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German Pages 244 Year 2005
Strafrechtliche Abhandlungen Neue Folge · Band 170
Die Abstandnahme des Beteiligten von der Tat im Vorbereitungsstadium Von
Frank Fad
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
FRANK FAD
Die Abstandnahme des Beteiligten von der Tat im Vorbereitungsstadium
Strafrechtliche Abhandlungen · Neue Folge Begründet von Dr. Eberhard Schmidhäuser (†) em. ord. Prof. der Rechte an der Universität Hamburg
Herausgegeben von Dr. Dr. h. c. (Breslau) Friedrich-Christian Schroeder ord. Prof. der Rechte an der Universität Regensburg
in Zusammenarbeit mit den Strafrechtslehrern der deutschen Universitäten
Band 170
Die Abstandnahme des Beteiligten von der Tat im Vorbereitungsstadium Von
Frank Fad
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Zur Aufnahme in die Reihe empfohlen von Professor Dr. Ulrich Weber, Tübingen Die Juristische Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen hat diese Arbeit im Wintersemester 2003 / 2004 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
D 21 Alle Rechte vorbehalten # 2005 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7271 ISBN 3-428-11724-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Meinen Eltern
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Oktober 2002 abgeschlossen und im Wintersemester 2003 / 04 von der juristischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten für die Drucklegung weitgehend bis Mai 2004 berücksichtigt werden; die 2004 erschienene Arbeit von Angerer, Rücktritt im Vorbereitungsstadium, konnte nicht mehr berücksichtigt werden. Mein ganz besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Ulrich Weber für die freundliche Aufnahme an seinem Lehrstuhl, für die Betreuung des Promotionsvorhabens, die stetige Gesprächsbereitschaft, die Erstellung des Erstgutachtens und die Unterstützung bei der Veröffentlichung der Arbeit. Ebenso herzlich danken möchte ich seinem Nachfolger, Herrn Professor Dr. Joachim Vogel, für die Zeit an seinem Lehrstuhl, in der die Arbeit im Wesentlichen entstanden ist. Für die großzügige Unterstützung, die er mir zu Teil werden ließ, sowie die zügige Erstellung des Zweitgutachtens bin ich ihm sehr verbunden. Herrn Professor Dr. Friedrich-Christian Schroeder danke ich für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe der Strafrechtlichen Abhandlungen. Für die kritische Durchsicht der Arbeit bedanke ich mich sehr herzlich bei Herrn Professor Dr. Jörg Eisele, der auch das Thema zu der vorliegenden Dissertation angeregt hat, und bei Herrn Rechtsanwalt Dr. Steffen Krieger. Schließlich danke ich Frau Andrea Pütz und Herrn Dominik Brodowski für ihre Unterstützung bei der Korrektur der Druckvorlage. Tübingen, im Dezember 2004
Frank Fad
Inhaltsverzeichnis 1. Kapitel Einführung
17
A. Stufen der Deliktsverwirklichung und Möglichkeiten der Strafbefreiung . . . . . . . . . . . .
17
B. Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22
C. Rechtsgeschichtlicher Rückblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
I. Straflosigkeit von Vorbereitungshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
II. Strafbarkeit der versuchten Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
D. Grundlagen für die rechtliche Bewertung der Abstandnahme von der Tat vor Versuchsbeginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
I. Grundsätzliche Möglichkeit einer strafbefreienden Abstandnahme . . . . . . . . . . . . . .
33
II. Rechtsfolgen einer fehlgeschlagenen Abstandnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
1. Berücksichtigung im Rahmen der Strafzumessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
2. Prozessuale Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
2. Kapitel Die Abstandnahme des Alleintäters, § 25 Abs. 1 Var. 1 StGB
40
A. Möglichkeit einer analogen Anwendung des § 24 Abs. 1 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
B. Voraussetzungen einer strafbefreienden Abstandnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
I. Möglichkeit einer beendeten Vorbereitungshandlung ohne gleichzeitiges unmittelbares Ansetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
45
II. Unbeendete Vorbereitungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
1. Unbeendete und (noch) untaugliche Vorbereitungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
2. Unbeendete, aber bereits taugliche Vorbereitungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
10
Inhaltsverzeichnis III. Beendete Vorbereitungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
1. Beendete und taugliche Vorbereitungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
a) Straflosigkeit wegen Ausbleibens des unmittelbaren Ansetzens bzw. des Erfolgseintritts oder fehlender Voraussetzungen für die objektive Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
b) Straflosigkeit durch Aufgabe des Vorsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
aa) Beschränkung des Vorsatzerfordernisses auf den Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
bb) Vorsatz bei der Vornahme der Handlung und beim unmittelbaren Ansetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Intellektuelles Element . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Voluntatives Element . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Strafbarkeitslücken und Beweisschwierigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
62 62 64 66
cc) Beschränkung des Vorsatzerfordernisses auf den Zeitpunkt der Vornahme der Tathandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vereinbarkeit mit dem Koinzidenzprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Funktion des unmittelbaren Ansetzens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Straflosigkeit von Vorbereitungshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
67 67 69 72
2. Beendete, aber untaugliche Vorbereitungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
C. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
3. Kapitel Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
77
A. Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
78
I. Einzellösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
79
1. Vorverlagernde Einzellösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
80
2. Einschränkende Einzellösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
82
a) Vereinbarkeit mit der Beteiligungslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
b) Vereinbarkeit mit der Versuchslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
87
II. Gesamtlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
90
B. Die Tat fördernder Tatbeitrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
92
I. Erforderlichkeit eines kausalen Tatbeitrags für die Mittäterschaft . . . . . . . . . . . . . . .
93
1. Anforderungen an die Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
95
2. Anknüpfungspunkt für die Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96
Inhaltsverzeichnis
11
3. Durch das Kausalitätserfordernis entstehende Strafbarkeitslücken . . . . . . . . . . . .
97
4. Das Kausalitätserfordernis als Folge eines Vergleichs mit dem extensiven Täterbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
99
5. Kausalität als Mindestvoraussetzung der Tatherrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 6. Kausalität als Konsequenz des Wortlauts von § 24 Abs. 2 S. 2 Var. 2 StGB . . . 101 7. Kausalität als Erfordernis zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen Mittäterschaft und Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 8. Möglichkeit der Zurechnung der Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 II. Möglichkeit der Beseitigung der fördernden Wirkung bzw. der Verhinderung der Kausalität des eigenen Tatbeitrages im Vorbereitungsstadium . . . . . . . . . . . . . . . 104 C. Vorsatz und gemeinsamer Tatentschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 I. Erforderlichkeit eines gemeinsamen Tatentschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 II. Voraussetzungen für die Aufgabe des gemeinsamen Tatentschlusses . . . . . . . . . . . . 109 1. Bloße innere Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 2. Erklärte Aufkündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 3. Unmöglichkeit einer Aufkündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 4. Differenzierende Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 5. Eigene Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 a) Vorsatz und gemeinsamer Tatentschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 b) Straflosigkeit durch Aufgabe des Vorsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 c) Straflosigkeit durch Aufgabe des gemeinsamen Tatentschlusses . . . . . . . . . . 125 aa) Funktion des gemeinsamen Tatentschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 bb) Voraussetzungen für die Aufgabe des gemeinsamen Tatentschlusses (1) Gemeinsamer Tatentschluss zur Erfüllung des Wortlautes von § 25 Abs. 2 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Gemeinsamer Tatentschluss als Zurechnungsgrundlage . . . . . . . . . . (3) Gemeinsamer Tatentschluss zur Begründung von Solidarität unter den Mittätern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
127 127 128 128
cc) Wirkung der Aufkündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 d) Überprüfung der eigenen Lösung anhand von Fällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 D. Voraussetzungen für die Täterschaft des Abstandnehmenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 I. Subjektive Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 1. Täterwille im Zeitraum bis zur Abstandnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
12
Inhaltsverzeichnis 2. Täterwille im Zeitpunkt der Erbringung des eigenen Tatbeitrages . . . . . . . . . . . . 134 3. Konsequenzen für die Abstandnahme im Vorbereitungsstadium . . . . . . . . . . . . . . 136 II. Tatherrschaftslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 1. Mitwirkung im Ausführungsstadium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 2. Mitwirkung im Vorbereitungsstadium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 III. Auswirkung der Ergebnisse auf die Abstandnahme im Vorbereitungsstadium . . . 141
E. Abstandnahme bei Sonderdelikten und Absichtsdelikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 I. Sonderdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 II. Absichtsdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
4. Kapitel Die Abstandnahme des mittelbaren Täters, § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB
147
A. Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens bei der mittelbaren Täterschaft . . . . . . . . . . . . . 147 I. Meinungsüberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 II. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 B. Möglichkeiten einer strafbefreienden Abstandnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 I. Abstandnahme durch Aufgabe des Vorsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 1. Unbeendete Vorbereitungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 2. Beendete Vorbereitungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 II. Abstandnahme durch Beseitigung der Voraussetzungen für die mittelbare Täterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 1. Beseitigung der objektiven Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 a) Folge des Fehlens der objektiven Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 b) Die einzelnen Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Objektiv tatbestandslos handelnder Tatmittler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Tatmittler verwirklicht nicht den subjektiven Tatbestand . . . . . . . . . . . . . cc) Gerechtfertigt handelnder Tatmittler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Schuldlos oder entschuldigt handelnder Tatmittler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Vollverantwortlich handelnder Tatmittler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
164 164 166 169 169 171
2. Beseitigung der subjektiven Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
Inhaltsverzeichnis
13
5. Kapitel Die Abstandnahme des Anstifters, § 26 StGB
175
A. Regelungsbereich des § 31 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 B. Die objektiven Voraussetzungen der Anstiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 I. Anstiftungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 1. Anforderungen an die Anstiftungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 2. Möglichkeiten der Abstandnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 a) Abstandnahme durch Aufgabe des „Unrechtspakts“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 b) Abstandnahme durch Neutralisation der Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 c) Abstandnahme durch Neutralisation der objektiven Zurechnung . . . . . . . . . . 184 d) Teilweise erfolgreiche Abstandnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 II. Haupttat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 C. Die subjektiven Voraussetzungen der Anstiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 I. Maßgeblicher Zeitpunkt für den Vorsatz des Anstifters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 II. Tatidentität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
6. Kapitel Die Abstandnahme des Gehilfen, § 27 Abs. 1 StGB
196
A. Die objektiven Voraussetzungen der Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 I. Beihilfehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 1. Anforderungen an die Beihilfehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 a) Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 aa) Meinungsüberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 b) Objektive Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 c) Vereinbarkeit des Ergebnisses mit den zum Strafgrund der Teilnahme vertretenen Auffassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 aa) Schuldteilnahmetheorie und Unrechtsteilnahmetheorie . . . . . . . . . . . . . . . 203 bb) Reine Verursachungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
14
Inhaltsverzeichnis cc) Akzessorietätsorientierte Verursachungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 dd) Vermittelnde Auffassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 d) Arten der Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 2. Möglichkeiten der Abstandnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 a) Neutralisation der Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 b) Neutralisation der objektiven Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 c) Anwendung der Lösung auf Beispielsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 II. Haupttat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
B. Die subjektiven Voraussetzungen der Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 I. Nachträgliche vermeintliche Neutralisation der Hilfeleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 II. Tatidentität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
7. Kapitel Zusammenfassung
221
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
Abkürzungsverzeichnis a. A.
andere Ansicht
a. a. O. a. F.
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BGBl BGH
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BGHR BGHSt
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Drucksachen des Bundesrates Drucksache des Deutschen Bundestages
BtMG bzw.
Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz) beziehungsweise
d. h. f.
das heißt folgende
ff. Fn.
die folgenden Fußnote
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Festschrift Goltdammer’s Archiv für Strafrecht
GG
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
ggf. GS
gegebenenfalls Gedächtnisschrift
h. L. h. M.
herrschende Lehre herrschende Meinung
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Herausgeber insbesondere
i. S. i. S. d.
im Sinne im Sinne des
i. S. v. i. V. m.
im Sinne von in Verbindung mit
JA JR
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16 JW KK KK-OWiG m. w. N. LMBG
MDR NJW NK Nr. NStE NStZ o. OLG OWiG RG RGBl RGSt Rn. RStGB S. s. s. o. s. u. SK sog. StGB StPO StraFo StrRÄndG StrRG StV u. u. a. usw. Var. vgl. wistra z. B. zit. ZStW
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1. Kapitel
Einführung A. Stufen der Deliktsverwirklichung und Möglichkeiten der Strafbefreiung Wenn ein Täter eines vorsätzlichen Begehungsdelikts seinen Tatentschluss realisiert, durchläuft das Delikt verschiedene Phasen der Willensverwirklichung: Im Vorbereitungsstadium nimmt der Täter Handlungen vor, die darauf gerichtet sind, geeignete Vorbedingungen für die Tatausführung zu schaffen, ohne dass er damit bereits zur Verwirklichung des jeweiligen Tatbestandes unmittelbar ansetzt1. An das Vorbereitungsstadium schließt sich das Versuchsstadium an. Dieses umfasst den Zeitraum vom unmittelbaren Ansetzen bis zur Vollendung der Tat. Wann eine Tat vollendet ist, muss durch Auslegung der einzelnen im Besonderen Teil des StGB geregelten Tatbestände ermittelt werden. Diese Tatbestände umschreiben zwar jeweils vollendete Delikte, dennoch kann es im Einzelfall durchaus Schwierigkeiten bereiten, den Vollendungszeitpunkt festzustellen2. An die Vollendung kann sich unter Umständen eine Beendigungsphase anschließen3. So sind Dauerdelikte vollendet, sobald der Täter sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht hat, während die Beendigung erst eintritt, wenn der durch das Verhalten des Täters geschaffene rechtswidrige Zustand endet4. Auch bei iterativer Deliktsbegehung ist die Tat erst dann beendet, wenn der Täter den letzten Teilakt vorgenommen 1 Vgl. BGHSt 28, 162 (163 f.); BGH NStZ 1989, 473 f.; Hillenkamp, in: LK, vor § 22 Rn. 5; Lackner / Kühl, vor § 22 Rn. 3; Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 39 Rn. 18; Rudolphi, in: SK, vor § 22 Rn. 1; Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 11 Rn. 7; Tröndle / Fischer, § 22 Rn. 5; Wessels / Beulke, AT, Rn. 602; Zaczyk, in: NK: § 22 Rn. 3. Zu der Frage, ob eine Tathandlung im Einzelfall auch vor dem unmittelbaren Ansetzen vorliegen kann, s. noch u. 2. Kapitel B. I. 2 Vgl. dazu Kühl, in: Roxin-FS, S. 665 (667 f.), der darauf hinweist, dass beispielsweise der Zeitpunkt des Todeseintritts bei den Tötungsdelikten oder der Eintritt des Vermögensschadens in Form einer konkreten Vermögensgefährdung beim Betrug nicht immer unumstritten sind, dazu auch Kühl, JuS 2002, 729 (731). 3 Kritisch Jakobs, AT, 25 / 12, der die Beendigungsphase nicht pauschal als ein eigenständiges Stadium der Deliktsverwirklichung anerkennen will. 4 Eser, in: Schönke / Schröder, vor § 22 Rn. 9; Kühl, AT, § 14 Rn. 22; ders., in: Roxin-FS, S. 665 (676 f.); ders., JuS 2002, 729 (732); Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 131; Zaczyk, in: NK, § 22 Rn. 6. So ist beispielsweise § 239 StGB vollendet, wenn der Täter sein Opfer eingesperrt hat; beendet ist das Delikt dagegen erst, wenn das Opfer wieder frei ist.
2 Fad
18
1. Kap.: Einführung
hat5. Des Weiteren soll bei Delikten mit überschießender Innentendenz die Beendigung erst eintreten, wenn das im Tatbestand nur subjektiv umschriebene Merkmal auch objektiv verwirklicht wird6. Anders als bei der Vollendung lässt sich den einzelnen Tatbeständen aber nicht unmittelbar entnehmen, wann das Delikt beendet ist. Als Beendigung wird der Zeitpunkt angesehen, in dem die Rechtsgutsverletzung endgültig eintritt7. Wann dies der Fall ist, muss durch eine rechtsgutsorientierte teleologische Auslegung des jeweiligen Tatbestandes ermittelt werden8. Aus dem Beendigungsbegriff werden zahlreiche Rechtsfolgen abgeleitet: So beginnt die Verjährung gem. § 78a S. 1 StGB, sobald die Tat beendet ist. Bis zum Zeitpunkt der Beendigung soll eine Beteiligung an der bereits vollendeten Tat noch möglich sein9. Schließlich sollen in der Beendigungsphase noch Qualifikationen des Grundtatbestandes verwirklicht werden können10. Aus dem Beendigungsbegriff können aber auch Rechtsfolgen, die für den Täter günstig sind, abgeleitet werden. So wird Tateinheit durch teilweise Identität der Ausführungshandlungen11 auch dadurch begründet, dass die Überschneidung der Handlungen nur in der Beendigungsphase stattfindet12. 5 Kühl, AT, § 14 Rn. 23; Zaczyk, in: NK, § 22 Rn. 6; vgl. Eser, in: Schönke / Schröder, vor § 22 Rn. 9. 6 Eser, in: Schönke / Schröder, vor § 22 Rn. 6; vgl. auch BGHSt 22, 38 (40 f.). So sei etwa ein Betrug regelmäßig erst dann beendet, wenn der Täter den Vermögensvorteil auch erlangt habe. Ablehnend aber z. B. Hillenkamp, in: LK, vor § 22 Rn. 36; Kühl, in: Roxin-FS, S. 665 (674 f.); ders., JuS 2002, 729 (731 f.). 7 Gropp, AT, § 9 Rn. 9; Kühl, in: Roxin-FS, S. 665 (669); Rudolphi, in: SK, vor § 22 Rn. 7; Zaczyk, in: NK, § 22 Rn. 6. Wessels / Beulke, AT, Rn. 592, weisen darauf hin, dass einerseits nicht alle beliebigen tatfernen Handlungen zur Beendigungsphase gezählt werden können; andererseits dürften aber keine zu engen Grenzen gezogen werden, da ansonsten nicht alle Verhaltensweisen, die von der dem Tatbestand zugrunde liegenden Verbotsnorm erfasst werden, einbezogen werden können. 8 Vgl. Kühl, in: Roxin-FS, S. 665 (669 f., 674); ders., JuS 2002, 729 (732). 9 BGH NStZ 1999, 510; Eser, in: Schönke / Schröder, vor § 22 Rn. 10; Tröndle / Fischer, § 25 Rn. 9. Kritisch dazu Lackner / Kühl, § 25 Rn. 12. A. A. Kühl, AT, § 20 Rn. 127 f., 236 f.; ders., in: Roxin-FS, S. 665 (681 ff.); ders., JuS 2002, 729 (733 f.), der den gemeinsamen Tatentschluss in der Beendigungsphase nur dann genügen lässt, wenn die Beendigung – wie bei der Freiheitsberaubung – zum Tatbestand gehört; Roxin, in: LK, § 25 Rn. 192; Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 49 Rn. 67. 10 BGHSt 2, 344 (346); 20, 194 (197); Tröndle / Fischer, § 25 Rn. 9; Wessels / Beulke, AT, Rn. 591. Die h. L. lässt dagegen die Verwirklichung einer Qualifikation in der Beendigungsphase nicht genügen, s. Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 91; Günther, in: SK, § 250 Rn. 12; Hillenkamp, in: LK, vor § 22 Rn. 37; Kindhäuser, in: NK, § 244 Rn. 13; Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 49 Rn. 74; Wessels / Hillenkamp, BT 2, Rn. 256; im Ergebnis ebenso Kühl, in: Roxin-FS, S. 665 (683 ff.); ders., JuS 2002, 729 (734). 11 Dazu, dass die teilweise Identität der objektiven Ausführungshandlungen zur Begründung von Tateinheit ausreichend ist, BGHSt 22, 206 (208); Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 36 Rn. 28; Jescheck / Weigend, AT, S. 720; Stree, in: Schönke / Schröder, § 52 Rn. 9. 12 BGH NStZ-RR 2000, 367; BGH NStZ 2002, 33; Jescheck / Weigend, AT, S. 720 f.; Rissing-van Saan, in: LK, § 52 Rn. 20; vgl. dazu auch Kühl, JuS 2002, 729 (735 f.); Stree, in: Schönke / Schröder, § 52 Rn. 11 ff.
A. Stufen der Deliktsverwirklichung und Möglichkeiten der Strafbefreiung
19
Vorbereitungshandlungen sind für sich grundsätzlich nicht strafbar13. Ausnahmsweise werden jedoch Vorbereitungshandlungen entweder durch unselbständige Ausdehnung von Taten in das Vorbereitungsstadium14 oder durch Schaffung selbständiger Tatbestände mit Strafe bedroht15. In § 30 StGB werden Vorbereitungshandlungen, die sich als Vorstufe der Beteiligung darstellen,16 unter Strafe gestellt, soweit sie sich auf Verbrechen beziehen. Im Einzelnen wird durch diese Vorschrift die versuchte Anstiftung, das Bereiterklären, die Annahme des Erbietens und die Verabredung zu einem Verbrechen mit Strafe bedroht17. § 30 StGB enthält keine selbständigen Straftaten, sondern dehnt die Strafbarkeit auf gewisse Vorbereitungshandlungen aus18. Die sog. Organisationsdelikte stellen Handlungen, die weit im Vorfeld der Deliktsbegehung liegen19, unter Strafe. Wenn allein die Bildung, das Unterstützen oder die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (§ 129 Abs. 1 StGB) oder in einer terroristischen Vereinigung (§ 129a Abs. 1 StGB) bestraft wird, kann auf den Nachweis eines konkreten Zusammenhangs zwischen der Handlung des Täters und einer bestimmten im Rahmen der Organisation 13 Eser, in: Schönke / Schröder, vor § 22 Rn. 13; Hillenkamp, in: LK, vor § 22 Rn. 6; Lackner / Kühl, vor § 22 Rn. 3; Graul, in: Meurer-GS, S. 89 (95); Wessels / Beulke, AT, Rn. 590; Zaczyk, in: NK, § 22 Rn. 3; ebenso Gropp, in: Gössel-FS, S. 175 (183), mit dem Hinweis, dass dies in einem freiheitlichen Staat selbstverständlich sei. Dazu, dass die meisten ausländischen Rechtsordnungen einen engen Versuchsbegriff zu Grunde legen, so dass Vorbereitungshandlungen grundsätzlich straflos sind, s. Jescheck, ZStW 99 (1987), S. 111 (116 ff.). 14 So z. B. § 83 StGB, der den Anwendungsbereich der §§ 81 und 82 StGB auf Vorbereitungshandlungen ausdehnt (dazu Kühl, JuS 2002, 729), sowie § 234a Abs. 3 StGB, durch den die Vorbereitung einer nach § 234a Abs. 1 StGB strafbaren Verschleppung unter Strafe gestellt wird. 15 Dies ist der Fall, wenn der Gesetzgeber bestimmte Handlungen, die sich materiell als Vorstufe einer anderen Tat darstellen, wegen ihrer typischen Ausprägungen und besonderen Gefährlichkeit in einem eigenständigen Delikt unter Strafe stellt, Hillenkamp, in: LK, vor § 22 Rn. 8; Jescheck / Weigend, AT, S. 524. So z. B. § 96 StGB, der Vorbereitungshandlungen zum Landesverrat (§ 94 StGB) in einem selbständigen Tatbestand mit Strafe bedroht (s. Lackner / Kühl, § 96 Rn. 1) und § 149 Abs. 1 StGB, der die Bestrafung der Vorbereitung der Fälschung von Geld und Wertzeichen als eigenständiges Delikt ermöglicht (s. Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 8 Rn. 54; Lackner / Kühl, § 149 Rn. 1). Durch §§ 264, 265, 265b StGB werden bestimmte Handlungen im Vorfeld des Betruges als selbständige Tatbestände unter Strafe gestellt (s. Arzt / Weber, BT, § 21 Rn. 79, 119; Eser, in: Schönke / Schröder, vor § 22 Rn. 14). Weber, in: Vorverlagerung, S. 1 (15 f.), hält solche Vorverlagerungen insbesondere dann für legitim, wenn der Täter durch seine Handlungen bereits eine von ihm nicht mehr zu kontrollierende Gefahr schafft, die ihn rechtlich dazu verpflichtet, diese rückgängig zu machen. 16 Vgl. dazu z. B. Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 32 Rn. 40; Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 30 Rn. 1. 17 Zur Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift s. noch u. C. II.; zur versuchten Anstiftung s. noch u. 5. Kapitel A. 18 Busch, Teilnahme, S. 117; Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 30 Rn. 1; Roxin, in: LK, § 30 Rn. 1; vgl. auch die Begründung zum Entwurf eines Strafgesetzbuches von 1962 (E 1962), BR-Drucks. 200 / 62, S. 154. 19 Vgl. Muñoz Conde, in: Roxin-FS, S. 607 (618); kritisch zur Vorverlagerung des Rechtsgüterschutzes, Jakobs, ZStW 97 (1985), S. 751 (752 ff.).
2*
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1. Kap.: Einführung
begangenen Tat verzichtet werden20. In §§ 129 Abs. 6, 129a Abs. 5 StGB hat der Gesetzgeber geregelt, unter welchen Voraussetzungen der Täter mit strafbefreiender (oder zumindest mit strafmildernder Wirkung) aus einer solchen Organisation „aussteigen“ kann21. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wann eine Mitgliedschaft in einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung beendet ist. Die Beteiligung als Mitglied i. S. v. §§ 129 Abs. 1 und 129a Abs. 1 StGB setzt das einverständliche Leisten eines aktiven Förderungsbeitrags voraus22. Zwar ist eine fortdauernde aktive Tätigkeit nicht erforderlich, um die Mitgliedschaft aufrecht zu erhalten und so die Beendigung des Dauerdelikts zu verhindern23. Dennoch kann die Mitgliedschaft auch durch eine längere Zeit der Inaktivität und den Abbruch der Beziehungen zu der Vereinigung beendet werden24. Da die Organisationsdelikte selbständige abstrakte Gefährdungsdelikte25 darstellen, die bereits im Vorfeld einer konkreten Tatbegehung vollendet werden, soll das „Aussteigen“ aus solchen Organisationen im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter untersucht werden. Dass Vorbereitungshandlungen im Übrigen straflos seien, ist jedoch nur zutreffend, wenn diese Handlungen keine weiteren Auswirkungen auf eine nachfolgende Deliktsbegehung haben. Wirkt sich eine Vorbereitungshandlung auf die Begehung der Tat aus, kann die Strafbarkeit eines Beteiligten durchaus an diese im Vorfeld geleistete Handlung anknüpfen26. So kann der Teilnehmer wegen vollendeter An20 Heine, in: Einflüsse, S. 101 (105); Jung, in: Einzelverantwortung, S. 175 (185); Vogel, ZStW 114 (2002), S. 403 (415 f.). Obwohl das geltende Strafrecht im Übrigen nicht auf die Erfassung der organisierten Kriminalität als solche, sondern auf Einzeltaten zugeschnitten ist, muss auch (und vor allem) die Verantwortlichkeit des Beteiligten für die Einzeltat als Täter, Anstifter oder Gehilfe untersucht werden, vgl. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 243. Vgl. aber auch Volk, in: Roxin-FS, S. 563 (565 ff.), der darauf hinweist, dass die Differenzierung zwischen Täterschaft und Teilnahme durch die Schaffung von Organisationsdelikten, von Tatbeständen, die an sich typische Teilnahmehandlungen als täterschaftliches Handeln qualifizieren, und von abstrakten Gefährdungsdelikten überspielt wird. Im Strafrecht des Common Law verzichtet die Rechtsfigur der conspiracy auf einen konkreten Zusammenhang zwischen der Handlung des Täters und der Einzeltat, vgl. dazu Muñoz Conde, in: Roxin-FS, S. 607 (619, Fn. 47); Schmid, Strafrecht in den Vereinigten Staaten, S. 206 ff. Dazu, dass sich die Verantwortlichkeit im Völkerstrafrecht auch aus der Beteiligung an einer Personenmehrheit, deren Zweck auf Begehung bestimmter Straftaten gerichtet ist, und der Leistung eines fördernden Tatbeitrages hierzu ergeben kann, Vogel, ZStW 114 (2002), S. 403 (421). 21 Siehe dazu nur Lenckner, in: Schönke / Schröder, § 129 Rn. 18a ff. – Bei § 129a StGB kann das Verfahren gegen den Beschuldigten gem. § 153e Abs. 1 StPO i. V. m. § 120 Abs. 1 Nr. 6 GVG eingestellt werden, wenn er, bevor ihm die Entdeckung seiner Tat bekannt geworden ist, dazu beigetragen hat, eine Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder die verfassungsmäßige Ordnung abzuwenden. 22 Von Bubnoff, in: LK, § 129 Rn. 44; Lenckner, in: Schönke / Schröder, § 129 Rn. 13. 23 BGHSt 29, 114 (120 f.); 288 (294). 24 Siehe dazu BGHSt 46, 349 (357); ebenso Rissing-van Saan, in: 50 Jahre BGH-FS, S. 475 (485 f.), für die Beendigung einer geheimdienstlichen Agententätigkeit i. S. v. § 99 StGB. 25 Lenckner, in: Schönke / Schröder, § 129 Rn. 1. 26 Dazu, dass die Beteiligungshandlung häufig schon vor Versuchsbeginn geleistet wird, s. Haft, JA 1979, 306 (310).
A. Stufen der Deliktsverwirklichung und Möglichkeiten der Strafbefreiung
21
stiftung oder Beihilfe strafbar sein, wenn er seinen Tatbeitrag im Vorbereitungsstadium erbracht hat und die Haupttat zumindest das Versuchsstadium erreicht hat27. Aber auch bei einer täterschaftlichen Verantwortlichkeit besteht die Möglichkeit, dass eine im Vorbereitungsstadium geleistete Handlung die Haftung als Täter begründet. Wenn man bei der mittelbaren Täterschaft annimmt, dass der Versuchsbeginn nicht bereits zwingend mit dem Abschluss der Einwirkung des mittelbaren Täters auf den unmittelbar Handelnden erfolgt, kann eine an sich straflose Tätigkeit im Vorbereitungsstadium eine Verantwortlichkeit als mittelbarer Täter auslösen28. Nach überwiegender Ansicht können auch Handlungen im Vorbereitungsstadium für eine mittäterschaftliche Tatbegehung genügen29. Schließlich ist auch für die Alleintäterschaft zu untersuchen, ob ausnahmsweise Vorbereitungshandlungen die Verantwortlichkeit wegen einer vorsätzlichen Deliktsbegehung begründen können30. Während für den Versuch mit § 24 StGB eine allgemeine Rücktrittsvorschrift existiert, gibt es für die Abstandnahme im Vorbereitungsstadium ebenso wenig eine allgemeine Regelung wie für die Abstandnahme vom vollendeten Delikt. Der Besondere Teil des StGB enthält jedoch für einige Delikte Vorschriften über die tätige Reue, nach denen der Täter trotz Vollendung des Delikts noch Straffreiheit oder wenigstens Strafmilderung erlangen kann. Teilweise wird eine analoge Anwendung dieser Vorschriften über die tätige Reue befürwortet, soweit durch die einzelnen Straftatbestände Vorbereitungshandlungen als vollendete Delikte bestraft werden31. Im Übrigen ist aber ein „Rücktritt“ vom vollendeten Delikt nicht möglich32. In diesem Zusammenhang ist jedoch noch auf die Regelungen der §§ 261 Abs. 10 StGB und 31 Nr. 2 BtMG hinzuweisen, die eine „Kronzeugenregelung“33 enthalten. Nach diesen Vorschriften kann der Täter Straffreiheit oder Straf27 Der Anstifter wird typischerweise im Vorbereitungsstadium tätig, s. nur Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 28 Rn. 7. Dazu, dass die Beihilfe im Vorbereitungsstadium geleistet werden kann, s. BGHSt 2, 344 (345 f.); BGH NJW 1985, 1035 (1036); Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 28 Rn. 7 f.; Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 27 Rn. 13; Joecks, in: MüKoStGB, § 27 Rn. 14; Lackner / Kühl, § 27 Rn. 3; Roxin, in: LK, § 27 Rn. 31; Wessels / Beulke, AT, Rn. 583. 28 Siehe dazu näher u. 4. Kapitel A. Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 28 Rn. 7, weisen darauf hin, dass eine Tat in mittelbarer Täterschaft auch durch Handlungen, die vor der unmittelbaren Tatausführung liegen, begangen werden kann. 29 Siehe dazu näher u. 3. Kapitel D. II. und III. 30 Siehe dazu näher u. 2. Kapitel B. I. 31 So Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 116; Jescheck / Weigend, AT, S. 548; Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 11 Rn. 99. Vgl. dagegen z. B. v. Hippel, Strafrecht 2, S. 413, wonach der Rücktritt von dem Delikt, das die materielle Vollendung darstellt, nicht zur Straffreiheit in Bezug auf die Delikte führt, durch die Vorbereitungs- und Versuchshandlungen selbständig unter Strafe gestellt werden. 32 Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 116. 33 Diese Vorschriften stellen eine sog. „kleine Kronzeugenregelung“ dar, s. BT-Drucks. 12 / 989, S. 28. Auch außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Vorschriften kann ein Geständnis, das einen Beitrag zur Aufklärung der Tat über den eigenen Tatbeitrag hinaus be-
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1. Kap.: Einführung
milderung erlangen, wenn er durch freiwillige Offenbarung seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass die Tat über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus aufgeklärt werden konnte. Für die Abstandnahme im Vorbereitungsstadium enthält lediglich § 31 StGB eine auf § 30 StGB bezogene Rücktrittsregelung. Da die Verantwortlichkeit als Täter oder als Teilnehmer – wie bereits dargelegt34 – möglicherweise schon durch Vorbereitungshandlungen begründet werden kann, stellt sich die Frage, was der Handelnde unternehmen kann, um dieser Verantwortlichkeit wieder zu entgehen. Die Vorschriften über den Rücktritt finden hier zumindest nicht unmittelbar Anwendung, weil § 24 StGB voraussetzt, dass die Tat zumindest in das Versuchsstadium gelangt ist35. Gleichfalls kann § 31 StGB nicht unmittelbar angewandt werden, da diese Vorschrift nach ihrem Wortlaut auf § 30 StGB bezogen ist. Die Problematik, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen der Täter von diesen Vorbereitungshandlungen „zurücktreten“ kann, wurde bisher monographisch noch nicht bearbeitet36 und soll daher im Folgenden näher untersucht werden.
B. Gang der Darstellung Zunächst soll in einem rechtsgeschichtlichen Rückblick die Straflosigkeit der Vorbereitungshandlungen37 sowie die Entwicklung der Strafbarkeit der versuchten Beteiligung38 untersucht werden, soweit dies für die vorliegende Arbeit von Bedeutung ist. Den Abschluss des 1. Kapitels bildet eine kurze Erörterung der für alle Beteiligungsformen geltenden Grundlagen für die rechtliche Beurteilung einer Abstandnahme im Vorbereitungsstadium39. In den folgenden Kapiteln wird die Abstandnahme eines Beteiligten im Vorbereitungsstadium im Hinblick auf die Beteiligungsformen des StGB untersucht. Diese nach den Beteiligungsformen differenzierte Untersuchung erscheint vor allem deshalb notwendig40, weil dem geltenden Recht ein sog. dualistisches System, inhaltet, im Rahmen der Strafzumessung zu Gunsten des Täters berücksichtigt werden, s. nur Stree, in: Schönke / Schröder, § 46 Rn. 39. 34 Siehe oben Seite 20. 35 Siehe nur Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 27 Rn. 3; Graul, in: Meurer-GS, S. 89 (91 f.); Grünwald, in: Welzel-FS, S. 701 (706); Haft, JA 1979, 306 (309); Maurach / Gössel /Zipf, AT 2, § 50 Rn. 88. 36 Siehe zu dieser Problematik aber schon Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 ff., sowie Graul, in: Meurer-GS, S. 89 ff., die sich allerdings auf die Mittäterschaft beschränkt und damit kein schlüssiges Gesamtkonzept vorlegt. 37 Dazu sogleich u. C. I. 38 Siehe dazu u. C. II. 39 Siehe u. D. 40 Für eine nach Beteiligungsformen differenzierte Betrachtung auch Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (746); Zaczyk, in: NK, § 24 Rn. 117.
B. Gang der Darstellung
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das bei Vorsatztaten zwischen Täterschaft und Teilnahme unterscheidet,41 zu Grunde liegt und daher im Einzelfall festgestellt werden muss, welche Beteiligungsform vorliegt. Dabei ist zunächst auf die täterschaftliche Beteiligung – Alleintäterschaft, Mittäterschaft und mittelbare Täterschaft – einzugehen. Anschließend ist die Teilnahme – Anstiftung und Beihilfe – zu untersuchen, weil die Bemühungen des Handelnden um eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium im Einzelfall zwar seine Verantwortlichkeit als Täter, möglicherweise aber nicht diejenige als Teilnehmer entfallen lassen kann. Im 2. Kapitel wird die Abstandnahme des Alleintäters im Vorbereitungsstadium behandelt. Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob die Regelung des § 24 StGB auf eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium analog angewandt werden kann42. Anschließend ist darauf einzugehen, was der Abstandnehmende unternehmen muss, um seine Handlungen so zu neutralisieren, dass er sich nicht strafbar macht43. Das 3. Kapitel betrifft die Abstandnahme des Mittäters. Um den Zeitraum für eine mögliche Abstandnahme im Vorbereitungsstadium festzulegen, muss zunächst darauf eingegangen werden, zu welchem Zeitpunkt der Versuch des Mittäters beginnt44. Danach ist zu erörtern, ob und unter welchen Voraussetzungen der Handelnde durch Neutralisation der einzelnen Voraussetzungen der Mittäterschaft seiner Verantwortlichkeit als Mittäter entgehen kann45. Auch bei der Abstandnahme des mittelbaren Täters, die im 4. Kapitel behandelt wird, ist zunächst der Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens zu klären46. Anschließend ist wiederum zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen seine Verantwortlichkeit als mittelbarer Täter entfallen kann47. Schließlich wird im 5. Kapitel die Abstandnahme des Anstifters und im 6. Kapitel die Abstandnahme des Gehilfen behandelt. Hier ist jeweils zu erörtern, auf welche Weise die objektiven48 und die subjektiven Voraussetzungen49 von Anstiftung und Beihilfe so beseitigt werden können, dass es nicht zu einer Haftung als Teilnehmer kommt.
41 Siehe dazu nur Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 28 Rn. 10; Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, vor § 25 Rn. 1. 42 Siehe dazu u. 2. Kapitel A. 43 Siehe dazu u. 2. Kapitel B. II. und III. 44 Siehe dazu u. 3. Kapitel A. 45 Siehe dazu u. 3. Kapitel B. – E. 46 Siehe dazu u. 4. Kapitel A. 47 Siehe dazu u. 4. Kapitel B. 48 Siehe dazu jeweils 5. Kapitel B. und 6. Kapitel A. 49 Siehe dazu jeweils 5. Kapitel C. und 6. Kapitel B.
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1. Kap.: Einführung
C. Rechtsgeschichtlicher Rückblick I. Straflosigkeit von Vorbereitungshandlungen Eine strafbefreiende Abstandnahme im Vorbereitungsstadium setzt zwingend voraus, dass es überhaupt straflose Vorbereitungshandlungen gibt. Im Folgenden soll deshalb dargestellt werden, seit wann es ein dem strafbaren Versuch vorgelagertes Vorbereitungsstadium gibt. Im mittelalterlichen deutschen Strafrecht war – wie im römischen Strafrecht50 – eine allgemeine Regelung der Versuchsstrafbarkeit unbekannt; es wurden jedoch einzelne Handlungen wegen ihrer objektiven Gefährlichkeit – wie beispielsweise das Schwertzücken – unter Strafe gestellt51. Ansätze zu einer allgemeinen Versuchsstrafbarkeit traten im 14. und 15. Jahrhundert in einigen Stadtrechten auf52. Erst durch die Rezeption des italienischen Strafrechts53 wurde das Versuchsproblem in seiner allgemeinen Bedeutung erkannt54. So enthielten Art. 204 der Bambergischen Halsgerichtsordnung von 1507 und Art. 178 der Peinlichen Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. von 1532 (CCC) erstmals eine allgemeine Definition des Versuchs55. Nach dieser Definition war der Versuch durch das Erfordernis 50 Dem römischen Strafrecht war die Unterscheidung von Vorbereitung, Versuch und Vollendung noch unbekannt (Mommsen, Römisches Strafrecht, S. 95; v. Hippel, Strafrecht 1, S. 71). Die Strafbarkeit setzte stets die Betätigung des rechtsfeindlichen Willens voraus (Mittermaier, Neues Archiv des Criminalrechts, Bd. 2, 1818, S. 602 [610 ff.]; Seeger, Versuch, S. 9; „cogitationis poenam nemo patitur“, Ulpian, Digesten 48. 19. 18). Während im Privatstrafrecht die Strafe an den eingetretenen Schaden geknüpft wurde (Mommsen, a. a. O., S. 96), war die Strafe im öffentlichen Strafrecht an den durch Handlungen betätigten Entschluss geknüpft (Mommsen, a. a. O., S. 97; vgl. auch Seeger, a. a. O., S. 9 f.; Vehling, Vorbereitung, S. 7). Dazu genügten Handlungen, die nach heutiger Rechtslage als Vorbereitungshandlungen angesehen würden. So war beispielsweise das Staatsverbrechen des Überlaufs bereits mit dem Verlassen des römischen Lagers vollendet. 51 Siehe dazu His, Mittelalter, 167 ff.; Rüping / Jerouschek, Strafrechtsgeschichte, Rn. 59; Schmidt, Einführung, S. 72 f.; Weber, in: Vorverlagerung, S. 1 (5); Vehling, Vorbereitung, S. 1. Dies entspricht gewissermaßen den abstrakten Gefährdungsdelikten im geltenden Recht. 52 His, Mittelalter, S. 192 ff. 53 Dazu Schmidt, Einführung, S. 107 ff. 54 Schmidt, Einführung, S. 119 f. 55 Art. 204 der Bambergischen Halsgerichtsordnung lautete: „Jtem So sich yemant einer misstat mit etlichen scheynlichen wercken, die zu volbringung der misstat dienstlich sein mögen, vnderstet vnd doch an volbringung derselbigen misstat durch andere mittel wider seinen willen verhindert wirdt: solicher böser will, darauss etliche wercke, als obstet, volgen, ist peynlich zu straffen . . .“, zitiert nach Buschmann, Textbuch, S. 79. Der nahezu wortgleiche Art. 178 der CCC lautete: „Jtem so sich jemandt eyner missethat mit etlichen scheinlichen wercken, die zu volnbringung der missethatt dienstlich sein mögen, vndersteht, vnnd doch an volnbringung der selben missethat durch andere mittel, wider seinen willen verhindert würde, solcher böser will, darauß etlich werck, als obsteht volgen, ist peinlich zu straffen . . .“, zitiert nach Buschmann, Textbuch, S. 163. Zur Entstehungsgeschichte der CCC und der Bambergischen Halsgerichtsordnung, die deren Vorbild war, s. Radbruch, Gesamtausgabe, S. 315 ff.
C. Rechtsgeschichtlicher Rückblick
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des Vorsatzes und des Anfangs der Ausführung gekennzeichnet. Ob damit auch schon eine Abgrenzung zwischen strafbarem Versuch und straflosen Vorbereitungshandlungen verbunden war, ist allerdings umstritten56. Die Einführung einer allgemeinen Versuchsstrafbarkeit stand in Zusammenhang mit einem Erstarken der staatlichen Macht. Straftaten wurden nicht mehr ausschließlich wegen des durch sie verursachten Schadens, sondern auch wegen des darin zum Ausdruck kommenden Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung verfolgt57. Im Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 (ALR)58 wurden drei Stadien des Versuchs unterschieden. Wenn der Täter zur „Vollziehung des Verbrechens von seiner Seite alles gethan“ hat, der Erfolg aber durch einen Zufall ausgeblieben ist, „so hat er diejenige Strafe, die der ordentlichen am nächsten kommt, verwirkt“59. Dies entspricht nach heutiger Terminologie einem – allerdings nach objektiven Kriterien bestimmten – beendeten Versuch60. Gem. Teil II, 20. Titel, § 41 ALR61 sollte den Täter „die nächste Strafe nach dieser“ treffen, wenn er „durch einen bloßen Zufall an der letzten, zur Ausführung des Verbrechens erforderlichen Handlung gehindert wurde“. Dieses Versuchsstadium ist nach heutiger Terminologie mit dem unbeendeten Versuch vergleichbar, wobei der unbeendete Versuch im geltenden Recht allerdings schon früher einsetzen dürfte. Wenn „schon die vorläufigen Anstalten zu der strafbaren Handlung“ durch Zufall unterbrochen worden waren, so war gem. Teil II, 20. Titel, § 42 ALR62 die „böse Absicht“ des Täters „nach Verhältniß des Fortschrittes zur wirklichen Vollziehung“ zu ahnden. Dieses Versuchsstadium ist im geltenden Recht mit dem Vorbereitungsstadium vergleichbar. Eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium war nach damaliger Rechtslage nicht möglich, denn es gab kein grundsätzlich strafloses Vorbereitungsstadium, weil auch Vorbereitungshandlungen in die Versuchsstrafbarkeit einbezogen waren. Straffreiheit konnte der Täter nur durch einen Rücktritt erlangen63. 56 So etwa Jescheck / Weigend, AT, S. 512; Hillenkamp, in: LK, vor § 22 Rn. 40. Anders jedoch Vehling, Vorbereitung, S. 1 f., 6, wonach sich die Versuchsstrafbarkeit auch auf die heute straflosen Vorbereitungshandlungen erstreckt haben soll. 57 Vgl. dazu Vehling, Vorbereitung, S. 6 f. 58 Zur Entstehungsgeschichte des strafrechtlichen Teils des ALR, das wesentlich von der Kriminalpolitik des aufgeklärten Absolutismus geprägt ist, s. Schmidt, Einführung, S. 251 ff.; ferner Rüping / Jerouschek, Strafrechtsgeschichte, Rn. 195 ff. 59 Teil II, 20. Titel, § 40 ALR, zitiert nach Buschmann, Textbuch, S. 277. 60 Vgl. zur Unterscheidung zwischen beendetem und unbeendetem Versuch noch u. 2. Kapitel, Fn. 1. 61 Zitiert nach Buschmann, Textbuch, S. 277. 62 Zitiert nach Buschmann, Textbuch, S. 277. Vgl. dazu auch Vehling, Vorbereitung, S. 14. 63 Vgl. Teil II, 20. Titel, § 44 ALR: „Wer aus eigner Bewegung von der Ausführung des Verbrechens absteht, und dabey solche Anstalten trifft, daß die gesetzwidrige Wirkung gar nicht erfolgen kann; ingleichen der, welcher durch zeitige Entdeckung der Mitschuldigen, und ihres Vorhabens, die Ausführung desselben hintertreibt, kann auf Begnadigung Anspruch machen“, zitiert nach Buschmann, Textbuch, S. 277.
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1. Kap.: Einführung
Auch nach dem Bayerischen Strafgesetzbuch von 1813, das wesentlich von den Ideen Feuerbachs geprägt war64, wurden sämtliche Vorbereitungshandlungen der Versuchsstrafbarkeit unterworfen65. Hier wurden gleichfalls drei verschiedene Versuchsstadien unterschieden, die für die Strafzumessung relevant waren. Art. 61 Bayerisches StGB behandelte die Konstellation, dass der Täter die Haupthandlung vollständig vorgenommen hat, der Erfolg aber durch Zufall ausgeblieben war. Feuerbach66, der ebenfalls zwischen drei verschiedenen Stufen des Versuchs unterschied, bezeichnete dieses Versuchsstadium als „geendigte Unternehmung“. Eine solche liege vor, wenn alle zur Hervorbringung einer gesetzwidrigen Wirkung erforderlichen Handlungen geschehen sind, ohne dass jedoch der beabsichtigte Erfolg wirklich entstand. Nach Art. 60 Bayerisches StGB sollte ein „nächster Versuch“ vorliegen, „wenn ein strafbarer Versuch der Vollbringung des Verbrechens oder Vergehens so nahe gekommen“ war, „daß der Uebertreter schon in derjenigen Handlung begriffen war, durch welche das Verbrechen oder Vergehen sogleich und unmittelbar in Wirklichkeit gebracht werden sollte“67. Nach Feuerbach68 sollte der „nächste Versuch“ vorliegen, wenn der Täter schon die „Haupthandlung“, also diejenige Handlung, deren Endigung den gesetzwidrigen Erfolg unmittelbar hervorbringen sollte und konnte, vorgenommen hat. Schließlich lag gem. Art. 62 Bayerisches StGB ein (im Vergleich zu den anderen Formen des Versuchs milder zu bestrafender) „entfernter Versuch“ vor, wenn das Geschehen „bei solchen Handlungen stehen geblieben ist, die nur als Vorbereitung zu der das Verbrechen vollführenden Haupthandlung zu betrachten sind.“69 Nach Feuerbach70 sollte ein „entfernter Versuch“ vorliegen, wenn der Täter Handlungen vorgenommen hat, durch die „nur erst der Akt der Vollendung (die Haupthandlung)“ vorbreitet werden sollte. Bei der Mittäterschaft lag gem. Art. 52 Bayerisches StGB71 schon mit der Verabredung der Tat ein strafbarer Versuch vor. Art. 53 Abs. 1 Bayerisches StGB ließ eine strafbefreiende Abstandnahme im Vorbereitungsstadium für den Teilnehmer eines Komplotts zu: „Ein Theilnehmer des Komplotts, welcher bei der Ausführung nicht mitgewirkt, ist nur dann von der Strafe frei, wenn derselbe vor der Aus64 Näher zur Entstehungsgeschichte des Bayerischen StGB von 1813, s. Brandt, Code pénal, S. 258 ff.; Schmidt, Einführung, S. 262 ff., und ferner Rüping / Jerouschek, Strafrechtsgeschichte, Rn. 204. 65 Vgl. Art. 57 Bayerisches StGB: „Ein Versuch ist vorhanden, wenn eine Person, in der Absicht ein Verbrechen zu begehen, äusserliche Handlungen vorgenommen hat, welche auf Vollbringung oder Vorbereitung desselben gerichtet sind“, zitiert nach Buschmann, Textbuch, S. 459, Hervorhebung von Verfasser; vgl. dazu Brandt, Code pénal, S. 309 f. 66 v. Feuerbach, Lehrbuch, S. 36. 67 Zitiert nach Buschmann, Textbuch, S. 460; s. dazu auch Brandt, Code pénal, S. 312 f. 68 v. Feuerbach, Lehrbuch, S. 36 f. 69 Zitiert nach Buschmann, Textbuch, S. 460; s. dazu auch Brandt, Code pénal, S. 313. 70 v. Feuerbach, Lehrbuch, S. 37. 71 „Bei nicht vollendetem Verbrechen ist die Eingehung des Komplotts als Versuch, und zwar, je nachdem die Ausführung nahe oder entfernt gewesen, als nächster oder entfernter Versuch zu bestrafen“, zitiert nach Buschmann, Textbuch, S. 458 f.
C. Rechtsgeschichtlicher Rückblick
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führung der That das Komplott der Obrigkeit angezeigt hat.“72 Die Abstandnahme musste vor der Ausführung der Tat – also nach heutiger Terminologie – im Vorbereitungsstadium erfolgen. Da jedoch die Verabredung bereits als Versuch strafbar war, ist diese Vorschrift eher mit einer Rücktrittsregelung vergleichbar. In Art. 53 Abs. 2 Bayerisches StGB war eine weitere Möglichkeit der Abstandnahme für Teilnehmer des Komplotts geregelt: „Wenn aber derselbe das Komplott zwar nicht der Obrigkeit angezeigt, jedoch den übrigen Theilnehmern oder dem Oberhaupte des Komplotts durch Worte oder Handlungen deutlich erklärt hat, dass er an der Verbindung nicht mehr Theil haben wolle, und demungeachtet das Verbrechen von den übrigen vollzogen worden ist, so soll derselbe bloß als Gehülfe, nach Unterschied der Fälle, bestraft werden.“73 Aus dieser Vorschrift ergibt sich, dass der gemeinsame Tatentschluss beim Komplott aufgekündigt werden konnte. Der Teilnehmer eines Komplotts konnte also der für das Komplott vorgesehenen Strafe entgehen. Seine Verantwortlichkeit reduzierte sich auf diejenige eines Gehilfen. In der Strafrechtswissenschaft des 19. Jahrhundert war – neben dem Problem der Strafbarkeit des untauglichen Versuchs – vor allem umstritten, ob Vorbereitungshandlungen in den Bereich des strafbaren Versuchs einbezogen werden sollten. Einigkeit bestand zwar darüber, dass der bloße Entschluss, der nicht durch äußere Handlungen betätigt wird, nicht strafbar ist74. Nach einer älteren Lehre sollten aber – ebenso wie im Preußischen Allgemeinen Landrecht und im Bayerischen StGB von 1813 – Vorbereitungshandlungen der Versuchsstrafbarkeit unterworfen werden75. Eine neuere Lehre sprach sich dann jedoch für eine restriktive Handhabung aus, so dass Vorbereitungshandlungen straffrei waren76. § 31 des Preußischen Strafgesetzbuches von 185177 enthielt im Anschluss an das französische Recht78 folgende Versuchsvorschrift: „Der Versuch ist nur dann strafbar, wenn derselbe durch Handlungen, welche einen Anfang der Ausführung enthalten, an den Tag gelegt und nur durch äußere, von dem Willen des Thäters unabhängige Umstände gehindert worden oder ohne Erfolg geblieben ist“79. Diese Zitiert nach Buschmann, Textbuch, S. 459. Zitiert nach Buschmann, Textbuch, S. 459. 74 Siehe nur Mittermaier, Neues Archiv des Criminalrechts, Bd. 2, 1818, S. 602 (603 f.). 75 So v. Feuerbach, Lehrbuch, S. 35 f.; Tittmann, Handbuch, Bd. 1, S. 268 f. 76 So Mittermaier, Neues Archiv des Criminalrechts, Bd. 2, 1818, S. 602 (604 ff.); Zachariä, Lehre vom Versuche, Bd. 1, S. 206 ff. (insbes. S. 212). 77 Zur Entstehungsgeschichte des Preußischen StGB siehe z. B. Brandt, Code pénal, S. 375 ff.; v. Hippel, Strafrecht 1, S. 314 ff.; Schmidt, Einführung, S. 315 ff. 78 In Art. 2 des Code pénal von 1810 wurde zur Beschreibung des Versuchsbeginns der Begriff „commencement d’exécution“ verwendet. Zur Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift s. Brandt, Code pénal, S. 127; Vehling, Vorbereitung, S. 10 f. Allgemein zur Entstehungsgeschichte des Code pénal, s. Brandt, a. a. O., S. 97 ff. 79 Zitiert nach Buschmann, Textbuch, S. 545. Vgl. auch Zachariä, Lehre vom Versuche, Bd. 1, S. 203, der ebenfalls auf den „Anfang der Ausführung“ abstellt; dieser „ist dann vor72 73
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1. Kap.: Einführung
Vorschrift eröffnete dem Täter die Möglichkeit der Abstandnahme, indem der freiwillige Rücktritt schon aus der Versuchsdefinition ausgenommen wurde80. Durch das Erfordernis des „Anfangs der Ausführung“ wurden nicht mehr sämtliche Handlungen im Vorfeld der Deliktsverwirklichung der Versuchsstrafbarkeit unterworfen81. Die Vorbereitungshandlungen sollten deshalb straflos sein, weil man der Ansicht war, dass sich in ihnen der verbrecherische Wille nicht in eindeutiger Weise manifestiert82. handen, wenn mit einer Handlung begonnen worden ist, welche als wirklicher Bestandtheil der im Gesetze bedrohten That betrachtet werden kann, wenn also mit der Gesetzesübertretung selbst schon der Anfang gemacht worden ist“. 80 Siehe dazu und zu weiteren Vorschriften, in denen der Rücktritt als negatives Tatbestandsmerkmal der Versuchsdefinition geregelt wird, Lang-Hinrichsen, in: Engisch-FS, S. 353 (366 f., insbes. Fn. 35). 81 Goltdammer, Materialien, S. 261; v. Hippel, Strafrecht 2, S. 393. Bereits der erste Entwurf im Rahmen der Preußischen Gesetzesrevision enthielt in § 77 eine vergleichbare Formulierung: „Der Versuch eines Verbrechens ist strafbar, sobald derselbe durch eine solche äußere Handlung sich offenbart hat, welche als Anfang der Ausführung des beabsichtigten Verbrechens zu betrachten ist.“ (Entwurf des Criminal-Gesetz-Buches von 1827, S. 10, Hervorhebungen im Original, abgedruckt bei Schubert / Regge, Gesetzesrevision, Abt. I, Bd. 1, S. 10). Mit dieser Formulierung sollte ein Zeitpunkt für den Beginn der Versuchsstrafbarkeit festgelegt werden, um straflose Vorbereitungshandlungen von strafbaren Versuchshandlungen abgrenzen zu können. Damit sollte der v. a. von Feuerbach (s. bereits o. Fn. 70) vertretenen Lehre, die eine Versuchsstrafbarkeit bereits mit der ersten von einem verbrecherischen Willen getragenen Handlung annehmen wollte, entgegengewirkt werden, s. Motive zum Ersten Entwurf des Criminal-Gesetzbuches von 1827, S. 104 f., abgedruckt bei Schubert / Regge, Gesetzesrevision, Abt. I, Bd. 1, S. 136 f. Nachdem v. Kamptz, ein Gegner der bürgerlich-liberalen Bewegung, das Ministerium für Gesetzesrevision übernommen hatte, kam es zu Bestrebungen, die Versuchsstrafbarkeit gegenüber den früheren restriktiven Entwürfen auszudehnen. So enthielt § 46 des Entwurfs von 1833 folgende Versuchsdefinition: „Der Versuch eines Verbrechens wird strafbar, sobald derselbe durch eine solche Handlung sich offenbart hat, welche schon auf die Ausführung des beabsichtigten Verbrechens gerichtet ist“ (Revidierter Entwurf des Strafgesetzbuchs für die königlich Preußischen Staaten, 1833, S. 8, abgedruckt bei Schubert / Regge, Gesetzesrevision, Abt. I, Bd. 3, S. 8). Siehe dazu auch die Motive zum revidierten Entwurf des Strafgesetzbuchs für die Preußischen Staaten, 1833, S. 19, abgedruckt bei Schubert / Regge, Gesetzesrevision, S. 277, wonach die ursprüngliche am französischen Code pénal orientierte Formulierung „einer zu beschränkenden Deutung fähig“ war; siehe dazu auch Vehling, Vorbereitung, S. 14. Spätestens seit 1843 orientierte sich der Gesetzgeber wieder verstärkt am Code pénal, so dass schließlich doch die Art. 2 des Code pénal nachgebildete Legaldefinition in das Gesetz aufgenommen wurde, s. dazu Brandt, Code pénal, S. 439 f. Auch in zahlreichen anderen Landesrechten war die bloße Vorbereitung einer Straftat grundsätzlich straflos, s. dazu die Nachweise bei v. Hippel, Strafrecht 2, S. 394, Fn. 2. 82 Goltdammer, Materialien, S. 253; vgl. auch v. Liszt, Lehrbuch, S. 194; Mittermaier, Neues Archiv des Criminalrechts, Bd. 2, 1818, S. 602 (606). Weitgehend ungeklärt war jedoch, wie diese Abgrenzung zwischen Versuch und strafloser Vorbereitung zu erfolgen habe. Insbesondere war umstritten, ob auch Fälle des „entfernten Versuchs“ im Einzelfall als „Anfang der Ausführung“ angesehen werden konnten, vgl. dazu Goltdammer, Materialien, S. 265 ff. Vgl. auch Motive zum Ersten Entwurf des Criminal-Gesetzbuches von 1827, S. 105, zitiert bei Schubert / Regge, Gesetzesrevision, Abt. I, Bd. 1, S. 137, wo darauf hingewiesen wird, dass eine Begrenzung der Versuchsstrafbarkeit erforderlich sei, weil anderenfalls „fast nur allein die Absicht gestraft werden würde“.
C. Rechtsgeschichtlicher Rückblick
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Die Versuchregelung des Reichsstrafgesetzbuchs von 1871 lehnte sich an die Fassung des Preußischen StGB von 1851 an83. Gem. § 43 RStGB wurde wegen Versuchs bestraft, „wer den Entschluß, ein Verbrechen oder Vergehen zu verüben, durch Handlungen, welche einen Anfang der Ausführung dieses Verbrechens oder Vergehens enthalten, bethätigt hat, ( . . . ) wenn das beabsichtigte Verbrechen oder Vergehen nicht zur Vollendung gekommen ist“84. Demnach war anerkannt, dass es grundsätzlich straflose Vorbereitungshandlungen gibt85. Das nationalsozialistische Willensstrafrecht 86 führte zu einer Ausdehnung der Versuchsstrafbarkeit87. Nach den Anhängern des Willensstrafrechts ergibt sich die Strafwürdigkeit eines Verhaltens nicht aus der mit der Tat verbundenen Rechtsgutsverletzung, sondern aus dem verbrecherischen Willen des Täters88. Deshalb sollte das Strafrecht „möglichst früh und mit aller Macht“89 eingreifen. Diesem Grundsatz entsprechend sollte die Strafbarkeit bereits einsetzen, wenn der Täter einen Entschluss zur Ausführung der Straftat gefasst und dieser durch die Vornahme entsprechender Handlungen in Erscheinung getreten ist90. Zunächst wurde erwogen, dieses Ziel durch die weitgehende Schaffung von Unternehmensdelikten zu erreichen, wobei der Begriff des „Unternehmens“ neben der Vollendung und dem Versuch möglicherweise auch noch Teile des bisherigen Vorbereitungsstadiums erfassen sollte91. Später wurde geplant, die Vorverlagerung durch eine Änderung der Versuchsdefinition vom „Anfang der Ausführungen“ zum „Beginn der Tat“ zu erreichen92. Von diesen Tendenzen beeinflusst dehnte das Reichsgericht in seiner Rechtsprechung die Versuchsstrafbarkeit teilweise auf weit im Vorfeld der Tatbegehung liegende Handlungen aus93. Dennoch sollten selbst nach nationalsozialistischer Anschauung Vorberei83 Das Reichsstrafgesetzbuch vom 15. 05. 1871 beruht – abgesehen von wenigen redaktionellen Änderungen – auf dem am 31. 05. 1870 verkündeten Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund. Diesem diente im Wesentlichen das Preußische Strafgesetzbuch von 1851 als Vorbild. Vgl. näher zur Entstehungsgeschichte des Reichsstrafgesetzbuchs Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 47 ff.; Schmidt, Einführung, S. 343 f.; vgl. ferner Rüping / Jerouschek, Strafrechtsgeschichte, Rn. 232 f. 84 RGBl 1871, 127 (135). 85 v. Liszt, Lehrbuch, S. 194 f.; Wachenfeld, Lehrbuch, S. 171 f., mit dem Hinweis, dass sich die Rechtsordnung durch zu weit im Vorfeld liegende Handlungen noch nicht in Gefahr befinde. 86 Freisler, in: Das kommende deutsche Strafrecht, S. 9 (13). Vgl. eingehend zur Lehre vom Willensstrafrecht Hartl, Willensstrafrecht, S. 75 ff. 87 Vogel, ZStW 115 (2003), S. 638 (658 ff.). 88 Freisler, in: Grundzüge, S. 13 und 71; v. Gemmingen, JW 1933, 2371 (2372 f.). 89 Freisler, in: Das kommende deutsche Strafrecht, S. 9 (20). 90 Freisler, in: Grundzüge, S. 13. 91 Kerrl, Nationalsozialistisches Strafrecht, S. 133 f. 92 Gürtner / Freisler, Das neue Strafrecht, S. 137; Mezger, Deutsches Strafrecht, S. 125. 93 Siehe z. B. RGSt 72, 66 f., wonach ein Betrugsversuch gegenüber der Einbruchsversicherung bereits dann vorliegen soll, wenn mit der Inszenierung des Einbruchs begonnen wird, und RGSt 77, 172 ff., wonach ein versuchter Betrug vorliegen soll, wenn der Täter noch Gehilfen für seine Tatausführung sucht. Auch in der früheren Rechtsprechung des Bundes-
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1. Kap.: Einführung
tungshandlungen grundsätzlich straflos bleiben, weil der sich zur Tat Rüstende noch nicht „Feind des Volkes und seiner Lebensordnung“ sei94 und eine bloße rechtsfeindliche Gesinnung mit den Mitteln des Strafrechts nicht bekämpft werden solle und könne95. Der oben erwähnten Tendenz der Rechtsprechung zur Ausdehnung der Versuchsstrafbarkeit sollte im E 1962 entgegengewirkt werden. Daher wurde in § 26 Abs. 2 E 1962 das Erfordernis des unmittelbaren Ansetzens eingeführt96. Durch das in dieser Vorschrift enthaltene Unmittelbarkeitserfordernis sollte der teilweise von der Rechtsprechung vorgenommenen weiten Vorverlagerung der Versuchsstrafbarkeit entgegengewirkt werden97. In § 24 des Alternativ-Entwurfs eines Strafgesetzbuches (AE) wird die Begriffsbestimmung des Versuchs folgendermaßen gefasst: „Den Versuch einer Straftat begeht, wer nach seinem Tatplan zu ihrer Verwirklichung unmittelbar ansetzt“. Durch diese Vorschrift sollte gegenüber § 26 E 1962 in der Sache keine abweichende Regelung getroffen werden, lediglich die Formulierung sollte vereinfacht werden. Demnach wollten auch die Verfasser des Alternativentwurfs der Ausdehnung der Versuchsstrafbarkeit in das Vorbereitungsstadium entgegenwirken98. Der Gesetzgeber hat sich bei der Fassung des geltenden § 22 StGB weitgehend den Vorschlag des Alternativentwurfes zu Eigen gemacht. Auch er beabsichtigte, durch das Unmittelbarkeitserfordernis eine enge Anbindung des Versuchs an den Tatbestand des jeweiligen Deliktes zu erreichen99.
II. Strafbarkeit der versuchten Beteiligung Das Reichsstrafgesetzbuch enthielt in seiner ursprünglichen Fassung keine Vorschrift, durch die die versuchte Beteiligung unter Strafe gestellt wurde100. Erst gerichtshofs setzte sich diese Tendenz teilweise noch fort. Siehe z. B. BGHSt 6, 302 (304), wonach schon die Verabredung mit dem Opfer den Versuchsbeginn zum Verleiten zur Verübung oder Duldung unzüchtiger Handlungen i. S. v. § 176 Abs. 1 Nr. 3 StGB a. F. darstellen kann. 94 Freisler, in: Grundzüge, S. 13 f.; ders., in: Das kommende Deutsche Strafrecht, S. 9 (21 f.); Kerrl, Nationalsozialistisches Strafrecht, S. 134 f. 95 Gürtner / Freisler, Das neue Strafrecht, S. 137 f. Unter den Vertretern des Willensstrafrechts bestand allerdings keine Einigkeit über ein geeignetes Abgrenzungskriterium zwischen strafloser Vorbereitung und strafbarem Versuch, vgl. dazu eingehend Hartl, Willensstrafrecht, S. 208 ff., m. N. 96 Diese Vorschrift lautet: „Den Anfang der Ausführung bildet eine Handlung, durch die der Täter mit der Verwirklichung des Tatbestandes beginnt oder unmittelbar dazu ansetzt.“ 97 BR-Drucks. 200 / 62, S. 144. 98 AE, AT, S. 61. 99 Siehe dazu z. B. Corves, in: Protokolle über die Sitzungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform V, S. 1745, 1747, und Dreher, a. a. O., S. 1746; BT-Drucks. 5 / 4095, S. 11; Roxin, in: Einführung, S. 16 f.; vgl. auch Vehling, Vorbereitung, S. 52. 100 Vgl. dazu, dass die versuchte Teilnahme als nicht strafbar angesehen wurde, Busch, Teilnahme, S. 43 ff.
C. Rechtsgeschichtlicher Rückblick
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durch die Novelle vom 26. 02. 1876101 wurden in § 49a RStGB die Aufforderung zur Begehung eines Verbrechens oder zur Teilnahme an einem Verbrechen, das Erbieten zur Begehung oder zur Teilnahme an einem Verbrechen und die Annahme eines solchen Erbietens unter Strafe gestellt, sofern dies schriftlich oder mit der Gewährung von Vorteilen verknüpft war. Vorausgegangen waren kontroverse Debatten im Reichstag102. Die Vorschrift wurde zwar als § 49a RStGB in den Abschnitt Teilnahme eingefügt, sie erhielt jedoch einen selbständigen Strafrahmen. Demzufolge wurde diese Regelung vielfach nicht als Strafausdehnungsgrund103, sondern als selbständiger Tatbestand104 angesehen, durch den das Rechtsgut der Autorität der Staatsgewalt105, der rechtstreuen Gesinnung des Bürgers106 oder der Sicherheit der Person107 geschützt werde. Durch die Strafrechtsangleichungsverordnung vom 29. 05. 1943108 dehnte der nationalsozialistische Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 49a RStGB weiter aus. Die Einschränkung der Strafbarkeit bei mündlichen Erklärungen wurde gestrichen. Es wurde bereits der Eintritt in ernstliche Verhandlungen über die Begehung eines Verbrechens unter Strafe gestellt. Nach dem neu gefassten § 49a Abs. 3 RStGB war auch die erfolglose Beihilfe strafbar. Dies führte dazu, dass Vorbereitungshandlungen eines erfolglos gebliebenen Gehilfen – im Gegensatz zur Tatvorbereitung des Haupttäters selbst – strafbar sein konnten. Gerechtfertigt wurde dieses Ergebnis mit der Begründung, dass der Gehilfe anders als der Haupttäter das weitere Geschehen nicht mehr beeinflussen könne109. Nach 1945 wurde § 49a StGB a. F. überwiegend als gültig angesehen. So seien die in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommenden Tendenzen zu einem Willensstrafrecht nicht typisch nationalsozialistisch, sondern bereits zuvor in der Rechtsprechung des Reichsgerichts bei der subjektiven Versuchstheorie anerkannt gewesen110. Gleichwohl beseitigte der Gesetzgeber im 3. StrRÄndG
101 RGBl 1876, 25 (36). Der historische Anlass war das Erbieten des belgischen Kesselschmieds Duchesne in drei Briefen gegenüber dem Erzbischof von Paris, D’Affre, gegen Zahlung von 60 000 Franken Bismarck zu ermorden. Dieses Angebot wurde von D’Affre jedoch abgelehnt. Gleichwohl führte die Aufdeckung dieses Mordplans zu diplomatischen Verwicklungen zwischen der deutschen und der belgischen Regierung. Die deutsche Regierung ersuchte Belgien, ein derartiges Verhalten künftig nach belgischem Recht unter Strafe zu stellen. Belgien kam diesem Wunsch nach. Im Anschluss daran wurde auch eine entsprechende Vorschrift in das deutsche RStGB aufgenommen, s. dazu eingehend Busch, Teilnahme, S. 47 ff.; Letzgus, Vorstufen, S. 87 f.; Roxin, in: LK, § 30 vor Rn. 1. 102 Dazu Busch, Teilnahme, S. 50 ff. 103 So die heute ganz h. M., s. dazu die Nachweise in Fn. 18. 104 v. Liszt, Lehrbuch, S. 563 f.; vgl. ferner Wachenfeld, Lehrbuch, S. 552. 105 So v. Liszt, Lehrbuch, S. 564. 106 So Binding, BT, Bd. 2, 2, S. 838; zuletzt noch Mayer, AT, S. 341. 107 So RGSt 37, 45 (46). 108 RGBl I 1943, 339. 109 Vgl. dazu Etzel, Aufhebung, S. 180; Werle, Justiz-Strafrecht, S. 432 f. Siehe auch Busch, Teilnahme, S. 100 f., der darauf hinweist, dass die versuchte Beihilfe kein strafwürdiges Verhalten darstellt.
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1. Kap.: Einführung
vom 04. 08. 1953111 die Strafbarkeit der versuchten Beihilfe112 und des Eintritts in ernsthafte Verhandlungen113. Die Variante der Aufforderung wurde in eine versuchte Anstiftung umformuliert. Im Übrigen hielt der Gesetzgeber an der Strafbarkeit der Verbrechensverabredung fest. Die Verabredung zwischen den Beteiligten erzeuge nämlich häufig eine psychische Bindungswirkung, die es dem einzelnen Beteiligten wesentlich schwerer mache, im Vorbereitungsstadium von der Tat abzustehen, als dies beim Alleintäter der Fall wäre114. Ebenso hielt der E 1962 aus diesen Gründen an der Strafbarkeit der versuchten Anstiftung und der Verbrechensverabredung fest115. Insbesondere die Verfasser des AE sahen auch diese neu gefasste Vorschrift im Hinblick auf die Rechtsstaatlichkeit als bedenklich an116. Dennoch wurde diese Regelung im Wesentlichen117 der Fassung des geltenden § 30 StGB, die auf dem 2. StrRG beruht118, zu Grunde gelegt. Auf die Strafbarkeit der Verbrechensverabredung wollte der Gesetzgeber vor allem wegen der von ihr ausgehenden psychischen Bindungswirkung nicht verzichten119.
110 BGHSt 1, 59 (60 f.); ebenso BT-Drucks. 1 / 3713, S. 31; vgl. dazu Werle, Justiz-Strafrecht, S. 433 f., sowie allgemein zu derartiger Argumentation Vogel, ZStW 115 (2003), S. 638 (640 ff.). 111 BGBl. I 1953, 735. Zu den durch den Rechtsausschuss gegenüber der Fassung des Gesetzesentwurfs empfohlenen redaktionellen Änderungen, s. BT-Drucks. 1 / 4250, S. 13 f. Durch das 3. StrRÄndG sollte neben technischen Anpassungen eine Bereinigung des Strafgesetzbuches hinsichtlich der noch verbliebenen Eingriffe des nationalsozialistischen Gesetzgebers erfolgen. Des Weiteren sollte das StGB an die Vorgaben des Grundgesetzes angepasst werden. Eine umfassende Reform sollte aber erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, s. BT-Drucks. 1 / 3713, S. 18 f. 112 In BT-Drucks. 1 / 3713, S. 31 wird darauf hingewiesen, dass die versuchte Beihilfe nicht strafwürdig ist, weil der Gehilfe für einen Beitrag zu bloßen Vorbereitungshandlungen bestraft würde, die für den Haupttäter straflos sind. 113 In deren Strafbarkeit sah der Gesetzgeber eine Überspannung, da die ernsthaften Verhandlungen weit entfernte Vorbereitungshandlungen seien, BT-Drucks. 1 / 3713, S. 31. 114 BT-Drucks. 1 / 3713, S. 31. 115 Siehe die Begründung zu § 35 des E 1962, BR-Drucks. 200 / 62, S. 154: „Wer als einzelner ein Verbrechen plant, kann jederzeit wieder davon abstehen. Ist hingegen eine Bindung mehrerer eingetreten, so ist es für jeden von ihnen weit schwerer, sich wieder hieraus zu lösen und den Einfluß, den er bereits auf andere ausgeübt hat, wieder rückgängig und unwirksam zu machen.“ 116 AE, AT, S. 67; kritisch z. B. auch Kohlrausch / Lange, § 49a Anm. I bis III. 117 Zum einen wurde klargestellt, dass die versuchte Anstiftung auch in der Form der Kettenanstiftung möglich ist, vgl. dazu die Begründung zum E 1962, auf dem die Fassung des geltenden § 30 StGB im Wesentlichen beruht, BR-Drucks. 200 / 62, S. 153 f. Zum anderen ist die Strafmilderung nicht mehr fakultativ sondern zwingend. Die niedrigere Strafdrohung wurde eingeführt, um sie von der Strafdrohung für die versuchte oder vollendete Tat deutlich abzuheben, s. Begründung zum E 1962, BR-Drucks. 200 / 62, S. 154. 118 BGBl. I 1969, 717, s. dazu BT-Drucks. 5 / 4095, S. 13. 119 Sturm, in: Protokolle des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform V, S. 1830 f. Des Weiteren hielt Dreher, a. a. O., S. 1832, die Strafbarkeit der Verbrechensverabredung für erforderlich, um bei schweren Verbrechen rechtzeitig eingreifen zu können. Dagegen sah
D. Grundlagen für die rechtliche Bewertung der Abstandnahme
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D. Grundlagen für die rechtliche Bewertung der Abstandnahme von der Tat vor Versuchsbeginn Bemühungen des Täters um eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium können bei der Strafzumessung berücksichtigt werden, da ein Täter, der versucht, von der Deliktsverwirklichung noch vor Versuchsbeginn abzustehen, weniger strafwürdig erscheint als ein solcher, der an seinem Vorhaben festhält120. Bemühungen um eine Abstandnahme können auch prozessuale Folgen haben, indem etwa eine Einstellung des Verfahrens möglich wird121. Vorrangig ist jedoch die Frage, ob sich der Täter, der sich um eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium bemüht, überhaupt strafbar gemacht hat. Daher ist zunächst zu untersuchen, ob der Täter die Möglichkeit hat, von Vorbereitungshandlungen strafbefreiend „zurückzutreten“ 122.
I. Grundsätzliche Möglichkeit einer strafbefreienden Abstandnahme Der Täter kann gem. § 24 StGB selbst nach dem Eintritt in das Versuchsstadium unter den dort genannten Voraussetzungen strafbefreiend zurücktreten. Wenn sich die Tat erst im Vorbereitungsstadium befindet, ist die Rechtsgutsgefährdung regelmäßig noch geringer. Daraus folgt, dass es grundsätzlich erst recht möglich sein muss, vor dem Eintritt in das Versuchsstadium von einem bereits gefassten Tatentschluss Abstand zu nehmen und so straflos zu bleiben. Zu beachten ist freilich, dass es sich beim Rücktritt vom Versuch nach h. M. um einen persönlichen Strafaufhebungsgrund123 handelt oder nach einer Mindermeinung124 die Schuld entfällt. Daraus folgt ein entscheidender konstruktiver UnMüller-Emmert, a. a. O., S. 1832, in der Strafbarkeit der versuchten Verbrechensverabredung die Gefahr eines Gesinnungsstrafrechts. 120 Siehe dazu noch u. II. 1. sowie Fn. 33. 121 Siehe dazu noch u. II. 2. und Fn. 21. 122 Dazu sogleich unter I. 123 So RGSt 72, 349 (350); BGH StV 1982, 1; Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 27 Rn. 5; Jescheck / Weigend, AT, S. 548; Krey, AT 2, Rn. 456; Lackner / Kühl, § 24 Rn. 1; Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 4; Weber, in: Lenckner-FS, S. 435 (445); Vogel / Fad, JuS 2002, 786 (787); Vogler, in: LK, 10. Aufl., § 24 Rn. 22; Wessels / Beulke, AT, Rn. 626. 124 So sehen beispielsweise Haft, AT, S. 234; ders., JA 1979, 306 (311), und Rudolphi, in: SK, § 24 Rn. 6, den Rücktritt als Entschuldigungsgrund an; Streng, ZStW 101 (1989), S. 273 (322 ff. insbes. 324), sieht den Rücktritt als „,Schuldaufhebungsgrund‘ oder ,Schuldtilgungsgrund‘“ an; auch Zaczyk, in: NK, § 24 Rn. 6, bezeichnet den Rücktritt als Schuldaufhebungsgrund; Roxin, in: Heinitz-FS, S. 251 (273 ff.), sieht im Rücktritt einen „Schuldausschließungsgrund“; nach Jakobs, AT, 26 / 2, soll der Rücktritt „eine Tatänderung auf allen Stufen des Delikts“ darstellen. 3 Fad
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1. Kap.: Einführung
terschied zwischen der Abstandnahme vor Versuchsbeginn und dem Rücktritt nach Versuchsbeginn. Bei einer Abstandnahme im Vorbereitungsstadium bleibt der Täter straffrei, wenn er den Tatbestand nicht (und auch nicht in Form eines strafbaren Versuchs) verwirklicht. Bei einem Rücktritt i. S. v. § 24 StGB bleibt der Täter trotz Verwirklichung des Versuchstatbestandes straffrei. Dies gilt gleichfalls für § 31 StGB, denn in diesen Fällen hat der Täter bereits den Tatbestand des § 30 StGB verwirklicht. Für die Abstandnahme vor Versuchsbeginn kommt es daher darauf an, ob es dem Täter gelingt, die bereits vor Versuchsbeginn geschaffenen auf eine Tatbestandsverwirklichung gerichteten Voraussetzungen so zu neutralisieren, dass es nicht zur Tatbestandesverwirklichung kommt. Straffrei bleibt der Täter, wenn die nach der jeweiligen Beteiligungsform erforderlichen Voraussetzungen für die Zurechnung der Tat nicht vorliegen. Eine strafbefreiende Abstandnahme im Vorbereitungsstadium ist deshalb bei allen Beteiligungsformen in der Weise möglich, dass der Abstandnehmende die Voraussetzungen, die die Zurechnung der Tat begründen, entweder gar nicht erst schafft oder, soweit er sie bereits geschaffen hat, im Vorbereitungsstadium wieder neutralisiert. Deshalb steht bei der Abstandnahme im Vorbereitungsstadium die Problematik, ob dem Abstandnehmenden die Tat nach der jeweiligen Beteiligungsform zugerechnet werden kann, im Vordergrund. Diese Zurechnung setzt in objektiver Hinsicht Kausalität des Verhaltens des Handelnden für ein tatbestandsmäßiges Geschehen voraus. Was der Anknüpfungspunkt für die Kausalität ist, muss bei den einzelnen Beteiligungsformen näher erörtert werden125. Aus dem Kausalitätserfordernis ergibt sich die Möglichkeit für einen Beteiligten, von der geplanten Tat Abstand zu nehmen, indem er verhindert, dass sein Verhalten für das tatbestandsmäßige Geschehen kausal wird. Nach überwiegender Meinung ist die Kausalität aber keine hinreichende Voraussetzung für die Zurechnung. Erforderlich ist neben dem tatsächlichen Element der Kausalität ein wertendes Element der objektiven Zurechnung126. Dass die reine 125 Dass der Alleintäter eine für den Erfolg der Tat kausale Handlung vornehmen muss, ist weitgehend anerkannt (Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 14 Rn. 1 ff.; Jescheck / Weigend, AT, S. 277; Joecks, in: MüKo-StGB, vor § 13 Rn. 305; Kühl, AT, § 4 Rn. 7; Lenckner, in: Schönke / Schröder, vor § 13 Rn. 71 / 72; Wessels / Beulke, AT, Rn. 154. Vgl. aber auch Derksen, GA 1993, 163 ff., insbes. 176, der versucht, die Täterschaftslehre ausschließlich aus dem Gedanken der objektiven Zurechnung heraus zu begründen). Ob dies für alle Beteiligungsformen gilt, ist dagegen zweifelhaft. Um genaue Aussagen über das Bestehen tatbestandlich relevanter Kausalitätsbeziehung treffen zu können, muss zum einen die Frage beantwortet werden, worin die Tathandlung besteht [siehe dazu noch 2. Kapitel B. III. 1. b) cc) (3)]. Zum anderen muss feststehen, für welches Ereignis diese Handlung kausal sein muss. Während dies beim Alleintäter, beim mittelbaren Täter und beim Anstifter der tatbestandliche Erfolg ist, kann bei anderen Beteiligungsformen zweifelhaft sein, ob der Beteiligte einen für den Erfolg der Haupttat kausalen Tatbeitrag leisten muss, s. zur Mittäterschaft u. 3. Kapitel B. I. und zur Beihilfe 6. Kapitel A. I. 1. a). 126 Jescheck / Weigend, AT, S. 277 f.; Ebert / Kühl, Jura 1979, 561 (562); Kühl, AT, § 4 Rn. 4, 36 ff.; Lackner / Kühl, vor § 13 Rn. 14; Otto, Jura 1992, 90 (91); Maurach / Zipf, AT 1, § 18 Rn. 36; Rengier, in: Roxin-FS, S. 811; Rudolphi, in: SK vor § 1 Rn. 57; Wessels / Beulke, AT, Rn. 154 f.; Wolff-Reske, Erfolgsverursachung, S. 87 ff.
D. Grundlagen für die rechtliche Bewertung der Abstandnahme
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Kausalität die strafrechtliche Verantwortlichkeit allein nicht begründen kann, ist allgemein anerkannt127. Würde man jede (vorsätzliche) kausale Erfolgsverursachung unter Strafe stellen, so würde dies zu unangemessenen und sachlich nicht zu rechtfertigenden Freiheitseinschränkungen führen128. Wenn ein Handelnder keine oder nur eine rechtlich erlaubte Gefahr für ein Rechtgut schafft, kann ihm der Erfolg – unabhängig davon, ob er vorsätzlich handelt – nicht zugerechnet werden129. Der objektive Tatbestand ist also nur erfüllt, wenn der Täter eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen und sich diese im Erfolg realisiert hat130. Gegen die Anwendung der Lehre von der objektiven Zurechnung bei Vorsatzdelikten wird eingewandt, sie sei überflüssig, weil allein schon durch das Vorsatzerfordernis nicht strafwürdiges Verhalten ausgeschieden werden könne131. Dem kann entgegengehalten werden, dass die „Filterfunktion“ des Vorsatzes gerade in den Fällen versagt, in denen es dem Täter darauf ankommt, durch atypische Kausalverläufe oder durch freiverantwortliches Opferverhalten einen bestimmten Erfolg herbeizuführen132. Weiterhin wird kritisiert, die Lehre von der objektiven Zurechnung mache die Erfolgszurechnung von normativen Wertungen abhängig, die erst auf der Ebene der Rechtswidrigkeit relevant seien133. Dem Unrechtstatbestand kommt die Funktion zu, Verhaltensweisen zu erfassen, die typischerweise Unrecht darstellen134. Ein Verhalten, das sich nicht als Schaffung eines rechtlich missbilligten Risikos darstellt, und ein Erfolg, in dem sich kein rechtlich missbilligtes Risiko realisiert, ist aber kein typisches Unrecht. Deshalb scheidet die Lehre von der objektiven Zurechnung nicht strafwürdiges Verhalten zu Recht schon auf der Ebene des Tatbestandes aus135. Schließlich wird gegen die Lehre von der objektiven ZuSiehe nur Kühl, AT, § 4 Rn. 37. Ebert / Kühl, Jura 1979, 561 (569); Frisch, in: Roxin-FS, S. 213 (222 f.). 129 Roxin, in: Honig-FS, S. 133 (144); vgl. auch Ebert / Kühl, Jura 1979, 561 (570); Rengier, in: Roxin-FS, S. 811 (811 f.); vgl. ferner Jakobs, in: Lackner-FS, S. 53 (54 ff.), wonach durch eine bloße Variation innerhalb eines identisch bleibenden Risikos die Erfolgszurechnung nicht begründet werden kann, da die strafrechtlichen Normen das Ziel verfolgen, riskantes Verhalten zu verhindern. 130 Siehe nur Jescheck, in: LK, vor § 13 Rn. 64; Kühl, AT, § 4 Rn. 43; Lenckner, in: Schönke / Schröder, vor § 13 Rn. 92; Otto, Jura 1992, 90 (97); Roxin, AT 1, § 11 Rn. 44; Rudolphi, in: SK, vor § 1 Rn. 57; Wessels / Beulke, AT, Rn. 179; Wolff-Reske, Erfolgsverursachung, S. 91. 131 Hirsch, in: Lenckner-FS, S. 119 (122 ff.); Küpper, Strafrechtsdogmatik, S. 96 ff. 132 Frisch, in: Roxin-FS, S. 213 (227). Beispiele hierfür sind die vielzitierten (s. nur Lenckner, in: Schönke / Schröder, vor § 13 Rn. 93), aber wenig praxisrelevanten Erbonkel-Fälle: Der Neffe überredet seinen reichen Erbonkel zu einer Flugreise in der Hoffnung, dass das Flugzeug abstürzen wird. Tatsächlich stürzt das Flugzeug ab. Ein Vorsatz kann in diesem und in ähnlichen Fällen aber nicht immer verneint werden, Ebert / Kühl, Jura, 1979, 561 (569); vgl. Schünemann, GA 1999, 207 (220). 133 Maiwald, in: Miyazawa-FS, S. 465, (475 ff.); Stratenwerth, AT, 3. Aufl., Rn. 230; vgl. auch Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 14 Rn. 100; Küpper, Strafrechtsdogmatik, S. 94 ff. 134 Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 116 ff.; Kühl, AT, § 3 Rn. 2; Lenckner, in: Schönke / Schröder, vor § 13 Rn. 43 ff. 135 Frisch, in: Roxin-FS, S. 213 (227); Kühl, AT, § 4 Rn. 44. 127 128
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1. Kap.: Einführung
rechnung eingewandt, sie müsse im Rahmen der Beurteilung, ob ein rechtlich missbilligtes Risiko geschaffen werde, auch subjektive Momente – wie beispielsweise Sonderwissen des Täters – berücksichtigen, so dass die Zurechnungsfrage in Wahrheit überhaupt nicht nach objektiven Gesichtspunkten beurteilt werde136. Zu beachten ist jedoch, dass die Gefahrenprognose, in die notwendigerweise subjektive Elemente einfließen, nicht mit dem Tatbestandsvorsatz gleichgesetzt werden kann137. Dieser Umstand spricht deshalb auch nicht grundsätzlich gegen die Lehre von der objektiven Zurechnung. Dass sich im tatbestandsmäßigen Geschehen ein rechtlich relevantes Risiko realisieren muss, ist Voraussetzung jeder strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Dementsprechend ist die objektive Zurechnung nicht nur bei der Täterschaft, sondern bei allen Beteiligungsformen erforderlich138. Aus dem Erfordernis der objektiven Zurechnung ergibt sich demnach für alle Beteiligungsformen eine weitere grundsätzliche Möglichkeit der Abstandnahme im Vorbereitungsstadium. Der Abstandnehmende kann darauf hinwirken, dass die Voraussetzungen der objektiven Zurechnung nicht eintreten, indem er verhindert, dass er ein rechtlich missbilligtes Risiko schafft oder dass sich ein von ihm geschaffenes Risiko realisiert. Schließlich muss der Beteiligte bei den für die vorliegende Untersuchung relevanten Vorsatzdelikten vorsätzlich handeln. Fehlt diese Voraussetzung, so entfällt die strafrechtliche Verantwortlichkeit wegen einer Vorsatztat. Daraus ergibt sich für den Abstandnehmenden eine weitere grundsätzliche Möglichkeit, der Verantwortlichkeit wegen vorsätzlicher Begehung eines Delikts zu entgehen, wenn er in dem für die Zurechnung maßgeblichen Zeitpunkt keinen Tatbestandsvorsatz besitzt. Wann dieser Zeitpunkt ist, muss für die einzelnen Beteiligungsformen noch näher untersucht werden139.
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Vgl. Struensee, GA 1987, 97 (98 f., 105); Armin Kaufmann, in: Jescheck-FS, S. 251
(265). Frisch, in: Roxin-FS, S. 213 (230). So auch Wolff-Reske, Erfolgsverursachung, S. 107, die ihre Ansicht auch damit begründet, dass die Teilnahme einen eigenen Rechtsgutsangriff des Teilnehmers erfordere, s. dazu noch u. 6. Kapitel A. I. 1. a). Davon, dass die objektive Zurechnung bei allen Beteiligungsformen vorauszusetzen ist, geht beispielsweise auch Roxin, in: Honig-FS, S. 133 (146), aus, wenn er annimmt, dass für eine täterschaftliche Erfolgszurechnung neben dem Kriterium der objektiven Zurechnung auch noch Tatherrschaft oder die Verletzung einer Sonderpflicht erforderlich ist. 139 Siehe dazu für den Alleintäter 2. Kapitel B. III. 1. a), für den Mittäter 3. Kapitel C. II. 5. b), für den mittelbaren Täter 4. Kapitel B. II. vor 1., für den Anstifter 5. Kapitel C. I. und für den Gehilfen 6. Kapitel B. vor I. 137 138
D. Grundlagen für die rechtliche Bewertung der Abstandnahme
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II. Rechtsfolgen einer fehlgeschlagenen Abstandnahme 1. Berücksichtigung im Rahmen der Strafzumessung Wenn die Bemühungen eines Beteiligten, von der Tat im Vorbereitungsstadium Abstand zu nehmen, erfolglos geblieben sind, kann dies an der Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens zwar nichts mehr ändern. Dennoch bleibt zu untersuchen, ob diese erfolglosen Bemühungen auf Rechtsfolgenseite bei der Strafzumessung zu berücksichtigen sind. Für die Strafzumessung ist gem. § 46 Abs. 2 S. 2 StGB das Bemühen des Täters, den Schaden wieder gut zu machen, von Bedeutung. Die erfolglosen Bemühungen um eine Abstandnahme sind freilich nicht auf Wiedergutmachung des Schadens gerichtet, sie zielen vielmehr darauf ab, den Schaden gar nicht erst eintreten zu lassen. Da der Katalog des § 46 Abs. 2 S. 2 StGB nicht abschließend ist, können und müssen bei der Strafzumessung auch andere als die dort genannten Umstände berücksichtigt werden140. Dementsprechend müssen alle schuld- und präventionsrelevanten Umstände in die Strafzumessung einfließen141. So ist auch der freiwillige „Rücktritt“ von der Beendigung der Tat strafmildernd zu berücksichtigen142. In die Strafzumessung kann nicht nur das Verhalten nach der Tat einfließen. Vielmehr muss auch das Verhalten während der Tatbegehung und im Vorbereitungsstadium berücksichtigt werden. Die Bemühungen des Täters, den Schadenseintritt zu verhindern, sind demnach zumindest in gleicher Weise für das Maß seiner Schuld von Bedeutung wie spätere Bemühungen zur Schadenswiedergutmachung143. Das Nachtatverhalten kann nur berücksichtigt werden, wenn es eine innere Beziehung zur Tat aufweist, da ansonsten die Gefahr eines Gesinnungsstrafrechts besteht144. Diese innere Beziehung ist im Vorbereitungsstadium regelmäßig sogar intensiver als beim Nachtatverhalten. Da beim Nachtatverhalten erfolglose Bemühungen zur Schadensbeseitigung berücksichtigt werden können145, steht die Erfolglosigkeit der Abstandnahme im Vorbereitungsstadium einer strafmildernden Berücksichtigung nicht entgegen146. Der bei der Tat aufgewendete 140 Franke, in: MüKo-StGB, § 46 Rn. 51; Gribbohm, in: LK, § 46 Rn. 74; Lackner / Kühl, § 46 Rn. 32; Stree, in: Schönke / Schröder, § 46 Rn. 10; Tröndle / Fischer, § 46 Rn. 56. 141 Lackner / Kühl, § 46 Rn. 32. 142 Stree, in: Schönke / Schröder, § 46 Rn. 40. Vgl. auch Tröndle / Fischer, § 46 Rn. 47, wonach alle im Gesetz nicht geregelten Fälle der tätigen Reue berücksichtigt werden können. 143 Gores, Rücktritt, S. 29, zieht insoweit sogar einen Erst-recht-Schluss. Vgl. dazu, dass auch die Vorgeschichte der Tat für die Strafzumessung relevant sein kann, z. B. Schäfer, Strafzumessung, Rn. 357. 144 So die h. M.: z. B. BGH NJW 1979, 1835; Schäfer, Strafzumessung, Rn. 356; Stree, in: Schönke / Schröder, § 46 Rn. 39. 145 Gribbohm, in: LK, § 46 Rn. 211, der jedoch auch darauf hinweist, dass eine erfolgreiche Schadenswiedergutmachung stärker ins Gewicht fällt, als eine erfolglose. 146 Dazu, dass in der von § 31 Abs. 1 StGB geregelten Situation das erfolglose Bemühen des Täters, die anderen Beteiligten von der Tatausführung abzuhalten, bei der Strafzumessung berücksichtigt werden kann, s. Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 31 Rn. 13.
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1. Kap.: Einführung
Wille ist ein für die Strafzumessungsschuld bedeutender Umstand147. Wenn der Wille zur Tatbegehung durch die Bemühungen des Täters um eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium in sein Gegenteil umgekehrt wird, so kann dies zumindest als Indiz dafür gewertet werden, dass die vom Täter aufgewandte kriminelle Energie geringer ist als bei einem Täter, der keine Bemühungen zur Abstandnahme entfaltet. Die Bemühungen des Beteiligten, den Schadenseintritt im Vorbereitungsstadium zu verhindern, können aber nur dann strafmildernd berücksichtigt werden, wenn sie freiwillig geschehen. Beim Nachtatverhalten reichen unfreiwillige Bemühungen zur Schadenswiedergutmachung für eine Strafmilderung jedenfalls dann nicht aus, wenn sie erfolglos geblieben sind148. Durch unfreiwillige erfolglose Verhinderungsbemühungen wird nämlich das Unrecht der Tat weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht gemindert. Die Schadenswiedergutmachung wirkt sich nur dann positiv auf die Strafzumessung aus, wenn die Bemühungen zumindest vom Täter veranlasst wurden149. Dementsprechend können die Verhinderungsbemühungen im Vorbereitungsstadium auch nur dann strafmildernd berücksichtigt werden, wenn sie zumindest durch ein Verhalten des Abstandnehmenden veranlasst worden sind. Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass freiwillige erfolglose Bemühungen des Täters um eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium bei der Strafzumessung strafmildernd berücksichtigt werden können. 2. Prozessuale Folgen Erfolglose Bemühungen um eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium können zudem prozessuale Konsequenzen haben. Sie können nämlich bei Vergehen zu einer Einstellung des Verfahrens nach § 153 StPO oder § 153a StPO führen. Für die Beurteilung, ob eine geringe Schuld i. S. v. § 153 Abs. 1 S. 1 StPO vorliegt oder die Schwere der Schuld einer Einstellung nicht entgegensteht (§ 153a Abs. 1 S. 1 StPO), kommt es auf die Gesamtheit derjenigen Umstände an, die bei der Strafzumessung von Bedeutung sind150. Wie oben bereits dargelegt, wirken sich freiwillige Bemühungen des Täters um eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium strafmildernd aus. Deshalb können solche Bemühungen des Abstandnehmenden auch dazu führen, dass eine geringe Schuld i. S. v. § 153 Abs. 1 S. 1 StPO oder keine schwere Schuld i. S. v. § 153a Abs. 1 S. 1 StPO vorSchäfer, Strafzumessung, Rn. 337. Stree, in: Schönke / Schröder, § 46 Rn. 40; ferner Bruns, Strafzumessungsrecht, S. 609, der darauf hinweist, dass eine Wiedergutmachung durch Dritte regelmäßig außer Betracht bleibt. Vgl. auch Gribbohm, in: LK, § 46 Rn. 213 f., der zwar auch eine erzwungene Schadenswiedergutmachung berücksichtigen will. Dies soll jedoch nicht für erfolglose Bemühungen gelten, weil diese für den Geschädigten bedeutungslos sind. 149 Vgl. Stree, in: Schönke / Schröder, § 46 Rn. 40. 150 Beulke, in: LR, § 153 Rn. 24; § 153a Rn. 31; Eisele, NZV 1999, 232; Schoreit, in: KK, § 153 Rn. 18. 147 148
D. Grundlagen für die rechtliche Bewertung der Abstandnahme
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liegt151. Bei Vergehen können vergebliche Bemühungen des Täters um eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium zu einer Einstellung des Verfahrens führen, sofern auch die übrigen Voraussetzungen dafür erfüllt sind.
151 Vgl. Beulke, in: LR, § 153 Rn. 27, und Schoreit, in: KK, § 153 Rn. 19, die darauf hinweisen, dass das Bemühen des Täters um eine Schadenswiedergutmachung berücksichtigt werden kann. Daher ist – wie oben bereits ausgeführt – das Bemühen, den Schaden gar nicht erst eintreten zu lassen, ebenfalls zu berücksichtigen.
2. Kapitel
Die Abstandnahme des Alleintäters, § 25 Abs. 1 Var. 1 StGB Im Folgenden soll untersucht werden, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine Abstandnahme des Alleintäters von der Tat im Vorbereitungsstadium möglich ist.
A. Möglichkeit einer analogen Anwendung des § 24 Abs. 1 StGB Wenn der Alleintäter nach Eintritt in das Versuchsstadium von der Tat Abstand nimmt, kann er eine Strafbefreiung nur unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 StGB erlangen. Im Falle eines unbeendeten Versuchs muss der Täter nach h. M.1 gem. § 24 Abs. 1 S. 1 Var. 1 StGB freiwillig die weitere Ausführung der Tat 1 Nach überwiegender Ansicht regelt § 24 Abs. 1 S. 1 Var. 1 StGB Fälle des unbeendeten Versuchs, während der beendete Versuch von § 24 Abs. 1 S. 1 Var. 2 StGB erfasst wird, z. B. Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 6; Haft, AT, S. 238 f.; Jescheck / Weigend, AT, S. 540 f.; Joecks, § 24 Rn. 11; Kindhäuser, § 24 Rn. 7; Krey, AT 2, Rn. 475 f.; Kühl, AT, § 16 Rn. 2; Lilie / Albrecht, in: LK, § 24 Rn. 92; Mitsch, in: Baumann-FS, S. 89 (95); Otto, AT, § 19 Rn. 8; Rudolphi, in: SK, vor § 22 Rn. 5a, § 24 Rn. 15; Tröndle / Fischer, § 24 Rn. 14; Wessels / Beulke, AT, Rn. 631; ebenso unterscheidet die Rechtsprechung die Fallgruppen des unbeendeten und des beendeten Versuchs, s. nur BGHSt 33, 295 (297); 35, 90 (92). Vgl. bereits v. Liszt, Lehrbuch, S. 195, der zwischen beendetem und unbeendetem Versuch unterscheidet, die Abgrenzung aber nach objektiven Kriterien vornimmt. v. Hippel, Strafrecht 2, S. 403, 411, stellt dagegen für die Abgrenzung zwischen beendetem und unbeendetem Versuch auf den Tatplan ab. Auch dem Gesetzgeber ist die Unterscheidung zwischen beendetem und unbeendetem Versuch nicht fremd, was sich aus der Begründung zu § 28 Abs. 1 des E 1962, der mit § 24 Abs. 1 S. 1 StGB nahezu wörtlich identisch ist, ergibt: „Absatz 1 unterscheidet in herkömmlicher Weise zwischen dem Rücktritt vom noch nicht beendeten und dem Rücktritt vom beendeten Versuch“, BR-Drucks. 200 / 62, S. 145. Von einer verbreiteten Ansicht wird die Verwendung der im Gesetz nicht enthaltenen Begriffe des „beendeten“ und des „unbeendeten“ Versuchs kritisiert, weil sich die Rücktrittsprüfung am Wortlaut des Gesetzes und nicht an im Gesetz nicht enthaltenen Begriffen zu orientieren habe. So z. B. Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 27 Rn. 12; v. Heintschel-Heinegg, ZStW 109 (1997), S. 29 (33 ff.); Herzberg, NJW 1991, 1633 (1633 f.); ders., in: MüKo-StGB, § 22 Rn. 64 f.; Jäger, Rücktritt, S. 27 ff.; Krauß, JuS 1981, 883 (885); Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 41 Rn. 16 f.; Pahlke, Rücktritt, S. 111; Scheinfeld, JuS 2002, 250 (251 f.); v. Scheurl, Rücktritt, S. 43 f.; Schliebitz,
A. Möglichkeit einer analogen Anwendung des § 24 Abs. 1 StGB
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aufgeben; bei einem beendeten Versuch muss er gem. § 24 Abs. 1 S. 1 Var. 2 StGB freiwillig die Vollendung der Tat verhindern. Beim vermeintlich vollendbaren Versuch gem. § 24 Abs. 1 S. 2 StGB kann der Täter zurücktreten, indem er sich freiwillig und ernsthaft um die Verhinderung der Vollendung bemüht. Diese Variante kommt insbesondere beim untauglichen Versuch, beim objektiv fehlgeschlagenen Versuch sowie beim Eingreifen Dritter in Betracht, sofern der Täter die Tat noch für ausführbar hält2. Alle Rücktrittsvarianten setzen freiwilliges Handeln des Täters voraus3. Im Fall des beendeten Versuchs genügt die bloße Aufgabe der weiteren Ausführung der Tat nicht; der Täter muss vielmehr eine bestimmte Rücktrittshandlung vornehmen, indem er die Vollendung der Tat verhindert. Um vom vermeintlich vollendbaren Versuch gem. § 24 Abs. 1 S. 2 StGB zurückzutreten, muss sich der Täter ernsthaft um die Verhinderung der Vollendung bemühen. Zu untersuchen ist, ob die Regelung des § 24 Abs. 1 StGB auf die Abstandnahme von der Tat im Vorbereitungsstadium entsprechende Anwendung finden kann. Dies hätte zur Folge, dass der Abstandnehmende freiwillig handeln und die weitere Ausführung der Tat aufgeben bzw. eine bestimmte Rücktrittshandlung vornehmen müsste. Voraussetzung für eine analoge Anwendung ist eine planwidrige Regelungslücke und eine vergleichbare Interessenlage des geregelten und des nicht geregelten Falls4. Der Gesetzgeber hat den „Rücktritt“ des Alleintäters im Vorbereitungsstadium nicht geregelt. Gegen eine Regelungslücke5 könnte jedoch schon der Umstand sprechen, dass Vorbereitungshandlungen grundsätzlich straflos sind6 und daher keine entsprechende Regelung erforderlich ist7. Für die Annahme einer Regelungslücke spricht allerdings, dass im Einzelfall auch ein Täter, der nur im Vorbereitungsstadium gehandelt hat, strafbar sein kann, wenn die Tat aufgrund der schon erbrachten Vorbereitungshandlungen in das Versuchsstadium gelangt8. Die Frage, ob eine Regelungslücke besteht, kann jedoch dahingestellt bleiben, wenn es an einer vergleichbaren Interessenlage fehlt. Dazu sind zunächst die Zwecke der Erfolgszurechnung, S. 81 f.; Ulsenheimer, Rücktritt, S. 148. Aber selbst von diesen kritischen Stimmen wird teilweise zugestanden, dass die Begriffe zur Systematisierung der verschiedenen Fallkonstellationen nützlich sind, s. z. B. Baumann / Weber / Mitsch, a. a. O.; Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 41 Rn. 17. Da es für die Zwecke dieser Untersuchung nicht auf die Subsumtion von Lebenssachverhalten unter die Rücktrittsvorschriften, sondern auf eine Analyse der in Betracht kommenden Fallgestaltungen ankommt, wird sich die Untersuchung im Folgenden an diesen Begriffen orientieren. 2 Joecks, § 24 Rn. 30; Kühl, AT, § 16 Rn. 83 f.; Lilie / Albrecht, in: LK, § 24 Rn. 210 ff. 3 Siehe nur Lilie / Albrecht, in: LK, § 24 Rn. 147. 4 Vgl. dazu Larenz, Methodenlehre, S. 381; Vogel, Juristische Methodik, S. 133 f. 5 Allein der Umstand, dass das Gesetz zu einem Sachverhalt „schweigt“, führt noch nicht zu einer Regelungslücke; indem der Gesetzgeber einen bestimmten Sachverhalt nicht regelt, kann er auch zum Ausdruck bringen, dass es ein bestimmtes Rechtsinstitut gerade nicht geben soll, Larenz / Canaris, Methodenlehre, S. 191. 6 Siehe dazu bereits o. 1. Kapitel A.; zur historischen Entwicklung s. o. 1. Kapitel C. I. 7 Vgl. auch o. 1. Kapitel D. I. 8 Siehe dazu bereits o. 1. Kapitel A. und speziell für den Alleintäter noch u. B. I.
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2. Kap.: Die Abstandnahme des Alleintäters, § 25 Abs. 1 Var. 1 StGB
Rücktrittsvorschrift des § 24 StGB zu ermitteln9. Anschließend ist zu fragen, ob diese jeweils auch für die Abstandnahme von der Tat im Vorbereitungsstadium maßgeblich sind. Nach der sog. kriminalpolitischen Theorie10 dient die Rücktrittsregelung dazu, dem Täter eine „goldene Brücke“ zurück in die Legalität zu bauen. Wenn der Täter weiß, dass er sich schon wegen Versuchs strafbar gemacht hat, besteht für ihn wenig Anreiz, auf die Vollendung der Tat zu verzichten, weil er ohnehin strafbar ist. Häufig wird hier der Gedanke des Opferschutzes mit einbezogen. Der durch die Aussicht auf Strafaufhebung geschaffene Anreiz, von der Vollendung der Tat abzusehen, kommt nämlich auch den durch den Täter bedrohten Rechtsgütern des Opfers zu Gute11. Diese Gedanken sind auf die Abstandnahme im Vorbereitungsstadium nicht übertragbar. Da Vorbereitungshandlungen als solche grundsätzlich straflos sind12, besteht für den Täter auch kein Anreiz, durch die Abstandnahme Straffreiheit zu erlangen13. Zwar besteht für den Täter der Anreiz, sich nicht strafbar zu machen, indem er im Vorbereitungsstadium von der Tat Abstand nimmt. Dieser Anreiz beruht jedoch nur auf der allgemeinen generalpräventiven Wirkung, die mit der Androhung einer Strafe für ein tatbestandsmäßiges Verhalten bezweckt wird14. Teilweise wird der Grund der Rücktrittsregelung auch in der Verdienstlichkeit des freiwilligen Rücktritts gesehen (sog. Verdienstlichkeitstheorie). Der freiwillige Rücktritt gleicht bis zu einem gewissen Grad das durch den Versuch verwirklichte Unrecht wieder aus und lässt auf diese Weise die Strafwürdigkeit des Täters entfallen15. Dieser Gedanke lässt sich gleichfalls nicht auf die Abstandnahme im Vorbreitungsstadium übertragen, denn der Täter hat durch seine straflosen Vorbereitungshandlungen noch kein Unrecht verwirklicht16, das er wieder ausgleichen müsste. 9 Da sich die verschiedenen Erwägungen zum Grund des Rücktritts häufig ergänzen, ist eine Entscheidung schwierig und zumeist nicht notwendig, Kudlich, JuS 1999, 240 (241); ähnlich Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 2b; Kühl, AT, § 16 Rn. 4. 10 RGSt 6, 341 (342 f.); Kohlrausch / Lange, § 46 Anm. I; Puppe, NStZ 1984, 488 (490). 11 BGHSt 39, 221 (232). 12 Zwar können Vorbereitungshandlungen im Einzelfall eine spätere Strafbarkeit des Handelnden auslösen (s. o. 1. Kapitel A.). Im Zeitpunkt der Vornahme der Vorbereitungshandlung hat sich der Täter allerdings noch nicht strafbar gemacht. Die Strafbarkeit tritt nämlich erst dann ein, wenn die Tat in das Versuchsstadium gelangt ist. 13 Ebenso Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (748). 14 Nach der Theorie von der negativen Generalprävention soll allein schon die Androhung einer Strafe abschreckende Wirkung entfalten. Die Wirkung dieser Androhungsgeneralprävention lässt sich freilich empirisch nur schwer nachweisen, kann andererseits aber auch nicht generell ausgeschlossen werden, s. dazu Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 3 Rn. 26 ff. 15 Jescheck / Weigend, AT, S. 539; Schröder, JuS 1962, 81; wohl auch Wessels / Beulke, AT, Rn. 626. 16 Auch wenn Vorbereitungshandlungen eine spätere Strafbarkeit auslösen können, hat der Täter allein durch seine Vorbereitungshandlungen noch kein strafwürdiges Unrecht verwirklicht. Erst mit Überschreiten der Versuchsschwelle liegt strafwürdiges Unrecht vor.
A. Möglichkeit einer analogen Anwendung des § 24 Abs. 1 StGB
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Nach der sog. Strafzwecktheorie17 reduziert sich die Strafwürdigkeit des Täters im Fall eines Rücktritts vom Versuch, weil weder unter dem Gesichtspunkt der Spezialprävention noch unter dem Gesichtspunkt der Generalprävention eine Bestrafung des Täters erforderlich erscheint. Bei einer Abstandnahme im Vorbereitungsstadium könnte sich eine Strafwürdigkeit nur aus der rechtsfeindlichen Gesinnung des Täters ergeben. Diese reicht aber ohnehin nicht für eine Bestrafung des Täters aus18, was sich aus der Straflosigkeit bloßer Vorbereitungshandlungen ergibt. Da Handlungen im Vorbreitungsstadium – abgesehen von Vorfeldtatbeständen – als solche nicht strafbar sind19, kann der Gedanke der Strafzwecktheorie nicht auf diese Konstellation übertragen werden. Keiner der Gründe, die zur Rechtfertigung der Regelung des § 24 Abs. 1 StGB herangezogen werden, können also auf die Abstandnahme von der Tat im Vorbereitungsstadium übertragen werden. Es steht somit fest, dass keine vergleichbare Interessenlage im Sinne einer Analogie zwischen der Abstandnahme im Vorbereitungsstadium und dem Rücktritt nach Versuchsbeginn besteht. Deshalb sind die Voraussetzungen der Rücktrittsvorschrift – insbesondere das Erfordernis eines bestimmten Rücktrittsverhaltens und die Freiwilligkeit – für eine Abstandnahme vor Versuchsbeginn ohne Bedeutung20. Soweit die analoge Anwendung der Rücktrittsvorschriften die Möglichkeit einer strafbefreienden Abstandnahme einschränken würde, würde dies im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG Bedenken hervorrufen, da es sich um eine Analogie zu Lasten des Täters handeln würde. Erfüllt aber ein Verhalten des Täters im Vorbereitungsstadium die strengen Voraussetzungen des § 24 StGB, dann spricht viel dafür, erst Recht eine strafbefreiende Abstandnahme zuzulassen21.
17 BGHSt 9, 48 (52); 14, 75 (80); Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 27 Rn. 8; Haft, JA 1979, 306 (311); Lackner / Kühl, § 24 Rn. 2; vgl. auch Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 2b. 18 Dazu, dass die rechtsfeindliche Gesinnung allein kein Anknüpfungspunkt für die Verhängung strafrechtlicher Sanktionen sein kann, s. nur Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 26 Rn. 17, sowie Kühl, in: Spendel-FS, S. 75 (84), der dies aus dem Naturrecht begründet. Vgl. auch Günther, Strafrechtswidrigkeit, S. 238, wonach strafrechtliches Unrecht nur durch Handlungen verwirklicht wird, die Rechtsgüter verletzen oder gefährden. Dies war bereits im römischen Strafrecht anerkannt, s. dazu o. 1. Kapitel, Fn. 50. Soweit früher sämtliche Vorbereitungshandlungen der Versuchsstrafbarkeit unterworfen waren, genügte – selbst nach dem nationalsozialistischen Willensstrafrecht – der bloße Wille zur Tatbegehung nicht (vgl. o. 1. Kapitel, C. I.). 19 Siehe bereits o. Fn. 12. 20 So auch BGHSt 28, 346 (347); Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (747 f.); Gores, Rücktritt, S. 16; Haft, AT, S. 263; Lenckner, in: Gallas-FS, S. 281 (282). 21 So ausdrücklich Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (772). 22 Siehe hierzu Fn. 1.
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2. Kap.: Die Abstandnahme des Alleintäters, § 25 Abs. 1 Var. 1 StGB
B. Voraussetzungen einer strafbefreienden Abstandnahme Weil – wie eben dargelegt – die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 StGB zumindest nicht zu Lasten des Täters analog auf die Abstandnahme von der Tat im Vorbereitungsstadium anwendbar sind und grundsätzlich eine strafbefreiende Abstandnahme möglich ist, soll im Folgenden untersucht werden, unter welchen Voraussetzungen der Täter, der bereits im Vorbereitungsstadium einen Tatentschluss gefasst und ggf. bestimmte Handlungen im Hinblick auf die Verwirklichung desselben vorgenommen hat, straffrei bleibt. Beim Rücktritt wird nach herrschender Meinung22 zwischen dem beendeten und dem unbeendeten Versuch unterschieden. Die Abgrenzung erfolgt dabei nach fast allgemeiner Ansicht nach der Vorstellung des Täters23. Ob und was zur Vollendung der Tat noch erforderlich ist, kann nämlich nur aus Sicht des Täters beurteilt werden24. Da für die Frage, ob überhaupt ein strafbarer Versuch vorliegt, die Vorstellung des Täters maßgeblich ist, spricht vieles dafür, die Frage, welches Stadium des Versuchs erreicht ist, ebenfalls nach der Tätervorstellung zu beurteilen25. Wenn der Täter noch nicht alles, was nach seiner Vorstellung von der Tat zur Herbeiführung des Erfolges notwendig ist, getan hat, liegt ein unbeendeter26, wenn er schon alles aus seiner Sicht Erforderliche getan hat und den Erfolgseintritt für möglich hält, liegt ein beendeter Versuch vor27. Zunächst ist zu untersuchen, ob auch die Fälle einer Abstandnahme im Vorbereitungsstadium in diese Fallgruppen eingeteilt werden können28. Falls dies möglich ist, kann im Folgenden – ähnlich wie beim Rücktritt vom Versuch – zwischen der Situation, in der der Täter noch nicht alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan zu haben glaubt29, und der Situation, in der der Täter nach seiner Vorstellung bereits im Vorbereitungsstadium alle erforderlichen Tathandlungen vorgenommen hat30, differenziert werden. 23 Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 13; Haft, AT, S. 239; Jescheck / Weigend, AT, S. 541; Kühl, AT, § 16 Rn. 24; Lilie / Albrecht, in: LK, § 24 Rn. 96; Meyer, GA 2002, 367 (378 f.); Welzel, Strafrecht, S. 196; Wessels / Beulke, AT, Rn. 631. Anders aber Jäger, Rücktritt, S. 66 f., der auf die objektive Gefährdung abstellen will. 24 Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 13; Jescheck / Weigend, AT, S. 541; Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 11 Rn. 74. 25 Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 11 Rn. 74; Welzel, Strafrecht, S. 196. 26 Siehe nur BGHSt 35, 90 (92); Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 27 Rn. 10; Krey, AT 2, Rn. 475; Kühl, AT, § 16 Rn. 25; Lilie / Albrecht, in: LK, § 24 Rn. 97; Otto, AT, § 19 Rn. 9; Tröndle / Fischer, § 24 Rn. 14; Wessels / Beulke, AT, Rn. 631. 27 Siehe nur Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 27 Rn. 10; Krey, AT 2, Rn. 476; Kühl, AT, § 16 Rn. 63; Lilie / Albrecht, in: LK, § 24 Rn. 98; Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 11 Rn. 73, 91; Otto, AT, § 19 Rn. 9; Tröndle / Fischer, § 24 Rn. 14; Wessels / Beulke, AT, Rn. 631; vgl. auch BGHSt 14, 75 (79). 28 Dazu sogleich unter I. 29 Siehe dazu u. II. 30 Siehe dazu u. III.
B. Voraussetzungen einer strafbefreienden Abstandnahme
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I. Möglichkeit einer beendeten Vorbereitungshandlung ohne gleichzeitiges unmittelbares Ansetzen Zu untersuchen ist, ob Konstellationen denkbar sind, in denen der Täter zwar schon alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat, er aber noch nicht unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung ansetzt. Würde der Täter, sobald er aus seiner Sicht alles getan hat, um den Erfolg herbeizuführen, die Versuchsschwelle überschreiten, wäre eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium von diesem Zeitpunkt an nicht mehr möglich. In den meisten Fällen wird zu dem Zeitpunkt, zu dem der Täter alle Handlungen, die zur Herbeiführung des Erfolges notwendig sind, vorgenommen hat, auch ein unmittelbares Ansetzen vorliegen31. Zweifelhaft könnte dies aber in Fällen sein, in denen der Täter einen Automatismus in Gang setzt, der den tatbestandsmäßigen Erfolg nicht sogleich, sondern erst geraume Zeit später herbeiführt32, sowie in Fällen, in denen es zur Herbeiführung des Erfolges einer Mitwirkung des Opfers bedarf33. Ob in solchen Fallkonstellationen schon mit der letzen auf die Herbeiführung des Erfolges gerichteten Handlung des Täters ein unmittelbares Ansetzen i. S. v. § 22 StGB vorliegt, ist umstritten. 1. Die früher herrschende Auffassung nahm ein unmittelbares Ansetzen spätestens dann an, wenn der Täter alles aus seiner Sicht zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat34. Nach dieser Ansicht wäre eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium in solchen Fällen nicht mehr möglich, weil der Versuch bereits begonnen hätte. Daher könnte der Täter nur unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 StGB Straffreiheit erlangen. Dies lässt sich an folgendem Beispielsfall verdeutlichen: Fall 135: Bei Apotheker A wurde eingebrochen. Es besteht der Verdacht, dass die Einbrecher erneut in das Haus des A eindringen werden. A stellt daher ein tödlich wirkendes Gift her, füllt es in eine Flasche, die er mit „Echter Hiekes Bayerwaldbärwurz“ beschriftet und im Keller seines Hauses aufstellt. Er verlässt das Haus und hält es für möglich, dass die 31 Eisele, ZStW 122 (2000), S. 745 (759); Papageorgiou-Gonatas, Vorbereitungshandlungen und Versuch, S. 244; ferner Samson, AT, S. 142. 32 Hierunter fällt vor allem der Einsatz von Zeitbomben, die erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung wirken sollen. Hillenkamp, in: LK, § 22 Rn. 136, will in diesen Fallkonstellationen wegen der noch fehlenden unmittelbaren Gefährdung und der noch nicht bestehenden zeitlichen Unmittelbarkeit ein Überschreiten der Versuchsschwelle erst dann annehmen, wenn die objektiv letzte Chance zur Beseitigung der Gefahr verstrichen ist, was in der Regel erst wenige Minuten vor dem eingestellten Termin der Fall sei. Ähnlich auch Jakobs, AT, 25 / 72 f., wonach ein unmittelbares Ansetzen noch fehlen soll, solange der Täter nach seiner Vorstellung seine Handlungen noch in sozial üblicher Weise „revozieren“ kann. 33 Sie dazu den unter 1. genannten Beispielsfall. 34 Schilling, S. 100 f.; ebenso zu § 43 StGB a. F.: RGSt 66, 141 (142); Bockelmann, JZ 1954, 468 (473); Busch, in: LK, 9. Aufl., § 43 Rn. 33a; Maurach, AT, 4. Aufl. 1971, S. 504. Auch Herzberg, MDR 1973, 89 (92 f.), vertrat ursprünglich diese Auffassung, hat sie jedoch in JuS 1985, 1 (6) aufgegeben. Vgl. ferner Meyer, GA 2002, 367 (368 f.). 35 Nach BGHSt 43, 177 ff. – sog. Apotheker- oder Bärwurzfall.
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2. Kap.: Die Abstandnahme des Alleintäters, § 25 Abs. 1 Var. 1 StGB Einbrecher bei ihrer Rückkehr aus der Flasche trinken werden und so zu Tode kommen können. Daran, dass auch die über Nacht im Haus anwesenden Polizeibeamten aus der Flasche trinken könnten, denkt A zunächst nicht. Die Polizei kann A von seinem Vorhaben nur dadurch abhalten, dass sie die Flasche beschlagnahmt.
A hätte sich nach dieser Auffassung also bereits wegen eines versuchten Tötungsdelikts strafbar gemacht36. Ein Rücktritt gem. § 24 Abs. 1 S. 1 Var. 2 StGB kommt mangels Freiwilligkeit nicht in Betracht. Zu untersuchen ist, ob diese Vorverlagerung des unmittelbaren Ansetzens mit dem Strafgrund des Versuchs vereinbar ist. Worin der Strafgrund des Versuchs besteht, ist in der Strafrechtswissenschaft bis heute nicht abschließend geklärt37. Hier soll auf diese Problematik aber nur soweit eingegangen werden, wie dies für die Zwecke der vorliegenden Arbeit erforderlich ist. a) Die älteren objektiven Theorien sehen den Strafgrund des Versuchs in einer Gefährdung des durch die Tat angegriffenen Rechtsgutsobjekts38. Mit dieser Auffassung kann das Zusammenfallen der letzten Handlung des Täters mit dem Versuchsbeginn bei langer zeitlicher Distanz zum Erfolg nicht erklärt werden. Wenn zwischen der Handlung des Täters und dem Erfolgseintritt noch eine erhebliche Zeitspanne liegt, fehlt es häufig an einer Gefährdung des angegriffenen Rechtsgutsobjekts39. Die objektive Theorie ist allerdings mit dem geltenden Recht nicht vereinbar. Schon nach dem Wortlaut des § 22 StGB kann die Vorstellung des Täters bei der Bestimmung des Versuchsbeginns nicht unberücksichtigt bleiben.
36 Umstritten ist, ob in Fällen, in denen das Opfer das Gift selbst zu sich nehmen muss, unmittelbare Täterschaft oder mittelbare Täterschaft, die durch ein sich selbst schädigendes Werkzeug begangen wird, anzunehmen ist. Unmittelbare Täterschaft wird z. B. befürwortet von BGH NStZ 1986, 266 f.; Schliebitz, Erfolgszurechnung, S. 119; vgl. auch BGHSt 43, 177 (180), wonach eine „der mittelbaren Täterschaft verwandte Struktur“ – aber eben doch unmittelbare Täterschaft vorliegt; vgl. dazu aber auch Wolters, NJW 1998, 578 (579), der in diesen Fällen keine „der mittelbaren Täterschaft verwandte Struktur“, sondern vielmehr „der eigenhändigen Tatbegehung verwandte“ Struktur sieht. In BGH NJW 1983, 462 f. wird dagegen mittelbare Täterschaft angenommen. Für mittelbare Täterschaft in derartigen Fallkonstellationen auch Gössel, JR 1998, 293 (295); Kadel, GA 1983, 291 (306); Vogel, Norm, S. 230, Fn. 86. Hier soll von einer unmittelbaren Täterschaft ausgegangen werden. 37 Siehe nur die umfangreichen Untersuchungen von Alwart, Strafwürdiges Versuchen; Papageorgiou-Gonatas, Vorbereitungshandlungen und Versuch; Zaczyk, Unrecht. 38 v. Feuerbach, Lehrbuch, S. 42 f.; v. Hippel, Rücktritt vom Versuch, S. 26; v. Liszt / Schmidt, AT, S. 301 f.; Spendel, NJW 1965, 1881 ff.; v. Hippel, Strafrecht 2, S. 403 f., 417 ff.; vgl. auch RGSt 68, 339 (340). 39 Allgemein ist unter Gefahr ein objektiver Zustand zu verstehen, bei dem der Eintritt eines Schadens nach den konkreten Umständen wahrscheinlich ist. Ob eine Gefahr vorliegt, ist daher im Rahmen einer Prognoseentscheidung unter Berücksichtigung des allgemeinen Kausalwissens zu ermitteln (s. dazu noch u. 4. Kapitel A. II.). Bei großer zeitlicher Distanz führt diese Prognose häufig dazu, dass der Schadenseintritt wegen zahlreicher noch nicht absehbarer Entwicklungen unwahrscheinlich ist, so dass das Vorliegen einer Gefahr meist zu verneinen ist.
B. Voraussetzungen einer strafbefreienden Abstandnahme
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Nach den objektiven Theorien dürfte der untaugliche Versuch eigentlich nicht strafbar sein, da er objektiv nicht mit einer Gefährdung des Rechtsgutsobjekts verbunden ist. Aus § 23 Abs. 3 StGB ergibt sich aber, dass der untaugliche Versuch strafbar ist40. b) Die subjektiven Theorien sehen den Strafgrund des Versuchs in der Betätigung eines rechtsfeindlichen Willens des Täters41. Würde man allein auf den Willen des Täters abstellen und eine Manifestation in einem beliebigen Verhalten des Täters genügen lassen, so könnte man eine weite Vorverlagerung des unmittelbaren Ansetzens unproblematisch rechtfertigen. Aber auch nach der subjektiven Theorie muss sich die rechtsfeindliche Gesinnung des Täters in einer Handlung manifestieren, die sich als Teilverwirklichung des tatbestandsmäßigen Unrechts qualifizieren lässt42. Daher kann auch unter Zugrundelegung der subjektiven Versuchstheorie nicht in jedem Fall angenommen werden, dass der Täter, der alles zur Tatbestandsverwirklichung Notwendige getan hat, die Versuchsschwelle bereits überschritten hat. Wegen eines fehlenden zeitlichen Zusammenhangs kann die vom Täter vorgenommene Handlung im Einzelfall doch nicht als Teilverwirklichung des tatbestandsmäßigen Unrechts angesehen werden43. c) Nach der von der herrschenden Lehre vertretenen aus subjektiven und objektiven Elementen bestehenden Eindruckstheorie ist der Strafgrund des Versuchs die Betätigung des rechtsfeindlichen Willens, durch den bei der Allgemeinheit das Vertrauen auf die Geltung der Rechtsordnung und das Gefühl der Rechtssicherheit erschüttert werden kann44. Dies ist nur dann der Fall, wenn ein zeitlicher Unmittelbarkeitszusammenhang zwischen der Handlung des Täters und der Verwirklichung des Tatbestandes besteht. An diesem Zusammenhang kann es aber auch in Fällen fehlen, in denen der Täter bereits alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat, der Erfolg aber erst zu einem erheblich späteren oder noch völlig ungewissen Zeitpunkt eintreten wird45. Die Annahme, der Versuch beginne spätes40 Vgl. Eser, in: Schönke / Schröder, vor § 22 Rn. 20; Heinrich, Jura 1998, 393; Hillenkamp, in: LK, § 22 Rn. 183; Jescheck / Weigend, AT, S. 513; Kühl, AT, § 15 Rn. 86. Kritisch zu dieser Argumentation Gropp, in: Gössel-FS, S. 175 (178). Zum früheren Streit über die Strafbarkeit des untauglichen Versuchs, s. nur Jescheck / Weigend, AT, S. 530 f. 41 RGSt 1, 439 (441 f.); 8, 198 (203); 34, 217 (219); BGHSt 11, 268 (271); Kühl, AT, § 15 Rn. 38 ff.; Lackner / Kühl, § 22 Rn. 11. 42 Kühl, AT, § 15 Rn. 39; ferner Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 26 Rn. 17. 43 So fordert auch Kühl, AT, § 15 Rn. 68 f., als Vertreter der subjektiven Theorie (Lackner / Kühl, § 22 Rn. 11; ders., AT, § 15 Rn. 38 ff.), einen zeitlichen Unmittelbarkeitszusammenhang. Siehe dazu noch u. 4. Kapitel A. II. 44 Eser, in: Schönke / Schröder, vor § 22 Rn. 22; Jescheck / Weigend, AT, S. 514 f.; Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 40 Rn. 41; Papageorgiou-Gonatas, Vorbereitungshandlungen und Versuch, S. 209 ff.; Roxin, JuS 1979, 1; Rudolphi, in: SK, vor § 22 Rn. 14; Tröndle / Fischer, § 22 Rn. 7; Wessels / Beulke, AT, Rn. 594; Vogler, in: LK, 10. Aufl., vor § 22 Rn. 52. Vgl. auch Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 11 Rn. 21, die darauf hinweisen, dass man aus dieser Theorie keine präzisen Folgerungen ableiten kann. 45 So auch Rath, JuS 1998, 1106 (1110).
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2. Kap.: Die Abstandnahme des Alleintäters, § 25 Abs. 1 Var. 1 StGB
tens zu dem Zeitpunkt, in dem der Täter alles aus seiner Sicht für die Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat, hält damit einer Prüfung anhand der Versuchstheorien nicht stand. 2. Eine auf Roxin zurückgehende Ansicht geht für diese Konstellation davon aus, dass ein unmittelbares Ansetzen nicht zwingend bereits dann vorliegt, wenn der Täter alles getan hat, was zur Tatbestandsverwirklichung erforderlich ist; sie bejaht ein unmittelbares Ansetzen in dieser Fallkonstellation nur unter der weiteren Voraussetzung, dass das Tatobjekt bereits unmittelbar gefährdet46 ist oder der Handelnde das Geschehen aus der Hand gegeben hat47. Roxin48 nimmt an, dass A in Fall 1 noch nicht unmittelbar angesetzt hat, weil er die Rückkehr der Täter erst zu einem späteren Zeitpunkt erwartete und sich vier Polizisten im Haus des A befanden, die die möglicherweise zurückkehrenden Einbrecher an der Tatbegehung gehindert hätten. Demgemäß hat A weder das Geschehen aus der Hand gegeben noch wurde das Opfer gefährdet. Man könnte allerdings mit guten Gründen auch annehmen, A habe das Geschehen bereits aus der Hand gegeben, weil er die Flasche selbst nicht so unter Kontrolle hatte, dass es ihm jederzeit möglich war, einzugreifen49. Solange die Polizei über die Flasche nicht informiert war, ist es zweifelhaft, ob die vier Polizisten, die sich im Haus aufgehalten haben, die Einbrecher auf jeden Fall daran gehindert hätten, aus der Flasche zu trinken. Es ist jedenfalls nicht fernliegend, anzunehmen, dass die Polizisten die Einbrecher aus Beweisgründen zunächst nur beobachten wollten und deshalb erst beim Abtransport der Beute eingegriffen hätten. Da ein Rücktritt mangels Freiwilligkeit ausscheidet, wäre A wegen eines versuchten Tötungsdelikts strafbar. 3. Die neuere Rechtsprechung geht noch einen Schritt weiter. Nach ihr liegt ein unmittelbares Ansetzen – auch wenn der Täter schon alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat – erst dann vor, wenn das deliktische Geschehen soweit fortgeschritten ist, dass es bei ungestörtem Fortgang unmittelbar in die Tatbestandsverwirklichung einmündet und nach dem Tatplan eine unmittelbare Gefährdung des geschützten Rechtsguts eintritt50. Nach dieser Auffassung hat A in 46 Otto, JA 1980, 641 (645 f.), stellt auf die Gefährdung als alleiniges Kriterium für das unmittelbare Ansetzen ab. Vgl. ferner Backmann, JuS 1981, 336 (340 f.), wonach es auf die Vorstellung des Täters von der Gefahrbeherrschung ankomme. 47 Roxin, in: Maurach-FS, S. 213 ff. (217 f., 226); ders., JuS 1973, 329 f.; ders., in: Einführung, S. 16; Papageorgiou-Gonatas, Vorbereitungshandlungen und Versuch, S. 267 ff.; Preisendanz, § 22 Anm. 5 a; Zaczyk, in: NK, § 22 Rn. 29; im Ergebnis ebenso Zaczyk, Unrecht, S. 320 f.; kritisch dazu Vogler, in: LK, 10. Aufl., § 22 Rn. 71 ff. 48 Roxin, JZ 1998, 211; ebenso OLG München, NStZ-RR 1996, 71 (72), das im sog. Apothekerfall (Fall 1) über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens zu entscheiden hatte. 49 Vgl. Gössel, JR 1998, 293 (296). 50 BGHSt 43, 177 (179); BGH NJW 1992, 1635 (1636); BGH NStZ 1998, 294 (295); zustimmend Dornis, Jura 2001, 664 (666 ff.); Kühl, AT, § 15 Rn. 85c f.; Gössel, JR 1998, 293 (296 f.); Otto, NStZ 1998, 243; im Ergebnis auch Hillenkamp, in: LK, § 22 Rn. 139 ff. Ähnlich auch Trüg, JA 2002, 102 (104 f.), wonach bei einer vom Täter eingeplanten unbewussten
B. Voraussetzungen einer strafbefreienden Abstandnahme
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Fall 1 das Versuchsstadium nicht erreicht. Auch für Fälle der Strafvereitelung (§ 258 StGB), in denen der Strafvereitelungserfolg erst durch das Handeln eines Dritten bewirkt werden kann, hat der BGH entschieden, dass ein unmittelbares Ansetzen nicht schon dann vorliegen muss, wenn der Täter alles aus seiner Sicht zur Herbeiführung des Erfolges Notwendige getan und das Geschehen aus der Hand gegeben hat51. Gegen die Ablehnung des unmittelbaren Ansetzens in Fällen, in denen der Täter bereits das Geschehen aus der Hand gegeben hat, wird eingewandt, der Täter habe schon durch die letzte von ihm vorgenommene Tathandlung zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt, die Unmittelbarkeit dieses Ansetzens trete aber erst durch das Verhalten des Opfers ein52. Diese Trennung von Ansetzen und Unmittelbarkeit sei mit dem Wortlaut des § 22 StGB nicht zu vereinbaren. Diesem Einwand begegnet der BGH, indem er darauf hinweist, dass eine derartige weite Vorverlagerung des Versuchs in das Vorbereitungsstadium nicht sachgerecht sei53. Die BerücksichSelbstschädigung des Opfers das Versuchsstadium erreicht ist, wenn der Täter das Geschehen aus der Hand gibt und die Selbstschädigung des Opfers nach der Vorstellung des Täters ohne wesentliche Zwischenakte unmittelbar bevorsteht. 51 BGH NStZ 1991, 181. Dieser Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: R hat eine wahrheitswidrige L entlastende schriftliche Erklärung angefertigt und diesem übergeben. L hat die Erklärung niemals den Ermittlungsbehörden vorgelegt. Der BGH hat eine versuchte Strafvereitelung des R verneint. Zwar hätte R möglicherweise bereits alles zur Erfolgsherbeiführung Erforderliche getan und das Geschehen aus der Hand gegeben. Dennoch habe R noch nicht unmittelbar zur Strafvereitelung angesetzt, weil es noch ungewiss sei, ob R die schriftliche Erklärung zurückverlangen oder widerrufen würde. – In BGHSt 31, 10 (12 f.) hat der BGH gleichfalls ein unmittelbares Ansetzen zu einer Strafvereitelung abgelehnt, obwohl der Täter bereits alles, was aus seiner Sicht zur Herbeiführung des Erfolges notwendig ist, getan hat. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Ein Beschuldigter übergibt seinem Rechtsanwalt, der an der Hauptverhandlung nicht teilnehmen sollte, einen Brief, durch den ein Zeuge zu einer dem Beschuldigten entlastenden unwahren Aussage in der Hauptverhandlung veranlasst werden sollte. Der Rechtsanwalt sollte den Brief der Ehefrau des Beschuldigten übergeben, die ihn dann an den Zeugen weiterleiten sollte. Der Brief erreichte den Zeugen jedoch nicht. Der BGH hat entschieden, dass der Rechtsanwalt mit der Übergabe des Briefes noch nicht die Versuchsschwelle überschritten habe, weil es an der Unmittelbarkeit zwischen seinem Verhalten und dem angestrebten Strafvereitelungserfolg fehle, ebenso Hoyer, in: SK, § 258 Rn. 53; Lenckner, NStZ 1982, 401 f.; Stree, in: Schönke / Schröder, § 258 Rn. 31; Tröndle / Fischer, § 258 Rn. 19. Otto, Jura 1987, 329 (331), weist darauf hin, dass durch das Auffordern zu einer falschen Aussage das geschützte Rechtsgut noch nicht unmittelbar gefährdet sei; a. A. Beulke, NStZ 1982, 330 (331). Zweifelhaft erscheint jedoch, ob der Rechtsanwalt im vorliegenden Fall Täter oder nur Teilnehmer (so z. B. Stree, in: Schönke / Schröder, § 258 Rn. 31) ist. Geht man von Täterschaft aus, so kommt nur Alleintäterschaft des Rechtsanwalts gem. § 25 Abs. 1 Var. 1 StGB in Betracht. Mittelbare Täterschaft scheidet aus, weil es beim Zeugen an einer für die mittelbaren Täterschaft erforderlichen unterlegenen Stellung fehlt; Mittäterschaft scheitert am fehlenden gemeinsamen Tatentschluss zwischen dem Rechtsanwalt und dem Zeugen (insoweit zutreffend Beulke, NStZ 1982, 330 [331]). 52 Streng, in: Zipf-GS, S. 325 (332 ff.). Ebenso Roxin, JuS 1979, 1 (10), mit dem Hinweis, dass das Gesetz ein unmittelbares Ansetzen des Täters – nicht des Opfers – verlangt. 53 BGHSt 43, 177 (181 f.). 4 Fad
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tigung des Opferverhaltens rechtfertige sich jedenfalls dadurch, dass die hier zugrundeliegende Fallgestaltung eine Nähe zu den Fällen der mittelbaren Täterschaft aufweise54. Nach der Auffassung des BGH setzt ein Täter, der mit sicherem Wissen bezüglich des Erfolges handelt, bereits dann unmittelbar an, wenn er glaubt, alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan zu haben55; hält ein Täter es dagegen lediglich für möglich, dass das Opfer in seinen Wirkungskreis gelangt, so soll der Versuchsbeginn erst dann vorliegen, wenn das Opfer tatsächlich erscheint56. Gegen diese Differenzierung nach der Vorsatzform wird eingewandt, dass sie deswegen nicht einleuchte, weil grundsätzlich alle Vorsatzformen gleich zu behandeln seien, wenn nicht der Gesetzgeber ausnahmsweise etwas anderes angeordnet habe. Zudem sei es widersprüchlich, dass ein Täter, der sicheres Wissen bezüglich des Erfolges hat, früher unmittelbar ansetzt als ein Täter, der mit Absicht handelt, den Erfolgseintritt aber nur für möglich hält57. Für die Frage des Tatentschlusses sei es zudem gleichgültig, ob der Täter mit direktem und mit nur bedingtem Tötungsvorsatz handele. Daher könne für die Frage des unmittelbaren Ansetzens auch nichts anderes gelten58. Die Gefährdung des Opfers bestehe unabhängig davon, ob der Täter mit dolus eventualis oder mit dolus directus ersten Grades handele. Der Täter wisse selbst, dass die Gefährdung des Opfers nicht von seinen (des Täters) Vorstellungen abhänge59. Das Ergebnis – kein unmittelbares Ansetzen des A – wird aber auch mit einem Vergleich zur mittelbaren Täterschaft begründet60. Bei der mittelbaren Täterschaft wird ein unmittelbares Ansetzen frühestens mit dem Beginn der Einwirkung des mittelbaren Täters auf den Tatmittler angenommen61. Konsequenterweise könne hier das unmittelbare Ansetzen erst zu dem Zeitpunkt, zu dem das Opfer am Tatort erscheint, angenommen werden. Die Einwirkung auf das sich selbst schädigende Opfer soll nämlich durch eine Manipulation der äußeren Umstände erfolgen. Diese 54 BGHSt 43, 177 (182). Hillenkamp, in: LK, § 22 Rn. 140, weist darauf hin, dass eine Tathandlung nur angenommen werden könne, wenn dem Täter das Verhalten des Opfers zugerechnet werde. Der mittelbare Täter überschreitet nach h. M. die Versuchsschwelle nämlich nicht immer schon mit dem Abschluss der Einwirkung auf den Tatmittler, s. dazu noch u. 4. Kapitel A. 55 So hat der BGH in BGH NStZ 2001, 475 (476), entschieden, dass der Täter, der alles aus seiner Sicht zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat, die Versuchsschwelle überschreitet, wenn die noch erforderliche unbewusste Mitwirkung des Opfers bei ungestörtem Fortgang des Geschehens alsbald und innerhalb eines überschaubaren Zeitraums wahrscheinlich ist und nahe liegt. 56 BGHSt 43, 177 (181). 57 Böse, JA 1999, 342 (346); Roxin, JZ 1998, 211 (212). 58 Roxin, JZ 1998, 211 (212). 59 Roxin, JZ 1998, 211 (212). 60 Wolters, NJW 1998, 578 (580). 61 Vgl. dazu noch u. 4. Kapitel A.
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Einwirkung sei erst ab dem Zeitpunkt möglich, zu dem das Opfer am Tatort erscheint. Auch wenn man die Entscheidung des BGH für unzutreffend hält, so sind dennoch Fälle denkbar, in denen der Täter bereits alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat, bevor es zum unmittelbaren Ansetzen kommt62. Dies kann anhand des folgenden Falles verdeutlicht werden: Zwei Bankräuber haben ihre Beute in einer nur ihnen bekannten verborgenen Felshöhle in unwegsamer Gebirgsgegend versteckt. Der eine von ihnen wird verhaftet und zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt; der andere will seinen Komplizen dadurch beseitigen, dass er eine Tretmine vor dem von ihm vorher ausgeräumten Versteck vergräbt, wobei er sich sicher ist, dass weder sein Komplize noch Dritte in den nächsten Jahren das Versteck aufsuchen werden63. Ob der Täter zur Verwirklichung des Tatbestandes bereits im Zeitpunkt des Vergrabens der Tretmine i. S v. § 22 StGB unmittelbar angesetzt hat, wird nach herrschender Ansicht auf der Grundlage der Vorstellung des Täters (subjektive Grundlage) nach objektiven Kriterien beurteilt64. Da nach der Vorstellung des Täters, wonach sich das Opfer erst nach vielen Jahren zu dem Versteck begeben kann, objektiv weder eine Gefährdung, noch ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zwischen der Handlung und dem Eintritt des Erfolges vorliegt, kann im Vergraben der Mine kaum ein unmittelbares Ansetzen gesehen werden. Es dürfte sich vielmehr um eine noch straflose Vorbereitungshandlung handeln65, obwohl der Täter bereits alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat. Hier liegt ein Fall der beendeten Vorbereitungshandlung vor. Selbst wenn man ausschließlich darauf abstellt, ob der Täter das Geschehen aus der Hand gegeben hat, sind sogar Fälle denkbar, in denen der Erfolg zu einem Zeitpunkt eintritt, in dem der Täter schon alles zur Tatbestandsverwirklichung Notwendige getan hat, aber noch kein unmittelbares Ansetzen vorliegt. Als Beispiel soll folgende Abwandlung des Falles 1 dienen: A hat sich neben der aufgestellten Flasche schlafen gelegt. Während seines Schlafs kehren die Einbrecher zurück und trinken aus der Flasche. Hier hat A die (irrige) Vorstellung gehabt, das Geschehen noch unter Kontrolle zu haben. Er hat also das tatbestandsmäßige Geschehen aus 62 So nehmen beispielsweise auch Roxin, JZ 1998, 211, und Wolters, NJW 1998, 578 (579 f.), in Fall 1 an, dass A noch nicht unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt hat, obwohl er schon alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat. 63 Fall nach Spendel, in: LK, § 323a Rn. 34. 64 Siehe dazu noch eingehend 4. Kapitel A. II., insbes. die Nachweise in Fn. 47. 65 Vgl. auch Hillenkamp, in: LK, § 22 Rn. 138; Spendel, in: LK, § 323a Rn. 34. – Dies würde auch gelten, wenn dem Verurteilten schon am ersten Tag, nach dem die Mine vergraben wurde, die Flucht gelingen würde und er sogleich das Versteck aufsuchen würde. Da die Vorstellung des Täters die Beurteilungsgrundlage bildet, würde es am unmittelbaren Ansetzen fehlen, so dass allenfalls eine Bestrafung wegen fahrlässiger Deliktsbegehung in Betracht käme. Die dadurch in Einzelfällen entstehenden Strafbarkeitslücken sind jedoch nicht so erheblich, weil der Täter jedenfalls dann, wenn er mit einem vorzeitigen Erfolgseintritt rechnet, wofür in Fällen des Einsatzes einer Tretmine an sich einiges spricht, wegen vorsätzlicher Deliktsbegehung strafbar wäre, vgl. Hillenkamp, in: LK, § 22 Rn. 137.
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2. Kap.: Die Abstandnahme des Alleintäters, § 25 Abs. 1 Var. 1 StGB
seiner Sicht noch nicht aus der Hand gegeben. In diesem Fall könnte nur nach der objektiven Versuchstheorie, die allerdings heute einhellig abgelehnt wird, ein unmittelbares Ansetzen angenommen werden, weil es objektiv zu einer Gefährdung des Lebens der Einbrecher gekommen ist. Das Aufstellen der Flasche ist als Vorbereitungshandlung anzusehen, obwohl der Täter bereits alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat. Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die Konstellation der beendeten Vorbereitungshandlung möglich ist66.
II. Unbeendete Vorbereitungshandlung Da die Unterscheidung zwischen unbeendeten und beendeten Vorbereitungshandlungen nach der Vorstellung des Täters vorgenommen wird67, ist es denkbar, dass die Vorstellung von den tatsächlichen Gegebenheiten abweicht. Daher ist innerhalb der Fallgruppe der unbeendeten Vorbereitungshandlungen des Weiteren zwischen der Konstellation, in der der Täter auch tatsächlich noch nicht alles zur Erfolgsherbeiführung Notwendige getan hat68, und der Situation, dass seine Vorbereitungshandlungen entgegen seiner Vorstellung zur Erfolgsherbeiführung bereits ausreichen69, zu differenzieren.
1. Unbeendete und (noch) untaugliche Vorbereitungshandlung Im Fall einer unbeendeten und untauglichen Vorbereitungshandlung hat der Täter den Tatentschluss zur Begehung einer Tat gefasst. Er hat aber noch nicht alles getan, was nach seiner Vorstellung zur Tatbestandsverwirklichung erforderlich ist. Diese Fallgestaltung ist mit dem unbeendeten Versuch vergleichbar. Hat ein Täter nur den Entschluss gefasst, sein Opfer zu töten, aber noch keine weiteren Handlungen zur Realisierung dieses Vorhabens unternommen, fehlt es an einem Anknüpfungspunkt für seine Strafbarkeit70. Nichts anderes gilt, wenn der Täter bereits Vorbereitungshandlungen vorgenommen, aber das Versuchsstadium noch nicht 66 Kühl, AT, § 15 Rn. 85b, weist zu Recht darauf hin, dass diese Fallkonstellation an den beendeten Versuch erinnert, aber dieser Begriff deswegen nicht verwendet werden sollte, weil erst noch festgestellt werden müsse, ob das Versuchsstadium überhaupt schon erreicht sei. Daher wird im Folgenden von einer beendeten Vorbereitungshandlung gesprochen. 67 Dies entsprich der ganz h. M. bei der Abgrenzung zwischen beendeten und unbeendeten Versuchshandlungen, s. dazu die Nachweise in Fn. 23. 68 Dazu sogleich unter 1. 69 Siehe u. 2. 70 Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 11 Rn. 3 f., weist zutreffend darauf hin, dass der bloße Handlungsentschluss, mit dessen Verwirklichung noch nicht begonnen wurde, stets straflos ist, weil kein strafwürdiges Unrecht verwirklicht wurde. Siehe ferner die Nachweise in Fn. 18.
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erreicht hat. Erst ab dem Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens hat der Täter so viel Unrecht verwirklicht, dass eine Strafbarkeit wegen Versuchs gerechtfertigt erscheint71. Daher muss der Täter – abgesehen von der Verwirklichung von Vorfeldtatbeständen – straflos bleiben, auch wenn nur durch das Eingreifen Dritter verhindert werden kann, dass die Tat ins Versuchsstadium gelangt72. Hierfür soll folgender Fall als Beispiel dienen: Fall 2: T will O zunächst mit Fausthieben niederschlagen. Anschließend will er ihn an einen anderen Ort verbringen und dort erschießen. Als T damit beginnt, auf O einzuschlagen, greift D ein und nimmt T die Pistole ab.
Da sich die Fausthiebe noch als Vorbereitungshandlung in Bezug auf den geplanten Totschlag darstellen, hat T zu diesem Zeitpunkt das Versuchsstadium noch nicht erreicht, denn es sind bis zur Verwirklichung des Tatbestandes noch wesentliche Zwischenakte (z. B. das Verbringen an einen anderen Ort, das Entsichern der Schusswaffe usw.) erforderlich73. T hat sich daher nicht wegen versuchten Totschlags strafbar gemacht. Es kommt nicht darauf an, dass T nur durch das Eingreifen des D von der Ausführung der Tat abgehalten wurde und somit die weitere Ausführung der Tat nicht freiwillig aufgegeben hatte. Eine eventuelle Strafbarkeit gem. § 223 Abs. 1 StGB wegen der vorangegangenen Fausthiebe bleibt hiervon selbstverständlich unberührt. Auch Fälle, in denen der Täter sein Opfer durch die Verabreichung mehrerer Giftdosen töten will und die erste Giftdosis noch nicht für tödlich hält, können für die hier behandelte Fallgruppe relevant werden. Bei diesen Fällen wird allerdings zumeist davon ausgegangen, dass der Täter bereits mit Verabreichung der ersten Dosis ins Versuchsstadium eintritt74. Indessen sind auch bei der Vergiftung „in Raten“ Fallgestaltungen denkbar, in denen die Gabe der ersten Dosis noch als Vorbereitungshandlung anzusehen ist. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Vergiftung sich über einen längeren Zeitraum erstrecken oder durch die Verabreichung einer großen Zahl von kleinen Giftdosen erfolgen soll. Bei einer unbeendeten Vorbereitungshandlung liegt kein unmittelbares Ansetzen vor, so dass eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium allein durch Aufgeben der weiteren Ausführung der Tat möglich ist. Wenn ursprünglich erfolgstaugliche Vorbereitungshandlungen – sei es durch den Täter selbst oder durch Dritte – ganz oder teilweise mit dem Wissen des Täters rückgängig gemacht werden, ist nicht mehr alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan. Es liegt also eine unbeendete und (wieder) untaugliche Vorbreitungshandlung vor. Straflosigkeit erlangt der Täter auch in dieser Konstellation Vgl. Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 26 Rn. 17. Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (748). 73 Ebenso lehnt Eisele, NStZ 2001, 416 (417 f.), ein unmittelbares Ansetzen zur schweren Körperverletzung (§ 226 Abs. 1 Nr. 2 StGB) in einem Fall ab, in dem der Täter sein Opfer mit einem Faustschlag niederschlagen wollte, um ihm anschließend eine Schussverletzung am Bein zuzufügen, die zu einer dauernden Gebrauchsunfähigkeit desselben führen sollte. 74 Siehe z. B. Kühl, AT, § 16 Rn. 80; v. Scheurl, Rücktritt, S. 48; Schmidhäuser, AT, 15 / 76. 71 72
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jedenfalls dann, wenn er seinen Vorsatz aufgibt. Weiß er, dass nicht mehr alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan ist, dann entfällt notwendigerweise auch der Vorsatz. Selbst dolus eventualis setzt nämlich als Wissenselement voraus, dass der Täter den Erfolgseintritt für möglich hält75. Da der Täter weiß, dass nicht alles zur Erfolgsherbeiführung Erforderliche getan ist, kann er auch nicht damit rechnen, dass sein Verhalten zum Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges führt. Das gilt selbst, wenn der Täter ursprünglich absichtlich gehandelt hat. Denn auch die Absicht setzt nach ganz herrschender Ansicht ein Wissenselement voraus, wonach der Täter den Erfolgseintritt zumindest für möglich halten muss76. Das Wissen, dass die Tatbeiträge insoweit rückgängig gemacht worden sind, dass sie nicht mehr vollendungstauglich sind, schließt deshalb die Absicht aus. Wenn der Täter dagegen keine Kenntnis davon hat, dass seine Tatbeiträge – insbesondere von Dritten – rückgängig gemacht wurden, besteht sein Vorsatz fort. Dabei handelt es sich um die Konstellation einer untauglichen beendeten Vorbereitungshandlung, die unter III. 2. zu behandeln ist.
2. Unbeendete, aber bereits taugliche Vorbereitungshandlung Im Folgenden soll die Konstellation der unbeendeten, aber schon erfolgstauglichen Vorbereitungshandlung untersucht werden. Dabei handelt es sich um Fallgestaltungen, in denen der Täter bereits den Tatentschluss gefasst und Vorbereitungshandlungen getroffen hat, aber irrig annimmt, er habe noch nicht alles getan, was zur Tatbestandsverwirklichung erforderlich ist. In Wirklichkeit reichen die von ihm vorgenommenen Tathandlungen jedoch bereits aus, um den Erfolg herbeizuführen. Eine solche Fallgestaltung liegt beispielsweise dann vor, wenn man Fall 2 dahingehend abwandelt, dass O schon durch die Schläge des T zu Tode kommt, wobei T einen Tod durch die Schläge nicht für möglich hielt. Wenn der Erfolg durch eine Handlung im Vorbereitungsstadium eintritt, fehlt es am Vorsatz77. Die Argumentation, es liege in dieser Fallkonstellation eine wesentliche Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf vor, die den Vor75 Siehe nur Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 20 Rn. 48; Tröndle / Fischer, § 15 Rn. 9; Wessels / Beulke, AT, Rn. 214, 216. 76 BGHSt 18, 246 (248); 21, 283 (284 f.); Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 20 Rn. 42; Cramer / Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, § 15 Rn. 67; Jescheck / Weigend, AT, S. 297; Joecks, in: MüKo-StGB, § 16 Rn. 13 f.; Krey, AT 1, Rn. 339; Kühl, AT, § 5 Rn. 36; Lackner / Kühl, § 15 Rn. 20; Roxin, AT 1, § 12 Rn. 8; Wessels / Beulke, AT, Rn. 211; a. A. Schroeder, in: LK, § 16 Rn. 76, der auf das Wissenselement verzichtet und ggf. § 23 Abs. 3 StGB analog anwenden will. 77 BGH NJW 2002, 1057; Cramer, in: Schönke / Schröder, 25. Aufl., § 15 Rn. 55; Kühl, AT, § 13 Rn. 48a; Puppe, in: NK, § 15 Rn. 143, § 16 Rn. 110; Roxin, AT 1, § 12 Rn. 170; Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 8 Rn. 94; Wessels / Beulke, AT, Rn. 261; Wolter, in: Leferenz-FS, S. 545 (557). Anders jedoch Hillenkamp, in: LK, § 22 Rn. 137, wonach eine unwesentliche Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf auch dann vorliegen könne, wenn der Erfolg durch eine Handlung im Vorbereitungsstadium herbeigeführt wird.
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satz ausschließe78, greift jedoch zu kurz. Zu beachten ist nämlich, dass sich der Täter hier nicht nur über den Kausalverlauf, sondern auch darüber irrt, dass er eine erfolgsgeeignete Tathandlung, auf die sich der Vorsatz ebenfalls beziehen muss, vornimmt79. Möglich bleibt lediglich eine Bestrafung wegen fahrlässiger Herbeiführung des Erfolges. T hat sich in der Abwandlung von Fall 2 also nicht wegen Totschlags, sondern nur wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) strafbar gemacht. Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass die hier behandelte Fallgestaltung von Fällen, die in das Versuchsstadium gelangt sind, zu unterscheiden ist. Auch nach Eintritt in das Versuchsstadium kann der Täter zu Unrecht annehmen, er habe noch keine erfolgstaugliche Handlung vorgenommen80. Es liegt also ein unbeendeter, aber bereits tauglicher Versuch vor. Wenn der Erfolg durch eine solche Handlung tatsächlich eintritt, ist der Täter nach überwiegender Ansicht wegen eines vorsätzlichen vollendeten Delikts zu bestrafen81. Bei der unbeendeten Vorbereitungshandlung bleibt der Täter – wie beim unbeendeten Versuch – straflos, wenn er seinen Vorsatz aufgibt. Dies gilt auch – anders 78 So früher Wessels / Beulke, AT, 32. Aufl., Rn. 261; ähnlich auch Kühl, AT, § 13 Rn. 48a. Eine wesentliche Abweichung des tatsächlichen Geschehens von der Vorstellung des Täters setzt voraus, dass der Täter bereits bei Vornahme der Handlung Vorsatz hatte. Im Vorbereitungsstadium muss der Täter aber nicht zwingend vorsätzlich handeln. Es ist nämlich denkbar, dass der Täter die Tat schon weitgehend vorbereitet hat, sich aber noch nicht endgültig entschlossen hat, sie zu begehen. Vorsatz setzt aber einen unbedingten Handlungswillen voraus (Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 8 Rn. 111; Wessels / Beulke, AT, Rn. 215). Im Übrigen kann vorsätzliches Handeln im Vorbreitungsstadium nur dann angenommen werden, wenn man davon ausgeht, dass der Vorsatz in allen Stadien der Deliktsverwirklichung der gleiche ist (vgl. Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 40 Rn. 68). Unterscheidet man aber zwischen Versuchsund Vollendungsvorsatz (s. dazu noch die Nachweise in Fn. 81), erscheint es zweifelhaft, ob bereits im Vorbereitungsstadium ein Tatbestandsvorsatz vorliegt und von einer wesentlichen Abweichung vom Kausalverlauf gesprochen werden kann. Inzwischen verneinen auch Wessels / Beulke, AT, Rn. 261, das Vorliegen eines strafrechtlich relevanten Vorsatzes. 79 Fad, JA 2002, 745 (746); v. Scheurl, Rücktritt, S. 47. Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 8 Rn. 90, 94, halten beispielsweise die Einordnung dieses Problems im Rahmen des Irrtums über den Kausalverlauf für verfehlt. 80 Als Beispiel hierfür werden meist Vergiftungsfälle angeführt, in denen der Täter dem Opfer mehrere Giftdosen verabreichen will, wobei er davon ausgeht, dass erst mehrere Dosen tödlich wirken. In Wirklichkeit tritt der Tod jedoch schon nach Verabreichung der ersten Giftdosis ein, vgl. Kühl, AT, § 16 Rn. 80. Dazu, dass mit der Verabreichung der ersten Dosis nicht immer ein unmittelbares Ansetzen verbunden sein muss, s. bereits o. 1. 81 So z. B. Kühl, AT, § 16 Rn. 79; Lackner / Kühl, § 24 Rn. 15; Lilie / Albrecht, in: LK, § 24 Rn. 57; Rudolphi, in: SK, § 24 Rn. 16; Schmidhäuser, AT, 15 / 76; Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 11 Rn. 94; Wessels / Beulke, AT, Rn. 627. Nach a. A. soll der Täter, wenn er die weitere Ausführung der Tat freiwillig aufgegeben hat, nicht wegen vorsätzlicher Deliktsbegehung strafbar sein (so z. B. Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 24; Jakobs, AT, 26 / 13; v. Scheurl, Rücktritt, S. 49 f.; Schliebitz, Erfolgszurechnung, S. 62 ff.; Puppe, in: NK, § 16 Rn. 108 f.; vgl. auch Küper, ZStW 112 [2000], S. 1 [35 ff.]). Wolter, in: Leferenz-FS, S. 545 (560 ff.), will dem Täter, wenn der Erfolg eintritt, zwar keinen Rücktritt gem. § 24 Abs. 1 S. 1 Var. 1 StGB zubilligen, ihn aber dennoch nur wegen Versuchs bestrafen, weil er noch ohne Vollendungsvorsatz gehandelt habe.
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als beim misslungenen Rücktritt vom unbeendeten, aber tauglichen Versuch – für unbeendete, aber taugliche Vorbereitungshandlungen.
III. Beendete Vorbereitungshandlung Ein Täter nimmt eine beendete Vorbereitungshandlung vor, wenn er denkt, er habe schon im Vorbereitungsstadium alles, was zur Herbeiführung des Erfolges notwendig ist, getan. Dass eine beendete Vorbereitungshandlung ohne unmittelbares Ansetzen möglich ist, wurde bereits oben dargelegt82. Wie bei der unbeendeten Vorbereitungshandlung, ist es auch bei der beendeten Vorbereitungshandlung möglich, dass die Vorstellung des Täters mit der Realität übereinstimmt und somit eine bereits erfolgstaugliche Vorbereitungshandlung vorliegt83 oder dass der Täter nur irrig annimmt, seine Vorbereitungshandlungen seien schon erfolgstauglich84. 1. Beendete und taugliche Vorbereitungshandlung In dieser Fallkonstellation hat der Täter – wie er weiß – im Vorbereitungsstadium bereits alles getan, was zur Verwirklichung des Tatbestandes erforderlich ist. Da – wie oben festgestellt – ein unmittelbares Ansetzen nicht zwingend schon dann vorliegt, wenn der Täter aus seiner Sicht alle notwendigen Tathandlungen vorgenommen hat, stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen er straflos von seiner geplanten Tat Abstand nehmen kann. Nach ganz herrschender Ansicht besteht der subjektive Tatbestand des Versuchs – ebenso wie beim vollendeten Delikt – aus dem Vorsatz hinsichtlich des objektiven Tatbestandes und ggf. den (besonderen) subjektiven Unrechtsmerkmalen85. Das unmittelbare Ansetzen wird als objektiver Tatbestand des Versuchs angesehen86. Dementsprechend kommt sowohl das Ausbleiben der objektiven Strafbarkeitsvoraussetzungen87 als auch eine Aufgabe des Vorsatzes vor dem unmittelbaren Ansetzen88 als mögliche Gründe für eine Straflosigkeit in Betracht. Siehe o. I. Dazu sogleich unter 1. 84 Siehe dazu u. 2. 85 Siehe nur BGH NStZ 1985, 501; Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 26 Rn. 24; Hillenkamp, in: Roxin-FS, S. 689 (706 f.); Kühl, AT, § 15 Rn. 23; Lackner / Kühl, § 22 Rn. 2; Tröndle / Fischer, § 22 Rn. 8; Vogler, in: LK, 10. Aufl., § 22 Rn. 2; Wessels / Beulke, AT, Rn. 598. Anders beispielsweise Murmann, Versuchsunrecht, S. 8 ff., der verlangt, dass neben dem Vorsatz hinsichtlich der Vorbereitungshandlung die Absicht vorliegt, zur Vornahme der tatbestandsmäßigen Handlung überzugehen, sowie Puppe, in: NK, § 15 Rn. 139 f., wonach der Vorsatz erst mit Tatbeginn entstehe. Gegen eine Gleichsetzung von Vorsatz und Tatentschluss z. B. auch Schliebitz, Erfolgszurechnung, S. 67, 192. 86 Siehe dazu die Nachweise in Fn. 103, sowie die Ausführungen u. b) aa) und cc). 87 Siehe dazu sogleich unter a). 88 Siehe u. b). 82 83
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a) Straflosigkeit wegen Ausbleibens des unmittelbaren Ansetzens bzw. des Erfolgseintritts oder fehlender Voraussetzungen für die objektive Zurechnung Da der Täter eine erfolgstaugliche Handlung schon vor dem Zeitpunkt des Versuchsbeginns vornehmen kann, bleibt er dann straflos, wenn es niemals zum unmittelbaren Ansetzen kommt. Die Straflosigkeit tritt in diesen Fällen ein, ohne dass der Täter seine an sich erfolgstauglichen Vorbereitungshandlungen rückgängig macht oder den Vorsatz aufgibt. Selbst wenn die Polizei in Fall 1 das Gift nicht beseitigt hätte, die Einbrecher aber niemals zurückgekehrt wären, wäre A straflos geblieben, da die Schwelle zum Versuch nicht überschritten wurde. Ohne unmittelbares Ansetzen ist nämlich eine Strafbarkeit wegen Versuchs nicht möglich. Eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium setzt demnach weder ein bestimmtes Verhalten des Abstandnehmenden noch dessen freiwilliges Handeln voraus. Verhindert der Täter zwar nicht, dass seine Vorbereitungshandlungen für das versuchsbegründende Geschehen kausal werden, könnte er immerhin noch die Möglichkeit der strafbefreienden Abstandnahme haben, indem er noch im Vorbereitungsstadium bewirkt, dass ihm das Geschehen, das den Versuchstatbestand erfüllt, objektiv nicht zugerechnet wird. Dass sich im Erfolg der Tat nicht die vom Täter geschaffene Gefahr realisiert, kann jedoch die Versuchsstrafbarkeit nicht ohne weiteres hindern, weil der Versuch gerade keinen Erfolg voraussetzt. Für Fälle des Versuchs ist die gängige Formel, wonach der Täter eine rechtlich missbilligte Gefahr schaffen und sich diese im Erfolg realisieren muss89, zu modifizieren. Am Erfordernis der Schaffung einer rechtlich missbilligten Gefahr muss auch für Versuchsfälle festgehalten werden. Demjenigen, der keine rechtlich missbilligte Gefahr schafft, kann nämlich weder der Erfolg noch das unmittelbare Ansetzen zur Herbeiführung eines solchen zum Vorwurf gemacht werden. Andererseits kann aber allein die Schaffung einer Gefahr im Vorbereitungsstadium eine Zurechnung des Versuchs nicht rechtfertigen, wenn diese nicht zumindest bis zum Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens fortbesteht. Dementsprechend kann der Versuch einem Täter nur objektiv zugerechnet werden, wenn er eine rechtlich missbilligte Gefahr schafft, die bis zum unmittelbaren Ansetzen fortbesteht. Denn nur so kann das versuchsbegründende Geschehen als „Werk“ des Täters angesehen werden. Daraus ergibt sich die Möglichkeit für den Täter, durch Beseitigung der von ihm geschaffenen Gefahr vor dem unmittelbaren Ansetzen straffrei zu bleiben90. Als Beispiel soll folgende Abwandlung von Fall 1 dienen: A hat in die Flasche ein starkes Betäubungsmittel gefüllt und diese zunächst mit „Echter Hiekes BayerSiehe dazu bereits o. 1. Kapitel D. I. bei und in Fn. 130. Dass der Täter selbst grundsätzlich die Möglichkeit hat, die Gefahrrealisierung durch sein eigenes Verhalten zu verhindern, zeigt sich bereits daran, dass die Ansicht vertreten wird, der Täter könne die Realisierung der ursprünglich von ihm geschaffenen Gefahr verhindern, indem er selbst eine neue Gefahr schafft, so Otto, Jura 1992, 90 (98); vgl. dazu auch Kühl, AT, § 4 Rn. 69 ff. 89 90
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waldbärwurz“ beschriftet und aufgestellt. Am Abend etikettiert er die Flasche aber zutreffend und versieht sie mit den erforderlichen Warnhinweisen. Er hofft, dass sich die Einbrecher durch die Warnhinweise nicht davon abhalten lassen, aus der Flasche zu trinken. Tatsächlich kehren die Einbrecher zurück, trinken aus der Flasche und sterben – wie von A erhofft – alsbald aufgrund der Wirkungen des Betäubungsmittels. Das Aufstellen der Flasche war kausal für den Eintritt des Erfolges, denn die Einbrecher wären nicht zu Tode gekommen, wenn A die Flasche nicht aufgestellt hätte. Die ursprünglich durch die falsche Etikettierung geschaffene rechtlich nicht erlaubte Gefahr realisiert sich aber nicht mehr im Erfolg91. Da der Erfolg nicht objektiv zugerechnet werden kann, scheidet eine Strafbarkeit wegen eines vollendeten Tötungsdelikts aus. Eine Strafbarkeit wegen Versuchs kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil die rechtlich missbilligte Gefahr im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens – also dem Erscheinen der Einbrecher – bereits beseitigt war. Wie das folgende Beispiel zeigt, kann auch in Fällen des Einsatzes eines mit erheblicher zeitlicher Verzögerung wirkenden Automatismus’92 die objektive Zurechnung unter bestimmten Umständen entfallen: Der Täter hat eine erst in einigen Wochen wirkende Zeitbombe im Haus des Opfers installiert. Er bekommt ein schlechtes Gewissen und informiert das Opfer über sein Vorhaben. Das Opfer, das sich in einer ausweglosen finanziellen Lage befindet, will seiner Familie die Versicherungssumme aus seiner Lebensversicherung verschaffen und entschließt sich deshalb, im Haus zu bleiben und bei der Explosion zu sterben, damit der Eindruck entstehe, er sei Opfer eines Anschlags geworden. Das Opfer stirbt bei der Explosion der Bombe. Das eigenverantwortliche Dazwischentreten des Opfers führt dazu, dass sich im Tod nicht die vom Täter geschaffene, sondern die vom Opfer freiwillig auf sich genommene Gefahr realisiert93. Obwohl der Täter eine für den Tod des Opfers kausale Handlung vorgenommen hat, kann ihm dieser Todeserfolg nicht objektiv zugerechnet werden94. Wenn der Täter sein Opfer bereits vor dem Überschreiten der Versuchsschwelle informiert hat, kann ihm der Eintritt in das Versuchsstadium ebenfalls nicht zugerechnet werden, so dass er nicht wegen eines 91 Allenfalls könnte die Lagerung der korrekt beschrifteten Flasche noch eine rechtlich missbilligte Gefahr darstellen, insbesondere wenn A gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen hat. Das Verbot der §§ 8 Nr. 2, 7 Abs. 1 LMBG, Stoffe, deren Verzehr geeignet ist, die Gesundheit zu schädigen, als Lebensmittel zur Abgabe vorrätig zu halten, ist nur so lange verletzt wie die Flasche nicht richtig etikettiert ist. A könnte – je nach den konkreten Umständen des Einzelfalles – gegen § 15 S. 1 BtMG verstoßen haben, wonach Betäubungsmittel gegen unbefugte Entnahme gesichert aufbewahrt werden müssen. 92 Siehe dazu bereits Fn. 32. 93 Dazu, dass die objektive Zurechnung entfällt, wenn der Täter eine freiverantwortliche Selbstverletzung veranlasst, s. nur Jescheck / Weigend, AT, S. 288; Kühl, AT, § 4 Rn. 83 ff. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Täter hinsichtlich dieser freiverantwortlichen Selbstschädigungshandlung des Opfers vorsätzlich handelt, s. nur Frisch, in: Roxin-FS, S. 213 (228). 94 Vgl. Ebert / Kühl, Jura 1976, 561 (567, 569 f.), insbesondere den dort geschilderten Fal 18b.
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versuchten Tötungsdelikts strafbar ist95. Es besteht also die Möglichkeit einer strafbefreienden Abstandnahme durch Beseitigung der Voraussetzungen der objektiven Zurechnung, indem verhindert wird, dass die vom Täter geschaffene rechtlich missbilligte Gefahr die Versuchsschwelle erreicht. Ein freiwilliges Handeln oder die Vornahme einer bestimmten Handlung ist dabei nicht erforderlich. Allerdings muss der Täter wissen, dass die Voraussetzungen für die objektive Zurechnung nicht mehr vorliegen, anderenfalls würde es sich nämlich um einen (strafbaren) untauglichen Versuch handeln. Bei Delikten, deren Versuch nicht strafbar ist, bleibt der Täter straflos, solange die Tat nicht vollendet wird. Dementsprechend wird die Phase, in der eine strafbefreiende Abstandnahme möglich ist, ohne dass die Voraussetzungen des Rücktritts erfüllt sein müssen, über den Versuchsbeginn hinaus bis zur Vollendung ausgeweitet. Die Zurechnung des Erfolges ist nur möglich, wenn eine Handlung des Täters für den Erfolg kausal wird96 und wenn der Erfolg ihm objektiv zugerechnet werden kann. Der Täter bleibt demzufolge straflos, wenn er oder Dritte verhindern, dass seine an sich bereits erfolgstauglichen Handlungen für den Erfolg kausal werden. Weiterhin besteht die Möglichkeit der Abstandnahme, indem verhindert wird, dass sich im Erfolg ein vom Täter geschaffenes Risiko verwirklicht. Ob der Täter selbst oder Dritte dies verhindern, ist unerheblich. Auch in dem Fall setzt eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium weder ein bestimmtes Verhalten noch freiwilliges Handeln des Täters voraus.
b) Straflosigkeit durch Aufgabe des Vorsatzes Problematischer ist die Frage, ob der Täter auch dann straflos bleibt, wenn er im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens keinen Vorsatz mehr besitzt, ohne dass seine objektiven Tatbeiträge rückgängig gemacht werden. Zu untersuchen ist daher, ob eine Abstandnahme durch Aufgabe des Vorsatzes möglich ist. Dies wirft die Frage auf, zu welchem Zeitpunkt der Vorsatz vorliegen muss. Denn wenn es ausreichend ist, dass der Täter zum Zeitpunkt der Vorbereitungshandlung Vorsatz besitzt, dann kommt eine Abstandnahme durch eine spätere Aufgabe des Vorsatzes nicht in Betracht. Aus § 16 Abs. 1 S. 1 StGB ergibt sich, dass 95 Sofern durch die Explosion keine anderen Personen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert, die nicht dem Opfer gehören, gefährdet werden, scheidet eine Strafbarkeit nach § 308 Abs. 1 StGB ebenfalls aus, weil es sich um ein einwilligungsfähiges (Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 308 Rn. 13, § 307 Rn. 12) konkretes Gefährdungsdelikt handelt (Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 308 Rn. 1). Eine durch die Beschaffung des Sprengstoffs begangene Tat des A gem. § 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB bleibt hiervor allerdings unberührt, weil es sich hierbei um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt (Horn, in: SK, § 311 Rn. 2), so dass die Selbstschädigungsabsicht des Opfers insoweit unerheblich ist. Straffreiheit kann der Täter diesbezüglich nur unter den Voraussetzungen des § 314a Abs. 3 Nr. 2 StGB erlangen. 96 Siehe dazu bereits o. 1. Kapitel D. I., insbes. Fn. 125.
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der Täter bei Begehung der Tat Vorsatz hinsichtlich aller Umstände, die zum gesetzlichen Tatbestand gehören, haben muss. Gem. § 8 S. 1 StGB ist die Tat zu der Zeit begangen, zu der der Täter gehandelt hat. Daher ist allgemein anerkannt, dass der Täter im Zeitpunkt der Handlung Vorsatz haben muss und Vorsatz vor und nach diesem Zeitpunkt (also der sog. dolus antecedens und der sog. dolus subsequens) unbeachtlich ist97. Es ist aber auch anerkannt, dass Vorbereitungshandlungen straflos sind und regelmäßig alle Handlungen bis zum unmittelbaren Ansetzen Vorbereitungshandlungen sind98. Weil der Vorsatz und das unmittelbare Ansetzen im Einzelfall auseinanderfallen können, erscheinen folgende Bezugspunkte für den Vorsatz denkbar: Der Vorsatz muss nur im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens vorliegen99; der Vorsatz muss sowohl im Zeitpunkt der Handlung als auch im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens vorliegen100; der Vorsatz muss nur im Zeitpunkt der Handlung vorliegen101.
aa) Beschränkung des Vorsatzerfordernisses auf den Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens Zu untersuchen ist zunächst, ob es erforderlich und ausreichend ist, wenn der Täter im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens oder in dem auf das unmittelbare Ansetzen folgenden Zeitraum Vorsatz hat102. Häufig wird behauptet, der objektive Tatbestand des Versuchs bestehe im unmittelbaren Ansetzen103. Dies trifft jedenfalls im Regelfall, dass der Täter im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens noch nicht alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat, zu. Problematisch ist dies aber gerade in der hier zu untersuchenden Fallkonstellation der beendeten Vorbereitungshandlung. Wenn nämlich der Täter bereits im Vorbereitungsstadium alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat, liegt im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens regelmäßig nur noch ein Unterlassen vor. Wenn in Fall 1 die Einbrecher tatsächlich zurückgekehrt wären, bevor die Flasche beseitigt wurde, würde bei A im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens nur ein Unterlassen vorliegen. Konsequenterweise könnte dann versuchter Totschlag durch 97 Siehe z. B. BGH NStZ 1983, 452; Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 20 Rn. 15 ff.; Joecks, in: MüKo-StGB, § 16 Rn. 11; Kühl, AT, § 5 Rn. 20 f.; Puppe, in: NK, § 15 Rn. 139; Roxin, AT 1, § 12 Rn. 80 f.; Wessels / Beulke, AT, Rn. 206. 98 Siehe nur Eser, in: Schönke / Schröder, vor § 22 Rn. 13; Kühl, AT, § 1 Rn. 16 f. 99 Dazu sogleich unter aa). 100 Siehe dazu u. bb). 101 Siehe dazu u. cc). 102 Nach Graul, in: Meurer-GS, S. 89 (95), muss der Vorsatz des Alleintäters im Stadium ab Versuchsbeginn vorliegen; im Grundsatz ebenso Herzberg, in: Oehler-FS, S. 163 (166). Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 40 Rn. 69, fordern offenbar Vorsatz im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens. 103 Vgl. Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 26 Rn. 43; Eser, in: Schönke / Schröder, § 22 Rn. 25; Haft, AT, S. 225.
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Unterlassen angenommen werden, sofern die übrigen Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 StGB vorlägen104. Für den Fall, dass die Einbrecher tatsächlich aus der Flasche getrunken hätten und an dem Gift gestorben wären, könnte A allenfalls wegen eines vollendeten Totschlags durch Unterlassen bestraft werden. Ein solches Ergebnis würde wohl kaum Beifall finden. Außerdem würden Strafbarkeitslücken entstehen, wenn es dem Täter im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens unmöglich wäre, die Tat zu verhindern. Die Möglichkeit zur Erfolgsabwendung ist nämlich nach allgemeiner Auffassung zwingende Voraussetzung für ein strafbares Unterlassen, denn die Nichtvornahme einer unmöglichen Handlung ist schon begrifflich kein Unterlassen105. Eine Strafbarkeit kann dann allenfalls noch unter Anwendung der Grundsätze der omissio libera in causa begründet werden. Dabei wird entsprechend den Grundsätzen der actio libera in causa an ein Vorverhalten angeknüpft, das für sich allein nicht strafbar ist, aber zu der späteren Unmöglichkeit der Erfolgsabwendung geführt hat106. Wenn A sich in Abwandlung von Fall 1 also fahrlässig oder sogar, ohne dass ihm dies vorzuwerfen ist, die Erfolgsabwendung unmöglich gemacht hat, wäre er im ersten Fall nur wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen, im letzteren Fall überhaupt nicht strafbar. Sieht man also das unmittelbare Ansetzen als maßgeblichen Zeitpunkt an, so führt dies zu erheblichen Strafbarkeitslücken. Daher ist das ausschließliche Abstellen auf das unmittelbare Ansetzen nicht zweckmäßig. Zudem spricht der Wortlaut des § 15 StGB, wonach nur „vorsätzliches Handeln“ strafbar ist, gegen das ausschließliche Abstellen auf das unmittelbare Ansetzen. Ebenso sprechen die eingangs erwähnten Vorschriften des § 16 Abs. 1 S. 1 StGB i. V. m. § 8 S. 1 StGB gegen das unmittelbare Ansetzen als maßgeblichen Zeitpunkt107. Das unmittelbare Ansetzen kann daher jedenfalls nicht der allein relevante Zeitpunkt für den Vorsatz des Täters sein.
104 Siehe aber Kühl, Beendigung, S. 64 ff., wonach der Unrechtsgehalt eines Begehungsdelikts nur dann zutreffend erfasst werden kann, wenn man sowohl das aktive Tun, als auch ein mögliches nachträgliches Unterlassen berücksichtigt, vgl. dazu auch Jakobs, AT, 6 / 80 ff. Nach dieser Auffassung wäre es also im Einzelfall möglich, Strafbarkeit wegen eines Begehungsdelikts anzunehmen, obwohl im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens nur noch ein Unterlassen vorliegt. 105 BGHSt 6, 46 (57); Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 15 Rn. 15 ff.; Lackner / Kühl, § 13 Rn. 5; Maiwald, JuS 1981, 473 (476 ff.); Tröndle / Fischer, § 13 Rn. 14; Wessels / Beulke, AT, Rn. 708. – Selbst wenn man (wie die in Fn. 104 dargestellte Auffassung) bei Begehungsdelikten das dem aktiven Tun nachfolgende Unterlassen grundsätzlich mit einbezieht, ist zu beachten, dass auch nach dieser Auffassung das Unterlassen nur dann berücksichtigt werden kann, wenn der Täter noch die Möglichkeit zur Erfolgsabwendung hat, s. Kühl, Beendigung, S. 65. Zudem muss der durch aktives Tun herbeigeführte Erfolg durch das Unterlassen noch intensiviert werden können (Kühl, a. a. O., S. 67), was bei Tötungsdelikten schon von vornherein ausgeschlossen ist. 106 Vgl. hierzu Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 15 Rn. 21, 28 ff.; Kühl, AT, § 18 Rn. 12, 22, 32; Stree, in: Schönke / Schröder, vor § 13 Rn. 144. 107 Siehe dazu bereits die Nachweise in Fn. 97.
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bb) Vorsatz bei der Vornahme der Handlung und beim unmittelbaren Ansetzen Wie oben bereits festgestellt wurde, kommt als maßgeblicher Zeitpunkt für den Vorsatz nicht allein das unmittelbare Ansetzen in Betracht. Daher soll im Folgenden untersucht werden, ob das unmittelbare Ansetzen und die Vornahme der Handlung als Bezugspunkte für das Vorsatzerfordernis in Betracht kommen. Dies würde bedeuten, dass der Vorsatz im Zeitpunkt der Handlung vorliegen und für den Fall, dass der Täter bereits alle Tathandlungen im Vorbereitungsstadium vorgenommen hat, noch bis zum unmittelbaren Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung fortbestehen muss. Dadurch würde freilich dem Täter, der bereits alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat, die Möglichkeit gegeben, durch bloßes Aufgeben des Vorsatzes Straffreiheit zu erlangen. Im Folgenden soll untersucht werden, unter welchen Voraussetzungen die Aufgabe des Vorsatzes überhaupt möglich ist. Vorsatz ist nach herrschender Meinung der „Wille zur Verwirklichung eines Straftatbestandes in Kenntnis aller seiner objektiven Tatumstände“108; der Vorsatz besteht also aus einem intellektuellen und einem voluntativen Element109. Nur wenn beide Elemente vorliegen, kann der Täter den Tatbestand vorsätzlich verwirklichen110. Demnach reicht für eine Aufgabe des Vorsatzes das Entfallen des intellektuellen oder des voluntativen Elements aus. Zunächst wird daher der Frage nachgegangen, unter welchen Voraussetzungen das intellektuelle Element des Vorsatzes entfällt,111 und anschließend wird untersucht, wann das voluntative Element entfällt112. (1) Intellektuelles Element Die Vorstellung des Täters von der Tat wird häufig – insbesondere wenn ein langer Zeitraum zwischen der Vornahme der Tathandlung und dem unmittelbaren Ansetzen liegt – als Bewusstseinsinhalt schwinden und verblassen. Dies kann sogar so weit gehen, dass der Täter vergisst, dass er erfolgstaugliche Vorbereitungshandlungen vorgenommen hat. Ferner könnte der Täter im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens sogar schlafen oder bewusstlos sein. Dies wäre etwa dann der 108 Wessels / Beulke, AT, Rn. 203. Kritisch zu dieser Definition Joecks, in: MüKo-StGB, § 16 Rn. 10. 109 BGHSt 36, 1 (10); Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 20 Rn. 7 f.; Cramer / Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, § 15 Rn. 9; Lackner / Kühl, § 15 Rn. 3; Roxin, AT 1, § 12 Rn. 4; Tröndle / Fischer, § 15 Rn. 3; Wessels / Beulke, AT, Rn. 203. Anders Puppe, in: NK, § 15 Rn. 26 ff.; Schmidhäuser, AT, 8 / 26; ders., Vorsatzbegriff, S. 13 f., die auf das voluntative Element verzichten. 110 Kühl, AT, § 5 Rn. 28. 111 Dazu sogleich unter (1). 112 Siehe u. (2).
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Fall, wenn in Fall 1 die in einer Nacht zurückgekehrten Einbrecher aus der Schnapsflasche trinken und A während des gesamten Zeitraums geschlafen hätte. Nach h. M. genügt ein sachgedankliches Mitbewusstsein, also eine abgeschwächte, dem gegenwärtigen Bewusstsein entzogene, Vorstellung von geringerer Deutlichkeit, oder ein ständiges Begleitwissen, also Bewusstseinsinhalte, die ständig vorhanden sind, ohne dass man eigens an sie zu denken braucht113. Ein Vergessen schließt das Wissenselement jedoch auch dann aus, wenn der Täter sich durch eine Gedächtnisanspannung wieder erinnern könnte, da ein nur potenzielles Wissen nicht ausreicht114. Dadurch entstehende Strafbarkeitslücken zeigen sich in folgendem Beispielsfall: Fall 3:115 Der vielbeschäftigte Handwerksunternehmer H schreibt eine Rechnung über mehrere tausend Euro, die er um einen Betrag von 100 Euro betrügerisch erhöht. Diese Rechnung wirft er in den Briefkasten seines Kunden, von dem er weiß, dass er mindestens für die nächsten drei Monate verreist ist. Die überhöhte Rechnung ist für H nicht so ungewöhnlich, so dass er sich sogleich anderen Dingen zuwendet und die Angelegenheit vergisst.
Wenn man in diesem Sinne ein aktuelles Bewusstsein im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens fordert, könnte H in diesem Fall nicht wegen versuchten Betruges bestraft werden, weil ihm beim Überschreiten der Versuchsschwelle – also bei Kenntnisnahme durch den Kunden – die Täuschung durch die überhöhte Rechnung nicht bewusst ist. Zweifelhaft ist aber, ob der Vorsatz auch dann ausgeschlossen ist, wenn der Täter den Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens „verschläft“. Bei Dauerdelikten ist es ohne Bedeutung, wenn sich der Täter zwischenzeitlich schlafen legt116. Zu beachten ist allerdings, dass in diesen Fällen nicht der Vorsatz, den Erfolg herbeizuführen, sondern nur der Vorsatz zur Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustandes betroffen ist. Bei Dauerdelikten gehört jedoch auch die Beendigungsphase zum Tatbestand117. Dementsprechend sind Dauerdelikte solange nicht beendet wie der Täter den rechtswidrigen Zustand willentlich aufrechterhält 118. Dieser Wille zur Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustandes wird durch den Schlaf nicht unterbrochen. Anerkannt ist auch, dass willens- und bewusstseinsabhängige Tatbestandsmerkmale auf Opferseite durch den Schlaf nicht ausgeschlossen werden. So besteht der Gewahrsam im Rahmen des § 242 Abs. 1 StGB, der als willensgetragene Herrschaft einer Person über eine Sache 113 Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 20 Rn. 10; Cramer / Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, § 15 Rn. 51 ff.; Joecks, in: MüKo-StGB, § 16 Rn. 46; Krey, AT 1, Rn. 368; Kühl, AT, § 5 Rn. 98 ff.; Wessels / Beulke, AT, Rn. 240. 114 Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 20 Rn. 11. 115 Vgl. Herzberg, JuS 1985, 1 (9). 116 Fahl, Jura 1998, 456 (457). 117 Kühl, AT, § 14 Rn. 22, § 21 Rn. 24; Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 131; s. auch o. 1. Kapitel A. 118 BGHSt 36, 255 (257); Stree, in: Schönke / Schröder, vor § 52 Rn. 81; Wessels / Beulke, AT, Rn. 32.
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unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung definiert wird119, auch dann fort, wenn der Täter schläft120. Die Arglosigkeit des Opfers, die nach h. M. für die Heimtücke i. S. v. § 211 StGB erforderlich ist, kann trotz des Schlafs fortbestehen121. Daher kann man für den Täter, der im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens schläft, das Wissenselement bejahen, wenn das Wissen des Täters von der Tatbestandsverwirklichung im Fall eines Erwachens dem Täter aktuell zur Verfügung steht122. Das Wissen würde gewissermaßen mit in den Schlaf genommen. Während man beim Schlaf also das für den Vorsatz erforderliche intellektuelle Moment noch bejahen kann, sofern man auf ein beim Erwachen wieder vorhandenes Wissen abstellt, muss beim Vergessen das intellektuelle Moment zwingend verneint werden123. (2) Voluntatives Element Schließlich ist noch auf die Frage einzugehen, unter welchen Voraussetzungen das voluntative Element entfallen kann. Handelt der Täter mit dolus directus 2. Grades, ist eine Aufgabe des Vorsatzes durch eine Willensänderung nicht möglich. Wenn er nämlich den Erfolg als sicher voraussieht, kann er nicht zu seiner Entlastung behaupten, den Erfolg nicht zu wollen124. Ein Täter, der eine Bombe mit Zeitzünder installiert hat und als sicher voraussieht, dass sie das Opfer töten wird, hat notwendigerweise auch den Willen, das Opfer zu töten. Denkbar ist eine Aufgabe des Vorsatzes dann, wenn das Wissenselement, wie bei der Absicht125 oder dem bedingten Vorsatz, im Sinne einer bloßen Möglichkeitsvorstellung nur schwach ausgeprägt ist. Das voluntative Element kann dann unter Umständen aufgrund einer bloßen Willensänderung entfallen. Wenn es der Bombenleger zum Beispiel nur für möglich hält, dass das Opfer durch die Bombe getroffen wird, kann er zunächst den Erfolgseintritt billigend in Kauf nehmen und später dann doch darauf vertrauen, dass das Opfer nicht zu Tode kommt. Zu beachten ist freilich, dass der 119 So die h. M., z. B. BGHSt 40, 8 (23); Arzt / Weber, BT, § 13 Rn. 39; Küper, BT, S. 420, 422 f.; Rengier, BT 1, § 2 Rn. 11. 120 Arzt / Weber, BT, § 13 Rn. 52; Fahl, Jura 1998, 456 (458 f.); Rengier, BT 1, § 2 Rn. 21; Wessels / Hillenkamp, BT 2, Rn. 75; ferner BGHSt 4, 210 (211). 121 BGHSt 23, 119 (121), wonach das Opfer „die Arglosigkeit mit in den Schlaf“ nimmt; Rengier, BT 2, § 4 Rn. 23, 30; Wessels / Hettinger, BT 1, Rn. 120; anders z. B. Küper, BT, S. 186, der davon ausgeht, dass Schlafende nicht arglos sein können. 122 Im Ergebnis ebenso für den Fall des Schlafes Hillenkamp, in: LK, § 22 Rn. 137; Herzberg, JuS 1985, 1 (8 f.). 123 Lediglich Herzberg, in Oehler-FS, S. 163 (166), will die Anforderungen an den Vorsatz in dieser Fallkonstellation modifizieren. Dazu näher unter cc) insbesondere auch in Fn. 153. 124 Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 20 Rn. 46; Lackner / Kühl, § 15 Rn. 21. Vgl. auch Weigend, ZStW 93 (1981), S. 657 (658 f.), zur „Bedeutungslosigkeit“ des voluntativen Elements bei dolus directus 2. Grades. 125 Auch die Absicht enthält nach ganz h. M. ein Wissenselement, so dass der Täter den Erfolgseintritt zumindest für möglich halten muss, s. dazu die Nachweise in Fn. 76.
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Täter – anders als in der unter II. behandelten Konstellation – meist nicht dadurch Straffreiheit erlangen kann, dass er den tatbestandlichen Erfolg nun nicht mehr will. Solange er keine Gegenmaßnahmen ergreift, wird er in der Regel den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges billigend in Kauf nehmen. Auch die Rechtsprechung verlangt nämlich für die Billigung nicht, dass dem Täter der Erfolg erwünscht war; es reicht vielmehr aus, wenn er „um des erstrebten Zieles willen, notfalls, d. h. sofern er anders sein Ziel nicht erreichen kann, sich auch damit abfindet, daß seine Handlung den an sich unerwünschten Erfolg herbeiführt, und ihn damit für den Fall seines Eintritts will“126. Es kommt demnach entscheidend darauf an, ob der Täter ernsthaft auf das Ausbleiben des Erfolges vertraut hat127. Trifft ein Täter, der den Erfolgseintritt für möglich hält und diesen zunächst billigend in Kauf genommen hat, keine Maßnahmen zur Erfolgsabwendung, obwohl seine Vorstellung über die Möglichkeit des Erfolgseintritts unverändert geblieben ist, so kann er kaum behaupten, dass er nunmehr ernsthaft auf das Ausbleiben des Erfolges vertraut. Wenn der Täter in einer solchen Situation keine Maßnahmen zur Abwendung der Gefahr trifft, kann dies als Indiz dafür gewertet werden, dass er nicht ernsthaft auf das Ausbleiben des Erfolges vertraut hat, sondern diesbezüglich nur eine vage Hoffung des Täters bestanden hat. Eine Aufgabe des Vorsatzes wird also häufig nur dann in Betracht kommen, wenn der Täter Maßnahmen zur Erfolgsverhinderung trifft. Anders als beim beendeten Versuch, bei dem der Täter das Risiko dafür trägt, dass es ihm nicht gelingt, seine Vorbereitungshandlungen rückgängig zu machen, ist es für das Entfallen des Vorsatzes unerheblich, ob es dem Täter tatsächlich gelingt, die Vollendung zu verhindern. Es genügt vielmehr, wenn er glaubt, seine Handlungen würden den Erfolgseintritt abwenden. Hinzuweisen ist noch darauf, dass es nach der Rechtsprechung bei der Abgrenzung zwischen beendetem und unbeendetem Versuch nur auf die Möglichkeitsvorstellung des Täters in Bezug auf den Erfolgseintritt ankommt; unerheblich ist, ob der Täter zu diesem Zeitpunkt den Erfolgseintritt noch billigt128. Zu erwägen wäre es deshalb, bei der beendeten Vorbereitungshandlung im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens auf das voluntative Element zu verzichten, weil auch hier – wie bei der Abgrenzung zwischen beendetem und unbeendetem Versuch – der Zeitpunkt nach Vornahme der Tathandlung betroffen ist. Der Verzicht auf das voluntative Element gilt allerdings nur für die spezielle Situation des Rücktritts. In der vorliegenden Fallkonstellation geht es jedoch um die Frage, ob der subjektive Tatbestand erfüllt ist. Eine Abgrenzung zwischen dolus eventualis und bewusster Fahrlässigkeit wäre bei einem Verzicht auf das voluntative Element nicht mehr möglich. 126 BGHSt 7, 363 (369) – sog. Lederriemen-Fall; ähnlich auch BGHSt 36, 1 (9); BGH NJW 1999, 2533 (2534). 127 BGHSt 36, 1 (9 f.); auch in der Literatur wird häufig auf das Vertrauen als entscheidenden Gesichtspunkt abgestellt: Haft, AT, S. 159; Jescheck / Weigend, AT, S. 301; Kühl, AT, § 5 Rn. 85; Roxin, AT 1, § 12 Rn. 27; Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 8 Rn. 117. 128 BGH NStZ 1999, 300 (301); ebenso Kühl, AT, § 16 Rn. 31.
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(3) Strafbarkeitslücken und Beweisschwierigkeiten Als Ergebnis ist somit festzuhalten, dass das Erfordernis des Vorsatzes beim unmittelbaren Ansetzen zu Strafbarkeitslücken führen kann, auch wenn dies – jedenfalls bei entsprechend reduzierten Anforderungen an das Wissenselement – nicht besonders häufig vorkommen wird. Darüber hinaus können sich unter Umständen auch Beweisschwierigkeiten ergeben. Dem Täter müsste nämlich nicht nur nachgewiesen werden, dass er im Zeitpunkt der Vornahme der Tathandlung Vorsatz besaß, sondern es müsste auch nachgewiesen werden, dass dieser Vorsatz noch bis zum unmittelbaren Ansetzen fortbestand. Der Nachweis des Vorsatzes im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens ist annähernd den selben Schwierigkeiten ausgesetzt wie der Nachweis des Vorsatzes im Zeitpunkt der Vornahme der Tathandlungen. Zu beachten ist freilich, dass ein Vergessen bei der beabsichtigten Begehung von schweren Straftaten selten vorkommen wird. Wer vergisst schon, dass er ein tödliches Bombenattentat vorbereitet hat? Bei einer Verurteilung muss der Richter von der Schuld des Angeklagten überzeugt sein. Wenn man ein Fortbestehen des Vorsatzes bis zum unmittelbaren Ansetzen verlangt, müsste der Richter auch hiervon überzeugt sein. Hierfür ist keine das Gegenteil denknotwendig ausschließende und von niemand anzweifelbare absolute Gewissheit erforderlich; es genügt vielmehr ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, das Zweifel nicht zulässt; Zweifel, die auf einer bloß denktheoretischen Möglichkeit beruhen, genügen nicht129. So legt die Rechtsprechung entlastende Angaben des Beschuldigten, für deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine (ausreichenden) Beweise gibt, nicht ohne weiteres in Anwendung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ den Feststellungen zu Grunde; vielmehr muss der Richter auf der Grundlage des gesamten Beweisergebnisses entscheiden, ob die Angaben geeignet sind, seine Überzeugungsbildung zu beeinflussen130. Danach würde die Einlassung des Angeklagten, er habe im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens keinen Vorsatz mehr gehabt, ihn nicht in jedem Fall entlasten. Ein Vergessen wird häufig nur dann ernsthaft in Betracht kommen, wenn zwischen der Handlung und dem Erfolgseintritt ein sehr langer Zeitraum liegt. Aber derartige Fallgestaltungen sind eher selten. Das Erfordernis des Vorsatzes im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens kann im Einzelfall zu Strafbarkeitslücken sowie zu Beweisschwierigkeiten führen. Im Folgenden soll deshalb untersucht werden, ob die Ansicht, nach der der Vorsatz nur im Zeitpunkt der Vornahme der Tathandlung vorliegen muss, so dass die oben dargelegten Strafbarkeitslücken und Beweisschwierigkeiten vermieden werden, auch aus dogmatischen Gründen den Vorzug verdient.
129 BGHSt 10, 208 (209); BGH StV 1999, 5 (6); Beulke, Strafprozeßrecht, Rn. 490; Meyer-Goßner, § 261 Rn. 2. 130 BGHSt 34, 29 (34); BGH NStE, § 35 Nr. 5; BGHR, § 35, Gefahr, gegenwärtige, Nr. 1; ebenso Gollwitzer, in: LR, § 261 Rn. 74; Schoreit, in: KK, § 261 Rn. 28.
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cc) Beschränkung des Vorsatzerfordernisses auf den Zeitpunkt der Vornahme der Tathandlung Einigkeit besteht darüber, dass der Vorsatz des Täters nicht bis zum Eintritt des Erfolges fortbestehen muss131. Zweifelhaft erscheint lediglich die Frage, ob der Täter auch noch zum Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens bzw. zu einem Zeitpunkt in der Ausführungsphase Vorsatz haben muss132. Dass es auf den Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens allein nicht ankommt, zeigt ein Vergleich mit der sukzessiven Mittäterschaft. Es ist nämlich weitgehend anerkannt, dass das für die Mittäterschaft erforderliche Einvernehmen zwischen den Tatgenossen auch noch während der Tatausführung hergestellt werden kann133. Nach verbreiteter Ansicht soll es sogar ausreichen, dass das Einvernehmen nach Vollendung, aber noch vor Beendigung der Tat hergestellt wird134. Sogar Qualifikationstatbestände, die vor Eintritt des Hinzutretenden von den anderen Mittätern verwirklicht wurden, sollen noch zugerechnet werden können135. Hieran zeigt sich, dass der nachträglich hinzutretende Mittäter zu dem Zeitpunkt, in dem die anderen Beteiligten unmittelbar ansetzen, keinen Vorsatz haben muss. Der Vorsatz kann ihm als subjektives Element auch nicht gem. § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden. Er muss lediglich dann, wenn er seine Tathandlung vornimmt, vorsätzlich handeln. Vorsatz im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens ist daher nicht erforderlich. Fraglich ist allenfalls, ob Vorsatz in der Phase zwischen dem unmittelbaren Ansetzen und der Vollendung bzw. Beendigung erforderlich ist. (1) Vereinbarkeit mit dem Koinzidenzprinzip Einer Beschränkung des Vorsatzerfordernisses auf den Zeitpunkt der Vornahme der Tathandlung könnte das Koinzidenzprinzip entgegenstehen. Sieht man das unmittelbare Ansetzen als objektives Tatbestandsmerkmal an, könnte man annehmen, dass der Vorsatz auch noch beim unmittelbaren Ansetzen vorliegen muss. So verlangt Roxin beispielsweise ausdrücklich, dass der Vorsatz beim Eintritt in das Versuchsstadium noch vorhanden sein müsse136. Für eine derartige Auffassung scheint 131 Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 20 Rn. 17; Haft / Eisele, in: Keller-GS, S. 81 (91 f.); Krey, AT 1, Rn. 367; Lackner / Kühl, § 15 Rn. 9; Roxin, AT 1, § 12 Rn. 81; Wessels / Beulke, AT, Rn. 206. 132 Nach Hillenkamp, in: LK, § 22 Rn. 137, genügt Vorsatz in dem Zeitpunkt nach der Vornahme der Handlung, die er für notwendig, aber auch für ausreichend gehalten hat. 133 BGHSt 2, 344 (355); Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 105; Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 91; Krey, AT 2, Rn. 177; Kühl, AT, § 20 Rn. 126; Jescheck / Weigend, AT, S. 678; Joecks, in: MüKo-StGB, § 25 Rn. 199; Lackner / Kühl, § 25 Rn. 10; Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 49 Rn. 64; Roxin, in: LK, § 25 Rn. 192; Tröndle / Fischer, § 25 Rn. 9; Wessels / Beulke, AT, Rn. 527. 134 Siehe dazu die Nachweise in 1. Kapitel, Fn. 9. 135 Siehe dazu und zur Gegenansicht die Nachweise in 1. Kapitel, Fn. 10. 136 Roxin, JuS 1979, 1 (10).
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zunächst die um das Tatbestandsmodell im Rahmen der actio libera in causa geführte Diskussion zu sprechen. Hier ist nämlich anerkannt, dass die Tat frühestens mit dem unmittelbaren Ansetzen beginnen kann. Die Befürworter der Tatbestandslösung halten das Herbeiführen des Defektszustandes für das unmittelbare Ansetzen137, während die Gegner einwenden, der Täter habe mit der Herbeiführung des Defektszustandes noch nicht unmittelbar angesetzt und deswegen sei das Tatbestandsmodell abzulehnen138. Nahezu unumstritten ist jedoch, dass eine Tat erst ab dem unmittelbaren Ansetzen vorliegen kann139. Daraus könnte gefolgert werden, dass eine vorsätzliche Tat nur dann vorliegt, wenn der Täter im Ausführungsstadium Vorsatz hat. Eine Abstandnahme von der Tat könnte deshalb in der Weise möglich sein, dass der Täter seinen Vorsatz im Vorbereitungsstadium aufgibt. Zu beachten ist freilich, dass es bei der actio libera in causa um die Schuldkoinzidenz geht, während in der hier behandelten Fallkonstellation die Vorsatzkoinzidenz problematisch ist. Das Erfordernis der Schuldkoinzidenz ergibt sich unmittelbar aus § 20 StGB, wonach ohne Schuld handelt, wer bei „Begehung der Tat ( . . . ) unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln“. Bei Abweichungen von diesem Grundsatz liegt demnach ein Verstoß gegen den Grundsatz nullum crimen sine lege (Art. 103 Abs. 2 GG) nahe140. Dagegen lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen, dass der Vorsatz auch beim unmittelbaren Ansetzen bestehen muss. Aus § 16 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 8 S. 1 StGB geht lediglich hervor, dass zum Zeitpunkt der Vornahme der Handlung Vorsatz vorliegen muss. Zu untersuchen ist, ob das Koinzidenzprinzip als solches einer Beschränkung des Vorsatzerfordernisses auf den Zeitpunkt der Handlung entgegensteht. Teilweise wird vertreten, dass sich das Koinzidenzprinzip bereits aus logischen Gründen ergebe und daher als zwingend hinzunehmen sei141. Begründet wird dies damit, dass die Definition eines Begriffes immer das gleichzeitige Vorliegen von bestimmten Merkmalen voraussetze. Demnach müssten bei der Definition einer Straftat sämtliche Merkmale – also der objektive Tatbestand, der subjektive Tatbestand, die So z. B. Jakobs, AT, 17 / 68; Puppe, JuS 1980, 346 (349); Roxin, AT 1, § 20 Rn. 60. So z. B. Eser, in: Schönke / Schröder, § 22 Rn. 56; Kühl, AT, § 11 Rn. 13 f.; Wessels / Beulke, AT, Rn. 419; kritisch auch Krey, AT 1, Rn. 674. 139 Siehe z. B. Kühl, AT, § 11 Rn. 15 f.; Küper, in: Leferenz-FS, S. 573 (582). Anders nur Herzberg, in: Spendel-FS, S. 203 (209 ff.); Spendel, in: LK, § 323a Rn. 32 f., die meinen, dass auch eine Handlung, mit der der Täter noch nicht unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung ansetzt, nachträglich als Tathandlung bewertet werden könne. Ähnlich auch Schliebitz, Erfolgszurechnung, S. 124. Dagegen Hettinger, in: Geerds-FS, S. 623 (641 f.); Lenckner / Perron, in: Schönke / Schröder, § 20 Rn. 35. 140 Ein Verstoß des Ausnahmemodells, dessen Anhänger auf die Schuldfähigkeit des Täters bei der Begehung der Tat verzichten wollen, gegen das Analogieverbot wird beispielsweise angenommen von BGHSt 42, 235 (241); Haft, AT, S. 136; Hettinger, actio libera in causa, S. 444 ff.; Lenckner / Perron, in: Schönke / Schröder, § 20 Rn. 35a; Rath, JuS 1995, 405 (411); Roxin, AT 1, § 20 Rn. 57. Kritisch auch Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 19 Rn. 43. 141 Hruschka, AT, S. 4 ff. 137 138
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Rechtswidrigkeit und die Schuld – gleichzeitig erfüllt sein142. Daraus wird gefolgert, dass die auf dem Koinzidenzprinzip beruhenden Vorschriften der §§ 16, 17, 19, 20, 21 und 35 Abs. 2 StGB schon aus logischen Gründen gar nicht anders hätten gefasst werden können. Eine Abweichung vom Koinzidenzprinzip sei daher nicht möglich. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Inhalt einer Definition sich daraus ergibt, welche Begriffsmerkmale man überhaupt voraussetzt. Der Gesetzgeber kann durchaus Begriffsmerkmale wählen, die gerade nicht zeitlich koinzidieren, obwohl die einzelnen Merkmale als solche gleichzeitig gegeben sein müssen143. Die durch den Gesetzgeber in §§ 16, 17, 19, 20, 21 und 35 Abs. 2 StGB angeordnete normative Koinzidenz ist daher von der sich aus sprachlich logischen Gründen ergebenden formalen Koinzidenz zu unterscheiden144. Dass der Gesetzgeber vom Prinzip der normativen Koinzidenz abweichen kann, ergibt sich auch aus § 16 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 8 S. 2 StGB, wonach der Vorsatz des Täters nicht bis zum Eintritt des Erfolges fortbestehen muss. Der Erfolgseintritt, ein Merkmal des objektiven Tatbestandes, und der Vorsatz fallen hier zeitlich auseinander. Weder dieses Ergebnis noch die gesetzliche Regelung werden – soweit ersichtlich – von irgendjemand als falsch oder als logisch unmöglich angesehen. Daher steht das Koinzidenzprinzip als solches der Beschränkung des Vorsatzes auf den Zeitpunkt der Tathandlung nicht entgegen. (2) Funktion des unmittelbaren Ansetzens Vorsatz im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens könnte erforderlich sein, wenn das unmittelbare Ansetzen als Tathandlung des Versuchs anzusehen wäre. So wird die Ansicht vertreten, die Tathandlung i. S. von § 8 StGB sei beim Versuch das unmittelbare Ansetzen145. Soll das unmittelbare Ansetzen die Tathandlung des Versuchs beschreiben, müsste der Täter zu diesem Zeitpunkt vorsätzlich handeln146. Begreift man das unmittelbare Ansetzen als die Tathandlung des Versuchs, 142 Hruschka, AT, S. 7: „Zur Annahme einer Straftat muß der Urteiler die gleichzeitige Erfüllung sämtlicher für die Annahme jeder Straftat relevanten Merkmale konstatieren.“ 143 Jerouschek / Kölbel, JuS 2001, 417 (418). 144 Jerouschek / Kölbel, JuS 2001, 417 (418). 145 Gribbohm, in: LK, § 8 Rn. 5; Hoyer, in: SK, § 8 Rn. 4; Lemke, in: NK, § 8 Rn. 6. Siehe jedoch auch Ambos / Ruegenberg, in: MüKo-StGB, § 8 Rn. 11, wonach ein Versuch nicht nur in dem Zeitpunkt begangen werde, in dem der Täter unmittelbar ansetzt, sondern gegebenenfalls auch in dem Zeitpunkt, in dem er weitere auf die Herbeiführung des Erfolges gerichtete Handlungen vornimmt, und Lemke, in: NK, a. a. O., wonach Handlungen, die nach dem unmittelbaren Ansetzen vorgenommen werden und zur Herbeiführung des Erfolges notwendig sind, mitzählen. 146 So offenbar die Auffassung von Schwalm, in: Niederschriften über die Sitzungen der Großen Strafrechtskommission, Bd. 2, S. 189, wonach der Vorsatz des Versuchstäters „nicht nur die Tatbestandsmerkmale des Vollendungstatbestandes ( . . . ), sondern auch die Versuchsmerkmale“ umfassen müsse. Der Täter müsse daher das Bewusstsein „Jetzt geht’s los“ haben. Nach Bockelmann, JZ 1954, 468 (473), kann der Versuch „erst da vorliegen, wo der Verbrechensvorsatz die Feuerprobe der kritischen Situation bestanden hat.“ Dies ist dann der Fall,
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so muss man es konsequenterweise auch beim vollendeten Delikt als ein die Tathandlung umschreibendes Tatbestandsmerkmal ansehen, da jedes vollendete Delikt (abgesehen von Unternehmensdelikten) das Versuchsstadium durchlaufen hat147. Fordert man beim Versuch Vorsatz im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens, so muss man dies auch beim vollendeten Delikt tun. Zudem könnte dies sogar bei Delikten, bei denen es keinen strafbaren Versuch gibt (vgl. § 23 Abs. 1 Var. 2 StGB), zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen erforderlich sein, denn die fehlende Versuchsstrafbarkeit soll ja keinesfalls zu einer Ausweitung der Strafbarkeit des vollendeten Delikts führen. Ein derartiges Verständnis des unmittelbaren Ansetzens als Umschreibung der Tathandlung wäre aber mit der systematischen Stellung des § 22 StGB nicht zu vereinbaren. Die Vorschrift steht im Zweiten Titel des Zweiten Abschnitts des Allgemeinen Teils, der mit „Versuch“ überschrieben ist. Daraus folgt, dass die Begriffsbestimmung nur für Fälle des Versuchs gilt. Würde das unmittelbare Ansetzen eine allgemeine Voraussetzung der Strafbarkeit darstellen, so müsste diese Regelung im Ersten Titel des Zweiten Abschnitts des Allgemeinen Teils, der mit „Grundlagen der Strafbarkeit“ überschrieben ist, stehen. Das unmittelbare Ansetzen kann demnach nicht als Tathandlung des versuchten (und des vollendeten) Delikts verstanden werden. Es kann auch deshalb nicht als Tatbestandsmerkmal des Versuchs aufgefasst werden, weil der Versuch als unselbständiger Tatbestand ausgestaltet ist148. Daher werden zu Recht auch andere Handlungen – und zwar auch solche, die bereits vor dem unmittelbaren Ansetzen liegen – als Tathandlungen angesehen149. Dem unmittelbaren Ansetzen kommt nämlich in erster Linie die Funktion zu, den Beginn der Versuchsstrafbarkeit festzulegen. Soll das unmittelbare Ansetzen demnach nur den Zeitpunkt bestimmen, ab dem die Schwelle der Strafbarkeit überschritten ist, oder den „Erfolg“ des Versuchs150 beschreiben, so kann auf den Vorsatz im Zeitpunkt des unmittelbaren Anwenn der Täter die „letzte maßgebliche Entscheidung über das Ob der Tat“ trifft. Aus der Formulierung in § 22 StGB, wonach der Täter „nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar“ ansetzen muss, kann jedoch nicht geschlossen werden, dass er die Versuchsschwelle bewusst überschreiten muss. Ob ein unmittelbares Ansetzen vorliegt, wird nämlich auf Grundlage der Tätervorstellung nach objektiven Kriterien beurteilt (s. dazu noch die Nachweise im 4. Kapitel, Fn. 47). Daher ist die eigene Wertung des Täters hinsichtlich der Tatbestandsnähe seines Verhaltens unerheblich, s. z. B. Eser, in: Schönke / Schröder, § 22 Rn. 34. 147 Anders jedoch Schliebitz, Erfolgszurechnung, S. 127, 131 f., 195, wonach der Versuchsbeginn nicht Voraussetzung für die Vollendungsstrafbarkeit sein soll, ähnlich auch Spendel, in: LK, § 323a Rn. 33. Diese Ansicht kann ohne weiteres auf den Vorsatz im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens verzichten. 148 Zutreffend weist daher Vogler, in: LK, 10. Aufl., § 22 Rn. 7, darauf hin, dass der Vorsatz des Versuchstäters nur die Tatbestandsmerkmale des vollendeten Delikts, nicht aber das unmittelbare Ansetzen selbst umfassen muss. 149 Eser, in: Schönke / Schröder, § 8 Rn. 3; Tröndle / Fischer, § 8 Rn. 3. Vgl. auch Graul, in: Meurer-GS, S. 89 (95), die zutreffend darauf hinweist, dass bei der Mittäterschaft die Tathandlung i. S. v. § 8 S. 1 StGB auch schon im Vorbereitungsstadium liegen kann. 150 So Herzberg, in: Spendel-FS, S. 203 (213); vgl. Gorka, Versuchsbeginn, S. 102.
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setzens verzichtet werden151. Denn diese Schwelle ist von der Tathandlung, die vorsätzlich erbracht werden muss, unabhängig. Herzberg geht im Ansatz ebenfalls davon aus, dass eine straffreie Deliktsvorbereitung als Begehung der Tat angesehen werden kann152. Wenn der Täter also nur im Vorbereitungsstadium gehandelt hat, sei es nicht erforderlich, dass der Vorsatz im Sinne von Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung bis zum Eintritt in die Versuchsphase fortbesteht. Nach Herzberg soll es für den Vorsatz genügen, dass der Eintritt in das Versuchsstadium den Vorstellungen des Täters entspricht und er seinen Vorsatz nicht bewusst aufgegeben hat153. Eine solche Aufgabe könne nicht schon durch Vergessen erfolgen; der Täter müsse den Vorsatz vielmehr in sein Gegenteil verkehrt haben154. Die Schwelle zum Versuch könne also auch dann überschritten werden, wenn der Täter im Zeitpunkt des Versuchsbeginns schlafe oder die Tat vergessen habe. In Fall 3 hat H durch die Anfertigung der Rechnung noch keine Täuschungshandlung vorgenommen, denn die Täuschungshandlung besteht im Einwirken auf eine Person mit dem Ziel, bei ihr eine Fehlvorstellung über Tatsachen hervorzurufen155. Allein durch das Schreiben der Rechnung und deren Einwurf in den Briefkasten hat H noch nicht auf die Vorstellung des Kunden eingewirkt. H hat durch den Einwurf der Rechnung in den Briefkasten auch noch nicht unmittelbar angesetzt, weil sein Opfer noch in keiner Weise gefährdet war. Nach der Auffassung von Herzberg hätte sich H also gem. §§ 263, 22 StGB strafbar gemacht, obwohl er im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens – der Rückkehr des Kunden aus dem Urlaub – keinen Vorsatz mehr besaß. Der Eintritt in das Versuchsstadium (die Rückkehr des Kunden aus dem Urlaub und dessen Kenntnisnahme von der Rechnung) entspricht den Vorstellungen des H, die dieser während der Vornahme seiner Handlung (Einwurf des Briefes in den Briefkasten) hatte. Herzberg kann insoweit zugestimmt werden, dass die Ausführungshandlung bereits vor dem unmittelbaren Ansetzen liegen kann156. Es leuchtet jedoch nicht ein, warum der Vorsatz – wenn auch in der abgeschwächten Form, dass er nicht aufgegeben wird – bis zum Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens fortbestehen muss.
151 Diese Ansicht zwingt auch nicht dazu, die Möglichkeit einer Vollendung ohne vorigen Versuch anzuerkennen (wie dies die in Fn. 147 dargestellte Ansicht tut). Die Tat durchläuft auch nach der hier vertretenen Ansicht das Versuchsstadium, auch wenn der Versuchsbeginn dem Täter nicht bewusst sein muss. 152 Herzberg, in: Spendel-FS, S. 203 (209 ff., insbes. 214). 153 Herzberg, in: Oehler-FS, S. 163 (166); siehe ferner Herzberg, JuS 1985, 1 (8 f.), der seine Auffassung anhand der mittelbaren Täterschaft entwickelt, sie aber allgemein auf Fälle des Versuchsbeginns ausdehnt, in denen die Handlung des Täters und der Versuchsbeginn auseinanderfallen. 154 Herzberg, JuS 1985, 1 (8). 155 Lackner / Kühl, § 263 Rn. 6; Tröndle / Fischer, § 263 Rn. 10; Wessels / Hillenkamp, BT 2, Rn. 493. 156 Ebenso Schliebitz, Erfolgszurechnung, S. 121.
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(3) Straflosigkeit von Vorbereitungshandlungen Für das Vorsatzerfordernis im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens könnte auch die prinzipielle Straflosigkeit von Vorbereitungshandlungen sprechen. So ist Hettinger der Auffassung, dass der Versuchsbeginn „die äußerste Anfangsschwelle tatbestandlicher Zurechenbarkeit“157 sei. Die Handlungen, die vor dem unmittelbaren Ansetzen liegen, seien bedeutungslos, weil „auf der subjektiven Seite zwar ein Handlungsentschluß“ bestehe, dieser aber „(noch) nicht die Qualität eines Tatvorsatzes“ aufweise158. Der Vorsatz liege erst dann vor, wenn der Täter „eine Handlung vornimmt, die nach seiner Vorstellung von der Tat schon eine tatbestandliche ist oder jedenfalls unmittelbar in seine solche einmünden soll“159. Da sich die objektive und die subjektive Versuchsseite gegenseitig bedingen, soll erst beides zusammen „die Versuchshandlung“ i. S. eines Straftatbestandes darstellen160. Dass das unmittelbare Ansetzen nicht die Funktion hat, die Tathandlung zu umschreiben, wurde bereits dargelegt. Das unmittelbare Ansetzen könnte aber die Funktion haben, prinzipiell straflose Vorbereitungshandlungen von Tathandlungen abzugrenzen. Da der Vorsatz im Zeitpunkt der Vornahme einer Tathandlung vorliegen muss, müsste er notwendigerweise bei oder nach dem unmittelbaren Ansetzen vorliegen. Diese Abgrenzung ist dann erforderlich, wenn man den Umstand, dass eine Handlung den Erfolg verursacht hat, für sich allein noch nicht ausreichen lässt, um als Tathandlung qualifiziert zu werden161. Häufig wird auf das unmittelbare Ansetzen als Kriterium zur Abgrenzung von Vorbereitungshandlungen und Tathandlungen abgestellt162. Nach Küper163 ist die Versuchsschwelle deshalb als Anknüpfungspunkt für die Abgrenzung von Versuch und Vorbereitungshandlung heranzuziehen, weil es keine andere sinnvolle Möglichkeit gebe; konstruktiv zwingend erforderlich sei diese Anknüpfung jedoch nicht. Zu beachten ist auch, dass Vorbereitungshandlungen – abgesehen von der Verwirklichung von Vorfeldtatbeständen – zwar an sich nicht strafbar sind, aber bei anderen Beteiligungsformen Hettinger, actio libera in causa, S. 462; ebenso Küper, Notstand, S. 61 f. Hettinger, actio libera in causa, S. 462. Vgl. auch Puppe, JuS 1980, 346 (347), mit dem Hinweis, dass ein „Vorsatz im Rechtssinne“ erst dann vorliegt, wenn die Versuchsschwelle überschritten ist. 159 Hettinger, actio libera in causa, S. 462. 160 Hettinger, actio libera in causa, S. 462. 161 So beispielsweise Küper, Notstand, S. 62; Vogler, in: Stree / Wessels-FS, S. 285 (291). 162 So ausdrücklich Eser, in: Schönke / Schröder, § 22 Rn. 24; ferner Joecks, § 22 Rn. 13 ff.; Sonnen / Hansen-Siedler, JA 1988, 17 (18). Nach Streng, in: Zipf-GS, S. 325 (336 f., 349 f.), soll das unmittelbare Ansetzen dagegen die Funktion haben, den objektiven Tatentschluss nach außen zu manifestieren. Ein rechtlich relevanter Tatentschluss liege erst dann vor, wenn der Tatentschluss durch einen „aktuellen Ausführungsentschluss“ (S. 343) komplettiert werde. Dieser müsse sich im unmittelbaren Ansetzen manifestieren, wobei eine solche Manifestation dann anzunehmen sei, wenn der Täter das Geschehen aus der Hand gebe oder wenn nach den Grundsätzen der Unterlassungsstrafbarkeit eine relevante Gefahrsteigerung eintrete. 163 Küper, Notstand, S. 62 f. 157 158
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– etwa bei der Mittäterschaft oder der Anstiftung – durchaus eine Verantwortlichkeit wegen des von anderen Beteiligten begangenen Delikts auslösen können164. Im Folgenden ist deshalb zu untersuchen, ob ein anderes sachgerechtes Abgrenzungskriterium für straflose Vorbereitungshandlungen und strafbare Ausführungshandlungen gefunden werden kann. Als solches bietet sich der Zeitpunkt an, zu dem der Täter glaubt, alles zur Erfolgsherbeiführung Erforderliche getan zu haben. Da dies die letzte Handlung ist, die der Täter zur Deliktsverwirklichung vornimmt, muss diese jedenfalls als Tathandlung angesehen werden. Dass die Vornahme einer solchen Handlung zwar eine hinreichende, aber keine notwendige Bedingung für das Vorliegen einer Tathandlung ist, zeigt bereits die in § 24 Abs. 1 S. 1 Var. 1 StGB vorgesehene Möglichkeit des Rücktritts vom unbeendeten Versuch. Aus dieser Vorschrift wird nämlich ersichtlich, dass auch Handlungen, von denen der Täter annimmt, sie seien zur Herbeiführung des Erfolges allein noch nicht geeignet, die Versuchsstrafbarkeit begründen können. Diese Handlungen sind demnach auch als tatbestandliche Ausführungshandlungen anzusehen. Tatbestandliche Ausführungshandlungen sind also alle Handlungen, von denen der Täter glaubt, sie können den Erfolg herbeiführen, sowie weitere auf die Herbeiführung des Erfolges gerichtete Handlungen, die nach dem unmittelbaren Ansetzen vorgenommen werden. Da das unmittelbare Ansetzen i. S. v. § 22 StGB nicht das alleinige Abgrenzungskriterium ist165, kann aus der prinzipiellen Straflosigkeit von Vorbereitungshandlungen nicht gefolgert werden, dass der Täter im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens vorsätzlich handeln muss. Die Tathandlung kann im Einzelfall bereits vor dem unmittelbaren Ansetzen liegen. Als Ergebnis kann daher festgehalten werden, dass ein Täter, der bereits im Vorbereitungsstadium alles zur Herbeiführung des Erfolges Notwendige getan und dabei vorsätzlich gehandelt hat, wegen eines vollendeten Delikts strafbar ist, sobald der Erfolg in zurechenbarer Weise eingetreten ist. Sofern der Versuch strafbar ist, wird der Täter, der im Vorbereitungsstadium alles zur Herbeiführung des Erfolges Erforderliche getan und dabei vorsätzlich gehandelt hat, wegen eines versuchten Delikts bestraft, sobald die Versuchsschwelle überschritten ist. Der Täter kann deshalb im Fall einer beendeten Vorbereitungshandlung nicht durch die bloße Aufgabe des Vorsatzes Straffreiheit erlangen166.
Siehe dazu bereits o. 1. Kapitel A. Schmidhäuser, AT, 8 / 96 f., der ebenfalls davon ausgeht, dass das unmittelbare Ansetzen nicht die Grenze zwischen strafloser Vorbereitungshandlung und strafbarer Ausführungshandlung darstellt, nimmt an, dass eine tatbestandliche Ausführungshandlung bereits bei jeder Handlung vorliege, die „in rechtsgutsverletzender Weise eine objektive Gefahr“ für das spätere Geschehen geschaffen habe. Gleichfalls meint Spendel, in: LK, § 323a Rn. 34, dass die Ausführungshandlung bereits vor dem Zeitpunkt, in dem der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ansetzt, liegen kann; was Tathandlung ist, werde nicht wie das unmittelbare Ansetzen zur Tat ex ante, sondern ex post bestimmt. Vgl. auch Fn. 147. 166 Ebenso Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (759). 164 165
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2. Beendete, aber untaugliche Vorbereitungshandlung Schließlich ist noch die Fallkonstellation der nur vermeintlich beendeten Vorbereitungshandlung zu behandeln, in der der Täter glaubt, er habe im Vorbereitungsstadium bereits alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan, in Wirklichkeit reichen seine Tathandlungen jedoch nicht aus, um den Erfolg herbeizuführen. Wenn A in Fall 1 anstelle eines Giftes versehentlich eine ungiftige Substanz in die Schnapsflasche füllt, liegt eine beendete, aber untaugliche Vorbereitungshandlung vor. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn die vom Täter vorgenommenen Handlungen zunächst ausgereicht hätten, um den Erfolg herbeizuführen, später jedoch (beispielsweise durch Dritte) rückgängig gemacht wurden. So läge es in Fall 1, wenn A zunächst tatsächlich ein tödlich wirkendes Gift in die Flasche gefüllt und später ein Dritter das Gift gegen eine ungiftige Substanz austauscht hätte. Es handelt sich hierbei gewissermaßen um die ins Vorbereitungsstadium übertragene Konstellation des beendeten untauglichen Versuchs. Dass der untaugliche Versuch strafbar ist, geht mittelbar aus der Vorschrift des § 23 Abs. 3 StGB hervor: Wenn für den Täter, der die Untauglichkeit seines Versuchs aus grobem Unverstand verkennt, die Möglichkeit des Absehens von Strafe oder einer Strafmilderung besteht, folgt daraus, dass die übrigen Fälle des untauglichen Versuchs strafbar sind167. Da eine Gefährdung des geschützten Rechtsgutes objektiv überhaupt nicht eintreten kann, ist die Frage, wann der Täter zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ansetzt, notwendigerweise ausschließlich anhand seiner Vorstellungen von der Tat zu beurteilen168. Da die Frage des Versuchsbeginns nach ganz herrschender Meinung auch allgemein auf subjektiver Grundlage nach objektiven Kriterien beurteilt wird169, ist auch bei der hier behandelten Fallgestaltung der Tatplan des Täters die maßgebliche Beurteilungsgrundlage. Wenn der Täter also alles getan hat, was aus seiner Sicht für die Tatbestandserfüllung erforderlich ist, hat er in der Regel auch unmittelbar angesetzt. Dass das Versuchsstadium aber nicht zwingend erreicht ist, sobald der Täter alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat, wurde bereits dargelegt170. Zu untersuchen ist, unter welchen Voraussetzungen der Täter in dieser Fallkonstellation straffrei bleibt. Zunächst kann er unter denselben Voraussetzungen wie bei der tauglichen Vorbereitungshandlung Straffreiheit erlangen: So bleibt er straffrei, wenn es nicht zum unmittelbaren Ansetzen kommt171. Wenn beispielsweise A in Fall 1 eine ungiftige Substanz in die Flasche gefüllt hätte, und die Einbrecher niemals zurückgekehrt wären, bliebe A straflos. Durch eine bloße Aufgabe des Siehe dazu die Nachweise in Fn. 40. Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 26 Rn. 49; Heinrich, Jura 1998, 393; Kühl, AT, § 15 Rn. 87. 169 Siehe dazu die Nachweise in 4. Kapitel, Fn. 47. 170 Siehe o. I. 171 Siehe dazu o. 1. a). 167 168
B. Voraussetzungen einer strafbefreienden Abstandnahme
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Vorsatzes kann er dagegen nicht straffrei bleiben172. So würde sich A in Fall 1 wegen eines versuchten Tötungsdeliktes strafbar machen, wenn er versehentlich eine ungiftige Substanz in die Flasche gefüllt hätte und die Einbrecher bei ihrer Rückkehr, nachdem er bereits die gesamte Angelegenheit vergessen hätte, daraus getrunken hätten. Schließlich ist noch die Konstellation denkbar, in der der Täter zunächst irrtümlich glaubt, alles zur Erfolgsherbeiführung Erforderliche getan zu haben, aber noch vor Versuchsbeginn erkennt, dass seine bisher vorgenommenen Handlungen nicht ausreichen, um den Erfolg herbeizuführen. Dies wäre z. B. dann der Fall, wenn A in Fall 1 eine ungiftige Substanz in die Flasche gefüllt hat und dies später erkennt. Zweifelhaft ist zunächst, ob es in derartigen Fällen überhaupt zu einem unmittelbaren Ansetzen kommen kann, denn die Grundlage für die Beurteilung der Abgrenzung von Versuch und Vorbereitungshandlung bildet die Vorstellung des Täters von der Tat173. Berücksichtigt man hier aber die nachträglich korrigierte Vorstellung des Täters, so kann es niemals zu einem unmittelbaren Ansetzen kommen. Für die Möglichkeit einer strafbefreienden Abstandnahme spricht ein Vergleich mit Fällen, in denen der Täter nach Versuchsbeginn erkennt, dass er – anders als zunächst angenommen – noch nicht alles zur Herbeiführung des Erfolges notwendige getan hat. Nach überwiegender Ansicht ist hier allein die korrigierte Vorstellung maßgeblich, so dass ein unbeendeter Versuch vorliegt174. Von diesem kann der Täter aber, soweit die übrigen Voraussetzungen des Rücktritts erfüllt sind, durch Aufgabe der weiteren Ausführung der Tat zurücktreten. Wenn eine derartige Korrektur des Rücktrittshorizonts noch nach Versuchsbeginn möglich ist, muss sie im Vorbereitungsstadium erst recht möglich sein. Es liegt damit die Situation einer unbeendeten Vorbereitungshandlung vor. Hier ist eine strafbefreiende Abstandnahme allein durch die Aufgabe der weiteren Ausführung der Tat möglich175. Es kommt – anders als beim Rücktritt nach Versuchsbeginn176 – nicht darauf an, dass Siehe dazu o. 1. b). Siehe dazu die Nachweise in 4. Kapitel, Fn. 47. 174 BGHSt 36, 224 (225 f.); 39, 221 (227 f.); BGH NStZ 2002, 427 (428); Kühl, AT, § 16 Rn. 32; Lilie / Albrecht, in: LK, § 24 Rn. 116; Tröndle / Fischer, § 24 Rn. 15; Wessels / Beulke, AT, Rn. 637; Zaczyk, in: NK, § 24 Rn. 42; a. A. Ranft, JZ 1989, 1128 (1129). 175 Siehe o. II. 1. 176 Ein Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Täter erkennt, dass er sein Ziel mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nicht mehr erreichen kann. Überwiegend wird in dieser Konstellation ein fehlgeschlagener Versuch angenommen, von dem der Täter nicht zurücktreten kann, BGHSt 34, 53 (56); Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 7; Jescheck / Weigend, AT, S. 542; Kühl, AT, § 16 Rn. 11 f.; Lilie / Albrecht, in: LK, § 24 Rn. 64; Wessels / Beulke, AT, Rn. 628; Zaczyk, in: NK, § 24 Rn. 19 f. Soweit man die Rechtsfigur des fehlgeschlagenen Versuchs nicht anerkennt (kritisch zur eigenständigen Bedeutung des fehlgeschlagenen Versuchs, z. B. Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 27 Rn. 12; Herzberg, in: MüKo-StGB, § 24 Rn. 59 ff.; Otto, AT, § 19 Rn. 10; Scheinfeld, JuS 2002, 250 [251]; Vogel / Fad, JuS 2002, 786 [787]), scheitert ein Rücktritt daran, dass der Täter nicht freiwillig handelt, Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 27 Rn. 17. 172 173
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2. Kap.: Die Abstandnahme des Alleintäters, § 25 Abs. 1 Var. 1 StGB
der Täter glaubt, die Tat noch vollenden zu können und freiwillig handelt. Sobald A im eingangs erwähnten Beispiel erkennt, dass er eine ungiftige Substanz in die Flasche gefüllt hat, weiß er, dass nicht mehr alles zur Erfolgsherbeiführung Erforderliche getan ist. Gibt er die weitere Ausführung der Tat auf, so bleibt er straffrei.
C. Ergebnis Der Alleintäter bleibt bei einer Abstandnahme von der Tat im Vorbereitungsstadium im Fall einer unbeendeten Vorbereitungshandlung dann straffrei, wenn er seinen Vorsatz bis zum Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens aufgibt. Wenn der Täter aber glaubt, bereits alles zur Verwirklichung des Tatbestandes Notwendige getan zu haben, kann er grundsätzlich nur dadurch Straffreiheit erlangen, dass er seine Tathandlungen rückgängig macht. Ausnahmsweise bleibt der Täter auch dann straflos, wenn es aufgrund eines ausbleibenden Opferverhaltens nicht zum unmittelbaren Ansetzen kommt. Im Fall von beendeten untauglichen Vorbereitungshandlungen macht sich der Täter auch dann nicht strafbar, wenn er die Untauglichkeit seiner Handlungen vor dem unmittelbaren Ansetzen erkennt.
3. Kapitel
Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB Aus § 24 Abs. 2 StGB geht hervor, dass ein Rücktritt bei Mittäterschaft nach Eintritt in das Versuchsstadium unter den dort genannten Voraussetzungen möglich ist. Daher muss grundsätzlich auch im Vorbereitungsstadium eine strafbefreiende Abstandnahme möglich sein1. Auch hier kann – wie bereits im 2. Kapitel unter A begründet – § 24 Abs. 2 StGB nicht in der Weise zu Lasten des Täters analog angewandt werden, dass eine Abstandnahme ein bestimmtes Verhalten des Abstandnehmenden oder ein freiwilliges Handeln erfordert. Im Folgenden soll untersucht werden, unter welchen Voraussetzungen eine strafbefreiende Abstandnahme im Vorbereitungsstadium möglich ist. Voraussetzung einer Strafbarkeit wegen mittäterschaftlicher Tatbegehung ist, dass die Tat mindestens in das Versuchsstadium gelangt. Tritt die Tat nicht in das Versuchsstadium ein – etwa weil dies der Täter selbst, seine Mittäter oder Dritte verhindern –, so kann der Handelnde nicht wegen mittäterschaftlicher Beteiligung bestraft werden2. Strafbar kann der Täter trotz der Verhinderung der Tat durch Dritte im Vorbereitungsstadium allerdings dann sein, wenn er von der Verhinderung nichts weiß und es zu einem unmittelbaren Ansetzen zum (durch die Verhinderung untauglich gewordenen) Versuch kommt3. Wenn der Täter sich jedoch zur mittäterschaftlichen Begehung eines Verbrechens verabredet, macht er sich gem. § 30 Abs. 2 Var. 3 StGB strafbar. Von der Verbrechensverabredung kann er gem. § 31 Abs. 1 Nr. 3 StGB durch freiwillige Verhinderung der Tat oder, falls die Tat ohne sein Zutun unterbleibt, gem. § 31 Abs. 2 Var. 1 StGB durch freiwilliges und ernsthaftes Bemühen um die Verhinderung der Tat strafbefreiend zurücktreten4. Sofern der Täter zudem bereits Vorfeldtatbestände verwirklicht hat, kann er Straffreiheit allenfalls unter den VorausVgl. bereits o. 1. Kapitel D. I. Siehe nur Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (749); Kamm, Mittäterschaft, S. 44; Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 50 Rn. 87. 3 Siehe dazu bereits o. 2. Kapitel B. III. 2. 4 Diese Regelungen betreffen lediglich die Strafbarkeit nach § 30 Abs. 2 Var. 3 StGB und können weder auf die Abstandnahme des Mittäters von einem versuchten oder vollendeten Verbrechen noch auf die Abstandnahme von Vergehen zu Lasten des Abstandnehmenden analog angewandt werden, vgl. dazu o. 2. Kapitel A. und 5. Kapitel A. 1 2
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
setzungen einer tätigen Reue erlangen5. Im Folgenden soll zunächst untersucht werden, wann bei der Mittäterschaft das unmittelbare Ansetzen erfolgt6. Denn nur bis zu diesem Zeitpunkt ist eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium überhaupt möglich. Anschließend wird der Frage nachgegangen, ob der Täter dadurch straflos bleiben kann, dass er die einzelnen Voraussetzungen der Mittäterschaft noch im Vorbereitungsstadium wieder beseitigt. Eine Bestrafung wegen mittäterschaftlicher Begehung setzt voraus, dass der Täter gemeinsam mit einem anderen einen Tatentschluss zur Begehung der Tat fasst7 und einen die Tat fördernden Beitrag8 erbringt, der als täterschaftliche Beteiligung9 angesehen werden kann. Soweit dies vom jeweiligen Tatbestand gefordert wird, muss der Täter auch die besonderen persönlichen Merkmale und die vom Gesetz genannten besonderen Absichten verwirklicht haben10. Daher ist zunächst zu untersuchen, ob der Täter seinen objektiven Tatbeitrag rückgängig machen kann und welche Folgen dies hat11. Anschließend wird auf das Problem eingegangen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Konsequenzen der Täter den gemeinsamen Tatentschluss und seinen Vorsatz wieder aufgeben kann12. Falls es dem Täter nicht gelingt, seine Tatbeiträge vollständig zu neutralisieren, stellt sich die Frage, ob der Abstandnehmende durch eine Reduktion seiner Tatbeiträge wenigstens seiner täterschaftlichen Verantwortlichkeit entgehen kann13. Abschließend soll untersucht werden, wie sich der Wegfall von besonderen persönlichen Merkmalen und besonderen Absichten im Vorbereitungsstadium auswirkt14.
A. Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens Eine Strafbarkeit wegen mittäterschaftlicher Tatbegehung kommt nur in Betracht, wenn der Täter zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar angesetzt hat. Wann der Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens bei Mittäterschaft vorliegt, hängt Siehe hierzu bereits o. 1. Kapitel A. Dazu sogleich unter A. 7 Siehe nur Wessels / Beulke, AT, Rn. 526; näher dazu u. C. I. 8 Einzelheiten sind hier freilich umstritten, s. z. B. Wessels / Beulke, AT, Rn. 528; eingehend dazu unten B. I. 9 Unter welchen Voraussetzungen dies angenommen werden kann, ist ebenfalls umstritten, dazu eingehend Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 27 ff. sowie unten D. 10 Mittäter kann nur derjenige sein, wer als tauglicher (Einzel-) Täter des betreffenden Delikts in Betracht kommt, Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 95; Wessels / Beulke, AT, Rn. 530. Dazu noch u. E. 11 Dazu u. B. 12 Siehe u. C. II. 13 Dazu u. D. 14 Dazu u. E. 5 6
A. Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens
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vor allem davon ab, ob man der sog. Einzellösung15, wonach für jeden Mittäter gesondert zu beurteilen ist, ob er in das Versuchsstadium eintritt,16 oder der sog. Gesamtlösung17, die für alle Mittäter ein unmittelbares Ansetzen annimmt, sobald ein Mittäter das Versuchsstadium erreicht hat,18 folgt.
I. Einzellösung Die verschiedenen Varianten der Einzellösung sind dadurch gekennzeichnet, dass der Versuchsbeginn für jeden Mittäter gesondert zu bestimmen ist und maßgeblich von dessen eigenem Verhalten abhängt19. Die Auffassungen der Vertreter der Einzellösungen unterscheiden sich aber nicht nur hinsichtlich der Begründung, 15 Die Bezeichnung stammt von Schilling, Verbrechensversuch, S. 1, 112. Sie wird – mit Modifikationen im Einzelnen – vertreten von Bauer, Mittäterschaft, S. 189 ff.; Bloy, Beteiligungsform, S. 265 ff. (insbes. 266); Frank, § 47 Anm. V; Rudolphi, in: SK, § 22 Rn. 19a; ders., in: Bockelmann-FS, S. 369 (384 ff.); Schilling, Verbrechensversuch, S. 112 ff.; Stein, Beteiligungsformenlehre, S. 318; Spendel, JuS 1969, 314 (316); Valdágua, ZStW 98 (1986), S. 839 (870 ff.). Entgegen seiner früheren Auffassung auch Roxin, in: LK, § 25 Rn. 199; ders., in: Odersky-FS, S. 489 (491 ff.); wohl auch Graul, in: Meurer-GS, S. 89 (102). Auch in der frühen Rechtsprechung des Reichsgerichts sind Ansätze einer Einzellösung zu erkennen: s. z. B. RGSt 9, 3 (6), wonach die bloße Verabredung für eine Bestrafung wegen eines mittäterschaftlichen Versuchs nicht ausreicht; eine Zurechnung fremder Tatbeiträge sei nur dann möglich, wenn der Mittäter bereits in seine von ihm übernommene Rolle eingetreten sei, indem er irgendeine dem Tatplan entsprechende Handlung vorgenommen habe; ferner auch RGSt 15, 295 (302). Vgl. dazu Gorka, Versuchsbeginn, S. 10 ff., 51, der zutreffend feststellt, dass diese Lösung weder der strengen Einzellösung noch der Gesamtlösung zugeordnet werden kann. Er bezeichnet sie deshalb als „eingeschränkte Einzellösung“ (S. 10). Weber, in: Lenckner-FS, S. 435 (440, Fn. 13), bezeichnet diese Lösung als „Kompromiss zwischen Einzel- und Gesamtlösung“. Ausführlich zu jener Lösung des Reichsgerichts auch Buser, Zurechnungsfragen, S. 17 ff. Eine ähnlich Lösung befürworten auch Köhler, AT, S. 541; Kratzsch, JA 1983, 578 (587); Zaczyk, in: NK, § 22 Rn. 67. 16 Dazu sogleich unter I. 17 Diese Bezeichnung geht ebenfalls auf Schilling, Verbrechensversuch, S. 1, 104, zurück. H. M.: RGSt 58, 279; 77, 175 (176 f.); BGHSt 36, 249 (250); 39, 236 (237 f.); 40, 299 (301); BGH NStZ 1981, 99; 1994, 534 (535); BGH StV 2001, 272 (273); Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 104; Cramer, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 61; Dencker, Kausalität, S. 15 f., 245; Eser, in: Schönke / Schröder, § 22 Rn. 55; Gores, Rücktritt, S. 125; Gorka, Versuchsbeginn, S. 156 f.; Haft, AT, S. 231; Hillenkamp, in: LK, § 22 Rn. 173; Ingelfinger, JZ 1995, 704 (712 f.); Joecks, § 25 Rn. 78 f.; ders., in: MüKo-StGB, § 25 Rn. 226 f.; Kindhäuser, § 22 Rn. 37; Krey, AT 2, Rn. 439; Krack, ZStW 110 (1998), S. 611 (613 ff.); Kühl, AT, § 20 Rn. 123; Küpper, ZStW 105 (1993), S. 295 (303); Lackner / Kühl, § 22 Rn. 9; Maurauch / Gössel / Zipf, AT 2, § 49 Rn. 100; Otto, AT, § 21 Rn. 125; Papageorgiou-Gonatas, Vorbereitungshandlungen und Versuch, S. 338; Schliebitz, Erfolgszurechnung, S. 130 (insbes. Fn. 556); Stoffers, MDR 1989, 208 (213); Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 107; Tröndle / Fischer, § 22 Rn. 21; Vogler, in: LK, 10. Aufl., § 22 Rn. 88; Weber, in: Lenckner-FS, S. 435 (440); Wessels / Beulke, AT, Rn. 611. 18 Siehe dazu u. II. 19 Vgl. Gorka, Versuchsbeginn, S. 1 f., 46.
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
sondern auch hinsichtlich des Zeitpunktes, in dem ein unmittelbares Ansetzen angenommen werden kann. Für die Zwecke dieser Untersuchung kommt es vorrangig auf die Frage des Zeitpunkts des Versuchsbeginns an, weil hiervon die zeitlichen Grenzen einer Abstandnahme im Vorbereitungsstadium abhängig sind. Zunächst wird diejenige Variante der Einzellösung dargestellt, die den Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens gegenüber der Gesamtlösung vorverlagert. Diese vorverlagernde Einzellösung stellt auf den nach dem Tatplan letzten Teilakt des Täters ab, auch wenn die anderen Mittäter das Ausführungsstadium noch nicht erreicht haben20. Anschließend soll auf diejenige Variante der Einzellösung eingegangen werden, die ein unmittelbares Ansetzen des einzelnen Mittäters frühestens dann bejaht, wenn die Gesamthandlung die Grenze zum unmittelbaren Ansetzen überschreitet21. 1. Vorverlagernde Einzellösung Nach Schilling liegt mit dem Vollzug des eigenen, Tatherrschaft begründenden Beitrags für den einzelnen Beteiligten ein beendeter Versuch22 und somit ein unmittelbares Ansetzen vor23. Die Tatbeiträge der anderen Mittäter seien lediglich als „Kausalfaktoren“ der eigenen Handlung für den Erfolg anzusehen24. Zugerechnet werden damit nicht die von den Mittätern vorgenommenen Handlungen, sondern nur die von ihnen herbeigeführten Erfolge. Für die Tatbeiträge der anderen Beteiligten gelte daher nichts anderes als für den Einsatz von Kräften der belebten oder unbelebten Natur25. Ein Täter könne deshalb auch schon durch den gemeinsamen Tatenschluss unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung ansetzen, weil dies der letzte Zeitpunkt sei, zu dem der Täter auf seine Mittäter psychisch einwirkt, damit diese den Taterfolg herbeiführen26. Nur wenn vereinbart sei, dass die Täter Dazu sogleich unter 1. Siehe dazu u. 2. 22 Schilling, Verbrechensversuch, S. 104, 112. 23 Auf die Frage, ob Fälle denkbar sind, in denen der Täter trotz Vornahme aller Tathandlungen noch nicht in das Versuchsstadium eintritt (s. dazu o. 2. Kapitel B. I.), geht Schilling nicht ein. Er geht vielmehr davon aus, dass beim beendeten Versuch immer auch ein unmittelbares Ansetzen vorliegt, vgl. Schilling, Verbrechensversuch, S. 1. 24 Schilling, Verbrechensversuch, S. 104 f. Die Mittäterschaft wird hier als wechselseitige mittelbare Täterschaft aufgefasst, ohne dass Schilling dies ausdrücklich sagt. In RGSt 63, 101 (103) wird Mittäterschaft z. B. ausdrücklich als Fall der wechselseitigen mittelbaren Täterschaft bezeichnet; vgl. dazu Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 77. 25 Schilling, Verbrechensversuch, S. 104 f., sowie ferner S. 93 f. 26 Schilling, Verbrechensversuch, S. 112. – Schilling erläutert seine Auffassung anhand des Sachverhalts, der der Entscheidung BGHSt 11, 268 ff. zu Grunde lag. Dort haben drei Mittäter eines Einbruchsdiebstahls vereinbart, dass jeder auf etwaige Verfolger zu schießen habe, um ihre Festnahme um jeden Preis zu verhindern. Bei der Flucht schoss einer der Täter auf einen Mittäter, den er irrtümlich für einen Verfolger hielt, und verletzte ihn dabei. Schilling nimmt hier an, dass durch die Vereinbarung, auf eventuelle Verfolger zu schießen, bereits jeder einzelne Mittäter alle übrigen zu „Werkzeugen“ seines Tötungswillens bestimmt habe. Diese Werkzeuge führen dann die Tötungshandlung selbständig aus, so dass bereits mit der 20 21
A. Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens
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ihre Tathandlungen nacheinander zu erbringen haben, setze jeder Mittäter erst dann zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar an, wenn er zur Erbringung seines eigenen Tatbeitrages unmittelbar ansetzt27. Nach dieser Auffassung kann also ein unmittelbares Ansetzen bereits mit der Verabredung der Tat vorliegen mit der Folge, dass eine strafbefreiende Abstandnahme im Vorbereitungsstadium nicht mehr möglich ist. Straffreiheit könnte der Täter dann nur noch durch einen strafbefreienden Rücktritt gem. § 24 Abs. 2 StGB erlangen. Zu prüfen ist, ob einer derartigen vorverlagernden Einzellösung gefolgt werden kann. Bereits die These Schillings, dass allein die Kausalität zu einer mittäterschaftlichen Verantwortlichkeit führt, ruft Bedenken hervor. So ist schon umstritten, ob in der Verabredung einer Straftat zwingend eine psychische Kausalität zwischen dem Verhalten des einen Mittäters und dem des anderen Mittäters besteht. Teilweise wird eingewandt, eine derartige Kausalität sei jedenfalls nicht zwingend anzunehmen28. Jedenfalls kann Schilling aber nicht erklären, warum eine gegenseitige Bestärkung der Tatentschlüsse gerade zu einer täterschaftlichen Verantwortlichkeit führen soll. Auch Beihilfehandlungen sind regelmäßig kausal für den Erfolg29. Die Kausalität der eigenen Handlung des Mittäters für den Erfolg ist also keine hinreichende Bedingung für Mittäterschaft. Zudem ist die Kausalität des vom einzelnen Beteiligten geleisteten Tatbeitrages keine notwendige Bedingung für die Mittäterschaft, worauf später noch näher einzugehen sein wird30. Küper kritisiert weiter zu Recht, dass nach der Konzeption Schillings eine Zurechnung von Tathandlungen nicht möglich ist. Tatmodalitäten, die den Handlungsunwert betreffen, könnten nach Schilling konsequenterweise nicht zugerechnet werden31. Die Vorverlagerung des unmittelbaren Ansetzens auf Handlungen, die, wenn sie von einem Alleintäter vorgenommen worden wären, allenfalls als Vorbereitungshandlungen angesehen werden können, erscheint wenig überzeugend. Zudem ist die Annahme eines unmittelbaren Ansetzens im Zeitpunkt der Verabredung der Tat mit der Systematik der §§ 22 und 30 Abs. 2 Var. 2 StGB kaum zu vereinVerabredung für jeden einzelnen Beteiligten ein beendeter Versuch vorliege, Schilling, a. a. O., S. 112 f. 27 Schilling, Verbrechensversuch, S. 113 f. 28 Buser, Zurechnungsfragen, S. 28; Küper, Versuchsbeginn, S. 56; Herzberg, S. 60 Fn. 8. Dazu näher u. B. I. 3. 29 Zur Frage, ob die Kausalität der Beihilfehandlung eine zwingende Voraussetzung der Beihilfe ist s. u. 6. Kapitel A. I. 1. a). 30 Siehe u. B. I. 31 Küper, Versuchsbeginn, S. 58 f.; ebenso Derksen, GA 1993, 163 (166); Gorka, Versuchsbeginn, S. 50; vgl. auch Buser, Zurechnungsfragen, S. 29 f.; Kindhäuser, in: HollerbachFS, S. 627 (629 f.), der darauf hinweist, dass diese Konzeption bei der mittäterschaftlichen Verwirklichung mehraktiger Delikte versagt. So sei beispielsweise beim Raub ein finaler Zusammenhang zwischen Nötigung und Wegnahme erforderlich. Die Zwecksetzung sei nur möglich, wenn dem Handelnden die Handlungen seiner Mittäter zugerechnet würden. 6 Fad
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
baren32. § 30 Abs. 2 StGB hat die Funktion, gewisse Vorbereitungshandlungen zu Verbrechen, die sich als Vorstufen zur Beteiligung darstellen, ausnahmsweise unter Strafe zu stellen33. § 30 Abs. 2 Var. 2 StGB geht also ersichtlich davon aus, dass der Versuchsbeginn in der Regel erst zeitlich später erfolgt als die Verabredung. Sieht man aber in der Verabredung zur mittäterschaftlichen Begehung bereits das unmittelbare Ansetzen, so verbliebe für § 30 Abs. 2 Var. 2 StGB kaum ein Anwendungsbereich34. Schließlich leuchtet auch die von Schilling vorgenommene Differenzierung zwischen der Situation, in der die Beteiligten die Tathandlung verabredungsgemäß nacheinander erbringen, und der, dass sie gleichzeitig erbracht werden sollen, nicht ein35. Es wird nämlich häufig allein vom Zufall abhängen, ob die Tatgenossen ihre Beiträge gleichzeitig erbringen oder in welcher Reihenfolge sie erbracht werden. Nach alledem ist die vorverlagernde Variante der Einzellösung abzulehnen.
2. Einschränkende Einzellösungen Überwiegend wird die Einzellösung in der Form vertreten, dass die Handlung eines einzelnen Mittäters nur dann als ein unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung anzusehen sei, wenn die Gesamthandlung aller Mittäter ein unmittelbares Ansetzen darstellt36 oder ein wesentlicher Beitrag im Ausführungsstadium geleistet wird37. Nach dieser Variante der Einzellösung kann ein Täter der Strafbarkeit wegen Versuchs allein dadurch entgehen, dass er seinen Tatbeitrag nicht erbringt, auch wenn die anderen Mittäter die Tat vollenden. Die Einzellösung wurde bereits von Frank vertreten, der für einen Anfang der Ausführung gem. § 47 StGB a. F. verlangte, dass der Mittäter eine tatbestandsmäßige Handlung ausgeführt hat38. Die Strafbarkeit des einzelnen Mittäters sollte dann beginnen, wenn er selbst eine Ausführungshandlung vornimmt39. Dieses 32 Diese vorverlagernde Einzellösung wird deshalb nicht nur von Vertretern der Gesamtlösung – wie z. B. Buser, Zurechnungsfragen, S. 27 f.; Ingelfinger, JZ 1995, 704 (712); Küper, Versuchsbeginn, S. 61 f.; Vogler, in: LK, 10. Aufl., § 22 Rn. 91 –, sondern auch von Anhängern der Einzellösung abgelehnt: Bauer, Mittäterschaft, S. 187 ff.; Roxin, in: Odersky-FS, S. 489 (497 f.) – „Einer derart verstandene Einzellösung ist sogar die Gesamtlösung noch vorzuziehen . . .“ –; Rudolphi, in: SK, § 22 Rn. 19a. 33 Siehe dazu die Nachweise in 1. Kapitel, Fn. 16. 34 Ebenso Gorka, Versuchsbeginn, S. 49; Schaal, Gremienentscheidungen, S. 185; Valdágua, ZStW 98 (1986), S. 839 (867). 35 Vgl. Bauer, Mittäterschaft, S. 188. 36 So Graul, in: Meurer-GS, S. 89 (102); Rudolphi, in: SK, § 22 Rn. 19a. 37 So Bloy, Beteiligungsform, S. 266; Roxin, in: Odersky-FS, S. 489 (497). 38 Frank, § 47 Anm. 2. 39 Frank, § 47 Anm. 5. Ähnlich auch Spendel, JuS 1969, 314 (315 f.), nach dessen Auffassung der Versuch erst beginnt, wenn der Täter eine „Versuchshandlung im Sinne einer unmit-
A. Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens
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Ergebnis wurde allerdings auf die formal objektive Theorie gestützt, wonach nur derjenige Täter sein kann, der selbst tatbestandsmäßige Ausführungshandlungen erbringt40. Diese Auffassung ist aber heute schon angesichts des Wortlauts von § 25 StGB nicht mehr vertretbar41. Zur Begründung der Einzellösung werden heute sowohl Argumente aus der Teilnahmelehre42 als auch Argumente aus der Versuchslehre43 herangezogen.
a) Vereinbarkeit mit der Beteiligungslehre Gegen die Gesamtlösung wird vorgebracht, dass der Mittäter beim Versuch keine Tatherrschaft bezüglich der versuchsbegründenden Handlungen der anderen Mittäter habe. Die Tatherrschaft kann in eine positive und eine negative Komponente unterteilt werden44. Der negative Aspekt der Tatherrschaft besteht in einer Hemmungsmacht, die dadurch begründet wird, dass der Täter die Möglichkeit hat, die Vollendung der Tat durch Nichtleistung seines Tatbeitrags zu verhindern. Die positive Seite der Tatherrschaft ist die sog. „Ablaufsmacht“, die dem Täter die Möglichkeit gibt, das Geschehen voranzutreiben. Die „Ablaufsmacht“ steht bei Mittäterschaft dem einzelnen Mittäter aber nur in Bezug auf seinen eigenen Tatbeitrag zu, weil er zur Verwirklichung des Tatbestandes auf die Tatbeiträge der anderen Mittäter angewiesen ist; die „Ablaufsmacht“ hinsichtlich der gesamten Tat haben alle Mittäter nur gemeinsam45. Valdágua folgert daraus, dass dem Täter beim mittäterschaftlichen Versuch, solange er seinen Tatbeitrag noch nicht geleistet hat, weder negative noch positive Tatherrschaft zukomme46. Der einzelne Mittäter telbaren Rechtsgutsgefährdung“ vorgenommen hat. Daraus wird gefolgert, dass der Täter nur durch sein eigenes Verhalten die Versuchsschwelle überschreiten könne. 40 So die früher h. M.: z. B. Beling, Verbrechen, S. 408; Frank, § 47 Anm. 2; heute nur noch von Freund, AT, § 10 Rn. 35 f., vertreten. 41 In § 25 StGB wird zwischen Alleintäterschaft, mittelbarer Täterschaft und Mittäterschaft unterschieden. Da die Mittäterschaft durch eine gemeinschaftliche – also typischerweise arbeitsteilige – Tatbegehung gekennzeichnet ist, ist dies mit dem Erfordernis, dass jeder Mittäter eigenhändig Tatbestandsmerkmale verwirklichen muss, kaum vereinbar. Der mittelbare Täter erfüllt den Tatbestand gerade nicht eigenhändig, sondern handelt häufig ausschließlich im Vorbereitungsstadium. Würde man aber mit der formal-objektiven Theorie die eigenhändige Verwirklichung eines Tatbestandsmerkmals verlangen, so wäre eine mittelbare Täterschaft gar nicht möglich. Siehe dazu nur Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 37; Buser, Zurechnungsfragen, S. 25 f.; Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, vor § 25 Rn. 54 / 55; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 36 f. 42 Dazu sogleich unter a). 43 Siehe dazu u. b). 44 Küper, JZ 1979, 775 (786). 45 Küper, JZ 1979, 775 (786); Valdágua, ZStW 98 (1986), S. 839 (862); ferner Gorka, Versuchsbeginn, S. 125; Graul, in: Meurer-GS, S. 89 (98); Ingelfinger, JZ 1995, 704 (709). 46 Valdágua, ZStW 98 (1986), S. 839 (862 f., 870 f.); ferner Bauer, Mittäterschaft, S. 195 f.; Rudolphi, in: Bockelmann-FS, S. 369 (386); jetzt auch Roxin, in: Odersky-FS, S. 489 (492). 6*
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
kann nämlich durch Nichtleistung seines Tatbeitrages nicht verhindern, dass die Tat in das Versuchsstadium eintritt, so dass er diesbezüglich keine negative Tatherrschaft hat. Solange er seinen Tatbeitrag noch nicht erbracht hat, hat er aber auch keine positive Tatherrschaft47. Auch Bloy48 ist der Ansicht, dass die Tatherrschaft objektiv (im eigenen Verhalten des Mittäters) bestehen müsse und die Gesamtlösung dazu führe, dass nicht nur fremde Handlungen, sondern auch fremde Tatherrschaft zugerechnet werde. Nach der Gegenauffassung liege ein Zirkelschluss vor: Die Handlungen würden deshalb zugerechnet, weil Mittäterschaft vorliege. Die für die Mittäterschaft erforderliche Tatherrschaft werde aber deswegen angenommen, weil die Tatbeiträge der anderen Mittäter zugerechnet würden. Damit steht lediglich fest, dass einem Mittäter beim Versuch objektiv keine Tatherrschaft zukommt, solange er seinen Tatbeitrag nicht geleistet hat. Zu beachten ist aber, dass beim Versuch der objektive Tatbestand nicht vollständig verwirklicht ist. Es kommt daher beim Versuch nicht auf eine objektive Rechtsgutsgefährdung oder -verletzung an, sondern auf das, was nach dem Tatplan hätte geschehen sollen. Maßgeblich für die Beurteilung, ob Tatherrschaft vorliegt, kann deshalb nur der Tatplan sein49. Nach dem Tatplan soll dem Täter jedoch negative Tatherrschaft in Bezug auf die Vollendung zukommen. Er kann die geplante Vollendung der Tat nämlich dadurch, dass er seinen Tatbeitrag nicht erbringt, verhindern oder, wenn die übrigen Tatbeteiligten seinen Tatbeitrag ersetzen, zumindest erschweren. Auf die Ausübung der Tatherrschaft kommt es entgegen der Ansicht von Valdágua50 nicht an. Dies zeigt sich bereits in der Fallkonstellation, in der die Versuchsschwelle durch ein Verhalten eines Teilnehmers überschritten wird51. Dies ist etwa dann der Fall, wenn ein Gehilfe den Safe aufbricht, aus dem gestohlen werden soll. Noch bevor die Wegnahme erfolgt, wird er gestört, so dass die Tat aufgegeben werden muss. Die noch untätigen Mittäter könnten, da sie ihre Tatherrschaft noch nicht ausgeübt haben, nicht als Mittäter bestraft werden. Der Gehilfe könnte mangels Haupttat nicht bestraft werden. Daher ist ein Beteiligter, der bei vollständiger Ausführung der Tat Täter wäre, auch schon bevor er seinen Tatbeitrag geleistet hat, als Täter anzusehen. Gegen das Erfordernis der Ausübung der Tatherrschaft spricht 47 Valdágua, ZStW 98 (1986), S. 839 (864), meint, dass Täterschaft nicht durch die bloße Innehabung, sondern nur durch die Ausübung der Tatherrschaft begründet werden kann. 48 Bloy, Beteiligungsform, S. 266. Ähnlich auch Puppe, NStZ 1991, 571 (572), die für eine Mittäterschaft eine „Plangemeinschaft im Ausführungsstadium“ verlangt, die nur bei einem tatsächlichen arbeitsteiligen Zusammenwirken im Ausführungsstadium bestehe; nur hierin bestehe die besondere Gefährlichkeit der mittäterschaftlichen Tatbegehung. 49 Buser, Zurechnungsfragen, S. 62 ff.; Erb, NStZ 1995, 424 (426); Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 454. Kritisch zu dieser Argumentation Gorka, Versuchsbeginn, S. 90. 50 Valdágua, ZStW 98 (1986), S. 839 (864). 51 Gorka, Versuchsbeginn, S. 129. Wenn der Gehilfenbeitrag dem Haupttäter bekannt ist, ist eine solche Zurechnung möglich. Der Haupttäter bindet den Tatbeitrag des Gehilfen in seinen Tatplan ein, s. dazu Weber, in: Lenckner-FS, S. 435 (453 f.); ferner Jakobs, AT, 21 / 37. Ablehnend aber Zaczyk, in: NK, § 22 Rn. 68, sowie Kindhäuser, § 8 Rn. 8, mit dem Hinweis, dass dem Haupttäter die Teilnahme nicht als eigenes Tun zugerechnet werde.
A. Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens
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weiter, dass täterschaftliches Unrecht erst ab dem Zeitpunkt vorliegen könnte, ab dem der eigene Tatbeitrag geleistet wird52. Wenn beispielsweise bei einem Raub der eine Mittäter die Nötigung und der andere Mittäter die Wegnahme vornehmen und anschließend eine Beuteteilung zu gleichen Teilen erfolgen soll, so könnte demjenigen, der die Sache wegnimmt, die Nötigung nicht (täterschaftlich) zugerechnet werden. Da eine rückwirkende Tatherrschaft nicht möglich ist, müsste diese Fallkonstellation aus dem Bereich der Mittäterschaft ausscheiden, obwohl sie „zum gesicherten Kern der Mittäterschaft“ gehört53. Ein anderer Begründungsansatz für die Einzellösung stellt auf den Begriff der Mittäterschaft ab. Da Mittäterschaft zwingend einen Tatbeitrag im Ausführungsstadium voraussetze54, könne auch nur derjenige Tatherrschaft haben, der einen mittäterschaftsbegründenden Tatbeitrag im Ausführungsstadium erbringe55. Selbst wenn man Handlungen im Ausführungsstadium für die Täterschaft als erforderlich ansieht, gilt auch hier – wie oben dargelegt –, dass nur der Tatplan als Beurteilungsgrundlage für die Tatherrschaft in Betracht kommt, da der Versuch keine Ausführung verlangt. Es genügt also, wenn der Täter nach dem Tatplan einen mittäterschaftsbegründenden Beitrag im Ausführungsstadium leisten soll. Die Einzellösung verlangt, dass für jeden einzelnen Täter beurteilt wird, ob die von ihm vorgenommene Handlung ein unmittelbares Ansetzen darstellt. Ohne Berücksichtigung des gemeinsamen Tatplans kann jedoch häufig nichts darüber ausgesagt werden, ob es sich um ein unmittelbares Ansetzen handelt, weil die Handlung erst durch den Tatplan eine entsprechende Bedeutung gewinnt56. Daher kann die Frage, ob das Versuchsstadium erreicht ist, nur danach beurteilt werden, ob durch die sich aus dem Tatplan ergebende „Gesamthandlung“ zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar angesetzt wurde. Hieraus allein folgt freilich noch nicht zwingend, dass die Gesamtlösung vorzugswürdig ist. Wenn das Verhalten des Einzeltäters nicht ohne Berücksichtigung des gemeinsamen Tatplans beurteilt werden kann, schließt dies nur eine „vorverlagernde“ Einzellösung aus. Dass einzelne Tatbeteiligte erst zu einem Zeitpunkt, nachdem die „Gesamthandlung“ das Versuchsstadium erreicht hat, zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ansetzen, ist damit nicht zwingend ausgeschlossen. Eine für jeden Mittäter getrennte Bestimmung des Zeitpunktes des Versuchsbeginns ist jedoch dann verfehlt, wenn den Mittätern die Tathandlungen der andeIngelfinger, JZ 1995, 704 (713). Ingelfinger, JZ 1995, 704 (713). Dazu, dass diese Fallkonstellation zum „gesicherten“ Bereich der Mittäterschaft gehört, s. nur Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 79; Kühl, AT, § 20 Rn. 100; ferner Schaal, Gremienentscheidungen, S. 177 f. 54 Siehe dazu näher unter D. II. 1. und 3. 55 Bauer, Mittäterschaft, S. 194 f.; Roxin, in: Odersky-FS, S. 489 (492); ders., in: LK, § 25 Rn. 199; Rudolphi, in: Bockelmann-FS, S. 369 (386 f.); ebenso Valdágua, ZStW 98 (1986), S. 839 (861 ff.), die hervorhebt, dass der Mittäter keine Hemmungsmacht hinsichtlich des Versuchs, sondern nur hinsichtlich der Vollendung habe. 56 Küper, JZ 1979, 775 (780 f.); Küpper, ZStW 105 (1993), S. 295 (303). 52 53
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ren Mittäter zugerechnet werden können. Teilweise wird zwar vertreten, dass eine Haftung für fremdes Tun und somit eine Zurechnung fremder Tathandlungen als solche abzulehnen sei57. Insbesondere in Begründungen zu älteren Entwürfen zu einer Reform des Strafrechts wird darauf hingewiesen, dass die Regelung der Mittäterschaft überflüssig sei und gestrichen werden könne58. Demnach hätte § 25 Abs. 2 StGB keine konstitutive Funktion. Die herrschende Meinung geht dagegen davon aus, dass eine Handlungszurechnung möglich ist, weil sie durch § 25 Abs. 2 StGB angeordnet wird59. Dass § 25 Abs. 2 StGB eine solche Funktion hat, ergibt sich aus einer systematischen Auslegung der Vorschrift60: Normen sind so auszulegen, dass sie nicht im Widerspruch zu anderen mit ihnen systematisch zusammenhängenden Normen stehen und ihnen ein eigenständiger Sinn zukommt. Mittäterschaft kann in der Weise bestehen, dass alle Mittäter sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklichen, oder in der Weise, dass sie jeweils verschiedene Tatbestandsmerkmale verwirklichen und nur eine Addition der Tatbeiträge zur vollen Verwirklichung des objektiven Tatbestandes führt. Während der erste Fall schon von § 25 Abs. 1 Var. 1 StGB erfasst ist61, wird der zweite Fall von § 25 Abs. 2 StGB geregelt. § 25 Abs. 2 StGB kommt für die Strafbegründung also nur dann ein eigenständiger Sinn zu, wenn man davon ausgeht, dass er eine Zurechnung fremder Tatbeiträge regelt. Gorka62 weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass auch derjenige Mittäter sein kann, der selbst nicht alle Tatbestandsmerk57 So Schilling, Verbrechensversuch, S. 90 ff., und früher auch Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 276 f. 58 Vgl. dazu Gorka, Versuchsbeginn, S. 112, mit Nachweisen. 59 Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 78 f.; Buser, Zurechnungsfragen, S. 39 ff.; Cramer, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 61; Dencker, Kausalität, S. 144; Hillenkamp, in: LK, § 22 Rn. 173; Gorka, Versuchsbeginn, S. 123 f., 137, 150; Kindhäuser, § 22 Rn. 37; Knauer, Kollegialentscheidung, S. 151 f.; Kühl, AT, § 20 Rn. 100; Küper, JZ 1979, 775 (786); ders., Versuchsbeginn, S. 60; Lackner / Kühl, § 25 Rn. 9; Renzikowski, restriktiver Täterbegriff, S. 71; Rudolphi, in: SK, vor § 25 Rn. 15; Schaal, Gremienentscheidungen, S. 184. Ebenso für § 47 StGB a. F. Busch, in: LK, 9. Aufl., vor § 47 Rn. 20. Vgl. auch Bloy, Beteiligungsform, S. 373 f., der allerdings eine Zurechnung der Tatbeiträge nur für das vollendete Delikt vornimmt. 60 Buser, Zurechnungsfragen, S. 41 f.; ferner Cramer, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 61. – Gorka, Versuchsbeginn, S. 137 ff., begründet dieses Ergebnis mit der „Unterlassungsstruktur der Mittäterschaft“ (S. 141): Durch den gemeinsamen Tatentschluss werde eine „ingerenzähnliche Garantenstellung“ (S. 139) begründet. Daher sei es gerechtfertigt, dass der noch untätig bleibende Tatgenosse für das unmittelbare Ansetzen der anderen Mittäter verantwortlich ist. 61 So z. B. Joecks, in: MüKo-StGB, § 25 Rn. 32 f. – Zu beachten ist freilich, dass § 25 Abs. 2 StGB in einem solchen Fall bei der Strafzumessung von Bedeutung sein kann. So kann der nur von einem Mittäter eigenhändig verursachte Schaden dem anderen Mittäter gem. § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden, s. nur Schäfer, Strafzumessung, Rn. 480. Ferner sind auch bei § 248a StGB die Tathandlungen der Mittäter untereinander zurechenbar, so dass es auf den Gesamtwert der mittäterschaftlich erlangten Beute ankommt, s. nur Eser, in: Schönke / Schröder, § 248a Rn. 15; Hoyer, in: SK, § 248a Rn. 8. 62 Gorka, Versuchsbeginn, S. 123 f.
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male erfüllt. Trotz dieser partiellen Untätigkeit ist der Mittäter für die gesamte Tat verantwortlich. Dies kann nur mit der konstitutiven Wirkung des § 25 Abs. 2 StGB erklärt werden. Weil die Tathandlungen der Mittäter wechselseitig zugerechnet werden, muss dies auch im Fall eines Versuchs gelten63. Somit ist auch der Tatbeitrag, mit dem ein Mittäter zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ansetzt, den anderen Mittätern zuzurechnen. Daher kann die einschränkende Variante der Einzellösung nicht auf die Beteiligungslehre gestützt werden. Die Beteiligungslehre spricht vielmehr für die Gesamtlösung.
b) Vereinbarkeit mit der Versuchslehre Die Einzellösung wird auch damit begründet, dass § 22 StGB neben dem Tatentschluss ein unmittelbares Ansetzen zur täterschaftlichen Verwirklichung des Tatbestandes verlange. Dementsprechend müsse jeder Mittäter seinen Tatentschluss durch Handlungen betätigen, die gerade für ihn ein unmittelbares Ansetzen darstellen64. Teilweise wird zwar kein eigenes unmittelbares Ansetzen, aber zumindest ein „Aktivitätselement“ verlangt, das schon dadurch erfüllt wird, dass der Täter eine Tathandlung seiner Mittäter unterstützt; nicht erforderlich sei, dass sein Tatbeitrag isoliert bereits ein unmittelbares Ansetzen begründet65. Die Vertreter dieser Ansicht argumentieren, dass im Fall eines Verzichts auf ein eigenes unmittelbares Ansetzen bzw. auf ein „Aktivitätsmoment“ des Mittäters die bloße rechtsfeindliche Gesinnung unter Strafe gestellt würde66. Zunächst ist zu untersuchen, ob das unmittelbare Ansetzen von jedem Mittäter selbst erfüllt werden muss. Wie bereits erwähnt, ist in der Konstellation der beendeten Vorbereitungshandlung im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens nicht einmal eine Handlung erforderlich67. Es kann demnach allenfalls darauf ankommen, ob der Mittäter eine Handlung vorgenommen hat, die zum unmittelbaren Ansetzen führt. Die Funktion des unmittelbaren Ansetzens erfordert indessen nicht zwingend, dass der einzelne Beteiligte, um Mittäter eines Versuchs sein zu können, einen Tatbeitrag vorgenommen haben muss, der das unmittelbare Ansetzen be63 BGHSt 11, 268 (271); 39, 236 (238); Kühl, AT, § 20 Rn. 123; Küper, Versuchsbeginn, S. 60; ders., JZ 1979, 775 (787); Vogler, in: LK, 10. Aufl., § 22 Rn. 88; a. A. Bloy, Beteiligungsform, S. 373. – Dazu, dass hinsichtlich der Zurechnung von fremden Tathandlungen beim Versuch keine Besonderheiten gegenüber der Zurechnung beim vollendeten Delikt bestehen, s. noch u. b). 64 Bauer, Mittäterschaft, S. 189; Rudolphi, in: Bockelmann-FS, S. 369 (384); Stein, Beteiligungsformenlehre, S. 318; Valdágua, ZStW 98 (1986), S. 839 (866 f.); ähnlich auch Roxin, in: Odersky-FS, S. 489 (493 f.). 65 Kratzsch, JA 1983, 578 (587); ähnlich Köhler, AT, S. 541 sowie die in Fn. 15 dargestellte frühe Auffassung des Reichsgerichts. 66 Rudolphi, in: Bockelmann-FS, S. 369 (385); Spendel, JuS 1969, 314 (316); vgl. auch Bloy, Beteiligungsform, S. 266. 67 Dazu eingehend bereits o. 2. Kapitel B. III. 1. b) cc).
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
wirkt. Denn das unmittelbare Ansetzen beschreibt lediglich die Grenze zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium68. Es ist demnach vor allem für die Frage relevant, ob die Tat das Stadium des strafbaren Versuchs erreicht hat. Das unmittelbare Ansetzen hat nicht die Funktion, die Zurechnung von Tatbeiträgen zu regeln. Der Wortlaut des § 22 StGB, wonach „eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt“, mag zwar eher für die Einzellösung sprechen. Die Unmittelbarkeit des Ansetzens ist eher gewahrt, wenn der Täter selbst zur Tatbestandsverwirklichung ansetzt, als wenn nur andere Beteiligte dies tun69. Die Grenze des noch möglichen Wortsinns ist jedoch nicht überschritten, wenn man annimmt, dass auch durch fremde Tathandlungen das Unmittelbarkeitserfordernis erfüllt werden kann, zumal § 22 StGB nichts über mehrere Beteiligte aussagt70. Die historische Auslegung spricht dagegen für die Gesamtlösung. Der Gesetzgeber hat durch das 2. StrRG vom 4. 7. 1969 in § 22 StGB, der § 43 StGB a. F. ersetzt, das Unmittelbarkeitserfordernis eingeführt, um zu verhindern, dass die Versuchsstrafbarkeit zu weit in das Vorbereitungsstadium ausgedehnt wird. Die Rechtsprechung zu § 43 StGB a. F. neigte teilweise dazu, die Grenze zwischen Vorbereitung und Versuch weit vorzuverlagern71. Der Gesetzgeber wollte, dass die versuchsbegründende Handlung in einem engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang zur Tatbestandsverwirklichung steht72. Eine dahingehende Einschränkung, dass nur durch eigenes Handeln die Versuchsschwelle überschritten werden kann, war nicht beabsichtigt73. Schließlich sprechen auch systematisch-teleologische Argumente gegen das Erfordernis eines eigenhändigen unmittelbaren Ansetzens jedes Mittäters. Gorka begründet dies mit einem Vergleich zu der Regelung des Rücktritts bei mehreren Beteiligten gem. § 24 Abs. 2 S. 1 StGB74: Bei der Beteiligung mehrerer kann der Rücktritt nur durch Verhinderung der Vollendung erfolgen. Der Mittäter kann also nicht allein dadurch zurücktreten, dass er seine eigenen Tatbeiträge unterlässt oder rückgängig macht. Er muss vielmehr auch die mögliche Vollendung der Tat durch die anderen Beteiligten verhindern. Daraus folgt, dass der Mittäter beim Versuch auch für die Tatbeiträge der anderen Beteiligten verantwortlich ist. Wenn der MitDazu näher o. 2. Kapitel B. III. 1. b) cc) (2). Vgl. dazu Gorka, Versuchsbeginn, S. 77. 70 Gorka, Versuchsbeginn, S. 77 f., weist darauf hin, dass auch die Vertreter der Einzellösung gegen die Gesamtlösung nicht einwenden, dass diese gegen den Wortlaut des § 22 StGB verstoße. Hillenkamp, in: LK, § 22 Rn. 173, ist sogar der Ansicht, dass der Wortlaut des § 22 StGB für die Gesamtlösung spricht. Ein später hinzukommender Mittäter könne nämlich nicht erst zu der Tat ansetzen, wenn die anderen Mittäter mit ihr begonnen haben. 71 Siehe dazu bereits die Nachweise in 1. Kapitel, Fn. 83. 72 Siehe dazu bereits o. 1. Kapitel C. I. 73 Vgl. Gorka, Versuchsbeginn, S. 77 f., 80. 74 Gorka, Versuchsbeginn, S. 81 f. 68 69
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täter also nicht dadurch zurücktreten kann, dass er die Wirkungen seines eigenen Tatbeitrages beseitigt, kann er auch nicht allein deshalb straffrei bleiben, weil er noch keinen eigenen Tatbeitrag geleistet hat. Dem möglichen Einwand, dass die Versuchsstrafbarkeit und der Rücktritt auf unterschiedlichen Gründen beruhen, hält Gorka entgegen, dass wegen der erhöhten Gefährlichkeit des Versuchs bei mehreren Beteiligten eine gewisse Parallelität zwischen Versuchsbegründung und Rücktrittsanforderungen bestehe. Buser begründet die Möglichkeit des unmittelbaren Ansetzens ohne eigenen Tatbeitrag unter Bezugnahme auf die Systematik der Vorschriften über Versuch, Unterlassen und Beteiligung75: § 25 Abs. 1 Var. 1 StGB normiert den Grundsatz, dass derjenige, der die Tatbestandsmerkmale eines Delikts selbst, durch aktives Tun und vollständig verwirklicht, bestraft wird. Von diesem Grundsatz werden drei Ausnahmen gemacht: 1. Wenn ein Täter die Tatbestandsmerkmale nicht selbst erfüllt, kann er unter den Voraussetzungen der §§ 25 Abs. 1 Var. 2, Abs. 2, 26, 27 Abs. 1 StGB bestraft werden. 2. Unter den Voraussetzungen des § 13 StGB wird ein Täter auch dann bestraft, wenn er die Tatbestandsmerkmale nicht durch aktives Tun erfüllt. 3. Bestraft wird schließlich auch derjenige, der die Tatbestandsmerkmale nicht vollständig erfüllt, wenn die Voraussetzungen des § 22 StGB vorliegen. Dabei modifizieren die Ausnahmevorschriften den Grundsatz des § 25 Abs. 1 Var. 1 StGB jeweils nur für den von ihnen erfassten Regelungsbereich. Demnach richtet sich die Frage, ob beim mittäterschaftlichen Versuch eigene Tathandlungen erforderlich sind, nicht nach § 22 StGB, sondern nach § 25 Abs. 2 StGB. Es ist also nicht erforderlich, dass der Täter selbst zur Tatbestandsverwirklichung ansetzt. Es genügt vielmehr, dass er dies gemeinschaftlich tut. Da – wie bereits oben76 dargestellt – die Tatbeiträge, die das unmittelbare Ansetzen begründen, allen Mittätern zugerechnet werden können, liegt ein unmittelbares Ansetzen dann vor, wenn der erste Täter tatplangemäß zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar angesetzt hat. Beim mittäterschaftlichen Versuch genügt es demnach, wenn das unmittelbare Ansetzen im Verhalten eines Mittäters in Erscheinung tritt77. Damit wird bei dem noch untätig bleibenden Mittäter auch nicht die bloße rechtsfeindliche Gesinnung unter Strafe gestellt, denn der rechtsfeindliche Wille des beim unmittelbaren Ansetzen des einen Mittäters noch untätig bleibenden anderen Mittäters hat sich bereits in dessen Beteiligung an der Deliktsplanung und der Mitwirkung am gemeinsamen Tatentschluss manifestiert78. Buser, Zurechnungsfragen, S. 79 f. Siehe o. a). 77 Erb, NStZ 1995, 424 (426 f.); Küper, JZ 1979, 775 (786). Vgl. auch Roßmüller / Rohrer, MDR 1996, 986 (988), mit dem Hinweis, dass die Täterschaftsformen des § 25 Abs. 2 StGB in § 22 StGB „hineinzulesen“ seien, so dass ein Versuch vorliege, wenn der Täter „nach seiner Vorstellung selbst, durch einen anderen oder gemeinschaftlich (mit einem anderen)“ zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt. Daraus gehe hervor, dass der Mittäter auch durch fremdes Verhalten unmittelbar ansetzen könne. 78 Küper, Versuchsbeginn, S. 69; vgl. auch Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 454. 75 76
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
Dass der Versuch für einen Mittäter erst dann beginnt, wenn er einen Tatbeitrag im Ausführungsstadium leistet, lässt sich weder mit der Teilnahmelehre noch mit der Versuchslehre begründen.
II. Gesamtlösung Nach der Gesamtlösung beginnt der Versuch für alle Mittäter dann, wenn einer von ihnen unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt hat79. Der Täter kann nach dieser Auffassung also Straflosigkeit aufgrund einer Abstandnahme im Vorbereitungsstadium nur dann erreichen, wenn noch kein Mittäter unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt hat. Ansonsten kann er nur noch unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 StGB Straffreiheit erlangen. Wie bereits dargelegt80, spricht für die Gesamtlösung der Umstand, dass dem Mittäter gem. § 25 Abs. 2 StGB die Tathandlungen der anderen Beteiligten zugerechnet werden und dies auch für die Tathandlungen, die das unmittelbare Ansetzen begründen, gelten muss. Die Gesamtlösung ist mit den zum Strafgrund des Versuchs vertretenen Ansichten vereinbar. Zwar könnte man auf Grundlage der objektiven Versuchstheorien81 annehmen, dass durch das eigene Verhalten des noch untätig gebliebenen Tatgenossen das Rechtsgut noch nicht unmittelbar gefährdet wurde. Diese Auffassung ist aber mit dem geltenden Recht nicht vereinbar82. Die Eindruckstheorie83 steht der Gesamtlösung nicht entgegen84. Teilweise wird sogar vertreten, dass der rechtserschütternde Eindruck bei der Mittäterschaft noch stärker ist als bei der Alleintäterschaft 85. Dass die Beteiligung mehrerer vom Gesetzgeber als besonders gefährlich eingestuft wurde, zeigt sich an den strengeren Anforderungen, die § 24 Abs. 2 StGB an den Rücktritt vom Versuch bei mehreren Beteiligten stellt86, sowie an der Vorschrift des § 30 StGB, die nur bei der Beteiligung mehrer Anwendung findet87. Dagegen gibt es auch Stimmen, die die GeSiehe bereits die Nachweise in Fn. 17. Siehe oben I. 2. a). 81 Dazu näher 2. Kapitel B. I. 1. a). 82 Siehe bereits 2. Kapitel B. I. 1. a). 83 Dazu näher 2. Kapitel B. I. 1. c). 84 So z. B. Gorka, Versuchsbeginn, S. 91 ff. 85 Papageorgiou-Gonatas, Vorbereitungshandlungen und Versuch, S. 338. 86 BT-Drucks. 5 / 4095, S. 12; Arndt, in: Protokolle über die Sitzungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform V, S. 1763; vgl. dazu auch Mitsch, in: Baumann-FS, S. 89 f.; kritisch dazu Grünwald, in: Welzel-FS, S. 701 (708 f.). 87 So kommt in der Regelung des § 30 StGB zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber die mittäterschaftliche Verabredung als besonders gefährlich erachtet hat, vgl. dazu bereits die Ausführungen zur Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift u. 1. Kapitel C. II. Zur erhöhten Gefährlichkeit der Mittäterschaft s. auch Bruns, Strafzumessungsrecht, S. 456; Gorka, Versuchsbeginn, S. 128 f. Beispielsweise wurde auch im Preußischen Allgemeinen Landrecht die 79 80
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samtlösung ablehnen, weil sie mit der Eindruckstheorie nicht zu vereinbaren sei88. Die Beteiligten, die bisher untätig geblieben sind, hätten nämlich noch nichts zu einer Erschütterung des Vertrauens der Allgemeinheit in die Rechtssicherheit beigetragen. Dagegen spricht aber, dass die bisher untätigen Beteiligten zumindest am gemeinsamen Tatentschluss mitgewirkt haben. Durch diesen gemeinsamen Tatentschluss, aufgrund dessen dann ein anderer Mittäter eine Handlung vornimmt, mit der er die Versuchsschwelle überschreitet, hat auch der bisher untätige Beteiligte zur Entstehung dieses Eindrucks beigetragen. Dies verdeutlicht die Vorschrift des § 30 Abs. 2 StGB, wonach allein die Verabredung – also das Fassen eines gemeinsamen Tatentschlusses – unter Strafe gestellt wird. Der gemeinsame Tatentschluss, der zu einer Koordinierung von Willen und Handlungen der einzelnen Mittäter führt, erweist sich als besonders gefährlich89. Das unmittelbare Ansetzen eines Mittäters, hinter dem weitere (noch untätig gebliebene) Tatgenossen stehen, ist daher typischerweise gefährlicher als das unmittelbare Ansetzen eines Alleintäters. Die im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens noch untätigen Mittäter haben durch ihre Mitwirkung am gemeinsamen Tatentschluss zur Entstehung dieser Gefahr beigetragen. Der von einem mittäterschaftlichen Versuch ausgehende rechtserschütternde Eindruck wird deshalb auch von dem noch untätig gebliebenen Mittäter hervorgerufen. Schließlich stehen die subjektiven Versuchstheorien90 der Anwendung der Gesamtlösung ebenfalls nicht entgegen. Die rechtsfeindliche Gesinnung ist auch beim bisher noch untätig gebliebenen Tatgenossen vorhanden. Dagegen nimmt Rudolphi91 auf Grundlage der subjektiven Versuchstheorie an, dass sich die rechtsfeindliche Gesinnung gerade im eigenen Verhalten manifestieren müsse. Es trifft zwar zu, dass eine Willensbetätigung nur durch den jeweiligen Träger des Willens selbst erfolgen kann92. Eine Willensbildung und -ausübung für eine andere Person ist nämlich schon rein tatsächlich nicht möglich. Bei der Zurechnung der Tatbeiträge handelt es sich jedoch um eine normative Zuschreibung von Tatanteilen93. Demnach ist es unerheblich, dass sich die rechtsfeindliche Gesinnung nur im VerBeteiligung mehrerer als besonders gefährlich angesehen, was sich aus der gegenüber der Alleintäterschaft erhöhten Strafe ergibt, s. II. Teil, 20. Titel, § 66 ALR: „Verbrechen, zu deren Begehung sich Mehrere verbunden haben, müssen schärfer bestraft werden, als eben diese Verbrechen, wenn sie nur von einzelnen Personen begangen worden“, zitiert nach Buschmann, Textbuch, S. 279. 88 So z. B. Bauer, Mittäterschaft, S. 198. 89 Zu den Funktionen des gemeinsamen Tatentschlusses, s. noch unten C. IV. 4. c) aa). 90 Dazu näher 2. Kapitel B. I. 1. b). 91 Rudolphi, in: Bockelmann-FS, S. 369 (384); vgl. ferner Schilling, Verbrechensversuch, S. 101. 92 Insoweit zutreffend Schilling, Verbrechensversuch, S. 91. 93 Gorka, Versuchsbeginn, S. 86; Küper, Versuchsbeginn, S. 54; vgl. auch ders., ZStW 106 (1994), S. 354 (385), der im Zusammenhang mit dem Problem der Zurechnung des Gewahrsams bei §§ 246 Abs. 1 a. F., 25 Abs. 2 StGB darauf hinweist, dass es sich bei der Zurechnung im Rahmen der Mittäterschaft um die normative Zuschreibung von Tatanteilen handelt.
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
halten des zuerst handelnden Mittäters manifestiert. Dabei handelt es sich nicht um Gesinnungsstrafrecht, denn es kann immerhin an das Verhalten beim Fassen des gemeinsamen Tatentschlusses angeknüpft werden, das sich auf die Handlungen der anderen Mittäter bezieht. So wird auch bei der Anstiftung die Tätigkeit beim Hervorrufen des Tatentschlusses für ausreichend erachtet, um die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Anstifters zu begründen94. Daher steht die subjektive Versuchstheorie ebenfalls im Einklang mit der Gesamtlösung95. Für die Gesamtlösung wird häufig vorgebracht, dass sie Ergebnisse vermeide, die allein vom Zufall abhängen96: Wenn zwei Mittäter ihre Tatbeiträge nacheinander erbringen, kann nach der Einzellösung derjenige, der seinen Tatbeitrag bereits geleistet hat, nur noch unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 StGB zurücktreten, während der andere Mittäter, der seinen Beitrag noch nicht erbracht hat, allein durch ein Unterlassen seines Beitrages einer Bestrafung wegen mittäterschaftlicher Begehung entgehen kann und allenfalls wegen Verbrechensverabredung gem. § 30 Abs. 2 Var. 3 StGB oder psychischer Beihilfe zu bestrafen ist97. Da zufällige Ergebnisse nach Möglichkeit zu vermeiden sind98, spricht dieser Umstand für die Gesamtlösung, die ohnehin aus den bereits genannten dogmatischen Gründen vorzugswürdig ist.
B. Die Tat fördernder Tatbeitrag Gem. § 25 Abs. 2 StGB ist für Mittäterschaft eine gemeinschaftliche Begehung der Straftat erforderlich. Daraus folgt, dass Mittäterschaft – neben dem Erfordernis eines gemeinsamen Tatentschlusses99 – einen objektiven Tatbeitrag jedes Mittäters 94 Zwar liegt bei der Anstiftung eine akzessorische Haftung vor. Zu beachten ist jedoch, dass nach h. M. die Anstiftung neben dem von der Haupttat abhängigen Unrecht auch einen eigenen Unrechtsgehalt aufweist, s. dazu 5. Kapitel B. I. 1. b). 95 So befürwortet z. B. Kühl, AT, § 15 Rn. 38 ff., einerseits die subjektive Versuchstheorie und folgt andererseits der Gesamtlösung, Kühl, AT, § 20 Rn. 123. 96 So z. B. Buser, Zurechnungsfragen, S. 50 f.; Eser, in: Schönke / Schröder, § 22 Rn. 55; Gores, Rücktritt, S. 125; Küper, JZ 1979, 775 (787); früher auch Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 453. 97 Roxin, in: Odersky-FS, S. 489 (494), und Valdágua, ZStW 98 (1986), S. 839 (866), sowie Bauer, Mittäterschaft, S. 193 f., halten dieses Ergebnis der Einzellösung jedoch für richtig, weil es dem durch die Beteiligten jeweils verwirklichten Unrecht entspreche. Siehe dazu aber Gorka, Versuchsbeginn, S. 103 ff., 141 f., der darauf hinweist, dass das vom im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens noch untätig gebliebenen Tatgenossen verwirklichte Unrecht gegenüber dem Unrecht der bloßen Verbrechensverabredung gesteigert ist, da sich die durch den gemeinsamen Tatentschluss geschaffene Gefahr bereits teilweise realisiert hat. 98 So hat der Gesetzgeber z. B. durch die Einführung abstrakter Gefährdungsdelikte der Zufallskomponente, die den Fahrlässigkeitsdelikten anhaftet, entgegengewirkt, vgl. dazu Arzt / Weber, BT, § 35 Rn. 31 ff. 99 Siehe dazu noch u. C. I.
B. Die Tat fördernder Tatbeitrag
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voraussetzt100. Nicht abschließend geklärt ist jedoch, welche Anforderungen an diesen Tatbeitrag zu stellen sind. So ist umstritten, ob der Mittäter einen objektiven Tatbeitrag im Ausführungsstadium leisten muss101 oder ob Tatbeiträge im Vorbereitungsstadium ausreichen102. Weiterhin ist umstritten, ob die Leistung irgendeines Tatbeitrages genügt, wenn er nur mit Täterwillen erbracht wird, oder ob der Tatbeitrag ein entsprechendes Gewicht aufweisen muss103. Im Mittelpunkt dieses Abschnitts soll aber die Frage stehen, ob der Tatbeitrag des Mittäters für den Erfolg der Tat kausal sein muss. Wenn man eine kausale Beteiligung für erforderlich hält, bliebe der Täter schon dann straflos, wenn er im Vorbereitungsstadium verhindert, dass ein von ihm geleisteter Tatbeitrag für den tatbestandsmäßigen Erfolg kausal wird. Hält man es für ausreichend, dass der Täter die Tat nur irgendwie fördert, dann muss er die fördernde Wirkung seines bisherigen Verhaltens beseitigen. Daher soll zunächst auf die Frage eingegangen werden, ob ein kausaler Tatbeitrag erforderlich ist,104 anschließend soll untersucht werden, wie der Täter die Kausalität bzw. die fördernde Wirkung seines geleisteten Tatbeitrags rückgängig machen kann105.
I. Erforderlichkeit eines kausalen Tatbeitrags für die Mittäterschaft Weitgehend anerkannt ist, dass die Handlung des Alleintäters für den Erfolg kausal sein muss106. Bei der Mittäterschaft muss dementsprechend ebenfalls zumindest eine Handlung eines Tatgenossen für den Erfolg kausal sein. Umstritten ist allerdings, ob jeder Mittäter selbst einen für den Erfolg kausalen Tatbeitrag leisten muss. Teilweise wird die Kausalität des eigenen Tatbeitrags für den Erfolg als konstitutive Voraussetzung für die Mittäterschaft angesehen107. Verzichtet man auf die KausaliSiehe nur Ingelfinger, JZ 1995, 704 (708); Roxin, in: LK, § 25 Rn. 179 je m. w. N. So z. B. Bloy, Beteiligungsform, S. 196 ff.; Gropp, AT, § 10 Rn. 85a; Herzberg, Täterschaft, S. 65 ff.; Kamm, Mittäterschaft, S. 52 f.; Roxin, in: LK, § 25 Rn. 181; ders., Täterschaft und Tatherrschaft, S. 292 ff.; Zieschang, ZStW 107 (1995), S. 361 (369 ff. insbes. 377). 102 So z. B. Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 83 ff.; Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 66; Hoyer, in: SK, § 25 Rn. 119; Jescheck / Weigend, AT, S. 680; Joecks, in: MüKo-StGB, § 25 Rn. 169 ff.; Kühl, AT, § 20 Rn. 110 ff.; Otto, Jura 1998, 409 (410 f.); Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 93 f.; Wessels / Beulke, AT, Rn. 529. Die Rechtsprechung sieht – als Konsequenz der von ihr vertretenen subjektiven Teilnahmetheorie – ebenfalls einen Tatbeitrag im Vorbereitungsstadium als ausreichend an, s. z. B. BGHSt 37, 289 (292); vgl. ferner BGH NStZ 2000, 194 (195). 103 Dazu noch ausführlich u. D. 104 Dazu sogleich unter I. 105 Siehe dazu u. II. 106 Siehe dazu die Nachweise in 1. Kapitel, Fn. 125. 107 Baumann, JuS 1963, 85 (86); Busch, in: LK, 9. Aufl., vor § 47 Rn. 20; Hoyer, GA 1996, 160 (173); ders., in: SK, § 25 Rn. 114; Lackner / Kühl, § 25 Rn. 11; Mezger, AT, S. 223; 100 101
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
tät des einzelnen Tatbeitrages, so soll es genügen, wenn der Täter einen Tatbeitrag erbringt, durch den die Tat gefördert wird108. Ob Mittäterschaft Kausalität zwingend voraussetzt, wird vor allem bei der Frage nach der Verantwortlichkeit für Kollektiventscheidungen diskutiert. Hierbei handelt es sich um Fälle, in denen Entscheidungen durch ein aus mehreren gleichberechtigten Mitgliedern bestehendes Gremium nach dem Mehrheitsprinzip getroffen werden. Kausalitätsprobleme entstehen bei dieser Fallgestaltung, sobald ein Beschluss, der zu einer Rechtsgutsverletzung führt, mit mehr als der für die Mehrheit erforderlichen Ja-Stimmen getroffen wird. Hier scheint sich nämlich jedes Mitglied darauf berufen zu können, dass die Entscheidung auch ohne seine Stimme zustande gekommen wäre109. Es kommt somit entscheidend darauf an, ob die einzelne Stimmabgabe für den Erfolgseintritt kausal sein muss. Derartige Kollegialentscheidungen können beispielsweise in staatlichen und kommunalen Organen – z. B. in Gemeinderäten 110 –, in Kollegialgerichten111 sowie in Geschäftsführungsgremien von Unternehmen112 vorkommen. ders., Lehrbuch, S. 411 f.; Puppe, JR 1992, 30 (32); Samson, StV 1996, 93; Schilling, Verbrechensversuch, S. 113; Sofos, Mehrfachkausalität, S. 157 ff.; Weißer, Kollegialentscheidungen, S. 155. Gores, Rücktritt, S. 124 f., hält diese Auffassung sogar für „weitgehend unbestritten“, während Kamm, Mittäterschaft, S. 65, zu dem Ergebnis gelangt, dass die Forderung nach der Kausalität des einzelnen Tatbeitrages eines Mittäters für den Taterfolg „nach überwiegender Auffassung als unrichtig empfunden“ werde. Auch Teile der Rechtsprechung sehen die Kausalität offenbar als Voraussetzung der Mittäterschaft an. So wird beispielsweise in BGH NStZ 1998, 565 ausgeführt, dass bei der sukzessiven Mittäterschaft der „Hinzutretende selbst einen für die Tatbestandsverwirklichung ursächlichen Beitrag leistet“. Vgl. auch Jakobs, AT, 21 / 60: „Solidarisierung ohne Kausalität begründet keine Beteiligung“. Lenckner, in: Schönke / Schröder, vor § 13 Rn. 71 / 72, betont, dass „Grundlage jeder Erfolgszurechnung zunächst das Kausalitätsprinzip“ sei. Gegen das Kausalitätserfordernis des einzelnen Tatbeitrags z. B.: Gorka, Versuchsbeginn, S. 137 f.; Schaal, Gremienentscheidungen, S. 184 ff.; Knauer, Kollegialentscheidung, S. 142 ff.; Vogel, in: Lorenz-FS, S. 65 (75). Vogel, ZStW 114 (2002), S. 403 (406 f.), weist darauf hin, dass naturalistische Beteiligungsmodelle, die einen kausalen Tatbeitrag erfordern, international zunehmend durch normativierende Modelle ersetzt werden, bei denen der Begriff der Verantwortlichkeit im Mittelpunkt steht. – Soweit es sich nicht um ein Erfolgsdelikt sondern um ein schlichtes Tätigkeitsdelikt handelt, kommt es darauf an, ob der Tatbeitrag eines Mittäters für die Tatbestandsverwirklichung kausal sein muss. Da die schlichten Tätigkeitsdelikte aber zumeist auch eigenhändige Delikte sind, ist eine Abstandnahme durch Nichtvornahme der tatbestandsmäßigen Handlung möglich, s. dazu noch u. E. I. 108 BGH NStZ 1985, 165; BGH GA 1985, 233; Dencker, Kausalität, S. 224 f.; nach Kindhäuser, in: Hollerbach-FS, S. 627 (649), muss der einzelne Mittäter eigenhändig einen Beitrag leisten, der sich „konstituierend oder erhöhend auf die Entstehung der Gefahr auswirkt“; vgl. auch Heine, in: Einflüsse, S. 101 (102); Rengier, in: KK-OWiG, § 14 Rn. 22; Wessels / Beulke, AT, Rn. 528. 109 Vgl. hierzu Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 76. 110 Siehe hierzu Dencker, Kausalität, S. 185 ff.; ferner Weißer, Kollegialentscheidungen, S. 163. 111 Vgl. hierzu Dencker, Kausalität, S. 182 ff.; Knauer, Kollegialentscheidung, S. 52 ff., 84 f.; Seebode, Rechtsbeugung, S. 113 f. 112 Siehe hierzu Schaal, Gremienentscheidungen, S. 15 ff.; Dencker, Kausalität, S. 188 ff.; Franke, JZ 1982, 579 (581 ff.). Der Bundesgerichtshof hatte sich in der sog. Ledersprayentscheidung, BGHSt 37, 106, mit diesem Problem zu beschäftigen. Der Entscheidung lag
B. Die Tat fördernder Tatbeitrag
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Bevor die Frage entschieden werden kann, ob die Mittäterschaft voraussetzt, dass der Tatbeitrag des einzelnen Mittäters kausal für den Erfolg ist, muss zunächst klargestellt werden, unter welchen Voraussetzungen Kausalität gegeben ist113 und welches Verhalten – das Fassen des gemeinsamen Tatentschlusses oder eine Ausführungshandlung – als Anknüpfungspunkt für die Kausalität in Betracht kommt114. Da die Mittäterschaft auf einem arbeitsteiligen Zusammenwirken der Tatgenossen beruht, leistet jeder einzelne Mittäter regelmäßig einen für den Erfolg kausalen Tatbeitrag115. Zu untersuchen ist jedoch, ob es Gründe dafür gibt, die Kausalität als zwingendes Erfordernis der Mittäterschaft anzusehen116.
1. Anforderungen an die Kausalität Die Problematik, ob ein für den Erfolg kausaler Tatbeitrag eines Beteiligten vorliegen muss, wird vor allem bei der Beihilfe diskutiert. Sofern man überhaupt verlangt, dass der Gehilfe einen für den Erfolg kausalen Beitrag leisten muss117, genügt es, dass dieser „die Tatbestandsverwirklichung ermöglicht, erleichtert, intensiviert oder absichert“118. Kausalität besteht deshalb nicht nur dann, wenn es ohne den Beitrag des Gehilfen nicht zur Vollendung der Tat gekommen wäre. Es genügt vielmehr, dass der zum Erfolg führende wirkliche Geschehensablauf durch den Gehilfenbeitrag beeinflusst wird. Wenn jemand dem Dieb das Einbruchswerkzeug zum Tatort trägt, entfällt die Kausalität nicht deshalb, weil der Dieb das Werkzeug ansonsten selbst getragen hätte. Derartige Ersatzursachen dürfen gerade nicht hinzugedacht werden119. Eine Kausalbeziehung soll unabhängig davon bestehen, ob sich der Gehilfenbeitrag nachträglich als nutzlos herausstellt. Auch wer „Schmiere steht“, ohne dass ein „Störer“ vorbeikommt, leistet somit einen kausalen Tatbeitrag120. Diese sog. „Verstärkerkausalität“ ist Kausalität i. S. der Bedingungstheofolgender Sachverhalt zu Grunde: Eine GmbH stellte Ledersprays her, deren Verwendung bei den betroffenen Verbrauchern zu Husten, Übelkeit, Schüttelfrost und Fieber führte. Als derartige Schadensfälle bekannt wurden, fand eine Sondersitzung der Geschäftsführung statt. Auf dieser wurde einstimmig beschlossen, auf einen Vertriebsstopp und auf Rückrufaktionen zu verzichten bis ein Produktfehler nachgewiesen sei. 113 Dazu sogleich unter 1. 114 Siehe u. 2. 115 Siehe nur Kühl, AT, § 20 Rn. 107; Schaal, Gremienentscheidungen, S. 174 f. 116 Siehe dazu u. 4. – 7. 117 Siehe dazu die Nachweise im 6. Kapitel, Fn. 17. 118 Roxin, in: LK, § 27 Rn. 2. 119 BGHSt 2, 20 (24); Beckemper, Jura 2001, 163 (164); Ebert / Kühl, Jura 1979, 561 (563); Kühl, AT, § 4 Rn. 12; Lenckner, in: Schönke / Schröder, vor § 13 Rn. 74; Roxin, in: Miyazawa-FS, S. 501. 120 Charalambakis, in: Roxin-FS, S. 625 (632 f.); Kühl, AT, § 20 Rn. 218; Roxin, in: LK, § 27 Rn. 8; ders., in: Miyazawa-FS, S. 501 (511). Anders aber Baunack, Beihilfe, S. 41 f.; Osnabrügge, Beihilfe, S. 134 ff.; Spendel, in: Dreher-FS, S. 167 (180), der Kausalität in
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
rie121. Kausal ist ein Gehilfenbeitrag also dann, wenn er nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele122. Dabei dürfen Ersatzursachen nicht hinzugedacht werden123. Da die Kausalität des Gehilfenbeitrages also keine „andere“ – von der „normalen“ Kausalität abweichende – Kausalität ist,124 kann für die Kausalität des Tatbeitrages des einzelnen Mittäters nichts anderes gelten. Daraus folgt, dass die Kausalität des Beitrages des einzelnen Mittäters für den Erfolg, insbesondere bei arbeitsteiligem Zusammenwirken, regelmäßig vorliegt, denn der Erfolg hätte, wenn man den Beitrag eines Mittäters hinwegdenkt, nicht so wie geschehen herbeigeführt werden können125. Demnach wird in den meisten Fällen des mittäterschaftlichen Zusammenwirkens jeder Tatgenosse einen für den Erfolg kausalen Beitrag leisten.
2. Anknüpfungspunkt für die Kausalität Falls man einen kausalen Tatbeitrag für die Mittäterschaft fordert, ist noch zu klären, an welche Handlung des Täters hierfür anzuknüpfen ist126. Grundsätzlich diesem Fall ablehnt und stattdessen eine Strafbarkeit wegen versuchter Strafvereitelung annimmt. 121 Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 27 Rn. 10; Gores, Rücktritt, S. 70; Kühl, AT, § 20 Rn. 215; Lackner / Kühl, § 27 Rn. 2; Roxin, in: LK, § 27 Rn. 3; ders., in: Miyazawa-FS, S. 501 (502); Wolff-Reske, Erfolgsverursachung, S. 106; im Ergebnis ebenso Class, in: StockFS, S. 115 (125 f.), der in der Verstärker- oder Zuflusskausalität allerdings eine nur additiv wirkende Kausalität sieht, die sich von der im Rahmen der Täterschaft anzuwendenden Kausalität unterscheide. In diesem Sinne wohl auch Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 31 Rn. 16 f. 122 Siehe nur Ebert / Kühl, Jura 1979, 561 (564). Die Anwendung der conditio-sine-quanon-Formel wird freilich von den Vertretern der Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung abgelehnt. Danach liegt Kausalität dann vor, wenn zwischen den sich an die Handlung anschließenden Veränderungen in der Außenwelt und dem Erfolg ein naturgesetzlicher Zusammenhang besteht, s. dazu Engisch, Kausalität, S. 21 ff.; Jakobs, AT, 7 / 12; Jescheck / Weigend, AT, S. 283; Murmann, Nebentäterschaft, S. 141, 150 ff.; Puppe, in: NK, vor § 13 Rn. 89, 96 ff.; Roxin, AT 1, § 11 Rn. 14. Auch die Vertreter der Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung kommen hier zu keinem anderen Ergebnis, denn nach ihrer Auffassung ist ebenfalls auf den Erfolg in seiner konkreten Gestalt abzustellen, s. z. B. Roxin, AT 1, § 11 Rn. 20. Kritisch dazu, dass es auf den Erfolg in seiner konkreten Gestalt ankommt und bereits kleine Modifikationen der Tatbegehung ausreichen Baunack, Beihilfe, S. 36, 40; Osnabrügge, Beihilfe, S. 52 ff.; Schaffstein, in: Honig-FS, S. 169 (176 f.). 123 Kühl, AT, § 20 Rn. 216; kritisch dazu aber Baunack, Beihilfe, S. 37; Vogel, ZStW 114 (2002), S. 403 (410, Fn. 34). 124 Vgl. dazu, dass es keine verschiedenen Abstufungen und Grade der Kausalität gibt, Letzgus, Vorstufen, S. 72. Eine Handlung ist für den Erfolg entweder kausal oder sie ist es nicht. 125 Ebenso Kamm, Mittäterschaft, S. 60 f.; Schaal, Gremienentscheidungen, S. 174. Auch bei der Beihilfe liegt in den meisten Fällen Kausalität vor, so dass die Frage, ob auch eine nicht kausale Tatförderung ausreichen kann, nur selten relevant wird, dazu eingehend Samson, Hypothetische Kausalverläufe, S. 55 ff. 126 Vgl. dazu auch Schaal, Gremienentscheidungen, S. 174.
B. Die Tat fördernder Tatbeitrag
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kommen zwei Anknüpfungspunkte in Betracht. Zum einen könnte man schon das Mitwirken am gemeinsamen Tatenschluss als Handlung, die für den Erfolg kausal werden muss, ausreichen lassen. Zum anderen könnte man verlangen, dass eine Handlung, die in Ausführung des gemeinsamen Tatenschlusses vorgenommen wird, für den Erfolg ursächlich sein muss. Beide Positionen werden in der Literatur vertreten: Nach der wohl überwiegenden Ansicht kann bereits die Beteiligung am gemeinsamen Tatentschluss einen geeigneten kausalen Tatbeitrag darstellen127. Dencker128 hält dagegen den gemeinsamen Tatentschluss als Anknüpfungspunkt für die Kausalität für untauglich, weil dieser notwendigerweise vor der Tatbegehung liege und deshalb keine Tathandlung sein könne. Letztere Ansicht erscheint wenig überzeugend. Zum einen kann nämlich – wie noch zu zeigen sein wird – ein Plus im Vorbereitungsstadium durchaus ein Minus im Ausführungsstadium kompensieren129. Zum anderen sind Fallkonstellationen denkbar, bei denen das Fassen des gemeinsamen Tatentschlusses und die Ausführungshandlung des Mittäters zusammenfallen. Dies ist etwa bei direkt ausgeführten Gremienentscheidungen der Fall, bei denen die Stimmabgabe des Täters sein einziger Tatbeitrag ist. Hier ist es nicht erforderlich, dass ein gemeinsamer Tatentschluss bereits vor der Ausführungshandlung (der Stimmabgabe) besteht130. Im Folgenden soll untersucht werden, wie sich beide Möglichkeiten auf die Strafbarkeit des Mittäters in problematischen Fallkonstellationen auswirken.
3. Durch das Kausalitätserfordernis entstehende Strafbarkeitslücken Problematisch ist das Kausalitätserfordernis vor allem in Fällen der sog. alternativen Mittäterschaft. Dabei handelt es sich um Fälle, in denen der Tatplan vorsieht, dass entweder der eine oder der andere Täter handeln soll. Als Beispiel für eine derartige Fallkonstellation soll folgender Fall dienen131: A und B planen, O zu töten. Da O nicht immer den selben, sondern abwechselnd zwei verschiedene Wege benutzt, sieht der Tatplan vor, dass A dem O an dem einen und B an dem anderen Weg auflauert. Tatsächlich nimmt O den Weg, an dem A im Hinterhalt auf der Lauer liegt. O wird von A erschossen. Problematisch ist hier, ob B einen für den Erfolg kausalen Tatbeitrag geleistet hat. In zahlreichen Fällen, in denen der Tatbeitrag des Mittäters fehlschlägt, liegt noch eine gegenseitige Bestärkung der Tatentschlüsse der Mittäter vor132. Dies gilt 127 Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 76b; ferner Schilling, Verbrechensversuch, S. 113; wohl auch Hoyer, in: SK, § 25 Rn. 119 f.; BGHSt 37, 106 (129). 128 Dencker, Kausalität, S. 132 ff. 129 Siehe dazu noch eingehend u. D. II. 2. und 3. 130 Franke, JZ 1982, 577 (582); Rodríguez Montañés, in: Roxin-FS, S. 307 (325); Schaal, Gremienentscheidungen, S. 193 f. 131 Nach Rudolphi, in: Bockelmann-FS, S. 369 (379); vgl. auch Kamm, Mittäterschaft, S. 58.
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
regelmäßig auch für die Konstellation der alternativen Mittäterschaft. Im obigen Beispiel bestärkt B den Tatentschluss des A, indem sich dieser sicher sein kann, dass die Tat in jedem Fall (unabhängig davon, welchen Weg O wählt) erfolgreich sein wird. Verlangt man aber einen dem gemeinsamen Tatentschluss nachfolgenden kausalen Tatbeitrag des B, so wäre eine mittäterschaftliche Verantwortlichkeit mangels Kausalität ausgeschlossen. B könnte allenfalls wegen psychischer Beihilfe bestraft werden. Erhebliche Strafbarkeitslücken könnten in Fällen der sog. additiven Mittäterschaft auftreten. In dieser Fallkonstellation erbringen die Beteiligten mehrere gleichartige Tatbeiträge, die alle gleich geeignet wären, den Erfolg zu bewirken. Um die Erfolgschance zu erhöhen, handeln die Täter jedoch gleichzeitig. Als Beispiel für diese Fallgestaltungen soll folgender Fall dienen133: Zwanzig Terroristen planen, den Politiker O auf offener Straße zu erschießen. Sie wollen sich an verschiedenen Fenstern positionieren und gleichzeitig Schüsse auf ihn abgeben. Einige Kugeln treffen O tödlich, andere verletzen ihn nur, und einige Kugeln verfehlen ihr Ziel ganz. Würde man die Kausalität des Tatbeitrags des einzelnen Beteiligten verlangen, so könnten alle Beteiligten nur wegen Versuchs verurteilt werden, wenn sich nicht aufklären lässt, wer getroffen hat. Auch eine wechselseitige psychische Bestärkung durch den gemeinsamen Tatentschluss muss nicht zwingend vorliegend. Dies verdeutlicht folgende Abwandlung des obigen Beispielsfalls134: 19 Terroristen wollen den Politiker O auf die oben beschriebene Weise töten. Der Terrorist A erfährt davon und will ebenfalls mitmachen. Nachdem die anderen Terroristen einverstanden sind, wird die Tat zusammen mit A wie geplant ausgeführt. Die mögliche Kausalität der Mitwirkung des A lässt sich angesichts der großen Zahl der Beteiligten kaum nachweisen. Es kann nämlich nicht der Nachweis geführt werden, dass A durch seinen Schuss oder durch seine Mitwirkung an der Planung oder durch die durch seine Mitwirkung bedingte Motivation einen für den Tod des O ursächlichen Tatbeitrag geleistet hat135. Bei der Beteiligung einer großen Zahl von Personen kann das Erfordernis der Kausalität daher zu Strafbarkeitslücken führen136. Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass das Erfordernis eines dem gemeinsamen Tatentschluss nachfolgenden kausalen Tatbeitrages im Einzelfall zu erheb132 Für die Beihilfe ist weitgehend anerkannt, dass eine fehlgeschlagene physische Beihilfehandlung auch eine gelungene psychische Beihilfe sein kann, s. nur Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 31 Rn. 18. Dazu näher u. 6. Kapitel A. I. 2. a). 133 Nach Herzberg, Täterschaft, S. 56; vgl. auch Kamm, Mittäterschaft, S. 55; Schaal, Gremienentscheidungen, S. 175. 134 Nach Schaal, Gremienentscheidungen, S. 180. 135 Schaal, Gremienentscheidungen, S. 180. 136 Soweit man die Kausalität – entgegen der h. M. – nicht im Sinne der conditio-sine-quanon-Formel bestimmt (s. dazu o. Fn. 122), kann in Fällen der additiven Mittäterschaft die Kausalität des einzelnen Tatbeitrages in weiterem Umfang bejaht werden, s. dazu nur Rodríguez Montañés, in: Roxin-FS, S. 307 (316 ff.).
B. Die Tat fördernder Tatbeitrag
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lichen Strafbarkeitslücken führen kann. Wenn man dagegen den gemeinsamen Tatentschluss selbst als kausalen Tatbeitrag genügen lässt, können sich ebenfalls – wenn auch in geringerem Umfang – Strafbarkeitslücken ergeben. Im Folgenden ist daher zu untersuchen, ob die Kausalität des einzelnen Tatbeitrags aus dogmatischen Gründen erforderlich ist.
4. Das Kausalitätserfordernis als Folge eines Vergleichs mit dem extensiven Täterbegriff Für das Erfordernis der Kausalität wird vorgebracht, dass sie die Mindestvoraussetzung strafbarer Beteiligung sei137. Zur Begründung wird auf den extensiven Täterbegriff verwiesen138. Danach erfüllt jeder den Tatbestand, dessen Handlung zurechenbar den Erfolg verursacht hat. Teilnahme ist folglich als eine privilegierte Form der Tatbestandsverwirklichung anzusehen139. Ohne die Vorschriften der §§ 26 und 27 StGB könnte die Teilnahme ebenso gut als Täterschaft bestraft werden. Von diesem Standpunkt aus liegt es nahe, für alle Beteiligungsformen Kausalität der eigenen Handlung für den Erfolg zu verlangen140. Die Annahme, dass aus Sicht eines extensiven Täterbegriffs die Teilnahme eine privilegierte Form der Tatbestandsverwirklichung ist, lässt sich nicht konsequent durchhalten. So ist es möglich, dass eine Person, die nicht die vom Tatbestand eines Sonderdeliktes vorausgesetzten Eigenschaften aufweist, als Teilnehmer betraft wird141. Wenn ein Tatbestand die eigenhändige Vornahme der Tathandlung verlangt, kann derjenige, der die Tathandlung nicht eigenhändig erbringt, als Teil-
137 v. Hippel, Strafrecht 2, S. 469; Mezger, AT, S. 223; ders., Lehrbuch, S. 411 f.; Samson, StV 1996, 93, der allerdings keine Begründung dafür liefert, warum die Kausalität auch bei Mittäterschaft eine Mindestvoraussetzung der Zurechnung sein soll; ferner Letzgus, Vorstufen, S. 72 f.; Roxin, in: Miyazawa-FS, S. 501; v. Scheurl, Rücktritt, S. 91. 138 Nach h. M. gilt für die Vorsatzdelikte freilich ein restriktiver Täterbegriff, wonach nur derjenige Täter ist, der in eigener Person und durch sein Verhalten sämtliche Tatbestandsmerkmale eines Delikts verwirklicht; Teilnahmeregelungen sind demnach Strafausdehnungsgründe, s. nur Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, vor § 25 Rn. 6 f. m. w. N. 139 Vgl. Renzikowski, restriktiver Täterbegriff, S. 10 f., der darauf hinweist, dass allein die Existenz von Teilnahmevorschriften noch nicht zur Annahme eines restriktiven Täterbegriffes zwingt; vgl. dazu auch Vogel, ZStW 114 (2002), S. 403 (413 f.). 140 Vgl. dazu auch Schaal, Gremienentscheidungen, S. 173. 141 Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 30 Rn. 91, § 31 Rn. 38; Heghmanns, GA 2000, 473 (481); Jescheck / Weigend, AT, S. 267. Anders jedoch Schmidhäuser, AT, 1. Aufl., 14 / 98, der die Teilnahme eines Extraneus an einem Sonderdelikt für straflos hält. Dies ist eine Konsequenz der von ihm vertretenen Auffassung zum Strafgrund der Teilnahme, wonach die Teilnahme ein von der Haupttat selbständiges Delikt sei, dazu näher 6. Kapitel A. I. 1. c) bb). Inzwischen hält Schmidhäuser, AT, 14 / 85, die Strafbarkeit des Extraneus als Teilnehmer de lege lata zwar für möglich, das Ergebnis sei jedoch sachwidrig und de lege ferenda zu korrigieren, Schmidhäuser, AT, 14 / 94 ff.
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
nehmer bestraft werden142. Diese Beispiele zeigen, dass die §§ 26, 27 StGB auch die Funktion eines Strafausdehnungsgrundes haben können143. Auch im Verhältnis zu § 14 Abs. 1 OWiG, dem der Einheitstäterbegriff zu Grunde liegt, treten keine Wertungswidersprüche auf, denn für eine Beteiligung reicht auch dort ein die Tat fördernder Beitrag aus144. Der extensive Täterbegriff streitet also nicht für das Erfordernis eines für den Erfolg kausalen Tatbeitrags des Mittäters.
5. Kausalität als Mindestvoraussetzung der Tatherrschaft Für das Kausalitätserfordernis wird weiter vorgebracht, dass Kausalität die Mindestvoraussetzung für die Tatherrschaft sei145. Im Fall des Fehlens der Kausalität könnten die Vertreter der Tatherrschaftslehre keine Mittäterschaft annehmen. Dagegen wird eingewandt, dass die Kausalität des eigenen Tatbeitrages zur Begründung der Tatherrschaft untauglich sei, weil für die Tatherrschaft zu ermitteln sei, ob der einzelne Tatbeitrag aus der Sicht ex ante für das Gelingen der Tat erforderlich war146. Deutlich wird dies in der Fallkonstellation der sog. alternativen Mittäterschaft147. Denn überwiegend wird auch dem Beteiligten, dessen Tatbeitrag nicht wirksam wurde, Tatherrschaft zugesprochen, so dass er als Mittäter zu bestrafen ist148. Es besteht also Tatherrschaft, ohne dass hierfür eine kausale Ausführungshandlung erforderlich ist. Außerdem genügt – wie bereits oben dargelegt149 – für eine täterschaftliche Beteiligung die Innehabung der Tatherrschaft; nicht er142 Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 30 Rn. 91, § 31 Rn. 38; Jescheck / Weigend, AT, S. 267; Joecks, in: MüKo-StGB, § 25 Rn. 44; Wessels / Beulke, AT, Rn. 520. 143 Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 28 Rn. 32; Schaal, Gremienentscheidungen, S. 173. 144 OLG Stuttgart NStZ 1981, 307 (308); vgl. aber auch Rengier, in: KK-OWiG, § 14 Rn. 23, der Mitursächlichkeit verlangt, darin aber keinen Unterschied zur „Förderlichkeit“ sieht. Ein extensiver Täterbegriff setzt demnach nicht notwendig Kausalität der Beiträge der einzelnen Beteiligten voraus. 145 Hoyer, GA 1996, 160 (173); Roxin, in: Miyazawa-FS, S. 501 (502). Wenn Rudolphi, in: Bockelmann-FS, S. 369 (380), Tatherrschaft des Beteiligten nur im Fall eines kumulativen Zusammenwirkens der Mittäter annimmt, folgt daraus, dass Kausalität des eigenen Tatbeitrags des Mittäters eine zwingende Voraussetzung der Tatherrschaft und damit auch der Mittäterschaft sein soll. Vgl. auch Kindhäuser, in: Hollerbach-FS, S. 627 (631), wonach die Tatherrschaft über das Tatgeschehen eine qualifizierte Form der Kausalität darstellen soll. 146 Roxin, in: LK, § 25 Rn. 154; ders., JA 1979, 519 (523). 147 Dazu bereits o. 3. 148 Bloy, Beteiligungsform, S. 376 f.; Hoyer, in: SK, § 25 Rn. 109; Kamm, Mittäterschaft, S. 60; Kühl, AT, § 20 Rn. 109; Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 49 Rn. 41; Renzikowski, restriktiver Täterbegriff, S. 287 insbes. Fn. 107; Roxin, in: LK, § 25 Rn. 188; ders., Täterschaft und Tatherrschaft, S. 692; ders., JA 1979, 519 (523 f.); Seelmann, JuS 1980, 574. Anders Rudolphi, in: Bockelmann-FS, S. 369 (379 f.), der davon ausgeht, dass der Beteiligte, dessen Tatbeitrag nicht wirksam wird, keine Tatherrschaft habe, weil Tatherrschaft ein kumulatives Zusammenwirken erfordere. Auch Schmidhäuser, AT, 14 / 19, lehnt eine Mittäterschaft desjenigen, der im Ausführungsstadium nicht aktiv geworden ist, ab. 149 Siehe o. A. I. 2. a).
B. Die Tat fördernder Tatbeitrag
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forderlich ist, dass die Tatherrschaft ausgeübt wird. So kann ein Bandenchef, der nur den Tatplan ausgearbeitet und dann seine Bandenmitglieder entsprechend unterwiesen hat, als Mittäter strafbar sein150, ohne dass er auf das weitere Geschehen Einfluss nimmt. Zur Begründung der Tatherrschaft kommt es somit nicht auf die Kausalität an151.
6. Kausalität als Konsequenz des Wortlauts von § 24 Abs. 2 S. 2 Var. 2 StGB Für das Erfordernis eines kausalen Tatbeitrags könnte auch die Vorschrift des § 24 Abs. 2 S. 2 Var. 2 StGB sprechen. Danach kann der Täter trotz Eintritts des tatbestandsmäßigen Erfolges zurücktreten, wenn die Tat unabhängig von seinem Zutun begangen wurde. Die Vorschrift des § 24 Abs. 2 S. 2 Var. 2 StGB setzt die Beteiligung mehrerer Personen voraus. Daher wird der Rücktritt des Mittäters, der Rücktritt eines Teilnehmers und der Rücktritt eines Täters, der von Teilnehmern unterstützt wird,152 erfasst. Aus der Formulierung „unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag“ könnte geschlossen werden, dass der Gesetzgeber die Kausalität des eigenen Tatbeitrags für alle Formen der Beteiligung als konstitutives Merkmal angesehen hat153. Zu beachten ist, dass nach § 24 Abs. 2 S. 2 Var. 2 StGB die Tat unabhängig von dem früheren Tatbeitrag begangen werden muss. Diese Formulierung kann auch so verstanden werden, dass nicht nur die Kausalität des eigenen Tatbeitrages für den Erfolg, sondern auch die (sonstigen) fördernden Wirkungen des eigenen Tatbeitrages neutralisiert werden müssen. Das Erfordernis eines eigenen für den Erfolg kausalen Tatbeitrages kann deshalb nicht aus § 24 Abs. 2 S. 2 Var. 2 StGB hergeleitet werden.
Dazu näher u. D. II. 3. So auch Kamm, Mittäterschaft, S. 65; Knauer, Kollegialentscheidung, S. 152 f. 152 So Haft, Einführung, S. 229; Herzberg, NJW 1991, 1633 (1638); Weber, Jura 1983, 544 (547). Anders Mitsch, in: Baumann-FS, S. 89 (99 ff.); Roxin, in: Lenckner-FS, S. 267 (269 f.), die in diesem Fall § 24 Abs. 1 StGB anwenden wollen. Im Ergebnis unterscheiden sich die Auffassungen allerdings nicht, weil ein unterstützter oder angestifteter Alleintäter auch durch Aufgeben der weiteren Ausführung die Vollendung der Tat i. S. v. § 24 Abs. 2 S. 1 StGB verhindern kann, s. nur Kühl, AT, § 20 Rn. 264; Mitsch, a. a. O., S. 94. 153 So meinen beispielsweise Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 98, und Lackner / Kühl, § 24 Rn. 27, dass die Strafbarkeit wegen des vollendeten Deliktes bei fehlender Kausalität bereits prinzipiell unmöglich sei; wenn sich der Beteiligte dagegen noch freiwillig und ernsthaft um die Verhinderung des Erfolgseintritts bemühe, könne er auch Straffreiheit hinsichtlich des Versuchs erlangen. 150 151
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
7. Kausalität als Erfordernis zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen Mittäterschaft und Beihilfe Kausalität könnte aber zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen den verschiedenen Beteiligungsformen notwendig sein. Beihilfe ist gegenüber der Täterschaft eine minder schwere Beteiligungsform. Beihilfe unterscheidet sich von der Mittäterschaft durch das Fehlen der Tatherrschaft154 (bzw. nach der subjektiven Theorie durch einen Teilnehmerwillen anstelle eines Täterwillens) sowie dadurch, dass kein gemeinsamer Tatentschluss erforderlich ist. Die Beihilfe weist als die weniger intensive Beteiligungsform einen geringeren Unrechtsgehalt auf155, was sich aus der systematischen Stellung des § 27 StGB im Rahmen der §§ 25 ff. StGB und der für die Beihilfe vorgesehenen obligatorischen Strafmilderung (§ 27 Abs. 2 StGB) ergibt. Deshalb kann für die Beihilfe nicht mehr verlangt werden als für die Mittäterschaft156. Wenn man mit der vor allem in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht annimmt, dass der Gehilfe die Tat durch seine Handlung nur irgendwie fördern muss,157 dann können solche Wertungswidersprüche gar nicht erst entstehen. Es werden nämlich für die Beziehung zwischen der Handlung des Mittäters und dem Erfolg keine strengeren Anforderungen gestellt als für die Beziehung zwischen der Gehilfenhandlung und dem Erfolg der Haupttat. Denn in beiden Fällen ist keine Kausalität erforderlich. Wertungswidersprüche können allenfalls dann auftreten, wenn man mit einer in der Literatur verbreiteten Ansicht verlangt, dass der Tatbeitrag des Gehilfen für den Erfolg kausal sein muss158. Man könnte folglich argumentieren, dass für die Mittäterschaft erst recht ein kausaler Tatbeitrag jedes Mittäters notwendig sei, wenn man dies schon von einem Gehilfen verlangt159. Ein Wertungswiderspruch liegt jedoch nur dann vor, wenn für die Bei154 Kühl, AT, § 20 Rn. 211; v. Scheurl, Rücktritt, S. 89; a. A. Lesch, JA 2000, 73 (77), wonach Mittäterschaft und Beihilfe nur nach normativen Kriterien zu unterscheiden seien. 155 Wenn die Beihilfe keinen geringeren, sondern einen wesentlich anderen Unrechtsgehalt aufweisen würde, wäre die Annahme eines normativen Stufenverhältnisses zwischen Mittäterschaft und Beihilfe, das bei unklarer Sachverhaltslage eine eindeutige Verurteilung in Anwendung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ erlaubt (s. Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 10 Rn. 11; Eser, in: Schönke / Schröder, § 1 Rn. 94), nicht möglich. 156 Da zwischen Anstiftung und Mittäterschaft ebenfalls ein Stufenverhältnis in Betracht kommt (s. nur Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 10 Rn. 11), könnten in diesem Verhältnis ebenfalls Wertungswidersprüche auftreten, denn die Anstiftung setzt jedenfalls das Hervorrufen des Tatentschlusses beim Haupttäter [s. dazu 5. Kapitel B. I. 1. a)] und damit auch Kausalität zwischen der Anstiftungshandlung und dem Erfolg der Haupttat voraus. Freilich würde dieser mögliche Wertungswiderspruch schon deswegen weniger stark ins Gewicht fallen als derjenige zwischen Mittäterschaft und Beihilfe, weil sich der Strafrahmen von Mittäterschaft und Anstiftung nicht unterscheidet. 157 Siehe Nachweise in 6. Kapitel, Fn. 24. 158 Siehe dazu die Nachweise in 6. Kapitel, Fn. 17. 159 So – allerdings ohne nähere Begründung – Gores, Rücktritt, S. 125; vgl. auch v. Scheurl, S. 89, wonach die „Mindestanforderungen, die an die Mitwirksamkeit der Beihilfe in der Haupttat zu stellen sind“, auch für die Mittäterschaft gelten sollen.
B. Die Tat fördernder Tatbeitrag
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hilfe insgesamt mehr oder gleich viel verlangt wird wie für die Mittäterschaft. Da die Mittäterschaft einen gemeinsamen Tatentschluss voraussetzt – also auf subjektiver Seite mehr verlangt, als für Beihilfe erforderlich ist –, kann dieses Mehr durch das Erfordernis eines kausalen Tatbeitrags kompensiert werden160. Zudem besteht zwischen Beihilfe und Mittäterschaft ein konstruktiver Unterschied. Während die Beihilfe auf einer akzessorischen Haftung beruht, können bei der Mittäterschaft Handlungen zugerechnet werden161. Schon wegen dieser unterschiedlichen Konstruktion würde das Erfordernis der Kausalität bei der Beihilfe nicht zu Wertungswidersprüchen führen. Daher zwingt auch ein mögliches Kausalitätserfordernis bei der Beihilfe nicht dazu, für die Mittäterschaft einen kausalen Tatbeitrag jedes einzelnen Mittäters zu verlangen.
8. Möglichkeit der Zurechnung der Kausalität Dass die Kausalität des eigenen Tatbeitrags keine hinreichende Bedingung für die Zurechnung ist, wurde bereits oben dargelegt162. Sie ist jedoch auch keine notwendige Bedingung für die Zurechnung, denn sie ist wegen der durch § 25 Abs. 2 StGB angeordneten Zurechnung fremder Tatbeiträge nicht erforderlich163. § 25 Abs. 2 StGB lässt – als Ausnahme zu dem in § 25 Abs. 1 StGB geregelten Normalfall, dass der Täter selbst alle Tatbestandsmerkmale verwirklicht – die Zurechnung von Erfolgen bei mangelnder Kausalität der eigenen Tatbeiträge zu. Deshalb kann die Anwendung des § 25 Abs. 2 StGB nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Täter einen kausalen Beitrag leistet164. Besonders deutlich wird dies, wenn man die Kausalität als ein Tatbestandsmerkmal ansieht165. Da die Kausalität eine Voraussetzung des objektiven Tatbestandes eines Erfolgsdelikts ist, muss dieses Merkmal nur von einem Beteiligten selbst erfüllt werden. Den anderen 160 Kamm, Mittäterschaft, S. 68, Fn. 245. Dies gilt in gleicher Weise für einen etwaigen Wertungswiderspruch zur Anstiftung. Das Mehr, das durch den bei der Anstiftung erforderlichen für den Erfolg der Haupttat kausalen Tatbeitrag entsteht, kann dadurch ausgeglichen werden, dass bei der Anstiftung – im Gegensatz zur Mittäterschaft – kein gemeinsamer Tatentschluss notwendig ist, s. dazu noch u. 5. Kapitel B. I. 2. a). 161 Siehe dazu auch noch u. C. II. 2. mit Nachweisen. Dies gilt auch für die Anstiftung, die ebenfalls auf einer akzessorischen Haftung beruht. – Knauer, Kollegialentscheidung, S. 168 f., weist mit Recht darauf hin, dass Mittäterschaft nicht notwendigerweise zugleich die Voraussetzungen der Beihilfe erfüllen muss. 162 Siehe o. A. I. 1. 163 Bloy, Beteiligungsform, S. 373 ff.; Kamm, Mittäterschaft, S. 65; Knauer, Kollegialentscheidung, S. 151 f.; vgl. auch Kindhäuser, in: Hollerbach-FS, S. 627 (628), wonach Kausalität allenfalls Gegenstand, nicht aber Grund für die Zuschreibung von Verantwortung sein kann. Dass § 25 Abs. 2 StGB die Funktion hat, fremde Tatbeiträge zuzurechnen, wurde bereits o. [A. I. 2. a)] dargelegt. 164 Bloy, Beteiligungsform, S. 375. 165 Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 14 Rn. 2; Engisch, Kausalität, S. 5 f.; Jescheck, in: LK, vor § 13 Rn. 53; vgl. auch Maurach / Zipf, AT 1, § 18 Rn. 11 ff.
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
Mittätern wird die Handlung desjenigen Mittäters zugerechnet, der einen kausalen Tatbeitrag geleistet hat. Auf diese Weise erfüllen auch diejenigen, die selbst keinen kausalen Tatbeitrag leisten, das Kausalitätserfordernis. Es ist nicht einzusehen, warum ausgerechnet die Kausalität – im Gegensatz zu anderen Merkmalen des objektiven Tatbestandes – eigenhändig verwirklicht werden soll. Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass bei der Mittäterschaft kein für den Erfolg kausaler Tatbeitrag des einzelnen Mittäters erforderlich ist. Es reicht vielmehr aus, dass der einzelne Mittäter mit seinem Tatbeitrag die Tat fördert.
II. Möglichkeit der Beseitigung der fördernden Wirkung bzw. der Verhinderung der Kausalität des eigenen Tatbeitrages im Vorbereitungsstadium Da für die Mittäterschaft – wie soeben festgestellt wurde – ein für den Erfolg kausaler Tatbeitrag des einzelnen Mittäters nicht erforderlich ist, stellt sich die Frage, ob eine Abstandnahme durch Beseitigung der tatfördernden Wirkung erfolgen kann. Häufig leistet der Mittäter aber einen Beitrag, der die Tat nicht nur fördert, sondern auch kausal für deren Erfolg wird166. Daher ist zu untersuchen, ob der Abstandnehmende seiner Verantwortlichkeit entgehen kann, indem er noch im Vorbereitungsstadium verhindert, dass sein Tatbeitrag für die Vollendung der Tat kausal wird167, oder ob er die Wirkungen seines Tatbeitrages durch Beseitigung der fördernden Wirkung rückgängig machen kann. Ein Beteiligter bleibt jedenfalls dann straffrei, wenn er seinen Tatbeitrag im Vorbereitungsstadium so rückgängig macht, dass er sich auf das weitere Geschehen überhaupt nicht auswirkt. In diesem Fall wird der geleistete Tatbeitrag nämlich weder für den Erfolg kausal, noch fördert er die Haupttat. Gleichfalls unproblematisch ist die Konstellation, in der der Handelnde einen Tatbeitrag erbringt, der nur die Tat fördert, ohne für deren Erfolg kausal zu werden. Hier genügt die Beseitigung der fördernden Wirkung im Vorbereitungsstadium. Schwieriger sind die Möglichkeiten einer Abstandnahme in den Fällen zu beurteilen, in denen der Mittäter einen Tatbeitrag im Vorbereitungsstadium geleistet hat, der für den Erfolg kausal werden sollte. Hier stellt sich die Frage, ob es ausreicht, dass der Mittäter die fördernde Wirkung beseitigt, oder ob er auch verhindern muss, dass sein Tatbeitrag für den Erfolg kausal wird. Die Kausalität zu beseitigen, wird nämlich nur in seltenen Fällen möglich sein168. Demnach kommt es Siehe dazu bereits o. I. 1. Vgl. Lenckner, in: Gallas-FS, S. 281 (284); Weber, in: Lenckner-FS, S. 435 (439), wonach die Verantwortlichkeit dann entfällt, wenn der Tatbeitrag in der Weise rückgängig gemacht wird, dass er nicht für die Vollendung kausal wird. 168 Siehe dazu noch u. 6. Kapitel A. I. 2. a). Als Beispiel für eine Neutralisation der Kausalität im Vorbereitungsstadium soll folgender Fall dienen: Der Terrorist T bereitet einen Anschlag auf eine öffentliche Wahlkampfveranstaltung vor, die in einer Woche stattfinden 166 167
B. Die Tat fördernder Tatbeitrag
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darauf an, ob die Leistung eines Tatbeitrags, der zwar kausal für den Erfolg ist, aber den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges nicht fördert, strafbegründend für die Mittäterschaft wirken kann. Handlungen, die zwar für den Erfolg der Tat kausal werden, diesen aber nicht fördern, liegen beispielsweise vor, wenn die Bemühungen des abstandnehmenden Tatgenossen dazu führen, dass der Erfolg abgemildert oder verzögert wird. Nimmt etwa der Abstandnehmende den anderen Beteiligten die für die gemeinsame Begehung einer Körperverletzung bestimmten Tatwerkzeuge weg, weshalb die Körperverletzung nur in weniger intensiver Weise ohne diese Werkzeuge begangen werden kann, so leistet der Abstandnehmende zwar einen für den Erfolg kausalen Tatbeitrag, ohne aber den Erfolg zu fördern. Ein solcher kausaler Beitrag, der die Tat nicht fördert, liegt auch vor, wenn der Abstandnehmende versucht, den anderen Beteiligten die Tatbegehung auszureden und dies zu einer zeitlichen Verzögerung führt. Geht man davon aus, dass der objektive Tatbestand eines Deliktes bereits dann erfüllt ist, wenn eine Handlung vorgenommen wird, die für den Erfolg kausal war,169 so ist es konsequent, die Beseitigung dieser Kausalität zu verlangen. Nach zutreffender Auffassung ist jedoch für die Zurechnung des Erfolges neben dem rein tatsächlichen Erfordernis der Kausalität auch das wertende Element der objektiven Zurechnung erforderlich170. Der objektive Tatbestand ist also nur erfüllt, wenn sich im Erfolg eine rechtlich missbilligte Gefahr, die vom Täter geschaffen wurde, realisiert hat171. Da dieses Erfordernis im Grundsatz für alle Beteiligungsformen gilt172, setzt auch die mittäterschaftliche Zurechnung die Schaffung eines rechtlich missbilligten Risikos voraus. Da der einzelne Mittäter keinen für den Erfolg kausalen Tatbeitrag leisten muss, kann zwar nicht verlangt werden, dass sich dieses vom einzelnen Mittäter geschaffene Risiko im Erfolg realisiert. Jedoch muss sich die Beeinflussung des tatbestandlichen Geschehens durch den Mittäter als Verwirklichung des geschaffenen Risikos darstellen. Wenn der „Mittäter“ die soll. Dazu hat er am Veranstaltungsort eine mit einem ferngesteuerten elektronischen Zeitzünder versehene Bombe versteckt. Den Zeitzünder hat er auf 17.00 Uhr des entsprechenden Tages eingestellt. Von diesem Vorhaben erzählt er seinem Gesinnungsgenossen G. Dieser will T helfen, den Anschlag noch effektiver durchzuführen. Er rät T deshalb, den Zeitzünder auf 16.30 Uhr zu stellen. Um zu erreichen, dass noch mehr Personen an der Veranstaltung teilnehmen, werde er dafür sorgen, dass ein bekannter Künstler im Vorprogramm der Veranstaltung auftritt. T, der diesen Ratschlag befolgt, stellt den Zeitzünder wie abgesprochen auf 16.30 Uhr ein. G bekommt jedoch noch vor Erbringung seines Tatbeitrages ein schlechtes Gewissen, weil zu viele unschuldige Menschen getötet würden. Er sagt daher zu T, dass er mit dem Anschlag nichts zu tun haben wolle und nicht mehr mitmachen werde. T stellt daraufhin den Zeitzünder wieder auf 17.00 Uhr, so dass die Tat wie ursprünglich geplant abläuft. Durch die Bombe wird eine Person getötet und einige weitere verletzt. In diesem Fall hat G auf die Vorbereitungshandlungen des T Einfluss genommen. Seine Abstandnahme hat jedoch dazu geführt, dass die Vorbereitungshandlungen für den Erfolg nicht kausal geworden sind. 169 So Küpper, Strafrechtsdogmatik, S. 83 ff. 170 Siehe dazu bereits o. 1. Kapitel D. I. sowie die Nachweise in 1. Kapitel, Fn. 126. 171 Siehe dazu die Nachweise in 1. Kapitel, Fn. 130. 172 Siehe dazu die Nachweise in 1. Kapitel, Fn. 138.
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
fördernde Wirkung seines Tatbeitrages beseitigt, kann sich im tatbestandsmäßigen Geschehen keine von ihm geschaffene rechtlich missbilligte Gefahr realisieren. Der Mittäter kann also Straffreiheit dadurch erlangen, dass er die fördernde Wirkung seines Tatbeitrags beseitigt. Er muss seinen Tatbeitrag nicht in der Weise neutralisieren, dass er sich auf den Erfolgseintritt nicht mehr auswirkt. Dass andere Mittäter einen objektiv zurechenbaren Tatbeitrag leisten, kann dem Handelnden nicht gem. § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden. Voraussetzung für die Anwendung des § 25 Abs. 2 StGB ist ja gerade, dass sich in der Haupttat ein vom Handelnden selbst geschaffenes Risiko realisiert. Problematisch sind zudem die Konstellationen, in denen der Tatbeitrag im Vorbereitungsstadium nur in der Weise rückgängig gemacht wird, dass er sich zwar noch auf den Versuch, aber nicht mehr auf die Vollendung fördernd auswirkt. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Täter seinem Mittäter zunächst ein taugliches Gift liefert, dieses aber später gegen eine ungiftige Substanz austauscht, die dem Opfer beigebracht wird. Der Versuch zeichnet sich gerade dadurch aus, dass der Erfolg nicht eingetreten ist. Daher kann es auf die fördernde Wirkung des Täterverhaltens für den Erfolg auch nicht ankommen, so dass die Versuchsstrafbarkeit des Abstandnehmenden an sich unberührt bliebe. Da das versuchsbegründende Geschehen nur dann objektiv zugerechnet werden kann, wenn das vom Handelnden geschaffene rechtlich missbilligte Risiko – aus seiner Sicht – bis zum unmittelbaren Ansetzen fortbesteht,173 ist eine Abstandnahme möglich, soweit es gelingt, die fördernde Wirkung noch im Vorbereitungsstadium zu beseitigen. Bliebe der Täter aber bei Vornahme derselben Handlung im Vorbereitungsstadium wegen eines strafbefreienden Rücktritts gem. § 24 Abs. 2 S. 1 StGB straflos, so muss er bei Vornahme dieser Handlung im Vorbereitungsstadium erst recht straflos bleiben. Häufig wird in dieser Fallkonstellation jedoch auch eine Abstandnahme durch Aufgabe des Vorsatzes möglich sein. Der Vorsatz muss sich auf die Vollendung der Tat beziehen174. Da der Täter in dieser Fallkonstellation weiß, dass es nicht zur Vollendung des Delikts kommen wird, kann er keinen Vorsatz hinsichtlich der Vollendung haben. So kann der Täter im oben geschilderten Beispielsfall keinen Vorsatz hinsichtlich der Vollendung der Tat haben, wenn er weiß, dass er das Gift gegen eine ungiftige Substanz ausgetauscht hat175. Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass der Täter einer Bestrafung wegen mittäterschaftlicher Beteiligung auch dann entgehen kann, wenn es ihm nicht gelingt, die fördernde Wirkung seiner Tathandlung zu beseitigen. Die täterschaftliche Verantwortlichkeit des Abstandnehmenden entfällt nämlich schon dann, wenn er seine Tatbeiträge soweit zurücknimmt, dass seine Beteiligung von der Täterschaft zur Teilnahme herabsinkt176. Siehe o. 2. Kapitel B. III. 1. a). Siehe z. B. Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 26 Rn. 26; Eser, in: Schönke / Schröder, § 22 Rn. 21; Otto, JA 1980, 707 (708). 175 Zur Abstandnahme durch Aufgabe des Vorsatzes s. noch u. C. II. 5. b). 173 174
C. Vorsatz und gemeinsamer Tatentschluss
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C. Vorsatz und gemeinsamer Tatentschluss Im Folgenden soll untersucht werden, ob der Beteiligte einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit als Mittäter dadurch entgehen kann, dass er einen gemeinsam gefassten Tatentschluss oder seinen Vorsatz aufgibt. Dazu muss zunächst der Frage nachgegangen werden, ob der gemeinsame Tatentschluss überhaupt eine zwingende Voraussetzung für die Mittäterschaft ist177. Anderenfalls wäre die Aufgabe desselben irrelevant. Sodann ist zu fragen, ob der Täter, der noch nicht alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat, – wie bei der Alleintäterschaft – auch durch Aufgabe seines Vorsatzes im Vorbereitungsstadium straflos bleiben kann178. Dabei ist insbesondere darauf einzugehen, ob der Vorsatz mit dem gemeinsam gefassten Tatentschluss identisch ist179. Im Mittelpunkt der Untersuchung soll jedoch die Frage stehen, ob und unter welchen Voraussetzungen der gemeinsame Tatentschluss aufgegeben werden kann180.
I. Erforderlichkeit eines gemeinsamen Tatentschlusses Voraussetzung für die Mittäterschaft ist nach ganz herrschender Ansicht – neben dem Erfordernis eines objektiven Tatbeitrages – ein gemeinsamer Tatentschluss181. Dazu müssen die Beteiligten vereinbaren, eine Tat arbeitsteilig als gleichberechtigte Partner zu begehen182. Eine Mindermeinung will dagegen eine einseitige Einpassung des Handelnden genügen lassen183. Nach dieser Auffassung unterscheiden 176 Ebenso Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (750 f., insbes. Fn. 25). Ein Herabsinken der Täterschaft zur Teilnahme in Folge von Bemühungen eines Beteiligten um eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium wird auch von Lilie / Albrecht, in: LK, § 24 Rn. 260, grundsätzlich für möglich gehalten. – Nach der subjektiven Theorie könnte eine Abstandnahme durch Aufgabe des Täterwillens in Betracht kommen, s. dazu noch ausführlich u. D. I. 2. 177 Dazu sogleich unter I. 178 Siehe dazu u. II. 5. b). 179 Siehe dazu u. II. 5. a). 180 Siehe dazu u. II., insbes. II. 5. c). 181 BGHSt 6, 248 (249); Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 82; Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 70; Gorka, Versuchsbeginn, S. 138; Haft, AT, S. 201 f.; Heine, in: Einflüsse, S. 101 f.; Ingelfinger, JZ 1995, 704 (707 f., 710 f.); Jescheck / Weigend, AT, S. 678; Joecks, § 25 Rn. 73; ders. in: MüKo-StGB, § 25 Rn. 198 ff.; Jung, in: Einzelverantwortung, S. 175 (180 f.); Kamm, Mittäterschaft, S. 42; Kindhäuser, in: Hollerbach-FS, S. 627 (649 f.); Krey, AT 2, Rn. 29; Kühl, AT, § 20 Rn. 104; Küpper, ZStW 105 (1993), S. 295 (301 ff.); Lackner / Kühl, § 25 Rn. 10; Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 49 Rn. 56; Roxin, in: LK, § 25 Rn. 173; ders., JA 1979, 519; Tröndle / Fischer, § 25 Rn. 6; Vogel / Fad, JuS 2002, 786 (790); Wessels / Beulke, AT, Rn. 526; Zopfs, Jura 1996, 19 (23). 182 Siehe nur Haft, AT, S. 201 f.; Kühl, AT, § 20 Rn. 104. 183 Derksen, GA 1993, 163 ff., insbes. 173; Jakobs, AT, 21 / 43; ders., GA 1996, 265; Lesch, ZStW 105 (1993), S. 271 (276 ff.); ders., JA 2000, 73 (77); vgl. auch Stein, Beteiligungsformenlehre, S. 326 f.
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
sich Mittäterschaft und Beihilfe nicht qualitativ, sondern nur quantitativ184. Die Unterscheidung zwischen beiden Beteiligungsformen könne sich deshalb nicht danach richten, ob ein übereinstimmender Wille der Beteiligten vorliege, sondern nur nach normativen Kriterien erfolgen185. Mithin komme es bei der Mittäterschaft auf eine „normative Gemeinsamkeit“ an, so dass ein gemeinsamer Tatentschluss für die Mittäterschaft nicht erforderlich sei186. Zurechnung sei nämlich als Gestaltung der sozialen Wirklichkeit, die einen Normbruch darstellt, zu verstehen187. Als Urheber einer solchen Gestaltung könnten auch mehrere Personen in Betracht kommen. Eine Verantwortlichkeit für fremde Handlungen könne dadurch begründet werden, dass sie in die eigene umfassend gestaltende Organisation einbezogen werden, so dass ein Einpassungsbeschluss zur Begründung mittäterschaftlicher Verantwortlichkeit ausreiche188. Für eine Abstandnahme müsste es nach dieser Auffassung darauf ankommen, die für die Mittäterschaft erforderliche „normative Gemeinsamkeit“ zu beseitigen. Es käme demnach für eine Abstandnahme nicht auf eine Aufkündigung des gemeinsamen Tatentschlusses, sondern auf eine Beseitigung der die Mittäterschaft begründenden objektiven Zurechnung an. Diese durch die objektive Zurechnung begründete Gemeinsamkeit besteht nach dieser Ansicht solange, wie der Tatbeitrag des Handelnden für die Begehung der Tat durch die anderen Mittäter effektiv bleibt189. Schon nach dem naheliegenden Wortsinn der Formulierung „gemeinschaftlich“ in § 25 Abs. 2 StGB ist aber ein gemeinsamer Tatentschluss erforderlich190. Bei einem einseitigen Zusammenwirken hat der Dazustoßende seine Funktion selbst bestimmt, so dass die Rollenverteilung nicht im gegenseitigen Einvernehmen erfolgt ist191. Eine Rollenverteilung, ohne die ein die Mittäterschaft kennzeichnendes 184 Lesch, GA 1994, 112 (119); Jakobs, in: Lampe-FS, S. 561 (570 f.). Dagegen Kindhäuser, in: Hollerbach-FS, S. 627 (650 f.). Auch Bloy, Beteiligungsform, S. 368, betont den qualitativen Unterschied zwischen Mittäterschaft und Beihilfe. – Dass sich nach Auffassung der subjektiven Theorie Täterschaft und Teilnahme nicht nur quantitativ unterscheiden und somit nicht in einem begrifflich-logischen Stufenverhältnis stehen, s. nur BGHSt 23, 203 (206); Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 10 Rn. 11. 185 Lesch, Verbrechensbegriff, S. 204, geht davon aus, dass die Unrechtsbegründung im Strafrecht ausschließlich eine Frage der objektiven Zurechnung sei; vgl. auch Fn. 154. Nach Jakobs, in: Lampe-FS, S. 561 (573), soll es für die Frage, ob eine Person als Täter zu qualifizieren ist, allein auf das normativ zu bestimmende Maß der Gestaltung ankommen, die diese Person bewirkt hat. 186 Jakobs, GA 1996, 253 (264 f.); Lesch, ZStW 105 (1993), S. 271 (281 f.); vgl. auch Derksen, GA 1993, 163 (168). 187 Derksen, GA 1993, 163 (170 ff.); Jakobs, in: Lampe-FS, S. 561 (565 ff.). 188 Derksen, GA 1993, 163 (172 f.). 189 Jakobs, AT, 21 / 45. 190 Knauer, Kollegialentscheidung, S. 148 f. Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 49 Rn. 56, sehen in dem Verzicht auf einen gemeinsamen Tatentschluss ein Verstoß gegen das Analogieverbot. Ebenso Küpper, ZStW 105 (1993), S. 295 (302). Dagegen Derksen, GA 1993, 163 (164). 191 Kühl, AT, § 20 Rn. 106.
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arbeitsteiliges Zusammenwirken nicht möglich ist, kann nur im gegenseitigen Einvernehmen erfolgen192. Ohne gemeinsamen Tatentschluss ist es nicht möglich, den „Gesamtkomplex des Geschehens“ zu bewerten. Denn ohne Berücksichtigung des gemeinsamen Tatentschlusses kann die Bedeutung der einzelnen Tatbeiträge nicht immer bestimmt werden193. So kann beispielsweise die Frage des unmittelbaren Ansetzens bei der Mittäterschaft häufig nicht ohne Berücksichtigung des gemeinsamen Tatplanes beurteilt werden. Wenn man der Tatherrschaftslehre folgt, ist der gemeinsame Tatentschluss schon deswegen erforderlich, weil für die funktionale Tatherrschaft ein übergreifender Gesamtplan notwendig ist. Dieser ist ohne einen gemeinsamen Tatentschluss nicht möglich, denn die Funktion des einzelnen Tatbeitrags ergibt sich aus dem Tatplan194. Der gemeinsame Tatentschluss ist demnach ein konstitutiver Bestandteil der Mittäterschaft.
II. Voraussetzungen für die Aufgabe des gemeinsamen Tatentschlusses Wie vorstehend dargelegt wurde, ist der gemeinsame Tatentschluss eine zwingende Voraussetzung für die mittäterschaftliche Verwirklichung eines Deliktes. Daher kommt der Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen der gemeinsame Tatentschluss wieder aufgegeben werden kann, für die Abstandnahme im Vorbereitungsstadium besondere Bedeutung zu. Der Rechtsprechung ist es bislang nicht gelungen, diesbezüglich eine einheitliche Linie zu finden. In BGH NStZ 1999, 449 ff. geht der BGH davon aus, dass der gemeinsame Tatentschluss nicht aufgegeben werden kann. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde. Fall 4: B hatte gemeinsam mit seiner Schwester P beschlossen, seinen Vater zu töten. B und P suchten die Wohnung des Vaters auf. Der Tatplan sah vor, dass P ihren Vater in die Küche schicken sollte, um B die Gelegenheit zu geben, mit einem von ihm zu diesem Zweck mitgeführten Brotmesser auf seinen Vater einzustechen. P veranlasste ihren Vater, in die Küche zu gehen, B unterließ jedoch die Stiche, weil ihm die Tat zu riskant erschien, was er auch gegenüber P erklärte. P war mit der Abstandnahme des B zwar einverstanden, 192 Küpper, ZStW 105 (1993), S. 295 (302); vgl. auch Joecks, § 25 Rn. 73; Krey, AT 2, Rn. 29. 193 Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, vor § 25 Rn. 81; Ingelfinger, JZ 1995, 704 (708); vgl. auch Bloy, Beteiligungsform, S. 370. 194 Roxin, in: LK, § 25 Rn. 173; zustimmend beispielsweise Ingelfinger, JZ 1995, 704 (708). Dagegen Derksen, GA 1993, 163 (168 f.), und Lesch, JA 2000, 73 (76), der schon die Rechtsfigur der funktionalen Tatherrschaft als solche ablehnt, weil die Tatherrschaft nur bei dem Kollektiv und nicht bei dem einzelnen Mittäter liege, so dass die einzelnen Mittäter auch nicht die Herrschaft über das Gesamtgeschehen hätten. Für die Mittäterschaft genügt es jedoch, dass dem einzelnen Täter bezüglich des Gesamtgeschehens nur der negative Aspekt der Tatherrschaft, die sog. Hemmungsmacht, zusteht, während die positive Seite der Tatherrschaft allen Mittätern nur gemeinsam zusteht. Siehe dazu o. A. I. 2. a).
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
wollte die Tat aber selbst ausführen. Sie holte ein Messer aus der Küche und stach damit auf ihren Vater ein, der daraufhin aus seiner Wohnung flüchtete. Die Stichverletzung war jedoch entgegen der Vorstellung von B und P nicht lebensgefährlich, so dass der Vater überlebte.
Der BGH geht – ohne nähere Begründung – davon aus, dass der gemeinsame Tatentschluss nicht aufgekündigt werden kann, und zwar nicht einmal durch ein Einverständnis zwischen dem ausscheidenden und dem verbleibenden Mittäter195. Auch in der Entscheidung BGHSt 28, 346 ff., hat der BGH angenommen, dass eine erklärte Aufkündigung des gemeinsamen Tatentschlusses den Handelnden nicht von der Verantwortlichkeit für die fremden Tatbeiträge entbindet. Dem liegt folgender Fall zu Grunde: Fall 5: A, B und S verabredeten einen Raubüberfall auf eine Bank. A hatte zu diesem Zweck bereits ein Fahrrad gestohlen. Der Tatplan sah vor, dass B und S das Personal und die Kunden mit Gaspistolen bedrohen und A über den Tresen springen und das Geld einsammeln sollte. Vor der Bank „unternahm“ A einen „kurzen verbalen Versuch“196, um B und S von dem Tatvorhaben abzubringen. B und S gingen darauf jedoch nicht ein und führten den Überfall mit Erfolg alleine durch. A entfernte sich.
Dagegen hat der BGH in BGHSt 37, 289 ff. entschieden, dass der gemeinsame Tatentschluss dadurch aufgegeben werden kann, dass die Abstandnahme gegenüber den verbleibenden Mittätern erklärt wird. Dieser Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Fall 6197: Der aus einer Justizvollzugsanstalt ausgebrochene T wurde von D mit einem Revolver und 20 000 DM ausgestattet. Sie vereinbarten, von der Schusswaffe Gebrauch zu machen, um sich einer drohenden Festnahme zu entziehen. Als sie – beide mit einer Schusswaffe bewaffnet – mit einem Auto unterwegs waren, wurden sie von einer aus vier Polizisten bestehenden Polizeistreife angehalten. Zwei Polizeibeamte näherten sich dem Fahrzeug. D erschoss mit seiner Waffe die beiden Polizisten. Auf die anderen zwei Polizisten feuerte er ebenfalls Schüsse ab, die aber fehlgingen. T hatte während des gesamten Vorfalls die Waffe nicht gezogen. Bereits nach dem ersten Schuss des D erhob er seine Arme und ließ sich auf den Boden fallen. Nachdem der zweite Polizist getötet wurde, lief T weg. D hatte die Tataufgabe des T und dessen Flucht allerdings nicht bemerkt.
Der BGH geht in dieser Entscheidung davon aus, dass D und T, als sie die Polizeistreife bemerkten, ihren Tatentschluss durch konkludentes Verhalten konkretisiert haben198. In dieser Entscheidung nimmt BGH an, dass der gemeinsame TatBGH NStZ 1999, 449 (450). BGHSt 28, 346 (347). 197 BGHSt 37, 289 ff. 198 BGHSt 37, 289 (292). Hauf, NStZ 1994, 263 (264), und Puppe, NStZ 1991, 571 (572), weisen darauf hin, dass der gemeinsame Tatentschluss nicht durch bloßes Nichtstun zustande kommen kann, so dass auf der Grundlage der Feststellungen des Landgerichts, das in erster Instanz über den Fall zu entscheiden hatte, kein gemeinsamer Tatentschluss angenommen werden könne. 195 196
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entschluss nicht durch eine gegenüber dem anderen Tatgenossen nicht mitgeteilte Sinnesänderung aufgekündigt werden kann. Zweifelhaft ist allerdings in dem vorliegenden Fall, ob die Tat im Hinblick auf die beiden überlebenden Polizisten bereits in das Versuchsstadium eingetreten ist199. Im Folgenden sollen zunächst die verschiedenen im Schrifttum vertretenen Ansichten, die sich mit den Möglichkeiten der Aufgabe des gemeinsamen Tatentschlusses auseinandersetzen, dargestellt und gewürdigt werden. So ist es konstruktiv möglich, die bloße innere Aufgabe des gemeinsamen Tatentschlusses – wie sie in Fall 6 vorlag – ausreichen zu lassen200. Andererseits kann man für eine strafbefreiende Aufgabe des gemeinsamen Tatentschlusses eine gegenüber den anderen Beteiligten erklärte Abstandnahme verlangen201. Eine solche gegenüber den anderen Beteiligten erklärte Aufgabe des gemeinsamen Tatentschlusses liegt beispielsweise in Fall 5 vor. Sodann wird auch die Ansicht vertreten, dass sogar – wie in Fall 4 – eine einverständliche Aufgabe des gemeinsamen Tatentschlusses keine strafbefreiende Wirkung habe202. Abschließend ist noch auf differenzierende Ansichten einzugehen203.
1. Bloße innere Aufgabe Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht entfällt die Haftung als Mittäter – nicht notwendigerweise aber diejenige als Gehilfe – schon, wenn der Mittäter sein „Einverständnis vor Versuchsbeginn zurückzieht“ 204. Für dieses Ergebnis werden unterschiedliche Begründungen angeführt. So soll es, wenn der Wille der Beteiligten nicht mehr übereinstimmt, an einer funktionalen Tatherrschaft, die Voraussetzung für die Mittäterschaft ist, fehlen205. Puppe206 meint, die Verabredung im Vorbereitungsstadium könne nicht Grundlage für die mittäterschaftliche Zurechnung von Tatbeiträgen sein. Erforderlich sei vielmehr eine „Plangemeinschaft“ im Ausführungsstadium, die nur dann bestehe, wenn der Mittäter bei Versuchsbeginn noch tatbereit sei. Küper207 argumentiert, dass der Abstandnehmende keinen Vollendungsvorsatz, sondern allenfalls Vorsatz hinsichtlich des Versuchs 199 Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (753), merkt diesbezüglich an, dass sich die Tat nach der Gesamtlösung bereits im Versuchsstadium befunden hat; ebenso Graul, in: Meurer-GS, S. 89 (100). 200 Siehe dazu sogleich unter 1. 201 Siehe dazu u. 2. 202 Siehe dazu u. 3. 203 Siehe dazu u. 4. 204 Kühl, AT, § 20 Rn. 105; Küper, Versuchsbeginn, S. 31 f.; Lackner / Kühl, § 25 Rn. 10; Puppe, NStZ 1991, 571 (572 f.); vgl. dazu ferner Jung, in: Einzelverantwortung, S. 175 (194). 205 Lackner / Kühl, § 25 Rn. 10. 206 Puppe, NStZ 1991, 571 (572 f.). 207 Küper, Versuchsbeginn, S. 31 f.
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habe. Diese Situation sei mit der eines „agent provocateur“, der ebenfalls keinen Vorsatz hinsichtlich der Vollendung hat, vergleichbar. Daher müsse der Abstandnehmende – in gleicher Weise wie der „agent provocateur“ – straffrei bleiben. Die Vertreter dieser Auffassung gehen allerdings nicht darauf ein, unter welchen Voraussetzungen der Vorsatz entfällt. Nicht überzeugend ist ferner die pauschale Annahme, der gemeinsame Tatentschluss im Vorbereitungsstadium könne nicht Grundlage der mittäterschaftlichen Zurechnung sein. Auch im Vorbereitungsstadium werden bereits Handlungen vorgenommen, die der Tatbegehung dienen. So ist nach einer verbreiteten Ansicht sogar Mittäterschaft möglich, wenn der Handelnde ausschließlich Vorbereitungshandlungen erbringt208. Ob der gemeinsame Tatentschluss seine Wirkung durch bloße innere Aufgabe eines Beteiligten verliert, ist nicht nur für die soeben behandelte Zurechnung von Tatbeiträgen der übrigen Beteiligten an den Abstandnehmenden relevant. Dieselbe Frage stellt sich nämlich für eine mögliche Zurechnung der Handlungen des Abstandnehmenden an die übrigen Beteiligten. Kontrovers diskutiert wurde dies im sog. Türklingelfall209. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: M, Sch und S haben vereinbart, ein Ehepaar in dessen Haus zu überfallen. S, der zunächst seine Beteiligung zugesagt hatte, offenbarte sich jedoch der Polizei und war von diesem Zeitpunkt an nicht mehr bereit, sich an der Tat zu beteiligen. S unterrichtete die Polizei über den Stand der Planungen und ließ M und Sch in dem Glauben, dass er weiterhin an der Tat mitwirken wolle. Der Tatplan sah vor, dass S an der Haustüre klingeln und die Ehefrau, die voraussichtlich die Türe öffnen würde, überwältigen sollte. Danach sollten M und Sch in die Wohnung stürmen, die Eheleute fesseln und ihnen die Augen verbinden. Sodann wollten die Täter die Eheleute zur Herausgabe des Tresorschlüssels und der Zahlenkombination zwingen. Nachdem S geklingelt hatte, griff die Polizei ein und verhaftete die bis dahin noch untätig gebliebenen M und Sch. Der BGH hat eine Strafbarkeit des M und Sch wegen versuchten Raubes bzw. versuchter räuberischer Erpressung abgelehnt210. Das Klingeln könne zwar grundsätzlich ein unmittelbares Ansetzen zur Tat darstellen. Dieser Tatbeitrag werde den anderen Beteiligten aber nur zugerechnet, wenn er sich auch für den Handelnden als einen mittäterschaftlichen Tatbeitrag darstellt. Daran fehle es aber, weil der Tatbeitrag nicht von dem Willen getragen ist, die Tat mit den anderen Beteiligten gemeinschaftlich auszuführen211. Diese Entscheidung hat in der LiteraSiehe dazu noch eingehend u. D. I. 1. und D. II. 2. BGHSt 39, 236. 210 BGHSt 39, 236 (237 f.); ähnlich BGH wistra 1987, 26 (27). Im sog. Münzhändlerfall hat der BGH allerdings eine nur vermeintliche Mittäterschaft genügen lassen, weil es sich um einen untauglichen Versuch handele, bei dem es ausreiche, dass der gemeinsame Tatentschluss nur in der Vorstellung des Täters vorliege, BGHSt 40, 299; zustimmend Tröndle / Fischer, § 22 Rn. 23; Weber, in: Lenckner-FS, S. 435 (446 ff.); ablehnend z. B. Dencker, Kausalität, S. 243 ff.; Hillenkamp, in: LK, § 22 Rn. 176; Joecks, in: MüKo-StGB, § 25 Rn. 229; Jung, in: Einzelverantwortung, S. 175 (197); Kühne, NJW 1995, 934; Zaczyk, in: NK, § 22 Rn. 68. 211 BGHSt 39, 236 (238). 208 209
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tur überwiegend Zustimmung gefunden212. Dencker begründet dieses Ergebnis wie folgt213: § 22 StGB verlange als objektive Voraussetzung der Versuchsstrafbarkeit ein unmittelbares Ansetzen. Durch fremdes Handeln könne die Versuchsschwelle aber nur überschritten werden, wenn die Voraussetzungen des § 25 Abs. 2 StGB vorlägen. Demnach sei gemeinschaftliches Handeln erforderlich. Dies setze notwendigerweise voraus, dass der Handelnde auch subjektiv eine Handlung im Rahmen des Tatplans vornehmen wolle214. Zwar könnten bei der Mittäterschaft nur die objektiven Merkmale zugerechnet werden. Der Vorsatz des Handelnden sei für den anderen Tatgenossen jedoch ein objektiver Umstand, weil er außerhalb seiner Person liege. Lehnt man im Türklingelfall eine Zurechung der Tatbeiträge des Abstandnehmenden an die verbleibenden Mittäter ab, so scheint dies dafür zu sprechen, dass auch umgekehrt eine Zurechung der Tatbeiträge der verbleibenden Mittäter an den Abstandnehmenden als „Zurechnungsempfänger“ nicht mehr möglich ist, wenn dieser seinen Vorsatz aufgibt. Dass jedoch der vom BGH angenommene Ausschluss der Zurechnung keineswegs zwingend ist, zeigen bereits die gegen diese Lösung erhobenen Einwände. So wird die Möglichkeit einer Zurechnung der objektiven Handlungen des Abstandnehmenden an die noch untätigen Mittäter damit begründet, dass nur die objektive Komponente des Versuchs zugerechnet wird, während die subjektive Komponente bei jedem Beteiligten selbst vorliegen muss215. Daraus wird gefolgert, dass die innere Tatseite des Handelnden für die anderen Beteiligten irrelevant ist216. Damit ist jedoch die Frage, ob der gemeinsame Tatentschluss im Ausführungsstadium noch fortbestehen muss, nicht beantwortet217. Dass diese Zurechnungsgrundlage, die der gemeinsame Tatentschluss darstellt, durch eine bloße innere Sinneswandlung nicht beseitigt wird, begründet Weber wie folgt218: Ein Mittäter, der seinen objektiven Tatbeitrag erbracht hat, könne Straflosigkeit nur unter den Voraussetzungen des Rücktritts gem. § 24 Abs. 2 StGB erlangen. Auch im Vorbereitungsstadium könne eine Abstandnahme durch bloßes Aufgeben des Vorsatzes nicht ausreichen, weil ansonsten die Rücktrittsregeln unterlaufen würden. Der Rücktritt eines Beteiligten sei aber für die Strafbarkeit der anderen Tatbeteiligten irrelevant, weil der Rücktritt ein persönlicher Strafaufhebungsgrund sei. Die bloße innere 212 Dencker, Kausalität, S. 240 ff.; Eser, in: Schönke / Schröder, § 22 Rn. 55a; Hillenkamp, in: LK, § 22 Rn. 175; Ingelfinger, JZ 1995, 704 (712 f.); Krey, AT 2, Rn. 440; Kühl, AT, § 20 Rn. 123; Lackner / Kühl, § 22 Rn. 9; Wessels / Beulke, AT, Rn. 612; Zaczyk, in: NK, § 22 Rn. 68. 213 Dencker, Kausalität, S. 241 f. 214 Krey, AT 2, Rn. 440, sieht in dem Verzicht auf den fortbestehenden Tatentschluss des Handelnden sogar einen Verstoß gegen das Analogieverbot. 215 Hauf, NStZ 1994, 263 (265 f.); Weber, in: Lenckner-FS, S. 435 (442). 216 So Hauf, NStZ 1994, 263 (265 f.), der die nicht erfolgte Zurechnung des unmittelbaren Ansetzens für eine nicht gerechtfertigte Privilegierung hält. 217 Vgl. Ingelfinger, JZ 1995, 704 (705, 707), und Weber, in: Lenckner-FS, S. 435 (443), jeweils (wenn auch mit unterschiedlichem Ergebnis) mit dem Hinweis, dass es entscheidend darauf ankommt, ob der gemeinsame Tatentschluss als Zurechnungsgrund besteht. 218 Weber, in: Lenckner-FS, S. 435 (443 ff.); ebenso Tröndle / Fischer, § 22 Rn. 22.
8 Fad
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Aufgabe des gemeinsamen Tatentschlusses durch den Abstandnehmenden ist jedenfalls deshalb ohne Bedeutung, weil die bisher noch untätigen Beteiligten hiervor keine Kenntnis erlangen. Für sie stellt sich die Situation genauso dar, als ob der Abstandnehmende noch am Tatentschluss festhalten würde. Daher können die objektiven Handlungen des Abstandnehmenden auch den verbleibenden Mittätern zugerechnet werden. Die Entscheidung des BGH im Türklingelfall zwingt demnach nicht dazu, ausnahmslos die bloße innere Aufgabe des gemeinsamen Tatentschlusses zuzulassen. 2. Erklärte Aufkündigung Teilweise wird vertreten, der gemeinsame Tatentschluss könne nur dadurch aufgegeben werden, dass der Abstandnehmende seine Aufgabe gegenüber den anderen Beteiligten so zum Ausdruck bringt, dass diese davon Kenntnis erlangen219. Begründet wird dies damit, dass die Aufkündigung nur im Falle einer Kenntnisnahme durch die anderen Mittäter geeignet ist, sich auf das weitere Tatgeschehen auszuwirken220. Beulke221 zieht zur Begründung seines Ergebnisses einen Vergleich mit der Teilnahme heran: Wenn ein Teilnehmer, der bereits Tatbeiträge im Vorbereitungsstadium erbracht hat, nur dadurch Straffreiheit erlangen könne, dass er seine Tatbeiträge vollständig rückgängig macht, so müsse dies erst recht im Bereich der Täterschaft gelten. Der Mittäter müsse also sein „Angebot“ zur mittäterschaftlichen Begehung einer Straftat vollständig annullieren. Weiterhin beruft sich Beulke222 auf einen Vergleich mit dem Alleintäter: Der Alleintäter kann sich seiner täterschaftlichen Verantwortlichkeit nicht dadurch entziehen, dass er seinen Vorsatz zwischen der Vornahme der letzten Tathandlung und dem Erfolgseintritt aufgibt. Dann könne für den Mittäter nichts anderes gelten. Hauf 223 begründet das Erfordernis einer Erklärung der Tataufgabe gegenüber den anderen Beteiligten, indem er die Abstandnahme im Vorbereitungsstadium mit den Fällen des Rücktritts vom mittäterschaftlichen Versuch vergleicht: Beim Rücktritt gem. § 24 Abs. 2 StGB müsse der Täter Gegenaktivitäten entfalten, um vom Versuch zurückzutreten, weil der mittäterschaftliche Versuch gefährlicher sei als der des Alleintäters. Aus diesem Grund müsse auch der Mittäter im Vorbereitungsstadium Gegenaktivitäten in Form einer Erklärung gegenüber den anderen Mittätern entfalten. Zaczyk 224 will das bloß innere Aufgeben des Tatentschlusses nicht genügen lassen, soweit 219 BGHSt 37, 289 (293); Beulke, JR 1980, 423 (424); Buser, Zurechnungsfragen, S. 105 ff.; Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 71; Graul, in: Meurer-GS, S. 89 (95 ff.); Hauf, NStZ 1994, 263 (265); Zaczyk, in: NK, § 24 Rn. 119; ferner Gorka, Versuchsbeginn, S. 131. 220 BGHSt 37, 289 (293). 221 Beulke, JR 1980, 423 (424). 222 Beulke, JR 1980, 423 (424); ebenso Buser, Zurechnungsfragen, S. 107 f. 223 Hauf, NStZ 1994, 263 (265). 224 Zaczyk, in: NK, § 24 Rn. 119. 225 Vgl. nur Jescheck / Weigend, AT, S. 646; Wessels / Beulke, AT, Rn. 505.
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die erbrachten Tatbeiträge fortwirken. Durch die ausdrücklich erklärte Aufkündigung falle aber für die übrigen Beteiligten eine selbständige personale Stütze des Geschehens weg. Der Vergleich mit der Teilnahme zwingt nicht dazu, eine Aufkündigung des gemeinsamen Tatentschlusses zu verlangen. Dies ergibt sich bereits aus der unterschiedlichen Struktur von Täterschaft und Teilnahme. Die Teilnahme beruht auf dem Grundsatz der Akzessorietät und stellt sich als eine Mitwirkung an einer fremden Tat dar225. Die Mittäterschaft führt dagegen dazu, dass Handlungen einer anderen Person dem Mittäter so zugerechnet werden, als hätte er sie selbst vorgenommen226. Aus einem Vergleich mit dem Rücktritt eines Mittäters kann das Erfordernis einer Aufkündigung des gemeinsamen Tatenschlusses ebenfalls nicht hergeleitet werden. Die Rücktrittsvorschriften finden – wie bereits oben dargelegt227 – keine entsprechende Anwendung zu Lasten derjenigen, die sich im Vorbereitungsstadium von der Tat lossagen. Zutreffend ist zwar, dass die Wirkungen des gemeinsamen Tatentschlusses nur durch eine Aufkündigung neutralisiert werden können. Die Beseitigung des gemeinsamen Tatentschlusses ändert jedoch nichts an der Verantwortlichkeit des Handelnden für seine schon geleisteten Tatbeiträge. Andererseits kann die Verantwortlichkeit als Mittäter aber auch ohne eine Aufkündigung des gemeinsamen Tatenschlusses deswegen scheitern, weil der Abstandnehmende seine eigenen – nach dem gemeinsamen Tatplan vorgesehenen – Tatbeiträge entweder überhaupt nicht oder nicht vorsätzlich erbringt. Die Aufkündigung des gemeinsamen Tatentschlusses ist demnach allein weder eine notwendige noch eine hinreichende Bedingung für eine erfolgreiche Abstandnahme des Mittäters im Vorbereitungsstadium.
3. Unmöglichkeit einer Aufkündigung Nach einer restriktiven Auffassung soll selbst die einverständliche Aufkündigung des Tatentschlusses im Vorbereitungsstadium nichts an der mittäterschaftlichen Verantwortlichkeit des Abstandnehmenden ändern. Der Abstandnehmende soll vielmehr nur dann straffrei bleiben, wenn die Tat nicht in das Versuchsstadium gelangt oder wenn er unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 StGB strafbefreiend zurücktritt228. Für diejenigen, die einen gemeinsamen Tatentschluss nicht für
226 Vgl. nur Kühl, AT, § 20 Rn. 6, sowie aus strafrechtsvergleichender Sicht Vogel, ZStW 114 (2002), S. 403 (413 f.), der jedoch darauf hinweist, dass die strikte Trennung zwischen reiner Verhaltenszurechnung bei der Täterschaft und akzessorischer Haftung bei der Teilnahme nicht immer durchgehalten wird. 227 Siehe o. 2. Kapitel A. 228 BGH NStZ 1999, 449 (450); ferner BGH NStZ 1994, 29 (30); Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 76; Jakobs, AT, 21 / 45; Lenckner, in: Gallas-FS, S. 281 (286 ff.); Lilie / Albrecht, in: LK, § 24 Rn. 258 f.; wohl auch Roxin, in: Lenckner-FS, S. 267 (271 f.); grund-
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erforderlich halten229, ist dieses Ergebnis zwingend. Denn sieht man die Mittäterschaft allein als eine Frage der objektiven Zurechnung an, so folgt daraus, dass diese objektive Gemeinsamkeit auch objektiv wieder beseitigt werden muss. Hierfür reichen Erklärungen gegenüber den anderen Beteiligten allein noch nicht aus230. Aber auch auf Grundlage der herrschenden Meinung, die einen gemeinsamen Tatentschluss für notwendig erachtet, wird die Ansicht vertreten, dass sogar die erklärte Aufkündigung des Tatentschlusses im Vorbereitungsstadium den Abstandnehmenden nicht von seiner mittäterschaftlichen Verantwortlichkeit entbindet. Der Beteiligte trage das Risiko, dass seine Verhinderungsbemühungen fehlschlagen231. Lenckner geht beispielsweise davon aus, dass der Beteiligte nur dann straffrei bleibe, wenn er die anderen Beteiligten zur Aufgabe des Tatentschlusses veranlasst und diese den Tatentschluss daraufhin aufgeben232, oder wenn er seine Tatbeiträge vollständig zurücknimmt233. Erfolglose Bemühungen zur Verhinderung des Erfolgseintritts reichten dabei nicht aus. Etwas anderes soll nur für den Fall gelten, dass der Täter einen physischen Tatbeitrag erbringt und irrig annimmt, diesen noch im Vorbereitungsstadium rückgängig gemacht zu haben. Begründet wird diese Ausnahme mit einem „Analogieschluss“ zu den Fällen, in denen der Täter von vornherein nur einen für die Vollendung nicht ursächlichen Beitrag leisten wollte234. Diesen „Analogieschluss“ will Lenckner jedoch nicht auf psychisch fortwirkende Tatbeiträge anwenden235. Wenn der Abstandnehmende also versucht, den anderen Beteiligten umzustimmen und dieser nur zum Schein darauf eingeht, soll dies nicht zur Straflosigkeit führen. Lenckner gibt zwar zu, dass dieses Ergebnis „eine erhebliche Unbilligkeit“ für den Beteiligten darstellen würde; es sei aber durch das strenge Erfolgshaftungsprinzip vorgegeben236. sätzlich auch Backmann, JuS 1980, 336 (339); Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 86; vgl. auch Wessels / Beulke, AT, Rn. 650, wonach der Abstandnehmende „zumindest als Gehilfe für die vollendete Tat einstehen“ soll. 229 Siehe oben I. 230 Jakobs, AT, 21 / 45; vgl. auch o. I. 231 Lilie / Albrecht, in: LK, § 24 Rn. 258; Roxin, in: Lenckner-FS, S. 267 (276). 232 Lenckner, in: Gallas-FS, S. 281 (286 f.). 233 Vgl. Lenckner, in: Gallas-FS, S. 281 (289 f.). 234 Lenckner, in: Gallas-FS, S. 281 (288 f.); ebenso Roxin, in: Lenckner-FS, S. 267 (271 f.). Lenckner, a. a. O., führt dazu folgendes Beispiel aus dem Bereich der Beihilfe an: Der Gehilfe hat dem Haupttäter eine Schusswaffe zur Begehung eines Mordes geliefert. Später entfernte er aber heimlich die Munition, wobei er allerdings nicht bemerkte, dass sich noch eine weitere Kugel im Lauf befand. Der Haupttäter beging die Tat unter Verwendung der Waffe. Hier könne sich der Gehilfe nicht wegen Beihilfe zum Mord strafbar machen, weil er nicht anders behandelt werden dürfe, als wenn er von Anfang an irrig angenommen hätte, dass er eine ungeladene Waffe liefere. Lenckner, a. a. O., führt in seinem Beitrag ausschließlich Beispiele aus dem Bereich der Teilnahme an, gleichwohl bezieht er sein Ausführungen allgemein auf die Beteiligung. Dazu, dass eine solche nachträgliche vermeintliche Neutralisation des Gehilfenbeitrags nicht zur Straflosigkeit führen kann, s. noch u. 6. Kapitel B. I. 235 Lenckner, in: Gallas-FS, S. 281 (289 f.); ebenso Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 76. 236 Lenckner, in: Gallas-FS, S. 281 (290).
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Dieses Ergebnis ist zwar möglicherweise im Bereich der Teilnahme zwingend237, nicht jedoch für den Bereich der Täterschaft. Da dem Mittäter die Tathandlungen der anderen Tatgenossen als eigene zugerechnet werden und er somit nicht nur für eine fremde Tat haftet238, kann das strenge Erfolgsprinzip hier nicht uneingeschränkt gelten. So kann dem Mittäter nicht ohne Weiteres jede von einem anderen Beteiligten begangene Handlung als eigene zugerechnet werden. Nur der gemeinsame Tatentschluss kann eine solche Zurechnung rechtfertigen. Der gemeinsame Tatentschluss ist aber schon deswegen nicht unabänderlich, weil die Mittäter selbst den Tatplan festlegen. Sie können ihn jederzeit – sogar noch während der Tatausführung – modifizieren239. Daher muss zumindest im Einverständnis der anderen Beteiligten eine Aufkündigung des gemeinsamen Tatentschlusses möglich sein. Soweit der Abstandnehmende noch keine Tatbeiträge erbracht hat, kann aber schon seine einseitige Aufkündigung gegenüber den anderen Beteiligten den gemeinsamen Tatentschluss zusammenbrechen lassen, wenn ohne seine Mitwirkung der gemeinsame Tatplan seinen Sinn verliert.
4. Differenzierende Lösung a) Nach Stratenwerth / Kuhlen240 soll eine Aufkündigung des gemeinsamen Tatentschlusses der Verantwortlichkeit als Mittäter dann nicht entgegenstehen, wenn der Abstandnehmende nach dem Tatplan sämtliche Tatbeiträge im Vorbereitungsstadium erbringen sollte und diese auch schon geleistet hat. Begründet wird dies damit, dass der Verwirklichungswille des Mittäters – wie der des Alleintäters – nur in dem Zeitpunkt vorhanden sein müsse, in dem er seinen eigenen Tatbeitrag erbringt. Straffreiheit könne der Mittäter in solchen Fällen nur noch nach Rücktrittsgrundsätzen erlangen. Unklar bleibt, ob und wie der Mittäter, der noch nicht alle im Tatplan vorgesehenen Beiträge im Vorbereitungsstadium erbracht hat, Straffreiheit erlangen kann. Denkbar wäre zum einen, dass die bloße innere Tataufgabe ausreicht, zum anderen, dass eine Erklärung gegenüber den anderen Beteiligten erforderlich ist. Bedenken begegnet schließlich auch die Anwendung der Rücktrittsgrundsätze auf die Abstandnahme im Vorbereitungsstadium. Die Rücktrittsvorschrift des § 24 StGB kann jedenfalls nicht zu Lasten des Täters analog angewendet werden241. So wird man beispielsweise auch von einem Abstandnehmenden, der bereits sämtliche nach dem Tatplan vorgesehenen Tatbeiträge im Vorbereitungsstadium erbracht hat, ein freiwilliges Handeln bei der Neutralisation dieser Beiträge nicht verlangen können. 237 238 239 240 241
Siehe dazu u. 5. Kapitel und 6. Kapitel. Siehe dazu bereits o. 2. Dazu näher u. 5. a) bb). Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 86 f. Siehe dazu bereits o. 2. Kapitel A.
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
b) Backmann hält eine Abstandnahme des Mittäters allein aufgrund einer Aufgabe des gemeinsamen Tatentschlusses grundsätzlich nicht für möglich242. Eine Abstandnahme soll aber noch so lange möglich sein, wie der Beteiligte glaubt, noch die letzte Entscheidung darüber zu haben, ob die Tat ausgeführt werde243. In diesem Fall habe der Täter die „Gefahrherrschaft“ inne. Nur wenn er diese Gefahrherrschaft aus der Hand gegeben habe, verdienten seine bisher vorgenommenen Handlungen den Vorwurf des vollen Handlungsunwerts. Nach dieser Auffassung kommt es demnach nicht darauf an, dass der Mittäter die Tat objektiv verhindert; es soll vielmehr schon die Vorstellung des Täters im Zeitpunkt der Abstandnahme genügen, die Tat noch verhindern zu können. Gegen das Kriterium der Gefahrherrschaft spricht jedoch, dass es nicht einmal bei der Rücktrittsregelung eine Rolle spielt, denn die Rücktrittsvorschrift beruht auf dem Prinzip der Erfolgsverhinderung244. Backmann245 sieht das Kriterium der Gefahrherrschaft aber als allgemeines Rücktrittskriterium an. So ist beispielsweise der Alleintäter bei einem unbeendeten Versuch, bei dem die Tathandlungen – entgegen seiner Vorstellung – bereits zum Eintritt des Erfolges geführt haben, nach ganz herrschender Ansicht wegen vollendeter Deliktsbegehung zu bestrafen246. Die Auffassung Backmanns überzeugt aber auch deshalb nicht, weil sie nicht zwischen den einzelnen Beteiligungsformen differenziert. So soll das Kriterium der Gefahrherrschaft auch auf Fälle der Teilnahme Anwendung finden247, obwohl die Teilnahme – im Gegensatz zur Mittäterschaft – auf dem Akzessorietätsprinzip beruht248. c) Eisele geht davon aus, dass der Täter, wenn er seinen Tatentschluss im Vorbereitungsstadium aufgibt, ohne dies gegenüber den anderen Beteiligten zu erklären, grundsätzlich straffrei bleibe249. Dies begründet er damit, dass bei Wegfall eines die Täterschaft konstituierenden Merkmals, wie etwa der Zueignungsabsicht, eine Verantwortlichkeit als Mittäter ausscheide; das Entfallen des Vorsatzes im Vorbereitungsstadium könne daher nicht anders behandelt werden250. Von der strafrechtlichen Verantwortung als Mittäter werde der Beteiligte jedoch dann nicht befreit, wenn er die zum Erfolg führende Handlung schon alleine erbracht hat251. Backmann, JuS 1981, 336 (338). Dazu und zum Folgenden Backmann, JuS 1981, 336 (339). 244 Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (768); Roxin, in: Lenckner-FS, S. 267 (273). 245 Backmann, JuS 1981, 336 (339 ff.). 246 Siehe dazu schon o. 2. Kapitel B. II. 2. 247 Backmann, JuS 1981, 336 (341). 248 Siehe dazu noch u. 6. Kapitel A. I. 2. 249 Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (761); ähnlich auch Otto, JA 1980, 707 (709). 250 Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (762). Zutreffend ist, dass der Vorsatz nicht anders behandelt werden kann, als die zur Täterschaft erforderlichen besonderen Absichten. Zweifelhaft ist jedoch, ob die besonderen Absichten bei der Mittäterschaft ausnahmslos in dem Zeitpunkt, in dem die eigene Tathandlung ausgeführt wird, vorliegen müssen, s. dazu noch u. E. II. 251 Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (758 f.). 242 243
C. Vorsatz und gemeinsamer Tatentschluss
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Diese Einschränkung ist zwingend, weil der Vorsatz nur im Zeitpunkt der Tathandlung vorliegen und nicht bis zum Eintritt in das Versuchsstadium fortbestehen muss252. Eine weitere Einschränkung soll in Fällen gelten, in denen die anderen Mittäter vor der Abstandnahme bereits alle Tatbeiträge erbracht haben und diese den Erfolg bewirken253. Die vor der Abstandnahme vorgenommenen Handlungen werden nämlich noch zugerechnet, und bereits zugerechnete Handlungen können nicht wieder entfallen254. Diese Einschränkung ist ebenfalls zutreffend, da insoweit nichts anderes gelten kann als in dem Fall, in dem der Alleintäter schon alle aus seiner Sicht zur Tatbestandsverwirklichung erforderlichen Handlungen vorgenommen hat. Schließlich soll auch in der Fallkonstellation eine Abstandnahme nicht mehr möglich sein, in der der Abstandnehmende bereits alle nach dem Tatplan von ihm vorzunehmenden Handlungen erbracht hat255. Diese Einschränkung erscheint indessen zweifelhaft. Das Erbringen der eigenen Tatbeiträge kann nicht dazu führen, dass der Mittäter gewissermaßen seine Dispositionsbefugnis über den gemeinsamen Tatplan verliert. Auch für denjenigen, der schon sämtliche eigene Tatbeiträge geleistet hat, besteht noch die Möglichkeit jedenfalls im Einverständnis mit den anderen Beteiligten, den Tatplan abzuändern und auf diese Weise darüber zu bestimmen, welche künftigen Tathandlungen seiner Tatgenossen ihm zugerechnet werden können. Wenn der Abstandnehmende nach Erbringung seiner eigenen Tatbeiträge beispielsweise mit den übrigen Mittätern vereinbart, dass das Opfer entgegen dem ursprünglichen Tatplan nicht getötet, sondern nur verletzt werden soll, so stellt sich eine gleichwohl von den verbleibenden Mittätern vorgenommene Tötungshandlung für ihn als eine jedenfalls nicht zum Vorsatz zurechenbare Exzesstat dar. 5. Eigene Lösung Da – wie oben bereits dargelegt – keine der vertretenen Lösungen vollständig zu überzeugen vermag, soll im Folgenden eine eigene Lösung entwickelt werden. Dazu soll zunächst das Verhältnis von gemeinsamem Tatentschluss und dem Erfordernis des Vorsatzes untersucht werden256. a) Vorsatz und gemeinsamer Tatentschluss Die herrschende Meinung geht davon aus, dass der Tatentschluss beim Versuch mit dem beim vollendeten Delikt erforderlichen Vorsatz (und den ggf. notwendiSiehe dazu bereits o. 2. Kapitel B. III. 1. b) cc). Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (759). 254 Siehe dazu noch u. 5. c) cc). 255 Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (760); ebenso Otto, JA 1980, 707 (709); Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 86. 256 Nach der subjektiven Teilnahmetheorie können auch noch Überschneidungen zwischen Vorsatz und Täterwillen auftreten, vgl. dazu noch u. D. I. 1. 252 253
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
gen sonstigen subjektiven Tatbestandsmerkmalen) identisch ist257. Im Folgenden ist zu untersuchen, ob bei der Mittäterschaft der Vorsatz und der gemeinsame Tatentschluss ebenfalls identisch sind. Der gemeinsame Tatentschluss wird regelmäßig im Vorbereitungsstadium und zwar schon vor der Vornahme der ersten Vorbereitungshandlungen gefasst. Freilich ist es in Ausnahmefällen bei der sukzessiven Mittäterschaft möglich, den gemeinsamen Tatenschluss erst im Ausführungsstadium herzustellen258. Dagegen muss der Vorsatz im Zeitpunkt der Vornahme der Tathandlungen vorliegen259. Vorsatz und gemeinsamer Tatentschluss überschneiden sich jedoch in zeitlicher Hinsicht insofern, als dass der Täter beim Fassen des gemeinsamen Tatentschlusses immer Vorsatz im Hinblick auf die Tatbestandsmerkmale hat, die nach dem gemeinsamen Tatplan verwirklicht werden sollen. Der Vorsatz betrifft allein die inneren Einstellungen des Täters und tritt deshalb als solcher nicht nach außen in Erscheinung. Ein gemeinsamer Tatentschluss kann aber nicht allein durch eine übereinstimmende innere Einstellung der Beteiligten hergestellt werden. In diesem Fall würden die Beteiligten lediglich als Nebentäter handeln, wobei jeder – wie bei der Alleintäterschaft – nur für die von ihm vorgenommenen Tathandlungen verantwortlich ist260. Ein gemeinsamer Tatentschluss kann vielmehr nur dann zustande kommen, wenn der Mittäter sein Vorhaben gegenüber den anderen Mittätern erklärt. Daher setzt der gemeinsame Tatentschluss neben der inneren Einstellung auch einen objektiven Erklärungstatbestand voraus261. Hierfür ist freilich keine ausdrückliche Erklärung erforderlich; es kann vielmehr ein konkludentes Verhalten genügen262. Der Vorsatz hinsichtlich aller Merkmale des objektiven Tatbestandes ist bei Vorsatzdelikten zur Erfüllung des subjektiven Tatbestandes erforderlich. Der gemeinSiehe die Nachweise auch zur Gegenansicht in 2. Kapitel, Fn. 85. Einigkeit besteht jedenfalls darüber, dass das Einvernehmen auch noch in der Ausführungsphase hergestellt werden kann, den nachträglich Hinzutretenden aber keine Haftung mehr für Ereignisse trifft, die vor seinem Eintritt bereits vollständig abgeschlossen waren, s. z. B. Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 91; Kühl, AT, § 20 Rn. 129; Vogel / Fad, JuS 2002, 786 (788 f.); Wessels / Beulke, AT, Rn. 527. 259 Für die Alleintäterschaft wurde dies bereits eingehend erörtert, s. o. 2. Kapitel B. III. 1. b). Zum Zeitpunkt des Vorsatzes bei der Mittäterschaft, s. sogleich unter b). 260 Wessels / Beulke, AT, Rn. 525. Vgl. auch Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 100; Kindhäuser, in: Hollerbach-FS, S. 627 (629), der zutreffend darauf hinweist, dass das bloße Wollen nicht ausreicht, um die Verantwortlichkeit für fremdes Handeln zu begründen. 261 Vgl. dazu, dass der gemeinsame Tatentschluss auch objektive Elemente aufweist, Dencker, Kausalität, S. 133, 149 f.; Gössel, in: Jescheck-FS, S. 537 (554); Weber, in: LencknerFS, S. 435 (448 f.). 262 Dass der gemeinsame Tatentschluss durch konkludentes Verhalten hergestellt werden kann, entspricht der ganz h. M., s. nur BGHSt 37, 289 (292); Joecks, in: MüKo-StGB, § 25 Rn. 199; Kindhäuser, in: Hollerbach-FS, S. 627 (650); Kühl, AT, § 20 Rn. 104; Lackner / Kühl, § 25 Rn. 10; Roxin, JA 1979, 519; Wessels / Beulke, AT, Rn. 527; kritisch aber Puppe, NStZ 1991, 571 (572). 257 258
C. Vorsatz und gemeinsamer Tatentschluss
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same Tatentschluss ist neben dem objektiven Tatbeitrag eine weitere Voraussetzung für die Zurechnung von Tatbeiträgen, die der Täter nicht selbst vorgenommen hat. Der gemeinsame Tatentschluss ist der Grund (oder die Basis) für die Zurechnung der fremden Tatbeiträge263. Der gemeinsame Tatentschluss hat also (zusammen mit den übrigen Voraussetzungen der Mittäterschaft) die Funktion, die eigenhändige Erfüllung des objektiven Tatbestandes zu ersetzen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Vorsatz und der gemeinsame Tatentschluss zu unterschiedlichen Zeitpunkten relevant werden, unterschiedliche Voraussetzungen haben und unterschiedliche Funktionen erfüllen. Eine mittäterschaftliche Begehung setzt sowohl den Vorsatz als auch den gemeinsamen Tatentschluss voraus. Wenn eine dieser beiden Voraussetzungen fehlt, ist eine mittäterschaftliche Begehung nicht möglich. Daher soll im Folgenden zunächst untersucht werden, ob bei der Mittäterschaft eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium in der Weise möglich ist, dass der Vorsatz entfällt264. Anschließend wird der umgekehrte Fall behandelt, in dem bei möglicherweise fortbestehendem Vorsatz der gemeinsame Tatentschluss aufgekündigt wird265. b) Straflosigkeit durch Aufgabe des Vorsatzes Da der gemeinsame Tatentschluss den Vorsatz bei der Vornahme der Tathandlungen nicht ersetzen kann, kann der einzelne Mittäter grundsätzlich dadurch Strafbefreiung erlangen, dass er seinen Vorsatz noch im Vorbereitungsstadium wieder aufgibt. Denn der gemeinsame Tatentschluss stellt nur die Grundlage für die Zurechnung der fremden Tatbeiträge dar und kann die Erfüllung des subjektiven Tatbestandes nicht ersetzen. Deshalb hat der Mittäter im Grundsatz ebenso wie der Alleintäter die Möglichkeit, durch Aufgabe des Vorsatzes der Verantwortlichkeit als Mittäter zu entgehen. Der Vorsatz des Abstandnehmenden entfällt dann, wenn er davon überzeugt ist, dass die übrigen Beteiligten die Tat ohne seine Mitwirkung nicht vollenden würden oder dass die Tat ohne seine weitere Beteiligung nicht begangen werden kann266. Ferner kann der Vorsatz im Einzelfall auch dann entfallen, wenn der Abstandnehmende den Erfolgseintritt zwar für möglich hält, ihn jedoch nicht (mehr) billigend in Kauf nimmt267. Der Vorsatz des Mittäters muss die Tat nach Gegenstand, Zeit und Ort sowie in ihren wesentlichen Beziehungen, wenn auch nicht in allen Einzelheiten der Ausführung, umfassen268. Begehen die übrigen Tatgenossen des Abstandnehmenden Buser, Zurechnungsfragen, S. 96 ff.; Weber, in: Lenckner-FS, S. 435 (443). Dazu sogleich unter b). 265 Siehe dazu u. c). 266 Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 95; Küper, JZ 1979, 775 (781, Fn. 68). 267 Siehe dazu auch bereits die Ausführungen zur Aufgabe des Vorsatzes beim Alleintäter, 2. Kapitel B. III. 1. b) bb) (1) und (2). 268 Siehe nur Tröndle / Fischer, § 25 Rn. 10. 263 264
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
eine Tat, die sich wesentlich von seinen Vorstellungen unterscheidet, liegt eine vorsatzausschließende Tatabweichung vor. Abweichungen, mit denen nach den Umständen gewöhnlich gerechnet werden muss, führen freilich nicht zu einem Vorsatzausschluss269. Insbesondere wird der Umstand, dass die verbleibenden Mittäter die Tatbeiträge, die dem Abstandnehmenden zugedacht waren, ersetzen müssen, regelmäßig nicht zu einer wesentlichen Tatabweichung führen270. Ein Beteiligter macht sich nicht wegen mittäterschaftlicher Deliktsbegehung strafbar, wenn er im maßgeblichen Zeitpunkt keinen Vorsatz hat. Soweit ersichtlich, finden sich jedoch weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur Aussagen darüber, zu welchem Zeitpunkt der Vorsatz bei der Mittäterschaft vorliegen muss271. Bei der Bestimmung dieses Zeitpunktes ist von der gesetzlichen Regelung auszugehen. Aus § 16 Abs. 1 S. 1 StGB ergibt sich, dass der Täter bei Begehung der Tat vorsätzlich handeln muss. Dies gilt für Mittäter genauso wie für Alleintäter, da diese Vorschrift für alle Beteiligungsformen gilt. Gem. § 8 S. 1 StGB ist die Tat zu dem Zeitpunkt begangen, zu dem der Täter gehandelt hat. Wenn mehrere Mittäter beteiligt sind, ist die Tat nach überwiegender Ansicht zu dem Zeitpunkt begangen, zu dem ein zurechenbarer Tatbeitrag geleistet wird272. Nach anderer Auffassung begeht ein Mittäter die Tat nur in dem Moment, in dem er seine eigenen Tatbeiträge erbringt273. Nach letzterer Auffassung steht fest, dass der Vorsatz nur in dem Zeitpunkt vorliegen muss, in dem der Mittäter seinen eigenen Tatbeitrag erbringt. Wenn aber die Tat auch in dem Zeitpunkt begangen wird, in dem die Mittäter zurechenbare Tatbeiträge leisten, fragt sich, ob der Vorsatz dennoch nur während der Erbringung des eigenen Tatbeitrages oder sowohl bei der Leistung des eigenen Tatbeitrages als auch während der Leistung der anderen zurechenbaren Tatbeiträge oder nur alternativ in einem der beiden Zeitpunkte vorliegen muss. Handlung und Vorsatz müssen gleichzeitig vorliegen, was sich schon aus § 15 StGB ergibt. Zu der Zeit, in der die anderen Tatgenossen zurechenbare Tathandlungen vornehmen, erbringt der Mittäter selbst nicht notwendigerweise auch einen eigenen Tatbeitrag. Der Mittäter hat regelmäßig keinen Einfluss darauf, wann die anderen Mittäter ihre zurechenbaren Tathandlungen ausführen. Dass der Vorsatz bei jedem Beteiligten selbst vorliegen muss und nicht Gegenstand der mittäterschaftlichen Zurechnung sein kann, legt es nahe, auf das eigene Verhalten als maßgeblichen Zeitpunkt Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 95. Vgl. Roxin, in: Lenckner-FS, S. 267 (283), mit dem Hinweis, dass beim Rücktritt die Tatidentität nicht allein schon deswegen entfällt, weil der Zurücktretende seinen Tatbeitrag nicht erbringt. 271 Vgl. jedoch nunmehr Graul, in: Meurer-GS, S. 89 (91), wonach der Vorsatz nur im Zeitpunkt der Vornahme der eigenen Tathandlung vorliegen müsse. 272 BGH NJW 1999, 1979; Ambos / Ruegenberg, in: MüKo-StGB, § 8 Rn. 8 und 10; Eser, in: Schönke / Schröder, § 8 Rn. 3; Gribbohm, in: LK, § 8 Rn. 5; Kindhäuser, § 8 Rn. 6; Lackner / Kühl, § 8 Rn. 2; Lemke, in: NK, § 8 Rn. 6; Tröndle, in: LK, 10. Aufl., § 8 Rn. 2. 273 Hoyer, in: SK, § 8 Rn. 5; wohl auch Tröndle / Fischer, § 8 Rn. 3. 269 270
C. Vorsatz und gemeinsamer Tatentschluss
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abzustellen. Der gemeinsame Tatentschluss ist die Grundlage für die Zurechnung der fremden Tatbeiträge. Hinsichtlich der fremden Tatbeiträge muss es daher genügen, wenn der Vorsatz während des gemeinsamen Tatentschlusses, der die Zurechnung dieser Tatbeiträge bewirkt, vorliegt. Daher muss es ausreichen, wenn der Täter im Zeitpunkt des gemeinsamen Tatentschlusses und im Zeitpunkt der Vornahme des eigenen Tatbeitrags Vorsatz hat. Würde man zusätzlich Vorsatz während des Zeitraums verlangen, in dem die anderen Mittäter ihre Tatbeiträge vornehmen, würde dies zu Strafbarkeitslücken führen. Es wäre nämlich denkbar, dass ein Täter nur einen Tatbeitrag im Vorbereitungsstadium leistet und in dem Zeitpunkt, in dem die anderen Beteiligten ihre Tatbeiträge erbringen, die gesamte Angelegenheit bereits vergessen hat oder schläft274. Insoweit kann auf die Ausführungen zur Frage, ob der Vorsatz im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens vorliegen muss, verwiesen werden275. Wenn im Einzelfall die einzige eigene Tathandlung und der gemeinsame Tatentschluss in einem Akt zusammenfallen, genügt der Vorsatz zu diesem Zeitpunkt. Ein solches Zusammenfallen von Tathandlung und gemeinsamen Tatentschluss kann zum einen bei Gremienentscheidungen auftreten, bei denen die Zustimmung zu einem eine Rechtsgutsverletzung bewirkenden Beschluss sowohl das Fassen des gemeinsamen Tatentschlusses als auch die Tathandlung darstellt276. Zum anderen kann bei der sukzessiven Mittäterschaft die Leistung des eigenen Tatbeitrags mit dem gemeinsamen Tatentschluss zusammentreffen. Im Zeitpunkt des gemeinsamen Tatentschlusses liegt notwendigerweise Vorsatz vor. Der Vorsatz muss sich auf alle Merkmale beziehen, die den objektiven Tatbestand bilden277. Eine Aufgabe des Vorsatzes ist demnach nur für die Erbringung des eigenen Tatbeitrages relevant. Wenn ein Mittäter einen im Tatplan vorgesehenen Tatbeitrag leistet, handelt er in aller Regel vorsätzlich. Im Einzelfall ist es aber nicht ausgeschlossen, dass er zu diesem Zeitpunkt unvorsätzlich handelt. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn der Täter den Erfolgseintritt zwar für möglich hält, aber ernsthaft darauf vertraut, dass der Erfolg nicht eintreten wird. Möglich ist ein fehlender Vorsatz im Zeitpunkt der Leistung des eigenen Tatbeitrages weiterhin in Fällen, in denen der Mittäter zuvor Maßnahmen ergriffen hat, die verhindern sollen, dass die Tat zum Erfolg führen wird. So kann der Täter etwa durch Verständigung der Polizei oder des Opfers den Erfolgseintritt zu verhindern versuchen278. In diesen Fällen entfällt bereits das intellektuelle Element des Vorsatzes. Wenn der Vorsatz in dem Moment, in dem der eigene Tatbeitrag erbracht wird, nicht vorliegt, fehlt es an einem für das Vorsatzdelikt zurechenbaren (dem Vgl. dazu auch Graul, in: Meurer-GS, S. 89 (96); Schliebitz, Erfolgszurechnung, S. 130. Siehe dazu o. 2. Kapitel B. III. 1. b) bb). 276 Siehe dazu die Nachweise in Fn. 130. 277 Siehe nur Cramer / Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, § 15 Rn. 16; Jescheck / Weigend, AT, S. 294 ff.; Lackner / Kühl, § 15 Rn. 4. 278 So läge es etwa im Türklingelfall (s. dazu o. 1.), wenn die Polizei zu spät gekommen wäre und der Überfall – entgegen der Vorstellung des S – nicht mehr hätte verhindert werden können. 274 275
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
gemeinsamen Tatentschluss nachfolgenden) Tatbeitrag. Dies wird in der Regel dazu führen, dass der Handelnde nicht als Mittäter bestraft werden kann. Zurechenbar bleiben jedoch die von den anderen Mittätern vorgenommenen Handlungen, da im Zeitpunkt des gemeinsamen Tatentschlusses der Vorsatz vorlag. Für die Zurechnung der fremden Tathandlungen genügt nämlich der Vorsatz im Zeitpunkt des gemeinsamen Tatentschlusses. Ausnahmsweise kann die durch den gemeinsamen Tatentschluss erfolgte Förderung der Haupttat schon einen für die Mittäterschaft ausreichenden eigenen Tatbeitrag beinhalten279. In einem solchen Fall ist es gleichgültig, ob die weiteren Handlungen vorsätzlich vorgenommen werden, denn der Handelnde wäre selbst dann als Mittäter zu bestrafen, wenn er überhaupt keine weiteren Handlungen vornähme. Diese Lösung führt nicht zu Wertungswidersprüchen gegenüber der Abstandnahme des Alleintäters und gegenüber dem Rücktritt des Mittäters nach Versuchsbeginn. Der Alleintäter bleibt zwar im Fall einer unbeendeten Vorbereitungshandlung schon dann straffrei, wenn er die weitere Ausführung der Tat aufgibt280. Nach der soeben dargestellten Lösung kann aber der Beteiligte, der eine mittäterschaftliche unbeendete Vorbereitungshandlung vorgenommen hat, nicht in jedem Fall durch die Aufgabe des Vorsatzes seiner Verantwortlichkeit als Mittäter entgehen. Anders als bei der Alleintäterschaft kann jedoch ein Mittäter nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass die Tat durch die übrigen Mittäter unterbleibt, wenn nur er die weitere Ausführung der Tat aufgibt. Daher sind die insoweit strengeren Anforderungen, die an den Mittäter gestellt werden, gerechtfertigt. Ebenso kann ein Mittäter im Fall eines unbeendeten Versuchs gem. § 24 Abs. 2 S. 1 StGB nur dadurch Straffreiheit erlangen, dass er die Begehung der Tat durch die anderen Mittäter verhindert281. Ein Rücktritt gem. § 24 Abs. 2 S. 1 StGB ist freilich nur möglich, wenn die Tat tatsächlich nicht begangen wird, während es bei der Abstandnahme im Vorbereitungsstadium unter Umständen ausreichen kann, dass der Täter glaubt, die anderen Beteiligten könnten die Tat nicht ohne ihn begehen oder seine Verhinderungsbemühungen seien ausreichend. Dann entfällt nämlich sein Vorsatz hinsichtlich der eigenen Tathandlung. Auch bei der beendeten Vorbereitungshandlung muss der Täter grundsätzlich Maßnahmen zur Erfolgsabwendung ergreifen, um straffrei zu bleiben. Wie bei der Alleintäterschaft ist auch bei der Mittäterschaft eine Abstandnahme nicht in der Weise möglich, dass der Abstandnehmende die Tat bis zum Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens vergisst282. 279 Siehe dazu, dass Handlungen im Ausführungsstadium für die Mittäterschaft nicht zwingend erforderlich sind, D. II. 2. und 3. 280 Siehe bereits o. 2. Kapitel B. II. 281 Ausnahmsweise kann die Verhinderung in diesen Fällen auch durch Unterlassen erfolgen, wenn nur der Zurücktretende die Vollendung herbeiführen könnte, BGH NJW 1992, 989 (990); Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 89; Lackner / Kühl, § 24 Rn. 25; Kudlich, JuS 1999, 449 (450); Kühl, AT, § 20 Rn. 264; Lenckner, in: Gallas-FS, S. 281 (295); Otto, Jura 1992, 423 (430). 282 Siehe bereits o. 2. Kapitel B. III. 1. b) cc).
C. Vorsatz und gemeinsamer Tatentschluss
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Eine Abstandnahme durch Aufgabe des Vorsatzes ist ohne weitere Tätigkeiten zur Erfolgsverhinderung nur bis zu dem Zeitpunkt, in dem der eigene Tatbeitrag geleistet wird, möglich. Aber schon vor der Leistung sämtlicher eigener Tatbeiträge kann eine Abstandnahme durch Aufgabe des Vorsatzes ausgeschlossen sein. Zum einen ist sie in der bereits erwähnten Fallkonstellation, in der die vorsätzliche Mitwirkung beim gemeinsamen Tatentschlusses schon ausreicht, um die mittäterschaftliche Verantwortlichkeit auszulösen, nicht möglich. Zum anderen genügt die Aufgabe des Vorsatzes dann nicht, wenn die verbleibenden Mittäter den Tatbeitrag des Abstandnehmenden ersetzen und dies sich noch im Rahmen des gemeinsamen Tatentschlusses hält, also keinen Exzess darstellt. In diesen Fällen wird jedoch häufig die mittäterschaftliche Verantwortlichkeit daran scheitern, dass die Voraussetzungen für eine täterschaftliche Beteiligung nicht gegeben sind283.
c) Straflosigkeit durch Aufgabe des gemeinsamen Tatentschlusses Wenn der gemeinsame Tatentschluss aufgegeben wird, ist eine Zurechnung der fremden Tatbeiträge nicht mehr möglich. Können die fremden Tatbeiträge nicht zugerechnet werden und verwirklicht der Handelnde den Tatbestand auch nicht in eigener Person, fehlt es an der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes, so dass er – auch bei unter Umständen fortbestehendem Vorsatz – sich nicht als Täter strafbar macht. Im Folgenden soll deshalb untersucht werden, unter welchen Voraussetzungen der gemeinsame Tatentschluss aufgegeben werden kann. Als mögliches Verhalten, das die Aufgabe des Tatentschlusses bewirkt, könnte das Erzielen eines gegenseitigen Einvernehmens zwischen den Mittätern, eine Erklärung des Abstandnehmenden gegenüber den verbleibenden Mittätern (ohne dass diese sich einverstanden erklären müssen) oder eine bloße innere Aufgabe des Tatentschlusses in Betracht kommen284. Um zu klären, was der Abstandnehmende tun muss, um den gemeinsamen Tatentschluss zu beseitigen, muss zunächst untersucht werden, welche Funktion der gemeinsame Tatentschluss erfüllt285. Wenn die Funktion des gemeinsamen Tatentschlusses festgestellt ist, lässt sich hieraus ableiten, was der Abstandnehmende unternehmen muss, um den gemeinsamen Tatentschluss zu beseitigen286.
aa) Funktion des gemeinsamen Tatentschlusses (1) Zunächst ist der gemeinsame Tatentschluss deswegen erforderlich, um dem Wortlaut „gemeinschaftlich“ des § 25 Abs. 2 StGB Genüge zu tun. Da die im 283 284 285 286
Siehe dazu noch eingehend u. D. Vgl. dazu bereits o. 1. – 4. Dazu unter aa). Siehe dazu u. bb).
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
Gesetz geforderte gemeinschaftliche Begehung ohne die jeweilige gegenseitige Kenntnis der anderen Mittäter und deren Tatbeiträge nicht denkbar ist287, ist der gemeinsame Tatentschluss eine zwingende Voraussetzung der Mittäterschaft. (2) Der gemeinsame Tatentschluss erfüllt die Funktion, die Tatbeiträge der einzelnen Mittäter zu einer Sinneinheit zusammenzufügen288. Er bestimmt insbesondere den Umfang der mittäterschaftlichen Zurechnung. Den einzelnen Mittätern werden nämlich alle, aber auch nur diejenigen Tathandlungen der anderen Mittäter zugerechnet, die vom gemeinsamen Tatplan erfasst werden. Somit kommt dem gemeinsamen Tatentschluss für die Zurechnung sowohl eine begründende als auch eine begrenzende Funktion289 zu290. So entscheidet der gemeinsame Tatentschluss darüber, ob ein Exzess eines Beteiligten vorliegt, der den anderen Beteiligten nicht zuzurechnen ist. Der auf dem gemeinsamen Tatentschluss beruhende Tatplan ist ferner zur Bestimmung des Zeitpunktes des unmittelbaren Ansetzens zum Versuch erforderlich291. (3) Schließlich dient der gemeinsame Tatentschluss auch der Begründung von Solidarität unter den Mittätern. Das arbeitsteilige Vorgehen im Rahmen der Mittäterschaft hat für die einzelnen Mittäter den Vorteil, dass die Tat durch das Zusammenwirken ermöglicht, erleichtert oder weniger risikoreich wird292. Jeder Mittäter ist darauf angewiesen, dass die anderen Tatgenossen ebenfalls ihre Tatbeiträge leisten. So leistet jeder Mittäter seinen Tatbeitrag, weil er weiß, dass die anderen Mittäter ebenfalls ihre Tatbeiträge erbringen werden. Die Leistung des eigenen Tatbeitrages macht nämlich nur dann Sinn, wenn auch die anderen Mittäter ihre Beiträge erbringen, weil nur so das Ziel zu erreichen ist. Folglich geht vom gemeinsamen Tatentschluss eine gegenseitige psychische Bestärkung der einzelnen Mittäter Siehe dazu o. I. Gorka, Versuchsbeginn, S. 145; Jescheck / Weigend, AT, S. 674. 289 Roxin, JA 1979, 519; Seelmann, JuS 1980, 571 (572); Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 85. 290 Baumann, JuS 1963, 85 (87); Gorka, Versuchsbeginn, S. 138; Ingelfinger, JZ 1995, 704 (707); Jescheck / Weigend, AT, S. 678; Kamm, Mittäterschaft, S. 35 f.; Küpper, ZStW 105 (1993), S. 295 (302); Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 80. 291 Küper, ZStW 105 (1993), S. 295 (303). Siehe dazu bereits o. I. 1. b) aa). 292 Jescheck / Weigend, AT, S. 674; Knauer, Kollegialentscheidung, S. 156 f. – Der Umstand, dass der Zusammenschluss mehrerer Personen eine Arbeitsteilung ermöglicht, rechtfertigt auch die schärfere Bestrafung der bandenmäßigen Tatbegehung. Diese unterscheidet sich von der Mittäterschaft durch das Element der auf eine gewisse Dauer angelegten Verbindung, s. BGHSt 46, 321 (329). Die Bandenabrede erweist sich als besonders gefährlich, weil sie ein arbeitsteiliges Vorgehen ermöglicht, s. BGHSt 43, 321 (334 f.); Rengier, BT 1, § 4 Rn. 44. Bei den Organisationsdelikten (s. dazu bereits 1. Kapitel A., insbes. Fn. 19) machen sich die Mitglieder allein aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der Organisation strafbar, ohne dass es einer individuellen Verantwortlichkeit bezüglich der im Rahmen der Organisation begangenen Einzeltat bedarf. Der Verzicht auf die Einzelverantwortlichkeit ist durch die in der Organisation liegende gesteigerte Gefährlichkeit gerechtfertigt, dazu Jung, in: Einzelverantwortung, S. 175 (185). 287 288
C. Vorsatz und gemeinsamer Tatentschluss
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aus293. Auf diese Weise schafft der gemeinsame Tatplan eine Solidarität und innere Bindung zwischen den einzelnen Mittätern294. In dieser inneren Beziehung wird auch die besondere Gefährlichkeit des gemeinsamen Tatentschlusses gesehen, die es rechtfertigt, die Verbrechensverabredung in § 30 Abs. 2 StGB unter Strafe zu stellen295. Die durch den gemeinsamen Tatentschluss begründete Solidarität kompensiert den Umstand, dass die Mittäter für fremdes Handeln verantwortlich sind, denn die wechselseitige Zurechnung von Tatbeiträgen erscheint nur aufgrund der durch den gemeinsamen Tatentschluss begründeten Solidarität zwischen den Tatgenossen sachgerecht296.
bb) Voraussetzungen für die Aufgabe des gemeinsamen Tatentschlusses Der gemeinsame Tatentschluss erfüllt also – wie soeben dargestellt – im Wesentlichen die folgenden Funktionen: (1) Er ist erforderlich, um dem Wortlaut des § 25 Abs. 2 StGB Genüge zu tun; (2) er dient als Zurechnungsbasis für die fremden Tathandlungen; (3) durch den gemeinsamen Tatentschluss wird zwischen den Mittätern ein Gefühl der Solidarität begründet. Das zur Aufgabe des gemeinsamen Tatentschlusses erforderliche Verhalten des Abstandnehmenden muss anhand dieser Funktionen bestimmt werden. (1) Gemeinsamer Tatentschluss zur Erfüllung des Wortlautes von § 25 Abs. 2 StGB Würde man die Formulierung „gemeinschaftlich“ in § 25 Abs. 2 StGB so verstehen, dass jeder Beteiligte bis zum unmittelbaren Ansetzen objektiv und subjektiv gemeinschaftlich handeln muss, könnte der gemeinsame Tatentschluss bereits durch die innere Willensänderung eines Beteiligten aufgegeben werden. Der noch mögliche Wortsinn ist aber nicht überschritten, wenn man einen einmal gefassten gemeinsamen Tatentschluss als Grundlage der mittäterschaftlichen Zurechnung unabhängig davon genügen lässt, ob dieser von den Tatgenossen bis zum unmittelbaren Ansetzen durchgehalten wird. Mit dem Wortlaut sind daher alle drei möglichen Lösungen – Aufgabe des Tatentschlusses durch bloße Änderung der inneren 293 Graul, in: Meurer-GS, S. 89 (98); Ingelfinger, JZ 1995, 704 (709 f.); vgl. ferner Hoyer, in: SK, § 26 Rn. 13, mit dem Hinweis, dass der Mittäter seinen Komplizen durch die Zusage eigenen rechtswidrigen Verhaltens motiviere. 294 Gorka, Versuchsbeginn, S. 95. Auch der Bandenabrede, die abgesehen davon, dass sie auf eine gewisse Dauer gerichtet sein muss, mit dem gemeinsamen Tatentschluss bei der Mittäterschaft vergleichbar ist, kommt diese Funktion zu, s. BGHSt 46, 321 (336); vgl. auch Arzt / Weber, BT, § 14 Rn. 60. 295 Siehe dazu bereits o. A. II. und 1. Kapitel C. II. 296 Herzberg, JuS 1975, 35 (37); Ingelfinger, JZ 1995, 704 (709); Kamm, Mittäterschaft, S. 36 ff.; Knauer, Kollegialentscheidung, S. 156.
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
Willensrichtung, Aufgabe des Tatentschlusses durch Erklärung gegenüber den verbleibenden Mittätern und einverständliche Aufgabe des Tatentschlusses – vereinbar. (2) Gemeinsamer Tatentschluss als Zurechnungsgrundlage Der gemeinsame Tatentschluss kann jedenfalls dadurch aufgegeben werden, dass ein Mittäter in Kenntnis und im Einverständnis der anderen Beteiligten ausscheidet. Die Mittäter können den Tatplan während der Ausführung erweitern und einschränken und somit festlegen, welche Handlungen wechselseitig zugerechnet werden können. Deshalb können sie auch vereinbaren, dass ein Beteiligter ausscheiden soll. Dasselbe muss für den Fall gelten, dass der abstandnehmende Mittäter die Aufgabe des gemeinsamen Tatentschlusses gegenüber seinen Mittätern erklärt, ohne dass diese damit einverstanden sind. Denn durch seine Aufkündigung verändert sich notwendigerweise der gemeinsame Tatplan. Der Plan kann so, wie er ursprünglich gefasst war, nicht mehr als Zurechnungsbasis dienen. Bei einer nur innerlichen Aufgabe des Tatplanes durch einen der Mittäter glauben die verbleibenden Mittäter dagegen weiterhin, dass die Tat auf der Grundlage des ursprünglichen Tatplanes durchgeführt wird. Die verbleibenden Mittäter werden dadurch nicht zu einer Änderung des Tatplanes gezwungen; der Tatplan dient vielmehr in seiner ursprünglichen Form weiterhin als Zurechnungsgrundlage297. (3) Gemeinsamer Tatentschluss zur Begründung von Solidarität unter den Mittätern Wenn man davon ausgeht, dass der gemeinsame Tatplan die Funktion hat, Solidarität zwischen den Mittätern zu begründen, kann nichts anderes gelten: Durch die Erklärung des Abstandnehmenden gegenüber den anderen Mittätern, dass er nicht mehr an dem gemeinsamen Tatplan festhalte, wird diese Solidarität zerstört. Damit wird die vom Abstandnehmenden ausgehende psychische Bestärkung der übrigen Tatgenossen neutralisiert. Bei einer nur inneren Aufgabe des gemeinsamen Tatentschlusses besteht die psychische Förderungswirkung für die verbleibenden Tatgenossen dagegen fort, denn die verbleibenden Beteiligten rechnen weiterhin mit der Solidarität des Abstandnehmenden. Durch den gemeinsamen Tatentschluss fühlen sich die Täter nämlich verpflichtet, ihre Tatbeiträge zu erbringen298. Solange die verbleibenden Mittäter also glauben, der gemeinsame Tatentschluss bestehe fort, fällt ihnen das Aufgeben der weiteren Ausführung der Tat in der Regel erhebVgl. auch Graul, in: Meurer-GS, S. 89 (99). Graul, in: Meurer-GS, S. 89 (98); Puppe, GA 1984, 101 (112); vgl. auch Altenhain, Exzeß, S. 135, der für die Anstiftung eine Unrechtsvereinbarung verlangt (S. 123) und darauf hinweist, dass von einer solchen Unrechtsvereinbarung eine motivierende Wirkung ausgeht. Diese besteht darin, dass es dem Beteiligten schwer fällt, sich von der Vereinbarung wieder zu lösen. 297 298
C. Vorsatz und gemeinsamer Tatentschluss
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lich schwerer als bei der Alleintäterschaft. Bei einer bloßen inneren Tataufgabe entfällt lediglich die tatsächliche Solidarität des Abstandnehmenden bezüglich seiner Mittäter. Entscheidend ist aber die Vorstellung der verbleibenden Täter von der Solidarität der anderen Beteiligten, denn diese begründet durch ihre psychische Bestärkung der Tatentschlüsse die besondere Gefährlichkeit des mittäterschaftlichen Zusammenwirkens. Die Schwelle für eine Abstandnahme ist nämlich bei einem Mittäter, der mit der Solidarität seiner Tatgenossen rechnet, höher als bei einem Alleintäter299. Ein Mittäter, der den gemeinsamen Tatentschluss nur innerlich aufgibt, beeinträchtigt das Solidaritätsgefühl der übrigen Beteiligten nicht. Der gemeinsame Tatentschluss kann somit nur in der Weise aufgegeben werden, dass die Aufgabe gegenüber den verbleibenden Mittätern erklärt wird300. Einerseits ist es nicht erforderlich, dass sich die verbleibenden Beteiligten mit dem Ausscheiden einverstanden erklären, andererseits genügt eine bloße innere Aufgabe des gemeinsamen Tatentschlusses nicht.
cc) Wirkung der Aufkündigung Da – wie oben festgestellt – der gemeinsame Tatentschluss aufgegeben werden kann, soll im Folgenden die Auswirkung einer derartigen Tataufgabe für die Zurechnung der Tatbeiträge behandelt werden. Die Aufgabe des gemeinsamen Tatentschlusses führt dazu, dass die nach der Aufgabe von den verbleibenden Mittätern verwirklichten Handlungen dem Abstandnehmenden nicht mehr zugerechnet werden können. Graul301 will der Aufkündigung offenbar eine Rückwirkungsfunktion dahingehend zusprechen, dass auch die Zurechnung bereits geleisteter Tatbeiträge nicht mehr möglich sein soll. So soll der Abstandnehmende sogar für die eigenen bereits erbrachten Tathandlungen jedenfalls nicht mehr als Mittäter verantwortlich sein, weil die Mittäterschaft einen „fortbestehenden gemeinsamen Tatentschluss“302 voraussetze. Die Aufkündigung kann jedoch die bereits erbrachten Tatbeiträge nicht mehr ungeschehen machen. Die Tathandlungen, die von den verbleibenden Mittätern vor der Aufgabe des gemeinsamen Tatentschlusses vorgenommen werden, werden dem Abstandnehmenden zugerechnet, denn zu diesem 299 Hauf, NStZ 1994, 263 (265). Vgl. ferner Baumann, JuS 1963, 51 (52). Anders aber Puppe, NStZ 1991, 571 (572), die das Gefährliche der Mittäterschaft offenbar in der tatsächlichen Plangemeinschaft sieht. 300 Bemerkenswert ist, dass das Bayerische StGB von 1813 in Art. 53 Abs. 2 eine Regelung enthielt, wonach bei der Mittäterschaft eine Aufkündigung des gemeinsamen Tatentschlusses durch eine entsprechende Erklärung gegenüber den anderen Beteiligten möglich war, s. dazu bereits o. 1. Kapitel C. I. 301 Graul, in: Meurer-GS, S. 89 (99). 302 Graul, in: Meurer-GS, S. 89 (99) – Hervorhebung im Original. Unklar bleibt dabei auch, ob der Abstandnehmende für die bereits erbrachten Tatbeiträge überhaupt nicht mehr haften soll, oder ob er für diese Tatbeiträge wenigstens nach anderen Beteiligungsformen verantwortlich sein kann.
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
Zeitpunkt bestand die Vorstellung der Tatgenossen, dass sie nicht nur für sich, sondern auch für die jeweils anderen handeln. Dieses die Zurechnung rechtfertigende Bewusstsein bestand bis zur Erklärung der Aufkündigung fort. Demgemäß können zum einen die vor einer Aufkündigung geleisteten Tatbeiträge wegen des zu diesem Zeitpunkt noch fortbestehenden gemeinsamen Tatentschlusses zugerechnet werden; zum anderen wird die Verantwortlichkeit für das eigene Handeln durch die Aufkündigung des gemeinsamen Tatentschlusses nicht beseitigt. So weist auch Eisele303 zutreffend darauf hin, dass die Aufkündigung keine Rückwirkung entfaltet. Wenn die Mittäter vor der Aufkündigung des gemeinsamen Tatentschlusses bereits alle zur Tatbestandsverwirklichung erforderlichen Handlungen vorgenommen haben, kann der Abstandnehmende nur noch dadurch Straffreiheit erlangen, dass die Tat nicht in das Versuchsstadium eintritt oder dass er im Versuchsstadium nach § 24 Abs. 2 StGB strafbefreiend vom Versuch zurücktritt. Selbstverständlich bleibt der Abstandnehmende für die eigenen Handlungen, die er nach der Aufgabe des gemeinsamen Tatentschlusses vornimmt, verantwortlich. Die Aufkündigung lässt nämlich nur die gegenseitige Zurechnung von Tatbeiträgen entfallen. Nach der Aufkündigung des gemeinsamen Tatentschlusses ist jeder Beteiligte wieder nur für die von ihm selbst vorgenommenen Handlungen verantwortlich. Für das Stadium nach der Aufkündigung kann eine Verantwortlichkeit als Nebentäter fortbestehen. d) Überprüfung der eigenen Lösung anhand von Fällen Der Täter kann nach der hier entwickelten Lösung sowohl durch eine Aufgabe des Vorsatzes im Vorbereitungsstadium als auch durch eine Aufkündigung des gemeinsamen Tatentschlusses in Form einer Erklärung gegenüber den verbleibenden Mittätern Straffreiheit erlangen. Nach der hier vertretenen Ansicht wurde in Fall 4304 – entgegen der Auffassung des BGH – der gemeinsame Tatentschluss durch die Erklärung des B gegenüber P, dass er die Tat nicht ausführen wolle, aufgegeben. B können dementsprechend nur die Handlungen der P, die sie vor der einverständlichen Aufkündigung vorgenommen hat, – also die gemeinsame Tatplanung und Tatvorbereitung – zugerechnet werden. Der Vorsatz des B entfällt dagegen nicht, falls er entweder sicher weiß, dass P die Tat vollenden wird305 oder zumindest nicht ernsthaft darauf vertrauen kann, dass P die Tat nicht begehen wird. Ob B aufgrund seiner eigenen Tatbeiträge eine mittäterschaftliche Verantwortung trifft, ist nach den allgemeinen Regeln zu beurteilen306. Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (759). Zum Sachverhalt s. o. S. 109 f. 305 Vgl. dazu, dass der Vorsatz des Abstandnehmenden in der Regel nicht entfällt, wenn er weiß, dass die übrigen Beteiligten die Tat ohne seine Mitwirkung begehen werden, Weber, in: Lenckner-FS, S. 435 (443 f.). 306 Dazu ausführlich unter D., insbes. S. 141 f. 303 304
D. Voraussetzungen für die Täterschaft des Abstandnehmenden
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In Fall 5307 ist – entgegen der Ansicht des BGH – davon auszugehen, dass A durch den „kurzen verbalen Versuch“ den gemeinsamen Tatentschluss im Vorbereitungsstadium aufgekündigt hat. Daher können ihm die Handlungen, die B und S in der Bank vorgenommen haben, nicht (mehr) zugerechnet werden. Für die gemeinsamen Vorbreitungshandlungen – die Planung der Tat und den Diebstahl des Fahrrades – bleibt er jedoch verantwortlich. Zudem hat er seinen Vorsatz nicht vor dem unmittelbaren Ansetzen aufgegeben, denn er wusste, als sein Versuch, B und S umzustimmen, fehlschlug, dass die Tat ausgeführt wird. Der Vorsatz hätte allenfalls dann entfallen können, wenn A geglaubt hätte, sein Versuch, die übrigen Beteiligten umzustimmen, sei erfolgreich gewesen. Ob A als Mittäter zu bestrafen ist, hängt davon ab, ob die von ihm verwirklichten Tathandlungen nach allgemeinen Regeln für eine täterschaftliche Beteiligung ausreichen308. Darüber hinaus kann eine täterschaftliche Beteiligung des A auch deswegen entfallen, weil er zum Tatzeitpunkt keine Zueignungsabsicht bzw. keine Bereicherungsabsicht mehr besessen hat309. In Fall 6310 wurde schließlich der gemeinsame Tatentschluss nicht wirksam aufgekündigt, da T keine Erklärung gegenüber D abgegeben hat. Auch der Vorsatz des T ist nicht entfallen, denn er wusste, dass D die Tat weiter durchführen wird311. Insoweit verdient die Entscheidung des BGH Zustimmung. T muss sich daher auch die beiden letzten Schüsse des D zurechnen lassen, soweit die weiteren Voraussetzungen der Mittäterschaft gegeben sind. Es bleibt jedoch zu prüfen, ob die von T geleisteten Tatbeiträge für eine mittäterschaftliche Verantwortlichkeit ausreichen312.
D. Voraussetzungen für die Täterschaft des Abstandnehmenden Ein Beteiligter, der weder seinen Vorsatz noch den gemeinsamen Tatentschluss aufgibt, kann unter Umständen deswegen nicht als Täter, sondern nur als Teilnehmer bestraft werden, weil der von ihm geleistete Tatbeitrag die für eine täterschaftZum Sachverhalt s. o. S. 110. Dazu ausführlich unter D, insbes. S. 142. Auch der BGH hält in seiner Entscheidung diesen Gesichtspunkt für entscheidend und stellt daher – entsprechend der von ihm vertretenen subjektiven Teilnahmetheorie – darauf ab, ob A mit Täterwillen oder Teilnehmerwillen handelte, BGHSt 28, 346 (348 f.). 309 Siehe dazu u. E. II. 310 Zum Sachverhalt s. o. S. 110. 311 Buser, Zurechnungsfragen, S. 106, meint, dass man die Zurechnung der Schüsse ablehnen müsste, wenn man – entgegen seiner Auffassung – Vorsatz im Zeitpunkt der Vornahme der zurechenbaren Tathandlungen verlangen würde. Dem ist freilich entgegenzuhalten, dass der Vorsatz nicht schon deswegen entfällt, weil der Täter den Erfolg nun nicht mehr will, s. o. b). 312 Dazu ausführlich unter D., insbes. S. 142. 307 308
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
liche Beteiligung erforderliche Qualität nicht aufweist. Ein Beteiligter ist nämlich nur dann Täter, wenn sich der von ihm geleistete Tatbeitrag als täterschaftliche Beteiligung darstellt. Ob ein Beteiligter also Täter ist, muss nach allgemeinen Kriterien beurteilt werden313. In Rechtsprechung und Literatur besteht aber bekanntlich keine Einigkeit, nach welchen Kriterien Täterschaft und Teilnahme abzugrenzen sind. Bei den heute vertretenen Auffassungen sind zwei Richtungen zu unterscheiden: Einerseits werden hier subjektive Theorien314 und andererseits materiellobjektive Theorien, die sich auf das Kriterium der Tatherrschaft stützen,315 vertreten. Da sich die beiden Auffassungen insbesondere für die im Rahmen dieser Arbeit relevanten Begehungsdelikte im praktischen Ergebnis kaum unterscheiden316, wird auf eine Entscheidung zwischen ihnen verzichtet und für beide Meinungen jeweils eine Lösung entwickelt.
I. Subjektive Theorie Nach der subjektiven Theorie ist Täter, wer mit Täterwillen (animus auctoris) handelt und die Tat als eigene will317. Diese Auffassung steht in Zusammenhang mit der Äquivalenztheorie. Da nach dieser für die Verursachung alle Bedingungen gleichwertig sind, könne die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme nicht nach dem Gewicht der Tatbeiträge erfolgen. Weil also die Abgrenzung nach objektiven Kriterien nicht möglich sei, müsse sie nach subjektiven Kriterien vorgenommen werden318. Dementsprechend wurde die subjektive Theorie von großen Teilen der Lehre und von der Rechtsprechung des Reichsgerichts vertreten319. Dabei wurde der Wille des Beteiligten oft einseitig durch sein Interesse am Taterfolg bestimmt320. Die heutige Rechtsprechung ermittelt den Täterwillen in wertender Betrachtung nach den gesamten Umständen des Falles, die von der Vorstellung des Täters umfasst waren. Danach kommt es vor allem auf den Willen zur TatherrGores, Rücktritt, S. 128. Dazu sogleich unter I. 315 Siehe dazu u. II. 316 Vgl. Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 61 f. 317 RGSt 66, 236 (240); BGHSt 8, 70 (73); 18, 87 (89 f.); 28, 346 (348 f.); Arzt, JZ 1981, 412 (414); ders., JZ 1984, 428 (429); Baumann, JuS 1963, 85 (88 ff.); Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 59 ff. 318 RGSt 3, 181 (182); 74, 84 (85); s. auch Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 38; Baumann, JuS 1963, 51 (58). 319 So schon RGSt 2, 160 (162 f.); 3, 181 (182 f.). 320 So die extrem-subjektive Theorie, s. z. B. RGSt 74, 84 (85 f.) – „Badewannenfall“, in dem das RG trotz eigenhändiger Tötung nur Beihilfe annahm – und BGHSt 18, 87 (89 ff.) – „Staschynskij-Fall“, in dem der BGH den Angeklagten, der im Auftrag seines Geheimdienstes einen Exilpolitiker eigenhändig getötet hatte, nur wegen Beihilfe zu einem Tötungsdelikt bestrafte; vgl. dazu auch Vogel, ZStW 114 (2002), S. 403 (413, Fn. 47). 313 314
D. Voraussetzungen für die Täterschaft des Abstandnehmenden
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schaft, den Umfang der Tatbeteiligung und das Interesse am Taterfolg an321. Der Vorzug der subjektiven Theorie wird in der Möglichkeit gesehen, den nicht am Tatort anwesenden Organisator einer Tat als Täter bestrafen zu können322. Ihr Nachteil soll in der mangelnden Rechtssicherheit liegen323. Weitgehend ungeklärt ist allerdings die für die Abstandnahme im Vorbereitungsstadium entscheidende Frage, zu welchem Zeitpunkt der Täterwille vorliegen muss. Möglich ist es, auf den Zeitraum bis zur Abstandnahme324 oder ausschließlich auf den Zeitpunkt des Erbringens des eigenen Tatbeitrages325 abzustellen.
1. Täterwille im Zeitraum bis zur Abstandnahme Nach richtiger Ansicht ist für die Bestimmung des Täterwillens auf einen Zeitraum abzustellen, der vom gemeinsamen Tatentschluss über die Erbringung der eigenen Tatbeiträge bis hin zu einer möglichen Abstandnahme reicht. Hierfür spricht insbesondere auch die Einbeziehung wertender Kriterien zur Bestimmung des Täterwillens. Will man beispielsweise den Umfang der Tatbeteiligung berücksichtigen, wäre es wenig sinnvoll, nur auf den Moment, in dem der Täter seinen ersten eigenen Tatbeitrag leistet, abzustellen. Der Umfang der Tatbeteiligung kann sich nämlich einerseits durch die Vornahme weiterer Handlungen noch wesentlich erweitern. Andererseits kann es dem Beteiligten noch gelingen, seinen Tatbeitrag teilweise unschädlich zu machen, so dass sich der Umfang seiner Tatbeteiligung wesentlich reduziert. So geht die Rechtsprechung davon aus, dass die Abstandnahme im Vorbereitungsstadium nichts an der inneren Einstellung ändern kann, mit der zuvor die Vorbereitungshandlungen erbracht wurden. Da diese „für die wertende Betrachtung nur ein Gesichtspunkt neben anderen“ sei, richte sich die Frage, ob der Beteiligte Mittäter oder Gehilfe ist, „nicht schon und nicht allein aufgrund dieser, das Stadium der Vorbereitung nicht überdauernden Einstel321 Z. B. BGHSt 28, 346 (348 f.); 34, 124 (125); 37, 289 (291); BGH wistra 2001, 420 (421); BGH NStZ 2002, 200 (201). Bereits in der Entscheidung BGHSt 8, 393 (396 ff.) wurde klargestellt, dass das Interesse am Taterfolg nur eines der Indizien für den Täterwillen darstellt. Vgl. dazu auch Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 43 ff.; Baumann, JuS 1963, 51 (59), 83 (89), die ebenfalls von einer Bestimmung des Teilnehmerwillens nach wertenden Kriterien ausgehen, sowie Busch, in: LK, 9. Aufl., vor § 47 Rn. 20 f., wonach zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme subjektive und objektive Kriterien heranzuziehen sind. 322 Arzt, JZ 1984, 428 (429); Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 45 ff., 63. 323 So billigt die Rechtsprechung dem Tatrichter, der den Täterwillen nach wertenden Kriterien zu bestimmen hat, ausdrücklich einen revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbaren Beurteilungsspielraum zu, s. z. B. BGH NJW 1997, 3385 (3387); BGH StV 2002, 421 (422). Daher kritisiert z. B. Roxin, in: LK, § 25 Rn. 31, dass die Rechtsprechung die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme vom richterlichen Ermessen abhängig mache. 324 Dazu sogleich unter 1. 325 Siehe dazu noch u. 2.
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
lung“326. Otto kritisiert diese auf den Einzelfall bezogene wertende Betrachtung als willkürlich und nimmt folgende Präzisierung vor: Maßgeblich für die Bestimmung des Täter- oder Teilnehmerwillens sei der Zeitpunkt der Abstandnahme; eine mittäterschaftliche Haftung des Abstandnehmenden komme nur dann in Betracht, wenn der Abstandnehmende bei arbeitsteiligem Vorgehen im Zeitpunkt der Abstandnahme bereits sämtliche Tatbeiträge geleistet habe327. Dass der Wille des Beteiligten im Zeitpunkt der Abstandnahme nicht unberücksichtigt bleiben kann, ergibt sich aus einem Vergleich mit der Aufgabe des Vorsatzes im Vorbereitungsstadium. Zwischen dem Vorsatz und dem Täterwillen bestehen nämlich insoweit Parallelen, als ein Täterwille ohne Vorsatz nicht denkbar ist. Wenn der Täter unter bestimmten Voraussetzungen durch die Aufgabe des Vorsatzes im Vorbereitungsstadium Straffreiheit erlangen kann328, so muss die Aufgabe des Täterwillens erst recht möglich sein. Im Fall eines unbeendeten Versuchs ist ein Rücktritt durch Aufgabe der weiteren Ausführung der Tat – also gewissermaßen durch Aufgabe des Vorsatzes – möglich. Für die Frage, ob ein Rücktritt durch die Aufgabe der Ausführung der Tat möglich ist, kommt es nach herrschender Ansicht auf den Rücktrittshorizont – also die Situation nach der letzten Ausführungshandlung – an329. Der Täter kann daher unter bestimmten Umständen sogar noch nach Eintritt in das Versuchsstadium durch Aufgabe des Vorsatzes Straffreiheit erlangen. Demnach kann der Zeitpunkt der Vornahme der letzten Tathandlung auch für die Aufgabe des Täterwillens nicht bedeutungslos sein.
2. Täterwille im Zeitpunkt der Erbringung des eigenen Tatbeitrages Gores330 meint aber, dass der entscheidende Zeitpunkt für die Beurteilung des Täterwillens allein die Vornahme der Handlung sei. Nach der subjektiven Theorie müsse der Täter zu dem Zeitpunkt, zu dem er seine Tathandlungen vornimmt, Täterwillen haben. Unerheblich sei, dass dieser Täterwille nach den gesamten Umständen des Falles in wertender Betrachtung, in die auch objektive Kriterien einfließen, bestimmt wird. Für die Vornahme der eigenen Tathandlung als maßgeblichen Zeitpunkt spreche ferner, dass der Täter im Zeitpunkt der Abstandnahme nicht einmal mehr Teilnehmerwillen habe und somit eigentlich straffrei ausgehen müsste. Dieses aus dem konsequenten Abstellen auf den Zeitpunkt der Tathandlung folgende Ergebnis hält Gores allerdings für unbillig, denn der Beteiligte würde lediglich als Teilnehmer bestraft, wenn sein Wille von Anfang an nur auf die BGHSt 28, 346 (349). Otto, JA 1980, 707 (709); vgl. auch Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (765). 328 Dazu bereits o. C. II. 5. b). 329 Siehe nur BGHSt 31, 170 (174 ff.); Lackner / Kühl, § 24 Rn. 4; Lilie / Albrecht, in: LK, § 24 Rn. 104; Rudolphi, in: SK, § 24 Rn. 15; Wessels / Beulke, AT, Rn. 633. 330 Gores, Rücktritt, S. 133. 326 327
D. Voraussetzungen für die Täterschaft des Abstandnehmenden
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Vornahme der von ihm vor der Abstandnahme geleisteten Tatbeiträge beschränkt gewesen wäre; allein weil er „ursprünglich eine umfangreichere Tatbeteiligung beabsichtigt“331 habe, werde er als Mittäter bestraft. Daher will Gores die subjektive Theorie für die Fälle der Abstandnahme im Vorbereitungsstadium modifizieren: Für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme soll es in derartigen Fällen nicht auf den tatsächlichen, sondern auf einen hypothetischen Willen ankommen. Für die Beurteilung, ob der Beteiligte als Täter verantwortlich sei, soll es demnach darauf ankommen, ob er im Zeitpunkt der Vornahme der Tathandlung Täterwillen gehabt hätte, wenn ihm „bekannt gewesen wäre, dass sich seine Tatbeteiligung auf diese Beiträge beschränken würde“332. Dieser Ansatz habe den Vorteil, dass er es ermögliche, zu flexiblen und angemessenen Ergebnissen zu gelangen, worin auch im Übrigen der Vorteil der subjektiven Teilnahmetheorie liege333. Gores wirft zwar den Vertretern der Gegenauffassung vor, dass sie nicht begründen, warum auch noch der Wille im Zeitpunkt der Abstandnahme Berücksichtigung finden könne334. Indes begründet er selbst aber nicht, warum es allein auf den Zeitpunkt der Vornahme der eigenen Tathandlung ankommen soll335. Schon der Umstand, dass der Vorsatz sowohl beim Tatentschluss als auch bei der Vornahme der eigenen Tathandlungen vorliegen muss, spricht gegen das isolierte Abstellen auf den Zeitpunkt der Vornahme der eigenen Tathandlung. Die zugerechneten fremden Tathandlungen gehören nämlich ebenfalls zur Tat. Der Abstandnehmende kann auch nach der Leistung seines Tatbeitrages – beispielsweise durch Aufkündigung des gemeinsamen Tatentschlusses gegenüber den anderen Beteiligten336 – erneut auf das tatbestandliche Geschehen einwirken. Diese Handlungen können ebenso wie die vorangegangene Erbringung des eigenen Tatbeitrags Einfluss auf die Tat haben. Daher kann der Wille des Abstandnehmenden zu diesem Zeitpunkt nicht unberücksichtigt bleiben. Es ist also keineswegs zwingend, ausschließlich aufden Moment der Vornahme der eigenen Tathandlungen abzustellen. Darüber hinaus ist die von Gores vorgeschlagene Modifikation der subjektiven Theorie nicht überzeugend. Es leuchtet nicht ein, warum es hier auf einen hypothetischen Willen ankommen soll, wenn doch nach der subjektiven Theorie der tatsächlich vorliegende Wille maßgeblich ist337. Wenn Gores der Gegenauffassung vorwirft, dass im Zeitpunkt der Abstandnahme nicht einmal mehr ein Teilnehmerwille vorliegt, so müsste dies für den hypothetischen Willen in gleicher Weise gelten. Denn wenn der Täter gewusst hätte, dass er später von der Tat Abstand nimmt, dann hätte Gores, Rücktritt, S. 134. Gores, Rücktritt, S. 134. 333 Gores, Rücktritt, S. 135. 334 Gores, Rücktritt, S. 133, insbes. Fn. 27. 335 Siehe dazu bereits o. C. II. 5. b). 336 Vgl. dazu bereits o. C. II. 5. c) bb) und cc). 337 Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (765, Fn. 79), weist zu Recht darauf hin, dass es nur auf den tatsächlichen Willen ankommen kann und der hypothetische Wille in diesem Fall eine bloße Fiktion darstellen dürfte. 331 332
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
er regelmäßig die Tat nicht einmal als Teilnehmer fördern wollen. Das isolierte Abstellen auf den Zeitpunkt der Vornahme der eigenen Tathandlung zur Bestimmung des Täter- bzw. Teilnehmerwillens ist somit verfehlt. 3. Konsequenzen für die Abstandnahme im Vorbereitungsstadium Die Bestimmung des Täterwillens durch wertende Kriterien führt dazu, dass bei einer Abstandnahme eines Beteiligten, der noch nicht sämtliche Tatbeiträge erbracht hat, in der Regel kein Täterwille vorliegt. Der Umfang seiner Tatbeteiligung ist nämlich, weil er nicht alle Tatbeiträge geleistet hat, die er nach dem Tatplan hätte erbringen sollen, regelmäßig gering. Zudem besteht sein Interesse am Taterfolg im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens regelmäßig nicht mehr. Einen Willen zur Tatherrschaft wird der Abstandnehmende in Bezug auf das Geschehen nach der Abstandnahme nicht mehr haben. Hat der Abstandnehmende dagegen bereits sämtliche nach dem Tatplan für ihn vorgesehenen Tatbeiträge erbracht, führt die wertende Betrachtung in der Regel dazu, dass sein Täterwille trotz der Abstandnahme noch fortbesteht. Der Umfang der Tatbeteiligung entspricht in diesem Fall nämlich dem Tatplan. Auch über das Fortwirken seiner Tatbeiträge hat der Abstandnehmende wesentlichen Einfluss auf das weitere Tatgeschehen genommen. Man kann daher nicht ohne Weiteres behaupten, der Wille zur Tatherrschaft sei entfallen. Eine Abgrenzung in der Weise, dass der Täterwille immer dann fehle, wenn der Abstandnehmende noch nicht alle seine Tatbeiträge geleistet hat, und immer dann anzunehmen sei, wenn er bereits sämtliche von ihm vorzunehmenden Tatbeiträge erbracht hat, ist jedoch verfehlt338. Im Einzelfall kann sich nämlich durchaus eine abweichende Bewertung ergeben. So sind Fälle denkbar, in denen der Täter, der noch nicht alle Tatbeiträge geleistet hat, zwar selbst nicht mehr mitmachen möchte, aber unbedingt will, dass die anderen Beteiligten aufgrund des von ihm ausgearbeiteten Tatplans weiter handeln und seine Tatbeiträge ersetzen. Das Interesse am Taterfolg bleibt in diesem Fall also erhalten. Selbst der Wille zur Tatherrschaft kann hier unter bestimmten Umständen fortbestehen, weil der Abstandnehmende über den von ihm ausgearbeiteten Tatplan die weitere Ausführung der Tat beeinflusst und dies auch will. Umgekehrt kann der Täterwille im Einzelfall aber entfallen, wenn der Abstandnehmende bereits sämtliche Tatbeiträge erbracht hat, denn er kann sein Interesse am Taterfolg vollständig verlieren. Ein rein innerer Sinneswandel wird hierfür allerdings nicht genügen. Wenn der Beteiligte bei der Tatplanung und -vorbereitung den Willen zum Ausdruck gebracht hat, sich als Mittäter beteiligen zu wollen, haftet er für alles weitere als Täter, wenn er nichts Gegenteiliges zum Ausdruck bringt. Nimmt der Täter dagegen nach Vornahme seiner letzten Ausführungshandlung und noch vor Versuchsbeginn Handlungen vor, die den Erfolgseintritt erschweren, kann sein Täterwille entfallen. 338 Vgl. aber Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (765), der immer dann, wenn der Täter schon sämtliche Tatbeiträge im Vorbereitungsstadium erbracht hat, Täterwillen annehmen will.
D. Voraussetzungen für die Täterschaft des Abstandnehmenden
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Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die täterschaftliche Verantwortung dadurch entfallen kann, dass der Abstandnehmende im Zeitpunkt der Abstandnahme keinen Täterwillen mehr besitzt. Eine Verantwortlichkeit als Teilnehmer bleibt davon freilich unberührt.
II. Tatherrschaftslehre Die von Lobe339 begründete und von Roxin340 wesentlich geförderte Tatherrschaftslehre wird im Schrifttum heute ganz überwiegend vertreten. Nach der Tatherrschaftslehre ist Täter, wer Tatherrschaft hat, wobei Tatherrschaft das vom Vorsatz umfasste In-den-Händen-Halten des tatbestandlichen Geschehens ist341. Darüber hinaus kann die Täterschaft – unabhängig davon, ob der Handelnde Tatherrschaft besitzt – dadurch begründet werden, dass ihn eine Sonderpflicht trifft342. Bei der Mittäterschaft äußert sich die Tatherrschaft in einer durch das arbeitsteilige Vorgehen bedingten funktionellen Tatherrschaft343. Was unter dem Begriff der Tatherrschaft zu verstehen ist, ist noch nicht abschließend geklärt344. Daher ist umstritten, ob Tatherrschaft auch ohne Mitwirkung im Ausführungsstadium bestehen kann. 1. Mitwirkung im Ausführungsstadium Eine Auffassung sieht eine Mitwirkung im Ausführungsstadium – also ab dem Zeitpunkt des Versuchsbeginns – als zwingende Voraussetzung für die MittäterLobe, in: LK, 5. Aufl., Einleitung S. 123 f. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 60 ff. 341 Bloy, Beteiligungsform, S. 369 ff.; Haft, AT, S. 194; v. Heintschel-Heinegg, Prüfungstraining, Rn. 100 ff.; Jescheck / Weigend, AT, S. 651 f.; Kamm, Mittäterschaft, S. 25 f.; Krey, AT 2, Rn. 86 f.; Kühl, AT, § 20 Rn. 25 ff.; Lackner / Kühl, vor § 25 Rn. 4 und 6; Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 47 Rn. 84 ff.; Roxin, in: LK, § 25 Rn. 7 ff.; Welzel, Strafrecht, S. 99; Wessels / Beulke, AT, Rn. 512 und 517 f. Vgl. auch Renzikowski, restriktiver Täterbegriff, S. 50 ff., der allerdings weniger auf die Tatherrschaft, sondern auf die Autonomie desjenigen, der die letzte Ursache setzt, abstellt. 342 Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, vor § 25 Rn. 84; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 352 ff., 695 ff. Kritisch dazu, dass sich die täterschaftliche Verantwortlichkeit aus der Tatherrschaft einerseits und der Sonderpflicht andererseits ergeben kann und deren Verhältnis zueinander weitgehend ungeklärt ist, Vogel, ZStW 114 (2002), S. 403 (408 f.). Vgl. aber auch Schünemann, in: LK, § 14 Rn. 17, der in der „Herrschaft über den Grund des Erfolges“ ein einheitliches Prinzip der Täterschaft beim vorsätzlichen Begehungsdelikt sieht. Zur Abstandnahme von Pflichtdelikten s. u. E. I. 343 Vgl. Bloy, Beteiligungsform, S. 369 ff.; Jescheck / Weigend, AT, S. 674; Lackner / Kühl, § 25 Rn. 11; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 277 ff.; Rudolphi, in: Bockelmann-FS, S. 269 (273 f.); Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 93; Wessels / Beulke, AT, Rn. 512. Kritisch dazu Kindhäuser, in: Hollerbach-FS, S. 627 (631 f.); Rodríguez Montañés, in: Roxin-FS, S. 307 (322 f.), die entscheidend auf die Mitbestimmung hinsichtlich der Deliktsbegehung abstellt. 344 Vgl. dazu auch noch u. 3. 339 340
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
schaft an345. Begründet wird diese Ansicht damit, dass ein Beteiligter durch Handlungen im Vorbereitungsstadium zwar Einfluss auf das Tatgeschehen, aber keine Herrschaft über dasselbe ausüben könne346. Über das „Ob“ und „Wie“ der Tat könnten nämlich nur die im Ausführungsstadium handelnden Personen entscheiden347. Als weiteres Argument für die Beschränkung auf Tatbeiträge im Ausführungsstadium werden Abgrenzungsschwierigkeiten zur Teilnahme angeführt: Das Weiterwirken von im Vorbereitungsstadium geleisteten Tatbeiträgen sei gerade typisch für Beihilfehandlungen348. Wenn allein die Verwirklichung des vorgesehenen Tatplans zur funktionellen Tatherrschaft führt, könne jede Anstiftung als Mittäterschaft angesehen werden349. Dies führe dazu, dass für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme auf subjektive Kriterien zurückgegriffen werden müsse, was gerade durch die Tatherrschaftslehre vermieden werden sollte350. Legt man diese Auffassung zu Grunde, so würde die täterschaftliche Verantwortlichkeit eines Beteiligten, der im Vorbereitungsstadium von der Tat in der Weise Abstand nimmt, dass er seine weiteren Tatbeiträge nicht erbringt, immer entfallen; er könnte sich allenfalls noch wegen Teilnahme strafbar machen351.
2. Mitwirkung im Vorbereitungsstadium Nach der Gegenansicht kann auch eine Mitwirkung im Vorbereitungsstadium Tatherrschaft begründen352. Für diese Ansicht werden häufig kriminalpolitische Erwägungen herangezogen: Würde man einen Tatbeitrag im Ausführungsstadium verlangen, so könne der „Bandenchef“, der Planung und Organisation der Tat über345 Bloy, Beteiligungsform, S. 169 ff.; Krey, AT 2, Rn. 199; Renzikowski, restriktiver Täterbegriff, S. 103 f.; Roxin, in: LK, § 25 Rn. 181; ders., JA 1979, 519 (522); Rudolphi, in: Bockelmann-FS, S. 369 (374 ff.); Zieschang, ZStW 107 (1995), S. 361 (369 ff.); ferner Bauer, Mittäterschaft, S. 194 ff.; Rodríguez Montañés, in: Roxin-FS, S. 307 (324 f.). 346 Roxin, in: LK, § 25 Rn. 181. 347 Rudolphi, in: Bockelmann-FS, S. 369 (374); Zieschang, ZStW 107 (1995), S. 361 (375). 348 Renzikowski, restriktiver Täterbegriff, S. 103; Zieschang, ZStW 107 (1995), S. 361 (375). 349 Renzikowski, restriktiver Täterbegriff, S. 103; Zieschang, ZStW 107 (1995), S. 361 (374). 350 Herzberg, Täterschaft, S. 66; Renzikowski, restriktiver Täterbegriff, S. 103. 351 Vgl. dazu Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (752); Zaczyk, in: NK, § 24 Rn. 119. 352 Haft, AT, S. 202; v. Heintschel-Heinegg, Prüfungstraining, Rn. 150; Jescheck / Weigend, AT, S. 680; Joecks, in: MüKo-StGB, § 25 Rn. 192 ff.; Lackner / Kühl, § 25 Rn. 11; Kühl, AT, § 20 Rn. 110 f.; Muñoz Conde, in: Roxin-FS, S. 609 (623 f.); Stoffers, MDR 1989, 208 (211); Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 93 f.; Tröndle / Fischer, § 25 Rn. 7; Wessels /Beulke, AT, Rn. 528 f. Auch die Rechtsprechung lässt auf Grundlage der subjektiven Theorie für die Mittäterschaft einen Tatbeitrag im Vorbereitungsstadium genügen, BGHSt 14, 123 (128); 33, 50 (53); BGH NStZ 1999, 609 f.; 2002, 145 (146); 2002, 200 (201); BGH StV 2002, 421 (422). Im Ergebnis ebenso Kindhäuser, in: Hollerbach-FS, S. 627 (649, 651); wohl auch Graul, in: Meurer-GS, S. 89 (92); Schliebitz, Erfolgszurechnung, S. 130.
D. Voraussetzungen für die Täterschaft des Abstandnehmenden
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nommen hat, aber am Tatort nicht persönlich anwesend und auch nicht in ständiger telefonischer Verbindung zu den ausführenden Personen steht353, nicht als Mittäter bestraft werden354. Für die Beurteilung, ob ein Tatbeitrag wesentlich ist, komme es nicht auf den Zeitpunkt an, in dem er geleistet werde, sondern darauf, in welcher Weise er bei der Ausführung weiterwirkt355. Wenn Tatbeiträge im Vorbereitungsstadium ausreichen, kann die täterschaftliche Verantwortlichkeit fortbestehen, obwohl der Täter im Vorbereitungsstadium von der Tat Abstand genommen hat und im Ausführungsstadium keine Tatbeiträge mehr erbringt. 3. Stellungnahme Ob man Tatbeiträge im Vorbereitungsstadium zur Begründung der Täterschaft als ausreichend ansieht, hängt davon ab, ob ein Beteiligter durch Handlungen im Vorbereitungsstadium Tatherrschaft über die Tat innehaben kann. Dies wirft die Frage auf, was unter dem Begriff der Tatherrschaft im Sinne der Tatherrschaftslehre zu verstehen ist. Allgemein anerkannt ist, dass es sich bei der Tatherrschaft um einen offenen Rechtsbegriff handelt, der nicht aus deskriptiven Merkmalen besteht, unter die in allen Fällen durch Subsumtion eine Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme zweifelsfrei vorgenommen werden kann356. Dementsprechend ist der Inhalt des Begriffs der Tatherrschaft im Schrifttum nicht abschließend geklärt. Die Tatherrschaft eines Beteiligten entfällt nicht allein schon wegen seiner nachträglichen Willensänderung. Zwar ist Tatherrschaft ohne einen entsprechenden Willen nicht möglich. Doch setzt sie keinen im Ausführungsstadium aktuell fortbestehenden Willen voraus. Ansonsten könnte derjenige, der die Tat maßgeblich geplant und organisiert hat, aber während der eigentlichen Tatausführung schläft, mangels Tatherrschaft nicht als Täter bestraft werden. Dass es auf eine Ausübung 353 Roxin, in: LK, § 25 Rn. 183, der einen Tatbeitrag im Ausführungsstadium verlangt (s. o. 1.), lässt für die Ausübung der Tatherrschaft eine telefonische Verbindung zu den ausführenden Personen genügen; ebenso Herzberg, Täterschaft, S. 68. Diese Differenzierung zeigt, von welchen Zufälligkeiten die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme abhängt, wenn man einen Tatbeitrag im Ausführungsstadium verlangt. So wäre der Hintermann, der die Planung übernommen hat, Täter, wenn die unmittelbar Ausführenden ein Mobiltelefon mitführen und während der Tatausführung einschalten. Würden sie das Mobiltelefon dagegen ausschalten, wäre der Hintermann nur Teilnehmer. 354 So z. B. Lackner / Kühl, § 25 Rn. 11; Wessels / Beulke, AT, Rn. 529. Dagegen hält Herzberg, Täterschaft, S. 68, die Bestrafung des Bandenchefs als Teilnehmer für angemessen, da er in vielen Fällen als Anstifter bestraft werden könne und somit der gleiche Strafrahmen wie bei der Täterschaft zur Verfügung stehe. 355 Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 93; vgl. auch Jakobs, in: Lampe-FS, S. 561 (571). 356 Siehe nur Roxin, in: LK, § 25 Rn. 36; ders., Täterschaft und Tatherrschaft, S. 122 ff.; ebenso Joecks, in: MüKo-StGB, § 25 Rn. 28; vgl. auch Haft, AT, S. 194, wonach es sich bei dem Begriff der Tatherrschaft „um ein Leitbild, einen Typus, der in unterschiedlichen Formen auftritt“, handelt.
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
der Tatherrschaft nicht ankommt, wurde bereits oben dargelegt357. Die Innehabung der Tatherrschaft muss daher genügen. Versteht man Tatherrschaft in dem Sinn, dass der Täter jederzeit die Möglichkeit haben muss, physisch auf das Geschehen einzuwirken358, so ist es konsequent, Tatbeiträge im Vorbereitungsstadium nicht ausreichen zu lassen. Ein derartiges Verständnis der Tatherrschaft hat den Vorteil der größeren Rechtssicherheit. Ob eine physische Einwirkungsmöglichkeit bestand, wird sich nämlich in aller Regel ohne größere Schwierigkeiten feststellen lassen. Wenn man die Tatherrschaft dagegen im Sinne einer Möglichkeit zur Gestaltung des tatbestandsmäßigen Geschehens versteht, können Vorbereitungshandlungen durchaus Tatherrschaft begründen. Eine solche Bestimmung der Tatherrschaft setzt aber voraus, dass nicht nur die Möglichkeit zur psychischen Einwirkung auf das Tatgeschehen, sondern auch wertende Kriterien einbezogen werden müssen. Eine solche Berücksichtigung wertender Kriterien bringt freilich ein gewisses Maß an Rechtsunsicherheit mit sich. Es kann jedoch auch die Einflussnahme, die in der Organisation der Tat liegt, berücksichtigt werden359. Insbesondere bei mafiaähnlichen Strukturen, beim Missbrauch staatlicher Machtbefugnisse und bei Taten, die in der Leitungsebene von Unternehmen begangenen werden, kann der Organisation ein erhebliches Gewicht zukommen, das eine Bestrafung der daran maßgeblich beteiligten Personen als Mittäter rechtfertigt, soweit man diese Fälle nicht ohnehin dem Bereich der mittelbaren Täterschaft zuordnet360. In diesen Fallkonstellationen steigt nämlich regelmäßig die Verantwortlichkeit des Täters, je höher er in der Hierarchie steht und je weiter er vom unmittelbaren Tatgeschehen entfernt ist361. Durch ein derartiges Verständnis der Tatherrschaft kann der Vielgestaltigkeit der Lebenssachverhalte und der Einzelfallgerechtigkeit besser Rechnung getragen werden. So ist die Bestrafung des am Tatort nicht anwesenden „Bandenchefs“ als Teilnehmer tatsächlich regelmäßig unangemessen. Ein zu sehr an die Eigenhändigkeit angenähertes Verständnis der Tatherrschaft ist daher abzulehnen. Tatherrschaft kann demnach auch durch Handlungen im Vorbereitungsstadium ausgeübt werden.
Siehe o. A. I. 2. a). So insbes. Roxin, in: LK, § 25 Rn. 34, der für die Entwicklung der Tatherrschaftslehre von der formal objektiven Theorie ausgeht. 359 Kühl, AT, § 20 Rn. 111. Vgl. Vogel, in: Lorenz-FS, S. 65 (73), zur täterschaftlichen Verantwortlichkeit in Fällen der strafrechtlichen Produkthaftung. 360 Siehe dazu die Nachweise in 4. Kapitel, Fn. 145. 361 Vgl. BGHSt 40, 218 (237); Ambos, GA 1998, 226 (236 f.); Schroeder, Täter, S. 167; Vogel, ZStW 114 (2002), S. 403 (407). 357 358
D. Voraussetzungen für die Täterschaft des Abstandnehmenden
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III. Auswirkung der Ergebnisse auf die Abstandnahme im Vorbereitungsstadium Aufgrund der zur subjektiven Theorie und zur Tatherrschaftslehre gefundenen Ergebnisse lassen sich für die Fallkonstellation, in der ein Beteiligter von der Tat in der Weise Abstand nimmt, dass er keine Tatbeiträge im Ausführungsstadium mehr erbringt, folgende Leitlinien skizzieren. Für die subjektive Theorie wurde bereits festgestellt, dass die Abstandnahme im Vorbereitungsstadium dazu führt, dass der Abstandnehmende in der Regel – aber nicht zwingend – ohne Täterwillen handelt. Eine täterschaftliche Beteiligung des Abstandnehmenden ist daher ausnahmsweise möglich. Auch unter Zugrundelegung der Tatherrschaftslehre in der hier vertretenen Form ergibt sich nichts anderes. Im Regelfall wird dem Abstandnehmenden, der nur Vorbereitungshandlungen erbracht hat, keine Tatherrschaft zukommen. Es sind jedoch auch hier Fallgestaltungen möglich, in denen der Beteiligte trotz seiner Abstandnahme Tatherrschaft behält362. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein Täter den Einbruch in den Hochsicherheitsbereich einer Bank zur Entwendung großer Geldmengen detailliert geplant und für die verschiedenen Aufgaben jeweils „Spezialisten“ angeworben hat. Wenn ein solcher Täter kurz bevor die anderen Beteiligten mit der Ausführung der Tat beginnen, nicht mehr mitwirken will und die anderen Mittäter die Tat ohne ihn durchführen, behält er dennoch die Tatherrschaft und ist als Täter anzusehen. Wenn die Voraussetzungen der täterschaftlichen Beteiligung entfallen, so bleibt davon die Strafbarkeit als Teilnehmer unberührt. So bleibt beispielsweise ein Beteiligter, der den Tatplan entworfen und einen weiteren Beteiligten als Mittäter gewonnen hat, wegen Anstiftung strafbar, wenn er zwar seine Ausführungshandlungen nicht erbringt, der ursprüngliche Mittäter die Tat aber als Alleintäter auf Grundlage dieses Tatplans durchführt. Die von einem abstandnehmenden Mittäter bereits erbrachten und nicht zurückgenommenen Tatbeiträge können zu dessen Verantwortlichkeit als Gehilfe führen. In Fall 4363 begründen die von B vorgenommenen Tatbeiträge keine Tatherrschaft, denn er wollte das Geschehen nach seiner Abstandnahme nicht weiter beherrschen. Er hätte zwar möglicherweise dadurch in das Tatgeschehen eingreifen können, dass er P von der Tat abgehalten hätte. Diese Eingriffsmöglichkeit könnte jedoch allenfalls eine Strafbarkeit wegen Unterlassens begründen364. Auch das Verhalten des B im Vorbereitungsstadium ist nicht von solcher Intensität, dass er die weitere Tatausführung durch P wesentlich beherrscht. Die subjektive Theorie kommt nach der hier vertretenen Ansicht zu keinem anderen Ergebnis, denn bei 362 Vgl. hierzu Vogler, in: LK, 10. Aufl., § 24 Rn. 162, der eine täterschaftliche Verantwortlichkeit des Abstandnehmenden nur in dem Fall für möglich hält, dass er bereits alle Tatbeiträge vollständig im Vorbereitungsstadium erbracht hat. 363 Zum Sachverhalt siehe S. 109 f. 364 Vgl. auch Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (756, Fn. 43).
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
der Ermittlung des Täterwillens ist entscheidend zu berücksichtigen, dass B die Tat im Zeitpunkt der Abstandnahme nicht mehr wollte, denn er hatte in diesem Moment keinen Willen zur Tatherrschaft mehr und der Umfang seiner Tatbeteiligung, die sich auf das Vorbereitungsstadium beschränkt, erweist sich insgesamt als gering. B kann somit nicht als Mittäter bestraft werden. Eine mögliche Strafbarkeit wegen Beihilfe bleibt davon allerdings unberührt365. A kann in Fall 5366 ebenfalls nicht als Täter angesehen werden. Er besaß keine Tatherrschaft, denn er konnte keinerlei Einfluss auf das Geschehen in der Bank nehmen. Auch seine Tatbeiträge im Vorbereitungsstadium – etwa der Diebstahl des Fahrrades – begründen keine Tatherrschaft. Die subjektive Theorie gelangt hier zum selben Ergebnis, denn A hatte wegen seiner Abstandnahme keinen Täterwillen. Zu prüfen bleibt allerdings noch, ob A als Gehilfe bestraft werden kann367. In Fall 6368 hatte T, der sich mit erhobenen Händen zu Boden fallen ließ, im Ausführungsstadium keine Tatherrschaft. Im Vorbereitungsstadium war eher D die dominierende Gestalt. Daher hat T im Vorbereitungsstadium keine Tatbeiträge geleistet, die seine Tatherrschaft im Ausführungsstadium begründen könnten. Die subjektive Theorie gelangt zum selben Ergebnis. Der Umfang der Tatbeteiligung des T war gering369. Er wollte – zumindest zu dem Zeitpunkt, zu dem er sich ergeben hat, – keinen Einfluss auf das weitere Tatgeschehen haben, so dass er keinen Willen zur Tatherrschaft besaß. Daher hatte er auch keinen Täterwillen. Zu prüfen bleibt die Strafbarkeit des T wegen Beihilfe370.
E. Abstandnahme bei Sonderdelikten und Absichtsdelikten Abschließend soll noch auf Besonderheiten eingegangen werden, die bei der Abstandnahme eines Mittäters von Sonderdelikten und von Absichtsdelikten auftreten. Die täterschaftliche Verantwortung kann nämlich auch deswegen entfallen, weil bei dem abstandnehmenden Mittäter die vom Tatbestand geforderte Subjektsqualität371 oder besondere Absichten372 nicht (mehr) vorliegen.
Siehe dazu u. 6. Kapitel, insbes. S. 216. Zum Sachverhalt s. o. S. 110; zur Aufgabe des Tatentschlusses s. o. S. 131. 367 Siehe dazu noch u. S. 216. 368 Zum Sachverhalt s. o. S. 110; zur Aufgabe des Tatentschlusses s. o. S. 131. 369 Puppe, NStZ 1991, 571 (572), meint sogar, dass T überhaupt nichts zur Ausübung der Tatherrschaft getan hat. 370 Siehe dazu noch u. S. 216 f. 371 Dazu sogleich unter I. 372 Siehe dazu u. II. 365 366
E. Abstandnahme bei Sonderdelikten und Absichtsdelikten
143
I. Sonderdelikte Sonderdelikte sind Delikte, die täterschaftlich nur von einem bestimmten Täterkreis oder nur von einer bestimmten Personengruppe begangen werden können373. Sonderdelikte sind insbesondere Amtsdelikte, bei denen nur ein Amtsträger als Täter in Betracht kommt374. Aber auch Tatbestände, die eine besondere Pflichtenstellung des Täters voraussetzen, gehören zu den Sonderdelikten. Wer nicht sonderpflichtig ist, kann daher auch nicht Mittäter eines Sonderdelikts sein, denn die Pflichtenstellung kann nicht gem. § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden375. Deshalb stellt sich die Frage, wie sich das Entfallen der Sonderpflichtenstellung im Vorbereitungsstadium auf die Verantwortlichkeit als Mittäter auswirkt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Amtsträgereigenschaft eines Beteiligten im Zeitraum zwischen dem gemeinsamen Tatentschluss und dem unmittelbaren Ansetzen endet oder die Vermögensbetreuungspflicht i. S. d. § 266 Abs. 1 StGB durch die Kündigung des Vertrages, der die Treuepflicht ausgelöst hat, noch im Vorbereitungsstadium entfällt376. Dabei kommt es darauf an, zu welchem Zeitpunkt die Pflichtenstellung vorliegen muss. Schon der Wortlaut vieler Sonderdelikte spricht dafür, dass der Zeitpunkt der Vornahme der Tathandlung entscheidend ist. So macht sich wegen Untreue strafbar, wer die ihm eingeräumte Vermögensverfügungsbefugnis missbraucht oder die Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt. Der Missbrauch der Befugnis oder die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht erfolgt durch die Vornahme der vermögensschädigenden Handlung; der Eintritt des Erfolges ist lediglich eine Folge der Pflichtverletzung. Nach § 340 Abs. 1 StGB macht sich ein Amtsträger strafbar, der während der Ausübung seines Dienstes eine Körperverletzung begeht. Maßgeblich ist also die Tatbegehung als Sonderpflichtiger oder Amtsträger. Gem. § 8 S. 1 StGB wird die Tat zu dem Zeitpunkt begangen, zu dem der Täter gehandelt hat. Die besonderen Eigenschaften des Täters müssen deshalb nicht bis zum Zeitpunkt des Erfolgseintritts fortbestehen. Wenn also der Moment der Tathandlung entscheidend ist, fragt sich weiter, ob es nur auf die eigene Tathandlung oder auch auf die Handlungen der anderen Tatgenossen ankommt. Die Sonderdeliktsfähigkeit kann nicht Gegenstand der mittäterschaftlichen Zurechnung sein. Demnach muss die besondere Tätereigenschaft weder im Zeitpunkt des gemeinsamen Tatentschlusses noch im Zeitpunkt, in dem die anderen Beteiligten handeln, vorliegen. Die Abstandnahme 373 Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 8 Rn. 31; Heinrich, Amtsträgerbegriff, S. 183; Wessels / Beulke, AT, Rn. 39; eingehend Langer, Sonderverbrechen, S. 25 ff. 374 Arzt / Weber, BT, § 49 Rn. 4; Cramer, in: Schönke / Schröder, vor § 331 Rn. 7; Heinrich, Amtsträgerbegriff, S. 179 f., 183; Tröndle / Fischer, vor § 331 Rn. 3. 375 Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 91; Baumann, JuS 1963, 85 (87); Heinrich, Amtsträgerbegriff, S. 183 f.; Langer, Sonderverbrechen, S. 469 f. 376 Zu beachten ist jedoch, dass die Treuepflicht nicht zwingend mit der Kündigung des Vertrages endet; auch erloschene Rechtsverhältnisse können unter Umständen eine Treuepflicht begründen, s. dazu nur Schünemann, in: LK, § 266 Rn. 62.
144
3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
durch Wegfallen der Pflichtenstellung ist daher bis zum Zeitpunkt der Vornahme der eigenen Tathandlung möglich. Bei den eigenhändigen Delikten ist die besondere Subjektsqualität dadurch gekennzeichnet, dass der Täter eine bestimmte Handlung vornehmen muss377. Dies ist der Fall, wenn die Auslegung des jeweiligen Tatbestandes ergibt, dass das entscheidende Unrecht nicht in der Herbeiführung des Erfolgs, sondern in einem eigenen verwerflichen Tun liegt378. Die Tathandlung eigenhändiger Delikte kann nicht gem. § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden. Eine mittäterschaftliche Begehung solcher Delikte ist allenfalls möglich, wenn jeder der Mittäter selbst eine tatbestandsmäßige Handlung vornimmt. So kann etwa ein Fahrzeug im Straßenverkehr arbeitsteilig von mehreren Personen geführt werden, wenn beispielsweise zwei Fahrradfahrer mit einem Tandem unterwegs sind oder wenn ein Fahrzeug abgeschleppt wird. Auf diese Weise können die eigenhändigen Delikte der §§ 315c, 316 StGB von mehreren Personen täterschaftlich verwirklicht werden. Ob es sich dabei um Mittäterschaft handelt, ist zweifelhaft379, weil jeder Täter selbst die Tathandlung vornimmt. Eine Zurechnung der Tatbeiträge vom einen Täter an den anderen Täter gem. § 25 Abs. 2 StGB ist zur Tatbestandsverwirklichung nicht erforderlich. Jedenfalls hat jeder „Mittäter“ die Möglichkeit, von einer täterschaftlichen Begehung des Delikts Abstand zu nehmen, indem er die Tathandlung nicht eigenhändig vornimmt. Soweit der Versuch strafbar ist, kann er allerdings, sobald er zur Tatbegehung unmittelbar angesetzt hat, der Strafbarkeit wegen Versuchs nur noch unter den Voraussetzungen des § 24 StGB entgehen380.
II. Absichtsdelikte Die Absichtsdelikte sind dadurch gekennzeichnet, dass der Täter neben der vorsätzlichen Verwirklichung der Merkmale des objektiven Tatbestandes mit seiner Handlung bestimmte Ziele verfolgt381. Es ist allgemein anerkannt, dass bei Delikten, die besondere Absichten des Täters voraussetzen, nur derjenige Mittäter sein kann, bei dem diese Absichten vorliegen382. Die Absichten können im Wege der Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 8 Rn. 37. BGHSt 6, 226 (227); 41, 242 (243 f.). Kritisch dazu Roxin, AT 2, § 25 Rn. 290. 379 Siehe BGHSt 36, 341 (344), wonach in diesen Konstellationen „eine Art Mittäterschaft“ vorliegt; vgl. auch König, in: LK, § 315c Rn. 38. Dagegen aber z. B. Tröndle / Fischer, § 25 Rn. 6a, wonach eigenhändige Delikte prinzipiell nur in Alleintäterschaft begangen werden können. 380 Für das unmittelbare Ansetzen kann aber nur auf das eigene Verhalten des Täters abgestellt werden. Da nämlich eine Zurechnung der Tathandlung nicht möglich ist, kann auch ein unmittelbares Ansetzen zu dieser Handlung nicht zugerechnet werden, was im Ergebnis der einschränkenden Einzellösung entspricht, s. o. A. I. 2. 381 Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 94. 382 Siehe nur Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 94; Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 83. 377 378
E. Abstandnahme bei Sonderdelikten und Absichtsdelikten
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Mittäterschaft nämlich gleichfalls nicht zugerechnet werden. So kann beispielsweise Täter eines Raubes nur sein, wer selbst Zueignungsabsicht hat383. Fraglich ist jedoch, zu welchem Zeitpunkt diese Absichten vorliegen müssen. Nach Herzberg384 sind diese Absichten mit dem Vorsatz nicht vergleichbar, soweit sie für das Ausmaß der objektiven Rechtsgutsverletzung oder -gefährdung relevant sind und nicht bloß deliktstypische Bedeutung haben. Beispielsweise soll ein Betrüger, der, nachdem er die Täuschungshandlung vorgenommen hat und bevor das Opfer die Vermögensverfügung trifft, die Bereicherungsabsicht aufgibt und nun den erlangten Vermögensvorteil sofort wieder dem Opfer zuleiten will, nicht gem. § 263 StGB strafbar sein. Es komme nämlich niemals zu einer ernsthaften Vermögensgefährdung. Dieser Fall unterscheide sich wesentlich von Fällen, in denen der Täter seinen Tötungsvorsatz nach Vornahme der Tötungshandlung und vor Eintritt des Erfolges aufgibt. Daraus folgert Herzberg, dass Absichten, die für die Rechtsgutsverletzung relevant sind, bis zur Vollendung der Tat durchgehalten werden müssten. Nach der Rechtsprechung385, die bei Teilen der Literatur Zustimmung gefunden hat386, soll der Wegfall der besonderen Absichten dazu führen, dass der Beteiligte nur als Teilnehmer haftet, selbst wenn sein Verhalten vor der Willensänderung als Mittäterschaft zu bewerten gewesen wäre. Teilweise wird gefordert, dass die besondere Absicht im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens vorliegen müsse387. Die vorgenannten Ansichten überzeugen jedoch deswegen nicht, weil die besonderen Absichten und der Vorsatz gleich zu behandeln sind. Der Vorsatz hinsichtlich der objektiven Tatbestandsmerkmale ist ein notwendiges Tatbestandsmerkmal388. Wenn also die besonderen Absichten des Alleintäters zum Zeitpunkt der Vornahme einer bestimmten Handlung gegeben sein müssen389, muss sich die Lösung für die Mittäterschaft daran orientieren, zu welchem Zeitpunkt der Vorsatz des Mittäters vorliegen muss. Die besonderen Absichten müssen daher – ebenso wie der Vorsatz390 – im Zeitpunkt der Erbringung der eigenen Handlung und im Zeitpunkt des gemeinsamen Tatentschlusses vorhanden sein. Sofern der Täter nach dem Tatplan an der entsprechenden Handlung selbst überhaupt nicht mitwirken soll, muss es BGH NJW 1987, 77; BGH NStZ 1994, 29 (30). Herzberg, in: Oehler-FS, S. 163 (175 ff.). 385 BGH NStZ 1994, 29 (30). 386 Tröndle / Fischer, § 25 Rn. 6; Vogler, in: LK, § 24 Rn. 162 insbes. Fn. 152; Zaczyk, in: NK, § 24 Rn. 119; vgl. auch Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (755, 762); Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 152. 387 So Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 40 Rn. 69. 388 Ebenso Graul, in: Meurer-GS, S. 89 (90 f.). 389 So muss beispielsweise die Zueignungsabsicht beim Diebstahl im Zeitpunkt der Wegnahmehandlung vorliegen, Eser, in: Schönke / Schröder, § 242 Rn. 66; Kindhäuser, in: NK, § 242 Rn. 113; Tröndle / Fischer, § 242 Rn. 43. 390 Siehe dazu bereits o. C. II. 5. b). 383 384
10 Fad
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3. Kap.: Die Abstandnahme des Mittäters, § 25 Abs. 2 StGB
allein auf den Zeitpunkt des gemeinsamen Tatentschlusses ankommen. So kommt es bei einem mittäterschaftlichen Diebstahl für die Zueignungsabsicht auf den Moment der Vornahme der Handlung, die die Wegnahme bewirkt, an. Wenn der Täter bereits alles, was aus seiner Sicht für die Wegnahme erforderlich ist, getan hat, steht das nachträgliche Entfallen der Zueignungsabsicht der Strafbarkeit gem. §§ 242 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB nicht entgegen. In Fall 5391 hätte A die Tathandlung der Wegnahme selbst vornehmen müssen. Zu dem Zeitpunkt, als er die auf die Wegnahme gerichtete Handlung hätte vornehmen müssen, besaß er keine Zueignungsabsicht mehr. Daher kann er wegen seiner im maßgeblichen Zeitpunkt fehlenden Zueignungsabsicht nicht wegen mittäterschaftlichen Raubes bestraft werden. Hätte dagegen A nach dem Tatplan die Beute nicht selbst wegnehmen müssen, so würde es genügen, wenn er im Zeitpunkt des gemeinsamen Tatentschlusses Zueignungsabsicht besessen hätte. Das nachträgliche Entfallen der Zueignungsabsicht im Vorbereitungsstadium würde allein keine strafbefreiende Abstandnahme bewirken.
391
Zum Sachverhalt s. o. S. 110.
4. Kapitel
Die Abstandnahme des mittelbaren Täters, § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB Im Folgenden soll die Möglichkeit einer strafbefreienden Abstandnahme des mittelbaren Täters im Vorbereitungsstadium untersucht werden. Dazu ist zunächst zu klären, wie weit das Vorbereitungsstadium bei der mittelbaren Täterschaft reicht. Daher ist der Frage nachzugehen, zu welchem Zeitpunkt der mittelbare Täter zum Versuch unmittelbar ansetzt1. Anschließend werden die Möglichkeiten einer strafbefreienden Abstandnahme erörtert2.
A. Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens bei der mittelbaren Täterschaft Da eine spezielle Regelung über den Versuchsbeginn des mittelbaren Täters fehlt, muss zur Beantwortung dieser Frage auf die Formel des § 22 StGB zurückgegriffen werden, obwohl diese auf das unmittelbare Ansetzen des unmittelbaren Täters zugeschnitten ist3. Unter welchen Voraussetzungen ein unmittelbares Ansetzen vorliegt, ist nicht abschließend geklärt4.
I. Meinungsüberblick 1. Nach der sog. Gesamtlösung beginnt der Versuch des mittelbaren Täters immer erst dann, wenn der Tatmittler zur Tatbestandsverwirklichung ansetzt5. Dazu sogleich unter A. Siehe dazu u. B. 3 Vgl. Dencker, Kausalität, S. 143; Kühl, AT, § 20 Rn. 90. 4 Ein Überblick über die dazu vertretenen Auffassungen findet sich bei Hillenkamp, AT, 15. Problem, S. 94 ff. 5 Eschenbach, Jura 1992, 637 (645); Frank, § 43 Anm. II 2 a; Hoyer, in: SK, § 25 Rn. 146 f.; Kadel, GA 1983, 299 (305 ff.); Krack, ZStW 110 (1998), S. 611 (628 ff.); Krey, AT 2, Rn. 437; Kühl, AT, § 20 Rn. 91; Lackner / Kühl, § 22 Rn. 9; Maurauch / Gössel / Zipf, AT 2, § 48 Rn. 115; Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 105; Vogler, in: LK, 10. Aufl., § 22 Rn. 101. Aufgrund der strengen Voraussetzungen, die diese Auffassung an das Vorliegen eines Versuchs stellt, wird sie auch als „strenge Theorie“ bezeichnet, so z. B. Hillenkamp, AT, 15. Problem, S. 95. 1 2
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4. Kap.: Die Abstandnahme des mittelbaren Täters, § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB
Schon der Wortlaut der §§ 22, 25 Abs. 1 Var. 2 StGB gebiete eine derartige Auslegung6. Als weiteres Argument für diese Auffassung wird das Zurechnungsprinzip der mittelbaren Täterschaft herangezogen: Wenn der mittelbare Täter sich das Verhalten seines Tatmittlers über § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB zurechnen lassen muss, so müsse es sich auch zu seinen Gunsten auswirken, dass der Tatmittler noch nicht unmittelbar angesetzt hat7. Maßgeblich sei die sich durch Einwirkung auf den Tatmittler und die Zurechnung des Verhaltens des Tatmittlers ergebende Gesamttat8. Der Täter habe, wenn er das Geschehen aus der Hand gebe, noch nicht alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan, weil ihm noch das Verhalten des Tatmittlers zugerechnet werden müsse. Erst wenn die unmittelbar tatausführende Person ihre Handlungen erbracht habe, sei alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan9. Die tatbestandsmäßige Handlung bei der mittelbaren Täterschaft bestehe nicht in der Einwirkung auf den Tatmittler, sondern in der vom Tatmittler begangenen und dem mittelbaren Täter zugerechneten Handlung10. So weist Frank darauf hin, dass der „mittelbare Täter die Tat durch die Mittelsperson aus(führt), also nicht früher als diese“11. Für die Gesamtlösung wird ferner ein Vergleich mit der unmittelbaren Täterschaft angeführt. Wenn der Täter anstelle des „menschlichen Werkzeugs“ selbst als unmittelbarer Täter handeln würde, so würde ein Versuch auch nicht vorliegen, bevor der Täter zur Verletzung des geschützten Rechtsguts selbst unmittelbar ansetze; daher sei es nicht einzusehen, warum die Einschaltung eines Tatmittlers zu einer Vorverlagerung der Versuchsstrafbarkeit führen solle. Denn die Gefährdung des Opfers sei in dem Zeitpunkt, in dem der Täter auf den Tatmittler einwirkt, nicht höher, als wenn er selbst zur Tat entschlossen sei und sich in Richtung des Opfers auf den Weg mache12. 2. Nach der sog. Einzellösung beginnt der Versuch des mittelbaren Täters dagegen bereits mit der Einwirkung auf den Tatmittler 13. Diese Ansicht ist jedenfalls dann konsequent, wenn man auch bei der Mittäterschaft die hier sog. vorverlagern6 Krey, AT 2, Rn. 437, wonach § 22 StGB für den Fall der mittelbaren Täterschaft folgendermaßen zu lesen sei: „Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes durch einen anderen unmittelbar ansetzt“. – Hervorhebung im Original. Eine andere Auslegung verstoße gegen Art. 103 Abs. 2 GG, vgl. auch Fn. 40. 7 Krack, ZStW 110 (1998), S. 611 (628). 8 Eschenbach, Jura 1992, 637 (645); Hoyer in: SK, § 25 Rn. 147; Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 105; Vogler, in: LK, 10. Aufl., § 22 Rn. 101. 9 Kadel, GA 1983, 299 (307); Krack, ZStW 110 (1998), S. 611 (629). 10 Kadel, GA 1983, 299 (306). 11 Frank, § 43 Anm. II 2 a – Hervorhebung im Original. Ebenso Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 105; Vogler, in: LK, 10. Aufl., § 22 Rn. 101. 12 Krack, ZStW 110 (1998), S. 611 (630); vgl. auch Kadel, GA 1983, 299 (307). 13 Baumann, JuS 1963, 85 (92 f.); Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 155; Maurauch, AT, 4. Aufl., S. 504; Schilling, Verbrechensversuch, S. 100 ff., 112 f.; im Grundsatz ebenso Jakobs, AT, 21 / 105, der den Versuchsbeginn mit dem unmittelbaren Ansetzen zum Abschluss der Einwirkung annehmen will; Merkel, ZStW 107 (1995), S. 545 (550), stellt auf den Abschluss der Einwirkung ab.
A. Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens bei der mittelbaren Täterschaft
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de Einzellösung vertritt14. Nach dieser Auffassung kann nämlich nur das eigene Verhalten eines Beteiligten, das für den Erfolg kausal ist, versuchsbegründend sein. Da das teilweise verwirklichte Handlungsunrecht Strafgrund des Versuchs sei, könne es nur auf die Vornahme der Handlung des mittelbaren Täters ankommen; die einzige Handlung, die der mittelbare Täter vornehme, sei regelmäßig jedoch das Einwirken auf den Tatmittler 15. Bei der mittelbaren Täterschaft wird die Einzellösung aber auch von Autoren vertreten, die den Versuchsbeginn des Mittäters nach der Gesamtlösung beurteilen. Begründet wird dies mit einem Vergleich zur versuchten Anstiftung i. S. d. § 30 Abs. 1 StGB16: Der Versuch der Anstiftung gem. § 30 Abs. 1 StGB beginne mit dem Einwirken auf den Haupttäter. Dementsprechend müsse bei der mittelbaren Täterschaft der Versuch dann beginnen, wenn der Hintermann auf den unmittelbar Handelnden einzuwirken beginne, denn Anstiftung und mittelbare Täterschaft seien insoweit identisch, als bei beiden Beteiligungsformen ein Tatveranlasser hinter dem unmittelbar Ausführenden stehe. Des Weiteren wird die Begründung auf einen Vergleich mit dem Einsatz eines mechanischen Werkzeugs gestützt: Setze der Täter ein mechanisches Werkzeug oder ein Tier ein, das den Taterfolg über einen längeren Zeitraum herbeiführe, liege ein unmittelbares Ansetzen bereits mit dem Einsatz des Werkzeugs vor, denn es komme auf „die Länge des Weges zur Tatausführung“ nicht an17. Ferner sei bei der unmittelbaren Täterschaft die Qualität des eingesetzten Werkzeugs ohne Bedeutung; dementsprechend müsse bei der mittelbaren Täterschaft die Qualität des Werkzeugs gleichfalls unerheblich sein, so dass mit der Einwirkung auf das Werkzeug immer ein unmittelbares Ansetzen zu bejahen sei. 3. Eine andere Ansicht differenziert zwischen der Gut- und Bösgläubigkeit des Tatmittlers. Sei der Tatmittler gutgläubig, soll für den Hintermann die Versuchsschwelle überschritten sein, sobald er auf den Tatmittler eingewirkt hat; bei einem bösgläubigen Tatmittler soll der Versuch des mittelbaren Täters dagegen erst dann beginnen, wenn der Tatmittler selbst unmittelbar ansetzt18. Von einem gutgläubigen Werkzeug oder einem Geisteskranken könne man ein mit einem mechanischen Werkzeug vergleichbares „automatisches Funktionieren“ erwarten; bei einem bösgläubigen Werkzeug habe der Täter dagegen keine solche Herrschaft über das Geschehen19. Diese Differenzierung ist jedoch wenig überzeugend20. Dass gerade Dazu o. 3. Kapitel A. I. 1. a). Schilling, Verbrechensversuch, S. 100 f. 16 Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 155. 17 Baumann, JuS 1963, 85 (93); Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 155; ebenso Tröndle / Fischer, § 22 Rn. 26. 18 Blei, AT, S. 261 f.; Welzel, Strafrecht, S. 191. 19 Blei, AT, S. 261 f. 20 Gegen diese Differenzierung auch Vogler, in: LK, 10. Aufl., § 22 Rn. 97, mit dem Hinweis, dass weder unter dem Gesichtspunkt der Gefährdung noch unter Schuldgesichtspunkten ein Unterschied zwischen dem Einsatz eines gut- und eines bösgläubigen Werkzeugs besteht. 14 15
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4. Kap.: Die Abstandnahme des mittelbaren Täters, § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB
gutgläubige Werkzeuge oder geisteskranke Personen gleichsam automatisch funktionieren, ist unzutreffend21. So wird etwa das Verhalten von Geisteskranken häufig viel unberechenbarer sein als das Verhalten eines bösgläubigen Werkzeugs. Andererseits ist die Annahme, bösgläubige Werkzeuge seien nicht beherrschbar, verfehlt, da nach der Tatherrschaftslehre die Ausübung von Herrschaft über den Tatmittler gerade die Voraussetzung für sämtliche Formen der mittelbaren Täterschaft ist22. Außerdem wird ein bösgläubiger Tatmittler, der im Rahmen mafiaähnlicher Organisationsstrukturen oder unter Missbrauch staatlicher Machtbefugnisse eingesetzt wird23, oft sogar besonders gut steuerbar sein. 4. Die überwiegende Ansicht beurteilt das unmittelbare Ansetzen bei der mittelbaren Täterschaft nach denselben Kriterien wie bei der unmittelbaren Täterschaft24. Hierfür wird angeführt, dass der Begriff des unmittelbaren Ansetzens bei der mittelbaren Täterschaft nicht anders ausgelegt werden könne als bei der unmittelbaren Täterschaft25. Freilich ist auch bei der unmittelbaren Täterschaft noch nicht abschließend geklärt, auf welche Kriterien hierfür abzustellen ist. So wird zur Bestimmung des unmittelbaren Ansetzens des mittelbaren Täters – wie bei der unmittelbaren Täterschaft – alternativ oder kumulativ das Kriterium des Aus-derHand-Gebens des Geschehens und das Kriterium der Gefährdung des geschützten Rechtsguts oder ausschließlich eines dieser Kriterien herangezogen. Eine Ansicht stellt ausschließlich auf die Gefährdung ab, so dass der mittelbare Täter immer dann die Versuchsschwelle überschreitet, wenn es zu einer unmittelbaren Gefährdung des geschützten Rechtsguts kommt26. Da die Gefährdung des geschützten Rechtsguts allgemein für die Beurteilung des unmittelbaren Ansetzens von Bedeutung sei27, könne für die Fallkonstellation der mittelbaren Täterschaft nichts anderes gelten28. Nach einer anderen Auffassung kommt es entscheidend auf den Zeitpunkt an, in dem der Täter das Geschehen aus der Hand gibt29. Wenn Hillenkamp, in: LK, § 22 Rn. 155. Vgl. Roxin, in: Maurach-FS, S. 213 (229). Dazu, dass einem Hintermann sogar Tatherrschaft über vollverantwortlich handelnde Personen zukommen kann, s. noch u. B. II. 1. b) ee). 23 Ob es sich beim Einsatz vollverantwortlich handelnder Tatmittler um mittelbare Täterschaft handelt, ist freilich umstritten, s. dazu noch u. B. II. 1. a) ee). 24 Siehe nur BGHSt 40, 257 (268). 25 Vgl. z. B. Otto, NStZ 1998, 243; vgl. ders., JA 1980, 641 (645). 26 BGHSt 4, 270 (273 f.); Eser, in: Schönke / Schröder, § 22 Rn. 54a; Otto, AT, § 21 Rn. 127; ders., NStZ 1998, 243; vgl. auch v. Heintschel-Heinegg, Prüfungstraining, Rn. 535. 27 So z. B. Eser, in: Schönke / Schröder, § 22 Rn. 42; Otto, AT, § 18 Rn. 28 ff.; ähnlich Vehling, Vorbereitung, S. 124 ff., 141, wonach ein Versuchsbeginn dann vorliegt, wenn der Täter durch sein rolleninadäquates Verhalten ein rechtlich missbilligtes Risiko schafft, das die intendierte Tatbestandsverwirklichung indiziert, und Zaczyk, Unrecht, S. 308 ff., 330, wonach ein Versuchsbeginn vorliegen soll, sobald der Täter das angegriffene Rechtsgut so „in den Griff“ bekommt, dass er bereits eine überlegene Stellung ihm gegenüber gewinnt. 28 BGHSt 4, 270 (273). 29 Hilgendorf, Fallsammlung, S. 127 f.; Jescheck / Weigend, AT, S. 672 f.; Jescheck, ZStW 99 (1987), S. 111 (130 f.); Roxin, in: LK, § 25 Rn. 152; ders., JuS 1979, 1 (11); ders., in: 21 22
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der Hintermann das Geschehen aus der Hand gegeben habe, liege ein beendeter Versuch vor, so dass von einem unmittelbaren Ansetzen auszugehen sei30. Solange der Täter das Geschehen nach seiner Vorstellung noch beherrscht, seien aus seiner Sicht noch weitere Teilakte – nämlich das Aus-der-Hand-Geben des Geschehens – zur Tatbestandsverwirklichung erforderlich, so dass es nicht auf den Zeitpunkt der Vornahme der Handlung ankommen könne31. Die Gefährdung des Rechtsguts sei unerheblich, weil die Erfolgschance des Versuchs für die Beurteilung des unmittelbaren Ansetzens ohne Bedeutung sei32. Des Weiteren ist die Ansicht zu nennen, nach der eines der Kriterien der Gefährdung und des Aus-der-Hand-Gebens alternativ vorliegen müsse33. Danach sei das Versuchsstadium erreicht, sobald das geschützte Rechtsgut gefährdet wird oder der mittelbare Täter das Geschehen aus der Hand gibt. Schließlich wird vertreten, dass die Gefährdung und das Aus-derHand-Geben kumulativ vorliegen müssten34. Nach dieser Auffassung überschreitet der mittelbare Täter die Schwelle zum Versuch nur dann, wenn er das Geschehen aus der Hand gibt und das geschützte Rechtsgut bereits unmittelbar gefährdet wird. Teilweise wird auch die Formulierung gewählt, der Täter müsse das Geschehen derart aus der Hand geben, dass es nach seiner Vorstellung ohne weitere wesentliche Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung einmünden soll35. Für die Beurteilung, ob noch wesentliche Zwischenakte erforderlich sind, soll die örtliche und zeitliche Nähe, die Gut- oder Bösgläubigkeit des Tatmittlers und die Wahrscheinlichkeit bestimmter Geschehensabläufe eine Rolle spielen36. Nach dieser Ansicht ist die Gefährdung des geschützten Rechtsguts zwar nicht zwingende Voraussetzung für ein unmittelbares Ansetzen, wohl aber ein wichtiges Indiz hierfür.
II. Stellungnahme Einigkeit besteht zunächst darüber, dass der Versuch frühestens mit der Einwirkung auf das Werkzeug und spätestens mit dem unmittelbaren Ansetzen des WerkMaurach-FS, S. 213 (227 ff.); Rudolphi, in: SK, § 22 Rn. 20a; im Grundsatz ebenso Papageorgiou-Gonatas, Vorbereitungshandlungen und Versuch, S. 326; Streng, ZStW 109 (1997), S. 862 (886); vgl. auch Schmidhäuser, AT, 15 / 57. 30 Roxin, in: LK, § 25 Rn. 152. 31 Rudolphi, in: SK, § 22 Rn. 20a. 32 Roxin, JuS 1979, 1 (11). 33 Lackner, 22. Aufl., § 22 Rn. 9; Preisendanz, § 22 Anm. 5 c. 34 BGHSt 30, 363 (365); 40, 257 (269); BGH StV 2001, 272 (273); Haft, AT, S. 230 f.; Saliger, JuS 1995, 1004 (1008). 35 Kudlich, JuS 1998, 596 (600); Wessels / Beulke, AT, Rn. 613. 36 Kudlich, JuS 1998, 596 (600); vgl. auch Gropp, AT, § 10 Rn. 64 f.; Wessels / Beulke, AT, Rn. 615 f., die verlangen, dass das Geschehen, nachdem es der Täter aus der Hand gegeben hat, ohne längere zeitliche Unterbrechung oder sonstige Hemmnisse unmittelbar in die Tatbestandsverwirklichung einmünden soll.
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4. Kap.: Die Abstandnahme des mittelbaren Täters, § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB
zeugs beginnen kann37. Die Auffassung, die ein unmittelbares Ansetzen immer dann annimmt, wenn der Täter die Einwirkung auf sein Werkzeug abgeschlossen hat, ist abzulehnen. Die Annahme, der Alleintäter setze stets unmittelbar zum Versuch an, wenn er alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat, ist – wie bereits oben dargelegt38 – nicht in jedem Fall zutreffend. Da der Alleintäter das Versuchsstadium nicht zwingend erreicht, sobald er alles zur Tatbestandsverwirklichung Notwendige getan hat, kann für den mittelbaren Täter nichts anderes gelten. Die Gleichsetzung des mittelbaren Täters mit einem mechanischen Werkzeug wird der subjektiven Entscheidungsmacht, die jedem Menschen – also auch einem Schuldunfähigen – zukommt, nicht gerecht39. Die weite Vorverlagerung des Versuchsbeginns ist darüber hinaus deswegen abzulehnen, weil so das Unmittelbarkeitserfordernis in § 22 StGB leer laufen würde40. Zu untersuchen ist, ob im Sinne der Gesamtlösung der Versuch des mittelbaren Täters erst mit dem unmittelbaren Ansetzen des Tatmittlers beginnt. Bei der Mittäterschaft spricht die von § 25 Abs. 2 StGB angeordnete wechselseitige Zurechnung der Tatbeiträge für die Gesamtlösung41. Für die mittelbare Täterschaft müsste dies dann genauso gelten, wenn zwischen Mittäterschaft und mittelbarer Täterschaft eine vergleichbare Struktur bestünde. Auch die mittelbare Täterschaft führt zu einer Zurechnung der Tatbeiträge des Tatmittlers an den mittelbaren Täter42. Zu beachten sind jedoch folgende Unterschiede: Bei der mittelbaren Täterschaft handelt es sich regelmäßig nicht um eine wechselseitige, sondern nur um eine einseitige Zurechnung. Während dem Hintermann die Tatbeiträge des unmittelbar Handelnden als eigene zugerechnet werden, stellt sich die Frage, ob eine Zurechnung der Tatbeiträge des Hintermannes an den Vordermann möglich ist, häufig schon deshalb nicht, weil sich der Vordermann nicht strafbar macht. Sollte im Einzelfall auch der unmittelbar Tatausführende verantwortlich sein, so hat er regelmäßig alle Tatbestandsmerkmale in eigener Person verwirklicht, so dass es auf die Zurechnung von Tatbeiträgen des Hintermanns nicht ankommt. Die Mittäterschaft beruht auf dem arbeitsteiligen Zusammenwirken der Tatgenossen und ist somit typischerweise auf ein gleichberechtigtes Zusammenwirken der Beteiligten gerichtet43. Die Siehe nur Wessels / Beulke, AT, Rn. 613; Zaczyk, in: NK, § 22 Rn. 30 f. Siehe o. 2. Kapitel B. I. 1. 39 Zaczyk, in: NK, § 22 Rn. 31. 40 Kühl, AT, § 20 Rn. 92; Vogler, in: LK, 10. Aufl., § 22 Rn. 99. Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 24 Rn. 113, sehen in der Ausdehnung der Versuchsstrafbarkeit sogar einen Verstoß gegen das Analogieverbot; ebenso Krey, AT 2, Rn. 437. 41 Siehe dazu oben 3. Kapitel A. I. 2. a) und 3. Kapitel A. II. 42 Siehe nur Joecks, in: MüKo-StGB, § 25 Rn. 48; Kühl, AT, § 20 Rn. 42; Wessels / Beulke, AT, Rn. 536. So sprechen z. B. Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 6a; Heine, in: Einflüsse, S. 101 (101, 103); Vogel, ZStW 114 (2002), S. 403 (413), in diesem Zusammenhang vom vertikalen Zurechnungsprinzip im Gegensatz zur horizontalen Zurechnung, durch die die Mittäterschaft gekennzeichnet ist; vgl. auch Jung, in: Einzelverantwortung, S. 175 (180 ff.). 43 Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 62; Kühl, AT, § 20 Rn. 99. 37 38
A. Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens bei der mittelbaren Täterschaft
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mittelbare Täterschaft ist dagegen durch eine unterlegene Stellung des Tatmittlers und eine beherrschende Stellung des mittelbaren Täters gekennzeichnet44. Die Handlung des mittelbaren Täters weist daher eine andere Qualität auf als die Handlung des Tatmittlers. Bei der Mittäterschaft beruht die Zurechnung der Tatbeiträge auf einem gemeinsamen Tatplan, bei der mittelbaren Täterschaft auf der einseitigen Einwirkung des Hintermanns auf den Vordermann. Aufgrund dieser unterschiedlichen Struktur zwischen Mittäterschaft und mittelbarer Täterschaft ist es keineswegs zwingend, dass der Versuch des mittelbaren Täters erst mit dem unmittelbaren Ansetzen des Tatmittlers beginnen kann. Der späte Beginn der Versuchsstrafbarkeit erscheint auch kriminalpolitisch nicht sinnvoll. Denn es sind durchaus Fallkonstellationen denkbar, in denen der Täter das Geschehen aus der Hand gegeben hat und das geschützte Rechtsgut schon gefährdet war, obwohl der Tatmittler noch nicht unmittelbar angesetzt hat. Dies kann an folgendem Beispielsfall verdeutlicht werden: Fall 7:45 Der Angeklagte wollte seinen Nebenbuhler J töten lassen. Er entschloss sich, die Tat durch einen Dritten ausführen zu lassen. Dazu übergab der Angeklagte dem Tatmittler G eine Plastikflasche, die angeblich ein Schlafmittel, in Wirklichkeit aber tödlich wirkende Salzsäure enthielt. G sollte J überfallen, ihm das angebliche Schlafmittel notfalls mit Gewalt beibringen und ihn anschließend berauben. Aus Neugierde öffnete aber G die Plastikflasche auf dem Weg zum Tatort und erkannte, dass es sich um eine ätzende Säure handelte. Daraufhin sah er von der Durchführung der Tat ab.
In diesem Fall bestand trotz des noch fehlenden räumlichen Zusammenhangs bereits eine Gefahr für das Leben des J, denn es hing nur noch vom Zufall – der Neugierde des G – ab, ob die Tat unterbleiben würde. Der Angeklagte hatte zudem keine Kontrolle mehr über den Geschehensablauf. Es erscheint daher unangemessen, den Angeklagten nicht wegen eines versuchten Tötungsdelikts, sondern nur wegen versuchter Anstiftung (§ 30 Abs. 1 StGB) zu einem Tötungsdelikt zu verurteilen46. Der Gesamtlösung kann aus diesem Grund ebenfalls nicht gefolgt werden. Das unmittelbare Ansetzen des mittelbaren Täters muss demnach nach allgemeinen Kriterien beurteilt werden. Für den mittelbaren Täter gilt daher im Grundsatz dasselbe wie für den unmittelbaren Täter. Bevor man also entscheidet, welche Kriterien für den Versuchsbeginn des mittelbaren Täters maßgeblich sind, ist zu klären, wie der Versuchsbeginn beim unmittelbaren Täter zu beurteilen ist. Die Grundlage für die Abgrenzung von Versuch und strafloser Vorbereitungshandlung bildet nach herrschender Ansicht die Vorstellung des Täters (subjektive Grundlage); auf dieser Grundlage erfolgt die Bestimmung nach objektiven Kriterien47. Ein strafVgl. nur Tröndle / Fischer, § 25 Rn. 3; Wessels / Beulke, AT, Rn. 535. Sog. Salzsäurefall: BGHSt 30, 363 ff. 46 Auch Kühl, AT, § 20 Rn. 97, gibt als Vertreter der Gesamtlösung zu, dass das „Rechtsgefühl“ einem solchen Ergebnis widerspricht. 47 BGHSt 26, 201 (202 f.); Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 26 Rn. 46 ff.; Eser, in: Schönke / Schröder, § 22 Rn. 33 f.; Fad, JA 2002, 745 (747); Hillenkamp, in: Roxin-FS, S. 689 44 45
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4. Kap.: Die Abstandnahme des mittelbaren Täters, § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB
barer Versuch liegt dann vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „Jetztgeht-es-los“ überschreitet und objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt48. Nicht abschließend geklärt ist dabei allerdings, wann das Unmittelbarkeitserfordernis erfüllt ist. Häufig wird vertreten, dass die Unmittelbarkeit des Ansetzens dann gegeben sei, wenn zwischen der vom Täter vorgenommenen Handlung und der eigentlichen tatbestandlichen Handlung „keine weiteren Teilakte“49 oder keine „wesentlichen Zwischenakte“50 mehr liegen. Teilweise wird darauf abgestellt, ob das geschützte Rechtsgut aus Sicht des Täters bereits unmittelbar gefährdet ist51. Darüber hinaus wird auch ein enger zeitlicher und räumlicher Zusammenhang zwischen der Handlung des Täters und der Tatbestandsverwirklichung gefordert52. Das Unmittelbarkeitserfordernis des § 22 StGB verlangt eine Handlungsunmittelbarkeit, so dass der Täter dann die Versuchsschwelle überschreitet, wenn er unmittelbar vor Beginn der Tatbestandsausführungshandlung steht53. Ob dies der Fall ist, ist mit der herrschenden Auffassung nach der sog. Zwischenaktstheorie zu bestimmen. Danach ist das Versuchsstadium erreicht, wenn der Täter eine Handlung vornimmt, die in ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung einmünden soll54. Neben der Handlungsunmittelbarkeit besteht das Erfordernis einer zeitlichen Unmittelbarkeit. Dies ergibt sich aus dem natürlichen Wortsinn der Ansatzformel55. (702); Jescheck / Weigend, AT, S. 518 f.; Kühl, AT, § 15 Rn. 77; Lackner / Kühl, § 22 Rn. 4; Otto, AT, § 18 Rn. 23; ders., JA 1980, 641 (642); Tröndle / Fischer, § 22 Rn. 8 f.; Vogler, in: LK, 10. Aufl., § 22 Rn. 38; Wessels / Beulke, AT, Rn. 601; vgl. aber auch Gropp, in: GösselFS, S. 175 (186 ff.), wonach es – in Anlehnung an die Lehre vom Rücktrittshorizont – für die Beurteilung, ob das Versuchsstadium erreicht ist, auch auf die „vernünftige und glaubhafte“ Vorstellung des Täters, ob er bereits eine unmittelbare Gefährdung geschaffen hat, ankommen soll. Nach dieser Auffassung erfolgt also die Bestimmung nicht mehr ausschließlich nach objektiven Kriterien. 48 Sog. „gemischt-subjektiv-objektive Theorie“: Tröndle / Fischer, § 22 Rn. 7 f.; Wessels / Beulke, AT, Rn. 601; bzw. „individuell-objektive Theorie“: Jescheck / Weigend, AT, S. 518. 49 Vgl. Vogler, in: LK, 10. Aufl., § 22 Rn. 38; vgl. ferner ders. in: Stree / Wessels-FS, S. 285 (286). 50 Siehe Nachweise in Fn. 54. 51 Vgl. BGHSt 2, 380 (381); BGH NJW 2002, 1057; Eser, in: Schönke / Schröder, § 22 Rn. 42; Otto, AT, § 18 Rn. 27 ff.; Rudolphi, in: SK, § 22 Rn. 13; Tiedemann, JR 1973, 412. 52 Vgl. BGHSt 31, 178 (182); 44, 34 (40); Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 26 Rn. 54; Wessels / Beulke, AT, Rn. 601. 53 Kühl, AT, § 15 Rn. 58; Tröndle / Fischer, § 22 Rn. 10; Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 40 Rn. 48. 54 Vgl. BGHSt 26, 201 (204); 37, 294 (297 f.); BGH NStZ 1996, 38; BGH StV 2001, 272 (273); Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 26 Rn. 54; Jescheck / Weigend, AT, S. 519; Kühl, AT, § 15 Rn. 58 ff.; ders., JuS 1980, 650 (651 f.); Rudolphi, in: SK, § 22 Rn. 13; Tröndle / Fischer, § 22 Rn. 10; Trüg, JA 2002, 102 (104); vgl. auch Freund, AT, § 8 Rn. 58. 55 Kühl, AT, § 15 Rn. 68; ders., JuS 1980, 811; vgl. auch Tiedemann, JR 1973, 412; a. A. Meyer, GA 2002, 367 (374).
A. Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens bei der mittelbaren Täterschaft
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Auch in den Materialien zur Strafrechtsreform finden sich Hinweise auf eine zeitliche Komponente, die allerdings ins Subjektive gekehrt ist56. In der Rechtsprechung werden das Kriterium des engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs und das Kriterium der Handlungsunmittelbarkeit alternativ verwendet57, so dass der Versuchsbeginn vorzuliegen scheint, wenn eines der beiden erfüllt ist. Dies legt es nahe, das Verhältnis dieser beiden Kriterien zueinander näher zu betrachten. Wenn zur Tatbestandsverwirklichung keine wesentlichen Zwischenakte des Täters mehr erforderlich sind, ist in aller Regel auch die zeitliche Unmittelbarkeit gegeben. Daher besteht die Bedeutung der zeitlichen Unmittelbarkeit nur in der Ergänzung der Handlungsunmittelbarkeit58. Ihr kommen dabei die folgenden beiden Funktionen zu: Zum einen hat das zeitliche Unmittelbarkeitserfordernis den Zweck, mehrere Teilakte zu einer „letzten Zwischenphase zusammenzufassen“59. So kann mit ihm ein Versuchsbeginn begründet werden, wenn in einem kurzen Zeitraum noch mehrere Zwischenakte erforderlich sind60. Zum anderen kommt dem Kriterium der zeitlichen Unmittelbarkeit die Funktion zu, diejenigen Fallgestaltungen aus dem Versuchsbereich auszuscheiden, in denen der Täter schon längere Zeit vor der geplanten Tatbestandsausführung eine Handlung vornimmt, die an sich ohne wesentliche Zwischenakte zum Erfolg führen soll61. Würde man in derartigen Fällen allein auf die Handlungsunmittelbarkeit abstellen, so müsste man ein unmittelbares Ansetzen immer bejahen, sobald der Täter alles zur Tatbestandsverwirklichung Notwendige getan hat. Nach der hier vertretenen Ansicht wird die Versuchsschwelle aber nicht in jedem Fall überschritten, 56 Schwalm, in: Niederschriften über die Sitzungen der Großen Strafrechtskommission, Bd. 2, S. 189, meint, das Versuchsstadium sei erreicht, wenn der Täter das Bewusstsein des „Jetzt geht’s los“ habe. Ebenso Dreher, in: Protokolle über die Sitzungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform V, S. 1746, der sagt: „Vulgär ausgedrückt müsse der Täter sagen: Jetzt geht es los, es gibt kein zurück mehr für mich!“ Dazu Kühl, JuS 1980, 811, mit dem Hinweis, dass es sich um ein objektives Kriterium handele und richtigerweise darauf abgestellt werden müsste, dass sich der Täter vernünftigerweise sagen könnte: „Jetzt geht es los“. 57 So z. B. in BGHSt 28, 162 (163); 31, 10 (12 f.); BGH NStZ 1989, 473; 2001, 415; BGH NJW 2002, 1057. 58 Kühl, JuS 1980, 811; ders., AT, § 15 Rn. 68. 59 Kühl, AT, § 15 Rn. 70; ders., JuS 1980, 811; vgl. ferner Krey, AT 2, Rn. 422; Hillenkamp, in: LK, § 22 Rn. 100, will diese Zusammenfassung zwar nicht wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs, sondern aufgrund einer normativen Wertung vornehmen, kommt damit aber zu ähnlichen Ergebnissen. Anders jedoch Meyer, GA 2002, 367 (374), die den zeitlichen Zusammenhang für zu unbestimmt hält, um eine Zusammenfassung der letzten Teilakte zu begründen. 60 Kühl, AT, § 15 Rn. 70; Küper, JZ 1979, 769 (780 f.). 61 Kühl, AT, § 15 Rn. 71; ders., JuS 1980, 811 (812); ebenso Roxin, JuS 1979, 1 (5), der den zeitlichen Zusammenhang zwar nicht als Ergänzung der sog. Zwischenaktstheorie, sondern vielmehr als Ergänzung der Sphärentheorie ansieht; vgl. auch Papageorgiou-Gonatas, Vorbereitungshandlungen und Versuch, S. 328, der das unmittelbare Ansetzen bei der mittelbaren Täterschaft im Einzelfall am fehlenden zeitlichen Zusammenhang scheitern lassen will, auch wenn der Täter das Geschehen bereits aus der Hand gegeben hat.
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4. Kap.: Die Abstandnahme des mittelbaren Täters, § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB
in dem der Täter alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat62. Aus diesem Grund ist eine zeitliche Unmittelbarkeit als zusätzliches Kriterium erforderlich. Schließlich ist noch zu untersuchen, ob das Kriterium der Gefährdung des geschützten Rechtsgutes bei der Ansatzformel des § 22 StGB zu berücksichtigen ist. Auf eine objektive Gefährdung kann es schon deshalb nicht ankommen, weil nach § 22 StGB die Vorstellung des Täters von der Tat die Beurteilungsgrundlage für das unmittelbare Ansetzen darstellt63. Außerdem ergibt sich dies aus der Strafbarkeit des untauglichen Versuchs64, bei dem eine objektive Gefährdung des Rechtsguts gerade nicht vorliegen muss. Es kann demnach allenfalls fraglich sein, ob die Vorstellung des Täters von einer unmittelbaren Rechtsgutsgefährdung für die Abgrenzung von Versuchs- und Vorbereitungsstadium von Bedeutung ist. Der Wortlaut des § 22 StGB gibt keinen Hinweis auf das Erfordernis einer Gefährdung65. Zweifelhaft erscheint, ob die Berücksichtigung der Gefährdung dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Sinn und Zweck der Ansatzformel sprechen gegen die Einbeziehung des Gefährdungskriteriums. Zweck der Ansatzformel ist die enge Anbindung des Versuchs an den Tatbestand des jeweiligen Deliktes66 und der damit verbundene Gewinn an Rechtssicherheit. Unter Gefahr wird allgemein ein objektiver Zustand verstanden, bei dem nach den konkreten Umständen der Eintritt eines Schadens wahrscheinlich ist67. Um zu ermitteln, ob eine Gefahr vorgelegen hat, ist demnach eine Prognoseentscheidung unter Berücksichtigung des allgemeinen Kausalwissens erforderlich68. Diese Prognoseentscheidung kann im Einzelfall erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Daher ist es angezeigt, die Unmittelbarkeit anhand weitgehend formaler Kriterien – wie Handlungsunmittelbarkeit und zeitlicher Zusammenhang – zu entscheiden und dem materiellen Kriterium der nach der Vorstellung des Täters eintretenden Gefährdung keine versuchsbegründende Wirkung zuzusprechen69. Dies entspricht auch der Rechtsprechung, die zur Konkretisierung des sich aus der Handlungsunmittelbarkeit und dem engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang ergebenden abstrakten Maßstabes zwar auf die Rechtsgutsgefährdung abstellt, Siehe oben 2. Kapitel B. I. Siehe dazu bereits die Nachweise in Fn. 47. 64 Siehe dazu die Nachweise in 2. Kapitel, Fn. 40. 65 BGHSt 26, 201 (203); Kühl, JuS 1980, 811 (814); Trüg, JA 2002, 102 (104). 66 Diese Anbindung ist auch vom Gesetzgeber gewollt, siehe dazu bereits o. 1. Kapitel C. I. 67 Vgl. Arzt / Weber, BT, § 35 Rn. 72; Lenckner / Perron, in: Schönke / Schröder, § 34 Rn. 12. 68 Vgl. Lenckner / Perron, in: Schönke / Schröder, § 34 Rn. 12; zu den bei einer derartigen Prognoseentscheidung auftretenden Schwierigkeiten, s. Arzt / Weber, BT, § 35 Rn. 66 f. 69 Kühl, AT, § 15 Rn. 82; ders., JuS 1980, 811 (814); Krey, AT 2, Rn. 423 f.; ferner Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 11 Rn. 40; auch Meyer, GA 2002, 367 (376 f.), lehnt die Heranziehung des Gefährdungskriteriums zur Vorverlagerung des Versuchsbeginns wegen seiner Unbestimmtheit ab. Dagegen aber Eser, in: Schönke / Schröder, § 22 Rn. 42; Papageorgiou-Gonatas, Vorbereitungshandlungen und Versuch, S. 324, die eine Abgrenzung nach formalen Kriterien für verfehlt halten. 62 63
A. Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens bei der mittelbaren Täterschaft
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aber eine solche Gefährdung nur dann annimmt, wenn das geschützte Rechtsgut in der Weise unmittelbar gefährdet ist, dass „nunmehr das letzte Hindernis vor der eigentlichen Tathandlung überwunden wird“70. Folglich kann das Gefährdungskriterium die Versuchsstrafbarkeit gegenüber der Handlungsunmittelbarkeit nicht erweitern. Freilich ist es damit nicht ausgeschlossen, das Gefährdungskriterium für eine Einschränkung der Versuchsstrafbarkeit heranzuziehen 71. Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass der Versuchsbeginn in erster Linie nach einer nach der sog. Zwischenaktstheorie zu ermittelnden Handlungsunmittelbarkeit und ergänzend nach einem zeitlichen Zusammenhang bestimmt wird. Dieses Ergebnis ist nun auf die Konstellation der mittelbaren Täterschaft zu übertragen. Dabei ist zunächst zu klären, ob die Handlungsunmittelbarkeit und der zeitliche Zusammenhang aus Sicht des Tatmittlers72 oder aus Sicht des mittelbaren Täters73 zu bestimmen sind. Ist der unmittelbar Handelnde gutgläubig, so bereitet das Abstellen auf seine Perspektive erhebliche Schwierigkeiten, weil dieser gerade keine Vorstellung vom Tatgeschehen hat74. Der Wortlaut des § 22 StGB, wonach der Täter nach „seiner Vorstellung von der Tat“ unmittelbar ansetzen muss, spricht für das Abstellen auf die Perspektive des mittelbaren Täters. Dass der Zurechnungsgedanke der Gesamttat, wonach eher die Sichtweise des unmittelbar Handelnden entscheidend zu sein scheint, bei der mittelbaren Täterschaft – anders als bei der Mittäterschaft – nicht uneingeschränkt für die Beurteilung des Versuchsbeginns herangezogen werden kann, wurde bereits oben75 dargelegt. Maßgeblich ist demnach die Perspektive des das tatbestandliche Geschehen maßgeblich steuernden mittelbaren Täters. Das Aus-der-Hand-Geben des Geschehens entspricht der Handlungsunmittelbarkeit. Wenn der Täter nämlich das Geschehen in der Weise aus der Hand gibt, dass der Tatmittler ohne wesentliche Vorbereitungshandlungen seinerseits zur Tat schreiten kann, sind in der Regel keine wesentlichen Zwischenakte mehr erforderlich, um die Tatbestandsverwirklichung herbeizuführen. 70 BGH NJW 2002, 1057 (1058); s. dazu Fad, JA 2002, 745 (747 f.). – Auch Eser, in: Schönke / Schröder, § 22 Rn. 42, lehnt eine Rechtsgutsgefährdung für den Fall ab, dass „weitere wesentliche Zwischenschritte zu einer tatbestandsrelevanten Beeinträchtigung erforderlich“ sind. 71 Dass der Täter bei Distanzdelikten nicht immer unmittelbar ansetzt, sobald er alles aus seiner Sicht zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat, wird in BGHSt 43, 177 (179) damit begründet, dass die Versuchsstrafbarkeit erst einsetzen könne, wenn das geschützte Rechtsgut aus Sicht des Täters unmittelbar gefährdet ist, s. dazu o. 2. Kapitel B. I. 3. 72 So beispielsweise Kühl, AT, § 20 Rn. 91; Küper, JZ 1983, 361 (370 f.), für die sog. Gesamtlösung. 73 So beispielsweise Hillenkamp, in: LK, § 22 Rn. 159; Krack, ZStW 110 (1998), S. 625 (636 f.); Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 48 Rn. 119 ff., auf der Grundlage der sog. Gesamtlösung; Otto, JA 1980, 641 (646), der für die Abgrenzung auf die Rechtsgutsgefährdung abstellt; Papageorgiou-Gonatas, Vorbereitungshandlungen und Versuch, S. 310; Trüg, JA 2002, 102 (105). 74 Hillenkamp, in: LK, § 22 Rn. 159. 75 Siehe o. S. 152 f.
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Ergänzend ist auf die zeitliche Unmittelbarkeit abzustellen. An dieser fehlt es, wenn der Tatmittler den Erfolg erst nach einer längeren Zeit herbeiführen soll. Nach dieser Auffassung hat sich der Angeklagte in Fall 7 wegen eines versuchten Tötungsdeliktes in mittelbarer Täterschaft strafbar gemacht. Er hat nämlich mit der Übergabe der Plastikflasche an den Tatmittler G das Geschehen aus der Hand gegeben. Für ihn waren keine wesentlichen Zwischenakte mehr erforderlich. Da G die Tat alsbald nach der Übergabe der Flasche begehen sollte, ist die zeitliche Unmittelbarkeit ebenfalls gegeben. Zu einem anderen Ergebnis würde man gelangen, wenn man den Fall dahingehend abwandelt, dass G die Tat erst erheblich später (beispielsweise einige Monate später) ausführen sollte. Hier wäre zwar die Handlungsunmittelbarkeit zu bejahen, jedoch würde dieses Ergebnis über die fehlende zeitliche Unmittelbarkeit korrigiert, so dass sich der mittelbare Täter nicht wegen eines versuchten Tötungsdelikts strafbar gemacht hätte. Dieses Ergebnis steht auch mit der Eindruckstheorie76 in Einklang. Wenn zwischen der Einwirkung auf den Tatmittler und der Tatausführung durch den Tatmittler ein sehr langer Zeitraum liegt, ist der rechtserschütternde Eindruck, den der Täter durch die Instruktion des „Werkzeugs“ hinterlässt, nicht so erheblich, dass er die Annahme eines Versuchs rechtfertigen würde77.
B. Möglichkeiten einer strafbefreienden Abstandnahme Im Folgenden sollen die Möglichkeiten einer strafbefreienden Abstandnahme des mittelbaren Täters erörtert werden. Dabei wird zunächst untersucht, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine Abstandnahme durch Aufgabe des Vorsatzes möglich ist78. Anschließend ist auf die Frage einzugehen, ob der Abstandnehmende seiner Verantwortlichkeit als mittelbarer Täter auch dadurch entgehen kann, dass er die Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft beseitigt79. So können etwa die Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft möglicherweise dadurch aufgegeben werden, dass der Hintermann den vorsatzlos handelnden Tatmittler aufklärt, wodurch die Tatherrschaft des Hintermannes kraft Irrtums entfiele.
I. Abstandnahme durch Aufgabe des Vorsatzes Der mittelbare Täter kann der strafrechtlichen Verantwortlichkeit entgehen, indem er verhindert, dass die Tat das Versuchsstadium erreicht. Da die Tat mit der 76 77 78 79
Dazu oben 2. Kapitel B. I. 1. c). Ebenso Papageorgiou-Gonatas, Vorbereitungshandlungen und Versuch, S. 328. Dazu sogleich unter I. Siehe dazu u. II.
B. Möglichkeiten einer strafbefreienden Abstandnahme
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Einwirkung auf den Tatmittler noch nicht zwingend in das Versuchsstadium eingetreten ist80, kann er der Verantwortlichkeit als mittelbarer Täter dadurch entgehen, dass er den Tatmittler an der Begehung der Tat hindert. Im Folgenden soll untersucht werden, ob eine Abstandnahme auch ohne Verhinderungsbemühungen durch Aufgabe des Vorsatzes möglich ist. Dabei soll wie bei der Alleintäterschaft zwischen beendeten und unbeendeten Vorbereitungshandlungen differenziert werden. Teilweise wird zwar vertreten, dass es bei der mittelbaren Täterschaft nur einen beendeten Versuch gibt81. Gleichwohl durchläuft die Tat des mittelbaren Täters das Stadium, in dem er noch nicht alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat. Daher gibt es – wie bei der Alleintäterschaft – unbeendete Vorbereitungshandlungen. 1. Unbeendete Vorbereitungshandlung Eine unbeendete Vorbereitungshandlung liegt vor, wenn der Täter noch nicht alles getan hat, was aus seiner Sicht für die Tatbestandsverwirklichung erforderlich ist. Bei der mittelbaren Täterschaft ist dies dann der Fall, wenn der mittelbare Täter noch nicht so auf sein Werkzeug eingewirkt hat, dass er davon ausgeht, es werde die Tat wie beabsichtigt durchführen. Hat der Täter in dieser Situation auch objektiv (noch) nicht alles getan, was zur Tatbestandsverwirklichung notwendig ist, liegt eine unbeendete untaugliche Vorbereitungshandlung vor82. Der mittelbare Täter bleibt bei dieser Fallgestaltung – ebenso wie der unmittelbare Täter – schon dann straffrei, wenn er seinen Vorsatz aufgibt. Dies gilt ebenso wie bei der unmittelbaren Täterschaft unabhängig davon, ob der mittelbare Täter freiwillig handelt. Eine unbeendete, aber bereits taugliche Vorbereitungshandlung liegt dann vor, wenn der Täter zwar glaubt, noch nicht alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan zu haben, seine Handlung jedoch objektiv schon ausreicht, um den Erfolg herbeizuführen83. Bei der mittelbaren Täterschaft ist dies der Fall, wenn der mittelbare Täter denkt, seine Einwirkung auf den Tatmittler genüge noch nicht, um diesen zur Ausführung der Tat zu veranlassen; in Wirklichkeit reicht aber die Einwirkung bereits aus. Der Vorsatz des mittelbaren Täters muss – ebenso wie der des unmittelbaren Täters84 – die Tathandlung umfassen. Ihm muss also bewusst sein, dass er eine Tathandlung vornimmt oder zumindest zu einer solchen schon unmittelbar ansetzt. Da der mittelbare Täter in der hier behandelten Fallkonstellation nicht weiß, dass er die tatbestandsmäßige Handlung schon vorgenommen hat, fehlt ihm der Vorsatz hinsichtlich eines Merkmals des objektiven Tatbestandes, so dass 80 So kann es trotz Abschluss der Einwirkung auf den Tatmittler am erforderlichen zeitlichen Zusammenhang fehlen, s. dazu bereits o. A. II. 81 So beispielsweise Roxin, JuS 1979, 1 (9). 82 Siehe dazu bereits o. 2. Kapitel B. II. 1. 83 Siehe dazu bereits o. 2. Kapitel B. II. 2. 84 Dazu bereits o. 2. Kapitel B. II. 2.
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er nicht wegen vorsätzlicher Tatbegehung in mittelbarer Täterschaft bestraft werden kann. Eine Strafbarkeit wegen Anstiftung scheidet ebenfalls aus, weil er zum Zeitpunkt der Vornahme der Handlung keinen Vorsatz hatte. Möglich bleibt lediglich eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Deliktsbegehung, soweit diese im Einzelfall strafbar ist. Hinsichtlich der unbeendeten Vorbereitungshandlung gilt bei der mittelbaren Täterschaft demzufolge nichts anderes als bei der unmittelbaren Täterschaft: Der Täter bleibt straflos, wenn er seinen Vorsatz im Vorbereitungsstadium aufgibt.
2. Beendete Vorbereitungshandlung Die Konstellation der sog. beendeten Vorbereitungshandlung ist bei der mittelbaren Täterschaft ebenfalls möglich. Da die Abgrenzung zwischen Versuch und Vorbereitung nach allgemeinen Regeln erfolgt, sind Fälle denkbar, in denen der mittelbare Täter bereits alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat, aber die Versuchsschwelle dennoch nicht überschritten ist85. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn es trotz bestehender Handlungsunmittelbarkeit am erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Handlung des mittelbaren Täters und der Herbeiführung des Erfolges durch den Tatmittler fehlt. In dieser Fallkonstellation bleibt der Täter straflos, wenn es nicht zum unmittelbaren Ansetzen kommt. Wandelt man Fall 7 dahingehend ab, dass der Tatmittler G die Tat erst anlässlich eines Ereignisses, das in einem Jahr stattfinden wird, begehen soll, hat der Angeklagte mit der Einwirkung auf G noch nicht unmittelbar zur Tatbegehung angesetzt. Zu untersuchen ist, ob der Täter durch die bloße Aufgabe des Vorsatzes vor dem unmittelbaren Ansetzen Straffreiheit erlangen kann, obwohl er davon ausgeht, er habe bereits alles zur Tatbestandsverwirklichung Notwendige getan. Bei der unmittelbaren Alleintäterschaft wurde schon dargelegt, dass der Vorsatz im Moment der Vornahme der Tathandlung und nicht notwendigerweise im Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens vorliegen muss86. Bei der mittelbaren Täterschaft besteht jedoch keine Einigkeit darüber, was die Tathandlung i. S. von § 8 S. 1 StGB ist. Zunächst besteht die Möglichkeit, die Einwirkung auf das Werkzeug als Tathandlung anzusehen87. Wenn der Täter die Tat unter Verwendung eines mechanischen 85 Siehe dazu o. A. II. – Folgt man allerdings der sog. Einzellösung (dazu bereits oben A. I. 2.), wäre eine beendete Vorbereitungshandlung nicht möglich. Nach dieser Ansicht beginnt der Versuch bereits dann, wenn der Täter mit der Einwirkung auf sein Werkzeug beginnt. Der Versuch würde daher schon beginnen, bevor der Täter alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat. 86 Siehe o. 2. Kapitel B. III. 1. b) cc). 87 Vgl. Hoyer, in: SK, § 8 Rn. 5, wonach es auf den Zeitpunkt ankommen soll, zu dem der mittelbare Täter das Werkzeug aus seinem Einflussbereich entlässt; ebenso Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (780). In diesem Sinne auch Schild, Täterschaft, S. 24, 28.
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Werkzeugs begehe, handele nicht das Werkzeug, sondern der Täter selbst. Beim Einsatz eines menschlichen Werkzeugs könne deshalb nichts anderes gelten; dass der Täter nur mittelbar handele, sei daher nur so zu verstehen, dass er nicht eigenhändig handele88. Nach einer anderen Ansicht soll der Zeitpunkt der Handlung des Tatmittlers entscheidend sein89. Nach der wohl überwiegenden Ansicht liegt die Tathandlung sowohl im Zeitpunkt des Einwirkens auf den Tatmittler als auch im Zeitpunkt der Tatausführung durch den Tatmittler vor90. Dabei bleibt allerdings offen, ob der Vorsatz im Zeitpunkt der eigenen Tathandlung des mittelbaren Täters und im Zeitpunkt der Handlung des Tatmittlers oder ob der Vorsatz entweder zum Zeitpunkt der eigenen Tathandlung oder zum Zeitpunkt der Handlung des Tatmittlers vorliegen muss. Verfehlt ist jedenfalls das alleinige Abstellen auf die Tathandlung des Tatmittlers. Wenn es nur auf diesen Zeitpunkt ankommen würde, wäre mittelbare Täterschaft in der Weise möglich, dass der Täter unvorsätzlich auf den Tatmittler einwirkt und erst hinterher erkennt, dass er ein menschliches Werkzeug zu der Tat veranlasst hat. Der Vorsatz würde dann zu einem Zeitpunkt vorliegen, zu dem der Täter überhaupt keine Handlungen im Sinne eines aktiven Tuns mehr vornimmt. In diesem Fall würde mittelbare Täterschaft durch Unterlassen vorliegen. Eine Strafbarkeit wegen Unterlassens ist jedoch nur dann möglich, wenn die physisch reale Möglichkeit zur Vornahme der gebotenen Handlung besteht91. Aber auch im „Normalfall“, in dem der Täter bereits beim Einwirken auf das Werkzeug seine überlegene Stellung kennt, müsste man zu diesem Ergebnis kommen. Das Einwirken auf das Werkzeug würde nicht zur tatbestandsmäßigen Handlung gehören. Für die Beurteilung, ob aktives Tun oder Unterlassen vorliegt, kommt es allein auf das Verhalten des mittelbaren Täters (und nicht auf das des Tatmittlers)92 an. Mittelbare Täterschaft könnte daher nur durch Unterlassen begangen werden. Ob mittelbare Täterschaft überhaupt durch Unterlassen begangen werden kann, ist zudem umstritten93. Die Annahme, dass mittelbare Täterschaft nur durch Unterlassen begangen werden kann, überzeugt nicht. Die Handlung des Tatmittlers kann deshalb jedenfalls nicht der allein maßgebliche Zeitpunkt sein. Schild, Täterschaft, S. 24 f. Hoyer, in: SK, § 8 Rn. 5. 90 Eser, in: Schönke / Schröder, § 8 Rn. 3; Gribbohm, in: LK, § 8 Rn. 5; Lemke, in: NK, § 8 Rn. 6; Tröndle / Fischer, § 8 Rn. 3; Tröndle, in: LK, 10. Aufl., § 8 Rn. 2; vgl. auch Ambos / Ruegenberg, in: MüKo-StGB, § 8 Rn. 10. 91 Siehe dazu die Nachweise in 2. Kapitel, Fn. 105. 92 Siehe dazu nur Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 116, 119; Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 7. 93 Von der konstruktiven Unmöglichkeit der mittelbaren Täterschaft durch Unterlassen gehen z. B. aus Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 55; Jescheck / Weigend, AT, S. 673; Kühl, AT, § 20 Rn. 267; Otto, AT, § 21 Rn. 108; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 471 f. Die Möglichkeit der mittelbaren Täterschaft durch Unterlassen wird z. B. angenommen von Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 118; Dreher, JuS 2004, 17 (18); Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 48 Rn. 95. 88 89
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Zu untersuchen ist demzufolge nur noch, ob es auf den Zeitpunkt der Einwirkung des mittelbaren Täters auf den Tatmittler allein94 oder sowohl auf diesen Zeitpunkt als auch auf den Moment, indem der Tatmittler handelt, ankommt. Wenn der Vorsatz kumulativ zu beiden Zeitpunkten vorliegen müsste, ist dies denselben Bedenken ausgesetzt, die gegen das Erfordernis eines bis zum Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens fortbestehenden Vorsatzes bestehen95. Unter Umständen kann – wie auch die eingangs erwähnte Abwandlung des Falls 7 zeigt – die Tathandlung des Werkzeugs erst geraume Zeit später erfolgen. In diesem Moment kann der mittelbare Täter die Tat vergessen haben oder schlafen. Die Strafbarkeitslücken wären in diesem Fall noch größer als im Fall des Auseinanderfallens von Tathandlung und unmittelbarem Ansetzen bei unmittelbarer Alleintäterschaft, weil eine zeitlich gestreckte Tatbegehung in Fällen der mittelbaren Täterschaft häufiger ist als bei der unmittelbaren Alleintäterschaft. Verlangt man ein Fortbestehen des Vorsatzes bis zur Handlung des Tatmittlers, kann es demnach zu erheblichen Strafbarkeitslücken kommen. Für eine Beschränkung des Vorsatzerfordernisses auf den Zeitpunkt der Einwirkung auf den Tatmittler spricht der Vergleich mit dem Einsatz eines mechanischen Werkzeugs. Bei diesem ist nämlich Tathandlung auch der Einsatz des Werkzeugs und nicht die „Handlung“ des Werkzeugs. Der mittelbare Täter verursacht keine fremde Tat und wirkt auch nicht an einer fremden Tat mit; er begeht vielmehr selbst eine eigene Tat96. Zudem spricht der Umstand, dass es bei der Beurteilung des unmittelbaren Ansetzens auf die Sicht des mittelbaren Täters und nicht auf die Sicht des Tatmittlers ankommt,97 für diese Auffassung. Der Verzicht auf das Vorsatzerfordernis im Zeitpunkt der Handlung des Werkzeugs ist schließlich auch konform mit der Lösung bei der Mittäterschaft98. Bei der Mittäterschaft kann ebenso auf den Vorsatz des Mittäters in dem Zeitpunkt, in dem ein anderer Tatgenosse eine dem Mittäter zurechenbare Handlung vornimmt, verzichtet werden. Als Ergebnis ist daher festzuhalten, dass bei der mittelbaren Täterschaft der Zeitpunkt der Tat i. S. von § 8 S. 1 StGB das Einwirken auf den Tatmittler ist. Eine Abstandnahme durch Aufgabe des Vorsatzes zwischen der Einwirkung auf den Tatmittler und dem unmittelbaren Ansetzen ist daher nicht möglich.
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So Herzberg, in: Oehler-FS, S. 163 (165, 173). Siehe dazu 2. Kapitel B. III. 1. b) bb) (3). Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 48 Rn. 4. Siehe dazu o. A. II. Dazu o. 3. Kapitel C. II. 5. b).
B. Möglichkeiten einer strafbefreienden Abstandnahme
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II. Abstandnahme durch Beseitigung der Voraussetzungen für die mittelbare Täterschaft Voraussetzung für die mittelbare Täterschaft ist, dass der mittelbare Täter den tatbestandsmäßigen Erfolg kausal und zurechenbar99 verursacht. Darüber hinaus muss der unmittelbar Handelnde als Tatmittler, also als „Werkzeug“, anzusehen sein. Dies ist nach der subjektiven Theorie dann der Fall, wenn der Hintermann mit Täterwillen handelt100. Nach der Tatherrschaftslehre muss dem Hintermann Tatherrschaft zukommen101. Da der Tatmittler selbst unmittelbar handelt, ist diese Herrschaft des Hintermanns nur möglich, wenn dem Tatmittler eine unterlegene Stellung zukommt.
1. Beseitigung der objektiven Voraussetzungen Im Folgenden soll untersucht werden, ob eine Abstandnahme des mittelbaren Täters im Vorbereitungsstadium durch eine Beseitigung der objektiven Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft möglich ist. Dazu ist zunächst zu prüfen, welche Folgen sich aus dem Fehlen der objektiven Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft ergeben102. Anschließend soll anhand der einzelnen Fallkonstellationen der mittelbaren Täterschaft erörtert werden, was der Handelnde tun kann, um diese objektiven Voraussetzungen seiner Tatherrschaft zu beseitigen103.
a) Folge des Fehlens der objektiven Voraussetzungen Hat der Handelnde gegenüber dem Vordermann keine überlegene Stellung und weiß er dies auch, kann ihm die Tat des Vordermannes nicht nach § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB zugerechnet werden. Problematisch ist jedoch diejenige Fallkonstellation, in der der Handelnde glaubt, er habe eine überlegene Stellung aufgrund eines beim Vordermann bestehenden „Defekts“, der in Wirklichkeit aber nicht besteht. Dem Hintermann kommt dann keine Tatherrschaft zu, weil sie ausschließlich beim unmittelbar Handelnden liegt, so dass mittelbare Täterschaft ausscheidet104. Die 99 Da die objektive Zurechnung Voraussetzung aller Beteiligungsformen ist (s. o. 1. Kapitel D. I.), kann dem mittelbaren Täter der Erfolg nur zugerechnet werden, wenn er sich als Verwirklichung einer von ihm selbst geschaffenen rechtlich missbilligten Gefahr darstellt. 100 BGHSt 9, 370 (380); Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 150 f. 101 Kühl, AT, § 20 Rn. 40; Lackner / Kühl, § 25 Rn. 2; Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 48 Rn. 11 ff.; vgl. zu anderen Abgrenzungskriterien Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 48 Rn. 15. 102 Dazu sogleich unter a). 103 Siehe dazu u. b). 104 Kühl, AT, § 20 Rn. 83; Roxin, in: LK, § 25 Rn. 146; Schroeder, Täter, S. 170 ff.; Zaczyk, in: NK, § 22 Rn. 72. Ders., in: NK, § 24 Rn. 118, weist zutreffend darauf hin, dass die Verantwortlichkeit als mittelbarer Täter entfällt, wenn die Verhinderungsbemühungen des Abstand-
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4. Kap.: Die Abstandnahme des mittelbaren Täters, § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB
herrschende Ansicht will in dieser Fallkonstellation den Hintermann wegen Anstiftung bestrafen105. Objektiv liegt die Situation einer Anstiftung vor, weil der Hintermann beim Vordermann einen Tatentschluss hervorruft, aufgrund dessen der Vordermann die Tat begeht. Der erforderliche Anstiftervorsatz ist im Vorsatz hinsichtlich der Umstände, die die Tatherrschaft begründen, mitenthalten106. Der Hintermann entgeht daher seiner Verantwortlichkeit als mittelbarer Täter in Fällen, in denen er den zunächst beim Vordermann tatsächlich vorhandenen, aber später durch Dritte ohne sein Wissen wieder beseitigten Defektzustand ausnutzen will. Völlige Straffreiheit tritt freilich nur ein, wenn es dem Handelnden gelingt, auch von der Anstiftung entweder im Vorbereitungsstadium strafbefreiend Abstand zu nehmen107 oder nach Versuchsbeginn gem. § 24 Abs. 2 StGB strafbefreiend zurückzutreten. Soweit es sich bei der in Aussicht genommenen Tat um ein Verbrechen handelt, kommt eine Strafbarkeit wegen versuchter Anstiftung in Betracht. Von dieser müsste der Handelnde gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 StGB oder § 31 Abs. 2 StGB zurückzutreten. b) Die einzelnen Fallkonstellationen Die unterlegene Stellung des Tatmittlers kann sich daraus ergeben, dass er nicht den objektiven oder subjektiven Tatbestand verwirklicht, nicht rechtswidrig oder nicht schuldhaft handelt. Zu untersuchen ist deshalb im Folgenden, ob der mittelbare Täter in der Weise Abstand nehmen kann, dass er den Defektzustand beim Tatmittler beseitigt.
aa) Objektiv tatbestandslos handelnder Tatmittler Die erste Fallgruppe betrifft diejenigen Fälle, in denen der Tatmittler nicht den objektiven Tatbestand erfüllt. Dies ist insbesondere bei einer Selbstschädigung des Tatmittlers der Fall108. Das Verursachen oder Fördern einer Selbstschädigung begründet allein noch keine mittelbare Täterschaft. Um mittelbarer Täter sein zu können, muss dem Tatveranlasser eine überlegene Stellung zukommen. Diese muss nehmenden dazu führen, dass das „Werkzeug“ selbst verantwortlich handelt. Zu einem anderen Ergebnis kommt freilich die subjektive Theorie, denn der Hintermann handelt mit Täterwillen, was nach dieser Auffassung notwendig, aber auch hinreichend ist, um eine Verantwortlichkeit als mittelbarer Täter zu begründen, so Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 30 Rn. 68; vgl. dazu Schroeder, a. a. O., S. 169 f., 172. 105 Gallas, Verbrechenslehre, S. 107; Jescheck / Weigend, AT, S. 671; Kühl, AT, § 20 Rn. 83; Wessels / Beulke, AT, Rn. 547. Anders jedoch Gropp, AT, § 10 Rn. 77, der versuchte mittelbare Täterschaft annehmen will, sofern der Handelnde nach seiner Vorstellung als mittelbarer Täter zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar angesetzt hat. 106 Jescheck / Weigend, AT, S. 671; Kühl, AT, § 20 Rn. 83; Wessels / Beulke, AT, Rn. 547. 107 Dazu unten 5. Kapitel. 108 Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 9; Kühl, AT, § 20 Rn. 46.
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sich aus zusätzlichen Umständen ergeben. Nach der subjektiven Theorie besteht sie im Täterwillen des Veranlassers109. Nach der herrschenden Lehre ist mittelbare Täterschaft nur möglich, wenn der die Tat veranlassende bzw. die Tat fördernde Hintermann Tatherrschaft hat110. (1) Die Tatherrschaft kann auf einer Drohung beruhen. Hierbei ist allerdings noch nicht abschließend geklärt, von welcher Intensität die Drohung sein muss. Tatherrschaft im Sinne von Nötigungsherrschaft liegt jedenfalls dann vor, wenn der mittelbare Täter sein Opfer in eine Drucksituation bringt, die mit der Situation des gem. § 35 StGB entschuldigt handelnden Täters vergleichbar ist111. Nach anderer Auffassung sind die für die rechtfertigende Einwilligung geltenden Grundsätze entsprechend anzuwenden; danach ist mittelbare Täterschaft bereits dann anzunehmen, wenn eine Einwilligung des Opfers in die Verletzung seiner Rechtsgüter unwirksam wäre112. Dies wird damit begründet, dass der Täter im Fall einer Fremdschädigung, die nicht unter die Exkulpationsregeln fällt, strafrechtlich verantwortlich wäre, wenn er dem vom Hintermann ausgeübten Druck nachgeben würde. Bei einer Selbstschädigung entfiele diese Appellwirkung, da die Selbstschädigung nicht strafbar ist113. Der Hintermann besitzt jedenfalls dann Nötigungsherrschaft, wenn die Drohung eine Intensität erreicht, unter der die unmittelbar handelnde Person im Fall einer Fremdverletzung gem. § 35 Abs. 1 StGB entschuldigt wäre. Wie diese Nötigungsherrschaft im Vorbereitungsstadium aufgegeben werden kann, wird im Einzelnen noch bei der Fallgruppe des entschuldigt handelnden Tatmittlers erörtert114. Vorab sei nur darauf hingewiesen, dass der Hintermann die Nötigung in der Weise aufgeben muss, dass der unmittelbar Handelnde dies erkennt. Lässt man für die Nötigungsherrschaft des Hintermannes über einen sich selbst schädigenden 109 So BGHSt 13, 162 (166); Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 70. Vgl. aber auch BGHSt 19, 135 (138 f.), wonach die Abgrenzung von strafloser Teilnahme an der Selbsttötung und täterschaftlicher Tötung auf Verlangen gem. § 216 Abs. 1 StGB nach der Tatherrschaftslehre zu erfolgen habe, weil die subjektive Theorie in diesen Fällen zu keinen sinnvollen Ergebnissen führe. 110 Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 7; Ebert, AT, S. 194; Jescheck / Weigend, AT, S. 663 f.; Krey, AT 2, Rn. 98; Kühl, AT, § 20 Rn. 48, 51; Lackner / Kühl, § 25 Rn. 2; Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 48 Rn. 11; Roxin, in: LK, § 25 Rn. 54; vgl. auch Jakobs, AT 21 / 63, der in diesem Zusammenhang von „Entscheidungsherrschaft“ spricht. 111 So nehmen z. B. Otto, AT, § 21 Rn. 72; Roxin, in: LK, § 25 Rn. 66, nur in den Fällen, in denen sich der Tatmittler in einer mit der Situation des § 35 StGB vergleichbaren Lage befindet, mittelbare Täterschaft an. Teilweise wird die mittelbare Täterschaft auch dann angenommen, wenn der unmittelbar Handelnde sich in einer mit § 34 StGB vergleichbaren Situation befindet, so z. B. Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 10; Renzikowski, restriktiver Täterbegriff, S. 84 f. 112 So z. B. Herzberg, Täterschaft, S. 38; Lackner / Kühl, vor § 211 Rn. 13a; Krey, AT 2, Rn. 137, 143; Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 48 Rn. 93; Wessels / Beulke, AT, Rn. 539. Schild, Täterschaft, S. 16, will es für die Tatherrschaft des Hintermannes genügen lassen, dass der Tatmittler genötigt wird; ähnlich auch Meyer, Irrtum, S. 160. 113 Herzberg, Täterschaft, S. 36. 114 Siehe dazu noch u. dd).
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Vordermann bereits eine die rechtfertigende Einwilligung ausschließende Nötigung genügen115, so reicht es nicht aus, wenn der abstandnehmende Hintermann seine Nötigung nur soweit reduziert, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 StGB nicht mehr erfüllt wären. Beispielsweise würde es nicht genügen, wenn der Hintermann den Vordermann statt mit einer gegenwärtigen Gefahr für dessen Leben (nur) noch mit einem anderen die Freiverantwortlichkeit ausschließenden empfindlichen Übel bedroht. Der Hintermann müsste seine Drohung gegenüber dem Vordermann vielmehr so zurücknehmen, dass dieser – gemessen an den für die rechtfertigende Einwilligung geltenden Grundsätzen – freiverantwortlich handeln kann. (2) Bei der mittelbaren Täterschaft über ein sich selbst schädigendes Opfer kann sich die Tatherrschaft des Hintermanns aber auch aus einem Irrtum des unmittelbar Handelnden ergeben116. Diese Form der Irrtumsherrschaft kommt auch einem durch ein vorsatzlos handelndes Werkzeug agierenden mittelbaren Täter zu. Insoweit kann auf die nachfolgenden Ausführungen zu dieser Fallgruppe verwiesen werden117. Für eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium ist es unerheblich, ob der mittelbare Täter den Irrtum selbst hervorgerufen hat oder ob er einen bereits vorhandenen Irrtum ausnutzt. Eine Abstandnahme vor dem unmittelbaren Ansetzen ist hier in der Weise möglich, dass der mittelbare Täter den Irrtum des Opfers durch eine entsprechende Aufklärung beseitigt. (3) Die Tatherrschaft des mittelbaren Täters kann auch auf konstitutionellen Mängeln des Opfers beruhen. Dies kommt insbesondere bei Kindern, Jugendlichen oder bei psychisch Kranken in Betracht118. Insoweit besteht eine Vergleichbarkeit mit der Tatbegehung durch ein schuldunfähiges Werkzeug, so dass auf die Ausführungen hierzu verwiesen werden kann119. Diese Mängel können durch den mittelbaren Täter in der Regel nicht beseitigt werden. Eine Abstandnahme ist daher regelmäßig nicht möglich, denn der mittelbare Täter kann seine Tatherrschaft nicht aufgeben.
bb) Tatmittler verwirklicht nicht den subjektiven Tatbestand Eine weitere Konstellation der mittelbaren Täterschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass der Tatmittler den subjektiven Tatbestand eines Delikts nicht erfüllt. Durch sein überlegenes Wissen fällt dem Hintermann die sog. Irrtumsherrschaft zu120. So die zuletzt genannte Ansicht mit Nachweisen in Fn. 112. Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 11; Kühl, AT, § 20 Rn. 48. 117 Siehe dazu noch u. bb). 118 Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 12; Kühl, AT, § 20 Rn. 47. 119 Siehe u. dd). 120 Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 15; Kühl, AT, § 20 Rn. 52; Roxin, in: LK, § 25 Rn. 74. 115 116
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Eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium ist daher in der Weise möglich, dass die Irrtumsherrschaft beseitigt wird. Dies kann insbesondere durch die Aufklärung des Werkzeugs erfolgen121. Gleichgültig ist freilich, ob das „Werkzeug“ vom Täter selbst oder von Dritten aufgeklärt wird. Die Irrtumsherrschaft entfällt sogar, wenn sich der Tatmittler selbst die zur Vermeidung seines Irrtums erforderliche Information beschafft oder durch Zufall erhält. Eine Mindermeinung bestimmt den Anwendungsbereich der mittelbaren Täterschaft allerdings anders: Die Person, die unmittelbar handelt, soll einerseits schon dann als „Werkzeug“ angesehen werden, wenn sie zwar Kenntnis von der Tatbestandsverwirklichung hat, aber nicht verpflichtet ist, dieses Wissen auch einzusetzen122. Für eine Verantwortlichkeit als mittelbarer Täter reiche andererseits nicht der Irrtum des Tatmittlers aus; erforderlich sei vielmehr, dass der mittelbare Täter für den Irrtum „zuständig“ ist123. Diese Zuständigkeit bestehe, wenn der Hintermann rechtlich zur Aufklärung des Vordermannes verpflichtet sei124. Straffrei bleibt der abstandnehmende Hintermann nach dieser Auffassung nicht schon dann, wenn der Vordermann auf irgendeine Weise Kenntnis davon erlangt, dass er den objektiven Tatbestand einer rechtswidrigen Tat verwirklicht, denn dieses Sonderwissen müsste er nicht verwerten. Der mittelbare Täter könnte seiner Verantwortung demnach nur dadurch entgehen, dass er den Tatmittler aufklärt. Diese Auffassung steht jedoch nicht im Einklang mit der Tatherrschaftslehre. Handelt der Vordermann, der durch einen Dritten aufgeklärt wird, vorsätzlich und begeht die Tat dennoch, so beruht die Tatbegehung auf seinem eigenverantwortlichen Willensentschluss125. Der Hintermann kann daher keine Tatherrschaft über den vollverantwortlich handelnden Vordermann ausüben. Umgekehrt kann der Hintermann den unmittelbar Handelnden auch beherrschen, ohne den Irrtum beim ihm hervorgerufen zu haben126. Wenn die Tatherrschaft aber allgemein Voraussetzung der täterEbenso Zaczyk, in: NK, § 24 Rn. 118. Jakobs, GA 1997, 553 (558 f.). Andererseits könne jemand aber auch nur dann als Werkzeug angesehen werden, wenn er sich in einem unvermeidbaren Irrtum befinde, Jakobs, GA, 1997, 553 (556 ff.). 123 Jakobs, GA 1997, 553 (567), wonach mittelbare Täterschaft eine „Zuständigkeit für die Unzuständigkeit des anderen hinsichtlich dessen eigener Orientierung“ voraussetze. Auch Kindhäuser, in: Bemmann-FS, S. 339 (346), vertritt die Ansicht, dass mittelbare Täterschaft nur dann anzunehmen sei, wenn der Hintermann für das Wissensdefizit des Vordermanns verantwortlich ist. 124 Jakobs, GA 1997, 553 (565). 125 Handelt der Tatmittler aber aus anderen Gründen gerechtfertigt [dazu noch u. cc)], entschuldigt [dazu noch u. dd)] oder liegt ein Fall des „Täters hinter dem Täter vor“ [dazu noch u. ee)], so bleibt die Verantwortlichkeit des Hintermann freilich trotz des vorsätzlichen Handelns des Vordermann bestehen. 126 Siehe dazu Otto, in: Roxin-FS, S. 483 (487), und Roxin, in: LK, § 25 Rn. 90, die für die Fallkonstellation, in der der unmittelbar Handelnde einem Verbotsirrtum unterliegt, darauf hinweisen, dass es für die Tatherrschaft des Hintermannes gleichgültig ist, ob der Verbotsirrtum vom ihm hervorgerufen oder nur ausgenutzt wird. 121 122
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schaftlichen Beteiligung sein soll, leuchtet es nicht ein, warum in dieser Fallkonstellation Ausnahmen zugelassen werden sollen, so dass diese Auffassung letztlich nicht überzeugt. Ein „Defekt“ des unmittelbar Handelnden kann sich auch aus dem Fehlen von Absichten ergeben, die manche Tatbestände voraussetzen. Diese Fälle des sog. absichtslos-dolosen Werkzeugs traten vor dem 6. StrRG insbesondere beim Diebstahl auf, wenn das „Werkzeug“ die fremde bewegliche Sache ohne Eigenzueignungsabsicht wegnahm. Da eine Verantwortlichkeit des Hintermanns als Teilnehmer mangels Haupttat nicht in Betracht kommt127, ist die Frage, ob der Hintermann als mittelbarer Täter bestraft werden kann, von besonderer Bedeutung. Die subjektive Theorie kann die Verantwortlichkeit des Hintermanns als mittelbarer Täter unproblematisch damit begründen, dass dieser wegen seines Interesses am Taterfolg Täterwillen hat128. Die Tatherrschaftslehre hat dagegen Schwierigkeiten, die Tatherrschaft des Hintermannes zu begründen, denn dieser hat, da das „Werkzeug“ weiß, dass es den objektiven Tatbestand verwirklicht, keine Tatherrschaft kraft überlegenen Wissens129. Die herrschende Ansicht behilft sich daher mit der Konstruktion der „normativen Tatherrschaft“130. Diese ergibt sich daraus, dass nur der Hintermann die erforderliche Absicht hat, so dass ihm dadurch eine beherrschende Stellung zukommt. Diese normative Tatherrschaft entfällt nur dann, wenn der Vordermann noch vor dem unmittelbaren Ansetzen des Hintermannes die entsprechende Absicht fasst. Da der Hintermann in dieser Fallkonstellation häufig keinen Einfluss auf die Willensbildung des Vordermanns nehmen kann, ist eine Abstandnahme des Hintermanns regelmäßig ausgeschlossen. Durch das 6. StrRG hat sich freilich diese Fallgruppe weitgehend erledigt131.
Siehe nur Jescheck / Weigend, AT, S. 669 f. Vgl. Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 128 f. 129 Vgl. Kühl, AT, § 20 Rn. 54 f. 130 Jescheck / Weigend, AT, S. 670; Kühl, AT, § 20 Rn. 55, 56a; Lackner / Kühl, § 25 Rn. 4. Die Gegenauffassung lehnt die Konstruktion der „normativen Tatherrschaft“ und damit die Verantwortlichkeit des Vordermanns als mittelbarer Täter ab, so z. B. Jakobs, AT, 21 / 104; Krey, AT 2, Rn. 145; Roxin, in: LK, § 25 Rn. 140; ders., Täterschaft und Tatherrschaft, S. 338 ff. 131 Relevant sei die Figur des absichtslos dolosen Werkzeugs noch in folgendem Fall: Der Hintermann lässt sich vom Vordermann eine einem Dritten gehörende und in dessen Gewahrsam befindliche Sache holen, wobei er ihm versichert, dass er sie nach dem Gebrauch zurückgeben werde; in Wirklichkeit will der Hintermann die Sache jedoch behalten (Beispiel nach Joecks, § 25 Rn. 26; Wessels / Beulke, AT, Rn. 537). Richtigerweise handelt es sich hier jedoch um einen Fall der Irrtumsherrschaft (treffend Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 684). Eine Abstandnahme ist dann – wie bereits dargelegt – durch Beseitigung des Irrtums beim „Werkzeug“ möglich. Relevant bleibt die Problematik des absichtslos dolosen Werkzeugs allenfalls in folgendem von Kühl, AT, § 20 Rn. 56a, gebildeten Fall: Der Wegnehmende handelt nur aus Schädigungsabsicht, ihm kommt es auf die Zueignung durch den Auftraggeber nicht einmal als notwendiges Zwischenziel an. 127 128
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cc) Gerechtfertigt handelnder Tatmittler Mittelbare Täterschaft kommt auch dann in Betracht, wenn das „Werkzeug“ gerechtfertigt handelt. Beispielsweise geht es um Fälle, in denen ein Ermittlungsrichter durch falsche Angaben dazu veranlasst wird, eine Person in Untersuchungshaft zu nehmen132. Tatbestandsmäßiges hoheitliches Handeln ist gerechtfertigt, wenn es auf eine Ermächtigungsgrundlage gestützt werden kann, deren Voraussetzungen objektiv erfüllt sind133. Der Richter, der den Haftbefehl erlässt, handelt dabei nicht rechtswidrig, weil er durch §§ 112, 114 Abs. 1 StPO gerechtfertigt ist. Diese Vorschrift verlangt einen dringenden Tatverdacht, so dass es genügt, wenn bei einer ex ante Betrachtung der Beschuldigte nach pflichtgemäßer Prüfung der Tat dringend verdächtig erscheint134. Die Tatherrschaft beruht in diesen Fällen auf dem überlegenen Wissen des Hintermannes135. Eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium ist dann möglich, wenn das Werkzeug das erforderliche Wissen vor dem unmittelbaren Ansetzen des Hintermannes erlangt und somit nicht mehr rechtmäßig handelt.
dd) Schuldlos oder entschuldigt handelnder Tatmittler Des Weiteren ist mittelbare Täterschaft möglich, wenn der Tatmittler schuldlos oder entschuldigt handelt. Auch in dieser Fallkonstellation kann sich die Tatherrschaft des Hintermannes aus verschiedenen Gründen ergeben. Handelt der Vordermann im entschuldigenden Notstand gem. § 35 Abs. 1 StGB, so beruht die Tatherrschaft des Hintermannes, soweit die Nötigung von ihm selbst ausgeht, auf seinem überlegenen Willen. Es liegt also ein Fall der sog. Nötigungsherrschaft vor; der Hintermann beherrscht nämlich das Geschehen, da der Vordermann nicht verantwortlich handelt136. Eine Abstandnahme ist durch Aufgabe der Nötigungsherrschaft vor dem unmittelbaren Ansetzen möglich. Daher fragt sich zunächst, in welchem Zusammenhang die Drohung und die Handlung des Tatmittlers stehen muss. Möglicherweise ist ein kausaler137 und / oder ein finaler Zusammenhang138 erforderlich. Die mittelbare Täterschaft erfordert keinen finalen ZuVgl. BGHSt 10, 306 (307). Siehe dazu Lenckner, in: Schönke / Schröder, vor § 32 Rn. 86; vgl. auch Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 17 Rn. 139. 134 Lenckner, in: Schönke / Schröder, vor § 32 Rn. 84. 135 Vgl. Jescheck / Weigend, AT, S. 667; Kühl, AT, § 20 Rn. 58. 136 Roxin, in: LK, § 25 Rn. 61; ders., Täterschaft und Tatherrschaft, S. 143 ff. 137 Bei der Erpressung wird beispielsweise objektive Kausalität zwischen der Nötigungshandlung und dem Verhalten des Opfers – dem Nötigungserfolg – verlangt, s. z. B. BGHSt 32, 88 (89 f.); Eser, in: Schönke / Schröder, § 253 Rn. 7; Tröndle / Fischer, § 253 Rn. 8. 138 So ist beispielsweise beim Raub nach h. M. ein finaler Zusammenhang zwischen Drohung und Wegnahme erforderlich und ausreichend, s. z. B. BGH StV 1990, 159 (160); Eser, in: Schönke / Schröder, § 249 Rn. 7; Lackner / Kühl, § 249 Rn. 4 (Ein kausaler Zusam132 133
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sammenhang zwischen der Nötigungssituation und der Handlung des Tatmittlers. Es kommt nämlich nur darauf an, dass der Hintermann Tatherrschaft hat. Seine die Tatherrschaft begründende überlegene Stellung kann er innehaben, ohne dass er die Nötigungssituation selbst geschaffen hat, um sie zur Lenkung des Vordermanns auszunutzen. Ein objektiv kausaler Zusammenhang ist ebenfalls nicht erforderlich, weil es nur darauf ankommt, dass sich das Werkzeug in einer unfreien Situation befindet. Bei der mittelbaren Täterschaft kommt es entscheidend darauf an, ob der Tatmittler sich selbst in einer Zwangslage sieht. Von wem die Zwangslage herrührt139 und ob sie tatsächlich oder nur vermeintlich besteht, ist für die Möglichkeit der Steuerung des unmittelbar Handelnden durch den Hintermann gleichgültig. Um Einfluss auf das Verhalten des Vordermanns nehmen zu können, reicht es nämlich aus, wenn dieser glaubt, er befinde sich in einer vom Hintermann beeinflussbaren Zwangslage. Die unterlegene Stellung des Tatmittlers kann deshalb nur beseitigt werden, indem ihm mitgeteilt wird, dass die Drohung nicht mehr fortbesteht. Wenn der Hintermann seiner Verantwortlichkeit wegen mittelbarer Täterschaft entgehen will, muss er also beim unmittelbar Handelnden die Zwangslage in der Weise beseitigen, dass dieser davon Kenntnis erlangt140. Anerkannt ist nämlich, dass auch derjenige, der sich über die tatsächlichen Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 StGB irrt (vgl. § 35 Abs. 2 StGB), als Tatmittler im Rahmen einer mittelbaren Täterschaft eingesetzt werden kann141. Die Nötigungsherrschaft des Hintermannes verwandelt sich durch die vom Vordermann nicht erkannte Aufgabe der Nötigung in eine Irrtumsherrschaft142. Ist der Vordermann schuldunfähig i. S. v. § 19 StGB oder § 20 StGB, so kommt dem Hintermann in der Regel wegen der konstitutionellen Unterlegenheit des Tatmittlers Willensherrschaft zu143. Diese kann in der Regel nicht rückgängig gemenhang wird dagegen gefordert von Arzt / Weber, BT, § 17 Rn. 11; Günther, in: SK, § 249 Rn. 36. Vgl. auch Kindhäuser, in: NK, § 249 Rn. 30, der eine objektive Zweck-Mittel-Relation vornehmen will, so dass das Nötigungsmittel aus objektiver ex ante Sicht erforderlich sein muss, um die Wegnahme zu ermöglichen). Beim Raub reicht das bloße Ausnutzen einer vom Täter geschaffenen oder vorgefundenen Zwangslage nicht aus, s. nur Lackner / Kühl, § 249 Rn. 4. 139 Bei Raub und Erpressung ist der Zusammenhang zwischen Nötigungshandlung und Handlung des Opfers bzw. Wegnahme durch den Täter erforderlich, um den spezifischen Unrechtsgehalt dieser Taten zu erfassen. Der spezifische Unrechtsgehalt der mittelbaren Täterschaft besteht dagegen nicht in der Ausnutzung einer durch den Hintermann geschaffenen Zwangslage, so dass auf einen finalen oder kausalen Zusammenhang verzichtet werden kann. 140 Vgl. dazu Zaczyk, in: NK, § 24 Rn. 118. 141 Kühl, AT, § 20 Rn. 71; Roxin, in: LK, § 25 Rn. 93; ders., Täterschaft und Tatherrschaft, S. 208 ff. 142 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 209, geht davon aus, dass bei einem Irrtum über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Entschuldigungsgrundes „Willensherrschaft kraft Irrtums“ bestehen kann. 143 Unzutreffend ist es jedoch, davon auszugehen, dass in allen Fällen des Einsatzes eines Kindes der Hintermann Tatherrschaft hat (so aber Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 39; Krey, AT 2, Rn. 123; Kühl, AT, § 20 Rn. 66). § 19 StGB beinhaltet eine unwider-
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macht werden. Es sind nämlich kaum Fälle denkbar, in denen es möglich ist, durch bestimmte Maßnahmen die Schuldfähigkeit einer Person kurzfristig wieder herzustellen. Unterliegt der Vordermann einem unvermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 S. 1 StGB), so hat der Hintermann Tatherrschaft, soweit er selbst keinem Verbotsirrtum unterliegt, denn er hat den über die rechtliche Tragweite irrenden Vordermann in der Hand144. Diese Form der Tatherrschaft entfällt, wenn der Vordermann über die Rechtslage aufgeklärt wird und somit bei ihm der Verbotsirrtum nicht mehr besteht. ee) Vollverantwortlich handelnder Tatmittler Schließlich soll mittelbare Täterschaft auch bei einem volldeliktisch handelnden Vordermann möglich sein. Bei mafiaähnlichen Organisationsstrukturen und in Fällen des Missbrauchs staatlicher Machtbefugnisse ist weitgehend anerkannt, dass dem Hintermann Tatherrschaft in Form von Organisationsherrschaft zukommen kann, weil er den Vordermann bedingungslos in die eine oder andere Richtung lenken kann145. Ob dies auch bei unternehmerischen Organisationsstrukturen möglich ist, ist dagegen umstritten146. Eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium ist legliche Vermutung, dass eine noch nicht 14 Jahre alte Person schuldunfähig ist. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass ein Kind im Einzelfall doch schuldfähig ist. Die zu Gunsten des Kindes anzuwendende gesetzliche Vermutung des § 19 StGB kann nicht zu Lasten des mittelbaren Täters angewendet werden. Daher ist im Einzelfall zu prüfen, ob dem mittelbaren Täter aufgrund einer tatsächlich vorhandenen konstitutionellen Unterlegenheit des Kindes die Tatherrschaft zukommt (in diesem Sinne auch Jakobs, AT, 21 / 96; vgl. auch Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 150, wonach es im Fall der fehlenden Schuld des unmittelbar Handelnden darauf ankommt, dass auf der Seite des mittelbaren Täters die sachlichen Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft vorliegen). Vgl. aber auch Köhler, AT, S. 509, der beim Einsatz eines Schuldunfähigen nur dann mittelbare Täterschaft annehmen will, wenn das Werkzeug ohne Verletzungsvorsatz handelt. 144 Jescheck / Weigend, AT, S. 669; Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 20 Rn. 38. Zum vermeidbaren Verbotsirrtum s. sogleich unten ee). 145 Ambos, GA 1998, 226 (233 f.); Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 25 f.; Heine, in: Einflüsse, S. 101 (103); Hoyer, in: SK, § 25 Rn. 92; Kühl, AT, § 20 Rn. 73 f.; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 244 ff.; Tröndle / Fischer, § 25 Rn. 3c; Wessels / Beulke, AT, Rn. 541. Auch die Rechtsprechung nimmt in derartigen Fallkonstellationen mittelbare Täterschaft an, BGHSt 40, 218 (236 f.); 42, 65 (68 f.); 45, 270 (296). Dagegen aber Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 147; Jakobs, AT, 21 / 103; Jescheck / Weigend, AT, S. 670; Otto, AT, § 21 Rn. 92, die mittelbare Täterschaft bei einem vollverantwortlich handelnden Vordermann für ausgeschlossen halten und stattdessen Mittäterschaft annehmen wollen. Ablehnend auch Kindhäuser, in: Hollerbach-FS, S. 627 (643). Jung, in: Einzelverantwortung, S. 175 (182), will die Organisationsherrschaft nur in Fällen des Missbrauchs staatlicher Machtbefugnisse anerkennen. 146 Befürwortend BGHSt 40, 218 (236 f.); Lackner / Kühl, § 25 Rn. 2; Tröndle / Fischer, § 25 Rn. 3c. Organisationsherrschaft in Unternehmen wird dagegen abgelehnt von Ambos, GA 1998, 226 (239 f., 242 f.); Muñoz Conde, in: Roxin-FS, S. 609 (621 ff.). Da Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 249 f., Willensherrschaft kraft organisatorischer Machtapparate
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dadurch möglich, dass der Vordermann seinen Befehl oder seine Weisung zur Begehung der Tat gegenüber dem Tatmittler zurücknimmt. Führt der Vordermann die Tat gleichwohl aus, so handelt er nicht mehr im Rahmen der Organisation, sondern gewissermaßen „privat“. Der Hintermann übt insoweit keine Organisationsherrschaft mehr aus. Die Konstellation eines „Täters hinter dem Täter“ ist auch möglich, wenn der Tatveranlasser einen vermeidbaren Verbotsirrtum des unmittelbar Handelnden ausnutzt. Wenn man mit einer verbreiteten Ansicht147 mittelbare Täterschaft in dieser Fallkonstellation für anwendbar hält, ist eine Abstandnahme in der Weise möglich, dass der Irrtum des unmittelbar Handelnden beseitigt wird. Schließlich kann ein Fall des „Täters hinter dem Täter“ auch auftreten, wenn der unmittelbar Tatausführende zwar volldeliktisch handelt, bei ihm aber ein Irrtum über den konkreten Handlungssinn148 vorliegt149. Seiner Verantwortlichkeit als mittelbarer Täter könnte der Tatveranlasser wiederum durch Aufklärung des unmittelbar Handelnden über dessen Irrtum entgehen.
2. Beseitigung der subjektiven Voraussetzungen Der Hintermann, der die unterlegene Stellung des eigenhändig handelnden Vordermanns nicht erkennt, weiß naturgemäß nicht, dass er eine überlegene Stellung besitzt. Für die Tatherrschaft ist es aber erforderlich, dass der mittelbare Täter das nur bei rechtsgelösten Organisationen annehmen will, kommt Organisationsherrschaft in Unternehmen für ihn regelmäßig nicht in Betracht, ebenso Heine, in: Einflüsse, S. 101 (103). Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 25a; Heine, in: Einflüsse, S. 101 (104); Kühl, AT, § 20 Rn. 73b, weisen darauf hin, dass Organisationsherrschaft in Unternehmen häufig deswegen nicht vorliege, weil die Organisationsstruktur moderner Unternehmen durch Verantwortungsdelegation und vertikale Dezentralisierung geprägt sei. 147 Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 38; Lackner / Kühl, § 25 Rn. 4; Wessels / Beulke, AT, Rn. 542; ähnlich auch Otto, in: Roxin-FS, S. 487 (491 ff.). Auch die Rechtsprechung hält mittelbare Täterschaft in diesen Fällen für möglich, so BGHSt 35, 347 (352 ff.) im sog. „Katzenkönig-Fall“, wonach es bei der Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft auf das Kriterium der „vom Täterwillen getragenen Tatherrschaft“ ankommt. Ob diese vorliege, könne nicht allein nach der Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums beurteilt, sondern müsse vielmehr wertend ermittelt werden. – Mittelbare Täterschaft wird in dieser Fallkonstellation aber z. B. abgelehnt von Jescheck / Weigend, AT, S. 669; Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 53, 55. 148 Siehe dazu Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 214. 149 Dies ist insbesondere bei Fällen eines manipulierten error in persona der Fall. Siehe dazu den sog. „Dohna-Fall“, in dem der Hintermann weiß, dass der Vordermann einen Mordanschlag auf eine bestimmte Person plant. Der Hintermann manövriert nun seinen Feind in eine Situation, in der ihn der Vordermann mit seinem Opfer verwechselt und erschießt, s. dazu Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 29 Rn. 144, die den Hintermann als mittelbaren Täter betrafen wollen; ebenso Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 23. Mittelbare Täterschaft wird z. B. abgelehnt von Jescheck / Weigend, AT, S. 667; Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 63 f.
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Bewusstsein der Beherrschung des Geschehens besitzt150. Dazu muss er Vorsatz hinsichtlich der Umstände haben, die seine überlegene Stellung begründen. Für die Abstandnahme im Vorbereitungsstadium folgt daraus, dass die Verantwortlichkeit als mittelbarer Täter auch dann entfällt, wenn der Hintermann nur irrtümlich davon ausgeht, die unterlegene Stellung des Vordermannes sei beseitigt worden. So kann der Handelnde im folgenden Fall nicht als mittelbarer Täter betraft werden: Zunächst will der Hintermann die Tat durch einen vorsatzlos handelnden Tatmittler begehen. Später will er den in Aussicht genommenen Tatmittler aufklären. Dieser versteht die Aufklärung aber nicht, während der Hintermann davon ausgeht, er habe sie verstanden. Der Hintermann entgeht auch in Fällen, in denen er zunächst zutreffend die unterlegene Stellung des Tatmittlers erkannt hat, später jedoch irrtümlich annimmt, die unterlegene Stellung bestehe doch nicht, seiner Verantwortlichkeit als mittelbarer Täter. Die subjektiven Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft entfallen allerdings nicht schon dann, wenn sich der Täter bei der Ausführung der Tat durch den Tatmittler seiner überlegenen Stellung nicht mehr aktuell bewusst ist. Ebenso wie bei der Mittäterschaft die Tatherrschaft keinen im Ausführungsstadium aktuell fortbestehenden Willen zur Beherrschung des Geschehens erfordert151, ist für die Tatherrschaft des mittelbaren Täters keine aktuell fortbestehende Kenntnis der beherrschenden Stellung erforderlich. Demnach steht es der Verantwortlichkeit des Hintermannes als mittelbarer Täter nicht entgegen, wenn er während der Tatausführung des Vordermanns das Bewusstsein verliert. Wenn der Handelnde wegen Fehlens der subjektiven Voraussetzungen nicht als mittelbarer Täter bestraft werden kann, folgt daraus noch nicht, dass er völlig straffrei bleibt. Der Hintermann, der die Umstände nicht erkennt, die seine Tatherrschaft begründen, kann immerhin noch als Teilnehmer zu bestrafen sein. Soweit er beim Vordermann den Tatentschluss hervorgerufen hat, kommt Anstiftung in Betracht. Eine Auffassung lehnt eine Strafbarkeit wegen Anstiftung mit der Begründung ab, dass der Anstiftervorsatz nicht in die Wirklichkeit umgesetzt wurde152. Die herrschende Ansicht nimmt dagegen eine vollendete Anstiftung an, sofern der Vordermann eine vorsätzliche rechtswidrige Haupttat begeht153; fehlt es an einer derartigen Haupttat, kommt nur versuchte Anstiftung gem. § 30 Abs. 1 StGB in
150 Gallas, Verbrechenslehre, S. 107; Jescheck / Weigend, AT, S. 671; Kühl, AT, § 20 Rn. 85. Früher wurde vereinzelt vertreten, dass gleichwohl mittelbare Täterschaft vorliege, weil die Tatherrschaft rein objektiv zu bestimmen und ein Vorsatz hinsichtlich der Tatherrschaft nicht erforderlich sei, so z. B. Kohlrausch / Lange, vor § 47 Anm. I B 2 a; v. Uthmann, NJW 1961, 1908 (1909). Der Täter muss selbstverständlich nicht die juristische Wertung nachvollziehen und sich selbst für einen Täter halten. Er muss lediglich die Umstände kennen, aus denen sich seine Tatherrschaft ergibt. 151 Siehe dazu bereits o. 3. Kapitel D. II. 3. 152 Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 48 Rn. 28. 153 Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, vor § 25 Rn. 79; Gropp, AT, § 10 Rn. 76; Jescheck / Weigend, AT, S. 671; Kühl, AT, § 20 Rn. 85; Wessels / Beulke, AT, Rn. 546.
174
4. Kap.: Die Abstandnahme des mittelbaren Täters, § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB
Betracht, sofern es sich um ein Verbrechen handelt154. Völlige Straflosigkeit kann der Hintermann in den Fällen einer vorsätzlichen Haupttat nur dann erlangen, wenn er entweder nach dem unmittelbaren Ansetzen strafbefreiend zurücktritt oder noch im Vorbereitungsstadium von der Anstiftung strafbefreiend Abstand nimmt155. Zusammenfassend kann damit festgehalten werden, dass die Verantwortlichkeit des Abstandnehmenden als mittelbarer Täter – neben den bereits oben dargestellten Fällen der Verhinderung des unmittelbaren Ansetzens und der Aufgabe des Vorsatzes bei unbeendeten Vorbereitungshandlungen156 – entfällt, wenn entweder die objektiven oder die subjektiven Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft beim Eintritt in das Versuchsstadium nicht (mehr) vorliegen.
154 BGHSt 9, 370 (382); Jakobs, AT, 22 / 18; Jescheck / Weigend, AT, S. 656; Joecks, in: MüKo-StGB, § 25 Rn. 135; Krey, ZStW 101 (1989), S. 838 (851); Kühl, AT, § 20 Rn. 88 f.; Lackner / Kühl, vor § 25 Rn. 10; Roxin, in: LK, § 25 Rn. 143; Wessels / Beulke, AT, Rn. 548. Die vorgenannten Autoren weisen teilweise darauf hin, dass die dadurch bei Vergehen entstehenden Strafbarkeitslücken rechtspolitisch zu missbilligen sind. Anders Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 30 Rn. 26 f.; Schöneborn, ZStW 87 (1975), S. 902 (911, Fn. 38); Tröndle / Fischer, 49. Aufl., vor § 25 Rn. 10, die in einer derartigen Fallkonstellation gleichwohl eine vollendete Anstiftung annehmen, wenn der Hintermann glaubt, der Vordermann handele vorsätzlich. Der Wille des Gesetzgebers steht einer derartigen Lösung nicht zwingend entgegen, denn § 32 des E 1962, der eine Strafbarkeit wegen Anstiftung auch in den Fällen ermöglichte, in denen der Anstifter nur irrig annahm, dass der Haupttäter vorsätzlich handele, wurde deswegen vom Gesetzgeber nicht übernommen, weil die Regelung zu sehr ins Detail gehe und eine zu geringe praktische Relevanz aufweise (BT-Drucks. 5 / 4095, S. 13). Dieses Strafbarkeitslücken vermeidende Ergebnis ist zwar wünschenswert (a. A. Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 142), weil es eine Bestrafung ermöglicht, die dem vom Hintermann verwirklichten Unrecht entspricht. Zweifelhaft erscheint allerdings, ob diese Lösung mit dem Wortlaut des § 26 StGB vereinbar ist, wonach eine vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat erforderlich ist. 155 Dazu unten 5. Kapitel. 156 Siehe o. I.
5. Kapitel
Die Abstandnahme des Anstifters, § 26 StGB Im Folgenden sollen die Möglichkeiten einer Abstandnahme des Anstifters vor Versuchsbeginn des Haupttäters näher untersucht werden. Dies wird nicht nur in Fällen relevant, in denen der Abstandnehmende von vornherein eine Beteiligung als Anstifter angestrebt hat, sondern auch in Fällen, in denen er sich zunächst als Mittäter beteiligen wollte, aber noch im Vorbereitungsstadium seine Tatbeiträge soweit reduziert hat, dass sich sein Verhalten nur noch als Anstiftung darstellt1. Des Weiteren sind diejenigen Fälle zu nennen, in denen die mittelbare Täterschaft am Fehlen der objektiven oder der subjektiven Voraussetzungen der Tatherrschaft scheitert2. Vorab ist zu erörtern, inwiefern sich die Lösung aus der Regelung des § 31 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB, die den Rücktritt vom Versuch der Anstiftung – also eine Abstandnahme im Stadium vor dem unmittelbaren Ansetzen des Haupttäters zum Versuch – betrifft, entwickeln lässt. Insbesondere ist zu untersuchen, ob § 31 StGB für die von seinem Anwendungsbereich nicht unmittelbar erfassten Fälle der Abstandnahme des Anstifters eine abschließende Regelung enthält.
A. Regelungsbereich des § 31 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB Die versuchte Anstiftung zu einem Verbrechen ist gem. § 30 Abs. 1 S. 1 StGB strafbar. Für die Abstandnahme des Anstifters vom Versuch der Anstiftung enthält § 31 Abs. 1 Nr. 1 StGB und § 31 Abs. 2 StGB eine ausdrückliche Regelung. Von einem Anstiftungsversuch i. S. v. § 30 StGB kann der Anstiftungswillige nur unter den Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB mit strafaufhebender Wirkung zurücktreten. Liegt ein unbeendeter Bestimmungsversuch vor, bei dem der Anstiftungswillige glaubt, noch nicht alles getan zu haben, was zur Hervorrufung des Tatentschlusses beim Anzustiftenden erforderlich ist3, so genügt die freiwillige Abstandnahme von der weiteren Einwirkung auf den in Aussicht geVgl. dazu o. 3. Kapitel D. III. Siehe dazu o. 4. Kapitel B. II. 1. a) und 4. Kapitel B. II. 2. 3 Hoyer, in: SK, § 31 Rn. 7; Joecks, in: MüKo-StGB, § 31 Rn. 8; Kühl, AT, § 20 Rn. 258; Roxin, in: LK, § 31 Rn. 9. 1 2
176
5. Kap.: Die Abstandnahme des Anstifters, § 26 StGB
nommenen Haupttäter. Erkennt der Abstandnehmende, dass er bereits alles Notwendige zur Hervorrufung des Tatentschlusses beim Anzustiftenden getan hat, liegt ein beendeter Bestimmungsversuch vor4. Von diesem kann der Anstiftungswillige nur zurücktreten, wenn er freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt und die Gefahr, dass der Anzustiftende die Tat begeht, abwendet. Hat der Abstandnehmende irrig angenommen, der Anzustiftende habe schon den Tatentschluss gefasst, so erfolgt der Rücktritt nach § 31 Abs. 2 StGB5. Ist die Bestimmung des Anzustiftenden – für den Anstiftungswilligen erkanntermaßen – objektiv nicht mehr möglich, oder hält der Anstiftungswillige die Bestimmung des Anzustiftenden nicht mehr für möglich, so liegt ein fehlgeschlagener Bestimmungsversuch vor, der nicht mehr rücktrittsfähig ist6. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Anzustiftende das Ansinnen des Anstifters sofort und endgültig zurückweist. Die Regelung des § 31 StGB enthält also für die Abstandnahme vom Anstiftungsversuch zu Verbrechen eine abschließende Regelung. Sie verlangt – wie oben ausgeführt – ein freiwilliges Handeln und unter Umständen ein bestimmtes Rücktrittsverhalten; in Fällen des fehlgeschlagenen Bestimmungsversuchs ist der Rücktritt sogar ausgeschlossen. Der unmittelbare Regelungsbereich des § 31 StGB ist in zeitlicher und sachlicher Hinsicht beschränkt. So betrifft § 31 StGB in zeitlicher Hinsicht die Phase vom Beginn des Anstiftungsversuchs bis zum Versuchsbeginn der Haupttat. Sobald nämlich die Haupttat in das Versuchsstadium gelangt ist, richtet sich der Rücktritt nach der Vorschrift des § 24 Abs. 2 StGB7. Wegen des Bezugs auf die Fälle des § 30 StGB, ist der unmittelbare Anwendungsbereich des § 31 StGB nur eröffnet, wenn der Abstandnehmende die Voraussetzungen des § 30 StGB bereits erfüllt hat8. Von § 30 Abs. 1 StGB nicht erfasst sind demnach die Fälle einer nur vorbereiteten, aber noch nicht versuchten Anstiftung. Dementsprechend umfasst der unmittelbare Regelungsbereich des § 31 StGB nicht die Abstandnahme von einer solchen nur vorbereiteten Anstiftung zu einem Verbrechen. Um den Anwendungsbereich des § 31 StGB von der Abstandnahme von der nur vorbereiteten Joecks, in: MüKo-StGB, § 31 Rn. 13; Kühl, AT, § 20 Rn. 258; Roxin, in: LK, § 31 Rn. 9. Hoyer, in: SK, § 31 Rn. 10; Joecks, in: MüKo-StGB, § 31 Rn. 13. 6 BGH NStZ 2002, 311; Hoyer, in: SK, § 31 Rn. 5 f.; Kühl, AT, § 20 Rn. 259; Roxin, in: LK, § 31 Rn. 9. Anders jedoch Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 53 Rn. 62, die sich gegen eine subjektive Abgrenzung wenden. 7 BGHSt 14, 378 (380); BGH NStZ 1983, 364; Baumann / Weber / Mitsch, § 32 Rn. 58; Joecks, in: MüKo-StGB, § 31 Rn. 2; Lilie / Albrecht, in: LK, § 24 Rn. 330; Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 53 Rn. 57. Umstritten ist lediglich, ob dies auch dann gilt, wenn die versuchte Tat, von der der Beteiligte nach § 24 Abs. 2 StGB zurückgetreten ist, weniger schwer wiegt als die geplante. Dies wird z. B. bejaht von Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 110; Jescheck / Weigend, AT, S. 706; Roxin, in: LK, § 30 Rn. 82; insoweit ablehnend z. B. Lackner / Kühl, § 31 Rn. 7; Vogler, in: Bockelmann-FS, S. 715 (728 f.), wonach für den Rücktritt vom Beteiligungsversuch an dem schweren Delikt zusätzlich die Voraussetzungen des § 31 StGB erfüllt sein müssen. 8 Lackner / Kühl, § 31 Rn. 1; Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 52 Rn. 57; ebenso BGHSt 15, 198 (199) zu § 49a StGB a. F. 4 5
A. Regelungsbereich des § 31 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB
177
und noch nicht versuchten Anstiftung abzugrenzen, ist zunächst die Frage des Beginns des Bestimmungsversuchs zu klären. Nach herrschender Ansicht liegt ein nach § 30 Abs. 1 StGB strafbarer Bestimmungsversuch dann vor, wenn der Anstiftungswillige unmittelbar zu dem Bestimmen ansetzt9. Die Gegenauffassung verlangt einschränkend, dass die Aufforderung des Anstiftungswilligen dem Adressaten zugegangen sein muss, weil das Geschehen ansonsten nicht das für die Strafwürdigkeit erforderliche Minimum an Gefährlichkeit erreicht habe10. Schon der Wortlaut des § 30 Abs. 1 S. 1 StGB stellt auf den Versuch des Bestimmens ab. Was unter einem Versuch zu verstehen ist, ergibt sich aus § 22 StGB. Demzufolge kommt es auf das unmittelbare Ansetzen zur Bestimmung an11. Würde man ein Zugehen der Erklärung des Anstiftungswilligen beim Anzustiftenden verlangen, so wäre nur der beendete Anstiftungsversuch strafbar. Die Regelung des § 31 Abs. 1 Nr. 1 StGB lässt demgegenüber aber erkennen, dass auch der unbeendete Anstiftungsversuch eine Strafbarkeit nach § 30 Abs. 1 StGB auslösen kann12. In sachlicher Hinsicht ist § 31 StGB auf die Abstandnahme von Verbrechen beschränkt. Da § 30 StGB nämlich nur die versuchte Beteiligung an Verbrechen betrifft13, werden die Voraussetzungen für eine strafbefreiende Abstandnahme von der Anstiftung zu Vergehen durch § 31 StGB zumindest nicht unmittelbar geregelt. Zu untersuchen ist deshalb, ob § 31 StGB auf diese Fälle analog angewandt werden kann. Eine solche analoge Anwendung hätte insbesondere zur Folge, dass der Abstandnehmende freiwillig handeln müsste. In der Konstellation der beendeten Vorbereitungshandlung wäre ein bestimmtes Rücktrittsverhalten erforderlich. Im Fall eines Fehlschlags wäre eine Abstandnahme sogar ausgeschlossen. Voraussetzung für eine Analogie ist neben einer planwidrigen Gesetzeslücke eine vergleichbare Interessenlage des geregelten und des nicht geregelten Sachverhalts14. Der Regelung des § 31 StGB kommt eine die Strafbarkeit einschränkende Funktion zu. Würde man eine Abstandnahme außerhalb des Anwendungsbereichs des § 30 StGB davon abhängig machen, dass die Voraussetzungen des § 31 StGB erfüllt sind, so käme § 31 StGB entgegen seiner Zweckbestimmung eine strafbarkeitsbegründende Funktion zu. Eine analoge Anwendung der Rücktrittsvorschrift des § 24 StGB auf Fälle der Abstandnahme im Vorbereitungsstadium wurde bereits abgelehnt, 9 BGHSt 8, 261 (262); Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 30 Rn. 19; Geppert, Jura 1997, 546 (550 f.); Hillenkamp, in: LK, vor § 22 Rn. 138; Joecks, in: MüKo-StGB, § 30 Rn. 33 f.; Roxin, AT 2, § 28 Rn. 12; Tröndle / Fischer, § 30 Rn. 9. 10 Jescheck / Weigend, AT, S. 703 f.; Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 175. Jakobs, AT, 27 / 4, verlangt darüber hinaus noch, dass der Anzustiftende die Aufforderung verstanden hat. 11 Hillenkamp, in: LK, vor § 22 Rn. 138; Roxin, AT 2, § 28 Rn. 12. 12 Joecks, in: MüKo-StGB, § 30 Rn. 34. 13 Der Anwendungsbereich des § 31 StGB wird durch § 159 StGB auf die Vergehen der uneidlichen Falschaussage (§ 153 StGB) und auf das Vergehen der falschen Versicherung an Eides statt (§ 156 StGB) ausgeweitet. 14 Siehe dazu die Nachweise in Kapitel 2 Fn. 4.
12 Fad
178
5. Kap.: Die Abstandnahme des Anstifters, § 26 StGB
weil dies mit dem Zweck der Rücktrittsvorschriften unvereinbar ist15. Der Zweck der Rücktrittsvorschrift des § 31 StGB deckt sich mit dem Zweck des Rücktritts vom Versuch gem. § 24 StGB16. Auch aus diesem Grund fehlt es an einer vergleichbaren Interessenlage zwischen dem Rücktritt von der versuchten Anstiftung gem. § 30 Abs. 1 StGB und den übrigen Fällen der Abstandnahme des Anstiftungswilligen im Vorbereitungsstadium. Schon aus diesen Gründen scheitert eine analoge Anwendung der Voraussetzungen des § 31 StGB auf die Abstandnahme im Vorbereitungsstadium. Außerdem würde die Anwendung der Voraussetzungen des § 31 StGB auf eine Analogie zu Lasten des Täters handeln, die im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG unzulässig ist. Erfüllt aber ein Verhalten im Vorbereitungsstadium außerhalb des Regelungsbereichs des § 31 StGB dessen strenge Voraussetzungen, so spricht vieles dafür, erst recht eine strafbefreiende Abstandnahme zuzulassen. Demzufolge richtet sich die Abstandnahme des Anstifters im Vorbereitungsstadium außerhalb des Regelungsbereichs des § 31 StGB nach allgemeinen Grundsätzen. Danach bleibt der Abstandnehmende straffrei, wenn er die Voraussetzungen, die seine Strafbarkeit wegen Anstiftung begründen, entweder gar nicht erst schafft oder bereits geschaffene Voraussetzungen wieder neutralisiert17. Eine strafbefreiende Abstandnahme ist zum einen dadurch möglich, dass der Beteiligte die objektiven Voraussetzungen der Anstiftung beseitigt18. Zum anderen kann die Verantwortlichkeit als Anstifter an der fehlenden Verwirklichung der subjektiven Voraussetzungen scheitern19.
B. Die objektiven Voraussetzungen der Anstiftung In objektiver Hinsicht setzt die Anstiftung die Vornahme einer Anstiftungshandlung20 und eine vorsätzliche rechtswidrige Haupttat21 voraus22. Wenn eines dieser Elemente entfällt bzw. im Vorbereitungsstadium rückgängig gemacht wird, tritt die Verantwortlichkeit des Abstandnehmenden als Anstifter nicht ein.
15 16 17 18 19 20 21 22
Siehe o. 2. Kapitel A. Joecks, in: MüKo-StGB, § 31 Rn. 3. Siehe dazu bereits 1. Kapitel D. I. Dazu sogleich unter B. Siehe dazu u. C. Dazu sogleich unter I. Siehe dazu u. II. Siehe nur Geppert, Jura 1997, 299 (301).
B. Die objektiven Voraussetzungen der Anstiftung
179
I. Anstiftungshandlung Eine strafbefreiende Abstandnahme im Vorbereitungsstadium ist außerhalb des Anwendungsbereichs des § 31 StGB möglich, wenn der Anstiftungswillige die Wirkung seiner Anstiftungshandlung neutralisiert, bevor der in Aussicht genommene Haupttäter die Versuchsschwelle überschreitet. Um beurteilen zu können, unter welchen Voraussetzungen die Wirkung der Anstiftungshandlung rückgängig gemacht werden kann, ist zunächst zu klären, welche Anforderungen an die Anstiftungshandlung überhaupt zu stellen sind23. Daraus kann dann abgeleitet werden, wie der Anstifter die Wirkung seiner Anstiftungshandlung neutralisieren kann24.
1. Anforderungen an die Anstiftungshandlung Nach § 26 StGB muss der Anstifter den Haupttäter zu seiner vorsätzlich begangenen rechtswidrigen Tat bestimmt haben. Im Schrifttum besteht allerdings keine Einigkeit darüber, was unter dem Begriff „bestimmen“ zu verstehen ist25. a) Nach einer verbreiteten Auffassung setzt das Bestimmen nur das Hervorrufen des Tatentschlusses voraus26. Hiernach reicht das Schaffen einer zur Tat provozierenden Lage aus. Der Begriff „bestimmen“ legt eine solche Auslegung nahe27. Zur Begründung wird auf den Strafgrund der Anstiftung verwiesen, der in der Verursachung einer fremden Straftat gesehen wird28. Weiterhin wird für diese Auffassung vorgebracht, dass der Rechtsgutsangriff durch das Schaffen einer tatprovozierenden Situation meist „aussichtsreicher, raffinierter und damit für das Angriffsobjekt gefährlicher ( . . . ) als bloßes Auffordern zur Tat“29 sei, so dass eine Einschränkung der Anstiftung kriminalpolitisch nicht sinnvoll sei. Schließlich wird argumentiert, dass auch durch das Schaffen tatprovozierender Umstände letztlich auf die Psyche des Haupttäters eingewirkt wird30. Dazu sogleich unter 1. Siehe dazu u. 2. 25 Siehe hierzu den Überblick bei Hillenkamp, AT, 23. Problem, S. 144 ff. 26 BGHSt 2, 279 (281 f.); BGH GA 1980, 183 (184), wonach Mittel der Anstiftung jede Art der Willensbeeinflussung sein kann. Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 30 Rn. 63; Bloy, Beteiligungsform, S. 328 f.; Hauf, AT, S. 94; Herzberg, Täterschaft, S. 146 f.; ders., Unterlassung, S. 121 ff.; Hillenkamp, JR 1987, 253 (256); Lackner / Kühl, § 26 Rn. 2; Preisendanz, § 26 Anm. 4; wohl auch Gropp, AT, § 10 Rn. 125 ff. 27 Dies wird auch von denjenigen Autoren zugestanden, die die reine Verursachung des Tatentschlusses nicht ausreichen lassen, s. z. B. Christmann, Tatsachenarrangements, S. 19 f.; Kühl, AT, § 20 Rn. 171. 28 So die akzessorietätsorientierte Verursachungstheorie, s. dazu noch u. 6. Kapitel A. I. 1. c) cc). 29 Herzberg, Täterschaft, S. 146. Gegen diese Argumentation Stein, Beteiligungsformenlehre, S. 271 f. 23 24
12*
180
5. Kap.: Die Abstandnahme des Anstifters, § 26 StGB
b) Nach der wohl herrschenden Meinung muss der Tatentschluss mittels eines geistig-kommunikativen Kontakts hervorgerufen werden31. Da der Anstifter „gleich einem Täter“ bestraft wird, müssten die jeweiligen Verhaltensweisen im Handlungsunwert eine gewisse Vergleichbarkeit aufweisen, was durch das Erfordernis des kommunikativen Kontakts hergestellt werden könne32. Die Vertreter dieser Auffassung berufen sich zudem auf das Verantwortungsprinzip, da derjenige, der die tatprovozierenden Umstände zum Anlass nimmt, die Tat zu begehen, für diese allein verantwortlich sei; es könne nämlich keinen Unterschied machen, ob der Täter auf zufällig sich ergebende oder bewusst herbeigeführte tatprovozierende Umstände reagiere33. Sieht man in der Teilnahme neben dem von der Haupttat abhängigen Unrecht auch einen eigenständigen Unrechtsgehalt,34 so muss der Anstifter nicht nur den Rechtsgutsangriff des Haupttäters ermöglichen; er muss vielmehr das Rechtsgut auch selbst mittelbar angreifen, wobei der mittelbare Angriff durch die kommunikative Beeinflussung des Haupttäters erfolgen müsse35. c) Eine noch restriktivere Ansicht verlangt, dass der Anstifter unmittelbar auffordernd auf den Willen des Täters einwirkt, so dass der Hinweis auf Tatmöglichkeiten oder die bloße Erteilung eines Rates allein nicht ausreicht36. Nur auf diese 30 Bloy, Beteiligungsform, S. 329; ebenso (allerdings mit einem anderen Ergebnis) Christmann, Tatsachenarrangements, S. 32; Puppe, GA 1984, 101 (102); Roxin, in: Stree / WesselsFS, S. 365 (377). 31 Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 26 Rn. 4; Ebert, AT, S. 210; Geppert, Jura 1997, 299 (304); Haft, AT, S. 213; Jescheck / Weigend, AT, S. 686; Krey, AT 2, Rn. 257; Kühl, AT, § 20 Rn. 172; Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 51 Rn. 16; Rogall, GA 1979, 11 (12); Stein, Beteiligungsformenlehre, S. 270 f.; Tröndle / Fischer, § 26 Rn. 3. Vgl. auch Christmann, Tatsachenarrangements, S. 42 f., 54 f., der eine kommunikative Beeinflussung im weitesten Sinne verlangt, die nicht nur durch Sprache, sondern auch durch sonstige Tatsachen erfolgen könne. Er lässt das Schaffen einer tatprovozierenden Situation als Anstiftungshandlung genügen, sofern diese Situation objektiv so aussieht, dass der Anstifter nur durch die Tatbegehung einen bestimmten Vorteil erlangen oder den Eintritt eines bestimmten Nachteils verhindern kann; die tatprovozierende Situation müsse ihrem objektiven Sinn nach einem deliktischen Handlungsvorschlag entsprechen (S. 122 ff.). 32 Ebert, AT, S. 210 f.; Geppert, Jura 1997, 299 (304); Krey, AT 2, Rn. 257. 33 Geppert, Jura 1997, 299 (304); Roxin, in: Stree / Wessels-FS, S. 365 (377). Vgl. auch Frisch, Zurechnung, S. 333 ff., 343 f.; Schumann, Selbstverantwortung, S. 52. 34 So die sog. Theorie des akzessorischen Rechtsgutsangriffs, s. dazu u. 6. Kapitel A. I. 1. c) dd). 35 Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 26 Rn. 4; ferner Krey, AT 2, Rn. 257. 36 Freund, AT, § 10 Rn. 114 ff.; Joecks, § 26 Rn. 9; Joerden, JuS 1999, 1063 (1064); Köhler, AT, S. 525 ff.; Roxin, in: Stree / Wessels-FS, S. 365 (376 ff.); ders., in: Salger-FS, S. 129 (131); Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 143; Wessels / Beulke, AT, Rn. 568; im Ergebnis auch Schumann, Selbstverantwortung, S. 51 f., der dies damit begründet, dass der Strafgrund der Teilnahme in der Solidarisierung mit fremdem Unrecht zu sehen sei (S. 49 ff., s. dazu noch u. 6. Kapitel, Fn. 66); diese Solidarisierung liege nur vor, wenn direkt auffordernd auf den Haupttäter eingewirkt werde. Wohl auch Schmidhäuser, AT, 14 / 100, der einen an den Haupttäter gerichteten „Verhaltensvorschlag“ verlangt, durch den sich dieser zu einem entsprechenden Verhalten aufgefordert sehen darf.
B. Die objektiven Voraussetzungen der Anstiftung
181
Weise könne gewährleistet werden, dass der Anstifter, der „gleich einem Täter“ bestraft werden soll, Unrecht verwirklicht, das mit dem der täterschaftlichen Tatbegehung annähernd vergleichbar ist37. Daher würde nur die Aufforderung zur Tat als besonders starkes Mittel zur Hervorrufung des Tatentschlusses, nicht aber andere Mittel – wie etwa der bloße Hinweis auf eine Tatgelegenheit – dem Unrechtsgehalt der Anstiftung entsprechen38. Schließlich kann man auch bei dieser Auffassung mit dem Strafgrund der Teilnahme argumentieren: Da die Teilnahme neben dem aus der Haupttat abgeleiteten Unrecht auch teilweise eigenständiges Unrecht aufweise,39 setze die Anstiftung eine Aufforderung zur Tat voraus, weil nur darin das eigenständige Unrecht der Anstiftung gesehen werden könne. d) Nach einer Mindermeinung erfordert die Anstiftung eine Unrechtsvereinbarung zwischen dem Anstifter und dem Haupttäter40. Für die Frage, ob eine Anstiftung vorliegt, könne es – entgegen der ganz herrschenden Ansicht – nicht darauf ankommen, ob der Anstifter den Tatentschluss beim Angestifteten hervorgerufen habe41. Eine psychisch wirkende Kausalität zwischen der Anstiftungshandlung und dem Tatentschluss des Angestifteten sei mangels entsprechender Kausalgesetze empirisch nicht nachweisbar42. Es sei häufig nicht einmal möglich, festzustellen, ob ein bestimmtes Verhalten die Wahrscheinlichkeit, dass der Haupttäter einen Tatentschluss fassen wird, erhöht habe. Die Einwirkung auf den Anzustiftenden mittels geistig kommunikativen Kontakts könne schon deswegen nicht ausreichen, weil dies auch bei der psychischen Beihilfe der Fall sei43. Kennzeichnend für die Anstiftung sei vielmehr eine starke Einflussnahme des Anstifters auf die Motivation des Haupttäters und eine gewisse Unterordnung des Haupttäters unter den Willen des Anstifters44. Wenn ein gemeinsamer Tatplan vorliege, fühle sich der Angestiftete gegenüber dem Anstifter zur Begehung der Tat verpflichtet. Durch dieses Erfordernis könne sichergestellt werden, dass nur solche Beteiligungen als Anstiftung bestraft werden, die in ihrem Unrechtsgehalt einer täterschaftlichen Tat37 Vgl. Freund, AT, § 10 Rn. 114 f.; Joecks, § 26 Rn. 9; Wessels / Beulke, AT, Rn. 568; ferner Schmidhäuser, AT, 14 / 104. 38 Vgl. Köhler, AT, S. 525 f. 39 Siehe bereits die Nachweise in Fn. 34. 40 Altenhain, Exzess, S. 123; Hoyer, in: SK, § 26 Rn. 14; Puppe, GA 1984, 101 (112 f.). Ähnlich auch Jakobs, AT, 22 / 22, der verlangt, dass der Anstifter seinen Tatentschluss in Abhängigkeit vom Willen des Beeinflussten fasst und durchhält, sowie Janß, Kettenteilnahme, S. 170 ff.; Meyer, Kollusion, S. 30 ff., 135. 41 Dazu und zum Folgenden Puppe, GA 1984, 101 (103 ff.), sowie Altenhain, Exzeß, S. 112 ff. 42 So z. B. auch Mayer, in: Rittler-FS, S. 243 (256 f.); Puppe, in: NK, vor § 13 Rn. 111 f.; vgl. auch Osnabrügge, Beihilfe, S. 163 ff.; dagegen z. B. Schulz, in: Lackner-FS, S. 39 (45 ff.), sowie Letzgus, Vorstufen, S. 71, 74, wonach der Kausalitätsnachweis bei der Anstiftung in der Regel besonders einfach zu führen sei. 43 Jakobs, AT, 22 / 22. 44 Puppe, GA 1984, 101 (111 f.); Hoyer, in: SK, § 26 Rn. 13, spricht in diesem Zusammenhang von der „Motivherrschaft“ des Anstifters.
182
5. Kap.: Die Abstandnahme des Anstifters, § 26 StGB
begehung nahe kommen45. Schließlich soll auch die Regelung des § 30 StGB für das Erfordernis einer Unrechtsvereinbarung bei der Anstiftung sprechen46: Von § 30 Abs. 2 Var. 1 StGB werde das Angebot zum Abschluss einer Unrechtsvereinbarung und von § 30 Abs. 2 Var. 2 StGB dessen Annahme erfasst. Daher könne angenommen werden, dass § 30 Abs. 1 S. 1 StGB das Angebot des Anstifters zum Abschluss einer Unrechtsvereinbarung unter Strafe stelle und in § 26 StGB Fälle geregelt seien, in denen der Angestiftete das Angebot angenommen habe.
2. Möglichkeiten der Abstandnahme Im Anwendungsbereich des § 30 Abs. 1 StGB ist eine Abstandnahme nur unter den Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB möglich47. Im Folgenden sollen für Fallgestaltungen außerhalb des Anwendungsbereichs des § 30 StGB die sich aus den vorstehend erörterten Voraussetzungen der Anstiftung ergebenden Möglichkeiten der Abstandnahme im Vorbereitungsstadium untersucht werden. Zunächst ist auf die letztgenannte Ansicht48, wonach ein Unrechtspakt zwischen Angestifteten und Abstandnehmenden erforderlich sein soll, einzugehen49. Anschließend wird untersucht, unter welchen Voraussetzungen eine Abstandnahme durch Neutralisation der Kausalität50 und der objektiven Zurechnung51 möglich ist. Abschließend soll noch auf die rechtlichen Konsequenzen einer nur teilweise erfolgreichen Abstandnahme eingegangen werden52.
a) Abstandnahme durch Aufgabe des „Unrechtspakts“? Wenn man für die Anstiftung einen Unrechtspakt voraussetzt53, dann muss eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium in der Weise möglich sein, dass der Anstifter den Unrechtspakt gegenüber dem Angestifteten durch eine entsprechende Erklärung aufgibt. Insoweit kann nämlich nichts anderes gelten als für die Aufgabe des gemeinsamen Tatentschlusses bei der Mittäterschaft54. Denn die Verpflichtung Puppe, GA 1984, 101 (114). Altenhain, Exzess, S. 121 ff. 47 Siehe dazu bereits o. A. 48 Siehe o. 1. d). 49 Siehe sogleich unter a). 50 Siehe dazu u. b). 51 Siehe dazu u. c). 52 Siehe dazu u. d). 53 Siehe o. 1. d). 54 Der gemeinsame Tatentschluss kann bei der Mittäterschaft nach der hier vertretenen Ansicht nur durch eine Erklärung gegenüber den verbleibenden Mittätern aufgekündigt werden, s. dazu bereits o. 3. Kapitel C. II. 5. c) bb). 45 46
B. Die objektiven Voraussetzungen der Anstiftung
183
des Haupttäters gegenüber dem Anstifter, in der nach dieser Auffassung das besondere Unrecht der Anstiftung zu sehen ist, entfällt, sobald der Anstifter erklärt, die Tatbegehung nicht mehr zu wollen. Wenn der Haupttäter die Tat trotz der Aufkündigung der Unrechtsvereinbarung im Vorbereitungsstadium ausführt, tut er dies nicht deshalb, weil er sich gegenüber dem Anstifter zur Tatbegehung verpflichtet fühlt, sondern aus eigenen Interessen55. Es fehlt daher an der für die Anstiftung – nach dieser Auffassung – typischen Unterordnung des Haupttäters unter den Willen des Anstifters, so dass allenfalls psychische Beihilfe oder, falls es sich um ein Verbrechen handelt, versuchte Anstiftung in Betracht kommt56. Da die psychisch vermittelte Kausalität zwischen der Anstiftungshandlung und dem eingetretenen Erfolg empirisch nicht nachzuweisen sei und die Anstiftung durch das Erfordernis eines Kausalzusammenhangs zwischen Anstiftungshandlung und Tatentschluss des Haupttäters nicht erklärt werden könne57, erscheint eine Abstandnahme durch Neutralisation der Kausalität nach dieser Ansicht ohnehin nicht möglich zu sein. Durch das Erfordernis einer Unrechtsvereinbarung wird aber der Anwendungsbereich der Anstiftung zu sehr eingeengt58. Der Wortlaut des § 26 StGB verlangt ein „Bestimmen“ und kein „Verpflichten“59. Durch die Notwendigkeit eines gemeinsamen Tatplans und die Unterordnung des Haupttäters unter den Willen des Anstifters wird die Anstiftung zu sehr an die Täterschaft angenähert60. Wenn eine Anstiftung nur in Fällen möglich ist, in denen der Haupttäter durch die Unrechtsvereinbarung faktisch an den Willen des Anstifters gebunden ist, so werden die gefährlicheren Fälle, in denen der Tatveranlasser ein Geschehen in Gang setzt, das er nicht mehr steuern kann, aus dem Anwendungsbereich der Anstiftung herausgenommen61. Deshalb ist die Auffassung, die bei der Anstiftung eine Unrechtsvereinbarung verlangt, abzulehnen.
55 Puppe, GA 1984, 101 (114), stellt folgende Faustformel für die Abgrenzung von Anstiftung und Beihilfe auf: „Anstiftung (und nicht nur psychische Beihilfe) liegt dann vor, wenn der Täter die Tat ebenfalls aufgegeben hätte, sofern der Anstifter von der gemeinsamen Unrechtsabrede zurückgetreten wäre“. In der Aufkündigung der Unrechtsvereinbarung kann zugleich ein Rücktritt von der versuchten Anstiftung (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 StGB) liegen, soweit der Abstandnehmende dabei freiwillig handelt. Zwingend ist dies allerdings nicht, weil mit der Aufkündigung der Unrechtsvereinbarung noch nicht notwendig die Gefahr beseitigt wird, dass der Haupttäter die in Aussicht genommene Tat begeht. 56 Zu diesem Ergebnis gelangt auch Jakobs, AT, 22 / 22. Roxin, in: LK, § 26 Rn. 12, bezeichnet ein solches Ergebnis als folgerichtig, weist aber darauf hin, dass es mit der Regelung des § 24 Abs. 2 StGB nicht zu vereinbaren ist. 57 Siehe dazu bereits die Nachweise in Fn. 41. 58 Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 26 Rn. 4; Kühl, AT, § 20 Rn. 173; Roxin, in: LK, § 26 Rn. 12; Wessels / Beulke, AT, Rn. 568. 59 Roxin, in: LK, § 26 Rn. 11. 60 Christmann, Tatsachenarrangements, S. 44 f. 61 Christmann, Tatsachenarrangements, S. 45 f.; Roxin, in: LK, § 26 Rn. 14; Stein, Beteiligungsformenlehre, S. 173. Dazu, dass die Unkontrollierbarkeit des geschaffenen Risikos unrechtssteigernd wirken kann, s. noch u. C. II. (insbes. S. 194).
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5. Kap.: Die Abstandnahme des Anstifters, § 26 StGB
b) Abstandnahme durch Neutralisation der Kausalität Nach allen anderen Meinungen setzt das Bestimmen i. S. v. § 26 StGB jedenfalls voraus, dass der Tatentschluss beim Haupttäter hervorgerufen wird. Demnach muss ein Verhalten des Anstifters vorliegen, das für den Tatentschluss des Haupttäters kausal wird62. Ohne die Kausalität der Anstiftungshandlung für den Tatentschluss fehlt ein nach allen übrigen Ansichten vorausgesetztes Merkmal der Anstiftung. Ein Abstandnehmender muss daher die Möglichkeit haben, seiner Verantwortlichkeit als Anstifter zu entgehen, indem er noch im Vorbereitungsstadium verhindert, dass seine Anstiftungshandlung für den Tatentschluss des Haupttäters kausal wird63. Soweit an das Verhalten des Anstifters weitere Anforderungen – wie zum Beispiel ein geistig-kommunikativer Kontakt64 oder das Auffordern des Angestifteten zur Tatbegehung65 – gestellt werden, handelt es sich nur um besondere Formen des Hervorrufens des gemeinsamen Tatentschlusses. Diese können nicht selbständig rückgängig gemacht werden, so dass sich aus diesen strengeren Anforderungen keine zusätzlichen Möglichkeiten der Abstandnahme ergeben. Der Abstandnehmende kann die Kausalität seines Verhaltens für den Tatentschluss jedenfalls beseitigen, indem er bewirkt, dass der in Aussicht genommene Haupttäter den Tatentschluss aufgibt. In diesen Fällen scheitert eine Strafbarkeit des Anstifters freilich schon an der fehlenden Haupttat. An der Kausalität der Anstiftungshandlung fehlt es auch dann, wenn der Abstandnehmende verhindert, dass seine Anstiftungshandlung vom Haupttäter zur Kenntnis genommen wird. So kann beispielsweise ein Anstifter, der den Haupttäter in einem Brief zur Begehung einer bestimmten Tat auffordern wollte, den Brief abfangen, bevor ihn der Haupttäter zur Kenntnis nimmt. In diesen Fällen bleibt der Abstandnehmende selbst dann straflos, wenn der Haupttäter den Tatentschluss aus anderen Gründen fasst. Im Übrigen bestehen allerdings, wenn der Haupttäter den Tatentschluss einmal gefasst hat, kaum mehr Möglichkeiten, diese Kausalität wieder zu beseitigen, da sie psychisch vermittelt ist66. c) Abstandnahme durch Neutralisation der objektiven Zurechnung Wie bei allen Beteiligungsformen, besteht auch bei der Anstiftung grundsätzlich die Möglichkeit durch Neutralisation der Voraussetzungen der objektiven Zurechnung im Vorbereitungsstadium von der Tat strafbefreiend Abstand zu nehmen67. Siehe nur BGHSt 9, 370 (379 f.); Kühl, AT, § 20 Rn. 170; Roxin, in: LK, § 26 Rn. 17. RGSt 20, 259 (261). 64 So die o. unter 1. b) dargestellte Auffassung. 65 So die o. unter 1. c) dargestellte Auffassung. 66 Dieses Problem tritt vor allem bei der durch Bestärkung des Tatentschlusses begangenen psychischen Beihilfe auf, s. dazu noch u. 6. Kapitel A. I. 2. a). 67 Dass diese Möglichkeit grundsätzlich bei allen Beteiligungsformen besteht, wurde bereits dargelegt, s. o. 1. Kapitel D. I. 62 63
B. Die objektiven Voraussetzungen der Anstiftung
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Demnach muss ein Täter eine rechtlich missbilligte Gefahr schaffen, die sich im Erfolg realisiert68. Bei der Anstiftung muss der Anstifter demnach ein rechtlich missbilligtes Risiko schaffen, dass der Haupttäter den Tatentschluss fasst, und dieses Risiko muss sich tatsächlich in der Tat des Haupttäters realisieren69. Ein Anstifter bleibt deshalb straffrei, wenn es ihm gelingt, noch im Vorbereitungsstadium zu verhindern, dass sich im tatbestandsmäßigen Verhalten des Haupttäters ein von ihm geschaffenes Risiko verwirklicht. Relevant wird diese Möglichkeit der Abstandnahme insbesondere in der Fallkonstellation, in der der Haupttäter seinen Tatentschluss aufgrund der Gegenaktivitäten des Anstifters aufgibt, sich später aber doch entschließt, die Tat wie geplant durchzuführen. Hier wird eine Strafbarkeit des Anstifters im Ergebnis überwiegend verneint70. Die Kausalität der Anstiftungshandlung für den später wieder aufgegriffenen Tatentschluss wird allerdings häufig fortbestehen71. Der Täter, der vom ursprünglichen Anstifter dazu überredet wird, die Tat doch nicht zu begehen, und deswegen auf die Tatbegehung verzichtet, vergisst die Anstiftung und die dadurch gelieferte Idee von der möglichen Tatbegehung in aller Regel nicht. Wenn er sich später dazu entschließt, die Tat doch auszuführen, greift er auf die bereits vorhandene Idee von der Tat zurück. Ohne die (zunächst wieder aufgegebene) Anregung durch den Anstifter wäre der Haupttäter häufig auch später nicht auf den Gedanken gekommen, die Tat zu begehen. Eine Verantwortlichkeit des ursprünglichen Anstifters erscheint dennoch unangemessen72. Wenn man für die Anstiftungshandlung das Hervorrufen des Tatentschlusses im Wege eines geistig-kommunikativen Kontakts verlangt73, so bleibt der Anstifter schon dann straffrei, wenn der Haupttäter seinen Tatentschluss nur vorübergehend Siehe dazu die Nachweise in 1. Kapitel, Fn. 130. Ähnlich auch Christmann, Tatsachenarrangements, S. 90 f., der für die objektive Zurechnung bei der Anstiftung verlangt, dass der Täter zunächst eine qualifizierte Gefahr der Tatentschlussfassung durch den Haupttäter schafft, die sich im Tatentschluss des Haupttäters realisieren muss; weiterhin muss sich diese Gefahr im Erfolg der Haupttat selbst verwirklichen. – Vgl. auch Herzberg, JuS 1987, 617 (620 f.), der darauf hinweist, dass eine Anstiftung nicht angenommen werden kann, wenn durch das Verhalten des Anstifters kein rechtlich missbilligtes Risiko geschaffen wurde. Insoweit zustimmend Roxin, in: Salger-FS, S. 129 (133 f.), mit dem Hinweis, dass das Erfordernis einer direkten Aufforderung zur Tat eine Ausprägung der Lehre von der objektiven Zurechnung sei. 70 RGSt 20, 259 (261); Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 80; Lackner / Kühl, § 24 Rn. 27; Lenckner, in: Gallas-FS, S. 281 (287); Lilie / Albrecht, in: LK, § 24 Rn. 248; Maurach, AT, 3. Aufl., S. 576; Roxin, in: Lenckner-FS, S. 267 (276); Rudolphi, in: SK, § 24 Rn. 36. 71 So auch Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (777 f.), für die Beihilfe. Auch v. Scheurl, Rücktritt, S. 112 f., weist darauf hin, dass die Wirkung der Anstiftungshandlung durch eine nur vorübergehende Umstimmung des Haupttäters nicht beseitigt wird. Der Anstifter habe das Motiv beim Haupttäter hervorgerufen. Die Anstiftungshandlung könne daher nur durch Beseitigung des Motivs neutralisiert werden. Dagegen wird beispielsweise in RGSt 20, 259 (261) sowie bei Ingelfinger, Anstiftervorsatz, S. 200, der ursächliche Zusammenhang zwischen der Anstiftungshandlung und dem Tatentschluss als unterbrochen angesehen, wenn der Haupttäter seinen Tatentschluss vorübergehend aufgegeben hat. 72 So auch Lenckner, in: Gallas-FS, S. 281 (286 f.). 73 So die oben unter 1. b) und c) dargestellten Auffassungen. 68 69
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5. Kap.: Die Abstandnahme des Anstifters, § 26 StGB
aufgegeben hat. Denn der erneut gefasste Tatentschluss beruht dann nicht mehr unmittelbar auf dem geistig-kommunikativen Kontakt mit dem Anstifter. Das Unmittelbarkeitserfordernis müssten die Vertreter dieser einschränkenden Auslegung konsequenterweise verlangen, weil nur so eine Einschränkung der möglichen Anstiftungshandlungen erreicht werden kann. Das Schaffen einer tatprovozierenden Situation wirkt nämlich mittelbar auch über die Psyche des Haupttäters74. Lässt man dagegen jede Handlung, durch die der Tatentschluss hervorgerufen wird, als Anstiftungshandlung genügen75, so kann sich die Straflosigkeit des Anstifters oft nur aus den Grundsätzen der objektiven Zurechnung ergeben. Weitgehend anerkannt ist, dass bei bestimmten Formen der Hervorrufung des Tatentschlusses – selbst wenn dies vorsätzlich geschieht – kein rechtlich missbilligtes Risiko geschaffen wird76. So schafft beispielsweise der Verfasser eines Kriminalromans oder der Journalist, der über ein Verbrechen berichtet, kein rechtlich missbilligtes Risiko. In der vorliegenden Fallkonstellation wurde zwar zunächst ein rechtlich missbilligtes Risiko geschaffen. Durch den vorläufig erfolgreichen Umstimmungsversuch hat der Anstifter aber dieses Risiko reduziert. Es ist nun mit den oben erwähnten Risiken vergleichbar, die ohne rechtliche Missbilligung geschaffen werden können. In der späteren Tatbegehung durch den Haupttäter realisiert sich demnach nicht die vom ursprünglichen Anstifter geschaffene rechtlich missbilligte Gefahr. Die durch den Anstifter geschaffene Gefahr wurde durch die Aufgabe des Tatentschlusses soweit reduziert, dass sie rechtlich nicht zu missbilligen ist. In der Begehung der Tat verwirklicht sich dann ausschließlich ein vom Haupttäter selbst ausgehendes Risiko. Wenn im Einzelfall die objektive Zurechnung dennoch zu bejahen ist, bleibt die Frage, ob die zwischenzeitliche Tataufgabe eine wesentliche Abweichung des tatsächlichen Geschehens von den Vorstellungen des Anstifters darstellt77. d) Teilweise erfolgreiche Abstandnahme Schließlich bleibt noch diejenige Fallkonstellation zu untersuchen, in der es dem Anstifter zwar nicht gelingt, den Haupttäter von der Tat abzubringen, er aber immerhin erreichen kann, dass der Haupttäter nur das Grunddelikt anstelle der zuvor in Aussicht genommenen Qualifikation begeht. Beinhaltet der QualifikationstatSiehe dazu die Nachweise in Fn. 30. So die oben unter 1. a) dargestellte Auffassung. 76 Vgl. z. B. Herzberg, Täterschaft, S. 53. 77 Eisele, ZStW 122 (2000), S. 745 (778), sieht die zwischenzeitliche Tataufgabe des Gehilfen als einen gewichtigen Umstand für die Annahme einer wesentlichen Tatabweichung an. Nach Lilie / Albrecht, in: LK, § 24 Rn. 248, Roxin, in: Lenckner-FS, S. 267 (276), und Zaczyk, in: NK, § 24 Rn. 122, soll in diesen Fällen nie Tatidentität zwischen der Tat, zu der angestiftet wurde, und der aufgrund des neuen Entschlusses begangenen Tat bestehen. – Da der Vorsatz des Gehilfen nach h. M. weniger konkret sein muss als derjenige des Anstifters (s. dazu noch 6. Kapitel bei und in Fn. 123), kann im Einzelfall die Verantwortlichkeit als Gehilfe bestehen bleiben. 74 75
B. Die objektiven Voraussetzungen der Anstiftung
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bestand ein Verbrechen, so liegt nur noch eine versuchte Anstiftung zur Qualifikation vor. Von ihr kann der Anstifter, sofern die weiteren Voraussetzungen vorliegen, gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 StGB zurücktreten78. Das Geschehen lässt sich in zwei Akte aufteilen: die Anstiftung zur Qualifikation und den (teilweise erfolgreichen) Versuch, den Haupttäter umzustimmen. Letzterer stellt sich zwar – isoliert betrachtet – als eine straflose Abstiftung dar79. Abzustellen ist jedoch auf das Gesamtgeschehen. Der Anstifter hat insgesamt den Tatentschluss zur Begehung des Grunddelikts hervorgerufen. Er ist daher wegen Anstiftung zum Grunddelikt strafbar. Gelingt es dem Anstifter, den Haupttäter zur Begehung eines anderen Deliktes zu bewegen, kommt eine Anstiftung zu diesem nach den Grundsätzen der sog. Umstiftung in Betracht80, soweit der Anstifter diesbezüglich Vorsatz hatte81. Begeht der Haupttäter aufgrund des Umstimmungsversuchs des Anstifters ein anderes Delikt, mit dem der Anstifter nicht gerechnet hat, so bleibt der Anstifter mangels Vorsatz straflos82.
II. Haupttat Aufgrund der Akzessorietät der Anstiftung kann ein Beteiligter nur dann wegen Anstiftung zu einem Delikt bestraft werden, wenn eine strafbare Haupttat vorliegt83. Soweit der Versuch strafbar ist, muss die Haupttat zumindest in das Stadium des Versuchs gelangt sein; im Übrigen ist eine vollendete Haupttat erforderlich84. Ein Beteiligter kann daher seiner Verantwortlichkeit als Anstifter auch in der Weise entgehen, dass er den Eintritt der Haupttat in das Versuchsstadium verhindert. Im Falle fehlender Versuchsstrafbarkeit genügt die Verhinderung der Vollendung. Außerhalb des Anwendungsbereichs des § 31 StGB85 kommt es bei der Abstandnahme im Vorbereitungsstadium – anders als beim Rücktritt – nicht darauf an, ob die Tat durch ein bestimmtes Verhalten des Anstifters verhindert wird oder ob der Anstifter freiwillig handelt86. Die Strafbarkeit des Anstifters entfällt sogar, wenn die Tat durch Dritte ohne oder gegen seinen Willen verhindert wird. Sofern es sich bei der in Aussicht genommenen Tat allerdings um ein Verbrechen handelt, 78 Ein Teilrücktritt, bei dem sich der Beteiligte entschließt, statt der Qualifikation nur das Grunddelikt zu verwirklichen, ist grundsätzlich möglich, vgl. Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 113; Lilie / Albrecht, in: LK, § 24 Rn. 339. 79 Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 26 Rn. 8; Joecks, § 26 Rn. 13; Kühl, AT, § 20 Rn. 185; Roxin, in: LK, § 26 Rn. 33. 80 Vgl. dazu Eisele, ZStW, 112 (2000), S. 745 (779). 81 Siehe dazu u. C. 82 Vgl. dazu näher u. C. II. 83 Siehe nur Zaczyk, in: NK, § 24 Rn. 122. 84 Siehe nur Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 30 Rn. 13; Lackner / Kühl, § 26 Rn. 7. 85 Siehe dazu bereits o. A. 86 Vgl. schon o. 2. Kapitel A.
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5. Kap.: Die Abstandnahme des Anstifters, § 26 StGB
entfällt die Strafbarkeit wegen versuchter Anstiftung gem. § 30 Abs. 1 S. 1 StGB nur dann, wenn der Anstifter unter den Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Nr. 1 StGB oder des § 31 Abs. 2 StGB zurücktritt.
C. Die subjektiven Voraussetzungen der Anstiftung Die innere Tatseite der Anstiftung ist erfüllt, wenn der Anstifter Vorsatz hinsichtlich der vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat und hinsichtlich der Anstiftungshandlung – also bezüglich des Hervorrufens des Tatentschlusses – hat (sog. doppelter Anstiftervorsatz)87. Zunächst soll der Zeitpunkt für das Vorliegen des Anstiftervorsatzes und die daraus folgenden Auswirkungen auf eine mögliche Abstandnahme untersucht werden88. Anschließend ist auf die Frage einzugehen, wie sich Abweichungen zwischen der tatsächlich ausgeführten Haupttat und dem Vorsatz des Anstifters auswirken89.
I. Maßgeblicher Zeitpunkt für den Vorsatz des Anstifters Der Grundsatz, dass der Beteiligte in dem Zeitpunkt, in dem er die Tathandlung vornimmt, Vorsatz haben muss, gilt auch für die Anstiftung. Dies ergibt sich aus § 16 Abs. 1 S. 1 StGB i. V. m. § 8 S. 1 StGB. Nach dem Wortlaut des § 8 S. 1 StGB ist eine Tat zu der Zeit begangen, zu welcher der Täter oder der Teilnehmer gehandelt hat. Maßgeblicher Zeitpunkt ist daher bei der Anstiftung die Vornahme der Anstiftungshandlung; die Haupttat, zu der angestiftet wurde, bleibt dabei außer Betracht90. Erforderlich und ausreichend ist deshalb der Vorsatz des Anstifters 87 Siehe nur Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 30 Rn. 36; Geppert, Jura 1997, 358; Hoyer, in: SK, § 26 Rn. 25; Jescheck / Weigend, AT, S. 687; Tröndle / Fischer, § 26 Rn. 5; Wessels / Beulke, AT, Rn. 572. 88 Dazu sogleich unter I. 89 Siehe dazu u. II. 90 BGH NStZ 2000, 197 (198 f.); Ambos / Ruegenberg, in: MüKo-StGB, § 8 Rn. 14; Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 26 Rn. 32; Eser, in: Schönke / Schröder, § 8 Rn. 5; Gribbohm, in: LK, § 8 Rn. 14; Haft / Eisele, in: Keller-GS, S. 81 (92); Hoyer, in: SK, § 8 Rn. 5; Kindhäuser, § 8 Rn. 7; Roxin, in: LK, § 26 Rn. 112. Anders jedoch Tröndle / Fischer, § 8 Rn. 5, die als Tatzeit sowohl die Vornahme der Anstiftungshandlung als auch die Handlung des Haupttäters ansehen wollen. Aber selbst wenn man mit dieser Auffassung den Zeitpunkt der Begehung der Haupttat mit einbeziehen will, führt dies für die Abstandnahme des Anstifters zu keinem anderen Ergebnis. Für den Zeitpunkt des Vorsatzes bei der Mittäterschaft wurde bereits dargelegt, dass der Mittäter nur im Zeitpunkt des gemeinsamen Tatentschlusses und im Zeitpunkt der Vornahme der eigenen Tathandlung vorsätzlich handeln muss. Nicht erforderlich ist, dass er zu der Zeit, zu der seine Mittäter Tathandlungen vornehmen,
C. Die subjektiven Voraussetzungen der Anstiftung
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während der Vornahme der Anstiftungshandlung91. Der Anstifter kann demnach nicht allein dadurch Straffreiheit erlangen, dass er seinen Vorsatz aufgibt, bevor die Tat das Versuchsstadium erreicht. Schließlich verbleiben noch Fälle, in denen der Anstifter glaubt, den Haupttäter erfolgreich umgestimmt zu haben; in Wirklichkeit ist jedoch der Angestiftete nur zum Schein darauf eingegangen und führt die Tat dennoch aus. Teilweise wird die Strafbarkeit des Beteiligten wegen Anstiftung bereits dann abgelehnt, wenn er überzeugt sein durfte, dass die Tat aufgrund seiner Bemühungen nicht begangen werde92. Dafür spreche, dass die Tatbegehung durch den Haupttäter aus Sicht des Anstifters einen Exzess darstelle. Für diese Lösung spreche außerdem der Umstand, dass es im Prozess ansonsten allein von der Einlassung des Haupttäters abhinge, ob der Handelnde als Teilnehmer bestraft werden könne. Im Fall einer tatsächlichen vorübergehenden Tataufgabe entfiele nach herrschender Ansicht nämlich die Verantwortlichkeit als Anstifter93, während eine nur vermeintliche Umstimmung die Strafbarkeit des Beteiligten unberührt lasse94. Diese Ansicht überzeugt jedoch nicht. Aufgrund der strengen Erfolgshaftung der Teilnahme genügt die bloße nachträgliche Vorstellung, dass der Erfolg nicht eintreten wird, nicht95. Maßgeblich ist nämlich – wie oben bereits dargelegt – der Zeitpunkt der Vornahme der Anstiftungshandlung. Für die Frage, ob es sich bei einer Tat des Haupttäters um einen Exzess handelt, ist daher die Abweichung des Anstiftervorsatzes von der tatsächlich ausgeführten Tat maßgeblich. Auch die prozessualen Konsequenzen können nicht als Argument für die Straflosigkeit des Anstifters angeführt werden. Die Gefahr, dass ein Beteiligter versucht, sich auf Kosten des anderen zu entlasten, kann immer Vorsatz haben muss [s. o. 3. Kapitel C. II. 5. b)]. Daher kann man vom Anstifter erst recht nicht verlangen, dass er zu der Zeit, zu der der Haupttäter handelt, Vorsatz hat. 91 So z. B. auch Gores, Rücktritt, S. 25; Haft / Eisele, in: Keller-GS, S. 81 (92). 92 So Vogler, in: LK, 10. Aufl., § 24 Rn. 163; ders., ZStW 98 (1986), S. 331 (345 f.). Vgl. auch Otto, JA 1980, 707 (711), der in diesen Fällen die objektive Zurechnung verneinen will, weil der Haupttäter den Teilnehmer durch Täuschung von der Herrschaft über das Geschehen ausgeschlossen habe. Dagegen zu Recht Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (775), und Roxin, in: Lenckner-FS, S. 267 (275), mit dem Hinweis, dass die Täuschung des Haupttäters nichts daran ändert, dass sich in der Haupttat die vom Teilnehmer geschaffene Gefahr realisiert hat. 93 Dazu bereits o. A. I. 2. 94 Vgl. zu dieser Argumentation v. Scheurl, Rücktritt, S. 85. 95 So auch BGH, Urteil vom 13. 5. 1953 – 4 StR 501 / 52 (zitiert bei Maurauch, AT, 3. Aufl., S. 576); Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 76; Zaczyk, in: NK, § 24 Rn. 120; ebenso Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (776), für die Beihilfe; vgl. auch Lenckner, in: Gallas-FS, S. 281 (289 f.), der allerdings in Fällen, in denen der Täter glaubt, einen physisch wirkenden Tatbeitrag rückgängig gemacht zu haben, eine Zurechnung der Haupttat verneinen will (dazu noch näher u. 6. Kapitel B. I.). Diese Einschränkung spielt jedoch im Rahmen der Anstiftung, bei der stets ein psychisch wirkender Tatbeitrag erforderlich ist, keine Rolle. Maurach, AT, 3. Aufl., S. 576, hält die Strafbarkeit wegen Anstiftung bei vermeintlich gelungener Umstimmung des Haupttäters für unbillig, weil vom Anstifter nur dann weitere Schritte zur Verhinderung der Tat verlangt werden können, wenn er Zweifel am Erfolg seines Umstimmungsversuchs hatte.
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5. Kap.: Die Abstandnahme des Anstifters, § 26 StGB
auftreten, wenn eine von mehreren Beteiligten begangene Tat verfolgt wird96. Es kann zwar schuldmindernd wirken, wenn der Täter zur Tat angestiftet werden musste97. Bei der Mittäterschaft sind aber – trotz der Zurechnung der strafzumessungsrelevanten Tatbeiträge der anderen Mittäter gem. § 25 Abs. 2 StGB – die Tatbeiträge des einzelnen Mittäters individuell zu gewichten98. Deshalb besteht bei der Mittäterschaft in gleicher Weise die Gefahr, dass jeder Mittäter versucht, den Umfang seiner eigenen Tatbeteiligung als gering darzustellen. Eine Abstandnahme ist daher in dieser Fallkonstellation nicht möglich.
II. Tatidentität Der Anstifter muss Vorsatz hinsichtlich der Haupttat haben. Die vom Haupttäter ausgeführte Tat kann dem Anstifter nur zugerechnet werden, wenn sie in ihren wesentlichen Merkmalen dem Vorsatz des Anstifters entspricht99. Wenn der Haupttäter eine nicht vom Vorsatz des Anstifters umfasste Tat begeht, entfällt die Haftung als Anstifter100. Daher kann der Abstandnehmende seiner Verantwortlichkeit als Anstifter dann entgehen, wenn seine Bemühungen, die Haupttat zu verhindern, dazu führen, dass der Haupttäter eine andere – nicht mehr vom Vorsatz des Abstandnehmenden erfasste – Tat begeht. Eine Beurteilung, wann eine vorsatzausschließende Diskrepanz zwischen der Vorstellung des Anstifters und der tatsächlich ausgeführten Tat besteht, ist ohne Berücksichtigung der Mindestanforderungen, die an die Konkretisierung des Anstiftervorsatzes gestellt werden, nicht möglich101. Weicht die vom Haupttäter verwirklichte Tat nämlich hinsichtlich solcher Umstände, die für die Konkretisierung des Anstiftervorsatzes unerlässlich sind, von der Vorstellung des Anstifters ab, entfällt der Vorsatz des Anstifters in Bezug auf diese Tat. Es fehlt dann an der Identität zwischen der vorgestellten und der verwirklichten Tat102. So auch Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (775). Gribbohm, in: LK, § 46 Rn. 122. 98 Siehe nur Bruns, Strafzumessungsrecht, S. 457, 505; Schäfer, Strafzumessung, Rn. 480. 99 Siehe nur BGHSt 42, 332 (334); Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 26 Rn. 22. 100 Geppert, Jura 1997, 358 (359); Kühl, AT, § 20 Rn. 199. 101 Vgl. Roxin, in: LK, § 26 Rn. 88. 102 Teilweise wird das Erfordernis der Haupttatkonkretisierung bereits als ein Problem des objektiven Tatbestandes angesehen, das im Rahmen des Merkmals des „Bestimmens“ und der objektiven Zurechnung relevant wird, so z. B. Altenhain, Exzeß, S. 57 ff.; Dreher, in: Gallas-FS, S. 307 (320); Herzberg, JuS 1987, 617 (617 f., 621); Kühl, AT, § 20 Rn. 188; Lackner / Kühl, § 26 Rn. 5; Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 51 Rn. 8; Rogall, GA 1979, 11 (12). Überwiegend wird dieses Problem aber als Vorsatzfrage diskutiert, so z. B. bei Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 26 Rn. 17; Krey, AT 2, Rn. 270; Tröndle / Fischer, § 26 Rn. 6; Wessels / Beulke, AT, Rn. 572; im Ergebnis auch Ingelfinger, Anstiftervorsatz, S. 75 ff. Da es vorliegend die Frage zu klären gilt, ob zwischen der Haupttat und der Vorstellung des Anstifters eine relevante Abweichung besteht, muss das Problem der Vorsatzkonkretisierung im Rahmen des subjektiven Tatbestandes behandelt werden. 96 97
C. Die subjektiven Voraussetzungen der Anstiftung
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Einigkeit besteht zunächst darüber, dass sich der Vorsatz des Anstifters nicht auf alle Einzelheiten der Haupttat beziehen muss103. Andererseits genügt es nicht, wenn die Haupttat nur dem gesetzlichen Tatbestand nach beschrieben ist104. Nicht abschließend geklärt ist, welche Anforderungen an die Konkretisierung des Anstiftervorsatzes im Übrigen zu stellen sind. Nach einer vor allem von Roxin vertretenen Auffassung soll es genügen, wenn dem Anstifter neben der Kenntnis der Tatbestandsmerkmale105 die „wesentlichen Dimensionen des Unrechts“ bekannt sind, die vor allem durch das Ausmaß des Schadens und die Angriffsrichtung gekennzeichnet sind106. Dies ist schon deswegen erforderlich, weil ohne die Kenntnis des Ausmaßes des verwirklichten Unrechts eine Strafzumessung kaum möglich ist107. Nach herrschender Ansicht muss die Tat aber darüber hinaus in der Vorstellung des Anstifters wenigstens als umrisshaft individualisiertes Geschehen erscheinen108. Die insoweit strengeren Anforderungen sind notwendig, um eine hinreichende Verknüpfung zwischen Anstiftung und Haupttat zu erreichen. Würde man allein die Kenntnis der wesentlichen Dimensionen des Unrechts ausreichen lassen, so wäre diese Verknüpfung so weit gelockert, dass auch Fälle erfasst würden, deren Strafwürdigkeit zweifelhaft ist. Es wäre dann nicht gerechtfertigt denjenigen, der solche Handlungen vornimmt, „gleich einem Täter“ zu bestrafen109. Deshalb muss sich der Anstiftervorsatz mindestens auf ein umrisshaft individualisiertes Geschehen beziehen. Aus diesem Grund liegt immer dann eine erfolgreiche Abstandnahme vor, wenn der Haupttäter eine Tat begeht, die sich mit den Vorstellungen des Abstandnehmenden im Hinblick auf ein umrisshaft individualisiertes Geschehen nicht deckt. 103 Vgl. RGSt 26, 361 (362); BGHSt 42, 135 (137); Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 30 Rn. 61; Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 26 Rn. 17; Geppert, Jura 1997, 358 (359); Kühl, AT, § 20 Rn. 200; Lackner / Kühl, § 26 Rn. 5. 104 BGHSt 34, 63 (64 f.); Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 30 Rn. 57; Geppert, Jura 1997, 358 (359); Roxin, in: Salger-FS, S. 129 (132); Tröndle / Fischer, § 26 Rn. 6. Kritisch aber Herzberg, JuS 1987, 617 (618 ff.). Anders Altenhain, Exzeß, S. 68 f., 110 f. 105 Der Anstifter stellt sich zwar in der Regel vor, dass der Haupttäter einen bestimmten Tatbestand verwirklicht (vgl. Hoyer, in: SK, § 26 Rn. 27; Roxin, in: LK, § 26 Rn. 87; Tröndle / Fischer, § 26 Rn. 16; vgl. auch Grünwald, in: Welzel-FS, S. 701 [713], wonach beim Rücktritt vom Versuch gem. § 24 Abs. 2 StGB eine andere Tat vorliegt, wenn ein anderer Tatbestand verwirklicht wird). Dazu, dass dies – insbesondere bei naher Verwandtschaft der in Frage kommenden Tatbestände – nicht in jedem Fall erforderlich ist, s. Ingelfinger, Anstiftervorsatz, S. 101 f.; ferner Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 26 Rn. 17; noch weiter gehend Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 30 Rn. 78 ff., die eine Abweichung hinsichtlich des verwirklichten Tatbestandes innerhalb der Grenzen der Wahlfeststellung zulassen wollen. 106 Roxin, in: LK, § 26 Rn. 47 ff.; ders., in: Salger-FS, S. 129 (131 ff.); ähnlich auch Hoyer, in: SK, § 26 Rn. 29. 107 Siehe nur Roxin, in: Salger-FS, S. 129 (132); vgl. aber Ingelfinger, Anstiftervorsatz, S. 54 f., der insoweit den Grundsatz „in dubio pro reo“ analog anwenden will. 108 BGHSt 34, 63 (66); Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 26 Rn. 17; Dreher, in: Gallas-FS, S. 307 (320); Geppert, Jura 1997, 358 (359 f.); Jescheck / Weigend, AT, S. 688; Kindhäuser, § 26 Rn. 24; Krey, AT 2, Rn. 272; Kühl, AT, § 20 Rn. 191 f.; Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 51 Rn. 8; Tröndle / Fischer, § 26 Rn. 6; Wessels / Beulke, AT, Rn. 572. 109 BGHSt 34, 63 (65 f.).
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5. Kap.: Die Abstandnahme des Anstifters, § 26 StGB
Nachdem nun die Mindestanforderungen, die an den Anstiftervorsatz zu stellen sind, feststehen, bleibt noch die Frage zu beantworten, ob eine Vorsatzabweichung, die sich innerhalb der durch die Mindestanforderungen festgelegten Grenzen bewegt, immer unbeachtlich ist. Nach einer Ansicht soll eine Abweichung der Vorstellung des Anstifters von der tatsächlich ausgeführten Tat nur dann zum Entfallen des Vorsatzes führen, wenn die Tat in solchen Merkmalen von der Vorstellung des Anstifters abweicht, die zum notwendigen Vorstellungsinhalt des Anstifters zählen110. Nach der hier vertretenen Auffassung ist eine Tatabweichung nur beachtlich, wenn sie die Grenzen des umrisshaft individualisierten Geschehens überschreitet. Hat der Anstifter im Einzelfall also genauere Vorstellungen von der Begehung der Haupttat als dies zur Begründung des Anstiftervorsatzes erforderlich wäre, so wäre die Tatabweichung in jedem Fall irrelevant, solange die Tat von der Vorstellung des Anstifters nicht in solchen Umständen abweicht, die zum notwendigen Vorstellungsinhalt gehören111. Da der über das Mindestmaß hinausgehende Vorstellungsinhalt für die subjektive Zurechnung nicht erforderlich sei, könne eine diesbezügliche Abweichung die Zurechnung auch nicht hindern112. Diese Auffassung überzeugt jedoch nicht. Bei der Täterschaft ist anerkannt, dass das Ausmaß der Konkretisierung des Vorsatzes sehr wohl für die Frage entscheidend ist, ob eine den Vorsatz ausschließende Abweichung der Vorstellung des Täters vom tatsächlichen Geschehen vorliegt. Für den Vorsatz des Täters hinsichtlich des Tatobjekts genügt es beispielsweise, wenn dieser sich nur auf die Gattung des Tatobjekts bezieht113. Hat der Täter aber im Einzelfall eine konkretere Vorstellung vom Tatobjekt, als dies für die Vorsatzzurechnung erforderlich wäre, kann dennoch eine wesentliche Abweichung vorliegen. Dies zeigt sich insbesondere in Fällen der sog. aberratio ictus, bei denen der Erfolg nicht an dem in Aussicht genommenen Tatobjekt, sondern an einem anderen Tatobjekt eintritt. Eine Mindermeinung nimmt in dieser Fallkonstellation zwar an, dass der Täter trotz der Abweichung des tatsächlichen Geschehens von seinen Vorstellungen wegen vollendeter vorsätzlicher Deliktsbegehung zu bestrafen sei114. Als Argument wird vorgebracht, dass das Gesetz 110 Altenhain, Exzeß, S. 11; Ingelfinger, Anstiftervorsatz, S. 206 f.; vgl. ferner Hoyer, in: SK, § 26 Rn. 29, der die Differenzen zwischen dem vom Täter begangenen und dem vom Teilnehmer vorgestellten Unrecht nach den Grundsätzen der Wesentlichkeit von Kausalabweichungen berücksichtigen will. 111 Vgl. Ingelfinger, Anstiftervorsatz, S. 207. 112 Altenhain, Exzeß, S. 11; so auch allgemein für die Vorsatzzurechnung Puppe, GA 1981, 1. 113 Kühl, AT, § 5 Rn. 101; Loewenheim, JuS 1966, 310 (313 f.); Schroeder, in: LK, § 16 Rn. 4. 114 Kuhlen, Irrtum, S. 480 ff.; Loewenheim, JuS 1966, 310 (312 ff.); Puppe, GA 1981, 1 ff. (insbes. 20); – Puppe, a. a. O., S. 7 ff. (ähnlich auch Altenhain, Exzeß, S. 92 ff.), führt für ihre Auffassung folgendes Argument an: Die Individualisierung von Objekten könne nur über ihre Eigenschaften erfolgen. Bei der aberratio ictus erfolge die Individualisierung über den Ort, an dem sich das Objekt zu einer bestimmten Zeit befinde. Warum eine Individualisierung nach Ort und Zeit zu anderen Rechtsfolgen führen solle als eine Individualisierung nach
C. Die subjektiven Voraussetzungen der Anstiftung
193
keine über die abstrakten Tatbestandsmerkmale hinausgehende Konkretisierung der Tätervorstellung verlange, so dass die im Einzelfall vorhandene Konkretisierung des Vorsatzes den Täter nicht entlasten könne115. Von diesem Standpunkt aus wäre es konsequent, im Sinne der oben dargestellten Auffassung den Anstiftervorsatz nur dann entfallen zu lassen, wenn das tatsächliche Geschehen von den Vorstellungen des Täters derart abweicht, dass die Mindestanforderungen an die Konkretisierung des Anstiftervorsatzes nicht mehr gegeben sind. Die ganz herrschende Ansicht nimmt aber in diesen Fällen, soweit sich der Vorsatz nicht auch auf das getroffene Objekt bezogen hat, eine Strafbarkeit wegen Versuchs hinsichtlich des anvisierten und gegebenenfalls wegen Fahrlässigkeit hinsichtlich des getroffenen Objektes an116. Der Vorsatz hat sich in diesem Fall auf ein bestimmtes Objekt konkretisiert. Würde man den Täter dennoch wegen vollendeter Deliktsbegehung bestrafen, würde ihm ein genereller Vorsatz unterstellt, der tatsächlich nicht vorgelegen hat117. Das Ausmaß der Konkretisierung des Tätervorsatzes wirkt sich demnach auf die Beurteilung der Wesentlichkeit der Tatabweichung aus118. Je konkreter die Vorstellung des Täters ist, desto eher liegt eine vorsatzausschließende Tatabweichung vor. Für den Vorsatz des Anstifters kann daher nichts anderes gelten. Gegen dieses Ergebnis könnte man zwar einwenden, dass derjenige, dessen Vorsatz stark konkretisiert ist, gegenüber demjenigen, dessen Vorsatz nur die Mindestanforderungen hinsichtlich der Konkretisierung erfüllt, privilegiert sei. Je präziser die Vorstellungen des Anstifters von der Tat und seine Anweisungen an den Haupttäter sind, desto eher kann eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium Erfolg haben. Dennoch kann darin keine ungerechtfertigte Privilegierung gesehen werden, denn je stärker der Vorsatz des Anstifters – und damit regelmäßig auch seine anderen Eigenschaften, sei nicht ersichtlich. Daher könne die aberratio ictus – ebenso wie der error in persona – den Vorsatz nicht entfallen lassen. 115 Loewenheim, JuS 1966, 310 (314); Puppe, GA 1981, 1 (10 ff.). 116 Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 21 Rn. 13; Cramer / Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, § 15 Rn. 57; Freund, AT, § 7 Rn. 87; Frisch, Zurechnung, S. 616; Haft, AT, S. 251 f.; Jescheck / Weigend, AT, S. 313 f.; Joecks, § 15 Rn. 51; Krey, AT 1, Rn. 394; Kühl, AT, § 13 Rn. 32 ff.; Lackner / Kühl, § 15 Rn. 12; Otto, AT, § 7 Rn. 94 ff.; Schlehofer, Tatabweichung, S. 172 ff.; Schroeder, in: LK, § 16 Rn. 9; Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 8 Rn. 95; Tröndle / Fischer, § 16 Rn. 6; Wessels / Beulke, AT, Rn. 250, 253; wohl auch Grotendiek, aberratio ictus, S. 93 ff. 117 Haft, AT, S. 252; Krey, AT 1, Rn. 394; Kühl, AT, § 13 Rn. 33; Wessels / Beulke, AT, Rn. 253; vgl. auch Frisch, Zurechnung, S. 617. 118 Vgl. Haft / Eisele, in: Keller-GS, S. 81 (92 ff.). Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 15 Rn. 55, weisen darauf hin, dass die Frage, ob eine wesentliche Abweichung vom Kausalverlauf vorliegt, nicht nur objektiv, sondern auch anhand der Vorstellung des Täters zu beurteilen ist. – Auch für den Fall des Rücktritts muss sich der Verhinderungswille auf die Tat beziehen, an deren Versuch der Zurücktretende beteiligt war (Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 91). Die Frage der Tatidentität zwischen dieser und der tatsächlich ausgeführten Tat hängt davon ab, „ob und inwieweit es den Tatbeteiligten auf eine exakte Konkretisierung der Haupttat nach Ort, Zeit und Begehungsart ankam“, BGH StV 1993, 190; Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 92. 13 Fad
194
5. Kap.: Die Abstandnahme des Anstifters, § 26 StGB
Anstiftungshandlung – auf eine bestimmte Tat des Haupttäters konkretisiert ist, desto eher ist dieses Risiko für den Anstifter beherrschbar. Wenn die Anstiftungshandlung und der Anstiftervorsatz dagegen unbestimmt sind, ist das dadurch geschaffene Risiko der Verwirklichung der Haupttat oft sehr viel schwerer zu kontrollieren. Dies gilt insbesondere wenn – was häufig der Fall ist – der Anstifter dem Täter ganz bewusst Spielraum hinsichtlich der Ausführung der Tat lässt. Dass die Unkontrollierbarkeit des Risikos sich unrechtserhöhend auswirken kann, zeigt die Regelung des § 111 Abs. 1 StGB. Durch diese Vorschrift soll die an einen unbestimmten Täterkreis gerichtete Aufforderung zur Begehung von rechtswidrigen Taten der für die Anstiftung vorgesehenen Strafdrohung unterworfen werden. Die besondere Gefährlichkeit der Tat wird vor allem in der Unbeherrschbarkeit des vom Auffordernden veranlassten Geschehens gesehen119. Ob eine Abstandnahme eine vorsatzausschließende Abweichung des tatsächlichen Geschehens von der Vorstellung des Anstifters zur Folge hat, hängt also wesentlich von dem Ausmaß der Konkretisierung des Anstiftervorsatzes ab. Deshalb können keine allgemeingültigen Aussagen darüber getroffen werden, wann eine Abweichung vorsatzausschließend ist, so dass es letztlich auf die Umstände des Einzelfalles ankommt120. Eine vorsatzausschließende Abweichung wird aber um so eher in Betracht kommen, je mehr der Angestiftete von Vorgaben abweicht, die der Anstifter gemacht hat und von deren Einhaltung er ausging121. Durch das Ausscheiden des Abstandnehmenden sind die verbleibenden Beteiligten häufig gezwungen, die Rolle, die der Abstandnehmende spielen sollte, zu übernehmen. Dadurch kann sich die Beteiligungsform der verbleibenden Beteiligten ändern. Diese Abweichungen hinsichtlich der Beteiligungsform der unmittelbar Handelnden werden jedoch regelmäßig unerheblich sein122. Die Abstandnahme eines Beteiligten kann schließlich auch dazu führen, dass die verbleibenden Beteiligten weitere Personen zur Tatbegehung hinzuziehen. Der Austausch und das Hinzuziehen von Beteiligten wird häufig vorkommen, wenn der Tatveranlasser zunächst selbst einen wesentlichen Tatbeitrag übernommen hat, diesen dann aber aufgrund seiner Abstandnahme im Vorbereitungsstadium nicht erbringt. Bei einer Abstandnahme vor Versuchsbeginn entfällt häufig die Verantwortlichkeit als Mittäter, wenn der Abstandnehmende seine Tatbeiträge nicht leistet. Wenn der Abstandnehmende allerdings den Tatentschluss bei seinen früheren Mittätern hervorgerufen hat, entfällt 119 v. Bubnoff, in: LK, § 111 Rn. 5; Eser, in: Schönke / Schröder, § 111 Rn. 2; Lackner / Kühl, § 111 Rn. 1. Tröndle / Fischer, § 111 Rn. 1; kritisch aber Paeffgen, in: NK, § 111 Rn. 7. 120 Vgl. z. B. BGHSt 34, 63 (67); ferner RGSt 34, 327 (328). 121 Vgl. Haft / Eisele, in: Keller-GS, S. 81 (95 ff.). 122 Vgl. Roxin, in: LK, § 26 Rn. 86, wonach es unerheblich ist, wenn der Angestiftete die Tat – entgegen der Vorstellung des Anstifters – nicht allein, sondern mit einem anderen zusammen begeht. Auch beim Rücktritt gem. § 24 Abs. 2 StGB entfällt die Tatidentität nicht allein wegen des Ausscheidens des Zurücktretenden, Corves, in: Protokolle über die Sitzungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform V, S. 1761; Gores, Rücktritt, S. 217 f.; Grünwald, in: Welzel-FS, S. 701 (713); Haft, JA 1979, 306 (310).
D. Ergebnis
195
seine Verantwortlichkeit als Anstifter nicht allein deswegen, weil die verbleibenden Mittäter weitere Beteiligte für die Tatbegehung hinzuziehen müssen, die die vom Abstandnehmenden nicht erbrachten Beiträge übernehmen123.
D. Ergebnis Die Abstandnahme des Anstifters im Vorbereitungsstadium ist in § 31 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB nur für Verbrechen und für diese auch nur für den Zeitraum vom unmittelbaren Ansetzen zur Hervorrufung des Tatentschlusses beim Haupttäter und dessen unmittelbaren Ansetzen zur Haupttat abschließend geregelt. Im Übrigen richtet sich die Abstandnahme im Vorbereitungsstadium nach allgemeinen Grundsätzen. Ein Beteiligter kann von der geplanten Anstiftung Abstand nehmen, indem er verhindert, dass sein Verhalten für die Veranlassung der Haupttat kausal wird. Des Weiteren kann er von der Tat Abstand nehmen, wenn er noch im Vorbereitungsstadium verhindert, dass sich in der Haupttat ein von ihm geschaffenes rechtlich missbilligtes Risiko verwirklicht. Der Vorsatz des Anstifters muss in dem Zeitpunkt, in dem er seine Anstiftungshandlung vornimmt, vorliegen. Deshalb kann ein Beteiligter seiner Verantwortlichkeit als Anstifter nicht allein dadurch entgehen, dass er seinen Vorsatz nach Vornahme der Anstiftungshandlung wieder aufgibt. Die subjektiven Voraussetzungen der Anstiftung entfallen vielmehr nur dann, wenn die tatsächlich ausgeführte Tat so sehr von den Vorstellungen des Anstiftungswilligen abweicht, dass sie nicht mehr von dessen Vorsatz erfasst ist. Je stärker der Vorsatz des Anstifters konkretisiert ist, desto eher kommt eine vorsatzausschließende Tatabweichung in Betracht. 123 Das Hinzutreten weiterer Beteiligter ist schon deswegen regelmäßig unerheblich, weil eine Abweichung der Vorstellung des Anstifters hinsichtlich der Person des Haupttäters nicht in jedem Fall zu einer vorsatzausschließenden Tatabweichung führen muss. Es ist nämlich nicht erforderlich, dass sich der Vorsatz des Anstifters auf eine individuell bestimmte Person bezieht. Es kann vielmehr auch ausreichend sein, wenn sich die Aufforderung des Anstifters und dessen Vorsatz an einen individuell bestimmten Personenkreis richtet, Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 26 Rn. 18; Lackner / Kühl, § 26 Rn. 5; Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 51 Rn. 22; Rogall, GA 1979, 11 (12 f.); Roxin, in: LK, § 26 Rn. 55; Samson, JZ 1969, 258 (259); Wessels / Beulke, AT, Rn. 572. (Uneinigkeit besteht allerdings darüber, unter welchen Voraussetzungen ein individuell bestimmter Personenkreis angenommen werden kann. Schmidhäuser, AT, 14 / 103, stellt darauf ab, ob sich der Einzelne „als angesprochen erlebt“. Nach Samson, JZ 1969, 258 [260], soll es darauf ankommen, ob sich für den Tatveranlasser die Person, die zur Tat bewegt werden soll, als Teil eines unbestimmten Personenkreises darstellt oder ob sie sich „vor dem Hintergrund der Anderen als konkrete Gestalt abhebt“. Für Rogall, GA 1979, 11 [13 f.] – zustimmend Roxin, in: LK, § 26 Rn. 57 –, liegt ein bestimmter Personenkreis dann vor, wenn der Tatveranlasser die Möglichkeit zur Steuerung des Geschehens hat, was voraussetzen soll, dass der Veranlasser „den Haupttäter ohne größere Schwierigkeiten ermitteln und möglicherweise von der Tat abhalten könnte“.) Nach Haft, JA 1979, 306 (310), führt das Ausscheiden eines Beteiligten dann zur Annahme einer neuen Tat i. S. v. § 24 StGB, wenn die verbleibenden Beteiligten ihren Tatplan so umgestalten, dass nicht nur der Ausfall eines Beteiligten kompensiert wird.
13*
6. Kapitel
Die Abstandnahme des Gehilfen, § 27 Abs. 1 StGB Der Abstandnahme des Gehilfen im Vorbereitungsstadium kommt deswegen besondere Bedeutung zu, weil mit der Frage nach der Strafbarkeit wegen Beihilfe häufig die Frage verbunden ist, ob sich der Handelnde überhaupt strafbar gemacht hat. Vogel1 weist zu Recht darauf hin, dass die „Außengrenzen individueller Verantwortlichkeit“ größere praktische Bedeutung haben als die „Binnendifferenzierung“ zwischen den einzelnen Beteiligungsformen. So ist die Abstandnahme des Gehilfen nicht nur in Fallkonstellationen von Bedeutung, in denen sich der Handelnde von vornherein nur als Gehilfe beteiligen wollte. Die Möglichkeiten einer Abstandnahme des Gehilfen sind vielmehr auch für denjenigen relevant, der ursprünglich eine mittäterschaftliche Verabredung getroffen, die Voraussetzungen der Mittäterschaft aber bereits im Vorbereitungsstadium wieder beseitigt hat2. Seine Bemühungen um eine Abstandnahme führen nämlich nur dann zur völligen Straflosigkeit, wenn es ihm gelingt, auch der Verantwortlichkeit als Gehilfe zu entgehen. Wie beim Anstifter ist auch beim Gehilfen eine strafbefreiende Abstandnahme vor Versuchsbeginn in der Weise möglich, dass die objektiven Voraussetzungen der Beihilfe im Vorbereitungsstadium neutralisiert werden3; die Verantwortlichkeit als Gehilfe entfällt ferner dann, wenn die subjektiven Voraussetzungen der Beihilfe nicht vorliegen4.
A. Die objektiven Voraussetzungen der Beihilfe Der objektive Tatbestand der Beihilfe setzt die Hilfeleistung zu einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat voraus5. Dementsprechend scheidet eine Verantwortlichkeit als Gehilfe aus, wenn es entweder an der Beihilfehandlung – dem Vogel, ZStW 114 (2002), S. 403 (411). Vgl. Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (767), mit dem Hinweis, dass eine erfolgreiche Abstandnahme als Mittäter eine Strafbarkeit als Teilnehmer keineswegs ausschließt; siehe auch bereits o. 3. Kapitel D. III. Daher sind die Ausführungen von Graul, in: Meurer-GS, S. 89 ff., nicht erschöpfend; s. schon o. 1. Kapitel, Fn. 36. 3 Siehe dazu sogleich unter A. 4 Siehe dazu u. B. 5 Siehe nur Geppert, Jura 1999, 266 (267). 1 2
A. Die objektiven Voraussetzungen der Beihilfe
197
Hilfeleisten – fehlt6 oder wenn die Haupttat nicht in das Versuchsstadium gelangt7.
I. Beihilfehandlung Der Gehilfe, der seine Beihilfehandlung noch im Vorbereitungsstadium neutralisiert, kann nicht wegen Beihilfe bestraft werden. Um entscheiden zu können, unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist, muss zunächst untersucht werden, welche Anforderungen an die Beihilfehandlung zu stellen sind8. Daraus kann dann abgeleitet werden, was der Abstandnehmende unternehmen muss, um die strafrechtlich relevanten Wirkungen seiner Beihilfehandlung rückgängig zu machen9.
1. Anforderungen an die Beihilfehandlung Zwischen der Beihilfehandlung und der Haupttat muss eine objektive Beziehung bestehen. Welche Anforderungen hieran zu stellen sind, ist nicht abschließend geklärt. Zunächst soll untersucht werden, ob und in welcher Form eine Kausalbeziehung zwischen dem Handeln des Gehilfen und der Haupttat erforderlich ist10. Anschließend soll untersucht werden, welche Anforderungen an den Gehilfenbeitrag sich aus den Grundsätzen der objektiven Zurechnung ergeben11. Das gefundene Ergebnis ist sodann auf seine Vereinbarkeit mit den zum Strafgrund der Teilnahme vertretenen Auffassungen zu überprüfen12. Abschließend soll untersucht werden, welche Fallgruppen von Beihilfehandlungen in Betracht kommen13. a) Kausalität Im Mittelpunkt der Diskussion um die Anforderungen, die an den Gehilfenbeitrag zu stellen sind, steht das Problem, ob die Beihilfe einen für den Erfolg der Haupttat kausalen Tatbeitrag erfordert, obwohl diese Frage nur selten praktische Bedeutung erlangt14. Zunächst sollen die dazu vertretenen Auffassungen darDazu sogleich unter I. Siehe dazu u. II. 8 Dazu sogleich unter 1. 9 Siehe dazu noch u. 2. 10 Dazu sogleich unter a). 11 Siehe u. b). 12 Siehe u. c). 13 Siehe u. d). 14 Wenn der Gehilfe die Tat fördert, leistet er zumeist auch einen für den Erfolg kausalen Tatbeitrag, vgl. dazu Engisch, Kausalität, S. 76. Darauf wurde im Zusammenhang mit der Frage, ob der Mittäter einen für den Erfolg der Haupttat kausalen Tatbeitrag erbringen muss, bereits hingewiesen, s. o. 3. Kapitel B. I. 1. 6 7
198
6. Kap.: Die Abstandnahme des Gehilfen, § 27 Abs. 1 StGB
gestellt werden15; anschließend wird in Auseinandersetzung mit diesen Auffassungen der eigene Standpunkt zu begründen sein16. aa) Meinungsüberblick Umstritten ist, ob das Hilfeleisten i. S. v. § 27 Abs. 1 StGB einen für den Erfolg der Haupttat kausalen Tatbeitrag voraussetzt17. Die Kausalität sei erforderlich, um zu verhindern, dass die Grenze zwischen strafloser versuchter Beihilfe und strafbarer (vollendeter) Beihilfe zu Lasten des Hilfeleistenden verschoben wird18. Da der Gesetzgeber ausdrücklich auf die 1943 eingeführte Strafbarkeit der versuchten Beihilfe durch Aufhebung des § 49a Abs. 2 StGB a. F. verzichtet hat19, müsse durch das Erfordernis der Kausalität sichergestellt werden, dass der Versuch des Hilfeleistens nicht bestraft werden könne20. Zudem sei ein Abstellen auf die Kausalität auch deshalb sinnvoll, weil diese gegenüber dem unbestimmten Begriff der Förderung das klarere Abgrenzungskriterium sei21. Der Strafgrund der Teilnahme sei ein mittelbarer Angriff auf das Rechtsgut über den Haupttäter. Dies setze einen für den Erfolg kausalen Tatbeitrag des Gehilfen voraus22. Schließlich könne auf die Kausalität schon deshalb nicht verzichtet werden, weil sie die Mindestvoraussetzung jeder Beteiligung sei23. Dagegen ist ein für den Erfolg kausaler Tatbeitrag nach einer anderen Auffassung nicht erforderlich; ein Hilfeleisten i. S. v. § 27 Abs. 1 StGB liege vielmehr Siehe sogleich unter aa). Siehe u. bb). 17 So Beckemper, Jura 2001, 163 (164); Charalambakis, in: Roxin-FS, S. 625 (631); Gores, Rücktritt, S. 70; Haft, AT, S. 216; Joecks, § 27 Rn. 7; ders., in: MüKo-StGB, § 27 Rn. 26; Kühl, AT, § 20 Rn. 214; Lackner / Kühl, § 27 Rn. 2; Letzgus, Vorstufen, S. 72 ff.; Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 52 Rn. 18 f.; Mezger, AT, S. 223 f.; ders., Lehrbuch, S. 411 ff.; Rogat, Beihilfe, S. 46 f.; Roxin, in: LK, § 27 Rn. 2; ders., in: Miyazawa-FS, S. 501 (502); v. Scheurl, S. 91 ff.; Spendel, in: Dreher-FS, S. 167 (169); Wolff-Reske, Erfolgsverursachung, S. 101 ff.; nicht ganz eindeutig Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 27 Rn. 10 einerseits und § 328 Rn. 13 f. andererseits. Vgl. auch Baunack, Beihilfe, S. 71 f., die bei fehlender Erfolgskausalität allerdings Beihilfe zum Versuch annehmen will, sowie Osnabrügge, Beihilfe, S. 116 ff., 159 f., 261, der jedenfalls für Fälle der physischen Beihilfe Erfolgskausalität verlangt. Vgl. ferner Engisch, Kausalität, S. 75 f.; Murmann, JuS 1999, 548 (549). 18 Beckemper, Jura 2001, 163 (164); Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 27 Rn. 10; Kühl, AT, § 20 Rn. 220; Roxin, in: LK, § 27 Rn. 2; ders., in: Miyazawa-FS, S. 501 (503 f.); Osnabrügge, Beihilfe, S. 159 f.; Wolff-Reske, Erfolgsverursachung, S. 103, 105. 19 Siehe dazu bereits o. 1. Kapitel C. II. 20 Vgl. Joecks, in: MüKo-StGB, § 27 Rn. 26; Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 27 Rn. 10. 21 Letzgus, Vorstufen, S. 73; v. Scheurl, S. 92; vgl. auch Mezger, Lehrbuch, S. 413. 22 Charalambakis, in: Roxin-FS, S. 625 (631); Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 27 Rn. 10; Joecks, § 27 Rn. 7; ders., in: MüKo-StGB, § 27 Rn. 26; Kühl, AT, § 20 Rn. 214; vgl. auch Roxin, in: LK, § 27 Rn. 2. 23 Mezger, AT, S. 223; ders., Lehrbuch, S. 411 f. 15 16
A. Die objektiven Voraussetzungen der Beihilfe
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schon dann vor, wenn der Tatbeitrag des Gehilfen die Haupttat gefördert hat24. Bei der Beihilfe sei es nicht erforderlich, dass der vom Täter verursachte Erfolg der Haupttat dem Gehilfen als „sein Werk“ zugerechnet werde. Daher hänge die Strafbarkeit des Gehilfen nicht von der im Bereich der Täterschaft vorausgesetzten Kausalbeziehung ab25. Da der Gehilfe ohnehin eine Randfigur sei, könne auf einen für den Erfolg kausalen Tatbeitrag verzichtet werden; es müsse genügen, wenn der Gehilfe das Risiko der Erfolgsverwirklichung gesteigert habe26. bb) Stellungnahme Der Wortlaut des Begriffs des Hilfeleistens kann durchaus so verstanden werden, dass nur ein Tatbeitrag erforderlich ist, der dem Täter und seiner Tat zu Gute kommen soll; Kausalität der Gehilfenhandlung für den Erfolg der Haupttat fordert der Begriff des Hilfeleistens nicht zwingend27. Der Wortlaut von § 27 Abs. 1 StGB verlangt, dass zu der Tat eines anderen Hilfe geleistet wird. Die Tat besteht aber nicht nur aus dem Erfolg, sondern auch aus dem Verhalten des Täters28. Dies wird durch die Regelung des § 9 Abs. 1 StGB bestätigt, wonach die Tat sowohl an dem Ort, an dem der Täter gehandelt hat, als auch an dem Ort, an dem der Erfolg eintritt, begangen wird. Die geförderte Haupttat muss nicht einmal in allen Fällen einen Erfolg aufweisen. So ist Beihilfe zu einem versuchten Delikt29 und zu schlichten 24 RGSt 6, 169 (170); 58, 113 (114 f.); 73, 52 (54); BGHSt 2, 129 (131); 14, 280 (282); BGH NStZ 1985, 318; Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 31 Rn. 16; Heghmanns, GA 2000, 473 (477 ff.); Krey, AT 2, Rn. 297; Mayer, AT, S. 323 f.; Wegner, AT, S. 237 f.; Wessels / Beulke, AT, Rn. 582. – Schließlich lassen die Anhänger der Risikoerhöhungslehre die Schaffung eines erhöhten Risikos, das sich im Erfolg der Haupttat realisiert hat, genügen, so z. B. Otto, JuS 1982, 557 (563); Schaffstein, in: Honig-FS, S. 169 (174, 179 f.). Diese Auffassung würde jedoch dazu führen, dass die Beihilfe zu einem konkreten Gefährdungsdelikt wird, vgl. dazu Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 27 Rn. 9; Wolff-Reske, Erfolgsverursachung, S. 103 f. Herzberg, GA 1971, 1 (6 f.), sieht die Beihilfe sogar als abstraktes Gefährdungsdelikt an, indem er sowohl auf die Kausalität als auch auf eine Risikoerhöhung verzichtet. 25 Wessels / Beulke, AT, Rn. 582. 26 Krey, AT 2, Rn. 297. 27 Krey, AT 2, Rn. 297. Das gestehen z. B. auch Haft, AT, S. 216, und Kühl, AT, § 20 Rn. 214, zu. – So wird etwa für das Hilfeleisten bei der Begünstigung (§ 257 Abs. 1 StGB), bei der es keinen Erfolg gibt, von der h. M. nicht verlangt, dass der Vortäter tatsächlich bessergestellt wird; es genügt vielmehr, dass das Verhalten des Täters objektiv geeignet ist, den Vortäter besser zu stellen, s. nur Stree, in: Schönke / Schröder, § 257 Rn. 15. Das Hilfeleisten muss also nicht zwingend auf einen Erfolg bezogen werden. 28 Der in § 27 Abs. 1 StGB verwendete Begriff der „rechtswidrigen Tat“ wird in § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB legaldefiniert. Zwar erfolgt in § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB keine inhaltliche Definition der einzelnen Elemente einer Straftat (s. dazu nur Eser, in: Schönke / Schröder, § 11 Rn. 44), dennoch umfasst der Begriff der Tat bei Begehungsdelikten auch die vom Beteiligten vorgenommene Handlung, vgl. Achenbach, MDR 1975, 19 (20); Lackner / Kühl, § 11 Rn. 18; Rudolphi, in: SK, § 11 Rn. 38. 29 Vgl. Schaffstein, in: Honig-FS, S. 169 (170). Dazu, dass ein nur versuchtes Delikt ausreicht, s. die Nachweise in Fn. 30.
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Tätigkeitsdelikten möglich. Hier müssen sich auch diejenigen, die einen für den Erfolg der Haupttat kausalen Gehilfenbeitrag verlangen, damit begnügen, dass der Gehilfenbeitrag für die Handlung des Haupttäters kausal ist. Gegen die Ansicht, wonach die Kausalität zwischen der Beihilfehandlung und dem Erfolg der Haupttat entbehrlich ist, kann nicht eingewandt werden, dass eine Abgrenzung zur straflosen versuchten Beihilfe nicht möglich wäre und auf diese Weise Handlungen unter Strafe gestellt würden, die nach Ansicht des Gesetzgebers straflos sein sollten. Die Kausalität der Tathandlung für den Erfolg ist nämlich kein geeignetes Abgrenzungskriterium zur straflosen Beihilfe. Dies muss schon deswegen gelten, weil es teilnahmefähige Haupttaten gibt, die über keinen tatbestandsmäßigen Erfolg verfügen. So kann vollendete Beihilfe auch zu einer im Versuchsstadium steckengebliebenen Haupttat geleistet werden30. Die Kausalität des eigenen Tatbeitrags für den Erfolg ist zudem keine zwingende Voraussetzungen der Strafbarkeit anderer Beteiligter. Dass eine täterschaftliche Beteiligung ohne eigenen für den Erfolg kausalen Tatbeitrag möglich ist, wurde bereits dargelegt31. So kann beispielsweise die für den Erfolg kausale Handlung des einen Mittäters dem anderen zugerechnet werden. Bei der Beihilfe wird die Haupttat – und somit auch die Handlung des Haupttäters, die den Erfolg kausal verursacht hat – dem Gehilfen zugerechnet. Aus diesen Gründen ist die Kausalität der Gehilfenhandlung für den Erfolg nicht erforderlich. Damit ist aber noch nicht gesagt, dass auf jegliche Kausalbeziehung zwischen dem Verhalten des Gehilfen und der Haupttat verzichtet werden kann. Beeinflusst die Handlung des Hilfeleistenden das Verhalten des Haupttäters überhaupt nicht, so kann keine vollendete Beihilfe angenommen werden. Daher muss für eine strafbare (vollendete) Beihilfe verlangt werden, dass die Handlung des Gehilfen zumindest die Tathandlung eines Haupttäters beeinflusst hat. Eine nur versuchte (und deshalb straflose) Beihilfe liegt dementsprechend vor, wenn die Beihilfehandlung nicht einmal für eine Handlung des Haupttäters kausal war32. Anders ist nämlich eine tatfördernde Wirkung des Gehilfenbeitrages gar nicht möglich. Zwischen der Gehilfenhandlung und einer Handlung eines Haupttäters ist also Kausalität erforderlich; verzichtbar ist lediglich die Kausalität zwischen der Gehilfenhandlung und dem Erfolg der Haupttat33. Mit dem Kausalitätserfordernis zwischen dem Tat30 Dazu, dass Beihilfe an einer versuchten Haupttat möglich ist, sofern der Versuch der Haupttat strafbar ist, Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 31 Rn. 7; Haft, AT, S. 206; Jescheck / Weigend, AT, S. 695; Lackner / Kühl, § 27 Rn. 8; Tröndle / Fischer, § 27 Rn. 3. Anders jedoch Osnabrügge, Beihilfe, S. 246 ff., wonach Beihilfe zum Versuch nicht möglich ist, weil die versuchte Haupttat keinen geeigneten Anknüpfungspunkt für die Kausalität aufweise. 31 Siehe bereits o. 3. Kapitel B. I. 32 Vgl. dazu auch Baunack, Beihilfe, S. 71, die ebenfalls die Kausalität zwischen der Beihilfehandlung und der Handlung des Haupttäters als eine unverzichtbare Voraussetzung der vollendeten Beihilfe ansieht. 33 Zwar ist die Handlung des Gehilfen immer dann für den Erfolg der Haupttat kausal, wenn sie für eine Handlung des Haupttäters ursächlich ist, die ihrerseits wieder kausal für den Erfolg der Haupttat ist, s. dazu nur Osnabrügge, Beihilfe, S. 16 f.; Spendel, in: DreherFS, S. 167 (179 f.). Beihilfe zu einem vollendeten Erfolgsdelikt kann aber auch dann vor-
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beitrag des Gehilfen und einer Handlung eines Haupttäters ist zudem ein sachgerechtes Kriterium zur Abgrenzung zwischen versuchter und vollendeter Beihilfe gefunden. Obwohl die Abgrenzung unter Anwendung dieses Kriteriums nicht immer unproblematisch ist, lässt es sich im Regelfall einfacher feststellen, ob die Gehilfenhandlung eine Handlung eins Haupttäters beeinflusst hat, als ob diese Handlung auch für den Erfolg kausal war. b) Objektive Zurechnung Das Erbringen eines die Haupttat fördernden Tatbeitrags ist zwar eine notwendige Bedingung für das Hilfeleisten. Aufgrund der Weite dieses Begriffes würden jedoch, wenn man allein darauf abstellt, ob ein Tatbeitrag das tatbestandliche Geschehen beeinflusst hat, auch solche Formen der Beeinflussung des tatbestandsmäßigen Geschehens vom objektiven Tatbestand erfasst, die sich nicht als strafwürdig erweisen. Deshalb ist eine Einschränkung des objektiven Tatbestandes notwendig. Wie bereits dargelegt34, genügt allein die Kausalität der Handlung eines Beteiligten für ein tatbestandsmäßiges Geschehen nicht zur Verwirklichung des objektiven Tatbestandes. Vielmehr muss neben das formale Element der Kausalität das wertende Element der objektiven Zurechnung treten35. Dies gilt nicht nur für die Täterschaft, sondern für alle Beteiligungsformen36. Dass sich im tatbestandlichen Geschehen ein rechtlich relevantes Risiko realisieren muss, ist nicht spezifisch für die Täterschaft, sondern schlechthin Voraussetzung für die strafrechtliche Verantwortlichkeit. Eine Verwirklichung der vom Gehilfen geschaffenen Gefahr im Erfolg der Haupttat kann allerdings nicht gefordert werden, wenn man keinen für den Erfolg der Haupttat kausalen Tatbeitrag des Gehilfen verlangt. Dementsprechend muss die allgemeine Formel für die objektive Zurechnung37 dahingehend modifiziert werden, dass sich die vom Gehilfen geschaffene rechtlich missbilligte Gefahr in der Haupttat realisiert hat. So kann die objektive Zurechnung beispielsweise in Fällen zu verneinen sein, in denen das Verhalten des „Gehilfen“ nicht zu einer Chancenerhöhung führt; erforderlich ist vielmehr, dass das Verhalten liegen, wenn der Gehilfe eine Handlung eines Mittäters unterstützt, der selbst keine für den Erfolg kausale Handlung vornimmt (dazu, dass der Mittäter keine für den Erfolg kausale Handlung vornehmen muss, s. bereits o. 3. Kapitel B. I.). 34 Siehe o. 1. Kapitel D. I. 35 Dies wird auch von denjenigen Autoren verlangt, die einen kausalen Tatbeitrag des Gehilfen fordern. Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 27 Rn. 9; Haft, AT, S. 216; Lackner / Kühl, § 27 Rn. 2a; Murmann, JuS 1999, 548 (550); Rogat, Beihilfe, S. 47; Roxin, in: Stree / Wessels-FS, S. 365 (381); Schall, in: Meurer-GS, S. 103 (114); Wolff-Reske, Erfolgsverursachung, S. 95, 102, 107 f. Wenn man eine tatfördernde Wirkung der Gehilfenhandlung ausreichen lässt, dann muss dies erst Recht gelten. Stellt man nämlich an die formalen Voraussetzungen der Beihilfe geringere Anforderungen, dann ist eine Einschränkung des objektiven Tatbestandes über ein wertendes Element um so wichtiger. 36 Siehe dazu bereits die Nachweise in 1. Kapitel, Fn. 138. 37 Siehe dazu 1. Kapitel D. I. bei und in Fn. 130.
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6. Kap.: Die Abstandnahme des Gehilfen, § 27 Abs. 1 StGB
des Gehilfen den Erfolg der Haupttat ermöglicht, erleichtert, intensiviert oder absichert38. Erst recht scheidet die objektive Zurechnung dann aus, wenn die Beeinflussung der Haupttat nur zu einer Risikoverringerung geführt hat39. Zu beachten ist jedoch, dass auch bei der Beihilfe hypothetische Kausalverläufe in den meisten Fällen40 die objektive Zurechnung nicht ausschließen41. Wer dem Dieb die Leiter zum Tatort trägt, schafft dadurch eine rechtlich missbilligte Gefahr, auch wenn der Dieb die Leiter selbst hätte zum Tatort tragen können. Ansonsten müsste jede Unterstützung des Täters dann straflos bleiben, wenn sie auch vom Haupttäter oder von anderen Personen hätte erbracht werden können42. Selbst wenn man die Rechtsfigur der objektiven Zurechnung grundsätzlich ablehnt, kann man zu keinem anderen Ergebnis gelangen. Eine Handlung, die die Erfolgschancen der Haupttat nicht erhöht oder sogar verringert, kann nicht als Hilfeleisten i. S. v. § 27 StGB angesehen werden43. c) Vereinbarkeit des Ergebnisses mit den zum Strafgrund der Teilnahme vertretenen Auffassungen Zu untersuchen bleibt aber, ob die hier vertretene Ansicht, wonach der Gehilfe nur einen für eine Tathandlung eines Haupttäters kausalen Tatbeitrag leisten und sich die von ihm geschaffene rechtlich missbilligte Gefahr nur in einer tatbestandsmäßigen Handlung eines Haupttäters verwirklichen muss, mit den zum Strafgrund der Teilnahme vertretenen Auffassungen zu vereinbaren ist. 38 Rogat, Beihilfe, S. 52 f.; Roxin, in: LK, § 27 Rn. 4; ders., in: Miyazawa-FS, S. 501 (509 f.); vgl. auch Baunack, Beihilfe, S. 90; Murmann, JuS 1999, 548 (550); kritisch Joecks, in: MüKo-StGB, § 27 Rn. 40. 39 Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 27 Rn. 9a; Geppert, Jura 1999, 266 (269); Joecks, in: MüKo-StGB, § 27 Rn. 39; Kühl, AT, § 20 Rn. 221; Lackner / Kühl, § 27 Rn. 2a; Roxin, in: LK, § 27 Rn. 5; Wolff-Reske, Erfolgsverursachung, S. 109. 40 Bei der objektiven Zurechnung können hypothetische Kausalverläufe – im Gegensatz zur Kausalität – beachtlich sein. So entfällt bei rechtmäßigem Alternativverhalten der Pflichtwidrigkeitszusammenhang, so dass der kausal verursachte Erfolg nicht zugerechnet werden kann, s. nur Jescheck / Weigend, AT, S. 288 f.; Kühl, AT, § 4 Rn. 58 f.; Lenckner, in: Schönke / Schröder, vor § 13 Rn. 99. Im Übrigen sind jedoch hypothetische Kausalverläufe auch bei der objektiven Zurechnung grundsätzlich unbeachtlich, s. nur Jescheck / Weigend, AT, S. 289; Jescheck, in: LK, vor § 13 Rn. 70; Lenckner, in: Schönke / Schröder, vor § 13 Rn. 97; Puppe, in: NK, vor § 13 Rn. 136; Schall, in: Meurer-GS, S. 103 (114); vgl. auch Rudolphi, in: SK, vor § 1 Rn. 60 f. 41 Murmann, JuS 1999, 548 (550); Rogat, Beihilfe, S. 52 f.; Roxin, in: Miyazawa-FS, S. 501 (510 f.). Anders aber Schaffstein, in: Honig-FS, S. 169 (182), der in diesen Fällen keine Risikoerhöhung sieht, da der Erfolg auch durch die Ersatzursache eingetreten wäre. Nach Frisch, Zurechnung, S. 294 f., liegt keine rechtlich missbilligte Risikoschaffung vor, wenn der Handelnde lediglich Vorbereitungshandlungen ausführt, die für den Haupttäter straflos wären. 42 Murmann, JuS 1999, 548 (550); Roxin, in: LK, § 27 Rn. 6. 43 Vgl. dazu Charalambakis, in: Roxin-FS, S. 625 (632 f.), der darauf hinweist, dass diese Problematik nicht im Rahmen der objektiven Zurechnung, sondern bei der Auslegung des Begriffs der Hilfeleistung relevant werde.
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aa) Schuldteilnahmetheorie und Unrechtsteilnahmetheorie Die früher vertretene Schuldteilnahmetheorie sah den Strafgrund der Teilnahme darin, dass der Teilnehmer den Täter korrumpiere und so in schuldhaftes Verhalten verstricke44. Diese Ansicht ist heute schon wegen der Regelung des § 29 StGB, wonach jeder Beteiligte – und damit auch der Teilnehmer – ohne Rücksicht auf die Schuld des anderen nur nach seiner Schuld bestraft wird, nicht mehr vertretbar45. Daher wird diese Auffassung heute nur noch in der modifizierten Form der sog. Unrechtsteilnahmetheorie vertreten. Danach soll der Strafgrund der Teilnahme darin bestehen, dass der Teilnehmer durch sein Verhalten eine „soziale Desintegration“ des Haupttäters bewirke46. Da nicht die Verursachung einer fremden Tat, sondern das Bewirken der sozialen Desintegration des Täters im Vordergrund steht, kommt es auf einen für den Erfolg kausalen und objektiv zurechenbaren Tatbeitrag des Gehilfen nicht an. Eine soziale Desintegration kann nämlich auch entstehen, ohne dass der Gehilfe einen eigenen für den Erfolg kausalen Tatbeitrag leistet. Indessen erscheint diese Ansicht deswegen zweifelhaft, weil es der verantwortlich handelnde Täter selbst in der Hand hat, die Tat zu begehen47. Jedenfalls kann diese Auffassung die Strafbarkeit der Beihilfe nicht überzeugend begründen, denn der Haupttäter fasst seinen Tatentschluss in aller Regel unabhängig vom Verhalten des Gehilfen. Zumeist wird der Haupttäter seinen Tatentschluss sogar schon gefasst haben, bevor sich der Gehilfe zur Unterstützung des Haupttäters entschließt. Der Gehilfe ist auch dann strafbar, wenn der Haupttäter nichts von der Hilfeleistung bemerkt48. Der Tatbeitrag des Gehilfen zur sozialen Desintegration wird daher regelmäßig gering sein.
bb) Reine Verursachungstheorie Die Vertreter der sog. reinen Verursachungstheorie49 gehen von einem völlig selbständigen Unrecht der Teilnahme aus. Das durch den jeweiligen Tatbestand geschützte Rechtsgut sei gegenüber dem Teilnehmer in gleicher Weise wie gegenüber dem Täter geschützt. Der Teilnehmer könne nicht für die Teilhabe an fremdem Unrecht, sondern nur für die Verwirklichung eigenen Unrechts bestraft wer44 Mayer, AT, S. 319 f.; ders., in: Rittler-FS, S. 243 (255); Schaffstein, ZStW 57 (1938), S. 295 (323); ebenso Wegner, AT, S. 237, für die Anstiftung. 45 Siehe nur Christmann, Tatsachenarrangements, S. 56; Renzikowski, restriktiver Täterbegriff, S. 43; Roxin, in: LK, vor § 26 Rn. 10; Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 119; WolffReske, Erfolgsverursachung, S. 97. 46 Less, ZStW 69 (1957), S. 43 (47); Trechsel, Strafgrund, S. 12 f., 32, 55, für die Anstiftung. 47 Mitsch, Provokation, S. 89; Wolff-Reske, Erfolgsverursachung, S. 97 f. 48 Siehe nur Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 31 Rn. 21; Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 27 Rn. 14. 49 Lüderssen, Strafgrund, S. 119 ff.; Schmidhäuser, AT, 14 / 57.
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den. Aus diesem Grund wird die Beihilfe teilweise als selbständiges Teilnahmedelikt angesehen50. Die Abhängigkeit der Strafbarkeit des Teilnehmers von der Haupttat sei „rein faktischer Natur“51. Von diesem Standpunkt erscheint es naheliegend, dass der Gehilfe einen für den Erfolg der Haupttat kausalen und objektiv zurechenbaren Tatbeitrag erbringen muss,52 weil ihm fremdes Unrecht nicht zugerechnet werden kann. Die reine Verursachungstheorie ist jedoch deswegen abzulehnen, weil sie der Akzessorietät der Teilnahme nicht gerecht wird. Sie kann nämlich nicht überzeugend erklären, warum der Teilnehmer in Fällen, in denen es an einer Haupttat fehlt, nicht bestraft wird53. Dass das vom Haupttäter verwirklichte Unrecht grundsätzlich auch für den Teilnehmer relevant ist, ergibt sich bereits aus einem Gegenschluss zu § 28 StGB54. Wenn der Teilnehmer nämlich nach dieser Vorschrift für besondere persönliche Merkmale, die nur der Haupttäter verwirklicht, entweder überhaupt nicht (§ 28 Abs. 2 StGB) oder nicht in vollem Umfang (§ 28 Abs. 1 StGB) einzustehen hat, so zwingt dies zu dem Umkehrschluss, dass der Teilnehmer für die übrigen nur vom Täter verwirklichten und vom Vorsatz des Teilnehmers umfassten Tatbestandsmerkmale haftet. Schließlich käme es einem – den Regelungen der §§ 25 ff. StGB nicht zugrunde liegenden – Einheitstätersystem nahe, wenn der Teilnehmer nur wegen seines eigenen Unrechts bestraft würde55. cc) Akzessorietätsorientierte Verursachungstheorie Nach der sog. akzessorietätsorientierten Verursachungstheorie wird der Unrechtsgehalt der Teilnahme aus dem Unrecht der Haupttat abgeleitet und ist daher von ihm abhängig. Der Strafgrund der Teilnahme besteht demgemäß darin, dass der Teilnehmer eine tatbestandsmäßige und rechtswidrige Handlung herbeiführt oder unterstützt56. Dazu ist nicht zwingend erforderlich, dass der Gehilfe einen 50 Lüderssen, Strafgrund, S. 161 ff.; Schmidhäuser, AT, 14 / 57; vgl. auch Sax, ZStW 90 (1978), S. 927 (931 ff.). 51 Lüderssen, Strafgrund, S. 119. 52 Vgl. Bloy, Beteiligungsform, S. 174 f., 176, wonach die nach der reinen Verursachungstheorie erforderliche eigene Rechtsgutsverletzung einen für den Erfolg kausalen Tatbeitrag des Teilnehmers erfordere. 53 Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, vor § 25 Rn. 20; Jescheck / Weigend, AT, S. 686; Roxin, in: LK, vor § 26 Rn. 16; Wolff-Reske, Erfolgsverursachung, S. 99. 54 Christmann, Tatsachenarrangements, S. 58; Osnabrügge, Beihilfe, S. 38 f.; Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 118. 55 Bloy, Beteiligungsform, S. 177 f.; Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 47 Rn. 21. 56 Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 30 Rn. 3; Jescheck / Weigend, AT, S. 685; Kühl, AT, § 20 Rn. 132; Lackner / Kühl, vor § 25 Rn. 8; Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 50 Rn. 57; vgl. auch BGHSt 4, 355 (358); 37, 214 (217). Ebenso Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 121 f., die ihre Auffassung allerdings als „Unrechtsteilnahmetheorie“ bezeichnen. Ähnlich auch Christmann, Tatsachenarrangements, S. 61 f., 71, der jedoch darauf hinweist, dass diese Auffassung um Elemente der objektiven Zurechnung ergänzt werden muss.
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für den Erfolg der Haupttat kausalen und objektiv zurechenbaren Tatbeitrag leistet57. Es genügt nämlich, wenn sich die Handlung auf das tatbestandsmäßige Verhalten des Haupttäters auswirkt, sie muss sich nicht zwingend zugleich auf den Erfolg auswirken. Die Tat kann nämlich auch dann gefördert werden, wenn nur die Handlungen eines Haupttäters in objektiv zurechenbarer Weise unterstützt werden.
dd) Vermittelnde Auffassungen Schließlich wird noch eine vermittelnde Auffassung vertreten, wonach das Unrecht der Teilnahme nicht nur aus dem aus der Haupttat abgeleiteten Unrecht, sondern auch aus dem vom Teilnehmer selbst verwirklichtem Unrecht besteht58. Von diesem Standpunkt aus könnte man argumentieren, dass ein für den Erfolg der Tat kausaler Tatbeitrag des Gehilfen erforderlich sei, weil es sonst an dem vom Teilnehmer selbst verwirklichten Erfolgsunrecht fehle59. Die Kausalität ist jedoch nicht das einzige Zurechnungskriterium, das eine objektive Beziehung zwischen der Handlung des Gehilfen und der Haupttat herstellen kann60. Durch das Erfordernis des eigenen Rechtsgutsangriffs soll vor allem erklärt werden, dass eine Strafbarkeit des Teilnehmers nur in Fällen möglich ist, in denen das Rechtsgut auch dem Teilnehmer gegenüber geschützt ist61. So kann beispielsweise das überlebende Opfer einer Tötung auf Verlangen nicht wegen Anstiftung zur versuchten Tötung auf Verlangen (§§ 212, 216, 22, 26 StGB) bestraft werden, weil das eigene Leben nicht gegenüber den Angriffen des Rechtsgutsträgers selbst geschützt ist62. Dass der Teilnehmer nicht sämtliche Merkmale des objektiven Tatbestandes verwirk57 So ausdrücklich Maurach / Gössel / Zipf, AT 2, § 50 Rn. 57, und Osnabrügge, Beihilfe, S. 39. Anders jedoch Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 27 Rn. 10, und Roxin, in: LK, § 27 Rn. 2, wonach die akzessorietätsorientierte Verursachungstheorie einen für den Erfolg der Haupttat kausalen Tatbeitrag zwingend voraussetze. 58 Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, vor § 25 Rn. 17a; Osnabrügge, Beihilfe, S. 40; Roxin, in: LK, vor § 26 Rn. 7 – „Theorie vom akzessorischen Rechtsgutsangriff“; ders., in: Stree / Wessels-FS, S. 365 (369 ff.); vgl. auch Jakobs, AT, 22 / 9; Roxin, in: Miyazawa-FS, S. 501 (512 f.); Wessels / Beulke, AT, Rn. 551 f.; Wolff-Reske, Erfolgsverursachung, S. 101. Für die Beurteilung des Unrechts der Teilnahme kommt der Handlung des Teilnehmers entscheidendes Gewicht zu. So stellt die Rechtsprechung für die Strafzumessung bei einem Gehilfen entscheidend auf das Gewicht der Gehilfenhandlung ab, während die Schwere der Haupttat eher von untergeordneter Bedeutung ist, BGH StraFo 2003, 246. 59 So Roxin, in: LK, § 27 Rn. 2; ferner Kühl, AT, § 20 Rn. 214; Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, vor § 25 Rn. 17a, weisen darauf hin, dass das eigene Erfolgsunrecht beim Teilnehmer durch seinen kausalen Tatbeitrag begründet werde. Vgl. auch Roxin, in: Miyazawa-FS, S. 501 (512), wonach der Gehilfe eine kausale Risikosteigerung bewirkt haben muss. 60 So weist Osnabrügge, Beihilfe, S. 41 f., zutreffend darauf hin, dass die Theorie vom akzessorischen Rechtsguts nicht dazu zwingt, Kausalität zwischen der Handlung des Gehilfen und dem Erfolg der Haupttat zu verlangen. 61 Roxin, in: Stree / Wessels-FS, S. 365 (370 ff.); ders., in: LK, vor § 26 Rn. 2 f. 62 Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, vor § 25 Rn. 17a; Roxin, in: LK, vor § 26 Rn. 2; vgl. auch Arzt / Weber, BT, § 3 Rn. 21; Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 12 Rn. 122.
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lichen muss, ergibt sich auch aus dem Charakter der §§ 26, 27 StGB als Strafausdehnungsgründe63. Dies zeigt sich ferner daran, dass ein Extraneus Teilnehmer eines Sonderdelikts sein kann, obwohl bei ihm das die Tätereigenschaft kennzeichnende Tatbestandsmerkmal gerade nicht vorliegt64. Da der Teilnehmer also nicht sämtliche Merkmale des objektiven Tatbestandes in eigener Person verwirklichen muss, kann auf die objektiv zurechenbare Verursachung des Erfolges der Haupttat durch ein Verhalten des Teilnehmers verzichtet werden. Zur Verwirklichung des eigenen Unrechts des Teilnehmers kann deshalb ein Tatbeitrag, der den Erfolg der Haupttat nur gefördert hat, ohne für ihn kausal zu sein, ausreichen. Da die Haupttat dem Teilnehmer ohnehin nach den Grundsätzen der Akzessorietät zugerechnet wird und das Unrecht der Teilnahme auch aus dem aus der Haupttat abgeleiteten Unrecht besteht, ist es unter Zugrundelegung dieser Auffassung nicht erforderlich, dass der Teilnehmer selbst einen für den Erfolg kausalen Tatbeitrag leisten muss. Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass allenfalls unter Zugrundelegung der reinen Verursachungstheorie ein für den Erfolg kausaler und objektiv zurechenbarer Tatbeitrag des Teilnehmers notwendig ist. Diese Auffassung ist jedoch – wie oben bereits dargelegt65 – abzulehnen. Die übrigen zum Strafgrund der Teilnahme vertretenen Ansichten66 zwingen nicht dazu, einen für den Erfolg kausalen Tatbeitrag des Teilnehmers zu fordern.
63 Vgl. Christmann, Tatsachenarrangements, S. 60; Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, vor § 25 Rn. 17; Sax, ZStW 90 (1978), S. 927 (930). Dies ist eine Konsequenz des restriktiven Täterbegriffs, s. dazu und zur Gegenauffassung bereits o. 3. Kapitel B. I. 4. 64 Siehe dazu die Nachweise in 3. Kapitel, Fn. 141. 65 Siehe o. bb). 66 Auch andere vereinzelt vertretene Ansichten zum Strafgrund der Teilnahme zwingen nicht dazu, nur für den Erfolg kausale Tatbeiträge des Gehilfen genügen zu lassen: Schumann, Selbstverantwortung, S. 49 ff., sieht den Strafgrund der Teilnahme in der Solidarisierung mit fremdem Unrecht. Eine solche Solidarisierung soll nur bei Handlungen möglich sein, die eine Nähe zum Unrecht der Haupttat aufweisen (S. 57). Ähnlich auch Schall, in: Meurer-GS, S. 103 (116), wonach der Strafgrund der Teilnahme sowohl in einem akzessorischen Rechtsgutsangriff als auch in der Solidarisierung mit dem Haupttäter besteht. Diese Solidarisierung ist auch ohne einen für den Erfolg kausalen Gehilfenbeitrag möglich. – Teilweise wird der Strafgrund der Teilnahme auch normentheoretisch erklärt. Danach sollen den sekundären Strafnormen primäre Verhaltensnomen zu Grunde liegen (Kindhäuser, Gefährdung, S. 13; ders., in: Hollerbach-FS, S. 627 [633 f.]; Vogel, Norm, S. 28). Normwidrig sei jedes menschliche Verhalten, das den tatbestandlichen Erfolg direkt verursacht (Vogel, Norm, S. 50 ff.; vgl. auch Kindhäuser, Gefährdung, S. 147 f.). Da die Teilnahme als solche unverboten sei (vgl. Kindhäuser, NStZ 1997, 273 [274]), könne Beihilfe nur durch die Strafbarkeit des Teilnehmers wegen eines fremden Normbruchs erklärt werden (Vogel, Norm, S. 85 insbes. auch Fn. 146; vgl. auch Tiedemann, in: Baumann-FS, S. 7 [11 f.]). Da der Strafgrund der Teilnahme durch die Zurechnung erklärt wird, ist ein eigenes Verhalten des Teilnehmers, das für den Erfolg der Haupttat kausal geworden ist, nicht erforderlich.
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d) Arten der Beihilfe Das geltende Recht unterscheidet nicht zwischen verschiedenen Formen der Beihilfe. In § 49 StGB a. F. wurden die möglichen Beihilfemittel Rat und Tat ausdrücklich genannt. Daraus folgte die Unterscheidung zwischen physischer und psychischer Beihilfe67. Die physische Beihilfe ist dadurch gekennzeichnet, dass sie sich unmittelbar – also nicht nur durch die Psyche des Haupttäters vermittelt – auf die Tat des Haupttäters auswirkt68. Dies kann beispielsweise durch das Bereitstellen von Werkzeugen für die Begehung der Haupttat erfolgen. Bei der psychischen Beihilfe wirkt der Gehilfe über die Psyche des Haupttäters auf die Tat ein69. Innerhalb der psychischen Beihilfe kann zwischen technischer Rathilfe und Fällen der Bestärkung des Tatentschlusses unterschieden werden. Technische Rathilfe liegt vor, wenn Ratschläge, die die Durchführung der Tat betreffen, erteilt werden70. In dieser Fallkonstellation ist die Beihilfe unproblematisch möglich, denn es lässt sich regelmäßig ohne größere Schwierigkeiten feststellen, ob sich die Erteilung des Ratschlags auf die Tatbegehung ausgewirkt hat71. Die Fälle des Bestärkens des Tatentschlusses sind im Hinblick auf den Kausalitätsnachweis hingegen problematisch72. Wenn man wie hier auf einen für den Erfolg kausalen Tatbeitrag des Gehilfen verzichtet, erledigen sich diese Schwierigkeiten nicht ohne weiteres. Denn nach der hier vertretenen Auffassung muss sich die Handlung des Gehilfen zumindest auf eine Tathandlung des Haupttäters ausgewirkt haben. Auch dieser Nachweis kann im Einzelfall erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Trotz dieser Beweisschwierigkeiten besteht grundsätzlich die Möglichkeit einer psychischen Beihilfe durch Bestärkung des Tatentschlusses73. Eine psychische Beihilfe kann insbesondere durch die Schaffung eines zusätzlichen Motivs, durch Ausreden von Bedenken oder durch eine Intensivierung der Rechtsgutsbeeinträchtigung, etwa durch Bestärkungen des Haupttäters, erfolgen. Nicht ausreichend sind jedoch bloße Solidaritätsbekundungen, die den Tatentschluss des Haupttäters nicht bestärken, oder gar die bloße körperliche Anwesenheit am Tatort, die sich auf die Begehung der 67 Der Umstand, dass die möglichen Beihilfemittel nicht mehr im Gesetz genannt werden, führt zu keiner sachlichen Änderung (s. nur Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 31 Rn. 32), so dass die Unterscheidung auch im geltenden Recht noch möglich ist. 68 Kühl, AT, § 20 Rn. 224. 69 Kühl, AT, § 20 Rn. 225; Roxin, in: LK, § 27 Rn. 10. 70 Baunack, Beihilfe, S. 97; Charalambakis, in: Roxin-FS, S. 625 (634); Roxin, in: LK, § 27 Rn. 11. 71 Siehe nur Roxin, in: LK, § 27 Rn. 11. 72 Eingehend dazu Baunack, Beihilfe, S. 99 ff. 73 So die ganz h. M.: Baunack, Beihilfe, S. 127 ff.; Charalambakis, in: Roxin-FS, S. 625 (637); Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 27 Rn. 12; Lackner / Kühl, § 27 Rn. 4; Murmann, JuS 1999, 548 (551); Roxin, in: LK, § 27 Rn. 13. Anders jedoch Samson, Hypothetische Kausalverläufe, S. 194 f., der psychische Beihilfe durch Bestärken des Tatentschlusses nur in Fällen zulassen will, in denen die Tat ohne die Handlung des Gehilfen nicht begangen worden wäre.
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6. Kap.: Die Abstandnahme des Gehilfen, § 27 Abs. 1 StGB
Haupttat nicht auswirkt74. Psychische Beihilfe kommt aber nicht nur dann in Betracht, wenn der Handelnde von vornherein (nur) Beihilfe leisten wollte. Psychische Beihilfe kann – wie bereits dargelegt75 – auch vorliegen, wenn der Handelnde ursprünglich eine Beteiligung als Mittäter in Aussicht genommen, dann aber erfolgreich von der mittäterschaftlichen Tatbegehung Abstand genommen hat. So kann die Verabredung zur mittäterschaftlichen Tatbegehung trotz Abstandnahme von § 25 Abs. 2 StGB fortwirken und somit psychische Beihilfe darstellen.
2. Möglichkeiten der Abstandnahme Nach der Konzeption Backmanns76 kommt es für eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium nicht darauf an, dass der Gehilfe die fördernde Wirkung seines Tatbeitrags beseitigt. Es soll bereits genügen, wenn der Gehilfe sich bemüht, seine Tatbeiträge rückgängig zu machen und glaubt, dazu in der Lage zu sein. Diese Auffassung ist jedoch abzulehnen, denn die Verantwortlichkeit als Gehilfe kann nur dann entfallen, wenn der tatfördernde Beitrag auch objektiv rückgängig gemacht wird77. Roxin begründet dies damit, dass das Gesetz beim Versuch und bei der strafbaren Vorbereitung gem. §§ 24 Abs. 2 S. 1, 31 Abs. 1 StGB eine Erfolgsverhinderung verlangt78. Zu beachten ist jedoch, dass § 24 StGB im Vorbereitungsstadium gerade keine Anwendung findet und § 30 StGB nur für die dort genannten Ausnahmefälle anwendbar ist. Das Erfordernis der objektiven Beseitigung der tatfördernden Wirkung des Verhaltens des Gehilfen ergibt sich vielmehr aus der Akzessorietät der Beihilfe79. Danach haftet der Gehilfe, der seine Beihilfehandlung vorsätzlich erbracht hat, für die Haupttat. Es ist nicht erforderlich, dass sein Vorsatz fortbesteht80. Dass sich im Erfolg der Tat das durch die Handlung des Gehilfen geschaffene Risiko realisiert, kann nur verhindert werden, indem die Wirkungen des Tatbeitrags des Gehilfen objektiv neutralisiert werden. Der Gehilfe kann demnach seiner Verantwortlichkeit wegen Beihilfe nur entgehen, wenn er die Voraussetzungen des Hilfeleistens objektiv rückgängig macht. Allein die irrige Vorstellung davon reicht nicht aus. Eine Abstandnahme kann in der Weise erfolgen, dass die von der Tathandlung ausgehenden Wirkungen so neutralisiert werden, dass sie die Haupttat nicht mehr beeinflussen81. Auch wenn dies Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 27 Rn. 12. Siehe o. vor A. Eine solche Konstellation liegt beispielsweise in Fall 4 vor, siehe S. 130. 76 Siehe dazu bereits o. 3. Kapitel C. II. 4. b). 77 Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (769); Roxin, in: Lenckner-FS, S. 267 (273 f.). 78 Roxin, in: Lenckner-FS, S. 267 (273). 79 So zu Recht auch Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (769). 80 Dazu, dass bei der Anstiftung der Vorsatz des Anstifters nur im Zeitpunkt der Vornahme der Anstiftungshandlung vorliegen muss, s. bereits o. 5. Kapitel C. I. Da die Beihilfe insoweit konstruktiv mit der Anstiftung identisch ist, kann hier nichts anderes gelten. 81 Dazu sogleich unter a). 74 75
A. Die objektiven Voraussetzungen der Beihilfe
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nicht möglich ist, entfällt die Verantwortlichkeit als Gehilfe, wenn die Voraussetzungen der objektiven Zurechnung nicht mehr gegeben sind82. Schließlich soll die entwickelte Lösung auf Beispielsfälle angewandt werden83.
a) Neutralisation der Kausalität Die Verantwortlichkeit als Gehilfe entfällt, wenn der Handelnde seinen Tatbeitrag in der Weise neutralisiert, dass er sich nicht mehr auf die Haupttat auswirkt. Verlangt man Kausalität des Tatbeitrags des Gehilfen für den Erfolg, ist freilich eine Abstandnahme schon dann möglich, wenn der Gehilfe seinen Tatbeitrag nur so rückgängig macht, dass er sich zwar auf die Tat noch auswirkt, aber für deren Erfolg nicht mehr ursächlich wird. Eine Abstandnahme von der physischen Beihilfe ist unproblematisch möglich, wenn der Handelnde seinen Tatbeitrag zurücknimmt, bevor der Haupttäter davon Kenntnis erlangt hat. So ist beispielsweise ein „Gehilfe“, der das Einbruchswerkzeug am Tatort bereitgelegt hat und es, bevor der Haupttäter dort erscheint, wieder an sich nimmt, nicht wegen Beihilfe zum Diebstahl strafbar. Jedoch ist in Fällen, in denen der Haupttäter die physische Hilfeleistung zur Kenntnis genommen hat, eine Abstandnahme ebenfalls möglich, wenn der Beitrag noch im Vorbereitungsstadium neutralisiert wird und sich auf das weitere Tatgeschehen nicht mehr auswirkt. So liegt keine physische Beihilfe vor, wenn der Gehilfe dem Haupttäter das Einbruchswerkzeug verschafft hat und es sich vor der Tatausführung wieder zurückgeben lässt84. Zu beachten bleibt freilich, dass die zurückgenommenen physischen Tatbeiträge noch als psychische Beihilfe weiterwirken können85. Bei der psychischen Beihilfe in Form der technischen Rathilfe ist eine Abstandnahme durch Beseitigung der formalen Elemente der Beihilfe ebenfalls möglich. Wenn sich der erteilte Rat nämlich nicht auf die Tatbegehung auswirkt, fehlt es an einer Beeinflussung des tatbestandlichen Geschehens. So macht sich beispielsweise derjenige, der dem Haupttäter einen Tatplan geliefert hat, nicht wegen Beihilfe strafbar, wenn es ihm gelingt, den Haupttäter dazu zu bewegen, den Tatplan bei seiner Tatbegehung nicht zu verwenden. Problematisch sind die Fälle der Bestärkung des Tatentschlusses. Die psychisch vermittelte Kausalität kann nur sehr schwer neutralisiert werden. Wenn jemand versucht, dem Haupttäter die Begehung der Tat auszureden, also dessen Tatentschluss abschwächt, ist diese erneute Einwirkung auf den Haupttäter wiederum kausal für die Tatbegehung. So wird es auch einem Abstandnehmenden, der den Tatentschluss des Haupttäters zunächst bestärkt Siehe dazu u. b). Siehe u. c). 84 Vgl. Lilie / Albrecht, in: LK, § 24 Rn. 248. 85 Baumann, JuS 1963, 51 (57); Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (769 f.). Vgl. dazu, dass die Lieferung eines untauglichen Tatmittels psychische Beihilfe sein kann, Joecks, § 27 Rn. 8; Rudolphi, in: SK, § 24 Rn. 36. 82 83
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6. Kap.: Die Abstandnahme des Gehilfen, § 27 Abs. 1 StGB
hat, häufig nicht gelingen, seine Beeinflussung des Tatentschlusses völlig zu neutralisieren. Wenn er nämlich versucht, dem Haupttäter die Tat auszureden, beeinflusst er den Tatentschluss erneut. Ihm wird es aber kaum gelingen, die Tat wieder genau in ihre ursprünglichen Bahnen zurückzulenken. Diese Problematik besteht auch bei derjenigen Ansicht, die verlangt, dass der Gehilfe einen für den Erfolg der Haupttat kausalen Tatbeitrag leisten muss. Denn die Kausalität wird nach herrschender Ansicht durch das Abstellen auf den Erfolg in seiner konkreten Gestalt und die Unbeachtlichkeit von Reserveursachen – wie bereits dargelegt86 – sehr weit verstanden. Die Beeinflussung der Tathandlung führt nämlich meist auch zu einer Beeinflussung des Erfolges der Haupttat, denn wenn die Beihilfehandlung für die Handlung des Haupttäters und diese wiederum für den Erfolg kausal ist, ist auch die Handlung des Gehilfen für den Erfolg kausal87. Als Ergebnis kann daher festgehalten werden, dass eine Abstandnahme durch Neutralisation der formalen Elemente der Beihilfe vor allem bei der physischen Beihilfe und bei der technischen Rathilfe, nicht aber bei der durch Bestärkung des Tatentschlusses begangenen Beihilfe in Betracht kommt.
b) Neutralisation der objektiven Zurechnung Im Folgenden ist zu untersuchen, ob derjenige, der seinen Tatbeitrag als Gehilfe bereits geleistet hat, dadurch straffrei bleiben kann, dass er durch ein erneutes Einwirken auf das Geschehen die Voraussetzungen der objektiven Zurechnung nachträglich wieder beseitigt. Voraussetzung der objektiven Zurechnung bei der Beihilfe ist, dass der Gehilfe eine rechtlich missbilligte Gefahr schafft, die sich in der Haupttat realisiert88. Dies eröffnet dem Hilfeleistenden die Möglichkeit, von der Beihilfe Abstand zu nehmen, indem er noch vor dem unmittelbaren Ansetzen des Haupttäters verhindert, dass sich die von ihm geschaffene Gefahr in der Haupttat verwirklicht. An einer Gefahrrealisierung fehlt es zum einen, wenn sich in der Haupttat ausschließlich Gefahren verwirklichen, die Dritte oder das Opfer selbst geschaffen haben. Zum anderen entfällt die Gefahrrealisierung, wenn es dem Hilfeleistenden gelingt, die von ihm geschaffene Gefahr wieder zu beseitigen oder zumindest soweit zu reduzieren, dass sie rechtlich nicht mehr zu missbilligen ist. aa) Ein eigenverantwortliches Dazwischentreten anderer Personen kann – wie bereits bei der Alleintäterschaft erörtert89 – die objektive Zurechnung verhindern. Kann die Tat dem Haupttäter nicht objektiv zugerechnet werden, so fehlt es schon an einer teilnahmefähigen Haupttat. Ist dem Haupttäter jedoch unbekannt, dass Umstände vorliegen, die einer objektiven Zurechnung entgegenstehen, ist er wegen 86 87 88 89
Siehe dazu o. 3. Kapitel B. I. 1. Siehe dazu bereits Fn. 33 mit Nachweisen. Siehe o. 1. b). Siehe dazu o. 2. Kapitel B. III. 1. a).
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eines (untauglichen) Versuchs strafbar90, mithin liegt eine teilnahmefähige Haupttat vor. Die Strafbarkeit des Gehilfen wegen Beihilfe zum Versuch scheitert aber an den nicht erfüllten Voraussetzungen der objektiven Zurechnung. Da sich in der Haupttat ausschließlich ein vom Opfer selbst geschaffenes Risiko realisiert, kann sie dem Gehilfen nicht mehr objektiv zugerechnet werden. Dies lässt sich anhand des folgenden Beispieles verdeutlichen: T will an einem bestimmten Tag und einem bestimmten Ort den Geldboten G überfallen und ausrauben. H hat zur Begehung dieser Tat eine Waffe geliefert, bekommt aber ein schlechtes Gewissen und informiert G über den bevorstehenden Überfall. G entschließt sich jedoch, sich überfallen zu lassen, weil ihm an der Schädigung seines Auftraggebers gelegen ist. G wird von T überfallen und ausgeraubt. Da G mit der Tatbegehung einverstanden ist, hat sich T lediglich wegen versuchten schweren Raubes (§§ 249 Abs. 1, 250 Abs. 2 Nr. 1, 22 StGB) strafbar gemacht, was an sich eine teilnahmefähige Haupttat darstellt. In der von T begangenen Versuchstat hat sich aber nicht das von H mit der Lieferung der Tatwaffe geschaffene Risiko verwirklicht, mithin kann H die Haupttat nicht zugerechnet werden. bb) Weiterhin kann der Gehilfe die objektive Zurechnung verhindern, indem er die von ihm geschaffene rechtlich missbilligte Gefahr vor dem unmittelbaren Ansetzen des Haupttäters beseitigt. Es besteht demnach grundsätzlich die Möglichkeit, die tatfördernden Beiträge durch tathemmende Beiträge zu kompensieren. Im Folgenden soll deshalb näher untersucht werden, unter welchen Voraussetzungen die tathemmenden Beiträge dazu führen, dass sich die vom Gehilfen geschaffene rechtlich missbilligte Gefahr nicht in der Haupttat realisiert. Der Gehilfe kann entweder die durch seine Beihilfehandlung geschaffene Gefahr neutralisieren oder, ohne die durch seine Handlung geschaffene Gefahr zu kompensieren, auf andere Weise hemmend auf die Tat einwirken. Der Gehilfe kann die Wirkung seines Gehilfenbeitrages beispielsweise neutralisieren, wenn er versucht, den Haupttäter, den er zunächst zur Tatbegehung ermuntert hat, diese wieder auszureden. Eine solche gleichartige Kompensation ist auch in denjenigen Fällen möglich, in denen der Mittäter einen gemeinsamen Tatentschluss wieder aufgegeben hat, so dass bezüglich der Mittäterschaft eine erfolgreiche Abstandnahme vorliegt, die gemeinsame Verabredung jedoch fortwirkt91. Diese Situation wird häufig auftreten, wenn man der Auffassung folgt, nach der der gemeinsame Tatentschluss bei der Mittäterschaft durch eine bloße Willensänderung aufgegeben werden kann92. Eine durch den gemeinsamen Tatentschluss er90 Dem Ausbleiben des Erfolgs steht es gleich, wenn der Erfolg zwar eingetreten, dem Täter aber nicht objektiv zugerechnet werden kann, s. nur Hillenkamp, in: LK, § 22 Rn. 20; Kühl, AT, § 15 Rn. 10; Rudolphi, in: SK, § 22 Rn. 22; Wessels / Beulke, AT, Rn. 596. 91 Vgl. Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (770); ferner Roxin, in: Lenckner-FS, S. 267 (274), für die Neutralisierung von Tatbeiträgen im Rahmen von § 24 StGB, wobei in dieser Situation Straffreiheit freilich nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 24 StGB eintreten kann. 92 Siehe dazu bereits o. 3. Kapitel C. II. 1.
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6. Kap.: Die Abstandnahme des Gehilfen, § 27 Abs. 1 StGB
folgte Bestärkung der anderen Beteiligten muss der Abstandnehmende beseitigen, um auch seiner Verantwortlichkeit als Gehilfe zu entgehen. Dies kann durch eine Erklärung gegenüber den anderen Beteiligten, dass er nicht mehr mitmachen werde, erfolgen. Aber selbst wenn man mit der hier vertretenen Ansicht für die Abstandnahme des Mittäters eine Aufkündigung des gemeinsamen Tatentschlusses durch eine Erklärung gegenüber den anderen Beteiligten verlangt93, können im Einzelfall noch zusätzliche Aktivitäten des Abstandnehmenden erforderlich sein, um auch der Strafbarkeit wegen Beihilfe zu entgehen. Zwar wird im Regelfall durch die erklärte Aufkündigung des gemeinsamen Tatentschlusses gleichzeitig die in der Beteiligung am gemeinsamen Tatentschluss liegende psychische Förderungswirkung beseitigt werden. Die bloße Aufkündigung reicht aber beispielsweise dann nicht aus, wenn der Abstandnehmende gegenüber den verbleibenden Beteiligten erklärt, ihm sei etwas dazwischen gekommen, so dass er bei der geplanten Tat leider nicht mitmachen könne. Da eine derartige Erklärung nicht geeignet ist, die durch die Beteiligung am gemeinsamen Tatentschluss eingetretene Bestärkung der andern Beteiligten rückgängig zu machen, müsste der Abstandnehmende, will er auch seiner Verantwortlichkeit als Gehilfe entgehen, gegenüber den verbleibenden Beteiligten noch in einer weiteren Erklärung zum Ausdruck bringen, dass er die Tatbegehung nunmehr missbillige. Bei der in der Leistung physischer Tatbeiträge liegenden psychischen Beihilfe kann die Kompensation dadurch erfolgen, dass der Abstandnehmende seinen physischen Tatbeitrag so zurückzieht, dass der Haupttäter hiervon Kenntnis erlangt94. Wenn die Bestärkung des Tatentschlusses in der Schaffung eines zusätzlichen Motivs für die Tat bestanden hat, hat eine gleichartige Kompensation dadurch zu erfolgen, dass der Abstandnehmende dieses Motiv wieder beseitigt. So kann der Gehilfe, der durch die Zusage einer Belohnung für die Tat ein zusätzliches Motiv für den Haupttäter geschaffen hat, dieses Risiko dadurch kompensieren, dass er seine Zusage widerruft. Zu untersuchen ist im Folgenden, welche Anforderungen für eine erfolgreiche Abstandnahme an die Kompensationsleistung zu stellen sind. Dabei ist davon auszugehen, dass der Abstandnehmende die von ihm durch seine Beihilfehandlung geschaffene Gefahr beseitigen muss. Vorab ist daher darauf hinzuweisen, dass eine Abstandnahme auch dann möglich ist, wenn sich der Haupttäter von der Tatbegehung nicht abbringen lässt. So kann beispielsweise derjenige, der den Tatentschluss des Haupttäters durch gutes Zureden bestärkt hat, auch straflos bleiben, wenn sich der Haupttäter nicht überreden lässt, die Tat zu unterlassen. Der abstandnehmende Gehilfe hat nämlich nicht die Gefahr geschaffen, dass der Haupttäter die Tat überhaupt begeht. Diese Gefahr geht vom Haupttäter selbst (und ggf. von einem Anstifter) aus und ist daher dem Gehilfen nicht anzulasten. Der Gehilfe muss deshalb nur die durch seine Unterstützung des Haupttäters geschaffene Gefahr beseitigen. 93 94
Siehe dazu bereits o. 3. Kapitel C. II. 5. c) bb). Vgl. Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (771); Gores, Rücktritt, S. 121.
A. Die objektiven Voraussetzungen der Beihilfe
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Wenn der Handelnde erheblich auf den Haupttäter eingewirkt hat, ist die Beseitigung der von ihm geschaffenen Gefahr in der Regel nur durch eine erneute erhebliche Einwirkung auf den Haupttäter möglich. War der Tatbeitrag des Gehilfen dagegen nur von geringem Gewicht, so wird in der Regel eine weniger intensive Einwirkung auf den Haupttäter ausreichend sein, um das geschaffene Risiko zu kompensieren. Das kann jedoch nicht für alle Fälle gelten, denn im Einzelfall kann der Tatbeitrag des Handelnden beim Haupttäter gewissermaßen eine Eigendynamik entwickeln. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Handelnde den Haupttäter lediglich darauf hinweist, dass er auch einmal an die Vorteile der Tat denken soll, und dem Haupttäter die Tat, je mehr er darüber nachdenkt, desto verlockender erscheint, so dass er schließlich von der Tat kaum noch abzuhalten ist. Hier kann der Handelnde die von ihm geschaffene Gefahr nur noch durch intensives Einwirken auf den Haupttäter beseitigen. Eine schematische Lösung dahingehend, dass eine Abstandnahme immer dann möglich ist, wenn der Abstandnehmende auf den Haupttäter in der Intensität hemmend einwirkt, in der er bei der Leistung seiner Beihilfehandlung auf ihn eingewirkt hat, ist nicht möglich. Letztlich kommt es entscheidend auf die Umstände des Einzelfalls an. Schließlich bleibt noch die Frage zu erörtern, ob der Abstandnehmende die durch seine Beihilfehandlung geschaffene Gefahr selbst beseitigen muss oder ob eine Beseitigung der Gefahr auch durch Dritte erfolgen kann. Wie schon oben festgestellt95, kommt es bei einer Abstandnahme vor Versuchsbeginn – im Gegensatz zum Rücktritt vom Versuch – nicht entscheidend auf ein bestimmtes Verhalten des Abstandnehmenden an. Deshalb ist eine strafbefreiende Abstandnahme im Vorbereitungsstadium durch Neutralisation der durch die Beihilfehandlung geschaffenen Gefahr nicht prinzipiell ausgeschlossen, wenn der Hilfeleistende die von ihm hervorgerufene Gefahr nicht eigenhändig beseitigt. Wenn aber ein Dritter auf den Haupttäter tathemmend einwirkt, wird häufig nicht die gerade vom Gehilfen geschaffene Gefahr neutralisiert. In jedem Fall reicht es aus, wenn der Dritte auf Veranlassung des Gehilfen die Gefahr neutralisiert96. Ausnahmsweise kann bei der Abstandnahme im Vorbereitungsstadium ein vom Gehilfen unabhängiges Verhalten eines Dritten genügen, wenn etwa der Dritte dem Haupttäter zu erkennen gibt, dass sich der Gehilfe von der Tat distanziert habe. Im Regelfall wird aber die vom Gehilfen geschaffene Gefahr nur durch den Gehilfen selbst oder zumindest durch auf Veranlassung des Gehilfen handelnde Dritte beseitigt werden können. Eine ungleichartige Kompensation kommt beispielsweise in Betracht, wenn der Gehilfe, der den Tatplan geliefert hat, versucht, die Tat dadurch zu verhindern, Siehe dazu o. 1. Kapitel D. I. und 2. Kapitel A. Insoweit besteht eine Parallele zu Fällen des Rücktritts vom Versuch gem. § 24 Abs. 1 S. 1 Var. 2 StGB. Hier muss die durch Dritte bewirkte Erfolgsabwendung zurechenbar vom Täter veranlasst worden sein, Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 27 Rn. 28; Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 66; Kühl, AT, § 16 Rn. 67 ff.; Rudolphi, NStZ 1989, 508 (511); Zaczyk, in: NK: § 24 Rn. 57; vgl. auch BGHSt 31, 295 (301), wonach der Zurücktretende eine neue Kausalkette in Gang setzen muss, die für die Nichtvollendung der Tat mitursächlich ist. 95 96
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6. Kap.: Die Abstandnahme des Gehilfen, § 27 Abs. 1 StGB
dass er die Polizei und das in Aussicht genommene Opfer informiert. Entscheidet sich das Opfer freiverantwortlich, die Tatbegehung geschehen zu lassen, so scheitert die objektive Zurechnung97. Handelt das Opfer aber nicht verantwortlich oder kann es aus anderen Gründen der Tat nicht ausweichen, realisiert sich in der trotz solcher Bemühungen ausgeführten Tat das vom Gehilfen geschaffene Risiko. An einer solchen Realisierung der Gefahr kann es freilich in Fällen fehlen, in denen es dem Gehilfen gelingt, den Haupttäter zu einer vorübergehenden Aufgabe des Tatentschlusses zu bewegen98. Zu untersuchen ist, ob durch die Schaffung tathemmender Faktoren die objektive Zurechnung der Gehilfenbeiträge entfällt. Nach einer Mindermeinung kann ein Erfolg einem Beteiligten nur dann zugerechnet werden, wenn der Handelnde durch sein Verhalten eine Verschlechterung der Situation des Schutzobjekts herbeiführt. Demnach soll eine Handlung, die lediglich die Auswechslung des einen durch ein anderes Risiko ohne Verschlechterung der Situation des Rechtsguts bewirkt, nicht objektiv zurechenbar sein99. Unter Zugrundelegung dieser Auffassung führt die verschiedenartige Kompensation zu einer erfolgreichen Abstandnahme. Die Gefahr für das Rechtsgut wird nämlich „per Saldo“ nicht erhöht. Gegen die Ansicht, dass die objektive Zurechnung schon immer dann entfällt, wenn sich das Çhancensaldo“ für das geschützte Rechtsgut nicht verschlechtert hat, bestehen jedoch Bedenken. Das Erfolgsunrecht besteht in der Herbeführung eines konkreten, objektiv feststehenden Ereignisses. Dass der Erfolg auch durch andere Umstände hätte eintreten können, ist unerheblich100. Das Rechtsgut darf nämlich nicht deswegen jeglicher Verletzungshandlungen preisgegeben werden, weil es ohnehin gefährdet ist101. Da also eine ausschließlich auf das Çhancensaldo“ abstellende Betrachtung bei der objektiven Zurechnung abzulehnen ist, liegt es nahe, eine ungleichartige Kompensation für eine erfolgreiche Abstandnahme nicht ohne weiteres genügen zu lassen. Dass eine verschiedenartige Kompensation nicht zu einer strafbefreienden Abstandnahme führen kann, zeigt sich zudem an einem Vergleich mit der Situation, in der ein Dritter hemmend auf den Haupttäter einwirkt. Grundsätzlich kann auch ein Dritter die vom Handelnden geschaffene Gefahr beseitigen102. Wenn man eine verschiedenartige Kompensation zulassen würde, müsste eine von einem Dritten vorgenommene hemmende Einwirkung auf den Haupttäter das vom Handelnden geSiehe o. aa). Siehe dazu bereits o. 5. Kapitel B. I. 2. c). 99 So Rudolphi, in: SK, vor § 1 Rn. 59 f.; Samson, Hypothetische Kausalverläufe, S. 99 f.; Stratenwerth, AT, 3. Aufl., Rn. 228 ff. 100 Dazu, dass hypothetische Kausalverläufe auch bei der objektiven Zurechnung grundsätzlich unbeachtlich sind, s. Fn. 40 101 Vgl. Jakobs, in: Lackner-FS, S. 53 (62); Lenckner, in: Schönke / Schröder, vor § 13 Rn. 89; Puppe, in: NK, vor § 13 Rn. 136, 141; jetzt auch Stratenwerth / Kuhlen, AT, § 8 Rn. 42. 102 Siehe dazu o. S. 213. 97 98
A. Die objektiven Voraussetzungen der Beihilfe
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schaffene Risiko kompensieren können. Ein Gehilfe, der die Tat fördert, bliebe immer dann straflos, wenn ein Dritter unabhängig und unbeeinflusst vom Gehilfen in gleichem Ausmaß hemmend auf den Haupttäter einwirkt. Ein Gehilfe, der die Haupttat durch Bestärken des Tatentschlusses gefördert hat, könnte dann beispielsweise nicht bestraft werden, wenn ein Dritter die Haupttat dadurch zu verhindern versucht, dass er dem Haupttäter das Tatwerkzeug wegnimmt. Schließlich wäre es auch praktisch kaum möglich, festzustellen, unter welchen Voraussetzungen die tathemmenden Beiträge die tatfördernden Beiträge aufwiegen. Es werden nämlich unvergleichbare Beiträge miteinander verglichen. So kann man im Einzelfall kaum feststellen, ob die durch Schaffung eines zusätzlichen Motivs hervorgerufene Bestärkung des Tatentschlusses des Haupttäters durch die Information des Opfers über die bevorstehende Tat ausgeglichen werden kann. Die objektive Zurechnung kann demnach durch eine verschiedenartige Kompensation regelmäßig nicht beseitigt werden103. Allerdings können die vergeblichen Verhinderungsbemühungen des Gehilfen grundsätzlich im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt werden104. Darüber hinaus könnte man allerdings eine analoge Anwendung von Vorschriften über die tätige Reue in Betracht ziehen. So kommt der Täter, der die Gefahr, dass andere das Unternehmen weiter ausführen, wesentlich mindert, gem. § 83a Abs. 1 StGB in den Genuss einer Strafmilderung nach § 49 Abs. 2 StGB oder des Absehens von Strafe. Gem. § 84 Abs. 5 HS. 1 StGB und § 129 Abs. 6 Nr. 1 StGB reicht allein das freiwillige und ernsthafte Bemühen, den Fortbestand der Organisation zu verhindern, aus. Diese Vorschriften sind jedoch auf spezielle Tatbestände zugeschnitten und können nicht verallgemeinert werden105. Einige Stimmen in der Literatur befürworten de lege ferenda eine Strafmilderungsmöglichkeit und die Möglichkeit des Absehens von Strafe für den Fall einer erfolglosen Erfolgsverhinderung106. Nach dem geltenden Recht kann jedoch den erfolglosen Verhinderungsbemühungen nur im Rahmen der Strafzumessung Rechnung getragen werden.
103 Vgl. auch Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (776), mit dem Hinweis, dass der Gehilfe durch vergebliche Verhinderungsbemühungen – wie das Benachrichtigen der Polizei oder des Opfers – keine Straffreiheit erlangen kann. 104 Siehe dazu bereits o. 1. Kapitel D. II. 1. 105 Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (776); Gores, Rücktritt, S. 28; Lenckner, in: GallasFS, S. 281 (293 f.). Vgl. auch Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 120, mit dem Hinweis, dass der Verzicht auf die Erfolgsverhinderung deshalb erfolgt ist, weil sich die Vorschriften auf sog. Organisationsdelikte beziehen, bei denen der Täter auch nur „ein kleines Rädchen in einer großen Maschine“ sein kann, so dass ihm die Erfolgsverhinderung nur in seltenen Fällen überhaupt möglich ist. Jescheck / Weigend, AT, S. 548, befürworten eine analoge Anwendung dieser Vorschriften auf ähnlich gelagerte Fälle. Bei der Abstandnahme von der Beihilfe dürfte es sich aber kaum um einen ähnlich gelagerten Fall handeln. Dazu, dass grundsätzlich eine analoge Anwendung von Rücktrittsvorschriften auf Tatbestände, die ein Verhalten im Vorfeld einer Deliktsverwirklichung unter Strafe stellen, möglich ist, s. Fedders, Tatvorsatz, S. 61 ff.; Weber, in: Vorverlagerung, S. 1 (14 f., 19 f.). 106 Gores, Rücktritt, S. 28 f.; Lenckner, in: Gallas-FS, S. 281 (294).
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6. Kap.: Die Abstandnahme des Gehilfen, § 27 Abs. 1 StGB
c) Anwendung der Lösung auf Beispielsfälle In Fall 4107 hat B von der mittäterschaftlichen Begehung erfolgreich Abstand genommen, indem er den gemeinsamen Tatentschluss aufgekündigt hat108. Davon unberührt bleibt seine mögliche Verantwortlichkeit wegen Beihilfe zur Tat der P. Durch seine Zusage, bei der Tötung des Vaters mitzuwirken, hat B den Tatentschluss der P bestärkt und eine psychisch wirkende Beihilfehandlung vorgenommen. Die spätere Aufkündigung des Tatentschlusses ändert nichts daran, dass B das tatbestandsmäßige Geschehen, nämlich die Tötungshandlungen der P, beeinflusst hat. Ohne den zuvor gemeinsam mit B ausgearbeiteten Tatplan hätte P nämlich die Tat nicht am selben Ort und zur selben Zeit ausgeführt, was für eine Kausalbeziehung zwischen der Beihilfehandlung und dem tatbestandsmäßigen Geschehen ausreicht. Für die Teilnahmestrafbarkeit des B kommt es deshalb entscheidend darauf an, ob sich in der Tat noch ein von B geschaffenes rechtlich missbilligtes Risiko verwirklicht hat. Durch die Verabredung der Tat hat B das Risiko geschaffen, dass der Tatentschluss der P bestärkt wird, weil sie glaubt, dass B hinter der Tat steht. Die Erklärung des B, er halte die Tat für zu riskant, beseitigt diese Gefahr nicht, weil P immer noch davon ausgehen musste, dass B die Tat an sich nach wie vor billigt. Somit scheidet eine erfolgreiche Abstandnahme von der Beihilfe aus. B macht sich wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung (§§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2, 5, 27 StGB) in Tateinheit mit Beihilfe zum versuchten Mord (§§ 212, 211, 22, 27 StGB) strafbar. Auch in Fall 5109 hat der Abstandnehmende A von der mittäterschaftlichen Tatbegehung erfolgreich Abstand genommen110. Seinen physischen Tatbeitrag, der in der Beschaffung des Fahrrades zum Zweck der Flucht liegt, hat A nicht rückgängig gemacht. Diese Hilfeleistung ist für das tatbestandsmäßige Geschehen kausal geworden. Der Versuch, die übrigen Beteiligten B und S die Begehung der Tat auszureden, ist schon deswegen nicht geeignet, die in der Beschaffung des Fahrrades liegende Gefahr zu beseitigen, weil es sich um eine ungleichartige Kompensation handeln würde. Demnach hat sich im tatbestandsmäßigen Geschen das von A durch die Beschaffung des Fahrrades geschaffene Risiko verwirklicht. A ist also wegen Beihilfe zu der von B und S begangenen Tat strafbar. In Fall 6111 hat T durch seine Zusage, zur Verhinderung einer möglichen Festnahme auf Polizeibeamte zu schießen, den Tatentschluss des D bestärkt. Durch seine von D unbemerkte Aufgabe der Tat hat er weder die Kausalität seines Tatbeitrages neutralisiert, noch ist es ihm gelungen, zu verhindern, dass sich in der Tat Zum Sachverhalt s. o. S. 109 f. Siehe dazu o. S. 130 und S. 141 f. 109 Zum Sachverhalt s. o. S. 110. 110 Siehe dazu bereits o. S. 131 und S. 142. 111 Zum Sachverhalt s. o. S. 110; zur fehlenden täterschaftlichen Verantwortlichkeit des T s. o. S. 142. 107 108
B. Die subjektiven Voraussetzungen der Beihilfe
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des D die durch die Bestärkung des Tatentschlusses hervorgerufene Gefahr verwirklicht. T ist deshalb wegen Beihilfe zur Tat des D strafbar.
II. Haupttat Aufgrund der Akzessorietät der Beihilfe entfällt die Verantwortlichkeit des Gehilfen, wenn es nicht zu einer Haupttat kommt112. Insoweit kann auf die Ausführungen zur Anstiftung verwiesen werden113. Der Gehilfe kann also im Vorbereitungsstadium von der Tat Abstand nehmen, indem er verhindert, dass die Haupttat in das Versuchsstadium eintritt. Sofern der Versuch nicht strafbar ist, genügt es, die Vollendung der Haupttat zu verhindern. Ob der Gehilfe dabei freiwillig handelt, ist gleichgültig. Er bleibt sogar dann straflos, wenn Dritte die Haupttat entgegen seinem Willen verhindern.
B. Die subjektiven Voraussetzungen der Beihilfe Der subjektive Tatbestand der Beihilfe zu einem Delikt ist dann erfüllt, wenn der Gehilfe Vorsatz hinsichtlich der Haupttat und hinsichtlich der Beihilfehandlung hat114. Der Vorsatz muss im Zeitpunkt der Beihilfehandlung vorliegen. Insofern kann ebenfalls auf die Ausführungen zur Anstiftung verwiesen werden115.
I. Nachträgliche vermeintliche Neutralisation der Hilfeleistung Teilweise wird von dem soeben erwähnten Grundsatz, dass der Vorsatz im Zeitpunkt der Beihilfehandlung vorliegen muss, eine Ausnahme gemacht. In den Fällen einer nachträglichen vermeintlichen Neutralisation soll die Vorstellung im Zeitpunkt einer späteren erneuten Beeinflussung der Haupttat maßgeblich sein. Derjenige, der nach Vornahme einer vorsätzlichen Gehilfenhandlung irrtümlich annehme, er habe bereits im Vorbereitungsstadium seine Tatbeiträge wieder insoweit neutralisiert, dass eine Vollendung der Haupttat ausgeschlossen ist, soll demnach nicht wegen Beihilfe strafbar sein116. Er könne nämlich nicht schlechter behandelt Siehe dazu nur Zaczyk, in: NK: § 24 Rn. 122. Siehe o. 5. Kapitel B. II. 114 Siehe nur Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 31 Rn. 28; Geppert, Jura 1999, 266 (273). Kritisch aber Murmann, JuS 1999, 548 (552). 115 Siehe o. 5. Kapitel C. vor I. 116 Roxin, in: Lenckner-FS, S. 267 (272); vgl. auch Eser, in: Schönke / Schröder, § 24 Rn. 84; Lenckner, in: Gallas-FS, S. 281 (284). In diesem Zusammenhang wird von Roxin und 112 113
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6. Kap.: Die Abstandnahme des Gehilfen, § 27 Abs. 1 StGB
werden als ein agent provocateur, der von vornherein die Tat mit einem vermeintlich untauglichen Mittel unterstütze. Könne also der agent provocateur, der von vornherein keinen Vollendungswillen besitze, nicht wegen Beihilfe bestraft werden117, so könne auch derjenige, dessen Vollendungswillen später aufgrund einer vermeintlichen Neutralisation seiner Tatbeiträge entfällt, nicht wegen Beihilfe bestraft werden. Der entscheidende Zeitpunkt, zu dem der Vorsatz und der Vollendungswille vorliegen muss, ist jedoch die Erbringung des Gehilfenbeitrags. Eisele118 weist zu Recht darauf hin, dass Fälle der nachträglichen vermeintlichen Neutralisation des Tatbeitrags nicht mit den Fällen des agent provocateur vergleichbar sind. Beim agent provocateur ist der Vorsatz von vornherein nicht auf eine Rechtsgutsverletzung gerichtet, während in Fällen der nachträglichen vermeintlichen Neutralisation der Beihilfehandlung vorsätzlich ein Tatbeitrag erbracht wird, dem das Risiko anhaftet, „nicht wieder erfolgreich zurückgenommen werden zu können“. Wenn das nur vermeintliche Umstimmen des Haupttäters nicht zur Straffreiheit für den Gehilfen führt119, so kann für die nur vermeintliche Neutralisation der Gehilfenhandlung nichts anderes gelten.
II. Tatidentität Die Bemühungen des Hilfeleistenden um eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium können dazu führen, dass der Haupttäter eine andere – nicht vom Vorsatz des Hilfeleistenden umfasste – Tat begeht. Deshalb ist im Folgenden zu erörtern, Lenckner folgender Beispielsfall angeführt: Der Gehilfe liefert dem Haupttäter Gift, das er später gegen ein vermeintlich harmloses, in Wirklichkeit aber giftiges Pulver austauscht. In diesem Fall könnte auch ein Ausschluss der objektiven Zurechnung in Erwägung gezogen werden. Die durch die ursprüngliche Beihilfehandlung geschaffene Gefahr, dass das Opfer durch das zunächst gelieferte Gift getötet werde, hat der Gehilfe durch die Rücknahme dieses Giftes beseitigt. Im später eingetretenen Tod würde sich dann nicht die vom Täter ursprünglich vorsätzlich geschaffene Gefahr, sondern die durch die spätere Handlung allenfalls fahrlässig geschaffene Gefahr realisieren. 117 Dazu, dass der Vorsatz des Gehilfen auf die Vollendung der Haupttat gerichtet sein muss, s. nur Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 31 Rn. 30; Roxin, in: LK, § 27 Rn. 48. Leistet der Gehilfe zunächst einen Tatbeitrag, von dem er annimmt, dass er für die Vollendung noch nicht wirksam werden kann und geht er davon aus, dass die anderen Tatbeteiligten den noch ausstehenden weiteren Gehilfenbeitrag nicht ersetzen können, fehlt es am Vollendungsvorsatz, so zutreffend Zaczyk, in: NK, § 24 Rn. 121, mit dem Beispiel, dass zunächst die Munition und dann das Gewehr geliefert werden soll. Diese Konstellation ist mit der unbeendeten Vorbereitungshandlung vergleichbar, bei der der Beteiligte allein durch Aufgabe des Vorsatzes straffrei bleiben kann (vgl. dazu bereits o. 2. Kapitel B. II. für die Alleintäterschaft und 4 Kapitel B. I. 1. für die mittelbare Täterschaft). 118 Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (773); ebenso Gores, Rücktritt, S. 27, für die Anstiftung; Haft, JA 1979, 306 (310); Lilie / Albrecht, in: LK, § 24 Rn. 256; Zaczyk, in: NK, § 24 Rn. 123, der zutreffend darauf hinweist (a. a. O., § 24 Rn. 121), dass sich der Gehilfe bei Erbringung seines Tatbeitrages bewusst ist, dass er auf das weitere Geschehen keinen Einfluss hat. 119 Siehe zur nur vermeintlichen Umstimmung des Anstifters o. 5. Kapitel C. I.
B. Die subjektiven Voraussetzungen der Beihilfe
219
unter welchen Voraussetzungen der Vorsatz des Gehilfen wegen fehlender Identität der vom Haupttäter verwirklichten Tat und der Tat, auf die sich der Vorsatz des Gehilfen bezogen hat, entfällt. Die vage Vorstellung des Hilfeleistenden, dass „irgend etwas passieren werde“, genügt für die Zurechnung der Haupttat nicht120. Vielmehr muss der Gehilfe die wesentlichen Dimensionen des Unrechts der Haupttat und die Angriffsrichtung erfassen121. Andererseits folgt aber bereits aus der Natur der Beihilfe, bei der der Gehilfe die Einzelheiten der Tatausführung dem Haupttäter überlässt, dass der Gehilfenvorsatz häufig überhaupt nicht alle Einzelheiten der Haupttat umfassen kann122. Nach herrschender Ansicht muss der Vorsatz des Gehilfen weniger konkret sein als der Vorsatz des Anstifters123. Diese gegenüber dem Anstiftervorsatz geringeren Anforderungen sind gerechtfertigt, weil der Gehilfe im Gegensatz zum Anstifter nicht „gleich einem Täter“ bestraft wird124. Demnach liegt eine vorsatzausschließende Tatabweichung immer dann vor, wenn die tatsächlich begangene Haupttat in der Weise von der Vorstellung des Gehilfen abweicht, dass die Mindestanforderungen, die an die Konkretisierung des Gehilfenvorsatzes gestellt werden, nicht mehr gewahrt sind. Sind also die wesentlichen Dimensionen des Unrechts der tatsächlich begangenen Tat und die wesentlichen Dimensionen des Unrechts der Tat, die sich der Gehilfe vorgestellt hat, nicht identisch, so liegt eine vorsatzausschließende Tatabweichung vor, die zu einer erfolgreichen Abstandnahme führt. Bei der Anstiftung wurde bereits dargelegt, dass die Frage, wann eine vorsatzausschließende Tatabweichung vorliegt, auch vom Ausmaß der Konkretisierung des Anstiftervorsatzes abhängt125. Da es sich bei der Beihilfe ebenfalls um eine akzessorische Beteiligungsform handelt, kann für sie im Grundsatz nichts anderes gelten, so dass auch hier dem Ausmaß der Konkretisierung der Vorstellung des Gehilfen entscheidende Bedeutung zukommt126. Je stärker der Gehilfenvorsatz auf eine bestimmte Tat konkretisiert ist, desto eher liegt eine vorsatzausschließende Tatabweichung, die zu einer erfolgreichen Abstandnahme führt, vor. Eine vorsatzausschließende Tatabweichung kann daher im Einzelfall selbst dann vorliegen, Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 31 Rn. 28. BGH NStZ 1990, 501; Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 27 Rn. 19; Lackner / Kühl, § 27 Rn. 2; Tröndle / Fischer, § 27 Rn. 8; Wessels / Beulke, AT, Rn. 584; vgl. auch Roxin, in: LK, § 27 Rn. 47, wonach der Gehilfe die Haupttat nur in ihren wesentlichen Merkmalen erfassen muss. 122 Vgl. Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 31 Rn. 29. 123 BGHSt 42, 134 (138); Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 26 Rn. 17, § 27 Rn. 19; Eisele, ZStW 112 (2000), S. 745 (779); Geppert, Jura 1997, 358 (360); Haft / Eisele, in: Keller-GS, S. 81 (89 f., 96 f.); Kühl, AT, § 20 Rn. 242; Lackner / Kühl, § 27 Rn. 7. Anders aber z. B. Herzberg, JuS 1987, 617 (618 f.), der dieselben Auforderungen, die für den Vorsatz des Gehilfen gelten, auch an den Vorsatz des Anstifters stellt. 124 Vgl. Cramer / Heine, in: Schönke / Schröder, § 26 Rn. 17. 125 Siehe o. 5. Kapitel C. II. 1. 126 Haft / Eisele, in: Keller-GS, S. 81 (90), weisen zu Recht darauf hin, dass der Vorsatz des Gehilfen im Einzelfall in erheblich stärkerem Ausmaß konkretisiert sein kann. 120 121
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6. Kap.: Die Abstandnahme des Gehilfen, § 27 Abs. 1 StGB
wenn die wesentlichen Dimensionen des Unrechts der Tat, die sich der Gehilfe vorgestellt hat, mit denen der tatsächlich begangenen Tat übereinstimmen127. Eine vorsatzausschließende Tatabweichung wird unter diesem Gesichtspunkt bei der Beihilfe jedoch weit weniger häufig vorkommen als bei der Anstiftung, da der Vorsatz des Gehilfen im Gegensatz zu dem des Anstifters, der regelmäßig eine bestimmte Tat vor Augen hat, typischerweise weniger stark konkretisiert ist.
127 Eine vorsatzausschließende Tatabweichung kommt z. B. in folgendem Fall in Betracht, obwohl die tatsächlich ausgeführte Tat bezüglich der wesentlichen Dimensionen des Unrechts den Vorstellungen des Hilfeleistenden entspricht: Der Hilfeleistende hat erfahren, dass der Haupttäter einen Raubüberfall auf eine mit dem Hilfeleistenden verfeindete Person plant. Der Hilfeleistende übergibt dem Haupttäter zur Durchführung dieses Überfalls eine Waffe. Der Haupttäter entschließt sich aber spontan, was der Hilfeleistende nicht vorhersehen konnte, ein anderes Opfer unter Verwendung der Waffe auzurauben.
7. Kapitel
Zusammenfassung Abschließend sollen im Folgenden die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung thesenartig zusammengefasst werden: 1. § 24 StGB ist im Hinblick auf das Erfordernis der Freiwilligkeit und einer bestimmten Rücktrittshandlung auf die Abstandnahme von der Tat im Vorbereitungsstadium nicht analog anwendbar. 2. Wenn der Täter glaubt, im Vorbereitungsstadium noch nicht alles zur Herbeiführung des Erfolges Notwendige getan zu haben, kann er durch bloße Aufgabe des Vorsatzes Straffreiheit erlangen. Im Fall einer aus seiner Sicht unbeendeten, aber bereits erfolgstauglichen Vorbereitungshandlung kann der Täter bei Aufgabe des Tatvorsatzes ebenfalls nicht wegen vorsätzlicher Deliktsbegehung bestraft werden. 3. Wenn der Täter im Vorbereitungsstadium schon alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat, liegt noch nicht zwingend ein unmittelbares Ansetzen i. S. v. § 22 StGB vor, so dass auch hier eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium in Betracht kommt. 4. Die Abgrenzung von straflosen Vorbereitungshandlungen und strafbaren tatbestandlichen Ausführungshandlungen kann nicht allein nach dem Kriterium des unmittelbaren Ansetzens i. S. v. § 22 StGB erfolgen. Tathandlungen liegen nicht nur dann vor, wenn der Täter die Versuchsschwelle überschritten hat, sondern auch dann, wenn er im Vorbereitungsstadium eine Handlung vornimmt, mit der er nach seiner Vorstellung alles, was zur Tatbestandsverwirklichung erforderlich ist, getan hat. 5. Wenn der Täter bereits vor dem unmittelbaren Ansetzen alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan zu haben glaubt, genügt es für die Bestrafung wegen vorsätzlicher Deliktsbegehung, dass er im Zeitpunkt der Vornahme dieser Handlung Vorsatz hatte; der Vorsatz muss nicht bis zum unmittelbaren Ansetzen fortbestehen. 6. Bei einer erfolgstauglichen beendeten Vorbereitungshandlung kann der Täter demnach nur straffrei bleiben, wenn seine Handlungen – sei es durch ihn selbst oder durch Dritte – rückgängig gemacht werden oder Umstände eintreten, die die objektive Zurechnung hindern, und er hiervon Kenntnis hat. Das Wegfallen des Vorsatzes bis zum Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens führt allein noch nicht zur Straffreiheit.
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7. Kap.: Zusammenfassung
7. Bei einer untauglichen beendeten Vorbereitungshandlung kann der Täter dadurch straffrei hinsichtlich des Versuchs bleiben, dass er seine Tathandlungen rückgängig macht. Die Versuchsstrafbarkeit tritt auch dann nicht ein, wenn der Täter die Untauglichkeit seiner Handlungen vor dem unmittelbaren Ansetzen erkennt. 8. Das unmittelbare Ansetzen erfolgt bei der Mittäterschaft für alle Mittäter in dem Zeitpunkt, in dem der erste Tatgenosse die Versuchsschwelle überschreitet (Gesamtlösung). Ein Mittäter kann deshalb nicht allein dadurch seiner Verantwortlichkeit als Mittäter entgehen, dass er selbst keine Handlung vornimmt, mit der er die Versuchsschwelle überschreitet. 9. Ein Mittäter muss selbst keinen für den Erfolg der Haupttat kausalen Tatbeitrag leisten. Es genügt, wenn er das tatbestandsmäßige Geschenen so fördert, dass sich darin ein von ihm geschaffenes rechtlich missbilligtes Risiko verwirklicht. 10. Eine strafbefreiende Abstandnahme ist in der Weise möglich, dass der Mittäter die fördernde Wirkung seines Tatbeitrags beseitigt. Er muss nicht verhindern, dass seine Handlungen für den Erfolg kausal werden. 11. Der gemeinsame Tatentschluss ist eine konstitutive Voraussetzung für die Zurechnung fremder Tatbeiträge nach § 25 Abs. 2 StGB. 12. Der gemeinsame Tatentschluss ist mit dem Vorsatz nicht identisch. Der gemeinsame Tatentschluss muss nur während der Verabredung der Tat vorliegen. Er setzt neben dem auf die Begehung der Tat gerichteten Willen auch ein objektives Verhalten voraus, durch das dieser Wille gegenüber den anderen Beteiligten zum Ausdruck gebracht wird. Der Vorsatz ist dagegen ein rein subjektives Element. Er muss im Zeitpunkt der Verabredung und im Zeitpunkt der Vornahme der eigenen Tathandlung vorliegen. 13. Eine Abstandnahme ist grundsätzlich sowohl durch Aufgabe des gemeinsamen Tatentschlusses als auch durch Aufgabe des Vorsatzes möglich. Eine Aufgabe des Vorsatzes kann nur dann strafbefreiend wirken, wenn sie vor der Erbringung des eigenen Tatbeitrages erfolgt. Der gemeinsame Tatenschluss kann durch eine Erklärung gegenüber den verbleibenden Beteiligten aufgekündigt werden. Diese führt dazu, dass die nach der Aufkündigung von den verbleibenden Mittätern erbrachten Tatbeiträge dem Abstandnehmenden nicht mehr zugerechnet werden können. 14. Eine Abstandnahme von der mittäterschaftlichen Verantwortlichkeit ist nach der subjektiven Beteiligungslehre in der Weise möglich, dass der Täter seinen Täterwillen aufgibt. Der Täterwille entfällt in der Regel, wenn der Beteiligte von der Tat Abstand nimmt, bevor er seinen im Tatplan vorgesehenen Tatbeitrag erbracht hat. Der Täterwille bleibt bei einer Abstandnahme nach Erbringung des eigenen Tatbeitrages in der Regel erhalten. 15. Tatherrschaft kann auch derjenige haben, der nur Tatbeiträge im Vorbereitungsstadium leistet. Ein Beteiligter kann daher seiner Verantwortlichkeit als
7. Kap.: Zusammenfassung
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Mittäter nicht allein dadurch entgehen, dass er im Ausführungsstadium keinen Tatbeitrag erbringt. Der Beteiligte entgeht aber dann seiner Verantwortlichkeit als Mittäter, wenn er seine Beteiligung in der Weise reduziert, dass ihm keine Tatherrschaft mehr zukommt. 16. Für den Versuchsbeginn des mittelbaren Täters kann nichts anderes gelten als für den Versuchsbeginn des unmittelbaren Täters. Ob ein unmittelbares Ansetzen i. S. v. § 22 StGB vorliegt, hängt in erster Linie davon ab, ob noch wesentliche Zwischenakte zwischen dem Verhalten des Täters und der Tatbestandsverwirklichung liegen. Daneben spielt auch der zeitliche Zusammenhang zwischen der Handlung des Täters und dem Erfolgseintritt eine Rolle. Eine aus der Sicht des Täters bewirkte Gefährdung des geschützten Rechtsguts kann die Versuchsstrafbarkeit gegenüber der Handlungsunmittelbarkeit nicht erweitern. 17. Bei der mittelbaren Täterschaft ist eine Abstandnahme im Vorbereitungsstadium durch Aufgabe des Vorsatzes nur möglich, wenn eine noch unbeendete Vorbereitungshandlung vorliegt. 18. Der Handelnde ist nicht als mittelbarer Täter verantwortlich, wenn seine für die mittelbare Täterschaft erforderliche überlegene Stellung zur Zeit der Tatbegehung nicht vorhanden ist oder wenn er seine überlegene Stellung nicht kennt. Daher ist eine Abstandnahme des mittelbaren Täters in der Weise möglich, dass die Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft noch im Vorbereitungsstadium entfallen. 19. Für die Abstandnahme des Anstifters beinhaltet § 31 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 StGB eine abschließende Regelung, soweit es sich um Verbrechen handelt und soweit das Stadium zwischen dem unmittelbaren Ansetzen zum Hervorrufen des Tatentschlusses und dem unmittelbaren Ansetzen des Haupttäters betroffen ist. Im Übrigen richtet sich auch die Abstandnahme des Anstifters nach allgemeinen Grundsätzen. 20. Ein Beteiligter kann seiner Verantwortlichkeit als Anstifter dadurch entgehen, dass er die Kausalität oder die objektive Zurechnung seiner Anstiftungshandlung für den Tatentschluss des Haupttäters neutralisiert. Die Verantwortlichkeit als Anstifter entfällt auch, wenn die Haupttat nicht in das Versuchsstadium eintritt. 21. Da der Anstiftervorsatz im Zeitpunkt der Anstiftungshandlung vorliegen muss, kann das nachträgliche Entfallen des Anstiftervorsatzes die Verantwortlichkeit als Anstifter nicht beseitigen. 22. Die Verantwortlichkeit als Anstifter entfällt, wenn keine Identität zwischen seiner Vorstellung von der Tat und der tatsächlich ausgeführten Tat besteht. Ob eine vorsatzausschließende Tatabweichung vorliegt, hängt vom Ausmaß der Konkretisierung des Anstiftervorsatzes im Einzelfall ab. Je stärker der Vorsatz des Anstifters konkretisiert ist, desto eher ist eine vorsatzausschließende Abweichung möglich.
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7. Kap.: Zusammenfassung
23. Der Gehilfe bleibt straffrei, wenn die Haupttat nicht in das Vorbereitungsstadium eintritt oder wenn die Beihilfehandlung neutralisiert wird. 24. Da die Beihilfe keinen für den Erfolg der Haupttat kausalen Gehilfenbeitrag voraussetzt, kann der Gehilfe nicht schon deshalb straffrei bleiben, weil er verhindert, dass seine Handlung für den Erfolg der Haupttat kausal wird. Er muss seine Gehilfenhandlung vielmehr in der Weise zurücknehmen, dass sie sich auf die Haupttat insgesamt nicht mehr fördernd auswirkt. 25. Auch wenn es dem Gehilfen nicht gelingt, die Beeinflussung der Haupttat durch seine Gehilfenhandlung zu verhindern, bleibt er straffrei, wenn Handlungen vorgenommen werden, die dazu führen, dass die Voraussetzungen der objektiven Zurechnung entfallen. Zur Beseitigung der Voraussetzungen der objektiven Zurechnung muss gerade die Gefahr, die von der Handlung des Gehilfen ausgeht, kompensiert werden. Die objektive Zurechnung entfällt dagegen nicht, wenn lediglich andere tathemmende Umstände geschaffen werden, die zwar die Ausführung der Haupttat erschweren, nicht aber die vom Tatbeitrag des Gehilfen ausgehende Gefahr beseitigen. 26. Da der Vorsatz des Gehilfen im Zeitpunkt des Hilfeleistens vorliegen muss, führt die nachträgliche Aufgabe des Vorsatzes, insbesondere auch die irrige Vorstellung, die Haupttat verhindert zu haben, nicht zur Straffreiheit. Die Verantwortlichkeit des Gehilfen entfällt, wenn keine Identität zwischen der Vorstellung des Gehilfen von der Tat und der tatsächlich ausgeführten Tat besteht. 27. Freiwillige, aber fehlgeschlagene Bemühungen des Beteiligten, die Vollendung einer Tat im Vorbereitungsstadium zu verhindern, können strafmildernd berücksichtigt werden.
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Sachwortverzeichnis aberratio ictus 192 – 193 Absichtsdelikt 144 – 146 absichtslos doloses Werkzeug 168 Abstandnahme – Alleintäterschaft 44 – 76 – Anstiftung 182 – 195 – Beihilfe 208 – 220 – Grundsätze 33 – 36 – Mittäterschaft 104 – 106, 121 – 130, 141 – 146 – mittelbare Täterschaft 158 – 174 Abstiftung 187 actio libera in causa 67 – 68 agent provocateur 218 akzessorietätsorientierte Verursachungstheorie 179, 204 akzessorischer Rechtsgutsangriff 181, 205 Alleintäterschaft 40 – 77 – Tathandlung Siehe dort – Zeitpunkt des Vorsatzes Siehe dort Allgemeines Landrecht 25 Alternativentwurf 30 Amtsdelikt 143 Analogie 41 – 43, 177 – 178 Analogieverbot 43, 178 Anstiftung 175 – 195 – Anstiftungshandlung 179 – 187 – beendeter Versuch 176 – 177 – fehlgeschlagener Versuch 176 – Kausalität Siehe dort – kommunikativer Kontakt 180, 184 – 186 – Tathandlung Siehe dort – Tatidentität 190 – 195 – unbeendeter Versuch 175, 177 – Unrechtsvereinbarung 181 – 183 – versuchte 149, 173, 175 – 177 – Vorsatz 191 – 194 – Zeitpunkt des Vorsatzes Siehe Vorsatz Äquivalenztheorie 95 – 96, 132 16 Fad
Bambergische Halsgerichtsordnung 25 Bayerisches Strafgesetzbuch 26 – 27 Beendigung 17 – 18, 67 Beihilfe 102 – 103, 196 – 220 – Gehilfenhandlung 197 – 208 – Kausalität Siehe dort – objektive Zurechnung Siehe dort – physische 207, 209 – psychische 207 – 210 – Tathandlung Siehe dort – Tatidentität 218 – versuchte 31 – 32, 198, 200 – Zeitpunkt des Vorsatzes Siehe Vorsatz Beteiligung – Funktion 99 – 100 – sukzessive 18 Siehe auch Mittäterschaft – versuchte 30 – 32 Siehe auch Anstiftung und Beihilfe Constitutio Criminalis Carolina 24 – 25 eigenhändiges Delikt 99, 144 Eindruckstheorie 47 – 48, 90 – 91, 158 Einheitstäterbegriff 100 Einstellung 38 – 39 Einzellösung – Mittäterschaft Siehe dort – mittelbare Täterschaft Siehe dort Erfolg in seiner konkreten Gestalt 96, 210 extensiver Täterbegriff 99 – 100 Feuerbach 26 – 27 Gehilfe Siehe Beihilfe gemeinsamer Tatentschluss 107 – 109 – Aufgabe des 109 – 131 – Funktion 85, 117, 125 – 127 – Zeitpunkt 120 Gesamtlösung – Mittäterschaft Siehe dort – mittelbare Täterschaft Siehe dort Gremienentscheidungen 94, 97, 123
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Sachwortverzeichnis
Irrtum über den konkreten Handlungssinn 172 Irrtumsherrschaft 166 – 167
Peinliche Halsgerichtsordnung Siehe Constitutio Criminalis Carolina Preußisches Strafgesetzbuch 27 – 28
Kausalität 34 – Anstiftung 184 – Beihilfe 95 – 96, 201, 209 – 210 – Mittäterschaft 81, 93, 104 – mittelbare Täterschaft 163 – psychisch vermittelte 181 wesentliche Abweichung vom Kausalverlauf 54 – 55 Koinzidenzprinzip 67 – 69 kriminalpolitische Theorie 42 kriminelle Vereinigung 19 – 20 Kronzeugenregelung 21 – 22
Reichsstrafgesetzbuch 29 – 30 reine Verursachungstheorie 203 – 204 Rücktritt 33 – 34, 40, 43, 101 – kriminalpolitische Theorie Siehe dort – Strafzwecktheorie Siehe dort – Verdienstlichkeitstheorie Sieh dort – von der versuchten Anstiftung 175, 187 – 188 – Zweck 41 – 43 Rücktrittshorizont 75, 134
Mittäterschaft 77 – 146, 152 – 153 – additive 98 – alternative 97 – 98, 100 – Einzellösung 79, 90 – Gesamtlösung 90, 92 – sukzessive 67, 120, 123 – unmittelbares Ansetzen Siehe dort – Zeitpunkt des Vorsatzes Siehe Vorsatz mittelbare Täterschaft 147 – 174 – durch Unterlassen 161 – Einzellösung 148 – 149, 152 – Fallgruppen 164 – 172 – Gesamtlösung 147 – 148, 152 – 153 – Irrtum über die Voraussetzungen der 163 – 164, 172 – 173 – Tathandlung Siehe dort Nationalsozialismus 29 – 31 Nötigungsherrschaft 165 – 166, 169 – 170 objektive Teilnahmetheorie 82 – 83 objektive Versuchstheorie 46 – 47, 52, 90 objektive Zurechnung 34 – 36 – Alleintäterschaft 57 – 59 – Anstiftung 184 – 186 – Beihilfe 201 – 202 – Mittäterschaft 105 – 106 – mittelbare Täterschaft 163 – Versuch 57 – 59 öffentliche Aufforderung zu Straftaten 194 omissio libera in causa 61 Organisationsdelikte 19 – 20
Schuldteilnahmetheorie 203 Sonderdelikt 99, 143 – 144 Strafgesetzbuch – Alternativentwurf Siehe dort – Bayerisches Siehe dort – Deutsches Reich Siehe Reichsstrafgesetzbuch – Preußisches Siehe dort Strafgrund – Teilnahme Siehe dort – Versuch Siehe dort Strafzumessung 37 – 38, 215 Strafzwecktheorie 43 subjektive Teilnahmetheorie 132 – 137, 163, 165, 168 Siehe auch Täterwille subjektive Versuchstheorie 47, 91 – 92 Tatbestandsmodell 67 – 68 Tatentschluss – gemeinsamer Siehe Mittäterschaft – Versuch Siehe dort Täterbegriff – extensiver Siehe dort Täterschaft – mittelbare Siehe mittelbare Täterschaft Täterwille 132 – 133 – Zeitpunkt 133 – 136 Tathandlung 70 – Alleintäter 73 – Anstiftung 188 – Beihilfe 217 – Mittäter 122 – mittelbarer Täter 160 – 162
Sachwortverzeichnis Tatherrschaft 83 – 84, 100 – 101, 109, 137 – 140, 163, 165 – 173 – mittelbare Täterschaft 163, 165 – 173 Tatherrschaftslehre 137 – 140 – Mitwirkung im Vorbereitungsstadium 138 – 140 tätige Reue 21, 215 Teilnahme 115 Siehe auch Anstiftung und Beihilfe – Strafgrund 202 – 206 Teilnahmetheorien 131 – 140 terroristische Vereinigung 19 – 20 Theorie vom akzessorischen Rechtsgutsangriff Siehe akzessorischer Rechtsgutsangriff Umstiftung 187 unmittelbares Ansetzen 30, 56, 60, 69 – 71, 72 – 73, 87 – 90, 153 – 157 – Alleintäterschaft 153 – 157 – Funktion 69 – 71, 72, 87 – 88 – Handlungsunmittelbarkeit Siehe Zwischenaktstheorie – historische Entwicklung 30, 88 – Mittäterschaft 78 – 92 – mittelbare Täterschaft 147 – 158 – zeitliche Unmittelbarkeit 154 – 156 Unrechtstatbestand 35 Unrechtsteilnahmetheorie 203 Unterlassen 60 – 61, 161 Verbotsirrtum 171, 172 Verbrechensverabredung 30 – 32, 77 – 82 Verdienstlichkeitstheorie 42 Versuch – beendeter 40 – 41, 44, 65 – fehlgeschlagener 41 – objektive Zurechnung Siehe dort – Strafgrund 46 – 48, 90 – 92 – Tatentschluss 50, 56 – unbeendeter 40 – 41, 44, 65 – untauglicher 74, 77, 156 – vermeintliche Mittäterschaft 112 – 113
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Versuchsbeginn Siehe auch unmittelbares Ansetzen – Anstiftung 176 – 177 Verursachungstheorie – akzessorietätsorientierte Siehe dort – reine Siehe dort Vorbereitungshandlung Siehe auch Vorbereitungstadium – beendete 56 – 76, 160 – 162 – Straflosigkeit 19 – 22, 24, 30, 52 – 53, 60, 72 – 73 – Tatherrschaftlehre Siehe dort – taugliche 54, 56 – 73, 159 – 160 – unbeendete 52 – 56, 75 – 76, 159 – 160 – untaugliche 52 – 54, 74 – 76, 159 Vorbereitungsstadium Siehe auch Vorbereitungshandlung – Grenzen 73 Vorfeldtatbestände 19 – 20, 77 – 78 Vorsatz 36, 62 – 65 – Aufgabe des 71, 106, 121 – 125, 162 – – Elemente des 62 – Funktion 120 – Konkretisierung bei Mittäterschaftschaft 121 – 122 – Zeitpunkt 59, 73 – Zeitpunkt bei Alleintäterschaft 59 – 73 – Zeitpunkt bei Anstiftung 188 – 190 – Zeitpunkt bei Beihilfe 217 – 218 – Zeitpunkt bei Mittäterschaft 122 – 123 – Zeitpunkt bei mittelbarer Täterschaft 160 – 162 Willensherrschaft 170 – 171 Willensstrafrecht 29 – 30, 31 Wissenselement 54, 62 – 64, 123 – 124 Wollenselement 64 – 65 Zurechnung – Beihilfe 200 – objektive Siehe dort – von Tathandlungen 152 – 153, 85 – 87, 103 – 104, 115, 119, 128 Zwischenaktstheorie 154 – 156