesrat trat also für die Möglichkeit einer Freizeichnung von der Haftung auf Schadensersatz statt der Leistung im Fall der Schlechtleistung ein. Die Bundesregierung gab die genannte Regelung daraufhin unter dem Hinweis auf, dass diese hinsichtlich der Schadensersatzansprüche wegen eines Mangels im Kauf- und Werkvertrag zu weit gehe und im Übrigen durch die §§ 307, 309 Nr. 7 BGB-RE abgedeckt werde und damit überflüssig erscheine. Der vollständige Ausschluss von Schadensersatz sei bei einer – auch leicht fahrlässigen – Verletzung wesentlicher Vertrags-

__________ 11

s. o. § 11 IV. 3. d) bb) (6). BT-Drucks. 14/6040, S. 10. 13 BT-Drucks. 14/6857, S. 16. 12

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pflichten gemäß einer gesicherten Rechtsprechungspraxis gemessen an § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBGB (= 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB-RE) unwirksam.14 Diese Ausführungen der Bundesregierung erscheinen jedoch widersprüchlich. Auf der einen Seite war die Regelung nach ihrer Auffassung im Hinblick auf Schadensersatzansprüche wegen eines Mangels im Kauf- und Werkvertrag zu weit gefasst. Diese Aussage spricht dafür, die Möglichkeit einer Freizeichnung von der Haftung auf Schadensersatz statt der Leistung wegen einfacher Fahrlässigkeit im Fall der Schlechtleistung zuzulassen. Auf der anderen Seite verweist die Bundesregierung aber auf die Rechtsprechung des BGH und sieht die Regelung als überflüssig an. Dies kann wiederum gegen die Möglichkeit einer Freizeichnung von der Haftung auf Schadensersatz statt der Leistung wegen einfacher Fahrlässigkeit bei Schlechtleistung angeführt werden. Aufgrund dieses Widerspruchs kann die Regierungsbegründung argumentativ weder für noch gegen eine solche Freizeichnungsmöglichkeit herangezogen werden.15 Eindeutig aus der oben zitierten Aussage der Bundesregierung zu entnehmen ist jedoch, dass die BGH-Rechtsprechung nach Ansicht der Bundesregierung im neuen Schuldrecht fortgilt. Daraus wird gefolgert, dass der Standpunkt der Rechtsprechung dem Gesetz und seiner objektivierbaren Entwicklung historisch-genetisch zugrunde liege.16

(2) Urteil des BGH vom 20.7.2005 Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 20.7.2005 zum neuen Recht die von ihm entwickelten Grundsätze zur Freizeichnung von der Haftung für einfache Fahrlässigkeit aufgegriffen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH dürfe eine formularmäßige Freizeichnung von der Haftung für einfache Fahrlässigkeit nicht zur Aushöhlung von vertragswesentlichen Rechtspositionen des Vertragspartners führen, etwa weil sie ihm solche Rechte wegnehme oder einschränke, die ihm der Vertrag nach seinem Inhalt und Zweck gerade zu gewähren habe (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB, § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG). Ferner dürfe die Haftungsbeschränkung nicht dazu führen, dass der Klauselverwender von Verpflichtungen befreit werde, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrags überhaupt erst ermögliche und auf deren Einhaltung der Vertragspartner regelmäßig vertraue und vertrauen dürfe.17 __________ 14

BT-Drucks. 14/6857, S. 53. So aber z. B. Tettinger, AcP 205 (2005), 1, 23 f. 16 Pfeiffer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 225, 235. 17 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZGS 2005, 431, 432. 15

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Es ist daher davon auszugehen, dass der BGH im Grundsatz an seiner Kardinalpflichtenrechtsprechung festhält. Für die Praxis und Klauselgestaltung wird dementsprechend empfohlen, von der Fortgeltung der Grundsätze über die Haftung bei Verletzung wesentlicher Vertragspflichten auszugehen.18 In dem genannten Urteil ging es allerdings nicht darum, ob die in § 433 Abs. 1 S. 2 BGB normierte Pflicht zur Lieferung mangelfreier Ware eine Kardinalpflicht ist und eine Freizeichnung des Verkäufers von der Haftung für leichte Fahrlässigkeit diese so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Der BGH hatte vielmehr über die Klausel „Jedoch haftet H. nur für den aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Vertragsverletzung resultierenden Schaden, soweit es sich nicht um die Haftung für die Verletzung von Kardinalpflichten handelt“ zu entscheiden. In dieser Klausel sah der BGH einen Verstoß gegen das in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB normierte Transparenzgebot, da sich einem durchschnittlichen Händler als juristischem Laien ohne nähere Erläuterung auch bei aufmerksamer und sorgfältiger Lektüre des Vertrags nicht erschließe, was mit „Kardinalpflichten“ gemeint sei.19

(3) Qualifizierung der Pflicht zur mangelfreien Lieferung als Kardinalpflicht Offen bleibt also, ob § 433 Abs. 1 S. 2 BGB als eine so genannte Kardinalpflicht zu qualifizieren ist und eine Freizeichnung des Verkäufers von der Haftung für leichte Fahrlässigkeit diese so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(a) Differenzierung zwischen Mangel- und Mangelfolgeschäden Teilweise wird zwar in der Haftung für Mangelfolgeschäden eine Kardinalpflicht gesehen, nicht jedoch in der Haftung für Mangelschäden. Begründet wird dies damit, dass der Gesetzgeber ausdrücklich die Möglichkeit einräumen wollte, das Recht auf Schadensersatz statt der Leistung (§ 281 BGB) im Gewährleistungsrecht einzuschränken.20 Diese Ansicht überzeugt jedoch aus mehreren Gründen nicht. So wird übersehen, dass der Gesetzgeber die vorgeschlagene, den Schadensersatz statt der Leistung betreffende Regelung unter Ver__________ 18 AnwKomBGB/Kollmann § 307 Rn. 32; Hoeren, ZGS 2002, 68; Ostendorf/Neumann/Ventsch, IHR 2006, 21, 22. s. auch v. Westphalen, NJW 2006, 2228, 2232. 19 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZGS 2005, 431, 432. 20 Bamberger/Roth/J. Becker § 309 Nr. 7 Rn. 25 mit Fn. 30, § 309 Nr. 8 Rn. 30, 35.

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weis auf die Rechtsprechung des BGH für überflüssig hielt. Auch kann nicht die Haftung für Mangelfolgeschäden als solche als Kardinalpflicht angesehen werden, sondern nur die der Haftung zugrunde liegende Pflicht zur Verschaffung mangelfreier Ware gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB.21 Geht man jedoch – wie hier vertreten22 – davon aus, dass die fahrlässige Verletzung dieser Pflicht nicht nur einen Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung, sondern auch einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung begründen kann, lässt sich die getroffene Unterscheidung zwischen der Haftung für Mangelfolgeschäden und Mangelschäden nicht mehr nachvollziehen. 23 Hinzu kommt, dass nach der hier vertretenen dynamischen Abgrenzung des Schadensersatzes statt der Leistung von dem Schadensersatz neben der Leistung z. B. der entgangene Gewinn je nachdem, ob er durch Nacherfüllung im spätestmöglichen Zeitpunkt vermieden worden wäre oder nicht, unter den Schadensersatz statt der Leistung oder unter den Schadensersatz neben der Leistung fallen kann. Ließe man eine Haftungsfreizeichnung für Mangelschäden, nicht aber für Mangelfolgeschäden zu, könnte sich der Verkäufer einmal von der Haftung für den entgangenen Gewinn freizeichnen, ein anderes Mal bliebe ihm diese Möglichkeit jedoch verwehrt. Ob der Verkäufer bei einer Haftungsfreizeichnung für entgangenen Gewinn haftet, wäre weitgehend von Zufälligkeiten abhängig, wodurch die Rechtssicherheit erheblich beeinträchtigt würde.24

(b) Die Pflicht zur mangelfreien Lieferung als Hauptleistungspflicht Im neuen Recht ist die Pflicht zur mangelfreien Leistung gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB eine Hauptleistungspflicht. Insbesondere im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Hauptleistungspflichten wurden im alten Recht jedoch als Kardinalpflichten angesehen.25 Daher wird auch die Pflicht zur Lieferung mangelfreier Ware gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB überzeugend als Kardinalpflicht eingestuft,26 und es wird im Hinblick auf die BGH-Rechtsprechung gefolgert, dass __________ 21 s. auch Tiedtke/Burgmann, NJW 2005, 1153, 1155, nach denen es nicht mit § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB zu vereinbaren ist, nicht an die verletzte Pflicht, sondern an die Art des Schadens anzuknüpfen. 22 s. o. § 14 II. 1. f). 23 Ostendorf, ZGS 2006, 222, 224; s. auch Tettinger, AcP 205 (2005), 1, 11, nach dem sich eine Differenzierung allenfalls rechtfertigen ließe, wenn dahinter die Anknüpfung an verschiedene Pflichtverletzungen stünde. 24 Vgl. auch Ostendorf, ZGS 2006, 222, 224 zum Nutzungsausfallschaden. 25 BGH, Urt. v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, NJW 1994, 1060, 1063; Rechtsentscheid v. 24.10.2001 – VIII ARZ 1/01, NJW 2002, 673, 675. 26 Staudinger/Coester § 307 Rn. 456; Dauner-Lieb, Entwicklungstendenzen, S. 29; Pfeiffer, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

der Verkäufer seine Haftung auf Schadensersatz statt der Leistung oder auf Schadensersatz neben der Leistung wegen fahrlässiger Verletzung seiner Pflicht zur mangelfreien Lieferung gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB nicht vollständig ausschließen könne.27 Zudem wird man mit der Argumentation, dass der Nacherfüllungsanspruch gem. § 439 BGB den ursprünglichen Erfüllungsanspruch gem. § 433 Abs. 1 S. 1 BGB modifiziert, auch vertreten können, dass mit der Verletzung der Nacherfüllungspflicht eine Hauptleistungspflicht verletzt wird. Möglich bliebe eine Beschränkung der Haftung auf den voraussehbaren, vertragstypischen Schaden, da hierdurch die Erreichung des Vertragszwecks nicht gefährdet würde. Eine solche Haftungsbegrenzung würde insbesondere bei der Haftung für mangelbedingte Folgeschäden Bedeutung erlangen.28 Festzuhalten bleibt, dass aufgrund der Tatsache, dass zumindest die Pflicht zur mangelfreien Lieferung gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB eine im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Hauptpflicht ist, diese Pflicht als wesentlich i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB und somit nach der BGH-Rechtsprechung als so genannte Kardinalpflicht einzustufen ist. So richten sich auch die neuerdings gegenüber der Anwendung der Kardinalpflichtenrechtsprechung im neuen Kaufrecht geäußerten Bedenken weniger gegen die Einordnung der Pflicht zur mangelfreien Leistung gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB als Kardinalpflicht. Vielmehr wird die mit der Kategorisierung einhergehende starre Rechtsfolge kritisiert, dass im Falle der Verletzung einer als wesentlich erkannten Pflicht Schadensersatzansprüche weitestgehend unbeschränkbar seien. 29

(4) Gefährdung der Erreichung des Vertragszwecks In der Literatur findet sich aufgrund der Kritik an der Kardinalpflichtenrechtsprechung der Ansatz, stärker auf die in § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB enthalte__________ Praxis, S. 225, 235; Arnold, ZGS 2004, 16, 20; Schulze/Ebers, JuS 2004, 462, 466; v. Westphalen, BB 2002, 209, 214; wohl auch Artz, in: M. Schwab/Witt (Hrsg.), Einführung in das neue Schuldrecht, S. 225, 236; ders., JuS 2002, 528, 532. Palandt/Heinrichs § 307 Rn. 34a sehen § 433 Abs. 1 S. 2 BGB ohne Begründung als zu den durch § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB geschützten Rechten gehörend an; ohne nähere Begründung auch Tiedtke/Burgmann, NJW 2005, 1153, 1156. 27 Diejenigen, die dagegen die Haftung für mangelbedingte Folgeschäden, die das Erhaltungsinteresse betreffen, auf die Verletzung einer Schutzpflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB stützen, nehmen dagegen eine Freizeichnungsmöglichkeit von der Haftung für solche Schäden an, s. Artz, in: M. Schwab/Witt (Hrsg.), Einführung in das neue Schuldrecht, S. 225, 237; ders., JuS 2002, 526, 532. 28 Arnold, ZGS 2004, 16, 20. 29 Tettinger, AcP 205 (2005), 1, 19.

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ne Voraussetzung der Vertragsgefährdung abzustellen.30 Fraglich ist daher, ob eine Freizeichnung des Verkäufers von der Haftung für leichte Fahrlässigkeit die Pflicht auf mangelfreie Lieferung gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gem. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB gefährdet ist. Die Erreichung des Vertragszwecks ist gefährdet, wenn sich das von der Partei mit dem Vertrag verfolgte Ziel unter Geltung der in Frage stehenden Klausel nur mit ganz erheblichen Einschränkungen oder unter Inkaufnahme unbilliger Risiken erreichen lässt. 31 Dies wird insbesondere bezüglich der Freizeichnung von der Haftung auf den Schadensersatz statt der Leistung bejaht, da der Kunde durch diese zwangsläufig rechtlos gestellt werde.32 Begründet wird dies damit, dass durch die Geltendmachung des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung der Erfüllungsanspruch gem. § 281 Abs. 4 BGB erlösche. Der Schuldner erbrächte als Geschädigter eine Gegenleistung i. S. eines gegenseitigen Vertrags, welcher auf der Ebene der Erfüllungspflicht nichts entgegenstünde. Gleichzeitig würde auf der Ebene der Schadensersatzhaftung keine Kompensation für die frustrierten Interessen des geschädigten Schuldners erfolgen. Auch werde das dem Gläubiger stets zustehende Wahlrecht zwischen dem „großen“ und dem „kleinen“ Schadensersatzanspruch durch eine Haftungsfreizeichnung eingeschränkt, wenn man dem AGB-Verwender gestatten würde, stets zu Lasten des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung auf das Rücktrittsrecht auszuweichen. Nur die Kumulation beider Rechtsbehelfe sichere die Belange des geschädigten Gläubigers.33 Einer solchen Argumentation lässt sich jedoch zum einen entgegenhalten, dass der Erfüllungsanspruch gem. § 281 Abs. 4 BGB nur erlischt, wenn das Verlangen nach Schadensersatz statt der Leistung wirksam ist. Läge eine Haftungsfreizeichnung vor, würde der Erfüllungsanspruch bei Geltendmachung des Schadensersatzes statt der Leistung also nicht erlöschen.34 Zum anderen besteht das Wahlrecht zwischen großem und kleinem Schadensersatz nicht stets, sondern im Fall der Teilleistung und im Fall der Schlechtleistung nur in den in § 281 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB genannten Fällen. Auch kann aus der im neuen Recht gem. § 325 BGB bestehenden Möglichkeit, sowohl Rücktritt als auch __________ 30

Tettinger, AcP 205 (2005), 1, 19. Hk-BGB/Schulte-Nölke § 307 Rn. 17. 32 Micklitz, in: Kothe/Micklitz/Rott/Tonner/Willingmann (Hrsg.), § 307 Rn. 12; v. Westphalen, BB 2002, 209, 212 f.; ders., NJW 2002, 12, 22. 33 v. Westphalen, BB 2002, 209, 213; ders., NJW 2002, 12, 22, 24; ähnlich R. Koch, WM 2002, 2173, 2179. 34 Zu Recht Tettinger, AcP 205 (2005), 1, 11 Fn. 30, unter Hinweis auf die Stellungnahme des Bundesrates zu § 281 Abs. 3 BGB-RE und die Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 14/6857, S. 13, 50. 31

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Schadensersatz geltend zu machen, nicht darauf geschlossen werden, dass dem Schadensersatz in Bezug auf eine Freizeichnung im neuen Recht ein höherer Stellenwert zukommt. In § 325 BGB ist kein derartiges gesetzliches Leitbild zu sehen. Mit der Abschaffung des Prinzips der Alternativität von Rücktritt und Schadensersatz sollte lediglich der Missstand beseitigt werden, dass ein Gläubiger, der voreilig sein Rücktrittsrecht ausübt, seinen Schadensersatzanspruch verliert, dagegen aber ein Gläubiger, der Schadensersatz geltend macht, im Ergebnis die Folgen von Schadensersatz und Rücktritt kombinieren kann.35 Dies bedeutet jedoch noch nicht, dass die Belange des Gläubigers nur durch eine Kumulation beider Rechtsbehelfe gesichert werden und ein Gläubiger, dem wegen einer Freizeichnung von der Haftung für leichte Fahrlässigkeit nur ein Rücktrittsrecht verbleibt, rechtlos gestellt ist. Zuzugeben ist jedoch, dass für die Beantwortung der Frage, ob eine Freizeichnung von der Haftung für einfache Fahrlässigkeit die Pflicht aus § 433 Abs. 1 S. 2 BGB so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist, nicht isoliert auf die Schadensersatzhaftung abgestellt, sondern auch ihr Zusammenspiel mit den übrigen Rechtsbehelfen berücksichtigt werden sollte.

(a) Mittelbare Gefährdung des Vertragszwecks Teilweise wird angenommen, dass der Vertragszweck durch den Ausschluss der Haftung für leichte Fahrlässigkeit nur mittelbar gefährdet werden könne, da der Zweck des Kaufvertrags vorbehaltlich besonderer Garantien nur auf den vertragsgemäßen Austausch der Hauptleistungen und nicht auf die Gewährung von Ersatzansprüchen gerichtet sei, die bereits eine Leistungs- und damit Zweckstörung voraussetzen würden.36 So liege die von § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB für die Unzulässigkeit einer Freizeichnungsklausel geforderte Vertragszweckgefährdung erst vor, wenn die Klausel die mangelhafte Lieferung eines Verkäufers derart frei von Konsequenzen stelle, dass für ihn aus diesem Grund kein hinreichender Anreiz mehr bestehe, sich mit der gebotenen Sorgfalt um vertragsgemäße Leistung zu bemühen. Ein wesentliches Kriterium liege darin, ob der Verkäufer unter Berücksichtigung des gesamten Vertrags mit der Nacherfüllungsverpflichtung belastet bleibe. Gewähre der Vertrag dem Käufer einen Nacherfüllungsanspruch, so sei der Vertragszweck bereits recht umfassend geschützt. Denn verweigere der Verkäufer die Nacherfüllung, so liege Vorsatz vor und der Verkäufer sei für daraus resultierende Schäden voll verantwortlich und zwar freizeichnungsfest (§ 276 Abs. 3 BGB). Auch seien Vertragsstrafen __________ 35

Erman/Roloff § 309 Rn. 74. Tettinger, AcP 205 (2005), 1, 13 ff. Auch Tiedtke/Burgmann, NJW 2005, 1153, 1156, sehen den Vertragszweck darin, dem Käufer die Kaufsache zu verschaffen. 36

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zu berücksichtigen.37 Zudem würden die Wertungen des alten Schuldrechts eine Rolle spielen:38 Gegen die Annahme, die Erreichung des Vertragszwecks beim Kaufvertrag hänge vom Ersatz der Mangelschäden ab, spreche, dass diese nach altem Recht grundsätzlich nicht zu ersetzen gewesen seien und man dennoch nicht bei jedem Kaufvertrag per se die Erfüllung seines Zweckes für gefährdet gehalten habe. Dieser bisherigen Rechtslage sei die Wertung zu entnehmen, dass jedenfalls eine Beschränkung der Haftung auf den Betrag zuzulassen sei, der dem zu erwartenden Gesamtschaden abzüglich des Mangelschadens nach früherem Recht entspreche.39 Dem ist im Ansatz zuzustimmen. Der Zweck des Vertrags bestimmt sich aus seinem Inhalt.40 Der Zweck des Kaufvertrags ist in der Tat auf den Austausch der Hauptleistungen gerichtet. Er liegt nicht darin, dass der Käufer schadlos gestellt wird. Erst wenn der Zweck des Kaufvertrags nicht erreicht wird, soll der Käufer den daraus resultierenden Schaden ersetzt verlangen können. Eine Freizeichnung des Verkäufers von der Haftung für leichte Fahrlässigkeit kann den Vertragszweck also nur mittelbar gefährden, indem sie dazu führt, dass der Verkäufer nicht mehr die erforderliche Sorgfalt anwendet, um die vertragsgemäße Leistung zu erbringen.41 Auch der Grund für das Klauselverbot des § 309 Nr. 7 BGB liegt darin, dass ein Haftungsausschluss oder eine Haftungsbegrenzung den Anreiz des Verwenders zur sorgfältigen und vertragsgemäßen Leistung vermindert, wodurch die primäre Leistungspflicht potentiell an Wert verliert und ein Ungleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung erzeugt wird.42 Allerdings kann dieser Ansatz nicht auf die Wertungen des alten Rechts gestützt werden, wonach der Mangelschaden im Wesentlichen nur bei Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft oder bei Arglist des Verkäufers gem. § 463 BGB a. F. zu ersetzen war und die Erreichung des Zwecks des Kaufvertrags dennoch nicht als gefährdet angesehen wurde. Denn durch die Schuldrechtsreform wurde gerade eine Schadensersatzhaftung des Verkäufers auch für den „eigentlichen Mangelschaden“ bei einem auch nur fahrlässigen Verhalten __________ 37

Tettinger, AcP 205 (2005), 1, 16 ff. Tettinger, AcP 205 (2005), 1, 17 f.; so auch Reinicke/Tiedtke Rn. 647; Tiedtke/Burgmann, NJW 2005, 1153, 1156, für den Kauf gebrauchter Waren. 39 Tettinger, AcP 205 (2005), 1, 17 f., 20. 40 Hk-BGB/Schulte-Nölke § 307 Rn. 17. 41 So im Prinzip auch AnwKomBGB/Kollmann § 307 Rn. 31, nach dem der Grund dafür, dass die Haftung bei schuldhafter Verletzung wesentlicher Vertragspflichten auch in Fällen leichter Fahrlässigkeit nicht ausgeschlossen werden darf, darin liege, dass die Geltung und der Inhalt der wesentlichen Vertragspflicht eingeschränkt würden, wenn die Verletzung einer wesentlichen (Vertrags-)Pflicht sanktionslos wäre. 42 MünchKommBGB/Basedow § 309 Nr. 7 Rn. 2. 38

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

des Verkäufers eingeführt, worin laut Regierungsbegründung eine entscheidende Änderung gegenüber dem alten Recht liegt.43 Diese führt zu einer anderen Wertung als bisher, die es zu berücksichtigen gilt. Zwar sind Zweifel daran, dass die Werteänderung in das Recht der AGB durchschlagen soll,44 angesichts der alten Rechtslage berechtigt. Ob sich die Werteänderung im Ergebnis auf das Recht der AGB auswirkt, ist jedoch vor dem Hintergrund des neuen Rechts zu untersuchen und nicht mit einem Hinweis auf das alte Recht zu verneinen. Zudem setzt eine Orientierung an alten Wertungen die Unterscheidung zwischen Mangel- und Mangelfolgeschäden voraus,45 die im neuen Recht jedoch abzulehnen ist.46

(b) Differenzierung zwischen einer Haftungsfreizeichnung bei gebrauchten und bei neuen Sachen Die Berücksichtung der neuen Wertung, dass der Verkäufer bei leichter Fahrlässigkeit grundsätzlich auch für den unmittelbaren Nichterfüllungsschaden haftet, muss nicht dazu führen, dass eine Freizeichnung des Verkäufers von der Haftung für leichte Fahrlässigkeit grundsätzlich nicht möglich ist und die Haftung allenfalls auf den vorhersehbaren und typischen Schaden begrenzt werden kann. Vielmehr sind auch die Wertungen der §§ 475, 309 Nr. 8 lit. b BGB heranzuziehen, da diese Vorschriften die Rechte des Käufers gem. § 437 BGB schützen, die in Folge der Verletzung der Pflicht aus § 433 Abs. 1 S. 2 BGB entstehen. Angesichts dieser Vorschriften wird in der Literatur wie folgt differenziert: Beim Verkauf gebrauchter Sachen seien Beschränkungen der Käuferrechte, soweit § 475 BGB unanwendbar sei, grundsätzlich mit dem Vertragszweck vereinbar und daher wirksam. Auch der Haftungsausschluss für einfache Fahrlässigkeit sei wirksam. Beim Verkauf neuer Sachen würden der Nacherfüllungsanspruch und das Rücktritts- und Minderungsrecht durch § 309 Nr. 8 lit. b BGB geschützt, der auch für Verträge zwischen Unternehmern gelte. Den Schadensersatzanspruch des Käufers (§ 437 Nr. 3 i. V. m. §§ 280, 281 BGB) könne der Verkäufer wegen des bei Verträgen über neue Sachen anderen Stellenwertes weder ausschließen noch auf grobe Fahrlässigkeit beschränken.47 __________ 43

BT-Drucks. 14/6040, S. 224. Solche hat Tettinger, AcP 205 (2005), 1, 25. 45 Dies zeigen die Ausführungen von Tiedtke/Burgmann, NJW 2005, 1153, 1156. 46 s. o. § 11 IV. 3. a). 47 Palandt/Heinrichs § 307 Rn. 34a, § 309 Rn. 78; im Ergebnis auch Litzenburger, NJW 2002, 1244, 1245; a. A. Arnold, ZGS 2004, 16, 20. 44

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Hierzu ist anzumerken, dass Schadensersatzansprüche nicht von § 309 Nr. 8 lit. b BGB, sondern von der Sonderregelung des § 309 Nr. 7 BGB erfasst werden, so dass § 309 Nr. 8 lit. b BGB bezüglich der Freizeichnung von Schadensersatzansprüchen keine Wertung enthält. Es wird jedoch angesichts des § 309 Nr. 8 lit. b BGB überzeugend argumentiert, dass der Gesetzgeber das vom Verkäufer zu vertretende Rücktrittsrecht des Käufers wegen eines Mangels bei einer gebrauchten Sache für disponibel halte und deshalb auch der auf der gleichen Pflichtverletzung beruhende Anspruch des Käufers auf Schadensersatz statt der Leistung keinen weitergehenden Schutz verdiene als den, den § 309 Nr. 7 BGB gewähre.48 Liegt ein Verbrauchsgüterkauf gem. § 474 Abs. 1 BGB vor und ist daher § 475 Abs. 1 BGB anwendbar, ist der Käufer im Vergleich zum alten Recht, nach dem der Ausschluss der Gewährleistung bei gebrauchten Sachen allgemein für wirksam gehalten wurde,49 erheblich besser gestellt, weil der Anspruch auf Nacherfüllung, der Rücktritt und die Minderung in diesem Fall nicht abdingbar sind.50 Da der einfache Schadensersatz wegen mangelhafter Lieferung auf derselben Pflichtverletzung beruht wie der Schadensersatz statt der Leistung, muss die Möglichkeit einer Freizeichnung von der Haftung für leichte Fahrlässigkeit bei gebrauchten Sachen auch für diesen Fall bestehen.51 Hinsichtlich des Schadensersatzes statt der Leistung kann man nun umgekehrt argumentieren, dass sich der Schuldner von der Haftung für leichte Fahrlässigkeit bei neuen Sachen freizeichnen kann, weil der Schadensersatz statt der Leistung auf der gleichen Pflichtverletzung wie der Rücktritt beruht und dieser gem. § 309 Nr. 8 lit. b BGB nicht in AGB ausgeschlossen werden kann. Zu bedenken ist jedoch, dass der Käufer dadurch, dass der Anspruch auf Nacherfüllung sowie das Rücktritts- und Minderungsrecht durch § 309 Nr. 8 lit. b BGB geschützt sind, nicht rechtlos gestellt ist52 vorausgesetzt, dass z. B. der Rücktritt auch praktisch durchführbar ist. Da dem Käufer die Rechtsbehelfe der Nacherfüllung, des Rücktritts und der Minderung verbleiben, ist der Vertragszweck nicht gefährdet, wenn sich der Verkäufer von der Haftung für den unmittelbaren Nichterfüllungsschaden und für mangelbedingte Folgeschäden, die auf dem endgültigen Ausbleiben der Nacherfüllung beruhen, wegen leichter Fahrlässigkeit frei zeichnet. Der der Ausgestaltung des Gewährleistungsrechts zugrunde liegende Grundsatz der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung bleibt gewahrt, da dem Käufer ein Mindestbestand an nichtabdingbaren Män__________ 48

Litzenburger, NJW 2002, 1244, 1245. BGH, Urt. v. 8.10.1969 – VIII ZR 20/68, NJW 1970, 29, 31. 50 Tiedtke/Burgmann, NJW 2005, 1153, 1156. 51 Ausdrücklich Litzenburger, NJW 2002, 1244, 1245; s. auch Reinicke/Tiedtke Rn. 647. 52 Reinicke/Tiedtke Rn. 624. 49

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

gelrechten verbleibt. Beim Verbrauchsgüterkauf gem. § 474 Abs. 1 BGB sind der Anspruch auf Nacherfüllung, das Rücktritts- und das Minderungsrecht gem. § 475 Abs. 1 BGB geschützt. Etwas anderes gilt jedoch in Bezug auf mangelbedingte Folgeschäden, die nicht auf dem endgültigen Ausbleiben der Nacherfüllung beruhen. Hier wird durch eine Haftungsfreizeichnung für leichte Fahrlässigkeit die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet. Denn dem Käufer können aufgrund der in den Risikobereich des Verkäufers fallenden Mangelhaftigkeit der Kaufsache erhebliche Schäden entstehen, für die er bei einer Haftungsfreizeichnung keinen Ausgleich erhält. Daher ist ein Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit bezüglich mangelbedingter Folgeschäden, die nicht auf dem endgültigen Ausbleiben der Leistung beruhen, gem. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam. Allerdings ist nach der Rechtsprechung des BGH eine Haftungsbegrenzung auf den vertragstypischen, vorhersehbaren Schaden möglich, worin sich auch der Gedanke aus Art. 74 S. 2 CISG wieder findet.53

cc) Zwischenergebnis Die Pflicht zur Verschaffung mangelfreier Ware gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB ist eine wesentliche Pflicht i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB (so genannte Kardinalpflicht). Bei dem Verkauf von neuen Sachen kann sich der Verkäufer allerdings von der Haftung für Schäden, die auf dem endgültigen Ausbleiben der Nacherfüllung beruhen (Schadensersatz statt der Leistung), freizeichnen, da dies aufgrund des Schutzes des Anspruchs auf Nacherfüllung, des Rücktritts- und Minderungsrecht durch §§ 475 Abs. 1, 309 Nr. 8 lit. b BGB den Vertragszweck nicht gefährdet. Dagegen gefährdet ein Ausschluss der Haftung für mangelbedingte Folgeschäden, die nicht auf dem Ausbleiben der endgültigen Leistung beruhen (Schadensersatz neben der Leistung), wegen leichter Fahrlässigkeit den Vertragszweck und ist somit gem. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam. Möglich ist jedoch eine Haftungsbegrenzung auf den vertragstypischen, vorhersehbaren Schaden. Beim Verkauf gebrauchter Sachen ist eine Freizeichnung von der Haftung für leichte Fahrlässigkeit aufgrund der Wertung des § 309 Nr. 8 lit. b BGB nicht unwirksam nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Dies gilt beim Verkauf gebrauchter Sachen nicht nur für den Schadensersatz statt der Leistung, sondern auch für den Schadensersatz neben der Leistung. Hier ist jedoch zu prüfen, ob eine Freizeichnung von der Haftung für Sachschäden nicht deshalb eine unan__________ 53

s. auch Hoeren, ZGS 2002, 68, 69.

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gemessene Benachteiligung darstellt, weil der Verwender sich gegen diese hätte versichern können und eine solche Versicherung auch üblich und zumutbar ist.54

c) Wirksamkeit nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB In Bezug auf den Schadensersatz statt der Leistung wird insbesondere auch im Rahmen der Mängelhaftung argumentiert, dass dieser als „wesentlicher Grundgedanke der gesetzlichen Regelung“ i. S. d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB aufzufassen sei. Denn dass der Gläubiger seinen Anspruch auf die Leistung – insbesondere auch auf die Nacherfüllung nach § 439 BGB bzw. nach § 635 BGB – einbüße, sei in der Systematik von § 437 Nr. 3 BGB ebenso begründet wie in der von § 634 Nr. 4 BGB, weil der Schadensersatzanspruch statt der Leistung nur unter den Voraussetzungen des § 281 BGB i. V. m. § 280 BGB in Betracht komme.55 Sollte damit wiederum gemeint sein, dass der Anspruch auf die Leistung gem. § 281 Abs. 4 BGB ausgeschlossen ist, sobald der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangt hat, so ist dem erneut zu entgegnen, dass der Erfüllungsanspruch nur durch ein wirksames Verlangen nach Schadensersatz statt der Leistung ausgeschlossen wird.56 Zudem ist angesichts der beim Verbrauchsgüterkauf gem. § 475 Abs. 3 BGB bestehenden Möglichkeit, den Anspruch auf Schadensersatz auszuschließen oder zu beschränken, zweifelhaft, ob der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung als „wesentlicher Grundgedanke der gesetzlichen Regelung“ i. S. d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB zu qualifizieren ist.57 Eine Haftungsfreizeichnung für leichte Fahrlässigkeit ist somit nicht ohne weiteres gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.

4. Sonderfall der Haftung für anfänglich unbehebbare Mängel Im neuen Recht wird diskutiert, inwieweit der Schadensersatzhaftung für anfängliche Unmöglichkeit nach § 311a Abs. 2 BGB ein Leitbildcharakter i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zukommt. Dies ist auch in Bezug auf die Haftung für __________ 54 s. dazu Reinicke/Tiedtke Rn. 624; R. Koch, WM 2002, 2173, 2180; v. Westphalen, BB 2002, 209, 215; kritisch hierzu Arnold, ZGS 2004, 16, 19; Tettinger, AcP 205 (2005), 1, 25 f. 55 v. Westphalen, BB 2002, 209, 213. 56 s. o. § 17 III. 3. b) bb) (4). 57 Tiedtke/Burgmann, NJW 2005, 1153, 1155.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

schon bei Vertragsschluss bestehende unbehebbare Mängel nach §§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 BGB von Bedeutung. Zum einen stellt sich die Frage nach der Zulässigkeit einer Haftungsbegrenzung auf das negative Interesse in AGB. Zum anderen besteht die Frage nach der Zulässigkeit einer in AGB auferlegten Garantiehaftung für anfängliches Unvermögen. Dass die Gewährung eines Schadensersatzanspruchs auf das positive Interesse bei anfänglicher Unmöglichkeit einen „wesentlichen Grundgedanken“ des neuen Leistungsstörungsrechts i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellte, wird damit begründet, dass die Regelung der §§ 306 f. BGB a. F. unsachgemäß gewesen sei. Diese hätte den Grundsatz pacta sunt servanda durchbrochen. Dass die Leistung wegen der Unmöglichkeit ihrer Erbringung nicht in Natur erfolgen könne, bedeute in keiner Weise, dass dem Schuldner deswegen auch die Pflicht erspart bleiben müsse, ihr Äquivalent in Geld zu bezahlen und dementsprechend das positive Interesse zu ersetzen. Als weiteres Argument wird angeführt, dass die Höhe des positiven Interesses meist leichter nachzuweisen sei als ein etwaiges negatives Interesse und der Gläubiger daher ein schutzwürdiges Interesse an der Zuerkennung des positiven Interesses habe. Eine Ausnahme soll jedoch für den Fall gelten, in dem die Unmöglichkeit darauf beruhe, dass die Erbringung der versprochenen Leistung aus wissenschaftlichen oder technischen Gründen generell ausgeschlossen sei. Hier seien die Risiken für den Schuldner besonders hoch, während der Gläubiger nur vermindert schutzwürdig sei, da auch ihm bewusst hätte sein können und müssen, dass die Herstellung eines neuen Produkts vielleicht misslingen würde.58 Nach der Gegenansicht zeigt gerade diese Einschränkung, dass der Leitbildcharakter des § 311a Abs. 2 BGB hinsichtlich der Haftung auf das positive Interesse äußerst fragwürdig ist. Dies gelte umso mehr, wenn man die Schwierigkeiten der dogmatischen Begründung dieser Haftung berücksichtige.59 Der Leitbildcharakter des § 311a Abs. 2 BGB hinsichtlich der Haftung auf das positive Interesse wird aufgrund der genannten Ausnahme zu Recht angezweifelt. Die Schwierigkeiten der dogmatischen Begründung des Anspruchs können allerdings nicht als Argument herangezogen werden, da die Leitbildfunktion unabhängig von der dogmatischen Begründung einer Regelung zu beurteilen ist. Dafür, dass die Anspruchsgrundlage des § 311a Abs. 2 BGB insoweit Leitbildfunktion entfaltet, als sie für die Fälle des anfänglichen Unvermögens grundsätzlich das Verschuldensprinzip als Haftungsmaßstab festlegt, wird angeführt, dass die Einbeziehung dieser Fälle in die Verschuldenshaftung auf spezifischen Gerechtigkeitsüberlegungen beruhe.60 Hiergegen wird überzeu__________ 58

Canaris, in: FS Ulmer, S. 1073, 1085 ff. AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 311a Rn. 34. 60 Canaris, in: FS Ulmer, S. 1073, 1087. 59

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gend eingewendet, dass eine Ausnahme für den Forderungskauf anerkannt sei und beim echten Factoring oder bei Fortfaitgeschäften praktisch unverzichtbar sei. Man sollte daher die Vereinbarung einer Garantiehaftung für anfängliche Leistungshindernisse in AGB grundsätzlich zulassen.61

IV. Selbstbelieferungsklauseln Betreffend die Haftung aufgrund der Übernahme eines Beschaffungsrisikos wird der Verkäufer versuchen, das Risiko, von seinem Lieferanten nicht (rechtzeitig) beliefert zu werden, auf den Käufer abzuwälzen. So genannte Selbstbelieferungsklauseln (z. B. „richtige und rechtzeitige Selbstbelieferung vorbehalten“) sind wirksam und erlauben eine Freistellung des Verkäufers vom Beschaffungsrisiko für den Fall, dass ein Lieferant nicht (rechtzeitig) liefert, mit dem er ein kongruentes Deckungsgeschäft abgeschlossen hat. Der Verkäufer muss nachweisen, dass er zur Zeit des Vertragsschlusses mit dem Käufer im Besitz eines kongruenten, rechtsverbindlichen Einkaufkontraktes war, aufgrund dessen er bei normaler Abwicklung mit rechtzeitiger Belieferung rechnen durfte.62 Bei einer Vereinbarung in AGB ist im nicht kaufmännischen Verkehr § 308 Nr. 3 BGB zu beachten. Im kaufmännischen Bereich sind Selbstbelieferungsvorbehalte nicht zu beanstanden.63 Bei Klauseln, denen kein kongruentes Deckungsgeschäft zugrunde liegt, muss sich der Schuldner um anderweitige Deckung im Rahmen des Zumutbaren bemühen.64

V. Vergleich mit dem UN-Kaufrecht Anders als im deutschen Recht sind die Parteien im UN-Kaufrecht wesentlich freier, Haftungsausschlüsse oder Haftungsbegrenzungen zu vereinbaren. Im UN-Kaufrecht sind nur wenige Vorgaben der Rechtsprechung zu beachten. Der Gedanke, dass Freizeichnungsklauseln im Sinne einer unbeschränkten Abbedingung der Haftung nicht mit der ausdrücklichen Zusicherung einer __________ 61 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 311a Rn. 35; i. E. auch MünchKommBGB/Ernst § 311a Rn. 103. 62 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 32; Bamberger/Roth/Grüneberg § 276 Rn. 43; Schlechtriem/Schmidt-Kessel Rn. 593; zum alten Recht s. BGH, Urt. v. 6.3.1968 – VIII ZR 221/65, BGHZ 49, 388, 391 f. 63 BGH, Urt. v. 14.11.1984 – VIII ZR 283/83, BGHZ 92, 396, 398 ff. zum alten Recht; Bamberger/Roth/Grüneberg § 276 Rn. 43. 64 AnwKomBGB/Dauner-Lieb § 276 Rn. 32; Bamberger/Roth/Grüneberg § 276 Rn. 43.

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bestimmten Eigenschaft zu vereinbaren sind, findet sich in § 444 BGB wieder. Ein Haftungsausschluss für eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Schädigung gilt im UN-Kaufrecht als nicht mit Treu und Glauben vereinbar (Art. 7 Abs. 1 CISG). Bezüglich eines Haftungsausschlusses für leichte Fahrlässigkeit bestehen im Fall einer wesentlichen Vertragsverletzung i. S. d. Art. 25 CISG Rechtsunsicherheiten, wenn das nach dem IPR des Forumstaates anwendbare nationale Recht deutsches Recht ist und somit § 307 BGB Anwendung findet. Nach der hier vertretenen Auffassung ist ein Ausschluss der Haftung für leichte Fahrlässigkeit jedoch auch im Fall einer wesentlichen Vertragsverletzung möglich, sofern dem Käufer ein Aufhebungsrecht verbleibt.65 Zwar ist nach § 276 Abs. 3 BGB im deutschen Recht ein Ausschluss der Haftung für Vorsatz ebenfalls unwirksam, ein individualvertraglicher Ausschluss der Haftung für grobe Fahrlässigkeit ist aber möglich. Etwas anderes gilt jedoch im Hinblick auf die Vereinbarung eines Haftungsausschlusses für grobe Fahrlässigkeit in AGB. Eine solche Vereinbarung ist gem. § 309 Nr. 7 lit. b BGB bzw. im Unternehmerverkehr gem. § 307 BGB unwirksam. Da der BGH auch nach der Schuldrechtsreform an seiner Kardinalpflichtenrechtsprechung festhält und die Pflicht zur Lieferung mangelfreier Ware gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB eine Hauptleistungspflicht und somit als Kardinalpflicht einzustufen ist, ist zu erwarten, dass die Rechtsprechung einen Ausschluss der Haftung für Sach- oder Vermögensschäden, die auf leichter Fahrlässigkeit des Verkäufers beruhen, bei mangelhafter Lieferung als unwirksam gem. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB ansehen wird. Gleiches gilt für eine Haftungsbegrenzung mit der Folge, dass vertragstypische und vorhersehbare Schäden nicht mehr von der Haftung abgedeckt sind. Grund dafür ist, dass die Rechtsprechung an die Qualifizierung einer Pflicht als Kardinalpflicht bisher die Rechtsfolge geknüpft hat, dass Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung einer solchen Pflicht weitestgehend unbeschränkbar sind. Ob durch den Haftungsausschluss oder die Haftungsbegrenzung die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet wird, wurde nicht mehr gesondert geprüft. Daher ist in der Rechtsprechung auch in Zukunft zunächst nicht mit einer wie hier vertretenen Differenzierung danach, ob der Haftungsausschluss oder die Haftungsbegrenzung den Vertragszweck gefährdet oder nicht, zu rechnen. Bei der Beurteilung der Wirksamkeit von Klauseln in AGB, welche die Haftung des Verkäufers für leichte Fahrlässigkeit bei mangelhafter Lieferung ausschließen, bestehen demzufolge erhebliche Rechtsunsicherheiten. Aufgrund der im UN-Kaufrecht bestehenden, oben angesprochenen Unklarheiten bezüglich eines Ausschlusses der Haftung des Verkäufers für leichte Fahrlässigkeit im Fall einer wesentlichen Vertragsverletzung wird in der Literatur festgestellt, dass das UN-Kaufrecht gegenüber dem unvereinheitlichten deutschen Kaufrecht im Ergebnis in Bezug auf die Zulässigkeit vertraglich __________ 65

s. schon o. § 8.

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vereinbarter Haftungsbeschränkungen keinen entscheidenden Vorteil biete.66 Dem ist aber entgegenzusetzen, dass in der Rechtsprechung zum UN-Kaufrecht anders als in der Rechtsprechung zum deutschen Recht bisher die Tendenz vorherrschend ist, einen Ausschluss der Haftung des Verkäufers für leichte Fahrlässigkeit zuzulassen.67

__________ 66

Ostendorf/Neumann/Ventsch, IHR 2006, 21, 23 f. s. OLG Zweibrücken, Urt. v. 31.3.1998 – 8 U 46/97, CISG-online Nr. 481, in diesem Punkt bestätigt durch den BGH, Urt. v. 24.3.1999 – VIII ZR 121/98, BGHZ 141, 129, 135. 67

§ 18 Zusammenfassung, Fazit und Handlungsempfehlung I. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse 1. Im Zuge der Schuldrechtsrefor m vo m 1.1.2002 hatte das UN-Kaufrecht einen unmittelbaren Einfluss auf die Grundstrukturen der Neuregelung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers für mangelhafte Lieferung im BGB, insbesondere auf die Schaffung eines allgemeinen, einheitlichen Grundtatbestands der Pflichtverletzung in § 280 Abs. 1 BGB. Dies ist im Rahmen der historischen Auslegung zu berücksichtigen. Allerdings ist die Regelungstechnik des UN-Kaufrechts nur im Grundsatz unter den folgenden Abweichungen in das deutsche Recht übernommen worden: Trotz des einheitlichen Grundtatbestands der Pflichtverletzung bestehen für den Schadensersatzanspruch im deutschen Recht – auch abhängig von der Art der Leistungsstörung – verschiedene Anspruchsgrundlagen. Zudem hat der deutsche Gesetzgeber das Konzept der Pflichtverletzung mit dem Verschuldensprinzip verbunden. Hinsichtlich der hieraus resultierenden Fragestellungen ist das UN-Kaufrecht nur im Rahmen einer rechtsvergleichenden Betrachtung heranzuziehen. Das UN-Kaufrecht hatte über die europäische Verbrauchsgüterkaufrichtlinie auch einen mittelbaren Einfluss auf die Neuregelung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers für mangelhafte Lieferung im BGB, indem im Zuge der Schuldrechtsreform die Schadensersatzhaftung für Mängel im BGB und das neue, auf der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie beruhende Gewährleistungsrecht aufeinander abgestimmt wurden. Die vom deutschen Gesetzgeber hierdurch beabsichtigte interne Harmonie zwischen der Schadensersatzhaftung für Mängel und dem neuen Gewährleistungsrecht ist im Rahmen der systematischen Auslegung zu berücksichtigen. Ist eine Schadensersatzregelung mit einer die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie umsetzenden Vorschrift harmonisiert worden, so kann im Rahmen der (quasi-)richtlinienkonformen Auslegung dieser Vorschrift nach sorgfältiger Prüfung auch die Heranziehung des UN-Kaufrechts geboten sein. 2. Hinsichtlich der Voraussetzungen für das Vorliegen eines Mangels hat im deutschen Recht grundsätzlich eine Annäherung an das UN-Kaufrecht stattgefunden. Ein bedeutsamer Unterschied zum UN-Kaufrecht besteht aber zum einen darin, dass im Rahmen des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB hinsichtlich der üblichen Beschaffenheit auf den Erwartungshorizont des Käufers abgestellt wird, während die Rechtsprechung zum CISG die Sicht des Verkäufers in den

§ 18 Zusammenfassung, Fazit und Handlungsempfehlung

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Vordergrund stellt. Zum anderen ist in Bezug auf die Beweislast im deutschen Recht von erheblicher Bedeutung, dass die Beweislastumkehr des § 476 BGB hinsichtlich der den Mangel zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs begründenden Tatsachen über § 478 Abs. 3 BGB auch zwischen Unternehmern Anwendung finden kann. Ferner kann eine analoge Anwendung des § 434 Abs. 3 BGB auf die Zuviellieferung nicht mit dem Wortlaut des Art. 35 Abs. 1 CISG begründet werden. 3. Das Bestehen mehrerer möglicher Anspruchsgrundlagen für den Schadensersatz wegen mangelhafter Lieferung führt im deutschen Recht zu Rechtsunsicherheiten in Bezug auf die Wahl der richtigen Anspruchsgrundlage, die Anspruchsvoraussetzungen sowie die Anspruchskonkurrenzen. Angesichts der Abgrenzungs- und Zuordnungsprobleme, die noch einer endgültigen Klärung durch die Rechtsprechung bedürfen, bietet das UN-Kaufrecht den Parteien hinsichtlich der Verkäuferhaftung – zumindest noch zurzeit – mehr Rechtssicherheit. Problematisch ist im deutschen Recht vor allem die Abgrenzung von Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung, die insbesondere für das Erfordernis der Nachfristsetzung durch den Käufer und für den Bezugspunkt für das Vertretenmüssen von Bedeutung ist. Grundsätzlich stehen diese Schadensersatzarten in einem dynamischen Verhältnis. Lediglich mangelbedingte Folgeschäden, die das Integritätsinteresse betreffen, sind nach dem Sinn und Zweck der Sonderregelung über den Schadensersatz statt der Leistung regelmäßig dem Schadensersatz neben der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB zuzuweisen. Macht der Käufer zugleich Schadensersatz neben der Leistung und Schadensersatz statt der Leistung geltend, so geht der Schadensersatz neben der Leistung nie im Schadensersatz statt der Leistung auf. 4. Die im neu gefassten § 276 Abs. 1 S. 1 BGB angesprochene, sich aus dem Inhalt des Schuldverhältnisses ergebende verschuldensunabhängige Haftung aufgrund der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos führt wegen ihrer privatautonomen Natur im Ergebnis zu einer Stärkung des Verschuldensprinzips im Gesetz. Eine Annäherung des deutschen Rechts an eine Garantiehaftung ist allein aufgrund der Erweiterung des § 276 Abs. 1 S. 1 BGB nicht festzustellen. Vielmehr hängt eine solche Annäherung von der Auslegung der Begriffe der Übernahme einer Garantie und der Übernahme eines Beschaffungsrisikos ab. 5. In § 280 Abs. 1 S. 2 BGB ist im Gr undsatz eine Abschwächung des Verschuldensprinzips und zugleich eine Annäherung an die Garantiehaftung im UN-Kaufrecht zu sehen. Unabhängig von der Streitfrage, ob § 280 Abs. 1 S. 1 BGB als Beweislastregel oder als Einwendungsnorm anzusehen ist, obliegt dem Schuldner die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Für die Schlüssigkeit des Klägervortrags ist die

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Behauptung einer Pflichtverletzung durch den Beklagten und eines darauf beruhenden, kausalen Schadens ausreichend. Auf materiell-rechtlicher Ebene führt dies zu einer widerlegbaren Vermutung des Vertretenmüssens des Schuldners. 6. Bei mangelhafter Liefer ung hat der Verkäufer auch im CISG die Möglichkeit, die Rechtsbehelfe des Käufers durch Nacherfüllung abzuwenden. Für den Rücktritt und den daran gebundenen Schadensersatz wegen Nichterfüllung unter Abstandnahme vom Vertrag folgt dies aus der Berücksichtigung der Behebbarkeit des Mangels und der Nacherfüllungsbereitschaft des Verkäufers im Rahmen der Beurteilung der Wesentlichkeit der Vertragsverletzung. Das BGB und das CISG weisen parallele Wertungen auf, in welchen Fällen das Interesse des Käufers an einer sofortigen Vertragsaufhebung und Geltendmachung des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung unter Abstandnahme vom Vertrag das Verkäuferinteresse an der Nacherfüllung überwiegt. Im deutschen Recht kann der Schadensersatz statt der ganzen Leistung anders als im UN-Kaufrecht als alleiniger Rechtsbehelf geltend gemacht werden. Durch die Einführung der Regelung des § 325 BGB ist eine Anpassung des deutschen Rechts an Art. 45 Abs. 2, 61 Abs. 2 CISG erfolgt. § 325 BGB lässt allerdings nur die kumulative Geltendmachung von Schadensersatz und Rücktritt zu, nicht dagegen ein ius variandi zwischen dem Rücktritt und dem kleinen Schadensersatz sowie zwischen der Minderung und dem großen Schadensersatz. Während der Käufer im deutschen Recht die Rechtsbehelfe des Rücktritts und des Schadensersatzes statt der ganzen Leistung bei Schlechtleistung nicht geltend machen kann, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist (§§ 323 Abs. 5 S. 2, 281 Abs. 1 S. 3 BGB), setzen diese Rechtsbehelfe im UNKaufrecht das Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung voraus (Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG). Eine Einflusslinie von Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG über Art. 3 Abs. 6 VerbrGK-RiL bis zu § 323 Abs. 5 S. 2 BGB, die im Rahmen der systematischen Auslegung des § 281 Abs. 1 S. 3 CISG zu berücksichtigen wäre, liegt jedoch nicht vor. Bei mangelhafter Lieferung wird nach dem BGB in der Regel eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung vorliegen, wohingegen das Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung nach Art. 25 CISG aufgrund einer restriktiven Auslegung dieser Vorschrift häufig zu verneinen sein wird. Darüber hinaus hat im deutschen Recht der Schuldner die Unerheblichkeit der Pflichtverletzung zu beweisen, wohingegen im UN-Kaufrecht der Gläubiger die Beweislast für die Wesentlichkeit der Vertragsverletzung trägt. 7. Die Verbindung des aus dem UN-Kaufrecht stammenden Konzepts der Pflichtverletzung mit dem Verschuldensprinzip führt sowohl zu dogmatischen Brüchen als auch zu Schwierigkeiten bei der Bestimmung der für das Vertretenmüssen relevanten Pflichtverletzung, sobald mehrere Pflichtverletzungen als

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Bezugspunkt für das Vertretenmüssen in Betracht kommen. Teilweise verstärkt der Vorrang der Nacherfüllung letzteres Problem, da das Scheitern der Nacherfüllung eine weitere Pflichtverletzung ist. Keine dogmatisch saubere Verbindung des Konzepts der Pflichtverletzung mit dem Verschuldensprinzip gelingt bei der Haftung auf das positive Interesse für anfängliche Unmöglichkeit gem. § 311a Abs. 2 BGB. Da der Haftungsgrund in der Nichterfüllung des Leistungsversprechens liegt, ist in § 311a Abs. 2 BGB im Ergebnis eine eingeschränkte Garantiehaftung zu sehen. Im Rahmen der Entlastungsmöglichkeit des Schuldners nach § 311 Abs. 2 S. 2 BGB spielen entgegen dem UN-Kaufrecht Sorgfalts- und Verschuldenskriterien eine Rolle. Dogmatische Schwierigkeiten aufgrund der Verbindung des Konzepts der Pflichtverletzung mit dem Verschuldensprinzip liegen auch im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung wegen nachträglicher Unmöglichkeit gem. § 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 283 BGB vor. Dennoch ergibt insbesondere die historische Auslegung des Begriffs der Pflichtverletzung unter Heranziehung des UN-Kaufrechts und des Willens des Gesetzgebers, dass die Pflichtverletzung schon in der Nichterfüllung zu sehen ist. Die für das Vertretenmüssen relevante Pflichtverletzung ist im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung wegen eines nachträglichen unbehebbaren Mangels gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 283 BGB auch in dem Fall, dass die Unmöglichkeit der Nacherfüllung erst nach Gefahrübergang eintritt, in dem Eintritt der qualitativen Unmöglichkeit und nicht in der mangelhaften Lieferung zu sehen. Im Gegensatz dazu ist beim Schadensersatz statt der Leistung wegen eines behebbaren Mangels gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB die mangelhafte Lieferung neben dem Scheitern der Nacherfüllung ein alternativer Bezugspunkt für das Vertretenmüssen des Verkäufers. 8. Bildet die mangelhafte Lieferung den Bezugspunkt für das Vertretenmüssen, so ko mmt eine Ausweitung d er Haftung des Verkäufer s in Richtung einerGarantiehaftung dadurch in Betracht, dass dem Ver käufer Pflichten zur Untersuchung der Ware auferlegt werden, ihm das Her stellerverschulden über § 278 BGB zugerechnet wird oder sich ein von ihm übernommenes Beschaffungsrisiko typischerweise auch auf die Fehlerfreiheit der Ware bezieht. Die mangelhafte Lieferung bildet den alleinigen Bezugspunkt für das Vertretenmüssen im Rahmen des Schadensersatzes neben der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB und einen möglichen Bezugspunkt im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung wegen eines behebbaren Mangels gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB. Das Bestehen von Untersuchungspflichten erlangt auch im Rahmen der Exkulpation nach § 311a Abs. 2 S. 2 BGB Bedeutung. Eine Ausweitung der Haftung des Zwischenhändlers für

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mangelhafte Lieferung in Richtung einer Garantiehaftung hat aber im Ergebnis nicht stattgefunden. Wie schon im alten Recht obliegt einem Zwischenhändler auch im neuen Recht grundsätzlich keine Pflicht zur Untersuchung der Ware. Eine Ausweitung der Haftung resultiert auch nicht aus der Beweislastanordnung in §§ 280 Abs. 1 S. 2, 311a Abs. 2 S. 2 BGB zu Lasten des Schuldners. Denn diese ist im Fall des Zwischenhändlers, den keine Untersuchungspflicht trifft, gegenstandslos, wenn der aus dem Bereich eines Vorlieferanten stammende Mangel nicht offensichtlich und für den Verkäufer nicht erkennbar war. Nicht auszuschließen ist jedoch, dass die Rechtsprechung höhere Anforderungen an den Entlastungsbeweis des Zwischenhändlers stellen wird. Trotz der Einführung einer Pflicht zur mangelfreien Lieferung in § 433 Abs. 1 S. 2 BGB ist dem Verkäufer auch im neuen Recht das Herstellerverschulden nicht über § 278 BGB zuzurechnen. Durch die Einführung dieser Pflicht haben sich die Verkäuferpflichten nicht auf die Vorbereitungsphase ausgedehnt, wie auch ein Vergleich mit dem UN-Kaufrecht nahe legt. Der Wortlaut und die Systematik des Gesetzes sowie die Regierungsbegründung sprechen dagegen, dass der Schuldner beim Gattungskauf typischerweise auch das Beschaffungsrisiko in Bezug auf die Fehlerfreiheit der Ware übernimmt. Gegen eine Übertragung des zum UN-Kaufrecht entwickelten Grundsatzes, dass der Verkäufer aufgrund seines allgemeinen Beschaffungsrisikos auch für Mängel aus dem Bereich eines Vor- oder Zulieferanten einzustehen hat, sind der Vorrang der Nacherfüllung und die im Gegensatz zum CISG im deutschen Recht fehlenden Haftungsbeschränkungen auf vorhersehbare Schäden und Sachschäden anzuführen. Der Verkäufer, der als Zwischenhändler mit Massenware handelt, wird sich folglich in Bezug auf die mangelhafte Lieferung in der Regel entlasten können, sofern der Mangel im Bereich eines Vorlieferanten verursacht worden ist. Hingegen hat der Hersteller – und dies ist eine Besonderheit des deutschen Rechts – regelmäßig für die mangelhafte Lieferung einzustehen. Aus dem Inhalt des Vertrags gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB kann sich allerdings eine strengere Haftung des Händlers ergeben, wenn dieser als Hersteller auftritt. Sofern der Mangel aus dem Bereich des Vorlieferanten stammt, wird bei einem Zwischenhändler folglich in der Regel der Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung wegen mangelhafter Lieferung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB an der Voraussetzung des Vertretenmüssens scheitern. Der grundsätzlich hierin liegende erhebliche Unterschied zur Haftung nach UN-Kaufrecht wird freilich dadurch abgemildert, dass der Verkäufer dort nicht für Personenschäden (Art. 5 CISG) und für nicht vorhersehbare Folgeschäden (Art. 74 S. 2 CISG) haftet.

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9. Für das Scheitern der Nacherfüllung wird sich der Verkäufer in der Regel nicht entlasten können, was für den Schadensersatz statt der Leistung wegen eines behebbaren Mangels gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 i. V. m. § 281 BGB entscheidend ist. Hinsichtlich der Ersatzlieferung und der Nachbesserung bestehen gesteigerte Sorgfaltspflichten des Verkäufers, so dass der Vorrang der Nacherfüllung im Ergebnis zu einer Ausweitung der Pflichten des Verkäufers führt. Erfüllt der Verkäufer zudem aufgrund von finanziellem Unvermögen nicht innerhalb der ihm vom Käufer gesetzten Frist nach, hat er hierfür verschuldensunabhängig gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB einzustehen. Ferner übernimmt der Schuldner beim Gattungskauf im Rahmen des Beschaffungsrisikos typischerweise auch das Risiko, bei mangelhafter Lieferung fehlerfreie Ersatzware zu beschaffen. Liefert der Verkäufer innerhalb der Nachfrist keinen oder mangelhaften Ersatz, so haftet er hierfür aufgrund der Übernahme des Beschaffungsrisikos verschuldensunabhängig. Bei Vorliegen eines anfänglichen unbehebbaren Mangels haftet der Verkäufer aufgrund der Übernahme des Beschaffungsrisikos regelmäßig verschuldensunabhängig, wenn es mangelfreie Stücke der Gattung gibt, mit denen er erfüllen könnte, er aber schon bei Vertragsschluss nicht zu ihrer Beschaffung in der Lage ist. Die Haftung des Verkäufers ist folglich durch die Einführung einer Fahrlässigkeitshaftung des Händlers und des Vorrangs der Nacherfüllung verschärft worden, wodurch sich die Unterschiede zur Garantiehaftung des UNKaufrechts bezüglich des Schadensersatzes statt der Leistung wegen eines behebbaren Mangels im praktischen Ergebnis verringern. Angesichts der Tatsache, dass sich der Zwischenhändler hinsichtlich der Lieferung mangelhafter Ware regelmäßig entlasten können wird, sofern der Mangel im Bereich eines Vorlieferanten entstanden ist, er aber in der Regel das Scheitern der Nacherfüllung zu vertreten haben wird, gewinnt die noch nicht endgültig geklärte Abgrenzung von Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung an Bedeutung. 10. Rechtsunsicherheiten im deutschen Recht bestehen auch bezüglich der Wirksamkeit von AGB-Klauseln, welche die Verkäuferhaftung bei mangelhafter Lieferung für solche Sach- oder Vermögensschäden ausschließen, die auf leichter Fahrlässigkeit des Verkäufers beruhen. Da die Pflicht zur mangelfreien Lieferung gem. § 433 Abs. 1 S. 2 BGB als wesentliche Pflicht i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB zu qualifizieren ist, ist denkbar, dass die Rechtsprechung nach den bisher von ihr angewendeten Grundsätzen den Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit bei mangelhafter Lieferung in AGB als unwirksam ansieht. Nach der hier vertretenen Auffassung ist eine Unwirksamkeit solcher AGB-Klauseln bei dem Verkauf neuer Sachen jedoch nur in Bezug auf den Schadensersatz neben der Leistung, nicht aber in Bezug auf den Schadensersatz statt der Leistung anzunehmen.

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2. Teil: Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nach BGB

Im UN-Kaufrecht ist dagegen eine Beschränkung der Schadensersatzhaftung auf vorsätzliche oder grob fahrlässig verursachte Schäden in Allgemeinen Geschäftsbedingungen grundsätzlich zulässig. Zwar bestehen hier Unklarheiten im Fall einer wesentlichen Vertragsverletzung, sofern das nach dem IPR des Forumstaates anwendbare Recht deutsches Recht ist und die Gültigkeit der AGB somit nach § 307 BGB zu beurteilen ist. In der Rechtsprechung zum UNKaufrecht herrscht jedoch bisher die Tendenz vor, einen Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit zuzulassen. Ein Ausschluss der Haftung für leichte Fahrlässigkeit ist zudem nach vorzugswürdiger Ansicht auch im Fall einer wesentlichen Vertragsverletzung möglich, sofern dem Käufer ein Aufhebungsrecht verbleibt.

II. Fazit und Handlungsempfehlung für die Vertragsparteien In vielen Punkten hat sich die Schadensersatzhaftung des Verkäufers für mangelhafte Lieferung im BGB an die Regelung im UN-Kaufrecht angenähert. Dies betrifft insbesondere die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Mangels sowie den Schadensersatz im System der Rechtsbehelfe. Eine Annäherung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers für mangelhafte Lieferung nach deutschem Recht an eine Garantiehaftung ist – zumindest vom praktischen Ergebnis her – nur für den Schadensersatz statt der Leistung zu verzeichnen. Von einer „Quasi-Garantiehaftung“ des Verkäufers für mangelhafte Lieferung kann insgesamt nicht gesprochen werden. Dennoch sollte die Geltung des UNKaufrechts nicht vorschnell aufgrund der dort bestehenden verschuldensunabhängigen Haftung des Verkäufers und der regelmäßig fehlenden Entlastungsmöglichkeit nach Art. 79 CISG bei mangelhafter Lieferung ausgeschlossen werden, da das UN-Kaufrecht dem Verkäufer gegenüber dem BGB gerade im internationalen Handel eine Reihe von Vorteilen bietet. Wie bereits hervorgehoben, wird für den gewöhnlichen Gebrauchszweck nach Art. 35 Abs. 2 lit. b CISG auf die Sicht des Verkäufers und nicht wie in § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB auf den Erwartungshorizont des Käufers abgestellt. Eine Beweislastumkehr in Bezug auf das Vorliegen eines Mangels bei Gefahrübergang wie in § 478 Abs. 3 BGB findet sich im UN-Kaufrecht nicht. Des Weiteren werden dem Käufer die Rechtsbehelfe der Vertragsaufhebung und des Schadensersatzes unter Abstandnahme vom Vertrag nach CISG seltener zur Verfügung stehen als der Rücktritt und der Schadensersatz statt der ganzen Leistung nach BGB, da an das Kriterium der wesentlichen Vertragsverletzung (Art. 25 CISG) strengere Anforderungen zu stellen sind als an das Kriterium der nicht unerheblichen Pflichtverletzung (§§ 281 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 5 S. 2 BGB). Durch die Wahl des UN-Kaufrechts kann daher eine im internationalen Handel schwierige und kostenträchtige Rückabwicklung des Kaufvertrags eher vermieden werden.

§ 18 Zusammenfassung, Fazit und Handlungsempfehlung

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Die Rechtsunsicherheiten, die im deutschen Recht bezüglich der Wahl der Anspruchsgrundlage für die Schadensersatzhaftung des Verkäufers bei mangelhafter Lieferung und dementsprechend bezüglich der Voraussetzungen der Haftung bestehen, stellen Nachteile für beide Parteien dar. Vor allem die noch bestehenden Unklarheiten bei der Abgrenzung von Schadensersatz neben der Leistung und Schadensersatz statt der Leistung führen zu zum Teil für den Verkäufer nicht kalkulierbaren Haftungsrisiken, insbesondere in Bezug auf mangelbedingte Folgeschäden, die das Integritätsinteresse betreffen. Diesen Haftungsrisiken kann der Verkäufer auch nicht ohne weiteres dadurch entgehen, dass er die Haftung für Sach- und Vermögensschäden, die auf leichter Fahrlässigkeit beruhen, formularmäßig ausschließt oder beschränkt. Denn angesichts der bisherigen Kardinalpflichtenrechtsprechung ist unklar, ob ein solcher Haftungsausschluss bzw. eine solche Haftungsbeschränkung wirksam wäre. Da im Gegensatz dazu im UN-Kaufrecht eine Beschränkung der Schadensersatzhaftung auf vorsätzliche oder grob fahrlässig verursachte Schäden in Allgemeinen Geschäftsbedingungen grundsätzlich zulässig ist und die Parteien insgesamt mehr Möglichkeiten als im deutschen Recht haben, die Schadensersatzhaftung des Verkäufers individualvertraglich oder in allgemeinen Geschäftsbedingungen teilweise auszuschließen oder zu begrenzen, kann die Schadensersatzhaftung des Verkäufers im UN-Kaufrecht unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien ausgestaltet und die Garantiehaftung im Ergebnis abgeschwächt werden.

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Stichwortverzeichnis Aliud-Lieferung 41–42, 161–163 Auslegung – quasi-richtlinienkonforme 130–134 – richtlinienkonforme 130 Begleitschäden 101–102 Beschaffungsrisiko – Beweislast 301 – Fehlerfreiheit der Ware 290–297 – Mangelhafte Ersatzlieferung 351– 354 – Nachlieferung 297–298 – Übernahme 213–219, 289–299, 318–319, 345, 350–354, 365, 371 – Unterlassen der Ersatzlieferung 350–351 Beschaffungsschuld – Risikohaftung 213–219 Beweislast – Beschaffungsrisiko 301 – Garantieübernahme 301 – Kenntnis 299–301 – Sachmangel 164–165 – Untersuchungspflichten 299–301 – Vertragswidrigkeit 42 – Vertretenmüssen 220–224, 319– 321, 345–346, 355, 365, 371–372 CISG s. UN-Kaufrecht Common Law 46–48 Entwicklungsfehler – Haftung 63–67 Ersatz vergeblicher Aufwendungen 244–249 Ersatzlieferung – Sorgfaltspflichten 347–349 Folgeschäden 102, 115–117, 190–195

Garantiehaftung 46–50, 271–273 – negatives Interesse 301–303 Garantieübernahme 212–213 – anfänglich unbehebbarer Mangel 284–288 – behebbarer Mangel 344–345, 350 – Beweislast 301 – nachträglich unbehebbarer Mangel 318 – Schadensersatz neben der Leistung 364–365 – Schadensersatz statt der Leistung 284–288, 318, 344–345, 350 – Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung 370 gebrauchte Sachen 386–388 Großer Schadensersatz 106, 234–236 Haager Kaufrecht 37 – Haftungskonzeption 48–50 Haftung für die Zulänglichkeit des eigenen Geschäftskreises 274–276 Haftungsausschluss – AGB 118–120, 374–391 – anfänglich unbehebbarer Mangel 389–391 – BGB 373–393 – gebrauchte Sachen 386–388 – Gefährdung der Erreichung des Vertragszwecks 382–388 – individualvertragliche Vereinbarung 118–120, 374 – Kardinalpflicht 380–382 – leichte Fahrlässigkeit 119–120, 375–389 – neue Sachen 386–388 – Selbstbelieferungsklauseln 391 – UN-Kaufrecht 118–120 – Verbrauchsgüterkauf 373

Stichwortverzeichnis Haftungsbeschränkungen – AGB 118–120, 374–391 – anfänglich unbehebbarer Mangel 389–391 – BGB 373–393 – gebrauchte Sachen 386–388 – Gefährdung der Erreichung des Vertragszwecks 382–388 – individualvertragliche Vereinbarung 118–120, 374 – Kardinalpflicht 380–382 – leichte Fahrlässigkeit 119–120, 375–389 – neue Sachen 386–388 – Selbstbelieferungsklauseln 391 – UN-Kaufrecht 118–120 – Verbrauchsgüterkauf 373 Harmonisierung, interne 146–150 Hauptleistungspflicht 381–382 Herstellerhaftung – Entwicklungsfehler 63–67 – Haftung für Dritte 68–69 – Haftung für Zulieferer 67 – Haftung nach UN-Kaufrecht 63–67 – typischer Einflussbereich 56, 63– 67 – Unterschied zur Händlerhaftung 341–342 – Untersuchungspflichten 280 – verdeckte Mängel 67 – Verschulden 334–336 Integritätsinteresse 45, 138 ius variandi – Nacherfüllung 232–233 Kardinalpflicht 380–382 Klausel-Richtlinie 376 Kleiner Schadensersatz 234–236, 239–243 Konkurrenz, elektive 232–233 Mangel, anfänglich unbehebbarer 267–306 – Beschaffungsrisiko 289–299 – Garantiehaftung 271–273 – Garantieübernahme 284–288

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– Haftung für die Zulänglichkeit des eigenen Geschäftskreises 274–276 – Haftungsausschluss 389–391 – Haftungsbeschränkung 389–391 – Kenntnis 268, 273 – Unkenntnis, zu vertretende 273– 284 – Untersuchungspflichten 276–282 Mangel, behebbarer 170, 322–355 – Beschaffungsrisiko 345, 350–354 – Garantieübernahme 344–345, 350 – Herstellerverschulden 334–336 – Pflichtverletzung 322–333 – Verschulden 334–344, 347–349 – Vertretenmüssen 333–355 Mangel, nachträglich unbehebbarer 306–322 – Pflichtverletzung 306–317 – Verschulden 317 – Vertretenmüssen 317–322 Mangel, unbehebbarer 170–171, 267– 322 Mangelfolgeschaden 137–139, 176– 177, 380–381 Mangelschaden 137, 176–177, 380– 381 Nachbesserung – Sorgfaltspflichten 349 Nacherfüllung – finanzielles Unvermögen 354–355 – Sorgfaltspflichten 347–349 Nacherfüllungsanspruch – Erlöschen 233–234 Nachfrist – Ablauf 230–232 neue Sachen 386–388 Nichterfüllungsschaden 101 Nutzungsausfallschaden 201–206 Pflichtverletzung – behebbarer Mangel 322–333 – Einfluss des UN-Kaufrechts 142– 144, 255–257, 309–310 – mangelhafte Lieferung 324–326, 331–332 – nachträglich unbehebbarer Mangel 306–317

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Stichwortverzeichnis

– Nichtvornahme der Nacherfüllung 325–332 – Schadensersatz neben der Leistung 360–363 – Schadensersatz statt der Leistung 306–317, 322–333 – Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung 368–370 – Schutzpflichtverletzung 172–174, 361–363 – unerhebliche 251–262 Rechtsangleichung, autonome 146–150 Rechtsbehelfe – Nacherfüllungsanspruch 233–234 – Stufung 228–230 – System im BGB 227–234 – System im UN-Kaufrecht 74–76 Rechtsmangel 165–166 Rügeobliegenheit – nach deutschem Recht 166 – nach UN-Kaufrecht 43–44 Sachmangel 154–163 – Aliud-Lieferung 161 – Beweislast 164–165 – Eignung für gewöhnliche Verwendung 160 – Eignung für vertraglich vorausgesetzte Verwendung 156–159 – Mengenabweichungen 161–163 – Montagefehler 161–163 – öffentliche Äußerungen 161 Schadensersatz bei mangelhafter Lieferung nach BGB – behebbarer Mangel s. Mangel, behebbarer – Beschaffungsrisiko s. dort – Beweislast 219–224, 299–301 – Einfluss des UN-Kaufrechts 135– 151, 255–257 – Garantieübernahme s. dort – Haftungsausschluss s. dort – Haftungsbeschränkung s. dort – Herstellerhaftung s. dort – nach altem Recht 135–139 – Neuregelung 139–142

– Nutzungsausfallschaden 201–206 – Schadensersatz neben der Leistung s. dort – Schadensersatz statt der ganzen Leistung 174–175, 234–236, 243– 244 – Schadensersatz statt der Leistung s. dort – Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung 199–207 – Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung 199–201 – Überblick 193–209 – unbehebbarer Mangel s. Mangel, unbehebbarer – Untersuchungspflichten s. dort – Verschuldensprinzip 210–226 – Verschuldensvermutung 220–221 – Zuweniglieferung 258–262 – Zwischenhändler s. dort Schadensersatz bei mangelhafter Lieferung nach UN-Kaufrecht – Anspruchsgrundlage 40 – Befreiungstatbestände 51–72 – Begleitschäden 101–102 – Beweislast 70 – Erfüllungsinteresse 44 – Folgeschäden 102 – Garantiehaftung 46–50 – Haftung des Zwischenhändlers 57– 63 – Haftung für Dritte 68–69 – Haftung für Entwicklungsfehler 63–67 – Haftung für verdeckte Mängel 61– 63, 67 – Haftung für Vorlieferanten 57–61, 67 – Haftungsausschluss 118–120 – Haftungsbeschränkungen 118–120 – Herstellerhaftung 63–67 – Inhalt 44 – Integritätsinteresse 45 – isolierte Geltendmachung 104–105 – Negatives Interesse 45 – Nichterfüllungsschaden 101 – Schadensarten 101–104

Stichwortverzeichnis – – – – – –

und Erfüllungsanspruch 108 und Minderung 109–110 und Vertragsaufhebung 105–107 Verzögerungsschaden 103 Voraussetzungen 40 Vorhersehbarkeitserfordernis 111– 117 – Wesentliche Vertragsverletzung 76–98, 258 Schadensersatz neben der Leistung 175 – Abgrenzung zum Schadensersatz statt der Leistung 175–197 – Beschaffungsrisiko 365 – Folgeschäden 190–195 – Garantieübernahme 364–365 – Konkurrenzverhältnis zum Schadensersatz statt der Leistung 197– 199 – Nutzungsausfallschaden 201–206 – Pflichtverletzung 360–363 – Schutzpflichtverletzung 361–363 – Verhältnis zu den anderen Rechtsbehelfen 249–250 – Vertretenmüssen 364–365 – Voraussetzungen 360–367 Schadensersatz statt der Leistung 170– 175 – Abgrenzung zum Schadensersatz neben der Leistung 175–197 – behebbarer Mangel s. Mangel, behebbarer – Beweislast 299–301 – Folgeschäden 190–195 – isolierte Geltendmachung 234–236 – ius variandi 232–233, 236–238, 239–243, 243–244 – Konkurrenzverhältnis zum Schadensersatz neben der Leistung 197–199 – Pflichtverletzung 306–317, 322– 333 – Schadensersatz statt der ganzen Leistung 174–175, 234–236, 243– 244 – Schutzpflichtverletzung 172–174

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– unbehebbarer Mangel s. Mangel, unbehebbarer – und Ersatz vergeblicher Aufwendungen 244–249 – und Minderung 243–244 – und Rücktritt 238–243 – Verhältnis zu den anderen Rechtsbehelfen 234–249 – Vertretenmüssen 317–322, 333– 355 – Voraussetzungen 267–359 Schadensersatz wegen Nichterfüllung 105–107 Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung 199–207 – Nutzungsausfallschaden 201–206 – Verzögerung der geschuldeten mangelfreien Leistung 201–206 Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung 199–201 – Beschaffungsrisiko 371 – Garantieübernahme 370 – Pflichtverletzung 368–370 – Verhältnis zu den anderen Rechtsbehelfen 249–250 – Vertretenmüssen 370–371 – Voraussetzungen 368–372 Schutzpflichtverletzung 172–174, 361–363 Selbstbelieferungsklauseln 391 System der Rechtsbehelfe – im BGB 227–234 – im UN-Kaufrecht 74–76

überschießende Umsetzung 130–134 UNCITRAL 37 Unidroit 37 UN-Kaufrecht – Anwendungsbereich 38–39 – Ausschluss 31, 38 – Bedeutung für die Auslegung des BGB 125–152 – Befreiungstatbestände 51–72 – Begleitschäden 101–102 – Beweislast 42, 70

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Stichwortverzeichnis

– Einfluss auf die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 127–129 – Entstehung 37–38 – Folgeschäden 102 – Haftung für Dritte 68–69 – Haftung für Entwicklungsfehler 63–67 – Haftung für verdeckte Mängel 61– 63, 67 – Haftung für Vorlieferanten 57–61, 67 – Haftungsausschluss 118–120 – Haftungsbeschränkungen 118–120 – Herstellerhaftung 63–67 – Mangelhafte Lieferung 40–43 – Nichterfüllungsschaden 101 – Regelungsbereich 38 – Rügeobliegenheit 43–44 – Schadensersatz bei mangelhafter Lieferung 40–45 – Schadensersatz wegen Nichterfüllung 105–107 – System der Rechtsbehelfe 74–76 – Untersuchungsobliegenheit 43 – Vertragsstaaten 37 – Vertragswidrigkeit der Ware 41–43 – Verzögerungsschaden 103 – Vorhersehbarkeitserfordernis 111– 117 – Wesentliche Vertragsverletzung 76–98, 258 Untersuchungspflichten – anfänglich unbehebbarer Mangel 276–282 – Hersteller 280 – Zwischenhändler 277–280 Unvermögen, finanzielles – Einstandspflicht 354–355

Verbrauchsgüterkauf – Beweislastumkehr 164 – Haftungsausschluss 373 – Haftungsbeschränkung 373 Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 127– 130 – Auslegung 127–129

– Sachmangel 156–157 – Schadensersatz 145–146 – überschießende Umsetzung 130 –134 – Umsetzung 129–130 Verdeckte Mängel – Haftung 61–63, 67 Verschuldensprinzip 210–226 – Relativierung 210–226 Verschuldensvermutung 220–221 Vertragsverletzung, wesentliche 76– 98, 258 Vertragswidrigkeit der Ware 41–43 – Aliud-Lieferung 41–42 – Beweislast 42 – Quantitätsmängel 41 Vertretenmüssen – behebbarer Mangel 333–355 – Beschaffungsrisiko s. dort – Beweislast 220–224, 319–321, 345–346, 355, 365, 371–372 – Bezugspunkt 306–317, 322–333, 360–363, 368–370 – finanzielles Unvermögen 354–355 – Garantie s. dort – gescheiterte Nacherfüllung 346– 355 – mangelhafte Ersatzlieferung 347– 349 – mangelhafte Lieferung 333–346 – nachträglich unbehebbarer Mangel 317–322 – Schadensersatz neben der Leistung 364–365 – Schadensersatz statt der Leistung 317–322, 333–355 – Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung 370–371 – Unterlassen der Nacherfüllung 347 – Verschulden 317, 334–344, 347– 349 – Zurechnung Dritter 282–284, 335– 336 Verzögerungsschaden 103 Vorhersehbarkeitserfordernis 111–117 – bestimmte Schäden 114–117 – Folgeschäden 115–117

Stichwortverzeichnis – Funktion 111–113 – Maßstab 113–114 Wahlschuldverhältnis 232–233 Wesentliche Vertragsverletzung 76–98, 258 – anderweitige Verwertung 79–87 – Behebbarkeit des Mangels 87–97 – dynamischer Begriff 91–92 – Falschlieferung 78–97 – Lieferung mangelhafter Ware 77– 98 – Qualitätsmangel 78–97 – Quantitätsmangel 97 – Rechtsmangel 97–98 – Sachmangel 78–97

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Zuweniglieferung 258–262 Zwischenhändler – Haftung für Dritte 68–69 – Haftung für verdeckte Mängel 61– 63 – Haftung für Vorlieferanten 57–61 – Haftung nach UN-Kaufrecht 57–63 – typischer Einflussbereich 56–63 – Unterschied zur Herstellerhaftung 341–342 – Untersuchungspflichten 277–280 – Verschulden 336–341 – Zurechnung des Herstellerverschuldens 336–341