Der Weg des Lebens: Psalm 16 und das Lebens- und Todesverständnis der Individualpsalmen 3161483065, 9783161578564, 9783161483066

Der Gott des Alten Testaments trat erst im Zuge einer langen Entwicklung in ein Verhältnis zu den Toten, so daß in späta

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Titel
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
A) Zum Thema
B) Forschungs- und Auslegungsgeschichte
I. Diesseitsinterpretationen
1. Errettung aus Todesgefahr
2. Asylsuche im Heiligtum
3. Unsterblichkeit des Volkes
II. Jenseitsinterpretationen
1. Auferstehungshoffnung
2. Ewiges Leben
3. Entrückung
4. „Royal immortality“
III. Zusammenfassung
C) Zum Aufbau der Arbeit
Erster Teil Text und Übersetzung
A) Text
I. Textkritische und grammatische Analyse
II. Zur Textüberlieferung
B) Übersetzung
Zweiter Teil Poetologische und literarkritische Analyse
A) Poetologische Analyse
I. Gliederung und poetische Gestaltung
1. V.1
2. V.2–4
3. V.5–6
4. V.7–9
5. V.10–11
II. Komposition
1. Stichwortverbindungen
2. Strophenanordnung
III. Zusammenfassung
B) Literarkritische und formgeschichtliche Analyse
I. Literarkritik
II. Gattung
III. Datierung
Dritter Teil Motiv- und traditionsgeschichtliche Analyse
A) JHWH als „Lebensgut“ – zu den Bekenntnisaussagen in V.2–4
I. Auslegung von V.2–4 in der Forschungsgeschichte
II. Das Bekenntnis zu JHWH in V.2
III. Das Bekenntnis zu den „Heiligen“ in V.3
1. Deutungsansätze für קְדוֹשׁׅים
2. Interpretation von קְדוֹשׁׅים und אַדּׅירׅים
IV. Die Ablehnung der Fremdgötterverehrung in V.4
V. Zusammenfassung
B) JHWH als „Lebensraum“ – zur Landmetaphorik in V.5–6
I. Methodische Vorüberlegungen
1. Zum Konzept der „Spiritualisierung“
2. Zur Funktion der Metapher
II. Zur Bedeutung des Landes in den Psalmen – Ps 37
III. Zur Metaphorisierung des Landes in Ps 16
1a . חֵלֶק „(Land-)Anteil“ und נַחֲלָה „Erbbesitz“
a) Das Volk als חֵלֶק und נַחֲלָה JHWHs
b) JHWH als חֵלֶק und נַחֲלָה einer Gruppe
c) JHWH als חֵלֶק und נַחֲלָה eines einzelnen
α) Ps 142,6 und Thr 3,24
β) Ps 16,5–6
γ) Ps 73,26
d) Ergebnis
2a . נּוֹרָל „Los“ und חֶבֶל „Meßschnur“
Exkurs 1: Das Bechermotiv in V.5a
IV. Zusammenfassung
C) JHWH als „Lebensbegleiter“ – zu den Vertrauensaussagen in V.7–9
I. Das Motiv der Beratung und Unterweisung
II. JHWH als „Gegenüber“ und „Begleiter zur Rechten“
III. Das Motiv des „sicheren Wohnens“
IV. Zusammenfassung
D) JHWH als „Lebensfülle“ – zur Todes- und Lebensmetaphorik in V.10–11
I. Die Todesmetaphorik in V.10
1. Die Synonyme שְׁאוֹל „Unterwelt“ und שַׁחַת „Grube“
2. Die Vorstellung vom „Überlassen der נֶפֶשׁ an die Unterwelt“
Exkurs 2: Zur Bedeutung von נֶפֶשׁ
3. Das Motiv „Die Grube sehen“
II. Der „Weg des Lebens“ in V.11a
1. Der „Weg des Lebens“ in der ägyptischen Literatur
a) Weisheitliche Lebenslehren
b) Das Gebet des Simut, genannt Kiki
c) Die Grabinschrift des Petosiris
d) Ergebnis
2. Der „Weg des Lebens“ im Alten Testament
a) אׂרַח חַיּׅים in den Proverbien
b) אׂרַח חַיּׅים in Ps 16
3. Ergebnis
III. Die Lebensmetaphorik in V.11bc
1. „Sättigung mit Freuden bei deinem Angesicht“
a) Zur Semantik von פׇּנׅים „Angesicht“
Exkurs 3: „Gottes Angesicht/Gott schauen“ im Alten Testament
b) Vergleichstexte zum „Angesicht Gottes“ in Ps 16,11
α) Ps 11,7
β) Ps 17,15
γ) Ps 27,4–6
δ) Ps 42/43 und 84
ε) Ergebnis
c) Das Motiv der „Sättigung“
2. „Wonnen in deiner Rechten für immer“
a) Zur Semantik von נׇעׅים „lieblich“
b) Das Motiv der „Rechten“ (Hand) Gottes
3. Der Tempel als Ort des Lebens
IV. Zusammenfassung
Vierter Teil Religions- und theologiegeschichtliche Analyse
A) Grundzüge des alttestamentlichen Todesverständnisses
I. Die Scheol als Bereich eigener Sakralität
II. JHWH und die Toten – Abgrenzung und Annäherung
Exkurs 4: Die Grabfunde von Hirbet el-Kōm und Ketef Hinnom
III. Die Überwindung der Todesgrenze
IV. Zusammenfassung
B) Ps 16 und die Lebenshoffnung der Individualpsalmen
I. „Du hast heraufgeführt aus der Unterwelt meine nœpœš“ – die Klage- und Danklieder des einzelnen
1. Das Todesverständnis der Klage- und Danklieder
2. Ps 16 und die Klage- und Danklieder – ein Vergleich
3. Ergebnis
II. „Mein Anteil ist JHWH für immer“ – der Weisheitspsalm 73
1. Text und Komposition
2. Thematik
a) Die Krise des Tun-Ergehen-Zusammenhangs
b) Die neue Einsicht – zur Motivik von V.23–26.28
α) Gott als „Lebensbegleiter“ – V.23–24
Exkurs 5: Zur Errettungsaussage in Ps 49,16
β) Gott als einziges „Gut“ – V.25
γ) Gott als „(Land-)Anteil“ – V.26
δ) Gott als „Zuflucht“ – V.28
ε) Ergebnis
3. Ps 16 und Ps 73 – ein Vergleich
Exkurs 6: Die skeptische Gegenposition Kohelets
III. Zusammenfassung
Fünfter Teil Redaktionsgeschichtliche Analyse
A) Zur Methode der kanonischen Psalmenexegese
B) Ps 16 im literarischen Kontext der Teilsammlung Ps 15–24
C) Ps 16 im Kontext seiner Nachbarpsalmen 15 und 17
I. Die Bezüge zwischen Ps 15 und Ps 16
II. Die Bezüge zwischen Ps 16 und Ps 17
III. Zusammenfassung
D) Der Zusammenhang der Vertrauenspsalmen 16 und 23
Sechster Teil Rezeptionsgeschichte von Ps
A) Ps 16 (15) in der Septuaginta
I. Vergleich der beiden Fassungen
II. Ergebnis
B) Ps 16 im Neuen Testament
C) Zusammenfassung
Schluß
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
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Der Weg des Lebens: Psalm 16 und das Lebens- und Todesverständnis der Individualpsalmen
 3161483065, 9783161578564, 9783161483066

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Forschungen zum Alten Testament 2. Reihe Herausgegeben von Bernd Janowski (Tübingen) • Mark S. Smith (New York) Hermann Spieckermann (Göttingen)

5

Kathrin Liess

Der Weg des Lebens Psalm 16 und das Lebens- und Todesverständnis der Individualpsalmen

Mohr Siebeck

geboren 1971; Studium der Evangelischen Theologie und Germanistik in Kiel und Heidelberg; 2003 Promotion; Wissenschaftliche Assistentin an der Evangelischtheologischen Fakultät der Universität Tübingen. KATHRIN LIESS,

ISBN 3-16-148306-5 978-3-16-157856-4 Unveränderte eBook-Ausgabe 2019 ISSN 1611-4914 (Forschungen zum Alten Testament, 2. Reihe) Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. © 2004 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Guide-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Held in Rottenburg gebunden.

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2003 von der Evangelisch-theologischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen als Dissertation angenommen. Für den Druck wurde sie geringfügig überarbeitet. Die Entstehung dieser Arbeit haben viele Menschen unterstützt. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Bernd Janowski. Er hat das Thema der Arbeit angeregt, ihre Entstehung stets mit Interesse begleitet und durch Gespräche und weiterführende Hinweise gefördert. Darüber hinaus danke ich ihm, Herrn Prof. Dr. Mark S. Smith und Herrn Prof. Dr. Hermann Spieckermann für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe „Forschungen zum Alten Testament 2. Reihe". Die Erstellung des Zweitgutachtens hat Herr Prof. Dr. Erhard Blum übernommen, dem ich wichtige Hinweise für die Überarbeitung verdanke. Herr Prof. Dr. Walter Groß hat mir die Möglichkeit gegeben, für drei Jahre als wissenschaftliche Mitarbeiterin an einem DFG-Projekt zur poetischen Satzsyntax zu arbeiten. Für die daraus erwachsenen Anregungen bin ich ihm sehr dankbar. Das Tübinger Doktoranden- und Habilitanden-Kolloquium von Herrn Prof. Dr. Janowski gab mir die Gelegenheit, Teile der Arbeit vorzustellen und zu diskutieren. Herzlich danken möchte ich Dörte Bester, die mit Engagement und Interesse eine erste Fassung der Arbeit gelesen und manche Anregungen gegeben hat, und Jan Dietrich, der die Korrekturarbeiten in sorgfältiger Weise vorgenommen hat. Schließlich danke ich Herrn Dr. Henning Ziebritzki und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Verlages für die Betreuung der Drucklegung. In besonderer Weise hat mein Mann Bernhard Liess am Entstehen der Arbeit Anteil genommen. Ihm danke ich für seine vielfältige Unterstützung und Ermutigung. Meinen Eltern Hilke und Hans-Jürgen Ehlers, denen ich sehr viel zu verdanken habe, ist dieses Buch gewidmet.

Tübingen, im April 2004

Kathrin Liess

Inhaltsverzeichnis Vorwort

Einleitung A) Zum Thema B) Forschungs- und Auslegungsgeschichte I.

Diesseitsinterpretationen 1. Errettung aus Todesgefahr 2. Asylsuche im Heiligtum 3. Unsterblichkeit des Volkes

II. Jenseitsinterpretationen 1. 2. 3. 4.

Auferstehungshoffnung Ewiges Leben Entrückung „Royal immortality"

III. Zusammenfassung C) Zum Aufbau der Arbeit Erster Teil

Text und Übersetzung A) Text I. Textkritische und grammatische Analyse.. II. Zur Textüberlieferung B) Übersetzung

VIII

Inhaltsverzeichnis

Zweiter Teil

Poetologische und literarkritische Analyse A) Poetologische Analyse I.

75

Gliederung und poetische Gestaltung

77

1. 2. 3. 4. 5.

77 78 81 83 87

V.l V.2—4 V.5-6 V.7-9 V.10-11

II. Komposition

92

1. Stichwortverbindungen

92

2. Strophenanordnung

95

III. Zusammenfassung

99

B) Literarkritische und formgeschichtliche Analyse I. Literarkritik II. Gattung III. Datierung

100 100 105 110

Dritter Teil

Motiv- und traditionsgeschichtliche Analyse A) JHWH als „Lebensgut" - zu den Bekenntnisaussagen in V.2-4 I. Auslegung von V.2—4 in der Forschungsgeschichte II. Das Bekenntnis zu JHWH in V.2 III. Das Bekenntnis zu den „Heiligen" in V.3 1. Deutungsansätze für Ctpilp 2. Interpretation von D ^ i l p und D1Trlt
n) und der Güter, und sie ist Gabe Gottes:

246

17

Siehe, was ich als Gutes gesehen habe: Daß es schön ist,

18

zu essen und zu trinken und Gutes zu sehen/genießen (nalts ns"l) bei all seiner Mühsal, mit der man sich müht unter der Sonne alle Tage seines Lebens, 2 5 3 die einem der Gott gegeben hat ja, das ist sein Anteil (p"?n). Auch jeder Mensch, dem der Gott Reichtum und Vermögen gegeben hat und ihm ermöglicht hat, davon zu essen und seinen Anteil (p^n) 2 5 4 davonzutragen und sich zu freuen bei aller seiner Mühsal, 255 dies - eine Gottesgabe ist es.

252

Zum Thema Lebensfreude bei Kohelet s. FISCHER, Aufforderung.

247

Zu pbn bei Kohelet s. MICHEL, Untersuchungen, 118-125; ZIMMER, Tod, 58ff., und VONACH, Gottesvorstellungen, 6 0 - 6 2 . 248 S. dazu oben 178ff. und 181 ff. 249

Vgl. ZIMMER, Tod, 59. f SO JANOWSKI, Die Toten, 39. 251 Vgl. MICHEL, Unsterblichkeit, 176. 252 Zum Text s. VONACH, Gottesvorstellungen, 54f. mit Anm.192; KRÜGER, Kohelet, 222f. Zu n*n im Sinne von „genießen" s. FISCHER, Aufforderung, 74. 253 Wörtlich: „die Zahl der Tage seines Lebens". 254 Hier schwingt die zweite Bedeutungsnuance des Wortes pbn, die materielle Bedeutung, mit. Zur Unterscheidung der verschiedenen Bedeutungsnuancen s. VONACH, Gottesvorstellungen, 60ff. 255 Zur Pendenskonstruktion s. GROSS, Pendenskonstruktion, 126f. mit Anm.103.

B) Ps 16 und die Lebenshoffnung

der Individualpsalmen

399

D a ß der pbn des M e n s c h e n bei Kohelet rein diesseitig und innerweltlich zu verstehen ist, fuhrt schließlich in besonderer Weise Koh 9 , 4 - 1 0 mit der Gegenüberstellung von Lebenden und Toten aus: 4

Denn wer zu all den Lebenden zugesellt ist, 256 hat H o f f n u n g . Denn ein lebender Hund er hat es besser als ein toter Löwe.

5

Denn die Lebenden wissen, daß sie sterben werden, aber die Toten wissen nichts, und f ü r sie gibt es keinen Lohn mehr, denn vergessen wird das Gedenken an sie.

6

Sowohl ihr Lieben als auch ihr Hassen als auch ihre Eifersucht sind längst vergangen, und einen Anteil (pbn) gibt es für sie für immer nicht mehr an allem, was unter der Sonne getan wird.

7

Auf, iß mit Freuden dein Brot, und trink mit frohem Herzen deinen Wein, denn längst hat der Gott Gefallen an deinem Tun.

8

Zu j e d e r Zeit seien deine Kleider weiß, und an Öl auf deinem Haupt soll es nicht fehlen.

9

Genieße das Leben mit einer Frau, die du liebst, alle Tage deines flüchtigen Lebens, die er dir gegeben hat unter der Sonne, alle Tage deines flüchtigen Lebens. Ja, das ist dein Anteil (p'pn) im Leben und bei all deiner Mühe, mit der du dich mühst unter der Sonne.

10

Alles, was deine Hand zum Tun findet, das tu mit deiner Kraft, denn es gibt kein Tun und kein Ergebnis, kein Wissen und keine Weisheit in der Unterwelt, in die du gehen mußt.

W e n n K o h e l e t in diesem Text das Dasein der Toten in der Scheol schildert, folgt er traditionellen Unterweltsvorstellungen: 2 5 7 Die Toten haben keine H o f f n u n g , kein Wissen, keine Emotionen und Affekte, keinen Lohn - in einem Wort zusammengefaßt: Sie haben keinen „Anteil" an dem, was „unter der Sonne", in der Welt der Lebenden, geschieht (V.6), denn Tod bedeutet „radikale(r) Abbruch der irdischen Existenz" 2 5 8 . Unter A n k n ü p f u n g an das Stichwort pSn schildern V . 7 - 1 0 kontrastiv den „Anteil" der Lebenden. Dieser besteht, wie in Koh 3,19 und 5,17f., in der Lebensfreude, im Essen und Trinken, im

256

Mit Q und zahlreichen Handschriften und Versionen dürfte "QtT für das Ketib

Inn''

zu lesen sein; s. KRÜGER, Kohelet, 299. 257

S. dazu oben 294f.

258

SCHWIENHORST-SCHÖNBERGER, Nicht im Menschen, 199; vgl. DERS., Lehre, 214.

400

Vierter Teil: Religions-

und theologiegeschichtliche

Analyse

Lebensgenuß mit der geliebten Frau, in der Festfreude (weiße Kleidung und Salbung als Zeichen des Festes in V . 8 r v und im tatkräftigen Handeln. Diese sich im Leben bietenden Glücksmöglichkeiten, die Kohelet mit dem Stichwort 3iB zusammenfaßt (5,17), soll der Mensch ergreifen, solange er noch zu den Lebenden zählt. 260 Kohelet setzt sich in diesem Text kritisch mit der Vorstellung auseinander, daß die Toten noch in irgendeiner Form einen „Anteil" am Leben haben. 261 Nach dem Tod gibt es jedoch keinen pbn mehr; nur die Lebenden können ihren „Anteil" in der diesseitigen Lebensfreude genießen. Angesichts neu entwickelter Jenseitserwartungen bezieht Kohelet also eine sehr zurückhaltende und skeptische Haltung und richtet seinen Blick auf das diesseitige Leben. 262

III.

Zusammenfassung

Überblickt man das Kapitel „Ps 16 und die Lebenshoffnung der Individualpsalmen", so läßt sich abschließend die Bedeutung der genannten Psalmentexte für die Geschichte des alttestamentlichen Lebens- und Todesverständnisses präzisieren und Ps 16 theologiegeschichtlich einordnen. 1) Diesseitige Errettung aus dem Tod - die Klage- und Dankpsalmen: Die Klage- und Dankpsalmen des einzelnen setzen Gott erstmals in Beziehung zum Tod, wenn auch beschränkt auf den „Tod mitten im Leben". Dort, wo der Tod in die Lebenswelt hineinreicht („Todesmetaphorik"), kann Gott punktuell aus dem Tod retten. Der „Gott des Lebens" steht auf der Seite der vom Tod Bedrängten und greift rettend ein. Damit wird der ursprünglich trennende Faktor - Gott kann als „Gott des Lebens" mit dem Bereich des Todes als lebensfeindlichem Bereich nicht in Verbindung treten263 zum verbindenden Faktor: Gott läßt seine lebenspendende Kraft an den vom Tod Bedrängten wirksam werden. Die Erfahrung lebensimmanenter, punktueller Rettung aus dem Tod bildet somit einen ersten wichtigen Ansatzpunkt für ein Neuverständnis des Verhältnisses zwischen JHWH und dem Tod bzw. den Toten. 2) Dauerhafte diesseitige Lebensgemeinschaft mit Gott - der Vertrauenspsalm 16: Ps 16 führt den Ansatz der individuellen Klage- und Dankpsalmen fort, indem er die punktuelle Rettungserfahrung zu einer Hoffnung auf 259

S. dazu FISCHER, Aufforderung, 74. Verbindungslinien Kohelets zu Ps 16 und 73 ergeben sich also nicht nur über das Stichwort pbn, sondern auch über l i o . 261 Vgl. SCHWIENHORST-SCHÖNBERGER, Nicht im Menschen, 199. 262 Ob Kohelet die Vorstellung vom „absoluten Tod" vertritt, ist jedoch umstritten; s. dazu SCHWIENHORST-SCHÖNBERGER, Lehre, 207-219, hier: 215ff. 263 S. dazu oben 299f. 260

B) Ps 16 und die Lebenshoffnung

der

Individualpsalmen

401

eine dauerhafte Bewahrung vor dem Tod steigert. Im Zentrum des Vertrauensliedes steht die Beschreibung der Gottesbeziehung und der göttlichen Lebens- und Wegbegleitung (vgl. V.5-6.7-9.11). In der Erfahrung einer engen Gottesgemeinschaft gewinnt das Leben im Diesseits für den Beter neue Intensität ( V . l l ) und verliert der Tod seine Bedrohlichkeit (V.10). Konzentriert man sich in der Frage nach dem Lebens- und Todesverständnis allein auf V. 10 bzw. 10-11, wie in der Deutung von Ps 16 in Entsprechung zu den Klage- und Dankliedern häufig geschehen, bleiben wesentliche Aspekte des Vertrauensliedes, wie die Lebensmotivik in V . 5 6.7-9, ausgeblendet. Es geht in Ps 16 in erster Linie um die Lebensgemeinschaft mit Gott - ob sie über den Tod hinaus Bestand hat oder nicht, diese Frage thematisiert der Beter nicht. Insofern erweist sich für Ps 16 die Alternative „Diesseitsdeutung oder Jenseitsdeutung?" im Grunde genommen als eine Frage, die sich dem Psalmisten selbst nicht stellt. Ihm kommt es allein auf ein Leben mit Gott an. Von diesem Vertrauen auf eine dauerhafte Lebensgemeinschaft mit Gott ausgehend, die ihm auf seinem gesamten Lebensweg gewährt wird und ihn auf den Weg der Lebensfülle führt, entwickelt der Beter von Ps 16 seine Hoffnung angesichts des Todes: Begleitet ihn Gott durch sein Leben, so wird er ihn auch mitten im Leben nicht dem Tod überlassen. Den Schritt über den Tod hinaus vollzieht Ps 16 jedoch noch nicht, aber er bereitet, wie sich aus dem Vergleich mit Ps 73 ergeben hat, mit seiner Beschreibung der Lebensgemeinschaft mit Gott die Vertrauensäußerungen von Ps 73,23-26 vor. 3) „Unsterblichkeit der GottesbeziehungiilfA - der Weisheitspsalm 73: Den entscheidenden Anstoß zur Überschreitung der Todesgrenze und zur Ausbildung jenseitiger Lebenshoffnungen stellt das Scheitern des Tun-Ergehen-Zusammenhangs dar.265 In der Erfahrung von Grenzen des Lebens, wie sie dem Beter von Ps 73 im Scheitern seines eigenen Glücksstrebens vor Augen sind, entsteht die Hoffnung auf eine jenseitige Gottesgemeinschaft, auf eine Aufnahme bei Gott „auf Ehre/Herrlichkeit hin" (V.24b); jedoch nicht als eine Flucht vor dem Diesseits oder eine Vertröstung auf ein jenseitiges Leben. Vielmehr wird dem Beter von Ps 73 im Verlauf seines Psalmengebets bewußt, daß er auch und schon im diesseitigen Leben in einer Gottesgemeinschaft lebt (V.23-24a), die von einer solchen Intensität ist, daß sie über den Tod hinausreicht und die Hoffnung auf zukünftige Ehre/Herrlichkeit in sich trägt (V.24b). Insofern kann man im Hinblick auf 264

So der Titel des Aufsatzes von MICHEL, Unsterblichkeit.

265

V g l . MICHEL, U n s t e r b l i c h k e i t , 159, u n d JANOWSKI, D i e T o t e n , 36.

402

Vierter Teil: Religions-

und theologiegeschichtliche

Analyse

die Lebenshoffnung von Ps 73 von einer „Unsterblichkeit der Gottesbeziehung"266 oder von „ewigem Leben"267 im Sinne einer ewigen Lebensgemeinschaft mit Gott sprechen. Die Individualpsalmen zeigen, daß neben dem Scheitern des Tun-ErgehenZusammenhangs und der Monotheismusentwicklung zwei weitere - in der bisherigen Forschung weitgehend vernachlässigte - Faktoren relevant für die Ausprägung einer Jenseitshoffnung sind: 1) die Erfahrung punktueller Errettung aus dem „Tod mitten im Leben" (Klage- und Dankpsalmen) und ihre Fortführung in der Hoffnung auf eine dauerhafte Bewahrung (Ps 16) und 2) die Erfahrung einer intensiven Lebensgemeinschaft mit Gott, in der das Leben im Diesseits eine besondere Lebensqualität gewinnt (Ps 16,11; 73,23-24a). Aus diesem Ansatz entwickelt Ps 73 - angestoßen durch die Konfrontation mit der Theodizeeproblematik - in Weiterführung von Ps 16 die Hoffnung auf eine jenseitige Gottesgemeinschaft (Ps 73,24b). Ps 73 setzt damit zwei Traditionslinien fort: Er sprengt den diesseitigen Geltungsrahmen des Tun-Ergehen-Zusammenhangs, wie ihn noch Ps 37 voraussetzt, und er führt den Gedanken einer dauerhaften diesseitigen Gottesgemeinschaft (Ps 16) über die Todesgrenze hinaus.

266

MICHEL, Unsterblichkeit.

267

V g l . GESE, T o d , 4 6 , JANOWSKI, D i e T o t e n , 4 1 , u n d DERS., K o n f l i k t g e s p r ä c h e , 3 4 3 .

Fünfter Teil

Redaktionsgeschichtliche Analyse A) Zur Methode der kanonischen Psalmenexegese Die neuere Psalmenexegese ist durch einen forschungsgeschichtlichen Neuansatz geprägt, der sich mit dem Stichwort „Von der Psalmenexegese zur Psalterexegese"' prägnant charakterisieren läßt. Seit N. Lohfink 1988 mit seinem programmatischen Aufsatz „Was wird anders bei kanonischer Schriftauslegung?" einen Perspektivenwechsel in der Psalmenforschung einleitete, sind zahlreiche Beiträge zur kanonischen Psalmenexegese erschienen. 2 Gemeinsam ist diesen die Wahrnehmung des Psalters als Buch, nicht als Sammlung von isolierten Einzelpsalmen. Im Unterschied zur traditionellen, form- und gattungsgeschichtlich orientierten Psalmeninterpretation seit H. Gunkel tritt die Auslegung der Psalmen im Kontext von Nachbarpsalmen und Psalmengruppen bzw. des gesamten Psalters in den Vordergrund, wobei es jedoch „darauf an(kommt), sowohl das Eigenprofil der einzelnen Psalmen als auch die Einbindung dieser Psalmen in ihren unmittelbaren und weiteren Buchkontext zu reflektieren." 3 Über diesen Konsens hinaus haben sich jedoch unterschiedliche Schwerpunktsetzungen und methodische Zugangsweisen in der kanonischen Psalmenexegese ausgebildet, die sich hinsichtlich der Gewichtung von synchronen und/oder diachronen Betrachtungsweisen unterscheiden lassen: 1

So der Titel eines Aufsatzes von MILLARD über die kanonische Psalmenauslegung

v o n HOSSFELD / ZENGER. 2

Vgl. neben den Veröffentlichungen von LOHFINK (Psalmengebet [1992]; Psalmen

[1994] u.a.) die Beiträge von VESCO, L ' a p p r o c h e canonique (1992); HOSSFELD / ZENGER, Gottesvolk-Theologie (1992); DIES., N E B 29 (1993); N E B 40 (2002); DIES., Redaktionsgeschichte (1993); Thronsitz (1994); DIES., H T h K A T (Ps 5 1 - 1 0 0 : 2000); MILLARD, Komposition (1994); BARBIERO, Psalmenbuch (1999); BRAULIK, Christologisches Verständnis (1995); JANOWSKI, „Kleine Biblia" (1998); ZENGER, Psalmenforschung (2000), 4 1 6 f f . (Lit.) u.a. S. auch die Sammelbände in H B S „Neue Wege der P s a l m e n f o r s c h u n g " (1994) und „Der Psalter in Judentum und Christentum" (1998). 3

ZENGER, Psalter als Buch, 35; vgl. DERS., Psalmen im Psalter, 443, in Auseinander-

setzung mit der Kritik von GERSTENBERGER, Psalter, 3 - 1 3 .

404

Fünfter Teil: Redaktionsgeschichtliche

Analyse

F.-L. Hossfeld und E. Zenger, die die kanonische Psalmenauslegung in vielen Aufsätzen 4

und 1993 erstmals systematisch in einem Psalmenkommentar angewandt haben, charakterisieren selbst ihren methodischen Ansatz als eine Synthese von redaktionsgeschichtlicher Arbeitsweise und kanonischer Exegese („canonical approach"). 5 In dieser Verbindung von diachroner und synchroner Methodik untersuchen sie die einzelnen Psalmen, arbeiten die Stichwortbezüge zwischen den Psalmen sowie die verschiedenen Wachstumsstufen in der Psalterredaktion heraus. 6 M. Miliard vertritt in seiner Dissertation „Die Komposition des Psalters. Ein formgeschichtlicher Ansatz" (1994) eine formgeschichtliche Zugangsweise, indem er formgeschichtliche Fragestellungen nicht auf den Einzelpsalm beschränkt, sondern auf größere literarische Zusammenhänge überträgt. Im Vordergrund seiner Untersuchung steht die formgeschichtliche Beschreibung einzelner Psalmengruppen 7 sowie die übergreifende Frage nach der Entstehungsgeschichte des Psalters. Wie Hossfeld / Zenger greift auch Miliard den synchronen Ansatz des „canonical approach" auf. 8 G. Barbiero blendet in seiner Monographie „Das erste Psalmenbuch als Einheit. Eine synchrone Analyse von Psalm 1 - 4 1 " (1999) in Abgrenzung zu Hossfeld / Zenger die diachrone Fragestellung aus und konzentriert sich auf eine konsequent synchrone Beschreibung der Stichwort- und Motivverbindungen im ersten Davidpsalter. 9 Er untersucht die Bezüge zwischen Nachbarpsalmen, innerhalb von Psalmengruppen und fragt nach einem übergreifenden „Gesamtsinnzusammenhang" von Ps 1-41. 4

Der Psalmenkommentar in der NEB erscheint seit 1993 (bisher Ps 1-50; 51-100); in weitaus größerem Umfang setzen sie seit 2000 ihre Psalmeninterpretationen in der neuen Kommentarreihe HThKAT fort (bisher Ps 51-100). 5

HOSSFELD / ZENGER, N E B 2 9 , 2 4 ; v g l . DIES., W e g e , 3 4 3 .

6

Zur dreistufigen Redaktion im ersten Davidpsalter vgl. HOSSFELD / ZENGER, NEB 29, 14f.; zur Redaktionsgeschichte der Teilgruppe 15-24 vgl. DIES., Redaktionsgeschichte, 166ff. LOHFINK, Psalmengebet, 8 mit Anm.28, stellt demgegenüber die Frage nach redaktioneller Arbeit zurück. Zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Ansatz von

HOSSFELD / ZENGER S. MILLARD,

Psalmenexegese;

RENDTORFF,

Anfragen,

und

AUWERS, Tendences. Kritische Anfragen werden insbesondere an die literarkritischen Analysen einzelner Psalmen gestellt (s. MILLARD, aaO 316ff.; RENDTORFF, aaO 330; BARBIERO, Psalmenbuch, 20); außerdem wird die Beschreibung der übergreifenden Redaktionsschichten als zu „einfach" kritisiert (s. MILLARD, aaO 321; RENDTORFF, aaO 330). 7

Vgl. MILLARD, Komposition, 4f. S. auch die Rezension zu MlLLARDs Dissertation von ALBERTZ, 143-146, bes. 145f., und den Dialog zwischen den methodischen Ansätzen von HOSSFELD / ZENGER und MILLARD in der Zeitschrift „Biblical Interpretation". 8

9

V g l . MILLARD, K o m p o s i t i o n , 2 f .

Vgl. BARBIERO, Psalmenbuch, 20. Die Monographie bietet eine hilfreiche Fülle und Auflistung von Stichwort- und Motivverbindungen für die weitere Psalmenexegese. M.E. ist jedoch bei dieser Auflistung noch stärker die Frage nach der Gewichtung der Einzelbeobachtungen, nach relevanten und für die inhaltliche Interpretation aussagekräftigen Stichwortverbindungen zu stellen. Auch treten die Eigenständigkeit der einzelnen Psalmen sowie die bleibenden Unterschiede zwischen den Texten sehr in den Hintergrund; s. auch die Kritik von ZENGER, Psalmen im Psalter, 454.

A) Zur Methode

der kanonischen

Psalmenexegese

405

Methodisch konzentriert sich die kanonische Psalmenauslegung - im Unterschied zur form- und gattungsgeschichtlich geprägten Einzelpsalmexegese - vor allem auf zwei Gesichtspunkte: 10 1) auf die Untersuchung der Beziehungen eines Psalms zu seinen Nachbarpsalmen, die sich in Stichwortverbindungen (concatenatio)" und Motivbezügen manifestieren, und 2) auf die Frage nach der Anordnung (iuxtapositio) der Psalmen innerhalb von Psalmen- bzw. Teilgruppen. Die Anwendung dieser zwei Techniken bei der Komposition des Psalmenbuches stellt den Einzelpsalm in übergreifende Zusammenhänge, aus denen ihm eine zusätzliche Sinndimension erwachsen kann.12 So begünstigen Stichwortverknüpfungen eine „gegenseitige Sinnerschließung benachbarter Psalmen" 13 : „Der durch die Stichwortverkettung hervorgerufene Effekt ist ... ein doppelter. Zum einen wird die Konkretion der Einzelaussage gesteigert ... . Zum anderen geschieht eine Aufsprengung der Einzelaussage,"14 Die folgende Analyse greift die Fragestellungen der kanonischen Psalmenauslegung auf und konzentriert sich auf die Stellung von Ps 16 innerhalb der Teilgruppe 15-24. Die Untersuchung der Stichwort- und Motiv10

ZENGER, Psalmenauslegung, 397ff., legt in vier Punkten die Aufgaben einer kanonischen Psalmenauslegung dar. Neben den beiden genannten Aspekten nennt er das Mitlesen der Psalmenüberschriften als Deutungshorizont und die Betrachtung der innerbiblischen Bezüge und Wiederaufnahmen eines Psalms. Vgl. DERS., Psalter als Buch, 12; BRAULIK, Christologisches Verständnis, 59ff., und JANOWSKI, „Kleine Biblia", 384. 11

Mit der Analyse der Stichwortbezüge greift die kanonische Psalmenauslegung einen Ansatz auf, der seit dem Psalmenkommentar von DELITZSCH, BC IV/1, und dem Aufsatz von BARTH, Concatenatio, in Vergessenheit geraten zu sein schien; s. dazu HOSSFELD / ZENGER, N E B 29, 24; JANOWSKI, „Kleine Biblia", 3 8 4 - 3 8 8 , und LOHFINK, Psalmen, 106ff„ bes. 108f. 12

Die Untersuchung von Stichwortbezügen muß sich jedoch immer zweier methodischer Probleme bewußt sein. Zum einen stellt sich die Frage nach der Gewichtung der beobachteten Entsprechungen: Wo handelt es sich um signifikante, für eine redaktionsgeschichtliche Fragestellung aussagekräftige Stichwort- und Motivverbindungen? (Hier kann m.E. Konkordanzarbeit, die die Häufung bestimmter Stichworte berücksichtigt und nach Verteilung und Gewichtung fragt, einen wichtigen Beitrag leisten.) Zum anderen sind viele Berührungspunkte zwischen Psalmen durch einen gemeinsamen Wortschatz der Psalmensprache bedingt (vgl. SCHREINER, Stellung, 265; MLLLARD, Komposition, 25); hier stellt sich also die - m.E. schwer zu beantwortende - Frage nach Kriterien, wann concatenatio Ergebnis bewußter Texteingriffe ist und wann sie eher zufällig auftritt. 13 JANOWSKI, „Kleine Biblia", 388; zur Bedeutung der Stichwortanknüpfungen s. auch LOHFINK, Psalmengebet, 7 - 1 3 ; DERS., Psalter, 197ff.; BRAULIK, Christologisches Verständnis, 60f., und ZENGER, Psalter als Buch, 12.18. 14

JANOWSKI, „Kleine Biblia", 387f. (Hervorhebung im Original).

406

Fünfter Teil: Redaktionsgeschichtliche

Analyse

Verkettungen beschränkt sich dabei auf Positionen, die kompositioneil und redaktionell relevant erscheinen: auf die Beziehung von Ps 16 zu seinen unmittelbaren Nachbarpsalmen 15 und 17 sowie auf die Korrespondenz zwischen Ps 16 und Ps 23, der innerhalb der Teilkomposition Ps 16 zugeordnet ist. Im Vordergrund steht die Frage nach der Bedeutung der Stichwort- und Motivbezüge sowie der Psalmenanordnung. Darüber hinaus stellt sich - im Anschluß an die Thesen von Hossfeld / Zenger - die Frage, ob sich daraus möglicherweise redaktionsgeschichtliche Schlüsse für Ps 16 ziehen lassen.15

B) Ps 16 im literarischen Kontext der Teilsammlung Ps 15-24 Mit der Überschrift I H 1 ? o r o o zählt Ps 16 zu den Psalmen des 1. Davidpsalters (Ps 3-41), der vorwiegend Individualgebete, insbesondere Klage-, Dank- und Vertrauenslieder, enthält.16 Diese „stark anthropologisch orientierte Sammlung" 17 bietet mit der viele Psalmen durchziehenden Beschreibung göttlicher Rettungserfahrung und menschlichen Gottvertrauens zu Beginn des Psalmenbuches einen „Einstieg in die Sprachbewegung des Psalters von der Klage zum Lob"18. Innerhalb des 1. Davidpsalters gehört Ps 16 in den kompositionellen Zusammenhang der sog. „inneren Teilsammlung" Ps 15-24, 19 die sich

15 16

Vgl. auch oben lOOff., bes. 104f. S. dazu WESTERMANN, Sammlung, 337-339, und GESE, Büchereinteilung,

157-

167. 17

HOSSFELD / ZENGER, N E B 2 9 , 12.

18

MlLLARD, K o m p o s i t i o n , 2 0 5 .

19

Zu den Teilsammlungen im ersten Psalmenbuch, s. HOSSFELD / ZENGER, NEB 29, 12-15: Ps 3 - 1 4 und 35^13 bilden die äußeren, Ps 15-24 und 2 5 - 3 4 die inneren Teilsammlungen. Dieser Strukturvorschlag ist weitgehend auf Akzeptanz gestoßen, s. BARBIERO, Psalmenbuch; JANOWSKI, Der barmherzige Richter, 67 u.a. Eine andere Einteilung legt MlLLARD, Komposition, dem ersten Psalmenbuch zugrunde, indem er Ps 1 - 4 1 in drei „Kompositionsbögen" unterteilt (vgl. die tabellarische Übersicht aaO 168): Ps 1 - 1 0 (als formgeschichtliches Schema einer weisheitlich-kultischen Dankliturgie; aaO 127-135), Ps 11-31 als Mittelteil (hier konzentriert MlLLARD sich im wesentlichen auf die Analyse von 15-24) und Ps 32-41 (eine weisheitliche Komposition; aaO 138-140). Die von HOSSFELD / ZENGER vorgeschlagene Einteilung hat jedoch größere Plausibilität für sich, denn, wie MlLLARD selbst eingesteht, ist nach seinem Modell der Abschluß des ersten Psalmenbuches „tendenziell ungeklärt" (aaO 168 Anm.2; vgl. 140). Zu Recht bemerkt jedoch MlLLARD, daß die Psalmengruppe 15-24 nicht völlig fest abgegrenzt ist, sondern eine gewisse „Randunschärfe" beinhaltet, die sich in Bezügen zu den umgebenden

B) Ps 16 im literarischen

Kontext

der Teilsammlung

Ps

15-24

407

durch ein besonderes Kompositionsprinzip auszeichnet: Die Anordnung der einzelnen Psalmen weist eine konzentrische Struktur auf.20 Diese Ringkomposition der Psalmengruppe 15-24 läßt sich - in Anlehnung an M. Millards formgeschichtliche Charakterisierung 21 - wie folgt beschreiben: P s a l m e n äußert ( a a O 26; zu den Stichwortverbindungen über Ps 1 5 - 2 4 hinaus zu den u m g e b e n d e n P s a l m e n s. auch BARBIERO, aaO 192ff.336ff. u.ö.). Z u r Kritik an dem S t r u k t u r v o r s c h l a g v o n SCHREINER, Stellung, 2 7 0 - 2 7 2 , der Ps 22 als Mitte des ersten P s a l m e n b u c h e s beschreibt, s. MlLLARD, aaO 26. 20

D i e s e S t r u k t u r b e s c h r e i b u n g der Teilgruppe 1 5 - 2 4 geht auf AUFFRET, Sagesse, 4 0 9 -

438, zurück und ist seitdem vielfach ü b e r n o m m e n und m o d i f i z i e r t w o r d e n ; s. FÜGLISTER, V e r w e n d u n g , 372 A n m . 1 2 7 ; HOSSFELD / ZENGER, N E B 29, 12f.; DIES., R e d a k t i o n s g e schichte, 169; ZENGER, P s a l m e n a u s l e g u n g , 4 0 3 ; MILLER, K i n g s h i p , 127.133 (er betont d a r ü b e r hinaus, daß Ps 1 5 - 2 4 nicht nur eine konzentrische Struktur sondern zugleich auch „a structure of prayer", „a structure of faith

zugrundeliege,

coram

Deo as it is

m a n i f e s t in the experience of prayer" [133]); PODELLA, T r a n s f o r m a t i o n e n , 116f., und BARBIERO, P s a l m e n b u c h , 189. A u c h MILLARD, K o m p o s i t i o n , 25.136f., weist auf die k o n z e n t r i s c h e Struktur in 1 5 - 2 4 hin, nimmt aber insgesamt eine andere U n t e r g l i e d e r u n g im ersten P s a l m e n b u c h vor (s. die vorige Anm.19). Mit MILLER, aaO 133, ließe sich diese k o n z e n t r i s c h e Struktur auch wie folgt charakterisieren: „ . . . this collection is shaped at least in part by a ring or concentric structure so that ends are in beginnings, b e g i n n i n g s in endings, and the center looks both w a y s . " Allerdings ist darauf hinzuweisen, d a ß sich A n f a n g und E n d e nicht e i n f a c h nur entsprechen, sondern Ps 24 inhaltlich weit über Ps 15 hinausgeht und mit d e m T h e m a „Königtum G o t t e s " ( 2 4 , 7 - 1 0 : Einzug des K ö n i g s g o t t e s J H W H in das Heiligtum) sowie mit den zentralen Stichworten n p i s

und ¡"9 "¡a (V.5:

V e r h e i ß u n g von Segen und Gerechtigkeit J H W H s f ü r den Gerechten) eine Steigerung und zugleich eine Art Z u s a m m e n f a s s u n g beinhaltet; s. dazu auch HOSSFELD / ZENGER, N E B 29, 13; MILLER, aaO 139. Die Kritik von KOENEN, Jahwe, 30, an d e m k o n zentrischen Strukturmodell scheint für 1 5 - 2 4 k a u m z u t r e f f e n d ; die R a h m u n g der Teils a m m l u n g durch 15 und 24 sowie die Z u o r d n u n g der einzelnen Psalmen, wie sie die Ü b e r s i c h t im T e x t zeigt, ist m.E. beim f o r t l a u f e n d e n und a u f m e r k s a m e n Lesen des P s a l m e n b u c h e s so auffällig, daß sie k a u m erst „eine E r f i n d u n g ihrer E n t d e c k e r " (ebd.) sein kann. 21

S. MLLLARD, Komposition, 25. Vgl. PODELLA, T r a n s f o r m a t i o n e n , 117. A n d e r e Kri-

terien f ü r die Strukturierung sind nach BARBIERO, P s a l m e n b u c h , 191, die Psalmentitel (zum redaktionellen G e b r a u c h der P s a l m e n ü b e r s c h r i f t e n s. auch WILSON, Editing, 1 5 5 162), die m.E. allerdings im Hinblick auf diese T e i l g r u p p e - gegenüber inhaltlichen A r g u m e n t e n - w e n i g e r A u s s a g e k r a f t haben (zu den Psalmentiteln s. unten 4 0 8 A n m . 2 3 und 411 zu Ps 1 5 - 1 7 ) . D a r ü b e r hinaus charakterisiert er die A b f o l g e der P s a l m e n - in A u f n a h m e der T e r m i n o l o g i e von BRUEGGEMANN, M e s s a g e - mit den B e g r i f f e n „Orientierung", „ O r i e n t i e r u n g s l o s i g k e i t " und „ N e u e Orientierung" ( a a O 190 mit der Tabelle S. 90). Als B e s c h r e i b u n g s k a t e g o r i e n sind diese B e g r i f f e j e d o c h insbesondere f ü r das Klagelied („Orientierungslosigkeit") problematisch, denn K l a g e bedeutet in den Psalmen nicht „Orientierungslosigkeit", vielmehr „orientiert" sich gerade der klagende Beter auf Gott hin und bringt die K l a g e und sein Leid vor ihn.

408

Fünfter Teil: Redaktionsgeschichtliche

Analyse

15 „Einzugsliturgie" 16 Vertrauenslied 17 Klagelied 18

Königspsalm (Danklied) 19 Tora-/Schöpfungspsalm

20-21 Königspsalm (Danklied) 22 Klagelied 23 Vertrauenslied 24 „Einzugsliturgie"

Die Kompositionseinheit wird begrenzt durch eine rahmende Inclusio der beiden „Eckpsalmen" 15 und 24, die sog. „Einzugsliturgien", 22 die thematisch eng aufeinander bezogen sind.23 Ps 15 selbst ist zugleich Teil der „Psalmenreihe" 24 15-17, die eine Abfolge von „Einzugsliturgie", Vertrauens- und Klagelied bildet. Im Zentrum der Teilgruppe steht Ps 19 bzw. Ps 18-21, wobei die Königspsalmen 18; 20 und 21 den Tora- und Schöpfungspsalm 19 rahmen. 25 Den Abschluß bilden Ps 22-24, die als Abfolge 22

In der älteren Forschung wurde Ps 15 formgeschichtlich als „Tempeleinlaßliturgie" bestimmt; s. MOWINCKEL, Psalmenstudien II, 119f., mit dem Thronbesteigungsfest als Sitz im Leben. Zur „Einzugsliturgie" vgl. auch STEINGRIMSSON, Tor, 16ff.l34ff.; zur Diskussion um den Sitz im Leben s. BEYERLIN, Heilsordnung, 90ff.; zur Kritik s. PODELLA, Transformationen, 128f.: „Ps 15 und 24 erscheinen ... weder als kultische Texte, noch als Liturgien, sondern als priesterliche oder weisheitliche Lehrdichtungen, die zwar der komplementären Struktur sozialen und kultischen Handelns in lyrisch stilisierter Form nachgehen, aber selbst nicht zur Kultlyrik zählen"; vgl. auch HOSSFELD in: HOSSFELD / ZENGER, NEB 29, 105: „weisheitlich beeinflußte Anlehnung an die Einzugsliturgie". Zur Forschungsgeschichte zu Ps 15 vgl. DERS., Nachlese, 135ff.; s. auch PODELLA, aaO 95-130, hier: 108ff. (zu Ps 24). 23 Die Korrespondenz der beiden Psalmen wird auf der formalen Ebene bereits durch die chiastische Entsprechung der beiden Psalmentitel (15,1: Tn 1 ? Tiara; 24,1: "in1? -linrn) sowie durch die Auffächerung von ^ " i p i n (Ps 15,1) in rnrr~in und ittJip Dipa (Ps 24,3) angezeigt. Weitaus bedeutsamer ist jedoch die thematische Verwandtschaft zwischen den Fragen in 15,1 und 24,3 sowie den entsprechenden Antworten in 15,2-5 und 24,3f.; s. die detaillierte Analyse der Motiv- und Stichwortverbindungen bei BARBIERO, Psalmenbuch, 311-313. 24

Zu dieser Bezeichnung s. BARBIERO, Psalmenbuch, 23. Diese Verbindung von Königtum und Tora hat ihre Entsprechung im Proömium des Psalters Ps 1-2; s. dazu MILLER, Kingship, 128 (er spricht im Hinblick auf 18-21 auch von „torah-ruler-center"); MLLLARD, Komposition, 141, und BARBIERO, Psalmenbuch, 25

1 9 0 . 7 2 6 . Z u d e n K ö n i g s p s a l m e n s. RÖSEL, M e s s i a n i s c h e R e d a k t i o n ,

106-116 (Ps

1 0 7 - 1 2 3 ( P s 2 0 ) ; z u P s 18 v g l . a u c h KLEER, S ä n g e r , 1 1 - 3 5 , u n d HOSSFELD,

18);

Wandel,

171 ff. Zur redaktionellen Stellung von Ps 19 vgl. GRUND, Himmel; ALLEN, David, 5 4 4 -

B) Ps 16 im literarischen

Kontext der Teilsammlung

Ps

15-24

409

von Klage-, Vertrauenslied und „Einzugsliturgie" spiegelbildlich zu Ps 15— 17 angeordnet sind26 und von Miliard als „kleine Wallfahrtsliturgie" bezeichnet werden. 27 Die Teilsammlung spannt somit einen Bogen von der „Einzugsliturgie" Ps 15 über Vertrauen, Klage, Dank, der im Lob von Tora und Schöpfung im Zentrum der Komposition gipfelt und über Dank, Klage und Vertrauen schließlich in die „Einzugsliturgie" Ps 24 mündet. Fragt man auf der Endtextebene nach dem inhaltlichen und theologischen Profil der Teilsammlung, so fällt zunächst die herausgehobene Stellung der Gerechtigkeitsthematik auf,28 und zwar in zweifacher Hinsicht: der Beter als der Gerechte und die „rettende Gerechtigkeit" 29 JHWHs. Beide Aspekte greifen ineinander: „Die Teilgruppe Ps 15-24 entwirft das Idealbild ,des Gerechten' und hält fest, daß er von JHWH Hilfe, ja Rettung erfahrt." 30 Sie beschreibt das rettende Eingreifen Gottes und schildert - so ist mit Blick auf die rahmenden Vertrauenspsalmen 16 und 23 hinzuzufügen die bewahrende Zuwendung Gottes. So wie Ps 15 und 24 den Psalmen der Teilkomposition Richtlinien für das Verhalten eines Gerechten vorgeben, so umklammern die Vertrauenslieder Ps 16 und 23 mit ihrem Vertrauen auf eine dauerhafte, lebenslange Bewahrung durch Gott die inneren Psalmen. Als zweites tragendes Thema der Teilsammlung läßt sich die Tempelthematik hervorheben. Sie wird als „Lesehorizont" bereits durch die Frage in 15,1 und die rahmende Inclusio der „Einzugsliturgien" 15 und 24 vorgegeben, schwingt folglich bei einer lectio continua als „Sinnraum" mit und wird in den folgenden Psalmen immer wieder in den zahlreichen expliziten und impliziten - Tempelbezügen aufgegriffen (vgl. Ps 16,11; 17,15; 18,7; 20,3; 23,6). Dem Beter wird vom Heiligtum, dem Ort der 546, hier: 546, zu den Bezügen zwischen 18 und 19; s. auch MAYS, Place, 3 - 1 2 , hier: 5 f . 11, u n d RÖSEL, a a O 1 8 9 . 26

Die Einteilung läßt sich auch variieren, indem man nur Ps 19 als Zentrum betrachtet und Ps 16-18 (als Abfolge von Vertrauens-, Klage- und Danklied) und Ps 2 0 - 2 3 (mit der spiegelbildlichen Entsprechung von Dank [20-21], Klage [22] und Vertrauen [23]) als Psalmenreihen aufeinander bezieht. 27 MILLARD, Komposition, 137; vgl. BARBIERO, Psalmenbuch, 275f.280. 28 Vgl. die Korrespondenz zwischen den Rahmenpsalmen Ps 15,2 und 24,5 sowie im Zentrum 19,12-14; s. dazu JANOWSKI, Der barmherzige Richter, 70 Anm.183; BARBIERO, Psalmenbuch, 311-315; HOSSFELD / ZENGER, NEB 29, 13, und PODELLA, Transformationen, 128. Vgl. Ps 17,3-5; 18,21ff. 29 Vgl. dazu JANOWSKI, Der barmherzige Richter, 55ff.; zu den verschiedenen Gerechtigkeitskonzeptionen s. auch ASSMANN / JANOWSKI / WELKER, Richten und Retten, 21 ff. 30

HOSSFELD / ZENGER, N E B 2 9 , 13.

410

Fünfter Teil: Redaktionsgeschichtliche

Analyse

Lebensfülle und Bewahrung (Ps 16; 23), Rettung zuteil (Ps 18,7). Die verschiedenen Tempelbezüge erfahren schließlich in Ps 24 eine Klimax: 3 ' Dem Einzug der Gerechten und Frommen in das Heiligtum entspricht im Hymnus 24,7-10 der Einzug JHWHs, des „Königs der Herrlichkeit". Die zentrale Rolle der Tempelthematik in Ps 15-24 hat auch M. Miliard herausgearbeitet. Er sieht die kompositioneile Einheit Ps 15-24 „im Kontext eines literarischen Ersatzes fur eine Wallfahrt" 32 , indem er - seinem formgeschichtlichen Ansatz entsprechend - die formgeschichtliche Kategorie der Wallfahrt auf eine Textgruppe von Psalmen Uberträgt. Der Weg einer Wallfahrt, die, in Ps 15 vorbereitet, in Ps 24 ihr Ziel erreicht, bilde das zentrale Thema der Komposition, 33 die im vorliegenden nachkultischen Zusammenhang den Weg der Wallfahrt als Gebetsweg nachzeichne.

Ein weiterer inhaltlicher Schwerpunkt der Kompositionseinheit wird vom Zentrum der Sammlung Ps 19-21 vorgegeben: Tora und Königtum. Diesen Aspekt hebt P.D. Miller besonders hervor: „The focus upon Yahweh's torah and obedience to its divine instruction is the touchstone for this collection." 34 Als dritten Gesichtspunkt fügt er das Thema „Gebet" („structure of prayer") an. Er konzentriert sich in seiner Analyse von Ps 15-24 vor allem auf die Rahmenpsalmen 15 und 24 sowie auf das Zentrum Ps 18-21. Da er die Kompositionseinheit im wesentlichen von diesem Zentrum her interpretiert, treten die beiden Themen Königtum und Tora in den Vordergrund seiner synchronen Textbeschreibung. Die übrigen Psalmen 16-17 und 2 2 - 2 3 zeigen „that the king / Israelite who is the central figure of this collection not only delights in and keeps torah ... but demonstrates in the rest of the psalms the way of faithful prayer in trust." 35 Die allgemeine Charakterisierung von 16-17 und 2 2 - 2 3 als „way of faithful prayer in trust" ist zwar zutreffend, jedoch spielt auch die Tempelthematik eine wichtige Rolle (Ps 16,11; 17,15; 23,6), die nicht nur die genannten Psalmen, sondern bereits Ps 15 und 24 prägt und deshalb neben den Themen Tora, Königtum und Gebet zu berücksichtigen ist. 36

31

S . a u c h HOSSFELD / ZENGER, N E B 2 9 , 13.

32

MILLARD, Komposition, 205. 33 Vgl. MILLARD, Komposition, 137. 34 MILLER, Kingship, 127. Vgl. 140f.: „The collection in Psalms 15-24 may be seen as defining the proper kingship at the beginning of the Psalter. Obedience to torah and trust in Yahweh's guidance and deliverance are the way of Israel and the way of kingship." 35

36

MILLER, K i n g s h i p , 1 3 4 .

BARBIERO, der in der „Entwicklung der theologisch zentralen Themen im ersten Psalmenbuch ... die Geschichte Israels grob wider(ge)spiegel(t)" findet (Psalmenbuch, 723; KRATZ, Tora Davids, und WILSON, Shaping, arbeiten diese Struktur für das Psalmenbuch als ganzes heraus), bezeichnet „Das Reich des Gesalbten" als thematischen Schwerpunkt der Struktureinheit 15-24 (aaO 722-730, bes. 726). In Ps 15-17 werde Israel den Völkern als eine „alternative Gesellschaft" gegenübergestellt; im Zentrum dominieren die Königspsalmen, und Ps 22 beschreibe schließlich eine „neue Auffassung

C) Ps 16 im Kontext seiner Nachbarpsalmen

15 und 17

411

Diese knappe thematische Charakterisierung der Teilsammlung 15—24 soll im folgenden präzisiert werden durch die Analyse der kontextuellen Einbindung von Ps 16 in die Psalmenreihe 15-17 sowie durch die Untersuchung der Korrespondenz zwischen Ps 16 und 23.

C) Ps 16 im Kontext seiner Nachbarpsalmen 15 und 17 Der Vertrauenspsalm 16 wird in seinem unmittelbaren Kontext von der sog. „Einzugsliturgie" Ps 15 und dem Klagelied Ps 17 gerahmt. Aufgrund der Strukturanalogie in den Psalmenüberschriften - drei verschiedene Gattungsbezeichnungen jeweils mit anschließender Autornennung mit b (Ps 15: n n 1 ? -nOTQ; Ps 16: TH1? 0n:>0; Ps 17: TTl1? n'psn) - hebt sich diese Psalmenabfolge bereits formal von den vorangehenden und folgenden Psalmen ab (Ps 18 mit biographischer Überschrift; Ps 19-22: nSift 1 ?Psalmen).37 Von weitaus größerer Relevanz sind jedoch die zahlreichen Stichwortbeziehungen und Motivparallelen, die Ps 16 mit den benachbarten Psalmen 15 und 17 verbinden und so einen übergreifenden Textzusammenhang konstituieren, der mit G. Barbiero als „Psalmenreihe" bezeichnet werden kann.38 I. Die Bezüge zwischen Ps 15 und Ps 16 Dem Vertrauenslied Ps 16 geht innerhalb der Teilsammlung Ps 15-24 die sog. „Einzugsliturgie" Ps 15 voran:39 V.la V.lbc

Überschrift:

Ein Psalm

Davids

Eingangsfrage lb c

JHWH, wer darf als Schutzbürger weilen in deinem Zelt ("ra)> wer darf wohnen auf deinem heiligen Berg (ptj!)?

über die Rolle des Messias" (aaO 726). Zur Kritik an dieser Deutung von 15-24 s. ZENGER, Psalmen im Psalter, 453f. 37

S . d a z u a u c h BARBIERO, P s a l m e n b u c h , 1 9 1 , u n d HOSSFELD i n : HOSSFELD / ZENGER,

NEB 29, 106. 38 BARBIERO, Psalmenbuch, 192. Auch in den Psalmenhandschriften aus Qumran ist die Abfolge von Ps 15 und 16 belegt; vgl. 5/6 HevPs (s. dazu oben 71). Vgl. weiterhin 1 lQPs c zur Abfolge von Ps 17 und 18; s. dazu FLINT, Psalms Scrolls, 254.258.263, und WILSON, Editing, 116.118. Zu den Psalmenhandschriften in Qumran s. FABRY, Psalter, 137ff. 39

Z u P s 1 5 s . BEYERLIN, H e i l s o r d n u n g ; STEINGRÍMSSON, T o r , 1 - 6 9 , u n d HOSSFELD,

Nachlese. Zur Übersetzung s. auch WEBER, Werkbuch I, 93.

412

Fünfter Teil: Redaktionsgeschichtliche V.2-5b

Antwort: 2a b c 3a b c 4a b c 5a b

V.5c

Analyse

Zulassungsbedingungen

Wer untadelig wandelt und Gerechtigkeit tut und Wahrheit redet in seinem Herzen. Wer keine Verleumdung auf seiner Zunge getragen hat, nichts Böses seinem Nächsten getan hat, und Schmach nicht über seinen Nachbarn gebracht hat. In dessen Augen der Verworfene verachtet ist, aber die JHWH-Fürchtigen ehrt er, hat er zu (seinem) Schaden geschworen, ändert er es nicht. 40 Sein Geld hat er nicht fur Wucherzins gegeben, und Bestechung gegen den Schuldlosen hat er nicht angenommen.

Abschließende

Verheißung

Wer dies (alles) tut, der wird für immer nicht wanken (B1Q1 K1?).

Wenn auch Ps 15 und 16 sich als „Einzugsliturgie" und Vertrauenspsalm formgeschichtlich zunächst kaum aufeinander beziehen lassen, so ist ihnen doch eine weisheitlich transformierte Tempeltheologie gemeinsam. Beide Psalmen sind von tempeltheologischer (Ps 15,1; 16,1.1 lbc) und weisheitlicher Tradition (Ps 15,2ff.; Ps 16,7.1 la) geprägt. 41 Neben dieser traditionsgeschichtlichen Prägung bestehen zwischen beiden Psalmen vielfältige Stichwortbezüge, die auf thematische Gemeinsamkeiten verweisen: 42 l ) D i e Eingangsfrage Ps 15,1 „Wer darf wohnen auf deinem heiligen Berg?" C ^ l p wird über das Stichwort in Ps 16,9 wiederaufgenommen. Die Vertrauensaussage in Ps 16,9 „mein Fleisch wird 40

Die vorliegende Übersetzung behält MT bei. Vgl. WEBER, Werkbuch I, 93. Gemeint ist ein unbesonnenes Schwören zum Schaden (vgl. Lev 5,4); s. ZENGER in: HOSSFELD / ZENGER, NEB 29, 106. Häufig wird die Lesart der LXX (TOI TiArpiov aöxoO) bevorzugt; vgl. OTTO, Ethik, 97: „Er schwört seinem Nächsten und er ändert nicht (den Schwur)." 41 Zur Verschränkung von weisheitlicher Tradition und tempeltheologischer Vorstellungswelt in Ps 15 s. bes. BEYERLIN, Heilsordnung; vgl. HOSSFELD, Nachlese, 153, und DERS. i n : HOSSFELD / ZENGER, N E B 2 9 , 1 0 5 . Z u r t e m p e l t h e o l o g i s c h e n S e m a n t i k in P s

16,1 l b c s. oben 249-292. 42 Zu einer sehr detaillierten Auflistung der Stichwort- und Motivverbindungen zwischen Ps 15 und 16 s. BARBIERO, Psalmenbuch, 202. Die Problematik einer solchen angestrebten vollständigen tabellarischen Auflistung liegt jedoch auf der Hand; so beziehen sich einige der angeführten Stichwortverknüpfungen zwar auf lexematisch identische Ausdrücke, sie lassen sich jedoch inhaltlich kaum miteinander verbinden (vgl. z.B. die Gegenüberstellung von Ps 15,5 •qafaa inr« 1 ? und 16,10 n r a n i x - 6 inrrK*? aufgrund des Stichworts ]m).

C) Ps 16 im Kontext seiner Nachbarpsalmen

15 und 17

413

sicher wohnen" (na? 1 ? läßt sich auf kontextueller Ebene als Antwort auf die Frage von Ps 15,1 lesen. Der Beter von Ps 16 zählt zu denen, die „wohnen" dürfen. Durch die Stichwortentsprechung kommt es zu einer Sinnanreicherung der geprägten Wendung ntDa1? pttf, die motivgeschichtlich zunächst im Zusammenhang der Landthematik zu verorten ist.43 Von Ps 15 her läßt sich n^S 1 ? zugleich als eine Anspielung auf den Topos vom „Wohnen im Haus JHWHs" lesen. Diese zweite Bedeutungsebene für p ü wird auch durch die tempeltheologische Sprache in Ps 16,1.11 bc evoziert. Aber auch der erste Teil der Eingangsfrage in Ps 15,1 „Wer darf als Schutzbürger weilen in deinem Zelt?" (^SriK-l Tia^^D) wird in Ps 16 motivlich wiederaufgenommen, insbesondere wenn man berücksichtigt, daß mit "112 der Bedeutungsaspekt des Schutzes verbunden sein kann. 44 Dem Terminus TU, „als Schutzbürger weilen", korrespondiert in Ps 16,1 der semantische Parallelausdruck ¡1011 „Zuflucht suchen; sich bergen". 45 Auf diese Weise erhält von Ps 15,1 her die Vertrauensaussage 16,1 („denn ich berge mich in dir") ihren „Ort": Der Beter sucht Zuflucht und Schutz im Heiligtum Gottes. 2) Ps 16,3 bezieht sich thematisch zurück auf die Zulassungsbedingungen in Ps 15, denn das Bekenntnis zur „Gemeinde der Frommen" läßt sich auf der Endtextebene als Erfüllung von Ps 15,4 lesen. 46 Der Aufforderung, die „Gottesfürchtigen" zu ehren ("135'' ¡11 IT "•NTTIXI), „sich zu den Frommen (zu) schlagen und die Sünder (zu) meiden" 47 , entspricht in Ps 16,3 sachlich die Hinwendung des Beters zu den „Heiligen" und den „Herrlichen". Indem sich der Beter von Ps 16 als zu dieser Gruppe zugehö43

Vgl. dazu oben 206ff. Zur Bedeutung von 113 in Ps 15,1 s. B E Y E R L I N , Heilsordnung, 64 mit Anm.240: „... die Wörter (^HN und 113 ...) (treten) wie Signale auf, wenn es um menschliches Schutzverlangen und göttliches Schutzgewähren im Zionsheiligtum geht"; vgl. aaO 62; s. auch M A R T I N - A C H A R D , Art. na, 412; K E L L E R M A N N , Art. ma, 989, und B A R B I E R O , Psalmenbuch, 201. 45 Vgl. Ps 61,5 mit dem Parallelismus 113 // non in einem vergleichbaren tempeltheologischen Kontext. Übersetzt man ~H3 in Ps 15,1 mit der allgemeinen (und blassen) Bedeutung „weilen; verweilen", wie viele moderne Gebrauchsübersetzungen, aber auch Kommentare, so bleibt diese Motivverbindung unentdeckt. Hier zeigt sich die Relevanz einer für die kontextuelle Exegese sensibilisierten Übersetzungspraxis, denn nur so können Stichwortübereinstimmungen auch im Deutschen offengelegt werden. 44

46 Vgl. A U W E R S , Rédaction, 32, und B A R B I E R O , Psalmenbuch, 203f. Zur Diskussion, ob es sich bei V.4 möglicherweise um einen sekundären Zusatz handelt, s. H O S S F E L D in: H O S S F E L D / Z E N G E R , N E B 29, 105, und B E Y E R L I N , Heilsordnung, 33ff.43. 47

HOSSFELD in: HOSSFELD / ZENGER, N E B 2 9 ,

107.

414

Fünfter Teil: Redaktionsgeschichtliche

Analyse

rig erklärt (vgl. die Selbstbezeichnung als ^ T P O i n 16,10), entspricht er liest man den Text synchron - zumindest in einem Punkt dem „Leitbild des Beters" 48 , das Ps 15 für die Teilgruppe 15-24 entfaltet. 3) Eine weitere motivliche Übereinstimmung zwischen Ps 15 und 16 liegt in der weisheitlichen Wegsemantik vor. D,Qri ^jSn49 (15,2) und !"HK • , a n (16,11a) gehören zum weiten Begriffsfeld der weisheitlichen Wegterminologie. Nach G. Barbiero besteht zwischen 15,2-5a und 16,7.11 eine Motivverbindung, die er mit dem Stichwort „Torafrömmigkeit" kennzeichnet. 5 0 In seiner synchronen Lektüre ist der „Weg des Lebens" in Ps 16,11 „die Tora, welche das Hauptanliegen von Ps 15 bildet." 51 Hier werden die Grenzen einer rein synchronen Betrachtung ohne Berücksichtigung diachroner Gesichtspunkte sowie der spezifischen Verwendung im jeweiligen Einzelpsalm deutlich. Die Zusammenfassung der weisheitlichen Termini in Ps 15 und 16 unter dem Begriff „Torafrömmigkeit" nivelliert die Unterschiede in der Wegmetaphorik: Denn während 15,2 mit • , n n " ^ n einen vollkommenen Lebenswandel fordert und ethische Normen und Verhaltensweisen beschreibt, ist die geprägte Wendung D"n rnt< in 16,11 motivgeschichtlich primär der passionsbezogenen Verwendungsweise der Wegsemantik zuzuordnen (wenn auch die aktionsbezogene Verwendungsweise nicht völlig ausgeklammert wird; s. V.7): Die Entfaltung des Weg-Lexems in V . l l b c zeigt, daß das Ergehen des Beters im Vordergrund steht; eine bestimmte geforderte Verhaltensweise tritt demgegenüber zurück. 52 Diese Unterschiede sind auch bei einer synchronen Betrachtung festzuhalten.

4) Des weiteren besteht eine wörtliche Stichwortentsprechung zwischen der Verheißung Ps 15,5 • S i u b QiQ1 und der Vertrauensaussage tOiQN in Ps 16,8. In Ps 15,5 ist die Zusage, nicht zu wanken - im Unterschied zu Ps 16,8 - explizit in einen Tun-Ergehen-Zusammenhang eingebunden; die Protasis H^N rttOi? („wer dies [alles] tut") bindet als Zusammenfassung der in V.2-5a genannten Bedingungen die Verheißung des Nachsatzes an ein bestimmtes Verhalten. 53 Anders Ps 16: Hier ist die 48

HOSSFELD in: HOSSFELD / ZENGER, NEB 29, 105. rnrv ^KT (15,4) und c r a r i p (16,3) sind vergleichbare Bezeichnungen für die JHWH-Frommen; s. oben 136f. 145—147. 49 Zur weisheitlichen Prägung vgl. Prov 10,9; 20,7; 28,18; s. BEYERLIN, Heilsordnung, 57, und HOSSFELD in: HOSSFELD / ZENGER, NEB 2 9 , 1 0 6 . 50 Vgl. BARBIERO, Psalmenbuch, 202. 51 BARBIERO, Psalmenbuch, 203. Das „Hauptanliegen" von Ps 15 ist jedoch nicht allein Torafrömmigkeit, sondern ebenso die Tempelthematik. Neben Ps 15 verweisen Ps 19 als Zentrum von Ps 15-24 sowie Ps 1 als Proömium des Psalters auf die Torathematik. 52 S. oben 242ff. zur Bedeutung von IT'n r n k . 53 Zum Tun-Ergehen-Zusammenhang vgl. JANOWSKI, Tat, 167ff., hier: 183 Anm.77. Die Wendung Bio K1? findet sich häufig in weisheitlichem Kontext, vgl. Prov 10,25.30; 12,3; zu Ps 15,5 s. HOSSFELD, Nachlese, 132f., und BEYERLIN, Heilsordnung, 55.

C) Ps 16 im Kontext seiner Nachbarpsalmen

15 und 17

415

Zusage des „Nicht-Wankens" in erster Linie Folge der göttlichen Lebensbegleitung. 54 5) Schließlich enden beide Psalmen mit einem „Ewigkeitsterminus" (15,5: D^JJ; 16,11: der am Psalmenschluß die dauerhafte Gültigkeit des Gesagten hervorhebt. Dieser Überblick über die sprachlichen und motivlichen Entsprechungen zwischen Ps 16 und seinem Nachbarpsalm 15 zeigt, daß sich neben der gemeinsamen Wegmotivik (15,2; 16,11) und der Hinwendung zu den JHWH-Frommen (15,4 als Aufforderung; 16,3 als Bekenntnis) die Stichwortverbindungen vor allem auf Beginn und Schluß von Ps 15 konzentrieren - Stellen, die für concatenatio besonders geeignet erscheinen. Auffallig ist, daß gerade die lexematisch identischen Verbindungen, ptt? und QiQ, an diesen herausragenden Positionen stehen. Diese Beobachtung wirft die Frage auf, welche Intentionen - auf synchroner Ebene - mit diesen Stichwortaufnahmen verbunden sind. Der Eingangsvers Ps 15,1 stellt die Frage nach dem Zugang zum Schutzbereich des Heiligtums. Indem er mit den Lexemen "113 // pt£) und "^SriX // "^tinp " i n traditionsgeschichtlich in der Jerusalemer Tempeltheologie verwurzelt ist,55 rückt bereits zu Beginn der Teilsammlung der Tempel als Ort des göttlichen Schutzes, der Zuflucht und des heilvollen Lebens in den Blickpunkt. Auf diese Weise verdeutlicht Ps 15 - auf der redaktionellen Ebene - die impliziten Tempelbezüge von Ps 16 ( V . l . l l b c ; vgl. V.9c) und geht diesem gleichsam als Ankündigung und Kommentar55 voraus. Andererseits läßt sich Ps 16 als Entfaltung zentraler Stichworte aus Ps 15 lesen. Die Vertrauensaussage Ps 16,8 greift die abschließende Verheißung aus Ps 15,5 auf. Wichtig für diesen Stichwortvergleich ist die Semantik von £2iE: „Wanken" ist kein „Allerweltsverb", sondern „ein Motivwort mit einer ... prägnanten Bedeutung" 57 und beschreibt in der Zusage des Nicht-Wankens die Bewahrung des Beters vor dem Chaotischen und damit vor dem lebensfeindlichen Bereich. Diese „Lebenszusage" 58 am Schluß von Ps 15 illustriert Ps 16 als ganzes mit dem Thema der dauerhaften Bewahrung, so daß das Vertrauenslied sich als thematische Entfaltung der 54

Der Aspekt des rechten Lebenswandels klingt in Ps 16 jedoch in den weisheitlichen Verben no 1 pi. II fV) in V.7 an; vgl. oben 194ff. 55 S. dazu BEYERLIN, Heilsordnung, 60-67. 56 Zu diesen Bezeichnungen vgl. LOHFINK, Psalmen, 107. 57 JANOWSKI, Feindbild, 56. S. dazu oben 203f. 58

BEYERLIN, H e i l s o r d n u n g , 5 4 .

416

Fünfter Teil: Redaktionsgeschichtliche

Analyse

Ankündigung am Psalmenschluß von Ps 15 beschreiben läßt. Darüber hinaus schildert Ps 16 - insbesondere mit der tempeltheologischen Motivwelt in V . l l - die Lebensfülle desjenigen, der im Heiligtum als Ort des Lebens „wohnen" und „als Schutzbürger weilen" darf.59 Ps 16 füllt so die zentralen Verben (// T)3) und tSIQ >6 inhaltlich aus.60 Auf diese Weise bewirkt die redaktionelle Zusammenstellung der beiden Psalmen eine gegenseitige Sinnerschließung: Ps 15 macht die Tempelbezüge von Ps 16 explizit, und Ps 16 reichert - neben der Zusage des Nicht-Wankens - das Motiv des Wohnens und des Schutzes im Hause JHWHs thematisch an und entfaltet damit die Elemente der Zionstradition, „die in Ps 15,1 wie die Spitze(n) eines Eisbergs ... herausragen." 61 II. Die Bezüge zwischen Ps 16 und Ps 17 Die Nachbarpsalmen 16 und 17 sind sprachlich und motivlich auffallig eng miteinander verzahnt. 62 Die terminologischen und thematischen Bezüge zwischen beiden Psalmen konzentrieren sich in Ps 17 vor allem auf die Unschuldsbeteuerung V.3-5 und auf die tempeltheologische Sprache in V.15, aber auch auf die Bitte in V.8.63 1) Zwischen der Unschuldsbeteuerung Ps 17,3-5 und Ps 16 lassen sich mehrere Stichwort- und Motivaufnahmen feststellen: 64 59

BARBIERO, Psalmenbuch, 203, kennzeichnet das Verhältnis von 15 und 16 mit dem Begriff „Spiritualisierung": „... unter dem Eingang zum Tempel (15) läßt sich der Eingang zum ewigen Leben verstehen (vgl. 16,11). Ps 16 gilt dann als Verinnerlichung und Spiritualisierung von Ps 15." Zur Problematik des Begriffs „Spiritualisierung" s. oben 155ff. 60 Interessanterweise handelt es sich dabei um zwei Ausdrücke, die paradigmatisch sind für die Verbindung von Tempel- und Weisheitstradition in Ps 15. Zu Bio in weisheitlicher Tradition: Prov 10,25.30; 12,3 u.ö.; in der Zionstradition: Ps 46,6; 125,1 u.ö.; s. JANOWSKI, Feindbild, 56 mit Anm.25; zu p t i s. oben 206ff. 61

BEYERLIN, H e i l s o r d n u n g , 6 2 A n m . 2 2 8 .

62

Vereinzelte Bezüge zwischen Ps 16 und 17 sind in der Sekundärliteratur schon früh bemerkt worden; vgl. HENGSTENBERG, Psalmen, 341; DELITZSCH, BC IV/1, 152; KITTEL, KAT XIII, 54. In der jüngeren Exegese s. HOSSFELD / ZENGER, Redaktionsgeschichte, 1 7 8 A n m . 3 8 ; DIES., N E B 2 9 , 1 0 9 . 1 1 4 ; A U W E R S , R é d a c t i o n , 3 2 ; SEYBOLD, H A T 1 / 1 5 , 7 3 ,

sowie die ausführliche Zusammenstellung bei BARBIERO, Psalmenbuch, 215-220. 63

Z u r T e x t g l i e d e r u n g s. HOSSFELD in: HOSSFELD / ZENGER, N E B 2 9 , 1 1 3 : V . l - 2 e i n -

leitende Bitten; V.3-5 Unschuldsbeteuerung; V.6-12 Bitten um Schutz; V.13-14 Schlußbitten; V.15 Vertrauensbekenntnis. 64 Im Zusammenhang mit der Unschuldsbeteuerung in 17,3-5 läßt sich auch auf 17,1 „Vernimm mein Gebet von Lippen ohne Trug" zurückverweisen: über das Stichwort n s ö läßt sich eine Verbindung zu 16,4 ziehen.

C) Ps 16 im Kontext seiner Nachbarpsalmen 3

4

5

15 und 17

417

Du hast mein Herz geprüft, du hast (mich) nachts heimgesucht, du hast mich geläutert - nichts findest du, ich habe nachgedacht 65 - nichts soll über meinen Mund (hin)gehen. 66 Beim Tun der Menschen, auf das Wort deiner Lippen - ich habe mich gehütet vor den Wegen des Gewalttätigen (f")? nirns), 6 7 Gehalten habe ich meine Schritte in deinen Bahnen ("pn), 68 meine Tritte sind nicht ins Wanken gebracht worden (Bio nif.).

Zunächst bildet das Motiv der nächtlichen Prüfung des Herzens ( 1 7 , 3 ) eine sachliche Parallele zur Vorstellung der nächtlichen Unterweisung der Nieren in Ps 1 6 , 7 . 6 9 Auch wenn der Vorstellungshintergrund von 1 7 , 3 und 1 6 , 7 sehr unterschiedlich ist, so besteht doch eine Gemeinsamkeit in den anthropologischen Ausdrücken (zumal die göttliche Prüfung sich in der Regel auf Herz und Nieren bezieht)70 und in dem nächtlichen Zeitpunkt des göttlichen Einwirkens auf die menschlichen Organe. Darüber hinaus erweist sich die weisheitliche Wegmotivik als verbindendes Element zwischen 1 7 , 5 (baiJO) und 1 6 , 1 1 ( n i x ) , wobei jedoch der unterschiedliche Kontext - Hinweis auf die eigene Lebensführung in Ps 17,5 und Vertrauen auf die göttliche Wegweisung in 16,11 - zu beachten ist. Im Zusammenhang mit der Wegmotivik steht £2iO als weiteres 65

Häufig wird mit LXX (a5LKLa) „Schandtat" gelesen; vgl. KRAUS, BK XV/1, 272. MT ergibt jedoch einen sinnvollen Text: Tint von Dar „sinnen, planen"; vgl. SEYBOLD, HAT 1/15, 72, und HOSSFELD in: HOSSFELD / ZENGER, NEB 29, 115. 66 Gemeint ist wohl, daß nichts unbedacht aus seinem Mund hervorgeht; vgl. WEBER, Werkbuch I, 99 („Ich habe überlegt - nichts soll meinem Mund entschlüpfen!"), und HOSSFELD in: HOSSFELD / ZENGER, NEB 29, 115. Damit knüpft V.3 an V.l „Lippen ohne Trug" an. 67 Übersetzt man "IM hier mit „überwachen" (HOSSFELD in: HOSSFELD / ZENGER, NEB 29, 115) oder „sich hüten" (WEBER, Werkbuch I, 99), so ergibt MT einen verständlichen Text: Der Beter meidet die Wege des Rechtsbrechers. Für Konjekturen („Wege des Gebotes" o.ä.; s. BHK 3 ; SCHLÖGL, Psalmen, 18 [TT?? rrtrrwt], oder Änderung in eine negative Aussage, so KRAUS, BK XV/1, 271 f.: „Von den Gleisen des Räubers .standen ab' [ p IM)] meine Schritte"; vgl. GUNKEL, HK II/2, 54.57), besteht kein Anlaß. SEYBOLD, HAT 1/15, 73, behält MT bei, indem er FNA auf akk. parsu „Amt; Ordnung; Sitte; Brauch; Gebot" zurückführt („Wege des Rechts"); so auch DEISSLER, Psalmen, 71. 68 69

Zum Inf.abs. - p n vgl. SEYBOLD, HAT 1/15, 73. S. auch BARBIERO, Psalmenbuch, 219.

70

Zu diesem Motiv vgl. Ps 11,4; 26,2; Jer 11,20; 17,10; 20,12; s. TSEVAT, Art. 588-592, und JANOWSKI, Konfliktgespräche, 170ff. 71

Dieser Unterschied besteht auch beim Vergleich der Wegsemantik zwischen 15 und 16. Insofern ergibt sich über Ps 16 hinaus eine stärkere Motivverbindung zwischen der

418

Fünfter Teil: Redaktionsgeschichtliche

Analyse

wichtiges Stichwort zwischen Ps 17 und 16 und greift zugleich auf Ps 15,5 zurück, so daß alle drei Psalmen über das Motiv der Festigkeit und Beständigkeit in der Gottesbeziehung miteinander verknüpft sind. Ps 17,5 bezieht sich jedoch mit der Beteuerung des Beters, daß seine Schritte nicht wankten, im Unterschied zu Ps 15,5c (Verheißung) 72 und Ps 16,8 (Vertrauensäußerung) auf die Lebensführung des Gerechten. Auch das BiD im Parallelismus membrorum entsprechende Verb nimmt Ps 16 wieder auf: Heißt es dort, daß JHWH das „Los" des Beters hält (16,5), so weist der Psalmist in Ps 17 darauf hin, daß er sich in den Wegen Gottes „gehalten" habe. Über diese Stichwortverknüpfung bildet 17,5 eine Ergänzung zu 16,5, denn mit dem Verb charakterisieren die beiden Verse zusammen die Gegenseitigkeit in der Gottesbeziehung: JHWH hält den Beter (16,5), und der Beter hält sich an JHWH (17,4f.). 73 Die genannten Stichwortentsprechungen sind insofern besonders aussagekräftig für die redaktionsgeschichtliche Fragestellung, als es sich bei tib und um prägnante terminologische Übereinstimmungen handelt: £310 ist - was sehr selten ist - gemeinsames Stichwort von drei aufeinanderfolgenden Psalmen, 74 und "TJOH ist innerhalb des Psalters nur 4mal belegt (Ps 16,5; 17,5; 41,13; 63,9). * 2) Über die Bezüge zur Unschuldsbeteuerung hinaus findet sich eine weitere wichtige thematische Verbindung zwischen den Bitten in Ps 16,1 und 17,7-8. In Ps 17,7-8 schließt sich an die allgemeine Bitte um Gottes bewahrendes Handeln für die, die sich in JHWH bergen (V.7 • , O i n ; vgl. 16,1 HOn), die Bitte des Beters um Bewahrung und göttliche Geborgenheit für sich selbst (Verbformen mit Suffix l.Sg.) an: 7

Erweise wunderbar deine Güte, Helfer derer, die sich bergen (D'pin) vor denen, die sich auflehnen, 75 in deiner Rechten (p?;;).76

Wegmotivik in Ps 15,2 und 17,5. Zu den Bezügen zwischen Ps 15 und 17 s. BARBIERO, Psalmenbuch, 220-222. Zum weisheitlichen Charakter der Wegsemantik in Ps 17 vgl. Prov 2,9.15; 4,11.26; 5,6.21 u.ö. 72 Diese Verheißung ist allerdings an eine bestimmte Lebensführung gebunden. 73 Diese Korrelation ist umso auffalliger, als in den beiden anderen Belegen für "^OFl in den Psalmen (Ps 41,13; 63,9) jeweils auch JHWH das Subjekt ist wie in 16,5. Ps 17,5 ist also der einzige Beleg innerhalb des Psalters für "^an mit menschlichem Subjekt. 74 Bin nS ist insgesamt 26mal belegt; in Ps 3 - 4 1 8mal, davon 4mal in Ps 15-24: Ps 15,5; 16,8; 17,5; 21,8. 75 Zu dieser Bezeichnung für die Feinde vgl. RIEDE, Im Netz, 37ff. 104. 76 Die syntaktische Interpretation von ist umstritten: Ist von D'O'in oder ••'•nipnaa abhängig? HOSSFELD in: HOSSFELD / ZENGER, NEB 29, 117, votiert für die

C) Ps 16 im Kontext seiner Nachbarpsalmen 8

15 und 17

419

Bewahre mich ( T ™ ) wie die Pupille, den Augapfel, im Schatten deiner Flügel mögest du mich bergen ( m o hif.)!

Die Stichworte HOn und ""10(0 verweisen auf das beiden Psalmen gemeinsame Motiv der Bewahrung und der Zufluchtsuche. Es handelt sich dabei zwar um allgemeine Psalmensprache, die zunächst wenig aussagekräftig scheint; dennoch liegt insofern eine bedeutungsvolle Stichwortparallele vor, als sich die Form neben Ps 16,1 und 17,8 nur noch in Ps 140,5 und 141,9 findet. Folgt man in 17,7 der vorgeschlagenen Übersetzung „sich bergen in deiner Rechten", so ergibt sich über das Stichwort "pft^ eine weitere Verbindung zwischen Ps 17,7 und 16,11. Der Aussage D^pin in Ps 17,7 entspricht in Ps 16 die Korrelation von 3 HOn (V.l) und (V.iic). 7 7 3) Bedeutsam ist weiterhin, daß die Bitte um Bewahrung in Ps 17,8 wie in Ps 16 am Psalmenschluß in ein semantisch vergleichbares Vertrauensbekenntnis mündet: Ich aber will in Gerechtigkeit schauen dein Angesicht (^JS), ich will mich sättigen (B3(p) beim Erwachen an deiner Gestalt. (Ps 17,15)

Ps 17,7f. 15 greift somit über die Stichworte "lötti, HDn, f ? . ? und JJ3Ö? den Rahmen von Ps 16 (V.l. 11) auf. Das abschließende Vertrauensbekenntnis zeichnet sich in beiden Psalmen durch seine tempeltheologische Vorstellungswelt aus: So verbindet Ps 16,11 und 17,15 das Motiv des göttlichen Angesichts (^"OS) und der Sättigung (D2Ü bzw. Zugleich erweist sich 17,14 über die Stichworte intö und pbn als Kontrastaussage zu Ps 16.78 Wie bereits BIO und T|Qn zählen auch I u n d pbr\ zu den relevanten sprachlichen Übereinstimmungen zwischen den Nachbarpsalmen 16 und 17: Uatö/IDtö findet sich im 1. Davidpsalter nur 5mal, davon entfallen allein drei Belege auf Ps 16 und 17;79 das Nomen pbn ist in Ps 3 41 nur in den beiden genannten Psalmen belegt.80 zweite Möglichkeit: „Empörer gegen deine Rechte"; ebenso KRAUS, BK XV/1, 272. SEYBOLD, HAT 1/15, versteht instrumental: „durch deine Rechte". Die vorliegende Übersetzung schließt sich JENNI, Beth, 200, an, der ^ p 1 ? dem Verb non zuordnet. Zum Motiv des Sich-Bergens bei Gott vor Menschen/Feinden s. Ps 30,20. 77 Allerdings ist in 16,11 und 17,7 mit dem Handmotiv eine unterschiedliche Vorstellung verbunden. Das Motiv der Hand ist in der Sammlung 15-24 auffällig häufig belegt: 6mal (Ps 16,8.11; 17,7; 18,36; 20,7; 21,9) von insgesamt 7 Belegen im 1. Davidpsalter. 78 Zum Vergleich von 16,11 und 17,15 vgl. oben 260ff. und 270. 79 Ps 16,11; 17,14.15; 22,27; 37,19. Insgesamt ist JJ36) 25mal im Psalter belegt. 80 p i n kommt in den Psalmen 6mal vor: 16,5; 17,14; 50,18; 73,26; 119,57; 142,6.

420

Fünfter Teil: Redaktionsgeschichtliche

Analyse

Die herausgearbeiteten Stichwortanknüpfungen und motivlichen Parallelen implizieren - bei einer synchronen Lektüre - eine wechselseitige Bedeutungsanreicherung beider Psalmen. In der vorliegenden Abfolge läßt sich das Klagelied Ps 17 als Konkretisierung des Vertrauenspsalms 16 interpretieren. Der allgemeinen Bitte 16,1, aus der sich nicht auf eine konkrete Notlage schließen läßt,81 entspricht die konkrete Bitte in Ps 17,8 (jeweils mit "OIQtti formuliert), 82 die vor dem Hintergrund einer akuten Gefahr durch Feindbedrohung (s. die Feindschilderung in V.9-12) gesprochen wird. Die grundsätzliche Bitte aus Ps 16 wird so auf eine konkrete Notsituation zugespitzt, in der der Beter Rettung von JHWH erfährt (17,15). Indem die Bitte in Ps 17,15 in ein mit Ps 16,11 sprachlich und motivlich eng verwandtes Vertrauensbekenntnis mündet, zeigt Ps 17, daß JHWH „seinen Frommen nicht der Scheol", dem Todesbereich - hier exemplarisch als Feindbedrohung geschildert - , „überläßt", und greift damit auf Ps 16,10 zurück. Die grundsätzlich formulierte Gewißheit der dauerhaften Bewahrung (16,10f.) gilt folglich - so ergänzt und konkretisiert der Nachbarpsalm 17 auf dem Hintergrund der Erfahrung von Gottes „rettender Gerechtigkeit" 83 - in akuter Bedrängnis, wie sie die Feindbedrohung darstellt. Des weiteren bewirkt Ps 17 eine Vertiefung und Intensivierung der tempeltheologisch geprägten Lebensmetaphorik in Ps 16,11. Indem Ps 17 mit einer sprachlich wie inhaltlich vergleichbaren Vertrauensaussage schließt, führt er die Tempelmotivik von Ps 16,11 fort. Die solar konnotierte Gottesschau in Ps 17,15 wirft „Licht" auf "^ppS in Ps 16,11 und evoziert den Topos vom „Schauen des göttlichen Angesichts". 84 Auf diese Weise erfahrt Ps 16 im vorliegenden Psalmenzusammenhang - besonders mit Blick auf die zentrale Rolle der Sonnenmotivik in Ps 19 in der Mitte der Teilsammlung,85 die sich als Verdeutlichung und Illustration von Ps 17,15 deuten läßt - von Ps 17,15 her eine „Sinnsteigerung" 86 : Ps 17,15 vertieft das in der Semantik von 16,11 angelegte Bedeutungspotential. Aufgrund dieser beiden Bedeutungsaspekte, die sich aus der kontextuellen Lektüre ergeben, die Konkretisierung der Bitte und die Vertiefung der Tempelmotivik, läßt sich Ps 17 als thematische Ergänzung87 zu Ps 16 charakterisieren. 81

Zur Interpretation von Ps 16,1 s. oben 332ff.

82

V g l . a u c h ZENGER i n : HOSSFELD / ZENGER, N E B 2 9 , 1 0 9 .

83

Zu Ps 17 s. JANOWSKI, Der barmherzige Richter, 69. S. dazu oben 249ff., bes. 259ff.

84 85

Zur Sonnenmotivik in Ps 19 s. GRUND, Himmel. Zu dieser Bezeichnung s. BRAULIK, Christologisches Verständnis, 62 Anm.18. 87 Zu diesem Aspekt der concatenatio vgl. die allgemeinen Erwägungen bei LOHFINK, Psalmen, 107. 86

C) Ps 16 im Kontext seiner Nachbarpsalmen

III.

15 und 17

421

Zusammenfassung

Die genannten Stichwort- und Motivparallelen zwischen Ps 15; 16 und 17 lassen sich redaktionsgeschichtlich dahingehend auswerten, daß die Psalmenreihe 15-17 Ergebnis planvoller redaktioneller Zusammenstellung (iuxtapositio) ist.88 Das zeigen nicht nur die motivlichen Übereinstimmungen (Wegsemantik in 15,2; 16,11; 17,5; Tempelmotivik in 15,1; 16,1.11; 17,15; Motiv der Festigkeit und Beständigkeit in 15,5; 16,8; 17,3), sondern vor allem auch eine ganze Reihe relevanter Stichwortbezüge, darunter besonders das dreifache Vorkommen von ülü KS, aber auch andere signifikante und aussagekräftige Stichworte wie p©; 8 9 T|ari; und p b n . Ob jedoch diese Stichwortübereinstimmungen Ergebnis redaktioneller Arbeit bzw. Überarbeitung sind, die nachträglich Angleichungen durch Eingriffe in den Wortlaut der drei Psalmen vorgenommen haben könnte, läßt sich im Hinblick auf Ps 15-17 nur schwer erkennen, zumal Ps 16 und 17 in sich einheitlich sind und Bedeutungsdifferenzen zwischen den Stichworten bestehen bleiben (vgl. z.B. tiitt in Ps 15 und 16 mit Ps 17).90 88

Die Psalmenreihe kann auch um Ps 18 erweitert werden: Ps 16-18 bilden dann eine Abfolge von Vertrauen - Klage - Dank; vgl. ZENGER in: HOSSFELD / ZENGER, NEB 29, 109; MILLER, Kingship, 133. Ps 18 läßt sich mit SEYBOLD, HAT 1/15, 73, als „liturgische Einlösung der Hoffnung von 17,15 in der Dankfeier des deretteten" lesen. Zur Diskussion um die Gattung von Ps 18 s. RÖSEL, Messianische Redaktion, 106f. (er bezeichnet d i e E n d f a s s u n g a l s D a n k g e b e t ) ; v g l . HOSSFELD in: HOSSFELD / ZENGER, N E B 2 9 ,

118.

Trotz aller thematischen Unterschiede schließt Ps 18 sich in einigen Punkten an die zentralen Stichwort- und Motivbeziehungen zwischen 15-17 an. Thematische Anknüpfungspunkte sind: 1) die weisheitliche Wegsemantik in Ps 18,22.31 (vgl. Ps 15,2; 16,11; 17,5): Die Wegterminologie in Ps 18,2.31 gehört wie in Ps 15 und 17 zum weisheitlichen Topos der Lebensführung als Weg (zur weisheitlichen Prägung von Ps 18,21-25.26-27 s. RÖSEL, aaO 109f. 113; HOSSFELD, Wandel, 181, hebt demgegenüber die dtr Prägung dieser Verse hervor); 2) die Tempelperspektive (vgl. 15,1; 16,11; 17,15): JHWH erhört den Beter in Ps 18,7 vom Tempel her; 3) das Motiv des Schutzes und der Zufluchtsuche: vgl. npn in Ps 18,3.31 mit 16,1; 17,7; 4) das Motiv der Festigkeit/Beständigkeit: Das Motiv des Nicht-Wankens (Bin) wird in Ps 18,37 sprachlich variiert mit dem Parallelverb "IJTO („meine Knöchel wanken nicht"); 5) das Motiv der „Rechten" Gottes: s. 16,11; 17,7 und 18,36 (vgl. 20,7; 21,9). Ps 18,36f. weist mit dem Motiv der „Rechten" JHWHs und dem Motiv des „Nicht-Wankens" eine Ps 16,8.11 vergleichbare Motivverbindung auf. 89 7mal im ersten Davidpsalter (7,6; 15,1; 16,9; 31,12; 37,3.27.29), davon nur 2mal in 15-24, und zwar in den benachbarten Psalmen 15 und 16; möglicherweise - neben anderen Parallelen (s.o.) - ein Hinweis für bewußte Zusammenstellung der beiden Psalmen. Gegen eine gezielte redaktionelle Verkettung durch Texteingriffe spricht m.E. die unterschiedliche motivgeschichtliche Herkunft (Ps 15: Tempelmotivik; Ps 16: Landthematik). 90 Zur Literarkritik von Ps 16 s. oben lOOff. Die Einheitlichkeit von Ps 17 wird kaum bestritten; HOSSFELD in: HOSSFELD / ZENGER, NEB 29, 113f., gibt keine Hinweise auf

422

Fünfter Teil: Redaktionsgeschichtliche

Analyse

Das spricht eher dafür, daß bereits vorhandene motivliche und semantische Entsprechungen zwischen den Psalmen redaktionell als Anlaß für eine Zusammenstellung bzw. nachträgliche Einfügung genutzt worden sind. So deuten die sprachlichen und inhaltlichen Parallelen, besonders zwischen Ps 16 und 17, daraufhin, daß der jüngere Ps 16 in nachexilischer Zeit91 möglicherweise sekundär zwischen die beiden älteren Psalmen 15 und 17 eingefügt worden ist. Jedoch läßt sich kaum nachweisen, daß Ps 16 gezielt auf den vorliegenden Zusammenhang hin geschrieben worden ist. Gegen die Vermutung, daß Ps 16 im Hinblick auf Ps 17 verfaßt wurde,92 spricht das thematische Eigenprofil von Ps 16, insbesondere in der Landthematik (V.5-6) und der Opferterminologie (V.4bc), die Ps 16 von Ps 17 und 15 in charakteristischer Weise abheben. Auch fällt das Fehlen der Gerechtigkeitsthematik in Ps 16 auf, die in Ps 15 und 17 (wie auch in anderen Psalmen der Teilgruppe) von zentraler Bedeutung ist. Darüber hinaus läßt sich vermuten, daß - mit Blick auf Ps 15,2—5b, aber auch auf 17,3-5 - das Erfüllen der Bedingungen von Ps 15 deutlicher herausgearbeitet worden wäre, hätte eine Redaktion Ps 16 für den Zusammenhang 15 und 17 geschrieben (in der jetzigen Abfolge läßt sich nur 16,3 auf 15,4 zurückbeziehen). Die genannten Argumente unterstützen die Hypothese, daß Ps 16 nicht für den vorliegenden Kontext formuliert, sondern vielmehr als bereits bestehender Gesamtpsalm nachträglich eingegliedert worden ist. Durch die redaktionelle Schaffung der kompositioneilen Abfolge Ps 1517 entsteht inhaltlich ein übergreifender Textzusammenhang, der — bei eine mögliche Fortschreibung des Psalms; vgl. AUFFRET, Je serai rassasié, 457. Anders SEYBOLD, HAT 1/15, 74f.; er geht von sekundären Zusätzen in V.l.3.10 und Kürzungen in V.2 aus. Bei Ps 15 hingegen ist die Einheitlichkeit stark umstritten. Zur Forschungsdiskussion vgl. den Überblick bei HOSSFELD, Nachlese, 135ff., und DERS. in: HOSSFELD / ZENGER, N E B 2 9 , 1 0 5 . 91 HOSSFELD / ZENGER, NEB 29, 14, nehmen an, daß diese Einfügung im 5./4.Jh. v.Chr. erfolgt ist. Vgl. KLEER, Sänger, 24; LOHFINK, Psalmen, 107. Im Hinblick auf die vorexilisch-exilische Datierung von Ps 17 besteht weitgehend Einigkeit; s. HOSSFELD in: HOSSFELD / ZENGER, NEB 29, 114. Auch von Ps 15 wird zumindest der Grundbestand (der allerdings in seinem Versumfang sehr unterschiedlich angesetzt wird; s. dazu den Forschungsüberblick bei HOSSFELD, Nachlese, 135-144) in die spätvorexilisch-exilische bzw. exilisch-nachexilische Zeit - auf jeden Fall zeitlich vor Ps 16 - datiert: s. HOSSFELD

i n : HOSSFELD / ZENGER, N E B 2 9 , 1 0 5 ( s p ä t v o r e x i l i s c h ) ; KRAUS, B K X V / 1 , 2 5 4

(vor-

exilisch); anders BEYERLIN, Heilsordnung, 98-102 (spätvorexilisch, wahrscheinlicher nachexilisch). Ps 16 hingegen ist nachexilisch (s. oben 11 Off.) und damit jünger als Ps 17 und (der Grundbestand von) Ps 15. 92

D i e s e r w ä g e n ZENGER in: HOSSFELD / ZENGER, N E B 2 9 , 1 0 9 ; KLEER, S ä n g e r , 2 5 .

C) Ps ¡6 im Kontext seiner Nachbarpsalmen

15 und 17

423

fortlaufender synchroner Lektüre - eine gegenseitige Auslegung der Psalmen bewirken und so zu einer Bedeutungserweiterung über den Einzelpsalm hinaus führen kann. Über die oben bereits erwähnten Beobachtungen zu 15-16 bzw. 16-17 hinaus läßt sich im Hinblick auf die Abfolge 1517 als ganzes folgendes festhalten: Ps 15 bildet mit der Frage in V.l einen Sinnraum93, denn diese gibt die Leserichtung für die folgenden Psalmen vor: Es geht um das Wohnen im Schutzbereich des Heiligtums. Indem die beiden anschließenden Psalmen 16 und 17 jeweils am Psalmenschluß diese Tempeltradition sprachlich aufgreifen, „antworten" sie gleichsam auf die Eingangsfrage von Ps 15 und entfalten diese in der Beschreibung der Lebensfülle im Heiligtum. Darüber hinaus präzisieren beide Psalmen mit der Schilderung von Bewahrung, Rettung und Lebensfülle die Schlußverheißung von Ps 15: Der Beter wird „nicht wanken", denn er erfährt Gottes bewahrende und rettende Zuwendung. 94 Schließlich verdeutlichen Ps 15 und 17 als rahmende Psalmen mit eindeutiger Tempelperspektive (15,1; 17,8.15) den Tempelbezug von Ps 16 (V.l.l 1). Abschließend stellt sich die Frage nach der Bedeutung der umgekehrten Abfolge vom Vertrauen zur Klage in der Anordnung von Ps 16 und 17. Häufig wird auf die chiastische Strukturierung der Teilsammlung verwiesen, die ausschlaggebend für die vorliegende Reihenfolge gewesen sein könnte. 95 Doch über dieses formale Kompositionsprinzip hinaus ist auch nach der inhaltlichen Aussage zu fragen, die die Redaktoren mit dieser Abfolge intendiert haben könnten. Mit der Vorschaltung des Vertrauensliedes 16 vor alle folgenden Klagelieder und Klagen der Kompositionseinheit steht die gesamte Psalmengruppe unter dem Vorzeichen der Gewißheit einer dauerhaften Bewahrung durch JHWH. Wie Ps 15,1 mit der Tempelperspektive, so weist Ps 16 mit seiner tiefgreifenden Vertrauensaussage die Leserichtung; er gibt zu Beginn die Perspektive vor, unter der die anschließenden Psalmen gelesen werden können: Das Vertrauen auf eine dauerhafte Bewahrung vor der Scheol bleibt der Hintergrund, vor dem die folgenden Klagen gesprochen werden. Die Bezeichnung der Reihenfolge Vertrauen - Klage in Ps 16-17 (bzw. der Abfolge 15-19 als ganzer) als „retardierendes Moment", nach M. Mil-

93

Zu diesem Terminus s. LOHFINK, Psalmengebet, 12; ZENGER, Korachpsalmen, 175. Neben diesem thematischen Bezug auf Beginn und Schluß von Ps 15 finden einzelne Zulassungsbedingungen in Ansätzen ein „Echo" in Ps 16 und 17: 16,3 und 17,3-5 lassen sich im Textzusammenhang 15-17 als Erfüllung einzelner Bedingungen für den Zugang zum Heiligtum deuten. 95 S. dazu MlLLARD, Komposition, 50.137, und BARBIERO, Psalmenbuch, 201. 94

424

Fünfter Teil: Redaktionsgeschichtliche

Analyse

lard ein weisheitliches Motiv, das gegenläufig zum vorherrschenden Anordnungsprinzip mit der Abfolge von der Klage zum Hymnus/Danklied steht,96 relativiert m.E. die kompositorische Funktion des vorgeschalteten Vertrauenspsalms 16: Es geht in dieser Abfolge nicht um Retardation, um Verzögerung und Verlangsamung des Ablaufs, sondern um eine bestimmte Leserichtung für die Teilgruppe, um die Perspektive des Vertrauens für Ps 15-24. 97

D) Der Zusammenhang der Vertrauenspsalmen 16 und 23 Innerhalb der konzentrischen Struktur der Teilgruppe 15—24 bildet Ps 16 eine Inclusio mit dem Vertrauenspsalm 23,98 der zur Psalmenabfolge 22-24 gehört: Ein Psalm I.

Davids

JHWH als Hirte 1 2 3

4

J H W H ist mein Hirte, ich entbehre nichts. Auf grünen Weideplätzen läßt er mich lagern, zu Wassern an Ruheplätzen leitet er mich. Mein(e) Leben(skraft) (ncepoes) bringt er zurück, er leitet mich auf Wegen der Gerechtigkeit um seines Namens willen. Auch wenn ich im Tal der Finsternis gehe, furchte ich kein Unheil, denn du bist bei mir; dein Stab und deine Stütze - sie trösten mich.

II. JHWH als 5

96

Gastgeber

Du mögest vor mir bereiten einen Tisch

Vgl. MILLARD, Komposition, 137.141; vgl. 60.

97

Nach MILLARD, Komposition, 137, haben Ps 16 und 17 „deutlich weniger Kontur und Intensität als ihre Entsprechung im Chiasmus"; diese Bewertung schwächt m.E. jedoch die kompositionelle Stellung der beiden Psalmen zu Beginn von Ps 15-24 (Ps 16 gibt die Leserichtung des Vertrauens vor) und die ausdrucksstarke Bildwelt von Ps 16 ab. Als Begründung fuhrt MILLARD u.a. das rezeptionsgeschichtliche Argument einer größeren Wirkungsgeschichte von Ps 2 2 - 2 4 an, die das „Achtergewicht" des Chiasmus 1 5 24 bilden. Aber auch Ps 16 ist wirkungsgeschichtlich nicht unbedeutend (s. unten 430ff.). 98 Zu Ps 23 vgl. MITTMANN, Aufbau; MÜLLER, Psalm 23; STEINGRIMSSON, Anteil; SPIECKERMANN, Heilsgegenwart, 263-274; HÜNZIKER-RODEWALD, Hirt, 168-188, und JANOWSKI, Konfliktgespräche, 307ff.

D) Der Zusammenhang

der Vertrauenspsalmen

16 und 23

425

meinen Feinden g e g e n ü b e r , " du hast erquickt mit Öl mein Haupt, 1 0 0 mein Becher ist Überfluß. 6

Ja, Gutes und Güte werden mir folgen alle Tage meines Lebens, und ich werde zurückkehren 1 0 1 ins Haus J H W H s lebenslang.

Als Vertrauenslieder 102 sind beide Psalmen - bedingt durch die gemeinsame Gattung - formgeschichtlich und thematisch eng miteinander verwandt 99

Zu IM s. BARDTKE, ncegced, 21: „im feindlichen Sinn verwendet, im Sinn der scharfen Gegensätzlichkeit, der unversöhnlichen, unmittelbaren Konfrontation." 100 Nach MÜLLER, Psalm 23, 156, ist V.5b als Erfahrungssatz (Suffixkonjugation als abgeschlossener Sachverhalt) zu verstehen: „du hast schon (immer/bisher stets) mein Haupt mit Öl gelabt". 101 Die masoretische Lesart („und ich werde zurückkehren") ist umstritten; im Anschluß an LXX, Peschitta und Targum wird häufig i rntBl, „und mein Wohnen ist . . . " (= „ich werde wohnen") gelesen; s. dazu ZENGER in: HOSSFELD / ZENGER, N E B 29, 153 (er versteht M T als Aktualisierung, die die Hoffnung auf Rückkehr nach Jerusalem und auf einen Wiederaufbau des Tempels zum Ausdruck bringt). M T ist jedoch sprachlich und sachlich möglich; vgl. KNAUF, Psalm, 556: aittf + 3 als Terminativ und Ausdruck eines generellen Sachverhalts: „... der Beter will nicht noch einmal, sondern wiederholt, immer wieder, gewohnheitsmäßig im Tempel einkehren"; s. auch SEYBOLD, H A T 1/15, 100; JANOWSKI, Konfliktgespräche, 308, und HUNZIKER-RODEWALD, Hirt, 186f. (ihre Deutung, Ps 23,6b beschreibe „die Rückkehr in Jhwhs himmlische Wohnstatt", ist jedoch kaum überzeugend). Für die Beibehaltung von M T läßt sich auch die Stichwortverbindung zwischen V.3 und V.6 anfuhren: Über das Stichwort q./pil. stehen beide Verse in Korrespondenz: Gott bringt die Lebenskraft des Beters zurück (V.3), und der Beter kehrt immer wieder in den Tempel, den Ort der Lebensfülle zurück (V.6). 102 In der Forschung ist umstritten, ob Ps 23 als Vertrauens- oder Danklied zu bestimmen ist. Im Anschluß an MOWINCKEL, Psalmenstudien I, 126.131, wird Ps 23 häufig als Danklied mit Sitz im Leben in einer Toda-Feier bezeichnet; vgl. KRAUS, BK XV/1, 336.339; MITTMANN, Aufbau, 17ff.; wiederaufgegriffen bei SEYBOLD, H A T 1/15, 101. SPIECKERMANN, Heilsgegenwart, 264, hat jedoch überzeugend nachgewiesen, daß es sich um einen Vertrauenspsalm handelt. Neben der Sprache, die affirmativ und deskriptiv und nicht, wie für das Danklied kennzeichnend, adhortativ, appellativ und narrativ ist, fällt vor allem das Fehlen jeglicher Errettungs-, Lob- und Dankterminologie in Ps 23 auf. Auch fehlt ein erzählerischer Rückblick auf vergangenes Leiden sowie die unmittelbare Bezugnahme auf eine göttliche Errettungstat, die den Anstoß für Lob und Dank liefert. Die Erwähnung der „Feinde" und des „finsteren Tals" müssen nicht zwangsläufig als Ausdruck einer vergangenen Notlage interpretiert werden (so MITTMANN, aaO 18), sondern sind vielmehr Ausdruck der göttlichen Bewahrung angesichts tödlicher Gefahren. So ist 'S oa zu Beginn von V.4 einschränkend im Sinne von „selbst dann, wenn" (s. SPIECKERMANN, aaO 266) zu verstehen, so daß V.4 meint: Selbst dann, wenn der Beter durch Todesgefahren gehen muß, ist Gott bei ihm. Zur Deutung von Ps 23 als Vertrauenslied s. auch ZENGER, Gott, 227.231; DERS. in: HOSSFELD / ZENGER, NEB 29, 152;

426

Fünfter Teil: Redaktionsgeschichtliche

Analyse

und zeichnen sich durch einige wichtige Stichwort- und Motivaufnahmen aus.' 03 1) Zunächst verbindet beide Vertrauenslieder das Motiv der göttlichen Wegweisung. Die Vertrauensaussage in Ps 23,3 „er leitet mich auf Wegen der Gerechtigkeit" läßt sich - trotz der sprachlichen Unterschiede - motivlich vergleichen mit Ps 16,11a „Du zeigst mir den Weg des Lebens". Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Semantik von p"lä in 23,3. Die Bedeutung „gerechter Lebenswandel" tritt in den Hintergrund, 104 denn es geht weniger um die ethische Rechtschaffenheit des Beters105 als vielmehr um eine positive Charakterisierung seiner (Lebens-)Wege: Mit p"IS sind „nicht gerechte Taten des Beters gemeint, sondern Wege, auf denen der Beter in der umfassenden von JHWH gesetzten Lebens- und Heilsordnung glücklich und geschützt wandelt."106 Dieser Bedeutungsaspekt klingt auch in n m hif. an, denn wie mit 2)T hif. in 16,11 kann auch mit ¡117} hif. der Gedanke der göttlichen Fürsorge und des Schutzes verbunden sein.107 Berücksichtigt man diese Überlegungen zur Semantik, so beinhaltet die Aussage von Ps 23,3 mehr als den „Schutz auf dem von Gefahren bedrohten Lebenswege" 108 : pl^'^illJQ meint die Wege, „die zur Fülle des Heils führen"109. Heilvolle Bedeutung hat auch der „Weg des Lebens" in Ps 16,11, denn die geprägte Wendung C T t I"HX beschreibt im Zusammenhang mit V . l l b c den Weg, der zur Lebensfülle führt und von Lebensfülle umgeben ist. 2) Mit dem Motiv der Wegweisung ist in beiden Psalmen die Vorstellung des Mitseins Gottes verknüpft (16,8; 23,4). In Ps 16,8 hat diese ständige Gottesgegenwart zur Folge, daß der Beter „nicht wankt", d.h. - so konkretisiert V.10 - , daß er nicht der bedrohlichen Totenwelt anheimfallt. WESTERMANN, Psalmen, 95ff., sowie schon GUNKEL, HK II/2, 98. Einen Überblick über die verschiedenen Deutungen von Ps 23 bietet SANDBERGER, Hermeneutische Aspekte. 103 Vgl. auch die Übersicht bei BARBIERO, Psalmenbuch, 307-309; s. ZENGER in: HOSSFELD / ZENGER, NEB 29, 152. Beide Psalmen verbindet eine ausgeprägte bildliche Sprache: in Ps 23 die Hirtenmetaphorik (und das Bild von JHWH als Gastgeber), in Ps 16 die Landmetaphorik. Zur Hirtenprädikation in Ps 23 s. SPIECKERMANN, Heilsgegenwart, 267 mit Anm.12, und HUNZIKER-RODEWALD, Hirt, 172ff. 104 Anders die Wegsemantik in Ps 17,5. 105 So VOGT, Place, 208. 106

ZENGER in: HOSSFELD / ZENGER, N E B 2 9 , 1 5 4 ; v g l . MITTMANN, A u f b a u , 8, u n d

SPIECKERMANN, Heilsgegenwart, 270 (mit Hinweis auf Ps 24,5: np"]S / nana). 107

S . BARTH, A r t . n r o , 3 4 1 . Z u SJT v g l . SCHOTTROFF, A r t . m \

WECK, A r t . B T , 4 9 9 . 108

NÖTSCHER, Gotteswege, 62.

109

ZENGER in: HOSSFELD / ZENGER, N E B 2 9 , 1 5 4 .

691, und

BOTTER-

D) Der Zusammenhang

der Vertrauenspsalmen

16 und 23

427

Aus dieser Gottesgegenwart gewinnt der Beter sein Vertrauen, nicht der Scheol überlassen zu werden. Auch in Ps 23 führt die göttliche Lebensbegleitung zum Vertrauen: Der Beter hat keine Furcht angesichts der Todeswelt (V.4). n i a ^ JOS, „Tal der Finsternis", bezeichnet hier — neben anderen Konnotationen - vor allem die Sphäre des Todes: „... das Bild vom Tal der Finsternis ... ist nicht nur Ausdruck einer beliebigen Gefahr und Gefahrdung, es symbolisiert die letzte Bedrohung, die Existenzbedrohung durch den Tod"110. So hat bereits die Septuaginta in ihrer Übersetzung „Schatten des Todes" (OKKX öavatou [= N V ? • » ] ) ' " den hebräischen Text aufgefaßt. Auch im Bereich des Todes begleitet Gott den Beter und läßt ihn nicht allein; er „überläßt" ihn nicht der Todeswelt (vgl. 16,10 nnttf // biXlfl). Trotz der Unterschiede in den Formulierungen teilen beide Psalmen folglich den Gedanken einer Bewahrung und göttlichen Begleitung auch angesichts der Todeswelt. 3) Darüber hinaus bestehen zwischen Ps 16 und 23 thematische Anknüpfungspunkte in der Tempelmotivik am Psalmenschluß. Im Hintergrund steht jeweils die Vorstellung vom Heiligtum als Ort des Lebens, die in Ps 23,6 in den Ausdrücken 3it3 und ~10n - beide „Inbegriff von Jahwes heilvoller Zuwendung in tempeltheologischer Tradition" 112 - und in der Vorstellung der Rückkehr ins Haus JHWHs präsent ist und in Ps 16,1 lbc in den Lexemen ^ p s und anklingt." 3 3itD in 23,6 ist semantischer Parallelausdruck zu CD] in 16,11c und bildet zugleich eine Stichwortverbindung zu ,n3i£D in 16,2: Der Beter charakterisiert JHWH selbst 110

MITTMANN, A u f b a u , 10; v g l . SPIECKERMANN, H e i l s g e g e n w a r t , 2 7 0 , u n d

STEIN-

GRÍMSSON, Anteil, 505. Vgl. Hi 10,21f.; 18,17. 111

Vgl. P s a l t e r i u m iuxta hebr.: vallis mortis; Psalterium iuxta L X X : umbra

112

SPIECKERMANN, Heilsgegenwart, 273. Zu m a // "ion vgl. BARRÉ, F o r m u l a i c Pair,

mortis.

lOOff. 113

S. o b e n 2 4 8 - 2 9 2 . Zur T e m p e l m o t i v i k in Ps 23 s. bes. SPIECKERMANN, Heilsge-

g e n w a r t , 2 6 3 f f . Er weist nach, daß auch andere A u s d r ü c k e und M o t i v e in Ps 23 transparent sind f ü r eine tempeltheologische Deutung. Interessant sind im Vergleich mit Ps 16 ( L a n d t h e m a t i k in V . 5 - 6 ; Tempelthematik in V . l l ) A u s d r ü c k e in Ps 23, die sich motivgeschichtlich sowohl auf das Land als auch auf den Tempel

beziehen können: Das gilt 1)

f ü r ¡TO „ W e i d e p l a t z " , der neben dem verheißenen Land (vgl. z.B. Jer 23,3; Ez 34,14 u.ö.; s. dazu ZENGER, Gott, 2 2 9 ) auch J H W H s W o h n u n g auf d e m Zion bezeichnen k a n n (s. Ex 15,13;

II

Sam

15,25;

Jes 33,20;

Ps

83,13

u.ö.;

vgl.

SPIECKERMANN, a a O

268;

s. RLNGGREN, Art. rnj, 296f.), und 2) für n n « » „Ruhe(stätte)"; auch dieses W o r t kann auf das v e r h e i ß e n e L a n d (Dtn 12,9; I Reg 8,56; Jes 32,18; Ps 95,11) und - seit der Exilszeit auf den T e m p e l auf dem Zion bezogen werden (vgl. Ps 132,8.14; Jes 66,1

u.a.);

s. S p i e c k e r m a n n , a a O 269; PREUSS, Art. TTU, 3 0 4 f f . N u r vereinzelt wird eine t e m p e l t h e o logische D e u t u n g von 23,6 zurückgewiesen; s. SYLVA, C h a n g i n g of Images, 115f.

428

Fünfter

Teil: Redaktionsgeschichtliche

Analyse

als „Gutes" - eine seltene Gottesbezeichnung, die inhaltlich nicht nur von der Landmetaphorik in V.5-6, sondern auch von tempeltheologischer Lebensmetaphorik in V . l l b c gefüllt wird." 4 Zu dieser Lebensmetaphorik gehört ferner das Bechermotiv, das eine weitere Stichwortanknüpfung zwischen Ps 16 und 23 herstellt: In der Aussage von Ps 23,5 ¡"H"] , 0 i D („mein Becher ist Überfluß") ist der Becher Teil des Bildes vom Gastmahl; in Ps 16,5 steht das Bechermotiv 0Qi3 ... ¡"00, „JHWH ist mein Becheranteil") zwar im Kontext der Landmetaphorik, ist aber von V.l l b her zu verstehen, der auf die beiden Psalmen gemeinsame Vorstellung eines „sättigenden" Mahles im Heiligtum anspielt.115 4) Im Zusammenhang mit dieser Tempelmotivik ist schließlich beiden Psalmen die Gegenüberstellung von Todesbereich und Heiligtum als Ort des Lebens gemeinsam. In Ps 23 verweist der Kontrast zwischen rechten, heilvollen Wegen (V.3) und dem Wandeln im „Tal der Finsternis" (V.4) zugespitzt in den alliterierenden Ausdrücken und m ü b ^ - auf eine Antithese von Lebens- und Todesbereich, die im abschließenden V.6 in den Lebensbereich schlechthin, den Tempel als Ort des Lebens, mündet. Dieser Kontrast entspricht mit anderen begrifflichen Formulierungen inhaltlich der Opposition von Totenwelt und Heiligtum als Ort der Lebensfülle in Ps 16,10-11. Daß diese Lebensfülle in der Nähe Gottes in beiden Psalmen „für immer" gilt, zeigen jeweils die semantisch vergleichbaren Zeitbestimmungen am Psalmenschluß, die auf eine unbegrenzte Dauer zielen (Ps 23,6 ••'Q; "px 1 ? // " n 16,10 n^.)." 6 Aufgrund der genannten inhaltlich-thematischen Verbindungen, insbesondere in der Todesthematik und in der Tempeltheologie mit dem Heiligtum als Ort des Lebens, erweist sich Ps 23 als „theologisches Pendant"1" zu Ps 16, und zwar in zweifacher Hinsicht: Zum einen vertieft Ps 23 die Vertrauensaussagen von Ps 16 (besonders V.10), indem er vom göttlichen Mitsein auch angesichts der Todeswelt spricht; zum anderen verdeutlicht er - wie bereits Ps 15 und 17 - die Tempelbezüge von Ps 16. Blickt man zusammenfassend auf den Vergleich von Ps 16 und 23, so zeigt sich, daß die Entsprechungen vor allem thematischer und motivlicher 114

S. d a z u oben 123ff.

115

Vgl. die semantischen Parallelausdrücke ¡Tl") und Mto/inip in 23,5 und 16,11. Z u m

B e c h e r m o t i v s. E x k u r s 1. 116

Vereinzelt wird für Ps 23 eine p o s t - m o r t e m - D e u t u n g vertreten: s. ZENGER in:

HOSSFELD / ZENGER, N E B 29, 155f.; HOSSFELD / ZENGER, R e d a k t i o n s g e s c h i c h t e , 181; BARBIERO, P s a l m e n b u c h , 307, und HUNZIKER-RODEWALD, Hirt, 179.184ff. (sie bezieht V.6 auf die „ h i m m l i s c h e W o h n s t a t t " J H W H s ) 117

ZENGER in: HOSSFELD / ZENGER, N E B 29, 109.

D) Der Zusammenhang

der Vertrauenspsalmen

16 und 23

429

Art sind, während Stichwortverbindungen mit lexematisch identischen Stichworten - im Unterschied zu den Bezügen zwischen Ps 16 und den Nachbarpsalmen 15 und 17 - zurücktreten (nur 3iß und 0i3). Diese Beobachtungen sprechen dafür, daß die beiden Vertrauenslieder nicht gezielt über Stichwortübereinstimmungen redaktionell miteinander verkettet worden sind, Ps 23 aber möglicherweise, wie E. Zenger vermutet, in nachexilischer Zeit gleichzeitig mit Ps 16 in die vorgegebene Teilsammlung * 15-24 eingefügt worden sein könnte.118 Ein Redaktor hätte sich somit bereits vorhandene thematische Parallelen für seine redaktionelle Arbeit zunutze gemacht. Im vorliegenden Kompositionsbogen 15-24 scheinen Ps 16 und 23 als Vertrauenslieder vom Redaktor planvoll aufeinander hingeordnet worden zu sein: Anfängliches Vertrauen (Ps 16) mündet nach der Erfahrung von Not und Rettung (Ps 17; 18; 22) in erneutes Vertrauen (Ps 23). Indem die beiden Vertrauenslieder die übrigen Psalmen der Teilkomposition rahmen, werden diese auf der redaktionellen Ebene als ganzes in den Horizont einer dauerhaften Bewahrung und göttlichen Lebensbegleitung auch angesichts des Todes gestellt. In Todesnot, wie sie Ps 17; 18 und 22 schildern, gilt: JHWH ist mit dem Beter, er überläßt ihn nicht dem Tod (Ps 16,10), er begleitet ihn auch angesichts des Todes (Ps 23,4), und er läßt ihn an der Lebensfülle im Heiligtum teilhaben (16,11; 23,6). In diesen „Sinnraum" bzw. unter diese Leseperspektive stellen die Vertrauenspsalmen 16 und 23 die inneren Psalmen der Teilgruppe, Ps 15-22. Die Hinordnung von Ps 16 auf Ps 23 verdeutlicht zum Abschluß des redaktionsgeschichtlichen Kapitels, daß sich die redaktionelle Arbeit im Hinblick auf Ps 16 und seine Stellung im ersten Davidpsalter bzw. in der Teilsammlung 15-24 in der Komposition äußert, in der Einfügung des Vertrauensliedes in die Psalmenreihe 15-17 und in der Zuordnung zu Ps 23. Eine redaktionelle Überarbeitung eines bereits vorgegebenen Grundpsalms läßt sich hingegen nicht plausibel machen.

118

V g l . ZENGER in: HOSSFELD / ZENGER, N E B 2 9 , 1 5 2 . Z u r D a t i e r u n g v o n P s 2 3

in

nachexilische Zeit s. SPIECKERMANN, Heilsgegenwart, 267 Anm.12; anders KRAUS, BK XV/1, 337.

Sechster Teil

Rezeptionsgeschichte von Ps 16 Ps 16 bietet ein Beispiel für den „innerkanonischen Dialog" 1 , denn über die Septuaginta-Übersetzung wird der Psalm im Neuen Testament rezipiert. In der Apostelgeschichte wird er im Kontext der Pfmgstpredigt des Petrus (Apg 2,25-28 = Ps 16,8-1 lb) und in der Rede des Paulus in Antiochien (Apg 13,35 = Ps 16,10b) jeweils als Schriftbeweis für die Auferstehung Jesu Christi herangezogen und auf diese Weise - so G. von Rad - zum „locus classicus der Auferstehungslehre" 2 . Wie konnte das Vertrauenslied, das von einer dauerhaften Bewahrung vor dem Tod spricht, die biologische Todesgrenze jedoch gedanklich noch nicht überschritten hat, zu einem Zeugnis der Auferstehungshoffnung werden? Von prägendem Einfluß für die Neuinterpretation des Psalms ist die Septuaginta-Übersetzung, die in entscheidenden Punkten von der hebräischen Fassung abweicht und Ps 16 (15) im Hinblick auf die Todesthematik neu auslegt. Bevor die Rezeption von Ps 16 (15) im Neuen Testament thematisiert wird, soll deshalb im folgenden zunächst die Septuaginta-Fassung des Psalms untersucht werden. 3

A) Ps 16 (15) in der Septuaginta I. Vergleich der beiden

Fassungen

Die theologisch relevanten Unterschiede zwischen Ps 16 in der hebräischen Fassung und seiner Übersetzung in der Septuaginta finden sich vor allem in V.9-11: 9

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1

ZENGER, Psalmenauslegung, 399 Anm.8.

2

VON RAD, Theologie I, 418.

3

Die weitere Rezeption von Ps 16 kann hier nicht verfolgt werden. Zur rabbinischen Literatur s. VAN UDEN, Leven; zu den Kirchenvätern s. MAUR, Deutung; FISCHER, Psalm 1 6 ( 1 5 ) , 1 8 4 - 1 8 7 ; GRÉLOT, L e m y s t è r e , 8 2 - 8 5 ; z u Luther s. BELL, „ . . . quia insignis". 4

Zur abweichenden Lesart ri yXäaoa (iou s. oben 66f.

A) Ps 16 (15) in der

431

Septuaginta

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im

OÜK €YKAT Diesseits Jenseitshoffnung 396ff.433.441.445 s. auch Gottesbeziehung über den Tod hinaus Jenseitsvorstellung 294ff.320.395f. 43 3 f. KetefHinnom 307-312 Klage 337f.407 2 1 .423f. Klage- und Danklieder 3ff. 163 51 .174. 176f. 184.214f.222f.304f.315 +125 320f.322ff.332-342.367.370.376ff. 383f.400 - Beziehungsgefüge 108.340 - Gattungselemente 5.7f.l06f. 174 - Situation 6ff.108f.333.337 - Sprache 109.340 - Todesverständnis 4ff.315.322ff.400. 444f. König 27ff.253.282.284.363f. Königsideologie, ugaritische 27f. Königspsalm 27ff.253 Königtum 410 Körper/Leib 206.209.337ff.385f.395. - Leib-Seele-Dualismus 14 76 .209. 216ff.375.433 - Leib-/Sozialsphäre 329 3 7 .337ff.443 Körpermetaphorik 323.337f. Kompetenzausweitung JHWHs 280.309. 31 Iff. Krankheit 6 3 0 .197.324.328f.338 + 8 9 Kultbild 248.254f.257.288 Land 103.123 f. 126f. 129.140ff. 15 5 f. 164 ff. 169-184.206f.263.265.273. 277.291f.427" 3 .435 - Fruchtbarkeit 123f.126.180f.206. 277 - „Land der Lebenden" 175f.262

498

Sachregister

Landmetaphorik 82.97,99f. 15 5ff. 169190.193f.273.341.442f. Landtheologie, traditionelle 167f.l79f. 183 f. Landverheißung/-zusage 164 ff. 179.206. 209 Landvermessung 188 f. Landverteilung/-verlosung 82.15 5 f. 171. 184f. 190 Leben 11 f. 128f. 195f.204f.226ff.231 ff. 239ff. +,59 .251.260.263.281 f.285ff. 310.329 +37 s. auch Tempel als Ort des Lebens - Leben/Tod 87f.l25.128.196.219ff. 231 f.234f.237ff.254.272.275ff.314f. 328f.400ff.428f.443 ff. - ewiges 15-20.21ff.27ff.175.369.396. 402.436.440 -> s. auch Gottesbeziehung über den Tod hinaus - langes 128.226.228.231.233.239ff. 276 - Lebendigkeit, Vitalität 216.218f.443 Lebensbegleitung 195.200ff.205f.210f. 271.334.360ff.429 Lebensführung/-wandel 201.224.226. 228f.233.236.241 ff.244.371.417f. Lebensfülle 129f.192f.271.277.287.292. 426 -> s. auch Tempel als Ort des Lebens Lebensgemeinschaft Gottesbeziehung Lebensgeschick/-schicksal 185.187 Lebensglück 128ff.228f.231.233ff.236. 238ff.242ff.252.255.281 Lebensgrundlage 181.184f. 189.193.392. 442 Lebenslehre, weisheitliche 224ff.230 Lebensmetaphorik 193.240.248ff.271. 276f.285ff.290ff.420.428.442ff. Lebensqualität 165.167f.178f.181 ff.240. 243f.276f.288.396.402 Lebensquelle 240.287 Lebensraum 94 93 .180f. 193.244.263. 291f.392.442f. Lebens-/Todesverständnis 3 ff. 3 Of.293 ff. 322ff.342ff.375ff.395f.400ff.442ff.

Lebensweg 195.202.210.241.245.341. 356.362.391ff,401 s. auch „Weg des Lebens" Leichnam 14.209 82 Leiden 182.342.351 s. auch Krankheit Leviten 121.135f. Levitenprärogative 136.156f. 169f. +S3 173f. 184 Libationen Trankopfer Licht 88 63 .220 +67 .222.252.287.310f. Loben Gottes 293.299.305.307.318. 324f.337.443 Lösegeld 377 163 .379 Los 184-188 Mahl - im Tempel 192.269f.285.289. 428 - im Totenkult 148 157 .152 - Speisetischszene 192 187 .270 3 ' 8 Mensch, ganzer 209.217.219.338.386. 395.434.440.443 messianische Deutung 14f.29.212. 280 371 .437ff. Meßschnur 184.188-190 Metapher 160.161-164.259 +268 .269 +317 290.353f. Metaphernfeld 100.181 +132 .193 Metaphorisierung 160f.167f.171179ff. 183f.193f.209.288.290.442 Mitsein Gottes 266.356-358.389.426f. Monotheismus 298.300f.313.316 I30 .320. 402 Morgenmotiv 177.258.261.263 287 Nacht 199 +35 .252.268.417 Nekropole 301 f. Nieren 197-199.417 Opfer 174.269 Osiris 236.388f. Paradies 175 Paradiesmotivik 287 Psalmenexegese, kanonische 40 3 ff.

Sachregister Psalmenrezeption 430ff. Psalter, griechischer 430ff.437 Rat, Beratung 108.112.194ff.209f.243. 361f.392f.396.443 Raumsemantik 166.180.292.392 „Rechte" -> Hand Sättigung 127.129.192.205f.260.265272.285.287.289.291.393.419 Scheol Unterwelt Schutz/Zuflucht(smotivik) 166f.l72. 203.207.231 f.251.262.264.268.279f. 357ff.362f.367f.413.415f.419.421 88 -> s. auch Gott als Zuflucht Seele 216-218.377 163 s. auch Leib-Seele-Dualismus Segen 128.183.193 193 .277.307ff.311. 335 Sitz im Leben 10 Sonne - als Richter 258 - solare Terminologie 258 +257 .261 - Sonnengott 261.310.316 130 Spiritualisierung 155-160.169f.248. 288f. Sterben Tod Stereometrie 205f.209 Teil Halaf 151171 Tempel 1 Off. 126f. 159f.256ff.259.262ff. 274f.351-354.388 - Ort des Lebens/der Lebensfulle 12. 127ff. 176.181.192f.268f.271.285292.354.393.409f.415f.423.425 101 . 427ff.443 Tempelkult 158ff.352f. Tempelmotivik 96.100.126.176.181. 192f.210.259.264.267ff.274.278. 285ff.291.393.409f.419f.420f. +ss 423.427f. + m .443 Tempeltheologie (Jerusalemer) 127. 262.285.412.415f. Theodizee 317.342.394f.402.445 Theophanie 257f.352 Tiermetaphorik 323

499

Tiervergleich 172 Tod 13.16f. 184.196.207f.209f.215f. 217f.220ff.237ff.253f.279f.293ff. 322ff.338 +91 .339ff.354f.359f.369ff. 372ff.385ff.395ff.427 - Errettung vom Tod 4ff.124f.175f. 178f.184.223.261.266.276f.279. 304ff.309.323.326ff.334ff.339ff. 359f.370.374ff.400.402.441.444f. - sozialer 336 - Tabuisierung 299.302 - „Tod mitten im Leben" 4ff. 16f.86 174f.211.223ff.239.323ff. Todesgefahr 6.9.11.179.223.304.322ff. 332ff.340f.370.378ff. Todesgrenze 293.313ff.320f.324.328. 332.370.372.395f.401f.445 Todesmetaphorik/-motivik 163 51 .174f. 189.21 lff.239 +158 .267.276f.291. 323ff.338.400.444 Todesnähe 322.326f. Todessphäre 216.328.427 Todesverständnis Lebens-/Todesverständnis Tora 410.414 Tote, Verstorbene 152.294ff.324ff. - Unreinheit 299.301 - Vergöttlichung 19f.l44 - Verhältnis JHWH/Tote 184.293ff. 298-302.307.311 f.316.318.320f. 324f.396.400 Totenerweckung 314 Totengericht 234 Totengott Mot 142.314 Totenkult 119f. 147ff. 151 ff.295ff. 298 37 .299ff.312.313 116 - Nekromantie 295f. - Verbot 299ff.312 Totenpflege -> Totenkult Totenreich 19.26.120.141 f.211 ff.219ff. 236f.252.280.294ff.310.313f.318. 320ff.376ff.380.382ff.399.432f. - Finsternis 88 63 .211.220 +67 .294.3 lOf. 427 - Gottverlassenheit 8 8 6263 .21 1.2 67. 279.300.324f.383f.

500

Sachregister

-

Sakralität 296f.299 Schweigen 211.295.305 „theologisches Vakuum" 298.300. 312 - Vergessen 211.295.305 Trankopfer 148-151 Tun-Ergehen-Zusammenhang 108. 113.315.320f.351.355.394ff.401f. 414

Unsterblichkeit Leben, ewiges - des Königs 27-29.253.316 1 3 0 .363 - der Seele 317.319.375.432 - des Volkes 12f.27 Unterweisung/Erziehung 194ff. 197ff. 225.240ff.442f. Unterwelt Totenreich Unvergänglichkeit 3 1 9 m 4 3 3 Verborgenheit Gottes 253f. +224 .267.324 Vergänglichkeit 221f.337.373.378.380f.

Vertrauenslied 4f.9.109f. + 1 6 4 .342.401. 423ff. + l 0 2 .429 „Weg des Lebens" 17f.l95f.223-248. 287.291.414.426.443 Wegmetaphorik/-motivik 201.223 ff. 334f.357.414f.417.421 + s s Wegweisung 124.195.200.223ff.231f. 235.243f.247.361-365.391.393.426 Weisheit, weisheitlich 108.110ff.l68. 194 ff.207.209.223,224ff.23 Of. 235 + l 3 9 .237ff.242.281.352f.378.390. 393.412.442 Wohnen 181.206-210.338.431f. - im Land 206ff.238 - im Tempel 126.160 36 .210.262.268f. 286 +3S8 .412f.416.423 Zaphon 134.277 Zion 126.203.273.427 113 Zionstradition 416

Wortregister 1. Hebräisch

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354

2 4 0 + 1 65

504

Wortregister

2. Ägyptisch w3.t n cnh w3.t-ntr wd3 mj.t n 'nh mtr

4. Ugaritisch 224ff.232ff. 225 225f.229.236.243 224ff.230 225.226 9 6 .228.230.235 242

mtn mtn n cnh

231 1 1 6 224.226 9 6 .235 1 4 1

nfr rdj hzj

236.243 224f.228.230 233f. + 1 2 5 .236

hzw.t sb3jj.t

233f. + 1 ".236.243 225ff.230.231 " 6 . 2 3 5 .

snb shr

adr ars blmt gg" zkr hym ysr/wsr ks mhr c

nm qdSlqdSm qr' rp'm

242 236.243

5. Griechisch

233

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