Der Vorrang des Papsttums zur Zeit der ersten Kreuzzüge 1095–1150 [Reprint 2019 ed.] 9783486772883, 9783486772876

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German Pages 525 [536] Year 1941

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Bücherverzeichnis
Erstes Buch. Der erste Kreuzzug. (1095–1099)
Zweites Buch. Der Fortgang des Investiturstreits. (1096–1110)
Drittes Buch. Das Ende des Investiturstreits. (1109–1125)
Viertes Buch. Das Schisma, Lothar und Roger II. (1125–1131)
Fünftes Buch. Die Schwäche des deutschen Reiches unter Lothar und Konrad III. (1131–1146)
Sechstes Buch. Das Abendland vor dem Zweiten Kreuzzug. (1139–1150)
Siebentes Buch. Das Morgenland und Ostrom zwischen dem Ersten und dem Zweiten Kreuzzug. (1099–1147)
Achtes Buch. Der Zweite Kreuzzug. (1145–1150)
Neuntes Buch. Die Wiedereroberung in Spanien und in Portugal. (1094–1149)
Namenverzeichnis
Nachträge und Berichtigungen
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Der Vorrang des Papsttums zur Zeit der ersten Kreuzzüge 1095–1150 [Reprint 2019 ed.]
 9783486772883, 9783486772876

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WELTGESCHICHTE

ÄLS MACHTQESCH ICHTE

DER VORRANG DES PAPSTTUMS ZUR ZEIT DER ERSTEN KREUZZÜGE 1095-1150 VON

DR. ALEXANDER CARTELLIERI O. PROFESSOR DER GESCHICHTE ÄN DER UNIVERSITÄT JENA

MÜNCHEN UND BERLIN 1941

V E R L A G VON R . O L D E N B O U R G

In der Reihe

„WELTGESCHICHTE ALS MÄCHTGESCHICHTE" erschienen ferner: „Die Zeit der Reichsgründungen, 382—911" „Die Weltstellung des Deutschen Reiches, 911—1047" „Der Aufstieg des Papsttums, 1047—1095"

Copyright 1941 by R. Oldenbourg, München Printed in Germany Druck: Universitäts-Buchdruckerei Gustav Neuenhahn, Jena

Eine Sammlung der Völkergeschichten in engerem oder weiterem Rahmen würde doch keine Weltgeschichte ausmachen: sie würde den Zusammenhang der Dinge aus den Augen verlieren. Eben darin aber besteht die Aufgabe der welthistorischen Wissenschaft, diesen Zusammenhang zu erkennen, den Gang der großen Begebenheiten, welcher alle Völker verbindet und beherrscht, nachzuweisen. Daß eine solche Gemeinschaft stattfindet, lehrt der Augenschein. L e o p o l d v o n R a n k e , Vorrede zur Weltgeschichte, 1. Teil, 1. Abteilung, 3. Aufl. Leipzig 1883, S. VII.

VORWORT. Der vorliegende Band bildet die unmittelbare Fortsetzung der im gleichen Verlag erschienenen drei Bände, so daß jetzt die Weltgeschichte unter dem einheitlichen Gesichtspunkt der Macht vom Jahre 382 bis zum Jahre 1150 dargestellt ist. Es wurde schon früher bemerkt, weshalb es nicht möglich war, Religion, Verfassung, Wirtschaft und Kultur, um nur die wichtigsten Stichworte zu nennen, mit der äußeren Politik zu verbinden. Sind die Haupttatsachen eines vielfach entscheidenden Teilgebiets erst einmal festgelegt, wird es wesentlich leichter sein, das Zusammenleben der Völker in allen seinen Verzweigungen zur Anschauung zu bringen. Möchte der hier gemachte Versuch im Sinne unserer größten Meister der Weltgeltung der deutschen Wissenschaft förderlich sein! Das Ziel der Arbeit sei noch einmal deutlich hervorgehoben. Da die ursprünglichen Quellen nicht immer, sondern nur in einzelnen Fällen angeführt werden konnten, empfahl es sich, sie durch Vermittlung der neuesten und besten Hilfsmittel möglichst vollständig zu erfassen und daran eine selbständige Beurteilung zu knüpfen. Für vielfache Förderung danke ich, wie schon so oft, an erster Stelle der Universitätsbibliothek Jena, ihrem Direktor, Herrn Professor Dr. Theodor Lockemann, der mir sehr förderliche Erleichterungen gewährte, und ihren sämtlichen Beamten und Angestellten; sodann Herrn Fabrikbesitzer Dr. h. c. Felix Günther in Greiz, Ehrenbürger der Universität Jena, der durch seine „Günther-Stiftung" die Universitätsbibliothek instand setzte, zahlreiche, namentlich ausländische Werke anzuschaffen, ohne die dieses Werk nicht hätte geschrieben werden können. Auch die Drucklegung verdankt ihm sehr wertvolle Unterstützung. Meine Tochter Ilse hat auch diesmal wieder die Korrektur sorgfältig mitgelesen und sich allein der mühsamen Anfertigung des Namenverzeichnisses unterzogen, da ihr Gatte, Oberstudiendirektor Dr. Max Prange, als Hauptmann im Felde steht. Fräulein Dr. Käthe Nicolai in Jena, meine frühere Assistentin am Historischen Seminar der Universität, war ständig um die Korrektur bemüht und half bei der bücherkundlichen Arbeit. Allen guten Freunden der „Weltgeschichte" sage ich aufrichtigen und herzlichen Dank. J e n a , im März 1941. ALEXANDER CARTELLIERI.

V

INHALTSVERZEICHNIS. E R S T E S BUCH.

DER ERSTE KREUZZUG. (1095-1099.) E R S T E S K A P I T E L . Der Bauernkreuzzug (1095—1096) Urbans Predigt 1095/96 Walter Habenichts vor Konstantinopel 20. Juli 1096 Peter der Einsiedler ebenda 1. Aug Volkmars und Oottschalks Scharen gehen zugrunde Wilhelm gen. der Zimmermann und Emich von Leiningen in Wieselburg Mitte Aug. 1096 Judenverfolgungen am Rhein 1096 Peter der Einsiedler bei Alexius I. 2. Aug

Seite

3 3 8 8 9

10 10 11

Z W E I T E S K A P I T E L . Die Fürsten und Ostrom (1096—1097) Hugo von Vermandois in Konstantinopel Nov. 1096 Gottfried von Bouillon vor Konstantinopel 23. Dez Die Politik Alexius' 1 Bohemund von Tarent in Konstantinopel um den 10. April 1097 Robert II. von Flandern und Raimund IV. von Toulouse ebenda April . . Robert Kurzstiefel von Normandie und Stephan von Blois ebenda Mitte Mai

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D R I T T E S KAPITEL. Nicäa, Doryläum, Antiochia (1097—1098) Nicäa ergibt sich 19. Juni 1097 Kilidj Arslan I. bei Doryläum besiegt 1. Juli Balduin von Boulogne Graf von Edessa Febr./März 1098 Antiochia erobert 3. Juni Alexius I. erzielt Erfolge in Kleinasien Frühj Auffindung der Heiligen Lanze 14. Juni Niederlage Kurbukas 28. Juni Alexius weigert sich zu kommen , Bohemund beschenkt die Genuesen 14. Juli

. . . .

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V I E R T E S K A P I T E L . Die Eroberung Jerusalems (15. Juli 1099) Bischof Ademar stirbt 1. Aug. 1098 al-Afdal bezwingt Jerusalem 26. Aug Konzil zu Bari 3.—10. Okt Raimund von Toulouse bricht nach Jerusalem auf 13. Jan. 1099 Einnahme Jerusalems 15. Juli 1099 Gottfried Beschützer des Heiligen Grabes 22. Juli Arnolf Patriarch von Jerusalem 1. Aug Sieg der Kreuzfahrer bei Askalon 12. Aug Konzil zu Rom 2 4 . - 3 0 . April 1099

. . . .

39 39 39 40 42 46 49 49 50 51

VII

ZWEITES BUCH.

DER FORTGANG DES INVESTITURSTREITS. (1096—1110.) ERSTES K A P I T E L .

Papst Urban II. (1096—1099)

Seite 55

Philipp I. absolviert 1098 Heinrich IV. verträgt sich mit den Weifen 1096 Heinrich IV. in Bayern Ende Mai 1097 Er begünstigt die Juden Friedrich I. von Staufen in Schwaben, Berthold II. von Zähringen in Zürich Anf. 1098 König Konrad abgesetzt, Heinrich V. soll nachfolgen 10. Mai Heinrich IV., Böhmen und Polen Versuch eines kaiserlichen Landfriedens 29. Juni 1099 Legatengewalt Rogers I. 5. Juli 1098 Urban gewinnt die Engelsburg 10. Aug Er hält Konzil zu Bari 3. Okt Er entscheidet gegen Liemar von Hamburg für Dänemark Er hält Konzil zu Rom 24.—30. April 1099 Er stirbt 29. Juli

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Z W E I T E S K A P I T E L . Die ersten Jahre des Papstes Paschalis II. (1099 bis 1103) Paschalis gewählt 13. Aug. 1099 Wibert-Klemens stirbt 8. Sept. 1100 Roger I. von Sizilien stirbt 22. Juni 1101 König Konrad stirbt 27. Juli Gräfin Mathilde erneuert ihre Schenkung 17. N o v Paschalis erhebt Lund zum Erzbistum 1104 Markgraf Udo III. erobert Brandenburg 1101 Heinrich IV. hält Reichstag zu Mainz Weihn. 1100 Heinrich I. von Limburg Herzog von Niederlothringen Ende 1101 . . . . Heinrich IV. gegen Robert II. von Flandern 1102 Er hält Reichstag zu Mainz 6. Jan. 1103 Heinrich V. empfängt das Schwert 21. April 1101 Robert II. von Flandern unterwirft sich 29. Juni 1103

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D R I T T E S K A P I T E L . Der Ausgang Heinrichs IV. und der Regierungsantritt Heinrichs V. (1103—1106) 70 Graf Sieghard von Burghausen ermordet 5. Febr. 1104 71 Gewalttat Dietrichs von Katlenburg 71 Abfall Heinrichs V. zu Fritzlar 12. Dez 71 Versammlungen zu Quedlinburg und zu Nordhausen April und Mai 1105 73 Kämpfe um Mainz, Würzburg, Nürnberg, Regensburg 74 Herzog Friedrich I. von Schwaben stirbt vor 21. Juli 74 Heinrich IV. am Regen verlassen Okt 74 Heinrich V. in Speyer und in Mainz 74 Vater und Sohn in Bingen 22. Dez 74 Heinrich IV. auf Böckelheim gefangen 74 Reichstag Heinrichs V. zu Mainz 25. Dez 75 Gegenpapst Silvester IV. 18. N o v 75 Heinrich IV. bekennt seine Sünden in Ingelheim 31. Dez 75 Er schreibt an Hugo von Cluni, Philipp von Frankreich und Heinrich V. 1106 76 f. Heinrich V. wird bei Visé geschlagen 22. März 77 Er belagert vergeblich Köln Juli 78 Heinrich IV. stirbt 7. Aug 79

VIII

Seite

Gottfried I. von Löwen Herzog von Niederlothringen Lothar von Supplinburg Herzog von Sachsen 1106 Synode zu Guastalla 23. Okt. 1106

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V I E R T E S K A P I T E L . Frankreich, die Normandie und England (1098—1107) Der Thronfolger Ludwig VI Robert Kurzstiefel in Italien 1100 Wilhelm II. der Rote von England greift das französische Vexin an Nov. 1097 Er zieht in Le Mans ein Juli 1099 Sein T o d 2. Aug. 1100 • Heinrich I. von England gekrönt 5. Aug., seine Freiheitsurkunde Er heiratet Mathilde von Schottland Robert Kurzstiefel wieder in der Normandie um Anf. Sept Helias von La Flèche in Le Mans vor 1. N o v Robert Kurzstiefel bedroht London 1101 Vertrag von Alton Aug Robert von Bellême unterwirft sich Sept. 1102 Heinrichs I. Vertrag mit Robert II. von Flandern in Dover 10. März 1103 Anselm von Canterbury hält eine Synode zu Westminster 29. Sept. 1102 . . Seine Einigung mit dem König betr. Investitur in Le Bec 15. Aug. 1106 . . Heinrich siegt bei Tinchebrai über Robert Kurzstiefel 29. Sept Lebenslängliche Gefangenschaft Roberts

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F Ü N F T E S K A P I T E L . Beginnender Zwiespalt zwischen Paschalis und Heinrich V. (1107—1110) Paschalis mit Philipp I. und Ludwig VI. in Saint-Denis um 1. Mai 1107 . . Paschalis empfängt in Châlons deutsche Gesandte Mai Heinrich V. in Verdun Paschalis hält eine Synode zu Troyes 23. Mai Seine Rückkehr nach Italien Reichsversammlung in Westminster 1. Aug Heinrich V. gegen Robert II. von Flandern Er belagert vergeblich Douai Anf. Nov Er besucht Cambrai König Koloman von Ungarn wird bei Przemiél von den Russen besiegt April 1099 Seine Krönung zum König von Kroatien und Dalmatien 1102 Er bemächtigt sich einiger dalmatinischer Städte 1103 Innere Wirren in Böhmen Heinrich V. gegen Ungarn Sept.—Okt. 1108 Er belagert vergeblich Preßburg Swatopluk von Böhmen gegen Ungarn Febr. 1109 Boleslaw III. von Polen besiegt die Pommern bei Nakel 10. Aug Heinrich V. gegen Polen nach Mitte Aug Swatopluk ermordet 21. Sept Heinrich V. belehnt Wladislaw I. mit Böhmen Jan. 1110 Deutsche Siedlungen im Osten und im Norden 1104, 1106, 1108

94 94 95 96 96 97 97 98 98 98 99 99 100 100 101 101 101 102 102 102 103 103

D R I T T E S BUCH.

DAS ENDE DES INVESTITURSTREITS. (1109—1125.) E R S T E S K A P I T E L . Die Trennung von Staat und Kirche (1109—1114) . Heinrich V. schickt Gesandte zu Paschalis Ende 1109 Denkschrift über die Investitur

.

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IX

Seite

Reichstag zu Regensburg Febr. 1110 107 Päpstliche Gesandte bei Heinrich März 108 Philipp I. von Frankreich stirbt 29. oder 30. Juli 1108 108 Ludwig VI. gekrönt 3. Aug 108 Krieg mit England, Gisors 109 Ludwig verzichtet auf Hilfe für Barcelona 109 Heinrich V. verlobt sich mit Mathilde von England 10. April 1110 . . . . 110 Slawische Plünderungen Aug 110 David Hofhistoriograph 110 Deutsche Heerschau bei Roncaglia 1110 111 Ranger von Lucca gegen die Laieninvestitur 111 Paschalis hält Synode zu Benevent Okt. 1108 111 Herzog Richard von Gaeta hilft dem Papst Anf. 1109 112 Lateransynode 7. März 1110 112 Heinrichs Kundgebung an die Römer Jan. 1111 112 Verhandlung in S. Maria in Turri 4. Febr 112 Eide von Sutri 9. Febr 114 Gestörte Krönungsfeierlichkeit in Rom 12. Febr., Straßenkampf 13. Febr. .114/5 Heinrich verläßt Rom 15./16. Febr 115 Robert I. von Capua verzichtet auf Eingreifen 116 Roger Borsa von Apulien stirbt 22. Febr. 1111 116 Bohemund I. von Antiochia stirbt 7. März 116 Roger I. von Sizilien stirbt 22. Juni 1101 . 116 Vertrag zwischen Heinrich und Paschalis bei Ponte Mammolo bzw. Sette Fratte 11. April 1111 117 Investiturprivileg vom 12. April 117 Kaiserkrönung in S t . Peter 13. April 118 Heinrich Gast der Gräfin Mathilde 6 . - 8 . Mai 118 Seine Urkunde für Venedig 22. Mai 118 Rückkehr nach Deutschland Anf. Juni 1111 119 Adalbert Erzbischof von Mainz 119 Paschalis zur Zurücknahme des Privilegs gedrängt 119 Brun von Segni und andere Publizisten 119 Laterankonzil 18. März 1112 ff 121 Konzil zu Vienne gegen den Kaiser 16. Sept 122 Abfall Adalherts von Mainz 1112 123 Heinrichs Kriegführung cremen Sachsen und Thüringer Anf. 1113 . . . . 124 Desgleichen gegen Bar-le-Duc etwa Nov 124 Seine Hochzeit mit Mathilde 7. Jan. 1114 125 Z W E I T E S KAPITEL. Heinrich V. im Kampf mit dem Papst und den deutschen Fürsten (1114—1119) Köln empört sich Juni 1114 Neue Verschwörung in Sachsen Kuno von Palestrina bannt den Kaiser in Beauvais 6. Dez Niederlage des Kaisers am Weifesholz 11. Febr. 1115 Mathilde von Canossa stirbt 24. Juli Der Kaiser muß Adalbert von Mainz freilassen Anf. Nov Er bricht nach Italien auf März 1116 Herzogliche Rechte Konrads von Staufen in Würzburg Der Kaiser in Venedig März 1116 Koloman von Ungarn stirbt 4. Febr 1114 Doge Falieri erobert Städte in Dalmatien Aug. 1115 Der Kaiser nimmt das Mathildische Gut in Besitz März 1116 Laterankonzil 10. März, Investiturverbot

X

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Heinrich V. in Rom vor 25. März 1117 Er verläßt die Stadt nach dem 13. Mai Paschalis stirbt 21. Jan. 1118 Gelasius II. gewählt 24. Jan Heinrich V. gelangt zur Peterskirche 1./2. März Moritz von Braga als Gregor VIII. durch den Kaiser Papst Heinrich verläßt Rom nach 2. Juni Heinrich kehrt nach Deutschland zurück etwa Sept Gelasius in Frankreich Anf. Sept Er stirbt in Cluni 29. Jan. 1119

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D R I T T E S KAPITEL. Die Normandie, England und Frankreich (1110—1119) Vertrag Heinrichs I. von England mit Robert II. von Flandern 1110 . . . Ludwig VI. zerstört Le Puiset 1111 Heinrich I. greift Fulko V. von Anjou an Aug. Robert II. von Flandern stirbt Anf. Okt Englischer Anschlag auf Wilhelm Clito Fulko V. leistet Heinrich I. Mannschaft Ende Febr. 1113 Heinrich I. kämpft in Wallis Mai/Juni 1114 Ludwig VI. heiratet Adelaide von Maurienne 1115 Ludwig VI. und Balduin VII. von Flandern in der Normandie Sommer 1117 Balduin VII. stirbt Juni 1119 Wilhelm Ätheling heiratet Mathilde von Anjou Juni Ludwig VI. von Heinrich I. bei Br&mule geschlagen 20. Aug

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VIERTES KAPITEL. Das Wormser Konkordat (1119—1123) Wido von Vienne Papst 2. Febr. 1119 Ludwig VI. und Kalixt II. in Morigni 3. Okt Reichsversammlung bei Mainz 24. Juni 1119 Heinrich V. mit päpstlichen Unterhändlern in Straßburg 1. Okt Konzil zu Reims 2 0 . - 3 0 . Okt Kalixt bei Heinrich I. von England in Gisors Ende Nov England und Frankreich schließen Frieden Anf. 1120 Wilhelm Ätheling ertrinkt 25. Nov. 1120 Königin Mathilde von England stirbt 1. Mai 1118 Heinrich I. heiratet Adelaide von Löwen 29. Jan. 1121 Kaiserlich-päpstliche Friedensverhandlungen zu Würzburg Okt Kalixt in Rom 3. Juni 1120 Er belehnt in Benevent Wilhelm II. von Apulien Okt. 1120 Der Gegenpapst Moritz-Gregor in Sutri gefangen 23. April 1121 . Parteigegensätze um das Bistum Würzburg Wormser Konkordat 23. Sept. 1122 Laterankonzil 18.—27. März 1123

142 142 143 143 143 144 146 146 T47 147 147 147 148 148 149 149 150 151

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FÜNFTES KAPITEL. Der Ausgang Heinrichs V. (1123—1125) . . . . 153 Lothar von Sachsen arbeitet gegen den Kaiser 153 Fulko V. von Anjou und Wilhelm Clito 154 Englischer Sieg bei Rougemontiers 26. März 1124 .154 Heinrich I. erobert Brionne und andere Burgen seit April 154 Heinrich V. zieht gegen Frankreich um Ende Juli, kehrt zurück 14. Aug. . .155/6 Er bezwingt den Aufstand in Worms 157 Kalixt II. stirbt 14. Dez .157 Honorius II. Papst 21. Dez 158 Heinrich V. plant eine Reichssteuer 158 Sein Tod 23. Mai 1125 158

XI

VIERTES BUCH.

D A S SCHISMA, LOTHAR U N D ROGER II. (1125—1131.) E R S T E S K A P I T E L . Die Anfänge Kaiser L o t h a r s (1125—1130) . . . . Wahlausschreiben der Fürsten Endgültige W a h l Lothars 30. Aug. 1125 Adalbert von Mainz H a u p t r a t g e b e r Lothar bittet den P a p s t um Bestätigung Lothar von den Böhmen im Erzgebirge geschlagen 18. Febr. 1126 . . . . Herzog Friedrich II. zu S t r a ß b u r g geächtet Wende 1125/1126 Heinrich der Schwarze von Bayern stirbt 13. Dez. 1126 Heinrich der Stolze heiratet Lothars Tochter Gertrud 29. Mai 1127 . . . Lothar belagert N ü r n b e r g vergeblich 1127 Wilhelm III. von Hochburgund ermordet um März 1127? Konrad von Zähringen Rektor von Burgund Sept. 1127 Heinrich der Stolze bei Donauwörth von den Staufern geschlagen Herbst Konrad von Staufen zum König gewählt 18. Dez E r wird von 3 Erzbischöfen gebannt um Weihnachten Ihm wird die herzogliche Gewalt in Ostfranken entzogen Gottfried von Niederlothringen abgesetzt, W a l r a m II. von Limburg ernannt 10. Juni 1128 Konrad von Honorius II. gebannt 22. April E r wird in Monza gekrönt 29. Juni und nachher in Mailand E r kann das Mathildische G u t nicht bekommen Lothar zieht in Speyer ein 3. Jan. 1130 Mordtaten in Sachsen Z W E I T E S K A P I T E L . Die Anfänge Rogers II. von Sizilien (1112—1130) Honorius II., die Barone d e r Campagna und Monte Cassino Adelaide Regentin in Sizilien Roger II. gründet das Admiralat Christodulus und G e o r g von Antiochia Roger II. im Kampf mit Afrikanern 1114, 1117/18, 1123 Paschalis II. sucht Rogers Legatengewalt einzuschränken Wilhelm II. von Apulien stirbt 28. Juli 1127 Honorius b a n n t Roger Nov. oder Dez Robert II. zum Fürsten von Capua gesalbt Jan. 1128 Roger II. von Honorius als Herzog von Apulien investiert 22. Aug. 1128 . E r unterwirft T a n k r e d von Conversano 10. Aug. 1129 E r läßt einen Landfrieden beschwören Sept Robert II. von Capua leistet Mannschaft Ende 1129

.

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D R I T T E S KAPITEL. Die Westmächte und Flandern (1126—1129) . . . Heinrich I. von England plant die Nachfolge seiner Tochter Mathilde . . . Ludwig VI. unterstützt und verheiratet Wilhelm Clito 1126/1127 Knut II. von D ä n e m a r k ermordet 10. Juli 1086 Karl der Gute von Flandern ermordet 2. März 1127 Ludwig VI. erhebt Wilhelm Clito zum Grafen von Flandern 23. März . . . Zugeständnisse an die Städte Fenstersturz der Mörder 5. Mai Ludwig VI. gegen die Garlande Bewegung gegen Wilhelm Clito 1127/1128 Ludwig VI. erobert Livri Anf. 1128 Sein Streit mit dem Bischof von Paris Die flandrischen Städte gegen seine Einmischung

XII

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Heinrich I. von England stößt nach ßpernon vor Wilhelm Clito besiegt Dietrich von Elsaß bei Axpoel 21. Juni Er stirbt 27./28. Juli vor Aelst Robert Kurzstiefel stirbt Anf. Febr. 1134 Dietrich von Elsaß in Flandern allgemein anerkannt Heinrich 1. erzwingt die Huldigung für Mathilde Wende 1126/1127 . . . . Gottfried von Anjou heiratet sie 17. Juni 1128 Fulko V . von Anjou geht ins Heilige Land Anf. 1129 Ludwigs VI. Sohn Philipp gekrönt 14. April V I E R T E S K A P I T E L . Das Schisma (1130—1131) Honorius II. stirbt 13./14. Febr. 1130 Innocenz II. und Anaklet II. zwiespältig gewählt 14. Febr. 1130 Beide Päpste konsekriert 23. Febr Sie schreiben an die Könige und die Völker Die jüdische Herkunft Anaklets Bernhard von Clairvaux Anhänger Anaklets in Aquitanien Innocenz II. in Frankreich Sept Konzil zu fitampes nach 11. Sept Norbert von Primontre, Erzbischof von Magdeburg Anhänger Anaklets in Deutschland Reichsversammlung zu Würzburg um Mitte Okt Roger II. durch Anaklet König 27. Sept Feierliche Krönung zu Palermo 25. Dez Innocenz II. hält eine Synode zu Clermont 18. N o v Er wird von Ludwig VI. empfangen Anf. Jan. 1131 Heinrich I. von England trifft sich mit Innocenz in Chartres 13. Jan. Das Schisma in Spanien und Portugal Reichsversammlung zu Lüttich seit 22. März Lothars schwacher Versuch, die Investitur zu erlangen Innocenz hält Konzil zu Reims 18. Okt Der Thronfolger Philipp von Frankreich stirbt 13. oder 14. Okt Ludwig VII. von Innocenz geweiht 25. Okt

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FÜNFTES BUCH.

DIE SCHWÄCHE DES DEUTSCHEN REICHES UNTER LOTHAR UND KONRÄD III. (1131-1148.) E R S T E S K A P I T E L . Lothars erster Romzug (1131—1133) Dänische Verhältnisse Knut La ward ermordet 7. Jan. 1131 Lothar schließt Frieden mit Dänemark Aug./Sept Albero Erzbischof von Trier Lothars Romzug nach 15. Aug. 1132 , Aufruhr in Augsburg Roger II. unterwirft Amalfi und Neapel Anf. 1131 Rainulf von Alife, Robert II. von Capua, Tankred von Conversano empören sich gegen Roger Sept. . . Roger bei Nocera geschlagen 24. Juli 1132 Innocenz II. söhnt Pisa und Genua aus Ende März 1133 Innocenz und Lothar bei Viterbo Ende März Vergebliche Verhandlungen mit Anaklet

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Lothar zieht in Rom ein 30. April 212 Lothar im Lateran zum Kaiser gekrönt 4. Juni 1133 213 Innocenz urkundet betreffs der Regalien 8. Juni 213 Desgleichen betreffs des Mathildischen Allods 214 Lothar zieht ab 8. Juni 214 Innocenz unterstellt Gnesen Magdeburg 4. Juni 1133, handelt selbst dagegen 7. Juli 1136 214/5 Er gewährt Adalbero von Bremen-Hamburg Metropolitanrechte über Skandinavien 27. Mai 1133, hält sich nicht mehr daran 1139 215 Der Kaiser im Bilde Vasall des Papstes 216 Innocenz flieht nach Pisa Mitte Nov. 1133 216 Roger kehrt nach Sizilien zurück 21. Okt 216 ZWEITES KAPITEL. Lothar zwischen den beiden Romzügen. Die Slawenmission (1133—1136) Ungarische Wirren seit 1114 Lothar stiftet Frieden zwischen Böhmen, Polen und Ungarn in Altenburg Febr./März 1134 Dänische Wirren 1131, 1132 Deutsche in Dänemark getötet Magnus von Dänemark leistet Mannschaft zu Halberstadt 15. April 1134 . Nikolaus von Dänemark erschlagen Juni Albrecht von Ballenstedt erhält die sächsische Nordmark Bedeutung seines Vaters Otto Lothar empfängt Wizelin Mai Lothar verkündet die Slawenmission Friedrich von Staufen unterwirft sich zu Bamberg 18. März 1135 . . . . Lothar in Magdeburg geehrt 26. Mai Boleslaw von Polen leistet in Merseburg Mannschaft Mitte Aug Oströmische Gesandtschaft bei Lothar Rogers afrikanische Unternehmungen 1134, 1135 Innocenz hält Konzil zu Pisa Mai/Juni 1135 König Konrad unterwirft sich in Mühlhausen 29. Sept Rogers Erfolge gegen seine Barone Frühj. 1134 Seine Gemahlin Elvira stirbt Febr. 1135, neuer Aufstand Pisaner zerstören Amalfi 4. und 5. Aug. 1135 Lothars Reichstag zu Speyer 1135/1136 Konrad von Wettin wird Markgraf von Meißen Mai 1136 Otto von Bamberg, der Pommernapostel Lothar mahnt den Erzbischof von Arles DRITTES KAPITEL. Lothars zweiter Romzug und Tod (1136—1138) . Lothar bricht auf Aug. 1136 Seine Urkunde für Venedig 3. Okt Mailand für ihn, Cremona gegen ihn Rogers Kanzler Warin und Monte Cassino Neapel von Sizilien schwer bedrängt Lothar und Heinrich der Stolze in Bari Mai 1137 Heinrich vorher in Tuszien tätig, Innocenz in seinem Lager Robert II. von Capua wieder eingesetzt Roger bietet vergeblich Frieden an Er hetzt das deutsche Heer auf Kaiser und Papst im Streit um Monte Cassino Juli 1137 Oströmische Gesandte bei Lothar

XIV

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Robert von Capua belagert Salerno 17. Juli, Roger hebt die Belagerung Neapels auf 234 Salerno ergibt sich Lothar 9. Aug 234 Lothar und Innocenz belehnen gemeinsam Rainulf Aug 235 Lothar kehrt nach Deutschland zurück 235 Seine Eroberungen gehen gleich wieder verloren 236 Roger bei Rignano geschlagen 30. Okt 236 Sergius VII. von Neapel fällt 236 Roger will zwischen den beiden Päpsten entscheiden 237 Lothar stirbt in Breitenwang 4. Dez. 1137 237 Anaklet II. stirbt 25. Jan. 1138 238 Viktor IV. Gegenpapst März/Mai 239 VIERTES KAPITEL. Konrads III. mühselige Regierung (1138—1146) . . Heinrich der Stolze Konrad von Staufen in Koblenz gewählt 7. März 1138, in Aachen gekrönt . Reichstag zu Bamberg 22. Mai Heinrich der Stolze geächtet um Anf. Aug Albrecht der Bär Herzog von Sachsen Bayern Heinrich dem Stolzen abgesprochen Weihn Markgraf Liutpold IV. von Österreich Herzog von Bayern Febr. 1139 . . Otto Bischof von Freising Waffenstillstand Konrads mit den Sachsen Aug Heinrich der Stolze stirbt 20. Okt. . Wagrien erhält Heinrich von Badwide Konrads Halbbruder Heinrich Pfalzgraf bei Rhein April 1140 Weif VI. schlägt Liutpold IV. von Bayern bei Vallei 13. Aug Einnahme von Weinsberg durch Konrad Dez Kaiserin Richenza stirbt 10. Juni 1141 Liutpold IV. von Bayern stirbt 18. Okt Pfalzgraf Heinrich wird Herzog von Bayern Ende 1141 Hermann III. von Stahleck wird Pfalzgraf Ende 1141 Albrecht der Bär verzichtet und Heinrich der Löwe wird Herzog von Sachsen Mai 1142 Seine Mutter Gertrud heiratet Heinrich II. von Österreich Wladislaw II. von Böhmen am Vysoka geschlagen 25. April 1142 . . . . Konrad in Prag 7. Juni Heinrich II. von Österreich mit Bayern belehnt Mitte Jan. 1143 Herzogin Gertrud stirbt 18. April Heinrich von Badwide und Adolf II. von Holstein vergleichen sich . . . . Adolf II. besiedelt 1143 Wagrien, gründet Lübeck Erzbischof Albero von Hamburg-Bremen und andere siedeln 3. Sept. 1142 . Weif VI. und Friedrich III. von Schwaben (?) bekämpfen den König 1143 . Konrad begünstigt Raimund von Baux 10. Aug. 1145 Dynastische Wirren in Polen 1141 Herzog Wladislaw II. von Konrad belehnt 14. April 1146 Konrad richtet in Schlesien nichts aus Aug Boleslaw IV. behauptet sich als Herzog von Polen Kämpfe um Preßburg zwischen bayrischen Herren und Geisa II. von Ungarn 1146 Geisa besiegt Heinrich von Bayern nahe der Leitha 11. Sept. 1146 . . . .

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XV

SECHSTES BUCH.

DAS ABENDLAND VOR DEM ZWEITEN KREUZZUG. (1139—1150.) Seite

ERSTES KAPITEL. Das Papsttum, Sizilien und die römische Revolution (1139—1146) 257 Laterankonzil April 1139 257 Arnold von Brescia und Abälard 258 Krieg zwischen Rom und Tivoli Ende 1141—1143 259 Innocenz II. stirbt 24. Sept. 1143 259 Cölestin II. gewählt 26. Sept., geweiht 3. Okt., stirbt 8. März 1144 . . . . 259 Lucius II. gewählt 8. März, geweiht 12. März 259 Rainulf von Alife stirbt 30. April 1139 260 Roger II. nimmt Innocenz II. bei Galluccio gefangen 22. Juli 260 Vertrag von Mignano, Bulle vom 27. Juli 260 Neapel erkennt Fürst Alfons von Capua an Aug 261 Bari ergibt sich 19. Okt 261 Roger II. steht auf der Höhe 28. April 1140 261 Assisen von Ariano Herbst 262 Empfang in Neapel Ende Sept 262 Kämpfe in Afrika 1141/1142 262 Roger II. und Lucius II. in Ceprano Juni 1144 263 263 Rogers Söhne schließen einen Waffenstillstand mit Lucius II Fürst Alfons von Capua stirbt 10. Okt. 1144 263 Römische Revolution zwischen dem 7. Aug. und dem 6. Okt 264 Lucius II. stirbt 15. Febr. 1145, Eugen III. am gleichen Tage gewählt, geweiht in Farfa 18. Febr 265 f. Eugen zieht in Rom ein Dez. 1145 266 Tivoli von den Römern zerstört 267 Kaiser Heinrich II. heiliggesprochen 14. März 1146 267 Eugen III. bemüht sich vergeblich um Konrads Romzug 267 Arnold von Brescia und Abälard in Sens verurteilt 3. Juni 1140 268 Abälard stirbt 21. April 1142 268 Arnold in Paris und in Zürich 268 Er wird in Viterbo absolviert vor Ende Mai 1146, lebt als Büßer in Rom . . 268 f. ZWEITES KAPITEL. Die letzten Jahre Ludwigs VI. von Frankreich und der Regierungsantritt Ludwigs VII. (1130—1144) Hugo III. von Le Puiset und Thomas von Marie Wilhelm VI. von der Auvergne Theobald IV. von Blois Ludwigs VI. Kirchenpolitik und Kommunalpolitik Wilhelm X. von Aquitanien stirbt 9. April 1137 Ludwig VI. gewährt der Provinz Bordeaux freie Kirchenwahlen Er bespricht sich mit Stephan von England Mai Ludwigs VII. Hochzeit mit Eleonore von Aquitanien 25. Juli ( ? ) . . . . Ludwig VI. stirbt 1. Aug Ludwig VII. läßt sich in Bourges huldigen Weihn. 1137 Die Königin-Mutter Adelaide und Radulf 1. von Vermandois verlassen den Hof Abt Suger von Saint-Denis Ludwig VII. und Theobald IV. von Blois Odo I. von Champlitte Streit um das Erzbistum Bourges 1141 Vitri-le-Brül6 verbrannt 1143

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D R I T T E S KAPITEL. Die Anarchie in England (1133—1150) Heinrichs T o d 1. Dez. 1135 Stephan in Westminster gekrönt 22. Dez. 1135 Seine erste Freiheitsurkunde Die Hechtslage Seine zweite Freiheitsurkunde April 1136 Earl Robert von Oloucester für die Kaiserin Mathilde Niederlage der Schotten bei Northallerton (Standartenschlachf) 22. Aug. 1138 Kaiserin Mathilde und Robert von Oloucester in England Okt. 1139 . . . . Stephan vor Lincoln gefangen 2. Febr. 1141 Kaiserin Mathilde dem Sieg nahe Juni Sie muß aus Winchester fliehen, Robert von Qloucester wird gefangen 14. Sept Die Kaiserin muß aus Oxford fliehen vor Weihn. 1142 Stephan bei Wilton geschlagen Sommer 1143 Robert von Gloucester stirbt 31. Okt. 1147 Kaiserin Mathilde verläßt England Febr. 1148 Gottfried von Anjou übergibt die Normandie seinem Sohn Heinrich 1150 Gottfried stirbt 7. Sept. 1151 Stephan stirbt 25. Okt. 1154 Kaiserin Mathilde stirbt 10. Sept. 1167

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S I E B E N T E S BUCH.

DÄS MORGENLAND UND OSTROM ZWISCHEN DEM ERSTEN UND DEM ZWEITEN KREUZZUG. (1099-1147.) E R S T E S KAPITEL. Die Anfänge König Balduins I. von Jerusalem und der Nachkreuzzug (1099—1102) 291 Patriarch Daimbert schließt einen Vertrag mit Gottfried von Bouillon 1100 291 Gottfried stirbt 18. Juli . 292 Bohemund I. von Antiochia gefangen vor Mitte August 292 Tankred und die Venezianer erobern Haifa 20. Aug 292 Privilegien für Venedig 293 Balduin von Edessa wird König 13. Nov 293 Tankred wird Regent von Antiochia, Balduin von Le Bourg Graf von Edessa 293 Balduin I. nimmt mit Hilfe der Genuesen Arsuf 29. April 1101 294 Cäsarea erobert 17. Mai 294 Balduin I. siegt bei Ramla 7. Sept 295 Urban II. und Paschalis II. fördern den Kreuzzug 295/6 Kreuzzug der Lombarden, der Deutschen und der Franzosen ab Sept. 1100 296 Ancyra erobert 23. Juni 1101 297 Niederlage bei Amasia 5. Aug. 1101 297 Graf Wilhelm von Nevers wird bei Heraklea geschlagen 29. Aug. 1101 . . 298 Dgl. Herzog Wilhelm von Aquitanien, Weif IV. von Bayern und andere 5. Sept. 299 Z W E I T E S KAPITEL. König Balduin I. in Angriff und Abwehr (1102—1118) Balduin I. bei Ramla besiegt 17. Mai 1102 Sein Erfolg vor Jaffa 27. Mai Joscelin von Turbessel und Balduin von Le Bourg bei Harran gefangen 7. Mai 1104 Balduin I. besetzt Akka 26. Mai E r siegt bei Ramla 27. Aug. 1105

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XVII

Tankred als Regent von Antiochia siegt bei Tizin 20. April 1105, nimmt Apamea 14. Sept. 1106, Mitte 1108 Laodicea, dann Mamistra . . . . 303 Balduin von Le Bourg bekommt Edessa zurück Sept. 1108 . . . . . . . 303 Bohemund 1. in Rom Febr. 1105 303 In Frankreich heiratet er Konstanze, Tochter Philipps 1. 1106 304 Basileus Alexius warnt vor Bohemund 304 Bohemund belagert vergeblich Durazzo 13. Okt. 1107 304 Sein Vertrag mit Alexius in Diabolis Sept. 1108 305 Er stirbt 7. März 1111 305 Raimund IV. von Toulouse stirbt 28. Febr. 1105 306 Sein Sohn Bertrand zieht in Tripolis ein 12. Juli 1109 . . . . . . . . 306 Balduin I. erstürmt Beirut Mai 1110 306 Skandinavier helfen bei der Einnahme von Sidon 4./5. Dez. 1110 . . . . 307 Tyrus vergeblich belagert Nov. 1111 bis April 1112 307 Tankred stirbt 12. Dez. 1112 307 Sultan Muhammed läßt den Heiligen Krieg führen 1110, 1111, 1113 . . . 307 Balduin I. am See Tiberias besiegt 28. Juni 1113 308 Christen und Muslimen vereinigen sich in Apamea Aug. 1115 308 Niederlage der Türken beim Teil Danith 14. Sept. 1115 308 Balduin I. stirbt in al-Arisch 2. April 1118 309 Freundschaft zwischen Alexius und Balduin I. 1102 309 Vormarsch der Türken nach Westen seit 1109, sie belagern Nicäa 1113 . . 310 Alexius zieht bis Philomelium 1116 310 Sein Vertrag mit Malikschah von Ikonium 310 Er stirbt 15. Aug. 1118 . 311 DRITTES KAPITEL. Balduin II. und Fulko von Jerusalem (1118—1137) . 312 Balduins I. Eheirrungen 312 Balduin von Le Bourg wird König 14. April 1118 312 Joscelin I. bekommt Edessa 312 Verschwörung gegen Basileus Johann II 313 Sultan Muhammed von Persien stirbt 18. April 1118 313 Sein Sohn Mahmud besiegt bei Sawa 11. Aug. 1119 314 Roger von Antiochia fällt bei Dana 28. Juni 314 Balduin II. siegt beim Teil Danith 14. Aug 314 Joscelin von Edessa und Balduin II. gefangen 1122 und 1123 315 Johann II. gegen die Petschenegen 1122 . 315 Sein Frieden mit Ungarn zu Braniievo 1128 . 315 Seine Beziehungen zu Serbien 315 Venezianer auf Korfü 1122 316 Sie besiegen die ägyptische Flotte vor Askalon 30. Mai 1123 316 Tyrus wird mit ihrer Hilfe genommen 7. Juli 1124 316 Ihre Privilegien von Balduin II. 1125 und von Johann II. 1126 bestätigt . .3167 Balduin II. 1124 und Joscelin 1123 befreit 317 Balduin siegt bei Asaz Mai/Juni 1125 317 Die Assassinen in Damaskus abgeschlachtet 1129 318 Balduin kehrt vor Damaskus um 5. Dez. 1129 318 Bohemund II. getötet Jan. 1131 318 Balduin II. stirbt 31. Aug. 1131 318 Fulko V. von Anjou zum König gekrönt 14. Sept. 1131 319 Er siegt bei Kinnesrin 1132/1133 319 Joscelin I. von Edessa stirbt Ende 1131, Joscelin II. unwürdig 319 Zengi Führer der Muslimen 319 Abbasiden-Chalif al-Mustarschid ermordet 30. Aug. 1135 319 Fulko bei Montferrand besiegt Juli 1137 320 Anfänge der Johanniter und der Templer 320

XVIII

Seite V I E R T E S K A P I T E L . Zengi, Basileus Johann II. und die lateinischen Staaten (1130—1143)

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Johanns II. Feldzüge gegen die Seldschuken 1130 ff Johann II. belagert Antiochia ab 29. A u g . 1137 Fürst Raimund muß Mannschaft leisten v o r 10. Sept. Johann II. nimmt L e o I. von Armenien g e f a n g e n Winter 1137/1138 . . . . Er belagert mit Raimund und Joscelin II. Schaizar 19. April bis 23. Mai 1138 Innocenz II. warnt die Lateiner v o r dem oströmischen Dienst 28. März 1138 Johann II. muß Antiochia verlassen Er marschiert nach Neo-Cäsarea v o r Jan. 1140 Zengi belagert Damaskus 6. Dez. 1139 bis 4. Mai 1140 Dietrich von Flandern im Heiligen Land Sommer 1139 Johann II. nimmt Turbessel 1142 Er will Jerusalem mit seinem Heer besuchen 1143 Er stirbt 8. April 1143 . Fulko stirbt 10. N o v . 1143 Sein Burgenbau

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F Ü N F T E S K A P I T E L . Der Fall Edessas und die ersten Feldzüge Manuels I. (1143—1147) Melisende und Balduin III. werden gekrönt Weihn. 1143 Raimund von Antiochia fällt in Cilizien ein Zengi erobert Edessa 28. N o v . bis 23. Dez. 1144 Zengi w i r d ermordet 14./15. Sept. 1146 Joscelin gewinnt Edessa auf kurze Zeit zurück Okt./Nov. 1146 W ü r d i g u n g Nur al-Dins Balduin III. und seine Barone müssen v o r Bosra umkehren um Ende Juni 1147 Basileus Manuel gekrönt Aug. bis Okt. 1143 . Raimund von Antiochia Vasall Ostroms 1145 Manuel zieht gegen Masud von Ikonium 1144 und 1146 Sie schließen Frieden 1147

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ACHTES

BUCH.

DER ZWEITE KREUZZUG. (1145-1150.) E R S T E S K A P I T E L . Die Vorbereitungen (1145—1147) L u d w i g V I I . plant eine Kreuzfahrt H u g o von Gabula und armenische Gesandte bei Papst Eugen N o v . 1145 . Bulle vom 1. Dez Bernhard von Clairvaux mit der P r o p a g a n d a betraut L u d w i g s V I I . H o f t a g in Bourges Weihn Versammlung in V i z e l a i ab 29. M ä r z 1146 L u d w i g nimmt das Kreuz 31. M ä r z Kreuzzugssteuer in Frankreich A b t P e t e r von Cluni gegen die Juden Basileus Manuel zur Hilfeleistung bereit D i e Briefe Bernhards von Clairvaux Judenverfolgungen, Mönch Radulf Verbrecher und Gesindel nehmen das Kreuz Eugen empfiehlt den Kreuzzug in Italien 5. Okt. 1146 Bernhard bringt Radulf zum Schweigen A n f . N o v Konrad bekreuzt sich auf Drängen Bernhards in Speyer 27. Dez W e i f V I . tut es Weihn

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XIX

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Besprechungen in Chälons-sur-Marne 2. Febr. 1147 Versammlung von Etampes 16. bis 18. Febr Suger Hauptregent in Frankreich, Konrad hält Hoftag zu Regensburg 13. Febr Eugen bei Ludwig VII. in Dijon 30. März Konrads Sohn Heinrich in Frankfurt a. M. gewählt vor 23. März Heinrich der Löwe verlangt Bayern Slawenkreuzzug der Sachsen . Konrad entschuldigt sich bei Eugen Deutsch-oströmische Beziehungen seit 1135 Oströmisch-sizilische Familienverbindung geplant 1143 oder 1144 Deutsch-oströmisches Bündnis 1145 Manuel heiratet Berta von Sulzbach 1146

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ZWEITES KAPITEL. Die Niederlagen des deutschen und des französischen Pilgerheeres (1147) . Aufbruch der Deutschen Ende Mai 1147 Zug durch Ungarn und Bulgarien Konrad vor Konstantinopel 8. Sept Ludwig VII. bricht von Saint-Denis auf 11. Juni Sein Heergesetz Oströmische Gesandte treffen ihn in Regensburg Päpstliche Legaten sollen den Heeren folgen Konrad marschiert nach Nicäa Anf. Okt. 1147 Niederlage des deutschen Hauptheeres bei Doryläum 26. Okt Ludwig VII. vor Konstantinopel 4. Okt Die französischen Barone schwören Manuel 28. Okt Deutsche und Franzosen in Ephesus vor Weihn. 1147 Konrad fährt krank nach Konstantinopel Anf. Jan. 1148 Die Abteilung Ottos von Freising wird vernichtet Ende Dez. 1147 . . . . Erfolg der Franzosen bei Antiochia am Mäander 31. Dez./l. Jan. 1147/1148 . Ihr verlustreicher Marsch nach Attalia Jan. 1148 Ludwig VII. fährt mit den Baronen nach Antiochia am Orontes 19. März 1148 Raimund von Antiochia und Königin Eleonore Reichsversammlung zu Akka 24. Juni Damaskus belagert 24. bis 28. Juli Vorstoß nach Askalon mißlingt Jerusalem bekommt Frieden Mai/Juni 1149 Nur al-Din besiegt Raimund von Antiochia bei Yaghra 1148? 1149? . . . Raimund von Antiochia fällt 29. Juni 1149

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DRITTES KAPITEL. Roger II., Manuel und Konrad (1147—1149) . . . 367 Die sizilische Flotte besetzt Korfü Sommer 1147 367 Manuel gewinnt die Venezianer 1147 und 1148 368 Er wehrt die Kumanen an der Donau , ab 368 Konrads III. Bündnis mit Manuel Weihn., Familienverbindungen 1148 . . .368/9 369 Konrad in Deutschland Ende Mai 1149 VIERTES KAPITEL. Die Eroberung von Lissabon (1147) Kölner, Flandrer, Normannen und Engländer landen vor Lissabon 28. Juni 1147 Sie erobern die Stadt 24. Okt Die meisten gelangen 1148 nach Jerusalem

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FÜNFTES KAPITEL. Der Slawenkreuzzug (1147) Fürsten im südlichen und im nördlichen Heere

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Niklot Fürst der Abodriten greift Wagrien und Lübeck an 375 Dubin vergeblich belagert 375 Umkehr vor Stettin, das christlich ist 375 Sächsische und polnische Fürsten in Kruschwitz, Heiratsabreden 6. Jan. 1148 376 Ratibor von Pommern betont sein Christentum 376 SECHSTES KAPITEL. Das Abendland während des zweiten Kreuzzugs (1147—1149) 377 Machtstellung Eugens III. in Abwesenheit der Könige 377 Er geht nach Trier 30. Nov. 1147 377 Konzil zu Reims 21. März 1148 378 Eugen III. und die beiden Schwerter 12. Okt. 1147 378 Wibald von Stablo und Corvey 378 Scheidung Radulfs von Vermandois 379 Eugen begünstigt Alfons VII. von Kastilien 379 Unglücksnachrichten aus dem Heiligen Lande seit März 1148 379 Bernhard von Clairvaux versucht sich zu rechtfertigen 380 Besiegung der Dithmarschen Juni 1148 381 Reichstag des jungen Königs Heinrich zu Frankfurt a. M. 8. Sept 381 Fehde wegen Treis Sept. 1148 381 Umtriebe Welfs VI 382 Suger von Saint-Denis als Statthalter 382 Robert von Dreux soll König werden Frühj. 1149 383 SIEBENTES KAPITEL. Das Abendland nach dem Kreuzzug (1149—1151) Ludwig VII. verläßt Palästina nach 3. April 1149 Manuel belagert Korfü Ludwig VII. und Eleonore besuchen Roger II. und Papst Eugen Juli und Okt. Sie treffen in Frankreich ein Anf. Nov Aufreizende Predigt Arnolds von Brescia Eugen III. erklärt ihn für einen Schismatiker 15. Juli 1148 Sizilische Flotte bedroht Konstantinopel Korfü von den Oströmern genommen Ihre Landung in Ancona mißlingt Serben und Ungarn gegen Ostrom Die Römer rufen König Konrad herbei 1149 Eugen III. in Rom Ende Nov. 1149 bis Juni 1150 Arnold von Brescia Neuer Kreuzzugsplan Rogers II. und Sugers Der junge König Heinrich siegt bei Flochberg über Weif VI. 8. Febr. 1150 Zugeständnisse Rogers II. an Eugen III. in Ceprano Juli 1150 Suger stirbt 13. Jan. 1151 König Konrad stirbt 15. Febr. 1152 . Eugen III. stirbt 8. Juli 1153 Bernhard von Clairvaux stirbt 19. oder 20. Aug. 1153 Roger II. von Sizilien stirbt 26. Febr. 1154

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NEUNTES BUCH.

DER FORTGANG DER WIEDEREROBERUNG IN SPANIEN UND IN PORTUGAL. (1094—1148.) ERSTES KAPITEL. Bis zum Tod der Königin Urraca von Kastilien (1094 bis 1126) 397 Der Cid in Valencia 398

XXI

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Pedro I. von Aragón siegt bei Alcoraz 18. Nov. 1096 Huesca ergibt sich 26. Nov Pedro und der Cid siegen bei Bairén Jan. 1097 Alfons VI. wird bei Consuegra besiegt 15. Aug. 1097 Der Cid nimmt Murviedro 24. Juni 1098 Er stirbt 10. Juli 1099 Jimene muß Valencia räumen Mai 1102 Sultan Yusuf stirbt 2. Sept. 1106, Ali folgt Alfons VI. vor Uclés besiegt 30. Mai 1108 Er stirbt 30. Juni 1109 Seine Tochter Urraca heiratet Alfons I. von Aragón Okt. 1109 Alfons' VI. Tochter Therese heiratet Heinrich von Burgund, später Portugal Alfons I. siegt bei Valtierra 24. Jan. 1110 Die Almoraviden nehmen Saragossa Sie werden bei Martorell geschlagen Juni 1114 Raimund Berengar III. Markgraf von Barcelona heiratet Dulcia von Provence 3. Febr. 1112 Eroberung der Balearen 1113—1115 Raimund Berengar III. in Genua und in Pisa Der hl. Olegar Bischof von Barcelona 1116 Paschalis II. an Raimund Berengar III. 23. Mai 1116 Alfons I. überfällt Tudela Aug. 1114 . . . Er erobert Saragossa 18. Dez. 1118 Er siegt bei Cutanda 18. Juni 1120 Kalixt II. spendet den Kreuzträgern Ablaß 2. April 1123 Erzbischof Diego von Santiago und sein Kreuzzugsplan Alfons I. durchzieht Andalusien 1125, 1126 Königin Urraca stirbt 6. März 1126

398 398 398 399 399 399 400 400 400 401 401 402 403 403 403 404 404 405 405 406 406 406 407 407 408 408 409

ZWEITES KAPITEL. Bis zu den Eroberungen Raimund Berengars III. in Katalonien (1126—1149) 410 Alfons VII. von Kastilien wird von Erzbischof Diego gekrönt 10. März 1126 410 Therese von Portugal ist Kastilien feindlich 410 Alfons VII. heiratet Berengaria von Barcelona Frühj. 1128 411 Raimund Berengar III. verträgt sich mit Alfons I. Jordan von Toulouse 15. Sept. 1125 411 Konzile zu Palencia und Carrión, Diegos Einfluß 1129 411 Saif ad-Dawla geht zu Alfons VII. über 1131 .411 Raimund Berengar III. von Barcelona stirbt 8. Juli 1131 412 Alfons VII. verwüstet Andalusien 1133 412 Alfons I. „König" von Bayonne 1130 412 Er nimmt Mequinenza 1134 412 Er wird bei Fraga geschlagen 17. Juli 1134 412 Er stirbt am 7. Sept 412 Ramiro II. folgt, heiratet Ines von Poitiers 1135 413 Navarra erhebt Oarsias Ramires 413 Alfons VII. zum Kaiser gekrönt 26. Mai 1135 413 Seine Beziehungen zu Navarra und zu Aragón 1136 414 Alfons I. Henriques von Portugal besiegt seine Mutter und regiert selbständig 1128 414 Er unterwirft sich Alfons VII. zu Tuy 4. Juli 1137 414 Raimund Berengar IV. von Barcelona bekommt Aragón 11. Aug. 1137. . . 415 Alfons VII. nimmt Oreja Okt. 1139 415 Alfons I. von Portugal siegt bei Ourique 25. Juli 1139 415 Er wird Vasall Innocenz' II. 1143 415

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Kastilisch-navarrische Heiraten Alfons VII. nimmt Cória Juni 1142 Kastilischer Sieg bei Montiel 1. März 1143 Niederlage bei Algodor 1. Aug. 1143 Sultan Ali stirbt 28. Jan. 1143 Niedergang der Almoraviden, Aufkommen der Almohaden 1121/1122 . Diese werden vor Marrakesch besiegt 1123 Ibn Tumart stirbt um 1130, Abd al-Mumin leitet die Bewegung Taschfln ertrinkt 22. Febr. 1145 Abd al-Mumin erstürmt Marrakesch März oder April 1147 Aufstand in Andalusien gegen die Almoraviden Alfons VII. nimmt Córdoba Mai 1146 Almohaden landen bei Algeciras 1146 Alfons VII. und die Genuesen erobern Almeria Okt. 1147 Almohaden nehmen Sevilla Jan. 1147 Sie erobern Córdoba zurück 1148 oder 1149 Raimund Berengar IV. erobert Tortosa 31. Dez. 1148 Dgl. Lérida und Fraga 24. Okt. 1149 Rückblick Verschiedenheit der Ziele bei den Kreuzfahrern Die Nationalität der Teilnehmer Gewinn der Kirche und Ausbildung des Rittertums Die deutsche Siedlung Staufer und Weifen Die Nord- und Ostpolitik der deutschen Kaiser Ihre Westpolitik Vergleich der einzelnen Päpste Englische und französische Herrscher Oströmische, türkische und spanische Herrscher Politisch einflußreiche Frauen Bernhard von Clairvaux als Verkörperung des Zeitalters Ausblick auf die päpstliche Weltherrschaft

.

416 416 417 417 417 .417 f. 418 418 419 419 419 .419 420 421 421 421 422 422 424 424 425 426 428 429 430 431 432 433 434 435 436 437

Der Ortsbestimmung im Text dienten die A b k ü r z u n g e n : n. — nördlich, s. = südlich, ö. = östlich, w. — westlich, nö. = nordöstlich, sw. = südwestlich, nnö. = nordnordöstlich, ssw. = südsüdwestlich usw.

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BÜCHERVERZEICHNIS'). A. = Archiv, Archives, Archivio usw. Abh. = Abhandlungen. Ac., Ak. = Académie, Akademie usw. A c t e s . . . F l a n d r e = Commission royale d'histoire. Recueil des actes des princes belges. Actes des comtes de Flandre 1071—1128 p. F. Vercauteren. Bruxelles 1938. A c t e s . . . N a m u r = Comm. roy. d'hist. . . . Actes des comtes de Namur de la première race 946—1196 p. F. Rousseau. Bruxelles 1937. G. B. A d a m s , The History of England (1066—1216) London 1905. T h e Political History of England, Bd. 2. ADB. = Allgemeine Deutsche Biographie. Leipzig 1875 ff. A l b e r t von A a c h e n . Alberti Aquensis Historia Hierosolymitana. Ree. occ. 4 (1879), S. 265—713. F. de A l m e i d a , História de Portugal 1 (Coimbra 1922). R. A l t a m i r a , Spain (1034—1248). Cambr. M. H. 6 (1929), S. 393—421. M. A m a r i , Storia dei Musulmani di Sicilia. Sec. ed. . . . p. a. c. di C. A . Nallino 3, 1 (Catania 1937); 3, 2 (1938); 3, 3 (1939). — = Centenario. A n a l e c t a h y m n i c a medii aevi, hrg. von G. M. Dreves. Leipzig 10 (1891), 21 (1895), 45a u. b (1904). A n n a e C o m n e n a e Alexiadis libri X V ( I — X ) . . . ree., interpretationem latinam add. L. Schopenius 1 (Bonnae 1839); libri X — X V A. Reifferscheid 1878. Corpus SS. hist. Byz. A n n a e C o m n e n a e Porphyrogenitae Alexias ex ree. Aug. Reifferscheidii. 2 Bde. Lipsiae 1884. A n n e C o m n è n e , Alexiade . . . Texte et trad. p. B. Leib, 1 (Paris 1937). Collection byzantine . . . G. Budé — vgl. Buckler. A n n a l e s C a s i n e n s e s ex Annalibus Montis Casini antiquis et continuatis excerpti ed. G. Smidt. SS. 30, 2 (1934), S. 1385—1429. A n n a l e s d e S a i n t - A u b i n d ' A n g e r s . Recueil d'Annales angevines et vendômoises p. p. L. Halphen, Paris 1903, S. 1—49. Coll. de textes . . . Les A n n a l e s d e S a i n t - P i e r r e d e G a n d et de Saint-Amand. p. p. Ph. Grierson. Bruxelles 1937. Commission royale d'histoire. Recueil de textes pour servir à l'étude de l'histoire de Belgique. H. d ' A r b o i s de J u b a i n v i l l e , Histoire des ducs et des comtes de Champagne 2 (Paris 1860), 3 (1861). A r n o l d von B r e s c i a , s. Fonti. L ' A r t de v é r i f i e r l e s d a t e s des faits historiques . . . Paris 1 (1818), 18 (1819). * ) Mehrbändige Werke waren meist nur soweit zu berücksichtigen, wie sie für den vorliegenden Band in Betracht kamen. Wurden sie nur an einer Stelle angeführt, konnten sie hier fortbleiben.

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XXXIX

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ERSTES BUCH.

DER ERSTE KREUZZUG. (1095—1099.)

ERSTES KÄPITEL. DER B Ä U E R N K R E U Z Z U G . (1095—1096.) Zu Clermont hatte Urban II. in begeisternden Worten zum Kreuzzug aufgefordert 1 ), und man hat von seiner Rede gesagt, es sei wahrscheinlich die wirksamste, die in aller Geschichte gehalten worden sei 2 ). Auch an anderen Orten wollte er persönlich wirken, da er natürlich wußte, welch starken Eindruck sein Erscheinen auf die Bevölkerung machen würde. Nordfrankreich vermied er, weil ja, wie früher gezeigt wurde, König Philipp I. wegen seiner Eheirrung auf dem Konzil von Clermont gebannt worden war 3 ). In den Weihnachtstagen 1095 predigte er in Limoges, dann 1096 in Poitiers, Angers und Le Mans. In Tours hatte man am Ufer der Loire für ihn eine hölzerne Kanzel errichtet, uird hier sprach er, von Kardinälen und Bischöfen umgeben, sehr lange zum Volk. Ostern (6. April) feierte er in Saintes. Später berührte er noch Bordeaux, Toulouse, Carcassonne, Nîmes, Avignon und Vienne 4 ). Auch wenn es nicht ausdrücklich überliefert wird, kann man als sicher annehmen, daß er überall des gemeinchristlichen Unternehmens gedachte, aber abgesehen davon, schärfte er strenge Kirchenzucht ein und drohte mit Strafen. Es verdient hervorgehoben zu werden, daß er wieder mit Graf Raimund IV. von Toulouse zusammentraf, der sich so rasch in den Dienst der hohen Aufgabe gestellt und, wie wir wissen, in Spanien die Ungläubigkeit bekämpft hatte 5 ). Zwei Bischöfe gingen nach Genua, predigten hier, verkündeten Ablaß und forderten die Bürger auf, mit ihren Schiffen aufzubrechen, wozu sich auch zahlreiche angesehene Persönlichkeiten verpflichteten®). Nach Italien zurückgekehrt, versprach der Papst in Pavia am 19. September 1096 den Kreuzfahrern aus Bologna Ablaß 7 ). In Clermont hatte er Rittern und Fußgängern, Reichen und Armen den Kreuzzug gepredigt, aber es war nicht überflüssig, daß er schon damals und jetzt von neuem gewisse Vorbehalte machte 8 ) : Weltgeistliche und Mönche sollten nicht ohne Erlaubnis ihrer Bischöfe und Äbte, jung verheiratete Männer *) Cartellieri 3, S. 252. Crozet, Négociations S. 310. — ») Hitti S. 636. — ») Cartellieri 3, S. 253. — «) Jaffé 1, S. 683—690. Devic 3, S. 485. Röhricht, 1. Kreuzzug S. 22. Chron. 6, Nr. 14, 18, 23, 53, 57. Chalandon, Prem, crois. S. 52. Fliehe, Urbain S. 303. Grousset 1, S. 5. Schwerin S. 71. Crozet, Voyage S. 48 mit Karte u. Négociations S. 272. — 5 ) Cartellieri 3, S. 252, 254. — •) Chron. 6, Nr. 71. — 7 ) Kreuzzugsbriefe Nr. 3, S. 137, 213. Chron. 6, Nr. 72. Gottlob, Kreuzablaß S. 65, 92. Paulus 1, S. 196. — 8 ) Fulcher 1, Kap. 3, § 4. Cartellieri 3, S. 253.

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nicht ohne Einwilligung ihrer Frauen, Greise, schwache und zum Waffentragen unfähige Leute überhaupt nicht ausziehen. Solche würden mehr stören als nützen. Wenig später, am 9. Oktober, stellte er in einem Schreiben an die Mönche von Vallombrosa, die mit den Rittern zusammen zur Befreiung der Christenheit nach Jerusalem ziehen wollten, fest, daß er zwar die Ritter zum Waffendienst aufgerufen habe, den Mönchen aber verbiete, ohne Erlaubnis der kirchlichen Oberen den Zug mitzumachen und Waffen zu tragen 1 ). Man wird nicht daran zweifeln dürfen, daß andernfalls die Seelsorge Schaden gelitten und das ungebundene Lagerleben den mönchischen Pilgern körperlich und geistig Schaden gebracht hätte. Doch nimmt es nicht wunder, daß die verständigen Weisungen des Papstes im Fieber der Begeisterung nicht beachtet wurden, daß niemand gern zurückbleiben wollte, wenn der Nachbar ging. Eine wahre Massenpsychose ergriff weite Gebiete des Abendlandes. Die religiöse Leidenschaft wird man mit vollem Recht als die stärkste Triebfeder des ersten Kreuzzuges betrachten. E s versteht sich aber von selbst, daß auch ganz andere, viel weniger ideale Triebfedern sich damit verbanden und im Einzelfall kaum sorgfältig auseinandergehalten werden können. Mochten sie noch so verschieden sein, die T a t erschien immer als Einheit. Wir fragen, ob es besonders triftige Anlässe zu einem ganz großen und plötzlichen Ausbruch solcher Massenstimmungen gab. Es war wirklich weithin der Fall. Schreckliche Naturereignisse ängstigten die G e müter 2 ). Das Jahr 1094 hatte eine schlimme Seuche gebracht, die in Deutschland, Franzien, Burgund und Italien sehr zahlreiche Opfer forderte. Ein Jahr später suchte eine Hungersnot Belgien heim 3 ). Ekkehard von Aura 4 ) sagt es bestimmt, man habe die Westfranken leicht überreden können, ihr Land zu verlassen; denn Gallien habe mehrere Jahre lang unter inneren Unruhen, Hunger und einer todbringenden Krankheit gelitten. Der aus vornehmer Familie stammende Abt Wibert von Nogent-sousCouci, 1053 geboren, ein Picarde, entwarf einige Jahre später ein recht ungünstiges Bild von den damaligen Zuständen in Frankreich, klagte über Räuber, Wegelagerer, zahllose Brandstiftungen und aus bloßer Habsucht entspringende Fehden 5 ). Infolge der Kreuzpredigt habe sich alles zum besten geändert, und jedermann wollte dann den „ W e g Gottes" gehen, das ist der Ausdruck, den er braucht 6 ). Er schildert uns anschaulich, wie das zündende Wort des Papstes die hochgeborenen Grafen, die einfachen Ritter, aber auch die armen Leute hinriß. E s habe damals nicht nur in den untersten Schichten ein großer Notstand geherrscht, aber trotzdem verschleuderte der künftige Pilger Häuser, Weinberge, Äcker, um nur bares Geld in die Hand zu bekommen, und mußte nachher das, was er für die Reise brauchte, für teures Geld kaufen 7 ). ») Ital. pont. 3 (1908), S. 89, Nr. 8. Erdmann, Entstehung S. 310, 320. — ) Röhricht, 1. Kreuzzug S. 22. M. v. Kn. 4, S. 481. Duncalf, Crus. S. 452. — ") Curschmann, Hungersnöte S. 123. Dazu Ordericus 3, S. 463. Chron. 6, Nr. 3. — ' ) Ekkehard, Hierosol., Kap. 8, § 1. — 5 ) Wibert, Gesta 2, Kap. 7, S. 142. Monod, Guibert S. 137, 217. — ") Wibert, Gesta 2, Kap. 6, S. 140. — ' ) Wibert, Gesta 2, Kap. 6, S. 141. J

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Derselbe Wibert lobte Gott, weil er dem Ritterstand (ordo equestris) und der irrenden Menge, die sich gegenseitig zerfleischten, in den heiligen Kriegen ein neues Ziel gesetzt habe, damit man auch außerhalb des Mönchtums im eigenen Beruf Gottes Gnade erwerben könnte 1 ). Die innige Verbindung des Rittertums mit den Kreuzzügen, in denen es seine höchste Blüte entfalten sollte, tritt hier klar zutage. In einem lateinischen Gedicht 2 ), das aus dieser Zeit stammen dürfte, wurde Jerusalem wegen der Leiden Christi als die glücklichste Stadt gepriesen. Man solle das Kreuz nehmen, um den Tempel Gottes zu gewinnen und die Sarazenen zu vernichten. Irdische Güter müsse man gegen himmlische eintauschen. Einige andere in derselben Sprache verfaßte Gedichte mögen auch hierher gehören, doch bieten sie kaum neuen Inhalt. Neben den idealgerichteten Glaubensstreitern gab es aber auch, wie die folgenden Ereignisse nur allzu deutlich und allzu oft zeigen sollten, andere, die sich durch das geordnete Leben in der Heimat gedrückt fühlten, die mit aller Gewalt die Fesseln ihres Standes und ihrer Armut sprengen und wilde Gelüste in der Ferne befriedigen wollten, wo man sie nicht kannte, wo überdies reicher Gewinn lockte. Ordericus Vitalis») sagt geradezu, daß Diebe, Räuber und andere Verbrecher vom Geiste Gottes ergriffen wurden und aufbrachen, um Gott für ihre Sünden genugzutun. So kam es, daß mancher, der nicht zu den wahren Frommen gehörte, auf einmal eine Möglichkeit sah, sich wenigstens zeitweilig von althergebrachten Abhängigkeiten zu befreien. Sein Eigentum war während seiner Abwesenheit durch die Kirche geschützt 4 ), und Ablaß war ihm auch g e w i ß 5 ) . Ohne jeden Zweifel hatte der Papst die beste Absicht, das heilige Unternehmen nicht zur Entfesselung wilder Massenleidenschaften ausarten zu lassen. Aber die Verhältnisse waren stärker als er. Gepredigt wurde in Frankreich an verschiedenen Orten 6 ). Welche Übertreibungen, welche Aufreizungen vorkamen, wissen wir nicht. Jedenfalls trat die ungeheure Gewalt religiöser Leidenschaft klar zutage. Jahrhundertelang war die christliche Lehre in empfängliche Gemüter gesenkt worden, den Gegensatz gegen Ungläubige und Andersgläubige hatte es immer gegeben, aber jetzt auf einmal sollte der Christ das tun, was eigentlich selbstverständlich war, für seinen Glauben kämpfen, siegen und sterben. Unter den Kreuzzugspredigern ist namentlich Peter, genannt der Einsiedler, bekanntgeworden, und er hat sogar lange Zeit hindurch, wenn auch zu Unrecht, als der eigentliche Urheber des Kreuzzuges gegolten 7 ). Er stammte aus der Picardie, vielleicht aus Amiens, und begann sehr bald nach dem Konzil von Clermont im Berri, im Orléanais, in der Champagne, in Lothringen und im Rheinland zu predigen. Beifall zu finden, wurde ihm nicht schwer; denn er besaß alle äußeren und inneren Eigenschaften des geborenen Volksredners. Klein, mager, braun von Gesicht, schon ziemlich alt, in ein härenes Gewand gehüllt, asketisch genügsam, Wibert, Gesta 1, Kap. 1, S. 124. — 2 ) „Ierusalem mirabilis". Anal, hymn. 45 b, S. 78. Brinkmann S. 71. Erdmann, Entstehung S. 376. — ") Ordericus 3, S, 468. — ' ) Bridrey S. 109, 112. — 5 ) Paulus 1, S. 196. Erdmann, Entstehung S. 316. — e ) Cramer S. 186. — ' ) Hagenmeyer, Peter. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 33. Duncalf, Crus. S. 442. Chalandon, Prem, crois. S. 56.

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ritt er auf einem Esel durch das Land, linderte Not, schlichtete Streitigkeiten und bemühte sich besonders, liederlichen Dirnen durch Spenden zur Ehe zu verhelfen. Im März 1096 setzten sich etwa gleichzeitig zwei französische Scharen in Bewegung, von denen die eine von dem eben erwähnten Peter, die andere von einem seiner Genossen, auch einem Franzosen, Walter, genannt Sans-Avoir (Habenichts), geführt wurde. Walter hatte hauptsächlich Fußgänger und nur ganz wenige Ritter um sich, woraus zu schließen ist, d a ß es sich um Angehörige der unteren Stände handelte. Kurz vor Mitte April 1096 weilten beide in Köln 1 ). Damit begannen die sog. Bauernkreuzzüge 2 ), wie man sie zum Unterschied von den späteren Zügen der Fürsten und Herren zu nennen pflegt. Doch darf man diese Bezeichnung nicht zu eng fassen. Sicher stammten, wie es den damaligen Bevölkerungsverhältnissen entsprach, die meisten Pilger vom Lande, aber es mögen auch allerlei städtische Handwerker und Gewerbetreibende dabei gewesen sein, ohne daß das im einzelnen genau auszumachen wäre. Einige Geldmittel nahmen sie, wie schon bemerkt wurde, mit. Daß diese später nicht ausreichten, erklärt sich einfach daraus, d a ß Leute, die bis dahin kaum ihr heimisches Dorf verlassen haben mochten, nicht wußten, wieviel sie brauchen würden, und wenn sie es wußten, gar nicht in der Lage waren, sich hohe Summen zu verschaffen. Der Deutsche Bernold von Sankt Blasien 3 ) äußerte sich tadelnd darüber, daß unzählige Volksgenossen die weite Reise in allzu großer Einfalt antraten und sich auf die ihnen drohenden Gefahren in keiner Weise vorbereiten konnten oder wollten. In übergroßer Anzahl wanderten Weiber mit, die Männertracht anlegten und Unzucht trieben, auch abgefallene Mönche, ja sogar kleine Kinder waren dabei 4 ). Es ist nicht unwichtig, sich bei dieser Gelegenheit gegenwärtig zu halten, d a ß die Deutschen der ganzen Kreuzzugsbewegung viel kühler gegenüberstanden als die Franzosen und daß einige ihrer Chronisten sehr scharfe Urteile darüber äußerten. Man wird den Grund vor allem im Investiturstreit sehen, der in weiten Kreisen Kritik an kirchlichen Maßnahmen gezeitigt hatte 5 ). So erklärt es sich, daß sehr viel weniger Deutsche mitzogen als Franzosen und daß diese die Hauptlast getragen und die meisten Blutopfer gebracht haben. Der schon mehrfach genannte Abt Wibert von Nogent 6 ) machte sich darüber lustig, daß arme Leute Ochsen mit Eisen beschlagen ließen und an Wagen spannten, um ihre Familie und ihre Habe fortzuschaffen. Man hat oft nacherzählt, daß, wenn dann die Kinder in der Ferne Burgen oder Städte sahen, sie gleich fragten, ob das schon Jerusalem sei. Solche Züge sollen nicht verallgemeinert werden, aber sie zeigen uns doch zur Genüge, daß die auf diese Weise zusammengesetzten Scharen recht wenig kampffähig und noch weniger an strenge Zucht gewöhnt waren. ») Chron. 6, Nr. 21, 22, 29. — ') Duncalf, Crus. S. 440. — ») SS. 5, S. 464. — «) Ekkehard, Hierosol. Kap. 13, § 5. — «) Hauck, KG. 4, S. 934. — •) Wibert, Gesta 2, Kap. 6, S. 142.

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Peter der Einsiedler geeichte, j n Köln länger zu verweilen und auch Deutsche um sich zu sammeln. Walters Franzosen waren zu stolz dazu und drängten zum Weitermarsch 1 ). Wer den brennenden Ehrgeiz des Volkes kennt, wird sich leicht vorstellen, daß sie die ersten im Heiligen Lande sein wollten. Walter brach deshalb um den 15. April 1096 auf. Daß er den Landweg einschlug, wurde für selbstverständlich gehalten. Sehr viel kam auf den neuen König von Ungarn an, dessen Land durchquert werden mußte 2 ). Ladislaus I. der Heilige war am 29. Juli 1095 gestorben und hatte nur eine Tochter Piroska (Irene) hinterlassen, so daß sein Neffe, der ältere Sohn Geisas I. Magnus, der hochgebildete, 25 Jahre alte Prinz Koloman, den Thron bestieg 3 ). Von Anfang an lag es ihm am Herzen, Kroatien und die adriatische Küste zu gewinnen, und dabei spielte es eine Rolle, ob er sich an Urban II. oder an WibertKlemens III. anschließen würde. Urban fürchtete, der König könnte sich wegen der früheren Verbindung Ladislaus' mit Heinrich IV. an Wibert-Klemens wenden, und erinnerte jenen daher in seinem Glückwunschschreiben 4 ) zum Regierungsantritt vom 27. Juli 1096 an seinen Vorfahren Stephan (den Heiligen)«), der von der römischen Kirche den Glauben und die rechtmäßige Würde erhalten habe, und warnte ihn eindringlich vor Wibert. Von Heinrich IV. sagte er, dieser sei öffentlichen Beschimpfungen ausgesetzt, werde von seinen vertrautesten Freunden und seinem eigenen Sohn (König Konrad) verabscheut und habe nach Gottes Ratschluß den Hauptteil seines Reiches, durch den er die römische Kirche bedrohte, verloren. Wir hören auf diese Weise, wie die damalige Lage des deutschen Kaisers in Ungarn aufgefaßt werden sollte. Es nützte nichts, daß Heinrich IV. den ihm eng befreundeten jüngeren Bruder Kolomans, Herzog Almos, bat, Koloman zum Angriff auf Herzog Weif IV. (I.) von Bayern zu veranlassen 6 ). Koloman blieb den Ratschlägen Urbans nicht unzugänglich und heiratete im Mai 1097 Busilla, eine Tochter Graf Rogers I. von Sizilien, wurde also auf diese Weise der Schwager des jungen Königs Konrad 7 ) und nötigenfalls ein weiteres Werkzeug der Kurie. Man hat deshalb keinen Grund zu bezweifeln, daß er die vom Papst gewünschte Kreuzfahrt durch Bereitstellung von Lebensmitteln und Entsendung von Führern zu fördern geneigt war, aber es versteht sich von selbst, daß er dabei auf das Eigentum und die Sicherheit seiner Untertanen Rücksicht nehmen mußte. Wir werden sehen, daß seine Geduld auf eine sehr harte Probe gestellt wurde, und dürfen auch nicht vergessen, daß der Papst den Anfang des Kreuzzuges auf den 15. August 1096 gelegt hatte 8 ), daß also die Bauernscharen in Ungarn und natürlich auch auf dem Boden des Röhricht, 1. Kreuzz. S. 36. Chron. 6, Nr. 29. Chalandon, Prem, crois. S. 60. — ä ) Hôman 1, S. 361. — ») Chron. Dubnicense S. 97, 241, 254, zum 29. Juli. Dgl. Fessier 1, S. 182, 194. v. äiäiC 1, S. 351. Dagegen Büdinger S. 94 u. M. v. Kn. 4, S. 475, zum 29. Aug. Hôman 1, S. 360, 376. — *) Jaffé 1, Nr. 5662. Fessier 1, S. 194. M. v. Kn. 4, S. 476. v. Vâczy S. 100, 125. Hôman 1, S. 363. — Cartellieri 2, S. 254. — •) Cod. Udalrici Nr.88, v. ëisié 1, S. 361. M. v. Kn. 4, S. 475. Pivec, Studien 45, S. 419. Briefe Heinrichs IV. Nr. 23. — 7 ) Büdinger, S. 131, Anm. 1. Chalandon, Histoire 1, S. 352. Cartellieri 3, S. 248. — 8 ) Cartellieri 3, S. 254.

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oströmischen Reiches sehr viel früher auftauchten, als man hatte annehmen können. Es ist deshalb leicht möglich, daß die für ihren raschen und reibungslosen Durchzug notwendigen Vorbereitungen noch nicht hatten getroffen werden können. Walter Habenichts gelangte über ödenburg (Sopron, s. Wien), die ungarische Grenzburg Semlin (Zemun), Belgrad, Nisch (Nissa), Sofia, Philippopel und Adrianopel um den 20. Juli 1096 bis Konstantinopel, wo ihm das Lagern außerhalb der Mauern erlaubt wurde 1 ). Er hatte auf dem Marsche einige Zusammenstöße mit den Einheimischen zu bestehen gehabt, wenn wirklicher oder angeblicher Mangel an Lebensmitteln Anlaß zum Plündern gab, hatte sich aber auch dadurch nicht aufhalten lassen, daß eine Anzahl seiner Leute erschlagen wurde. Der Basileus Alexius I. war jetzt damit einverstanden, daß sie verproviantiert würden, bis Peter der Einsiedler eingetroffen wäre. Peter verließ um den 20. April 1096 Köln, bekam in Schwaben, wahrscheinlich auf Veranlassung Bischof Gerhards III. von Konstanz 2 ), den wir als einen Teilnehmer am Konzil von Piacenza kennen, Zuzug, so daß seine Schar sich wohl jetzt größtenteils aus Deutschen zusammensetzte. Ohne in Ungarn Schwierigkeiten zu finden, gelangten sie um den 22. Juni nach Semlin 3 ). Als sie aber an der Stadtmauer die Waffen der von den Bulgaren getöteten Genossen Walters sahen, wurden sie von wildem Zorn ergriffen, erstürmten die Burg und richteten unter den Ungarn ein Gemetzel an. Mit reicher Beute an Vieh, Getreide und Wein zogen sie nachher eilends ab, um der Rache König Kolomans zu entgehen, überschritten trotz eines Angriffs der Petschenegen ohne größere Verluste die Save und standen in den ersten Tagen des Juli in Nisch 4 ). Erst ging der Abmarsch friedlich vonstatten, da der oströmische Statthalter Niketas gegen die Stellung von Geiseln den Einkauf von Lebensmitteln freigab. Weil aber einige Deutsche, die meinten, daß man sie betrogen habe, aus Rache Gehöfte in Brand steckten, machten die Bulgaren einen überraschenden Vorstoß gegen die Nachhut, nahmen ihr die Beute wieder ab und töteten die Mannschaften. Vergeblich gab sich Peter große Mühe zu vermitteln. Sein Heer wurde unter großen Verlusten zersprengt, und seine Kriegskasse ging verloren. •Wie es scheint, fanden sich drei Viertel seiner Leute in den nächsten Tagen wieder ein, das unwegsame Gelände schützte sie vor weiterer Verfolgung. Vor Sofia erschienen Gesandte des Alexius, die zwar über die Untaten der Pilger Beschwerde führten, aber trotzdem bei der Verproviantierung freundliches Entgegenkommen zeigten 5 ). Dann verteilten die Bürger von Philippopel reiche Spenden. Das beweist, daß von einer allgemeinen Abneigung der Oströmer gegen die Pilger nicht die Rede sein kann. Nach kurzem Aufenthalt vor Adrianopel konnte sich Peter am 1. August 1096 vor Konstantinopel mit der Schar Walters vereinigen, die sich ihm auch unterstellte 6 ). ') Röhricht, 1. Kreuzz. S. 36. Chron. 6, Nr. 33, 41, 42, 52, 56. M. v. Kn. 4, S. 489, 504. Duncalf, Crus. S. 443. Vasiliev 2, S. 42. Grousset 1, S. 6. — 2 ) Cartellieri 3, S. 246. — ») Röhricht, 1. Kreuzz. S. 47. Chron. 6, Nr. 29, 42, 47, 51, 54, 55,58,59. M. v. Kn. 4, S. 505. Duncalf, Crus. S. 445. Grousset 1, S. 6. — 4 ) Chron. 6, Nr. 51. — 5 ) Dölger 2, Nr. 1182 f. — e ) Chron. 6, Nr. 59.

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Übertreibend schildert Anna Komnena die ungeheure Masse dieser Pilger, die rote Kreuze auf den Schultern trugen, Ritter, Unbewaffnete, Frauen und Kinder 1 ). Ein trauriges Schicksal ereilte eine andere vermutlich deutsche Schar. Sie zog unter der Führung eines sonst nicht näher bekannten Priesters Volkmar, der früher ein Klausner gewesen war, aber auch als Laie bezeichnet wird, durch Sachsen und Böhmen und wurde in Neutra (Nitra, nö. Preßburg) von den Ungarn Ende Juni 1096 fast vollständig aufgerieben 2 ). Die Gründe sind nicht näher bekannt, doch dürften sie in den immer gespannten Beziehungen zu den Einheimischen gelegen haben. Ein aus der Rheingegend stammender Priester Gottschalk, den ein Zeitgenosse einen falschen Knecht Gottes und einen Mietling schimpfte, sammelte auf Veranlassung Peters des Einsiedlers Pilger aus verschiedenen Gegenden Lothringens, Ostfrankens, Bayerns und Alemanniens, sowohl Ritter als Fußgänger 3 ). Sie versahen sich auch gut mit Lebensmitteln, verübten aber trotzdem allerlei Ausschreitungen und wurden im Sommer 1096 bei Martinsberg (sö. Raab) von den Ungarn, die vielleicht König Koloman persönlich befehligte, niedergemetzelt oder in die Gefangenschaft verschleppt, d. h. nach damaliger Sitte als Sklaven verkauft 4 ). Was aus ihnen und den zahlreichen anderen Kreuzfahrern, die dasselbe Mißgeschick erlitten, geworden ist, weiß man nicht. Aus Frankreich zog Wilhelm, Vizegraf von Melun, ein Verwandter der königlichen Familie, aus 5 ). Wegen seiner ungewöhnlichen Körperkraft nannte man ihn den „Zimmermann". Man erinnert sich daran, daß er sich 1087 bei der Belagerung von Tudela verdächtig gemacht hatte«), und er sollte später, beim Kreuzzug selbst, zeigen, wie wenig Standhaftigkeit er besaß. Er war eigentlich nur ein Raufbold und dabei ein Prahlhans, verschonte auch die Schwachen nicht und erpreßte die Mittel für die Kreuzfahrt von seinen Bauern. In Speyer schloß er sich um Anfang Mai 1096 mit anderen französischen Adeligen dem deutschen Aufgebot an, das Emich I., Grafen von Leiningen (Alt-Leiningen sw. Worms) und Gaugrafen im Wormsgau 7 ), folgte. Emich hatte sich schon vorher durch seine Gewalttätigkeit verhaßt gemacht. Er behauptete, göttliche Eingebungen zu empfangen. Von dem wüsten Aberglauben, der in seiner Umgebung herrschte, bekommt man einen Eindruck, wenn man hört, d a ß sie eine Gans und eine Ziege verehrte, die von Gott ausersehen seien, den Weg nach Jerusalem zu zeigen 8 ). Vor der ungarischen Grenzburg Wieselburg (Monson, s. Preßburg), die Heinrich IV. 1074 von König Salomon bekommen, aber nicht hatte beBuch 10, Kap. 5. — 2 ) Ekkehard, Hierosol., Kap. 1 Ende u. 12. Ann. Magdeburg. SS. 16, S. 179. Chron. 6, Nr. 39, 49. M. v. Kn. 4, S. 493, 505. Duncalf, Crus. S. 447. Chalandon, Prem, crois. S. 90. Orousset 1, S. 9. — •) Ekkehard, Hierosol. Kap. 1 Ende u. 12. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 39. Chron. 6, Nr. 50. M. v. Kn. 4, S. 494, 507. Duncalf, Crus. S. 447. Chalandon, Prem, crois. S. 91. Grousset 1, S. 9. — 4 ) Schünemann, Ungarn S.99. — 5 ) Robertus Monachus 4, Kap. 12, S. 781. Wibert, Gesta 4, Kap. 7, S. 173. — «) Cartellieri 3, S. 240. — ') Brinckmeier 1, S. 7. — 8 ) Albert von Aachen 1, Kap. 30, S. 295. Hebr. Berichte S. 90.

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haupten können 1 ), war der Weg versperrt. Emich raubte Vieh und Getreide und konnte oder wollte nicht hindern, daß die Einheimischen mißhandelt wurden. Es gab heftige Kämpfe; erst siegten die Kreuzfahrer, unter denen Wilhelm der Zimmermann sich auszeichnete. Es gelang ihnen, um Mitte August 1096 in die Burg einzudringen, aber plötzlich wurden sie von einem nicht näher zu erklärenden Schrecken gelähmt und von den Ungarn unter Koloman in die Flucht geschlagen. Die meisten gingen zugrunde, einige verdankten ihre Rettung der Schnelligkeit ihrer Pferde. Emich kehrte beschämt in die Heimat zurßck, Wilhelm der Zimmermann geriet in oströmische Gefangenschaft 2 ). Mit dem Auszug der Massen verbanden sich grausame Judenverfolgungen, die nicht alle zeitlich genau einzureihen sind. Die zunächst in Frankreich wild aufflammende religiöse Begeisterung legte den Gedanken nahe, daß die Juden viel schlimmere Feinde Christi als die Sarazenen seien. Denn diese glaubten bloß nicht an ihn, jene aber hätten ihn gekreuzigt. Hören wir auch hier wieder Wibert von Nogent 3 ). Er erzählt: In Rouen begannen die zum Kreuzzug entschlossenen Männer sich untereinander darüber aufzuhalten, daß sie in weite Ferne ostwärts ziehen wollten, obwohl Juden, das Gott feindlichste Volk, vor ihren Augen lebten. Das sei doch ein verkehrtes Bemühen. Sie griffen zu den Waffen, trieben die Juden ohne Unterschied des Geschlechts und des Alters in eine Synagoge und zwangen sie mit gezückten Schwertern, das Christentum anzunehmen. Andernfalls wurden sie, wie es scheint, getötet. Ob auch sonst in Frankreich ähnliche Metzeleien stattfanden, läßt sich nicht erweisen. Jedenfalls fürchteten sich die dortigen Judengemeinden davor und schickten Warnungen an solche im Rheinland, u. a. auch an die Mainzer, aber hier wußte man noch nichts von der drohenden Gefahr. Peter der Einsiedler begnügte sich in Trier damit, d a ß ihm die verlangte Wegzehrung und vielleicht auch darüber hinaus Geld gegeben wurde. Bald nachher kam es aber zu blutigen Zwischenfällen in einer ganzen Reihe von Orten vom Frühjahr bis Ende Juni 1096, hauptsächlich in Speyer, Worms, Mainz, Köln, Neuß, Koblenz, Andernach und Trier, auch in Regensburg und Prag. Zumeist fachten die durchmarschierenden Kreuzfahrer die Wut der Bürger an: Juden wurden mißhandelt, totgeschlagen, zwangsweise getauft, vertrieben. Die Zahl der Opfer war sehr groß. Viele von ihnen nahmen sich selbst das Leben oder ließen sich von ihren Glaubensgenossen töten. Der früher genannte Graf Emich galt als ihr erbarmungslosester, jeder Schonung abgeneigter Bedränger 4 ). Der Bischof von Speyer schützte seine Juden durch strengste Maßregeln. Die Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier sowie der Bischof von Worms als. Stadtherren waren militärisch und persönlich zu schwach, um das gleiche zu tun 5 ). ') Cartellieri 3, S. 62, 128. — 2 ) Röhricht, 1. Kreuzz. S. 41, 45. Chron. 6, Nr. 30, 35—37, 64 mit der Zeit. M. v. Kn. 4, S. 495, 508. Duncalf, Crus. S. 448. Chalandon, Prem, crois. S. 95, 99 ff., 107 ff. Grousset 1, S. 9. — ») Wibert, Vie 2, Kap. 5. Monod, Guibert S. 199. — •) Röhricht, 1. Kreuzz. S. 35 ff. Chron. 6, Nr. 12, 17, 25—27, 3 0 - 4 0 , 4 3 - ^ 6 , 48. Regg. Juden Nr. 175 ff. M. v. Kn. 4, S. 491. Caro 1, S. 202. Chalandon, Prem, crois. S. 90. Roth S. 641. Grousset 1, S. 9. Germ. Jud. S. XXXV u. unter den einzelnen Orten. — 8 ) Schiffmann S. 26. Gladel S. 56.

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Heinrich IV. hatte den Juden in Speyer und in Worms 1090 Privilegien erteilt und hat später wieder zu ihren Gunsten eingegriffen, da er sie finanziell notwendig brauchte und keine Beeinträchtigung seiner Regierungsgewalt durch irgendwelche eigenmächtigen Bewegungen dulden wollte 1 ). Daß mancher Kreuzfahrer sich durch die Judenbeute Mittel für den weiten Marsch zu verschaffen suchte, ist sehr wahrscheinlich. Wenn man die Frage aufwirft, auf die es in der Machtgeschichte ankommt, ob die Judenverfolgungen die Stoßkraft des Kreuzzuges verstärkt oder gehemmt haben, so wird man das letztere annehmen, da sie die ohnehin unter den bunt zusammengewürfelten Scharen äußerst schwierige Ordnung und Zucht untergruben und in Ungarn wie in Bulgarien die Neigung zu Ausschreitungen verstärkten. Die Judenverfolgungen haben denen, die sich daran beteiligten, und natürlich auch vielen Unschuldigen Verderben gebracht und sind von den Zeitgenossen mehrfach mißbilligt worden. Von allen den Bauern, wenn wir diese übliche Bezeichnung beibehalten, die aus Frankreich und Deutschland vom Frühjahr 1096 an ihren Marsch angetreten hatten, gelang es, wie gezeigt wurde, nur denen, die Peter dem Einsiedler und Walter Habenichts folgten, Konstantinopel zu erreichen. Wie groß ihre Zahl ursprünglich gewesen war, wieviele nach ihren schweren Verlusten noch übrigblieben, läßt sich nicht ermitteln. Alle in den Quellen überlieferten Angaben sind so unzuverlässig und die modernen Versuche, sie auf ein glaubhaftes Maß zurückzuführen, vorläufig noch so unsicher, d a ß es geraten erscheint, ganz davon abzusehen und unser Nichtwissen offen zu bekennen 8 ). Am 2. August 1096 wurde Peter von Alexius empfangen 3 ). Der Basileus hatte im vergangenen Jahre durch seine Gesandten in Piacenza den äußeren Anstoß zum Kreuzzug gegeben, ohne selbst mehr als Hilfstruppen zu verlangen 4 ). Jetzt mußte er Wert darauf legen, den asketischen Mönch zu sehen, der sich ohne staatliche Mittel, allein durch die Macht seines Wortes, an die Spitze eines doch wesentlich militärisch-politischen Unternehmens gestellt hatte. Natürlich war er längst über die Zusammensetzung des Pilgerheeres genau unterrichtet und dachte nicht daran, diesen unübersichtlichen Haufen von Männern, die großenteils ganz unkriegerisch waren und bei denen sich viele Frauen und womöglich noch Kinder befanden, irgendwie zum Krieg gegen die Seldschuken zu verwenden. Er gab Peter den gutgemeinten und sehr verständigen Befehl, das Ritterheer zu erwarten und erst zusammen mit diesem vorwärtszugehen. Vorläufig begnügte er sich damit, Lebensmittel und Geld zu überweisen. Man darf daher annehmen, daß die Kreuzfahrer keinen Mangel litten. Die Hauptstadt zu betreten, wurde ihnen aus naheliegenden Gründen verboten. Es mag sein, daß sie dadurch besonders gereizt wurden. Jedenfalls verübten sie in den Vorstädten allerlei Untaten und verschonten nicht einmal die Kirchen. Es blieb daher dem Basileus *) M. v. Kn. 4, S. 277, Anm. 3. Schiffmann S. 19. — *) Delbrück 3, S. 230, 420, 429. — ') Dölger 2, Nr. 1184. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 51. Chron. 6, Nr. 60. Duncalf, Crus. S. 449. Chalandon, Prem, crois. S. 77. Grousset 1, S. 7. — 4 ) Cartellieri 3, S. 246.

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nichts anderes übrig, als sie am 6. oder 7. August über den Bosporus übersetzen zu lassen und ihnen ein Lager bei Civitot (Kibotos, Helenopolis, heute Hersek) am Meeresufer anzuweisen. Dort wurden sie wenigstens am Anfang nicht nur gut, sondern eher zu gut versorgt und schlugen alle Warnungen Peters des Einsiedlers in den Wind. Eine Schar übermütiger Franzosen machte um den 20. September 1096 einen Beutezug bis vor Nicäa (Iznik), das nur 37 km von Civitot entfernt liegt, und brachte auch reiche Beute heim. In Nicäa residierte damals noch der Sultan von Anatolien (Anadoli) 1 ) oder Rum 2 ), Kilidj Arslan I . 8 ) , Sohn des 1086 gefallenen Solimán, und man ka-nn sich denken, d a ß er durch diesen unüberlegten Vorstoß der Lateiner aufs äußerste gereizt wurde. Die Italiener und die Deutschen, die sich mit den Franzosen schlecht vertrugen 4 ), wollten hinter ihnen nicht zurückstehen und besetzten ihrerseits um den 24. September die Burg Xerigordos, deren Lage nicht genau festzustellen ist, die aber sicher nahe bei Nicäa lag. Dort wurden sie von den Türken am 29. September geschlagen, in der Burg eingeschlossen, von Durst furchtbar gequält und schließlich am 7. Oktober aufgerieben, soweit sie nicht zum Islam übertraten. Inzwischen war Peter nach Konstantinopel geeilt, um beim Basileus Rat und Hilfe zu erbitten, d a ihm die zuchtlosen Banden nicht mehr gehorchten. Während seiner Abwesenheit kam es im Lager zu Civitot zu heftigen Auseinandersetzungen. Einige Pilger wollten seine Rückkehr abwarten, andere drängten in ihrer Verblendung zum sofortigen Vormarsch, und dieser wurde auch angetreten, obwohl nur wenige Ritter verfügbar waren. Die Folge war eine vollständige Niederlage am 21. Oktober 1096 am Ufer des Flusses Drakon, heute Kirkgetschid, der nach dem Vertrage von 1081 5 ) die Grenze zwischen oströmischem und türkischem Machtbereich hatte bilden sollen. Neben anderen fiel Walter Habenichts. Die Sieger drangen sogar in das Lager bei Civitot ein und schleppten Beute fort. Glücklicherweise erhielt Peter am 22. Oktober beim Basileus Audienz und durfte ihm die neuesten Hiobsposten vortragen. Alexius schickte sofort Schiffe aus, die genügten, um die Türken in der Nacht vom 23. auf den 24. Oktober zum Rückzug zu veranlassen. S o konnte eine gewisse Zahl von Christen wieder Konstantinopel erreichen, aber sie hatten allen Mut verloren. Damit sie nicht neuen Unfug stifteten, mußten sie ihre Waffen abliefern. Zum Teil wollten sie sich später den Fürsten anschließen, zum Teil kehrten sie gleich in die Heimat zurück 6 ). Damit hatten die sog. Bauernkreuzzüge ein trauriges und unrühmliches Ende gefunden. Mit den Judenverfolgungen hatte die Zuchtlosigkeit begonnen, in Ungarn und Bulgarien zahlreiche Opfer ge») Enz. Islam 1, S. 361. — 2 ) Qrousset 2, S. 859. Enz. Islam 3, S. 1268; 4, S. 226, — ») Enz. Islam 2, S. 1082 ; 4, S. 227. Jorga, Osman. Reich 1, S. 98. Grousset 1, S. XLVI, LI, 682, Stammtafel; 2, S. 860. Cartellieri 3, S. 224 u. Berichtigungen S. 292. — 4 ) Röhricht, 1. Kreuzz. S. 53, Anm. 8. — Cartellieri 3, 5. 173. — 6 ) Chalandon, Essai S. 170—172. Röhricht, 1. Kreuzz. S.52—57. Chron.6, Nr. 61—63, 74, 76 f., 79—89. Duncalf, Crus. S. 450 f. Chalandon, Prem, crois. S. 77—89. Grousset 1, S. 7 f.

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fordert und jetzt an der Schwelle des türkischen Machtbereichs das letzte Aufgebot aufgelöst und zerstreut. Kein gerechter Beurteiler wird dem Basileus die Schuld daran aufbürden. Was Peter den Einsiedler betrifft, so hat er getan, was er konnte, um seine Leute in Ordnung zu halten. Sein verhängnisvoller Irrtum bestand darin, daß er die reine Begeisterung, die ihn selbst erfüllte, auch bei der Masse voraussetzte und deshalb eine Führerrolle übernahm, der er durchaus nicht gewachsen war. Später in das Heer der Fürsten aufgenommen, hat er sich nicht mehr hervorgetan und keinen maßgebenden Einfluß irgendwelcher Art geübt. An den Bauernkreuzzügen haben noch andere kleinere Gruppen teilgenommen, doch waren ihre Erlebnisse auf dem Marsch bis Konstantinopel weder erheblich verschieden von den hier kurz geschilderten Walters, Peters, Volkmars, Gottschalks und Emichs noch an und für sich würdig, der Nachwelt genauer überliefert zu werden. Die religiöse Inbrunst und die Tapferkeit der Pilger wird man nicht herabsetzen wollen, aber diese guten Eigenschaften wurden verdeckt durch ihre fürchterliche Raubgier. Man wird zu ihrer Entschuldigung sagen können, daß oft Mangel eintrat und daß der Hungrige kein Gebot kennt. Aber allem Anschein nach fehlte es auch an jeder geregelten Verteilung der mitgebrachten, aufgekauften oder geplünderten Vorräte, so d a ß Völlerei und Hunger jäh abwechselten. Tausende, so wird man ohne Übertreibung annehmen dürfen, fielen in Ungarn und Bulgarien unter dem Schwert der Feinde, ertranken in den Flüssen, starben an Krankheiten und Entbehrungen, wurden versklavt. Daß das ungeordnete Zusammenleben von Männern und Weibern den allerübelsten Einfluß auf die körperliche und seelische Gesundheit übte, braucht nicht ausdrücklich hervorgehoben zu werden. Selbst wenn die genannten Führer, was aber nicht immer feststeht, den allerbesten Willen hatten, reichte doch ihre Kraft nicht im entferntesten aus, um die verderblichen Masseninstinkte im Zaum zu halten. Von den sicher auch vorhandenen wirklich frommen und stillen Duldern, die im Glauben an den Erlöser und in der Hoffnung auf das Gebet an seinem Grabe christlich lebten und christlich starben, erfahren wir, wie es in solchen Fällen zu gehen pflegt, kaum Näheres. Ihr Tun und Lassen war selbstverständlich.

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ZWEITES KÄPITEL.

DIE FÜRSTEN UND OSTROM. (1096—1097.) A l s erster der abendländischen Fürsten kam H u g o 1 ) , der jüngere Bruder Philipps I. von Frankreich, nach Konstantinopel. D a dieser 1052 geboren wurde, ihr Vater Heinrich I. aber 1060 starb, die Geburtstage anderer Kinder nicht feststehen, läßt sich Hugos Alter beim Antritt des Kreuzzuges nur ungefähr auf 40 Jahre schätzen. D a ß der K ö n i g selbst sich nicht beteiligen durfte, auch wenn er gewollt hätte, lag bekanntlich an seiner Exkommunikation. H u g o war durch seine Ehe mit Adela, der Tochter des Grafen Herbert IV., Graf von Crépi oder Valois und Vermandois g e w o r d e n 2 ) . Irrtümlich wurde sein Beiname Mainsné ( = moins né) mit „ M a g n u s " wiedergegeben. Ihn den Großen zu nennen, l a g kein Anlaß vor, obwohl gute Eigenschaften an ihm gerühmt wurden: mit einer seinem hohen Rang entsprechenden Vornehmheit verband er große Bescheidenheit gegenüber d e m geistlichen Stande, und das galt in den Augen der doch fast nur geistlichen Chronisten als ein besonderer V o r z u g * ) . Schon am 11. Februar 1096 sprach er in Gegenwart seines kurz vorher exkommunizierten Bruders mit den Großen des Reiches über den Kreuzzug, und hier wurde wahrscheinlich der Beschluß g e f a ß t , daß er sich gewissermaßen als Philipps Vertreter daran beteiligen sollte 4 ). E r nahm, w i e später viele andere Herren, den W e g über Rom und erhielt von Urban II. die goldene Fahne St. P e t e r s 5 ) , was doch nur bedeuten konnte, d a ß ihm eine führende Stellung zugedacht war. Bei Alexius I. kündigte er sich etwas prahlerisch an, hatte aber das U n glück, daß er auf seiner übereilten Fahrt von Bari nach Durazzo Schiffbruch erlitt und mit ganz wenigen Begleitern landen mußte. V o m N e f f e n des Basileus Johann Komnenos als dem Statthalter von Durazzo wurde er höchst ehrenvoll empfangen, aber doch fast wie ein G e fangener behandelt und nach Konstantinopel überführt. Er leistete im N o v e m b e r 1096 den Lehnseid und bekam dafür eine beträchtliche Summe G e l d e s 8 ) . » ) Fliehe, Philippe S. 98, 531. — 2 ) Recueil Philippe 1er S. CCXVI u. Table S. 499. — » ) Wibert, Gesta 2, Kap. 14 u. 19, S. 148 u. 150. — «) Chron. 6, Nr. 20. — B ) Erdmann, Kais. Fahnen S. 7 u. 36 u. Entstehung S. 315. — •) Dölger 2, Nr. 1185 f. Chalandon, Essai S. 174. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 64. Chron. 6, Nr. 66, 93. Leib S. 150, 219. Chalandon, Prem, crois. S. 116 f., 121. Grousset 1, S. 15.

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So konnte der Basileus dank einem glücklichen Zufall mit Erfolg die Politik einleiten, die ihn während der nächsten Zeit dauernd beschäftigen sollte. Die Einfügung der abendländischen Fürsten in ein Lehnsverhältnis wurde zweifellos erleichtert, wenn eine so hochgestellte Persönlichkeit wie der Bruder des Königs von Frankreich das Beispiel gegeben hatte. Ostrom beugte Abendländer seinem Willen, wenn auch zunächst nur für morgenländische Angelegenheiten. Wenige Wochen später erreichte Gottfried von Bouillon die oströmische Hauptstadt, die der Papst den Kreuzfahrern als allgemeinen Sammelplatz bestimmt hatte. Väterlicher- wie mütterlicherseits von Karl dem Großen abstammend 1 ), Sohn des Grafen Eustach II. von Boulogne und dessen zweiter Gemahlin Ida, der Schwester Herzog Gottfrieds III. des Buckligen von Niederlothringen, wurde er um 1060 geboren 2 ). Er hatte einen älteren Bruder, Eustach III., der in der Grafschaft folgte, und einen jüngeren, Balduin, der später König von Jerusalem wurde. Weder Eustach II. noch Ida unterschieden sich wesentlich von ihren Standesgenossen. Jener hatte für Wilhelm den Eroberer und nachher gegen ihn gekämpft, sich schließlich aber wieder mit ihm vertragen«). Gelegentlich vergriff er sich an Kirchengut,, förderte aber auch die kirchlichen Stiftungen Idas, die sich durch eine selbst in damaliger Zeit auffallende Frömmigkeit auszeichnete und deshalb seliggesprochen wurde 4 ). Ausdrücklich sei bemerkt, d a ß Eustach II. dem französischen, Ida dem reichsdeutschen Lehnsverband angehörte. Nicht nur Kaiser und Könige, sondern ebenso Fürsten und Grafen wählten ihre Gattinnen häufig jenseits der Landesgrenzen. Für die Zukunft Gottfrieds von Bouillon wurde es entscheidend, daß er von seinem Oheim Gottfried III., der 1076 starb 5 ), adoptiert und zum Erben bestimmt wurde. Er erhielt von Heinrich IV. zunächst die Mark Antwerpen 6 ) und u. a. auch die außerordentlich feste alte Burg Bouillon (wnw. Luxemburg) im heutigen Belgien, nach der er genannt zu werden pflegt. Das Vertrauen, das Heinrich IV. ihm schenkte, rechtfertigte er. Die Einzelheiten sind aber unsicher. Er soll am 15. Oktober 1080 auf seiner Seite die Schlacht an der Weißen Elster mitgemacht 7 ) und sich am 3. Juni 1083 bei der Erstürmung der römischen Stadtmauer rühmlich hervorgetan haben 8 ). Jedenfalls erhielt er zum Lohn für seine Verdienste 1087 das Herzogtum Niederlothringen 9 ), modern gesprochen: als Mann vorwiegend französischer Nationalität ein deutsches Reichsfürstentum, und zwar in dem oft bedrohten ehemaligen Zwischenreich. Er muß also für vollkommen zuverlässig gegolten haben; denn sonst hätte man fürchten müssen, daß wieder wie zu Zeiten Gottfrieds II. des Bärtigen dem deutschen Reiche von Westen her ernste Gefahren drohten 1 0 ). Wie wir später sehen werden, beherrschte Gottfried die deutsche und die französische Sprache. ») Breysig S. 170. M. v. Kn. 4, S. 513. Brandenburg, Tafel 27, 150b u. 38, 211. v. Bazan, Ahnentafeln 1, S. 34. — 3 ) Breysig S. 178. — ») Cartellieri 3, S. 76, 141, 209 f. — *) Breysig S. 175. — 6 ) Cartellieri 3, S. 141. — •) Cartellieri 3, S. 141. — ' ) Breysig S. 188. M. v. Kn. 3, S - 648, Anm. 14. Cartellieri 3, S. 163. Dagegen Glaesener. — 8 ) Cartellieri 3, S. 181. — •) Cartellieri 3, S. 202. — » ) Cartellieri 3, S. 258 u. sonst.

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Man darf nicht glauben, daß er sich als Markgraf und Herzog der Kirche besonders ergeben gezeigt hatte. Er erfuhr sogar Tadel, weil er gewalttätig gegen Klöster vorging. Andererseits beschenkte er sie auch wieder reichlich. In allen diesen Dingen handelte er so, wie es damals in seinen Kreisen üblich war. Als er die Botschaft des Papstes hörte, entschloß er sich sogleich, das Kreuz zu nehmen. Um sich gut mit Geld auszurüsten, verkaufte er dem Bischof Richer von Verdun, mit dem er eben noch in Fehde gelegen hatte, mehrere Güter und verpfändete dem Bischof Otbert von Lüttich sogar die erwähnte Burg Bouillon. Vielleicht wurde'äer Wunsch in ihm rege, für seinen Kampf gegen den rechtmäßigen Papst durch die Pilgerfahrt Buße zu tun. Daß er sich vom Kaiser die Erlaubnis geben ließ mitzuziehen 1 ), spricht nicht dagegen. Es ist nicht schwer 2 ), ein Bild seiner Persönlichkeit zu zeichnen. Sie mußte sich jedem, der ihn auch nur flüchtig kennenlernte, sofort deutlich einprägen: groß gewachsen, schlank, hellblond, mit ungewöhnlicher Körperkraft ausgestattet, äußerst tapfer, aber kein Feldherr, auch kein Parteimann, aufrichtig fromm und im Grunde gutmütig, wenn nicht religiöses Pflichtbewußtsein ihn grausam handeln ließ. Ihm schlössen sich seine beiden Brüder Eustach III. von Boulogne und Balduin an, außerdem Balduin von Le Bourg 3 ), der, ein Sohn des Grafen Hugo I. von Rethel (nö. Reims) und der Melissende von Montlhery, mit den vorgenannten Herren auf eine nicht genau festzustellende Weise verwandt war, weiter Graf Balduin II. von Möns, d. h. von Hennegau 4 ), und eine Anzahl anderer Edelleute hauptsächlich aus den wallonischen Landen, zwar Vasallen des deutschen Reiches, aber der Kultur nach wesentlich französisch. Die Abwesenheit des gebannten deutschen Kaisers, der sich in Oberitalien nur mühsam behauptete, erklärt großenteils das Fernbleiben der deutschen Ritterschaft. Kam es den Zeitgenossen deutlich zum Bewußtsein, wie sehr dadurch das deutsche Ansehen in der Welt geschmälert wurde? Wann sich die Herren tatsächlich in Bewegung setzten und von wo an sie gemeinsam marschierten, ist nicht bekannt. Einzelne Urkunden, durch die sie geistlichen Stiftungen vorher reiche Geschenke machten, brauchen natürlich nicht im letzten Augenblick ausgestellt worden zu sein. Der eben genannte Balduin II. von Hennegau verkaufte dem Bischof Otbert von Lüttich am 14. Juni 1096 seine Burg Couvin (sw. N a m u r ) 5 ) . In einigen niederlothringischen Urkunden wird des Aufbruchs zum Kreuzzug gedacht, doch ohne Tagesangaben 6 ).' Vielleicht finden sich einmal weitere an einer bisher nicht beachteten Stelle. Jedenfalls wäre ihre Sammlung wertvoll. Denn ganz abgesehen von ihrem etwaigen Ertrag für genauere Zeitbestimmungen, ergänzen sie, da im Auftrag *) Frutolf-Ekkehard," SS. 6, S. 208. — 2 ) Breysig S. 198. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 124. Orousset 1, S. 12. — s ) Du Cange, Familles S. 13. Albert von Aachen 7, Kap. 31, Ree. occ. 4, S. 527. Ree. occ. 5, S. 631, Anm. j. Grousset 1, S. 12, 535. — 4 ) Cartellieri 3, S. 101. — 5 ) Vanderkindere 2, S. 95, 193. — 9 ) Wauters 1, S. 598, 602; 7, 1, S. 181/182.

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und im Sinne der Kreuzfahrer verfaßt, in willkommener Weise, was wir über deren Stimmungen aus den Chroniken wissen. Als beispielsweise der Burgunder Achard von Montmerle (an der Saône, s. Mâcon) am 12. April 1096 der Abtei Cluni sein ganzes Hausgut gegen 2000 Schilling Lyoner Münze und 4 Maultiere verpfändete, sprach er davon, daß es ihn in dieser ungeheuren Erregung des christlichen Volkes dränge, in Jerusalem gegen Heiden und Sarazenen zu streiten, und er doch gut bewaffnet ausrücken wolle 1 ). Vor September oder Oktober 1096 beschenkte Robert II. von Flandern die Kirche Saint-Pierre zu Lille, indem er darauf hinwies, d a ß er gemäß dem durch die Autorität des Apostolischen Stuhles verkündeten Ratschluß Gottes nach Jerusalem gehe, um die lange von wilden Völkern mißhandelte Kirche zu befreien. Gott möchte seiner Mühewaltung Erfolg gewähren 2 ). In einer anderen Urkunde aus derselben Zeit erwähnte er, daß ein sehr zahlreiches Heer ihn begleite 3 ). Zwei Jahre später (1098) sagte Bischof Gerald von Cahors, Graf Raimund von Toulouse sei auf Befehl des Papstes Urban, vieler Erzbischöfe und anderer Bischöfe zur Pilgerfahrt ausgezogen, um fremde Völker zu bezwingen und barbarische Nationen zu bekriegen, damit die Heilige Stadt Jerusalem nicht länger gefangengehalten und mit Gottes Hilfe das Grab des Herrn Jesus nicht geschändet würde 4 ). Gottfrieds Bruder Balduin von Boulogne unterschied sich äußerlich durchaus von ihm 5 ). Er überragte ihn noch an Körpergröße, hatte schwarze Haare und einen schwarzen Bart, was bei seiner sehr weißen Gesichtsfarbe auffiel. Ehe er Ritter wurde, soll er in Reims dem geistlichen Stande angehört haben. Daher stammte seine gute Bildung und wohl auch sein hoheitsvolles Auftreten wie seine Freude am Prunk. Er war stolz, habsüchtig und sehr leicht erregbar. Zunächst schloß er sich ganz an Gottfried an, und erst später erkannte man, daß er über ein nicht geringes Organisationstalent verfügte. Als Gottfried seinen Marsch durch die Rheinlande antrat, wurden Äußerungen von ihm verbreitet, nach denen er die Juden ausrotten wollte 4 ). Er stellte das aber in Abrede und empfing sowohl in Köln als in Mainz größere Summen Geld dafür, daß er ihnen Schutz versprach, wie das auch der Wille Kaiser Heinrichs war. Die ursächliche Verknüpfung dieser Vorgänge steht im einzelnen nicht fest. Der Herzog gelangte zuerst nach Tulln an der Donau (nw. Wien) und verhandelte mit Koloman von Ungarn. Dieser rechtfertigte sich wegen der scharfen Maßnahmen, die er gegen die vorher durchziehenden Pilger wegen ihrer Räubereien habe treffen müssen, und verpflegte ihn trefflich. Gottfried hielt auf strengste Mannszucht und zog über Nisch, Sofia, Philippopel, Adrianopel nach Siliwri an der Küste des Marmarameeres, wo aber seine Truppen aus uns unbekannten Gründen zu plündern begannen 7 ). Es muß gleich hier deutlich gesagt werden, daß die abendländischen Berichterstatter alle Untaten ihrer Volks- oder Glaubensgenossen mit vorhergegangenen Übergriffen der Ostràmer ent») Chron. 6, Nr. 28. — s ) Actes . . . Flandre Nr. 20. — *) Ebenda Nr. 22. — «) Devic 5, S. 753, Nr. 399. — «) Grousset 1, S. 13, 205, 313. — •) Regg. Juden Nr. 178. Chron. 6, Nr. 24. — 7 ) Chalandon, Prem, crois. S. 118. Hôman 1, S. 362. C a r t e l l i e r i , Der Vorrang des Papsttums.

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schuldigen. Eine restlose Aufklärung ist in der Regel nicht möglich, weil die Aussagen der Parteien sich widersprechen. Auf Vorstellungen der oströmischen Gesandten gebot Gottfried seinen Leuten Einhalt und bezog dann am 23. Dezember 1096 ein Lager vor Konstantinopel 1 ). Niemand wird in Alexius I. einen wohlwollenden Herrscher sehen wollen, der voll menschlichen Mitgefühls für die Leiden der Pilger ihnen Gutes zu tun bestrebt war. Er hatte wie viele seiner Vorgänger und Nachfolger im Bewußtsein altrömischer Staatskunst „politische Eingeweide" und sah nur e i n Ziel vor sich, mit der von ihm in Piacenza erbetenen, jetzt so mächtig heranflutenden Hilfe des Abendlandes das in Kleinasien und Syrien verlorene Land zurückzugewinnen und den gefährlichen Vormarsch der Türken soweit als irgend möglich zum Stillstand zu bringen. Dabei legte er mit vollem Recht den Hauptnachdruck auf die Häfen, da eine wirkliche Besetzung weiter Gebiete seine Kräfte überstieg. Von der Küste aus konnte er hoffen, das Innere zu beherrschen, nicht aber vom Inneren aus die Küste. Religiöse Begeisterung war ihm vollkommen fremd. Die Art, wie die bunt zusammengewürfelten, zuchtlosen Pilger sie bisher betätigt hatten, war auch sicher nicht geeignet, ihm Achtung vor einem solchen Gefühl einzuflößen. Im oströmischen Reich wurde kein Kreuzzug gepredigt. Warum sollte das auch geschehen, da der Kampf gegen die Ungläubigen, seien es Araber, seien es Türken, kaum jemals unterbrochen worden war und jedenfalls zu glänzenden Siegen Anlaß geboten hatte? Man denke an die erste Eroberung von Aleppo 962, die den Generälen Nicephorus' II. verdankte von Antiochia 969, an die Bedrohung Bagdads 974 und endlich vor allem an die Unterwerfung von Damaskus, Tiberias, Nazareth und Cäsarea Maritima 975, von wo sich schon damals der Blick tapferer Krieger auf Jerusalem richtete 2 ). Nicephorus II. Phokas ( f 969), Tzimisces ( f 976) und Basilius II. ( t 1025) können als Vorkämpfer gegen den Islam niemals vergessen werden 3 ). Weil die Auffassung des Kreuzzuges durch Alexius und durch die Abendländer grundverschieden war, war es nicht nur schwierig, j a f a s t unmöglich, sich zu einigen, sondern auch schon, sich gegenseitig zu verstehen 4 ). Keiner traute dem anderen, und jeder fürchtete den anderen. Am liebsten hätte Alexius die kriegerische Kraft der Abendländer für seine Zwecke ausgenutzt, sie auch anständig bezahlt und sie dann wieder heimgeschickt, wenn sie nicht in seinem Dienst bleiben wollten. Er galt ihnen als treulos und hinterlistig, sie erschienen ihm gewalttätig, habgierig und unzuverlässig, weil sie ihre Pläne fortwährend wechselten und tatsächlich am Anfang gar nicht wußten, welches ihre letzten Ziele wären. Die Kaisertochter Anna schildert einmal mit wirChalandon, Essai S. 175 ff. Röhricht, 1. Kreuzz. S.59—66. Chron. 6, Nr. 67, 70, 95, 98, 100, 102, 104, 105, 107. M. v. Kn. 4, S. 519—523. Chalandon, Prem, crois. S. 112—123. Grousset 1, S. 11—16. — 2 ) Cartellieri 2, S. 133, 152, 164, 165. — ») Cartellieri 2, S. 153, 166, 360. — 4 ) Chalandon, Essai S. 341. Stevenson, Crusaders S. 9 ff. Chalandon, Jean S. 123. Leib S. 192. Chalandon, Prem, crois. S. 118. Stevenson, First Crus. S. 271, 279 ff., 281 f. Duncalf, Plan S. 47. Buckler S. 457. Vasiliev 2, S. 37. La Monte, Byz. Emp. S. 254. Grousset 1, S. 14. Cognasso S. 113, 127.

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kungsvoller Anschaulichkeit, wie sehr ihr Vater unter dem endlosen Redeschwall der Abendländer litt und sich doch verpflichtet fühlte, sie stundenlang anzuhören 1 ). Bei einer früheren Gelegenheit bemerkte sie, daß das ganze Volk der Lateiner Geld leidenschaftlich liebe und für einen Obolos auch sein Liebstes zu verkaufen pflege 2 ). D a ß sie nicht unparteiisch urteilt, wissen wir zur Genüge. Trotzdem sind uns die von ihr wiedergegebenen Eindrücke sehr wertvoll. Zum Verständnis der Politik des Basileus gegenüber den Kreuzfahrern würde man nicht gelangen, wenn man sich nicht an die Angriffe Robert Guiskards auf das oströmische Reich in den Jahren 1081, 1082 und 1084 erinnerte 3 ). Des Normannenherzogs Sohn Bohemund I. f der sich seinerzeit an jenen Kämpfen beteiligt hatte, war doch jetzt mit einem Pilgerheer nach Konstantinopel unterwegs. Konnte man es Alexius verübeln, wenn er fürchtete, daß das große Unternehmen des Abendlandes wenigstens für die Normannen nur einen Vorwand für die Eroberung seiner Hauptstadt abgeben würde? Darum lag ihm vor allem daran, die Vereinigung Gottfrieds von Bouillon und Bohemunds zu hindern, Gottfrieds Schar möglichst bald nach Kleinasien a b zuschieben und sie dort für sich kriegführen zu lassen. Gottfried aber wollte Bohemund erwarten. Alexius verfügte über ein starkes Druckmittel, die Lebensmittelsperre. Gottfried rächte sich, indem er ausgiebig plündern ließ. Alexius wünschte, Gottfried zu sprechen, um ihn zur Ableistung des Lehnseides zu bewegen, Gottfried aber wich einer Zusammenkunft mehrfach aus. Die Einzelheiten bleiben zweifelhaft 4 ), weil die abendländische und die oströmische Überlieferung ganz unvereinbar sind. Eine Zeitlang mußte Gottfried gemäß dem Wunsch des Basileus sein Lager in eine Vorstadt am Westufer des Goldenen Horns verlegen, weil man ihn dort besser beobachten konnte. Er sollte auch keine Nachrichten mit Bohemund austauschen dürfen. Als die Spannung stieg, kehrte er an seinen alten Platz vor den Mauern zurück. Seine Leute steckten in ihrer Wut die eben geräumten Quartiere in Brand und versuchten dasselbe bei einem Tor, konnten aber trotz eines längeren Kampfes nicht in die Stadt eindringen und wurden zurückgeschlagen. Gottfried mußte schließlich den Ratschlägen Hugos von Vermandois, dessen Eidesleistung wir j a kennen und der ihm bisher im Auftrag des Basileus vergeblich dazu geraten hatte, doch folgen und sich verpflichten, sowohl zu schwören als auch bald nach Kleinasien hinüberzugehen. Anfang April 1097 leisteten Gottfried und die ihn begleitenden vornehmen Herren den Lehnseid im Blachernä-Palast des Alexius und versprachen, ihm die entfremdeten Gebiete nach der Eroberung auszuliefern. Leider ist der vollständige Wortlaut nicht erhalten, und wir wissen nicht, welche Grenzen wiederhergestellt werden sollten 5 ). Bei der Eigenart der oströmischen Politik, die ähnlich wie etwa die päpstliche niemals einen Anspruch ganz aufgab, sondern nur mit Rücksicht ») Buckler S. 460, 519. — J ) Buckler S. 441. — ») Cartellieri 3, S. 173, 176, 185 ff., 190. — *) Dölger 2, Nr. 1187—1192, 1194 ff. Chalandon, Essai S. 177 ff. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 66. Chron. 6, Nr. 109 ff., 113—115. Chalandon, Prem, crois. S. 119 ff., dem ich in der Hauptsache folge. Grousset 1, S. 16 ff. — •) Grousset 1, S. X X X V I , XLVII. Cartellieri 3, S. 221 f.

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auf ungünstige Zeitumstände auch auf sehr lange Zeit vertagte, kann man annehmen, daß grundsätzlich nicht nur die anatolischen und syrischen Städte, also Nicäa, Antiochia, Edessa, gemeint waren, sondern auch darüber hinaus Jerusalem und überhaupt Palästina. Alexius konnte aber in mündlichen Abmachungen seine Forderungen ermäßigt haben, und es wäre wohl möglich, daß er vom militärischen Standpunkt aus auf Jerusalem weniger Wert legte als etwa auf Antiochia. In seiner Auffassung konnte Jerusalem wohl einen Pufferstaat auf dem Wege nach Ägypten bilden und das Abendland veranlassen, dorthin immer ansehnliche Streitkräfte zu entsenden, die Ostroms Grenze schützten 1 ). Gottfried wurde nach der feierlichen Handlung reich beschenkt und ehrenhalber von Alexius adoptiert. Jedes Lehnsverhältnis enthielt nicht bloß Pflichten für den Mann, sondern ebenso auch für den Herrn. So wurde denn bei den Eiden, zu denen sich die meisten der abendländischen Fürsten nacheinander entschlossen, vorgesehen, daß der Basileus Hilfstruppen mitschicken, die Kreuzfahrer mit Lebensmitteln unterstützen und sogar selbst zu Wasser und zu Lande mit ihnen eingreifen würde. Es mag sein, daß die Einzelheiten später noch in der Form eines Vertrages geregelt wurden und daß Alexius das vielleicht wichtigste Versprechen, die persönliche Beteiligung, an gewisse Voraussetzungen knüpfte, die, wie man weiß, später nicht eintrafen. Man wird nicht vergessen, daß Gottfried Vasall des deutschen Kaisers war und daß ein Teil seiner Begleiter im Lehnsverhältnis zu Philipp I. von Frankreich stand. Auch schon die Rücksicht auf den Papst widersprach der Eidesleistung. Denn Urban sollte doch der zwar ferne, aber wahre Führer des heiligen Unternehmens sein. Alle diese Erwägungen mußten hinter den harten Notwendigkeiten des Augenblicks zurücktreten. Gottfried war schwächer als der Basileus, und daraus ergab sich alles Weitere. Wenige Tage später mußte er tatsächlich jenseits des Marmarameers, in der Nähe von Hereke westlich von Nikomedia (Ismid), Quartier beziehen und wurde hier gut verpflegt. Der Basileus hatte seinen Willen durchgesetzt und verhindert, daß die lothringischen und die normannischen Truppen bei Konstantinopel zusammentrafen. Wahrscheinlich ahnte Gottfried gar nicht, daß Bohemund schon in der Nähe war. Es ist kaum nötig, die Bedeutung der letzten Ereignisse ausdrücklich hervorzuheben. Der Kreuzzug drohte aus einer religiösen Erhebung des gesamten Abendlandes zu einem umfassenden militärisch-politischen Eroberungszug im Solde Ostroms zu werden. Alexius wußte ziemlich genau, was er wollte, aber noch wußten es die Kreuzfahrer nicht oder durften es wenigstens nicht sagen. Bohemund, der Sohn Robert Guiskards aus dessen erster Ehe mit der Normannin Alberada, wurde zwischen 1050 und 1058 geboren 2 ). *) Dölger 2, Nr. 1196, 1203. Chalandon, Essai S. 180 mit der Zeit, 188. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 68. Kreuzzugsbriefe S. 296, 300. Chron. 6, Nr. 113 ff. Chalandon, Jean S. 123. Yewdale, Bohemond S. 44. Chalandon, Prem, crois. S. 128. Stevenson, First Crus. S. 282. Duncalf, Plan S. 50, 55. Buckler S. 462. Mitteis, Lehnrecht S. 248, 252. L a Monte, Byz. Emp. S. 254. Grousset 1, S. 18. — ' ) Yewdale S. 5 u. sonst.

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Sein Taufname, der später in Vergessenheit geriet, war Markus. Von seiner Jugend weiß man nichts. Er tat zuerst 1079 Dienst im Heere seines Vaters, nahm, wie früher erwähnt wurde 1 ), an den Balkanunternehmungen der achtziger Jahre teil und geriet nach dem Tode Guiskards in Streit mit seinem Halbbruder Herzog Roger von Apulien, dem Sohn Sigelgaitas 2 ). Roger trug den Beinamen Borsa, weil er so gern sein Geld zählte 3 ). Bohemund nötigte ihn, ihm vor März 1086 Tarent, Otranto und andere Städte zu Lehn zu geben. E s entstanden neue Kämpfe, und 1089 sicherte er sich vertragsmäßig Bari, dessen ausgedehnter Handel hohe Einnahmen verbürgte. Es war die bedeutendste Stadt in seiner jetzt so ansehnlich gewordenen Herrschaft. Mit Urban II. zusammenzutreffen, hatte er mehrfach Gelegenheit 4 ). Wie und wann die erste Kunde des Konzils von Clermont und des päpstlichen Aufrufs ihn erreichte, läßt sich nicht ausmachen. Aber auch wenn er sich schon sehr bald entschloß, mit ins Heilige Land zu gehen, um sich dort, unbehindert durch Verwandte, eine bedeutende fürstliche Stellung zu gründen, so verstand er es doch, so lange zu warten, bis sich eine günstige Gelegenheit bot. Im Juli-August 1096 belagerte er zusammen mit seinem Oheim Graf Roger I. von Sizilien und Roger Borsa Amalfi, das sich empört hatte. Pilger, die sich in süditalienischen Häfen einschiffen wollten, zogen vorbei. Da nahm Bohemund mit eindrucksvoller Gebärde öffentlich das Kreuz und zerschnitt auch seinen kostbaren Mantel, um für seine Waffengefährten Kreuze daraus machen zu lassen. So hatte er einen guten Grund gefunden, sich mit einem großen Teil des Heeres aus dem Lager zu entfernen. Die beiden Roger mußten die Belagerung abbrechen 5 ). Bohemund benutzte die nächste Zeit, um seine Vorbereitungen für den Ausmarsch zu treffen. Ihm kam sehr zustatten, daß er in Sizilien mit Sarazenen und in Süditalien mit Oströmern zu tun gehabt hatte, und man konnte annehmen, daß er sich mit den ihm fremden Verhältnissen leichter abfinden würde als andere Führer. Ihn begleiteten hauptsächlich junge Leute aus dem Lager vor Amalfi. Die einzelnen Herren brauchen nicht aufgezählt zu werden. Einer unter ihnen sollte später stark hervortreten. Das war sein um 1072 geborener Neffe Tankred«), Sohn seiner Halbschwester Emma und, wie man annimmt, eines Markgrafen Odo. Tankred besaß die den Normannen eigenen Vorzüge und Fehler in hohem Maße: ungestüme Tapferkeit, Abenteuerlust, Habsucht. Zunächst finden wir ihn als tüchtigen Stellvertreter seines Oheims. Das Heer Bohemunds fuhr von verschiedenen Häfen aus über das Adriatische Meer und versammelte sich in den ersten Tagen des November 1096 unweit von Valona (Avlona, s. Durazzo) um ihn. Es spricht für seine kluge Auffassung der Lage, daß er sich die größte Mühe gab, Ausschreitungen auf oströmischem Gebiet zu vermeiden, und deshalb seinen Leuten einschärfte, sie sollten sich des Plünderns ' ) Cartellieri 3, S. 173 ff. — 2 ) Cartellieri 3, S. 50. — ' ) Yewdale S. 25, 27, 29. — «) Cartellieri 3, S. 195, 198. Yewdale S. 31. — ») Röhricht, 1. Kreuzz. S. 70. Chron. 6, Nr. 68. David, Robert S. 97. Yewdale S. 35. Chalandon, Prem, crois. c Jo! S ™ " * 1 ' £ b. 322. Yewdale S. 37.

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-

Amari

'

Musu,m

a n i 3, 1, S. 189. — • ) Rey, Antioche

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enthalten, da ja die Einheimischen auch Christen seien, und nicht mehr Lebensmittel verlangen, als sie brauchten. Der Weg, der eingeschlagen wurde, war ohne Zweifel die alte Via Egnatia. Beim Überschreiten des Vardar am 18. Februar 1097 griffen Turkopolen und Petschenegen, die in oströmischen Diensten standen, an, vermutlich weil die Pilger trotz aller Warnungen Ausschreitungen begingen. Der Zwischenfall hatte aber keine weiteren Folgen. Bald darauf übernahm ein höherer Beamter des Basileus die Führung, an Lebensmitteln fehlte es nicht, und so konnte Bohemund in Rusa oder Ruskoi (heute Keschan, s. Adrianopel) am 2. April seine Truppen verlassen, den Oberbefehl Tankred übergeben und der Einladung des Alexius nach Konstantinopel Folge leisten 1 ). Um den 10. April wurde er in einer geheimen Audienz, an der auch Gottfried von Bouillon und dessen Bruder Balduin teilnahmen, sehr freundlich empfangen und trug kein Bedenken, den gewünschten Lehnseid so zu leisten, wie es die anderen auch getan hatten. D a ß ihm bei dieser Gelegenheit Antiochia mit Umgebung versprochen worden sei, erscheint nicht glaubhaft, da er sich später auch dann niemals auf diese Abmachung berief, wenn sie ihm hätte nützlich sein können 1 ). Wie das am kaiserlichen Hofe üblich war, erhielt er wertvolle Geschenke, nicht aber die verlangte Würde eines Groß-Domestikus des Orients, mit der er dem Basileus hätte recht unbequem werden können. Als nächster Fürst kam Graf Robert II. der Jüngere von Flandern, eben seines Kreuzzuges wegen später Robert der Jerusalemiter genannt, in der oströmischen Hauptstadt an 3 ). Er war der älteste Sohn Roberts I. des Friesen (f 1093), dessen Gewaltsamkeit und dessen Pilgerfahrt ins Heilige Land wir kennen 4 ). Roberts II. Vetter war Herzog Robert Kurzstiefel (Courteheuse) von Normandie 5 ), Roberts II. Schwester Adela hatte den Herzog Roger Borsa von Apulien (f 1111) geheiratet. Wann Robert II. geboren wurde, wissen wir nicht genau, vermutlich zwischen 1063/1064 oder 1068/1069. Seine Eltern heirateten 1063. Er selbst vermählte sich mit Klementia, der Tochter Graf Wilhelms I. von Hochburgund«) (f 1087) und Schwester des Erzbischofs Wido von Vienne, späteren Papstes Kalixt II. Seit 1086 beteiligte er sich neben seinem Vater an der Regierung. Ob er durch seine verwandtschaftlichen Beziehungen zur Kreuzannahme veranlaßt wurde, läßt sich nicht ausmachen. In seinem Charakter finden sich keine hervorstechenden Züge. Seine aufrichtige Frömmigkeit machte Eindruck. Das Kreuzeszeichen trug er täglich und bemühte sich eifrig um den Besitz von Reliquien, die er demütig verehrte. Robert Kurzstiefel und Stephan von Blois, von denen gleich die Rede sein wird, brachen Ende September oder Anfang Oktober 1096 auf. Robert II. von Flandern stieß zu ihnen, nachdem er sich gut mit *) Dölger 2, Nr. 1197, 1199. Chalandon, Essai S. 183. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 71. Chron. 6, Nr. 91, 96, 97, 99, 108, 112, 119, 121—123, 127. Yewdale S. 37. Leib S. 211, Anm. 1. Chalandon, Prem, crois. S. 133. Grousset 1, S. 20. — a ) Röhricht,, 1. Kreuzz. S. 74. Chron. 6, Nr. 134. Stevenson, First Crus. S. 282. Krey S. 71, 77. Grousset 1, S. 22. — ') Vanderkindere 1, S. 302. Actes . . . Flandre S. XVI, LXX. — «) Cartellieri 3, S. 100 f., 141, 200, 223. — 5 ) Cartellieri 3, S. 215, 218. — •) Heyck S. 269, Stammtafel.

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Geld versehen hatte. In Lucca empfingen sie den Segen Urbans II. In Rom blieben sie um den 2 8 . Oktober nicht von den dort tobenden P a r t e i kämpfen verschont. Die Wibertisten sollen sich mit gezückten S c h w e r tern der auf d.em Altar von St. Peter dargebrachten Spenden bemächtigt und die betenden Pilger mit Steinen beworfen haben. Man kann sich denken, in welcher Stimmung die drei Herren mit ihren Scharen weiterzogen. Hatte sie doch der Befehl Urbans in Bewegung gesetzt! Als sie in Bari anlangten, mußte ihnen wegen der vorgeschrittenen Jahreszeit von sofortiger Einschiffung abgeraten werden. Nur Robert I I . von Flandern f a ß t e jetzt ganz selbständig den Entschluß, doch abzufahren, obwohl seine Schwester, die Herzogin Adela, ihn gern bei sich b e halten hätte. Im Laufe des April 1097 traf er in Konstantinopel ein und leistete dem Basileus den uns schon bekannten L e h n s e i d 1 ) . G r a f Raimund IV. von Toulouse, Markgraf von Provence und Herzog von Narbonne, der sich auch b l o ß Graf von Saint-Gilles nannte, kam bald nach dem Grafen Robert II. von Flandern nach Konstantinopel 2 ). Neben Gottfried von Bouillon und Bohemund gehörte er zu den hervorragendsten Persönlichkeiten des ersten Kreuzzugs. Um 1041 geboren, also älter als die meisten seiner mitziehenden Standesgenossen, durch seinen Reichtum und seinen ausgedehnten Landbesitz hochangesehen, stand er trotz einer Eheirrung seit langem dem Papsttum b e sonders nahe. Durch seine Kämpfe mit den Mauren hatte er 1087 in Spanien Erfahrungen gesammelt, die ihm im Morgenland zugute kommen konnten. D a ß sein Bruder Wilhelm IV. in Jerusalem gestorben w a r » ) , mochte ihn in dem Wunsch bestärken, gleich ihm am Grabe des E r lösers anzubeten. W i r erinnern uns auch daran, d a ß Urban II. vor und nach dem Konzil von Clermont bei ihm weilte und d a ß er als erster der großen Herren das Kreuz genommen h a t t e 4 ) . U m Mitte oder Ende Oktober 1 0 9 6 brach er zusammen mit dem Bischof Ademar 5 ) von Le Puy, der mit der Stellvertretung des Papstes betraut war, auf. Den Grafen begleiteten seine dritte Gemahlin Elvira, die natürliche Tochter des Kaisers Alfons V I . von S p a n i e n 6 ) , und ein Söhnchen, das bald starb. Während seiner Abwesenheit sollte sein Sohn erster Ehe Bertrand die Regierung f ü h r e n 7 ) . Die Provenzalen, wie man zusammenfassend Raimunds Schar zu nennen pflegt, nahmen ihren W e g von Oberitalien nach Istrien und Kroatien. Der winterliche Marsch brachte ihnen, die an Sonne und milde Luft gewöhnt waren, g r o ß e Beschwerden. Die Einheimischen stellten sich sehr feindselig und töteten unbarmherzig die in ihre Hände fallenden Nachzügler. Gegen jene konnten gerade die schwergepanzerten Ritter in dem unwegsamen Gelände nichts ausrichten. Raimund griff zu den äußersten Mitteln: er ließ einige der Verfolger grausam verstümmeln, um die anderen abzuschrecken. Im übrigen hielt er gute Mannszucht und sorgte für regelmäßige Verpflegung, kurz, er bewährte sich in jeder Hinsicht als ein sorgsamer Oberbefehlshaber. Über Skutari 1 ) Fulcher 1, Kap. 9, S. 178. Röhricht, 1. Kreuzz. 77, Anm. 10, 79 f. Chron. 6, Nr. 69, 90, 92, 141. M. v. Kn. 3, S. 472. Chalandon, Prem, crois. S. 150, 152 f. Knappen S. 81—87. — s ) Devic 3, S. 297, 453. — ») Devic 3, S. 465. — «) Cartellieri 3, S. 124, 239, 252, 254. — 5 ) Gottlob, KreuzablaB S. 76. Cartellieri 3, S. 251 f., 254. — •) Devic 3, S. 494. Cartellieri 3, S. 252. — 7 ) Devic 3, S. 429.

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erreichte er A n f a n g F e b r u a r 1097 D u r a z z o und e m p f i n g hier Geleitb r i e f e d e s B a s i l e u s , die ihn aber nicht vor weiteren Angriffen schützten. In Saloniki mußte Bischof A d e m a r von L e P u y krank zurückbleiben. D i e bulgarischen Bewohner von R u s a , die sich um A n f a n g April 1 0 9 7 zu den Leuten B o h e m u n d s freundlich gestellt hatten, führten um den 12. d e s M o n a t s angeblich B ö s e s im Schilde. D a verloren die P r o venzalen, w i e einer von ihnen s a g t , die G e d u l d , eroberten die S t a d t unter ihrem gewohnten F e l d g e s c h r e i „ T o u l o u s e " und machten ung e h e u r e B e u t e , U m den 18. s t a n d e n sie in R o d o s t o ( T e k i r d a g h ) a m M a r m a r a m e e r . Von seinen hierher zurückkehrenden G e s a n d t e n , die er nach Konstantinopel geschickt hatte, und den ihnen b e i g e g e b e n e n kaiserlichen erfuhr Raimund jetzt, d a ß nicht b l o ß Alexius, sondern a u c h G o t t f r i e d von Bouillon, B o h e m u n d und R o b e r t von F l a n d e r n seine A n k u n f t dringend w ü n s c h t e n 1 ) . Seiner Eigenliebe m u ß t e es sehr wohltun, d a ß allem Anschein nach m a n in der H a u p t s t a d t nur auf ihn wartete, u m wichtige B e s c h l ü s s e zu f a s s e n , und d a ß s o g a r die Möglichkeit b e s t a n d , Alexius s e l b s t f ü r die A n n a h m e d e s K r e u z e s und den Oberbefehl über d a s g e s a m t e Heer zu gewinnen. S o machte er sich mit nur wenigen Begleitern auf und f a n d um den 21. April in einer V o r s t a d t Q u a r t i e r 2 ) . A m nächsten T a g e erhielt er Audienz beim B a s i l e u s , konnte sich a b e r trotz des ihm bereiteten sehr ehrenvollen E m p f a n g s a u s Zorn über die K ä m p f e in R u s a nicht entschließen, d e m Beispiel der übrigen F ü r s t e n zu f o l g e n und gleich den verlangten Lehnseid zu leisten, es sei denn, d a ß Alexius selbst mit nach J e r u s a l e m g i n g e . Dieser a b e r erklärte, e s sei unmöglich, d a er E i n f ä l l e der Deutschen (Alemanni), U n g a r n und K u m a n e n 3 ) fürchten m ü s s e , wenn er sich entferne. B e i d e Parteien mußten n a c h g e b e n , und in den letzten T a g e n d e s April 1097 schwur Raimund w e n i g s t e n s einen Sicherheitseid f ü r die P e r s o n und d a s Reich des Alexius, der sich damit zufrieden g a b , aber den G r a f e n weniger reich beschenkte a l s die übrigen F ü r s t e n 4 ) . D a b e i spielte e s wahrscheinlich eine Rolle, d a ß etwa zur gleichen Zeit, a m 2 6 . und 2 7 . April, d a s normannische und d a s provenzalische Heer eint r a f e n . Alexius hätte, wenn er irgendeinen Z w a n g ausüben wollte, auf b e w a f f n e t e n W i d e r s t a n d g e f a ß t sein müssen. D i e N o r m a n n e n vollzogen s o f o r t heimlich den Ü b e r g a n g über die Meerenge, weil T a n k r e d , der sie führte, sich unbedingt der E i d e s l e i s t u n g entziehen w o l l t e 5 ) . Auch B i s c h o f A d e m a r schloß sich wieder seinen G e f ä h r t e n an. Zuletzt f a n d e n sich die N o r d f r a n z o s e n , hauptsächlich N o r m a n n e n , in Konstantinopel ein. D i e unerfreulichen inneren Streitigkeiten, zu denen der T o d Wilhelms des E r o b e r e r s seit 1087 Anlaß g a b , sind bekannt. Sein ältester Sohn Robert Kurzstiefel hatte die N o r m a n d i e erh a l t e n 6 ) . Denn E n g l a n d war j a nur erobertes Nebenland. S p ä t e s t e n s 1054 geboren, b e s a ß er keinerlei Herrschereigenschaften und hatte g r o ß e Mühe, sich g e g e n seine ihn beneidenden B r ü d e r K ö n i g Wilhelm den Raimund v. Aguilers Kap. 2, S. 237. Gesta Franc, hrg. von Hagenmeyer, Kap. 6, § 1, S. 169, Anm.4. — 2 ) Dölger 2, Nr. 1193, 1198, 1201. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 75. Chron. 6, Nr. 65, 106, 116—118, 124 f., 136—139. Chalandon, Prem, crois. S. 137. Grousset 1, S. 23. — a ) Im allgemeinen: Rasovskij, Comans. — *) Dölger 2, Nr. 1202. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 78. Chron. 6, Nr. 140 f., 143, 144. Chalandon, Prem, crois. S. 146. Duncalf, Plan S. 50. Stevenson, First Crus. S. 283. Buckler S. 465. Grousset 1, S. 25. — 5 ) Chron. 6, Nr. 129—143. — •) Cartellieri 3, S. 214 ff.

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Roten von England und Prinz Heinrich zu behaupten. Da bot ihm der Kreuzzugsaufruf des Papstes eine wunderbare Gelegenheit, sich in weiter Ferne für die gemeinchristliche Sache einzusetzen und durch seine nicht zu bezweifelnde Tapferkeit hohen Ruhm zu erwerben. Auf Befehl Urbans II. brachte ein Abt zwischen Herzog Robert und König Wilhelm im September 1096 ein Abkommen zustande, gemäß dem jener diesem die Normandie für 10 000 M.S. verpfändete. Wilhelm erpreßte das nötige Geld von seinen Untertanen, ohne die Geistlichkeit zu schonen, und übergab es Robert 1 ) Bald darauf, noch im September oder im Oktober 1096, fand der Aufbruch statt. Wie wir sahen, begleiteten Graf Robert II. von Flandern und Graf Stephan von Blois und Chartres den normannischen Herzog. Der Flandrer ist uns schon bekannt. Stephan, auch Heinrich genannt, war der Sohn jenes Grafen Theobald III. von Blois, I. von Champagne 2 ), der 1054 einmal Vasall Kaiser Heinrichs III. wurde. Er war mit Adela, der Tochter Wilhelms des Eroberers, verheiratet, also ein Schwager Robert Kurzstiefels, und sein gleichnamiger Sohn Stephan wurde dank dieser Abstammung 1135 König von England. Bis Bari marschierten die Herren gemeinsam. Dort trennte sich, wie auch schon erwähnt wurde, der Flandrer von ihnen, um rascher vorwärtszukommen, während die anderen in Apulien und Kalabrien überwinterten. Roger Borsa versorgte sie vortrefflich. Das hinderte aber einen Teil der armen Pilger nicht, an der so weit hinausgeschobenen Ankunft im Heiligen Lande zu verzweifeln. Ihre Barmittel gingen auf die Neige, plündern durften sie nicht. So verkauften sie ihre Bogen und griffen wieder zu ihren Wanderstäben, um in die Heimat zurückzukehren. Im März 1097 schickten sich Robert Kurzstiefel und Stephan von Blois an, von Brindisi aus in See zu stechen. Der plötzliche Untergang eines Schiffes im Hafen, der große Verluste an Menschen, Tieren und Geld zur Folge hatte, erschreckte am Ostertage (5. April 1097) die Kreuzfahrer dermaßen, daß wieder manche aus Furcht vor den trügerischen Wellen den Rückweg antraten. Am 9. April landeten Robert und Stephan unweit von Durazzo und gelangten auch auf der Via Egnatia über Saloniki um Mitte Mai nach Konstantinopel 3 ). Alexius sorgte für ausgiebige Lebensmittelzufuhr, erlaubte aber aus naheliegenden Gründen nur kleinen Gruppen, gleichzeitig die Wunder der Hauptstadt zu bestaunen und in den Kirchen anzubeten. Robert und Stephan brauchten nicht lange gedrängt zu werden, um sich zum Lehnseid zu bequemen. Dafür wurden sie in der üblichen Weise durch prächtige Geschenke geehrt 4 ). Stephan von Blois, ein sehr reicher und eitler Herr, war von den ihm erwiesenen Aufmerksamkeiten ganz entzückt und schrieb seiner Gemahlin: Alexius, ein Mann, wie es keinen anderen auf der Welt gebe, habe ihn wie seinen Sohn behandelt und ihm mehr Vertrauen geschenkt als allen anderen abendländischen Fürsten 5 ). Ramsay 2, S. 204. Fliehe, Philippe S. 549, Nr. 183. — 2 ) Cartellieri 3, S. 10, 22. — ») Röhricht, 1. Kreuzz. S. 79. Chron. 6, Nr. 69, 90, 92, 94, 101, 103, 126, 130, 131, 133, 135. David, Robert S. 89. Sir J. H. Ramsay, Revenues 1, S. 6. Grousset 1, S. 26. — «) Dölger 2, Nr. 1203. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 81. Chron. 6, Nr. 149. — 6 ) Kreuzzugsbriefe Nr. IV.

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DRITTES KAPITEL. NICÄA, d o r y l ä u m ,

äntiochia.

(1097—1098.) In dem Augenblick, in dem sich die meisten Kreuzfahrer auf dem kieinasiatischen Ufer des Marmarameers versammelten und den Vormarsch beginnen wollten, trat ihnen nicht im entferntesten der Islam als eine einheitliche Macht entgegen. Auf die Verwirrung, die nach dem Tode des großen, weite Ziele verfolgenden persischen Sultans Malikschah im Jahre 1092 entstanden war, wurde früher hingewiesen 1 ). Aber auch der Tod seines Bruders, des Emirs Tutusch ( f 1095) von D a m a s k u s 2 ) , hatte, wie man mit Recht hervorgehoben hat, verhängnisvolle Folgen. E s fehlte in Kleinasien durchaus an einer straffen Hauptgewalt, die gleichzeitig die Wohlfahrt der nur gezwungen gehorchenden und steuerzahlenden Untertanen gefördert hätte. Die Kreuzfahrer bekamen es zu ihrem Glück mit untereinander verfeindeten Emiren zu tun und fanden oft an den zu Aufständen geneigten nichttürkischen Völkern hilfsbereite und landeskundige Bundesgenossen. Man wird auch die religiösen Gegensätze innerhalb des Islams nicht übersehen dürfen: die Seldschuken waren Sunniten, die Fatimiden in Ägypten Schiiten*). Die erste Aufgabe, die sich die Lateiner stellten, war die Einnahme von Nicäa (Iznik). In der gut befestigten Stadt, die erst 1081 den Oströmern verlorengegangen w a r 4 ) , residierte der schon genannte Sultan Kilidj Arslan I. Er hatte darin seine Gemahlin, die Tochter des Emirs Tzachas 8 ) von Smyrna (Izmir), seine Kinder und seine Schätze zurückgelassen, sich aber selbst zur Belagerung von Melitene (Malatya) aufgemacht, um diese früher dem Griechen Gabriel 6 ) unter der Oberhoheit des eben genannten Emirs Tutusch unterstehende Stadt nicht in die Hände des Emirs Melik Ghazi (Gümüschtegin) fallen zu lassen. Des letzteren Vater, Emir Melik Danischmend 7 ) aus turkmenischem Geschlecht in Persien, hatte sich im alten Kappadozien zum Herrn eines Gebietes gemacht, in dem sich die Hauptstadt Siwas ( S e b a s t e ) 8 ) am Halys 9 ) (Kizil-Irmak) durch ihre Größe und ihren Reichtum auszeichnete. Der damals bestehende Gegensatz zwischen ' ) Cartellieri 3, S. 224, 226, 267. Damascus Chronicle, lntrod. S. 14, 21. Stammtafel der Seldschuken bei Lane-Poole, Dynasties zu S. 152 u. Grousset 1, S. 682. — J ) Enz. Islam 1, S. 945. Cartellieri 3, S. 220 ff., 226. — *) Enz. Islam 4, S. 224. — *) Cartellieri 3, S. 221. — 6 ) Cartellieri 3, S. 223, 226. — 6 ) Enz. Islam 3, S. 216. — 7 ) A. Müller, Islam 2, S. 137. Enz. Islam 1, S. 952. Laurent, Danichmendites. Grousset 1, S. XXXVII, LVII. — ") Enz. Islam 4, S. 500. — •) Enz. Islam, S. 1132.

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Damaskus und Siwas, zwischen Seldschuken und Danischmendiden, bedeutete für die Kreuzfahrer natürlich eine erhebliche Erleichterung ihrer Eroberungen. Gottfried von Bouillon, sein Bruder Balduin, Robert von Flandern, Hugo von Vermandois, Tankred und sogar Peter der Einsiedler, der mit den Resten seiner Leute zu ihnen gestoßen war, begannen die Belagerung von Nicäa am 14. Mai 1097. Zur Eile aufgefordert, traf auch Raimund von Toulouse am 16. des Monats ein und erfocht gleich einen schönen Sieg über die zum Entsatz heranrückenden Türken. Am 3. Juni kamen Robert Kurzstiefel und Stephan von Blois dazu. Bohemund war beim Basileus geblieben, der sich nach Pelekanos am Golf von Nikomedia begab, um von dort aus die Entwicklung der Dinge zu beobachten. Der schlaue Normanne sorgte für den geregelten Nachschub von Lebensmitteln zum Besten der Allgemeinheit 1 ), aber man kann annehmen, daß er auch die günstige Gelegenheit benutzte, um die Verhältnisse am oströmischen Hofe genau kennenzulernen und zu wissen, wie er sich später bei der Verwirklichung seiner ehrgeizigen Pläne zu verhalten hätte. Gewann er die Hilfe des Basileus, so besaß er gleich die immer erwünschte Legitimität. Blieb sie ihm versagt, so mußte er allein fertig werden. Einen Oberbefehlshaber hatten die Kreuzfahrer nicht. Dem Range nach hätten Hugo von Vermandois als Bruder des Königs von Frankreich, Robert Kurzstiefel als Herzog der Normandie und Bruder des Königs von England oder Gottfried von Bouillon als Herzog von Niederlothringen und Vasall des deutschen Kaisers Anspruch darauf erheben können. Aber das geschah nicht. Die Entscheidungen wurden von einem Fürstenrat getroffen. Welche Nachteile ein solches umständliches und zeitraubendes Verfahren hatte, bedarf keiner ausdrücklichen Hervorhebung. Nicäa konnte zu Lande vollständig eingeschlossen werden, aber auf dem nahgelegenen See bekamen die Belagerten Waffen, Lebensmittel und Holz. Erst als Alexius die ihm vorgetragene Bitte erfüllte und von Turkopolen bemannte Barken heranbringen ließ, entfiel den Türken der Mut, und sie erkannten, d a ß jeder weitere Widerstand vergeblich sei. Für den Ruf, der den abendländischen Christen vorauseilte, ist es sehr bezeichnend, d a ß die Türken bei einer Eroberung das Schlimmste für Leben und Eigentum fürchteten und sich lieber am 19. Juni 1097 dem oströmischen Vertreter des Basileus ergaben. Man kann die bittere Enttäuschung der zum Sturm antretenden Abendländer verstehen, als sie auf den Mauern die kaiserlichen Banner erblickten. Demnach durfte nicht geplündert werden 2 ). Nicäa war wieder oströmisch, und bei der geringen Entfernung der Stadt von dem letzten Rest der oströmischen Besitzungen an der Küste bedeutete das Ereignis einen großen Erfolg für Alexius. So hatte er sich den Verlauf der Dinge gedacht: von ihm durch den Yewdale S. 45. Grousset 1, S. 28. — ') Dölger 2, Nr. 1204 ff. Weil 3, S. 161. Tomaschek S. 82. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 82, 88. Chron. 6, Nr. 145—148, 150—160. Chalandon, Prem, crois. S. 161. Stevenson, First Crus. S. 284. Buckler S. 414, 461. Erben, Kriegsgeschichte S. 117. Fazy S. 286. Grousset 1, S. 27. Cognasso, Genesi S. 132.

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Lehnseid abhängige, gut besoldete Abendländer sollten für ihn das verlorene Gebiet wieder erobern. Noch bestanden freundliche Beziehungen zwischen ihm und den meisten Fürsten, Tankred und Raimund ausgenommen. Die Lehnseide wurden erneuert, und selbst Tankred entschloß sich jetzt zum Schwur. Alexius stellte Hilfstruppen unter Tatikios und überzeugte die Fürsten anscheinend davon, daß es trotz seiner früheren Verpflichtungen für die gemeinsame Sache besser sei, wenn er sie allein vorwärtsgehen lasse und inzwischen die kleinasiatischen Küstenstädte wieder in Besitz nehme. Erst Nicäa, dann Antiochia, schließlich Jerusalem, darin stimmten sicher die Kreuzfahrer mit Alexius vollständig überein. Aber wieviele Hindernisse waren noch zu überwinden, und wieviel Zeit sollte bis dahin vergehen! Hätten die Kreuzfahrer das vorher gewußt, wäre es ihnen schwer geworden, den festen Glauben an den endgültigen Sieg zu bewahren. Von Nicäa abmarschierend, trennten sie sich, vielleicht wegen der leichteren Verpflegung, vielleicht wegen eines Irrtums, an einer Wegkreuzung. Da nahte unter Sultan Kilidj Arslan von Anatolien ein gewaltiges türkisches Heer. Denn es war ihm gelungen, sich trotz ihrer sonstigen Feindschaft auch der Hilfe des Danischmendiden Melik Ghazi zu versichern. Jetzt hatten sie die gemeinsame Gefahr erkannt. In einer weiten Ebene in einiger Entfernung von Eskischehir 1 ), das an der Stelle des oströmischen Doryläum liegt, eröffneten sie am 1. (4.?) Juli 1097 den Angriff auf die Abteilung, zu der Bohemund, Tankred und Robert Kurzstiefel gehörten. Eine Unmasse leichtbewaffneter Reiter galoppierte heran, schoß Pfeile ab, verschwand und kehrte wieder zurück. Fußvolk nahm auf ihrer Seite am Kampf nicht teil. Hier wurde die allbekannte Taktik der Turkvölker angewandt, dieselbe, deren sich Jahrhunderte nachher Napoleon in der Schlacht bei den Pyramiden so leicht erwehrte. Es waren lauter Normannen, die diesen heftigen Stoß auszuhalten hatten. Sie behaupteten sich tapfer, nicht nur ihre schwergepanzerte Reiterei, die verhältnismäßig wenig Verluste erlitt, sondern auch ihr Fußvolk, aber auf die Dauer hätten sie kaum Widerstand leisten können. Glücklicherweise war die andere Abteilung der Abendländer unter Gottfried, Hugo von Vermandois, Bischof Ademar und Raimund von Toulouse rechtzeitig von der Bedrängnis ihrer Glaubensbrüder benachrichtigt worden und rasch herbeigeeilt. Im Rücken bedroht, lösten sich dieTürken bald in wilder Flucht auf und hinterließen ungeheure Beute. Der Sieg war hauptsächlich das Werk der Abendländer, aber die Niederlage des Islams bildete das Gegenstück zu seinem Sieg von 1071 über die Oströmer bei Malazgerd. Die Achtung, ja die Furcht vor dem unwiderstehlichen Anprall der christlichen Ritterschaft mußte weit und breit Eindruck machen, und daran ändert es auch nichts, wenn man neuerdings von einem Zufallssieg gesprochen hat 2 ). Die Schlacht hat ihren Platz in der Weltgeschichte. Enz. Islam 2, S. 34. — 2) Weil 3, S. 161. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 91. Chron. 6, Nr. 167, 169, 170. Chalandon, Prem, crois. S. 169. Delbrück, Kriegskunst, 3, S. 421. Oman 1, S. 270, 273, 277. Stevenson, First. Crus. S. 286. Erben, Kriegsgeschichte S. 118. Fazy, Chronique S. 288 zum 4. Juli. Qrousset 1, S. 32.

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Hören wir die Worte, mit denen der armenische Chronist Urhajetzi, gewöhnlich Matthäus von Edessa genannt, die abendländischen Fürsten feiert 1 ): Alle waren herrliche Männer von königlichem Geschlecht, mit Glauben und aller Frömmigkeit geziert und in guten Werken erzogen . . . Diese mächtigen und kriegerischen Männer kamen in unzähligen Mengen wie die Sterne des Himmels, und mit ihnen kamen viele Bischöfe, Priester und Diakone. Gerade der große Zusammenstoß der Abendländer und der Türken auf dem Schlachtfeld begründete die gegenseitige Achtung, für die sich im Laufe der Zeit noch zahlreiche Beispiele finden ließen. Nach Doryläum rühmte der Verfasser der Gesta Francorum 2 ), ein einfacher Ritter aus der Umgebung Bohemunds, die kriegerische Tüchtigkeit der Türken. Diese, so sagt er, behaupten, nur sie und die Franken hätten ein Recht, sich Ritter zu nennen. Trotzdem erkannte er seinen Glaubensgenossen den Vorrang zu und stellte fest, wie das auch sonst während der Kreuzzüge geschah, d a ß die Ungläubigen an Macht, Tapferkeit und Kriegskunst nicht übertroffen werden könnten, w e n n sie das Christentum angenommen hätten. Als die Kreuzfahrer von Doryläum in südöstlicher Richtung weiterzogen, zeigte es sich, daß die Türken auf ihrem eiligen Rückzug nicht versäumt hatten, alle Lebensmittel fortzuschaffen, und so wurden jene bei der glühenden Sommerhitze von Hunger und Durst furchtbar geplagt. Die meisten Pferde gingen ein, Ochsen wurden geritten, Ziegen, Hunde und andere Tiere mußten das Gepäck befördern. Zahlreiche Menschen starben unter schlimmen Qualen. Über Antiochia Pisidiä (KleinAntiochien, w. Ak Scher) 3 ) ging es weiter durch fruchtbares Gelände nach Ikonium (Konya) 4 ), und um den 10. September 1097 wurde Heraklea (Eregli) 5 ) besetzt, nachdem die Türken in die Flucht geschlagen worden waren. Die wahrlich nicht geringen Nöte und Leiden des Marsches wurden dank der schönen Kameradschaft, die damals noch unter den Pilgern herrschte, leichter ertragen. Der spätere Kaplan Balduins von Boulogne, Fulcher von Chartres 8 ), der selbst mitzog, schildert uns das wunderbare Völkergemisch und zählt auf: Franken, Flandrer, Friesen, Gallier, Allobroger, Lothringer, Alemannen, Bayern, Normannen, Angeln, Schotten, Aquitanier, Italiener, Dazier, Apulier, Iberer, Bretonen, Griechen und Armenier. Er selbst, sagt er, hätte weder einen Britannier noch einen Teutonen verstehen können. Aber trotz der Verschiedenheit der Sprachen seien sie alle brüderlich verbunden gewesen, und wenn einer etwas verloren hätte, wäre es ihm vom Finder wieder zugestellt worden. Ob diese an sich so erfreuliche Äußerung den Schluß erlaubt, daß die Kreuzzüge ein stärkeres Gefühl abendländischer Zusammengehörigkeit geweckt und dadurch auch die Machtpolitik beeinflußt haben, bedarf weiterer quellenmäßiger Untersuchung. Die Kreuzfahrer trennten sich von neuem. Dabei mag die Rücksicht auf die Versorgung mit Lebensmitteln eine Rolle gespielt haben, aber es ») Ter-Grigorian S. 17. — s ) Gesta (6d. Brehier) Kap. 9, S. 50. — ') Enz. Islam 1, S. 238. — •) Enz. Islam 2, S. 1137. — s ) Röhricht, 1. Kreuzz. S. 93. Chron. 6, Nr. 172 f., 175, 178, 181. Chalandon, Prem, crois. S. 171. Grousset 1, S. 34 mit der Karte. — •) Fulcher 1, Kap. 13 am Ende.

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ist auch nicht unwahrscheinlich, d a ß einzelne Führer immer offener darnach strebten, sich selbständige Herrschaften zu gründen. Tankred und Balduin von Boulogne gingen deshalb ihre eigenen W e g e 1 ) , während das Hauptheer unter Gottfried von Bouillon und anderen Fürsten erst nordöstlich nach Cäsarea (Kaisarya, Mazaca) in Kappadozien und dann südöstlich nach Coxon (Göksün) zog. Schrecklich erschienen vielen tapferen, aber an hohe Berge nicht gewöhnten Rittern die schmalen und steilen Pfade des Antitaurus. Mancher stand, von jähem Schwindel erfaßt, verzweifelt am Rande des Abgrunds, verkaufte seine schwere Rüstung f ü r ein Spottgeld oder warf sie auch weg, um besser vorwärtszukommen. Dafür war um den 13. Oktober der Empfang in dem armenischen Germanicea (Marasch) sehr freundlich 2 ). Es wurde verabredungsgemäß den Oströmern übergeben. Mitte Oktober 1097 wurde die fruchtbare Ebene von Antiochia (Antakiya), der am linken Ufer des unteren Orontes liegenden Hauptstadt Syriens, erreicht 8 ). Schon vertrieb der Kommandant, Emir Yaghi Siyan (jaghi B a s a n ) 4 ) , ein Turkmene, den Malikschah bei der Neuordnung der syrischen Verhältnisse eingesetzt hatte, alle Einwohner christlichen Bekenntnisses«), weil er fürchtete, sie könnten die Stadt ihren christlichen Glaubensgenossen übergeben wollen. Viele unter ihnen hätten es sicher auch gern getan, aber man darf sich nicht verhehlen, d a ß andere sehr unzuverlässig waren, beiden Parteien Späherdienste leisteten und schließlich der stärkeren folgten. Inzwischen machten sowohl Tankred wie Balduin den Versuch, sich mit Hilfe der überaus entgegenkommenden armenischen Bevölkerung in Cilizien festzusetzen 6 ). Der erstere hatte gute Aussichten, T a r s u s 7 ) in seine Hand zu bringen, aber als Balduin mit überlegenen Streitkräften herankam, mußte er weichen und sich mit Adana 8 ) und Mamistra (Missis) 9 ) begnügen (September 1097). Später fügte er noch Alexandrette (Iskenderun) 1 0 ) hinzu und konnte sich von hier dem auf Antiochia marschierenden Hauptheer anschließen. Balduin nahm Tarsus in Besitz 1 1 ). Antiochia hatte eine ruhmreiche Geschichte, war, seiner Bedeutung entsprechend, stark befestigt und galt für uneinnehmbar 1 2 ). Die äußere Mauer mit ihren Hunderten drei Stockwerke hoher Türme dehnte sich 12—15 km aus. Sie war von Justinian I. erbaut und seitdem, besonders gegen Ende des 10. Jahrhunderts nach einem Erdbeben, ausgebessert worden. Wegen des riesigen Umfangs und des gebirgigen Geländes schien es bei einer Belagerung unmöglich, den Verkehr mit der Außenwelt vollkommen zu unterbinden. Die Kreuzfahrer sahen sich Röhricht, 1. Kreuzz. S. 95. Chron. 6, Nr. 182, 184, 187 über die Zeit. Stevenson, Crus. S. 22. Chalandon, Prem, crois. S. 172. Grousset 1, S. 37, 43, 48. — ') Enz. Islam 3, S. 291. — ») Röhricht, 1. Kreuzz. S. 103. Chron. 6, Nr. 183, 185 f., 188—198. Oman 1, S. 239, Anm. 2. Chalandon, Prem, crois. S. 177. Grousset 1, S. 38. — *) Röhricht, 1. Kreuzz. 1, S. 130, Anm. 6. Enz. Islam 1, S. 376. — 5 ) Fazy, Chronique S. 290. — •) Laurent, Édesse S. 411, 445. Ter-Grigorian S. 5, 29, 59, 83. — ') Enz. Islam 4, S. 735. — ") Enz. Islam 1, S. 136. — •) Enz. Islam 3, S. 601. — " ) Enz. Islam 2, S. 576. — " ) Vogel 1, S. 124. Grousset 1, S. 46. — " ) Rey, Monuments S. 184, Plan XVII, XVIII. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 108, 242. Oman 1, S. 279, Plan 198, 284; 2, S. 27. Chalandon, Prem, crois. S. 181. Deschamps, Châteaux, Texte S. 33, 58, 79; Album Villa, IX.

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vor eine Aufgabe gestellt, wie sie bis dahin in der Kriegsgeschichte noch nicht vorgekommen war. Erst 1 0 8 4 / 8 5 hatten die Türken unter Sultan Soliman den Besitz der Stadt angetreten 1 ). Die Bevölkerung war in der Hauptsache syrisch oder armenisch. Am 2 1 . Oktober 1097 bezog die abendländische Hauptmacht ihre Lager vor der S t a d t 2 ) , wurde auch zunächst von der Besatzung gar nicht gestört und hatte Zeit, sich einzurichten. Sicher wäre es besser gewesen, wenn sie sofort den Angriff eröffnet hätte. Aber weil sich in der Nähe eine größere Anzahl Burgen ergab, zerstreuten sich die Ritter gern, um sie in Besitz zu nehmen. Denn, so klagt der Kaplan Raimunds von Toulouse, jeder wollte seinen eigenen Vorteil möglichst fördern; an den allgemeinen Nutzen dachte niemand»). Anfangs fehlte es den Kreuzfahrern nicht an Lebensmitteln, aber ihre uns schon bekannte Zuchtlosigkeit brachte es mit sich, d a ß vorhandene Vorräte nicht richtig verteilt, sondern sofort aufgebraucht, j a verpraßt wurden. Allmählich begann die Besatzung, glückliche Ausfälle zu machen, und fügte den Belagerern erheblichen Schaden zu. Deshalb wurde im Süden von Bohemunds Lager, das sich vor dem Paulstor befand, auf dem B e r g e Maregart eine Feste gebaut, die von jedem der Fürsten abwechselnd bewacht werden s o l l t e 4 ) . Schon vor Weihnachten 1097 setzte eine Hungersnot ein, die durch N ä s s e und Kälte noch empfindlicher w u r d e 6 ) . E s g a b fast keine Pferde mehr, und man kann sich leicht vorstellen, wie nachteilig dadurch die Kampftüchtigkeit der Ritter beeinflußt wurde. G a r mancher Pilger entwich heimlich aus dem Lager, mochte er auch sonst kein Feigling sein, weil er unfähig war, Entbehrungen zu ertragen, und den festen Glauben an den Endsieg verlor, u. a. Peter der Einsiedler, der bei den Bauernkreuzzügen so stark in den Vordergrund getreten war, und sogar der prahlerische Wilhelm der Zimmermann. Übrigens wurden sie beide zurückgeholt. Unter den steigenden Preisen litten natürlich die kleinen Leute am meisten. Auch die sittlichen Zustände gaben zu vielen Klagen Anlaß. E s mußten Strafen für Unzucht, Saufen, Glücksspiel und Fluchen verkündet werden. Gottfried von Bouillon war zeitweilig krank. D a s erleichterte es Bohemund, an die führende Stelle zu treten, die zweifellos seinen militärischen Gaben und seiner eisernen Willenskraft mit Recht zukam. Immer deutlicher erkannte er, d a ß er seine hochgesteckten Ziele nur ohne Ostrom und im Notfall gegen Ostrom erreichen könne. Deshalb sah er es als seine erste Aufgabe an, den oströmischen General Tatikios, der bisher mit seinen Truppen das Heer der Kreuzfahrer begleitet hatte, zu entfernen, weil dieser nach der Einnahme der Stadt sie sicher für den Basileus verlangt und durch einen Hinweis auf die geschworenen Eide auch Eindruck gemacht hätte. Bohemund ließ Tatikios wissen, man *) Cartellieri 3, S. 221. — ") Weil 3, S. 163. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 108. Chron. 6, Nr. 200—248; 7, Nr. 250—260. Stevenson, Crus. S. 25. Enz. Islam 1, S. 376. Ter-Grigorian S. 32. Chalandon, Prem, crois. S. 181. Hatem S. 205. Fazy, Chronique S. 290. Grousset 1, S. 40, S. 68 Plan. — ») Raimund von Aguilers Kap. 5, S. 242. — •) Chron. 6, Nr. 212. — «) Chron. 6, Nr. 214, 226, 229.

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werde sich an ihm für die Verräterei seines Herrn, d. h. für dessen ausbleibende persönliche Hilfeleistung, rächen, und bewog ihn damit Anfang Februar 1098 zum Abzug 1 ). Die Kämpfe nahmen bei steigender Erbitterung ihren Fortgang. Bald griffen die Belagerer, bald die Belagerten an, bald wurde ein Entsatzversuch, bald ein Ausfall gemacht. Der wichtigste Zusammenstoß vor der Einnahme der Stadt fand am 9. Februar 1098 statt. Er gewährt uns einen lehrreichen Einblick in die Kriegskunst der Zeit. Der Emir Ridwan von Aleppo ( H a l a b ) 8 ) , der Ortokide Sukman I. von Jerusalem 3 ) und der Sohn Yaghi Siyans sammelten ihre Truppen in Harim 4 ), damals Härene genannt, 33 km östlich von Antiochia und dachten, daß die Kreuzfahrer, gleichzeitig von ihnen und von der Besatzung angegriffen, geschlagen werden würden. Zu ihrem Glück wurden diese aber rechtzeitig durch ihre Glaubensbrüder in Feindesland gewarnt, und Bohemund legte im Kriegsrat einen ausgezeichneten Plan vor, der auch angenommen wurde. In der Nacht auf den 9. Februar stellten sich die wenigen noch berittenen Ritter auf engem Räume zwischen dem Orontes (al-Asi) 5 ) und dem nahen See auf, während die Fußsoldaten das Lager bewachen sollten. Auf diese Weise wurde der Gefahr einer Umgehung durch die feindliche Übermacht vorgebeugt. Als am Morgen die Türken bei ihrem Angriff einen Hagel von Pfeilen auf die Kreuzfahrer niedergehen ließen, wichen diese zwar zurück, aber bald ging Bohemund, der den Oberbefehl führte, mit seiner schweren Reiterei vor und schlug die in ihren Bewegungen gehemmten Feinde in die Flucht. Harim wurde genommen und zerstört. Die Verluste der Kreuzfahrer waren nicht erheblich. Sie erbeuteten zahlreiche Pferde und viele Lebensmittel 6 ). Es war damals üblich, daß die Köpfe erschlagener Feinde am Sattelknopf befestigt oder auf Lanzen gespießt im Triumph herumgetragen und dann in eine belagerte Stadt hineingeworfen wurden. Das geschah auch hier. Der gleichzeitige Ausfall der Antiochener war sehr heftig, wurde aber natürlich abgebrochen, als die siegreichen Ritter heimkehrten. Die Ehre des Tages gehörte Bohemund und seinen Normannen. Es traf sich günstig, daß gerade die Gesandten der Fürsten zusammen mit denen des Chalifen al-Mustali 7 ) und seines Wesirs al-Afdal Schahanschah 8 ) aus Kairo zurückkamen. Der Basileus hatte den guten Rat gegeben, die Fürsten sollten mit dem Fatimiden über ein Bündnis verhandeln, da ja beide Parteien in den Seldschuken ihre schlimmsten Feinde sähen 9 ). Für die Ägypter galten diese immer als Ketzer und waren deshalb verhaßter als die Christen. Außerdem glaubte man in Kairo, daß man die Kreuzfahrer dazu benutzen könnte, gegen die *) Chron 6, Nr. 230. Yewdale S. 58. Grousset 1, S. 81. — 2 ) Enz. Islam 3, S. 1247. — ») Enz. Islam 3, S. 1081 mit Stammtafel; 4, S. 551. Grousset 1 am Schluß mit Stammtafel. Cartellieri 3, S. 222. — ') Enz. Islam 2, S. 284. — •) Enz. Islam 1, S. 505. — •) Röhricht, 1. Kreuzz. S. 120. Chron. 6, Nr. 232—234. Delbrück 3, S. 421. Yewdale S. 63. Oman 1, S. 280. Chalandon, Prem, crois. S. 195. Stevenson, First Crus. S. 290. Erben, Kriegsgeschichte S. 118. Grousset 1, S. 86. — ' ) Enz. Islam 3, S. 828. — ") Enz. Islam 1, S. 154. — ») Röhricht, 1. Kreuzz. S. 89, 122, 233. Chron. 6, Nr. 234. Grousset 1, S. 84.

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Palästina bedrohende türkische Flut einen Damm aufzurichten, ohne daß man ahnte, daß die Kreuzfahrer selbst noch viel gefährlicher werden würden. Die Einnahme Antiochias mußte unter allen Umständen erzwungen werden, weil auf die immer dringender werdenden Hilferufe Yaghi Siyans hin 1 ) Sultan Barkiyaruk 2 ) von Persien, Malikschahs ältester Sohn, den seldschukischen Emir Kurbuka von Mosul (al-Mawsil) mit einem starken Heere zum Entsatz schickte. Kurbuka 3 ), meist Kerbogha genannt, hatte sich in den Fehden, die die türkischen Machthaber untereinander führten, hervorgetan und schien deshalb allein geeignet, das tief gesunkene militärische Ansehen des Islams wiederherzustellen. In der Belagerungskunst waren die Abendländer zunächst sehr rückständig, es fehlte ihnen an allen Erfahrungen, da es in ihrer Heimat keine den morgenländischen gleichzusetzende Städte gab. Allmählich aber vollzogen sie den Übergang von unüberlegtem Heldentum zu planmäßigem Ringen. Oberhalb des Brückentors wurde auf der Mahomerie 4 ) eine Feste erbaut, die den Feinden den Übergang auf das rechte Ufer des Orontes sperren sollte. Dabei erwies es sich als ein großer Glücksfall, daß englische Schiffe im nahen St. Simeonshafen gelandet waren und von dort Matrosen mit den notwendigen Werkzeugen und technischen Kenntnissen herbeikamen. Am 19. März 1098 war der Bau beendet. Wahrscheinlich geschah es immer wieder, daß irgendeiner der Herren aus Nachlässigkeit seine Pflicht nicht erfüllte. Tankred erhielt jetzt eine Summe Geld dafür, daß er ein neu befestigtes Kloster im Westen am linken Ufer des Orontes bewachte 5 ). Die Ausfälle hörten auf. Zum Glück für die Kreuzfahrer hatte sich Kurbuka drei Wochen lang mit Angriffen auf Edessa (Orfa) aufgehalten, ohne es einnehmen zu können 8 ). Sie wären dem Verderben kaum entronnen, wenn er vor der Einnahme Antiochias eingegriffen hätte. Zum Verständnis dieser Verzögerung muß man etwas weiter zurückgreifen. Balduin von Boulogne war nach seinen Streitigkeiten mit Tankred weiter ostwärts gezogen. Dabei war ihm sehr zustatten gekommen, d a ß ihn der armenische Herr von. Edessa, Thoros (Theodoros), von Geburt ein griechischer Christ, der früher in Diensten des Philaretus 7 ) gestanden hatte, gegen die benachbarten Türken um Hilfe anging. Die Lage Edessas, das während der nächsten Jahrzehnte eine so große Rolle spielen und Anlaß zum zweiten Kreuzzug geben sollte, war ungewöhnlich günstig, und man versteht es wohl, daß die Nachbarn dadurch immer wieder zur Besitzergreifung gereizt wurden. Es beherrschte die Straße von Mosul nach Aleppo, hatte eine fruchtbare Umgebung, einen lebhaften Handel, für uneinnehmbar geltende Befestigungen. Die zahlreichen Einwohner waren christliche Armenier. Eine vorhandene Chron. 6, Nr. 237; 9, S. 388. — s ) Cartellieri 3, S. 226. — ») Röhricht, 1. Kreuzz. 1, S. 132. Enz. Islam 2, S. 1211; 3, S. 1050. — •) Chron 6, Nr. 240, 248; 7, Nr. 250. — ») Chron. 7, Nr. 256. — •) Chron. 7, Nr. 258. Gindler S. 64. — 7 ) Cartellieri 3, S. 221. C a r t e l l i e r i , Der Vorrang des Papsttums.

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Miliz galt als kampflustig und unruhig. Malikschah hatte sich der Stadt 1087 bemächtigt 1 ). Für Thoros bedeutete es eine schwierige Aufgabe, sich tatsächlich unabhängig zu halten. Er erkannte gleichzeitig in gewisser Weise die Oberhoheit des oströmischen Basileus und die des Sultans Barkiyaruk in Bagdad an. Balduin kam um den 20. Februar 1098 mit einem erst nur kleinen Gefolge nach Edessa und wurde als Befreier mit lautem Jubel begrüßt. Aber bald entstanden heftige Spannungen, die sich aus den einander widersprechenden armenischen und abendländischen Quellen nicht klar darlegen lassen. Thoros glaubte wohl, ähnlich wie es Alexius tat, die Kreuzfahrer als bloße Soldtruppe für seine eigenen Zwecke ausnutzen zu können. Er war aber bei seinen Untertanen wegen des Steuerdrucks und seiner sonstigen Tyrannei nicht beliebt, und bei seinem hohen Alter und seiner Kinderlosigkeit stand ohnehin eine Regierungsänderung bevor. Als daher Balduin mit armenischen Truppen das türkische Samosata (Samsat) am rechten Ufer des Euphrat angegriffen, aber eine Niederlage erlitten hatte, erkannten die Bürger, d a ß es nicht anginge, zwei Herren nebeneinander zu haben, und ließen sich von Feinden des Thoros zu einem Aufstand bewegen, in dessen Verlauf er am 9. März 1098 grausam ermordet wurde. Da Balduin ihm am nächsten Tage in der Herrschaft nachfolgte, ist es kein Wunder, daß er in den Verdacht geriet, am Tode seines Vorgängers mitschuldig gewesen zu sein oder zum mindesten darum gewußt zu haben 2 ). Zu einem einwandfreien Ergebnis kann man bei der Unzuverlässigkeit der Überlieferung nicht kommen. Das weltgeschichtlich Wichtige ist die Gründung des ersten abendländisch-christlichen Staates durch einen Kreuzfahrer auf syrischem Boden. Antiochia und Jerusalem sollten folgen. Erinnerungen an die Reichsgründungen der Germanen im Imperium Romanum tauchen auf. Balduin betrachtete sich von Anfang an als den Erwählten des Volkes und kümmerte sich um keine dem Basileus gegenüber übernommene Verpflichtung. Er wollte möglichst rasch seine Herrschaft erweitern und kaufte deshalb Samosata 3 ), dessen Lage für Edessa bedrohlich sein konnte, dem dortigen Emir ab. Eine Zeitlang waren die Einwohner Antiochias über die ihre Sicherheit und ihren Wohlstand verbürgenden Erfolge hocherfreut. Auch machte es sicher einen guten Eindruck, daß Balduin, der nicht lange vorher Witwer geworden war, sich mit der armenischen Fürstentochter Arda verheiratete 4 ). Wenn man tadelt, daß Balduin sich vom Hauptheer getrennt hatte, um auf eigene Faust Eroberungen zu machen, darf auch nicht verschwiegen werden, daß er durch die erfolgreiche Verteidigung Edessas gegen Kurbuka den Fortgang des Kreuzzugs ermöglicht hat. *) Stevenson, Crus. S. 153. Laurent, ßdesse S. 401. Honigmann S. 144. Cartellieri 3, S. 222. — 2 ) Weil 3, S. 161. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 100. Gindler S. 50. Chron. 6, Nr. 199, 231, 238, 239, 246, 247 mit der Zeit; 7, Nr. 249. Ter-Origorian S. 38. Chabot, ßdesse. Laurent, ßdesse S. 417. Chalandon, Prem, crois. S. 175. Beaumont, Albert S. 106. Grousset 1, S. 55; 2, S. 867. Enz. Islam 3, S. 1077. — ») Röhricht, 1. Kreuzz. S. 101. Gindler S. 60. Grousset 1, S. 61; 2, S. 870. — •) Tournebize S. 170. Gindler S. 62. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 103 u. Königreich S. 8. Chron. 6, Nr. 196. Enz. Islam 3, S. 292. Grousset 1, S. 64.

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Je mehr Kurbuka sich Antiochia näherte, desto notwendiger wurde es für die Belagerer, alle ihre Kräfte zusammenzufassen, um sich vor dem drohenden Untergang zu retten. Am 29. Mai 1098 setzte es Bohemund im Rate der Fürsten durch, daß er Antiochia erhalten sollte, wenn er es erobern könnte 1 ), und das Recht des Basileus wurde an den Vorbehalt geknüpft, d a ß er selbst kommen und alle seine Verpflichtungen nach den Verträgen erfüllen sollte. Bohemund hatte auf eine nicht genauer bekannte Weise mit einem armenischen Renegaten in der Stadt, namens Firuz 2 ), der sich an Yaghi Siyan für schlechte Behandlung rächen wollte, Verbindungen angeknüpft und ihm außer der Taufe große Geldsummen zugesichert. Dafür versprach Firuz, die Kreuzfahrer in den ihm unterstellten Turm einzulassen. Die Belagerung hatte über sieben Monate gedauert. Jetzt lenkte ein Scheinmanöver die Aufmerksamkeit der Besatzung ab. Bohemund und seine Normannen kletterten im Morgengrauen des 3. Juni 1098 auf einer Strickleiter, die Firuz ihnen zuwarf, in den Turm der Beiden Schwestern unweit des St. Georgstores, öffneten mit Hilfe der christlichen Bevölkerung ein Tor nach dem andern und ließen ihre Kameraden ein. Es begann, wie immer in solchen Fällen, eine wilde Plünderung und ein erbarmungsloses Morden. Nur die im Südosten hochgelegene Burg hielt sich, aber Bohemund pflanzte ganz in ihrer Nähe sein blutrotes Banner 3 ) zum Zeichen des Sieges a u f 4 ) . Yaghi Siyan meinte schon, es sei alles verloren, und ergriff die Flucht, wurde aber erkannt und erschlagen, sein Kopf von Armeniern den Fürsten überbracht. Es war die höchste Zeit. Denn am Tage darauf zeigte sich die Vorhut Kurbukas in der Nähe. Zu ihm waren der Seldschukenfürst Dukak 5 ) von Damaskus, Sohn des Sultans Tutusch, mit seinem Atabeg Tughtegin 6 ) und der Ortokide Sukman von Jerusalem gestoßen. Der mit seinem Bruder Dukak heftig verfeindete Emir Ridwan von Aleppo, der am 9. Februar die geschilderte Niederlage erlitten hatte, verspürte keine Lust mehr, ein neues Opfer zu bringen, und hielt sich in dieser für sein Volk und den Islam entscheidenden Stunde fern. Die beiden Burgen auf der Mahomerie und auf dem Maregart wurden von den Kreuzfahrern geräumt 7 ), da sie nicht hätten verteidigt werden können. Kurbuka ließ sich die Burg von Antiochia vom Sohne Yaghi Siyans ausliefern und schloß vom 8. Juni an die Stadt immer enger ein, um sie durch Hunger zu bezwingen 8 ). Wieder ergriff Mutlosigkeit nicht nur die Ritter und einfachen Krieger, sondern auch die Fürsten. Stephan von Blois hatte schon vorher das Heer verlassen und war nach Philomelium (Ak-Schehr, nw. Ikonium) 4

) Chron. 7, Nr. 260, 262. — ') Chron. 7, Nr. 264. Grousset 1, S. 93. — ») Erdmann, Blutfahne S. 883. — ') Rey S. 196. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 128. Chron. 7, Nr. 265 f. Yewdale S. 67. Chalandon, Prem, crois. S. 202. Erben S. 118. Fazy S. 294. Grousset 1, S. 91. Cognasso, Genesi S. 137. — e ) Enz. Islam 1, S.945. — •) Enz. Islam 1, S. 834; 4, S. 898. — 7 ) Chron. 7, Nr. 271, 273, 274. Grousset 1, S. 98. — ») Chron. 7, Nr. 275, 282, 283; 9, S. 388. 3*

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geeilt 1 ). Dort hielt sich Alexius auf, um mit starken Kräften den Abendländern zu Hilfe zu kommen. Es klingt fast unglaublich, wenn man hört, d a ß er seinen Plan aufgab und umkehrte, weil Stephan von Blois und andere Flüchtlinge ihre Glaubens- und Waffenbrüder schon für verloren hielten. Sie übertrieben die tatsächlich drohenden Gefahren, um ihr eigenes klägliches Versagen zu rechtfertigen. Wie man sieht, war es nicht die Schuld des Basileus, daß er die Kreuzfahrer im Stich ließ, sondern die einiger Unwürdiger unter ihnen. Bei den damaligen Verkehrsverhältnissen wäre es für ihn nicht leicht gewesen, rasch zuverlässige Kunde über die wirkliche Lage in und vor Antiochia zu erhalten, und es ist gut begreiflich, daß er seine Truppen nicht in eine bedenkliche Lage bringen wollte 8 ). Er gab noch Befehl, d a ß alles Land, das er verließ, von den Einwohnern geräumt und verwüstet würde, damit Kurbuka bei seinem erwarteten Vorgehen gegen Konstantinopel keine Lebensmittel vorfände»). Im übrigen richteten sich, wie er vorher angekündigt hatte, seine Blicke nach ganz anderen Richtungen. Gleich nach dem Fall von Nicäa hatte er ein Heer unter seinem Schwager Johann Dukas und eine Flotte ausgeschickt, um die Wiedereroberung an der Küste Kleinasiens in Gang zu bringen. Der Emir Tzachas in Smyrna unterwarf sich, und damit war das alte Ionien vom Joch der Fremden befreit. Im Frühjahr 1098 gelang das gleiche in Lydien und im westlichen Phrygien, in Lykien und in Pamphylien 4 ). U. a. wurden Ephesus und Sardes ( S a r t ) 6 ) unterworfen. Die Absicht des Dukas war augenscheinlich, sich mit dem Basileus zu vereinigen, der seinerseits Bithynien vom Feinde gesäubert hatte. In diesem Augenblick, wo ein gemeinsamer Vormarsch des Basileus und des Dukas nach Antiochia bevorstand, wurde er aus den angeführten Gründen aufgegeben. Die Abendländer in Antiochia blieben auf sich selbst angewiesen. Es nützte auch nichts, däß Bohemund in seinem ungebrochenen Mut allnächtlich mit vielen Lichtern in den Straßen auf Deserteure und Verräter Jagd machte 9 ). Die Qualen des Hungers, die Furcht vor der feindlichen Ubermacht und die Gewißheit eines kaum noch abzuwehrenden schrecklichen Todes oder zum mindesten einer lebenslänglichen Versklavung erzeugten in den Pilgern eine ungeheure Reizbarkeit. Ihre überspannten Nerven zauberten ihnen wunderbare Gesichte vor die Augen. Dem provenzalischen Bauern Petrus Bartholomäus erschien mehrfach der heilige Andreas 7 ) und bot sich an, ihm die Stelle zu zeigen, wo die vom Kreuzestod Christi bekannte Heilige Lanze 8 ) vergraben sei. Christus selber zeigte sich einem Priester aus Valence und versprach dem Volke, wenn es seine Untaten bereue, Hilfe. Die nächste Folge war, daß die Fürsten, die wegen der Übeln Vorkommnisse bei den kleinen Leuten im Verdacht standen, sie im Stich lassen zu wollen, sich verpflichteten, das keinesfalls zu tun. Tatsächlich wurde die Lanze von Petrus am 14. Juni in der St. Peterskirche ge' ) Chron. 7, Nr. 263, 278, 287. Qrousset 1, S. 99. — s ) Norden S. 59. Stevenson, First. Crus. S. 294. Krey S. 61. Buckler S. 456, 461, 469, 477. — ») Dölger 2, Nr. 1210. — *) Chalandon, Essai S. 196. Orousset 1, S. 41. — «) Enz. Islam 4, S. 188. — •) Yewdale S.8 69. Grousset 1, S. 101. — ') Chron. 6, Nr. 221; 7, Nr. 251, 277, 279, 285, 288. — ) K. Schrod, Kirchenlexikon von Wetzer und Welte, 7» (Freiburg i. B. 1891), S. 1419—1422.

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funden 1 ). Kirchliche Feiern und ein mit Prozessionen verbundenes Fasten stärkten den Kampfwillen weiter 2 ). Jedermann wußte, daß keine andere Wahl blieb als Sieg oder Tod. Den Sieg aber verbürgten Christus und der heilige Andreas. So machten die Kreuzfahrer am 28. Juni 1098 einen Ausfall, obgleich viele Ritter zu Fuß gehen mußten oder sich notdürftig auf Tragtieren beritten gemacht hatten. Die Fürsten waren mit Ausnahme des durch Krankheit verhinderten Grafen Raimund 8 ) sämtlich auf dem Posten. Ihr Andrang war unwiderstehlich. Einige Maßnahmen Kurbukas erwiesen sich als verfehlt. Außerdem hatte er durch seine Anmaßung mehrere arabische und türkische Offiziere vor den Kopf gestoßen. Die Turkmenen flohen zuerst, schließlich auch Kurbuka selbst. Die Abendländer, Tankred an der Spitze, jagten hinter ihnen her und töteten viele, wobei ihnen die einheimischen Christen kräftig Beistand leisteten. Die im Lager Kurbukas gemachte Beute war ungeheuer reich 4 ). Abgesehen von Schlachtvieh, Getreide und Schätzen verschiedener Art, gab es auch eine Menge vortrefflicher Pferde, die den ritterlichen Kämpfern doch fast unentbehrlich waren. Die schwere Niederlage der Muselmanen wurde nicht zuletzt durch ihre schon angedeuteten inneren Parteiungen herbeigeführt. Araber und Türken standen sich immer schlecht, die von Kurbuka herbeigerufenen Bundesgenossen trauten ihm vielfach nicht. Es fehlte an einer gemeinsamen großen Sache, für die das buntgemischte Heer willig sein Blut vergossen hätte. Die Burg von Antiochia ergab sich gleich darnach den Kreuzfahrern 8 ). So hatte die Heilige Lanze ihre Wunderkraft und damit ihre Echtheit bewiesen. Was sollte jetzt mit Antiochia geschehen? Ohne jeden Zweifel hätte es gemäß den geschworenen Eiden dem Basileus übergeben werden müssen. Aber Bohemund dachte nur noch daran, den ihm von den Fürsten schon zugesagten Besitz auch militärisch zu sichern. Die anderen Truppen drängte er aus der Burg hinaus. Als er daranging, auch die Tore und damit die ganze Stadt in seine Hand zu bringen, setzte er bei allen seinen Willen durch, aber nicht bei Raimund, der seine Stellungen behauptete. Antiochia gehörte demnach jetzt zum größeren Teil den italienischen Normannen, zum kleineren den Provenzalen 6 ). Die Verpflichtungen, die die Fürsten früher gegen den Basileus übernommen hatten, waren trotzdem nicht ganz vergessen. In den ersten Julitagen 1098 schickten sie gemäß dem Beschluß eines Kriegsrats Hugo von Vermandois und Balduin von Hennegau als Gesandte zu Alexius und forderten ihn auf, er möchte Antiochia in Besitz nehmen und die Bedingungen ihres Vertrages erfüllen. Gottfried von Bouillon, Robert Kurzstiefel und Robert von Flandern traten dafür ein, erst recht Raimund von Toulouse, aber auch Bohemund, der vermutlich nicht daran ») Röhricht, 1. Kreuzz. S. 145. Chron. 7, Nr. 284. Ter-Grigorian S. 35. Chalandon, Prem, crois. S. 217. Buckler S. 467. Grousset 1, S. 103. — ») Chron. 7, Nr. 289. — *) Chron. 7, Nr. 286. — «) Wüstenfeld S. 50. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 147. Chron. 7, Nr. 291 zum 28. Juni. Delbrück 3, S. 423. Yewdale S. 71. Oman 2. S. 282. Stevenson, First Crus. S. 293. Erben S. 118. Grousset 1, S. 104 zum 28. Juni; 3, S. 765 andere Quelle zum 29. — 5 ) Chron. 7, Nr. 292. — •) Chron. 7, Nr. 295. Yewdale S. 73. Chalandon, Prem, crois. 228. Grousset 1, S. 108.

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zweifelte, daß Alexius die Wünsche der Kreuzfahrer doch nicht erfüllen und ihm auf diese Weise freie Hand geben würde. Warum nutzte der Basileus die ihm gebotene Gelegenheit nicht aus und ließ sich die kurze Zeit vorher nodi zum oströmischen Reich gehörende Hauptstadt Syriens nicht ausliefern? Eine völlig befriedigende Antwort kann nicht gegeben werden. Es mag sein, daß es ihm im entscheidenden Augenblick an der nötigen Entschlußkraft fehlte, schlimmstenfalls den Widerstand einzelner Kreuzfahrer mit Gewalt brechen zu müssen. Hatte er doch mit ihnen in und bei Konstantinopel 1096 und 1097 allzu üble Erfahrungen gemacht. Er ging daher auf die Eröffnungen, die ihm Hugo von Vermandois um den 25. Juli machte 1 ), nicht ein. Bohemund sah sich schon als den wahren Herrn von Antiochia an und schenkte am 14. Juli 1098 den Genuesen zum Dank für ihre bei der Belagerung geleistete Hilfe, die vom St. Simeonshafen (al-Suwaidiya) aus besorgte Verpflegung des Heeres sowie für ihr Versprechen, ihm gegen jedermann, mit Ausnahme Raimunds von Toulouse, Beistand zu leisten, eine Kirche, ein Warenhaus und einen Brunnen unter Verzicht auf alle Abgaben 2 ). Diese Urkunde leitete die Handelsbeziehungen der italienischen Seestädte mit dem Heiligen Lande bedeutsam ein. Die Genuesen waren als die ersten zur Stelle, aber, wie sich zeigen sollte, mußten sie später vor mächtigeren Nebenbuhlern zurückweichen. *) Chalandon, Essai S. 205. Chron. 7, Nr. 296, 305. Leib S. 202, 232. Grousset 1, S. III. — 2 ) Regg. Hierosol. Nr. 12. Cod. di Genova 1, Nr. 7. Manfroni S. 139. Kreuzzugsbriefe Nr. 13, 14, S. 84, 155 f., 308 ff. Chron. 7, Nr. 300. Schaube S. 123.

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VIERTES

KAPITEL.

DIE EROBERUNG JERUSALEMS. (15. J U L I

1099.)

F ü r den s o f o r t i g e n raschen V o r m a r s c h auf J e r u s a l e m , der m a n c h e Vorteile geboten hätte, w a r keine S t i m m u n g vorhanden. N a c h einem B e s c h l u ß des K r i e g s r a t s a u s den ersten Julitagen sollte der Hitze w e g e n nicht vor d e m 1. N o v e m b e r 1098 a u f g e b r o c h e n w e r d e n 1 ) . Aber d a s w a r nur ein V o r w a n d . In W a h r h e i t wollten d i e einen Fürsten erst einmal a u s r u h e n und genießen, die anderen d a s gewinnen, w a s ihnen in der H e i m a t v e r s a g t blieb, eine S t a d t oder w e n i g s t e n s eine B u r g , und darin nach Herzenslust den großen Herrn spielen, w a s ihnen durch die l a n d e s übliche Unterwürfigkeit der Einheimischen erheblich erleichtert wurde. Bischof A d e m a r s t a r b a m 1. A u g u s t 1098 an einer S e u c h e 8 ) , die auch sonst sehr zahlreiche O p f e r forderte. E r w a r trotz seiner S t e l l u n g a l s Vertreter d e s P a p s t e s nie s t a r k in den V o r d e r g r u n d getreten, hatte sich aber durch seine vermittelnde T ä t i g k e i t um die Allgemeinheit wohl verdient gemacht. B a l d g e n u g sollte man ihn vermissen. Denn unter den Fürsten zeigten sich erhebliche Meinungsverschiedenheiten, die G o t t f r i e d und B o h e m u n d veranlaßten, sich von den übrigen f ü r einige Zeit zu trennen. Jener g i n g zu seinem B r u d e r Balduin, der ihm zwei eroberte S t ä d t e zur V e r f ü g u n g stellte, dieser nach Cilizien. ' D a b e i w ä r e ein f e s t e s Z u s a m m e n h a l t e n sehr a m P l a t z e g e w e s e n . D e n n um die Mitte des M o n a t s Juli führte a l - A f d a l , der a l l m ä c h t i g e W e s i r des fatimidischen Chalifen al-Mustali, ein Heer vor J e r u s a l e m und suchte d i e beiden S ö h n e Ortoks, S u k m a n I. und Ilghazi I . « ) , zur Ü b e r g a b e zu b e w e g e n , erhielt a b e r eine ablehnende Antwort, da sie a u f die Tüchtigkeit ihrer turkmenischen T r u p p e n f e s t vertrauten. D e n zahlreichen B e l a g e r u n g s m a s c h i n e n d e s W e s i r s , die den M a u e r n schweren S c h a d e n z u f ü g t e n , konnten sie a b e r auf die D a u e r nicht widerstehen und streckten a m 2 6 . A u g u s t 1 0 9 8 nach einer B e l a g e r u n g von mehr a l s 4 0 T a g e n die W a f f e n . Ausdrücklich sei erwähnt, d a ß ihnen freier A b z u g gewährt w u r d e 4 ) . 1 ) Chron. 7, Nr. 298. Chalandon, Prem, crois. S. 230. Orousset 1, S. 116. — ) Röhricht, 1. Kreuzz. S. 155. Chron. 7, Nr. 308. Leib S. 267. Chalandon, Prem, crois. S. 233. Grousset 1, S. 116. — ' ) Enz. Islam 2, S. 496. Oben S. 32, Anm. 3. — 4 ) A. Müller, Islam 2, S. 137, Anm. 1, 138. Chron. 7, Nr. 312. Stevenson, Crus. S. 20. Stevenson, Islam S. 264. Enz. Islam 2, S. 496; 4, S. 551. Grousset 1, S. LV, 83, 146. Cartellieri 3, S. 222. 2

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So wechselte die Heilige Stadt, auf die sich die sehnsuchtsvolle Erwartung des ganzen Abendlandes richtete, noch während des Kreuzzuges den islamitischen Besitzer und gehörte jetzt wieder den Ägyptern. Damit verflüchtigte sich auch der Plan einer engeren Verbindung zwischen ihnen und den Kreuzfahrern. Überdies hatte im Juni Alexius den Wesir al-Afdal vor dem früher empfohlenen Bündnis gewarnt, demnach infolge der neuesten Ereignisse seine Haltung geändert 1 ). Der Kreuzzug war zum Stillstand gekommen. Körperliche Ermüdung nach so heftigen Anstrengungen, sommerliche Hitze und auch seelisches Mißbehagen über die mangelnde kirchliche Führung seit dem Tode Ademars legten den Fürsten den Gedanken nahe, womöglich den Papst selbst an ihre Spitze zu stellen, da dessen unbestrittenes moralisches Ansehen jede Zwietracht im Keim ersticken würde. Am 11. September 1098 wandten sich Bohemund, der hier an erster Stelle genannt wird, Raimund von Toulouse, Gottfried von Bouillon, Robert Kurzstiefel, Robert von Flandern und Eustach von Boulogne von Antiochia aus gemeinsam an Urban, berichteten von ihren Taten und forderten ihn mit einer fast auffallenden Bestimmtheit auf, er möge zu ihnen kommen und die Leitung der von ihm gepredigten Pilgerfahrt übernehmen 2 ). Sie hätten die Türken und Heiden bezwungen, die Ketzer aber, Griechen und andere, müsse er mit ihrer tatkräftigen Hilfe ausrotten. Wenn er das tue, werde ihm die ganze Welt gehorchen. In einer Nachschrift beschwerte sich Bohemund noch über die allzu große Nachsicht, die der Papst gegen Kreuzträger übe, die zu Hause blieben. Schließlich müsse der Papst sie von dem ungerechten Kaiser, d. h. Alexius, trennen, da dieser seine Versprechungen nicht gehalten, sondern ihnen viel Übles getan habe. Gemeint ist wahrscheinlich, daß Urban die geschworenen Eide für ungültig erklären und damit Bohemund den Besitz Antiochias erleichtern sollte. Leider sind die Beschlüsse des Konzils, das Urban II. nach Empfang dieses Schreibens vom 3. bis 10. Oktober 1098 in Bari abhielt 3 ), nicht überliefert. Im Vordergrunde stand Erzbischof Anselm von Canterbury, von dessen Streit mit König Wilhelm II. von England an anderer Stelle die Rede sein wird. Aber er beteiligte sich auch dank seiner ausgezeichneten theologischen Bildung an der Auseinandersetzung mit den anwesenden großgriechischen Bischöfen, indem er ihre bekannte Auffassung, daß der Heilige Geist nur vom Vater ausgehe, bekämpfte und ihr die römische mit „filioque" entgegenstellte. Die Griechen erklärten sich für überwunden. Der ganze Vorgang beweist, daß Urban sich eingehend mit der Vereinigung der beiden Kirchen beschäftigte. Man sprach sogar davon, daß er vielleicht mit zahlreichen hochgestellten Persönlichkeiten das Heilige Land besuchen würde. l ) Dölger 2, Nr. 1209. — 8 ) Chalandon, Essai S. 205. Kreuzzugsbriefe Nr. 16, S. 93, 161, 341. Chron. 7, Nr. 314. Norden S. 62. Seppelt S. 59. Leib S. 221. Chalandon, Prem, crois. S. 235. Duncalf, Plan S. 54. — •) Jaff6 1, S. 694. Chalandon, Essai S. 259. Chron. 7, Nr. 319. Norden S. 65. M. v. Kn. 5, S. 53. Leib S. 287, 296, 331. Erdmann, Entstehung S. 302.

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Bekanntlich wurde nichts daraus. Der Kreuzzug ging ohne unmittelbare päpstliche Einwirkung weiter, aber der für Anfang November geplante Abmarsch nach Jerusalem wurde nicht angetreten, weil Bohemund und Raimund sich über den Besitz Antiochias nicht einigen konnten. Der Normanne hatte ursprünglich geglaubt, sein Ziel mit Hilfe des Basileus zu erreichen, und deshalb ohne Schwierigkeit den Lehnseid geleistet. Als er aber erkannte, d a ß davon keine Rede sein konnte, schaltete er seine Politik um und dachte nur noch daran, Antiochia im Gegensatz gegen Ostrom zu gewinnen. Die Folge war, daß Raimund von Toulouse, der den vollen Lehnseid standhaft verweigert hatte, auf die Seite des Alexius als des Gegners Bohemunds trat und eine enge Verbindung der Kreuzzugssache mit der oströmischen Politik betrieb 1 ). S o weit hatten sich die Herren schon von den religiösen Idealen entfernt! Die Verzögerung des Abmarsches bot die beste Gelegenheit zu selbständigen Eroberungen. Raimund und Robert von Flandern begannen am 28. November 1098 die Belagerung von Marra (Maarrat al-Numan, sw. Aleppo am Orontes). S o g a r Bohemund kam, um zu helfen. Um die Belagerten, die sich sehr tapfer verteidigten, zu bezwingen, rollten die Kreuzfahrer einen gewaltigen Turm heran. Aber erst die Untergrabung der Mauer durch Mineure führte am 11. und 12. Dezember d a s gewünschte Ergebnis herbei. Die durch den heftigen Widerstand a u f s äußerste gereizten Sieger metzelten die Einwohner ohne Unterschied des Geschlechts zumeist nieder, obwohl Bohemund erst Schonung versprochen hatte. Er selbst hielt sich schließlich auch nicht an sein W o r t 2 ) . Während des Aufenthalts der Lateiner in Marra, der etwa einen Monat dauerte, brach eine schreckliche Hungersnot aus. Gleich nach Weihnachten, a m 29. Dezember 1098, wurde wieder einmal wegen des Vormarsches Kriegsrat gehalten 3 ). Bohemunds Vorschlag, damit bis Ostern (10. April 1099) zu warten, fand keinen Beifall, wobei vollständig dahingestellt bleiben muß, ob das an und für sich vernünftig war oder nicht, sondern die große Mehrzahl der Ritter und erst recht d a s ganze Volk flehten Raimund unter Hinweis auf die Auffindung der Heiligen Lanze an, sie nach Jerusalem zu führen. Andernfalls würden sie allein gehen. Der Graf hatte ernste Bedenken, weil er mit der Mißgunst der übrigen Fürsten rechnen mußte, aber er konnte doch den Tränen der Bittsteller nicht widerstehen und setzte den Aufbruch in 14 Tagen fest. Sehr wichtig wäre es gewesen, wenn er sich vorher mit Bohemund versöhnt hätte. Aber auch in einer neuen Beratung zu R u g i a 4 ) , zwischen Antiochia und Marra, um den 4. Januar 1099, an der Gottfried, Robert von Flandern und Robert Kurzstiefel teilnahmen, weigerte sich Bohemund, Antiochia auszuliefern, wie es Raimund wegen des dem Basileus geschworenen Eides verlangte. Sie gingen in Unfrieden auseinander. Chalandon, Prem, crois. S. 238. Grousset 1, S. 120. — 2 ) Röhricht, 1. Kreuzz. S. 160. Chron. 7, Nr. 324—331, 334. Enz. Islam 1, S. 65. Yewdale S. 76. Chalandon, Prem, crois. S. 242. Fazy S. 295. Grousset 1, S. 122. — ») Chron. 7, S. 334. — «) Chron. 7, Nr. 335 ff. Grousset 1, S. 123. Cognasso S. 161. 41

Bohemund begab sich mit den übrigen Fürsten nach Antiochia zurück, Raimund nach Marra. Letzterer war in der glücklichen Lage, über so bedeutende Geldmittel zu verfügen, daß er andere Fürsten wie Gottfried, die beiden Robert und Tankred in seinen Sold nehmen konnte. Wir schließen daraus auf bedeutende Einnahmen, die ihm aus der Heimat zuflössen. Es ist kein Wunder, d a ß sich der Masse der Pilger eine rasch wachsende Entrüstung über die Streitigkeiten und Verzögerungen der Fürsten, die nur auf ihren persönlichen Vorteil bedacht seien, bemächtigte. Die einfachen Leute bewahrten die ursprüngliche reine Kreuzzugsidee besser im Herzen als die Hochgestellten. Allerdings unterschätzten jene in der Regel die militärischen Schwierigkeiten des Vormarsches und glaubten, allein mit religiöser Begeisterung alles schaffen zu können. In heller Wut stürzten sie sich auf die Mauern von Marra und legten sie nieder, ohne sich Nachtruhe zu gönnen. Sie wollten verhindern, daß Raimund den Besitz der Stadt durch eine Besatzung sicherte, statt auszurücken. Was sollte er machen? Bohemund verspürte jetzt gar keine Lust mehr, irgendwelche Rücksichten zu nehmen, und vertrieb um den 7. Januar 1099 die provenzalischen Truppen aus ihren Stellungen in Antiochia 1 ). Er war dort nun der alleinige Herr, der zu sein immer sein leidenschaftlicher Wunsch gewesen war. So kam zu der ersten christlich-abendländischen Herrschaft, der Grafschaft Edessa, als zweite das Fürstentum Antiochia hinzu. Balduin von Boulogne war übrigens in Edessa nicht unangefochten geblieben. Um Weihnachten 1098 war eine Verschwörung gegen ihn ausgebrochen; er sollte ermordet werden, aber er erfuhr rechtzeitig davon, vollzog an den Schuldigen durch Verstümmelung und Entmannung grausame Strafen und verbannte sie alle in die Ferne 2 ). Raimund verlor natürlich sein Ziel, es Balduin und Bohemund gleichzutun, niemals aus den Augen und hielt immer Umschau, um sich irgendwo festzusetzen. Für einen vornehmen Herrn war eben damals der Besitz von Land unerläßlich. Sonst konnte er nicht standesgemäß auftreten. Marra steckte Raimund in Brand und verließ es, um den Segen des Himmels zu erflehen, in demütigem Aufzuge, unbeschuht, unter Anrufung Gottes und der Heiligen, zusammen mit der Geistlichkeit am 13. Januar 1099 s ). Robert Kurzstiefel und Tankred schlössen sich ihm an. Es kam also schließlich doch zum Aufbruch. Der Weg wurde verständigerweise so gewählt, daß das Heer sich nicht weit von der Küste bewegte und von der Flotte aus versorgt werden konnte. Über Schaizar 4 ) gelangte es vor das Kurdenschloß 8 ) (Crac des Chevaliers, nw. Tripolis), heute Kalat al-Hisn, in dem die Bevölkerung mit ihren ») Röhricht, 1. Kreuzz. S. 163, 166. Chron. 7, Nr. 336, 337. Chalandon, Prem, crois. S. 245. — s ) Röhricht, 1. Kreuzz. S. 157. Chron. 7, Nr. 333. Gindler S. 69. — ») Chron. 7, Nr. 339. David, Robert S. 110. Orousset 1, S. 124. — «) Enz. Islam 4, S. 310. — 5 ) Röhricht, 1. Kreuzz. S. 167. Chron. 7, Nr. 346 ff. Chalandon, Prem, crois. S. 254. Enz. Islam 2, S. 339. Deschamps, Châteaux, Texte S. 105, 113 und Cracs, S. 498.

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Schätzen und Herden Zuflucht gesucht hatte. Wegen seiner unzugänglichen Lage konnte es nicht erstürmt werden. Während des Kampfes geriet Raimund um den 28. Januar 1099 in größte Lebensgefahr, aber einen Tag später wurde die inzwischen geräumte Feste besetzt. Mitte Februar begann die Belagerung der stark befestigten, heute nicht mehr vorhandenen Stadt Arka (Irkah) 1 ) (nö. Tripolis), während Raimund Pilet zusammen mit anderen Rittern das von den Einwohnern verlassene Tortosa 2 ) (Tartus, n. Tripolis) nahm, das wegen seines vortrefflichen Hafens der Flotte günstige Landungsmöglichkeiten bot. Raimund erreichte gegen Arka zunächst nichts und rief, da starke türkische Streitkräfte im Anmarsch zu sein schienen, Gottfried und Robert von Flandern herbei, die ihrerseits mit der Belagerung von Djabala 8 ), dem alten Gabula (s. Laodicea), beschäftigt waren. Sie trafen auch Mitte März ein, und die alte Waffenbrüderschaft lebte in der Stunde der Gefahr wieder auf. Ein feindlicher Angriff erfolgte übrigens nicht. Bohemund hielt sich fern; es war ihm unerwünscht, daß Raimund sich südlich von seinem Gebiet eine eigene Herrschaft am Libanon gründen wollte. In das Lager vor Arka kamen Anfang April 1099 Gesandte des Kaisers Alexius und beklagten sich von ihrem oströmischen Standpunkt aus nicht mit Unrecht über die Eigenmächtigkeit Bohemunds, der im Widerspruch zu seinem Eide Antiochia behielte 4 ). Sie boten hohe Geldsummen, wenn man Alexius bis zum Johannisfest erwarten wolle, um dann gemeinsam nach Jerusalem zu ziehen. Raimund sprach sich dafür aus. Der militärischen und finanziellen Verbindung der Abendländer mit Ostrom hätte der Islam kaum widerstehen können. Außerdem hätte der Basileus durch seinen hohen Rang den bisherigen Eifersüchteleien der Fürsten ein Ende gemacht und mit seinen guten Maschinen die Einnahme fester Plätze wesentlich erleichtert. Die Mehrheit der Fürsten wollte aber nicht darauf eingehen, namentlich Gottfried nicht, und es wurde Alexius nicht mit Unrecht vorgeworfen, d a ß er während der Belagerung Antiochias den richtigen Zeitpunkt versäumt hätte, um mitzumachen. Will man ein gerechtes Urteil über das Verhalten des Basileus gegen die Kreuzfahrer gewinnen, darf man nicht vergessen, daß der in seinen Diensten stehende, zum König von England gewählte, aber von Wilhelm dem Eroberer gleich wieder verdrängte Edgar Ätheling 5 ) mit Schiffen aus England, Genua und Boulogne von Tortosa aus das christliche Heer reichlich mit Lebensmitteln versorgte 6 ). Die Auffassung des Basileus änderte sich nicht; er wollte den Kreuzzug keinesfalls hindern, aber er wollte ihn in die Bahn der oströmischen Politik, der Wiedereroberung Kleinasiens und Syriens, lenken. Hätten die Kreuzfahrer wirklich bloß religiöse Ziele verfolgt, wäre eine ») Röhricht, 1. Kreuzz. S. 169. Chron. 7, Nr. 352, 359 f. Chalandon, Prem, crois. S. 255, 263. Grousset 1, S. 133. — ») Röhricht, 1. Kreuzz. S. 169. Chron. 7, Nr. 353 f. Grousset 1, S. 133. Enz. Islam 4, S. 736. — s ) Chron. 7, Nr. 357—360. Enz. Islam 1, S. 1026. — *) Dölger 2, Nr. 1212 f. „etwa März". Röhricht, 1. Kreuzz. S. 171. Chron. 7, Nr. 361 „Anf. April". Chalandon, Essai S. 214 u. Prem, crois. S. 260. Yewdale S. 79. Grousset 1, S. 137. — 5 ) Cartellieri 3, S. 78, 83. — « ) Grousset 1, S. 136.

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Verständigung möglich gewesen. Aber die oströmischen Eröffnungen wurden abgewiesen, und Raimund mußte seine Landerwerbung vertagen. Gottfried von Bouillon, der lange hinter Bohemund und Raimund zurückgestanden hatte, trat mehr und mehr in den Vordergrund und erwarb sich das Vertrauen der Masse dadurch, daß er ganz wie sie nach Jerusalem drängte und nur noch den Eindruck eines wahren Gottesstreiters machte, der sich nicht um Geld und Gut kümmerte 1 ). In Wirklichkeit war er kaum so uneigennützig, wie es den Anschein hatte, aber sicher weniger rücksichtslos, vielleicht auch weniger geschickt als seine Kampfgenossen und eher bereit, den Lauf der Dinge abzuwarten. Die Stimmung im Heere litt, weil vor Arka kein Erfolg zu erzielen war. Wieder sah Peter Bartholomäus wunderbare Gesichte 2 ). D a seine Glaubwürdigkeit vielfach angezweifelt und sogar nachträglich die Auffindung der Heiligen Lanze als frommer Betrug bezeichnet wurde, mußte er sich am Karfreitag, dem 8. April 1099, der Feuerprobe unterziehen, bestand sie auch, starb aber bald darnach. Ebensowenig wie mit Konstantinopel gelang es, mit Kairo ein Abkommen zu schließen. Der geschäftstüchtige Wesir al-Afdal glaubte, die Kreuzfahrer erst gegen die Seldschuken ausnutzen und sich dann ihrer entledigen zu können. Wir sahen, daß er sich im Jahre vorher Jerusalems bemächtigte. Anfang Mai 1099 schlug er vor, daß die Christen in Gruppen von je einigen hundert unbewaffnet Jerusalem betreten dürften, um dort anzubeten. Aber davon wollten sie nichts wissen und erklärten rundweg, sie würden schon kommen, jedoch in Schlachtreihen geordnet. Das waren stolze Worte, die den festen Glauben an ihre gute Sache ausdrückten, obwohl es ihnen im Augenblick an einem klaren Erfolg fehlte. Am 13. Mai mußten sie die Belagerung von Arka, die fast drei Monate gedauert hatte, abbrechen 8 ). Bei der Fortsetzung des Marsches wurde es offenbar, daß die kleinen arabischen Machthaber, durch deren Gebiet gezogen wurde, gar keine Lust hatten, für die sie bedrohenden Türken irgendwelche Opfer zu bringen. Sie taten, was sie konnten, um die Kreuzfahrer durch reiche Geschenke aller Art freundlich zu stimmen und von Plünderungen abzuhalten. Namentlich der kluge Emir von Tripolis (Tarabulus), Ibn Ammar, bewies großes Entgegenkommen 4 ), lieferte edle Streitrosse und zahlreiche Tragtiere, stellte auch kundige Führer. Ähnlich verhielt sich der Emir Djanah al-Dawla von Hirns (Hörns)«). Die Kreuzfahrer bewegten sich dann bei Tripolis vorbei südwärts auf sehr schmalem Wege an der Küste entlang 6 ), ohne behelligt zu werden. Von den Libanonchristen wurden sie herzlich willkommen geheißen und auf jede Weise gefördert. Als sie den Grenzfluß Nahr al-Kalb"), den alten Lykos, überschritten, befanden sie sich auf dem Boden des fatimidischen Palästina. Beirut 8 ) schonten sie gegen entsprechende Leistungen (19. Mai). Durch Ritter aus Edessa und Antiochia verstärkt?), l ) Chalandon, Prem, crois. S. 259. Grousset 1, S. 139. — 2 ) Röhricht, 1. Kreuzz. S. 172. Chron. 7, Nr. 362—364; 9, S. 389. Chalandon, Prem, crois. S. 260. — s ) Chron. 7, Nr. 370 f. — 4 ) Chron. 7, Nr. 350. Enz. Islam 4, S. 715. Grousset 1, S. 141. — s ) Enz. Islam 2, S. 328. Grousset 1, S. 77. — •) Grousset 1, S. 142. — 7 ) Grousset 1, 143. — 8 ) Röhricht, 1. Kreuzz. S. 181. Chron. 7, Nr. 373 f. Enz. Islam 1, S. 620. — ") Grousset 1, S. 150.

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lenkten sie ihre Schritte bei Tyrus, Akka und Cäsarea v o r b e i 1 ) am 3 . Juni von Arsuf aus nach al-Ramla (onö. J e r u s a l e m ) 2 ) . Hier wurde die F r a g e erwogen, ob es nicht besser sei, statt nach Jerusalem gleich nach Kairo zu marschieren, d a j a Palästina doch das Schicksal Ägyptens teilen w ü r d e 3 ) . Aber der Plan, der auch in der späteren Geschichte der Kreuzzüge eine bedeutsame Rolle spielen sollte, konnte zur Zeit nicht durchgeführt werden, einmal, weil die Zahl der Ritter viel zu gering war, und dann, weil die Masse der Pilger für eine so umständliche Kriegführung, für eine Ablenkung des Kreuzzuges niemals V e r ständnis aufgebracht hätte. Am 7. Juni 1 0 9 9 stand das Heer im Nordwesten Jerusalems*) ( a l Kuds) auf dem Hügel en-Nebi S a m w i l 5 ) , dem es den seiner gehobenen Stimmung entsprechenden Namen Möns Gaudii ( M o n t j o y e ) gab. Freudentränen schössen den Pilgern aus den Augen, sie küßten den Boden und wollten ihn nicht anders als b a r f u ß betreten, grüßten das Ziel ihrer brennenden Sehnsucht mit Zuruf und Wink, vergaßen alle Müdigk e i t 4 ) . Jedermann eilte so rasch vorwärts, wie er konnte, einige taten es auch, um die ersten bei der Beute zu sein. Die Einschließung, die übrigens noch manche Lücke ließ, begann an demselben T a g , und nach dem Willen der großen Mehrheit des Heeres sollte möglichst bald angegriffen werden. W i r wissen aber, d a ß es selbst den tapfersten Kriegern leicht an Ausdauer und Geduld fehlte. Von einem einheitlichen Oberbefehl ist auch jetzt nicht die Rede. Die Lager wurden folgendermaßen verteilt 7 ): im Norden gegenüber dem nach dem heiligen Stephan oder nach Damaskus benannten T o r ( B a b al-Amud) Robert Kurzstiefel von Normandie; zur Linken von ihm in der Richtung auf N o t r e - D a m e de France Robert von Flandern; im Westen gegenüber dem nach David oder Jaffa genannten T o r ( B a b al-Khalil) und dem Davidsturm, nämlich der Zitadelle ( a l - K a l a ) , G o t t fried und Tankred; im Süden auf dem Berge Zion ( B a b al-Nabi D a w u d ) Raimund von Toulouse; im Osten befand sich kein Lager, da ein V o r gehen vom Kidrontal ( W a d i Sitti Mariyam) gegen den Tempelplatz ( H a r a m al-Scherif) unmöglich gewesen wäre. Die Heilige Stadt war gut befestigt, und der von al-Afdal nach der Eroberung bestellte Gouverneur Iftikhar al-Dawla hatte nichts versäumt, um ihre Verteidigungsfähigkeit zu erhöhen, u. a. in der näheren Umgebung das Vieh in Höhlen verstecken, die Quellen vergiften und die Brunnen verschütten lassen. Die Einwohner christlicher Religion mußten ihr Geld abgeben und dann großenteils auswandern. Die Besatzung b e stand aus Arabern und Sudanesen, sie galten als kriegstüchtig und waren zahlreich. Vom 13. Juni an wurde gestürmt, aber zunächst ohne Erfolg. Zum Unglück für die Belagerer litten sie sehr bald nicht nur unter Hunger, sondern mehr noch unter Durst, den die ihnen ungewohnte Sommerhitze >) Chron. 7, Nr. 376—383. — ' ) Enz. Islam 3, S. 1204. — «) Röhricht, 1. Kreuzz. S. 183. Grousset 1, S. 151. — *) Enz. Islam 2, S. 1179. — ' ) Bädeker, Palästina S. 87. Dalman S. 238. — 6 ) Raimund von Aguilers Kap. 20, S. 292. Robertus Monachus 9, Kap. 1, S. 863. Albert von Aachen B. 5, Kap. 45. Wilhelm von Tyrus B. 7, Kap. 25, S. 518. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 184. Chron. 7, Nr. 385. Chalandon, Prem, crois. S. 269. Grousset 1, 152. — 7 ) Grousset 1, S. 153.

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steigerte. Nur mit großer Mühe konnte Wasser aus einiger Entfernung herbeigeschafft werden. Die Fürsten erkannten bald, daß Leitern, fahrbare Türme und andere Belagerungsmaschinen notwendig seien, aber da fehlte es an Holz. Die schweren Balken, die von Muslimen zwangsweise herangeschleppt werden mußten, genügten nicht. Da bedeutete es eine wesentliche Erleichterung, daß Genuesen in Jaffa landeten, wegen einer herankommenden Flotte ihre Schiffe preisgaben und unter dem Schutze der ihnen entgegengeschickten Schar am 20. Juni vor Jerusalem eintrafen. Sie brachten Lebensmittel, Holz und allerlei Werkzeug mit und verstanden sich auch auf Zimmermannsarbeit. Ihre technischen Kenntnisse haben vermutlich mehr zum Erfolg beigetragen, als sich quellenmäßig nachweisen läßt. Um die gedrückte Stimmung zu beleben, wurde ein dreitägiges Fasten und nachher eine Prozession rings um die Mauer angeordnet. Die Muslimen taten, was sie konnten, um die barfuß, aber bewaffnet vorbeiziehenden Christen zu verhöhnen, und beschmutzten vor ihren Augen Kreuze in der gemeinsten Weise. Man muß sich daran erinnern, wenn man später von der grausamen Rache hört, die an ihnen geübt wurde. Inzwischen hatten die Fürsten ihren Angriffsplan besser dem Gelände angepaßt. Gottfried, Robert Kurzstiefel und Robert von Flandern befahlen, einen großen Turm und andere kleinere Maschinen vom Stephanstor weiter nach Osten bis zum Storchturm (Burj Laklak) zu schaffen. Am 12. Juli war das geschehen. Der neue Platz empfahl sich, weil der Boden nicht so zerklüftet war und die Mauer dort schwächer schien. Ungefähr zu derselben Zeit stellte Raimund seinen beweglichen Turm und seine Schleudermaschinen gegenüber dem Davidsturm (Zitadelle) auf. Alle diese sehr zweckmäßigen und, wie sich bald zeigen sollte, auch wirksamen Maßnahmen verdankte man hauptsächlich dem genuesischen Admiral Wilhelm Embriaco. So war alles zum entscheidenden Sturm bereit, der vom 13. Juli an unternommen und auch nachts nicht ausgesetzt wurde. Gottfried selbst und sein Bruder Eustach hielten sich oben auf ihrem Turm auf, dem alle Versuche, ihn mit griechischem Feuer in Brand zu stecken, keinen Schaden brachten. Als dieser Turm auf dem vorher eingeebneten Boden nahe an die Mauer, die er überragte, herangebracht und eine Laufbrücke hinübergeworfen worden war, gelang es am 15. Juli 1099 um Mittag nach einer Belagerung von 38 Tagen zwei Brüdern, Rittern aus Doornik, Leuthold und Engelbert, die Mauer zu ersteigen 1 ). Der Herzog und sein Bruder Eustach, dann auch Tankred folgten bald nach. Die Tore wurden erbrochen, und jetzt strömten in wilder Begeisterung mit dem Rufe „Gott hilf"») die Kreuzfahrer in die Straßen, erlitten aber auch hier noch schwere Verluste. Das Gemetzel war furchtbar. Vergeblich wollten die Verteidiger, die sich sehr tapfer gehalten hatten, länge») Der R. d'hist. eccl. 34 (1938), S. 429 erwähnte Aufsatz von A. Hocquet über diese ersten Ersteiger war mir nicht zugänglich. — ») Fulcher 1, Kap. 27, S. 299, 868 unter „adiuva".

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ren Widerstand leisten. Die Kreuzfahrer drängten sofort in den sogenannten Tempel Salomos (heute Moschee al-Aksa) 1 ) nach. Inzwischen hatten auch die Provenzalen sich tüchtig angestrengt. Sie konnten aber erst eindringen, als der Widerstand dank den an anderer Stelle erzielten Erfolgen Gottfrieds und seiner Kampfgenossen erlahmte. Raimund brachte schleunigst den Davidsturm in seine Hand, und hier ergab sich ihm der Gouverneur unter der Bedingung, daß ihm freier Abzug, allerdings ohne Waffen und Lebensmittel, gewährt würde. Das geschah auch, und er machte sich gleich nach Askalon auf. Noch am Abend des 15. besuchten die Sieger das Heilige Grab und dankten Gott unter Tränen für seine wunderbare Hilfe 2 ). Rührend war die Freude der griechischen und syrischen Christen, die sich bisher hatten verborgen halten müssen. Jetzt durften sie wieder öffentlich ihren Glauben bekennen. Die in Jerusalem gemachte Beute war ungeheuer. Irgendein Pilger, der bis dahin gedarbt hatte, sah sich nach Kriegsrecht plötzlich als Besitzer eines ganzen Hauses mit allem, was darin war, bloß weil er es durch einen glücklichen Zufall zuerst betreten hatte. Als im September Erzbischof Daimbert von Pisa, Gottfried und Raimund dem Papst und der gesamten Christenheit ihre wunderbaren Taten berichteten 8 ), hieß es in ihrem Brief: Gott übergab uns die Stadt mit seinen Feinden, und wenn ihr wissen wollt, was aus ihnen geworden ist, so hört: im Tempel Salomos reichte das Blut der Sarazenen bis zu den Knien unserer Pferde! Eine große Menge muslimischer Männer und Frauen hatte sich auf das Dach des Salomotempels geflüchtet und bat inständig um Schonung, die ihnen Tankred auch zusagte, um Lösegeld zu erhalten. Am 16. Juli wurden sie trotzdem von einer anderen Schar, die das nicht wußte oder wissen wollte, erbarmungslos erschlagen, oder sie sprangen in ihrer Todesangst in die Tiefe. Eine Synagoge, in die Juden hineingetrieben worden waren, wurde in Brand gesteckt 4 ). Es sind lateinische Gedichte erhalten, die der Freude über die Wiedereroberung der schwärmerisch verehrten Stadt mehr oder weniger gewandt Ausdruck geben. Der Verfasser des einen 5 ) war vielleicht ein Franzose, wie denn auch diese Nation auf dem Kreuzzug am stärksten vertreten war. Eine heufe bestimmt einem Franzosen zugeschriebene Sequenz 8 ) bricht in laute Freude aus und verkündet die gebietende Stellung Jerusalems, dem Frankreich, Italien und viele andere aufgezählte Länder sich beugen und Geschenke schicken. Ein drittes langes Gedicht 7 ) jubelt über die Wiedereroberung, gibt in ungelenken Versen Enz. Islam 2, S. 1179. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 193. Grousset 1, S. 158. — ' ) Grousset 1, S. 165. — ») Kreuzzugsbriefe Nr. XVIII, S. 103, 167, 371. — •) Weil 3, S. 172. Wüstenfeld 3, S. 51. A. Müller, Islam 2, S. 138, Anm. 1. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 183. Chron. 7, Nr. 385—407 ; 9, S. 390. Stevenson, Crus. S. 34. David, Robert S. 111. Chalandon, Prem, crois. S. 269. Stevenson, First Crus. S. 296. Enz. Islam 2, S. 1178 f. Erben S. 118. Fazy S. 296. Grousset 1, S. 153. Cognasso S. 169. — ») „Nomen a solemnibus". Anal. hymn. 21, S. 163. Brinkmann, Entstehungsgesch. S. 71. — •) „Exultent agmina". Anal. hymn. 10, S. 59. — 7 ) „Jerusalem laetare". Anal. hymn. 45b, S. 76.

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das Datum richtig an und weist auf die Ströme von Blut hin, die dabei vergossen wurden. Weder Balduin von Edessa noch Bohemund von Antiochia nahmen an der Einnahme Jerusalems teil 1 )- Sie konnten gute Gründe f ü r ihre Abwesenheit anführen; denn es wäre der schwerste Schlag für die Christenheit gewesen, wenn die von ihnen beherrschten Städte inzwischen in die Hand der Türken gefallen wären. Aber anderseits waren beide sicher auch sehr froh, d a ß sie nicht Gut und Blut f ü r eine Sache zu opfern brauchten, die zwar die der Allgemeinheit, aber nicht ihre eigene war. In Kürze sollte sich zeigen, daß sie nur e i n Ziel verfolgten, ihren Besitz durch Neuerwerbungen möglichst abzurunden und sich dabei an niemanden zu kehren. Man hat die Metzeleien des 15. und 16. Juli als einen Flecken in der Geschichte des ersten Kreuzzuges bezeichnet 2 ). Richtiger wäre es, nicht bloß bei diesem allerdings besonders in die Augen fallenden Anlaß die sinnlose Wut hervorzuheben, mit der sich die Kreuzfahrer auf Araber, Juden und Türken stürzten, ohne zu bedenken, d a ß sie doch bei der künftigen Besiedlung ohne die Einheimischen keinesfalls auskommen konnten und unbedingt hoffen mußten, in ihnen arbeitswillige und treue Untertanen zu finden. Aber noch war es für eine echt staatsmännische Ordnung der Verhältnisse zu früh, noch zitterte in den heftig erregten Gemütern die Erinnerung an die unsagbaren Leiden des Marsches und der Kämpfe, an den Tod so vieler lieber Waffengefährten nach. Rache zu üben an den Erbfeinden des christlichen Glaubens, war sicher der feste Wille nicht nur der einfachen Pilger, sondern auch der führenden Persönlichkeiten, die von ritterlichen Idealen erfüllt waren. In einigen Fällen allerdings wurde die Rachsucht durch die Erwerbssucht gemildert. Schon zwei Tage nach dem großen Ereignis, am 17. Juli, traten die Fürsten zusammen, um über das künftige Schicksal des eroberten Landes zu beraten. Da der Kreuzzug von Urban II. veranlaßt worden war, lag es nahe, ein geistliches Fürstentum zu gründen, wie es deren im Abendland so viele gab, und das war wohl auch sein Gedanke gewesen. Hätte Bischof Ademar noch gelebt, so würde man wahrscheinlich ihn als Vertreter des Papstes an die Spitze gestellt haben. Da aber eine in jeder Hinsicht geeignete Persönlichkeit nicht vorhanden war, kam doch ein Laie in Betracht. Robert Kurzstiefel und Robert von Flandern wollten bald heimfahren, sie schieden deshalb von vornherein aus, ganz abgesehen von ihrer mangelnden Befähigung. In die engste Wahl kamen Raimund von Toulouse und Gottfried von Bouillon, der südfranzösische Graf und der durch seine Geburt nordfranzösische, durch sein Herzogtum reichsdeutsche Herzog. Für jenen sprachen sein Reichtum und seine guten Beziehungen zu Ostrom. Sicher machte es auch starken Eindruck auf die Kreuzzugsfanatiker, d a ß er das Gelübde abgelegt hatte, nie wieder nach Hause zurückzukehren 8 ). Er hätte Anlaß genug gehabt, es doch zu tun. Denn kurze Zeit nach seiner Ausreise hatte Wilhelm gen. der Junge, VII. als Graf von Poitiers, ' ) Grousset 1, S. 369. — ») Grousset 1, S. 161. — ») Ekkehard, Hieisol. Kap. 6, S. 99, Anm. 51.

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IX. als Herzog von Aquitanien, unter Hinweis auf die Ansprüche seiner Gemahlin Philippa Toulouse in seine Hand gebracht und gab es erst 1099/1100 an Raimunds Sohn Bertrand zurück 1 ). Raimund lehnte die ihm angebotene Würde ab, wahrscheinlich weil er genau wußte, d a ß man ihm die Ausübung einer wirklichen Regierungsgewalt doch nicht gönnen würde und daß es für ihn vorteilhafter sei, eine eigene Herrschaft zu gründen. Auch fürchteten seine Ritter, daß durch seine Erhebung ihre Abfahrt verzögert werden würde, und arbeiteten deshalb dagegen. Gottfried lehnte auch erst ab, nahm, als er stark gedrängt wurde, die Wahl am 22. Juli 1099 doch an, nannte sich aber nicht König, sondern nur Vogt oder Beschützer des Heiligen Grabes 2 ). Ob er wirklich, wie eine Überlieferung will, dort keine goldene Krone tragen wollte, wo der Heiland eine Dornenkrone getragen hätte, steht dahin. Jedenfalls paßte die Äußerung vortrefflich zu seiner Gemütsart. Durch seine übertriebene Frömmigkeit fiel er selbst damals auf. Er konnte gar nicht genug Messe hören und sich Heiligengeschichten erzählen lassen, so daß er leicht, zum Verdruß seiner Kapläne, die Essenszeit versäumte. Der Geistlichkeit im Heere mußte er sehr genehm sein. Den Laienfürsten war er es auch, weil von ihm keine durchgreifenden Maßnahmen irgendwelcher Art zu erwarten waren. Gerade seine Nachgiebigkeit machte ihn beliebt, und man denkt an ähnliche Fälle bei gewissen deutschen Königswahlen. Alle Ritter verabscheuten es, wirkliche Herren zu haben und zu gehorchen. Es entstanden sofort Mißhelligkeiten mit Raimund, der sich anfangs weigerte, den von ihm eroberten Davidsturm auszuliefern, es schließlich aber doch tat und voller Zorn die Stadt verließ. Wenig später, am 1. August 1099, wurde Arnolf (Arnold) von Choques (nnw. Arras) von einer Minderheit vorläufig zum lateinischen Patriarchen von Jerusalem erhoben 3 ). Es ist schwer, über ihn ein gerechtes Urteil zu fällen. Er war wohl der Sohn eines Priesters, hochbegabt und hervorragend gebildet, hatte sich als Lehrer, wahrscheinlich in Caen, bewährt und u. a. der Prinzessin Cäcilie, Tochter Wilhelms des Eroberers, Unterricht gegeben. Seinen höfischen Beziehungen verdankte er seine Stellung erst als Kanzler und später als Kaplan Bohemunds. Damit empfahl er sich den normannischen Kreisen und wurde mit Lob bedacht; aber von anderer Seite warf man ihm vor, er habe während des Zuges einen so liederlichen Lebenswandel geführt, daß Spottlieder darüber im Schwange waren. Mit den griechischen und syrischen Christen veruneinigte sich Arnolf, weil sie erst dazu gezwungen werden mußten, ihm das VerDevic, Languedoc 3, S. 507, 542; 5, S. 753. Richard 1, S. 407, 416, 426. — ») Röhricht, 1. Kreuzz. S. 197. Chron. 7, Nr. 408 f. Stevenson, Crus. S. 36. Chalandon, Prem, crois. S. 279, 289. Stevenson, Kingdom S. 300. Hansen S. 20. Duncalf, Plan S. 56. La Monte, Monarchy S. 4. Mitteis, Lehnrecht S. 247. Qrousset 1, S. 169. Cognasso S. 170. — ') Kühn, Patriarchen S. 16. Dodu, Institutions S. 321. Hampel S. 7. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 198. Chron. 7, Nr. 413, 416. Moeller, Flamands S. 194; Chansons S. XV. David S. 217. Hansen S. 14, 24. Qrousset 1, S. 171. C a r t e l l i e r i , Der Vorrang des Papsttums.

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steck des wahren Kreuzes Christi anzugeben 1 ). Die kostbare Reliquie kam in die Kirche des Heiligen Grabes. Von außen her drohte der neuen Staatsgründung ernste Gefahr. Allerdings weder der abbasidische Chalif al-Mustazhir 2 ) noch der persische Sultan Barkijaruk 3 ) rührten sich. Jener war gutmütig, verliebt und ganz untüchtig. Dieser stand damals in hartem Kampf mit seinem Bruder Muhammed in Adharbaidjan und konnte sich nicht um Palästina kümmern. So fiel dem ägyptischen Wesir al-Afdal die ehrenvolle, aber schwere Aufgabe zu, den Islam mit dem Schwerte zu vertreten. Daß er in den Kreuzfahrern auf die Dauer keine Bundesgenossen gegen die Türken finden könnte, hatte er wohl trotz der früheren Anknüpfungen zu seinem Schaden eingesehen und den richtigen Augenblick versäumt, um den Fall Jerusalems zu verhindern. Er verlor dann wieder viel Zeit mit Rüstungen in Askalon (Askalan) 4 ), und so kamen ihm die Kreuzfahrer zuvor. Gottfried faßte leichter militärische als politische Entschlüsse. Nichts konnte sein Herz höher schlagen lassen, als gegen die Feinde seines Glaubens zu kämpfen. Christlich-abendländisches Gemeingefühl erwies sich in der Stunde der Gefahr stärker als persönliche Eifersucht. Raimund von Toulouse und Robert Kurzstiefel vereinigten sich, wenn auch zögernd, mit ihm, desgleichen Robert von Flandern, Tankred und Eustach von Boulogne. Am Morgen des 12. August 1099 überraschten sie das ägyptische Heer in einer fruchtbaren Ebene vor Askalon und errangen in kurzer Zeit einen vollständigen Sieg. Robert Kurzstiefel verwundete den Standartenträger des Wesirs auf den Tod. Al-Afdal gelang es, sich zu retten®). Gottfried belagerte gleich Askalon und hätte es wohl eingenommen, wenn die übrigen Fürsten ihm tatkräftig geholfen hätten. Aber die vor der Schlacht gerühmte Einigkeit war nachher wieder rasch verflogen. Raimund wollte die Stadt nicht in die Hand des Herzogs kommen lassen, weil dieser ihm sonst zu mächtig geworden wäre, und ermutigte die Einwohner selbst in ihrem Widerstand. Jahrzehntelang bildete dann das feste Askalon für die Ägypter einen wertvollen Stützpunkt für neue Angriffe, und nur allzu oft mußte man der schweren Schuld gedenken, die Gottfrieds Neider auf sich geladen hatten. Er hatte es tatsächlich nicht leicht, sich an der ersten Stelle zu behaupten, und es war in mancher Hinsicht günstig, daß Robert Kurzstiefel, Robert von Flandern und viele andere Kreuzfahrer gegen Ende August 1099 die Heimfahrt antraten 8 ). Die genannten Grafen begaben sich zunächst nach Konstantinopel und fanden bei Alexius einen prächtigen Empfang. Wenn sie in seine Dienste hätten treten wollen, Chron. 7, Nr. 415. Kreuzzugsbriefe S. 421, Nr. 8. Fulcher S. 309, 626, 668. Erdmann, Entstehung S. 319. De expugn. S. 156, Anm. 1. — ') Enz. Islam 3, S. 835. Grousset 1, S. 521. — ') Enz. Islam 1, S. 689; 3, S. 725. — 4 ) Enz. Islam 1, S. 506. — «) Weil 3, S. 174. Wüstenfeld 3, S. 52. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 199, 203. Chron. 7, Nr. 414, 4 1 7 - ^ 2 2 (mit dem 12. Aug.), 425 f. Stevenson, Crus. S. 35. David S. 115. Fazy S. 296. Delbrück 3, S. 424. Oman 1, S. 288 mit Plan. Stevenson, First Crus. S. 296. Knappen S. 97. Erben S. 118. Grousset 1, S. 173. Deschamps, Châteaux, Texte S. 61. — •) Chron. 7, Nr. 427. David S. 117. Grousset 1, S. 177. Ann. de Gand S. 33, Anm. 1 zu Anf. Sept.

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w ü r d e er ihnen g l ä n z e n d e B e d i n g u n g e n geboten haben, aber d a s wollten sie doch nicht, und s o setzten sie ihre Reise fort, um in Apulien und Sizilien Aufenthalt zu nehmen. A l s sich G o t t f r i e d herzlich von ihnen verabschiedete, w a r von den letzten S p a n n u n g e n nichts mehr zu merken. E r b a t s i e inständig, f ü r b a l d i g e n N a c h s c h u b zu s o r g e n . Denn d a sie ihre T r u p p e n mitnahmen, behielt er nur sehr w e n i g e Leute bei s i c h 1 ) . Auf einem Konzil zu R o m in S t . Peter, d a s v o m 24. bis 30. April 1099 tagte, hatte U r b a n II. nicht v e r s ä u m t , zur Hilfeleistung f ü r d a s Heilige L a n d a u f z u f o r d e r n , a b e r damit zunächst keinen E r f o l g g e h a b t 2 ) . Den besten S c h u t z boten den K r e u z f a h r e r n bis auf weiteres die Uneinigkeit der Muslimen und deren A n g s t vor neuen N i e d e r l a g e n . D a s ferne Ziel d e s K r e u z z u g s , wie e s sich U r b a n II. in noch nicht g a n z klaren U m r i s s e n vorgestellt hatte, w a r erreicht. J e r u s a l e m mit d e m Heiligen G r a b gehörte den lateinischen Christen, bildete einen S t a a t unter einem der Kirche v o l l s t ä n d i g ergebenen Fürsten. D a s Fürstentum Antiochia und die G r a f s c h a f t E d e s s a sicherten die N e u g r ü n d u n g von N o r d e n her. Bei Askalon w a r der V e r s u c h der Ägypter, sie gleich wieder über den H a u f e n zu werfen, gescheitert. Insofern erschien die L a g e d e s neuen Königreichs g ü n s t i g . Aber die S i c h e r u n g der E r o b e r u n g e n ließ noch viel zu wünschen übrig. Schon b e f a n d e n sich zahlreiche K r e u z f a h r e r auf der Rückreise. S i e hatten ihre Sehnsucht gestillt, w u n d e r b a r e T a t e n vollbracht und schmückten j e t z t ihre heimischen Kirchen mit wertvollen R e l i q u i e n 8 ) . W a s würde die Z u k u n f t b r i n g e n ? W ü r d e es möglich sein, nicht mehr bloß heldenmütig zu k ä m p f e n und Feinde totzuschlagen, sondern auch v e r s t ä n d i g zu kolonisieren und dauerverheißende Z u s t ä n d e zu s c h a f f e n ? Konnte m a n auf r e g e l m ä ß i g e n Z u z u g a u s dem Abendland rechnen, wenn der I s l a m sich endlich s a m m e l t e und zum G e g e n a n g r i f f ü b e r g i n g ? Von der 1 0 9 5 in P i a c e n z a geplanten Hilfeleistung f ü r d a s oströmische Reich w a r nicht mehr die R e d e . D i e Beziehungen zum B a s i leus w a r e n o f t g e n u g recht g e s p a n n t gewesen, und e s k a m nur d a r a u f an, o b e s möglich sein würde, in Z u k u n f t heftige Z u s a m m e n s t ö ß e zu vermeiden. D a s waren die ernsten F r a g e n , die während der nächsten beiden Jahrhunderte die Geschichte der K r e u z z ü g e und des Königreichs J e r u s a l e m bestimmen sollten. *) Grousset 1, S. 180. — ») Norden, Papsttum S. 66. Chron. 7, Nr. 368. M. v. Kn. 5, S. 71. Leib S. 296. Erdmann, Entstehung S. 302. — ' ) Ebersolt S. 14.

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ZWEITES BUCH.

DER FORTGANG DES INVESTITURSTREITS. (1096—1110.)

ERSTES KÄPITEL. P A P S T U R B Ä N IL (1096—1099.) Der Kreuzzug machte es jedermann deutlich, daß nicht etwa der deutsche Kaiser, sondern der römische Papst die Leitung der Christenheit gerade dann hatte, wenn es sich um den erbarmungslosen Kampf gegen die Ungläubigen handelte. Der Papst konnte selbstverständlich nicht von Italien aus unmittelbar in die militärischen Handlungen eingreifen, aber sein Vertreter Bischof Ademar nahm daran ebenso teil wie die Laienfürsten 1 ). Wie weit hatte man sich doch von der Auffassung Karls des Großen entfernt, der den Kampf mit den Waffen sich selbst vorbehalten und dem Papst nur Fürbitte und Segen überlassen wollte 2 ) ! Daß Heinrich IV. sich der ihm als dem höchsten Herrscher der Christenheit obliegenden Aufgabe, die Heere nach Jerusalem zu führen, nicht widmen konnte, offenbart deutlicher als alles andere den Wandel der Zeiten zuungunsten Deutschlands seit dem Tode Heinrichs III. Urban II. war selbst Franzose. Um so mehr mußte es ihn schmerzen, daß, während französische Ritter für eine heilige Sache in Palästina ihr Blut vergossen, Philipp I. durch seine ärgerliche Eheirrung ihm immer wieder zu schaffen machte. Erzbischof Hugo von Lyon als Legat hatte den auf Anstand und Sitte so wenig bedachten König 1094 zu Autun gebannt 3 ), der Papst selbst 1095 zu Clermont dasselbe getan 4 ). Als Urban nachher auf seiner Rundreise durch Frankreich am 8. Juli 1*D96 zu Nîmes eine Synode abhielt, hob er d a s in Clermont verkündete Urteil wieder a u f 5 ) . Bischof Ivo von Chartres, der früher die schärfsten Maßregeln empfohlen hatte 6 ), war inzwischen wegen seiner Gegnerschaft gegen Erzbischof Hugo anderer Meinung geworden, hatte vermutlich im Namen des Königs die Verstoßung seiner Geliebten Bertrada versprochen und damit die Voraussetzung für die Absolution geschaffen. Bestehen blieb für den König das Verbot, die Krone zu tragen. Auch dieses hob der Papst am 24. April Röhricht, 1. Kreuzz. S. 85, 90, 92 u. sonst. — 2 ) Cartellieri 1, S. 211. — ») Cartellieri 3, S. 207, 219. Schieffer S. 156. Dazu Crozet, Négociations S. 281 aus Ann. S. Benigni Divionensis, SS. 5, S. 43: in Autun sei zum erstenmal die via Iherosolimitana beschworen worden. — *) Cartellieri 3, S. 253. — ®) M. v. Kn. 4, S. 470. Fliehe, Philippe S. 63. Schwarz 43, S. 111, 119, 145. Haller, Papsttum 2, 2, S. 532. — • ) Cartellieri 3, S. 218, 246.

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1098 auf, weil der so hartnäckige und unaufrichtige Herrscher kirchenpolitische Zugeständnisse gemacht hatte 1 ). Die Einzelheiten stehen nicht fest, aber man wird auch hier wieder den ausgleichenden Einfluß Ivos von Chartres erkennen. Der Bischof 8 ) gehörte zu den hervorragendsten Gelehrten seiner Zeit und hatte sich redlich darum bemüht, die gegensätzlichen Meinungen gerecht abzuwägen und jedem das Seine zu geben. Um 1040 im Beauvaisis von adeligen Eltern geboren, Schüler von Lanfrank, seit 1090 Bischof von Chartres, zeichnete er sich durch eine stets auf das Erreichbare gerichtete, maßvolle und versöhnliche Haltung aus. Daß diese nicht schwächlich war, bewies er oft genug. Er suchte nicht Streit, sondern einträchtige Wirksamkeit zum Heil der Kirche. Auch das so anstößige Privatleben des Königs mußte ertragen werden, wenn es ihn in wichtigeren Dingen nachgiebig stimmte. Er unterschied deshalb scharfsinnig und welterfahren die äußeren und die inneren Bedingungen der Investitur und machte damit die Bahn frei für die späteren Abmachungen in den französischen Lehnsstaaten, in England und besonders in Deutschland. Es sei nur auf das Wormser Konkordat hingewiesen. Philipp verzichtete auf die Symbole der Investitur, Ring und Stab, und begnügte sich damit, einen erwählten Bischof formlos in sein Amt einzuweisen. Der Papst bestand vorläufig, im Hinblick auf die Zeitverhältnisse, nicht auf den ursprünglichen Forderungen der strengen Gregorianer. Beide Parteien gaben nach, weil ihr Vorteil es ihnen ratsam erscheinen ließ. Der König war vom Bann befreit, der ihn zwar nicht sonderlich gestört hatte, weil er immer willfährige Geistliche genug fand, aber der doch das Ansehen der Krone minderte. Der Papst vermied eine Annäherung Philipps an Heinrich IV., die selbst dann hätte bedenklich werden können, wenn ihr ein großer Teil der französischen Fürsten abgeneigt gewesen wäre. Heinrich IV. hatte sich bisher meist in Verona und Padua aufgehalten. Man kann annehmen, daß sich Venedig, zu dem er ja kurz vorher Beziehungen angeknüpft hatte, freundlich zu ihm stellte. Da ihm die Alpenpässe gesperrt waren, konnte er erst nach Deutschland zurückkehren, als er sich mit den beiden Weifen, dem Älteren und dem Jüngeren, im Laufe des Jahres 1096 ausgesöhnt hatte 8 ). Ihm kam es zugute, daß sie nach der Lösung der Ehe Welfs V. mit Mathilde von Canossa äußerst verärgert waren 4 ). Der sehr alte Markgraf Albert Ezzo II. von Este, Welfs IV. Vater, hatte geschickt vermittelt, und Weif IV. wurde unter Aufhebung der Achtserklärung von 1077 5 ) wieder in sein Herzogtum Bayern eingesetzt. Von Grundsätzen oder kirchlicher Gesinnung war nicht die Rede. Allein die Sorge um die Hausmacht des mächtig emporstrebenden Geschlechts gab den Ausschlag bei diesem jähen Parteiwechsel. Dafür errang Urban ungefähr zu derselben Zeit einen Erfolg, der Eindruck machen mußte. Von der Gräfin Mathilde, deren kirchlicher ») Schwarz 43, S. 118. — 2 ) Esmein, Investitures. Mirbt S. 70, 512. P. Fournier, Yves S. 69 u. Tournant S. 157, 161, 165. Carlyle 4, S. 409. Manitius 3, S. 96. Haller, Papsttum 2, 2, S. 533. — ») M. v. Kn. 4, S. 478. Riezler 1, 2, S. 174. — «) Cartellieri 3, S. 249. — 6 ) Cartellieri 3, S. 154.

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Eifer niemals erlahmte und die unter den Laien am rührigsten war, wurde er bis Rom geleitet und konnte daselbst mit seinen Kardinälen das Weihnachtsfest 1096 festlich begehen 1 ). Nur die Engelsburg blieb noch in den Händen der Wibertisten. Über sieben Jahre, seit 1090, hatte Heinrich IV. in Italien geweilt 2 ), nicht um irgendeinem uferlosen Ziele nachzujagen, sondern weil er richtig erkannte, daß er sonst ganz verloren gewesen wäre. Daß er sich nach den schwersten Schicksalsschlägen dort, wenn auch mühsam genug, wenigstens behauptete und nicht in die Hände seiner erbitterten Feinde fiel, hatte er Italienern zu verdanken, auf die der päpstliche Bann weniger Eindruck machte als auf viele Deutsche. Auch dieser Tatbestand verdient bei der allgemeinen Beurteilung der Italienpolitik berücksichtigt zu werden. In Bayern umgaben den Kaiser von Ende Mai 1097 an geistliche und weltliche Fürsten»), aber es wurde doch bemerkt, daß er ein sehr zurückgezogenes Leben führte. Eine einfache Erklärung dafür würde seine Finanznot sein, und damit hing wohl seine Begünstigung der Juden zusammen 4 ). In den Rheinlanden, die er nachher aufsuchte, fand er sicher Gelegenheit genug, sich die grausamen Judenverfolgungen des vorhergehenden Jahres schildern zu lassen. Zwei Gründe bewogen ihn, Gegenmaßregeln zu ergreifen: einmal die Erwartung jüdischer Geldleistungen, sodann sein Wille, während seiner Abwesenheit vorgekommene Gewalttaten und Friedensstörungen zu ahnden. Unzufriedenheit erregte es, d a ß er den zwangsweise Getauften erlaubte, zu ihrem alten Glauben zurückzukehren. Sein eigener Papst WibertKlemens empörte sich darüber und suchte, es durch Weisungen nach Deutschland zu verhindern. Zu Anfang 1098 wurde in Worms die Erbfolge in Bayern auch Weif V. zugesichert 5 ) und der schwäbische Herzogsstreit beigelegt: der Staufer Friedrich I., Schwiegersohn des Kaisers, behielt Schwaben, der Gegenherzog Berthold II. wurde mit der Reichsvogtei der damals schon recht bedeutenden Stadt Zürich entschädigt und nannte sich fortan nach seiner Burg Zähringen im Breisgau. Zweifellos besserte sich die Lage des Kaisers, und was konnte ihm dann näher liegen, als für die Nachfolge zu sorgen? Sie seinem ältesten Sohn König Konrad, dem gefügigen Werkzeug des Papsttums 6 ), zu lassen, schien ihm unmöglich. Das hätte ja bedeutet, daß nach seinem Tode die Arbeit seines Lebens zunichte gemacht worden wäre. Er wollte seinen zweiten Sohn Heinrich, den späteren Kaiser Heinrich V., der 1081 geboren war 7 ), zum Erben des Reiches bestellen. Aber viele Fürsten waren dagegen. Forchheim war sicher nicht ganz vergessen; auch diejenigen, die dem alten Kaiser noch anhingen, mochten meinen, daß nach seinem Tode jeder Grund zu dauernder Feindschaft mit dem Papsttum wegfiele. Dann könnte ja Konrad, gestützt auf die reformierte Kirche, unangefochten regieren und dem unheilvollen Streit l ) M. v. Kn. 4, S. 473. Erdmann, Entstehung S. 289. — ') Cartellieri 3, S. 204. — ») M. v. Kn. 5, S. 1. Riezler 1, 2, S. 175. — «) M. v. Kn. 5, S. 4, 28. Regg. Juden Nr. 203 f. Schiffmann S. 23. — ») M. v. Kn. 5, S. 22. Rosenstock S. 328. Riezler 1, 2, S. 176. — ') Cartellieri 3, S. 248. — 7 ) M. v. Kn. 3, S. 427; 6, S. 1.

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ein Ende machen. Schließlich erreichte der Kaiser aber doch, d a ß das Hofgericht Konrad verurteilte, und ließ Heinrich V. um den 10. Mai 1098 auf einer Reichsversammlung in Mainz zum König wählen, beseitigte also auf diese Weise die formalen Bedenken der Fürsten 1 ). Die tiefschmerzlichen Erfahrungen aber, die er gerade mit Konrad gemacht hatte, wirkten nach. Aus einem menschlich gut begreiflichen, aber politisch kaum richtigen Mißtrauen heraus nahm er seinem Sohn den Eid ab, er werde niemals das Leben oder die Wohlfahrt des Vaters bedrohen und sich auch weder in die Regierung noch in die Güterverwaltung einmischen. Heinrich IV. bedachte nicht, daß die ihm, dem mehrfach gebannten und abgesetzten Kaiser, geschworenen Eide nicht unbedingt bindend waren. Hätte er nur den Vorteil des Reiches im Auge gehabt, jede Rücksicht auf seine Person vollkommen ausgeschaltet, so wäre es richtig gewesen, bald freiwillig abzudanken. Am 6. Januar 1099 in Aachen erneuerte Heinrich V. sein Gelöbnis auf Reliquien und nahm den Treueid der anwesenden Fürsten entgegen, wurde auch gelegentlich an den Geschäften beteiligt 2 ). Noch schien das Ansehen des deutschen Kaisers in den slawischen Ländern nicht erschüttert zu sein. Zwischen Böhmen und Polen gab es, wie schon so oft, kriegerische Verwicklungen, in die auch König Koloman von Ungarn auf Seiten Polens eingriff3). Herzog Bietislaw II. von Böhmen bemühte sich lebhaft um die Gunst Heinrichs IV., suchte ihn am 19. April 1099 in Regensburg auf, wurde auch sehr geehrt und brachte reiche Geschenke. Auf seinen Wunsch sicherte der Kaiser seinem jüngeren Stiefbruder Boiiwoi durch Belehnung mit einer Fahne die Nachfolge zu, obwohl das der bisherigen Ordnung widersprach. Bald darauf, Ende Mai 1099, stellten Bretislaw und Koloman ihre freundschaftlichen Beziehungen wieder her. Die wirklichen Machtmittel des Kaisers blieben noch bescheiden. Vergeblich bemühte er sich am 29. Juni 1099 in Bamberg um den Landfrieden 4 ). Die Fürsten beschworen ihn zwar, vergaßen ihn aber gleich wieder, weil sie nicht darauf verzichten wollten, durch Zuweisung von Lehen Ritter in ihren Dienst zu nehmen, die dann allerlei Ausschreitungen verübten. Schlimm war es auch, daß der Kaiser Anlaß bekam, von dem ersten Geistlichen des Reichs, Erzbischof Ruothard von Mainz, der früher seinem Papst angehangen hatte, über die Hinterlassenschaft der in Mainz ermordeten Juden Rechenschaft zu fordern 5 ). Blutsverwandte Ruothards standen im Verdacht, sich unrechtmäßig bereichert zu haben. Sie wurden vergeblich vorgeladen, und Ruothard selbst, der kaum ganz unschuldig war, zog sich mit ihnen nach Thüringen zurück. So kam es, daß er am 29. Juli 1099 von Wibert-Klemens wegen seiner vielen Schandtaten und seines Abfalls vom Kaiser gebannt und abgesetzt wurde. Weil der Kaiser die Einkünfte des Erzbistums für sich in Anspruch *) Giesebrecht 3, S. 1191. M. v. Kn. 5, S. 26. Domeier S. 43. Becker S. 27. Heinze S. 40. Rosenstock S. 51. — 2 ) M. v. Kn. 5, S. 57, 60. — 3 ) M. v. Kn. 5, S 63. Bretholz S. 190. Köster S. 245. Juritsch, Beiträge S. 96. Hóman 1, S. 367. — *) M. v. Kn. 5, S. 66. — ») M. v. Kn. 5, S. 28, 67, 109. Hauck, KG. 3, S. 880. Schiffmann S. 30. Francabandera S. 61.

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genommen und den Besitz der Flüchtigen versteigert hatte, mußte diese strenge Maßregel die Zerrissenheit der deutschen Kirche nur steigern und dem Kaiser noch mehr Gemüter entfremden. Trotzdem hatte Urban allen Anlaß, auf der Hut zu sein. Außer auf die Gräfin Mathilde konnte er auf keinen weltlichen Machthaber zählen, auch auf König Konrad nicht, der ganz im Dunkeln blieb. Mathilde hatte er es zu danken, daß nach dem Tode des Erzbischofs Arnolf von Mailand der Propst von S. Lorenzo, Anselm von Bovisio, im Gegensatz zum Adel durch die Gewaltsamkeit der Pataria am 3. November 1097 erhoben wurde 1 ). Wibert-Klemens, der nach der Entfernung Heinrichs IV. in Argenta am Po (nw. Ravenna) eine feste Stellung bezogen hatte 8 ), wurde Ende 1097 oder Anfang 1098 daraus vertrieben, behielt aber doch die Möglichkeit, Rompilger abzufangen und dadurch, wie man annehmen kann, nicht nur Urban zu stören, sondern sich auch Einnahmen zu verschaffen. Es spricht für die richtige Einschätzung der militärisch-politischen Verhältnisse, wenn Urban sich um den Gegenpapst nicht weiter kümmerte, sondern sich nach Unteritalien aufmachte, um die Verbindung mit den Normannen wieder lebhafter zu gestalten. Seit 1059 beruhte doch trotz aller Irrungen allein auf dem Bündnis mit ihnen die Sicherheit der Kurie. Capua hatte sich gegen seinen Fürsten Richard II., dem auch Aversa gehörte, empört und wurde deshalb von Herzog Roger Borsa von Apulien und von Graf Roger I. von Sizilien nach Mitte Mai 1098 belagert 3 ). In ihrem starken Heer befanden sich auch Sarazenen. Richard hatte jenem versprochen, seine Lehenshoheit anzuerkennen, diesem, ihm zur Erwerbung Neapels zu verhelfen. Urban, dem viel daran lag, d a ß der Kriegszustand möglichst bald beendet würde, kam in das normannische Lager und suchte zu vermitteln, erreichte aber nichts, durfte allerdings gegen den Grafen, auf den er Rücksicht zu nehmen hatte, keine schärferen Maßregeln ergreifen. Nach 40 Tagen, am 29. Juni, unterwarfen sich die Capuaner Richard. Wenig später begab sich der Papst zu Roger I. nach Salerno und machte ihm ein weitgehendes Zugeständnis. Es handelte sich um die Kirchenhoheit in Sizilien und in Kalabrien. Er hatte kurz vorher den Bischof Robert von Troina (nw. Ätna) zum Legaten in Rogers I. Herrschaftsbereich ernannt, ohne sich vorher mit diesem zu verständigen. Der Graf hatte sich darüber heftig erzürnt und den Bischof kurzerhand ins Gefängnis geworfen. Um den Grafen zu besänftigen, machte Urban die Ernennung rückgängig und erteilte ihm am 5. Juli 1098 das berühmte, bis in die neueren Zeiten viel erörterte Privileg, aus dem sehr viel später die sogenannte Monarchia Sicula abgeleitet wurde 4 ). Es ist ' ) M. v. Kn. 5, S. 12. Schwartz S. 84. Savio 1, S. 452. — ») M. v. Kn. 5, S. 13, 39. Francabandera S. 63. — ») M. v. Kn. 5, S. 42. Caspar, Legatengewalt S. 198 u. Roger, S. 10. Chalandon, Histoire 1, S. 303. Rueß, Legaten S. 232. E. Jordan, Roger 33, S. 260 ; 34, S. 45 ff. Kehr, Belehnungen S. 16, 33. Klewitz, Studien S. 129, 139. Ann. Casinenses S. 1428, Anm. 1. — *) Caspar, Legatengewalt S. 218 u. Roger S. 17. Malaterra S. 108. Chalandon, Histoire 1, S. 347 ; 2, S. 618, 620. Curtis, Roger S. 461. Ital. pont. 8, S. 25, Nr. 81. Lupo S. 32, 35. Kehr, Belehnungen S. 32. Amari 3, 1, S. 196, 312. Haller, Papsttum 2, 2, S. 534.

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schlecht überliefert und daher weder dem Wortlaut noch dem Sinn nach völlig einwandfrei zu deuten. Urban betonte Rogers Leistungen im Gebiet der Sarazenen, nahm ihn als besonderen und lieben Sohn der Kirche an, versprach, bei seinen oder seiner Söhne Lebzeiten keinen Legaten zu ernennen, sondern die Geschäfte eines Legaten durch ihn als dessen Stellvertreter fähren zu lassen. Der Graf sollte auch entscheiden, welche und wie viele Prälaten er zu einem vom Papst angesagten Konzil schicken wolle. Die Urteile über die Tragweite der dem Grafen überlassenen Rechte gehen weit auseinander. Man wird gut tun, sich daran zu erinnern, daß Roger I. sich schon vorher, am 6. Mai, allerdings nur dieses einzige Mal, urkundlich als Legat von Sizilien und Kalabrien bezeichnet hatte. Wichtiger ist aber noch, daß er schon seit einiger Zeit dank dem hohen Ansehen, das er als Sieger über die Ungläubigen genoß, seine Kirche selbständig regiert, Bistümer gegründet, Bischöfe eingesetzt und Diözesen abgegrenzt hatte 1 ). Der Papst bestätigte nachträglich das Geschehene, machte also im Privileg keine weiteren Zugeständnisse. Wohl aber wurde ihm eine nicht unerhebliche finanzielle Unterstützung zugesichert. In Zukunft würde, wie das bei allen Verträgen der Fall ist, der Mächtigere ihn zu seinen Gunsten auslegen. Bei passender Gelegenheit konnte demnach die Kirche die verlorenen Befugnisse wiedererlangen. Sehr schmerzlich blieb es für sie, daß das langersehnte Capua ihr entging. Wir beobachten hier das Werden eines neuen, stark zentralisierten Staates, der zweiten großartigen Schöpfung des kraftstrotzenden normannischen Stammes. Die Leistung Rogers I. ist unbestritten, und mit Recht konnte sein Sohn Roger II. ihn in seinen Urkunden den „großen Grafen" nennen 2 ). Der „große Graf" war ein Vorläufer des Königs. Die Abwesenheit Urbans von Rom benutzten die Wibertisten, Kardinäle, Äbte und vornehmen Römer, um am 5., 6. und 7. August 1098 in drei verschiedenen römischen Kirchen Versammlungen abzuhalten, auf denen die Ketzereien Gregors VII. in den schärfsten Ausdrücken verdammt und seine Anhänger unter Zusicherung freien Geleits zu einer gemeinsamen Synode um den 1. November eingeladen wurden 8 ). Aber den starken Worten entsprach nicht die tatsächliche Machtstellung der Parteien. Am 10. August gelang es Urban, mit Hilfe des von den Normannen erhaltenen Geldes die Engelsburg durch Bestechung in seine Gewalt zu bringen 4 ). Er war jetzt militärisch der Herr Roms, und die Abmachung mit Graf Roger hatte rasch ihre Früchte getragen. D a ß der Kardinaldiakon Hugo, der früher Urban nahegestanden hatte, in einer Schrift allerlei Übles von ihm behauptete 5 ) und die Gräfin Mathilde zum Abfall von ihm zu bewegen suchte, daß die Wibertisten eine ausführliche Erklärung gegen ihn ausgehen ließen und ihn als „Turbanus" beschimpften, machte nicht viel aus. Unter normannischem Schutz hatte der Papst nichts zu fürchten. Am 3. Oktober 1098 konnte er in Bari das Konzil eröffnen, von dem ') Caspar, Legatengewalt S. 198.—») K. A. Kehr, Urkunden S. 247 ff. Araari 3,1, S. 284. — «) Mirbt S. 63. M. v. Kn. 5, S. 45. Kehr, Wibert S. 986. — » ) M. v. Kn. 5, S. 46. — 5 ) M. v. Kn. 5, S. 47, 51. Manitius 3, S. 45.

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schon früher im Zusammenhang mit dem ersten Kreuzzug die Rede war. Anscheinend faßte er hier einen für die Ausbreitung der deutschen Kirche im Norden schädlichen Entschluß. Der eifrige Parteigänger Heinrichs IV., Erzbischof Liemar von Hamburg-Bremen 1 ), hatte den König Erich I. von Dänemark mit dem Bann bedroht, dieser wandte sich beschwerdeführend persönlich an den Papst und erreichte, daß Dänemark und seine heimatlichen Heiligtümer von der sächsischen Oberhoheit befreit wurden 2 ). Erzbischof Anselm von Canterbury, der mit Bischof Ansgar von Lund befreundet war, hatte in diesem Sinn gewirkt. • Das bald darauf folgende Konzil zu Rom in St. Peter, vom 24. bis 30. April 1099, dessen gleichfalls wegen der Hilfeleistung für das Heilige Land früher gedacht wurde, zeigte Urban ganz im Oedankenkreis Gregors VII. Wibert-KIemens wurde wieder gebannt, Laieninvestitur, Priesterehe und Simonie streng verboten, überhaupt der Trennungsstrich zwischen Geistlichen und Laien scharf gezogen. Gerade die eben erwähnte Bannung mochte die immer noch zahlreichen Parteigänger des Kaisers und des Gegenpapstes in der römischen Bevölkerung reizen. Sie drohten, ausländische Konzilteilnehmer zu überfallen, wagten es dann aber doch nicht 3 ). Nur wenige Monate später, am 29. Juli 1099, starb 4 ) Urban II. im Hause Peters, des Sohnes jenes Leo, der sich mehrfach um das Reformpapsttum verdient gemacht hatte. Leos Vater war der getaufte Jude Benedikt gewesen. Für Peter und seine Nachkommen bürgerte sich dann Pierleone als Familienname ein 5 ). Aus Furcht vor einem feindlichen Überfall mußte die Leiche auf Umwegen zur Bestattung nach St. Peter überführt werden. Die gute Nachricht vom Fall Jerusalems hatte den Papst nicht mehr erreicht. Ohne jeden Zweifel ist sein Name mit dem ersten Kreuzzug für immer in der Weltgeschichte verknüpft. Dadurch, daß er diese große Bewegung des Abendlandes in Gang brachte, hat er die gesamten Beziehungen zum Morgenland, hat er die Schicksale des Mittelmeers entscheidend beeinflußt. Es bedeutet viel, wenn man rühmt, d a ß er auch neben Gregor VII. mit Ehren genannt zu werden verdient. Seine tatsächlichen Erfolge waren größer als die seines gewaltigen Vorgängers, der die ganze Last des erbitterten Kampfes jahrelang getragen hatte. Als Urban starb, konnte er hoffen, daß die Einigung der östlichen mit der westlichen Kirche unter der Leitung der westlichen auf gutem Wege sei. Seine Verdienste um das kanonische Recht sind gewürdigt worden 6 ). Darüber hinaus ist zu beachten, daß er durch die Streitschriftliteratur immer stark beeinflußt wurde. In den ersten Jahren seines Pontifikats neigte er der Vermittlungstheologie Ivos von Chartres zu, vertrat aber seit 1094 den strengsten Standpunkt Gregors VII. 7 ). Ein abschließendes Urteil über seine Kirchenregierung dürfte allerdings erst *) Cartellieri 3, Namenverzeichnis. — ') M. v. Kn. 5, S. 54. Regg. Bremen 1, Nr. 390. — ' ) M. v. Kn. 5, S. 73, Anm. 25. — 4 ) Langen, Röm. Kirche S. 214. Chron. 7, Nr. 412. M. v. Kn. 5, S. 75. Leib S. 297, 319. Fliehe, Europe S. 448. Schwarz S. 123. Smith, Cluny S. 312. Erdmann, Entstehung S. 322. Haller, Papsttum 2, 1, S. 441. — 6 ) Fedele, Anacleto S. 411. — •) Fliehe, Philippe S. 439. Fournier, Tournant S. 155. — 7 ) Fliehe, Observations S. 137, 143.

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in einer erschöpfenden Biographie dieses unter allen Umständen sehr bedeutenden Papstes gefällt werden. Urbans Aufmerksamkeit richtete sich nicht einseitig auf Palästina und Jerusalem. Auch für die kirchliche Organisation Spaniens setzte er sich mit Erfolg ein und unterstellte das mitten in der Reconquista stehende Land, d. h. Kastilien und Aragón, der römischen Autorität 1 ). Wenn in der sehr witzigen Satire eines Ungenannten etwa aus dem Mai des Jahres von der Habsucht des Papstes und den Übeln Zuständen im Kardinalskolleg, namentlich dem übermäßigen Trinken, die Rede ist, so läßt sich nicht feststellen, wieweit die wohl von einem Wibertisten stammenden Vorwürfe berechtigt w a r e n 2 ) . D a ß der Papst bestechlich gewesen sei, behauptet übrigens auch ein Engländer unter Berufung auf Anselm von Canterbury 8 ). 1 ) Kehr, Prinzipat S. 53. — s ) Tractatus Garsiae Tholetani canonici de Albino et Rufino (Garsuinis), Lib. de lite 2, S. 423—435 ed. E. Sackur. Mirbt S. 69. M. v. Kn. 5, S. 85. Manitius 3, S. 46. — ») Langen S. 208, Anm. 208.

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ZWEITES

KAPITEL.

DIE ERSTEN JÄHRE DES PAPSTES PÄSCHALIS II. (1099—1103.) Schon am 13. August 1099 wurde ein Mönch, Kardinalpriester Rainer von S. d e m e n t e , der aus der B u r g Bieda bei Galeata (sw. F o r limpopoli) stammte und den Urban noch auf dem Totenbett empfohlen hatte, aus Furcht vor den Wibertisten in S . Clemente gewählt und im Lateran inthronisiert 1 ). Allem Anschein nach stand er bei der überwiegenden Mehrheit der Bürgerschaft in gutem Ruf. Denn er konnte am folgenden T a g in St. Peter konsekriert werden, ohne d a ß es zu Störungen kam. Der neue Papst, der sich Paschalis II. nannte, hatte immer treu zu Gregor V I I . gehalten. E r war eine sittlich hochstehende Persönlichkeit und hätte in der Stille des Klosters als Heiliger leben müssen. Zum Politiker fehlten ihm die wichtigsten Eigenschaften, vor allem Menschenkenntnis und Entschlußkraft. E r sah wohl in der Ferne das ideale Ziel, fand aber in seiner Angst vor Übeln Folgen keinen W e g dahin. Immer noch hielt sich Wibert-Klemens unweit von Rom im Albanergebirge, wo ihn der Kardinalbischof Theoderich von Albano unterstützte. D a traf es sich für Paschalis sehr gut, d a ß G r a f Roger I. von Sizilien eine reiche Goldspende schickte, und damit gelang es, den Gegenpapst zu vertreiben 2 ). W i r finden diesen am 18. Oktober 1099 in Tivoli, wo er zum letztenmal urkundete 3 ), dann in Sutri, schließlich in der festen Stadt Civita Castellana (n. R o m ) . Vergeblich hofften einzelne Adelige immer noch, durch ihn ihren alten Einfluß auf die Kurie wiederherzustellen. E s war kldg von Paschalis, daß er sehr bald nach seinem Amtsantritt der Gräfin Mathilde seinen Segen schickte und sie bat, der Kirche die Treue zu w a h r e n 4 ) . Dem großen gemeinsamen Unternehmen der Christenheit widmete er auch seine Fürsorge. Im Dezember 1099 wandte er sich an alle E r z bischöfe, Bischöfe und Äbte Frankreichs (Galliens), als ihm die E r oberung Jerusalems bekannt war, und bezeichnete es als ihre Pflicht, Watterich 2, S. 1, 17. Chron. 7, Nr. 423. M. v. Kn. 5, S. 78. Levison S. 407. W. L., NA. 45 (1924), S. 396. Lib. pont. Dertus. S. 154. Schneider S. 310. Fliehe, Europe S. 448. Haller, Papsttum 2, 2, S. 534. — ») Ital. pont. 8, S. 26, Nr. 83. — •) M. v. Kn. 5, S. 81. Kehr, Wibert S. 987. — «) M. v. Kn. 5, S. 82.

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den in Palästina ausharrenden Kreuzfahrern wirksam zu helfen 1 ). Die Ritter sollten zum schleunigen Aufbruch gedrängt werden, es sei denn, d a ß sie durch Armut verhindert wären. Sonst sollten sie für ehrlos gelten und diejenigen, die das belagerte Antiochia feige im Stich gelassen hätten, exkommuniziert bleiben. Irgendwelche Nachgiebigkeit zu zeigen, lag dem neuen Papst fern. Den Bruder Herzog Bertolds II. von Zähringen, Bischof Gebhard III. von Konstanz, dem er zu Weihnachten 1099 das Vikariat in Deutschland bestätigt hatte 2 ) und auf dessen Rat er großen Wert legte, forderte er am 18. Januar 1100 zu scharfen Maßregeln gegen die Feinde auf und bezeichnete es als törichtes Geschwätz, d a ß er sich mit Heinrich IV. vertragen wolle 8 ). Im Laufe des Jahres wurde er von seinem verhaßten Feinde befreit. Wibert-Klemens III. starb hochbetagt an seinem lezten Zufluchtsort Civita Castellana am 8. September 1100 4 ). Erst königlicher Kanzler, dann Erzbischof von Ravenna, schließlich seit der Reichsversammlung zu Brixen (1080) Papst, hatte er dem Kaiser in unverbrüchlicher Treue angehangen 5 ). Dieser belohnte ihn dadurch, d a ß er sich weigerte, ihn fallen zu lassen und dadurch günstigere Bedingungen bei einem Friedensschluß mit der Kirche zu erlangen. Klemens hat sich unter den schwierigsten Verhältnissen, von grimmigem Haß der Feinde verfolgt, mit größter Standhaftigkeit behauptet und wahrscheinlich viel mehr geleistet, als wir aus der dürftigen Überlieferung erfahren. Seine Persönlichkeit bleibt in Dunkel gehüllt. Da an seinem Grab Wunder geschahen, ließ Paschalis später die Gebeine in den Tiber werfen. Die Wibertisten wurden aber durch den Tod ihres Führers keineswegs niedergedrückt, sondern versuchten noch mehrfach, wieder ein kaiserliches Gegenpapsttum aufzurichten 6 ). Erst erhoben sie zur Nachtzeit in St. Peter den Kardinalbischof Theoderich von Albano, der dem Verstorbenen Schutz gewährt hatte, aber dieser fiel, als er sich zum Kaiser aufmachte, den Häschern des Paschalis in die Hände und wurde bis zu seinem Tode in ein Kloster gesteckt. Nicht besser erging es dem Kardinalbischof Albert von Silva Candida und S. Rufina, er wurde Verraten und kam auch in Klosterhaft, wie Theoderich auf normannischem Gebiet. Gegen Anfang 1101 hatten die doch nur von einer schwachen Minderheit ins Werk gesetzten Putsche vorläufig ihr Ende erreicht. Die Stimmung der Zeit, die sich in der Kreuzzugsbegeisterung so stark entladen hatte und weiter entladen sollte, widerstrebte einem neuen, doch schließlich unfruchtbaren Schisma durchaus. Einige Todesfälle veränderten die allgemeine Lage kaum. Am 22. Juni 1101 starb zu Mileto in Kalabrien Großgraf Roger I. von Sizilien, 70 Jahre alt 7 ). Sein Name ist auf immer mit der Befreiung *) Jaffé 1, Nr. 5812. Kreuzzugsbriefe Nr. 19, S. 114, 174, 403. M. v. Kn. 5, S. 83. Erdmann, Entstehung S. 373. Schwerin, Aufrufe S. 73. — ') M. v. Kn. 5, S. 85. Germ. pont. 2, 1, S. 132, Nr. 31. E. Hofmann, Konst. Bisch. S. 229. — ») M. v. Kn. 5, S. 99 u. Germ. pont. 2, 1, S. 132, Nr. 32 zu 1100, Fliehe, Europe S. 450 zu 1101. — *) Gregorovius, Rom. 4, S. 302. M. v. Kn. 5, S. 107, 148 mit dem Datum. Kehr, Wibert S. 987. Francabandera S. 63. — ') Cartellieri 3, S. 280 Namenverzeichnis. — •) M. v. Kn. 5, S. 111. Kehr, Wibert S. 987. — ') Chron. 9, Nr. 578. Caspar, Roger S. 22, 24, 482. Chalandon, Histoire 1, S. 354. Amari 3, 1, S. 197, 284.

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Siziliens vom Islam verknüpft. Er hat viel mehr als sein gleichnamiger Neffe, der Herzog von Apulien, die ruhmvolle Überlieferung Robert Guiskards fortgesetzt. Seine Witwe Adelaide (Adelasia) hatte schon bei Lebzeiten ihres Gemahls ihre politische Befähigung erwiesen. Jetzt kam es ihr zu, die Regentschaft für ihren 1093 geborenen Sohn Simon zu führen. Der Tod König Konrads, der, noch nicht 28 Jahre alt, am 27. Juli 1101 in Florenz starb 1 ), bedeutete alles in allem einen Vorteil für den Kaiser. Zwar hatte der junge Fürst keine wirkliche Macht gehabt, sich sogar eine Zeitlang mit der Gräfin Mathilde entzweit, aber wer konnte wissen, ob er nicht der Reformpartei gelegentlich als williges Werkzeug dienen würde? Das Gerücht, daß der Leibarzt der Gräfin, Avianus, ihn vergiftet habe, läßt sich weder bestätigen noch als unglaubhaft erweisen. Konrads menschlich so trauriges Schicksal zeigt uns, wie der leidenschaftliche kirchenpolitische Kampf die natürlichen Familienbande zerriß. Es war ein schlechtes Beispiel gegeben, das sich nur allzubald wiederholen sollte. Dadurch, daß Roger I. von Sizilien nicht mehr am Leben war, stieg das Ansehen des sonst sehr viel weniger bedeutenden Herzogs Roger Borsa von Apulien. Mit seiner Hilfe griff Paschalis in Unteritalien eil. In Benevent hatte sich der päpstliche Statthalter Anso immer selbständiger gemacht und sich schließlich 1099 zum Fürsten ausrufen lassen. Paschalis durfte das keinesfalls dulden, er verhängte daher 1100 das Interdikt über die Stadt und begann im Herbst des folgenden Jahres die Belagerung. Ansos Macht stand, wie sich bald zeigte, auf schwachen Füßen, und er floh. Am 23. September zog der Papst, der sich der Hilfe Herzog Rogers versichert hatte, ein und stellte die alten Verhältnisse wieder her 2 ). Die Notwendigkeit einer Verfassungsänderung verkannte er durchaus nicht, wenn seine Herrschaft nicht von neuem gefährdet werden sollte; aber auch durch die Maßnahmen, die er traf, gelang es nicht, neuen Unruhen, wie man sehen wird, vorzubeugen. Es gehörte zur Eigenart Paschalis', daß er aus innerster Überzeugung heraus scharf vorging, wenn ihm heiligste Güter durch schlechte Menschen gefährdet schienen. Auf einer namentlich aus Italien gut besuchten Lateransynode nach Mittfasten (Sonntag Lätare, 16. März) 1102 wurde die zur Zerreißung der Kirche führende Ketzerei verdammt, das Investiturverbot eingeschärft, dem Papst und seinen Nachfolgern unbedingter Gehorsam gelobt 3 ). Wenig später, am Gründonnerstag (3. April) verfluchte er den Kaiser, der nicht aufgehört habe, die Kirche durch Raub und Brand zu verwüsten und durch Geilheit, Meineid und Mord zu beflecken, auf ewig, wie das schon durch Gregor VII. und Urban II. geschehen sei. Sehr zustatten kam ihm, daß die Gräfin Mathilde am 17, November ihre Schenkung an die Kirche von 1080 bestätigte, weil die ältere Urkunde nicht mehr aufzufinden sei 4 ). ») Davidsohn, Geschichte 1, S. 278. M. v. Kn. 5, S. 147. Cartellieri 3, S. 138, 205, 248. — 2 ) Ital. pont. 8, S. 27, Nr. 87. M. v. Kn. 5, S. 146. Vehse, Benevent 22, S. 115. — ») M. v. Kn. 5, S. 170. Hauck, KO. 3, S. 882. — *) Const. 1, Nr. 444. M. v. Kn. 5, S. 171. Grimaldi S. 105. Cartellieri 3, S. 160. C a r t e l l i e r i , Der Vorrang des Papsttums.

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Wachsam richtete der Papst seinen Blick ebenso auf den Norden wie auf den Süden. Am 16. Mai 1101 war einer der treuesten Anhänger Heinrichs IV., der eine Zeitlang unter ihnen eine führende Stellung eingenommen hatte, Erzbischof Liemar von Hamburg-Bremen, gestorben 1 ). Wenn der Kaiser seinen Kanzler Humbert, von dessen Charakter leider fast nichts bekannt ist, zum Nachfolger erhob 2 ), so bot das dem Papst eine willkommene Gelegenheit, im Jahr 1104 durch seinen Legaten, den Kardinalpriester Alberich von St. Peter ad Vincula, das Bistum Lund zugunsten des Bischofs Asger zum Erzbistum zu erheben 8 ). Die Dänen frohlockten, daß sie nicht nur von der „sächsischen" Herrschaft befreit wären, sondern auch in Schweden und Norwegen Geltung erlangt hätten. Die Hauptsache blieb aber für Paschalis, die deutsche Opposition mit allen Mitteln zu stärken. Anfang Februar 1104 ließ er mehrere Schreiben ausgehen 4 ), die darin gipfelten, daß die aus ihren Sitzen vertriebenen Bischöfe Gebhard III. von Konstanz und Ulrich von Passau nicht die Heimat verlassen, sondern inmitten einer verdorbenen und bösen Nation ausharren, die Herzöge Weif V. von Bayern und Bertold II. von Zähringen für des letzteren Bruder Gebhard von Konstanz, der das volle Vertrauen des Papstes besäße, tatkräftig eintreten sollten. Der kaiserliche Bischof von Konstanz Arnold sei wie ein todbringendes Gift zu meiden. Wenn wir sehen, wie Paschalis sich zum Kampf rüstete, fragen wir, was Heinrich IV. tat. Es konnte natürlich nur wenig sein, und es ergibt sich aus seiner Stellung zu den Sachsen, daß er notgedrungen die Ostpolitik vernachlässigen mußte. Anfang 1101 eroberte der Markgraf der sächsischen Nordmark Udo III. (Lutger) zusammen mit anderen sächsischen Herren nach viermonatiger Belagerung Brandenburg 5 ). Die Einzelheiten bleiben zweifelhaft. Es scheint, daß ein Teil der Liutizen gegen den andern kämpfte. Die Eroberung durch Otto III. 991 war nicht von Bestand gewesen, und im Lauf des 11. Jahrhunderts war es den Deutschen nicht geglückt, sich wieder festzusetzen. Maßgebend blieb für den gebannten Kaiser sein Verhältnis zu Rom, weil sich darin kirchliche und staatliche Belange untrennbar verschmolzen. Dabei wird man nie vergessen, daß ohne das Bündnis mit den deutschen Fürsten Rom machtlos gewesen wäre. Die Kunde vom Tod seines Papstes Wibert-Klemens bedeutete für ihn einen schweren Verlust. Er berief daher auf Weihnachten 1100 eine Reichsversammlung nach Mainz und verlangte streng, daß niemand fehlen dürfe. Tatsächlich kamen auch die Fürsten in großer Zahl 6 ). Wie es scheint, glaubte er damals und in etwas späterer Zeit, daß er irgendwie dem Zwiespalt in der Kirche ein Ende machen und mit Hilfe *) M. v. Kn. 5, S. 121. Regg. Bremen 1, Nr. 400 ff. — a ) Bresslau 1, S. 477. — ' ) Dahlmann, Dänemark 1, S. 213. M. v. Kn. 5, S. 208; 7, S. 55. Koht S. 375. — 4 ) M. v. Kn. 5, S. 185 ff. zu 1103. Germ. pont. 2, 1, S. 132, Nr. 35; S. 133, Nr. 37 u. 38; 2, 2, S. 15, Nr. 13 immer zu 1104. E. Hofmann, Konst. Bischöfe S. 230. — 5 ) M. v. Kn. 5, S. 101. Krabbo, Brandenburg S. 33. Cartellieri 2, S. 215 f. Artler, Streitkräfte S. 21, 35. — e ) Const. 1, Nr. 73. M. v. Kn. 5, S. 103, 133, 172. Hauck, KG. 3, S. 881.

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der Römer, die wählen sollten, einen allgemein anerkannten Papst erheben könnte. Er dachte sogar daran, selbst nach Rom zu gehen. Aber auch in diesem Fall verkannte er vollkommen den Vernichtungswillen, der seine Feinde erfüllte. Paschalis wollte von keiner Nachgiebigkeit wissen. Es ließ sich auch gar nicht leugnen, daß der Kreis derjenigen deutschen Bischöfe, die unbedingt zum Kaiser hielten, sich verringerte 1 ). Außerdem waren diejenigen, die standhaft bei ihm ausharrten, mannigfachen Anfeindungen ausgesetzt. Nicht klar ist, ob Heinrich sich an der Erhebung der beiden Gegenpäpste beteiligt hat. Um die Ostgrenze, so steiften wir fest, konnte er sich ohne eigene Schuld nicht kümmern, wohl aber um die Westgrenze, soweit seine Kräfte reichten. Graf Heinrich I. von Limburg (sso. Lüttich), durch seine Mutter Jutta, die den Grafen Walram II. (Udo) von Arlon (nw. Luxemburg), den Erbauer der Limburg, geheiratet hatte, ein Enkel des Herzogs Friedrich von Niederlothringen (+ 1065) aus dem Hause Luxemburg 8 ), bereicherte sich gern mit Kirchengut. Als er die Abtei Prüm (w. Koblenz) geschädigt hatte, belagerte der Kaiser Mitte Mai 1101 Limburg, zerstörte diese und andere Burgen und zwang den Grafen zur Unterwerfung 3 ). Auch sonst suchte er den Frieden namentlich zugunsten des immer in erster Linie gefährdeten kirchlichen Besitzes zu sichern. Das Herzogtum Niederlothringen war durch den Tod Gottfrieds von Bouillon erledigt. Ende 1101 verlieh es Heinrich IV. dem eben noch von ihm bekämpften Grafen von Limburg, der ihm eine große Summe Geld bot. Finanzielle Rücksichten entschieden. Aber es war auch nicht das einzige Mal, daß von ihm der Versuch gemacht wurde, einen bisherigen Feind durch eine Gnadenerweisung zu fesseln. Viel schwieriger gestaltete sich die Regelung der Beziehungen zum Bistum Cambrai und zum Grafen von Flandern. Es wurde schon in sehr viel früherer Zeit auf die eigenartige Lage des CambrSsis hingewiesen, das, wie geschichtliche Karten zeigen, gleich einem spitzen Dreieck nach Frankreich hineinstieß 4 ). Cambrai selbst ist 206 km von Paris entfernt 5 ), und an keiner anderen Stelle näherte sich das deutsche Reich so weit der französischen Hauptstadt. Nach dem Tode des Bischofs Gerhard II. 1092 gab es heftige Kämpfe um die Nachfolge 6 ). Man muß wissen, daß das Bistum zur Kirchenprovinz Reims gehörte und sich daher leichter französischem Einfluß öffnete. Zunächst machte sich Arras unter einem eigenen Bischof, den Papst Urban 1094 selbst weihte, unabhängig. Nach allerlei Zwischenfällen kam es so weit, daß Cambrai, dessen Laienbevölkerung kaiserlich gesinnt war, zwei Bischöfe hatte: einen kaiserlichen, Walcher, und einen päpstlichen, Manasse, dessen Bruder Graf Johann I. von Soissons und dessen Oheim Erzbischof Manasse von Reims war. Die französische Partei arbeitete für den Papst, und sie erhielt einen tatkräftigen Bundesgenossen in dem im Frühjahr 1100 vom Kreuzzug zurückgekehrten Grafen Robert II. von Flandern 7 ). Robert verwüstete ») M. v. Kn. 5, S. 104. — ' ) Cartellieri 3, S. 65. — ' ) Ernst 2, S. 180. M. v. Kn. 5, S. 115, 131. Pirenne 1, S. 100. — *) Schräder Nr. 21 u. 22. — 5 ) Cartellieri 2, S. 179. — •) M. v. Kn. 4, S. 408, 525; 5, S. 8, 126, 153, 170, 179. Pirenne 1, S. 99, 116, 200. — 7 ) Actes . . . Flandre S. XVII.

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die Umgebung und erbaute südwestlich von Cambrai in Marcoing eine Burg, um den Bürgern die Zufuhr von Lebensmitteln abzuschneiden. Es versteht sich von selbst, d a ß er in seinem starken Ehrgeiz die Stadt am liebsten seiner Botmäßigkeit unterworfen hätte. Von Paschalis II. war er am 21. Januar 1102 wegen seiner Kriegführung belobt und dringend aufgefordert worden, dem gottlosen Kaiser so viel Abbruch wie möglich zu tun 1 ). Gegen ihn arbeitete eine von den Bürgern beschworene Kommune zugunsten Walchers, der sie natürlich bestätigen mußte 2 ). Ihr war eine andere vorhergegangen, die für die erste ihrer Art in der Stadtgeschichte jener Zeiten gilt. Damit trat eine bis dahin nicht vorhandene Organisation auf, die allmählich auch machtpolitische Bedeutung gewinnen sollte. Im Oktober 1102 zog Heinrich IV. persönlich ins Feld, zerstörte Marcoing und andere Burgen, mußte aber der schlechten Jahreszeit wegen heimkehren, nachdem er in Cambrai gewesen w a r 3 ) . Im nächsten Frühjahr wollte er die Operationen zu Wasser und zu Lande großzügig fortführen. Ehe es aber dazu kam, gab der Kaiser auf einem Mainzer Reichstag am 6. Januar 1103 öffentlich während des Gottesdienstes im Dome die Erklärung ab, er gedenke seiner Sünden wegen nach Jerusalem zu ziehen und sich inzwischen durch seinen Sohn vertreten zu lassen 4 ). Dieser hatte zu Ostern (21. April) 1101 im Alter von 20 Jahren das Schwert empfangen und ebenso wie sein Vater die Krone getragen 5 ). Warum die Schwertumgürtung später geschah als einst bei Heinrich IV.6), wissen wir nicht. Mißtrauen wird man nicht als Grund annehmen wollen, denn gerade die eben erwähnte Stellvertretung gewährte doch dem Sohn weiten Spielraum. Der Kaiser war jetzt sehr friedfertig gestimmt, machte in einem Briefe 7 ) an Abt Hugo von Cluni gar kein Hehl aus seinen Verfehlungen gegen die Kirche und hoffte immer noch auf eine Aussöhnung mit Paschalis, die für ihn die Vorbedingung der Kreuzfahrt sein sollte. Auf derselben Tagung gelobten die Anwesenden feierlich einen Reichsfrieden auf vier Jahre und strenge Strafen für alle Übeltäter. Dazu gehörte auch, d a ß der Kaiser sich mit den Sachsen vertrug und in ähnlicher Weise, wie es sein Vater Heinrich III. gern getan hatte 8 ), den in Ungnade Gefallenen verzieh. Jetzt sollte Robert II. von Flandern für einen neuen Angriff auf Cambrai gezüchtigt werden 9 ). Der Graf bekam aber Angst und zog es nach dem Rat seiner Großen vor, sich am 29. Juni 1103 in Lüttich vor zahlreichen Reichsfürsten zu unterwerfen, für den vom deutschen Reich zu Lehen gehenden Besitz den Eid zu leisten und sowohl dem M. v. Kn. 5, S. 170. Pirenne 1, S. 99, 116. — 2 ) Reinecke S. 106, 113. M. v. Kn. 5, S. 129. Pirenne 1, S. 198. — ») M. v. Kn. 5, S. 154. Fliehe, Philippe S. 186. — «) Const. 1, Nr. 14. Regg. Juden Nr. 210. M. v. Kn. 5, S. 173. Hauck, KG. 3, S. 882. Chron. 11, Nr. 685. Becker, Königtum S. 31. Hampe, Kaisergesch. S. 78. — 5 ) M. v. Kn. 5, S. 114. Pietzner S. 77. Klewitz, Festkrönungen S. 55. — 6 ) Cartellieri 3, S. 64. — ') Briefe Heinrichs IV. Nr. 31. Pivec, Studien S. 428. — 8 ) Cartellieri 3, S. 23, Anm. 116. — •) Reinecke S. 115. Vanderkindere 1, S. 142. M. v. Kn. 5, S. 179. Fliehe, Philippe S. 187. Delcambre S. 263.

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Bischof Walcher als den Bürgern von Cambrai seinen Schutz zu versprechen. Es war das letztemal, d a ß der vielgeprüfte Kaiser die Möglichkeit hatte, das Ansehen des Reiches an der so oft und so leicht gefährdeten Stelle aufrechtzuerhalten. Er trug keine Schuld daran, d a ß in den niederrheinischen Gegenden der französische Einfluß allmählich immer mehr zur Herrschaft kam. Eine Folge der hier kurz geschilderten Kämpfe mit Robert von Flandern war, daß Douai zu Flandern kam, während Bouchain (n. Cambrai) als einziger Rest des alten Osterbant bei Hennegau blieb. Der Zustand der Überlieferung gestattet es nicht, die auf den ersten Blick weniger wichtigen Verschiebungen an der damals noch sehr fließenden Westgrenze völlig zu klären. Dabei sollten sie sehr viel später, besonders zur Zeit Ludwigs XIV., für die europäische Politik erhebliche Bedeutung gewinnen. In seinem erwähnten Brief vom 21. Januar 1102 hatte Paschalis den Grafen Robert von Flandern nicht nur gegen Cambrai, sondern auch gegen die exkommunizierten Lütticher scharfgemacht. Dagegen wandte sich 1103 der ebenso durch aufrichtige Frömmigkeit wie durch hohe Bildung und unerschrockene Wahrheitsliebe ausgezeichnete Mönch Sigebert von Gembloux im Namen der bedrohten Kirche und erhob unter Hinweis auf Bibelworte scharfe Vorwürfe gegen den Papst, der kein Recht habe, Blut vergießen zu lassen 1 ). *) Leodicensium Epistola adversus Paschalem papam, Lib. de lite 2 (1892), S. 449—464. ed. E. Sackur. Dazu Frenken S. 183. Mirbt S. 73. M. v. Kn. 5, S. 190, 459 f. Hauck, KG. 3, S. 884. Cartellieri 3, S. 126.

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DRITTES KAPITEL.

DER AUSGANG HEINRICHS IV. UND DER REGIERUNGSANTRITT HEINRICHS V. (1103-1106.) Der Zustand der Quellen erlaubt es uns nicht, das Kräfteverhältnis der beiden Parteien, der kaiserlichen und der päpstlichen, nach ihren militärischen, finanziellen und ideellen Mitteln genau abzuschätzen. Aber keineswegs liegt ein Anlaß vor, die L a g e Heinrichs IV. schon in dieser Zeit für hoffnungslos zu halten. Im Gegenteil, gerade der glückliche Feldzug gegen Flandern hatte gezeigt, daß doch eine ganze Reihe Fürsten für ihn Opfer zu bringen bereit war. Nicht feindliche Tücke, sondern verhängnisvoller Streit mit seinem eigenen Sohn brachte ihm Verderben. Man muß davon ausgehen, daß unter dem Eindruck des langjährigen Investiturstreits die Grundlagen des Sittengesetzes ins Wanken geraten waren und dem Freunde alles erlaubt, dem Feinde alles verboten schien. Eine steigende Unruhe erfüllte die oberen Stände in Deutschland eben auch der kirchlichen Gegensätze wegen, mit denen sich persönliche und territoriale verbanden 1 ). Heinrich konnte beim besten Willen nicht allen genug tun, und gerade seine geschilderten Bemühungen um den Reichsfrieden mußten bei den sicher ziemlich zahlreichen gewohnheitsmäßigen Friedebrechern starke Unzufriedenheit erzeugen. Der Herzog wollte dem Kaiser nicht gehorchen, der Graf nicht dem Herzog, und so ging es weiter. Eine Welle von Unbotmäßigkeit und Ungehorsam gegen die Höhergestellten flutete durch das Reich. Wer sich dem Kaiser anschloß, wußte, daß er sein eigenes Seelenheil gefährdete und mit dem Segen der Kirche befehdet werden konnte. Wer den Kaiser bekämpfte, konnte auf reiche geistliche Gnaden rechnen. Ob in den ersten Jahren des 12. Jahrhunderts sehr viel mehr Mordtaten geschahen als sonst, läßt sich bei dem Mangel an zuverlässigen Zusammenstellungen nicht ausmachen. Nur darf man nicht übersehen, daß alle an dauernde Waffenführung gewohnten Männer das Menschenleben nicht hoch achteten und in wildaufflammender Leidenschaft nur allzu leicht Blut vergossen. Heinrich IV. weilte seit Dezember 1103 in Regensburg, umgeben von geistlichen und weltlichen Fürsten. Unter den letzteren befand sich *) H. Hirsch, Klosterimmunität S. 47, Anm. 3.

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der Graf Sieghard von Burghausen an der Salzach (ö. München), der Sproß eines vornehmen Geschlechtes. Bei den Bayern herrschte eine starke Mißstimmung über die angebliche Bevorzugung der Sachsen und Franken, ohne d a ß wir wüßten, wie sie sich auswirkte. Sieghard gab ihr besonders laut Ausdruck und reizte dadurch den Kaiser noch mehr, der schon daran Anstoß nahm, d a ß jener mit einem auffallend großen Gefolge gekommen war. Sieghard entließ es dann. In einer Streitsache fällte er ein für seine Ministerialen ungünstiges, altem Brauch widersprechendes Urteil. Sie verbanden sich mit anderen Standesgenossen und Bürgern aus der Stadt, um Rache zu nehmen, sicher in der Meinung, d a ß der über Sieghards Anmaßung empörte Kaiser sie nicht bestrafen würde. Am 5. Februar 1104 schloß eine wütende Schar den Grafen stundenlang in seiner Herberge ein, ohne sich von König Heinrich V. beschwichtigen zu lassen, erbrach die Türen und enthauptete ihn, nachdem man ihm noch Zeit zu Beichte und Abendmahl gegeben hatte 1 ). Ob er oder seine Ministerialen sachlich recht hatten, ist nicht zu entscheiden. Wohl aber käme in Betracht, daß er seinen Spruch in eine besonders verletzende Form gekleidet haben mochte. Die grausige Tat erregte um so mehr Abscheu, als sie ohne Zweifel mit Überlegung ausgeführt wurde. Verwandte Sieghards und andere Fürsten meinten, daß der Kaiser bei gutem Willen den Grafen hätte retten können, und machten ihm nachher zum Vorwurf, daß er die Schuldigen nicht zur Verantwortung zog. Er mußte froh sein, d a ß er Gelegenheit fand, sich von Regensburg zu entfernen, wo ihm Nachstellungen drohten. Das Ereignis sollte für ihn verhängnisvolle Nachwirkungen haben. Wir denken an ein ähnliches, an die Ermordung des Bischofs Albert von Lüttich aus dem Hause Brabant durch deutsche Ritter, von denen man irrtümlich glaubte, daß sie im Auftrag Kaiser Heinrichs VI. handelten, und die tatsächlich fast straffrei blieben (1192)*). Einige Monate vergingen, ohne daß wir von dem Ausbruch einer feindseligen Stimmung gegen den Kaiser etwas zu hören bekämen. Vermutlich war sie schon vorhanden, aber es fehlte ihr noch ein Führer. Da kam es zu einer neuen Gewalttat. Im Jahr 1102 war in Magdeburg ein papstfreundlicher Erzbischof Heinrich gewählt worden. Anhänger des Kaisers, wie der Burggraf Hermann, der Dompropst Hartwig, der selbst als Erzbischof an Heinrichs Stelle treten sollte, und ein Domherr Esiko wurden auf der Reise an den kaiserlichen Hof von dem Grafen Dietrich III. von Katlenburg (nö. Göttingen) ausgeplündert und als schlimme Simonisten gefangengesetzt 8 ). Voller Zorn brach der Kaiser mit Heeresmacht vom Rhein nach Sachsen auf, um für den Überfall Vergeltung zu üben. Da geschah das Unerwartete. Am 12. Dezember 1104 verließ ihn in Fritzlar sein Sohn, der ihn bis dahin begleitet hatte, heimlich und floh zu seinen Freunden ') M. v. Kn. 5, S. 181, 195. Riezler 1, 2, S. 185, 570. Kimpen S. 76, Tafel III. — 2 ) Cartellieri, Philipp August 3, S. 50. C. Trautmann, Heinrich VI. und der Liitticher Bischofsmord (1192), Jenaer Diss. 1912, S. 43 u. 69. — ») M. v. Kn. 5, S. 201.

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nach Bayern; es blieb dem Vater nichts anders übrig, als den Zug aufzugeben 1 ). Die Gründe, die den jungen König zum Abfall veranlaßten, werden von den Quellen und deshalb auch von den neueren Forschern verschieden gedeutet 2 ). Heinrich V. war als Sohn eines mehrfach gebannten, von der Kirche mit leidenschaftlichem Haß verfolgten Vaters aufgewachsen; seine Mutter war gestorben, als er sechs Jahre alt war; seine Stiefmutter Eupraxia hatte unter Billigung der Kirche die schändlichsten Verleumdungen über seinen Vater verbreitet 3 ), sein Bruder Konrad den Vater auch im Bunde mit der Kirche im Stich gelassen und sich der päpstlichen Partei angeschlossen. Der Vater selbst traute ihm infolge so übler Erfahrungen nicht und suchte sich durch jenen Eid von 1098 zu sichern. Heinrich V. bewegte sich in der Gesellschaft von Altersgenossen, mit denen er ein ähnlich ungebundenes Leben führte wie seinerzeit in jungen Jahren Heinrich IV. selbst. Auf häufigen Jagden und Gelagen schmeichelten sie sich bei ihm ein, übten an allem ihren zersetzenden Witz und wagten allmählich Andeutungen darüber, daß sein Vater ihn eigentlich wie einen Knecht behandle. Er dürfe nicht warten, bis daß der Kaiser etwa plötzlich stürbe und dann ein andrer ihm zuvorkäme; er solle sich lieber gleich der Regierung bemächtigen, da ja der einem Gebannten geleistete Eid doch nicht gültig sei. Heinrich V. wollte ein starkes Königtum, d. h. die Investitur, und glaubte, es dem Papst gewissermaßen abtrotzen zu können, wenn er seinen Vater opferte 4 ). Die Ermordung Sieghards ließ ihn befürchten, daß sich eine große Umwälzung der ständischen Gliederungen vorbereitete, daß der Kaiser nötigenfalls mit Hilfe der Ministerialen einen Staatsstreich wagte, um gegen die Fürsten eine absolute Gewalt aufzurichten und, wie sich das von selbst verstehen würde, die Investitur zugunsten der Reichsfinanzen und der Reichskriegsverfassung zu handhaben. Der Kaiser hatte, wenn es ihm gelang, in Magdeburg einen ihm genehmen Erzbischof einzusetzen und der im Augenblick friedlichgestimmten Sachsen Herr zu bleiben, freie Hand. Wenn ihm aber der Staatsstreich schließlich doch mißglückte? Würde dann nicht der Sohn in den Sturz des Vaters hineingerissen werden? Verlor er dann nicht die Aussicht auf die Nachfolge? Ganz so plötzlich, wie es zunächst den Anschein hat, war der Abfall des jungen Königs nicht. Schon seit einiger Zeit hatte sich eine Verschwörung gebildet, die von der immer mehr Boden gewinnenden Hirsauer Kongregation unterstützt wurde 5 ). Dabei spielte die Schwester Bischof Gebhards III. von Konstanz, Liutgard von Zähringen, Witwe des Markgrafen Dietpold I. auf dem bayrischen Nordgau (f 1078), Tochter Herzog Bertolds I. von Zähringen, keine geringe Rolle. Die in der Sache tätigen Männer waren des eben genannten Dietpold Sohn, Dietpold II. von Vohburg (ö. Ingolstadt), Markgraf auf dem Nordgau, ein Verwandter des ermordeten Sieghard, Graf Otto von Kastel (sö. Am») M. v. Kn. 5, S. 203. — 2 ) v. Bazan, Heinrich V. S. 116. Rassow, Kampf S. 451. Pivec, Studien 45, S. 447. Hampe, Kaisergesch. S. 79. Degener S. 124. — 3 ) Cartellieri 3, S. 202, 246. — *) M. v. Kn. 5, S. 205. Hauck, KG. 3, S. 885. Rassow, Kampf S. 454. — 6 ) Hauck, KG. 3, S. 874.

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berg) -Habsberg (unweit Kastel) und Graf Berengar I. von Sulzbach (nö. Amberg), der mit Heinrich V. verwandt war. Da Dietpold II. und Berengar zahlreiche Ministerialen hatten, kannten sie die Gefahr, die ihnen drohte, wenn dieser unruhige, heftig aufstrebende Stand das Ohr des Kaisers gewann. Man kann bezweifeln, ob Heinrich IV. den Emst der Lage und den festen Willen seines Sohnes, ihn beiseitezuschieben, sogleich erkannte. Er hatte in seinem Leben so oft durch Zuwarten einen Ausweg aus einer verfahrenen Lage gefunden, d a ß er auch diesmal darauf hoffen mochte. Zu Anfang des neuen Jahres (1105) beschwor er den Sohn durch Gesandte, zu ihm zurückzukehren 1 ). Es war vergeblich. Er wandte sich im Frühjahr oder Sommer auch an Paschalis und dachte wohl, wie einst in Canossa durch eine demütige Buße, bei der der geplante Kreuzzug eine Rolle spielen konnte, politische Vorteile zu erringen 2 ). Auch das war vergeblich. Paschalis löste Anfang 1105 den abtrünnigen Sohn von seinem dem Vater geleisteten Eid und gab ihm seinen Segen, wenn er der Kirche ein gerechter König sein wolle»). Gebhard III. von Konstanz, der Vertrauensmann der Kurie, wurde mit der Regelung der Einzelheiten betraut 4 ). Er hatte vor dem kaiserlichen Bischof Arnold aus Konstanz fliehen müssen, jetzt wurde er ehrenvoll wieder eingeführt, und bald verbanden sich die Sachsen und die Thüringer mit den Bayern und den Schwaben gegen den Kaiser. Zu Ostern (9. April) 1105 begann eine Versammlung zu Quedlinburg, an der neben dem König der mit Heinrich IV. verfeindete Erzbischof Ruothard von Mainz teilnahm, die kaiserlichen Bischöfe und die von ihnen ordinierten Geistlichen abzusetzen 5 ). Man ermißt leicht, welche Verschiebung der Machtverhältnisse zuungunsten Heinrichs IV. damit eingeleitet wurde. In der Woche vor Pfingsten (28. Mai) faßte eine Nordhäuser Synode die der Reformpartei entsprechenden Beschlüsse gegen Simonie und Priesterehe und betonte den Gottesfrieden 6 ), wobei ganz außer acht gelassen wurde, daß doch die Empörung Heinrichs V. den Frieden mehr störte als alles andere und daß gerade der Kaiser sich noch kurz vorher um den Frieden bemüht hatte. Heinrich V. war dabei die maßgebende Persönlichkeit, trat aber sehr bescheiden auf und tat so, als handle er nur nach dem Willen der Fürsten. Die Kunst der Verstellung übte er mit Meisterschaft, wie sie auch sein Vater in jungen Jahren unter dem Zwang Annos von Köln hatte üben müssen 7 ). Er erklärte, und das mußte starken Eindruck machen, er sei bereit, seinem Vater zu weichen, wenn dieser dem Papst gehorche. Noch war er ihm aber militärisch nicht überlegen. Mainz, wo sich sein Vater aufhielt, vermochte er Ende Juni 1105 nicht zu nehmen. Verhandlungen führten zu keinem Ergebnis. Gekämpft wurde noch um *) M. v. Kn. 5, S. 211. — ») Briefe Heinrichs IV. Nr. 34. M. v. Kn. 5, S. 212. Schmeidler, Heinrich IV. S. 421. Pivec, Studien 45, S. 473 zu 1106. Erdmann, Untersuchungen S. 212, 222 mit dem Datum. — ») M. v. Kn. 5, S. 215; 6, S. 22, Anm. 33. Fliehe, Europe S. 452. — «) M. v. Kn. 5, S. 216, 218. E. Hofmann, Konst. Bisch. S. 232. — «) M. v. Kn. 5, S. 221. — •) M. v. Kn. 5, S. 224. Hauck, KG. 3, S. 887. — 7 ) Cartellieri 3, S. 60, 65.

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Würzburg, Nürnberg und Regensburg 1 ). Daß des Kaisers Schwiegersohn Herzog Friedrich I. von Schwaben vor dem 21. Juli starb, erleichterte den Abfall schwäbischer Herren von der Sache des Kaisers 1 ). Unbedingt treu blieben ihm die Mainzer. Es ist rührend, wie sie ihn zwar um Hilfe baten, ihm aber gleichzeitig versicherten, er solle den Mut nicht verlieren, sie wollten sich gegenseitig trösten!*) Im Oktober 1105 standen sich am Regen unweit von Regensburg Vater und Sohn gegenüber 4 ). Dem ersteren führten Herzog Bofiwoi II. von Böhmen und Markgraf Liutpold III. von Österreich der Heilige ansehnliche Verstärkungen zu. Der Kaiser suchte eine Entscheidung, der König fürchtete sie, und es gelang ihm, Liutpold dadurch zu gewinnen, daß er ihm die Hand seiner soeben durch den Tod Friedrichs I. von Schwaben verwitweten Schwester Agnes versprach. Liutpold und Bofiwoi, der mit Liutpolds Schwester Gerberga verheiratet war und es wohl nicht wagte, anders zu handeln als er, zogen ab, und der Kaiser mußte froh sein, d a ß der Böhme ihn wenigstens ehrenvoll durch Südböhmen und Sachsen geleitete, so daß er gegen Ende Oktober wieder nach Mainz gelangte. Die nächste Folge war, daß der König über Regensburg und Würzburg verfügte und d a ß Bischof Otto von Bamberg zu ihm überging. Am 31. Oktober glückte es Heinrich V., durch Bestechung Speyer zu nehmen und hier den Kronschatz zu erbeuten 6 ). Daraufhin fühlte sich sein Vater in, Mainz nicht mehr sicher und suchte in Köln Zuflucht. Noch umgaben ihn der dortige Erzbischof Friedrich, einige Bischöfe, Äbte und Grafen. Heinrich V. setzte in Mainz den Erzbischof Ruothard wieder ein«), zeigte aber jetzt schon, wie wenig er gewillt war, die bekannten kirchlichen Forderungen zu erfüllen, obwohl Paschalis noch am 11. November 1105 mit großer Schärfe die Laieninvestitur verdammt hatte 7 ). Der König besetzte Kirchen kaum anders, als es sein Vater getan hatte, nach seinem Willen. Er lud den Kaiser zu einer Unterredung ein, die am linken Ufer der Mosel gegenüber Koblenz stattfand 8 ). Als sicher kann angenommen werden, daß der Kaiser versprach, sich mit dem Papst zu vertragen, der König, ihn nach Mainz zu geleiten, wo er dann eine Reichsversammlung abhalten wollte. Wesentlich war, daß der Kaiser auf Wunsch des Königs sein Gefolge entließ, damit also auf bewaffneten Widerstand verzichtete. Am 22. Dezember 1105 trafen beide auf dem Wege nach Mainz in Bingen ein, und nur allzubald wurde es offenbar, daß die Versöhnung mißlang. Keiner traute dem andern, und der König überzeugte sich wohl davon, daß bei der Anwesenheit seines Vaters in Mainz dessen dortige Anhänger einen Umschwung herbeiführen würden. Er gab daher Befehl, den Kaiser wie einen Gefangenen nach der Burg Böckelheim (sw. Kreuznach) zu bringen 9 ). Hier hielt ihn Bischof Gebhard von Speyer in engster Haft, ließ ihn Hunger und Durst leiden und gönnte ihm nicht einmal zu Weihnachten geistlichen Zuspruch. — s ) M. Bretholz •) M. v. Rassow,

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Const. 1, Nr. 76 = Briefe Heinrichs IV., Nr. 35. M. v. Kn. 5, S: 230—237. v. Kn. 5, S. 238. — ') M. v. Kn. 5, S. 246. — *) M. v. Kn. 5, S. 239—245. S. 192. Köster S. 245 zum September. — s ) M. v. Kn. 5, S. 247 ff. — Kn. 5, S. 252. — ') M. v. Kn. 5, S. 254. Hauck, KG. 3, S. 890, Anm. 1. Kampf S. 459. — e ) M. v. Kn. 5, S. 257. — •) M. v. Kn. 5, S. 260, 263 f.

Ungewöhnlich viele Fürsten trafen zu dem angekündigten Reichstag des Königs am 25. Dezember 1105 in Mainz ein 1 ). Selbst wenn einige unter ihnen von rein menschlichem Mitleid für den so tief gedemütigten Kaiser erfüllt waren, ließ doch die Hoffnung auf Beilegung des verheerenden kirchenpolitischen Streits alle anderen Gefühle schweigen. Nachrichten aus Rom wurden, wie man annehmen kann, bei dem, was geschah, berücksichtigt. Zwei Versuche der kaiserlich gesinnten Römer, einen Gegenpapst zu erheben, waren, wie gezeigt wurde, kläglich gescheitert. Trotzdem wurde noch ein dritter unternommen, und zwar dank der Unterstützung des Reichsministerialen Werner, den Heinrich IV. 1093 oder 1094 zum Herzog von Spoleto und Markgrafen der späteren Mark Ancona ernannt hatte. Das war eine Neuerung, die auffiel. Denn solche Stellungen waren bisher den Mitgliedern freier Geschlechter vorbehalten worden, und wir sehen hier eine Begünstigung des Ministerialenstandes auch in Italien. Werner führte deutsche Truppen nach Rom. Die kaiserliche Partei versammelte sich am 18. November 1105 im alten Pantheon, der Kirche S. Maria Rotonda, setzte Paschalis als simonistischen Ketzer ab, wählte den Erzpriester Maginulf von S. Angelo und ließ ihn im Lateran konsekrieren. Er nannte sich Silvester IV. 2 ). Die jetzt ausbrechenden Kämpfe verliefen günstig für ihn, aber bald ging ihm das Geld aus. Er mußte unter dem Schutze Werners Rom verlassen und wurde rasch völlig vergessen. Paschalis residierte wieder unangefochten in der Stadt und machte das Geschehene am 26. November 1105 in einem Rundschreiben jenseits der Alpen allgemein bekannt 3 ). Seine in Mainz anwesenden Legaten, der oft genannte Gebhard III. von Konstanz und der Kardinalbischof Richard von Albano 4 ), brauchten nicht mehr zu fürchten, daß etwa Vorgänge in Rom Heinrich IV. bessere Aussichten eröffneten. Sie taten alle Verfehlungen des Kaisers noch einmal öffentlich kund, um ihn des Thrones verlustig zu erklären. Heinrich IV. war dermaßen zermürbt, daß er fürchtete, man trachte ihm nach dem Leben. Darin irrte er; denn sein gewaltsamer Tod würde die öffentliche Meinung dem König entfremdet haben®). Wohl aber wäre eine dauernde Gefangenschaft denkbar gewesen. Um sich zu retten, gab er in allem nach, versprach, die Reichskleinode und seine festesten Burgen auszuliefern 6 ), und wurde in Ingelheim am 31. Dezember genötigt, sich zu Boden zu werfen und vor den Geistlichen und Laien ein angeblich freiwilliges Sündenbekenntnis abzulegen 7 ), das uns an Ludwig den Frommen erinnert 8 ). Seine Hoffnung, dann wenigstens absolviert zu werden, erfüllte sich nicht. Denn der Legat Richard erklärte, dazu habe er keine Vollmacht, und verwies ihn an den Papst. Was Heinrich in 4

) M. v. Kn. 5, S. 263. Germ. pont. 2, 1, S. 134, Nr. 42. — ») Gregorovius 4, S. 306. M. v. Kn. 5, S. 275. Kehr, Wibert S. 988. — ' ) M. v. Kn. 5, S. 277. — *) Schumann, Legaten S. 81. — 5 ) Schmeidler, Absetzung S. 172. Rassow, Kampf S. 456. — •) M. v. Kn. 5, S. 265, 279. — 7 ) M. v. Kn. 5, S. 267—270. Kern S. 171, Anm. 316. Schmeidler, Absetzung S. 197, 211. Rassow, Kampf S. 460. Erdmann, Untersuchungen S. 227, Anm. 3, 343. — 8 ) Cartellieri 1, S. 254, 257.

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Canossa geglückt war 1 ), wiederholte sich nicht. Die Kurie hatte Erfahrungen gesammelt und war vorsichtiger geworden. Heinrich V. begab sich mit seinen Anhängern jetzt nach Mainz. Mit der bedingungslosen Abdankung Heinrichs IV. hatte er sein Ziel zunächst erreicht. Im Besitz der Reichskleinode war er gemäß dem Willen der Fürsten König und rechnete seine Würde von seiner Aachener Krönung vom 6. Januar 1099 an 2 ). Seine Gesandten gingen im Januar 1106 nach Rom, um Paschalis zur Reise nach Deutschland einzuladen 8 ), weil durch dessen Anwesenheit vor allem Volk in der eindrucksvollsten Weise der Kaiser verworfen und der König bestätigt worden wäre. Auch vor Canossa hatte Gregor VII. über die Alpen kommen sollen 4 ). Da gelang es Heinrich IV., man weiß nicht wie, Anfang Februar 1106 aus Ingelheim zu fliehen 5 ) und erst in Köln, dann in Aachen und schließlich in Lüttich eine Zuflucht zu finden. Hier waltete der Treueste der Treuen, Bischof Otbert«), und dieser brachte es fertig, d a ß Herzog Heinrich I. von Niederlothringen, den der Kaiser als Grafen von Limburg einst bekämpft hatte, militärische Vorkehrungen traf, um einen Angriff abzuweisen. Graf Gottfried (f 1139) von Namur half dabei mit. Graf Robert II. von Flandern, den der Kaiser im März 1106 in Antwerpen aufsuchte, störte nicht. Kurz gesagt, Niederlothringen nahm für den Kaiser Partei. Inwiefern das mit dortigen dynastischen Freundschaften und Feindschaften zusammenhing, läßt sich nicht ersehen. Auch weiß man nicht, welche Gegenleistungen der Kaiser versprach, da sein baldiger Tod die Lage vollständig veränderte. Heinrich IV. versäumte es in seiner furchtbaren körperlichen und seelischen Bedrängnis nicht, sich an alle diejenigen zu wenden, von denen er Hilfe erwarten konnte. Mit vollem Recht kann man ihn einen Meister der politischen Propaganda nennen. Niemand wird glauben wollen, daß seine Absetzung sich genau so zugetragen hatte, wie er sie schildert, aber er verstand es glänzend, die Herzen zu rühren und die Schändlichkeit seiner Feinde grell zu beleuchten. Zweimal schrieb 7 ) er in den ersten Monaten 1106 aus Köln an seinen Taufpaten 8 ), den Abt Hugo von Cluni, der durch die ihm unterstehenden, über die ganze Christenheit verstreuten Klöster die öffentliche Meinung wohl beeinflussen konnte. Nachdem er seine Leiden und die Schlechtigkeit seines Sohnes geschildert hatte, kam er zur Hauptsache: er wolle sich mit dem Papst aussöhnen und alles tun, was der Abt für den Frieden und die Einheit der Kirche für nötig hielte, allerdings unbeschadet seines Rechts (honor), d. h. er nahm also auch in dieser trüben Zeit seine Pflichten gegen das Reich aus. Im Frühjahr 1106 wandte er sich aus Lüttich unter der Adresse des Königs von Frankreich 9 ) an alle Christen, nannte ihn seinen treuesten 4 ) Cartellieri 3, S. 150. — s ) M. v. Kn. 5, S. 279. Schumann, Legaten S. 85. Becker S. 32. Mitteis, Königswahl S. 72. — ») M. v. Kn. 5, S. 280, 283. — 4 ) Cartellieri 3, S. 146, 148. — «) M. v. Kn. 5, S. 286, Anm. 13 mit der Zeit; 289, 290. — •) Moreau S. 304. — 7 ) Briefe Heinrichs IV. Nr. 37 u. 38. M. v. Kn. 5, S. 252, Anm. 62; 268, 288, 304. Rassow, Kampf S. 462. Pivec, Studien 45, S. 427, 473 ; 48, S. 390. Hellmann, Vita S. 299, 308. Erdmann, Untersuchungen S. 215, 226. — 8 ) Cartellieri 3, S. 21, 26. — ") Briefe Heinrichs IV. Nr. 39. M. v. Kn. 5, S. 252, Anm. 62, 268, 291, 292, Anm. 24. Fliehe, Philippe S. 330, 332. Lehmann S. 445. Pivec, Studien 45, S. 473; 48, S. 399. R. Holtzmann, Weltherrschaftsged. S. 260. Erdmann, Untersuchungen S. 215, Anm., mit der Zeit, 223, 252.

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Freund, dem er sein Leid klagen wolle, betonte ihre Blutsverwandtschaft, die tatsächlich durch ihre Abstammung vom deutschen König Heinrich I. begründet war, und den Ruhm Frankreichs; sagte, er würde sich ihm zu F ü ß e n werfen, wenn die M a j e s t ä t des Kaiserreichs es gestattete. E r hoffe auf eine Aussprache. Philipp möge ihn beraten. E s sei die Pflicht aller Könige, das ihm, dem Kaiser, zugefügte Unrecht zu rächen und solch abscheulichen Verrat vom Erdboden zu vertilgen. W i r wissen nichts von näheren Beziehungen Philipps zu Heinrich I V . Dadurch, d a ß Urban II. 1096 und 1098 jenen von allen kirchlichen Strafen befreit hatte, fühlte sich Philipp wieder im vollen Besitz seiner Regierungsgewalt und betonte das auch, indem er sich zu Pfingsten ( 1 6 . M a i ) 1098, zu Weihnachten 1 1 0 0 und später noch einmal 1104 zusammen mit seinem Sohn Ludwig V I . krönen l i e ß 1 ) . An der Sachlage änderte sich nichts. Schon nach kurzer Zeit sah sich Urban genötigt, von neuem den Bann zu verhängen, vermutlich weil Philipp von Bertrada doch nicht lassen wollte. Es mußte etwas geschehen. Paschalis schickte zwei Legaten nach Frankreich, die Kardinalpriester Johann von S . Anastasia und Benedikt von S. Pudentiana. Auf den Rat Ivos von Chartres hielten sie am 18. November 1 1 0 0 in Poitiers eine von zahlreichen französischen Bischöfen besuchte Synode a b 2 ) , und hier exkommunizierte, wie es scheint, eine Minderheit den König, obwohl Herzog Wilhelm I X . von Aquitanien, V I I . als Graf von Poitou, als Landesfürst sich äußerst heftig dagegen wandte. Philipp verstand es, Mitleid bei einzelnen seiner Bischöfe zu erregen, und so wurde er am 2 . Dezember 1104 nach demütiger B u ß e durch eine Pariser Synode g e m ä ß päpstlichem Befehl absolviert 3 ). E r hatte versprochen, sich von Bertrada zu trennen, tat es dann aber doch nicht, sondern lebte weiter mit ihr zusammen. Paschalis ließ die Dinge trotzdem gehen. Philipp wird sich nicht verhehlt haben, d a ß er nur dann auf Nachsicht des Papstes rechnen konnte, wenn er nicht etwa den Kaiser unterstützte. E r rührte sich daher nicht. D a s Schreiben Heinrichs I V . gewährt aber, wie man mit Recht hervorgehoben hat, als früher Beweis eines monarchischen Gemeinschaftsbewußtseins gegen kirchliche Machtansprüche einen Ausblick auf Kaiser Friedrichs II. Kampf gegen die Kurie. Die Lage Heinrichs V. gestaltete sich damals minder günstig, als er wohl angenommen hatte. Die ihm sicher unerwartete Unterstützung, die sein Vater in den lothringischen Gegenden fand, veranlaßte auch ihn, Richtung auf Lüttich zu nehmen. D a wurden seine Truppen am Gründonnerstag ( 2 2 . März 1 1 0 6 ) an der Maasbrücke von Visé unterhalb der Stadt von Herzog Heinrich I. von Niederlothringen und G r a f Gottfried von Namur, denen sich auch Bürger angeschlossen hatten, vollständig b e s i e g t 4 ) . Besonders zeichnete sich auf Seiten der Kaiserlichen des Herzogs Sohn W a l r a m II., genannt der Heide, aus. Der Herzog selbst aber *) Fliehe, Philippe S. 94. Schramm, Frankreich 1, S. 123. — ») Chron. 8, Nr. 517. Richard, Poitou 1, S. 428. Fliehe, Philippe S. 552. Schwarz 43, S. 125. Schieffer, Legaten S. 167. Klewitz, Kardinalkollegium S. 213, Nr. 9; 216, Nr. 29. Haller, Papsttum 2, 2, S. 532. — ») Ramackers Nr. 7, 9 mit 9. Dez. Fliehe, Philippe S. 73. Schwarz S. 126. Schieffer, Legaten S. 174 zum 2. Dez. — «) M. v. Kn. 5, S. 298. Erben S. 118. Schmitthenner S. 70. Actes . . . Namur S. ClI, Stammtafel S. CXX1V. 77

wurde zu Pfingsten (13. Mai) auf einer Wormser Versammlung der Königlichen gemäß einem Spruch der Fürsten als Hochverräter abgesetzt und Niederlothringen mit der Markgrafschaft Antwerpen dem Grafen Gottfried I. dem Bärtigen von Löwen übertragen 1 ). Heinrich V. empfand die Niederlage als eine ihm zugefügte Schmach, sammelte neue Streitkräfte im ganzen Reich und belagerte im Juli Köln. Aber Herzog Heinrich hatte nicht nur die Befestigungen verstärkt, sondern auch Söldner geschickt, die sich zusammen mit den Bürgern recht tapfer verteidigten, so daß die unter der Sommerhitze leidenden Angreifer nicht vorwärtskamen 2 ). Seinem Sohn hielt der Kaiser auch im Sommer 1106 brieflich vor, daß er doch bereit sei, in dessen Gegenwart dem Papst zu gehorchen und gemäß dem Rat der Fürsten und Hugos von Cluni mit dem Papst über die Lage der Kirche und das „Recht (honor) des Reichs" zu verhandeln 3 ). Höre aber der Sohn nicht auf, ihn zu verfolgen, so lege er an den Papst und die Kirche Berufung ein. Ähnlich lautete der Schluß gleichzeitiger Briefe an die Fürsten, insbesondere an die sächsischen, für den Fall, daß es auch ihnen nicht gelänge, seinen Sohn umzustimmen 4 ). Es fällt uns auf, daß Heinrich IV. allem Anschein nach immer noch glaubte oder zu glauben vorgab, er könnte sich mit Paschalis und dem abtrünnigen Sohn so vertragen, daß das Reich keinen Schaden litt. Daß er das auf jede Weise selbst unter den schwersten persönlichen Opfern vermeiden wollte, rechnen wir ihm hoch an. Aber er unterschätzte doch die ganze Glut des Hasses, die ihm entgegenloderte. Der Papst und der König wollten ihn vernichten, das war der Zweck ihres Bundes. Nach Empfang des kaiserlichen Briefes verlangten der König und die Fürsten von Heinrich IV., er müsse gleich vor ihnen und dem Volk seine Sache führen, und warfen ihm u. a. vor, daß er Gallier (Brief an Philipp von Frankreich), Engländer, Dänen und die übrigen benachbarten Völker zum bewaffneten Einschreiten aufhetze 5 ). Die Anhänger des Kaisers in Lüttich waren empört, als diese Botschaft eintraf, und es fehlte nicht viel, so hätte sich das Volk an den Überbringern vergriffen 6 ). Der König erlitt einen weiteren militärischen Mißerfolg und mußte unverrichteter Dinge von Köln abziehen 7 ). Einen unmittelbaren Angriff auf den Kaiser wagte er nicht, sondern begnügte sich, ihm durch die Fürsten ein Ultimatum zustellen zu lassen 8 ): er solle sich innerhalb acht Tagen in Aachen zum Friedensschluß einfinden oder sich auf Krieg gefaßt machen. Um Anfang August 1106 antwortete der Kaiser allen Fürsten 9 ), daß er innerhalb so unerhört kurzer Zeit eine größere Anzahl von ihnen, die er dringend benötigte, nicht herbeirufen könne, und verlangte, sein Sohn solle sein Heer entlassen und durch eine allgemeine Reichsversammlung *) Vanderkindere 2, S. 116, 126, 146, Stammtafel in Annexe II. M. v. Kn. 5, S. 300. — 2 ) M. v. Kn. 5, S. 302. — 3 ) Const. 1, Nr. 77 zum Juli = Briefe Heinrichs IV, Nr. 40. M. v. Kn. 5, S. 252, Anm. 62; 305, 306. Pivec, Studien 45, S. 474. Erdmänn, Untersuchungen S. 213 zum Sommer, 228. — *) Const. 1, Nr. 78 zum Juli = Briefe Heinrichs IV. Nr. 41. M. v. Kn. 5, 252, Anm. 62, S. 306. Schmeidler, Heinrich IV. S. 421. Pivec, Studien 45, S. 475. Erdmann, Untersuchungen S. 213 zum Sommer. — ») M. v. Kn. 5, S. 308. — •) M. v. Kn. 5, S. 309. — 7 ) M. v. Kn. 5, S. 310. — 8 ) M. v. Kn. 5, S. 311. — •) Const. 1, Nr. 79 = Briefe Heinrichs IV. Nr. 42. M. v. Kn. 5, 252, Anm. 62, S. 311. Erdmann, Untersuchungen S. 228.

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den Frieden wiederherstellen. Zum drittenmal rufe er Papst Paschalis und die Kirche an. Nütze das alles nichts, so ergebe er sich Gott Vater, Sohn und Heiligem Geist, der Jungfrau Maria und dem heiligen Lambert (Schutzpatron Lüttichs), damit sie ihn gegen einen so schimpflichen Angriff schützen möchten. Ob es jemals möglich sein wird, die Persönlichkeit der Beamten festzustellen, die für ihn eindrucksvolle Briefe stilisierten, muß vorläufig unentschieden bleiben. Für die weltpolitischen Zusammenhänge bleibt die Hauptsache, daß sie in des Kaisers Namen ausgingen und seinen Willen in mehr oder minder gut geformten Wendungen kundtaten. Auch die Zeit der Abfassung läßt sich nicht genau ermitteln, ebensowenig natürlich die Zeit ihrer Übergabe an die Empfänger. Schon aber senkten sich die Schatten des Todes auf den um sein angestammtes Recht unermüdlich, wenn auch erfolglos kämpfenden Herrscher. Nach einer Krankheit von nur acht Tagen, die wir nicht kennen, die aber durch seine seelischen Qualen zum mindesten verschlimmert wurde 1 ), verschied er sanft, fast 56 Jahre alt, am 7. August 1106 nach Beichte und Abendmahl 2 ). Über sein Äußeres bekommen wir weder aus den erhaltenen bildlichen Darstellungen noch aus dem Grabbefund in Speyer verläßliche Angaben 3 ). Geschichtswerke schildern ihn als einen hochgewachsenen, schönen Mann, dessen scharfes Auge sofort erkannte, ob er einen Freund oder einen Feind vor sich hatte. Das politische Urteil über ihn ist sowohl vom Standpunkt der deutschen als der allgemeinen Geschichte deshalb besonders schwerwiegend, weil unter ihm das deutsche Reich die für das Abendland maßgebende Stellung verloren hat, die Stellung, die es unter seinem Vater besaß und die sich in der Einsetzung der deutschen Päpste deutlich offenbarte 4 ). Es erhebt sich daher sofort die Frage nach seiner Schuld oder zum mindesten nach den in seinem Charakter und in seiner Regierungstätigkeit liegenden Ursachen des Niedergangs. Fest steht, daß er von sehr zahlreichen, harten Schicksalsschlägen getroffen wurde. Mit sechs Jahren verlor er den Vater, wurde von seiner streng kirchlichen, aber ganz unpolitischen Mutter sicher nicht richtig erzogen, mußte eine unwillkommene politische Ehe schließen, stieß in dem Augenblick, wo ihm der größte aller Päpste, Gregor VII., entgegentrat, auf den partikularistischen Widerstand der Sachsen, verlor an einem entscheidenden Wendepunkt seinen treuen Helfer Herzog Gottfried III. den Buckligen von Niederlothringen durch dessen gewaltsamen Tod, sah sich nach der endlich erreichten Kaiserkrönung in Rom durch das Eingreifen Robert Guiskards um alle Früchte seiner Italienfahrt betrogen, *) Hermann von Tournai, SS. 14, S. 315. — 2 ) M. v. Kn. 5, S. 313. — •) Richter 2, 1, S. 526. Schramm, Deutsche Kaiser 1, S. 135. Grauert S. 552, 579. — *) Ranke 7, S. 341. Gregorovius, Rom 4, S. 283. Giesebrecht 3, S. 767. Nitzsch, Gesch. 2, S. 147. Richter, Annalen 3, 2, S. 521. M. v. Kn. 5, S. 316, 335. Hauck, KG. 3, S. 885. Haller, Kaisertum S. 89, 109. Brooke, Cambr. M. H. 5, S. 126, 151. Schmeidler, Heinrich IV. S. 370. Thompson, Feud. Germ. S. 190. Zatschek gegen Schmeidler usw., s. Erdmann. Schultze S. 298. Schirmer, Heinrich IV. Pivec, Studien 45, S. 466. Hampe, Kaisergesch. S. 83. Caggese, Medioevo S. 587. v. Bazan, Ahnentafeln 1, S. 31.

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wurde erst von seinem Sohne Konrad, dann von seiner zweiten Gemahlin Eupraxia schnöde verlassen und von ihr öffentlich verleumdet, starb schließlich im Kampf gegen seinen zweiten Sohn Heinrich V. Manche dieser Ereignisse waren von seinem Willen unabhängig, beeinflußten ihn aber auf das stärkste, andere ergaben sich aus verfehlten Maßnahmen. Auf der Höhe schien er zu stehen, als er im Januar 1076 in Worms Gregor VII. absetzen ließ 1 ). Nicht Canossa, sondern Forchheim bezeichnet den tiefsten Stand seiner tatsächlichen Macht. Wirklich glänzende Erfolge hat er niemals erzielen können, seine größte Leistung erschöpfte sich darin, daß er mit wunderbarer Schmiegsamkeit und zäher Tatkraft sich immer wieder aus verfahrenen Lagen herausarbeitete und unverzagt weiterkämpfte. Aber dieser Kampf, das verhehlen wir uns nicht, galt doch einer schon verlorenen Sache, dem Ottonischen System der deutschen Reichsverfassung, das den neuen Zeitströmungen, den kirchlichen Reformgedanken nicht gerecht wurde. Heinrich erlag trotz seiner hohen Begabung, aber sein rastloses, leidenschaftliches Ringen um die Majestät des weltlichen Staates blieb nicht vergeblich. Unsichtbare Fäden führen von Plänen, die er selbst nicht mehr verwirklichen konnte, dem Konzil und der monarchischen Verbundenheit über die Landesgrenzen hinaus 2 ), in sehr viel spätere Zeiten, rücken sein durch den Haß der Zeitgenossen entstelltes Bild in das helle Licht der neueren Jahrhunderte. Wir werden den Kaiser mit einem Manne vergleichen, der sein Haus vor der herannahenden Flut zu retten bemüht ist: er errichtet immer neue Dämme und sieht doch einen nach dem andern verschwinden. Trotzdem erlahmt sein Eifer nicht. Noch mit sinkendem Arm wehrt er sich gegen das siegreiche Element. Er ertrinkt, aber er wird nicht vergessen. Ein hochbegabter Schriftsteller aus seiner nächsten Umgebung, dem es gelungen ist, seinen Namen bis heute verborgen zu halten, hat dem von ihm geliebten Herrscher eine rührende Totenklage gewidmet und uns seine schönen menschlichen Eigenschaften nahegebracht 8 ). Und daneben stehen unvermittelt die wilden Anklagen seiner Feinde. Wir müssen, da wir die Widersprüche nicht auflösen können, unser Urteil in den einen Satz fassen: Heinrich IV. war in sich selbst zerrissen, sein Charakter widerspruchsvoll. Wieweit Vererbung dabei in Betracht zu ziehen wäre, wird kaum mit Sicherheit festzustellen und nur zu vermuten sein, da uns die dürftigen Quellen keinen genügenden Aufschluß über das körperliche und geistige Wesen der entfernteren Vorfahren gewähren. Auf dem Totenbett hatte Heinrich IV. den Bischof Burchard von Münster 4 ), der bei ihm gefangengehalten wurde, und seinen treubewährten Kämmerer Erkenbald beauftragt, seinen Ring und sein Schwert Heinrich V. zu überbringen und ihm zu sagen, er möchte allen denjenigen Verzeihung gewähren, die bei ihm, dem Kaiser, ausgeharrt hätten, und dafür sorgen, d a ß er in Speyer an der Seite seiner Vorfahren *) Cartellieri 3, S. 138. — a ) Cartelüeri 3, S. 179, 181. Oben Brief an Philipp I. — *) Vita Heinrici IV. imp. Vgl. über den Verfasser aus neuerer Zeit z. B. Pivec, Studien 45, S. 433; 48, S. 390; Hellmann, Vita; Erdmann, Untersuchungen S. 242. — *) Löffler S. 27, 34.

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beerdigt werde. Den ersten Wunsch erfüllte der König in seiner harten Gesinnung nicht, den zweiten zu erfüllen war er zunächst nicht in der Lage. Wie im Leben, so hatte Heinrich IV. auch nach dem Tode unter dem H a ß seiner Feinde zu leiden 1 ). Seine Leiche wurde erst im Lütticher Dom beigesetzt, mußte aber, weil ja der Bann auf ihm ruhte, in eine ungeweihte Kapelle außerhalb der Stadt verbracht werden, kam durch eine Volksbewegung in den Dom zurück, dann auf Befehl des Königs nach Speyer, durfte aber auch hier nicht im Dom bleiben. In einen steinernen Sarg gebettet, unbeerdigt, fand sie in der angebauten St. Afrakapelle eine vorläufige Ruhestatt. Die Lütticher wie die Speyerer ließen es sich nicht nehmen, ihrer warmen Verehrung für den Verstorbenen deutlich Ausdruck zu geben. Das unerwartete Hinscheiden des Kaisers hatte seinen Sohn von großer Sorge befreit, da ja ein vollständiger Wandel des Kriegsglücks zu dessen Ungunsten nicht unmöglich gewesen wäre. In der Umgebung des Königs brach darum, als die willkommene Nachricht eintraf, die lebhafteste Freude aus, und alles beeilte sich, ihn zu beglückwünschen. Er dachte jetzt nicht an Versöhnung, sondern an Rache. Namentlich sollte Köln für die Unterstützung büßen, die es seinem Vater gewährt hatte. Nur mit Mühe konnte es sich durch eine Geldzahlung von strengeren Strafen loskaufen 2 ). Der schon abgesetzte Herzog Heinrich I. von Niederlothringen aus dem Haus Limburg mußte in Aachen seinem Nachfolger Gottfried I. von Löwen weichen. Das für das Reich nach den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte vor allem wichtige Herzogtum Sachsen erhielt nach dem Tode des Herzogs Magnus (23. August 1106)3) Graf Lothar, der sich nach der Burg Supplinburg beim heutigen Dorf Süpplingenburg (ö. Braunschweig) nannte 4 ). Sein Vater Gerhard hatte 1075 in der Schlacht bei Homburg im Kampf gegen Heinrich IV. den Tod gefunden, Lothar selbst einmal den kaisertreuen Erzbischof Liemar von Hamburg-Bremen gefangengenommen®). Lothar wurde wohl kurz vor Juni 1075 geboren 6 ). Seine Mutter Hedwig war die Tochter des bayrischen Grafen Friedrich von Formbach, heute Vormbach am Inn (s. Passau) 7 ). Er heiratete 1100 die etwa fünfjährige Richenza 8 ), deren Eltern Heinrich der Fette von Northeim, Sohn Herzog Ottos von Bayern, und Gertrud») von Braunschweig, Schwester Ekberts II. von Meißen, waren. Durch diese Ehe gewann er bedeutenden Braunschweigischen und Northeimischen Besitz, so d a ß er der mächtigste Fürst in Sachsen wurde. Unter Richenzas Vorfahren finden wir König Heinrich I. Man erkennt die Absicht des neuen Königs, durchaus im Einverständnis mit dem sächsischen Stamm zu regieren, dessen Widerstand gegen seinen Vater ihm so große Vorteile gebracht hatte. Die Zukunft mußte lehren, ob das möglich sein würde, da Lothar durch seine Geburt und seine Familienbeziehungen einem Kaisertum, wie es Heinrich IV. im M. v. Kn. 6, S. 7. — s ) M. v. Kn. 6, S. 12. — ' ) M. v. Kn. 6, S. 14. — «) M. v. Kn. 6, S. 16. Grosse S. 91 f. — e ) Regg. Bremen 1, Nr. 383. — •) Curschmann, Lothar u. Ahnentafeln III, S. 64, dazu Hofmeister, HZs. 123 (1921), S. 527 u. Puer S. 309, 314. — 7 ) Riezler 1, 2, S. 577. Curschmann, Ahnentafeln S. 66. Kimpen S. 29, 31, Tafel I u. II. — 8 ) Stammtafeln bei Posse, Markgrafen S. 210 u. Bernhardi 1, S. 13, 814. Kirchner S. 51. Bollnow, Tafel 3. — •) M. v. Kn. 7, S. 48. C a r t e l l i e r i , Der Vorrang des Papsttums.

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Gegensatz gegen das Papsttum gewollt hatte, von vornherein feindlich gesinnt sein mußte. Die Hauptsache war, ob es Heinrich V. gelingen würde, sich auf die Dauer mit Paschalis II. zu vertragen. Dieser hatte ursprünglich der Einladung der deutschen Fürsten nach Deutschland folgen wollen, war dann aber anderen Sinnes geworden, als Heinrich V. die Investitur eigenmächtig handhabte 1 ). Er hielt daher vorsichtigerweise die angekündigte Synode am 22. Oktober 1106 lieber in Guastalla (sw. Mantua) ab 2 ). Hier befand er sich auf dem Gebiet der Gräfin Mathilde, die auch persönlich anwesend war und sich mit den Beschlüssen einverstanden erklärte. Wieder trat die führende Stellung der merkwürdigen Frau deutlich in Erscheinung. Der Papst erklärte sich einerseits bereit, während des Schismas ordinierte Geistliche mit gewissen Ausnahmen in ihrem Amt zu bestätigen, schärfte aber andererseits das unbedingte Verbot der Laieninvestitur unter Androhung strenger Strafen ein. Mehrere Bischöfe, darunter Otbert von Lüttich, wurden gleich gebannt, zwei abgesetzt. Seine Reise nach Deutschland gab er jetzt schmerzbewegt endgültig auf, weil er das Ungestüm Heinrichs V. fürchtete und überhaupt die Deutschen für ein ganz böses Volk hielt. Noch mehr als der Ungehorsam des neuen Königs betreffs der Investitur betrübte ihn vermutlich, daß man in Deutschland daran gar keinen Anstoß nahm und die Absetzung Heinrichs IV. sich nicht als ein Wandel in den Grundsätzen, sondern nur in der Person herausstellte. Da sich überdies innerhalb der römischen Bürgerschaft immer noch Wibertisten rührten, faßte er den Entschluß, in das im Kreuzzug bewährte Frankreich zu reisen 3 ) und damit das Beispiel nachzuahmen, das 1095/96 sein Vorgänger Urban mit so großem Erfolg gegeben hatte. Es war eine Veränderung von weltgeschichtlicher Tragweite, die sich hier vorbereitete. Guastalla bedeutete noch keine Kriegserklärung an Heinrich V., aber eine unverhüllte Drohung, deren Nichtbeachtung zum Krieg führen mußte. Frankreich sollte der Bundesgenosse des Papsttums gegen das widerspenstige deutsche Reich werden. Wir vergegenwärtigen uns die französischen Verhältnisse, die dauernd von den normannischen und den englischen beeinflußt wurden. l ) M. v. Kn. 6, S. 19, 21, 35. — ») Const. 1, Nr. 395. M. v. Kn. 6, S. 25. Hauck, KG. 3, S. 891. Tangl S. 185. Fliehe, Europe S. 456. — ') M. v. Kn. 6, S. 33, 35, 37.

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VIERTES KAPITEL.

FRANKREICH, DIE NORMANDIE UND ENGLAND (1098—1107.) König Philipp von Frankreich hatte durch seine vielfache S i m o n i e 1 ) , seine offenbare Mißregierung und nicht zum wenigsten durch sein ehebrecherisches Zusammenleben mit B e r t r a d a 2 ) , der Gemahlin G r a f Fulkos IV. von Anjou, Gregor VII. und seinen beiden Nachfolgern oft genug starken Anstoß gegeben, aber in seiner weitgehenden Sorglosigkeit allen Strafurteilen getrotzt und schließlich ihre Aufhebung erreicht, weil er damit rechnete, d a ß die Kurie bei den ihr von Deutschland her drohenden Gefahren gegen ihn die äußersten Mittel doch nicht anwenden würde 3 ). Die Investitur machte keine Schwierigkeiten mehr, da der König, wie gezeigt wurde, seit 1 0 9 8 auf die Verwendung von Ring und S t a b verzichtete, aber durch den Lehnseid und das neu aufkommende Regalienrecht, d. h. die Nutzung der bischöflichen Einkünfte während der Stuhlerledigungen, die Besetzung der Kirchen nach wie vor entscheidend beeinflußte. Das Papsttum mußte sich in Frankreich mit einem Scheinsieg begnügen. Der spätere König Ludwig V I . trat jetzt deutlicher in den Vordergrund. Geboren 1081 als Sohn Philipps I. und dessen später verstoßener Gemahlin Berta von Friesland (Holland), wurde er zuerst in der Abtei Saint-Denis erzogen und am Sonntag nach Pfingsten, dem 23. Mai 1098, von Graf W i d o I. von Ponthieu mit den ritterlichen Waffen geschmückt. Mit seinem Vater, den dessen Geliebte B e r t r a d a von Montfort aufhetzte, stand er sehr schlecht. Sie soll sogar versucht haben, ihn zu vergiften. Im Jahre 1 1 0 3 fand aber eine Aussöhnung statt, und König Philipp, der seine sinnliche Leidenschaft schwer mit seinen Vaterpflichten hatte vereinigen können, bestellte seinen Sohn in diesem Jahr zum rex designatus, wie die Urkunden zeigen. Der T h r o n folger sollte die Verteidigung des Reiches gegen normannische Übergriffe und gegen räuberischen Adel leiten 4 ). Die Eigenschaften, die man von einem tadellosen Ritter verlangte, b e s a ß er in hohem M a ß e : ungestüme Tapferkeit bis zur Todesverach») Cartellieri 3, S. 99, 122, 131 f., 164. — ' ) Cartellieri 3, S. 207, 218 f., 253. — ' ) Schwarz 43, S. 120, 127, 132. — ») Luchaire, Louis VI S. XXI, XXV ff., Nr. 1 ff., 8, 27; Inst. 2, S. 258, Capétiens S. 311. Thompson, Development S. 17. Brächet S. 219. Fliehe, Philippe S. 78, 84 zu 1103. Schramm, Frankreich 1, S. 104. 6*

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tung, persönliche Frömmigkeit und aufrichtige Gerechtigkeitsliebe, aber von Habsucht und von sinnlichen Genüssen hielt auch er sich nicht frei. Sein Äußeres rechtfertigte den Beinamen des Dicken, der ihm geblieben ist, dabei war er groß gewachsen. Mit 46 Jahren konnte er nicht mehr allein ein Pferd besteigen. In den auswärtigen Verhältnissen mußten die Beziehungen zu England und der Normandie maßgebend sein, wobei man niemals vergessen darf, daß nach strengem Lehnrecht diese Beziehungen, soweit sie die Normandie betrafen, nicht zu den auswärtigen, sondern zu den inneren Verhältnissen gehörten. Denn die Normandie war ja ein französisches Kronlehen, wie das auch von keiner Seite bezweifelt wurde. Die Schwierigkeit lag darin, daß der Inhaber dieses Kronlehens, Wilhelm I., England erobert und als König dieses Landes über das Vasallenverhältnis hinausgewachsen war. Sie hörte auch noch nicht auf, als die Normandie von Frankreich den Engländern entrissen worden war. Denn inzwischen hatten diese Aquitanien erworben, und die endgültige reinliche Scheidung Frankreichs und Englands gelang, wenn man von Calais absieht, erst nach der Beendigung des hundertjährigen Krieges. Vom Ende des 11. Jahrhunderts an erfüllte ein neuer, tiefgreifender Gegensatz die abendländische oder, wenn man will, europäische Staatengesellschaft, verquickte sich oft genug mit dem schon älteren kaiserlichpäpstlichen, es ist der französisch-englische. Auf der einen Seite sehen wir Frankreich, auf der anderen die Normandie mit England. Denn lange Zeit hindurch war, was man nur allzu leicht vergißt, die Normandie das Hauptland, England das eroberte Nebenland. Wenn wir von Engländern sprechen, wissen wir oft nicht, ob sie auf der Insel oder in einem der festländischen französischen Lehn beheimatet waren, und meinen nur, d a ß sie dem König von England gehorchten. Wir haben Herzog Robert Kurzstiefel von Normandie auf dem ersten Kreuzzug gesehen und wissen, d a ß er sich namentlich bei Askalon als tapferer Ritter ausgezeichnet hatte. Aber das war auch alles. Er besaß weder die Gaben des Staatsmanns noch die des Feldherrn, nach heldenhafter Anstrengung gab er sich nur allzu gern der Ruhe, der Bequemlichkeit, dem Genuß hin. Trotzdem wurde er 1100 auf der Rückkehr aus dem Heiligen Land von seinen normannischen Stammverwandten in Unteritalien und Sizilien prächtig gefeiert 1 ). Da er stets geldbedürftig war, traf es sich glücklich, daß er sich mit Sibylle, Tochter des reichen Grafen Gottfried von Conversano (sö. Bari), Herrn von Brindisi und Monopoli (sö. Conversano), verheiraten konnte 8 ). Sein Bruder Wilhelm II. der Rote, König von England, verwaltete inzwischen die ihm verpfändete Normandie so, als wenn sie ihm dauernd gehören sollte. Er nahm an, daß Robert Kurzstiefel, wenn dieser überhaupt den vielen Fährlichkeiten des Kreuzzugs entrann, nicht imstande sein würde, die Pfandsumme zurückzuzahlen. Wilhelms Charakter wird man nicht rühmen 3 ). Seine Willkür, Launenhaftigkeit und Unbeständigkeit sind nicht zu bestreiten, aber er faßte doch große Pläne und suchte, 1) David, Robert S. 76, 118 ff. — 5 ) Chalandon, Histoire 1, S. 181, Stammtafel. — ») Freeman, Rufus 2, S. 337, 456. Rioult de Neuville. H. Böhmer, Staat ü. Kirche S. 141. Cartellieri 3, S. 215.

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seinem Vater nachzueifern. Ihm war bewußt, daß jener gestorben war, als er den Versuch machte, das französische Vexin zurückzuerobern 1 ), und stellte sich jetzt dieselbe Aufgabe. Außerdem wollte er unbedingt Maine gewinnen, das schon länger einen Zankapfel zwischen der Normandie und Anjou gebildet und das Robert Kurzstiefel dem Helias von La Flèche (sw. Le Mans) überlassen hatte. Im November 1097 begann er, das französische Vexin zu verwüsten, ohne daß ihm französischerseits eine bedeutende Führerpersönlichkeit entgegentrat. Philipp I. war sowohl körperlich als geistig starken Anstrengungen nicht mehr gewachsen. Der Thronfolger Ludwig, dem schon 1092 die Grafschaft Vexin mit Pontoise und Mantes übertragen worden war 8 ), gab sich die größte Mühe, den Widerstand zu leiten, konnte aber mit seinen 16 Jahren nicht viel mehr tun, als geschäftig hin- und hereilen, um die Kriegsleute zu ermuntern. Bedauerlicherweise ließen sich mehrere französische Barone von den Engländern bestechen. Wilhelm nahm den Ort Gisors am normannischen, rechten Ufer der Epte (sö. Rouen), den Robert Kurzstiefel um 1090 dem König Philipp I. abgetreten hatte, wieder und baute daselbst eine starke Burg, die als der Schlüssel der Normandie galt 3 ). Die Pläne stammten von Robert von Bellême, der das englische Heer befehligte und als ausgezeichneter Militäringenieur bekannt war. An anderen Stellen, z. B. in Chaumonten-Vexin, dem äußersten Punkt des Hausguts, schlugen die Franzosen alle Angriffe der Feinde a b 4 ) . Die normannischen Burgen, deren stattliche Ruinen uns heute an die damalige ritterliche Kampfesweise anschaulich erinnern, sollten in den unaufhörlichen Kämpfen zwischen Frankreich und England, namentlich am Ende des 12. Jahrhunderts, eine große Rolle spielen und damit in der Weltgeschichte genannt zu werden verdienen. Auch als Herzog Wilhelm IX. von Aquitanien dem König Wilhelm zu Hilfe kam, wurde kein klarer Erfolg erzielt, und um Weihnachten 1098 wurde ein Waffenstillstand geschlossen. Wilhelm II. konnte nicht gleichzeitig im Vexin und in Maine kämpfen. Zunächst war Maine wichtiger. Es gelang ihm im Juli 1099, in Le Mans einzuziehen, nachdem er die blühende Umgebung erbarmungslos verwüstet hatte 5 ). Geld besaß er reichlich oder verstand wenigstens, es sich zu verschaffen. Großartige Aussichten eröffneten sich ihm, als der eben genannte Wilhelm IX. von Aquitanien, der eine Kreuzfahrt unternehmen wollte 6 ), vorschlug, ihm sein Herzogtum gegen eine entsprechende Summe zu verpfänden, wie es ja Robert Kurzstiefel auch mit der Normandie getan hatte. Der König konnte von einem gewaltigen Reich träumen, wie es später Heinrich II. beherrschen sollte, das England, die ') Cartellieri 3, S. 214. — s ) Luchaire, Louis VI Nr. 4, 27. Thompson, Development S. 19. Fliche, Philippe S. 79, 293. David, Robert S. 81 f. Cartellieri 3, S. 214 u. Philipp August 1, S. 204. — ' ) Freeman, Rufus 2, S. 191, 245. Luchaire, Louis VI S. XV, Nr. 6. Ramsay 2, S. 212, 216. Richard, Poitou 1, S. 421. Adams S. 108. Fliche, Philippe S. 79, 302 zum November, 305. — *) Fliche, Philippe S. 152. — 6 ) Freeman, Rufus 2, S. 204. Ramsay 2, S. 220. Halphen, Anjou S. 189. Latouche, Maine S. 44, 51. Cartellieri 3, S. 213, 216. — •) Ramsay 2, S. 220. Richard 1, S. 425. Adams S. 110.

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Normandie und Aquitanien umfaßte. Schon begann er, eifrig zu rüsten, um die beiden Herzogtümer in seine Hand zu bringen, dachte vielleicht sogar daran, falls Ludwig VI. als einziger rechtmäßiger Erbe Frankreichs stürbe, dank seiner Machtfülle die französische Krone zu erwerben. Da wurde er am 2. August 1100 auf der Jagd im New Forest (Hampshire), unweit von Lyndhurst, durch einen Pfeilschuß getötet 1 ). Seine Mißregierung macht die Annahme einer Verschwörung wahrscheinlich, doch lassen sich die näheren Umstände des Ereignisses nicht völlig klären. Manches spricht dagegen, daß der meistverdächtigte Pikarde Walter Tirell, ein Höfling, der Täter gewesen ist. Eine Untersuchung wurde nie angestellt, die Beerdigung erfolgte mit unwürdiger Hast. Der König war etwa 40 Jahre alt geworden 2 ). Sein unerwarteter Tod befreite England von schwerem Druck und machte die Bahn für einen besseren Herrscher frei. Der jüngste, 1068 geborene 3 ) Sohn Wilhelms des Eroberers, Prinz Heinrich, hatte an dem Jagdvergnügen, das seinem Bruder so verhängnisvoll werden sollte, in einem andern Teil des Waldes auch teilgenommen und nach Empfang der Todesnachricht sogleich den Entschluß gefaßt, die Krone zu erlangen. Er war von seinen älteren Brüdern oft zurückgesetzt worden. Namentlich hatten sie sich in dem Vertrag von Caen (oder Rouen) 1091 dahin geeinigt, daß der Überlebende von ihnen beiden den ganzen Besitz des Verstorbenen erben sollte 4 ). Das bedeutete, d a ß Heinrich von der Nachfolge ausgeschlossen wurde. Er kümmerte sich nicht darum, ritt schleunigst nach Winchester und brachte mit Gewalt den königlichen Schatz in seine Hand. Das Recht der Erstgeburt sprach für Robert Kurzstiefel von Normandie, aber dieser war abwesend, und überdies pochte Heinrich darauf, daß er selbst, wie man zu sagen pflegt, im Purpur geboren war, d. h. als sein Vater schon regierte, und überdies in England. Sachlich gab den Ausschlag, daß man auf die noch ungewisse Rückkehr Roberts nicht warten konnte, ohne das Reich in die schlimmste Verwirrung zu stürzen. Schon am 5. August ließ sich Heinrich sicher im Einverständnis zwar nicht mit allen Baronen, wohl aber mit der großen Mehrheit des Volkes in Westminster von Bischof Moritz von London krönen 5 ). Klein gewachsen, neigte er zur Dicke. Sein Haar war schwarz, sein Auge klar. Er besaß die großen Eigenschaften des Staatsmanns und verstand sich auch auf militärische Dinge 6 ). Mit aller Kraft und ohne in einigen Fällen vor grausamen Strafen zurückzuschrecken, wollte er den inneren Frieden halten und alle Unordnung bekämpfen. Man ehrte ihn durch den Beinamen eines „Löwen der Gerechtigkeit". Die Fehler, die dem aufkommenden Rittertum anhafteten, vermied er. Er dachte nüchtern und handelte geschäftsmäßig. Gelehrte Bildung besaß er nicht 7 ). ') Freeman, Rufus 2, S. 325. Suger S. 12. Ramsay 2, S. 222. Adams S. 110. Parker S. 34. Corbett, England S. 527. Baedeker, Qreat Britain S. 86. — 2 ) Geburt: Cartellieri 3, S. 215. — *) Cartellieri 3, S. 215. — 4 ) Freeman, Rufus 1, S. 275, 279; 2, S. 526. Ramsay 2, S. 171. Cartellieri 3, S. 216. — «) Freeman, Rufus 2, S. 343. Rößler S. 421. Ramsay 2, S. 229. Adams S. 114. Corbett, England S. 527. Schramm, Engl. Königt. S. 42, 153. — •) Freeman, N. C. 5, S. 153, 839. Ramsay 2, S. 228, 318. Adams S. 189. — 7 ) David, Claim S. 56.

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Seine ersten Regierungshandlungen bewiesen, daß er seine Hauptaufgabe darin sah, mit den unter seinem Vorgänger eingerissenen Mißbräuchen aufzuräumen. Den verhaßten Günstling Wilhelms II., Bischof Ranulf Flambard von Durham, warf er am 15. August in den Tower 1 ), den. Erzbischof Anselm von Canterbury, der Anfang November 1097 nach einem heftigen Zwiespalt mit dem damaligen König England verlassen hatte, rief er dagegen zurück 2 ). Er versäumte nichts, um die öffentliche Meinung zu gewinnen, und erließ darum die berühmte Freiheitsurkunde 3 ), die man die „Mutter" aller späteren genannt hat. Die Hauptsache war, daß der Kirche wie der Laienschaft Schutz gegen finanziellen Druck zugesichert wurde. Am meisten Beifall mußte es erregen, daß die Zugeständnisse, die den großen Vasallen gemacht wurden, auch für deren Vasallen Geltung haben sollten. Rückkehr zur guten alten Zeit, Abkehr von schlechten Neuerungen hieß die Losung. In denselben Zusammenhang gehörte auch die Verheiratung des Königs. Bis dahin Junggeselle und Vater zahlreicher unehelicher Kinder von verschiedenen Müttern 4 ), vermählte er sich jetzt mit Eadgyth 5 ), der Tochter König Malkolms III. (Ceannmor) von Schottland und seiner zweiten Gemahlin Margarete, der Tochter Eduard Äthelings und Schwester Edgar Äthelings, die also von den alten angelsächsischen Königen abstammte 6 ). Das mußte auf weite Kreise einen sehr guten Eindruck machen. Die Hochzeit fand am 11. November 1100 in Westminster statt, und Erzbischof Anselm von Canterbury, der seit dem September 1100 wieder in England weilte, vollzog die Krönung. Mathilde, wie sie sich jetzt nannte, zählte etwa 20 Jahre, hatte einen tadellosen Ruf, ein angenehmes Äußere und gewinnende Umgangsformen. Musik und Dichtung liebte sie über alles, sie schenkte gern und reichlich, besonders Kirchen und Geistlichen. Ende August oder Anfang September 1100 traf Robert Kurzstiefel in der Normandie ein 7 ) und genoß hier die Ehrungen, die damals einem Kreuzfahrer zuteil zu werden pflegten. Man hoffte, daß jetzt auf die harte Regierung Wilhelms des Roten eine mildere folgen würde. Die reiche Mitgift Sibyllens hatte ursprünglich dem Rückkauf der Normandie dienen sollen, aber der verschwenderische Herzog hatte sie nur allzu rasch vergeudet 8 ). Da kam es ihm sehr zustatten, daß er durch den unerwarteten Tod seines Bruders aller Verpflichtungen ledig geworden war und ohne jede Schwierigkeit die Regierung der Normandie übernehmen konnte. Allerdings zeigte er seiner ganzen Art nach wenig Neigung, sich ernsthaft um die Geschäfte zu kümmern, und versäumte es vor allem, sogleich Maine zu sichern 9 ). Helias von La Flèche hatte den Tod WilFreeman, Rufus 2, S. 361. Ramsay 2, S. 232. Southern S. 117 f. — ' ) Freeman, Rufus 1, S. 595. Ramsay 2, S. 210, 234. H. Böhmer, Staat u. Kirche S. 155. Adams S. 108. Corbett, England S. 526. Cartellieri 3, S. 217 f. — ' ) Bémont S. 3. Stubbs S. 116. Freeman, Rufus 2, S. 352. Ramsay 2, S. 230. Poole, Studies S. 308. Schramm, Ordines S. 318 u. Engl. Königt. S. 187, 189 u. 201. — 4 ) Freeman, Rufus 2, S. 379. Ramsay 2, S. 338. — s ) Freeman, Rufus 2, S. 382, 387. Ramsay 2, S. 232, 235. Dunbar S. 27, 32. — •) Cartellieri 3, S. 78 u. sonst. — ') David, Robert S. 123. — 8 ) Ramsay 2, S. 236. — •) Halphen, Anjou S. 189. Latouche S. 51. David, Robert S. 125.

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heims II. benutzt, um sich im Bunde mit Fulko IV. von Anjou wieder in den Besitz von Le Mans zu setzen. Auch die Burg, die sich länger gehalten hatte, brachte er vor dem 1. November 1100 in seine Hand, weil ihr weder Robert Kurzstiefel noch Heinrich I., wenn auch aus sehr verschiedenen Gründen, zu Hilfe kamen. Fulkos ältester Sohn Gottfried war mit des Helias Tochter und Erbin Eremburg verlobt. Auf diese Weise trennte sich Maine von der Normandie, um erst später unter andern Verhältnissen wieder mit ihr verbunden zu werden. Roberts unruhiger Geist stellte sich großartige Ziele. Als ältester Sohn des Eroberers wollte er auf die Dauer England nicht preisgeben. Eine Anzahl englisch-normannischer Barone verschwor sich zu seinen Gunsten, da sie wohl schon nach so kurzer Zeit deutlich erkannt hatten, daß König Heinrich sie niederhalten würde. Unter Robert Kurzstiefel hätten sie sich der Freiheit erfreut, die ritterlichen Idealen entsprach. Am bedeutendsten war unter ihnen der uns schon bekannte Robert von Belleme 1 ) (ö. Alenfon), ein Sohn Rogers von Montgomery, Earls von Shrewsbury, dank seinen vielen starken Burgen der mächtigste Baron der Normandie. Er war vielseitig begabt, ein kühner Streiter, ein Meister in allen technischen Fertigkeiten, ein guter Redner, aber ein ganz selbstsüchtiger, unzuverlässiger, grausamer Charakter, berüchtigt durch seine Treulosigkeit, dazu maßlos ausschweifend. Wie manche seiner Zeitgenossen gleichen Standes wußte er seine überschäumende Lebenskraft nur durch Mißhandlung der Schwachen zu befriedigen. Als es dann im Februar 1101 Bischof Ranulf Flambard gelungen war, aus dem Tower zu entfliehen 2 ), reizte dieser in seinem Rachedurst den unklugen Herzog der Normandie zum Angriff auf England. König Heinrich traf mit der ihm eigenen ruhigen Sicherheit alle notwendigen Verteidigungsmaßnahmen. Erzbischof Anselm wirkte mit Erfolg für ihn. Heinrich ließ sich noch einmal krönen und wiederholte die in der Freiheitsurkunde des vorhergehenden Jahres gegebenen Versprechungen»). Doch konnte er nicht hindern, daß sein Bruder am 21. Juli 1101 in Portsmouth landete und sich London bis zum Wald von Alton (nö. Winchester) näherte. Eine Zeitlang mußte Heinrich nicht nur für sein Königreich, sondern auch für sein Leben fürchten. Nicht wenige Barone ließen ihn im Stich, aber die Kirche und das Volk hielten treu zu ihm. . Vermittler bemühten sich um einen Ausgleich, der auch im August in Alton zustande kam 4 ). Robert verzichtete auf England und bekam ein Jahrgeld von 3000 M. S. sowie alle bisher Heinrich gehörigen festen Plätze in der Normandie, mit einziger Ausnahme von Domfront (nw. Alen?on). Robert verweilte dann noch einige Zeit in England, verkehrte freundschaftlich mit seinem Bruder und fuhr erst nach Michaelis in die Normandie zurück. Vielleicht war er sich gar nicht des Leichtsinns bewußt, mit dem er sich auf ein seine Kräfte weit übersteigendes Abenteuer eingelassen hatte. Ramsay 2, S. 97, 165. — s ) Southern S. 118. — 3 ) Freeman, Rufus 2, S. 400. Rieß S. 324. Haller, Papsttum 2, S. 535. — *) Freeman, Rufus 2, S. 392. Ramsay 2, S. 237. David, Robert S. 127—137. Adams S. 127. Corbett, England S. 529.

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In kluger Berechnung schonte König Heinrich seinen Bruder, wollte aber nicht nur dessen offene, sondern auch geheime Anhänger zum Gehorsam zwingen. Zu den letzteren gehörte Robert von Belleme, der sich um Ostern (6. April) 1102 dem Hofgericht nicht stellen wollte und seine englischen Burgen in Verteidigungszustand setzte 1 ). Er rechnete überdies auf die Hilfe seiner Brüder, von denen der eine, Ernulf, Lord von Pembroke, der andere, Roger von Poitou, Lord von Lancaster war. Heinrich griff schnell ein und nahm erst Arundel (ö. Chichester), dann Roberts Hauptfeste Bridgnorth (nw. Birmingham). Der hohe Adel in des Königs Umgebung begann schon, für seine eigene Stellung zu fürchten, und wünschte eine Verständigung mit Robert, um den König vor dem Untergang zu bewahren. Heinrich hätte vielleicht nachgegeben, wenn ihn nicht seine angelsächsischen Söldner durch lauten Zuruf vor Verrätern gewarnt und ihrer Treue versichert hätten. Der Gegensatz gegen die harte Standesherrschaft der Normannen trat klar zutage. So schlug Heinrich es ab, Milde walten zu lassen, einigte sich mit den von Robert gewonnenen Wallisern und erreichte es durch seine tatkräftigen Maßnahmen, d a ß die Empörer sich vor Michaelis 1101 in der Nähe von Shrewsbury unterwarfen. Die drei Brüder Robert, Ernulf und Roger wurden verbannt und verloren allen ihren Besitz in England. So lange der König lebte, wagte es niemand mehr, gegen ihn eine Burg zu halten. Robert Kurzstiefel war aufgefordert worden, in der Nortnandie gegen Roberts Burgen vorzugehen, hatte sich aber unfähig gezeigt, mit seinen wilden Kriegsleuten auszukommen, und nichts erreicht. In der Normandie, wo er angeblich 34 Burgen besaß, fühlte sich Robert von Belleme so sicher, daß er nur noch an Rache dachte. Er begann ein schreckliches Wüten gegen seine Feinde und fügte der Kirche und den Bauern schweren Schaden zu. Den Herzog Robert Kurzstiefel, der ihm in keiner Weise gewachsen war, besiegte er und zwang ihn zu Abtretungen. Immer wieder hörte König Heinrich heftige Klagen über die in der Normandie eingerissene Unordnung und Gesetzlosigkeit. Ehe er aber eingriff, mußte er dafür sorgen, d a ß der König von Frankreich als Lehnsherr der Normandie den Herzog nicht schützte und ihm W a f fenhilfe leistete. Er schloß daher am 10. März 1103 in Dover mit Graf Robert II. von Flandern einen Soldvertrag 2 ) ab, der an einen älteren Wilhelms des Eroberers erinnert') und uns deutlich zeigt, wie ein Vasall die einander widerstrebenden Pflichten gegen zwei Lehnsherren auszugleichen suchte. Robert II. versprach, gegen ein Geldlehen von 500 (400?) Pfund englische Pfennige 1000 Ritter zum Kampf gegen jedermann in England oder in der Normandie, 500 Ritter zum Kampf in Maine zu stellen, behielt sich aber vor, seiner Lehnspflicht gegen Frankreich gleichzeitig durch ein Aufgebot von nur 20 Rittern zu genügen. Der Grund, weshalb der Graf von Flandern eine seinem hauptsächlichsten Lehnsherrn, dem französischen, schädliche Bindung einging, liegt nicht allein in dem erwarteten finanziellen Vorteil. Man nimmt mit l ) Freeman, Rufus 2, S. 420. Ramsay 2, S. 240. Adams S. 129. David, Robert S. 141. Corbett, England S. 530. — s ) Flach 4, S. 87. Toll S. 48. Delbrück 3, S. 334. Kienast, Deutsche Fürsten 1, S. 49. Dept S. 19. Vercauteren-Desmet S. 418. Actes . . . Flandre Nr. 10. — *) Flach 4, S. 88, Anm. David, Robert S. 155, Anm. 75. Vercauteren-Desmet S. 413.

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Recht an, daß er nicht vergessen wollte, wie schändlich seine leibliche Schwester Berta von König Philipp behandelt worden war 1 ). Heinrich gab sich übrigens große Mühe, trotz der politischen, kaum zu überbrückenden Spannung freundliche Beziehungen zum Thronfolger Ludwig zu pflegen, und erreichte auf diese Weise, daß ihm französischerseits während der Auseinandersetzung mit seinem Bruder keine Schwierigkeiten bereitet wurden. Daß Philipp I. gar keinen Versuch dieser Art machte und sich für seine Neutralität auch nicht irgendwie entschädigen ließ, war vom rein politischen Standpunkt aus die schlimmste Unterlassungssünde seiner Regierung. Gegen Ende 1103 bekam König Heinrich den Besuch seines Bruders, machte ihm Vorwürfe, daß er den Vertrag von Alton gebrochen habe, und nötigte ihn, auf das ihm damals versprochene Jahrgeld zu verzichten 2 ). Rücksichtslos nutzte er seine persönliche und sachliche Überlegenheit aus. Als er im folgenden Jahre (1104) seinerseits auf das Festland kam, ermahnte er den Bruder, besser zu regieren, und ließ sich jetzt die Grafschaft fivreux ausliefern 3 ). Es blieb ihm nicht verborgen, daß, wenn die Mißregierung Robert Kurzstiefels andauerte, das Land zugrunde ging. Einzelne Gegenden waren wie entvölkert, da die Bauern nach Franzien auswanderten. Von der Kirche konnte der Herzog keine Hilfe erwarten, da er Simonie trieb und als Laie die Investitur übte 4 ). Anfang April 1105 betrat Heinrich abermals die Normandie. Er verbrannte am 13. April Bayeux, das ihm Widerstand leistete, und ein starker Wind äscherte die Stadt mitsamt den Kirchen ein, wie es uns ein Augenzeuge schildert 5 ). Daraufhin beeilte sich Caen, eine Buße zu zahlen und seine Tore zu öffnen. Verhandlungen scheiterten, der König sah keinen Anlaß, irgendwie nachzugeben, sein Plan, das ganze Herzogtum zu gewinnen, stand fest. Er kehrte nur nach England zurück, um seine Kasse neu aufzufüllen. Vergeblich bemühte sich vor Weihnachten 1105 Robert von Belleme, der jetzt der mächtigste Parteigänger des Herzogs war, um einen Ausgleich, ebenso der Herzog selbst persönlich in Northampton während des Januar 1106 6 ). Das Kriegsglück mußte entscheiden. Heinrich war vor August 1106 zum drittenmal in der Normandie gelandet und hatte die Abtei SaintPierre-sur-Dives (sö. Caen), in der er überfallen werden sollte, in Brand gesteckt 7 ). Bald nachher erzielte er einen bedeutsamen kirchenpolitischen Erfolg, zu dessen besserem Verständnis einige Jahre zurückgegriffen werden muß. Erzbischof Anselm und König Heinrich wollten beide den kirchlichen Frieden aufrichtig, ohne das, was sie für ihr gutes Recht hielten, preiszugeben 8 ). Überzeugung stand gegen Überzeugung. Unter ') Fliehe, Philippe S. 36. Cartellieri 3, S. 218. — =) David, Robert S. 148. — ) David, Robert S. 158. — 4 ) Ramsay 2, S. 251. Levison S. 427. — 5 ) Ramsay 2, S. 253. Farrer S. 331. David, Robert S. 159, 165. Manitius 3, S. 870. — ") David, Robert S. 169. — 7 ) David, Robert S. 170. — 8 ) Ramsay 2, S. 234 ff. H. Böhmer, Staat u. Kirche S. 148, 158 ff. Adams S. 132 ff. Schwarz S. 138 ff. P. Richard, Diet, eccl. 3 (1924), Sp. 464—485. Corbett, England S. 531 f. W. Holtzmann, Papsturk. Engl. S. 221 ff., Nr. 5—8. Brooke, Engl. Church. S. 154, 167. Cartellieri 3, S. 217.

s

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Berufung auf die Beschlüsse des Laterankonzils vom April 1099 weigerte sich Anselm, dem König Mannschaft zu leisten, obwohl er sie Wilhelm II. geleistet hatte, und mit den vom König investierten Bischöfen oder Äbten Verkehr zu pflegen. Heinrich suchte Zeit zu gewinnen und wies Anselm in die weltlichen Güter des Erzstifts auch ohne Mannschaft ein. Gleichzeitig wandte er sich an den neuen P a p s t Paschalis, aber dieser lehnte seine Vorschläge wohl nach dem August 1101 in scharfen Worten a b 1 ) . Auch in Rom erreichten königliche Gesandte 1102 nichts 2 ). Trotzdem kam es nicht zum Bruch. Anselm konnte am 29. S e p tember 1102 in Westminster eine Synode abhalten, die simonistische Äbte absetzte und der Verweltlichung der Kirche Einhalt t a t 8 ) . Am meisten Aufsehen erregte die strenge Durchführung d e s Cölibats, weil sie der bei der englischen Geistlichkeit vorwaltenden Sitte widersprach. Rom sollte sprechen, und Heinrich war damit einverstanden, d a ß Anselm im Sommer 1103 die Entscheidung d e s P a p s t e s einholte. Wie nicht anders zu erwarten war, fiel sie durchaus zugunsten des Erzbischofs aus. Heinrich sah sich aber noch nicht als besiegt an und beschlagnahmte die Einkünfte des Erzbistums. Daraufhin verhängte Paschalis im März 1105 auf einem Laterankonzil den Bann gegen die vom König investierten Personen und seine schuldigen R a t g e b e r 4 ) . E s fehlte nicht mehr viel daran, d a ß Heinrich selbst exkommuniziert wurde, und Anselm hätte es auch gern gesehen, d a ß es geschah. Durch diese Möglichkeit erschreckt, bemühte sich Heinrichs Schwester Adela, Witwe des 1102 von den Sarazenen getöteten Grafen Stephan von Blois und Chartres, zusammen mit Ivo von Chartres, dem über die einschlägigen Punkte am besten unterrichteten Theologen der Zeit, um eine Vermittlung. Der König und der Erzbischof trafen sich a m 21. Juli 1105 in Laigle (sw. ßvreux) an der normannischen Grenze 5 ). E s fand eine vorläufige Verständigung statt, doch sollte deshalb in Rom a n g e f r a g t werden. Inzwischen ging der König schärfer vor, besteuerte die Geistlichen 6 ) und erlaubte ihnen in offenbarem Gegensatz gegen die von Anselm g e troffenen Maßnahmen, ihre Frauen zu behalten, wenn sie eine B u ß e zahlten. D a erfolgte in der Haltung des Paschalis, der in seinen Schreiben bisher bestimmt für Anselm eingetreten war, ein vollständiger U m schwung, den wir uns am einfachsten aus der Rückwirkung der deutschen Ereignisse erklären. Heinrich IV. war aus Ingelheim geflohen und sammelte seine Anhänger zum Kampf gegen seinen S o h n 7 ) . Niemand konnte wissen, wie diese Verwicklung auslaufen würde, und der P a p s t hielt es für klug, rechtzeitig dem englischen König Entgegenkommen zu zeigen. Am 23. März 1106 schrieb er an Anselm, g a b seiner Freude über die Sinnesänderung des Königs Ausdruck, obwohl davon gar nicht die Rede sein konnte, und begnügte sich damit, daß der König vorläufig, bis er zu besserer Einsicht gekommen sei, bei der Investitur von Ring und ') Jaffi 1, Nr. 5868. Ramsay 2, S. 244. Adams S. 132 mit der Zeit. — ») Ramsay 2, S. 245. — ») Ramsay 2, S. 246. Adams S. 134. — 4 ) Jaffi 1, S. 719. Ramsay 2, S. 258. Adams S. 140. — 5 ) Ramsay 2, S. 259 mit dem Datum. Adams S. 142. David, Robert S. 168. — •) Ramsay 2, S. 259/60. — ') M. v. Kn. 5, S. 286.

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Stab absehen sollte, aber Mannschaft für den weltlichen Besitz empfangen dürfte 1 ). Die Bestellung der Bischöfe und Äbte blieb offen, d. h. dem König überlassen. Die endgültige Abmachung fand am 15. August 1106 in der Abtei Le Bec (nw. Évreux) statt 8 ). Der König erfüllte Anselms Wünsche in einigen minder wichtigen Punkten, und der Erzbischof kehrte zur großen Freude der ihm sehr gewogenen Königin und des Volkes nach England zurück. Heinrich war einer sehr schweren Sorge ledig, er hatte jetzt Frieden mit den Gläubigen in seinem Reich und brauchte nicht zu fürchten, daß die Kirche ihm in der Normandie Schwierigkeiten bereitete. Er wollte jetzt dem Streit mit seinem Bruder militärisch ein Ende machen und zog gegen die Burg Tinchebrai (sw. Caen), die dem mit ihm verfeindeten mächtigen Earl Wilhelm von Mortain und Cornwall gehörte. Erst erreichte er nichts. Als aber Hilfstruppen aus Maine und aus der Bretagne unter dem Oberbefehl des Helias von La Flèche eintrafen, betrieb er die Belagerung eifriger. Herzog Robert eilte mit Robert von Bellême herbei, um seine Waffengefährten nicht im Stich zu lassen. Ob es für ihn vorteilhafter gewesen wäre, es nicht zu tun, steht dahin. Man begreift es nach dem Vorgefallenen sehr gut, daß ein bei allen seinen Schwächen ritterlich empfindender Fürst aus seiner verzweifelten Lage keinen andern Ausweg sah als die bisher vermiedene Feldschlacht. Sie wurde am 29. (28.?) September 1106 bei Tinchebrai geschlagen»). Die Quellen enthalten manche Unklarheiten. Herzog Robert hatte weniger Ritter, aber mehr Fußvolk. Wilhelm von Mortain griff an, drängte die Königlichen zurück, aber die als Reserve zurückgehaltenen Truppen des Helias fielen den Herzoglichen in die Flanke und zersprengten sie. In kaum einer Stunde war alles vorbei. Die Auffassung, es hätten zwei Ritterheere zu Fuß gefochten, ist abzulehnen. Taktisch unterschied sich die Schlacht nicht von anderen derselben Zeit. Robert von Bellême rettete sich durch die Flucht. Herzog Robert, Edgar Ätheling, der hier noch einmal den Versuch gemacht hatte, sein Erbrecht zur Geltung zu bringen, und Wilhelm von Mortain wurden gefangen. Herzog Robert starb, wie wir sehen werden, als Staatsgefangener, gut behandelt und mit allen Annehmlichkeiten des Lebens versehen. Edgar kam frei. Wilhelm von Mortain mußte sehr strenge Haft erdulden. Die Schlacht war seit Hastings die folgenreichste für die englischfranzösische Geschichte und damit auch für die Weltgeschichte. Sie sicherte für ein Jahrhundert die Überlegenheit des normannisch-angelsächsischen Staates über den kapetingischen. Herzog Robert machte gar keinen Versuch, aus der Gefangenschaft heraus durch seine Leute den Widerstand gegen den siegreichen Bruder zu verlängern 4 ). Falaise ließ er ihm gleich übergeben, ebenso Rouen. ») Ramsay 2, S. 260. Adams S. 143. — ") Ramsay 2, S. 261. Adams S. 144. Corbett, England S. 532. — ») Ramsay 2, S. 254. Drummond S. 35. Adams S. 144. Davis, Tinchebrai. Latouche, Maine S. 52. David, Robert S. 171. Fliehe, Philippe S. 311. Delbrück 3, S. 417. Oman 1, S. 357, 381, plate XIII. Corbett, England S. 531. Erben, Kriegsgeschichte S. 118. — «) Ramsay 2, S. 235. Adams S. 146. Farrer S. 342. David, Robert S. 177.

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Auch Robert von Belleme hielt es für geraten, sich zu unterwerfen, und bekam dafür Argentan (n. Alen^on) sowie die Vizegrafschaft Falaise. Heinrich, der sich jetzt „König der Engländer und Herzog der Normannen" nannte, befahl die Zerstörung aller widerrechtlich erbauten Burgen und verkündete in Lisieux im Oktober einen königlichen Frieden. Von Anselm bekam er Glückwünsche zu seinem glänzenden Sieg und Dank für seine heilsamen Regierungsmaßnahmen. Als er zu Ostern 1107 (14. April) in Windsor Hof hielt 1 ), herrschte er unangefochten über beide Länder, und auch der französische Thronfolger Ludwig war damit einverstanden, gegen den Willen König Philipps, der allerdings jetzt nicht mehr allein zu entscheiden hatte. ») Ramsay 2, S. 256. David, Robert S. 180.

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FÜNFTES KÄPITEL.

BEGINNENDER ZWIESPALT ZWISCHEN PASCHÄLIS UND HEINRICH V. (1107—1110.) Während Paschalis auf französischem Boden, in Cluni, das Weihnachtsfest 1106 feierte 1 ), mußte ihn vor allem die Frage beschäftigen, ob Heinrich V. entgegen den kirchlichen Vorschriften weiter investieren oder sich darnach richten würde. Wäre der Papst mit einer Regelung, die sich dem französischen und dem englischen Vorbild anschloß, einverstanden gewesen? Würde der deutsche König schon jetzt auf Ring und Stab verzichtet haben? Wir wissen es nicht. Tatsache ist, daß auf seinen Befehl am 31. März 1107 Bischof Reinhard von Halberstadt trotz seines Sträubens geweiht wurde 2 ). Wenn Heinrich V. am 2. Februar 1107 in Quedlinburg französische Gesandte empfangen hatte, die ihm eine mündliche Aussprache mit Philipp I. vorschlugen 8 ), so kann man mangels näherer Kunde nur vermuten, daß er die Absicht hatte, darauf einzugehen. Gelang es den beiden Herrschern, gemeinsam zu den kirchlichen Dingen Stellung zu nehmen, so konnte eine bedeutsame Entwicklung einsetzen, die es dem Papsttum unmöglich gemacht hätte, das eine Land gegen das andere auszuspielen. Aber es kam ganz anders. Wahrscheinlich übte schon jetzt der Thronfolger Ludwig den maßgebenden Einfluß und veranlaßte zunächst, daß königliche Gesandte den Papst am 9. März 1107 in La Charit6-surLoire (nnw. Nevers) als den geistlichen Vater des ganzen Reichs willkommen hießen. Ostern (14. April) feierte Paschalis in Chartres und fand hier Gelegenheit, sich die im kirchenpolitischen Streit vermittelnde Auffassung des oft genannten Bischofs Ivo erläutern zu lassen 4 ). Ivos Einfluß auf die folgenden Abmachungen wird nicht im einzelnen überliefert, kann aber als sicher angenommen werden 5 ): er beruhte auf seiner überragenden Persönlichkeit und seinem reichen theologischen Wissen. Um den 1. Mai 1107 traf Paschalis mit Philipp und Ludwig in der altehrwürdigen Abtei Saint-Denis zusammen«). Auf den streng päpstlich gesinnten Mönch Suger, der sonst oft genug über die Habsucht der Römer zu klagen hatte, machte es starken Eindruck, daß der Papst von den ihm gezeigten Schätzen nicht nur nichts verlangte, sondern sie nicht M. v. Kn. 6, S. 35. — s ) M. v. Kn. 6, S. 35, 39 ff. — ' ) M. v. Kn. 6, S. 38. — «) Fliehe, Philippe S. 446 f. — s ) Luchaire, Inst. 1, S. 198. — •) Luchaire, Louis VI S. CXXII1, Nr. 47. O. Cartellieri, Suger S. 6. M. v. Kn. 6, S. 45. Fliehe, Philippe S. 447 f.

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einmal eines Blickes würdigte. Er bat sich nur ein Stück der blutgetränkten Gewänder des heiligen Dionysius als schutzbringende Reliquie aus. Die beiden Könige Philipp und Ludwig warfen sich zu seinen Füßen. Der Papst richtete sie auf, ließ sie vor sich Platz nehmen und bat sie in rührenden Worten, die Kirche hochzuhalten und nach dem Beispiel Karls des Großen den Tyrannen, Kirchenfeinden und besonders Heinrich V. kühn Widerstand zu leisten 1 ). Sie versprachen das auch mit Handschlag und ließen ihn durch Erzbischöfe und Bischöfe nach Chälons-sur-Marne geleiten. Von der Eheirrung Philipps, durch die er so lange Jahre hindurch schwerstes Ärgernis gegeben hatte, war, soviel uns berichtet wird, nicht die Rede. Die Politik war wichtiger als die Moral. Noch blieb Frankreich schwach wegen der Unbotmäßigkeit der großen Vasallen, aber seine enge Verbindung mit dem Papsttum und die jetzt einsetzende Verherrlichung Karls des Großen als eines französischen Herrschers bildeten die kirchenpolitische und literarische Voraussetzung für den im 12. Jahrhundert allmählich beginnenden Aufstieg. Die das Rolandslied vorbereitenden Gesänge erfüllten das Gemüt der Franzosen mit hohem Stolz 2 ), und es erhebt sich die Frage, ob nicht von Deutschland aus die Erinnerung an den großen fränkischen Kaiser publizistisch besser hätte ausgewertet werden können. Die Wirren des Investiturstreits und ebenso die in Deutschland häufige Unterschätzung geistiger Werbung mögen daran schuld gewesen sein, daß es nicht geschah. Frankreich beschlagnahmte gewissermaßen die eindrucksvolle Karlsüberlieferung. Wenig später, im Mai 1107, empfing Paschalis in Chälons-surMarne die Gesandten Heinrichs V., Erzbischof Brun von Trier, Herzog Weif V. von Bayern und andere 3 ). Maßgebend war des Königs Kanzler, Graf Adalbert von Saarbrücken 4 ), Inhaber mehrerer geistlicher Pfründen, der damals den stärksten Einfluß auf die Geschäfte übte, selbst aber nicht nach Chälons ging, sondern sich in der Nähe aufhielt. Wir sind in der nicht sehr häufigen Lage, den Bericht eines Augenzeugen, des Mönchs Suger von Saint-Denis 5 ), über die Zusammenkunft zu besitzen, aber wir finden darin eine aus dem kirchenpolitischen Gegensatz zu erklärende Parteilichkeit gegen die deutschen Herren, denen vorgeworfen wird, daß sie äußerst lärmend und anmaßend aufgetreten seien. Nur Brun, der geläufig französisch sprach, bekommt Lob wegen seiner angenehmen Umgangsformen. Er brachte dem Papst Gruß und Dienst im Namen seines Königs, allerdings unter Vorbehalt des Reichsrechts. Wir denken hier an die Briefe aus der letzten Zeit Heinrichs IV., dessen Entgegenkommen am Recht des Reichs seine Schranke fand. Brun schilderte in klaren Worten, wie bis dahin die Erhebung eines Bischofs in Deutschland zustande kam, und betonte, daß der Treuschwur und die Leistung der Mannschaft für den Empfang des gesamten weltlichen Besitzes unerläßlich seien. Wäre der Papst damit einverstanden, so könnten Reich und Kirche in gutem Frieden leben. ') Suger S. 54. — 2 ) Hoffmann, Karl d. Q. S. 112 u. sonst. H. Meyer, Oriflamme S. 104. Schramm, Frankreich 1, S. 134. — s ) Hauck, KG. 3, S. 894. M. v. Kn. 6, S. 44, 50. Fliehe, Philippe S. 447 u. Europe S. 457. Schlechte S. 38. K. Jordan, Kaiserged. S. 123. Haller, Papsttum 2, 2, S.536. — «) M. v. Kn. 6, S.94. Bresslau 1, S. 479 f. — ') Vie S. 56.

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Für Paschalis antwortete Bischof Aldo von Piacenza 1 ) unter Hinweis auf die Erlösung der Kirche durch Jesus Christus, d a ß sie unter keinen Umständen wieder zur Magd erniedrigt werden dürfe: Ring und Stab gehörten zum Altar; durch des Herrn Leib und Blut geheiligte Hände dürften nicht in die durch das Schwert blutgeröteten eines Laien gelegt werden. Da riefen die Gesandten mit „deutschem Ungestüm", daß nicht dort, sondern in Rom der Streit mit dem Schwert zu Ende geführt werden würde. Ein letzter Versuch des Paschalis, durch eine zu Adalbert geschickte Abordnung in ruhiger Aussprache ein besseres Ergebnis zu erzielen, scheiterte. Als der Papst sich im November 1105 mit aller Schärfe gegen die Laieninvestitur erklärte, konnte er glauben, in Heinrich V. den Mann gefunden zu haben, der im Aufstand gegen den eigenen Vater die Forderungen der Reformpartei erfüllen würde. Anderthalb Jahre später stellte es sich heraus, daß der Wechsel der Personen auf dem deutschen Thron keinen Wechsel der Auffassung gebracht hatte: immer noch stand Reichsrecht gegen Kirchenrecht. Heinrich V. weilte damals (Mai 1107) in Lothringen unweit der französischen Grenze, um mit dem Papst und wohl auch mit Philipp I. eine Aussprache herbeizuführen. Eine Anzahl Große und ein stattliches Heer begleiteten ihn. Nach den Vorgängen von Chälons wollte er erst recht zeigen, daß er nicht daran denke, irgendeinen Anspruch preiszugeben, und erteilte in Metz dem französischen Grafen Richard von GrandprS (nw. Verdun), der auch als Erzbischof von Reims in Betracht gekommen war, die Investitur als Bischof von Verdun 8 ). Wenig später fand er selbst in Verdun freudigen Empfang. Paschalis legte Wert darauf, seine unbeugsame Willensmeinung vor einer größeren Versammlung kundzutun, und berief eine Synode nach Troyes 3 ), reizte allerdings dadurch den deutschen König noch mehr, da dieser nicht dulden wollte, daß über eine ihn betreffende Angelegenheit in einem fremden Lande ein Urteil gefällt wurde. Der internationale Gedanke der Kirche und der nationale des deutschen Reichs traten einander gegenüber. Um Himmelfahrt (23. Mai) 1107 tagte die Synode. Sie wurde von deutschen Bischöfen nicht besucht. Die Beschlüsse waren die längst bekannten, in denen das Wesen der Reform begriffen lag: Verbot der Simonie, der Laieninvestitur, der Priesterehe, wobei entsprechende Strafen vorgesehen wurden. Die e i n e Rücksicht nahmen die Väter, daß sie Heinrich nicht ausdrücklich nannten. Er sollte im Laufe eines Jahres nach Rom kommen und einem allgemeinen Konzil Rede stehen. Glaubte der Papst wirklich, daß der König sich als Büßer einfinden würde? Rechnete er auf irgendwelche militärische Hilfe? Oder haben wir hier wieder nur einen Beweis seiner Weltfremdheit? Mehrere deutsche Kirchenfürsten wurden wegen ihres Fernbleibens suspendiert. Von dem kurz vorher durch Heinrich investierten Bischof Richard von Verdun sagte der Papst angeblich: Er hat sich dem Hof des Schwartz S. 195. — 2 ) M. v. Kn. 6, S. 47 ft. Fliche, Europe S. 457. — •) Const. 1, Nr. 396. M. v. Kn. 6, S. 50. Fliche, Philippe S. 448 u. Europe S. 508. Tangl S. 186.

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Königs übergeben, wir übergeben ihn dem Teufel. Er klagte in diesen Tagen darüber, daß er in den Herzen der Deutschen nicht die gesuchte Demut finde. Es kam vor, d a ß ihm aus der Umgebung des Erzbischofs Friedrich von Köln vorgehalten wurde, er möchte bei der Ausübung der kirchlichen Strafgewalt die Rechte des Metropoliten achten 1 ). Mit Philipp von Frankreich und dem Thronfolger Ludwig gab es keine Schwierigkeiten. Es blieb bei der durch Ivo von Chartres längst empfohlenen Trennung des Weltlichen und des Geistlichen im bischöflichen Amt, d. h. der König bestimmte die Auswahl der Person, ohne mit Ring und Stab zu investieren. Wie hätte Paschalis auch in dem Augenblick, in dem neuer heftiger Streit mit dem deutschen König auszubrechen drohte, gegen Frankreich scharf vorgehen können? Er begnügte sich mit der Wahrung der kanonischen Form und übersah geflissentlich die Vernachlässigung des kanonischen Inhalts, was natürlich seine Hoffnung auf eine Änderung in besseren Zeiten keineswegs ausschloß. Unter diesen Umständen kann es nicht wundernehmen, daß er in seiner bitteren Enttäuschung über die Deutschen den Rückweg nicht durch Deutschland, sondern durch Savoyen nahm. Am 1. September 1107 war er in Modena 2 ) und setzte dann seine Reise nach Rom fort. Zur Zeit, als er das ihm so gastlich geöffnete Frankreich verließ, wurde, sicher in seinem Sinn, in dem englischen Investiturstreit der Schlußstrich'gezogen. Am 1. August versammelten sich geistliche und weltliche Große in Westminster zur Beratung der kirchlichen Angelegenheiten auf einem Nationalkonzil 3 )! Am 4. Tage gelang eine Einigung gemäß den vorhergehenden Abmachungen: der König verzichtete auf die geistlichen Symbole Ring und Stab, Anselm ließ die Mannschaft gelten. Der König hatte nach wie vor die Person des Bischofs oder Abts zu bestimmen, obwohl sich alles in kanonischen Formen vollzog. Das ist das sogenannte Londoner Konkordat, das wir als einen Vorläufer des Wormser betrachten dürfen. Das Hauptverdienst hatten sich die französischen Theologen erworben, vor allem natürlich Bischof Ivo von Chartres. Man wird nicht bezweifeln, daß Heinrich I. siegte, aber Anselm hatte ihn doch genötigt, mit dem Papst zu verhandeln, und damit ein eindrucksvolles Beispiel gegeben,. auf das später zurückgegriffen werden sollte. Damit hatte die geistlich-politische Laufbahn des Erzbischofs ihren Höhepunkt überschritten. Er starb am 21. April 1109, nachdem er jahrelang im Vordergrund der englischen Geschichte gestanden hatte 4 ). Ohne jeden Zweifel besaß er bedeutende Eigenschaften, aber man würde doch wohl Bedenken tragen, ihn als einen großen Mann der Tat zu bezeichnen. Von seinem lange nachwirkenden theologischen Einfluß kann hier nicht die Rede sein. Heinrich V. war sicher höchst unzufrieden mit Philipp von Frankreich, der an gar keinen Gedankenaustausch mehr dachte und dem deutschfeindlichen Papst jede Unterstützung gewährte. Unmittelbar ») M. v. Kn. 6, S. 56 f. — 2 ) M. v. Kn. 6, S. 57. Fliehe, Philippe S. 448. — ») Ramsay 2, S. 261. H. Böhmer, Staat u. Kirche S. 160, 287. Adams S. 147. Carlyle 4, S. 112. Schwarz S. 140. Corbett, England S. 532. Brooke, Engl. Church. S. 154. — «) Ramsay 2, S. 264. Adams S. 150. C a r t e l l i e r i , Der Vorrang des Papsttums.

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gegen ihn vorzugehen, war er nicht in der Lage, aber da, wie er selbst in einem amtlichen Rundschreiben betonte, überall in deutschen Landen Friede herrschte, beschloß er, den schon längst unbotmäßigen Orafen Robert II. von Flandern dafür zu züchtigen, daß er den französischen Bischof Odo in Cambrai einführte und den kaiserlichen Walcher vertrieb, um auf diese Weise das Bistum ganz in seine Hand zu bekommen. Herzog Gottfried I. von Niederlothringen (Brabant) und Graf Balduin III. von Hennegau hatten darüber Klage erhoben. Es spricht für die Umsicht des Königs, d a ß er Cambrai als vorgeschobenen Posten an der westlichen Reichsgrenze nicht preisgeben wollte. Anfang November 1107 ging er bei Valenciennes über die Scheide und belagerte Douai, das Robert stark befestigt hatte und wo er sich aufhielt 1 ). Man wird beachten, d a ß die Stadt auf französischem Gebiet lag, aber zwischen Hennegau und Flandern strittig gewesen war 8 ). Wollte der König sich jetzt schon für einen späteren Angriff auf Frankreich einen Stützpunkt sichern? Wie so oft in jenen Zeiten scheiterte ein Sturm an der Festigkeit der Mauern. Die deutschen Fürsten empfahlen Verhandlungen, und so bekam Robert II. mehr, als ihm 1103 Heinrich IV. bewilligt hatte, nämlich die Burggrafschaft Cambrai und neben andren Plätzen hauptsächlich Le Cateau-CambrSsis (sö. Cambrai). Dafür leistete er den Lehnseid und versprach, den Bischof Walcher zu unterstützen. Heinrich V. mußte im Ruf großer Grausamkeit stehen. Denn es wird uns anschaulich geschildert, welcher Schrecken sich in Cambrai verbreitete, als seine Ankunft gemeldet wurde 8 ). Alle diejenigen Geistlichen und Bürger, die der Partei des kaiserfeindlichen Bischofs Odo angehört und sich an der Kommune beteiligt hatten, versteckten sich angsterfüllt, während die übrigen unter der Führung Walchers sich zum Empfang versammelten. Heinrich machte ihnen die heftigsten Vorwürfe, plante wohl auch sehr strenge Strafen, wurde aber von Walcher besänftigt und begnügte sich damit, daß die Kommune abgeschworen wurde. Die ihm gestellten Geiseln aus den vornehmsten Familien nahm er mit. Da er aber in den folgenden Jahren sich um die Durchführung seiner Anordnungen ohne eigene Schuld nicht kümmern konnte, kehrten die Bürger, diesmal im Einverständnis mit einem späteren Bischof, allmählich zu ihrer alten Verfassung zurück. Der Gedanke, die städtische Selbständigkeit zu fördern und damit an der Westgrenze einen starken Wall gegen Frankreich zu errichten, dürfte von Heinrich kaum erwogen worden sein. Zu fern lag ihm wie der ritterlichen Gesellschaft der Zeit das Verständnis für eine von unten nach oben strebende Bewegung. Die Loslösung der niederländischen Gebiete vom deutschen Reich und ihre Einbeziehung in den französischen Machtbereich ließ sich nicht mehr aufhalten, da die deutschen Herrscher durch die "von den Päpsten genährten inneren Parteikämpfe immer wieder abgelenkt wurden. Heinrich V. war der letzte, der sich ') Const. 1, Nr. 81. Reinecke S. 117. Vanderkindere 1, S. 144; 2, S. 58. M. v. Kn. 6, S. 67. Pirenne 1, S. 200, 211, 218. — 2 ) Vanderkindere 1, S. 132. Deicambre S. 260, 263 f. — 5 ) Reinecke S. 117, 119.

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so weit im Westen zeigte, wie man richtig bemerkt hat. Der Durchmarsch Ottos IV. gehört in einen anderen Zusammenhang, da Frankreich und nicht Niederlothringen das Ziel war. Heinrich V. wollte wie seine Vorgänger in Rom die Kaiserkrone erwerben und den Papst zwingen, ihm die Investitur zu überlassen; Paschalis wollte ihn in Rom durch ein allgemeines Konzil zum Verzicht auf die Investitur bewegen. Rom war demnach d a s gemeinsame Ziel völlig gegensätzlicher Bestrebungen. Ehe aber der König an die Vorbereitung des großen Unternehmens herantrat, widmete er den östlichen Verhältnissen eindringende Aufmerksamkeit. Es handelte sich um Ungarn. König Koloman hatte durch seine früher erwähnte Ehe mit Busilla, der Tochter Graf Rogers I. von Sizilien, ganz im Sinne der Kurie gehandelt und sein Ansehen im Abendland wesentlich erhöht 1 ). Er war auch sonst darauf bedacht, sich cluniazensischen und gregorianischen Gedanken anzupassen, überließ der Kirche die Einsetzung und Absetzung der Bischöfe, befreite die Geistlichkeit vom weltlichen Gericht und wich mit vielen seiner Maßnahmen ganz von den Regierungsgrundsätzen Stephans des Heiligen ab. Wir kennen seine ehrgeizigen Absichten auf Kroatien und Dalmatien 2 ). Sehr kam ihm zustatten, d a ß 1097 der letzte nationale König Kroatiens, Peter, im Kampfe gegen Ungarn gefallen und das in sich zerrissene Land nicht fähig war, aus seiner eigenen Mitte eine die Einheit verkörpernde Persönlichkeit mit der Führung zu betrauen 3 ). Die dalmatinischen Küstenstädte unterstellten sich im gleichen Jahr Venedig, und das geschah unter Billigung Ostroms, dessen enge Beziehungen zu der aufblühenden Seestadt wir kennen. Überdies war Ostrom durch den Durchmarsch der Kreuzfahrer und die durch sie bewirkten politischen Veränderungen in Kleinasien und Palästina stark in Anspruch genommen. Ehe aber Koloman Erfolge an der Adria erzielen konnte, erlitt er im April 1099 bei PrzemySl eine Niederlage durch die Russen, in deren Thronstreitigkeiten er eingegriffen hatte, um den räuberischen Kumanen die russische Hilfe zu entziehen 4 ). D a bot ihm 1102 ein Aufstand in Kroatien die ersehnte Gelegenheit, selbst hinzugehen und sich von den dortigen Stämmen als König von Kroatien und Dalmatien anerkennen zu lassen. Er wollte nicht als Eroberer, sondern als rechtmäßiger Herrscher gelten, machte den Edelleuten weitgehende Zugeständnisse und erhielt von ihnen das Versprechen der Heeresfolge. Die feierliche Handlung fand in Belgrad (Zaravecchia, Biograd) am Meer unmittelbar nach der Wahl durch den Zuruf des versammelten Volkes s t a t t 5 ) . Das Rechtsverhältnis der beiden Länder würde modern durch den Ausdruck Personalunion bezeichnet werden. Noch viel später haben die Kroaten gern betont, d a ß sie sich aus freien Stücken dem König von Ungarn angeschlossen hätten, und es ist damals ein Band geknüpft worden, das erst am Ende des Weltkrieges zerriß. Höman 1, S. 319, 334. — a ) Kretschmayr 1, S. 220. v. Siäiö 1, S. 319, Stammtafel, v. Vdczy S. 119 ff. H6man 1, S. 369. — ») v. SiliS 1, S. 353.5 Hauptmann S. 36. — *) Fessler 1, S. 207. v. Si§i£ 1, S. 364. Höman 1, S. 366. — ) Fessler 1, S. 203. v. Siäii 1, S. 367 ff., 377. de Voinovitch 1, S. 358. Höman 1, S. 188. 7*

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Die Uneinigkeit der Stämme trug die Schuld am Untergang des alten nationalen Königtums, dazu kamen verfehlte Maßnahmen einzelner Könige und der schädliche Einfluß lateinischer Bischöfe 1 ). Koloman bemühte sich von 1103 an, auch die dalmatinischen Küstenstädte, erst Spalato, später Zara und andere, dazu mehrere Inseln wirklich in seine Hand zu bringen, da Venedig zur Zeit außerstande war, sich dagegen zu wehren 2 ). Der Grund, weshalb sich Heinrich V. gegen Ungarn wandte, wird verschieden angegeben. Nach einer Quelle wäre es die Mißhandlung der Kreuzfahrer durch Koloman gewesen; doch darf man nicht übersehen, daß gerade der hochgestellte Lehnsmann des deutschen Reiches, Herzog Gottfried von Niederlothringen, in Ungarn gut behandelt worden war. An anderer Stelle ist davon die Rede, daß Koloman in einer Küstengegend die deutsche Reichsgrenze überschritten habe. Das würde gut zu der erwähnten Besitznahme der dalmatinischen Städte passen, wenn man annimmt, daß am Hofe des deutschen Königs trotz der Abtretung Karls des Großen von 812 noch Ansprüche darauf festgehalten wurden 3 ). Auch um territoriale Streitigkeiten zwischen Kärntnern und Kroaten könnte es sich vielleicht gehandelt haben. Den äußeren Anlaß zum Ausbruch der Feindseligkeiten bot jedenfalls das Hilfegesuch, das Kolomans Bruder Herzog Almos dem deutschen König vortrug 4 ). Almos, hinterhältig und untüch'tig, hatte sich schon mehrfach gegen seinen regierenden Bruder empört, aber immer wieder Verzeihung erhalten. Schließlich fürchtete er doch eine strenge Strafe, floh und erhob 1108 vor Heinrich V. Klage gegen Koloman. Man kann sich gut vorstellen, daß es dem deutschen König ziemlich gleichgültig war, wer in Ungarn herrschte, und daß es ihm nur darauf ankam, einen willfährigen Vasallen zu bekommen. So hatte Kaiser Heinrich III. mit Ovo und Peter, die Kaiserin Agnes als Regentin mit Andreas und Salomo zu tun gehabt 6 ), ohne daß es auf die Dauer gelang, das erstarkende Land, das seit dem Beginn der Kreuzzüge die Aufmerksamkeit viel mehr fesselte als früher, in Abhängigkeit zu halten. Heinrich V. rüstete hauptsächlich aus Bayern ein stattliches Heer aus, in dem sich zahlreiche Fürsten befanden. Herzog Swatopluk von Böhmen war gern bereit, Hilfstruppen heranzuführen. Der deutsche König hatte schon vorher, im Sommer 1108, sein Söhnchen aus der Taufe gehoben 6 ) und war ihm sehr gnädig gesinnt. Auszugehen ist von dem Aufstieg Böhmens im Lauf des 11. Jahrhunderts. Herzog Wratislaw II. war zum Dank für seine Reichstreue von Kaiser Heinrich IV. zum König gekrönt worden 7 ). Nach seinem Tode (1092) begann eine 33 Jahre dauernde Periode verheerender Thronstreitigkeiten, in deren Verlauf von fünf Herzögen zwei ermordet wurden und einer entthront wurde. Die Wurzel des Übels lag in dem Mangel an einer festen Erbfolge und an dem Widerstreit zwischen Böhmen und Mähren. Wer über Böhmen gebot, beanspruchte auch ') v. SigiC 1, S. 382. Hauptmann S. 36. Leger S. 466. — 2 ) Lenel, Vorherrschaft S. 21. Kretschmayr 1, S. 165, 220. Cartellieri 3, S. 250. Höman 1, S. 371. — ') Cartellieri 1, S. 232. — «) Fessler 1, S. 209. M. v. Kn. 6, S. 82. Höman 1, S. 318, 357, 359, 376. — «) Cartellieri 2, S. 421, 429, 432, 435 ; 3, S. 53. — •) Köster S. 246. — ' ) Cartellieri 3, S. 186.

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Mähren und umgekehrt 1 ). Nach der Ermordung Bietislaws am 22. Dezember 1100 erreichte es Anfang 1101 Udalrich von Brünn in Regensburg, daß ihn Heinrich V. gegen eine Geldzahlung im Gegensatz zu der früheren Belehnung Bofiwois auch wieder durch eine Fahne mit Böhmen belehnte. Bofiwoi behauptete sich aber gegen Udalrich 2 ). Erst dem Fürsten Swatopluk von Olmütz gelang es, alle Unzufriedenen um sich zu sammeln und dank sowohl polnischer als ungarischer Unterstützung am 14. Mai 1107 den böhmischen Herzogsstuhl zu besteigen. Bofiwoi beschwerte sich bei Heinrich V., Swatopluk wurde nach Merseburg vorgeladen und gefangengesetzt, aber weil Bofiwoi sich doch nicht durchsetzen konnte, wieder freigelassen. Swatopluk versprach Heinrich V. ungeheure Geldsummen und erpreßte sie von seinen Untertanen, wobei der Geistlichkeit sehr schwere Opfer auferlegt wurden. Den größten Teil zahlte er auch, der Rest wurde ihm im Hinblick auf seine versprochene Waffenhilfe gegen Ungarn erlassen 3 ). Höhere Gesichtspunkte finden sich auf keiner Seite. Der augenblickliche finanzielle Vorteil gab den Ausschlag. Am 6. September 1108 befand sich Heinrich auf dem Vormarsch in Tulln an der Donau (nw. Wien), am 29. war die Belagerung von Preßburg im Gang, aber ein klarer Erfolg wurde nicht erzielt 4 ). D a ß die verbündeten Böhmen das Land ihrer Art nach furchtbar verwüsteten, förderte die militärischen Operationen nicht. Überdies wurde Swatopluk genötigt, die Heimat gegen einen polnischen Einfall zu verteidigen. Ende Oktober richtete er unter den Adligen, die wirklich oder angeblich gegen ihn Verrat geübt hatten, besonders unter dem führenden Geschlecht der Werschowetzen, ein grausiges Blutbad an. Da auch Heinrich im Oktober den Rückzug angetreten hatte und am 4. November in Passau weilte, wollte Koloman an Swatopluk in Mähren Rache nehmen. Swatopluk kam ihm mit Böhmen und Mährern zuvor, verletzte sich aber am 12. November 1108 bei einem nächtlichen Ritt durch den Wald ein Auge so schwer, daß das Unternehmen abgebrochen werden mußte. Preßburg war schon 56 Jahre vorher durch Heinrich III. vergeblich belagert worden 5 ), und anläßlich der langen, verlustreichen und im Grunde wenig ergiebigen Ungarnkriege wurde schon bemerkt, d a ß die ritterliche Kampfweise an festen Mauern zu scheitern pflegte und allmählich erstarrte, statt durch technische Neuerungen schlagkräftiger zu werden. Man spreche hierbei aber nicht von „mittelalterlicher" Rückständigkeit; ähnliche Unterlassungssünden sind auch in neueren und neuesten Zeiten nicht unbekannt. Kaum genesen, begann Swatopluk im Februar 1109 einen Rachezug nach Ungarn über die gefrorenen Gewässer und machte ungeheure Beute, konnte aber die Burg Neutra (Nitra) am gleichnamigen Fluß (ö. Preßburg) nicht nehmen. Die östlichen Staaten Böhmen, Polen, Rußland, Ungarn befanden sich damals in starker Unruhe. Sie suchten, sich durch Eroberungen *) Bretholz S. 188 mit Stammtafel u. Anmerkungen zu Cosmas von Prag. — ') Bretholz S. 191. Köster S. 245 f. — ») Bretholz S. 193. — *) Fessler 1, S. 209. M. v. Kn. 6, S. 81, 86. Bretholz S. 194. Köster S. 246. Schünemann, Ungarn S. 101. de Voinovitch 1, S. 359, 367. — ") Cartellieri 3, S. 8.

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abzurunden und innerlich zu festigen. Daß Böhmen und Polen sich nicht vertragen konnten, erklärt sich daher, daß beide Herzogtümer den Ehrgeiz hatten, den Vorrang im mittleren Osten zu behaupten 1 ). Böhmen hatte sich seit geraumer Zeit an die Seite des deutschen Reiches gestellt, Polen aber nicht. E s strebte schon seit Jahren darnach, sich Pommern einzuverleiben, und vor allem Herzog Boleslaw III. Schiefmund (seit 1102) sah es als seine Lebensaufgabe an, dies Ziel zu erreichen. Er war trotz seiner 17 Jahre ein tüchtiger und kampferprobter Fürst, wurde aber durch die Umtriebe seines unehelichen Halbbruders Zbigniew immer wieder empfindlich gestört, weil dieser die Pommern gegen ihn aufhetzte 8 ). Man hat gesagt, daß diese Kriege für Polen eine ähnliche Bedeutung gehabt haben wie die Kreuzzüge für Germanen und Romanen. Boleslaw vernichtete am 10. August 1109 in einer äußerst blutigen Schlacht bei Nakel an der Netze ein sehr großes pommersches Heer und konnte nachher Nakel selbst sowie sechs andere Burgen einnehmen'). Gerade dieser bedeutende Machtzuwachs des Polenherzogs mußte Heinrich V. in der Absicht bestärken, Swatopluk gegen Polen zu helfen, wie er ihm das zum Dank für die gegen Ungarn geleistete Unterstützung im Jahre vorher zugesagt hatte. Der König stellte strenge Forderungen: Boleslaw III. sollte entweder die Hälfte seines Landes an Zbigniew abtreten oder jährlich 300 Mark Tribut zahlen oder ebensoviele Ritter schicken. Der Herzog lehnte, wie nicht anders zu erwarten war, alles ab, in erster Linie die Ausstattung Zbigniews, der ihm dann erst recht gefährlich geworden wäre. Daraufhin machte der König seine Drohung wahr und eröffnete nach Mitte August 1109 die Feindseligkeiten. Ob wirklich sein Heer Krieger aus allen deutschen Gauen zählte, muß zweifelhaft bleiben. Daß die Böhmen eifrig mittaten, versteht sich von selbst; sie rechneten wieder auf reiche Beute. Der Verlauf des Zuges entsprach in keiner Weise den Erwartungen Heinrichs und bewies ihm bald, daß er Zbigniew vorschnell Vertrauen geschenkt hatte. Von einem allgemeinen Abfall von Boleslaw war nicht die Rede. Beuthen an der Oder in Niederschlesien vermochte der König nicht zu bezwingen, Glogau belagerte er, nachdem er am 24. August die Oder überschritten hatte, vergeblich und erlitt sehr empfindliche Verluste. Flußaufwärts marschierend, gelangte er bis zur Burg Ritschen oberhalb Ohlau. Man meinte, daß Krakau sein Ziel sei. Aber daran war nicht zu denken. Der unablässige Kleinkrieg, den Boleslaw sehr geschickt organisierte, erhielt das deutsch-böhmische Heer in steter Spannung. Heinrich überzeugte sich davon, daß ein dauernder Gewinn nicht zu erzielen sei, und schloß mit Boleslaw ein Abkommen, dessen Bedingungen nicht eindeutig überliefert sind. Unmittelbar darauf, am 21. September 1109, wurde Swatopluk, als er sich bis in die Nacht mit dem König beraten hatte, durch einen verwegenen Meuchelmörder getötet, den wahrscheinlich die Werschowetzen angestiftet hatten. Damit war nicht nur das ganze Unternehmen end* ) Cartellieri 3, S. 10, 98, 115. — 2 ) M. v. Kn. 5, S. 64, 240. — a ) Schiemann S. 416 f. M. v. Kn. 6, S. 96; 7, S. 288. Artler S. 310. Hofmeister, Kampf S. 19, 43. Stasiewski S. 305.

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gültig gescheitert, sondern es entstand auch für Böhmen eine schwere Regierungskrise 1 ). Es genügt hier, das Ergebnis kurz zu verzeichnen. Zwei Brüder, Söhne Wratislaws II., der schon früher genannte Boiiwoi II. und der jüngere Wladislaw, stritten sich um die Herzogswürde. Nach mancherlei Wechselfällen versprach Wladislaw dem König den Jahreszins von 500 M. S., und dieser überschritt am 1. Januar 1110 mit Heeresmacht die böhmische Grenze. Auf seinen Befehl fanden sich alle böhmischen Großen im Dorf Rokitzan (ö. Pilsen) ein. Bofiwoi wurde ohne Gerichtsverfahren gefangengenommen, seine Anhänger verfielen strengen Strafen, soweit es ihnen nicht gelang, nach Polen zu fliehen. Wladislaw I. zahlte den herkömmlichen Tribut und war jetzt von Deutschland anerkannter Herzog. Dafür sollte er 300 Ritter nach Italien schicken. Sicher wurden in den eben geschilderten Kriegen keine glänzenden Ergebnisse erzielt, aber es gelang doch wenigstens, die einander nahestehenden Staaten Polen und Ungarn soweit einzuschüchtern, daß sie die Italienpolitik nicht störten. Noch schien das Ansehen des deutschen Reiches unerschüttert zu sein, und Heinrich V. konnte die dynastischen Streitigkeiten in Böhmen durch seinen Richterspruch beilegen. Wenn er im Osten für Frieden und Ordnung sorgte, stärkte er gleichzeitig den deutschen Einfluß. Gelang es, die dortigen Völker auf eine höhere Stufe der Gesittung zu heben, so kam das nicht zum wenigsten dem Christentum zugute. In diesen Zusammenhang gehört ein Plan, dessen Ausführung für die deutsche Geschichte die allergrößte Bedeutung gewinnen, die Grenzen des deutschen Volkstums nach Osten und Norden hinausschieben sollte. Politische, religiöse und wirtschaftliche Gründe empfahlen, deutsche Siedler in den slawischen Gebieten anzusetzen. Nur die Anfänge dieser umfassenden, in die Gegenwart hineinreichenden Bewegung können hier gestreift werden, da erst von der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts an ihre bedeutsamen Folgen klar zutage traten. Graf Wiprecht II. von Groitzsch (sö. Leipzig), dessen später wieder unter demselben Gesichtspunkt zu gedenken sein wird, holte 1104 aus Franken Siedler herbei*). Zwei Jahre später (1106) übertrug Erzbischof Friedrich von Hamburg-Bremen diesseits des Rheins wohnenden Holländern aus dem Bistum Utrecht das unbebaute, sumpfige sog. Hollerland ganz nahe bei Bremen gegen Zins und Zehnten, erlaubte ihnen auch, Kirchen zu bauen 3 ). Im Jahre 1108 erließen Erzbischof Adalgoz von Magdeburg mit seinen fünf Suffraganen, Graf Otto der Reiche von Ballenstedt, Graf Wiprecht II. von Groitzsch, Mutterbruder des eben genannten Erzbischofs, ein nicht näher bezeichneter Ludwig, vermutlich der thüringische Graf Ludwig II., und alle hoch und niedrig gestellten Männer des östlichen Sachsens einen wildleidenschaftlichen Aufruf 4 ) an genannte *) M. v. Kn. 6, S. 99, 112. Bretholz S. 196. Köster S. 246. Juritsch, Beiträge S. 101 f. — 2 ) Posse, Markgrafen S. 301, Stammtafel S. 251. Schulze S. 127, 165. — ') Regg. Bremen 1, Nr. 408. Haff S.347. — « ) NA. 7 (1882), S.624. Kötzschke, Quellen Nr. 3. Curschmann, Brandenburg S. 64, Anm. 2 u. Nachtrag. M. v. Kn. 6, S. 79. Artler, Streitkräfte S. 36, 332. Hauck, KG. 4, S. 619, Anm. 9. Krabbo, Elbslawen. Hofmeister, JBDG. 1926, S. 275. Seidlmayer, Ostkolonisation S. 202. Brackmann, Magdeburg S. 43, 47. Bünding S. 28.

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geistliche und weltliche Personen sowie an alle Sachsen, Franken, Lothringer und namentlich an die berühmten Flandrer, sie möchten dem Beispiel der Gallier (im ersten Kreuzzug) folgen, die durch ihre unmenschliche Grausamkeit und ihren wilden Christenhaß berüchtigten Heiden, d . h . die Elbslawen, mit der Schärfe des Schwertes züchtigen und sich in deren Land ansiedeln. Bei guter Bebauung würde es reichsten Ertrag liefern. Der König von Dänemark wolle helfen und ebenso der deutsche König (Heinrich V . ) . In dem Verfasser des Schriftstücks, das durchaus an die Kreuzzugspropaganda erinnert, so etwa an den angeblichen Brief des Basileus Alexius 1 ), glaubt man einen flandrischen Geistlichen aus der Diözese Doornik, vielleicht aus Brügge, zu erkennen, der sich in Sachsen aufhielt und im Sinne oder mit Vorwissen der Aussteller schrieb. Man wird beachten, daß Herzog Lothar, der doch an dem Unternehmen in erster Linie hätte teilnehmen sollen, gar nicht genannt wird. Wahrscheinlich stand er schori damals schlecht mit Otto dem Reichen von Ballenstedt, der bekanntlich 1112 für kurze Zeit das Herzogtum Sachsen erhielt 2 ). Der Anteil der Flandrer an der Kolonisation hat längst gebührende Beachtung gefunden, sei es, daß sie von den Fürsten gerufen wurden, sei es, daß sie eigenem Antrieb folgten 3 ). Die schlimme Hungersnot, die seit dem Jahre 1099 in zahlreichen Gegenden wütete, wird sicher eine treibende Ursache der Auswanderung gewesen sein, auch wenn diese erst dann stattfand, nachdem sich die Verhältnisse schon gebessert hatten 4 ). Welchen Widerhall der Aufruf gefunden hat, wird nicht überliefert. Man nimmt an, daß der König 1109 einzugreifen bereit war, aber durch den eben geschilderten Kriegszug gegen Polen abgelenkt wurde. Nachher mußte er die Romfahrt antreten. Nichts konnte der Ostpolitik förderlicher sein als die Willfährigkeit eines Papstes und der Ertrag der italienischen Stadtsteuern. Ostpolitik und Italienpolitik ergänzten sich glücklich, vermehrten beide die Kraft des Reiches. *) Cartellieri 3, S. 254. — s ) Bernhardi 1, S. 15. — ») Schulze S. 129. E. Michael, Geschichte 1, S. 43, 87. Brackmann, Magdeburg S. 49. — •) Curschmann, Hungersnöte S. 128.

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DRITTES B U C H .

DÄS ENDE DES INVESTITURSTREITS. (1109—1125.)

ERSTES KAPITEL.

DIE TRENNUNG VON STAAT UND KIRCHE. (1109—1114.) Aus den Vorgängen in Chälons hatte sich deutlich entnehmen lassen, daß die deutschen Fürsten mit der baldigen Romfahrt rechneten und kein Bedenken trugen, nötigenfalls gegen den Papst Gewalt anzuwenden. Gegen Ende 1109 schickte Heinrich V. eine besonders stattliche Gesandtschaft an Paschalis, die Erzbischöfe Friedrich von Köln und Brun von Trier, den für das Erzbistum Mainz in Aussicht genommenen bisherigen Kanzler Adalbert und einige Laien. Mit Recht nimmt man an, daß die ihnen mitgegebenen Weisungen in einer aus dem Lütticher Sprengel stammenden und vielfach auf Sigebert von Gembloux zurückgehenden Schrift enthalten waren 1 ). Sie stützte sich auf die sog. translatio imperii und auf Fälschungen zugunsten des Kaisertums, die die Namen Hadrians I. und Leos VIII. trugen, erinnerte an die von alters her geübte Investitur der Bischöfe durch die Könige und betonte ganz im Sinn Ivos von Chartres, daß die äußere Form der Investitur nebensächlich sei. Der König könne sie mit einem Wort, einer Urkunde, einem Stab oder irgendeinem andern Gegenstand erteilen. Der neue Bischof nehme am Tage der Weihe Ring und Stab vom Altar. Auf alle Fälle solle die Investitur mit Mannschaft und Eid der Weihe vorhergehen. Das sei der Regalien wegen notwendig; denn die christlichen Herrscher hätten die Kirche reich mit weltlichen Gütern ausgestattet. Papst Gregor I. habe einen Bischof bedauert, der zu arm war, um sich im Winter einen Mantel zu kaufen. Das könnte ein heiliger Mann gewesen sein, und von ihm brauchte keine Mannschaft gefordert zu werden! Mit einem Hinweis auf die vielen Verdienste, die sich die Könige, zuletzt Heinrich III., bei zwiespältigen Papstwahlen um den Frieden der Kirche erworben hätten, schlössen die streng sachlichen und maßvollen Ausführungen. Um Anfang Februar 1110 hielt der König Reichstag in Regensburg 8 ) und tat den Fürsten kund, daß er vom Papst die Kaiserkrone empfangen und, wie die Überlieferung lautet, die weiten Landschaften Italiens gemäß ihren alten Gewohnheiten und Gerechtsamen in brüder>) Lib. de lite 2, S. 495—504 ed. E. Bernheim. Const. 1, Nr. 446, 448 ff. Mirbt S. 74. M. v. Kn. 6, S. 105 f. Hauck, KG. 3, S. 896. Schlechte S. 45. Fliehe, Réforme grégorienne 3, S. 336. K. Jordan, Kaiserged. S. 105, 123. Funkenstein S. 27. Haller, Papsttum 2, 2, S. 536. — ' ) M. v. Kn. 6, S. 114.

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lichem Frieden mit Deutschland vereinigen wolle. Alles, was die Verteidigung der Kirche erfordere, sei er bereit, nach dem Willen des Papstes auszuführen. Die Fürsten gaben eidlich ihre Zustimmung, und dann wurden sofort überall in Deutschland die Rüstungen begonnen. Man sieht, daß sich Heinrich V. ganz wie sein Vater auf Propaganda verstand. Die päpstlichen Gesandten, die den König Anfang März 1110 in Lüttich trafen, brachten die Antwort des Paschalis 1 ). Darin wurde auf die Streitpunkte nicht eingegangen, sondern nur das kanonische Recht betont. Aber das war es ja gerade, was den König und den Papst trennte: Kirchenrecht stand gegen Reichsrecht, wie es immer wieder hervorgehoben werden muß. Politisch suchte Heinrich seine Stellung dadurch zu stärken, daß er Anschluß an England gewann. Von Frankreich, das immer päpstlicher wurde, versah er sich nichts Gutes. Philipp I. war am 29. oder 30. Juli 1108 in Melun gestorben 2 ). Es ist bezeichnend, d a ß er sich seiner vielen Sünden wegen unwürdig fühlte, neben dem heiligen Dionysius zu ruhen, und im Vertrauen auf die erbarmende Liebe des heiligen Benedikt in Saint-Benoit-sur-Loire (Fleuri, osö. Orléans) begraben zu werden wünschte. So geschah es dann auch. Man hat bemerkt, d a ß wenige Könige ungünstiger beurteilt worden sind als er, und es ist sicher leicht, ihm seine Tatenscheu und seine Gleichgültigkeit gegenüber den umwälzenden Zeitereignissen vorzuwerfen. Durch sein ehebrecherisches Verhältnis zu Bertrada von Montfort hat er das größte Ärgernis erregt, ist aber dank dem Zusammenwirken verschiedener Umstände einer wirklich strengen Bestrafung immer glücklich entgangen. Man darf auch nicht übersehen, daß er die Geistlichkeit reich beschenkt und den Hausbesitz der Krone erfreulich erweitert hat: er erwarb das Gàtinais (im Seinebecken), Corbie (ö. Amiens), das französische Vexin und vor allem Bourges mit Umgebung, so daß er seinen Einfluß auch südlich der Loire zur Geltung bringen und sich Aquitanien nähern konnte 8 ). Um die Rechte allerdings, die ihm als oberstem Lehnsherrn zustanden, hat er sich kaum gekümmert. Eine einheitliche Würdigung ist demnach kaum möglich, und vielleicht wird man sagen, daß gerade seine schwächlich erscheinende Zurückhaltung ihn davor bewahrt hat, in dem heftigen Kampf zwischen Kaiser und Papst Stellung nehmen zu müssen. Wir sahen, daß er in der Investitur die Formalitäten preisgab, aber das Staatsnotwendige festhielt. Seinen Nachfolger Ludwig VI. kennen wir schon und wissen, daß er in den letzten Jahren seines Vaters sich immer lebhafter an den Geschäften beteiligte. Wesentlich ist, daß seine bis dahin aufgeschobene Krönung auf den Rat Ivos von Chartres am 3. August 1108 durch Erzbischof Daimbert von Sens in Orléans nachgeholt wurde, um feindlichen Umtrieben vorzubeugen 4 ). Erst nach der feierlichen Handlung trafen Boten des Erzbischofs Radulf von Reims ein, die das Recht der ») M. v. Kn. 6, S. 115. — 2 ) Brächet S. 214. Fliehe, Philippe S. 76, 172, 527. Schwarz S. 133. — ' ) Cartellieri 3, S. 99, 100, 214. Fliehe, Philippe S. 147—151. — ») Luchaire, Louis VI Nr. 57. Schramm, Frankreich 1, S. 104, 117.

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Königskrönung für diesen beanspruchten, denen aber Ivo mit gelehrten Darlegungen entgegentrat. Die große Neuerung in der Regierung Ludwigs war sein Bund mit der Kirche 1 ), aber ehe sich dieser auswirkte, hatte er es mit der Normandie und England zu tun. Um Ende Februar oder Anfang März 1109 verlangte er von Heinrich I., er solle Gisors herausgeben oder schleifen und Mannschaft für die Normandie leisten. Von hier an spielen die oft verweigerten, höchstens unwillig vollzogenen Mannschaftsleistungen der englischen Könige für ihre festländischen Besitzungen im heutigen Frankreich mehrere Jahrhunderte lang eine große Rolle. Der König von Frankreich bestand auf seinem formalen Recht, der König von England, der als solcher von niemandem abhängig war, sah es bei seiner größeren Machtfülle als unwürdig an, sich als französischer Vasall zu bekennen. Ludwig erhielt eine Absage, und beide Parteien rückten ins Feld 2 ). Auf französischer Seite finden wir Robert II. von Flandern trotz jenes Vertrags von 1103 mit Heinrich von England, allerdings ohne d a ß wir wüßten, wie viele Ritter er mitführte, sowie die Grafen Theobald IV. von Blois und Wilhelm II. von Nevers. Auch Herzog Hugo II. von Burgund dürfte dabeigewesen sein. Theobald IV., Graf von Blois 3 ), seit 1125 II. Graf von Champagne, wahrscheinlich 1093 geboren, durch seine Mutter Adela ein Neffe Heinrichs I. von England, war einer der mächtigsten, aber gerade darum gefährlichsten Vasallen des Königs von Frankreich, den er unablässig bekriegte, gelegentlich allerdings auch unterstützte. Man hat ihn den bösen Geist Ludwigs VI. genannt. Er konnte es nicht verwinden, d a ß nicht er selbst die Krone trug. Auch er gehört in die Reihe der stets unbotmäßigen Übervasallen, wie sie im deutschen Reich nicht selten waren. Auf ihrem Vormarsch verwüsteten die Herren die Besitzungen Graf Roberts III. von Meulan, des Hauptratgebers Heinrichs I., und näherten sich Neaufles-Saint-Martin (sw. Gisors) an der Epte. Es wurde anscheinend nicht lange gekämpft, sondern ein Waffenstillstand geschlossen, weil Ludwig bei seiner bekannten Tatenlust gern dem Hilfegesuch des Markgrafen Raimund-Berengar III. von Barcelona gegen die Almoraviden entsprochen hätte 4 ). Aber er mußte doch darauf verzichten, ebenso wie sein Vorgänger Lothar 986 dem damaligen Grafen Borel II. nicht hatte Beistand leisten können 8 ). Der englisch-französische Krieg nahm bald wieder seinen Fortgang, und Heinrich I. ließ sich die Verteidigung der Normandie viel Geld kosten. Ludwig dagegen kam es sehr zustatten, daß die Grenzbewohner freiwillig normannisches Gebiet verwüsteten. Die Überlieferung ist dürftig, größere Zusammenstöße werden nicht erwähnt. Für die allgemeine Politik ist es wichtig festzuhalten, daß dem englischen König daran lag, nötigenfalls einen Bundesgenossen gegen Frankreich zu gewinnen. Unter diesen Gesichtspunkt fällt die Verlobung Heinrichs V. mit Adelaide, später wie ihre Mutter Mathilde genannt, der im *) Schwarz S. 134. — ' ) Luchaire, Louis VI S. CXV, Nr. 72. Adams S. 156. Fliehe, Europe S. 506, 510. — ») d'Arbois 2, S. 172, 275. Luchaire, Louis VI S. LXXXVII. — 4 ) Luchaire, Louis VI S. CXII, Nr. 73. Boissonnade S. 41. — •) Cartelüeri 2, S. 204. Ballesteros 2, S. 353.

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Januar oder Februar 1102 geborenen Tochter Heinrichs I. 1 )- W a s bewog den deutschen König zu seiner Werbung? Wahrscheinlich die Hoffnung auf Waffenhilfe gegen das mit dem Papst verbündete Frankreich, vielleicht auch auf freundliche englische Vermittlung, wenn er bei der Romfahrt mit den süditalienischen und sizilischen Normannen zu tun bekäme. Jedenfalls rechnete er darauf, daß sich die Königinmutter Mathilde für ihn verwenden würde 8 ), und es liegt daher der Gedanke nahe, daß hier wie in ähnlichen Fällen die Mutter gern die Tochter im Schmuck der Kaiserkrone gesehen hätte. Zu Pfingsten (13. Juni) 1109 hatten deutsche Gesandte mit Heinrich I. die nötigen Abmachungen getroffen. Zu Ostern (10. April) 1110 fand zu Utrecht die Verlobung, am 25. Juli zu Mainz die Krönung der jetzt achtjährigen Prinzessin durch Erzbischof Friedrich von Köln statt. Erzbischof Brun von Trier nahm sie in seine Obhut, um sie in die deutsche Sprache und Sitte einzuführen. Die Mitgift betrug 10 000, nach einer anderen Nachricht 15 000 M. S. Heinrich V. steht hier inmitten einer wohldurchdachten abendländischen Bündnispolitik. Den Ausdruck „europäische Politik" wird man wohl besser zurückhalten, bis der Begriff „ E u r o p a " greifbarer wird. Die umfassenden Vorbereitungen für den Zug über Berg nahmen inzwischen ihren Fortgang und erweckten wohl bei den benachbarten Slawen den Glauben, daß die Ostgrenze nicht mehr genügend geschützt sei. Im August 1110 plünderte eine räuberische Schar bis nach Hamburg hin. Graf Gottfried von Stormarn und Holstein begann, durch den Hohn eines schwer geschädigten Bauern aufgestachelt, vorschnell die Verfolgung, fiel aber in einen Hinterhalt und wurde erschlagen. Herzog Lothar unternahm einen erfolgreichen Rachezug und übertrug die erledigte Grafschaft dem Edelri Adolf von Schauenburg (heute Schaumburg, onö. Rinteln) als Adolf I. von Holstein 8 ). Durch diese glückliche Maßnahme erhielt ein hervorragend tüchtiges Fürstengeschlecht Gelegenheit, sich im Norden für die deutsche Sache viele Menschenalter hindurch erfolgreich zu betätigen. Der Blick Heinrichs V. mußte nach Süden gerichtet bleiben. Er besaß vielleicht mehr als viele seiner deutschen Zeitgenossen Verständnis für den Wert der öffentlichen Meinung und war auch nicht unempfänglich für das Urteil der Nachwelt. Deshalb betraute er seinen aus Irland stammenden Kaplan David, der ihm als Leiter der Würzburger Schulen bekanntgeworden war, mit der Aufgabe, 'den Romzug in allgemeinverständlicher Weise zu schildern 4 ). Leider ist dieses Werk nicht auf uns gekommen und uns nur dadurch bekannt, daß andere es benutzt haben. David kann mit Recht als der erste kaiserlich deutsche Hofhistoriograph bezeichnet werden. Seit Mitte August 1110 rückten die ungewöhnlich starken deutschen Heeressäulen auf verschiedenen Wegen in Italien ein 5 ). Der König selbst überschritt den Großen St. Bernhard und berührte Ivrea. Novara ver' ) Rößler S. 13. Ramsay 2, S. 267, 338 mit dem Geburtsjahr. Regg. Köln 2, Nr. 71. Adams S. 154. M. v. Kn. 6, S. 117, 120. Kirchner S. 48, 87. — ' ) Cod. Udalrici Nr. 142. Dazu Pivec, Studien 46, S. 260. — ' ) Bernhardi 1, S. 18. M. v. Kn. 6, S. 121. Pauls S. 7, Karte, 19. — ' ) Diet. Nat. Biogr. 5, S. 565. M. v. Kn. 6, S. 124. Manitius 3, S. 356, 1101. Pivec, Studien 46, S. 302. Erdmann, Untersuchungen S. 234, Anm. 3. — ») M. v. Kn. 6, S. 129.

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brannte er zur Strafe für seine Widersetzlichkeit 1 ). Mailand leistete keine Dienste, enthielt sich aber auch der Feindseligkeiten. Über die vereinigten Truppen wurde auf der Ebene von Roncaglia 2 ), nördlich des Po, nordwestlich von Piacenza, Heerschau gehalten. Jeder Ritter steckte nachts vor seinem Zelt eine Fackel an, und noch lange Jahre nachher ließ sich Otto von Freising von überlebenden Kriegsteilnehmern erzählen 8 ), wie die zahllosen Lichter, die den sehr weiten Umkreis des Lagers erhellten, den Einheimischen die unüberwindliche Macht des deutschen Herrschers zu Gemüt geführt hätten. Von irgendwelcher Widersetzlichkeit einzelner Fürsten gegen die Italienpolitik ist nichts bekannt. Gerade nach dem verderblichen kirchenpolitischen Streit der letzten Jahrzehnte wollten die Deutschen dem Papst und den Italienern einig entgegentreten. Sie waren durchaus damit einverstanden, daß der König die Kaiserkrone erstrebte. Daran, daß er weiter investierte, wurde kein Anstoß genommen. Den Marsch über den Apennin im November 1110 erschwerten wochenlanger Regen, Eis und Kälte ganz erheblich. Das Gepäck litt sehr. Daß viele Pferde zugrunde gingen, war für die Ritterschaft besonders schmerzlich. Weihnachten feierte Heinrich mit großer Prachtentfaltung zu Florenz 4 ). Arezzo, dessen Bürger die dortige bischöfliche Burg zerstört hatten, wurde zur Strafe in Brand gesteckt 5 ). In diesen Tagen, als die ernste Auseinandersetzung zwischen Staat und Kirche immer näher rückte, stellte sich Bischof Ranger von Lucca in einem der Gräfin Mathilde gewidmeten Buch ganz auf den strengsten Standpunkt Gregors VII. und wies es, indem er sich immer auf Christus berief, entschieden ab, daß Ring und Stab aus der Hand eines Laien entgegengenommen würden®). Es kam darauf an, wie sich die militärisch-politische Lage für Paschalis gestaltete 7 ). Als er im November 1107 aus Frankreich nach Rom zurückkehrte, mußte er gegen den aufsässigen Adel vorgehen, ohne eine wirkliche Befriedung zu erreichen. Er hielt es für klüger, von weiteren Versuchen abzusehen und sich nach Unteritalien zu begeben, wo ihm gemäß der seit einem halben Jahrhundert bestehenden Interessengemeinschaft Unterstützung versprochen wurde. Anfang Oktober 1108 hielt er zu Benevent eine Synode ab 8 ) und verschärfte jetzt das bekannte Investiturverbot dahin, daß nicht nur die empfangende, sondern auch die erteilende Persönlichkeit der Exkommunikation verfallen sei. Damit wurde Heinrich getroffen, auch ohne mit Namen genannt zu werden. Der Papst glaubte, so handeln zu müssen, weil auch Heinrich von England die Investitur verlangte, wenn sie dem deutschen König gestattet würde. Darum schrieb er an Anselm von Canterbury, daß er keinesfalls nachgeben werde, und drohte schon mit ») Graf S. 40. — ») Schrod S. 66. Cartellieri 3, S. 135. — ») Chron. 7, Kap. 14. — *) Davidsohn, Geschichte 1, S. 364. M. v. Kn. 6, S. 134. — 6 ) Davidsohn, Geschichte 1, S. 366. M. v. Kn. 6, S. 165. Graf S. 41. — •) Liber de anulo et baculo ed. E. Sackur, Lib. de lite 2, S. 504—533. M. v. Kn. 6, S. 126. Manitius 3, S. 48, 664. — ' ) Jaffi 1, Nr. 6174. M. v. Kn. 6, S. 57. — 8 ) Ital. pont. 8, S. 28, Nr. 92. M. v. Kn. 6, S. 89. Hauck, KG. 3, S. 896.

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dem Schwert des heiligen Petrus, das allerdings in Wahrheit das der Normannen war. Richard von Aquila, Herzog von Gaeta, zog dem Papst zu Anfang 1109 nach Rom voran, und dank den normannischen Kriegsleuten wurden die entfremdeten Güter bis etwa zum September wiedergewonnen, die Burgen und Stadtmauern der Aufständischen zerstört, zur Bürgschaft für künftiges Wohlverhalten Geiseln gestellt 1 ). Paschalis konnte glauben, daß er auf der Höhe stehe. Auf der Lateransynode vom 7. März 1110 legte er das Investiturverbot so aus, daß auch frommen Laien keinerlei Verfügung über kirchliche Dinge zugestanden wurde 2 ). Wenn ein Geistlicher sich durch einen Laien investieren ließe, sollte er, wie schon 1107 in Troyes bestimmt worden war, dem Bann verfallen. Für Heinrich V. bedeutete das nicht viel. Ohne weiter auf Widerstand zu stoßen, setzte er seinen Marsch in der Richtung auf Rom fort. Gesandtschaften gingen hin und her, aber nicht bloß zwischen dem König und dem Papst. Denn Heinrich versäumte nicht, im Januar 1111 eine Kundgebung an die Römer zu richten®), ähnlich wie es sein Vater 1081 und 1082 getan hatte 4 ). Er habe das Reich seiner Väter betreten und wünsche die Stadt, Haupt und Sitz seines Kaiserreichs, zu sehen, um sie zu ehren und zu bereichern, wie ein Vater seine Söhne, wie ein Bürger seine Mitbürger. Er komme in Frieden, um Recht zu schaffen und zu empfangen. Man bemerkt die sehr enge Verbundenheit des deutschen Königs mit Italien, die hier wie schon im vorhergehenden Jahr auf dem Regensburger Reichstag in der Propaganda zum Ausdruck kommt. In der Kirche S. Maria in Turri am Vorhof der Peterskirche fanden am 4. Februar 1111 entscheidende Verhandlungen zwischen Vertretern des Königs, die außer dem Kanzler Adalbert hauptsächlich Laien waren und deshalb rücksichtsloser vorgehen konnten, und Vertretern des Papstes statt; unter diesen wird Pierleone genannt, der einst Urban II. in dessen Bedrängnis wertvollen Beistand geleistet hatte. Die Deutschen stützten sich wieder auf die früher erwähnte Denkschrift von 1109 aus dem Lütticher Sprengel und verlangten die Kaiserkrönting, der Papst verlangte als Gegenleistung den Verzicht auf die Investitur. So kam man nicht weiter. Als die Deutschen die Frage aufwarfen, was denn dem König bleibe, wenn die angeblich seit Karl dem Großen üblichen Investituren wegfielen, da ja alle Kaiser die Kirche überreich beschenkt hätten, machte Paschalis den Vorschlag, für den er später so schwer büßen sollte, die gesamten Regalien dem König zurückzugeben und die Kirchen auf die Zehnten und Oblationen sowie die nicht vom Reich stammenden Besitzungen zu beschränken. Sehr mit Recht wandten die Deutschen, die darauf nicht gefaßt waren, ein, daß der König nicht durch Kirchenraub ein schweres Verbrechen begehen wolle, aber Paschalis zerstreute ihre Bedenken durch einen Hinweis auf seine Banngewalt. Gregorovius, Rom 4, S. 310. M. v. Kn. 6, S. 103. — 2 ) Const. 1, Nr 397. M. v. Kn. 6, S. 125. Hauck, KG. 3, S. 897. Haller, Papsttum 2, 2, S. 536. — 3 ) Const. 1, Nr. 82. M. v. Kn. 6, S. 140. Pivec, Studien 46, S. 270. — «)Cartellieri 3, S. 177, 179.

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In dem Vorvertrag, der jetzt zustande kam und der noch urkundlich festgelegt werden sollte, versprach der König eidlich, jeder Investitur zu entsagen, sobald der Papst über die Regalien zugunsten des Reiches verfügt hätte, das Patrimonium des heiligen Petrus gemäß den Schenkungen Karls (des Großen), Ludwigs (des Frommen), Heinrichs (II.) und anderer Kaiser zu achten, sowie die Sicherheit des Papstes durch hochangesehene Geiseln zu gewährleisten 1 ). Voraussetzung war die Zustimmung der geistlichen und weltlichen ReichsfUrsten und die Kaiserkrönung durch den Papst. Ob der in England und in Frankreich gefundene Ausweg, d a ß der König auf Ring und Stab als rein geistliche Symbole verzichtete, aber doch den maßgebenden Einfluß auf die Ämterbesetzung übte, erwogen und verworfen oder überhaupt nicht erwogen wurde, läßt sich nicht erweisen. Im Namen des Papstes versprach Pierleone, d a ß der Papst unter Androhung des Anathems die Rückgabe der Regalien, nämlich der Städte, Herzogtümer, Marken, Grafschaften, Münzen, Zölle, Märkte, Reichsvogteien, Zentgerichte, Reichshöfe, Reichsritterschaften und Bürgen befehlen und den König gemäß dem Herkommen krönen würde. Am Krönungstage würde Pierleone dem König Geiseln für dessen Sicherheit stellen. An und für sich war es nichts Auffallendes, wenn die schädlichen Folgen einer Verstrickung der Geistlichen in weltliche Geschäfte oder weltliche Lebensweise getadelt wurden. E s war von frommen Männern immer dagegen geredet und auch versucht worden, die Beteiligten selbst zur inneren Umkehr zu veranlassen. Allem Anschein nach wurde aber wenig erreicht. Wie erklärt sich die so plötzliche schroffe Stellungnahme des Paschalis? Davon kann keine Rede sein, d a ß ihm etwa das Armutsideal der ältesten Kirche vorgeschwebt hätte. Auch ein Einfluß des Kardinals Deusdedit ist nicht anzunehmen 2 ). Paschalis hatte sich erst die allergrößte Mühe gegeben, wie aus den Beschlüssen der letzten Synoden zu entnehmen ist, die Laieninvestitur zu beseitigen. Weil sich diese Lösung als unmöglich erwies, geriet er in seiner Weltfremdheit und abstrakten Denkweise auf den Ausweg, die Investitur dadurch gegenstandslos zu machen, d a ß er ihr die materielle Grundlage entzog und die Regalien dem König zurückgab. Die ungeheuren Schwierigkeiten, die dabei entstehen mußten, konnte er sich kaum verhehlen, aber die Zeit drängte, auf normannische Hilfe war nicht zu rechnen, und das große deutsche Heer näherte sich den Toren Roms. Wahrscheinlich hatte e r von jener Lütticher Denkschrift über die Bischofsinvestitur Kenntnis®) bekommen. Mit einem Schlage glaubte er, sein höchstes Ziel, die innere Freiheit der Kirche, d. h. ihre Befreiung von aller Weltlichkeit, zu erreichen und gleichzeitig mit dem wegen ») Const. 1, Nr. 83—86, 99, 100. Gregorovius, Rom 4, S. 316. M. v. Kn. 6, S. 143, 147. Hauck, KO. 3, S. 898. Carlyle 4, S. 117, 122. v. Bazan, Heinrich S. 36. Pivec, Studien 46, S. 272. Kratz, Armutsged. S. 5. Heinemeyer S. 378. — ') Kratz S. 37. — ») Kratz S. 25, 51, 65. Oben S. 107. C a r t e l l i e r i , Der Vorrang des Papsttums.

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seines scharfen Vorgehens gefürchteten Herrscher in Frieden auszukommen. Er überschätzte die religiösen, er unterschätzte die materiellen Antriebe in der hohen Geistlichkeit. Die Verweltlichung war längst viel weiter vorgeschritten; als er sich jemals klargemacht hatte. Sicher wäre der König durch die Rückerstattung der Regalien sehr viel reicher und mächtiger geworden. Aber deshalb brauchte ihm nicht Feindschaft gegen die römische Kirche zugetraut zu werden. Wir kennen die Beratungen nicht, die im Kardinalskollegium stattfanden, aber wir wissen heute aus der Geschichte der späteren Jahrhunderte, d a ß gerade absolute Herrscher den päpstlichen Ansprüchen sehr willfährig gewesen sind. Dagegen wird das bis zum offenen Ungehorsam gesteigerte Selbstbewußtsein, das einzelne deutsche Kirchenfürsten, wie z. B. Liemar von Hamburg-Bremen 1 ), zuf Zeit Gregors VII. zur Schau trugen, ganz abgesehen von dem Verhalten der Heinrich V. umgebenden Bischöfe, an der Kurie nicht vergessen worden sein. Einige Tage später, am 9. Februar, schwur in Sutri (nw. Rom) Heinrich, wie verabredet, den Sicherheitseid für den Papst und für diejenigen, die ihm in dessen Namen Sicherheit leisteten, besonders für Pierleone, unter der Voraussetzung, daß der Papst am folgenden Sonntag, dem 12. Februar, ihren Vertrag erfüllte. Desgleichen schwuren die deutschen Großen unter derselben Voraussetzung 2 ). Am Sonntag Estomihi, dem 12. Februar 1111, fand der überaus feierliche Einzug des Königs in Rom statt 3 ). Alles vollzog sich nach dem feststehenden Zeremoniell und ohne größere Störungen. Doch wurden einzelne Deutsche, die sich in der Stadt zerstreuten, getötet oder verwundet, jedenfalls aber beraubt. Ob sie sich vorher an Bürgern oder deren Habe vergriffen hatten, wird nicht gesagt. An der Silbernen Pforte, dem Haupteingang der Peterskirche, verlas Heinrich öffentlich eine Urkunde, laut der er allen Kirchen ihren ganzen, von seinen Vorgängern empfangenen Besitz in feierlichster Weise bestätigte, und erklärte, d a ß er aus Furcht vor Gottes Gericht daran nichts ändern wolle. Gemeinsam betraten er und der Papst die Kirche und ließen sich auf den bereitgestellten Sitzen nieder. Zuerst wurde der Verzicht des Königs auf die Investitur, darnach die Rückgabe der Regalien an das Reich verlesen. Anscheinend wurde aber die zweite Verlesung jäh abgebrochen, denn es erhob sich ein wilder Sturm der Entrüstung unter den geistlichen und weltlichen Fürsten, jene wollten nicht von ihrer hohen Stellung als Reichsfürsten auf die von kirchlichen Beamten hinuntergedrückt werden, diese wollten nicht ihrer Reichslehen verlustig gehen. Beide, so wird man annehmen, sahen vor sich das Schreckbild eines königlichen Absolutismus auftauchen. Wenn Paschalis sich klugerweise in dem Vorvertrag den Weiterbesitz des Patrimoniums Petri gesichert hatte, während die übrigen geistlichen Güter verlorengingen, so schien er damit recht eigennützig gehandelt zu haben. Die heftigsten Vorwürfe wurden ihm ins Gesicht geschleudert, ja es fiel schon das böse Wort Ketzerei. Von der beabsichtigten Kaiser') Cartellieri 3, S. 132. — *) Const. 1, Nr. 87, 88, 99. M. v. Kn. 6, S. 146. Pivec, Studien 46, S. 275. — ») Const. 1, Nr. 89, 90, 99, 100. M. v. Kn. 6, S. 150. Bäseler S. 84. Pivec, Studien 46, S. 265, 271, 274. Hampe, Kaisergesch. S. 86.

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krönung konnte nicht mehr die Rede sein. Was sollte geschehen? Heinrich verlangte jetzt bestimmt die Bewilligung der Investitur, auf die er ja nur unter der vom Papst nicht erfüllten Voraussetzung verzichtet hatte. Paschalis lehnte das ab, weil er sich nicht die Kraft zutraute, den Widerstand der hohen Geistlichkeit zu brechen. Es gab noch einen lauten Wortwechsel, der sich auf die Straße fortpflanzte, zwischen Königlichen und Päpstlichen. Schließlich ließ der König den Papst und viele seiner Kardinäle gegen Einbruch der Nacht gefangen abführen. Einzelnen Kardinälen war es gelungen, in Verkleidung aus der Peterskirche zu fliehen. Sie mögen durch die Leidenschaft, mit der sie schilderten, wie sie bedroht oder mißhandelt worden seien, die Menge zum Angriff auf die Deutschen gereizt haben. Man darf nicht vergessen, daß diese sich in der Verteidigung befanden und d a ß es um Leben und Tod ging 1 ). Der Kampf, der am 13. Februar frühmorgens scharf einsetzte, verlief für die Deutschen zuerst ungünstig. Das ganze Heer war natürlich nicht um St. Peter versammelt, der größte Teil lagerte außerhalb der Stadt. Heinrich V., der sich mutig ins Gewühl stürzte, wäre erschlagen worden, wenn ihm nicht der Mailänder Vizegraf Otto sein Pferd gegeben und ihn damit gerettet hätte. Otto wurde gefangengenommen und von den rasenden Feinden in Stücke gerissen. Auf beiden Seiten waren die Verluste beträchtlich, ohne d a ß eine klare Entscheidung erzielt wurde, wie das bei unübersichtlichen Straßenkämpfen leicht vorkommt. Heinrich behauptete die Leostadt, mußte aber damit rechnen, daß es den Bürgern bei einem neuen Ansturm gelang, sich seiner Gefangenen zu bemächtigen. Deshalb zog er in der Nacht vom 15. auf den 16. Februar heimlich ab und ließ den Papst mit einigen Kardinälen in die Burg Tribuco (an der Mündung der Farfa in den Tiber) bringen 2 ). Die übrigen Kardinäle kamen unweit davon nach Corcolle. Heinrich selbst nahm bei Ponte Lucano (sw. Tivoli) eine günstige Stellung ein. Er mußte sowohl mit einem römischen als auch mit einem normannischen Vorstoß rechnen. Römer hatten sich oft genug gegen die verschiedensten Päpste aufsässig gezeigt. Jetzt aber fehlte es nicht an Männern, die ihr Blut für Paschalis vergossen, zweifellos aus der Überzeugung heraus, daß es ihrer aller größter Schaden sein würde, wenn er in der Gewalt des deutschen Königs bliebe. Man hört nichts davon, daß sich etwa noch Wibertisten gerührt hätten. Der jähe Umschlag politischer Leidenschaften in Rom ist übrigens aus verschiedenen Jahrhunderten bekannt. Heinrich V. hat bei den erregenden Vorgängen des Februar geglaubt, der Papst habe ihm eine Falle stellen wollen und eine Verpflichtung übernommen, von deren Unausführbarkeit er von vornherein überzeugt war. Ein solcher Verdacht erklärt sich aus der Hitze des Streites, ist aber nicht gerechtfertigt. Der König konnte eine Persönlichkeit wie die des Paschalis überhaupt nicht verstehen und suchte schnöden Betrug dort, wo nur Unklarheit und Schwäche vorhanden waren. Const. 1, Nr. 99, S. 148. M. v. Kn. 6, S. 161. Graf S. 41. — s ) W. Holtzmann, Investiturstreit S. 296. 8*

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Die Bedeutung von Heinrichs Gewaltsamkeit ist mit Recht stark hervorgehoben worden 1 ). Doch würde man irren, wenn man glauben wollte, das Papsttum habe vorher für unantastbar gegolten. Man erinnert sich daran, wie Otto I. mit dem gegen seinen Willen erhobenen, aber durchaus würdigen Benedikt V. und wie Heinrichs V. Großvater mit den drei Päpsten in Sutri und Rom verfuhr. Von der Mißhandlung Johanns X V I . - Philagathos, die Otto III., wenn auch ungern, geschehen ließ, sei abgesehen 2 ). Auch die geringe Achtung, die Päpste oft in ihrer nächsten Umgebung während der bekannten Parteikämpfe genossen, und die Grausamkeit, mit der sie Gegenpäpste behandelten, darf nicht vergessen werden. Die einzelnen Fälle lagen immer anders, aber die Ereignisse von 1111 gehören doch in die lange Reihe päpstlicher Demütigungen, die bis zur Gefangennahme Pius' VII. auf Befehl Napoleons ( 1 8 0 9 ) reichen. Die Heiligkeit des Papstes stand theoretisch vollkommen fest, hing aber praktisch von den Wandlungen der Machtverhältnisse ab. Der Kardinalbischof Johann von Tuskulum, einer von denen, die sich hatten in Sicherheit bringen können und der jetzt den gefangenen Papst vertrat, versuchte, die Normannen herbeizuholen, die j a auch Hilfe versprochen hatten. Nur Fürst Robert I. von Capua schickte B e waffnete, die bis Ferentino (ö. Velletri) gelangten, aber gleich wieder umkehrten, weil sie sich den kaiserlich gesinnten Baronen der Gegend nicht gewachsen fühlten 3 ). Oft genug hatten die Normannen den Päpsten durch ihre ungestüme Tapferkeit unschätzbare Dienste geleistet. Durch eine merkwürdige Fügung des Schicksals war es diesmal anders. Ihnen fehlte ein Führer. Herzog Roger Borsa von Apulien war am 2 2 . Februar 1111 gestorben, und für seinen unmündigen Sohn Wilhelm II. regierte seine Witwe Adela von Flandern 4 ). Sie war in erster Ehe mit Knut II. dem Heiligen von Dänemark verheiratet gewesen. Roger Borsas Halbbruder, Fürst Bohemund von Antiochien, von dessen letzten Kämpfen mit Ostrom an anderer Stelle die Rede sein wird, folgte ihm am 7. März im Tode n a c h 5 ) . Für seinen kleinen, um 1109 geborenen«) Sohn Bohemund II. übernahm Konstanze von Frankreich die Regentschaft. Graf Roger I. von Sizilien war bereits am 22. Juni 1101 gestorben 7 ) und hatte zwei Söhne hinterlassen: Simon, der schon am 28. September 1105 zwölfjährig s t a r b 8 ) , und den am 22. oder 23. Dezember 1095 geborenen Roger I I . 9 ) . Hier finden wir Rogers I. Witwe Adelaide von Turin an der Spitze der Geschäfte 1 0 ). Drei Frauen waren für die militärisch-politischen Entschlüsse in Süditalien maßgebend. Keine hatte Lust zu Abenteuern, jede dachte nur daran, ihr Land für den Erben unversehrt zu erhalten. Weit davon entfernt, sich gegen den überlegenen deutschen König feindlich zu ») Pivec, Bedeutung S. 224. — s ) Cartellieri 2, S. 113,476,245. — *) M. v. Kn. 6, S. 129, 165. Chalandon, Histoire 1, S. 314. — «) Chalandon, Histoire 1, S. 313 mit dem Datum. M. v. Kn. 6, S. 167. — 5 ) Röhricht, Königreich S. 67 mit dem Datum. Chalandon, Essai S. 249, Anm. 6. Yewdale S. 133. — •) Grousset 1, S. 482. — 7 ) Caspar, Roger S. 22, 24, 482. — 8 ) Caspar, Roger S. 26, 481, 483. Aman 3, 1, S. 199, 352. — •) Caspar, Roger S. 22, 481 zum 22., Amari 3, 1, S. 199, Anm. 2, zum 23. Dez. — 1 0 ) Cartellieri 3, S. 248.

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stellen, setzten sie nur ihre Burgen in Verteidigungszustand. Jener Robert von Capua, der eben noch hatte eingreifen wollen, bat den König jetzt um Frieden und Sicherheit. Noch eine andere Gefahr drohte den Normannen, nämlich daß die langobardische, von ihnen immer so hart bedrückte Bevölkerung sich im Bunde mit den Deutschen erhöbe und sie vertriebe 1 ). • Inzwischen bemühten sich deutsche Fürsten, den Papst zur Nachgiebigkeit zu bewegen, und da auch die Römer erkannten, daß sie das noch in der Nähe stehende deutsche Heer keinesfalls zurückschlagen könnten, kam nach zwei Monaten, am 11. April 1111, ein Vertrag zwischen dem König und dem Papst zustande, den man nach Ponte Mammolo, der Brücke über den Aniene (Anio) bei Tivoli, zu nennen pflegt, richtiger aber nach Sette Fratte östlich davon nennen sollte*). Paschalis, durch seine eigene und seiner Umgebung Gefangenschaft tief gebeugt, durch die Furcht vor einem neuen Schisma gepeinigt, glaubte, für die Rettung der Kirche auch das schwerste Opfer bringen zu müssen, und gewährte die Investitur, um die seit Jahrzehnten so heftig gestritten worden war. In seinem Namen schwuren 16 Kardinäle, d a ß er von allen Vergeltungsmaßregeln für die erlittene Unbill absehen, die Person des Königs niemals bannen und ihn gemäß dem Herkommen krönen würde 8 ). Im Namen des Königs schwuren Erzbischof Friedrich von Köln, drei Bischöfe, der Kanzler Adalbert und neun Grafen, den Papst und alle Gefangenen freizulassen, der Stadt Rom Frieden zu gewähren, den Papst im Besitz seiner Würde zu schützen, der römischen Kirche ihre Besitzungen zurückzuerstatten und dem Papst zu gehorchen unter Vorbehalt des Rechts (honor) des Königreichs und Kaiserreichs. Am nächsten Tage, dem 12. April, wurde in aller Eile im Lager die vielerörterte Urkunde aufgesetzt und in der Nacht von einem aus Rom geholten Schreiber ausgefertigt 4 ). Paschalis erklärte sich damit einverstanden, daß ein mit Zustimmung des Königs ohne Simonie frei gewählter Bischof oder Abt die Investitur mit Ring und Stab und dann erst von dem zuständigen Erzbischof oder Bischof die Weihe empfinge. Die reichen Schenkungen der früheren Kaiser an die Kirche sollten jetzt der Stärkung des Königreichs dienen und die bei zwiespältigen Wahlen häufigen Zwistigkeiten durch die königliche Majestät abgestellt werden. Die Übertretung dieser Bestimmungen wurde unter Androhung des Banns und der Amtsentsetzung verboten. Der Papst mußte seine Unterschrift daruntersetzen. Den formelhaften, für den König schmeichelhaften Wendungen könnte niemand entnehmen, unter welchem Zwang, in welcher Gewissensnot dies Investiturprivileg zustande kam. Der Gegenpapst Maginulf - Silvester IV., der im königlichen Lager für alle Fälle bereitgehalten worden war, hatte seine Rolle ausgespielt. Er entsagte allen Ansprüchen auf den apostolischen Stuhl und versprach dem katholischen Papst Paschalis Treue und Gehorsam»). *) Chalandon, Histoire 1, S. 314. Cartellieri 3, S. 13 f., 162. — ») W. Holtzmann, Investiturstreit S. 297. — s ) Const. 1, Nr. 91—95, 101. M. v. Kn. 6, S. 168, 241. Carlyle 4, S. 126. Pivec, Studien 46, S. 279. Hampe, Kaisergesch. S. 87. K. Jordan, Kaiserged. S. 124. — «) Const. 1, Nr. 96 mit dem Datum der Vorbemerkung (S. 149). M. v. Kn. 6, S. 171. Pivec, Studien 46, S. 281. — 5 ) Const. 1, Nr. 98.

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Am 13. April, einem Donnerstag, der dem Herkommen nicht entsprach, fand die Kaiserkrönung in St. Peter statt 1 ). Die Stimmung war ganz anders als am 12. Februar. Damals frohe Erwartung, jetzt Mißtrauen und Furcht. Alle Stadttore waren geschlossen worden, um Störungen zu verhindern. Das Investiturprivileg übergab Heinrich dem Papst, und dieser mußte es ihm nach der Krönung selbst überreichen. Daran schlössen sich die Messe, die Abendmahlsfeier und der Austausch von Küssen an. Am Ausgang der Kirche setzten Vertreter der Bürgerschaft dem neuen Kaiser einen goldnen Reif als Abzeichen des Patricius auf. Heinrich kehrte gleich nachher in sein Lager vor der Stadt zurück, versäumte aber nicht, den Papst, die Kardinäle und viele andere Geistliche überreich zu beschenken. Die entscheidende Frage mußte lauten, ob nunmehr wirklich die deutsche Reichsverfassung zugunsten des Königtums wesentlich verändert oder ob das dem Papst abgerungene Zugeständnis bald wertlos werden würde. Zunächst schien alles in bester Ordnung zu sein. Von einem Marsch nach Süden sah Heinrich ab 2 ). Man könnte denken, daß er erwogen hätte, die von den Normannen immer gepeinigte Iangobardische Bevölkerung Apuliens aufzurufen und mit ihrer Hilfe die normannischen Staaten aufzulösen. Aber es ist nichts darüber überliefert. Heinrich ging nach Norden, überschätzte, wie es scheint, die Dauerhaftigkeit seines Zwangfriedens durchaus. Vom 6. bis 8. Mai U l i genoß er die Gastfreundschaft der Gräfin Mathilde zu Bianello 3 ). Ohne Dolmetscher konnte er sich mit ihr deutsch aussprechen. Mathilde hatte sich schon bei früheren Verhandlungen neutral gehalten und nur ausbedungen, d a ß sie keinesfalls etwas gegen den heiligen Petrus tun würde. Jetzt erwies ihr der Kaiser hohe Ehre, ernannte sie, wie es in der Quelle heißt, zur „Vizekönigin in Ligurien" und traf mit ihr ein festes Abkommen, dessen Inhalt nicht bekannt ist. Ob es sich, wie man vermutet hat, auf die Erbfolge in ihren Eigengütern bezog, steht dahin. Die einfachste Erklärung für die Wandlung in der politischen Auffassung der bedeutenden Frau liegt darin, d a ß sie jetzt etwa 65 Jahre alt war 4 ) und für den Fall ihres Todes ihren Untertanen die Schrecken eines Krieges ersparen wollte. Und was ihre Eigengüter betrifft, so waren diese von den Reichslehen kaum sicher zu unterscheiden, und derjenige, der auf die einen begründete Ansprüche zu erheben hatte, konnte, wenn er der Mächtigere war, die Grenze zu seinen Gunsten ziehen. Heinrich IV. hatte in der Zeit seiner schlimmsten Bedrängnis 1095 mit Venedig enge Beziehungen angebahnt. Heinrich V. wiederholte am 22. Mai 1111 die älteren Privilegien Heinrichs IV., Ottos II. und Ottos III. zugunsten des Dogen Ordelafo Falieri, den er als seinen ihm durch unzerstörbare Bande verknüpften Freund rühmte 5 ). Const. 1, Nr. 97, 101. M. v. Kn. 6, S. 174. — 2 ) W. Holtzmann, Invest.Streit S. 293. — ') M. v. Kn. 6, S. 178. Grimaldi S. 329. Donizo S. 94, 97, Anm. Graf S. 43. Simeoni S. 151. Güterbock, Piacenza S. 41. — *) Cartellieri 3, S. 141, dazu Donizo S. 105, Anm. — 5 ) Const. 1, Nr. 102. Kretschmayr 1, S. 221, 432. M. v. Kn. 6, S. 180. Cartellieri 3, S. 249. Pivec, Studien 46, S. 283.

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Um Anfang Juni 1111 weilte der Kaiser wieder in Deutschland 1 ). Nachdem er sich der Zustimmung des Paschalis versichert hatte, sorgte er dafür, daß am Todestage seines Vaters, dem 7. August, dieser mit allen Ehren im Dom zu Speyer neben Heinrich III. seine letzte Ruhe f a n d 8 ) . Außerdem bewilligte er am 14. August den Bürgern der Stadt die Abschaffung des drückenden „Buteils", der Erbschaftssteuer, unter der Bedingung, daß sie alljährlich am Gedächtnistag feierlich der Armen gedachten. Damit sollte die Vergangenheit ausgelöscht, das, was der Sohn dem Vater einst angetan hatte, gesühnt sein. In Mainz belohnte er den Kanzler Adalbert am 15. August für seine ausgezeichneten Dienste durch die Verleihung des Erzbistums Mainz und übertrug es ihm mit Ring und S t a b 3 ) . Er konnte nicht ahnen, daß aus diesem ihm lange Zeit unentbehrlichen Helfer nach nur wenigen J a h ren sein bitterster Feind werden würde. In ihm täuschte er sich nicht weniger als in Herzog Lothar. Für die Weiterentwicklung der Verhältnisse in Italien und in Deutschland kam es darauf an, ob Paschalis sich mit der königlichen Investitur abfinden würde oder nicht. Er selbst hätte es wahrscheinlich getan oder zum mindesten abgewartet, ob der König es verstand, wirklich tüchtige und tugendhafte Männer auf die Bischofsstühle zu setzen. Aber die Kardinäle, deren Einfluß sich gerade unter diesem Pontifikat stark geltend machte 4 ), waren päpstlicher als der Papst. Schon im Juni 1111, als Heinrich V. Italien eben verlassen hatte, taten sich die früher genannten Kardinalbischöfe Johann von Tuskulum und Leo von Ostia mit anderen Bischöfen zusammen und drängten Paschalis, das Geschehene rückgängig zu machen. Obwohl er mit dem Kaiser noch in äußerlich freundschaftlichem Verkehr stand, begann er, immer unsicherer zu werden und zu überlegen, wie er seine Haltung ändern könnte, ohne eidbrüchig zu werden. W i e heftig das Privileg vom 12. April umstritten war, lehren uns Briefe und Streitschriften, die ungefähr aus dieser Zeit stammen. Kardinalbischof Brun von Segni (sö. Rom), der gleichzeitig Abt von Monte Cassino war, machte dem Papst heftige Vorwürfe wegen seiner Schwäche, rief dessen eigene Beschlüsse gegen die Laieninvestitur ins Gedächtnis und ermahnte ihn, der Kirche wieder zur Freiheit zu verhelfen*). Dagegen betonte die „Rechtgläubige Verteidigung des Kaisertums", die ohne volle Sicherheit Gregor von Catino, einem Mönche von F a r f a (nö. R o m ) , zugeschrieben wird und jedenfalls aus diesem Kloster stammt 6 ), mit großem Geschick die Bedeutung des weltlichen Fürstentums gerade gemäß der Heiligen Schrift, erklärte die Konstantinische Schenkung in kaiserlichem Sinn und fand in der Laieninvestitur nichts, was dem Glauben widerstritte. Heinrich IV. spendete sie hohes Lob, ver») M. v. Kn. 6, S. 181, 205. — 2 ) M. v. Kn. 6, S. 206. Wibel S. 261. — ») M. v. Kn. 6, S. 209. Bresslau 1, S. 479. — «) Klewitz, Kardinalkoll. S. 201; S. 210, Nr. 2 ; S. 211, Nr. 12. — 8 ) Epistolae quatuor ed. E. Sackur. Lib. de lite 2, S. 563—565. Mirbt S. 75. M. v. Kn. 6, S. 185. Schwartz S. 271. Manitius 3, S. 49. Carlyle 4, S. 129. Fliche, Europe S. 464. Klewitz, Kardinalkoll. S. 139. — «) Qregorii Catinensis monachi Farfensis Orthodoxa defensio imperialis, Lib. de lite 2, S. 535—542, ed. L. de Heinemann. Mirbt S. 75, 519. M. v. Kn. 6, S. 188. Laehr S. 44. Manitius 3, S. 50. Funkenstein S. 12.

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urteilte die Exkommunikation eines Königs und schloß im Namen des Klosters mit einem Treubekenntnis für den Kaiser. Gegen diese Ausführungen wandte sich der Mönch Placidus von Nonantola (nö. Modena) in seinem „Buch über das Recht der Kirche" 1 ). Für ihn ist die Laieninvestitur wieder ein schweres Verbrechen, aber gelegentlich will er sie einem gläubigen Fürsten doch zugestehen, wenn auch nicht mit Ring und Stab, und auch die Anwesenheit des Königs bei den Wahlen nicht unbedingt ausschließen. Zwei Investituren, eine geistliche und eine weltliche, könnten nebeneinander hergehen. Darin lag ohne Zweifel ein beachtenswerter Versuch, dem endlosen Streit ein Ende zu machen, und schließlich haben sich doch Staat und Kirche auf diese Weise geeinigt. Der Abt Gottfried von Vendöme 2 ) (nw. Blois), der sich einst tatkräftig für den bedrängten Papst Urban II. eingesetzt hatte, ging jetzt geradenwegs gegen Paschalis vor, verurteilte scharf die Laieninvestitur und nannte die von Laien investierten Bischöfe nicht Hirten der Schafe, sondern Wölfe. Heinrich IV. verglich er mit Judas und verherrlichte die altchristlichen Märtyrer, denen Paschalis leider nicht habe folgen wollen. Sachlich wurde in allen diesen Meinungsäußerungen nicht viel Neues geboten, aber sie sind uns doch als Stimmungsbilder wertvoll und beweisen immer von neuem die überragende Bedeutung, die damals einer Regelung der Investitur beigemessen wurde. Denkt man an die Leidenschaft, mit der auch in späteren Jahrhunderten die Trennung von Staat und Kirche erörtert zu werden pflegte, so darf man die Mühe nicht gering achten, die von den damaligen Wortführern der beiden Parteien auf die Lösung der verwickelten Angelegenheit verwandt wurde. Paschalis konnte nicht umhin, Maßregeln gegen diejenigen Persönlichkeiten zu ergreifen, mit denen er im Herzen fast einig war, so besonders gegen Brun von Segni, den er nötigte, auf die Abtwürde von Monte Cassino zu verzichten 3 ). Wir können es uns gut vorstellen, wie sehr seine Verantwortung vor Gott und den Menschen ihn drückte. Deshalb zog er sich eine Zeitlang in die Einsamkeit zurück, um sich über seine Pflichten klar zu werden, dachte auch an Abdankung. Die Angriffe gegen ihn verstärkten sich bald von Frankreich her*). Die dortigen Bischöfe hatten die Gewaltsamkeit Heinrichs V. nicht miterlebt und unterschätzten daher die Bedrängnis, in der sich Paschalis befand. Für sie war es viel leichter, die Durchführung der streng kirchlichen Theorie zu verlangen, weil sie mit der Praxis nichts zu tun hatten. Die Bischöfe Walo von Saint-Pol-de-Leon (nö. Brest) und Robert von Paris sowie Abt Pontius von Cluni verlangten ganz im Sinn Bruns von Segni, d a ß Paschalis gegen das Privileg und auch gegen den Kaiser selbst vorgehen sollte. Erzbischof Joscerannus von Lyon, der doch zum deutschen Reich gehörte, wollte es auf einem Provinzialkonzil zu Anse (n. Lyon) tun, sah *) De honore ecclesiae ed. L. v. Heinemann et E. Sackur, Lib. de lite 2, S. 566—639. Mirbt S. 76. M. v. Kn. 6, S. 194. Funkenstein S. 63. — ') Goffridi abbatis Vindocinensis Libelli ed. E. Sackur, Lib. de lite 2, S. 676—700. Mirbt S. 76. M. v. Kn. 6, S. 203. — ') M. v. Kn. 6, S. 213, 223, 225. Klewitz, Kard.-Koll. S. 144. — 4 ) M. v. Kn. 6, S. 226. Fliche, Europe S. 465.

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aber anscheinend davon ab, weil er auf Widerstand s t i e ß 1 ) . I v o von Chartres bewährte in diesem Zwiespalt wieder einmal seine M ä ß i g u n g und seinen Weitblick. Die Laieninvestitur sei durchaus verwerflich, aber keine Ketzerei. Man müsse sich hüten, aus diesem Anlaß ein Schisma hervorzurufen, und sich begnügen, d e m Papst liebreiche Vorstellungen zu m a c h e n 2 ) . Damit w a r aber den kirchlichen Heißspornen, denen es um ihre heiligsten Überzeugungen ging, nicht gedient. V o m 18. M ä r z 1112 an tagte im Lateran das fast nur von Italienern, zwei Franzosen und gar keinen Deutschen beschickte K o n z i l 3 ) . Paschalis erstattete Bericht und begründete das ihm abgepreßte Privileg vom 12. April mit seinem Wunsch, d e m V o l k den Frieden und der Kirche die Freiheit zu geben. Er erwarte den Rat der Versammlung, w a s jetzt zu tun sei. Bischof Gerhard von Angouleme, aus Bayeux gebürtig, besaß die am normannischen Stamm o f t gerühmte Geschicklichkeit, aus einer verwickelten Sachlage einen A u s w e g zu finden, und schlug vor, das Investiturprivileg, das jetzt ein P r a v i l e g genannt wurde, einfach f ü r ungültig zu erklären, den Kaiser aber nicht zu bannen und auf diese W e i s e den Papst vor Eidbruch zu bewahren. S o geschah es dann am 23. März, dem letzten T a g des Konzils, nachdem Paschalis ein jeden Z w e i f e l ausschließendes Glaubensbekenntnis unter Berufung auf die Dekrete Gregors V I I . und Urbans I I . abgelegt hatte. Eine merkwürdige Verflechtung der Dinge lag darin, daß derselbe Herrscher, der den seinem Vater geschworenen Eid gebrochen hatte, es erleben mußte, daß auch der Papst ihm den seinigen nicht hielt. Bischof Gerhard besuchte im Auftrag des Konzils den Kaiser und forderte ihn auf, der Investitur zu entsagen, weil andernfalls Paschalis sich an den Vertrag vom 12. April nicht mehr gebunden erachten würde. D i e Botschaft erregte bei den deutschen Fürsten den heftigsten Unwillen, und die Sicherheit Gerhards schien bedroht. Erzbischof Friedrich von Köln, der früher des Bischofs Schüler gewesen und jetzt um ihn besorgt war, sagte zu ihm: „Meister, da hast du an unserem Hof ein sehr großes Ärgernis gegeben." Schlagfertig erwiderte der N o r m a n n e 4 ) : „ L a ß es für dich ein Ärgernis sein, mir ist es ein Evangelium." Heinrich lehnte die ihm gemachte Zumutung ab und investierte weiter, w i e er es bisher getan hatte«). D i e radikale päpstliche Partei fand einen hervorragenden Führer in dem Erzbischof W i d o von V i e n n e 6 ) , dem späteren Papst Kalixt II. Er wurde um 1060 als Sohn des Grafen Wilhelm I. von Hochburgund ( f 1087) und der Stephanie aus dem Hause Vienne geboren. Dieser Wilhelm, der mit dem kaiserlichen Hause verwandt war, ein Enkel Otto W i l h e l m s 7 ) ( f 1026), gehörte zu Zeiten Alexanders II. und Gregors V I I . zu den Herren, die bereit waren, die Kurie mit W a f f e n g e w a l t zu verteidigen. Ein anderer Sohn von ihm war der Erzbischof H u g o I I I . ' ) v. Hefele 5, S. 319. M. v. Kn. 6, S. 227. — *) M. v. Kn. 6, S. 227. Reinke S. 73, 84. — « ) Const. 1, Nr. 399 f. Ital. pont. 8, S. 28, Nr. 96. M. v. Kn. 6, S. 231, 237. Hauck, KG. 3, S. 906. Haller, Papsttum 2, 2, S. 537. — « ) Regg. Köln 2, Nr. 87. M. v. Kn. 6, S. 236. — » ) Hauck, KG. 3, S. 906. — •) Robert S. 2—12. M. v. Kn. 7, S. 107. — 7 ) Garnier Nr. 28 u. 39. M. v. Kn. 7, S. 117 f. Cartellieri 2, S. 281 u. sonst; 3, S. 124, 148.

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von Besançon. Insofern wuchs Wido in die seinem geistlichen Amt förderliche Überlieferung hinein. Erzbischof von Vienne seit 1088, benutzte er alle Mittel, um den Besitz seiner Kirche zu mehren, und trug auch kein Bedenken, sich gefälschter Urkunden zu bedienen. Als er sich anschickte, gegen Heinrich V. vorzugehen, fand er Unterstützung bei Ludwig VI. In der Eigenschaft eines päpstlichen Legaten berief er am 16. September 1112 ein Konzil nach Vienne 1 ). Die Laieninvestitur wurde einer Ketzerei gleichgesetzt, das durch den Kaiser erpreßte Privileg für ungültig erklärt, der Kaiser selbst wegen Verrat, Meineid und Tempelschändung gebannt. Die Versammlung ließ keinen Zweifel darüber aufkommen, daß sie dem Papst den Gehorsam aufkündigen würde, wenn er ihre Beschlüsse nicht bestätigte. Doch Paschalis konnte sich noch nicht zu einer klaren Verleugnung seiner bisherigen Handlungsweise entschließen und begnügte sich am 20. Oktober, mit einem ziemlich allgemein gehaltenen Dank an Wido und dessen Gefolgschaft ihre Haltung zu billigen. Am 26. trug er dem Kaiser einige Beschwerden vor, beglückwünschte ihn aber auch zu seiner Genesung von schwerer Krankheit 2 ). So schwankte er halt- und hilflos hin und her. Heinrich dagegen schrieb nach der Vienner Versammlung an den Bischof Gerold von Lausanne 3 ) und eine Reihe adeliger Herren in der Nachbarschaft Widos sowie an alle Vasallen der Kirche von Besançon, sie möchten Wido als einen ganz schlimmen Aufrührer bekämpfen. Schon seit einiger Zeit wurde er von verschiedenen Seiten gebeten, recht bald nach Italien zu kommen und durch seine persönliche Anwesenheit die Umtriebe seiner Feinde, der Römer und der Mailänder, zunichte zu machen. Bischof Azzo von Acqui (sw. Alessandria) meinte, der Kaiser bedürfe gar keines großen Heeres. „Denn Euer ist jetzt die Lombardei, so lange der Schrecken, den Ihr dem Land eingejagt habt, noch lebendig ist" 4 ). Die neu beginnende Spannung zwischen dem Kaiser und dem Papst hatte sich der Basileus Alexius sogleich zunutze gemacht 5 ). Er sprach Paschalis sein Beileid zu dem ihm von Heinrich V. zugefügten Unrecht aus und erklärte, er selbst oder sein Sohn Johann seien nach der Sitte der alten Kaiser bereit, die Krone zu Rom vom Papst zu empfangen. Fürwahr, ein ganz eigenartiges Anerbieten! Daraufhin war im Mai 1112 eine große Gesandtschaft römischer Bürger nach Konstantinopel aufgebrochen. Paschalis, der sich inzwischen nach Unteritalien begeben hatte, schrieb von Troja aus im November ausführlich an Alexius über eine Einigung beider Kirchen, die doch immer sein höchstes Ziel blieb. Das Haupterfordernis sei, daß der Patriarch von Konstantinopel den Vorrang des apostolischen Stuhles anerkenne. Darüber sollte im nächsten Jahr (1113) eine gemeinschaftliche Beratung stattfinden, zu der es aber bekanntlich nicht kam. *) Luchaire, Louis VI Nr. 147. M. v. Kn. 6, S. 242, 247. Hauck, KG. 3, S. 907. Jacob S. 113. Schieffer S. 195. v. Bazan, Heinrich S. 47. — ' ) jafte 1, Nr. 6305 u. M. v. Kn. 6, S. 225 zu 1111. Pivec, Studien 46, S. 326 zu 1112. Celli-Fraentzel S. 26. — ») M. v. Kn. 6, S. 248. Pivec, Studien 46, S. 295. — 4 ) M. v. Kn. 6, S. 181, 237 f. 267. Schwartz S. 89. — 6 ) Dölger 2, Nr. 1261 ff. Ital. pont. 8, S. 390. Chalandon, Essai S. 260. M. v. Kn. 6, S. 249. Leib S. 309. Graf S. 42.

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Derselbe Basileus war einst willig gewesen, Heinrich IV. gegen Gregor VII. zu helfen. Damals, in den Jahren 1081—1084, lag ihm daran, die Normannen durch eine Bedrohung Roms von Seiten des deutschen Herrschers vom Balkan abzulenken 1 ). Jetzt mochte er fürchten, d a ß Heinrich V. das Papsttum ganz in seine Gewalt brächte und womöglich in Unteritalien und im Morgenland einen für Ostrom schädlichen Einfluß übte. Denn wenn es auch nicht überliefert ist, wird nicht daran zu zweifeln sein, daß Heinrich V. einen Kreuzzug unternommen hätte, wenn es ihm möglich gewesen wäre. Die Kundgebung Seines Vaters von 1103 war sicher nicht in Vergessenheit geraten. Heinrich V. wäre der Mann gewesen, zum Besten des deutschen Reiches in die Welthändel einzugreifen. Aber die inneren deutschen Wirren ließen ihm dazu keine Zeit. Wie unter Heinrich IV. Otto von Northeim, so war jetzt Herzog Lothar der Führer der sächsischen Opposition. Ein Streit um die Grafschaft Stade 2 ) hatte zur Folge, daß auf einer Reichsversammlung zu Goslar etwa Ende März 1112 das Herzogtum Sachsen Lothar, die sächsische Nordmark dem mit ihm verbündeten Markgrafen Rudolf I. aus dem Hause Stade entzogen wurde. Im Juni unterwarfen sich beide in Salzwedel, aber man kann sich denken, daß von einer wirklichen Aussöhnung keine Rede war. Auch in den sächsischthüringischen Landen gab es unruhige Herren, die der Kaiser nur durch Strenge glaubte niederhalten zu können. Man muß dabei immer berücksichtigen, daß sie untereinander vielfach verwandt waren und dadurch sowohl freundliche als feindliche Beziehungen entstanden, deren genaue Kenntnis uns oft verborgen bleibt. Als am 13. Mai 1112 Graf Ulrich von Weimar als letzter Sproß seines Hauses verstorben war 3 ), zog der Kaiser die erledigten Reichslehen ein, um sich in Thüringen eine feste Stellung zu gründen, wobei wir uns an die ähnlichen Bestrebungen Heinrichs IV. erinnern. Dadurch erzürnte er aber den rheinischen Pfalzgrafen Siegfried I. aus dem Hause Ballenstedt 4 ), der Erbansprüche verfocht und überdies mit Lothar verschwägert war. Siegfried stiftete eine Empörung an, an der sich u. a. Herzog Lothar, Markgraf Rudolf, Bischof Reinhard von Halberstadt, der thüringische Graf Ludwig II. 5 ), sehr viel später der Springer genannt, Wiprecht II. von Groitzsch 8 ) und die durch ihren Reichtum in Sachsen einflußreiche Schwiegermutter Lothars und Siegfrieds, die dreimal verwitwete Markgräfin Gertrud aus dem Hause Braunschweig, beteiligten. Viel schlimmer war es, daß Erzbischof Adalbert von Mainz, der bisher in alle Geheimnisse der Reichsregierung eingeweiht gewesen war und als der besondere Vertraute des Kaisers galt, sich vor Ende November der Opposition anschloß und ihr seine geschäftliche Gewandtheit zur Verfügung stellte 7 ). In einer ausführlichen Kundgebung, wie sie in diesen Zeiten vielleicht einzig dasteht, warf ihm der Kaiser wohl im Dezember 1112 die schnödeste Undankbarkeit und den gemeinsten Verrat vor 8 ). l ) Cartellieri 3, S. 173, 179, 181 ff. — ') M. v. Kn. 6, S. 251. Hauck, KG. 3. S. 907. — ») M. v. Kn. 6, S. 256. Eberhardt S. 18. Tille S. 53. — 4 ) Kimpen S. 26. Tafel I, II. Peper S. 24, 37, Stammtafel. Tille S. 54, 57. — s ) Kaestner S. 30, 42. — •) Posse, Markgrafen S. 251, Stammtafel. — ' ) M. v. Kn. 6, S. 259, 263, 265. Hauck, KG. 3, S. 908. — ») Mainzer Urk.-Buch 1, Nr. 451. Pivec, Studien 46, S. 263, 289.

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Durch einen Zufall gelang es ihm, den Erzbischof gefangenzunehmen, aber dieser weigerte sich, die ihm anvertrauten Burgen herauszugeben, und gerade auf diese kam es dem Kaiser an. In ihnen beruhte ja die Stärke der Territorialgewalten. Noch ein anderer Erzbischof, Konrad von Salzburg, fürchtete Zwangsmaßregeln des Kaisers und hielt es für geraten, sich bei der Gräfin Mathilde in Sicherheit zu bringen. Konrad wird uns als Verfechter streng kirchlicher Ansprüche noch öfters begegnen 1 ). Er stammte aus dem fränkischen Geschlecht der Grafen von Abenberg (sws. Nürnberg), war erst Domherr in Hildesheim und seit 1106 Erzbischof, ein Mann, der mutig für seine Oberzeugung eintrat und sich lebhaft bemühte, in seinem Sprengel die verfallene Klosterzucht wiederherzustellen. Heinrich V. war um die Wahl seiner Mittel nie verlegen. Zu Anfang 1113 begann er einen Vernichtungsfeldzug gegen die sächsischen und thüringischen Aufrührer 2 ), zerstörte Halberstadt und die dem dortigen Bischof gehörige Hornburg (nw. Halberstadt). Graf Hoier von Mansfeld (wnw. Halle, S.), der vortreffliche Feldhauptmann des Kaisers, siegte bei Warnstedt (w. Quedlinburg) vor dem 9. März 1113. Wiprecht II. wurde verwundet und gefangengenommen. Pfalzgraf Siegfried starb bald nachher, am 9. März, an den erhaltenen Wunden. Eine Fürstenversammlung verurteilte Wiprecht in Würzburg zum Tode, doch rettete ihm sein Sohn Wiprecht III. das Leben, indem er Groitzsch dem Kaiser übergab. Wiprecht II. mußte auf dem Trifels (w. Landau), der eben damals an das Reich gekommen war, drei Jahre in der Gefangenschaft zubringen. Ludwig II., der thüringische Graf, dem es gelungen war zu fliehen, unterwarf sich am 15. August und mußte die Wartburg ausliefern. Sachsen war jetzt dank dem scharfen Zugreifen des Kaisers beruhigt, und er konnte sich dem Westen zuwenden. Bischof Richard von Verdun, den er seinerzeit eingesetzt hatte, lag wegen Metzer Angelegenheiten mit Graf Rainald I. von Bar-le-Duc in Streit 3 ). Der Bischof übertrug Bar dem Grafen Wilhelm von Luxemburg und bat, da er mit den Waffen nichts ausrichten konnte, den Kaiser um Hilfe. Dieser erstürmte etwa im November 1113 Bar und nahm Rainald gefangen, aber Mousson, die oberhalb des heutigen Pont-ä-Mousson (ssw. Metz) gelegene Burg, schlug wegen ihrer günstigen Lage alle Angriffe ab. Durch ihren zähen Widerstand aufs äußerste gereizt, drohte der Kaiser, Rainald an den Galgen zu hängen, wenn nicht sogleich die Übergabe erfolge. Aber die Besatzung berief sich darauf, daß die in ihrer Mitte weilende Gräfin eben einen Knaben geboren habe, und wollte ihm als ihrem künftigen Herrn treu bleiben. Heinrich hatte wirklich die Absicht, Rainald töten zu lassen, und warf seiner Umgebung, die ihn auf das göttliche Strafgericht hinwies, voller Wut das Psalmwort entgegen: „Den Himmel dem Herrn des Himmels, die Erde aber hat er den Söhnen der Menschen gegeben" (113, 16, Vulgata). Schließlich verzieh er dem Grafen doch und gab ihn nach geleisteter Huldigung sogar frei. Der starke Eindruck, den die Niederwerfung aller Empörer im Osten und im Westen machte, bildete eine willkommene Vorbereitung auf die v. Zeissberg, ADB. 16 (1882), S. 609—615. Hauck, KG. 3, S. 889, 892, Anm. 4. M. v. Kn. 6, S. 30. — s ) M. v. Kn. 6, S. 270. — ') M. v. Kn. 6, S. 279, 282.

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Hochzeit des Kaisers mit der jetzt zwölfjährigen Mathilde von England, die am 7. Januar 1114 in Mainz unter großer Prachtentfaltung gefeiert wurde 1 ). Ein deutscher Zeitgenosse rühmte ihren vornehmen Anstand und ihre schönen Gesichtszüge. Fünf Erzbischöfe, dreißig Bischöfe, fünf Herzöge und eine schon nicht mehr zu übersehende Schar von Äbten, Pröpsten und Grafen waren anwesend. Auch Lothar kam, machte in Büßerkleidung einen Fußfall vor dem Kaiser und erhielt Verzeihung für seine Teilnahme am Aufstand. Der Schrecken, den Heinrich V. damals verbreitete, hätte jedem Fürsten die Lust genommen, sich wieder gegen ihn zu erheben, ohne den schwersten Schaden zu erleiden oder sogar das Leben zu verlieren. Nicht mit Unrecht nennt man Heinrich V. einen kalten Rechner. Aber auch ein solcher kann von heißem Triumphgefühl überwältigt werden und den Bogen überspannen. So geschah es jetzt. Als der thüringische Graf Ludwig II. vor ihm erschien, um an den Festlichkeiten teilzunehmen, weil er glaubte, er sei jetzt wieder zu Gnaden aufgenommen, wurde er auf Befehl des Kaisers ohne weiteres verhaftet. Man weiß, daß die deutschen Fürsten zu allen Zeiten, auch wenn sie sonst sehr verschiedene politische Richtungen vertraten, ein sehr hohes Standesbewußtsein besaßen. Aus späterer Zeit denke man etwa an die Gefangennahme Landgraf Philipps I. von Hessen. Dieses Standesgefühl regte sich auch jetzt. Die willkürlich erscheinende, die allgemeine Feststimmung trübende Tat des Kaisers erregte bei den in Mainz anwesenden Fürsten Furcht und Zorn. Niemand konnte wissen, ob ihm selbst nicht das gleiche Schicksal drohte. Und gerade weil so zahlreiche hochgestellte Männer beisammen waren, ergaben sich Gelegenheiten genug, ihre Befürchtungen auszutauschen und einen engeren Zusammenschluß zur Abwehr ins Auge zu fassen. Das äußerlich so glänzende Fest kann nach den militärischen Erfolgen des vorhergehenden Jahres als der Höhepunkt in der Geschichte des Kaisers aufgefaßt werden, aber nur allzubald begann der Abstieg. Die deutsche Fürstenopposition verband sich mit dem neu aufstrebenden Papsttum, und daraus ergaben sich die Verwicklungen der nächsten Jahre. ») Rößler S. 15. M. v. Kn. 6, S. 118, Anm., 285. Adams S. 155.

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ZWEITES KAPITEL.

HEINRICH V. IM KÄMPF MIT DEM PÄPST UND DEN DEUTSCHEN FÜRSTEN. (1114—1119.) Wäre es dem Kaiser gelungen, nachhaltige äußere Erfolge zu erzielen, würde er seine Stellung im Reich wesentlich befestigt haben. Aber es war nicht der Fall. Eine Heeresabteilung, die 1114 gegen die Friesen vorging, wäre ohne die Dazwischenkunft Herzog Lothars verloren gewesen 1 ). Da sie aus Kölnern bestand und diese ohnehin seit dem Ausgang Heinrichs IV. gegen den Kaiser erbost waren, kam unter ihnen der Verdacht auf, daß man sie absichtlich ins Verderben geschickt hätte, und die Stadt empörte sich etwa im Juni 1114. Erzbischof Friedrich, der bisher auf seiten Heinrichs V. gestanden hatte, schloß sich der Bewegung an. Auch westfälische und niederrheinische Grafen taten es, wobei der Haß gegen den rheinischen Pfalzgrafen Gottfried von Kalw 2 ) (sw. Stuttgart) maßgebend war. Anfang Oktober 1114 wurden die kaiserlichen Truppen von den Kölnern bei Andernach besiegt 8 ). Die Folge war eine neue Verschwörung sächsischer und thüringischer Herren. Die Härte, j a Grausamkeit, unter der ihre in kaiserlicher Gefangenschaft schmachtenden Standesgenossen zu leiden hatten 4 ), erregte ebenso starke Unzufriedenheit wie das Gerücht, daß in Sachsen eine allgemeine Steuer eingetrieben werden sollte 5 ). Die Zustände vor dem Sachsenaufstand von 1073 schienen wiedergekommen zu sein 8 ). Unermeßlichen Schaden hat doch der so kräftige und zähe Stamm durch seine dauernde Sondertümelei und Starrköpfigkeit dem deutschen Reich zugefügt. Dem Fürstentrotz ward die wertvollste kirchliche Bundesgenossenschaft zuteil. Es war ein Deutscher, wahrscheinlich ein Schwabe, der Kardinalbischof Kuno von Palestrina, früher Kaplan Wilhelms I. von England, der, wie es nicht selten vorgekommen ist, die päpstlichen Herrschaf tsansprüche mit schneidender Schärfe vertrat 7 ). Schon als Legat in Jerusalem hatte er 1111 und dann noch mehrfach in Griechenland und in Ungarn den Bann gegen den Kaiser verkündet. Er tat es auch wieder auf einer Synode zu Beauvais am - 6. Dezember 1114 vor französischen *) M. v. Kn. 6, S. 296. — ' ) Kimpen S. 40, 54, 89, Tafel I, III. — *) M. v. Kn. 6, S. 299, 305. Regg. Köln 2, Nr. 104. Erben S. 119. — «) M. v. Kn. 7, S. 19. — ) M. v. Kn. 6, S. 410. — «) Cartellieri 3, S. 115. Eberhardt S. 17. — 7 ) M. v. Kn. 6, S. 316. Schumann S. 94, 100. Klewitz, Kardinalkoll. S. 211. Nr. 10 u. Reformpapsttum S. 398. 5

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Bischöfen. In den Beschlüssen hieß es u. a.: Die Alemannen, Lothringer und alle Barbaren, die gegen die römische Kirche Waffen tragen, unterwerfen wir einem ewigen Anathem. Wir bemerken hier und auch sonst in der Zeit gelegentlich eine herabsetzende Kennzeichnung der Deutschen, die als eine Folge des Investiturstreits zu betrachten ist. Die enge Verbindung, in die Kuno mit Friedrich von Köln trat, schloß den einschnürenden Ring um den Kaiser. Bald wurde von den ihm treu gebliebenen Bischöfen einer nach dem anderen vertrieben und durch einen Anhänger des Papstes ersetzt. Heinrich IV. hatte sich lange Jahre hindurch trotz des heftigen kirchenpolitischen Kampfes auf eine stattliche Gruppe von Kirchenfürsten stützen können. Das hörte jetzt allmählich auf, und die Lücken, die der Abfall riß, konnten nicht mehr ausgefüllt werden 1 ). Der schwerste Schlag traf den Kaiser durch die Niederlage, die er am 11. Februar 1115 am Weifesholz (nö. Mansfeld) erlitt. Auf seiten der Fürsten befehligte Lothar von Sachsen, und Bischof Reinhard von Halberstadt verstand es vortrefflich, durch seine religiöse Leidenschaft die Streiter zu entflammen. Hoier von Mansfeld griff ungestüm an und wurde von Wiprecht III. dem Jüngeren von Groitzsch erschlagen. Man übertreibt nicht, wenn man sagt, d a ß Hoier nicht zu ersetzen war. Der Eindruck, den die Schlacht machte, war sehr stark, und das von den Sachsen errichtete Siegeszeichen hielt ihn lange lebendig 2 ). So ging es mit der Sache des Kaisers immer mehr abwärts. Die Bannurteile, die Kuno von Palestrina und dann auch der Kardinalpriester Dietrich vom Titel des heiligen Chrysogonus gegen ihn schleuderten 3 ), billigte Paschalis wohl innerlich, verharrte aber immer noch in seiner schwächlichen Zurückhaltung und brach den Verkehr mit Heinrich nicht ab. Da traf eine Nachricht ein, die die Aufmerksamkeit des Kaisers von Deutschland nach Italien ablenkte. Je schwerer es ihm wurde, sich diesseits der Alpen zu behaupten, desto willkommener mußte ihm ein Erfolg jenseits der Berge sein. Am 24. Juli 1115 war die Gräfin Mathilde zu Bondeno de'Roncori (nö. Guastalla), etwa 69 Jahre alt, gestorben, und damit wurde die Frage der Erbschaft aufgeworfen 4 ). Wenige Frauen haben in jener sturmbewegten Zeit gleich ihr politisch-militärischen Einfluß geübt. Nach dem Tode ihres Stiefvaters Gottfried II. des Bärtigen von Lothringen stand sie während des Investiturstreits lange im Vordergrund des Geschehens, und man kann sich die Wirksamkeit Gregors VII. ohne die stete und entsagungsvolle Hilfe seiner großen Freundin gar nicht vorstellen. Auch seinen Nachfolgern hat sie die wertvollsten Dienste geleistet, bis sie es schließlich beim Kommen Heinrichs V. vorzog, statt einen Widerstand zu versuchen, dem sie nicht mehr gewachsen wäre, sich zum Besten ihrer Untertanen mit ihm friedlich zu verständigen. Aber daran war nicht zu denken, daß der Kaiser etwa sofort nach Italien aufbrach. Als er Anfang November 1115 in Mainz weilte, wurde er durch eine Erhebung der Bürgerschaft gezwungen, den Erzbischof „ . Hauck,KO. 3, S. 907. — ') Rege. Köln 2, Nr. 110. M. v. Kn. 6, S. 323. Erben S. 119. R. Holtzmann, Weifesholz S. 93. — ») M. v. Kn. 6, S. 329, 331 — *) Ferretti S. 122. Qregorovius 4, S. 342. Davidsohn, Geschichte 1, S. 384. M. v. Kn. 6, S. 333. Grimaldi S. 409.

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Adalbert freizulassen 1 ). Dieser hatte natürlich nach dreijähriger harter, seine Gesundheit zerrüttender Gefangenschaft keinen anderen Gedanken als den, so gründlich und rasch wie möglich Rache zu nehmen. Um so wichtiger war eine Verständigung mit dem Papst. Heinrich V. sah im Dezember 1115 in Speyer den Abt Pontius von Cluni bei sich und beauftragte ihn mit der Vermittlung beim P a p s t 8 ) . Pontius zeichnete sich ebenso durch tadellose Sitten wie durch geschäftliche Gewandtheit und hohe Bildung aus. Sein Vater, Graf Peter von Melgueil (zwischen Montpellier u. Lunel), stammte von Königen und vornehmen Herren ab, und man konnte hoffen, daß Pontius die Bedeutung der Investitur für die deutsche Reichsverfassung richtig einschätzte. Der Kaiser legte W e r t darauf, sich in dem Briefe, den er dem Abt an Paschalis mitgab, so höflich wie irgend möglich auszudrücken, weil er wohl immer noch hoffte, ihn von seiner radikalen Umgebung zu trennen und sich dann mit ihm unmittelbar auszusöhnen, wobei er nicht genügend bedachte, daß seine bisherige Handlungsweise kein Vertrauen erwecken konnte. Trotzdem betrat er im März 1116 ohne großes Heer, aber mit seiner Gemahlin Mathilde und einer Anzahl Fürsten Italien 3 ). Seine staufischen Neffen, Herzog Friedrich II. von Schwaben und dessen Bruder Konrad, sollten ihn zusammen mit dem rheinischen Pfalzgrafen Gottfried vertreten 4 ). Zu diesem Zweck erhielt Konrad eine höhere Stellung 5 ). Im Laufe der Zeit hatten die Bischöfe von Würzburg wesentliche Teile der Reichsgewalt in ihre Hand gebracht und auf diese Weise herzogliche Rechte tatsächlich geübt. Da Bischof Erlung beim Kaiser in Ungnade fiel, übertrug dieser die der herzoglichen naheverwandte richterliche Gewalt Konrad, der schon bedeutenden Landbesitz in Ostfranken besaß. Am 11. und 12. März 1116 ließ Heinrich in der Pfalz des Dogen zu Venedig«) einen Hoftag zusammentreten und versprach anscheinend der Stadt Unterstützung gegen Ungarn. Dasselbe tat aber auch der Basileus Alexius, der doch sonst mit Heinrich nicht gut stand. Am 4. Februar 1114 war König Koloman von Ungarn gestorben 7 ), und für dessen erst dreizehnjährigen Sohn Stephan II. führte eine Regentschaft die Regierung. Der Doge Ordelafo Falieri benutzte die günstige Gelegenheit, um im August 1115 dalamatinische Küstenstädte zurückzuerobern, zunächst die Stadt Zara, im Juni 1116 auch die B u r g 8 ) . E r mußte also auf neue Kämpfe mit Ungarn gefaßt sein und handelte vorsichtig, wenn er den westlichen wie den östlichen Kaiser für sich zu gewinnen suchte. Der Rechtstitel, unter dem Heinrich gegen Ende März 1116 von den Mathildischen Eigengütern Besitz ergriff, ist nicht genauer bekannt, und auch das früher erwähnte Abkommen von 1111 bringt uns keine ' ) M. v. Kn. 6, S. 337. — ' ) Devic 3, S. 447, 581. M. v. Kn. 6, S. 346, Anm. 38 mit der Zeit, 348, 358. Smith S. 237, 276. Pivec, Studien 46, S. 292. — ») M. v. Kn. 6, S. 358 ; 7, S. 1. — •) M. v. Kn. 6, S. 359 ; 7, S. 19. — ») M. v. Kn. 6, S. 360. F. Schneider, Mittelalter S. 321. Fichtenau S. 253. — •) M. v. Kn. 7, S. 1. — ' ) Fessier 1, S. 210. Juritsch, Babenberger S. 131 u. M. v. Kn. 7, S. 91 zum 3. Febr. Höman 1, S. 379. — 8 ) Fessier 1, S. 210, 225. Kretschmayr 1, S. 223, 457 mit der Zeit. M. v. Kn. 7, S. 2. Voinovitch 1, S. 368.

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Klarheit 1 ). Wir müssen uns damit begnügen zu sagen, d a ß Heinrich, der zweifellos der oberste Lehnsherr war, auch als Erbe Mathildens gelten konnte, und dahingestellt sein lassen, ob er es wirklich war, weil es uns dazu an sicheren Anhaltspunkten fehlt. Gisela, die Gemahlin Kaiser Konrads II., und Mathilde, die Gemahlin Herzog Friedrichs II. von Oberlothringen, jene die Urgroßmutter Heinrichs V., diese die Großmutter der Gräfin, waren Schwestern, und Gisela dürfte die ältere gewesen sein 2 ). Die vom Reich zu Lehn gehende Markgrafschaft Tuszien erhielt ein vermutlich bayrischer Herr, namens Rapoto. Der Kaiser blieb noch längere Wochen in der Gegend und suchte, überall geordnete Verhältnisse herzustellen. Mantua und Bologna wurden begünstigt. Der berühmte Rechtslehrer Irnerius (Wernerius) aus Bologna bewährte sich dabei als sachverständiger Richter 3 ). Leider ist über seine äußeren Lebensverhältnisse nur ganz wenig bekannt, aber allgemein wird das Verdienst, das er sich um die Ordnung und das Studium der Justinianischen Gesetzbücher erworben hat, anerkannt. Seitens der Kurie wurden keinerlei Einwendungen erhoben. Doch ist daraus nicht gleich zu schließen, d a ß sie die Rechtsauffassung des Kaisers billigte, sondern Paschalis wich seiner Art nach neuen Kämpfen aus und ließ Dinge, die er nicht zu meistern imstande war, zunächst gehen. Wie würde er sich verhalten, wenn Heinrich Rom betrat? Hätte er sich mit ihm vertragen, so konnte auch Adalbert als Führer der deutschen Opposition auf die Dauer keinen Schaden anrichten. Hier wie so oft erkennt man deutlich die innige Verbindung der deutschen Politik mit der italienischen. Es muß immer wieder gesagt werden: um die deutsche Kirche zu beherrschen, mußte man den Papst beherrschen. Kurz vorher hatte ein Laterankonzil stattgefunden 4 ), auf dem am 10. März 1116 Kuno von Palestrina unter starker Erregung der Anwesenden darauf verwies, daß er den Kaiser mehrfach in den Bann getan habe. Paschalis gab dann eine Erklärung ab, die offenbar das Investiturprivileg vom 12. April 1111 rückgängig machte. Wie es schon unter Gregor VII. geschehen war, traf die Verurteilung ebenso den investierenden Laien wie den investierten Geistlichen. W a s Kuno und Wido von Vienne gegen den Kaiser getan hatten, fand die Billigung der Versammlung. Abt Pontius erreichte mit seinen Bemühungen, mäßigend einzuwirken, nur d a s eine, d a ß Heinrich nicht mit Namen exkommuniziert wurde. Rein kirchlich betrachtet, stand der Papst fest da, nicht aber als Herr von Rom. Hier kam es zu großen Unruhen wegen der Nachfolge des am 30. März 1116 gestorbenen Stadtpräfekten Peter 5 ). Das Volk, wahrscheinlich von der kaiserlichen Partei aufgestachelt, erhob in regellosem Verfahren den gleichnamigen Sohn des Verstorbenen, während Paschalis das wichtige Amt einem Sohne des Pierleone zu übertragen ') M. v. Kn. 7, S. 3. Grimaldi S. 333. Hampe, KaîSergesch. S. 90. — ») Cartellieri 3, S. 150. Bollnow S. 41, Tafel 4 u. 5. — *) Fitting S. 97. Hessel S. 51, 60. Schramm, Renovatio 1, S. 288. Simeoni S. 147, 156, 159. Silvani S. 167. — «) M. v. Kn. 6, S. 353. Hauck, KG. 3, S. 910. Haller, Papsttum 2, 2, S. 537. — e ) Gregorovius 4, S. 347. Halphen, Études S. 24, 151. M. v. Kn. 7, S. 6, 16. Burdach 2, 1, S. 366. C a r t e l l i e r i , Der Vorrang des Papsttums.

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wünschte. Die erregte Menge verübte schlimme Untaten. Der Papst mußte erst fliehen und schließlich im Herbst froh sein, daß er unter dem Schutz seiner Parteigänger wenigstens in Trastevere unangefochten blieb. Inzwischen hatte Heinrich mehrfach oberitalienischen Städten, so Pisa, Novara, das er sechs Jahre vorher so streng gezüchtigt hatte, und Turin, Privilegien erteilt 1 ) und damit eine Politik eingeleitet, die, folgerichtig durchgeführt, den deutsch-italienischen Beziehungen eine neue Wendung hätte geben können. Aber noch war das Bürgertum keine Macht, und die kirchliche Autorität blieb entscheidend, weil sich immer wieder Männer genug fanden, die bereit waren, sie mit Gut und Blut zu verteidigen. Der Kaiser ließ sich dadurch nicht irremachen, daß ihn Erzbischof Jordan von Mailand eben wieder auf einer Versammlung gebannt hatte 8 ), und betrat mit der Kaiserin vor Ostern (25. März) 1117 Rom 3 ). Sie mußten, da die Engelsburg in den Händen der Feinde war, auf einem Kahn über den Tiber gesetzt werden, um die Peterskirche zu erreichen. Auch sonst verlief das Ereignis wenig würdevoll, soweit nicht durch reichlich ausgeteilte Geldspenden Stimmung gemacht worden war. Heinrich beteuerte seine friedlichen Absichten und verlangte, der Sitte gemäß gekrönt zu werden. Die dem Papst anhängenden Kardinäle wollten davon nichts wissen, und er mußte sich damit begnügen, daß der ErzJbischof Moritz (Burdinus) von Braga (n. Porto) die feierliche Handlung vor dem Grabmal Papst Gregors I. vollzog 4 ). Um den Adel zu gewinnen, bestätigte der Kaiser dem Grafen Ptolomäus d. Ä. von Tuskulum allen seinen reichen Besitz und verheiratete dessen gleichnamigen Sohn mit seiner natürlichen Tochter Berta 5 ). Der Präfekt Peter, Sohn Peters, wurde durch die Verleihung eines Adlers in seinem Amt anerkannt. Paschalis sah sich gänzlich außerstande, auf den Gang der Dinge einzuwirken. Bei der Annäherung des Kaisers hatte er sich im März 1117 nach Capua und Benevent begeben. Am letzteren Ort tat er auf einer Synode Moritz von Braga 6 ) in den Bann, schonte aber immer noch Heinrich selbst. Seine Hoffnung auf Waffenhilfe aus Unteritalien schlug fehl. Denn die Reiterabteilung, die Fürst Robert I. von Capua zum zweitenmal aussandte, mußte schleunigst umkehren, um nicht vernichtet zu werden 7 ). Aber auch Heinrich fühlte sich in Rom nicht sicher genug, um seinen Aufenthalt länger auszudehnen. Nachdem am Pfingstfest (13. Mai 1117) auch die Kaiserin Mathilde in Rom gekrönt worden war, verließ er die Stadt 8 ). Paschalis konnte am 14. Januar 1118 wieder Trastevere betreten und bereitete schon den Sturm auf die ihm noch verschlossene Peterskirche vor 9 ). Aber er hatte seine Kräfte überschätzt, den unaufhörlichen körperlichen und geistigen Anstrengungen war er nicht gewachsen. Er st-arb am 21. Januar 1 0 ). M. v. Kn. 7, S. 10, 14. — 2 ) M. v. Kn. 7, S. 28. — s ) Gregorovius 4, S. 352. M. v. Kn. 7, S. 30. Graf S. 43. — 4 ) Erdmann, Burdinus S. 222. — ») M. v. Kn. 7, S. 33. — •) Italia pont. 8, S. 29, Nr. 102. M. v. Kn. 7, S. 34. — ') M. v. Kn. 7, S. 36. — 8 ) M. v. Kn. 7, S. 37. Celli-Fraentzel S. 26. — ») M. v. Kn. 7, S. 50. — le ) Gregorovius, Rom 4, S. 356. M. v. Kn. 7, S. 53. Levison, Engl. Bibl. S. 408. Hauck, KG. 3, S. 883, 912.

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Im Lauf der Darstellung ist so oft von seiner Schwäche als derjenigen Eigenschaft, die bei ihm am deutlichsten hervortrat, die Rede gewesen, daß es genügt, sie bei einer Gesamtwürdigung nochmals in den Vordergrund zu stellen. Sie verband sich übrigens mit einer äußerst hochgespannten Auffassung seiner päpstlichen Würde, und auf diese bauend, glaubte er, die Trennung der Kirche vom Staat durchsetzen zu können. Es war das sein Lieblingsplan. Darum entschloß er sich so schwer, endgültig darauf zu verzichten, und pflegte auch dann noch freundliche Beziehungen -zu Kaiser Heinrich, als der kirchenpoiitische Kampf schon längst neu eingesetzt hatte, aber allerdings zunächst eher gegen den Papst als durch ihn geführt wurde. In schwärmerischer Hingabe an sein Ideal, die Freiheit der Kirche, scheute er sich nicht, eine Politik zu treiben, die man nicht anders als zweideutig und unehrlich bezeichnen kann. D a ß sein Wollen ursprünglich rein war, braucht nicht bestritten zu werden. Aber im Vollbringen versagte er gänzlich. Aus seiner Abneigung gegen die deutsche Nation als solche machte er kein Hehl 1 ). Es war sein Verhängnis, daß er Papst wurde. Der Kardinal Peter von Porto (bei Ostia), der Führer der radikalen Partei, setzte am 24. Januai1 1118 die Wahl Johanns von Gaeta durch«), weil er fest davon überzeugt war, daß dieser als Papst einem scharfen Vorgehen nicht im Wege stehen würde, obwohl er bisher zu den maßvollen Gegnern des Kaisers gehört hatte. Johann entstammte der vornehmen Familie der Coniuli (nicht der Gaetani) in Gaeta und wurde um 1060 geboren. Er war wie sein Vorgänger Mönch, wurde in Monte Cassino unter vortrefflichen Lehrern gebildet, wegen seiner stilistischen Gewandtheit von Urban II. an die Kurie berufen und 1089 zum Dank für seine treue Anhänglichkeit auch in der Gefahr zum Kanzler ernannt. Als er dann 1111 zusammen mit Paschalis die deutsche Gefangenschaft erduldet hatte, erfolgte seine Beförderung zum Kardinaldiakon von S., Maria in Cosmedin und später noch zum Archidiakon. Er nannte sich als Papst Gelasius II. Die heiße Leidenschaft, mit der in Rom Parteikämpfe ausgetragen zu werden pflegten, entlud sich sehr bald. Cencius II. Frangipane überfiel den Papst, ganz im Gegensatz zu der sonstigen Haltung seines Hauses, und setzte ihn gefangen. Plötzlich schlug die Stimmung aber um, des Cencius Bruder Leo tat demütig Abbitte und befreite Gelasius, der ehrenvoll zum Lateran geleitet wurde 4 ). Heinrich V. rechnete wohl auf eine längere Dauer der römischen Unruhen, die er, wie man annehmen kann, zum mindesten finanziell gefördert hatte. Aus uns unbekannten Gründen, man möchte an Krankheit denken, ließ er aber fünf Wochen verstreichen, ehe er aus der Gegend am oberen Po aufbrach und dann allerdings eilends mit kleinem Gefolge in der Nacht vom 1. auf den 2. März 1118 bis zur Peterskirche gelangte, während Gelasius unter mancherlei Abenteuern in seine ' ) Oben S. 82. — ») Jaffe 1, S. 775. Fedele, Anacl. S. 434. M. v. Kn. 7, S. 56 f. Hauck, KG. 3, S. 912. Ehrle S. 455. Brackmann, Gelasius S. 619, 627. Krohn S. 4, 21, 45, 71. Liber pont. Dertus. S. 182. Haller, Papsttum 2, 2, S. 537. Klewitz, Reformpapsttum S. 374. — *) Gregorovius, Rom 4, S. 382. Stammbaum bei Ehrle S. 484. Graf S. 43. Klewitz, Reformpapsttum S. 390.

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Heimat Gaeta floh. Hier konnte er am 9. zum Priester und am 10. März zum Papst geweiht werden 1 ). Mit Rücksicht auf des Papstes frühere Haltung hoffte Heinrich noch, sich mit ihm zu verständigen, und verlangte jetzt durch Gesandte von ihm die Bestätigung des Investiturprivilegs 2 ). Andernfalls würde er einen Gegenpapst erheben. Aber Gelasius ließ sich dadurch nicht einschüchtern, sondern stellte am 13. März 1118 in einem nach Gallien gerichteten Schreiben fest, daß er zu einer Verhandlung über die kirchenpolitische Streitfrage in Mailand oder Cremona am Lukastag (18. Oktober) durch die dazu berufenen Kardinäle bereit sei und auch Sicherheit gewähren wolle, soweit der Kaiser sie nicht hindere 3 ). Damit wurde ein Abkommen vorbehalten, aber allerdings zunächst hinausgeschoben. Heinrich konnte oder wollte nicht warten, weil die Römer über den ihnen mitgeteilten Plan, die Investiturangelegenheit außerhalb ihrer Mauern zu entscheiden, äußerst empört waren. Irnerius und andere Rechtswahrer bestärkten sie in ihrem Unwillen. So wurde am 8. oder 9. März 1118 jener Moritz von Braga durch den Kaiser und das Volk zum Gegenpapst erhoben. Er nahm den Namen Gregor VIII. a n 4 ) . Er stammte vermutlich aus Limoges und hatte Beziehungen zu den Abteien Uzerche (s. Limoges) und Cluni, wurde in Toledo ausgebildet, 1099 zum Bischof von Coimbra und Anfang 1109 zum Erzbischof von Braga im nördlichen Portugal befördert. Seine Herkunft war bescheiden. Da er in einem Streit um die Abgrenzung des Erzbistums dem Bischof von Santiago de Compostela unterlag, verzichtete er auf die Rückkehr nach Braga, trat in die Dienste des Kaisers und erhielt von ihm bei Hofe eine Stellung, die ihm zu häufigen Reisen und üppigem Lebenswandel Gelegenheit gab. Seine Feinde verspotteten ihn als „Burdinus", d. h. Esel oder Maulesel, und dieser Spitzname fand die weiteste Verbreitung. Irgendwelche besondere Gaben besaß er kaum, höchstens eine gewisse geschäftliche Gewandtheit, die allein ihm aber in den damaligen wirren Verhältnissen nicht viel helfen konnte. Anfangs waren der Kaiser und die Reste der alten Wibertisten für ihn; aber als es ihm an Erfolgen fehlte, zeigte es sich sehr bald, daß eigentlich niemand für ihn Opfer bringen wollte. Seine Kanzlei war ungeschickt im Ausdruck und der Formen unkundig. Wenige Tage nachher unterrichtete Peter von Porto Kuno von Palestrina über die Bestätigung von dessen Legation sowie über die neuesten Ereignisse 5 ). Er forderte ihn auf, im Einvernehmen mit den Erzbischöfen Friedrich von Köln und Adalbert von Mainz, ein „so großes Verbrechen", nämlich die Verkündung des Gegenpapstes, allgemein bekanntzumachen und nach Kräften zu bekämpfen. Kuno handelte auch dementsprechend und stellte unmittelbar vor Ostern (14. April) 1118 mit Befriedigung fest, daß Gelasius über die Investitur genau so denke wie Gregor VII., Urban und Paschalis(i). l ) Italia pont. 8, S. IX, 30, Nr. 105. M. v. Kn. 7, S. 60, 67. Klewitz, Reformpapsttum S. 391. — J ) M. v. Kn. 7, S. 61. — ») M. v. Kn. 7, S. 63. Brackmann, Gelasius S. 620, 627 mit dem Datum. Erdmann, Mauritius S. 227. — 4 ) M. v. Kn. 7, S. 15. Kehr, Wibert S. 988. Erdmann, Mauritius S. 208, 211, 221, 229, 237. — 5 ) Brackmann, Gelasius S. 629 f.

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Gelasius hatte am Palmsonntag (7. April) 1 1 1 8 von Capua aus den Bann über Heinrich V . und dessen „ G ö t z e n " Moritz-Gregor ausg e s p r o c h e n 1 ) . Ihm diente es zum Trost, d a ß bei der Einsetzung des Gegenpapstes kein Glied der römischen Geistlichkeit, mit Ausnahme von drei Wibertisten, beteiligt gewesen sei. Noch hielt sich Heinrich in Rom und ließ sich am Pfingstsonntag ( 2 . Juni) zum zweitenmal durch Moritz-Gregor als den nunmehrigen neuen Papst k r ö n e n 8 ) . Bald nachher verließ er die Stadt, und auch Moritz-Gregor hielt es für geraten, es zu tun und in Sutri Aufenthalt zu nehmen, wo früher einmal Wibert-KIemens Schutz gefunden h a t t e * ) . Aus uns nicht näher bekannten Gründen gelang es ihm auch dann nicht mehr, eine Rolle zu spielen und die kaiserlich Gesinnten um sich zu scharen. Wohl aber brach wieder Feindschaft gegen Gelasius aus, der am 5. Juli nach Rom zurückgekehrt war. Dieser wurde am 21. Juli, als er in S. Prassede (auf dem linken Tiberufer) die Messe las, von den in diesem Fall einmütigen Brüdern Cencius II. und Leo Frangipani überfallen und mußte schleunigst die F l u c h t ' e r g r e i f e n 4 ) . Nach allen Anfechtungen, denen er ausgesetzt gewesen war, begreift man seinen Entschluß, nach Frankreich zu gehen, sehr wohl. Heinrichs längere Abwesenheit hatte im Reich vielfachen Anlaß zu erheblichen Störungen des Friedens und schlimmen Gewalttaten gegeben. W ä r e er aber in Deutschland geblieben, so würde der Papst doch wohl seine Hand nach dem Mathildischen Gut ausgestreckt haben und, gestützt auf eine solche Machterweiterung, für ihn ein noch gefährlicherer peind geworden sein. Denn die Stärke des Papstes war zugleich die Stärke der deutschen Fürstenopposition. Ein zeitgenössischer Chronist leitet seine dunkelgefärbte Schilderung der deutschen Verhältnisse mit den Worten ein, d a ß ein jeder damals nicht tat, was ihm recht schien, sondern was ihm beliebte. E r hob dann hervor die Verwüstung der Äcker, woran im Bistum W ü r z burg der Staufer Konrad besonders schuld gewesen sei, die große Zahl der Straßenräuber, die Kämpfe der kaiserlichen und der päpstlichen Partei gegeneinander, die Brandstiftungen und viele andere Mißstände. D i e Geistlichen hätten vor allem schwer zu leiden gehabt und seien vollständig verarmt. Scharfe Vorwürfe erhebt er gegen die „teutonische W u t " , die nichts von Frieden wissen wolle, und erklärt sein eigenes Volk f ü r viel schlimmer als irgendein a n d e r e s 8 ) . Unter den Feinden des K a i s e r s 9 ) ragten hervor HerzogLothar als V e r treter des altbekannten, zähen sächsischen Partikularismus, G r a f Rudolf von Stade, vorher Markgraf der Nordmark, Wiprecht II. von Groitzsch, der seinen Sohn überlebte, der thüringische G r a f Ludwig II., Erzbischof Adalgoz von Magdeburg, Bischof Reinhard von Halberstadt, Abt Dietger von St. Georgen auf dem Schwarzwald (ö. T r i b e r g ) , ein von Hirsauer Geist erfüllter leidenschaftlicher Mönch, vor allem aber Adalbert von M. v. Kn. 7, S. 70. Brackmann, Gelasius S. 628. — ' ) M. v. Kn. 7, S. 73. Erdmann, Mauritius S. 235. — s ) M. v. Kn. 7, S. 73 ff. Erdmann, Mauritius S. 247. — *) M. v. Kn. 7, S. 75. Burdach 2, 1, S. 367. Klewitz, Reformpapsttum S. 392. — s ) Ekkehard von Aura, Chronik zu 1116 u. 1117. M. v. Kn. 7, 17, 39. — •) Posse, Markgrafen S. 267, 272. M. v. Kn. 6, S. 361 ; 7, S. 19, 24, 40, 48.

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Mainz, den m a n g e r a d e z u a l s die Seele d e r Opposition ansprechen darf, s o d a n n Friedrich von Köln, auch W i d o von Chur und K o n r a d von S a l z b u r g . D a g e g e n standen Brun von Trier und B u r c h a r d von Münster treu zu Heinrich V. Otto von F r e i s i n g s a g t s e l b s t 1 ) , a u ß e r H e r z o g Friedrich II. von S c h w a b e n , d e s s e n B r u d e r K o n r a d und d e m rheinischen P f a l z g r a f e n Gottfried von K a l w h a b e e s k a u m einen F ü r s t e n g e g e b e n , der sich nicht gegen den K a i s e r auflehnte. U m s o lauter rühmt er jenen Friedrich, seinen S t i e f b r u d e r . D i e s e r habe d a s g a n z e L a n d von B a s e l b i s Mainz, in dem bekanntlich der Schwerpunkt des Reichs liege, allmählich seinem Willen g e b e u g t . Indem er eine B u r g nach der anderen erbaute und dadurch die U m g e b u n g unterwarf, h a b e m a n von ihm sprichwörtlich g e s a g t : Friedrich hat immer eine B u r g a m S c h w a n z seines P f e r d e s hängen. D i e E i g e n s c h a f t e n des H e r z o g s erfahren hohes L o b . Seine Freigebigkeit, d i e s p ä t e r dem g a n z e n staufischen Geschlecht s o hohen Ruhm erwerben sollte, sicherte ihm immer einen g r o ß e n Zulauf von Rittern, die unter ihm dienen wollten. E r w a r kriegstüchtig, g e s c h ä f t s g e w a n d t , von heiterer G e m ü t s a r t und höflichen U m g a n g s f o r m e n . K u n o von P a l e s t r i n a begleitete die kriegerischen Auseinandersetzungen mit seinen Bannflüchen g e g e n den K a i s e r und d e s s e n Anhänger. S o g e s c h a h es a m 19. Mai 1118 auf einer Kölner, a m 28. Juli auf einer Fritzlarer V e r s a m m l u n g 2 ) . Nicht ungefährlich w a r es für Heinrich, d a ß eine weitere in W ü r z b u r g stattfinden sollte, um ihn zu verhören oder, wenn er sich nicht stellte, in Abwesenheit abzusetzen. D e s h a l b entschloß er sich, die Kaiserin als Statthalterin in Italien zurückz u l a s s e n und e t w a im September s e l b s t nach D e u t s c h l a n d zurückz u k e h r e n 8 ) . D e r g e n a u e Zeitpunkt wird nicht überliefert, und deshalb läßt sich auch die G e s a m t d a u e r seiner Abwesenheit nur u n g e f ä h r als zweiundeinhalb J a h r e bestimmen. Von der W ü r z b u r g e r Z u s a m m e n k u n f t seiner F e i n d e w a r d a n n nicht mehr die R e d e . U m d i e s e l b e Zeit, a m 2. September, f ü h r t e G e l a s i u s seine Absicht a u s und schiffte sich von R o m nach P i s a ein, wo er l ä n g e r e Zeit verweilte, berührte dann G e n u a , Marseille, S a i n t - G i l l e s ( a n der Rhönem ü n d u n g ) und schließlich die kleine Insel M a g u e l o n n e 4 ) . Hier b e g r ü ß t e ihn nach Mitte N o v e m b e r Abt S u g e r von S a i n t - D e n i s im A u f t r a g L u d w i g s VI. und v e r a b r e d e t e mit ihm eine Z u s a m m e n k u n f t in VSzelai ( s ö . A u x e r r e ) . D a b e i konnte sich der f r a n z ö s i s c h e K ö n i g k a u m verhehlen, d a ß die d e m flüchtigen P a p s t g e w ä h r t e G a s t f r e u n d s c h a f t als eine P a r t e i n a h m e g e g e n den Kaiser a u f g e f a ß t werden würde. G e l a s i u s , der überall die ehrenvollste A u f n a h m e f a n d , schonte sich in Frankreich nicht. E r wechselte sehr o f t seinen Aufenthalt und vollz o g zahlreiche kirchliche Handlungen, die ihn körperlich wie geistig anstrengen mußten. In Mäcon erkrankt, ließ er sich s o f o r t nach Cluni bringen und suchte, K u n o von Palestrina zur Annahme d e r P a p s t w ü r d e zu bewegen. Aber dieser lehnte sie entschieden a b und e m p f a h l W i d o *) Gesta 1, Kap. 12. M. v. Kn. 7, S. 20. Schmitthenner S. 74. — ») M. v. Kn. 7, S. 78, 80. — ' ) M. v. Kn. 7, S. 77, 85. — «) O. Cartellieri, Suger S. 10. M. v. Kn. 7, S. 92, 95. Klewitz, Reformpapsttum S. 392.

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von Vienne als einen Mann, der neben geistlichen Tugenden auch die in solch schwerer Zeit unentbehrliche Welterfahrung besitze. Am 29. Januar 1119 hauchte Gelasius seinen Geist aus, nachdem er Befehl gegeben hatte, d a ß er gemäß der bei den Mönchen herrschenden Sitte ausgestreckt auf den Boden gelegt würde 1 ). Sehr mit Recht hat man hervorgehoben, d a ß er während seines kurzen Pontifikats eine ungewöhnlich große Zahl schwerer Schicksalsschläge erdulden mußte, und seinem ehrlichen Wollen ist niemals rein menschliche Teilnahme versagt worden. *) Qregorovius, Rom 4, S. 369. M. v. Kn. 7, S. 106. Krohn S. 47. Suger S. 202, Anm. 3. Haller, Papsttum 2, 2, S. 537.

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DRITTES KÄPITEL. DIE NORMANDIE, E N G L A N D U N D FRANKREICH. (1110-1119.) Ehe von der Erhebung des Erzbischofs Wido von Vienne auf den päpstlichen Stuhl die Rede sein kann, müssen die Beziehungen Englands und der Normandie zu Frankreich klargelegt werden. Es wird sich zeigen, d a ß ihre heftige Feindschaft das Verhältnis von Kaisertum und Papsttum und damit den Kern der abendländischen Politik berührte. Dabei wird zu berücksichtigen sein, daß Wido durch seine Geburt über gute Beziehungen zu Frankreich verfügte und d a ß dieses Land sich unter seinem tatkräftigen König Ludwig VI. anschickte, aus dem Dunkel hervorzutreten, in dem es unter den ersten Kapetingern geblieben war. Einen großen Vorteil bedeutete es aber für Deutschland, daß der Normandie wegen England sich mit Frankreich immer stärker verfeindete und deshalb auf eine engere Verbindung mit Deutschland durch die Heirat der Prinzessin Mathilde einging. Nach den früher erwähnten Grenzkämpfen in der Nähe von Gisors (1109) nahm der englisch-französische Krieg seinen Fortgang, doch kam es nicht zu eindrucksvollen Waffenentscheidungen. Heinrich I. suchte sich flandrische Hilfe zu sichern und erneuerte deshalb am 17. Mai 1110 in Dover mit dem Grafen Robert II. den Soldvertrag von 1103 1 ). Da der Vertrag nicht ausgeführt wurde, hat es für uns keine Bedeutung, daß sowohl die Zahl der zu stellenden Ritter als die dafür vorgesehene Geldsumme vermindert wurde. Ludwig VI. setzte sich 1110 und 1111 als erstes Ziel, die nur 41 km von Paris entfernte Burg Meulan (nw. Versailles) im französischen Vexin zu erobern 8 ). Ihr Herr Robert III. von Beaumont (-le-Roger, nw. fivreux) hatte sich schon bei der Eroberung Englands ausgezeichnet und genoß dank seiner Klugheit und militärischen Tüchtigkeit das volle Vertrauen des englischen Königs. Man sagte von ihm, daß er die „Angli" nicht liebte. Es gelang Ludwig auch, die Burg zu nehmen und die ganze Umgebung zu verwüsten. Robert rächte sich um Mitte März 1111, indem er die Abwesenheit Ludwigs von Paris benutzte, um in unglaublich keckem Wagen in die Hauptstadt einzudringen. Ludwig selbst wäre, als er zu Hilfe eilte, *) Kienast, Deutsche Fürsten 1, S. 54. Vercauteren-Desmet S. 422. Actes . . . Flandre Nr.41. — ' ) Freeman, N. C. 5, S. 151, 828. Luchaire, Louis VI Nr. 103, III.

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fast gefangengenommen worden. Glücklicherweise waren die Bürger auf dem Posten und vertrieben die Eindringlinge gleich wieder 1 )- D a s an sich nicht sehr bedeutende Ereignis zeigt uns, wie leicht Paris von Nordwesten her bedroht werden konnte und wie richtig die französischen Könige handelten, wenn sie ein Jahrhundert lang nicht ruhten, bis sie die Normandie gewonnen hatten. Für Ludwig bedeutete es eine erhebliche Erschwerung seiner Maßnahmen gegen England, d a ß er gleichzeitig mit unbotmäßigen Vasallen zu tun hatte, so mit Hugo III. von Le Puiset (sö. Chartres). Hugo war vom Hofgericht zum Verlust seiner B u r g verurteilt worden. Zwischen März und August 1111 zerstörte sie Ludwig und setzte ihn g e f a n g e n * ) . Im August landete Heinrich I. in der Normandie und griff Fulko V. von Anjou, den 1091 oder 1092 geborenen Sohn des am 14. April 1109 gestorbenen Fulko IV. Rechint») und Bertradas von Montfort, an 4 ). Fulko V. hatte seine Macht durch erfolgreiche Kämpfe gegen seine Barone verstärkt 5 ) und nach dem Tode seines Schwiegervaters Helias von L a Flèche 6 ) (11. Juli 1110) im Namen seiner Gemahlin Eremburg auch die Regierung von Maine angetreten 7 ). Er wurde auf diese Weise für die Normandie ein recht unbequemer Nachbar und weigerte sich, Heinrich I. Mannschaft zu leisten. Fulko IV. war ein g a n z niedriger Mensch gewesen, geil und dem Trunk ergeben. Er geriet sogar in den Verdacht, mit Räubern im Bunde zu stehen. Sein Sohn dagegen, der sich später als König von Jerusalem einen gefeierten Namen machte, war ganz anders geartet und wurde wegen seiner kirchlichen Gesinnung, seiner Wohltätigkeit, Milde und Freundestreue allgemein geschätzt8). Graf Theobald IV. von Blois, seit 1125 II. von Champagne, 1093 geboren 9 ), durch seine Mutter Adela ein Neffe Heinrichs I. von England, hatte eben noch Ludwig VI. gegen Hugo von Le Puiset unterstützt, schloß sich jetzt aber den Engländern a n 1 0 ) . D a f ü r gelang es Ludwig, Robert II. von Flandern trotz jenes früheren Vertrages von Dover auf seine Seite zu ziehen. Welche Partei die Oberhand gewann, steht nicht fest. Robert z o g sich Anfang Oktober 1 i l l bei einem Angriff auf die B u r g Dammartin-en-Goëlle (n. Melun) schwere Verwundungen zu und erlag ihnen am 5. des M o n a t s 1 1 ) . D a ß er am ersten Kreuzzug teilgenommen hatte, sicherte ihm die dankbare Verehrung der Zeitgenossen bis in den Orient hinein. Sein 1093 geborener Sohn Balduin VII. wurde von Ludwig gleich belehnt und mit dem Rittergürtel geschmückt. Die englisch-französische Spannung verschärfte sich dadurch, daß Heinrich I. den Versuch machte, seinen Neffen Wilhelm Clito (inclitus), ») Luchaire, Louis VI Nr. 111. — ' ) Luchaire, Louis VI Nr. 114, 119. Fliehe, Europe S.511. — ») Halphen, Anjou S. 202. Cartellieri 3, S. 73 u. sonst. — *) Dodu, Fulco S. 9. Ramsay 2, S. 269. Adams S. 155. Halphen, Anjou S. 173. — 6 ) Chartrou S. 26. — «) Cartellieri 3, S. 216. — 7 ) Norgate 1, S. 229. Luchaire, Louis VI S. CIV. Latouche S. 53, 56. — 8 ) Röhricht, Königreich S. 194. Chartrou S. 5. — •) d'Arbois 2, S. 172. — 10 ) RöBler S. 41. Luchaire, Louis VI Nr. 121 f. Thompson, Development S. 93. — " ) Luchaire, Louis VI Nr. 121, 122. Ramsay 2, S. 270. Vanderkindere 1, S. 302. Adams S. 157. M. v. Kn. 6, S. 217. Actes . . . Flandre S. XVII f. 137

den Sohn Robert Kurzstiefels, in seine Gewalt zu bringen 1 ). Wilhelm, 1101 in Rouen geboren, war ohne Zweifel der rechtmäßige Erbe der Normandie. Mit Rücksicht auf die öffentliche Meinung hatte ihn Heinrich nach seinem Siege bei Tinchebrai einem von dessen Verwandten zur Erziehung gegeben, aber, wie sich später zeigen sollte, damit einen schweren Mißgriff getan. Denn als jetzt die böse Absicht ruchbar wurde, brachten treue Diener den Knaben bei den Feinden des englischen Königs in Sicherheit. Für ihn erhob sich'in der Normandie eine Partei, deren Führung der als Unruhestifter genugsam bekannte Robert II. von Belleme übernahm. Wilhelm sollte jetzt von allen Unzufriedenen gegen Heinrich I. ausgespielt werden 8 ). Der englische König versäumte nicht, die Befestigungen seiner Burgen sowohl an der Grenze gegen Franzien als gegen Maine zu verstärken. Des Herrn von Belleme bemächtigte er sich durch einen Gewaltstreich'). Robert kam als Gesandter Ludwigs VI. nach Bonnevillesur-Touques (onö. Caen) an seinen Hof. Da ließ er ihn am 4. November 1112 wegen Treubruchs und anderer Vergehen festnehmen und zu ewigem Gefängnis verurteilen. Robert war weit und breit wegen seiner Habsucht und Grausamkeit, seiner Bedrückung der Kirchen und der Armen furchtbar verhaßt. Ein englisch-normannischer Zeitgenosse sagte von ihm, seine Schlechtigkeit sei in den christlichen Zeiten unvergleichlich 4 ). Roberts festeste Burg AIen?on wurde bezwungen und Heinrich I. auf diese Weise von einer ernsten Gefahr befreit. Da er ohnehin kein Freund des Krieges war, Ludwig aber, von dem man es wohl eher behaupten könnte, sich zu schwach fühlte, um auf einen Sieg zu rechnen, gelang eine Verständigung. In der letzten Woche des Februar 1113 kam Fulko V. von Anjou zu Heinrich ins Alenfonnais, leistete ihm Mannschaft für Maine und versprach ihm auch seine Tochter Mathilde zur Gemahlin für Heinrichs 1103 geborenen Sohn Wilhelm Ätheling«). Wichtiger war, daß in der letzten Woche des März die beiden Könige sich bei Gisors trafen. Sie schlössen Frieden, aber ganz zum Vorteil Heinrichs 8 ). Ludwig überließ ihm die Grafschaft Maine, die Herrschaft Belleme, die nicht zur Normandie gehörte, und die ganze Bretagne, behielt sich aber, wie man annehmen kann, die Oberhoheit vor. Der bretonische Herzog Alan Fergant hatte schon vorher Heinrich Mannschaft geleistet und dafür die Hand einer natürlichen Tochter des Königs, namens Mathilde, für seinen Sohn Konan III. erhalten. Um seinen Erfolg auszuwerten, begann Heinrich mit einem aus der ganzen Normandie gesammelten Heer, zu dem auch Theobald IV. von Blois und Rotrod III. von Le Perche stießen 7 ), am 1. Mai 1113 die Belagerung von BellSme. Am 3. Mai hätten sie stürmen können, aber Heinrich verbot es, weil es der T a g der Kreuzerfindung war. Die Ritter Theobalds und Rotrods erfuhren davon nichts, griffen zu den *) Ramsay 2, S. 269. Adams S. 155. — 3 ) Freeman. N. C. 5, S. 178, Anm. 1. David. Robert S. 181. — ») Ramsav 2. S. 271. Adams S. 157. — *) Ordericus 3, S. 422; 4, S. 305. Freeman, N. C. 5, S. 183. — s ) Ramsay 2, S. 271. Luchaire, Louis VI Nr. 157. Adams S. 158. Chartrou S. 6. — •) Ramsay 2, S. 271. Luchaire, Louis VI CXV, Nr. 157, 158. Flach 4, S. 257. de La Borderie 3, S. 34. — 7) Ramsay 2, S. 272. de Romanet S. 49.

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Waffen, schlugen einen Ausfall der Besatzung zurück und drangen schließlich ein. D a die Burg sich nicht ergeben wollte, wurde sie bis auf den Grund verbrannt. Den Ort bekam zur Belohnung für seine Dienste Rotrod, der mit einer anderen natürlichen Tochter Heinrichs, die auch Mathilde (Eadgyth, Edith) hieß, verheiratet war. Heinrich hatte viel erreicht und konnte als Sieger nach England zurückkehren. Rastlos, wie er war, wandte er seine Aufmerksamkeit Wallis zu, wo sich die kleinen Fürsten wild befehdeten. Im Mai-Juni 1114 führte er ein Heer dorthin, auch sein Schwager König Alexander I. von Schottland, der mit seiner unehelichen Tochter Sibylle verheiratet w a r 1 ) , schloß sich ihm an, und der englische Einfluß wurde befestigt und erweitert 2 ). Die festländischen Verhältnisse blieben im Vordergrund. Ein dauernder Friede zwischen den beiden wetteifernden Westmächten war nicht möglich. E s mochte daher auch politische Gründe haben, daß der jetzt 34 Jahre alte französische König den bisher immer aufgeschobenen Entschluß faßte, sich zu verheiraten, nachdem schon zweimal ähnliche Pläne gescheitert waren") und eine Geliebte ihm eine Tochter geschenkt hatte 4 ). Ivo von Chartres bestärkte ihn in seinem löblichen Vorhaben, weil dadurch der Lebenswandel des Königs gebessert und zum Wohle des Landes für Nachkommenschaft gesorgt würde 5 ). Die erwählte Gemahlin war Adelaide, die Tochter des 1103 gestorbenen Grafen Humbert II. von Maurienne (Savoyen) und Giselas, die eine Tochter Graf Wilhelms II. von Hochburgund und demnach Schwester des Erzbischofs Wido von Vienne, späteren Papstes Kalixts II., war 6 ). Abgesehen von dieser für die Kirchenpolitik nicht unwichtigen Verwandtschaft, kam in Betracht, daß Adelaide eine Nichte Klementias, der Witwe Roberts II. von Flandern und Vormünderin des jungen Balduin VII., war. E s paßte gut zu den bekannten Absichten des Königs, daß er wegen der Spannung mit England seine Beziehungen zu Flandern festigen wollte. Die Hochzeit fand in der ersten Hälfte des Jahres 1115 statt 7 ). Als einziger kapetingischer Herrscher hat Ludwig in seinen Urkunden die Jahre seit der Krönung seiner Gemahlin gezählt. Nach 1125 geschah es nicht mehr, wohl aber wurde noch oft ihrer Zustimmung oder ihrer Fürbitte gedacht 8 ). Tatsächlich übte sie auch politischen Einfluß auf wichtige Regierungsmaßnahmen. Auf verschiedenen Wegen suchte Ludwig VI., seinem überlegenen englischen Gegner Verlegenheiten zu bereiten. Um die Normandie von England zu trennen, hätte Robert Kurzstiefel aus der Gefangenschaft befreit werden müssen. D a das nicht möglich war, konnte man wenigstens seinen Sohn Wilhelm Clito fördern, und dieser verstand es auch, sich bei der Ritterschaft beliebt zu machen 9 ). Wir sahen schon, daß er in der Normandie Anhänger hatte. Dadurch wurde natürlich der Argwohn Ramsay 2, S. 340. — s ) Ramsay 2, S. 276. Adams S. 159. Farrer S. 371 mit der Zeit. Lloyd S. 510. — ») Luchaire, Louis VI S. XXVII, CXXIV, Nr. 32, 50, 78. — «) Luchaire, Louis VI Nr. 221, 231. — ") Luchaire, Louis VI Nr. 187. — •) Hellmann, Savoyen S. 35. Previti-Orton S. 277,281 u. Stammtafel. — ' ) Luchaire, Louis VI Nr. 192. — ») Luchaire, Louis VI S. XLVI, 301. — ») David, Robert S. 181 f.

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Heinrichs I. erst recht rege, und er versäumte nicht, 1115 die normannischen und ein Jahr später die englischen Barone seinem eigenen Sohn Wilhelm Ätheling Treue schwören zu lassen, um ihn damit zu seinem Nachfolger zu erklären 1 ). Wenn am 1. April 1115 Paschalis sich das Recht zuschrieb, in die englische Kirchenpolitik einzugreifen 2 ), wenn der Kardinalbischof Kuno von Palestrina am 12. Juli auf einem Konzil zu Chälons-sur-Marne normannische Bischöfe wegen ihres Ausbleibens in den Bann t a t » ) , so wurde dagegen auf einer Versammlung geistlicher und weltlicher Großen zu Westminster am 16. September scharf Einspruch erhoben 4 ). Man muß diese Dinge im Auge behalten, weil sie geeignet waren, die Beziehungen Englands zu dem papstfreundlichen Frankreich kälter, die zu dem papstfeindlichen Deutschland wärmer zu gestalten. Der kaum zu vermeidende Krieg zwischen den westlichen Königen brach im Frühjahr 1116 wieder aus«). Den Anlaß bot Graf Theobald IV. von Blois, der im Jahre vorher den Grafen Wilhelm II. von Nevers hatte gefangennehmen lassen, obwohl dieser von einem Strafunternehmen dps Königs zurückkehrte. Er weigerte sich, Genugtuung zu leisten, weil er auf die Unterstützung Heinrichs I. rechnete, die ihm auch zuteil wurde. Im Sommer 1117 fielen der König von Frankreich und Balduin V I I . von Flandern in die Normandie ein, wichen aber vor Normannen, Engländern und Bretonen zurück 6 ). • Am Anfang des folgenden Jahres (1118) mußte Ludwig Hugo III. von Le Puiset, der sich von neuem empört hatte, in seiner Burg bel a g e r n 7 ) . Im Februar-März errang er im Bunde mit Fulko V . von Anjou, Balduin V I I . von Flandern und den normannischen Anhängern Wilhelm Clitos einige Erfolge und zerstörte die von seinen Leuten spöttisch Malassis 8 ) genannte Burg, die Heinrich I". in aller Eile bei Gasni ( ö . fivreux) am rechten U f e r der Epte errichtet hatte. Eine Zeitlang geriet der englische König in Bedrängnis, er sah sich von Verrätern umgeben und wußte nicht, wem er noch Vertrauen schenken konnte. Ludwigs Sache stand besser als seit langer Zeit. Im Februar-Mai 1119 nahm er dank einer Kriegslist Ort und Burg Andeli 9 ) (sö. Rouen), die dem Erzbischof von Rouen gehörten. Damit besaß er eine starke Stellung im normannischen Vexin, d. h. in dem Gebiet zwischen Seine, Andelle und Epte. Letzterer Fluß bildete die Grenze gegen das französische Vexin auf dem linken Ufer. Schwer traf den französischen König der T o d seines jungen Bundesgenossen Balduin V I I . von Flandern. Dieser starb am 17. Juni 1119 an den Wunden, die er 1118 im Kampf auf französischer Seite erhalten hatte 1 0 ). Es war ungünstig für Ludwig, daß Fulko V. von Anjou, der » ) Ramsay 2, S. 276 f „ 338. — ' ) Jaffi 1, Nr. 6453. Ramsay 2, S. 274, 277. — " ) Hefele 5, S. 329. — « ) Farrer S. 376 mit dem Datum. — 5 ) Luchaire, Louis VI S. C X V I , Anm. 1, N r . 203, 207. Ramsay 2, S. 279. Thompson, Development S. 94. Lespinasse I, S. 281. — • ) Luchaire, Louis V I Nr. 229. — 7 ) Ramsay 2, S. 280. Luchaire, Louis VI Nr. 233, 236 f. David, Robert S. 182. Chartrou S. 10. Fliche, Europe S. 514, Anm. 82. — 8 ) Suger S. 188, Anm. 1. — •) Ramsay 2, S. 284. Luchaire. Louis VI Nr. 252. — 10 ) Ramsay 2, S. 281. Vanderkindere 1, S. 304. M. v. Kn. 7, S. 277, Anm. 28. Flach 4, S. 89. T o l l S. 49. Actes . . . Flandre S. XVIII. Ann. de Gand S. 37, Anm. 1.

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im Dezember 1118 Alen?on erobert und den zu Hilfe eilenden englischen König zurückgeschlagen hatte, sich mit diesem wieder vertrug, weil im Juni 1119 Wilhelm Ätheling seine jetzt zwölfjährige Braut Mathilde von Anjou heiratete 1 ). Aber auch dann noch hätte Ludwig sich wohl gut behaupten können, wenn er mehr Feldherr als Haudegen gewesen wäre. Als am 20. August 1119 das englische und das französische Heer unvermutet aufeinandertrafen, wagte Ludwig die Schlacht, obwohl seine Waffengefährten ihn warnten. Sie fand auf der Ebene von BrSmule (ssw. Gaillardbois, nnö. ßvreux) statt 2 ). Die Einzelheiten sind widerspruchsvoll überliefert. Sicher scheint zu sein, daß Heinrich die Mehrzahl seiner Ritter absitzen ließ, vor ihnen aber Berittene aufstellte. Auf diese stürzten sich die Franzosen, errangen auch einen gewissen Erfolg, wurden aber von den Fußkämpfern zurückgeworfen und von den wieder aufgesessenen Engländern in die Flucht getrieben. Sie verloren angeblich 140 Gefangene und nur 3 Tote, weil sie ihren Gegnern persönlich bekannt und vollständig in Eisen gehüllt waren. König Ludwig mußte froh sein, daß er beim Umherirren im Wald einen Bauern fand, der ihn nach Andeli geleitete. Dem Krieger, der Ludwigs Banner erbeutet hatte, kaufte es Heinrich ab, um es als Beweis seines Sieges zu behalten. Ludwigs Streitroß schickte er ihm mit Sattel und Zaumzeug zurück, und dasselbe tat Wilhelm Ätheling mit dem Zelter Wilhelm Clitos. Die Niederlage der Franzosen in einem kurzen und militärisch unbedeutenden Gefecht machte weit und breit starken Eindruck. Sie gehört zu den Ereignissen, ohne die das angevinische Reich nicht möglich gewesen wäre 8 ). Ludwig konnte geschlagen, aber nicht entmutigt werden. Mit einem Aufgebot aus allen französischen und flandrischen Landen gelangte er am 17. September 1119 bis Breteuil (sw. fivreux), vermochte es aber nicht in seine Hand zu bringen. Gern wollte er an Theobald von Blois Rache nehmen und dessen Hauptstadt Chartres verbrennen, ließ sich aber durch die flehentlichen Bitten von Geistlichen und Bürgern davon abbringen 4 ). Da eröffnete ihm die Ankunft des neuen Papstes die erwünschte Möglichkeit, statt mit militärischen und politischen, jetzt mit kirchlichen Waffen gegen seinen überlegenen Feind vorzugehen. ») Ramsay 2, S. 281, 299, Anm. 3. Chartrou S. 11 f. — *) Ramsay 2, S. 286. Luchaire, Louis VI Nr. 259. Thompson, Development S. 95. Drummond S. 43. Adams S. 167. Delbrück 3, S. 418. Oman 1, S. 385. Corbett England, S. 539. Erben S. 119. — ») Ramsay 2, S. 288. Luchaire, Louis VI Nr. 260 ff. — •) Luchaire, Louis VI Nr. 261 f.

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VIERTES KÄPITEL.

DAS WORMSER KONKORDAT. (1119-1123.) Erzbischof Wido von Vienne, von dessen Familie schon gehandelt wurde, war erst nach dem Tode seines Vorgängers in Cluni eingetroffen und wurde dann sofort von den wenigen wahlberechtigten Anwesenden am 2. Februar 1119 einmütig zum Papst gewählt. Dabei konnten naturgemäß die gesetzlichen Bestimmungen nicht beobachtet werden. Am 9. des Monats fand die Konsekration statt. Er nannte sich Kalixt II. 1 ). In Rom rief der mit der Stellvertretung des Gelasius betraute Kardinalbischof Peter von Porto 2 ) Geistlichkeit und Volk in der St. Johannskirche auf der Tiberinsel zusammen und ließ hier die Neuwahl bestätigen. Der uns aus der Papstgeschichte der letzten Jahre gut bekannte Pierleone, der immer über reiche Geldmittel verfügte, übte durch seinen Sohn Peter, den Kardinaldiakon von SS. Cosmas und Damianus (späteren Papst Anaklet II.), maßgebenden Einfluß auf die Beschlußfassung. Die Wahl des Versammlungsortes zeigte auch deutlich, daß man auf die Stimmen aller Römer nicht glaubte zählen zu können und vielleicht sogar mit einer Gegenbewegung der Kaiserlichen zugunsten ihres Papstes Moritz-Gregor VIII. rechnete. Aber es blieb alles ruhig. Die persönlichen Eigenschaften des Kalixt wurden von den ihm nahestehenden Kreisen sehr gerühmt. Er zeichne sich durch Einfachheit, Güte und Freigebigkeit gegen Geistliche aus 8 ). In ihm verband sich eine sehr hohe Auffassung der Papstgewalt mit diplomatischem Geschick in Verhandlungen. Seit der Erhebung Gregors VII. war er der erste Weltgeistliche auf dem Stuhle Petri. In Hauptsachen würde er nie nachgeben, formale Schwierigkeiten aber überwinden. Ihn hatte, als er noch Erzbischof war, Heinrich V. aufs schärfste angegriffen, aber Kalixt fühlte sich trotzdem verpflichtet, beim Antritt seines hohen Amtes die Hand zur Versöhnung zu bieten, und schrieb ihm daher am 19. Februar 1119 einen Brief, in dem er ihn an ihre durch die gemeinsame Abstammung von Graf Otto Wilhelm von Hochburgund vorhandene Blutsverwandtschaft erinnerte, alle Übergriffe auf die kaiserliche Herrschaft von sich wies und betonte, daß jedem das Seine zustehen sollte 4 ). 4 ) M. v. Kn. 7, S. 110, 111, 113. Hauck, KG. 3, S. 912. Haller, Papsttum 2, 2, S. 537. — ') Klewitz, Reformpapsttum S. 392. — ') Levison S. 413. — 4 ) Jaffö 1, Nr. 6950. M. v. Kn. 7, S. 197. Haller, Papsttum 2, 2, S. 537 zu 1119.

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Noch wollte Heinrich nichts davon wissen, und so wird es b e greiflich sein, d a ß der enttäuschte Papst am 16. April den Erzbischof Friedrich von Köln vor der abscheulichen Fäulnis der von „jenem T y r a n n e n " investierten Bischöfe eindringlich w a r n t e 1 ) . Man hätte denken können, d a ß er vor allem W e r t darauf legte, möglichst bald in Rom einzutreffen. D a s war aber nicht der Fall. Frankreich bot ihm bei der bekannten Haltung Ludwigs VI. einen sicheren Aufenthalt, und seine Nichte, die Königin Adelaide, unterstützte sicher aus verwandtschaftlichen Gründen die papstfreundliche Haltung Ludwigs V I . B e i aller Teilnahme für das Wohlergehen des Papstes und Billigung seiner kirchlichen Lehrmeinungen kam es allerdings dem König nicht so sehr darauf an, in den kirchenpolitischen Streit mit dem deutschen Kaiser einzugreifen, als Kalixt zur Vermittlung mit England zu bewegen. W i l l kommene Gelegenheit zur Aussprache bot sich dem Herrscherpaar am 3. Oktober 1 1 1 9 anläßlich der Weihe der Abteikirche von Morigni (s. Versailles), die der Papst selbst v o r n a h m 2 ) . Heinrich V . erkannte allem Anschein nach allmählich, d a ß er mit dem streitbaren Papsttum zu einer Verständigung kommen müsse, um dessen Bund mit den immer aufsässigen deutschen Fürsten zu sprengen. W i r bemerken daher neuerdings in seiner Politik eine weitgehende Rücksichtnahme eben auf die Fürsten und eine viel weniger schroffe Stellung gegen den Papst. Am 24. Juni 1119 fand in der Nähe von Mainz ( T r e b u r ? ) eine gut besuchte Reichsversammlung statt, auf der sich günstige Aussichten für den kirchlichen Frieden eröffneten»). Kalixt wurde allgemein a n erkannt, ohne d a ß Heinrich Einspruch erhob, und dieser erklärte sich damit einverstanden, d a ß Verhandlungen mit ihm gepflogen würden. Dabei wurde auf das von Kalixt schon anberaumte Konzil in Reims verwiesen. Heinrich ließ es demnach gelten, d a ß auf französischem Boden über eine tief einschneidende Verfassungsfrage des deutschen Reiches entschieden werden sollte. E r fügte sich, weil die Verhältnisse stärker waren als er, aber er v e r g a ß die ihm damit zugefügte Kränkung nicht, wie sich zeigen wird. Um den 1. Oktober suchten Wilhelm von Champeaux, Bischof von Chälons-sur-Marne 4 ), und Pontius, Abt von Cluni, den Kaiser in S t r a ß burg auf 5 ). Man kann nicht daran zweifeln, d a ß ihre Sendung von Kalixt gebilligt wurde. Wilhelm war Lehrer der Dialektik und Rhetorik an der Pariser Notre-Dame-Kirche und Archidiakon gewesen und galt für einen sehr verständigen, auf das Praktische gerichteten, allerdings nicht sehr tief dringenden Theologen. E r legte dem Kaiser nahe, durchaus auf die Investitur der Bistümer und Abteien zu verzichten, wollte a b e r gleichzeitig beweisen, d a ß damit das Reich nicht geschädigt würde. E r selbst habe in Frankreich als Erwählter weder vor noch nach der Konsekration etwas aus der Hand des Königs empfangen, ihm aber trotzdem hinsichtlich der Steuer, des Kriegsdienstes, des Zolles und des *) Regg. Köln 2, Nr. 158. M. v. Kn. 7, S. 114. — *) Chron. de Morigny S. 33. Luchaire, Louis VI Nr. 264. Fliehe, Europe S. 515. — •) M. v. Kn. 7, S. 103. — •) S. M. Deutsch, Realenc. 21 (1908), S. 293. — «) M. v. Kn. 7, S. 118. Hauck, KG. 3, S. 91§. 143

kirchlichen Landbesitzes ebenso treu gedient, wie es in Deutschland die Bischöfe täten, durch deren Investitur der Kaiser sich den Bann zugezogen habe. Pontius ist uns als Vertreter einer gemäßigten Richtung in der Kirche schon begegnet. Heinrich erklärte sich nach Beratung mit seiner Umgebung damit einverstanden, d a ß über seinen Verzicht auf die Investitur gemäß dem Vorschlag verhandelt würde. Dabei setzte er voraus, d a ß die Bischöfe und Äbte ihre Verpflichtungen gegen d a s Reich erfüllten. Die Gegenleistung des Papstes sollte darin bestehen, d a ß er dem Kaiser und seinen Anhängern wahren Frieden gewährte, d. h. doch, sie vom Bann löste. D a s Verhalten Heinrichs erinnert an sein früheres vom Jahre 1111. Wie damals sollte Zugeständnis gegen Zugeständnis stehen. Aber es war natürlich überaus schwierig, bei einer so verwickelten Angelegenheit wie den Investituren, mit denen geistliche ebenso wie weltliche Befugnisse verliehen werden konnten, Ausdrücke zu finden, die jede Unklarheit ausschlössen. Zunächst war Kalixt sehr befriedigt und fürchtete nur, d a ß ihm eine Falle gestellt würde. Die unglückliche Rolle, die seinerzeit Paschalis gespielt hatte, mußte ihm gegenwärtig sein. Er schickte deshalb Wilhelm und Pontius mit zwei Kardinälen nochmals zu Heinrich, der sie zwischen Verdun und Metz empfing. Heinrich versprach und seine Umgebung schwur, daß er am 24. Oktober zu Mouzon den ihm vorgelegten Vertragsentwurf vollziehen würde, und dasselbe wurde ihm von der anderen Seite auch zugesichert. Der wesentliche Inhalt war, daß Heinrich auf die Investitur aller Kirchen verzichtete und daß der Papst ihm wahren Frieden gewährte. Beide Parteien sollten die während des Streites beschlagnahmten Güter zurückgeben 1 ). Mouzon l a g noch auf deutschem Boden, aber unweit der französischen Grenze und hatte daher auch schon früher als Treffpunkt bei Zusammenkünften der benachbarten Herrscher gedient 2 ). Am 20. Oktober 1119 hatte das Konzil zu Reims seine Tagungen begonnen 8 ). Der sehr gute Besuch zeigte deutlich, d a ß der Papst die große Mehrheit der Kirche hinter sich hatte. Frankreich und Burgund waren am stärksten vertreten. Spanien und England hatten auch P r ä laten entsandt. Aus Deutschland war Adalbert von Mainz mit fünf Suffraganen und angeblich 500 Rittern erschienen. Gemäß dem Willen des Papstes holte ihn Graf Hugo von Champagne mit einer reisigen Schar ehrenvoll ein. Desgleichen hatten sich andere deutsche Bischöfe eingestellt. D a s Aufgebot von Bewaffneten sollte natürlich zum Schutze des Papstes und des Konzils gegen etwaige Störungsversuche Heinrichs dienen, der, wie behauptet wurde, eine sehr ansehnliche Streitmacht heranführte. Am 21. Oktober kamen die englisch-französischen Feindseligkeiten auf die Tagesordnung. Ludwig VI., in dessen Begleitung sich Wilhelm Clito befand, trug seine Beschwerden persönlich vor: Heinrich I. halte l ) Const. 1, Nr. 104, 105. Haller, Mouzon. M. v. Kn. 7, S. 129. Wowczerk, Mouzon. Pivec, Studien 46, S. 316. —») W. Michael S. 23,40, Cartellieri 2, S. 224,324. — ' ) Ranke 8, S. 122. Luchaire, Louis VI, S. CXXX. Robert S. 63. M. v. Kn. 7, S. 123. Hauck, KG. 3, S. 917. Tangl S. 192. Fliehe, Europe S. 479.

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den eigenen Bruder Robert Kurzstiefel, der doch als Herzog der Normandie französischer Vasall sei, immer noch gefangen und enterbe dessen Sohn Wilhelm Clito. Außerdem habe er Ludwigs Abgesandten Robert von BellSme ins Gefängnis geworfen. Weiter klagte der König über Theobald IV. von Blois 1 ). Die Engländer wollten den Ausführungen Ludwigs heftig widersprechen, es erhob sich ein großer Lärm, und Kalixt hatte viele Mühe, die erregten Gemüter zu besänftigen. Er versprach, sich später der Friedstiftung anzunehmen. Er selbst prüfte am 24. in Mouzon mit den hohen Geistlichen, die ihn begleitet hatten, die deutschen Vertragsentwürfe und wurde darauf aufmerksam gemacht, daß der Verzicht des Königs auf die Investituren und die Gewährung des wahren Friedens durch den Papst mißverständlich seien. Im ersten Fall sei zu befürchten, daß der Kaiser nur die geistliche Investitur preisgebe, die mit den Regalien aber festhalte. Im zweiten Fall könne es sich nur um die Herstellung der kirchlichen Gemeinschaft, nicht etwa um die Wiedereinsetzung von Eindringlingen handeln. Wieder suchten die beiden uns bekannten Unterhändler zusammen mit zwei Kardinälen den Kaiser in dem 9 km von Mouzon entfernten Ort BrSvilly an der Chiers auf 2 ). Was nun geschah, läßt sich aus der parteiisch gefärbten Überlieferung nicht mit voller Sicherheit entnehmen. Allem Anschein nach weigerte sich der Kaiser, die ihm jetzt zugemutete Auslegung der beiden Versprechungen anzunehmen, und bat zweimal um Aufschub, um sich mit seinen Fürsten auf einer Reichsversammlung beraten zu können. Es mag sein, daß er sich nachträglich doch noch zum Entgegenkommen bereit erklärte, aber da war es schon zu spät. Kalixt traute dem Kaiser zu, daß dieser ihn überfallen wollte, und kehrte schleunigst nach Reims zurück. Am 27. Oktober trug der gelehrte und beredte Kardinalpriester S. Chrysogoni Johann von Crema»), der an den Gesandtschaften teilgenommen hatte, dem Konzil das Geschehene vor, schob die ganze Schuld auf Heinrichs Unehrlichkeit, klagte über den Schrecken, den ihnen die Deutschen mit ihren Lanzen und Schwertern eingeflößt hätten, und erinnerte an das Schicksal des Paschalis in der Peterskirche, das sicher Kalixt immer vorgeschwebt hatte. Es lag für die Versammlung kein Anlaß mehr vor, sich weiter mit den Beziehungen zum Kaiser zu beschäftigen, und es konnten am 29. Oktober Beschlüsse gegen Simonie, Investitur und Priesterehe gefaßt werden. Dabei ereignete sich ein bezeichnender Zwischenfall. Weil die allgemeine Fassung des Investiturverbots bei den Vätern Unruhe erregte, wurde es am 30. auf die Bistümer und Abteien beschränkt und die Investitur von sonstigem kirchlichen Besitz durch Laien nicht beanstandet, damit aber auch der in Clermont 1095 verkündete strenge Standpunkt verlassen 4 ). Zuletzt wurden an diesem Tage in der üblichen Weise durch gelöschte Kerzen Heinrich V. und sein Papst Moritz-Gregor, zahlreiche deutsche und italienische Bischöfe und Herren und auch der berühmte ' ) Luchaire, Louis VI S. XC, CXXX, Nr. 266. Ramsay 2, S. 289. M. v. Kn. 7, S. 127. — *) W. Michael S. 40, Anm. 1. — ») Brixius S. 137. Tillmann S. 27, 161. Klewitz, Reformpapsttum S. 380. — «) Cartellieri 3, S. 253. C a r t e l l i e r i , Der Vorrani des Papsttums.

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Jurist Irnerius in den Bann getan sowie alle dem Kaiser geschworenen Eide für ungültig erklärt 1 ). Man braucht nicht zu bezweifeln, daß sowohl der Kaiser als der Papst eine Aussöhnung aufrichtig wünschten, in ihren Bemühungen aber auf unüberwindliche Hemmungen stießen. Noch stand ihnen das durch den langen Streit hervorgerufene Mißtrauen im Wege. Jede Partei war bei der anderen auf unredliche Machenschaften gefaßt. D a ß die Päpstlichen von Heinrich V. nach seiner Behandlung des Paschalis in Rom nichts Gutes erwarteten, wird niemand wunder nehmen. Vor allem hat Adalbert von Mainz seine genaue Kenntnis des Kaisers benutzt, um ihm so viel zu schaden, wie er nur irgend konnte. Kalixt vergaß sein vor dem Konzil gegebenes Versprechen nicht und bemühte sich bei seinem Besuch, den er Ende November 1119 Heinrich I. in Gisors machte, um den Frieden mit Frankreich 2 ). Der englische König erwies ihm alle Ehre und warf sich ihm zu Füßen, weigerte sich aber, die vom Papst vorgetragenen Klagen Ludwigs zu berücksichtigen. J ? o b e r t Kurzstiefel habe wegen seiner schlimmen Mißregierung abgesetzt werden müssen und führe jetzt auf einer englischen Burg ein üppiges Leben. Wilhelm Clito könne jederzeit in England reich ausgestattet werden, statt im Auslande zu darben. An dem Bruch des englisch-französischen Bündnisses sei nur Ludwig schuld. Das einzige Zugeständnis, das Heinrich machte, betraf den Grafen Theobald IV. von Blois, den wollte er dem Papst gehorsam machen. Merkwürdigerweise gab sich der Papst mit Heinrichs doch mindestens fragwürdigen Antworten zufrieden und übermittelte sie Ludwig. E s tauchte der Verdacht auf, d a ß englisches Geld dabei eine Rolle spielte. Aber auch wenn das nicht der Fall war, begreift man gut, daß Kalixt es an der Schwelle neuer Verwicklungen mit Deutschland nicht wagte, sich auch noch mit England zu verfeinden. Ludwig sah, daß er nachgeben müsse, weil er gegen König Heinrich weder mit Gewalt noch mit päpstlichen Mahnungen etwas ausrichten konnte. In den Beziehungen zu England kam immer viel auf Flandern an. Der neue Graf Karl, genannt der Gute, den sein verstorbener Vetter Balduin VII. noch auf dem Totenbett als seinen Nachfolger bezeichnet hatte, war dem französischen König zuerst nicht genehm, da Roberts II. Witwe Klementia gegen ihn gearbeitet hatte. Karl erfüllte aber seine militärische Lehnspflicht immer pünktlich, und so gab es keine Mißhelligkeiten 8 ). Unter diesen Umständen handelte König Ludwig klug, wenn er, wohl zu Anfang des Jahres 1120, mit Heinrich I. Frieden schloß. Beide Parteien gaben sich die eroberten Burgen zurück und ließen die Gefangenen frei. An Heinrichs Stelle leistete sein Sohn Wilhelm Ätheling dem französischen König Mannschaft für die Normandie, und damit war jedes Eingreifen Frankreichs zugunsten Robert Kurzstiefels und seines Sohnes Wilhelm Clito aufgegeben 4 ). *) W . Holtzmann, Invest.-Streit S. 301. — ' ) Luchaire, Louis VI S. CXXXII, Nr. 267. Ramsay 2, S. 290. David, Robert S. 183. Fliche, Europe S. 516. — ) Luchaire, Louis VI Nr. 262, 349, 369, 372. M, v. Kn. 7, S. 277. Pirenne 1, S. 118 u. sonst. — •) Luchaire, Louis VI S. CXVI, Nr. 298. Ramsay 2, S. 290. Fliche, Europe S. 516. s

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Heinrich I. wurde aber seines Erfolges nicht froh. Am 25. November 1120 ertrank der zur Nachfolge bestimmte Wilhelm Ätheling bei der Überfahrt von Barfleur nach England. Das Schiff Blanche-Nef, das er und die leichtsinnige Hofgesellschaft bestiegen hatten, scheiterte, weil sie aus Übermut die Matrosen betrunken machten 1 ). Damit erhob sich die ernste Frage, wer künftig König von England werden sollte. Heinrichs einziges überlebendes rechtmäßiges Kind war die deutsche Kaiserin Mathilde, die ihrerseits keine Nachkommen hatte. Sollte etwa doch Wilhelm Clito in Betracht kommen? Der König hatte am 1. Mai 1118 seine Gemahlin Mathilde durch den Tod verloren 2 ). Jetzt entschloß er sich, 52 Jahre alt, in der Hoffnung auf Nachkommenschaft wieder zu heiraten, und wählte die jugendlich schöne Tochter Gottfrieds I. von Löwen, Herzogs von Niederlothringen (Brabant), namens Adelaide. Die Hochzeit fand am 29. Januar 1121 zu Windsor, die Krönung am Tage darauf statt 3 ). Gottfried galt für einen zuverlässigen Anhänger des Kaisers. Insofern verstärkte die Heirat die guten Beziehungen zum deutschen Reich und konnte bei neuen Verwicklungen mit Frankreich Nutzen stiften. Für die beiden Westmächte blieb es von entscheidender Bedeutung, wie sich die Beziehungen des Kaisers zum Papst weiter entwickeln würden. Es mag zunächst auffallend erscheinen, daß seine Exkommunikation zu Reims keine unmittelbare Wirkung hatte. Noch vor Ende 1119 konnte Heinrich V. in Köln einziehen, und Erzbischof Friedrich, der ihm erst widerstrebt hatte, besuchte am 21. Januar 1120 einen Hoftag zu Goslar. Dort fanden sich auch Herzog Lothar und andere dem Kaiser früher feindliche Herren ein 4 ). Am Rhein machten sich Friedensbestrebungen geltend, die Heinrich V. günstig waren. Doch wird man diesen Wandel der Stimmung nicht überschätzen. Zwar hatte der ihm feindliche Bischof Dietrich von Münster i. W. sein Bistum verlassen müssen, aber der mit ihm verwandte Herzog Lothar und Dietrichs Bruder Graf Hermann von Winzenburg führten ihn am 2. Februar 1121 mit Waffengewalt zurück. Ein bei den Kämpfen ausbrechendes Feuer legte den größten Teil der Stadt mitsamt dem Dom in Asche 5 ). Lothar verfügte damals über ansehnliche Streitkräfte. Er plünderte slawisches Land, das von Zwentibold, einem Sohn des Abodritenfürsten Heinrich und Enkel Gottschalks, beherrscht wurde, bezwang Kessin oberhalb von Rostock und machte reiche Beute 6 ). Gern hätte Heinrich V. Adalbert von Mainz, seinen gefährlichsten Feind, gezüchtigt und schloß Mainz eng ein. Ein blutiger Zusammenstoß drohte Ende Juni 1121, aber einsichtige Männer erreichten beim Kaiser, daß er der Friedstiftung durch einen Ausschuß zustimmte, den je 12 Fürsten von jeder Partei bilden sollten. Um Anfang Oktober 1121 kam es zu einer großen Versammlung zu Würzburg 7 ). Nach eingehenden Beratungen wurden die Bedingungen ») Ramsay 2, S. 291. — ' ) Ramsay 2, S. 282. — ' ) Voigtei, Tafel 224. Ramsay 2, S. 293. Rößler S. 51,59. M. v. Kn. 7, S. 272. Sturler S. 74. — ' ) M. v. Kn. 7, S. 144, 146, 155. Regg. Köln 1, Nr. 172. — ' ) Löffler S. 36. M. v. Kn. 7, S. 144, 166 f. — •) M. v. Kn. 7, S. 167. — 7 ) Const. 1, Nr. 106. Hauck, KG. 3, S. 920. M. v. Kn. 7, S. 170 ff. D. Schäfer, Honor.

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festgesetzt und zunäohst von den in Würzburg nicht anwesenden Bayern am 1. November angenommen. Die Hauptpunkte waren: der Kaiser soll dem apostolischen Stuhl gehorchen. Er soll haben, was ihm und dem Reich zusteht. Betreffs der Investituren soll das Reich sein Recht (honor) bewahren. Die Fürsten dürfen sich gegen den Kaiser zusammenschließen, wenn er an ihnen Rache nehmen will. Das Ziel ist ein allgemeiner Frieden unter Anerkennung der kanonisch gewählten Bischöfe. Sicher hatte Heinrich V., um zur Regierung zu kommen und während derselben, viel verschuldet; aber tief beschämend bleibt doch, daß ihn seine eigenen Fürsten dem Zwang des römischen Papstes beugten und d a ß ihnen das Widerstandsrecht eingeräumt wurde. Der Absolutismus, der Heinrichs innerster Natur entsprach, mußte einer fürstlichen Oligarchie weichen. Doch ist zu beachten, daß der Gedanke des über den Parteistreitigkeiten stehenden Reiches deutlicher hervortrat. Wie würde Kalixt die Vorschläge aufnehmen? Nach der Beendigung des Reimser Konzils hatte er sich in Frankreich und Burgund aufgehalten und war dann, von einer ungeheuren Menschenmenge stürmisch begrüßt, am 3. Juni 1120 in Rom eingezogen 1 ). Der Überlieferung seiner Vorgänger getreu, ging er dann bald nach Süden, wo er am ehesten Hilfe finden konnte, falls ihn der Kaiser etwa von neuem bedrängte. In Benevent, wo er mit höchster Ehrerbietung empfangen wurde, belehnte er im Oktober den Herzog Wilhelm II. von Apulien mit einer Fahne 2 ). Fürst Jordan II. von Capua und mehrere Grafen huldigten. Als der Papst hernach den Herzog in Troja (sw. Foggia) aufsuchte, ging ihm dieser mit vornehmen Herren entgegen und hielt ihm den Steigriemen. Immer war Kalixt bemüht, das Ansehen des Papsttums zur Geltung zu bringen. In Benevent hatte er die innere Ruhe und Ordnung hergestellt. Auf Ergebenheitsbeweise, die dem Volk in die Augen fielen, legte er großen Wert. Aber wichtiger als alles andere blieb doch, d a ß er das große Ziel der kurialen Politik fest im Auge behielt, die kriegstüchtigen Normannen zur Waffenhilfe aufrufen zu können. Unter diesem Gesichtspunkt wird man den Kampf Rogers II. gegen eine Abhängigkeit vom Papsttum besser verstehen. Seit dem Dezember 1120 wieder in Rom anwesend, sah Kalixt sich noch vor eine große Aufgabe gestellt. Um die Rechtmäßigkeit seiner Würde allgemein offenbar zu machen, mußte er den Gegenpapst beseitigen. Sein unglückliches Werkzeug hatte Heinrich V., darin seinem Vater durchaus unähnlich, vollständig vernachlässigt, obwohl ihm MoritzGregor seine klägliche Lage und seine bitteren Enttäuschungen schon einige Zeit vorher in einem Briefe eindringlich vorgestellt und als einziges Heilmittel empfohlen hatte, Rom als die Quelle aller Übel niederzuzwingen 8 ). Der Gegenpapst wurde in Sutri acht Tage lang belagert 4 ). Bei Gregorovius 4, S. 373. M. v. Kn. 7, S. 138, 156, 158. — ") Ital. pont. 8, S. 31, Nr. 111 ff. Fabre, Calixte S. 191. Chalandon, Histoire 1, S. 321 f. M. v. Kn. 7, S. 160. R. Holtzmann, Marschall S. 29. Vehse, Benevent 22, S. 130, 132. Kehr, Belehnungen S. 35. — ») Briefe a. d. Salierzeit Nr. 18. M. v. Kn. 7, S. 162 f., 183. Odebrecht S. 238. — •) Jaffe 1, S. 822. Gregorovius, Rom 4, S. 374.

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der Einnahme der Stadt durch Kalixt wurde er am 23. April 1121 in schimpflichem Aufzuge, rückwärts auf ein Kamel gesetzt, nach Rom gebracht und allen Mißhandlungen des Pöbels preisgegeben. Ohne die Freiheit wiedererlangt zu haben, starb er nach 1137. Das harte Schicksal der Gegenpäpste blieb auch ihm nicht erspart, und wir denken an Philagathos-Johann XVI., der Schlimmeres erdulden mußte als alle anderen 1 ). Wie es scheint, ließ sich Kalixt jetzt in St.,Peter inthronisieren«), da die Kirche erst kurz vorher, vermutlich nach der Beseitigung MoritzGregors, dem Pierleone für ihn übergeben worden war. Er ging wieder nach Unteritalien und versuchte Anfang September 1121, Herzog Wilhelm II. von Apulien und Graf Roger II. von Sizilien auszusöhnen»). Doch gelang ihm das nicht, er erkrankte und mußte nach Rom zurückkehren, wo er am 10. März 1122 weilte 4 ). Die wachsende Macht Rogers und die Hilflosigkeit Wilhelms II. beschworen für die Zukunft ernste Verwicklungen für die Kurie herauf. Um so eher wurde der Papst geneigt, die Würzburger Beschlüsse zur Verhandlungsgrundlage zu nehmen. Es gingen Gesandtschaften hin und her 5 ). Beide Parteien bekannten sich zum Frieden, aber alle Einzelheiten blieben noch in der Schwebe. Ein Hoftag, der auf den 1. August 1122 nach Würzburg anberaumt war, konnte nicht stattfinden, weil sich plötzlich eine Schwierigkeit erhob, die das bevorstehende Einvernehmen zu sprengen drohte. Es handelte sich um das Bistum Würzburg. Nach dem Tode des Bischofs Erlung«) ( f 28. Dezember 1121), der die ihm 1116 entzogene richterliche Gewalt zurückerhalten hatte 7 ), war wohl im Februar 1122 durch Heinrich V. der noch junge und beruflich nicht bewährte Graf Gerhard von Henneberg, dagegen durch die päpstlichen Legaten der von Adalbert von Mainz und den staufischen Brüdern unterstützte Domherr Rugger investiert worden 8 ). In Würzburg kam es zu blutigen Zusammenstößen 9 ). Adalbert von Mainz machte sich auf Feindseligkeiten gefaßt und setzte die Aschaffenburg am Main in Verteidigungszustand. Erzbischof Friedrich von Köln zerstörte die kaiserliche Burg Kerpen (nö. Gerolstein). Die Lage war gespannt. Da wurde es den päpstlichen Legaten zum Verdienst angerechnet, daß sie sich durch die unwillkommene Störung nicht entmutigen ließen und das Friedenswerk weiter förderten. Ihr Führer, der Kardinalbischof Lambert von Ostia, beraumte auf den 8. September 1122 ein allgemeines Konzil nach Mainz an und versicherte dem Kaiser wieder nachdrücklich die versöhnlichen Absichten des Papstes. An dem festgesetzten Tage trafen sich der Kaiser, die Legaten und sowohl geistliche wie weltliche Fürsten beider Parteien, aber nicht in Mainz, sondern in Worms, wie das dem Wunsch des Kaisers entsprach, der unbedingt die Stadt Adalberts vermeiden wollte 1 0 ). ») *) •) —

*) Cartellieri 2, S. 227, 246. — *) M. v. Kn. 7, S. 162, 184 mit der Zeit. — Caspar, Roger S. 56. Chalandon, Histoire 1, S. 322. M. v. Kn. 7, S. 186. — M. v. Kn. 7, S. 199. — «) Hauck, KG. 3, S. 920. M. v. Kn. 7, S. 199, 201. — M. v. Kn. 7, S. 181. — ' ) M. v. Kn. 7, S. 147. — •) M. v. Kn. 7, S. 1S8, 196, 201. ») Regg. Köln 2, Nr. 199. M. v. Kn. 7, S. 201, 203, 204. — 1 0 ) M. v. Kn. 7, S. 205.

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T a g e l a n g wurde eifrig verhandelt. Der Kaiser verlangte mit allen Laien, d a ß die Investitur mit Ring und S t a b beibehalten w ü r d e 1 ) , bis schließlich die Vertreter des Papstes und besonders Adalbert von Mainz ihn durch d a s Zugeständnis der bis dahin nicht genügend beachteten Gegenwart des Königs bei den Wahlen zur Nachgiebigkeit bewogen. Demgemäß wurden die Verträge am 23. September 1122 auf der Ebene Lobwiesen bei Worms vor einer großen, freudig erregten Menschenmenge verkündet und die beiderseitigen Urkunden übergeben 2 ). Heinrich verzichtete 3 ) auf die Investitur mit Ring und Stab, sicherte sich aber die mit dem Zepter*). Die Wahlen sollten kanonisch und die Weihen frei sein. Bei deutschen Wahlen geht die Investitur mit den Regalien der Konsekration voran, bei italienischen und burgundischen folgt sie innerhalb sechs Monaten. Die Wahlen geschehen in Gegenwart des Königs. Fallen sie zwiespältig aus, entscheidet er mit Rat oder Urteil des Metropoliten und der Bischöfe der Provinz. Ausgenommen werden die Bischöfe und Äbte, die zur römischen Kirche gehören. Der Kaiser gibt die entfremdeten Besitzungen und Regalien des heiligen Petrus zurück und gewährt dem P a p s t den wahren Frieden, wie dieser ihm. Die kaiserliche F a s s u n g unterschrieben zum Zeichen ihrer Zustimmung zwei Erzbischöfe, sechs Bischöfe, ein Reichsabt, vier Herzöge, zwei Markgrafen, zwei Pfalzgrafen und ein Graf. Andere Fürsten schlössen sich während der nächsten Wochen an. Nachdem die Förmlichkeiten erledigt waren, zelebrierte der Kardinal Lambert von Ostia die Messe und nahm den Kaiser wieder in die Gemeinschaft der Kirche auf, ohne d a ß ihm irgendeine Demütigung zugemutet w u r d e 5 ) . Adalbert von Mainz gehörte zwar zu den Unterzeichnern, aber innerlich verharrte er in seiner alten Feindschaft gegen den K a i s e r 6 ) . Dieser ebenso wie der P a p s t betonten dagegen ihren Verständigungswillen in Briefen, die sie noch im Laufe des Jahres austauschten 7 ). Heinrich V. sprach in dem seinigen davon, wie sehr er wünschte, nach Rom zu gehen. In neuester Zeit ist darüber gestritten worden, ob die von Kalixt dem Kaiser Heinrich persönlich erteilte Urkunde dieselbe dauernde Gültigkeit besitze wie die von Heinrich „Gott, den Aposteln Peter und Paul und der heiligen katholischen Kirche" erteilte. Man kann annehmen, daß es nicht der Fall war, daß also mit dem T o d e des Kaisers die Urkunde Kalixts keine K r a f t mehr hatte. D a s Wormser Konkordat war kein wahrer Frieden, sondern ein nicht g a n z klarer, weil den streitenden Parteien mühsam abgerungener Waffenstillstand 8 ), der den Machtverhältnissen des Jahres 1122 ent*) Pivec, Studien 46, S. 311, 316. — ») M. v. Kn. 7, S. 210. — *) Const. I, Nr. 107, 108. Hofmeister, Konkordat S. 147. H. Hirsch, Reichskanzlei S. 14. Pivec, Studien 46, S. 316, 318, dazu Zatschek, MIÖG. 48 (1934), S. 481. — *) Ring u. Krummstab: V. Schultze, Realenc. 10 (1901), S. 531. — 6 ) M. v. Kn. 7, S. 214. — ') M. v. Kn. 7, S. 214. — ' ) Const. 1, Nr. 109, 110. M. v. Kn. 7, S. 218. — «) Hefele 5, S. 363. Ranke 8, S. 123, 126. Gregorovius, Rom 4, S. 377. Mirbt S. 541. Hauck, KG. 3, S. 922, 1047; 4, S. 115. D. Schäfer, Konkordat. M. v. Kn. 7, S. 349. Hofmeister, Konkordat S. 116. Brooke, Cambr. M.H. 5 (1926), S. 107, 163. Haller, Kaisertum S. 118. H. Hirsch, Reichskanzlei S. 19. Thompson, Feud. Germ. S. 157. F. Schneider, Mittelalter S. 325. Schultze, Gebhardts Handbuch 1, S. 303. Fliehe, Europe S. 483. Hampe, Hochmittelaiter S. 129 u. Kaisergesch. S. 95. Barbagallo 3, S. 632. Caggese, Medioevo S. 599. Reinke S. 81, 88. Haller, Papsttum 2, 2, S. 539. 150

sprach, Machtverhältnissen, die sich nach der Niederwerfung der deutschen Opposition wieder zugunsten des Kaisertums ändern konnten. Ebensowenig darf man es als. einen reinen Sieg der Kirche bezeichnen. Geht man auf den A n f a n g des Investiturstreits und noch besser auf die bekannten Ereignisse des Jahres 1059 zurück, so läßt sich nicht leugnen, daß das Kaisertum sehr viel Boden verloren und seine unter Heinrich I I I . vorhandene Weltstellung nicht behauptet hatte. Es hatte eine Niederlage erlitten, aber so viel gerettet, daß unter den Staufern ein neuer Aufschwung, allerdings der letzte im alten Reich, möglich w a r . Das Papsttum hatte nur einen T e i l e r f o l g erzielt, die Investitur nicht vollständig den Händen des Staates entwunden und einem mächtigen Kaiser die Möglichkeit offen gelassen, durch seine Gegenwart bei den Wahlen, die Belehnung mit dem Zepter und die Entscheidung strittiger Wahlen auf die Zusammensetzung des Bischoftums maßgebenden Einfluß zu üben. Die deutschen Fürsten haben sicher am meisten gewonnen, sie wollten jetzt in ihrer Gesamtheit, als geistliche und als weltliche, das Reich verkörpern und waren im Grunde keineswegs bereit, der Kirche Übergriffe zu gestatten. Nur sollte es sich bald zeigen, daß sie durch ihre Uneinigkeit und ihre Furcht vor einer starken Monarchie dem streitbaren Papsttum immer neue Gelegenheiten zur Einmischung boten. Bei jeder abschließenden Beurteilung des Konkordats muß davon ausgegangen werden, daß keine der drei beteiligten Gewalten, w e d e r der Kaiser, noch der Papst, noch das Fürstentum, den baldigen T o d Heinrichs V . und die schwachen Regierungen Lothars und Konrads I I I . vorhersehen konnte. Erst dadurch wurde der Verzicht auf die von früheren Kaisern geübte Investitur endgültig festgelegt. W i r stehen vor einer unerforschlichen Fügung des Schicksals. Das recht gut besuchte „allgemeine" Konzil, das vom 18. bis 27. März 1123 unter dem Vorsitz von Kalixt im Lateran stattfand, gab den sehr zahlreichen Geistlichen, die aus den Ländern nördlich und südlich der Alpen erschienen waren, Gelegenheit, sich ein Urteil über das Wormser Ereignis zu b i l d e n 1 ) . Von den Beschlüssen sind hier nur wenige zu erwähnen: Simonie, Priesterehe und jede V e r f ü g u n g von Laien über kirchliche Dinge wurden streng verboten. W e i t e r wurde eingeschärft, d a ß nur ein kanonisch Erwählter konsekriert werden dürfe. Ordinationen des Gegenpapstes Moritz-Gregor sollten ungültig sein. Kreuzfahrern, die sich bei der Bekämpfung der Ungläubigen betätigt hätten, wurden ihre Sünden vergeben und ihre Familien und Güter von der Kirche in Schutz genommen. Diejenigen aber, die für die Reise nach Jerusalem oder nach Spanien sich das Kreuz angeheftet, es aber nachher wieder abgelegt hätten, sollten bis Ostern des nächsten Jahres aufbrechen, widrigenfalls sie von der Kirche ausgeschlossen würden. Das W o r t Investitur kommt in den Konzilsakten nicht vor. W o h l aber erfahren wir von einem Teilnehmer, daß die W o r m s e r Urkunden verlesen wurden. D i e des Kaisers, betreffend den Verzicht auf Ring und Stab, wurde unter Beifall bestätigt, die des Papstes, betreffend die 4 ) Jaffe 1, S. 809. Const. 1, Nr. 401. Ital. pont. 8, S. 33, Nr. 118. Hefele 5, S. 378. Langen S. 296, Anm. 1. D. Schäfer, Konkordat S. 31 u. N. A. 31 (1906), S. 482. A. Hauck, Realenc. 19 (1907), S. 271. M. v. Kn. 7, S. 228—239. Hofmeister, Konkordat S. 101, 105. Tangl S. 195 ff. Fliehe, Europe S. 485.

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Gegenwart des Königs und die Belehnung mit dem Zepter, aber unter lebhaften Zurufen abgelehnt. Es gelang nur mit Mühe, die erregten Gemüter dadurch zu beschwichtigen, d a ß darauf hingewiesen wurde, um der Herstellung des Friedens willen sei das Zugeständnis zwar nicht gebilligt, aber geduldet worden. Es ist ein sehr wertvolles Stimmungsbild, das uns hiermit geboten wird. Wir bekommen eine deutliche Vorstellung der radikalen Reformpartei, wobei zu bemerken ist, d a ß wir hauptsächlich wegen der Unzulänglichkeit der Quellen von den verschiedensten Strömungen in der nach außen einheitlich auftretenden Kirche nur selten etwas hören. Jedenfalls m u ß man die entgegenkommende und, wie man aus den späteren Ereignissen ableiten kann, kluge und der Kirche zuträgliche Haltung des Papstes Kalixt hervorheben. Die Welt sollte an den Sieg der Kirche glauben. Daher ließ er im alten Lateranpalast in vier Fresken darstellen, wie die rechtmäßigen Päpste über die zu ihren Füßen liegenden Gegenpäpste triumphierten und wie Heinrich V. ihm d a s Wormser Privileg überreichte 1 ). Die Vorbedingung f ü r die endliche Beilegung des langen und verderblichen, das Volk aufwühlenden Investiturstreits hat der schon oft genannte Ivo dank seinen eindringenden wissenschaftlichen Studien geschaffen. Durch seine scharfsichtige begriffliche Trennung des Geistlichen und des Weltlichen im bischöflichen Amte bahnte er den W e g für die seit Mai 1107 in Frankreich geduldete Praxis sowie für das Londoner Konkordat vom August 1107 und schließlich für das Wormser vom September 1122. In diesem Zusammenhang wird man auch die ähnlichen Gedankengänge Sigeberts von Gembloux in der Lütticher Denkschrift von 1109 rühmend hervorheben. Auch Berengar von Tours ist hier zu nennen 2 ). Ihm verdankte man die sorgfältige Scheidung der unter dem vieldeutigen Ausdruck Investitur verborgenen Förmlichkeiten. Jedenfalls hat sich die französische Theologie durch ihren eindringenden Scharfsinn ein dauerhaftes Denkmal gesetzt. Sie sollte im Lauf der Zeiten eine geistige Macht werden. ») Ladner S. 272, 279. — ») Erdmann, Berengar S. 48. Cartellieri 3, S. 19.

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FÜNFTES KAPITEL.

DER AUSGANG HEINRICHS V. (1123—1125.) W i e viele Hindernisse hatte Heinrich V. doch zu überwinden, und wie wenig konnte er gerade bei den mächtigsten Fürsten auf Unterstützung rechnen! Herzog Lothar hatte sich weder an den Würzburger noch an den Wormser Abmachungen beteiligt, sicher, um sich nach keiner Seite zu binden und keinerlei Verantwortung zu übernehmen. E r benutzte jede Gelegenheit, sich dem Kaiser entgegenzustellen und ihm seinen trotzigen Unabhängigkeitsdrang zu z e i g e n 1 ) . So unterstützte er 1123 seine Stiefschwester Gertrud (Petronilla), die für ihre jungen Söhne in Holland die Regentschaft führte, als sie mit Heinrich V . aus nicht näher bekannter Ursache in Streit geraten war. Im Gegensatz gegen den Kaiser setzte er nach dem T o d e des Markgrafen Heinrich des Jüngeren ( f 1 1 2 3 ) den Grafen Konrad von Wettin in Meißen und den Grafen Albrecht von Ballenstedt (sö. Quedlinburg), den schon die Zeitgenossen den Bären nannten, in der Lausitz als Markgrafen ein. E r behauptete sich auch gegen die böhmischen Truppen, die der Kaiser gegen ihn vorschickte 2 ). Als dann am 4. Mai 1124 in B a m b e r g ein Reichstag zusammentrat»), kam Lothar nicht nur nicht, sondern reizte Heinrich V . noch durch seine anmaßende E i n mischung in die böhmischen Verhältnisse. So wurde denn für Anfang August der Reichskrieg gegen ihn beschlossen. Aber es wurde nichts daraus, und der Herzog konnte sogar seine Stellung in Sachsen und in Westfalen befestigen, ohne dabei gestört zu werden, weil der Kaiser im Westen einzugreifen gewillt w a r 4 ) . E s ist deshalb notwendig, den Fortgang der englisch-französischen Beziehungen zu verfolgen, ohne die die deutsch-französischen und die deutsch-englischen nicht zu verstehen sind. Der Anfang 1 1 2 0 zwischen England und Frankreich geschlossene Frieden war ebensowenig dauerhaft wie einer der früheren und späteren. Graf Fulko V . von Anjou war von seiner Pilgerfahrt nach Jerusalem vor E n d e Januar 1122 heimgekehrt und schaltete seine Politik jetzt um 5 ). Den äußeren Anlaß bot der erwähnte T o d des englischen T h r o n folgers Wilhelm Äthelings beim Untergang der Blanche-Nef. Die E h e ») Posse, Markgrafen S. 277 ff. u. Wettiner, Tafel 3. M. v. Kn. 7, S. 247, 250, 260. — ' ) M. v. Kn. 7, S. 254. Regg. Brandenburg 1, Nr. 6. — •) M. v. Kn. 7, S. 265. — 4 ) M. v. Kn. 7, S. 266, 268, 271. — •) Röhricht, Königreich S. 194. Chartrou S. 15 f. mit der Zeit.

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Heinrichs I. mit Adelaide von Löwen war kinderlos und keine Aussicht auf Nachkommenschaft vorhanden. S o richtete sich die Aufmerksamkeit aller derjenigen, die mit Recht oder mit Unrecht über die harte und finanziell drückende Regierung Heinrichs I. zu klagen hatten, auf Wilhelm Clito als rechtmäßigen Herzog der Normandie und König von England. Kampflustige Männer, denen ein langdauernder Frieden lästig fiel und die von dem jungen Fürsten Freude an ihrer ritterlichen Ungebundenheit erhofften, waren zu einer Erhebung bereit. Amalrich III. von Montfort (-I'Amaury) 1 ), Bruder der Königin Bertrada, der in seinem unruhigen Ehrgeiz immer Ränke spinnen mußte und durch seine hervorragenden Gaben sehr geeignet war, andere mitzureißen, war kurz vorher Graf von fivreux geworden und bestimmte seinen Neffen, eben Fulko, Wilhelm Clito mit Fulkos jüngerer Tochter Sibylle zu verheiraten und ihn mit der G r a f s c h a f t Maine auszustatten. Heinrichs I. L a g e war um s o bedenklicher, als Ludwig VI. den Plan insgeheim unterstützte. Aber der englische König ließ sich nicht aus der F a s s u n g bringen und bewies sein militärisches Geschick, als eine Anzahl junger B a r o n e aus der Umgebung von fivreux sich empörte. Er rückte im Oktober 1123 ins Feld, nahm Montfort-sur-Risle, Pont-Audemer (beide nw. fivreux) und auch fivreux s e l b s t 2 ) . Seine Truppen errangen am 26. März 1124 bei Rougemontiers (nw. fivreux) einen meist nach BourgthGrouIde (n. fivreux) genannten unblutigen Sieg über d i e Aufständischen, von denen mehrere zur Strafe geblendet wurden. Die Gefahr, die dem König durch die Verbindung Wilhelm Clitos mit Anjou drohte, wurde dadurch beseitigt, d a ß dessen Ehe mit Sibylle wegen zu naher Verwandtschaft erst durch den Kardinalpriester S. Chrysogoni Johann von Crema und nachher am 26. August 1124 durch den P a p s t endgültig getrennt w u r d e 3 ) . Wilhelm mußte Anjou verlassen und mit wenigen Genossen ein unstetes Wanderleben führen, um nicht seinem Oheim ausgeliefert zu werden. Heinrich I. fuhr fort, Burgen zu bezwingen, so von April 1124 an Brionne (nw. fivreux) und Vatteville (nnö. fivreux), schließlich auch Beaumont-le-Roger (wnw. fivreux), das einem seiner gefährlichsten Gegner, dem Grafen Walram II. ( I I I . ? ) von Meulan (nw. Versailles), gehörte, d a s dieser aber ausliefern mußte, weil er bei Rougemontier gefangengenommen worden w a r 4 ) . Als vorsichtiger Staatsmann hatte der englische König rechtzeitig Vorkehrungen getroffen, um schlimmstenfalls der ihm feindlichen Verbindung Ludwigs VI. und Wilhelm Clitos gewachsen zu sein. Die Heirat seiner Tochter mit dem Kaiser sollte sich jetzt politisch-militärisch bewähren. D a damals bei der Unkenntnis der Chiffrierkunst persönliche Aussprache eine noch viel höhere Bedeutung b e s a ß als in den neueren Zeiten, rechnete er auf den Besuch seiner Tochter Mathilde und erwartete sie gegen Ende Mai 1122 an der Küste von K e n t 5 ) . Sie konnte ') Rhein S. 32, 51. — ») Luchaire, Louis VI S. CV, Nr. 334, 343. Rößler S. 67. Ramsay 2, S. 299. Drummond S. 48. M. v. Kn. 7, S. 271. David, Robert S. 184. Delbrück 3, S. 418. Oman 1, Nr. 389. Erben S. 119. Chartrou S. 16. — 3 ) JaffS 1, Nr. 7165. Brooke S. 170. Schieffer S. 215, 225 zum 24. August (Druckfehler?). — *) Ramsay 2, S. 302. White S. 25. — «) Rößler S. 22. M. v. Kn. 7, S. 273.

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aber nicht kommen, da ihr Graf Karl der Gute von Flandern die Durchreise verweigerte. E s ist bekannt, daß Flandern jetzt ganz im französischen Fahrwasser segelte und weder mit England noch mit Deutschland gut stand. Die Ehe Heinrichs I. mit Adelaide von Löwen hatte sicher Karl weiter verstimmt. Heinrich I. wollte Frankreich bekriegen, um zu behalten, w a s er hatte, nämlich die Normandie und England; Ludwig VI. aber wollte diese für ihn so gefährliche Verbindung trennen. Für Heinrich V. waren andere Gesichtspunkte maßgebend. Der Kapetinger hatte den mit dem deutschen Reich verfeindeten Päpsten Gelasius II. und Kalixt II. eine Zuflucht geboten und, mehr als das, Kalixt II. 1119 in Reims das Konzil abhalten lassen, auf dem der Bannfluch gegen den Kaiser und alle seine Anhänger geschleudert wurde. Darin l a g eine klare Parteinahme gegen Deutschland. Der Anfang Mai 1124 auf dem erwähnten Bamberger Reichstag beschlossene Kriegszug sollte wohl ursprünglich Lothar von Sachsen gelten. Aber Nachrichten über die englischen Erfolge in der Normandie im März und April und die irrige Annahme, daß französische Große, wie etwa Theobald von Blois, ihrem oft genug befehdeten König keine Hilfe bringen würden, veranlagten den Kaiser, der am 25. Juli in Worms weilte 1 ), überraschend in Frankreich einzumarschieren. Seine Truppen waren nicht sehr zahlreich, und in diesem Zusammenhang machte ein Zeitgenosse die uns wertvolle Bemerkung, daß die Deutschen nicht leicht fremde Völker angreifen 2 ). Auf Rat seines Schwiegervaters dachte er, auf Reims loszugehen und diese Stadt entweder zu zerstören oder wenigstens so streng zu bestrafen, wie es dem ihm dort durch das Konzil zugefügten Schimpf entspräche. Dann sollte Frankreich gründlich verwüstet werden. Leider kennen wir nicht genau den Weg, den er einschlug, vielleicht über Bövingen, südlich von Luxemburg. Hier urkundedete e r 3 ) am 5. August 1124. Eine spätere Anekdotensammlung erzählt, daß der genannte Graf Theobald IV. von Blois der Hauptfeind Ludwigs VI. gewesen sei. Schließlich habe sich Ludwig doch überlegen gezeigt, aber gerade deshalb von Heinrich V. den Befehl erhalten, innerhalb eines Monats mit jenem Frieden zu schließen, wenn er selbst nicht in Paris eingeschlossen werden wolle. Daraufhin habe der König dem deutschen Boten nur geantwortet: Tpwrut Aleman! Dies sei ein gemeines Schimpfwort gewesen, das die Deutschen immer besonders gereizt hätte, und es habe deshalb zwischen ihnen und Ausländern immer viele Schlägereien g e g e b e n 4 ) . E s ist nicht nötig, die Irrtümer in diesem Bericht ausdrücklich hervorzuheben. E r dient aber zur Kennzeichnung der auch politisch nicht unwichtigen Beurteilung eines Volkes durch ein anderes. In der Umgebung König Ludwigs gingen die Meinungen darüber auseinander, ob man den Feind erst bis in das Herz des Königreichs eindringen lassen und sich damit begnügen sollte, Städte und Dörfer >) Stumpf 2, Nr. 3199. — ") Ekkehard SS. 6, S. 262. — ') S. CXXXVII, Nr. 348 f., 358 u. Capétiens S. 325,329. Thompson, Rößler S. 53, 72. M. v. Kn. 7, S. 271, 279, Anm. 30. Fliehe, 4 ) Walter Map S. 228 u. SS. 27, S. 73. Cartellieri, Phil. Aug.

Luchaire, Louis VI Development S. 98. Europe S. 518. — 2, S. J90, Anm. 4.

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in Verteidigungszustand zu setzen. Aber der König fürchtete, wie es in der Quelle heißt, im Hinblick auf die deutsche Raublust, d a ß unersetzlicher Schaden angerichtet würde und d a ß zu wirksamen Vorkehrungen die Zeit nicht reiche. Er entschied, daß sofort Ritter aufgeboten und an der Grenze aufgestellt würden, um den Feind zu erwarten. Vom Altar des heiligen Dionysius in Saint-Denis nahm er die Fahne, die früher von den Grafen von Vexin geführt worden und mit dieser Grafschaft auf das Königtum übergegangen war 1 ). Unter diesem später als Oriflamme*) berühmt gewordenen Feldzeichen sollte gekämpft und gesiegt werden. Die streng päpstlich gesinnte französisohe Geistlichkeit bot sicher ihren ganzen Einfluß auf, um jede mittelbare oder unmittelbare Unterstützung Heinrichs V. als eines gewalttätigen Kirchenfeindes zu hintertreiben. Tatsächlich sammelten sich die Barone in großer Zahl um Reims, auch diejenigen, die sonst dem König durch ihre Widersetzlichkeit große Sorge machten, so sogar Graf Theobald IV. von Blois, mit ihm dessen Oheim Graf Hugo von Troyes (Champagne), Herzog Hugo II. Borel von Burgund, die Grafen Wilhelm II. von Nevers, Radulf I. von Vermandois und Karl der Gute von Flandern, während Herzog Wilhelm IX. von Aquitanien sowie die Grafen Konan III. von Bretagne und Fulko V. von Anjou ihr Fernbleiben mit der Kürze der Zeit und der weiten Entfernung entschuldigten. Fulko hatte sich übrigens schon wieder mit Heinrich I. vertragen. Der Abt Suger von Saint-Denis, des Königs treuer Berater, erzählt uns, wie die Barone sich gegenseitig anfeuerten, kühn auf die Deutschen loszugehen, um sie nicht ungestraft von ihrem Angriff auf das länderbeherrschende Frankreich zurückkehren zu lassen*). Da erreichten den Kaiser unwillkommene Nachrichten aus Worms, wo er sich doch kurz vorher aufgehalten hatte. Anhänger von ihm waren von den Bürgern getötet, die von ihm nördlich der Stadt erbaute Feste Neuhausen war zerstört worden. Seine beiden staufischen Neffen zeigten sich dabei ebenso selbstsüchtig wie die übrigen großen Herren. Unbekümmert um die Schwierigkeiten, in denen sich der Kaiser befand, wollte Konrad gerade am Anfang des Jahres 1124 eine Pilgerfahrt ins Heilige Land unternehmen. Friedrich half den Wormsern, gegen den Willen Heinrichs V. den Bischof Burchard einzusetzen. Heinrich sah ein, daß er eingreifen müsse, und dieser Entschluß mag ihm durch die unerwartete Einmütigkeit der Franzosen erleichtert worden sein. Jedenfalls trat er am 14. August 1124 den Rückzug an. Nur allzu gern hätten ihn die Franzosen verfolgt und zur Vergeltung deutsches Gebiet verheert, aber es gelang der hohen Geistlichkeit, sie davon abzuhalten. Ob sie wirklich dabei in erster Linie an die Leiden der Bevölkerung dachte, mag dahingestellt bleiben. Näher liegt es zu vermuten, daß der Vormarsch eines feindlichen Heeres an den Rhein die deutsche Einigkeit rasch wiederhergestellt hätte. *) Cartellieri 3, S. 214. — ') Buchner, Karlsprivileg S. 22, 254. H. Meyer, Oriflamme S. 116 u. sonst. Erdmann, Blutfahne S. 889, 892 ff. H. Meyer, Kaiserfahne S. 298, Anm. 3. Schramm, Frankreich 1, S. 139. — ') Suger Kap. 28. O. Cartellieri, Suger S. 17, 122.

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Der bloße Rückzug der Deutschen erschien aber den Franzosen nicht weniger herrlich als eine gewonnene Feldschlacht, und wir finden hier, ein Jahrhundert vor Bouvines, einen starken Ausbruch französischen Nationalgefühls, der weit in die Zukunft weist. Königtum und Kirche waren eng verbunden; das war der wesentliche Unterschied gegenüber dem durch den Investiturstreit zerrissenen deutschen Reich. Als der Kaiser mit seinen von der Grenze zurückgekehrten Truppen W o r m s belagerte 1 ), verloren die Bürger bei einem Ausfall viele Leute, und bald blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich zu ergeben und die Gnade des Kaisers durch eine hohe Strafsumme zu erkaufen. D a s englisch-deutsche Bündnis hatte versagt und hinterließ keine greifbaren Spuren. Andernfalls würde Frankreich Land verloren haben und wäre der Spielball der großen Vasallen geworden, von denen zu fürchten war, d a ß sie englischem Gelde zugänglich waren. Um die glückliche Abwehr der Feinde machten sich der tatkräftige und mutige König Ludwig VI. und sein Berater, der treffliche Abt Suger von Saint-Denis, in erster Linie verdient. Suger eröffnet die stolze, zu Richelieu und Mazarin führende Reihe großer französischer Staatsmänner geistlichen Standes. Sie alle haben niemals die staatlichen Belange den kirchlichen geopfert. Im entscheidenden Augenblick verstanden sie es glänzend, Geistliches und Weltliches reinlich zu scheiden, was den Deutschen bei ihrer mehr innerlichen Auffassung der Religion so häufig nicht gelang. Otto IV. und Johann ohne Land erneuerten 1214 den geographisch naheliegenden Versuch eines gleichzeitigen Angriffs auf Frankreich von Westen und Osten. Auch sie scheiterten vollständig; auch sie stärkten nur Monarchie und nationale Gesinnung in Frankreich. W i e man aber auch das Ereignis von 1124 auffassen mag, der Sache des Friedens diente es jedenfalls, zum Ruhme Frankreichs, nicht Deutschlands. Vielleicht hätte die für den Anfang des Jahres geplante Zusammenkunft des Kaisers mit dem Papst sie weiter gefördert 8 ). Aber sie f a n d nicht statt, und schon am 14. Dezember 1124 starb unerwartet Kaiixt II., dessen vortreffliche Eigenschaften bei diesem Anlaß wieder in Erinnerung gerufen wurden 4 ). Mit Recht hat ihn sein zeitgenössischer Biograph „Vater des Friedens" genannt, sei es, d a ß man an das Wormser Konkordat, sei es, d a ß man an die Herstellung der Ruhe im Kirchenstaat und die Verschönerung Roms denkt, von der hier nicht die Rede sein konnte. D a s ganze Volk und die Mehrheit der Kardinäle wünschten zum Nachfolger den Kardinalpriester Saxo von S. Stefano 4 ), der Schreiber und Kaplan Paschalis' II. gewesen war, die Partei der Frangipani aber den Kardinalbischof Lambert von Ostia (Velletri). Dieser stammte aus Fiagnano unweit von Imola (sö. Bologna). Seine Herkunft war bescheiden, seine Gelehrsamkeit aber umfassend. Wie früher erwähnt wurde, hatte er sich an den Verhandlungen vor dem Wormser Konkordat und dann am Abschluß beteiligt und dabei nicht nur großes Geschick, l

) M. v. Kn. 7, S. 281. — ' ) M. v. Kn. 7, S. 264. — ' ) Jaffi 1, S. 821. Robert S. 199, 202. Gregorovius, Rom 4, S. 379. M. v. Kn. 7, S. 311. Lib. pont. Dertus. S. 202. Cetli-Fraentzel S. 26. — «) Brixius S. 39, Nr. 41. Klewitz, Reformpapsttum S. 400. 157

sondern auch eine-versöhnliche Gesinnung bewiesen. Nachdem ein schon immantierter Kardinal wieder vertrieben worden war, wurde durch das gewaltsame Eingreifen des Robert Frangipane Lambert 1124 erhoben. Er sah aber selbst ein, daß dabei die kanonischen Bestimmungen nicht eingehalten worden waren, trat erst zurück und fand dann am Sonntag, dem 21. Dezember, durch seine Krönung die endgültige und allgemeine Anerkennung. Er verdankte sie seinen Freunden, dem später noch öfters zu nennenden päpstlichen Kanzler Aimerich, Kardinaldiakon S. Mariae Novae, und Leo Frangipane, die nicht gezögert hatten, Gegner durch die Schenkung von Burgen zu gewinnen. Sein Papstname wurde Honorius II.i). Er wäre wohl geeignet gewesen, die Beziehungen zu Heinrich V. freundlich zu gestalten. Aber dazu fand sich keine Gelegenheit mehr. Der Kaiser hatte aus seinen bitteren Erfahrungen, erst durch die Unbotmäßigkeit der deutschen Fürsten und zuletzt durch den Aufstand der Wormser, die Lehre geschöpft, daß er unbedingt die Regierungsgewalt stärken müsse. Mit seinem englischen Schwiegervater hatte er darüber einen Meinungsaustausch gepflogen, den wahrscheinlich die Kaiserin Mathilde vermittelte. Von ihm bekam er den Rat, im ganzen Reich eine allgemeine Reichssteuer einzuführen 8 ), und er schickte sich deshalb an, den Niederrhein zu bereisen, von wo auch die Verbindung mit England bequemer war, zog sich aber mit seinem Plan die heftige Feindschaft der Großen zu. Man darf übrigens nicht glauben, daß Heinrich V. sich in finanziellen Verlegenheiten befand und nur deshalb an eine neue Steuer dachte. Man sagte im Gegenteil, daß er „unendlich viel Geld" zusammengebracht hatte 8 ). Aber er kam nicht mehr dazu, weitere Schritte in der für die Einheit und die Kraft des Reiches so bedeutungsvollen Angelegenheit zu tun. Die Gesundheit des nur vierundvierzigjährigen Herrschers war schon geschwächt. Denn er hatte ein Krebsleiden lange verheimlicht 4 ), wie das tapfere Naturen gern tun, um bis zum letzten Atemzüg unermüdlich zu schaffen. In Utrecht schwer erkrankt, traf er die nötigen Anordnungen für die Nachfolge. Seinen Neffen Herzog Friedrich II. von Schwaben betraute er mit der Fürsorge für seine Gemahlin und seinen Besitz. Von Konrad von Staufen hören wir nichts, da er vermutlich schon seine Reise ins Heilige Land angetreten hatte. Die Reichskleinode sollten auf der pfälzischen Burg Trifels (sö. Speyer) verwahrt werden. Der Tod trat am 23. Mai 1125 ein 5 ). Die Eingeweide wurden in Utrecht beigesetzt, während die Leiche im Speyerer Dom ihre Ruhestätte f a n d 6 ) . Von dem Äußeren des Kaisers können wir keine Vorstellung gewinnen 7 ). Auch über seinen Charakter sind wir nicht gut unterrichtet 8 ) und müssen uns damit begnügen, ihn aus seinen Handlungen abzuleiten. *) Jaffe 1, S. 822, 824. Gregorovius 4, S. 384. M. v. Kn. 7, S. 312. Ehrle S. 456. Lib. pont. Dertus. S. 209. Haller, Papsttum 2, 2, S. 543. Klewitz, Reformpapsttum S. 400, 403. — «) M. v. Kn. 7, S. 317. Schmitthenner S. 75. — a ) Ekkehard von Aura S. 265. — «) M. v. Kn. 6, S. 213. — 5 ) M. v. Kn. 7, S. 323, 327. — •) Grauert S. 562 ff. Guglia S. 58. — 7 ) Schramm, Deutsche Kaiser 1, S. 142. — 9 ) Giesebrecht 3, S. 984. Richter 3, 2, S. 635, Anm. c. M. v. Kn. 7, S. 326, 342. Hauck, KG. 4, S. } 14. Stimming S. 114. Thompson, Feud. Germ. S. 234, 355. Schultze S. 305. v. Bazan, Heinrich S. 115. Hampe, Kaisergesch. S. 97.

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E r war eine durchaus kalte Natur, ein reiner Realpolitiker nüchternster Eigenart, einer von den Menschen, die, wie manchmal irrig angenommen wird, in den älteren Jahrhunderten gar nicht vorgekommen sein sollen. Welche seiner Charaktereigenschaften auf das Erbe seiner Vorfahren zurückzuführen sind, läßt sich heute noch nicht bestimmt sagen. Sein einziges Ziel sah er in der Macht. Um dieses Zieles willen trat er mit Füßen, was dem Privatmanne heilig ist. Noch heute empört man sich über die Behandlung, die er seinem alten Vater angedeihen ließ. Versöhnend wirkt, d a ß derselbe Papst, der den Abfall des Sohnes vom Vater durch Lösung eines Eides erleichterte, selbst erfahren mußte, wie rücksichtslos der Sohn nur auf das Staatswohl bedacht war. Ein Mann wie Heinrich V. hätte länger leben müssen, um der überlegenen italienischen Politik der Päpste die Stirne zu bieten. Für die auswärtigen B e ziehungen eignete er sich vorzüglich, weniger dagegen für die innere Politik, in der das Verhältnis von Mensch zu Mensch nicht aüf bloße B e rechnung gegründet werden kann. D a ein Hauptpfeiler aller Staaten immer die Wirtschaft ist, widmete ihr Heinrioh V. seine volle Aufmerksamkeit. Im Unterschied von seinen Vorgängern machte er keine großen Schenkungen, am ehesten, um treue Anhänger zu belohnen, aber selten und in bescheidenem Maße an die Kirche. W e r von ihm ein bedeutendes Reichslehen erhielt, wer sich vergangen hatte, mußte hohe Summen entrichten. Vor allem bemühte er sich um die Erwerbung von Burgen und Gütern, besonders in Ostsachsen und in Thüringen, wo, wie wir wissen, die Opposition ihren Sitz hatte. Durch die mit seinem Vater verfeindeten Fürsten auf den Thron gehoben, lenkte er später in die Bahnen Heinrichs IV. ein und begünstigte die aufstrebenden Stände der Ministerialen und der Bürger. Aber alles blieb in den Anfängen stecken, weil auch er, wie so viele deutsche Kaiser, vor der Zeit starb. Seine Regierung wäre vielleicht auf die Dauer eine Zuchtrute für das Volk geworden, aber gegenüber der schrecklichen Zerfahrenheit der deutschen Zustände könnte sie im Enderfolg segensreich gewirkt haben. Sehr bedeutsam erscheint seine Anlehnung an England. E r erkannte, daß die Westmächte in aufsteigender Entwicklung begriffen und daß bei den engen Beziehungen zwischen Frankreich und dem reformierten Papsttum gute Beziehungen zu England notwendig seien. Durch England konnte Frankreich stets im Schach gehalten werden. Deutschland und England hatten damals kaum widerstrebende Interessen, und jenes konnte von diesem in der Staatsverwaltung sicher lernen, wie es auch ein halbes Jahrhundert später Philipp August von Frankreich nach seinem Regierungsantritt tat. Ungemein beklagenswert ist Heinrichs V. allzufrüher Tod für die deutsche Geschichte gewesen. Sein mühsam dem Papsttum abgerungenes Werk war noch nicht gesichert, das Wormser Konkordat zweifellos auf Ergänzung und Auslegung zugeschnitten. Der Mächtigere hätte die Geltung der einzelnen Bestimmungen erzwungen, und wir brauchen nicht daran zu zweifeln, daß Heinrich der Mächtigere zu sein oder zu werden glaubte. 159

Eine sehr wichtige Neuerung in der Verfassung war das starke Hervortreten der Fürsten und ihr wachsender Anteil an der Reichsregierung im Gegensatz gegen die eben angedeuteten Absichten des Kaisers. Für ihre Selbstsucht war nicht der ferne Papst, sondern der nahe Kaiser der Gegner, dessen Schwächung sie mit allen Mitteln betrieben. Daß sie damit dem Reich bewußt schaden wollten, wird man ihnen nicht zutrauen. Im Gegenteil, von dem Gefühl ihrer althergebrachten Würde erfüllt, glaubten sie pflichtgemäß einem schädlichen Absolutismus entgegenarbeiten zu müssen, erstarrten dabei aber allmählich in einem kleinlichen und unfruchtbaren Partikularismus. Unter Heinrich IV. und Heinrich V. sank die deutsche Kaisermacht von der stolzen Höhe, die sie unter ihren Vorgängern erklommen hatte, immer mehr herab. Würde es dem Nachfolger aus sächsischem Stamm gelingen, sie wieder aufwärts zu führen?

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V I E R T E S BUCH.

DÄS SCHISMA, LOTHÄR UND ROGER II. (1125—1131.)

C a r t e l l i e r i , Der Vorrang des Papsttums.

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ERSTES KÄPITEL.

DIE ANFÄNGE KAISER LOTHARS. (1125—1130.) Fast genau nach einem Jahrhundert war der deutsche Thron wieder erledigt, ohne daß der verstorbene Kaiser Erben hinterlassen hätte. Wieder zeigt sich die Wahrheit des Spruchs, daß der Schlüssel zum Verständnis der deutschen Geschichte in der Genealogie liegt. Von Speyer aus luden die bei der Bestattung Heinrichs V. anwesenden Fürsten auf den 24. August zur Königswahl nach Mainz ein 1 ). Die lange Frist von fast drei Monaten sollte der streng kirchlichen Partei dazu dienen, gegen den von dem verstorbenen Kaiser gewünschten Herzog Friedrich II. von Schwaben Stimmung zu machen. Führer dieser Partei und Einberufer der Versammlung war Erzbischof Adalbert von Mainz 2 ), der sich an dem ihm verhaßten Salier dadurch rächen wollte, daß er dessen Neffen bekämpfte. Ihm standen die Erzbischöfe Friedrich von Köln und Konrad von Salzburg zur Seite. In ihrem Rundschreiben wiesen die Fürsten auf die bisherige Unterdrückung der Kirche und des Reiches hin, verlangten Freiheit für die Kirche, Ruhe für sich und das Volk. Unter den Ausstellern finden wir auffallenderweise auch Herzog Friedrich II., der damit die Politik Heinrichs V. verleugnete und die ihm ungünstige Verzögerung der Wahl hinnahm 8 ). Seit 1105 Nachfolger seines Vaters Friedrich I., vierunddreißig oder fünfunddreißig Jahre alt, also im besten Mannesalter stehend, besaß er manche Eigenschaft, die auch bei den späteren Mitgliedern des Geschlechts wiederkehrt. Er war einäugig, aber es läßt sich nicht erweisen, daß dieser für die vornehme Gesellschaft sicherlich unerwünschte körperliche Fehler bei den Verhandlungen eine Rolle gespielt hat. Liebenswürdig, freigebig und deshalb bei der Ritterschaft beliebt, brachte er nicht die nötige Entschlußkraft auf, sicher nicht aus Feigheit, sondern aus dem Gefühl heraus, daß ihm die Krone von Rechts wegen doch zufallen müsse. Es widerstrebte ihm anscheinend, die Gunst der Fürsten durch gesuchte Bescheidenheit oder irgendwelche Zugeständnisse zu erkaufen. Vermählt war er mit Judith, der Tochter Herzog Heinrichs IX. des Schwarzen von ») Const. 1, Nr. 112. Regg. Köln 2, Nr. 221. — ' ) Stutz, Erzbischof S. 70. — ' ) Bernhardi 1, S. 3. Curschmann, Ahnentafeln S. 3. Hofmeister, Puer S. 307, Anm. 2 mit dem Alter.

11*

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Bayern, dessen Unterstützung er als selbstverständlich betrachten mochte. Friedrichs jüngerer, 1093/1094 geborener Bruder Herzog Konrad befand sich in dieser für ihr Haus entscheidenden Zeit noch auf seiner Pilgerfahrt ins Heilige L a n d 1 ) . Daran konnte kaum irgendein Zweifel aufkommen, daß der künftige König den Wünschen der kirchlichen Partei entsprechen sollte. Der Kölner hielt Graf Karl den Guten von Flandern wegen seiner bekannten Frömmigkeit für geeignet, aber dieser war klug genug, den zu ihm geschickten Gesandten eine abschlägige Antwort zu erteilen 2 ). Am 2 4 . August 1125 trafen sich Vertreter der vier Stämme, der Bayern, Franken, Sachsen und Schwaben, bei Mainz. E s ist bezeichnend, daß sie getrennt lagerten. Von einer straffen Zusammenfassung zur Einheit wollten sie nichts wissen 3 ). Nach den absolutistischen Vorstößen der Salier erhob der Partikularismus sein Haupt. Mit den genannten Erzbischöfen bemühten sich die beiden Legaten, Kardinalpriester Gerhard von S. Croce in Jerusalem und Kardinaldiakon Romanus 1 ), darum, eine der Kurie genehme Persönlichkeit auf den Thron zu erheben und die päpstlichen Zugeständnisse des Wormser Konkordats nicht zu erneuern. D a s zeigte sich sogleich, als der zum Bischof von Brixen gewählte Abt Reimbert von Erzbischof Konrad von Salzburg unter Zustimmung der geistlichen und der weltlichen Großen geweiht wurde, ohne daß man wartete, bis er vom künftigen König die Regalien mit dem Zepter empfing 5 ). Auch der in Angelegenheiten seines Klosters anwesende Abt Suger von Saint-Denis dürfte in lebendiger Erinnerung an die im Jahre vorher überstandene Gefahr seines Vaterlandes und gemäß der bekannten papstfreundlichen Auffassung seines Königs einen Fürsten empfohlen haben, der sich möglichst wenig um den deutschen Westen kümmern würde. Mit großem Geschick verstand es Adalbert, die Reichskleinode in seine Hand zu bringen, indem er der Kaiserin Mathilde Versprechungen machte, die er später nicht hielt. Sonst hätte sie sicher nichts unternommen, was dem Willen ihres verstorbenen Gemahls widersprochen hätte. Wenig später verließ sie auf Befehl ihres Vaters Deutschland und suchte ihn in der Normandie a u f 6 ) . Sie tat es nicht gern, weil sie sich in ihrem Wittum sehr wohl gefühlt hatte und auch wußte, daß sie beliebt war. Aber Heinrich I. brauchte sie seiner Erbfolgepläne wegen und mochte fürchten, d a ß sie in Deutschland eine ihm nicht willkommene Ehe schloß. W a r sie doch erst 23 Jahre alt! Wenn der listige Mainzer über die religiös geweihten Reichskleinode verfügte 7 ), so konnte er damit den Fürsten auszeichnen, der ihm geeignet schien. Er traf aber noch weitere Vorkehrungen, um auf Umwegen sein Ziel sicher zu erreichen. Da es schwieriger gewesen wäre, die ganze Versammlung gegen Herzog Friedrich einzunehmen, ließ er *) Bernhardi u. Hofmeister wie in der vorigen Anm. — 2 ) Bernhardi 1, S. 9. — 3 ) Bernhardi 1, S. 23. — *) Klewitz, Reformpapsttum S. 383, 399; 381, 396 f. — 5 ) D. Schäfer, Konkordat S. 8. — •) Rößler S. 27, 83. Ramsay 2, S. 306. — 7 ) H. Meyer, Führertum S. 36.

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aus den genannten vier Stämmen einen Ausschuß von 40 Fürsten wählen und durch diese neben Friedrich den Markgrafen Liutpold III. den Heiligen von Österreich 1 ), den zweiten Gemahl der Kaisertochter Agnes, und den Herzog Lothar von Sachsen vorschlagen. Er stellte an sie die Frage, ob jeder von ihnen dem Gewählten Gehorsam leisten würde. Liutpold und Lothar antworteten bejahend, jener, weil er ernstlich nicht in Betracht kommen wollte, dieser, weil er allem Anschein nach in die Machenschaften Adalberts eingeweiht war. Nur Friedrich hielt seine eigene Wahl im Vertrauen auf die von ihm vorausgesetzte Stimmung der Mehrheit für sicher, lehnte eine Antwort ab und entfernte sich. Damit verscherzte er sich seine Aussichten. Die Fürsten wollten ihm keinesfalls ein Vorrecht zugestehen, das sich auf sein königlich-kaiserliches Blut gründete 2 ), und wichen von der altgermanischen Auffassung ab, um ihre eigenen Stimmen nicht zu entwerten. Ermutigt wurden sie durch die Bundesgenossenschaft der Kirche. So fiel die Entscheidung gegen Friedrich. In stürmischem Verfahren wurde Lothar von vermutlich sächsischen Laien trotz seines Widerstrebens zum König ausgerufen, aber auf Wunsch der Bayern einige T a g e später, am 30. August, noch einmal ordnungsgemäß und jetzt einmütig gewählt 3 ). Wahrscheinlich war es ihm gelungen, den Weifen Herzog Heinrich IX. den Schwarzen von Bayern, den Schwiegervater Herzog Friedrichs von Schwaben, für seine Kandidatur zu gewinnen, indem er Heinrichs IX. Sohn, Heinrich X., genannt der Stolze, die Hand seiner Tochter Gertrud versprach. Lothar hatte keine Söhne. D a s empfahl ihn den Fürsten, die Wert darauf legten, nach seinem Tode wieder wählen zu können. Seine reiche Erbschaft mußte Gertrud zufallen und durch die Verbindung sächsischen und bayrischen Besitzes eine ganz ungewöhnliche Machtstellung entstehen. Schon jetzt konnte Lothar mit der Nachfolge Heinrichs X. im Königtum rechnen. Diese entferntere, ihnen unerwünschte Möglichkeit machten sich die Fürsten nicht klar, sondern dachten zunächst nur an den willkommenen Augenblickserfolg. Die schlimme Saat, die 1077 in Forchheim ausgestreut worden w a r 4 ) , trug jetzt ihre Früchte. Viele von den Wählern betrachteten es geradezu als einen Vorzug, daß jetzt vom Erbrecht keine Rede war. D a s Stammesherzogtum, das von den ottonischen und den salischen Herrschern in den Hintergrund gedrückt worden war, konnte mit Hilfe der Kirche den seit 936 verlorenen Boden wieder erobern. Adalbert von Mainz als Königsmacher verkörpert uns das der Reichsgewalt schädliche Bündnis. Der Freiheit der Kirche sollte die Freiheit der Fürsten entsprechen. Wie so oft entflammte dies Zauberwort die Gemüter. Wenn eine gleichzeitige Quelle erzählt, die Fürsten hätten nach der glücklich vollzogenen Wahl der Kirche die freie Wahl in den geistlichen Angelegenheiten, ohne Einengung durch die Gegenwart des Königs, dem Kaisertum die Belehnung des frei gewählten, kanonisch *) Juritsch, Babenberger S. 123, 138. — a ) H. Meyer, Führertum S. 34, 47. — ») Bernhardi 1, S. 43. M. v. Kn. 7, S. 327, 343. Stutz S. 70 ff. Buchner, Erzämter S. 167 u. Königswahlen S. 12. Rosenstock S. 88, 101. Hauck, KG. 4, S. 117. R. Holtzmann, Lothar S. 306. Hampe, Kaisergesch, S. 105. Mitteis, Königswahl S. 24, 38, 41, 46, 49, 65, 82. — «) Cartellieri 3, S. 152.

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konsekrierten und eidlich zu verpflichtenden Geistlichen mit dem Zepter, ohne Geldabgabe, festgelegt, so kann es sich hier nicht um eine sogenannte Wahlkapitulation Lothars handeln, sondern nur um das Idealprogramm der streng kirchlichen Partei, wie es einmal im Lauf der Verhandlungen aufgestellt, später aber fallen gelassen und von Lothar jedenfalls nicht in einer ihn bindenden Erklärung anerkannt wurde 1 ). Am Tage nach der Wahl, dem 31. August, drängten sich die Fürsten zur Huldigung 2 ). Vierundzwanzig Bischöfe leisteten den Treueid, nicht aber die Mannschaft. Allein Konrad von Salzburg verweigerte aus religiösen Gründen auch den Treueid, und der neue König ließ es dabei bewenden. Die weltlichen Fürsten bekamen ihre Lehen bestätigt, und ihnen schloß sich, widerwillig genug, von seinen Freunden .gedrängt, am 1. September Herzog Friedrich an. Ob er durch diese Nachgiebigkeit glaubte, mit Lothar in Frieden auskommen zu können, entzieht sich unserer Beurteilung. Seine vornehme Gesinnung bewies er dadurch, daß er das ihm vom König angebotene Geldlehen ausschlug. Wir wissen sehr wenig von der Persönlichkeit Lothars, die anscheinend den Mitlebenden keinen Anlaß zu einer eindrucksvollen Schilderung gegeben hat. Er war etwa drei Monate vorher 50 Jahre alt geworden, demnach älter als die meisten Herrscher der Zeit bei ihrem Regierungsantritt. Seine hervorragendste Eigenschaft war seine Kampflust, die allerdings in der damaligen ritterlichen Gesellschaft als selbstverständlich galt und deren Fehlen allein auffiel. Die Kriegszüge gegen die Slawen, die ihm reiche Beute brachten, ergaben sich aus der Lage seines sächsischen Herzogtums, wurden aber von ihm jahrelang mit solchem Schneid unternommen, d a ß man ihn deshalb bis nach Italien rühmte 8 ). Man wird nicht bezweifeln, daß er mit seinen Eroberungen und Waffentaten der christlichen und damit auch der deutschen Sache diente, aber die Quellen gestatten uns kein klares Urteil darüber, ob er über den augenblicklichen Vorteil hinaus organisatorische Pläne verfolgte. Das sächsische Herzogtum verdankte er Heinrich V., als dieser ihn f ü r die im Kampf gegen Heinrich IV. geleisteten Dienste belohnen wollte. Da der Vorrang der Kirche sein politischer Leitstern war, ging er nach Heinrichs V. Zusammenstoß mit Paschalis II. immer deutlicher zur Fürstenopposition über, trat allmählich an ihre Spitze und erfocht 1115 für sie den bedeutsamen Sieg am Welfesholz. An der Vorbereitung des Wormser Konkordats und an diesem selbst beteiligte er sich gar nicht. Eine Aussöhnung des Kaisers mit der Kirche mochte ihm nicht willkommen sein, weil dadurch seine Bedeutung als Parteiführer verringert wurde. Er stellte sich Heinrich V. immer schroffer entgegen, bis dann dessen Tod eine neue Lage schuf. Man versteht Lothar am besten, wenn man ihn mit modernen Parlamentariern vergleicht, von denen man weiß, daß sie in der Sorge für die Partei bis hart an die Grenze der Reichsfeindschaft gegangen ') Bernhardt 1, S. 45. D. Schäfer, Konkordat S. 11. Hofmeister, Konkordat S. 107, Anm. 1. Baiiermann, Bischofswahlen S. 117. — ') Bernhardi 1, S. 47 f. Hauck. KO. 4, S. 120. — ') Bernhardi 1, S. 19. M. v. Kn. 7, S. 327.

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sind, in der festen Überzeugung, daß sie ein übernationales hohes Ideal zu verteidigen hätten. Zunächst wurde Lothars Königtum von keiner Seite ernstlich angefochten. Am Sonntag (13. September 1125) wurde er mit der üblichen Feierlichkeit von Erzbischof Friedrich von Köln in Aachen gekrönt und einige Zeit nachher seine Gemahlin Richenza auch von Friedrich, aber in Köln 1 ). Lothar war der zweite König und Kaiser dieses Namens, ließ sich aber in seinen Urkunden den Dritten nennen, und das ist bis heute vielfach geschehen, weil Kaiser Lothars I. (f 855) Sohn gleichen Namens (f 869) als der Zweite gezählt wurde, obwohl er niemals deutscher König und Kaiser war. Richtig ist: Lothar II. Adalbert von Mainz blieb vorläufig der Hauptratgeber des neuen Königs und setzte es durch, daß die Kanzlei Heinrichs V. aufgelöst wurde 2 ), weil er den Widerstand der alten salischen Beamten fürchtete. Während der ganzen Regierung wurde kein Kanzler ernannt. Mancher Fehlgriff und manche Unterlassung mögen sich aus dieser unbedachten Veränderung erklären. Auch hier werden wir an den Personalwechsel parlamentarischer Regierungen erinnert. Es lag durchaus auf der Linie von Lothars Betätigung als sächsischer Partikularist und Vorkämpfer des Papsttums, wenn er jetzt durch den Legaten Gerhard von S. Croce und zwei Bischöfe in Rom seine Wahl nicht nur anzeigen, sondern auch bestätigen ließ 8 ). Hier muß wieder des verhängnisvollen Beispiels gedacht werden, das Rudolf von Rheinfelden durch sein Gegenkönigtum gegeben hatte, und man wird nicht vergessen, daß Richenzas Großvater Otto von Northeim einer von den Fürsten gewesen war, die sich um Rudolfs Erhebung bemüht hatten. Heinrich V. hatte bei seiner Empörung gegen seinen Vater keinen Anlaß gehabt, eine ähnliche Bitte auszusprechen; denn Paschalis brauchte ihn nötiger als er ihn, ließ sich aber später die Bestätigung gefallen. Sonst ist von keinem der früheren deutschen Könige eine der Würde ihrer Stellung so wenig entsprechende Handlungsweise bekannt. Und wie demütig schreibt er in einer Klosterangelegenheit an den P a p s t 4 ) : Er freut sich, d a ß dieser das Steuer der Kirche führt und d a ß er, der König, in der Regierung dank päpstlicher Unterstützung Gott gefällt. Bald genug bekam Lothar Gelegenheit zu zeigen, ob er mit den östlichen Dingen Bescheid wüßte. Wir kennen die so häufigen blutigen Kämpfe um die Herzogswürde in Böhmen, die sich aus dem Mangel einer festen Erbfolge ergaben. Am 12. April 1125 starb Herzog Wladislaw I., und an seine Stelle trat dessen jüngerer Bruder Sobieslaw I., in deutschen Quellen Udalrich genannt, nachdem der gerade von einer Missionsreise zurückkehrende Bischof Otto von Bamberg eine Versöhnung zustande gebracht hatte 8 ). Ihr Vetter Fürst Otto II. von 01*) Bernhardi 1, S. 51. Regg. Köln 2, Nr. 224 f. Kirchner S. 52. — ») Hauck, KG. 4, S. 126. DD. 8, S. XV, XXXI. Zatschek, Beiträge S. 178. — ») Bernhardi 1, S. 52. Engelmann, Anspruch S. 13. Hauck, KG. 4, S. 121. Cartellieri 3, S. 152. Haller, Papsttum 2, 2, S. 544. — «) DD. 8, Nr. 7. — B) Bernhardi 1, S. 69, 73, 120, 151. M. v. Kn. 7, S. 319 f. D. Schäfer, Lothar. Bretholz S. 204, 210. Köster S. 246. Erben S. 119. Juritsch, Beiträge S. 108. SchQnemann, Ostpolitik S. 36, 41, 53.

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mütz, der auch Ansprüche hätte erheben können, wurde übergangen und dadurch schwer gekränkt, konnte aber nicht verhindern, daß ihm die Brünner Landschaft entrissen wurde, und mußte fliehen. Am deutschen Hof versprach er viel Geld, wenn ihm gegen Sobieslaw geholfen würde, und war natürlich bereit, alle Verpflichtungen gegen das deutsche Reich zu erfüllen, während jener es versäumt hatte, um die Belehnung nachzusuchen. Lothar, dem sehr viel daran lag, seine Kassen zu füllen, weil offenbar der von Heinrich V. angesammelte Schatz in den Händen der staufischen Brüder war, ließ sich, wie es so oft bei solchen Gelegenheiten zu geschehen pflegt, durch Ottos von Olmütz übertrieben günstige Schilderungen verleiten, mit nur geringer Mannschaft im Februar 1126 trotz des tiefen, den Marsch wesentlich erschwerenden Schnees in das Erzgebirge einzudringen. In einem Engpaß oberhalb Kulm wurde er von den Böhmen, die das unwegsame Gelände sehr geschickt ausnutzten, am 18. Februar völlig geschlagen und verlor zahlreiche sächsische Edle durch den Tod. Er schonte sich nicht, war aber, da Otto von Olmütz tapfer kämpfend gefallen und damit der eigentliche Zweck des Zuges vereitelt war, um so lieber geneigt zu verhandeln, als ihm Hungersnot drohte. Sobieslaw bewies seine Klugheit dadurch, daß er, der Sieger, dem Besiegten entgegenkam und sich mit der Herzogsfahne belehnen ließ. Es braucht nicht ausdrücklich hervorgehoben zu werden, wie peinlich die unrühmliche Niederlage von dem neuen Herrscher empfunden wurde. Als bittere Erinnerung an das Ereignis trennte noch lange tiefer Haß Sachsen und Böhmen. Bedenkliche Folgen stellten sich glücklicherweise nicht ein. Der Herzog hat dann in den nächsten Jahren Heeresfolge geleistet und wurde am Ostersonnabend (21. April) 1128 dadurch geehrt, daß Lothar seinen kleinen Sohn aus der Taufe hob. Lothar hatte sich mit seinem Vorstoß nach Böhmen so beeilt, weil er möglichst bald gegen Herzog Friedrich vorgehen wollte. Denn daß die erwähnte Aussöhnung keinen Bestand haben würde, ergab sich bei der Sachlage von selbst. Die üble Finanzlage des Reiches lenkte die Aufmerksamkeit auf die sehr zahlreichen Burgen und sonstigen Güter, die die staufischen Brüder nach dem Tode ihres Oheims unter Berufung auf ihr Erbrecht und dessen Verfügung in Besitz genommen hatten 1 ). Darunter waren wohl auch solche, die Heinrich V. während des Investiturstreits als Strafmaßnahme beschlagnahmt, aber nicht gemäß seinem im Wormser Konkordat gegebenen Versprechen zurückerstattet hatte. Auf einer Reichsversammlung zu Regensburg 8 ) Mitte November 1125 hatte Lothar einen Spruch der Fürsten veranlaßt, wonach Güter, die rechtmäßig verurteilten Achtern gehörten oder gegen Reichsgut eingetauscht worden waren, nicht dem König, sondern dem Reich gehören sollten. Herzog Friedrich war noch nicht geächtet, aber man konnte als sicher annehmen, daß er es bald sein würde. E s bleibt aber zweifelhaft, ob hier wirklich, wie man in neuester Zeit gemeint hat, zum ersten' ) Bernhardi 1, S. 55. — *) Bernhardi 1, S. 54. Rosenstock S. 309 ff., 329. Mitteis, Prozesse S. 42.

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mal klar zwischen Reichsgut und vererblichem Privatgut des Herrschers unterschieden worden ist. Die Dürftigkeit der Quellen erschwert das Verständnis. Wahrscheinlich handelte es sich nicht um eine abweichende Rechtsauffassung, sondern um die Rechtslage bestimmter Orte, und da kam besonders Nürnberg in Frage. Auf einer weiteren Reichsversammlung zu Straßburg 1 ) i. E. um die Jahreswende 1125/1126 wurde Herzog Friedrich, der sich weigerte, die strittigen Güter herauszugeben, verurteilt, d. h. in die Acht erklärt, und Anfang 1126 zu Goslar ein Kriegszug gegen ihn beschlossen. Aber es scheint, daß der für die Sachsen so verlustreiche Mißerfolg in Böhmen ihnen die Lust nahm, neue Opfer zu bringen, und so wurde in diesem Jahre nichts erreicht 2 ). Herzog Heinrich IX. der Schwarze von Bayern, der, wenn er gewollt hätte, in der Lage gewesen wäre, tatkräftig einzugreifen, hatte sich als Laienmönch in das weifische Hauskloster Weingarten zurückgezogen und war am 13. Dezember 1126 unweit davon in der Ravensburg gestorben 3 ). Sein freiwilliges Ausscheiden aus der sündhaften Welt läßt die Vermutung aufkommen, daß er sich des Schadens bewußt geworden war, den er mit seiner, die Erhebung Lothars entscheidenden Familienpolitik dem Reich zugefügt hatte. Jedenfalls hatte er seitdem nichts mehr für den neuen König getan. Um so größeren Wert mußte dieser darauf legen, sich der dauernden Mitwirkung seines künftigen Schwiegersohnes zu versichern, und ließ deshalb gemäß den früheren Abmachungen die Hochzeit seiner Tochter Gertrud mit dem neuen Bayernherzog Heinrich X., genannt der Stolze, am 29. Mai 1127 auf dem Gunzenlee am Lech, oberhalb Augsburgs, mit großer Pracht feiern 4 ). Heinrichs Geburtsjahr ist nicht bekannt. Im Jahre 1123 wurde er mit dem Schwert umgürtet 5 ). Gertrud war am 18. April 1115 geboren. Die Heirat besiegelte die Verbindung Sachsens mit Bayern. Denn das sächsische Herzogtum war Heinrich X. schon sicher. Damit war der Wettstreit zwischen Weifen und Staufern eröffnet, und dieser Wettstreit hat die Einheit des deutschen Reiches endgültig gesprengt. Um Anfang Juni 1127 begann Lothar die Belagerung von Nürnberg«), das er, wie früher angedeutet wurde, den Staufern nicht als Erbgut zugestehen wollte, sondern als Reichsgut in Anspruch nahm. Heinrich der Stolze unterstützte ihn dabei, desgleichen Sobieslaw I. von Böhmen, dessen wilde Scharen aber weit und breit so fürchterlich hausten und nicht einmal die Kirchen schonten, daß der König selbst für ihre Entfernung sorgte. Da Herzog Friedrich mit seinem Bruder Konrad, der in diesem Zusammenhang zuerst wieder genannt wird, herankam, hielt es Lothar um Mitte August für geraten, unverrichteter Dinge abzuziehen. Mit lautem Jubel drangen die staufertreuen Bürger in das verlassene Lager ein und machten noch Beute. Es war das zweitemal, daß Lothar sein Ziel nicht erreichte. Würde es ihm gelingen, sich im Westen und Südwesten des Reiches Geltung zu verschaffen? Es ist richtig, daß damals von der kapetingischen >) Bernhardi 1, S. 57, 64. — 2 ) Bernhardi 1, S. 83, hardi I, S. 113. Riezler 1, 2, S. 211. — «) Bernhardi 1, Riezler 1, 2, S. 235. Cartellieri 2, S. 97. — 5 ) Curschmann, Hofmeister, Puer S. 299, 302, Anm. 6. — «) Bernhardi 1, S.

104, 113. — ») BernS. 124, 121, Anm. 11. Ahnentafeln S. 29, 64. 125. Köster S. 138.

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Monarchie noch keine unmittelbare Gefahr drohte, weil sie durch ihre sehr unabhängigen großen Vasallen in der Kraftentfaltung nach außen gehemmt wurde. Wenn man aber bedenkt, wie sich die Lage der Dinge innerhalb des zwölften Jahrhunderts zuungunsten Deutschlands verschob, muß der Versuch gemacht werden festzustellen, wann die Loslösung der burgundischen und niedërrheinischen Gebiete begann 1 ), denn damit bereiteten sich Gebietsverluste vor, die die spätere deutsche Geschichte aufs stärkste beeinflussen sollten. Von der Ermordung des Grafen Karl von Flandern am 2. März 1127 kann hier zunächst abgesehen werden, obwohl er auch deutscher Reichsfürst war, da davon im Zusammenhang der französischen Geschichte ausführlicher gesprochen werden muß. Etwa zu derselben Zeit wurde, ohne daß eine genauere Ansetzung möglich wäre, der Graf Wilhelm III. von Hochburgund, genannt das Kind (puer), von seinen eigenen Leuten ermordet, ohne daß es bisher gelungen wäre, die Täter und ihre Beweggründe namhaft zu machen. Es ist kein Wunder, d a ß die beiden Verbrechen den lebhaftesten Abscheu erregten und der Einwirkung des Teufels zugeschrieben wurden. Wilhelm III., ein Nachkomme Otto Wilhelms (f 1026) 2 ), war der Sohn Wilhelms II. und der Agnes von Zähringen, diese eine Schwester der Herzöge Bertold III. und Konrad von Zähringen. Graf Rainald III., ein Vetter von Wilhelms III. Vater Wilhelm II., hielt sich für durchaus erbberechtigt und vermied es in seiner lässig-bequemen Art, die Belehnung des deutschen Königs nachzusuchen, die ihm, wie er fürchten mochte, doch nicht erteilt worden wäre. Jetzt erstreckte er seine Herrschaft über das ganze Gebiet, also auch auf den Besitz Wilhelms III., nicht aber auf Mâcon, wo Rainalds Bruder Wilhelm IV. gebot 3 ). Lothar versuchte vergeblich, Rainald zur Erfüllung seiner Lehnspflicht anzuhalten. Wohl im September 1127 gab er auf einem Hoftage zu Speyer, an dem auch burgundische Große teilnahmen, die Grafschaft dem zweifellos weniger berechtigten Konrad von Zähringen, dessen Herzogstitel von da an wieder anerkannt wurde 4 ). Die königliche Kanzlei nannte ihn aber auch Rektor von Burgund, was wohl eine Art Statthalterschaft bedeuten sollte. Aber es bleiben da noch gewisse Unklarheiten bestehen, die deutlich zeigen, daß die ganze Neuerung nur ein Notbehelf war und Lothar sich die Freundschaft der Zährineer in dem Augenblick verschaffen wollte, wo er mit den Staufern im Kampf lag. Lange genug hatten doch Konrads Vater Bertold II. und Herzog Friedrichs Vater Friedrich I. im Streit um das Herzogtum Schwaben gelegen. Nach der Angabe Ottos von Freising 5 ) erstreckte sich das strittige Gebiet, die Grafschaft Burgund, von Mömpelgard bei Basel bis zur Isère, und damit war die Provence verbunden. Es entzündete sich ein lange Jahre dauernder Kampf zwischen Rainald III. und Konrad von Zähringen, in dem keiner einen klaren Sieg errang. Im allgemeinen gehorchte jenem der Westen, diesem der Osten. Lothar«) sah sich gar nicht in der ') Pirenne 1, S. 214. — 2 ) Cartellieri 2, S. 366. — 3 ) Bernhardi 1, S. 134, 610, 823, mit Stammtafel. Fournier, Arles S. 2. Heyck S. 269 mit Stammtafeln, 285. Richter 3, 2, S. 656. — 4 ) Bernhardi 1, S. 135. — ") Otto von Freising, Gesta 1, Kap. 9; 2, Kap. 48. — e ) Th. Mayer, Landgrafsch. S. 150.

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Lage, mit den Waffen einzugreifen, und Konrad wiederum hatte viel zu viel in seinem neuen Wirkungskreis zu tun, um den König anderswo wirksam zu unterstützen. Vielleicht hätte Lothar besser getan, mit Rainald III. irgendein Abkommen zu treffen. Erst Friedrich Barbarossa stiftete Frieden, indem er Rainalds III. Tochter Beatrix heiratete. Auch in Deutschland stand es militärisch nicht gut um Lothars Sache. Als Heinrich X. der Stolze von Bayern im Herbst 1127 einen Einfall in Schwaben machte, wurde er bei Donauwörth am rechten Ufer der Wernitz von den staufischen Brüdern geschlagen und verlor viele Leute. Durch diesen Erfolg ermutigt, ließ sich Konrad am 18. Dezember 1127 wahrscheinlich in Nürnberg von schwäbischen und fränkischen Herren zum König wählen 1 ). Merkwürdig ist, daß wir von den einzelnen Personen, die es taten, gar nichts wissen. Von seinem Bruder Friedrich wurde im Gegensatz zu dem Wahlvorschlag von 1125 jetzt abgesehen. Das erklärt sich vermutlich daraus, daß eine Vereinigung des Königtums mit dem Herzogtum Schwaben auf Widerspruch gestoßen wäre 8 ). In den nächsten Jahrzehnten hat dann regelmäßig eine Trennung stattgefunden. Ob Charakterunterschiede der beiden Staufer eine Rolle gespielt haben, entzieht sich bei der Dürftigkeit der Überlieferung unserem Urteil. Die drei Erzbischöfe von Mainz, Magdeburg und Salzburg, Adalbert, Norbert und Konrad, beeilten sich, mit ihren Suffraganen beide Brüder von Würzburg aus mit dem Bann zu belegen. Die Folge der Ereignisse steht nicht quellenmäßig fest, aber es dürfte um Weihnachten 1127 geschehen sein. Um Konrad zu schädigen, entzog ihm Lothar etwa zu derselben Zeit die herzogliche Gewalt in Ostfranken, die ihm früher Heinrich V. übertragen hatte 3 ), und betraute damit den neuen, trotz ernster Bedenken dank dem Einfluß Adalberts von Mainz eingesetzten Bischof von Würzburg, Embrich von Leiningen 4 ), der früher in der königlichen Kanzlei tätig gewesen war. Man ist gewöhnt, Konrad als Gegenkönig zu bezeichnen, weil er schließlich verzichten und Lothar anerkennen mußte. Doch darf man nicht vergessen, daß sein Recht auf dem salischen Blut und der erst durch Forchheim unterbrochenen Gewohnheit beruhte, während Lothar sich nur auf die Wahl berufen konnte. Das Verfahren, das Lothar in den burgundischen Angelegenheiten angewandt hatte, schien ihm auch für Lothringen geeignet zu sein. Neben seinem Halbbruder Herzog Simon von Oberlothringen, der aus der zweiten Ehe seiner Mutter Hedwig mit Herzog Dietrich I. von Oberlothringen (f 1115) stammte, wollte er einen weiteren ihm ergebenen Fürsten im Westen haben. Weil Herzog Gottfried I. der Bärtige von Niederlothringen aus dem Hause Löwen, der seine Würde Heinrich V. verdankte, eine Lothar nicht genehme Politik verfolgte, setzte dieser ' ) Bernhardi 1, S. 137 ff., 141. Klippel, Grundlagen S. 65. — ' ) Güterbock, Thronfolge S. 539. — ») Bernhardi 1, S. 138. Rosenstock S. 329, 358. Hauck, KG. 4, S. 133. Pivec, Studien 48, S. 373. — *) Bernhardi 2, S. 505. DD. 8, S. XVI. Fichtenau S. 250, 254. Zatschek, Kanzlei S. 200.

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ihn ab und erhob an seiner Stelle den Grafen Walram II. von Limburg, der sich zu Pfingsten (10. Juni) 1128 zu Aachen mit seinen Freunden vorstellte. Gottfried kümmerte sich aber nicht um die Verfügung Lothars und hörte nicht auf, sich Herzog von Niederlothringen zu nennen, so daß zwei Herren den Titel führten. Lothar mochte glauben, auf diese Weise ohne eigenes Eingreifen drohenden Gefahren vorgebeugt zu haben. Schließlich löste sich die herzogliche Gewalt ganz auf, und es standen die beiden Häuser Löwen (Brabant) und Limburg gegeneinander. Von deutschem Einfluß konnte lange nicht mehr die Rede sein 1 ). Lothars Aufmerksamkeit blieb auf seine staufischen Gegner gerichtet. E s nützte ihm zunächst nichts, daß Honorius II. Konrad am 22. April 1128 bannte 2 ), ihm selbst dagegen den Segen spendete und den Sieg wünschte. Denn Konrad ließ sich dadurch nicht abhalten, vielleicht im Mai über die Alpen zu gehen 3 ). Ihm kam zustatten, daß nach dem Tode des Erzbischofs Ulrich 4 ) am 28. Mai 1126 und der Erhebung Anselms von Pusteria in Mailand ein Zwiespalt mit dem Papst ausbrach. Waren die Erzbischöfe verpflichtet, das Pallium in Rom persönlich oder durch Gesandte zu holen, oder hatte es der Papst ihnen nach alter Sitte zu übersenden? Allem Anschein nach hofften die Mailänder dafür, daß sie Konrad freundlich aufnahmen und als ihren natürlichen Herrn ansahen, durch ihn ihren Anspruch durchzusetzen. Anselm schwankte zuerst, vollzog dann aber, wenn auch widerstrebend, am 29. Juni 1128 die Königskrönung in der Michaeliskirche zu Monza (nnö. Mailand), obwohl daselbst eine solche Handlung bis dahin nie stattgefunden hatte; wiederholte sie aber, weil er sich wieder sicherer fühlte, nach einigen Tagen in der Ambrosiuskirche zu Mailand. Gestützt auf die salische Überlieferung, fand Konrad auch Anhang, schritt gegen Feinde streng ein, vermochte aber nicht, sich in den Besitz des Mathildischen Gutes zu setzen, das ihm materiell und territorial eine feste Grundlage geboten hätte. Erst nach dem Tode Heinrichs V. hatte es die Kurie gewagt, es an sich zu ziehen. Honorius II. belehnte 1128 damit den Grafen Albert von Verona 5 ) oder S. Bonifacio, der vielleicht zu Konrad übergegangen wäre, wenn nicht seine Vasallen es vorgezogen hätten, sich Lothar und damit dem Reich zu unterstellen, um ihre Unabhängigkeit am besten zu wahren. Trotzdem konnte sich Konrad laut seiner Urkunde vom 14. Juli 1129 als Herr von Mailand fühlen«). Vermutlich einige Zeit nachher exkommunizierte der Kardinalpriester S . Chrysogoni Johann von Crema zusammen mit mehreren Bischöfen auf einer Synode zu Pavia Anselm, der sich unter den Zeugen dieser Urkunde befunden hatte, wegen der Königskrönung. Bald verschlechterte sich Konrads L a g e erheblich, wobei wir nicht vergessen dürfen, daß wir von seiner Seite aus kaum unterrichtet sind. Die Mailänder wollten von ihrem „Götzen", wie es einmal drastisch ausgedrückt wird, bald nichts mehr wissen. Er behauptete sich mit ' ) Ernst 3, S. 19. Bernhardi 1, S. 186, 193, XXIII. Kröger S. 19. Pirenne 1, S. 212, 213, Anm. 3. — =) Bernhardi 1, S. 151. — ») Bernhardi 1, S. 198, 202. Overmann S. 47. Davidsohn, Geschichte 1, S. 405. Haase S. 37. Hessel, Bologna S. 63. Klippel S. 66. H. Hirsch, Konrad. Graf S. 45. — 4 ) Schwarte S. 86. — 5 ) Bernhardi 1, S. 204. Scheffer-Boichorst, Dipl. Forsch. S. 73. — • ) H. Hirsch, Konrad S. 90.

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wenigen Begleitern in dürftigen Verhältnissen eine Zeitlang in Parma, aber das Schisma machte allen seinen Hoffnungen ein Ende und legte ihm die Rückkehr nach Deutschland nahe, deren Zeitpunkt nicht bekannt ist. Hier ging der Bürgerkrieg weiter. Trotz einer dreimonatigen Belagerung gelang es Lothar 1128 nicht, das von den Staufern besetzte Speyer seinem Willen zu beugen 1 ). Erst nach einer Einschließung von über fünf Monaten erreichte er im Jahre 1129 dank dem Eingreifen Heinrichs des Stolzen sein Ziel und konnte am 3. Januar 1130 in die staufisch gesinnte Stadt einziehen. Das Ereignis bedeutete die entscheidende Wendung zu seinen Gunsten. Anfang Februar sah er in Basel 2 ) Erzbischof Anserich von Besançon und Herzog Konrad von Zähringen an seinem Hof. Sicher gedachte er, sich den burgundischen Verhältnissen zu widmen, aber das ging doch über seine Kraft. Blutige Unruhen riefen ihn in die sächsischen Lande, wo auffallenderweise seine Autorität nicht feststand. Voller Zorn verhängte er grausame Strafen, so besonders über die Einwohner von Halle, die Mordtaten verübt hatten, aber vielleicht dazu gereizt worden waren und sich im Recht glaubten 8 ). So wurde die Ruhe gewaltsam hergestellt, und der König konnte wohl Ende Mai Nürnberg, den festen Platz der Staufer, einschließen lassen 4 ). Bei ihrer Bekämpfung leistete Sobieslaw I. von Böhmen treffliche Dienste, indem er zahlreiche Burgen brach. Schließlich ergab sich Nürnberg etwa im September 1130, ohne daß wir wüßten, unter welchen Bedingungen es geschah. Inzwischen aber hatten sich in Rom Dinge ereignet, die die Aufmerksamkeit des gesamten Abendlandes fesselten. ») Bernhardi 1, S. 194, 198, 243, 246. — a ) Bernhardi 1, S. 253. — ») Bernhardi 1, S. 256, 262. — ») Bernhardi 1, S. 264, 267.

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ZWEITES KAPITEL.

DIE ANFÄNGE ROGERS II. VON SIZILIEN. (1112-1130.) Papst Honorius II. brauchte nicht wie seine Vorgänger mit einem feindlichen Kaisertum zu rechnen und stellte sich daher die Aufgabe, die weltliche Herrschaft des Heiligen Stuhles nach Kräften zu sichern und zu erweitern. E r mochte denken, d a ß , wenn das gelang, er und seine Nachfolger gegen Angriffe von Norden und von Süden her viel besser gewappnet sein würden. Man kann es auch so ausdrücken, d a ß ganz Mittel- und Süditalien mittelbar oder unmittelbar zum Kirchenstaat gehören sollten. Bei der Befehdung der Barone der Campagna erzielte er nur teilweise Erfolge. Dagegen gelang es ihm, im Juni 1127 in der altberühmten und immer auf ihre Selbständigkeit eifersüchtigen Abtei Monte Cassino einen ihm genehmen Abt einzusetzen, womit er hoffen konnte, sie allmählich dem apostolischen Stuhl zu unterstellen 1 ). Sehr viel größere Bedeutung kommt seinem Versuch zu, die ungestüm aufstrebende sizilische Macht gefügig zu machen. Sechzehn Jahre alt, übernahm G r a f Roger II., nachdem er den Rittergürtel wohl im Juni 1112 empfangen hatte, die Regierung Sizil i e n s 2 ) . B i s dahin hatte seine Mutter Adelaide (Adelasia), eine Tochter des Markgrafen Manfred von Turin, mit großer Umsicht und politischer Begabung die Regentschaft geführt»). E s gereicht ihr zu hohem Ruhm, d a ß sie gegen die stets widerspenstigen Barone und gelegentlich auch gegen die hohe Geistlichkeit die Rechte des Königtums wahrte. Gern stützte sie sich, wie ihr verstorbener Gemahl Roger I., auf die Araber und trug daher auch keine Bedenken, die Residenz nach dem von Muhammedanern bewohnten Palermo zu verlegen, d a s sich rasch zu hoher Blüte entwickelte und immer an ihren dauerverheißenden Entschluß erinnern wird4). Roger II. ließ sich stark von arabischen Bräuchen und Einrichtungen beeinflussen 5 ). D a s zeigte sich schon bei seiner Erziehung. Seine, wenn man so sagen darf, wissenschaftliche Neugier unterschied ihn wesentlich *) Bernhard! 1, S. 270, 273. Gregorovius 4, S. 388. — s ) Caspar, Roger S. 30, 37. Chalandon, Histoire 1, S. 360. Garufi, Ruggiero S. 10 zu 1113. — ' ) Cartellieri 3, S. 248. Garufi, Aleramici S. 58. Amari 3, 1, S. 199; 3, 2, S. 352. — *) Caspar, Roger S. 293. Chalandon, Histoire 2, S. 720. Enz. Islam 4, S. 503. — ' ) Caspar, Roger S. 38. 174

von seinen abendländischen Standesgenossen. D a ß er seine Urkunden eigenhändig unterzeichnen konnte, sei nur nebenbei bemerkt. Unter den neuen Ämtern, die er schuf, beschränkte sich das des Admirals ursprünglich nicht auf die maritimen Angelegenheiten, sondern erhob sich bald über alle anderen, so daß es mit dem eines modernen Ministerpräsidenten verglichen werden darf. Der Name leitet sich vom arabischen „Emir" (Amir) her*). Als ersten in der Reihe finden wir Abd al-Rahman -en-Nasrani, einen Araber, der sich nach seinem Übertritt zum Christentum Christodulus oder Christophorus nannte 2 ), schon unter Adelaide eine sehr angesehene Stellung im Rat einnahm und kirchlichen Stiftungen reiche Gaben zu verschaffen wußte. Er empfahl Georg von Antiochia 3 ), einen gebürtigen Syrer, der früh durch seine hervorragende finanzielle Begabung Aufmerksamkeit erregt hatte und leitender Staatsmann des ziridischen Königs Tamim 4 ) gewesen war, nach dessen Tode (1108) aber aus Furcht vor den Nachstellungen des neuen Königs Yahya bei Graf Roger eine Zuflucht suchte. Es reizte ihn besonders, die sizilische Flotte auf die Höhe zu bringen und durch sie an den undankbaren Ziriden Rache zu nehmen. Die alte Seetüchtigkeit der Normannen lebte unter geeigneter Leiturtg wieder auf. Ausdehnung nach Afrika und Seegeltung im Bereich des Mittelmeers, ehe diese an die norditalienischen Städte überging, waren lockende Ziele, die Rogers jugendlichem Ehrgeiz vorschweben mochten. Starke materielle Interessen standen auf dem Spiel: der Schutz des eigenen Handels und der sizilische Häfen anlaufenden fremden Frachtschiffe 8 ). Zunächst zwang Roger 1114 afrikanische Seeräuber durch Drohungen, ihre Gefangenen herauszugeben und verpflichtete sich damit alle Küstenbewohner, die unter dem fortwährenden Menschenraub so schwer zu leiden hatten, zu aufrichtigem D a n k 6 ) . Im Jahre 1117/18 gegen Yahyas (f 1116) Sohn Ali herbeigerufen, schickte er zum erstenmal die sizilische Flotte aus, aber noch kam es zu keinem Zusammenstoß 7 ). Das war erst einige Jahre später der Fall. Der Almoravide Ali b. Jusuf Heß vielleicht aus muslimischem Gemeinschaftsgefühl Kalabrien furchtbar verheeren 8 ), bot aber damit dem Grafen den längst gewünschten Anlaß, eine große Tat zu vollbringen. Im Juli 1123 stach eine stattliche Flotte mit Fußsoldaten und Reiterei unter der Führung von Christodulus und Georg von Antiochia in See. Ein Sturm fügte ihnen schwere Verluste zu. Von dem geplanten Angriff auf die vorzüglich verteidigte Stadt Mahdiya (zwischen Sousse und Sfax) mußten sie absehen und in den ersten Tagen des August schmerzerfüllt in die Heimat zurückkehren»). Sechsunddreißig Jahre vorher war den Genuesen, Pisanern und Amalfitanern die Einnahme Mahdiyas gelungen 1 0 )! Der Grund f ü r den normannischen Mißerfolg lag hauptCaspar, Roger S. 300. Enz. Islam 1, S. 346. Aman 3, 2, S. 357. — ») Caspar, Roger S. 41. Cohn S. 65, 98. Aman 3, 2, S. 359. — ») Caspar, Roger S. 41. Chalandon, Histoire 1, S. 374. Cohn S. 69, 100.6 Aman 3, 2, S. 361, 368. — «) Enz. Islam 4, S. 697, 1331. Cartellieri 3, S. 196. — ) Chalandon, Histoire 1, S. 368. — •) Caspar, Roger S. 41. — 7) Caspar, Roger S. 44. Chalandon, Histoire 1, S. 371. Cohn S. 18. Aman 3, 2, S. 376. — 8 ) Caspar, Roger S. 46. — •) Manfroni S. 183. Caspar, Roger S. 46. Schaube S. 276. Chalandon, Histoire 1, S. 375. Cohn S. 20. Amari 3, 2, S. 388. — 10) Cartellieri 3, S. 197. 175

sächlich darin, d a ß die erhoffte Überraschung des Feindes mißlang und d a ß die Flotte einer so schwierigen Aufgabe, im Angesicht des Feindes Truppen zu landen und zum Kampf zu führen, infolge ihrer Jugend noch nicht gewachsen war. Man denkt an Karls V. Mißerfolg vor Algier 1541. Übermütig geworden, wagten die Seeräuber es im Juli 1127, in der Nähe von Syrakus zu plündern und Gefangene fortzuschleppen 1 ). Noch konnte Roger nichts dagegen tun, so lebhaft er es auch wünschte. Andere dringendere Geschäfte nahmen ihn völlig in Anspruch. Sein Verhältnis zur Kurie ließ zu wünschen übrig. Paschalis II. nahm Anstoß an dem von Urban II. im Jahre 1098 Roger I. erteilten Privileg über die Stellvertretung des Legaten, wollte es aber aus naheliegenden Gründen nicht widerrufen, sondern begnügte sich am 1. Oktober 1117, Roger II. ganz allgemein vor Übergriffen auf geistliches Gebiet, die wohl vorgekommen waren, zu warnen und die Abhängigkeit des Grafen von dem Legaten a latere stärker zu betonen 8 ). Es ist kein Wunder, daß Roger durch dieses Verfahren gereizt wurde, und zwar um so mehr, als der Papst den Sohn von Rogers II. Vetter Roger Borsa, den Herzog Wilhelm II. von Apulien, begünstigte. Dieser hatte am 17. Oktober 1114 von Paschalis II., im März 1118 von Gelasius II., im Oktober 1120, wie früher erwähnt wurde, von Kalixt II., im September oder Oktober 1125 von Honorius II. die Investitur empfangen 3 ), wobei immer auf die Belehnung durch Gregor VII. vom Jahre 1080 verwiesen wurde, die tatsächlich die Grundlage für die späteren Beziehungen der Normannen zum Papsttum abgab 4 ). Vergeblich hatte Kalixt II. einmal 1121 versucht, die beiden Normannenfürsten auszusöhnen. Wilhelm fand keinen wirksamen Schutz gegen den rücksichtslosen Ausdehnungsdrang Rogers II., und er war bei seinen bescheidenen staatsmännischen Fähigkeiten gar nicht imstande, sich selbst zu helfen. Schließlich mußte er 1125, da er kinderlos war, Roger gegen eine hohe Geldzahlung zu seinem Erben einsetzen«). Am 28. Juli 1127 starb Wilhelm, der seinem Großvater so unähnliche Enkel Robert Guiskards 6 ), und damit eröffnete sich für den brennenden Ehrgeiz Rogers II. die steil aufsteigende Bahn zum normannischen Einheitsstaat. Nur ein solcher konnte der für die Bevölkerung so unheilvollen Gesetzlosigkeit ein Ende machen und die Schwachen vor den Gewalttaten und Grausamkeiten der Starken schützen 7 ). Der Graf handelte schnell und landete im August in der apulischen Hauptstadt Salerno, um sie in Besitz zu nehmen; aber die Bürger wollten am liebsten gar keinen neuen Herrn haben und sich unabhängig ' ) Caspar, Roger S. 50. Chalandon, Histoire 1, S. 377. Amari 3, 2, S. 395. — s ) Caspar, Legatengewalt S. 191, 200 u. Roger S. 51, 492. Chalandon, Histoire 1, S. 366; 2, S. 618. M. v. Kn. 7, S. 55. E. Jordan, Roger 34, S. 51, 60, 63. Lupo S. 37. — ») Italia pont. 8, S. 29, Nr. 99; S. 30, Nr. 106; S. 31, Nr. I l l ; S. 33, Nr. 120. Chalandon, Histoire 1, S. 316, 321, 324. Kehr, Belehnungen S. 33. — *) Cartellieri 3, S. 163. — ») Caspar, Roger S. 55, 59. Chalandon, Histoire 1, S. 321. — «) Bernhardi 1, S. 274. Caspar, Roger S. 61. Chalandon, Histoire 1, S. 325, 385. Jamison S. 233. Garufi, Ruggiero S. 17 u. Kehr, Belehnungen S. 33, 37 mit dem Datum. Haller, Papsttum 2, 2, S. 543. — 7 ) Caspar, Roger S. 66, 69. Chalandon, Histoire 1, S. 382.

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halten, ja sie ermordeten sogar einen Gesandten des Grafen 1 )- Dieser, dessen scharfes Durchgreifen wir sonst genugsam kennen, bewies jedoch eine äußerst kluge Mäßigung und setzte sogar die Verhandlungen fort, als ob nichts geschehen wäre. Nach 10 Tagen erreichte er sein Ziel. Nachdem er den Bürgern ihre bisherigen Rechte bestätigt und ihnen die Hut der verhaßten herzoglichen Burg übergeben hatte, konnte er einreiten und sich von dem dazu berechtigten Bischof Alfanus von Capaccio zum Fürsten salben lassen. Robert Guiskard hatte 1076/77 Salerno ohne einen Rechtstitel an sich gerissen 2 ), und Gregor VII. hatte es ihm bis auf weiteres gelassen, um Schlimmeres zu verhüten. Die Stadt war niemals von Rom lehnrührig gewesen. Nachher wurde in Reggio di Cajabria und in Sizilien die Nachfolge Rogers als des berechtigten Erben im Herzogtum Apulien und wohl auch in Kalabrien öffentlich bekanntgemacht. Amalfi unterwarf sich unter ähnlichen Bedingungen wie Salerno, ebenso taten es noch andere Städte und eine Anzahl Barone. Honorius II. war aber nicht gewillt, sich mit dem ohne seine Einwilligung Geschehenen abzufinden. Er wollte teilen und herrschen, den werdenden Einheitsstaat nicht anerkennen, soviel Mühe sich auch Roger gab, ihn durch finanzielle und territoriale Zugeständnisse zu versöhnen. Als das alles nichts nützte, hetzte Roger seine Parteigänger rücksichtslos gegen die Päpstlichen auf. Aber noch g a b Honorius nicht nach. Im Vertrauen auf die Unbeständigkeit der Apulier und ihre Furcht vor der straffen Regierungsweise des neuen Herzogs brachte er gegen ihn einen großen Bund zusammen und exkommunizierte ihn feierlich auf einer Synode zu T r o j a im November oder Dezember 1127. Der durch hervorragende Tapferkeit ausgezeichnete Graf Rainulf von Alife (nö. Capua), der mit Mathilde, einer Schwester Rogers II., verheiratet war»), wandte sich trotzdem gegen seinen Schwager und bestimmte auch den neuen Fürsten von Capua, Robert II., Sohn Jordans II., zur Teilnahme am Aufstand. Robert wurde in den ersten Tagen des Januar 1128 zu Capua in Anwesenheit des Papstes Honorius II. von dem dortigen Erzbischof gesalbt. Die Tage gestalteten sich zu einer höchst eindrucksvollen Kundgebung des Bundes 4 ), und der Papst benutzte die Gelegenheit, um Roger in heftigen Worten seine rechtswidrige Besitzergreifung und die Grausamkeiten seiner Anhänger vorzuwerfen, spendete auch vollen Ablaß für diejenigen, die im Kampfe gegen ihn fallen, halben Ablaß f ü r diejenigen, die am Leben bleiben würden 5 ). Eine begeisterte Kreuzzugsstimmung erfüllte die Gemüter. Roger eröffnete den Feldzug des Jahres 1128 mit der Einnahme von Tarent, das Bohemund II., der Sohn Bohemunds I. von Antiochia, 1126 beim Aufbruch nach dem Heiligen Land seinem Verwandten Tankred von Conversano überlassen h a t t e 6 ) . Auch Brindisi mußte sich Roger ergeben. ») Bernhardi 1, S. 275. Caspar, Roger S. 70, 498. Chalandon, Histoire 1, S. 385. Jamison S. 221. Schipa, Mezzogiorno S. 199. Kehr, Belehnungen S. 37 u. Selbstbesprechung 311. — ») Cartellien 3, S. 143, 155, 163. — ») Caspar, Roger S. 106. Chalandon, Histoire 1, S. 352 f. — •) Italia pont. 8, S. 34, Nr. 126; 35, Nr. 128. Caspar, Roger S. 76. Chalandon, Histoire 1, S. 391. Kehr, Belehnungen S. 37. — 5 ) Bernhardi 1, S. 278. Gottlob, Kreuzablaß S. 97 irrig bezogen. — •) Bernhardi 1, S. 278. Caspar, Roger S. 79, 501. Chalandon, Histoire 1, S. 394. C e r t e l l i e r i , Der Vorrang des Papsttums.

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Dann änderte er seinen Kriegsplan, vertauschte den Angriff mit der Verteidigung, nahm am Bradano, der bei Metaponto mündet, im Juli 1128 eine gute Stellung ein, ließ sich durch das päpstliche Heer, das auf dem anderen Ufer lag, nicht zur Schlacht verleiten. Die sommerliche Hitze und die bei den Feinden ausbrechende Hungersnot veranlaßten nach 40 Tagen einige der zu ihnen gehörenden Barone zum heimlichen Abmarsch. Auch Robert von Capua, ein zarter und wohl auch etwas weichlicher Herr, wollte ihnen folgen. Bald sah sich Honorius gezwungen, auf die Bedingungen Rogers einzugehen. Am 22. August 1128 gewährte er ihm an der großen Brücke über den Sabbato bei Benevent nächtlicherweile in Gegenwart einer ungeheuren Menschenmenge die Investitur. Dafür schwur Roger, weder Benevent der Kurie zu entfremden noch das Fürstentum Capua anzutasten 1 ). Es war das ein glänzender Erfolg für den jetzt als rechtmäßig anerkannten Herzog von Apulien, dessen Feinde von nun an nichts anderes als Empörer waren. Trotzdem unterwarfen sich längst nicht gleich alle, und er mußte vom Frühjahr 1129 an die Wiedereroberung fortsetzen. Tankred von Conversano, der krank war, und andere Herren wurden am 10. August zur Unterwerfung gezwungen 2 ). Rainulf von Alife huldigte, Troja") unterwarf sich nach kurzer Belagerung, und Honorius demütigte sich so weit, daß er Roger um Unterstützung gegen Benevent bat, wo die Bürger den päpstlichen Rektor Wilhelm ermordet und eine Kommune errichtet hatten*). Roger war dazu auch bereit, aber der baldige Tod des Papstes veränderte die Lage vollkommen. Auf einer gutbesuchten Versammlung zu Melfi, im September 1129, bewies er, der eben den Krieg, den er im Grunde nicht liebte, mit solcher Tatkraft geführt hatte, daß er Ordnung und Wohlfahrt höher schätzte 8 ). Alle Anwesenden mußten sich eidlich zu einem ewigen Landfrieden im ganzen Reich verpflichten, wobei strenge Strafen gegen Übeltäter vorgesehen wurden. Den Hauptinhalt der Gesetze hat man gut in die Formel zusammengefaßt, daß den Baronen die dem Ritterstand sonst erlaubte Fehde, den übrigen Untertanen das Waffentragen und der Raub verboten wurden. Der bloße Schrecken, den der Name des Herzogs verbreitete, veranlaßte Robert II. von Capua gegen Ende 1129, ihm Mannschaft zu leisten«). So urteilt ein Zeitgenosse, und man darf ihm Glauben schenken. Durch die Zugeständnisse, die der Herzog den Städten bisher hatte machen müssen, um weiterem Abfall vorzubeugen, fühlte er sich in keiner Weise gebunden?). Im Lauf des Jahres 1130 unterdrückte er ihre Selbständigkeitsgelüste mit harter Hand, ließ sich ihre Burgen ausliefern und hielt sie dadurch in Schach. 1

) Italia pont. 8, S. 35, Nr. 131 zum 22. August. Bernhardi 1, S. 280. Caspar, 5 0 1 z u m 23 - August. Chalandon, Histoire 1, S. 396. Lupo S. 40. Vehse S. 135 Garufi Rugg. S. 19. Kehr, Belehn. S,38. — ») Caspar, Roger S. 81, 503. Chalandon, Histoire 1, S.399. — ' ) Caspar, Roger S. 84,504. Chalandon, Histoire 1, 400. — «) Italia pont. 8, S. 36, Nr. 132. Caspar, Roger S. 82. Chalandon m l ! 0 " 6 ' I 3 3 Ii? 0 ' V e ^ s e S " 136 " - 5> C a s p a r , ^ ¿ g e r S . 84, 504. Chalandon Histoire 1, SS. 1401. Gesetzgebung S. 24. Jamison — «)Roger Chalandon. Histoire 2, mit Niese, der Zeit. Kehr, Belehnungen S. 39. — S.' ) 237. Caspar, S. 105. Chalandon, Histoire 1, S. 403.

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Will man der Persönlichkeit Rogers II. nähertreten, so muß mart die unverwüstliche Kraft voranstellen, die er von seinen nordischen Vorfahren geerbt hatte 1 ). Aber auch seine Mutter besaß Eigenschaften, die seiner Regierungsweise zugute kamen. Blondhaarig, groß gewachsen, neigte er zur Dicke. Sein Gesichtsausdruck war streng, seine Stimme rauh, sein Geist äußerst beweglich und anpassungsfähig. Man wird ihn einen Mann von Stahl nennen, weil er Härte und Biegsamkeit wunderbar verband. Mit seinen normannischen Fürstengenossen teilte er den fast ungemessenen Ehrgeiz, umfaßte Konstantinopel und Nordafrika. Arabische Einflüsse wird man nicht unterschätzen. Daher mochten seine wissenschaftliche Neugier, seift Interesse für Technik, seine Prachtliebe stammen. Herr seiner Kirche zu sein, erschien ihm selbstverständlich 2 ). Kriege hat er fortwährend geführt, ohne jede Schonung, aber er war weder ein Ritter in dem damals üblichen Sinn noch ein glücklicher Feldherr. Allen Fremden gewährte er, wie Johann von Salisbury hervorhebt, eine Zuflucht in seinem Reich, nur nicht gern den Deutschen. Denn ihr Volk war ihm verdächtig, und er konnte ihre „Barbarei" nicht vertragen 8 ). Nur allzu oft wird die Feindschaft der Normannen gegen die übrigen Germanen unterschätzt. Ihr kommt weltgeschichtliche Bedeutung zu. Die Mittel, mit denen hier in Unteritalien eine scharf zentralisierte Herrschaft begründet wurde, ergeben sich aus dem vorher Gesagten; sie gipfelten alle in einer den Freiheitsdrang des Volkes verachtenden Gewaltpolitik, dienten aber seiner materiellen Wohlfahrt, da es unter den fortwährenden Fehden und Räubereien schwer gelitten hatte. Finden wir hier in Süditalien die Aufrichtung des Absolutismus ) Chron. 9, Nr. 563 mit dem Tag. Röhricht, Königreich S. 20 zum 9. Mai. Schaube S. 123. Stevenson, Crus. S. 44, Anm. 2 zum Datum. Grousset 1, S. 222. — •) Chron. 7, Nr. 431, 435. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 204. Grousset 1, S. 182. — 6 ) Manfroni S. 146. Kretschmayr 1, S. 217. — •) Wüstenfeld S. 53. Chron. 9, Nr. 564, 567 mit dem Tag. Röhricht, Königreich S. 21. Stevenson, Crus. S. 44. Enz. Islam 2, S. 707. Grousset 1, S. 222. Beyer S. 3 zum 31. Mai.

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aus die Feinde eine Wiedereroberung gern versuchten. Balduin war aber auf der Hut und hatte in aller Eile in Ramla südöstlich von Jaffa Befestigungen errichtet. Er hörte, d a ß die zahlenmäßig stark überlegenen Ägypter nach Jerusalem vorstoßen wollten. Im Einvernehmen mit einem Kriegsrat beschloß er den Angriff, und geistlicher Zuspruch stärkte den Mut der Krieger. Am 7. September 1101 kam es in der Ebene südöstlich von Ramla zur Schlacht 1 ). Die ersten Korps der Lateiner wurden geschlagen. Balduin rief seinen Leuten zu, daß ihnen, wenn sie fielen, die Krone der Märtyrer und, wenn sie siegten, unsterblicher Ruhm sicher sei. Fliehen könnten sie nicht: denn Frankreich sei weit! Außerdem ließ er das Heilige Kreuz 2 ) von einem Bischof vorantragen, was in der Folge noch oft geschah. Er bestieg dann sein durch Schnelligkeit ausgezeichnetes arabisches Pferd „Gazelle", führte seine bis dahin zurückgehaltenen Reserven in die Front und teilte im dichtesten Gewühl gewaltige Hiebe aus. So errang er den Sieg. Bei Todesstrafe verbot er Plünderung des feindlichen Lagers und befahl unterbittliche Verfolgung bis unter die Mauern von Askalon. Die schöne Waffentat kam zur rechten Zeit. Denn die stattliche Hilfe, die vom Abendland erwartet wurde, weil sie nach Lage der Dinge zur Behauptung der eroberten Gebiete dringend nötig war, blieb zunächst aus. Der tiefen Trauer der Muhammedaner über ihre Niederlagen und den Verlust ihrer Städte hatte die helle Begeisterung der Christen entsprochen, als nach dem Fall von Antiochia und Jerusalem erst Briefe und dann immer zahlreichere mündliche Berichte lebhaft schilderten, welche wunderbaren Taten mit Gottes Hilfe im Heiligen Land geschehen seien 3 ). Sehr bald rührten sich auch diejenigen, die aus irgendeinem Grunde nicht dabeigewesen waren, und auch einige von denen, die nach ihrer Rückkehr vom ersten Kreuzzug neue kriegerische Abenteuer im Dienste der Kirche suchten. Sie wollten jetzt aufbrechen und den bedrängten Glaubensgenossen Hilfe bringen. Man möchte aus den späteren Ereignissen schließen, d a ß sie sich den endgültigen Sieg viel zu leicht vorstellten, weil sie sonst, wie sich zeigen wird, ganz anders sorgfältige Vorbereitungen getroffen hätten. öfters sprach man von der persönlichen Teilnahme eines Papstes. Urban II. schien vielleicht schon im Oktober 1098 in Bari 4 ), sicher aber Ende April 1099 in Rom 5 ) dazu entschlossen zu sein, obwohl wir wissen, daß er in Rom viele Feinde hatte 6 ). Daran ist nicht zu zweifeln, daß seine Anwesenheit in Palästina und Syrien ungeheuren Eindruck gemacht und eine Wiedervereinigung der Kirchen hervorragend gefördert hätte. Man erinnert sich übrigens daran, daß auch Gregor VII. ») Chron. 9, Nr. 577, 596; 10, Nr. 601, 604 f., 607 ff. Röhricht, Königreich S. 25. Stevenson, Crus. S. 45. Delbrück 3, S. 425. Oman 1, S. 292. Erben S. 118. Grousset 1, S. 225. — ') Oben S. 50. — ») Röhricht, Königreich S.29 u. 1. Kreuzz. S. 221. Grousset 1, S. 322. — 4 ) Röhricht, 1. Kreuzz. S. 223. Chron. 7, Nr. 319. Kreuzzugsbriefe S. 100, 165, 358, 369. Oben S. 40, 60. — 6 ) Chron. Malleacense, ROL. 9 (1902), S. 389. Röhricht, 1. Kreuzz. S. 223 u. Regg., Add. Nr. 200. Chron. 7, Nr. 368. Erdmann, Entstehung S. 302. Oben S. 51, 61. — •) M. v. Kn. 5, S. 73.

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persönlich die Kreuzfahrt geplant hatte 1 ). Urban bemühte sich weiter um die Entsendung frischer Streitkräfte. Seip baldiger Tod am 29. Juli 1099 ließ die Frage offen, ob die Ausführung seiner Zusage ihm möglich gewesen wäre. Wie schon früher erwähnt wurde, legte sein Nachfolger Paschalis II. im Dezember 1099 der französischen Geistlichkeit die Hilfeleistung dringend ans Herz 2 ). Nicht lange hernach, am 28. April oder 4. Mai 1100, beglückwünschte er ganz allgemein die Geistlichkeit und die Ritterschaft zu ihren Erfolgen in Asien») und empfahl ihnen seinen Stellvertreter Moritz, den Kardinalbischof von Porto, dem sie gehorchen sollten 4 ). Auf einer Provinzialsynode zu Anse im Frühjahr 1100 bedrohten fünf Erzbischöfe und neun Bischöfe die Säumigen mit der Exkommunikation 5 ). Am 14. Oktober des gleichen Jahres und am 25. März 1101 verbot derselbe Papst mit vollem Recht, daß Geistliche oder Laien aus Spanien nach Palästina gingen, statt die Mauren im eigenen Lande zu bekämpfen 6 ). Romantischer, allerdings auch gewagter w a r es sicher, das Heilige Grab aufzusuchen, das die höchsten religiösen Werte umschloß, aber politisch klüger, in der Nähe zu bleiben. Denn Fortschritte des Islams, besonders etwa der Almoraviden, konnten für das Spanien benachbarte Frankreich leicht die verderblichsten Folgen haben. Die neue Bewegung, die jetzt begann, folgte auf den ersten Kreuzzug und war ganz selbständig, pflegt aber bei der allgemein üblichen Zählung der Kreuzzüge nicht berücksichtigt zu werden. Wir nennen sie am einfachsten den Nachkreuzzug von 1101. Die ersten, die am 13. September 1100 aufbrachen, waren die Lombarden 7 ) unter ihrem geistig nicht bedeutenden, aber tatkräftigen Erzbischof Anselm IV. 8 ) von Bovisio (Distr. Monza). Bei der Kreuzannahme ließ er auserwählte junge Leute aus Mailand die Kantilene „ultreia, ultreia", d. h. ultra eia, anstimmen. Da dies zweifellos ein französisches Wort ist — outrée —, kann es wohl sein, daß, wie der erste Aufruf zum Kreuzzug aus Frankreich stammte, so auch dieser anfeuernde Marschgesang sich von dort aus verbreitet hatte»). Zu der Schar gehörte viel niederes Volk, dessen Zuchtlosigkeit nur allzusehr an den verunglückten Bauernkreuzzug von 1096 erinnerte. Durch Bulgarien hindurch erreichten die Pilger Ende Februar 1101 Konstantinopel. Nachdem sie sich durch ihre wüsten Ausschreitungen mißliebig gemacht und sogar versucht hatten, die Stadt zu stürmen, wurden sie nach Ostern (21. April) nach Nikomedia abgeschoben. Deutsche, die Konrad 1 0 ), der Marschall Kaiser Heinrichs IV., befehligte, und Franzosen schlössen sich an. Genannt seien hier nur Herzog Odo I. *) Cartellieri 3, S. 129. — ') Oben S. 63. — ») Kreuzzugsbriefe Nr. 22, S. 122,178,421. — ') Klewitz, Kardinalkoll. S. 210, Nr. 4. — s ) Röhricht, l.Kreuzz. S. 224. Chron. 8, Nr. 454. — •) Chron. 8, Nr. 505 ; 9, Nr. 545. — ') Tomaschek S. 87. Röhricht, Königreich S. 31. Chron. 8, Nr. 500; 9, Nr. 535, 562, 573, 579, 583, 589—591, 593. Chalandon, Essai S. 224. Oman 1, S. 240. Orousset 1, S. 322. — 8 ) Schwarte, Besetzung S. 84. Savio, Vescovi, Lomb. 1, S. 452, 458. — ») Chansons S. XIV. Du Cange, Glossarium 8, S. 364. F. Godefroy, Dictionnaire de l'ancienne langue française 10 (1902), S. 250. — , 0 ) Schubert, Reichshofämter S. 447, 450.

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Borel 1 ) von Burgund, der für Kirchenfrevel Buße tun wollte, Graf Stephan 2 ) jenseits der Saône, der Hochburgund für seinen minderjährigen Neffen Wihelm II. verwaltete, Graf Stephan 3 ) von Blois, den seine Gemahlin Adela drängte, die 1098 begangene Fahnenflucht wiedergutzumachen, und eine Reihe anderer Herren. Graf Raimund IV. von Toulouse«), der im ersten Kreuzzug eine so große Rolle gespielt hatte, befand sich am Hofe zu Konstantinopel. Er stellte sich durchaus im Einverständnis mit dem Basileus Alexius an die Spitze des Pilgerheeres, dem er durch seine Kenntnis von Land und Leuten die besten Dienste leisten konnte. Denn schon sehr bald erhoben sich Meinungsverschiedenheiten über das nächste Ziel des Zuges. Das letzte mußte natürlich Jerusalem sein. Stephan von Blois empfahl, den ihm gut bekannten Weg über Ikonium einzuschlagen, um den Lateinern in Palästina die Hand zu reichen. Auch Raimund trat dafür ein. Aber die Masse, die mit Recht sogenannte Kreuzzugsdemagogie, unverständig und von Schwätzern betört, versteifte sich darauf, Bohemund zu befreien, den der Emir Melik Ghazi (Gümüschtegin) 5 ) in die abgelegene Burg Neo-Cäsarea (Niksar, n. Tokat) gebracht hatte. Um Schlimmeres abzuwenden, gaben Stephan von Blois und Raimund nach und machten mit. Am 23. Juni 1101 wurde Ancyra (Ankara) erobert und richtig den Oströmern übergeben. Nachher geriet das Heer in eine wenig besiedelte, arme Landschaft, bekam keine genügenden Lebensmittel und erlitt auf dem Marsch nach Norden, erschöpft wie es war, durch unablässig angreifende türkische Reiter bei Kastamon (Kastamuni, nö. Ancyra)®) schwere Verluste. Die Lombarden liefen feige davon. Trotzdem wollten die übrigen in völliger Verkennung der Sachlage die Danischmendiden in ihrer Heimat aufsuchen. Da wurden sie zwischen Merzifun und Amasia (s. Samsun) 7 ) wohl am 5. August 1101 vom Verhängnis ereilt. Die Lombarden hielten ebensowenig stand wie vorher. Bald löste sich das Heer in wilder Flucht auf. Nur wer sehr gut beritten war, vermochte sich zu retten. Raimund, die beiden Stephan und Konrad schlugen sich dank oströmischer Unterstützung nach Konstantinopel durch. In Frankreich mochten Vorbereitungen für eine Beteiligung am Nachkreuzzug schon zu der Zeit getroffen worden sein, als am 18. November 1100 das Konzil von Poitiers die Exkommunikation König Philipps verkündete 8 ). Dieser für die französische Kirche beschämende Vorgang mußte gerade für die Barone einen starken Anreiz bilden, sich den Gottesstreitern im Heiligen Lande anzuschließen. Im Vordergrund stand hier Graf Wilhelm II. 9 ) von Nevers, ein sehr mächtiger Herr. Er schiffte sich in Brindisi ein, landete Ende April oder Anfang Mai 1101 in Valona, kam um den 14. Juni nach Konstantinopel und um Petit, Bourgogne 1, S. 259, 262, 416 ff., 427. — 2 ) Art de vér. 11, S. 20, 110. Petit, Bourgogne 1, S. 259, 262, 267. Fulcher S. 430, Anm.8. Garnier, Tafel 28. — ») Fulcher S. 429, Anm. 5. Oben S. 35 f. — 4 ) Chron. 8, Nr. 460, 464; 9, Nr. 573. Oben S. 23. — ») Oben S. 26. — •) Enz. Islam 2, S. 864. — 7 ) Enz. Islam 3, S. 539. — o) Oben S. 77. — •) Weil 3, S. 182. Tomaschek S. 88. Röhricht, Königreich S. 31. Chron. 9, Nr. 533, 561, 569, 574, 576, 582, 586, 595, 598; 10, Nr. 602, 621. Chalandon, Essai S. 228. Lespinasse 1, S. 265. Oman 1, S. 241. Orousset 1, S. 329.

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den 25. Juli nach Ancyra, das, wie wir sahen, kurz vorher von den Lombarden und Deutschen erstürmt worden war. Verständigerweise wollte er sich mit ihnen vereinigen, konnte sie aber nicht mehr einholen, da sie schon weitergezogen waren. In der Richtung auf Ikonium marschierend, traf er auf die Türken, die eben ihren Sieg über die anderen Kreuzfahrer errungen hatten, und verlor durch eine dreitägige Beschießung mit Pfeilen viele Leute. Ikonium zu nehmen, war er nicht imstande. In Heraklea (Eregli) 1 ) hatte sein Heer wegen der drückenden Hitze und des Wassermangels furchtbare Qualen auszustehen. Als die Türken dessen gewahr wurden, stürzten sie sich in einem breiten Tal nahe der Stadt auf die erschöpften Lateiner und rieben sie um den 29. August 1101 vollständig auf. Dem Grafen Wilhelm und den anderen Berittenen glückte es, sich in Germanikopolis (Ermenek, sw. Karaman) 2 ) in Sicherheit zu bringen, während die Fußsoldaten abgeschlachtet wurden. Es fiel auf, daß der Bannerträger des lateinischen Heeres zuerst das Schlachtfeld verlassen hatte. Wilhelm hatte noch mehr zu erdulden.. Von den in oströmischen Diensten stehenden Turkopolen, die er als Führer gedungen hatte, völlig ausgeraubt, langte er um den 25. September mit ganz wenigen Begleitern in traurigster Verfassung zu Fuß in Antiochia an. Hier wurde er von Tankred ehrenvoll aufgenommen, trefflich ausgestattet und verpflegt, so daß er im folgenden Frühjahr sein Gelübde in Jerusalem erfüllen konnte. Die dritten und letzten Nachkreuzfahrer bestanden aus Franzosen und Deutschen»). Um Mitte März 1101 rückte Herzog Wilhelm IX. 4 ) von Aquitanien mit den Poitevinen und Gascognern aus. Geboren am 22. Oktober 1071, der Junge genannt, leichtlebig und sinnlich, der erste Troubadour, genoß er sein Leben mit schönen Frauen. Er schlug die Straße längs der Donau ein. Zu ihm stieß mit Bayern und Schwaben Weif IV. 5 ), der Sohn des Este, I. als Herzog von Bayern, obwohl er nach der damaligen Auffassung schon in das Greisenalter eingetreten war, vielleicht aber erst die fünfzig überschritten hatte. Seine unerfreulichen Eigenschaften sind uns aus seinen Kämpfen mit Heinrich IV. bekannt, und es wäre gut möglich, daß er, wie so viele schuldbewußte Herren, den Wunsch hegte, gerade durch die Gott wohlgefällige Kreuzfahrt Buße zu tun. Es gehörten noch dazu Graf Hugo von Vermandois 6 ), Bruder des Königs von Frankreich, dessen Teilnahme am ersten Kreuzzug geschildert wurde, sowie eine fürstliche Frau, Ida 7 ), die Witwe des Markgrafen Liutpold II. (f 1095) von Österreich. Der Durchmarsch durch Ungarn verlief friedlich, aber vor Adrianopel kam es zu einem blutigen Kampf mit dem bulgarischen Herzog Guh und dessen Petschenegen. Enz. Islam 2, S. 29. — 2 ) Enz. Islam 2, S. 31. — ') Weil 3, S. 184. Tomaschek S. 89. Röhricht, Königreich S. 31 f. Chron. 9, Nr. 543, 548, 565, 571 f., 584, 592, 597; 10, Nr. 603, 613, 624 f. Chalandon, Essai S. 228. Richard 1, S. 425, 431. M. v. Kn. 5, S. 135. Oman 1, S. 242. Riezler 1, 2, S. 180. Grousset 1, S. 229, 330. — «) Diez S. 3. Richard 1, S. 380. — 5 ) M. v. Kn. 5, S. 136. Curschmann, Ahnentafeln S. 33. Riezler 1, 2, S. 180. Hofmeister, Puer S. 316. — •) Oben S. 14. — 7 ) Juritsch, Babenberger S. 119 f.

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Ende Mai oder Anfang Juni 1101 trafen die Scharen in Konstantinopel ein und hätten sich gern die Erfahrungen derer zunutze gemacht, die vorausgezogen waren, konnten aber niemanden finden, der darüber Bescheid wußte. Nach einem Aufenthalt von fünf Wochen setzten sie sich um den 12. Juli in Bewegung, plünderten verschiedene Städte Kleinasiens und gelangten schließlich um den 5. September 1101 in eine Ebene bei Heraklea. Von Durst gefoltert, eilten sie zu dem nahen Fluß und wurden hier von den Truppen des Sultans Kilidj Arslan I. von Anatolien sowie der Emire Melik Ghazi (Gümüschtegin) von Siwas und Karaja von Harran (sö. Edessa) umzingelt und völlig vernichtet. Weif, der seine ganze Rüstung wegwerfen mußte, um leichter zu fliehen, entkam und genoß wie die meisten seiner Kampfgenossen später die Gastfreundschaft Tankreds in Antiochia. Über das Schicksal der Markgräfin ist nichts Sicheres bekannt. Die Kreuzfahrer, denen es gelungen war, sich zu retten, waren natürlich zumeist hochgestellte Persönlichkeiten, die ihr Leben der Schnelligkeit ihrer in den Quellen öfters gerühmten Pferde oder der Aufopferung ihres Gefolges verdankten. Auf verschiedenen Wegen gelangten sie über Antiochia oder Konstantinopel zu Lande oder zu Wasser nach Jerusalem und konnten einen gewissen Trost darin finden, daß es ihnen vergönnt war, daselbst am 6. April 1102 das Osterfest zu feiern 1 ). Es waren besonders Wilhelm von Aquitanien, Stephan von Blois, Stephan von Burgund, Raimund von Toulouse, Weif von Bayern, Wilhelm von Nevers und Marschall Konrad. In der herzlichen Freude des Wiedersehens vergaßen sie schon fast die ausgestandenen Nöte. Weder Anselm von Mailand noch Weif von Bayern sollten die Heimat wiedersehen. Jener starb tiefbekümmert am 30. September 1101 in Konstantinopel 2 ), dieser am 8. November 1102 in Paphos auf Zypern 9 ). Wilhelm von Aquitanien kehrte vor dem 29. Oktober 1102, Wilhelm von Nevers 1104, vielleicht auch schon früher, in sein Land zurück 4 ). Es bedarf nicht vieler Worte, um darzulegen, welch unwiederbringlichen Schaden der so völlig mißlungene Nachkreuzzug von 1101 der gemeinsamen christlichen Sache zugefügt hat. Die Hauptschuld trugen die lateinischen Fürsten selbst, die ohne gründliche Überlegung sich in Abenteuer stürzten und nicht Charakterfestigkeit genug besaßen, um den unsinnigen Forderungen der fanatischen Massen Widerstand zu leisten. Die Türken faßten wieder Mut, und wenn man das Fehlschlagen des zweiten Kreuzzugs verstehen will, muß man auf das Jahr 1101 zurückgreifen. Wieviel wertvollstes abendländisches Blut war ganz vergeblich geflossen! Zahlenmäßige Schätzungen sind zum mindesten bei dem jetzigen Stande der Forschung unmöglich, aber viele Tausende müssen es jedenfalls gewesen sein, die in harter Gefangenschaft schmachten oder deren Gebeine in fremder Erde ruhen mußten. Was soll man dazu sagen, daß Wilhelm von Aquitanien Verbände ») Chron. 10, Nr. 629; 11, Nr. 635,638,639. Grousset 1, S. 333. — ') Chron. 10, Nr. 622. M. v. Kn. 5, S. 149. — ') Chron. 11, Nr. 684. — «) Chron. 11, Nr. 681. Richard 1, S. 437. De Lespinasse 1, S. 271.

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von M ä d c h e n a u f g e b o t e n h a t t e 1 ) ? Auch s o n s t fehlte es nicht an zahlreichen Frauen im Heere. Von ihren, wie man annehmen kann, traurigen S c h i c k s a l e n , sei es, d a ß sie a l s Sklavinnen dienen, sei es, d a ß sie die H a r e m s der S i e g e r a u f f ü l l e n mußten, kündet keine Quelle. S c h o n vor ihrem U n t e r g a n g erfüllte f a s t alle Lateiner ein von den ersten K r e u z f a h r e r n übernommenes tiefwurzelndes Mißtrauen g e g e n Alexius®). E s ist selbstverständlich, d a ß der B a s i l e u s wie jeder S t a a t s lenker in erster Linie an die W o h l f a h r t seines eigenen Reiches zu denken hatte und von der o f t sinnlosen Gewalttätigkeit der Lateiner a b g e s t o ß e n wurde. Aber wenn ihre Fürsten ihm den Lehnseid, den er r e g e l m ä ß i g verlangte, geschworen hatten, g e w ä h r t e er ihnen reichliche U n t e r s t ü t z u n g 8 ) . S i e sollten j a seiner eigenen W i e d e r e r o b e r u n g die W e g e ebnen. E i n e friedliche A b g r e n z u n g der Machtbereiche w ä r e wohl möglich g e w e s e n , der Art, d a ß der N o r d e n P a l ä s t i n a s mit Antiochia und E d e s s a an O s t r o m k a m und d a f ü r d a s Königreich J e r u s a l e m von ihm anerkannt w u r d e . Aber die K r e u z f a h r e r f ü r s t e n waren f a s t alle unf ä h i g , w e i t a u s s c h a u e n d e Politik auf G r u n d ruhiger Ü b e r l e g u n g zu treiben, und verfielen nur allzu leicht der ihnen von der H e i m a t her vertrauten F e h d e - und R a u b l u s t . D a s Ansehen, d a s sie seit D o r y l ä u m ( 1 0 9 7 ) b e s a ß e n , g i n g w e g e n ihrer Rücksicht auf den Ma'ssenwahn verloren, und die T ü r k e n trauten sich wieder mehr zu, weil sie erkannt hatten, d a ß auch die S i e g e r von d a m a l s nicht u n b e s i e g b a r s e i e n 4 ) . 1 ) Wibert von Nogent, Gesta B. 7, Kap. 23, S. 243. Dazu Fulcher S. 432, Anm. 14. — 2 ) Chalandon, Essai S. 227, 229 f. — ' ) Dölger 2, Nr. 1215. — *) Oman 1, S. 243. Grousset 1, S. 332 ; 2, S. 861 u. 864.

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ZWEITES KÄPITEL.

BALDUIN I. VON JERUSALEM IN ANGRIFF UND ABWEHR. (1102-1118.) Der Fehlschlag des Nachkreuzzuges hätte König Balduin I. zur W a r n u n g dienen sollen. Aber nach seinem leichten S i e g bei R a m l a hielt er sich von Überhebung nicht frei und versäumte wichtige Vorsichtsmaßregeln. Als sich im Jahre 1102 ägyptische Truppen unter dem Oberbefehl von al-Afdals eigenem Sohn wieder Ramla näherten, wartete er Verstärkungen nicht ab, sondern marschierte am 17. Mai mit geringer Mannschaft ohne gehörige Ordnung in die Ebene und wurde erst hier der feindlichen Überlegenheit gewahr. Er erlitt eine vollständige Niederl a g e 1 ) . Die meisten seiner K a m p f g e n o s s e n wurden getötet; er selbst verdankte seine Rettung nur dem weisen Rat eines arabischen Scheichs, dessen j u n g e Gattin er im Jahre vorher freigelassen hatte, und der Schnelligkeit seiner „ G a z e l l e " . Die Ägypter nahmen R a m l a ein. Dabei fiel in tapferster Verteidigung Stephan von Blois. Sein T o d löschte die Feigheit aus, deren er sich 1098 vor Antiochia schuldig gemacht hatte. Der Gesamtverlust an lateinischen Rittern war sehr erheblich und wog um s o schwerer, als das j u n g e Staatswesen ohnehin großen Mangel an streitbaren Männern litt. Schon dachte man an die R ä u m u n g Jerusalems. Auch J a f f a s a h sich ernstlich bedroht. Trotz der allgemeinen Verwirrung g e l a n g es aber Balduin schon sehr bald, frische Streitkräfte zusammenzubringen und die Ägypter, die den richtigen Augenblick zu einem Überfall auf Jerusalem verpaßt hatten, vom 27. Mai an vor J a f f a zurückzuschlagen und ungeheure Beute zu m a c h e n 2 ) . Immer von neuem muß hervorgehoben werden, wie günstig sich die Uneinigkeit unter den verschiedenen seldschukischen Machthabern für die Lateiner auswirkte. Im J a n u a r 1104 wurde nach einer kriegerischen Auseinandersetzung d a s E r b e des großen Sultans von Persien Malikschah ( f 1092) unter seine drei Söhne s o geteilt, d a ß Barkiyaruk mit dem Titel Sultan die Oberhoheit mit Persien und B a g d a d , Muhammed im Westen Syrien und Mosul, S a n d j a r Khorasan und Transoxanien erhielt»). Die lateinischen Barone, die in ihrer ungestümen K a m p f e s ») Wüstenfeld S.54. Dölger 2, Nr. 1216. Chron. 11, Nr. 644 (zum 17. Mai) ff. Stevenson, Crus. S.45 zum 27. Mai. Delbrück 3, S.425. Oman 1, S.294. Grousset 1, S. 229. — a ) Chron. 11, Nr. 656. Grousset 1, S. 236. — ») A. Müller, Islam 2, S. 120. Grousset 1, S. LUI, 402, 429. Enz. Islam 1, S. 690; 3, S. 725.

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lust gern zur Übereilung neigten, glaubten schon, weil die drei Reichsteile sich ganz unabhängig halten wollten, die Muslimen seien nicht mehr zu fürchten, und faßten den tollkühnen Entschluß, auf Mosul und sogar auf B a g d a d vorzugehen. Balduin von Le Bourg als Graf von Edessa gab die Anregung, Bohemund I., der im Mai 1103 gegen ein hohes Lösegeld freigelassen worden w a r 1 ) , Tankred und Joscelin von Courtenai (onö. Orléans), Herr von Turbessel«) (Teil Bashir, n. Aleppo), schlössen sich an und belagerten Harran 3 ) (sö. E d e s s a ) , das alte Carrhä, wo sich der Türke Jawali durch die Ermordung Karajas zum Herrn aufgeschwungen hatte. Jekermisch, Atabeg von Mosul, und der Ortokide Sukman, Emir von Hisn Kaifa im Diyarbekir, eilten zum Entsatz herbei. Südlich von Harran kam es an den Ufern des Balikh am 7. Mai 1104 zur Schlacht*). Bohemund und Tankred siegten auf ihrem Flügel, aber Joscelin und Balduin von Edessa fielen bei ihrem unüberlegten Vorstürmen in einen Hinterhalt und wurden gefangen. Stolz auf seinen Erfolg, versuchte Jekermisch, Edessa zu nehmen, aber der Umsicht und Tatkraft Tankreds gelang es, die Feinde zur Aufgabe der Belagerung zu zwingen 5 ). Eine der schlimmsten Folgen dieser Niederlage war für die Lateiner, daß die Treue der einheimischen Christen zu wanken anfing 6 ). Man kann sich ihre L a g e gar nicht schrecklich genug vorstellen. Sie waren immer die ersten Opfer, wenn ihre Glaubensgenossen zurückgehen und sie der blutigen Rache ihrer früheren Herren preisgeben mußten. Nur allzu leicht wird vergessen, daß wenigstens ein Teil der Kreuzfahrer nicht nur mit den Seldschuken, sondern gleichzeitig mit den Oströmern zu tun hatte. Gerade im Frühjahr 1104 sandte der Basileus ein Heer in das von den Normannen besetzte Cilizien, und seine Absicht blieb doch immer, Bohemund zur Anerkennung seiner Oberhoheit über Antiochia zu zwingen 7 ). Dieser verzweifelte allmählich daran, daß er sich auf die Dauer gegen die verschlagene Politik des Alexius würde behaupten können, und faßte daher in seiner echt normannischen Art den weitausschauenden Entschluß, im Westen starke Bundesgenossen zu suchen, irgendwie Einfluß auf Konstantinopel zu gewinnen und schließlich einen neuen großartigen Kreuzzug in Gang zu bringen. Die Regentschaft über Antiochia übergab er im September 1104 Tankred 8 ) und verließ das Heilige Land. König Balduin I. tat, was er konnte, um die lateinische Stellung namentlich an der Küste zu verstärken. Er rief, was Beachtung verdient, auch die nicht ritterliche Bevölkerung seines Reiches auf, besetzte nach einer zwanzigtägigen Belagerung am 26. Mai 1104 Akka und versprach den Einwohnern freien Abzug mitsamt ihrer H a b e 9 ) . >) Chron. 12, Nr. 691 f. zum Mai. Röhricht, Königreich S. 45. Stevenson, Crus. S. 74, 76. Poncelet S. 27. Ter-Grigorian S. 63. Yewdale S. 97. Grousset 1, S. 397 zu Anf. Mai. — ' f Grousset 1, S. 392. Enz. Islam 4, S. 782. — 8 ) Enz. Islam 2, S. 286. — *) Weil 3, S. 186. Chron. 12, Nr. 716. Röhricht, Königreich S. 49. TerGrigorian S. 66. Oman 1, S. 320. Yewdale S. 99. Vasiliev 2, S. 58. Grousset 1, S. 404 u. 2, S. 872 zum 7. Mai. — 6 ) Chron. 12, Nr. 724, 726. Grousset 1, S. 407. — •) Grousset 1, S. 412. — 7 ) Chron. 12, Nr. 693, 699, 709, 715. Grousset 1, S. 413. — 8 ) Chron. 12, Nr. 728. — • ) Heyd 1, S. 187. Chron. 12, Nr. 719 ff. Röhricht, Königreich S. 47. Schaube S. 128. La Monte, Monarchy S. 159. Grousset 1, S. 241.

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Aber die wilden Matrosen der genuesischen Flotte, ohne die der Erfolg nicht hätte errungen werden können, raubten und mordeten trotzdem. Balduin fürchtete nicht mit Unrecht, daß ein solcher Treubruch bei anderen Gelegenheiten Kapitulationen verhindern würde, und ließ sich nur mühsam davon abbringen, strengste Strafen zu verhängen. Inzwischen gab der ägyptische Wesir al-Afdal die Hoffnung nicht auf, von Askalon aus die lateinische Herrschaft aufzurollen, und versicherte sich der Unterstützung des Atabegs Tughtekin, der sich im Juni 1104 der Herrschaft über Damaskus bemächtigt hatte 1 ). Des Wesirs Sohn Sena al-Mulk Husain und Sabawa, ein Offizier Tughtegins, wurden aber am 27. August 1105 von König Balduin vor dem in diesen Jahren so oft genannten Ramla besiegt 2 ). Ebremar, der Patriarch von Jerusalem, ritt vor die Front und trug das Heilige Kreuz in seinen Händen. Beim Zusammenprall riefen die Lateiner, wie ihnen anbefohlen worden war: Christus siegt, Christus regiert, Christus herrscht! Die ägyptische Flotte, die inzwischen Jaffa hatte angreifen sollen, zog sich zurück und ging größtenteils durch einen Sturm zugrunde. Tankred, der von Antiochia aus immer die größte Rührigkeit entfaltete, siegte am 20. April 1105 bei Tizin (ö. Artah, n. Aleppo) über den Malik Ridwan von Aleppo 3 ). Am 14. September 1106 nahm er dank dem Verrat eines Beduinenscheichs Apamea 4 ) (Kalat al-Mudik, nw. Hama) im Tal des Orontes. Um die Mitte des Jahres 1108 entriß er den Oströmern die vielumstrittene Hafenstadt Laodicea 5 ) (alLadhikiya) und schließlich im östlichen Cilizien auch Mamistra 8 ). Den Pisanern, die für die Kämpfe an der Küste die nötigen Schiffe gestellt hatten, gewährte er die üblichen Vorrechte: eine Straße in Antiochia und noch ein Stadtviertel in Laodicea. Die enge wirtschaftliche Verbindung zwischen Apamea und Laodicea ist hervorgehoben worden. Edessa mußte er im September 1108 an Balduin von Le Bourg zurückgeben, der wieder freigekommen w a r 7 ) ; aber sonst konnte er sich rühmen, sein Fürstentum in vier Jahren machtpolitisch auf die Höhe gebracht zu haben. Mit der Rückkehr seines Oheims Bohemund I. brauchte er nicht mehr zu rechnen. Bohemund war nach seiner Abfahrt aus dem Hafen von Antiochia über Korfü und Bari im Februar 1105 nach Rom gelangt 8 ). Paschalis gab ihm den durch große Beredsamkeit und klugen Rat ausgezeichneten Kardinalbischof Brun von Segni als Legaten mit»). So wurde sofort klar, welche Wichtigkeit man päpstlicherseits der Propaganda des Fürsten beilegte. Wollte dieser doch ganz im Sinne *) Chron. 12, Nr. 725. Grousset *1, S. 242. — ») Chron. 12, Nr. 750 ff. Röhricht,. Königreich S. 57. Erben S. 118. Grousset 1, S. 243. — *) Chron. 12, Nr. 745, 746. Röhricht, Königreich S. 56. Stevenson, Crus. S. 81. Grousset 1, S. 420. — «) Enz. Islam 1, S. 153. Weil 3, S. 187. Röhricht, Königreich S. 63. Grousset 1, S. 425. — 5 ) Heyd 1, S. 145. Schaube S. 129. Grousset 1, S. 428. Enz. Islam 3, S. 3. — «) Grousset 1, S 429. — 7 ) Weil 3, S. 190. Röhricht, Königreich S. 75. Stevenson, Crus. S. 84. Grousset 1, S. 433 ff., 438. — 8 ) Chron. 12, Nr. 728, 731, 735 f., 738, 759. Röhricht, Königreich S. 53. Chalandon, Essai S. 237. Stevenson, Crus. S. 79. Yewdale S. 102. Buckler S.471, 535. Grousset 1, S. 415. — •) Schieffer S. 175.

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der Kirche als Vorbereitung für einen neuen Kreuzzug den Basileus unschädlich machen, der als Verräter der christlichen Sache heftig angefeindet wurde. Im Februar oder März 1106 betrat Bohemund Frankreich 1 ) und erfüllte zunächst das Gelübde, das er in der Gefangenschaft abgelegt hatte, in Saint-Léonard bei Noblac (ö. Limoges) 2 ). Mit König Philipp hatte er eine Zusammenkunft, schilderte seine Abenteuer im Morgenland und zeigte die mitgebrachten Reliquien, um Stimmung zu machen. Zwischen Ende März und Ende Mai vermählte er sich in Chartres mit des Königs Tochter Konstanze aus dessen erster Ehe mit Berta von Holland. Für seinen Neffen Tankred nahm er gleichzeitig Konstanzes Schwester Cäcilie in Aussicht. Auf diese Weise dachte er sich französische Hilfe für seine weitausschauenden Pläne zu sichern. Es war doch eine bemerkenswerte Neuerung, daß der kriegerische Fürst nach der Hochzeitsfeier die in der Kirche zusammengeströmte Menge zum Kreuzzug aufforderte und den Teilnehmern reichen Landerwerb versprach. Es meldeten sich auch sofort viele so fröhlich, als wenn es zu einem Gelage ging. Bohemund durchzog eine französische Landschaft nach der anderen und kehrte schließlich über Toulouse und Genua nach Süditalien zurück. Alexius, der von ihm fortwährend angeklagt und beschimpft worden war, unterschätzte keineswegs die Gefahr, die ihm von dem willensstarken Feinde drohte, und war zweifellos genau darüber unterrichtet, wie weitverbreitet der Haß gegen Ostrom und ihn persönlich im Abendlande war. Er forderte Genua, Pisa und Venedig auf, den Verleumdungen Bohemunds keinen Glauben zu schenken 8 ), und betrieb in Kairo mit Erfolg die Freilassung dort gefangener lateinischer Ritter*), um zu beweisen, daß er den Kreuzfahrern nicht feindlich gesinnt sei. Abgesehen von sonstigen militärischen Vorbereitungen, trug er aber auch kein Bedenken, den Sultan Kilidj Arslan I. von Anatolien um Waffenhilfe anzugehen 5 ). Bohemund rüstete in Apulien eifrig gegen Ostrom. Weil er hohen Sold versprach, strömten ihm Leute aus aller Herren Länder zu, die vornehmeren stammten aus Frankreich. Die Überfahrt geschah von Brindisi aus, und am 13. Oktober 1107 wurde die Belagerung der überaus stark befestigten Stadt Durazzo begonnen 6 ). Dabei kommen die Kämpfe Robert Guiskards 7 ) von 1081 in Erinnerung; aber die Einnahme gelang nicht wie damals. Venezianische Schiffe 8 ) schnitten die Verbindung mit Italien ab, oströmische Truppen sperrten die Märkte, Hunger und Seuchen verlangten zahlreiche Opfer. Bohemund verbrannte im Frühjahr 1108 seine Schiffe, um den Sieg zu erzwingen. Er verstärkte auch seinen Angriff durch den Bau eines gewaltigen Turms, aber die Garnison zerstörte ihn mit ihrem ») Chron. 12, Nr. 759. Luchaire, Louis VI Nr. 36. Röhricht, Königreich S. 64. Yewdale S. 109. Grousset 1, S. 417. Ostrogorsky S. 257. — ') Poncelet S. 29. — *) Dölger 2, Nr. 1219. Chron. 12, Nr. 742. Norden, Papsttum S. 69. Seppelt S. 60. — «) Dölger 2, Nr. 1220 f. Chron. 12, S. 743. — s ) Dölger 2, Nr. 1219, 1224 f., 1235, 1237, 1239, 1241. — •) Röhricht, Königreich S. 65. Chalandon, Essai S. 239, 243. Jenal, Durazzo S. 297. Yewdale S. 117. Oman 2, S. 47. Qrousset 1, S. 417. — 7 ) Cartellieri 3, S. 175. — 8 ) Dölger 2, Nr. 1238. Heyd 1, S. 192.

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griechischen Feuer. Einen durchschlagenden Erfolg zu erringen, gelang ihm nicht, und deshalb versuchte er im Sommer 1108, seinem Ziel auf anderem Wege näher zu kommen. Er beschwor Paschalis II. brieflich 1 ), auf der bevorstehenden Lateransynode (die im Oktober tatsächlich stattfand) 2 ) den Kreuzzug zu beschließen und selbst daran teilzunehmen, wie es ja auch Urban II. gewollt habe. Ginge das nicht, so möchte der Papst sich durch einen Legaten vertreten lassen. Die griechischen Irrlehren sollten ausgerottet werden. Alle Schlechtigkeiten des Basileus wurden wieder aufgezählt. Der Papst sollte richten, und seinem Urteil würde er, Bohemund, sich unterwerfen. Aber es geschah nichts. Der Normanne, der erst so große Worte im Munde geführt hatte, mußte sich wohl oder übel entschließen, seine in Äußerlichkeiten anmaßenden Forderungen fallen zu lassen und in Diabolis (D a< vol), unweit von Durazzo, mit Alexius persönlich zu verhandeln. In dem neuen Vertrag 8 ) vom September 1108 war die Hauptsache, daß die älteren Abmachungen von 1097 für ungültig erklärt wurden. Der Fürst bekannte sich als Lehnsmann und schwur den Eid, versprach, die Feinde des Basileus zu bekämpfen und dem Kaiserreich früher gehörige Länder herauszugeben. Dafür wurden ihm Antiochia und andere Städte auf Lebenszeit zugesichert. Nach seinem Tode sollten sie an Ostrom zurückfallen. Die Einzelheiten zu prüfen, erübrigt sich. Bohemunds baldiger Tod verhinderte ihre Ausführung. Er hatte viel verloren, aber der Basileus hatte doch einiges gewonnen. Das ganze, so pomphaft angekündigte Unternehmen des Normannen war kläglich gescheitert. Man wird aber nicht vergessen, daß hier zum erstenmal der religiöse Kreuzzugsgedanke in den Dienst der Machtpolitik gestellt und damit ein Beispiel gegeben wurde, auf das 1204 im vierten Kreuzzug zurückgegriffen werden konnte. Bohemund kehrte nach Otranto zurück. Sein Heer, das keinen Sold mehr empfing, löste sich auf. Er selbst aber schwelgte ebenso wie sein Vater Robert Guiskard in weltpolitischen Gedankengängen. Als er noch einmal Truppen sammelte, um einen neuen Vorstoß gegen das oströmische Reich zu versuchen, wurde er am 7. März 1111 in Bari vom Tod ereilt 4 ). Seine ihn leidenschaftlich hassende und doch gleichzeitig bewundernde Feindin Anna Komnena beschrieb ihn als einen Mann, wie keiner weder unter den Barbaren noch unter den Hellenen gefunden würde. Denn wenn man ihn sah, wäre er ein Wunder für die Augen gewesen. Nur mit dem Basileus hätte er sich nicht messen können. Über Bohemunds eigenes Volk äußerte sie sich bei dieser Gelegenheit aber recht absprechend: die Natur der Gallier sei so ungleichmäßig und so wandelbar nach beiden Seiten, daß derjenige, der eben noch prahlte, er allein wolle die Erde erschüttern, bald darauf *) W. Holtzmann, Invest.-Streit S. 280. Erdmann, Entstehung S. 303 mit dem Datum. — ») Oben S. 111. — ») Dölger 2, Nr. 1242 f. Röhricht, Königreich S. 66. Chalandon, Essai S. 246 u. Jean S. 124. Jenal S. 315. Yewdale S. 127. Krey S. 76. La Monte, Monarchy S. 190. Vasiliev 2, S. 48. Grousset 1, S. 418. Honigmann S. 125. La Force S. 153. Ostrogorsky S. 257. — *) Fulcher S. 562, Anm. 1 mit 6. März. Röhricht, Königreich S. 67 mit 7. März. Yewdale S. 133. Grousset 1, S. 419. Oben S. 116. C a r t e l l i e r i , Der Vorrang des Papsttums.

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ganz mutlos und, wie man sagt, in den Staub gebeugt erschiene, besonders wenn er auf Männer stärkeren Geistes stieß 1 ). Er hat seinen Platz in der Geschichte der Mittelmeerpolitik. Wenn er daran dachte, an die Spitze des oströmischen Reiches zu treten und mit dessen reichen Hilfsmitteln die gewaltige normannische Kraft gegen den Islam zu werfen, so war das sicher überaus großartig. Alles in allem stellte er eine glänzende Verkörperung des normannischen Wesens mit seinen Vorzügen und seinen Fehlern dar. Ein Italiener sagt treffend von ihm, er habe immer das Unmögliche gesucht. Unmittelbar wirkte der Mißerfolg Bohemunds auf die Verhältnisse Palästinas und Syriens .nicht ein. Tankred kümmerte sich um den Vertrag von Diabolis überhaupt nicht. Erst später sollte sich zeigen, wie verhängnisvoll das gegenseitige Mißtrauen der westlichen und der östlichen Christen für die Kreuzzugssache war. Das nächste Ziel der lateinischen Eroberungen war jetzt Tripolis. Graf Raimund IV. von Toulouse aus dem Hause Saint-Gilles, der seinerzeit die Königswürde von Jerusalem in kluger Berechnung der Verhältnisse abgelehnt hatte, war am 28. Februar 1105 in dem von ihm gegenüber von Tripolis erbauten Pilgerschloß 2 ) etwa 64 Jahre alt gestorben 3 ). Trotz seines Reichtums und seiner ausdauernden Kreuzzugsbegeisterung hatte er alles in allem wenig erreicht und namentlich Tripolis nicht bezwingen können. Erst seinem Sohne Bertrand, der etwa 41 Jahre zählte, war es vergönnt, dank der Hilfe König Balduins am 12. Juli 1109 in die so lange heftig umkämpfte Stadt einzuziehen 4 ). Die Genuesen hatten dabei wieder tüchtige Arbeit geleistet und bekamen zum Dank das ganze Gibelet, das alte Biblos (Dschebeil). Das zuchtlose Gesindel, das sie mit sich führten, vernichtete gegen den Willen des Königs bei der Plünderung die reiche und wertvolle Bibliothek. Tripolis war, wie man hervorgehoben hat, wegen seiner Lage an der Küste der schwächste der vier Kreuzfahrerstaaten für den Angriff, aber stark in der Verteidigung. Im Jahre darauf belagerte der König im Verein mit pisanischen und genuesischen Schiffen am 13. Mai 1110 Beirut zu Lande und zu Wasser und erstürmte die Stadt am 13. (27.?) Mai 1110«), Bertrand von Tripolis, der sein Lehnsmann geworden war«), leistete ihm dabei Hilfe. Die ägyptische Regierung hatte es in keiner Weise verstanden, ihren Besitz an der Küste zu verteidigen. Ihre Flotte kam zu spät und wagte es nicht, sich mit der italienischen zu messen. Als dann im Sommer des Jahres skandinavische Pilger unter der Führung des norwegischen Königs Sigurd I., dessen Vater Magnus III. *) Kugler, Boemund S. 31. Yewdale S. 138. Buckler S. 473 nach Anna Komnena, Alexias 13, Kap. 10. — ') Enz. Islam 1, S.525 unter Athlith. Propst 1, S. 28, 31. Grousset 1, S. 240, Anm. 1; 3, S. 207. — ») Dölger 2, Nr. 1223. Chron. 12, Nr. 739. Devic 3, S. 428, 474, 561. Röhricht, Königreich S. 54. Stevenson, Crus. S. 55. Grousset 1, S. 344. Oben S. 49. — 4 ) Weil 3, S. 178. Wüstenfeld S. 59. Heyd 1, S. 141. Manfroni S. 154. Röhricht, Königreich S. 78. Schaube S. 129. Stevenson, Crus. S. 57, 86. Oman 1, S. 258. Enz. Islam 4, S. 715. Grousset 1, S. 254, 357; 2, S. 889 mit 12. Juli. — *) Wüstenfeld S. 60. Weil 3, S. 178. Röhricht, Königreich S. 83. Stevenson, Crus. S. 59. Enz. Islam 1, S. 620. Grousset 1, S. 254, 363; 2, S. 850 für 13. Mai. — •) La Monte, Monarchy S. 191.

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1103 gestorben war, eintrafen, waren sie gern bereit, zu der E i n nahme von Sidon beizutragen. Auch venezianische Schiffe taten es. Am 4 . oder 5. Dezember 1 1 1 0 fand die Übergabe s t a t t 1 ) . Ein Teil der Einwohner wanderte nach Damaskus ab, ein anderer blieb den Lateinern Untertan. Für diese war es schmerzlich, d a ß Sigurd, ein blonder, hochgewachsener, schöner junger Mann, nicht länger verweilen wollte oder konnte, sondern nach vollbrachtem Gelübde gleich wieder abfuhr. Tyrus ( S u r ) , die einzige Küstenstadt, die noch in der Gewalt der Muslimen war, wurde vom 2 9 . November 1111 an belagert, aber vergeblich. Am 10. April 1112 mußte Balduin I. unverrichteter Dinge a b z i e h e n 2 ) , weil er keine Flotte hatte und die italienischen Seestädte nur dann eine solche stellten, wenn es ihnen gerade paßte und sie unmittelbare Vorteile erwarteten. Sie waren und blieben auch im Heiligen Land sorgfältig rechnende Kaufleute. Der T o d Tankreds am 12. Dezember 1 1 1 2 3 ) riß eine empfindliche Lücke in die Reihe derjenigen, die schon während des ersten Kreuzzugs an hervorragender Stelle mitgekämpft hatten. Man kann ihn als den wahren Gründer des Fürstentums Antiochia bezeichnen. Sein Oheim Bohemund I. träumte von Konstantinopel. Tankred stand fest auf dem ihm zur zweiten Heimat gewordenen Boden und b e mühte sich unablässig, seinen Herrschaftsbereich zu erweitern. W i r sahen, daß er dabei viel Erfolg hatte. E r dachte nicht an die Welt, sondern an Syrien. Wenn er sich auf Münzen in halb morgenländischer T r a c h t mit einem Turban darstellen und sich auch als der g r o ß e Emir Tankridos bezeichnen ließ, erkennen wir sein Streben, sich dem Geschmack seiner Untertanen anzupassen. Ihm hätte sich noch ein weites Betätigungsfeld eröffnet. Denn jetzt holten die bisher meist uneinigen und deshalb untätigen Seldschuken zu heftigen Gegenschlägen aus. Der Sultan Muhammed 4 ), Sohn Malikschahs ( f 1 0 9 2 ) , Nachfolger seines im Dezember 1104 gestorbenen Bruders Barkiyaruk, beauftragte M a w d u d 5 ) , den Atabeg von Mosul, mit der Führung des Heiligen Krieges«) und zunächst mit der Wiedereroberung von Edessa und Turbessel. Aber sie gelang weder 1 1 1 0 noch 1111. Mawdud ließ sich durch seine Mißerfolge nicht abschrecken und rückte 1113 zum drittenmal ins F e l d 7 ) . Jetzt schloß sich ihm Tughtegin, der Atabeg von Damaskus, an. Ihr Heer soll ungewöhnlich stark gewesen sein. König Balduin hatte bei der ersten Nachricht von der drohenden Gefahr seine Vasallen zusammengerufen. Roger von S a l e r n o 8 ) , *) Wüstenfeld S. 60. Riant, Pèlerinages S. 174, 190. Röhricht, Königreich S. 87. Chalandon, Essai S. 257. Kretschmayr 1, S. 218. Stevenson, Crus. S. 60 zum 5. Dez. Grousset 1, S. 257 zum 4. Dez. Enz. Islam 4, S. 434. — ' ) Wüstenfeld S. 61. Röhricht, Königreich S. 93. Stevenson, Crus. S. 61, 64. Grousset 1, S. 261, 264 mit den Daten. Enz. Islam 4, S. 604. — ») Röhricht, Königreich S. 97. Stevenson, Crus. S. 94. Grousset 1, S. 365, 476. — *) Grousset 1 am Schluß, Stammtafel. Enz. Islam 3, S. 725. Oben S. 301. — 6 ) Röhricht, Königreich S. 84, 89, 96. Stevenson, Crus. S. 88 ff. Grousset 1, S. 265, 364, 449, 461 ff.; 3, S. 766. — •) Enz. Islam 1, S. 1087. — 7 ) Weil 3, S. 197. Röhricht, Königreich S. 100. Stevenson, Crus. S. 96. Ter-Grigorian S. 75. Grousset 1, S. 269, 484. — ") Rey, ROL. 4 (1896), S. 324 Stammtafel, 341. Grousset 1, S. 482. Kehr, Belehnungen S. 17. 20*

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den man auch Roger vom Prinzipat 1 ) nannte, der an die Stelle seines Oheims Tankred getreten war und Antiochia für den unmündigen, 1108 oder 1109 geborenen Sohn Bohemunds I., Bohemund II. 2 ), verwaltete, und Pontius, der Sohn und Nachfolger Bertrands») ( f Anfang 1113) in der Grafschaft Tripolis, kamen willig. Zum drittenmal fehlte es Balduin I. im entscheidenden Augenblick an Selbstbeherrschung. In seinem wilden Grimm über die vom Feind angerichteten Verwüstungen mochte er die ihm zugesagten Hilfstruppen nicht abwarten und fiel am 28. Juni 1113 im Südwesten des Sees von Tiberias in einen Hinterhalt. Nur die Schnelligkeit seines Pferdes ersparte ihm die Gefangenschaft. Er verlor aber viele Kampfgenossen und sein ganzes Lager mit seinem Z e l t 4 ) . Die einheimische arabische Bevölkerung neigte jetzt eher der stärkeren türkischen Partei zu, und man kann hier von einer bäuerlichen Erhebung gegen die Lateiner sprechen. Sogar Jerusalem wurde durch einen raschen Vorstoß der Garnison von Askalon in Schrecken gesetzt, aber die wenigen darin befindlichen Ritter und auch die Bürger hielten gute W a c h t 5 ) . So zogen die Angreifer nach einer Plünderung der Umgebung gleich wieder ab. Der Zwischenfall beweist aber nur allzu deutlich, auf wie schwachen Füßen die Herrschaft der Kreuzfahrer stand. Zum Glück für sie brachte der für die Schiffahrt günstige Monat August eine große Schar Pilger, die schleunigst in Balduins I. Lager gingen. Mawdud und Tughtegin gaben ihr Unternehmen auf. Jener wurde am 26. September oder 2. Oktober 1113 beim öffentlichen Gebet im Hof der Umaijadenmoschee zu Damaskus von einem Assassinen erdolcht, ohne daß man genau wüßte, wer die blutige T a t angestiftet h a t t e 6 ) . Tughtegin selbst erschien dringend verdächtig. Der Sultan Muhammed von Persien gab deshalb seinen Eroberungsplan nicht auf, sondern schickte neue Truppen unter Bursuk II. 7 ), dem Statthalter von Hamadhan, dem alten Ekbatana (sw. Teheran), v o r 8 ) . Da war es sehr bezeichnend, daß Christen und Muslimen sich ohne Unterschied des religiösen Bekenntnisses zusammenfanden: der Ortokide Ilghazi I. 9 ), Emir von Mardin 1 0 ), einer uneinnehmbaren Burg im oberen Mesopotamien, der Eunuch Lulu 1 1 ), der in Aleppo die Regentschaft führte, und Tughtegin, sodann König Balduin, Roger von Salerno-Antiochia und Pontius von Tripolis. Sie vereinigten sich im August 1115 in der den Lateinern gehörigen Stadt Apamea. Aber nachdem sich die Heere über zwei Monate gegenübergestanden hatten, kam es doch zu keiner Schlacht. Wenn dann am 14. September beim Teil Danith (sw. Sermin und Aleppo) Roger von Salerno und Balduin von Le Bourg die nichts*) Kehr, Belehnungen S. 17: Prinzipat = das ganze Fürstentum Waimars von Salerno. — 2 ) Grousset 1, S. 482, 645; 2, S. 90. — *) Orousset 2, S. 889. — 4 ) Grousset 1, S. 271. — s ) Grousset 1, S. 273. — •) Weil 3, S. 198. Röhricht, Königreich S. 103. Ter-Grigorian S. 76. Grousset 1, S. 275, 485. — 7 ) Enz. Islam 1, S. 835. — e ) Weil 3, S. 202. Röhricht, Königreich S. 107. Stevenson, Crus. S. 98. Enz. Islam 1, S. 835; 2, S. 497. Grousset 1, S. 277, 495, 507, Anm. 2 mit 14. Sept. — ») Weil 3, S. 154. Enz. Islam 2, S. 496. Grousset 1 am Schluß, Stammtafel. — 1 0 ) Enz. Islam 3, S. 297. — u ) Enz. Islam 3, S. 44.

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ahnenden Türken Bursuks überfielen und nach einem glänzenden Sieg ungeheure Beute machten, so konnte man vom Ende der großen türkischen Offensive sprechen, und Aleppo unterstellte sich schließlich der Schutzherrschaft Antiochias 1 ). Balduin I. meinte, jetzt sei endlich der richtige Augenblick gekommen, um ein für allemal den ägyptischen Einfällen ein Ende zu machen. Nachdem er 1116 bis an das Rote Meer vorgedrungen war, marschierte er 1118 nach sorgfältigen Vorbereitungen mit einer kleinen Streitmacht bis Pelusium (Farama) am Nil. Dort erkrankte er und starb am 2. April in al-Arisch 2 ). Sein Hauptfehler war sein mutiges, aber ganz unüberlegtes Vorwärtsstürmen gewesen, wie es 1102 sich bei Ramla und 1113 am See von Tiberias gezeigt hatte. Das darf aber den Ruhm nicht schmälern, den er sich als Staatsmann und Feldherr erworben hat. Deutlich erkannte er, daß in irgendeiner Weise ein friedliches Verhältnis mit der unterworfenen arabischen Bevölkerung und einzelnen Seldschukenemiren hergestellt werden mußte. Er wollte siedeln 3 ), und dieser fruchtbare Gedanke spielte, wie man sieht, damals in Palästina ebenso eine Rolle wie im Osten des deutschen Reiches. Siedeln, das hieß, sich mit den Untertanen anderer Religion und anderer Rasse vertragen, sie zu nützlicher Arbeit anhalten, ohne sie zu mißhandeln. Gern zeigte er sich ihnen als christlicher Sultan, in einem goldgestickten Burnus, mit langem Bart. Ein großer goldener Schild wurde vor ihm hergetragen. Er speiste mit gekreuzten Beinen auf einem Teppich und ließ sich nach orientalischer Sitte verehren. Seine Wohnung hatte er im sog. Tempel Salomos, der Moschee al-Aksa, eingerichtet. In kirchlichen Angelegenheiten vertrat er mit großer Entschiedenheit die Rechte des Staates. Er war König von Jerusalem, Lehnsherr von Antiochia, Edessa und Tripolis. Da uns die heftige Feindschaft zwischen dem Basileus und den Fürsten von Antiochia, insbesondere Bohemund I., bekannt ist, erscheint es nicht unwichtig hervorzuheben, daß wenigstens im Jahre 1102 von einem Freundschaftsbund die Rede ist, den Balduin I. mit Alexius schließen wollte 4 ). Später wird darüber nichts mehr überliefert, aber man kann als sicher betrachten, daß weder der Basileus noch der König Anlaß hatten, einander zu befehden. Die Geschichte des Morgenlandes wäre nicht zu verstehen, wenn man den Blick einseitig auf die Kreuzfahrerstaaten richten wollte. Ihre Politik muß durch die Kenntnis des oströmischen Reiches ergänzt werden. Das Ziel des Basileus läßt sich schon aus seinem Verhalten während des ersten Kreuzzugs mit genügender Sicherheit erschließen. Er wollte die Kreuzfahrer in seinem Sold, der unbedingt sehr reichlich bemessen worden wäre, gegen den Islam vortreiben und dem Kaiserreich in Kleinasien und Palästina seine alten Grenzen wiedergeben. Das war seine Renovatio imperii! Der Besitz Antiochias war dazu notwendig, und solange diese wichtige Stadt den Normannen gehörte, ») Grousset 1, S. 510. — 5 ) Wüstenfeld 3, S. 62. Röhricht, Königreich S. 119. Stevenson, Crus. S. 66. Grousset 1, S. 281, 284, 531. — s ) Grousset" 1, S. 285. — •) Chron. 11, Nr. 641, 658 f., 663, 667.

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verschärfte sich die a u s der Zeit Robert G u i s k a r d s überlieferte S p a n nung immer mehr und erreichte schließlich ihren Höhepunkt 1108 in dem früher geschilderten K r e u z z u g s p l a n B o h e m u n d s I. Durch den ersten K r e u z z u g w a r e n ohne jeden Zweifel die o s t römischen G r e n z e n in Kleinasien entlastet worden, aber nur f ü r einige Zeit. E t w a seit d e m J a h r e 1109 hatte der V o r m a r s c h der T ü r k e n näch W e s t e n wieder eingesetzt. .Wir w i s s e n , d a ß sie immer die K ü s t e des M a r m a r a m e e f e s zu erreichen strebten, um sich Konstantinopel zu n ä h e r n 1 ) . Im J a h r e 1113 belagerten sie N i c ä a und verheerten ringsherum weit u n d breit d a s L a n d . Ein oströmischer Feldherr w u r d e geschlagen, a b e r B a s i l e u s Alexius, der sich trotz seines schlechten G e s u n d h e i t s z u s t a n d e s an die Front b e g e b e n hatte, b e s i e g t e s i e in der N ä h e von K o t y ä u m ( K u t a h i a ) 2 ) . U m d i e s e und ähnliche K r i e g s h a n d l u n g e n der T ü r k e n richtig zu beurteilen, d a r f m a n nicht vergessen, d a ß es ihnen nicht s o sehr auf militärische E r f o l g e , z u n ä c h s t auch nicht a u f E r o b e r u n g e n , sondern auf reiche Beute und möglichst zahlreiche G e f a n g e n e a n k a m . S i e liebten es, an verschiedenen Stellen g a n z überraschend anzugreifen und auf diese W e i s e die Oströmer zur Z e r s t r e u u n g ihrer T r u p p e n zu verleiten. Drei J a h r e s p ä t e r ( 1 1 1 6 ) wollte A l e x i u s sich nicht mehr mit der bloßen V e r t e i d i g u n g b e g n ü g e n , sondern .die türkische M a c h t in einem ihrer Mittelpunkte, in Ikonium, treffen. Der S o m m e r h i t z e wegen setzte er sich erst im H e r b s t in B e w e g u n g und g e l a n g t e b i s nach Philomelium (Akschehir, nw. I k o n i u m ) . , W e i t e r zu gehen, erschien ihm nicht r a t s a m ; er kehrte um, und viele Einheimische, die sich vor den Türken in Sicherheit bringen wollten, schlössen sich ihm an. Seine ihn verehrende Tochter Anna K o m n e n a , der wir eine D a r stellung dieser V o r g ä n g e verdanken, hat die B e d e u t u n g d e s Vert r a g e s 3 ) , der zwischen ihrem Vater und d e m Sultan M a l i k s c h a h 4 ) von Anatolien, S o h n Kilidj Arlans I., g e s c h l o s s e n wurde, zweifellos übertrieben. Aber es w a r schon e t w a s wert, wenn die Türken k ü n f t i g N i c ä a nicht mehr beunruhigten. D e r o s t r ö m i s c h e B e s i t z in Kleinasien u m f a ß t e d a m a l s d a s Herz o g t u m T r a p e z u n t , Armenien an der K ü s t e d e s Schwarzen Meeres, d a s L a n d westlich einer von Sinope bis Philomelium führenden Linie, im Süden die K ü s t e b i s z u m Fürstentum Antiochia, d e s s e n B e d e u t u n g a u s seiner L a g e erhellt. Die L e i s t u n g s f ä h i g k e i t des B a s i l e u s w a r durch die Anstrengungen, die er sich im F r i e d e n wie besonders im K r i e g e hatte zumuten müssen, erschöpft. E r v e r s ä u m t e nicht, Vorkehrungen f ü r seinen T o d zu treffen. Seiner Gemahlin I r e n e 5 ) a u s dem H a u s e D u k a s traute er nicht und ließ sie nicht gern a u s den Augen. Sie w a r d e s h a l b verpflichtet, ihn auch auf F e l d z ü g e n zu begleiten. An Stelle ihres eigenen ältesten Sohnes Johann wollte sie den Gatten ihrer durch ihr Geschichtswerk bekannten T o c h t e r Anna, den C ä s a r N i c e p h o r u s Bryennios, auf den >) Cartellieri 3, S. 170, Essai S. 264. Buckler S. 426. Jorga, Osman. Reich 1, S. 98. Stammtafel am Schluß. — ")

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173, 223, 253. — 5 ) Muralt 1, S. 113. Chalandon, — s ) Dölger 2, Nr. 1269. Chalandon, Essai S. 270. Buckler S. 428. Grousset 2, S. 862. — «) Grousset 1, Cartellieri 3, S. 169.

Thron erheben. Als Alexius zu Anfang des Jahres 1118 ernstlich erkrankte, nahmen die Umtriebe aller Unzufriedenen zu, aber er wies standhaft die Versuche, die gerade Thronfolge zu unterbrechen, ab. Die Überlieferung über seine letzten Stunden ist widerspruchsvoll, doch darf man annehmen, d a ß er g e m ä ß seinem starken Pflichtgefühl Johann kommen ließ, ihm seinen Ring als Zeichen der höchsten Würde übergab und befahl, sich sofort zum Basileus ausrufen zu lassen. Johann zögerte nicht, empfing schleunigst vom Patriarchen die Krone und wurde von der Leibwache der Waräger anerkannt 1 ). Alexius starb erst einige Stunden später, am 15. August 1118, 62 oder 70 Jahre a l t 2 ) , nachdem ihm noch Irene heftige Vorwürfe wegen seiner immer geübten Verstellung gemacht hatte. Sein weltgeschichtlicher Ruhm liegt darin, daß er den Niedergang des Reiches mit starker Hand aufgehalten hat. Ob es etwa einem genialen Staatsmann allerersten Ranges gelungen wäre, mehr zu erreichen, steht dahin. Die L a g e war bei seinem Regierungsantritt sehr schwierig gewesen. E s g a b Feinde auf allen Seiten, so kann man in Kürze sagen. E s ist sein Verdienst, die Grenzen gesichert und erweitert zu haben, wodurch er gerade die römische Kirche und die abendländische Kultur vor einer Überflutung durch den Islam und die Türken geschützt hat. Sehr geschickt im Verhandeln, Priester und Herrscher, Gesetzgeber und Feldherr, bedurfte er natürlich erheblicher Geldmittel und legte seinen Untertanen recht schwere Lasten auf. U m ihn gerecht zu beurteilen, muß man von den aus der Zeitstimmung erklärlichen Urteilen der Kreuzfahrer vollkommen absehen®). Die diplomatischen Künste, die ihm selbstverständlich nicht fremd waren, finden wir zum mindesten bei manchem seiner Gegner ebenso stark a u s gebildet. Über die Gefahren, die die Kreuzzugsbewegung seinem Reich auch künftig bringen konnte, täuschte er sich durchaus nicht, wie sich aus den Ratschlägen ergibt, die er in einer Art politischem Testament wahrscheinlich vor seinem T o d für seinen Sohn Johann aufsetzte. Er empfahl ihm vor allem, Schätze zu sammeln, um damit die mit den äußeren Feinden verbundenen inneren zur Ruhe zu bringen und B e amtenwillkür auszuschalten 4 ). *) Chalandon, Essai S. 274, 323; Jean S. 1. Buckler S. 247, 530. Vasiliev 2, S. 49. Ostrogorsky S. 258, 265. — ») Chalandon, Essai S. 23: 1048. Cartellieri 3, S. 169 nach Buckler: 1056. — ») Leib S. 203. — *) Maas S. 358. Vasiliev 2, S. 38.

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DRITTES KAPITEL.

BALDUIN II. UND FULKO VON JERUSALEM. (1118—1137.) B a l d u i n I. hinterließ keine E r b e n . Seine armenische Gemahlin Arda, die er a u s politischen Gründen geheiratet hatte, verstieß er 1 1 0 4 und s c h l o ß sie in ein Kloster e i n 1 ) . Seine zweite E h e w a r e b e n s o b e rechnet g e w e s e n . Obwohl A r d a noch lebte, vermählte er sich im A u g u s t 1113 mit A d e l a i d e von Turin, der als sehr reich bekannten W i t w e G r a f R o g e r s I. von S i z i l i e n 2 ) , und bereitete ihr einen glänzenden E m p f a n g . Ihr G e l d f a n d rasch gute V e r w e n d u n g . Als a b e r B a l d u i n w ä h r e n d einer E r k r a n k u n g heftige V o r w ü r f e wegen seiner ehebrecherischen V e r b i n d u n g zu hören bekam, ließ er sich w e g e n zu naher V e r w a n d t s c h a f t von ihr scheiden, und sie mußte im April 1117 tief enttäuscht und ohne ihre S c h ä t z e heimkehren. Sie s t a r b 1118 im K l o s t e r 3 ) . B a l d u i n von L e B o u r g , bisher G r a f von E d e s s a , wurde einhellig z u m K ö n i g gewählt, a m O s t e r s o n n t a g , d e m 14. April 1118, in der Kirche des Heiligen G r a b e s von dem Patriarchen Arnolf g e s a l b t und a m W e i h n a c h t s t a g des f o l g e n d e n J a h r e s z u s a m m e n mit seiner G e mahlin M o r f i a , Tochter des armenischen F ü r s t e n G a b r i e l 4 ) von Melit e n e 5 ) , in Bethlehem gekrönt 6 ). E r w a r ein g r o ß g e w a c h s e n e r , schöner Mann, von heller Hautf a r b e , mit leicht a n g e g r a u t e m , b l o n d e m H a a r . M a n rühmte seine V e r w a l t u n g s k u n s t , sein tadelloses Privatleben, seine s p a r s a m e L e b e n s haltung, seine s t r e n g e Kirchlichkeit. In politischen Dingen v e r s t a n d er es, mit List und Verstellung zu arbeiten. Urkundlich nannte er sich „ v o n G o t t e s G n a d e n zweiter K ö n i g des J e r u s a l e m s der L a t e i n e r " oder auch „ v o n G o t t e s G n a d e n zweiter K ö n i g der Latinität von J e r u s a l e m " 7 ) . Sein Vetter, Joscelin von Courtenai, früher schon Herr von T u r b e s s e l , erhielt 1119 die G r a f s c h a f t E d e s s a , w a s um s o mehr E i n d r u c k Chron. 12, Nr. 713. Röhricht, Königreich S. 8, Anm. 6. Grousset 1, S. 64, 297; 2, S. 51. — ' ) Cartellieri 3, S. 248. Dazu Garufi, Aleramici S. 58, Stammtafel. — 3 ) Röhricht, Königreich S. 103, 118. Caspar, Roger S. 32. Chalandon, Histoire 1, S. 362. Cohn S. 16. Grousset 1, S. 301 ff. La Monte, Monarchy S. 7. Amari 3, 2, S. 353. — l ) Grousset 1, S. 51, 381, 389. — 5 ) Enz. Islam 3, S. 216. — ») Dodu, Institutions S. 111. Röhricht, Königreich S. 125, 144. Fulcher, Anm. S. 617. La Monte, Monarchy S. 8, dazu Joranson S. 99. Grousset 1, S. 534. — 7 ) La Monte, Monarchy S. 128.

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machte, als Balduin mit ihm verfeindet gewesen war 1 ). Der neue König verstand es also, persönliche Verstimmung zu vergessen. Sehr viel kam für ihn darauf an, wie sich der neue Basileus in den morgenländischen Angelegenheiten verhalten würde. Beim Tode des Alexius wurde der Feindseligkeit gedacht, mit der seine Gemahlin Irene und seine Tochter Anna Johann II. verfolgten. Schon wenige Monate nach dem Thronwechsel stiftete Anna eine Verschwörung an, deren Ziel die Ermordung ihres Bruders war. Der Anschlag mißlang, weil Annas Gatte Nicephorus Bryennios sich im letzten Augenblick doch nicht entschließen konnte, Blut zu vergießen. Es verdient starke Beachtung, daß Johann entgegen dem von seinen Vorgängern nur allzu oft geübten Brauch die Schuldigen nicht grausam bestrafte und keinen blenden oder verstümmeln ließ 2 ). Der neue Basileus war 1118 bei seinem Regierungsantritt 30 Jahre alt, klein, sehr häßlich, hatte schwarze Augen und Haare. Man nannte ihn deshalb den Mohren. Sein Charakter ist fast allgemein gerühmt worden und hat ihm den Beinamen Kalojohannes eingetragen. Er zeichnete sich durch Sittenstrenge und Einfachheit aus, ohne etwa geizig zu sein. Im Gegenteil, er konnte ungeheuer freigebig schenken. Seine Regierung glich einem ununterbrochenen Feldzug und ließ sich in die kurze Formel fassen, d a ß alles Verlorene, in erster Linie natürlich Antiochia, wiedergewonnen und der Euphrat Grenze werden sollte. Seine Gemahlin Piroska s ), später Irene genannt, war die Tochter eines ungarischen Königs, der verschieden angegeben wird. Sie starb 1134. Wenn Johann II. in erster Linie Feldherr sein wollte, verstand es sich von selbst, daß er allen militärischen Angelegenheiten besondere Aufmerksamkeit schenkte und sich persönlich um die Ausbildung der Truppen in den Übungslagern kümmerte. Der Dienst war sehr beschwerlich und dauerte lang, die Bestrafung sowohl der Offiziere als der einfachen Soldaten streng. Es lag für ihn kein Grund vor, die Bahnen zu verlassen, auf denen sich die auswärtige Politik seines Vaters Alexius bewegt hatte. Im Osten öffnete sich ein weites Feld für seinen Tatendrang, während im Westen jahrelang kaum ernste Gefahren drohten und es sich mehr darum handelte, Übergriffen der Nachbarn vorzubeugen. Die Lage der Kreuzfahrerstaaten nötigte Johann II. zunächst nicht, irgendwie einzugreifen. Auch für Balduin II. bedeutete es keine geringe Erleichterung, daß Muhammed von Persien, den man den letzten der großen Seldschukensultane genannt hat, nur 36 Jahre alt am 18. April 1118 starb 4 ). Er hatte sich mit aller Kraft der Auflösung seines großen Reiches entgegengestemmt, und wir haben auch von den drei großen, auf seinen Befehl gegen die Lateiner gerichteten Unternehmungen gesprochen, die allerdings scheiterten. Ihm folgte sein ») Röhricht, Königreich S. 127, Anm. 4. Grousset 1, S. 489, 537; 2, S. 848, 874, 886; 3, S. 767. — 2 ) Chalandon, Jean S. 7 ff., 35. Jorga, Osman. Reich 1, S. 100. Ostrogorsky S. 266. — ' ) Chalandon, Jean S. 11, 55. Buckler S. 431. Vasiliev 2, S. 51. — «) Enz. Islam 3, S. 726, 143; 4, S. 225, 162. A. Müller, Islam 2, S. 123. Grousset 1, S. 517, 522, am Schluß Stammtafel.

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erst dreizehnjähriger Sohn Mahmud, kein schlimmer Despot, aber nicht fähig, gut zu regieren, weil er sich sinnlichen Genüssen hingab, die seine Gesundheit zerrütteten. Gegen ihn ging sein Oheim Sandjar, der über Khorasan und Transoxanien herrschte, vor und besiegte ihn am 11. August 1119 dank seiner persönlichen Tapferkeit und seinen Elefanten bei S a w a 1 ) (zwischen Kazmin und Kum) im Innern Persiens. Er tat ihm nichts zuleide und begnügte sich mit der Anerkennung seiner Oberhoheit. Keiner von beiden verspürte Lust zu einem neuen Kriege mit den Lateinern, weil die Festsetzung der Karah-Khitai 2 ) in Turkestan ihre Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Vom 13. Jahrhundert an ist man gewohnt, der mongolischen Walze zu gedenken, die nach Westen hin jeden Widerstand zermalmte. Aber auch schon früher erhoben sich im Rücken der Türken neue wilde Stämme und drängten ungestüm vorwärts. Der Niedergang der Fatimiden in Ägypten und der Seldschuken in Persien gewährte den Lateinern einige Jahre lang Ruhe und Frieden 3 ). Voraussetzung war, daß man jene nicht störte. Aber gerade das geschah durch Roger von SalernoAntiochia, der in seinem Übermut Aleppo (Halab) gewinnen wollte. Daraufhin vereinigte sich der schon genannte Ortokide Ilghazi I., Emir von Mardin, mit dem Atabeg Tughtegin von Damaskus. Sie gingen auf Antiochia los. Roger sollte von Balduin II. und von Pontius von Tripolis Verstärkungen erhalten, wollte sie aber in der Ungeduld, die wir so oft bei den Baronen finden, nicht abwarten, sondern rückte gegen die ungeheure Übermacht der Feinde ins Feld. Auf dem Blutacker bei dem heutigen Dorf Dana (w. Aleppo) wurde Rogers viel schwächeres Heer am 28. Juni 1119 umzingelt. War es frevelhafter Leichtsinn oder bewunderungswürdige Todesverachtung? Noch am frühen Morgen ging er auf die J a g d und mußte erst auf die dringende Gefahr hingewiesen werden. Er fiel im dichtesten Gewühl neben dem Heiligen Kreuz, und dasselbe Schicksal traf auch seine Ritter. Zum Glück verstand Ilghazi seinen klaren Sieg nicht auszunutzen, sondern feierte ihn mit endlosen Gelagen. Sonst hätte er das kaum 'verteidigungsfähige Antiochia überrumpeln können 4 ). Als Balduin II. in Eilmärschen die Stadt erreichte, war es die höchste Zeit. Turkmenische Reiter machten die ganze Gegend unsicher. In einer großen Versammlung wurde beschlossen, daß er die Regentschaft über Antiochia bis zur Mündigkeit des jetzt neun- oder zehnjährigen Bohemund II. führen sollte. Dann schlug er beim Teil Danith, wo der eben gefallene Roger vier Jahre vorher seinen schönen Sieg über Bursuk II. errungen hatte, am 14. August 1119 die sehr viel stärkeren Feinde unter Ilghazi und Tughtegin 5 ). Aus Rache richteten diese in Aleppo unter den lateinischen Gefangenen ein furchtbares Gemetzel an. Balduin II. war nicht nur für seine Person tapfer, sondern besaß auch ein schönes Gemeinschaftsgefühl. Um den Ortokiden Balam, *) Weil 3, S. 216. Grousset 1, S. 525. — ») Enz. Islam 2, S. 789. — ») Grousset 1, S. 530. — *) Weil 3, S. 233. Röhricht, Königreich S. 132. Stevenson, Crus. S. 103. Delbrück 3, S. 426. Erben S. 119. Grousset 1, S. 534, 560. — 5 ) Röhricht, Königreich S. 140 mit 14. Aug. Stevenson, Crus. S. 105. Delbrück 3, S. 426. Oman 1, S. 297, 290 Plan. Erben S. 119. Grousset 1, S. 565 mit 14. Aug.

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Herrn von Kharput in Türkisch-Armenien, anzugreifen, hatte sich J o s celin I. von E d e s s a unvorsichtig genug auf sumpfiges Gelände vorgewagt. B e i Saruj (zwischen Edessa und B i r e d j i k ) blieben seine Ritter am 13. September 1122 stecken, und er selbst wurde g e f a n g e n 1 ) . S o gleich rückte der König aus, um ihn zu befreien. Aber auch er konnte es nicht lassen, zwischendurch auf die F a l k e n j a g d zu gehen, und wurde am 18. April 1 1 2 3 a m Ostufer des S a n j a , eines Nebenflusses des Euphrat ( n w . E d e s s a ) , gleichfalls gefangengenommen, sein Gefolge zusammengehauen 8 ). S o entbehrten Jerusalem, Antiochia und E d e s s a ihre Fürsten; nur Pontius stand in Tripolis fest auf seinem Posten, und die Regentschaften bewährten sich glücklicherweise. Die Venezianer sollten helfen. Wollen wir die Stellungnahme der klugen Kaufleute richtig verstehen, müssen wir vorerst die für sie immer sehr wichtige militärisch-politische Richtung Ostroms ins Auge fassen. W i e betätigte sich Johann II. am Anfang seiner Regierung? Die Petschenegen, die 1091 so schwere Verluste erlitten hatten, daß sie ein Menschenalter lang Ruhe halten mußten, fielen in Thrazien ein, wurden aber von dem Basileus, der sich nicht scheute, Verrat a n zuwenden, 1 1 2 2 vollkommen g e s c h l a g e n 8 ) . E r s a ß ab und führte seine Leibwache persönlich zu einem Sieg, der das Reich für immer vor neuen Angriffen des schlimmen Feindes bewahrte. W e g e n der Widersprüche in den Quellen sind die Beziehungen zu Ungarn kaum zu entwirren 4 ). D a ß Johann II. dem geblendeten Thronprätendenten Älmos eine Zuflucht gewährte, reizte den König Stephan II. Als dann noch ungarische Kaufleute schlecht behandelt worden waren, überschritt der König 1 1 2 8 die Donau". E s fanden Kämpfe zwischen Donau und Save sowie bei der B u r g Chram (Palanka, ö. B e l g r a d ) statt, in denen die Oströmer sich überlegen zeigten. Im selben J a h r wurde auf einer Donauinsel bei Braniöevo ( B z . Golubac) Frieden geschlossen. Alle Einzelheiten bleiben unsicher. Nach dem T o d e des Älmos fand der Prätendent Boris, der Stephan II. vergeblich zu stürzen versucht hatte, auch wieder Aufnahme in Konstantinopel. Von des Boris Beziehungen zu König Konrad III. war schon die Rede. Ähnlich verhielt es sich mit S e r b i e n 5 ) . Der Basileus legte W e r t darauf, dort immer einen Prinzen zur Verfügung zu haben, den er vorkommendenfalls gegen den regierenden Fürsten aufhetzen konnte. Die Ergebnisse der kleinen und blutigen Fehden waren dürftig und brauchen deshalb hier nicht weiter dargelegt zu werden. Man muß aber beachten, d a ß allmählich R a s ( R a s s i a ) , die im Innern hochgelegene Landschaft mit der gleichnamigen Hauptstadt, heute Novi-Bazar, ihre ' ) Weil 3, S. 237. Röhricht, Königreich S. 154. Stevenson, Crus. S. 108. Grousset 1, S. 583. — a ) Weil 3, S. 238. Röhricht, Königreich S. 155. Stevenson, Crus. S. 109. Enz. Islam 2, S. 982. Oben S. 181. — ' ) Chalandon, Jean S. 48. Vasiliev 2, S. 51. Carteliieri 3, S. 224. Ostrogorsky S. 267. — *) Chalandon, Jean S. 54. JireCek, Serben 1, S. 244. Vasiliev 2, S. 52. H6man 1, S. 380. Ostrogorsky S. 267. — 5 ) Chalandon, Jean S. 65 ff. Jireiek, Serben 1, S. 10, 116, 211, 215, 245. Buckler S. 432. Carteliieri 3, S. 168, 174, 225. Ostrogorsky S. 267.

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U n a b h ä n g i g k e i t behauptete, während Dioklitien ( Z e t a , Z e n t a ) am S e e von Skutari sich der kaiserlichen Oberhoheit b e u g t e . W i r sehen, d a ß J o h a n n II. von keiner Seite ernstlich bedroht w a r und es sich leisten konnte, stolz aufzutreten. E r w e i g e r t e sich, die den Venezianern früher bewilligten Privilegien zu b e s t ä t i g e n , und tadelte ihre A n m a ß u n g . In der L a g u n e n s t a d t , die f e s t d a v o n überz e u g t war, O s t r o m g r o ß e Verdienste erwiesen zu haben, entstand eine h e f t i g e E r r e g u n g . D e r D o g e Dominikus Michiele b e f e h l i g t e im A u g u s t 1122 persönlich eine Flotte und belagerte die H a u p t s t a d t von K o r f ü 1 ) . M o n a t e vergingen, ohne d a ß ihm die E i n n a h m e g e l a n g . A l s dringende Hilfegesuche a u s d e m Heiligen L a n d e kamen, fühlten sich die Venezianer, die eigentlich die g a n z e Insel in ihre H a n d bringen wollten, d o c h verpflichtet aufzubrechen, und fuhren nach A k k a . L i s t i g lockten sie eine ä g y p t i s c h e Flotte a u s dem H a f e n von A s k a l o n h e r a u s und brachten ihr a m 30. M a i 1123 eine vernichtende N i e d e r l a g e b e i 2 ) . D a sie nunmehr die Herren d e s Meeres waren, erklärten sie sich auch bereit, an der E r o b e r u n g einer bedeutenden S t a d t durch die Lateiner mitzuwirken. W ü r d e e s Askalon oder T y r u s s e i n ? Die Meinungen waren geteilt, aber die E n t s c h e i d u n g fiel durch d a s L o s für T y r u s , d a s nicht l a n g e vorher der fatimidische Chalif a l - A m i r 8 ) d e m A t a b e g T u g h t e g i n abgetreten hatte. Ein V e r t r a g des D o g e n mit der R e g e n t s c h a f t d e s K ö n i g r e i c h s J e r u s a l e m versprach V e n e d i g in allen S t ä d t e n eine g a n z e S t r a ß e , eine Kirche, ein B a d und einen B a c k o f e n , d a z u sonstige wirtschaftspolitische V o r t e i l e 4 ) . D i e B e l a g e r u n g von T y r u s , d a s mit dem L a n d nur durch eine s c h m a l e L a n d z u n g e verbunden w a r , b e g a n n a m 16. F e b r u a r 1124. T u g h t e g i n hatte die G a r n i s o n verstärkt und f ü r Lebensmittel g e s o r g t . D i e praktischen Venezianer brachten g e n ü g e n d B a u h o l z mit und stellten nicht nur die üblichen Maschinen, sondern auch einen den Stadtwall ü b e r r a g e n d e n T u r m her. Auf beiden Seiten wurden w u n d e r b a r e Heldentaten vollbracht. Ein armenischer Ingenieur leistete den Lateinern treffe liehe Dienste. D a ein Versuch, die B e l a g e r e r durch eine B e d r o h u n g J e r u s a l e m s abzulenken, an der mutigen Haltung der B ü r g e r scheiterte, e r g a b sich T y r u s a m 7. Juli 1124. D i e Einwohner durften mit ihrer H a b e auswandern5). T a t s ä c h l i c h hatten die Venezianer d a s B e s t e für den glücklichen A u s g a n g des schwierigen Unternehmens getan. D a f ü r b e k a m e n sie über ihren V e r t r a g hinaus den dritten Teil der S t a d t f ü r immer und waren darin ziemlich u n a b h ä n g i g . Nach seiner F r e i l a s s u n g g e n e h m i g t e B a l duin II. a m 2. M a i 1125 die ihnen von der R e g e n t s c h a f t gemachten Z u g e s t ä n d n i s s e und b e d a n g nur militärische U n t e r s t ü t z u n g a u s 6 ) . D i e g a n z e Zwiespältigkeit der Verhältnisse ergibt sich d a r a u s , d a ß die heimkehrenden Venezianer trotz ihrer schönen L e i s t u n g f ü r die ') Heyd 1, S. 195. Kretschmayr 1, S. 224. Chalandon, Jean S. 157. Vasiliev 2, S. 51. — 2 ) Heyd 1, S. 143. Röhricht, Königreich S. 165. Stevenson, Crus. S. 114. Grousset 1, S. 601. — ') Enz. Islam 1, S. 345. — «) Heyd 1, S. 143 mit der Zeit. Kretschmayr 1, S. 226. Grousset 1, S.605. — B ) Wüstenfeld S.69. Röhricht, Königreich S. 167. Manfroni S. 162, 165. Kretschmayr 1, S. 226. Stevenson, Crus. S. 115. Fulcher S. 696 mit 16. Febr., S. 735 mit 7. Juli. Grousset 1, S. 607, 617. Enz. Islam 4, S. 604. — •) Regg. Hierosol. u. Add. Nr. 105. Lenel, Epochen S. 253.

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lateinischen Christen von Johann II. als Feinde behandelt wurden und sich die ihnen verweigerten Lebensmittel in Rhodos gewaltsam verschaffen mußten. In Chios häuften sie dann die in Samos, Lesbos und Andros gemachte Beute auf. Im Jahre 1126 besetzten sie Kephallenia, und der Basileus erkannte, da ihm eine gleich starke Flotte fehlte, die Notwendigkeit, sich mit dem Dogen zu einigen. Im August kam ein Vertrag zustande, von dem wir nur wissen, daß die Stadt jetzt die ihr von Alexius bewilligten Privilegien bestätigt erhielt. Sie hatte also obgesiegt 1 ). Die ganze Küste Palästinas mit Ausnahme von Askalon gehörte jetzt den Lateinern. Auch kamen sowohl Balduin II. 2 ) 1124 als Joscelin I. 3 ) von Edessa 1123 frei. Der König wurde von dem Patriarchen Bernhard von Antiochia von den Verpflichtungen losgesprochen, die er dabei hatte übernehmen müssen. Er brauchte keine Städte abzutreten, sondern nur ein hohes Lösegeld zu zahlen. Unverdrossen kämpfte er weiter. Als der Atabeg Ak Sonkor alBursuki 4 ), Statthalter von Mosul, zusammen mit Tughtegin und anderen Emiren in das Gebiet Antiochias jenseits des Orontes einfiel und Azaz (n. Aleppo) schon fast zur Übergabe gebracht hatte, zog Balduin II. Joscelin und Pontius an sich und erdrückte durch seine vorwärtsstürmende schwere Ritterschaft im Mai-Juni 1125 den zahlenmäßig überlegenen Gegner 5 ). Im folgenden Jahre stellten die Türken Fußsoldaten auf, weil sie sich vermutlich davon überzeugt hatten, daß die Lateiner durch ihre Verbindung mit der Reiterei gute Erfahrungen gemacht hatten. Der König fühlte sich stark genug, um einen Vorstoß auf Damaskus zu wagen, nachdem er sich der Zustimmung des ganzen Volkes versichert hatte. Bei den Muslimen war der Heilige Krieg gepredigt worden. Die Schlacht in der weiten Ebene beim Teil al-Schakhab (s. Damaskus) am 25. Januar 1126 verlief besonders blutig und gab Balduin Veranlassung, auf den Weitermarsch in der Richtung auf Damaskus zu verzichten 6 ). Einige Jahre später, 1129, schien sich eine ganz andersartige Gelegenheit zu bieten, um die vielbegehrte Stadt zu gewinnen. Darin war der Geheimbund der Assassinen 7 ) ziemlich stark vertreten. In ihnen lebte, wie man neuerdings festgestellt hat, der alte iranische Ritterstand fort, der durch die seldschukische Eroberung schwer bedroht war. Als ein Teil der Sekte der Ismailiten hatten sie sich in hochgelegenen Burgen, besonders in Alamut 8 ) (nw. Kazwin und Teheran), festgesetzt und führten von dort die Befehle ihres Großmeisters, auch den sicheren Tod vor Augen, blindlings aus. Berüchtigt sind sie durch ihre Mordtaten an hochgestellten Persönlichkeiten. Da sie von Dölger 2, Nr. 1304 f. Heyd 1, S. 195. Kretschmayr 1, S. 228, 458. Chalandon, Jean S. 157. Schaube S. 132, 223 f. Ostrogorsky S. 267. — ' ) Weil 3, S. 242. Röhricht, Königreich S. 156, 171. Grousset 1, S. 623. — •) Stevenson, Crus. S. 110. Grousset 1, S. 590. — •) Enz. Islam 1, S. 239. — 6 ) Röhricht, Königreich S. 176. Ter-Grigorian S. 110. Stevenson, Crus. S. 117. Oman 1, S. 301. Grousset 1, S. 632. — •) Röhricht, Königreich S. 178. Stevenson, Crus. S. 117. Oman, Art 1, 302. La Monte, Monarchy 5. 159. Grousset 1, S. 639. — ' ) Enz. Islam 1, S. 510. Tschudi S. 447. Grousset 1, S. 520. — 8 ) Enz. Islam 1, S. 262.

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den seldschukischen Sultanen scharf b e k ä m p f t wurden, näherten sie sich gelegentlich den Christen u n d dachten, diesen jetzt D a m a s k u s in die H ä n d e zu spielen, wenn sie d a f ü r T y r u s bekämen, w o sie keine religiöse V e r f o l g u n g zu befürchten hätten. D e n Lateinern erschien der T a u s c h g a n z annehmbar, d a D a m a s k u s sehr viel schwerer zu gewinnen w a r a l s T y r u s , d a s sich dem lateinischen E i n f l u ß auf die D a u e r doch nicht w ü r d e entziehen können. D e r A n s c h l a g w u r d e verraten, und der A t a b e g B u r i 1 ) , Sohn T u g h t e g i n s , ließ die A s s a s s i n e n A n f a n g S e p tember 1 1 2 9 a b s c h l a c h t e n 2 ) . B a l d u i n s V e r s u c h , D a m a s k u s trotzdem zu überfallen, w u r d e durch w o l k e n b r u c h a r t i g e R e g e n g ü s s e vereitelt, und er mußte mit seinen B a r o n e n a m 5. D e z e m b e r 1129 den R ü c k z u g a n t r e t e n 3 ) . Unberechenb a r e N a t u r g e w a l t e n hinderten ihn, wie man sieht, g ü n s t i g e U m s t ä n d e a u s z u n u t z e n , die nie wiederkehren sollten. Einen schweren Verlust bedeutete e s a u c h , d a ß B o h e m u n d II., der E n d e 1126 a u s Unteritalien in Antiochia eingetroffen war, u m d a s E r b e s e i n e s V a t e r s a n z u t r e t e n 4 ) , im J a n u a r 1131 von den D a n i s c h m e n d i d e n in Cilizien getötet w u r d e 5 ) . E i n i g e M o n a t e später, a m 3 1 . A u g u s t 1131, s t a r b B a l d u i n II. in J e r u s a l e m * ) . E r w a r der letzte F ü r s t , der noch a m ersten K r e u z z u g und a n der d a r a u f f o l g e n d e n S t a a t e n g r ü n d u n g teilgenommen hatte. Im K r i e g führen w a r er unermüdlich g e w e s e n , es fehlte ihm auch nicht an Siegen, a b e r ein wirklich durchschlagender E r f o l g blieb ihm v e r s a g t , obwohl er es v e r s t a n d e n hatte, die Uneinigkeit der Muslimen f ü r seine Z w e c k e a u s z u n u t z e n . S ö h n e hinterließ er nicht, sondern a u s seiner E h e mit der Armenierin M o r f i a nur Töchter, deren älteste, Melisende, den G r a f e n F u l k o V . von A n j o u geheiratet hatte. E s w u r d e an anderer Stelle g e z e i g t 7 ) , wie dieser schon 1129 im Heiligen L a n d e g e w e s e n w a r . F u l k o g e h ö r t e zu den mächtigsten B a r o n e n Frankreichs und hatte m e h r f a c h mit L u d w i g VI. K r i e g geführt, allerdings auch bei d e m deutschen Einfall von 1124 nicht g e z ö g e r t , sich ihm zur V e r f ü g u n g zu stellen. Seine a u f s ä s s i g e n V a s a l l e n z w a n g er zum G e h o r s a m und g e w ä h r t e der kommunalen B e w e g u n g keinen S p i e l r a u m . In g e w i s s e r Hinsicht w i r d m a n ihn g e r a d e mit L u d w i g VI. vergleichen. Sein C h a r a k t e r w u r d e allgemein gerühmt. E r b e g n ü g t e sich nicht mit einer ä u ß e r lichen Kirchlichkeit, sondern hielt sich an d a s Sittengesetz und bemühte sich, g u t zu regieren. E t w a 4 0 J a h r e alt, b e s t i e g er den T h r o n des Königreichs J e r u s a l e m a l s ein erprobter K r i e g s m a n n und erfahrener Politiker. Im Titel f o l g t e er d e m Beispiel B a l d u i n s II. als „ K ö n i g des J e r u s a l e m s der L a t e i n e r " 8 ) . E r v e r s t a n d es, M a ß zu halten, und vermied Übertreibungen. *) Enz. Islam 1, S. 833 f. Qrousset 2, S. 20. — 2 ) Grousset 1, S. 660. — ') Röhricht, Königreich S. 187. Stevenson, Crus. S. 128. Qrousset 1, S. 662. — «) Röhricht, Königreich S. 181. Stevenson, Crus. S. 119. Grousset 1, S. 645. — 5 ) Röhricht, Königreich S. 188: Febr. 1130. Stevenson, Crus. S. 129: 1. Hälfte 1130. Chalandon, Jean S. 121: 1130. Grousset 1, S. 672: Februar 1130. La Monte, Monarchy S. 12: Jan. 1131. — •) Dodu, Institutions S. 112. Röhricht, Königreich S. 190. Stevenson, Crus. S. 130. La Monte, Monarchy S. 11. Grousset 1, S. 676. — 7 ) Oben S. 188. — ") La Monte, Monarchy S. 128.

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Mittelgroß, rothaarig, aber, wie Wilhelm von Tyrus hervorhebt 1 ), „trotzdem" redlich und mildtätig, half er armen Leuten nach Kräften. Zusammen mit Melisende wurde er gemäß dem Willen seines Vorgängers am 14. September 1131 in der Kirche des Heiligen Grabes gekrönt 2 ). Seine ehrgeizige Gemahlin beeinflußte ihn stark, und man hat von ihr gesagt, daß sie als erste Frafo in den Kreuzfahrerstaaten politisch hervorgetreten sei 3 ). Für seine hilfesuchenden Barone setzte er sich rasch und kräftig ein. Er befreite erst Tripolis und dann Antiochia von der türkischen Gefahr. Südlich von Aleppo siegte er im Dezember 1132 oder Januar 1133 bei Kinnesrin 4 ), und seine Krieger machten fast mehr Beute, als sie nach Antiochia heimschaffen konnten. Wenn nur die lateinischen Barone alle tüchtig und opferbereit gewesen wären! Aber daran fehlte es sehr. Gegen Ende des Jahres 1131 war Joscelin I. von Edessa an den Folgen einer Verwundung gestorben 8 ). Aus seiner Ehe mit einer Armenierin aus dem Hause der Rubeniden, Schwester des Fürsten Leo I. von Vahka (Feke, sw. Hadschin) im cilizischen Taurus, stammte Joscelin II., der nicht nur ä u ß e r lich seinem kriegstüchtigen Väter unähnlich war, sondern auch lieber westlich vom Jordan in dem schöngelegenen Turbessel ein üppiges Genußleben führte, statt sich rechtzeitig um die Verteidigung Edessas zu kümmern. Pflichtvergessen war auch Alix, die Schwester Melisendes und Witwe Bohemunds II. von Antiochia. Sie dachte in ihrem sträflichen Leichtsinn nur daran, künftig an Stelle ihrer eigenen, wohl 1128 geborenen Tochter Konstanze 6 ) zu regieren, und scheute sich sogar nicht, mit Zengi hochverräterische Verbindungen anzuknüpfen 7 ). In Zengi erstand dem Islam die Persönlichkeit, die ihm im Kampf mit den Lateinern bis dahin gefehlt hatte. Sohn des früher genannten türkischen Mamluks Ak Sonkor, 1084 geboren, erregte er bald durch seine Leistungen Aufmerksamkeit, wurde 1127 Statthalter und Atabeg von Mosul, brachte im folgenden Jahr Aleppo in seine Hand und stellte sich die Aufgabe, mit den vereinigten Kräften des Islams die Fremden zu vertreiben. In erster Linie Feldherr, verstand er es doch auch, in den eroberten Gebieten für Ordnung und Recht zu sorgen. Klares Urteil und rascher Entschluß zeichneten ihn vor allem a u s 8 ) . Gleich nach dem April 1135 eroberte er die lateinischen Plätze westlich des Orontes 9 ), ohne d a ß ihm von anderer Seite Hindernisse in den W e g gelegt wurden. Als der abbasidische Chalif al-Mustarschid am 30. August 1135 von Assassinen, die vermutlich der Sultan Masud >) Wilhelm von Tyrus 14, Kap. 1. — ' ) Röhricht, Königreich S. 194. Chartrou S. 5, 225, 228. La Monte, Monarchy S. 11, dazu Joranson S. 100. Grousset 2, S. 1, 5. — 4 ) Herzog, Kreuzfahrerstaaten S. 28, 40. — *) Röhricht, Königreich S. 197. Stevenson, Crus. S. 133. Grousset 2, S. 17, Anm. 2. — ") Röhricht, Königreich S. 195. Stevenson, Crus. S. 131. Grousset 2, S. 6, 8. — •) Grousset 2, S. 9. — ' ) Röhricht, Königreich S. 189. Grousset 1, S. 673. — •) Weil 3, S. 244. Röhricht, Königreich S. 183. Stevenson, Crus. S. 120, 129. Chalandon, Jean S. 129. Muir S. 584. Grousset 1, S. 666; 2, S. 53, am Schluß Stammtafel. Enz. Islam 4, S. 1325. — •) Röhricht, Königreich S. 203. Stevenson, Crus. S. 134. Grousset 2, S. 62.

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von Persien, Sohn Muhammeds, gedungen hatte, ermordet worden war 1 ), wirkte sich das für Zengi günstig aus. Denn al-Mustarschid wäre bei seiner lebendigen Tatkraft wohl fähig gewesen, seiner verblaßten Würde neuen Glanz zu verleihen. Im Juni 1137 belagerte Zengi das wichtige Hirns, im folgenden Monat Montferrand (Barin) nordwestlich davon. Graf Raimund II. von Tripolis, Sohn des kurz vorher gefallenen Pontius, rief Fulko herbei 8 ). Dasselbe tat aber auch Raimund von Antiochia, der sich gegen einen oströmischen Vorstoß zu wehren hatte. Dieser Raimund, der um 1114 geborene Sohn Herzog Wilhelms IX. von Aquitanien, war wegen der Feindschaft Rogers II. von Sizilien, der selbst auf das Fürstentum Anspruch machte, heimlich aus England herbeigeholt worden und hatte 1136 Konstanze, die schon erwähnte Tochter Bohemunds II., geheiratet, sehr zum Ärger ihrer Mutter Alix, die den ungewöhnlich schönen und starken Ritter gern selbst zum Gatten gehabt hätte 3 ). Der König entschied, daß die Abwehr der Türken dringender sei, und rückte mit Raimund II. von Tripolis in Eilmärschen in der Richtung auf Montferrand vor, wobei er sich auf angeblich wegkundige syrische Führer verließ. Das Heer wurde aber am 11. Juli 1137 von Zengi in engen Schluchten, ehe es sich hatte richtig aufstellen können, überfallen und zersprengt. Raimund II. von Tripolis wurde gefangen 4 ). Als Fulko sah, daß alles verloren sei, folgte er dem Rat seiner Umgebung und rettete sich nach Montferrand, obwohl dies ungenügend verproviantiert war und von den Feinden belagert wurde. Ein oströmisches Heer näherte sich Antiochia, und das Königreich geriet in die äußerste Gefahr. Fulko und die mit ihm eingeschlossenen Lateiner waren von der Außenwelt vollkommen abgesperrt und hatten keine Ahnung davon, daß der Patriarch Wilhelm von Jerusalem und mehrere Barone zum Entsatz herbeieilten. Unter dem Zwang des Hungers und der Krankheit ergaben sie sich Mitte August 1137 unter annehmbaren Bedingungen, wurden auch freigelassen, aber Montferrand ging natürlich verloren. An dieser Stelle bietet sich Gelegenheit, der beiden kirchlich-militärischen Genossenschaften zu gedenken, die später von der Geschichte der Kreuzzüge und des Königreichs Jerusalem unzertrennlich geworden sind: der Johanniter und der Templer. Für die seit den ältesten Zeiten das Heilige Grab besuchenden Pilger gab es ein Spital, um dessen Wiedererrichtung nach der Christenverfolgung des Chalifen al-Hakim s ) sich besonders Bürger von Amalfi verdient machten. Zur Zeit des ersten Kreuzzugs stand an der Spitze ein von werktätiger Nächstenliebe erfüllter Mann, namens Gerhard, von dem wir wenig Sicheres wissen. Er war vielleicht ein Provenzale, wahrscheinlicher noch ein Amalfitaner. Als er den künftigen Orden gründete, verlangte er von den dienenden Brüdern die üblichen drei Ge») Weil 3, S. 231. Muir S. 585. Grousset 2, S. 62 mit dem Datum. Enz. Islam 3, S. 463, 833. — ' ) Röhricht, Königreich S. 204. Grousset 2, S. 69. — 3 ) Röhricht, Königreich S. 201. Richard, Poitou 1, S. 470, 494. Chalandon, Jean 2, S. 122. Groussüt 2, S. 36. — ') Weil 3, S. 281. Röhricht, Königreich S. 205. Stevenson, Crus. S. 137. Chalandon, Jean S. 128. Grousset 2, S. 70 f., 74, 81. — ") Cartellieri 2, S. 312, 361.

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lübde der Keuschheit, des Gehorsams und der Armut. Das ursprünglich griechische Kloster Johanns des Täufers wurde in die vorhandenen Baulichkeiten einbezogen, und daher erklärt sich der Name Johanniter 1 ). Gottfried von Bouillon beschenkte die Neugründung 1099 oder 11002). i n den Jahren 1110, 1112 und 1120 bestätigten die Könige Balduin I. und Balduin II. alle Besitzungen 3 ). Als die wahre Gründungsurkunde muß aber die Bulle gelten, die Paschalis II. am 15. Februar 1113 erließ 4 ). Das Spital wurde von der Zehntzahlung befreit und durfte sich seinen Vorsteher selbst wählen. Nach dem Tode Gerhards am 3. September 1120 5 ) folgte ihm Raimund von Le Puy, der wohl aus Languedoc stammte. Er gab die erste Regel im Anschluß an die der Augustiner 6 ). Von militärischen Verpflichtungen findet sich darin nichts. Noch blieb das Ziel die Unterstützung der armen und die Pflege der kranken Pilger. Die Anregung zur Umwandlung des Spitals in einen Ritterorden kam von außen. Während der unruhigen Regierung Balduins I. ergab sich die Notwendigkeit, die Pilger namentlich auf dem Wege von Jaffa nach Jerusalem vor den Angriffen der Türken zu schützen. Der Ritter Hugo von Payns (nw. Troyes), ein Laie, der früher verheiratet gewesen war, und sein Freund Gottfried von Saint-Omer beschlossen mit einigen Genossen, sich der schönen, aber gefahrvollen Aufgabe zu widmen. Wann es geschah, läßt sich nicht ermitteln. Gegen das meist angegebene Jahr 1118 bestehen starke Bedenken, sonst werden 1112 und 1119 genannt 7 ). Auch sie legten die drei Gelübde ab und schwuren, in reinem Sinn für den höchsten König zu streiten, wollten demnach nicht weltliche, sondern geistliche Ritter sein. Balduin II. räumte ihnen 1118 im sog. Tempel Salomos, d. h. in der heutigen Moschee al-Aksa, Quartier ein, so daß sie gemeinhin Templer genannt wurden 8 ). Hugo fand bei einem Aufenthalt in Frankreich wirksame Unterstützung durch Bernhard von Clairvaux. Dieser war anwesend, als am 13. Januar 1128 unter dem Vorsitz des Kardinalbischofs Matthäus von Albano 9 ) ein Konzil zu Troyes 1 0 ) eröffnet wurde. Bernhard diktierte die Hauptpunkte der zunächst lateinischen Ordensregel, die auf der der Benediktiner beruhte und die Verpflichtung zu einem einfachen und ernsten, jedem Sinnengenuß abholden Leben enthielt. Manche Einzelheiten bleiben zweifelhaft. Die spätere französische Fassung ist nicht als eine bloße Übersetzung, sondern als eine Weiterbildung zu betrachten 1 1 ). Hugo wollte in Frankreich für die Entsendung neuer Streit*) Delaville le Roulx, Hospitaliers S. 3 ff. Prutz, Ritterorden S. 9 ff. King, Hospitallers S. 1 ff. u. Rule. Grousset 1, S. 541. — a ) Cart. des Hosp. 1, Nr. 1. — ») Cart. des Hosp. 1. Nr. 20, 28, 53. — «) Cart. des Hosp. 1, Nr. 30; 4, S. 311. — 6 ) Fulcher 3, Kap. 9, S. 642. — •) Delaville le Roulx, Statuts. — 7 ) Lundgreen S. 52, 60. — 8 ) Röhricht, Königreich S. 145. Prutz, Ritterorden S. 24 ff. Enz. Islam 2, S. 1179. Hansen S. 124. Records of the Templars S. XXXVIII. Grousset 1, S. 542. Williams S. 235. Campbell S. 19 ff. — •) Bachmann S. 17. Schieffer S. 229. — 10 ) Prutz, Ritterorden S. 25. Lundgreen S. 67. Vacandard 1 », S. 235. Williams S. 236. — " ) De Curzon, Règle S. 11. Delaville le Roulx, Règle. Prutz, Ritterorden S. 25. Schnürer, Templer S. 298. Lundgreen S. 157, 169. Vacandard 1», S. 238. Williams S. 237. Oben S. 195. C a r t e l l i e r i , Der Vorrang des Papsttums.

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kräfte nach dem Heiligen Lande und namentlich für den Eintritt in seinen entstehenden Orden Stimmung machen. Auf seinen als des ersten Meisters Wunsch verfaßte Bernhard deshalb die schon früher erwähnte Abhandlung „Über das Lob der neuen Ritterschaft", die uns sehr wertvolle Einblicke in das Wesen der Gründung gewährt und sich vielfach mit der Regel berührt. Zunächst rechtfertigte er allgemein, daß der Christ Krieg führen dürfe, und betonte, d a ß es ihm erlaubt sei, die Heiden zu töten, da sie ja nicht auf andere Weise verhindert werden könnten, die Gläubigen zu bekämpfen. Ebensowenig wie später in seiner Predigt vor dem zweiten Kreuzzug nahm er Anstoß daran, daß Verbrecher aller Art nach Jerusalem aufbrechen würden. Daraus ergebe sich ein doppelter Vorteil: die einen würden durch den Auszug übler Menschen, die anderen durch die Ankunft kampfbereiter Helfer erfreut 1 ). Das stete Aufblühen des Ordens und sein Anteil an der Kriegführung 2 ) ist an dieser Stelle nicht zu verfolgen. Ganz besonders wurde er durch Papst Innocenz II. gefördert 8 ). Die Templer waren der erste militärische Orden und erhielten schon bald die Bluttaufe. Ihrem Beispiel folgten die Johanniter, ohne daß ein bestimmtes Jahr für die Änderung ihrer Ziele angegeben werden könnte. Allem Anschein nach erfolgte sie nicht plötzlich, sondern allmählich. Im Jahr 1123 wird sie im Gang gewesen sein. Als König Fulko den Johannitern 1136 die Hut der später wieder zu erwähnenden Burg Gibelin (Beit Jibrin) anvertraute 4 ), begann ihr unermüdlicher Kampf gegen die Ungläubigen, bis sie schließlich auf Malta verweichlichten und ihren hohen Idealen untreu wurden. Beide durch sehr häufige Schenkungen reich bedachte 5 ) Ritterorden sind in den Vordergrund des Geschehens im Heiligen Lande erst nach dem zweiten Kreuzzug getreten, und deshalb mußte es hier genügen, die durch spärliche Überlieferung und Legendenbildung undeutlich gewordenen Anfänge in größter Kürze darzulegen. Auf die Johanniter und die Templer darf man den Satz anwenden, daß der Haß der Feinde ihnen ein unvergängliches Denkmal gesetzt hat. Man denke daran, wie der große Sultan Saladin mit ihnen verfahren ist 6 ). Doch wird man auch hier beachten, daß Todfeindschaft Nachahmung nicht ausschließt und d a ß der vorbehaltlose Einsatz der lateinischen Ritter an dem muslimischen Djihad, dem Krieg „auf dem Wege Gottes", ein eindrucksvolles Vorbild hatte 7 ). ») De laude Sp. 928. Prutz, Ritterorden S. 27. Lundgreen S. 165. Vgl. unten in Buch 8, Kap. 1, Bernhards Kreuzzugsbriefe. — ") Qrousset 2, S. 125, 242. v. Frauenholz 1, S. 96, 121, 187. — ' ) Schnürer S. 511. Lundgreen S. 183. — *) Cart. des Hosp. 1, Nr. 116; 4, S. 312. King, Hospitallers S. 33, 34. — ") Cart. des Hosp. u. Cart. du Temple. — •) Röhricht, Königreich S. 441. — ') Prutz, Ritterorden S. 32. Enz. Islam 1, S. 1087.

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VIERTES KÄPITEL.

ZENGI, BASILEUS JOHANN II. UND DIE LATEINISCHEN STAATEN. (1130—1143.) Die geschilderten Ereignisse bereiteten einen Wendepunkt in der Geschichte der Kreuzfahrerstaaten vor. Der Islam hat jetzt einen Mann, eben Zengi, der seine S t o ß k r a f t einheitlich leitet, und die Lateiner haben ihn nicht. E s sollte sich bitter rächen, d a ß sie keinen W e r t darauf gelegt hatten, mit Ostrom freundschaftliche Beziehungen zu pflegen, o b wohl sie doch wie jene Christen waren. Deshalb hätten Opfer, besonders solche der Eigenliebe, der päpstlichen und der fürstlichen Eitelkeit, gebracht werden müssen, aber sie wären durch die gefahrvolle Lage durchaus gerechtfertigt gewesen. Von 1130 an unternahm Johann II. eine Reihe von Feldzügen gegen die Muslimen, ohne d a ß es bei dem schlechten Stand der Überlieferung möglich wäre, sie zeitlich genau zu bestimmen. Hier muß es genügen, der wichtigsten kriegerischen Ereignisse kurz zu g e d e n k e n 1 ) . Den Türken war nicht unbekannt geblieben, d a ß des Basileus jüngerer Bruder Isaak sich an einer Verschwörung gegen ihn beteiligt hatte und, als sie entdeckt wurde, zu einem Danischmendiden 2 ) floh. W e r es war, l ä ß t sich bei den widersprechenden Nachrichten über das Geschlecht nicht sicher ausmachen. Mitte Dezember 1 1 3 2 3 ) brachte der Basileus K a s t a m o n * ) im alten Paphlagonien, die Heimat der Komnenen, zur Ergebung. Großartig war der Triumph, den er 1 1 3 3 in Konstantinopel nach altrömischer Sitte feierte. Hinter der langen Reihe der Gefangenen schritt zu F u ß , das Kreuz in der Hand, der Basileus und Autokrator, hinter ihm zogen vier weiße Rosse einen W a g e n , auf dem das Bild der heiligen Jungfrau die Menge überragte. Dann folgten die Mitglieder der kaiserlichen Familie und die obersten Beamten. Man hat neuerdings von einem oströmischen Kreuzzug gesprochen, bei dem allerdings die territorialen Eroberungsziele viel deutlicher zutage traten als bei den lateinischen. Als es dem Danischmendiden gelang, Kastamon zurückzuerobern, und er die daselbst gefangenen Oströmer niedergemetzelt hatte, rückte Johann im Herbst 1 1 3 4 wieder ins Feld«), gewann zu Anfang 1 1 3 5 *) Chalandon, Jean S. 17, 82, 85. Ostrogorsky S. 268. — ») Chalandon, Jean S. 83, 85. — ») Chalandon, Jean S. 86. Grousset 2, S. 85. — •) Enz. Islam 2, S. 864. — ») Chalandon, Jean S. 88. Grousset 2, S. 85 mit der Zeit. 21

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Kastamon zurück und zwang Gangra 1 ) (Kaghri, nö. Ancyra) zur Kapitulation. Der Halys, der nach Herodot Medien und Lydien trennte, wurde von neuem Reichsgrenze, und Ostrom erreichte jetzt allein das Ziel, das sich der verunglückte Nachkreuzzug von 1101 gestellt hatte. Wenn der Basileus sein Augenmerk auf Cilizien richtete, mußte er sich mit den armenischen Fürsten auseinandersetzen, die dem Namen nach Vasallen Ostroms waren. Besondere Bedeutung kam in diesem Zusammenhang der schon erwähnten Familie der Rubeniden*) zu. Ihre Hauptstadt war Vahka. Auf Thoros I. folgte 1129 sein Bruder Leo I., ein sehr unternehmender Fürst, der den Oströmern Tarsus, Adana und Mamistra entriß und sich so unabhängig stellte, wie ihm möglich war 8 ). Da griff Johann II. kräftig ein, um sich nicht den Weg nach Syrien versperren zu lassen. Im Grunde beanspruchte er doch alles, was früher einmal zum Kaiserreich gehört hatte, nicht bloß Antiochia, sondern ebenso EdeSsa und Tripolis, ja auch Jerusalem. Ganz erfüllt von der Größe der Aufgabe, hoffte er, seinen Vorgängern gleichzukommen, ja sie zu übertreffen. Er mag den Vormarsch Ende 1136 oder Anfang 1137 angetreten haben 4 ). Umfassende Rüstungen waren vorhergegangen. Das Heer wird als ungeheuer groß geschildert. Dazu gehörten eine sehr zahlreiche Reiterei und eine Masse Wagen für das Gepäck und die Lebensmittel. Unter den Truppen fanden sich Petschenegen und Muslimen, Gefangene aus den letzten Kriegen. Im April 1137 wurde Cilizien erreicht. Leo I. war nicht in der Lage, einen erfolgreichen Widerstand zu leisten. Am einfachsten erklärt sich das dadurch, daß die übrigen kleinen Machthaber in Armenien keine Lust verspürten, für den mächtigsten aus ihrem Kreise Opfer zu bringen und sich damit der Rache des doch überlegenen Basileus auszusetzen. Die verlorenen Städte wurden wiedergewonnen, und es begann die Belagerung des durch seine hohe Lage geschützten Anazarba (Ain Zarba, n. Missis), das sich nach einer Beschießung von 37 Tagen im Juli 1137 ergab 5 ). Johann II. betrat das Gebiet von Antiochia in der festen Überzeugung, daß sein Recht auf das Fürstentum gar nicht zu bezweifeln sei. Maßgebend war für ihn allein der im Jahre 1108 zu Diabolis von Alexius mit Bohemund I. geschlossene Vertrag 6 ). Der Standpunkt der Kreuzfahrer war dagegen, daß jene Abmachungen durch den Tod Bohemunds gegenstandslos geworden seien und daß überdies Alexius seine Verpflichtungen nicht erfüllt habe. Johann hatte mehrfach versucht, durch diplomatische Mittel einen Ausgleich zu erzielen und u. a. die Verheiratung eines Komnenen-Prinzen mit einer lateinischen Prinzessin vergeblich vorgeschlagen. Den Anlaß zum Angriff bot die erwähnte Ehe Konstanzens von Antiochia mit Raimund von Poitiers, weil dazu keine Erlaubnis des oströmischen Lehnsherrn eingeholt worden war 7 ). Enz. Islam 2, S. 766. — 2 ) Tournebize S. 169, 174. Vasiliev 2, S. 54. Grousset 1, S. XL, XLII, 44; 2 am Schluß Stammtafel. Oben S. 319. — *) Chalandon, Jean S. 107 f. — *) Röhricht, Königreich S. 211. Tournebize S. 174. Chalandon, Jean S.,112 mit der Zeit. Grousset 2, S. 86. Honigmann S. 130. Ostrogorsky S. 268. — 6 ) Chalandon, Jean S. 115. Enz. Islam 1, S. 225. — •) Chalandon, Jean S. 122. — 7 ) Oben S. 320.

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Vom 29. August 1137 an belagerte Johann Antiochia und benutzte dabei wie gewöhnlich seine besseren technischen Hilfsmittel, namentlich seine Schleudermaschinen 1 ). Raimund, dem es gelungen war, sich in die Stadt einzuschleichen, leitete die Verteidigung gegen die an Zahl und Hilfsmitteln überlegenen Feinde, so gut er konnte. Fulko und Raimund II. von Tripolis waren wegen ihrer eigenen traurigen Schicksale nicht in der Lage, Hilfe zu bringen. Es blieb Raimünd von Antiochia nichts anderes übrig, als vor dem 10. September um Frieden zu bitten. Fulko erklärte sich damit einverstanden und erkannte die oströmische Oberhoheit als rechtmäßig an. Johann verlangte auch nicht die Einverleibung, sondern begnügte sich mit Raimunds Treueid und Mannschaft. Das kaiserliche Banner wehte bald auf dem Hauptturm der Stadt. Im nächsten Jahr sollte ein oströmisch-lateinischer Kreuzzug gegen die Türken unternommen und ein neues Fürstentum mit Aleppo, Schaizar (Cäsarea am Orontes) und anderen Städten für Raimund begründet werden, wofür dieser dann Antiochia an Ostrom auszuliefern hätte. Der Basileus sollte jederzeit Zugang nach Antiochia haben. Damit war nach langen und schwierigen Kämpfen das Ziel erreicht, das sich früher Alexius gestellt hatte: Antiochia oströmisch! Ein großartiger Erfolg, vielleicht der Auftakt zu noch größeren. Im Winter 1137/1138 bezwangen die Oströmer auch noch das armenische Vahka, das sich tapfer zur Wehr gesetzt hatte. Leo und sein Sohn Rupen wurden gefangengenommen und nach Konstantinopel geschickt 2 ). Jener starb, ohne die Freiheit wiedererlangt zu haben. Dieser wurde wegen seiner ungewöhnlichen Körperkraft auf Befehl Johanns getötet. Im März 1138 bot der Basileus seine neuen Vasallen, Raimund von Poitiers-Antiochia und Joscelin II. von Edessa, auf. Es war wohl ein Fehler, d a ß sie nicht gleich versuchten, Aleppo durch Überraschung zu nehmen, sondern sich mit der Einnahme einer an und für sich wichtigen Burg aufhielten, so daß sie erst am 19. April vor Aleppo anlangten und es, da es sich im Verteidigungszustand befand, nicht mehr nehmen konnten. Angeblich fehlte es ihnen an Wasser und an Lebensmitteln. Am 28. erreichten sie das Weichbild von Schaizar, das auf einem gewaltigen, schmalen Felsrücken oberhalb des Orontes liegt. Johann II. betrieb die Belagerung mit großartiger Tatkraft, setzte einen gewaltigen Geschützpark ein und schonte sich auch persönlich in keiner Weise 8 ). Unter seinen Truppen werden Mazedonier, Kelten, d . h . wohl Normannen, Petschenegen und Türken genannt. Sowohl Raimund als Joscelin II. zeigten gar keine Kampflust und vergnügten sich mit W ü r feln und Schachspiel. Raimund legte geringen Wert auf Eroberungen, Dölger 2, Nr. 1314. Röhricht, Königreich S. 211. Stevenson, Crus. S. 139. Chalandon, Jean S. 129, 133 mit der Zeit. Vasiliev 2,'S. 54. Grousset 2, S. 88, 96. La Monte, Monarchy S. 193. Enz. Islam 4, S. 310. Honigmann S. 130. Ostrogorsky S. 268. — s ) Dölger 2, Nr. 1316. Chalandon, Jean S. 116, 134. — ») Dölger 2, Nr. 1317 ff. Röhricht, Königreich S. 215. Stevenson, Crus. S. 140. Chalandon, Jean S. 134, 139. Enz. Islam 4, S. 310. Grousset 2, S. 100, 111 mit Daten. Honigmann S. 131. 325

die ihn vertragsmäßig den Besitz von Antiochia kosten sollten. Empört über ihr Verhalten, verhandelte Johann mit Sultan, dem unabhängigen arabischen Emir von Schaizar, und begnügte sich mit dessen Zahlungen. Am 2 3 . Mai verließen die letzten Oströmer das Lager. Mit unverhohlenem Mißbehagen hatte Papst Innocenz II. die F o r t schritte Johanns im Morgenland verfolgt. Nicht ohne Grund fürchtete er, d a ß die griechische Kirche in den wiedereroberten Gebieten zum Schaden der lateinischen die Oberhand gewinnen könnte. E r hatte deshalb am 2 8 . März 1 1 3 8 alle Lateiner aufgefordert, den Dienst des B a s i leus zu verlassen, falls dieser Antiochia a n g r i f f e 1 ) . O b weitere Schritte in dieser Sache getan wurden, ist nicht bekannt. Der Basileus wollte seinen Feldzug nicht umsonst unternommen haben. E r bezog g e m ä ß dem ihm eingeräumten Recht Quartier in Antiochia und verlangte die Auslieferung der B u r g 2 ) . Raimund wußte sich nicht zu helfen, aber Joscelin II. war geschickt genug, einen Ausw e g zu finden. E r behauptete, d a ß erst die Bürger befragt werden müßten, gewann auf diese Weise Zeit und hetzte das Volk gegen die verhaßten Oströmer auf. E s g a b einen wilden Aufruhr. Johann, der darauf nicht g e f a ß t war, fürchtete für sein Leben und zog ab. Man kann sich vorstellen, welche Gefühle ihn gegen die Lateiner bewegten. Von einer Fortsetzung des oströmisch-lateinischen Kreuzzugs war natürlich nicht mehr die Rede, und der einzige unmittelbare G e winn für Johann waren die Eroberungen in Cilizien, die aber auch nicht dauernd behauptet werden konnten. Daran ist allerdings nicht zu zweifeln, d a ß das Ansehen des Basileus erheblich stieg und sein Ruhm sich weithin verbreitete. An bequeme Ruhe dachte er nicht. Zu Anfang 1 1 3 9 wandte er sich gegen den Danischmendiden Muhammed, Sohn Melik Ghazis ( G ü müschtegin), der ihm verschiedene befestigte Plätze weggenommen, Gefangene fortgeschleppt und Land verwüstet hatte. Vor Ende Januar (Niksar, 1 1 4 0 marschierte er in der Richtung auf N e o - C ä s a r e a s ) ö. Amasia) und wollte womöglich bis Trapezunt 4 ) am Schwarzen Meer vorstoßen, um den dortigen Herzog G a b r a s zum Gehorsam zu zwingen. Seine Soldaten hatten unter den Strapazen und der Lebensmittelknappheit schwer zu leiden. Pferde und Zugtiere fielen in Menge. Außerdem griff die türkische Reiterei unaufhörlich an. Trotzdem wurde NeoCäsarea belagert. Unliebsame Zwischenfälle lähmten die Angriffskraft des Basileus. Sein Sohn Manuel ließ sich in seinem jugendlichen Ungestüm auf einen Kampf mit überlegenen feindlichen Truppen ein. Sein Neffe Johann, Sohn Isaaks, ging zu dem Danischmendiden über, schwur das Christentum ab und heiratete eine Tochter des Sultans von Anatolien 5 ). Der Basileus war sehr klug, aber nicht starrsinnig. E r erkannte, d a ß alle weiteren Bemühungen vergeblich sein würden, und g a b nach längeren Monaten wohl noch 1140 den Befehl zum Rückzug. Jetzt , kam es zu einem anderen, dem Grundgedanken der Kreuzzüge durchaus widersprechenden Bündnis. Weil Zengi mit seinen gegen *) Chalandon, Jean S. 164. — 2 ) Chalandon, Jean S. 147. Grousset 2, S. 112. — ») Enz. Islam 3, S. 988. — *) Chalandon, Jean S. 175, 178, 180. — ») Chalandon, Jean S. 179. 326

Damaskus gerichteten Bemühungen nicht ruhte und am 6. Dezember 1139 die Belagerung begann 1 ), knüpfte der mit der Verwaltung der Stadt betraute Mamluk Muin al-Din Unur, ein sehr kluger und gemäßigter Mann, Beziehungen zu Fulko an und bediente sich dabei des Usama Ibn Munkidh 2 ), dessen lebendige und anschauliche Erinnerungen uns so wertvolle Einblicke in die ritterliche Gesellschaft auf Seiten der Muslimen gewähren. Fulko schwankte, ob er auf die Vorschläge eines Ungläubigen eingehen sollte, und fragte seine Barone um Rat. Die Meinung war, daß, wenn Zengi mit dem Besitz von Mosul, Aleppo und anderen wichtigen Städten noch den von Damaskus verbände, das lateinische Königreich kaum noch zu halten sein würde. Fulko eilte deshalb im Sinne Unurs Damaskus zu Hilfe, Zengi gab am 4. Mai 1140 die Belagerung auf und betrat Syrien nicht wieder 3 ). Daß im Sommer 1139 Dietrich von Elsaß, Graf von Flandern, mit einem kleinen Heer gelandet war und sich seinem Schwiegervater zur Verfügung gestellt hatte 4 ), hob die Stimmung der Kreuzfahrer. Er hatte Sibylle, Fulkos Tochter aus dessen erster Ehe mit Eremburg von Maine, geheiratet. Unter keinen Umständen wollte sich der Basileus durch gelegentliche Rückschläge von seinen weitausschauenden Plänen abbringen lassen. Im Jahre 1142 war er fest entschlossen, endlich die Unterwerfung von Antiochia zu vollziehen, und er konnte mit gutem Recht daran denken, weil, wie es scheint, Raimund von Poitiers und Joscelin II. ihn um Hilfe gegen Zengi gebeten hatten. Johann traute ihnen aber nicht, rechnete damit, daß sie ihn wieder wie 1138 nur für ihre eigenen Zwecke ausnutzen wollten, und handelte schnell. Plötzlich stand er vor Turbessel 5 ). Joscelin wagte gar keinen Widerstand und stellte seine Tochter Isabella als Geisel. Der weitere Vormarsch des starken oströmischen Heeres erlitt allerdings eine für den Basileus besonders schmerzliche Verzögerung. Wohl am 3. August starb sein seit mehreren Jahren zum Mitregenten erhobener Sohn Alexius und nicht lange darnach auch sein zweiter Sohn Andronikus 6 ). So konnte er erst am 25. September 1142 von der Burg Gastun 7 ) (Baghras, n. Antiochia) aus dem Fürsten Raimund ein Ultimatum stellen: er möchte ihm Antiochia mit der Burg und allen anderen Festen übergeben. Dafür sei der Basileus bereit, seinerseits alle Verpflichtungen zu erfüllen 8 ). Es ist zu beachten, daß jede Machterweiterung Ostroms zugleich eine solche der griechischen Kirche auf Kosten der armenischen oder syrischen bedeutete. Raimund zeigte sich unschlüssig und befragte in seiner Verlegenheit den Adel, die Geistlichkeit und die Bürger. Alle sahen sich darin einig, daß sie nicht im *) Röhricht, Königreich S. 219. Grousset 2, S. 130. — ») Weil 3, S. 285. Röhricht, Königreich S. 220. Stevenson, Crus. S. 143. Grousset 2, S. 131, 134. — ») Stevenson, Crus. S. 146. Grousset 2, S. 133. — *) Röhricht, Königreich S. 219. Grousset 2, S. 124. Ann. de Gand S. 106, Anm. 7. Oben S. 186. — 6 ) Chalandon, Jean S. 187. — •) Chalandon, Jean S. 183. — ' ) Enz. Islam 1, S. 593. — ») Dölger 2, Nr. 1323. Röhricht, Königreich S. 226. Stevenson, Crus. S. 148. Chalandon, Jean S. 183, 187. Grousset 2, S. 146.

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Griechentum aufgehen wollten. Ihre zum Basileus geschickte Gesandtschaft berief sich darauf, daß Raimund bloß als Gemahl der Erbin Konstanze gar kein Recht habe, über das Fürstentum zu verfügen, und betonte, daß dieses unter dem Papst und dem deutschen Kaiser stünde. Selten genug wird des deutschen Kaisers in den Staaten der Kreuzfahrer gedacht. Johann sah von einer Belagerung ab und begnügte sich, weil die schlechte Jahreszeit nahte, durch die Plünderung der Vorstädte Schrecken einzujagen. Dann bezog er Winterquartiere in der cilizischen Ebene zwischen Anazarba und Mamistra. Im Frühjahr 1143 sollte der Krieg mit besserer Aussicht auf Erfolg wiederaufgenommen werden. Der Basileus gehörte zu den Staatsmännern, die es sich zutrauen, ein Ziel auch auf weiten Umwegen zu erreichen. Er teilte Fulko durch eine feierliche Gesandschaft mit, daß er an der Spitze seines Heeres die heiligen Stätten Jerusalems besuchen wolle 1 ). W i e es scheint, erhob er noch keine territorialen Ansprüche; aber wer konnte wissen, welches Verfahren die immer undurchsichtige oströmische Politik noch einschlagen würde, um schließlich die Lehnshoheit auch über Jerusalem anerkannt zu bekommen? Das wäre ein Triumph allerersten Ranges für Ostrom geworden, ein Beweis für die Lebenskraft des oft unterschätzten Reiches. Hatte nicht Kaiser Heraklius 6 2 9 das Heilige Kreuz in Jerusalem wieder aufgerichtet? Hatten nicht Nicephorus II. Phokas ( 9 6 8 ) , Tzimisces ( 9 7 5 ) und Romanus III. ( 1 0 3 0 ) ihr Augenmerk auf Jerusalem gerichtet? An ihrem guten Willen hatte es jedenfalls nicht gefehlt, wenn sie nicht schon sehr viel früher das Heilige Grab erobern konnten 2 ). Bei persönlicher Anwesenheit Johanns wäre Fulko kaum der Notwendigkeit entgangen, sich irgendwie als dessen Lehnsmann zu bekennen. Er wollte das selbstverständlich nicht und wies den hohen Besuch sehr höflich und geschickt mit der Begründung ab, daß die Lebensmittel Jerusalems die Beherbergung eines so großen Heeres nicht erlaubten. Wolle aber der Basileus mit höchstens 10 0 0 0 Reitern (so in der Quelle) kommen, so sei er willkommen. Man würde ihm als dem Herrn und größten Fürsten des Erdkreises gehorchen. Johann verzichtete. Ehe er aber neue Rüstungen anordnen konnte, verschied er auf dem „Mantelfeld", zwischen Anazarba und Mopsuestia, 5 5 Jahre alt, an den Folgen einer Verwundung, die er sich auf der Wildschweinsjagd durch einen vergifteten Pfeil zugezogen hatte, am 8. April 1143»), Der Tod eines so gewaltigen Kriegers, wie es Johann II. war, befreite sowohl Zengi als auch Fulko von ihrem gefährlichsten Gegner. Bei längerem Leben hätte er sicher versucht, dem allen hervorragenden Basileis vorschwebenden Endziel, der Wiederherstellung des alten Imperium Romanum, näherzukommen. Wäre ihm zunächst in Asien ErDölger 2, Nr. 1324. Röhricht, Königreich S. 228. Chalandon, Jean S. 191. Vasiliev 2, S. 55. Grousset 2, S. 150. — ») Cartellieri 1, S. 88, 92 (dazu Fulcher S. 6 3 3 ) ; 2, S. 144, 165, 404. — ' ) Röhricht, Königreich S. 228, Anm. 4. Chalandon, Jean S. 192. Vasiliev 2, S. 55. Grousset 2, S. 152. Honigmann S. 133. Enz. Islam 3, S. 602. Ostrogorsky S. 269.

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folg beschieden gewesen, so würde der oströmische Druck bald genug im Westen, und zwar zuerst in Sizilien oder an der Küste der Adria spürbar geworden sein. Fulko bekam keine Gelegenheit mehr, zu den durch Johanns Tod veränderten Verhältnissen Stellung zu nehmen. An einem nicht sicher zu bestimmenden Tage, wahrscheinlich dem 10. November 1143, starb er, 53 Jahre alt, bei Akka an den Folgen eines Sturzes mit dem Pferde, als er einen Hasen verfolgte 1 ). Seine Politik gipfelte in der Erhaltung des lateinischen Charakters von Antiochia und in der Abwehr einer oströmischen Oberhoheit über Jerusalem. Von den Gefahren, die über sein Königreich heraufzogen, gab er sich wohl Rechenschaft und schützte es durch günstig gelegene, außerordentlich feste Burgen 2 ). Ibelin (Yebna) an der Straße von Askalon nach Jaffa, Blanche-Garde (Teil al-Safiya) zwischen Bethlehem und Askalon und Gibelin (Beit Yibrin) südlich von Blanche-Garde sollten Einfälle der ägyptischen Garnison von Askalon verhindern. Jenseits des Jordans, südöstlich des Toten Meeres, diente der Krak von Moab s ) (al-Kerak) dazu, die von Ägypten nach Syrien gehenden Karawanen zu beobachten. Durch diesen Neubau verminderte sich natürlich die Bedeutung von Montréal 4 ) (al-Schawbak), der Gründung Balduins I. südlich des Toten Meeres. Der Gesamtpolitik Fulkos wird man bei aller Würdigung seiner Leistungen den Vorwurf machen müssen, daß er zwar an das Nächstliegende, aber nicht immer genug an die Zukunft dachte. Dodu, Fulco S. 59 zu 1144. Röhricht, Königreich S. 229 zu 1143, auch Stevenson, Crus. S. 147. Chartrou S. 234 zu Anfang 1144. La Monte, Monarchy S. 14 u. Grousset 2, S. 164 zu 1143. — *) Röhricht, Königreich S. 227. Stevenson, Crus. S. 146. La Monte, Monarchy S. 14. Grousset 2, S. 154. — ») Enz. Islam 2, S. 916. — *) Enz. Islam 4, S. 366. Grousset 1, S. 281.

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FÜNFTES KftPITEL.

DER FÄLL EDESSAS UND DIE ERSTEN FELDZÜGE MANUELS I. (1143-1147.) F u l k o u n d M e l i s e n d e hinterließen keinen r e g i e r u n g s f ä h i g e n E r b e n 1 ) . Ihr älterer Sohn B a l d u i n III. war 13, der j ü n g e r e Amalrich 7 J a h r e alt. Die Kinder a u s F u l k o s erster, früher erwähnten E h e mit E r e m b u r g von Maine kamen nicht in Betracht. Glücklicherweise hatte sich die E r b lichkeit der K r o n e schon durchgesetzt, und zu Weihnachten 1143 w u r den sowohl Melisende a l s Balduin III. in der Kirche des Heiligen G r a b e s gekrönt. Von einer W a h l ist nicht die R e d e . D i e g e m e i n s a m e R e g i e r u n g von Mutter und Sohn d a u e r t e dem N a m e n nach bis 1152. In Wirklichkeit f ü h r t e Melisende die Geschäfte. B a l d u i n III. wird als ein recht b e g a b t e r j u n g e r M a n n geschildert, der sich durch ritterliche K a m e r a d schaftlichkeit auszeichnete, aber nicht den E h r g e i z hatte, b a l d allein zu v e r f ü g e n . In U r k u n d e n nannte er sich meist „ d u r c h Gottes G n a d e in der Heiligen S t a d t J e r u s a l e m vierter K ö n i g der L a t e i n e r " 8 ) . An d e m guten Willen der Königin-Mutter, d a s Reich auf der Höhe zu erhalten, die e s unter ihrem Gemahl erstiegen hatte, wird man nicht zweifeln. Aber sie w a r a l s Frau w e n i g geeignet, der dauernden U n b o t m ä ß i g k e i t d e r g r o ß e n Barone w i r k s a m zu steuern. Raimund von Poitiers-Antiochia fiel in Cilizien ein, weil er g l a u b t e , nach dem T o d e J o h a n n s II. u n g e s t r a f t R a c h e für d e s s e n A n g r i f f e nehmen zu k ö n n e n » ) . D e r A t a b e g Z e n g i w a r über die inneren S p a n n u n g e n in den lateinischen S t a a t e n nur allzu gut unterrichtet und f a ß t e die E r o b e r u n g von E d e s s a ins A u g e , weil er fest darauf rechnete, d a ß es von keiner Seite und j e d e n f a l l s nicht von dem eben genannten R a i m u n d Hilfe b e kommen würde. E d e s s a w a r durch den E u p h r a t von d e m übrigen lateinischen B e s i t z getrennt und von A n f a n g an auf drei Seiten von türkischem B e s i t z u m g e b e n . D a z u kam, d a ß Zengi über Mosul und A l e p p o gebot. D i e persönliche Unzulänglichkeit des G r a f e n Joscelin II. von E d e s s a wurde schon a n g e d e u t e t 4 ) . E r w a r d e m T r u n k und der U n zucht ergeben, fühlte sich in der G e s e l l s c h a f t von Abendländern nicht recht wohl und z o g ihnen Orientalen vor. S t a t t in E d e s s a eine starke ') Röhricht, Königreich S. 229. La Monte, Monarchy S. 15, dazu Joranson S. 99. Grousset 2, S. 171. — 2 ) La Monte, Monarchy S. 128. — ») Röhricht, Königreich S. 231. Chalandon, Jean S. 198, 239. Grousset 2, S. 173. — 4 ) Röhricht, Königreich S. 232. Grousset 2, S. 176. Oben S. 319.

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Besatzung zu unterhalten, begnügte er sich mit einer nicht sehr erheblichen Zahl von Söldnern, die er überdies schlecht bezahlte. Die eingesessenen Bürger, Armenier, Syrer und Griechen, wenig Lateiner, waren gute Kaufleute und Handwerker, aber schlechte Soldaten. Joscelin war nicht anwesend, als Zengi die Belagerung mit sehr starken Kräften am 28. November 1144 beginnen ließ und sehr bald persönlich den Oberbefehl übernahm 1 ). Der lateinische Erzbischof der Stadt, Hugo II., leitete die Verteidigung und wies die Aufforderung zur Übergabe mehrfach ab, weil er auf Entsatz durch Melisende und Raimund von Poitiers-Antiochia rechnete. Dieser war der nächste Nachbar, tat aber nichts, vielleicht nicht nur aus Schadenfreude, weil er mit Joscelin II. heftig verfeindet war, sondern aus Furcht vor Ostrom, das er durch seinen eben erwähnten Einbruch in Cilizien schwer gereizt hatte 2 ). Melisende schickte sofort Truppen, aber sie kamen zu spät. Die Bürger hielten sich im Verhältnis zu ihrer geringen Kampftüchtigkeit sehr wacker, obwohl sie bald durch Hunger geplagt wurden. Nach einer wirksamen Beschießung unterminierten die Türken die Stadtmauer und drangen am 23. Dezember ein. Ein Teil der Bevölkerung rettete sich in die Burg, mußte sie aber schon nach zwei Tagen aus Mangel an Wasser und an Lebensmitteln übergeben. Über den Umfang der Metzeleien gehen die Berichte der Quellen auseinander. Zengi wünschte, die Armenier und die Syrer zu schonen und damit die Stadt rasch zu neuer Blüte zu bringen. Von den Lateinern wurden nur die Vornehmen, die Lösegeld zahlen konnten, und die Handwerker gefangen fortgeführt, die übrigen grausam getötet. Zengi selbst wurde seines Sieges nicht froh. Er konnte zwar noch die östlich des Euphrat gelegenen, zur Grafschaft Edessa gehörigen Plätze erobern, aber mehr auch nicht. Als er zu einem neuen Schlage gegen Damaskus ausholte, wurde er bei der Belagerung der Burg Kalat Djabar») am mittleren Euphrat (gegenüber Siffin) von einem seiner Eunuchen und von Pagen, die Strafe fürchteten, in der Nacht vom 14. auf den 15. September 1146 im Schlaf ermordet 4 ). Er war 62 Jahre alt geworden. Zengi verdient eine Würdigung in der allgemeinen Geschichte. Seinem Sohne Nur al-Din und namentlich dem Sultan Saladin steht er nicht gleich, aber er kann als ihr Vorläufer in der Gegenkreuzzugsbewegung bezeichnet werden. Oft genug hat man seine Treulosigkeit und seine Grausamkeit getadelt, doch darf nicht vergessen werden, daß bei den Muslimen ebenso wie bei den Lateinern Eide und Menschenleben wenig galten und die Befriedigung des persönlichen Ehrgeizes selbstverständlich schien. Von seinen Söhnen folgte ihm der ältere Saif al-Din Ghazi 5 ) als Atabeg von Mosul, der jüngere Nur al-Din als Atabeg von Aleppo. 4 ) Weil 3, S. 287. A. Müller, Islam 2, S. 143. Röhricht, Königreich S. 233. Stevenson, Crus. S. 149. Ter-Origorian S. 102. Vasiliev 2, S. 58. Grousset 2, S. 179, 188, 879. — *) Röhricht, Königreich S. 236. Grousset 2, S. 174. — ») Enz. Islam 1, S. 1027. — *) Weil 3, S. 290. A. Müller, Islam 2, S. 143 mit dem Datum. Röhricht, Königreich S. 236. Grousset 2, S. 196. Enz. Islam 4, S. 1326. — ">) Enz. Islam 2, S. 159.

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Der Tod des gefürchteten Mannes machte den christlichen Armeniern in Edessa Mut, und sie lieferten wahrscheinlich in der Nacht des 27. Oktober 1146 Joscelin II. die Stadt aus. Doch mußte die türkische Besatzung in der Burg belagert werden. Joscelin sandte gleich wieder dringende Bitten um Unterstützung nach Antiochia, Tripolis und Jerusalem. Früher als ihre Truppen kam aber Nur al-Din und umzingelte die Stadt. Joscelin entschloß sich, in der Nacht auf den 3. November durchzubrechen; die Armenier folgten ihm freiwillig, die Syrer wohl nur gezwungen. Die verlassene Stadt wurde angezündet. Der Graf konnte sich dank der Schnelligkeit seines Pferdes in Sicherheit bringen, aber die unglückliche Menge wurde in die Stadt zurückgetrieben und erbarmungslos abgeschlachtet, wenn nicht versklavt 1 ). Man kann Joscelin den schweren Vorwurf nicht ersparen, daß er das Unternehmen nicht genügend vorbereitet hatte. So trug er die Schuld am jämmerlichen Untergang vieler Christen, die sich auf ihn verlassen hatten. Nur al-Din, Zengis 1118 geborener Sohn, wäre berühmter geworden, wenn ihn nicht später Saladin in Schatten gestellt hätte 2 ). Er besaß staatsmännische Tugenden, die in einer so wilden und wirren Zeit recht selten waren, vor allem Gerechtigkeitsliebe, Selbstlosigkeit und Einfachheit. Ihn beseelte eine aufrichtige Frömmigkeit und der lebhafte Wunsch, das zu tun, was Gott wohlgefällig wäre. Seinem Vorbild war es zu verdanken, daß der Krieg gegen die Christen als Glaubenssache aufgefaßt wurde. Die harten, ja grausamen Maßregeln, die er traf, entsprachen den damaligen Sitten. Seine umfassenden Pläne würde er kaum haben durchführen können, wenn ihm nicht die Lateiner in merkwürdiger Verblendung den Weg geebnet hätten. Der alte Unur verwaltete immer noch Damaskus im Namen des jungen buridischen Atabeg Mudjir al-Din Abak, den er mit seiner Tochter verheiratet hatte. Eine andere Tochter gab Unur am 30. März 1147 Nur al-Din zur Frau, ohne deshalb seine Verbindung mit Melisende und Balduin III. zu lösen 3 ). Da geschah es, daß ein Emir armenischer Abkunft aus dem Hawran 4 ) (ö. See von Tiberias), namens Altuntasch, sich mit Unur, dem er unterstand, erzürnte und sich bereit erklärte, dem Königreich Jerusalem Bosra 5 ) (ö. Derat) und Salkhad im Hawran abzutreten, wenn er unabhängig würde«). Der junge König und seine Mutter wagten keine Entscheidung zu fällen, aber die Barone hielten den Vorschlag für sehr günstig und boten Anfang Juni 1147 das Heer in der Nähe von Tiberias auf. Es ist schwer zu sagen, ob eine Verständigung mit Unur ohne Preisgabe des Altuntasch noch möglich gewesen wäre. Sie scheiterte, weil die Kreuzzugsdemagogen, wie man sie richtig geriannt hat, in ») Weil 3, S. 291. Röhricht, Königreich S. 236. Stevenson, Crus. S. 157. TerGrigorian S. 92, 104. Taylor S. 122 mit Daten. Grousset 2, S. 198, 200, 208, 884 mit Daten. — 2 ) A. Müller, Islam 2, S. 144. Stevenson, Crus. S. 155, 203. Enz. Islam 3, S. 1033. — ») Enz. Islam 1, S. 834. Röhricht, Königreich S. 239. Grousset 2, S. 209 f. — •) Enz. Islam 2, S. 312. — 5 ) Enz. Islam 1, S. 797. — •) Röhricht, Königreich S. 238. Stevenson, Crus. S. 158. Grousset 2, S. 211.

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größter Erregung die Besitzergreifung der beiden Plätze verlangten. Es war niemand da, der sie hätte in ihre Schranken weisen können. So wurde denn der Marsch mit Balduin III. angetreten, und vor Bosra stieß man auf die Truppen nicht nur Unurs, sondern auch Nur al-Dins, den Unur in seiner Bedrängnis herbeigerufen hatte. Die Frau des Altuntasch lieferte Bosra dem neuen Zweibund aus; die Lateiner sahen sich um ihre Hoffnungen betrogen und mußten umkehren 1 ). Sie taten es wenigstens in vortrefflicher Ordnung, die ihnen zu hohem Ruhme gereicht. Alle Verwundeten und Kranken nahmen sie mit und gelangten unter den größten Schwierigkeiten wohl um Ende Juni 1147 wieder nach Tiberias. Der junge Balduin III. hatte sich geweigert, in der Stunde der Gefahr mit dem Heiligen Kreuz auf dem besten Renner zu fliehen, und durch sein schönes Beispiel den Mut des Heeres wunderbar gestärkt. Aber eine schwere Einbuße an Ansehen bedeutete das verfehlte Unternehmen doch. Es währte nicht lange, und Jerusalem ebenso wie, Damaskus bedauerten, ihren Bund vorschnell aufgegeben und sich bekämpft zu haben. Ostrom trat jetzt sehr stark in den Vordergrund. Das zeigte sich in seinen Beziehungen zu Antiochia und zu den Seldschuken. Johann II. hatte noch auf dem Totenbett nicht seinen ältesten Sohn Isaak, der in Konstantinopel weilte, sondern den jüngsten, Manuel, der beim Heere stand, als den für die Regierung am meisten geeigneten gekrönt, mit dem kaiserlichen Mantel bekleidet und sowohl von seiner Umgebung als vom Heer anerkennen lassen 2 ). Manuel war zwischen dem 20. August und dem 1. Oktober 1143 von dem Patriarchen Michael Kurkuas in Konstantinopel gesalbt und gekrönt worden 3 ). Es gab einige Widerstände, aber sie wurden verhältnismäßig leicht überwunden. Der neue Basileus zählte etwa 20 Jahre. Man erinnert sich daran, daß seine Mutter Piroska-Irene eine Ungarin war. Seine Körpergröße war ungewöhnlich, sein Wesen einnehmend, sein Körper durch fortwährende Übung gestählt. Wir können uns dank ausführlichen Schilderungen ein lebendiges Bild von ihm entwerfen, was bei den Herrschern des Abendlandes in jenen Zeiten so selten der Fall ist. Jeder Sport war ihm vertraut, er liebte die Jagd auf wilde Tiere und stürzte sich ohne jede Rücksicht auf die Gefahr gern in Einzelkämpfe. Die ritterlichen Ideale des Abendlandes erfüllten auch ihn; er ahmte die Bewaffnung der Lateiner nach. Seine Bildung umfaßte Theologie, Philosophie, Medizin und Astrologie. Ein inneres Verhältnis zur Religion besaß er nicht; sie schien ihm aber nützlich, um das Volk zu beherrschen. Lateiner und Muslimen bevorzugte er gern. Im Privatleben unterschied er sich wesentlich von seinen beiden Vorgängern, die kein Ärgernis gegeben hatten. Bald nach seiner Heirat mit Berta von Sulzbach 4 ), der Schwägerin König Konrads III., die den Namen Irene annahm, im Jahre 1146, knüpfte er zahlreiche Liebesverhältnisse an, über die Näheres nicht bekannt ist 5 ). Eine Nichte 4 ) Röhricht, Königreich S. 239, 241, Anm. 1. Grousset 2, S. 214, 224. — ' ) Kretschmayr 1, S. 232. Chalandon, Jean S. 193 ff. Jorga, Vie 3, S. 16. Hóman 1, S. 387, 401. Ostrogorsky S. 269. — ' ) Chalandon, Jean S. 199, 247. — *) Chalandon, Jean S. 209, 262. — 5 ) Chalandon, Jean S. 205, 227.

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Theodora, über deren Familie Unsicherheit herrscht, erhob er zur offiziellen Geliebten. Sie ließ eine Nebenbuhlerin ermorden. Das schlechte Beispiel, das der neue Basileus hiermit gab, steckte die Hofgesellschaft an und riß sie in einen Taumel leichtfertiger Vergnügungen hinein. Berta-Irene mußte sich mit der Ausübung der Wohltätigkeit und der Erziehung der kaiserlichen Prinzessinnen trösten. Politisch hat sie wohl trotzdem die engere Verbindung mit Konrad III. gefördert. Manuel vergaß es nicht, daß ihn Raimund von Poitiers-Antiochia durch den Einbruch in Cilizien nach dem Tode Johanns II. schwer beleidigt hatte. Er selbst durfte sich so bald nach seinem Regierungsantritt aus der Hauptstadt nicht entfernen, aber er schickte Truppen zu Land und zu Wasser 1 ). Raimund wurde geschlagen, die Umgebung Antiochias verwüstet, er selbst fast gefangengenommen. Als dann Zengi 1144 Edessa unter seine Botmäßigkeit gebracht hatte und damit auch Antiochia bedrohte, demütigte sich Raimund vollständig. Er bat 1145 in Konstantinopel am Grabmal Johanns II. um Verzeihung .und schwur Treue und Mannschaft 2 ). Dafür wurde ihm Geld und in ziemlich unbestimmter Weise auch Waffenhilfe zugesagt. Von dieser Seite brauchte Manuel nichts zu befürchten. Sultan Kilidj Arslan I. von Anatolien hatte nach dem Verlust von Nicäa an die Kreuzfahrer Ikonium zur Residenz seiner Dynastie erhoben 3 ). Sein jüngerer Sohn Masud I. hatte bis dahin freundliche Beziehungen zu den Danischmendiden gepflegt. Vom Jahre 1142 an hielt er aber den Augenblick für gekommen, jenen Land wegzunehmen und sich einen Zugang zum Euphrat zu öffnen. Jaghi Basan (Jaghi Arslan, Yakub Arslan), ein Sohn Melik Ghazis (Gümüschtegin), Bruder und Nachfolger des um 1142 verstorbenen 4 ) Muhammed, suchte Hilfe bei Manuel, der schon von sich aus entschlossen war, den ewigen Grenzüberschreitungen und Räubereien der türkischen Banden ein Ende zu machen. Einen ersten Feldzug unternahm der Basileus 1144 oder 1145 bis in die Gegend von Malagina (sö. Nicäa), das an der östlich nach Doryläum führenden Militärstraße lag 5 ). Der Feind wurde zurückgeworfen. Im Jahre 1146 erfolgte ein zweiter Vorstoß«), um Masud namentlich im Süden Kleinasiens nicht zu mächtig werden zu lassen, weil sonst die Verbindung mit Cilizien und auch mit Antiochia gesperrt wurde. Ausführlich werden uns die kriegerischen Heldentaten des Basileus erzählt. Aber das militärische Ergebnis war bescheiden. Manuel konnte die Belagerung Ikoniums beginnen, die Vorstädte ausrauben, den Friedhof schänden, jedoch die Stadt selbst nicht nehmen. Er trat den Rückzug an. Die dürftige Überlieferung läßt seine Gründe nicht deutlich erkennen. Wahrscheinlich wurde der bevorstehende französisch-deutsche Kreuzzug bekannt. Weder wollte Manuel sich dem gemeinsamen Angriff der abendländischen und der morgenländischen Lateiner, noch Chalandon, Jean S. 240. — 2 ) Norden S. 76. Chalandon, Jean S. 242 mit der Zeit. Grousset 2, S. 228. — *) Grousset 2, S. 861. — *) Chalandon, Jean S. 242: Dez. 1141. Enz. Islam 1, S. 953: 1142/1143. Grousset 2, S. 229, Arnn.2, 862. Oben S. 26. — 6 ) Chalandon, Jean S. 248. — •) Dölger 2, Nr. 1343 ff. Chalandon, Jean S. 248. Grousset 2, S. 229.

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Masud sich dem der Abendländer und der Oströmer aussetzen 1 ). Masud soll um Frieden gebeten und seine Eroberungen zurückgegeben, Manuel irgendwelche Zugeständnisse betreffs der Kreuzfahrer gemacht haben, die in der vorliegenden Form nicht glaubwürdig erscheinen. Abwarten empfahl sich bei dieser Sachlage für beide Parteien am meisten, und so wurde wohl 1147 ein Waffenstillstand auf angeblich 12 Jahre geschlossen. Eine genauere Zeitbestimmung scheint nicht möglich zu sein. Wirft man einen kurzen Rückblick auf die Ereignisse, die sich seit dem ersten Kreuzzug im Morgenland abgespielt haben, so wird man sowohl den Lateinern wie den Türken im allgemeinen einen auffallenden Mangel an Einigkeit und an politischer Klarheit vorwerfen müssen. Abgesehen von sehr rühmlichen Ausnahmen, führten die einen wie die anderen den Krieg stoßweise, mit Todesverachtung, aber ohne Rücksicht auf die eigenen und die feindlichen Kräfte, grausam und beutegierig. Die Lateiner wollten unbedingt behalten, was sie hatten, und ihren Besitz durch Neuerwerbungen abrunden, brauchten aber dazu immer neue Pilgerscharen. Die Türken wollten die fremden Eindringlinge am liebsten ganz vertreiben, fürchteten aber deren großartige Waffentüchtigkeit und konnten nur siegen, wenn sie zahlenmäßig stärker waren. Es fehlte aber auch auf beiden Seiten nicht an Männern, die meinten, daß man miteinander friedlich auskommen könnte, und so wurde die Kriegführung zeitweilig an einzelnen Stellen durch längere Pausen unterbrochen. Führernaturen, von christlichen oder von muslimischen Idealen begeistert, riefen nachher aber die stets kampflustigen Ritterschaften immer wieder zu neuen kühnen Abenteuern und Raubzügen auf. Wir stehen an der Schwelle des zweiten Kreuzzuges. Während desselben mußten sich die Gegensätze, die sich seit dem ersten ausgebildet hatten, wiederum entladen, und immer wird zum Verständnis der folgenden Ereignisse die Kenntnis der vorhergehenden vorausgesetzt werden müssen. *) Dölger 2, Nr. 1352 zu 1147 (vor Mai?). Bernhardi 2, S. 625. Chalandon, Jean S. 254 ff., 257, 280. Qrousset 2, S. 232.

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ACHTES BUCH.

DER ZWEITE KREUZZUG. (1145—1150.)

C a r t e l l i e r i , Der Vorrang des Pap&ttums.

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ERSTES KAPITEL.

DIE VORBEREITUNGEN. ( 1 1 4 5 — 1147.)

Wann die Trauerkunde von dem am 23. Dezember 1144 erfolgten Fall Edessas im Abendlande bekannt wurde, läßt sich nicht genau feststellen. Wahrscheinlich gelangte sie zuerst in die italienischen und in die südfranzösischen Häfen. Man muß sich daran erinnern, d a ß die damals üblichen Überfahrtszeiten in das Frühjahr und in das Ende des Sommers fielen1). Die heimkehrenden oder fliehenden Pilger wußten schreckliche Dinge von ihren Leiden und der allen lateinischen Staaten drohenden Gefahr zu erzählen 4 ). Das versteht sich von selbst, aber die Einzelheiten entziehen sich unserer Kenntnis. Damit ist gar nicht gesagt, d a ß gleich an einen künftigen Kreuzzug in der uns geläufigen Bedeutung des Wortes gedacht wurde. Es mußte genügen, d a ß Geldmittel geschickt wurden und einige Fürsten aufbrachen, wie das ja schon o f t genug der Fall gewesen war. Zunächst geschah daher im Abendland nichts. Man darf auch nicht übersehen, d a ß joscelin II. glaubte, Edessa allein wiedererobern zu können, und wie früher gezeigt wurde, gelang ihm das ja auch, allerdings nur f ü r ganz kurze Zeit. Papst Eugen III. sollte jetzt vor ganz große Entscheidungen gestellt werden, denen er nicht gewachsen war. D a ß er bewußt an den religiösen Idealen der Cisterzienser festhielt, d a ß seine eigene Lebensführung tadellos war, reichte nicht aus, um ihn in schwieriger Lage den richtigen Weg finden zu lassen. Unentschlossenheit und Mißtrauen hemmten ihn, bis er sich schließlich durch die Zeitströmung fortreißen ließ»). Als Nachfolger Urbans II. hätte er sich als erster berufen fühlen können, eine neue allgemeine Bewegung zu entfachen. Aber er war von Furcht vor den Römern und vor Ubergriffen Rogers II. auf den Kirchenstaat erfüllt und hoffte auf eine Romfahrt König Konrads, die ihm Luft verschaffen sollte. Da änderte sich alles. König Ludwig VII., der sehr fromm sein wollte, wenn auch seine Handlungen nicht immer von der Kirche gebilligt werden konnten, wünschte seit einiger Zeit, eine Kreuzfahrt zu unternehmen. Dafür wurden verschiedene Gründe angegeben. Sein Prutz, Kulturgeschichte S. 100, 520. Heyd 1, S. 180. — *) Röhricht, Königreich S. 245. Gleber S. 35. — •) Gleber S. 172. 22*

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Bruder Philipp hatte den Zug gelobt, war aber durch seinen vorzeitigen Tod verhindert worden, ihn auszuführen, und Ludwig gedachte, es für ihn zu tun, um ihm den himmlischen Lohn zuzuwenden. Ein anderer Grund war, daß Ludwig für die grausame Brandstiftung in Vitri 1 ), der so viele Menschen zum Opfer gefallen waren, Buße tun wollte. Daß bei dieser Gelegenheit auch Verstöße gegen kirchliche Persönlichkeiten des eigenen Landes gesühnt werden konnten, bedarf keiner näheren Erörterung. Der König hielt seinen Plan erst geheim, offenbarte ihn aber wahrscheinlich unter dem Eindruck der Nachrichten aus Edessa einigen seiner Großen, und es wurde beschlossen, Bernhard von Clairvaux zu befragen, der damals, 56 Jahre alt, auf der Höhe seines Ruhmes stand und als göttliches Orakel betrachtet wurde. Bernhard lehnte eine Antwort aus eigener Verantwortung ab und verwies den König an den Papst als die zuständige Persönlichkeit. An diesen ging daher eine französische Gesandtschaft ab. Eugen wurde noch von anderer Seite sehr eindrucksvoll auf die Not der überseeischen Kirche hingewiesen. Im November 1145 empfing er in Viterbo den Bischof Hugo von Gabula, der ihm die Lage nach dem Fall Edessas schilderte und die Absicht kund tat, den deutschen und den französischen König persönlich um Hilfe zu bitten. Gabula gehörte zum Fürstentum Antiochia, und man kann daher annehmen, daß Hugo im Einverständnis mit dem Fürsten Raimund von Poitiers handelte. Der Bischof erzählte allerlei merkwürdige Dinge über den König und Priester Johann, der im äußersten Osten wohne und ebenso wie sein Volk Christ, aber Nestorianer sei 2 ): Johann habe nach einem blutigen Sieg über die Perser der Kirche zu Hilfe kommen wollen, sei aber durch die andauernde Ungunst der Witterung zur Umkehr genötigt worden. Zur selben Zeit weilten auch Gesandte der armenischen Erzbischöfe und Bischöfe in Vetralla (s. Viterbo) an der Kurie und baten den Papst um seinen Schiedsspruch zwischen ihnen und den Griechen wegen gewisser Unterschiede im Ritus. Der eine von ihnen wurde am 18. November 1145 durch ein während des Meßopfere geschehenes Wunder veranlaßt, sich zum Gehorsam gegen den römischen Stuhl zu bekennen. Eugen glaubte jetzt, etwas tun zu müssen. Ein Friedensschluß mit den Römern stand in Aussicht; er durfte mit seiner Rückkehr nach Rom rechnen. Die Mitteilungen des Bischofs Hugo und der Armenier eröffneten weite Ausblicke auf eine Ausdehnung des christlichen Glaubens in Vorderasien. Voraussetzung war dabei natürlich die Abwehr neuer Eroberungen der Türken. In Ludwig bot sich ihm ein durchaus ergebener Herrscher, dessen Politik im Heiligen Land der Kirche nur zuträglich sein würde. In einer Bulle») aus Vetralla vom 1. Dezember ' ) Oben S. 278. — ' ) W. Germann, Realenc. 9 (1901), S. 311. Kampere, Kaisermystik S. 177 unter „Johann". — ») Jaffö 2, Nr. 8796. Bernhardi 2, S. 516 u. Nachträge, 519. Gottlob, Kreuzablaß S. 106. Paulus 1, S. 199. Caspar, Kreuzzugsbullen S. 299. Gleber S. 37. U. Schwerin S. 26, 74, 131. Hampe, Kaisergesch. S. 127. Cramer S. 46.

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1145 an ihn und alle Franzosen erinnerte der Papst an den Aufruf Urbans II. und an die glänzenden Leistungen der ersten Kreuzfahrer aus Frankreich und auch aus Italien, die, ohne ihi* Blut zu schonen, Jerusalem erobert hätten, wies auf die Tötung des Erzbischofs von Edessa und so vieler Christen bei der Einnahme dieser Stadt hin, forderte die Mächtigen und Adeligen zur Befreiung der östlichen Kirche und der vielen Tausende christlicher Gefangener auf, nahm die Frauen und Kinder sowie Besitz und Vermögen der Kreuzfahrer unter seinen Schutz, warnte davor, kostbare Kleider, Hunde oder Falken mitzunehmen, und gewährte denen, die heimkehren oder während des Zuges sterben würden, nach Beichte vollen Ablaß. Den Abt Bernhard von Clairvaux, seinen hochverehrten Lehrer, betraute er mit der Kreuzzugspredigt, und wer die ungewöhnlichen Eigenschaften dieses Mannes kannte, sah einen gewaltigen Erfolg seiner unwiderstehlichen Beredsamkeit voraus. Inzwischen hatte Ludwig einige seiner Großen zu Weihnachten 1145 nach Bourges geladen und gab jetzt, nachdem das päpstliche Schreiben in seiner Hand war, seinen Entschluß zum Kreuzzug öffentlich bekannt. Erzbischof Samson von Reims vollzog an ihm eine der damals üblichen Festkrönungen, obwohl er damit in die Befugnisse des Erzbischofs Peter von Bourges eingriff 1 ). Bernhard von Clairvaux war nicht anwesend 2 ). Aber sein Verwandter und Jugendgefährte, Bischof Gottfried von Langres, setzte sich mit eindringlichen Worten für das große Unternehmen ein. Der endgültige Beschluß wurde auf eine größere Versammlung verschoben, die dann am Karfreitag, dem 29. März 1146, und an den folgenden Tagen in Vezelai (sö. Auxerre) stattfand s). Eine nur wenig veränderte Neuausfertigung der Bulle vom 1. Dezember mit dem Datum des 1. März 4 ) lag jetzt vor, so daß an der Willensmeinung des Papstes kein Zweifel auftauchen konnte. Abt Suger von Saint-Denis, damals sicher der angesehenste Staatsmann Frankreichs, war von Anfang an gegen den Kreuzzug und fürchtete einen Mißerfolg. Aber nüchterne Vernunftgründe wurden von der hochgehenden Welle religiöser Begeisterung und nationalen Ehrgeizes weggeschwemmt. Am Ostersonntag, dem 31. März, nahm der König aus der Hand Bernhards das ihm vom Papst übersandte wertvolle Kreuz entgegen. Keine Kirche hätte die Masse der Menschen fassen können, die den durch seine außerordentliche Redegabe und seine Wunder allbekannten Vertreter des Papstes hören wollten. Auf freiem Felde war eine Rednertribüne errichtet worden, die der bekreuzte König und Bernhard bestiegen. Dieser las zunächst die Bulle Eugens vor und forderte dann in zündenden Worten zur Kreuzannahme auf. Voller Ungeduld, ») Bernhardi 2, S. 515, 517. R. Hirsch, Studien S. 41. Vacandard 2«, S. 273. Schramm, Frankreich 1, S. 123 f. Gleber S. 39. — ' ) Seine Aufenthalte bei Vacandard 2 1 , S. 561. — *) Bernhards Brief Nr. 467. Radulfus de Diceto, Opp. hist. ed. W. Stubbs, 1 (1876), S. 256. R. Hirsch, Studien S. 44. O. Cartellieri, Suger S. 44. Vacandard 2 \ S. 276. Williams S. 265. Oleber S. 46. — «) Jaffi 2, Nr. 8876. P. Rassow, NA. 45 (1924), S. 300. Oleber S. 45. U. Schwerin S. 27.

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längst schon im Herzen überzeugt, verlangten die Hörer immer ungestümer Kreuze. Bald waren die mitgebrachten verteilt, und Bernhard mußte seine Kleider zerreißen, um neue zu machen. B i s zum Ende des Tages hielt der Zustrom der Pilger an. Unter den hochstehenden Personen, die sich das Kreuz anheften ließen, befanden sich die Königin Eleonore, Graf Robert I. von Dreux, des Königs Bruder, einige Bischöfe und zahlreiche weltliche Große. Zur Erinnerung an das denkwürdige Ereignis wurde an der Stelle der Versammlung eine dem Heiligen Kreuz gewidmete Kirche gebaut. Es bedeutete sicher eine merkwürdige Verkennung des Charakters Ludwigs VII., wenn sich in einer damals von sehr vortrefflichen und frommen Franzosen durchaus ernst genommenen sibyllinischen Weissagung dunkle Anspielungen fanden, daß er nicht nur Konstantinopel und Babylon (Bagdad), sondern auch den ganzen Orient erobern würde 1 ). Otto von Freising suchte sich die ihm auffällige Erscheinung durch die „gallische Leichtfertigkeit" zu erklären. Ludwig war doch alles andere als ein gewaltiger Kriegsheld oder Völkerbezwinger. Sehr bald mußte die religiöse Begeisterung durch wirtschaftspolitische Maßnahmen ergänzt werden. Denn daß der Kreuzzug sehr große Ausgaben verursachen würde, stand fest. Es wurde daher eine Steuer ausgeschrieben 2 ), die einzige allgemeine, die vom französischen Königtum seit Hugo Kapet bekannt ist und die als Vorläuferin des von Philipp II. August und von Heinrich II. von England 1188 erhobenen sog. Saladinszehnten 3 ) gelten kann. Vielleicht war es überhaupt die erste allgemeine Steuer im Abendlande. Ursprünglich sollte davon kein Geschlecht, kein Alter, kein Amt befreien. Aber die deshalb ausbrechende Unzufriedenheit nötigte den König, sich mit den Zahlungen der Bistümer und Abteien zu begnügen. Leicht konnten auch diese die geforderten Summen nicht aufbringen, sondern sahen sich genötigt, goldene und silberne Gefäße zu veräußern. Den Juden eine Sondersteuer aufzulegen, war nicht die Absicht des Königs. Der uns schon aus den Anfängen des Schismas bekannte Abt Peter der Ehrwürdige von Cluni schrieb ihm etwa in dieser Zeit einen längeren Brief«), in dem er seine in der früher erwähnten besonderen Schrift dargelegte Auffassung wiederholte. Er verherrlichte die Kreuzannahme Ludwigs und zweifelte auch nicht am Erfolg. Aber was nütze das, wenn die mitten unter den Christen wohnenden Juden, die viel schlimmer seien als die Sarazenen, ungestraft die Sakramente entheiligten? Peter wollte den König nicht aufreizen, sie zu töten, weil sie dem Gericht Gottes vorbehalten blieben, aber er empfahl, ihnen die Reichtümer abzunehmen, die sie den Christen abgeschwindelt hätten. Die Mahnung fand in Frankreich keinen Widerhall; den Juden geschah dort nichts. *) Otto von Freising, Gesta, Proemium. Giesebrecht 4, S. 250, 502. Kampers, Kaiseridee S. 54. — ' ) Luchaire, Inst. 1, S. 126. Gottlob, Kreuzzugssteuern S. 2. R. Hirsch, Studien S. 45, 53, Anm. 1. O. Cartellieri, Suger S . 54. A. Cartellieri, Philipp August 2, S . 5 . Vacandard 2», S. 283. Gleber S . 4 6 . — ») Cartellieri, Philipp August 2, S. 59, 66. Round, Saladin Tithe. — «) Ree. (Bouquet) 15, S. 641. Oben S. 196.

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Eugen und Ludwig hatten nicht versäumt, sobald der französische Kreuzzug — und nur dieser — feststand, sich mit dem Basileus Manuel in Verbindung zu setzen. Im August 1146 schickte dieser ihnen freundlich gehaltene Antworten 1 )» die darin gipfelten, daß er bereit sei, das Unternehmen namentlich durch die Lieferung von Lebensmitteln zu fördern, aber die Leistung des Lehnseides ebenso erwarte wie sein Großvater Alexius I.*).. Inzwischen hatte sich Bernhard von Clairvaux mündlich und schriftlich mit leidenschaftlichem Eifer betätigt 8 ). Die uns erhaltenen Briefe bilden vermutlich nur einen Bruchteil der wirklich abgegangenen. Sie brachten viele Wiederholungen, nahmen aber doch auch Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse der Empfänger. Ihre Fassung kommt einer Predigt sehr nahe, stützt sich auf viele Bibelstellen und ist durchaus erbaulich. Der sachliche Inhalt tritt zurück. Über den künftigen Kreuzzug war ja auch nicht viel zu sagen. Die Hauptsache war, daß eine möglichst große Zahl tapferer Streiter nach dem Morgenland aufbrach. Das sollten sie tun, weil die Heiden das Heilige Grab schändeten, Jerusalem bedrohten, das christliche Volk gefangennahmen, wenn sie es nicht niedermetzelten. Die tapferen Söhne der Bretagne, so heißt es einmal 4 ), sollen sich mit dem Schwert umgürten, und wer keines hätte, soll sich eines kaufen, damit nicht die Heiden sagen: „ W o ist ihr G o t t ? " Seinen Briefen pflegte Bernhard eine Abschrift der Papstbulle vom 1. März beizulegen. Neben Briefen und Predigten werden auch Lieder zum Aufbruch gemahnt haben. Ein in französischer Sprache erhaltenes kleidete sich in die den Rittern geläufige Ausdrucksweise: Gott hat ein Turnier zwischen der Hölle und dem Paradies veranstaltet. Edessa ist gefallen, jetzt sollen die Ritter an den Kanaanitern und an Zengi Rache nehmen. König Ludwig hat das gute Beispiel gegeben, ihm gilt es nachzueifern 5 ). Der Erfolg der Propaganda war großartig und übertraf alle E r wartungen 8 ). Am Schluß eines Briefes an den Papst 7 ), in dem er freimütig kirchliche Maßnahmen desselben tadelte, sagte Bernhard, daß er gemäß dem erhaltenen Befehl gepredigt habe. „ E s leeren sich", so lautet die oft angeführte Stelle, „die Städte und die Burgen. Schon finden sieben Frauen kaum noch einen Mann. Überall werden sie bei Lebzeiten der Männer zu Witwen." E s kam aber auch vor, daß von einer Beteiligung am Kreuzzug abgeraten wurde. Erhalten ist uns ein Gedichtbruchstück 8 ) dieser Art, das vielleicht hierher gehört, weil darin etwas boshaft davor gewarnt wird, sich durch das W o r t eines „Cicero" einfangen zu lassen, und damit auf Bernhards hinreißende Beredsamkeit angespielt sein könnte. Auffallend ist die Schärfe, mit der ein Würzburger Geistlicher die Pseudopropheten, die Söhne Belials, die Zeugen des Antichristen, ver>) Dölger 2. Nr. 1348, 1349 zum August 1146. Bernhard! 2, S. 538. Chalandon, Histoire 2, S. 133 u. Jean S. 264. Ohnsorge, Manuel S. 371, 377. Gleber S. 48. — ' ) Oben S. 19 f. Dazu Mitteis, Staat S. 482. — ») Cramer S. 49, 187. — «) Brief 467. Vacandard 2*. S. 281. Rassow, Kanzlei S. 246, 265. Cosack, Konrad S. 293 f. — 5 ) „Chevalier, mult estes guariz", Chansons S. 4. — •) Hauck, KQ. 4, S. 935. — 7 ) Brief 247. Vacandard 2», S. 279. Williams S. 268. — ») Pflaum, Song.

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urteilte, weil sie mit inhaltsleeren Predigten gegen die Sarazenen hetzten. Er betonte, daß Papst Eugen durch Bernhard zu seinen Aufrufen gedrängt worden sei, und hob hervor, wie viele Kreuzfahrer sich aus Abenteuerlust, aus Geldgier oder Furcht vor verdienten Strafen aufmachten. Ein anderer Chronist sprach von den Pilgern, die von hochberühmten Personen im Mönchsgewand erschreckt und umgarnt würden, und meinte damit doch sicher Bernhard, ohne ihn zu nennen 1 ). Gar manche mögen ähnlich gedacht haben wie diese Kritiker, aber es nicht gewagt haben, sich zu äußern. Die große Mehrheit, daran wird man kaum zweifeln dürfen, ließ sich willig von dem immer mehr anschwellenden Strom der Begeisterung vorwärtstreiben. Wie schon zur Zeit des ersten Kreuzzugs, so entlud sich auch diesmal der religiöse Fanatismus zunächst gegen die Juden, vor allem dann, wenn die Pilger sich zum Ausmarsch sammelten. Ein französischer Cisterziensermönch Rudolf, der wenig gebildet war, aber geschickt den Eindruck strenger Frömmigkeit zu erwecken wußte, wollte hinter seinem berühmten Ordensbruder Bernhard nicht zurückstehen und rief nach Anfang August 1146 mit Hilfe des ihm als Dolmetscher dienenden Abtes Lambert von Lobbes in den rheinischen Städten auch seinerseits zum Kreuzzug auf 2 ). Er fand rasch großen Anhang und wurde sogar als Apostel gefeiert. Seine Predigt lief darauf hinaus, daß vor dem Ausmarsch die Juden getötet werden sollten. Es geschah auch hier und da, doch läßt sich die Zahl der Opfer in keiner Weise schätzen. Erwähnt werden viele Zwangstaufen, aber im Gegensatz zu der Verfolgung von 1096 keine Plünderungen. Die Erzbischöfe Heinrich von Mainz 8 ) und Arnold I. von Köln 4 ), dieser gegen eine Geldzahlung, bemühten sich, die Juden zu schützen. Mit heftigem Unwillen hörte Bernhard im Hochsommer von solchen Ausschreitungen, nannte den Rudolf einen überheblichen und aufgeblasenen Menschen, dessen Lehre nicht von Gott, sondern vom Teufel stamme, und erklärte, daß die Kirche bekehren und nicht töten wolle. Er mochte glauben, daß er durch bloße schriftliche Mahnungen allen schädlichen Übereifer abstellen könne, hatte deshalb, nachdem er zuerst in Frankreich tätig gewesen war, seine Reise durch Flandern») fortgesetzt und von da aus das „Volk der Engländer" 6 ) zum Kreuzzug aufgefordert. Ist es nicht, so schreibt er u. a., eine ausgesuchte Gelegenheit zur (geistlichen) Rettung, d a ß Gott Mörder, Räuber, Ehebrecher, Meineidige und andere Verbrecher zu seinem Dienst aufzurufen die Gnade h a t 7 ) ? Tatsächlich liefen, von der allgemeinen Begeisterung erfaßt, durch die Verkündung des Sündenablasses angezogen, nicht nur Leibeigene ihren Herren fort, sondern auch Diebe und Räuber drängten sich in *) Ann. Herbipolenses MGH., SS. 16, S. 3. Chron. S. Petri Erfordensis mod., Monumenta Erphesfurt. ed. O. Holder-Egger 1899, S. 176. Hauck, KG. 4, S. 934. — *) Bernhardi 2, S. 522. Regg. Juden Nr. 232 ff. Caro 1, S. 223, 228, 484. Vacandard 2", S. 285. Rassow, Kanzlei S. 266. Roth S. 641. Williams S. 266. — ») Bernhard, Brief 365. Regg. Juden, Nr. 242. — «) Regg. Köln 2, Nr. 443 f. — s ) Rassow, Kanzlei S. 264, 271. Williams S. 269. — •) Rassow, Kanzlei, Text S. 290, dazu S. 246, 269, 271 mit der Zeit. — ' ) Bernhards Brief 363. Otto von Freising, Gesta 1, Kap. 42. Bernhardt 2, S. 543. Gottlob, Kreuzablaß S. 85. Vacandard 1*, S. 254 ; 2», S. 291. W. Köhler S. 145. Oben S. 5 u. 322.

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auffallend großer Zahl zur Kreuzannahme. W e r streng kirchlich gesinnt war, wie Bernhard selbst oder etwa Otto von Freising, wollte in solch einem jähen Wandel der Gesinnung die Hand Gottes sehen. Erst später wurde klar, d a ß diese unkriegerischen und zuchtlosen Scharen am Scheitern des großen Unternehmens mit die Hauptschuld trugen. Sehr verständig war es andererseits, wenn Bernhard in demselben Brief an das „Volk der Engländer" verlangte, d a ß Führer gewählt würden, die nicht nur kriegslustig, sondern auch kriegskundig wären. Auch bei anderen Gelegenheiten schärfte er den Kampf gegen die Heiden ein, tadelte aber die Verfolgung der Juden, bedauerte schmerzlich das „judaizare" der christlichen Wucherer, warnte vor eigenmächtigem, vorzeitigem Aufbruch und erinnerte an das traurige Schicksal Peters des Einsiedlers, dessen Gefolgschaft kläglich aufgerieben worden s e i 1 ) . O b eine größere Anzahl Sendschreiben Bernhards nach Italien ging, wissen wir nicht. Bekannt ist nur eines, das im Hochsommer 1146 an den Bischof Mainfred von Brescia gerichtet w u r d e 8 ) . Am 5. Oktober 1146 befahl Papst Eugen unter Hinweis auf den bevorstehenden Kreuzzug Ludwigs VII. allen geistlichen Würdenträgern in Italien, das j a Überfluß an mächtigen und tüchtigen Kämpfern habe, für die B e achtung der den Kreuzfahrern erteilten geistlichen und materiellen V e r günstigungen zu s o r g e n 3 ) . Der Inhalt deckt sich im wesentlichen mit dem der Bullen vom 1. Dezember 1145 und vom 1. März 1146. Allmählich erkannte Bernhard immer deutlicher, d a ß er sich persönlich einsetzen müsse, um der durch Rudolf betriebenen Judenverfolgung ein Ende zu machen. E r ging daher Anfang November 1146 selbst nach Mainz. Man kann sich gut vorstellen, d a ß er zunächst keinen leichten Stand hatte. Das Äußerste macht auf die Menge stets am meisten Eindruck, und er galt sicher als ein Leisetreter, wenn nicht sogar als ein Söldling der Juden. Schließlich gelang es ihm doch, durch den Ruf seiner Heiligkeit und Uneigennützigkeit die Ordnung herzustellen, und Rudolf zog sich in ein Kloster zurück. D a ß die Juden den Kreuzfahrern g e m ä ß der allgemeinen Verfügung des Papstes vom 1. Dezember 1145 die geschuldeten Zinsen erlassen sollt e n 4 ) , betonte Bernhard ausdrücklich. Ohne sein Eingreifen, meinte ein jüdischer Zeitgenosse, wäre kein einziger Jude am Leben geblieben. E s ist eine ansprechende Vermutung, d a ß gerade der jähe Ausbruch der Judenverfolgung in Deutschland Bernhard den Gedanken nahelegte, auch dieses Land und vor allem Konrad selbst für den Kreuzzug zu gewinnen. Die gegen die inneren Feinde des christlichen Glaubens gerichtete Leidenschaft der Masse sollte zu gutem Zweck gegen die Türken abgeleitet werden. Gelang es wirklich, den deutschen König, der j a gemeinhin schon als Kaiser bezeichnet wurde, an der Spitze starker Streitkräfte in das Heilige Land aufbrechen zu lassen, so hatte der Abt von Clairvaux wirklich eine weltgeschichtliche T a t Brief 363. Cosack, Konrad S. 282, 294. Rassow, Kanzlei S. 267. Vacandard 2 ' , S. 289. Greven S. 44. Oben S. 13. — ' ) Rassow, Kanzlei S. 244, 273 f. mit der Zeit. — ») Gleber S. 49. Im Regest Nr. 75 lies „1899". — «) Brief 363, Kap. 7. Regg. Juden Nr. 244.

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vollbracht. Sich deshalb mit dem Papst in Verbindung zu setzen, vermied er; denn er konnte sich nicht verhehlen, daß er bei ihm keine Zustimmung finden würde. Als er wieder am Rhein predigte, suchte er um den 22. November den König in Frankfurt a. M. auf, wo ein Hoftag abgehalten wurde, und ermahnte ihn in einer geheimen Unterredung unter Hinweis auf sein Seelenheil, das Kreuz zu nehmen. Konrad lehnte das Ansinnen rundweg ab, und dem Abt blieb nichts übrig, als sich zu entschuldigen, daß er lästig gewesen s e i 1 ) . Konrad hatte aber nichts dagegen, daß Bernhard während des Dezember 1146 unter ungeheurem. Zulauf im Konstanzer Sprengel predigte, nicht deutsch, denn diese Sprache beherrschte er nicht, aber doch so hinreißend, daß viele reiche Leute, die sich bis dahin zurückgehalten hatten, das Kreuz nahmen. Die Hoffnung, den König umzustimmen, hatte er nicht aufgegeben. Er ging nach Speyer, wo zu Weihnachten 1146 ein gut beschickter Reichstag stattfand 2 ). Konrad trug die Krone. Bernhard konnte sich rühmen, daß er es verstand, eine seit sieben Jahren dauernde verheerende Fehde zwischen Erzbischof Albero von Trier und Graf Heinrich I. dem Blinden von Namur-Luxemburg unter dem Eindruck der Kreuzzugsstimmung beizulegen*). Während der Festtage predigte er und wiederholte öffentlich seine Aufforderung an den König, aber noch ohne Erfolg. Am Morgen des 27. Dezember drängte er ihn, aber mit milden Worten, die Gelegenheit zu heilsamer B u ß e nicht vorübergehen zu lassen. Konrad erklärte, er wolle sich die Sache noch einmal überlegen, die Fürsten befragen und am folgenden T a g Antwort geben. Allem Anschein nach war er schon schwankend geworden. Wie konnte er, ein gehorsamer Sohn der Kirche, der er den Thron verdankte, im Widerstand verharren? Sprachen nicht auch gewichtige politische Erwägungen dafür, daß das Versäumnis beim ersten Kreuzzug gutgemacht und der dem Range nach höchststehende Herrscher des Abendlandes sich an dem Unternehmen beteiligte, dessen Gelingen die gesamte Christenheit aufjauchzen lassen würde? Hatte nicht Konrads Großvater Heinrich IV. 1103 die Kreuzfahrt gelobt 4 )? Es entging Bernhard, der oft genug die starke Wirkung seiner eigenen Worte erprobt hatte, sicher nicht, daß er dem Erfolg nahe war. Er predigte noch einmal und stellte nicht dem König, sondern dem Menschen Konrad das Jüngste Gericht so eindringlich vor Augen, daß dieser von der Größe des Augenblicks überwältigt wurde, ihn unterbrach und erklärte, er sei bereit, Gott zu dienen. W a s in Konrad vorging, wissen wir nicht. Jedenfalls beugte er sich vor der Kraft geistlicher Überredung ebenso, wie es Lothar getan hatte. Bernhard selbst sah in dem Ereignis das Wunder der Wunder. l ) Bernhardi 2, S. 526. Ludwig S / 9 8 über Bernhards Reisen. Vacandard 2', S. 293. Cosack, Konrad S. 284 mit Datum. Williams S. 272. — 2 ) Bernhardi 2, S. 528. Vacandard 2», S. 297. Hauck, KO. 4, S. 192. Cosack, Konrad S. 286. Williams S. 273. Wampach 1, Nr. 431. Gleber S. 53. Cramer S. 54. Monti, Crociate S. 119. — ») Rousseau S. 52. Actes . . . Namur S. CXVI. — «) Oben S. 68.

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Man hat gemeint, d a ß die Kreuzannahme 1 ) des Grafen W e i f VI., die in der Weihnachtsnacht auf seiner B u r g Petting (sw. P e i ß e n b e r g ) stattgefunden hatte, in Speyer schon bekannt sein konnte und den König von der Sorge befreite, während seiner Pilgerfahrt einen nicht ungefährlichen Gegner zurückzulassen. Aber die Entfernung ist so groß, daß eine so rasche Übermittlung der Nachricht nicht gut möglich ist. Überdies genoß Konrad den vom P a p s t zugesagten Schutz als Kreuzfahrer auch gegen Weif. Unter lauten Freudenausbrüchen des Volkes nahm der König jetzt das Kreuz und ließ sich' von Bernhard vom Altar die Fahne reichen, die er selbst im Heere Gottes tragen sollte. Seinem Beispiel folgte gleich eine ganze Reihe von Fürsten, unter ihnen sein Neffe Herzog Friedrich III. von Schwaben, der spätere K a i s e r 8 ) . Von dem Augenblick an, in dem Konrads Beteiligung feststand, mußte sich ein Einvernehmen mit Ludwig VII. empfehlen. Am 2. Februar 1147 trafen sich in C h ä l o n s - s u r - M a m e s ) der französische König und Gesandte des deutschen Königs sowie Graf W e l f s VI., der auf diese W e i s e irgendwie seine Selbständigkeit betonen und nicht als bloßer Vasall Konrads mitziehen wollte. Bernhard, der inzwischen am Rhein und besonders im Januar 1147 in K ö l n 4 ) wieder zahlreiche Wunder getan und damit das Volk in unbeschreibliche religiöse Begeisterung versetzt hatte, war auch anwesend. Endgültige Beschlüsse Ludwigs wurden einer großen Reichsversammlung vorbehalten, die vom 16. bis 18. F e b r u a r in ßtampes ( s . P a r i s ) zusammentrat 5 ). Deutsche und sizilische Gesandte nahmen daran teil. Roger II. von Sizilien dachte ebenso wie vor ihm Robert Guiskard an Konstantinopel und war deshalb ein Feind des Basileus Manuel. K o n rad wiederum war ein Feind Rogers, der den Kreuzzug Konrads sehr begrüßte, weil dadurch ein deutscher Heereszug nach Italien ausgeschlossen wurde. Roger erbot sich, den Kreuzfahrern Schiffe und Mannschaften für die Überfahrt zu stellen und Lebensmittel zu liefern. Würden sie durch sein Reich ziehen, so wollte er selbst oder einer seiner Söhne sich anschließen. D a er selbst als Vetter Bohemunds I. Ansprüche auf das Fürstentum Antiochia erhob 6 ), sah er in Raimund von Poitiers-Antiochia einen Nebenbuhler, und diesen, den Oheim der Königin Eleonore, wollte doch Ludwig gerade unterstützen. Nüchterne Überlegung hätte den Seeweg zweifellos empfohlen, aber die Erinnerung an den im ersten Kreuzzug eingeschlagenen Landweg wirkte noch stark nach. S o wurde, weil Konrad nichts mit Roger zu tun haben wollte, der Seeweg abgelehnt. Die Sizilier verließen verstimmt fitampes, nachdem sie oströmische Ränke vorhergesagt hatten. Ludwig hatte in fitampes für die Zeit seiner Abwesenheit Vorsorge zu treffen. D e r überragende Einfluß Bernhards zeigte sich auch Cosack, Konrad S. 288. Riezler 1, 2, S. 270. — ' ) Simonsfeld 1, S. 12. — ») Bernhardi 2, S. 537. R. Hirsch, Studien S. 48. Vacandard 2», S. 299. Williams S. 276. — «) Regg. Köln 2, Nr. 446. Greven S. 15. Williams S. 275. — ' ) Bernhardi 2, S. 538. R. Hirsch, Studien S. 49. O. Cartellieri, Suger S. 45, 143. Caspar, Roger S. 373. Chalandon, Histoire 2, S. 133. Vacandard 2«, S. 303. Chalandon, Jean S. 265. Qrousset 2, S. 226. Williams S. 278. Haller, Papsttum 2, 2, S. 552. — •) Chalandon, Histoire 2, S. 55, 124. Grousset 2, S. 37 f., 41, 65, 226, 229. 347

darin, daß der König nach Beratung mit den französischen Großen den Abt Suger von Saint-Denis und den Grafen Wilhelm II. von Nevers zu Regenten vorschlug. Suger sträubte sich erst, nahm aber auf Befehl des Papstes das Amt schließlich doch an. Da Wilhelm in den Karthäuserorden eintrat, ersetzte ihn der oft genannte Graf Radulf I. von Vermandois, und ihnen wurde noch der Erzbischof Samson von Reims beigegeben. Doch Suger blieb immer der eigentliche Leiter der Geschäfte. Wie sehr Bernhard sich als der wahre Führer der Kreuzzugsbewegung fühlte, zeigte sich auch darin, daß er wohl bald nach der Versammlung von Etampes in seinem eigenen Namen den späteren Grafen Heinrich I. den Freigebigen 1 ), Sohn Theobalds IV. von Blois, dem Basileus warm zur Schwertumgürtung empfahl und die religiös begründete Mahnung hinzufügte, Manuel müsse die nach Vorschrift des Papstes und Aufforderung des Königs Ludwig durch das oströmische Reich hindurchziehende „unzählbare Menge von Fürsten, Rittern, Völkern" ehrenvoll aufnehmen 4 ). König Konrad berief seinerseits der Kreuzzugsvorbereitungen wegen auf den 13. Februar 1147 einen Hoftag nach Regensburg, auf dem zahlreiche Herren aus dem Südosten das Kreuz nahmen 8 ). Bernhard hatte den Cisterzienserabt Adam von Ebrach 4 ), dessen Bildung und Frömmigkeit gerühmt wurden, mit seiner Vertretung beauftragt. Adam teilte der Versammlung die Bulle des Papstes und den an die Ostfranken und Bayern gerichteten Brief 5 ) Bernhards mit und knüpfte von sich aus eine kurze Aufforderung daran. Der Inhalt ist uns schon bekannt; auch eine kurze Warnung vor der Judenverfolgung fehlte nicht. Herzog Wladislaw II. von Böhmen, der bald nachher sich auch das Kreuz anheften ließ, hatte, wie man berechnet hat, einen vor Mitte Februar 1147 geschriebenen Brief Bernhards 6 ) bekommen, in dem u . a . auch die von Papst Eugen ausgesprochene Verurteilung unnützer Prunkentfaltung wiederkehrte. Dank der unermüdlichen Arbeit Bernhards machten die Kreuzzugsvorbereitungen überall gute Fortschritte und gingen bald weit über die ursprünglichen Absichten des Papstes hinaus. Fast das ganze Abendland wurde in der einen oder der anderen Weise davon e r f a ß t 7 ) . Eugen, der sich im Laufe des Jahres 1146 in Trastevere, Sutri und Viterbo aufgehalten hatte 8 ), konnte bis auf weiteres seinen dauernden Wohnsitz nicht im Lateran nehmen und folgte recht gern der Einladung Ludwigs VII. nach Frankreich. Zu Anfang des Jahres 1147 machte er sich daher mit mehreren Kardinälen nach Norden auf und erreichte über Lyon und Cluni am 30. März Dijon»), wo ihn Ludwig mit größter Ehrerbietung empfing. Das Osterfest (20. April) feierte >) d'Arbois 2, S. 385 ; 3, S. 14. — s ) Brief 468. Chalandon, Jean S. 264, Anm. 2 zu 1146. Cosack, Konrad S. 296 mit der Zeit. — *) Bernhardi 2, S. 541. Riezler 1, 2, S. 271. — «) Fichtenau S. 274. — 5 ) Brief 363. Otto von Freising, Qesta 1, Kap. 43. Gottlob, Kreuzablaß S. 110, 112. Vacandard 2», S. 301. Rassow, Kanzlei S. 244, 266. Cosack, Konrad S. 295. — •) Brief 458. Gottlob, KreuzablaB S. III. Köster S. 141. Bretholz S. 248. Rassow, Kanzlei S. 246, 265. Cosack, Konrad S. 295 mit der Zeit. Juritsch, Beiträge S. 134. — ') Bernhardi 2, S. 550. Vacandard 2», S. 301. Gleber S. 49. — •) Jaff6 2, S. 29 ff. Gleber S. 194. — •) Bernhardi 2, S. 559. R. Hirsch, Studien S. 49 f. Gleber S. 52, 55.

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er in Saint-Denis 1 ) und hielt dann zwischen dem 24. April und dem 24. Juni in Paris ein Konzil 4 ), das sich mit den kirchlichen Verhältnissen in Frankreich und in England beschäftigte. Wenn er sich gegen König Stephan für die Kaiserin Mathilde und Gottfried von Anjou erklärte, so tat er es in der Hoffnung, seine Oberhoheit über England stärker zur Geltung zu bringen. Er wußte, d a ß er während der Abwesenheit der Könige Konrad und Ludwig bald den maßgebenden Einfluß in Deutschland und in Frankreich üben würde. Kam noch England dazu, so war er der Weltherrschaft des Papsttums einen großen Schritt näher gekommen. Unzufrieden war er mit dem deutschen König wegen dessen selbständiger und plötzlicher Kreuzannahme 3 ) und mußte es erst recht mit Bernhard sein, der jenen doch durch die Kraft seiner religiösen Leidenschaft übermannt hatte. Konrad hatte vom 13. März 1147 an in Frankfurt a. M. einen sehr gut besuchten Reichstag gehalten 4 ) und war dort mit Bernhard und wohl auch mit Peter dem Ehrwürdigen zusammengetroffen. Ob irgendwie zu der Judenverfolgung Stellung genommen wurde, die gegen Ende Februar 1147 in Würzburg und in einigen anderen Orten ausgebrochen war, ist nicht bekannt*). Juden ohne Unterschied des Alters und Geschlechts waren von durchziehenden Kreuzfahrern erschlagen worden, doch hatte sich die Bewegung nicht weiter ausgedehnt. Dem König lag vor allem am Herzen, für die Zeit seiner Abwesenheit Vorsorge zu treffen. Ein allgemeiner Landfrieden wurde verkündet, und bald galt es unter dem starken Eindruck der Kreuzzugsstimmung als Verbrechen, nicht nur Krieg zu führen, sondern auch öffentlich Waffen zu tragen. Die Fürsten, die immer so eifersüchtig auf die Erhaltung ihres Wahlrechts bedacht waren, wählten, mitgerissen von der allgemeinen Begeisterung, vor dem 23. März in Frankfurt Konrads Sohn Heinrich, der jetzt 10 Jahre alt wurde, zum Nachfolger des Vaters und kehrten damit zu der durch die Erhebung Lothars unterbrochenen Erblichkeit zurück. Am Sonntag, dem 30. März, wurde der junge Prinz in der Aachener Pfalz geweiht, gekrönt und zum Mitregenten bestimmt«). Der Erzbischof von Mainz sollte für ihn die Geschäfte führen. Heinrich der Löwe trug kein Bedenken, eine für den König wegen dessen Verwandtschaft mit den Babenbergern peinliche Angelegenheit aufzurühren 7 ). Er verlangte ohne jede Rücksicht auf die vor Beginn des Kreuzzugs notwendige innere Einigkeit die Rückgabe des Herzogtums Bayern, das seinem Vater widerrechtlich abgesprochen worden sei. Glücklicherweise gelang es Konrad, ihn auf seine Rückkehr vom Kreuzzug zu vertrösten. Der Herzog hatte schon im Herbst 1145, als er zum erstenmal selbständig hervortrat, deutlich bewiesen, daß er seinen Vorteil nötigenfalls durch eine Gewalttat wahrzunehmen entschlossen war 8 ). ») Gleber S. 52, 63. — 3 ) Gleber S. 64. — ») Wibald, Brief 33. Gleber S. 54, 57. — «) Bernhardi 2, S. 545. Gleber S. 54. — s ) Bernhardi 2, S. 544. Regg. Juden Nr. 245 ff. — •) Bernhardi 2, S. 547, Anm. 25 mit der Zeit, 558. Becker, Königtum S. 34. — '•) Bernhardi 2, S. 547. Hofmeister, Puer S. 310. Heydel S. 9. — ' ) Bernhardi 2, S. 431. Heydel S. 8. Regg. Bremen 1, Nr. 474.

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Der deutsche Aufbruch sollte Mitte Mai 1147 stattfinden, damit man nicht mit den Franzosen zusammenträfe, die das Pfingstfest (8. Juni) in Aussicht genommen hatten. Denn sehr mit Recht fürchtete man von vornherein Streitigkeiten zwischen den beiden Nationalitäten, die später auch nicht ausbleiben sollten. Die Zahl aller derjenigen, die sich zum Aufbruch anschickten, war so beträchtlich, daß es ratsam erschien, wenn einzelne landschaftlich zusammengehörige Gruppen sich absonderten. Flandrer, Friesen und Kölner wollten erst nach England und dann mit den dortigen Pilgern gemeinsam nach Palästina fahren 1 ). Sehr viel bedeutsamer wurde die Absicht der Sachsen, überhaupt nicht ins Heilige Land zu ziehen, sondern die jenseits der Elbe wohnenden Slawen mit der Schärfe des Schwertes zu christianisieren 2 ). Wir stehen hier vor einem eigenartigen Nebenkreuzzug, der gesondert zu behandeln sein wird. Die Urheber einer solchen Ableitung der ursprünglichen Bewegung hofften, die starke religiöse Begeisterung, ja Leidenschaft, für ihre machtpolitischen Zwecke auszunutzen. Bernhard nahm sich des Planes sofort mit dem lebhaftesten Eifer an. Nach Rat des Königs und der Fürsten verfaßte er einen Aufruf, der überall verbreitet werden sollte und den Teilnehmern dieselben Vergünstigungen zusicherte wie den Palästina-Kämpfern. Jene sollten sich auch in Kleidung, Waffen und Pferdeschmuck ebenso ausrüsten wie diese und sich nur durch das auf einem Rad stehende Kreuz von ihnen unterscheiden, also nicht etwa als minderwertig angesehen werden. Aufmerksamkeit verdient die ausdrückliche Vorschrift Bernhards, die Heiden seien entweder auszurotten oder zu bekehren. Auf keinen Fall dürfe mit ihnen gegen Geldzahlung ein Vertrag geschlossen werden, bis nicht mit Hilfe Gottes ihre Religion oder ihr Volk vernichtet wäre. Ob die sächsischen Fürsten mit einer solchen ihrem Vorteil zuwiderlaufenden Bestimmung einverstanden waren oder nur meinten, sich später nach ihrem Sieg darüber hinwegsetzen zu können, läßt sich nicht ermitteln, da ja, wie sich zeigen wird, das ganze Unternehmen ein klägliches Ende fand. Bernhards religiöser Standpunkt offenbarte sich hier in seiner furchtbaren Starrheit und Härte. Wunder, die er tat, steigerten seine Volkstümlichkeit noch mehr. Als er einmal die Kirche verließ, wäre er von der ihn verehrenden Menge fast erdrückt worden, wenn ihn nicht König Konrad mit starker Hand hinausgetragen hätte 8 ). Der Verlauf des Frankfurter Reichstags mußte dem Papst beweisen, d a ß Konrads Entschluß unwiderruflich war. Seine Mißstimmung durfte er natürlich nicht merken lassen, und er begnügte sich damit, dem König durch den Kardinal Dietwin mitzuteilen, der Papst bedaure, daß der König ein so gewaltiges und lange dauerndes Unternehmen beschlossen habe, ohne ihn vorher zu verständigen. ») Bernhardi 2, S. 548. Vgl. unten Buch 8, Kap. 4. — ») Bernhard von Clairvaux, Brief 457. Bernhardi 2, S. 549, 563, 565. Vacandard 2», S. 305. Hauck, KQ. 4, S. 628. Cosack, Konrad S. 291. Williams S. 280. Vgl. unten Buch 8, Kap. 5. — ' ) Vacandard 2", S. 307.

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Konrad hielt es für richtig, sich zu entschuldigen, und schickte vom Reichstag aus drei hochstehende Berater, unter ihnen den Abt W i b a l d von Stablo, zum P a p s t 1 ) . Sie trafen ihn am 3 0 . März in Dijon, wo er, wie früher erwähnt wurde, zusammen mit König Ludwig weilte. In seinem Brief an Eugen begründete Konrad seinen Entschluß ganz geschickt und vielleicht etwas ironisch damit, d a ß der Heilige Geist ihm keine Zeit gelassen habe, irgend jemand um Rat zu fragen. Eugen war nicht völlig befriedigt und fühlte sich mehr zu Ludwig hingezogen, sah aber in Anbetracht der Lage von unfreundlichen M a ß nahmen sowohl gegen Konrad als gegen Bernhard ab. Den Slawenkreuzzug unterstützte er durch eine Bulle vom 11. April 1 1 4 7 2 ) . Darin rühmte er zunächst, d a ß fast die ganze Christenheit und u. a. auch der König von Spanien sich zum Kampf gegen die Ungläubigen rüste, gewährte denen, die gegen die Slawen gehen wollten, um sie der christlichen Religion zu unterwerfen, denselben Ablaß wie Urban I I . 8 ) und verbot, von den Heiden Geld dafür zu nehmen, d a ß sie in ihrem Unglauben verharren dürften, sprach aber nicht von ihrer Ausrottung. In diesem Punkte folgte er also nicht wie im übrigen Inhalt der Bulle den Anregungen Bernhards von Clairvaux. Bischof Anselm von Havelberg sollte im Namen des Papstes unter den Kreuzfahrern für Frieden und Eintracht sorgen, und seinen Weisungen sei demütig Folge zu leisten. Den Basileus hatte der Papst seinerzeit von dem Kreuzzugsplan Ludwigs unterrichtet. E t w a im Mai 1147 erhielt er Manuels Antwort 4 ) vom März, in der er sich, wie schon in seinem früheren Schreiben vom August 1146, bereit erklärte, den Durchmarsch und die Überfahrt der Franzosen, von denen zunächst allein die Rede war, zu erleichtern, aber unter der Bedingung, daß sein Reich keinen Schaden litte und daß alle näher bezeichneten, innerhalb der Romania liegenden Städte ihm nach ihrer Eroberung ausgeliefert würden. Eugen möchte die oströmischen Gesandten am französischen Hof unterstützen und dem Kreuzzug einen Kardinal beigeben, um Ausschreitungen zu verhindern. Der Ausmarsch der deutschen Pilger stand unmittelbar bevor. Sie mußten auf dem beschlossenen Landweg oströmisches Gebiet durchqueren und unweit der Hauptstadt Konstantinopel nach Asien überfahren. W i e würde sich der Basileus zu ihnen stellen? Zum besseren Verständnis der Lage bedarf es eines kurzen R ü c k b l i c k s 5 ) . Der Basileus Johann II. hatte, wie früher erwähnt wurde, 1135 und 1137 Verhandlungen mit Kaiser Lothar gepflogen, die sich in Erinnerung an den nie vergessenen Vorstoß Robert Guiskards natürlich gegen Roger II. von Sizilien richteten. Konrad III. empfing in der zweiten Hälfte des Jahres 1139 auch wieder oströmische Gesandte, und man hat es mit Recht als sehr bezeichnend hervorgehoben, d a ß von da an die deutsche ») Wibald Brief 33. Const. 1, Nr. 124. Hauck, KG. 4, S. 192. Vacandard 2 a , S. 308. Cosack, Konrad S. 289, 291. Zatschek, Wibald S. 324, 364, 455. — ») Jafte 2, Nr. 9017. Bernhardi 2, S. 559. Gottlob, KreuzablaB S. 109. Cosack, Konrad S. 292. Gleber S. 58. — ») Gottlob, KreuzablaB S. 78. Cartellieri 3, S. 253. — «) Ohnsorge, Manuel S. 378, 380, 391, M9re 1147. Gleber S. 48. — ") DOIger 2, Nr. 1313, 1320 ff., 1338. Bernhardi 2, S. 2 6 5 « . Caspar, Roger S. 355. Chalandon, Histoire 2, S. 125 ff. u. jean S. 258. Vasiliev 2, S. 59. Oben S. 223, 234..

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Kanzlei mehrfach den Titel „Romanorum rex augustus" gebraucht, obwohl bis dahin „augustus" den Kaisern vorbehalten geblieben war. Es ist neuerdings versucht worden, den Ursprung der staufischen Staatsidee mit dem- Einfluß des altüberlieferten römischen Zeremoniells in Verbindung zu bringen 1 ). Johann dachte im Jahre 1140, das von ihm gewünschte Bündnis mit Konrad dadurch zu befestigen, daß Berta von Sulzbach, die Schwester der deutschen Königin Gertrud, Manuel, den jüngsten Sohn des Basileus, der damals noch nicht zum Thronfolger ausersehen war, heiraten sollte 2 ). Konrad war einverstanden. Am 12. Februar 1142 richtete er als Romanorum imperator augustus an Johann als den Constantinopolitanus imperator ein längeres Schreiben»), das uns zeigt, welch große Höhe die diplomatische Rhetorik damals erreicht hatte. Der deutsche König sprach von der nostra Romana res publica und der vestra nova Roma und leitete daraus, daß sein Reich die Mutter, das oströmische die Tochter sei, den Vorrang seines Reiches ab, wandte sich gegen den gemeinsamen normannischen Feind, den er mit leichter Mühe niederwerfen wolle, erwähnte die Manuel und ihn selbst eng verbindende Heirat und verdeckte die tatsächliche Schwäche seiner eigenen Regierung durch hochtrabende Wendungen, die den Eindruck erwecken sollten, als schaue die ganze Welt auf ihn. In seiner sehr entgegenkommenden Antwort 4 ), die etwa im April 1142 abging, verwies Johann II. wegen Apulien und „Longobardien" 8 ), d . h . Kalabrien, auf seine angekündigten Gesandten. Wir sehen, daß diese beiden Landschaften als Preis des geplanten Bündnisses und der es besiegelnden Verheiratung oströmischerseits beansprucht wurden. Einige Zeit später, vor dem 2. August des Jahres, wurde Berta nach Konstantinopel geleitet 6 ), aber die Hochzeit noch nicht gefeiert. Das deutsch-oströmische Bündnis erweckte in Roger II. begreifliche Befürchtungen. Denn ein gleichzeitiger Angriff der beiden Reiche würde ihm um so mehr Schaden gebracht haben, als dann zweifellos auch seine nur mit Mühe niedergehaltenen Barone sich von neuem erhoben hätten. Er versäumte daher 1143 oder 1144 nicht, auch seinerseits in Konstantinopel eine Familienverbindung in Vorschlag zu bringen 7 ). Eine oströmische Prinzessin sollte einen seiner Söhne heiraten. Nach dem Tode Johanns II. am 8. April 1143 schien es tatsächlich so, als wollte sein Sohn Manuel als Basileus das deutsche Bündnis mit dem sizilischen vertauschen. Vielleicht hatte er es nicht dulden wollen, daß Konrad seine Überordnung so stark hervorhob. Sehr bald zeigte sich aber, daß die geplante Verbindung mit Sizilien zu ähnlichen Schwierigkeiten führte. Denn Roger wollte dem 4 ) Ohnsorge, Konrad S. 350, 354 f., 357, Anm. 54. — 2 ) Bernhardi 2, S. 266. Caspar, Roger S. 360. Chalandon, Histoire 2, S. 125 u. Jean, S. 169. — *) Otto von Freising, Oesta 1, Kap. 25. Bernhardi 2, S. 269. Ohnsorge, Konrad S. 60. Chalandon, Jean S. 170. R. Holtzmann, Weltherrschaftsgedanke S. 262. — «) Otto von Freising, Gesta 1, Kap. 25. — Chalandon, Histoire 1, S. 3 u. Jean, S. 327, Anm. 2. — •) Chalandon, Jean S. 171 f. mit der Zeit. — 7 ) Dölger 2, Nr. 1331. Bernhardi 2, S. 410. Caspar, Roger S. 357, 362. Chalandon, Histoire 2, S. 127 u. Jean S. 259 mit der Zeit.

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Basileus unbedingt gleichgestellt werden, während gerade die Annahme des Königstitels durch ihn in Konstantinopel stark verstimmt hatte. Manuel wollte daher zum deutschen Bündnis zurückkehren, wenn gewisse Bedingungen erfüllt würden. Sein Gesandter Nicephorus überbrachte 1145 dem deutschen König einen Brief des Basileus und gebrauchte „harte und unerhörte Worte". Konrad war empört, schrieb, um sich zu rächen, an Manuel als an den „König der Griechen" und sagte mit der Übertreibung, die seine Kanzlei so sehr liebte: „Wenn Nicephorus meinen Sohn Heinrich vor meinen Augen getötet hätte, würde er mich dadurch nicht heftiger erzürnt haben" 1 ). Was waren das für Worte? Die Überlieferung gibt uns keine Andeutungen. Da Manuels Braut Berta seit etwa drei Jahren in Konstantinopel weilte, ohne daß die Ehe vollzogen wurde, liegt es nahe anzunehmen, daß der Basileus die Verlobung lösen wollte, die vor seiner Bestimmung zum Thronfolger und seinem Regierungsantritt beschlossen worden war. Vermutlich fand er sie nicht mehr standesgemäß. Fest steht, daß nach einer dreitägigen scharfen Aussprache Konrads mit Nicephorus das deutsch-oströmische Schutz- und Trutzbündnis doch zustande kam. Der deutsche König erklärte sich bereit, „seinem lieben Bruder" zwei- bis dreitausend Ritter zu schicken und ihm nötigenfalls persönlich mit der gesamten Kraft seines Reiches beizustehen. Eine so weitgehende Zusage betraf natürlich einen etwaigen gemeinsamen Krieg gegen Roger. Von Landabtretungen war nicht die Rede. Die Hochzeit Manuels mit Berta wurde dann in der ersten Hälfte des Jahres 1146 gefeiert 2 ). D a ß der Basileus seine Gemahlin bald vernachlässigte, macht wahrscheinlich, d a ß er die Verbindung nur schloß, um das für ihn so wertvolle Bündnis mit Konrad nicht zu gefährden. Im übrigen blieb er dem Mißtrauen treu, das ihn wie alle seine Vorgänger gegenüber den westlichen Herrschern erfüllte, und versäumte es nicht, die Befestigungen Konstantinopels instandzusetzen. Die bösen Erfahrungen, die sein Großvater Alexius beim ersten Kreuzzug gemacht hatte, waren noch in frischer Erinnerung. Ein hohes Ziel schwebte Manuel vor: an der Spitze der nach seiner Auffassung „barbarischen" Völker des Westens die Türken zu besiegen und die alten Grenzen des römischen Reiches wiederherzustellen*). Wenn es ihm gelang, die Fürsten zur Leistung des Lehnseides zu bewegen, so war das eine gewisse Sicherung. Von allen konnte er sie erwarten, nur vom deutschen König, der sich als Kaiser fühlte, nicht. Außerdem lag immer die Gefahr vor, daß auch bei politischem Einvernehmen die Ausschreitungen der raublustigen Pilger zu schlimmen Zwischenfällen führten. Die Schwierigkeiten, in denen sich die oströmische Politik gerade während der Kreuzzugszeit wegen der Lage des Reiches befand, dürfen nicht unterschätzt werden. ») Otto von Freising, Gesta 1, Kap. 25, S. 41. Dölger 2, Nr. 1338. Bernhardi 2, S. 412. Chalandon, Jean S. 260. Ohnsorge, Konrad S. 351, 353. — ' ) Bernhardi 2, S. 416. Chalandon, Jean S. 209, 262 mit der Zeit. — ») Vasiliev 2, S. 59 f.

C a r t e l l i e r i , Der Vorrang des Papsttums.

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ZWEITES KÄPITEL.

DIE NIEDERLAGEN DES DEUTSCHEN UND D E S FRANZÖSISCHEN PILQERHEERES. (1147.) Die nach den Schilderungen der Zeitgenossen ungeheure Masse der Pilger setzte sich Ende Mai 1147 teils zu Lande, teils zu Schiff auf der Donau von Regensburg aus in Bewegung 1 ). Auf ihren Stirnen, Helmen, Schilden und Fahnen sah man das Zeichen des allersiegreichsten Kreuzes, und der junge König Heinrich schrieb an den Papst, sein Vater verlasse ihn unter der Fahne des Heiligen Kreuzes 2 ). Neben den Kriegern im engeren Sinn zog auch viel abenteuer- und raublustiges Gesindel mit. Sah doch die Kreuzpredigt gerade in der Beteiligung solcher wilden Gesellen einen religiösen Gewinn')! Sie waren weder mit Waffen noch mit Geld oder Lebensmitteln versehen, hatten keine Vorstellung von den Gefahren und Anstrengungen, die ihnen bevorstanden, stifteten fortwährend Unfrieden und gerieten bald in die bitterste Not. Auch Weltgeistliche und Mönche mischten sich unter die Masse, desgleichen Frauen. Denn es war versäumt worden, diese ausdrücklich auszuschließen, wie das 1188 in dem Hirtenbrief der französischen und der englischen Bischöfe verständigerweise geschah 4 ). Man kann hier wie bei anderen Gelegenheiten hervorheben, daß die Führer 1147 Erfahrungen sammelten, die den späteren Kreuzzügen zugute kommen sollten. Konrad benutzte den Wasserweg. Am 8. Juni feierte er Pfingsten noch auf deutschem Boden in der Ebene an der Fischa. Der Zug durch Ungarn 8 ) ging im großen und ganzen friedlich vonstatten. König Geisa II. mußte eine Steuer entrichten, für die er sich an seiner Geistlichkeit schadlos hielt. Um den 20. Juli 1147 vereinigten sich die verschiedenen deutschen Scharen bei Braniöevo8) an der Donau (serb. Bez. Golubac). Hier, an der Grenze, wurde Konrad von oströmischen Gesandten begrüßt, die Lebensmittel gegen Bezahlung unter der Bedingung versprachen, ä ) Bernhardi 2, S. 596. Ludwig S. 132 ff. zum ganzen Kreuzzug. Haller 2, 2, S. 549. — 2 ) Wibald, Brief 68. Gerhoh von Reichersberg, Comm. in psalmum 39, Lib. de lite 3, 436. H. Meyer, Rote Fahne S. 332 Anm. — s ) Oben S. 344. — «) Cartellieri, Philipp August 2, S. 57. — 6 ) Bernhardi 2, S. 600. Hannenheim S. 29, 34. Höman 1, S. 385. — •) Dölger 2, Nr. 1353, 1355. Bernhardi 2, S. 606. Hannenheim S. 35. Grousset 2, S. 231.

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daß keine Plünderungen stattfänden. Das wurde ihnen auch eidlich zugesagt. Über Nisch (Nissa) und Sofia ging es durch Bulgarien nach Philippopel. Von da an kam es zu blutigen Zusammenstößen zwischen deutschen Pilgern und oströmischen Soldaten, ohne d a ß es möglich wäre, die Schuldfrage zu klären 1 )- Vergeblich versuchte der König, durch strenge Strafen die Mannszucht herzustellen. Das Heer rückte über Adrianopel 8 ), immer in einiger Entfernung von oströmischen Truppen begleitet, vor und wurde in der Nähe von Konstantinopel am 8. September von einem furchtbaren Unwetter überrascht, das zahlreiche Opfer forderte 3 ). Es lagerte in der Vorstadt Pera, aber wegen Rangstreitigkeiten kam es zu keiner Zusammenkunft zwischen dem Basileus und Konrad. Dabei gab sich Manuel große Mühe, den König bei guter Laune zu erhalten 4 ). Denn er erfuhr gerade jetzt, d a ß Roger II. von Sizilien die Feindseligkeiten gegen ihn eröffnet h a b e 5 ) . Außerdem war Manuel darauf bedacht, die Vereinigung der Franzosen mit den Deutschen vor seiner Hauptstadt zu verhindern, weil er sonst ihrer Übermacht in keiner Weise gewachsen gewesen wäre. Der König von Frankreich hatte sich inzwischen auch marschfertig gemacht. Ihm war, um seine Seele zu stärken, der Zutritt zu den Reliquien der Abtei Saint-Denis gestattet worden. Er nahm die Fahne vom Altar, legte die Pilgertasche an und empfing den Segen des Papstes, den er während seiner Abwesenheit mit dem Schutz des Reiches betraute. Bezeichnend ist, d a ß er den Reichsverwesern einschärfte, die bekannte starke Burg Gisors im Vexin besonders gut zu verwahren 6 ). So wenig traute er dem neuen Herzog der Normandie, Gottfried Plantegenêt von Anjou, der zwar das Kreuz genommen, aber nicht ausgezogen war7). Am Mittwoch nach Pfingsten, dem 11. Juni 1147, brach Ludwig VII. von Saint-Denis auf; Eleonore begleitete ihn. Man wird kaum daran zweifeln können, daß er sie wegen ihres Leichtsinns nicht zurücklassen wollte«). Das französische Heer zog, ebenso wie das deutsche, im Zeichen des Heiligen Kreuzes»). Geld hatte sich der König durch eine Anleihe bei den Templern verschafft 1 9 ). Der Reiseweg führte ihn über Reims und Verdun zunächst nach Metz. In den beiden letztgenannten Städten, so sagt der französische Augenzeuge ausdrücklich, konnte er von Rechts wegen nichts beanspruchen, fand aber alle Leute willig, ihm zu dienen. In Metz 1 1 ) lagerte er außerhalb der Stadt, um sein Heer zu erwarten, *) Bernhard! 2, S. 607. Chalandon, Jean S. 273. — 3 ) Dölger 2, Nr. 1357. Bernhardi 2, S. 610. — *) Dölger 2, Nr. 1359. Bernhard! 2, S. 612. Chalandon, Jean S. 276. — «) Dölger 2, Nr. 1360. Bernhardi 2, S. 615. Chalandon, Jean S. 277. Grousset 2, S. 232. Ostrogorsky S. 270. Monti, Crociate S. 120. — B ) Bernhardi 2, S. 618. Ostrogorsky S. 271. Vgl. unten S. 367. — •) O. Cartellieri, Suger S. 144, Nr. 143. — 7) Chartrou S. 66. — «) R. Hirsch, Studien S. 51. — •) Bernhardi 2, S. 601. R. Hirsch, Studien S. 53 mit der Zeit. 0. Cartellieri, Suger S. 49, 144, Nr. 141. Luchaire, Louis VII S. 15. Grousset 2, S. 227. Gleber S. 73. — " ) Hirsch S. 51. — " ) Bernhardi 2, S. 603. Odo de Diogilo 2, S. 1209. Grousset 2, S. 227, 236. 23*

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und erließ Gesetze, die während des Zuges den Frieden sichern und alle Bedürfnisse regeln sollten. Die Fürsten mußten diese Gesetze beschwören; der Berichterstatter meint aber, sie hätten sie nicht gut beobachtet, und darum habe er sie sich auch nicht gemerkt. Am 29. Juni wurde Ludwig in Worms feierlich empfangen, aber es fanden auch schon Raufereien mit der Stadtbevölkerung statt. In Regensburg 1 ) erwarteten ihn zwei oströmische Gesandte, die ihm die uns schon bekannten Forderungen vortrugen. Ihre gesuchten Förmlichkeiten und ihr geschraubtes Wesen mißfielen ihm sehr, aber nach mehrtägigen Verhandlungen blieb ihm nichts anderes übrig, als wenigstens die Sicherheit des oströmischen Reiches eidlich zu gewährleisten, wofür ihm Lebensmittel und Geldwechsel in Aussicht gestellt wurden. Andernfalls hätte er damit rechnen müssen, daß Vorräte auf seinem Wege absichtlich vernichtet worden wären. Weitere Vereinbarungen wurden der persönlichen Aussprache des Basileus mit dem König vorbehalten. Wir erinnern uns, daß Manuel sich von der Anwesenheit eines Kardinals bei den Pilgerheeren eine heilsame Wirkung versprochen hatte. Der Papst, der sich ebensowenig wie Bernhard von Clairvaux selbst hatte beteiligen wollen, legte in dem großen Mißtrauen, das ihn immer beherrschte, Wert darauf, über den Fortgang des Unternehmens unterrichtet zu werden, und bestellte deshalb zwei Legaten, die den Heeren folgen sollten: den früher genannten Kardinalbischof Dietwin 2 ) von S. Rufina und den Kardinalpriester Wido vom Titel des heiligen Chrysogonus 3 ). Jener war von Geburt ein Deutscher und schon deshalb den Franzosen wenig genehm, dieser ein Florentiner, gutmütig, ein Bücherfreund, der am liebsten philosophische Gespräche führte. Keiner von beiden besaß Eigenschaften, die ihn befähigt hätten, in verwickelten Lagen handelnd einzugreifen, und man hört selten von ihnen. Der weitere Marsch der Franzosen unterschied sich kaum wesentlich von dem der Deutschen. Auch bei ihnen ging alles gut, solange sie genügend zu essen hatten. Den Gewaltsamkeiten, die entstanden, wenn Not eintrat, vermochte Ludwig ebensowenig zu steuern wie Konrad 4 ). Die Truppen berührten auch ihrerseits Braniievo, Nisch, Philippopel und Adrianopel. Dem Geschick Manuels gelang es, Konrad gegen dessen ursprüngliche Absicht vor dem Eintreffen der Franzosen zur Überfahrt nach Asien zu bewegen. Konrad gab nach, weil es sich schon gezeigt hatte, daß sich die beiden Nationalitäten schlecht vertragen würden und daß die Verpflegung einer solchen Masse von Menschen in Frage gestellt worden wäre. So fuhren denn die Deutschen Ende September 1147 über den Bosporus und boten den neugierigen Oströmern Anlaß genug, ihre Körpergröße und die rittlings zu Pferde sitzenden, kriegsmäßig ausgerüsteten Frauen zu bestaunen 5 ). ») Dölger 2, Nr. 1354. Bernhardi 2, S. 604. Chalandon, Jean S. 289. Schreibmüller. Ohnsorge, Manuel S. 379. Orousset 2, S. 236. — 2 ) Bernhardi 2, S. 602. Bachmann S. 81. — ») Davidsohn, Geschichte 1, S. 441. — ' ) Dölger 2, S. 1358a. — 5 ) Bernhardi 2, S. 620 mit der Zeit. Chalandon, Jean S. 280.

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Während die Deutschen in der Nähe von Chalcedon lagerten, stellten sich die ihnen von Manuel versprochenen Führer ein. Stephan, der Hauptmann der Warägerleibwache, trug die Wünsche seines Gebieters vor 1 ). Der deutsche König sollte einen Teil seines Heeres zur Abwehr eines etwaigen französischen Angriffs auf die Hauptstadt abkommandieren, und dafür wollte der Basileus zahlreichere Truppen zur Verfügung stellen, so d a ß an die Wiedereroberung Edessas gedacht werden konnte. Doch ist anzunehmen, daß der Sultan Masud I. von Anatolien nicht bekriegt werden sollte, weil Manuel mit ihm den früher erwähnten Waffenstillstand geschlossen hatte 2 ). Es war das auch gar nicht nötig, denn man konnte nach Nordsyrien gelangen, ohne das Reich Masuds zu berühren, und der Rat Stephans ging eben dahin, erst südwärts und dann an der Küste entlangzuziehen. Dabei wäre man immer in Verbindung mit der oströmischen Flotte geblieben, und das hätte die Lösung der Proviantfrage wesentlich erleichtert. Im übrigen hatte oströmisches Geld schon seinen Weg in die Taschen deutscher Herren gefunden. Nach einer Besprechung im Kriegsrat lehnte Konrad die oströmischen Vorschläge ab. Ungern genug hatte er sich durch Bernhard zum Kreuzzug bewegen lassen. Jetzt wollte er möglichst bald sein Gelübde erfüllen und heimkehren. Im Dienst Manuels gegen Ludwig zu kämpfen, den doch dasselbe religiöse Ideal erfüllte wie ihn selbst, erschien ihm undenkbar. Manuel überließ daher die Deutschen, die alles besser wissen wollten als er selbst und seine landeskundigen Beamten, ihrem eigenen Schicksal. Konrads Ablehnung gehört zu den Hauptgründen, weshalb der Kreuzzug scheiterte. Es war richtig, daß auch der erste Kreuzzug die Richtung nach Ikonium eingeschlagen hatte, wie Konrad es wieder tat, aber er hatte ganz vergessen, daß die damaligen Erfolge gerade der Mitwirkung Ostroms zu verdanken gewesen waren und daß diese wegen der besseren Beziehungen Manuels zu Sultan Masud nunmehr fehlte. Das Verhängnis nahm seinen Lauf. Anfang Oktober 1147 wurde der Marsch über Nikomedia nach Nicäa angetreten 8 ). Konrad sah die Notwendigkeit ein, das Heer zu verkleinern, und hätte gern alle Unbewaffneten und Fußgänger mit Hilfe der Oströmer nach Jerusalem bringen lassen 4 ). Aber durchsetzen konnte er diese so vernünftige Maßregel nicht. Die Pilger wollten ihm als einem Feind des einfachen Volkes nicht mehr gehorchen. Schließlich einigte man sich dahin, d a ß wenigstens alle, die sich freiwillig meldeten, unter der Führung Ottos von Freising gleich nach der Küste ziehen könnten. Die Trennung geschah in Nicäa. Am 15. oder 16. Oktober 1147 brach der König mit der Hauptmacht auf 5 ). Ikonium sollte auf dem nächsten Weg erreicht werden. Jedermann nahm so viele Lebensmittel mit, wie er konnte, aber die Entfernung wurde stark unterschätzt. Man Dölger2,Nr. 1363. Bernhardi 2, S. 625. Chalandon, Jean S. 280. — *) Oben S. 335. — *) Bernhardi 2, S. 626 mit der Zeit. Chalandon, Jean S. 282. — •) Bernhardi 2, S. 627. Chalandon, Jean S. 283. — 5 ) Bernhardi 2, S. 629. Ludwig S. 133 mit der Zeit. Chalandon, Jean S. 283. Oman 1, S. 245. Grousset 2, S. 234.

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kam nur langsam vorwärts. Das schwierige und öde Gelände erzeugte im Heere starke Unzufriedenheit, schon argwöhnte man Verrat durch die oströmischen Führer. Wenn auch dieser Vorwurf immer wiederkehrt, so liegt doch kein Grund vor, ihn für berechtigt zu halten. Wohl aber begreift man gut, d a ß diese Führer am 26. Oktober 1147 nächtlicherweile plötzlich verschwunden waren, weil sie fürchten mußten, von der durch Hunger und Erschöpfung gereizten Menge totgeschlagen zu werden1). Sofort griffen türkische Reiter, die der Sultan Masud den Kreuzfahrern entgegengeschickt hatte, mit ihrer bekannten Taktik an. Erst flohen sie vor den schwergepanzerten Deutschen. Wenn deren Rosse ermüdet waren, kehrten sie um, überschütteten die Deutschen mit einem Hagel von Pfeilen und brachten ihnen sehr schwere Verluste bei. E s rächte sich bitter, daß es die Lateiner immer versäumt hatten, sich genügend mit Bogenschützen zu versehen. Die S c h l a c h t 2 ) fand am Ufer des Bathys, eines Nebenflusses des Tembris ( P u r s a k ) , nahe bei Doryläum statt. Ungeheuer war die Beute der Sieger, und das deutsche Heer konnte nicht mehr als kampffähig gelten. Der Kriegsrat beschloß den sofortigen Rückzug, der auch noch an demselben T a g angetreten wurde. Konrad ritt zunächst an der Spitze. Seine Nachhut wurde auf einer Anhöhe umzingelt und aufgerieben. Jetzt konnten die Türken an den Kern des Heeres ungehindert herankommen und es unaufhörlich beschießen. Konrad leistete fast Übermenschliches in der Verteidigung; er wurde durch einen Pfeil am Kopf verwundet, und ihm fehlte sogar bald ein Pferd. Seine Leute fielen in dumpfer Verzweiflung zu Boden, wurden gefangen oder getötet. Die Überlebenden erreichten am 2. oder 3. November ihren Ausgangspunkt Nicäa8). Würde Ludwig V I I . Rettung bringen können? Am 4. Oktober 1147 hatte er vor Konstantinopel gestanden und war von Manuel überaus ehrenvoll empfangen worden 4 ). W i r sahen, d a ß Manuel und Konrad sich persönlich nicht gesprochen hatten. Streitigkeiten mit der B e völkerung blieben auch bei den Franzosen nicht aus, und sie erregten sich darüber so sehr, d a ß der hitzige Bischof Gottfried von Langres dringend empfahl, Konstantinopel einfach zu erobern. Aber dazu konnte sich der König doch nicht entschließen. Merkwürdige Gerüchte durchschwirrten die Luft; vielleicht ließ sie Manuel selbst verbreiten, um die unbequemen Gäste recht bald loszuwerden: die Deutschen hätten die Türken völlig besiegt und b e drohten schon Ikonium. Da glaubten die Franzosen, wenn sie sich nicht beeilten, bliebe ihnen nichts zu tun übrig. Der brennende Ehrgeiz ihrer Ritterschaft wurde scharf aufgestachelt. S o setzten sie denn am 15. Oktober über die Meerenge des Bosporus nach Asien über und schlugen denselben W e g wie die Deutschen nach Nicäa ein. Von 1 ) Bemhardi 2, S. 631. — ») Bernhardi 2, S. 632. Tomaschek S. 90. Delbrück 3, S. 289, 421. Oman 1, S. 270, 273. Grousset 2, S. 236. Monti, Crociate S. 122. — ' ) Bernhardi 2, S. 638. — *) Bernhardi 2, S. 640. Chalandon, Jean S. 296. Grousset 2, S. 227, 238. Ostrogorsky S. 271.

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Manuel immer wieder gedrängt, leisteten ihm viele von Ludwigs Baronen am 28. Oktober endlich die verlangte Mannschaft 1 ), aber Ludwig weigerte sich entschieden, sich mit ihm gegen Roger von Sizilien zu verbünden. Um den 1. November lagerte er am See von Nicäa 2 ). Hier meldete ihm Herzog Friedrich III. von Schwaben den Zusammenbruch des deutschen Heeres und bat ihn, Konrad zu besuchen. Ludwig tat das auch sofort, sprach ihm Trost zu und unterstützte ihn nach Kräften. Künftig wollten sie gemeinsam vorgehen. Die Deutschen befanden sich in der traurigsten Verfassung. Körperlich und seelisch erschöpft, aller Geldmittel entblößt, verkauften sie ihre Waffen, um sich satt essen zu können. Viele kehrten gleich über Konstantinopel in die Heimat zurück. Eine andere Möglichkeit gab es nicht, und dabei waren sie von der Verräterei der Oströmer fest überzeugt. Es war daher eine wenig zahlreiche, kaum noch kampffähige Mannschaft, mit der Konrad den vorausmarschierenden Franzosen folgte. Die beiden Könige vertrugen sich gut, bedurften allerdings des Bischofs Stephan von Metz als Dolmetscher. Unter den Kriegsleuten dagegen gab es bald Reibereien. In ihrem Übermut riefen die Franzosen den Deutschen ein unanständiges Schimpfwort z u s ) . In Esseron 4 ) beim heutigen Balikesri 5 ) (sw. Brussa) wurde nicht vor dem 20. November über die weitere Marschrichtung beratschlagt. Ludwig wollte den kürzeren Weg in das Innere des Landes nehmen, ließ sich aber von Konrad überzeugen, d a ß es besser sei, sich der Küste zu nähern. So zog man südwestlich über Pergamon 6 ) (Bergama), Magnesia (Manisa) 7 ) und Smyrna (Izmir) 8 ) einige Tage vor Weihnachten 9 ) nach Ephesus 1 0 ). Die Lateiner hatten wieder viel unter Entbehrungen und auch unter oströmischen Betrügereien zu leiden. Konrads Gesundheitszustand verschlimmerte sich, und die Abhängigkeit von Ludwig empfand er sehr bitter, obwohl dieser sich durchaus ritterlich benahm 1 1 ). Gesandte Manuels legten es jetzt Ludwig nahe, sich in den oströmischen Befestigungen zu halten, da die oströmische Bevölkerung nicht gehindert werden könne, sich an den Franzosen für ihre Ausschreitungen zu rächen 1 8 ). Die Stellungnahme des Basileus erklärte sich ganz einfach aus der Kriegführung Rogers. Man konnte jenem nicht gut zumuten, daß er den Freund des Siziliers unterstützte. Ludwig kümmerte sich aber um die Drohung Manuels überhaupt nicht und feierte Weihnachten südöstlich von Ephesus. Von Konrad nahm er herzlich Abschied und marschierte am 28. Dezember 1147 weiter. ") Dölger 2, Nr. 1367 mit Datum. Oben S. 19. — 2 ) Bernhardi 2, S. 641. Chalandon, Jean S. 304. Grousset 2, S. 239. — ») Dölger 2, Nr. 1368. Bernhardi 2, S. 645. Oben S. 155. — ' ) Bernhardi 2, S. 645 mit der Zeit. Chalandon, Jean S. 306. Grousset 2, S. 239. — 5 ) Enz. Islam 1, S. 645. — •) Enz. Islam 1, S. 735. — 7 ) Enz. Islam 3, S. 267. — 8 ) Enz. Islam 2, S. 607. — •) Bernhardi 2, S. 647 mit der Zeit. Chalandon, Jean S. 307. Grousset 2, S. 240. — " ) Enz. Islam 1, S. 549. — " ) Bernhardi 2, S. 649, Anm. 37. Chalandon, Jean S. 307. — " ) Dölger 2, Nr. 1370=1371.

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Konrad geriet in große Verlegenheit. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als nach Konstantinopel zurückzukehren, um dort Heilung zu finden. Manuel selbst und Berta-Irene holten ihn wahrscheinlich Anfang Januar 1148 zu Schiff in Ephesus ab, und er wurde ausgezeichnet verpflegt 1 ). Der Rest des Heeres sollte zu Land auch Konstantinopel erreichen. Die von Otto von Freising geführten Deutschen waren erst an der Küste Kleinasiens entlang über Ephesus bis Laodicea ad Lycum (bei Denizli) 2 ) gezogen, aber südlich davon von den Türken umzingelt und in den letzten Tagen des Jahres 1147 vernichtet worden. Otto selbst konnte sich mit Wenigen Begleitern nur barfuß und ausgehungert in einen Hafen retten und fuhr nach Konstantinopel 3 ). Ludwig gelang es, auf dem Weitermarsch bei Antiochia am Mäander am 31. Dezember 1147/1. Januar 1148 einen erfreulichen Erfolg über die den Flußübergang sperrenden Türken zu erzielen 4 ). Diese flüchteten hinter die Mauern der Stadt, obwohl sie oströmisch war, und daraus ergibt sich, d a ß zum mindesten die Einwohner ihnen freundlich gesinnt waren und auf die Billigung ihres Verhaltens durch den Basileus rechnen konnten. Einige Tage später, am 3. oder 4. Januar 1148, erreichte das französische Heer das eben genannte Laodicea 5 ), fand aber nicht so viele Lebensmittel vor, wie es bis zum nächsten Ziel, dem Hafen von Attalia (Adalia)«), brauchte. Trotzdem setzte es seinen Marsch fort. Im Gebirge stieß es auf die Leichen der Gefährten Ottos von Freising. Da keine strenge Mannszucht geübt und nicht für die dauernde Verbindung der einzelnen Scharen gesorgt wurde, konnten die Türken sie überfallen und zersprengen. Ludwig VII. selbst wäre trotz tapferster Gegenwehr fast den Feinden in die Hände gefallen. In den letzten Tagen des Januar 1148 gelang es ihm, mit dem Rest seiner Leute, die sich infolge des Hungers und der Strapazen in einem erbarmungswürdigen Zustand befanden, bis zur Küste bei Attalia vorzudringen 7 ). Was sollte jetzt geschehen? Der Marsch nach Antiochia am Orontes zu Lande hätte die Kräfte der Franzosen weit überstiegen. Außerdem ließ sich kaum bezweifeln, daß die Bevölkerung den Türken mehr oder weniger freiwillig Beistand leistete. Ein oströmischer Gesandter, namens Landulf, veranlaßte zunächst den französischen König, die dem Basileus durch die Barone geleisteten Eide wiederholen zu lassen, und sorgte nachher für Lebensmittel. Auch Schiffe wurden bereitgestellt, aber sie boten nicht genug Raum für alle Krieger, und die Armen, die kein Geld für die Überfahrt hatten, mußten auf den Landweg verwiesen werden, der für die meisten den sicheren Tod bedeutete. Ludwig ließ sie im Stich 8 ). Seine Handlungsweise kann auch durch die tiefe Mutlosigkeit, der er verfallen war, nicht gerechtfertigt werden. Bernhardi 2, S. 650 mit der Zeit, 654. Chalandon, Jean S. 308. — ») Enz. Islam 1, S. 979. — ' ) Bernhardi 2, S. 651. — «) Chalandon, Jean S. 309. Grousset2, S. 241. — 6 ) Bernhardi 2, S. 649, 657. Chalandon, Jean S. 309. Oman 1, S. 246. Qrousset 2, S. 241. Enz. Islam 3, S. 2 unter Ladhik Nr. 2. — •) Enz. Islam 1, S. 134. — 7 ) Bernhardi 2, S. 658 mit der Zeit. Chalandon, Jean S. 310. Grousset 2, S. 242 f. Monti, Crociate S. 123. — 8 ) Bernhardi 2, S. 658. Röhricht, Königreich S. 247. Chalandon, Jean S. 314. Grousset 2, S. 244.

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Allzufrüh hatten sich die Franzosen über den Zusammenbruch des deutschen Heereszuges lustig gemacht. Jetzt erging es ihnen nicht besser. Ihr König fuhr mit den vornehmen Herren ab und landete am 19. März 1148 im St. Simeonshafen vor Antiochia. Fürst Raimund von Poitiers-Antiochia bereitete ihm und der Königin Eleonore, seiner Nichte, einen glänzenden E m p f a n g 1 ) . Allmählich sammelten sich die Fürstlichkeiten in Jerusalem, so Otto von Freising, der dort Ostern (11. April) feiern konnte, dann in der Woche nach dem Fest Konrad, der sich in Konstantinopel gut erholt hatte 2 ) und jetzt im Palast der Templer Wohnung nahm, und auch Ludwig. Ihre Fußsoldaten waren größtenteils zugrunde gegangen, aber Ritter waren doch noch in solcher Zahl vorhanden, d a ß eine Kriegführung nach einer genügenden Ruhepause immerhin möglich schien, wenn man die syrischen Christen heranzog. Schwierige Entscheidungen standen bevor; denn die Meinungen über das, was jetzt die wichtigste Aufgabe wäre, gingen weit auseinander. Fürst Raimund von Poitiers-Antiochia vertrat den sehr vernünftigen und zugleich seinen eigenen Belangen dienenden Standpunkt, daß man vor allem der Macht der Zengiden entgegentreten und erst Aleppo und dann womöglich E d e s s a wiedergewinnen sollte 3 ). Hätte Ludwig gleich nach seiner Ankunft diesen Plan angenommen, s o wäre der Erfolg wahrscheinlich gewesen. Er versteifte sich aber darauf, daß er zuerst zum Heiligen G r a b pilgern wolle, und g a b Raimund eine abschlägige Antwort, die diesen sehr aufbrachte. Raimund sann auf Rache und hetzte Eleonore gegen ihren Gemahl auf, dessen sie in ihrer lebhaften Sinnlichkeit schon überdrüssig war. Ais Ludwig sie aufforderte, mit ihm Antiochia zu verlassen, weigerte sie sich und sprach von Scheidung, weil sie in verbotenem Grade verwandt wären. Die Hauptsache war aber, d a ß ihr Oheim sie bei sich behalten wollte. Dabei wird man nicht vergessen, daß dieser jetzt etwa 34, seine Gemahlin Konstanze von Antiochia 20 und Eleonore 26 Jahre alt war. Der französische König, der, wie man sagte, Eleonore „ f a s t maßlos" liebte, hätte trotzdem wegen seiner strengen Kirchlichkeit in eine Trennung eingewilligt, wenn nicht seine Ratgeber ihn davon abgebracht hätten. Keinesfalls wollte er aber die leichtlebige Frau in Antiochia lassen und z w a n g sie, ihm nächtlicherweile zu folgen, als er mit seinen Truppen nach Jerusalem g i n g 4 ) . Seine Verfeindung mit Raimund lenkte die Aufmerksamkeit von der Bedrohung Nordsyriens a b und verschuldete militärisch-politische Fehler, die alsbald gemacht wurden. Angehörige g a n z verschiedener Nationalitäten trafen damals in Jerusalem zusammen, und es nimmt nicht wunder, daß jede an den anderen irgend etwas zu tadeln hatte. Um diese Zeit nannte ein dort weilender Mönch a u s E d e s s a die „Alemani" Konrads, „des Königs der Könige", d a s grausamste Volk in Gottes ganzer S c h ö p f u n g 5 ) , ohne ») Bernhardi 2, S. 658. — 2 ) Bernhardi 2, S. 654, 659. Röhricht, Königreich S. 248. Chalandon, Jean S. 308. — ») Grousset 2, S. 245, 249, dazu S. 40. — 4 ) R. Hirsch, Studien S. 58. Luchaire, Inst. 2, S. 280 u. Louis VII S. 17. Richard 2, S. 93, 107. — 6 ) Taylor S. 123.

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daß wir wüßten, ob er einen triftigen Anlaß hatte, gerade den Deutschen einen solchen Vorwurf zu machen, dessen Berechtigung kaum zu beweisen wäre. Am 24. Juni 1148 versammelten sich ungewöhnlich zahlreiche Fürsten in Akka um die beiden Könige 1 ). Auf der Tagesordnung stand die höchst schwierige Beschlußfassung über das Ziel der nächsten Kampfhandlungen. Die beiden päpstlichen Legaten Dietwin und Wido, die bis dahin keinerlei Einfluß ausgeübt hatten, waren anwesend. Unglücklicherweise fehlten Vertreter gerade der am meisten bedrohten nordsyrischen Städte Antiochia und Tripolis. Dagegen entfaltete die Regentin Melisende im Namen ihres siebzehnjährigen Sohnes Balduin III. eine rege Tätigkeit zugunsten eines Angriffs auf Damaskus, um diese schöne Stadt für das eigene Reich zu gewinnen. Unter den Lateinern gab es auch Herren, die wie der zum zweitenmal ins Heilige Land gekommene Graf Dietrich 8 ) von Flandern und Graf Weif VI. möglichst bald in die Heimat zurückkehren wollten, aber keinen Beifall fanden. Es gelang dem Bischof Gottfried von Langres, die Mehrheit zum Zug gegen Damaskus zu überreden. Von Aleppo, Edessa und Nur al-Din wurde gar nicht mehr gesprochen. Die guten Beziehungen, in denen man zu Unur gestanden hatte und die jederzeit erneuert werden konnten, spielten keine Rolle. Bald nach Mitte Juli 1148 sammelte sich das Heer in Tiberias und bezog nachher im Südwesten von Damaskus bei dem Dorf Dareiya 8 ) ein Lager 4 ). Am 24. des Monats führte Balduin III. seine Leute in die nahe Ghuta 5 ), die durch ihre Fruchtbarkeit und ihren Wasserreichtum berühmten Obstgärten, die für die Verpflegung die besten Aussichten eröffneten, aber auch den türkischen Bogenschützen ausgezeichnete Deckung boten. Auf Befehl Balduins wurden die trennenden Erdmauern niedergelegt und die Feinde vertrieben. Der nächste Angriff galt dem Ufer des Baradaflusses 6 ), aber er wurde zunächst abgeschlagen. Da stürmte Konrad mit den Deutschen zwar ohne rechte Ordnung, aber mit wildem Ungestüm vorwärts, trennte mit einem gewaltigen Hieb den Körper eines Feindes in zwei Teile, gewann den Fluß oberhalb der Stadt und lagerte am Westtor. Damit schien die Einnahme gesichert zu sein. Schon ließ sich Dietrich von Flandern die Investitur des künftigen Fürstentums Damaskus versprechen. Eine selbständige Herrschaft im Heiligen Lande bedeutete doch für jeden der Barone die Erfüllung seiner schönsten Träume. Unur verzagte trotzdem nicht. Am 25. Juli machte er einen kräftigen Ausfall und tat damit den Lateinern viel Schaden 7 ). Auf seinen Hilferuf hin eilten von allen Seiten türkische Bogenschützen herbei, überschütteten die Lateiner mit einem Pfeilregen und suchten, sich der ») Bemhardi 2, S. 660. Röhricht, Königreich S. 249 u. Regg. Nr. 250. La Monte, Monarchy S. 140. Qrousset 2, S. 251, 254. — ' ) Ann. de Gand S. 110. — ' ) Karte bei Bädeker, Palästina S. 278. — •) Weil 3, S. 292. Bemhardi 2, S. 664. Röhricht, Königreich S. 250. Luchaire, Louis VII S. 18. Stevenson, Crus. S. 160. Oman 1, S. 260, 357. Taylor S. 123. Enz. Islam 3, S. 1034. Qrousset 2, S. 255. Monti, Crociate S. 124. — 5 ) Bemhardi 2, S.668. Enz. Islam 2, S. 177. — •) Enz. Islam 1, S. 679. — ' ) Bemhardi 2, S. 670.

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Gärten wieder zu bemächtigen. Diese unerfreuliche Wendung der Dinge, die übrigens einen günstigen Enderfolg noch keineswegs ausgeschlossen hätte, veranlaßte einige Barone, die Könige zu drängen, sie möchten das Lager nach Südosten verlegen, wo es keine Bäume, keinen Fluß und nur niedrige Stadtmauern gebe. Die Könige ließen sich überzeugen und erteilten die entsprechenden Befehle. Warum taten sie es? Eine volle Aufklärung wird kaum jemals gegeben werden können. Waren jene Barone Verräter, wurden sie von Unur bestochen? Gönnten sie dem neu angekommenen Grafen Dietrich von Flandern das Fürstentum nicht? Man dürfte der Wahrheit näherkommen, wenn man sich den Plan Unurs deutlich macht. Er hatte zwar in seiner gefährlichen Lage nicht gezögert, Saif al-Din und Nur al-Din, die Atabege von Mosul und von Aleppo, um ihren Beistand anzugehen, sich aber nicht verhehlt, daß sie als Sieger über die Lateiner seiner unabhängigen Stellung in Damaskus gleich ein Ende machen würden. Darum versuchte er, den Lateinern klar zu machen, daß sie die Belagerung aufgeben müßten, um die Besitzergreifung der Stadt durch die genannten Zengiden zu vermeiden. Daß er seine Warnung durch Geldzahlungen bekräftigte, ist wohl glaublich. Er erreichte auch seinen Zweck. Die neuen Stellungen der Lateiner waren keinesfalls zu halten, und nur ihr sofortiger Abzug am frühen Morgen des 28. Juli 1148 konnte ein Verhängnis abwenden 1 ). Der bedenkliche Zwiespalt unter ihnen wurde erst recht offenbar, als Konrad und Ludwig von Jerusalem aus die Einnahme von Askalon 2 ) betrieben. Allzu oft hatten von dort aus ägyptische Truppen verheerende Vorstöße gemacht. Der Besitz der festen Stadt hätte die christliche Herrschaft unzweifelhaft verstärkt. Deutsche und Franzosen sammelten sich tatsächlich in Jaffa, aber die Jerusalemiten wurden trotz ihrer Zusage vergeblich erwartet. Konrad erregte sich dermaßen über den ihm dadurch angetanen Schimpf und die Treulosigkeit seiner Mitchristen, daß er am 8. September 1148 von Akka absegelte*). Ludwig VII. dagegen gab den Bitten der Jerusalemiten nach und blieb länger als die meisten seiner Volksgenossen, bis nach Ostern (3. April) 1149, im Heiligen Lande. Er stand sich gut mit der königlichen Familie, wie sich das aus ihren französischen Beziehungen auch erklärt. Es mag sein, daß ein maßgebender Einfluß Konrads als des künftigen Kaisers gefürchtet wurde und daß seine freundschaftlichen Beziehungen zu Manuel Argwohn erregten. Die nächste Folge dieser unerfreulichen Verhältnisse war, daß die Beziehungen zwischen abendländischen und morgenländischen Christen sich sehr spannten 4 ). Gegenseitig machte man sich die heftigsten Vorwürfe. Einfache Leute meinten, daß die Türken kaum so schlimm seien wie die Syrer. Man begreift so besser, daß vier Jahrzehnte lang kein neuer Kreuzzug zustande kam und daß es schon der Niederlage von *) Bernhardi 2, S. 678. Röhricht, Königreich S. 256. Grousset 2, S. 267. — ) Bernhardi 2, S. 679. Röhricht, Königreich S. 256. Stevenson, Crus. S. 163. — >) Bernhardi 2, S. 680, 809. R. Hirsch, Studien S. 57. Röhricht, Königreich S. 256. Grousset 2, S. 269. — *) Röhricht, Königreich S. 258. Grousset 2, S. 267. J

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Hattin und des Falls von Jerusalem im Jahre 1187 bedurfte, um die enttäuschten Gemüter wieder aufzurütteln und zu neuen Opfern zu bewegen. Unur ließ zwar im Frühjahr 1149 noch Beduinen und Turkmenen auf jerusalemitischem Gebiet plündern, a b e r im Mai-Juni bewilligte er der Regierung von Jerusalem den erbetenen Frieden auf zwei J a h r e 1 ) . E s war ein kaum verständliches Versäumnis der Kreuzfahrer gewesen, daß sie trotz der dringenden Bitten Raimunds von PoitiersAntiochia nicht Aleppo angriffen und damit Nur al-Dins Stellung erschütterten. D a s sollte sich jetzt bitter rächen. Durch die Niederlagen der Franzosen und der Deutschen war das Selbstgefühl der Türken unendlich gesteigert worden, und sie sagten sich, daß, wenn zwei Könige mit großen Heeren nichts ausgerichtet hätten, dann überhaupt nichts mehr zu fürchten sein würde. Raimunds verhängnisvolle Überschätzung seiner eigenen Kräfte lag darin, d a ß er nach dem Abzug der Abendländer trotzdem auf Aleppo losging. Nur al-Din besiegte ihn zwischen Mai 1148 und Mai 1149 bei Y a g h r a nordöstlich vom See von Antiochia 2 ). Joscelin II. hatte absichtlich keine Truppen geschickt, um sich dafür zu rächen, d a ß Raimund ihn seinerzeit nicht in E d e s s a unterstützt hatte, und schloß jetzt Frieden mit Nur al-Din. Als dann Nur al-Dins Bruder Saif al-Din, der Atabeg von Mosul, im November 1149 starb, setzte sich Nur al-Din mit seinem zweiten Bruder M a w d u d 8 ) friedlich auseinander, und bekam Hims, das ihm den W e g nach Damaskus wies. Schon vorher hatte er die Feindseligkeiten gegen das Gebiet von Antiochia begonnen, und zwar im Verein mit Unur, dessen so zweckmäßiges Bündnis mit den Lateinern, wie wir wissen, durch ihre Schuld gelöst worden war. Raimund drängte die Feinde durch einen überkühnen Vormarsch zurück und lagerte dann unvorsichtig genug mit seiner wenig zahlreichen Mannschaft beim Fons Muratus (Maarratha, sö. Nepa-Inab) am Ostufer des Orontes. In der Nacht umzingelt, weigerte er sich in dem am Morgen des 29. Juni 1149 ausbrechenden Kampf, allein zu fliehen, und fiel. Sein Kopf und sein rechter Arm wurden dem Chalifen al-Muktafi nach B a g d a d geschickt 4 ). Bei aller Bewunderung für seinen Heldenmut darf man seine politischen und militärischen Fehler nicht vergessen. E r hatte ebensowenig an die gemeinsame Sache gedacht wie die meisten seiner Standesgenossen und mußte für seine Eigenwilligkeit mit dem Leben büßen. Nur al-Dins Sieg machte im Bereich des Islam den stärksten Eindruck, und es fehlte nicht viel daran, d a ß er gleich auch Antiochia in seine Hand gebracht hätte. Doch vermochten der dortige Patriarch Aimerich und der jetzt achtzehnjährige König Balduin III. die Stadt zu halten. Der Atabeg von Aleppo stand bis zu seinem T o d e am 15. Mai i) Röhricht, Königreich S. 259. Stevenson, Crus. S. 164. Grousset 2, S. 268. — 2 ) Röhricht, Königreich S. 259. Stevenson, Crus. S. 165. Grousset 2, S. 272. Enz. Islam 3, S. 1034. — ' ) Enz. Islam 3, S. 485. — 4 ) Bernhardi 2, S. 812. Röhricht, Königreich S. 260. Stevenson, Crus. S. 165. Grousset 2, S. 275. Enz. Islam 3, S. 1034.

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1174 unter den erfolgreichen Feinden der Lateiner an erster Stelle: ein ausgezeichneter Staatsmann und unermüdlicher Kämpfer, aber auch bereit, sich mit den Christen zu vertragen, wenn das Staatswohl es erforderte 1 ). Von heißer Leidenschaft erfüllt, verlangte er den Glaubenskrieg, verkörperte die beste Überlieferung der seldschukischen Heldenzeit und betonte die sunnitische Orthodoxie. An seine Stelle trat ein Größerer, dem es beschieden sein sollte, das Königreich Jerusalem bis an den äußersten Rand des Verderbens zu bringen: der allbekannte Sultan Saladin. D e r zweite Kreuzzug hinterließ keine tieferen Spuren in der militärisch-politischen Lage des Heiligen Landes. Der Wechsel des Kriegsglücks, wie wir ihn seit dem Ende des ersten Kreuzzugs kennen, hielt an, und trotz einzelner Erfolge der Lateiner nahm ihre Verteidigungskraft doch ab, bereitete sich der furchtbare Zusammenbruch des Jahres 1187 allmählich vor. Vergeblich waren die unendlich zahlreichen Opfer gewesen, die gebracht worden waren, vergeblich hatten Ströme abendländischen Blutes den Boden Palästinas und Syriens getränkt. Edessa, dessen Verlust den äußeren Anlaß zum Aufbruch gegeben hatte, war nicht wiedererobert, ebenso Damaskus zwar belagert, aber auch nicht genommen worden. Christen (Normannen aus Sizilien) hatten gegen Christen (Oströmer) heftig gestritten. Als der Kreuzzug ruhmlos beendet war, standen sich zwei g r o ß e Bündnisse, das deutschoströmische und das französisch-sizilische, drohend gegenüber. W e r trug die Schuld an dem kläglichen Scheitern des großen Unternehmens? Als Ludwig VII. von Frankreich und Heinrich LI. von England die Heiden in Spanien bekriegen wollten, warnte Hadrian IV. am 18. F e bruar 1 1 5 9 den ersteren vor übereilten Entschlüssen: König Konrad und Ludwig selbst hätten ihren Zug unvorsichtig angetreten, ohne die Bevölkerung des Landes zu b e f r a g e n 2 ) . Darum hätten sie auch nicht den erhofften Erfolg, die Kirche aber, die das Unternehmen begünstigte, und fast die ganze Christenheit Schaden und Verlust gehabt. Der Kirche habe alle Welt entrüstet vorgeworfen, sie sei die Urheberin eines so großen Fehlschlags gewesen. W i e man sieht, versuchte jetzt der Papst, die Verantwortung für das, w a s 1 1 4 6 und 1147 geschehen war, von seinem Vorgänger und der Kirche auf die Könige abzuwälzen. Richtig war nur, d a ß eine gewissermaßen amtliche Aufforderung zur Hilfeleistung durch die Königin Melisende nicht ergangen war, d a ß aber Eugen III. trotzdem nach seiner Aussprache mit Bischof Hugo von Gabula aus dem Fürstentum Antiochia und den Armeniern die bekannten Bullen vom 1. Dezember 1145 bzw. 1. März 1146 erließ und Bernhard von Clairvaux die Kreuzzugspredigt anbefahl. Die Kirche hat dann weiter bei den Vorbereitungen schwere Fehler begangen. E s sei nur an die von Bernhard gerühmte Einstellung zuchtlosen Gesindels erinnert 8 ). Aber Weil 3, S. 345. A. Müller, Islam 2, S. 153. Röhricht, Königreich S. 358 mit dem Datum. Stevenson, Crus. S. 203. Tschudi S. 450. Grousset 2, S. 605. Enz. Islam 3, S. 1035. — *) Jaff6 2, Nr. 105 46. Röhricht, Königreich S. 257. — s ) Oben S. 344.

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auch die weltlichen Herren haben während der Märsche und der Kampfhandlungen Uneinigkeit, Ungeschick, Leichtsinn in reichstem Maße bewiesen, ihre persönliche Tapferkeit vielfach nutzlos vergeudet und den Ernst der Aufgabe meist gar nicht erfaßt 1 ). Sie gingen in die Schlacht, wie sie gewohnt waren, in der Heimat auf die Jagd oder zum Turnier zu gehen. Ihre Taten verdienten, in Heldenliedern, nicht aber in der politischen Geschichte verherrlicht zu werden. Monti, Crociate S. 123, 125.

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DRITTES KAPITEL.

ROGER, MANUEL U N D KONRAD. (1147—1149.) Während des zweiten Kreuzzuges kam der schon lange vorhandene Gegensatz zwischen Ostrom und Sizilien zum offenen Ausbruch. Gerade als König Konrad mit seinem Kreuzheer vor Konstantinopel lag, im September 1147, bekam Manuel, wie schon erwähnt wurde, die Nachricht, daß die Flotte Rogers von Sizilien einen Raubzug in die griechischen Gewässer unternommen habe 1 ). Der König war ein Neffe Robert Guiskards und ebenso tatenlustig, machthungrig und erbarmungslos wie jener, besonders da es ihm galt, den Glanz seines neuen Königtums auf alle Weise zu erhöhen. Konnte der Basileus an die Aufrichtigkeit der Lateiner glauben, wenn einer ihrer Herrscher seine Waffen nicht gegen die Muslimen, sondern gegen Mitchristen wandte? Durch seine Späher hatte Roger vermutlich erfahren, daß Manuel, so vorsichtig er sonst sein mochte, die Inseln und die meisten Städte des Peloponnes von Truppen entblößt hatte, um sie während des Durchzugs der Lateiner in genügender Zahl zur Hand zu haben. Die Sizilier stachen etwa im Sommer 1147 von Otranto oder von Brindisi aus unter dem rühmlichst bekannten Admiral Georg von Antiochia in See 2 ) und fanden bei der Bevölkerung von Korfü (Kerkyra), die über den oströmischen Steuerdruck seufzte, die herzlichste Aufnahme. Sie begnügten sich nicht damit, die an der Küste des Peloponnes gelegenen Orte auszuplündern, sondern schickten auch Streifabteilungen mehr in das Innere des Landes. Ungeheure Beute machten sie in Theben und in Korinth 3 ). Aus Theben wurden die kunstfertigen jüdischen Seidenweber weggeschleppt, um der in Palermo schon heimischen Industrie einen neuen Aufschwung zu geben. Auch Athen wurde nicht verschont. Mit Reichtümern und mit Gefangenen beladen, kehrten die Schiffe Ende 1147 oder Anfang 1148 in die Heimat zurück. Dauernd besetzt blieb allein Korfü mit seiner ungewöhnlich starken Burg. ») Oben S. 355. — » ) Caspar, Roger S. 376 mit der Zeit. Cohn S. 40. Chalandon, Histoire 2, S. 135 u. Jean S. 318. Kretschmayr 1, S. 233, 460. Von den Steinen, Mittelalter S. 260. Vasiliev 2, S. 61. Monti, Crociate S. 120. — *) Michel 1, S. 74. Heyd 1, S. 247; 2, 695. Caspar, Roger S. 382. Schaube S. 242. Caro 1, S. 251, 490. Cohn S. 42. Chalandon, Histoire 2, S. 136, 703 u. Jean S. 319. Straus S. 69, 99.

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Der Basileus suchte Bundesgenossen, um sich wirksamer zu verteidigen. Den Venezianern, denen normannische Eroberungen vor dem Eingang zum Adriatischen Meer äußerst unbequem waren, gewährte er dafür, daß sie ihm ihre Flotte bis zum September 1148 zur Verfügung stellten, im Oktober 1147 und im März 1148 neue, wertvolle Privilegien 1 ). In scharfen Worten brandmarkte er „den Drachen des Westens, den gemeinsamen Feind der Christen, der zu Unrecht Sizilien behaupte". Als er jedoch im Frühjahr 1148 persönlich an die Spitze seiner bereitgestellten Streitmacht treten wollte, überschritten Banden von Rumänen die Donau und brachen in oströmisches Gebiet ein. Man kann annehmen, daß Roger sie hatte aufwiegeln lassen. Da hielt es Manuel für geraten, zuerst an den Schutz der Hauptstadt gegen Eindringlinge aus dem Norden zu denken, und brach selbst nach der Donau auf. Er konnte aber den ausgezeichnet berittenen Feind nicht mehr einholen, da dieser schon über den Fluß entkommen war. Als er dann im Herbst nahe daran war, nach Korfü überzufahren, wurde er durch widrige Winde behindert und mußte in Beröa (Werria, w. Saloniki) Winterquartiere beziehen. In Saloniki traf König Konrad, von neuem erkrankt und durch die Anstrengungen der Reise erschöpft, von Akka aus ein. Der Mißerfolg des Kreuzzugs dürfte schwer auf ihm gelastet haben 2 ). Dort oder wenig später in Konstantinopel verstand er sich auf Drängen Manuels gegen Ende des Jahres 1148 dazu, das schon 1145 geschlossene Bündnis gegen Roger von Sizilien 8 ) zu erneuern. Wir kennen nicht den Wortlaut, sondern nur die Bestimmungen für den Fall, d a ß der geplante Krieg n i c h t geführt werden könnte, nämlich wenn einer von ihnen stürbe, schwer erkrankte oder Gefahr liefe, sein Reich zu verlieren. Wäre der Notstand behoben, sollten die Abmachungen wieder in Kraft treten. Die Hauptsache war die gegenseitige Waffenhilfe, und wir können annehmen, d a ß Konrad zu Lande, Manuel zur See eingreifen sollte. Wie wir auch wissen, hatte der deutsche König schon 1145 ein sehr starkes Ritteraufgebot versprochen. Inzwischen hatte sich der Basileus große Verdienste um ihn erworben, und man darf sagen, Konrad wäre ohne ihn kaum wieder gesund geworden. Darum ist es wohl möglich, daß der König, der sich dankbar erweisen mußte, für den Fall einer klaren Niederlage Rogers irgendwelche territoriale Zugeständnisse in Unteritalien als Mitgift seiner Schwägerin Berta gemacht hat. Überdies hatte Manuels Vorgänger Johann II. 1142 deutlich auf Apulien und Kalabrien hingewiesen 4 ). Daran muß man festhalten. Die römische Kurie, die die Lehnshoheit über die genannten Gebiete beanspruchte, wurde durch die Verhandlungen empfindlich verstimmt. Der Vertrag wurde von Herzog Friedrich III. von Schwaben, dem späteren Kaiser, und wohl auch von den anderen Fürsten, die den König *) Dölger 2, Nr. 1356, 1365, 1373. Heyd 1, S. 199. Caspar, Roger S. 385, 400. Schaube S. 223. Chalandon, Histoire 2, S. 138 u. Jean S. 321. Vasiliev 2, S. 63. s — ) Dölger 2, Nr. 1374. Bernhardi 2, S. 681. Caspar, Roger S. 387. Chalandon, Histoire 2, S. 141 u. Jean S. 326. Qleber S. 110 „Ende 1148 oder Jan. 1149". Rassow, Honor S. 27 „etwa im Oktober". — s ) Oben S. 353. — 4 ) Oben S. 352, aber auch S. 225.

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begleiteten, beschworen. Daraus darf man schließen, daß er nichts enthielt, was Reichsrechten abträglich war, aber Gewißheit ist über die Einzelheiten nicht zu erreichen. Apulien und Kalabrien hatten früher zweifellos Ostrom gehört. Otto I. hatte auf ihre Eroberung verzichtet, weil er mehr Wert auf gute Beziehungen zu Ostrom legte, die durch die Vermählung seines Sohnes mit einer oströmischen Prinzessin offenbar werden sollten 1 ). Allmählich hatten sich die Normannen dank ihrer militärischen Überlegenheit des Landes bemächtigt und sich von den Päpsten damit belehnen lassen, ohne d a ß des deutschen Reiches gedacht wurde. Jetzt hatte sich die Lage vollständig verändert. Deutschland und Ostrom waren Bundesgenossen und wollten gemeinsam die sizilische Macht brechen. Der Gewinn sollte wohl irgendwie geteilt werden, aber wir wissen nicht, auf welche Weise. Würde es genügen, Ostrom Antiochia und vielleicht noch mehr alten Besitz im Morgenland zu überlassen, oder würde es an seinen Ansprüchen auf Süditalien festhalten? Konnte Konrad gerade auf das deutscherseits viel begehrte Süditalien Verzicht leisten? Die politische Verflechtung, die alle diese schwierigen Fragen auftauchen ließ, kehrte nie wieder. Zum äußeren Zeichen der Freundschaft zwischen den beiden Kaisern wurde wohl jetzt die schon beim ersten Aufenthalt Konrads in Konstantinopel in Aussicht genommene Vermählung des Bayernherzogs Heinrich Jasomirgott, des Halbbruders Konrads, mit Theodora, einer Nichte Manuels, vollzogen 2 ). Die Verbindung war nicht nur ehrenvoll, sondern konnte sich auch für den Wiener Handel nützlich auswirken und die Ungarn von Übergriffen abhalten. Außerdem wurde für den schon zum König gekrönten Königssohn Heinrich eine andere Nichte Manuels ausersehen s ). Seine Verlobung mit Sophie von Ungarn war durch Konrad in unfreundlicher Form aufgehoben worden. Der deutsche König konnte glauben, einen großen diplomatischen Erfolg davongetragen zu haben. Er war fest entschlossen, unverzüglich zum Angriff auf Roger zu schreiten. Seinen Neffen Herzog Friedrich schickte er voraus, um das Nötige in Deutschland vorzubereiten 4 ). Manuel traf seinerseits Maßregeln zur Vertreibung der Sizilier aus Korfü. Auf der Heimreise von Konstantinopel wurde Konrad Anfang Mai 1149 in Aquileja von den ihn erwartenden Fürsten begrüßt 8 ). Hier bekam er Kunde vom Aufstand Graf Welfs VI., die vom Gerücht noch übertrieben wurde 6 ), und entschloß sich rasch, auf den Krieg gegen Sizilien vorläufig zu verzichten. Er durfte das auch mit gutem Gewissen tun; denn tatsächlich stand sein Reich auf dem Spiel, wenn jener Unruhestifter Verbündete fand. So schnell wie möglich eilte er nach Norden und befand sich am 21. Mai in Salzburg, am 29. in Regensburg, wo ihm sein Sohn Heinrich Bericht erstattete 7 ). ') Cartellieri 2, S. 140. — 2 ) Bernhardi 2, S. 656, 681. Juritsch, Babenberger S. 187. — ' ) Bernhardi 2, S. 139, 502, 682. — «) Bernhardi 2, S. 684. — 6 ) Bernhardi 2, S. 753. — «) Bernhardi 2, S. 750. — ' ) Bernhardi 2, S. 757, 760. C a r t e l l i e r i , Der Vorrang des Papsttums.

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VIERTES

KAPITEL.

DIE EROBERUNG VON LISSABON. (1147.) Der geschilderte Raubzug, den die sizilische Flotte zum Schaden des oströmischen Reiches unternahm, gliedert sich in die Geschichte des zweiten Kreuzzugs insofern ein, als dadurch die Abneigung des Basileus gegen die lateinischen Christen wesentlich verstärkt werden mußte. Eine überaus wertvolle Ergänzung des Kreuzzugs bedeutete die Eroberung von Lissabon durch Norddeutsche und Engländer, die auf dem W e g e nach dem Heiligen Lande waren. Bernhard von Clairvaux hatte im Hochsommer 1 1 4 6 an die E n g länder geschrieben und im Januar 1147 die Kölner persönlich zum Kreuzzug aufgerufen. Man kann annehmen, d a ß seine zündenden W o r t e auf fruchtbaren Boden fielen und zur Kreuzannahme führten. E s ist aber klar, d a ß es den Nordwestdeutschen beschwerlich erschien, sich von Regensburg aus dem Heer König Konrads anzuschließen, und d a ß sie es vorzogen, ganz selbständig vorzugehen, um zu W a s s e r um Spanien herum Palästina zu erreichen. Am Sonntag ( 2 7 . April) nach Ostern 1147 fuhren sie den Rhein h i n a b 1 ) und trafen am 19. Mai in Dartmouth (ö. Plymouth) Flandrer, Boulogner, Normannen, Bretonen, Engländer und Schotten, die dasselbe Ziel hatten. E s waren in ihrer Art der Kirche ergebene, tapfere und erfindungsreiche, aber zugleich auch rauhe und gelegentlich grausame Männer, an den Handelsverkehr mit fernen Ländern längst gewöhnt, vor allem unendlich beutelustig und vielfach Seeräubern zu vergleichen 2 ). Sie folgten nicht den Fahnen irgendeines Fürsten, und wir wissen j a , d a ß G r a f Dietrich von Flandern nicht mit ihnen, sondern mit Ludwig V I I . auszog. E s erfüllte sie ein stark demokratischer Geist und machte sie eigenwillig und trotzig. W i r finden unter ihnen gepanzerte Ritter, Leichtbewaffnete mit B o g e n und Schleudern und T r o ß b u b e n , auch zahlreiche Geistliche 8 ). Einen gemeinsamen Oberbefehl gab es nicht. Wichtige Entschlüsse sollten womöglich von allen g e f a ß t werden. D a sie aber nicht ganz ohne Leitung auskommen konnten, folgten die Deutschen dem Grafen Arnold III. von Aerschot (n. Löwen), die Flandrer und Boulogner Christian von Ghistelles (s. Ostende), die Engländer und ") Kurth, Kreuzfahrer S. 134. — s ) De expugn. S. 13. — ») U. Cosack, Lissabon S. 21.

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diejenigen, die sich zu ihnen hielten, mehreren Herren, unter denen Herwig von Glanville (onö. Caen) und Saher von Archelles (bei Arques, n. Rouen) hervorzuheben sind 1 ). Die weite Fahrt schreckte die kühnen Männer nicht, und der W e g war den Wikingern bekannt gewesen. Manche von ihnen waren auch schon früher an der portugiesischen Küste gelandet. D a ß die verschiedenen Nationalitäten miteinander nicht immer friedlich auskommen würden, konnte vorausgesetzt werden. Deshalb wurde gleich in Dartmouth ein strenges Heergesetz 8 ) beschworen, das den Einfluß flandrischer Friedensordnungen erkennen ließ. Verboten wurden Kleiderpracht, die Mitnahme von Weibern in die Öffentlichkeit und natürlich Streitsucht. Für die Verteilung der künftigen Beute wurden Oberrichter gewählt. Die einzelnen Schiffe sollten ihre eigenen Priester haben. Beichte und heiliges Abendmahl waren allwöchentlich vorgeschrieben. Alfons I. (Henriques) von Portugal stand mitten im Kampf gegen die Mauren und hatte am 15. März 1147 die am T a j o oberhalb von Lissabon liegende Burg Santarem») durch Überraschung genommen. Als er hörte, d a ß die Kreuzfahrer kämen, zog er mit seinem Heer südwärts vor Lissabon. Jene waren am 23. Mai von Dartmouth in See gegangen 4 ) und stiegen am 16. Juni in der damaligen Hauptstadt Oporto 5 ) ans Land. Der dortige Bischof Peter II. hieß sie im Namen des Königs Alfons willkommen, versprach ihnen Unterstützung und hielt ihnen eine, wie man gut gesagt hat, lateinische Feldpredigt, die natürlich den verschiedenen Nationalitäten übersetzt werden mußte. Darin wurde die nicht zu bezweifelnde Unterbrechung der Fahrt nach Jerusalem gerechtfertigt 4 ). Am 28. Juni 1147 fand die Landung vor Lissabon 7 ) statt, und es begannen Verhandlungen mit König Alfons 8 ). Bald zeigte sich eine nicht unwesentliche Meinungsverschiedenheit 9 ). Das Ziel der Seefahrt war ja Jerusalem, aber Alfons wollte die hochwillkommene Anwesenheit so streitbarer Männer ausnutzen und mit ihnen zusammen erst Lissabon erobern, dann womöglich viele ansiedeln, um an ihnen eine Stütze für seine dauernden Kämpfe mit den Mauren zu finden. Er gewann auch die Mehrheit, die vornehmlich aus Deutschen und aus Flandrern bestand, für die Eroberung, und ihr schlössen sich die Engländer an. Die Einwohnerzahl von Lissabon schätzte ein Augenzeuge überaus hoch 1 0 ) und erwähnte, d a ß sich darin viele Kaufleute aus allen Teilen Spaniens und Afrikas, aber nur wenige Waffen befanden. Die Häuser 4 ) De expugn. S. 53 ff., Anm. — ») Kurth, Kreuzfahrer S. 136. De expugn. S. 56. — *) H. Schäfer, Portugal 1, S.60. Kurth, Kreuzfahrer S. 141. De Almeida 1, S. 150. — ' ) Kurth, Kreuzfahrer S. 137. De expugn. S. 59, Anm. 1. — ") Kurth, Kreuzfahrer S. 140. Erdmann, Kreuzzugsged. in Fort. S. 33. De expugn. S. 67, Anm. 8. — •) Cramer S. 55. — ') Enz. Islam 3, S. 31. — 8 ) Kurth, Kreuzfahrer S. 143. De expugn. S. 90, 96, Anm. 1. — •) Schäfer, Portugal 1, S. 61. Ludwig S. 138. Kurth, Kreuzfahrer S. 133, 144. De Almeida 1, S. 154. Erben S. 120. Erdmann, Kreuzzugsged. in Port. S.33ff. Gibb S. 11. Ann. de Gand S. 110. — 1 0 ) Kurth, Kreuzfahrer S. 144. De expugn. S. 94.

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lagen um die gut befestigte Burg herum, und auch die innere Stadt wurde durch eine starke Mauer geschützt. Vielleicht die Hälfte der Einwohner bestand übrigens aus M o z a r a b e r n 1 ) , und diese an die Herrschaft Andersgläubiger gewöhnten Christen wollten weder von den Portugiesen noch von den Kreuzfahrern etwas wissen und hielten sich zu den Muslimen. Am 3 0 . Juni wurde über den Vertrag mit dem König in einer V e r sammlung b e r a t e n 2 ) . E s war vorgesehen, d a ß die Kreuzfahrer die ganze Beute von Lissabon einschließlich der Lösegelder für Gefangene erhalten, die ausgeplünderte Stadt aber dem König ausliefern sollten. Häuser und Land hätte er später nach bestem Wissen unter Vorbehalt seiner Oberhoheit zu verteilen. Geiseln und Schwüre wurden ausgetauscht. Früher, als beabsichtigt worden war, eröffneten am 1. Juli 1147 englische Schleuderer den Angriff auf L i s s a b o n 3 ) . E s entwickelte sich ein allgemeiner Kampf, und die aus der Vorstadt vertriebenen Mauren konnten sich nur in der inneren Stadt behaupten. Sie setzten sich sehr tatkräftig zur Wehr, und die Kreuzfahrer kamen trotz ihrer Maschinen, Minen und beweglichen Türme zunächst wenig vorwärts. D a in der Stadt aber eine Hungersnot ausbrach, zweifelten die Belagerer nicht am Enderfolg. Deshalb schickte Alfons, sicher im Einverständnis mit den übrigen Kämpfern, sein Heer fort und behielt bloß eine kleine Zahl von Rittern bei sich. E r s t am 2 1 . Oktober 4 ), als ein Turm so nahe an die Mauer herangerückt worden war, d a ß eine Fallbrücke hinübergelegt werden konnte, erkannten die Einwohner, daß sie verloren seien, und baten um einen Waffenstillstand. Die ihnen gebotenen Bedingungen mußten sie, wie nicht anders zu erwarten war, annehmen, und am 2 4 . des Monats zogen die Sieger e i n 5 ) . Die Beute sollte ursprünglich erst gesammelt und dann richtig verteilt werden; aber es nimmt nicht wunder, d a ß wilde Gesellen auf eigene Faust raubten und allerlei Schandtaten begingen. Der mozarabische Bischof wurde getötet. Die Sieger erhoben Gilbert von Hastings an seiner Stelle 6 ), und die Einwohner wanderten in langem Zuge aus. Von den Kreuzfahrern siedelte sich ein Teil an, aber die meisten blieben ihrem ursprünglichen Plane treu und setzten in den ersten T a g e n des Februar 1 1 4 8 ihre Reise f o r t 7 ) . Nachdem sie zu W a s s e r und zu Lande schwere Kämpfe bestanden und Hairon, wie man vermutet, das heutige O r a n 8 ) ( W a h r a n ) an der Küste Algeriens, vergeblich belagert hatten, gelangten sie endlich nach Jerusalem. An der Belagerung von Damaskus konnten sie sich auch noch beteiligen, dann aber geht ihre Spur größtenteils verloren. Oft genug ist darauf hingewiesen worden, d a ß der zweite Kreuzzug trotz der Anwesenheit zweier Könige und anfangs recht stattlicher l ) Qibb S. 16. — ») Kurth, Kreuzfahrer S. 146. De expugn. S. 104, Anm. 1. — ») Kurth, Kreuzfahrer S. 147. De expugn. S. 124, Anm. 2. — «) Kurth, Kreuzfahrer S. 156. De expugn. S. 162, Anm. 1, 164. — ' ) Kurth, Kreuzfahrer S. 158. De expugn. S. 174. — •) Erdmann, Kreuzzugsged. in Port. S. 35. — 7 ) Kurth, Kreuzfahrer S. 159. De expugn. S. 181, Anm. 1. Ann. de Gand S. 111. — 8 ) Enz. Islam 3, S. 1072.

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Heere vollständig scheiterte, während die mit viel bescheideneren Mitteln versuchte Einnahme von Lissabon gelang. Sie bedeutet einen der größten dauernden Erfolge von Christen über Muslimen, die überhaupt in dieser Zeit errungen wurden, und hat den Aufstieg der jungen portugiesischen Macht wesentlich gefördert. Was die Schiffe von Oenua, Pisa und Venedig in den Kreuzzügen geleistet haben, ist allbekannt. Wir sehen aber, daß es auch im Norden keineswegs an tüchtigen und waghalsigen Seeleuten fehlte, die allerdings erst sehr viel später Gelegenheit bekommen sollten, in die allgemeine Politik einzugreifen. Als Ritter erzogene Fürsten waren nicht geeignet, mit Flotten Krieg zu führen, und die Kaufmannschaften vermochten das nur dort zu tun, wo sie von den Fürsten nicht gehindert wurden.

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FÜNFTES KAPITEL.

DER SLÄWENKREUZZUG. (1147.) Von den bisher geschilderten Kreuzzügen unterschied sich derjenige sehr wesentlich, den die sächsischen, immer gern auf ihre Eigenart pochenden Fürsten, wie schon kurz erwähnt wurde, auf dem Frankfurter Reichstag vom März 1147 gegen die Slawen beschlossen hatten. Lothars Absicht, alle Slawen zu christianisieren 1 ), könnte nachgewirkt haben. Aber manche Fürsten sonderten sich wohl deshalb von den Palästinakämpfern ab, weil ihnen der Krieg unweit der Heimat viel weniger beschwerlich schien 2 ). Die ursprüngliche Absicht, sich am 29. Juni in Magdeburg zu versammeln, konnte nicht ausgeführt werden, weil die Vorbereitungen längere Zeit in Anspruch nahmen. D a s Hauptheer oder südliche Heer, das sich gegen die Liutizen wenden sollte, rückte etwa nach der ersten Augustwoche 8 ) von Magdeburg aus. E s gehörten dazu Bischof Anselm von Havelberg 4 ) als päpstlicher Legat, Bischof Heinrich von Olmütz, der erst den Palästinakreuzzug eifrig gepredigt, sich dann aber anders besonnen hatte 5 ), die Pfalzgrafen Hermann bei Rhein und Friedrich von Sachsen, die Markgrafen Albrecht der Bär mit zwei Söhnen und Konrad von Meißen, der Fürst Otto III. von Olmütz mit verwandten Herren, der Erzbischof Friedrich von Magdeburg, vier Bischöfe und Abt Wibald von Corvey. Ein Bruder des Herzogs Boleslaw IV. von Polen wollte militärischen Beistand leisten, ein anderer, jüngerer, ging mit starken Streitkräften anscheinend im Bunde mit den Russen gegen die Preußen vor. S o erzählte man sich in Magdeburg. Das nördliche, weniger starke Heer sammelte sich an der Unterelbe vermutlich bei Artlenburg (w. Lauenburg). Es hatte die Aufgabe, die Abodriten zu bekriegen. Wir finden dabei die Herzöge Heinrich den Löwen und Konrad von Zähringen 6 ), Rektor von Burgund, sowie Erzbischof Adalbero von Hamburg-Bremen. D a Heinrich Konrads Tochter Klementia in diesen Jahren heiratete 7 ), liegt die Vermutung nahe, Oben S.221. — s ) Bernhardi 2, S. 5 6 5 - 5 7 8 . Krabbo, Albrecht S.62. Regg. Brandenburg 1, Nr. 151 ff. Artler S. 313. Hauck, KG. 4, S. 628. Thompson, Feudal Germ. S. 439. Jaster, Tafel IIa. Gleber S. 57, 58. Bünding S. 37. — ») Artler S. 315, Anm. 4 mit der Zeit. — *) Wentz, Havelberg S. 335. — 5 ) Bernhardi 2, S. 564. Bretholz S.248. — • ) Heyck S.252, 275, 311. — 7 ) Curschmann, Ahnentafeln S.26.

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daß Konrad sich um verwandtschaftlicher Beziehungen willen an der ihm doch völlig fernliegenden Nordpolitik beteiligte. Die Rüstungen erregten, wie nicht anders zu erwarten war, die Aufmerksamkeit des Abodritenfürsten Niklot. Er errichtete Befestigungen bei Dubin am Nordende des Schweriner Sees auf dem sog. Wallberge und suchte, sich mit Adolf II. von Schauenburg unter Berufung auf ihr Bündnis zu verständigen. Aber das gelang nicht. Unmöglich durfte sich der Qraf von dem gemeinchristlichen Unternehmen ausschließen. Niklot hielt es für das Beste, einem Angriff zuvorzukommen und die deutschen Siedlungen in Wagrien zu vernichten. Ganz plötzlich fuhr er mit seiner Flotte bis Lübeck, steckte im Hafen die mit Waren beladenen Schiffe in Brand und tötete eine Anzahl Einwohner, die keine ausreichende Gegenwehr leisteten. Die Burg mußte zwei Tage lang eine äußerst heftige Belagerung aushalten, und das offene Land wurde von den wilden Reitern des Feindes verheert. Eutin verdankte die Rettung seiner geschützten Lage. Die Friesen im Gau Süsel (sö. Eutin) wären trotz tapferster Verteidigung der Übermacht erlegen, wenn nicht die Nachricht, d a ß Adolf herankomme, die Slawen verscheucht hätte. So führte der den Slawen angedrohte Vernichtungskrieg zunächst zu schweren Verlusten der Deutschen an Gut und Blut. Das nördliche Heer begann Anfang oder Mitte August die Belagerung von Dubin. Gleichzeitig fuhren die Dänen, an deren Spitze die Könige Knut, Sohn des 1134 ermordeten Magnus, und Sven, Sohn des 1137 gleichfalls ermordeten Erich II. Emund, in die Wismarer Bucht ein. Sie hatten sich vorher heftig um die Krone gestritten, sich aber auf die Kunde vom Kreuzzug versöhnt und wirkten jetzt an der Belagerung von Dubin mit. Ihre Schiffe mögen ungenügend bewacht worden sein. Die Ranen kamen von Rügen herbei und brachten den Dänen, die wegen der früheren Thronstreitigkeiten der Könige immer noch unter sich uneinig waren, beträchtliche Verluste bei. Sehr bald zeigte es sich, daß die Verbündeten wegen ihres militärischen Ungeschicks und mehr noch wegen ihrer Meinungsverschiedenheiten über das Kriegsziel nichts ausrichten konnten. Die Dänen wollten Dubin stürmen, um sich, wie man annehmen kann, für den slawischen Seeraub zu entschädigen. Heinrich der Löwe aber und Adolf II. fürchteten sicher mit Recht, daß dann ein furchtbares Biutbad angerichtet werden würde, und gedachten, die Slawen lieber zu schonen, um sie zinspflichtig zu machen. Schließlich gaben die Dänen, die ja keine Erfolge aufzuweisen hatten, nach, und es wurde ohne Mühe Frieden geschlossen. Die Slawen verpflichteten sich, damit doch der Zweck des Kreuzzugs wenigstens dem Namen nach erreicht würde, das Christentum anzunehmen, und taten es auch, blieben aber innerlich Heiden. Ebenso zeigten sie sich bei der Rückgabe der Gefangenen unehrlich. Das Hauptheer berührte nach Überschreitung der Elbe Havelberg, verbrannte alle slawischen Orte und trennte sich dann. Der eine Teil belagerte Demmin an der Peene (sw. Greifswald) und erreichte nichts. Der andere Teil schloß Stettin ein, sah aber zu seiner Verwunderung auf den Mauern Kreuze. Bald kam eine Gesandtschaft der Bürger unter 375

der Führung des Bischofs Adalbert von Pommern in das Lager und verlangte Aufklärung. Wenn die Kreuzfahrer kämen, um das Christentum zu stärken, so hätten sie das nicht mit dem Schwert, sondern mit der Predigt der Bischöfe zu tun. Da war also nichts zu machen, und die Kreuzfahrer gingen in Unordnung auseinander. Zusammenfassend wird man sagen, daß die sächsischen Fürsten in erster Linie nicht geistliche, sondern recht weltliche Eroberungen hatten machen wollen, aber doch nicht den Mut aufbrachten, im Widerspruch gegen die mächtigen Ideen der Zeit sich dazu zu bekennen. Der ganze Kreuzzug zeigte eine unwürdige Halbheit und einen geradezu sträflichen Leichtsinn. Auf diese Weise konnte den Slawen keine Achtung vor den Deutschen eingeflößt werden, und daß die Germanisation gefördert worden wäre, wird man auch nicht behaupten können. Im Oktober 1147 war alles zu Ende. Mit Recht ist hervorgehoben worden, daß die Slawen im Festungsbau Fortschritte gemacht hatten, so daß die Kreuzfahrer trotz ihrer Belagerungsmaschinen vor Dubin und Demmin nichts ausrichteten 1 ). Die im Kampf gegen die Slawen wenn auch ohne Erfolg bewährte Waffenbrüderschaft zwischen Sachsen und Polen führte am 6. Januar 1148 in Kruschwitz (sö. Bromberg) zu einer Zusammenkunft Erzbischof Friedrichs von Magdeburg und wohl auch Albrechts des Bären mit Boleslaw IV. von Polen und dessen Bruder Mieczyslaw 2 ). Es wurde ein Bündnis geschlossen, das sich vermutlich gegen etwaige Versuche König Konrads richtete, den Prätendenten Wladislaw II. wieder einzusetzen. Albrechts ältester Sohn, Markgraf Otto I., sollte Judith, eine Schwester der polnischen Herzöge, heiraten. Die weitere Vermählung eines Sohnes Markgraf Konrads von Meißen, Dietrich, des späteren Markgrafen der Niederlausitz'), mit einer anderen Schwester Dobergana dürfte ungefähr in dieselbe Zeit gehören. Vielleicht wurden auch für den Fall, daß die Slawen einen Vorstoß wagten, gemeinsame Maßregeln verabredet. Aber zunächst drohte keine Gefahr dieser Art. Denn im Sommer 1148 suchte Fürst Ratibor I. von Pommern 4 ) die sächsischen Fürsten in Havelberg auf und versprach unter Hinweis auf seine eigene Bekehrung durch Otto von Bamberg, sich mit aller Kraft für die Verbreitung der christlichen Religion einzusetzen. Er handelte auch demgemäß und gründete ein Prämonstratenserstift in Stolp 5 ). Von den Schicksalen der mehr oder weniger äußerlich zum Christentum bekehrten und im Lauf der Zeiten germanisierten Slawen kann im Zusammenhang der Machtpolitik hier nicht die Rede sein. Zurückzuweisen ist jedenfalls die früher vertretene Ansicht, als seien sie ausgerottet worden 6 ). *) Schiinemann, Ostpolitik S. 50 u. Deutsche Kriegführung S. 77. — 5 ) Bernhardt 2, S. 713. Wersche S. 288. Regg. Brandenburg 1, Nr. 156. Krabbo, Markgrafen S. 5. Hauck, KG. 4, S. 631. — 9 ) Posse, Wettiner, Tafel 2 u. S. 44, Nr. 6. — «) Hofmeister, Geneal. Unters. S. 8, 19, 21, 48. — 5 ) Bernhardi 2, S. 714. — •) Posse, Markgrafen S. 288. Hans Witte, Germanis. S. 280, 281. Ohnesorge, Slawen 12, 2, S. 139; 13, 1, S. 124, 131. Pauls S. 77.

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SECHSTES KAPITEL.

DAS ABENDLAND WÄHREND DES ZWEITEN KREUZZUGS. (1147—1149.) Eugen III. hatte den Kreuzzug, welches auch ursprünglich seine Meinung gewesen sein mochte, durch den redegewaltigen Abt B e r n hard von Clairvaux mit dem bekannten, ungeheuren Erfolg predigen lassen. Während der Abwesenheit der beiden westlichen Könige, also seit Mai und Juni 1147, war es seine Aufgabe, im ganzen Abendland für Recht und Ordnung zu sorgen. E s g a b damals niemanden, der sich mit ihm an Machtfülle, nicht militärischer oder finanzieller, wohl aber religiöser Art vergleichen konnte. Außerhalb Italiens würde es niemand gewagt haben, sich gegen ihn aufzulehnen. Kehrten die Kreuzfahrer siegreich aus dem Heiligen Land zurück, wurden weite, bisher muslimische Gebiete dem Christentum erschlossen, fand der erhabene Plan einer Einigung der christlichen Bekenntnisse bei dem Basileus Förderung, dann durfte sich Eugen neben Gregor VII. und Urban II. stellen. Nur der unruhig aufstrebenden römischen Bürgerschaft vermochte er nicht Herr zu werden. E r blieb im befreundeten Frankreich, dessen König ihn vor dem Ausmarsch persönlich gebeten hatte, sein Reich zu beschützen. Auf den die Geschäfte leitenden Abt Suger konnte er sich unbedingt verlassen. In Deutschland lag die Sache anders, da ein wenn auch unmündiger Königssohn vorhanden war. Für diesen sollte der angesehenste deutsche Kirchenfürst, Erzbischof Heinrich von Mainz, die Regierung führen, aber Konrad selbst hatte nicht versäumt, seinen Sohn anzuweisen, er möchte um den Schutz des Papstes bitten. D a s geschah auch, und Eugen gewährte ihn von Meaux aus am 2 2 . Juni 1 1 4 7 1 ) . Erzbischof Albero von Trier, dessen kirchlicher Einfluß uns wohlbekannt ist, lud den P a p s t in Paris persönlich ein, in Trier Aufenthalt zu nehmen. Der Einzug fand am 3 0 . November mit prunkvollen Feierlichkeiten s t a t t 2 ) . Einige Monate lang konnte die alte Römerstadt als die Hauptstadt des Abendlandes angesehen werden. Der Papst wurde auf Kosten Alberos reichlich versorgt und bekam Wohnung in einem für ihn errichteten dreistöckigen Hause. Bald aber zeigte es sich, d a ß a

*) Wibald, Brief 42, 43. Zatschek, Wibald S. 327 ff., 364. Gleber S. 77. — ) Gleber S. 81.

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die hohen Ausgaben die Mittel des Gastgebers doch überstiegen. Es mußten deshalb Steuern eingetrieben werden, die natürlich Unzufriedenheit erregten. Eugen befaßte sich mit der Schlichtung geistlicher und weltlicher Streitfälle. Für die gesamte Kirche hatte es große Bedeutung, d a ß er am Sonntag, dem 21. März 1148, in der Marienbasilika zu Reims ein allgemeines Konzil eröffnete, das, abgesehen von den ihn begleitenden Kardinälen, von deutschen, englischen, französischen und spanischen Bischöfen sowie von zahlreichen anderen Geistlichen besucht wurde 1 ). Obwohl durch Leibesschwachheit stark behindert, entfaltete Albero große Pracht und zog die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich. Wenn er aber meinte, die günstige Gelegenheit ausnützen und seine Amtsgewalt auch über die Erzdiözese Reims ausdehnen zu können, so täuschte er sich doch. Die französischen Prälaten widerstrebten ihm heftig, seine Leute und die Samsons von Reims wurden handgemein, und es floß Blut. Zu einer Entscheidung durch den Papst kam es nicht 2 ). Dem Wunsche des jungen Königs Heinrich entsprechend, ermahnte Eugen am 1. April 1148 die deutschen geistlichen Fürsten, jenem bei Erledigung der Reichsgeschäfte behilflich zu sein 3 ). Im hohen Bewußtsein seiner Würde nahm er an dem Fernbleiben der Erzbischöfe Heinrich von Mainz und Arnold von Köln starken Anstoß. Ob sie wirklich verhindert waren, zu dem Konzil zu kommen, muß dahingestellt bleiben 4 ). Wahrscheinlich fühlten sie sich gerade im Gegensatz gegen den dienstwilligen Albero nicht verpflichtet, jenseits der Reichsgrenze Befehle entgegenzunehmen und sich von den gegen ihre Verwaltung erhobenen Anklagen zu reinigen. So wurden beide suspendiert 5 ). Eugen, der sich in seiner Einladung zum Konzil am 12. Oktober 1147 darauf berufen hatte, daß Christus die Rechte sowohl des irdischen als des himmlischen Reiches (imperium) dem heiligen Petrus übertragen habe 6 ), mußte von vornherein nicht geneigt sein, gerade deutschen Kirchenfürsten entgegenzukommen, die seit dem Investiturstreit der Kurie immer verdächtig erschienen. Vielleicht war er während seines längeren Aufenthaltes in Frankreich von der ihm besser zusagenden Auffassung der französischen Bischöfe und Bernhards von Clairvaux beeinflußt worden. Vielleicht auch hatte er das Decretum Gratiani kennengelernt und sich daraus die Anschauungen Gregors VII. zu eigen gemacht. Der Hauptgewinn Eugens auf dem Reimser Konzil bestand in seiner engen Verbindung mit dem Abt Wibald von Stablo, später von Corvey, durch den er die Möglichkeit bekam, ständig über die deutsche Politik auf dem laufenden gehalten zu werden 7 ). Der Lothringer Wibald wurde 1098 geboren 8 ). Seine Eltern waren nicht edelfrei, und er strebte deshalb um so eifriger nach Amt und Würden. Hochbegabt, brennend ») JaffS 2, S. 52. Hefele 5, S. 512. Qleber S. 83. — 2 ) Gleber S. 85. — ») Jaffe 2, Nr. 9214. Bernhardi 2, S.701. — *) Bernhardi 2, S.703. Regg. Köln 2, Nr. 461, 470. Gleber S. 89, 91. — 6 ) Zatschek, Wibald S. 364. Schüz S. 412. Gleber S. 89. — •) Jaff6 2, Nr. 9149, Gleber S. 73, 83. — 7 ) Zatschek, Wibald S. 329, 335, 364, 456. Schüz S. 406, 415. Gleber S. 76, 93. — 8 ) Bernhardi 1, S. 760. Hauck, KG. 4, S. 206. Zatschek, Wibald S. 449. Schüz S. 406.

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ehrgeizig, hatte er in Lüttich studiert und nicht lange vor dem Wormser Konkordat in der Reichskanzlei Erfahrungen gesammelt. Wie früher erwähnt wurde, Abt von Monte Cassino geworden, verließ er diesen wegen der Feindschaft Rogers II. gefährlichen Posten, vertagte aber seine Rache auf günstigere Zeiten. Nach dem Wunsche König Konrads sollte er den jungen König während des Kreuzzugs betreuen. Er tat es in der Weise, daß er Heinrich in strenger Abhängigkeit hielt 1 ). Wibalds Ziel blieb immer die Erhöhung des Papsttums, womit sich für ihn, bzw. für Corvey, nicht unbedeutende Vorteile verbanden. In Frankreich konnte Eugen ohne besondere Schwierigkeiten eingreifen. Sugers Rat beachtete er wohl. Trotz entgegenstehender Entscheidungen seiner Vorgänger genehmigte er endgültig die Scheidung des Reichsstatthalters Radulf I. von Vermandois von seiner ersten Gemahlin aus dem Hause Blois, so daß die zweite Ehe mit Alix, der Schwester der Königin Eleonore, jetzt rechtskräftig wurde 2 ). Damit kränkte er allerdings Theobalds IV. von Blois Bruder, den König Stephan von England, der ohnehin bei ihm schlecht angeschrieben war. Wir wissen, daß er Gottfried von Anjou begünstigte. Besonders gern erfüllte der Papst Wünsche Alfons' VII. von Kastilien. Am 27. April 1148 schickte er ihm wegen seiner Leistungen im Heiligen Kriege die goldene Rose und verstärkte die kirchliche Stellung Kastiliens dadurch, d a ß er das Erzbistum Braga in Portugal und das Erzbistum Tarragona in Katalonien-Aragón unter Toledo stellte®). Toledo besaß nunmehr den Primat in ganz Spanien. Die Absicht war dabei, daß der auf der Halbinsel mächtigste Herrscher, eben Alfons VII., den Islam bekämpfen und das Christentum weiter ausdehnen sollte. Eugen stand auf der Höhe, oder es schien wenigstens so. Um so härter wurde er durch das Scheitern des Kreuzzugs, dessen Gelingen in der ganzen Christenheit lauten Widerhall gefunden und seinen Ruhm verkündet hätte, getroffen. Schon vor Schluß des Konzils, seit März 1148, waren immer schlimmere Nachrichten über die Niederlagen des deutschen und des französischen Pilgerheeres und ihre furchtbaren Verluste gekommen 4 ). Da wollte er, wie ein Zeitgenosse sagt, bei solcher Trauer der Franzosen und der Deutschen nicht unter ihnen verweilen, obwohl er in Frankreich hätte am sichersten sein können 5 ). Man wird das nicht anders auffassen, als daß er sich scheute, den Jammer der Hinterbliebenen und den Tadel der Heimkehrer aus der Nähe zu erleben. Er entzog sich der auf ihm lastenden Verantwortung und reiste eilig durch die Schweiz nach Italien. Am 8. Juni 1148 war er in Vercelli 6 ). Der Kreuzzug, der so viele Opfer an Gut und Blut gefordert hatte und doch kläglich mißlungen war, wurde von einem Teil der öffentlichen Meinung scharf verurteilt, wobei man beachten wird, daß es geistliche Personen waren, die sich so äußerten. Die einen suchten die Ursache in den Gottes Zorn herausfordernden Sünden der Kreuzfahrer, 4 ) Zatschek, Wibald S. 457. Gleber S. 91 ff. — s ) Gleber S. 95. Oben S. 278. — ») Kehr, Principat S. 62. Erdmann, Papstt. u. Portugal S. 34. Gleber S. 98, 101. — ') Bernhardi 2, S. 709. Gleber S. 103. Hampe, Kaisergesch. S. 131. Haller, Papsttum 2, 2, S. 531. — 5 ) Ioannes Saresber. Kap. 18. — ") Gleber S. 199.

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wobei auf das schändliche Treiben der Weiber hingewiesen wurde 1 ). Die Fürsten, die ihre Frauen mitnahmen, hätten ein schlechtes Beispiel gegeben. Die Mittel für die Ausrüstung seien durch die Beraubung der Armen und die Ausplünderung der Kirchen erpreßt worden. Neben dem Übermut und der Nachlässigkeit eines französischen Herrn, der eine schlimme Niederlage verschuldete, wurde einmal auch die Tollkühnheit der Deutschen getadelt. Die Stimmung des Volkes, das zwei Jahre vorher in einem wahren Taumel der Begeisterung Bernhard wie einen Heiligen verehrt hatte, schlug jetzt, wie es in solchen Fällen zu gehen pflegt, vollständig um. Otto von Freising 2 ), der selbst so trübe Erfahrungen gemacht hatte, suchte sich damit zu trösten, daß der Kreuzzug zwar nicht für die Erweiterung der Grenzen und die materiellen Annehmlichkeiten, wohl aber zum Heile vieler Seelen gut gewesen sei. Immerhin zweifelte er, wenn auch in gewundenen Worten, an Bernhards wahrhaft prophetischem Geist. Bernhard selbst versuchte eine Rechtfertigung in seiner Schrift „Über die Betrachtung", an der er seit 1149 arbeitete und die er an Eugen III. richtete 3 ). Man habe ihm unerfüllte Versprechungen, Tollkühnheit und Leichtsinn vorgeworfen. Gehandelt habe er auf Befehl des Papstes oder richtiger Gottes durch den Papst. Ihm sei es lieber, wenn die Menschen, die tadelten, was sie nicht verstehen könnten, gegen den Papst und gegen ihn statt gegen Gott murrten. Davon sagte er kein Wort, daß er die Einreihung von Verbrechern unter die Kreuzfahrer seinerzeit gepriesen 4 ) und daß gerade diese Maßnahme sich so verhängnisvoll ausgewirkt hatte. Ein paar Jahre später, 1153, rief er in einem Brief an seinen Mutterbruder Andreas, einen Templer, a u s 5 ) : „Wehe unseren Fürsten! Im Land unseres Herrn haben sie nichts Gutes getan . . . Es ist besser, auf den Herrn zu hoffen als auf die Fürsten." Um ganz zu begreifen, daß er keine Reue darüber empfand, am vergeblichen Tod vieler Tausende mitschuldig gewesen zu sein, muß man immer die jenseitige Auffassung der Zeit im Auge behalten: der sterbende Kreuzfahrer war des ewigen Seelenheils gewiß und bedurfte daher keines Mitleids. Wenn man sich vergegenwärtigt, wie schwer es immer den Königen wurde, den Frieden in ihren Reichen zu wahren und privaten Fehden zu steuern, kann man kaum sagen, daß sich die Zustände während der Abwesenheit Konrads verschlimmerten. Zweifellos hatten gerade viele unruhige und abenteuerlustige Herren die Heimat verlassen. Heinrich der Löwe war nicht ausgezogen und vertrat schon in jungen Jahren seine Belange mit großer Schärfe. Die Dithmarschen am rechten Ufer der Elbe hatten am 15. März 1144 den Grafen Rudolf II. von Stade erschlagen, weil er sie bedrückte 6 ). Jetzt benutzte Bernhardi 2, S. 598, Anm. 18; S. 710. Gottlob, Kreuzablaß S. 114. — ) Gesta 1, Kap. 65, S. 93. — ') De consid. 2, Kap. 1. L. M. Deutsch, Realenc. 2 (1897), S. 632. Vacandard 2», S. 428, 433, 447, 450. Caspar, Bernhard S. 597. Manitius 3, S. 124. Von den Steinen, Mittelalter S. 171 ff., 214. Williams S. 283. — «) Oben S. 344. — s ) Brief 288. — •) Bernhardi 2, S. 396, 715. Krause, ADB. 19 (1884), S. 260. Heydel S. 12. Regg. Bremen 1, Nr. 482, S. 124. 5

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Heinrich die Abwesenheit des Königs, um zusammen mit dem E r z bischof Adalbero von Bremen, dem Dompropst und späteren Erzbischof Hartwig von Bremen sowie weltlichen Herren, unter denen sich Albrecht der B ä r befand, etwa im Juni 1148 die aufrührerischen Bauern vollständig zu besiegen. E r stellte sie ganz geschickt als Reichsfeinde hin und wollte als V o g t der Bremer Kirche den ihr angetanen Schimpf sühnen. Ihm fiel jetzt die Grafschaft über die Dithmarschen zu. Näheres ist nicht bekannt. Recht bescheiden mutet uns die Stellung an, die König Heinrich einnahm, da sein jugendliches Alter selbst dann, wenn er hervorragende Eigenschaften besessen hätte, ihn verhindert haben würde, selbständig zu regieren. E r residierte wohl längere Zeit in N ü r n b e r g 1 ) . Wibald meinte, das sei gut so, und riet ihm davon ab, Schwaben, Sachsen oder Lothringen zu besuchen, um nicht den dortigen Fürsten lästig zu fallen, es sei, d a ß er von ihnen eingeladen würde. E s kam vor, daß sogar Ministerialen Heinrich den Gehorsam verweigerten. Mit einem Bruder seiner Mutter, dem Markgrafen des Nordgaus G e b hard II. von S u l z b a c h 2 ) , g a b es Streit wegen Gütern. Und als vermutlich für beide Könige Steuern eingetrieben wurden, brach in Schwaben ein Aufstand aus. König Heinrich hielt es für geraten, von Nürnberg nach W e i n s b e r g zu gehen und, da Erzbischof Heinrich von Mainz, wie wir sahen, vorläufig seines Amtes enthoben worden war, die Führung der Geschäfte dem Abt Wibald als dem Vertrauensmann des Papstes zu übertragen. Am 8. September 1 1 4 8 fand in Frankfurt a. M. der einzige Reichstag des jungen Königs s t a t t 3 ) . E s handelte sich in erster Linie um die mißliche Lage des Mainzers, dem unter solchen Umständen nichts anderes übrig blieb, als sich dem Papst zu unterwerfen. Im Januar 1149, wenn nicht schon früher, war die Suspension aufgehoben. In demselben Monat befehdeten sich Albero von Trier und Hermann III. von Stahleck, Pfalzgraf bei Rhein, wegen der von beiden b e anspruchten Burg T r e i s 4 ) an der Mosel (onö. Cochem). Der Erzbischof begann die Belagerung, der Pfalzgraf rückte zum Entsatz heran. Ein Zusammenstoß wurde aber vermieden, weil Hermann sich von der militärischen Überlegenheit seines Gegners überzeugte und zu dessen Gunsten auf Treis verzichtete. Viel gefährlicher, nicht nur für den Landfrieden, sondern auch für den Bestand des staufischen Königtums drohten die schon erwähnten Umtriebe Welfs V I . zu w e r d e n 5 ) . Der Graf wollte unter keinen U m ständen von Konrad abhängig erscheinen und machte mit Leidenschaft Politik auf eigene Faust. Um das Allgemeinwohl kümmerte er sich nicht. Dabei hatte Konrad ihn während des Kreuzzugs sehr häufig unterstützt, ihm einen Anteil an den vom Basileus Manuel erhaltenen Spenden überlassen und ihn immer ganz kameradschaftlich seinen >) Bernhardi 2, S. 723. — a ) Bernhardi 2, S. 724. Riezler 1, 2, S. 275, 587. — s ) Bernhardi 2, S. 725. — •) Bernhardi 2, S. 728. Wampach 1, Nr. 441, 455, 468. — 5 ) Wibald, Brief 147. Bernhardi 2, S. 750 ff. Caspar, Roger S. 397. Simonsfeld 1, S. 14. Riezler 1, 2, S. 274. Zatschek, Wibald S. 350 f. Schüz S. 423. Rassow, Honor S. 26. Oben S. 244, 369.

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Kampfgenossen genannt. Es war auffällig genug, d a ß Weif um Anfang Juli 1148 für die Rückfahrt 1 ) aus Palästina ein sizilisches Schiff benutzte, obwohl ihm die Feindschaft Rogers II. gegen Konrad gut bekannt sein mußte. Einem so wertvollen Bundesgenossen bereitete der kluge Normanne in seinen Landen gern einen prächtigen Empfang. Mit Geldmitteln reich versehen, konnte sich Weif nach Deutschland aufmachen. Von Roger bekam er Briefe an Heinrich den Löwen, Herzog Konrad von Zähringen und dessen Sohn Bertold IV., ja merkwürdigerweise auch an Herzog Friedrich von Schwaben mit und versuchte, sich nach Norden durchzuschlagen. Ihm selbst gelang es auch, aber seine Begleiter wurden abgefangen, und sein Gepäck fiel in die Hände des römischen Senats. Dieser beeilte sich, im April oder Anfang Mai 1149 2 ) Robert II. von Capua, der im Auftrag Konrads in Venedig weilte, von der beabsichtigten Verräterei Welfs und der veränderten Haltung Eugens III. zu unterrichten. Der Papst habe sich mit seinem bisherigen Feind Roger von Sizilien vertragen und suche Manuel entgegenzuarbeiten. Eugen hatte tatsächlich eine politische Schwenkung vollzogen, weil er die Gelegenheit für günstig hielt, in Italien seine weltliche Herrschaft zu sichern. Mit dem Geld, das er aus Frankreich mitgebracht hatte, bot er Anfang April 1149 von Tuskulum aus, wo er seinen Aufenthalt nahm, ein Heer auf 8 ) und schloß sogar mit Roger einen Waffenstillstand auf vier Jahre. Er machte ihm Zugeständnisse hinsichtlich der Legatengewalt und empfing neben dem Versprechen der Waffenhilfe noch eine große Summe. Aber die päpstlichen Truppen erreichten auch zusammen mit denen, die Roger schickte, trotz erheblicher Ausgaben nicht viel. Nur Rieti, das wohl einen Versuch gemacht hatte, um sich unabhängig zu stellen, wurde am 2. September von den Siziliern zerstört 4 ), und jedermann konnte sehen, daß Arnold der päpstlichen Partei mit Recht ihre grausame Kriegführung vorgeworfen hatte. Zum Glück für Konrad vermochte Weif in Deutschland nicht viel Unheil anzurichten. Er machte einen Einfall in die königlichen Besitzungen, aber schon im April 1149 stellte der eben zurückgekehrte Herzog Friedrich durch strenge Maßregeln die Ruhe wieder her 5 ). Frankreich erfreute sich während der Abwesenheit Ludwigs VII. der Verwaltung eines so tüchtigen und erfahrenen Staatsmannes, wie es Suger von Saint-Denis war 6 ). Seine Amtsgenossen traten neben ihm zurück; er leitete die Regierung mit Kraft und Geschick und war tatsächlich, wenn auch nicht von Rechts wegen, der Primas der französischen Kirche 7 ). Seine Hauptsorge mußte sein, die hohen Ausgaben des Königs im Morgenland zu decken. Der durch die Kreuzzugssteuer !) Hist. Welforum S. 54 vor dem Aufbruch nach Damaskus. — *) Gleber S. 112. — *) JaffS 2, Nr. 9331 ff. Ital. pont. 8, S. 44 f., Nr. 170, 172. Bernhardi 2, S. 748. Qregorovius 4, S. 480. Norden S. 85. Hausrath, Arnold S. 107. Caspar, Roger S. 398, 401. Chalandon, Histoire 2, S. 119. Qreenaway S. 125. — *) Bernhardi 2, S. 749. Caspar, Roger S. 402, 652. Chalandon, Histoire 2, S. 119. — 5 ) Bernhardi 2, S. 752. — •) Luchaire, Inst. 2, S. 278 u. Louis VII S. 24. O. Cartellieri, Suger S. 45. — 7 ) Laehr S. 57. Schramm, Frankreich S. 1, 136.

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hervorgerufenen starken Unzufriedenheit wurde früher gedacht 1 ). Immer wieder forderte der König neue Summen, nahm auch nebenher beim Templerorden Anleihen a u f 2 ) . Es bedeutet eine glänzende Anerkennung der Finanzkunst des klugen Abtes, daß er es verstand, die Forderungen des Königs zu befriedigen und gleichzeitig die Befestigungen der königlichen Burgen und Städte instandzuhalten. Man kennt die ungezügelte Raublust des Adels in damaliger Zeit. Sie brach hervor, sobald das Königtum fern oder schwach war. So ging es auch hier. Aber nicht nur Ritter plünderten, sondern auch Bürger lehnten sich gegen ihre geistlichen Obrigkeiten auf, und königliche Beamte überschritten ihre Befugnisse. Radulf von Vermandois, der doch selbst einer der Statthalter war, fing eine Fehde an und gab dadurch ein sehr übles Beispiel. Erhebliche Schwierigkeiten bereitete Suger die hohe Geistlichkeit, die ihm, dem einfachen Abt, seine weitgehenden Machtbefugnisse nicht gönnte. Da war es ein Glück für ihn, daß er die Unterstützung des Papstes genoß, ohne in seiner Wirksamkeit behindert zu werden. Als dann im Frühjahr 1149 des Königs eigener Bruder Robert I. von Dreux, der sich mit ihm erzürnt hatte, in die Heimat zurückkehrte, taten sich alle Feinde Sugers in dem Bestreben zusammen, jenen auf den Thron zu setzen 3 ). Der Ausgang der Verschwörung ließ sich kaum vorhersehen. Daraufhin zögerte Suger nicht, den König dringend zur Heimreise zu ermahnen. Gleichzeitig berief er eine Reichsversammlung und ließ die Verschwörer durch den Papst mit dem Bann bedrohen. Robert unterwarf sich. Alles in allem wird man sagen können, daß die Verhältnisse in Deutschland und in Frankreich recht ähnlich lagen. Die Ichsucht zeigte sich meist stärker als der Gemeinsinn, und sowohl Konrad als Ludwig hatten es eigentlich nur erfreulichen Zufällen zu verdanken, daß sie ihre Reiche nicht in noch schlimmerer Auflösung vorfanden. ») Oben S. 342, 380. — *) Luchaire, Études Nr. 230 f., 236, 240. Delisie, Templiers S. 15, 20. O. Cartellieri, Suger S. 55. — 3 ) R. Hirsch, Studien S. 62. 0 . Cartellieri, Suger S. 60. Buchner, Karl der Große S. 395.

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SIEBENTES KAPITEL.

DAS ABENDLAND NACH DEM ZWEITEN KREUZZUG. (1149—1151.) Den warnenden Ruf seines getreuen Suger durfte König Ludwig nicht überhören und entschloß sich, d a die meisten seiner Großen schon vorausgefahren waren, für sich, die Königin und wenige Begleiter Schiffe •zu mieten, die wohl Handelszwecken dienten und keinen Gefechstwert hatten. Nach Ostern (3. April) 1149 fuhr er von der Küste Palästinas ab, um nach Sizilien zu gelangen und sich mit Roger II. zu besprechen. D a traf ihn d a s Mißgeschick, daß er in den Seekrieg zwischen Ostrom und Sizilien verwickelt w u r d e 1 ) . Manuel hatte den ihm durch die sizilischen Plünderungen 1147 zugefügten Schaden nicht vergessen und wollte zu Anfang 1149 im Vertrauen auf sein Bündnis mit König Konrad, der gleichzeitig Unteritalien zu Land angreifen sollte, Korfü wiedererobern. D a s Unternehmen war sehr schwierig, weil die Insel einer natürlichen Festung glich 2 ). Während der Belagerung kam es zu wilden Raufereien zwischen den offiziellen Bundesgenossen, den oströmischen und den venezianischen Kriegsleuten. Jene gewannen die Oberhand, verjagten die anderen. Die Venezianer setzten aus Rache kaiserliche Schiffe in Brand und benutzten die Galeere Manuels zu einem für ihn schimpflichen Mummenschanz. Aber w a s sollte er machen? Um die ihm unentbehrliche Kriegshilfe nicht zu gefährden, ließ er sich begütigen und setzte die Belagerung fort. Um ihn abzulenken, sandte Roger II. eine Flotte aus, die wieder in den griechischen Gewässern auf Beute ausging und überdies Ludwig VII. und Eleonore an Bord nehmen sollte. Ehe d a s aber gelang, wurden die Schiffe des französischen Königspaares von oströmischen umzingelt. W o es geschah, ist nicht festzustellen. Glücklicherweise kamen jetzt die Sizilier heran, befreiten jene und brachten sie auf verschiedenen Fahrzeugen unter, die allerdings durch einen Sturm bald wieder getrennt wurden. Wäre es Manuel gelungen, den französischen König und die Königin gefangenzunehmen, hätte er einen starken Druck auf die politische Bernhardi 2, S. 809. R. Hirsch, Studien S. 57. Caspar, Roger S. 403. Cohn S. 44. Chalandon, Histoire2, S. 143 u. Jean S. 331. Grousset2, S.269. — ' ) Caspar, Roger S. 388. Chalandon, Histoire 2, S. 142 u. Jean S. 328. Kretschmayr 1, S. 234. 384

Lage ausüben können. So aber konnte Ludwig nach seiner eigenen Angabe am 29. Juli 1149 in Kalabrien landen. Eleonore, die in Palermo das Schiff verlassen hatte, vereinigte sich erst nach drei Wochen mit ihm, und zusammen folgten sie einer Einladung Rogers nach Potenza (ö. Salerno), wo sie drei Tage lang seine Gastfreundschaft genossen 1 ). Mit ihm verbündeten sie sich, um Rache an Manuel zu nehmen, und wünschten, auch den Papst auf ihre Seite zu ziehen. Um den 9. Oktober nahm Eugen Ludwig und Eleonore sehr herzlich in Tuskulum auf. Er verstand es vortrefflich, das Mißtrauen zu zerstreuen, das neue Nachrichten aus Frankreich in Ludwig gegen Suger erregt hatten. Die Feinde des Abtes werden den Versuch gemacht haben, ihn anzuschwärzen. Der Papst bemühte sich weiter, die schon stark zerrüttete Ehe des Königspaares wieder fester zu knüpfen, hörte beide an und verbot ihnen unter Androhung des Bannes, eine Scheidung überhaupt in Erwägung zu ziehen. Ludwig war damit sehr einverstanden, denn er liebte, wie es heißt, seine Gemahlin „heftig und in fast knabenhafter Weise". Er zählte jetzt 30, Eleonore 27 Jahre. Ja, der Papst versäumte nicht, für die scheinbar ausgesöhnten Gatten das Ehebett mit den kostbarsten Stoffen schmücken zu lassen. Trotz seines sonst sehr ernsthaften Wesens verabschiedete er sich von ihnen mit Tränen und stellte in seinem Segen Frankreich über alle Reiche der Welt 2 ). Als politisches Ergebnis der Zusammenkunft wird man annehmen, daß der französisch-sizilische Bund gegen Manuel die Billigung der Kurie fand. Nachdem der König und die Königin in Rom ehrenvoll begrüßt worden waren, trafen sie Anfang November 1149 in Frankreich e i n ' ) . Um die Haltung des Papstes richtig zu würdigen, muß man sich sein Verhältnis zu der aufständigen römischen Republik vergegenwärtigen. Denn seitdem er sich im Frühjahr 1147 nach Frankreich begeben hatte, fühlte sich Arnold von Brescia aller seiner Verpflichtungen ledig und griff in seinen Predigten auf dem Kapitol und in Volksversammlungen die kirchlichen Mißbräuche, die gar nicht abzustreiten waren, in der schärfsten Weise an 4 ). Weder die Kardinäle noch auch der Papst selbst wurden verschont, und die Folgerung war, daß ihm weder Ehrfurcht noch Gehorsam gebühren sollte. Arnolds Sekte wurde die Ketzerei der Lombarden genannt. Nicht nur Laien hielten sich zu ihm, sondern auch niedere Geistliche, so d a ß sich hier die bei der Pataria 5 ) gemachten Erfahrungen wiederholten. Das damalige Auftreten des Diakons Ariald und des Subdiakons Landulf Cotta in Mailand kam wieder in Erinnerung. Hatten die Römer jemals so aufreizende Reden gehört? In seiner Leidenschaft beschränkte sich Arnold nicht mehr auf das geistliche Gebiet, sondern plante eine veränderte Verfassung, die natürlich an ») R.Hirsch, StudienS.61. Caspar, Roger S.403, 571. Chalandon, Histoire2, S. 148 u. Jean S. 336. — a ) Ioannes Saresber., Kap. 29. Bernhardi 2, S. 811. R. Hirsch, Studien S. 63. Caspar, Roger S. 405. Gleber S. 124. — ') R. Hirsch, Studien S. 65. — •) Bernhardi 2, S. 744, 747. Qregorovius 4, S. 474 ff. Hausrath, Arnold S. 98 ff. Greenaway S. 121, 164, 181, 201. Ragazzoni S. 60. Hampe, Kaisergesch. S. 132. — ") Cartellieri 3, S.46. C a r t e l l i e r i , Der Vorrang des Papsttums.

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die Einsetzung des Senats vom Jahre 1144 anknüpfte. Neben den Senat sollte ein Ritterstand treten und das Kapitol wieder aufgebaut werden 1 ). Die Masse des Volkes eilte, das ihr verhaßte Joch der Priesterherrschaft abzuschütteln, zerstörte die Paläste unbeliebter Kardinäle und mißhandelte Adelige, die als Papstfreunde bekannt waren. Es schien, so sagte ein Zeitgenosse, als sollten Arnolds Lehren die Weltrevolution einleiten. Als er nach Italien zurückgekehrt und von Bernhard beraten 5 ) worden war, hatte Eugen, der seine frühere Milde jetzt bitter bereuen mochte, strenge Maßregeln ergriffen. Er exkommunizierte den kühnen Neuerer, erklärte ihn am 15. Juli 1148 für einen Schismatiker und drohte seinen geistlichen Gefolgsleuten die Absetzung a n s ) . Mit den Römern verhandelte er wegen seiner eigenen Rückkehr, weilte auch, wie es scheint, Ende März 1149 einmal ganz kurze Zeit in der Stadt 4 ). Aber die Bürger weigerten sich, Arnold zu verjagen, und beriefen sich darauf, d a ß sie sich gegen jedermann und namentlich gegen den Papst verschworen hätten. Inzwischen nahm der sizilisch-oströmische Seekrieg seinen Fortgang. Die Flotte Rogers, stolz auf ihren Sieg, fuhr im Juni-Juli 1149 durch die Dardanellen bis vor Konstantinopel 5 ). Die große, durch starke Befestigungen geschützte Stadt konnte sie natürlich nicht angreifen, aber die Mannschaft schoß Brandpfeile in den Kaiserpalast und plünderte die zugehörigen Gärten. Es ist ein an und für sich unbedeutendes Ereignis, das aber doch in der Geschichte der Durchfahrt durch die Meerengen festgehalten zu werden verdient. Auf dem Rückweg fingen die Sizilier noch Schiffe ab, die in Kreta Steuererträge eingesammelt hatten. Verlustreich war für sie der Zusammenstoß, der nachher am Kap Mälia an der Südostspitze des Peloponnes stattfand. Denn jetzt hatte sich eine venezianische Flotte mit der oströmischen vereinigt, gewann die Oberhand, versenkte eine Anzahl feindlicher Fahrzeuge und verfolgte die übrigen bis in die Nähe der Heimat. Noch wurde Korfü von den Siziliern behauptet. Manuel bemühte sich persönlich um die Einnahme und ließ große Türme an die Mauern heranrollen. Sie wurden zerstört. Zwar konnte er damit rechnen, daß der Hunger den Widerstand der Belagerten brechen würde, aber er hielt es doch für sicherer, außerdem den Kommandanten zu bestechen. Dieser trat in seine Dienste. Die tapferen Verteidiger erhielten freien Abzug mit Waffen und Gepäck®). Damit gehörte Korfü wieder Ostrom. Weit größere Pläne konnte der Basileus nach solch einem Erfolg ins Auge fassen. Von Valona aus sollte einer seiner Generäle in Ancona landen. Diese Maßnahme, die das alte römische Imperium ins Gedächtnis rief, leitete er vermutlich aus dem Vertrage ab, den er mit Gregorovius 4, S. 451. Fedele, £ra S. 596, Anm. 2. — 2 ) Gleber S. 107. — ») Jaff62, Nr. 9281. Gregorovius 4, S.477. Hausrath, Arnold S. 104 f. Greenaway S. 123. Gleber S. 29, 106. Ragazzoni S. 62. — *) Gleber S. 108. — 6 ) Caspar, Roger S. 394. Chalandon, Histoire 2, S. 144. Cohn S. 46. — •) Caspar, Roger S. 395. Kretschmayr 1, S. 234. Cohn S. 47. Chalandon, Histoire 2, S. 145 u. Jean S. 332.

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Konrad III. geschlossen hatte. Sicher war ihm schon bekannt geworden, daß der deutsche König durch die Feindseligkeit Welfs VI. verhindert wurde, gegen Roger von Sizilien einzugreifen. Daher half er sich selbst, so gut er konnte. Ancona zu besetzen, gelang aber nicht, weil jener General keine militärischen Fähigkeiten besaß und weil Venedig, obwohl verbündet, beide Ufer der Adria nicht Ostrom überlassen wollte 1 ). Manuel selbst mußte sich überdies im Herbst 1149 gegen die stets unruhigen Serben wenden, die sich noch mit den Ungarn verbunden hatten, und Roger von Sizilien versäumte nicht, diese ihm hochwillkommenen Feinde Ostroms finanziell zu unterstützen 8 ). Die Vorgänge aus dem Frühjahr 1148 wiederholten sich hier. Damals waren es die Kumanen, jetzt die Serben und die Ungarn, die sich den Lockungen fremden Geldes schwer entziehen konnten. Der Basileus wollte, das muß immer vorausgesetzt werden, den überlieferten Weltherrschaftsgedanken nicht preisgeben»). Gemäß dem höfischen Zeremoniell, das sich besonders bei den großartigen Siegesfeiern offenbarte, stand er hoch über allen anderen Herrschern, waren die längst selbständigen Staaten nur römische Provinzen. Es würde wieder eine Zeit kommen, in der die ganze Welt sich dem e i n e n Basileus unterordnete. Er fühlte sich daher berufen, auf dem Balkan und an der Adria, in Kleinasien und in Syrien alte Ansprüche zu erneuern, ohne sich daran zu stoßen, daß die nüchterne Wirklichkeit ihm oft genug eine weise Zurückhaltung nahegelegt hätte. Aus ganz anderen Gründen als er drängten Senat und Volk von Rom Konrad III., recht bald zu ihnen zu kommen, bedauerten, daß ihre Schreiben bisher unbeantwortet geblieben seien, und beteuerten, daß sie das römische Reich wieder in den Stand versetzen wollten, in dem es zur Zeit Konstantins und Justinians gewesen sei. Sie hätten schon militärische Vorkehrungen für die Ankunft des Königs getroffen, der von ihnen die Kaiserkrone empfangen, in ihrer Stadt Wohnung nehmen und Italien wie Deutschland, ungestört durch die Geistlichkeit, regieren sollte 4 ). Ein ungenannter Getreuer des Senats wandte sich auch in aller Bescheidenheit an Konrad und fügte ganz im Sinne Arnolds von Brescia hinzu, die Geistlichen sollten kein Blut vergießen, sondern predigen und gute Werke tun. Niemals dürfte wieder ein Papst ohne Befehl des Königs erhoben werden 5 ). Diese Briefe sind, wie man vermutet, etwa im Juli 1149 in Deutschland eingetroffen. Was würde Konrad tun, und wie gestaltete sich sein Verhältnis zu Eugen III.? Er dachte jetzt anders über ihn als zur Zeit seiner Er») Chalandon, Jean S. 333. — 2 ) Dölger 2, Nr. 1381, 1383. Caspar, Roger S. 396. Chalandon, Histoire 2, S. 147 u. Jean S. 333, 384, 401. JireCek, Serben 1, S. 247. Höman 1, S. 389. — ») Treitinger S. 167. Dölger, Kaiserurkunde S. 239, 245. — *) Wibald, Brief 214. Otto von Freising, Gesta 1, Kap. 29 „Regali excellentiae". Bernhardi 2, S. 771, 773: Empfang im Juli. Hausrath, Arnold S. 108. Hauck, KG. 4, S. 194, Anm. 3. Fedele, Era S. 605. Laehr S. 66. Zatschek, Wibald S. 380. Schlierer S. 33. Salimei S. 48. Gleber S. 126. Dazu Wibald, Brief 215. — 5 ) Wibald, Brief 216 „Certum ac firmum". Bernhardi 2, S. 778. Hausrath, Arnold S. 112. Hampe, Zur Gesch. Arnolds S. 58. Greenaway S. 130. Gleber S. 126. Ragazzoni S. 66: der Brief nicht von Arnold. Haller, Papsttum 2, 2, S. 553. 25*

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hebung auf den Thron. Der Mißerfolg des Kreuzzugs war nicht spurlos an ihm vorübergegangen, und der Trostbrief, den ihm Eugen am 23. Juni 1149 geschickt h a t t e 1 ) , umging d a s Wesentliche, nämlich die Rolle, die Eugen selbst durch den Bernhard erteilten Auftrag bei der Stimmungsmache gespielt hatte. Der König hatte im Verkehr mit Manuel eine absolutistische Regierungsweise kennengelernt und den festen Entschluß gefaßt, sich dem Papsttum gegenüber selbständiger zu stellen 2 ). Die Annäherung des Papstes an Roger verdroß ihn natürlich stark. Gegen den Papst Krieg zu führen, war ihm aber im Augenblick unmöglich. Die Jahreszeit war ungünstig, er selbst krank, und der Aufstand Welfs VI. verlangte noch seine Aufmerksamkeit. Der Waffenhilfe Rogers verdankte es der Papst, daß er Ende November 1149 wieder in den Lateran einziehen konnte. Wahrscheinlich entschloß er sich, die ihm im Grunde widerwärtigen Zustände und die Wirksamkeit Arnolds von Brescia in der Hoffnung auf auswärtige Hilfe bis auf weiteres zu dulden 3 ). Aber es ging doch nicht, und schon Mitte Juni 1150 m u ß t e er die Ewige Stadt von neuem verlassen 4 ). Wollen wir uns die bis zum heutigen T a g viel getadelte und viel gerühmte Persönlichkeit Arnolds lebendig vorstellen, so müssen wir von dem leidenschaftlichen Zorn ausgehen, den er über die Verweltlichung der Geistlichkeit, auch des Papstes selbst und der Kardinäle, e m p f a n d 5 ) . Damit vereinigten sich andere Einflüsse, die seinem Kampf Farbe und Stimmung gaben: die kritische Philosophie Abälards, der gegen das politische Papsttum gerichtete Freiheitsdrang der römischen Kommune und nicht zum wenigsten die Begeisterung für die Größe des alten Rom, die erneuert werden sollte. Gelang die Reinigung der Kirche, so mußte alles übrige von selbst kommen. Der wissenschaftlich geschulte Geistliche wurde zum sittlich-vaterländischen Reformator, nicht auf die Glaubenslehre, sondern auf die Lebensführung gerichtet. Zunächst blieb alles in der Schwebe, und die Herrschaft des Papstes über Rom hing davon ab, wie er sich auf die Dauer mit König Konrad oder mit Roger II. vertragen würde. Auf die Maßnahmen dieser beiden Herrscher übte Manuel keinen geringen Einfluß. Wie man auch heute auf Grund eines eindringenden Quellenstudiums über seine Politik denken mag, daran ist nicht zu zweifeln, d a ß sie d a m a l s im Abendland für durchaus unehrlich, ja verräterisch galt und d a ß ihr die Hauptschuld an den letzten Mißerfolgen gegen die Ungläubigen beigemessen wurde. So tauchte der uns merkwürdig anmutendeVersuch auf, einen neuen Kreuzzug, und zwar gegen Ostrom als Bundesgenossen der Feinde, in Gang zu bringen. Roger war dabei die treibende Kraft, mag auch Suger von Saint-Denis ungefähr zur gleichen Zeit denselben Plan gefaßt haben"). *) Bernhardi 2, S. 770. Gleber S. 120. — 2 ) Hauck, KG. 4, S. 193. Zatschek, Wibald S. 376, 415. Gleber S. 120, 122, 125. — ») Italia pont. 8, S. 44 f., Nr. 169 ff. Chalandon, Histoire 2, S. 119. Hauck, KG. 4, S. 194, Anm. 6. Greenaway S. 125. Gleber S. 125. — *) Gleber S. 132. — 6 ) Hausrath, Arnold S. 154. Hampe, Arnold S. 167. Greenaway S. 190. Ragazzoni S. 87, 103. Caggese, Duecento S. 14. — •) Bernhardi 2, S. 811, 821. R. Hirsch, Studien S. 69. Luchaire, Louis VII S. 27. Norden S. 84. O. Cartellieri, Suger S. 65. Caspar, Roger S. 406, 410, 572 ff. Chalandon, Histoire 2, S. 148 u. Jean S. 337, 340. Vacandard 2", S. 440. Von den Steinen, Mittelalter S. 172. Vasiliev 2, S. 64. Williams S. 285. Grousset 2, S. 269. Gleber S. 130. Ostrogorsky S. 272. Rassow, Honor S. 33.

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Welcher Triumph wäre es für den ebenso verschlagenen wie rücksichtslosen Normannen gewesen, wenn er als Vertreter der lateinischen Christen die verhaßten griechischen besiegt und von einer so großen religiösen Idee getragen, sich in Konstantinopel etwa zum Nachfolger Manuels aufgeworfen hätte! Robert Guiskard war sicher nicht vergessen 1 ). Die traurigen Nachrichten aus dem Heiligen Land mußten in Frankreich einen lauten Widerhall finden. Schon während Ludwigs VII. Aufenthalt in Konstantinopel 1147 hatte Bischof Gottfried von Langres dringend die Vernichtung des oströmischen Kaisertums verlangt, ohne seinen König dafür gewinnen zu können. Die Wiedereroberung Korfüs durch Manuel bedrohte die sizilische Seegeltung, und wenn überdies Konrad wirklich nach Italien gegangen wäre, würde tatsächlich Rogar sehr in die Enge getrieben worden sein. So zielten die ersten Bemühungen der sizilisch-französischen Partei dahin, vorerst das deutsch-oströmische Bündnis, dem sie sich nicht gewachsen fühlten, durch den nicht schlecht ausgeklügelten neuen Kreuzzug zu sprengen. Ganz anders waren die Beweggründe Sugers, der streng kirchlich dachte. E s empörte ihn, daß so viele französische Ritter durch das Schwert oder durch den Hunger umgekommen und daß andere ohne Ruhm heimgekehrt waren. Er erfuhr den früher geschilderten Tod Raimunds von Antiochia (29. Juni 1149) und die dieser wichtigen Stadt drohende Gefahr. Papst Eugen ermahnte den Abt, die nötigen Schritte zur Hilfeleistung zu tun. Suger dachte aber nicht daran, König Ludwig oder die noch nicht genügend erholten weltlichen Herren zu einer nochmaligen Pilgerfahrt zu drängen, sondern er wollte, zusammen mit den Bischöfen, selbst aufbrechen und sein Gelübde erfüllen. Man erkennt in ihm den praktischen Staatsmann, wenn er durch Vermittlung der Templer aus den Einkünften von Saint-Denis zunächst einmal Geld nach Jerusalem schicken wollte. Das Gelingen des Unternehmens hing davon ab, daß König Konrad und Roger II. ausgesöhnt wurden. Bernhard von Clairvaux, dessen frühere Feindschaft gegen den Normannen bekannt ist, schrieb jetzt vor dem 1. März 1150 an Konrad durchaus günstig über ihn-). Der deutsche König wußte aber diesmal sofort, was er zu tun hatte. Sein Sohn, der junge König Heinrich, hatte am 8. Februar 1150 bei der Burg Flochberg (sö. Bopfingen) einen schönen Sieg über Weif VI. errungen, so daß das staufische Königtum gesichert dastand 3 ). Konrad schrieb daher an Manuel als „seinen liebsten Bruder und einzigen F r e u n d " 4 ) , dankte herzlich für die ihm früher erwiesenen Wohltaten, entschuldigte seine Untätigkeit mit seiner längeren Erkrankung, von der er sich aber jetzt erholt habe, und erklärte sich bereit, wie er seiner Schwägerin Berta-Irene mitteilte 5 ), nötigenfalls für Manuel in den Krieg zu ziehen. Der junge König Heinrich sollte gemäß dem in Konstantinopel geschlossenen Bündnis baldigst eine von Berta auszuwählende Nichte Manuels heiraten. Es schien nicht unmöglich zu ») Cartellieri 3, S. 172. — 2 ) Wibald, Brief 252. Caspar, Roger S. 408. Chalandon, Histoire 2, S. 149. Vacandard 2», S. 441. Zatschek, Wibald S. 392 f. — ' ) Bernhardi 2, S. 796. Riezler 1, 2, S. 275. — «) Wibald, Brief 237. Zatschek, Wibald S. 387. — 6 ) Wibald, Brief 243. Zatschek, Wibald S. 389.

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sein, daß ein allgemeiner Krieg ausbrach, dessen Schauplatz Italien, der Balkan und Kleinasien geworden wären. Da wurde Eugen, der im Grunde mehr an Rom als an Konstantinopel und an Jerusalem dachte, bedenklich. Am 25. April 1150 empfahl er neue Erwägungen 1 ). In Frankreich gingen trotz der lebhaften Bemühungen Sugers die Meinungen auseinander. Eine am 7. Mai nicht gut besuchte Versammlung zu Chartres brachte wenig oder nichts zustande. In ihrer Verlegenheit wählte sie Bernhard zum Führer der Ritterschaft in dem neuen Kreuzzug, obwohl dieser selbst sich nicht darüber täuschte, d a ß er für diese Stellung ganz ungeeignet sei 2 ). Er überließ alles der Entscheidung des Papstes, der, wie er meinte, zur Verteidigung der morgenländischen Kirche beide Schwerter ziehen sollte. Eugen erklärte sich jetzt trotz sehr ernster Bedenken am 19. Juni einverstanden»), aber es geschah nichts. Die Cisterzienser machten der ganzen Kreuzzugspredigt verständigerweise ein Ende. Suger, der sich damit immer noch beschäftigt hatte, erkrankte und sah bald ein, daß es mit ihm zu Ende gehe. Zwar übertrug er die Fortführung der Vorbereitungen einem hervorragend kriegserfahrenen französischen Fürsten, dessen Name uns übrigens nicht überliefert ist, aber die ganze, recht künstlich entfachte Kreuzzugsstimmung verflog rasch wieder. Noch stand die öffentliche Meinung zu sehr unter dem starken Eindruck der so kurz vorher vergeblich gebrachten Opfer an Gut und Blut. Der Papst benutzte die günstige Gelegenheit, daß Roger mit einem gemeinsamen Angriff Manuels und Konrads rechnen mußte, um sich Anfang Juli 1150 in Ceprano von ihm wichtige Zugeständnisse machen zu lassen: die Freiheit der kirchlichen Wahlen und die Entsendung von Legaten in das sizilische Reich*). Die von Roger dringend erbetene Annahme des Lehnseides und die Bestätigung der Privilegien von 1139 verweigerte er aber entschieden. Er hegte nur noch den Wunsch, nach Preisgabe des Kreuzzugsplans die guten Beziehungen zu König Konrad wiederherzustellen. Schon sprach man an der Kurie äußerst unfreundlich von dem Sizilier, der dem deutschen Herrscher erst dann Ehrfurcht erweisen würde, wenn dessen Ankunft in Tuszien oder in der Romagna sicher bevorstünde 5 ). Der Tod führender Persönlichkeiten entwirrte in den nächsten Jahren die fest verschlungenen diplomatischen Fäden und erleichterte den Anbruch einer neuen Zeit. Suger starb am 13. Januar 1151, treu als Mönch, als Abt, als leitender Staatsmann, der Kirche ebenso ergeben wie dem König, immer aufrichtig bemüht, ihre Interessen auszugleichen und jeden Zwiespalt zu vermeiden 6 ). Die Hoffnung, daß seine Bemühungen um das Heilige Land nicht vergeblich gewesen seien, ließ ihn, den Siebzigjährigen, dem Ende gefaßt und heiter entgegensehen. >) O. Cartellieri, Suger S. 160, Nr. 283. — ') Brief Bernhards an Peter den Ehrwürdigen, BßCh. 55 (1894), S. 363. R. Hirsch, Studien S. 72. Vacandard 2», S. 445. Rassow, Honor S. 37. — ' ) O. Cartellieri, Suger S. 162, Nr. 295. — *) Italia pont. 8, S. 45, Nr. 173. Bernhardi 2, S. 821. Caspar, Roger S. 411. Chalandon, Histoire 2, S. 120, 152. Gleber S. 133, 139. — 5 ) Bernhardi 2, S. 822. — «) R. Hirsch, Studien S. 77. 0 . Cartellieri, Suger S. 70, 170.

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König Konrad, der seit dem Kreuzzug nie wieder ganz gesund geworden war, starb im Alter von 58/59 Jahren am 15. Februar 1152 in Bamberg 1 ). Ein Zeitgenosse nannte seine Regierungszeit sehr traurig, wies auf die klimatischen Störungen, auf die langen Hungersnöte») und die verschiedenen Kriege hin, betonte zwar seine ritterliche Tapferkeit und seinen echt königlichen Mut, schloß aber mit dem Eingeständnis, daß das Gemeinwesen unter ihm infolge irgendeines Mißgeschicks zu verfallen begonnen habe 3 ). Damit sollte doch gesagt sein, daß die Schuld nicht den König persönlich traf. Der Tod seines schon gekrönten Sohnes Heinrich, der nur ein Alter von 13 Jahren erreichte, Ende April oder Anfang Mai 1150, wird Konrad besonders schwer getroffen haben 4 ). Sein zweiter Sohn Friedrich war in der ersten Hälfte des Jahres 1145 geboren®). Es gereicht dem König zu hoher Ehre, daß er kurz entschlossen von vornherein darauf verzichtete, den Knaben zu designieren, und seinem Neffen, Herzog Friedrich III. von Schwaben, als seinem Nachfolger die Reichskleinode übergab. Konrad I. von Ostfranken und vor ihm Odo von Westfranken hatten ähnlich gehandelt, das Gemeinwohl höher gestellt als die dynastische Selbstsucht 6 ). Auf dem Totenbett legte der König seinem Nachfolger die Mahnung ans Herz, die Freundschaft mit Manuel von Ostrom so innig zu gestalten, daß beide Reiche „durch Liebe" nur noch eines wären und dieselben Freunde und Feinde hätten. Das Ziel seines Strebens, die Kaiserkrone, hatte er nicht erreicht, aber noch in den letzten Stunden dachte er an das Imperium Romanum, als dessen gleichberechtigter Vertreter er sich im Westen fühlte. Von dem Äußeren des ersten staufischen Königs bekommen wir eine gewisse Vorstellung, wenn wir hören, daß er ein stattlicher, starker Mann war und einen heiteren Gesichtsausdruck hatte 7 ). Beim Mahle vergnügte er sich gern an den Trugschlüssen, die ihm seine gelehrten Hofgeistlichen vortrugen, und fand, daß sie ein angenehmes Leben hätten. Er selbst durfte sich unter die tapfersten Ritter rechnen. Todesfurcht kannte er bis in seine letzten Stunden nicht. Sieht man von seinen Versuchen, sich als Gegenkönig in Italien zu behaupten, ab und prüft man seine königliche Regierung, so ist das Wesentliche leicht erkannt 8 ). Die Kurie hatte ihn so fest in ihre feinen Netze verstrickt, daß er sich nicht mehr daraus zu befreien wußte. Der beste Beweis dafür ist nicht, daß er überhaupt einen Kreuzzug unternahm, sondern die unkluge Art, wie er es tat, die ganz ungenügende Vorbereitung und die mangelhafte Kriegführung. Die Päpste ließen es sich gern gefallen, daß er für sie arbeitete, verspürten aber keine Lust, sich auch für ihn einzusetzen. Es war die Tragik seines Lebens, daß ' ) Bernhardt 2, S. 924. — *) Curschmann, Hungersnöte S. 138 ff. zu 1139 bis 1152. — *) Chron. regia Coloniensis ed. G. Waitz (Hannov. 1880) S. 88, SSRG. — «) Bernhard! 2, S. 852 mit der Zeit. — 5 ) Bernhardt 2, S. 433, 924. — •) Cartellieri 2, S. 9; 1, S. 362. — 7 ) Bernhardi 2, S. 929. Schramm, Deutsche Kaiser 1, S. 152. — 8 ) Bernhardi 2, S. 927. Giesebrecht 4, S. 361. Ranke 8, S. 143, 148. Hauck, KG. 4, S. 165, 191. Zatschek, Wibald S. 417. R. Holtzmann, Lothar S. 318. Hampe, Kaisergesch. S. 122, 136.

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er die lang geplante Romfahrt zur Bekämpfung Rogers von Sizilien nicht mehr unternehmen konnte. Roger wurde durch den unerwarteten Tod des deutschen Herrschers von einer ernsten Gefahr befreit, Manuel dagegen des Bundesgenossen beraubt, auf den er bestimmt gerechnet hatte1). Konrad war keine selbständige Natur. Seine Ratgeber spielten eine größere Rolle, als gut war, und man hat mit Recht den bedenklichen Einfluß hervorgehoben, den Wibald von Corvey durch seine enge Bindung an die Kurie geübt hat. Betrachtet man die Kirchenpolitik des Königs, so wird man feststellen müssen, daß er sich nicht auf das Wormser Konkordat gestützt, aber sicher in manchen Fällen und namentlich nach dem Kreuzzug seinen Willen durchgesetzt h a t 2 ) . Gerade da er als Schützling der Kirche gewählt worden war, hatte diese allen Grund, ihm hier und d a gefällig zu sein, weil dadurch kein Schaden erwachsen konnte. Heinrich der Stolze wäre aller Wahrscheinlichkeit nach ein sehr viel stärkerer Herrscher gewesen als Konrad. Aber daß Konrad die Krone dem staufischen Hause zugewandt hat, ist doch seine für die Nachwelt entscheidende Leistung geblieben. Wenn die Kirche Heinrich verwarf, Konrad erhob, so hat sie das in dem langwierigen Kampf mit den staufischen Nachfolgern Konrads bitter büßen müssen. Dabei wird vorbehalten bleiben, ob nicht der Weife als König und Kaiser ihr noch mehr Abbruch getan hätte. Eugen III. verschied am 8. Juli 1153 in Tivoli 3 ). Wie alt er war, scheint nicht bekannt zu sein. Man übertreibt nicht, wenn man sagt, daß er immer die Willfährigkeit König Konrads voraussetzte und es ihm nachtrug, wenn jener ohne sein Einverständnis handelte, wie beispielsweise bei der Kreuzannahme. Das Verhältnis des Papstes zu der römischen Republik war eine reine Machtfrage. Ein tieferes Verständnis für die durch Arnold von Brescia gegeißelten Mißbräuche innerhalb der hohen Geistlichkeit besaß er vielleicht nicht, oder es fehlte ihm die Kraft, sie zu beseitigen. Er hoffte auf militärische Hilfe, erwartete zunächst die Konrads, trug aber auch kein Bedenken, sich gelegentlich die Rogers II. gefallen zu lassen. Während der Abwesenheit der Könige von Deutschland und Frankreich war er das kirchliche und weltliche Oberhaupt des Abendlandes, aber er verstand es nicht, über die laufenden Geschäfte hinaus etwa heilsame Reformen in Anregung zu bringen. Und als die Kreuzzugsbegeisterung umschlug, da versäumte er es, den wahren Ursachen der Mißerfolge nachzugehen, und wechselte seine Stellungnahme zu dem neuen Kreuzzugsplan in einer gewissen Angst vor neuer Verantwortung. Sein Lebenswandel war tadellos, seine Frömmigkeit wurde von den Chronisten lebhaft gerühmt, aber man kannte auch die Fehler seines Charakters, seine Neigung zu Mißtrauen, seine Unentschlossenheit. Von den Idealen des Cisterzienserordens vollkommen erfüllt, durch ») Chalandon, Histoire 2, S. 153 u. Jean S. 342. — 3 ) D. Schäfer, Konkordat S. 41, 57. Hauck, KO. 4, S. 161. — » ) Gregorovius 4, S. 493. Vacandard 2», S. 522. Greenaway S. 145. Gleber S. 169.

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Bernhard von Clairvaux immer stark beeinflußt, hat er theoretisch die Welt beherrschen wollen und zum Teil können, ist aber vor heftigen Gegenwirkungen durch glückliche Umstände bewahrt worden. Wenige Wochen nach dem Papst, der sein Schüler gewesen war, am 19. oder 20. August 1153, starb 1 ) der heilige Bernhard in seinem Kloster Clairvaux, 60 Jahre alt. Er war zweifellos die hervorragendste Persönlichkeit in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Die stärksten Triebkräfte der Zeit verkörperte er mit hinreißender Leidenschaft und ohne jede Menschenfurcht 2 ). Der Schlüssel zu seinem sehr zwiespältig scheinenden, im Grund aber zielsicher ausgerichteten Wesen liegt in seiner schwärmerischen Liebe zu der von dem rechtmäßigen Papst geleiteten Kirche Christi. Ihr allein will er dienen, und, um ihr zu dienen, schreibt, predigt, ermahnt, warnt, zürnt er mit einer staunenswerten Unermüdlichkeit trotz seines zarten, oft durch Krankheiten heimgesuchten Körpers. Für die Machtgeschichte ist es am bedeutsamsten, wie er die Massen in Frankreich und in Deutschland durch sein lebendiges Wort, durch seine Briefe und seine zahlreichen Wunder in eine leidenschaftliche Begeisterung für den Kreuzzug versetzte. Wäre das große Unternehmen geglückt, so hätte es ihm und der Kirche unsterblichen Ruhm gebracht. Dadurch, daß es kläglich scheiterte, wurden ganz andere Vorstellungen lebendig, gewann das seit dem Investiturstreit so stark zurückgedrängte Laientum wieder Boden. Bernhard hat nichtsahnend gerade das Gegenteil von dem geschaffen, was er in gläubiger Zuversicht erstrebte: eine aus bitterer Enttäuschung geborene, der Kirche nicht mehr bedingungslos vertrauende Stimmung. Im folgenden Jahre (1154) fand am 26. Februar das Leben Rogers II. von Sizilien ein Ende 3 ). Er hatte ein Alter von 59 Jahren erreicht. Es ist zwar nicht richtig, wenn man ihn den ersten Staatsmann im modernen Sinne nennt; dieser Ruhm gebührt einem anderen Normannen: Wilhelm dem Eroberer. Aber gerne rühmt man die außerordentlichen Eigenschaften Rogers, die unter seinen Standesgenossen nicht häufig vertreten sein mochten. Sein Wesen war nicht ritterlich, obwohl er im Notfall auch kräftig dreinschlagen konnte, sondern eher rechnerisch-diplomatisch. Vorsichtiges, listiges Abwarten und schnellste Entschlußfassung bildeten in ihm eine unlösbare Einheit. Sein Reich schmiedete er in harter und strenger Arbeit, nicht ohne gelegentliche Ausbrüche wilder Grausamkeit zu einer festen Einheit zusammen, und wir kennen die Rolle, die es in der abendländischen Politik der nächsten Menschenalter gespielt hat. Von seiner wissenschaftlichen Neugierde, von seinen kulturellen Bemühungen kann hier nicht die Rede sein. Alles in allem war er eine äußerst vielseitige, kraftstrotzende, weitblickende Persönlichkeit. Die arabischen Einflüsse, die auf ihn gewirkt haben, wird man nicht unterschätzen. Aus ihnen erklärt sich auch seine religiöse Duldung. Sein politischer und kultureller Gegensatz gegen das deutsche Reich ist bekannt. 4 ) Vacandard 2», S. 447, 526. — 2 ) Oben S. 195. — ») Caspar, Roger S. 441. Chalandon, Histoire 2, S. 98, 157, 166. Oben S. 179.

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NEUNTES BUCH.

DIE WIEDEREROBERUNG IN SPANIEN UND IN PORTUGAL. (1094—1149.)

ERSTES KAPITEL.

BIS ZUM TOD DER KÖNIGIN URRACA VON KASTILIEN. (1094—1126.) Der die Jahrhunderte erfüllende heldenmütige Kampf Spaniens und Portugals gegen den Islam erregt immer wieder unsere Bewunderung. Die schwersten Opfer an Gut und Blut mußten gebracht werden, um das hohe Ziel zu erreichen, das aus rassischen, nationalen und religiösen Gründen erstrebt wurde. In den folgenden Ausführungen wird daher die Reconquista im Vordergrund stehen und der sie oft genug hindernden, j a schädigenden Streitigkeiten der einzelnen Reiche und D y n a stien nur soweit gedacht werden, wie es notwendig ist. E s versteht sich von selbst, daß die Wirkung nach außen fortwährend durch die Lage im Innern beeinflußt wurde. Bildlich könnte man sich den Verlauf der Dinge so vorstellen, d a ß mehrere meist gut geführte Stoßtrupps demselben hohen Ziel zustrebten, aber nicht darauf verzichten wollten, sich während des Marsches immer wieder um den Vorrang zu streiten und lieber Niederlagen erlitten, als sich einer fremden, wenn auch stammverwandten Führung anvertrauten. K a r t e n 1 ) , in denen die häufig wechselnden territorialen Veränderungen erblickt werden können, sind vorhanden. Doch fehlt es vielfach an übersichtlichen Stammtafeln, um die nahe Verwandtschaft der regierenden Häuser untereinander und namentlich mit französischen deutlich zu erkennen. D a ß sehr viele urkundliche und erzählende Quellen noch nicht in kritischen, bequem zugänglichen Ausgaben vorliegen, e r schwert die Forschung und Darstellung in hohem M a ß e . Die Iberische Halbinsel steht in dem Zeitraum, der hier zu schildern ist, ganz für sich; ihre Schicksale lassen sich nicht ohne weiteres in den weltgeschichtlichen Zusammenhang der anderen romanisch-germanischen Völker eingliedern, obwohl es an gelegentlichen Berührungen hauptsächlich mit Südfrankreich nicht fehlte. Auch der Kreuzzugsgedanke nahm dort eine ganz andere Gestalt an, und es ist deshalb im allgemeinen nicht üblich, diesen Namen auf den Kampf zwischen Christen und Mauren in Spanien und Portugal anzuwenden, weil die Abwehr der fremden Eindringlinge ständig und deshalb selbstverständlich war. *) Bei Menindez Pidal, H. J. Hüffer, Kaisertum u. Konetzke, abgesehen von den bekannten älteren Qeschichtsatlanten.

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Die große Gestalt der Zeit ist der Cid. Er hatte sich im Juni 1094, wie früher gezeigt wurde, der reichen Stadt Valencia bemächtigt und sich damit nicht nur unvergänglichen Ruhm, sondern auch große Schätze erworben, die ihn instand setzten, hochfürstlich zu leben, wenn er sich auch dem Namen nach noch als Lehnsmann des Kaisers Alfons VI. bekannte 1 ). Er gehört zu den Übervasallen, die in der Geschichte des 11. und des 12. Jahrhunderts eine s o große Rolle gespielt haben und unter denen in Deutschland Heinrich der Löwe und in Frankreich Heinrich II. von England als Herzog und Graf anderen voranstanden. Anfangs bewilligte der Cid den Bürgern von Valencia weitgehende Vergünstigungen, schränkte sie aber bald nachher wieder ein und begnügte sich damit, von einer gewaltsamen Bekehrung abzusehen und ihnen ihre Lebensgewohnheiten zu lassen. Ein friedliches Zusammenleben von Christen und Mauren wäre wohl denkbar gewesen, wenn letztere nicht durch die almoravidische Bewegung religiös aufgehetzt worden wären. Der Kämpfe um Huesca (nö. S a r a g o s s a ) wurde schon gedacht. Sanchos Sohn Pedro I. von Aragón sah die Einnahme der Stadt, die dem König al-Mustain II. 2 ) gehörte, geradezu als das Vermächtnis seines während der Belagerung gestorbenen Vaters an und setzte sie tatkräftig fort. Die Mauren erkannten die Gefahr und kamen mit zahlreichen Truppen, unter denen sich auch Christen aus Kastilien befanden, herbei. Pedro rückte ihnen entgegen und errang unweit der Stadt bei Alcoraz am 18. November 1096 einen schönen S i e g 8 ) . Wenig später, am 26. November, ergab sich endlich Huesca auf Gnade und Ungnade. So war das Bollwerk der muslimischen Macht im östlichen Spanien gefallen, und die Hauptmoschee wurde dem christlichen Gottesdienst zurückgegeben. Ein päpstlicher Legat, Bischöfe und Äbte waren anwesend. D a wurde König Pedro vom Cid gegen die Almoraviden, die in das südliche Gebiet von Valencia eingedrungen waren, um Hilfe gebeten. Der König dachte keinen Augenblick daran, sich den früher eingegangenen Verpflichtungen zu entziehen, und rückte aus. Im Januar 1097 trafen sie zusammen bei der heute zerstörten Burg Bairén (n. Gandia) am Ufer des inzwischen zurückgegangenen Meeres auf das Heer Muhammeds 4 ), des seinerzeit bei Cuarte 8 ) besiegten Neffen Yusufs. Die Christen waren an Zahl schwächer, ihre Stellung war sehr ungünstig, weil sie auch noch von den feindlichen Schiffen beschossen wurden. Aber der Cid richtete flammende Worte an sie und versprach ihnen im Vertrauen auf Christus den Sieg. Die Feinde wurden geworfen und flohen, soweit sie nicht ertranken. Wenig Glück hatte Alfons VI. Yusuf, der zum viertenmal in Spanien weilte, hatte ein starkes Heer aus Almoraviden und Andalusiern zusammengezogen und schickte es unter einem seiner Generäle dem ») Menéndez Pidal 2, S. 558 (2, S. 172). Cartellieri 3, S. 244. — ») Enz. Islam 4, S. 167. Cartellieri 3, S. 236, 239, 243. — ») H. Schäfer, Spanien 2, S. 341. Dozy, Recherches 2, S. 245. Ballesteros 2, S. 324. Kehr, Navarra S. 32. Menéndez Pidal 2, S. 564 mit 26. Nov., S. 820 (2, S. 176, 331). Quinard, Essor S. 323. — *) Dozy, Recherches 2, S. 189. Menéndez Pidal 2, S. 569, 823 (2, S. 180, 332). s ) Cartellieri 3, S. 244.

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Kaiser entgegen. Dieser wurde bei Consuegra (sö. Toledo) am 15. August 1097 besiegt 1 ). Schmerzerfüllt mußte der Cid den Tod seines einzigen, etwa 22 Jahre alten Sohnes Diego Rodriguez beklagen, der im Kampfe fiel. Trost konnte der berühmte Kämpfer darin finden, d a ß es ihm gelang, die durch gewaltige Befestigungen geschützte Burg Murviedro (n. Valencia), die jetzt wieder Sagunt heißt, überraschend zur Übergabe zu zwingen 2 ). Am 24. Juni 1098 zog er ein und schien damit für die Sicherheit von Valencia alles Nötige getan zu haben. Seine Tage waren aber gezählt. Aufreibender Tatendrang, Krankheit und eine Verwundung hatten seine Gesundheit untergraben. Er starb, etwa 56 Jahre alt, am 10. Juli 1099 in Valencia 3 ). Ihm ist ebenso ein Übermaß von Tadel wie von Lob zuteil geworden. Aber vielleicht ist eine beides gerecht abwägende Beurteilung bei dem heutigen Stand der wissenschaftlichen Arbeit immer noch recht schwierig. Er erhob sich niemals über seine Zeit, verkörperte sie aber glänzend als Ritter und Held, erfüllt von heftigem Hunger nach Macht und nach Gold. Niemals wird sein Name in der Reconquista verblassen, und immer wieder wird man aufrichtig bedauern, daß Alfons VI. nicht groß genug dachte, um ihm die führende Stellung zu gönnen, deren er wahrhaft würdig war. In seinem Streben, sich durch den Besitz von Valencia eine selbständige fürstliche Herrschaft zu sichern, trat er im Westen neben die Männer, die im Osten dasselbe Ziel verfolgten und unter denen wir nur Balduin von Edessa und Bohemund von Antiochia hervorheben wollen. In Dichtung und Sage verherrlicht, steht er vor uns. Und wenn einmal eine Gesamtgeschichte des romanisch-germanischen Rittertums geschrieben wird, muß ihm darin ein Ehrenplatz angewiesen werden. Vergleichen wir den Cid mit den Kreuzfahrern nach Jerusalem, so werden wir beachten, daß eine allgemeine Kreuzzugsstimmung ähnlich der französischen in Spanien nicht aufkam 4 ), weil die Päpste immer in richtiger Einschätzung der Gesamtlage zu verhindern suchten, daß Spanier nach Jerusalem gingen, ja sogar bei ihnen weilende Pilger zurückschickten. So taten es z. B. Urban II. 1096 und Paschalis II. 1101«). Jimene, die Witwe des Cid, mußte sich monatelang, etwa vom Oktober 1101 an, allein in Valencia gegen das Heer der Almoraviden behaupten. Als schließlich Alfons VI., der auf den Ruhm ihres Gemahls so eifersüchtig gewesen war, mit seinem Heer zum Entsatz herankam, konnte er ihr, nachdem sie sich ihm demütig unterworfen hatte, keinen besseren Rat geben, als die Stadt zu verlassen, da er sich nicht stark genug fühlte, um die Feinde zu vertreiben. Wie tief mußte der Verzicht auf die schöne Eroberung die tapfere Frau schmerzen! ») Menéndez Pidal 2, S. 574, 629 (2, S. 182, 230). — ') Dozy, Recherches 2, S. 193. Ballesteros 2, S. 242. Menéndez Pidal 2, S. 577, 581 (2, S. 186, 189). — *) Dozy, Recherches 2, S. 195. Altamira S. 402. Menéndez Pidal 2, S. 616 (2, S. 220). Kienast, Cid S. 102. — «) Menéndez Pidal 2, S. 618 (2, S. 222). — ») Erdmann, Kreuzzugsged. Port. S. 28. Oben S. 296.

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So zogen denn die Christen aus, versäumten aber nicht, die Leiche des Cid mitzunehmen. Die Stadt ließen sie in Flammen aufgehen, und erst dann konnten die Sieger am 5. Mai 1102 einrücken 1 ). Übrigens wurde sie sehr rasch wieder aufgebaut. Die für die Christen gefährlichen Erfolge der Almoraviden unterbrach der Tod Yusufs am 2. September 1106 2 ). Der Emir al-Muslimin war angeblich an die 100 Jahre alt geworden. Er zeichnete sich ebenso als Soldat wie als Feldherr und Redner aus, konnte, wenn es galt, Eroberungen zu sichern, nicht von Hinterlist und Grausamkeit freigesprochen werden, war einfach und mäßig in seiner Lebensweise, aber auch durchaus fähig, würdevoll aufzutreten. Ohne seine Untertanen zu bedrücken, sammelte er einen ungeheuren Schatz an und bemühte sich fortwährend um die allgemeine Wohlfahrt. Alles in allem hat er als der Begründer eines Reiches, das weiten Besitz in Nordostafrika mit dem Süden Spaniens und den Balearen verband, seinen Namen der Weltgeschichte eingeprägt. Qranada war seine Hauptstadt. Ihm folgte sein jüngerer Sohn Ali, den ihm eine christliche, wahrscheinlich spanische Sklavin geboren hatte, 23 Jahre alt, ein unbedeutender, von seiner Geistlichkeit und später von den Frauen abhängiger Fürst, der an dem einen Tage widerrief, was er an dem vorhergehenden angeordnet hatte. Die Almoravidenfürsten waren alle sehr fromm, aber er übertraf noch die anderen. Er hätte ein Mönch und nicht in unruhigen Zeitläuften ein Herrscher sein sollen. Am liebsten fastete und betete er, versenkte sich in stille Betrachtung. Unschlüssig stand er in seiner Schwäche zwischen den ihn umgebenden rauhen Kriegsleuten aus Nordafrika und den unduldsamen Theologen, den Fakihs. Für Dichtung und Philosophie hatte er kein Verständnis. Juden und Mozaraber mußten viel unter ihm leiden. Dabei ist zu beachten, daß er als erster Christen in seinen Dienst nahm. Als Ali sich nach Marokko begab, bestellte er seinen älteren Bruder Temim zu seinem Vertreter in Spanien, und dieser nahm Ucl6s (ö. Aranjuez), mit Ausnahme der Burg, die er belagerte. Alfons VI. wollte der eingeschlossenen Garnison zu Hilfe eilen, sah aber auf Anraten seiner Gemahlin Elisabeth (?) davon ab und ließ sich durch seinen elfjährigen Sohn Sancho vertreten. Schon wollte Temim sich zurückziehen, aber seine Unterbefehlshaber drängten ihn, den Kampf aufzunehmen, der am 30. Mai 1108 zum Erfolge führte 9 ). Sancho und mit ihm sieben Grafen fielen, unter diesen Garsias Ordönez, der die Hauptschuld an der Entfremdung des Kaisers und des Cid trug, aber trotz seiner Unfähigkeit das Vertrauen Alfons' VI. nie verloren hatte 4 ). Vergeblich hatte er versucht, den Prinzen mit seinem Leib zu decken, und durch seinen Heldentod machte er wieder gut, was er im Leben verfehlt hatte. ») H. Schäfer, Spanien 2, S. 398. Dozy, Recherches 2, S. 195 u. Histoire 3, S. 153. Ballesteros 2, S. 232, 243, 402. Menéndez Pidal 2, S. 619 (2, S. 223). — 2 ) H. Schäfer, Spanien 2, S. 399, 401 f. A. Müller, Islam 2, S. 638. Codera S. 5, 230 zum Datum. Enz. Islam 1, S. 304,335 f. Boissonnade, Roland S. 40. Ballesteros 2, S. 403. Dozy, Histoire 3, S. 155,160. Cartellieri 3, S. 238. — s ) H. Schäfer, Spanien 2, S. 402, dazu Schirrmacher S. 4. Codera S. 8 ff., 239. Ballesteros 2, S. 232, 404. Menéndez Pidal 2, S. 629 (2, S. 229, 231). — *) Cartellieri 3, S. 243.

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Die Burg von Uclés und eine ganze Reihe Städte fielen den Siegern in die Hände. Im folgenden Jahr ( 1 1 0 9 ) kam Ali selbst nach Spanien, brachte Talavera de la Reina (nw. Toledo) und 17 oder mehr Burgen, darunter Madrid, in seine Hand und belagerte einen Monat lang Toledo 1 ). Kaiser Alfons VI. konnte es als seine schönste Ruhmestat betrachten, diese Stadt 1085 erobert zu haben 2). Hier starb er am 3 0 . Juni 1109, nachdem er das in jener Zeit seltene Alter von 79 Jahren erreicht und 4 4 Jahre regiert h a t t e 3 ) . „Schild der Spanier" haben ihn die Zeitgenossen genannt und damit das Richtige getroffen. Denn seine Hauptleistung lag darin, daß er die Almoraviden an einer weiteren Ausdehnung ihrer Herrschaft hinderte. Hervorzuheben sind auch seine Beziehungen zu auswärtigen Herrschern. Unter seinen fünf Gemahlinnen waren eine Französin und eine Italienerin. Französische Ritter leisteten ihm willig Waffenhilfe. Wenn man ihn als einen kampfesfrohen Ritter und als einen gewandten Weltmann rühmt, darf man nicht vergessen, daß er keine hervorragenden Männer in seiner Umgebung dulden mochte und untüchtigen, wie dem schon genannten Garsias Ordóñez, immer wieder den Vorzug gab. Der Schmerz über die Niederlage bei Uclés und der Verlust seines einzigen Sohnes, den ihm seine Geliebte, die Maurin Zaida ( I s a b e l l a ) 4 ) , geboren hatte und den er trotz der unehelichen Geburt zum Nachfolger ausersehen hatte, trübten sein letztes Lebensjahr. Der Tod des Kaisers leitete für die von ihm beherrschten Länder langwierige Unruhen ein, über deren Ursachen schon die Zeitgenossen je nach ihrer Staatsangehörigkeit verschiedener Meinung waren. E s muß versucht werden, hier das Wesentliche festzustellen 8 ). Seine eheliche Tochter Urraca hatte sich 1090 mit dem Grafen Raimund von Amoux 6 ) im Jura vermählt, der ein Sohn des früher erwähnten Grafen Wilhelm I. von Hochburgund und ein Bruder Papst Kalixts II. war. Raimund starb schon 1107 und hinterließ ein erst dreijähriges Söhnchen, den späteren König und Kaiser Alfons VII. Urraca heiratete nunmehr, 3 0 Jahre alt, mehr oder weniger gegen ihren Willen, trotz ihrer Verwandtschaft in verbotenem Grade etwa im Oktober 1109 den König Alfons I. von Aragón, der seinem 1104 gestorbenen Bruder Pedro I. gefolgt w a r 7 ) . In der Geschichte führt er den ehrenvollen Namen des Streitbaren — el Batallador — , aber er besaß auch über die damals bei einem Fürsten selten vermißte Tapferkeit hinaus hervorragende Eigenschaften des Staatsmannes und darf mit Recht als der wahre Gründer des aragonischen Staates angesehen werden. >) Codera S. 232. Ballesteros 2, S. 405. — s ) Cartellieri 3, S. 236. — ' ) H. Schäfer, Spanien 2, S. 407. Schirrmacher S. 5 ff. u. Codera S. 10 zum 30. Juni. Ballesteros 2, S. 233 mit 1. Juli. Menéndez Pidal 2, S. 629 (2, S. 231). Cartellieri 3, S. 234. Guinard S. 314. Kienast, Cid S. 101. — ' ) H. Schäfer, Spanien 2, S. 405. Menéndez Pidal 2, S. 777 (2, S. 312). Cartellieri 3, S. 242. — ») Schirrmacher S. 8. Ballesteros 2, S. 247 f. Guinard S. 331. — •) H. Schäfer, Spanien 2, S. 405. Petit, Bourgogne 1, S. 228. Ballesteros 2, S. 248. Guinard S. 331. Garnier, Tafel 28. Oben S. 121. — 7 ) H. Schäfer, Spanien 2, S . 3 4 2 ; 3, S . 3 . Schirrmacher S. 8. Ballesteros 2, S. 248 f., 324 f. Boissonnade, Roland S. 39 u. Relations S. 290. Kehr, Navarra S. 39. H. J. Hüffer, Kaisertum S. 36. Guinard S. 323. C a r t e l l i e r i , Der Vorrang des Papsttums.

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Sehr bald zeigte es sich, daß die Ehe durchaus unglücklich war. Die Schuldfrage ist bis heute kaum völlig geklärt. Urraca klagte, daß ihr Gatte sie nicht nur beschimpft, sondern auch ins Gesicht geschlagen und mit Füßen getreten habe, und wollte geschieden werden 1 ), Alfons I. aber nicht, da er dann die Herrschaft über Kastilien verloren hätte. Jedenfalls besaß sie CharakterfeHler, die das Zusammenleben mit ihr erheblich erschweren mußten. Sie war äußerst herrschsüchtig und eigensinnig, scheute sich auch nicht, Liebschaften einzugehen. Der große Gedanke, daß durch eine enge Verbindung zwischen Kastilien und León mit Aragón die baldige Vertreibung der Mauren aus Spanien hätte ermöglicht werden können, verschwand vollkommen in kleinlichen Eifersüchteleien und widerwärtigen Streitigkeiten. Der rechtmäßige Herrscher von León und Kastilien war der Infant Alfons, der spätere König und Kaiser Alfons VII., dem sein Großvater Alfons VI. das Königreich Galizien zugewiesen hatte. Das beste Mittel, den Infanten gegen Nachstellungen zu schützen, war seine Krönung, und diese vollzog am 17. September 1111 Bischof Diego von Santiago de Compostela vor dem Altar des heiligen Jacobus 2 ). Zwischen dem feindlichen Ehepaar kam es zum offenen Krieg, der aber mehrfach durch zeitweilige Versöhnungen unterbrochen wurde. Auch mit Diego, der doch für ihren Sohn eingetreten war, geriet Urraca in heftigen Zwiespalt 8 ). Die Ansichten über den Bischof gehen heute noch auseinander. Unbedingt wollte er erreichen, daß sein Bistum Metropole wurde. In seinem brennenden Ehrgeiz verbanden sich demnach persönliche und sachliche Antriebe. Er baute gern Schiffe, um dem Seeräuberunwesen der Muslimen Einhalt zu tun, aber er erneuerte auch seine Kathedrale. So bildete er eine stark hervortretende Gestalt in der Reihe der politischen Geistlichen hohen Ranges, die damals in verschiedenen Ländern im Vordergrunde standen 4 ). Weitere Schwierigkeiten entstanden durch die Heirat der unehelichen Halbschwester Urracas, Therese. Ihr Gemahl Graf Heinrich 3 ), Urenkel König Roberts II. von Frankreich«), Bruder der Herzöge Hugo I. und Odo I. Borel von Burgund, war von seiner Tante Konstanze 7 ), einer Gemahlin Kaiser Alfons' VI., veranlaßt worden, in Spanien Land und Ruhm zu gewinnen. Zusammen mit seinem eben genannten Bruder Hugo I. hatte er sich gegen die Mauren trefflich bewährt, am Kreuzzug von 1101 nach Palästina teilgenommen und nach seiner Rückkehr rastlos weitergekämpft. Die Ehe war spätestens Anfang 1095 geschlossen und Heinrich am Ende des Jahres von seinem Schwiegervater mit dem Gebiet zwischen Miño (Minho) und Tajo (Tejo) belehnt worden. Das war der Ursprung des später wesentlich erweiter*) Schirrmacher S. 9, 31. Ballesteros 2, S. 249. H. J. Hüffer, Kaisertum S. 37. — 2). Schirrmacher S. 13 mit 25. Sept. 1110. Ballesteros 2, S. 251 mit 17. Sept. 1111. H. J. Hüffer, Kaisertum S. 36. Rassow, Urkunden 10, S. 337. — ») Schirrmacher S. 31. Ballesteros 2, S. 253. — *) Ballesteros 2, S. 248, 255. Guinard S. 335. — 6 ) H. Schäfer, Portugal 1, S. 5, 16, 22. Garnier, Taf. 26. Petit, Bourgogne 1, S. 226, 264, 515 Stammtafel, u. Croisades S. 268 f. Ballesteros 2, S. 248, 278. — •) Cartellieri 2, S. 378. Petit, Bourgogne 1, S. 225. — 7 ) Petit, Croisades S. 266. Cartellieri 3, S. 239.

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ten Staates Portugal 1 ). Schon im September 1109 nannte Heinrich sich „von Gottes Gnaden Graf und Herr von ganz Portugal" 2 ). Von Kriegsund Abenteuerlust erfüllt, arbeitete er zäh und geschickt darauf hin, sich ganz unabhängig zu machen, und mußte dabei natürlich bei Urraca und Alfons I. von Aragón, die in diesem Punkt einig waren, auf starken Widerstand stoßen. Zum Glück für die christliche Sache verlor Alfons I. von Aragón über seinen Eingriffen in Kastilien und seiner Eheirrung die große Aufgabe des Kampfes gegen die Mauren nicht aus den Augen. Als alMustain II. von Saragossa 8 ) im Dezember 1109 in Navarra eingefallen war, brachte ihm Alfons am 24. Januar 1110 bei Valtierra (n. Tudela) eine schwere Niederlage bei. Al-Mustain fiel4). Es mindert die Leistung des Siegers nicht, d a ß ihm viele französische Ritter, namentlich aus der Gascogne, zugezogen waren. Sie taten es, weil seine Feldherrneigenschaften weit und breit bekannt waren. Alfons konnte es aber nicht hindern, d a ß die Almoraviden Saragossa in ihre Gewalt brachten. Damit war das ganze muslimische Spanien unter der Herrschaft Alis vereinigt. Von Saragossa aus unternahmen die Muslimen im Juni 1114 einen kühnen Vorstoß auf Barcelona. Ein Bruder Alis, namens Aben Aixa, war dabei. Als sie von dem Anrücken spanischer und französischer Truppen hörten, machten sie kehrt, wurden in der Enge vor Martorell (nw. Barcelona) angegriffen und erlitten schwere Verluste 5 ). Etwa im September kamen sie trotzdem wieder und belagerten Barcelona 20 Tage lang, wurden aber von Raimund Berengar III. geschlagen, so d a ß die Provinz Tarragona in Besitz genommen werden konnte. Raimund Berengar III., genannt der Große, Markgraf von Barcelona, betätigte sich als ein warmer Freund der Kirchen, die er reich beschenkte, während er den verwilderten kleinen Adel zum Gehorsam zwang 6 ). Aber den höchsten Ruhm erwarb er sich als unermüdlicher Streiter gegen die Maurön. Er war der Sohn Raimund Berengars II., der am 6. Dezember 1082 auf Anstiften seines Bruders Berengar Raimund ermordet worden w a r 7 ) . Dieser starb 1096 auf einer Wallfahrt nach Jerusalem, und Raimund Berengar III. trat an seine Stelle. Seine Mutter Mathilde 8 ) war eine Tochter Robert Guiskards. Im Jahre 1108 hatten die Almoraviden des Markgrafen Land weit und breit verheert und ihre W u t an christlichen Kirchen ausgelassen, auch einmal Barcelona belagert, so d a ß 1109 das schon an anderer Stelle erwähnte, vergebliche Hilfegesuch an Ludwig VI. von Frankreich abging»). *) Ballesteros 2, S. 278. De Almeida 1, S. 128. Erdmann, Papsttum u. Portugal S. 3 u. 10. Pimenta S. 11. Prestage S. 504. — ») H. Schäfer, Portugal 1, S. 22. — ' ) Enz. Islam 4, S. 166. — «) H. Schäfer, Spanien 3, S. 8; Schirrmacher S. 9. A. Müller, Islam 2, S. 639. Codera S. 12 mit 24. Jan., 246. Ballesteros 2, S. 328. Boissonnade, Roland S. 44. Dozy, Histoire 3, S. 153. — 6 ) Codera S. 20, 272, 278. Boissonnade, Roland S. 43. Ballesteros 2, S. 360. — «) Bourilly S. 309. Soldevila 1, S. 98. — 7 ) Ballesteros 2, S. 358. — 8 ) Chalandon, Histoire 1, S. 283. Soldevila 1, S. 87, 98. — •) Oben S. 109. 26»

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Der Markgraf hatte das Glück, sein Land durch Erbschaften ansehnlich zu vergrößern. Sein Schwiegersohn Graf Bernhard III. von Besalü (sw. Figueras) starb Anfang 1111, ohne Erben zu hinterlassen, und so fielen fünf Grafschaften an Barcelona 1 ). Sechs Jahre später (1117) konnte er nach dem Tode des letzten Grafen, seines Verwandten, in der Cerdagne (Cerdana, östl. Pyrenäen) die Nachfolge antreten. Auf die Grafschaft Carcassonne mußte er 1112 allerdings verzichten, fand aber reichen Ersatz in der Ehe, die er am 3. Februar des eben genannten Jahres mit Dulcia einging. Sie war, wie früher erwähnt wurde, die Tochter des Vizegrafen Gilbert von Gevaudan 2 ) und Gerbergas, der Erbin der Provence mit Arles, und übertrug alle ihre Rechte ihrem Gemahl, der sich somit auch Graf von Provence betitelte. Das Hauptereignis der Regierung Raimund Berengars III. war die Eroberung der Balearen 3 ). Die dortigen Muslimen plünderten häufig die spanischen Küsten und fügten durch ihren Seeraub auch den oberitalienischen Städten schweren Schaden zu. Kluge Kaufleute waren sehr davon angetan, die ihrem Geschäft dienende Gegenwehr als Kreuzzug verkünden zu lassen. Die ungemein zahlreichen Gefangenen sollten befreit, die weggeschleppten Kirchengeräte zurückerstattet, gleichzeitig aber auch die immer hocherwünschten Ablässe erworben werden. In Pisa wurden 1113 umfassende Vorbereitungen getroffen 4 ), und am 6. August lief eine stattliche Flotte aus, auf der sich der dortige Erzbischof Peter 8 ) und die 12 Konsuln der Stadt befanden. Heftiger Stürme wegen landete sie in einem Hafen nahe Barcelona, und die Weiterfahrt wurde auf das nächste Jahr verschoben. Der Markgraf war bereit, sich zu beteiligen, und verschaffte sich, wie seine Urkunde vom 10. Juni 1114 zeigt, durch die Verpfändung zweier Mühlen die nötigen Mittel. Auch südfranzösische Herren schlössen sich an, u. a. Graf Wilhelm IV. oder V. von Montpellier (f 1121), Vizegraf Aimerich II. von Narbonne, ein Verwandter Raimund Berengars, und Raimund I. von Baux, def mit Stephanie, der Schwester Dulcias von Barcelona, verheiratet war. Kardinalpriester Boso vom Titel der heiligen Anastasia begleitete das Heer als päpstlicher Legat 6 ). Am 24. Juni 1114 stachen die vereinigten Flotten in See. Nach einem ersten gescheiterten Versuch und einer längeren Belagerung gelang es am 10. August den Verbündeten, die Insel Ibiza in ihre Hand zu bringen. Am 24. desselben Monats landeten sie auf Mallorca, wo Mubashir b. Suleiman regierte 7 ). Die Hauptstadt Palma war gut befestigt und wurde zäh verteidigt. Obwohl die Pisaner vorzügliche Maschinen erbauten und sogenanntes griechisches Feuer verwandten, vergingen mehrere Monate, ohne d a ß die Angriffe zum Ziel führten. ») H. Schäfer, Spanien 2, S. 303. Soldevila 1, S. 105. — 2 ) Oben S. 249. — ) Schaube S. 324. Enz. Islam 1, S. 642. — 4 ) H. Schäfer, Spanien 2, S. 305. Davidsohn, Geschichte 1, S. 373 u. Forschungen S. 82. Manfroni S. 169. Codera S. 168, 277, 324. Fita S. 50. Bourilly S. 311. Ballesteros 2, S. 360, 412. Boisonnade, Roland S. 42. Annales Pisani di Bern. Maragone u. Gesta triumphalia, Muratori 6, 2 (1930, 1936), S. 8, 90, Anm. von M. L. Gentile. Soldevila 1, S. 104. — 6 ) Schwartz S. 218. — •) Kehr, Prinzipat S. 56. Säbekow S. 36. Klewitz, Kardinalkollegium S. 213, Nr. 10. — 7 ) Enz. Islam 1, S. 642. s

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Glücklicherweise konnte aber das christliche Heer von den Schiffen, die inzwischen Lebensmittel in der Umgebung aufgetrieben hatten, versorgt werden. Raimund Berengar III. hatte seine Gemahlin Dulcia mit seiner Vertretung in der Heimat betraut. Aber es ist leicht begreiflich, daß die Almoraviden von S a r a g o s s a sich die Abwesenheit der streitbaren Männer zunutze machten und in Katalonien einfielen. D e r Markgraf hätte sich daher gern mit der Garnison der Hauptstadt verständigt und wäre zum Schutze seines Landes heimgekehrt. Aber die Pisaner widersetzten sich ihm, da sie unbedingt die wichtige Insel mit ihren reichen Schätzen gewinnen wollten. E s g a b in dem aus so vielen Nationalitäten gemischten Heer Mißhelligkeiten genug. Auch waren die Verluste schwer. Raimund Wilhelm, Bischof von Barcelona, fiel. Schließlich erstürmten die Pisaner, nachdem vorher die übrigen Mauerringe bezwungen worden waren, am 3 . April 1115 auch die B u r g und machten sehr zahlreiche vornehme Gefangene beiderlei Geschlechts. Mit der Teilung der riesigen Beute war der Hauptzweck erreicht. Die eroberte Insel für die Zukunft zu sichern, wurden keine Vorkehrungen getroffen. Vielleicht erschien es einfacher, sie von Zeit zu Zeit auszuplündern und ihr auf diese W e i s e wieder zu entreißen, was die Bewohner anderswo auf dieselbe W e i s e zusammengerafft hatten. Aber mit dem Mangel einer christlichen Besatzung verbanden sich auch Nachteile. Schon im folgenden Jahr ( 1 1 1 6 ) wurde Mallorca durch den Sultan Ali zurückerobert. Die Seeräuberei im Mittelmeer nahm ihren Fortgang, und bedeutsam blieb im Grunde nur, d a ß Katalonien zum erstenmal Mallorca als Ziel seiner Ausdehnungspolitik ins Auge gef a ß t hatte. In seiner Siegesfreude hegte Raimund Berengar III. den lebhaften Wunsch, dem Papst Paschalis II. für dessen erfolgreiche Gebete zugunsten des Balearenkrieges zu danken und mit ihm sowohl über die Wiederbesetzung des Stuhles von Barcelona als über Maßnahmen gegen die spanischen Sarazenen zu sprechen. Von mehreren Bischöfen begleitet, trat er die Reise an, ließ sich erst von den Genuesen Hilfe zusagen und fand dann in P i s a bei seinen Kampfgenossen erst recht einen begeisterten E m p f a n g 1 ) . Auch hier wurde ihm eifrige Mitarbeit in Aussicht gestellt, von der Weiterreise nach Rom aber dringend 1 a b geraten. Kaiser Heinrich V., der in Italien weilte¿ werfe dem Markgrafen vor, daß er widerrechtlich die Provence in Besitz genommen habe, und wolle sich seiner b e m ä c h t i g e n 2 ) . Wir ersehen aus dieser nicht näher bekannten Einzelheit, d a ß Heinrich, wie das auch sonst seine Art war, Ansprüche des Reiches nirgends preisgeben wollte. Der Markgraf erledigte seine Angelegenheiten durch Gesandte, und der heilige Olegar wurde durch den Kardinalbischof B o s o von S. Anastasia in Maguelonne ( s . Montpellier) zum Bischof von Barcelona konsekriert 3 ). Paschalis II. hatte Olegar trotz seines Widerstrebens befohlen, die W ü r d e anzunehmen, und B o s o nach Spanien gesandt, ») Fita S. 56. Soldevila 1, S. 104. — ' ) Vita S. Ollegarii, España sagrada 29» (Madrid 1859), S. 475. — ») H. Schäfer, Spanien 2, S. 309. Kehr, Prinzipat S. 57 f. Säbekow S. 36. Klewitz, Reformpapsttum S. 398.

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wo er ais sein Legat den Kampf gegen die Mauren betreiben sollte, wie das dann auch während des Jahres 1116 geschah. Mit vollem Recht konnte am 23. Mai 1116 Paschalis II. Raimund Berengar III., den Markgrafen von Barcelona, Grafen von Besalú und Provence, dafür loben, d a ß er ein ganzes Jahr lang sich gegen die Feinde des Christenvolks auf den Balearen eingesetzt habe und sich außerdem anschicke, in Spanien die Mauren und die Almoraviden zu bekämpfen sowie ihre Burg Tortosa zu belagern 1 ). Zum Dank dafür nahm er ihn mit seiner Familie und seinem ganzen Besitz gegen einen Jahreszins in seinen Schutz. Damit war die Lehnsoberherrlichkeit des Papstes in den an der Kurie so beliebten verhüllenden Wendungen festgestellt, und es versteht sich von selbst, d a ß der Markgraf den deutschen Kaiser als seinen Feind betrachtete. Inzwischen war im August Alfons I. von Aragón ein schöner Erfolg beschieden gewesen. Wieder strömten französische Ritter unter seine Fahnen. Graf Rotrod III. von Le Perche 2 ), ein Schwiegersohn Heinrichs I. von England, abenteuer- und beutelustig, verdiente besondere Aufmerksamkeit. Ihm gelang es dank einer Kriegslist, Ende August 1114 Tudela mit der Burg zu überfallen 3 ). Dagegen konnte Saragossa zwar belagert, aber noch nicht eingenommen werden, da Ali umfassende Maßregeln für die Verteidigung traf. Erst vier Jahre später, im Mai 1118, war es dem aragonischen König mit Hilfe vortrefflicher französischer Ritter möglich, die zweite Belagerung von Saragossa zu beginnen. Vizegraf Gaston IV. von Béarn, der sich schon bei der Erstürmung Jerusalems Lorbeeren erworben hatte, ging mit großartigem Ungestüm vor. Bald brach in der stark bevölkerten Stadt Mangel an Lebensmitteln aus. Die Einwohner teilten dem Sultan Ali im November mit, d a ß sie sich ergeben müßten, wenn sie nicht Hilfe bekämen. Es eilten auch Truppen der verschiedenen maurischen Könige unter dem Befehl von Alis eigenem Bruder Temim, dessen Ungeschick bekannt ist, herbei. Am 8. Dezember wurden sie unweit der Stadt vollständig geschlagen. Papst Gelasius II., der damals in Alais (nw. Nimes) weilte, wollte die angreifenden Christen gern zur Anspannung aller ihrer Kräfte anfeuern, aber nicht an Alfons I. selbst schreiben, da er ihm wegen der Eheirrung und der kastilischen Angelegenheiten zürnte, und wandte sich deshalb am 10. Dezember 1118 unmittelbar an das christliche Heer 4 ). Denen, die im Kampf fallen, und denen, die in der belagerten Stadt die Not der Kirche und der Geistlichen lindern würden, erteilte er Ablaß. Man weiß nicht, ob diese Vergünstigung noch rechtzeitig eintraf. Denn am 18. Dezember ergab sich Saragossa nach tapferster Gegenwehr Alfons I. 5 ). Er verlegte jetzt seine Hauptstadt dahin und ver») Jaffé 1, Nr. 6524. Fita S. 70, Nr. 11. Kehr, Prinzipat S. 56. Soldevila 1, S. 104. — 2 ) Romanet S. 48. Oben S. 138. — ») H. Schäfer, Spanien 3, S. 9. Dozy, Recherches 2, S. 356. Ballesteros 2, S. 329. Boissonnade, Roland S.45. — «) Jaffé 1, Nr. 6665. Gottlob, Kreuzablaß S. 95. Paulus 1, S. 197. Boissonnade, Roland S. 41. Kehr, Navarra S. 42, 44. — 5 ) H. Schäfer, Spanien 3, S. 11 mit 18. Dez. A. Müller, Islam 2, S. 640. Codera S. 12, 247. Ballesteros 2, S. 329 zum 19. Dez., 406. Boisonsonade, Roland S. 48 u. Relations S. 295. Guinard S. 324.

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säumte auch nicht, seine bewährten Mitkämpfer reich zu belohnen, in erster Linie Gaston von Béarn, der einen Teil dg- Stadt zu Lehn erhielt. Eroberungen wie diese im Lande der Muslimen hatten zur Folge, daß alte, zerstörte Bistümer wiederhergestellt werden konnten und den Machtbereich der Kurie erheblich vermehrten. Gerade deshalb dachten die Muslimen, denen die innige Verbindung von Religion und Politik geläufig war, nicht daran, endgültig auf Saragossa zu verzichten. Ali sammelte in Córdoba und in Valencia ein angeblich riesiges Heer aus Almöraviden und verschiedenen arabischen Freiwilligen. An die Spitze stellte er seinen Bruder Ibrahim, den Vizekönig von Spanien, und diesem folgten fünf oder sieben maurische Könige. Alfons I. war auf der Hut und bat die Südfranzosen, denen er schon so oft tätige Waffenhilfe verdankt hatte, zu ihm zu kommen. Neben vielen anderen waren es wieder die uns schon bekannten Herren Rotrod von Le Perche und Gaston von Béarn. Alle überragte an Macht Herzog Wilhelm IX., genannt der Junge, von Aquitanien, dem sich Barone aus der Gascogne, aus Limousin, Périgord und Saintonge anschlössen 1 ). Bei der Burg Cutanda (n. Teruel) auf dem Wege von Saragossa nach Valencia errangen sie am 18. Juni 1120 einen glänzenden Sieg 2 ). Die Zahl der getöteten und der gefangenen Feinde war überaus groß, die Beute, zu der auch Kamele und andere Lasttiere gehörten, ungewöhnlich reich. Cutanda diente den Muslimen später sprichwörtlich zur Bezeichnung einer besonders schlimmen Niederlage. Aber das war noch nicht alles. Alfons I. von Aragón setzte seinen Siegeszug fort und siedelte nach dem Rat Gastons von Béarn zum Schutz, gegen Einfälle der Muslimen Milizen von Krieger-Mönchen an, die sog. Almogáwaren, die zu dauernder militärischer Leistung bereit sein mußten 8 ). Voll Stolz zählte er jetzt in seinem Titel auf, was er gewonnen hatte. Der Ebro bildete seine neue Grenze. Geschickt machte er es sich zunutze, daß sich Königin Urraca selbst mit ihrem eigenen Sohn Alfons VII. auf die Dauer nicht vertragen konnte. Alfons I. brachte mehrere Städte Kastiliens in seine Gewalt, unterstützte das Erzbistum Toledo gegen das aufstrebende Santiago und konnte im Juli 1122 als Herr des Landes gelten 4 ). Den Päpsten war das nur erwünscht: denn sie hofften, das ganze christliche Spanien unter der Führung Kastiliens als der stärksten Macht gegen den dortigen Islam in Bewegung zu setzen. Sie ließen es deshalb auch nicht an dringenden Aufforderungen fehlen. Durch eine Bestimmung des Laterankonzils vom März 1123 und eine im wesentlichen übereinstimmende Bulle Kalixts II. vom 2. April wurde bewährten Kreuzfahrern Ablaß und kirchlicher Schutz versprochen, den Säumigen Strafe angedroht 5 ). Zwischen Jerusalem und Spanien als Ziel sollte kein Unterschied sein. Da der Papst bedauerte, Richard 1, S. 482. — ') H. Schäfer 3, S. 13. A. Müller, Islam 2, S. 640. Codera S. 13, 262. Ballesteros 2, S. 330. Boissonnade, Roland S. 49 zum 18. Juni. — ») Enz. Islam 1, S. 330. Ballesteros 2, S. 328. Boissonnade, Roland S. 52 u. Relations S. 296. — ') Schirrmacher S. 51. — 5 ) H. Schäfer, Spanien 2, S. 310. Jaffé 1, Nr. 7116. Bullaire de Calixte 2, Nr. 454. Langen S. 302. Gottlob, Kreuzablaß S. 96. Paulus 1, S. 197. Kehr, Prinzipat S. 59. Säbekow S. 40 mit April 2. Oben S. 151.

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das spanische Heer nicht so, wie er es wünschte, besuchen zu können, sollte der frühere Bischof Olegar von Barcelona, seit dem 21. März 1118 von Gelasius II. zum Erzbischof von Tarragona ernannt, als Legat a latere die Kreuzfahrer begleiten 1 ). Olegar gehörte zu den hervorragendsten Kirchenfürsten Spaniens und wurde später heiliggesprochen. Diego von Santiago, 1124 Metropolit geworden und mit dem erzbischöflichen Titel geschmückt 2 ), predigte auf einem Provinzialkonzil zu Santiago am 18. Januar 1125 ganz im Sinn der päpstlichen Willensmeinung und ließ durch eine allen hohen Geistlichen zugehende Aufzeichnung den Gläubigen empfehlen, den kürzeren und leichteren Weg zum Heiligen Grab von Spanien aus einzuschlagen 3 ). Sonst scheint ein derartiger Vorschlag nicht gemacht worden zu sein, und nur die fast zufällige Eroberung von Lissabon 4 ) 1147 ist in diesem Zusammenhang zu nennen. Um nicht dem von mehreren Päpsten mit guten Gründen ausgesprochenen Verbot, in Spanien zu kämpfen, zuwiderzuhandeln, wünschte Diego, daß vorher die einheimischen Sarazenen besiegt würden, aber er selbst mußte am besten wissen, daß dann die Fahrt durch das Mittelmeer auf unbestimmte Zeit vertagt worden wäre. Es war ein großartiger, aber doch einigermaßen abenteuerlicher Plan, der uns beweist, daß der Erzbischof führen und nicht geführt werden wollte. Alfons I. konnte sich nur freuen, durch die Geistlichkeit solch wertvolle Hilfe zu empfangen. Ihm bot im September 1125 die Unterdrückung der Mozaraber durch eifernde Fakihs einen willkommenen Anlaß zu einem kühnen Vorstoß nach Andalusien von Saragossa a u s 5 ) . Er griff sogar Anfang Dezember 1125 Cádiz an und hielt sich fast einen Monat in der Umgegend auf. Als er am 8. Januar 1126 vor Granada stand, erreichte er wegen starken Regens und häufigen Frostes nichts. Bei seinem Weitermarsch folgten ihm die Muslimen, die er in der Nähe von Lucena (sö. Córdoba) angriff und zur schimpflichen Flucht zwang. Als er bei Vélez-Malaga (ö. Malaga) an die Küste des Mittelmeers gelangte, ließ er einen Kahn bauen und Fische fangen, die er verspeiste. Mit Recht meinte die arabische Quelle, er habe es wohl getan, damit später davon geredet würde. Er verlor dann in zahlreichen Kämpfen viele Leute und kehrte erst im Dezember 1126 in die Heimat zurück, nachdem er 15 Monate auf muslimischem Gebiet zugebracht hatte. Die Mozaraber hatten ihm als landeskundige Führer und Späher sehr gute Dienste geleistet, aber er war doch mit ihnen unzufrieden. Ihrerseits warfen sie ihm vor, daß er zu oft Halt gemacht und auf diese Weise den Feinden Zeit gelassen habe, sich zu sammeln; sie hätten ihm alles geopfert und dürften nach seinem Abzug keine Gnade von ihren harten Herren erwarten. So kam es auch. Auf Anordnung des Sultans Ali wurden sie mißhandelt, zu Tode gequält, nach Afrika verschleppt. 4 ) Kehr, Prinzipat S. 58. Vincke S. 367. — 2 ) Schirrmacher S. 43. Erdmann, Papsttum u. Portugal S. 20, 23. — ' ) Schirrmacher S. 62 mit irrigem Datum. — *) Oben S.370. — Dozy, Recherches 1, S.348. Schirrmacher S.78. A.Müller, Islam 2, S. 646. Ballesteros 2, S. 332, 406. Dozy, Histoire 3, S. 159. Boissonnade, Relations S. 301 mit der Zeit. Guinard S. 320, 325.

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Die Uneinigkeit unter den christlichen Fürsten w a r damals so groß, daß ein kräftiger Angriff der Almoraviden ihnen hätte sehr gefährlich werden können. Aber zum Glück für jene gerieten diese in einen rasch zunehmenden Schwächezustand und waren ebensowenig fähig, gemeinsam zu handeln. Der Tod Königin Urracas am 6. März 1126 nach einem durch jähe Wechselfälle aufgewühlten Leben entspannte die Lage 1 ). Sie war eine Frau von festem Willen und unbegrenzter Herrschsucht, und man mußte nur bedauern, daß sie ihre reichen Gaben in fortwährenden Ränken und Zwistigkeiten vergeudete. Es lag Wahrheit in dem Vorwurf, den man ihr machte, sie habe „tyrannisch und nach Weiberart" regiert. ») Schirrmacher S. 54, 63. Ballesteros 2, S. 255 f., 333. H. J. Hüffer, Kaisertum S. 38. Boissonnade, Relations S. 298.

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ZWEITES KñPITEL.

BIS ZU DEN EROBERUNGEN RñIMUND BERENGARS IV. IN KATALONIEN. (1126—1149.) Nach einem langen und verheerenden Bürgerkrieg konnte sich endlich Alfons VII. mit etwa 21 Jahren frei bewegen und sich die hohe Aufgabe stellen, in allen Stücken an das ruhmvolle Vorbild seines Großvaters Alfons VI. anzuknüpfen, und das bedeutete, daß er seine Oberhoheit über ganz Spanien klar zum Ausdruck bringen wollte. In dem prächtigen Dom zu León wurde er, der Abkömmling der Grafen von Hochburgund, am 10. März 1126 von Erzbischof Diego von Santiago zum König gekrönt und übernahm die Herrschaft über León, Kastilien und Galizien. Ohne Widerstände fand der Regierungswechsel nicht statt, aber sie wurden gebrochen, und es gelang Alfons VII., sich sowohl kraftvoll als versöhnlich zu zeigen. Gefährlich blieb natürlich Alfons I. von Aragón. Mit diesem verband sich in gleicher Feindschaft Therese von Portugal, deren Gemahl Graf Heinrich am 1. Mai 1112 gestorben w a r 1 ) . Sie übernahm die Regierung für ihren 1109 geborenen Sohn Alfons I. Henriques und nannte sich selbstherrlich Königin von Portugal. Durch Schönheit und männliche Tatkraft ausgezeichnet, ihrer Halbschwester Urraca an Herrschsucht ähnlich, wollte sie sich durchaus nicht einer kastilischen Oberhoheit beugen 2 ). Im März 1127 bemächtigte sie sich einiger Orte in Galizien und baute an der Grenze Burgen 3 ). Als aber Alfons VII. zusapimen mit Erzbischof Diego in Portugal einfiel, kam es nach acht Wochen zu einem Frieden, auf dessen Dauer allerdings nicht zu rechnen war. Man hat mit Recht gesagt, Therese habe zu früh, Alfons I. von Aragón zu spät losgeschlagen. Denn letzterer brach erst im Juli 1127 gegen Kastilien auf und setzte sich in der Landschaft Rioja südlich des Ebro fest, kam aber bald in Verlegenheit und mußte froh sein, daß sein Stiefsohn ihm beim Friedensschluß den bisherigen Besitz in Kastilien überließ 4 ). Einen wichtigen Erfolg erzielte Alfons VII. dadurch, daß ihm eine enge Verbindung mit Raimund Berengar III. von Barcelona gelang. Ver!) H. Schäfer, Portugal 1, S. 23 zu 1112. De Almeida 1, S. 132 zu 1114. Erdmann, Papsttum u. Portugal S. 18 zu 1112. — *) H. Schäfer, Portugal 1, S. 24. Prestage S . 505. — 3 ) Schirrmacher S. 66. Ballesteros 2, S. 256. — «) Schirrmacher S. 69. Ballesteros 2, S. 256.

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mutlich im Frühjahr 1128 heiratete er zu Carrion de los Condes (n. Patencia) Berengaria, die Tochter des Markgrafen 1 ), und so zeichneten sich zwei Mächtegruppen gegeneinander ab: auf der einen Seite Aragón und Portugal, auf der anderen Kastilien und Barcelona. Raimund Berengar III. verstand es nicht nur, das Schwert zu führen, sondern auch zu verhandeln. Um Streitigkeiten mit dem Hause Toulouse um den Besitz der Provence zu vermeiden, hatte er mit Graf Alfons I.-Jordan von Toulouse am 15. September 1125 den früher geschilderten Vertrag über die Abgrenzung ihrer Rechte auf die Provence geschlossen 2 ). Unendlich schwer fiel es Alfons I. von Aragón, ganz auf seinen kastilischen Besitz zu verzichten, und noch im Jahre 1129 unternahm er einen Waffengang gegen seinen Stiefsohn Alfons VII., aber es scheint, d a ß die Warnungen des Bischofs Pedro von Pamplona Eindruck auf ihn machten und ihm die Heimkehr nahelegten. Die Grenzkampfe hörten damit noch nicht völlig auf, breiteten sich aber nicht weiter aus 3 ). Die Gegner Alfons' VII. hätten gern seine Ehe mit Berengaria wegen der tatsächlich vorhandenen nahen Verwandtschaft geschieden gesehen, so vor allem Alfons I. von Aragón aus naheliegenden politischen Gründen, anscheinend aber auch der Erzbischof Raimund von Toledo. Der kastilische König faßte sich schnell und gab seiner Kirchenpolitik auf einem Konzil, das 1129 zur Fastenzeit (Aschermittwoch, 27. Februar) zu Palencia tagte, eine neue Richtung zugunsten Erzbischof Diegos 4 ). Anfang Februar 1130 tagte zu Carrión d e los Condes ein zweites, gut besuchtes Konzil 5 ), auf dem Papst Honorius II. sich durch seinen Legaten, den Kardinalpriester Humbert von S. demente, vertreten ließ. Diego übte bei den ganzen Verhandlungen, an denen sich auch Alfons VII. beteiligte, maßgebenden Einfluß. Von der Ehescheidung war nicht mehr die Rede. Ein anderer wertvoller Gewinn fiel dem König von Kastilien auf militärischem Gebiet zu. Im Mai 1131 ergaben sich die letzten von Aragón besetzten Burgen, und die Einwohner, die unter den Kriegsläuften schwer genug zu leiden hatten, konnten wieder ihrer friedlichen Arbeit nachgehen. Während des Bürgerkrieges waren schändliche Roheiten begangen worden 6 ). Er konnte jetzt daran denken, sich ebensolchen Kriegsruhm zu erwerben wie Alfons I. von Aragón. War doch gerade Kastilien durch seine geographische Lage berufen, die Mauren im Süden zu verjagen und überall das Kreuz aufzurichten. Die Raubzüge der Almoraviden vergalt Alfons VII. mit ebensolchen auf maurischem Gebiet, und ihnen erwuchs ein Feind aus ihren eigenen Glaubensbrüdern. Saif ad-Dawla, von den Spaniern Zafadola genannt, wollte sich an jenen dafür rächen, daß sie ihn aus Saragossa vertrieben hatten, und ging 1131 mit seiner Familie und seinem Gefolge zu Alfons VII. über, der ihn ehrte und reich beschenkte 7 ). ») Schirrmacher S. 69. Ballesteros 2, S. 257. — ') Oben S. 249. — •) Schirrmacher S. 69. — *) Schirrmacher S. 71. — 6 ) Säbekow S. 42. — «) Schirrmacher S. 75. H. J. Hüffer, Kaisertum S. 38. — 7 ) Schirrmacher S. 83. Codera S. 24, 285.

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Raimund Berengar III. blieb seiner Kampfstimmung gegen den Islam immer treu. Ein Jahr vor seinem Tode beschenkte er den Templerorden und trat auch selbst ein. Er starb am 8. Juli 1131, nachdem er seine Länder geteilt hatte 1 ). Der älteste Sohn Raimund Berengar IV. bekam die Grafschaften Barcelona und Tarragona sowie den Besitz in der spanischen Mark, darunter die Grafschaften Besalú und Cerdagne. Der jüngere Sohn Berengar Raimund wurde mit der Grafschaft Provence, zu der Arles gehörte, ausgestattet. Auch Kastilien ruhte nicht. Seit dem Frühjahr 1133 nahm der Krieg größere Ausmaße an.'Alfons VII. selbst führte einen Heeresteil, und ihm schloß sich Saif ad-Dawla a n 2 ) . Von Córdoba an wurden die Felder, Wein- und Obstgärten verwüstet, die Landbewohner, die vergeblich in Höhlen Zuflucht gesucht hatten, weggeschleppt, die Fakihs getötet, die Korane verbrannt. War der Aragonier 1125 bis nach Cadiz vorgedrungen, so wollte der Kastilier nicht hinter ihm zurückbleiben, und tat dasselbe. Damit war das Unternehmen beendet, ohne Eroberungen, jedoch mit der Feststellung, daß der innere Zerfall der Almoravidenherrschaft Fortschritte gemacht hatte. Man darf geradezu von einem Wettstreit Kastiliens und Aragóns in der Bekämpfung der Mauren sprechen. Der Tatendrang Alfons' I. kannte keine Grenzen. Zwischendurch rüstete er im Jahre 1130 eine Flotte gegen Bayonne aus und betitelte sich im Jahre darauf König von Bayonne 3 ). Die Hauptsache blieb natürlich für ihn, die Ebrolinie zu halten. Darum nahm er im Februar 1134 das am Fluß gelegene reiche Mequinenza nach einer Belagerung von drei Wochen. Dafür, daß die Stadt sich zu spät zur Übergabe entschloß, mußte sie schwer büßen. Der König ließ stürmen und die Verteidiger töten, um ein abschreckendes Beispiel aufzustellen 4 ). Schon vorher hatte er die Belagerung von Fraga begonnen, das südwestlich von Lérida, nördlich vom Ebro lag und sowohl durch Wasser als durch Berge gut geschützt war. Die Garnison wollte sich ergeben, als ihr in letzter Stunde muslimische Truppen zu Hilfe kamen. Alfons I. konnte es sich in seinem Ungestüm nicht versagen, sie am 17. Juli 1134 vorschnell anzugreifen, weil er ihre Stärke unterschätzte. Zuerst errang er auch Erfolge. Als aber die Garnison bei einem Ausfall sein Lager plünderte und überdies die feindliche Nachhut auf dem Kampfplatz erschien, erlag er der Übermácht. Zahlreiche Große aus Aragón und aus Südfrankreich fielen, unter den letzteren Aimerich II. von Narbonne, der sich in Spanien so oft ausgezeichnet hatte. Der König von Aragón mußte die Belagerung unter diesen Umständen abbrechen und starb, sicher noch in dem ihn bedrückenden Bewußtsein der selbstverschuldeten Niederlage, am 7. September. Wir stellen ihn neben die Kreuzfahrerfürsten, von denen mancher ihm ähn0 H. Schäfer, Spanien 2, S.312. Ballesteros 2, S.361. Bourilly S.310. Soldevila 1, S. 114. — 2 ) H. Schäfer, Spanien 3, S. 14. Schirrmacher S. 87. A. Müller, Islam S. 646. Codera S. 25. Dozy, Histoire 3, S. 165 f. — ' ) Ballesteros 2, S. 333. — «) H. Schäfer, Spanien 3, S. 14, 16. Codera S. 17 ff., 268 ff. Ballesteros 2, S. 334, 406. Boissonnade, Relations S. 305. Quinard S. 325.

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lieh durch Übereilung schlimmes Unheil h e r a u f b e s c h w o r , und finden bei ihm d a s auf d i e S p i t z e getriebene R i t t e r t u m 1 ) . E r hinterließ keinen Sohn. Seinen B r u d e r Ramiro, der Mönch und erwählter Bischof war, hielt er f ü r u n f ä h i g , d i e R e g i e r u n g zu führen, und vermachte d e s h a l b sein Reich in drei Teilen den Ritterorden der Templer, der Johanniter und des Heiligen G r a b e s zu J e r u s a l e m , um auf diese W e i s e den V e r n i c h t u n g s k a m p f g e g e n die U n g l ä u b i g e n a l s die L e b e n s a u f g a b e , die ihn immer g a n z erfüllt hatte, auf ewig sicherzustellen. Aber es k a m a n d e r s . Weil die Zeit d r ä n g t e und m a n s o f o r t einen Mann brauchte, der den vielleicht zu erwartenden V o r s t o ß der Mauren abzuwehren imstande w a r , erhoben die G r o ß e n in J a c a (nw. H u e s c a ) doch R a m i r o II. Dieser urkundete gleich als K ö n i g und heiratete 1 1 3 5 Ines ( M a t h i l d e ) , Tochter H e r z o g Wilhelms IX. von A q u i t a n i e n 2 ) . P a p s t Innocenz II. billigte weder die eine noch die a n d e r e M a ß n a h m e , d a er an d e m T e s t a m e n t A l f o n s ' I. festhalten wollte, aber er s a h doch von einem E i n s p r u c h a b und g a b sich s p ä t e r mit der A b f i n d u n g der Orden zufrieden. N a v a r r a unterstellte sich R a m i r o II. nicht. E s war allerdings seit der E r m o r d u n g seines K ö n i g s S a n c h o G a r s i a s IV. im J a h r e 1076, a b gesehen von einigen an Kastilien gekommenen Orten, mit A r a g ó n v e r bunden g e w e s e n 3 ) , benutzte aber jetzt die g ü n s t i g e Gelegenheit, um sich s e l b s t ä n d i g zu m a c h e n 1 ) , und setzte 1134 in P a m p l o n a G a r s i a s R a m i r e s , einen N a c h k o m m e n der früheren K ö n i g e und Enkel d e s Cid, zum K ö n i g ein5). G e r a d e zu d i e s e r Zeit f a n d d i e Machtstellung A l f o n s ' VII. von Kastilien ihren feierlichen Ausdruck. A m P f i n g s t s o n n t a g ( 2 6 . M a i ) 1 1 3 5 wurde er in der Kathedralkirche zu León zum K a i s e r gekrönt. Anwesend waren K ö n i g G a r s i a s von N a v a r r a , S a i f a d - D a w l a , M a r k g r a f R a i m u n d B e r e n g a r IV. von B a r c e l o n a , G r a f Alfons I . - J o r d a n von T o u louse s o w i e andere g r o ß e Herren a u s S ü d f r a n k r e i c h 6 ) . A m f o l g e n d e n T a g erließ der neue K a i s e r eine Reihe von G e setzen zugunsten d e r Rechtssicherheit und der allgemeinen Wohlfahrt, und es wurden alljährliche Einfälle in muslimisches Gebiet zur Pflicht gemacht. P a p s t Innocenz II. erfüllte die Bitte des neuen K a i s e r s und b e stätigte d e s s e n W ü r d e . E s ist hervorgehoben worden, d a ß bei der K r ö n u n g geistliche und weltliche G r o ß e beteiligt waren und d a ß sowohl auf die w e s t gotische a l s auf die leonensische Überlieferung zurückgegriffen wurde. A l f o n s VII. betitelte sich jetzt r e g e l m ä ß i g , nicht nur w i e schon vorher gelegentlich, „ H i s p a n i a e i m p e r a t o r " , auch „totius H i s p a n i a e i m p e r a t o r " ») H. Schäfer, Spanien 3, S. 19. Schirrmacher S. 89. Ballesteros 2, S. 257, 335, 339. Kehr, Navarra S. 45. Guinard S. 325. — ») Richard 1, S. 495 ; 2, S. 38. Ballesteros 2, S. 337. — •) Cartellieri 3, S. 234. — *) H. Schäfer, Spanien 3, S. 25. Ballesteros 2, S. 335, 372. Boissonnade, Relations S. 310. — 6 ) H. Schäfer, Spanien 3, S. 25. Menéndez Pidal 2, S. 600, 623, 831, dazu Stammtafel; (2, S. 206, 227, 335). — •) Schirrmacher S. 93. Rassow, Urkunden 10, S. 424. Ballesteros 2, S. 258. Menéndez Pidal 2, S. 686, 710 (2, S. 292, 377). H. J. Hüffer, Kaisertum S. 42. Stengel S. 9, 13.

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und zählte in der Hoheitsformel die ihm gehorchenden Städte a u f 1 ) . Sein Ideal wäre gewesen, an der Spitze aller Spanier den Entscheidungskampf gegen die Mauren zum siegreichen Ende zu führen. Dazu mußte er auf die übrigen regierenden Fürsten zählen können, aber es g a b gleich starke Hemmungen. Garsias von Navarra wurde zwar mit S a r a g o s s a belehnt, aber der Kaiser versprach es am 2 4 . August 1136 in einem Vertrag zu A l a g ó n 2 ) (nw. S a r a g o s s a ) trotzdem Ramiro II. von Aragón, weil dieser bereit war, seine kurz zuvor geborene Tochter Petronilla mit des Kaisers ältestem Sohn Sancho zu verheiraten. Navarra wurde durch das Verhalten Alfons' V I I . verstimmt und verbündete sich mit dem Infanten Alfons I. Henriques von Portugal gegen Kastilien. Dem Infanten war es nicht erspart geblieben, sich mit den Waffen gegen seine von ihrem Liebhaber abhängige Mutter Therese zu wenden. E r hatte sie am 2 4 . Juni 1 1 2 8 bei S . M a m e d e 3 ) nahe bei Guimaräes besiegt und, achtzehn Jahre alt, selbständig zu regieren begonnen. Therese starb vollständig vergessen am 1. November 1130. An dem jungen Fürsten rühmte man die schöne Gestalt und die vortrefflichen Geistesgaben. Klugheit und Kühnheit gingen in seinem Charakter eine sehr glückliche Verbindung ein. Coimbra machte er zu seiner Hauptstadt. E r hielt es für unwürdig, sich der Oberhoheit Kastiliens zu beugen, und wandte sich deshalb zusammen mit Garsias von Navarra gegen Alfons V I I . 4 ) . D a dieser aber seit Ende Oktober 1 1 3 6 in beiden Ländern siegreich kämpfte, wurde am 4. Juli 1137 in T u y ( s . V i g o ) der Frieden geschlossen 5 ), ohne den ein wirksames Vorgehen gegen die Mauren gar nicht möglich war. Alfons I. Henriques unterwarf sich dem Kaiser. Im Süden konnten genug Eroberungen gemacht werden, ehe die Gefahr drohte, d a ß beide Reiche einander im W e g e standen. Von Aragón hatte Alfons V I I . nichts zu befürchten. Ramiro II. vertrug sich schlecht mit seinen Großen, die von der künftigen Ehe seiner Tochter mit dem Thronfolger Sancho von Kastilien nichts wissen wollten, weil sie fürchteten, dadurch in Abhängigkeit von dem mächtigeren Nachbarreich zu geraten. Sie wünschten eine Verbindung mit Barcelona, wobei zu beachten ist, d a ß um 1115 für die spanische Mark und ihre Bewohner die Namen Catalunya (Cataluña) und K a t a lanen a u f k a m e n 6 ) . In mehreren Sprachen ist dann Katalonien üblich geworden. Hier regierte seit 1131 Raimund Berengar IV., der 1137 2 2 oder 2 3 Jahre alt war und nicht nur ein sehr vorteilhaftes Äußere, sondern auch treffliche innere Eigenschaften besaß, neben vorbildlicher Tapferkeit namentlich kluge Voraussicht 7 ). Wahrscheinlich im Juni 1137 verlobte er sich mit Ramiros II. jetzt zweijähriger Tochter Petronilla, der j a ursprünglich die kastilische Rassow, Urkunden 10, S. 388, 396, 401, 407. — 2 ) H. Schäfer, Spanien 3, S. 27. Schirrmacher S. 96. Ballesteros 2, S. 337 f. Soldevila 1, S. 117. — ») H. Schäfer, Portugal 1, S. 33. De Almeida 1, S. 138. Prestage S. 508. — 4 ) H. Schäfer, Portugal 1, S. 39. — «) H. Schäfer, Portugal 1, S. 36, 39, 41 f. De Almeida 1, S. 142. Schirrmacher S. 101. — •) Ballesteros 2, S. 339. Soldevila 1, S. 113. — ' ) H. Schäfer, Spanien 2, S. 312; 3, S. 42.

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Heirat zugedacht worden war, und bekam wenig später, am 11. August, von seinem Schwiegervater das Königreich Aragón übertragen. Bald zeigte es sich, d a ß Ramiro nichts weiter behielt als den leeren Königstitel und gut daran tat, sich in ein Kloster zurückzuziehen, da er eben Staatsgeschäften nicht gewachsen war 1 ). Auf diese Weise wurde Barcelona-Katalonien mit Aragón vereinigt, und es braucht nicht näher dargelegt zu werden, wie bedeutsam das Ereignis nicht nur für die spanische, sondern auch für die allgemeine Geschichte werden sollte. Für eine tätige Mittelmeerpolitik waren die machtlichen Grundlagen gegeben. Es gelang auch eine Einigung über den Besitz Saragossas. Alfons VII. verzichtete darauf zugunsten seines Schwagers Raimund Berengar IV., der zunächst nur den Titel eines „princeps" oder „dominator" von Aragón führte und den Kaiser vermutlich als Lehnsherrn für Barcelona anerkannte. In den nächsten Jahren unternahm Alfons VII. mehrfach Plünderungszüge nach Andalusien, die der Bevölkerung zu ihrem größten Schaden bewiesen, wie schlecht sie von ihren Obrigkeiten verteidigt wurde. Das militärische Ziel blieben natürlich Städte und Burgen. Im April 1139 ließ er Oreja 2 ), das wegen der Nähe Toledos für ihn besonders wichtig war, belagern, machte sich selbst dahin auf und erzwang im Oktober die Übergabe. Bei seiner Rückkehr nach Toledo wurde er von den Einwohnern ohne Unterschied des Glaubens feierlich eingeholt, von dem Erzbischof Raimund in die Kathedrale geleitet und gesegnet. Auch von anderer Seite wurden den Muslimen schwere Verluste zugefügt. Kurz vorher, am 25. Juli 1139, erfocht der Fürst von Portugal Alfons I. Henriques unweit von Lissabon am Tajo bei Ourique, obwohl schon umzingelt, dank der stürmischen Tapferkeit seiner Ritter einen vielgepriesenen Sieg 8 ) und nahm seit dem 1. Oktober desselben Jahres regelmäßig, wie vorher schon einmal im März, in berechtigtem Selbstgefühl den Königstitel an 4 ). Er konnte wissen, daß diese eigenmächtige Rangerhöhung dem Kaiser von Spanien nicht sehr genehm sein würde, und legte deshalb großen Wert darauf, sich an die römische Kirche anzulehnen. Im Sommer 1143 benutzte er die Anwesenheit des Legaten Kardinaldiakon Wido SS. Cosmae et Damiani, ihm als dem Vertreter des Papstes Innocenz II. den Lehnseid zu leisten und sein Reich aufzutragen 5 ). Am 13. Dezember stellte er darüber noch eine Urkunde aus und versprach einen übrigens nicht sehr erheblichen Jahreszins. Dafür sollte ihm der päpstliche Schutz- gewährt werden und er niemandem anders als dem Papst unterstehen. ») H. Schäfer, Spanien 3, S. 30. Schirrmacher S. 103 ff. Ballesteros 2, S. 338 f., 361. H. J. Hüffer, Kaisertum S. 41. Soldevila 1, S. 122 f. Boissonnade, Relations S. 313. — ») Schirrmacher S. 114 zum Oktober. Ballesteros 2, S. 260. Rassow, Urkunden 10, S. 433 f. — •) H. Schäfer, Portugal 1, S. 44. Schirrmacher S. 121. A. Müller, Islam 2, S. 646. De Almeida 1, S. 143. Pimenta S. 18 ff. Prestage S. 508. Guinard S. 333. — «) Chancelarias 1, Nr. 87, 93. — 5 ) H. Schâfér, Portugal 1, S. 54. Fabre, Étude S. 126. De Almeida 1, S. 146. Erdmann, Papsttum u. Portugal S. 3, 29 ff. H. J. Hüffer, Kaisertum S. 47. Säbekow S. 47. Pimenta S. 22.

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Anfang September 1143 war es dem Kardinal gelungen, bei einer persönlichen Zusammenkunft mit den beiden Alfonsen in Zamora (w. Valladolid) die Spannung zu lösen und den Frieden zu erhalten 1 ). Alfons VII. hat den portugiesischen Königstitel, wie man annehmen kann, nicht weiter beanstandet. E s ist mit vollem Recht betont worden, daß zwar der römischen Kurie eine Ausdehnung ihrer Oberhoheit über ein weltliches' Reich sicher sehr willkommen war, daß sie aber in Spanien durchaus zentralistisch dachte. Nach ihrem Wunsch sollte die stärkste Macht, Kastilien mit León, die kleineren Mächte Aragón, Barcelona, Navarra und Portugal zur Vertreibung der Mauren anführen. Wäre das gelungen, so würde der Gewinn für Rom von großer Bedeutung gewesen sein. Papst Lucius II., der am 26. September 1143 sein Amt antrat, konnte daher das Verhalten des Legaten nicht billigen. Er schrieb am 1. Mai 1144 an Alfons I. von Portugal einen Brief 2 ), in dem er ihn nur Herzog nannte und trotz des Aufwandes vieler höflicher Redewendungen vollkommen unterließ, die doch wohl mit dem Legaten in Zamora verabredeten Gegenleistungen der Kurie überhaupt zu erwähnen, während er die ihr gemachten Zugeständnisse annahm. Die Meinung war, daß eben Portugal nicht selbständig sein sollte. Alfons I. verlor aber sein hohes Ziel nicht aus den Augen und wartete geduldig ab, bis seine unverändert romfreundliche Kirchenpolitik ihre Früchte trug. Ob und wie weit Alfons VII. von diesen Verhandlungen unterrichtet war, entzieht sich unserer Kenntnis. Glückte es ihm nicht, Portugal unter seiner Oberhoheit zu halten, so dachte er daran, Navarra mit Raimund Berengar IV. von Barcelona zu teilen 3 ). Schließlich verzichtete er aber darauf, um jenen, der doch jetzt auch Herr von Aragón war, nicht allzu mächtig werden zu lassen, und vertrug sich lieber mit Garsias, dessen Erbtochter Blanka 1140 mit dem kastilischen Thronfolger Sancho verlobt wurde. Garsias selbst heiratete im Juli 1144 in León des Kaisers uneheliche Tochter U r r a c a 4 ) . E s war sicher klug von Alfons VII., daß er politisch wertvolle Familienverbindungen pflegte. Aber im Vordergrund stand ihm immer die weitere Eroberung maurischen Bodens, um dem von ihm beanspruchten Vorrang über ganz Spanien eine möglichst feste Grundlage zu geben und aller Welt zu beweisen, daß er der erfolgreichste Vorkämpfer des Christentums sei. Cória am Alagón, vielleicht die stärkste Bürg in Estremadura, hatte er schon 1138 vergeblich zu nehmen versucht. Vier Jahre später hatte er mehr Glück. Der Garnison fehlten die Lebensmittel, und ihre Hoffnung auf Entsatz durch die Kommandanten (Alcaiden) von Sevilla und Córdoba schlug fehlt. Sie mußte sich im Juni 1142 ergeben 5 ). Das dortige Bistum wurde wiederhergestellt und, wie es in der Chronik heißt, aller Schmutz der Heiden gewaltsam beseitigt. *) De Almeida 1, S. 145. Erdmann, Papsttum u. Portugal S. 31. Rassow, Urkunden 10, S. 438 mit dem Datum. Prestage S. 509. — 2 ) De Almeida 1, S. 147. Erdmann, Papsttum u. Portugal S. 32 ff. — ») H. Schäfer, Spanien 3, S. 32. Schirrmacher S. 112. Langer S. 29. Ballesteros 2, S. 361. Soldevila 1, S. 134 zu 1140. — 4 ) Schirrmacher S. 114, 116. Ballesteros 2, S. 259, 373. Rassow, Urkunden 10, S. 439. — ") Schirrmacher S. 111, 122 f.

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Kastilien konnte sich rühmen, ausgezeichnete Kriegsleute zur Verfügung zu haben. Hier sei nur Ñuño Alfonso, der Statthalter von Toledo, genannt, der am 1. März 1143 bei Montiel (n. P a ß von Muradal) die an Zahl überlegenen Alcaiden von Córdoba und Sevilla überwand*). Sie wurden beide erschlagen. Als Ñuño wieder in Toledo einzog, folgten ihm in langer Reihe die erbeuteten Rosse, Kamele und Maultiere. Erzbischof Raimund mit der gesamten Geistlichkeit und Ritterschaft erwies ihm hohe Ehre. Die Muslimen dürsteten nach Rache und stürzten sich am 1. August 1143 bei Algodor (ö. Toledo) auf die wenig zahlreichen Ritter Ñuños, der nach tapferster Gegenwehr fiel4). Der Kaiser wurde durch die Trauerkunde auf das schmerzlichste bewegt; seine Offiziere mußten ihn trösten. Von dem wilden Haß, der Christen und Nichtchristen erfüllte, zeugt die auf beiden Seiten beliebte Schändung der Leichen, wie wir sie auch aus den Kreuzzügen kennen. Die Köpfe der Getöteten wurden oft auf Standarten, Lanzenspitzen oder Burgzinnen gesteckt und öffentlich ausgestellt. Da geschah in der iberischen Halbinsel eine heftige Umwälzung. Am 28. Januar 1143 starb 3 ) der Sultan Ali, dessen Vater Yusuf das Reich der Almoraviden gegründet hatte, und damit vollzog sich ihr Niedergang mit immer größerer Schnelligkeit. Wir fragen nach den Gründen dieses bemerkenswerten Wandels, wo doch die aus Afrika herübergekommenen Krieger sich erst durch stürmische Tapferkeit ausgezeichnet hatten*). Es geschah oft, d a ß die spanischen Muslimen die von ihnen selbst früher hergerufenen Helfer nicht mehr ertragen wollten. Der Übergang rauher und wilder Nomaden zu einer verfeinerten Kultur und üppigen Lebensweise erfolgte zu plötzlich und führte zur Verweichlichung. Verhängnisvoll wirkte sich auch der weibliche Einfluß aus. Ali wurde von seiner Gemahlin Kanar beherrscht. Verbrecher blieben straflos, wenn sie gute Beziehungen zu hochgestellten Frauen hatten. Das Militär war unbotmäßig und verachtete die kleinen Leute, die Polizei erwies sich ohnmächtig, die Preise der Lebensmittel stiegen. Dazu kamen die häufigen Raubzüge der Christen, die furchtbare Verheerungen anrichteten und alles in allem, trotz einiger muslimischer Siege, ihre Eroberungen immer weiter ausdehnten. Schon 1121 erhoben sich die Einwohner von Córdoba gegen die Ausschreitungen ihrer Garnison. Da die Fakihs die Bewegung f ü r berechtigt hielten, ließ sich Ali begütigen und begnügte sich, eine Geldstrafe zu verhängen. Schließlich verbreitete sich die feste Überzeugung, d a ß alle Mittel recht seien, um die verhaßte Gewaltherrschaft der Almoraviden zu brechen, und Andalusien bereitete sich zur Revolution vor. Bald fand es auch einen hochbegabten Führer, der sie auf Grund einer religiösen Reformation entfachte. Schirrmacher S. 124. Codera S. 27. — *) Schirrmacher S. 126. — ») Codera S. 27. Ballesteros 2, S. 408. —