Der wahre Lutherische Konfirmationsbegriff: Eine Warnung [Reprint 2021 ed.] 9783112421284, 9783112421277


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Der wahre Lutherische Konfirmationsbegriff: Eine Warnung [Reprint 2021 ed.]
 9783112421284, 9783112421277

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Der wahre lutherische Kons irmationsbegriff Eine Warnung von

Karl Thieme Doktor und Professor der Theologie an der Universität Leipzig

1931 Hlfred Töpelmann / Verlag / Gießen

Alle Rechte vorbehalten

Printeb in Germany

von Münchowsche Universitäts-Druckerei (Dtto Rindt, G. m. b. h., Gießen

Ferdinand Uattenbusch zum 80. Geburtstag am 3. Oktober 1931

zugeeignet von Verfasser und Verleger

Inhaltsübersicht. (Die eingeklammerten Zahlen bezeichnen die Seiten; o. — oben, m. — Mitte, u. — unten.)

Die Kursächsische Kirchenordnung von 1580 und dar Problem „Taufpatenbekenntnis und Bekenntnis des eigenen Glaubens" (1—3). (Es gilt für Zwinglis Konfirmationsbegriff (3/4), der ins Fränkische hinüberwirkte (4f.). Abwendungen davon (5 nt./6).

Luthers Konfirmationsgedanke von 1523 (6/7). Bei Melanchthon Bckenntnisablegung (7 f.), auch in seiner ^wittenbergischen Reformation" (9). Taufbundsbestätigung in Kursachsen (10). Zum Begriff „Taufbund" (11). In Chemnitz' Examen ist Bekenntnisablegung ein Hauptbestandteil der Kon­ firmation (11 u.—13) und ebenso in seiner (Kalenberger) Kirchenordnung (13 m.—15). Nach Luther wird die Taufe als heilstat Gottes erst durch den Glauben realisiert, ergänzt (16—21 m.). (Er behauptete den Kinderglauben (21/22), bietet aber auch schon diese Fiktion Überbietendes (22m./23), das dann Schleiermacher lehrte (23 m.), noch nicht etwa Chemnitz (23 u.—-25 m ). Prüfung von Schleiermacher's Lehrsatz über Kindertaufe und eigenes Glaubensbekenntnis (25 m.—27 o.). Sein i. allg. echtlutherischer Konfir­ mationsbegriff (27 m.). wider die Einwände mit dem Lebenslänglichen (27 u.—29 m.) und mit der Unberechenbarkeit des Glaubensempfangs (29 u.—32 u.). (wider Blindheit gegen das Uichtkatechetische (30/31) und gegen die Affekte (31/32)]. Wider die Einwände gegen das „piettstische" von h. Rendtorff (33), Fleisch (34) und Ritter (34/35). Das Logische der Bekenntnisablegung (35). Gegen diese, die das Echtlutherische ist, protestiert jetzt die Mehrzahl (35/36). Wider Proteste Schaffte, [Rittcr's], Fleisch's (36m.—39) und Steinbeck's (40f.). Bekenntnisablegung entspricht auch dem Wertgefühl für die Kirche, dem Christus-Stolz (41m.—42m.), der „Gemeindlichkeit des Christentums" (Kunze, 42/43). Kritisches zu Schleiermacher's Auffassung (43/44). Die richtige Auf­ fassung bei R. Seeberg (44/45) und Stephan (45 u.).

wider S- Rtnbtorff’s Kampf gegen Vutzerisches Gift im Luther­ tum (46) kann man die „wittenbergische Reformation" und INelanchthon und Liegnitz-Vrieg schon 1535 aufbieten (46 u.—48 o.). weiteres über und wider 5- Ren6torff’s Urteile (48 m.—50). wider die entgeistlichende Konfirmationrauffassung Kitters (50 u.—52).

Diese Schrift überbietet weit meinen gegen H. Renbtorff’s Schrift „Konfirmation und Kirche" sich richtenden Aufsatz „Konfirmation und Glaube" in „Pastoralblätter", 71. Jahrg., 1928, S. 136-152. Daß sie diesen Aufsatz doch nicht ernst genug genommen haben, konnte ich bei drei Professoren der praktischen Theologie feststellen. Der eine schrieb mir: „Ich habe schon vor 2 Wochen im Kolleg Ihre Polemik gegen R. besprochen. (Ergebnis: Unterstreichen der Anmerkung in meiner Rezension (von R.’s Schrift in . . . .): ,datz der Spezialist sich noch mit sehr viel mehr Abschattierungen und historischem Ranken­ werk beschäftigen muffe', als R. es getan hat." Ich wünsche meiner „Warnung" ein besseres (Ergebnis. K.TH.

„Ls liest sich wie ein Traum", schrieb Hermann Schafft 1929x), „daß einmal und zwar in einer kursächsischen Kirchenord­ nung vom Jahre 1580 gestanden hat: ,ver Katechismusunter­ richt ist die rechte christliche Konfirmation und Firmung'."

Ls hat nicht drin gestanden! Lin bloßes Traumgebilde ist dieser — m. L. vermeintlich — traumhafte Gehalt der berühmten! Kirchenordnung! Schafft zitiert dazu Heinrich Ren-torffs Büchlein „Konfirmation und Kirche" (1928), wo ja allerdings S. 20 u. steht, diese Kirchenordnung sage, „der Katechismus u n t e r r i ch t sei die rechte christliche Konfirmation oder Firmung". Über bitte doch auch S. 21 o. das Genauere richtig zu lesen: sie ordne „ein regelmäßiges jährliches Katechismus exa men für das junge Volk der Gemeinde an. von dieser Praxis heißt es dann" usw. (Vie Sper­ rungen von mir).

Der V. Generalartikel dieser Kirchenordnung handelt „von dem jährlichen Lxamine des Katechismi, so in der Fasten mit dem jungen Gesinde gehalten werden soll". Der Schlußabsaß -es gan­ zen Artikels lautet: „Und sollen die Pfarrer und Kirchendiener das Volk fleißig unterweisen und mit gutem Grund berichten, daß dies" — das jährliche Examen des Katechismi, so in der Fasten mit dem jungen Gesinde gehalten werden soll — „sei die rechte christliche Konfirmation oder Firmung, das ist die Be­ stätigung des Glaubens, so die Paten anstatt- es neugetauften Kindleins bekannt, darauf auch das Kind getauft worden, wann sie nämlich solches in diesem Exa­ mine erinnert, und demselben in ihrem ganzen Leben nachzu­ kommen, fleißig ermahnet werden. Welches die Papisten an­ stehen lassen und anstatt dieser christlichen Firmung ein Schau­ spiel mit den Kindern angestellet, welches voller Aberglauben und Irrtum und demnach allen frommen Lhristen zu fliehen und zu meiden ist."*2) t). Rendtorff bemerkt hierzu S. 21: „Scharf steht hier römische und reformatorische Art einander gegenüber. Dort ein einmaliger Akt. . . hier eine anhaltende Erziehungsarbeit, deren einziges Mittel das Wort Gottes ist, deren Ziel der persönliche Glaube, deren Stoff das ganze Menschenleben!" 1) Neuwerk, ll.Jahrg., 7/8. heft, S.209. 2) Die evang. Kirchenordnungen der XVI, Jahrhundert; ed. Sehling, I, 1, 1902, 425 b.

I Thieme, Konfirmationsbegriff

1

„Deren Ziel der persönliche Glaube". Daß auch dar die gesamte Katechismuserziehung krönende jährliche Examen des Katechismi, so in der Fasten mit dem jungen Gesinde gehalten wer­ den soll, den persönlichen, den eigenen Glauben der jungen Gesindes zum Ziel haben soll, entnehme ich meinerseits aus der Gleichung: „die rechte christliche Konfirmation oder Firmung, dar ist die Bestätigung der Glaubens, so die Paten anstatt des neugetauften Kindleins bekannt haben." Ich warne in dieser „War­ nung" davor, die Gerichtetheit „reformatorischer Art" (t>. Renb» torff) auf bas Problem „Glaubensbekenntnis der paten bei der Kindertaufe — persönlicher Glaube des Getauften" zu igno­ rieren. Ich warne auch vor der Annahme, daß die Idee eigenen .Glaubensbekenntnisses der Kursächsischen Kirchenordnung bei ihren eigenen Worten und bei ihren Ideen von der Pfarrer „fleißigem Unterweisen und mit gutem Grund Berichten, daß dies (Examen) sei die rechte christliche Konfirmation" völlig fern liege. Diese ordnet ja allerdings weder, was Paul Fleisch bedauert'), an, „das Katechismusexamen der zum ersten Male kommunizierenden Jugend durch eine besondere feierliche Handlung auszugestalten"4), noch gar die Ablegung des eigenen Glaubensbekenntnisses bei einer solchen besonderen feierlichen Handlung, bei einem einmaligen solennen Kultusakt. Aber in der zweiten Bestimmung über das jährliche Examen heißt es: „derhalben die Eltern ihre Kinder und Gesinde darzu schicken und anhalten wollen, darmit sie aus ihrem Katechismo Rechenschaft ihresGlaubens geben können", Sehling S. 424a; vgl. auch „das Erkenntnis und Bekenntnis ihres Glaubens" S. 425 b m. Run wird es richtig sein, was beson­ ders Kliefoth') betont hat, daß in lutherischen Konfirmations­ feiern das Examen den Sinn hat, daß die Kinder, auf die Examen­ fragen durch Aufsagen antwortend, vor der Gemeinde bekennen s) „Konfirmattonsnöte“ usw. in „Evangelische Wahrheit", Iahrg. 19, 1928, Itr.8—10, Sp. 132 (Hr.9). Fleisch fährt nach den obigen Worten fort: „Dann hätten wir dadurch eine echt lutherische, von keiner fremden Beimischung bedrückte Konfirmation bekommen." „Fremde Beimischung" sind nach Fleisch Bekenntnis und Gelübde. Fleisch erweist sich vielleicht als der gerüstetste Gegner unsrer Ansicht über das Echtlutherische. *) Der Schluß der IV. Generalartikels, der des breiten „vom Ka» techismo" handelt vor dem V. „von dem jährlichen Examine des Katechismi" usw., bestimmt nur: „3um fünften sollen die Pfarrer sonder­ lich die das erste Mal zu dem hochwürdigen Sakrament des Leibs und Bluts Ehristi gehen im Katechismo mit Fleiß examinieren, ob sie den­ selben gelernt haben, auch ob sie zu der Kommunion sonsten zuzulassen, eigentlich erkundigen" (Sehling S. 424 a). 6) Liturgische Abhandlungen. III, 1 (Die Konfirmation), 1856, des. S. 48/9. 171. 182. Kliefoth „war im 19. Ihd. der beste Kenner der altlutherischen Kirchenordnungen und liturgischen Tradition" (KGG2 3, 1088).

sollen. Sollte nicht auch jenes wiederholte, regelmäßige, „jähr­ liche Examen des Ratechismi, so in der Fasten mit dem jungen Gesinde gehalten werden soll", den Nebenfinn haben, daß Rinder und Gesinde ihren persönlichen, eigenen Glauben beken­ nen, „aus ihrem Ratechismo Rechenschaft ihres Glau­ bens geben" sollen? jedenfalls bleibe es dabei: der „anhaltenden Erziehungsarbeit . . . Ziel der persönliche Glaube"! hat h. Renütorff selbst hierbei an den Gegensatz: „die Paten an­ st a t t" gedacht? Bei Franz Rend torff in „Vas Problem der Konfirmation" usw. 1910, 19 sind leider gerade die wichtigen Worte „so die Paten anstatt des neugetauften Rindleins bekannt" ausgefallen, und seine Varstellung S. 19/20 macht es einem so gut wie unmöglich, zu merken, daß es sich hier ja gar nicht um Unterricht, mstructio, sondern um Examen (Glaubensverhör, Ge­ neralprüfung) handelt. Ruf das Problem „Glaubensbekenntnis der Taufpaten — per­ sönlicher, eigener Glaube" war reformatorisches Denken von An­ fang an gerichtet6). Daß Zwinglis in folgendem mitgeteilte Aus­ führungen von 15237) in dem Schrifttum der letzten Jahrzehnte über die Konfirmation fast ganz unberücksichtigt geblieben sind, ist schwer begreiflich. „v o n ü e r F i r m u n g. Ich mein, -aß die Firmung da dannen (daher) sei Kummen . . ., daß man angesehen hab, daß die Rind, die den Glauben durch Vater und Mutter oder Gotten und Gott inen (Patinnen und Paten) v e r j e h e n (bekannt) haben, nit mit eignem herzen oder Mund, so sie zu verstand kommen, den Glauben mit eignem Mund verjähen und sind darumb zu dem Priester geführt, daß sie da im Glauben wohl bericht (unterrichtet) werden und nach Bericht der Glaubens ihn offenlich bekennen vor allen Menschen .... (S. 123m.:) ich begehr ... daß man, sintemal man die Rinder so jung tauft, sie fürnehme (anfange) zu lehren, so sie zu solchem verstand Kummen, daß sie vernehmen mögen das Wort Gottes .... Aus welchem Grund wir auch zu Zürich vor Jahresfrist angehebt (angefangen) haben zwürend (zweimal) im Jahr alle Jugend berufen und sie allda mit einand-

6) Bis auf die böhmischen Brüder und (Erasmus gehe ich nicht zurück, vgl. Caspari, Die evang. Konfirmation, vornämlich in der luth. Kirche. 1890, 20—22. 167 ff. Schon Erasmus schreibt 1522: „pueri baptizati, cum iam ad pubertatem pervenerint ... privatim examinentur .. . interrogentur, ratumne habeant, quod susceptores illorum nomine polliciti sunt in baptismo. Si respondeant, se ratum habere, tum publice renovetur ea professio (baptismi).“ Über möglichen Einfluß Erasmus' auf Zwingli vgl. Cohrs in Monumenta Germaniae Paedagogica 23, 1902, 236*—238. 7) Aus legen und Gründe der Schlußreden, Corp. Ref. 89, 1908, 122 bis 124. Die Sperrungen natürlich von mir.

ren lehren Gott erkennen.... Solcher Gestatt mein ich die Firmung gebraucht sein, damit die, so vormals unwissend getauft waren, hernach, so sie zu Vernunft kommen, wissenhafter Sach (mit Kenntnis der Sache, wissend) den Glauben selbst verjehen, -och erst nachdem sie in -em handel -es Heils wohl bericht waren. Vas zeiget auch an der Nam confirmatio, das heißt: ein Bestätigung .... und haben aber die Weihbischöfe das Best darinnen verlassen (aufgegeben, weggelassen), das ist: den Bericht des Watts Gottes (den Unterricht im Wort Gottes)",

hiernach ist Zwinglis Konfirmationsbegriff: Bestätigung des durch die Taufpaten bekannten Glaubens, indem ihn die zu Ver­ nunft gekommenen Kinder bewußt, selbst, mit eigenem Wund öffent­ lich bekennen. Bus Crailsheim schrieb im April 1523 der Pfarrer Adam Weiß an Zwingli, daß er mit Sehnsucht auf das Erscheinen seines „Auslegens" warte»), von diesem ist offenbar weiß beeinflußt in seiner von Kolbe „Zur Geschichte der Konfirmation"») beige­ tragenen Anregung seines Gutachtens (1527 oder 1528) für den Markgrafen Georg von Brandenburg-Ansbach: „daß der, so herren Betens welches

in allen Pfarrkirchen zu gelegener Zeit jährlich die Kin­ zu ihrer Vernunft nun Kummen sein, von den Pfarr­ versammelt und da christenlich ihres Taufs, Glaubens, samt anderm ermahnt (und) unterwiesen sollen werden, vor Zeiten die Konfirmation gewesen."

Aber schon 1524 war es wohl niemand anders als der von Zwingli beeinflußte Adam Weiß, auf den im „Ansbacher evange­ lischen Ratschlag"") zurückgeht:

„50. Welcher Maßen die Firmung zu gedulden sein möcht... Nachdem aber im Anfang der Kirchen allein die Menschen, so den Glauben selbst verstanden und angenommen, getauft worden sind und nachmals zugelassen die unmündigen Kindlein in dem Glau­ ben der heiligen Kirchen, ihrer Eltern und Todten zu taufen, halten wir dafür, daß darum in der römischen Kirchen verordent worden sei, so ein solch getauft Kind zu seinem verstand komme, daß es alsdann vor -em Bischof oder Pfarrherr und anderm Volk offenlich annehmen, bewilligen und bestätigen solledasjenig, so zur Zeit seiner Unmündigkeit in der Tauf mit ihm gehandelt ist und seine Tod8) A. flnm. 7 a. G. S. 2. Uber Weiß vgl. RL3 21, 73 ff. 9) Beiträge zur bayerischen Kirchengesch. 4, 1898, 189—192. Nach Kolbe war Weitz „vielleicht nicht unbeeinflußt von (Erasmus." von jenen Ausführungen Zwinglis verrät auch Kolbe keine Kenntnis. 10) Die Fränkischen Bekenntnisse ed. Lanbeskirchenrat ber evang.luth. Kirche in Bayern r. b. Rhs. 1930, 238/9, vgl. S. 55 m. „Interessant ist, baß ber Ratschlag sich auch gelegentlich an Zwingli direkt anlehnt: noch waren Luther unb er kein« Gegner", Kattenbusch, DL3 1931, 29, 1349.

ten an seiner Statt versprochen haben, wann wiewohl wir dieser unser Meinung sonsten kein sonderliche Schrift haben, so gibt doch -er lateinisch Hamen dieser «beschicht des selbst ein scheinliche Anzeigung, wann im Latein wird die Firmung Konfirmation genannt, das im Deutschen Bestätigung heißt . . . Und so solche Firmung.oberzählter weis beschehen und lauter erklärt würde, damit kein anderer Nlißglaub daraus erwüchse, sofern sie auch nit für ein göttlich Gnadenzeichen, sondern allein für ein christliche Erinnerung der göttlichen Gnadenzeichens davor empfangner Tauf (wie dann ein jeder Thrift sonst bei ihm selbst schuldig ist) würde gehalten, wollten wir dawider nit streiten oder fechten." „Firmung als Einwilligung in die Taufe" — so aufs kürzeste der Bearbeiter Schmidt a. a. ©. S. 69 o. — das ist hier der Konfirmationsbegriff, -er Z w i n g l i s ch e Konfirmationsbegriff. Luther habe, schreibt Schmidt S.57, Caspari (R(E310, 678, 51 f.) folgend, „lieber an einen Unterricht vor der ersten Kom­ munion gedacht". Man solle die luthersche Wendung der Firmung im Gutachten des Georg Amerbacher, Pfarrers zu Blaufelden, 4. April 1530, beachten (S. 113 u.). „was ist aber nun die Bischöfen Firmung? . . . Da . . . durch falsche Prediger sich aller Irrtum . . . erreget, sahen es die Bi­ schöfe, so ihrem Amt treulich vorstanden, für gut an, keinem Men­ schen, weder alten nock jungen, die Sakrament zu reichen, ihr Glaube wäre denn zuvor durch fleißig Fragen wohl und eigentlich erkannt. Bei wem nun ein rechter Glaube befunden, dem wurden die Sakrament mitgeteilt, und dies wäre ihre Firmung, confirmatio genannt, das ist die Bestätigung int Glauben. Die Nachkom­ menden aber, dieweil sie in -er tjeiligen Schrift die Auflegung der tjänbe lasen und ersahen das christlich Amt ihrer vorgehenden Bischöfe, den ernstlichen Katechismum gegen Jungen und Alten, folgten sie der Tat ohn allen Glauben nach, hintangesetzt alles Fragen, Unterrichten und so den Christen zu wissen vonnöten, und blieb allein das Schmieren und Backenschlagen. Diesen neuen Brauch nun zu verlassen und uns des rechten zu gebrauchen und mit sonderlichem Fleiß den rechten Katechismum wie im Anfang der Kirchen, als gehört, in steter guter Übung zu handeln, will allen frommen treuen Hirten zu tun gebühren" (S. 520/1). Gleichzeitig findet sich in Brandenburg-Ansbach noch weitere Abwendung von „Einwilligung in die Taufe", nämlich im Ratschlag Kaspar Cöner’s11). „Das lateinisch confirmare, dem auch das Deutsch.gemäß ist, heißt... bekräftigen und bestätigen... Das geschieht, wenn man mit dem Wort der Tauf erinnert, stärkt und tröstet den Täufling, bittet mit dem Psalmisten (Pf. 17, 5): Conserva hoc Deus, quod operatus est in nobis. welchs noch ein christlicher, guter Brauch

ii) Quellen u. Forschungen zur Geschichte der Augsburgischen Glau, bensbekenntnisses cd. Gußmann I, 2, 1911, 135/6.

wäre, wenn es ein jeder Bischof, das ist Pfarrer über seinen Täuf­ lingen tät, denn ja "der Geist durchs wart geben wird." Auch in dem „angeblichen Bekenntnis der Stadt Reutlingen" in -em Abschnitt „von der Konfirmation oder Bestätigung oder Firmung" steht nur:

„So erkennen wir auch, ganz nützlich sein, dah die Kinder und Jungen von -em Hirten ihrer Kirchen in der Kinderlehr erforschet und verhöret und, so sie wohl und gottselig unterwiesen und ge­ lehrt sind, bewahret und gelobet, wo sie unrecht daran sind un­ irren, daß sie gebessert werden" (Gutzmann S. 241, 6—9). „Rian soll aber dennoch den Hirten und Seelsorgern der Kirchen nit ge­ statten, -atz sie gar kein weis und weg, di« Kinder und Jugend in wahrer, gottseliger Lehr zu unterrichten, haben und brauchen wollten, sondern man soll von ihnen fordern, datz sie den Ka° techismum, die Kinderlehr, zum fleihigsten lehren und üben" (eben­ da S. 242,3—7). von „lutherscher Wendung" der Konfirmation sprach Schmidt (oben S. 5). Aber, was Luther selbst anbetrifft, ist denn nicht, um mit Kolde (Gott. gel. Anz. 165, 2, 1903, 720) zu reden, „festgestellt, daß Luther ak der erste und zwar schon 1523 an eine Umformung der confirmatio gedacht hat" und zwar nicht nur „an einen Unterricht vor der ersten Kommunion" (Schmidt)? Leider hat h. Rendtorfs die 1900 bekannt gewordene Stelle aus Luthers Predigt vom 15. März 1523 ganz ignoriert, deren Kenntnis z. B. §. Renbtor ff12) verbreitet hat. „Confirmatio, ut volunt Episcopi, non curanda, sed tarnen quisque pastor posset scrutari a pueris fidem, quae si bona et germana esset, ut imponeret manus et confirmaret, non improbamus.“ hier haben wir weder Unterricht der Getauften int Ka­ techismus zum Zweck eines würdigen Kommunionempfangs noch Examen der Erstkommunikanten zu diesem Zwecke22), sondern den Gedanken an nicht einmal rein -oktrinaristische — „bona et germana“ statt etwa integra — Glaubenserforschung, 12) Var Problem der Konfirmation usw. 1910, 21/2; Kawerau-Zest» schrift 1917, 151. Diese Stell« auch bei Riet sch e l, Lehrbuch ber Litur­ gik 2, 1909, 147. Sie steht W.A. 11, 66, 29—32. ”) Vieser verhör ober Examen", schreibt Otto Albrecht (Lu­ thers Katechismen, 1915, 33 f.), „entschied über die Kommunionfähigkeit der Kinder, di« . . . schon von acht Jahren an oder noch ftüher, falls sie di« Texte der Katechismus gelernt hatten, zum h. Abendmahl zuge­ lassen wurden; es war der Ansatz zur evangelischen Konfirmation, die in dieser Form, bei Wiederholung der Prüfung, also selbst eine wiederholte war." S. 342) fügt Albrecht hinzu: „Vie selbständiger« Gestaltung der Konfirmation dagegen, die auf Butzer zurückgeht, ,ist ein Zugeständnis an die Anabaptisten' im Sinn« der Ratifizierung oder eigentlichen Vollziehung der Taufbundes, nicht recht im Einklang mit Luthers Lehre von der Taufe." In bezug auf diesen Einklang urteilen wir anders, s. unten.

der an diesen Zweck nicht denkt. Ist es denn ausgeschlossen, daß auch Luthers reformatorisches Denken auf jenes Problem „Glau­ bensbekenntnis der Taufpaten — eigener Glaube" gerichtet war? daß er die Antworten der Kinder bei dieser Glaubenserforschung als Ablegung des eigenen Glaubensbekenntnisses wertete? Doch wir wollen Luthers Äußerung lieber nicht auspressen, als ob sie ent­ hielte, was gleichzeitig Zwingli in seinem „Auslegen" schrieb, lvir haben es gar nicht nötig, diese Äußerung zu überschätzen für unsern Nachweis eines Konsensus der Reformatoren in bezug auf den Konfirmationsbegriff. Fleisch rügt es einmal (a. S. 23 a. ©. Nr. 10, 5p. 149l), daß „heute Lutheraner meinen, sich auf einen Konsensus der Re­ formatoren berufen zu können, wenn sie ausgerechnet Butzer und Melanchthon für sich haben". Nutzers Konfirmationsauffassung ist ein m. E. noch lange nicht gelöstes Problem, an das ich mich ohne eigene Huellenftudien nicht heranwage. Melanchthon hat man allerdings für sich, wenn man eine Konfirmation mit Bekenntnis und versprechen für echt lutherisch hält. „Es ist nicht verwunderlich", schreibt Fleisch Nr. 9, 5p. 133, „daß unter den Reformatoren gerade der immer zu Unionsver­ handlungen (mit der katholischen Kirche) geneigte Melanchthon, der nicht unbeeinflußt von Butzer blieb, Sympathien für eine Kon­ firmation empfand, da die Jugend geprüft werden und ihren eigenen Glauben bekennen sollte." Fleisch spielt hier an die Stelle in den Loci von 1535 an (Corp. Ref. 21, 470): „Die Konfirmation müßte gar sehr gebilligt werden, wenn sie dazu gebraucht würde, daß die Jugend geprüft würde und ihren eigenen Glauben bekennte." von dieser Stelle, die doch Caspari (5.26) nicht übersehen hatte, hat man wenig gelesen in den letzten Jahrzehnten. Bei Hansen") liest man den versuch, mit dem ihm Unbequemen fertig zu werden, daß nach Melanchthon schon laut der Loci von 1535 die Konfirmation der Ablegung eines Glaubensbekenntnisses seitens der Kinder dienen solle. Hansen schreibt: „Aber dies ist offenbar nur eine polemisch-apologetische Gelegenheitsäußerung, deren Tragweite nicht wesent­ lich hinausgeht über die allen Reformatoren eigene ganz allgemeine Forderung einer Katechetischen Behandlung der Jugend." Ist das nicht das schönste Huidproquo? Faßt wohl Melanchthon das Bekenntnis des eigenen Glaubens als ein unwesent­ liches Akzefforium zu der „Katechetischen Behandlung", auch nur zur Prüfung auf? Gilt denn das Bekennen des eigenen Glaubens als ein „Behandeltwerden"? Sollte nicht auch Melanchthon das ") Geschichte der Konfirmation in Schleswig-Holstein usw. in: Schrif­ ten der Vereins für schleswig-holsteinische Kirchengeschichte. I, 6, 1911, 902.

eigene Glaubensbekenntnis der Jugend im Gegensatz denken zu dem Glaubensbekenntnis der Taufpaten bei -er Rind erlaufe? Nur das „eigenen" fehlt beim Glaubensbekenntnis in der von Melanchthon durchgesehenen Ionasschen Übersetzung der Loci von 1542. Ts heißt (Corp. Ref. 22, 456): „Vach wäre zu wünschen, daß man die Konfirmation also an­ richte, daß man die Jugend verhörte und sie dazu hielte, den rechten Glauben zu bekennen, strafet die Unfleißigen und Leichtfertigen. Über den Züchtigen, Fleißigen und Gottfürchtigen leget der Priester seine Hände auf das Haupt und bete für sie. Vies wäre nicht unfruchtbar." 3n den lateinischen Loci stand seit 1543/44 (Corp.Ref.21,853): „Utile autem esset, explorationem et professionem doctrinae fieri et publicam precationem pro piis, nec ea precatio esset inanis.“ Über wie Melanchthon 1535 das eigene Glaubensbekenntnis der Jugend vermutlich im Gegensatz zu dem Glaubensbekenntnis der Paten bei der Kindertaufe gedacht hat, so brachte ihm diesen Gedanken wieder nahe das „Regensburger Ruch" von 1541, worin er las (Corp. Ref. 4, 216): „Weil jetzt die Kinder alle getauft werden und bei der Taufe das Glaubensbekenntnis nicht durch sich selbst abgeben, wird es sich passen, daß die Kinder, nachdem sie katechisiert und über die Religion Christi unterrichtet sind, zum Empfang des Sakraments der Konfirmation hinzugeführt werden, den Glauben an Ehristus und Gehorsam gegen die Kirche auch mit ihrem (eigenen) Munde bekennen." hierzu stellte sich Melanchthon so, daß er „nicht hoch streiten wollte, sofern. . . durch die Lonfirmatio der Katechismus ange­ richtet würde etc." (Corp. Ref. 4, 422 u.; 415 o.). Dürfen wir nicht bei „etc." an das Glaubensbekenntnis mit dem eigenen Munde denken? Vas „Bekenntnis der Lehre" fehlt nicht in der dem Kaiser gegebenen „Antwort der Stände der Augsburgischen Konfession vom Buch" Corp. Ref. 4, 489; 503/4:

„wir wollten gern, daß man den Katechismum in den Kirchen anrichtet, wie das Buch meldet, und daß nach der verhör und Bekenntnis der Lehre die Kirche ein ernstlich Gebet spräch für die jungen Leute. Dies Gebet, glauben wir, sei nicht vergeb­ lich." Auch die der Konfirmation und einem jährlichen Glaubensver­ hör geltenden Reformwünsche Melanchthons aus demselben Jahre 1541, die sich Corp. Ref. 4, 533; 546 finden, gehen am Glaubens­ bekenntnis nicht vorbei: „Einstmals... wurde bei der Konfirmation ein Glaubensbekenntnis gefordert" und „wir einzelnen sollen den Glauben bekennen".

Und das „eigene" (oben S. 7 m.), persönliche Glaubensbekenntnis der einzelnen „mündig" gewordenen Rinder fordert Melanchthon in der von ihm verfaßten, obenan von Luther unterschriebenen „Wittenbergischen Reformation" von 1545, deren große Bedeutung für den lutherischen Konfirmationsbegriff wohl niemand bestreitet15 * *).* * „Konfirmation. Dieses wäre hochnötig in allen Kirchen, den Catechismum auf bestimmte Tage zu halten, die Jugend in allen nötigen Rrtikeln christlicher Lehre zu unterweisen. Dazu möchte die Konfirmation angerichtet werden, nämlich, so ein Kind zu seinen mündigen Jahren gekommen, öffentlick sein Bekenntnis zu hören und zu fragen, ob es bei dieser einigen göttlichen Lehre und Kirche bleiben wollte, und nach der Bekenntnis und Zusage mit Auflegung der Hände ein Gebet tun. Dieses wäre eine nützliche Zeremonie, nicht allein zum Schein, sondern vielmehr zu Erhaltung rechter Lehre und reines Verstands und zu guter Zucht dienlich." Dder klingen die von mir gesperrten Worte etwa nicht nach eigenem Bekenntnis zum kirchlichen Glaubensbekenntnis? Erinnern sie etwa nicht an die Unmündigentaufe und damit an das Paten­ bekenntnis bei dieser? Melanchthon hat diese seine deutschen Worte selbst so übersetzt: „cum videlicet exacta pueritia iam firmier aetas seu adolescentia accederet, palam in ecclesia audienda esset Integra doctrinae Confessio“, t). Renbtorf f schreibt dazu (S. 23): „Nicht fides (subjektiv) steht an der entscheidenden Stelle, sondern doctrina (objektiv!)." Darf man aber den Ausdruck doctrina des Doktrinärsten Melanchthon dermaßen ausdeuten? (Er denkt sich hinter confessio, confiteri natürlich die zur ganzen objektiven Kirchenlehre, zu allen Glaubensartikeln ja sagende subjektive Rechtgläubigkeit des Jugendlichen und denkt sich übrigens diese doch nicht ohne Spezialaffekte. Bei Ehemnitz, zu dem wir bald kommen werden, steht mehrmals die Addition doctrina et fides, professio doctrinae et fidei. Jedenfalls findet nicht nur „Behand­ lung" (Hansen oben S. 7u.) der Kinder statt, sondern sie sinh' aktiv — 5- Rendtorff schreibt (Problem S. 21): „nur inso­ fern aktiv, als sie den ihnen lehrhaft übermittelten Glaubensin­ halt als integra doctrinae confessio rezitieren— im Sinne der alt­ kirchlichen redditio symboli — und ihre Willigkeit, bei der Kirche und ihrer Lehre zu verbleiben, bezeugen"16). *•) Corp. Ref. 5, 584; 612/3 oder bei Setzling a. S. 1 r a. G. S. 211 b; vgl. Enders, Luther's Briefwechsel, 16, 166. Setzling druckt die deutsch« Fassung ab, „weil sie di« ältere ist" (S. 59); di« lateinisch«, jünger« Fassung zu bevorzugen, war F. und H. Rendtorff tun, scheint mir weniger gut. Die deutsche Fassung auch bei Rietschel (Liturgik 2,160). 16) 3m lateinischen Text betont Melanchttzon mit „in hoc confi» t e n t e" noch einmal di« Aktivität der Kindes, „sein Bekennntis", seine 9

Darf man in der „Wittenbergischen Reformation" auf Grund der warte „so ein Rind zu seinen mündigen Jahren gekommen" den Gedanken an das probiern „Taufpatenbekenntnis und Bekennt­ nis -es eigenen Glaubens" wenigstens zwischen den Seilen lesen, so herrscht dieses Problem in den Sätzen der kursächsischen Interims­ urkunden von 1548 und 1549, die eine Konfirmation aufrichten. Ich führe aus der ersten Form des Leipziger Interims an:

„Firmung, wird für gut angesehen, daß die Jugend, die er­ wachsen ist und zum hochwürdigen Sakrament des Leibs und Bluts Christi gehen will, von den Bischöfen ober ihren Pfarrherren ver­ hört werde ihres Glaubens, und -atz sie denen (vgl. Corp. Ref. 4, 546, X; man muß nicht in „den" korrigieren wie 7, 21712 * *)* be * * *­ kennen, und die Zusagen, die ihre Paten in der Taufe für sie getan und dem Teuf el abgesagt, be­ kräftigen und ratifizieren und also in ihrem Glauben bestätiget und konfirmiert werden mit Auflegung -er Hände und christlichen Gebeten"17). Hansen (S. 100f.) sieht hierin „eine Verstärkung des subjektiv-individualistischen Faktors", „eine starke Be­ tonung der subjektiven Seite und zwar . . im Sinne der sub­ jektiven Taufbundsbestätigung: die Konfirmanden .be­ kräftigen (und ratifizieren) die Zusage, die ihre Paten in der Taufe für sie getan und dem Teufel abgesagt', sind also auch confirmantes". Dies aber sei der Butzersche Konfirmationstqpus, durch Melanchthon als Vermittler in die sächsischen Interims­ ordnungen eingedrungen (S. 88 ff.). Daß Melanchthon „nicht un­ beeinflußt von Butzer blieb", fanden wir auch als Fleischs Mei­ nung (oben S. 7 m.), der dagegen in Flacius' Kampf wider die In­ terimskonfirmation „echt lutherische Würdigung der Taufe" sieht, „deren Bund man nicht in einem einmaligen Akt ein für allemal bestätigt ober wohl gar erneuert, sondern an die man immer wie­ der erinnert wird, in die man gut lutherisch .zurückkriecht'" (Ur. 9, Sp. 133/4). hier steckt ein Mißverstehen mindestens in dem „man“, worauf wir später eingehen werden.

Aber Bestätigung des durch die Paten bei der Taufe bekannten Glaubens haben wir schon 1523 als reformatorischen Konfir­ mationsbegriff gefunden, möglicherweise zwischen den Zeilen bei „Zusage" („promitteret“). Buch nach Hansen (S. 100/1) „spielt (in der „Wittenbergischen Reformation“) da; subjektiv« Moment eine wesent. liche Rolle; dem Konfirmanden fällt nicht mut eine öffentliche Integra doctrinae Confessio zu, sondern auch ein promittere constantiam in hac ipsa sententia recitata et in huius ecclesiae suae confessione. Aber mehr auch nicht, und damit durchaus nicht das, was Vutzer hat. wennoleich seine Einwirkung hier u. . st. 12, 560, 23—561,4: das äußerlich« Zeichen der Taufe soll bei dem Glauben sein, well dieser „he raus brechen" soll, von einem jeglichen bewiesen und bekannt werden soll, „vor den Heiden offenbart werden soll." 54) vgl. über diese kollektivistischen Begriffe für die Kirche a. S. 1732 a. ®. S. 215.

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Konfirmation seitens der Kinder als freiwillige und öffentlich« Taufbundbejahung durch Bekenntnis und Gelübde, sondern sie gilt ihm als Dogmatiker natürlich ebenso65). Ihre Geltung als „not­ wendig um der Gemeindlichkeit des Christentums willen", sogar um der Erteilung des Aben-mahlsrechtes willen, tritt im Luthertum des Reformationszeitalters eher zurück hinter den in der Kinder­ taufe begründeten, individualistischen Nötigungen. Aber nicht unlutherisch ist das gern zitierte, auch von Schafft (a. S. 11 а. ©. S. 208, vgl. auch K. B. Rittet ebenda S.205o.) scharf Kritisierte Diktum von Ihmels 5°): „Irgendwie müssen doch diejenigen, die in der Kirche heranwachsen und die Pate stehen oder auch an den Wahlen teilnehmen und sich wählen lassen wollen, aussprechen, daß sie das im Sinne der Kirche tun wollen und über­ haupt würdige Glieder der Kirche zu sein begehren." Etwas Unterlutherisches kann in Kunzes Worten stecken: „(Handlung der Kirche) als zugleich Kanfessionskirche". Natürlich feiert de facto die lutherische Konfessionskirche das Gewordensein des eigenen Taufbundglaubens des Konfirmanden, der jetzt mit Bewußtsein in sie eintritt, aber ihre Lehre, in der sie unterrichtet und prüft und die allein sie van -em Konfirmanden bekennen laßt, gilt ihr de jure divino als die allgemeinkirchliche, weil allein­ christliche. Bei der Annahme des eigenen Glaubensbekenntnisses des Konfirmanden „hört" sie — „fein Bekenntnis zu hören" in der „Wittenbergischen Reformation" — „den Glauben", das Apostolikum im Sinne der Erklärung Luthers, die ihm in Haus, Schule und Kon« firmandenunterricht gelehrt worden ist. Luthers Erklärung nicht als alleingültig in der „heiligen christlichen Kirche" anzuerkennen, liegt unter dem Selbstbewußtsein des Luthertums. Dieses fühlte sich von Luthers Plerophorie her als die „rechte christliche Kirche" — Bekenntniskirche, die das Lutherisch gemeinte Apostolische Glau­ bensbekenntnis als seine wahre Inhaberin bei der Konfirmation „hört". Nachgewiesen in meinem Augustanabuche (oben S. 1732) im б. und 8. Kapitel. Mit Genugtuung begrüßten wir bei Kunze die Taufbundbe­ jahung. R i e t s ch e l (Liturgik 2, 188) schrieb 1908 zu Schleier­ machers Auffassung: „Unter den Theologen der Neuzeit findet sich die Auffassung der Konfirmation als Erneuerung oder Ergänzung des Taufbundes nicht. Dagegen ist dieselbe, meist in unklarer Weise, sehr populär geworden". Vox populi vox reformatorum — m. ni. wegen ihrer Kinderglaubensiktion! Daß Schlei er macher -er Kin-ertaufe das eigene Glaubensbekenntnis als Zielpunkt vor« M) ts ist ganz gut, daß Heribert Holzapfel (Katholisch und protestantisch *1931, 105) sich hier an Kunze hält. M) Verhandlungen der 12. evangelisch.lutherischen Landessynode im Zreistaat Lachsen 1923/26. 1926, S. 284 b.

stellte, darüber kann man in Zweifel sein, ob es reformatorisch ist, Dgl. oben S. 25 u. 3n seinen Sätzen (oben S. 27) über die Konfir­ mation ist die Wesensbedeutung der Konfirmationshandlung — „Ab­ legung und Annahme des eigenen Glaubensbekenntnisses" — über­ steigert. AIs Schüler Luthers liest man nicht gern von menschlicher, nicht durch Gottes Einsetzung befohlener Handlung: „die wahre und würdige Vollendung der Kindertaufe", -er Kindertaufe, die doch „heiliges hochwürdiges Sakrament" ist, in -em „die Dreieinigkeit selbst" tauft. Luther selbst sagt, -atz der Glaube das Sakrament vollende. Mit dem Glauben in seiner tiefen Innerlichkeit hat es eine andere Bewandtnis als mit mündlichem Bekenntnis, vom Glauben gilt die Grundantinomie von Monergismus und Synergis­ mus viel mehr zugunsten des opus Dei sine nobis (vgl. oben S. 2641), beim Glauben kann drum viel «her von wahrer und wür­ diger Sakramentsergänzung und -Vollendung geredet werden. Die Konfirmation mutz mehr, als bei Schleiermacher geschieht, als bloße Feier und Darstellung von etwas bestimmt werden, das ihr selbst als dos weit höhere vorausgeht, neben dem alle ihre Akte doch nur sekundär sind. Vas primäre, das Sakramentskorrelat auf feiten -er Konfirmanden ist jhr im Geheimnis gewordener Glaube. Wird dieser öffentlich gefeiert, so vollzieht sich die Gemeinde­ feier natürlich durch Befragen usw. seitens der Gemeind«, bzw. ihres Vertreters, und durch Bekennen und Zusagen seitens der Konfirmanden, durch „die Ablegung und Annahme -es eigenen Glaubensbekenntnisses". Vie vox reformatorum hat nach Schleiermacher in un­ sern Tagen wie Kunze so vor allen R. Seeberg, dieser als vogmenhistoriker (s. oben S. 22) und Dogmatiker, verstanden. Er lehrt in seiner „Ehristlichen Dogmatik" 2, 1925, 437—439 so.

„wenn die Taufe im Hinblick auf die künftige subjektive An­ nahme ihrer Gaben seitens des Täuflings vollzogen wird, so mutz ein Zeitpunkt in der Entwicklung des Kindes fixiert werden, in welchem es sich über diese Annahme der Taufgaben auszuweisen vermag. Dies ist aber die Konfirmation . . . Der Sinn -er Konfirmation ist dahin zu bestimmen, -atz das herangewachfene Kind sich mit Bewußtsein zu dem Glauben, auf -en es geteuft wurde, bekennt und damit die Zugehörigkeit zu der kirchlichen Gemeinschaft, in die es gestellt wor­ den ist, freiwillig betätigt (?bestätigt) .... Man wird demgemäß nicht sagen können, -aß die Konfirmation eine Er­ gänzung der Taufe sei, denn sie bietet keine objektive Gabe dar, die über die Taufgabe hinausginge. Ja sie bringt überhaupt keine neue besondere Gottesgabe und hat daher keinesfalls sakra­ mentale Art. (Es entspricht also auch nicht ihrem Wesen, wenn man sie als eine objektive Bestätigung der Taufe bezeichnet. Ihre vedeuteng liegt vielmehr auf -er subjektiven Seite. Vie Kon«

firmation ist eine bewußte Empfangsbestätigung der Gaben und Güter, die dem Rinde einst in unbewußtem Zustande zugesichert wurden. Sie bestätigt, daß das einst erhoffte Leben sich setzt in persönlicher Wirklichkeit regt.... So betrachtet entspricht sie der Idee -er Rindertaufe, deren reine Objektivität einer Bestä­ tigung ihrer Wirksamkeit durch freies subjektives Leben bedarf." hierin unterstreiche ich: „Ihre Bedeutung liegt auf der subjektiven Seite", vor allem im sich mirLewugtsein zu dem Glauben Bekennen, auf den getauft wurde. See berg redet immer von subjektiver Annahme der einst zugesicherten Tauf­ gaben, von subjektiver Bereitschaft zu ihrem Empfang, von be­ wußter Empfangsbestätigung derselben. Es ist die Annahme, der Empfang im Glauben. Er lehrt keineswegs etwas, was unsrem Begriff der durch den eigenpersönlichen Glauben sich vollziehenden Taufbundbejahung, Taufbundbestätigung, ja Taufbund r e a l i s i e rung widerspräche. Lei der Rindertaufe spricht er S. 435 von der „Zusicherung einer objektiven Realität, die doch nur in der Form subjektiven Erlebens real ist". „Realisierung" überbietet noch „Ergänzung". Seeberg widerspricht nicht etwa Schleiermachers Auffassung der Konfirmation als „Ergänzung des Mangels, der an der Taufe haftete". Der Mangel der Rindertaufe liegt auf der subjektiven Seite, auch nach Schleiermacher. Seeberg be­ streitet nur die Lrgänzungsbedürftigkeit der Rindertaufe durch neues, objektives, sakramentales Geben, durch objektive Bestätigung. Bei Seeberg ist Gegenstand der bewußten subjektiven Bestätigung, Bezeugung, des „Ausweises" durch Bekenntnis die persönliche Wirk­ lichkeit des Iugendglaubens. Wir sagten „Taufbundsbestätigung" und meinten damit, daß das Ronfirmandenbekenntnis des eigenen Iugendglaubens an Gottes Taufbund mit ihnen, den jener ergänzt, ja erst realisiert, das stellvertretende Glaubensbe­ kenntnis der Taufpaten bestätigt. Sachlich ist kein Unterschied, weil auch S e e b e r g die Realisierungsbedürftigkeit der Rindertaufe durch den Jugendglauben lehrt. Wir unterschreiben auch Seebergs Worte, es müsse „ein Zeitpunkt in der Entwicklung des Rindes fixiert werden", in dem es sich über seinen die ihm zugesicherten Taufgüter erst realisierenden Jugendglauben bekennend „auszu­ weisen vermag". Daß die Bedeutung der Konfirmation „auf der subjektiven Seite liegt", formuliert auch der Dogmatiker Stephan (Glaubenslehre 11921, 188; 21928, 225) aufs kürzeste so: der wirkliche evangelische Glaube „ergänze" die Rindertaufe „durch den versuch, das der Rindertaufe fehlende Reife- und Erlebnismoment nach­ träglich in der Konfirmation hinzuzufügen". „Reife- und" ist ein Zusatz der 2. Ausl. Die Dogmatiker, die die zwingende innere Logik der Rinder-

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taufe einsehen, und die sehenden Historiker, die nicht blind sind gegen das, was in -en lutherischen (Quellen offensichtlich wirklich drin steht — z. B. in Chemnitz' Examen: „puer ipse coram ecclesia ederet propriam et publicam professionem huius doctrinae et fidei“— stehen zusammen gegen den Ansturm auf die Bestimmung der Konfirmation als „die Ablegung und Annahme des eigenen Glaubensbekenntnisses". Aber öfters sieht man ja noch in den lutherischen (Quellen das subjektive, aktive, nichtkatechetische Clement ihrer Konfirmationsauffassung,- man sieht es aber sehr kritisch an als Butzerisches Fremdgut oder vielmehr Fremdgift läu­ ferischer Provenienz. Ohne Butzer zu nennen, hat ihn als schuld am Fremdkörper in -er lutherischen Kirche gemeint F. R end torff in seiner Rede am 1. Oktober 1924 in der Landessynode im Freistaat Sachsen (a. S. 4356 a. D. S. 262 a).

„Die Konfirmation ist ein Fremdkörper in der evangelischen Volkskirche. Die lutherische Kirche hat einst mit vollem Bewußtsein die Konfirmation durch den Katechismus ersetzt. So Luther, fo die Wittenberger Reformation vom Jahre 1545, so die kur­ sächsische Kirchenordnung vom Jahre 1580. Cs ist lutherisch, an die Stelle einer Konfirmation, in der die Kinder sich aktiv ver­ halten, einen .Katechismus' zu setzen, der die Kinder unter Unter­ weisung, Fürbitte und Ermahnung stellt ”). Datz es anders ge­ worden ist, verdankt die Kirche nicht -em Luthertum, sondern der reformierten Kirche unter dem Einfluß -es Täufertums,- unter dem Gesichtspunkte, in der Volkskirche einen engeren Kreis von Freiwilligen auszurichten, ist die Konfirmation aufgekommen. Ihre innere Unwahrhaftigkeit besteht darin, -atz diese als frei­ willig gedachte Handlung nun als eine massenobligatorische Hand­ lung in die Volkskirche ausgenommen ist mit all den Bestim­ mungen, die getroffen waren für einen Akt, in dem eine Aus­ wahl von Kindern sich freiwillig unter die Jucht der Kirche zu begeben sich bereit erklärte." (Es war ganz geschickt, daß hiergegen der Synodale Reimer mit der „wittenbergischen Reformation", in -er F. Rendtorff einst selbst ein aktives Verhalten der Kinder festgestellt hatte"), zu Felde zog, und über dieses Gutachten der fünf Wittenberger Theologen") sagte (a. a. (D. S. 289 b): „hier liegen die wurzeln ”) Darf man es in einer Synodalrede aufstechen, daß hier „Exa. men" fehlt, die examinatorische Katechismusübung neben der informato. rischen? Wie lautete doch Fleisch's (m.