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German Pages 70 [76] Year 1932
Rus
der
Welt
der
Religion
Forschungen und Berichte, unter Mitwirkung von Heinrich Frick und Rudolf Otto herausgegeben von Erich Fascher und Gustav Mensching
Religionswissenschaft»^ Reihe herausgegeben von
Professor Lic. Gustav Mensching in Riga. 1. G. Mensching, Vie Bedeutung des Leidens im Buddhismus und Christentum, 2. verbesserte Rufl. 1930. M. 1,— 2. Fr. Niebergall, Moderne Cvangelisation. 1924. M. 0,50 3. R. Otto u. G. Mensching, Chorgebete für Rirche, Schule und Hausandacht, 2. Rufl. (3. und 4. Tausend). 1928. Kart. M. 1,50 4. R. Otto, Zur Erneuerung und Rusgestaltung des Gottesdienstes. 1925. M. 1,50 5. L. Heitmann, vom werden der neuen Gemeinde. 1925. M. 0,50 6. Th. Odenwald, Nietzsche und das Christentum. 1926. M. 0,50 7. w. Bruhn, vom Gott im Menschen. Ein weg in metaphysisches Neuland. 1926. M. 1,20 8. w. Rn evels, Das Religiöse in der neuesten lyrischen Dichtung. 1927. M. 2,40; geb. M. 3,50 9. O. Pfister, Religionswissenschaft und psychanalyse. 1927. M. 0,60 10. E. Schubert-Christaller, Der Gottesdienst der Synagoge. Sein Rufbau und sein Sinn. 1927. M. 2,— ; geb. M. 3,— M. 0,70 11. h. Frick, Mission oder Propaganda? 1927. 12. G. Mensching, Vas Christentum im Rreise der Weltreligionen. 1928. M. 0,50 13. I. Witte, Vie evangelische Weltmission. Ihre Ziele, Wege und Erfolge. 1928. M. 1,— 14. w. Maurer, Vas Verhältnis des Staates zur Rirche nach humanistischer Rnschauung, vornehmlich bei Erasmus. 1930. M. 1,— 15. Th. Siegfried, Luther und Rant. Cin geistesgeschichtlicher vergleich im Rnschlutz an den Gewissensbegriff. 1930. M. 3,60 16. w. Röhler, Wesen und Recht der Sekte im religiösen Leben Deutsch lands. 1930. M. 1,60 17. Fr. Bär, „weniger predigt". 1930. M. 1,60 M. 1,20 18. h. Hoffmann, Reformation und Gewissensfreiheit. 1932. 19. R. Fr. Merkel, Christentum und Sexualethik. 1932 M. 1,60 20. R. Otto, Gottheit und Gottheiten der Rrier. 1932. M.4,50 geb.M.6,50
Fortsetzung der Anzeige auf der 3. Umschlagseite
Der religiös-utopische Charakter -er „prophetischen Politik"
Friedrich weinrich
1932
Verlag von Alfred Töpelmann in Gießen
Hus der Welt der Religion Forschungen und Berichte, unter Mitwirkung von Heinrich Frick und Rudolf (Dtto
herausgegeben von
Erich Lascher und Gustav Mensching Biblische Reihe, heft 7
printed in Germany
Meinem Vater
Vorwort. Vie vorliegende Arbeit ist auf Grund einer Anregung von Herrn Professor D. Dr. Hempel-Göttingen entstanden. Der Verfasser hat ursprünglich die Absicht gehabt, nicht allein den utopischen Charakter der prophetischen Politik, sondern auch den utopischen Charakter der prophetischen Sozialethik zu untersuchen. Infolge widriger Umstände mußte sich der Verfasser aber auf das Erstere beschränken. Diese Arbeit lag als Diss. theol. der theologischen Fakultät an der Universität zu Göttingen vor. Herrn Professor Wilhelm Ulrich-Cschwege dankt der Verfasser für freundliche Hilfe bei der Korrektur.
Eschwege, im Dezember 1931.
Friedr. weinrich.
Eine Inhaltsübersicht befindet sich auf Seite 71
Einleitung. Das „prophetische Postulat" kennzeichnet scharf und eindeutig den Charakter des israelitischen Prophetismus: mit der Entscheidung für Jahwe als dem Angelpunkte alles Geschehens die Lebensgestaltung in allen Stücken auf religiös-„sittlicher" Basis als Rettungsweg für Israel. 3n diesem dem prophetischen Ethos eigentümlichen Zuge liegt das religiös-„utopische" Moment in der Prophetie *). Diese Arbeit will den religiös-utopischen Charakter der prophe tischen Politik untersuchen. Dazu sollen zuvor die Kategorien, auf denen sich die prophetische Lebensanschauung aufbaut, herausgearbeitet werden. Erst die Kenntnis dieser religiösen „Kategorien" ermöglicht das verstehen der prophe tischen Position in der Behandlung der Fragen der Politik und in den politischen Grakeln des Propheten überhaupt. *) In geschlossenem Zusammenhänge ist darauf zuerst von E. Troeltsch, „Das Ethos der hebräischen Propheten", Logos 1916, VI, p. 1—28 (wieder gedruckt unter dem Titel „Glaube und Ethos der hebräischen Propheten" in „Gesammelte Schriften" Vd. IV 1924, p. 36ff.) hingewiesen. Ich greife aus dem Zusammenhänge folgende Sätze heraus: „Ihre (der Propheten) Unheilsweissagung ist eingetroffen, aber der Rettungsweg, den sie im Namen ihres Gottes empfahlen, war eine Utopie" . . . . „Solche Utopien haften nicht als Schranke oder Übertreibung an der prophetischen predigt, sondern entquellen aus ihrem eigensten und innersten wesen" .... „Die Könige, die Nobilität und die Militärs, .... mit der prophetischen predigt konnten sie nicht leben und sich erhalten" .... „Ihre (der Propheten) große Schöpfung paßte so wenig zur Welt wie die Königskrone zu Saul". I. Wellhausen schreibt in der „Israelitischen und jüdischen Geschichte" (7. Aufl.): „Optimisten sind allerdings auch sie (die Propheten), und zwar von der kühnsten Art, nämlich in dem Sinne, daß sie auf das festeste von dem endlichen Triumphe des Rechts und der Gerechtigkeit auf Erden überzeugt sind" (p. 110). V. Duhm erklärt in „Israels Propheten": „Das Prinzip ist klar, aber seine Verwirklichung in Religion und Staat läßt sich schwer denken" (p. 140). R. Smend stellt fest: „In der alttestamentlichen Prophetie kommt der Widerspruch zum Ausdruck zwischen Idee und Wirklichkeit, der in Israel von Anfang an gesetzt war und mehr noch im Laufe der Zeit sich entwickelte" (Kommentar zu Ezechiel 1880 p. X). wichtige Urteile in dieser Richtung enthalten: J. Hempel, Gott und Mensch im A. T., 1926, p. 81 ff. und Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie III, Das antike Judentum, 1923, p. 125, 281 Note 1, 349.
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Die Darstellung*) bezieht sich im wesentlichen auf folgende Propheten: flmos, Hosea, Micha, protojesaja und Jeremia. x) Ich merke an, daß in der folgenden Darstellung nicht immer im einzelnen angegeben ist, woher die Übersetzungen genommen sind und eben so, wenn ich leichte Änderungen an den vorliegenden Übersetzungen vor genommen oder selbst übersetzt habe. (Der Fachmann wird es leicht er kennen). Angegeben sind in den Fußnoten zu den Übersetzungen lediglich die Verbesserungen des M-Textes. Den Übersetzungen lagen hauptsächlich folgende Kommentarwerke zugrunde: 1. Göttinger Handkommentar zum Alten Testament, hsg. von w. Nowack. 2. Kurzer Handkommentar zum Eliten Testament, hsg. von K. Marti. 3. Kommentar zum HIten Testament hsg. von (E. Sellin. 4. Die Schriften des cttten Testamentes in Auswahl neu übersetzt und für die Gegenwart erklärt, Göttingen. 5. Die heilige Schrift des Alten Testamentes, hsg. von L. Kautzsch, 4. Aufl. An allgemeinen Darstellungen über die prophetische Bewegung und speziellen Untersuchungen über die prophetische Politik wurden (außer den angegebenen Kommentarwerken und ÜGG 2. Aufl.) vornehmlich folgende Schriften verwendet: 1. G. hölscher, Die Profelen, 1914. 2. U). Caspari, Die israelitischen Propheten, 1914. 3. V. Duhm, Israels Propheten, 1916. 4. C. Troeltsch, Das Ethos der hebräischen Propheten, 1916.5. IN. Weber, Gesammelte Aufsätze zur Keligionssoziologie III, 1923. 6. I. Hempel, Gott und Mensch im A. T., 1926. 7. h. Duhm, Der Verkehr Gottes mit den Menschen im A. T., 1926. 8. h. Greßmann, Der Ursprung der israelitisch jüdischen Eschatologie, 1905. 9. h. Greßmann, Der Messias, 1929.10. w. Staerk, Das assyrische Weltreich im Urteil der Propheten, 1908. 11. F. Wilke, Die politische Wirksamkeit derprophetenIsraels, 1913.12.F.Küchler, Die Stellung des Propheten Jesaja zur Politik seiner Seit, 1906. 13. w. Erbt, Jeremia und seine Seit, 1902. 14. F. Wilke, Jesaja und Assur, 1905. 15. A. Lberharter, Die soziale und politische Wirksamkeit des alttestamentlichen Prophetentums, 1924. wenn andre Schriften außer den erwähnten irgendwie benutzt werden, ist dies jeweils in den Noten angemerkt (vgl. das Autorenregister).
Vorbemerkungen. Das Wesen des geistesgeschichtlich für die Gestaltung „ethischer Religiosität"l) typischen Phänomens „Prophetische Bewegung" ist unter verschiedenem Aspekt beurteilt worden. Die Prophetie ist mit Prädikaten wie „ideologisch", „wirklichkeitsfremd", „kulturfeindlich" belegt, der Prophet ist politischer „Agitator", „blindfanatischer Dema goge", „Pamphletist" genannt worden^). Jedwede Beurteilung, die ihren Standort außerhalb der von den Propheten vertretenen „Religion" nimmt, wird notwendig die Prophetie mißverstehen: als Vertreter der Jahwe-Religion sind die ') vgl. Absatz 4 der Vorbemerkungen. 8) Ich stelle hier verschiedene Auffassungen und Urteile über das Wesen der prophetischen Bewegung zusammen: £. Renan, Histoire du peuple d’Israel II (1891), p. 425 erklärt: On peut dire que le premier article de journaliste intr ansige ant a 616 dcrit 800 ans avant Jösus-Christ et que c’est Amos qui V a öcrit. Z. Delitzsch, Vie große Täuschung, 1921, p. 86, 87 redet von dem „aufrührerischen, hochverräterischen Treiben dieser ewig unruhigen „Seher" oder „Schauer", welche von den hebräischen Heerführern nicht so mit Unrecht als „verrückte" bezeichnet wurden." „Als die geistige „Wehrmacht" des Volkes Israel waren die Propheten zugleich die geborenen Politiker, die sich nur selten vom Volke beeinflussen ließen, sondern vielmehr umgekehrt es meisterhaft verstanden, das Volk samt dessen Königen ausschließlich ihrem willen gefügig zu machen und zu erhalten." k). Winckler hat in seinen werken (siehe z. B. C. Schrader, Vie Keil« Inschriften und das A.T.,hsg. von H. Winckler und H Simmern, 1903, p. 171 ff., 248 ff.; Religionsgeschichtlicher und geschichtlicher Grient, 1906, p. 37 ff.), die Zusammenhänge der Staaiengeschichte untersuchend, den Pro pheten „politischen Agent" oder „Agitator" genannt, „wenn in der Haupt stadt die Führer der Partei selbst der Aufgabe genügen konnten, das Interesse des Großkönigs in dem ihnen aufgegebenen Sinne zu vertreten, so hatte man für das Land draußen berufsmäßige Agitatoren — nebi 'im, Sprecher — deren sich natürlich die Gegenpartei ganz ebenso bedienen mußte. Selbstverständlich gab es auch unter diesen Männer verschiedener Begabung mit größerer geistiger Selbständigkeit, mit eigenen Ideen, oder bloße Sprachrohre ihrer Auftraggeber. Als die berufenen politischen Wortführer des Volkes spielen aber alle nebi 'im ihre Rolle und ent sprechen also in ihren Verhältnissen dem, was wir heute Politiker nennen." C. Troeltsch redet l. c. von der „kuliurindifferenten", bzw. „kulturfeind lichen Ethik" des Prophetismus. M. Weber, 1. c. p. 281 ff., nennt die Pro pheten unter gewissen Einschränkungen „politische Demagogen und Pamphletilten".
8 Propheten aufgetreten, und nur von dieser Religion her wollen sie und können sie „verstanden" werdens. Diese Abhandlung behandelt den „utopischen" Zug in der pro phetischen Religiosität. Dabei soll das Prädikat „utopisch" keine wertung im Sinne einer Herabsetzung enthalten, vielmehr soll gezeigt werden, wie die prophetische Haltung, ihrem innersten Wesen zufolge, notwendig „utopisch" sein mutz: denn es handelt sich in der Prophetie um nichts Geringeres als die Gestaltung und Beherrschung des ganzen Lebens durch die Jahwe-Religion2). „Utopist" ist der Prophet in seiner Stellung zu den Fragen der Politik, zur sozialen Frage, in seinen Zukunftsperspektiven: in seinem Verhalten zu Gegenwart und Zukunft, zur gesamten Wirklichkeit ist seine Stellung „utopisch". Der „utopische" Charakter der Prophetie wurzelt in ihrer Religion, das heitzt in prophetischer Sprache: in dem vertrauen und Glauben an Jahwe als den die Weltschicksale leitenden Gott, insbesondere aber als an den einen Gott Israels2). Und das ist die Spitze aller pro phetischen Ethik: Sittlichkeit*) wurzelt in Gott, Unsittlichkeit ist Abfall von Gott (Jahwe)5). Und weiter: durch den Rlund des Propheten spricht Jahwe zu den Menschen, dem Propheten ist deshalb Gehorsam zu leisten. 1. Die vergleichende geistesgeschichtliche Betrachtung lehrt uns, datz die prophetische Bewegung in einem schöpferischen Aufstiege des Lebens der geistigen Welt überhaupt darin steht (in Persien wirkt Zarathustra, in Indien die Priesterdenker in den Upanischads, in China Lau-dsi und Rung-dsi, in Griechenland Solo» und die ersten Philosophen)6), gleich zeitig aber auch als ein höhe- und Wendepunkt innerhalb der israelitischen-
") „(Die Religion) ist geradezu die haupisache, die flje, um welche sich dar Leben der einzelnen wie der Gesellschaft dreht, der Herzschlag der Lebens, der Mittelpunkt, um dessentwillen Staat und Volk überhaupt vorhanden sind" (historisch-politische Blätter, hrg. von G. Görrer, XXVI, p. 71/72 „Die sozialen Zustände der hebräischen Volker im Altertume"). *) Das ist auch die Meinung von E.Troeltsch in dem Aufsatze „Das Lthor der hebräischen Propheten", s. Note 1 der «Einleitung. ’) Näherer siehe in § 1 der ersten Abschnitts. 4) vgl. Note 2 der nächsten Seite. 6) Die Einbeziehung der „Ethik" in die Religion erfolgt nicht, wie z. B. E. N e s t l e, Die Na hsokratiker 11923, p. 165 behauptet, im Abendlande erst durch da; Christentum. °) Siehe vor allem den Hinweis darauf bei £. Stein, Geschichte der Philosophie bis Platon, 1921, p. 77f., früher schon p. Deutzen, Allgemeine Geschichte der Philosophie, 1908, I. Abt. 3, p. 116, ferner R. Gtto, in Vishnu-Näränana, 1917, „Das Gesetz der religionrgeschichtlichen Parallelen" p. 141 ff. Die Charakteristik der 6. vorchristlichen Jahrhundert; durch p. Deutzen, I. c. p. 116, sei hier wiedergegeben: „Das 6. Jahrhundert a. E ist, wie kaum ein anderer, für die Gestaltung der geistigen Lebens der Menschheit von
(jüdischen) Religionsgeschichte *). Vie prophetische Bewegung stellt den sittlichen2) Rufruf des Menschen zur Gottheit durch die Gottheit dar. Sie
hat weder das philosophische thaumazein noch diktiert sie paragraphierte Gesetze, und das ist das eigentümliche Schicksal der israelitisch-jüdischen Religionsgeschichte, daß die Jahwe-Religion stets „Religion" geblieben und nicht in die Bahn philosophischen Denkens gelenkt ist. 2. Der Prophet ist nur verständlich und verstehbar in seiner Zeit und Lage: im Hintergrund die Weltbühne politischen Geschehens und Palästina ein Puffer- und Kleinstaat zwischen den Großmächten der Seit, dazu ein Zeitalter der Überkultur und des Kulturraffinements der Großen. Ghne diesen Hintergrund wäre der Prophet schwerlich zu denken! Das welt politische Geschehen hat nicht zum wenigsten zur Gestaltung des israeli tischen Prophetentums beigetragen und ihm Bedeutung verliehen,
grundlegender Bedeutung geworden. (Es war als wenn ein frischer Frühlingshauch die Welt durchwehte und überall auf das Leben der Völker weckend und fördernd einwirkte. In diesem so fruchtbaren Jahrhundert finden wir gleichzeitig im fernen Osten Lao-Ise und Kon-su-tse, in deren Bahnen noch heute China wandelt, in Westasien die Hochblüte des Prophe tismus unter Jeremias, Ezechiel und dem zweiten Jesaja, in Griechenland das erste Rufkeimen der Philosophie und in Indien das Ruftreten religiöser Lehrer, welche die überkommenen Heilswahrheiten von den bis dahin be stehenden engen Schranken befreiten und aller Welt zugänglich machten." Zur Chronologie merke ich folgendes an: Zarathustra ist (nach einer münd lichen Mitteilung von Prof. 5- T. Rndreas, auf die ich mich hier stütze^ „mindestens fünf Generationen vor Darius I." anzusetzen. Vas Leben des Konfuzius und Lau-dsi liegt im wesentlichen in der 2. Hälfte des 6. Jahr hunderts (vgl. h. Haas, Das Spruchgut K'ungtsze's und Lao-tsze's in ge danklicher Zusammenordnung, 1920). Vie Priesterdenker in den Upanischads leben in den beiden Jahrhunderten vor Buddha (nach Veußen,(Vldenberg, Strauß; andere Forscher setzen sie wesentlich höher an); zum Todesjahr des Buddha (f 477 a. L.) vgl. M. Winternitz, Geschichte der indischen Literatur II, 1912 p. 2. Die RkmF von Solon und Thales liegt um 600 a C. J) „Vie alte israelitische Religion war, wie jede andere volksreligion^ vorwiegend Kultus, erst die Propheten haben begonnen, sie zu etwas anderem zu machen" (Wellhausen). ’) Wenn ich weiterhin das Wort „sittlich" brauche, so verstehe ich darunter das enge verbundensein des einen Gottes Jahwe mit dem Volke Israel (C. Troeltsch redet „von der wesenhaften Zusammengehörigkeit Israels und Jahwes" und „dem ganz persönlichen Verhältnis des Glaubens und vertrauens") und die sich aus diesem engen verbundensein ergebenden politischen und sozialethischen Forderungen, überhaupt die Forderungen dessen, was man als „Moral" bezeichnet, also etwa das, was H. Glueck (Das Wort hesed, B3RW 47, 1927) unter dem Terminus hesed versteht. Unter „sittlicher" Haltung kann ich mit R. Weiser in seinem Rmosbuche „die Geisteshaltung des bedingungslos unter dem Rnspruch göttlicher Wirklichkeit gestellten Menschen" (R. Weiser, Vie profetie des Rmos B3RW 53,1929) verstehen (vgl. hos. 13,4b:
„Einen Gott außer mir kennst du nicht, und einen Helfer außer mir gibt es nicht.")
10 3. Das welthistorische Interesse an der „Prophetischen Bewegung" liegt darin, daß der Prophet der Prototyp „ethischer" Religiosität geworden ist. „DieseLthik liegt in weitgehendem Matze noch der heutigen und europäischen und vorderasiatischen reli giösen Ethik zugrunde (und darauf beruht das Interesse der Weltgeschichte an dem Judentums). Und das Judentum ist das Vor bild der Verkündigung Mohammeds gewesen" (Max Weber). Der Prophet fordert nicht „Kultus", sondern eine religiös-sittliche Gesinnung und Haltung'). Mit der Einstellung der Gesinnung auf Jahwes Willen geht Hand in Hand die Umsetzung dieser Gesinnung in die Wirklichkeit durch die Forderung des vertrauens auf Jahwe. Dadurch wird in die Religion ein 3ug hineingetragen, der von Jesus in der absolutesten Form neugestaltet, die Religion von der Stufe des Eudämonismus zu einer Religion in Freiheit und Sittlichkeit empor hebt. Deshalb lätzt sich Jesus als der reine Fortsetzer (und Vollender) des Prophetismus begreifen. Allerdings liegt noch ein weiter weg zwischen dem Glauben des Propheten und dem „Glauben, der die Welt hat, als hätte er sie nicht" (Troeltsch). 4. Mit dem Eintritt des Prophetismus in die Geschichte wird das Thema der ganzen abendländisch-christlichen Religionsgeschichte bestimmt: „Geist" oder „Opfer", „Gesinnung" oder „Kultus". Der ganze Kampf innerhalb der abendländisch-christlichen Religionsgeschichte dreht sich in immer neuen Variationen um diese beiden „Prinzipien". Den Kampf um diese beiden Prinzipien spiegelt aber am deut lichsten das fl. T. selber wieder. (Es sind zwei lebendige Ströme der Religion, die im st. T. teils nebeneinander, teils ineinander fließen (wenn von der sogenannten jüdischen „Gesetzes"-Religion abgesehen wird), von diesen beiden ist der eine die an die lebendige Natur sich anlehnende „ästhetische", der andere die auf sittlicher Entscheidung gegründete Religion2). Diese „Natur"-Religion ist uns in unverfälsch ten Zeugnissen im fl. T. erhalten, der Prophetismus hat sie als „heid nisch" abgelehnt. Der Prophetismus stellt den zweiten Typus dar: Gott redet zum Menschen als eine verpflichtende Person2). *) vgl. D). Laspari, Die israelitischen Propheten, p. 150: „Des Propheten Forderungen bestimmt nicht der Tag und die Zeit, noch so klug beurteilt, sondern im Wechsel des Tages will er eine religiös-sittliche Grund gesinnung aufrecht erhalten; die Tagesfragen stellen dann der Anwendung der Gesinnung ihre Aufgaben". *) Näheres siehe bei t). Schmidt, im „Protestantismus der Gegenwart", hsg. von G. Schenkel p. 655ff. in der Abhandlung über das A. T. *) vgl. h. Duhm, Der Verkehr Gottes mit den Menschen im A. T. p. J20. 3ur Unterscheidung von naiv-ästhetischer und ethisch-sittlicher Religio sität vgl. auch Schleiermacher, Der christliche Glaube I, § 8,9.
Erster Abschnitt. Der erste Abschnitt sucht die religiöse Lage und Haltung der Propheten darzustellen, um von da aus zum verstehen der religiös utopischen Geisteshaltung der Prophetie vorzudringen.
§ 1. Was ist „vorprophetisch" in der „Prophetie"? (Es ist, soviel ich sehe, vor allem zweierlei, was in der Prophetie auf ein früheres — „Vor-Prophetisches" — hinweist, das aber in der „hoch"-prophetie den ihm wesentlichen „prophetischen" 3ug erhalten hat. Ich meine hier folgendes: I. die Vorstellung von der Iahwe-Berith und 2. die „psycho pathische" Zuständlichkeit des Propheten. 1. Indem Jahwe einen „Bund" *) mit Israel auf dem „Gottes berge" schloß, ist es zu Jahwe in ein besonderes Verhältnis getreten*2), „wenn ihr auf meine Stimme hört, dann dürft ihr mein Volk sein"3). (Es ist ein „fremder" dem Volke bislang unbekannter Gott, der sich ’) „mia," vgl. die pedersensche Definition „Bund" s. p. 12, Note 3, vgl. zu diesem Terminus auch I.Pedersen, Der Lid bei den Semiten (Beiheft 3 der Zeitschrift für Islamkunde, 1915). 2) K. Galling, Die Lrwählungstraditionen Israels, 1928 führt aus, daß der Verith-Gedanke vom Deboraliede bis in die INakkabäerzeit anzu treffen ist, p. 6, 69 ff. •) vgl. dazu Cx. 19, 5f. Zur „Freiheit" Gottes in der (Erwählung des Volkes Israel zu seinem Volke vgl. Nm. 3, 2 und 9, 7: „Nus allen Geschlechtern der Crde habe ich euch alleme erkannt. Darum suche ich heim an euch all eure Missetaten!" „Seid ihr Kinder Israel mir nicht wie die Kuschiten?" ist Jahwes Spruch. Hab ich nicht Israel aus Agyptenland geführt und die Philister aus Kaphthor und die Syrer aus Air? „Das (aus allen Geschlechtern erwählt) begründet wahrlich keinen jahwistischen Nationalismus. Im Augenblicke, wo die Israeliten ihre Crwahlung in diesem Sinne mißverstehen und mißbrauchen, verwirft sie Jahwe vor den Augen der ganzen Welt und übergibt sie wieder dem Frondienst der Fremdvötker, der Gojim" (w. Vischer, Jahwe der Gott Kains, 1929, p. 25). Zu den Zu sammenhängen des Amos mitdemCrwählungsglauben vgl. auch K. Cramer, Brnos 1930 p. 49, 55 ff., 105 ff.
12 dies Volk Israel auserwählt *). Ls ist Jahwe, der Gott vom Lande Ägypten her, wie er sich bei Hosea vorstellt: „Ich bin Jahwe, dein Gott, vom Lande Ägypten her." (t)of. 13, 4a) Die Befreiung aus ägyptischer Knechtschaft ist das erste große Wunder, mit dem sich dieser Gott bezeugt hat, es ist das Wunder, auf das die Propheten immer wieder hinzuweisen nicht müde werden (vgl.Jer. 11,7). Die Gestalt der Berith ist auf eine Formel gebracht die: Jahwe ist dein Gott, und du bist Jahwe als deinem Gott verpflichtet; er hat dich erwählt, und du hast ihn angenommen8*).* * Jahwe's **** hülfe wirb durch diesen Bund aber nicht nur garantiert, sondern Jahwe als Gott bildet in diesem Bunde die Gegenpartei8). Bruch des Bundes ist daher für Israels „Partner": den Gott Jahwe, ein spezifisch-verderblicher Frevel des Volkes, auf dem seitens des Gottes schwere Strafe ruht. Der alten Überlieferung gilt er aber nicht als der eine, einzige Gott, außer dem es keine weiteren Götter gibt, sondern er ist Israels Gott durch Berith, aber er gilt dabei als ein besonders mächtiger. Er ist ein Gott, der örtlich gebunden ist, eben da wo er sich Mose offenbart. Seit dem Sitze Israels in Kanaan ist er der „Gott in der Ferne", der, wenn nötig, von dort in die Geschicke eingreift4). Noch Elia
x) wahrscheinlich handelt es sich um den Gott der ,,Keniter", die am Horeb ihren Weidebezirk halten vgl. Ri. 1,16 (zur Gleichung KeniterMidianiter vgl. Vischer, l. c. p. 13ff., Ri. 1,16; 4, 11). Zur ganzen Frage: C. B u d d e, Vie altisraelitische Religion, 1912, p. 10 ff., Das nomadische Ideal im Ä. T., preußische Jahrbücher 1898, Bb. Nr. 85, neuerdings besonders das Buch von W. Vischer, l. c.; Gegner der Meinung, daß „Jahwe der Gott Kains" ist, z.B.Kittel, Vie alttestamentliche Wissenschaft, 1921,4.Äufl., p.182. a) Vie biblische Tradition (vgl. Cx. 19, 8; 24, 3) hat, wenn sie auch wesentlich später als das Sinai-Ereignis ist, sachlich sicher das Richtige getroffen. G. Hölscher, Geschichte der israelitischen und jüdischen Religion, 1922, § 27 nennt den Satz „Jahwe der Gott Israels, und Israel, das Volk Iahwe's", einen „selbstverständlichen, also inhaltslosen Satz". Dazu bemerkt Vischer (gegen Hölscher) richtig (l. c. p. 26): „So ist die Zugehörigkeit Israels zu Jahwe nach alttestamentlicher Änschauung nicht selbstverständlich ober natürlich, sondern geschichtlich geworden, durch Jahwes Tun geschaffen", vgl. auch richtig 51aerk, Vas assyr. Weltreich, p. 19f. 8) „Und in der Tat: das für Israel besondersartige Verhältnis: der Bundesschluß nicht nur unter der Garantie des Gottes, sondern mit dem Gott selbst als Gegenpartei war ganz offenbar wirklich das Produkt jenes konkreten Geschehnisses, auf welches einmütig die gesamte israelitische Tra dition diesen Vorgang zurückführt." M. w e b e r, l. c. p. 126 f. PedersenHempel (RGG * I 1360 f.) definieren Bund als „das gegenseitige Ver hältnis der Zusammengehörigkeit mit allen Rechten und Pflichten, welche dies Verhältnis mit sich bringt." *) Reminiszenzen daran, daß dieser Gott im „Süden" wohnt, im Mosesegen, vt. 33: „Jahwe kam vom Sinai," veboralied,Ri. 5: „Jahwe,da du von Seir auszogst usw." habakuk c. 3: „Gott kam von Teman ..." usw. Cx. 33 berichtet die Weigerung des Gottes: „Ich will nicht mit dir hinaufziehen".
pilgert zu dem Horeb, um Jahwe dort aufzusuchen (1. Kön. 19). was dieser Gott bietet, sind handgreifliche diesseitige Güter: Errettung aus Unechtschaft, Eroberung von Kanaan1). Der am „Gottesberge" recipierte Gott ist noch nicht die prophetische ethische Potenz. Lr ist ober auch nicht Stammes-Gott, auch nicht Welt-Gott, sondern eben Gott durch verith (und das ist prophetisch das wichtigste). „Vie Bundesvorstellung wird die spezifische Dynamik der ethischen Kon zeptionen der Prophetie"2). Der Prophet kann sich mit Recht auf diese Berith beziehen, aber in prophetischem Sinne wird diese Berith doch anders verstanden, als dieselbe sich ursprünglich geschichtlich dargestellt3). Prophetisch ist die verith ein „foedus gratuitum", das nicht notwendig fortzubestehen braucht (vgl. Am. 3,9 ff.; auch den Gedanken des „Ehebruchs" bei Hosea). Die Berith erfährt bei den Propheten ihre Gestaltung ins Ethische. Die Berith wird lediglich an die Erfüllung sittlicher Bedingungen ge knüpft. Vie verith ist vom Volke durch diese und jene „sittlichen" Verfehlungen gebrochen, darum bestraft Jahwe des Volkes Schuld, sagt Hosea. Jahwe fragt den Jeremia, welches „Unrecht" denn die Väter an ihm gefunden halten. Der Berith-Gedanke erfährt in der Hoch-Prophetie die Gestaltung ins Ethisch-Sittliche *). So wird auch die Vorzeit bei den Propheten in ethisch-sittlichem Sinne verklärt: Es war die Zeit, wo Israel allein auf seinen Gott vertraute, wo
x) „Das ist der Satz: Palästina ist bas Land Jahwe's, wie Israel sein Volk ist. Darum ereignet sich die Erwählung Israels zum Volke Jahwes ebenso sehr dadurch, daß die Israeliten von Palästina Besitz ergreifen dürfen, wie dadurch, daß sie aus dem Diensthause geführt werden. Ebenso entscheidende Heils-Tatsache wie der Untergang der Ägypter im Schilfmeer ist die Aus treibung der Kanaaniter vor den Kindern Israel aus Palästina." W. Vischer, l. c. p. 22. 2) Kl. Weber, l. c.p. 129, vgl. w. w. Graf vaudissin, Kyrios als Gottesnameim Iudentume,hsg.v. G. Cißfeldt lll, 1927/8 p. 200: „(Jahwe) war für (die Propheten) der Gott Israels auf Grund geschichtlicher Er lebnisse seit den Zeiten des Wüstenaufenthaltes. Sie sahen in dem Bande, das dadurch zwischen Gott und Volk geknüpft wurde, freie Wahl von der einen und spontane Anerkennung von der anderen Seite, also in seiner Grundlage eben ein anderes Verhältnis als das von Herr und Knecht. Dieses erschien ihnen nur etwa als ein Resultat aus der nach Jahwes willen eingegangenen Verbindung." 8) Das ist gewiß eine gewagte Behauptung; denn von den tatsäch lichen Vorgängen am Sinai wissen wir doch recht wenig. Daß der Bund, der die israelitische „Eidgenossenschaft" „konstituiert", als kultischer Bund anzusehen ist, dazu vgl. vischer, l. c. p. 7ff. „Kultgemeinde und Thorapraxis des midianitischen Priesters". *) 3ur Idee des Bundes vgl. auch Greßmann, Messias p. 161, ferner Weber, l. c. p. 257, 280.
14 Jahwe den Mannen in die Schlacht voranzog **). Jahwe's Ruach ist in vorprophetischer Seit eine übermenschliche dämonische Kraft, die charismatischen Kriegshelden wissen sich von dieser gepackt. Durch die Propheten wird Jahwe aus einer magisch-dämonischen zu einer religiös sittlichen „Kraft" gemacht. Wenn Jahwe aber zu einer solchen Kraft wird, so kann er auch nicht mehr ein Gott neben vielen sein, sondern muß der eine Gott werden, in dessen besonderer Betreuung zwar die Israeliten stehen, der aber die Geschicke seines Volkes ebenso wie die Geschicke der Welt lenkt. Wenn er vorprophetisch dem Apollo von Velos des jonischen Bundes vergleichbar ist, mit dessen Verehrung die anderer Götter nicht ausgeschlossen ist, so werden in prophetischer Anschauung die anderen Götter vor Jahwe zu „Nichtsen" (s. Jer.2,11; vgl. Jes. 2, 18; 4» 96, 5).
2. wir können in der Prophetie unterscheiden zwischen „moto rischer" und „apathischer" Ekstase, zwischen „Prophetentum" (Nabi) und „Sehertum" (Roeh). 3n der Seit der Hochprophetie sind „Seher" und „Prophet" nicht mehr so wie in vorprophetischer Seit unter schiedene Größen?). Die Unterscheidung zwischen Nabi und Roeh schwindet bei den großen Propheten, von der „motorischen" Ekstase, der Ekstase im eigentlichen Sinne, in der Hochprophetie, die Erbgut aus vorprophetischer Seit ist, soll hier die Rede sein, von Hosea, Jesaja, Jeremia, hesekiel wissen wir, von den übrigen Propheten dürfen wir annehmen, daß sie Vertreter der „motorischen" Ekstase gewesen sinds). Die Formen der Ekstase sind, wie wir den prophetischen Eigen berichten entnehmen, verschieden.
') Jahwe als Kriegsgott Ri. 5, 1 ff.; 1. Sam. 4, 7 (1. Sam. 18,17; 25, 28 ; 30, 26: „Israels Kriege sind Jahwes Kriege"; „nönbon mm1?" 1. Sam. 17, 47; die Führer des Heeres sind vorn Geiste Jahwes erfüllt Ri. 3, 10; 11, 29; 1. Sam. 11, 6), vgl. $. Schwally, Der heilige Krieg im alten Israel, 1901. ’) Belege für die Unterscheidung in vorprophetischer Seit bei Hölscher, l. c. p. 125 f., siehe dort auch die Bemerkungen unter „Illusion", „Halluzination", „ekstatische Vision", vgl. auch B. Duhm, Die Gottgeweihten, 1905, p. 11,28; ferner R. Stnenb, Alttestamentliche Religionsgeschichte, 1899, p. 81: „Wenn die Seher aber O'X'5) heißen, so bedeutet das, daß sie den Rebiim einiger maßen gleichartig geworden waren, d. h. die Sehergabe war immer mehr ;n den Dienst der nationalen Sache getreten." *) Die motorische Ekstase ist kanaanäisches (Erbgut in der Prophetie; das hat zuerst Kuenen erkannt. Weitere Bemerkungen bei Hölscher, l. c. „Das ekstatische Prophetentum", p. 129 ff. „Die kanaanäische Herkunft des israelitischen Lkstatikertums", p. 140ff., weiter in Greßmann, Altorienta lische Texte und Bilder, die Erwähnung eines Ekstatikers in Kanaan in dem Reiseberichte des wen-Amon (11. Jahrhundert), vgl. fl. (Erman, Die Literatur der Ägypter 1925, p. 225 ff.
„Zerbrochen*) ist mein herz in meinem Innern, es schlottern all' meine Gebeine, ich bin geworden wie ein trunkener Mensch und wie ein Mann, den der wein besiegt, wegen Jahwe und seiner heiligen Worte" (3er. 23, 9).
„verstört bin ich vom hören, bestürzt vom Sehen, es schwindelt mein herz, Entsetzen betäubt mich" (Jes. 21, 3 c. 4 a), „Und ich ging heftig erregt in der Glut meines Geistes." (Lz. 3,14)l2).
Diese drei Beispiele mögen das Gesagte veranschaulichen. Der „Zustand", in dem sich der Prophet befindet, ist fast kataleptisch: die „Kraft Jahwe's" hat ihn gefaßt, und der Prophet ist von ihr gebannt wie der der Macht der Suggestion in der Hypnose Unterworfene3). Ein glänzendes Beispiel für diese religiöse Hypnose bildet Jesaja: „So sprach Jahwe zu mir, als mich die Hand gepackt hielt und er mich zurechtwies" (8, ll)4). Der Prophet spricht nicht von der Ekstase als solcher, sondern von der in der Ekstase gemachten Erfahrung: „Jahwe hat zu mir gesagt". Vie Ekstase als solche ist aber für das prophetische Bewußtsein nicht das Entscheidende, die Ekstase als solche verbürgt nicht die Echt heit des Propheten und seines Wortes, worauf sich der Prophet immer beruft, ist dies: „Ich habe leibhaftig die Stimme meines Gottes gehört"5).б Diese Ekstase kommt ungerufen, sie ist nicht das Produkt l) D'tolb zu streichen (als später hinzugesügte Überschrift). а) Das prophetische Gebaren wird als „verrückt" bezeichnet 2. Kön. 9,11; hos. 9,7; Jer. 29, 26. *) vgl. 1. Sam. 19,18 ff. („Cr zog seine Kleiber aus und gebärdete fich vor Samuel als Nabi und lag nackt da die ganze Nacht und den ganzen Tag"). 4) „Der typische Prophet befindet sich anscheinend in einem steten Zustande der Spannung und des dumpfen Brütens, in welchem ihm selbst die unscheinbarsten Dinge des Alltags zu beängstigenden Rätseln zu werden drohen." M. Weber, l. c. p 205f. „(Es handelt sich immer um ein starkes, unterbewußtes Erlebnis ekstatischer Art, bei dem eine übermenschliche Macht den Berufenen faßt und ihn mit ober ohne willen in ihren Dienst zwingt." I. w. Hauer, Die Religionen (I), 1923. I. Hempel, I. c. p. 76 bemerkt: „Ich halte es für geboten, den Aussagen der älteren Propheten über das, was sie sehen, Horen, fühlen, ihre ekstatische Wirklichkeit zu lassen, statt sie zu Sormeln herabzudrücken, denen eine psychische Wirklichkeit nicht mehr entsprochen hätte." б) „Die Leibhaftigkeit der Stimme Jahwes bei den Propheten ist der Ausdruck davon, daß einerseits der Prophet sich unbedingt des Gottes fühlte, andererseits die Art der traditionellen Majestät Jahwe's ein wirkliches Ein gehen des Gottes in die Kreatur ausschloß, und daß daher der damit nächst verwandte Ausdruck gewählt wurde." (M. Weber, I. c. p. 304).
16 Kontemplativer Übung oder Askese oder sittlicher Leistung *). hesekiel berichtet: „während ich in meinem Hause saß, und die Ältesten Judas vor mir saßen, da fiel dort auf mich die Hand des Herrn Jahwe" (8, 1)8). Ferner, in der Ekstase wird der Prophet nicht zu Gott entrückt, er geht nicht in ihm auf, Jahwe bleibt stets der „ganz Andere". Der Prophet bleibt auf dem harten Boden der irdischen Realität in dem Gotterlebnis. Für den Propheten ist der Verkehr mit der Gottheit nirgendwo etwas Beseligendes, immer steht dahinter härte und Strenge (was sich bei einem Jeremia bis zum Nichttragen wollen des göttlichen Berufes steigert). „Der reine Monotheismus kennt keine Vereinigung mit Gott.... Auf der Korrelation zwischen Mensch und Gott beruht die Unsterblichkeitslehre des israelitischen Monotheismus. Aber die Korrelation wehrt die Vereinigung ab"8). 8 2. 1. Amos hat das „Ich bin weder Prophet noch Prophetenzunftgenosse"4*)* * gesprochen und betont damit, daß seine Prophetie frei, das heißt nicht „zunftgemäß" gebunden ist. Er lehnt somit die Zugehörigkeit zu den rasenden Genossenschaften8), die weissagend mit orgiastischen Manieren durch das Land ziehen8), ab. Er ist auch nicht Hof-Prophet in dem Sinne, daß er seinem königlichen Gebieter Heils-Kunde bietend zur Seite steht, er ist schlechtweg ein freier Mann, der nur eine Bindung *) „Dos prophetische Wort eines Amos und Jesaja kämpfte gegen alle ekstatischen Mittel, durch religiöse Technik, durch Rauscherregung oder Magie zu Gott zu gelangen." (fl.KSberle, Rechtfertigung und Heiligung, 1929, p. 69.) ') vgl. Jes 8, 11. •) h. Tohen, Der Begriff der Religion, 1915, p. 105. vgl. I. hänel, Dos Erkennen Gottes bei den Schriftpropheten, 1923, p. 178ff., 188f.: „wo ein Mensch der Gottheit gegenüber sich sofort darauf besinnen mutz, daß er ein Mann unreiner Lippen ist und unter einem Volke unreiner Lippen wohnt, da befindet man sich im diametralen Gegensatz zu jeder Ver gottungssehnsucht." h. Duhm, Der Verkehr Gottes mit den Menschen im R. T., p. 99: „(Die Propheten) stehen als reformatorische, zum handeln anregende Geister jener anempfindenden Gesiihlsseligkeit fern, die uns im Thristentume als mittelalterliche Mystik und protestantischer Pietismus, im Islam als Sufismus, in Indien als Bhaktifrömmigkeit begegnet. (Es mag fein, daß diese innerliche, persönlichere Religiosität mehr dem Wesen der indogermanischen Völker verwandt ist als dem der Semiten. Den Letzteren trennt immer von dem großen Gotte eine tiefe Kluft, die er trotz Glut und Leidenschaftlichkeit seines Empfindens nie vergißt." 4) Am.7,14. „Das prophetische Charisma ... ist freies göttliches Gnadengeschenk ohn« alle persönliche (Qualifikation". M. Weber, l. c. p. 309. ‘) 3u den D’X'Sin ’J3 siehe 1. Kön. 20,35; 2. KSn. 2,3; 4,1; 6,1; 9,1; auch Am. 7,14. •) Siehe 1. Sam. 10, 5; 19, 18ff. l.Kön. 22,10 ff. u. a.
Kennt, und das ist Gehorsam gegen Jahwe. Und darauf legt er den entscheidenden Wert seiner Prophetie: „Jahwe selber hat mich be rufen" (Hm. 7, 14; Jes. 6, 8f.; Jer. 1, 4ff.). (Er will sein und ist Jahwe-Prophet. „Sprecher", „Dolmetscher"4), „Unecht" Jahwe's (Hm. 3, 7; Jes. 20, 3; Jer. 7, 25; 25, 4), wie er sich nennt. Seine ständische Herkunft ist für seine Prophetie als solche nicht von irgend welchem Belange, wie auch immer seine ständische Herkunft sein mag, seine prophetische Geisteshaltung ist beispielsweise in der sozialpolitischen Stellungnahme dadurch nicht irgendwie bedingt. Gb wir daher den Weidehirten flmos, den vornehmem Hause entstammenden Jesaja, die Priestersöhne Jeremia und hesekiel nehmen, in dem was spezifisch prophetisch ist, sind sie alle eins, in der Stellung zu der Ethik, wie sie in Jahwe ihren Blickpunkt hat. Der Prophet ist mittler zwischen Gott und Mensch. (Er ist Sendbote, der inkarnierte Gottesbefehl. Es ist eine persönliche Wirkung, die aus den Propheten von dem „ganz Anderen" ausgeht: er postuliert nicht für ein Abstraktum, „das Rechte", „das wahre", das Recht ist ihm nicht ein ewiges Dau oder Dharma, sondern nur von Jahwe ausgehend möglich, das Recht ist JahweGewirktes. 2. Wie der Prophet in unmittelbarer Hbhängigkeit von Jahwe steht und unter seiner unmittelbaren Nähe seine Gesichte empfängt, fo will auch seine Wirkung eine unmittelbare sein. Des Propheten Organ, womit er seine unmittelbare Wirkung erzielt, ist das ge sprochene IDort2). Der Prophet redet ungebeten, ungerufen, immer aber nur dann, wenn Jahwe ihm die Rede eingibt2), er redet frei gegenüber König4) und Volk, er redet öffentlich, zur Öffentlichkeit schlechthin. Jahwe sagt zu Jeremia: „Geh auf die Gaffen von Jeru salem und rede öffentlich" (vgl. Jer. 11, 6; vgl. Hmos' Auftreten in Bethel Am. 7, 10ff. und das Auftreten des Jesaja in Jes. 7, 1 ff.; 8, 1 ff.; 28, 7ff.; 29, 1 ff., das des Jeremia in Jer. c. 26, aus der Biographie des Baruch). So ist der Prophet politisch gefährlich, innen« *) K'2) wird von manchen Forschern als „Redner", „Sprecher" erklärt (z. B. C. König, Der Gffenbarungsbegriff des A. T. (1882) I, 73 ff.), vgl. auch zur Benennung des Propheten Jer. 15,19. ’) „Vie Propheten sind Männer des Wortes. Vas ilt dar erste, was uns in die Augen fällt, und er ist die Hauptsache" (H. vuhm, Der Verkehr Gottes usw. l. c. p. 95). vgl. auch die Formel HiiT DU) zu Beginn oder Ab schluß der prophetischen Sprüche. „Das Wort Jahwe's ist das lebendige Wort in ihrem Munde, nichts ein für allemal Abgeschlossenes und Festgeletztes" (vgl. Jes. 28, 23 ff.) (JWellhausen). 3um „Wort Jahwe's" vgl. I. Szeruda, Das Wort Jahwes, Basel, Viss. theol., 1921. *) „Spricht Jahwe, wer wird nicht Prophet?" Ant. 3, 8.; vgl. Jer. 28,12. 4) vgl. Jes. 7, 2 ff. und: „Jeremia und Sedekia". wetnrtch, Der religiös-utoplsche Charakter. 2
18 politisch wie außenpolitisch1).* *Denn er redet weder der Noblesse noch der Plebs nach dem Nlunde, sondern immer so, wie es Jahwe ver langt. Der Prophet ist aber bei seiner Rede nicht Gelehrter in dem späteren Sinne, der gelehrt sein muß, um das Gesetz richtig zu exegisieren: „Der ungelehrte Mann kann sich nicht in acht nehmen vor der Sünde, und der Laie kann nicht wahrhaft fromm sein" *). Der Prophet ist religiös, nicht weil er gelehrt ist, sondern weil Jahwe in ihm und durch ihn die eine lebendig wirkende Kraft ist. Das sitt liche Gebot, das er postuliert, erhält Sinn und Bedeutung erst durch den Rückgriff auf die Gottheit: das ist der religiöse „Metaphysizismus" in der Prophetie8). Die prophetische Forderung ist erst dadurch sanktioniert, daß hinter ihr die Jahwe-Gottheit steht. So nur kann für den Propheten „Gesinnungs"-Moral einen Sinn haben, so nur der Radikalismus der sittlichen Forderung bis in die letzten Konsequenzen möglich sein, so nur kann von einem die Welt gestalten den willen die Rede sein. Jahwe wird in dem Propheten zum lebendig tätigen willen. Sinn und Zweck des Daseins geht dem Propheten so ganz in Jahwe auf, indem er sich in die Abhängigkeit der Jahwe herrschast begibt4).* 6Der * Wille Jahwe's ist ihm „kategorischer Impe rativ". Das ist die religiöse Gebundenheit des prophetischen Ich, die ihm seine Freiheit und seine Kraft gibt8). 3. Die prophetische Predigtweise steigert sich oft zu rasender Leidenschaft, zu wilden Zornesausbrüchen, zur Hellen Derzweiflung. Die Predigt enthält eine Rhythmik von ungeheurer Spannung, noch mehr als dies wirkt aber das in dem gesprochenen Worte gezeichnete Bild, das in Hellen und dunklen Farben immer die jeweilige Situation, von Jahwe aus gesehen, darstellt. Die prophetische predigt ist ebenso reich an titanisch heiligem Fluchen wie an trostspendenden Worten. „II menace, il detourne, il persuade et cependant cet orateur *) L. Sellin, Der alttestamentliche Prophetismus, 1912, p. 216: „Der Prophet drängt sich dem Volke auf, reißt es mit, wird aggressiv." ’) Zitiert bei I. Ivellhausen, I. c. p. 283. •) H. Lohenr Behauptung (I. c. p. 100) ist zu korrigieren: „Die Propheten haben noch garnicht eigentlich Religion geschaffen, sondern nur .Sittlichkeit-". ') Hm. 7, 1 ff.; Jes. 6, 8 ff.; 3er. 15, 16; 20, 7 ff. 6) Jer. empfindet es als unerträglicher Geschick .reden" zu müssen, Jer. 20, 8 f. Rnders z. B. Jesaja, der sich freudig seinem Gotte anbietet: „Sende mich!" (in der Berufungsvision 6, 8 ff.). Lin Beispiel, wo der Pro phet sich in Gegensatz zu seiner Rufgabe stellt: Jer. 15, 17: „Ich habe nicht mitgesessen im fröhlichen Kreise luftig zu sein, unter deinem Zwange saß ich einsam, denn mit zornigem Grimm erfüllst du mich." 20, 9c: „Ich Kanns nicht mehr halten, ich ertrage es nicht mehr."
^nergique, orateur presque dans le sens d’homme politique comme on l’etait a Athenes, de Pdricles ä Demosthene est encore ce que nous nommons un Prophfete, car il a toujours devant les yeux l’avenir tel que Dieu le realisera certainement ä son heure" 1). Der Gehalt der prophetischen Predigt ist rein religiös. Die Zeit umstände mögen den Antrieb zu fordernder oder trostspendender predigt gegeben haben, ihr Kern ist in jeder Beziehung religiös, fln die religiöse Erkenntnis schließen sich „soziologische" Erörterungen an: wie das Gesell schaftsleben, wie die Politik von der religiösen Grundidee aus gesehen zu gestalten sei. Der Prophet predigt nicht Erforschung des Sinns der Welt, sondern handeln nach Jahwe's Gebot in dieser Welt. Der Prophet ist kein besonnener, klarer Kühler Denker, nicht scharfsinnig und klug, aber er weiß um das „Geheimnis" Jahwe's, um seinen Plan und seine Forderung. Der Prophet verkündet das aktuelle Tun Gottes - „das was nahe bevorsteht", nicht eine dauernde Weisheit, sondern eine Weisheit, die für den Augenblick gilt2).* Worauf es allein ankommt, ist Ganzheit der Gesinnung. Nicht das formale Erfüllen dieser oder jener Gesetzesvorschrist, sondern das Wie des Erfüllens jedweder Handlung steht in Frage. Sofern von einem prophetischen „Programme" gesprochen werden darf, ist der Inhalt dieses allein dadurch gekenn zeichnet: Gesinnungsmäßiges handeln im vertrauen auf Jahwe. Glauben ist das Kernstück der prophetischen Forderung, nicht etwa „Liebe", wenn auch Nähe dazu bei Hosea. Glaube heißt prophetisch: Jahwe - als der „Herr" —2) vermag alles. Das aus dem Glauben emanierende Prinzip ist das der Unterwerfung (des Gehorsams) unter den Willen Jahwe's. § 3.
1. Das öffentliche Leben ist der Kampfplatz der Prophetie: in dem öffentlichen Leben hat sich die Jahwe-Herrschaft zu bewähren4). ') I. IN. Lagrange, Le Messianisme chez les Juifs, 1909, p. 39 sq. 2) Dos Wort des Propheten ist für die unmittelbare Gegenwart be stimmt: „Land! Land! Land! höre das Wort des Herrn!" Jer. 22, 29. vgl. h. Duhm, Der weg des modernen Menschen zu Gott, 1931, p. 104: „Die Vision der alten Propheten ist kurz, sie enthält nichts Theoretisches, nichts Theologisches, sie belehrt nicht: sie gibt kund, was Gott tun will." 8) Die Formel „Jahwe ist König" (so häufig in der Psalmendichtung 93,1; 96,10; 99,1 u. a. St.) kommt bei den Propheten sehr selten vor, z. B. einen Anklang an diese Formel Jes. 6, 5 (vgl. Jes 24, 23; Jer. 10, 7; 10,9). 3ur Bezeichnung Jahwe's als König vgl. v Gall, Herkunft der Bezeich nung Jahwes als König (Wellhausen-Festschrift 1914, B3HU) 27) und (D. Cißfeldt, Jahve als König (ZAW 46 (1928) S. 81 ff) 4) „Das Wirklichwerden der Jahveh-herrschaft ist ja das Innere der Bundes-Idee selbst." R. Otto, Christliche Welt, 1923, p. 446 in dem Auf satz „Prophetische Gotteserfahrung."
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Vas menschliche Dasein schlechthin, das heißt für den Propheten, das ganze Leben der „Nation" ist Gbjekt der Lebensgestaltung. Aber nicht in der Form eines „Programmes" werden künftige Gestaltungs pläne entworfen, nicht durch „Gesetz" soll das Leben in ordnungs mäßige Bahn gelenkt werden, vielmehr die Revolution der Gesinnung soll die Revolution der Tatsachen bewirken. Jahwe ist der Angelpunkt alles Weltgeschehens, und rechte Gesinnung kann nur im der-Gottheit-vienen wurzeln. So entsteht eine ungeheure Spannung zwischen der gesinnungs ethischen Forderung des Propheten und der Wirklichkeit. Die Erkraftung des ganzen Lebens kann nur von der Religion her erfolgen. Jahwe ist alles, uud Menschenwerk ist nichts, wenn es nicht in Jahwe feine Wurzel hat. Jahwe wirkt das Geschehen, und menschliche Kraft ist ein eitel Ving. 3n dem vertrauen auf Jahwe sind alle Dinge möglich, selbst die Erhaltung eines so kleinen Volkes wie Israel (bzw. Juda) im Ringen der Großmächte um die Vorherrschaft durch Bündnis mit Jahwes. Per spricht man von prophetischer „Ideologie". Es ist aber nicht „schöner Glaube", der den Prophetismus beseelt, sondern die in unmittelbarer Nähe gesehene neue Wirklichkeit, der der Pro phet Kraft Jahwe's das Wort redet. Der Weg, der in diese neue Wirklichkeit führt, heißt Buße und Glauben. Vie Katastrophe des volksganzen kann nur durch „Umkehr" abgewendet werden: denn Jahwe macht die Geschichte und fordert und straft. 2. So spielt sich das prophetische Ethos innerhalb von zwei Kreisen ab: der eine schließt sich um Gott, der andere um die Menschen (das Volk Jahwe's). Alle Aussagen der Propheten rekurrieren auf diese beiden Kreise: es steht das religiös-sittliche Verhältnis des Menschen zu Gott in Frage. Der Rückgriff aus die Gottheit geschieht, weil sie allein das formende Lebensprinzip ist, und weil von ihr her alles Leben in höherem wie niederem Sinne feine Existenz hat. Vas Sein der Existenz ist nicht ein schlechthin notwendiges Sein, Sein aus sich, sondern ist Sein aus Jahwe. Durch das Wort des Propheten spricht der Jahwegott zu dem Menschen das sittlich den Menschen bindende Wort. So ist die Prophetie auf Gott gerichtet, bzw. von Gott in die Richtung gewiesen, wenn sie fordert, und auf den Menschen ge richtet, weil sie von ihm fordert. Der religiös-sittliche Lebensbezug zwischen Gott und Mensch ist in der Geschichte der Religion hier zum ersten Male mit aller Schärfe herausgearbeitet (wenn auch das reli giös-sittliche Ideal hier noch nicht die Universalität wie im Ehristentum *) „Vie kfaupisache ist bei (den Propheten): die durch ein ungeheures Tun Jahwes selbst herbeigeführte baldige gewaltige Umwälzung .... Das menschliche Tun bei jener Umwälzung ist ihnen letzlich uninteressant......... Das absolute Wunder ist der Angelpunkt aller prophe tischen Erwartung." M. Weber, l. c. p. 347.
hat). Der Abfall von Jahwe ist zugleich Abfall von sittlichen Normen, die nur Kraft der Jahwegottheit von Dauer fein können. Jahwe bildet den „metaphysischen" Hintergrund des gesamten Lebens und Geschehens. 3. Die Prophetie befindet sich also, wenn sie gestaltend in das Leben eingreifen will, in einer bestimmten „religiösen Lage", hat bestimmte religiöse Anschauungskategorien, sie hat einen a priori festliegenden Aspekt vom Leben. Und ihre Kampfstellung im Leben erklärt sich daraus, datz sie mit Menschen zusammentrifft, die einen anderen Aspekt vom Leben, so wie er uns in den Gegnern der Pro phetie entgegentritt, haben. Diesen Aspekt möchte ich den „pragmatistischen" nennen. „pragmatistisch" wird ja auch das Walten Jahwe's in vorprophetischer Zeit gedacht. Der Kriegsgott verleiht den Sieg über die Feinde, gewährt eine glückhafte Eroberung Kanaans; selbst zu Michas Zeit sagt man noch auf der prophetenfeindlichen Seite: Ist nicht Jahwe in unserer Mitte, es kann kein Unheil über uns kommen! „pragmatistisch" ist nach prophetischer Meinung die Haltung derer, die mit fremden Mitteln den „Kultus" aufputzen. (Es ist die Haltung der Noblesse, die mit aufgeschlossenem Sinne für die Sprache der Zeit das Wort redet, die nur die harte Realität des Lebens kennt und auf ihre Macht und auf ihren verstand pocht ')• Diese Noblesse lebt nicht dem Worte Jahwes, da sie mit demselben nichts in der Welt anfangen kann. Sie kennt nur „Nutzen" und „Vorteil", „Schaden" und „Nachteil" als die das Leben beherrschenden Prin zipien, nicht aber ein „geistiges", „religiös-sittliches" Etwas als das nach prophetischer Anschauung eine „wahre" Prinzip2). So läßt sich der Kampf der Prophetie auch als ein Kampf des religiös-sittlichen Prinzips gegen das eudämonistifch-pragmatistische Prinzip auffaffen. 4. Was ist in prophetischem Sinne religiös-sittliches Leben? Es ist vor allen anderen Leistungen, vor der Erfüllung dieser oder jener Pflicht Gehorsam, restloses vertrauen auf den Jahwe, wenn er wartet, oder noch allgemeiner gesagt: Innehaltung der Berith mit Jahwe. Die Frage des Menschen dem Jahwe gegenüber, die einzige die er stellen darf, lautet: wie kann ich Jahwe gegenüber erfüllen? nicht aber die Frage: kann ich bestehen, wenn ich erfülle? Das ist der ungeheure Glaube des Propheten: „Du kannst erfüllen, weil Jahwe befiehlt". 3n diesem Glauben des Propheten liegt verankert, was wir in wissenschaftlicher Sprache mit dem Terminus „utopisch" ansprechen, es ist der Glaube, datz vor Jahwe ein Kulturstrom und eine Weltpolitik großer Eroberer stillstehen, wenn das Volk, das
*) Siehe z. B. 3«. 5, 4 f.; 5,12 f.; 18,11 f. ’) Wie stellt sich einem Jesaja diese gebildete „Noblesse" bat? vgl. Stellen wie Jes. 3,12; 29,14
22 sich ihm verpflichtet hat, in seinen wegen wandelt, es ist der Glaube, daß religiös-soziales Leben *) eine Katastrophe abwenden kann, es ist der Glaube, daß Gott in einem großen Wunder (etwa in der Messiasgeftalt)*2) die Geschicke dieser Welt wenden kann. Das Leben hier ist also für den Propheten, wenn er politisch oder sozial interessiert ist, nicht der Platz der Glücksbereitung für den einzelnen Menschen, das Leben ist als ein religiös-sittliches nicht der Grt, wo die Regu lierung und Ausgleichung der individuellen Interesse erfolgen. (Es gibt aber auch in der Prophetie nicht so etwas wie ein „Prinzip der sittlichen Autonomie" (die „Aureole des ethischen Völker morgens" nach E. v. Hartmann). 3n der prophetischen Sittlichkeit bestimmt sich der Mensch nicht aus sich selber heraus, erkennt etwa seine Autonomie in der freien Übereinstimmung mit dem Sittenge setze (wie bei Kant)3),4 in der prophetischen Religion bleibt der Mensch dem Jahwe gegenüber doch immer ein Nichts. Die Sittlichkeit als solche spielt in der Prophetie keineswegs die Rolle, die man ihr gewöhnlich zuschreibt, der Prophet ist ja nicht Verkünder einer Moral, sondern Sprecher Gottes, Künder des göttlichen willens^). Dazu kommt noch, daß das, was wir als „sittliche Forderung" in der Prophetie bezeichnen, immer gesehen ist im Hinblick auf eine kommende große Krisis. Die „sittliche Forderung" ist also nicht ledig*) Zur sozialen Frage vgl. die vorzügliche kleine Schrift von I. Herr mann, Die soziale predigt der Propheten, 1911. Die soziale predigt der Propheten ist ebenso wie die politische predigt gleichzeitig Unheils- und heisspredigt, Unheilspredigt, insofern sie falsche Vorstellungen von dem Tage Jahwes zerstört, und Heilspredigt, insofern sie den durch Jahwe kommenden neuen Aon des sozialen Friedens kommen sieht. Was für die soziale und politische Frage gilt, ist dies: Cs gibt sie gar nicht als soziale oder politische, sondern lediglich als religiöse Frage, konkret gesprochen: das religiöse Clend ist Wurzel des sozialen (bzw. politischen) Elends. Daher ist auch der versuch, die prophetische Be wegung unter dem Gesichtswinkel marxistisch-materialistischer Weltanschau ung als Produkt einer sozialen Bewegung anzusehen und sie die Konzen tration der gewaltigen Leiden und Kämpfe des israelitischen Proletariats zu nennen (siehe G. Beer, Beitrag zur Geschichte des Klassenkampfes im hebräischen Altertum, Neue Zeit XI, 1, 1893), als mißglückt zu bezeichnen. Das soziale Problem wurzelt bei dem Propheten in der Religion, vgl. Stellen wie Jer. 4, 14; 18, 9; siehe auch K. Cramer, Amos I. c. p. 127. 2) vgl. Jes 7.9.11. 3u der Messiasidee siehe Greßmann, Messias l. c. •) Deshalb ist die Verwunderung C. Muglers, Gottesdienst und Menjchenadel 1,1927, p. 4, über die Unkenntnis Kants in propheticis unangebracht. 4) „Die Sittlichkeit, die die Propheten im Auge haben, ist nicht die inner liche, allgemein menschliche, die Sittlichkeit der Seele, sondern die bürgerlich rechtliche, soziale, und auch das Subjekt der Religion ist nicht das zeitlos Innere im Menschen, sondern das geschichtliche Volk mit seinen staatlichen und gesellschaftlichen Einrichtungen," B. Duhm, Das kommende Reich Gottes, 1910, p. 25.
sich Forderung an und für sich, sondern immer Forderung im Hin blick auf das „Gericht". Sieht man so, so liegt in der Prophetie das Sittliche in dem Religiösen verwurzelt; für eine autonome Sitt lichkeit ist ja ein (Ereignis wie der „jom jahwe" bedeutungslos. Für Israel ist immer das Besondere die Berith, diese muh gehalten werden, aber auch für die anderen Völker gibt es so etwas wie Frevel und Schuld, so schon in der Prophetie des flnios, der fremde Völker wegen ihrer Frevel mit Unheilsorakeln überhäuft. 5. „Vie alte israelitische Religion war, wie jede andere Volks religion, vorwiegend Kultus, erst die Propheten haben begonnen, sie zu etwas anderem zu machen" **). wir finden bei stmos, Hosea, Jesaja, Jeremia eine radikale Absage an den Kultus: völlige Verwerfung des (Opfers?). Gin Gottesspruch bei Amos lautet: „Sucht mich und lebt! Doch sucht nicht Bethel! 3um Gilgal kommt nicht, nach Beerseba wallt nicht!" (Hm. 5, 4b; 5a, b)s).
Ein Hosea fordert anstatt (Opfer „Liebe und Gotteserkenntnis". Jesaja will von der Gpser-Thora der Priester, der „eingelernten IRenschensatzung"4), nichts wissen. (Opfer und Fasten sind ihm Greuel, wenn die Hände des Volkes voll Blut find (vgl. Jes. 1, 11 f.). Jeremia ruft in Jahwe's Namen: „Wozu für mich der Weihrauch, das Würzrohr6) aus fernem Lande! Eure vrandopfer sind nicht genehm, eure Schlachtopfer gefallen mir nicht!" (6, 20).
Jeremia fordert „Beschneidung der Vorhaut des Herzens" (9, 24 f.), alles (Opferwesen ist ihm Hindernis der Sittlichkeit (7, 21 ff.; *) I. Wellhausen, Vie israelitisch-jüdische Religion in dem Sammel werk „Kultur der Gegenwart I, 4, 1: Geschichte der christlichen Religion, 1922, 2. Rufi., p. 11. *) Anders urteilt z. B. K. Cramer, stmos, Abschnitt: Gottesdienst und Sittlichkeit, p. 109ff., besonders p. 113. In wellhausenschem Sinne wieder h. Dutjm, ver Verkehr Gottes usw., l. c. p. 116. Vie Leninsche Meinung, daß die Jahwe-Religion des Mose schon „kultlos" gewesen sei, kann ich nicht anerkennen (vgl. C. Sellin, Mose, 1922, p. 31 ff ) ’) „Amos, der das (Opfer in Bethel und Gilgal geradezu ein „Freveln" nennt (Hm. 4, 4), meint damit vermutlich zunächst nur die bei allen Ver tretern der Hirtenfrömmigkeit tief verhaßten Kultformen des Ackerbauer", M. Weber, I. c. p. 297. *) Im Kampfe gegen den seelenlosen Gottesdienst C5öd pm redet Jesaja (29, 13) von dem „erlernten Menschengebot" (m070 FilTO) f) N12D X2e>a nach p.volz, Jeremiakommentarz.St., „gelehrte Randnote." ‘) 2'"Tt zu streichen (mit LXX).
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11, 15 ff.; 14, 11 ff.). Ls ist ein Gedanke, der durch alle prophe tischen Forderungen geht: nicht „Kultus", sondern „Sitte". „Der Kultus blieb auch bis auf das babylonische Exil allezeit die Pforte, wodurch das Heidentum in Israel eindrang; man machte neue Moden mit, die man auswärts kennen lernte, nicht um Jahwe zu ärgern, sondern um seinen Dienst auf zeitgemäße hohe zu heben" (Well hausen)^. 5lhas z. B. führte kultische Formen nach affyrischem Vorbildes ein. Vas ist auch ein Hauptgrund für den „3orn" der alten Propheten: das sich-Linmischen der israelitischen Könige in die weltpolitischen Händel; denn das Bündnis mit einem fremden Volke brachte auch die Einführung von dessen Gottern mit sich, ctm schwersten war der Kampf der Prophetie gegen die ba aNm, besonders deshalb schwer, weil die funktionell-universelle Gestalt des Baal (G. v. R ad)s) dem natürlichen Menschen eher einleuchtet, als der eine Gott Jahwe, der deus invisibilis und „Gott durch Berith" ^). Über das ist eben ein Kennzeichen der Prophetie, daß sie naturgläubige Religiosität ausschließt, und daß dadurch ein herabziehen Jahwe's in die Kreatürlichkeit verhindert wird.
§ 4. 1. In der israelitisch-jüdischen Religionsgeschichte werden zwei Gruppen von Propheten unterschieden: „Unheils"-Propheten und „Heils"-Propheten. Propheten wie Micha (2, 11) und Jeremia (6,11) behaupten, der wahre Prophet fei „Unheils"-Prophet^). von Jeremia besonders wissen wir, wie hart er als Unheils-Prophet mit den *) Über das Verhältnis zwischen Politik und Kultus handelt w. Staerk, Religion und Politik im alten Israel, 1905, über die Stellung des Pro pheten zur Rusländerei vgl. R. Verth ölet» Vie Stellung der Israeliten und der Juden zu den Fremden, 1896, p. 82 ff. ') 2. Kon. 16,10-18 vgl. F.Küchler.vie Stellung des Propheten Jelaja zur Politik seiner Seit, p. 21 f. •) Vas Gottesvolk im Deuteronomium, 1929, vgl. h. Schmidt, Vie Bedeutung des R. T. usw. I. c. p. 636. *) Troeltsch (I. c.) behauptet: „Ihre (der Propheten) sittliche Idee steckt wesentlich in dem Kampf gegen die vaale Kanaans und gegen die Götter der Fremdmächte." 6) 3um „theologischen" Problem „Unheilr"-Prophet contra „heils"Prophet vgl I. Hempel, „vom irrenden Glauben" in Eilschrift für system. Theologie 1930 (Stange-Festschrift), vgl. Rischylos, Rgamemmnon: „Rur Schlimmes kündet uns die Kunst des Sehers, der an Sprüchen reich uns macht das herz erbeben." siehe Reschyli Tragoediae, ed. 5l. Kirchhoff, 1880, Vers 1087ff. und RGG? IV, 1531. Rhab nennt den Elias (1. Kön. 18, 17) den „Verderber Israels": H7 rmxrr: zur Wirkung düsterer Prophetenworte vgl. Jer. 28, 8s. 38, 4 ff.
Heils-Propheten zu Kämpfen hatte (3er. 14,13ff.; 23, 9ff.; 27,1 ff.), h. Greßmann erklärt, die „Heils"-Propheten urteilen nach patrio tischen Grundsätzen, die Schriftpropheten nach „ethischen", und weiter: „Die Heils-Propheten kann man direkt als Hofpropheten bezeichnen"'). Mit dieser Charakteristik des Heilprophetentypus ist im wesentlichen das Richtige getroffen. Kennt die Heils-Prophetie ausschließlich HeilsGedanken und Sprüche und die Unheils-Prophetie lediglich Unheils orakel? Man wird nicht behaupten dürfen, daß in der UnheilsProphetie keine Heilsweissagungen einen Platz haben. Und auch der Heils-Prophetie ist ein drohendes Unheil bekannt **). Rus der Be= rufungsvifion des Jeremia (1, 10), der sich als „Unheils"-Propheten weiß, wissen wir, daß er gesandt ist, nicht nur „um auszurotten und zu zerstören, zu verderben und niederzureißen", sondern auch: „um zu bauen und zu pflanzen". Man wird mit Greßmann sagen dürfen, daß in der Weissagung der Prophetie Unheils- und Heils verkündigung zusammengehören, und daß für die Unheilspropheten die Drohungen, für die Heils-Propheten die Verheißungen charakte ristisch finö3).
2. Das Unheil wie das heil, das der Prophet verkündet, ist aktuell, nicht in ferner Zukunft liegend, sondern unmittelbar bevorstehend: das Unheil wie das heil steht vor der Tür und kann jeden Rugenblick hereinbrechen, praktisch-ethisch ist die unmittelbare Nähe des „kommenden (Ereignisses* das absolut Entscheidende. Der Spruch des Propheten greift hier an die Existenz des Einzelnen wie des Volkes: das Leben als solches steht in Frage, von der Haltung des Einzelnen hängt die kommende Zeit ab. Rmos brachte nach seinem Selbstzeugnis als Erster die Botschaft: Der Gerichtstag Jahwes für sein Volk Israel sei nahe herbeigekommen. Jahwe kommt *) Messias, p. 79 f. Zu den sittlichen vorwürfen der Unheilspropheten gegen die Heilspropheten, vgl. Stellen wie Jes. 28, 7 ff. Mi. 3,11. Jer. 23, 11. 14 f. Gz. 22, 28. Zu dem Begriff der „Hofpropheten" vgl. Z. Wilke, Vie politische Wirksamkeit usw. 1. c. p. 16: „Do den Herrschern ferner namentlich vor und in kriegerischen Unternehmungen an einem erfolgverheißenden Prophetenwort sehr viel gelegen sein mußte, so begreift es sich, daß die prophetischen Drakel an den Königshöfen in Israel und Juda kaum eine geringere Rolle gespielt haben werden als in Assyrien und Ägypten und daß die Propheten daher auch in der Folgezeit vielfach in hohem Knsehen am Hofe standen." ’) vgl. Km. 9,10; zur volkstümlichen Unheilserwartung Greßmann, Messias, p. 76 f. •) Messias p. 81. 3d) kann der neusten Propheten-Rritik aber nicht ganz folgen, z. B. L. Sellin (12 Prophetenbuch, 2/3.Kufl), der z. B. bei Micha all das an messianischen theils) Weissagungen, was die kritisch-historische Schule sür unecht erklärt hat, wiederum für echt hält, vgl. im 2 Abschnitt meine Bemerkung zu Micha, vgl. K. Marti, Vodekapropheton, 1904,p.280f.
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nicht in einer fernen Endzeit — sondern in allernächster Zeit. Solch eine Botschaft mutzte einen panischen Schrecken unter dem Gottesvolke Hervorrufenl). Lin jeder konnte und sollte ja diese Zeit noch erleben. Vie Wirkung der prophetischen Verkündigung ist nur ähnlich derjenigen der urchristlichen Verkündigung: „Jesus kommt wieder auf den Wolken des Himmels, um die Welt zu richten", eine Verkündigung, die die beiden ersten christlichen Jahrhunderte in Spannung gehalten hat. Das Geweissagte ist aktuell2). Jesaja sieht ja schon das schwangere Weib (Jes. 7, 14). Das eschatologische Ereignis, das vor der Tür steht, veranlatzt den Jeremia, noch vor dem kommenden Sturze Jerusalems «inen Acker zu kaufen (3er. 32, 6 ff.). Wie greift „jener Tag" dem Menschen an die Existenz?2)
„Siehe, ich lasse es krachen^) unter euch, wie der wagen, der voll der Garben, kracht" (Am. 2, 13). „Da mache ich dem Menschen bange, datz sie umhergehn wie Blinde"2) (Seph. 1, 17a). Ls ist die Zeit, „wo alles drunter und drüber geht, wo man aus dem Entsetzen nicht herauskommt"2). Die Aktualität des Geweissagten — sowohl in der Gerichtsbotschaft wie in der Heilsverkündigung — ist in der prophetischen predigt «in matzgebendes, wenn nicht sogar das matzgebende Moment. *) vgl. Jes. 29, 5f.: „Und geschehen wirds plötzlich, urplötzlich, von Jahwe der Heer« wirst du heimgesucht, mit Donner und Dröhnen und großem Schall, mit Windsbraut und Wetter und der Loh« fressenden Feuers." *) 3st bei den Propheten vielleicht doch zu scheiden zwischen einer „absoluten" Eschatologie, für die das Ende der Welt in mythologischer Ferne liegt,und einer „relativen," für die er unmittelbar bevorsteht?" (Gretzmann). Nur im letzten Sinne kann von einer prophetischen Eschatologie die Red« sein. Alle Weissagungen beziehen sich auf die „Gegenwart" oder die „un mittelbare Zukunft," deshalb sind sie „aktuell" (Gretzmann). •) Über die verschiedenen Vorstellungen vom Tage Jahwe's (Tag des Erdbebens, Sturmes, Schwefels, Waldbrandes, Gewitters usw.) und deren Alter vgl.h.Greßmann, Der Ursprung der israelitisch-jüdischen Eschatologie 1905. „Mit der Unheils-(heils-) Prophetie verhält es sich . . . wie mit einer Grgel: Ulaviatur und Register sind gegeben, es kommt nur darauf an, wer spielt und rote er spielt. Der Ulaviatur entspricht die Eschatologie, den Registern die verschiedene Form in der die Weltkatastrophe gedacht ist . . . Nicht einmal eine neue Technik haben diepropheten gebracht, aber die Melodie ist ihr persönliches Eigentum" (p. 152). *) 3ur Bedeutung von plp siehe Marti, Kommentar z. St. ’) Mvn nirr5 ist zu streichen (Glosse!) •) P Volz, Jüdische Eschatologie, 1903, p. 181.
Zweiter Abschnitt. Der erste Abschnitt suchte die „religiöse Lage" des Propheten zu begreifen, der zweite Abschnitt versucht die religiöse Stellung nahme des Propheten zum öffentlichen Leben im konkreten Einzelfalle, in konkreter geschichtlicher Situation, darzustellen und zu erfaffen. Der Prophet und das „öffentliche Leben"! Der Kampfplatz der Prophetie ist dar öffentliche Leben, vom öffentlichen Leben her emp fängt der Prophet auch die stärksten Impulse zum handeln, aber nicht weil das öffentliche Leben als solches für den Propheten be deutsam ist, sondern weil er glaubt, eine göttliche Botschaft an die Öffentlichkeit zu haben, die wegweisend für das öffentliche Leben ist. Was hat der Prophet in der Politik zu schaffen, kann die Religion einen Maßstab innerhalb realpolitischer Interessen bilden, hat die prophetische Forderung einen Sinn innerhalb der damaligen politi schen Fragenkomplexe? so fragen wir, und so hat, wie wir wissen, die politische Noblesse in Israel und Juda auch gefragt. (Es ist zwar richtig, daß der eigentliche Bereich der prophetischen Wirksamkeit die Politik gewesen ist sh. Gunkel) *), aber doch nur in dem Sinne, daß Politik eine Sache der Religion sei. Der Prophet ist von Hause aus nicht „Politiker", und die Rede von „prophetischer Politik" birgt ge wöhnlich ein Mißverständnis in sich. Der Prophet ist, obwohl in das öffentliche Leben eingreifend, nie in beruflichem oder parteipolitischen Sinne ein Politiker, er nimmt zwar den Angelegenheiten der Politik gegenüber eine aktiv-fordernde Stellung ein, — insofern ist er also „Politiker" -, aber er ist Politiker aus einem anderen Geiste heraus als dem der Politik, „Politiker mit jahwistischer Perspektive" ist er. Denn in der prophetischen Politik ist zum ersten Male - und das unterscheidet den Propheten vom Politiker schlechthin - ein verzicht auf Macht ausgesprochen. Die einzige Macht, die der Prophet als Macht anerkennt, ist Jahwe. Denn das jeweilige politische Elend ist nicht durch Mangel an Macht, schlechte Politik oder durch versäumen der jeweils günstigen Ehancen, nicht durch den mangelnden politischen Instinkt der jeweils führenden Schicht bedingt als vielmehr durch das sittliche Verhalten des Volkes und feiner Führer, sittliches Verhalten will hier besagen: „Sünde", d. h. Abfall von Jahwe. i) Die Propheten, p. 31 (1917).
28 Wenn man von Richtlinien prophetischer Politik sprechen darf, so ist die Behauptung Eberharters ‘), die et zu diesen Richtlinien stellt, erheblich zu korrigieren: „Der Wille zur Volkswohlfahrt war der Leitgedanke ihres Wirkens." „Volkswohlfahrt" liegt in ganz sekundärem prophetischen Interesse; denn nicht dann ist des Volkes Wohlfahrt da nach prophetischer Anschauung, wenn es ihm gut geht (zur Zeit des Jerobeam II. stand Israel ja auf dem Höhepunkt seiner Macht, und doch war es nach Amos innerlich faul), sondern es geht ihm dann erst in vollendetem Sinne gut, wenn Jahwes Willen Ge horsam geleistet ist. Der Prophet verlangt nicht Volkswohlfahrt, sondern religiöse Reinheit. Reine Erfüllung des jahwistischen Gebotes, wie es durch den Propheten an das Volk ergeht. Da muß uns einem Jesaja gegenüber, der im Augenblicke des Zugreifens zum Ausharren mahnt, das realpolitische Denken als Torheit erscheinen, und umge kehrt muß den realpolitischen Denkern diese Politik des Jesaja als Narrheit erscheinen. Wenn also die Propheten „politisch interessiert" gewesen sind, so sind sie es nur deshalb gewesen, weil die jahwistische Religion als eine das ganze Leben umfassen wollende Größe sie in diese Bahn gedrängt hat, es wird daher in der Prophetie nie von politischer Klugheit als vielmehr von „religiöser Politik" die Rede sein können. Der Prophet ist weder Realpolitiker noch Parteimann in dem bekannten Sinne. Prophetisch ist der politische Faktor gerade der unmaßgeblichste, primär hat die Prophetie mit der Politik über haupt nichts zu tun. Aber da der Prophet die Religion in den Mittel punkt des Lebens stellt, wird sie und ist sie für ihn der nach allen Richtungen des Lebens seine Strahlen sendende Kern. Nur so gerät er in Verbindung mit einer der „realsten" Mächte des Daseins, der Politik, und den Männern der Realpolitik, aber nicht selbst als ein Realpolitiker, sondern als eine an dem Religiös-Sittlichen orientierte lebensgestaltende Persönlichkeit. (Es verrät nur ein Minimum von Verständnis für das religiöse (Eigenleben der Prophetie, wenn die Propheten als „blindfanatische Demagogen" oder als „politische Agi tatoren" oder aber auch als hervorragende Politiker hingestellt werden. (Es ist doch so: Die Propheten verlangen absolute Geltung ihres Pro gramms, das den dem Jahwe-Willen sich unterwerfenden Gehorsam enthält, für die gesamte Wirklichkeit, einerlei, ob ihre Forderung innerweltlich „brauchbar" ist oder nichts. Daß Israel und Juda ') st. Eberharter, Die soziale und politische Wirksamkeit des alt« testamentlichen Prophetentums, 1924, p. 145. 8) Richtige Urteile über die prophetische Politik bei P. Volz, Mose, 1907, p. 57: „Nicht die politische Erhaltung des Volkes, sondern die Be wahrung des Jahwe-Glaubens war den Propheten die Hauptsache"; E. Sellin, Der atl. Prophetismus, 1912, p. 12: „Die Politik war ihr Wirkungsfeld, solange dieselbe Wege ging, welche mit den sittlichen For-
schicksalsmäßig in den Gang der Politik ihrer Zeit verwickelt wurden, ist vielleicht gerade eins der Momente, das die Prophetie besonders groß, nämlich in der Religion gemacht hat. Die Expansionspolitik der Großmächte im Osten und der Großmacht im Südwesten hielten das öffentliche Leben in Spannung, besonders die Art und Weise der Kriegsführung, wie sie bislang noch nicht erlebt worden war'). § 5.
Die geographische Lage stellt Palästina zwischen zwei Welt teile, mitten hinein in den politischen Interessenkampf zweier Groß mächte : der Großmacht am Nil und der Großmacht am Euphrat und Tigris. Das Schicksal, das politische Sein oder Nichtsein dieses Randund Pufferstaates Palästina hing also von den jeweiligen Machtverhältniffen der Staaten im Nordosten oder Südwesten ab. Das war eben das Schicksal von Israel und Juda, daß sie — politisch gesehen —, ob sie wollten oder nicht, in den Strudel der weltpolitischen Interessen der Großmächte hineingezogen wurden. „Neutralität" war für diese, geopolitisch gesehen, etwas Unmögliches. Der Prophet ist in diesen Kampf zweier Erdteile, zweier Großmächte, zweier Kulturzentren hin eingestellt, nur nicht in dem Sinne, daß er etwa als Agent einer der Großmächte fungiert und so das Geschick seines Landes zu bestimmen sucht"), AIs Politiker bleibt der Prophet immer Privatmann"), er greift nie als offizieller staatlicher Beamter in die politischen Vor gänge ein. was ihn zur Politik treibt, ist der Spruch Iahwe's, oder von der anderen Seite gesehen, die Sünde des Volkes. So ist es schon bei Amos. Antos’ Politik besagt: die politische Existenz des Volkes hängt ab von seinem inneren sittlichen Gehalt, d. h. seiner Stellung zu Jahwe, und seinem dieser Stellung ent sprechenden sittlichen Verhalten im Lebens. Das „Gericht", das Israel droht, ist ein politisches Gericht. betungen nicht zu vereinbaren waren": H. Gunkel l. c. p. 32: „Vie Poli tik bet Propheten war in erster Linie ibealistisch-religiäser Natur", vgl. auch kj. Gunkel in R®®*1 2II 1115: „(Vie Propheten) haben die erhabene Iber gefunden, bas; Israels Geschichte nichts anberes ist als bas Heil unb Unheil, bas Gott nach bem Gesetz seines waltens über bas Volk sendet", t). Greßmann, Messias p. 14*: „Vie Aufgabe bet Propheten war, bie politischen Ereignisse ihrer Zeit religiös zu beurteilen". 1) 3ur Kriegführung ber Assyrer vgl. I. Hunger, Heerwesen unb Kriegführung ber Assyrer, 1911, p. 35 ff. 2) Eine Vorstellung, bie z. B. bei Jeremias Verhalten sehr nahe liegt, vgl. $. Wilke, Vie politische Wirksamkeit ber Propheten Israels p. 49ff., 64. ’) „Der Prophet war formell reiner Privatmann" M. Weber I. c.p.285. ‘) „Dos; Amos bet Masse bes Volkes gegenüber treten kann, hat seinen Grunb einzig barin, baß er (Blieb bieses Volkes als eines Bunbes» unb Erwählungsvolkes ist". K. Cramer, Amos p. 49.
30 „Zerstört werden sollen die höhen Isaaks, und die Heiligtümer Israels zu Trümmern werden, und ich erhebe mich wider Jerobeams Haus mit dem Schwerte" (7,9). „Ich will euch verbannen weit über Damaskus hinaus!" (5, 27a) „Geplündert werden deine Paläste." (3,11b) „Durchs Schwert sollen alle Sünder meines Volkes fallen" (9,10a).
Vas politische verderben des Volkes ist Amos etwas Aktuelles, was unmittelbar bevorsteht. Amos ist dabei in seiner politischen Drohung nicht ein schlauer politischer Rechner *), denn der äußere Schein der politischen Zustände sagt gerade alles andere als Unter gang, das Unheilsorakel wird gesprochen in einer Zeit der Macht fülle des Nordreiches, wie kommt das? (Es ist verkehrt m. (E., bei Amos (und auch den anderen Propheten) von einem klaren „po litischen" Urteil über die Zeitlage zu reden2). Vie Stimme, die Amos wie Löwengebrüll entgegengeschallt ist, weckt ihn zu einem politischen Redner, der im Grunde genommen von Politik gar keine Ahnung hat. Und doch will er einer von denen sein, die den Sinn ihrer Zeit am tiefsten erfaßt haben. „Zürwahr, der Allherr Jahwe tut nichts, er habe denn zuvor [offenbart, seinen Unechten, (den Propheten) seinen Rat" (3, 7).
Das Volk, welches das Gericht herbeiführt, mag dieses oder jenes sein, immer kommt es darauf an: es ist das „göttliche Schwert", das die politische Vernichtung herbeiführt. Als der Assyrer begann, Damaskus in Schach zu halten, mutzte der Aramäer auf seine Eroberungspolitik, die sich gegen Israel richtetea), verzichten. Joas von Israel errang mehrere Siege über die Aramäer4), und Jerobeam II. hatte durch seine Eroberungen die Grenzen des *) vgl. h. Win «stier, (beschichte Israels I, 1895, p. 91: „Amos tat dasselbe für Inda und Ahas, was einst Liisa für Jehu getan hat, er suchte das Land für die Politik, die unter der Flagge des Jahwismus segelte, zu gewinnen". Winckler sucht also Amos als Stimmungsmacher für die Politik des Ahas zu verstehen. s) Staerk z B. I. c. p. 6: „Die allgemeine politische Lage muß also derart gewesen sein, daß der Prophet das göttliche (bericht über den Aramäerstaat und im Zusammenhang damit über das ganze südliche Syrien in nahe Aussicht stellen konnte." Die prophetischen Unheilsorakel des Amos besagen nun, daß auch gewisse andere Staaten nicht von dieser oder jener Großmacht vernichtet werden, sondern die Vernichtung ist ihnen gewiß, weil sie gefrevelt haben (vgl. 1, 3 ff., 13 ff.; 2,1 ff). Die politische Konstellation war zum mindesten nicht gefährlich für Israel, da es zu Amos’ Zeit auf der Höhe seiner Macht stand (vgl. R. Kittel, Geschichte des Volkes Israel 3. Ausl. II, p. 422). ’) 1. Kön. 19, 15ff.; 2. Kön. 10, 32f. 4) 2. Kön. 13, 14ff.
Nordreiches wiederhergestellt *). Israel stand mächtig da2*).1 * Das stolze Gefühl des Sieges erfüllte die Israeliten. Brnos berichtet davon:
„Sie freuen sich über Lodebar, aber sie härmen sich nicht um Josephs Untergang8); sie sagen: haben wir mit unserer Kraft nicht Karnaim für uns erobert?" (6, 13) Sie behaupten: Jahwe ist mit uns (vgl. 5, 14) und wünschen sehnlichst den Tag Jahwes herbei (vgl. 5, 18)4). Da verkündet Brnos die politische Katastrophe. Der Heilstag, den das Volk herbeisehnt, ist „Tag des Gerichts". Das Volk wähnt sich in einer falschen Sicher heit (6, 1; 6, 3) und zeigt Übermut: „Das Unglück wird uns schon nicht treffen" (vgl. 9, 10), das Volk merkt garnicht, daß die natür liche Ordnung von Recht und Sitte aufgelöst ist — sollte da heil erwartet werden können? Die Parole des Brnos lautet: Das Unheil bricht herein, es steht unmittelbar vor der Tür. Das Unheil kommt aber nicht von ungefähr: „Ertönt ein Horn in der Stadt, und die Leute zittern nicht, geschieht ein Unglück in der Stadt, und Jahwe hat es nicht getan? (3, 6)5).* * Propheten und Nasiräer waren da. Bber: „Ihr ließet die Nasiräer Wein (und Meth) trinken8), und den Propheten befahlt ihr also: ihr sollt nicht predigen" (2, 12).
Bll die Plagen (Hungersnot, Pest usw. 4, 6 ff.) waren schon Drohung und Strafe, und das Volk hat nicht aufgemerkt („und doch kehrtet ihr nicht um zu mir" 4, 6 und öfter), und nun kommt die große Endkatastrophe. ') 2. Kön. 14, 25 ff. 1) vgl. die Note 2 der vorigen Seife. •) Dieser Vers 6, 6b ist evtl, hier hinter 13a einzufetzen (mit Marti, Nowack). ‘) „Mit vielen Landsleuten hätte er sich begegnet, wenn er den Schluß gezogen hätte: wir befinden uns in ungehemmtem nationalen Aufschwung: Jahwe ist Israels bedingungsloser Parteimann." 10. Caspari, Vie israe litischen Propheten, p. 51. 4) In 12 a fehlt ein §uß, ergänze: "IT" *) M. Weber, l. c. p. 315 bemerkt z St: „Jene für die volkstüm liche Ansicht furchtbare Behauptung des Amos 3, 6 (war) aus -en besonderen geschichtlichen Grundlagen des Jahwismus erwachsen. Das Entscheidende dabei war: Jahwe war von jeher, woran Amos (4, 6ff.) sehr ausführlich erinnert, vor allem ein Gott der Katastrophen, welcher Pest und furchtbares Unheil aller Art über die, welchen er zürnte, senden konnte und oft gesendet hatte."
32 (Die politische Katastrophe ist e in Moment in dem kommenden großen Gericht. Die politische Katastrophe hat (auch bei den späteren Propheten) dieselbe Bedeutung wie z. B. die Naturkatastrophen (Erd beben 2, 13ff., Sonnenfinsternis 5, 20; 8, 9, Pest 5, lös.). Ferner steht die Katastrophe Israels inmitten der Katastrophen über andere Völker (Damaskus usw.), und auch bei den fremden Völkern beruht bie politische Vernichtung (das Gericht über sie) auf einer moralischen Notwendigkeit. Besonders schwer muß natürlich an jenem Gerichts tage Jahwes das Gericht J's das Bundesvolk, die Israeliten, treffen, vgl. c. 9, 7 und 3, 2). „Darum so will ich dir tun, Israel" (4, 12a). Die Nleßschnur ist angelegt, „... ich will ihm (dem Volke) nicht noch einmal vergeben" (7,86). „So ließ der Herr Jahwe mich sehen: siehe, da war ein Korb mit geerntetem Gbst. Und er sprach: was siehst du, flmos? Und ich sprach: einen Korb mit geerntetem Gbst. Da sprach Jahwe zu mir: Die Ernte ist für mein Volk Israel gekommen, ich will ihm nicht noch einmal vergeben" (8, 1 f.). Und nun schildert flmos in packenden Bildern den Untergang: „Die Stadt, die zu tausend ausrückt, wird hundert übrig haben, und die zu hundert (vom Hause Israel) ausrückt'), wird zehn übrig haben" (5, 3). Die Dynastie wird gestürzt (7, 9), Burgen und Paläste sinken (8, 3f.), das Land wird von Fremden eingenommen, „Dein (des flmasja) Land wird mit der Nleßschnur verteilt werden" (7, 17 b), das Volk wird fortgeführt, „und wenn sie vor ihren Feinden her in Gefangenschaft gehen, so befehl ich (dort) dem Schwerte sie zu würgen". (9, 4a) „Ich treffe2) sie alle auf den Kopf, und bis auf den letzten will ich sie mit dem Schwerte würgen, nicht einer wird von ihnen fliehen, nicht einer von ihnen entkommen" (9, lb).
Die politische Katastrophe ist derart, daß so gut wie nichts übrig bleibt: ’) Statt nssrm in 3 b nstti'ri vym zu lesen, vielleicht gehören die Worte **witP' Ji'ib hinter dar mrr '“X " '2 der Verseinleitung (vgl. ItoroaA, Kommentar z. St.) *) Lies yl»DS‘ anstelle cyx:
„So spricht Jahwe: Wie der Hirt aus dem Rachen des Löwen rettet zwei Beinchen oder ein Ohrläppchen, so werden die Rinder Israel gerettet" (3,12 a, b).
Der Prophet stimmt schon die Totenklage an, gleich als ob der Feind schon dagewesen wäre, gleich als ob das Unglück schon geschehen wäre:
„Gefallen ist, steht nicht mehr auf die Jungfrau Israel, liegt hingestreckt auf ihrer eignen Flur, keiner richtet sie auf" (5, 2). Soll das politische Urteil abgewendet werden, so kann es nur durch Jahwe geschehen, und deshalb mahnt der Prophet immer wieder:
„Sucht das Gute und nicht das Böse, damit ihr lebt, und dann Jahwes mit euch sei, wie ihr behauptet" (5, 14). „haßt das Böse und liebt das Gute, und richtet im Gericht das Recht auf, vielleicht ist dann Jahwes dem Reste Josephs gnädig." (5, 15). (Es Kommt also letztlich auf Jahwes Gnade an, wenn über haupt etwas übrig bleiben soll2). Vie Existenz des Volkes ist dem Propheten nur gesichert allein durch Jahwe. Wenn er das politische Unheil drohen sieht, macht er nicht „politische" Vorschläge, wie dem abzuhelfen sei. Seine politische Maxime lautet: Sucht Jahwe, und ihr werdet leben! (Eine für den Realpolitiker recht zweifelhafte Maxime! Vie religiöse Richtung, die der prophetischen Politik mit Rmos gegeben ist, zieht sich nun durch die ganze Geschichte der prophetischen Politik. Der Prophet fordert im Namen Jahwes „politisch", ganz unbekümmert darum, ob er damit seiner Zeit dient oder nicht, ob seine Forderung brauchbar ist oder nicht. Rmos ist ganz und gar beseelt von dem Gedanken der fordernden und strafenden Gerechtig keit Jahwes, und dieser Gerechtigkeit unterstellt er die politische Existenz des Volkes. 3n der politischen Ratastrophe kann er daher nur den Sieg des „richtenden" Gottes sehen.
§ 6. Zu Hoseas Wirkenszeit gestaltet sich das politische Leben im Nordreiche sehr lebhaft, innenpolitisch: eine Militärrevolte löst die
’) Streiche hinter Jahwe di« Worte ms**3X 'rr5x aus metrischen Gründen (die Formel rnxzx mm läßt sich in echten Rmosstücken nicht Nachweisen). *) 3u dem „vielleicht" des Rmos vgl. Greßmann, Messias, p. 88ff. IDeinrid), Der religiös-utopische Charakter. 3
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andere ab, außenpolitisch: im Dsten erhebt sich die assyrische Groß macht unter Tiglatpilesar III. Hosea ist eine ganz andere Natur als Amos. Hosea ist nicht so eisenhart wie Amos, sondern weich, sentimental. Lr ist aber ebenso wie Amos von Unglücksahnungen erfüllt, und ebenso wie bei Amos sind diese Unglücksahnungen nicht Ergebnis kluger politischer Erwä gungen und Uombinationen. Hosea faßt das Verhältnis Jahwe's zu Israel als ein Eheverhältnis auf, und jedwede Verwirrung und Ver irrung und jedwede Bestrafung Israels ist zurückzuführen auf den Bruch dieses Verhältnisses. Durch eine Blutschuld war die Herrschaft des Hauses Jehu be gründet, sollte dies Haus Bestand haben? Jetzt ist die Stunde des Gerichts für dies Haus da. Bei der Geburt des ersten Sohnes spricht Jahwe zu Hosea: „Nenne seinen Namen Jesreel, denn über ein kleines suche ich heim die Blutschuld von Jesreel an dem Hause des Jehu und mache dem Königtume *) des Hauses Israel ein Ende" (1, 4). „Wohlverwahrt ist Ephraims Schuld, gut aufbewahrt seine Sünde" (13, 12),
das ist der Grund, weshalb der Prophet redet. Jahwe hat Israel lieb gehabt. „Ich habe Ephraim gegängelt" (11, 3a). Aber Ephraim hat Jahwe nicht erkannt. Ephraim hat sich auf sich selbst verlassen und eigner Kroft getraut. Nun muß es im Innern drunter und drüber gehen, nun muß der Feind kommen und Israel vertilgen. 3m Innern herrscht die Politik der Nlachthaber, eine Politik der Usurpatoren. Vie politische Anarchie droht. Könige herrschen, die Meineide schworen, Bündnisse schließen und das Recht in Gift ver wandeln, Könige herrschen, die nicht von Jahwe eingesetzt sind und die nichts von Jahwe wissen wollen. „3n ihrer Bosheit salben sie2) Könige und ihrem Truge All ihre Könige sind gefallen, (Fürsten . . . es ist keiner unter ihnen, der zu mir ruft (7, 3. 7 b). Sie setzen Könige ein, aber ohne mich, sie machen Fürsten, doch ohne daß ich darum wüßte (8, 4a). All ihre Führer sind Aufrührer" (in 9,15).
Darüber entbrennt Jahwe's 3orn, und da man ihn nicht nach dem Könige fragt, sagt Jahwe:
*) Lies: riy^yy (mit Wellhausen). 2) Lies (mit Wellhausen) mtre*
„Ich gebe dir Könige in meinem Zorn und nehme sie in meinem Grimm" (13,11).
Ja, „sie werden bald aufhören *), zu salben') Könige und Fürsten" (8,10 b).
Die Stunde des Gerichts bricht für diesen Frevel Ephraims an. Die Thronwirren sind lediglich Folge des Abfalls von Jahwe. 3n den Thronwirren spiegeln sich die Interessen der Partei gänger Krams und Kssurs, nach dem Fall Krams die Interessen der Parteigänger Ägyptens und Kssurs8). Die Politik war jeweils doppel seitig gerichtet8). Hosea wendet sich gegen diese Bündnispolitik wie über haupt gegen jede Bündnispolitik. Das was die Politiker an irdischen Bündnissen ausklügeln, ist für ihn im religiösen Lichte „Ehebruch". Jahwe sagt: „Ich habe ihren Krm stark gemacht^), und wider mich sinnen sie Böfes" (7,15). „Und Ephraim wurde wie eine Taube, eine einfältige, unverständige, Ägypten riefen sie, nach Kssur zogen sie" (7, 11).
Mag auch die Notlage zum Anschluß an Kssur drängen, Kssur kann nicht helfen, „Der (Großkänig) kann ihm") nicht helfen und seine Beule6) nicht heilen’) (in 5,13). Das Volk zerstört sich selbst, wenn es sich von Jahwe abwendet und sich anderen Volkern zuwendet.
„Fremde haben seine Kraft verzehrt, und es weiß es nicht, Greisenhaar findet sich zerstreut6) an ihm, und es weiß es nicht" (7, 9). „Ephraim liebt Wind und jagt dem Sturmwind nach" (12, 2 a)9). *) Lies mit LXX zai xoxioo’jacv gcxpov to’3 /pisiv jäaatXsa xat äpxovta;] NVYY oyp siehe Nowack, Kommentar 3. St. s) Siehe Guthe, Gesch. d. Volker Israel, 2. flufl., p. 203ff. ’) vgl. Hosea 12, 2. 4) 3u streichen t*d? (mit LXX). 5) Lies ‘5 anstatt bb5. ‘) Lies ‘ipD anstatt bbb’) Lies nnr “) Lies anftattn'" 6) „mi und B‘-p bezeichnen das nichtige gehaltlose Treiben Ephraims, das einen reellen Erfolg nie haben wird." (Nowack, Kommentar 3. St.)
B**;te*i
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Zudem ist die Lündnispolitik ein unsauberes Geschäft:
„tliit flfiur schließen sie einen Lund, und Gl bringen sie1) nach Ägypten" (12,2 b). Das ist eben Hosea's Überzeugung, daß nicht menschliches Zutun den Bestand Israels gewährleistet, weder Heeresmacht noch Anschluß an fremde Völker, sondern lediglich der Bund mit Jahwe als dem legitimen Heer könig Israels. Mit aller Schärfe wird von Hosea hierdurch betont, daß die nach menschlichem Ermessen wirksamen politischen und materiellen Mittel für Israel nicht der Weg zum Entrinnen aus politischer Not sind.
Was steht auf „Ehebruch", jahwefeindlichem handeln? Wegen ihrer bösen Taten will ich sie aus meinem Hause vertreiben, ich rotll2) sie ferner nicht lieben" (in 9,15). flfiur und Ägypten sollen für sie Stätten des Unheils werden.
„Ephraim muß wieder nach Ägypten zurück, und in flfiur werden sie Unreines essen (in 9, 3). Siehe nach flfiur müssen sie gehen"), Ägypten wird sie einheimsen. Ihre silbernen Kostbarkeiten - 4) Die Distel wird sie beerben, Dornen sind in ihren Zelten (9, 6 a, b). Gekommen sind die Tage der Heimsuchung, gekommen die Tage der Vergeltung" (9, 7a). Vas Land und sein König gehen zu Grunde.
„Samarien wird verwüstet8), durchs Schwert werden sie fallen, ihre Kinder zerschmettert, und ihre Schwangeren aufgeschlitzt"'1) (14, 1). „vernichtet ist der König von Samarien'), gleicht dem Holzspahn auf der Wasserflut, und zerstört werden die höhen Israels8), Dornen und Disteln wuchern auf ihren Altären"), ’) Lier: ‘ta’ entsprechend dem plur. in 2) Lier: ffpix anstelle e^pin •) Lier mit Wellhausen: "itps •;!r, dar Folgende D*:pn «3 ist zu streichen, so Sellin. 4) Lier: dppp Marti will lesen: dit~php und cpm5 streichen. •) Lier (mit LXX): zvr. dar Folgende ü-n5»c nniä '2 streichen. ') Lier: ') Lier: so IT o ro a dt ’) Streiche: nxprt px (mit wellhausen). ’) zu streichen, aur metrischen Gründen.
und man spricht zu den Bergen: Bedeckt uns, und zu den Hügeln: Fallt über uns!" (10, 7 k ).
So scheint die Katastrophe sicher. Vas Unheil, das über König und Volk hereinbricht, weift auf das Lude: (Und doch scheint das Ende, das hereinbricht, ebenso wie bei flmos nicht absolut zu sein. Hosea fordert (wenn 10,12 echt ist, was nicht sichersteht): „Säet euch gemäß der Gerechtigkeit, so werdet ihr ernten der Liebe entsprechend, brecht euch einen Neubruch der Erkenntnis'), indem ihr Jahwe sucht, auf daß er komme und euch regnen lasse heil" (10,12).
In diesen Sätzen liegt die Möglichkeit eines Fortbestandes an gedeutet. Jahwe, der liebevolle Gatte, kennt nicht nur Ernst und Strenge, sondern auch Liebe, wenn sich das Volk zu ihm bekehrt. Jahwe ist so als der „liebevolle Gatte" zugleich der „Erzieher" seines Volkes, in profaner Sprechweise konnte man den Spruch 10,12 eine „pädagogische Norm" nennen. Und wenn wir 14,2 - 9 für echt halten, können wir noch mehr sagen: Kehrt das Volk um und bittet um Vergebung der Schuld, dann spricht Jahwe: „Ich will ihren Abfall heilen, sie willig lieben" (in 14, 5), und mit einer Schilderung der neuen Seit schließt der Iahwespruch. Diese Hoffnung entstammt nicht dem Patriotismus des Hosea, es steht für ihn unverrückbar der Untergang, aber ebenso unverrückbar die Wiederherstellung (Smend).
„Und ich säe mir sie ein im Lande und erbarme mich der „Erbarmungslos" und sage zu „Nicht-mein-volk": mein Volk bist du, und er wird sagen: mein Gott!" (2, 25).
Gott ist eine sittliche Macht, die das Böse nicht vernichtet, die wenn auch stark verletzte Liebe Jahwes siegt schließlich doch über Israels Untreue]2). wie mußte ein solcher „Politiker" wirken, der sich nicht im geringsten dafür interessierte, was „praktisch-politisch" wirksam war, im Gegenteil dies sogar bekämpfte, der die Religion zu einer politischen Waffe machte! *) Lies (mit LXX): ngj *) Ich setze dieses Stück in Klammern, da Zweifel an der Echtheit der darin ausgewerteten Textstellen bestehen, vgl.ID. Baumgartner, Kennen flmos und Hosea eine Heilseschatologie? 1913, weiter ") dir an Zahl überlegenes (Kriegs-) Volk siehst, so fürchte dich nicht vor ihnen, denn Jahwe dein Gott ist mit dir, der dich aus Ägypten geführt hat."
(vgl. Jeremias Epigramm 22,10) *). Megiddo verdarb den Charakter des Volkes vollends (vgl. 7, 28; 9, 1 ff.), die politische Katastrophe hatte eine unerhörte sittliche Entartung im Gefolge: die einen wandten sich vom nationalen und religiösen Glauben überhaupt ab, die andern sahen das Unglück als nur etwas vorübergehendes an. In diesem Zeitpunkt geschieht etwas Unerhörtes, Jeremia hält im Tempel eine Rede, Jojakim?), König von pharao's Gnaden, hat gerade sein Amt angetreten. Was Jeremia in der Tempelrede verkündete (siehe Jer. 26, 9; vgl. 7,12ff.), war, rein politisch und religiös gesehen, ein Sakrileg, es lag in seinen Worten etwas Unglaubliches, was den „Gläubigen" seiner Zeit garnicht eingehen konnte: Wie sollte der Tempel, der Mittelpunkt des religiösen Lebens Judas, untergehen können und mit ihm der Sammelpunkt des nationalen Lebens, Jerusalem? Jeremia kündet: „Wie Silo soll dies Haus werden, und verwüstet werde diese Stadt ohne Bewohner" (26, 9). Der Tempel war zum „Asyl des Glaubens" geworden. „In Jerusalem sind wir geborgen, wurde gerufen, da ist der Tempel Jahwe's^i" Der Tempel wurde zum Fetisch. Und nun wird von Jeremia verkündet: nicht der Tempel kann das Volk schützen und mit diesem sein Kultus als vielmehr: das Volk mutz den Tempel schützen, indem es sich zu Jahwe bekehrt; ändert sich der Tharakter des Volkes nicht, so wird es ein zweites Silo werden. Der Tempel als solcher vermag keinen Schutz zu ge währen. Vas Volk rief, wie es garnicht anders konnte, und mit ihm die Priester ihr „kreuziget ihn" (26, 8), und nur durch den Hinweis auf Micha von Moreschet, der in hiskia's Tagen Ähnliches über Jerusalem gesagt hatte (Mi. 3,12), entgeht er dem Tode (anders ergeht es dem „Unheils"-Propheten Uria: er wird hingerichtet, vgl. 26, 20ff.). Jeremia war seit diesem Ereignis in der Acht der „zünf tigen" Nabis und der „Priester", diese lauern ihm überall auf, und als er ein zweites Mal Jerusalems Zerstörung verkündigt, läßt ihn der aufsichtführende Priester geißeln, und der Klerus verbietet ihm dar Betreten des Tempelhofes (19, 14 ff. 20, 1 ff.). Der Konflikt mit Jojakim wird durch die Verlesung der jeremianischen Gerichtsreden durch Baruch heraufbeschworen 4). Die Quint essenz der Drohreden war: „Der Feind vom Norden (diesmal nicht *) vgl. vuhms Bemerkung (3|r. Proph., p. 261): „Josia war töricht genug, sich dem Necho entgegenzustellen, vielleicht vertraute er auf die Verheißung des DL: „Auf einem Wege werden die Feinde gegen dich ziehen, aber auf sieben vor dir fliehen." ’) „Jojakim war ein schlechter König, gefiel sich in dieser unglücklichen Zeit in Luxusbauten und schindet« das Volk." (Duhm), vgl. 3er. 22,13ff. ’) vgl. Jer. 7, 4. 4) vgl. die ausführliche Schilderung bei Hölscher, I. c. 282 f.
62 der „Skythe", sondern der „Babylonier"), kommt gewiß, das Volk wird vom Feinde zerstreut und das Land zur Wüstenei" (vgl. 13, 18. 19; 18, 15. 16. 17; 22, 6. 7;c. 15 u. 16)l).2 „heb auf8) deine Augen3), Jerusalem, und sieh4), wie sie kommen vom Norden! Wo ist, die vertraut dir, die Herde, deine prächtigen Schafe?" (13, 20)5).
„Wie Stoppeln will ich dich zerstreuen, die vor dem Wüstenwind verwehn. Das ist dein Los und3) Schicksalsteil, von mir bestimmt! Ist Iahwe's Spruch!" (13, 24. 25 a). Das waren gänzlich „un-nationale" politische Drohworte. Der Prophet verkündet den Sieg der chaldäischen Waffen im voraus, ohne im mindesten zu versuchen, durch eine reale Macht die Geschicke seines Volkes zu ändern, „reale Macht" ist in diesem Falle für ihn wiederum nur Jahwe. Jeremia meint: „vielleicht bekehren sie sich!" (vgl. 26,3). Das ist die Meinung des Jeremia, daß nicht durch politische Maß nahmen drohendes politisches Unheil abgewendet werden kann. Das Unheil Kommt nicht, wenn ihr euch bekehrt') (vgl. Jer. 18,1 -12: der Prophet beim Töpfer). Das ist echter prophetischer Utopimus: die Weltgeschichte kann in ihrer politischen Entwicklung durch einen „religiös-sittlichen" Aktus ausgehalten werden.
III. 597 erscheint Uebukadnezar vor Jerusalem. IojaKim hatte den Treueid3) gebrochen, die geistige Elite des Volkes wird deportiert ’) Der König Iojakim kümmert sich nicht weiter um die Drohreden Jeremia's („und sie erschraken nicht und zerrissen ihre Kleiber nicht, der König und seine Diener, die alle jene Worte härten" aus Baruchs Bericht), verbrennt sie im Feuer und setzt Jeremia und Baruch gefangen. Jeremia aber weissagt dem Jojakim Begräbnis wie ein Esel im fernen Lande, 22,18f. 2) Lies: 'Xlp ’) Lies: und ergänze c. LXX *) Lies: ‘.x* 6)* Lier 2. Sing. fern, mit Hölscher. •) Lies: n:Bl (LXX). ;) Aber ist in dieser Seit vielleicht gesprochen: „verwandelt der Mohr seine haut, der pardel seine Streifen? So wenig konnt ihr gut werden, gewohnt zum Böjen" (13, 23) (vgl. Jes. 1,18). haben die Judäer überhaupt noch Kraft und Freiheit zur Buße? Das ist die entscheidende Frage! ’) Siehe 2. Kön. 24, 1.
(unter den Deportierten befand sich Jojakim's Sohn Konjahu^ und seine Mutter Mechuschta und der Prophet Ezechiel. Jojakim selber erlebte die Katastrophe nicht mehr)2). Sedekia wurde König von Babels Gnaden. Vie Judäer fordert Jeremia auf, treu zu Babel zu halten, da dem König von Babel der Treueid geleistet ist. Ts ist die gleiche Forderung, die Ezechiel im Namen Jahwe's stellt: „Den Eid, den er bei mir geschworen und doch nicht gehalten hat, den werde ich ihm auf den Kopf geben" (vgl. Ez. 17, 19; 17, 13ff.). Der Eid ist etwas heiliges, der Vertrag ist „bei Jahwe geschlossen". Vie predigt des Propheten wendet sich ja, wie wir gesehen haben, gegen das Bündnis, ist aber das Bündnis einmal geschloffen, so ist es un auflösbar, das ist die Meinung des Jeremia. Auch hier ist in der Politik allein das religiöse Moment wieder ausschlaggebend, mag auch das halten des Bündniffes große „Nachteile" für das eigne Volk in sich bergen, und, wie es damals der Fall war, einer sich vorberei tenden Freiheitsbewegung direkt entgegen arbeiten. Der Prophet billigt auf Grund des Eides keine „nationalistische" Machenschaft wie die nationalistischen Propheten seiner Zeit, er hat zwar den Gedanken des nahenden Heils3), aber in einem ganz anderen Sinne war seine Heilsauffassung, die erfolgte nämlich nicht durch Menschen, sondern durch Jahwe's Hand selber. So ist es verständlich, daß Jeremia jeder Kufstandsbewegung sich entgegensetzte. Wie auch immer die Zeitumstände um 594 gewesen sein mögen, entscheidend ist hier, daß sich Jeremia dem nationalen Beginnen in den Weg gestellt hat; das wird später bei Jerusalems Belagerung noch deutlicher. (Es ist für ihn Jahwe's Wille: Beugung unter Babylon. „Tut euren hals in das Joch des Königs von Babel, *) Liehe die merkwürdig verschiedenen Sprüche des Jeremia vor und nach der Deportation des Konjahu, erst Drohung und Verwerfung (22,24 f.) und dann Mitleid und Erbarmen (22, 28): echt prophetisch! ") Zudem: Vas Exil ist für Jeremia etwas „Gottgewolltes". 3n einem Briefe an die Verbannten schreibt er: „So spricht Jahwe der Heere, der Gott Israels, zu allen Verbannten, die von Jerusalem nach Babel wegge führt sind (lies c. S. nr5:n): Baut Häuser und wohnt darin, pflanzt Gärten und eßt ihre Frucht! Nehmt Weiber und zeugt Söhne und Töchter und nehmet euren Söhnen Frauen und gebt euren Töchtern Männer, damit sie Söhne und Töchter erzeugen, vermehrt euch dort und vermindert euch nicht! Und sucht das Beste des Landes (c. LXX pixrr), wohin ich euch verbannt habe" (29, 4 ff.). Jeremia ist gegen die schwärmerisch-nationalen Stimmen, die baldige Rückkehr der Deportierten in Aussicht stellten (vgl. 29, 21 ff., wo das Auftreten „heils"-weissagender Propheten und deren Ende in Babylon geschildert wird, in Jerusalem tritt Lhananja aus 28,1 ff.). •) Ruch bei dem „Unheils"-Propheten Jeremia fehlt eine „heils"hoffnung nicht, dazu vgl. c. 24 (der ursprüngliche Sinn der jeremianischen Vision ist allerdings infolge der starken Überarbeitung schwer zu erkennen) siehe aber auch 32, 6 ff., ev. auch die heilsweirsagung an die Rekabiter c. 35.
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seid ihm und seinem Volke untertan, so werdet ihr leben!" (27, 12). Die Nabis sind (mit Recht in ihrem Sinne) auf diesen Verräter der nationalen Sache wütend ')• Bezeichnend ist auch in Kap. 27 die Tatsache, daß der Pro phet den Gesandten der fremden Mächte, die die Abfallsbewegung vorbereiten, keine politischen Klugheitsvorschläge mitgibt, sondern religiöse Weisung: den Willen Jahwes. Vas ist wiederum ein Höhe punkt der religiösen Utopie: Der Wille Jahwe's ist oberster Grund satz in der Politik, auch wenn er der nationalen Ehre des Volkes diametral entgegengesetzt ist, ja hier noch mehr: der Wille Jahwe's hat auch in der Politik der fremden Völker zu gelten. Alle Politik ist gelagert, wenn sie „rechte Politik" ist, nach Jeremia im Bereiche der Religion. Und in dieser konkreten Situation ist die Meinung -es Jeremia: Eisern ist Jahwe's Joch, und dies Joch wird nicht zerbrochen, beugt euch unter Nebukadnezar! IV. Vie Politik des Judäerkönigs Sedekia ging ihren eigenen weg2). Trotz der erneuten Versicherung des Treueides fällt Sedekia anno 588 ab. Nebukadnezar macht sich auf, Jeremia sieht Jerusalems Todesstunde kommen. Jeremia fordert im Namen Jahwe's die Übergabe von Jeru salem (21, 1 ff.; 34, 1—7). Das war für den nationalen Stolz etwas Unerhörtes, die Hauptstadt mit dem 3entralheiligtume bedingungslos in die Zeindeshand zu geben, „hätte Jeremia nur den äußeren Feind vor den Toren gesehen, so mühten wir ihn des Verrats an seiner Vaterstadt beschuldigen" (h. Schmidt), wenn man irgendwo von einer politischen Klugheit des Propheten sprechen will, so wäre hier der geeignete Grt. Politisch klug war es auf jeden Fall, durch Übergabe der Stadt diese vor dem Unter gang zu bewahren, da ja ein widerstand sowieso aussichtslos erschien. Aber gerade dieses Moment ist für den Propheten gar nicht maß gebend. Selbst auf die Fürbitte, die Jeremia im Namen des Sedekia bei Jahwe einlegt, erfährt Jeremia von Jahwe: „Ja, ich Kämpfe selbst gegen euch mit ausgereckter Hand" (22, 5)8). Und doch setzten die kommenden Ereignisse Jeremia ins Unrecht. Uebusaradan mußte die Belagerung aufgeben, ein ägyptisches Ersatz*) Der Unterschied zwischen nationalistischer und jahwistischer Prophetie wird deutlich in der Begegnung zwischen Lhananja und Jeremia. Dgl. dazu hempel, l. c. „Dom irrenden Glauben". ’) Sedekia war ein Schwächling auf dem Thron. Zwar suchte er Rat bei den Propheten (21, 1 ff.; 37, 3ff.; 38, 14ff.), aber nie wagte er danach zu handeln aus Furcht vor dem Widerspruch seiner Beamten (vgl. 38, 24 f.). ’) Die Auflehnung gegen Babel als ein vergebliches politisches Be ginnen auch bei Tz. 21, 23 ff.; 26, 7f.
Heer nahte *). Da erhält Jeremia aufs neue die Botschaft, der Feind
kommt zurück. Für Jeremia steht wieder das Lntweder-Gder da: Entweder Übergabe der Stadt oder Vernichtung und Exil. Jahwe selber kämpft auf der Gegenseite, es ist zwecklos sich zu sträuben, politisch Einsichtige konnten solche Anschauung nicht verstehen, Jeremia bietet alles auf, um Jerusalem zu übergeben, er kündet immer wieder Deportation und Untergang (37, 14 —21; 38 14-28, ja er fordert sogar zum Überlaufen auf (21, 8 — 10; 38, 2) er predigt im Namen Jahwe's „Landesverrat." AIs Landesverräter wurde er auch von der Robilität behandelt, die Offiziere warfen ihn in eine Schlammgrube. Eine letzte auch politisch bedeutsame Szene ist der Ackerkauf Jeremia's kurz vor dem Falle Jerusalems. Nach dem Fall steht oas „heil" bevor, das ist die Anschauung. (Es steht eine eiserne Gewiß
heit hinter 32, 15: „So spricht Jahwe: Wieder wird man Häuser und Äcker und Weinberge kaufen in diesem Lande."
Jerusalem und der Tempel wurden 586 zerstört, Gedalja wurde Statthalter, aber alsbald durch den in Ammons Solde stehenden Ismael und seine Leute hingemordet. Aus Furcht vor einer Bestrafung durch die Babylonier will der zurückgebliebene revolutionierende Rest nach Ägypten auswandern. Jeremia um Rat befragt, rät ab und wird gegen seinen Willen nach Ägypten geschleppt. Jeremia ist in Ägypten gestorben, nach der Legende soll er gesteinigt worden sein.
Auch in der Politik des Jeremia gilt der Jahwespruch: „Sollte mir ein Ving unmöglich sein?" Aber: in Jeremias Gottesanschauung haben Jerusalem, der Tempel, die Ration nicht einen selbständigen Platz. Vas Leben van Staat und Ration auf Jahwe stellen, das ist die utopische Forderung des Jeremia, für Jeremia ist sicher, daß Jahwe die politischen Zügel in den Händen hat, ebenso wie Jesaja (5, 21 f.; 22, 8) gesagt hatte, ohne Jahwe keine politische Größe. Vas
ist der religiös-politische Utopismus in der Verkündigung des Jeremia. *) (Ein Intermezzo: Angesichts der Chaldäergefahr hatten damals di« Jerusalemer die Freiheit der Sklaven (unter Lid) proklamiert: jetzt brechen sie den Lid. Jeremia verheißt für diesen Lidbruch den Untergang (durch „hunger", „Schwert" und „Pest") 34, 8ff.: „Ihr wurdet anderen Sinnes und entweihtet meinen Namen und hottet «in jeder seinen Sklaven und sein« Sklavin zurück, euch (wieder) Sklaven und Sklavinnen zu sein.... So kündige ich euch eine Preisgabe an, spricht Jahwe, an das Schwert, an di« Pest und den hunger und mache euch zum Schreckbilde für die Königreiche der Lrde".
weinrich, Der religiös-utopische Charakter.
5
Rückblick und Ausblick. Die vorhergehende Darstellung schließt ab mit der prophetischen Verkündigung des Jeremia, soweit sie die Politik seiner Zeit betrifft. Die Darstellung hat sich beschränkt auf die Gestalten der sogenannten (vorexilischen) „Hochprophetie" Israels, was sich aber für die pro phetischen Gestalten der vorexilischen Seit, sofern ihre „Politik" in Frage steht, zeigen läßt — nämlich der religiös-utopische Charakter der prophetischen Verkündigung —, gilt auch in gleicher Weise für die Spätprophetie Israels, bis hin zu haggais und.Sacharjas Tempel bauforderung, ja es läßt sich zeigen, daß auch die Verkündigung Jesu einen starken religiös-utopischen 3ug aufweist, ebenso wie die des Paulus, des „Vollenders" des Prophetismus" *). Die vorliegende Abhandlung ist in religionswissenschaftlichem Sinne geschrieben. Der Verfasser hat absichtlich darauf verzichtet, die prophetische Bewegung, sofern sie religiös-utopischen Charakter hat, irgendwie zu werten. Was für die prophetische Politik auf zuzeigen war, war lediglich die religiös-utopische Haltung des Pro pheten in seiner politischen Forderung, und es war nachzuweisen und zu begründen, daß die prophetische Haltung wesensmäßig notwendig religiös-utopisch sein mutz. Der systematischen Theologie bleibt es vor behalten, das hier erörterte Problem des religiös-utopischen Charakters der alttestamentlichen Prophetie theologisch zu bewerten und auszuwerten. Dazu sei hier einiges bemerkt.
Die Prophetie hat zwei grundverschiedene Welten aufgezeigt, ne*3 und 5s, der Prophet lebt in und von der Welt des 5k, die für ihn allein „wahre" Welt, sofern dies Volk da (Israel), ebenso auch aber die anderen Zremdvölker, von der „wahren" Welt getragen *) Ich möcht« nicht versäumen, darauf hinzuweisen, daß schon Troeltsch l. c. auf die religiöse Utopie in Lzechielr Sukunftrstaat aufmerksam ge macht hat. Troeltsch nennt dar ezechielsche Gesicht von dem „neuen Reich" ein „prophetisch-orientalischer Gegenstück der platonischen politeia". vuhm (2sr. Proph. p. 240) bemerkt: „(Lzechielr) versassungrentwurf konnte das zurückgekehrte Volk natürlich nicht verwirklichen, so ausdrücklich er dies auch verlangt". I. Hempel hat die religiöse Utopie in der Prophetie der veuterojesaja behandelt (I. c. „Dom irrenden Glauben"). Troeltsch l. c. hat auch schon inbezug auf die religiöse Utopie die Linie von den Propheten bis zu Paulus gezogen.
werden, sofern alles Irdisch-Menschliche — zu ihrer Vernichtung oder Rettung— aufzutreten, werden sie so fordern und so glauben und Glauben verlangen, wie es der alttestamentliche Prophet tut. Sie werden auch immer so weiter fordern und glauben, selbst wenn ihr Glaube „irrt", wenn die Geschichte sie ins Unrecht setzt — scheinbar —, indem sie einen anderen Gang als den vorausgesagten nimmt. Der Glaube, der in der Welt des *?x beheimatet ist, lebt weiter — auch wenn die Tatsachen andere werden als die „geglaubten," die „er warteten." Das hat Jesaja fein in seinem Gleichnis von dem Acker mann l) gezeigt (c. 28, 23—29):
horcht her und hört meine Stimme, merkt auf und hört meine Rede! Pflügt immerfort der Pflüger, öffnet und eggt seinen Boden? Nicht so? wenn er geebnet deffen Fläche, so streut er Dill und säet Kümmel und legt Weizen und Gerste und Spelt als deffen Einfassung: Und zwar unterwies ihn zum Rechten, sein Gott lehrte ihn. Auch wird nicht mit der Schleife Dill gedroschen, und das Wagenrad nicht über Kümmel gewendet, sondern mit dem Stabe wird Dill geklopft und Kümmel mit dem Stecken. Wird Brotkorn zermalmt? Nein, nicht immerzu drischt man er, und hat man angetrieben das Rad seines Wagens, so wirft man es auseinander, zermalmt es nicht. Auch das ist von Jahwe ausgegangen, Wunderbar ist sein Rat, groß seine Einsicht. Denn was schießlich von den prophetischen Grakeln eintraf, ist recht wenig, so wenig, daß es sich leicht aufzählen läßt. Was bleibt, ist der Glaube an eine gottgewi.'kte Wirk lichkeit, obwohl der Glaube in konkreter Situation, „geschichtlich," vielleicht ins Unrecht gesetzt wird. Deshalb sind uns die Propheten von Bedeutung. Wir dürfen gar nicht fragen: ist denn aus alle»
') Nach Bernhard vuhm, Kommentar z. St. Siehe dort auch die Angaben über Verbesserung der M-Texler.
68 politischen Orakeln der Propheten Wirklichkeit geworden? sondern: vermögen wir die göttliche Tiefe zu ahnen und anzuerkennen, aus der der Prophet sein Wort schöpft, ist uns also die Welt des die eine, erste und letzte Wirklichkeit? Vie letzte theologische Frage bei vetrachtung der prophetischen Politik bleibt die: gibt es nicht immer wieder Menschen, die — auch in der Politik — an die Verwirklichung solcher „prophetischen" Forderung glauben, die vielleicht selbst jenen prophetischen Glauben haben? Fragen wir so, so wird uns das prophetische Wort nicht nur „historisch" bedeutsam sein, dann werden wir auch den tiefen Sinn des „phan tastischen" Jesuswortes von dem Glauben, der Serge versetzt, verstehen.
Autorenregister (Die Zahlen geben die Seiten an)
Ktt 51 Andreas 9 Balla 39 Baudissin 13, 39 Baumgartner 37 Beer 22 Vegrich 45, 60 Vertholet 24 Budde 12, 45, 46
hitzig 39 Hölscher 6, 12, 14, 38, 40, 43, 44, 51, 53, 56, 59, 61, 62 hunger 29
Kant 22 Kautzsch 6 Kirchhoff 24 Kittel 12, 30 Köberle 16 König 17 Küchler 6, 24, 38, 39, 40, 44, 46, 47, 50
Caspari 6, 10, 31, 54 Cheyne 49 Cohen 16, 18 Cramer 11, 22, 23, 29
Lagrange 19
Delitzsch 7 Deusen 8, 9 Duhm, B. 5, 6, 14, 22, 39, 41, 42, 44, 45, 46, 48, 49, 50, 53, 55, 59, 61, 66, 67 Duhm, h. 6, 10, 16, 17, 19, 23
Marti 6, 25, 26, 36, 54, 55 Meinhold 40 Mowinkel 40 Mugler 22 Nestle 8 Norden 44 Nowack 6, 32, 35, 36, 53, 54
Lberharter 6, 28 Cißfeldt 13, 19 Erbt 6 Crman 14
Gall, von 19 Galling 11 Glueck 9 Görres 8 Greßmann 6, 13, 14, 22, 25, 26, 29, 33, 44, 45 Gunkel 27, 29, 45 Guthe 35, 49 Haas 9 HSnel 16 Hartmann 22 Hauer 15 Hempel 5, 6, 12, 15, 24, 64, 66 Herrmann 22
Gldenberg 9 Otto 8, 19
! j 1
i
Pedersen 11, 12 procksch 38, 39, 40, 42, 43, 44, 45, 47, 49 puukko 60 Nad, von 24 Renan 7 Roorda 41 Rost 57 Rudolph 51 Schenkel 10 Schleiermacher 10 Schmidt 10, 24, 43, 64 Schrader 7 Schwally 14
70 Sellin 6, 18, 23, 25, 28, 36, 37, 53 Smenb 5, 14, 43, 55 Stabe 44, 45, 53 Staerk 6,12, 24, 30, 45, 50, 51, 55 Stein 8 Strauß 9 Szeruba 17 Troeltsch 5, 6, 7, 8, 9, 10, 24, 66
Vischer 11, 12, 13 Volz 23, 26, 28, 56, 57
Weber, IN. 5, 6, 7, 8, 10, 12, 15r 15, 16, 20, 23, 29, 31 Weber, w. 44 Weiser 9 Wellhausen 5, 9, 17, 18, 23, 24, 34, 36 Wilke 6, 25, 29, 40, 41, 47, 51, 58 Winckler 7, 30, 47 winternitz 9
Zimmern 7
Abkürzungen: (B)3RW B3WRT RGG' 3DMG
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(Beiheft zur) Zeitschrift für bie alttestamentliche Wissenschaft. Beiträge zur Wissenschaft vom R. T. Die Religion in Geschichte unb Gegenwart, 2. Auflage, Zeitschrift her Deutschen morgenlanbischen Gesellschaft.
Inhaltsübersicht Vorwort......................................................................................................... Einleitung: Das Thema und feine Abgrenzung..................................
Seite 4 5
Erster Abschnitt Zur Phänomenologie der „religiösen Lage" der Prophetie unter be sonderer Berücksichtigung des religiös-politischen Momentes 7—26 Vorbemerkungen........................................................................................ 7 Sur Bestimmung des Begriffs „utopisch": 1. Die Prophetie und ihr geistesgeschichtlicher Umkreis; 2. Die Prophetie und die Welt-Politik und-Kultur ihrer Zeit; 3. Der Prophet als Prototyp „ethischer" Religiosität; 4. „Ästhetische" und „ethisch-sittliche" Religiosität. § 1................................................................................................................. H 1. Die Idee des verith, ihr vorprophetischer Ursprung und ihre Bedeutung für die Prophetie; 2. Die pathopsychische Zuständlichkeit des Propheten: Vision, Audition, Ekstase. § 2................................................................................................................. 16 1. Prophet und Prophetenzunft, Herkunft des Propheten; 2. Die Art prophetischen wirkens; 3. Gehalt und Form der prophetischen Sprüche und Reden. Z 3................................................................................................................. 19 1. Der Prophet und das „öffentliche Leben"; 2. Die beiden Kreise, in denen sich das prophetische Ethos abspielt; 3. „pragmatistische" und „religiös-sittliche" Lebensansicht; 4. was ist in prophetischem Sinne „religiös-sittliches" Leben? 5. Der Prophet und die „kultische Religion." § 4................................................................................................................. 24 1. „Unheils"- Prophetie und „Heils"- Prophetie; 2. Die „Aktualität" der prophetischen Weissagung und deren ethische Bedeutsamkeit.
3w«Iter Abschnitt Die „prophetische Politik" in konkreter geschichtlicher Situation und der religiös-utopische Charakter dieser Politik..................... 27—65 27 Vornotiz: Zur Charakteristik der prophetischen Politik im allgemeinen 29 §5.................................................................................................................
Amos § 6
33
Hosea
Jesaja Mi'chä Jeremia Rückblick und Ausblick..................................................................................66—68 Autorenregister ........................................................................................ 69
Vibltsche Neihe herausgegeben von Professor D. Erich Zascher in Jena.
1. w. Baumgartner, Das Buch Daniel. 1926.
M. 0,70
2. R. Bullmann, Die Erforschung der synoptischen Evangelien, 2. ver
besserte Uufl. 1930.
M. 1,15
3. K. Kundsin, Das Urchristentum im Lichte der Evangelienforschung. IN. 1,20
1929. 4. E. Lascher, Dom verstehen des Neuen Testamentes.
Ein Beitrag zur
Grundlegung einer zeitgemäßen Hermeneutik. 1930.
M. 3,60; geb. M. 4,80 5. h. preisker, Die urchristliche Botschaft von der Liebe Gottes im Lichte IN. 2,50
der vergleichenden Neligionsgeschichte. 1930.
6. Z. Hempel, Fort mit dem Ulten Testament? 1932.
IN. 1,—
Die Krisis des Glaubens, der Kirche, der Religion in der Gegenwart Drei Abhandlungen von den Marburger Professoren:
Rudolf vultmann, Hans Zrhr. von Soden, Heinrich Zrick 1931 / IN. 2,50
Katechismusunterricht nach Luthers Kleinem u. Großem Katechismus (1 - Z.Hptst.) un ter Wahrung der Forderungen der Arbeitsschule,
der Jugendpsychologie und einer Pädagogik des
Glaubens. Don Erwin wißmann. 188 Seiten. 1932.
Kartoniert M. 4,—
Geeignet für jede Katechismusunterweisung in Kirche und Schule macht diese Schrift, als einzige ihrer Art, Ernst mit Luthers Mahnung, den Großen
Katechismus zum Verständnis des Kleinen heranzuziehen.
Hort mit dem Alten Testament? von 1932
Prof.
Johannes Hempel Döttingen
1 Mk.
Hempel charakterisiert das AT als ein Stück altorientalischen und altisraelitischen Geisteslebens, das in seinen tiefsten Aussagen von Wesen und Willen Gottes in scharfem Gegensatz zu seiner Umwelt steht.
Das Alte Testament und evangelisches Christentum von Prof.
Johannes Melnholv Bonn
Geh. 4,- INK. - 1931 — Geb. 5,20 INK. Die Schrift will der Frage nachqehen und sie dem denkenden Leser und Christen beantworten, ob und wie weit das AT für die evangelische Theologie und dar evangelische Christentum noch etwas zu bedeuten hat.
vom verstehen des Neuen Testamentes Zum Problem der Exegese in der Gegenwart von
Pros.
Erich Hascher Jena
Geh. 3,60 INK. — 1930 — Geb. 4,80 INK.
Der Schrift muß das Lob zuerkannt werden, wirklich über den Parteien zu stehen und beiden Seiten, den Anhängern des Alten und den Freunden des Neuen, gerecht zu werden.
Religion, Rirche, Theologie Line Einführung in die Theologie von Prof.
Hermann Mert k«i
Geh. 4,— Mk. — 1931 — Geb. 5,40 INK.
„wir wünschen, daß das Buch in allen theol. Bibliotheken und auf jedem Arbeitstisch der Amtsbrüder zu finden sei. Allen Studenten soll es ein ständiger Berater durch alle Jahre des Lernens und des Berufs sein!"
Verlag von Alfred Töpelmann in Gießen